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German Pages 1047 [1052] Year 2011
Lehrbuch Chirurgie
Mit Beiträgen von A. Anders, U.Baer, K.-J. Bauknecht, G. Berger, J. Boese-Landgraf, R. Dennhardt, R. Eisele, G. Görtz, R.Häring, B.-M.Harnoss, U. Herzfeld, A. Hirner, St. John, D. Jonas, M. Kaminski, U. Kania, Th. Karavias, E. Kazner, J. Konradt, D.Krause, M.Kunkel, H.Lode, M. Molzahn, J. Ostermeyer, B.-D. Partecke, G.Raetzel, E.Renk, B. Semsch, B. Stallkamp, R. Stellmach, L. C. Tung, Ε. Vaubel, W Vosberg, J. Waldschmidt, C.Walter, D.Weber, R. Wolff, A.Wondzinski, H.Zilch, H.Zühlke
Lehrbuch
Chirurgie mit Repetitorium Herausgegeben von R. Häring und H. Zilch
w DE
G
Walter de Gruyter Berlin New York 1986
Prof. Dr. med. R. Häring Geschäftsf. Direktor und Leiter der Abteilung für Allgemein-, Gefäß- und Thoraxchirurgie Chir. Klinik und Poliklinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin Hindenburgdamm 30 1000 Berlin 45 Prof. Dr. med. H.Zilch Stellv. Ärztl. Direktor Oskar-Helene-Heim Orthopädische Klinik und Poliklinik der Freien Universität Berlin Clayallee 229 1000 Berlin 33
Dieses Buch enthält 465 Abbildungen und 51 Tabellen Zeichnungen von H. R. Giering-Jänsch
Herrn Prof. Dr. med. Hermann Franke zum 75. Geburtstag gewidmet
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Lehrbuch Chirurgie: mit Repetitorium / hrsg. von R.Häring u. H.Zilch. Mit Beitr. von A. Anders - Berlin; New York: de Gruyter, 1986. ISBN 3-11-009657-9 NE: Häring, Rudolf [Hrsg.]; Anders, Axel [Mitverf.]
© Copyright 1986 by Verlag Walter de Gruyter & Co., Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Photokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen und dergleichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, daß solche Namen ohne weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt es sich häufig um gesetzlich geschützte, eingetragene Warenzeichen, auch wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind. Umschlagentwurf: Rudolf Hübler, Berlin. Druck: Druckerei Gerike GmbH, Berlin. Bindung: Lüderitz & Bauer GmbH, Berlin.
Vorwort
„Wissen zu erwerben, ohne über das Erlernte nachzudenken, ist sinnlos. Nur nachzudenken, ohne zu lernen, föhrt zu gefährlichen Überlegungen Konfuzius
Die vorangestellte Aphorisme des Konfuzius hat nichts an Aktualität verloren. Unreflektiertes Lernen, ohne das Erarbeitete zu bedenken, bleibt frustran. Nachdenken, das sich nicht auf den sicheren Fundus soliden Wissens stützt, führt auf Irrwege. Mit diesem Lehrbuch für Chirurgie hoffen die Herausgeber, dem Studenten und jungen Arzt ein geeignetes Hilfsmittel für die Erarbeitung des umfangreichen Wissensstoffes des Fachgebietes „Chirurgie" zu liefern und sie gleichzeitig zum Nachdenken über die noch offenen Probleme dieses Faches anzuregen. Der Abfassung dieses Lehrbuches liegt ein besonderes Konzept zugrunde. Zwei Ziele wurden angestrebt: Primär ist der gesamte Stoff des Fachgebietes „Chirurgie" ausfuhrlich dargestellt und durch klare schematische Zeichnungen erläutert, so daß der Leser Antwort auf in Vorlesung oder Praktikum angeschnittene Fragen findet. Zum anderen enthält das Buch auch ein Kompendium, das in Form einer „Marginalie" den ausführlichen Text begleitet und jederzeit die schnelle Rekapitulation oder Orientierung über ein Gebiet erlaubt. Der Text umfaßt mehr als nur den Stoff des Gegenstandskataloges und versucht, in dieser Art der Darbietung einen neuen Weg zu gehen. Die Herausgeber erhoffen sich hiervon Vorteile für den Studenten und Erleichterung des Lernens im Sinne des Goethewortes „Zur Einsicht in den ge-
ringsten Teil ist die Übersicht des Ganzen nötig" Dieses Buch will nicht nur Prüfungswissen vermitteln, sondern auch Hinweise und Zusammenhänge zur Pathogenese und Pathophysiologic, zur Indikationsstellung und Wahl der konservativen und operativen Behandlungsverfahren ausführlicher erläutern. Dem Verlag Walter de Gruyter und seinen Mitarbeitern gebührt unser besonderer Dank, vor allem Herrn Dr. med. A. Bedürftig für sein stets verständnisvolles Entgegenkommen und die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Wir danken auch Herrn Dr. U. Herzfeld für seine Idee des „kombinierten" Lehrbuchs und Kompendiums, für die vielen didaktischen Anregungen und die Erstellung des Hinweisindex für die Gegenstandskataloge der chirurgischen Fachgebiete. Für die sorgfältige und klare Ausführung der Abbildungen danken wir Herrn Giering-Jänsch, für die Überlassung der Röntgenbilder Herrn Prof. Dr. J. Wolf, Leiter der Klinik für Radiologie im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, und Frau Dr. Maria-Luise Häring für ihre vielseitigen kritischen Hinweise und ihre Hilfe beim Lesen der Korrekturen. Nicht zuletzt möchten wir allen Mitautoren für ihre engagierte Zusammenarbeit herzlich danken. Berlin, Frühjahr 1986
Rudolf Häring Hans Zilch
Anschriftenverzeichnis der Autoren des Lehrbuches für Chirurgie
ANDERS, Α., Prof. Dr. med. Falkenstraße 5, 6078 Neu-Isenburg BAER, U., Prof. Dr. med. Chirurgische Klinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45 BAUKNECHT, K.-J., Priv. Doz. Dr. med. Chirurgische Klinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45 BERGER, G., Dr. med. Chirurgische Klinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45 BOESE-LANDGRAF, J., Dr. med. Chirurgische Klinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45 DENNHARDT, R , Prof. Dr. med. Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45 EISELE, R., Prof. Dr. med. Klinik am Eichert, 7320 Göppingen GÖRTZ, G., Dr. med. Chirurgische Klinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45 HÄRING, R., Prof. Dr. med. Chirurgische Klinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45 HARNOSS, B.-M., Dr. med. Dr. med. dent. Chirurgische Klinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45 HIRNER, Α., Prof. Dr. med. Chirurgische Klinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45 JOHN, St., Prof. Dr. med. Chirurgische Abteilung in der Augusta-Krankenanstalt, Bergstraße 26, 4630 Bochum 1
JONAS, D., Prof. Dr. med. Urologische Klinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45 KAMINSKI, M., Dr. med. Chirurgische Klinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45 ΚΑΝΙΑ, U., Dr. med. Chirurgische Klinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45 KARAVIAS, Th., Priv.-Doz. Dr. med. Chirurgische Klinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45 KAZNER, E., Prof. Dr. med. Neurochirurgische Klinik der Freien Universität Berlin im Universitätsklinikum Charlottenburg, Spandauer Damm 130, 1000 Berlin 19 KONRADT, J., Prof. Dr. med. Städtisches Krankenhaus Zehlendorf, Chirurgische Klinik, Gimpelsteig 3 - 5 , 1000 Berlin 37 KRAUSE, D„ Prof. Dr. med. Abteilung für Physikalische Therapie im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45 KUNKEL, M., Dr. med. Chirurgische Abteilung in der Augusta-Krankenanstalt, Bergstraße 26, 4630 Bochum 1 LODE, Η., Prof. Dr. med. Medizinische Klinik und Poliklinik der Freien Universität Berlin im Klinikum Steglitz, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45 MOLZAHN, M., Prof. Dr. med. Medizinische Klinik und Poliklinik der Freien Universität Berlin im Klinikum Steglitz, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45
VIII OSTERMEYER, J., Prof. Dr. med. Chirurgische Universitätsklinik Β, Moorenstraße 5, 4000 Düsseldorf
VOSBERG, W , Dr. med. Chirurgische Abteilung, Städtisches Krankenhaus Kempten, Allgäu
PARTECKE, B.-D, Dr. med. Handchirurgische Abteilung der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik, Bergedorfer Landstraße 10, 2050 Hamburg 80
WALDSCHMIDT, J., Prof. Dr. med. Chirurgische Klinik, Abteilung für Kinderchirurgie im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45
RAETZEL, G., Dr. med. Rehabilitationskrankenhaus Ulm, Oberer Eselsberg 45, 7900 Ulm
WALTER, C., Dr. med. Chirurgische Klinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45
RENK, E , Dr. med. Chirurgische Klinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45
WEBER, D., Dr. med. Chirurgische Klinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45
SEMSCH, B., Dr. med. Chirurgische Klinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45
WOLFF, R., Priv. Doz. Dr. med. Orthopädische Klinik und Poliklinik der Freien Universität Berlin, Oskar-Helene-Heim Clayallee 229, 1000 Berlin 33
STALLKAMP, B., Prof. Dr. med. Abteilung Allgemeinchirurgie, Marienhospital, Johannisfreiheit 2-4, 4500 Osnabrück
WONDZINSKI, Α., Dr. med. Chirurgische Klinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45
STELLMACH, R„ Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Klinik und Poliklinik fur Zahn-, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45
ZILCH, H , Prof. Dr. med. Orthopädische Klinik und Poliklinik der Freien Universität Berlin, Oskar-Helene-Heim, Clayallee 229, 1000 Berlin 33
TUNG, L.C., Prof. Dr. med. Chirurgische Klinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45 VAUBEL, E., Prof. Dr. med. Abteilung für Hand- und plastische Chirurgie mit Sonderstation für Querschnittsgelähmte, operative Rehabilitation, Städt. Krankenhaus Zehlendorf, Gimpelsteig 3-5, 1000 Berlin 37
ZÜHLKE, H , Prof. Dr. med. Chirurgische Klinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45
Inhaltsverzeichnis
I. Spezielle chirurgische Krankenuntersuchung 1
(R.Häring)
1.
Allgemeines
1
2. 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.1.5 2.1.6 2.1.7 2.2 2.3 2.4
Untersuchungsgang Anamnese Schmerz Erbrechen Unregelmäßigkeiten des Stuhlgangs Miktionsstörungen Erkrankungen der Atmungsorgane Störungen der Kreislaufregulation Gangstörungen Körperliche Untersuchung Laboruntersuchungen Röntgenuntersuchungen, EKG und Sonographie Endoskopische und instrumenteile Untersuchungen Dokumentation der Untersuchungsbefunde
1 2 2 2 2 3 3 3 3 3 4
2.5 2.6
4
3. 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5
Wundheilungsstörung Serom Hämatom Wundrandnekrosen Wundruptur (Platzbauch) Infektion
12 12 12 13 13 13
4. 4.1 4.2 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3
Wundbehandlung Technik der Wundbehandlung Wundexzisionen (Debridement) Wundverschluß Primärnaht Verzögerte Primärnaht Sekundärnaht
14 14 14 15 15 15 16
5. 5.1 5.2 5.3
Tetanusprophylaxe Aktive Immunisierung Passive Immunisierung Tetanusimmunisierung im Verletzungsfall
16 16 16 16
5 6
III. Chirurgische Infektionslehre (G.Görtz,
II. Wunde, Wundheilung, Wundheilungsstörung, Wundbehandlung, Tetanusprophylaxe (K. J. Bauknecht,
J.
Boese-Landgraf)
7
1. 1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.2.1 1.1.2.2 1.1.3 1.1.3.1 1.1.3.2 1.1.4
Wunde Wundformen Mechanische Wunden Thermische Wunden Verbrennung Erfrierung Chemische Wunden Verätzungen durch Säuren Verätzungen durch Laugen Strahlenbedingte Wunden
7 7 7 8 8 8 9 9 9 10
2. 2.1 2.1.1 2.1.2 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3
Wundheilung Wundheilungsformen Primäre Wundheilung Sekundäre Wundheilung Wundheilungsphasen Latenzphase Proliferationsphase Reparationsphase
10 10 10 10 11 11 12 12
1. 1.1 1.2 1.3 1.4 1.4.1 1.4.2 1.5 1.5.1 1.5.2
2. 2.1 2.1.1 2.1.1.1 2.1.1.2 2.1.1.3 2.1.1.4 2.1.1.5
B.M.Harness)
Allgemeine Infektionslehre Definitionen Infektionsabwehr Mikrobiologische Grundlagen chirurgischer Infektionen Behandlungsprinzipien bei chirurgischen Infektionen Operative Therapie Systemische antimikrobielle Therapie Prophylaxe chirurgischer Infektionen Perioperative Hygienemaßnahmen und Infektionskontrolle Maßnahmen zur Senkung postoperativer Infektionen Spezielle Infektionslehre Bakterielle Infektionen Aerobe Infektionen Abszeß Empyem Erysipel (Rotlauf) Follikulitis Furunkel
19 19 19 19 20 21 21 22 22 22 22 23 23 23 23 24 24 25 25
Inhaltsverzeichnis 2.1.1.6 2.1.1.7 2.1.1.8 2.1.1.9 2.1.1.10 2.1.1.11 2.1.1.12 2.1.1.13 2.1.1.14 2.1.2 2.1.2.1 2.1.2.2 2.1.2.3 2.1.2.4 2.1.2.5 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3
Karbunkel Lymphangitis Hand- und Fingerinfektionen Phlegmone Gangrän Osteomyelitis (Knochenmarkeiterung) Milzbrand (Anthrax) Wunddiphtherie Septische Allgemeininfektion Anaerobe Infektionen Gasbrand (Gasödem) Tetanus (Wundstarrkrampf) Tuberkulose Aktinomykose Tollwut (Rabies) Parasitäre Infektionen Echinokokkose Amöbiasis Askaridiasis
25 25 26 28 28 28 28 29 29 29 30 30 31 32 32 33 33 33 34
Literatur
34
IV. Asepsis, Antisepsis, Hospitalismus (G.Görtz, G.Raetzel)
35
1. 1.1 1.2 1.3
Asepsis Definition Durchführung der Sterilisation Keimresistenzstufen
35 35 35 35
2. 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.5
Antisepsis Definition Antiseptische Maßnahmen Desinfektionsmethoden Hygienische Händedesinfektion Chirurgische Händedesinfektion Anerkannte Desinfektionsmittel Vorbereitung des Operationsgebietes
36 36 36 36 37 37 38 38
3. 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6
Infektiöser Hospitalismus Definition Ursachen Infektionsquellen Infektionswege Folgen des infektiösen Hospitalismus Hygienemaßnahmen und Verhaltensregeln in der Operationsabteilung
38 38 38 39 39 40 40
Literatur
40
3.
Antibiotika-Prophylaxe
44
4. 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5
Antimikrobielle Substanzen Penicilline Cephalosporine Aminoglykoside Weitere wichtige Antibiotika Antibiotika-Behandlung bei Niereninsuffizienz
46 46 48 52 54
Literatur
56
VI. Die Operation (B. Stallkamp) 1. 1.1 1.2 1.3 1.4 1.4.1 1.4.2 1.5 1.6 1.6.1 1.6.2 1.7
41
1.
Grundlagen der antibiotischen Therapie
41
2.
Lokale Antibiotika-Therapie
43
57
Einleitung Vorbereitung und Lagerung des Patienten Das Instrumentarium Nahtmaterial und Knotentechnik Die Arten des operativen Eingriffs Punktionen, Injektionen Operative Maßnahmen Operationsverlauf Chirurgische Naht Nähapparate (Stapler) Drainage Intraoperative Fehler und Komplikationen, Folgen und Gefahren der Operation
57 57 58 58 60 60 61 62 63 64 64
Literatur
65
VII. Pathophysiologie des operativen Eingriffs (R.Eisele)
64
67
Metabolismus bei Trauma und Operation
67
2.
Endokrine Auswirkungen des Traumas
69
3.
Vitamine und ihre Bedeutung in der Chirurgie
70
4.
Säure-Basen-Haushalt (SBH)
72
5.
Wasser-Elektrolyt-Haushalt
74
Literatur
78
1.
V. Antibiotika-Therapie (Η. Lode)
55
Inhaltsverzeichnis
XI
VIII. Prä- und postoperative Behandlung 79
(R. Eisele)
1.
1. 1.1 1.2 1.3
Hämostase Gefäßwand Thrombozyten Gerinnungsfaktoren
107 107 107 109
2.
Fibrinolyse
110
3. 3.1 3.2
110 111 112
Allgemeine präoperative Diagnostik und Therapie Dringlichkeit der Operation Risikoabschätzung Psychologische Vorbereitung Somatische Vorbereitung
79 79 79 80 80
Sofortmaßnahmen vor chirurgischen Noteingriffen
84
3.3
3.
Postoperative Therapie
84
3.4
Störungen der Hämostase Hämophilie Koagulopathien bei Leberfunktionsstörungen Thrombozytäre und vaskuläre Blutgerinnungsstörungen DIC-Syndrom
4.
Parenterale Ernährung und Volumensubstitution
88
Postoperative Komplikationen Respiratorische Störungen Herz-Kreislauf-Störungen Postoperative Passagestörung Septische Komplikationen Renale Störung Fettembolie
92 92 93 94 95 95 96
4. 4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.3
Thrombose Pathogenese Venöse Thrombosen Oberflächliche Thrombosen Tiefe Venenthrombose Postthrombotisches Syndrom Arterielle Thrombose
113 113 114 114 114 115 115
Literatur
97
5. 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.5.1 5.5.2 5.5.3 5.6
Embolie Lungenembolie Rezidivierende Lungenembolien Fettembolie Luftembolie Sonstige Embolien Gasembolie (Caisson-Krankheit) Fremdkörperembolie Zell- und parasitäre Embolien Arterielle Embolie
115 115 117 117 118 118 118 119 119 119
6. 6.1
Thromboseprophylaxe Allgemeine und physikalische Maßnahmen Medikamentöse Thromboseprophylaxe Dextrane Dicumarole Thrombozytenaggregationshemmer Low-dose-Heparin-Gabe Heparin-Dehydroergotamin (HeparinDHE)
119 119 120 120 120 120 120
Literatur
121
1.1 1.2 1.3 1.4 2.
5. 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6
IX. Indikationen und Kontraindikationen des operativen Eingriffs (B.
Stallkamp)
99
1. 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.7.1 1.7.2 1.7.3 1.7.4 1.7.5 1.8 1.9 1.10
Indikationen Rechtliche Situation Aufklärung des Kranken Allgemeines zur Operationsindikation Operationstoleranz Operationsindikation in der Gravidität Operationsziele und Operabilität Indikationsformen Absolute Indikation Relative Indikation Diagnostische Indikation Prophylaktische Indikation Forensische Indikation Operationszeitpunkt Prognose Alternative Behandlungsverfahren
99 99 99 100 100 101 102 102 102 103 103 103 103 103 103 104
2.
Kontraindikationen
104
Literatur
105
X. Hämostase, Thrombose, Embolie (U. Baer, J.
Boese-Landgraf)
107
6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.2.4 6.2.5
112 113
121
XI. Anästhesie und Schmerzbehandlung (R.
1. 1.1 1.2 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3
Dennhardt)
Anästhesie Aufgaben Vorbereitung des Patienten Anästhesieverfahren Inhalationsanästhesie Intravenöse Anästhesie Neuroleptanalgesie
123 123 123 123 123 126 129 130
Inhaltsverzeichnis
XII 1.4 1.5 2. 2.1 2.2 2.3
Muskelrelaxanzien Lokalanästhesie S chmerzbehandlung Periphere Schmerzausschaltung Zentrale Schmerzausschaltung Medikamente zur Schmerzausschaltung Literatur
131 131 134 134 135 135 136
XII. Schock und Wiederbelebung (R.Dennhardt)
137
1. 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6
Schock Definition Schockformen Ätiologie Pathophysiologische Mechanismen Symptomatologie Therapie
137 137 137 137 138 139 140
2. 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.3 2.3.1. 2.3.2.
Wiederbelebung Definition Ätiologie, Pathophysiologic, Klinik Störungen der Atmung Störungen des Kreislaufs Wiederbelebungsmaßnahmen Wiederherstellung der Atemfunktion Wiederherstellung der kardiozirkulatorischen Funktionen Literatur
142 142 142 142 143 143 144 145 147
XIII. Verbrennungen (E. Vaubel)
149
1.
Epidemiologie
149
2.
Pathogenese
149
3.
Schweregrade und klinische Symptomatologie Direkte Flammeneinwirkung Verbrühungen Heiße, inerte Massen Chemische Verbrennungen Elektrische Verbrennungen Kombination von Hitze und Druck Erfrierungen
149 151 152 153 153 153 154 154
3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 4. 4.1 4.2 4.3 4.4
Therapie Therapie am Unfallort Sofortmaßnahmen bei stationärer Aufnahme Allgemeinbehandlung Lokale Behandlung
155 155
6.
Prognose
160
Literatur
160
XIV. Chirurgische Onkologie (A. Anders, R. Höring)
161
Definition der Geschwülste
161
Epidemiologie
161
3. 3.1 3.2
Tumorentstehung Kausale Genese Formale Genese
162 162 163
4. 4.1 4.2 4.3
Einteilung der Tumoren Epitheliale Geschwülste (= Karzinome) Mesenchymale Geschwülste Bösartige Mischgeschwülste
163 163 164 164
5. 5.1 5.2 5.2.1 5.2.2
Ausbreitung der Tumoren Lokales Wachstum Metastasierung Lymphogene Metastasierung Hämatogene Metastasierung
165 165 165 166 167
6.
Stadien und Gradeinteilung
167
7. 7.1 7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.3 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 7.8
Diagnostische Verfahren Symptome Bildgebende Verfahren Röntgendiagnostik Isotopendiagnostik Ultraschalldiagnostik (Sonographie) Endoskopie Feinnadelbiopsie Probeexzision, Probeexstirpation Laborchemische Untersuchungen Diagnostische Eingriffe Vorsorgeuntersuchungen
169 169 169 169 170 170 170 170 170 170 171 171
8.
Therapie Operative Behandlung Radikaloperationen Palliativoperationen Rezidiv- und Metastasenchirurgie Strahlentherapie Chemotherapie Immuntherapie
171 171 172 172 172 172 173 173 173
8.1 8.1.1 8.1.2
8.1.3 8.2 8.3 8.4 8.5
Allgemeine Behandlung und Nachsorge 156 156 157
174
9. Beurteilung der Therapieergebnisse
174
10. Krebsverhütung
5.
Rehabilitation
160
175 Literatur
XIII
Inhaltsverzeichnis XV. Transplantationschirurgie (Μ. Molzahn, R.Häring)
177
1.
Geschichte der Organtransplantation
177
2.
Immunologische Grundlagen und Voraussetzungen Bedeutung der Histokompatibilitätsantigene Immunmodulation und Immunsuppression Abstoßungsreaktion
2.1 2.2 2.3 3. 3.1 3.1.1 3.1.2 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 4. 4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.2 4.2.1 4.2.2 4.3 4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.5 5.
Der Organspender Ethische, rechtsmedizinische und organisatorische Aspekte Lebendspender Hirntote Organspender Organentnahme Allgemeines Konservierung Technik der Organentnahme Spezielle Organtransplantationen Nierentransplantation Indikationen, Kontraindikationen Chirurgische Technik und ihre Komplikationen Postoperativer Verlauf und nichtchirurgische Komplikationen Ergebnisse der Nierentransplantation Lebertransplantation Indikationen Operationstechnik Herztransplantation Pankreastransplantation Indikationen Operative Techniken Ergebnisse Lungentransplantation
177 178 178 179 179 179 179 179 180 180 180 180
2.1 2.2 2.3
Bewußtlosigkeit Atemstillstand Herz- und Kreislaufstillstand
190 190 191
3.
Notfälle, die Maßnahmen zur Erhaltung des Lebens erfordern Atemstörungen Pathophysiologic des Atemstillstandes Notfalldiagnostik bei Atemstörungen Spezielle Krankheitsbilder Blutungen Arterielle Blutungen nach außen Arterielle Blutungen nach innen Venöse Blutungen Volumenmangelschock
193 193 193 194 195 195 195 195 195 196
Notfälle, die eine aufgeschobene Therapie erlauben Offenes Schädel-Hirn-Trauma Offene Gelenkverletzung Offener Knochenbruch
197 197 197 197
3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.3 4. 4.1 4.2 4.3
181 181 181
XVII. Physikalische Medizin und Rehabilitation
181
1.
Allgemeine Gesichtspunkte
182 184 184 184 185 185 185 186 186 186 186
2.
Atemtherapie
199
2.1 2.2 2.3 3. 3.1 3.2
199 200 200 200 200
3.3 3.4 3.5
Inhalationstherapie Giebelrohr Krankengymnastische Atemtherapie Krankengymnastik Axiale Krankengymnastik Methode nach Kabat (PNF = Proprioneuromuskuläre Facilitation) Bobath-Konzept Gruppentherapie Schlingentisch
4.
Hydrotherapie
202
(D.Krause)
199 199
201 201 201 201
Der derzeitige und zukünftige Stellenwert der Transplantationsmedizin: Aufgabe aller Ärzte
187
5.
Mechanotherapie
202
Literatur
187
6.
Extensionstherapie
203
7. 7.1
203
7.2
Thermotherapie Eis-(Kryo-)therapie (Auflegen von Eispackungen auf Gelenke) Wärmetherapie
203 203
8.
Elektrotherapie
204
9.
UltraschaU
204
XVI. Erstversorgung von Notfällen (K.J. Bauknecht, A.Hirner) 1. 1.1 1.2
Definition eines Notfalles Diagnostik Therapie
2.
Notfälle, die eine sofortige Therapie erfordern
189 189 189 189
190
Inhaltsverzeichnis
XIV XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven (E.Kazner) 1. 1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.2 1.2.1 1.2.2 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.3.5 1.3.6 1.3.7 1.3.8 1.4. 1.5. 2.
Raumfordernde intrakranielle Prozesse Arten Tumoren Abszesse Verschlüsse der Liquorwege Hirnödem Symptomatologie Allgemeinsymptome Herdsymptome bei raumfordernden Prozessen Diagnostik Röntgennativdiagnostik Elektroenzephalographie Echoenzephalographie Nuklearmedizinische Verfahren Computertomographie Angiographie Pneumenzephalographie, operative Ventrikulographie Magnetresonanztomographie Therapie Prognose
205 205 205 205 207 207 208 208 208 209 210 211 211 211 211 211 211 212 212 212 212
Gefäßmißbildungen und Gefäßkrankheiten des zentralen Nervensystems Aneurysmen u n d Angiome Operative Behandlung intrakranieller Gefäßmißbildungen und Blutungen Verschlußkrankheiten im arteriellen und venösen Bereich
217
3. 3.1 3.2 3.3
Schädel-Hirn-Verletzungen Schädelfrakturen Offene Schädel-Hirn-Verletzungen Geschlossene Hirnverletzungen
217 218 218 220
4.
Spaltmißbildungen
225
5. 5.1
Pathologisches Kopfwachstum Kraniostenosen einschließlich Turrizephalie Subdurale Ergüsse Frühkindlicher Hydrozephalus
227
2.1 2.2 2.3
5.2 5.3 6. 6.1 6.2 6.3
6.4 6.5
Raumfordernde Prozesse des Spinalkanals Arten raumfordernder Prozesse Anatomische Voraussetzungen Neurophysiologische und pathophysiologische Voraussetzungen zur Symptomatik Diagnostik Therapie
213 213 216
227 227 228
229 229 230
230 231 232
7. 7.1 7.2 7.3 7.4
Wurzelkompressionssyndrome Allgemeine Symptomatik Brachialgien und Ischialgien Diagnostik Therapie
233 233 233 237 238
8.
Rückenmarkverletzungen
240
9. 9.1 9.2 9.3
Periphere Nerven Verletzungen Nichttraumatische Nervenschädigungen Tumoren der peripheren Nerven
241 241 243 244
10. 10.1
244
10.2 10.3
Schmerzleiden Trigeminusneuralgie und symptomatische Gesichtsschmerzen Sonstige unbeeinflußbare Schmerzen Stereotaktische Hirnoperationen
244 245 246
11.
Epileptische Anfälle
247
12.
Bewußtseinsstörungen
247
XIX. Gesicht, M u n d h ö h l e , Kiefer (R. Stellmach)
249
1. 1.1 1.2 1.3 1.4 1.4.1 1.4.2 1.5 1.5.1 1.5.2 1.5.3 1.5.4 1.5.5 1.5.6 1.6
Mißbildungen und Formanomalien Bedeutung und Häufigkeit Pathogenese und Ätiologie Klinische Symptomatologie Diagnose Gesichtsspalten Anomalien der Kiefer Therapie Therapieziele Lippenplastik Gaumenplastik Korrekturoperationen Kieferorthopädische Behandlung Chirurgische Kieferorthopädie Prognose und Ergebnisse
249 249 249 250 250 251 251 251 251 251 252 252 252 253 254
2. 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.5.4 2.5.5 2.5.6 2.6 2.7
Verletzungen, F r a k t u r e n u n d Luxationen Bedeutung und Häufigkeit Ätiologie und Pathogenese Klinische Symptomatologie Diagnose Therapie M a ß n a h m e n am Unfallort Erstversorgung in der Klinik Kieferbruchschienen Oberkieferrüttelung Operative Frakturbehandlung Operative Wundversorgung Luxation der Kiefergelenke Prognose u n d Ergebnisse
254 254 254 255 256 257 257 257 257 257 258 259 260 260
Inhaltsverzeichnis
XV
3. 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.6.1 3.6.2 3.6.3 3.6.4 3.6.5 3.6.6
Odontogene Entzündungen Häufigkeit und Bedeutung Ätiologie und Pathogenese Klinische Symptomatologie Diagnose Therapie Krankheitsbilder Gesichtsphlegmone, Furunkel, Erysipel Dentogene Gesichtsfistel Kieferosteomyelitis Parotisabszeß Dentogene Kieferhöhleninfektion Spezifische chirurgische Infektionen
261 261 261 262 262 262 263 263 263 264 264 264 265
4. 4.1 4.2 4.3 4.4
Chirurgische Erkrankungen der Zähne Zahnextraktion Operative Zahnentfernung Wurzelspitzenresektion Künstliche Zahnwurzelimplantate
265 265 265 266 266
5. 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5
Zysten Ätiologie und Pathogenese Klinische Symptomatologie Diagnose Therapie Retentionszysten
266 266 267 267 267 268
6.
Chirurgische Erkrankungen der Speicheldrüsen Eitrige Entzündung Sialoadenitis Mischgeschwülste Bösartige Tumoren Tumortherapie
268 268 269 269 269 269
Chirurgische Erkrankungen der Kiefergelenke Morphologie und Funktion Entzündliche Erkrankungen Degenerative Erkrankungen Therapie
270 270 270 270 270
6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 7. 7.1 7.2 7.3 7.4 8. 8.1 8.2 8.2.1 8.2.2 8.2.3 8.2.4 8.3 8.3.1 8.3.2 8.4 8.5 8.6 8.6.1 8.6.2
Geschwülste Häufigkeit und Bedeutung Epitheliale Geschwülste Papillom Basaliom Karzinom Karzinomtherapie Mesenchymale Geschwülste Gutartige Tumorformen Malignome Naevi und pigmentbildende Geschwülste Geschwülste der Blut- und Lymphgefäße Odontogene Geschwülste Odontom Ameloblastom
271 271 271 271 271 271 273 273 273 273 274 274 274 274 275
8.6.3 8.7 8.7.1 8.7.2 8.7
Therapie Granulationstumoren Pathogenese Klinische Symptomatologie Therapie
275 275 275 275 275
9.
Rekonstruktive plastische Chirurgie von Defekten des Gesichtes und der Kiefer Weichgewebeersatz Knochenersatz Augmentationsplastik
276 276 276 276
10.1 10.2
Gesichtsepithesen und Resektionsprothesen Epithesen (Aufsatzstücke) Resektionsprothesen
277 277 277
11. 11.1 11.2 11.3 11.4 11.5 11.6 11.7
Ästhetisch-plastische Gesichtschirurgie Ohranlegeplastik Nasenkorrektur Profilplastik Facelifting Blepharoplastik Stirnkorrektur Chemochirurgie
277 277 277 278 278 280 280 280
Literatur
280
X X . Hals (ohne Schilddrüse) (H. Zühlke)
281
9.1 9.2 9.3 10.
1. 1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.1.5 1.1.6 1.1.7
Mißbildungen Kongenitale Fisteln und Zysten Mediane Halszysten und Fisteln Laterale Halszysten und -fisteln Ohr-Halsfisteln Mediane Halsspalte Hämangiom Lymphangioma cysticum (Hygroma colli cysticum) Schiefhals (Caput obstipum, Tortikollis)
285 285
2.
Benigne Tumore
286
3.
Skalenus- bzw. Halsrippensyndrom (Thoracic-outlet-Syndrom)
286
4. 4.1 4.1.1 4.2
5.
Lymphknotenerkrankungen Benigne Veränderungen der Halslymphknoten Die unspezifische und spezifische Lymphadenitis Maligne Veränderungen der Halslymphknoten Operative Maßnahmen
281 281 281 283 284 284 284
287 288 288 289 289
Inhaltsverzeichnis
XVI 5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3
Komplikationen bei Operationen im Halsbereich Nervenverletzung Lymphfisteln Verletzung von Venen und Arterien
290 290 291 291
5.1.4
Pneumothorax
291
6.
Entzündungen
291
Literatur
292
XXI. Mammachirurgie (G. Görtz, C. Walter)
4.7 4.8
Operative Gewebeentnahme Komplikationen
301 301
5. 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7
Chirurgische Therapie Tumorexstirpation Quadrantenresektion (Tylektomie) Subkutane Mastektomie Einfache Mastektomie Erweiterte Mastektomie (Patey) Radikale Mastektomie (Rotter-Halstedt) Erweiterte radikale Mastektomie
302 302 302 302 302 302 303 303
6.
Adjuvante Therapie des Mammakarzinoms Prognostische Faktoren Risikogruppen Strahlentherapie Endokrine Therapie Ablative Verfahren Additive Verfahren Chemotherapie Kombinationstherapie Lokalrezidiv Metastasierendes Mammakarzinom des Mannes
305
Literatur
305
293
1. 1.1 1.2
Entwicklung und Anatomie Entwicklung Anatomischer Aufbau
293 293 293
2. 2.1 2.2 2.3 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.4.4 2.5 2.6 2.6.1 2.6.2
Gutartige Mammaerkrankungen Fehlbildungen Gynäkomastie Entzündungen Gutartige Tumoren und Zysten Zysten Fibroadenome Cystosarcoma phylloides Seltene Tumoren Mastopathia fibrosa cystica Präkanzerösen, Carcinoma in situ Duktale Form Lobuläre Form
294 294 294 294 295 295 295 295 295 295 296 296 296
3. 3.1 3.2 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.4 3.5 3.6 3.7
Bösartige Mammaerkrankungen Häufigkeit Ätiologie, Pathogenese, Risikofaktoren Einteilung der Karzinome Duktale Formen Lobuläre Karzinome Seltene Karzinome Stadieneinteilung Metastasierungswege Multizentrizität Lokalrezidiv
297 297 297 297 297 298 298 298 299 299 299
4. 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.6.4 4.6.5
Klinisches Bild und Diagnose Klinik Screening-Untersuchungen Selbstuntersuchung Vorsorgeuntersuchung Anamnese, Inspektion, Palpation Apparativ-technische Verfahren Mammographie Aspirationszytologie Sonographie Galaktographie Sonstige Verfahren
299 299 299 300 300 300 300 300 300 300 300 301
6.1 6.2 6.3 6.4 6.4.1 6.4.2 6.5 6.6 6.7 6.8
XXII. Thoraxchirurgie 1.
Brustwand, Zwerchfell, Pleura, Lunge, Mediastinum
1.1 1.1.1 1.1.1.1 1.1.1.2 1.1.1.3
Brustwand Formveränderungen Trichterbrust Hühnerbrust (Pectus carinatum) Deformitäten durch Erkrankungen der Thoraxorgane Seltene Deformitäten Brustwandbrüche Entzündungen Ätiologie, Formen und Therapie Tietze-Syndrom Morbus Mondor Geschwülste Gutartige Tumoren Bösartige Tumoren Zwerchfell (Diaphragma) Anatomie Physiologie Hernien Kongenitale Hernien und Aplasien Erworbene Hernien Traumatische Hernien (Prolaps) Tumoren und Zysten
(R.Häring)
1.1.1.4 1.1.1.5 1.1.2 1.1.2.1 1.1.2.2 1.1.2.3 1.1.3 1.1.3.1 1.1.3.2 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.3.1 1.2.3.2 1.2.3.3 1.2.4
303 303 303 304 304 304 304 305 305 305
307
307 307 307 307 308 308 308 308 308 308 309 309 309 309 310 310 310 311 311 411 311 312 312
Inhaltsverzeichnis 1.2.5 1.2.6 1.2.6.1 1.2.6.2 1.3 1.3.1 1.3.2. 1.3.2.1 1.3.2.2 1.3.2.3 1.3.2.4 1.3.3 1.3.3.1 1.3.3.2 1.3.3.3 1.3.3.4 1.3.4 1.3.4.1 1.3.4.2 1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.4.4 1.4.5 1.4.6 1.4.6.1 1.4.6.2 1.4.6.3 1.4.7 1.4.7.1 1.4.7.2 1.4.7.3 1.4.7.4 1.4.7.5 1.4.7.6 1.4.8 1.4.9 1.4.9.1 1.4.9.2 1.4.9.3 1.4.9.4 1.5 1.5.1 1.5.2 1.5.3 1.5.4 1.5.5 1.5.5.1 1.5.5.2 1.5.6 1.5.7
Entzündungen Funktionelle Störungen Zwerchfellkrampf (Singultus) Relaxatio diaphragmatica Pleura Anatomie und Physiologie Pneumothorax Definition und Einteilung Einfacher Pneumothorax Idiopathischer oder Spontanpneumothorax Ventil- oder Spannungspneumothorax Pleuraerguß Sero thorax Hämatothorax Pyothorax (= Pleuraempyem) Chylothorax Pleuratumoren Primäre Tumoren Sekundäre Tumoren Lunge Bemerkungen zur Anatomie und Funktion Wichtige Funktionsuntersuchungen Störungen der Lungenfunktion Spezielle Untersuchungsmethoden Operative Zugangswege und -verfahren Fehlbildungen der Lunge Lungensequestration Lungenzysten Arterio-venöses Aneurysma Entzündliche Erkrankungen Chronische Pneumonie Lungenabszeß Lungengangrän Bronchiektasen Chirurgische Therapie der Lungentuberkulose Pilzinfektionen (Mykosen) Echinokokkose Tumoren „Rundherde" und ihre Differentialdiagnose Bösartige Tumoren Lungenmetastasen Gutartige Tumoren Mediastinum Topographische Einteilung Untersuchungsverfahren Pathologische Lageveränderungen Verletzungen Entzündungen Akute Mediastinitis Chronische Mediastinitis Erkrankungen des Ductus thoracicus Tumoren und Zysten Literatur
XVII 312 312 312 313 313 313 313 313 314 314 315 316 316 316 317 318 318 318 319 319
2.
Herz und herznahe Gefäße
2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.2.1 2.1.2.2 2.1.2.3 2.1.2.4 2.2
Einfuhrung Operationsindikation Technische Voraussetzungen Zugangswege Extrakorporale Zirkulation Hypothermie und Kreislaufstillstand Myokardprotektion Herzchirurgie im Säuglings- und Kindesalter Epidemiologie Einteilung der Herzmißbildungen Azyanotische, ohne extrakorporale Zirkulation korrigierbare Fehlbildungen Persistierender Ductus arteriosus Botalli (PDA) Aortenisthmusstenose (Coarctatio aortae) Gefäßanomalien im Aortenbogenbereich Azyanotische, mit extrakorporaler Zirkulation korrigierbare Fehlbildungen Stenosierungen des linksventrikulären Ausstromtraktes Pulmonalstenose Vorhofseptumdefekt (ASDAtriumseptumdefekt) Ventrikelseptumdefekt (VSD) Kompletter AV-Kanal Totale Lungenvenenfehlmündung (TAPVC) Truncus arteriosus communis (TAC) Zyanotische Herzfehler Fallo-Tetralogie Transposition der großen Arterien (TGA) Ebstein-Anomalie Tricuspidalatresie (TA) Univentrikuläres Herz Koronararterienanomalien Herzchirurgie im Erwachsenenalter Herzklappenerkrankungen Pathologie und Pathophysiologie Klinik und natürlicher Verlauf Indikation und Operationsverfahren Klappenprothesen Hypertrophisch obstruktive Kardiomyopathie (HOCM) Koronare Herzerkrankung (KHK) Epidemiologie Klinik und natürlicher Verlauf Operationsindikation und chirurgische Möglichkeiten Postinfarzielles Ventrikelaneurysma Bradykarde und tachykarde Rhythmusstörungen Bradykarde Rhythmusstörungen Schrittmachersysteme Tachykarde Rhythmusstörungen
(J. Ostermeyer)
2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.3.1 2.2.3.2 2.2.3.3 2.2.4 2.2.4.1
319 320 321 322 322 324 324 325 325 325 325 326 328 328 329 330 330 331 331 331 336 336 336 336 337 337 338 338 338 338 339 339 341
2.2.4.2 2.2.4.3 2.2.4.4 2.2.4.5 2.2.4.6 2.2.4.7 2.2.5 2.2.5.1 2.2.5.2 2.2.5.3 2.2.5.4 2.2.5.5 2.2.5.6 2.3 2.3.1 2.3.1.1 2.3.1.2 2.3.1.3 2.3.1.4 2.3.2 2.3.3 2.3.3.1 2.3.3.2 2.3.3.3 2.3.3.4 2.3.4 2.3.4.1 2.3.4.2 2.3.4.3
342 342 343 343 343 343 344 345 346 346 346 347 347 348 350 350 350 351 352 353 355 356 357 358 358 360 362 362 363 364 364 365 365 367 367 368 369 370 370 370 370 373 373 373 374 375
Inhaltsverzeichnis
XVIII 2.3.5 2.3.5.1 2.3.5.2 2.3.6 2.3.7 2.3.8 2.3.9 2.3.9.1 2.3.9.2 2.3.9.3 2.3.9.4 2.3.9.5 2.3.10
Thorakale Aortenaneurysmen Anulo-aortale Ektasie Aortendissektion Herztumoren Perikarderkrankungen Lungenarterienembolie Verletzungen von Herz u n d herznahen Gefäßen Herzkontusion Herzwandrupturen Septumdefekte Herzklappenverletzungen Aortenruptur Herztransplantation Literatur
XXIII. Gefäßchirurgie (A.Himer und R. Häring) 1. 1.1 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.3 1.4 1.4.1 1.4.1.1 1.4.1.2 1.4.2 1.4.3 1.5 1.5.1 1.5.2
1.5.3 1.5.4 1.5.4.1 1.5.4.2 1.5.4.3 1.5.4.4 1.5.4.5 1.5.4.6 1.5.4.7 1.5.5 1.5.6 1.5.7 1.6 1.6.1 1.6.2
Allgemeine Gesichtspunkte der arteriellen Verschlußkrankheit Epidemiologie Ätiologie, Pathogenese, pathologische Anatomie und Pathophysiologie Chronische arterielle Verschlußkrankheit Arterielle Aneurysmen Akuter Gefäßverschluß Symptomatologie Diagnose und Differentialdiagnose Klinisch-angiologische Untersuchung Angiologische Ruheuntersuchungen Belastungs- und Provokationstests Klinische Zusatzuntersuchungen Apparative Untersuchungen Therapie Konservative Therapie Interventionelle radiologische Gefäßbehandlung (Angioplastie, Embolisierung) Operative Indikationsstellungen Operative Techniken Embolektomie Thrombendarteriektomie Interposition eines Gefaßtransplantats Bypass-Verfahren Sympathektomie ( = lumbale Grenzstrangresektion) Gefäßligatur Nahtmaterial, Instrumentarium Gefäßtransplantate Postoperative Komplikationen Postoperative Nachsorge Amputationen Grenzzonenamputation Gliedmaßenamputation
376 376 377 378 378 379 380 380 381 381 381 381 382 384
385
385 385 385 385 386 387 387 387 387 387 388 389 389 390 390
392 392 392 392 393 393 393 393 394 394 394 394 395 395 395 396
2.
2.1.5 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.5 2.2.6 2.2.7 2.2.8 2.3 2.3.1 2.3.1.1 2.3.1.2 2.3.2 2.3.3
Spezielle Chirurgie der arteriellen Verschlußkrankheit Akuter Gefäßverschluß Arterielle Embolie Autochthone arterielle Thrombose Traumatischer arterieller Verschluß Seltene Ursachen des akuten arteriellen Verschlusses Arterielle Mikroembolie Chronische arterielle Verschlußkrankheit Zerebro-vaskuläre Insuffizienz Subclavian-Steal-Syndrom Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) Armarterien und Raynaud-Phänomen Thorakale Aorta Viszeralarterien Nierenarterien Untere Extremität Arterielle Aneurysmen Aneurysma verum Infrarenales Aortenaneurysma Aneurysma verum anderer Lokalisationen Aneurysma falsum Aneurysma dissecans aortae
398 399 400 400 402 403 404 405 405 406 407 411 411 411 412 412 413
3.
Gefäßverletzungen
413
4.
Arterio-venöse Fisteln (einschl. Hämodialyse-Shunts) Konnatale av-Fisteln Traumatische av-Fisteln Erworbene av-Fisteln Symptome und Diagnose Therapie und Prognose Hämodialyse-Shunts
413 413 413 413 413 413 413
2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4
4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 5. 5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.1.4 5.1.5 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5 5.2.6 5.2.7 5.3
5.4
Chirurgie der Venen Varikosis Primäre Varikosis Sekundäre Varikosis Klinische Symptomatologie Diagnose und Differentialdiagnose Therapie Akute Bein-Beckenvenenthrombose Epidemiologie und Ätiologie Klinische Symptomatologie und Komplikationen Diagnose Therapie Operative Technik Ergebnisse u n d Prognose V.-cava-Blockade Akute Thrombose der V.axillaris oder subclavia ( = Paget-von-SchroetterSyndrom) Akute Thrombose der V. mesenterica superior
396 396 396 398 398
415 415 415 415 415 416 416 418 418 418 418 419 419 419 420
420 420
Inhaltsverzeichnis 5.5
6. 6.1 6.2 6.3 6.3.1 6.3.2
Chronischer Verschluß der tiefen BeinBeckenvenen
XIX
420
Chirurgie der Lymphgefäße Einteilung und Epidemiologie Klinik, Diagnostik und Differentialdiagnose Therapie Konservative Therapie Chirurgische Therapie
421 421
Literatur
423
421 422 422 423
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
425
1.
425
1.1 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 1.2.5 1.3 1.3.1 1.3.1.1 1.3.1.2 1.3.1.3 1.3.1.3.1 1.3.1.3.2 1.3.2 1.3.2.1 1.3.2.2 1.3.2.3 1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.2.1 1.4.2.2 1.4.2.3 1.4.3 1.4.4 1.4.4.1 1.4.4.2 1.4.4.3 1.4.4.4 1.5 1.5.1 1.5.2 1.5.2.1 1.5.2.2 1.5.3
Ösophagus (R. Häring) Funktionelle Anatomie der Speiseröhre Diagnostik Leitsymptome Röntgenuntersuchung Endoskopie und Biopsie Intraösophageale Druckmessung Intraösophageale pH-Metrie Motilitätsstörungen Achalasie Definition, Ätiologie, Pathogenese Symptome, Diagnose und Differentialdiagnose Therapie Konservative Therapie Operative Therapie Idiopathischer, diffuser Ösophagusspasmus Definition Klinik und Diagnose Therapie Hiatushernien Definition, Ursachen, Häufigkeit Einteilung Axiale Hernie (Hiatusgleithernie) Paraösophageale Hernie Mischhernie Diagnose der Hiatushernie Refluxkrankheit Definition und Einteilung Phathogenese der Refluxkrankheit Symptome und Diagnose der Refluxkrankheit Therapie der Hiatushernien und der Refluxkrankheit Divertikel Definition - Einteilung Zenker-Pulsionsdivertikel Symptome und Diagnose Therapie Traktionsdivertikel
425 426 426 427 427 427 427 427 427 427 428 429 429 429 430 430 430 431 431 431 431 431 431 432 432 432 432 433 433 434 434 434 435 435 435 435
1.5.3.1 1.5.3.2 1.5.4 1.5.4.1 1.5.4.2 1.6 1.6.1 1.6.1.1 1.6.1.2 1.6.2 1.6.2.1 1.6.2.2 1-6.2.3 1.7 1.7.1. 1.7.2 1.7.3 1.8 1.9 1.10 1.11 1.11.1 1.11.2 1.11-3 1 12 1.12.1 1.12.2 1.12.3 1.12.4 1.12.5 1.12.6 1.12.6.1 1.12.6.2 1.12.6.3 1.12.6.4 1.12.6.5
2. 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 3.3.4 2.3.4.1 2.3.4.2 2.3.4.3 2.4
Symptome und Diagnose Therapie Epiphrenale Divertikel Symptome und Diagnose Therapie Perforation und Spontanrupter des Ösophagus Perforation Symptome und Diagnose Therapie Spontanruptur (Boerhaave-Syndrom) Definition, Häufigkeit, Ursachen Klinik und Diagnose Therapie Verätzungen durch Säuren oder Laugen Definition und Ursachen Klinik und Diagnostik Therapie Fremdkörper Mißbildungen Dysphagia lusoria Gutartige Tumoren Häufigkeit und Arten Klinik und Diagnose Therapie Ösophaguskarzinom Epidemiologie und Ätiologie Pathologische Anatomie, Ausbreitung, Metastasierung Symptomatologie Diagnostik Operationsindikation Therapie Ösophagusresektion Ösophagusersatz Ergebnisse der Resektionsbehandlung Palliativoperationen Andere Therapieverfahren Literatur
435 436 436 436 436
439 441 441 442 443 443 443 444 444 445 445
Magen und Duodenum (St. John, M. Kunkel, R. Häring) Anatomie Physiologie Motorische Funktionen Sekretorische Funktionen Ablauf der Magensekretion Physiologische Aufgaben des Duodenums Spezielle Untersuchungsmethoden Anamnese Bildgebende Untersuchungsverfahren Gastroduodenoskopie Sekretionsanalysen Pentagastrin-Test Insulin-Test Gastrin-Bestimmung Erkrankungen des Magens und Duodenums
446 446 447 447 448 448 449 449 449 449 449 450 450 450 451 451
436 436 436 437 437 437 437 437 437 437 438 438 438 439 439 439 439 439 439 439 439
Inhaltsverzeichnis
XX 2.4.1 2.4.1.1 2.4.1.2 2.4.1.3 2.4.1.4 2.4.1.5 2.4.2 2.4.2.1 2.4.2.2 2.4.2.2.1 2.4.2.2.2 2.4.2.3 2.4.2.3.1 2.4.2.3.2 2.4.2.4 2.4.2.5 2.4.2.5.1 2.4.2.5.2 2.4.2.5.3 2.4.2.5.4 2.4.2.6 2.4.2.6.1 2.4.2.6.2 2.4.2.6.3 2.4.2.6.4 2.4.3 2.4.3.1 2.4.3.2 2.4.4 2.4.4.1 2.4.4.2 2.4.4.2.1 2.4.4.2.2 2.4.4.3 2.4.4.4 2.4.4.5 2.4.4.5.1 2.4.4.5.2 2.4.4.5.3 2.4.4.5.4 2.4.4.5.5 2.4.4.5.6 2.4.4.5.7 2.5 2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.5.4 2.5.5 2.5.6 2.5.6.1 2.5.6.2 2.5.6.3 2.5.6.4 2.5.6.5
Gastritis Akute Gastritis Akute erosive Gastritis Phlegmonöse Gastritis Postoperative Refluxgastritis Chronisch atrophische Gastritis Gastroduodenale Ulkuskrankheit Epidemiologie Pathogenese Ulcus ventriculi Ulcus duodeni Pathologische Anatomie Akutes Ulkus Chronisches Ulkus Klinik der Ulkuskrankheit Komplikationen des gastroduodenalen Ulkus Perforation/Penetration Blutung Stenose Maligne Entartung Behandlung der Geschwürskrankheit Konservative Therapie Operationsverfahren Indikationen und Verfahrenswahl Ergebnisse der Ulkuschirurgie Gutartige Geschwülste des Magens und Duodenums Epitheliale Geschwülste Mesenchymale Geschwülste Bösartige Geschwülste (Karzinome) Epidemiologie Pathologische Anatomie Ausbreitung des Magenkarzinoms Wachstumsformen und Stadieneinteilung Klinik Diagnostik Therapie Radikale Operationsverfahren Indikationen und Verfahrenswahl Nicht-resezierende palliative Operationen Strahlen- und Chemotherapie Behandlungsergebnisse Nachsorge Duodenalkarzinom Postoperative Komplikationen Nachblutung Nahtinsuffizienz Duodenalstumpfinsuffizienz Postoperative Pankreatitis Magen- oder Ösophagusverletzung Der operierte Magen Rezidivulzera Syndrom der zuführenden Schlinge Alkalische Refluxgastritis Refluxösophagitis Karzinom im Magenstumpf
451 451 451 451 452 452 452 452 452 452 453 453 453 454 455 456 456 456 456 457 457 457 458 461 461 462 462 462 462 462 463 463 464 466 466 467 468 469 469 470 470 471 471 471 472 472 472 472 472 472 472 473 473 473 473
2.5.6.6 2.5.6.7 2.5.6.8 2.5.6.9 2.5.7 2.5.8 2.5.9 2.5.10 2.5.11 2.5.12 2.5.13 3. 3.1 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.3 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.5 3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.5.4 3.5.4.1 3.5.4.2 3.6 3.6.1 3.6.2 3.6.3 3.6.4 3.6.5 3.6.6 3.6.7 4. 4.1 4.2 4.3 4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4 4.4.5 4.4.6
Dumping-Syndrom Agastrische Dystrophie Anämie Störungen nach Vagotomie Fehlbildungen Pylorusspasmus Verätzungen Verletzungen des Magens und Duodenums Fremdkörper Divertikel des Magens und Duodenums Volvulus des Magens Literatur Dünndarm (Jejunum, Ileum) (Th. Karavias) Anatomie und Physiologie Chirurgische Pathophysiologie Malassimilation Ileus Peritonitis Intestinale Blutung Untersuchungsverfahren Entzündliche Erkrankungen des Dünndarms Enteritis regionalis (Morbus Crohn) Darmtuberkulose Typhus abdominalis Tumoren des Dünndarms Gutartige Dünndarmtumoren Maligne Dünndarmtumoren Semimaligne Tumoren Tumorähnliche Läsionen des Darms Das Peutz-Jeghers-Syndrom Endometriose des Dünndarms Weitere chirurgische Erkrankungen des Dünndarms Meckel-Divertikel Dünndarmdivertikel Syndrom der blinden Schlinge Dünndarmgeschwüre Nekrotisierende Enteritis Darmwandhämatom Folgen der Dünndarmresektionen Kolon und Rektum (A. Anders, U. Baer, R. Häring) Anatomie Physiologie und Pathophysiologie Typische Symptome bei Dickdarmerkrankungen Untersuchungsmethoden Anamnese Untersuchung des Abdomens Digitale rektale Untersuchung Endoskopische Verfahren und Biopsie Bildgebende Verfahren Laboruntersuchungen
474 474 474 474 475 475 475 475 475 475 475 476 477 477 477 477 478 478 478 478 479 479 481 482 482 482 482 483 484 484 484 484 484 485 485 485 486 486 487
488 488 488 489 489 489 489 489 489 490 490
XXI
Inhaltsverzeichnis 4.5 4.5.1 4.5.2 4.5.3 4.5.4 4.5.5 4.5.6 4.5.7 4.5.8 4.5.9 4.5.10 4.5.11 4.5.12 4.5.13 4.6 4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.6.4 4.7 4.7.1 4.7.2 4.7.3 4.7.4 4.7.5 4.7.6 4.7.6.1 4.7.6.2 4.7.6.3 4.7.7 4.7.8 4.7.9 4.8 4.8.1 4.8.1.1 4.8.1.2 4.8.1.3 4.8.1.4 4.8.1.5 4.8.2 4.8.3 4.8.4 4.8.4.1 4.8.4.2 4.8.4.3 4.8.4.4 4.8.4.5 4.8.4.5.1 4.8.4.5.2 4.8.4.5.3 4.8.4.5.4 4.M.6 4.8.4.6.1 4.8.4.6.2 4.8.4.7
Typische Operationsverfahren Hemikolektomie rechts Resektion des Colon transversum Hemikolektomie links Sigmaresektion Anteriore Rektumresektion nach Dixon Abdomino-perineale Rektumexstirpation Totale Koloproktektomie Operation nach Hartmann Transsphinktere posteriore Rektotomie nach Mason Anus praeternaturalis (Kolostomie) Palliative Umleitungsverfahren Kolotomie Allgemeine Gesichtspunkte bei Kolonoperationen Gutartige Tumoren Adenome (neoplastische Polypen) Familiäre Polypose (Adenomatöse) Peutz-Jeghers-Syndrom Karzinoid Kolorektales Karzinom Epidemiologie Ätiologie und Pathogenese Pathologische Anatomie Symptome Diagnose und Differentialdiagnose Therapie Kolonkarzinom Rektumkarzinom Typische postoperative Komplikationen Strahlentherapie Chemotherapie Ergebnisse und Prognose Entzündliche Erkrankungen Akute Appendizitis Ätiologie und Pathogenese Symptome Diagnose und Differentialdiagnose Therapie Ergebnisse Chronisch rezidivierende Appendizitis Seltene Erkrankungen der Appendix Divertikulose - Divertikulitis Ätiologie und Pathogenese Epidemiologie Symptome Diagnose und Differentialdiagnose Komplikationen der Divertikulitis Blutung Stenose Perforation mit Abszeß-oder Fistelbildung Perforation mit diffuser Peritonitis Therapie Unkomplizierte Divertikulitis Komplizierte Divertikulitis Ergebnisse
490 490 491 491 492 492 493 493 493 493 494 495 495 495 496 497 497 497 497 498 498 498 499 501 502 502 503 503 504 504 504 504 505 505 505 505 505 507 508 508 508 508 508 509 509 509 510 510 511 511 511 511 511 511 512
4.8.5 4.8.5.1 4.8.5.2 4.8.5.3 4.8.5.4 4.8.5.5 4.8.5.6 4.8.6 4.8.6.1 4.8.6.2 4.8.6.3 4.8.6.4 4.8.6.5 4.8.6.6 4.8.7 4.8.8 4.8.9 4.8.9.1 4.8.9.2 4.8.9.3 4.8.10 4.9 4.9.1 4.9.2 4.10 4.10.1 4.10.2 4.10.3 4.10.4 4.10.5 4.10.6 5. 5.1 5.2 5.2.1 5.2.1.1 5.2.1.2 5.2.2 5.2.2.1 5.2.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5 5.3 5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.4 5.4
Colitis ulcerosa (Proktocolitis ulcerohämorrhagica gravis) Ätiologie u n d Pathogenese Symptome Diagnose und Differentialdiagnose Komplikationen Therapie Prognose Colitis regionalis Crohn Ätiologie und Pathogenese Symptome Diagnose und Differentialdiagnose Komplikationen Therapie Ergebnisse und Prognose Ischämische Kolitis Ischämische Kolitis im Neugeborenenalter Enteritis necroticans (nichtokklusiver Mesenterialinfarkt) Epidemiologie Klinisches Bild Therapie Pseudomembranöse Kolitis Kongenitale Erkrankungen Anorektale Atresie Megacolon congenitum HirschsprungKrankheit Sonstige Dickdarmerkrankungen Colon irritabile Dolichocolon Verletzungen Angiodysplasie Endometriose Strahlenschäden Literatur Ileus (A. Wondzinski, R. Höring) Definitionen, Einteilung Ätiologie, Pathogenese und Pathophysiologic der Ileuskrankheit Mechanischer Ileus Okklusionsileus (keine Mesenterialgefäßbeteiligung) Strangulationsileus (Ileus mit Mesenterialgefäßbeteiligung) Funktionellerlleus Paralytischer Ileus Spastischer Ileus Gemischter Ileus Postoperativerlleus Pathophysiologie Klinisches Bild und Diagnostik Anamnese Klinische Untersuchung Röntgendiagnostik Labordiagnostik Therapie
512 512 513 513 513 514 514 514 514 515 515 515 515 515 516 516 516 516 516 516 516 517 517 517 517 517 517 517 517 518 518 519 520 520 520 520 521 522 523 523 523 523 523 524 525 525 526 526 527 527
XXII 5.4.1 5.4.2 5.5
Inhaltsverzeichnis Konservative Maßnahmen und OP-Vorbereitung Operative Therapie Prognose und Letalität
.527 527 529
Literatur
529
6.
Anus
6.1 6.2 6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.4 6.4.1 6.4.2 6.4.3 6.5 6.5.1 6.5.1.1 6.5.1.2 6.5.1.3 6.5.2 6.5.2.1 6.5.2.2 6.5.2.3 6.6 6.6.1 6.6.2 6.7
Anatomie und Physiologie Fehlbildungen Sinus pilonidalis Ätiologie Symptome und Diagnose Therapie Strikturen und Narbenstenosen Ätiologie Symptome Therapie Anal- und Rektumprolaps Analprolaps Ätiologie Symptome und Diagnose Therapie Rektumprolaps Ätiologie Symptome und Diagnose Therapie Pruritus ani Ätiologie Therapie Perianale Thrombose, perianales Hämatom Symptome und Diagnose Therapie Hämorrhoiden (sog. „innere Hämorrhoiden") Ätiologie Symptome und Stadieneinteilung Diagnose Therapie Konservative Therapie Operative Therapie Therapie der Komplikationen Marisken Analfissur Ätiologie Symptome und Diagnose Therapie Papillitis und Kryptitis Analabszeß und Analfisteln Ätiologie und Epidemiologie Analabszesse Symptome und Diagnose Therapie Analfisteln Ätiologie und Einteilung
(A.Wondzinski,
6.7.1 6.7.2 6.8 6.8.1 6.8.2 6.8.3 6.8.4 6.8.4.1 6.8.4.2 6.8.5 6.9 6.10 6.10.1 6.10.2 6.10.3 6.11 6.12 6.12.1 6.12.2 6.12.2.1 6.12.2.2 6.12.3 6.12.3.1
R.
Höring)
530 530 531 531 531 531 531 532 532 532 532 532 532 532 532 532 533 533 533 533 533 533 533 533 534 534 534 534 534 535 535 535 535 535 535 536 536 536 536 536 537 537 537 537 538 538 538
6.12.3.2 6.12.3.3 6.12.3.4 6.13 6.13.1 6.13.2 6.14 6.15 6.16 6.16.1 6.16.2 6.16.2.1 6.16.2.2 6.16.2.3 6.16.2.4 6.17 6.17.1 6.17.2 6.17.3
Symptome und Diagnose Therapie Pelvirektale Fisteln Besondere Schmerzzustände Proktalgia fugax Kokzygodynie Verletzungen Fremdkörper Tumoren Gutartige Tumoren Analkarzinom Ätiologie und Pathogenese Symptome und Diagnose Therapie Prognose Inkontinenz Ätiologie Symptome und Diagnose Therapie
539 539 539 540 540 540 540 540 540 540 540 540 541 541 541 541 541 542 542
Literatur
542
7.
Gastro-intestinale Blutungen einschließlich portaler Hypertension
7.1 7.2 7.3
Ursachen Allgemeine klinische Zeichen der Blutung Blutungen aus Ösophagus- und Magenvarizen Pathophysiologie der portalen Hypertension Diagnostik Therapie der Varizenblutung und des Pfortaderhochdrucks Konservative Maßnahmen Operative Maßnahmen Drucksenkende portosystemische Shunts Sperroperationen Vorgehen bei der akuten Varizenblutung Operative Behandlung des Aszites bei portaler Hypertension Nachsorge Blutungen aus Magen und Duodenum Akute Ulkusblutung Nichtoperative Blutstillung Operative Blutstillung Blutungen aus akuten Schleimhautläsionen Exulceratio simplex Dieulafoy Mallory-Weiss-Syndrom Blutungen bei Morbus Osler Hiatushernien Magen- und Duodenaldivertikel Maligne und benigne Tumoren Hämobilie Blutungen aus dem Dünn- und Dickdarm Anorektale Blutungen
(R.Häring,
7.3.1 7.3.2 7.3.3 7.3.3.1 7.3.3.2 7.3.3.2.1 7.3.3.2.2 7.3.3.2.3 7.3.3.2.4 7.3.3.2.5 7.4 7.4.1 7.4.1.1 7.4.1.2 7.4.2 7.4.3 7.4.4 7.4.5 7.4.6 7.4.7 7.4.8 7.4.9 7.5 7.6
A.
Hirner)
543 543 543 544 545 546 548 548 549 549 552 553 553 553 555 555 555 555 556 556 556 556 557 557 557 557 557 558
XXIII
Inhaltsverzeichnis Literatur 8. 8.1 8.2 8.3 8.4 8.4.1 8.4.2 8.4.2.1 8.4.2.2 8.4.3 8.4.3.1 8.4.3.2 8.5 8.5.1 8.5.2 8.5.2.1 8.5.2.2 8.5.2.3 8.5.3 8.5.4 8.5.5 8.5.6 8.6 8.7 8.8 8.8.1 8.8.2 8.9
Akutes Abdomen (A.Himer, D.Weber) Definition Häufigkeit Ursachen Klinische Leitsymptome Schmerz Motilitätsstörungen Erbrechen Peristaltik Schock Volumenmangelschock Septisch-toxischer Schock Diagnostik Anamnese Untersuchung Inspektion Palpation Auskultation Labor Röntgenuntersuchungen Sonstige Untersuchungen Differentialdiagnose Besonderheiten beim akuten Abdomen des Kindes Besonderheiten beim akuten Abdomen während der Schwangerschaft Besonderheiten beim akuten Abdomen nach Trauma Perforierendes Bauchtrauma Stumpfes Bauchtrauma Präoperativ-therapeutische Maßnahmen Literatur
9. 9.1 9.2 9.3 9.4 9.5 9.6 9.7 9.8 9.8.1 9.8.2 9.8.3 9.8.3.1 9.8.3.2 9.8.3.3 9.9 9.10 9.10.1
Peritonitis (A.Himer, R.Häring) Definition Pathophysiologic Bakteriologie Epidemiologie Ätiologie und Einteilung Klinische Leitsymptome Diagnostik Therapeutische Richtlinien Konservative Therapie Perioperative Therapie Operative Therapie Zielsetzung Allgemeine operative Taktik Spezielle operative Taktik Prognose Intraabdominelle Abszesse Subphrenischer und subhepatischer Abszeß
558
559 559 559 559 561 561 562 562 563 563 563 564 564 565 565 565 565 566 566 566 567 567 568 568 568 569 569 569 570
571 571 571 572 572 572 573 574 575 575 576 576 576 577 577 577 578 578
9.10.2 9.10.3 9.10.4
10. 10.1 10.2 10.3 10.4 10.5 10.6 10.7 10.7.1 10.7.2 10.7.2.1 10.7.2.1.1 10.7.2.1.2 10.7.2.1.3 10.7.2.1.4 10.7.2.1.5 10.7.2.1.6 10.7.2.2 10.7.2.2.1 10.7.2.2.2 10.7.2.2.3 10.7.2.2.4 10.7.2.2.5 10.7.2.2.6 10.8 10.8.1 10.8.1.1 10.8.1.2 10.8.1.3 10.8.1.4 10.8.1.5 10.8.1.6 10.8.2 10.8.2.1 10.8.2.2 10.8.2.3 10.8.2.4 10.8.2.5 10.8.2.6 10.9 10.9.1 10.9.1.1 10.9.1.2 10.9.1.3 10.9.2 10.9.2.1 10.9.2.1.1 10.9.2.1.2 10.9.2.1.3
Perityphlitischer Abszeß Douglas-Abszeß Prognose
579 579 579
Literatur
579
Leber (L. C. Tung, R. Höring) Einführung Chirurgische Anatomie Leberregeneration Allgemeine und spezielle Diagnostik bei Lebererkrankungen Operative Verfahren Verletzungen Leberzysten Nichtparasitäre Zysten Parasitäre Zysten Echinococcus granulosus (cysticus) Ätiologie und Pathogenese Symptome Diagnose und Differentialdiagnose Komplikationen Therapie Prognose Echinococcus multilocularis (= alveolaris) Ätiologie und Pathogenese Symptome Diagnose und Differentialdiagnose Komplikationen Therapie Prognose Leberabszesse Pyogener Leberabszeß Ätiologie und Epidemiologie Symptome Diagnose und Differentialdiagnose Komplikationen Therapie Prognose Amöbenabszeß Ätiologie und Epidemiologie Symptome Diagnose und Differentialdiagnose Komplikationen Therapie Prognose Lebertumoren Gutartige Tumoren Hämangiom, Hämangiokavernom Fokale noduläre Hyperplasie (FNH) Leberadenom Bösartige Lebertumoren Primäres hepatozelluläres Karzinom Ätiologie und Pathogenese Symptome Diagnose und Differentialdiagnose
580 580 580 580 580 581 583 583 583 583 584 584 584 584 585 585 586 586 586 586 586 586 586 586 586 586 586 587 587 587 587 587 588 588 588 588 588 588 588 588 588 589 589 589 589 589 589 590 590
XXIV 10.9.2.1.4 10.9.2.1.5 10.9.2.2 10.9.3
Inhaltsverzeichnis Therapie Prognose Primäres cholangiozelluläres Karzinom Sekundäre Lebertumoren (Lebermetastasen)
590 590 590
Literatur
591
11.
Gallenblase und Gallenwege
11.1 11.1.1 11.1.2 11.1.3 11.1.3.1 11.1.3.2 11.1.3.3 11.1.3.4 11.1.4 11.1.4.1 11.1.4.2 11.1.4.3 11.1.4.4 11.1.4.5
Gallensteinleiden Epidemiologie und Pathogenese Symptomatik Komplikationen Akute Cholezystitis Chronische Cholezystitis Gallenblasenhydrops Gallensteinileus Diagnostik des Gallensteinleidens Sonographie Röntgen-Abdomenübersicht Orale Cholegraphie Intravenöse Cholezysto-Cholangiographie ERCP (endoskopische retrograde Cholangiopancreaticographie) Therapie des Gallensteinleidens Medikamentöse Steinauflösung Operative Therapie des Gallensteinleidens Spezielle Operationsindikationen Relative Indikationen Absolute Indikationen Indikationen bei steinfreier Gallenblase Technik der Cholezystektomie Intraoperative Diagnostik der Gallenwege Druck- und Durchflußmessungen Druckkontrollierte Cholangiographie vor der Gallengangsrevision Cholezystokinintest Cholangioskopie Ergebnisse der Cholezystektomie Cholestase, Diagnostische Maßnahmen bei Cholestase Choledocholithiasis Klinik der Choledocholithiasis Komplikationen der Choledocholithiasis Cholangitis Symptomatik Diagnose Papillenstenose (Papillitis stenosans) Chronische sklerosierende Cholangitis Gallengangsstriktur Röhrenstenose des Ductus choledochus Mirizzi-Syndrom Hämobilie Parasitäre Ursachen Mißbildungen
(J. Konradt, M.
11.1.5 11.1.5.1 11.1.5.2 11.1.6 11.1.6.1 11.1.6.2 11.1.6.3 11.1.7 11.1.8 11.1.8.1 11.1.8.2 11.1.8.3 11.1.8.4 11.1.9 11.2 11.2.1 11.2.2 11.2.2.1 11.2.2.2 11.2.3 11.2.3.1 11.2.3.2 11.2.4 11.2.5 11.2.6 11.2.7 11.2.8 11.2.9 11.2.10 11.2.11
Kaminski)
591
592 592 592 592 593 593 594 594 595 596 596 596 596 596
11.2.12 11.2.13 11.2.14
Bösartige Tumoren der Gallenwege Operationsindikation bei Verschlußikterus Sanierende und palliative Operationsverfahren bei Cholestase 11.2.14.1 Gallengangsrevision bei Choledocholithiasis 11.2.14.2 Transduodenale Sphinkterotomie 11.2.14.3 Biliodigestive Anastomosen 11.2.14.3.1 Cholezy stoenterostomie 11.2.14.3.2 Choledochoduodenostomie 11.2.14.3.3 Choledocho- bzw. Hepatiko-Jejunostomie 11.2.14.3.4Ultima-ratio-Eingriffe bei inoperablem Tumor Gallenblasenkarzinom 11.3 11.3.1 Epidemiologie 11.3.2 Symptome 11.3.3 Diagnose 11.3.4 Therapie 11.3.5 Prognose Literatur
600 600 600 600 601 601 601 602 602 602 602 602 603 603 603 603 604 604 604 604
605 OU J 606 606 606 607 607 608 608 608 608 608 608 608 609
12.
Pankreas
12.1 12.2 12.2.1 12.2.2 12.3 12.4 12.4.1 12.4.2 12.5 12.6 12.6.1 12.6.2 12.6.3 12.7
Anatomie und Physiologie Pankreas-Fehlbildungen Pancreas anulare Pancreas aberrans Verletzungen Entzündungen Akute Pankreatitis Chronische Pankreatitis Pankreaszysten und Pankreaspseudozysten Pankreastumoren Gutartige Geschwülste Bösartige Geschwülste Hormonaktive Tumoren Pankreastransplantation
610 610 611 611 612 612 613 613 616 618 620 620 620 622 622
Literatur
622
(J. Konradt,
596 596 596 597 597 597 597 598 598 599 600
604 605
H.Zühlke)
XXV. Milz (W. Vosberg,
E.Renk)
623
1.
Topographie
623
2.
Aufgaben der Milz
623
3.
Immunologische Funktion der Milz
623
4.
Verletzungen der Milz
624
5.
Splenomegalien, Erkrankungen der Milz, des Blutes und des blutbildenden Systems
625
XXV
Inhaltsverzeichnis 6.
Die Splenektomie
628
3.1.4.3
Literatur
628
3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.3 3.3.1 3.3.2 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9 3.10 3.10.1 3.10.2 3.10.3 3.11 3.12
XXVI. Chirurgische Erkrankungen des Retroperitonealraumes Karavias)
629
1.
Anatomie
629
2. 2.1 2.2 2.3 2.4
Die retroperitoneale Fibrose Ätiologie und Pathologie Klinik Diagnostik Therapie
629 629 629 630 630
3. 3.1 3.2 3.3
Retroperitoneale Tumoren Klinik Diagnose Therapie
630 630 630 630
4.
Entzündungen des Retroperitoneums
631
5.
Hämatome
631
6.
Mesenterial tumoren
631
(Th.
Besonderheiten im Säuglings- und Kindesalter Femoralhernie Anatomie Symptomatik, Diagnostik Therapie Nabelhernien Symptomatik, Diagnostik Therapie Nabelschnurbruch Epigastrische Hernie Rektusdiastase Spieghel-Hernie Lumbalhernien Narbenhernien Brüche des kleinen Beckens Hernia obturatoria Hernia ischiadica Beckenbodenbrüche Innere Bauchbrüche Zwerchfellhernien
639 640 640 640 640 640 640 640 641 641 642 642 643 643 644 644 644 644 645 645
Literatur
645
XXVIII. Weichteiltumoren
XXVII. Hernien (B.
1. 1.1 1.2 1.3
Stallkamp)
1.
Definition und Epidemiologie
647
2.
Ätiologie und Pathogenese
649
3.
Klinische Symptomatologie
650
4.
Diagnostik
650
5. 5.1 5.2
Therapie der Weichteiltumoren Benigne Weichteiltumoren Maligne Weichteiltumoren
651 651 652
6.
Prognose und Ergebnisse
654
633
1.4 1.5
Allgemeines Definition Häufigkeit, Vorkommen, Ätiologie Symptomatik, Diagnostik, Differentialdiagnose Komplikationen Therapie
634 634 635
2. 2.1 2.2 2.3 2.4
Operative Maßnahmen Vorbereitung und Anästhesie Hernienoperation Nachbehandlung Postoperative Komplikationen
636 636 636 636 637
3. 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3
Spezielle Hernienformen Direkte oder indirekte Leistenhernien Anatomie der Leistenregion Ätiologie und Pathogenese Symptomatik, Diagnostik, Differentialdiagnose Therapie Operationsverfahren Komplikationen
637 637 637 637
3.1.4 3.1.4.1 3.1.4.2
647
(G.Raetzel)
633 633 634
638 638 638 638
XXIX. Endokrine Chirurgie 1.
Schilddrüse
1.1
Anatomische und physiologische Grundlagen Operationsverfahren Typische postoperative Komplikationen Schilddrüsenentzündungen Akute Thyreoiditis Subakute Thyreoiditis Chronische Thyreoiditis
(G. Görtz,
1.2 1.2.1 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3
B.Semsch)
655
655 655 657 657 658 658 658 659
Inhaltsverzeichnis
XXVI 1.3.3.1 1.3.3.2 1.4 1.4.1 1.4.2 1.5 1.5.1 1.5.2 1.5.3 1.5.3.1 1.5.3.2 1.5.4 1.6 1.7 1.7.1 1.7.2 1.7.3 1.7.4 1.7.5 1.7.6 1.7.7 1.8 1.8.1 1.8.2
2. 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.2.1 2.2.2.2 2.2.2.3 2.2.3 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.4.3.1 2.4.3.2 2.5
3. 3.1 3.2
Hashimoto-Thyreoiditis Struma fibrosa (eisenharte Riedelstruma) Blande (euthyreote) Struma Untersuchungsmethoden Nachbehandlung Hyperthyreose Autonomes Adenom Morbus Basedow Therapie der Schilddrüsenfunktion Operationsverfahren Nachbehandlung Die thyreotoxische Krise Hypothyreose Bösartige Geschwülste (Struma maligna) Einteilung Ausbreitung Symptome und Diagnostik Operative Therapie Adjuvante Therapie Nachsorge Prognose Rezidivstruma Diagnostik Therapie
659 659 659 660 661 661 662 662 662 663 664 664 665 666 666 667 667 668 669 669 670 670 670 670
Literatur
671
Nebenschilddrüsen (A.Hirner, C.Walter) Anatomie und Physiologie Ätiologie und Klinik der Krankheitsbilder Unterfunktion Überfunktion Primärer Hyperparathyreoidismus (pHPT) Sekundärer Hyperparathyreoidismus (sHPT) Tertiärer Hyperparathyreoidismus (tHPT) NSD-Karzinom Diagnostik Differentialdiagnose Diagnosestellung des HPT Lokalisationsdiagnostik Chirurgische Therapie Operative Indikation Perioperative Maßnahmen Operationsverfahren pHPT sHPT Ergebnisse
674 675 675 675 675 675 676 676 677 677 677 677 678 678
Literatur
678
Nebennieren (A.Himer, G.Berger) Anatomie Nebennierenmark (NNM)
679 679 679
672 672 672 672 673 673
3.2.1 3.2.2 3.2.2.1 3.2.2.1.1 3.2.2.1.2 3.2.2.1.3 3.2.2.1.4 3.2.2.1.5 3.2.2.1.6 3.2.2.1.7 3.2.2.2 3.2.2.3 3.2.2.4 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.2.1 3.3.2.1.1 3.3.2.1.2 3.3.2.1.3 3.3.2.1.4 3.3.2.1.5 3.3.2.1.6 3.3.2.1.7 3.3.2.2 3.3.2.2.1 3.3.2.2.2 3.3.2.2.3 3.3.2.2.4 3.3.2.2.5 3.3.2.2.6 3.3.2.3. 3.3.2.4
4. 4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.3 4.3.1 4.3.1.1 4.3.1.2 4.3.1.3 4.3.1.4 4.3.1.5 4.3.1.6 4.3.2 4.3.3 4.4
Einleitung und Physiologie Klinische Krankheitsbilder Phäochromozytom Definition Pathologische Anatomie Epidemiologie Klinische Symptomatologie Diagnose Therapie Ergebnisse und Prognose Multiple endokrine Adenomatöse (= MEA) Andere benigne NNM-Tumoren Andere maligne NNM-Tumoren Nebennierenrinde (= NNR) Einleitung und Physiologie Klinische Krankheitsbilder Conn-Syndrom = primärer Hyperaldosteronismus (= PH) Definition Epidemiologie Ätiologie und Pathogenese Klinische Symptomatologie Diagnose und Differentialdiagnose Therapie Ergebnisse und Prognose Cushing-Syndrom Definition Ätiologie und Pathogenese Klinische Symptomatologie Diagnose und Differentialdiagnose Therapie Ergebnisse und Prognose Adrenogenitales Syndrom (= AGS) Sonstige NNR-Tumoren
684 684 684, 684 684 684 685 686 686 686 686 687 687 688 689 689 690
Literatur
690
Endokrines Pankreas (= GEP-System) (A. Hirner, H.Zühlke) Einleitung Unterfunktionszustände Ursachen fur Insulininsuffizienz Chirurgische Therapieansätze bei Insulininsuffizienz Überfunktionszustände Klinik der Krankheitsbilder Glukagonom Insulinom Somatostatinom Verner-Morrison-Syndrom Gastrinom Andere APUDome Allgemeine Diagnostik Operative Maßnahmen Nicht endokrin-aktive Inselzelltumoren
679 679 680 680 680 680 681 681 682 682 682 683 683 683 683 684
691 691 692 692 692 693 693 693 693 694 694 695 695 696 697 697
XXVII
Inhaltsverzeichnis Literatur 5.
697
Hypophysentumoren (E.Kazner)
5.1 5.2 5.3
Symptomatologie Diagnostik Therapie
698 698 699 699
XXX. Kinderchirurgie Waldschmidt)
701
1.
Angeborene Halszysten und Halsfisteln
701
2. 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.2 2.3
Erkrankungen der Speiseröhre Ösophagusatresie Häufigkeit und Vorkommen Krankheitsbild Diagnostik Behandlung Angeborene Stenosen der Speiseröhre Strikturen der Speiseröhre
701 701 701 701 702 702 703 704
3. 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.2 3.3
704 704 704 704 704 705
3.4 3.5 3.6
Erkrankungen der Lungen Kongenitales lobäres Emphysem der Lunge Krankheitsbild Diagnostik Behandlung Andere Lungenmißbildungen Spannungspneumothorax der Früh- und Neugeborenen Trichterbrust (Pectus excavatum) Kielbrust (Hühnerbrust, Pectus carinatum) Sternumspalte
4. 4.1 4.2 4.3
Angeborener Zwerchfelldefekt Ursache und Entstehung Krankheitsbild Behandlung
706 707 707 708
5. 5.1 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.3 5.3.1 5.3.2 5.4 5.4.1 5.4.2
Defekte der Bauchwand Nabelbruch, epigastrische Hernie Omphalozele (Nabelschnurbruch) Krankheitsbild Pränatale Diagnostik Behandlung Gastroschisis Krankheitsbild Behandlung Mediane Bauchwandspalten Obere mediane Bauchwandspalte Mediane Unterbauchspalte (vesiko-intestinale Fissur) Blasenekstrophie (sog. Beckenspalte, Blasenspalte) Krankheitsbild
709 709 709 709 710 710 711 711 711 711 712
(J.
5.4.3 5.4.3.1
705 705 706 706
712 712 712
5.4.3.2
Behandlung
712
6. 6.1 6.1.1 6.1.2 6.1.3 6.2 6.3
Leistenbruch, Hydrozele und Varikozele Angeborener Leistenbruch Krankheitsbild Komplikationen Behandlung Hydrozele Varikozele
712 712 713 713 714 714 714
7. 7.1
715
7.2 7.3 7.3.1 7.4 7.4.1 7.4.2 7.4.3 7.4.4 7.4.5 7.4.5.1 7.4.5.2 7.4.6 7.4.7 7.4.8 7.4.8.1 7.4.8.2 7.4.8.3 7.4.9 7.4.9.1 7.4.10 7.4.11
Ileus Funktioneller (atonischer oder spastischer Ileus) Mechanischer Ileus Strangulationsileus Symptome Okklusionsileus Darmatresie Darmstenosen Striktur des Darms Hirschsprung-Erkrankung Duplikatur Diagnose Therapie Pancreas anulare Mekoniumileus Malrotation Nonrotation Malrotation I Malrotation II Invagination Symptome Volvulus Dickdarmtorsion
715 715 716 717 717 718 718 719 719 720 721 721 721 721 722 722 722 722 722 723 723 724
8. 8.1 8.2 8.3
Anal- und Rektumatresie Krankheitsbild Diagnostik Therapie
724 725 725 725
9. 9.1 9.2
Hypertrophische Pylorusstenose Krankheitsbild Therapie
726 726 726
10.
Erkrankungen der Leber und ableitenden Gallenwege Gallengangsatresie Krankheitsbild Syndrom der eingedickten Galle (Inspissated bile syndrom) Choledochuszyste Gallensteinleiden Hepatobiliäre Askaridiasis Geschwülste im Bereich der ableitenden Gallenwege Diagnose
10.1 10.1.1 10.2 10.3 10.4 10.5 10.6 10.6.1
727 727 727 728 729 729 729 730 730
XXVIII 11. 11.1 11.1.1 11.1.2 11.2 11.2.1 11.2.2 11.2.3
Inhaltsverzeichnis Peritonitis im Kindesalter Die Peritonitis der Neugeborenen und Säuglinge Die Perforationsperitonitis der Neugeborenen Die Mekoniumperitonitis Die bakterielle Peritonitis Primäre Peritonitis des Neugeborenen und Säuglings Hämatogene Peritonitis im späteren Kindesalter Die sekundäre bakterielle Peritonitis des Klein- und Schulkindes
730 730 731 731 732 733 733 733
XXXI. Urologie (D. Jonas)
735
1.1 1.1.1 1.1.2 1.2 1.2.1 1.2.2 1.3 1.4 1.4.1 1.4.2
Pathomechanismen, allgemeine Symptomatologie und Prinzipien der Therapie Niereninsuffizienz Ätiologie und Pathogenese Therapie Störungen des Harntransportes Ätiologie und Pathogenese Ursachen und Folgen Renale Hypertonie Blasenfunktion Funktionelle Anatomie Pathophysiologic
735 735 735 735 736 736 736 736 736 737 737
2. 2.1 2.2 2.3 1.4
Urologische Leitsymptome Veränderte Harnausscheidung Veränderte Miktion Hämaturie Schmerz
738 738 738 739 739
3. 3.1
740
3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.2 3.3 3.4 3.4.1 3.4.2 3.5
Urologische Diagnostik Bakteriologische und klinisch-chemische Untersuchungen von Harn, Harnkonkrementen, Serum und Sekreten Harnuntersuchungen Harnkonkremente Sekretuntersuchungen Funktionsdiagnostik Radiologische Verfahren Transurethrale Diagnostik Katheterismus Endoskopie Punktionsverfahren
740 740 741 741 741 742 743 744 744 744
4. 4.1 4.2 4.3 4.4
Urologische Therapie Nephrektomie Plastische Operationen Harnableitung Endoskopische Eingriffe
746 746 747 747 748
5.
Fehlbildungen
749
1.
5.1 5.2 5.3
Nierenanomalien Harnleiteranomalien Kongenitale Mißbildungen der Harnblase und Harnröhre Zwitterbildungen
749 751
754 754 754 755 755 756 756 756 757 757
6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.3.4 6.3.5 6.4 6.4.1 6.4.2 6.4.3. 6.4.4 6.4.5 6.4.6 6.4.7 6.5 6.6 6.7
Entzündungen Niere und Nierenhüllen Akute Pyelonephritis Chronische Pyelonephritis Sonderformen der Pyelonephritis Eitrige Nierenentzündungen Paranephritischer Abszeß Urosepsis Harnleiter Ureteritis Retroperitoneale Fibrose (Ormond's disease) Blase Zystitis Reizblase Interstitielle Zystitis Chronische Zystitis Cystitis cystica Prostata, Samenblasen und Harnröhre Akute Prostatitis Chronische Prostatitis Prostatopathie Vesikulitis Urethritis posterior Akute (unspezifische) Urethritis Chronische Urethritis Akute Epididymitis Urogenitaltuberkulose (UGT) Bilharziose
757 758 758 758 758 759 759 759 759 759 760 760 760 760 760 761 761 763
7. 7.1 7.1.1 7.2 7.3 7.4 7.4.1 7.4.2 7.5 7.6 7.7 7.7.1 7.7.2
Tumoren des Urogenitalsystems Nierentumoren Nierenkarzinom Nierenbeckentumoren Harnleitertumoren Blasentumoren Carcinoma in situ Leukoplakie Peniskarzinom Hodentumoren Prostatatumoren Prostataadenom Prostatakarzinom
764 764 764 766 767 767 769 769 769 770 772 772 773
8. 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6
Urolithiasis Steinart Ätiologie und Pathogenese Nierensteine Harnleitersteine Blasensteine Prostatasteine
776 776 776 777 778 779 780
5.4 6. 6.1 6.1.1 6.1.2 6.1.3 6.1.4 6.1.5 6.1.6 6.2 6.2.1 6.2.2
752 754
XXIX
Inhaltsverzeichnis 9. 9.1 9.2 9.3 9.4 9.5
Verletzungen der Urogenitalorgane Niere Harnleiter Harnblase Harnröhre Penis
781 781 782 782 783 783
10.
Nebenniere
784
11.
Fertilitätsstörungen, Sterilisierung des Mannes Fertilitätsstörungen Hodenfunktionsstörungen Primärer Hodenschaden ohne Androgenmangel Primärer Hodenschaden mit Androgenmangel Idiopathischer sekundärer Hodenschaden Symptomatischer sekundärer Hodenschaden Erkrankungen der samenableitenden Wege Erkrankungen der akzessorischen Geschlechtsdrüsen Diagnostik der Fertilitätsstörungen Einfache Fertilitätsuntersuchung Erweiterte Fertilitätsuntersuchungen Hodenbiopsie Durchgängigkeitsprüfung Therapie der Fertilitätsstörungen Sterilisierung des Mannes Induratio penis plastica
11.1 11.1.1 11.1.1.1 11.1.1.2
11.1.1.3 11.1.1.4 11.1.2
11.1.3 11.1.4 11.1.4.1 11.1.4.2 11.1.4.3 11.1.4.3 11.1.5 11.2
11.3
12. 12.1 12.2 12.2.1
12.2.2 12.3 12.4 12.5 12.6
12.7 12.8
12.9 12.9.1 12.9.2 13. 13.1 13.1.1 13.1.2
Urologische Erkrankungen im Kindesalter Kongenitale Fehlbildungen von Harnleiter und Blase Harnabflußstörungen Megaureter Ureterozele Harnblasenentleerungsstörungen Vesikoureteraler Reflux Phimose Balanitis und Posthitis Lageanomalien des Hodens Hodenschwellung Tumoren Wilms-Tumor Rhabdomyosarkom der Blase
784 784 784 784 784 784
14. 14.1 14.2 14.3
15. 15.1 15.2 15.3 15.4 15.5 15.6 15.7 15.8
785 785 785 785 785 786 786 787 787 787 787
788 Niere,
Urologische Erkrankungen der Frau Erkrankungen der Niere und der ableitenden Harnwege Infektiöse und hormonabhängige Entzündungsformen Erkrankungen der Harnwege in der Schwangerschaft
13.2
788 788 788 789 789 790 791 791 792 793 793 793 793 794 794 794 795
Folgeerkrankungen nach gynäkologischen und geburtshilflichen Eingriffen Neurogene Blasenentleerungsstörungen Obere neuromotorische Läsion Untere neuromotorische Läsion Therapie der neurogenen Blasenentleerungsstörung
797 797 798
Urologische Notfallsituationen Harnverhaltung Steinkolik Hoden Vergrößerung Hodentorsion Priapismus Paraphimose Hämaturie Urosepsis
798 798 799 799 799 799 800 800 800
Literatur
800
XXXII. Unfallchirurgie 1.
1.2.2.3 1.2.3 1.2.3.1 1.2.3.2 1.2.4 1.2.4.1 1.2.4.2 1.2.4.3 1.2.5 1.2.6 1.2.7 1.2.7.1 1.2.7.2 1.2.7.3 1.2.8 1.3 1.4
798
801
Thoraxverletzungen (J. Boese-Landgraf,
1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.2.1 1.2.2.2
796
L. C. Tung)
Thoraxtraumen Epidemiologie Verletzungsarten Allgemeine Symptome Diagnostik und Akutversorgung Stumpfes Thoraxtrauma Ätiologie Verletzungen des Brustkorbs Brustkorbprellung (Commotio thoracis) Leichte Brustkorbquetschung (Contusio thoracis) Schwere Brustkorbquetschung (sog. Perthes Syndrom, Compressio thoracis) Verletzungen des knöchernen Thorax Rippenfraktur Sternumfraktur Verletzungen der Pleura und der Lungen Pneumothorax Hämatothorax Lungenverletzungen Verletzungen des Tracheo-Bronchialsystems Verletzungen des Ösophagus Verletzungen des Herzens und der großen Gefäße Herzkontusion Herzruptur Penetrierende Herzverletzungen Traumatische Zwerchfellrupturen Offenes Thoraxtrauma Zweihöhlenverletzungen
801 801 801 801 801 801 801 801 801 801 801 802 802 802 803 803 803 805 805 806 807 807 807 807 808 808 808 808
Inhaltsverzeichnis
XXX Literatur 2.
809
2.1.6.5 2.1.6.6 2.1.6.7 2.1.6.8 2.1.6.9 2.1.6.10 2.1.6.11 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4
Abdominalverletzungen (L.C.Tung, D.Weber) Stumpfes Bauchtrauma Häufigkeit und Bedeutung Ätiologie und Pathogenese Klinische Symptomatologie Diagnostik Therapie Spezielle Verletzungen Milzruptur Leberruptur Harnblasenruptur Mesenterialwurzelabriß, Retroperitonealblutung Dünndarmruptur Pankreasverletzung Nieren Gefäße Zwerchfellruptur Dickdarmruptur M a g e n - u n d Duodenalverletzungen Perforierendes Bauchtrauma Häufigkeit und Bedeutung Verletzungsmechanismus Klinische Symptomatologie Diagnostik
814 815 816 816 816 816 816 817 817 817 817 818 818
2.2.5
Therapie
818
Literatur
818
2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.1.5 2.1.6 2.1.6.1 2.1.6.2 2.1.6.3 2.1.6.4
3.
Gefäßverletzungen
3.1 3.2 3.3 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.5 3.6 3.6.1 3.6.2 3.6.3 3.6.4 3.7
(U. Kania, R. Höring) Einteilung und Häufigkeit Direkte scharfe Arterienverletzung Direkte stumpfe Arterienverletzungen Indirekte Arterien Verletzung Traumatischer Arteriospasmus Überdehnungsverletzung Dezelerationstrauma Diagnostik der Arterienverletzungen Therapie der Gefäßverletzungen Allgemeine Behandlungsprinzipien Spezielle Situationen Venenverletzungen Folgezustände nach Gefäßverletzungen Lymphgefäßverletzungen Literatur
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates 1.
Allgemeine Frakturen und Luxationslehre (H.Zilch)
1.1 1.1.1
810 810 810 810 810 811 812 812 812 813 814
819 819 819 820 821 821 821 821 822 822 822 823 824 824 825 825
827
827
1.1.2 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.8.1 1.8.1.1 1.8.1.2 1.8.1.3 1.8.2 1.8.3 1.8.4 1.8.5 1.8.6 2.
2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.1.5 2.1.6 2.1.6.1 2.1.6.2 2.1.6.3 2.1.7 2.1.8 2.1.9 2.1.9.1 2.1.9.2 2.1.10 2.1.11 2.1.12 2.1.13 2.1.13.1 2.1.13.2 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.5. 2.2.5.1.
Erste Hilfe u n d diagnostische Maßnahmen, Untersuchungstechniken Rettungs- und Erste Hilfe-Maßnahmen, Diagnostik der Knochenbrüche Allgemeine Untersuchungstechniken Einteilung der Brüche Allgemeines zu Gelenkverletzungen Örtliche und allgemeine Auswirkungen Heilungsmodi Prinzipien der Knochenbruchbehandlung Hygienische Anforderungen bei Operationen am Bewegungsapparat Komplikationen nach Frakturen und Luxationen Pyogene Knochen- und Gelenkinfektionen Hämatogene Osteomyelitis Posttraumatische Osteitis Gelenkinfektion Sudeck-Dystrophie Kompartment-Syndrom (K. S.), akute Phase Folgezustände nach Kompartment-Syndromen Verzögerte Heilung - Pseudarthrosen Fettemboliesyndrom Regionale Systematik der Frakturen und Luxationen (H.Zilch) Traumatologic der oberen Extremität Skapulafrakturen Klavikulafrakturen Luxatio sternoclavicularis Luxatio acromioclavicularis Schultergelenkverrenkung Humerusfrakturen Humeruskopffrakturen Humerusschaftfrakturen Distale Humerusfrakturen Ellenbogenverrenkung Olekranonfrakturen Verletzungen des proximalen Radius Fraktur des Radiusköpfchens Radiusköpfchenluxationen Unterarmbrüche Radiusbruch an typischer Stelle Luxationen im distalen Radioulnargelenk Verrenkungsbrüche am Unterarm Monteggia-Luxationsfraktur Galeazzi-Luxationsfraktur Traumatologic der Wirbelsäule Stabile und instabile Brüche, Häufigkeit Ätiologie Formen der Wirbelsäulenverletzungen Allgemeine Diagnostik Allgemeine Therapie Konservative Therapie
827 827 828 829 831 832 833 834 840 840 840 840 841 843 843 844 845 847 849
850 850 850 850 851 851 852 853 853 854 855 856 857 857 857 858 858 859 861 862 862 862 863 863 864 864 865 866 866
Inhaltsverzeichnis 2.2.5.2 2.2.6 2.2.6.1 2.2.6.2 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.2.1 2.4.2.2 2.4.2.3 2.4.2.4 2.4.2.5 2.4.2.6 2.4.3 2.4.3.1 2.4.3.2 2.4.3.3 2.4.3.4 2.4.3.5 2.4.4 2.4.4.1 2.4.4.2 2.4.4.3 2.4.5 2.4.5.1 2.4.5.2 2.4.6 2.4.6.1 2.4.6.2 2.4.6.3 2.5 3.
Operative Therapie Spezieller Teil Halswirbelsäulenverletzungen Brust- und Lendenwirbelverletzungen Traumatologic des Beckens Beckenrandbrüche Beckenringbrüche Azetabulumfrakturen Traumatologie der unteren Extremität Hüftgelenksluxationen Femurfrakturen Kopfkalottenfrakturen Schenkelhalsfrakturen Pertrochantere Frakturen Subtrochantere Frakturen Frakturen des Femurschaftes Frakturen am distalen Femur Verletzungen des Kniegelenkes Bandverletzungen Meniskusverletzungen Kniegelenksluxation Patellaluxation Patellafraktur Unterschenkelbrüche Tibiakopfbrüche Unterschenkelschaftbrüche Distale Tibiafrakturen (Pilon tibial) Verletzungen des oberen Sprunggelenkes (OSG) Bandverletzungen des OSG Luxationsfrakturen des OSG Verletzungen des Fußes Talusfrakturen Kalkaneusfrakturen Übrige Fußverletzungen Extremitätentraumatologie im Kindesalter
3.3.4 3.3.5 3.4 3.4.1 3.4.2
867 869 869 871 871 871 872 873 874 874 876 876 877 880 880 881 882 882 882 887 888 888 888 889 889 890 892 893 893 894 896 896 896 898 898
Handchirurgie, Mikrochirurgie und Plastische Chirurgie (B.-D.
3.1 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3
XXXI
Partecke)
Die Bedeutung der Handchirurgie Untersuchungstechnik Inspektion Palpation Funktionsprüfung Sensibilitätsprüfung Operative Vorbedingungen Anästhesie Blutleere Atraumatische Operationstechnik und Instrumentarium Inzisionen Postoperative Ruhigstellung und Nachbehandlung Erkrankungen der Hand Dupuytren-Kontraktur Ganglion
902 902 902 902 902 902 903 903 903 903 904 904 904 905 905 907
3.4.3 3.4.4 3.4.5 3.4.6 3.5 3.5.1 3.5.1.1 3.5.1.1.1 3.5.1.1.2 3.5.1.2 3.5.1.2.1 3.5.1.2.2 3.5.1.2.3 3.5.1.2.4 3.5.1.2.5 3.5.1.2.6 3.5.1.2.7 3.5.1.2.8 3.5.1.2.9 3.5.2 3.5.2.1 3.5.2.2 3.5.2.3 3.5.3 3.5.3.1 3.5.3.2 3.5.3.3 3.6 3.7 3.7.1 3.7.2 3.7.3 3.7.4 3.7.5 3.7.6 3.7.7 3.8 3.8.1 3.8.2 3.8.3 3.8.4 3.9 3.9.1 3.9.2 3.9.2.1 3.9.2.2 3.9.2.3 3.9.2.4 3.9.3 3.9.3.1 3.9.3.2 3.9.3.3 3.9.3.4
Schnellender Finger Tendovaginitis stenosans De Quervain Karpaltunnelsyndrom Aseptische Knochennekrose, Lunatummalazie Verletzungen der Hand Sehnen Beugesehnen Primäre- sekundäre Sehnennaht S ehnen transplantation Strecksehnen Endgelenk Mittelglied Mittelgelenk Grundglied Grundgelenk Handrücken Handgelenk und Unterarm Daumen Sehnendefekte Verletzungen der Knochen und Gelenke Frakturen der Finger- und Mittelhandknochen Frakturen der Handwurzelknochen Gelenkverletzungen Verletzungen der Nerven Nervennähte und -transplantate Motorische Ersatzoperationen Sensible Ersatzoperationen Replantation Infektionen der Hand Paronychie Panaritium cutaneum Panaritium subcutaneum Panaritium ossale Panaritium articulare Panaritium tendinosum Hohlhandphlegmone Angeborene Fehlbildungen der Hand Syndaktylie Spalthand Polydaktylie Hypoplasie und Aplasie des Daumens Plastische Chirurgie Hauttransplantate Hautlappen Lokale Verschiebelappen Fernlappen Insellappen Freie Lappen Ästhetische Chirurgie Mamma-Reduktionsplastik Mamma-Augmentationsplastik Facelifting Andere kosmetische Eingriffe
907 907 908 908 909 909 909 910 911 912 813 813 913 913 913 913 913 914 814 914 914 915 915 915 916 917 917 917 919 919 919 920 920 920 920 920 921 921 921 921 922 922 922 923 923 923 923 925 925 925 925 926 926
XXXII 4.
5. 5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.1.4 5.2 5.3 5.4 6. 6.1 6.1.1 6.1.2 6.1.3 6.1.4 6.1.5 6.1.6 6.1.7 6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.2.4 6.2.5 6.2.6
6.2.7 6.2.8 6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.3.4 6.3.4.1
6.3.4.2 6.3.4.3
Inhaltsverzeichnis Polytrauma (Η. Zilch) Chirurgie der Weichteile (H.Zilch) Sehnenrupturen Achillessehnenruptur Bizepssehnenriß Quadrizepssehnenriß Ruptur der Rotatorenmanschette Paratendinosen und Insertionstendopathien Bursitis Ganglien Spezielle orthopädische Erkrankungen (R. Wolff) Untersuchungstechnik am Bewegungsapparat Beurteilung des Gangbildes Untersuchung im Stehen Summarische Funktionsprüfung Bewegungsprüfung Untersuchung der einzelnen Gelenke bzw. Gelenkketten Röntgenuntersuchung Weitere Untersuchungstechniken Angeborene Deformitäten Hüftdysplasie und sog. angeborene Hüftgelenksluxation Kongenitaler Klumpfuß (Pes equinovarus adductus excavatus) Angeborener Knick-Plattfuß (Pes planus congenitus) Sichelfuß (Pes adductus) Hohlfuß (Pes excavatus) Angeborener Schiefhals (Torticollis, muskulärer Schiefhals, Caput obstipum musculare) Angeborener Schulterblatthochstand (Sprengel-Deformität) Angeborene Unterschenkelpseudarthrose, Crus varum congenitum Wachstumsstörungen Skoliosen Morbus Scheuermann (Adoleszentenkyphose) Spondylolyse und Spondylolisthesis Aseptische Knochennekrosen (Osteochondrosen) Perthes-Erkrankung (idiopathische kindliche Hüftkopfnekrose, Morbus Legg-CalvePerthes, 1909) Epiphysiolysis capitis femoris lenta juvenilis (jugendliche Hüftkopflösung) Morbus Osgood-Schlatter (Osteochondrose der Tuberositas tibiae)
6.3.4.4 927 6.3.4.5 6.3.4.6 930 930 930 930 930 931 932 932 932
933 933 933 933 933 933 834 935 935 936
6.3.4.7 6.3.5 6.4 6.4.1 6.4.2 6.4.3 6.5 6.5.1 6.5.1.1 6.5.1.2 6.5.1.3 6.5.2 6.5.3 6.5.4 6.6 6.7 6.7.1 6.7.2 6.7.3 6.8
936 939 939 939 939
940 940
6.8.1 6.8.2 6.8.3 6.8.4 6.9 6.9.1 6.9.2 6.9.3 6.9.4 6.10
940 941 941
6.11
944 944
7.1 7.1.1 7.1.2 7.1.3 7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.3 7.2.4
945
946 947 947
7.
Morbus Calve (Vertebra plana, Osteochondrose der Wirbelkörper) Morbus Köhler I (Os naviculare) Morbus Köhler II: aseptische Nekrose des Köpfchens vom Os metatarsale II (seltener III, IV, V) Weitere Lokalisationen Osteochondrosis dissecans Habituelle und rezidivierende Luxationen Schultergelenk Habituelle Patellaluxation Habituelle Peronealsehnenluxation Degenerative Veränderungen Arthrosis deformans des Hüft- und Kniegelenkes Umstellungsosteotomien Arthrodesen Endoprothetik Chondropathia patellae Polyarthrose (Heberden-Bouchard) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Hüftkopfnekrosen Entzündliche Erkrankungen Primär chronische Polyarthritis (PcP) Morbus Bechterew (Spondylarthritis ankylopoetica, Marie-Strümpel-Bechterew) Spondylitis tuberculosa Statische Veränderungen im Bereich der unteren Extremität Sog. erworbener Plattfuß Spreizfuß (Pes transverso-planus) Pes cavus (Hohlfuß) Deformitäten der Zehen Neuromuskuläre Erkrankungen Poliomyelitis anterior acuta (spinale Kinderlähmung) Infantile Zerebralparese Dystrophia musculorum progressiva Meningomyozele Amputationen und prothetische Versorgung Orthesen Knochentumoren (H.Zilch) Allgemeiner Teil Klassifizierung Diagnostik Therapie Spezielle Onkologie Benigne Knochentumoren Maligne Knochentumoren Semimaligne Knochentumoren Geschwulstähnliche Knochenerkrankungen
948 948
948 948 948 949 949 949 950 950 950 952 952 953 954 954 954 956 957 957 958 959 960 960 960 961 961 961 961 962 962 963 963 965
967 967 867 967 968 968 968 969 971 971
Inhaltsverzeichnis 8.
Nachbehandlung nach Verletzungen und Operationen am Bewegungsapparat
8.1
Verbandstechnik, Lagerung, Wundbehandlung Medikamentöse Behandlung Krankengymnastische und ergotherapeutische Nachbehandlung Metallentfernung
(H.Zilch)
8.2 8.3 8.4
XXXIII 9.
Begutachtung nach Verletzung des Bewegungsapparates
9.1 9.2 9.3 9.4
Gesetzliche Unfallversicherung Private Unfallversicherung Rentenversicherung Grundsätze der Begutachtung Literatur Sachwortverzeichnis
973 973 973 973 974
(H.Zilch)
975 975 976 977 977 978 981
Spezielle chirurgische | ^ . Krankenuntersuchung
l. Spezielle chirurgische KrankenUntersuchung
R. Häring
1. Allgemeines
Allgemeines
Die exakte chirurgische Krankenuntersuchung sollte sich an ein festgelegtes Schema und eine bestimmte Reihenfolge der einzelnen Untersuchungsgänge halten. Dieses Prinzip ist vor allem für den jungen, noch wenig erfahrenen Arzt wichtig, damit er keinen Befund übersieht. Darüber hinaus ist neben der Anamnese die Untersuchung meist die erste Kontaktaufnahme zwischen Arzt und Patient und damit Basis für das im Hinblick auf eine Operation notwendige Vertrauensverhältnis zwischen beiden „Partnern". Der Arzt sollte sich bei der Erhebung der Anamnese und der Untersuchung - falls nicht besondere Dringlichkeit geboten ist - Zeit nehmen und mit dem Patienten ohne Hektik in entspannter Atmosphäre sprechen. In diesem ersten Gespräch liegt sehr viel Verantwortung. Es kann eine vertrauensvolle Basis schaffen oder die völlige Ablehnung des Arztes und der von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen. Dabei nimmt heutzutage nicht zuletzt die ausführliche aber behutsame Aufklärung des Patienten über sein Leiden und die geplanten Therapiemaßnahmen breiteren Raum ein. Diese wichtige, gesetzlich vorgeschriebene Aufgabe kann bereits nach Abschluß der ersten Untersuchung eingeleitet werden.
Untersuchungsschema festlegen, Anamnese erheben.
Bei Kleinkindern, Säuglingen und natürlich auch bei bewußtlosen und schwerstkranken Patienten wird man sich allerdings auf die Angaben von Angehörigen stützen müssen. Alles in allem erfordern Befragung und Untersuchung des Patienten neben Erfahrung und Wissen viel Geduld und Einfühlungsvermögen durch den Arzt.
Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient aufbauen.
Gesetzlich vorgeschriebene Aufklärung des Patienten über diagnostische und therapeutische Maßnahmen.
Einfühlungsvermögen des Arztes beim ersten Gespräch.
2. Untersuchungsgang Die Untersuchung des chirurgischen Patienten erfolgt schrittweise je nach der speziellen Situation: 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Anamnese Klinische Untersuchung Laboratoriumsuntersuchungen (Blut, Urin) Messung von Blutdruck, Puls, Temperatur und Gewicht Sonographie Röntgenuntersuchungen (Leeraufnahmen Kontrastdarstellungen, Angiographie, CT) 7. Endoskopie (Ösophagogastroduodenoskopie, Proktorektokolonoskopie, ERCP mit Biopsie) 8. Punktionen 9. Diagnostische Eingriffe, wie Exzisionen, Eröffnung von Körperhöhlen, Probefreilegungen usw.
Schema des Untersuchungsganges
Φ=·
2
I. Spezielle c h i r u r g i s c h e K r a n k e n u n t e r s u c h u n g Rektale Untersuchung bei jedem Patienten über 40 Jahre, bei Frauen auch Palpation der Brust!
Obligat ist bei jedem Patienten, der älter als 40 Jahre ist, die rektale Untersuchung (Rektumkarzinom! Prostatavergrößerung!) und bei der Frau die Palpation der Brust (Mammakarzinom!).
Anamnese soll zur richtigen Diagnose leiten. Bei Notfällen nur das Wichtigste.
2.1 Anamnese
Familienanamnese, eigene Anamnese, Beschwerdebild.
Wichtig sind die Leitsymptome
Schmerz ist wichtiges Kriterium. M a n unterscheidet den - somatischen Schmerz, gut lokalisierbar, vom - viszeralen Schmerz, der über vegetatives Nervensystem vermittelt w i r d und nicht genau zu lokalisieren ist. Zeichen: - kolikartig, - dumpf, - stechend, - brennend, - Patient kauert sich zusammen, windet sich.
Die richtige Erhebung der Anamnese ist ärztliche Kunst. Allein die gezielte Fragestellung läßt oft schon die richtige Diagnose herauskristallisieren. Der Patient soll in Ruhe, ohne Hetze seine Beschwerden mit den eigenen Worten schildern können, wobei der Arzt ihn leiten und Überschwengliches regulieren darf. Die Ausführlichkeit der Anamneseerhebung hängt von der Dringlichkeit des Falles ab. Bei einem Notfall wird man nur das für den Augenblick Wichtige erfragen. Die Anamnese setzt sich zusammen aus der • Familienanamnese, • eigenen Anamnese, • Erfragung des aktuellen Beschwerdebildes, das den Patienten zum Arzt führt. Dabei wird man sich natürlich zunächst über die aktuelle Situation informieren und erst hinterher auf frühere Erkrankungen usw. zu sprechen kommen. Entscheidend ist es, die „Leitsymptome" für ein Krankheitsbild richtig zu erfragen und in das Gesamtgeschehen einzuordnen. 2.1.1 S c h m e r z Das Symptom „Schmerz" führt den Patienten meist als erstes zum Arzt. Der Schmerz ist ein wichtiges Kriterium, weil aus seiner Intensität, Zeitdauer, Lokalisation, Ausstrahlung und seinem Charakter diagnostische Schlüsse auf das erkrankte Organ gezogen werden können. Dabei ist zu unterscheiden zwischen dem somatischen und viszeralen Schmerz. Die somatische Schmerzempfindung, ζ. B. bei einer arteriellen Durchblutungsstörung, ist gut lokalisierbar, während die viszerale über das vegetative Nervensystem vermittelt, nur diffus und nicht exakt zu orten ist. Daneben steht noch die sog. „übertragene" Schmerzempfindung (referred pain nach Head), die von einem viszeralen Entstehungsort auf Hautareale, sog. Dermatome oder Headsche Zonen, projeziert wahrgenommen wird. Der viszerale Schmerz kann in seinem Charakter unterschiedlich sein: kolikartig, dumpf, stechend, brennend. Oft verhält sich der Kranke bei viszeralen Schmerzen in typischer Weise: Er kauert sich zusammen, windet sich, sucht Schmerzerleichterung durch Stellungswechsel. 2.1.2 Erbrechen
Erbrechen bei akuten abdominellen Erkrankungen - Überlauferbrechen bei Pylorusstenose und Ileus, - Erbrechen von Darminhalt (Miserere), - Bluterbrechen (Haematemesis).
Es ist ein wichtiges Symptom bei akuten abdominellen Erkrankungen und wird meist über vago-vagale Reize ausgelöst. Anders dagegen das sog. „Überlauferbrechen" bei der Pylorusstenose oder beim Ileus. Das Erbrechen von Darminhalt wird als „Miserere" bezeichnet, kenntlich an dem fäkulenten Geruch des Erbrochenen. Bluterbrechen (Hämatemesis) finden wir bei Blutungen verschiedenster Ursache aus dem oberen Gastrointestinaltrakt.
Stuhlverstopfung (Obstipation) bei Passagestörungen.
2.1.3 U n r e g e l m ä ß i g k e i t e n des Stuhlgangs
Diarrhoe bei infektiöser Darmerkrankung. Paradoxe Diarrhoe oft bei Kolontumor.
Sie können Leitsymptom für Dünn- und Dickdarmerkrankungen sein. Die Stuhlverstopfung (Obstipation) findet sich bei Passagestörungen, wie Tumoren, Adhäsionen, Invaginationen oder bei Divertikulitis. Diarrhoen sind Ausdruck entzündlicher oder infektiöser Darmerkrankungen, die „paradoxe Diarrhoe" im Wechsel mit Obstipation Zeichen eines stenosierenden Prozesses, meist beim Kolontumor.
Untersuchung Blut im Stuhl, vermischt oder aufgelagert, hellrot oder dunkelrot, ist von Bedeutung für die verschiedensten Differentialdiagnosen, beispielsweise Rektumkarzinom oder Hämorrhoiden. Der Blutabgang per anum (Melaena) kann massiv sein. Bei Blutungen aus dem oberen Gastrointestinaltrakt finden wir „Teerstuhl" (schwarz-klebrig), aus dem Dünn- und Dickdarm normales hell- oder dunkelrotes Blut (Hämatozechie).
Blut im Stuhl bei sehr verschiedenen Diagnosen (Karzinom, Hämorrhoiden etc.). Teerstuhl bei Blutung aus oberem Gastrointestinaltrakt, helles oder dunkelrotes Blut aus Dünn- und Dickdarm.
2.1.4 Miktionsstörungen
Miktionsstörung bei Erkrankung der Harnwege, auch Farbe, Geruch und Blutbeimengungen sind wichtige Kriterien.
Sie sind Leitsymptom bei Erkrankungen der Harnwege. Dysurie, Harnverhaltung, Brennen beim Wasserlassen usw. sind wichtige Kriterien, ebenso wie Farbe und Geruch des Urins oder Blutbeimengungen.
2.1.5 Erkrankungen der Atmungsorgane Wichtige Leitsymptome bei Erkrankungen der Atmungsorgane sind: Atemnot (Dyspnoe), Stridor (in- oder extraspiratorisch), Husten, Auswurf, evtl. mit Blutbeimengungen (Haemoptysis) oder eitrig.
Dyspnoe, Stridor, Husten, Auswurf Haemoptysis bei Erkrankungen der Atemwege
2.1.6 Störungen der Kreislaufregulation Leitsymptome für Störungen der Kreislaufregulation sind Herzjagen, Schwindel, Schweißausbruch, Kopfschmerzen, Sehstörungen usw.
Herzjagen, Schwindel, Schweißausbruch u. a. bei Kreislaufstörungen
2.1.7 Gangstörungen Weitere wichtige Leitsymptome für die verschiedensten Krankheitsprozesse können Lähmungen, Gangstörungen, Wadenschmerzen (Claudicatio intermittens), Parästhesien, schmerzhafte und eingeschränkte Gelenkbeweglichkeit sein.
2.2 Körperliche Untersuchung Sie gliedert sich in die • allgemeine Befunderhebung und • die spezielle Untersuchung des lokalen Krankheitsgeschehens. Ebenso wie bei der Anamnese wird man sich nach der Dringlichkeit der Situation richten müssen, d. h. im akuten Falle interessiert zuerst der Lokalbefund und erst dann die allgemeine gründliche „Statuserhebung". Die allgemeine Untersuchung verläuft in fester Reihenfolge (Abb. 1-1). Sie beginnt mit der Inspektion, es folgen Auskultation, Perkussion, Palpation und Erhebung von Meßdaten. Mit einfachen Untersuchungsmethoden, die aber alle Sinne und den kritischen, geübten Verstand des Arztes zur Voraussetzung haben, läßt sich oft schon ein klares Bild des Krankheitsbefundes entwickeln. Grundlegende Prinzipien einer chirurgischen Befunderhebung
Weitere Leitsymptome
Die körperliche Untersuchung gliedert sich in 2 Teile: 1. allgemeine Befunderhebung, 2. spezielle Untersuchung. Festgelegte Reihenfolge der allgemeinen Untersuchung (Abb. 1-1): - Inspektion, - Auskultation, - Perkussion, - Palpation, - Meßdaten.
sind:
• die vergleichende Untersuchung gesunder und erkrankter Körperabschnitte, • Vermeidung von Schmerzen bei der Untersuchung, • schmerzhafte Regionen erst am Schluß der Untersuchung zu palpieren und • das Schamgefühl des Patienten nicht zu verletzen.
Die zahlreichen spezifischen und unspezifischen Befunde, die bei den verschiedenen Erkrankungen erhoben werden können, sind in den entsprechenden Kapiteln detailliert beschrieben.
Prinzipien der chirurgischen Befunderhebung
Φ=
Krankenakte sorgfältig führen!
Die Anamnese und jeder Befund müssen schriftlich fixiert und genauestens beschrieben werden, entweder im Krankenblatt oder auf speziellen vorgedruckten Formblättern. Dies ist wichtig:
• zum Vergleich der in verschiedenen Zeitabschnitten erhobenen Befunde, • zur Information anderer Ärzte, • aus forensischen Gründen und • für eine eventuelle wissenschaftliche Auswertung.
In der Klinik ist für jeden Patienten eine Krankenakte anzulegen. Diese enthält die Anamnese, den Untersuchungsstatus, die Fieberkurve, Bögen für die Eintragung der Laboruntersuchungen und des Krankheitsverlaufs. Ferner werden in der Akte Operationsberichte, spezielle Untersuchungsbefunde (Röntgen, Endoskopie etc.) und der ärztliche Schriftverkehr gesammelt. Nach Entlassung des Patienten muß ein Arztbrief oder eine Epikrise den Hausarzt informieren.
II. Wunde, Wundheilunq, ° Wundheilungsstörung, Wundbehandlung, Tetanusprophylaxe K.-J. Bauknecht,
J.
».wunde.wani ng.wund. heilungsstörung, Wundbehandlung
' Tetanusprophylaxe
Boese-Landgraf
Wunde
1. W u n d e Definition: Unter einer Wunde versteht man einen Defekt des schützenden Deckgewebes, wie Haut oder Schleimhaut, meist infolge einer Verletzung entstanden.
Einfache Wunden: Wunden, bei denen tieferliegende Gewebe oder Organe nicht mitverletzt sind. Zusammengesetzte Wunden: Wunden mit zusätzlicher Verletzung von Muskeln, Nerven, Gefäßen, Knochen, Gelenken oder parenchymatöser Organe.
Definition
Einfache Wunden Zusammengesetzte Wunden
1.1 W u n d f o r m e n Man unterscheidet je nach Verletzungshergang mechanische, thermische, chemische und strahlenbedingte Wunden.
1.1.1 Mechanische Wunden Mechanische Wunden entstehen durch äußere Gewalteinwirkung. Die daraus resultierenden Wundarten sind abhängig von der Art und Richtung der einwirkenden Kraft (Tab. 2-1). Tabelle 2-1 Mechanische Wundarten in Abhängigkeit von Art und Richtung der einwirkenden Kraft Einwirkende Kraft Art
Resultierende Wundart Richtung
Scharf schneidend
senkrecht schräg
Schnittwunde Lappenwunde
Spitz
senkrecht oder schräg
Stichwunde
Stumpf quetschend
senkrecht oder schräg
Quetschwunde, Platzwunde
Stumpf dehnend
flach oder schräg
Rißwunde
Stumpf abscherend
flach oder schräg
Schürfwunde, Defektwunde, Decollement
Kombiniert scharf/ stumpf
senkrecht, schräg, flach
Riß-Quetsch-Platzwunde Pfählungswunde, Kratzwunde, Bißwunde, Schußwunde
Mechanische Wunden —>Wundarten (Tab. 2-1)
II. Wunde, Wundheilung, Wundheilungsstörung, Wundbehandlung, Tetanusprophylaxe
8 Thermische Wunden: —> Verbrennung, —» Erfrierung.
1.1.2 Thermische Wunden Eine thermische Gewebeverletzung entsteht durch Einwirkung von Hitze oder Kälte auf die Körperoberfläche. Daraus resultiert eine Verbrennung bzw. Erfrierung.
1.1.2.1 Verbrennung (s. Kapitel XIII. Verbrennungen)
1.1.2.2 Erfrierung Eine Erfrierung wird in 3 Schweregrade eingeteilt. Erfrierung I. Grades
Therapie: langsames Erwärmen.
Erfrierung II. Grades
Therapie: stationär, Wiedererwärmung im Wannenbad. Sympatikusblockade, intraarterielle Infusion mit Vasodilatanzien —» Beseitigung des Gefäßspasmus
Erfrierung III. Grades
Φ
Erfrierung I. Grades (Congelatio erythematosa)
Klinik: Taubes und blasses Hautareal. Am häufigsten sind exponierte Hautstellen betroffen, wie Finger, Nase, Kinn und Ohren. Pathologie: Der Kältereiz führt anfänglich zu einem lokalen arteriellen Gefäßspasmus. Anschließend kommt es zur reaktiven Hyperämie, nachdem der Spasmus sich gelöst hat. Therapie: Langsames Erwärmen, evtl. im Wasserbad. Prognose: Es ist möglich, daß später eine Kälteempfindlichkeit in den betroffenen Hautarealen zurückbleibt.
Erfrierung II. Grades (Congelatio bullosa)
Klinik: Rötung, Schwellung und Blasenbildung. Pathologie: Die Epidermis wird durch seröses Exsudat abgehoben. Therapie: In jedem Fall ist eine stationäre Behandlung erforderlich. Initial erfolgt eine langsame Wiedererwärmung im Wasserbad bis auf 40 °C. Bei Erfrierungen an Händen und Füßen ist in manchen Fällen eine Sympathikusblockade indiziert. Weitere Möglichkeiten, u m den arteriellen und venösen Gefäßspasmus zu beseitigen, sind intraarterielle Infusionen mit Complamin oder anderen Vasodilatanzien. Zum Teil noch umstritten sind eine Streptokinasebehandlung über 1 2 - 2 4 Stunden oder subkutane Injektionen mit Arwin (Schlangengift-Enzympräparat), u m den Fibringehalt zu senken. Prognose: Heilung frühestens nach 6 Wochen. Als Dauerschäden können Parästhesien und Kälteempfindlichkeiten der ehemals betroffenen Hautpartien zurückbleiben.
Erfrierung III. Grades (Congelatio gangränosa)
Klinik: Schwellung (Kälteödem) mit anschließender Blasenbildung und späterer Demarkation des betroffenen Hautareals. Pathologie: Gewebenekrosen.
Wunde
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Therapie: Erfolgt wie bei einer Erfrierung II. Grades. Ein Massieren oder ζ. B. ein Einreihen mit Schnee ist kontraindiziert.
Therapie: Wie unter II. Kein Massieren oder Einreihen mit Schnee.
Prognose: Nach Demarkation des nekrotischen Areals (kann Wochen dauern) erfolgt eine Grenzzonenamputation.
1.1.3
Chemische Wunden
Chemische Wunden Definition
Definition: Chemische Wunden entstehen durch Verätzungen Schleimhaut mit Säuren oder Laugen. 1.1.3.1
der Haut
oder
Verätzungen durch Säuren
Säureverätzungen
Ursachen dafür sind starke Säuren, wie Salpetersäure, Schwefelsäure und Salzsäure. Die Verätzung kann ähnlich wie bei Verbrennungen alle Schweregrade umfassen.
Klinik: Schmerzhafte, mehr oberflächliche, feste trockene Schorfbildung.
Klinik: schmerzhafte, feste, trockene Schorfbildung.
Pathologie: Koagulationsnekrose.
Therapie: Initial muß mit großen Mengen Wasser gespült werden, u m eine Verdünnung der Noxe zu erreichen. Eine Neutralisation der Säure geschieht mit Natriumbikarbonat-Lösung oder Milch.
Besonderheit: Verätzung mit Flußsäure (Fluor-Wasserstoff) Flußsäure wird häufig in chemischen Laboratorien, Spiritusbrennereien, Glasätzereien sowie in der Aluminium- und Phosphatindustrie verwandt. Sie ist eine wäßrige, farblose, nicht riechende, meist 40%ige Lösung. Die Besonderheit liegt in ihrer Lipoidlöslichkeit, wodurch die Flußsäuremoleküle sich besonders aggressiv sowohl in die Breite als auch in die Tiefe ausbreiten können.
Therapie: Spülung mit viel Wasser (Verdünnung). Neutralisation mit Natriumbikarbonat oder Milch. Besonderheit: Flußsäure, breitet sich besonders aggressiv aus mit - unerträglichen Schmerzen, - Haut weiß, Blasenbildung, - Veränderungen bis auf den Knochen.
Klinik: Die Haut sieht anfänglich aus wie bei einer Säureverätzung. Nach einer gewissen Latenzzeit treten unerträgliche Schmerzen auf. Die Haut verfärbt sich weiß, und es kommt zur Blasenbildung.
Pathologie: Ödem und Nekrose des Unterhautzellgewebes. Die Veränderungen können bis auf die Knochen reichen.
Therapie: Sofortiges Um- und Unterspritzen der geschädigten Region mit Calciumgluconicum bei gleichzeitiger Injektion von Lokalanästhetika. Der Mechanismus besteht darin, daß sich das Calciumgluconicum mit dem Fluorwasserstoff zu unlöslichem, nicht toxischem Kalziumfluorid verbindet. Bei größerer Ausdehnung ζ. B. an der Hand ist eine intraarterielle Infusion mit Calciumgluconicum bei gleichzeitigem Abbinden des Oberarms erforderlich. Blasen werden abgetragen und die Haut wird in Calcium-Gluconicum-Kompressen gewickelt. 1.1.3.2
Verätzungen durch Laugen
Klinik: Weicher, weißer, mehr glasig schmieriger, tiefreichender Schorf.
Pathologie: Kolliquationsnekrose als Folge von Verbindungen zwischen den OH-Gruppen mit dem Gewebeeiweiß zu gallertigen Alkalialbuminaten.
Therapie: Unterspritzen mit Calciumgluconicum, Injektion von Lokalanästhetika. Bei größerer Ausdehnung: intraarterielle Infusion von Calciumgluconicum und Abbinden, Blasen abtragen, Calcium-Gluconicum-Kompressen.
Laugenverätzungen Klinik: weicher, weißer, schmieriger Schorf.
II. Wunde, Wundheilung, Wundheilungsstörung, Wundbehandlung, Tetanusprophylaxe
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Therapie: Spülung mit viel Wasser. Neutralisation mit Zitronensaft, Essig-, Borsäure. Strahlenschäden
Klinik: - Rötung, - Schwellung, - evtl. Haarausfall, - akutes Röntgenulkus.
Prognose: Spätschäden, manchmal Karzinom.
Wundheilung Definition
Therapie: Spülung mit großen Mengen Wasser und Neutralisation mit Zitronensaft, Essig- oder Borsäure.
1.1.4 Strahlenbedingte Wunden Die Haut gehört zu den radiosensiblen Gewebearten, d. h. sie ist empfindlich gegen ionisierende Strahlen. Betroffen ist das Stratum basale der Epidermis aufgrund seiner großen biologischen Aktivität (Mitosehäufigkeit). Klinik: Bei der Exposition mit Radium oder Röntgenstrahlen kommt es zu einer Rötung (Erythem) und zu einer Schwellung (Ödem) der Haut. Es kann ein temporärer Haarausfall auftreten und in schweren Fällen ein akutes Röntgenulkus. Pathologie: Histologisch erkennt man pathologische Mitosen, erweiterte Blutgefäße und lymphozytäre Infiltration u m die Hautanhangsgebilde. Prognose: Als Spätschäden können Narben oder schwer heilende Geschwüre (Strahlenulzera) auftreten. Manchmal bildet sich auch ein Plattenepithel-Karzinom in dem ehemals exponierten Areal aus.
2. Wundheilung Definition: Unter Wundheilung versteht man alle Vorgänge, die zum Verschluß einer Wunde durch neugebildetes Bindegewebe in Verbindung mit Epithelisierung führen. Für die ungestörte Wundheilung sind saubere Wundverhältnisse, gute Durchblutung und funktionstüchtige Makrophagen Voraussetzung.
2.1 Wundheilungsformen Primäre sekundäre Form der Wundheilung
Man unterscheidet eine primäre (Sanatio per primam intentionem, p. p.) und eine sekundäre (Sanatio per secundam intentionem, p. s.) Form der Wundheilung.
Primäre Form: neues Bindegewebe gibt—»festen Wundverschluß. Erreichbar durch: Naht-, Klebe-, Klammerverschluß.
2.1.1 Primäre Wundheilung
Beispiel
Bei der primären Wundheilung kommt es durch minimal neugebildetes Bindegewebe zu einem festen Wundverschluß der adaptierten Wundränder mit weitgehender Restitutio ad Integrum. Dies ist im allgemeinen durch Naht-, Klebe- oder Klammerverschluß zu erreichen.
Beispiele: Heilung einer chirurgisch gesetzten Wunde. Heilung einer scharfrandigen Gelegenheitswunde.
Sekundäre Form
2.1.2 Sekundäre Wundheilung
bei weit auseinanderliegenden Wund rändern, Ausfüllung der Lücke mit Granulationsgewebe, Kontraktion der Wundränder, breite Narbe
Eine sekundäre Wundheilung erfolgt bei Wunden mit mehr oder weniger weit auseinanderliegenden Wundrändern. Die Gewebelücke wird über eine abakterielle oder bakterielle Entzündung mit neugebildetem Granulationsgewebe ausgefüllt bei gleichzeitiger Kontraktion der Wundränder. Das Endergebnis ist eine breite Narbe.
Wundheilung
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Beispiele: Wundrandnekrosen, Abszeß, Dekubitus, Verletzungen mit Gewebedefekt, Verbrennung III. Grades.
Beispiel
Heilungsphasen
2.2 Wundheilungsphasen Die zur Wundheilung führenden humoralen und zellulären Reaktionen sind zeitlich genau aufeinander abgestimmt. Sie verlaufen in 3 Phasen:
- Latenzphase, - Proliferationsphase, - Reparationsphase.
1. Latenzphase (katabole Phase 1.-3. Tag) 2. Proliferationsphase (4.-7. Tag) 3. Reparationsphase (ab dem 8. Tag) 2.2.1 Latenzphase
1. Phase
Ziel des Organismus ist es, möglichst rasch einen primären Wundverschluß zu erreichen, u m Blut-, Lymph-, Wasser-, Eiweiß-, Elektrolyt- und Wärmeverluste größeren Ausmaßes zu vermeiden. Das geschieht initial über die Aktivierung des Gerinnungssystems, an dessen Ende die Abdichtung der freiliegenden Wundflächen mit Fibrin steht (Abb. 2-1).
Latenzphase Ziel: Vermeidung von - Blut- Lymph- WasserVerlusten - Eiweiß- Elektrolyt- Wärme—»Abdichtung der Wundflächen durch Fibrin (Abb. 2-1).
URSACHE
I FOLGE
I FREISETZUNG
I
AKTIVIERUNG
I
GEMEINSAME Kaskadenstufe
Verletztes Blutgefäß
Verletztes Gewebe
I
Thrombozytenadhäsion (an Kollagen Typ Hl) Thrombozytenaggregation (ADP- u.Ca + + -abhängig) Thrombozytenfaktor [
Gewebefaktor Hl
Endogenes System
Exogenes System
Faktor X • FibrinS j
ENDPRODUKT
— F a k t o r ΧΠΙ
FIBRIN 1
Abb. 2-1 Schema über die Aktivierung der Gerinnungskaskade nach einer Verletzung
Als letzter greift der fibrinstabilisierende Faktor (F XIII) in den Gerinnungsvorgang ein, indem er aufgrund seiner Transglutaminasewirkung Fibrinstränge miteinander verknüpft und so das Fibrin in seine unlösliche Form überführt (Fibrin I), dadurch wird das Gerinnsel verfestigt und gegen fibrinolytische Einflüsse stabilisiert. Der Faktor XIII stellt somit das physiologische Bindeglied zwischen Blutstillung und Einleitung der Wundheilung dar. Weitere Substanzen, die aus Thrombozyten abgeschieden werden, sind: Serotonin, Adrenalin und Thromboxan A (Prostaglandinmetabolit). Sie unterstützen die Blutgerinnung durch Vasokonstriktion und bewirken eine Exsudation durch Permieabilitätserhöhung. Am Ende der exsudativen Phase werden Granulozyten und Makrophagen chemotaktisch angelockt, um angefallene Gewebetrümmer zu beseitigen.
Mechanismus: Verknüpfung der Fibrinstränge mit Hilfe von Faktor XIII —* Fibrin in unlösliches Fibrin I, —> Verfestigung des Gemischs und stabil gegen Fibrinolyse. Faktor XIII ist Bindeglied zwischen Blutstillung und Wundheilung. Unterstützung der Gerinnung durch Vasokonstriktion. Exsudative Phase: Granulozyten und Makrophageneinwanderung (chemotaktisch).
II. Wunde, Wundheilung, Wundheilungsstörung, Wundbehandlung, Tetanusprophylaxe
12 Chemotaxis
Chemotaktische Substanzen: - Eicosatetraensäure (aus Thrombozyten) - Kallikrein (aus dem Blutplasma) - Fibrinopeptid Β (wird durch Thrombin bei der Umwandlung von Fibrinogen zu Fibrin freigesetzt)
2. Phase
2.2.2 Proliferationsphase
Proliferationsphase Bildung von Kollagen. Dabei bewirkt Fibronectin: 1. die Anheftung von Fibroblasten an Kollagen, 2. die Einleitung der Kollagenbiosynthese. Bei Berührung der Wundränder: Hemmung des Zellwachstums durch Chalone.
Die zweite Phase der Wundheilung ist gekennzeichnet durch die Bildung von Kollagen. Die wichtigste Substanz dabei ist das Fibronectin, eine Protease, die ein Anheften von Fibroblasten an Kollagen Typ 1 bewirkt. Fibronectin hat auch eine mitogene Wirkung und induziert zusammen mit anderen Proteasen eine Vermehrung von Fibroblasten und somit die Einleitung der Kollagenbiosynthese. Weiterhin werden auch Keratine (Gerüsteiweiß der Epidermis) gebildet. Beim Berühren der Wundränder wird das Zellwachstum durch Chalone gehemmt (Kontakthemmung).
3. Phase
2.2.3 Reparationsphase
Reparationsphase Umwandlung von Granulationsgewebe in Narbe. Maximum der Reißfestigkeit nach 12 Tagen. Aus roter Narbe (gefäßreich) wird —»weiße Narbe (Bindegewebe).
In der letzten Phase wandelt sich das Granulationsgewebe in die endgültige Narbe um. Nach anfänglich noch verstärkter Kollagensynthese schrumpft in der Endphase das Gewebe durch Wasserentzug bis auf 30 % zusammen und wird von den Wundrändern her epithelialisiert. Die Reißfestigkeit einer frisch verheilten Wunde erreicht ihr Maximum nach ca. 12 Tagen. Aus dem ursprünglich sehr gefäßreichen Gewebe (rote Narbe) entsteht dann später ein kapillar- und zellarmes Bindegewebe (weiße Narbe).
Wundheilungsstörung
3. Wundheilungsstörung
Definition
Definition: Wenn der physiologische Ablauf einer Wundheilung verhindert wird, liegt eine Wundheilungsstörung vor, die entweder zum spontanen Außrechen der Wunde führt oder eine chirurgische Wundrevision erforderlich macht. Die Wundheilung kann durch allgemeine (Alter, Stoffwechselstörungen, Eiweiß- und Vitaminmangel, Anämie, Medikamente) und lokale (Nahtspannung, Fremdkörper, Infektion) Faktoren gestört sein. Dabei können eine Reihe morphologischer Veränderungen auftreten.
Es gibt 5 wichtige morphologische Verände rungen. 1. Serom Schwellung im Bereich der Wunde durch Ansammlung von Lymphe und Wundsekret.
3.1 Serom Definition: Hohlräume im Wundbereich mit Lymphe und Wundsekret ausgefüllt.
Ursache: Offene Lymphbahnen oder angeschnittene Lymphknoten, Taschenbildung, unterminierte Wundränder.
Klinik: Nicht druckdolente und nicht verfärbte Schwellung im Bereich der Wunde. Therapie: Punktieren, Kompressionsverband. Evtl. Redon-Saugdrainage.
Therapie:
2. Hämatom
3.2 Hämatom
Steriles Abpunktieren, leichter Kompressionsverband, bei Rezidiven evtl. Einlegen einer Redon-Saugdrainage.
Definition: Hohlräume im Wundbereich mit Blut gefüllt.
Wundheilungsstörung
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Ursache: M a n g e l h a f t e Blutstillung, unvollständige D r a i n a g e der W u n d h ö h l e , Verstopfen der Saugdrainage d u r c h Koagula, B l u t g e r i n n u n g s s t ö r u n g e n .
Therapie: Bei größeren H ä m a t o m e n wegen der G e f a h r der bakteriellen K o n t a m i n a t i o n Ausräumung u n t e r a s e p t i s c h e n B e d i n g u n g e n . Flüssiges Blut k a n n a b p u n k tiert werden.
3.3 Wundrandnekrosen
Therapie: Ausräumung (aseptisch), Abpunktieren von Blut.
3. Wundrandnekrosen nicht durchblutete Wundränder.
Ursache: M a n g e l h a f t e N a h t t e c h n i k , T r a u m a t i s i e r u n g von H a u t u n d W e i c h t e i l e n , inadäquate Schnittführung, Mangeldurchblutung.
Klinik: M i ß f a r b e n e , nicht d u r c h b l u t e t e W u n d r ä n d e r .
Therapie: T r o c k e n h a l t e n bis zur s p o n t a n e n D e m a r k a t i o n . Bei f e u c h t e n N e k r o s e n werden diese entfernt, u n d die W e i t e r b e h a n d l u n g erfolgt mit d e s i n f i z i e r e n d e n B ä d e r n u n d antiseptischen S a l b e n v e r b ä n d e n , keine A n t i b i o t i k a .
3.4 Wundruptur (Platzbauch) Ursache:
Therapie: - Trockenhalten, - Entfernung der feuchten Nekrose - > desinfizierende Bäder, - antiseptische Salbenverbände, - keine Antibiotika. 4. Wundruptur offene Wunden mit Exudation und Vorfall von ζ. B. Baucheingeweiden.
N a h t - u n d k n o t e n t e c h n i s c h e Fehler (selten), postoperatives H u s t e n , N i e s e n u n d E r b r e c h e n , Adipositas, Infektion, h o h e s Alter, vor allem Eiweiß- u n d Faktor X I I I - M a n g e l , r e d u z i e r t e r A l l g e m e i n z u s t a n d .
Klinik: Plötzlich o f f e n e W u n d e n m i t E x s u d a t i o n u n d Vorfall von ζ. B. Baucheingeweiden.
Therapie: Sofortige Wundrevision, N e k r o s e n werden entfernt, u n d die W u n d e wird angefrischt, d a n a c h werden d u r c h g r e i f e n d e Nähte angelegt mit z u s ä t z l i c h e n Platzbauchnähten. Faktor XIII-Kontrolle, evtl. S u b s t i t u t i o n .
3.5 Infektion Ursache: E i n e klinisch m a n i f e s t e W u n d i n f e k t i o n ist multifaktoriell, e n t s c h e i d e n d ist einerseits die M e n g e u n d die Virulenz der beteiligten Bakterien u n d andererseits die a l l g e m e i n e Abwehrlage des O r g a n i s m u s sowie die lokalen Beding u n g e n im Bereich der W u n d e (ζ. B. Z i r k u l a t i o n s s t ö r u n g e n , N e k r o s e n , F r e m d k ö r p e r , H ä m a t o m oder Instabilität bei K n o c h e n f r a k t u r e n ) . Bei d e n Erregern sind in a b n e h m e n d e r H ä u f i g k e i t Staphylococcus aureus, P s e u d o m o nas, Strepktokokken, P r o t e u s u n d Kolibakterien v o r h a n d e n .
Therapie: Wundrevision, Entfernung von Nekrosen —»Wundeanfrischen. Durchgreifende Nähte. Evtl. Substitution von Faktor-Xlll.
5. Infektion - Entzündungszeichen, - Rötung, - Schwellung, - Druckdolenz, - evtl. Fieber, - Schüttelfrost, - Leukozytose. Ursache: Menge und Virulenz der Bakterien, Abwehrlage des Organismus.
Klinik: Klassische Entzündungszeichen, wie R ö t u n g , Schwellung u n d D r u c k d o l e n z im Bereich der W u n d e , evtl. F i e b e r u n d Schüttelfrost, Leukozytose.
Therapie: Wundrevision, Abstrich f ü r mikrobiologische U n t e r s u c h u n g , a u s g e d e h n t e Spülung u n d E n t f e r n u n g von N e k r o s e n , Sequestern oder Fremdkörpern. Die W u n d e bleibt offen u n d wird drainiert, d a m i t Eiter u n d Sekret abfließen können. Die W e i t e r b e h a n d l u n g erfolgt d u r c h tägliche W u n d v e r b ä n d e , R e i n i g u n g ,
Therapie: - Wundrevision, - Spülung, - Entfernung von Nekrosen, - Wunde wird drainiert (Abfluß von Eiter und Sekret), - tgl. Verbände, - Reinigung,
II. Wunde, Wundheilung, Wundheilungsstörung, Wundbehandlung, Tetanusprophylaxe
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- Spülung, - antiseptische Salbenverbände, - keine lokalen Antibiotika.
Spülungen, antiseptischen Salbenverbänden, keine Antibiotika lokal (Resistenzentwicklung), systemisch nur bei phlegmonöser Ausbreitung der Infektion.
Wundbehandlung
4. Wundbehandlung
Ziele der Wundbehandlung
Die Ziele einer Wundbehandlung sind: 1. die Verhinderung einer Wundinfektion und 2. Erreichen einer raschen funktionsgerechten Regeneration des zerstörten Gewebes. Bevor man die Therapie einleitet, sollten die folgenden 4 Faktoren geklärt werden: 1. Alter der Wunde, 2. Lokalisation der Wunde, 3. Beschaffenheit der Wundränder. 4. Welche Begleitverletzungen liegen vor?
Üblicherweise sind die Keime beim Eintritt in die W u n d e fast alle avirulent. Die durchschnittliche Inkubationszeit beträgt 6 - 8 Stunden. Danach kommt es zur Infektion mit den klassischen Entzündungszeichen. Abhängigkeit der Entzündungen von
=ΐ>
Die Intensität der Entzündung ist abhängig von: 1. der Menge und Virulenz der beteiligten Bakterien, 2. der Abwehrlage des Organismus, 3. den lokalen Bedingungen im Bereich der Wunde.
Technik der Wundbehandlung
4.1 Technik der Wundbehandlung
Einfache Wunden: Umspritzen mit 1%igem Xylocain. Größere Wunden an den Extremitäten: Leitungsanästhesie mit 2%igem Xylocain. - Finger, Zehen: Oberst-Leitungsanästhesie, - Arm: Plexusanästhesie, - Bein: Spinal- oder Epiduralanästhesie. Große und schwere Verletzungen: Allgemeinnarkose. —» Säuberung der Wunde —* Desinfektion der Wunde —» Operateur trägt Gummihandschuhe.
Bevor man den Notverband entfernt, muß die periphere Durchblutung und Nervenfunktion geprüft werden. Einfache Wunden werden mit l%igem Xylocain umspritzt, bei größeren Wunden im Bereich der Extremitäten erfolgt eine Leitungsanästhesie mit 2°/oigem Xylocain (Finger und Zehen: Oberst-Leitungsanästhesie; Arm: Plexusanästhesie im Bereich der Axilla oder supraklavikulär; Bein: Spinal- oder Epiduralanästhesie). Größere und schwerere Verletzungen werden in Allgemeinnarkose versorgt. Danach Säuberung der Wunde mit einem milden Antiseptikum (Wasserstoffperoxid) und Abrasieren der Haare. Danach wird die Wunde desinfiziert, und der Operateur zieht sich sterile G u m m i h a n d s c h u h e Nach steriler Abdeckung und dem Bereitlegen von sterilem Instrumentarium kann mit dem Debridement begonnen werden.
Wundexzisionen Nach Friedrich Abtragung 1 - 2 mm tief im Gewebe (Haut, tiefe Wundbereiche, Wundgrund), Entfernung von Fremdkörpern, Revision der Wundtaschen.
Ausnahme: Keine Wundausschneidung im Gesicht und an der Hand.
4.2 Wundexzisionen (Debridement) Die Wundexzision wird nach Friedrich durchgeführt. Sie besteht in einer 1-2 mm tiefen Abtragung im gut durchbluteten Gewebe der Haut, der tiefen Wundbereiche und des Wundgrundes. Fremdkörper werden entfernt und Wundtaschen revidiert.
Ausnahmen: I m Gesicht und an der Hand darf keine Wundausschneidung durchgeführt werden.
Wundbehandlung
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Differenziertes Gewebe, wie M u s k u l a t u r , S e h n e n , G e f ä ß e , N e r v e n u n d K n o chen, wird e n t s p r e c h e n d b e h a n d e l t .
Muskulatur Nekrotisches Muskelgewebe muß entfernt werden, da von dort aus schwere lebensbedrohliche Infektionen (Tetanus, G a s b r a n d ) a u s g e h e n k ö n n e n . Die S c h n i t t r ä n d e r der M u s k u l a t u r m ü s s e n hellrot sein u n d b l u t e n . Ein Zeic h e n f ü r die Vitalität eines M u s k e l s ist die K o n t r a k t i o n b e i m B e r ü h r e n m i t der Pinzette.
Sehnen S e h n e n werden n i c h t exzidiert, s o n d e r n lediglich angefrischt. A n z u s t r e b e n ist eine p r i m ä r e S e h n e n n a h t , da die Spätergebnisse wesentlich besser sind als die zweizeitige Wiederherstellungsplastik. In n e u e r e r Zeit gilt das a u c h f ü r die p r i m ä r e B e u g e s e h n e n n a h t im H o h l h a n d b e r e i c h . Die ü b l i c h e S e h n e n n a h t t e c h n i k erfolgt n a c h B u n n e l oder n a c h L e n g e m a n n . G e f ä ß e (s. a u c h Kapitel XXIII. G e f ä ß c h i r u r g i e ) Zentrale Arterien u n d V e n e n werden rekonstruiert. K l e i n e periphere Arterien k ö n n e n ligiert werden. I m U n t e r a r m - u n d U n t e r s c h e n k e l b e r e i c h m u ß m i n d e stens eine Arterie durchgängig sein.
Nerven Bei glatter N e r v e n d u r c h t r e n n u n g u n d s a u b e r e n W u n d v e r h ä l t n i s s e n erfolgt eine interfaszikuläre Nervennaht. W e n n das n i c h t möglich ist, wird eine S e k u n d ä r n a h t , n a c h 6 W o c h e n eine N e r v e n t r a n s p l a n t a t i o n v o r g e n o m m e n (N. suralis).
Knochen N i c h t vitaler K n o c h e n wird entfernt, verunreinigte K n o c h e n werden angefrischt, F r a k t u r e n d u r c h eine synthese versorgt. Am Ende des Debridements wird die Wunde ausgiebig mit physiologischer salzlösung gespült.
OsteoKoch-
4.3 Wundverschluß M a n u n t e r s c h e i d e t eine Primärnaht, kundärnaht.
eine verzögerte Primärnaht
u n d eine Se-
4.3.1 Primärnaht W e n n die W u n d e weniger als 8 S t u n d e n alt ist, erfolgt ein sog. primärer W u n d v e r s c h l u ß mit N ä h t e n , K l a m m e r n , G e w e b e k l e b e r oder Klebestreifen. A u s n a h m e n sind B i ß w u n d e n , S c h u ß w u n d e n u n d tiefe S t i c h w u n d e n .
4.3.2 Verzögerte Primärnaht E i n e verzögerte P r i m ä r n a h t ist bei W u n d e n mit schweren Weichteilverletz u n g e n e i n e r p r i m ä r e n N a h t vorzuziehen. Sie erfolgt in der Proliferationsphase der W u n d h e i l u n g zwischen d e m 4. u n d 7. Tag. Die W u n d e bleibt n a c h e i n e m sorgfältigen D e b r i d e m e n t o f f e n u n d wird bis z u r verzögerten Primärn a h t m i t d e s i n f i z i e r e n d e n V e r b ä n d e n versorgt.
Behandlung von: 1. Muskulatur - Entfernung von nekrotischem Gewebe (Tetanus, Gasbrand), - Schnittränder müssen hellrot, blutend sein, - Vitalitätsprüfung - Kontraktion bei Berührung mit Pinzette. 2. Sehnen - nicht exzidieren, nur anfrischen, - nach Möglichkeit primäre Sehnennaht, - Nahttechnik nach Bunnel oder Lengemann.
3. Gefäße - zentrale Arterien und Venen: rekonstruieren, - kleine Arterien: ligieren. 4. Nerven - interfaszikuläre Nervennaht, - anderenfalls: Sekundärnaht—* Nerventransplantation.
5. -
Knochen nicht vitaler Knochen: entfernen, verunreinigte Knochen: anfrischen, Frakturen: Osteosynthese.
Spülen mit Kochsalzlösung.
Wundverschluß 1. Primärnaht, 2. verzögerte Primärnaht, 3. Sekundärnaht. 1. Primärnaht Verschluß mit Nähten, Klammern, Kleber, Klebestreifen.
2. Verzögerte Primärnaht Indikation: Wunden mit schweren Weichteilverletzungen. Erstellung: zwischen 4. und 7. Tag, Versorgung der offenen Wunde mit desinfizierenden Verbänden.
Der Vorteil besteht • im u n g e h i n d e r t e n Sekretabfluß, • R ü c k g a n g des W u n d ö d e m s u n d d a d u r c h geringere S p a n n u n g auf der Naht, • in der Möglichkeit des e r n e u t e n D e b r i d e m e n t s u n d • in der V e r m e i d u n g von l e b e n s b e d r o h l i c h e n a n a e r o b e n K e i m i n f e k t i o nen, wie T e t a n u s u n d G a s b r a n d .
Vorteile der verzögerten Primärnaht
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II. Wunde, Wundheilung, Wundheilungsstörung, Wundbehandlung, Tetanusprophylaxe
3. Sekundärnaht Verschluß der Wunde ab 8. Tag. Da reduzierte Verschieblichkeit des Gewebes, ist Mobilisierung der Haut notwendig oder: - Hauttransplantat, - myokutane Lappen, - Lappenplastiken.
4.3.3 Sekundärnaht
Tetanusprophylaxe
5. Tetanusprophylaxe
Tetanusrisiko besteht immer. Man unterscheidet: 1. aktive Immunisierung 2. passive Immunisierung.
1. Aktive Immunisierung Mittel: Tetanustoxoid.
Zeitintervall I.Impfung 4 Wochen 2. Impfung, 2. Impfung 12 Monate 3. Impfung.
Vollschutz nach 3. Impfung für 2 Jahre, danach latenter Schutz
Kontraindikation: vorausgegangene oder gleichzeitige Impfungen gegen - Polio, - Pocken, - Gelbfieber, - eitrige Hauterkrankungen. Intervall muß 4 Wochen betragen. 2. Passive Immunisierung Mittel: Tetanusantitoxin. Anwendung: 250 I.E. i. m. Schutz: nach 24 h über 4 Wochen Dauer.
Die Sekundärnaht ist definiert als Verschluß der W u n d e in der Reparationsphase, d . h . ab dem 8. Tag. Der Nachteil einer Sekundärnaht besteht darin, daß die Wundränder retrahiert sind und die reduzierte Verschieblichkeit der Gewebeschichten eine Mobilisierung der Haut notwendig macht. Wenn das nicht möglich ist, muß der Defekt mit einem freien Hauttransplantat (Vollhaut oder Spalthaut) gedeckt werden. Weitere Möglichkeiten sind myokutane Lappen oder Gewebehautlappenplastiken.
Zur fachgerechten Wundbehandlung gehört eine Tetanusprophylaxe, da bei jeder Gelegenheitswunde das Risiko an Tetanus zu erkranken besteht. Wenn auch nur geringe Zweifel vorhanden sind, ob der Patient voll immunisiert ist, muß auf jeden Fall eine passive Immunisierung mit homologem Tetanusantitoxin durchgeführt werden. • Zur Prophylaxe stehen eine aktive Immunisierung (Tetanusimpfstoff) und die passive Immunisierung (Tetanusantitoxin) zur Verfügung.
5.1 Aktive Immunisierung Zur aktiven Immunisierung wird das nicht giftige Tetanustoxoid verwandt (mit Formaldehyd vorbehandeltes Tetanustoxin). Als Adjuvans ist Aluminiumhydroxid hinzugefügt, u m die immunisierende Wirkung zu verstärken. Zeitintervall: Zwischen 1. und 2. Impfung 4 Wochen, zwischen 2. und 3. Impfung 12 Monate. Diese Abstände sind Empfehlungswerte und können je nach Umständen beträchtlich verändert werden. Zeitpunkt: Der Zeitpunkt der Erstinjektion ist altersunabhängig. Schutzwirkung: Ein vollständiger Schutz besteht nach der 3. Injektion 2 Jahre lang, danach bleibt ein latenter Schutz für den Rest des Lebens. Allerdings sollten alle 10 Jahre Auffrischimpfungen erfolgen. Kontraindikation: Die Kontraindikation einer aktiven Grundimmunisierung zum Zeitpunkt der Wahl sind vorausgegangene Impfungen gegen Polio, Pocken, Gelbfieber und eitrige Hauterkrankungen. Der Abstand sollte mindestens 4 Wochen betragen.
5.2 Passive Immunisierung Zur passiven Immunisierung wird heutzutage das homologe Hyperimmunserum Tetanusantitoxin verwandt. Es wird in einer Dosierung von 250 I.E. i. m. verabreicht. Bei ausgedehnten Wunden und schweren Verbrennungen wird die Dosis erhöht. Ein sog. passiver Schutz besteht dann bereits nach 24 Stunden und hält über 3 - 4 Wochen an. Das bedeutet, daß der Patient also während der gesamten Inkubationsdauer des Clostridium tetani ( 4 - 2 1 Tage) geschützt ist (Abb. 2-2).
Tetanusprophylaxe
0,5 ml Tetanol i.m.
17
0,5 ml Tetanol i.m.
Abb. 2-2 Antitoxintiter bei Tetanussimultanimpfung Patienten
und nicht
vorimmunisierten
5.3 Tetanusimmunisierung im Verletzungsfall Verbindliche Vorschriften gibt es nicht. A m besten richtet m a n sich nach der Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Der aktiv grundimmunisierte Patient wird am Verletzungstag mit 0,5 ml Tetanol i. m. oder s. c. geimpft. Ist der Patient nicht ausreichend immunisiert, erfolgt eine Simultanimpfung, d. h. 0,5 ml Tetanol i. m. im Glutealbereich u n d auf der kontralateralen Seite 250 I.E. Tetagam. D a n a c h sollte die aktive I m m u n i s i e r u n g fortgesetzt werden, i n d e m die zweite Injektion von 0,5 ml Tetagam nach 4 Wochen und die dritte Injektion nach weiteren 4 Wochen bzw. bis zu einem Jahr erfolgen kann.
Im Verletzungsfall - Immunisierter Patient: 0,5 ml Tetanol i. m. oder s. c. - N i c h t immunisierter Patient: Simultanimpfung mit 0,5 ml Tetanol i. m. ii Glutealbereich, 250 I.E. Tetagam kontralateral. - Danach 2. I m p f u n g 0,5 ml Tetagam nach 4 W o chen, 3. I m p f u n g 0,5 ml Tetagam nach 4 W o chen bis zu 1 Jahr.
III. Chirurgische Infektionslehre
Chirurgische Infektionslehre
G. Görtz und Β. M. Harnoss
1. Allgemeine Infektionslehre Chirurgische Infektionen (Häufigkeit 2 0 - 3 0 %) werden eingeteilt in:
1. primäre Abszedierungen (Panaritien, Furunkel, Karbunkel usw.), 2. sekundäre Abszedierungen (ζ. B. Lungenabszeß, Leberabszeß), 3. posttraumatische Infektionen (ζ. B. Osteomyelitis nach offener Fraktur), 4. postoperative Infektionen (ζ. B. Bauchdeckenabszeß Peritonitis, Pneumonie), 5. Peritonitis (ζ. B. nach Hohlorganperforation, paralytischem Ileus usw.).
Einteilung chirurgischer Infektionen in 5 Gruppen /
ι
1.1 Definitionen
Definitionen
Infektion: lokalisierte oder generalisierte Reaktion des Makroorganismus auf das Eindringen eines Mikroorganismus durch innere oder äußere Oberflächen des Wirtsorganismus. Sie wird durch Absiedlung, Vermehrung und Stoffwechsel der Mikroorganismen hervorgerufen. Das Ausmaß der Wundinfektionen hängt von Menge und Virulenz der pathogenen Keime, der Resistenzlage des Organismus und der Beschaffenheit der W u n d e ab. Kontamination: Besiedlung innerer oder äußerer Wundflächen des Makroorganismus durch einzelne oder verschiedene Arten von Mikroorganismen, ohne daß eine Infektion eintritt. Kolonisation: Natürliche Besiedlung der intakten Haut und Schleimhäute des Menschen mit einer Vielzahl von Mikroorganismen. Die verschiedenen Körperregionen (Haut, Mundhöhle, Dickdarm usw.) haben ihr eigenes Kolonisationsmuster. Pathogenität: Fähigkeit der Mikroorganismen, den Wirtsorganismus zu schädigen und eine Infektion auszulösen (Krankheitswert). Virulenz (Infektionskraft): Krankmachende Wirkung eines Erregers. Sie kann durch Bildung von Toxinen, Enzymen und durch Wachstumsbedingungen (Blut-Gewebenekrosen) abgeschwächt oder gesteigert werden. Resistenz (Widerstandskraft): Fähigkeit des Makroorganismus, die Homöostase trotz eingedrungener Mikroorganismen aufrechtzuerhalten, andererseits die Fähigkeit des Mikroorganismus, die antibakterielle Kraft der Chemotherapeutika wirkungslos zu machen.
Infektion
1.2 Infektionsabwehr Körperfunktionen zur Abtötung, Eliminierung oder Inaktivierung von Mikroorganismen, die die Infektion auslösen. Natürliche Schutzmechanismen (ζ. B. unverletzte Haut, Schleimhaut) verhindern eine Invasion potentiell pathogener Krankheitserreger in den Makroorganismus. Weitere Faktoren des lokalen Infektionsschutzes sind:
Kontamination
Kolonisation
Pathogenität Virulenz
Resistenz
Infektionsabwehr Abwehr von Mikroorganismen durch: - Abtötung, - Eliminierung, - Inaktivierung. Schutzmechanismen verhindern Invasion im Makroorganismus.
20
III. Chirurgische Infektionslehre
Der Makroorganismus verfügt auch über Abwehr einer Kolonisation von Mikroorganismen.
Man unterscheitet: Spezifische Infektionsabwehr d. h., erworbene Reaktionsfähigkeit gegen bestimmte Antigene durch B- und T-Lymphozyten. Unspezifische Infektionsabwehr d. h., antigenunabhängige Reaktionsfähigkeit durch Leukozyten und Monozyten.
Phagozytose vollzieht sich in 5 Phasen.
Es gibt lokale Faktoren, die eine Infektion begünstigen, wie - Gewebetraumatisierung, - unzureichende Wundversorgung, - Fremdkörper etc.
und allgemeine Faktoren, wie ζ. B. hohes Lebensalter, Begleiterkrankungen, Begleittherapie etc.
Häufigster Infektionsmodus: Schmier- und Kontaktinfektionen. Erreger: Bakterien, Viren, Pilze, Parasiten.
Infektionsquellen: Patient selbst (endogen), Umgebung des Patienten (exogen), resistente Hospitalkeime.
eine ungestörte Gewebeperfusion, eine physiologische Bakterienflora (Kolonisationsresistenz) der inneren und äußeren Oberflächen. Kolonisationsresistenz ist die Widerstandskraft eines Makroorganismus gegen die Kolonisation von aeroben, potentiell pathogenen Mikroorganismen. Sie verhindert eine Störung des Kolonisationsgleichgewichts in den verschiedenen Körperabschnitten. Im Darm wird die Kolonisationsresistenz durch mechanische Darmsäuberung (Peristaltik), durch Produktion von Muzin und Speichel, durch Abstoßung von Mukosazellen und durch Sekretion von Immunglobulin reguliert. Durch Stimulation der körpereigenen Kontrollmechanismen und Produktion von flüchtigen Fettsäuren können Anaerobier das Kolonisationsgleichgewicht zusätzlich kontrollieren. Die körpereigene Infektionsabwehr besteht aus spezifischen und unspezifischen Wirkmechanismen. Spezifische Infektionsabwehr bedeutet erworbene Reaktionsbereitschaft (Immunglobuline) gegen bestimmte Antigene durch B- und T-Lymphozyten. Die unspezifische Infektionsabwehr ist die antigenunabhängige Reaktionsbereitschaft, die durch Leukozyten und Monozyten vollzogen wird (Komplementsystem, Properdinsystem etc.). Wichtigste Leistung dieser Zellen ist die Phagozytose. Sie vollzieht sich in 5 Phasen: 1. Immigration der polymorphkernigen Granulozyten in das Infektionsgebiet (Chemotaxis, Opsonine, Komplement), 2. A u f n a h m e der Bakterienzellen in den Granulozyten (Endozytose), 3. intrazelluläre Aktivierung von Enzymen (Lysosomen), 4. Bakterienabtötung durch hydrolytische Substanzen und Bakterizide, 5. Bakterienabbau durch lysosomale Enzyme.
Begünstigende Faktoren für eine Infektion sind: Lokal: • Durchtrennung und Eröffnung des Teguments (operativ, traumatisch), • Gewebetraumatisierung und ungünstige Beschaffenheit der Wundoberfläche (großflächig, kontusioniert, zerrissen, unterminiert), • Eingeschränkte Durchblutung (ausgedehnte Gefäßläsionen, Ligaturen), • Unzureichende Wundversorgung (Blutstillung, Drainage von Hämatomen, später Wundverschluß), • Implantation von Fremdkörpern (Venen-Blasen-Katheter, HämodialyseShunts etc.). Eine Reihe allgemeiner Faktoren erhöht die Infektionsgefährdung: höheres Lebensalter, Begleiterkrankungen (Diabetes, Malignome), Begleittherapie (Radiatio, Kortikoide, Zytostatika), hämatologische Erkrankungen (Leukosen, Granulozytosen, Anämien, Hypogammaglobulinämie), schlechter Allgemein- und Ernährungszustand des Patienten (Kachexie, Adipositas).
1.3 Mikrobiologische Grundlagen chirurgischer Infektionen Vor allem Bakterien, aber auch Viren, Pilze und Parasiten (Protozoen und Helminthen) sind die Erreger chirurgischer Infektionen. Häufigster Infektionsmodus ist die Schmier- und Kontaktinfektion. Aerogene und hämatogene Infektionen dagegen sind selten. Häufigste Infektionsquelle ist mit über 90 % der Patient selbst (endogene Infektion), ζ. B. Verschleppung von Hautkeimen bei Operationen und Traumen oder fäkale Kontamination in der Kolonchirurgie. Exogene Infektionsquellen liegen in der Umgebung des Patienten (ζ. B. Krankenhauspersonal).
21
Allgemeine Infektionslehre Gefährlich ist die Kontamination und Infektion mit resistenten Hospitalkeimen (ζ. B. Hospitalismus auf Intensivtherapiestationen). Ein weiteres Beispiel einer exogenen Infektion ist der Gasbrand nach Unfallverletzungen (s. S. 30). Die klassischen Symptome einer akuten oberflächlichen Infektion sind calor, dolor, rubor, tumor und functio laesa (bereits von Galen und Celsus beschrieben). Bei okkulten Infektionen (intraabdominelle Abszesse) stehen unspezifische Symptome wie, Leukozytose, BSG-Erhöhung, septische Temperaturen, Schüttelfrost im Vordergrund. Eine frühzeitige mikrobiologische Diagnostik ermöglicht die direkte Identifizierung des Erregers, Beurteilung der Pathogenese und Prognose und ggf. eine gezielte Chemotherapie. Sie stützt sich auf verschiedene serologische Reaktionen, mit denen die durch die Infektion entstandenen Antikörper bzw. Antigen-Antikörper-Komplexe in vitro nachgewiesen werden können (Agglutinationstest, Präzipitationstest, Komplementbindungsreaktion, Radioimmun-Assay usw.). Zellulär bedingte Immunreaktionen (Spätreaktion) oder humoral ausgelöste Immunreaktionen (Sofortreaktion) können durch Epi- oder Intrakutantests geprüft werden. Bei entsprechender klinischer Symptomatik und Verdacht auf ein infektiöses Geschehen ist folgendes zu beachten:
1. gezielte, möglichst mehrmalige Materialgewinnung (Blutkultur, Liquorpunktion, Wundabstrich), 2. Materialentnahme unter sterilen Kautelen (Blutkulturen) und vom Infektionsherd (ζ. B. Wundgrund, Abszesse), 3. geeignetes Transportmedium (anaerobe Keimbesiedlung!), 4. rascher Transport und möglichst sofortige mikrobiologische Aufbereitung, 5. genaue Information des Untersuchers über die Entnahmestelle des eingesandten Materials, die klinischen Symptome und eventuelle Chemotherapie, 6. Beginn der antibiotischen Behandlung erst nach der Materialgewinnung, möglichst nach Keimidentifikation und Resistenzbestimmung.
1.4 Behandlungsprinzipien bei c h i r u r g i s c h e n Infektionen
Symptome der akuten oberflächlichen Infektion: - calor, - dolor, - rubor, - tumor, - functio laesa, auch unspezifische Symptome kommen vor. Diagnostik mit Hilfe von serologischen Reaktionstests, ζ. B. Agglutinationstests, Präzipitationstests, Radioimmun-Assay etc. Grundlage der Tests: Die entstandenen Antigen-Antikörper-Komplexe.
Bei Verdacht auf eine Infektion ist zu beachten:
4 =
Behandlungsprinzipien der chirurgischen Infektion
1.4.1 O p e r a t i v e T h e r a p i e Basistherapie ist die frühzeitige operative Sanierung (Inzision, Entfernung von Nekrosen, Drainage). Dies gilt für jeden Abszeß (Ubi pus ibi evacua!) mit wenigen Ausnahmen. Solitäre intraabdominelle oder intrahepatische Abszesse können ζ. B. unter sonographischer Kontrolle durch perkutane Punktion erfolgreich behandelt werden. Die regenerative und resorptive Fähigkeit des Peritoneums und-der Leber gewährleisten die Ausheilung. Zur lokalen antimikrobiellen Therapie infizierter Wunden eignen sich Antiseptika, wie Polyvidonjod, Silbernitrat, Silbersulfadiazin. Die lokale Anwendung von Antibiotika ist zu vermeiden (Resistenzentwicklung). Ausnahmen sind ζ. B. nicht eitrige Knocheninfektionen und die Peritonitis. Ist der Herd noch nicht eingeschmolzen, kann eine Lokalbehandlung mit Wärme (Rotlicht) oder Kühlung (Alkohol, Rivanol) den Prozeß beschleunigen bzw. leichtere Entzündungen eindämmen.
Basistherapie für jeden Abszeß: - Inzision, - Entfernung von Nekrosen, - Drainage.
Lokale antimikrobielle Therapie: - Antiseptika, - keine lokalen Antibiotika, - Wärme, - Kühlung.
22 Systemische antimikrobielle Therapie Indikation: - gestörte Abwehr, - massive Infektion. Keine ausschließliche Antibiotika-Therapie bei abszedierenden Prozessen.
Indikation der antibiotischen Therapie
III. Chirurgische Infektionslehre 1.4.2 Systemische antimikrobielle Therapie (s. a u c h Kapitel V. A n t i b i o t i k a - T h e r a p i e ) Sie d i e n t der U n t e r s t ü t z u n g der körpereigenen I n f e k t i o n s a b w e h r u n d ist bei gestörter Abwehrleistung ( I m m u n i n s u f f i z i e n z , G r a n u l o z y t o p e n i e ) oder bei massiver Infektion indiziert. Bei a b s z e d i e r e n d e n Prozessen ist die ausschließliche A n t i b i o t i k a - T h e r a p i e grundsätzlich falsch. A n t i b i o t i k a k ö n n e n die A b s z e ß m e m b r a n n i c h t passieren. Der Krankheitsverlauf wird d u r c h A n t i b i o t i k a eher laviert. Bei der Absz e ß e r ö f f n u n g kurzfristig a u f t r e t e n d e B a k t e r i ä m i e n b e d ü r f e n n u r bei Patienten m i t h o h e r I n f e k t i o n s g e f ä h r d u n g (ζ. B. bei H e r z k l a p p e n e r s a t z oder I m m u n d e f i z i t ) der e i n m a l i g e n systemischen A n t i b i o t i k a - G a b e . Eine antibiotische Therapie ist nur indiziert,
• w e n n Z e i c h e n einer generalisierten I n f e k t i o n (Fieber, Schüttelfrost) bestehen, • bei besonders g e f ä h r l i c h e n I n f e k t i o n e n , ζ. B. Abszesse im G e s i c h t (Sinus-caver-nosus-Thrombose), h ä m a t o g e n e r Osteomyelitis, Panaritium, Phlegmonen, Gasbrand, Knochentuberkulose und • bei Meningitis, akuter Thyreoiditis, Mediastinitis, P n e u m o n i e , T h r o m b o p h l e b i t i s , u r o g e n i t a l e n I n f e k t i o n e n , postoperativer Sepsis, Peritonitis usw.
Prophylaxe chirurgischer Infektionen Multiresistenz der Hospitalbakterien — - strenge Hygiene, - strenge Infektionskontrolle.
Senkung der Infektionen: - orthograde Darmspülung, - ballastfreie Diät, - perorale Antibiotika, - Antibiotika-Prophylaxe, ferner: - reichliche Flüssigkeitszufuhr, - aseptisches Katheteresieren, - geschlossene Urindrainage-Systeme, - Schmerzbekämpfung, - Frühmobilisation, - Atemgymnastik, - endotracheale Absaugung, - intermittierende positive Überdruckbeatmung.
1.5 Prophylaxe chirurgischer Infektionen 1.5.1 Perioperative Hygienemaßnahmen und Infektionskontrolle Die m e i s t e n im K r a n k e n h a u s v o r k o m m e n d e n Bakterien u n t e r s c h e i d e n sich von der n o r m a l e n Umweltflora d u r c h ihre Multiresistenz. Mit v e r s c h i e d e n e n M a ß n a h m e n , wie R a u m - u n d F l ä c h e n d e s i n f e k t i o n , strenger perioperativer H y g i e n e u n d s c h o n e n d e r O p e r a t i o n s t e c h n i k k a n n die Z a h l p a t h o g e n e r Bakterien reduziert, die I n f e k t i o n aber nicht sicher v e r m i e d e n werden. D e s h a l b ist eine strenge Infektionskontrolle mit sorgfältiger D o k u m e n t a t i o n u n d A n a lyse aller Infektionsfälle notwendig.
1.5.2 Maßnahmen zur Senkung postoperativer Infektionen Sie spielen prä- u n d perioperativ vor allem bei D i c k d a r m e i n g r i f f e n eine große Rolle, die d u r c h I n f e k t i o n e n m i t aeroben u n d a n a e r o b e n Bakterien in der D i c k d a r m c h i r u r g i e gefährdet sind. Z u r S e n k u n g der postoperativen Infektionsrate d i e n e n : • orthograde D a r m s p ü l u n g , • ballastfreie Diät, • perorale A n t i b i o t i k a - G a b e , • systemische Antibiotika-Prophylaxe. E i n e A n t i b i o t i k a - P r o p h y l a x e ist a u c h bei a n d e r e n Eingriffen im Intestinaltrakt sowie in der G e f ä ß - u n d Herzchirurgie angezeigt (s. Kapitel XXII. 12. u n d XXIII.). Weitere M a ß n a h m e n zur postoperativen I n f e k t i o n s p r o p h y l a x e sind reichliche F l ü s s i g k e i t s z u f u h r , aseptisches Katheterisieren, V e r w e n d u n g geschlossener U r i n d r a i n a g e - S y s t e m e , S c h m e r z b e k ä m p f u n g , F r ü h m o b i l i s a t i o n , A t e m gymnastik, e n d o t r a c h e a l e A b s a u g u n g , i n t e r m i t t i e r e n d e positive U b e r d r u c k b e a t m u n g usw.
Spezielle I n f e k t i o n s l e h r e
2. Spezielle Infektionslehre 2.1 Bakterielle Infektionen Wir unterscheiden pyogene und putride Infektionen. Die Morphologie pyogener Infektionen ist gekennzeichnet durch:
23 Spezielle Infektionslehre Man unterscheidet: 1. pyogene und 2. putride Infektionen. 1. Pyogene Infektion
• abszedierende lokalisierte Infektionen, • Gewebeeinschmelzung, Eiteransammlung und Fluktuation, • Abgrenzung durch Granulationswall und Abszeßmembran.
Konsistenz und Farbe des Eiters erlauben Rückschlüsse auf den Erregertyp. Die Morphologie putrider Infektionen ist charakterisiert durch:
• flächenhaften, nekrotisierenden Gewebezerfall, • fehlende leukzytäre Abgrenzung zum gesunden Gewebe • faulig stinkendes, dünnflüssiges Wundsekret, teilweise auch Gasbildung (Proteus vulgaris, anaerobe gasbildende Streptokokken, Clostridien, Fusospirochäten).
2. Putride Infektion
In der Praxis unterscheidet man: - bakterielle (aerobe und anaerobe) Infektionen - parasitäre
Für die klinische Praxis ist eine Einteilung in aerobe und anaerobe Infektionen sinnvoll. Nicht selten finden sich aerob-anaerobe Mischinfektionen. 2.1.1 A e r o b e Infektionen Definition: Aerobe Infektionen werden durch fakultativ-pathogene Bakterien verursacht. Man unterscheidet • grampositive Kokken (Streptokokken, Pneumokokken, Staphylokokken), • gramnegative Kokken (Meningokokken, Gonokokken), • gramnegative Stäbchen (E. coli, Klebsiellen, Proteus, Pseudomonas, Haemophilus influenzae) • grampositive Stäbchen (Listerien, Corynebakterien).
2.1.1.1 Abszeß Definition: Eiteransammlung in einem nicht präformierten, sondern durch Gewebeeinschmelzung gebildeten Hohlraum. Z u m umgebenden Gewebe durch Granulationswall, später durch bindegewebige Abszeßmembranen abgegrenzt. Lokalisation: Zumeist im Bereich der Körperoberfläche (ζ. B. iatrogener Spritzenabszeß), seltener an inneren Organen (Leber-, Lungen-, Hirn-, subphrenischer und Douglas-Abszeß). Erreger sind meist Staphylokokken, E. coli und Mischflora. Symptome: Klassische Entzündungszeichen, Fluktuation, lokaler pulssynchroner Klopfschmerz, bei oberflächlichen Abszessen fehlen meist generalisierte Entzündungszeichen. Differentialdiagnose: Sog. kalter Abszeß (Tuberkulose, infizierte Zysten, Tumoren).
Aerobe Infektion
Definition
1. Abszeß Eiteransammlung in einem nicht präformierten Hohlraum
Lokalisationen
Symptome: - klinische Entzündungszeichen, - Fluktuation, - Klopfschmerz. Differentialdiagnose beachten.
24
III. Chirurgische Infektionslehre
Therapie: - Inzisionen/Gegeninzisionen, - Drainage, - tägl. Verbandwechsel, - lokale Antiseptika, - Spülung.
Therapie:
Schweißdrüsenabszeß Abszendierende Entzündung der apokrinen Schweißdrüsen.
Schweißdrüsenabszeß Definition:
Inzision, evtl. Gegeninzisionen u n d Drainage, täglicher Verbandwechsel, lokale Antiseptika, Spülung. Die alleinige Punktion ist nur in Ausnahmefällen (ζ. B. Leberabszeß) ausreichend.
Abszedierende E n t z ü n d u n g der apokrinen Schweißdrüsen (Axilla) infolge Hyperhidrosis oder Kontaktekzem. Im Gegensatz zum Furunkel fehlt der Nekrosepfropf.
Erreger
Erreger:
Symptome: erbsengroßes Knötchen, das druckschmerzhaft und gerötet ist. Fluktuation —» neue Abszeßbildung führen zu fluktuierenden oder brettharten Infiltraten.
Symptome:
Staphylokokken, selten hämolysierende Streptokokken. Druckschmerzhaftes, gerötetes, etwa erbsengroßes Knötchen, das kontinuierlich größer wird. Fluktuation, meist keine allgemeinen Symptome. In der Umgebung können sich neue Abszesse bilden, die zu flächenhaften, teils fluktuierenden, teils brettharten Infiltraten mit fistelartigen G ä n g e n f ü h r e n (Hidradenitis suppurativa).
Therapie: - Ruhigstellung (Frühstadium), - Inzision und Drainage (bei Fluktuation), - keine Antibiotika.
Therapie:
Weitere Abszeßlokalisationen
Weitere typische Abszeßlokalisationen
kalkulierte Antibiotika-Therapie.
Z u r Klärung dieser F r a g e n sind z u n ä c h s t eine e i n g e h e n d e A n a m n e s e e r h e bung, die körperliche U n t e r s u c h u n g u n d einige d i a g n o s t i s c h e L a b o r p a r a m e ter (Blutbild, U r i n s e d i m e n t usw.) notwendig. F i e b e r k a n n d a b e i n i c h t n u r ein S y m p t o m der I n f e k t i o n sein, s o n d e r n ist bis z u m 3. bzw. 4. postoperativen Tag m i t T e m p e r a t u r e n bis 38,5 °C oral g e m e s s e n d u r c h a u s A u s d r u c k von R e s o r p t i o n s t e m p e r a t u r e n . N a c h der klinischen I n f e k t i o n s l o k a l i s a t i o n (wichtig!) werden repräsentative U n t e r s u c h u n g s m a t e r i a l i e n zur m i k r o b i o l o g i s c h e n Diagnostig e n t n o m m e n u n d - falls möglich - sofort ein G r a m p r ä p a r a t (z.B. von Liquor, Sekreten, Eiter, Urin, S p u t u m usw.) angefertigt u n d bewertet. A u s der Infektlokalisation u n d d e n ü b r i g e n g e n a n n t e n P a r a m e t e r n k a n n in vielen Fällen auf d e n wahrscheinlichsten Erreger rückgeschlossen werden, so daß m i t einer sofortigen sinnvollen A n t i b i o t i k a - T h e r a p i e b e g o n n e n werden k a n n (Abb. 5-2).
Thorax und Lunge
/" ~ λ
Kopf und Hals
Streptokokken Pneumokokken Bacteroidaceae u.a Anaerobier, Staphylokokken, Klebsiella-Spezies, Haem. influenzae
Streptokokken, Pneumokokken, Bacteroidaceae u.a. Anaerobier, Staphylokokken
Abdomen
Muskeln und Weichteile
E.coli, Klebsiella-Spezies, Enterobacter-Spezies Proteus-Spezies, , U.U.Citrobacter, , 11 ^ Streptokokken, •Al Enterokokken, Bacteriodaceae u.a. Anaerobier, Pseudomonas aeroginosa
Staphylokokken, Streptokokken, Clostridien (Erreger von Tetanus, Gasbrand) und selten Enterobacteriaceae, anaerobe Streptokokken
Staphylokokken, anaerobe und aerobe Streptokokken Pseudomas aeruginosa, u. U. Enterobacteriaceae anaerobe Streptokokken
Herz und Gefäße Staphylokokken, Streptokokken
\ l \
Haut (Verbrennungen)
Abb. 5-2 Typische bakterielle Erreger verschiedener Körperregionen
Klärung verschiedener Wirkparameter vor jeder Antibiotika-Therapie.
2 Hauptgruppen von Bakterien: 1. grampositive, 2. gramnegative.
Dauer der Chemotherapie von der Erkrankung abhängig.
N a c h d e m Vorliegen des m i k r o b i o l o g i s c h e n kulturellen Ergebnisses u n d der R e s i s t e n z b e s t i m m u n g m u ß a n h a n d der klinischen Verlaufskriterien die Chem o t h e r a p i e geprüft u n d evtl. gezielt geändert werden. Bei d e m Einsatz von C h e m o t h e r a p e u t i k a m ü s s e n die B a s i s p a r a m e t e r der Mikrobiologie, P h a r m a k o k i n e t i k , der c h e m i s c h - p h y s i k a l i s c h e n Verhaltensform e n , der Verträglichkeit u n d der Kosten (Tab. 5-1) berücksichtigt werden. A u c h die A p p l i k a t i o n s m o d a l i t ä t e n , d. h. Häufigkeit u n d F o r m der Verabreichung, spielen im klinischen Alltag eine nicht u n w e s e n t l i c h e Rolle bei der Auswahl von A n t i b i o t i k a . F ü r d i e rationale A n t i b i o t i k a b e h a n d l u n g in der Praxis h a t sich die U n t e r t e i lung in 2 H a u p t g r u p p e n bewährt: 1 S u b s t a n z e n m i t vorwiegender Aktivität gegen grampositive Bakterien und 2. S u b s t a n z e n m i t vorwiegender Aktivität gegen gramnegative Bakterien. Die D a u e r einer C h e m o t h e r a p i e ist ausschließlich von d e m z u g r u n d e liegend e n Krankheitsbild abhängig. Bei a k u t e n bis s u b a k u t e n bakteriellen Infektion e n wird in der Regel 2 bis 4 Tage ü b e r die E n t f i e b e r u n g h i n a u s b e h a n d e l t , so daß z u m e i s t B e h a n d l u n g s p e r i o d e n zwischen 8 u n d 14 T a g e n resultieren. Speziellere Krankheitsbilder, wie Osteomyelitis, Endokarditis, Staphylokokkensepsis oder a u c h T u b e r k u l o s e , b e d ü r f e n j e d o c h einer längeren, zeitweilig m e h r w ö c h i g e n bis m e h r m o n a t i g e n k o n t i n u i e r l i c h e n C h e m o t h e r a p i e .
Lokale Antibiotika-Therapie
43
Tabelle 5-1 Beurteilungsparameter von Chemotherapeutika
1.
Mikrobiologisch
3.
Galenik
Wirkungsart
Stabilität
Wirkungsweise
Löslichkeit
Resistenzmechanismen
2.
Chemisch-physikalisch
Wirkungsspektrum
Applikationsform Wirkungsoptimum
Pharmakokinetik Resorption Proteinbindung Verteilung Gewebediffusion u. Bindung Metabolisierung Elimination
4.
Verträglichkeit Immunogenität Toxizität
5.
Kosten
2. Lokale Antibiotika-Therapie
Lokale Antibiotika-Therapie
Die I n d i k a t i o n e n f ü r eine lokale A n t i b i o t i k a - A p p l i k a t i o n sind a u ß e r o r d e n t lich begrenzt. Bagatellfälle sowie Schnitt-, Schürf- oder V e r b r e n n u n g s w u n d e n k o m m e n o h n e A n t i b i o t i k a aus, wenn n a c h chirurgischen G r u n d s ä t z e n die Primärversorgung der f r i s c h e n W u n d e innerhalb der 6- bis 8 - S t u n d e n G r e n z e erfolgt. Ein wirksames A n t i s e p t i k u m bzw. D e s i n f i z i e n s k a n n diese B e h a n d l u n g u n terstützen. Antiseptika bzw. Desinfizienzien sind i m m e r die bessere Alternative i m Vergleich zu Lokalantibiotika. H e u t e wird bevorzugt das PVP-Jod angewandt, das fungizid, bakterizid u n d viruzid wirksam ist. Resistente K e i m e k o n n t e n bisher n u r in g e r i n g e m U m f a n g nachgewiesen werden. Die W i r k u n g des PVP-Jod wird d u r c h S e r u m oder Blut n u r u n w e s e n t l i c h b e e i n f l u ß t . Die N e b e n w i r k u n g e n sind gering u n d werden durchweg günstiger als die der Lokalantibiotika beurteilt. G r u n d s ä t z l i c h sollten f ü r die lokale A n w e n d u n g n u r C h e m o t h e r a p e u t i k a in Betracht gezogen werden, die f ü r die systemische G a b e n i c h t in Frage komm e n . D a m i t fallen a u t o m a t i s c h die i m m e r n o c h lokal eingesetzten Sulfonam i d e , Tetracycline, A m i n o g l y k o s i d e u n d C h l o r a m p h e n i c o l fort. Übrig bleib e n vor allem die h ä u f i g a n g e w a n d t e n Polypeptid-Antibiotika. Sie besitzen eine ausgeprägte N e p h r o t o x i z i t ä t bei systemischer G a b e u n d k ö n n e n d e s h a l b n u r lokal angewandt werden. Bacitracin (in N e b a c e t i n ) u n d einige a n d e r e Polypeptid-Antibiotika wirken fast ausschließlich auf grampositive K o k k e n u n d Bakterien, d a h e r werden sie h ä u f i g in K o m b i n a t i o n m i t a n d e r e n A n t i b i o t i k a angewandt. Polymyxin ist ein aus A m i n o s ä u r e n a u f g e b a u t e s A n t i b i o t i k u m , das b e s o n d e r s gut auf g r a m n e g a t i v e K e i m e wirkt. K r e u z r e s i s t e n z e n zu oral u n d parenteral a n g e w a n d t e n C h e m o t h e r a p e u t i k a b e s t e h e n nicht. W e i t e r h i n vorteilhaft f ü r diese G r u p p e ist ihre geringe Sensibilisierungsrate bei lokaler A n w e n d u n g . D a m i t u n t e r s c h e i d e n sie sich wesentlich von d e m A m i n o g l y k o s i d - A n t i b i o t i k u m N e o m y c i n . Dieses wohl a m h ä u f i g s t e n verwendete L o k a l a n t i b i o t i k u m wird als eine der verbreitesten S u b s t a n z e n angesehen, die ein allergisches K o n t a k t e x a n t h e m verursachen. Allergische N e b e n w i r k u n g e n besitzen eine b e s o n d e r e B e d e u t u n g d u r c h die A u s b i l d u n g von Kreuzsensibilisierung zu verwandten, parenteral applizierbaren A m i n o g l y k o s i d e n , wie G e n t a m i c i n , T o b r a m y c i n , Sisomicin, N e t i l m i c i n u n d A m i k a c i n . W e i t e r e G e f a h r e n der lokalen A n t i b i o t i k a t h e r a p i e sind das begrenzte W i r k u n g s s p e k t r u m der eingesetzten S u b s t a n z e n m i t der G e f a h r der Selektion u n d Superinfektion, Resistenzentwicklung durch unkontrollierte S c h w a n k u n g e n der w i r k s a m e n Dosis sowie Parallelresistenzen zu systemisch eingesetzten Präparaten.
Bei Bagatellverletzungen besser Antiseptika und Desinfizien (PVP-Jod).
Bei Lokalbehandlung nur Polypeptid-Antibio-
tika, wie Bacitran, Polymyxin.
Das häufig verwendete Neomycin verursacht allergisches Kontaktexanthem.
Nebenwirkungen der lokalen Antibiotikatherapie: - Allergien, - Superinfektion, - Resistenzentwicklung, - Parallelresistenzen.
V. Antibiotika-Therapie
44
Lokale Antibiotika mit großer Vorsicht einset®
zen
Eine offensichtlich sinnvolle Indikation für eine Lokalbehandlung hat sich in den letzten Jahren bei den Indikationen der chronischen Osteomyelitis, posttraumatischen Osteomyelitis und infizierten Osteosynthesen ergeben. Hier stehen Gentamicin PMMA-Kugeln von 7 m m Durchmesser zur Verfügung, die aus dem Kunststoff Polymethylmethacrylat und dem Kontrastmittel Zirconiumdioxid bestehen. Diese Kugeln enthalten jeweils 7,5 mg Gentamicin-Sulfat, das verzögert in die Umgebung diffundiert. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die lokale Antibiotika-Therapie heute äußerst zurückhaltend eingesetzt werden sollte, da allergische und resistenzbedingte Nebenwirkungen dieser Therapieform außerordentlich belasten. An die Stelle der Antibiotika kann in den meisten Fällen ein wirksames Antiseptikum bzw. Desinfiziens treten.
3. Antibiotika-Prophylaxe
Antibiotika-Prophylaxe ist indiziert bei:
Ein guter hygienischer Standard und die korrekte Anwendung von aseptischen Techniken sind von besonderer Bedeutung in der operativen Medizin, u m exogenen Infektionen aus dem Hospitalbereich bzw. als Kreuzinfektion mit anderen Personen vorzubeugen. Die unspezifischen Immunabwehrmechanismen des Patienten unterliegen während eines chirurgischen Eingriffs und der dazu notwendigen Anästhesie erheblichen Einschränkungen. Zusätzlich führt die jeweils zu operierende oder darüber hinaus bestehende Grunderkrankung dazu, daß chirurgische Patienten während der Operation einem Infektionsrisiko unterliegen. Chirurgische Indikationen zur Antibiotika-Prophylaxe unterliegen 3 Kategor;pn.
1. bedrohliche Infektionsauswirkung (ζ. B. Herzklappenprothese, Gefäßprothese), 2. hohe Infektionsraten durch Kontamination (ζ. B. Kolonoperationen), 3. Risikopatienten (ζ. B. Granulozytopenie, hohes Alter, Voroperationen usw.).
Prophylaxe muß vor der Operation beginnen und 24 h nach der Operation beendet sein: perioperative Kurzzeitprophylaxe
Anliegen der Prophylaxe in den operativen Fächern sollte sein, das Operationsgebiet zum Zeitpunkt der chirurgischen Intervention vor einer KeimkoIonisation zu bewahren bzw. die Keimzahl möglichst gering zu halten. Hieraus folgert zwangsläufig, daß zum Operationszeitpunkt ein Antibiotika-Spiegel im eröffneten Gewebe des Operationsbereichs vorhanden sein muß. Eine sinnvolle Antibiotika-Prophylaxe muß deshalb vor der Operation beginnen und nach maximal 24 Stunden (auch eine Applikation reicht aus) beendet sein. Diese sog. perioperative Kurzzeitprophylaxe ist in zahlreichen experimentellen und klinischen Studien als wirksam belegt worden. Hinsichtlich der Einzelheiten sei auf das Kapitel III. Chirurgische Infektionslehre S. 19 verwiesen. Mögliche Begleiterscheinungen und Probleme jeder Prophylaxe sind: arzneimittelinduzierte Unverträglichkeitsreaktionen (allergisch, toxisch), Förderung von bakterieller Resistenzentwicklung, Behinderung der bakteriologischen und klinischen Diagnostik, erhöhte Arzneimittelkosten und ein unangebrachtes, vermehrtes Sicherheitsgefühl des Operateurs.
Antibiotika-Prophylaxe
45
Tabelle 5 - 2 Die wichtigsten Erreger geordnet nach der Häufigkeit ihrer Organlokalisation
Pilze
Psittacosis-Gr.
Viren
Actinomyceten
Protozoen
Mykoplasmen
Shigellen
Treponemen
Salmonellen
Pseudomonas
Haemophilus
Bordetellen
Bacteroides
Enterobakterien
Mykobakterien
Corynebakterien
Clostridien
Neisserien
Meningokokken
STÄBCHEN gramnegativ
+
-
Pneumokokken
Enterokokken
anaerobe
Streptokokken
vergrünende
• Vorkommen häufig ο weniger häufig
Staphylokokken
KOKKEN grampositiv
ATEMWEGE Oberer Respirationstrakt Tonsillen, Pharynx Pleura Lungen (Pneumonie) Lungenabszesse ENDOKARD GENITALIEN, männliche Samenblasen, Nebenhoden Prostata
0
• • ο
ο
•
Ο • • Ο
0 0 0
• •
•
0
•
ο
Ο
•
ο
•
0
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•
•
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•
• •
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•
0
Ο
Ο
ο
•
0
•
0
Ο • •
• 0 •
Ο1
0
Ο2
0
•
0 0 0 0 ο
weibliche Vagina Uterus Adnexe HARNTRAKT Urethra Harnblase4 Pyelum, Nieren HAUT und Weichteile Verbrennungen Dekubitalulzera Wundinfektionen KNOCHEN Gelenke MAGEN-DARM-TRAKT Mundhöhle Peritoneum Gallenwege MENINGEN AUGEN (Cornea, Conjunctiva)8 BLUT (Septikämie) Neugeborene'0 Kinder Erwachsene OHR Gehörgang Mittelohr NEBENHÖHLEN
ο ο
ο • 0
ο wie Pyelum und Nieren ο
Ο
•
•
• •
•
• • • •
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0
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1 3
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• • 0
• • •
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•
ο
ο
• •
• •
• • •
• 0
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•
0
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ο
0
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ο
7
· ·3
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·•5
•
•
•
•
•
0 ο
• ο
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ο
ο5
• ο
ο
·2
0 ο
ο • • • ο ο
·3
•
•
ο
·9
Pneumocystis carinii, vorwiegend bei Neugeborenen Trichomonaden Candida
0
·2
• ο
ο
+ Die Tabelle dient nur zur groben Orientierung. Abweichungen von den empirisch ermittelten Angaben können in jedem Kollektiv, abhängig von den lokalen Gegebenheiten vorkommen. 2
Ο
ο
• •
0 0 •
0
ο
•
ο ο •
ο
ο
•
0
• 0
Ο Ο
• •
0 0
ο
·5 ·•5
•
• 0
* Eine Beteiligung des oberen Harntraktes sollte stets unterstellt werden! 5 Bei Kindern 6 Postantibiotische Enterokolitis 1 Herpes 8 Bei Neugeborenen 8 A u c h Moraxella lacunata, Chlamydien 10 Auch Listeria monocytogenes
V. Antibiotika-Therapie
46
4. Antimikrobielle Substanzen Auswahl des Chemotherapeutikums richtet sich nach Erreger.
Es -
gibt 3 wichtige Substanzgruppen: Penicilline, Cefalosporine, Aminoglykoside.
1. Penicilline(Tab. 5-3) Penicillin G (Benzylpenicillin) ist Mittel der W a h l bei - Streptokokken, - Pneumokokken, - Gonokokken, - Meningokokken, - Clostridien, - Aktinomyzeten, - Treponemen.
Für die Auswahl des optimalen Chemotherapeutikums sollte sich der Arzt an den dominierenden Erregern der jeweiligen Infektion orientieren. Die Verteilung der Erreger und deren Häufigkeit siehe Abbildung 5-2 und Tabelle 5-2. Die Basis der antibiotischen Therapie in der chirurgischen Klinik stellen die 3 Substanzgruppen der Penicilline, Cefalosporine und Aminoglykoside dar. Es hat sich bewährt, die jeweilige Wirksamkeit einzelner Substanzen regelmäßig mittels Resistenzbestimmungen durch den Mikrobiologen in etwa halb- bis jährlichen Abständen zu überprüfen, um eventuelle Änderungen vorzunehmen. Vom wirtschaftlichen und mikrobiologischen Standpunkt kann darüber hinaus auch empfohlen werden, zwischen Präparaten für die Intensivstationen mit bedrohten Patienten und einem zumeist resistenten Bakterienmaterial zu unterscheiden und Präparaten für die Normalstationen, wo Substanzen mit guter Wirksamkeit gegen die häufigsten Keime und mit vertretbaren Kosten eingesetzt werden können.
4.1 Penicilline Penicillin G (Benylpenicillin) und seine oralen Derivate (Tab. 5-3) sind unverändert die Mittel der Wahl bei vielen grampositiven Keimen, wie Streptokokken und Pneumokokken, jedoch auch bei Infektionen durch Gonokokken, Meningokokken, Clostridien, Aktinomyzeten und Treponemen. Penicilline wirken bakterizid auf empfindliche Bakterien, d. h. sie hemmen die Transpeptidierungsreaktionen während der Quervernetzung polymerer Glykopeptide, die bei der Zellwandsynthese von Bakterien eine wichtige Rolle spielen. Die Antibiotika bewirken eine „brüchige" Zellwand, die Bakterienzelle verliert ihre mechanische Stabilität. Betalactam-Antibiotika wie die Penicilline haben jedoch mehr als ein Angriffsziel im bakteriellen Stoffwechsel. An der Zellwandsynthese sind mindestens 30 verschiedene Enzyme beteiligt. Es ist in den letzten Jahren bekannt geworden, daß Betalactam-Antibiotika an „Penicillin-bindenden Proteinen" (PBP) gebunden werden und damit zu bestimmten Zustandsformen (Lyse, Filamente, etc.) fuhren können. Bevor Betalactam-Antibiotika mit den empfindlichen Proteinen des PeptidoglykanTabelle 5-3 Penicillin-Antibiotika für die parenterale Therapie INN-Bezeichnung
Handelspräparate®
Dosierung
Benzylpenicillin
Penicillin-G-Hoechst
Penicillin „Grünenthal"
Maximale Dosierung
(Beispiele)
2-20 Mega E/4-6 h 60-80 Mega Ε
Penicillin „Göttingen"
10-12 g
Cryptocillin, Stapenor
1-2,0 g/4-6h
Dicloxacillin
Dichlor-Stapenor
1-2,0 g/4-6h
10-12 g
Flucloxallin
Staphylex
1-2,0 g/4-6h
10-12 g
Ampi-/Amoxicillin
Amblosin, Binotal,
1,5-40 g/4-8h
16-20 g
Oxacillin
Pen-Bristol, Penbrock/ Clamoxyl
Infectomycin
Mezlocillin
Baypen
2-5 g/6-8 h
20 g
Azlocillin
Securopen
2-5 g/6-8 h
20 g
Ticarcillin
Aerugipen
16g
5-10 g/6-8 h
Piperacillin
Pipril
4g/6-8 h
Apalcillin
Lumota
3 g/8 h
Temocillin
Temopen
1-2 g/12 h
30 g 9-12 g 6-8 g
Antimikrobielle Substanzen
47
Zellwand aus mehreren Schichten, u.a. Murein (Peptidoglykan) äußere Membran (Diffusionsbarriere) innere Membran mit Enzymen der Peptidoglykansynthese · (Angriffspunkt der Penicilline)
Abb. 5-3 Schematischer Aufbau einer gramnegativen Bakterienzelle
ß-Lactamasen ν im periplasmatischen Raum
Stoffwechsels reagieren können, müssen sie allerdings durch die äußeren Wandschichten der Bakterien permeieren, denn die PBP sind an der inneren Zellmembran lokalisiert. Bei gramnegativen Erregern stellt offenbar besonders die äußere Membran „ein entscheidendes Diffusionshindernis" dar (Abb. 5-3). Nebenwirkungen selten: anaphylaktische Reaktion häufiger: urtikarielle Hautreaktion
Nebenwirkungen der Penicilline: - allergische Reaktionen, - lokale Unverträglichkeit (Phlebitis), - gastrointestinale Beschwerden (Diarrhoe), - Elektrolytstörungen, - Leukopenie, - Transaminasenerhöhungen, - Störung der Thrombozytenfunktion, - Störung der physiologischen Bakterienflora.
Penicillin G muß parenteral verabreicht werden, verteilt sich schnell innerhalb des Extrazellulärraums des Körpers und wird vorwiegend über die Nieren ausgeschieden. Hinsichtlich der Nebenwirkungen durch Penicilline muß beim Penicillin G und seinen oralen Derivaten vorwiegend an immunologische Reaktionen in Form der sehr seltenen anaphylaktischen Unverträglichkeit aber auch an die häufigeren urtikariellen Hautreaktionen ( 2 - 5 % ) gedacht werden.
Parenterale Verabreichung von Penicillin.
Oxacillin, Cloxacillin, Dicloxacillin und Flucloxacillin sind semisynthetische Isoxazolyl-Penicilline, die gegenüber Penicillinasen resistent sind. Sie können sowohl oral als auch parenteral gegeben werden und sind Mittel der Wahl bei Staphylokokken-Infektionen. Da die Mehrzahl der in der Klinik nachgewiesenen Staphylokokken Penicillinasebildner sind oder aber diese Bildung durch eine Penicillinbehandlung induziert werden kann, sollten grundsätzlich bei Staphylokokken-Infektionen nur Penicillinase-feste Penicilline eingesetzt werden.
Bei Staphylokokken-Infektion sind Mittel der Wahl Isoxazolyl-Penicilline: - Oxacillin, - Cloxacillin, - Dicloxacillin, - Fluxloxacillin. Gabe: - oral oder - parenteral. Nur Penicillinase-feste Penicilline einsetzen. Ampicilline sind weiterentwickelte Penicilline mit erhöhter Aktivität.
Tabelle 5-4 Antibakterielles Spektrum und Wirksamkeit
Ampicillin Ticarcillin Temocillin Azlocillin Mezlocillin Piperacillin Apalei Min
E. coli
Klebsiella
+ + + + + + +
0 0 + + + + +
+ + + + + + ++ ++ + +
+ + + +
Entero- Citrobacter bacter
0 + + + + + + + + + + + +
+ + + + + + + + +
+ + + + + + +
+ + + + + +
Prot. mirabilis
+ + + + + + + + + + + +
+ + + + + + +
+ + + + + + +
Prot. indolpositiv
+ + + +
0 + + + + + +
Serratia Pseud. aeruginosa
0 + + + + + ++ + + + + + + + + + + + + + +
0 + 0 + + + + + + + ++ +
V. Antibiotika-Therapie
48
Antibakterielles Spektrum (auch Breitbandpenicilline) in Tabelle 5-4. Azlocillin Mezlocillin Piperacillin Apalcillin Temocillin Piperacillin Apalcillin
bei Pseudomonas sind in ihrer Enterobakterienaktivität vergleichbar bei Klebsiellen und Enterobacter-Stämmen auf der Intensivstation
Seit der Einführung des Aminobenzylpenicillins (Ampicillin) ist es gelungen, Weiterentwicklungen der Penicilline mit einer Aktivitätszunahme im gramnegativen Bereich zu produzieren. Dieses bedeutet jedoch im allgemeinen immer eine gegenläufige Veränderung (Wirkungseinbuße) gegenüber grampositiven Bakterien! In der Tabelle 5-4 ist das antibakterielle Spektrum u n d die Wirksamkeit der sog. Breitbandpenicilline dargestellt. Während Azlocillin vorwiegend bei Pseudomonas aeruginosa wirksam ist, ist die Enterobakterienaktivität von Mezlocillin, Piperacillin und Apalcillin vergleichbar. Nicht optimal ist die Wirkung der neueren Penicilline bei Klebsiellen sowie Enterobacter-Stämmen. Hier liegt mit dem gegenüber Betalactamasen deutlich stabilerem Temocillin eine recht interessante Weiterentwicklung vor. Die beiden sehr breitwirkenden Penicilline Piperacillin und Apalcillin sollten dem Einsatz auf Intensivstationen vorbehalten bleiben. Tabelle 5-5 Pharmakokinetische Daten der neuen Penicilline Ticarcillin
Temocillin
Azlocillin
Mezlocillin
Piperacillin
Apalcillin
Proteinbirvdung
45%
85%
30%
30%
20%
86%
Eliminationshalbwertszeit
70 min
300 min
60 min
50 min
55 min
76 min
80%
60% bis 30 %
55% bis 30%
80% 15%
20% bis 50 %
17%
19%
17%
20%
22%
20
110 175
120 198
180 210
29 139
Ausscheidung (% der Dosis) Harn (unverändert) 90% Galle Verteilungsvolumen 15% (% der KG) Clearances (ml/min) renale 120 totale 132 Pharmakokinetik in Tabelle 5-5. Alle Substanzen 3 x tägl. (bis auf Temocillin). Alle neueren Penicilline nur parenteral!
Nebenwirkungen wie bei den älteren Breitband-Penicillinen.
Cephalosporine
Die pharmakokinetischen Daten der neueren Penicilline sind in der Tabelle 5-5 dargestellt. Zu beachten ist für den klinischen Gebrauch die relativ hohe Ausscheidung von Apalcillin, Mezlocillin und Azlocillin über die Galle, was bei entsprechenden Infektionen durchaus von Vorteil sein kann. Bis auf das Temocillin müssen alle Substanzen mindestens dreimal täglich verabreicht werden. Alle diese neueren Penicilline können nur parenteral appliziert werden, da nach oraler Gabe keine ausreichende Resorption vorhanden ist. Auch die neueren breitwirkenden Penicilline besitzen die für BetalactamAntibiotika typische gute Verträglichkeit. Auffällige toxische Effekte wurden bisher nicht gesehen; die Nebenwirkungen entsprechen denen der älteren Breitspektrum-Penicilline. Neben allergischen Reaktionen wurden vor allem lokale Unverträglichkeiten, ζ. B. Phlebitiden beobachtet. Die Manifestation einer Nebenwirkung und ihr Schweregrad hängen auch vom Zustand des Patienten, gleichzeitig gegebenen anderen Medikamenten u n d von der Dosis und Therapiedauer ab. 4.2
Cephalosporine
Die Cephalosporin-Antibiotika haben eine beträchtliche Entwicklung durchlaufen. Trotzdem sind Einsatz und Bedeutung für die derzeitige AntibiotikaTherapie durchaus umstritten.
Antimikrobielle Substanzen
49
Die molekular-biologische Wirkungsweise der Cephalosporine entspricht der der Penicilline, d. h. es erfolgt die Bindung an unterschiedlichen Penicillinbindenden Proteinen der Bakterienzellmembran mit konsekutiver Entstehung füamentartiger Zellen bzw. lytischer Zellauflösung. Hinsichtlich ihres Wirkungsspektrums nehmen die Cephalosporine eine Stellung zwischen den Penicillinen und den Aminoglykosid-Antibiotika ein (Tab. 5-6). • Das bedeutet, daß Cephalosporine eine bakterizide Wirkung sowohl auf gramnegative als auch grampositive Keime ausüben. Beschränken wir uns auf die klinisch wichtigsten Cephalosporingruppen, so kann zu den Basispräparaten für die Normalstation (Cephazolin, Cefazedon, Cefamandol, Cefotiam) festgestellt werden, daß sie gegen die meisten Staphylococcus-aureus-Stämme, Streptokokken, E. coli, Klebsiella spec, und Proteus mirabilis heute noch ausreichend wirksam sind. Cefotiam und Cefamandol zeichnen sich dabei durch eine verbesserte Aktivität gegen Haemophilus influenzae und gegen die 3 häufigsten Enterobakterienstämme aus, womit sie ζ. B. bei der postoperativen Bronchitis oder Pneumonie auf den chirurgischen Normalstationen sicherlich Mittel der ersten Wahl sind (s. Tab. 5-6).
Wirkungsspektrum zwischen Penicillinen und Aminoglykosiden (Tab. 5-6).
—» Wirken auf grampositive und gramnegative Keime, gegen: Cephazolin Staphylokokken, Cefazedon Streptokokken, Cefamandol E. coli, Cefotiam Klebsiella, Preoteus Bei Haemophilus influenzae und Enterobakterien-Stämmen sind Cefamandol und Cefotiam Mittel der 1. Wahl.
Tabelle 5-6 Mikrobiologie der parenteralen Basiscephalosporine Cephazolin, Cefazedon und Cefotiam sowie der neuen parenteralen Cephalosporine Cefotaxim, Cefoperazon, Ceftizoxim, Ceftiaxon, Ceftazidim und Lamoxaciam Basiscephalosporine
Neue Cephalosporine
Spektrum
Staphylokokken, Streptokokken, Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae, Proteus mirabilis, Haemophilus influenzae (vorwiegend Cefotiam)
Staphylokokken, Streptokokken, E. coli, Klebsiella pneumoniae, Proteus mirabilis, Haemophilus influenzae, Enterobacter-, Serratia-, Citrobacter- und indolpositive Proteus-Spezies
ß-Laktamasen
mittlere Stabilität
gute bis sehr gute Stabilität
Lücken
Enterokokken, Pseudomonas aeruginosa, Bacteroides fragilis
Enterokokken, AcinetobacterSpezies (grampositive Kokken, Pseudomonas aeruginosa, Bacteroides fragilis)
Die Gruppe der neueren Cephalosporine zeichnet sich durch ein erweitertes Wirkungsspektrum und durch eine verbesserte Betalactamase-Stabilität aus, dadurch sind sie für die Anfangsbehandlung bedrohlicher Infektionen auf Intensivstationen besonders geeignet und sollten auch hierfür reserviert bleiben. Zu den neueren Cephalosporin-Antibiotika sind Cefotaxim, Cefoperazon, Cefsulodin, Ceftazidim, Cefmenoxim, Ceftizoxim und Ceftriaxon zu zählen sowie auch die Cefamycin-Derivate Cefoxitin, Cefotetan und Latamoxef. Cefsulodin ist ein Schmalspektrum-Cephalosporin mit günstiger Aktivität gegen Pseudomonas aeruginosa, einschließlich zahlreicher Penicillin-resistenter Stämme. Die Unterschiede zwischen den genannten neueren Cephalosporin-Präparaten in ihrer mikrobiologischen Potenz gegen Enterobakterien sind gering und ohne wesentliche klinische Relevanz. Wichtige Differenzen bestehen allerdings in ihrer Aktivität gegen Pseudomonas aeruginosa, wo Ceftazidim als einzige Substanz hochaktiv ist. Antibakterielle Wirkungsunterschiede bestehen auch bei Bacteroides fragilis, wo Latamoxef, Cefotetan und Cefoxitin am effektivsten sind. Zu betonen ist, daß die Aktivität der neueren Cephalosporine gegen Staphy-
Neue Cephalosporine sind: - Cefotaxim, - Cefoperazon, - Cefsulodin, - Ceftazidim, - Cefmenoxim, - Ceftizoxim, - Ceftriaxon, ferner: - Cefoxitin, - Cefotetan, - Latamoxef. Wirkung der neuen Cephalosporine gegen Staphylococcus aureus Enterokokken und andere grampositive Kokken ist geringer als bei den älteren Substanzen. Cefsulodin wirkt gut gegen Pseudomonas, Ceftazidim ist sogar hochaktiv.
V. A n t i b i o t i k a - T h e r a p i e
50
lococcus a u r e u s u n d a n d e r e grampositive Kokken u n g ü n s t i g e r ist als die der älteren S u b s t a n z e n , was bei der Z u n a h m e klinischer S t a p h y l o k o k k e n - I n f e k t i o n e n b e a c h t e t werden m u ß .
Orale Cephalosporine: - Cephalexin, - Cefradin, - Cefaclor, - Cefadroxil.
A u c h E n t e r o k o k k e n w e r d e n von k e i n e m C e p h a l o s p o r i n - A n t i b i o t i k u m ausreic h e n d erfaßt. U n t e r d e n oralen C e p h a l o s p o r i n e n (Cephalexin, C e f r a d i n , Cefaclor, C e f a droxil) gibt es ebenfalls mikrobiologisch n u r wenige U n t e r s c h i e d e . Allerdings ist die Aktivität von Cefaclor g e g e n ü b e r E n t e r o b a k t e r i e n u n d H a e m o philus i n f l u e n z a e als etwas günstiger zu bewerten. H i n s i c h t l i c h der Pharmakokinetik der C e p h a l o s p o r i n e b e s t e h e n z.T. beträchtliche U n t e r s c h i e d e , was in deutlich d i f f e r i e r e n d e n Halbwertzeiten, Metabolis i e r u n g s r a t e n u n d C l e a r a n c e - W e r t e n sowie in divergierenden Ausscheid u n g s w e g e n z u m A u s d r u c k k o m m t (Tab. 5-7). Die biologischen Halbwertzeiten der wichtigsten C e p h a l o s p o r i n e liegen zwischen 1 u n d 8 S t u n d e n . H i e r b e i h a t das C e f t r i a x o n mit einer Halbwertzeit von 7 - 8 S t u n d e n eine eindeutige A u s n a h m e s t e l l u n g .
Pharmakokinetik s. Tabelle 5-7.
Tabelle 5-7 Pharmakokinetische Parameter parenteraler Cephalosporine Antibiotikum
Dosisintervalle je nach Halbwertszeit zwischen 6 und 24 h. Cefoperazon, Ceftriaxon sind wegen Ausscheidungsmodus bei Niereninsuffizienz und Gallenwegsinfektion nutzbar. Nebenwirkungen
Halbwertzeit (min)
Proteinbindung
(%)
Ausscheidung ('% der Dosis) Renale Clearance (ml/min) Renal Hepatisch
Cephalotin Cephazolin Cefazedon Cefotiam Cefamandol Cefu roxim Cefoxitin
30- 40 100-120 100-120 45- 55 40- 55 60- 70 40- 55
65 80-90 80-90 40 65-75 20-30 60
280 80 80 200 260 145 290
70 (DAC: 20) 85 85 65-80 85 90 90
2 5 5 2 5 1- 3 1- 3
Cefotaxim Cefoperazon Lamoxactam Cefsulodin Ceftriaxon Ceftizoxim Ceftazidim Cefotetan
70- 80 120-140 145-165 90 420-480 110-135 110-120 200-250
30-50 80-90 40-50 30 85-95 10-20 10-15 80-85
150 25 80 130 6-9 110 90 25
60 (DAC: 20) 20-30 80-90 85 60 80-90 80-90 80-90
1- 3 70-80 10-15 44 mmHg), sekundär vermehrte renale Elimination von Bikarbonat. Ursachen: enterale Verluste (Magenausgangsstenose, Magensonde postop.) Therapie: intravenöse Zufuhr von Argininchlorid, Lysinchlorid oder NH 4 CL, falls zusätzliche Lebererkrankung, kann auch 0,1 molare HCl gegeben werden. Berechnung: BE χ 0,3 χ kg Körpergewicht = x mval.
5. Wasser-Elektrolyt-Haushalt Funktion: Aufrechterhaltung des milieu interieur durch Regulation von Aufnahme, Verteilung und Ausscheidung. Die Einzelkomponenten sind insbesondere H 2 0 , Natrium, Kalium, Säuren und Basen, Magnesium, Kalziumphosphat (hat insbesondere Bezug zum endokrinen System). Störungen werden bis zu einem bestimmten Grade durch Kompensationsmechanismen ausgeglichen. Werden diese überschritten, kommt es zu klinisch faßbaren Symptomen: - bei Gesamtwasserdefizit (Dehydratation) u m 5 % des Körpergewichts (Kreislaufinsuffizienz) - bei Verlust an Extrazellulärflüssigkeit von 20 % des Extrazellulärvolumens (Kreislaufsymptome, Hypotonie) - bei Gesamtwasserüberschuß (Hyperhydratation Ödeme) - bei vermehrter Extrazellulärflüssigkeit u m mehrere Liter treten Ödeme auf.
Wasser-Elektrolyt-Haushalt Ursachen für Störungen: - Überschießende Flüssigkeitsabgabe ζ. B. Erbrechen, Durchfall, Polyurie bei Nephropathie, osmotische Diurese (Hyperglykämie), hohes Fieber, große Schweißverluste - Mangelhafte Flüssigkeitszufuhr Drosselung der Ausfuhr kann mangelhafte Zufuhr nicht mehr kompensieren - Überschießende Flüssigkeitszufuhr Ausscheidungsmechanismen werden aufgrund der massiven Zufuhr überfordert (meist iathogen durch Infusionstherapie) - Mangelhafte Flüssigkeitsabgabe - durch Kreislaufinsuffizienz, Nephropathie, selten durch inäquate ADH-Sekretion.
Körperzusammensetzung (nach Geschlecht, Lebensalter, Körperzellmasse): 4 0 - 5 0 % des KG Feste Substanzen 5 0 - 6 0 % des KG Gesamtwasser 3 0 - 4 0 % des KG Intrazellulärraum ICR 20 % des KG Extrazellulärraum ECR 4 % des KG intravasal IVR 16 % des KG. interstitiell ISR Transzelluläre Flüssigkeit: Flüssigkeit in Körperhöhlen (Pleura, Peritoneum, Magen, Darm, Urogenitaltrakt). Dieses Flüssigkeitsvolumen ist normalerweise sehr gering. Dritter Raum: entsteht unter pathologischen Bedingungen durch Flüssigkeitssequestration im Gewebe (Verbrennung, peritoneale Flüssigkeit bei akuter Pankreatitis, Darmwandödem bei Ileus) oder durch Flüssigkeitsansammlung in Körperhöhlen (Pleuraerguß, Aszites, Darmflüssigkeit bei Ileus). Flüssigkeit im Dritten R a u m gehört zwar rechnerisch zum ECR, ist jedoch funktionell nicht verfügbar. Verteilung des Gesamtkörperwassers auf die einzelnen Kompartimente erfolgt nach den osmotischen Gesetzen. Entscheidend ist die Anzahl der gelösten Teilchen. Osmolalität Konz/kg H 2 0 (mosm/kg) Osmolarität Konz/1 H 2 0 (mosm/1) Bestimmung der Osmolarität durch Gefrierpunktserniedrigung. Normalwert der Osmolalität im ECR: 2 8 0 - 3 1 0 mosm/kg Isotonie: Es liegt ein physiologisches Verhältnis von Wasserbestand und osmotisch aktiven Teilchen vor. Isotonie liegt demnach auch vor, wenn Wasserbestand und osmotisch wirksame Teilchen sich qualitativ und quantitativ gleichsinnig ändern. Natrium ist Hauptkation im ECR. Solange Isotonie besteht, wird das Volumen des ECR praktisch durch den Natriumbestand bestimmt. Isotone Hyperhydratation: Natriumüberschuß mit isotoner Zunahme des Wasserbestandes. Isotone Dehydratation: Natriummangel und isotone Abnahme des Wasserbestandes. Hypertonizität = Hyperosmolalität: Osmotischer Druck >310 mosm/kg. Defizit an Wasser im Vergleich zur Anzahl der osmotisch wirksamen Teilchen. Hypotonizität = Hypoosmolalität: Osmotischer Druck 3 mval/1: 100-200 mval bis zur Normalisierung des Kaliumwertes. Infusionsgeschwindigkeit: Je nach Bedrohlichkeit 2 0 - 4 0 mval K ' / h durch Infusionspumpe, evtl. unter EKG-Kontrolle. Bei Herzstillstand wegen Hypokaliämie rascheste Zufuhr indiziert. 2. Kaliumüberschuß: Zu hohe Zufuhr bei verminderter Ausscheidung. Ursachen: - Niereninsuffizienz, - Infusionstherapie, Aldosteronantogonisten, kaliumsparende Diuretika, - massive Gewebstraumatisierung (Crush), - Hämolyse, - NNR-Insuffizienz. Therapie: - Kaliumentzug durch Diuretika, - bei bedrohlichen Zuständen: Glukose-Insulin-Infusion (Kalium wird in Zelle eingeschleust): ζ. B. 500 ml 20%ige Glukose + 20 IE Altinsulin in 3 0 - 4 0 min, Kationenaustauscher (Resonium A) werden oral und rektal appliziert, gleichzeitig wird durch Sorbit und Xylit osmotische Diarrhoe erzeugt,
Störungen im Käliumhaushalt
1. Kaliummangel Ursachen: - zu geringe Zufuhr, - renale Verluste, - Kaliumverschiebung, - Kaliumverschiebung im Dritten Raum.
Therapie: - orale Zufuhr, - i. v. Zufuhr.
2. Kaliumüberschuß Ursachen: - Niereninsuffizienz, - Infusionstherapie, - Gewebetrauma, - Hämolyse, - NNR-Insuffizienz.
Therapie: - Kaliumentzug durch Diuretika, - Glukose-Insulin-Infusion, - Kationenaustauscher, - Hämodialyse (Notfall).
VII. Pathophysiologie des operativen Eingriffs
78
in Notsituationen (besonders bei gleichzeitigem akutem Nierenversagen) Hämodialyse. 3. Störung der Kaliumverteilung 1. Hyperkaliämie —> Beseitigung der Azidose. 2. Hypokaliämie —> Beseitigung der Alkalose.
3. Störung
der
Kaliumverteilung:
- Hyperkaliämie bei Azidose durch Kaliumaustritt aus der Zelle in den ECR. Therapie: Beseitigung der Azidose. - Hypokaliämie bei Alkalose durch Kaliumeintritt in die Zelle. Therapie: Beseitigung der Alkalose.
Literatur Davenport, Η. W.: Säure-Basen-Regulation. Thieme, Stuttgart 1980 Kinney, J. M. et al: Manual of Preoperative and Postoperative Care. Saunders, Philadelphia 1971 Moore, F. D.: The Metabolic Care of the Surgical Patient. Saunders, Philadelphia 1959 Sabiston, D. C.: Textbook of Surgery. Saunders, Philadelphia 1981 Truninger, B.: Wasser- u. Elektrolyt-Haushalt. Diagnostik und Therapie. Thieme, Stuttgart 1974
VIII. PräundII oostoperative ι Behandlung
VIII. Prä- und postoperative Behandlung
R. Eisele
1. Allgemeine präoperative Diagnostik und Therapie
Allgemeine präoperative Diagnostik und Therapie
Die präoperative Phase richtet sich in ihrer Dauer nach: • der Dringlichkeit des operativen Eingriffs, • dem Schweregrad der Operation, • den Risikofaktoren und dem Alter des Patienten.
1.1 Dringlichkeit der Operation:
Dauer der präoperativen Phase
Hier liegt ein breites Spektrum vor: - ζ. B. bei einem Patienten mit einem chronisch unkomplizierten Ulcusduodeni-Leiden spielt der Zeitfaktor eine untergeordnete Rolle, - ζ. B. Patient mit Kolonkarzinom muß in angemessener Zeit (Tage) der Operation zugeführt werden, u m einem Ileus oder einer Tumorausbreitung zuvorzukommen, - ζ. B. Patient mit akuter Appendizitis muß in wenigen Stunden operiert werden, u m eine Perforation zu verhindern, - ζ. B. Patient mit Perforation eines intestinalen Organs m u ß dringlich (innerhalb einer Stunde) operiert werden, - ζ. B. Patient mit perforiertem Aortenaneurysma m u ß in Minuten zur Operation kommen.
1.2 Risikoabschätzung Die Risikoabschätzung muß mit dem natürlichen Verlauf ohne Operation in Beziehung gesetzt werden. Fragen: 1. Schweregrad der beabsichtigten Operation, OP-spezifische Komplikationsquote, Letalitätsziffern. Ζ. B. distale Magenresektion hat deutlich geringere Nahtinsuffizienzgefährdung als Gastrektomie (höhere Insuffizienzquote an der Oesophagojejunostomie); beim Oberbaucheingriff besteht größere Gefahr einer pulmonalen Komplikation als beim Unterbaucheingriff, besonders beim chronischen Bronchitiker; OP-Dauer, korreliert häufig mit Komplikationsrate. 2. Stadium der Erkrankung, damit verbundene operative Risiken. Ζ. B. Patient mit distalem Magenkarzinom, das auf die Magenwand beschränkt oder aber bereits Richtung Pankreas und Mesokolon penetrierend gewachsen ist, dadurch deutliche Erweiterung des Eingriffs schon vorhersehbar. 3. Liegt nur eine Organerkrankung vor oder Multimorbidität, letzteres gehäuft bei älteren Patienten. 4. Frage des Für und Wider bei unklarer Diagnose. Ζ. B. suspekte Appendizitis beinhaltet 2 0 - 3 0 % fehlendes morphologi-
Eine Risikoeinschätzung muß folgende Punkte berücksichtigen 1. Schweregrad der Operation, Komplikationsquote, Letalitätsrisiko 2. Stadium der Erkrankung 3. Multimorbidität 4. Klare Diagnose 5. Ist die Ursache der Erkrankung maßgebend für den OP-Erfolg und das Überleben? 6. Zeigt die Anamnese Risiken auf?
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VIII. Prä- und p o s t o p e r a t i v e Behandlung sches Substrat, jedoch ist Appendektomie im Vergleich zu einer sich entwickelnden Perforation zu akzeptieren. 5. Liegt eine Erkrankung vor, bei der die Ursache den Erfolg und das Überleben definiert? Ζ. B. fortgeschrittenes Kolonkarzinom, nach OP keine völlige Gesundung, jedoch Beseitigung der Stenose-Gefahr, dagegen ζ. B. intestinale Perforation (Ulcus duodeni) erfordert kurzfristigen Verschluß der Perforationsstelle, dadurch Heilung möglich. 6. Werden in der Anamnese Risiken aufgezeigt? Ζ. B. Blutungsneigung, Allergien, Herzinfarkt, chronische Lungenerkrankungen, Adipositas, chronischer Raucher, Trinkgewohnheiten (chronischer Alkoholkonsum).
Gespräch A r z t - P a t i e n t als Vertrauensbasis
3 Psychologische Vorbereitung Vor der Operation muß ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten stehen. Es sollte sich ein Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient entwickeln. Das Gespräch muß den Ablauf und die allgemeine Planung während der stationären Behandlung, insbesondere der postoperativen Phase beinhalten. Es müssen die Perspektiven aufgezeigt werden, die die zukünftige Lebensart und -qualität aufgrund des Eingriffs bestimmen.
Vorbereitung: - Anamnese, Status, Befund, - Röntgen-Thorax, - EKG, - Laboruntersuchungen.
Präoperative Vorbereitung und Korrekturen: 1. Anämie Hb 10 g%, bei kardiovaskulären Erkrankungen höher, j e nach Zeit eine Einheit Blut/die.
2. Dehydrierung nach längerem Erbrechen und Diarrhoe.
1.4 Somatische Vorbereitung • Anamnese, Statuserhebung, Lokalbefund • Röntgen-Thorax und EKG bei über 40jährigen • Laboruntersuchungen: Hb, HKt, Leukozyten, BKS, Blutzucker, Gerinnung (PTT, Quick, Thrombozyten) Elektrolyte (Kalium, Natrium, Chlorid), Kreatinin, GOT, GPT, Urinstatus. Bei speziellen Fragestellungen zusätzliche Untersuchungen: ζ. B. Lebervorerkrankungen: Transaminasen, alkalische Phosphatase, Gamma-GT, Bilirubin, Cholinesterase, ζ. B. Pankreatitis: Amylase, Lipase. Aus Anamnese, Status und Routineuntersuchungen ergeben sich häufig Indikationen zur weiteren präoperativen Diagnostik bzw. präoperativen Therapie (korrekturbedürftige pathologische Befunde). Die Dringlichkeit der Operation bestimmt die Zeitdauer der präoperativen Vorbereitung und Korrektur von Störungen: 1. Defizit im Intravasalraum (IVR) und Extrazellulärraum (ECR) - Anämie ζ. B. bei Zäkumtumor, Patienten haben meist normales Blutvolumen, jedoch verminderte Anzahl an Erythrozyten. Hb von 10 g% wird normalerweise präoperativ gefordert, jedoch kann bei kardiovaskulären Erkrankungen höheres Hb sinnvoll sein. Patienten mit Herzinsuffizienz und Anämien sind besonders gefährdet; nach Beseitigung der Anämie geringeres Operationsrisiko. Wenn ausreichend Zeit, Zufuhr von nur einer Einheit Blut/die, u m dem Patienten die Normalisierung des Plasmavolumens zu ermöglichen. - Dehydrierung: insbesondere bei längerem Erbrechen u n d Diarrhoe in den letzten Tagen (s. Kapitel VII./4. Säure-Basen-Haushalt und VII./5. Wasser-Elektrolyt-Haushalt). Klinik: trockene Zunge, Durst, Haut abhebbar in Falten, schlechter Hautturgor, verminderte Urinproduktion, evtl. Tachykardie, deutlich erhöhter Hämatokrit; jedoch kann bei präexistenter Anämie Normalwert durch Dehydrierung vorgetäuscht werden.
Allgemeine präoperative Diagnostik und Therapie Verlust im Dritten Raum schlecht abzuschätzen. Verlust unter diesen Umständen in einer Größenordnung von 3 1/die entsprechend der Zeitdauer der Erkrankung, deshalb zunächst - wenn zeitlich möglich - 5 - 6 1 Zufuhr von ausscheidbarer Flüssigkeit am ersten Behandlungstag. 2. Ernährungszustand Schlechter präoperativer Ernährungszustand erhöht vermutlich postoperative Komplikationsrate, da Unterernährung verminderte Immunkompetenz zur Folge hat, zusätzlich sind Energiequellen entleert. Präoperative Hyperalimentation (Aminosäuren, Zucker, Fett) über 1 - 2 Wochen scheint ausreichend zu sein. Postoperative Komplikationsfrequenz kann dadurch auf Niveau gesenkt werden, wie man es bei nicht Unterernährten findet. Risiko einer Verzögerung des chirurgischen Eingriffs aufgrund einer bedarfsgerechten präoperativen Ernährung muß gegenüber den vermehrten Operationsrisiken bei Fällen von unbehandelter Unterernährung abgewogen werden. 3. Infektionsprophylaxe - Diabetiker haben, wenn sie gut eingestellt sind, vermutlich kein erhöhtes Infektionsrisiko, Ausnahme: OP an unterer Extremität. - Kein präoperativer Kontakt mit Patienten, die septische Wunden haben. - Waschen der OP-Haut mit Antiseptika präoperativ. - Unter dem Aspekt der Keimbesiedelung der Haut mit nosokomialen Keimen präoperative Verweildauer möglichst kurz halten. - Perioperative Antibiotika-Prophylaxe bei ausgewählten Operationen (s. Kapitel V. Antibiotika-Therapie). 4. Herz-Kreislauf Faktoren, die das Auftreten kardialer Komplikationen im Rahmen einer operativen Behandlung begünstigen und dadurch Risiko erhöhen, sind: - Infarkt, kürzer als 6 Monate zurückliegend, - Herzinsuffizienz, - Koronarsklerose, Angina pectoris, - kein Sinusrhythmus, - 3 - 5 vorzeitig einfallende ventrikuläre Extrasystolen/min., - Alter über 70 Jahre, - signifikante Aortenstenose, Herzmißbildung, - allgemeine reduzierte Ausgangsbedingungen: Pa0 2 < 60 mmHg PaC0 2 > 60 mmHg Κ < 3 mval/1 HCOj < 20 mval/1 Kreatinin > 3,0 mg% erhöhte Transaminasen chronische Lebererkrankung. Digitalis: Präoperative Digitalisierung nur, wenn Herzinsuffizienz vorliegt. Routinemäßige Digitalisierung von Patienten führt zu vermehrten perioperativen Herzrhythmusstörungen im Vergleich zu nicht digitalisierten Patienten. Bei unübersichtlicher Situation sollte präoperativ Digitalisspiegel i. S. bestimmt werden. Perioperative Schrittmacherbehandlung muß ernstlich erwogen werden bei: - AV-Blockierung, - SA-Blockierung, - Bradyarrhythmie, - pathologischer Sinusbradykardie,
81 Wenn Zeit reicht, 5 - 6 I Flüssigkeit am 1. Tag.
3. Ernährungszustand Hyperalimentation über 1 - 2 Wochen
Abwägung Risiko: - Verzögerung der OP durch Alimentation, - Unterernährung. 4. Infektionsprophylaxe - gut eingestellter Diabetes, - kein Kontakt mit septischen Wunden, - Waschen, Rasur unmittelbar vor OP, - kurze präop. Verweildauer, - Antibiotika-Prophylaxe.
5. -
Herz-Kreislauf Infarkt, Herzinsuffizienz, Koronarsklerose, Angina pectoris, kein Sinusrhythmus, ventrikuläre Extrasystolen, Alter > 70 Jahre, Aortenstenose, Mißbildung, reduzierte Ausgangsbedingungen.
Maßnahmen: Digitalisierung
Schrittmacherbehandlung
VIII.Prä- und postoperative Behandlung
82
Hypertonie einstellen
Belastungs-EKG
6. Respiratorisches System Hauptsymptom Hypoxie
Abklärungen: - respiratorische Infekte, - Astma bronchiale, - Emphysen, - chron. Bronchitis, Rauchen, - Thoraxtraumen, - momentane Aktivitäten.
Diagnostische Maßnahmen: - Röntgen-Thorax, - Blutgasanalyse, - Lungenfunktionsprüfung.
- Karotis-Sinus-Syndrom, - Sinusknotensyndrom, Klinik: Adams-Stokes-Anfälle, Herzinsuffizienz, Schwindelanfälle, Angina pectoris. Hypertonie: Der Hypertonus m u ß adäquat eingestellt sein, die orale Medikation muß bis z u m Abend vor der Operation weiterlaufen. - Falls präoperativ unbehandelter Hypertonus festgestellt wird, sollte bei planbaren Eingriffen nach der gängigen Stufentherapie bei Hypertonie verfahren werden. - Vor Noteingriffen und Hypertonie m u ß in Absprache mit dem Anästhesisten von Fall zu Fall das Vorgehen festgelegt werden. - Bei Extremwerten bzw. wenn in Minuten der Blutdruck gesenkt werden m u ß (ζ. B. dissezierendes Aortenaneurysma): Nitroprussidnatrium im Dauertropf. Belastungs-EKG vor planbaren Eingriffen - wenn in der Anamnese oder im Ruhe-EKG gravierende Herzrhythmusstörungen vorliegen, - wenn bei normalem Ruhe-EKG von pektanginösen Beschwerden berichtet wird.
5. Respiratorisches System Pulmonale Komplikationen nach Höhleneingriffen stehen an erster Stelle. Hauptsymptom ist Hypoxie. Störungen postoperativ sind in höherem Umfang zu erwarten bei Patienten - mit normalem Ausgangsbefund besonders nach Oberbaucheingriffen, bei Rauchern und bei Adipositas, - mit präoperativen Lungenerkrankungen, ζ. B. chronische Bronchitis, Emphysem. Fragen zur Abschätzung der peri- und postoperativen pulmonalen Gefährdung: - Frühere respiratorische Infekte, Asthma bronchiale, Emphysem? - Chronische Bronchitis, Rauchen, morgendliches Sputum, Auswurf? - Frühere Thoraxtraumen? - Momentane Aktivitäten (Spaziergänge, Gartenarbeiten, körperliche Belastungen im Rahmen der beruflichen Tätigkeiten, Treppensteigen). Allgemeine klinische Zeichen, die auf den Verlust der ventilatorischen Reserve schließen lassen, sind z.B. Dyspnoe, Tachykardie, Zyanose, veränderter mentaler Status. Zyanose erfordert mindestens 5 g% reduziertes Hämoglobin, bei extremer Anämie ist selbst bei deutlicher Reduktion der 0 2 -Sättigung des Blutes Zyanose dann nicht sichtbar. Neben Anamnese und klinischer Untersuchung ist zur Beurteilung der ventilatorischen Reserve der Röntgen-Thorax, die Blutgasanalyse und die Lungenfunktionsprüfung von Wertigkeit. Röntgen-Thorax: statisches Bild, Aussage über Lungenfunktion eingeschränkt. Blutgasanalyse: gibt Information über die Drücke von Sauerstoff und Kohlensäure im arteriellen Blut, spiegelt Gasaustausch wider. Lungenfunktionsanalyse: zur Beurteilung der Atemmechanik. Indikation: bei großen Ein- und Zweihöhleneingriffen, besonders bei klinisch faßbarer eingeschränkter pulmonaler Reserve. Durch gemeinsames Treppensteigen mit dem Patienten läßt sich pulmonale Leistungsbreite auch schon einigermaßen abschätzen. Klinischer Untersuchungsbefund (Giemen, Brummen, Pfeifen usw.), Röntgen-Thoraxaufnahme und Ergebnis der Lungenfunktionsprüfung müssen keineswegs immer „korrelieren". Es müssen mindestens 2 Werte erhoben werden („kleine Lungenfunktionsprüfung"):
Allgemeine präoperative Diagnostik und Therapie
83
- Vitalkapazität (ml), E i n s c h r ä n k u n g d e u t e t auf Restriktion, - S e k u n d e n k a p a z i t ä t - T i f f e n e a u - T e s t (ml/s), E i n s c h r ä n k u n g d e u t e t auf Obstruktion. Fallen b e i d e Tests pathologisch aus, liegt k o m b i n i e r t e Störung vor. In Verb i n d u n g m i t ζ. B. Isoprenalintest läßt sich p h a r m o k o l o g i s c h reversibler Bronc h o s p a s m u s feststellen. Bei speziellen Fragestellungen ist „große L u n g e n f u n k t i o n s p r ü f u n g " ( G a n z körperplethysmographie) angezeigt. Bei selektiven O p e r a t i o n e n sollte präoperativ eine Tonsillitis, Sinusitis, a k u t e Bronchitis oder ein grippaler Infekt m i n d e s t e n s eine W o c h e vor der O p e r a t i o n a b g e k l u n g e n sein. Präoperative therapeutische Ansatzpunkte • Bei c h r o n i s c h e r b r o n c h i a l e r O b s t r u k t i o n : - B r o n c h o s p a s m o l y t i k a (Inhalation, Injektion). - V e r m e i d u n g von B r o n c h o s p a s m u s fördernden M e d i k a m e n t e n (Cholinergika oder Parasympathikomimetika), N o x e n ( Z i g a r e t t e n r a u c h , Staub). - Ü b e r d r u c k b e a t m u n g „Bird", w e n n d a d u r c h A t e m v o l u m e n vergrößert wird, werden Bronchioli erweitert bzw. e r ö f f n e t ; Dystelektasen werden „abgebaut". Postoperativ wird präoperativ bereits erlernte Bird-Therapie fortgesetzt.
Präoperative therapeutische Ansätze: - Bronchialspasmolytika, - keine Cholinergika oder Parasympathomimeti ka, - Überdruckbeatmung, - Reinhaltung der Atemwege, - Verbesserung der Funktion der Atemmuskulatur durch Atemübungen.
- R e i n h a l t u n g der A t e m w e g e Antibiotika, gezielt w e n n Zeit, i n s b e s o n d e r e bei a k u t - e n t z ü n d l i c h e n Vorgängen, H u s t e n (Patient m u ß dies, falls nötig, erlernen u n d d a z u a n g e h a l t e n werden), E x p e k t o r a n t i e n , Sekret wird verflüssigt u n d d a d u r c h leichter abgehustet, A n f e u c h t e n der Luft, I n h a l a t i o n s t h e r a p i e . • Verbesserung der F u n k t i o n der A t e m m u s k u l a t u r d u r c h A t e m ü b u n g e n (Physiotherapie): - Verbesserte Zwerchfellbeweglichkeit, - S t ä r k u n g der A t e m m u s k u l a t u r , - Ä n d e r u n g des Atemtyps, ζ. B. R e d u z i e r u n g des exspitorischen Atemwegswiderstands d u r c h Erlernen von l a n g s a m e r u n d tiefer Exspiration.
6. Niere W e n n präoperativ u n a u f f ä l l i g e Kreatininwerte, treten postoperativ selten gravierende P r o b l e m e auf, w e n n sich kein septisches K r a n k h e i t s b i l d entwikkelt. Intra- u n d postoperativ m ü s s e n möglichst hypotensive P h a s e n sowie eine i n a d ä q u a t e I n f u s i o n s b e h a n d l u n g v e r m i e d e n werden.
7. Neurologische Störungen Präoperativ sind b e s o n d e r s Karotisstenosen n e b e n der klinischen U n t e r s u c h u n g d u r c h supraaortale D o p p l e r s o n o g r a p h i e a u s z u s c h l i e ß e n , dies b e s o n ders bei Eingriffen, bei d e n e n es zu hypotensiven P h a s e n a u f g r u n d von Blut u n g e n k o m m e n k a n n (Beispiel: R e k t u m a m p u t a t i o n bei P a t i e n t m i t gravierender a s y m p t o m a t i s c h e r Karotisstenose).
8. Stoffwechselstörungen Leber: Patient m i t Leberzirrhose oder - m e t a s t a s e n h a t e r h ö h t e s Risiko, h ä n g t v o m G r a d der K o m p e n s a t i o n ab. Bei Leberzirrhose e r h ö h t e S t r e ß u l k u s - G e f ä h r dung. Besteht erhebliche L e b e r f u n k t i o n s s t ö r u n g d u r c h e i n e n s c h o n länger vorlieg e n d e n cholostatischen Ikterus (ζ. B. C h o l e d o c h u s v e r s c h l u ß s t e i n ) , k a n n zun ä c h s t p e r k u t a n e t r a n s h e p a t i s c h e Entlastung der Gallenwege sinnvoll sein, d a m i t sich L a b o r p a r a m e t e r (ζ. B. Cholinesterase, G e r i n n u n g ) bis z u m definitiven Eingriff „erholen" k ö n n e n .
6. Niere Kreatininwerte beachten. Hypotension vermeiden, inadäquate Infusionen vermeiden.
7. Neurologische Störungen Karotisstenosen ausschließen.
8. Stoffwechselstörungen Leberzirrhose Ί haben erhöhtes Leber-Metastasen J Risiko Bei Ikterus —* perkutane transhepatische Entlastung.
VIII.Prä- und postoperative Behandlung
84 Diabetes: Bei oralen Antidiabetika- • Umstellung auf Insulin.
Bei Insulin-Diabetikern —» meist höhere Dosen erforderlich. Richtungweisend: Blutzuckerwerte.
Diabetes mellitus: Bei Patienten, die diätetisch eingestellt waren, ergeben sich meist keine wesentlichen Probleme. Patienten mit oralen Antidiabetika müssen dagegen bei großen Eingriffen oft auf Insulin umgestellt werden, besonders dann, wenn höherprozentige Glukoselösungen zugeführt werden. Bei insulinpflichtigen Diabetikern ist besonders bei großen Eingriffen mit einer Stoffwechselentgleisung nach oben zu rechnen. Die Behandlung ist rein symptomatisch, d. h. die Insulinzufuhr richtet sich nach den Blutzuckerwerten. Die benötigten Dosen liegen häufig wesentlich höher als präoperativ. Die Art des Vorgehens (ausschließlich Altinsulin oder partielle Regulierung durch Depotinsulin + Altinsulin) wird unterschiedlich gehandhabt. Insgesamt sind postoperativ eher mäßig erhöhte Blutzuckerwerte (150-200 mg) anzustreben, als daß die Gefahr einer Hypoglykämie mit evtl. auftretenden irreversiblen zerebralen Schäden in Kauf genommen werden sollte. Störungen des Säure-Basen-Stoffwechsels s. Kapitel VII./4.
9. Gerinnungsstörungen s. Kapitel X.
9. Gerinnungsstörungen s. Kapitel X.
Vor Noteingriffen 1. Labornotprogramm K, Na, Blutzucker, Kreatinin, Hb, Η KT, Blutgruppe, Kreuzblut, Blutkonserven, 2. Kreislauf —» Blutgasanalyse, 3. EKG, Rö-Thorax, 4. bei Hypovolämie - Plasmaersatz, - ggf. Elektrolytlösung, - Zuckerlösung.
2. Sofortmaßnahmen vor chirurgischen Noteingriffen
Postoperative Therapie Auf der Wachstation Prüfung der Vitalfunktionen: - Atmung, - Kreislauf, - Bewußtseinslage.
Solange es die Zeit zuläßt, soll vor Noteingriffen nach Erhebung der Anamnese und des Status ein Labornotprogramm durchgeführt werden: Kalium, Natrium, Blutzucker, Kreatinin, Hb, HKT, Blutgruppe, Kreuzblut, Blutkonserven. • Falls der Kreislauf insuffizient war, bzw. Stoffwechselstörungen vorlagen, ist präoperativ eine Blutgasanalyse erforderlich, u m ein eventuelles Basendefizit zu korrigieren. • Falls möglich, präoperativ EKG bei Patienten über 40, Röntgen-Thorax. • Falls Hypovolämie wahrscheinlich, muß präoperativ Plasmaersatzflüssigkeit kurzfristig, evtl. unter Kontrolle des ZVD, zugeführt werden. Falls der gesamte Extrazellulärraum betroffen ist, muß nach intravasaler Volumengabe und Kreislaufstabilisierung durch Infusion von Elektrolyt- und Zukkerlösung der EZR aufgefüllt werden.
3. Postoperative Therapie Nach größeren und großen Eingriffen kommen die Patienten, nachdem sie die frühe postoperative Phase im Aufwachraum hinter sich haben, auf die Wachstation. Falls es einer Nachbeatmung bzw. Beatmungstherapie bedarf oder die Vitalfunktionen therapiebedürftig sind, m u ß die Weiterbetreuung auf der Intensivtherapiestation erfolgen. Bei der Übernahme des Operierten zunächst klinische Überprüfung der Vitalfunktionen: • Atmung, • Kreislauf, • Bewußtseinslage. Wachstation Alle Beobachtungen, Anordnungen und deren Ausführung bedürfen der Dokumentation (Zeitangabe, Namenszeichen).
Postoperative Therapie
85
Status bei Übernahme: • Bewußtseinslage: ansprechbar, orientiert, somnolent, reagiert auf Anruf, Schmerzreiz, • evtl.: Pupillenreaktion, grobe neurologische Untersuchung (ζ. B. nach OP an Karotiden), • Hautbeschaffenheit, Schleimhäute (warm, kalt, feucht, Zyanose), • thorakaler und abdomineller Befund (OP-Bereich), • Extremitäten, speziell Pulsstatus nach Rekonstruktion an arteriellen Gefäßen, • Drainagen (Flüssigkeitsmenge, serös, blutig), • Kreislauf: RR, ZVD, Pulsfrequenz, Herzrhythmus, • Atemfrequenz, • Urinausscheidung, • Körpertemperatur (rektal). Laborkontrolle: Hb, evtl. Elektrolyte, Blutzucker, Gerinnungsstatus, Blutgasanalyse (SBH).
Nach Thoraxoperationen und Operationen mit Eröffnung des Zwerchfells muß am OP-Ende, spätestens jedoch nach Verlegung auf die Wachstation eine Röntgenthoraxaufnahme erfolgen. Thoraxdrainagen müssen zur Entfaltung der Lunge mit einem Sog versehen werden ( 1 5 - 2 0 cm H 2 0), nach Pneumonektomie Sog nur 4 - 6 cm H 2 0 . Alle über Drains sich entleerende Sekretmengen müssen anfangs 1/2- bis lstündlich registriert werden. Bei unauffälligem Verlauf genügt in den ersten 3 Stunden die halbstündliche Kontrolle der Kreislaufparameter, dann stündliche, später 2- bis 4stündliche Kontrolle. Bei allgemeinen Störungen (RR-Abfall, hypertone Phase, großer Sekretfluß aus abdominellem oder thorakalem Drain, plötzliche Tachykardie) müssen kurzfristig Kontrollen erfolgen, damit Therapie rechtzeitig einsetzen kann. Nach großen Eingriffen muß mindestens zweimal täglich ein Status erhoben werden (wie bei Übernahme auf Wachstation). Zusätzlich erfolgt eine eventuelle Wundkontrolle. Laborkontrollen müssen nach Schweregrad der Operation und Zustand des Patienten bzw. auftretenden Komplikationen angesetzt werden. Röntgenthoraxaufnahme braucht nur bei einem entsprechenden klinischen Auskultations- oder Perkussionsbefund bzw. bei Störungen der Ventilation und des Gasaustausches angesetzt zu werden. Nach Thoraxoperationen kann eine Röntgenaufnahme täglich indiziert sein. Zentralvenöser Zugang Indikation: • energiereiche Ernährung ζ. B. präoperativ bei Kachexie, postoperativ nach Tumorresektion am Intestinaltrakt), • Überwachung des Kreislaufes, Messung des zentralen Venendruckes.
Zugangswege: • Punktion der V. subclavia • Punktion der V. jugularis interna (ist mit geringster Komplikationsrate behaftet) • Punktion der V. cubitalis • Venaesectio (V. cubitalis, V. cephalica, V. jugularis externa und interna, V. saphena magna)
Besondere Maßnahmen nach Thoraxoperationen: - Röntgenaufnahme, - Drainage.
Allgemeine Störungen: - RR-Abfall, - hypertone Krise, - Sekretfluß, - Tachykardie. Wundkontrolle. Laborkontrollen nach Schweregrad der Operation. Röntgenaufnahme bei Störungen der Ventilation.
Zentralvenöser Zugang Indikation: - energiereiche Ernährung mit hyperosmolaren Lösungen oder - Lösungen mit unphysiologischem pH, - Überwachung des Kreislaufes. Zugangswege
86 Strenge Asepsis beim Kava-Katheter. Katheterlage röntgenologisch prüfen.
VIII. Prä- und postoperative Behandlung Strenge Asepsis beim Legen des Kava-Katheters und bei seiner Pflege. Die Lage der Katheterspitze ist röntgenologisch zu dokumentieren, sie liegt im Idealfall in der V. cava superior. Prinzip der energiereichen Ernährung Hyperosmolare Lösungen bzw. Lösungen mit unphysiologischem pH können in die obere Hohlvene über den zentralvenösen Katheter infundiert werden. Hier erfolgt eine Verdünnung, so daß keine Endothelschädigung auftritt (s. Abschnitt 4. Parenterale Ernährung).
Zentrale Venendruckmessung (ZVD) - Kava-Katheter, - Messung in cm H 2 0 (~ 5 cm H 2 0), - Bezugspunkt: rechter Vorhof.
Prinzip der zentralen Venendruckmessung (ZVD) Messung am flachliegenden Patienten. Kava-Katheter wird über Dreiwegehahn an Steigrohr mit Meßlatte angeschlossen. Messung erfolgt in cm H 2 0. Bezugspunkt ist der rechte Vorhof. In der klinischen Routine ist diese Höhe schwierig festzulegen, deshalb müssen Bezugspunkte vereinbart werden, die innerhalb der klinischen Routine reproduzierbar sind: - z. ß. Angulus
Ludovici,
entspricht
+ 5 cm H20
auf der
Meßskala
- z . B . vom Sternum aus gerechnet wird der rechte Vorhof in Höhe von 2/5 des Thoraxdurchmessers festgelegt. Der ZVD hängt neben der Herzfunktion vom Verhältnis Blutvolumen (BV): intravasale Kapazität ab. Normalerweise kann gelten: ABV Δ ZVD Postoperativ: Venentonus, erhöht, bei septischen Krankheitsbild Venentonus erniedrigt. Beurteilung von: - intravasalem Volumen, - Herzfunktionsstörungen.
Bei kritischer Kreislaufsituation - • Pulmonalis-Katheter
1 000 ml 7 cm H 2 0
Postoperativ ist der Venentonus erhöht. Im Rahmen eines septischen Krankheitsbildes kann er stark erniedrigt sein. Nur in Extrembereichen sagt der absolute Zahlenwert des zentralen Venendruckes für sich allein etwas über das intravasale Volumen aus, so ζ. B. ZVD + 20 cm H 2 0 bei herzgesunden Patienten nach Übertransfusion oder ZVD - 7 cm H 2 0 ζ. B. bei einer akuten, massiven Blutung. Der ZVD wird zusammen mit dem Hydrierungszustand, Blutdruck, der Pulsfrequenz, Urinausscheidung und evtl. der Röntgen-Thoraxaufnahme zur Beurteilung des intravasalen Volumens und eventueller Herzfunktionsstörungen herangezogen. Wichtig ist sein Verhalten unter therapeutischen Maßnahmen, ζ. B. unter kurzfristiger Zufuhr von Plasmaersatz-Flüssigkeit bei einer ausgeprägten Sinustachykardie oder bei einer fraglichen Blutung. Bei schwieriger Kreislaufsituation (ζ. B. septisches Krankheitsbild, Herzinsuffizienz) kann sich die Indikation für einen Pulmonalis-Katheter ergeben, der über eine Vene (ζ. B. Subklavia-Punktion oder Venaesectio) durch das rechte Herz hindurch in einen Ast der A. pulmonalis hochgeführt wird. Es handelt sich hierbei um einen Ballonkatheter, der nach Okklusion die Bestimmung des Postokklusionsdruckes (Wedge-pressure) zuläßt, der in etwa dem linken Vorhofdruck entspricht.
Bei Diabetes: Insulindosis nach Erfahrung oder nach Wirkung der zuvor gegebenen Dosis.
Stoffwechsel Im Vordergrund stehen Patienten mit Diabetes mellitus bzw. Entgleisung des Blutzuckers, wobei „symptomatisch" aufgrund der Blutzuckerwerte reagiert wird. Die Insulinmenge orientiert sich an Erfahrungswerten und dem Effekt der zuvor verabreichten Insulindosis.
Überwachung der Niere nach Grad der Gefährdung. Urinkontrolle alle 2 - 3 Stunden, im Problemfall: 1/2stündlich.
Nierenfunktion Überwachung richtet sich nach Gefährdung. Ohne Funktionsbeeinträchtigung reicht frühpostoperativ die Kontrolle des Urins alle 2 - 4 Stunden. l/2stündliche Kontrollen können bei Kreislaufproblemen oder Funktionsbeeinträchtigung der Niere erforderlich werden. Hierzu ist ein Blasenkatheter bzw. ein suprapubischer Katheter erforderlich.
Postoperative Therapie
87
Wasser- und Elektrolythaushalt, parenterale Ernährung Nach Lungen- und Herzoperationen ist die frühzeitige enterale Ernährung meist möglich. Nach Ösophagusoperationen und großen abdominellen Operationen m u ß oft eine längerfristige parenterale Ernährung erfolgen. Falls der Rückfluß aus der Magensonde gering ist, die Peristaltik eingesetzt hat und keine Gefährdung von Anastomosen vorliegt, kann schrittweise auf die enterale Ernährung übergegangen werden (ζ. B. Patient mit einer selektiven Vagotomie kann bereits am ersten postoperativen Tag mit dem Trinken beginnen, Patient mit einer Ösophagusresektion wird für eine Woche parenteral ernährt). (S. auch Kapitel VII./5. Wasser-Elektrolyt-Haushalt und VIII./4. Parenterale Ernährung.)
Parenterale Ernährung nach Lungen- und Herzoperationen, nach Ösophagus- und abdominellen Operationen längerfristig.
Säure-Basen-Haushalt Bei Verlust großer Mengen über die Magensonde oder Verlusten aus Drainagen bzw. bei Kreislaufinsuffizienz und Stoffwechselstörungen (Diabetes mellitus) müssen größere Abweichungen des Säure-Basen-Haushaltes korrigiert werden. Die Zahl der Kontrollen richtet sich nach dem Ausmaß der Störung und dem Therapieeffekt (s. Kapitel VII./4.).
Korrektur des Säure-Basen-Haushaltes bei großen Verlusten über Magensonde oder Drainagen, bei Kreislaufinsuffizienz oder Stoffwechselstörungen.
Streßulkus-Prophylaxe (akute gastrointestinale Läsion) Parenterale Hyperalimentation während der Streßphase senkt Ulkushäufigkeit. Prophylaxe verhindert vor allem die Komplikationen (Blutung) der Streßläsion, wahrscheinlich aber nicht die Entstehung der Läsion selbst.
Indikationen zur Streßulkus-Prophylaxe
Indikation: • Schock, Schädel-Him-Trauma, Polytrauma, Sepsis, Verbrennung, respiratorisch-renale oder hepatische Insuffizienz, • große chirurgische Eingriffe, • Patienten mit entsprechender Magenanamnese, die sich einer OP unterziehen müssen. Medikamente: • H 2 -Blocker in hoher Dosierung, oder • Antazida alle 2 - 3 Stunden, pH muß u m 3,5 liegen, oder • Kombination H r B l o c k e r + Pirenzepin (scheint praktikabel und effektiver als o. g.).
Embolieprophylaxe Nach allgemeinchirurgischen Eingriffen in Vollnarkose haben etwa 30 % der Patienten während der ersten 3 Tage eine tiefe Venenthrombose, die meist nur partiell das Gefäßlumen verschließt und daher klinisch nicht erkannt wird. Besonders gefährdet sind Patienten mit Varizen, anamnestischen Phlebitiden und Thromboembolien, Herzerkrankungen und Malignomträger. Bei einem Teil der Patienten kann es zur kompletten tiefen Venenthrombose oder auch Lungenembolie kommen. Deshalb ist eine Thromboembolieprophylaxe indiziert, die diese Komplikationen drastisch zu senken vermag. A m Morgen des OP-Tages wird begonnen mit: - Low-dose-Heparin, z.B. 2 x 5 0001. E. Heparin s. c., evtl. kombiniert mit Dihydroergotamin oder - Dextran 40, 500 ml/Tag i. v. Adjuvant werden angewendet: - Frühmobilisation, - Physikalische Maßnahmen, wie Antiemboliestrümpfe, routinemäßige Kompression der Extremitäten, Bettfahrradergometer u. ä.
Embolieprophylaxe Am Morgen des OP-Tages: - Low-dose-Heparin 2 χ 5000 I. Ε. Heparin s. c., kombiniert mit Dihydroergotamin, - Dextran 40, 500 ml/Tag. i. v. Adjuvant: - Antiemboliestrümpfe, - Kompression der Extremitäten, - Bettfahrradergometer, - Frühmobilisation.
88 Parenterale Ernährung und Volumensubstitution
Definition
VIII. Prä- und postoperative Behandlung
4. Parenterale Ernährung und Volumensubstitution Definition:
Man versteht hierunter die Gabe von • Wasser, Elektrolyt-Lösungen, kolloidalen Lösungen, Plasma, Humanalbumin und Blut, • Aminosäuren, Zucker, Fettlösungen, • Medikamenten. Indikation
Indikation:
• Oral kann keine Nahrungszufuhr erfolgen (ζ. B. frühpostoperativ nach Magenresektion, bei Ileus), • orale Ernährung ist qualitativ und/oder quantitativ unvollständig (ζ. B. Ösophagusstenose), • oral können die entsprechenden Substanzen nicht zugeführt werden (ζ. B. Blut, Medikamente, die enteral zerstört werden). Die Infusionstherapie dient der Erhaltung der Homöostase.
Prinzip der Infusionstherapie ist die Aufrechterhaltung der Homöostase. Sie ist insbesondere abhängig von • Isoionie: konstantes Ionenverhältnis und konstante Ionenmenge • Isotonie: osmotischer Druck im Plasma 280-310 mosm/kg • Isohydrie: konstante Wasserstoffionenkonzentration • Adäquate energetische Versorgung 1 g Kohlenhydrat ö 4,1 kcal (= 16,7 kJ) l g Eiweiß ö 4,1 kcal (= 16,7 kJ) l g Fett ^ 9,3 kcal (= 38,9 kJ) • Adäquate Menge von Sauerstoffträgern Normalwerte im Serum: mval/1 Natrium 1441 Kalium 4,4 Kalzium 2,3
Verabreichungsform 1. Oral, 2. Nach Laparatomie i. v. Applikation ausreichend; Zufuhr von Wasser, Elektrolyten, Zucker-Aminosäure-Lösungen als Basisernährung 3. wenn langfristig nötig, über zentralvenösen Katheter, 4. keine subkutane Infusion, 5. intraarteriell ergibt höhere Komplikationsrate.
Chlor Bikarbonat
mval/1 104 25
Verabreichungsform 1. Wenn möglich,
sollen alle Stoffe
oral zugeführt
werden
2. Nach Laparatomie (mittelgroße Eingriffe), bei der erfahrungsgemäß die orale Zufuhr nach 1 - 2 Tagen begonnen werden kann, reicht bei einem guten Allgemeinzustand der Patienten meist die intravenöse Applikation über eine peripher liegende Kanüle. Hierbei können dann keine höherprozentigen Lösungen appliziert werden, d. h. eine inadäquate Energiezufuhr wird bewußt in Kauf genommen, da sie im Vergleich zu den mit dem Legen und der Handhabung eines zentralvenösen Katheters verbundenen Komplikationen als das kleinere Übel erscheint. Es werden Wasser, Elektrolyte und niederprozentige Zucker-Aminosäure-Lösungen infundiert (ledigliche eine Art Basisernährung). 3. Wenn eine längerfristige, parenterale, energiereiche Therapie nötig ist, wird ein zentralvenöser Katheter gelegt. 4. Subkutane Infusionen sind heute obsolet (Resorption unkontrollierbar, schmerzhafte Methode, Infektionsgefahr). 5. Intraarterielle Infusion bietet keine Vorteile gegenüber i. v. Infusion, sondern höchstens höhere Komplikationsgefahren.
Parenterale Ernährung und Volumensubstitution
89
Bilanz Sie m u ß u m so g e n a u e r sein, je länger die ausschließliche intravenöse Z u f u h r anhält, j e größer die Verluste u n d je ausgeprägter die O r g a n f u n k t i o n e n eingeschränkt sind. Es ist a n z u s t r e b e n , daß die G e s a m t z u f u h r der G e s a m t a u s f u h r entspricht. Dies ist bei S c h w e r k r a n k e n oft n u r a n n ä h e r u n g s w e i s e möglich, die Verluste sind n i c h t i m m e r oder n u r u n g e n a u zu q u a n t i f i z i e r e n u n d zu q u a l i f i z i e r e n ( Ö d e m im W u n d g e b i e t , Perspiratio insensibilis, Verluste im Dritten Raum). N e b e n der exakten Erfassung aller a u s g e s c h i e d e n e n Flüssigkeiten m u ß bei B i l a n z p r o b l e m e n a u c h eine Analytik a u s g e s c h i e d e n e r Flüssigkeiten erfolgen.
Bilanz: Ziel—»Zufuhr = Ausfuhr, praktisch nurnäherungsweise möglich,
N e b e n d e n rein r e c h n e r i s c h e n W e r t e n sind oft klinische u n d weitere apparative B e f u n d e zu berücksichtigen: ζ. B. A n a m n e s e , H a u t b e s c h a f f e n h e i t , Turgor, S c h l e i m h ä u t e , D u r s t g e f ü h l , U r i n a u s s c h e i d u n g pro Zeit, L u n g e n b e f u n d (evtl. R ö n t g e n - T h o r a x ) , Kreisl a u f s i t u a t i o n ( H e r z f r e q u e n z , Blutdruck, ZVD), H ä m a t o k r i t v e r h a l t e n .
M a n unterscheidet: • Grundbedarf: dient der D e c k u n g des n o r m a l e n täglichen Bedarfs a n Wasser, Elektrolyten u n d Energie. • Ersatzbedarf: M e n g e n an Wasser, Elektrolyten u n d Energieträgern, die d u r c h d e n G r u n d b e d a r f n i c h t abgedeckt sind u n d d u r c h Verluste aus pathologischen B e d i n g u n g e n (ζ. B. Sonde, Fisteln) h e r r ü h r e n . •
Bedarfslage
Korrekturbedarf: Die H o m ö o s t a s e ist bereits gestört (ζ. B. tagelang b e s t e h e n d e r Ileus m i t m a s s i v e m Erbrechen). Es m ü s s e n i n s b e s o n d e r e Wasser u n d Elektrolyte zur Beseitigung der meist gestörten H y d r a t a t i o n u n d T o n i z i t ä t bis z u r H o m ö o s t a s e z u g e f ü h r t werden.
Die täglichen Verluste an Flüssigkeit werden u n t e r d e m Begriff „Ausfuhr" sammengefaßt: Urin S o n d e n (Magen, D ü n n d a r m - D i c k d a r m ) Fäzes I n t r a a b d o m i n e l l e D r a i n a g e n (Blut, Aszites, Galle) Perspiratio insensibilis Fisteln aus D a r m oder M a g e n Schwitzen Enterostomie Erbrechen T-Drainage Okkulte Wasserverluste: 7 0 0 - 1 0 0 0 ml/die. Bei deutlich erhöhter K ö r p e r t e m p e r a t u r 5 0 0 - 1 0 0 0 m l m e h r . Mengen und Konzentrationen ausgeschiedener Flüssigkeiten: Menge ml/die Urin 1 0 0 0 - 2 000 Magensaft 8 0 0 - 2 500 Galle 400-1000 Tiefe D ü n n d a r m f i s t e l / 4 0 0 - 1 500 Ileostomie frühpostop. Grundbedarf beim Erwachsenen: Wasser 3 0 - 4 0 ml/kg KG/die Aminosäuren Kohlenhydrate
1 - 2 g/kg K G / d i e 3 - 6 g/kg K G / d i e
Na" mval/1
K" mval/1
100-120 2 0 - 90 130-170 100-150
40-60 5-12 3-12 5-30
zu-
Verluste an Flüssigkeit durch „Ausfuhr"
Grundbedarf des Erwachsenen
VIII. Prä- und postoperative Behandlung
90
Fett 1 - 2 g/kg KG/die Energie 2 5 - 4 0 kcal/kg KG/die ( = 101-162 101kJ/kg/die) 1 , 5 - 4 mval/kg KG/die Natrium 1 - 2 mval/kg KG/die Kalium 1 , 5 - 4 mval/kg KG/die Chlor 0,1 mval/kg KG/die Magnesium 0,2 mval/kg KG/die Phosphat 0,1 mval/kg KG/die Kalzium Spurenelemente Kohlenhydrate können in Form von Glukose, Fruktose, Xylit, Sorbit zugeführt werden. Eine Kombination aus den unterschiedlichen Zuckern hat vermutlich Vorteile, da verschiedene Abbauwege vorliegen und dadurch die Kapazität nicht so leicht überschritten wird (keine gegenseitige Umsatzhemmung). Faustregel für postoperative parenterale Ernährung
Faustregel für postoperative parenterale Ernährung nach großen Eingriffen: • Unkomplizierter Verlauf: Aminosäuren > 1 g/kg KG/die Kohlenhydrate > 4 g/kg KG/die Beispiel: Patient mit Kolonresektion, 60 kg Körpergewicht 1000 ml AS 10 % 1 5 0 0 m l KH 20% (kann als Gemisch aus Glukose:Fructose:Xylit = 2:1:1 gegeben werden) + Elektrolyte (eventuell als Lösung) • Patienten mit septischen Prozessen, Schädel-Hirn-Verletzungen oder Verbrennungen haben deutlich höheren Energiebedarf in Extremfällen zwischen 4 0 - 7 0 kcal/kg KG/die (= 1 6 2 - 2 8 5 kJ/kg KG/die). Neutralfettinfusionen werden meist nur bei Langzeiternährung (mehr als 4 Wochen) oder nach Beendigung der akuten Phase der Erkrankung verabreicht, wenn entsprechende energetische Bedürfnisse bestehen.
Kontrolle Wasser-Elektrolyte, Energie-Stickstoffbilanz.
Kontrolle der parenteralen Ernährung Wasser-Elektrolyte: Körpergewicht, Osmolalität im Serum und Urin, Elektrolyte im Serum und Urin, evtl. Drainagen, Hämatokrit, Säure-Basen-Haushalt, Menge des Urins. Energie-Stickstoffbilanz: Glukose, Laktat, Kreatinin, Harnstoff, Gesamteiweiß im Serum, Elektrophorese
Blutverluste Präoperative Blutentnahme—» postoperative Reinfusion.
Blutverluste 1. Bei planbaren Operationen mit größerem zu erwartenden Blutverlust und gutem Ausgangs-Hb des Patienten kann präoperativ 2- bis 3mal Blut in jeweils 1- bis 2tägigem Abstand abgenommen werden. Jeweiliger Volumenersatz evtl. durch Dextran- oder Stärkepräparate. Das Eigenblut kann intra- und postoperativ reinfundiert werden. Patient verliert während OP „verdünntes Blut". 2. Bei intraoperativ zu erwartenden größeren Blutverlusten, wie ζ. B. einer tiefen Beckenbeinvenenthrombose, kann durch Autotransfusion das Eigenblut aufgefangen und reinfundiert werden (Autotransfusionsgeräte sind Einmalartikel). 3. Bei Blutverlusten zwischen 500 und 1 500 ml (je nach Ausgangs-Hb und Art der Grunderkrankung) erfolgt die Volumensubstitution mit: - Plasmaersatzflüssigkeit, - Plasmaexpander,
Intraoperativ: Eigenblut auffangen (Autotransfusion) und —» Reinfusion
Blutverluste von 500-1 000 ml - * Volumensubstitution mit: - Plasmaersatzflüssigkeit, - Plasmaexpander,
Parenterale Ernährung und Volumensubstitution - kolloidfreien L ö s u n g e n , - H u m a n a l b u m i n , Plasma. Wird ein Hb von 10 g% unterschritten,
91 kolloidfreien Lösungen, Humanalbumin, Plasma.
muß normalerweise
Fremdblut
gegeben
werden. Plasmaersatzflüssigkeit: - D e x t r a n 60 M G = 60 000 D e x t r a n 70 MG = 70000 Es liegen 6%ige L ö s u n g e n in 0,9%iger N a C l - L ö s u n g oder elektrolytfrei vor. W e r d e n 500 m l in etwa 30 m i n b e i m n o r m a l h y d r i e r t e n E r w a c h s e n e n zugef ü h r t , e n t s p r i c h t der intravasale V o l u m e n z u w a c h s etwa 500 ml, zusätzlich a n t i t h r o m b o t i s c h e r Effekt. D e x t r a n - M o l e k ü l e < 40 000 M G werden über die Niere ausgeschieden, die großen M o l e k ü l e w e r d e n im Körper zu C 0 2 u n d H 2 0 a b g e b a u t ( i n n e r h a l b einer W o c h e ) . - Hydroxyäthylstärke, M G 450 000, in 6%- u n d 10%igen L ö s u n g e n . W i r d intravasal d u r c h α - A m y l a s e in kleinere M o l e k ü l e gespalten, Kreislaufeffekt entspricht d e m n a c h D e x t r a n 60. - G e l a t i n e l ö s u n g : A u f g r u n d des niedrigen Molekulargewichts wird die Gelatine schnell a u s g e s c h i e d e n , deshalb deutlich geringerer V o l u m e n e f f e k t als n a c h P r ä p a r a t e n auf D e x t r a n - oder Stärkebasis. Plasmaexpander: D e x t r a n 40, 10%iges n i e d e r m o l e k u l a r e s Dextran, M G 40 000, in 0,9%iger N a C l - L ö s u n g oder kochsalzfrei. H a t e x p a n d i e r e n d e n Effekt bei a u s r e i c h e n d schneller Z u f u h r (500 m l in 30 min.). Intravasaler V o l u m e n z u w a c h s b e i m N o r m o h y d r i e r t e n fast doppelt so groß wie z u g e f ü h r t e Flüssigkeitsmenge ( k o m m t aus interstitiellem R a u m ) . Wirkung:
Plasmaersatz - Dextran 60, - Dextran 70, - Hydroxyäthylstärke, - Gelatinelösung.
Plasmaexpander Dextran 40 hat expandierenden Effekt bei genügend schneller Zufuhr (500 ml pro 30 min).
- es steigert das H Z V d u r c h E r h ö h u n g des F ü l l u n g s d r u c k e s a m H e r z e n (Expandereffekt) und durch - H ä m o d i l u t i o n u n d S e n k u n g der Viskosität, d a d u r c h A b n a h m e des peripheren Widerstandes, - d u r c h Verbesserung der F l i e ß e i g e n s c h a f t e n des Blutes (Viskositätssenkung, Flußsteigerung) resultiert eine bessere D u r c h b l u t u n g der E n d s t r o m b a h n , E r y t h r o z y t e n - A g g r e g a t i o n s t e n d e n z wird v e r m i n d e r t . D e x t r a n 40 sollte n o r m a l e r w e i s e n i c h t p r i m ä r zur V o l u m e n s u b s t i t u t i o n gegeb e n werden, s o n d e r n u n t e r d e m Aspekt der verbesserten Rheologie in der Endstrombahn. Plasmapräparate: pasteurisierte P l a s m a p r o t e i n e u n d A l b u m i n e - Plasmaproteinlösung, - Humanalbumin, b e i d e h a b e n guten V o l u m e n - u n d k o l l o i d o s m o t i s c h e n Effekt. - F r e s h - f r o z e n - p l a s m a z u m Ersatz von G e r i n n u n g s f a k t o r e n . Blut und Erythrozytenkonzentrat: - K o n s e r v e n b l u t (Vollblut) (Erythrozyten + Plasma + stabile G e r i n n u n g s f a k toren) m i t Stabilisatoren versetzt, indiziert bei A n ä m i e bzw. m a s s i v e m Blutverlust. Problem: Virushepatitis. - E r y t h r o z y t e n k o n z e n t r a t , enthält wenig P l a s m a u n d k e i n e T h r o m b o z y t e n , H ä m a t o k r i t zwischen 70 u n d 90 %. - T i e f g e f r o r e n e Erythrozyten, bei - 8 5 °C gefroren, ü b e r J a h r e haltbar. Sind m e h r f a c h gewaschen, Hepatitisrisiko scheint d e u t l i c h v e r m i n d e r t zu sein. - Frischblut, bis zu 2 T a g e n alt, h a t h ö h e r e n G e h a l t an T h r o m b o z y t e n u n d labilen p l a s m a t i s c h e n G e r i n n u n g s f a k t o r e n als n o r m a l e Vollblutkonserve. Indiziert bei massiven B l u t u n g e n , b e s o n d e r s in K o m b i n a t i o n mit T h r o m bozytopenie.
Plasmapräparate - Plasmaproteinlösung, - Humanalbumin, - fresh-frozen-plasma.
Blut und Erythrozytenkonzentrate - Konservenblut, - Erythrozytenkonzentrat, - tiefgefrorene Erythrozyten, - Frischblut (bis 2 Tage alt), - Warmblut (wenige Stunden alt).
VIII.Prä- und postoperative Behandlung
92
- Warmblut, wenige Stunden altes Vollblut, hoher Gehalt an Thrombozyten und Gerinnungsfaktoren. Indiziert nach hohen Blutverlusten in Verbindung mit Gerinnungsstörungen.
Postoperative Komplikationen
5. Postoperative Komplikationen
Respiratorische Störung häufig nach Höhleneingriffen, - Dystelektasen, - Störung des Durchblutungs-BelüftungsVerhältnisses, - Lungenfunktionsstörung, ζ. B. durch zu flache Atemzüge, unterdrückten Hustenreflex, Meteorismus, Passagestörungen.
5.1 Respiratorische Störungen Häufigste Komplikation nach Höhleneingriffen, Hauptsymptom: P a 0 2 [
Ursachen: • Dystelektasenbildung, besonders bei Oberbaucheingriffen (Hakendruck auf Zwerchfell) und bei direkter Kompression der Lunge, • Störung des Durchblutungs-Belüftungs-Verhältnisses, • Faktoren, die postoperative Lungenfunktionsstörungen begünstigen: - Schmerz —»keine tiefen Atemzüge, Hustenreflex wird unterdrückt, - hochgedrängte Zwerchfelle durch Meteorismus und postoperative Passagestörung.
Diagnose durch: - Auskultation, - Perkussion, - Atemfrequenz, - Atemarbeit, - Blutgasanalyse.
Diagnosestellung:
Therapie: - 0 2 -Nasensonde, - Physiotherapie, - Mobilisierung, - Überdruckbeatmung, - kausale Therapie.
Therapie:
Indikationen zur Beatmung
• Klinische Untersuchung (Auskultation, Perkussion, A t e m f r e q u e n z , Abschätzung der Atemarbeit), • Röntgen-Thorax, • Blutgasanalyse (ist objektivierbare Größe zur Beurteilung des Gasaustausches).
• 0 2 - N a s e n s o n d e (Nasopharyngealkatheter), 0 2 - B e i m i s c h u n g in Einatmungsluft kann auf 3 5 - 4 0 % erhöht werden, dadurch Anstieg des P a 0 2 . 0 2 - Z u f l u ß maximal 6 - 8 1/min, Luft anfeuchten, • Physiotherapie, Mobilisierung, • Überdruckbeatmung (Bird), • kausale Therapie: - bei P n e u m o n i e Antibiotika-Therapie, - bei eitriger Bronchitis Antibiotika-Therapie, - bei Pleuraerguß Punktion, - bei überblähtem A b d o m e n u n d hochgedrängtem Zwerchfell Anregung der Motilität, A b f ü h r m a ß n a h m e n , Dekompression des Magens über Magensonde, - bei Dystelektasen von ganzen Lungenlappen nach kurzfristiger konservativer Therapie (Bird, Physiotherapie) bronchoskopische Absaugung u n d evtl. anschließend Überdruckbeatmung. Kurzfristige Blutgasanalysen sind oft erforderlich bei der Indikationsstellung zur
Beatmung.
Als Faustregel kann gelten: • P a 0 2 < 60 m m H g , • P a C 0 2 > 60 m m H g . Bei der Indikationsstellung zur Beatmung müssen auch Berücksichtigung finden: • Atemarbeit, • Röntgenthoraxaufnahme, • Allgemeinzustand des Patienten, • Prognose der Erkrankung,
Postoperative Komplikationen
93
• Status im R a h m e n des postoperativen Verlaufes (Patient m i t septis c h e m K r a n k h e i t s b i l d , ζ. B. N a h t i n s u f f i z i e n z , erfordert eher Beatm u n g als Patient m i t a s e p t i s c h e m Eingriff, der vom operativen Vorgeh e n her u n k o m p l i z i e r t verlief)·
5.2 Herz-Kreislauf-Störungen H ä u f i g s t e S t ö r u n g e n sind: • Hypovolämie, • H e r z r h y t h m u s s t ö r u n g e n , Herzinfarkt, • Hypertonie. Postoperative H y p o v o l ä m i e • I n a d ä q u a t e r Ersatz bei Blutverlust intra- u n d u n m i t t e l b a r postoperativ, n a c h massiver Diurese. • Blutung: - aus chirurgischer U r s a c h e (an A n a s t o m o s e , aus B a u c h r a u m oder Thorax). Bei liegender D r a i n a g e k a n n sich Blut entleeren. Falls Drain n i c h t fördert, spricht dies nicht gegen Blutung; - aus nicht-chirurgischer Ursache, ζ. B. G e r i n n u n g s s t ö r u n g e n ; - n i c h t aus O P - G e b i e t , ζ. B. Streßulkus a m Magen; • n a c h o s m o t i s c h e r Diurese (iatrogen, D i a b e t e s mellitus) ist das intravasale V o l u m e n zu klein geworden; • P h a r m a k a , wie ζ. B. M o r p h i n - oder Purinderivate f ü h r e n zur S e n k u n g des V e n e n t o n u s . Bei einer evtl. v o r b e s t e h e n d e n a b s o l u t e n Hypovolämie, die d u r c h T o n u s e r h ö h u n g k o m p e n s i e r t worden war, ist jetzt der venöse R ü c k f l u ß vermindert, d a d u r c h der F ü l l u n g s d r u c k a m H e r z e n erniedrigt. H Z V Abfall.
Herz-Kreislauf-Störungen: - Hypovolämie, - Herzrhythmusstörungen, - Herzinfarkt, - Hypertonie. 1. Hypovolämie durch - falschen Ersatz bei Blutverlust, - Blutung, - nach osmotischer Diurese, - Pharmaka.
Symptome: Schweißige, f e u c h t e , kalte H a u t , H e r z f r e q u e n z a n s t i e g , evtl. RR-Abfall, Z V D erniedrigt, evtl. m e t a b o l i s c h e A z i d o s e a u f g r u n d der M i n d e r p e r f u s i o n in der Peripherie. H b - G e h a l t bzw. H ä m a t o k r i t sind bei einer a k u t e n B l u t u n g g e g e n ü b e r Vorwert nicht oder n u r gering erniedrigt, H b - A b f a l l erst d u r c h A u f f ü l l u n g des I n t r a v a s a l v o l u m e n s aus d e m Extrazellulärraum, was Zeit b r a u c h t ( 1 5 0 - 2 5 0 m l / h , transkapillärer A u s t a u s c h ) . Therapie: Volumensubstitution. Bei f e h l e n d e r Möglichkeit, d e n V e n e n d r u c k zu messen, k a n n bei unklarer H y p o t e n s i o n ex j u v a n t i b u s kurzfristig ( 5 - 1 0 min) u m s c h r i e b e n e V o l u m e n m e n g e z u g e f ü h r t werden, ζ. B. 2 0 0 - 3 0 0 m l D e x t r a n 70. W e n n h i e r u n t e r H e r z f r e q u e n z abfällt u n d R R ansteigende T e n d e n z zeigt, k a n n von Hypovolä m i e ausgegangen u n d T h e r a p i e in d i e s e m Sinne fortgesetzt werden. Reintervention bei chirurgischer Blutung: - A u s m a ß der B l u t u n g ist e r k e n n b a r groß (arterielles Blut läuft im Schwall aus Drainage). - N a c h zweimaliger Kreislaufstabilisierung d u r c h V o l u m e n s u b s t i t u t i o n in kurzer Zeit k o m m t es e r n e u t zur H y p o t e n s i o n u n d m e ß b a r e m Abfall des zentralen V e n e n d r u c k e s . - Bei N a c h b l u t u n g m ä ß i g e n A u s m a ß e s , w e n n i n n e r h a l b von 12 h m e h r als 2 - 4 B l u t e i n h e i t e n gegeben werden m u ß t e n ( G e r i n n u n g s s t ö r u n g e n m ü s s e n ausgeschlossen sein).
Symptome: - kalte Haut, - feuchte Haut, - Herzfrequenzanstieg, - evtl. RR-Abfall, - Z V D erniedrigt, - evtl. metabolische Azidose, - bei akuter Blutung, Hb nicht erniedrigt; Hb-Erniedrigung erst durch Auffüllung des Intravasalvolumens. Therapie: - Volumensubstitution, - Reintervention bei chirurgischer Blutung.
Herzrhythmusstörungen F r ü h p o s t o p e r a t i v g e h ä u f t , h a b e n oft U r s a c h e in relativer H y p o k a l i ä m i e d u r c h m a s c h i n e l l e Hyperventilation (respiratorische Alkalose) oder in H y p o ventilation (respiratorische Azidose) in d e n ersten postoperativen S t u n d e n .
2. Herzrhythmusstörungen Ursache: Relative Hypokaliämie
VIII. Prä- und postoperative Behandlung
94 Formen: Ventrikuläre Extrasystolen,
Vorhofflimmern,
Supraventrikuläre Extrasystolen,
Bradykardie,
Sinustachykardie,
1. Ventrikuläre Extrasystolen; therapiebedürftig, wenn > 1 : 1 0 . Therapie: symptomatische Maßnahme durch Gabe von Antiarrhythmika (Lidocain, Procainamid, Ajmalin), dann Kaliumkontrolle u n d eventuelle Substitution und Digitalis absetzen. 2. Vorhofflimmern, absolute Arrhythmie, schnelle Form; - falls präoperativ bereits dieser Rhythmus bestand, Versuch durch Digitalis Frequenz zu senken, evtl. kurzfristig Gabe von Antiarrhythmika zur Frequenzsenkung, - erstmalig aufgetretenes Vorhofflimmern bei präoperativem Sinusrhythmus, Versuch der Rhythmisierung ζ. B. durch Antiarrhythmika, bei lebensbedrohlicher Frequenzsteigerung kann synchrone Defibrillation erforderlich werden, u m in Sinusrhythmus überzuführen. 3. Supraventrikuläre Extrasystolen; wenn sie postoperativ plötzlich auftreten, Lage der Kava-Katheterspitze überprüfen; falls sie im Vorhof liegt, in obere Hohlvene zurückziehen, therapiebedürftig, wenn > 2 - 4 : 1 0 Therapie: ζ. B. Verapamil, evtl. Propranolol (Vorsicht, da auch stark negativ inotrop!) 4. Bradykardie; oft bedrohlich, wenn Herzfrequenz < 40/min, Therapie: Atropin, Orciprenalin, falls medikamentös nicht beeinflußbar, Schrittmacherimplantation. 5. Sinustachykardie; postoperativ ist Anstieg der Herzfrequenz fast immer die Regel (Herzfrequenz im Durchschnitt u m 9 5 - 1 0 0 / m i n ) . Falls Sinustachykardie ein stärkeres Ausmaß annimmt, müssen dafür faßbare Ursachen ausgeschlossen werden: - erhöhte rektale Körpertemperatur, - Hypovolämie, - Hypoxie ( P a 0 2 | ) , - Anämie ( H b | ) , - Herzinsuffizienz, - Schmerz. Wenn keine Ursachen gefunden werden können und Ausmaß der Sinustachykardie sehr groß wird, können negativ chronotrope Substanzen verabreicht werden (ζ. B. Verapamil, Propranolol).
3. Herzinsuffizienz Ursache: Falsche Infusionstherapie oder Herzrhythmusstörungen.
Herzinsuffizienz Postoperativ manchmal infolge inadäquater Infusionstherapie durch Volumenüberlastung manifestiert, jedoch sehr oft im Rahmen von Herzrhythmusstörungen.
4. Herzinfarkt —> Digitalisierung, Diuretika.
Postoperativer Herzinfarkt M u ß insbesondere bei entsprechender klinischer Symptomatik ausgeschlossen werden. Therapie: evtl. Digitalisierung, Diuretika, Katecholamine.
5. Hypertonie Durch situative Ursachen, diese beseitigen, evtl. Antihypertensivum.
Hypertonie Situative Ursachen primär beseitigen. Falls erforderlich, Antihypertensivum i. v. nach Effekt dosieren bzw. wiederholt injizieren (ζ. B. Dihydralazin oder Clonidin).
Passagestörung Störung der Motilität am Intestinaltrakt.
5.3 Postoperative Passagestörung In den ersten postoperativen Tagen ist die Motilität am Intestinaltrakt oft gestört. Entgegen früherer A n n a h m e n handelt es sich wahrscheinlich nicht u m
Postoperative Komplikationen eine Abnahme des Parasympathikotonus, sondern um ein Überwiegen des Sympathikotonus. Diagn osestellu ng: - Fehlende Peristaltik („Darmatonie"), höher- oder hochgestellte Peristaltik bei Passagebehinderung, ζ. B. durch abgeknickte Dünndarmschlinge, - starker Rückfluß aus der Magensonde, - geblähtes und etwas gespanntes Abdomen. Therapie: Parasympathikomimetika (Prostigmin). In hartnäckigen Fällen Sympathikolyse: - medikamentös (Chlorpromazin, Trifluperidol), - Sympathikolyse über Periduralanästhesie.
5.4 Septische Komplikationen Hauptsymptom ist das Fieber, kann jedoch, selbst beim septischen Schock, fehlen (rektale Körpertemperatur postoperativ mit Ausnahme des ersten Tages selten über 38,4 °C rektal beim unkomplizierten Verlauf)· Beim Übergang in Septikämie können beobachtet werden: Somnolenz, Hyperventilation, respiratorische Alkalose mit kompensatorischer Basenverminderung, warme Hypotension, reduzierter Urinfluß, Anstieg des Serumkreatinins, evtl. Leukozytose, Thrombozytopenie. Naheliegende Ursachen sind: - operationsbedingt: Nahtinsuffizienz, intraabdomineller Abszeß (DouglasRaum, subphrenisch, interenterisch), Wundheilungsstörung (Bauchwandphlegmone, Wundabszeß), - Infektion im Rahmen eines Katheterismus (Kava-Katheter, Blasenkatheter, Pulmonalis-Katheter), - pulmonale Ursache (bakterielle Infektion), - Infektion der ableitenden Harnwege. Therapie: Beseitigung der Ursache nach Diagnosestellung. Meist adjuvante Therapie erforderlich: - symptomatische Kreislauf- und Atemtherapie, - Antibiotika.
95
Diagnose: - fehlende Peristaltik, - starker Rückfluß aus der Magensonde, - geblähtes, gespanntes Abdomen. Therapie: Parasympathikomimetika, Sympathikolyse.
Septische Störungen Hauptsymptom: - Fieber (kann auch fehlen). Ferner: - Somnolenz, - Hyperventilation, - respiratorische Alkalose, - warme Hypotension, - reduzierter Urinfluß, - erhöhtes Serumkreatinin, - evtl. Leukozytose, Thrombozytopenie. Ursachen: - operationsbedingt, - Infektion durch Katheter, - pulmonal, - Infektion der Harnwege.
Therapie: - Beseitigung der Ursache, - Antibiotika.
5.5 Renale Störung Nach großen Operationen bzw. bei primär gefährdeten Patienten liegt meist ein suprapubischer Katheter bzw. Blasenkatheter. Kontrollwerte: - Elektrolyte im Serum, - Kreatinin und Harnstoff im Serum, - Urin (Menge, Osmolarität, evtl. Elektrolytgehalt, Harnstoff, Kreatinin). Bei postoperativer Oligurie oder Anurie muß primär an funktionelle Ursache gedacht werden: • postrenale Störung: Überlaufblase, evtl. Läsion der Ureteren aufgrund des operativen Vorgehens, • inadäquate Infusionstherapie (Exsikkose), • Hypotension, inadäquate Nierendurchblutung. Therapie: • adäquate Zufuhr von Wasser und Elektrolyten, • adäquate kalorische Ernährung besonders bei kataboler Stoffwechsellage, u m Anfall harnpflichtiger Substanzen so klein wie möglich zu halten, • angemessene Perfusion der Nieren durch adäquate Kreislaufverhältnisse (RR, Puls, ZVD, Röntgen-Thorax), evtl. Dopamin in niedriger Dosierung zur Aufrechterhaltung eines ausreichenden Perfusionsdruckes,
Renale Störungen Ursachen: - postrenal: Überlaufblase, Läsion, der Ureteren, - falsche Infusionstherapie, - Hypotension. Therapie: - Zufuhr von Wasser und Elektrolyten, - richtige kalorische Ernährung, - ausreichende Perfusion der Nieren,
96 - Medikamente - Furosemid, osmotische Substanzen, - Beseitigung eines evtl. septischen Zustandes. Bei akuten Nierenversagen: —» Hämodialyse
VIII. Prä- und postoperative Behandlung • Medikamente: wenn bisher aufgeführte Maßnahmen ohne Effekt - Furosemid 2 0 - 4 0 mg i. v., evtl. wiederholen, - Gabe von osmotischen Substanzen, • falls septischer Zustand, muß dieser kausal angegangen werden. Wenn akutes Nierenversagen sich abzeichnet, restriktives Verhalten bei Infusionstherapie, u m Überwässerung zu verhindern, Entschluß zur frühzeitigen Hämodialyse.
5 . 6 F e t t e m b o l i e (s. auch Kapitelx.). Embolisation in der Endstrombahn, besonders im kleinen Kreislauf, jedoch auch im Gehirn, in Niere, Haut usw. Es handelt sich u m Fettpartikel, ζ. T. auch u m Knochenmarkpartikel bei Frakturen der großen Röhrenknochen, jedoch auch u m Thrombozytenaggregate, Leukozytenansammlungen ohne nachweisbares Fett, insbesondere auch ohne faßbares Trauma. Fettembolie Ursachen
Fettembolie nach Traumen: • bei Frakturen häufig im Zusammenhang mit massiver Kontusion des Körpers, • nach großen Weichteilverletzungen und Kontusionen ζ. T. ohne Fraktur, • nach Verbrennungen. Fettembolie ohne Trauma: • nach Reanimation, • bei schwerer Pankreatitisinfektion, Vergiftung, • nach Verbrauchskoagulopathie, Schock, • Eklampsie.
Symptome: Kurz nach Unfall - Dyspnoe, - Zyanose, - Tachykardie. Später - Somnolenz, - petechiale Blutungen der Haut, - Rechtsherzüberlastung. Therapie ist Prophylaxe: - Schockverhütung, Schockbeseitigung, - Oxygenierung, - langes Liegen auf Rücken vermeiden (Stabilisierung der Fraktur).
Pathophysiologic: Fett stammt nur ζ. T. aus Knochenmark, vermutlich kommt es zur Entemulgisierung der Blutfette, offensichtlich multifaktorielles Geschehen, wobei Schock, Kreislaufinsuffizienz, Azidose, Mikrozirkulationsstörung und Gerinnungsstörungen von Bedeutung zu sein scheinen. Symptome: • pulmonale Fettembolie meist frühzeitig nach Unfall (Stunden): Dyspnoe, Zyanose, Tachykardie, • Somnolenz und petechiale Blutungen der Haut treten oft etwas später auf, • vom Kreislauf her oft Zeichen der Rechtsherzüberlastung.
Therapie: Wichtigste Maßnahme ist die Prophylaxe, u m keine Fettembolie entstehen zu lassen: • Schockverhütung bzw. rasche Schockbeseitigung, • adäquate Oxygenierung, • Stabilisierung der Fraktur langer Röhrenknochen, u m längeres Liegen auf dem Rücken zu vermeiden. Nach erfolgter Manifestation der Fettembolie: Außer allgemeinen Maßnahmen, wie Kreislaufstabilisierung und Oxygenierung, ist bislang kein gesichertes Therapiekonzept bekannt (Heparinisierung?, Proteinase-Inhibitor?, essentielle Phospor-Lipide?)
Literatur
Literatur Ballinger, W. F. et al: M a n u a l of Surgical Nutrition. Saunders, Philadelphia 1975 Bendixen, Η. Η. et al: Respiratory Care. Mosby Co., St. Louis 1965 Dunphy, J. E., Way, L. W.: Current Surgical Diagnosis and Treatment. Lange Medical Publications 1975 Lawin, P.: Praxis der Intensivbehandlung. Thieme, Stuttgart 1981 Sabiston, D. C.: Textbook of Surgery. Saunders, Philadelphia 1981 Strandness, D. E., Sumner, D. S.: Hemodynamics for Surgeons. G r u n e and Stratton, New York 1975
97
IX. Indikationen und Kontraindikationen des operativen Eingriffs
IX. Indikationen und Kontraindikationen
B. Stallkamp
1. Indikationen
Indikationen
1.1 Rechtliche Situation
Rechtliche Grundlagen Diagnostische und therapeutische Eingriffe, die körperliche oder seelische Verletzungen hervorrufen, sind rechtlich „Körperverletzungen".
Das Recht auf Leben u n d körperliche Unversehrtheit ist für den Bürger der Bundesrepublik Deutschland in Artikel 2 G G verbürgt. Diagnostische u n d therapeutische Eingriffe, die die körperliche oder seelische Integrität des Kranken verletzen, erfüllen deshalb nach der gültigen Rechtssprechung den Tatbestand der Körperverletzung, der strafrechtlich (§§223, 223a, 224 StGB) und zivilrechtlich (§§276, 823 BGB) verfolgt werden kann. Dieser Tatbestand wird durch verschiedene U m s t ä n d e aufgehoben: 1. Durch die rechtswirksame Einwilligung des Kranken in den Eingriff. Ist dieser zu einer Willensäußerung nicht in der Lage, geht das Einwilligungsrecht auf den gesetzlichen Vertreter (Eltern, Vormund) über. Ggf. kann auch das Vormundschaftsgericht vor oder, wenn Gefahr im Verzug ist, nach dem Eingriff eingeschaltet werden. 2. Durch m u t m a ß l i c h e Einwilligung (Geschäftsführung ohne Auftrag, übergesetzlicher Notstand). Der Arzt ist verpflichtet, einen notwendigen Eingriff ζ. B. bei einem Bewußtlosen vorzunehmen, u m sich nicht der unterlassenen Hilfeleistung (§ 323c StGB) schuldig zu machen. 3. Eingriffe ohne Einwilligung sind weiterhin gerechtfertigt im R a h m e n des Bundesseuchengesetzes, des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten, der Unterbringungsgesetze und unter bestimmten Umständen zur Beweissicherung im R a h m e n strafbarer Handlungen. Die rechtswirksame Einwilligung setzt eine klare Einsicht des Kranken in seine Lage und seine freie Entscheidung voraus, nicht aber die bürgerlichrechtliche Geschäftsfähigkeit. Sie m u ß vor dem Eingriff formell oder durch schlüssiges Handeln erteilt werden, wird aber unwirksam, wenn der Eingriff selbst gegen die guten Sitten verstößt. Bei Kindern bzw. Minderjährigen m u ß bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vorliegen. Fahrlässige oder vorsätzliche Verstöße gegen die ärztliche Kunst oder die Sorgfaltspflicht werden durch die Einwilligung nicht gedeckt.
1.2 Aufklärung des Kranken U m dem Kranken die notwendige Einsicht zu verschaffen, ist der Arzt zur Aufklärung verpflichtet. Der Umfang wird beeinflußt von der Persönlichkeit des Kranken, der Dringlichkeit des Eingriffs und der Art der Krankheit bzw. des Eingriffs. Sie umschließt in der Regel die Diagnose, das Operationsprinzip, typische Komplikationsmöglichkeiten (ζ. B. Rekurrensparese bei Strumaoperationen) u n d alternative Eingriffe bzw. Therapien. Je weniger die
Ausnahmen: Einwilligung des Kranken oder des gesetzlichen Vertreters,
mutmaßliche Einwilligung (Notfälle) —» unterlassene Hilfeleistung,
im Rahmen des Bundesseuchengesetzes u. a.
Voraussetzung zur Einwilligung: klare Einsicht des Kranken. Bei Kindern: Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.
Aufklärung muß enthalten: - Diagnose, - Operationsprinzip, - Komplikationen, - alternative Therapien.
IX. Indikationen und Kontraindikationen des operativen Eingriffs
100
Operation medizinisch begründet ist, je geringer ihre Erfolgschancen und je höher das Risiko, desto umfangreicher muß die Aufklärung sein. Die Indikation zur Operation muß berücksichtigen: - Diagnose, - Symptome, - Operationstoleranz des Patienten, - Operabilität, - Operationsmöglichkeiten, - alternative Therapien, - Prognose. Zur Diagnosesicherung ist notwendig: - Anamnese, - körperliche Untersuchung, - Zusatzuntersuchungen (Röntgen, Labor, Endoskopie, Sonographie etc.), - Histologie, - Tumorstaging, - Eingriffe zur Sicherung sind möglich. Die Operation ist auch ohne Diagnose aus den Beschwerden des Kranken begründbar.
Operationstoleranz: Patient muß körperliche und seelische Folgen der Operation überstehen können. Hierzu gehört:
guter Allgemeinzustand,
adäquates Alter, da dieses die Leistungsreserven einschränkt (Greis, Säugling).
Das hohe Lebensalter hat die geringsten Funktionsreserven.
Schnellste Operation bei akuten Situationen.
Maxime der Operationsindikation: Weiterleben mit geringsten Erschwernissen.
1.3 Allgemeines zur Operationsindikation Jeder operative Eingriff soll medizinisch begründet sein. Dabei ist es gleichgültig, ob ein diagnostisches oder therapeutisches Ziel verfolgt wird. Die Indikation zur Operation hat zu berücksichtigen: Die Krankheitsdiagnose bzw. Beschwerden oder Krankheitssymptome, die Operationstoleranz des Patienten, die Operabilität und die Operationsmöglichkeiten, alternative Therapien und die Prognose. Die Diagnose sollte nach Erhebung der Anamnese, der physikalischen körperlichen Untersuchung und ggf. zahlreichen Zusatzuntersuchungen (Röntgen, laborchemische Untersuchungen, Endoskopie, Sonographie, Funktionstests (EKG), Zytologie, Histologie) möglichst präzise gestellt werden und ggf. histologische Sicherung und Tumorstaging miteinschließen. Dabei können auch eigene Eingriffe zur Sicherung der Diagnose notwendig sein (Lymphknotenexstirpation). Ist eine Diagnose nicht zu stellen, können auch die Beschwerden des Kranken (Schmerzen) u n d Sekundärerkrankungen oder Symptome, wie Blutungen, Entzündungen, Tumorbildungen, (Magen-Darm)-Perforationen, Einengung oder Verlegung von Hohlorganen (Ileus, Verschlußikterus, Hydronephrose), eine Operation begründen.
1.4 Operationstoleranz Jeder Eingriff setzt die entsprechende Toleranz von Seiten des Kranken voraus, definiert als die individuelle Fähigkeit, einen Eingriff mit allen körperlichen und seelischen Folgen überstehen zu können. In die Beurteilung gehen verschiedene Gesichtspunkte ein. Unter dem Allgemeinzustand wird das gesamte körperliche und geistig-seelische Leistungsvermögen zusammengefaßt, einschließlich Motivation und Kooperationsfähigkeit. Objektive Daten gepaart mit Erfahrung und Einfühlungsvermögen des Arztes lassen einen Gesamteindruck von dem Kranken entstehen. Das Alter beeinflußt die vorhandenen Leistungsreserven, die im frühen Erwachsenenalter am größten sind und beim Greis so reduziert werden, daß das Leben auch ohne Erkrankungen mit einem Alter von etwa 9 0 - 1 1 0 Jahren endet (Eigler). Aber auch Frühgeborene, Säuglinge und Kinder sind in ihren Leistungsreserven eingeschränkt. Die Chirurgie im hohen Lebensalter hat die geringen Funktionsreserven, eine Multimorbidität, atypische Symptomatik, verminderte psychische Anpassungsfähigkeit und ggf. die soziale Isolierung zu beachten. Der innerlich müde, alte Patient ohne Zukunftsperspektive bringt vielfach nicht die Kraft auf, größere Belastungen durchzustehen. Die höhere Letalität im Alter ist ζ. T. aber auch durch schwerere Krankheitsbilder, zu späte Diagnose und durch Begleitkrankheiten bedingt. Bei akuten Situationen soll so früh wie möglich operiert werden, andernfalls kann die Zeit bis zur Operation durch intensive Vorbehandlung genutzt werden. Wichtig ist eine definitive Versorgung (Vermeidung von Zweiteingriffen) unter weitgehender Erhaltung der körperlichen Integrität. Maxime der Operationsindikation sollte sein, ein Weiterleben mit den geringsten Erschwernissen zu ermöglichen. Amputationen, Ernährungsfistel oder Anus praeternaturalis sind möglichst zu vermeiden. Um diese Ziele zu erreichen, sind prinzipiell aber auch große Eingriffe (Gastrektomie) nicht auszuschließen.
Indikationen
101
Ausgesprochene Risikofaktoren sind reversible oder irreversible Begleitkrankheiten verschiedener Organsysteme, die möglichst präoperativ beseitigt oder gebessert werden sollten (Tab. 9-1). Anämien, Störungen des WasserElektrolyt-Haushaltes und Hypoproteinämien erfordern entsprechende Substitution. (Infektiöse) Hauterkrankungen im Operationsgebiet schließen eine Elektivoperation aus. Darüberhinaus können weitere Faktoren die Indikation oder den Zeitpunkt einer Operation beeinflussen: frühere Operationen, Allergien, Anfallsleiden, Alkoholabusus (Gefahr eines Delirium tremens), Gravidität und Medikationen mit Antikoagulanzien, Cortison, oralen Kontrazeptiva u. a.
Risikofaktoren erkennen und präoperativ beseitigen (Tab. 9-1)
Die Indikation muß ferner berücksichtigen: - frühere Operationen, - Allergien, - Anfallsleiden, - Alkoholabusus, - Gravidität, - Medikamente.
Tabelle 9-1 Risikofaktoren Herz-Kreislauf
Koronarsklerose Myokardinfarkt Rhythmusstörungen Myokardi nsuffizienz Zerebralsklerose Apoplexie Hypertonus Venenthrombose frühere Lungenembolie Blutgerinnungsstörungen
Atemwege
Obstruktive Lungenfunktionsstörung Restriktive Lungenfunktionsstörung Asthma bronchiale Atemwegsinfekte
Niere
Niereninsuffizienz Harnabflußstörungen
Stoffwechsel und Endokrinium
Diabetes mellitus Schilddrüsenfunktionsstörungen Nebennieren Insuffizienz Störungen der Leberfunktion Adipositas Kachexie
1.5 Operationsindikation in der Gravidität Die Gravidität stellt einen physiologischen Ausnahmezustand dar mit Besonderheiten in der Diagnostik und Therapie chirurgischer Krankheitsbilder. Die Operationsindikation orientiert sich an dem Grundsatz, nicht dringliche Operationen auf einen Zeitpunkt nach der Entbindung bzw. dem Wochenbett zu verschieben. Akute Erkrankungen (Appendizitis, Verschlußikterus, akute Blutung, Ileus etc.) dulden dagegen keinen Aufschub. Malignome sind in der Gravidität äußerst selten. Die Operationsindikation ist in Abhängigkeit von Befund und Schwangerschaftsstadium individuell, aber grundsätzlich nach den allgemeinen Richtlinien der Tumorchirurgie zu stellen. Das Risiko eines Abortes oder einer Interruptio ist einzukalkulieThoraxchirurgische Erkrankungen werden nach den gleichen Gesichtspunkten beurteilt, eine Indikation zur Beendigung der Gravidität ergibt sich grundsätzlich aber nicht.
Gravidität: Grundsatz: OP auf Zeitpunkt nach Wochenbett verschieben, falls möglich. Akute Erkrankungen (Appendizitis, Ileus, Verschlußikterus etc.) sofort operieren. Malignome (selten) nach den Richtlinien der Tumorchirurgie behandeln.
102 Operationsziele
IX. Indikationen und Kontraindikationen des operativen Eingriffs
1.6 Operationsziele und Operabilität Operationsziele sind grundsätzlich - die Heilung oder Besserung von Krankheiten, - die Beseitigung von Fehlbildungen, Funktionsstörungen, Defekten oder sonstigen Störungsfaktoren. Dazu zählen - die Befreiung von lebensbedrohlichen Krankheiten (Magen-DarmPerforationen, Blutungen, Malignome), - die Behebung drohender oder manifester Funktionsstörungen (arterielle Verschlußkrankheit (AVK), Prostatahypertrophie, Frakturen), - die Verhütung von Krankheitskomplikationen (Thrombektomie bei Venenthrombose zur Embolieprophylaxe), - die Beseitigung von Fehlbildungen (Lippen-Kiefer-Gaumenspalte), - von Beschwerden bzw. Schmerzen (chronische Pankreatitis), - von kosmetisch störenden Defekten (Mammaaufbauplastik).
Man unterscheidet: lokale und prognostische Operabilität. Klärung der Operabilität oft erst während der Operation.
Die Operabilität wird allgemein bestimmt von Faktoren, wie Alter, Konstitution, Begleitkrankheiten etc. D a n e b e n ist aber zwischen einer lokalen oder technischen und einer prognostischen Operabilität bzw. Inoperabilität zu unterscheiden. • Die lokale Operabilität ist insbesondere bei T u m o r e n von Bedeutung u n d von Tumorsitz und -große sowie von der Einbeziehung der Nachbarorgane abhängig. T u m o r a u s m a u e r u n g des kleinen Beckens bei R e k t u m k a r z i n o m e n bedeutet lokale Inoperabilität, während Lungenmetastasen bei einem kleinen Magenkarzinom prognostische Inoperabilität signalisieren. Dementsprechend ist bei malignen T u m o r e n zwischen kurativen (Ausrottung des Tumors) und palliativen (Verkleinerung des Tumors, Beseitigung von bedrohlichen Komplikationen) Operationen zu differenzieren. Vielfach ist die Operabilität erst im Verlaufe der Operation zu klären. Die Zumutbarkeit eines Eingriffs ergibt sich aus der Korrelation von den Zielen u n d den kalkulierbaren Folgen der Operation. Maligne T u m o r e n ζ. B. rechtfertigen größere F u n k t i o n s e i n b u ß e n und Risiken als gutartige Leiden.
Bei alternativen OP-Verfahren erfolgt die Auswahl unter Berücksichtigung von - allgemeinen Aspekten, - Radikalitätskriterien (Tumor), - funktionellen Aspekten.
Stehen f ü r eine Erkrankung alternative Operationsverfahren (Gastrektomie oder palliative Gastroenterostomie, Rektumexstirpation oder lokale Tumorexzision, Osteosynthese oder konservative Frakturbehandlung) zur Verfügung, so m u ß die Auswahl unter Berücksichtigung der genannten allgemeinen Faktoren, der Radikalitätskriterien der Tumorchirurgie und funktioneller Aspekte getroffen werden.
Besondere rechtliche Probleme bei intraoperativer Diagnosestellung.
Schwierig ist die Indikationsstellung zur Ausweitung einer Operation bei intraoperativem Nachweis bisher nicht bekannter pathologischer Befunde. Hier ergeben sich aus der fehlenden Einwilligung insbesondere rechtliche Probleme. Die Entscheidung sollte sich an dem Grundsatz des „Nil nocere" orientieren und von Fall zu Fall mehr medizinische oder m e h r rechtliche Aspekte berücksichtigen.
Indikationsformen:
1.7 Indikationsformen Verschiedene Indikationsformen sind zu unterscheiden, wobei die Übergänge fließend u n d von Fall zu Fall unterschiedliche Bewertungen möglich sind.
absolute Indikation,
1.7.1 Absolute Indikation Die Erkrankung führt o h n e Operation früher oder später z u m Tode oder zu anderweitig nicht beherrschbaren wesentlichen Funktionsausfällen.
Indikationen
103
Beispiele: maligne Tumoren, massive Blutungen, Organrupturen, Perforationen, AVK Stadium III/IV, akuter Bandscheibenvorfall, therapieresistente Schmerzen.
1.7.2 Relative Indikation
relative Indikation,
Alle übrigen Indikationen. Im allgemeinen ist aber zu fordern, daß das Risiko quoad vitam oder quoad functionem ohne Operation größer ist als mit Operation bzw., daß die Lebenserwartung oder die Lebensqualität durch die Operation verbessert werden. Die Relativierung kann sich ergeben aus der Erkrankung selbst, der Größe und Art der Operation mit ihren Folgen, den prävalenten Risikofaktoren, alternativen Therapiemöglichkeiten, der sozialen Situation und u. U. den örtlichen chirurgischen Gegebenheiten. Beispiele: Cholelithiasis, Hernien, AVK Stadium II.
1.7.3 Diagnostische Indikation
diagnostische Indikation,
Zur Erkennung oder Sicherung der Diagnose. Die Relation von Nutzen und Risiko ist besonders zu beachten. Beispiele: Gewebebiopsie, Mediastinoskopie, Aortographie.
1.7.4 Prophylaktische Indikation
prophylaktische Indikation,
Zur Vermeidung von späteren Erkrankungen sowie von Komplikationen bei anderen Operationen. Beispiele: Operation einer A.-Carotis-Stenose vor Eingriffen ζ. B. an der Aorta, Herdsanierung vor Herzklappenersatz, Abtragung eines Meckel-Divertikels bei der Appendektomie.
1.7.5 Forensische Indikation
forensische Indikation.
Zur Beweissicherung bei Straftaten. Beispiele: Blutentnahme zur Alkoholprobe bei Unfällen.
1.8 Operationszeitpunkt Wichtig ist die Entscheidung, ob ein Eingriff sofort als Notfalloperation (rupturiertes Aortenaneurysma), dringlich, d. h. innerhalb von Stunden nach gewisser Vorbereitung (Ileus) oder zum Zeitpunkt der Wahl als Elektiveingriff (Leistenhernie) erfolgen kann oder muß. Diese Frage ist bei jeder Neuaufnahme sofort zu klären. Jede Verzögerung einer Notoperation ist lebensbedrohlich, andererseits ist das Letalitätsrisiko der Notoperation wesentlich höher als das der Elektivoperation (Letalität der Magenresektion ca. 2 - 5 %, im Rahmen einer akuten Blutung aber ca. 20 % und höher).
1.9 Prognose In die Überlegungen zur Operationsindikation ist die Prognose der Erkrankung miteinzubeziehen. Mit der Prognose wird die Vorhersage des voraussichtlichen Krankheitsablaufs bezeichnet (gut, zweifelhaft, schlecht, infaust). Sie ergibt sich aus der S u m m e unseres Wissens über eine Krankheit, ihre Eigengesetzlichkeiten und Therapiemöglichkeiten. Zu unterscheiden ist die Prognose quoad vitam, quoad valetudinem oder quoad restitutionem (bezogen auf das Leben, die Gesundung oder die Wiederherstellung). Dabei sind sowohl der Spontanverlauf einer Erkrankung als auch mögliche Verlaufsänderungen durch die Operation oder andere Therapieformen einschließlich der Operationsletalität und der zu erwartenden Funktionsausfälle (Lebensqualität) zu berücksichtigen. Außerdem ist die individuelle Lebenserwartung nicht zu vernachlässigen. Lebenserhalt ist in der Regel höher zu bewerten als Funktionserhalt.
Entscheidung über: - Notoperation (sofort), - dringliche Operation, - Elektivoperation.
Prognose trägt zur OP-lndikation bei. Definition: Vorhersage des voraussichtlichen Krankheitsablaufs (gut, infaust). Zu berücksichtigen sind der Spontan verlauf, Verlaufsänderungen durch die Operation und die möglichen Funktionsausfälle. Lebenserhalt wichtiger als Funktionserhalt.
IX. Indikationen und Kontraindikationen des operativen Eingriffs
104 Prüfung alternativer Behandlungsverfahren mit geringerem Risiko.
Einbau der Operation in ein gesamtes Therapiekonzept, ζ. ß. zusätzlich: - Strahlentherapie, - Chemotherapie.
Nachbehandlung
1.10 Alternative Behandlungsverfahren Vor einer Operation ist zu prüfen, ob es alternative Behandlungsverfahren mit besseren oder gleich guten Ergebnissen bei geringerem Risiko gibt. Beispiele: medikamentöse Behandlung (Lungentuberkulose, Ulcus duodeni), funktionelle Behandlung (subkapitale Humerusfraktur), Kryotherapie (Prostatakarzinom), Strahlentherapie (metastasierendes Bronchialkarzinom), Zytostatika (lymphatische Systemerkrankungen). In bestimmten Fällen stellt der chirurgische Eingriff n u r einen Baustein eines ganzen Therapiekonzeptes dar. So m a c h e n bestimmte Krankheiten neben der Operation noch den zusätzlichen Einsatz der Strahlentherapie u n d / o d e r der Chemotherapie erforderlich (obligate Nachbestrahlung des M a m m a k a r z i noms bei eingeschränkter Operationsradikalität). Eine Tumorverkleinerung kann den Erfolg einer Zytostatikabehandlung begünstigen. In anderen Fällen wird eine Operation erst nach einer Vorbestrahlung möglich ocL · sinnvoll (inflammatorisches M a m m a k a r z i n o m ) . Insbesondere bei Extremitäteneingriffen, Knochen- u n d Gelenkoperationen, sind die Möglichkeiten der Nachbehandlung (postoperative Bewegungstherapie u n d Rehabilitationsmaßnahmen einschließlich spezieller Übungsbehandlung, Ergotherapie etc.) zu berücksichtigen.
2. Kontraindikationen Absolute oder relative Kontraindikationen ergeben sich logischerweise aus dem Fehlen einer Operationsindikation:
Kontraindikationen zur Operation
Absolute Kontraindikation schließt die Operation aus.
Relative Kontraindikation bezieht sich nur auf bestimmte Eingriffe.
• • • • • • • • • •
wenn keine oder keine korrigierbare Krankheit vorliegt, bei benignen Prozessen objektive oder subjektive Symptome fehlen, die Inoperabilität gesichert ist, der gewünschte Eingriff unsittlich ist, der Patient die Operation ablehnt, keine Besserung zu erwarten ist, die Folgen der Operation nachteiliger sind als die Erkrankung, das Risiko überhöht ist, andere Krankheiten verlaufsbestimmend sind, die Behandlung reversibler Begleitkrankheiten abgewartet werden kann (zeitlich begrenzte Kontraindikation), • alternative Therapien besser erscheinen, • bestimmte soziale Konstellationen vorliegen, • die personellen oder technischen Voraussetzungen für die geplante Operation fehlen (örtliche Kontraindikation).
Absolute Kontraindikationen schließen eine Operation aus: der moribunde Kranke, eine manifeste Herzinsuffizienz, komatöse oder Schockzustände (außer bei Fortbestehen der Schockursache) und nicht beherrschbare Gerinnungsstörungen. Relative Kontraindikationen beziehen sich jeweils auf bestimmte Eingriffe und gelten keineswegs f ü r alle Operationen. Bei schweren Lungenfunktionsstörungen kann eine P n e u m o n e k t o m i e unmöglich, eine Hernienoperation aber durchaus angezeigt sein. Die Indikationsstellung zur Operation gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Chirurgen. Sie setzt großes Wissen und reiche chirurgische Erfahrung voraus und bestimmt nicht selten über Leben und G e s u n d h e i t des Kranken. Nicht
Literatur jeder Risikofaktor ist per se eine Kontraindikation, sollte aber Anlaß sein zu erhöhter Aufmerksamkeit und Sorgfalt.
Literatur Eigler, F. W.: Grundsätzliches zur Indikation des operativen Eingriffs beim alten Menschen. In: Rehn, J. (Hrsg.): Der alte Mensch in der Chirurgie. Springer, B e r l i n - H e i d e l b e r g - N e w York 1979, 3 0 - 3 5 Herfarth, Ch., Merkle, Ν. M.: Die Rolle der Operationstoleranz für die Radikaloperation des Rektumkrebspatienten. In: Reifferscheid, M. (Hrsg.): R e k t u m k a r z i n o m . Thieme, Stuttgart - New York 1983, 3 0 - 3 3 Kremer, K., Kümmerle, F., Kunz, H., Nissen, R., Schreiber, H.-W. (Hrsg.): Intra- u n d postoperative Zwischenfälle. Bd. I, Thieme, Stuttgart - New York 1981 Servatius, B., Staecker, H.: Chirurgie und Recht. In: Baumgartl, F., Kremer, K., Schreiber, H.-W. (Hrsg.): Spezielle Chirurgie für die Praxis. Bd. I, Teil 1, Thieme, Stuttgart 1973, 1 - 5 7 Zenker, R., Deucher, F., Schink, W. (Hrsg.): Chirurgie der Gegenwart. Bd. I, Allgemeine Chirurgie. Urban u. Schwarzenberg, M ü n c h e n - W i e n - B a l t i more 1974, 1980
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X. Hämostase, Thrombose, Embolie U. Baer, J.
X. Hämostase, Thrombose, Embolie
Boese-Landgraf
1. Hämostase Eine effiziente Blutstillung (Hämostase) ist in der Chirurgie mitentscheidend für den Erfolg einer Operation. Sie ist ebenfalls entscheidend für die spontane Blutstillung bei Verletzungen. Im Organismus existieren 3 Funktionskreise, die der Hämostase dienen: Gefäßwand, Thrombozyten und Gerinnungssystem.
1.1 Gefäßwand Wird die Kontinuität eines Blutgefäßes unterbrochen, so kann durch Retraktion und Einrollen der Intima eine, wenn auch nur vorübergehende Blutstillung eintreten. Durch mechanische Reize sowie nervale Steuerungsmechanismen kommt zusätzlich eine Vasokonstriktion zustande. Freigesetzte gefäßaktive Substanzen (Serotonin, Katecholamine, Kinine) begünstigen diese Vasokonstriktion. Durch die Endothelverletzung wird außerdem Kollagen freigesetzt, das den Faktor XII aktiviert, der seinerseits die Gerinnungskaskade in Gang setzt und gleichzeitig aber auch das Fibrinolysesystem aktiviert. Zusätzlich treten durch in der Gefäßwand und in Thrombozyten gebildete Prostaglandine Interaktionen zwischen Gefäßwand und Thrombozyten auf. Während die Prostaglandine der Gefäßwand eine Freisetzung von aggregationshemmenden Prostazyklinen hervorrufen, bewirken die in Thrombozyten gebildeten Prostaglandine eine Ausschüttung des aggregationsfördernden Thromboxan. Das Wechselspiel dieser Gewebefaktoren ist somit der limitierende Faktor für die sich intravasal abspielenden Prozesse. Unverletztes Endothel hingegen ist gerinnungsinert.
1.2 Thrombozyten
Hämostase An einer Blutstillung sind beteiligt: 1. Gefäßwand, 2. Thrombozyten, 3. Gerinnungssystem. Primärhämostase: Vasokonstriktion, Plättchenagglomeration, Intimaeinrollung.
1. Gefäßwand Bei Verletzung eines Gefäßes: - Einrollen der Intima, vorübergehend Blutstillung - Vasokonstriktion, unterstützt durch Serotonin, Katecholamine, Kinine.
Durch Endothelverletzung: —» Freisetzung von Kollagen, —» Faktor XII aktiviert, —» Gerinnungskaskade und —»Aktivierung des Fibrinolysesystems. Ferner: in Gefäßwand Freisetzung von Prostaglandinen —»Prostazyklin, aggregationshemmend, aus Thrombozyten ebenfalls Prostaglandine —»Thromboxan, aggregationsfördernd.
2. Thrombozyten Bei Hämostase sind 3 Mechanismen wichtig:
Für die Hämostase spielen die Thrombozyten eine wichtige Rolle. Dabei lassen sich 3 verschiedene Mechanismen unterscheiden: 1. Thrombozytenaggregation Aktivierte Thrombozyten (Stimulation durch sog. Induktoren, wie Bakterien, Viren, AG-AK-Komplexe, Thrombin, ADP) verändern ihre diskoide Form, bilden Pseudopodien aus, lagern sich an der geschädigten Gefäßwand an und ballen sich zusammen.
a) Thrombozytenaggregation —» Bildung von Pseudopodien, Anlagerung an verletzte Gefäßwand, Zusammenballung.
2. Aktivierung des plasmatischen Gerinnungssystems (Abb. 10-1) In Anwesenheit von aktivem Thrombin durch freigesetztes Gewebethromboplastin (Extrinsic system) kommt es infolge einer Änderung der Permeabilität der Thrombozytenmembran zur Freisetzung von endogenen Thrombozytenfaktoren. Ihre Anwesenheit ist zur Aktivierung des endogenen plasmatischen Gerinnungssystems erforderlich. So beschleunigt der
b) Plasmatisches Gerinnungssystem Thrombin bewirkt Freisetzung von —* Thrombozytenfaktoren, diese aktivieren das —»plasmatische Gerinnungssystem.
108 Thrombozytenfaktor 1 bewirkt —» Prothrombin Thrombin. Thrombozytenfaktor 2 bewirkt —» Fibrinogen Fibrin. Plättchenfaktor 3, Faktor V, VIII, IX, Χ, XI, XIII bewirken —» Bildung der Blutthrombokinase (Gerinnungskaskade im Intrinsic system). Plättchenfaktor 4 aktiviert Faktor IV —» Förderung der Thrombozytenagglomera tion. Thrombosthenin und Plättchenfibrinstabilisator bewirken —»Verfestigung des Fibrinthrombus. Serotonin aus Thrombozyten —» Vasokonstriktion.
X. Hämostase, Thrombose, Embolie T h r o m b o z y t e n f a k t o r 1 die U m w a n d l u n g von P r o t h r o m b i n in T h r o m b i n , der T h r o m b o z y t e n f a k t o r 2 die Bildung von F i b r i n aus F i b r i n o g e n (Faktor I). Die A n w e s e n h e i t des P l ä t t c h e n f a k t o r s 3 ist g e m e i n s a m m i t d e n F a k t o r e n V, VIII, IX, Χ, XI u n d XII f ü r die Bildung der B l u t t h r o m b o k i n a s e erforderlich ( G e r i n n u n g s k a s k a d e im Intrinsic system). Der Plättc h e n f a k t o r 4 aktiviert ü b e r die I n h i b i t i o n von H e p a r i n d e n F a k t o r IV, fördert die T h r o m b o z y t e n a g g l o m e r a t i o n , e b e n s o wie der Clottable-Faktor. Das T h r o m b o s t h e n i n (Retraktion des Blutgerinnsels) u n d der Plättchenfibrinstabilisator tragen zur Verfestigung des T h r o m b o z y t e n - F i b r i n t h r o m bus bei. Die A u s s c h ü t t u n g von S e r o t o n i n aus d e m T h r o m b o z y t e n bewirkt n o c h zusätzlich eine Vasokonstriktion. Vasokonstriktion, Plättchenagglomeration und Intimaeinrollung sind also für die sog. Primärhämostase ( = provisorische Blutstillung d u r c h Bildung des P l ä t t c h e n t h r o m b u s ) verantwortlich.
Abb. 10-1 Intrinsic- und Extrinsic-System der Blutgerinnung
Hämostase
109
3. Gefäßreparatur Thrombozyten können durch Bildung von Mikroaggregaten kleinere Endothelläsionen abdecken, damit die Auslösung einer Thrombose verhindern und somit zur Erhaltung der Gefäßfunktion beitragen.
c) Gefäßreparatur Thrombozyten bilden —* Mikroaggregate, die kleine Endothelläsionen abdecken und Thrombose verhindern.
1.3 Gerinnungsfaktoren
3. Gerinnungsfaktoren Sekundärhämostase, Ziel: Überführung des löslichen Fibrinogens —»in unlösliches Fibrin (Endprodukt der Gerinnung) s. Abbildung 10-1.
Die Blutgerinnung ist ein komplizierter, kaskadenartig ablaufender enzymatischer Vorgang (s. Abb. 10-1). Insgesamt sind 13 Gerinnungsfaktoren daran beteiligt. Ihr Ziel ist es, die lösliche Vorstufe des Gerinnungsstoffes Fibrinogen in die unlösliche Form Fibrin (Endprodukt der Gerinnung) zu überführen, um eine endgültige Abdichtung des verletzten Gefäßes zu erreichen (= sog. Sekundärhämostase). Im Gerinnungsschema lassen sich 3 Phasen unterscheiden:
Man unterscheidet 3 Gerinnungsphasen.
1. Aktivierung des Faktors X (Stuart-Prower-Faktor), 2. Umwandlung von Prothrombin zu Thrombin, 3. Bildung des unlöslichen Fibrins.
Die Phase 1 mündet unter schrittweiser Aktivierung der inaktiven Vorstufen der Gerinnungsfaktoren in die Umwandlung des Faktors X in seine aktive Form. Je nachdem, ob der Gerinnungsvorgang durch das Extrinsic- oder das Intrinsic system in Gang gesetzt worden ist, sind unterschiedliche Gerinnungsfaktoren an diesem Vorgang beteiligt (s. Abb. 10-1). Der aktivierte Faktor XII des Intrinsic systems aktiviert nicht nur den Faktor X, sondern überführt noch zusätzlich Kallikreinogen in Kallikrein (Protease). Diese Protease fördert wiederum in einem positiven Feedback-Mechanismus die Umwandlung des inaktiven Faktor XII in seine aktive Form. Außerdem setzt Kallikrein aus Kininogen Kinine sowie ein Histidin-reiches Polypeptid frei, das wiederum die Faktor-XII-Aktivität hemmt (negativer Feedback-Mechanismus). Zusätzlich besteht noch eine enge Beziehung zum fibrinolytischen System, denn für die Aktivierung des fibrinolytischen Ferments Plasmin ist die Anwesenheit des aktivierten Faktor XII notwendig. In der Phase 2 katalysiert der Prothrombin-Umwandlungsfaktor (aktiviertes Thromboplastin) in Anwesenheit von aktiviertem Faktor X und Faktor V, Calcium und Kephalin die enzymatische Umwandlung von Prothrombin zum Thrombin. In der Phase 3 spaltet Thrombin Fibrinogen unter Abspaltung von Fibrinopeptid Α und Β in Fibrinmonomere. Diese aggregieren spontan. Der Faktor XIII, dessen Aktivierung durch Thrombin in Anwesenheit von Calcium induziert wird, bewirkt dann die Verfestigung des Fibrinpolymers. Im Gerinnungsgeschehen nimmt das Thrombin eine Schlüsselrolle ein, da es die Thromboplastinwirkung erhöht, die Aktivierung von Faktor VIII und Vfördert und darüber hinaus noch die Aggregation und Retraktion der Thrombozyten katalysiert. Um eine überschließende Gerinnungsreaktion zu vermeiden, existieren im Organismus sog. Inhibitoren (gerinnungshemmende Faktoren). Der wichtigste Inhibitor ist das Antithrombin, das sowohl Thrombin inaktiviert als auch den zentralen Faktor X sowie die Faktoren IX und XI. Außerdem wird der Gerinnungsprozeß eingedämmt durch den Verbrauch von Faktor V und die antikoagulatorische Wirkung der in Phase III gebildeten Fibrinmonomeren. Als unspezifische Inhibitoren finden sich im Blut noch Alpha-Antitrypsin und Alpha-2-Makroglobulin. Einen Einfluß auf die Gerinnung hat auch die Güte der zellulären Clearance-Funktion des retikulc-endothelialen Systems (Milz, Leber). Von die-
Ablauf in den einzelnen Phasen s. Abbildung 10-1. Phase 1
Phase 2
Phase 3
Thrombin nimmt Schlüsselrolle ein.
Vermeidung überschießender Gerinnungsreaktion durch Inhibitoren: - Antithrombin, - Verbrauch von Faktor V, - Fibrinmonomere —»antikoagulatorisch, - Alpha-Antitrypsin (unspezifisch), - Alpha-2-Makroglobulin (unspezifisch).
X. Hämostase, Thrombose, Embolie
110
3 Faktoren, die sich gegenseitig nicht ersetzen können, bilden die Hauptkomponenten der Hämostase: - Gefäßwand, - Thrombozyten, - Blutgerinnungsfaktoren. Fibrinolyse Auflösung der Blutgerinnsel, Hemmung des Gerinnungsvorganges.
Mechanismus s. Abbildung 10-2 Plasminogenaktivatoren verwandeln Plasminogen Plasmin, dieses fördert Umwandlung Fibrin Fibrinspaltprodukte.
sem System werden aktivierte Zwischen- und Endprodukte des Gerinnungsvorgangs abgebaut. Gefäßwand, Thrombozyten und Blutgerinnungsfaktoren sind die 3 Hauptkomponenten der Hämostase. Sie sind als eine funktionelle Einheit anzusehen. Funktionsausfall einer Komponente des Systems ist nicht durch die anderen beiden Partner zu kompensieren.
2. Fibrinolyse Aufgabe des fibrinolytischen Systems ist es, die im Organismus im Rahmen der Blutgerinnung entstandenen Fibringerinnsel wieder aufzulösen. Außerdem ist es in der Lage, durch Aktivierung von Antithrombin III den Gerinnungsvorgang auf verschiedenen Stufen zu hemmen. Beim fibrinolytischen System handelt es sich analog z u m Gerinnungssystem ebenfalls u m einen enzymatischen Prozeß. Im Mittelpunkt steht die Aktivierung von Plasminogen zu Plasmin über sog. Plasminogenaktivatoren unterschiedlicher Herkunft (Abb. 10-2). Dabei finden sich außer im Blut auch in bestimmten Geweben (Uterus, Prostata, Gelenksynovia, Lunge, Niere) und Körperflüssigkeiten (Fruchtwasser, Speichel, Tränen, Urin und Sperma) hohe Konzentrationen von Plasminogenaktivatoren.
Streptokinaseinduzierter Aktivator
Gewebsaktivator zellständig bzw. in Körperflüssigkeiten sezerniert
Plasmaaktivator F XII akt. + HMW-Kininogen + Proaktivator Präkallikrein
Streptokinase +
1
Urokinase
Streptokinase Plasminogen- Komplex = Aktivator Plasmin
-Plasminogen FibrinThrombinFibrinogen-
* Fibrin- bzw. Fibrinogen^Spaltprodukte
Abb. 10-2 Schema der Fibrinolyse (modifiziert nach Pschyrembel)
Im gesunden Organismus herrscht ein Gleichgewicht zwischen Hämostase und Fibrinolyse.
G e h e m m t wird die Fibrinolyse durch im Blut (Antiplasmin, Alpha-l-Antitrypsin, Alpha-2-Makroglobulin) oder in bestimmten Organen (Pankreas, Lunge) vorhandene Inhibitoren. Medikamentös kann durch ε-AminocapronSäure bzw. Aprotinin hemmend in den Fibrinolysevorgang eingegriffen werden. Im gesunden Organismus besteht ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Hämostase und Fibrinolyse, das überschießende Reaktionen in die eine (Thrombose) oder andere Richtung (Blutungsneigung) verhindert.
3. Störungen der Hämostase Voraussetzung für eine effiziente Blutstillung sind: intaktes Blutgerinnungssystem, ausreichend funktionsfähige Blutplättchen, intaktes Gefäßsystem. Ätiologie von Hämostasestörungen Folgende Störungen von Teilkomponenten der Hämostase sind bekannt:
Störungen der Hämostase -
111
Koagulopathien (plasmatischer Gerinnungsdefekt), Thrombopathien, Angiopathien, Störung des fibrinolytischen Systems.
Symptome und Diagnostik Hämostasestörungen können sich klinisch entweder als hämorrhagische Diathese oder aber als erhöhte Thromboseneigung manifestieren. Während ausgeprägte Störungen der Hämostase fast immer durch die Anamnese präoperativ zu erfassen sind, benötigt man für die Erkennung von latenten Hämostaseopathien gerinnungsphysiologische Laboruntersuchungen.
Störungen der Hämostasedurch:
Symptome: - hämorrhagische Diathese, - erhöhte Thromboseneigung. Diagnose: - Anamnese, - Gerinnungs-Laboruntersuchungen.
Anamnese Familiäre Belastungen, Einnahme von gerinnungshemmenden Medikamenten, ungewöhnliche Blutungen im Rahmen vorangegangener Operationen bzw. Bagatelltraumen, Lebererkrankungen, spontane Gelenk- und Muskelhämatome, Hämaturie sowie starke und verlängerte Blutungen nach Zahnextraktionen sind Hinweise auf eine mögliche Koagulopathie. Das Auftreten von Petechien und eine verlängerte Blutung aus oberflächlichen Wunden, die sich jedoch auf lokalen Druck gut beherrschen läßt, spricht für eine Thrombozytenfunktionsstörung oder eine Vaskulopathie.
Laboruntersuchungen Eine genaue Differenzierung der Hämostase kann nur mittels gerinnungsphysiologischer Parameter erfolgen. Man unterscheidet: Globaltests
Phasentests
- Blutungszeit - Thrombelastogramm - Quick -
PTT
- Thrombinzeit
- Reptilasezeit
T h r o m b o z y t e n z a h l u n d -funktion. Endogener Gerinnungsablauf, Thrombozytenzahl u. -funktion, Fibrinolyse. Faktor I, II, V, VII, X, Antikoagulanzientherapie mit Dicoumarolen. I, III, V, VIII, IX, Χ, XI, XII, Heparintherapie, Vermehrung von A n t i t h r o m b i n III u n d VI. I (Fibrinogen), Heparintherapie, Fibrinolysetherapie, Vermehrung von A n t i t h r o m b i n III u n d VI. I (Fibrinmangelzustände, Störungen der Fibrinpolymerisation), Hyperfibrinolyse, Antithrombin VI.
Labortests: - Blutungszeit, - Thrombelastogramm, Thrombozytenzahl, - Quick-Test, - PTT, - Thrombinzeit, - Reptilasezeit, - Faktoren tests.
Faktorentests
Einzelfaktoren des endogenen oder exogenen Systems ohne Fibrinogen. In der klinischen Routinediagnostik haben sich bei unauffälliger Anamnese wegen der geringen Störanfälligkeit, der problemlosen Durchführbarkeit und des orientierenden Überblicks folgende Untersuchungen bewährt: - Quick, - PTT, - Thrombozytenzahl.
Therapie Je nach Art der Hämostasestörung muß bereits präoperativ eine adäquate Substitution erfolgen.
3.1
Hämophilie
Bei der Hämophilie Α (seltene, x-chromosomal, rezessiv vererblich) liegt eine Störung bzw. ein Mangel des Faktors VIII vor; bei der Hämophilie Β fehlt der Faktor IX. Gelenkblutungen, ausgeprägte Muskelhämatome nach Bagatelltraumen sowie gastrointestinale Blutungen ohne Nachweis der Blutungsquelle sind charakteristisch.
Therapie Präoperativ —> Substitution
Hämophilie
X. Hämostase, Thrombose, Embolie
112 Substitution Hämophilie A: Kryopräzipitat (hoher Fkt. Vlll-Gehalt, niedriger Fibrinogengehalt). Hämophilie B: Prothrombinkomplex.
Bei Notfalleingriffen ist präoperativ eine Substitutionstherapie mit gerinnungsaktiven Plasmakonzentraten (z.B. fresh-frozen-Plasma) erforderlich. Für Elektiveingriffe steht zur Substitution der Hämophilie Α Kryopräzipitat (hoher Faktor VIII-Gehalt, niedriger Fibrinogen- und Eiweißgehalt) zur Verfügung, Prothrombinkomplex für die Hämophilie B. Die Indikation ist wegen der Gefahr der Hepatitis-B-Übertragung sowie der Bildung von A H G Antikörpern mit der Folge einer schwer therapierbaren Hemmkörper-Hämophilie streng zu stellen.
Koagulopathie bei Leberfunktionsstörung - Präoperativ: Vitamin K, - bei schwerer Leberschädigung: Heparin und Prothrombinkomplex dazu.
3.2 Koagulopathien bei Leberfunktionsstörungen
Thrombozytopenie mit Thrombozytenzahl < 40000/mm3—> - Thrombozytenkonzentrat, - Warmblut.
Die Leber ist Produktionsort der meisten Gerinnungsfaktoren. Akute und chronische Lebererkrankungen haben aufgrund einer Synthesestörung der Gerinnungsfaktoren Ι, Π, V, VII, IX und X eine Hypokoagulabilität zur Folge. Beim Verschlußikterus ist die Resorption des Vitamin Κ behindert, da durch Mangel an Gallensäuren die A u f n a h m e lipoider Substanzen gestört ist. Es kommt zur Synthesestörung der Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X. Bei schweren Leberschäden kann die Klärfunktion des RES der Leber versagen und eine milde intravaskuläre Koagulation resultieren mit Ausbildung einer sekundären Hyperfibrinolyse. Häufiger sind jedoch iatrogen verursachte Gerinnungsstörungen im Rahmen einer Antikoagulanzientherapie mit Dicumarolen (Interferenz mit Vitamin K). Präoperativ ist eine Substitutionstherapie mit Vitamin Κ notwendig (bei parenteraler Gabe Gefahr der Anaphylaxie). Bei Vorliegen einer schweren Leberzellschädigung ist diese Therapie unzureichend und muß durch Gabe von Prothrombinkomplex unter gleichzeitiger Heparinapplikation ergänzt werden.
3.3 Thrombozytäre und vaskuläre Blutgerinnungsstörungen Seltene hämorrhagische Diathesen (Tab. 10-1). Ihre therapeutische Beeinflussung ist schwierig. Sie stützt sich bei erworbenen Störungen auf die Ausschaltung der Fremdnoxen. Bei Thrombozytopenien mit einer Thrombozytenzahl unter 40000 pro mm3 muß trotz intaktem Gerinnungssystem mit dem Auftreten von Spontanblutungen gerechnet werden, so daß in solchen Fällen eine Substitutionstherapie (Thrombozytenkonzentrat, Warmblut) unerläßlich ist. Tabelle 10-1 Kongenitale thrombozytäre Blutgerinnungsstörungen 1. Kongenitale
Thrombozytopenien
mit Karyozytenmangel mit normalen Megakaryozyten mit Begleitanomalien (z.B. Wiskott-Aldrich-Syndrom) 2. Kongenitale
Thrombozytopathien
Reduzierte Gerinnselretraktion (Morbus Glanzmann, Thrombasthenie) ADP-Freisetzungsdefekt (Thrombopathie) Reduzierte Plättchenfaktor-3-Aktivität (Thrombozytopathie) Thrombozytopathie mit Begleitanomalien (ADP-Freisetzungsdefekt mit Apigmentation oder mit Nephritis und Taubheit) Erworbene thrombozytäre Blutgerinnungsstörungen 1. Schädigung
der Thrombozyten
in der Zirkulation
per, Medikamente, Verbrauchskoagulopathie)
2. Verminderte
Thrombozytenbildung
im
(Autoantikörper, Isoantikör-
Knochenmark
(Panmyelopathie, medikamentös-toxisch, Strahlenschäden)
Thrombose
113
Vaskulär bedingte hämorrhagische Diathesen 1. Defekt
hereditär
- Teleangiektasie hämorrhagica hereditaria, - Purpura simplex hereditaria familiaria, - Ehlers-Danlos-Syndrom, - Marfan-Syndrom 2. Defekt
erworben
entzündlich
- Purpura anaphylactoides Schönlein-Henoch, Purpura rheumatica toxisch Purpura urämica, hepatica, leucämica u.a. Stoffwechsel· - Ascorbinsäuremangel (Möller-Barlow-Erkrankung der Kinder) defekt
3.4 DIC-Syndrom Das D I C - S y n d r o m ( = d i s s e m i n a t e d intravascular coagulation) betrifft sowohl die p l a s m a t i s c h e n G e r i n n u n g s f a k t o r e n als a u c h die T h r o m b o z y t e n . Urs a c h e n sind: Schock, P o l y t r a u m e n , Sepsis (gramnegativ), Azidose, geburtshilfliche N o t f ä l l e (Placenta praevia, Abortus).
DIC-Syndrom Ursache: - Schock, - Polytrauma, - Sepsis, - Azidose, - Notfälle in der Geburtshilfe.
Pathogenese: A n f a n g s steht die Hyperkoagulabilität im V o r d e r g r u n d der V e r b r a u c h s k o a gulopathie ( T h r o m b o p l a s t i n e i n s c h w e m m u n g ) , im E n d s t a d i u m die Hyperfibrinolyse m i t d e n Z e i c h e n eines D e f i b r i n i e r u n g s s y n d r o m s (schwere T h r o m bozytopenie, A b s i n k e n der G e r i n n u n g s f a k t o r e n , A u f t r e t e n von unphysiologischen F i b r i n s p a l t p r o d u k t e n ) .
Therapie N e b e n der S c h o c k b e k ä m p f u n g sind die chirurgische Sanierung eines evtl. Infektionsherdes, Antibiotika, H e p a r i n i s i e r u n g ( 1 5 0 - 6 0 0 I.E. H e p a r i n pro S t u n d e ü b e r Perfusor) zur I n h i b i t i o n aktivierter G e r i n n u n g s f a k t o r e n , evtl. mit gleichzeitiger A n t i t h r o m b i n - I I I - G a b e von B e d e u t u n g . T h r o m b o z y t e n s t u r z u n d ausgeprägter V e r b r a u c h an G e r i n n u n g s f a k t o r e n m a c h e n die zusätzliche G a b e von Fibrinogen, T h r o m b o z y t e n k o n z e n t r a t e n u n d P r o t h r o m b i n k o m p l e x erforderlich. Steht die Hyperfibrinolyse im Vordergrund, sind F i b r i n o l y s e i n h i b i t o r e n (Aprotinin, ε - A m i n o c a p r o n s ä u r e ) sinnvoll.
4. Thrombose
Therapie: - Schockbekämpfung, - Sanierung eines Infektionsherdes, - Antibiotika, - Heparinisierung, evtl. gleichzeitig, - Antithrombin III, - Fibrinogen, Thrombozytenkonzentrate, - Prothrombinkomplex, - Fibrinolyseinhibitoren.
Thrombose Definition
Definition Als T h r o m b o s e b e z e i c h n e t m a n e i n e n vollständigen oder partiellen Verschluß von Arterien oder V e n e n sowie H e r z h ö h l e n d u r c h ein intravasal gebildetes G e r i n n s e l aus T h r o m b o z y t e n a g g r e g a t e n u n d Fibrin.
4.1 Pathogenese A u c h h e u t e n o c h gilt die von Virchow aufgestellte p a t h o g e n e t i s c h e Trias f ü r die E n t s t e h u n g einer T h r o m b o s e :
- V e r l a n g s a m u n g der Blutströmungsgeschwindigkeit, - V e r ä n d e r u n g e n der G e f ä ß w a n d , - pathologische B l u t z u s a m m e n s e t z u n g (erhöhte T h r o m b o z y t e n a g g r e g a tionsneigung, Hyperkoagulabilität).
Ursache: Virchowsche Trias.
114
X. Hämostase, Thrombose, Embolie Während in der Pathogenese der arteriellen Thrombose der Gefäßwandfaktor im Vordergrund steht, werden für die Entstehung einer venösen Thrombose die Hypozirkulation und die Änderung der Blutzusammensetzung als Hauptmechanismen angesehen.
Venöse Thrombose
4.2 Venöse Thrombosen Einteilung: Man unterscheidet nach der Lokalisation oberflächliche und tiefe Venenthrombosen.
Oberflächliche Venenthrombosen Ursache: lokale Entzündung, Gerinnselbildung bei Venenklappeninsuffizienz. Symptome: - tastbarer Venenstrang, gerötet, derb, schmerzhaft, - manchmal Schwellung mit Überwärmung Therapie: - Kompressionsverband, - Antiphlogistika, - Mobilisierung, - Alkoholumschläge. Tiefe Venenthrombose Ort: Fast immer untere Extremität einschl. Becken. Oft Ausgangsort einer Lungenarterienembolie.
Disponierende Faktoren: - Alter > 40 Jahre, - frühere Thromboembolie, - Schwere und Art der OP, - Polytrauma. Symptome:
4.2.1 Oberflächliche Thrombosen Sie finden sich im Bereich der V. saphena magna oder der V. saphena parva, seltener an der oberen Extremität. Ursachen sind übergreifende lokale Entzündungen bzw. eine Gerinnselbildung bei bestehender primärer oder sekundärer Venenklappeninsuffizienz. Symptome: Tastbarer derber, bisweilen geröteter und schmerzhafter Venenstrang. Manchmal besteht noch eine leichte Schwellung in Verbindung mit einer Überwärmung. Therapie: Kompressionsverband, Antiphlogistika, evtl. Alkoholumschläge sowie Mobilisierung des Patienten.
4.2.2 Tiefe Venenthrombose Etwa 90 % aller tiefen Venenthrombosen (sog. Phlebothrombose) manifestieren sich an der unteren Extremität einschließlich des Beckenbereichs. Nur in etwa 9 % der Fälle wird die obere Extremität inklusive der V. subclavia (Paget-von-Schrötter-Syndrom) befallen. Nach Sektionsstatistiken ist die tiefe Beinvenenthrombose in 60 % der Ausgangspunkt von Lungenarterienembolien, die bis zu 25 % tödlich sind. Folgende Faktoren prädisponieren für eine postoperative und posttraumatische Thrombose: Lebensalter über 40 Jahre, durchgemachte Thromboembolie (Anamnese), Schwere, Dauer und Art des operativen Eingriffs, Polytrauma. Symptome: Die Beschwerden können besonders bei schleichendem Verlauf und Lokalisation im Unterschenkel oder Beckenbereich gering sein. Dies erklärt, daß viele intra- oder postoperativ entstandenen Thrombosen klinisch stumm verlaufen; bisweilen ist die Lungenembolie das erste Zeichen.
Bei der klinisch manifesten Thrombose finden sich folgende Symptome: - Schwellung des Beines, - Schwere- und Spannungsgefühl, - evtl. livide Verfärbung, - Schmerzen in der Wade bei Bewegungen. - typisch ist ein Druckschmerz im Adduktorenkanal, an der Wade bzw. der Fußsohle, je nach Lokalisation der Thrombose; - bei Dorsal- oder Plantarflexion des Fußes häufig ein Dehnungsschmerz (Payrsches Zeichen). Der Kompressionsschmerz nach Loewenberg (lokaler Schmerz bei Aufblasen einer Blutdruckmanschette über der Wade) ist ein sicherer Hinweis. Diagnostik:
Diagnostik: Neben der klinischen Untersuchung stehen folgende apparative Verfahren
Embolie zur Verfügung: Phlebographie, Radiofibrinogentest, Dopplersonographie und Impedanz-Venenverschluß-Plethysmographie. A m sichersten ist die Phlebographie. Therapie: Die Behandlung der tiefen Bein- und Beckenvenenthrombose ist konservativ oder operativ. Entscheidend ist die frühzeitige und vollständige Entfernung bzw. Auflösung der Thromben, u m eine Lungenembolie und ein postthrombotisches Syndrom zu vermeiden. Die Behandlungsstrategie richtet sich nach Lokalisation, Ausmaß und Alter der Thrombose sowie den Indikationen und Kontraindikationen der einzelnen Methoden. Grundsätzlich operiert werden sollte die Phlegmasia coerulea dolens, während bei Arm- und Unterschenkelvenenthrombosen die Lysebehandlung bzw. Antikoagulanzientherapie in Frage kommt.
115 - Phlebographie, - Radiofibrinogentest, - Dopplersonographie, - Impedanz-Plethysmographie. Therapie: Wegen Lungenemboliegefahr frühe Behandlung und vollständige Entfernung der Thromben.
Bei der frischen Oberschenkel- und Beckenvenenthrombose sind die Vorteile der verschiedenen Behandlungsverfahren gegeneinander abzuwägen. An die Primärtherapie schließt sich eine Antikoagulanzienbehandlung für 6 - 1 2 Monate an.
Für die Behandlung der Phlebothrombose gibt es folgende Methoden: • Thrombektomie, • Thrombolyse mit Strepto- oder Urokinase, • Konservative Antikoagulanzien-Therapie (zuerst mit Heparin, später mit Dicumarolen) Als erste M a ß n a h m e Bettruhe, Hochlagerung des Beines, 5 0 0 0 - 1 0 000 I.E. Heparin i.v.
Behandlungsmethoden:
Thrombektomie und Thrombolysetherapie (s. Kapitel XXIII. Gefäßchirurgie S.385)
4.2.3 Postthrombotisches Syndrom (s. Kapitel XXIII. Gefäßchirurgie S. 385 )
4.3 Arterielle T h r o m b o s e
Arterielle Thrombose
s. Kapitel XXIII. Gefäßchirurgie
Arterielle Thrombosen kommen fast nur auf dem Boden erheblicher Gefäßwandveränderungen vor (Arteriosklerose, Aneurysma, Trauma) (s. Kapitel XXIII. Gefäßchirurgie S.385).
5. Embolie 5.1
Lungenembolie
Definition: Eine Lungenembolie entsteht durch Verschleppung von Gerinnselmaterial aus dem Venensystem über das rechte Herz in die Lungenarterien (Thrombembolie der A. pulmonalis). Einteilung: Je nach Ausmaß der Gefäßobstruktion (Nachweis durch hämodynamische Untersuchungen oder Pulmonalisangiographie) und ihrer klinischen Auswirkung auf den Organismus wird die Lungenembolie nach Grosser in 4 Schweregrade unterteilt (Tab. 10-2). Während die kleine bis submassive Lungenembolie (Grad I, II) klinisch kaum in Erscheinung tritt oder sich als Infarktpneumonie bzw. -pleuritis manifestiert, bietet die massive Lungenembolie (Grad III) das Bild eines schweren Schockzustandes. Die fulminante Lungenembolie (Grad IV), bei der
Lungenembolie Entstehung: Verschleppung von Gerinnselmaterial aus Vene in Lungenarterien.
Einteilung der Lungenembolie in 4 Schweregrade (Tab. 10-2).
X. Hämostase, T h r o m b o s e , Embolie
116
Tabelle 10-2 Einteilung der Lungenembolien (nach Grosser) Schweregrad
klein
submassiv
massiv
fulminant
Stadium
I
II
III
IV
System.-Art. Druck
unverändert
(1)
P0 2
unverändert
I
II
II
P A in der A. pulmonalis
unverändert
(T)
t
tt
Gefäßobliteration
periphere Äste
Segmentarterien
PA-Hauptast bzw. 2 oder mehr Lappenarterien oder deren Äquivalente
PA-Stamm oder bd. Hauptäste
Prognose nach Kaprai
nicht tödlich ohne Reduktion der kardiopulmonalen Reserven
nicht tödlich mit Reduktion
tödlich innerhalb von Std. durch Rechtsherzversagen
foudroyant in 15 min tödlich durch Rechtsherzversagen oder Hirnanoxie
II
m e h r als 50 % d e s G e f ä ß q u e r s c h n i t t s verlegt ist, v e r l ä u f t h ä u f i g i n n e r h a l b v o n M i n u t e n tödlich. Pathophysiologie s. Abbildung 10-3.
Pathophysiologie: D i e p a t h o p h y s i o l o g i s c h e n M e c h a n i s m e n s i n d in A b b i l d u n g 10-3 d a r g e s t e l l t .
Symptome: - Atemnot, - Zyanose, - Thoraxschmerz, - Halsvenenstauung, - Kreislaufschock, - Unruhe, - Stuhl-, Urinkontinenz, - Bewußtlosigkeit.
Symptome: K l a s s i s c h e Z e i c h e n s i n d plötzliche Thoraxschmerz,
Halsvenenstauung
Atemnot sowie
(Tachy- oder Dyspnoe),
Zyanose,
Kreislaufschock.
H i n z u k o m m e n U n r u h e , Stuhl- o d e r H a r n i n k o n t i n e n z sowie Bewußtlosig-
/^zentrale^X ( Reflex) Vmechanismen/ Tachypnoe
akutes Cor pulmonale
Symphatikus-Aktivierung
akute inhomogene Widerstandszunahme der pulmonalen Strombahn
akute Gasaustausch Störung arterielle Hypoxämie Totraumventilation t Shunt-flowt
MikroZirkulations Störung „stromabwärts"
Blutdruckabfall Synkope cardiogener Schock
Infarkt Pleuritis (Infarktpneumonie)
Abb. 10-3 Pathogenese der akuten Lungenembolie (nach Seeger)
Embolie
117
keit. Hämoptyse und atemabhängige Schmerzen sprechen für einen Lungeninfarkt.
Diagnose: Auf der Röntgenaufnahme des Thorax erkennt man lediglich beim akuten Cor pulmonale einen Normalbefund. Zwerchfellhochstand, basale Verschattung, evtl. Pleuraergüsse und die sog. Hilusamputation (Westermark-Zeichen) sind wichtige röntgenologische Hinweise. Im EKG ist das Mc.Ginn-White-Syndrom (SI QIII-Typ, ST-Hebung und terminal negatives Τ in III bei Senkung der ST-Strecke in I und II) typisch. Manchmal findet sich jedoch nur ein Rechtsschenkelblock bzw. eine Rechtsabweichung der Herzachse. Eine hohe Treffsicherheit (90 %) hat die Perfusionsszintigraphie in Verbindung mit einer Ventilationsszintigraphie. Beweisend ist jedoch nur die Pulmonalisangiographie mit dem Nachweis von Gefäßabbrüchen bzw. Füllungsdefekten. Therapie: Das therapeutische Vorgehen richtet sich nach dem Schweregrad der Lungenembolie. Als Erstmaßnahmen sind durchzuführen: Hochlagerung des Oberkörpers, Sauerstoffgabe (3 1 0 2 pro min per Nasensonde), Sedierung und Schmerzbekämpfung, zentralvenöser Katheter und Injektion von 10 000 I.E. Heparin und Weiterführung der Heparinisierung mit 40000 I.E. pro 24 h. Intensivüberwachung. Beim klinischen Schweregrad II sind zusätzlich Antibiotika sinnvoll. Außerdem Verbesserung der kardialen Leistungsfähigkeit (Digitalis, Antiarrhythmika). Beim Schweregrad III mit ausgeprägter klinischer Symptomatik und Tendenz zur Verschlechterung gilt die fibrinolytische Therapie als Verfahren der Wahl, außer bei Kontraindikationen. Bei der fulminanten Lungenembolie, Schweregrad IV, mit Zeichen des schweren Schocks steht neben der fibrinolytischen Therapie die Embolektomie zur Verfügung (Trendelenburg-OP). Dabei muß bei jedem Patienten das Für und Wider der beiden Therapieverfahren individuell abgewogen werden. Die Operation ist immer dann indiziert, wenn sich trotz sofortiger Therapie der Schock nicht bessert, ferner bei Kontraindikation der Lyse-Therapie. (Operative Therapie s. Kapitel XXII./2. Herzchirurgie S. 379).
5.2 Rezidivierende Lungenembolien Chronisch rezidivierende Lungenembolien erfordern eine lebenslange Thrombose-Prophylaxe mit Dicumarol-Präparaten. Treten trotz Antikoagulanzientherapie weiterhin Mikroembolien auf, ist die Implantation einer CavaSperre indiziert. Diese ist auch bei septischer Beckenvenenthrombose sowie Kontraindikationen der Antikoagulanzientherapie angezeigt. Die Cava-Sperre kann entweder transvenös (Einlage eines Schirms nach Mobin-Uddin oder Günther über die V. jugularis interna) oder operativ piaziert werden (Cava clip nach Adams de Weese).
5.3 Fettembolie Definition: Die posttraumatische Fettembolie entsteht durch Einschwemmen von Fettpartikeln in die Blutbahn, die zur Verlegung der Gefäßstrombahn der Lunge oder anderer Organe (Gehirn, Herz) fuhren kann.
Pathogenese: Bei der Entstehung der Fettembolie spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Traumen mit schweren Knochen- und Weichteilquetschungen führen zu
Diagnose: - Zwerchfellhochstand, - basale Verschattung, - Pleuraergüsse, - Hilusamputation. - EKG: Mc.Ginn-White-Syndrom
Perfusionsszintigraphle Ventilationsszintigraphie Pulmonalisangiographie Therapie Erstmaßnahmen: - Hochlagerung des Oberkörpers, - Sauerstoffgabe, - Sedierung, - Schmerzbekämpfung, - 10000 I.E. Heparin (zentrven. Katheter), - 40000 I.E. Heparin pro 24 h. Schweregrad II: - zusätzlich Antibiotika, - Digitalis, - Antiarrhythmika. Schweregrad III: - fibrinolytische Therapie. Schweregrad IV (mit Schock): - Embolektomie, wenn sich der Schock nicht bessert oder bei Kontraindikation der Lyse-Therapie.
Bei rezidivierender Lungenembolie lebenslange Prophylaxe mit Dicumarol-Präparaten. Wenn weiterhin Mikroembolien: CavaSperre.
Fettembolie Verlegung der Gefäße in Lunge oder anderen Organen mit Fettpartikeln (posttraumatisch).
Pathogenese
X. Hämostase, Thrombose, Embolie
118 Trauma: —» Fettpartikel in venöse Gefäße mit Irritation der Lungenstrombahn, - » Schockgeschehen (Säure-Basen-Mikrozirkulation, Stoffwechsel) mit korpuskularen Blutbestandteilen im Blut, - » Lunge filtert Korpuskel ab, —* Verschlechterung des Gasaustausches, —» schockbedingte Azidose und Koagulopathie verlegen terminale Strombahnen i. d. Lunge, - » Folgerung: Schnelle Schockbehandlung. Symptome: - Dyspnoe, - Bewußtseinstrübung, - Tachykardie, - RR-Abfall, evtl. Sehstörung, - Rö: kleinfleckige Verschattung. Bei schwerem Verlauf: - Petechiale Blutung, - zerebrale Symptome. Therapie: Keine spezifische Therapie, daher Behandlung der Ursachen.
Luftembolie Verletzung einer Vene, —» Luft ins Blut, —» Schaumpfropf in A. pulmonalis - » Rechtsherzversagen.
Symptome: - Zyanose, - Dyspnoe, - Brustschmerzen, - Bewußtlosigkeit, - Mühlengeräusch über dem Herzen. Therapie: - Kompression des Gefäßes, - Überdrückbeatmung, - Lagerung: linke Seite, kopfwärts gesenkter Oberkörper, - Punktion rechtes Herz, Absaugen der Luft.
einer Einschwemmung von Fettpartikeln in das venöse Gefäßsystem mit Irritation der Lungenstrombahn. Gleichzeitig tritt im Rahmen des Schockgeschehens (Mikrozirkulationsstörung, Säure-Basen-Veränderung, Stoffwechselentgleisung) eine Störung des Verteilungsmusters von im Blut gelösten Partikeln und korpuskulären Blutbestandteilen auf. Da die Lunge als Filter die korpuskulären Anteile abfängt, verschlechtert sich die Gasaustauschfunktion. Hinzu kommt, daß die schockbedingte Azidose (metabolisch und respiratorisch) in Verbindung mit einer Koagulopathie die Verlegung der terminalen Strombahn in der Lunge begünstigt. Aus diesem Grunde ist die Prophylaxe der Fettembolie eine schnell einsetzende adäquate Schockbehandlung.
Symptome: Typisch sind Dyspnoe, Bewußtseinstrübung, Tachykardie und Blutdruckabfall, evtl. Sehstörungen bei Netzhautbefall. Röntgenologisch finden sich diffuse kleinfleckige Verschattungen der Lunge. Petechiale Blutungen und schwere zerebrale Symptome (Anfälle, Bewußtlosigkeit) treten bei schweren Verläufen in Erscheinung.
Therapie: Da es keine spezifische Therapie gibt, liegt das Schwergewicht in der Behandlung der sie begünstigenden Faktoren (Schockbehandlung).
5.4 Luftembolie Pathogenese: Nach Verletzung von großen Venen (V. jugularis interna, Lungen- und Bekkenvenen) mit hoher Strömungsgeschwindigkeit kann Luft in das Blut eindringen (tolerable Menge zwischen 20 und 70 cm 3 ) und zu einer Schaumpfropfbildung in der A. pulmonalis führen. Die Folge ist ein akutes Rechtsherzversagen.
Symptome: Zyanose, Dyspnoe, Brustschmerzen und Bewußtlosigkeit. Typisch ist ein sog. Mühlengeräusch über dem Herzen.
Therapie: Kompression des Gefäßes, Reanimation mit Überdruckbeatmung, Lagerung des Patienten auf die linke Seite mit kopfwärts gesenktem Oberkörper. Punktion des rechten Herzens und Absaugen der Luft.
5.5 Sonstige Embolien Gasembolie Freisetzung von Ν im Blut (normalerweise physikalisch gelöst) bei Erniedrigung des atmosphärischen Druckes. Da geringer Abtransport des gelösten Ν —> Gasembolie.
5.5.1 Gasembolie (Caisson-Krankheit)
Symptome: - Schmerzen in Gelenken und Muskeln, - Gasblasen in der Haut, - Paraplegie - Tetraplegie, - Inkontinenz.
Symptome:
Pathogenese: Durch eine plötzliche Herabsetzung des atmosphärischen Drucks (ζ. B. Tiefseetaucher, U-Boot-Unfall) kommt es zur Freisetzung von in Blut und Geweben gelösten Gasen (Abhängigkeit des Lösungsvermögens vom Löslichkeitskoeffizienten und Partialdruck). Solange der Organismus in der Lage ist, die entstehenden Gasbläschen (0 2 , C0 2 ) im Gewebe zu verbrauchen oder sie über die Blutbahn abzutransportieren, entstehen keine Störungen. Stickstoff hingegen ist im Blut nur physikalisch gelöst, kann deshalb nur in kleinen Portionen abtransportiert werden und fuhrt so bei seiner Freisetzung zur Gasembolie. Schmerzen in Gelenken und Muskeln, Auftreten von Gasblasen in der Haut, Paraplegie bis Tetraplegie mit Sensibilitätsstörungen spinaler Genese, Inkontinenz.
Thromboseprophylaxe
119
Therapie: Sofortige Dekompression in speziellen Überdruckkammern. Neurologische Dauerschäden können zurückbleiben.
Therapie: Dekompression in Überdruckkammern.
5.5.2 Fremdkörperembolie
Fremdkörperembolie Durch Fremdkörper rezidivierende Lungenembolie —» Entfernung der Ursache.
Ursachen sind abgebrochene Gefäßkatheter, seltener Geschosse, Knochensplitter oder Zahnpartikel, die in das rechte Herz verschleppt werden. Dort können sie Ausgangspunkt rezidivierender Lungenembolien sein. Die Fremdkörper müssen entfernt werden.
5.5.3 Zell- und parasitäre Embolien
Zell- und parasitäre Embolien - Tumorzellembolie, - Fruchtwasserembolie.
Klinisch wichtige Zellembolien sind die Tumorzellembolie und die Fruchtwasserembolie. Bei der Tumorzellembolie muß je nach lokaler Immunitätslage mit der Entstehung einer Metastase gerechnet werden. Aus diesem Grunde ist in der Tumorchirurgie jede unnötige Manipulation am Tumor zu unterlassen. Bei der Fruchtwasserembolie lassen sich Mekonium, Talgpartikel und Lanugohaare in den am häufigsten von Embolien betroffenen Organen nachweisen (Lunge, Gehirn, Niere). Die Verschleppung von Bakterien oder Parasiten kann zur Ausbildung von metastatischen Herden in den betroffenen Organen führen.
Verschleppung von Parasiten mit Ausbildung von metastatischen Herden.
5.6 Arterielle Embolie
Arterielle Embolie s. Kapitel XXIII.
(s. Kapitel XXIII. Gefäßchirurgie S. 317)
6. Thromboseprophylaxe Patienten sind bei einer Operation infolge der Immobilität und der Freisetzung von Gewebethrombokinase einem erhöhten Thromboserisiko ausgesetzt. Die postoperative Thromboserate beträgt im allgemeinchirurgischen Krankengut bis zu 30 % (Radiofibrinogentest, Phlebographie). Bei Hüftgelenks- oder urologischen Eingriffen ist die Thrombosefrequenz (50-80%) weitaus höher. • Heute hat sich bei Operationen und Traumen eine Thromboseprophylaxe generell durchgesetzt.
Thromboseprophylaxe Durch Immobilität erhöhtes Thromboserisiko (30% in der Allgemeinchirurgie).
Generelle Thromboseprophylaxe bei Operationen und Traumen.
6.1 Allgemeine und physikalische Maßnahmen Beeinflussung systemischer Zirkulationsstörungen (Digitalisierung bei Herzinsuffizienz, Ausgleich von Störungen des Wasser- und Elektrolythaushalts bei Exsikkose). Zusätzlich physikalische Maßnahmen zur Verbesserung der Strömungsgeschwindigkeit. Solche M a ß n a h m e n sind: • äußere Kompression der Beine (elast. Binde, Gummistrümpfe) zur Verminderung des venösen Poolings, • Hochlagerung der Beine, Frühmobilisation, • intermittierend pneumatische Beinkompression durch aufblasbare, flexible Stiefel aus Kunststoff, • elektrische Wadenstimulation, • Bettfahrrad, • aktive Atem- und Beingymnastik. 7 0 - 8 0 % aller Thrombosen entstehen während der Operation bzw. wenige Stunden danach, so daß physikalische Maßnahmen nur begrenzt zur Sen-
Physikalische Prophylaxe
X. H ä m o s t a s e , T h r o m b o s e , E m b o l i e
120 Medikamentöse Thromboseprophylaxe ist unverzichtbar. Es stehen 5 Substanzgruppen zur Verfügung.
k u n g der T h r o m b o s e f r e q u e n z beitragen. Die A b n a h m e tödlicher L u n g e n e m bolien d u r c h m e c h a n i s c h e V e r f a h r e n k o n n t e bisher n i c h t bewiesen werden. D e s h a l b k a n n auf eine m e d i k a m e n t ö s e T h r o m b o s e p r o p h y l a x e n i c h t verzichtet werden.
6.2 Medikamentöse Thromboseprophylaxe 1. Dextrane
6.2.1
Dosierung: 500 ml bei Narkoseeinleitung, 500 ml jeden 2.Tag postop. über 1 - 2 Wochen.
R h e o l o g i s c h wirksame S u b s t a n z e n , wie nieder- oder h o c h m o l e k u l a r e Dextrane (10 %ige L ö s u n g D e x t r a n 40, 6 %ige Lösung D e x t r a n 60) h a b e n sich in einer D o s i e r u n g von 500 m l bei N a r k o s e e i n l e i t u n g u n d G a b e der gleichen M e n g e postoperativ j e d e n 2. Tag ü b e r e i n e n Z e i t r a u m von 1 - 2 W o c h e n als effektiv in der T h r o m b e m b o l i e p r o p h y l a x e erwiesen. Der W i r k u n g s m e c h a n i s m u s b e r u h t auf m e h r e r e n F a k t o r e n : Die A b n a h m e der Blutviskosität ( H ä m o dilutionseffekt) verbessert intraoperativ die M i k r o z i r k u l a t i o n u n d f ü h r t zu einer E r h ö h u n g des R ü c k s t r o m s auf der venösen Seite. N e b e n einer H e m m u n g der Plättchenaggregation existiert eine I n t e r f e r e n z mit der Fibrinpolymerisation, so daß die körpereigene Fibrinolyse begünstigt wird. A u ß e r d e m k o m m t es zur S e n k u n g der F a k t o r V I I I - K o n z e n t r a t i o n . Blutungskomplikationen w u r d e n bei d i e s e m D o s i e r u n g s s c h e m a selten beobachtet. W e g e n der u m s t ä n d l i c h e n A n w e n d u n g d u r c h mehrtägige I n f u s i o n e n , der h ä u f i g von alten P a t i e n t e n n i c h t tolerierten V o l u m e n b e l a s t u n g (Cave: H e r z i n s u f f i z i e n z ) u n d der G e f a h r einer a n a p h y l a k t o i d e n R e a k t i o n , hat diese P r o p h y l a x e f o r m keine breite A n w e n d u n g g e f u n d e n .
Kaum Blutungskomplikationen. Keine große Verbreitung der Therapie, da schwierige Anwendung.
2. Dicumarole In der Langzeitprophylaxe. Nicht geeignet perioperativ.
3. Thrombozytenaggregationshemmer: - Acetylsalizysäure (1,5 g/die), - Dipyramidol (300 mg/die). Nur geringer Effekt nachgewiesen.
6.2.2
Dextrane
Dicumarole
Die T h e r a p i e mit oralen A n t i k o a g u l a n z i e n aus der Klasse der D i c u m a r o l e hat sich in der L a n g z e i t - T h r o m b o s e p r o p h y l a x e bewährt. Der M e c h a n i s m u s b e r u h t auf einer Blockierung der V i t a m i n - K - F u n k t i o n . D a d u r c h u n t e r b l e i b t die p o s t r i b o s o m a l e Carboxylierung der G e r i n n u n g s f a k t o r e n II, VII, IX u n d X, d e r e n G e r i n n u n g s a k t i v i t ä t d a d u r c h vermindert ist. W e g e n des verzögerten W i r k u n g s e i n t r i t t s (Erlangen des t h e r a p e u t i s c h e n Bereiches n a c h 2 - 3 Tagen) u n d der I n t e r f e r e n z m i t a n d e r e n M e d i k a m e n t e n (ζ. B. Analgetika) k a n n sich die o p t i m a l e Einstellung (Quick-Wert 1 5 - 2 5 % ) j e d o c h schwierig gestalten. D e s h a l b eignen sich D i c u m a r o l e n i c h t zur T h r o m b o s e p r o p h y l a x e w ä h r e n d der O p e r a t i o n . 6.2.3
Thrombozytenaggregationshemmer
Die G a b e von T h r o m b o z y t e n a g g r e g a t i o n s h e m m e r n , wie Acetylsalizylsäure (1,5 g/die) oder D i p y r i d a m o l ) (300 m g / d i e ) bzw. die K o m b i n a t i o n b e i d e r S u b s t a n z e n hat n u r e i n e n geringen Effekt auf die postoperative T h r o m b o s e rate gezeigt.
4. Low-dose Heparin
6.2.4
Standardmethode 3 x 5000 I.E. Heparin pro 24 h über 6 - 8 Tage.
Die s.c. I n j e k t i o n von 3 x 5 000 I.E. H e p a r i n pro 24 h (sog. Low-dose-Hepar i n - G a b e ) ist h e u t e die S t a n d a r d m e t h o d e . (1. Dosis 2 - 4 h präoperativ, Fortf ü h r u n g der A p p l i k a t i o n m i n d e s t e n s 6 - 8 Tage). Bei a l l g e m e i n c h i r u r g i s c h e n P a t i e n t e n ließ sich die T h r o m b o s e f r e q u e n z auf ein Drittel senken: Bei dieser F o r m der H e p a r i n - A n w e n d u n g ist die G e r i n n u n g s f ä h i g k e i t des Blutes erhalten, so d a ß k e i n e Laborkontrollen notwendig sind. Lediglich eine geringfügige Z u n a h m e von W u n d h ä m a t o m e n (bis zu 10%) ist b e o b a c h t e t worden.
Geringe Zunahme von Wundhämatomen.
Low-dose-Heparin-Gabe
Als K o n t r a i n d i k a t i o n e n gelten S c h ä d e l - H i r n - T r a u m e n ( G e f a h r der G e h i r n e i n b l u t u n g ) u n d n e u r o c h i r u r g i s c h e Eingriffe.
121
Literatur 6.2.5 Heparin-Dihydroergotamin (Heparin-DHE) Durch die fixe Kombination von 5 000 I.E. Heparin mit 0,5 mg DHE, das über eine Tonisierung der Venenwand eine Erhöhung des venösen Rückstroms bewirkt, konnte das Applikationsintervall auf 12 Stunden verlängert werden. Im Vergleich zur Low-dose-Heparin-Gabe mit 3 x 5 000 I.E. s.c., ließ sich die Zahl der Wundhämatome verringern und die Thromboserate weiter senken. Kontraindikation für die Anwendung von D H E sind chronisch-arterielle Durchblutungsstörungen (chronische AVK, Angina pectoris, Sepsis, Schock, Replantationen, Polytraumen), da D H E eine vasospastische Komponente aufweist und somit eine Ischämie verstärken oder auslösen kann. Vereinzelt ist unter der Thromboseprophylaxe mit Heparin-DHE bei polytraumatisierten Patienten ein Gefäßspasmus beobachtet worden (schwere Extremitätenischämie mit Verlust der Extremität). Ursache ist eine durch das D H E ausgelöste überschießende vasokonstriktorische Wirkung auf das arterielle Gefäßsystem, die bei Patienten mit abnorm vermehrter sympathischer Innervation auftritt. Mit potenten peripheren Vasodilatatoren, wie Hydralazin, Nitroprussidnatrium oder Nitroglyzerin kann versucht werden, den Gefäßspasmus zu durchbrechen. Heparin-DHE sollte daher bei Intensivpatienten nicht verwendet werden.
Literatur Breddin, K.: Postoperative Thrombembolieprophylaxe: Fakten und Trends. Klinikarzt (1984) 725, 726 Buddecke, E.: Pathobiochemie. Walter de Gruyter, 1978 Heinrich, D., Mulch, J.: Differentialtherapie der akuten Lungenembolie: Antikoagulation, Fibrinolyse und/oder Operation. Hämostaseologie 3 (1984) 43-52 Kaboth, W., Begemann, H.: Blut. Band 5 aus der Serie Physiologie des Menschen von Gauer, Kramer, Jung. Urban & Schwarzenberg, 1971 Koppenhagen, K., Wiechmann, Α., Zühlke, H.-V., Wenig, H.G., Häring, R.: Leistungsfähigkeit und Risiko der Thromboembolieprophylaxe in der Chirurgie. Therapiewoche 29 (1979) 5920-5926 Schlosser, V.: Die chirurgische Therapie der massiven Lungenembolie. Deutsches Ärzteblatt 33 (1983) 2 1 - 3 0
5. Heparin-Dihydroergotamin Fixe Kombination: 5000 I.E Heparin 1 0,5 mg DHE J
Verringerung von Wundhämatomen. Kontraindikationen: - chronisch-arterielle Durchblutungsstörungen, - Sepsis, - Schock, - Replantation, - Polytraumen.
XI. Anästhesie und Schmerzbehandlung R, Dennhardt
XI. Anästhesie und Schmerzbehandlung Anästhesie Ziele (reversibel): - Bewußtlosigkeit, - Analgesie, - Muskelerschlaffung.
1. Anästhesie 1.1 Aufgaben Die Anästhesie hat die Aufgabe • Bewußtlosigkeit, • Analgesie • Muskelerschlaffung zu bewirken. Sie schafft die Voraussetzungen zur D u r c h f ü h r u n g diagnostischer und operativer Eingriffe mit einem Höchstmaß an Sicherheit für den Patienten. Die Anästhesie greift pharmakologisch in die Integrität des Organismus ein unter W a h r u n g der physiologischen Verhältnisse. Sie verändert u n d beeinflußt Herz und Kreislauf, führt zur Umverteilung von Elektrolyten zwischen den Flüssigkeitskompartimenten und beeinträchtigt den zellulären Stoffwechsel. Der Zustand der Anästhesie ist vollkommen reversibel. Die präoperative Einschätzung des Gesundheitszustandes des Patienten und seiner Belastung durch Narkose u n d Operation hat Einfluß auf das therapeutische Vorgehen, damit die postoperative Phase möglichst ohne Komplikationen verläuft (s. auch S. 79 ).
Beeinflussung von - Herz-Kreislauf, - Umverteilung der Elektrolyte, - Beeinträchtigung des Stoffwechsels.
1.2 Vorbereitung des Patienten Bei der Prämedikationsvisite wird der Patient über Art des Anästhesieverfahrens, dessen Risiken und Komplikationen aufgeklärt. Die Anamnese liefert Hinweise auf vorhandene Risikofaktoren, frühere Narkosekomplikationen, Unverträglichkeitsreaktionen (Transfusionen, Medikamente, Nahrungsmittel) u n d andere Erkrankungen. Der Anästhesist fragt nach regelmäßig e i n g e n o m m e n e n M e d i k a m e n t e n (Digitalispräparate, ß-Rezeptorenblocker, Kalzium-Antagonisten, Antihypertensiva, Glukokortikoide, Diuretika, Antikoagulanzien, Bronchospasmolytika, Laxanzien, Antibiotika). Die körperliche Untersuchung soll den Ernährungszustand, Erkrankungen der Atmungsorgane, des Herzens u n d des Kreislaufs und psychische Situation des Patienten erfassen. Bei dringlichen Eingriffen n i m m t das Anästhesierisiko deutlich zu; je besser die Z u s a m m e n h ä n g e vor einer Narkose erkannt werden, desto sicherer deren Durchführung. Hatte der Patient vor 6 M o n a t e n einen Herzinfarkt, sollte eine Elektiv-Operation aufgeschoben werden (Reinfarkthäufigkeit perioperativ u m ein vielfaches erhöht). Reinfarkt 1 Woche postoperativ hat eine Letalität zwischen 50 und 70%! Deshalb ist bei Patienten mit geringstem Verdacht auf koronare Herzkrankheit und Herzrhythmusstörungen u n d allen, die älter als 40 Jahre sind, prinzipiell präoperativ ein EKG zu fordern. Bei akuten Infektionen der Lunge und oberen Luftwege m u ß der Operationstermin verschoben werden. Bei Einschränkung der Lungenfunktion, empfiehlt sich präoperativ eine Atem- und Inhalationstherapie.
Prämedikationsvisite Fragen nach der Einnahme folgender Präparate: - Digitalis, - ß-Blocker, - Kalzium-Antagonisten, - Antihypertensiva, - Glukokortikoide, - Diuretika, - Antikoagulanzien, - Bronchospasmolytika. Körperliche Untersuchung.
Operationszeitpunkt bei Infarktpatienten. Bei Verdacht auf KHK oder Rhythmusstörungen und über 40 Jahre: EKG.
Bei Infektion der Lunge Operation verschieben.
XI. Anästhesie und Schmerzbehandlung
124 Bei Diabetes frühmorgens operieren.
Operationsvorbereitung: - Labor, umfangreich, - EKG, - Röntgen-Thorax. Bei Notfällen: - Hb, - Hämatokrit, Kalium, - Quick, - PTT, - Thrombinzeit. Bei anämischen Patienten: - Gesamt-Eiweißgehalt.
Bei Lebererkrankungen: - Transaminasen.
Prämedikation Zweck: Erleichterung der Anästhesie durch - Sedativa - Analgetika 2 h vor - Anticholinergika OP - Neuroleptika
Bei Patienten mit Diabetes sollte der Operationstermin in die frühen Morgenstunden gelegt werden. Bei größeren Eingriffen ist die Einstellung auf Alt-Insulin erforderlich. Zur Operationsvorbereitung gehören je nach Alter und Vorerkrankungen des Patienten und Größe der Operation in entsprechendem U m f a n g Labor Untersuchungen, EKG und Röntgen-Thoraxaufnähme. Bei Noteingriffen ist eine umfassende Diagnostik nicht möglich, jedoch sollten folgende Laborwerte vorliegen: Hb, Hämatokrit und Kalium, bei großen Operationen auch Quick-Wert, PTT, Thrombinzeit (wichtig für Regionalanästhesie!). Der Gesamt-Eiweißgehalt im Serum m u ß bei anämischen sowie älteren Patienten bekannt sein (wichtig für Plasma-Eiweiß-Bindung von Pharmaka und kolloid-osmotischen Druck). Der Serum-Kreatinin-Wert sollte ggf. durch Bestimmung von Harnstoff und der Kreatinin-Clearance ergänzt werden (renale Elimination von Narkotika!). Bei kurzfristig wiederholten Narkosen sowie bei Lebererkrankungen sollen die Transaminasen präoperativ vorliegen, u m bei der nachfolgenden Narkose eine zusätzliche Leberschädigung zu vermeiden. Je nach Größe der geplanten Operation sind reichlich gekreuzte Blutkonserven bereit zu stellen. Die Prämedikation soll die psychische Ausgangslage, Alter und Begleiterkrankungen berücksichtigen. Folgende Pharmakagruppen k o m m e n zur Anwendung: Sedativa, Analgetika, Neuroleptika, Anticholinergika. Diese pharmakologische Prämedikationstherapie hat den Sinn, Einleitung und Steuerung der Anästhesie zu erleichtern, die Speichel- und Bronchialsekretion zu h e m m e n und vagale Reflexe auszuschalten. Je nach gewählter Kombination wird eine Anxiolyse, Antihistaminwirkung, antiemetische sowie analgetische Wirkung erreicht. Günstig ist, wenn Sedativa und Analgetika ca. 2 h sowie Anticholinergika 1 h vor der geplanten Operation gegeben werden.
1.3 Anästhesieverfahren Die assistierte oder kontrollierte Beatmung während der Narkose gewährleistet größte Sicherheit für den Patienten und schafft bei gleichzeitiger muskulärer Relaxation optimale Operationsbedingungen für den Chirurgen (Abb. 11-1).
ο I
d V
\
**
Abb. 11-1 Instrumentarium zur Beatmung a) Laryngoskop n. Macintosh, b) endotrachealer Tubus c) Wendel-Tubus, d) Guedel-Tubus, e) Beatmungsmasken
Anästhesie Ein Narkoseapparat (Abb. 11-2) besteht aus • Vorratsflaschen für Lachgas u n d Sauerstoff (bzw. Anschlüssen f ü r eine zentrale Gasversorgungsanlage), • Reduzierventilen, • Flow-Meter f ü r die Dosierung, • Druckmanometer, • Verdampfer für Inhalationsanästhetika, • speziellen Anordnungen mit oder ohne Ventilsystem.
125 Ausstattung des Narkoseapparates (Abb. 11-2)
Abb. 11-2 a) Narkoseapparat (Drägerwerk, Lübeck) Drei Ventilsysteme für Masken- und Inhalationsnarkosen werden unterschieden: 1. halbgeschlossenes, 2. geschlossenes und 3. halboffenes System. Ein 4. System (offenes) ist die Schimmelbusch-Maske f ü r Tropfnarkosen. Die 3 erstgenannten Systeme unterscheiden sich im Frischgasverbrauch und im Rückatmungsanteil; entsprechend variiert der Verbrauch an Inhalationsgasen. Für jede Art von Narkose, gleichgültig, ob kurz- oder langdauernd, sind stets die gleichen vorbereitenden M a ß n a h m e n erforderlich, u m das Narkoserisiko zu vermindern. Vor jedem elektiven Eingriff soll eine östündige Nahrungsund Flüssigkeitskarenz liegen. Für jede Narkose ist eine Verweilkanüle in einer großlumigen Vene, regelmäßige Blutdruckkontrollen u n d fortlaufende Registrierung einer EKG-Ableitung erforderlich. Medikamente u n d Instrumente (Maske, Tubus, Laryngoskop, Absaugkatheter, funktionstüchtiges Narkosegerät) müssen vorbereitet sein. Vor Einleitung der Narkose wird dem Patienten über eine Maske Sauerstoff angeboten. In der Regel wird dann ein kurzwirkendes Hypnotikum oder Barbiturat injiziert und die Narkose mit einem N20/02-Gasgemisch (2:1) unterhalten, unter
Ventilsysteme
Für jede Narkose die gleichen Vorbereitungen —» Verringerung des Risikos 6 h Nahrungs- und Flüssigkeitskarenz vor jedem elektiven Eingriff. Bei jeder Narkose: - Verweilkanüle, - Blutdruckkontrolle, - EKG-Registrierung. Narkoseablauf: 1. Sauerstoff über Maske anbieten, 2. Injektion eines kurzwirkenden Hypnotikums oder Barbiturates,
126
XI. Anästhesie und Schmerzbehandlung
NoO + Oo
Abb. 11-2 b) Schema des halbgeschlossenen Kreissystems I = Atembeutel, 2 = Faltenschläuche, 3 = Einatemventil, 4 = Ausatemventil, 5 = Y - Stück, Übergang auf, 6 = Maske oder Tubus, 7 = Volumenmeßgerät, 8 = Beatmungsdruckmesser, 9 = C0 2 -Absorber, 10 = Überdruckventil, I I = Mischgaszuführung (N 2 0 + 0 2 )
3. Narkose mit N 2 0/0 2 -Gemisch unterhalten, 4. Fortführung durch Zugabe des Inhalationsanästhetikums, 5. Patient über Maske assistiert beatmen, 6. bei Muskelrelaxation: endotracheal intubieren. Es gibt 2 Anästhesiearten 1. Inhalationsanästhesie, 2. Intravenöse Anästhesie.
Zumischung
steigender
Konzentrationen
eines
Inhalationsanästhetikums
o d e r F o r t f ü h r u n g d e r N a r k o s e ζ. B. als N e u r o l e p t - A n a l g e s i e . D a alle N a r k o t i k a in w e c h s e l n d e m A u s m a ß a t e m d e p r e s s i v w i r k e n , wird d e r P a t i e n t ü b e r e i n e M a s k e assistiert
beatmet.
E r f o r d e r t d e r o p e r a t i v e E i n g r i f f e i n e Muskelrelaxation,
so m u ß e n d o t r a c h e a l
i n t u b i e r t w e r d e n (oral o d e r n a s a l ) . H i e r d u r c h w e r d e n d i e A t e m w e g e f r e i g e halten, d a m i t die B e a t m u n g ermöglicht u n d eine Aspiration von regurgitiert e m M a g e n i n h a l t v e r h i n d e r t . D i e E n d o t r a c h e a l t u b e n u n t e r s c h e i d e n s i c h in Material, Flexibilität, Größe u n d Formgebung.
1. Inhalationsanästhesie Es gibt 4 Stadien der Narkose.
1.3.1 Inhalationsanästhesie
Stadien
Atmung
interkostal
diaphragmal
I Amnesie II Exzitation Planum 1 ν § Planum 2 I hi ® ö Planum 3 j I Planum 4 IV Asphyxie Abb. 11-3 Stadien und klinische Zeichen der Anästhesietiefe (nach Guedel)
Anästhesie Der Ablauf einer Narkose läßt sich in 4 charakteristische Stadien einteilen (Guedel, 1920) (Abb. 11-3). Die Wirkung der Anästhetika beeinflußt Reflextätigkeit, Bewußtsein, Atmung, Herz und Kreislauf sowie den Muskeltonus. I. Stadium der Amnesie: gekennzeichnet durch Störungen der Gedächtnisfunktionen, der Orientierung über Zeit und R a u m sowie veränderte Schmerzbewertung. II. Stadium der Exzitation: gekennzeichnet durch Enthemmung der motorischen Aktivität, Exzitation und unregelmäßige Atmung. Vermehrte Katecholaminproduktion (Herzrhythmusstörungen, RR-Anstieg). Lebhafte Augenmuskelbewegungen, Pupillen erweitert und prompte Reaktion auf Licht. Tonus der Skelettmuskulatur erhöht, Tränen-, Speichel- und Bronchialsekretion verstärkt. In diesem Stadium besteht erhöhte Gefahr für Erbrechen und Laryngospasmus. III. Stadium der Toleranz: Es wird in 4 Stufen (Plana) eingeteilt. Mit zunehmender Narkosetiefe wächst die toxische Gefährdung. • Planum 1: In dieser Phase der Narkose wird die Atmung regelmäßig, die Lidreflexe sind erloschen, die Pupillen eng. • In Planum 2 nimmt der Tonus der Skelettmuskulatur ab; bei Spontanatmung Gefahr der Hypoventilation. Die pharyngealen und laryngealen Reflexe sind erloschen. • Das Planum 3 ist durch eine zunehmende Lähmung des Atemzentrums gekennzeichnet, und zwar durch Störung der Koordination zwischen Zwerchfell und Atemhilfsmuskulatur. Die Pupillen sind mittelweit, der Kornealreflex ist erloschen. • Das Planum 4 zeigt den Beginn der Überdosierung an. Die Pupillen werden reaktionslos und mittelweit. IV. Stadium der Asphyxie: Lähmung des Atem- und Kreislaufzentrums, weite Pupillen, drohende Gefahr des Herzversagens. Alle wesentlichen Operationen können im Planum 1 oder 2 des Toleranzstadiums durchgeführt werden. Die Inhalationsanästhesie, bei der die verwendeten Anästhetika eingeatmet werden, ist gut steuerbar. Aufnahme, Verteilung und Elimination der Inhalationsanästhetika erfolgen entsprechend den physikalischen Gesetzmäßigkeiten (Henry, Dalton, Gay-Lussac). Die anästhetische Potenz einer Substanz hängt von derjenigen Menge ab, die im zentralen Nervensystem gelöst ist. Für die Aufnahme des Inhalationsanästhetikums sind verschiedene Faktoren wichtig: - Inspiratorische Konzentration des Inhalationsanästhetikums, - alveoläre Ventilation, - Größe der funktionellen Residualkapazität (FRC) bzw. Verhältnis FRC zur alveolären Ventilation, - Herzminutenvolumen bzw. Lungendurchblutung und - Löslichkeit des Inhalationsanästhetikums im Blut (Blut-Gas-Verteilungskoeffizient).
Die Schnelligkeit des Konzentrationsanstiegs in den Alveolen wird von der Lungenbelüftung und der FRC bestimmt: Je größer die FRC, desto stärker muß ventiliert werden, um vergleichbare alveoläre Konzentrationen zu erreichen. Die Lungendurchblutung ist für diejenigen Inhalationsanästhetika von Besonderer Bedeutung, die im Blut gut löslich sind. Bei Lachgas, das schwer löslich ist, spielt die Lungendurchblutung nur eine untergeordnete Rolle. Ist ein Inhalationsanästhetikum gut löslich im Blut und Gewebe, so sind Einlei-
127
I. Amnesie - Störung des Gedächtnisses und der Orientierung (Zeit, Raum), - veränderte Schmerzbewertung. II. Exzitation - Unregelmäßige Atmung, - erhöhte Katecholaminproduktion, - Augenmuskelbewegung, - erweiterte Pupillen, - prompte Reaktion auf Licht, - erhöhter Tonus der Skelettmuskulatur, - Tränen-, Speichel- und Bronchial-Sekretion erhöht, - Gefahrfür Erbrechen und Laryngospasmus. III. Toleranz Planum 1: Atmung regelmäßig, keine Lidreflexe, Pupillen eng. Planum 2: Tonus der Skelettmuskulatur erniedrigt, Gefahr der Hyperventilation, keine pharyngealen und laryngealen Reflexe, Planum 3: Zunehmende Lähmung des Atemzentrums, Pupillen mittelweit, kein Kornealreflex, Planum 4: Beginn der Überdosierung, Pupillen reaktionslos, mittelweit. IV. Asphyxie - Lähmung des Atem- und Kreislaufzentrums, - weite Pupillen, - Gefahr des Herzversagens. Alle wichtigen Operationen im Planum 1 und 2.
Aufnahme des Inhalationsanästhetikums ist von vielen Faktoren abhängig.
XI. Anästhesie und S c h m e r z b e h a n d l u n g
128
Inhalationsanästhetika unterscheiden sich d u r c h ihren Stoffwechsel.
tungs- und Ausleitungsphase durch die Gewebespeicherung entsprechend lang. Die einzelnen Inhalationsanästhetika unterscheiden sich durch ihren Stoffwechsel. Die Biotransformation führt in unterschiedlichem Ausmaß zu Zwischen- und Endprodukten, die organbezogene Nebenwirkungen - besonders an Niere u n d Leber - zeigen können. Die Toxizität halogenierter Narkotika basiert auf der Abspaltung eines Protons der von Bromid, Chlorid und Fluorid, die möglicherweise zu irreversiblen Schädigungen von Zellfunktionen führen können. Die bestehende Unsicherheit in der Kenntnis der Metabolisierungsschritte und deren Ausmaß haben dazu geführt, daß ζ. B. HalothanNarkosen innerhalb eines 4wöchigen Zeitraums nicht wiederholt werden sollen (Leberschäden). Aus diesem Grunde müßen alle flüchtigen Anästhetika zum Schutze des dort tätigen Personals aus dem Operationssaal abgeleitet werden. 1965 prägte Eger aus Gründen der Verlgeichbarkeit den Begriff der minimalen alveolären Konzentration (MAC). Er gibt die Konzentration an, die bei 50 % der untersuchten Personen eine Abwehrreaktion auf einen definierten Schmerzreiz verhindert. Er ist am höchsten im Kindesalter und nimmt vom 20. Lebensjahr an kontinuierlich ab.
Charakterisierung einiger Inhalationsnarkotika: Lachgas: V e r w e n d u n g nur in V e r b i n d u n g mit Analgetika und Sedativa, gute analgetische W i r k u n g , geringe hypnotische Eigenschaften. (Tab. 11-1)
Lachgas Verwendung als Inhalationsanästhetikum ausschließlich in Kombination mit Analgetika und Sedativa. Es ist nicht explosiv, farblos und von leicht süßlichem Geruch. Gute analgetische Wirkung, aber nur geringe hypnotische Eigenschaften (Tab. 11-1). Tabelle 11-1 Physikalisch-chemische Eigenschaften der Inhalationsanästhetika MG
Siede- Dampf- Verteilungskoeffi-
M i n i m a l e Biotrans-
punkt
druck
alveoläre formations-
(mm
(mm
Hg)
Hg)
zient
KonzenBlut/Gas
Gl/Gas
rate
tration (MAC) (Vol.-%)
Lachgas
44,02
88,5
38800
0,47
Halothan®
197,4
50,2
243,3
2,3
Enfluran
184,5
56,5
184
1,78
Isofluran
184,5
48,5
250
34,6
442
Diäthyläther 11
74,12
1,41 12,1
1,4 224
>100
_
0,71
12-25%
98,5
1,68
2,4 %
99
1,3
Blutgefäße. Es gibt 6 Metastasierungstypen
1. V.-cava-Typ 2. Pfortader-Typ
3. Lungen-Typ
4. Leber-Typ
5. Vertebraler Typ
6. Kanalikulärer Typ
Außer den vorgezeichneten Transportwegen sind auch lokale Faktoren für das Angehen von Metastasen entscheidend. Die Mehrzahl der Karzinompatienten stirbt an der Metastasierung und nicht am Primärtumor.
6. Stadien und Gradeinteilung
Stadien und Gradeinteilung Prognose hängt von 2 Kriterien ab:
Für die prognostische Beurteilung einer Geschwulsterkrankung sind vor allem 2 Gesichtspunkte wichtig: 1. Die Ausbreitung der Geschwulst (Größe, Infiltration in benachbarte Strukturen, Metastasierung, = Staging) und 2. die Aggressivität des Tumorgewebes, beurteilbar durch histologische oder zytologische Untersuchung ( = Grading).
1. Ausbreitung der Geschwulst = Staging
Prinzipiell gelten folgende Regeln: • Je ausgedehnter der Tumor und je rascher sein Wachstum, desto geringer die Chancen einer Heilung. • Je weniger differenziert in seiner histologischen Struktur (anaplastisch), desto bösartiger der Tumor. Staging und Grading liefern die exakte Basis für die Beurteilung der Indikationsstellung und der Behandlungsverfahren mit Letalitäts- und Überlebenszahlen. Derartige Einteilungen wurden früher bereits für das Mammakarzinom (Steinthal-Stadien) und für das kolorektale Karzinom (Dukes-Stadien, teilweise noch in Gebrauch) benutzt. Heute gilt das von der UICC (= Union Internationale Contre le Cancer) organspezifisch entwickelte TNM-System. Es bedeuten: • Τ = Ausdehnung des Primärtumors, • Ν = Fehlen oder Vorhandensein regionärer Lymphknotenmetastasen • Μ = Fehlen oder Vorhandensein von Fernmetastasen (Organmetastasen). Durch Zahlenzusätze werden die Größe des Tumors und die Ausdehnung der Metastasierung noch zusätzlich bezeichnet:
2. Aggressivität der Geschwulst : Grading Wichtige Tumorregeln
168
Heute gilt das T N M - S y s t e m
XIV.Chirurgische Onkologie
T1 = kleiner, auf das Organ begrenzter Tumor ( < 2 cm) T2 = großer, noch auf das Organ begrenzter Tumor ( 2 - 5 cm) T3 = Tumor hat die Grenzen des Ursprungsorgans überschritten ( 5 - 1 0 cm) T4 = breite Infiltration des Tumors in angrenzende Organe ( > 1 0 cm) NO = keine nachweisbaren Lymphknotenmetastasen N1 = einzelne, bewegliche, vergrößerte Lymphknoten N2 = zahlreiche, regionäre, noch bewegliche Lymphknoten N3 = ausgedehnte, fixierte Lymphknotenvergrößerungen, auch Befall entfernter Gruppen MO = keine Fernmetastasen nachweisbar M l = Fernmetastasen vorhanden.
Kombiniert man diese Tumorsymbole, so ergibt sich daraus die Tumorformel, die in 4 klinische Stadien zusammengefaßt werden kann:
Tumorformel gibt 4 klinische Stadien an.
Stadium Stadium Stadium Stadium
I II III IV
= = = =
T l --2 T1--2 T l --3 T l --4
NO MO N l --2 MO N0--3 MO NO--3 M l
Man unterscheidet außerdem zwischen prätherapeutischer, intraoperativer und postoperativer sowie klinischer und pathologischer Beurteilung. Die Diagnosesicherheit wird in unterschiedlichen Stufen nach dem sog. C-Schlüssel bezeichnet: Die Sicherheit des Diagnoseverfahrens wird im C-Schlüssel angegeben.
Für die Chirurgie ist die p T N M Klassifikation wichtig (postoperative histopathologische Klassifikation) d. h. nach histologischer Untersuchung.
Der Klassifikation kann folgende Information zugefügt werden
Rezidive werden ebenfalls nach dem T N M System klassifiziert mit Voranstellung eines „r"
C1 C2 C3 C4
= = = =
klinische Diagnosestellung Diagnose durch spezielle Untersuchungsverfahren Diagnose durch chirurgischen Eingriff Diagnose durch den chirurgischen Eingriff und histologische Untersuchung C5 = Autopsiebefund
Die UICC empfiehlt seit 1978 2 Formen der Klassifikation: 1. TNM-Klassifikation (pretreatment clinical classification): Vor definitiver Behandlung aufgrund klinischer, radiologischer und endoskopischer Befunde. 2. pTNM-Klassifikation (post surgical histopathological classification): Nach histologischer Untersuchung des resezierten Tumors. Ist der Operation eine andere Behandlung, wie etwa Strahlen- und/oder Chemotherapie vorangegangen, dann wird der pTNM-Kategorie noch ein y vorangesetzt. Weiterhin können folgende Informationen angefügt werden:
G l - 3 = Histopathologisches Grading LO-2 = Einbruch in das Lymphsystem VO-2 = Einbruch in die Venen
Rezidive können - ebenso wie der Primärtumor - nach dem TNM-System klassifiziert werden. Der Tumorformel wird dann noch ein kleines „r" vorangestellt (ζ. B. rTNM, rpTNM). Eine Präzisierung des Tumors ist mit insgesamt 32 Kategorien möglich. Das erweiterte und modifizierte TNM-System
Diagnostische Verfahren
169
gilt derzeit für 30 Körperregionen. Für chirurgische Belange sinnvoll ist die postoperative histopathologische Klassifikation (pTNM).
7. Diagnostische Verfahren Je früher ein Tumor festgestellt wird, umso günstiger sind seine Heilungschancen. Die frühe und rechtzeitige Diagnose wird durch 3 Faktoren beeinflußt: 1. durch den Tumor (Sitz, Größe etc.) und seine Symptome (Schmerzen, Stenose, Blutungen, Vorwölbungen, Leistungsknick usw.). Der Zeitraum bis zum Auftreten der ersten klinischen Symptome wird als Latenzstadium bezeichnet; 2. durch den Patienten, der nach Auftreten der Symptome den Arzt erstmals nach mehr oder weniger langer Zeit aufsucht (= patientenbedingte Verschleppungszeit); 3. durch den Arzt, der mehr oder weniger schnell die richtige Diagnose stellt und die Tumorbehandlung einleitet (arztbedingte Verschleppungszeit). Die Verschleppungszeit durch Patient und Arzt (= „fatale Pause") beträgt im Durchschnitt ein Jahr, variiert aber nach Sitz des Tumors und Intensität der Symptome.
Diagnostische Verfahren 3 Faktoren beeinflussen die rechtzeitige Diagnose:
1. der Tumor (Sitz, Größe) und seine Symptome (Schmerz, Blutung, Stenose etc.),
2. der Patient (Aufsuchen des Arztes),
3. der Arzt (schnelle und richtige Diagnose).
7.1 Symptome
Symptome Kaum Frühsymptome
Eigentliche „Frühsymptome" gibt es - von Ausnahmen abgesehen - kaum, da der bösartige Tumor meist erst dann allgemeine oder lokale Symptome verursacht, wenn er bereits eine entsprechende Größe erreicht hat. Die Symptomatik ist vom Sitz des Tumors, seiner Größe und der eventuellen Metastasierung bestimmt. Oft gehen den speziellen lokalen Symptomen allgemeine Zeichen voraus. Typisch ist eine allgemeine Leistungsminderung („Leistungsknick"), begleitet von Schwäche, Gewichtsabnahme, Appetitlosigkeit, Blässe (sekundäre Anämie), evtl. subfebrilen Temperaturen. Die lokalen Tumorsymptome sind organbezogen: Heiserkeit beim Larynxkarzinom, Schluckstörungen beim Ösophaguskarzinom, Husten beim Bronchuskarzinom, Ileus beim kolorektalen Karzinom, Ikterus beim Papillen- oder Pankreaskopfkarzinom. Blutungen finden sich häufig bei gastro-intestinalen Karzinomen, aber auch beim Bronchuskarzinom. Schmerzen kann jeder Tumor verursachen.
Bei bestimmter Größe allgemeine 1 „ lokale | sYmPtome Allgemeine Symptome: - Leistungsminderung, - Schwäche, - Gewichtabnahme, - Appetitlosigkeit, - Blässe, - evtl. subfebrile Temperaturen. Lokale Symptome (organbezogen): - Heiserkeit—» Larynxkarzinom, - Schluckstörungen - * Ösophaguskarzinom, - Husten —> Bronchuskarzinom, - Ileus —» kolorektales Karzinom etc.
Entscheidend für die rechtzeitige Erkennung einer bösartigen Geschwulst ist das „Darandenken", bereits bei diskreten Symptomen, so daß bis zur endgültigen Sicherung oder Ausschluß eines Tumors alle diagnostischen Möglichkeiten eingesetzt werden können.
7.2 Bildgebende Verfahren 7.2.1 Röntgendiagnostik Sie ist das wichtigste Untersuchungsverfahren für die Geschwulstdiagnostik. Neben der einfachen Übersichtsaufnahme (ζ. B. Thorax in 2 Ebenen beim Bronchuskarzinom) stehen spezielle Techniken zur Verfügung: ζ. B. Röntgenkontrastuntersuchung bei gastro-intestinalen Geschwülsten (MDP, Kontrasteinlauf), Angiographie zum Nachweis von Tumorgefäßen, besonders bei Leber-, Pankreas- und Nierentumoren, Venographie bei Mediastinaltumoren, Lymphographie zum Nachweis von Lymphknotenmetastasen, Mammographie und Galaktographie beim Mammakarzinom, Ausscheidungsurographie bei Tumoren der Nieren und ableitenden Harnwege. Eine Neuentwicklung der Röntgendiagnostik ist die Computertomographie (CT) (Abb. 14-5). Sie ermöglicht eine exakte räumliche, anatomische Wiedergabe der Organe in beliebig vielen Schichten (Querschnittsbild) und eine
Röntgendiagnostik: Übersichtsaufnahme spezielle Kontrastaufnahmen: - Angiographie, - Venographie, - Lymphographie, - Mammographie, - Galaktographie, - Ausscheidungsurographie.
Computertomographie (CT)
170
XIV.Chirurgische Onkologie
Abb. 14-5 Computertomographie der Leber mit Metastasen im rechten Leberlappen bei einem kolorektalen Karzinom Differenzierung der verschiedenen Gewebe (Flüssigkeit in Knochen, Fett, Muskeln usw.). Besonders wichtig ist die CT zum Nachweis von Hirn-, Pankreas-, Leber-, retroperitonealen Tumoren und Metastasen. Isotopendiagnostik Speicherung von markierten Substanzen in spez. Organen und Messung der Anreicherung durch Szintigraphie
Ultraschalldiagnostik Tumoren ab 2 cm Durchmesser sind darstellbar. Geeignet für Pankreas und Leber sowie Tumorpunktionen.
Endoskopie Tumorbetrachtung und Biopsienentnahme, aber: Negative Biopsie schließt Tumor nicht aus!
Feinnadelbiopsie Materialgewinnung für zytologische Untersuchung. Relativ gefahrlos!
Probeexzision, Probeextirpation Operative Gewebeentnahme. Hohe Treffsicherheit.
Laboruntersuchungen
7.2.2 Isotopendiagnostik Die Speicherung von Isotopen in bestimmten Organen, wie Schilddrüse, Hirn, Nebennieren, Leber, Knochen usw. (Szintigramm) offenbart Tumordestruktionen des spezifischen Organparenchyms (ζ. B. kalter Knoten in der Schilddrüse, Knochenmetastasen usw.). Eine Anreicherung von Isotopen in Lunge, Knochen, Lymphknoten ist ein Hinweis für Metastasen, ζ. B. beim Schilddrüsenkarzinom.
7.2.3 Ultraschalldiagnostik (Sonographie) Wichtiges Verfahren, daß den Patienten nicht belastet und beliebig oft wiederholt werden kann (Screening-Verfahren!). Tumoren ab ca. 2 cm Durchmesser sind darstellbar, besonders geeignet für die Pankreas-, Leber- und Nierendiagnostik. Mit Hilfe der Sonographie sind gezielt Tumorpunktionen für zytologische Untersuchungen möglich.
7.3 Endoskopie Bei der Endoskopie (Bronchoskopie, Gastroduodenoskopie, Rektokolonoskopie usw.) können Tumoren gesehen und biopsiert werden. Merke: Eine negative Biopsie schließt einen Tumor nie aus! Die Endoskopie ist ein invasives diagnostisches Verfahren und nicht frei von Komplikationen (Blutungen, Perforation).
7.4 Feinnadelbiopsie Sie dient der Materialgewinnung zur zytologischen Untersuchung. Nahezu gefahrlos! Besonders geeignet für Lymphknoten, Schilddrüse, Leber, Pankreas, Niere, Mamma. Kann CT- bzw. sonographiegesteuert durchgeführt werden.
7.5 Probeexzision, Probeexstirpation Operative Gewebeentnahme durch direkte Exzision aus dem Tumor oder Exstirpation des ganzen Tumorknotens (ζ. B. Mamma, Weichteilgeschwülste, Lymphknoten oder innere Organe). Hohe Treffsicherheit. Komplikationen durch Blutungen und Wundheilungsstörungen.
7.6 Laborchemische Untersuchungen Es gibt keinen sicheren „Krebstest", der generell einen malignen Tumor anzeigt. Verschiedene Methoden liefern jedoch gewisse Hinweise auf eine Tu-
Therapie morerkrankung, ζ. Β. BKS, Elektrophorese, Hb, Bence-Jones-Eiweißkörper, Bestimmung von T u m o r m a r k e r n (ζ. B. CEA = karzinoembryonales Antigen), saure Phosphatase. Die Laboruntersuchungen sind nur in der Synopsis mit anderen Diagnoseverfahren verwertbar.Tumormarker dienen vor allem der Verlaufskontrolle bei einem Tumorleiden (ζ. B. CEA-Bestimmung beim kolorektalen Karzinom, Abb. 14-6)
171 Hinweis auf Krebs durch - BKS, - Elektrophorese, - Hb, - Bence-Jones-Eiweißkörper, - Tumormarker (Verlaufskontrolle), - saure Phosphatase.
Abb. 14-6 Verlaufskontrolle des karzinoembryonalen Antigens (CEA) - langsamer Titer Anstieg spricht für ein Lokalrezidiv (A), rascher und stürmischer TiterAnstieg für eine hämatogene Metastasierung, z.B. Lebermetastasen (B)
7.7 Diagnostische Eingriffe Thorakotomie oder Laparotomie sind d a n n indiziert, wenn alle anderen diagnostischen M a ß n a h m e n keine Klarheit brachten u n d weiterhin der Verdacht auf ein Tumorleiden besteht. Sie erlauben außerdem die Beurteilung der Operabilität.
7.8 Vorsorgeuntersuchungen Vorsorgeuntersuchungen dienen der frühzeitigen Erkennung von T u m o r e n im frühen, symptomfreien Stadium. Gelegentlich auch als Reihenuntersuchung besonders gefährdeter Bevölkerungsgruppen angezeigt. Die Untersuchungen sollen einfach, komplikationsarm, billig u n d aussagekräftig sein. Diese Forderungen sind nur für bestimmte Untersuchungen erfüllbar: M a m makarzinom, Portiokarzinom, Prostatakarzinom, Kolonkarzinom (okkulter Blutnachweis im Stuhl), Bronchuskarzinom (Thoraxübersichtsaufnahme).
8. Therapie In der Regel führt jeder bösartige T u m o r unbehandelt in mehr oder weniger kurzer Zeit z u m Tode. Spontane Rückbildungen sind extrem selten. Je frühzeitiger und radikaler die Therapie erfolgt, desto größer sind die Heilungschancen. Die verschiedenen Behandlungsverfahren können isoliert oder kombiniert eingesetzt werden.
8.1 Operative Behandlung Sie ist die M e t h o d e der Wahl u n d richtet sich nach dem Ausgangspunkt, der Größe und Ausbreitung der Geschwulst.
Diagnostische Eingriffe: Thoraktomie 1 wenn andere VerLaparotomie J fahren unklar Beurteilung der Operabilität möglich.
Vorsorge Auch Reihenuntersuchung zur Erkennung von Krebs im symptomfreien Stadium, geeignet bei: - Mammakarzinom, - Portiokarzinom, - Kolonkarzinom, - Bronchuskarzinom.
Therapie Isolierter oder kombinierter Einsatz der folgenden Methoden:
X I V . C h i r u r g i s c h e Onkologie
172 1. Radikaloperation Bedeutet: - makroskopisch totale Entfernung - mikroskopisch tumorfreie Ränder, - keine Metastasen nachweisbar.
Ziel: kurativ.
2. Palliative Operation Zur Verbesserung der Lebensqualität und Beseitigung von Komplikationen, ζ. B. Schmerz. Keine Radikalentfernung!
Man unterscheidet: - resezierende Operationen (Entfernen des tumortragenden Organs unter Belassen von Metastasen), - nicht resezierende Operationen (nur Beseitigung von Symptomen).
3. Rezidiv- und Metastasenchirurgie Rezidive können ζ. T. noch kurativ entfernt werden.
Entfernung von Metastasen hatz. T. gute Erfolgschancen.
4. Strahlentherapie - Telekobalt-Bestrahlung, - Betatron-Bestrahlung. Geeignet bei Karzinomen an: - Haut, - Portio, - Cervix uteri, - Ösophagus (Plattenepithel), - Seminome, - M. Hodgkin, - Mamma. Einsatz: - kurativ, - palliativ, - adjuvant bei Rezidiven und Metastasen.
Adjuvant: Zur Tumorverkleinerung und Beseitigung von Mikrometastasen im regionären Lymphabflußgebiet. Indikativ begrenzt.
8.1.1 Radikaloperationen Radikaloperation bedeutet: • makroskopisch totale Entfernung des Tumors mit den ableitenden Lymphknoten (en-bloc-Resektion), • mikroskopisch tumorfreie Resektionsränder, • keine Metastasen mehr nachweisbar. Das Ziel der Radikaloperation ist kurativ, d. h. der Patient wird von seinem Tumorleiden definitiv ausgeheilt. Radikaloperationen erfordern partielle oder totale Entfernung von Organen, ζ. B. Lungenlappen oder -flügeln, Magen, Ösophagus, Niere, Extremitätenamputation usw. Es handelt sich meist u m große und belastende Eingriffe. 8.1.2 Palliativoperationen Man unterscheidet resezierende und nicht resezierende Palliativoperationen. Die palliative Resektion kann nicht kurativ sein. Sie entfernt das tumortragende Organ bewußt unter Belassung von Tumorgewebe, ζ. B. bei bereits vorhandenen Fernmetastasen. Voraussetzung ist, daß der T u m o r operativtechnisch noch entfernbar ist. Ziel dieser Eingriffe ist die Verbesserung der Lebensqualität durch Beseitigung von Komplikationen (Blutung, Stenosen, Schmerzen usw.) und einer evtl. Verlängerung der Überlebenszeit. Nicht resezierende Palliativeingriffe ( = symptomatische Operationen) dienen ausschließlich der Beseitigung von Symptomen, wie Stenosen im Bereich des Verdauungstraktes (bilio-digestive Anastomose bei Verschlußikterus, Ösophagusendoprothese bei Dysphagie, Gastroenterostomie bei Magenausgangsstenose, A n u s praeter bei Kolonobstruktion usw.) oder von Schmerzen (ζ. B. Leukotomie). Hierzu zählen auch Osteosynthesen zur Stabilisierung metastasenbedingter sog. „pathologischer" Frakturen. 8.1.3 Rezidiv- und Metastasenchirurgie Sie hat an Bedeutung gewonnen, da bei einer geregelten Tumornachsorge Lokalrezidive und Metastasen rechtzeitig erkannt werden. Tumorrezidive am Ort des vorher exstirpierten Primärtumors, ζ. B. Magen oder Kolon, können bisweilen noch kurativ entfernt werden. Die Exstirpation solitärer oder vereinzelter Metastasen in Leber und Lunge hat vor allem b e i m kolorektalen Karzinom noch gute Erfolgschancen (5-JahreÜberlebenszeiten 2 0 - 3 0 %).
8.2 Strahlentherapie Anstelle der Röntgentiefenbestrahlung wird heute die Megavolt-Therapie (Telekobalt- oder Betatron-Bestrahlung) durchgeführt. Die Strahlendosis (Gray = Gy) ist lokal und generell begrenzt. Die Indikation zur Strahlentherapie ist wegen der unterschiedlichen Ansprechbarkeit der T u m o r e n beschränkt. D o m ä n e sind die Karzinome der Haut, der Portio und Cervix uteri u n d die Plattenepithelkarzinome des Ösophagus, ferner Seminome, der Morbus Hodgkin und das M a m m a k a r z i n o m . Die Strahlenbehandlung kann kurativ, palliativ und adjuvant eingesetzt werden. Die Erfolge der Kurativbestrahlung sind sehr begrenzt. Die Palliativbestrahlung dient der Beseitigung von Symptomen (ζ. B. Dysphagie bei stenosierendem Ösophaguskarzinom), zur Verlängerung der Uberlebenszeit und zur Beseitigung von Schmerzen (ζ. B. Pankreaskarzinom Pancoast-Tumor). Die Strahlentherapie wird vor allem auch beim Tumorrezidiv und bei Metastasen eingesetzt. Die adjuvante Bestrahlung ( = vor oder nach einer Radikaloperation) hat eine Tumorverkleinerung und eine Zerstörung noch nicht sichtbarer Mikrometastasen im regionären Lymphabflußgebiet zum Ziel, u m so die Heilungsergebnisse zu verbessern. Diese Indikation ist begrenzt und wird laufend in kli-
Therapie nischen Studien überprüft (ζ. B. beim Ösophaguskarzinom, Rektumkarzinom). Sie kann auch mit einer Chemotherapie kombiniert werden (ζ. B. Morbus Hodgkin). Die notwendige Tumordosis liegt bei etwa 60 Gray, die Bestrahlung wird variiert und in der Dosis fraktioniert. Sie kann als Stehfelder-, Rotations- und Rasterbestrahlung durchgeführt werden. Die Nebenwirkungen der Strahlentherapie sind nicht unbeträchtlich: Dermatitis, Zystitis, Stomatitis, Brechreiz, Agranulozytose. An Spätreaktionen sind zu erwähnen: obliterierende Arteriitis, Katarakt, Stenosen, Perforationen, Fisteln (bes. Ösophagus), Pneumonitis, Teleangiektasien.
8.3 Chemotherapie Die Chemotherapie bedarf einer strengen Indikation, da sie erhebliche Nebenwirkungen hat. Es gibt zahlreiche zytostatische Substanzen mit unterschiedlicher Wirkung. Die Chemotherapie kann adjuvant und palliativ durchgeführt werden. Die adjuvante Chemotherapie ist wegen ihrer i m m u n suppressiven Wirkung umstritten. Sie wird versucht beim M a m m a k a r z i n o m , kolorektalem Karzinom und Knochensarkom. Die prospektiven Untersuchungen zu dieser Frage sind noch nicht abgeschlossen. Die palliative Zytostatika-Therapie ist bei eingetretener Metastasierung bzw. beim inoperablen Rezidiv angezeigt. Häufig werden Medikament-Kombinationen benutzt, die eine unterschiedliche Pharmakokinetik aufweisen (bessere Wirkung, geringere Dosierung, geringere Nebenwirkungen). Nebenwirkungen der zytostatischen Therapie: Anämie, Leukopenie, Thrombopenie, Alopezie, Diarrhoen, Stomatitis, Pankreatitis. Über den Nukleinsäurestoffwechsel können Chemotherapeutika potentiell mutagen, teratogen und kanzerogen wirken. D o m ä n e der Hormontherapie sind das metastasierende Prostata- und M a m makarzinom. Beim M a m m a k a r z i n o m wird je nach Bestimmung der Hormonrezeptoren (s. auch S.305) mit Östrogen- und Progesteron- sowie Testosteron-Präparaten behandelt. Ein prophylaktischer, d. h. Rezidive und Metastasen verhütender Effekt der H o r m o n b e h a n d l u n g ist bisher nicht erwiesen.
8.4 Immuntherapie
173 Kombination mit Chemotherapie möglich.
Zahlreiche Nebenwirkungen der Strahlentherapie.
5. Chemotherapie Strenge Indikation, da viele Nebenwirkungen. Einsatz: Adjuvant bei Mammakarzinom, kolorektalem Karzinom, Knochensarkom. Palliativ bei Metastasierung, inoperablem Rezidiv.
Nebenwirkungen: - Anämie, - Leukopenie, - Thrombopenie, - Alopezie, - Diarrhoe, - Stomatitis, - Pankreatitis. Bei Mammakarzinom und Prostatakarzinom sind Hormonpräparate indiziert.
Immuntherapie (BCG, Interferon) Wirkung noch fraglich.
Die I m m u n t h e r a p i e steht noch in der Entwicklung. Sie basiert auf tumorassoziierten Antigenen der spezifischen Immunantwort auf Tumorantigene und kann nur Erfolg haben bei relativ kleinen T u m o r m e n g e n . Derzeit ist nur eine allgemein-immunstimulierende Therapie möglich (ζ. B. BCG-Impfung). Eine passive Immunisierung ist bei leukämischen Patienten möglich durch antilymphozyten-Serum. Neuerdings hat die Interferon-Forschung an Bedeutung gewonnen. Es handelt sich um ein artspezifisches, zelleigenes Protein mit virustatischen Eigenschaften, das aus menschlichen Granulozyten hergestellt wird. Der genaue Wirkungsmechanismus dieser sehr kostspieligen Therapie ist noch unbekannt.
8.5 Allgemeine Behandlung und Nachsorge Die allgemeine Therapie beim Tumorpatienten hat folgende Ziele: 1. Verbesserung des Allgemeinzustandes durch eine energie- oder nährstoffreiche Kost. 2. Überwachung und Therapie operationsbedingter Folgeerscheinungen (ζ. B. Postgastrektomiesyndrome, Stomapflege usw.). 3. Linderung von Schmerzen (pharmakologisch oder durch schmerzausschaltende Operationen).
Therapieziele der Allgemeinbehandlung - Verbesserung des Allgemeinzustandes, - Kontrolle der Operationsfolgen, - Linderung von Schmerzen,
XIV. C h i r u r g i s c h e O n k o l o g i e
174 - psychische und soziale Betreuung,
4. Psychische u n d soziale B e t r e u u n g des P a t i e n t e n ( K u r a u f e n t h a l t e , Wiedere i n g l i e d e r u n g in F a m i l i e u n d Beruf).
- Nachsorge: Kontrolluntersuchungen.
5. R e g e l m ä ß i g e K o n t r o l l u n t e r s u c h u n g e n z u r rechtzeitigen E r k e n n u n g eines Rezidivs u n d von M e t a s t a s e n m i t e r n e u t e r T h e r a p i e m ö g l i c h k e i t (Operation, Bestrahlung, Zytostatika).
Beurteilung der Therapie durch folgende Kriterien:
9. Beurteilung der Therapieergebnisse F o l g e n d e P a r a m e t e r sind zur Beurteilung der T h e r a p i e e r g e b n i s s e b e i m T u m o r l e i d e n wichtig:
- Resektionsquote
- Operationsletalität - 5-Jahre-Überlebenszeit
1. R e s e k t i o n s q u o t e , d. h. der Anteil der P a t i e n t e n , bei d e n e n e i n e potentiell kurative E n t f e r n u n g des T u m o r s möglich ist. Sie h ä n g t von vielen F a k t o ren ab: T u m o r s t a d i u m , Alter, A l l g e m e i n z u s t a n d usw. 2. Operationsletalität: Sie ist bei a u s g e d e h n t e n E i n g r i f f e n n i c h t u n b e t r ä c h t lich. 3. 5-Jahre-Überlebenszeit, eine willkürlich festgelegte Z e i t s p a n n e , die k e i n e echte D a u e r h e i l u n g b e i n h a l t e t . A u c h n a c h dieser Zeit k ö n n e n n o c h Rezidive u n d M e t a s t a s e n auftreten. Besser wird d e s h a l b die 10-Jahres-Überlebenszeit als H e i l u n g gewertet. F ü r d e n statistischen Vergleich sind die T u morstadien unerläßlich.
absolute Leistungszahl
4. Absolute Leistungszahl = 5-Jahre-Überlebenszeit, b e z o g e n auf alle m i t e i n e m Organkrebs eingewiesenen P a t i e n t e n incl. der N i c h t o p e r i e r t e n u n d postoperativ Verstorbenen.
relative Leistungszahl
5. Relative Leistungszahl = 5 - J a h r e - Ü b e r l e b e n s z e i t , b e z o g e n n u r auf die „radikal o p e r i e r t e n " K r e b s p a t i e n t e n . 6. F ü r die C h e m o t h e r a p i e gilt: komplette Remission = vollständiges Vers c h w i n d e n der klinisch m e ß b a r e n T u m o r h e r d e u n d N o r m a l i s i e r u n g der k r a n k h e i t s b e d i n g t e n pathologischen Laborwerte. Partielle Remission = R ü c k g a n g der m e ß b a r e n T u m o r h e r d e u m m i n d e s t e n s 50 %, R ü c k g a n g von t u m o r b e d i n g t e n Organvergrößerungen (ζ. B. Leber) u m m i n d e s t e n s die H ä l f t e . D e u t l i c h e Besserung t u m o r a b h ä n g i g e r Laborwerte sowie subjektiver S y m p t o m e .
komplette Remission partielle Remission
Progredienz
Krebsverhütung 1. Kanzerogene entfernen, 2. Krebsrisikoerkrankungen behandeln, 3. Vorsorgeuntersuchungen.
Progredienz = A u f t r e t e n n e u e r T u m o r h e r d e u n t e r Z u n a h m e b e s t e h e n d e r H e r d e u m m i n d e s t e n s 25 % w ä h r e n d der T h e r a p i e . D e u t l i c h e Z u n a h m e subjektiver Beschwerden u n d pathologischer L a b o r b e f u n d e .
10. Krebsverhütung Der K r e b s v e r h ü t u n g wird h e u t e große B e d e u t u n g b e i g e m e s s e n . Sie ist m ö g lich d u r c h E n t f e r n u n g k a n z e r o g e n e r S u b s t a n z e n , B e h a n d l u n g von Krebsrisik o e r k r a n k u n g e n (ζ. B. c h r o n i s c h e Bronchitis, perniziöser A n ä m i e ) u n d Ausschaltung kokarzinogener Faktoren. Hier spielt die „saubere" U m w e l t eine erhebliche Rolle (Beseitigung von Abgasen, I n d u s t r i e a b f ä l l e n usw.). V o m D e u t s c h e n B u n d e s t a g w u r d e n h i e r z u G e s e t z e zur R e i n h a l t u n g der Luft u n d des Wassers, das Atomgesetz, die S t r a h l e n s c h u t z b e s t i m m u n g , Lebensmittel- u n d A r z n e i m i t t e l g e s e t z e u n d G e w e r b e s c h u t z b e s t i m m u n g e n verabschiedet. Wichtig ist aber, daß der e i n z e l n e M e n s c h k a n z e r o g e n e N o x e n vermeidet, (ζ. B. Z i g a r e t t e n - R a u c h e n , starken A l k o h o l g e n u ß ) u n d sich im k r e b s g e f ä h r d e t e n Alter regelmäßig der Vorsorgeuntersuchung unterzieht.
Literatur
Literatur Bauer, Κ. H.: Das Krebsproblem. 2. Aufl. Springer, B e r l i n - G ö t t i n g e n - H e i delberg 1963 Denck, H., Karrer, K.: Chirurgische Onkologie. Edition Medizin, Weinh e i m - D e a r f i e l d Beach, F l o r i d a - B a s e l 1984 Oeser, H.: Krebsbekämpfung: H o f f n u n g und Realität. Thieme, Stuttgart 1974 Schmähl, D.: Entstehung, W a c h s t u m und Chemotherapie maligner T u m o ren. Edition Cantor, Allendorf 1963
175
XV.
Transplantationschirurgie
XV. Transplantationschirurgie
Μ. Molzahn, R. Häring
1. Geschichte der Organtransplantation Die Organtransplantation begann mit der Entwicklung der Gefäßnaht um die Jahrhundertwende (Dörfler, Carrel, Jeger). 1902 führte E. Ullmann die erste technisch erfolgreiche Nierentransplantation im Tierexperiment durch. Am Menschen wurden zunächst xenogene Transplantationen erprobt (Jaboulay 1906, Unger 1908), die erfolglos waren. Den ersten Versuch einer Leichennierentransplantation unternahm der russische Chirurg Voronoy im Jahre 1936. 1954 führten Murray und Merrill in Boston die erste langfristige erfolgreiche Lebendspendertransplantation unter identischen Zwillingen durch. Von 1959 an wurden von mehreren Arbeitsgruppen systematisch Kortikosteroide und immunsuppressiv wirksame Antimetaboliten zur Abstoßungsbehandlung eingesetzt; damit waren die wesentlichen Voraussetzungen für die allogene Organtransplantation am Menschen geschaffen. Die ersten homologen Nierentransplantationen wurden 1963 und 1964 von Brosig und Nagel in Deutschland vorgenommen, 1963 die erste Lebertransplantation durch* Starzl, 1967 die erste Herztransplantation durch Barnard und die erste Pankreastransplantation am Menschen durch Kelly. 1964 hatte Terasaki die Histokompatibilitätstestung zur Auswahl von Spender-Empfänger-Kombinationen für die Nierentransplantation entwickelt. Ende der 60er Jahre entstanden in Westeuropa überregionale Organaustauschprogramme zur optimalen Spender-Empfänger-Auswahl für die Leichennierentransplantation auf der Basis der HLA-Antigene (Eurotransplant, von Rood).
Historisches 1936 erste Leichennierentransplantation durch Voronoy.
Organaustauschprogramme in Westeuropa zur optimalen Spender-Empfänger-Auswahl auf der Basis der HLA-Antigene. Nierentransplantation und Dialyse sind heute Standardtherapien der terminalen Niereninsuffizienz.
Bis jetzt sind weltweit ca. 100 000 Nierentransplantationen durchgeführt worden; die Nierentransplantation ist heute zusammen mit der Dialyse Standardtherapie der chronischen Niereninsuffizienz. Leber-, Herz- und Pankreastransplantationen stehen noch am Beginn ihrer klinischen Einsatzmöglichkeiten. Die Lungentransplantation hat sich bisher als nicht durchführbar
2. Immunologische Grundlagen und Voraussetzungen Aufgabe des Immunsystem ist es, genetisch differente Zellen oder Zellverbände zu eliminieren. Eine Organtransplantation ohne Stimulierung des Immunsystems ist daher nur unter genetisch identischen Individuen (isogene Transplantation) möglich. Bei Organübertragungen zwischen differenten Individuen gleicher (allogene Transplantation) oder unterschiedlicher Species (xenogene Transplantation) kommt es jedoch immer zur Aktivierung der Immunabwehr mit dem Ziel einer Transplantatrejektion. Der Ausgang dieses Prozesses hängt ab von den im Spenderorganismus genetisch determinierten Antigeneigenschaften des Transplantats sowie der Reaktionsbereitschaft des Empfängers, die teils durch vorgegebene Faktoren, teils durch medikamentöse Eingriffe beeinflußt werden kann.
Die natürliche Immunabwehr bewirkt eine Transplantatrejektion.
178
XV. Transplantationschirurgie
2.1 Bedeutung der Histokompatibilitätsantigene Bedeutung des HLA-Systems für die Immunogenität. Übereinstimmung zwischen Spender und Empfänger durch HLA-Antigenmuster.
N e b e n d e n A n t i g e n e n des A B O - B l u t g r u p p e n s y s t e m s sind es vor allem die H i s t o k o m p a t i b i l i t ä t s a n t i g e n e , die ein T r a n s p l a n t a t i m m u n o g e n werden lassen. Diese A n t i g e n e sind M e m b r a n b e s t a n d t e i l e aller kernhaltiger Körperzellen; sie werden b e i m M e n s c h e n als H L A ( h u m a n leucocyte a n t i g e n ) - S y s t e m b e z e i c h n e t . Dieses System, das e i n e n e r h e b l i c h e n P o l y m o r p h i s m u s aufweist, wird ü b e r d e n k u r z e n A r m des sechsten C h r o m o s o m s d e t e r m i n i e r t . I n n e r halb dieser H L A - R e g i o n sind verschiedene Subloci (A-, B-, C-, D- u n d D R Locus) b e k a n n t . Bei d e r N i e r e n t r a n s p l a n t a t i o n scheint die Ü b e r e i n s t i m m u n g der D R - A n t i g e n e von B e d e u t u n g zu sein, w ä h r e n d der E i n f l u ß von A- u n d B - I n k o m p a t i b i l i t ä t e n geringer zu bewerten ist. In der Praxis wird vor j e d e r O r g a n t r a n s p l a n t a t i o n ein Kreuztest zwischen L y m p h o z y t e n des S p e n d e r s u n d S e r u m des E m p f ä n g e r s d u r c h g e f ü h r t , u m das Vorliegen präformierter H L A - g e r i c h t e t e r zytotoxischer A n t i k ö r p e r a u s z u s c h l i e ß e n . Bei der N i e r e n t r a n s p l a n t a t i o n wird die K e n n t n i s der H L A - A n t i g e n m u s t e r b e n u t z t , u m eine möglichst gute Ü b e r e i n s t i m m u n g zwischen E m p f ä n g e r u n d S p e n d e r zu erreichen.
2.2 Immunmodulation und Immunsuppression Blutvortransfusion zur Verbesserung der Abwehrlage bei Nierentransplantation.
Es gibt erhebliche interindividuelle U n t e r s c h i e d e in der R e a k t i o n s b e r e i t schaft des I m m u n s y s t e m s . Bei der N i e r e n t r a n s p l a n t a t i o n zeigen einige Pat i e n t e n fast keine A b w e h r r e a k t i o n , a n d e r e hingegen stoßen 2 oder m e h r T r a n s p l a n t a t e u n b e e i n f l u ß b a r ab. Die U r s a c h e f ü r dieses u n t e r s c h i e d l i c h e V e r h a l t e n ist bisher nicht geklärt. D a r ü b e r h i n a u s läßt sich das Ü b e r l e b e n von N i e r e n t r a n s p l a n t a t e n j e d o c h d u r c h die G a b e von Bluttransfusionen eines dritten Spenders e r h e b l i c h verbessern. D e m g e g e n ü b e r ist die T r a n s p l a n t a tionsprognose bei E m p f ä n g e r n , die keine v o r a u s g e g a n g e n e n B l u t t r a n s f u s i o n e n oder a n d e r e A n t i g e n - E x p o s i t i o n e n , ζ. B. G r a v i d i t ä t e n h a t t e n , erheblich schlechter. Bei der N i e r e n t r a n s p l a n t a t i o n werden die potentiellen E m p f ä n g e r h e u t e in d e n m e i s t e n Z e n t r e n systematisch v o r t r a n s f u n d i e r t ; Z e i t p u n k t u n d Z a h l der T r a n s f u s i o n e n sind u n t e r s c h i e d l i c h . E i n e exakte E r k l ä r u n g für dieses P h ä n o m e n steht n o c h aus.
Medikamente zur Immunsuppression: - Kortikosteroide, - Zytostatika und Antimetabolite (früher), - Cyclosporin Α.
Das Ü b e r l e b e n allogener O r g a n t r a n s p l a n t a t e k a n n d u r c h i m m u n s u p p r e s s i v e M e d i k a m e n t e e r h e b l i c h verlängert werden. Kortikosteroide ü b e n einerseits e i n e n u n s p e z i f i s c h e n antiphlogistischen Effekt, andererseits - vor allem in h ö h e r e n Dosen - e i n e n p r o l i f e r a t i o n s h e m m e n d e n Effekt auf die L y m p h o z y ten aus. In der V e r g a n g e n h e i t sind zusätzlich Zytostatika u n d A n t i m e t a b o l i ten eingesetzt worden, ζ. B. A z a t h i o p r i n . N e u e r d i n g s ist Cyclosporin Α i m klinischen Einsatz, das die antigenspezifische D i f f e r e n z i e r u n g von T - L y m p h o z y t e n als Effektorzellen blockiert. E i n e n h e m m e n d e n E i n f l u ß auf die peripheren L y m p h o z y t e n generell oder T-Zellen h a b e n Antilymphozytenund Antithymozyten-Globulin (ALG, A T G ) .
In der Praxis: Immunsupressive Basis-Therapie mit: - Kortikosteroiden, - Azathioprin, - Zugabe von ALG, ATG, Cyclosporin Α.
In praxi wird h e u t e bei der T r a n s p l a n t a t i o n eine prophylaktische i m m u n s u p pressive Basistherapie mit: • Kortikosteroiden • A z a t h i o p r i n („konventionelle" Therapie), evtl. • Z u g a b e von A L G oder A T G oder Cyclosporin Α allein oder in K o m b i n a t i o n mit k l e i n e n K o r t i k o s t e r o i d m e n gen d u r c h g e f ü h r t . Abstoßungskrisen w e r d e n meist d u r c h eine v o r ü b e r g e h e n d e E r h ö h u n g der täglichen Steroid-Dosis u m 1 0 0 - 1 000 m g bzw. d u r c h die zusätzliche G a b e von A L G oder A T G b e h a n d e l t .
Der Organspender
2.3 Abstoßungsreaktion Die hyperakute Rejektion, die unmittelbar nach Transplantation eintritt, wird durch zirkulierende Antikörper gegen inkompatible Histokompatibilitäts-Antigene ausgelöst, deren Bildung durch vorausgegangene Exposition (ζ. B. Bluttransfusion, vorausgegangene Transplantation) induziert wurde. Sie führt zu einer Thrombose der Transplantatgefäße und damit zur Nekrose des Transplantats. Die akuten und chronischen Abstoßungsreaktionen sind teils zellulär, teils humoral vermittelt. Auch in klinisch günstig verlaufenden Fällen finden sich histologisch in den Transplantaten fast immer Zeichen einer latent verlaufenden Abstoßungsreaktion. Überwiegend zellvermittelte Rejektionen verursachen histologisch das Bild der interstitiellen Entzündung, die unter Narbenbildung ausheilt. Vaskuläre Rejektionen hingegen führen, vor allem bei Nieren- und Herztransplantation, zu einer obliterativen Gefäßerkrankung des Transplantats, die seine Durchblutung vermindert und im Extremfall zur Nekrose f u h r e n kann.
3. Der Organspender
179 Die hyperakute Abstoßungsreaktion führt zu einer Thrombose der Transplantatgefäße und zur —» Nekrose des Transplantats. Die akute Abstoßung ist eine reversible interstitielle Entzündung. Bei vaskulärer Rejektion kommt es zur obliterativen Gefäßerkrankung des Transplantats.
Organspender
3.1 Ethische, rechtsmedizinische und organisatorische Aspekte 3.1.1 Lebenspender Für die Nierentransplantation k o m m e n prinzipiell lebende Spender in Frage, da der Verlust einer Niere langfristig keine G e f ä h r d u n g für den Spender bedeutet. Die Organentnahme ist. jedoch ein großer operativer Eingriff mit entsprechenden Risiken. Unter ethischen Gesichtspunkten sind diese nur dann zu rechtfertigen, wenn f ü r den Empfänger deutliche Vorteile gegenüber der Leichennierentransplantation zu erwarten sind. Dies ist der Fall, wenn es sich u m genetisch nahe Verwandte (eineiige Zwillinge, HLA-identische oder haploidentische Geschwister, Eltern-Kind-Kombination) handelt. Der potentielle Organspender m u ß volljährig, im Vollbesitz seiner Entscheidungsfähigkeit sein und freiwillig und unbeeinflußt einwilligen. In der Bundesrepublik Deutschland wird die Organentnahme bei nichtverwandten lebenden Spendern aus ethischen und juristischen G r ü n d e n nicht für a n n e h m b a r gehalten (kommerzielle Gesichtspunkte!).
In der BRD ist Organentnahme aus lebendem Spender, der mit dem Empfänger nicht verwandt ist, juristisch und ethisch nicht tragbar.
3.1.2 Hirntote Organspender
Die meisten Organe kommen von hirntoten Spendern.
Die Mehrzahl der erforderlichen Nierentransplantate sowie sämtliche anderen Organtransplantate werden von nichtverwandten, hirntoten Organspendern e n t n o m m e n . Dies sind in der Mehrzahl Patienten mit schweren Schädel-Hirn-Verletzungen oder Hirnblutungen, deren Gehirntätigkeit irreversibel erloschen ist, während die übrigen Körperfunktionen durch intensivmedizinische M a ß n a h m e n aufrecht erhalten werden. Hirntod ist nach allgemeiner Übereinstimmung mit dem Tod des Individuu m s gleichzusetzen. Die Todesfeststellung erfolgt durch 2 Ärzte unabhängig voneinander nach festgelegten neurologischen Kriterien. An ihr dürfen Ärzte des Transplantationsteams nicht beteiligt sein. Da in der Bundesrepublik Deutschland die O r g a n e n t n a h m e bei Verstorbenen nicht gesetzlich geregelt ist, konkurrieren die Ansprüche der Angehörigen mit den Interessen der Transplantationsanwärter, denen durch eine Organverpflanzung geholfen werden könnte. Sofern der Verstorbene nicht bereits zu Lebzeiten sein Einverständnis erklärt hat, sind die transplantierenden Ärzte daher verpflichtet, vor einer Organentnahme die Z u s t i m m u n g der Angehörigen einzuholen.
Keine gesetzliche Regelung der Organentnahme in der BRD. Zustimmung der Angehörigen einholen!
180
XV. T r a n s p l a n t a t i o n s c h i r u r g i e Grundsätzlich sollten möglichst alle transplantationsgeeigneten Organe gleichzeitig explantiert werden. Vorab kann bereits entsprechend den Blutgruppenmerkmalen und den Ergebnissen der Gewebetypisierung nach geeigneten Empfängern gesucht werden (Eurotransplant); für diese wird dann eine direkte Kreuzprobe z u m Ausschluß zirkulierender zytotoxischer Antikörper durchgeführt (s. S.178).Die Beachtung der Ischämietoleranzzeiten erfordert dann häufig Organtransporte über weite Entfernungen in Minimalzeiten (Flugzeug, Hubschrauber). Für die praktische Durchführung der Organspende ist ein Team von erfahrenen Spezialisten (Intensivmediziner, Neurologe, Chirurg, Urologe, Internist, Immunologe u. a.) sowie die medizinische Infrastruktur von Universitätskliniken oder Großkrankenhäusern erforderlich. Planung und Koordination der einzelnen Schritte m u ß durch einen effektiv arbeitenden Organisationsapparat gewährleistet werden.
Organentnahme
3.2 Organentnahme 3.2.1 A l l g e m e i n e s
Kriterien für die Organverwendung
Für die Organverwendung sind folgende medizinischen Forderungen zu berücksichtigen:
1. Alter nicht über 50 Jahre, für Herztransplantation nicht über 30 Jahre, 2. keine spezielle Erkrankung des Organs (z.B. Nierensteine, Ikterus, Zirrhose, Diabetes), 3. keine maligne Erkrankung, keine Sepsis, 4. Schockphase nicht länger als 2 - 3 h.
Die warmen Ischämietoleranzen sind für die einzelnen Organe verschieden lang: - Niere 45 min, - Leber 20 min, - Herz 20 min, - Pankreas 30 min.
Das Spenderorgan sollte möglichst von einem in der Transplantationschirurgie erfahrenen Chirurgenteam in der Klinik, in der der Patient liegt, entnommen werden. Bei kürzeren Entfernungen ist - Transportfähigkeit vorausgesetzt - auch die Verlegung des Organspenders in das Transplantationszentrum möglich. Nach Feststellung des Hirntodes sind stabile Kreislaufverhältnisse für die optimale Organgewinnung entscheidend. Die warme Ischämietoleranz ist für die einzelnen Organe unterschiedlich (max. 45 min für die Niere, 20 min für Leber und Herz, 30 min für das Pankreas). Bei instabilem Kreislauf sollte bereits vor der Explantation mit einem Spezialkatheter die in-situ-Perfusion (Perfusionslösung 4 °C) über die A. und V. femoralis erfolgen.
Konservierung des entnommenen Organs
3.2.2
Perfusionslösung von 4°C (Euro-Collins-Lösung)" —» Organ in Plastikbeutel mit eiskalter Kochsalzlösung, —• Isolierboxen für Transport. Kalte Ischämiephase: - Niere 40 h, - Leber 8 h, - Pankreas 4 - 6 h.
Konservierung
Zur Konservierung der Organe verwendet man spezielle Perfusionslösungen (z.B. Euro-Collins-Lösung), die eine Temperatur von 4°C haben. Dann werden die Organe in Plastikbeutel verpackt, die mit eisgekühlter Kochsalzlösung gefüllt sind. Z u m Transport dienen entsprechende Isolierboxen (hypotherme Lagerung, die „Maschinenperfusion" ist weitgehend verlassen). Die kalte Ischämiephase, d. h. die Zeit von der Entnahme des Organs bis zur Transplantation, beträgt für die Niere bis zu 40 h, für die Leber nur max. 8, für das Pankreas 4 - 6 h. Je kürzer die Ischämiephase, desto günstiger für das Spenderorgan. 3.2.3 T e c h n i k der O r g a n e n t n a h m e
Bei der Organentnahme ist zu beachten:
Bei einem hirntoten Spender (im Gegensatz zum Lebendspender z.B. Niere) können mehrere Organe gleichzeitig entnommen werden, z.B. beide Nieren, die Leber und das Herz. Die Organentnahme erfordert eine schonende und sorgfältige, jedoch zügige Operationstechnik (Ischämietoleranz beachten!).
Spezielle Organtransplantationen
181
Wichtig ist:
1. O r g a n o b e r f l ä c h e n i c h t verletzen (Blutungsgefahr), 2. G e f ä ß e (Arterien u n d V e n e n ) möglichst mit „Patch" aus der Ursprungsarterie a b t r e n n e n , 3. Ureter bzw. C h o l e d o c h u s nicht devaskularisieren.
4. Spezielle Organtransplantationen 4.1
Nierentransplantation
Nierentransplantation
4.1.1 Indikationen, Kontraindikationen E i n e Indikation z u r N i e r e n t r a n s p l a n t a t i o n besteht h e u t e generell bei allen jüngeren Patienten mit dialysepflichtiger, terminaler Niereninsuffizienz. Wegen der H ä u f i g k e i t kardiovaskulärer K o m p l i k a t i o n e n ist bei T r a n s p l a n t a t i o n s a n wärtern jenseits des 50sten L e b e n s j a h r e s eine sehr sorgfältige individuelle Beurteilung erforderlich. E i n e dringliche I n d i k a t i o n liegt bei K i n d e r n u n d J u g e n d l i c h e n vor, deren körperliche u n d psychische Entwicklung bei der Dialyse m e i s t stark verzögert ist. Kontraindikationen zur N i e r e n t r a n s p l a n t a t i o n b e s t e h e n bei f o l g e n d e n Patienten:
Indikation: - Jüngere Patienten mit dialysepflichtiger Niereninsuffizienz, besonders Kinder, Jugendliche.
Kontraindikationen zur Nierentransplantation
1. noch n i c h t endgültig dialysepflichtig, 2. es liegen m a l i g n e T u m o r e n oder a n d e r e schwere Z w e i t e r k r a n k u n g e n vor, 3. K o n t r a i n d i k a t i o n gegen eine i m m u n s u p p r e s s i v e T h e r a p i e (z.B. florides U l k u s l e i d e n , schwere I n f e k t i o n e n ) , 4. m a n g e l n d e K o o p e r a t i o n s b e r e i t s c h a f t (relative K o n t r a i n d i k a t i o n ! ) .
4.1.2 Chirurgische Technik und ihre Komplikationen Die N i e r e n t r a n s p l a n t a t i o n ist h e u t e weitgehend standardisiert. Die Spendern i e r e n werden d e m L e b e n d s p e n d e r (Blutsverwandte) oder frisch Verstorben e n e n t n o m m e n . Als Transplantatlager dient die Fossa iliaca (heterotope T r a n s p l a n t a t i o n ) , die d u r c h retroperitonealen Z u g a n g freigelegt wird. Bei K i n d e r n wird bisweilen - bei großer S p e n d e r n i e r e - die Fossa lumbalis m i t t r a n s p e r i t o n e a l e m Z u g a n g b e n u t z t . Die e n t n o m m e n e N i e r e wird n a h e z u imm e r auf die kontralaterale Seite transplantiert. Als A n s c h l u ß g e f ä ß e dien e n die A. u n d V. iliaca externa, die sorgfältig freigelegt werden m ü s s e n (Abb. 15-1).
linke Niere
Nierenarterie Nierenvene
Ureter—
V iliaca externa
Abb. 15-1 Transplantierte Niere in der Fossa iliaca rechts: End-zu-Seit-Anstomose zwischen A. renalis und A. iliaca externa sowie Nierenvene und V. iliaca externa
Transplantatlager: Fossa iliaca. Entnommene Niere fast immer auf die kontralaterale Seite transplantieren. Anschlußgefäße: A. und V. iliaca externa.
182
Akute Komplikationen nach Nierentransplantation - Nachblutung, - Nahtinsuffizienz der Ureteranastomose, - mit Urinfistel und Infektion, —> Spätfolge: Stenose der arteriellen Anastomosen mit H y p e r t o n i e . Nach der Transplantation: - N o r m a l i s i e r u n g der N i e r e n f u n k t i o n nach w e n i g e n Tagen, - vollständige Rückbildung der c h r o n . Niereninsuffizienz nach w e n i g e n W o c h e n , - Klinikentlassung nach 3 - 4 W o c h e n , - Arbeitsfähig nach 3 M o n a t e n . Wichtig: Regelmäßige Kontrolluntersuchungen.
Störungen des postoperativen Verlaufes 1. akutes Transplantatversagen, 2.Transplantatabstoßung, 3.Komplikationen der i m m u n s u p p r e s i v e n Therapie. 1. A k u t e s T r a n s p l a n t a t v e r s a g e n . D u r c h ischämische Tubulusschädigung, ist nach 2 W o c h e n reversibel. Zwischenzeitlich: Dialyse.
2. T r a n s p l a n t a t a b s t o ß u n g 3 Rejektionstypen:
Hyperakute Rejektion Z e r s t ö r u n g des Transplantates nach 24 h.
Akute Rejektion Nach 4. postop. Tag eine akute interstitielle Nephritis mit: - Ödem, - Schmerzen, - Kapsel u n d P a r e n c h y m r u p t u r mit Blutungen, - Fieber, - v e r m i n d e r t e Diurese, - Kreatininanstieg.
XV. T r a n s p l a n t a t i o n s c h i r u r g i e Reihenfolge der Anastomosen: 1. End-zu-Seit-Anastomose zwischen V. renalis und V. iliaca 2. End-zu-Seit-Anastomose zwischen A. renalis und A. iliaca 3. Freigabe des Blutstroms (Gleichmäßige Durchblutung der Niere beachten!) 4. Schräges Einpflanzen des Uretes in die Harnblase. An chirurgisch bedingten postoperativen Komplikationen sind zu erwähnen: Nachblutungen, ζ. B. aus den Gefäßanastomosen, Nahtinsuffizienz der Ureteranastomose mit Entwicklung einer Urinfistel und Infektionen im Bereich des Transplantatlagers. Als Spätfolge kann eine Stenose der arteriellen Anastomose auftreten, die zu einer Hypertonie führt (Drosselungshochdruck) und gefäßchirurgischer Korrektureingriffe bedarf. 4.1.3 Postoperativer Verlauf und nichtchirurgische Komplikationen In der Mehrzahl der Fälle n i m m t die transplantierte Niere ihre Funktion bereits unmittelbar nach Freigabe der Gefäßanastomosen auf. Nach wenigen Tagen kommt es zu einer Normalisierung der Nierenfunktion. Mit Abnahme der harnpflichtigen Substanzen im Serum bilden sich auch die weiteren metabolischen Folgen der chronischen Niereninsuffizienz innerhalb weniger Wochen vollständig zurück. Bei ungestörtem postoperativem Verlauf wird die medikamentöse Immunsuppression planmäßig reduziert, der Patient kann die Klinik nach 3 - 4 Wochen verlassen. Im Anschluß an die stationäre Behandlung engmaschige ambulante Nachsorge mit dem Ziel, evtl. eintretende Komplikationen rasch zu erfassen und zu beheben. Etwa 6 Monate nach Transplantation sind Kontrolluntersuchungen im Abstand von 2 - 4 Wochen ausreichend und nach 3 Monaten sind die Patienten in der Regel wieder arbeitsfähig. Der frühe postoperative Verlauf kann vor allem durch ein • akutes Transplantatversagen, • Transplantatabstoßung sowie • Komplikationen der immunsuppressiven Therapie beeinträchtigt werden. Akutes Transplantatversagen: Bei 1 0 - 1 5 % der Patienten liegt ein akutes Nierenversagen des Transplantates vor, das durch eine ischämische Tubulusschädigung bedingt ist. Diese kann entweder vor der Transplantatentnahme oder während der extrakorporalen Phase entstanden sein. Die längerfristige Überlebenschance des Transplantats wird hierdurch nicht beeinflußt, da die Funktion nach etwa 2 Wochen wieder einsetzt. Die zwischenzeitlich notwendige Dialysebehandlung kann lokale Blutungskomplikationen und Störungen der Wundheilung begünstigen. Transplantatabstoßung: Den größten Einfluß auf den klinischen Verlauf nach Transplantation haben die Abstoßungsvorgänge. Man unterscheidet 3 Typen von Rejektionen, die hyperakute, die akute und die chronische Abstoßung (s. S. 179). 1. Die hyperakute Rejektion kann heute durch Beachtung der Blutgruppen sowie den direkten Kreuztest zwischen Spenderlymphozyten und Empfängerserum (cross match) vermieden werden. Ihr Auftreten zerstört das Transplantat innerhalb der ersten 24 h. 2. Die akute Rejektionskrise, etwa ab 4. postoperativem Tag auftretend, führt histologisch zu einer akuten interstitiellen Nephritis, bei der immunkompetente Zellen des Empfängers im Transplantat nachweisbar sind. Durch ein ausgeprägtes Ödem vergrößert sich das Transplantat erheblich und führt zu lokalen Schmerzen. Es kann sogar zu Kapsel- und Parenchymrupturen mit konsekutiven Blutungen kommen. Weitere klinische Symptome sind Fieber, Rückgang der Diurese und Kreatininanstieg. Akutrejektionen können auch im weiteren Transplantationsverlauf unter
Spezielle Organtransplantationen
183
bestimmten Bedingungen, ζ. B. bei abrupter Verminderung der Immunsuppression, auftreten. Die Behandlung besteht in einer vorübergehenden Steigerung der Kortikosteroid-Dosis und/oder der zusätzlichen Gabe von ATG. Die interstitielle Transplantat-Nephritis ist prinzipiell voll reversibel. Zu spät oder unzureichend behandelte Akutrejektionen können aber zur Zerstörung des Transplantats fuhren. 3. Die chronische Rejektion beginnt nach der 3 . - 4 . Woche. Histologisch findet man eine mehr oder weniger generalisierte stenosierende Vaskulopathie. Hierdurch kommt es zu einer erheblichen Verminderung der Transplantatdurchblutung mit Abnahme der glomerulären Filtrationsrate und Anstieg der harnpflichtigen Substanzen. Die chronische vaskuläre Transplantatrejektion ist der häufigste Grund für den Funktionsverlust von Nierentransplantaten. Eine Steigerung der Immunsuppression hat meist nur wenig Erfolg, so daß eine erneute Dialysebehandlung und evtl. die Transplantatentfernung erforderlich wird.
Therapie: - Kortikoide, - ATG, —* Reversibilität.
Komplikationen der immunsuppressiven Therapie: Die Unterdrückung der gegen das Transplantat gerichteten Abwehr bedeutet gleichzeitig eine Verschlechterung der Abwehrlage gegen Infektionen. 90 % der nierentransplantierten Patienten weisen im frühen postoperativen Verlauf Harnwegs- bzw. Wundinfektionen auf, die aber gut behandelbar sind. • Gefürchtet sind bakterielle Infektionen des Transplantatlagers mit Beteiligung der großen Gefäße und der Gefahr der Septikämie. Sorgfalt beim Verbandwechsel sowie der Pflege der Katheter und Drainagen ist besonders wichtig. Der Nutzen einer prophylaktischen perioperativen Antibiotika-Gabe ist nicht gesichert. Eine antibiotische Behandlung sollte deshalb erst nach Keimtestung durchgeführt werden. Klinisch bedeutsam sind virale Infektionen, besonders durch das Zytomegalievirus (CMV) und andere Viren der Herpes-Gruppe. CMV-Infektionen können, durch das Transplantat eingeschleppt, lebensbedrohlich verlaufen. Beim Auftreten viraler Infekte muß die immunsuppressive Behandlung reduziert und zusätzlich CMV-Hyperimmunglobulin appliziert werden. Bei einigen Herpes-Infektionen ist Aciclovir wirksam.
3. Komplikationen der immunsuppressiven Therapie durch bakterielle Infektion des Transplantatlagers, Gefahr der Septikämie, virale Infektionen (Herpes, CMV).
Als Nebenwirkung der Kortikosteroide kommt es fast immer zu einer cushingoiden Umformung des Körpers sowie häufig zu einer Steroidakne. Steroide begünstigen die Bildung von Erosionen und Ulzera im Magen und Duodenum. In selteneren Fällen kann ein Diabetes mellitus manifest werden, der bisweilen auch insulinpflichtig wird. Im längeren Verlauf nach Nierentransplantation treten in 5 - 1 0 % der Fälle Femurkopfnekrosen auf, die evtl. den operativen Ersatz eines oder beider Hüftgelenke erforderlich machen. Ferner können - in ähnlicher Häufung - Steroidkatarakte entstehen.
Nebenwirkungen der Kortikosteroide - Cushing-Habitus, - Ulzera, - Diabetes mellitus, - Femurkopfnekrosen, - Katarakte.
Als Komplikation der Azathioprin-Therapie ist eine reversible Knochenmarkschädigung mit Leukopenie, Thrombopenie und Störung der Erythropoese zu erwähnen. Eine exakte Dosierung unter Kontrolle des Blutbildes ist unerläßlich. Nach langjähriger Azathioprin-Behandlung wurden maligne Tumoren, speziell Lymphome, beobachtet. Das neu eingeführte Cyclosporin Α, das sich durch eine sehr wirksame Immunsuppression auszeichnet, weist außerordentlich variable Resorptionsund Abbauquoten auf. Deshalb darf das Medikament nur unter regelmäßigen Blutspiegelbestimmungen verabreicht werden. Bei Überdosierungen kann es zu nephrotoxisch bedingten Störungen der Nierenfunktion kommen. Ferner kann als Ausdruck der Hepatotoxität eine Hyperbilirubinämie und Anstieg der Transaminasen beobachtet werden. Andere Nebenwirkungen sind harmlos, ζ. B. Tremor, Hirsutismus, Gingiva-Hyperplasie. Diskutiert wird auch ein statistisch errechenbares größeres Tumorrisiko.
Nebenwirkungen der Azathioprin-Therapie: - Leukopenie, - Thrombopenie, - Störung der Erythropoese, längerfristig: - maligne Tumore, Nebenwirkungen der Cyclosporin-A-Therapie: - Nephrotoxisch bedingte Störungen der Nierenfunktion, - Hyperbilirubinämie, - Anstieg der Transaminasen.
Chronische Rejektion Nach der 3.-4. Woche eine stenosierende Vaskulopathie mit - Verminderung der Durchblutung, - Anstieg harnpflichtiger Substanzen. Folge: Dialysebehandlung, evtl. Transplantatentfernung.
184
XV. Transplantationschirurgie
Langfristig nach Nierentransplantation kann auftreten: Hypertonie, meist medikamentös beherrschbar, sonst bilaterale Nephrektomie. —> Koronare Herzerkrankung.
Im langfristigen Verlauf nach Nierentransplantation gewinnen z u n e h m e n d kardiovaskuläre Komplikationen an Bedeutung. Etwa die Hälfte der nierentransplantierten Patienten weist eine mehr oder weniger schwere arterielle Hypertonie auf. Diese kann unterschiedliche G r ü n d e haben. Häufig besteht die Hypertonie durch die primäre Nierenerkrankung des Patienten weiter; damit wird, falls die medikamentöse Behandlung nicht zur Blutdrucksenkung führt, die bilaterale Nephrektomie erforderlich. Andererseits kann das Transplantat Ursache der Hypertonie sein: Bis zu 20 % aller nierentransplantierten Patienten weisen Stenosen an der Nierenarterie mit renovaskulärer Hypertonie auf. Bei chronischer vaskulärer Rejektion oder beim Wiederauftreten einer glomerulären Nierenkrankheit im Transplantat ist eine kausale Therapie nur selten möglich. Meist gelingt es jedoch, die Transplantations-Hypertonie durch die übliche medikamentöse Behandlung zu kontrollieren. Sie ist Hauptrisikofaktor f ü r die Entstehung der koronaren Herzkrankheit, die bei nierentransplantierten Patienten im späteren Verlauf die wichtigste Erkankungs- und Todesursache darstellt.
Ergebnisse der Nierentransplantation in Funktionsraten Bei Verwandten: 1 Jahr 90-95%, 2 Jahre 85-90%.
4.1.4 Ergebnisse der Nierentransplantation
Bei Leichennieren: 1 Jahr 70 %, 4 Jahre 60-65 %.
Die Ergebnisse der Leichennieren-Transplantation haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert: In erfahrenen Zentren liegen die Funktionsraten bei 70 % über 1 Jahr und bei 6 0 - 6 5 % über 4 Jahre.
Überlebensraten sind abhängig von Zweiterkrankung und Lebensalter.
Die Überlebensraten der Patienten sind abhängig vom Lebensalter, der dem Nierenversagen zugrundeliegenden Erkrankung sowie komplizierenden Zweiterkrankungen; die postoperative Letalität kann bis zu 10 % im ersten Jahr betragen. Vergleicht m a n die Überlebensraten mit der nach chronischer Dialyse, so sind die 5-Jahres-Überlebensraten nach Nierentransplantation bei Kranken bis z u m 45. Lebensjahr deutlich günstiger. Erst in der Altersgruppe zwischen 5 5 - 6 4 Jahren verbessert sich die Langzeitprognose nicht mehr. Prognostisch ungünstig ist ein Diabetes mellitus mit diabetischer Nephropathie oder eine maligne Hypertonie als Ursache für die Niereninsuffizienz. Auch Zweiterkrankungen, wie koronare Herzkrankheit oder maligne Tumoren, verschlechtern die Uberlebensprognose.
Die Transplantatfunktionsraten sind im wesentlichen von der immunologischen Situation abhängig. So werden bei Transplantationen unter HLA-kompatiblen nahen Verwandten (Eltern, Geschwistern) Funktionsraten von 9 0 - 9 5 % (1 Jahr) bzw. 8 5 - 9 0 % (2 Jahre) erzielt.
Die erfolgreiche Nierentransplantation bedeutet eine weitgehende medizinische und psychosoziale Rehabilitation und Verbesserung der Lebensqualität. Fast alle subjektiven Symptome der chronischen Niereninsuffizienz sind reversibel, speziell die renale A n ä m i e und Osteopathie. Lebertransplantation
4.2 Lebertransplantation Lebertransplantationen sind technisch besonders aufwendig und können daher nur an speziellen Zentren durchgeführt werden.
Indikationen: - Leberzirrhose, - maligne Tumoren, - Mißbildungen.
4.2.1 Indikationen Die wichtigsten Indikationen sind: - Leberzirrhose, - maligne T u m o r e n , - Mißbildungen, ζ. B. Gallengangsatresien und - in ganz seltenen Situationen auci. ein akutes Leberversagen. Heute hat vor allem die Zirrhose im E n d s t a d i u m große Bedeutung für die Transplantation.
185
Spezielle Organtransplantationen 4.2.2 Operationstechnik Die Leber wird fast immer orthotop transplantiert, nur selten heterotop in die Fossa lumbalis. Die orthotope Transplantation setzt die Entfernung der erkrankten Leber voraus, ein großer Eingriff, besonders bei der Zirrhose, wenn ein ausgeprägter portaler Umgehungskreislauf vorliegt. Die notwendigen Anastomosen werden in der Reihenfolge V. cava suprahepatisch, V. portae, V. cava infrahepatisch, A. hepatica (danach Freigabe des portalen Blutstromes) und Gallengang durchgeführt (Abb. 15-2).
Orthotope Transplantation mit Entfernung der kranken Leber und Herstellung der notwendigen Anastomosen.
Suprahepat. V. cava inf.
A. hepatica communis
CholedochoCholedochostomie
V. portae
'-Drain
Subhepat V.cava inf. Abb. 15-2 Orthotope Lebertransplantation mit den verschiedenen Gefäßanastomosen: a) suprahepatische V.cava inferior b) subhepatische V.cava inferior c) Pfortaderanastomose d) Anastomose zwischen A. hepatica communis und dem Truncus coeliacus e) Choledocho-Choledochostomie mit T-Drainage
Vor allem die Gallengangsanastomose ist problematisch, da sie durch Nahtinsuffizienz (Mangeldurchblutung) und Stenose (Cholangitis) gefährdet ist. Typische chirurgische Komplikationen sind postoperative Blutungen durch Gerinnungsstörungen oder technische Ursachen, Cholangitis, Transplantatnekrose infolge Minderdurchblutung (Gefäßthrombose). Abstoßungsreaktionen sind weniger intensiv als bei der Niere. Die postoperative Letalität liegt aber wesentlich höher (ca. 25 %). Die Langzeitergebnisse sind vor allem bei bösartigen Lebertumoren wegen der hohen Rezidivrate ungünstig. Die längsten Überlebenszeiten liegen bei 9 Jahren. Die Ergebnisse sind seit Einführung von Cyclosporin Α besser geworden.
Problematische Gallengangsanastomose, da oft Nahtinsuffizienz und Stenose. Komplikationen: - Blutungen, - Cholangitis, - Transplantatnekrose, (Abstoßungsrate geringer durch Cyclosporin A), - relativ hohe postop. Letalität mit 25 % .
4 . 3 H e r z t r a n s p l a n t a t i o n (s. Kapitel x x i i . / 2 . ) Herztransplantationen können wegen des apparativen Aufwandes (extrakorporaler Kreislauf) nur an speziellen Zentren vorgenommen werden.
4.4 Pankreastransplantation Therapeutisches Ziel: Biologischer Ersatz des insuffizienten endokrinen Pankreas als Behandlungsmaßnahme bei insulinpflichtigem Diabetes mellitus.
Pankreastransplantation
XV. Transplantationschirurgie
186 Indikationen: - insuffizientes Pankreas, - insulinpflichtiger Diabetes. Bei Totalextirpation: Inselzelltransplantation (im experimentellen Stadium).
Operationstechniken
4.4.1 Indikationen - Juveniler Diabetes mit terminaler Niereninsuffizienz, - P o l y n e u r o p a t h i e oder R e t i n o p a t h i e (diabetisches S p ä t s y n d r o m ) . Strittig ist, ob das P a n k r e a s vor, n a c h oder gleichzeitig m i t der N i e r e verpflanzt werden soll. Die Inselzelltransplantation k o m m t bei T o t a l e x s t i r p a t i o n des P a n k r e a s (chronischer Pankreatitis) in Frage, ist aber n o c h im S t a d i u m des klinischen Experiments.
4.4.2 Operative Techniken Man unterscheidet: • Die pankreatiko-duodenale T r a n s p l a n t a t i o n . Sie ist wegen der s c h l e c h t e n Ergebnisse h e u t e verlassen. • Die s e g m e n t a l e Transplantation des von der A. lienalis versorgten Schwanz-Korpus-Abschnittes.
Das P a n k r e a s s y s t e m wird m i t N e o p r e n e , Ethibloc oder P r o l a m i n okkludiert, u m die exkretorische Restsekretion zu blockieren. Die V e r p f l a n z u n g erfolgt in die Fossa iliaca des E m p f ä n g e r s . G e f ä ß a n s c h l ü s s e m i t A. u n d V. lienalis a m T r a n s p l a n t a t u n d der A. bzw. V. iliaca externa des E m p f ä n g e r s (Abb. 15-3). D a trotz G a n g b l o c k a d e n o c h eine exkretorische Restsekretion besteh e n k a n n , werden die S e g m e n t e intra- oder partiell i n t r a p e r i t o n e a l piaziert. A. lienalis
V cava
V. lienalis
Abb. 15-3 Pankreastransplantation. Gefäßanschlüsse: A. lienalis —> A. iliaca externa. V. lienalis —> V. iliaca externa. Gangsystem des Pankreas mit Ethibloc ausgegossen. Einmündung des Pankreasganges in die freie Bauchhöhle. Keine Anastomose mit dem Darm erforderlich.
• Die T r a n s p l a n t a t i o n von f e r m e n t a t i v isolierten Inselzellen (autogene) ü b e r die P f o r t a d e r in die Leber oder Milz. Indikation: totale P a n k r e a t e k t o m i e bei c h r o n i s c h e r Pankreatitis.
4.4.3 Ergebnisse Die segmentale Transplantation wurde bisher bei etwa 200 P a t i e n t e n durchgef ü h r t . Sie ist risikoarm u n d g e f ä h r d e t nicht das L e b e n des P a t i e n t e n . Längste Ü b e r l e b e n s z e i t ü b e r 5 Jahre. Bei der isolierten Insellzelltransplantation liegen n u r vereinzelt günstige klinische Ergebnisse vor. Lungentransplantation hat keine klinische Bedeutung erlangt.
4.5 Lungentransplantation Die L u n g e n t r a n s p l a n t a t i o n h a t keine klinische B e d e u t u n g ' e r l a n g t . Sie h a t bisher die größten Mißerfolge im Vergleich zu a n d e r e n O r g a n t r a n s p l a n t a t i o nen. Indikationen sind c h r o n i s c h e L u n g e n e r k r a n k u n g e n m i t respiratorischer Insuffizienz. Transplantationsprinzip: Ein L u n g e n f l ü g e l wird o r t h o t o p von e i n e m frisch
D e r z e i t i g e r und künftiger Stellenwert der T r a n s p l a n t a t i o n s m e d i z i n Verstorbenen transplantiert. Neuerdings versucht man die en-bloc-Transplantation der gesamten Lunge mit dem Herzen. Ergebnisse: Sie sind ausgesprochen schlecht, problematisch ist die Denervierung der Lunge und die häufige Rechtsherzinsuffizienz (Cor pulmonale). Die Ergebnisse der kombinierten Herz-Lungen-Transplantation scheinen günstiger zu sein. Maximale Überlebenszeit: 10 Monate (1 Patient).
5. Der derzeitige und zukünftige Stellenwert der Transplantationsmedizin: Aufgabe aller Ärzte Die Transplantationsmedizin hat in den letzten Jahren erhebliche Erfolge erzielt. Trotzdem sind viele Probleme noch nicht oder unzureichend gelöst. Vor allem der Mangel an transplantablen Organen verhindert es, daß Transplantationen überhaupt oder unter immunologisch optimalen Bedingungen durchgeführt werden können. Der Hauptgrund für diesen Mangel ist darin zu sehen, daß bei Eintritt des Hirntodes und noch erhaltenen Körperfunktionen zu selten an die Möglichkeit der Organspende zu Transplantationszwekken gedacht wird. Dies berührt in erster Linie die Zusammenarbeit unter den Ärzten, die noch häufig durch Informationslücken, organisatorische Mängel und psychologische Barrieren behindert wird. Das Beispiel der Nierentransplantation zeigt, welchen Stellenwert die Transplantationsmedizin heute schon einnehmen kann. Sollen ähnlich gute Ergebnisse auch bei der Leberoder Herztransplantation erreicht werden, so sind erheblich stärkere Anstrengungen aller Ärzte erforderlich.
Literatur: Pichlmayr, R. (Hrsg.): Transplantationschirurgie. Springer, B e r l i n - H e i d e l b e r g - N e w York 1981
187
XVI. Erstversorgung von Notfällen K.-J. Bauknecht,
XVI. Erstversorgung von Notfällen
A. Hirner
1. Definition eines Notfalles Ein Notfall aus m e d i z i n i s c h e r Sicht liegt d a n n vor, w e n n ein M e n s c h sich in einer akut l e b e n s b e d r o h l i c h e n Situation b e f i n d e t . E n t s c h e i d e n d u n d charakteristisch ist eine Störung der vitalen F u n k t i o n e n , die z u r teilweisen oder totalen U n t e r b r e c h u n g der Sauerstoffversorgung der e i n z e l n e n O r g a n e f ü h r t . Die Folge ist j e n a c h Hypoxietoleranz ( S u m m e aus Leistungsfähigkeit, Leis t u n g s b e d i n g u n g e n u n d K o m p e n s a t i o n s m ö g l i c h k e i t e n ) ein m e h r oder weniger schnelles Organversagen. E n t s c h e i d e n d f ü r das Überleben des Gesamtorganismus ist die H y p o x i e t o l e r a n z des G e h i r n s (10 s bei vollständiger Anoxie) u n d des H e r z e n s (10 m i n ) . Der klinische T o d tritt u n t e r d e n Z e i c h e n des A t e m - u n d Kreislaufstillstandes ein u n d geht d a n n n a c h u n g e f ä h r 5 m i n in d e n biologischen Tod über. Eine R e a n i m a t i o n ist i n n e r h a l b dieser Zeit n o c h möglich.
Klinischer Tod unter Atem· und Kreislaufstillstand. Bis zum Eintreten des biologischen Todes (nach 5 min) ist Reanimation möglich.
1.1 Diagnostik
Diagnostik des Notfalls - Inspektion, - Palpation, - Auskultation.
Die Diagnostik bei e i n e m N o t f a l l b e s c h r ä n k t sich auf die S u c h e n a c h Stör u n g e n der Vitalfunktionen. Sie k ö n n e n d u r c h • Inspektion, • Palpation, • Auskultation von j e d e m o h n e große Hilfsmittel erfaßt werden. Das W i s s e n u m die Diagnose der G r u n d e r k r a n k u n g ist f ü r die Soforttherapie nicht notwendig.
E r k e n n e n eines akut l e b e n s b e d r o h l i c h e n Zustandest • Bewußtseinslage (ansprechbar, bewußtlos) • A t m u n g (Atembewegung, p a r a d o x e A t m u n g , Atemstillstand) • H e r z f u n k t i o n ( P u l s v e r ä n d e r u n g e n , kein Puls) • H a u t v e r ä n d e r u n g e n (Kälte, Blässe, Zyanose, Exsikkose) • V o l u m e n m a n g e l (äußere Blutung, innere Blutung, starker Anurie)
Prüfung der Vitalfunktionen:
Durst,
1.2 Therapie Vor E i n l e i t u n g spezifischer t h e r a p e u t i s c h e r M a ß n a h m e n ist es u n b e d i n g t erforderlich, i n n e r h a l b kurzer Zeit die G e s a m t s i t u a t i o n richtig e i n z u s c h ä t z e n ( A n z a h l der beteiligten Personen, Tageszeit, klimatische Verhältnisse, sind m ö g l i c h e H e l f e r v o r h a n d e n , E n t f e r n u n g bis z u m n ä c h s t e n K r a n k e n h a u s ) . E n t s p r e c h e n d der Dringlichkeit u n t e r s c h e i d e t m a n 3 verschiedene A r t e n von N o t f ä l l e n : • Notfälle, die eine sofortige Therapie erfordern, • Notfälle, die Maßnahmen zur Erhaltung des Lebens • Notfälle, die eine aufgeschobene Therapie erlauben.
erfordern,
3 Arten von Notfällen 1. Notfälle, die sofortige Therapie erfordern a) Bewußtlosigkeit - Freihalten der Atemwege, - Mundhöhle freimachen, - Zurückfallen der Zunge verhindern (Abb. 16-1).
190
XVI.Erstversorgung von Notfällen
2. Notfälle, die eine sofortige Therapie erfordern 2.1 Bei B e w u ß t l o s i g k e i t (Abb. i6-i) Als E r s t m a ß n a h m e ist auf ein Freihalten der A t e m w e g e zu a c h t e n . Die M u n d h ö h l e wird von Speichel, Speiseresten, e r b r o c h e n e m M a g e n i n h a l t u n d F r e m d k ö r p e r n (ζ. B. Z a h n p r o t h e s e n ) f r e i g e m a c h t . A m besten m i t d e m Zeigefinger, der m i t e i n e m T a s c h e n t u c h u m w i c k e l t ist. Ist eine A b s a u g u n g v o r h a n d e n , wird der M u n d frei gesaugt (s. a u c h Kapitel XII. Schock u n d Wiederbelebung). U m das Z u r ü c k f a l l e n der Z u n g e zu v e r m e i d e n , wird der E s m a r c h - H a n d g r i f f angewandt. D a b e i wird der Hals n a c h h i n t e n überstreckt u n d der U n t e r k i e f e r an d e n Kieferwinkeln vorgezogen (s. A b b . 16-1). Besteht der V e r d a c h t auf eine Halswirbelverletzung, ist von der D e f l e k t i o n des K o p f e s a b z u s e h e n .
• auswischen der Mundhöhle Φ absaugen • entfernen der Zahnprothese
Abb. 16-1a Freihalten der Atemwege bei Bewußtlosigkeit
w/////////////////m////m/m////////////m Abb. 16-1b Eßmarch-Handgriff verhindert das Zurückfallen der Zunge. Der Hals wird überstreckt und der Unterkiefer nach vorne gezogen. b) Atemstillstand Beatmung: - Mund zu Mund, - Mund zu Nase, - Beatmungsbeutel (Abb. 16-2)
2.2 Bei A t e m s t i l l s t a n d (Abb. 16-2) • Liegt ein A t e m s t i l l s t a n d vor, wird eine B e a t m u n g entweder Mund zu Mund oder Mund zu Nase d u r c h g e f ü h r t . H a t m a n e i n e n R a c h e n t u b u s ( G u e d e l - T u b u s ) z u r V e r f ü g u n g , sollte m a n ihn bei gleichzeitiger A n w e n d u n g des E s m a r c h - H a n d g r i f f e s e i n f ü h r e n u n d w e n n möglich, d e n P a t i e n t e n ü b e r e i n e n B e a t m u n g s b e u t e l b e a t m e n . Initial wird m i t 4 - 5 kräftigen B e a t m u n g s z ü g e n b e g o n n e n . H ä u f i g ist d a n a c h der A t e m stillstand beseitigt.
Notfälle, die eine sofortige T h e r a p i e e r f o r d e r n
191
Kann der Atemstillstand so nicht beseitigt werden, wird mit 1 2 - 1 5 Beatmungen pro min fortgefahren. Zwischendurch wird der Karotispuls palpiert, um einen zusätzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand auszuschließen. Die Kontrolle einer erfolgreichen Beatmung ist Rückgang der Zyanose und Engerwerden der Pupillen (s. Abb. 16-2).
Erfolgskontrolle: - engere Pupillen, - Rückbildung der Zyanose.
• Beatmungsbeutel zu Maske
Abb. 16-2a Bei Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung wird bei Überstreckung des Halses gleichzeitig der Karotispuls palpiert. Bei der Maskenbeatmung wird vorher ein Rachentubus eingeführt.
Bereitstellen von:
Klemme Laryngoskop
Tubus / /
Spritze zum Blocken
Rachen tubus
Beatmungs beutel Absaugung
Abb. 16-2b Instrumente für die Intubatic
2.3 Bei Herz- und Kreislaufstillstand (Abb. 16-3) Der dringlichste Notfall, der eine sofortige Diagnose und Therapie erfordert, ist der Herz-Kreislauf-Stillstand. Jeder Zeitverlust hat eine katastrophale Verschlechterung der Prognose zur Folge (s. Kapitel XII. Schock und Wiederbelebung). Der Grund liegt in der Hypoxietoleranz der Gewebe. Wichtig für die Reanimation ist die Wiederbelebungszeit der Organe. Sie ist abhängig von mehreren Faktoren, wie ζ. B. Alter, Vorschäden, Temperatur usw. Die Wiederbelebungszeit des Gehirns beträgt 3 - 5 min und beim Herzen 5 - 1 5 min. Bleibt man innerhalb dieser Zeiten, so ist damit zu rechnen, daß die einzelnen Organe nach einer gewissen Erholungszeit ohne bleibende Defekte ihre Tätigkeit wieder aufnehmen. Die Erholungszeit für das Herz beträgt ζ. B. bei einem 3minütigen Kreislaufstillstand ca. 20 min.
c) Kreislaufstillstand Ist dringlichster Notfall, da Hirn und Herz geringe Hypoxietoleranz haben. Daher schnelle Behandlung innerhalb der Wiederbelebungszeit: Hirn 3 - 5 min, Herz 5 - 1 5 min, —» dann keine bleibenden Schäden.
192
XVI.Erstversorgung von Notfällen
Λ Erwachsener ,|60 Herzmassagen Beatmungen^
Kind 80-100 Herzmassagen 20- 30 Beatmungen
|
Säugling 100-120 Herzmassagen 30- 40 Beatmungen
v/////mmm//////M//m//M/MM/ /rnmiirmm Abb. 16-3a Anzahl der Herzmassagestöße und Beatmungen pro Minute in Abhängigkeit vom Alter
Abb. 16-3b Bei der Herzmassage wird ein Handballen auf das distale Sternum· drittel aufgesetzt und die andere Hand darübergelegt. Die Finger sind frei. Das Sternum wird 3 - 5 cm gegen die Wirbelsäule gedrückt.
Symptome des Kreislaufstillstandes
= ί >
Therapie Schematisches Vorgehen nach A-B-C-DSchema
Schema der Beatmung und Herzmassage:
Leitsymptome b e i m Kreislaufstillstand: • kein tastbarer Puls, • Bewußtlosigkeit (nach 10 s), • b l a ß g r a u e H a u t f a r b e (nach 15 s), • A t e m s t i l l s t a n d (nach 30 s), • lichtstarre Pupillen (nach 60 s).
Therapie: M a n geht n a c h d e m sog. A, B, C, D - S c h e m a vor. A: A t e m w e g e freihalten. B: B e a t m e n . C: C i r c u l a t i o n wiederherstellen. D: D r o g e n verabreichen.
Ist nur ein Helfer vorhanden, werden nach 15 Massagestößen 2 Beatmungen durchgeführt. Bei 2 Helfern erfolgt nach 5 Massagestößen eine Beatmung. Voraussetz u n g ist, daß der P a t i e n t auf einer harten U n t e r l a g e liegt. Der H a n d b a l l e n
Notfälle, die M a ß n a h m e n zur Erhaltung des Lebens e r f o r d e r n wird auf das u n t e r e Drittel des S t e r n u m s aufgesetzt u n d die andere H a n d wird darübergelegt. Die Finger m ü s s e n frei sein. Das S t e r n u m wird 3 - 5 c m gegen die W i r b e l s ä u l e gedrückt. Pro Erwachsener sind 60 H e r z m a s s a g e n u n d 12 B e a t m u n g e n pro M i n u t e notwendig. Beim Kind 8 0 - 1 0 0 H e r z m a s s a g e n u n d 2 0 - 3 0 B e a t m u n g e n pro Min u t e u n d b e i m Säugling 1 0 0 - 1 2 0 H e r z m a s s a g e n mit 3 0 - 4 0 B e a t m u n g e n pro M i n u t e . Z u r Kontrolle der W i r k s a m k e i t m u ß der Karotis bzw. F e m o r a l i s p u l s tastbar sein (s. Abb. 16-3). Weitere M a ß n a h m e n sind: V e r a b r e i c h u n g e n von P h a r m a k a , wie z.B. N a t r i u m b i k a r b o n a t u n d je n a c h E K G bei Asystolie A d r e nalin; bei K a m m e r f l i m m e r n Lidocain.
193
Erwachsene 60 Herzmassagen j pro Minute. 12 Beatmungen Kind 80-100 Herzmassagen J pro Minute. 20-30 Beatmungen Säugling 100-120 Herzmassagen J pro Minute. 30-40 Beatmungen (Abb. 16-3)
3. Notfälle, die Maßnahmen zur Erhaltung des Lebens erfordern
2. Notfälle, Maßnahmen zur Erhaltung des Lebens
3.1 Atemstörungen
a) Atemstörungen Gefährdet: Thoraxverletzte.
V e r l e t z u n g e n im T h o r a x b e r e i c h (s. Kapitel XII. Schock u n d W i e d e r b e l e bung) k ö n n e n zu schweren A t e m s t ö r u n g e n f ü h r e n m i t A t e m s t i l l s t a n d u n d n a c h f o l g e n d e m Herz-Kreislauf-Stillstand. Ein Thoraxverletzter m u ß daher, a u c h wenn a n f ä n g l i c h keine S y m p t o m e auf eine A t e m s t ö r u n g hinweisen, gen a u e s t e n s u n t e r s u c h t werden. Die A t e m f u n k t i o n wird eingeschränkt durch: • Mechanische Instabilität der Thoraxwand ( R i p p e n f r a k t u r e n oder Sternumfrakturen), • Raumfordernde Ansammlungen in der Thoraxhöhle (Luft „ P n e u m o t h o rax"; Blut „ H ä m a t o t h o r a x " ; Eingeweide „Zwerchfellruptur"),
Einschränkung der Atemfunktion durch:
• Obstruktion der Luftwege (Fremdkörper, S c h l e i m a n s a m m l u n g e n , Z u r ü c k f a l l e n der Z u n g e n ) .
3.1.1 Pathophysiologie des Atemstillstandes In d e n m e i s t e n Fällen, bei d e n e n a m Unfallort eine A t e m i n s u f f i z i e n z auftritt, liegt eine sog. Globalinsuffizienz vor. Es ist also sowohl der G a s a u s t a u s c h f ü r 0 2 als a u c h für C 0 2 gestört. Das Ergebnis ist eine alveoläre Hypoventilation. Die Klinik zeigt e i n e n typischen Verlauf. Der zeitliche A b l a u f k a n n j e d o c h stark variieren in A b h ä n g i g k e i t von S a u e r s t o f f m a n g e l u n d K o h lendioxidüberschuß.
Stadium I: D y s p n o e Ursache: C02-Anstieg Dauer: etwa 1 m i n Symptome: g e h ä u f t e A t e m z ü g e (Tachypnoe), E i n s e t z e n der Atemhilfsm u s k u l a t u r , u n r u h i g e r Patient, Erstickungsangst, Gesichtszyanose, T a c h y k a r d i e . Stadium II: Bewußtlosigkeit Ursache: 02-Mangel Dauer: etwa 2 m i n Symptome: l a n g s a m e A t m u n g (Bradypnoe), l a n g s a m e r Puls (Bradykardie infolge der Vagusreizung), H y p e r t o n i e d u r c h R e i z u n g des Vasomotorenzentrums, Einflußstauung, Krämpfe.
Meist Vorliegen einer Globalinsuffizienz: 02- l Austausch gestört, c 2 ° " J
Verschiedene Stadien der Ateminsuffizienz
194
XVI. Erstversorgung von Notfällen Stadium III: Atemstillstand Ursache: Lähmung des Atemzentrums Symptome: Hypotonie durch Lähmung des Vasomotorenzentrums, Tachykardie durch Lähmung des N. vagus. Stadium IV: Schnappatmung
Nach unterschiedlicher Dauer eines vorläufigen Atemstillstandes tritt ein untergeordnetes Atemzentrum in Aktion, welches unempfindlich gegen 0 2 -Mangel ist. Das Ergebnis ist eine insuffiziente Schnappatmung, die aber den Organismus nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgen kann. Symptome: - Kurze, ruckartige Atmung, - zerebrale Hypoxie mit, - Pupillenerweiterung und - Reflexlosigkeit.
Symptome: Kurze, ruckartige Atemzüge; schwere, zerebrale Hypoxie mit Pupillenerweiterung und Reflexlosigkeit. Dauer: bis zu 4 min.
Nach 10 min Herz-Kreislauf-Stillstand
Nach einem Atemstillstand ist das Herz aufgrund seiner Sauerstofftoleranzbreite noch fähig, ca. 10 min zu schlagen. Danach kommt es zum endgültigen Herz-Kreislauf-Stillstand. Sämtliche klinischen Symptome, die während des Ablaufes eines Atemstillstandes auftreten, können auch Symptome anderer Krankheitsbilder sein. Man m u ß sich darüber im klaren sein, daß man eine Ateminsuffizienz nur durch eine arterielle Blutgasanalyse als den einzig objektiven Laborparameter für den pulmonalen Gasaustausch heranziehen müßte, was aber unter Notfallbedingungen nicht möglich ist. Das ist der Grund, weswegen ein thoraxverletzter Patient über die ganze Zeit bis zur Klärung des Verletzungsausmaßes auf die Symptome und auf eine Atemstörung hin zu überprüfen ist.
Notfalldiagnostik bei Atemstörung:
3.1.2 Notfalldiagnostik bei Atemstörungen Unter Notfallbedingungen kann man nur die traditionellen klinischen Untersuchungsmethoden, wie Inspektion, Palpation, Perkussion und Auskultation heranziehen.
Inspektion
Inspektion: Die Inspektion gibt Auskunft über vorhandene Prellmarken, paradoxe Beweglichkeit des Thorax, offene, saugende Wunde, subkutanes Emphysem, Zyanose, Halsschwellung oder Einflußstauung.
Palpation
Palpation: Mit Hilfe der Palpation kann man Frakturen der Rippen oder des Sternums nachweisen (Crepitatio). Weiterhin kann man druckdolente Stellen, einen Thoraxkompressionsschmerz oder ein Hautemphysem feststellen.
Perkussion
Perkussion: Ein hypersonorer Klopfschall weist auf Luftansammlungen im Thoraxbereich (Pneumothorax), ein gedämpfter Klopfschall auf Blutansammlung (Hämatothorax) oder Eingeweideprolaps (Zwerchfellruptur) hin. Beim Hämatoperikard ist die relative und absolute Herzdämpfung vergrößert.
Auskultation
Auskultation: Einseitig verminderte Atemgeräusche geben den Hinweis auf einen Hämatobzw. Pneumothorax, können aber auch bei einer Bronchusruptur vorliegen. Darmgeräusche im Thorax sind eine sichere Diagnose für das Vorliegen einer Zwerchfellruptur mit einer intrathorakalen Verlagerung von Darmschlingen.
Notfälle, die M a ß n a h m e n z u r Erhaltung des Lebens e r f o r d e r n
195
3.1.3 S p e z i e l l e K r a n k h e i t s b i l d e r Thoraxverletzungen: Instabiler Thorax, Pneumo- und Hämatothorax, Bronchusabriß, Herzbeuteltamponade, Zwerchfellruptur (s. Kapitel XXII./l. Thoraxchirurgie).
3.2 Blutungen
b) Blutungen
Definition: Austritt von Blut aus dem Gefäßsystem. Die Folge ist Verlust an: 1. intravasalem Volumen, 2. Blutserum, 3. Sauerstoffträgern.
Folge einer Blutung
Man unterscheidet die arterielle und venöse Blutung. 3.2.1 A r t e r i e l l e Blutungen nach a u ß e n Ursachen: Verletzungen, die zur Eröffnung eines oder mehrerer arterieller Gefäße fuhren. Klinik: Hellrotes, spritzendes Blut synchron mit der Herzaktion. Notfalltherapie: Bei Blutungen an den Extremitäten wird ein Kompressionsverband angelegt. Kommt die Blutung dabei nicht zum Stehen, muß das Gefäß abgedrückt werden, indem man in die Wunde greift und mit den Fingern bzw. mit der Faust das Wundgebiet komprimiert. Danach wird die Extremität proximal von der Blutungsquelle abgebunden. Man kann auch indirekt die arterielle Zufuhr zu der betroffenen Extremität unterbrechen. A m Arm: Abdrücken der A. Brachialis gegen den Humerus durch Druck im Sulcus bicipitalis medialis. A m Bein: Kompression der A. femoralis communis unterhalb des Leistenbandes. Schädelbereich: Kompression der A. temporalis vor der Ohrmuschel. Gesichtsbereich: Kompression der A. facialis am Unterkiefer. 3.2.2 A r t e r i e l l e Blutungen nach innen Ursachen: Bei frakturierten Extremitäten kann es zu ausgedehnten Blutungen in die Weichteile kommen (Oberschenkelfraktur, bis zu 3 1). Weiterhin kann es in den Retroperitonealraum, Bauchraum und Thoraxraum bluten. Notfalltherapie: Bei inneren Blutungen ist eine direkte manuelle Blutstillung als Erstmaßnahme schwierig und selten effizient. Eine Kompression der thorakalen Aorta ist nicht möglich. Eine Kompression der Bauchaorta wird durch Eindrücken des Oberbauches mit der Faust versucht, wodurch bei schlanken Patienten die Aorta gegen die Wirbelsäule komprimiert werden kann. Als Notfallmaßnahme bleibt der Volumenersatz (Schocktherapie mit Eiltransport ins Krankenhaus zur chirurgischen Therapie). 3.2.3 V e n ö s e Blutungen Venöse Blutungen können meist durch einfache Kompressionsverbände zum Stehen gebracht werden.
Arteriell nach außen: hellrotes, spritzendes Blut, herzsynchron.
Notfalltherapie - Kompressionsverband, - evtl. Gefäß abdrücken, - Extremität proximal abbinden oder - Zufuhr unteVbrechen.
Kompressionen in verschiedenen Bereichen.
Arteriell nach innen
Notfalltherapie Evtl. Kompression der Aorta durch Eindrükken des Oberbauches mit der Faust.
Volumenersatz
Venöse Blutungen Kompressionsverbände.
XVI. Erstversorgung von Notfällen
196 c) Volumenmangelschock Schockzeichen: - Tachykardie, - Blutdruckabfall.
3.3 Volumenmangelschock Die klinischen Schockzeichen, d. h. die sog. einfachen Kreislaufparameter wie Tachykardie und Blutdruckabfall kommen erst bei einem fortgeschrittenen und bedrohlichen Schockzustand voll zum Tragen. Initial versucht der Organismus die ausreichende Perfusion aller lebenswichtigen Organe aufrechtzuerhalten. Eine drohende Gewebehypoxie wird durch die entsprechenden Kompensationsmechanismen (Blutumverteilung und Erhöhung des Herzminutenvolumens) vermieden. Wird in einer Notfallsituation ein Blutdruckabfall festgestellt, so sind diese Kompensationsmechanismen bereits erschöpft und der Patient befindet sich schon in einem lebensbedrohlichen Zustand.
Kompensierter Schock: Versorgung wichtiger Organe ZNS, Leber, Lunge, Herz, Niere.
Kompensierter Schock: Das verfügbare Blutvolumen versorgt die lebenswichtigen Organe, wie Zentralnervensystem, Lunge, Leber, Herz und Niere.
Dekompensierter Schock: RR-systolisch 100 - Tachykardie, - bleiche Lippen, - blasse, schweißbedeckte Haut, - kalte Akren, - Zyanose der Nägel, - Übelkeit, - Durst, - getrübtes Sensorium.
Dekompensierter Schock: Vermindertes Herzminutenvolumen mit peripherer Widerstandserhöhung.
Notfalltherapie des Schocks - Patienten flach lagern, - Volumenersatz mit Macrodex (6%ig).
Cave: Anaphylaktische Reaktion bei kolloidalen Lösungen!
Besser prophylaktische Infusion anlegen als Patienten im Schock transportieren.
Merke: Systolischer Blutdruck unter 100, Puls über 100 bedeutet Schock. Klinik: Der einzige Hinweis für einen Volumenmangel im Anfangsstadium ist eine Tachykardie. Der systolische Blutdruck ist normal. Später kommt es dann zum Blutdruckabfall mit Zentralisation und minderdurchbluteter Peripherie (bleiche Lippen, blasse, schweißbedeckte Haut, kalte Akren, Zyanose der Nägel). Der Patient klagt über Übelkeit und Durst, sein Sensorium ist getrübt. Weitere diagnostische Möglichkeiten stehen am Unfallort nicht zur Verfügung. Notfalltherapie: Zuerst wird der Patient flach gelagert, danach wird eine Infusion, am besten durch Punktion der V. jugularis interna oder der V. subclavia angelegt. Der primäre Volumenersatz erfolgt durch kolloidale Lösungen, wie ζ. B. 6%iges Macrodex. Man sollte aber nach Möglichkeit nie mehr als 1 500 ml dieser Lösung infundieren, da sonst die Gefahr der Gerinnungsstörungen besteht. Die Lösungen haben den Vorteil, daß sie relativ lange haltbar sind (5 Jahre). Sie gefrieren bei - 5 °C, können aber nach dem Auftauen wiederverwandt werden. Beim Erhitzen auf Temperaturen bis 120 °C bleiben sie stabil. Beim Verabreichen von kolloidalen Volumenersatzmitteln, wie z.B. Hydroxyläthylstärke, Dextran und Gelatine-Präparaten kann es zu einer anaphylaktischen Reaktion kommen, daher muß der Patient in der ersten Zeit nach Anlegen der Infusion beobachtet werden. Prinzipiell sollten Infusionen immer bei • Blutungen, • stumpfen und perforierenden Bauchtraumen, • schweren Thoraxverletzungen und • Verbrennungen angelegt werden. Die einzige Kontraindikation ist evtl. eine schwere dekompensierte Herzinsuffizienz. Besser ist es, prophylaktisch eine Infusion anzulegen als den Patienten im Schock zu transportieren. Weitere diagnostische und therapeutische Maßnahmen, wie Röntgen, Laboruntersuchungen, Wundanalyse usw. werden erst durchgeführt, wenn der Schock beherrscht ist.
Notfälle, die eine a u f g e s c h o b e n e Therapie erlauben
197
4. Notfälle, die eine aufgeschobene Therapie erlauben
3. Notfälle, die eine spätere Therapie erlauben
4.1 Offenes S c h ä d e l - H i r n - T r a u m a
a) Offenes Schädel-Hirn-Trauma - Atemwege frei halten, - Wunde steril verbinden, - Transport in Seitenlage, - Pupillen kontrollieren, - auf Babinski-Zeichen achten: Hemiparese.
B e i m o f f e n e m S c h ä d e l - H i r n - T r a u m a wird d e r b e w u ß t l o s e P a t i e n t • i n e i n e stabile
Seitenlage
gebracht, bei v o r h a n d e n e m Bewußtsein der Ober-
körper angehoben. • W i c h t i g ist, d a ß d i e Atemwege
freigehalten
• D i e W u n d e w i r d s o f o r t steril
verbunden.
werden.
• W e n n d e r V e r d a c h t a u f e i n e Impressionsfraktur
vorliegt, ist d a r a u f z u a c h -
t e n , d a ß d e r V e r b a n d d a s I m p r e m a t n i c h t t i e f e r in d i e H i r n s u b s t a n z e i n preßt. • E i n T r a n s p o r t wird in Seitenlagerung • D i e Pupillen
durchgeführt.
werden laufend kontrolliert. Eine einseitige Erweiterung
det sich fast ausschließlich auf der Seite des r a u m v e r d r ä n g e n d e n
fin-
Prozes-
ses. M a n m u ß a u f d i e A u s b i l d u n g e i n e r H e m i p a r e s e b z w . P y r a m i d e n z e i c h e n (positiver Babinski) achten. K a u s a l t h e r a p e u t i s c h e M a ß n a h m e n sind a m Unfallort nicht möglich.
4.2 O f f e n e G e l e n k v e r l e t z u n g O f f e n e G e l e n k v e r l e t z u n g e n w e r d e n m ö g l i c h s t s o f o r t steril verbunden. t r o f f e n e E x t r e m i t ä t wird ruhiggestellt.
Die be-
b) Offene Gelenkverletzung - steril verbinden, - Ruhigstellung.
E i n e w e i t e r e T h e r a p i e erfolgt i m K r a n -
kenhaus.
4.3
Offener Knochenbruch
A u c h h i e r b e s t e h t d i e E r s t m a ß n a h m e l e d i g l i c h i m V e r b i n d e n m i t e i n e m sterilen Verband.
D i e F r a k t u r wird s o w e i t w i e m ö g l i c h durch
Schienen
stabilisiert.
M a n kann versuchen, eine schwere Dislokation nach G a b e von Schmerzmitt e l n z u r e p o n i e r e n . E i n e W e i t e r b e h a n d l u n g erfolgt h i e r e b e n f a l l s i m K r a n kenhaus.
c) -
offener Knochenbruch steril verbinden, Fraktur schienen, evtl. Schmerzmittel.
XVII. Physikalische Medizin und Rehabilitation
XVII. Physikalische Medizin
D. Krause
1. Allgemeine Gesichtspunkte Die physikalische Medizin umfaßt alle jene Therapiemethoden, die ausschließlich auf physikalischen Gesetzmäßigkeiten beruhen und deren Wirkungen benutzen. Hinzu kommen diagnostische Verfahren, die der Erfolgskontrolle dienen. Zu den Behandlungsmaßnahmen gehören mechanische (Bewegungs-, Extensions- und Lagerungstherapie), thermische (Wärme- und Kälteapplikation) sowie elektrische (Behandlung mit Gleich- oder Wechselströmen, ausgenommen solche mit ionisierenden Strahlen) Verfahren. Ziel der physikalischen Therapie ist die vollständige Rehabilitation des Patienten. Sie beginnt bereits vom ersten Krankheitstage an, d. h. also präoperativ. Viele physikalische Therapieverfahren sind hinsichtlich ihrer Wirkungsmechanismen bis heute nicht geklärt. Sie haben dennoch in Klinik und Praxis ihren festen Platz behauptet, weil ihre klinische Effizienz gesichert und unerwünschte Nebenwirkungen bei sachgemäßem Einsatz so gut wie unbekannt sind. Für die Chirurgie und Traumatologie sind in erster Linie Atem-, Bewegungsund Hydrotherapie sowie mechano-, thermo- und evtl. elektrotherapeutische Maßnahmen von Bedeutung. Balneologische, Licht- und Klimaanwendungen treten in diesen Akutdisziplinen in den Hintergrund.
2. Atemtherapie 2.1 Inhalationstherapie Mittels Wasserdampf oder komprimierter Luft bzw. durch Ultraschallvernebelung werden Medikamente, feindispers verteilt, in das Respirationssystem eingebracht. Unterschieden wird zwischen Sprays und Verdampfungsgeräten (Bronchitiskessel, Wasserdampfinhalationsgeräte) und Aerosolgeräten, die mit Preßluft- oder Ultraschallvernebelung, ggf. intermittierender Druckbeatmung (IPPB) arbeiten. Entscheidend für Angriffsort und -Wirkung ist die erreichte Teilchengröße: Wasserdampfgeräte erzeugen Partikelgrößen von 30 Micron oder mehr, die bestenfalls den Hauptbronchus erreichen; Aerosole mit Partikelgrößen unter 30 Micron gelangen in tiefere Abschnitte des Bronchialsystems und bei Ultraschallvernebelung (mit größerer Medikamentendichte) mit IPPB-Gerät und Partikelgrößen von 3 - 1 Micron bis in den Alveolarbereich. Die Wahl des Gerätes und der Medikamente wird demnach von der medizinischen Indikation bestimmt.
Behandlungsmaßnahmen: - mechanisch, - thermisch, - elektrisch.
In der Chirurgie wichtig: - Atemtherapie, - Bewegungstherapie, - Hydrotherapie, - Mechanotherapie, - Thermotherapie, - Elektrotherapie. 1. Atemtherapie Inhalation: Vernebelte Medikamente, die feinverteilt ins Atemsystem eindringen.
Wirkungsverbesserung durch geringere Teilchengröße, die von versch. Verfahren geliefert wird.
XVII. Physikalische Medizin
200 Erhöhung der Atmungsaktivität durch Giebelrohr.
2.2 Giebelrohr Es handelt sich u m teleskopartig zusammensetzbare Plastikrohrstücke von 300 ml Volumen, die in Verbindung mit einer die Nasenatmung ausschaltenden Klemme den Ventilationstotraum des Patienten wesentlich vergrößern (Rohrlänge bis zu einem halben Meter). Sie verstärken über C0 2 -Anreicherung die Atmungsaktivität. Der Vorteil dieser Methode liegt in der einfachen Handhabung, die vom Patienten mehrmals täglich selbstständig angewendet werden kann.
Krankengymnastische Atemtherapie Wichtigste Maßnahme zur Pneumonieprophylaxe. Indikation: - präoperative Ventilationsstörung, - Narkosevorbereitung. Prophylaxe für - Pneumonie, - Lungeninfarkt, - kardiale Insuffizienz.
2.3 Krankengymnastische Atemtherapie Sie ist die wichtigste Maßnahme zur Pneumonieprophylaxe. Neben passiv stimulierenden Vibrationen mit der Hand über verschiedenen Thoraxabschnitten zur Anregung der Sekretolyse spielt die Dehnlagerung für die Mehrbelüftung einzelner Lungenabschnitte eine wichtige Rolle. In entsprechender Rücken- oder Seitlagerung kann der Physiotherapeut durch taktile Führungsreize die Patienten in erwünschte Lungenabschnitte (wie ζ. B. bei der Flankenatmung) „hineinatmen" lassen. Durch Seitlagerung beispielsweise können so die unteren und hinteren, also besonders pneumoniegefährdeten Lungenabschnitte aktiv besser belüftet werden. Das Bewußtsein für physiologische Atmung, Atemrhythmus und Ausnutzung normalerweise nicht benötigter Ventilationsreserven wird so geschult und - mittels phonetischer Motivation - zur Prävention und Therapie prä- und postoperativer Komplikationen genutzt. Indikationen: präoperative Ventilationsstörungen, Narkosevorbereitung, Prophylaxe postoperativer Komplikationen, wie Pneumonie, Lungeninfarkt/ -embolie, kardiale Insuffizienz.
2. Krankengymnastik Bei Rehabilitation chirurgischer Patienten.
Aktive und passive Bewegungen. Isometrische und isotonische Übungen. Kombination mit anderen physikalischen Verfahren.
Axiale Krankengymnastik zur Mobilisierung von Gelenken, Kräftigung atrophierter Muskeln.
3. Krankengymnastik Krankengymnastische Verfahren stehen heute im Vordergrund bei der Rehabilitation chirurgischer Patienten. Hierbei finden sowohl passive, d. h. vom Patienten nicht selbst (ζ. B. am bewußtlosen Kranken zur Kontrakturverhütung) ausgeführte, als auch aktive, vom Therapeuten geführte oder motivierte Bewegungen statt. Isometrische, d. h. die Gelenke nicht, jedoch die Muskulatur trainierende Übungen, finden ebenso wie isotonische, weniger die Muskulatur, dafür aber die Gelenke mobilisierende Übungen Verwendung. In diesem therapeutischen Konzept sind, insbesondere beim weniger differenzierten oder älteren, bewegungsgewohnten Patienten Hilfsmittel, wie Hantel, Keule, Ball, Baligerät, Deuserband und/oder Stimulation durch Musik, besonders für die Gruppentherapie, oft nicht zu entbehren. Dem Endziel, der Rehabilitation des insgesamt behinderten Kranken, dienen, etwa für die Wiederherstellung der Balance oder zur Erreichung der täglichen Belastbarkeit, der Einsatz des Rollators, des Barrens, der schiefen Ebene, der schwedischen Leiter, des Schwebebalkens, sofern er diesen ungewohnten Anforderungen gewachsen ist. Häufig wird die Kombination mit anderen physikalischen Verfahren, wie Kälte-, Wärme-, Hydro-, Mechano-, Thermo- und Elektrotherapie erforderlich.
3.1 Axiale Krankengymnastik Sie behandelt im wesentlichen Kontrakturen einzelner Gelenke oder Muskelatrophien. Die Mobilisierung der Gelenke oder Kräftigung einzelner atrophierter Muskeln steht im Vordergrund. Die Gesamtrehabilitation tritt
Krankengymnastik
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demgegenüber stark zurück oder wird dem Patienten weitgehend selbst überlassen. Indikationen: muskuläre Insuffizienzen, Gelenkkontrakturen, Thromboembolieprophylaxe, Pneumonieprophylaxe, Frakturen/Luxationen.
3.2 Methode nach Kabat (PNF = Proprio-neuromuskuläre Facilitation) Sie nutzt die physiologischerweise diagonal ablaufenden Bewegungsmuster (Pattern) unter Einbeziehung des gesamten Bewegungsapparates. Damit werden auch pulmonal und kardial wirksame Übungen, in denen die Adduktion/Abduktion, Flexion/Extension, Innen-/Außenrotation zur Behandlung der singulären und multilokularen Atrophie und Kontraktur unter Einsatz der normalen und reziproken Innervation über das sog. Gammaspindelschleifensystem in den Dienst der Therapie gestellt. Indikationen: Das gesamte Feld der Unfall-, Bauch-, Neurochirurgie in Prophylaxe, Therapie und wiederherstellenden Maßnahmen, sofern nicht für Bobath-Konzept indiziert.
3.3 Bobath-Konzept Eine sehr unkonventionelle Methode zur Therapie spastischer Lähmungen, die bereits mit einer gezielten Lagerung des paretischen Patienten beginnen sollte. Eignet sich sowohl für die Behandlung der infantilen Zerebralparese als auch für zentralbedingte schlaffe, in Spastik übergehende Paresen. Dieses Therapiekonzept fördert nicht die gesundgebliebenen Körperabschnitte, sondern die gelähmten Partien. Eine Normalisierung der Bewegungsabläufe wird selten erreicht. Es ist aber die einzig wirksame Methode zur Rehabilitation und Verselbständigung spastisch gelähmter Patienten. Indikationen: alle Formen spastischer Paresen.
3.4 Gruppentherapie Sie steht in gewissem Gegensatz zu den vorher geschilderten, am Einzelpatienten durchgeführten Behandlungsmaßnahmen. Der Vorteil der gleichzeitigen und analogen Übungen mehrerer Patienten liegt in der Gruppenmotivation, dem Ansporn durch Konkurrenz und auch der Pragmatik (Personaleinsparung). Naturgemäß wird sie nur bei gleichartigen Krankheitsbildern und relativ gut beweglichen Kranken anwendbar sein. Indikationen: Periphere arterielle Durchblutungsstörungen im Stadium II nach Fontaine; aus der Einzeltherapie entlassene traumatisierte Patienten; Parkinson-Kranke.
3.5 Schlingentisch Das Gerät erlaubt die quasi schwerelose Aufhängung des Patienten in verschiedenen Positionen - ähnlich dem Bewegungsbad. Die Eigenschwere von Körperabschnitten soll abnehmen und die Bewegung traumatisierter oder teilgelähmter Körperabschnitte ermöglicht werden. Außerdem sind Widerstandsübungen durch einsetzbare Federzüge möglich. Es handelt sich dabei also um ein Hilfsmittel, das in gewissem Umfang die Hydrotherapie ersetzt. Indikationen: posttraumatische oder neurologische Funktionsstörungen des Bewegungsapparates.
Kabat-Methode: Einbezug des gesamten Bewegungsapparates bei: - Unfallchirurgie, - Bauchchirurgie, - Neurochirurgie.
Bobath-Methode bei spastischen Lähmungen, fördert die gelähmten Partien.
Gruppentherapie: Bessere Motivation in der Gruppenarbeit.
Indikation: - periphere arterielle Durchblutungsstörungen, - Aus der Einzeltherapie entlassene traumatisierte Patienten. - Parkinsonkranke. Schlingentisch: Aufhängung des Patienten —» Abnahme der Eigenschwere von Körperabschnitten. Bewegung teilgelähmter Abschnitte. Widerstandsübungen.
Indikation: posttraumatische und neurologische Funktionsstörungen des Bewegungsapparates.
XVII. Physikalische Medizin
202 3. Hydrotherapie Bewegungstherapie im Wasser lokal oder global.
Entlastung der Eigenschwere unter Wasser (Archimedisches Prinzip).
4. Hydrotherapie Sie ist eine wesentliche Ergänzung der anderen Behandlungsmöglichkeiten. Die Bewegungstherapie im Wasser kann lokal (etwa im Bereich der körperfernen Extremitätenabschnitte) oder global im Bewegungsbad erfolgen. Für diese Therapie sind Spezialbäder erforderlich (Wassertiefe 1,20 m, Umwälzanlage, konstante Wasser- und Raumtemperatur (30-33°). Genutzt wird das Archimedische Prinzip, das Körper unter Wasser auf Bruchteile ihres Gewichtes reduziert. Die gezielte Teilbelastung einzelner Körperabschnitte (etwa bei noch nicht voll belastbaren Osteosynthesen/Frakturen) läßt durch den Auftrieb Übungen unter Entlastung der Eigenschwere zu. Andererseits ist durch Einsatz sog. Auftriebskörper (luftgefüllte G u m m i manschetten oder -reifen resp. Plastikauftriebskörper) die dosierte Widerstandsübung möglich. An Anlagen stehen zur Verfügung:
Verschiedene Anlagen sind: - Arm- und Beinwanne, - Bewegungsbad, - Laufgraben, - Schmetterlingswanne.
Arm- und Beinwannen (etwa nach Kneipp) bzw. Bottiche, Waschbecken etc. für die lokale Übung von Extremitätenabschnitten, wobei hyperthermes Wasser ( 3 7 - 3 9 °C) ohne oder mit Badezusätzen Verwendung findet. Indikationen: Rehabilitation bei lokalen Bewegungseinschränkungen und muskulären Atrophien im Extremitätenbereich. Das Bewegungsbad, das bei Euthermie (um 33 °C) der Gesamtrehabilitation des Rumpfes oder von Extremitäten dient. Indikationen: Bewegungsstörungen größerer Körperabschnitte. Der niveauregulierte Laufgraben, in dem bei Euthermie lediglich der Auftrieb genutzt und dessen Wassertiefe individuell reguliert wird. Indikationen: wie bei „Bewegungsbad". Die nach ihrer Form benannte Schmetterlingswanne, in der gelähmte, inkontinente oder septische Patienten mobilisiert werden können, wobei das Wasser nach Gebrauch verworfen wird. Indikationen: Mobilisierung septischer, inkontinenter Kranker. Entsprechend den vorgeschilderten Behandlungsverfahren kann naturgemäß auch die häusliche Badewanne begrenzt Verwendung finden.
4. Mechanotherapie - Massage, - Unterwasserdruckstrahlmassage, - Reflexzonen- oder Bindegewebsmassage, - manuelle Lymphdrainage.
5. Mechanotherapie Mechanotherapeutische Verfahren haben bei der Behandlung chirurgischer Erkrankungen eher ergänzende Bedeutung oder sind für Begleiterkrankungen nutzbar. Im wesentlichen handelt es sich um die verschiedenen mit der Hand oder mit Geräten ausgeführten Massageverfahren. Die manuelle oder klassische Massage dient der Auflockerung verspannter Muskulatur oder narbig verbackener Haut-/Unterhautpartien. In ähnlicher Weise, jedoch in größere Gewebetiefen vordringend, arbeitet die Unterwasserdruckstrahlmassage am vollständig im Wasser befindlichen Patienten. Indikationen: muskuläre Verspannungen verschiedener, nicht jedoch spastischer Genese, etwa bei traumatologischen oder neurochirurgisch/orthopädischen Erkrankungen. Bei der Reflexzonen- oder auch sog. Bindegewebsmassage werden mit 2 Fingerkuppen ziehende, decollementähnliche Haut-/Unterhautreize gesetzt, die segmental wirksame Fernwirkungen im Sinne kutiviszeraler oder vermutlich rückwirkend viszerokutaner Reflexe erzielen. Indikationen: Muskuläre Verspannungen; chronische Organdysfunktionen im Körperhöhlenbereich (mit Ausnahme von Steinleiden); periphere arterielle Durchblutungsstörungen im Stadium II, III oder IV nach Fontaine. Ein besonderes Verfahren zur Behandlung von Lymphödemen (Postmastektomiesyndrom) stellt die manuelle Lymphdrainage dar, bei der durch ge-
Thermotherapie
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zielte Streichungen mit der Hand nach einem festgelegten System Lymphentstauung erreicht werden soll. Gleiche Wirkungen lassen sich mit Geräten (Jobst, Lymphamat) erzielen, bei denen über Arm- oder Beinmanschetten intermittierende Druckwellen den Lymphstrom zentripetal fordern sollen. Manuelle und maschinelle Methoden können kombiniert werden. Indikationen: postoperative oder idiopathische Lymphödeme.
6. Extensionstherapie Die Extensionstherapie vermag durch mechanische Zugmomente bestimmte Körperregionen bzw. Gelenke zu entlasten. Die Glisson-Extension (-Schlinge) wird unter dosiertem Zug über Federwaage zur Entlastung der Halswirbelsäule eingesetzt. Indikationen: zervikale Kompressionssyndrome. Das Perl-Gerät bringt bei rechtwinkliger Beugung in Knie- und Hüftgelenken über Anhebung des Gesäßes bei Rückenlage des Patienten eine Kyphosierung und Entlastung der Lendenwirbelsäule zustande. Indikationen: lumbale Kompressionssyndrome. Über die Knöchellaschen-Extension lassen sich Hüft- und Kniegelenke durch Gewichtszug entlasten. Indikationen: Arthritische/arthrotische Reizzustände.
7. Thermotherapie Die verschiedenen thermischen Verfahren sind Ergänzungen zur Bewegungs-, Atem- und Mechanotherapie. In Betracht kommen:
7.1. Eis-(Kryo-)therapie (Auflegen von Eispackungen auf Gelenke) Sie ist im Wirkungsmechanismus noch nicht geklärt. Diskutiert werden Heraufsetzung der Schmerzschwelle und reaktive Hyperämie. Indikationen: frische Verletzung (Kontusion/Distorsion); Adjuvanstherapie bei PNF- und axialer Kontrakturbehandlung; Entzündungshemmung.
7.2 Wärmetherapie Die Wärmetherapie durch Peloide beruht auf der verzögerten Wärmeabgabe des Packungsmaterials (Fango, Pelose, Schlamm etc.), die durch Parafilnzusatz (Parafango) verstärkt werden kann. Hierdurch werden längerdauernde Erwärmungen des Gewebes (vermutlich durch die reaktive Hyperämie und reflektorische Mehrdurchblutung tieferer Schichten) erzielt, die bewegungsund mechanotherapeutisch optimierend wirken. Indikationen: Kontrakturbehandlung; muskuläre Verspannungen; Entzündungsförderung. Thermotherapien können auch mittels feuchter, erwärmter Tücher (Heißdampf, Infrarot) oder der „heißen Rolle" (gerolltes, mit Heißwasser beschicktes Frotteetuch), aber auch durch verschiedene Lichtquellen (Rotlicht, Lichtkasten), jedoch mit wesentlich geringerer Intensität, durchgeführt werden. Indikationen: wie bei Peloid-Therapie. Kürzerdauernde Wärmewirkungen werden durch Hand-/Unterarm- oder Unterschenkelbäder erreicht.
5. Extensionstherapie Entlastung bestimmter Gelenke oder Körperregionen durch Zug.
Indikation: - zervikale Kompressionssyndrome, - lumbale Kompressionssyndrome, - arthritische/arthrotische Reizzustände.
6. Thermotherapie Ergänzung zur Bewegungs-, Atem- und Mechanotherapie.
Auflegen von Eispackungen.
Indikation: - frische Verletzungen, - PNF- und axiale Kontrakturbehandlung, - Entzündungen. Wärme: langdauernde Erwärmung des Gewebes.
Indikation: - Kontrakturbehandlung, - muskuläre Verspannung.
XVII. Physikalische Medizin
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Wirkungsvoll läßt sich Gewebeerwärmung durch hochfrequente Wechselströme herbeifuhren (s. 8.). Indikationen: Ergänzung zur Kontrakturbehandlung.
7. Elektrotherapie Wenig Bedeutung in der Chirurgie.
8. Elektrotherapie Die verschiedenen elektrotherapeutischen Maßnahmen haben bei chirurgischen Erkrankungen nur untergeordnete Bedeutung. Zur Verfügung stehen Gleichstrom und verschiedene Formen des Wechselstromes. Galvanisation - Behandlung mit stabilem Gleichstrom hat analgetische und durchblutungsfördernde Wirkung. Sie kann durch Anlage von Elektroden trocken oder auch naß im Vierzellen- (für Extremitäten) oder Stangerbad (größere Wanne mit großflächigen Elektroden) ausgeführt werden. Indikationen: Schmerzzustände verschiedener orthopädischer oder neurochirurgischer Genese. Bei der Iontophorese wird Gleichstrom als Transportmittel für penetrable Ionen und so für perkutane Pharmakotherapie genutzt. Indikationen: Gelenk- oder Weichteilschmerzen verschiedener Genese; lokale Pharmakotherapie. Ein- oder zweiweg gleichgerichtete Wechselströme (n. Bernard) stellen eigentlich eine Gleichstromtherapie dar, die als Diadynamik bezeichnet wird. Indikationen: Schmerzzustände, vorwiegend Analgesie. Niederfrequente Wechselströme verschiedener Impulsformen (Dreieck, Viereck, An- und Abschwellung der Impulshöhe) werden für die Reizstromtherapie, als Ersatz für temporär verlorengegangene nervöse Impulse an der Muskulatur genutzt. Die Therapieform ist der Willkürinnervation naturgemäß nicht gleichzusetzen, jedoch imstande, die Atrophie motorischer Endplatten hinauszuzögern. Indikationen: Temporäre Ausfälle in der neurologischen Impulsübermittlung, etwa bei Verletzungen peripherer Nerven. Mittelfrequente Wechselströme werden zur Erzeugung von Wärmefeldern in der Tiefe durch Kreuzung von unterschiedlich frequenten Strömen (4 000/3 9 0 0 - 4 100 Hz) nach Nemec unter Verminderung des unerwünschten Hautwiderstandes genutzt. Indikationen: Wirbelsäulenirritationen mit Muskelhartspann; lokale Schmerzzustände bei Insertionstendopathien. Die verschiedenen hochfrequenten Wechselströme im Kurz-, Ultrakurzund Mikrowellen-(Radar-)bereich sind durch Erzeugung von Joul-Wärme eine reine Thermotherapie. Indikationen: Wärmetherapie in tiefen Körperregionen (KW und UHF) sowie in dicht unter der Haut liegenden Gewebebezirken (Mikrowelle) etwa NNHAffektionen; Insertionstendopathien etc.
8. Ultraschall —»Wärmetherapie
9. Ultraschall Die Ultraschalltherapie stellt eine Wärmebehandlung durch Mitschwingen von Grenzflächenmembranen dar. Indikationen (fraglich): Wärmetherapie in oberflächlichen Gewebebereichen.
XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark ι ι . . und periphere Nerven
XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven
E. Kazner
1. Raumfordernde intrakranielle Prozesse Der Hirnschädel stellt eine knöchern abgekapselte Höhle dar, die abgesehen von einigen Nervenaustritts- und Gefäßkanälen nur im Bereich des Hinterhauptlochs eine größere Öffnung aufweist. Einem raumfordernden intrakraniellen Prozeß sind daher beim Erwachsenen relativ enge Grenzen gesetzt. Nur beim Kind mit noch nicht abgeschlossenem Schädelwachstum kann durch Nahtdehiszenz und Schädelvergrößerung eine zusätzliche Kompensation erfolgen. Dieser Mechanismus wird jedoch nur wirksam, wenn sich ein raumfordernder intrakranieller Prozeß langsam entwickelt.
1.1 Arten Als raumfordernde intrakranielle Prozesse werden Tumoren, Abszesse, Verschlüsse der Liquorwege und Hirnödeme bezeichnet.
Einem raumfordernden intrakraniellen Prozeß sind beim Erwachsenen enge Grenzen gesetzt.
Raumfordernde intrakranielle Prozesse: -
Tumoren, Abszesse, Verschlüsse der Liquorwege, Hirnödeme.
1.1.1 Tumoren Die eigentlichen Hirngeschwülste gehen meist aus dem Stützgewebe (Glia) hervor. Man spricht von Gliomen. Je nach Ausgangszelle unterscheidet man Astrozytome, Oligodendrogliome, Ependymome und pilozytische Astrozytome (früher Spongioblastome). Während bei den 3 zuerst genannten Tumoren völlig ausdifferenzierte Geschwülste, aber auch Gliome mit mehr oder weniger starker Entdifferenzierung (ζ. B. anaplastische Astrozytome) vorkommen, handelt es sich beim pilozytischen Astrozytom praktisch immer um einen gutartigen Tumor. Die bösartigste Form eines glialen Tumors stellt das Glioblastom dar, das von jeder der 3 Gliomarten seinen Ausgang nehmen kann oder primär als Glioblastom entsteht. Für die Hirngeschwülste wurde von Zülch ein Grading angegeben, das im wesentlichen auf prognostischen Erfahrungswerten beruht und histologische Kriterien weniger stark berücksichtigt (Tab. 18-1). Tabelle 18-1 Grading der Hirntumoren (nach Zülch, 1980) Grad I
benigne; Heilung nach „Totalexstirpation" oder mindestens 5jährige Überlebenszeit
Grad II semibenigne; postoperative Überlebenszeit 3-5 Jahre Grad III semimaligne; postoperative Überlebenszeit 2-3 Jahre Grad IV maligne; postoperative Überlebenszeit 6-15 Monate
Astrozytome und Oligodendrogliome sind fast ausschließlich im Bereich der Großhirnhemisphären lokalisiert, wobei Frontallappen, Temporal- und Parietallappen bevorzugt werden. Das typische Erkrankungsalter sind die mittleren Lebensabschnitte zwischen dem 25. und 45. Lebensjahr. Bei den Glioblastomen wird die größte Häufigkeit zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr beobachtet.
Gliome: Man unterscheidet - Astrozytome, - Oligodendrogliome, - Ependymome, - pilozytische Astrozytome. Pilozytisches Astrozytom ist ein gutartiger Tumor. Bösartigster Tumor: - Glioblastom. Graduelle Einteilung der Hirngeschwülste (Tab. 18-1).
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Pilozytisches Astrozytom: bevorzugte Lokalisation - Kleinhirn, - Sehnerven, - Hypothalamus.
XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven Ependymome nehmen ihren Ursprung aus ependymähnlichen Zellen und entwickeln sich vorwiegend in das Ventrikellumen hinein. Es handelt sich meist um Tumoren I.—II. Grades. Eine Sonderform bildet das Ependymom des Jugendalters, ein zellreicher, rasch wachsender Tumor im Bereich der Großhirnhemisphären (Grad III— IV), der nur stellenweise bis an das Ventrikelsystem heranreicht. Das pilozytische Astrozytom (früher Spongioblastom) nimmt eine Sonderstellung ein. Dieser Tumor kommt in abnehmender Häufigkeit bevorzugt im Kleinhirn, im Bereich der Sehnerven und des Hypothalamus sowie des Großhirns vor. Betroffen sind überwiegend Kinder und Jugendliche. Nach Totalexstirpation eines solchen Tumors ist mit einer dauerhaften Heilung zu rechnen.
Medulloblastom: besonders häufig im Kindesalter, typischer Sitz —> Kleinhirnwurm.
Im Gegensatz dazu rezidiviert das Medulloblastom, der häufigste bösartige intrakranielle Tumor des Kindesalters, fast immer. Typischer Sitz ist der Kleinhirnwurm. In einzelnen Fällen kommt es zu einer intrakraniellen oder intraspinalen Metastasierung („Abtropfmetastasen"). Etwa 50 % aller intrakraniellen Tumoren gehören zur Gruppe der hirneigenen Geschwülste
Meningeome: nur selten maligne. Man unterscheidet: Konvexitäts- und Falxmeningeome sowie Meningeome der Schädelbasis und des Tentoriums.
Meningeome stellen mit ca. 20 % der Hirntumoren die zweitgrößte Gruppe dar, die sich von den Deckzellen der Arachnoidea ableitet. Bei den Meningeomen handelt es sich überwiegend u m Tumoren I. Grades, in seltenen Fällen kommt es zur malignen Entartung, man spricht dann vom malignen Meningeom oder Meningealsarkom (Grad III). Am häufigsten werden die Lebensabschnitte zwischen dem 30. und 55. Lebensjahr betroffen. Man unterscheidet nach dem Sitz Konvexitäts- und Falxmeningeome, unter denen das parasagittale Meningeom eine Sonderstellung einnimmt, basale Meningeome (Olfaktoriusrinne, Tuberculum sellae, Keilbeinflügel, Basis der mittleren Schädelgrube, Clivus, Foramen magnum), Tentoriummeningeome, die nach supra- oder infratentoriell entwickelt sein können, und schließlich Konvexitätsmeningeome im Bereich der hinteren Schädelgrube. Ganz selten sind Ventrikelmeningeome, deren Genese entwicklungsgeschichtlich durch Einstülpung der Hirnkammern mit Verlagerung von meningealem Gewebe zu erklären ist.
Neurinome Ausgang von den Schwann-Nervenscheiden (= Schwannom)
Neurinome nehmen ihren Ursprung von den Schwann-Scheiden der Nerven, weshalb auch die Bezeichnung Schwannom gebräuchlich ist. Im intrakraniellen R a u m finden sich überwiegend Neurinome am N. statoacusticus, seltener am N. trigeminus. Die Gruppe der Neurinome umfaßt etwa 8 % aller intrakraniellen Tumoren. Zu den intrakraniellen Geschwülsten werden auch die Hypophysenadenome gezählt, die vom Hypophysenvorderlappen ausgehen und sich entweder intrasellär oder auch intra- und suprasellär entwickeln können. Sie führen je nach Art zu Hormonexzessen oder endokrinen Ausfällen, bei entsprechender Größe zu Sehstörungen. 10 % aller intrakraniellen Tumoren sind Hypophysengeschwülste. Neben den aufgeführten häufigsten Geschwulstarten gibt es noch einige seltene Tumoren, wie Plexuspapillome, Hämangioblastome, Pinealome, Craniopharyngeome, Epidermoide, Dermoide und Teratome sowie Lipome. Metastasen Nicht selten metastasieren Organkarzinome und andere bösartige Tumoren in das Gehirn. A m häufigsten treten Hirnmetastasen beim Bronchialkarzinom, beim Mammakarzinom, beim malignen Melanom und beim Hypernephrom auf. Solitäre und multiple Metastasen halten sich etwa die Waage. Ein kleiner Teil intrazerebraler Karzinommetastasen bleibt hinsichtlich der Ätiologie ungeklärt. Selbst bei der Sektion eines an Hirnmetastasen verstorbenen Patienten kann mitunter kein Primärtumor nachgewiesen werden.
Hypophysenadenome
Metastasen: Häufig Metastasen im Gehirn bei: - Bronchialkarzinom, - Mammakarzinom, - malignem Melanom, - Hypernephrom.
Raumfordernde intrakranielle Prozesse 1.1.2 Abszesse Ins Gehirn eingedrungene Eitererreger führen durch Gewebeeinschmelzung zu Hirnabszessen, die einzeln und multipel auftreten können. Man unterscheidet fortgeleitete Abszesse aus dem Bereich vereiterter Nebenhöhlen oder aus dem Mittelohr, Abszesse nach direktem Eindringen von Eitererregern ins Gehirn bei offenen Schädel-Hirn-Verletzungen, und metastatische Hirnabszesse, die auffallend häufig bei entzündlichen Erkrankungen der Lunge, insbesondere Bronchiektasen und bei angeborenen Herzfehlern mit geringer Sauerstoffsättigung des Blutes auftreten. Darüber hinaus gibt es Hirnabszesse im Rahmen von Allgemeininfektionen und bei Immunschwäche sowie unter längerfristiger zytostatischer Therapie. Im zuletzt genannten Fall werden bevorzugt Pilzinfektionen beobachtet.
207 Abszesse Verursacht durch Eitererreger. Man unterscheidet: - fortgeleitete Abszesse, - Abszesse nach direktem Eindringen von Eitererregern, - metastatische Hirnabszesse, - Hirnabszesse bei: Allgemein Infektionen, Immunschwäche, nach längerer zytostatischer Therapie.
Hirnabszesse bei Affektionen der Nasennebenhöhlen sind in den Stirnhirnpolen oder an der Basis der Stirnhirne lokalisiert; vom Mittelohr ausgehende Hirnabszesse entwickeln sich entweder in den basalen Schläfenlappenanteilen oder im Kleinhirn. Metastatische Himabszesse entstehen überwiegend im Marklager der Großhirnhemisphären, bevorzugt im Mediaversorgungsgebiet.
1.1.3 Verschlüsse der Liquorwege Blockaden der Liquorwege im Bereich der physiologischen Engstellen an den Foramina Monroi, am Ausgang des 3. Ventrikels, im Aquaeductus Sylvii oder am Ausgang des 4. Ventrikels (Foramina Luschkae und Foramen Magendi) führen zu einer nicht selten hochgradigen intrakraniellen Drucksteigerung (Abb. 18-1). Häufigste Ursachen sind postentzündliche Veränderungen mit Verklebungen sowie tumorbedingte Blockaden. Bei diesen kann es durch Ventilmechanismus zu einer intermittierenden Symptomatik kommen.
Verschlüsse der Liquorwege Diese führen häufig zu hochgradigen intrakraniellen Drucksteigerungen. Ursache: postentzündliche Veränderungen und tumorbedingte Blockaden (dabei auch intermittierende Symptomatik).
Abb. 18-1 Die verschiedenen Formen des Verschluß-Hydrozephalus und die zugrundeliegenden Blockaden (nach Zülch 1968) 1 Wege der normalen Liquorzirkulation 2 Einseitige Blockade des Foramen Monroi 3 Blockade im Bereich des 3. Ventrikels 4 Blockade im Bereich der Vierhügelplatte 5 Blockade am Ausgang des 4. Ventrikels 6 Blockade der äußeren Liquorwege: a) Cisterna ambiens, b) Subarachnoidalraum, c) Pacchioni-Granulationen Die chronisch-entzündliche Aquädukstenose führt erst nach längerer Zeit zur Dekompensation. Akute Verschlüsse der Liquorwege treten vorwiegend bei Blutungen mit Ventrikeleinbruch sowie bei raumfordernden Erweichungen im Versorgungsgebiet der Kleinhirnarterien auf.
Akute Verschlüsse der Liquorwege: bei Blutung mit Ventrikeleinbruch, bei raumfordernden Erweichungen durch Kleinhirnarterieninfarkt.
208 Hirnödeme Kann Begleiterscheinung raumfordernder intrakranieller Prozesse sein. Generalisierte Hirnödeme nach: - hypoxischer Schädigung, - Schädel-Hirn-Trauma, - Enzephalitis.
Symptome bei raumfordernden intrakraniellen Prozessen Allgemeinsymptome: - Kopfschmerz, - Schwindel, - Bewußtseinsstörung, - zerebrale Krampfanfälle, - Doppelbilder, - organisches Psychosyndrom. Folge der Drucksteigerung: - Erbrechen, - Abgeschlagenheit, - zunehmende Bewußtlosigkeit, - Stauungspapille, - Doppelbilder, - zerebrale Krampfanfälle.
XVIII.Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven 1.1.4 Hirnödem Ein H i r n ö d e m k a n n als wichtige Begleiterscheinung r a u m f o r d e r n d e r intrakranieller Prozesse, ζ. B. bei z a h l r e i c h e n H i r n t u m o r e n u n d b e i m H i r n a b s z e ß , a u f t r e t e n u n d d a d u r c h die r a u m f o r d e r n d e W i r k u n g n o c h weiter steigern. Generalisierte H i r n ö d e m e e n t s t e h e n n a c h hypoxischer Schädigung, n a c h s c h w e r e m gedeckten S c h ä d e l - H i r n - T r a u m a , im R a h m e n einer E n z e p h a l i t i s oder auf toxischer G r u n d l a g e .
1.2 Symptomatologie 1.2.1 Allgemeinsymptome K o p f s c h m e r z e n , Schwindel, B e w u ß t s e i n s s t ö r u n g e n , zerebrale K r a m p f a n f ä l l e , Doppelbilder u n d V e r ä n d e r u n g e n im psychischen Bereich (organisches Psyc h o s y n d r o m ) sind h ä u f i g e A l l g e m e i n s y m p t o m e eines r a u m f o r d e r n d e n intrakraniellen Prozesses. Z u m Vollbild der a l l g e m e i n e n intrakraniellen D r u c k steigerung u n d der Druckkrise g e h ö r e n a u c h n o c h E r b r e c h e n , Abgeschlagenheit u n d z u n e h m e n d e B e w u ß t s e i n s t r ü b u n g . Bei Spiegelung des A u g e n h i n t e r g r u n d e s f i n d e t sich vor allem bei c h r o n i s c h e r intrakranieller D r u c k s t e i g e r u n g sehr h ä u f i g eine Stauungspapille. N a c h A u f b r a u c h e n der in der U m g e b u n g eines r a u m f o r d e r n d e n Prozesses v o r h a n d e n L i q u o r r ä u m e u n d d u r c h B e h i n d e r u n g des v e n ö s e n Abflusses k o m m t es zu einer z u n e h m e n d e n intrakraniellen Drucksteigerung, die sich zuerst in K o p f s c h m e r z e n äußert. Diese e n t s t e h e n w a h r s c h e i n l i c h ü b e r die Versorgung der M e n i n g e n m i t sensiblen Fasern aus d e m Bereich des N. trigeminus. Z e n t r a l ausgelöstes E r b r e c h e n b e r u h t auf einer D r u c k w i r k u n g i m Bereich des B r e c h z e n t r u m s in der A r e a p o s t r e m a in der R a u t e n g r u b e . G e r i n g e M a s s e n v e r s c h i e b u n g e n im Bereich der h i n t e r e n Schädelgrube f ü h ren wegen der e x p o n i e r t e n Lage des N. a b d u c e n s zu einer ein- oder doppelseitigen Parese des M. rectus e x t e r n u s mit Doppelbildern, die sich b e i m Blick n a c h d e n Seiten verstärken. Zerebrale Krampfanfälle k ö n n e n als Folge einer Steigerung der elektrischen Erregbarkeit des G e h i r n s , vor allem bei Prozessen in der Zentralregion, auftreten.
Durch Einklemmung von Hirnteilen in den Tentoriumschlitz können auftreten: - progrediente Bewußtseinseintrübung, - einseitige, später doppelseitige Oculomotoriusparese, - Halbseitensymptome in Form von Lähmungen, später Streckkrämpfen, - Hypertonus der Extremitäten, - positive Pyramidenzeichen.
Mittelhirneinklemmung: Bei z u n e h m e n d e r M a s s e n v e r s c h i e b u n g d u r c h Verlagerung der M i t t e l l i n i e n s t r u k t u r e n u n d E i n k l e m m u n g von H i r n t e i l e n in d e n T e n t o r i u m s c h l i t z m i t K o m p r e s s i o n des M i t t e l h i r n s u n d des N . o c u l o m o t o rius (Abb. 18-2) k ö n n e n progrediente B e w u ß t s e i n s e i n t r ü b u n g , einseitige, später doppelseitige O k u l o m o t o r i u s p a r e s e u n d H a l b s e i t e n s y m p t o m e in F o r m von L ä h m u n g e n , später S t r e c k k r ä m p f e n a u f t r e t e n . Bei diesem pathophysiologischen G e s c h e h e n werden die m e d i a l e n S c h l ä f e n l a p p e n a n t e i l e , der U n c u s h i p p o c a m p i , in d e n T e n t o r i u m s c h l i t z eingekeilt, m a n spricht d a h e r a u c h von Abb. 18-2 Halbschematisches Modell von Massenverschiebungen durch einen parietalen raumfordernden Prozeß (T). Oben: Der Gyrus cinguli wird unter der Falx zur Gegenseite verlagert. Mitte: Einklemmung der medialen Anteile des Schläfenlappens im Tentoriumschlitz mit Mittelhirnkompression. Unten: Einklemmung des Hirnstamms durch Herniation der Kleinhirntonsillen ins Foramen Magnum (aus Kautzky und Zülch 1955)
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Raumfordernde intrakranielle Prozesse U n c u s - H e m i e . Bei der neurologischen Untersuchung findet sich neben der okulären Symptomatik ein Hypertonus der Extremitätenmuskulatur, zunächst einseitig, später doppelseitig, auch Pyramidenzeichen werden positiv. N i m m t die intrakranielle Drucksteigerung weiter zu, so k o m m t es z u m Funktionsausfall des Mittelhirns mit beiderseitig weiten reaktionslosen Pupillen, Streckkrämpfen und tiefem Koma. Durch Einklemmung der Medulla oblongata im Hinterhauptsloch, die durch ein Tiefertreten der Kleinhirntonsillen bewirkt wird, tritt schließlich eine zentrale Atemlähmung ein. Dieser Zeitablauf ist vor allen Dingen bei rasch entstehenden raumfordernden intrakraniellen Prozessen zu erwarten, ζ. B. bei einer Einblutung in einen Hirntumor.
Bei zunehmender intrakranieller Drucksteigerung: Funktionsausfall des Mittelhirns mit weiten, reaktionslosen Pupillen, Streckkrämpfen, Koma. Bei Einklemmung der Medulla oblongata: Atemlähmung; diese entsteht besonders bei rasch auftretenden raumfordernden Prozessen, ζ. B. bei Einblutung in Hirntumor.
Bei T u m o r e n in der N ä h e der Foramina Monroi, im dritten Ventrikel und im Bereich der hinteren Schädelgrube kann durch Blockade der Liquorwege frühzeitig eine hochgradige intrakranielle Drucksteigerung auftreten, da der in den Ventrikeln gebildete Liquor ( 1 5 0 - 2 5 0 ml Tagesproduktion) plötzlich nicht mehr abfließen kann, die Produktion unvermindert anhält u n d dadurch rasch ein gewaltiges Mißverhältnis entsteht. W e n n das blockierende Hindernis nicht durch den intrakraniellen Druckanstieg überwunden oder rasch eine externe Liquordrainage angelegt wird, kann es sehr schnell zu einer Tonsilleneinklemmung kommen, die sich durch starke Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit und Kribbelparästhesien in den Armen ankündigt.
Bei Blockade der Liquorwege: hochgradige intrakranielle Drucksteigerung, da Liquorproduktion anhält.
1.2.2 Herdsymptome bei raumfordernden Prozessen
Herdsymptome bei raumfordernden Prozessen Stirnhirn: ausgeprägtes organisches Psychosyndrom mit: Apathie, Antriebsarmut, Affektlabilität, inadäquaten Reaktionen.
Prozesse im Stirnhirn können ein ausgeprägtes organisches Psychosyndrom hervorrufen mit Apathie, Antriebsarmut, Affektlabilität, inadäquaten Reaktionen bis zur Distanzlosigkeit, dies vor allem, wenn beide Stirnhirne betroffen sind, wie beim Olfaktoriusmeningeom. Herde in der Zentralregion verursachen häufig fokale oder generalisierte Krampfanfälle sowie kontralaterale Paresen unterschiedlich starker Ausprägung. Bei Tumorlokalisation in der hinteren Zentralregion können Sensibilitätsstörungen beobachtet werden. Bei Sitz eines Tumors in der fronto-temporalen Übergangsregion der domin a n t e n Hemisphäre ist mit Sprachstörungen zu rechnen. Dabei unterscheidet man motorische und sensorische Sprachstörungen sowie eine Globalaphasie. Sitzt eine Geschwulst in den hinteren Abschnitten des Schläfenlappens der d o m i n a n t e n Hemisphäre mit Übergang zur Parietalregion, dann resultieren neben Sprachverständnisstörungen auch Apraxie, Orientierungsstörungen, Dyslexie und Akalkulie. Ein T u m o r im Bereich des Schläfenhirns der nichtdominanten Hemisphäre kann zu psychischen Veränderungen, vor allem depressiven Verstimmungen führen. A u ß e r d e m werden bei Patienten mit Schläfenlappenprozessen psychomotorische („Temporallappen"-) Anfälle beobachtet. Die Geschwülste im Occipitallappen verursachen Sehstörungen im Sinne einer h o m o n y m e n Hemianopsie, die stets die kontralateralen Gesichtsfeldhälften betrifft. Tumoren im Bereich der Kleinhirnhemisphären führen zu Gangunsicherheit und ataktischen Störungen, Dysdiadochokinese und Verlust der Feinmotorik der Hand der betroffenen Seite. Bei Prozessen im Kleinhirnwurm k o m m t es zu einer Rumpfataxie mit Gang- und Standunfähigkeit im fortgeschrittenen Stadium. T u m o r e n im Bereich der Stammganglien rufen meist kontralaterale Halbseitenlähmungen hervor, bei Prozessen im Bereich der Brücke und des kaudalen Hirnstamms resultieren meistens H i m s t a m m s y n d r o m e mit Hirnnervenausfällen und kontralateralen Paresen.
Folge Tonsilleneinklemmung mit: - Kopfschmerzen, - Nackensteifigkeit, - Kribbelparästhesien in den Armen.
Zentralregion: fokale oder generalisierte Krampfanfälle und kontralaterale Paresen, hintere Zentralregion: Sensibilitätsstörungen. Fronto-temporale Übergangsregion: Sprachstörungen evtl. auch Apraxie, Orientierungsstörungen, Dyslexie und Akalkulie.
Schläfenhirn (der nicht dominanten Hemisphäre): psychische Veränderungen mit depressiven Verstimmungen. Ferner psychomotorische Anfälle. Occipitallappen: Sehstörungen Kleinhirnhemisphäre: - Gangunsicherheit, - ataktische Störungen, - Dysdiadochokinese, - Verlust der Feinmotorik der Hand. Stammganglien: Kontralaterale Halbseitenlähmung Brücke: kaudaler Hirnstamm: Hirnnervenausfälle kontralaterale Paresen
210 Hirnnervenausfälle bedingt durch Tumoren, ζ. B.: - Riechstörung, - Amaurose, - Chiasmasyndrom, - Ausfall von Augenmuskelnerven.
XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven E i n e R e i h e von T u m o r e n weist direkte B e z i e h u n g e n zu d e n Hirnnerven auf, h ä u f i g e n t s t e h e n h i e r a u s H i r n n e r v e n a u s f ä l l e . So ruft das M e n i n g e o m der 01f a k t o r i u s r i n n e fast stets eine Riechstörung hervor, die n i c h t selten erst d u r c h F r e m d a n a m n e s e ( a n g e b r a n n t e s Essen) e r u i e r b a r wird. Die S t ö r u n g e n im Bereich des N . opticus d u r c h T u m o r e n sind vielfältig. E i n e einseitige Amaurose e n t s t e h t bei Sitz eines T u m o r s im Verlauf des Sehnerven, entweder in der Orbita, i m Bereich des F o r a m e n o p t i c u m oder in der i n t r a k r a n i e l l e n Verlaufsstrecke vor d e m C h i a s m a o p t i c u m . Ein Chiasmasyndrom mit Auftreten einer b i t e m p o r a l e n H e m i a n o p s i e oder Q u a d r a n t e n a n o p s i e wird m e i s t d u r c h e i n e n suprasellären r a u m f o r d e r n d e n Prozeß ( H y p o p h y s e n a d e n o m , Kraniop h a r y n g e o m , T u b e r c u l u m - s e l l a e - M e n i n g e o m ) hervorgerufen. Entwickelt sich ein H y p o p h y s e n a d e n o m m e h r n a c h der Seite, so k ö n n e n sowohl eine einseitige A m a u r o s e oder eine h y o m o n y m e H e m i a n o p s i e als a u c h eine O k u l o m o toriusparese a u f t r e t e n . S t ö r u n g e n a m N. oculomotorius resultieren a u c h bei r a u m f o r d e r n d e n Prozessen in der N ä h e des Sinus cavernosus (meist M e n i n g e o m e ) . H i e r b e i k ö n n e n n o c h weitere A u g e n m u s k e l n e r v e n ausfallen.
Ist der N. trigeminus betroffen, resultieren: - Mißempfindungen in der betroffenen Gesichtshälfte, - Sensibilitätsstörungen.
Ausfall des Vestibularorgans beim Akustikusneurinom; Hörstörungen, eingeleitet mit pulsunabhängigen Ohrgeräuschen. Je nach Tumorgröße kann Taubheit eintreten.
N e u r i n o m e des N. trigeminus r u f e n meist M i ß e m p f i n d u n g e n in der betroffen e n G e s i c h t s h ä l f t e hervor sowie Sensibilitätsstörungen; S c h m e r z e n sind wesentlich seltener zu erwarten. G e l e g e n t l i c h wird bei sehr großen A k u s t i k u s n e u r i n o m e n der N. t r i g e m i n u s stark a n g e h o b e n , w o d u r c h eine Sensibilitätsstörung, m e i s t e n s im Bereich des 2. oder 3. Astes entsteht. V o m N. facialis g e h e n ganz selten G e s c h w ü l s t e aus, er kann aber bei großen A k u s t i k u s n e u r i n o m e n u n d bei f l ä c h e n h a f t w a c h s e n d e n T u m o r e n in der h i n t e r e n Schädelgrube m i t b e t r o f f e n sein. Das Akustikusneurinom f ü h r t typischerweise zuerst zu e i n e m Ausfall des Vestibularorgans, Hörstörungen treten üblicherweise erst später auf u n d werden n i c h t selten mit p u l s u n a b h ä n g i g e n O h r g e r ä u s c h e n eingeleitet. Bei sehr langer A n a m n e s e u n d e n t s p r e c h e n d großen T u m o r e n k o m m t es zu völligem Hörverlust. Die basale H i r n n e r v e n g r u p p e ( I X - X I ) sowie der N . hypoglossus werden n u r selten von intrakraniellen T u m o r e n direkt geschädigt.
1.3 Diagnostik N e b e n der sorgfältigen E r h e b u n g der A n a m n e s e u n d der subtilen neurologischen U n t e r s u c h u n g spielen in der Diagnostik r a u m f o r d e r n d e r intrakranieller Prozesse zahlreiche apparative U n t e r s u c h u n g e n eine Rolle:
Diagnostik bei raumfordernden intrakraniellen Prozessen
Apparative Untersuchungen:
Achtung: keine Lumbalpunktion bei Verdacht auf Hirntumor!
- Röntgennativdiagnostik des Schädels ( Ü b e r s i c h t s a u f n a h m e n , a u f n a h m e n einschließlich konventioneller T o m o g r a p h i e ) , Elektroenzephalographie, Echoenzephalographie, - Nuklearmedizinische Untersuchungsmethoden, Computertomographie - zerebrale Angiographie - Pneumenzephalographie und operative Ventrikulographie Magnetresonanztomographie
Spezial-
Die L u m b a l p u n k t i o n k a n n bei V e r d a c h t auf r a u m f o r d e r n d e n i n t r a k r a n i e l l e n Prozeß h e u t e n i c h t m e h r als eine S t a n d a r d u n t e r s u c h u n g a n g e s e h e n werden, da ihr diagnostischer W e r t a u ß e r o r d e n t l i c h begrenzt ist u n d andererseits die G e f a h r einer E i n k l e m m u n g besteht. Bei Vorliegen eines H i r n t u m o r s ist sie d a h e r e b e n s o k o n t r a i n d i z i e r t wie die A n w e n d u n g eines M y d r i a t i k u m s z u r besseren Möglichkeit, d e n A u g e n h i n t e r g r u n d zu spiegeln.
R a u m f o r d e r n d e i n t r a k r a n i e l l e Prozesse 1.3.1
Röntgennativdiagnostik
Die S c h ä d e l n a t i v d i a g n o s t i k stellt n a c h wie vor eine wichtige H i l f s m e t h o d e bei der A b k l ä r u n g r a u m f o r d e r n d e r intrakranieller Prozesse dar. N e b e n direkten auf e i n e n T u m o r zu b e z i e h e n d e n Veränderungen d u r c h N a c h w e i s von V e r k a l k u n g e n , ζ. B. bei K r a n i o p h a r y n g e o m e n oder O l i g o d e n d r o g l i o m e n , Hyperostosen bei M e n i n g e o m e n u n d K n o c h e n a r r o s i o n e n , ζ. B. b e i m Akustik u s n e u r i n o m (Erweiterung des Porus acusticus i n t e r n u s in 7 0 - 9 0 % der Fälle) sowie d e m N a c h w e i s p r i m ä r e r S e l l a v e r ä n d e r u n g e n (schüsseiförmige oder b a l l o n f o r m i g e Sella bei intrasellärem r a u m f o r d e r n d e m Prozeß) k e n n t m a n auf die indirekte allgemeine intrakranielle D r u c k s t e i g e r u n g z u r ü c k z u f ü h r e n d e Veränderungen: sog. Drucksella oder s e k u n d ä r e Seilaerweiterung mit allgemeiner Vergrößerung, aber E r h a l t u n g der K n o c h e n s t r u k t u r ; verm e h r t e I m p r e s s i o n e s digitatae u n d Bildung eines sog. W o l k e n s c h ä d e l s bei c h r o n i s c h e r intrakranieller Drucksteigerung, ζ. B. bei der A q u ä d u k t s t e n o s e ; „gesprengte" S c h ä d e l n ä h t e bei H i r n t u m o r e n im Kindesalter. T a t s ä c h l i c h h a n d e l t es sich u m eine Verbreiterung der N a h t z o n e n , die d e n E i n d r u c k einer Sprengung der N ä h t e e n t s t e h e n läßt.
211 1. Röntgennativdiagnostik des Schädels bei raumfordernden intrakraniellen Prozessen wichtige diagnostische Hilfsmethode. Erfassung von direkten Veränderungen durch Nachweis von Verkalkungen und indirekten Veränderungen hervorgerufen durch Drucksteigerung: - Drucksella oder sekundäre Sellaerweiterung, - vermehrte Impressiones digitatae, - Bildung eines Wolkenschädels (chronische Drucksteigerung), - verbreiterte Schädelnähte bei Kindern.
I n s g e s a m t sind bei etwa % der P a t i e n t e n mit r a u m f o r d e r n d e n intrakraniellen Prozessen direkte oder indirekte V e r ä n d e r u n g e n a m Schädelskelett e r k e n n -
Bei 1/3 der Patienten mit raumfordernden intrakraniellen Prozessen werden direkte oder indirekte Veränderungen am Schädelskelett erkennbar.
1.3.2
2. Elektroenzephalographie (EEG) Delta- oder Theta-Herde weisen auf Veränderungen hin. Treffsicherheit 70 %. Keine Ausschlußdiagnostik.
Elektroenzephalographie
Mit der E l e k t r o e n z e p h a l o g r a p h i e (EEG) lassen sich bei r a u m f o r d e r n d e n intrakraniellen Prozessen h ä u f i g frühzeitig hirnelektrische V e r ä n d e r u n g e n in F o r m von Delta- oder T h e t a - H e r d e n nachweisen. Die Treffsicherheit der M e t h o d e ist bei G r o ß h i r n t u m o r e n auf etwa 70 % zu beziffern. E i n e A u s s c h l u ß d i a g n o s t i k erlaubt die E l e k t r o e n z e p h a l o g r a p h i e nicht, insbes o n d e r e tiefsitzende T u m o r e n oder Prozesse in der h i n t e r e n S c h ä d e l g r u b e k ö n n e n ein n o r m a l e s E E G aufweisen. 1.3.3
Echoenzephalographie
Die E c h o e n z e p h a l o g r a p h i e , m i t der sich intrakranielle M a s s e n v e r s c h i e b u n gen u n d V e n t r i k e l e r w e i t e r u n g e n n a c h w e i s e n lassen, wurde d u r c h die C o m p u t e r t o m o g r a p h i e in d e n H i n t e r g r u n d gedrängt. N u r in der N e u r o p ä d i a t r i e sind mit z w e i d i m e n s i o n a l e n U l t r a s c h a l l u n t e r s u c h u n g s t e c h n i k e n w e i t e r r e i c h e n d e diagnostische A u f s c h l ü s s e zu erwarten, die an das c o m p u t e r t o m o g r a p h i s c h e Auflösungsvermögen heranreichen. 1.3.4 N u k l e a r m e d i z i n i s c h e V e r f a h r e n Sie h a b e n in d e n letzten J a h r e n bei der Diagnostik r a u m f o r d e r n d e r intrakranieller Prozesse i m m e r m e h r an B e d e u t u n g verloren. In der D i f f e r e n t i a l d i a gnose e i n z e l n e r G e s c h w ü l s t e sind m i t Hilfe der d y n a m i s c h e n Hirnszintigraphie in fraglichen Fällen j e d o c h zuverlässige Aussagen möglich. 1.3.5
Computertomographie
Die K r a n i a l e C o m p u t e r t o m o g r a p h i e gestattet in n a h e z u allen Fällen d e n sic h e r e n N a c h w e i s eines r a u m f o r d e r n d e n intrakraniellen Prozesses, wobei aufg r u n d des u n t e r s c h i e d l i c h e n D i c h t e v e r h a l t e n s im Nativbild u n d n a c h K o n trastmittelgabe in der M e h r z a h l der Fälle a u c h artdiagnostische A u s s a g e n möglich sind. 1.3.6
Angiographie
Die zerebrale A n g i o g r a p h i e wird bei N a c h w e i s eines r a u m f o r d e r n d e n intrakraniellen Prozesses im C o m p u t e r t o m o g r a m m vor D u r c h f ü h r u n g eines operativen Eingriffes in d e n m e i s t e n Fällen erforderlich sein, vor allem w e n n es u m stark vaskularisierte T u m o r e n geht. Der O p e r a t e u r benötigt zur P l a n u n g der O p e r a t i o n die K e n n t n i s der eine G e s c h w u l s t versorgenden Arterien u n d
3. Echoenzephalographie diagnostische Wertigkeit nur in der Neuropädiatrie.
4. Nuklearmedizinische Verfahren verlieren an Bedeutung. Einsatz der dynamischen Hirnzintigraphie in fraglichen Fällen zur Differentialdiagnose.
5. Kraniale Computertomographie sicherer Nachweis. Auch artdiagnostische Aussagen möglich.
6. Cerebrale Angiographie Einsatz bei stark vaskularisierten Tumoren. Wichtig für die Chirurgie, da Kenntnisse über versorgende Arterien und anliegende Gefäße vermittelt werden.
XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven
212
d e m T u m o r anliegenden Gefäße. Verzichtet werden kann im allgemeinen auf die Angiographie bei Vorliegen von V e n t r i k e l t u m o r e n u n d der M e h r z a h l der T u m o r e n i m Bereich der h i n t e r e n Schädelgrube, vor allen D i n g e n bei Kindern. 7. Pneumenzephalographie, operative Ventrikulographie Einsatz nur in fraglichen Fällen als zusätzliche Diagnosemöglichkeit ζ. B. bei Aquäduktstenose.
1.3.7 Pneumenzephalographie, operative Ventrikulographie Die P n e u m e n z e p h a l o g r a p h i e u n d operative Ventrikulographie mit G a s oder positiven Röntgenkontrastmitteln sind heute zur Diagnose raumfordernder i n t r a k r a n i e l l e r P r o z e s s e k a u m m e h r g e b r ä u c h l i c h . N u r in e i n z e l n e n f r a g l i c h e n Fällen wird eine positive Ventrikulographie zusätzliche Aussagen hins i c h t l i c h e i n e r D i a g n o s e e r m ö g l i c h e n , ζ. B. b e i d e r A q u ä d u k t s t e n o s e .
8. Magnetresonanztomographie bessere Diagnostik als bei Computertomogramm. Besonders bei Tumoren des Hirnstammes und der hinteren Schädelgrube. Nur Erfassung von Weichteilveränderungen, keine knöchernen Läsionen.
1.3.8 Magnetresonanztomographie D i e M a g n e t r e s o n a n z t o m o g r a p h i e e r m ö g l i c h t ζ. T . n o c h ü b e r d e n I n f o r m a tionsgehalt von C o m p u t e r t o m o g r a m m e n h i n a u s g e h e n d e A u s s a g e n , vor allem bei Prozessen im Bereich der basalen Schläfenlappenanteile, des H i r n s t a m m e s u n d der hinteren Schädelgrube, da C o m p u t e r t o m o g r a m m e in d i e s e m Bereich sehr häufig durch Artefakte aus den knöchernen
Strukturen
Schädelbasis gestört sind. I m Gegensatz zur C o m p u t e r t o m o g r a p h i e
der
lassen
sich mit der M a g n e t r e s o n a n z t o m o g r a p h i e n u r W e i c h t e i l v e r ä n d e r u n g e n erfass e n , k n ö c h e r n e L ä s i o n e n w e r d e n als m a g n e t i s c h s t u m m e Z o n e n n i c h t a b g e bildet. Therapie raumfordernder intrakranieller Prozesse Behandlung des Hirnödems Dexamethason in Kombination mit Diuretika (Furosemid). Therapiebeginn präoperativ. Begleitende Behandlung: halbsitzende Lagerung, Beatmung, Korrektur des ρ Η-Wertes.
1.4 Therapie Behandlung des Hirnödems Die L a n g z e i t b e h a n d l u n g des H i r n ö d e m s stützt sich auf kontinuierliche G a b e v o n D e x a m e t h a s o n in a b s t e i g e n d e r D o s i e r u n g i n K o m b i n a t i o n m i t d e r i n t e r m i t t i e r e n d e n A p p l i k a t i o n v o n D i u r e t i k a , ζ. B. F u r o s e m i d . D i e s e T h e r a p i e f ü h r t m a n bereits präoperativ aus, u m eine S e n k u n g des
intrakraniellen
Druckes für den Eingriff zu erreichen. D i e G a b e h y p e r o s m o l a r e r L ö s u n g e n , ζ. B. S o r b i t , M a n n i t o d e r H a r n s t o f f l ä ß t n u r eine kurzzeitige W i r k u n g erwarten, die fast stets von e i n e m R e b o u n d - E f f e k t g e f o l g t wird, d e r n i c h t s e l t e n d a s U r s p r u n g s n i v e a u d e s i n t r a k r a n i e l l e n Druckes übersteigt. Halbsitzende Lagerung, entsprechende
Beatmungstech-
n i k e n u n d Korrektur des p H - W e r t e s k ö n n e n ebenfalls zur B e h a n d l u n g des H i r n ö d e m s u n d damit zur Senkung der intrakraniellen Drucksteigerung herangezogen werden. Operative Behandlung Erfolg abhängig vom Sitz der Läsion, Allgemeinzustand und internistischen Risiken.
Operative Behandlung
Da jede fortlaufende Steigerung des intrakraniellen Druckes zum Tode führt, muß vollständige Exstirpation eines Tumors oder Abszesses angestrebt werden.
m e i n z u s t a n d des Patienten u n d speziellen internistischen Risiken. G r u n d -
Ausgedehnte Tumorresektion bei: - Geschwulst des Stirnlappens, - des Okzipitallappens, - des Schläfenlappens - bei Kleinhirntumor.
zustrebende vollständige Exstirpation eines T u m o r s oder Abszesses möglich
Mikrochirurgische Technik bei: - intraventrikulären Tumoren, - im Bereich der Schädelbasis und - des Kleinhirnbrückenwinkels.
pen, Okzipitallappen oder den Schläfenlappen beschränkten T u m o r e n
Intrazerebrale Metastasen Operation nur bei solitärem Tumorknoten. Kontraindikation: multiple Metastasen.
b r ü c k e n w i n k e l s s o w i e i n t r a v e n t r i k u l ä r e T u m o r e n l a s s e n s i c h h e u t e in m i k r o -
Die Möglichkeiten einer operativen Behandlung eines r a u m f o r d e m d e n intrak r a n i e l l e n P r o z e s s e s s i n d a b h ä n g i g v o m Sitz d e r L ä s i o n s o w i e v o m A l l g e sätzlich m u ß m a n davon ausgehen, daß jeder raumfordernde intrakranielle Prozeß d u r c h fortlaufende Steigerung des intrakraniellen D r u c k e s letztlich z u m T o d e führt. In j e d e m Einzelfall m u ß daher überprüft werden, ob die anist. L a n g s a m w a c h s e n d e G l i o m e in d e r Z e n t r a l r e g i o n o d e r i m B e r e i c h d e s Sprachzentrums, die noch nicht zu schweren Ausfallserscheinungen geführt h a b e n , wird m a n h i e r s e h r z u r ü c k h a l t e n d b e u r t e i l e n m ü s s e n . G r o ß z ü g i g e r k a n n m a n d i e Indikation
zur Operation
bei polaren oder auf einen Stirnlap-
nicht d o m i n a n t e n H e m i s p h ä r e stellen. A u c h bei K l e i n h i r n t u m o r e n
der kann
eine ausgedehnte Tumorresektion ohne wesentliche Nachteile für den Patienten erfolgen. T u m o r e n i m Bereich der Schädelbasis u n d des Kleinhirnchirurgischer Technik mit sehr niedrigem Operationsrisiko entfernen. Die L e t a l i t ä t s o l c h e r E i n g r i f f e liegt h e u t e i m B e r e i c h v o n 1 - 5 %, n u r in d e n A l -
Gefäßmißbildungen und Gefäßkrankheiten des Z N S tersgruppen ab ca. 60 Jahren m u ß mit einer höheren Sterblichkeit gerechnet werden. Bei intrazerebralen Metastasen ist nur dann eine Operationsindikation gegeben, wenn ein solitärer Tumorknoten vorliegt. Multiple Metastasen stellen eine Kontraindikation dar. Man wird sich in derartigen Fällen allenfalls zu einem Palliativeingriff, ζ. B. bei Vorliegen eines tumorbedingten Hydrozephalus zur Implantation eines Ventils, entschließen. Bei Hirnabszessen ist von wenigen A u s n a h m e n abgesehen die Totalexstirpation der Abszeßkapsel mit dem Eiterherd anzustreben. Bei sehr großen Abszessen wird zunächst über ein Bohrloch eine Punktion der Abszeßkapsel mit Aspiration von Eiter und Instillation von Antibiotika durchgeführt. Nach Sterilisation u n d Verkleinerung des Abszesses kann d a n n die Exstirpation der Kapsel erfolgen. W e n n ein Hirnabszeß nur unter I n k a u f n a h m e zusätzlicher Ausfallserscheinungen exstirpiert werden kann oder sehr tief sitzt, m u ß m a n sich auf die Punktionsbehandlung beschränken.
1.5 Prognose Für die Prognose eines Hirntumors ist neben der biologischen Wertigkeit vor allem die Lokalisation von entscheidender Bedeutung. Das Grading der Hirntumoren (s. Tab. 18-1), das im wesentlichen die nach einer Tumoroperation zu erwartende Überlebenszeit zugrundelegt, gibt nur grobe Anhaltspunkte für die Überlebenswahrscheinlichkeit im Einzelfall. Die Gliomchirurgie ist von wenigen A u s n a h m e n abgesehen auch heute immer noch unbefriedigend. Auch der konsequente Einsatz der Strahlentherapie hat nur zu einer Verlängerung der durchschnittlichen Überlebenszeit, jedoch nicht zu einer Dauerheilung von Patienten mit Hirngliomen geführt. Eine Ausn a h m e bilden lediglich die pilozytischen Astrozytome, die als T u m o r e n I. Grades nach Totalexstirpation nicht z u m Rezidiv neigen. Die zytostatische Behandlung von Hirntumoren als Zusatztherapie hat bisher keine überzeugenden Erfolge erbringen können. Beim Medulloblastom und anderen auf Zellgifte reagierenden T u m o r e n wird der Effekt der Strahlentherapie nur über einen begrenzten Zeitraum bei Kombination beider Behandlungsverfahren verstärkt und die Überlebensrate leicht erhöht. Die 5-Jahres-Überlebensrate beim Medulloblastom beträgt heute ca. 50 %. Patienten mit Hirntumoren bedürfen nach einer Operation häufig intensiver Rehabilitationsmaßnahmen in dafür speziell eingerichteten Institutionen. N u r dort können Patienten mit schweren Ausfallserscheinungen durch Lähm u n g e n oder Sprachstörungen mit dem dafür erforderlichen hohen Zeitaufwand sinnvoll versorgt werden. Bei malignen T u m o r e n mit nur kurzer Lebenserwartung trotz Operation wird m a n für den Zeitraum, in dem der Patient noch von der Familie betreut werden kann eine Unterbringung im häuslichen Milieu anstreben. Erst wenn die pflegerischen Probleme die Angehörigen überfordern, ist eine stationäre Unterbringung im Krankenhaus notwendig.
213
Bei Hirnabszessen: Totalexstirpation der Abszeßkapsel. Bei großen Abszessen: zunächst Punktion. Nach Verkleinerung: Exstirpation der Kapsel.
Prognose Anhaltspunkte für die Überlebenswahrscheinlichkeit s. Tabelle 18-1 Gliomchirurgie immer noch unbefriedigend, auch mit adjuvanter Strahlentherapie. Pilozytische Astrocytome: Totalexstirpation erfolgversprechend, da keine Rezidivneigung.
Zytostatische Behandlung bringt keine überzeugenden Erfolge. In Kombination mit Strahlentherapie: leichte Anhebung der Überlebensrate.
Wichtig sind: Rehabilitationsmaßnahmen für hirnoperierte Patienten.
2. Gefäßmißbildungen und Gefäßkrankheiten des zentralen Nervensystems
Gefäßmißbildungen und Gefäßerkrankungen des zentralen Nervensystems
2.1 Aneurysmen und Angiome
Aneurysmen sackförmige Ausstülpungen unter dem Einfluß des Blutdruckes bei Störung der Gefäßwandstruktur, Muskularis sehr dünn oder nicht angelegt.
Aneurysmen intrakranieller Arterien, die bei 1 - 2 % der Erwachsenen beobachtet werden, entstehen als sackförmige Ausstülpung unter dem Einfluß des Blutdruckes infolge einer Störung der Gefäßwandstruktur. Die Muskularis ist an bestimmten Gefäßstellen sehr d ü n n oder gar nicht angelegt, vorwiegend handelt es sich u m Nahtstellen großer Gefäße im Bereich des Circulus arteriosus Willisi an der Hirnbasis.
Oft an Nahtstellen großer Gefäße lokalisiert.
214 Häufige Aneurysmalokalisation an: A. communicans anterior.
Problematische Lokalisation: A. basilaris.
XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven Die Größe der Aneurysmen schwankt zwischen Reiskorn und Hühnerei im Extremfall, die meisten Aneurysmen haben die Größe einer kleinen Erbse bis zu einer Bohne. Manche Aneurysmen sind mehrfach gelappt und weisen zum Stammgefäß keinen richtigen Stiel auf. Die häufigste Aneurysmalokalisation ist die A. communicans anterior, gefolgt von der A. carotis interna unterhalb des Abganges der A. communicans posterior (sog. suprachnoidales Carotisaneurysma) und vom Aneurysma der A. cerebri media, das meist an der Hauptteilung (Bifurkation) des Gefäßes sitzt (Abb. 18-3). Aneurysmen im Bereich der hinteren Schädelgrube machen etwa 10 % aller Aneurysmen aus. Eine besonders problematische Aneurysmalokalisation stellt die A. basilaris in allen ihren Abschnitten dar (Abb. 18-3).
Abb. 18-3 Typische Aneurysmaloklisationen (Zahlenangaben in Prozent) Meist erstes klinisches Zeichen des Hirngefäßaneurysmas: Subarachnoidalblutung.
Man unterscheidet: - angeborene Hirngefäßaneurysmen, - arteriosklerotische und - mykotische Aneurysmen, - fusiforme Erweiterung der Hirngefäße. Auslöser hypertonischer Massenblutung: kleinste arteriosklerotische Aneurysmen. Arteriovenöse Angiome angeborene Fehlbildung von Hirngefäßen mit arteriovenösen Kurzschlüssen. Folge: Zirkulationsstörungen in der Umgebung des Angioms mit Auslösung zerebraler Krampfanfälle.
Einreißen von Aneurysmen und Angiomen Folge: Subarachnoidalblutung. Klinisches Bild: Nackenhinterkopfschmerz bis zur Bewußtlosigkeit. Auftreten: unerwartet, im Schlaf, bei körperlicher Anstrengung (Koitus, Defäkation).
Die Mehrzahl der Hirngefäßaneurysmen bleibt bis zum Eintritt einer Subarachnoidalblutung stumm, wenn nicht durch den Aneurysmasack irgendwelche Hirnstrukturen oder Himnerven direkt tangiert und komprimiert werden. Dies ist vor allen Dingen bei sog. Riesenaneurysmen der Fall, die als raumfordernder Prozeß imponieren und nur selten platzen. Außer den angeborenen Hirngefäßaneurysmen gibt es noch arteriosklerotische und mykotische Aneurysmen sowie fusiforme Erweiterungen der Hirngefäße. Kleinste arteriosklerotische Aneurysmen sind die Auslöser hypertonischer Massenblutungen. Mykotische Aneurysmen spielen nur eine unbedeutende Rolle. Fusiforme Aneurysmen haben im allgemeinen keine chirurgische Bedeutung. Arteriovenöse Angiome stellen angeborene Fehlbildungen von Hirngefäßen mit mehr oder weniger stark ausgeprägten arteriovenösen Kurzschlüssen dar. In einzelnen Fällen ist die Gefäßmißbildung auf den venösen Abschnitt beschränkt. Durch Ausdehnung der Gefäßwände nehmen Angiome im Laufe des Lebens an Größe zu, gleichzeitig steigt das Shuntvolumen, das der Umgebung immer mehr Blut entzieht. Durch diese Zirkulationsstörungen in der Umgebung werden nicht selten zerebrale Krampfanfälle ausgelöst. Durch Verdünnung der Wand können Angiome auch einreißen, das Blut entleert sich entweder in den Subarachnoidalraum oder in das Hirnparenchym. Das klinische Bild der Subarachnoidalblutung ist gekennzeichnet durch einen plötzlich auftretenden Nackenhinterkopfschmerz, der sich von dort über den ganzen Schädel ausbreitet und sich bis zur Bewußtlosigkeit steigern kann. Bei 60 % der Patienten mit Subarachnoidalblutung kommen Bewußtseinsstörungen vor, 20 % sind initial bewußtlos. Die Subarachnoidalblutung kommt in % der Fälle aus heiterem Himmel, bei % im Schlaf und bei Y} bei körperlicher Anstrengung, wobei insbesondere Koitus oder die Defäkation von den Patienten als auslösende Momente angegeben werden.
Gefäßmißbildungen und Gefäßkrankheiten des Z N S Bei den Patienten entwickeln sich meningeale Zeichen mit Nackensteifigkeit, Lichtscheu und Apathie, gelegentlich auch motorische Unruhe, so daß nicht selten zunächst die Diagnose einer Meningitis gestellt wird. Häufig klagen die Patienten auch über Übelkeit und Erbrechen. Nicht selten sind hohe Blutdruckwerte, Tachykardien und EKG-Veränderungen mit Senkung der ST-Strecke. Wühlt sich das Blut bei einer Aneurysma- oder Angiomblutung in das Hirnparenchym vor, so entstehen umschriebene intrazerebrale Blutungen mit raumfordernder Wirkung, die zu neurologischen Ausfällen fuhren und schließlich auch durch Massenverschiebung eine Mittelhirneinklemmung mit Bewußtlosigkeit, Streckkrämpfen und Pupillenstörungen hervorrufen können. Bei massivem Einbruch von Blut in das Ventrikelsystem kommt es häufig zu einem rasch progredienten Koma und Versagen der zentralen Regulationen sowie einer irreversiblen Atemlähmung. Vielen atypisch lokalisierten intrazerebralen Hämatomen liegen kleinste Aneurysmen oder Angiome zugrunde, die sich angiographisch nicht darstellen lassen. Das klinische Erscheinungsbild der spontanen Subarachnoidalblutung wurde von Hunt und Hess in 5 Grade eingeteilt, die für die weitere Prognose und die Operationsindikation von großer Bedeutung sind (Tab. 18-2). Tabelle 18-2 Einteilung der Subarachnoidalblutung nach klinischem Zustandsbild in Schweregrade (Hunt und Hess 1968) Grad I Grad II Grad III Grad IV Grad V
215 Symptome: - meningeale Zeichen - mit Nackensteifigkeit, - Lichtscheu, - Apathie, - motorische Unruhe, - Übelkeit, - Erbrechen. Bei Bluteintritt in das Hirnparenchym Mittelhirneinklemmung: Symptome: - neurologische Ausfälle, - Bewußtlosigkeit, - Streckkrämpfe, - Pupillenstörungen. Bei massivem Bluteinbruch in die Ventrikel: - progredientes Koma, - Ausfall der zentralen Regulation, - irreversible Atemlähmung.
Gradeinteilung der Subarachnoidalblutung in Tabelle 18-2.
beschwerdefrei bis auf leichte Kopfschmerzen, leichte Nackensteifigkeit wach, Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, keine neurologischen Ausfälle außer Hirnnervenstörungen Bewußtseinstrübung, noch ansprechbar, Desorientierung, leichte Hemiparese oder andere Herdsymptome starke Bewußtseinstrübung, noch erweckbar, Hemiparese, u. U. beginnendes Strecken Bewußtlosigkeit, Streckkrämpfe, gestörte vitale Funktionen
Weitere diagnostische Maßnahmen: Spiegelung des Augenhintergrundes (peripapilläre Blutungen an der Netzhaut). Bei Verdacht auf Vorliegen einer spontanen Subarachnoidalblutung muß versucht werden, die Diagnose durch Computertomographie zu sichern. In den meisten Fällen sieht man im Bereich der basalen Zisternen und der übrigen subarachnoidalen Liquorräume hyperdense Strukturen, die Blut entsprechen; nicht selten sind intraventrikuläre Blutansammlungen sowie intrazerebrale Hämatome im CT nachweisbar. Zeigt ein Computertomogramm bei klinischer Verdachtsdiagnose Subarachnoidalblutung keine Auffälligkeiten, so ist eine Lumbalpunktion gerechtfertigt. Gelegentlich wird erst dann eine geringe Blutbeimengung im Liquor sichtbar. Man muß sich darauf beschränken, nur wenige Milliliter Liquor abzulassen. Die Gefahr einer Einklemmung ist dadurch jedoch nicht auszuschließen, da aus dem Stichloch innerhalb der nächsten Stunden noch erhebliche Liquormengen austreten können. Bei Vorliegen einer raumfordernden intrakraniellen Blutung ist eine Lumbal- oder Subokzipitalpunktion in jedem Falle kontraindiziert. Bei Aneurysmen und Angiomen schließt sich an die CT am besten sofort die zerebrale Angiographie an, die zum Ausschluß multipler Aneurysmen als Panangiographie (alle 4 großen Gefäße) ausgeführt werden sollte, sofern nicht ein zentraler Gefäßspasmus wegen des erhöhten Risikos eine Fortsetzung der Untersuchung verbietet.
Weitere diagnostische Verfahren: - Spiegelung des Augenhintergrundes - bei Verdacht auf Subarachnoidalblutung Computertomographie - Lumbalpunktion (nur wenige ml ablassen, da Einklemmungsgefahr). Kontraindiziert bei: raumfordernder intrakranieller Blutung.
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XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven
Operative Behandlung Ziel: Verhinderung der Rezidivblutung und des zerebralen Gefäßspasmus.
2.2. Operative Behandlung intrakranieller Gefäßmißbildungen und Blutungen
Therapie: - Kalziumantagonisten, - Frühoperation, - evtl. Sofortoperation.
Das Ziel der operativen Behandlung beim Aneurysma ist die Verhinderung der Rezidivblutung, die mit einer Wahrscheinlichkeit von ca 40 %, meist schon innerhalb der ersten 4 Wochen nach dem akuten Ereignis auftritt. Eine weitere Gefahr besteht bei der Aneurysmablutung durch Auftreten eines zerebralen Gefäßspasmus, der auch in vom eigentlichen Aneurysma entfernt gelegenen Gefäßabschnitten auftreten kann. Der Vasospasmus wird auf die Einwirkung von Blutabbauprodukten auf die Gefäßwände zurückgeführt. Er tritt bei 3 0 - 5 0 % der Patienten mit schwerer Subarachnoidalblutung auf. Als Therapie scheinen Kalziumantagonisten (Nimodipin) erfolgversprechend zu sein. Die bisherige Strategie, Aneurysmen erst im symptomfreien Intervall nach 8 - 1 4 Tagen oder auch noch später zu operieren, wird zunehmend zugunsten einer Frühoperation innerhalb der ersten 48 Stunden nach dem akuten Ereignis aufgegeben. Damit läßt sich nicht nur die Rezidivblutung verhindern, sondern vielfach auch der Vasospasmus zumindest in seiner Auswirkung abmildern, da ein Großteil des in dem Subarachnoidalraum eingedrungenen Blutes herausgespült werden kann. Bei raumfordernden intrazerebralen Begleithämatomen empfiehlt sich in den meisten Fällen eine Sofortoperation, dies gilt auch für Angiomblutungen. Sowohl beim Hirngefäßaneurysma als auch beim zerebralen Angiom wird heute die Gefäßmißbildung in mikrochirurgischer Technik ausgeschaltet. Man benutzt hierzu beim Aneurysma verschiedenartig geformte Metallclips, welche den typischerweise vorkommenden operativen Situationen angepaßt sind und fast immer eine vollständige Ausschaltung der Gefäßmißbildung ermöglichen.
Ausschaltung der Gefäßmißbildung durch mikrochirurgische Technik (spezielle Metallclips). Operationsletalität ca. 20%
Bei Angiom: Exstirpation der Gefäßmißbildung. In unzugänglichen Regionen: Embolisation.
Bei intrakraniellen Blutungen unbekannter Genese: operative Ausräumung, wenn Prozeß raumfordernd. Bei hypertonischen Massenblutungen: Operationsindikation abhängig von der Grundkrankheit. Häufig nur Liquordrainage.
Kleinhirnblutungen: bei Kompression des Hirnstammes, sofortige Entleerung.
Die Operationssterblichkeit konnte dadurch insgesamt auf ca. 20 % gesenkt werden, sie beträgt in den Gruppen mit leichter Blutung (Grad I und II nach Hunt und Hess) nur etwa 2 %; auch Blutungen IV. Grades haben bei der Frühoperation eine relativ günstige Prognose, unverändert schlecht ist naturgegeben die Situation bei Operation eines Aneurysmas im Stadium V mit sehr hoher Letalität. Beim Angiom wird im allgemeinen eine Exstirpation der Gefäßmißbildung angestrebt, wenn es zu einer Blutung gekommen ist und das Angiom in einem zugänglichen Gebiet liegt. Bei Angiomen in unzugänglichen Regionen wird heute versucht, durch Embolisation mit verschiedenen Materialien die Wahrscheinlichkeit einer Rezidivblutung herabzusenken. Eine völlige Ausschaltung gelingt durch diese Technik nicht in allen Fällen. Die Indikation zur Operation bei Patienten mit Angiomen, die bislang nicht geblutet haben, muß sorgfältig erwogen werden. Die Wahrscheinlichkeit einer Blutung liegt etwa bei 1 % pro Jahr für den Träger dieser Mißbildung. Intrakranielle Blutungen unbekannter Genese müssen operativ ausgeräumt werden, wenn sie raumfordernd wirken. Bei kleineren Blutungen kann eine abwartende Haltung eingenommen werden. Bei hypertonischen Massenblutungen m u ß die Operationsindikation vom Allgemeinzustand und der Grundkrankheit abhängig gemacht werden. Häufig genügt eine externe Liquordrainage u m eine kritische Situation zu überwinden und den intrakraniellen Druck herabzusetzen. Bei Blutungen in den Thalamus und den Hirnstamm kommt ein direkter operativer Eingriff praktisch nicht in Frage. Kleinhirnblutungen mit Kompression des Hirnstammes bedürfen einer sofortigen Entleerung. Bei mehr peripher gelegenen zerebellären Hämatomen genügt eine temporäre externe Liquordrainage, bis durch Resorption des Hämatoms die Liquorpassage wiederhergestellt ist.
Schädel-Hirn-Verletzungen
2.3 Verschlußkrankheiten im arteriellen und venösen Bereich (s. auch Kapitel XXIII.
217
Gefäßchirurgie)
Bei der arteriellen Verschlußkrankheit kommt es am häufigsten zu einer Thrombosierung der A. carotis interna, die auf die A. cerebri media übergreift. Hieraus resultiert ein mehr oder weniger ausgeprägter Hirninfarkt, der durch Vorhandensein meningealer Gefäßanastomosen in seinem Ausmaß gemildert werden kann. Bei Totalausfall eines Mediaversorgungsgebietes kann es innerhalb weniger Tage zu einem massiven Gehirnödem im Infarktgebiet mit Massenverschiebung und Einklemmung kommen, die letztlich zum Tode führt. Der Verschluß der A. basilaris endet praktisch immer letal, häufig sind jedoch nur einzelne aus der A. basilaris abgehende Gefäße betroffen, bevorzugt die A. cerebri posterior, deren Ausfall zu einer homonymen Hemianopsie führt. Die Patienten sind im allgemeinen nicht bewußtseinsgestört, nur selten kommt es zu gleichzeitigen Lähmungserscheinungen im Bereich der Extremitäten. Infarkte im Kleinhirnbereich durch Verschluß von zerebellären Arterien können bei Entwicklung eines Ödems die Liquorabflußwege blockieren. Hieraus resultiert ein Verschlußhydrozephalus, der durch externe Liquordrainage über Bohrloch beseitigt werden muß. Innerhalb von etwa 10 Tagen klingt das Ödem ab, so daß die Drainage wieder entfernt werden kann. Die Hirnvenen- und Sinusthrombose stellt ein Krankheitsbild dar, das sich meist innerhalb weniger Tage entwickelt und durch Bewußtseinsstörung und Krampfanfälle gekennzeichnet ist. Die Diagnose stützt sich auf die Computertomographie und die Angiographie.
3. Schädel-Hirn-Verletzungen Abgesehen von den unkomplizierten Schädelfrakturen unterscheidet man offene und gedeckte Schädel-Hirn-Verletzungen. Als wichtigste Komplikation können posttraumatische intrakranielle Hämatome auftreten. 1. Schädelfrakturen - Kalottenfrakturen - Basisfrakturen 2. -
Offene Schädel-Hirn-Verletzungen Impressionsfrakturen mit und ohne Durazerreißung frontobasale Fraktur mit Liquorfistel otobasale Fraktur mit Liquorfistel posttraumatische Meningitis Pneumozephalus, Pneumatozele posttraumatischer Himabszeß
3. -
Geschlossene Schädel-Hirn-Verletzungen Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades - Commotio cerebri Schädel-Hirn-Trauma 2.'Grades Contusio cerebri Schädel-Hirn-Trauma 3. Grades posttraumatisches Hirnödem Compressio cerebri posttraumatische intrakranielle Hämatome epidurales Hämatom akutes subdurales Hämatom chronisches subdurales Hämatom intrazerebrales Hämatom
Verschlußkrankheiten im arteriellen und venösen Bereich Thrombosierung der A. carotis interna —» Hirninfarkt. Bei Totalausfall eines Versorgungsgebietes: —> Gehirnödem, Massenverschiebung, Einklemmung, Tod.
Verschluß der A. basilaris: immer letal, häufig nur einzelne abgehende Gefäße betroffen.
Infarkte im Kleinhirnbereich: Entwicklung eines Ödems, Blockade der Liquorabflußwege. Folge: Verschlußhydroephalus, Beseitigung durch Liquordrainage. Hirnvenen- und Sinusthrombose: Entwicklung in wenigen Tagen mit Bewußtseinsstörung und Krampfanfällen.
Schädel-Hirn-Verletzungen Man unterscheidet offene und gedeckte Schädelhirnverletzungen. Komplikationen: posttraumatische intrakranielle Hämatome.
Formen der Schädel-Hirn-Verletzungen
XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven
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4. Besondere Komplikationen und Folgezustände nach Hirn-Verletzungen - posttraumatischer Hydrozephalus - posttraumatische Epilepsie - wachsende Fraktur bei Kindern - appallisches Syndrom
Schädel-
1. Schädelfrakturen
3.1 Schädelfrakturen
Schädeldach: - Biegungsbrüche, - Berstungsbrüche, - Sprengung der Schädelnähte, - Haarrisse (Fissuren).
Bei den Schädelfrakturen sind Brüche des Schädeldaches und der Schädelbasis zu differenzieren. Im Bereich des Schädeldachs können Biegungsbrüche durch unmittelbare mehr umschriebene Gewalteinwirkung entstehen. Berstungsbrüche resultieren meist aus einer stumpfen Gewalteinwirkung mit Kompression des gesamten Schädels. Darüber hinaus kennt man Sprengungen der Schädelnähte, besonders im Bereich der Lambdanaht, die ebenfalls durch stumpfe Gewalteinwirkung hervorgerufen werden. Bruchlinien können breit klaffend sein, feine Haarrisse bezeichnet man als Fissuren; sie können sich gelegentlich dem röntgenologischen Nachweis entziehen. Schädelbrüche ohne Dislokation von Bruchstücken bedürfen keiner operativen Thera-
Schädelbasisbrüche: in die Basis einstrahlende Kalottenfrakturen, bevorzugte Lokalisation: Felsenbein.
Schädelbasisbrüche stellen eine Folge von stumpfer Gewalteinwirkung auf den Schädel dar. Vielfach handelt es sich u m in die Basis einstrahlende Kalottenfrakturen. Eine bevorzugte Lokalisation ist das Felsenbein mit Hämatotympanon, gelegentlich auch Fazialisschädigung oder Liquoraustritt aus dem Ohr.
2. Offene Schädel-Hirn-Verletzungen Verletzung der Dura durch Dislokation oder Impression der Bruchenden oder von Bruchstücken. Cave: Infektionsgefahr mit Gefahr von Meningitis, Enzephalitis und Hirnabszeß.
3.2 Offene Schädel-Hirn-Verletzungen
Impressionsfrakturen müssen immer operativ versorgt werden, vor allem die offene Impressionsfraktur, besonders bei zusätzlicher Zerreißung der Dura. Durch sorgfältige Inspektion des Wundgrundes —> Hinweis auf Hirnverletzung (Austritt von weißlichem Hirndetritus). Röntgenaufnahme ist obligatorisch.
Das entscheidende Kriterium für die Bezeichnung offene Schädel-Hirn-Verletzungen besteht in einer Verletzung der Dura im Moment der Gewalteinwirkung durch Dislokation oder Impression der Bruchenden oder von Bruchstücken. In diesen Fällen besteht höchste Infektionsgefahr, da durch die eröffnete Dura Eitererreger in den intrakraniellen R a u m mit der Gefahr von Meningitis, umschriebener Enzephalitis und Hirnabszeß eintreten können. Impressionsfrakturen mit Verlagerung von Knochenanteilen u m mindestens Kalottenbreite müssen immer operativ versorgt u n d gehoben werden. Eine besonders dringliche Operationsindikation stellen offene Impressionsfrakturen dar, bei denen es zusätzlich zur knöchernen Verletzung zu einer Zerreißung der Dura und gelegentlich auch einer Lazeration oberflächlicher Gehirnanteile gekommen ist. Oft ergeben sich Hinweise auf das Vorliegen einer Hirnverletzung nur durch sorgfältige Inspektion des Wundgrundes bei der
Fistel Liquor
Abb. 18-4 Frontobasale Fraktur mit Liquorfistel im Bereich der S t i r n h ö h l e n h i n t e r w a n d (nach S c h i r m e r 1984)
Schädel-Hirn-Verletzungen Erstversorgung, wenn Austritt von weißlichem Hirndetritus beobachtet wird. Allein aus diesem Grunde muß jede Kopfschwartenverletzung genauestens untersucht werden. Eine Röntgenaufnahme des Schädels ist obligatorisch. Bei frontalen Impressionsfrakturen ist sehr häufig eine Verletzung der vorderen Schädelbasis mit Eröffnung der Liquorräume vorhanden (Abb. 18-4). Dadurch kommt es zu einer Verbindung von Nasennebenhöhlen und Liquorraum, einer Liquorfistel, mit hoher Infektionsgefahr wegen der in den Schleimhäuten der Nebenhöhlen vorhandenen Keime (ζ. B. Pneumokokken). Während der röntgenologische Nachweis von Schädelbasisfrakturen meist sehr schwierig ist, können aus dem klinischen Erscheinungsbild häufig Rückschlüsse gezogen werden. Ein Monokel- bzw. Brillenhämatom ist hochgradig verdächtig auf eine Schädelbasisfraktur. Blut- oder Liquorausfluß aus Mund und Nase unterstützen die Diagnose. Im Akutstadium kann es schwierig sein, die Liquorbeimengung bei Flüssigkeitsaustritt aus der Nase zu erkennen. Nicht selten wird die Diagnose der frontobasalen Impression mit Eröffnung der intrakraniellen Liquorräume erst zu einem späteren Zeitpunkt gestellt, wenn es zum Abtropfen einer wasserklaren Flüssigkeit aus der Nase kommt oder gar eine Meningitis auftritt. Im Frühstadium der Verletzung können kleine Lufteinschlüsse in den Liquorräumen oder ein Pneumatozephalus wichtige Hinweise auf das Vorhandensein einer offenen Hirnverletzung mit Liquorfistel geben. Derartige Lufteinschlüsse sind sowohl auf einer guten Schädelübersichtsaufnahme als insbesondere im zerebralen Computertomogramm gut zu erkennen. Eine otogene Liquorfistel durch Fraktur im Felsenbein schließt sich fast immer dauerhaft durch Spontanheilung, ohne daß später mit der Gefahr einer Meningitis gerechnet werden muß. Anders liegen die Verhältnisse bei der frontobasalen Impression mit Liquorfistel. Hier m u ß bei Nachweis von Liquoraustritt unbedingt ein operativer Verschluß durchgeführt werden, da es eine dauerhafte Heilung kaum gibt und der Patient stets Gefahr läuft, an einer Meningitis zu erkranken. Die Knochenlamelle ist außerordentlich dünn, der Weg in die Nebenhöhlen sehr kurz, umgekehrt ist der Zugang für die Keime auf kürzestem Wege möglich. Im Einzelfall muß entschieden werden, ob ein operativer Eingriff vom Neurochirurgen oder vom Rhinochirurgen durchgeführt oder ob in einer gemeinsamen Operation von beiden, d. h. von der Schädelbasis her und vom intrakraniellen R a u m her die offene Schädel-Hirn-Verletzung versorgt und die Liquorfistel abgedeckt werden muß. Heute operiert man frontobasale Verletzungen, wenn möglich, mit „aufgeschobener Dringlichkeit", d. h. nach etwa einer Woche. Die wichtigste Maßnahme bei allen offenen Schädel-Hirn-Verletzungen ist der wasserdichte Verschluß der Dura, u m eine intrakranielle Infektion zu verhindern. Dieses Therapiekonzept gilt auch für Schußverletzungen im Bereich des Hirnschädels. Bei nicht erkannter offener Schädel-Hirn-Verletzung kann es nach Wochen, Monaten oder Jahren zu entzündlichen Komplikationen kommen, die von der einfachen Meningitis bis zum Hirnabszeß reichen können. Überwiegend handelt es sich u m fronto-basale Hirnabszesse. Eine besondere Spätkomplikation stellt die Pneumatozele dar, dabei kommt es durch einen Ventilmechanismus zum Eintritt von Luft in eine Kontusionshöhle. Durch Erwärmung der Luft entsteht in Verbindung mit diesem Mechanismus ein immer größer werdender raumfordernder Prozeß, der zunächst Kopfschmerzen sowie ein organisches Psychosyndrom, später sogar Bewußtseinsstörungen hervorrufen kann. An weiteren späteren Komplikationen sind zerebrale Krampfanfälle sowie psychische Veränderungen zu nennen, da es bei sehr vielen Patienten mit fronto-basalen Verletzungen zu ausgedehnten Kontusionen im Bereich des basalen Stirnhirns kommt.
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Frontale Impressionsfraktur: Verletzung der vorderen Schädelbasis mit Eröffnung der Liquorräume.
Dadurch: Liquorfistel mit Infektionsgefahr. Klinische Zeichen: Monokel- bzw. Brillenhämatom, Blut- oder Liquorfluß aus Mund und Nase, weitere Hinweise: - Lufteinschlüsse in den Liquorräumen, - Pneumatozephalus, - erkennbar im Computertomoramm.
Otogene Liquorfistel: Spontanheilung, keine Meningitisgefahr. Frontobasale Impression mit Liquorfistel: bei Liquoraustritt operativer Verschluß, Meningitisgefahr.
Wichtigste Maßnahme bei allen offenen Schädel-Hirn-Verletzungen: wasserdichter Verschluß der Dura zur Infektionsverhinderung. Entzündliche Komplikationen noch nach Monaten oder Jahren.
Besondere Spätkomplikation: Pneumatozele. Eintritt von Luft in eine Kontusionshöhle, bei deren Erwärmung —»raumfordernder Prozess mit den Symptomen: - Kopfschmerzen, - organisches Psychosyndrom, - Bewußtseinsstörungen. Später: - zerebrale Krampfanfälle, - psychische Veränderungen.
220 3. Geschlossene Hirnverletzungen leichteste Form Gehirnerschütterung (Commotio cerebri) Symptome: - sofort einsetzende Bewußtlosigkeit - Kopfschmerz - Schwindel - Erbrechen - Amnesie Dauer der Bewußtlosigkeit bis 15 min, keine Dauerbeschwerden.
Gedeckte Schädel-Hirn-Verletzungen II. Grades: - bis einstündige Bewußtlosigkeit, - bis 24stündige Bewußtseinstrübung. - Rückbildung neurologischer Störungen innerhalb eines Monats Symptome: - anhaltende Kopfschmerzen, - Schwindel - Merk- und Konzentrationsschwäche. Unterbringung in Intensivtherapiestation erforderlich.
XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven
3.3 Geschlossene Hirnverletzungen Bei der Mehrzahl der Schädel-Hirn-Verletzungen handelt es sich u m geschlossene oder gedeckte Hirnverletzungen, als deren leichteste Form die Gehirnerschütterung oder Commotio cerebri zu bezeichnen ist. Nach der Einteilung von Tönnis und Loew spricht man auch vom Schädel-Hirn-Trauma I. Grades. Das Kardinalsymptom der Gehirnerschütterung ist die akute, sofort einsetzende Bewußtlosigkeit, während retrograde Amnesie und vegetative Reizsymptome, wie Kopfschmerzen, Schwindel und Erbrechen zwar häufige, aber nur fakultative Symptome sind. Die Bewußtlosigkeit hält etwa bis zu 15 min an, ein eventueller Dämmerzustand bis zu einer Stunde. Sämtliche Beschwerden klingen innerhalb weniger Tage oder Wochen ab. Es gibt keine Bedenken gegen eine Frühmobilisation, im allgemeinen kann der Patient eine Woche nach Verletzung aus der Krankenhausbehandlung entlassen werden. Dauerbeschwerden resultieren nicht. Nur bei mehrmaliger Gehirnerschütterung in kürzeren Zeitabständen muß mit bleibenden Schäden gerechnet werden. Der Begriff Contusio cerebri wird in der Einteilung von Tönnis und Loew in Schädel-Hirn-Trauma II. Grades und Schädel-Hirn-Trauma III. Grades aufgegliedert. Bei einer gedeckten Schädel-Hirn-Verletzung II. Grades kann es bis zu einstündiger Bewußtlosigkeit und bis zu einer 24stündigen Bewußtseinstrübung kommen, die neurologischen Störungen bilden sich meist innerhalb eines Monats zurück. Anhaltende Kopfschmerzen, Schwindelerscheinungen sowie Merk- und Konzentrationsschwäche, die man als posttraumatische Hirnleistungsschwäche bezeichnet, können über einen längeren Zeitraum bestehen. In der Initialphase sind diese Patienten stets bewußtlos. Die Unterbringung in einer Intensivtherapiestation zur fortlaufenden Therapie und Überwachung ist anzustreben, da nur so frühzeitig die Entwicklung einer intrakraniellen Komplikation (Hirnödem, intrakranielle Blutung) erfaßt werden kann.
Schädel-Hirn-Trauma III. Grades Symptome: - länger anhaltende Bewußtlosigkeit - schwere neurologische und vegetative Ausfälle, - Temperaturregulationsstörungen, - Entgleisung der Wasser- und Elektrolytbalance, - Atmungs- und Kreislaufstörungen, - Hormonausfälle, - posttraumatisches Hirnödem, - zerebrale Krampfanfälle, - Gefahr der Mittelhirneinklemmung. - Bleibende Schäden.
Als Schädel-Hirn-Trauma III. Grades wird eine schwere gedeckte SchädelHirn-Verletzung bezeichnet mit länger anhaltender Bewußtlosigkeit, schweren neurologischen und erheblichen vegetativen Ausfällen mit Temperaturregulationsstörungen, Entgleisung der Wasser- und Elektrolytbalance, Atmungs- und Kreislaufstörungen sowie Hormonausfällen, ζ. B. Diabetes insipidus. Ein posttraumatisches Hirnödem ist bei diesen Verletzten praktisch immer zu erwarten. Als Zeichen umschriebener Hirnläsionen werden fokale und generalisierte zerebrale Krampfanfälle beobachtet. Bei der Mittelhirneinklemmung im Tenoriumschlitz weisen die Patienten über längere Zeit Streckkrämpfe auf, auch Pupillenstörungen können in dieser Phase beobachtet werden. Ein Schädel-Hirn-Trauma dieses Schweregrades hinterläßt fast immer erhebliche Ausfälle und Störungen als bleibende Folgen, seine Letalität ist hoch (ca. 50 %).
Dauer der Bewußtlosigkeit ist ein Maß für das Spätergebnis.
Die Dauer der Bewußtlosigkeit bietet ein gutes Maß für das zu erwartende Spätergebnis. Patienten über 65 Jahre überleben eine Bewußtlosigkeit von mehr als 8tägiger Dauer kaum.
Therapie: - klinische Überwachung auf ITS - wiederholte Kontrolle durch Computertomogramm.
Neben der sorgfältigen klinischen Überwachung auf einer entsprechend eingerichteten Intensivtherapiestation muß bei diesen Verletzten auch eine mehrfache Kontrolle des computertomographischen Befundes stattfinden. Nur mit dieser Methode läßt sich in einer relativ frühen Phase das Ausmaß der Verletzungen einigermaßen abschätzen. Weisen sowohl der klinische Verlauf als auch das Computertomogramm auf die Entwicklung eines generalisierten posttraumatischen Hirnödems hin, so m u ß eine gezielte Senkung des intrakraniellen Druckes durch Hochlagern des Patienten, Beatmung und hirndrucksenkende Medikamente am besten unter fortlaufender Messung des intrakraniellen Druckes durchgeführt werden. Die Echoenzephalographie kann
Bei Hinweis auf Hirnödem - Senkung des intrakraniellen Druckes durch: - Hochlagern des Patienten, - Beatmung, - hirndrucksenkende Medikamente, - intrakranielle Druckmessung.
Schädel-Hirn-Verletzungen heute für die Überwachung von Patienten mit Hirnverletzungen nicht mehr als ausreichend angesehen werden. Die Substanzschädigung des Gehirns durch Schädel-Hirn-Verletzungen resultiert aus Rotations- und Translationseffekten bei Beschleunigungs- bzw. Verzögerungstraumen. Einen speziellen Mechanismus der Schädel-Hirn-Verletzung stellt der Coup und Contre-coup-Effekt dar. Beim Aufprall des Schädels auf ein Hindernis kommt es aufgrund des an der Verletzungsstelle entstehenden Überdrucks zu einer Zerreißung von Gefäßen und damit zu einer Hirngewebeschädigung. Am sog. Gegenstoßpol entstehen nach den Untersuchungen von Sellier und Unterharnscheidt gleichartige Verletzungen infolge von Unterdruck. Nach einer schweren gedeckten Schädel-Hirn-Verletzung erlangt ein Patient auch im günstigsten Fall das Bewußtsein nur langsam über verschiedene Zwischenstadien wieder. Nicht selten tritt eine Kontusionspsychose auf, die sich erst innerhalb von Wochen über die Bewußtseinstrübung und verschiedene Stadien des Durchgangssyndroms zurückbildet. Nach traumatischer Substanzschädigung des Gehirns können schwere neurologische und psychopathologische Defektzustände im Sinne von Lähmungen oder einer postkontusionellen organischen Wesensveränderung und traumatischer Hirnleistungsschwäche zurückbleiben. Im Extremfall entsteht ein apallisches Syndrom mit Verlust aller kortikalen Hirnleistungen. Auch eine posttraumatische Epilepsie kann die Folge eines schweren Schädel-Hirn-Traumas sein. Unter den Spätkomplikationen ist außerdem noch der posttraumatische Hydrozephalus als Folge einer schweren traumatischen Subarachnoidalblutung mit Verklebung der Liquorwege und damit gestörter Resorption des Hirnwassers zu nennen. Bei diesen Patienten m u ß eine Ventilimplantation erfolgen, die im allgemeinen zu einer raschen Besserung des Gesamtzustandes führt. Das posttraumatische Hirnödem Eine intrakranielle Drucksteigerung nach Schädel-Him-Trauma (Compressio cerebri) kann durch Entstehung eines primär traumatischen Hirnödems hervorgerufen werden. Dieses Hirnödem wird häufig durch sekundäre hypoxische Schäden weiter verstärkt. Eine Differenzierung zwischen Hirnödem und Hirnschwellung, wie sie früher üblich war, ist nach heutigen Erkenntnissen nicht mehr aufrechtzuerhalten. Nach morphologischen Gesichtspunkten erscheint eine Einteilung des Hirnödems in eine interstitielle, eine vasogene und eine zytotoxische Form zweckmäßig. Das interstitielle Ödem tritt als Folge einer Liquorabflußbehinderung vorwiegend im periventrikulären extrazellulären Raum auf. Die Therapie der Wahl besteht in einer externen Liquordrainage. Das vasogene Ödem ist am häufigsten. Es beruht auf einer Störung der BlutHirn-Schranke mit Aufweitung der Endothelbrücken. Dieses Ödem entwikkelt sich hauptsächlich im Extrazellulärraum mit Betonung des Marklagers. Das zytotoxische Ödem stellt eine intrazelluläre Flüssigkeitsansammlung in allen Zellen mit Verkleinerung des extrazellulären Raumes dar. Eine rasch einsetzende Hypoxie mit Zusammenbruch der Natriumpumpe führt innerhalb kurzer Zeit zu einer Natriumanhäufung mit Wassernachstrom aus dem Extrazellulärraum. Die Therapie stützt sich auf künstliche Beatmung mit Hyperventilation, Anheben des Oberkörpers des Patienten, wodurch der venöse Abfluß aus dem Schädelinnenraum unterstützt wird, sowie eine sorgfältige Kontrolle des systolischen Blutdruckes, der Werte von 140-160 m m Hg nicht überschreiten soll. Außerdem wird eine Onkotherapie mit hypertonen
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Substanzschädigung des Gehirns durch Überdruck an der Verletzungsstelle und Unterdruck am Gegenstoßpol.
Nach traumatischer Substanzschädigung des Gehirns Auftreten von: - Lähmungen, - Wesensveränderung, - Hirnleistungsschwäche. Extremfall: apallisches Syndrom und posttraumatische Epilepsie
Spätkomplikationen: posttraumatischer Hydrozephalus. Behandlung: Ventilimplantation.
Posttraumatisches Hirnödem —* verursacht intrakranielle Drucksteigerung nach Schädel-Hirn-Trauma. Verstärkung des Hirnödems durch sekundäre hypoxische Schäden.
Interstitielles Ödem: Ursache: Liquorabflußhinderung. Behandlung: Liquordrainage. Vasogenes Ödem: Ursache: Störung der Blut-Hirn-Schranke mit Aufweitung der Endothelbrücken. Zytotoxisches Ödem: Intrazelluläre Flüssigkeitsansammlung mit Verkleinerung des Extrazellulären Raumes. Therapie: - Beatmung mit Hyperventilation, - Anheben des Oberkörpers, - Onkotherapie mit hypertonen Lösungen,
222
XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven
- Osmotherapie (Kurzwirkung), - Diuretika mit Steroiden, - Barbiturate.
Lösungen durchgeführt, die zwar keinen primären Effekt auf den intrakraniellen Druck besitzt, jedoch die Hirndurchblutung verbessert. Die Osmotherapie mit Mannit und Sorbit für ausgeprägte Hirndruckerhöhung und Notfallsituationen bietet nur kurzfristige Effekte. Diuretika haben zusammen mit Steroiden nur bei längerer Gabe eine gewisse Wirksamkeit. Barbiturate werden heute bei der Therapie des posttraumatischen Hirnödems unter Blutspiegelmessungen, EEG-Kontrolle und Überwachung des intrakraniellen Druckes verabreicht, sind aber wegen möglicher Nebenwirkungen nicht unproblematisch.
Posttraumatisches intrakranielles Hämatom: ist eine Komplikation gedeckter SchädelHirn-Verletzung. Klassischer Verlauf: - initiale Bewußtlosigkeit, - symptomarmes Intervall, - erneute Bewußtseinsstörung mit heftigen Kopfschmerzen - und Erbrechen.
Posttraumatische intrakranielle Hämatome Eine der häufigsten Komplikationen gedeckter Schädel-Hirn-Verletzungen stellen raumfordernde posttraumatische intrakranielle H ä m a t o m e dar. Beim klassischen Verlauf kommt es nach initialer Bewußtlosigkeit infolge Commotio cerebri nach einem freien oder symptomarmen („luziden") Intervall zu einer erneuten Bewußtseinsstörung, die sich mit heftigen Kopfschmerzen und Erbrechen anbahnen kann. Zunächst wird eine mimische Fazialisschwäche beobachtet, später tritt eine Ptosis auf der Seite des Hämatoms durch beginnende Okulomotoriusparese auf. Bei weiterer Vergrößerung des Hämatoms wird der Patient komatös, es entwickelt sich eine spastische Parese kontralateral zum Hämatom, später folgen Streckkrämpfe, die zunächst einseitig, im Endstadium doppelseitig auftreten. Auf der Seite des Hämatoms bildet sich eine Mydriasis mit lichtstarrer Pupille, die durch Einklemmung der medialen Schläfenlappenanteile im Tentoriumschlitz und Kompression des N. oculomotorius hervorgerufen wird. Bei weiterer fortschreitender Mittelhirneinklemmung wird auch die zweite Pupille weit und reaktionslos.
Ferner: mimische Fazialisschwäche. Später: Ptosis. Bei Vergrößerung des Hämatoms: Koma. Später: Streckkrämpfe. Bei Einklemmung von Schläfenlappenteilen und bei Kompression des N. oculomotorius: weite, lichtstarre Pupille. Endstadium: - Atemlähmung, - Exitus letalis. Typisch für epidurales Hämatom.
Typisch für akutes subdurales Hämatom: primär anhaltende Bewußtlosigkeit.
Prognose: bei beginnender Mittelhirneinklemmung durch sofortige operative Entleerung der Blutung gute Überlebenswahrscheinlichkeit. Bei schwer verlaufendem akutem subduralem Hämatom nur 10% Überlebenswahrscheinlichkeit. Verschlechterung der Chancen durch das hypoxisch bedingte Hirnödem.
Epidurale Hämatome: meist in der TemporoParietal-Region lokalisiert. Im Bereich der hinteren Schädelgrube: frühzeitig Atemstörungen.
Letztlich kommt es zum Zusammenbruch aller zentralen Funktionen mit Atemlähmung und Exitus letalis. Spätestens im Stadium der beginnenden Mittelhirneinklemmung mit Mydriasis und kontralateraler Parese m u ß die Diagnose gestellt und das H ä m a t o m ausgeräumt werden. Dieser klassische Verlauf einer Hämatomentwicklung kommt überwiegend beim epiduralen Hämatom im Gefolge einer Schädelfraktur vor, die zu einer Zerreißung der Arteria meningica media geführt hat (Abb. 18-5). Bei akuten subduralen Hämatomen besteht meistens eine primär anhaltende Bewußtlosigkeit, so daß auf die Hämatomentstehung nur aus sorgfältiger Verlaufsbeobachtung geschlossen werden kann. Die Sicherung der Diagnose erfolgt in jedem Falle durch Computertomographie. Auch beim epiduralen Hämatom kennt man solche Verläufe, wenn stärkere Begleitverletzungen des Gehirns vorliegen. Andererseits kann die Diagnose des epiduralen Hämatoms bereits im präklinischen Stadium, noch bevor der Patient das Bewußtsein verloren hat, gestellt werden, wenn die Schädelübersichtsaufnahmen eine hämatomverdächtige Frakturlinie zeigen und eine entsprechende Minimalsymptomatik im Entstehen begriffen ist. Die Prognose nach Entleerung eines akuten intrakraniellen Hämatoms richtet sich in erster Linie nach der Ausgangslage. Bei Patienten mit epiduralem H ä m a t o m im Stadium der beginnenden Mittelhirneinklemmung ist mit einer 90%igen Überlebenswahrscheinlichkeit zu rechnen, bei den sehr dramatischen und foudroyant verlaufenden akuten subduralen Hämatomen, die am anderen Ende der Skala stehen, sind nur ca. 10 % der Patienten zu retten. Auch diese weisen aber meist schwere Ausfälle auf. Das therapeutische Problem besteht bei diesen Patienten nicht im intrakraniellen Hämatom allein, sondern in dem meist schon fortgeschrittenen hypoxisch-bedingten Hirnödem. Epidurale Hämatome sind überwiegend in der Temporo-Parietal-Region lokalisiert, folgend dem Verlauf der A. meningica media. In seltenen Fällen kommt es aus Ästen der A. ethmoidalis zu einem epiduralen Hämatom im
Schädel-Hirn-Verletzungen
223
, Stadium Verlagerung
Kopfschmerz
fortgeschrittene Mittelhirneinklemmung im Tentorium-1 schlitz Medullaversagen d. Tonsilleneinklemmung im Hinterhauptsloch Abb. 18-5 Ablauf eines klassischen epiduralen Hämatoms in der Temporalregion (nach R. S. Hooper)
Frontalbereich, das wegen des axialen Druckes einen sehr akuten Verlauf nehmen kann. Epidurale Hämatome im Bereich der hinteren Schädelgrube führen frühzeitig zu Atemstörungen; Blutungen in dieser Lokalisation stammen meist aus verletzten Sinus, seltener aus Arterien. Das akute subdurale Hämatom stammt in der Mehrzahl der Fälle aus Rindenkontusionsherden mit Zerreißung von Arterien, seltener aus abgerissenen Brückenvenen. Auch intrazerebrale Hämatome nach Schädel-Hirn-Trauma können raumfordernd werden und bedürfen dann der operativen Behandlung. Es handelt sich dabei u m Einblutungen in kontusioniertes Hirngewebe mit häufig ungünstiger Prognose. Kleinere, teils konfluierende, teils mehr schneegestöberartige Blutungen im Hirnparenchym, die man heute mit Hilfe der Computertomographie leicht diagnostizieren kann, bedürfen keiner operativen Behandlung. Unter den diagnostischen Methoden steht heute die Computertomographie eindeutig an der Spitze. Sie wird hinsichtlich ihrer Aussagekraft von keiner anderen Methode erreicht und hat dadurch sowohl die Echoenzephalographie als auch die Angiographie in den Hintergrund gedrängt. Die Dichte der CT-Geräte in der BRD einschließlich West-Berlin ist heute so hoch, daß bei Hämatomverdacht fast stets eine solche Untersuchung in angemessener Zeit durchgeführt werden kann. Nur bei foudroyanter Hämatomentwicklung muß auch im kleineren Krankenhaus sofort eine Entlastungstrepanation über Bohrlöcher erfolgen. Die operative Behandlung intrakranieller raumfordernder Hämatome ist meist äußerst dringlich, da die Überlebenswahrscheinlichkeit und die Überlebensqualität in hohem Maße von der Dauer der Mittelhirnkompression abhängen. Wenn bereits beiderseits übermittelweite, nicht mehr auf Licht re-
Akutes subdurales Hämatom: Rindenkontusionsherde mit Zerreißung von Arterien. Intrazerebrale Hämatome: Einblutung in kontusioniertes Hirngewebe mit häufig ungünstiger Prognose. W e n n raumfordernd: operative Behandlung.
Computertomographie ist bestes diagnostisches Verfahren.
Operative Behandlung intrakranieller raumfordernder Hämatome:
X V I I I . K o p f , G e h i r n , Rückenmark und p e r i p h e r e N e r v e n
224
Schädel-Hirn-Verletzter mit Hämatomverdacht Computertomographie (wahlweise Angiographie)
epidurales Hämatom, akutes subdurales Hämatom / \ \ i \ beginnende Einklemmung
Hirnkontusion (generalisiertes Ödem oder Kontusionsblutungen) w
Mittelhirnein klemmung \ \ \
a) Transport in Spezial abtlg. oder b) Trepanation, falls Voraussetzung vorhanden
Echoenzephalographie
a)>
Mittellinien Verlagerung (>5mm) / \ / \ f \
neurobeginchirurgi- nende sches EinKonsil klemevtl. Ver- mung legung inSpezialabteilung
Transport nur bei kurzer Entfernung der Spezialabtlg. b) möglichst Nottrepanation
keine Mittellinienverlagerung— abwarten, bei weiterbestehendem Hämatom verdacht CT anstreben
Mittelhirneinklemmung
keine apparative Zusatzdiagnostik möglich Einklemmung, hochgradiger Verdacht auf epidurales Hämatom
Verdacht auf intrakranielle Komplikation, beginnende Einklemmung
kein Transport zu CT oder Neurochirurgie. Nottrepanation (Bohrloch methode)
Transport zum CT, wo auch neurochirurgische Versorgung möglich
wie bei CT
Abb. 18-6 Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen beim frischen SchädelHirn-Trauma in Abhängigkeit von den apparativ-diagnostischen Möglichkeiten (nach Kazner u. Grumme 1982)
dringlich, bei nicht reagierenden Pupillen muß Hämatom innerhalb von 45 min entleert sein, sonst keine Überlebenschancen. Bei zentraler Atemlähmung Ausräumung innerhalb von 25-30 min.
Besondere Komplikation: chronisches subdurales Hämatom. Symptome: - Kopfschmerzen, - Antriebsarmut, - Wesensveränderung, - Bewußtseinsstörung, später: - neurologische Ausfälle. Therapie: operative Entleerung über Bohrlöcher.
agierende Pupillen vorliegen, dann besteht nur eine Überlebenschance, wenn ein Hämatom spätestens innerhalb von 45 min nach Eintritt der Lichtstarre entleert ist. Bei Auftreten einer zentralen Atemlähmung steht höchstens noch ein Zeitraum von 2 5 - 3 0 min für die Ausräumung zur Verfügung. In Abbildung 18-6 ist das diagnostische und therapeutische Vorgehen beim frischen Schädel-Hirn-Trauma in Abhängigkeit von den zur Verfügung stehenden diagnostischen und operativen Möglichkeiten aufgezeigt. Eine besondere posttraumatische Komplikation stellt das chronische subdurale Hämatom dar, das ein- oder doppelseitig vorkommt. Die Patienten werden auffällig durch Kopfschmerzen, Antriebsarmut, Wesensveränderung und schließlich Bewußtseinsstörungen. Erst sehr spät können neurologische Ausfälle hinzukommen. Meist handelt es sich u m ältere Menschen jenseits des 60. Lebensjahres. Häufig findet man ein leichtes oder mittelschweres Schädel-Hirn-Trauma in der Vorgeschichte. Der zeitliche Abstand zu dieser Verletzung beträgt meist 4 Wochen und länger. In einem Teil der Fälle fehlen Hinweise auf ein Trauma. Man bezeichnet das Krankheitsbild daher auch als Pachymeningiosis haemorrhagica interna; es wird als Erkrankung der Meningen angesehen. Die Therapie besteht in der operativen Entleerung der meist verflüssigten Blutung über ein oder mehrere Bohrlöcher.
Spaltmißbildungen
225
4. Spaltmißbildungen Der größte Teil der Spaltmißbildungen ist auf eine Störung des Medullarrohrverschlusses zurückzuführen, man spricht von dysraphischen Störungen. Bei der Enzephalozele kommt es zu einer Verlagerung von Hirnteilen durch einen kleineren oder größeren Defekt in der Schädelkapsel, meist im Bereich der Mittellinie. Am häufigsten finden sich Enzephalozelen über der Hinterhauptschuppe, sie können dort faustgroß werden. In solchen Fällen treten nicht nur Hirnteile, sondern auch Abschnitte der Seitenventrikel in die Zele ein, man bezeichnet eine derartige Fehlbildung als Enzephalozystozele. Nicht selten treten Enzephalozelen in der Stirnmitte an der Nasenwurzel auf; gelegentlich werden sie auch im Nasenrachenraum beobachtet bei Defekten im Bereich der Schädelbasis (Abb. 18-7).
Spaltmißbildungen Enzephalozele, Myelomeningozele, Dermalsinus. Spaltmißbildung ist Störung des Medullarrohrverschlusses. Enzephalozele Verlagerung von Hirnteilen durch Defekt in der Schädelkapsel. Am häufigsten über der Hinterhauptschuppe, manchmal faustgroß. Auftreten oftmals in der Stirnmitte an der Nasenwurzel.
Abb. 18-7 a) Okzipitale Meningozele b) frontale Enzephalozele (nach Bushe-Gless: Chirurgie des Gehirns und Rückenmarks im Kindes- und Jugendalter) Bei der Myelomeningozele, die überwiegend im lumbo-sakralen Bereich auftritt, liegt eine Spaltbildung der Wirbelsäule mit Fehlen mehrerer Wirbelbögen vor (Abb. 18-8). Der Zelensack sitzt der Unterlage breit auf. Er ist in einigen Fällen nur zart mit meningealem Gewebe überhäutet, manchmal sogar offen, in einem Teil der Fälle jedoch mit einer schützenden Hautschicht
ν,·,«;; d) Abb. 18-8 Spinale Spaltmißbildungen (nach Schirmer 1984)
X' •
a) spinale Meningozele b) lumbosakrale Meningeomyelozele c) Myelozystozele d) Myelozele
Myelomeningozele Spaltbildung der Wirbelsäule mit Fehlen mehrerer Wirbelbögen. Der Zelensack sitzt der Unterlage breit auf. Manchmal mit ausgedehntem Fettpolster kombiniert. Das Rückenmark endet im Sack. Folge: partielle oder vollständige Querschnittssyndrome mit Paraparese.
226
Einfachere Mißbildungen am Rückenmarkskanal: Meningozele. Spina bifida occulta: Spaltmißbildung der Wirbelbögen im unteren Lendenwirbelsäulenbereich, oft von neurologischen Ausfällen begleitet. Dermalsinus Meist über Os sacrum, Gefahr der Entstehung einer Meningitis.
Operative Behandlung der Spaltmißbildungen: kleine Enzephalozelen an der Basis abtragen. Größere Enzephalozelen: Zurückverlagerung von Großhirnanteilen in den intrakraniellen Raum, Schädellücke plastisch verschließen und abdecken.
Offene Myelomeningozelen: plastische Deckung. Prognose hinsichtlich der Plegie sehr ungünstig. Gut überhäutete Myelomeningozelen resezieren. Bei Kindern ohne neurologische Ausfallerscheinungen, Operation schon wenige Tage nach der Geburt.
Komplikationen im Bereich der Harnwege machen frühzeitige Betreuung durch geschulte Urologen notwendig. Arnold-Chiari-Mißbildung —> Tiefstand des kaudalen Hirnstamms und der Kleinhirntonsillen.
Dermalsinus: immer operative Entfernung, begleitende Lipofibrome können nicht ohne neurologische Ausfälle reseziert werden.
XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven bedeckt, ζ. T. mit einem ausgedehnten Fettpolster kombiniert oder in ein Lipom übergehend (Lipo-Myelomeningozele). Im Sack endet das Rückenmark, die Cauda equina ist häufig nicht richtig angelegt. Hieraus resultieren nicht selten Blasenmastdarmstörungen sowie partielle oder auch vollständige Querschnittssyndrome mit Paraparese. Bei einfacheren Mißbildungen am Rückenmarkskanal bilden nur Hirnhäute und Liquor den Bruchinhalt, man spricht von Meningozele. Die Spina bifida occulta, eine Spaltbildung der Wirbelbögen im unteren Lendenwirbelsäulenbereich, über der sich nicht selten eine verstärkte Behaarung erkennen läßt, ist oft mit neurologischen Ausfällen, ζ. B. Blasenstörungen kombiniert. Eine besondere Form der Spaltmißbildung ist der Dermalsinus, der überwiegend über dem Os sacrum beobachtet wird. An der Haut zeigt sich oberhalb der Crena ani eine kleine trichterförmige Einziehung, aus der sich gelegentlich eine Absonderung bildet. Häufig reicht von hier aus ein Hauttrichter durch eine Wirbelspalte bis auf den Duralsack. Auf diese Weise kann eine Meningitis entstehen. Manchmal setzt sich die Mißbildung intradural weiter fort in Form eines Lipofibroms, das in den untersten Abschnitten des Duralsackes liegt. Operative Behandlung Kleinere Enzephalozelen werden an ihrer Basis abgetragen. Die Schädellücke wird durch eine Faszienplastik verschlossen. Bei größeren Enzephalozelen wird man versuchen, vorgefallene Großhirnanteile in den intrakraniellen Raum zurückzuverlagern und dann unter Zuhilfenahme des Bruchsackes die Schädellücke plastisch zu verschließen und abzudecken. Derartige Operationen bedürfen meist keiner besonderen Dringlichkeit und können in Ruhe geplant werden. Man kann etwa bis zum 3. Lebensmonat mit dem Eingriff warten. Offene Myelomeningozelen werden aus pflegerischen Gründen und zur Vermeidung von Infektionen plastisch gedeckt. Man wird jedoch einen solchen Eingriff bei Vorliegen einer hochsitzenden, vollständigen Querschnittslähmung mit Blasenmastdarmstörung nur auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern durchführen, da die Prognose hinsichtlich der Plegie sehr ungünstig ist. Gut überhäutete Myelomeningozelen werden reseziert. Das Nervengewebe verlagert man in den breit offenen Rückenmarkskanal, der dann durch Faszienplastik verschlossen wird. Der Verschluß der Haut erfolgt durch Verschiebeplastik. Bei Kindern mit weitgehend erhaltener Funktion in den unteren Extremitäten oder nur geringen neurologischen Ausfallserscheinungen wird man sich schon wenige Tage nach der Geburt zur Operation entschließen. Meningozelen ohne Inhalt von Nervengewebe stellen kein besonderes operatives Problem dar. Bei Kindern mit Myelomeningozelen kommt es aufgrund der Blasenmastdarmstörungen nicht selten zu Komplikationen im Bereich der Harnwege mit chronischen Infekten bis zur Pyelitis und zur Pyelonephritis. Frühzeitige Betreuung derartiger Kinder durch speziell geschulte Urologen ist unerläßlich. Eine begleitende Fehlbildung der Myelomeningozele stellt die als ArnoldChiari-Mißbildung bezeichnete Veränderung im Bereich des kranio-spinalen Überganges dar. Hierbei besteht ein Tiefstand der kaudalen Hirnstammabschnitte und der Kleinhirntonsillen, die durch das Hinterhauptsloch bis in den Spinalkanal reichen. Der Ausgang des 4. Ventrikels findet sich unterhalb des Niveaus des Foramen Magendi. In diesen Fällen entsteht ein Okklusionshydrozephalus, der operativer Therapie bedarf. Ein offener Dermalsinus bedarf immer der operativen Entfernung, die einschließlich der bis auf den Duralsack reichenden Hautbrücke durchgeführt werden muß, u m sicher spätere Meningitiden zu verhindern. Die häufig be-
Pathologisches Kopfwachstum
227
gleitenden Lipofibrome sind meist nicht ohne Inkaufnahme neurologischer Ausfälle zu resezieren, da enge Verbindungen zu den Kaudawurzeln bestehen.
5. Pathologisches Kopfwachstum
Pathologisches Kopfwachstum
5.1 Kraniostenosen einschließlich Turrizephalie
Kraniostenosen d. s. vorzeitige Verknöcherungen einzelner Schädelnähte mit unterschiedlichem Erscheinungsbild: - Skaphozephalus: schmaler Längsschädel. - Plagiozephalus: Verknöcherung der Koronarnaht. - Brachyzephalus: doppelseitiger Befall der Koronarnaht. - Morbus Crouzon: gleichzeitige Geschlossenheit der basalen Nähte. - Trigonozephalus: bei Betroffenheit der Sutura metopica. - Turrizephalus: vorzeitige Verknöcherung der Koronarnaht und des vorderen Abschnitts der Pfeilnaht.
Bei anlagebedingter vorzeitiger Verknöcherung einzelner oder mehrerer Schädelnähte entstehen sog. Kraniostenosen, die ein sehr unterschiedliches Erscheinungsbild hervorrufen können. Eine Synostose der Sagittalnaht fuhrt zu einem schmalen Langschädel, dem Skaphozephalus, eine einseitige vorzeitige Verknöcherung der Koronarnaht zu einem Plagiozephalus mit typischem, einseitig eingedrückt wirkendem Schädel. Doppelseitiger Befall der Koronarnaht ruft ein charakteristisches Aussehen mit abgeflachter Stirn und verkürzter vorderer Schädelgrube hervor, den Brachyzephalus. Eine noch komplexere Mißbildung des Schädels, bei dem auch basale Nähte vorzeitig geschlossen sind, stellt der Morbus Crouzon dar. Ist die Sutura metopica betroffen, so entsteht ein Trigonozephalus. Beim Turrizephalus sind die Koronarnaht und der vordere Abschnitt der Pfeilnaht vorzeitig verknöchert. Die Diagnose läßt sich meist schon aus dem klinischen Aspekt stellen. Sie wird durch das charakteristische Röntgenbild mit vorzeitigem Verschluß der betreffenden Naht bzw. Nähte untermauert. Die operative Korrektur sollte etwa im 3. Lebensmonat erfolgen. Dabei werden die betroffenen Nahtabschnitte reseziert, die Knochenränder mit Dacron oder lyophilisierter Dura umlagert, um eine erneute Verknöcherung zu verhindern. Dadurch ist ein weitgehend normales Schädelwachstum gewährleistet. Bei zu später Korrektur wird sich der Schädel kaum noch natürlich ausformen. Bei komplexen Mißbildungen im Bereich der Koronamähte und der basalen Nähte wird nach Resektion der Koronamähte die vordere Schädelbasis mobilisiert und nach vorne verlagert, wobei auch eine Vergrößerung der Orbitae erreicht wird (lateral canthal advancement).
5.2 Subdurale Ergüsse Subdurale Ergüsse und Hämatome im Kindesalter haben vielfältige Ursachen: nach Schädel-Hirn-Trauma, ζ. B. geburtstraumatischen Blutungen, bei Stoffwechselerkrankungen, im Rahmen von Infektionen, insbesondere nach Influenza-Meningitis. In vielen Fällen bleibt die Genese auch unbekannt. Die Kinder fallen durch eine gespannte, vorgewölbte große Fontanelle auf, die Stirn wölbt sich bei längerem Bestehen eines subduralen Ergusses ähnlich wie bei einem Hydrozephalus (caput quadratum). Die Diagnose wird sonographisch oder computertomographisch gestellt. Am Augenhintergrund finden sich bei fast der Hälfte der Kinder typische chorioretinale Blutungen. Therapie: Bei länger bestehenden Ergüssen kommt es zur Membranbildung. Kleine Ergüsse können durch Fontanellenpunktion ausgeheilt werden, bei größeren ist eine mehrtägige Drainage nach außen erforderlich. Bei sehr großen Ergüssen kann eine innere Dauerdrainage über ein Ventil erforderlich werden. Ein Teil der Kinder behält Spätfolgen zurück, die sich in einer allgemeinen Entwicklungsverzögerung dokumentieren können. Bei 20-30 % der Kinder kommt es später zu zerebralen Krampfanfällen.
Diagnose: - klinisch, - Röntgenbild. Operative Korrektur im 3. Lebensmonat. Normale Schädelform kann erreicht werden, wenn Operation rechtzeitig erfolgt.
Subdurale Ergüsse Ursachen: - Schädel-Hirn-Trauma, - Stoffwechselerkrankungen, bei Infektionen, besonders nach Influenza-Meningitis. Anzeichen: - gespannte, vorgewölbte große Fontanelle, - gewölbte Stirn wie bei Hydrozephalus. Diagnose: - sonographisch, computertomographisch, Augenhintergrund: typische chorioretinale Blutungen. Behandlung: kleine Ergüsse: Fontanellenpunktion, größere Ergüsse: mehrtägige Drainage, sehr große Ergüsse: innere Dauerdrainage. Folgen: Entwicklungsverzögerung, Zerebrale Krampfanfälle.
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XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven
Frühkindlicher Hydrozephalus
5.3 Frühkindlicher Hydrozephalus
Zwei Grundformen:
Beim Hydrozephalus des Kindesalters werden 2 Grundformen unterschieden: 1. Hydrozephalus occlusus durch Verschluß der Liquorwege, meistens im Bereich des Aquädukts oder des 4. Ventrikels. Ein Hydrozephalus occlusus kann angeboren sein durch membranösen Verschluß im Bereich des Aquaeductus Sylvii oder erworben nach Meningitis. Besonders häufig ist eine ColiMeningitis Ursache eines Verschlußhydrozephalus. Mangelhafte Liquorresorption sieht man nicht selten nach geburtstraumatischen Blutungen. Eine besondere Form des frühkindlichen Hydrozephalus stellt die Erweiterung der H i m k a m m e r n beim Arnold-Chiari-Syndrom mit Myelomeningozele dar (s. Abschnitt 4.).
1. Hydrozephalus occlusus: Verschluß der Liquorwege. Besondere Form: Arnold-Chiari-Syndrom.
2. Hydrozephalus communicans: Ursache: Überproduktion von Liquor oder mangelnde Rückresorption des Liquors. Folge: Erweiterung der Hirnkammern Vergrößerung des Hirnschädels —> Zunahme des Kopfumfangs —> Schädel ballonartig aufgetrieben —» Kopfhaut dünn und durchscheinend —i• Sonnenuntergangsphänomen —* Mißverhältnis zwischen Kopf und Körper —» Kopf kann nicht mehr gehalten werden.
2. Hydrozephalus communicans. Dabei unterscheidet man Formen, die auf einer Überproduktion von Liquor beruhen (Hydrocephalus hypersecretorius) und Formen, die auf eine mangelnde Rückresorption des Liquors zurückzuführen sind (Hydrocephalus malresorptivus). Ein Hydrocephalus hypersecretorius wird vor allem bei Hyperplasie der Plexus chorioidei oder bei einem Plexuspapillom beobachtet. Durch das Mißverhältnis zwischen Liquorproduktion und -resorption bzw. aufgrund einer Blockade der Liquorwege kommt es rasch zu einer Erweiterung der Hirnkammern, der bald eine Vergrößerung des Hirnschädels folgt. Der Kopfumfang nimmt fortlaufend zu, der Schädel wird ballonartig aufgetrieben, die Kopfhaut dünn und durchscheinend. In fortgeschrittenen Stadien kommt es zum Sonnenuntergangsphänomen. Bald entsteht ein Mißverhältnis zwischen Kopf und Körper des Kindes, so daß der Kopf nicht mehr gehalten werden kann. Die Verdachtsdiagnose kann aufgrund des typischen Aspekts leicht gestellt werden.
Diagnostik: - Überwachung des Kopfumfangs, - Sicherung durch Computertomographie und Ultraschalltechnik. - Ausschluß eines intrakraniellen Tumors.
Diagnostik: Bei routinemäßiger Überwachung der Kopfumfangskurve wird ein Abweichen von der Norm rasch erkennbar, bevor schwere Veränderungen am Schädel und am Gehirn auftreten. Mit Hilfe der Ultraschalltechnik, zuverlässiger jedoch mit der Computertomographie wird die Diagnose gesichert. Die Computertomographie ist vor allen Dingen zum sicheren Ausschluß eines intrakraniellen Tumors unerläßlich.
Operative Behandlung Beseitigung des Mißverhältnisses zwischen Liquorproduktion und Resorption —»Ableitung des Liquors aus den Seitenventrikeln über Drainagesystem: über Bohrloch Silikongummikatheter in die erweiterten Seitenventrikel —» Anschluß eines Ventils —» Katheter über V. facialis in V. jugularis interna und V. cava in den rechten Herzvorhof oder in den Peritonealraum.
Operative Behandlung: Das Prinzip der operativen Behandlung des früh-
Abb. 18-9 Schematische Darstellung einer ventrikuloatrialen Liquorableitung über ein Ventilsystem
Raumfordernde Prozesse des Spinalkanals
229
k i n d l i c h e n H y d r o z e p h a l u s b e s t e h t in der Beseitigung des Mißverhältnisses zwischen L i q u o r p r o d u k t i o n u n d -resorption. Dies wird erreicht d u r c h Ableit u n g des Liquors aus d e n Seitenventrikeln ü b e r ein D r a i n a g e s y s t e m entweder in d e n r e c h t e n Herzvorhof (ventriculo-atriale Drainage, A b b . 18-9,) oder in d e n P e r i t o n e a l r a u m (ventriculo-peritoneale Drainage). Ü b e r ein Bohrloch f ü h r t m a n e i n e n S i l i k o n g u m m i k a t h e t e r in d e n erweiterten Seitenventrikel ein. A n diesen wird ein spezielles Ventil angeschlossen, das je n a c h Ausgangslage des L i q u o r d r u c k e s u n t e r s c h i e d l i c h e D u r c h f l u ß r a t e n bzw. Offn u n g s - u n d S c h l i e ß u n g s d r u c k e aufweist. Der v o m Ventil a b g e h e n d e K a t h e t e r wird entweder ü b e r die V. facialis a m Halse in die V. jugularis i n t e r n a u n d die V. cava superior bis in d e n rechten Herzvorhof vorgeschoben oder subkut a n bis in d e n P e r i t o n e a l r a u m geführt. Bedingt d u r c h E i n d r i n g e n von Plexusgewebe in d e n Ventrikelkatheter, T h r o m b o s i e r u n g der Herz- oder P e r i t o n e a l k a t h e t e r u n d d u r c h Körperwachst u m sind n i c h t selten R e v i s i o n s o p e r a t i o n e n erforderlich.
Oftmals Revisionsoperation erforderlich.
6. Raumfordernde Prozesse des Spinalkanals
Raumfordernde Prozesse des Spinalkanals
6.1 Arten raumfordernder Prozesse
Arten raumfordernder Prozesse: man unterscheidet im Wirbelkanal folgende Geschwulstlokalisationen
I m W i r b e l k a n a l u n t e r s c h e i d e t m a n n a c h d e n L a g e b e z i e h u n g e n zu d e n M e n i n g e n u n d d e n N e r v e n s t r u k t u r e n folgende
G e s c h w u l s t l o k a l i s a t i o n e n (Abb. 18-10): - extradurale Tumoren, - intradurale extramedulläre Tumoren, - intradurale intramedulläre Tumoren, - intra- und extradurale Tumoren.
Abb. 18-10 Schematische Darstellung der typischen Lokalisationen spinaler Tumoren a) extraduraler, aus dem Wirbelkörper hervorwachsender Tumor b) intraduraler, extramedullärer Tumor c) Sanduhrneurinom d) intramedullärer Tumor (Tumor jeweils dunkel schraffiert)
230 Tumoren im Extraduralraum: meist Malignome, seltener Neurofibrome. Vordringen des Tumoranteils durch ein Wirbelloch bis in den Thorax (Sanduhrgeschwulst).
Intradurale extramedulläre Tumoren: meist Meningeome und Neurinome. Intradurale intramedulläre Tumoren: meist Astrozytome. Metastasierende Karzinome: Folge: Rückenmarkskompression. Häufig Metastasen bei: Bronchialkarzinom, Mammakarzinom, Prostatakarzinom und Hypernephrom. Erstsymptom: Rückenschmerzen.
Medulläre Querschnittssyndrome: hervorgerufen durch: zervikale Bandscheibenprozesse, Tumoren, Metastasen. Beim akuten zervikalen Bandscheibenvorfall: - ausgeprägtes Querschnittsbild in Kombination mit radikulären Symptomen an den Armen, - Paraspastik, - spinale Ataxie, z.T. Gehunfähigkeit, - Miktionsstörungen, - Schmerzen in den Beinen, - oft spinales Halbseitensyndrom. Zervikale Myelopathie: Ursache: chronische Bandscheibenschäden
Anatomie Wegen Kreuzung der Schmerz- und Temperaturbahnen im Rückenmarkssegment zur Gegenseite erklärt sich die dissoziierte Empfindungsstörung bei halbseitigen Rückenmarksläsionen. Schmerz und Temperaturausfall liegen stets kontralateral zur Parese.
Neuro- und pathophysiologische Voraussetzungen Tumoren und raumfordernde Prozesse im lumbosakralen Abschnitt des Wirbelkanals führen zur schlaffen Lähmung.
XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven Bei den Tumoren im Extraduralraum handelt es sich meist u m Malignome (maligne Lymphome, Plasmozytome, Granulome bei Morbus Hodgkin, Karzinommetastasen), seltener u m Neurofibrome, die auch gleichzeitig intradural entwickelt sein können oder mit einem Tumorzapfen bzw. größeren Tumoranteil durch ein Wirbelloch bis in den Thorax oder das Retroperitoneum vordringen können (Sanduhrgeschwulst). Intradurale extramedulläre Tumoren sind im wesentlichen Meningeome und Neurinome. Im Kaudabereich kommen Ependymome und Epidermoide sowie Wurzelneurinome vor. Unter den intramedullären Tumoren sind vor allem Astrozytome (Stiftgliome) zu nennen. In die Wirbelknochen metastasierende Karzinome führen zu einer Rückenmarkskompression entweder durch Zusammenbruch des Wirbelkörpers oder durch manschettenförmiges Tumorwachstum im Epiduralraum, ausgehend von einer Knochenmetastase. A m häufigsten werden Metastasen in den Wirbelkörpern bei Bronchialkarzinom, Mammakarzinom, Prostatakarzinom u n d Hypernephrom beobachtet. Vor Auftreten neurologischer Ausfälle klagen die Patienten meist über Rükkenschmerzen. Medulläre Querschnittssyndrome können außer durch Tumoren und Metastasen auch durch zervikale Bandscheibenprozesse hervorgerufen werden. Beim akuten medialen zervikalen Bandscheibenvorfall entsteht ein mehr oder weniger ausgeprägtes Querschnittsbild, meist in Kombination mit radikulären Symptomen an den Armen. Paraspastik und spinale Ataxie bis zur Gehunfähigkeit werden beobachtet. Bei zahlreichen Patienten treten neben Miktionsstörungen auch Schmerzen in den Beinen (Spannungs- und Kribbelgefühl) auf. Nicht selten wird bei einem weichen mediolateralen Bandscheibenvorfall ein spinales Halbseitensyndrom nach Braun-Sequard beobachtet. Medulläre Kompressionssyndrome mit langsam progredienter Entwicklung werden bei Enge des Spinalkanals im Halswirbelsäulenbereich durch osteophytäre Randleisten an den Wirbelkörperhinterkanten hervorgerufen. Die als zervikale Myelopathie bekannte Erkrankung ist meist auf chronische Bandscheibenschäden im mittleren und unteren HWS-Bereich zurückzuführen, nicht selten in Kombination mit einer angeborenen Enge des zervikalen Spinalkanals.
6.2 Anatomische Voraussetzungen Das Rückenmark zeigt auf dem Querschnitt Anteile grauer und weißer Substanz. Die graue Substanz im Zentrum in schmetterlingsartiger Figur stellt eine Ansammlung von Nervenzellen dar, in denen Bahnen umgeschaltet werden. In der weißen Substanz verlaufen die Leitungsbahnen vom und zum Gehirn in umgrenzten Faserbündeln. Während die für die Willkürmotorik zuständige Pyramidenbahn ebenso wie die Hinterstrangbahn in der Medulla oblongata zur Gegenseite kreuzen bzw. nach Umschaltung zum Thalamus und zur Großhirnrinde der Gegenseite ziehen, kreuzen die Schmerz- und Temperaturbahn im Rückenmarkssegment zur Gegenseite und erreichen dann den Tractus spinothalamicus. Aus dieser Führung der wichtigsten Rükkenmarksbahnen erklärt sich das Phänomen der dissoziierten Empfindungsstörung bei halbseitigen Rückenmarksläsionen. Der Schmerz- u n d Temperaturausfall liegt stets kontralateral zur Parese und zur Störung der epikritischen Sensibilität.
6.3 Neurophysiologische und pathophysiologische Voraussetzungen zur Symptomatik Bei spastischen Lähmungen liegt eine Schädigung des ersten motorischen Neurons vor (motorische Hirnrinde in der Zentralregion bis Vorderhorn im
Raumfordernde Prozesse des Spinalkanals Rückenmarkssegment); eine schlaffe Parese beruht auf einer Schädigung des zweiten motorischen Neurons (motorische Vorderhornzelle bis motorische Endplatte am Muskel). Da die Medulla spinalis und damit das erste motorische Neuron in Höhe des 12. Brustwirbels/1. Lendenwirbels endet und unterhalb nur noch die Cauda equina mit dem 2. motorischen Neuron verläuft, führen Tumoren und andersartige raumfordernde Prozesse im lumbosakralen Abschnitt des Wirbelkanals nur zu schlaffen Lähmungen. Beim kompletten Caudaquerschnitt treten Sphinkterstörungen an Blase und Mastdarm auf. Der Sphinkter hat dabei einen schlaffen Tonus. Bei bestimmten Störungen kommt es auch zu einer Tonuserhöhung der Sphinktermuskulatur mit Unfähigkeit zur Miktion. Je akuter ein Querschnittsbild auftritt, desto schlechter ist die Prognose hinsichtlich einer Restitution; bei mehr subakuter Entwicklung des Querschnitts kann nach operativer Dekompression eine gewisse Besserung erwartet werden. Bei chronisch-progredientem Verlauf kann selbst in einem sehr fortgeschrittenen Stadium nach Entlastung des Rückenmarkes oder der Kauda mit einer teilweisen Funktionswiederkehr gerechnet werden.
6.4 Diagnostik Die richtige Bewertung spinaler neurologischer Ausfälle oder einer Querschnittssymptomatik erfordert eine sehr sorgfältige Anamnese sowie eine subtile Erhebung des neurologischen Befundes. Einen wichtigen Hinweis auf die Höhe der zu erwartenden Läsion gibt das Niveau der Sensibilitätsstörung. Während ausgeprägte Querschnittslähmungen kaum Interpretationsschwierigkeiten bereiten, sind Frühsymptome von Rückenmarkskompressionen wesentlich schwerer zu erkennen. Zu nennen sind hier halbseitige oder doppelseitige gürtelförmige Schmerzen, Schwierigkeiten beim Treppensteigen mit Hängenbleiben der Fußspitzen. Letzteres führt häufig zuerst zum Orthopäden. Der Tonus in den Beinen ist dabei häufig schon etwas erhöht, die Muskeleigenreflexe an den Beinen sind leicht gesteigert, evtl. besteht bereits ein Fußklonus. Bei hohen Halsmarktumoren wird nicht selten differentialdiagnostisch eine Multiple Sklerose erwogen, da Sensibilitätsstörungen in den Händen, Gangstörungen und spinale Ataxie durchaus mit der Enzephalomyelitis disseminata in Einklang zu bringen sind. Beim Halsmarktumor fehlen jedoch charakteristische Krankheitszeichen, wie Augensymptome (Doppelbilder, Schleiersehen, Papillitis) oder psychische Veränderungen. Bei der Kaudakompression treten schlaffe Lähmungen in den Beinen mit Reflexausfall auf. Es resultieren segmentale Sensibilitätsstörungen, die einoder doppelseitig im Reithosenbereich nachzuweisen sind. Die Patienten verlieren die Kontrolle über Blase und Mastdarm. Meist kündigt sich die Blasenstörung durch Unfähigkeit zur Miktion (Retentionsblase) an. Derartige Zustände erfordern rasches Handeln und Überweisung in die Spezialklinik zur endgültigen Diagnostik und unverzüglichen neurochirurgischen Behandlung. Liquordiagnostik: Bei Verdacht auf Vorliegen eines spinalen raumfordernden Prozesses ist eine Liquoruntersuchung angezeigt, die evtl. mit einem Queckenstedt-Versuch und einer Myelographie kombiniert werden sollte. Beim Queckenstedt-Versuch kann die Durchgängigkeit der Liquorpassage überprüft werden. Die Untersuchung des lumbal entnommenen Liquors erlaubt Rückschlüsse auf das Vorliegen eines spinalen Tumors. Unterhalb eines spinalen raumfordernden Prozesses tritt häufig eine nichtentzündliche Liquoreiweißvermehrung auf (Nonne-Froin-Syndrom), die sehr hohe Werte erreichen kann. Andererseits schließt jedoch ein normales Liquoreiweiß einen Rückenmarkstumor nicht aus. Röntgenologische Untersuchung: Bei knochendestruierenden Prozessen im Bereich der Wirbelsäule zeigen häufig bereits die Nativaufnahmen des Wir-
231 Bei Caudaquerschnitt treten Sphinkterstörungen an Blase und Mastdarm auf. Bei bestimmten Störungen: Tonuserhöhung der Sphinktermuskulatur, keine Miktion. Nach operativer Dekompression Besserung der Symptomatik, teilweise Funktionswiederkehr.
Diagnostik raumfordernder Prozesse des Spinalkanals - sorgfältige Anamnese, - subtile Erhebung des neurologischen Befundes, - Bestimmung des Niveaus der Sensibilitätsstörung Frühsymptome: schwer erkennbar; - halbseitige oder doppelseitige gürtelförmige Schmerzen, - Schwierigkeiten beim Treppensteigen mit Hängenbleiben der Fußspitzen, - Tonus in den Beinen etwas erhöht, - Muskeleigenreflexe an den Beinen leicht gesteigert, - evtl. beiderseits ein Fußklonus. DD: Halsmarktumor/Multiple Sklerose: Fehlen charakteristischer Krankheitszeichen oder psychischer Veränderungen beim Tu-
Kaudakompression: schlaffe Lähmung in den Beinen mit Reflexausfall. Folge: segmentale Sensibilitätsstörung im Reithosenbereich, keine Kontrolle über Blase und Mastdarm.
Liquordiagnostik raumfordernder Prozesse des Spinalkanals: Prüfung der Durchgängigkeit der Liquorpassage nach dem Queckenstedt-Versuch. Falsch negative Ergebnisse möglich.
Röntgenologische Untersuchung raumfordernder Prozesse des Spinalkanals:
232 Nativaufnahme: tumortypische Veränderungen mit Destruktion von Bogenwurzeln oder Wirbelkörpern. Myelographie: Darstellung des Spinalkanals mit wasserlösli chem Kontrastmittel. Lokalisation des raumfordernden spinalen Prozesses.
Computertomographie: Nachweis von: intraspinalen Tumoren, destruierenden Prozesse an den Wirbelkörpern, Bandscheibenvorfällen im Zervikalbereich. Computerassistierte Myelographie: vor Computertomogramm wird wasserlösliches Kontrastmittel in den Spinalkanal gege ben. Verbesserung der Diagnostik. Magnetresonanztomographie: bei intramedullären Tumoren Methode mit höchster Aussagekraft. Angiographie: Nachweis vaskularisierter Prozesse im Wirbelkanal. Therapie raumfordernder Prozesse des Spinalkanals akute Querschnittslähmung: sofortige operative Dekompression. Bei ausgedehnter Metastasierung und kompletter Querschnittslähmung kaum Erfolgschancen durch Operation.
Akute tiefe Kaudalähmung: sofortige Operation dringend indiziert. Bei frühzeitiger Dekompression weitgehende Restitution möglich.
Nachbehandlung: in speziellen Rehabilitationseinrichtungen, Förderung der verbliebenen körperlichen Fähigkeiten: - Querschnittsbett, - spezielle Gymnastik, - häufiges Bewegen, - Wasserbewegungsübungen, - therapeutisches Schwimmen, - Beschäftigungstherapie.
XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven belskeletts tumortypische Veränderungen mit Destruktion von Bogenwurzeln oder ganzen Wirbelkörpern, nicht selten mit Keilwirbelbildung. Die Röntgenuntersuchung kann durch Schichtaufnahmen ergänzt werden. Mit Hilfe der Myelographie mit einem wasserlöslichen Kontrastmittel kann der Spinalkanal in seiner ganzen Ausdehnung dargestellt werden. Auf diese Weise gelingt eine exakte Lokalisation eines raumfordernden spinalen Prozesses. Intradurale extramedulläre Tumoren weisen einen käppchenformigen Kontrastmittelstop auf, bei intramedullären Tumoren zeigt sich eine Auftreibung des von Kontrastmittel umgebenen Rückenmarks, bei extraduralen Prozessen endet die Konstrastmittelsäule unregelmäßig begrenzt. Mit der Computertomographie lassen sich die meisten intraspinalen Tumoren und auch Wirbelkörper destruierende Prozesse sowie Bandscheibenvorfälle im Zervikalbereich nachweisen. Eine weitere Verbesserung der Diagnostik stellt die computerassistierte Myelographie dar, bei der vor Beginn der Computertomographie eine geringe Dosis eines wasserlöslichen Kontrastmittels in den Spinalkanal eingegeben wird. Ein sehr aufwendiges Verfahren zur Diagnose von spinalen raumfordernden Prozessen stellt die Magnetresonanztomographie dar. Bei intramedullären Tumoren wird diese Untersuchungstechnik jedoch von keiner anderen Methode in seiner Aussagekraft auch nur annähernd erreicht. Auch bei anderen raumfordernden Prozessen im Spinalkanal gewinnt die Methode zunehmend an Bedeutung. Die spinale Angiographie beschränkt sich auf den Nachweis vaskularisierter Prozesse im Wirbelkanal.
6.5 Therapie Patienten mit einer akut oder subakut auftretenden Querschnittslähmung durch einen raumfordernden intraspinalen Prozeß müssen sofort operativ dekomprimiert werden, falls der Allgemeinzustand und die möglicherweise vorliegende Grundkrankheit ein solches Vorgehen sinnvoll erscheinen lassen. Insbesondere bei ausgedehnten Metastasierungen wird man bei bereits kompletter Querschnittslähmung durch eine spinale Metastase eher von einer Operation Abstand nehmen, da hier kaum mit einer auch nur teilweisen Wiederherstellung gerechnet werden kann. Solche Patienten können erfahrungsgemäß auch nach Entlastungslaminektomie das Bett nicht mehr verlassen. Anders stellt sich die Situation bei der akuten tiefen Kaudalähmung, ζ. B. durch einen medialen Massenprolaps der Bandscheibe dar. Hier ist bei frühzeitiger Dekompression innerhalb der ersten Stunden nach Eintreten der Läsion noch eine weitgehende Restitution möglich. Solche Patienten müssen daher zu jeder Tages- und Nachtzeit zum Neurochirurgen überwiesen und sofort operiert werden. Die Nachbehandlung von Patienten mit Querschnittssyndromen erstreckt sich in der Akutklinik nur auf die ersten 1 0 - 1 4 Tage. Dann sollte sich eine längere Nachbehandlung in einer speziellen Rehabilitationseinrichtung anschließen, da nur dort bei großzügiger Personalausstattung und Vorhandensein aller erforderlichen Hilfsmittel die dem Patienten verbliebenen körperlichen Fähigkeiten in optimaler Weise gefördert werden können (Spezialbett für Querschnittsgelähmte, spezielle Gymnastik, häufiges Durchbewegen zur Verhinderung von Dekubitus und Kontrakturen, Warmwasserbewegungsübungen, therapeutisches Schwimmen, Beschäftigungstherapie u. a.).
Wurzelkompressionssyndrome
233
7. Wurzelkompressionssyndrome
Wurzelkompressionssyndrome
7.1 Allgemeine Symptomatik
Allgemeine Symptomatik - Schmerz im Bereich der erkrankten Lendenwirbelsäule —» Lumbago,
Bei der Kompression einer oder mehrerer Nervenwurzeln durch einen Bandscheibenvorfall oder osteophytäre Randwülste handelt es sich um ein rein mechanisches Geschehen, das beim weichen Bandscheibenvorfall häufig einen intermittierenden Verlauf zeigt mit plötzlichem Beginn, nicht selten im Anschluß an eine besondere körperliche Belastung (ζ. B. sog. Verhebetraumen). Ein Teil der Patienten erkrankt jedoch aus dem Schlaf heraus. Im Vordergrund steht fast immer der Schmerz, der zunächst umschrieben im Bereich des erkrankten Wirbelsäulenabschnitts auftreten kann, man bezeichnet ihn an der LWS als Lumbago. Meist kommt es erst später zu segmental ausstrahlenden Schmerzen im Sinne einer Ischialgie.
- später Ischialgie, - Eingeschränkte Wirbelsäulenbeweglichkeit: Schiefhals oder eingeschränkte Halswirbelsäulenbeweglichkeit; - Lendenstrecksteife, - Beugungsunfähigkeit im Lendenwirbelbereich, - erhebliche Behinderung des Patienten. Charakteristische Schmerzverstärkung bei Stauchungen, Husten, Niesen oder Pressen.
Die Wirbelsäulenbeweglichkeit ist durch reflektorische Muskelanspannung der Nackenmuskulatur bzw. des Erector trunci eingeschränkt, es kommt zum Schieflials oder einer eingeschränkten Halswirbelsäulenbeweglichkeit bzw. zur Lendenstrecksteife und Beuge Unfähigkeit im Lendenwirbelsäulenbereich. Die Patienten sind hierdurch in ihren alltäglichen Verrichtungen erheblich behindert. Schon das Aufstehen und Anziehen kann große Schwierigkeiten bereiten. Charakteristisch ist eine Schmerzverstärkung bei Stauchungen der Wirbelsäule, beim Husten, Niesen und Pressen (Defäkation). Längeres Sitzen wird bei der lumbalen Wurzelkompression meist schlecht vertragen. Auch körperliche Aktivitäten mit leicht nach vorne gebeugtem Oberkörper führen zur Schmerzverstärkung. U m die Schmerzen einigermaßen ertragen zu können, nehmen die Patienten häufig Entlastungshaltungen ein, ζ. B. Anheben des Armes bei zervikaler Wurzelkompression oder Abstützen des Oberkörpers auf den Knien beim Aufrichten und Liegen mit angezogenen Beinen beim lumbalen Bandscheibenvorfall.
Entlastungshaltung des Patienten zur Schmerzverminderung.
7.2 Brachialgien und Ischialgien
Brachialgien und Ischialgien
Zervikale weiche Bandscheibenvorfälle treten etwa fünfmal seltener als Bandscheibenvorfälle im Lendenwirbelsäulenbereich auf. Am häufigsten sind die Wurzeln C 6 und C 7 entsprechend den Etagen HW 5/6 und HW 6/7
Zervikale weiche Bandscheibenvorfälle: seltener als solche im Lendenwirbelsäulenbereich.
Wurzel: Reflex:
C5
Motorik: Deltoideus
C6
C7
C8 Trömner
Bizeps
Trizeps
kleine Handmuskeln
Abb. 18-11 Schematische Darstellung der neurologischen Ausfälle bei zervikalen Wurzelkompressionssyndrome durch Bandscheibenvorfälle (Wurzeln C5, C6, C 7 und C8). a) Ansicht von vorn, b) Ansicht von hinten
XVIII.Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven
234 Symptome: ausstrahlender Schmerz in Nacken, Schulter, Ober- und Unterarm bis in die Hand.
Bei länger anhaltender Wurzelkompression: Sensibilitätsstörungen und Paresen.
betroffen, seltener die Etagen H W 4 / 5 und H W 7 / B W 1 mit Kompression der Wurzel C 6 bzw. C 8. Die Patienten klagen über vom Nacken über Schulter-, Ober- und Unterarm bis in die Hand ausstrahlende Schmerzen, die etwa dem betroffenen Segment entsprechen. Bei einer Kompression der Wurzel C 6 strahlt der Schmerz vorwiegend in den Daumen, bei Kompression der Wurzel C 7 in den Zeige- und Mittelfinger (Abb. 18-11). Bei länger anhaltender Wurzelkompression kommt es zu Sensibilitätsstörungen, die dem Verlauf des Segments folgen. Die Gefühlsstörungen sind meist distal betont, die Patienten beschreiben häufig ein Kribbeln in den Fingern. Motorische Ausfälle im Bereich der Wurzel C 6 führen zu einer Bizepsschwäche, der Bizepssehnenreflex ist abgeschwächt oder erloschen. Die Kompression der Wurzel C 7 führt zu einer Trizepsparese, der Trizepssehnenreflex erlischt oder wird schwächer auslösbar. Der seltene zervikale Prolaps unter der Wurzel C 5 führt zu einer Deltoideusparese mit Unfähigkeit den Arm anzuheben. Kommt es zu einem Bandscheibenprolaps mit Kompression der Wurzel C 8, so resultiert eine Lähmung der kleinen Handmuskeln. Sensible Störungen beschränken sich auf die Außenseite des 4. und 5. Fingers sowie die Unterarmaußenseite.
Motorik:
Oberschenkel- Fußheber Strecker Großzehenheber
Fußsenker
Abb. 18-12 Schematische Darstellung der neurologischen Ausfälle bei lumbalen Wurzelkompressionssyndromen durch Bandscheibenvorfälle (L4, L5, S l ) Lumbale Bandscheibenvorfälle: am häufigsten in den Wurzeln L5 und S 1. Bei Wurzel L5: Großzehenheberparese und Fußheberparese,
bei Wurzel S 1: Fußsenkerschwäche bzw. -parese. Zehengang unmöglich. Bei hochgradigen Lähmungen dieser Wurzeln: Glutaeusparesen mit Abkippen des Bekkens.
Lumbale Bandscheibenvorfälle betreffen am häufigsten die Wurzeln L 5 und S 1 (zusammen über 90%) (Abb. 18-12). Bei Schädigung der Wurzel L5 kommt es zu einer Großzehenheberparese, in fortgeschrittenen Stadien zu einer Fußheberparese, so daß der Patient beim Gehen mit der Fußspitze aufschleift. Eine gegebenenfalls vorhandene Sensibilitätsstörung zieht über das Gesäß, Außenseite der Ober- und Unterschenkel über den Fußrist bis zur Großzehe. Der Tribialis-posterior-Reflex ist erloschen. Allerdings kommt diesem Reflex nur dann pathognomonische Bedeutung zu, wenn er sich am gegenüberliegenden Bein einwandfrei auslösen läßt. Die Kompression der Wurzel S1 führt zu einer Fußsenkerschwäche bzw. -parese mit dem Verlust der Fähigkeit, den Fuß abzurollen und sich beim Gehen abzustoßen. Der Zehengang ist unmöglich. Die Sensibilitätsstörung betrifft einen Streifen, der über das Gesäß an der Rückseite des Oberschenkels zur Unterschenkelaußenseite, zum Außenknöchel und zu den äußeren Zehen sowie zur Fußsohle zieht. Der Achillessehnenreflex ist abgeschwächt
Wurzelkompressionssyndrome
235
oder ausgefallen. Bei hochgradigen L ä h m u n g e n kann es bei beiden Wurzeln zu Glutaeusparesen mit Abkippen des Beckens (positives TrendelenburgZeichen) k o m m e n . Seltener sind Bandscheibenvorfälle unter der Wurzel L 4. Dabei kann eine Quadrizepsschwäche auftreten, die sich beim G e h e n in einem plötzlichen Wegknicken des Beines im Kniegelenk bemerkbar macht. Beim Treppensteigen ist der Patient nicht m e h r in der Lage, den Körper mit dem erkrankten Bein h o c h z u s t e m m e n , Patienten mit einer ausgeprägten Quadrizepsparese ziehen sich mit den Armen am Geländer hoch. Die Sensibilitätsstörung betrifft die Oberschenkelvorderseite und das Knie sowie die mediale Seite des Unterschenkels bis zur Fessel. Der Patellarsehnenreflex ist fast immer abgeschwächt oder erloschen. Bei länger anhaltender Wurzelkompression kann es plötzlich zu einem Nachlassen des Schmerzes und Auftreten von Paresen k o m m e n . Dieses P h ä n o m e n entspricht einer totalen Leitungsunterbrechung, jedoch nicht dem völligen Wurzeltod, m a n bezeichnet es als aneuralgisches Stadium Abbildung 18-13 zeigt die verschiedenen Lokalisationsmöglichkeiten lumbaler Bandscheibenvorfälle.
W u r z e l L 4 : seltener, Quadrizepsschwäche. Sensibilitätsstörung: - Oberschenkelvorderseite, - Knie, - mediale Seite des Unterschenkels bis zur Fessel. - Kein Patellarsehnenreflex. - Einknicken im Knie.
Bei länger anhaltender W u r z e l k o m p r e s s i o n —» manchmal Nachlassen des Schmerzes und Auftreten v o n Paresen. Ursache: totale Leitungsunterbrechung, kein völliger W u r z e l t o d , aneuralgisches Stadium.
LWK5
A b b . 18-13 T y p i s c h e Lokalisationen lumbaler Bandscheibenvorfälle; a) medialer Massenprolaps zwischen d e m 2. und 3. LWK mit Caudakompression b) sequestrierter, nach unten gerutschter lateraler Bandscheibenvorfall LWK 3 / 4 mit Kompression der W u r z e l L4, w e n i g e r auch L5 c) extraforaminaler Bandscheibenvorfall LWK 4 / 5 mit Kompression der W u r z e l L4 d) intraforaminaler Bandscheibenvorfall LWK 5/Kreuzbein mit Kompression der W u r z e l n L5 und S1 e) lateraler, axillärer, nach unten sequestrierter Prolaps LWK 4 / 5 ohne direkte Kompression einer N e r v e n w u r z e l , meist nur S c h m e r z s y n d r o m f) lateraler Prolaps LWK 5 / K r e u z b e i n mit Kompression der W u r z e l S1
• Die bei Bandscheibenvorfällen fast regelmäßig zu beobachtenden Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule sind auf reflektorische Muskelkontraktionen im Bereich des Erector trunci zurückzuführen. Häufig setzt auch die Z u n a h m e der Schmerzintensität bei bestimmten Bewegungen der Wirbelsäu-
Bei fast allen Bandscheibenvorfällen: Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule,
XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven
236
Bei zervikalem Bandscheibenvorfall: Zwangshaltung des Kopfes
Ursachen der Bandscheibenerkrankung: präformierte Spalten im Faserring reißen unter dem Druck des degenerativ veränderten Gallertkerns ein. Folge: Vorwölbung der Bandscheibe in den Wirbelkanal, Dehnung des hinteren Längsbandes, dadurch —* plötzliche Rückenschmerzen. Bei Kompression einer Nervenwurzel —»radi kuläre Schmerzen.
lenbeweglichkeit Grenzen. Vor allem beim noch durch das hintere Längsband gedeckten Bandscheibenvorfall verstärkt sich durch Dreh- oder Beugebewegungen der Schmerz infolge Z u n a h m e der Wurzelkompression. Dieses P h ä n o m e n läßt sich im Liegen durch A n h e b e n des gestreckten Beines (Lasegue-Zeichen) diagnostisch verwerten. Bei hochgradiger Wurzelkompression kann das gestreckte Bein auf der betroffenen Seite oft nur 30 oder 40 Grad angehoben werden. Hat ein sequestrierter Bandscheibenvorfall eine bestimmte Position in Beziehung zu der betroffenen Nervenwurzel eingenommen, dann resultiert nicht selten eine Fehlhaltung mit Ausweichskoliose, die groteske A u s m a ß e a n n e h m e n kann. Aus der Richtung der Skoliose kann m a n nicht eindeutig auf die Seite des Vorfalls schließen. Die Zwangshaltung des Kopfes beim zervikalen Bandscheibenvorfall beruht auf den gleichen M e c h a n i s m e n . Der Patient sucht eine Lage e i n z u n e h m e n , die mit möglichst geringen Schmerzen verbunden ist. In der Regel wird dies durch A n h e b e n des betroffenen Armes bis über den Kopf in Rückenlage oder durch Schiefhaltung des Kopfes erreicht. Die Ursachen der Bandscheibenerkrankung liegen in der im Laufe des Lebens a b n e h m e n d e n Wasserbindungsfähigkeit der Glykoproteide des Nucleus pulposus begründet. Durch embryonale Gefäßkanäle präformierte Spalten im Faserring reißen unter dem Druck des degenerativ veränderten Gallertkerns ein, es kommt zur Vorwölbung der Bandscheibe in den Wirbelkanal hinein (Bandscheibenprotrusion) und zu einer D e h n u n g des mit zahlreichen sensiblen Nervenendigungen versehenen hinteren Längsbandes (Abb. 18-14).
normale Zwischenwirbelscheibe Derangement interne
Protrusion
Prolaps
Endstadium der BandscheibenDegeneration
Abb. 18-14 Die verschiedenen Stadien der Bandscheibendegeneration (nach Erlacher)
Bei Durchbrechung des Faserringes —» Bandscheiben prolaps. Folge: heftige radikuläre Schmerzen mit neurologischen Ausfallerscheinungen.
• Hierdurch werden Rückenschmerzen ausgelöst, die plötzlich einschießen („Hexenschuß"). • Führt eine Bandscheibenprotrusion zu einer Irritation oder Kompression einer Nervenwurzel, so treten radikuläre Schmerzen auf. Wird der Faserring ganz durchbrochen und quellen Anteile des Nucleus pulposus bis unter das hintere Längsband, dann spricht m a n von einem Bandscheibenprolaps. • In diesem Stadium k o m m t es meist zu heftigen radikulären Beschwerden mit mehr oder weniger ausgeprägten neurologischen Ausfallserscheinungen. Werden Teile des Bandscheibenvorfalls abgesprengt u n d verlagern sich unter dem hinteren Längsband nach oben oder unten, so wird m a n sich
Wurzelkompressionssyndrome von einer konservativen Therapie kaum mehr einen Erfolg versprechen können. Von einem sequestrierten Bandscheibenvorfall spricht man, wenn das hintere Längsband durchbrochen wird und die Bandscheibentrümmer in direktem Kontakt zu den nervalen Strukturen gelangen. Als Massenprolaps wird ein sequestrierter Bandscheibenvorfall bezeichnet, bei dem es z u m Austritt großer Anteile einer Bandscheibe kommt; gelegentlich tritt eine Totalsequestration einer Bandscheibe auf. Patienten mit einem solchen Befund geben in der Vorgeschichte meist ein akutes Ereignis mit heftiger Beschwerdenzunahme an.
237
Sequestierter Bandscheibenvorfall: wenn hinteres Längsband durchbrochen wird, Bandscheibentrümmer haben direkten Kontakt zu nervalen Strukturen. Massenprolaps: große Anteile der Bandscheibe dringen in den Spinalkanal ein. Symptome: heftige Beschwerdenzunahme.
Im Gegensatz zu den weichen Bandscheibenvorfällen im zervikalen und lumbalen Bereich kommt es bei den durch degenerativ entstandene knöcherne Einengung im Bereich des Wurzelabganges und der Foramina intervertebralia bzw. des Recessus lateralis, zu einem von chronischen Schmerzen charakterisierten Krankheitsbild, das mit geringen Intensitätsschwankungen über Monate und Jahre anhalten kann. Bei diesen Patienten findet sich nur eine geringe Bewegungsabhängigkeit der Beschwerden. Die Patienten sind im Durchschnitt älter als das Gros der Kranken mit weichen Bandscheibenvorfällen. Letztere treten überwiegend zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr auf, die durch Knochenappositionen hervorgerufenen Wurzelkompressionssyndrome zeigen eine deutliche Bevorzugung des 6. und 7. Lebensjahrzehnts.
Bei knöcherner Einengung im Bereich des Wurzelganges: chronische Schmerzen über Monate und Jahre. Kaum Bewegungsabhängigkeit der Beschwerden. Auftreten im 6.-7. Lebensjahrzehnt.
7.3
Diagnostik der Wurzelkompressionssyndrome Radiologisch: Übersichtsaufnahmen der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule ergeben typische radiologische Zeichen.
Diagnostik
Die Diagnose eines zervikalen bzw. lumbalen Wurzelkompressionssyndroms m u ß durch radiologische Untersuchungsverfahren weiter eingegrenzt werden. Übersichtsaufnahmen der Halswirbelsäule bzw. der Lendenwirbelsäule zeigen nie den Bandscheibenschaden direkt. Aufgrund typischer radiologischer Zeichen, wie Steilstellung, Höhenminderung eines Zwischenwirbelraumes mit Sklerosierung der angrenzenden Deck- und Grundplatten mit Ausziehung der Wirbelkörperkanten und Unkarthrose sprechen für eine chronische Bandscheibenschädigung in dem betreffenden Segment. Mit Hilfe der Myelographie, die heute fast nur noch mit wasserlöslichen Kontrastmitteln durchgeführt wird, lassen sich zervikale und lumbale Bandscheibenvorfälle mit etwa 90%iger Sicherheit nachweisen.
Myelographie: Nachweis zervikaler und lumbaler Bandscheibenvorfälle.
Seit Beginn der 80er Jahre wird die Myelographie in der Diagnose des Bandscheibenvorfalls zunehmend von der Computertomographie verdrängt. Vor allen Dingen im lumbalen Bereich kann von der Computertomographie eine mindestens ebenso hohe Treffsicherheit wie mit der Myelographie erwartet werden. Darüber hinaus lassen sich intra- und extraforaminale Bandscheibenvorfälle darstellen, die sich bislang dem radiologischen Nachweis entzogen. Das Auflösungsvermögen der Computertomographiegeräte reicht jedoch vielfach nicht aus, um im zervikalen Bereich kleinere Bandscheibenvorfälle zu erfas-
Computertomographie: ersetzt Myelographie vielfach. Darstellung von intra- und extraforaminalen Bandscheibenvorfällen nur mit CT.
Hierzu kann entweder die computerassistierte Myelographie oder die konventionelle Myelographie benutzt werden. Die Übereinstimmung zwischen radiologischem und operativem Befund beim Bandscheibenvorfall liegt heute über 90 %. Die Magnetresonanztomographie eignet sich ebenfalls zum Nachweis von Bandscheibenvorfällen. Die Methode wird jedoch z.Z. noch als zu aufwendig in dieser Indikation angesehen.
Computerassistierte Myelographie: Bei kleinen Bandscheibenvorfällen.
Magnetresonanztomographie ebenfalls zum Nachweis geeignet.
238 Differentialdiagnose:
Therapie der Wurzelkompressionssyndrome Bei Wurzelkompressionssyndrom ohne neurologische Ausfälle —> konservative Behandlung: - schmerzstillende Mittel, - muskelentspannende Medikamente, - keine Antiphlogistika, - physikalische Therapie, - chiropraktische Handgriffe.
XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven Differentialdiagnose Bei Schmerzen im Nacken-Schulter-Arm-Bereich sind differentialdiagnostisch Wurzelneurinome, Herpes zoster, Skalenussyndrom mit Halsrippe, Kostoklavikular-Syndrom, Pancoast-Tumor, neuralgische Schultermyotrophie, serogenetische Neuritis und Engpaßsyndrome im Sulcus ulnaris bzw. Karpaltunnel auszuschließen. Auch die Periarthritis humeroscapularis kann einmal an ein Zervikalsyndrom denken lassen. Gelegentlich fuhren auch Lungenerkrankungen, eine Pericarditis, ein subphrenischer Abszeß, ein Milzinfarkt oder eine Pankreatitis zu in den Arm projizierten Schmerzen. Der Armschmerz bei Angina pectoris und beim Koronarinfarkt ist fast immer nur Begleitsymptom bei gleichzeitigem heftigen retrosternalen Schmerz. In der Differentialdiagnose des lumbalen Wurzelkompressionssyndroms ist neben dem Bandscheibenvorfall vor allem an Tumoren, insbesondere Karzinommetastasen, an die Koxarthrose sowie an die diabetische Polyneuropathie und Polyneuropathien anderer Genese zu denken.
7.4 Therapie Bei allen Wurzelkompressionssyndromen ohne schwerwiegende neurologische Ausfallserscheinungen ist zunächst eine konservative Behandlung indiziert, die konsequent über 4 - 6 Wochen durchgeführt werden muß. Neben Schmerzmitteln können muskelentspannende Medikamente verabreicht werden. Für die Gabe von Antiphlogistika gibt es keinen plausiblen Grund, da keine entzündliche Erkrankung vorliegt. Einen hohen Rang n i m m t in der konservativen Behandlung die physikalische Therapie ein mit Extensionen (Glissonschlinge, Perl-Gerät), Stufenlagerung, Fango-Packungen, Warmwasserbewegungsübungen, gezielten Massagen und krankengymnastischen Übungen. Chiropraktische Handgriffe können rasch zum Erfolg führen, gelegentlich aber auch negative Auswirkungen zeigen.
Operationsindikation: - Bei Bandscheibenvorfall mit Lähmungserscheinungen: absolute Indikation zur Operation. - Im aneuralgischen Stadium sofort operieren, - bei Blasen und Mastdarmstörungen sofort operieren, - bei Reithosenanästhesie sofort operieren. Relative Indikation zur Operation: nach erfolgloser konservativer Behandlung.
Operationsindikation: Wenn ein zervikaler oder lumbaler Bandscheibenvorfall zu funktionell bedeutsamen Lähmungserscheinungen geführt hat, so ist immer eine absolute Indikation zur Operation gegeben. Im aneuralgischen Stadium muß sofort operiert werden, ebenso, wenn gleichzeitig Blasen- u n d Mastdarmstörungen aufgetreten sind oder eine Reithosenanästhesie besteht (medialer Massenprolaps). Nach erfolgloser konservativer Behandlung über einen Zeitraum von 4 - 6 Wochen, davon möglichst einige Wochen stationär, besteht eine relative Indikation zur Operation. In manchen Fällen wird man heute nicht mehr so lange abwarten, ζ. B. wenn im Computertomogramm ein sequestrierter Bandscheibenvorfall nachzuweisen ist und heftige Lumboischialgien ohne neurologische Ausfälle bestehen.
Operationsverfahren:
Operationsverfahren Beim zervikalen Bandscheibenvorfall unterscheidet man den ventralen und den dorsalen operativen Zugang. Der ventrale Zugang wird gewählt, wenn eine medulläre Kompression vorliegt; er eignet sich aber auch für die Entlastung von Nervenwurzeln durch einen knöchernen oder weichen Bandscheibenvorfall. Entweder wird nur eine einfache Diskektomie ausgeführt oder anschließend mit Kunststoffdübel oder Knochenspan verblockt. Bei der operativen Freilegung von dorsal führt man eine interlaminäre Fensterung, gegebenenfalls mit Foraminotomie, durch. Die betroffene Nervenwurzel kann über einen längeren Abschnitt dargestellt werden. Die Wurzelkompres-
Ventraler Zugang: bei medullärer Kompression, auch für Entlastung von Nervenwurzeln durch Bandscheibenvorfall. Ausführung: einfache Diskektomie. Dorsaler Zugang: Durchführung einer interlaminären Fensterung oder Foraminotomie.
Wurzelkompressionssyndrome
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sion läßt sich zuverlässig beseitigen. Weiche Bandscheibenvorfälle können ohne größere Probleme auf diesem Wege entfernt werden, auch wenn sie nach oben oder u n t e n sequestriert sind. Die Erfolgsquote dieser Operationen liegt beim zervikalen Wurzelkompressionssyndrom bei 8 0 - 9 0 % , z . T . darüber. Bei medullären Kompressionssyndromen wird mit sehr guten und guten Behandlungsergebnissen in 5 0 - 6 0 % gerechnet, n u r ein geringer Teil der Patienten verschlechtert sich nach einem solchen Eingriff. Beim lateralen lumbalen Bandscheibenvorfall führt man entweder eine interlam i n ä r e Fensterung oder eine Hemilaminektomie durch (Abb. 18-15). Das vorgefallene Bandscheibengewebe wird entfernt. Zusätzlich geht m a n in den eröffneten Zwischenwirbelraum ein und räumt diesen so sorgfältig wie möglich aus. Faserringanteile bleiben stets zurück. Der Eingriff wird heute vielfach mikrochirurgisch durchgeführt.
Erfolgsquote beim zervikalen Wurzelkompressionssyndrom: 8 0 - 9 0 %, bei medullärem Kompressionssyndrom: 50-60%.
Auch der mediale Bandscheibenvorfall läßt sich meist von einer kleinen Freilegung aus extrahieren. Bei völlig verkeiltem medialem Sequester kann aber eine doppelseitige Fensterung oder eine Laminektomie erforderlich werden. Eine breite Eröffnung des Spinalkanals ist auch angezeigt bei knöcherner spinaler Stenose über ein oder mehrere Segmente mit dem klinischen Bild der Claudicatio spinalis.
Medialer Bandscheibenvorfall: Extraktion aus kleiner Freilegung.
Lateraler lumbaler Bandscheibenvorfall: interlaminäre Fensterung oder Hemilaminektomie. Entfernung des vorgefallenen Bandscheibengewebes.
Spinale Stenose: breite Eröffnung des Spinalkanals evtl. über mehrere Segmente.
A b b . 18-15 Operationstechniken beim lumbalen Bandscheibenvorfall a) Fensterung: Resektion des Lig.flavum, evtl. W e g n a h m e von Knochenanteilen der benachbarten Halbbögen b) Hemilaminektomie: Resektion eines Halbbogens zur Darstellung von zwei benachbarten Nervenwurzeln bzw. Bandscheibenetagen c) Laminektomie: Resektion eines gesamten Wirbelbogens einschließlich des Dornfortsatzes zur Darstellung des Duralsackes und der in der Etage abgehenden Nervenwurzeln (in Anlehnung an Oldenkott 1977)
Die Erfolgsaussichten der lumbalen Bandscheibenoperation werden mit etwa 8 5 - 9 0 % sehr guten, guten und zufriedenstellenden Resultaten angegeben. Bei dem verbleibenden Rest von etwa 1 0 - 1 5 % der Patienten treten neuerliche Beschwerden durch Rezidivprolaps, Pseudorezidiv (Bandscheibenvorfälle in einer anderen Etage) und Verwachsungen auf. In jüngster Zeit wird die operative Behandlung des Bandscheibenvorfalls durch die fermentative Auslösung des erkrankten Bandscheibengewebes mit Chymopapain ergänzt. Das als Chemonukleolyse bezeichnete Verfahren eignet sich jedoch nur für Patienten mit nicht sequestriertem Prolaps. Die Erfolgsquote dieses Eingriffs liegt bei 7 0 - 8 0 %, beim Rest der Patienten m u ß früher oder später ein offener operativer Eingriff durchgeführt werden.
Erfolgsaussichten der lumbalen Bandscheibenoperationen: 8 5 - 9 0 % . Bei 1 0 - 1 5 % Rezidivprolaps, Pseudorezidiv, Verwachsungen. Neuere Behandlungsmethode: Chemonukleolyse: -»fermentative Auflösung des erkrankten Bandscheibengewebes. N u r bei Patienten mit nicht sequestiertem Prolaps. Erfolgsquote: 7 0 - 8 0 %.
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XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven
Rückenmarkverletzungen:
8. Rückenmarkverletzungen
Auftreten fast immer zusammen mit Wirbelfrakturen: Wirbelkompressionsfraktur oder Luxationsfraktur.
R ü c k e n m a r k v e r l e t z u n g e n treten fast i m m e r im Z u s a m m e n h a n g mit Wirbelf r a k t u r e n auf. H ä u f i g s t e U r s a c h e n solcher V e r l e t z u n g e n sind Stürze (Sturz von der Leiter, aus d e m Fenster, H e r a u s g e s c h l e u d e r t w e r d e n aus e i n e m Fahrzeug, Überschlag m i t e i n e m P K W , M o t o r r a d s t u r z oder K o p f s p r u n g in seichtes Gewässer). Je n a c h R i c h t u n g der G e w a l t e i n w i r k u n g k o m m t es zu einer Wirbelkompressionsfraktur oder einer Luxationsfraktur. Bei letzterer sind meist die W i r b e l g e l e n k e mitverletzt, der Bruch verhakt, b e s o n d e r s im Bereich der Halswirbelsäule.
Folge: Traumatisierung des Rückenmarks. Anzeichen: neurologische Ausfälle bei erhaltenem Bewußtsein. Cave: vorsichtige Umlagerung und Transport des Patienten.
A u f g r u n d der e n g e n a n a t o m i s c h e n B e z i e h u n g e n k n ö c h e r n e r S t r u k t u r e n der W i r b e l s ä u l e u n d des im Spinalkanal v e r l a u f e n d e n R ü c k e n m a r k s bzw. der C a u d a e q u i n a v e r u r s a c h e n k n ö c h e r n e V e r l e t z u n g e n sehr h ä u f i g a u c h eine Traumatisierung des Rückenmarks. N e u r o l o g i s c h e Ausfälle an d e n E x t r e m i t ä t e n bei e r h a l t e n e m Bewußtsein sind i m m e r verdächtig auf eine W i r b e l s ä u l e n - R ü c k e n m a r k v e r l e t z u n g . Derartige P a t i e n t e n m ü s s e n m i t sehr großer Vorsicht umgelagert u n d transportiert werden, d a m i t das A u s m a ß der R ü c k e n m a r k s c h ä d i g u n g n i c h t weiter verstärkt wird.
Halswirbelsäulenverletzungen: häufig Luxationsfrakturen Folge —» sehr hohe vollständige Querschnittslähmung. Oberhalb des 6. Halswirbels immer mit Tetraplegie, oberhalb des 4. Halswirbels zusätzlich Zwerchfellähmung mit Verlust der Atemfunktion. Fraktur unterhalb des 1. Brustwirbels mit Rückenmarksschädigung: Paraplegie. Ferner: Ausfall der protopathischen und epikritischen Sensibilität und zahlreicher vegetativer Funktionen. Commotio spinalis oder Contusio spinalis: bei neurologischen Ausfällen ohne Wirbelfraktur.
Bei Halswirbelsäulenluxationsfrakturen: frühe Rehabilitation durch Dauerzug mit der Crutchfield-Klammer und ventrale Fusion mit Verplattung.
Bei Kompression der Cauda equina: frühzeitige operative Entlastung.
Intraspinales Hämatom: Verzögertes Auftreten eines traumatischen Querschnitts, sekundäre Zunahme von Ausfallerscheinungen. Behandlung: sofort Ausräumung.
Bei d e n Halswirbelsäulenverletzungen h a n d e l t es sich sehr h ä u f i g u m Luxat i o n s f r a k t u r e n . I m M o m e n t des T r a u m a s wird ein S c h e r m e c h a n i s m u s wirksam, der das H a l s m a r k d u r c h t r e n n t u n d zu einer vollständigen h o h e n Q u e r s c h n i t t s l ä h m u n g f ü h r t . Liegt die Fraktur oberhalb des 6. Halswirbels, d a n n ist fast i m m e r mit einer Tetraplegie zu rechnen. Liegt die F r a k t u r oberhalb des 4. Halswirbels d a n n ist zusätzlich d u r c h Zwerchfellähmung die A t e m f u n k tion erloschen. Bei F r a k t u r e n u n t e r h a l b des 1. Brustwirbels mit R ü c k e n m a r k s c h ä d i g u n g k o m m t es zu einer Paraplegie, die A r m e k ö n n e n frei bewegt werden. F r a k t u r e n im L e n d e n w i r b e l s ä u l e n b e r e i c h verursachen ein ä h n l i c h e s klinisches Bild. Eine U n t e r s c h e i d u n g a u f g r u n d des neurologischen U n t e r s u c h u n g s b e f u n d e s ist erst zu e i n e m späteren Z e i t p u n k t möglich, wenn die p r i m ä r bei allen Verl e t z u n g e n schlaffe L ä h m u n g bei direkter R ü c k e n m a r k s c h ä d i g u n g in eine spastische L ä h m u n g ü b e r g e h t u n d bei K a u d a l ä s i o n eine u n v e r ä n d e r t schlaffe L ä h m u n g verbleibt. Die P a t i e n t e n weisen zusätzlich zu d e n m o t o r i s c h e n Stör u n g e n meist a u c h e i n e n w e i t g e h e n d e n Ausfall der protopathischen und epikritischen Sensibilität sowie zahlreicher vegetativer Funktionen (paralytischer Ileus, B l a s e n - M a s t d a r m s t ö r u n g e n ) auf. Bestehen neurologische Ausfälle im S i n n e eines Q u e r s c h n i t t s s y n d r o m s , o h n e daß eine W i r b e l f r a k t u r nachweisbar ist, so m u ß eine Commotio spinalis oder eine Contusio spinalis a n g e n o m m e n werden. Die Prognose dieser V e r l e t z u n g e n ist meist günstig. Bei d e n primär vollständigen Tetra- u n d Paraplegien ist d u r c h e i n e n operativen Eingriff im S i n n e einer E n t l a s t u n g s l a m i n e k t o m i e keine Besserung zu erwarten. E i n e solche M a ß n a h m e f ü h r t zu einer Verstärkung der Instabilität der Wirbelsäule, sie ist kontraindiziert. Dagegen m u ß im Interesse einer möglichst f r ü h e n R e h a b i l i t a t i o n bei H a l s w i r b e l s ä u l e n l u x a t i o n s f r a k t u r e n versucht werden, d u r c h D a u e r z u g m i t der C r u t c h f i e l d - K l a m m e r die W i r b e l s ä u l e wieder a u f z u r i c h t e n , u n d gegebenenfalls eine Verblockung der b e t r o f f e n e n S e g m e n t e d u r c h ventrale F u s i o n oder V e r p l a t t u n g v o r g e n o m m e n werden. I m G e g e n s a t z z u m R ü c k e n m a r k ist die Cauda equina in e i n e m gewissen U m f a n g erholungsfähig. Bei K o m p r e s s i o n der K a u d a d u r c h ein K n o c h e n f r a g m e n t sollte d a h e r frühzeitig in d i e s e m Bereich eine operative Entlastung d u r c h g e f ü h r t werden. Gelegentlich entwickelt sich ein t r a u m a t i s c h e r Q u e r s c h n i t t erst m i t einer gewissen zeitlichen Verzögerung, oder es k o m m t zu einer sekundären Zunahme der Ausfallserscheinungen. In d i e s e m Fall besteht der V e r d a c h t auf die Entwicklung eines intraspinalen Hämatoms, das sofort a u s g e r ä u m t werden m u ß .
Periphere Nerven
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Die exakte Höhenlokalisation erfolgt am besten mit Hilfe der Myelographie oder der spinalen Computertomographie.
Komplikation der Querschnittslähmung In der Initialphase kommt es nicht selten zum spinalen Schock, der zum Kreislaufkollaps führen kann. Die Patienten müssen daher in einer Intensivpflegestation sorgfältig überwacht und entsprechend behandelt werden. Die Störung der Trophik der Haut begünstigt die Entstehung von Dekubitalgeschwüren, die nur durch konsequenten Lagewechsel im Stundenrhythmus verhindert werden können. Patienten mit hoher Querschnittslähmung sind pneumoniegefährdet. Der paralytische Ileus stellt eine weitere Bedrohung für den Querschnittsgelähmten dar. Die mit jedem Querschnittssyndrom verbundene Blasenlähmung bedarf der besonderen Aufmerksamkeit. Urethrale Dauerkatheter bedeuten immer eine erhöhte Infektionsgefahr für den Patienten. Regelmäßige Blasenentleerung mit Eimalkathetern oder eine suprapubische Blasenfistel haben sich besser bewährt. Bei Patienten mit hohen Querschnittslähmungen treten nicht selten Streßulzera mit erheblichen Blutverlusten auf, die lebensbedrohlich werden können. Als weitere Komplikationen sind Gelenkkontrakturen in den gelähmten Extremitäten zu nennen. Die Patienten müssen daher von Anfang an häufig passiv durchbewegt werden. Die Betreuung eines Querschnittsgelähmten erfordert einen enormen pflegerischen Aufwand rund u m die Uhr. Sie erfolgt am besten in speziell dafür eingerichteten Kliniken und Institutionen. Die Prognose von Patienten mit Querschnittslähmung oberhalb C 5 m u ß insgesamt als sehr ungünstig angesehen werden, die meisten dieser Patienten versterben relativ früh nach dem Unfall. Tetraplegiker sind naturgemäß nur in sehr begrenztem Umfang rehabilitationsfähig. Die Langzeitbehandlung dient der Stabilisierung der vegetativen Funktionen, der Verhinderung von Dekubitalulzera und von Gelenkversteifungen. Dagegen erreichen Patienten mit medullärer Schädigung unterhalb von Th 1 meist innerhalb eines halben Jahres die Fähigkeit, sich im Rollstuhl fortzubewegen. Dies ermöglicht die Wiedereingliederung in die Familie und im beschränkten Umfang auch in den Beruf.
Komplikationen der Querschnittslähmung Initial: - spinaler Schock mit Kreislaufkollaps. Später: - Dekubitalgeschwüre, - Gefahr der Pneumonie, - paralytischer Ileus, - Blasenlähmung.
Bei hohen Querschnittslähmungen: - Streßulzera mit Blutverlusten (lebensbedrohlich), - Gelenkkontrakturen in den gelähmten Extremitäten.
Prognose bei Querschnittslähmung: oberhalb C 5 sehr ungünstig, Tetraplegiker: nur geringe Rehabilitationsfähigkeit. Medulläre Schädigung unterhalb von Th 1: nach einem halben Jahr ist Rollstuhlfahren möglich. Kaudalähmung: Wiederkehr von Funktionen bis zu einem Jahr, Gehen, ζ. T. mit Gehhilfen.
Noch günstiger sind im allgemeinen die Aussichten bei Patienten mit Kaudalähmung. Bis zu einem Jahr nach dem Unfall können Funktionen wiederkehren. Viele Patienten können wieder selbständig gehen, ζ. T. allerdings nur mit Gehhilfen. Ein sehr wichtiger Aspekt in der Behandlung von Querschnittsgelähmten ist die Aufklärung über das Ausmaß der Verletzung und die zu erwartende Prognose. Die psychische Führung solcher Verletzten erfordert viel Einfühlungsvermögen und ärztliche Erfahrung.
9. Periphere Nerven
Periphere Nerven
9.1 Verletzungen
Verletzungen Bei vollständiger Nervendurchtrennung: Totalausfall der motorischen, sensiblen und vegetativen Versorgung.
Verletzungen peripherer Nerven und von Nervenwurzeln können durch vielfältige Mechanismen hervorgerufen werden. Bei der traumatischen Armplexuslähmung handelt es sich u m eine stumpfe Gewalteinwirkung auf die Schulter mit Zerrung und Zerreißung des Plexus brachialis. Teilweise kommt es auch zum Wurzelausriß am Rückenmark. Schnitt-, Stich- und Rißverletzungen können zur partiellen oder auch vollständigen Durchtrennung peripherer
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XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven Nerven führen. A m meisten gefährdet sind der N. radialis, der N. medianus und der N. ulnaris sowie der N. peronaeus. Eine vollständige Nervendurchtrennung resultiert in einem Totalausfall der motorischen, sensiblen und vegetativen Versorgung im Ausbreitungsgebiet des betroffenen Nerven. Nach Verletzungen, besonders im Ellenbogenbereich, kann es auch noch nach Jahren zu einer sog. traumatischen Spätlähmung durch narbige Veränderungen im ehemaligen Verletzungsgebiet kommen. Die typischen Zeichen der häufigsten peripheren Nervenlähmungen sind:
Typische Zeichen für periphere Nervenlähmungen:
Fallhand bei Lähmung des N. radialis mit Unfähigkeit der Dorsalflexion, Schwurhand bei Lähmung des N. medianus, Krallenhand bei Lähmung des N. ulnaris, besonders der 2 ulnaren Finger, Fallfuß bei Peronaeuslähmung mit typischem Storchengang.
Bei Ausfall peripherer Nerven sorgfältige Funktionsanalyse mit: neurologischer Untersuchung, Elektromyographie, Neurographie, Untersuchung der Schweißsekretion. Verletzung auch bei therapeutischen Maßnahmen möglich.
Jeder Ausfall eines peripheren Nerven bedarf einer sehr sorgfältigen Funktionsanalyse, die neurologische Untersuchung, Elektromyographie und Neurographie sowie gegebenenfalls Untersuchung der Schweißsekretion mit Jodstärketest oder Ninhydrintest einschließt.
Operative Versorgung: Primärnaht oder Sekundärnaht. Bei sauberer Schnittverletzung oder Abtrennung einer Extremität^» Primärnaht.
Unterbleibt Primärnaht: Aussprossung von Nervenfasern mit Neurombildung. Folge: heftige Schmerzen und Gebrauchsunfähigkeit der Extremität.
Interfaszikuläre Nerventransplantation mit N. suralis als Transplantat. Etwas geringere Chance zur Funktionswiederkehr als bei Primärnaht.
Periphere Nerven können nicht nur durch die aufgeführten Verletzungsmechanismen durchtrennt, sondern auch bei therapeutischen Maßnahmen, insbesondere im Rahmen der Frakturbehandlung geschädigt werden. Besonders gefährdet aufgrund seines knochennahen Verlaufes im Bereich des Humerusschaftes ist der N. radialis, der bereits primär bei Frakturen in bis zu 70 % der Fälle geschädigt wird. Bei offener Frakturbehandlung sollte der Nerv daher immer aufgesucht und dargestellt werden. Bei operativer Versorgung von Unterarmfrakturen kann der N. ulnaris geschädigt werden. Seltener sind iatrogene Verletzungen am N. ischiadicus und am N. peronaeus, der vor allem bei Gipsverbänden durch Druck auf das Fibularisköpfchen lädiert werden kann. Bei der operativen Versorgung peripherer Nervenverletzungen ist zwischen der primären Naht direkt im Anschluß an die Verletzung und der zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführten Sekundärnaht zu unterscheiden. Handelt es sich u m eine glatte, saubere Schnittverletzung mit Durchtrennung eines Handnerven, so wird man eine primäre Nervennaht durchführen, die in einem hohen Prozentsatz zu einer Funktionswiederkehr führt. Dies gilt selbstverständlich auch für Verletzungen mit teilweiser oder vollständiger Abtrennung einer Extremität. In mikrochirurgischer Technik werden die Nervenstümpfe aneinandergelegt und mit epineuralen bw. perineuralen interfaszikulären Nähten adaptiert (Abb. 18-16). Unterbleibt eine primäre Nervennaht, so kann es innerhalb von wenigen Wochen bis Monaten durch Aussprossung von Nervenfasern aus dem proximalen Nervenstumpf zur Neurombildung kommen. Dabei entsteht eine abnorme Berührungsempfindlichkeit der Haut über dem Neurom mit heftigen Schmerzen und Gebrauchsunfähigkeit der betreffenden Extremität. Bei der operativen Revision zu einem späteren Zeitpunkt, am besten etwa 3 Wochen nach Verletzung, wenn eine Primärversorgung nicht möglich war, müssen die beiden Stümpfe des durchtrennten peripheren Nerven aufgesucht werden. In den meisten Fällen wird eine interfaszikuläre Nerventransplantation erforderlich sein. Als Transplantat dient der N. suralis. Die Aussichten, daß eine solche Operation zur Funktionswiederkehr führt, sind gegenüber der primären Nervennaht mit einer Erfolgsquote von ca. 70 % etwas geringer.
Periphere Nerven
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Abb. 18-16 Mikrochirurgische perineurale Nervennaht (aus H. Kretschmer, Traumatologie der peripheren Nerven, 1984)
Bei Teildurchtrennung von peripheren Nerven können intraneurale Neurome entstehen. Bei der Operation führt man eine interfaszikuläre Neurolyse sowie Neuromentfernung mit gleichzeitiger Nervennaht oder Faszikeltransplantation durch. Nach Nervennaht rechnet man mit einem Nervenwachstum von 1 - 2 mm pro Tag. Die volle Funktionswiederkehr kann sich daher über längere Zeiträume erstrecken und ist oft nach einem Jahr noch nicht abgeschlossen.
Bei Teildurchtrennung, Entstehung von intraneuralen Neuromen. Konsequenz: - interfaszikuläre Neurolyse, - Neuromentfernung, - Nervennaht, - Faszikeltransplantation. Volle Funktionswiederkehr oft erst nach 1 Jahr.
9.2 Nichttraumatische Nervenschädigungen
Nichttraumatische Nervenschädigungen
Eine Reihe von Engpaßsyndromen können zu Schädigungen peripherer Nerven mit teilweise erheblichen neurologischen Ausfällen und Schmerzen führen, vor allem im Bereich der oberen Extremität. Das Skalenussyndrom wird durch eine Kompression der unteren Zervikalwurzeln in der sog. Skalenuslücke hervorgerufen. Ähnliche Ausfälle kommen bei einer Halsrippe zustande. Die operative Versorgung besteht in einer Durchtrennung des M. scalenus anterior bzw. in einer Resektion der Halsrippe. Wesentlich häufiger ist das Sulcus-ulnaris-Syndrom durch chronischen Druck auf den N. ulnaris im Ellenbogenbereich oder als sog. Spätlähmung nach Ellenbogenverletzung. Nach Sicherung der Diagnose durch Messung der Nervenleitgeschwindigkeit wird der Nerv auf die Volarseite des Unterarms verlagert und dort neu eingebettet. Häufig finden sich den Nerven einengende Verwachsungen, die zu deutlichen Kaliberunregelmäßigkeiten des Nerven fuhren. Häufigstes Engpaßsyndrom ist die Brachialgia paraesthetica nocturna, die durch eine Einengung des N. medianus im Karpaltunnel hervorgerufen wird. Dieses als Karpaltunnelsyndrom bezeichnete Krankheitsbild tritt vor allem bei Frauen jenseits des 60. Lebensjahrs auf, wird aber auch während der Schwangerschaft und bei Akromegalie beobachtet. Die Therapie besteht in einer Dekompression des Nerven durch Spaltung und Resektion des Lig. carpi transversum bis weit in die Hohlhand hinein. Seltener wird die Meralgia paraesthetica mit Schmerzen und Parästhesien im Versorgungsgebiet des N. cutanaeus femoris lateralis am äußeren Oberschenkel beobachtet. Bei diesem Leiden besteht eine Einengung des Nerven in un-
Engpaßsyndrome: Neurologische Ausfälle und Schmerzen Skalenussyndrom: durch Kompression der unteren Zervikalwurzeln (ähnlich bei Halsrippe). Operative Versorgung: Durchtrennung des M. scalenus, Resektion der Halsrippe. Sulcus-ulnaris-Syndrom: durch chronischen Druck auf den Nervus ulnaris im Ellenbogenbereich. Operative Versorgung: Verlagerung des Nerven auf die Volarseite des Unterarms.
Karpaltunnelsyndrom: Auftreten bei Frauen über 60 Jahren, während der Schwangerschaft, bei Akromegalie. Therapie: Dekompression des Nerven durch Spaltung des Lig. cärpi transversum.
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Tarsaltunnel-Syndrom: Lokalisation am Fuß. Symptome: Schmerzen in der Fußsohle, besonders beim Gehen. Behandlung: Durchtrennung des Bandes.
Tumoren der peripheren Nerven: seltenes Krankheitsbild. Meist gutartige Neurinome und Neurofibrome. Ausfälle durch Druckschädigung der Ner-
Therapie: Exzision der Geschwulst mit Nervennaht bzw. interfaszikulärer Transplantation.
XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven mittelbarer Nähe der Spina iliaca superior anterior am Ansatz des Leistenbandes. Am Fuß entsteht gelegentlich ein dem K a r p a l t u n n e l s y n d r o m vergleichbares Krankheitsbild, das Tarsaltunnel-Syndrom. Dieses wird durch eine Kompression des N. tibialis bzw. seiner Äste, der Nn. plantares im Bereich des Malleolus medialis unter dem Retinaculum mm. flexorum (Lig. laciniatum) hervorgerufen. Die Patienten klagen über Schmerzen in der Fußsohle, besonders beim Gehen. Eine Durchtrennung des Bandes ist angezeigt.
9.3 Tumoren der peripheren Nerven Tumoren peripherer Nerven stellen ein seltenes Krankheitsbild dar. Überwiegend handelt es sich u m gutartige Geschwülste, ζ. B. Neurinome und Neurofibrome; maligne Nerventumoren sind Raritäten (maligne entartete Neurinome, Fibrosarkome). Die Ausfälle werden durch Druckschädigung der Nerven hervorgerufen. Die Diagnose läßt sich meist leicht stellen, wenn die Geschwulst eine gewisse Größe erreicht hat und so durch die Haut hindurch getastet werden kann. Die Therapie besteht in einer Exzision der Geschwulst mit anschließender Nervennaht bzw. interfaszikulärer Transplantation. Zahlreiche Tumoren an den peripheren Nerven treten bei der Neurofibromatose von Recklinghausen auf. Eine Exstirpation einer solchen Geschwulst wird man nur durchführen, wenn Schmerzen in dem befallenen Bereich auftreten oder die Tumoren durch ihre Größe den Patienten stören oder behindern.
Schmerzleiden Trigeminusneuralgie: häufigstes Schmerzleiden. Symptome: plötzliche Schmerzattacken im Gebiet der 3 Trigeminusäste, am häufigsten 2. und 3. Ast. Dauer: Sekunden bis Minuten.
Auslösung der Schmerzen durch Bewegungen (Waschen des Gesichts, Zähneputzen), kalten Luftzug.
Die idiopathische Trigeminusneuralgie ist ein vaskuläres Hirnnervenkompressionssyndrom.
10. Schmerzleiden 10.1 Trigeminusneuralgie und symptomatische Gesichtsschmerzen Die Trigeminusneuralgie stellt das häufigste Schmerzleiden dar. Sie ist charakterisiert durch plötzlich einschießende Schmerzattacken im Ausbreitungsgebiet eines der 3 Trigeminusäste, am häufigsten des 2. und 3: Astes. Die Schmerzanfälle dauern manchmal nur Sekunden, gelegentlich aber auch mehrere Minuten. Die an diesem Leiden erkrankten Patienten, meist Menschen im höheren Lebensalter, kommen völlig verzweifelt und manchmal dem Selbstmord nahe zum Arzt. Die Schmerzen werden ausgelöst durch Bewegungen, ζ. B. beim Kauen oder Zähneputzen, auch durch Waschen des Gesichtes, beim Rasieren oder durch kalten Luftzug. Bei der Untersuchung lassen sich die Schmerzen durch Reizung bestimmter Triggerpunkte auslösen. Der Nervenaustrittspunkt des betreffenden Trigeminusastes ist meist sehr druckempfindlich. Man hat die Trigeminusneuralgie früher als idiopathisch bezeichnet im Gegensatz zu symptomatischen Formen. Heute geht man davon aus, daß die sog. idiopathische Trigeminusneuralgie ein vaskuläres Hirnnervenkompressionssyndrom darstellt. Dies bedeutet, daß bestimmte intrakranielle Gefäße, in erster Linie Arterien, den N. trigeminus nahe seines Eintritts in den Hirnstamm komprimieren und reizen. Die konservative Behandlung besteht zunächst in der Verabreichung von Carbamazepin (Tegretal), das auch bei der Epilepsie eingesetzt wird. Bei Versagen dieser Behandlung müssen andere Therapieverfahren zur Anwendung kommen. Die lokale Infiltration von Trigeminusästen an den Nervenaustrittspunkten im Gesicht mit Lokalanästhetika bringt meist keinen dauerhaften Erfolg.
Schmerzleiden Auch die Exhairese eines Trigeminusastes kann wegen der hohen Rezidivgefahr nicht empfohlen werden. Größeren Heilerfolg verspricht die Elektrokoagulation des Ganglion Gass e n nach Kirschner. Über eine lange Hohlnadel, die neben dem äußeren Mundwinkel eingestochen wird, fuhrt m a n eine Elektrode bis ins Ganglion Gasseri, das dann mit Diathermie teilweise zerstört wird. In neuerer Zeit führt m a n eine kontrollierte Thermokoagulation des Ganglions durch, bei der die Oberflächensensibilität weitgehend erhalten werden kann. Man strebt eine selektive thermische Ausschaltung der Schmerzleitung an. Auch diese stereotaktischen Operationsverfahren weisen eine gewisse Rezidivquote auf. Als letzte Möglichkeit verbleibt dann entweder die retroganglionäre Durchtrennung der sensiblen Trigeminuswurzel nach Spiller und Frazier oder die vaskuläre Dekompression des N. trigeminus am Hirnstamm nach Freilegung des Kleinhirnbrückenwinkels. Von der idiopathischen Trigeminusneuralgie sind symptomatische Formen abzugrenzen. Die häufigsten Ursachen sind Erkrankungen und Verletzungen im Bereich des Ober- und Unterkiefers sowie der Nasennebenhöhlen, insbesondere der Kieferhöhle, Schädelbasisbrüche mit Verletzung von Trigeminusästen, Herpes zoster und selten Tumoren am N. trigeminus. Die Symptomatologie dieser Neuralgieformen unterscheidet sich meist von der idiopathischen Form durch Dauerschmerz und Sensibilitätsstörungen. Gelegentlich kommt es trotz Bestehen einer kompletten Analgesie zu unerträglichen Schmerzzuständen, die als Anaesthesia dolorosa bezeichnet werden. Diese treten gelegentlich auch nach Eingriffen am N. trigeminus mit Durchschneidung von Nervenanteilen auf.
10.2 Sonstige unbeeinflußbare S c h m e r z e n Sehr heftige, therapeutisch kaum beeinflußbare Schmerzzustände können bei der Zoster-Neuralgie auftreten. Bei der Kausalgie handelt es sich u m einen als brennend e m p f u n d e n e n sehr intensiven, meist anhaltenden Schmerzzustand im Ausbreitungsgebiet eines verletzten Nerven, der besonders reich an vegetativen Fasern ist, vorwiegend des N. m e d i a n u s und des N. tibialis. Als Therapie der Wahl wird in diesen Fällen die Sympathektomie angesehen. Ein weiterer therapeutisch schwer beeinflußbarer Schmerz ist der Neuromund Stumpfschmerz. Durch Aussprossen der Achsenzylinder und der Schwann-Zellen entsteht am proximalen Ende eines durchtrennten Nerven ein sehr druckempfindlicher Knoten, der auf geringste mechanische Reizung heftigste Schmerzsensationen auslöst. Besonders häufig sind solche Neuromschmerzen an Amputationsstümpfen. Resektion des Neuroms führt nicht immer zur Schmerzfreiheit. Man wird sich in diesen Fällen der Nervenstimulationsmethoden bedienen, eine Chordotomie ist meist nicht erfolgversprechend. Phantomschmerzen im Bereich amputierter Gliedmaßen treten bei ca. solcher Patienten auf. Die Pathogenese des Phantomschmerzes und der P h a n t o m e m p f i n d u n g sind bisher nicht eindeutig geklärt. Eine zuverlässig wirkende Operationsmethode gibt es bisher nicht. Die perkutane Chordotomie hat sich nicht bewährt. A u c h hier greift man gern zur Elektrostimulation, gelegentlich hat die Thalamotomie Erfolg. Im Terminalstadium zahlreicher Karzinome mit Infiltration des Plexus lumbosacralis treten häufig einseitige unbeherrschbare Schmerzzustände auf („Karzinom-Schmerz"). Bei diesen Patienten hat sich die offene bzw. die perkutane Chordotomie außerordentlich bewährt. Häufig kommt es nach Durchtrennung bzw. thermischer Ausschaltung des Tractus spinothalamicus zu Schmerzen auf der Gegenseite, die dann einen zweiten Eingriff erfordern. Bei der offenen Chordotomie wird der Tractus spinothalamicus meist im Be-
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Therapie: - Carbamazepin, - Elektrokoagulation des Ganglion Gasseri, - kontrollierte Thermokoagulation.
- retroganglionäre Durchtrennung der sensiblen Trigeminuswurzel, vaskuläre Dekompression des Nervus trigeminus am Hirnstamm. Symptomatische Form der Trigeminusneuralgie Ursachen: - Erkrankung und Verletzung des Ober- und Unterkiefers, - der Nasennebenhöhlen, der Kieferhöhle, - Schädelbasisbrüche mit Verletzung von Trigeminusästeny - Herpes zoster, Tumoren am N. trigeminus. Symptome: - Dauerschmerz, Sensibilitätsstörungen, - gelegentlich unerträgliche Schmerzzustände —> Anaesthesia dolorosa. Zoster-Neuralgie: therapeutisch kaum beeinflußbare Schmerzzustände. Kausalgie: brennender, intensiver anhaltender Schmerz vorwiegend am Nervus medianus und Nervus tibialis. Therapie: Sympathektomie. Neurom- und Stumpfschmerz: therapeutisch schwer beeinflußbar Am proximalen Ende des durchtrennten Nerven druckempfindlicher Knoten —» Schmerzsensation. Besonders häufig an Amutationsstümpfen. Therapie: bei Resektion nicht immer Schmerzfreiheit, daher Nervenstimulationsmethoden (Chordotomie). Phantomschmerzen: im Bereich amputierter Gliedmaßen, keine zuverlässige Operationsmethode. Therapie: Elektrostimulation, gelegentlich Thalamotomie. Karzinom-Schmerz: häufig unbeherrschbare Schmerzzustände. Therapie: perkutane Chordotomie. Man unterscheidet offene Chordotomie und perkutane Chordotomie. Hohe Erfolgsquote.
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XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven reich des oberen Brustmarks durchtrennt. Die perkutane Chordotomie führt man mit einer speziellen Thermosonde aus, die in Höhe C 1/2 von lateral her durch eine Punktionskanüle in den Tractus spinothalamicus vorgeschoben wird (Abb. 18-17). Die Erfolgsquote dieser Eingriffe ist sehr hoch, das Risiko nur bei doppelseitiger Chordotomie, die im Abstand von mehreren Wochen durchgeführt werden kann, erhöht. Die Indikation zur Operation wird man auch von der zu erwartenden Überlebenszeit abhängig machen müssen.
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Pyramidenbahn
und Temperaturbahn. Abb. 18-17 Prinzip der perkutanen Chordotomie (aus Schirmer 1984) Stereotaktische Hirnoperationen: gezielte Eingriffe am Gehirn mit berechneten Zielpunkten, Ausschaltung bestimmter Hirnfunktionen oder Gewebeproben bei Tumoren. Instrumentenzugang über Bohrloch.
Anwendung: bei Behandlung unbeeinflußbarer Schmerzzustände. Verfahren der Wahl: Thalamotomie. Indikation für die Thalamotomie: - Anaesthesia dolorosa, - Herpes-Neuralgie, - unbeeinflußbare Stumpf- und - Phantomschmerzen, - Kausalgie, - Schmerzen bei Karzinom-Kranken. Weiteres Hauptindikationsgebiet für stereotaktische Eingriffe: krankhafte Bewegungsstörungen des extrapyramidalmotorischen Systems. Hierzu gehören: - Hyperkinesen, - Parkinson-Syndrom gekennzeichnet durch Hypo- bzw. Akinese. Behandlungsergebnisse in 75-80% der Fälle positiv. Beim Morbus Parkinson Therapie mit LDopa. Heute auch Implantation von radioaktiven Substanzen in inoperable Hirntumoren.
10.3 Stereotaktische Hirnoperationen Stereotaktische Operationsverfahren sind gezielte Eingriffe am Gehirn in vorher exakt berechneten Zielpunkten zur Ausschaltung bestimmter Hirnfunktionen bzw. zur Entnahme von Gewebeproben bei Tumoren in für offene Operationen unzugänglichen Regionen, ζ. B. im Bereich des Hirnstamms zur Klärung der Artdiagnose. Die Instrumente werden dabei über ein Bohrloch ins Zielgebiet geführt, wobei die darüberliegenden kortikalen Hirnschichten weitgehend geschont werden können. In erster Linie führt man stereotaktische Eingriffe zur Behandlung unbeeinflußbarer Schmerzzustände durch. Das Verfahren der Wahl ist die Thalamotomie, bei der man verschiedene Kerngebiete am Ende des Tractus spinothalamicus durch Thermokoagulation ausschaltet. Die wichtigsten Indikationen für die Thalamotomie sind die Anaesthesia dolorosa, die Herpes-Neuralgie, unbeeinflußbare Stumpf- und Phantomschmerzen, die Kausalgie und Schmerzen bei Karzinom-Kranken. In etwa 50 % der Patienten ist auf diese Weise eine Schmerzausschaltung möglich.
Ein weiteres Hauptindikationsgebiet für stereotaktische Eingriffe stellen krankhafte Bewegungsstörungen des extrapyramidalmotorischen Systems dar. Zu diesen Bewegungsstörungen gehören alle Hyperkinesen, wie Chorea, Athetose, Ballismus, Torsionsdystonie, Tortikollis und Myoklonien. Weitaus häufiger als diese Hyperkinesien ist das Parkinson-Syndrom, das durch Hypo- bzw. Akinese gekennzeichnet ist. Die Behandlungsergebnisse bei dem zuletzt genannten Krankheitsbild sind nach Literaturangaben in 7 5 - 8 0 % der Fälle günstig, der Rigor verschwindet meist prompt. Durch die Einführung der L-Dopa-Therapie ist die Zahl stereotaktischer Eingriffe beim Morbus Parkinson deutlich zurückgegangen. Neuerdings hat neben der stereotaktischen Tumorbiopsie die Implantation von radioaktiven Substanzen in inoperable Hirntumoren auf stereotaktischem Wege an Bedeutung gewonnen.
Bewußtseinsstörungen
11. Epileptische Anfälle Epileptische Anfälle sind ein häufiges Symptom intrakranieller Prozesse ohne Spezifität. Nach Schädel-Hirn-Verletzungen mit Hirnsubstanzläsion treten nicht selten in der Frühphase zerebrale Krampfanfälle auf, die entweder als fokale oder als generalisierte Krampfanfälle in Erscheinung treten. Frühanfälle bedeuten keineswegs, daß eine posttraumatische Spätepilepsie resultiert. Nach schweren Schädel-Hirn-Verletzungen mit Kontusion von Hirngewebe kommt es in ca. 20 % der Patienten zur Spätepilepsie. Besonders gefährdet sind Patienten mit ausgedehnten Verletzungen im Bereich der Parietallappen. Fokale und generalisierte Krampfanfälle können über längere Zeit als einziges Symptom eines langsam wachsenden intrakraniellen Tumors, vor allen Dingen eines Astrozytoms oder Oligodendroglioms beobachtet werden. Auch bei arterio-venösen Angiomen ist oft ein Anfallsleiden der einzige Hinweis auf das Vorliegen eines zerebralen Prozesses. Bei jedem Patienten mit epileptischen Anfällen muß daher zumindest einmal im Leben eine subtile neuroradiologische Diagnostik durchgeführt werden, die Computertomographie und gegebenenfalls auch eine zerebrale Angiographie oder eine Magnetresonanztomographie einschließt. Eine besondere Form der epileptischen Anfälle stellen die Dämmerattacken oder Temporallappenanfälle dar, die auch als psychomotorische Anfälle bezeichnet werden. Nicht selten liegen einer solchen Temporallappenepilepsie ein Mißbildungstumor (Hamartom), ein kleines Angiom oder narbige Veränderungen im Hirngewebe zugrunde. Bei Patienten mit derartigen Läsionen führt man bei Therapieresistenz der Anfälle eine Exzision des Herdes durch, häufig in Verbindung mit einer einseitigen Amygdalektomie oder Hippokampektomie, wenn sich in diesen Hirnarealen mittels Tiefenelektroden epileptische Herde nachweisen lassen. Die Diagnostik wurde in letzter Zeit durch die Magnetresonanztomographie entscheidend verbessert.
12. Bewußtseinsstörungen Bewußtseinsstörungen sind häufiges Begleitsymptom oder Leitsymptom intrakranieller Prozesse unterschiedlicher Genese. Die leichteste Form einer Bewußtseinsstörung ist die Somnolenz. Dabei sind die Patienten zwar stets erweckbar und geben adäquat Auskunft, sie verfallen jedoch sofort wieder in einen schlafähnlichen Zustand. Bei zunehmender Somnolenz kommt es zu einem Stadium, in dem die Patienten keine adäquate Antwort mehr geben und die Aufmerksamkeitsphasen immer kürzer werden. Die Patienten sind meist verwirrt, zu Zeit, Ort und Situation nicht richtig orientiert. Gezielten Aufforderungen kommen sie nicht mehr so prompt nach. Die nächste Phase der Bewußtseinsstörung ist der Sopor. Dabei können die Patienten durch heftige Schmerzreize kurzzeitig erweckt werden, geben jedoch auf Fragen keine adäquaten Antworten mehr, sie versuchen gezielt abzuwehren. Im Stadium der Bewußtlosigkeit, des Komas, sind die Patienten durch keinerlei Reize mehr erweckbar. Manche Autoren haben versucht, das Koma in verschiedene Grade einzuteilen, wobei das Vorhandensein oder die Abwesenheit von motorischen Antworten mit der Tiefe des Komas korreliert wird. Die Glasgow-Koma-Skala hat sich in der Klinik als sehr brauchbar erwiesen (Tab. 18-3). Eine akut einsetzende Aphasie wird fälschlicherweise oft als Bewußtseinsstörung bezeichnet, das gleiche gilt für den Stupor und den akinetischen Mutis-
247 Epileptische Anfälle Nach Schädel-Hirn-Traumen mit Hirnsubstanzläsionen —> Krampfanfälle. M a n unterscheidet Frühanfälle und eine posttraumatische Spätepilepsie, die nicht voneinander abhängen. Besonders gefährdet: Patienten mit Verletzungen der Parietallappen.
Krampfanfälle auch als Ausdruck eines langsam wachsenden intrakraniellen Tumors. Hierbei besonders Astrozytom oder Oligodendrogliom. Ferner bei arterio-venösen Angiomen.
Temporallappenepilepsie: Ursache: Mißbildungstumor, kleines Angiom, narbige Veränderung im Hirngewebe. Therapie: Exzision des Herdes, evtl. verbunden mit Amygdalektomie oder Hippokampektomie.
Bewußtseinsstörung d. s. Begleitsymptome oder Leitsymptome intrakranieller Prozesse. Leichteste Form: Somnolenz.
Weiterreichendes Stadium der Somnolenz: Aufmerksamkeitsphasen werden immer kürzer. Verwirrtheit bezüglich Zeitort und Situation.
Sopor: Bewußtseinsstörungen, bei denen Patienten durch Schmerzreize geweckt werden können. Keine adäquaten Antworten auf Fragen. Koma: Bewußtlosigkeit. Durch Reize nicht erweckbar. Einteilung des Komas nach der Glasgow-Koma-Skala (Tab. 18-3). Aphasie, Stupor, Mutismus —» nicht möglich mit Patient Kontakt aufzunehmen.
XVIII. Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven
248
Tabelle 18-3 Glasgow-Koma-Skala (nach Jennett und Teasdale, 1977)
Augenöffnen
Beste motorische Reaktion
verbale Reaktion
spontan auf Anruf auf Schmerz gar nicht befolgt Aufforderungen gezielte Schmerzabwehr Massenbewegungen Beugesynergien Strecksynergien keine orientiert verwirrt unzusammenhängende Worte unverständliche Laute keine
Bewertung 4 3 2 1 6 5 4 3 2 1 5 4 3 2 1
Μ
Koma-Bewertung (Summe aller Reaktionen) = 3 - 1 5
Apallisches Syndrom: Zustand schwerster Hirnschädigung, oft im Anschluß an zerebrale Hypoxie, nach Entzündungen und Schädel-Hirn-Verletzungen mit Mittelhirneinklemmung. Fast ausschließlich nur vegetative Reaktionen. Ursache der Bewußtseinsstörung: - metabolisch, - Erhöhung des intrakraniellen Druckes. - Schnelle Klärung der Ursache, um gezielte Therapie einzuleiten. - Ausschluß raumfordernder Prozesse mit Hilfe der Computertomographie.
mus, Z u s t ä n d e in d e n e n es n i c h t m ö g l i c h ist, mit d e n P a t i e n t e n K o n t a k t aufzunehmen. Das von K r e t z s c h m a r erstmals b e s c h r i e b e n e apallische Syndrom b e z e i c h n e t e i n e n Z u s t a n d schwerster H i r n s c h ä d i g u n g , m e i s t e n s im A n s c h l u ß a n zerebrale Hypoxie, n a c h E n t z ü n d u n g e n u n d S c h ä d e l - H i r n - V e r l e t z u n g e n mit M i t t e l h i r n e i n k l e m m u n g . In d i e s e m Sinne zeigen die P a t i e n t e n fast ausschließlich vegetative R e a k t i o n e n , weshalb a u c h der Begriff „chronisches vegetatives S t a d i u m " geprägt wurde. B e w u ß t s e i n s s t ö r u n g e n bis h i n zur Bewußtlosigkeit k ö n n e n toxisch, m e t a b o lisch oder d u r c h E r h ö h u n g des intrakraniellen D r u c k e s b e d i n g t sein. Bei jeder Bewußtseinsstörung m u ß so schnell wie möglich versucht werden, die Ursache dieses Z u s t a n d e s diagnostisch abzuklären, d a m i t eine gezielte T h e r a p i e erfolgen k a n n . Vor allen D i n g e n ist ein sofortiger A u s s c h l u ß eines r a u m f o r d e r n d e n intrakraniellen Prozesses notwendig. D a f ü r eignet sich h e u t e besonders die C o m p u t e r t o m o g r a p h i e , die nicht n u r u m s c h r i e b e n e r a u m f o r d e r n d e Prozesse, ζ. B. T u m o r e n , zur Darstellung bringt, s o n d e r n a u c h typische Bef u n d e b e i m H i r n ö d e m oder d e n v e r s c h i e d e n e n intrakraniellen B l u t u n g e n liefert.
XIX. Gesicht Mundhöhle, Kiefer
XIX. Gesicht, Mundhöhle, Kiefer
R. Stellmach
1. M i ß b i l d u n g e n u n d F o r m a n o m a l i e n 1.1 Bedeutung und Häufigkeit Das Gesicht ist Ausdruck der Persönlichkeit und Spiegelbild der Seele seines Trägers. Da immer unbedeckt, sind alle Abweichungen vom normalen Aussehen unmittelbar auffällig. Mißbildungen im eigentlichen Sinne k o m m e n zustande durch embryologische Fehlleistung. A m häufigsten sind Lippen-Kiefer-Gaumenspalten, die mit z u n e h m e n d e r Inzidenz auftreten (1:500 Neugeborene). Weiter k o m m e n vor (sehr selten): schräge und quere Gesichtsspalten, kranio-faziale Mißbildungen, Fehlbildungen der Nase, der Ohren (Anotie), der Augen (Anophthalmie). Die wichtigsten Formveränderungen der Kiefer sind: Progenie (Kinn u n d Unterkiefer stehen vor); Prognathie (der Oberkiefer steht vor); Laterognathie (der Unterkiefer ist nach einer Seite verschoben und schief); Mikrogenie (Unterkiefer und Kinn sind zu klein und rückstehend); Mikrognathie (der Oberkiefer ist zu klein und rückstehend). Alle Störungen der Kieferform äußern sich in einem fehlerhaften Z u s a m m e n b i ß der Zahnreihen (Dysgnathie). Okklusionsstörungen k o m m e n aber auch ohne äußerlich sichtbare Formabweichungen der Kiefer vor. Fast jedes 2. Kind benötigt eine kieferorthopädische Behandlung, wenn Eugnathie ( = der regelrechte Z u s a m m e n b i ß der Zahnreihen) erzielt werden soll.
1.2 Pathogenese und Ätiologie Die Bildung des Gesichtes ist ein komplizierter Vorgang, an dem 5 Gesichtswülste beteiligt sind, der Stirnwulst und die paarigen Oberkiefer- u n d Unterkieferwülste. Aus dem Stirnwulst heraus differenzieren sich rechts und links je ein medialer und lateraler Nasenwulst, deren Ränder in der 7. Embryonalwoche unter Bildung der primären Nasengrube z u m primären G a u m e n verschmelzen (hintere Begrenzung: F o r a m e n incisivum). Eine Lippenspalte entsteht, wenn die Nasenwülste nicht zusammentreten. Der G a u m e n bildet sich von der 8. Woche des intrauterinen Lebens an, indem die an den Oberkieferwülsten befindlichen Gaumenfortsätze sich zur Mitte hin bis zur Verwachsung nähern. G a u m e n s p a l t e n resultieren, wenn die Verwachsung der Gaumenfortsätze ganz oder teilweise unterblieben ist. Bei vollständigen Lippen-Kiefer-Gaumenspalten ist sowohl die Vereinigung der Lippe und des Kiefers als auch die des G a u m e n s unterblieben. Gesicherter ätiologischer Faktor ist die Erblichkeit ( < 4 0 % der Fälle). Als andere Ursachen werden S p o n t a n m u t a t i o n e n und exogene teratogene Schäden a n g e n o m m e n (Virusinfektion in der Frühschwangerschaft, Röteln, Masern, Mumps, Windpocken, Toxoplasmose, aber auch Sauerstoffmangel, Vitaminmangel u n d ovarielle Insuffizienz). Im Einzelfall lassen sich die wirksam werdenden äußeren Faktoren nicht erfassen. Dies gilt für die anderen Mißbildungen u n d konnatalen Formveränderungen ebenso.
Mißbildungen, Formanomalien Ursache durch embryologische Fehlleistung. Die häufigsten Mißbildungen sind: - Lippen-Kiefer-Gaumenspalten, - schräge und quere Gesichtsspalten, - kranio-faziale Mißbildungen, - Fehlbildung von Nase, Ohren, Augen, - Progenie, - Prognathie, - Laterognathie, - Mikrogenie, - Mikrognathie, - Okklusionsstörungen.
250 Klinische Symptomatologie Lippenspalte: ein- oder doppelseitig. In der vollständigsten Form auch der Nasenboden gespalten. Bei Doppelseitigkeit gibt es ein Lippenmittelteil mit mobilem Zwischenkiefer dahinter. Fehlen der Lippenmuskulatur, kurzer Nasensteg.
XIX.Gesicht, M u n d h ö h l e , Kiefer
1.3 Klinische Symptomatologie D i e Lippenspalte k a n n ein- oder doppelseitig a u f t r e t e n , k o m m t links dreim a l so h ä u f i g vor wie rechts u n d liegt p a r a m e d i a n a n der Stelle, die der Filt r u m l e i s t e e n t s p r i c h t (Abb. 19-1). Bei unvollständiger A u s p r ä g u n g reicht sie u n t e r s c h i e d l i c h weit v o m L i p p e n r o t s a u m a u s bis a n das N a s e n l o c h h e r a n , in der vollständigen F o r m ist a u c h der Nasenboden gespalten. Als Lippen-Kieferspalte d u r c h s e t z t sie d e n Alveolarfortsatz bis z u m F o r a m e n incisivum.
Abb. 19-1 Linksseitige u n v o l l s t ä n d i g e Lippenspalte (Totalspalte)
Vollständige Lippen-Kiefer-Gaumenspalte (Abb. 19-2): Spalte durchsetzt den harten und weichen Gaumen. Gaumenlänge verkürzt.
Doppelseitige vollständige Lippen-Kieferspalten sind d u r c h ein L i p p e n m i t telteil (Prolabium) u n d d e n d a h i n t e r b e f i n d l i c h e n mobilen Zwischenkiefer ausg e z e i c h n e t . Dieses sog. Bürzel hängt a m knorpeligen S e p t u m u n d ist oft verlagert. Die G e w e b e i m L i p p e n m i t t e l t e i l sind hypoplastisch, die L i p p e n m u s k u l a t u r fehlt u n d der Nasensteg ist kurz. In j e d e r F o r m ihrer A u s p r ä g u n g läßt die Lippenspalte U n r e g e l m ä ß i g k e i t e n an der N a s e e r k e n n e n e n t s p r e c h e n d ihrer E n t s t e h u n g aus e i n e m e m b r y o l o g i s c h e n F e h l v e r h a l t e n der N a s e n w ü l ste. Der N a s e n f l ü g e l ist n a c h lateral verzogen der S p i t z e n k n o r p e l steht tief, der N a s e n l o c h e i n g a n g ist verbreitert. Bei vollständigen L i p p e n - K i e f e r - G a u m e n s p a l t e n (Abb. 19-2) d u r c h s e t z t die Spalte d e n h a r t e n u n d d e n weichen G a u m e n , die Gaumenlänge ist verkürzt. A u f j e d e r Seite des V e l u m s erscheint ein verkleinertes Z ä p f c h e n . Bei isolierten G a u m e n s p a l t e n sind Oberlippe, Kiefer u n d Z a h n b o g e n n o r m a l gebildet.
Abb. 19-2 V o l l s t ä n d i g e Lippen-KieferGaumenspalte
Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme sofort nach der Geburt. Gaumenspaltsprache ab dem 2. Lebensjahr mit näselndem Beiklang.
Die f e h l e n d e T r e n n u n g zwischen M u n d h ö h l e u n d N a s e n h ö h l e m a c h t sich sofort n a c h der G e b u r t d u r c h Schwierigkeiten bei der N a h r u n g s a u f n a h m e b e m e r k b a r , da die N a h r u n g d u r c h die Spalte in die N a s e gelangt. Infolge der Spalte des w e i c h e n G a u m e n s k o m m t a u c h der f u n k t i o n e l l e N a s e n r a c h e n a b schluß b e i m S c h l u c k e n u n d S p r e c h e n n i c h t z u s t a n d e . A b d e m 2. L e b e n s j a h r
Mißbildungen und Formanomalien
251
m a c h t sich die sog. G a u m e n s p a l t s p r a c h e b e m e r k b a r , d e r e n wesentliches C h a r a k t e r i s t i k u m der n ä s e l n d e Beiklang ist.
1.4 Diagnose 1.4.1
Gesichtsspalten
Diagnose Mißbildungen und Anomalien Gesichtsspalten: Bezeichnung des Verlaufes der Spaltbildung, z.B.:
D i e Seite der Spaltbildung wird z u n ä c h s t b e z e i c h n e t , ζ. B. linksseitige u n vollständige Lippenspalte, doppelseitige vollständige L i p p e n - K i e f e r - G a u m e n s p a l t e , vollständige V e l u m s p a l t e . Bei doppelseitigem S p a l t v o r k o m m e n k a n n die M a n i f e s t a t i o n der Spalte auf b e i d e n Seiten u n t e r s c h i e d l i c h sein, ζ. B. linksseitige vollständige L i p p e n - K i e f e r - G a u m e n s p a l t e , rechtsseitige u n vollständige Lippenspalte. Die quere Gesichtsspalte verläuft v o m M u n d w i n k e l seitlich d u r c h die W a n g e auf d e n G e h ö r g a n g zu ( N i c h t v e r s c h m e l z u n g des Ober- u n d Unterkieferwulstes). In ihrer M i k r o m a n i f e s t a t i o n ist lediglich eine verbreiterte M u n d s p a l t e v o r h a n d e n (Makrostomie).
Quere Gesichtsspalte: Verlauf vom Mundwinkel seitlich durch die Wange auf den Gehörgang zu.
Die schräge Gesichtsspalte verläuft vom F i l t r u m b e r e i c h der Lippe z u m A u g e ( N i c h t v e r s c h m e l z u n g des Oberkieferwulstes m i t d e m lateralen N a s e n wulst). Die kranio-fazialen Mißbildungen sind in sehr u n t e r s c h i e d l i c h e r Weise ausgeprägt u n d stellen oft m o n s t r ö s e V e r u n s t a l t u n g e n dar, vor allem, w e n n die A u g e n e x t r e m weit a u s e i n a n d e r liegen. E b e n s o groteske E r s c h e i n u n g s b i l d e r k ö n n e n d u r c h D o p p e l b i l d u n g e n oder Aplasie der N a s e u n d A n l a g e s t ö r u n g e n in a n d e r e n G e s i c h t s b e r e i c h e n z u s t a n d e k o m m e n .
Schräge Gesichtsspalte: Verlauf vom Filtrumbereich der Lippe zum Auge.
1.4.2 A n o m a l i e n d e r K i e f e r
Anomalie der Kiefer: Progenie: vorstehendes Kinn, brutaler Gesichtsausdruck. Prognathie: Vorstehen des vorderen Oberkiefers, kaum Lippenschluß. Laterognathie: Schiefstellung des Untergesichtes. Mikrogenie: zurückliegendes Kinn. Mikrognathie: eingezogenes Mittelgesicht, kleine Nase, wenig ausgeprägtes Jochbein. Objektivierung durch Okklusionsbefund, kieferorthopädische Meßverfahren am Röntgenbild.
V o n d e n typischen F o r m a n o m a l i e n der Kiefer ist die Progenie a m leichtesten zu e r k e n n e n d u r c h das v o r s t e h e n d e K i n n , das d e m G e s i c h t e i n e n b r u t a l e n A u s d r u c k verleiht. Bei der Prognathie k a n n infolge des V o r s t e h e n s des v o r d e r e n Oberkiefers der L i p p e n s c h l u ß n u r u n t e r A n s t r e n g u n g z u s t a n d e gebracht werden (Zwangslippenschluß). Die Laterognathie ist d u r c h e i n e Schiefstellung des U n t e r g e s i c h t e s charakteristisch. • Die Mikrogenie i m p o n i e r t d u r c h ein z u r ü c k l i e g e n d e s K i n n , • die Mikrognathie d u r c h ein eingezogenes Mittelgesicht m i t z u m e i s t kleiner N a s e u n d wenig p r o m i n e n t e n J o c h b e i n e n . Die F o r m a n o m a l i e n der Kiefer werden d u r c h d e n O k k l u s i o n s b e f u n d u n d d u r c h k i e f e r o r t h o p ä d i s c h e M e ß v e r f a h r e n a m F e r n r ö n t g e n b i l d objektiviert.
1.5 Therapie 1.5.1
Kranio-faziale Mißbildung: oft monströse Verunstaltung.
Therapie von Mißbildungen und Anomalien
Therapieziele
Die S p a l t b e h a n d l u n g erstrebt in der R e i h e n f o l g e ihrer soziologischen Bedeutung:
Ziele:
normales Sprechen durch Gaumenplastik, n o r m a l e s A u s s e h e n d u r c h Lippenplastik, n o r m a l e s K a u v e r m ö g e n u n d n o r m a l e G e s i c h t s r e l a t i o n d u r c h kieferorthopädische Behandlung.
1.5.2
Lippenplastik
L i p p e n s p a l t e n werden im Alter von 6 M o n a t e n operiert. Die n o r m a l e F o r m der Lippe u n d der n a t ü r l i c h e A m o r b o g e n w e r d e n d a d u r c h gebildet, daß geometrisch v e r m e s s e n e , m i l l i m e t e r g e n a u e E i n s c h n i t t e e i n e plastische Verlager u n g von L i p p e n a n t e i l e n e r l a u b e n (Abb. 19-3).
Lippenplastik: Operationsalter 6 Monate (Abb. 19-3), plastische Verlagerung von Lippenanteilen nach geometrischer Vermessung und millimetergenauen Einschnitten.
252
XIX.Gesicht, Mundhöhle, Kiefer
Abb. 19-3 Dreiecksläppchenplastik zum Verschluß einer linksseitigen vollständigen Lippenspalte Bei doppelseitigen Lippenspalten erfordert die Lippenplastik überwiegend ein zweiseitiges Vorgehen, i n d e m entweder die Lippenseiten im Abstand von 8 Wochen nacheinander operiert werden oder zunächst auf beiden Seiten die Nasenbasis u n d darauf folgend d a n n die Lippe gebildet wird. Gaumenplastik: Operationsalter 2 Jahre. Ziel: Gaumenspalte verschließen und Verlängerung der Gaumenweichteile mit Hilfe der Stiellappenplastik (Abb. 19-4), Erlernen des normalen Sprechens soll ermöglicht werden.
1.5.3 Gaumenplastik Bei der Gaumenplastik ist der wesentliche Punkt, daß sie d e m Kind das spontane Erlernen des normalen Sprechens ermöglichen soll. Das Operationsalter von 2 Jahren hat sich hierfür a m besten bewährt. Es k o m m t im Prinzip darauf an, nicht nur die G a u m e n s p a l t e zu verschließen, sondern es ist die gleichseitige Verlängerung der Gaumenweichteile erforderlich, damit das Velum beim Sprechen die Rachenwand erreichen kann. Hierfür eignen sich die sog. Stiellappenplastiken (Abb. 19-4). W e n n trotzdem der G a u m e n nicht lang genug wird u n d sich näselndes Sprechen entwickelt, ist frühzeitig eine Pharyngoplastik notwendig. Eine kranial gestielte Gewebebrücke aus der Rachenhinterwand wird in die nasenwärtige Decke des Velums oberhalb der Uvula eingenäht. Hierdurch kann der Nasenrachenabschluß wesentlich erleichtert und das Sprechen normalisiert werden.
Abb. 19-4 VY-Stiellappenplastik zur Verlängerung des Gaumens und zum Verschluß einer Gaumenspalte Korrekturoperationen: meist an der Nase, Operationszeitpunkt nach Beendigung des Wachstums.
Kieferorthopädische Behandlung: konservative Kieferorthopädie, Behandlungsbeginn 8. Lebensjahr, Einsatz abnehmbarer Bißplatten, bei Erwachsenen wenig erfolgversprechend.
1.5.4 Korrekturoperationen In besonderem Maße ist davon die Nase betroffen. Skelettierende Eingriffe am knorpeligen Nasengerüst dürfen erst ausgeführt werden, wenn das W a c h s t u m beendet ist, u m operationsbedingte W a c h s t u m s s c h ä d e n zu vermeiden. Für Narbenkorrekturen gilt das gleiche.
1.5.5 Kieferorthopädische Behandlung Okklusionsanomalien der Kiefer sind die D o m ä n e der konservativen Kieferorthopädie. Mit Behandlungsbeginn im 8. Lebensjahr können die meisten Bißfehler normalisiert werden, da in der Durchbruchsphase der Zähne der
M i ß b i l d u n g e n und F o r m a n o m a l i e n
253
f u n k t i o n e l l e U m b a u des Alveolarfortsatzes a m besten erreicht ist. H i e r z u werden a b n e h m b a r e Bißplatten eingesetzt. B e i m E r w a c h s e n e n sind konservative U m s t e l l u n g s m a ß n a h m e n n i c h t m e h r erfolgversprechend, da die U m b a u fähigkeit des K n o c h e n s n u r n o c h gering ist. 1.5.6 C h i r u r g i s c h e Kieferorthopädie Bei E r w a c h s e n e n ( M i n d e s t a l t e r 18 Jahre) k o m m e n chirurgische V e r f a h r e n infrage, bei d e n e n die Kiefer in S e g m e n t e n osteotomiert, in die g e w ü n s c h t e F o r m verbracht u n d d u r c h E i n s e t z e n von K i e f e r b r u c h s c h i e n e n bis z u r knöc h e r n e n H e i l u n g ruhiggestellt werden. Die Progenie ist die h ä u f i g s t e O p e r a t i o n s i n d i k a t i o n . O h n e äußere N a r b e n zu hinterlassen, k a n n d u r c h S c h n i t t f ü h r u n g vom M u n d e aus der U n t e r k i e f e r auf b e i d e n Seiten o b e r h a l b des Kieferwinkels d u r c h t r e n n t u n d in der n o t w e n d i gen W e i s e z u r ü c k v e r s c h o b e n werden (Abb. 19-5).
Chirurgische Kieferorthopädie: Mindestoperationsalter 18 Jahre. Kiefer in Segmenten osteotomieren und in die gewünschte Form bringen. Einsetzen von Kieferbruchschienen. Progenie: häufigste Operationsindikation. Zurückschieben des Unterkiefers nach Durchtrennung des Kieferwinkels (Abb. 19-5).
Abb. 19-5 Schräge Osteotomie durch den aufsteigenden Unterkieferast und Rückverschiebung des Unterkieferkörpers bei der Progenieoperation Die Prognathie wird korrigiert, i n d e m auf b e i d e n Seiten ein P r ä m o l a r e n t f e r n t u n d der alveoläre sowie der G a u m e n k n o c h e n soweit weggefräst werden, bis sich das mobilisierte f r o n t a l e K i e f e r s e g m e n t zurückverlagern läßt (Abb. 19-6).
Prognathie: Rückverlagerung des frontalen Kiefersegmentes nach Entfernung eines Prämolars auf beiden Seiten und Abfräsen des Gaumenknochens (Abb. 19-6).
Abb. 19-6 Modellstudie einer Prognathie-Operation vor (links) und nach (rechts) der Osteotomie S i n n g e m ä ß werden a u c h Mikrogenie u n d Mikrognathie durch Osteotomien an d e n Stellen der W a h l operiert, so daß sich die Kiefer- u n d Z a h n b ö g e n in die g e w ü n s c h t e O k k l u s i o n einstellen lassen. H i e r d u r c h e n t s t a n d e n e K n o c h e n d e f e k t e werden m i t Hilfe von autoplastischen K n o c h e n t r a n s p l a n t a t e n
Mikrogenie und Mikrognathie: Einstellung der Kiefer- und Zahnbögen in die gewünschte Okklusion durch Osteotomien.
254
Korrektur aller abnormen Bißlagen in einer einzigen Operation.
Prognose und Ergebnisse: Lippen- und Gaumenplastiken: bei perfekter Ausführung keine weitere Auffälligkeit der Spalte.
Verletzungen, Frakturen und Luxationen
XIX.Gesicht, Mundhöhle, Kiefer ausgefüllt, und danach wird die knöcherne Heilung durch Ruhigstellung mit Kieferbruchschienenverbänden abgewartet. Alle abnormen Bißlagen können in einer einzigen Operation korrigiert werden, wobei oftmals kombiniert an Ober- und Unterkiefer gleichzeitig vorgegangen werden muß.
1.6 Prognose und Ergebnisse Lippen- und Gaumenplastiken haben bei perfekter Ausführung so gute Ergebnisse, daß der Spaltträger sein Stigma verliert und die Spalte nicht mehr als solche auffällt. Bei den Osteotomien der Kieferknochen können Funktionsausfälle durch Intervention am N. alveolaris inferior oder am N. infraorbitalis entstehen und vorübergehend Gefühlsminderung der gleichseitigen Unter- bzw. Oberlippe zur Folge haben. Bei den Operationen aus kieferorthopädischer Indikation ist eine längere kieferorthopädische Nachbehandlung notwendig, u m Rezidive zu verhindern.
2. Verletzungen, Frakturen und Luxationen 2.1 Bedeutung und Häufigkeit
Bei Gesichtsverletzungen Überstellung des Patienten in eine Kiefer-Gesichtschirurgische Klinik. Bei Osteotomien der Kieferknochen: Funktionsausfälle, vorübergehend Gefühlsminderung. Längere kieferorthopädische Nachbehandlung.
Äthiologie und Pathogenese:
Bei 71 % aller Unfälle ist der Kopf betroffen. Am häufigsten frakturiert der Unterkiefer.
Ober- und Unterkieferfraktur:
schwerste Verletzung Kieferfraktur nach außen gedeckt, nach innen hin offene Verletzung.
Das Gesicht ist eine wenig geschützte Oberfläche des Körpers. Durch äußere Wunden oder Weichteildefekte und durch Verlagerung der frakturierten Kiefer· und Gesichtsknochen entstehen Störungen des Aussehens bis hin zu schwersten Entstellungen. Sie können vermieden werden, wenn die Erstversorgung des Unfalls frühzeitig und spezialistisch erfolgt; denn durch Sekundärbehandlung wird oft nicht mehr das optimale Ergebnis der primär möglichen Rekonstruktion erreicht. Da ungestörtes Aussehen für die soziale Anpassung in der Gesellschaft geboten ist, ergibt sich hieraus die Bedeutung der ärztlichen Hilfe schon am Unfallort: sie hat darauf hinzuwirken, daß der Gesichtsverletzte in eine Kiefer-Gesichtschirurgische Klinik überstellt wird.
2.2 Ätiologie und Pathogenese Durch zunehmende Motorisierung stehen die Verkehrsunfälle an der Spitze der Unfallstatistik. Der Kopf ist mit 71 % der am häufigsten betroffene Körperteil. 70 % der Verkehrstoten sterben an einem Schädel-Hirn-Trauma. Insgesamt werden ein Drittel aller Kiefer-Gesichtsschädelfrakturen durch Verkehrsunfälle bedingt, ein weiteres Drittel kommt durch Faustschläge zustande, etwa 15 % durch Betriebsunfälle, 10 % durch Sportunfälle, der Rest durch andere Ursachen. 20 % der Fakturen sind mit Weichteilverletzungen des Gesichtes kombiniert, ebenso hoch ist der Anteil einer begleitenden Gehirnerschütterung. A m häufigsten frakturiert der Unterkiefer (zwei Drittel aller Fälle), danach der Oberkiefer-Mittelgesichtskomplex (ein Viertel aller Fälle), der Rest betrifft Kombinationsfrakturen beider Bereiche. Hirnkomplikationen und Weichteilverletzungen finden sich häufiger mit Ober- als mit Unterkieferfrakturen vergesellschaftet, am häufigsten jedoch bei kombinierten Ober- und Unterkieferfrakturen, die naturgemäß die schwersten Verletzungen darstellen. Eine Eigentümlichkeit der Kieferfrakturen besteht darin, daß sie meistens nach außen gedeckte, nach den inneren Oberflächen der Mundhöhle u n d der Nase hin dagegen offene Verletzungen darstellen. Die Knochenflächen werden in Mund- und Nasenhöhle nur durch eine dünne Schleimhautperiostlage be-
Verletzungen, Frakturen und Luxationen deckt, die bei jeder Dislokation einer darunterliegenden Fraktur einreißt. Dagegen sind die äußeren Gesichtsweichteile dick und können beim Auseinandertreten der Bruchstücke nachgeben. Stumpfe Gewalten verursachen beträchtliche Hämatome in den Weichteilen. Bei Oberkieferfrakturen ist das Vollbluten der Kieferhöhle (Hämatosinus) durch Einriß der Kieferhöhlenschleimhaut die Regel. Die Bruchfestigkeit des Knochens wird durch pathologische Veränderungen herabgesetzt, so daß eine Fraktur bereits bei normaler mechanischer Beanspruchung als sog. Spontanfraktur entstehen kann. Ursache sind Zysten, Knochentumoren und Osteomyelitis. A m Unterkiefer kommen auch Luxationen vor, entweder ein- oder doppelseitig allein auftretend sowie in Kombination mit Brüchen als Luxationsfraktu-
2.3 Klinische Symptomatologie Schwellungen und Hämatome bei äußerlich intakter Hautoberfläche weisen auf mögliche darunterliegende Frakturen hin. Die Schwellungen nehmen im Bereich der Augenumgebung schnell ein beträchtliches Ausmaß an, so daß die prallen Lider nicht geöffnet werden können und die Erkennung von Frakturen im Mittelgesicht durch Inspektion und Palpation unmöglich wird. Dies ist der Grund für das nicht seltene Ubersehen von Jochbein- und Jochbogenbrüchen. Unterschiedliche Gesichtskonturen können durch dislozierte Brüche bedingt sein. Von besonderer Bedeutung bei den Kieferbrüchen ist der Zusammenbiß der Zähne. Die Okklusion ist oft nicht mehr so möglich wie vor dem Unfall. Manchmal besteht ein offener Biß (Abb. 19-7), d.h., es kommen beim Zusammenbiß nur die Molaren in Kontakt, während die Schneidezähne noch auseinanderstehen.
Abb. 19-7 Kieferbruchschiene im Oberkiefer und geteilte Schiene im Unterkiefer eingebunden; intermaxilläre Gummizüge zur Reposition des Kinnfragments bei offenem Biß durch Querfraktur des linken Unterkieferkörpers eingehängt; Anlegen eines Knochenhakens zur Reposition einer Jochbeinimpressionsfraktur
Abb. 19-8 Stufe in der Zahnreihe bei Unterkieferquerbruch
255
Bei Oberkieferfrakturen: Vollbluten der Kieferhöhle. Bei stumpfen Einwirkungen beträchtliche Hämatome in den Weichteilen. Spontanfraktur: verursacht durch Zysten, Knochentumoren und Osteomyelitis. Am Unterkiefer: ein- oder doppelseitige Luxationen und Luxationsfrakturen.
Klinische Symptomatologie: Schwellungen und Hämatome weisen auf Fraktur hin. Jochbein- und Jochbogenbrüche schwer diagnostizierbar, da starke Schwellung in der Augenumgebung. Unterschiedliche Gesichtskonturen durch dislozierte Brüche.
XIX.Gesicht, Mundhöhle, Kiefer
256 Stufen in den Zähnen bei Frakturen, die durch den Zahnbereich verlaufen.
Wenn Frakturen durch den Zahnbereich verlaufen und eine Verschiebung des Alveolarfortsatzes zur Folge haben, fallen sog. Stufen in der Zahnreihe auf (Abb. 19-8).
Diagnose
2.4
Diagnose
Die Diagnose einer Fraktur wird zunächst durch klinische Untersuchung gestellt. Klinische Untersuchungen
Unsichere Frakturzeichen:
=ί>
Sichere Frakturzeichen:
Unsichere Frakturzeichen: • Schmerzen im Bruchbereich; werden regelmäßig angegeben, lassen sich durch Druck über der Bruchstelle auslösen oder verstärken. • Stauchungsschmerz, entfernt vom vermuteten Bruchspalt wird ein Fragment gegen das andere gepreßt, ζ. B. vorsichtiger Stoß auf das Kinn bei Verdacht auf Kiefergelenksfraktur. • Traumatisches Odem und/oder Hämatom der Gesichtsweichteile. • Funktionsstörung, besonders oft Kieferklemme; der Mund kann nicht normal weit geöffnet werden infolge reflektorischer Schonstellung des gebrochenen Knochens und der umgebenden Muskulatur zur Vermeidung von Schmerzen. Kiefersperre; der Mund kann nicht geschlossen werden infolge einer Blockierung des Unterkiefers. Doppelbilder; resultieren durch Absinken des Augapfels bei Jochbein- oder bei Orbitabodenfraktur (Abb. 19-9). • Sensibilitätsstörungen der Oberlippe oder Unterlippe, entstehen durch Läsion des N. infraorbitalis bzw. alveolaris inferior, wenn die Fraktur durch den Nervenkanal im Knochen verläuft. Sichere Frakturzeichen: • Dislokation des gebrochenen Knochens, ζ. B. Eindellung und Schiefstand des Nasenrückens, Eindellung des Jochbogens, Abtastung von Stufen- und Knochenlücken am Infraorbitalrand oder am Unterkieferrand, Stufen in der Okklusion. • Abnorme Beweglichkeit, ist durch vorsichtige Bewegung der Knochenstümpfe gegeneinander prüfbar. • Krepitation ist im Bereiche des Gesichtsschädels selten auslösbar, wird durch Reiben der Fragmentenden gegeneinander erzeugt und ist sehr schmerzhaft.
Abb. 19-9 Absinken des rechten Bulbus infolge dislozierter Jochbein· und Augenbodenfraktur Absicherung der Diagnose durch - Röntgenuntersuchung:
Die Diagnose wird abgesichert durch eine Röntgenuntersuchung, hend vorgenommen werden sollte.
die umge-
Verletzungen, Frakturen und Luxationen Für die Diagnostik der Kieferbrüche ist das Orthopantomogramm optimal, für die Brüche des Mittelgesichtes sind Nasennebenhöhlen-Aufnahmen zur Darstellung der Jochbögen ist die Henkeltopfaufnahme erforderlich. Kiefergelenksbrüche werden im Tomogramm, Alveolarfortsatz- und Zahnfrakturen werden auf Zahnfilmen am besten dargestellt.
2.5 Therapie 2.5.1 Maßnahmen am Unfallort Einrisse der Zunge und des Mundbodens bluten stark und bringen Aspirationsgefahr mit sich. Aus diesem Grunde sind aus dem Munde blutende Verletzte sofort in stabile Seitenlagerung oder in Bauchlage zu bringen, damit das Blut aus Mund und Nase abfließen kann. Ausschließlich in dieser Lage muß auch der Abtransport erfolgen, und es dürfen keine die Atemtätigkeit mindernde analgetische Medikamente vor der Erstversorgung verabfolgt werden. Es genügt, die äußeren Wunden durch einen einfachen Verband sauber abzudecken.
2.5.2 Erstversorgung in der Klinik Durchgehendes Prinzip aller Verletzungen im Mund-, Kiefer-Gesichtsbereich ist die möglichst sofortige Versorgung von innen nach außen d. h., zunächst werden die Knochenbrüche und erst danach die äußeren Verletzungen versorgt. Bei den fronto-basalen Mittelgesichtsfrakturen mit Liquorrhoe durch Einrisse der Lamina cribrosa ist unter konkurrierendem Vorgehen mehrerer Fachdisziplinen (Kiefer-Gesichtschirurgie, Neurochirurgie, HNO) zunächst die Reposition und Fixation des Oberkiefers die wichtigste Maßnahme, weil bei vorgängiger Versorgung der Schädelbasis die ausgeführte Dura-Plastik durch die nachfolgende Oberkieferreposition wieder aufgerissen werden kann.
2.5.3 Kieferbruchschienen In der Kieferbruchbehandlung kommt es auf die genaue Wiederherstellung der Okklusion der Zahnreihen an, wie sie vor dem Unfall bestanden hat. Dies wird erreicht durch Einbinden von Kieferbruchschienen an die Zähne des Ober- und Unterkiefers. Mittels an den Schienen befestigter Häkchen werden Gummiringe zwischen Ober- und Unterkiefer eingehängt (s. Abb. 19-7), die die Kieferfragmente langsam in ihre frühere Position hineinziehen. Danach werden die Gummizüge durch Drahtligaturen ausgetauscht, die eine starre Immobilisation gewährleisten. Die Ruhigstellung ist für 4 - 8 Wochen erforderlich, bis genügende Kallusbildung eingetreten ist. Brüche des Kiefergelenks werden in ähnlicher Weise konservativ behandelt, jedoch wird die Ruhigstellung auf 2 Wochen begrenzt. Es folgt dann die funktionelle Behandlung, wobei durch vorsichtige Bewegungsübungen und zwischenzeitliche intermaxilläre Ruhigstellung die Gefahr einer narbigen Kieferklemme und einer späteren Ankylose verringert werden soll.
2.5.4 Oberkieferrüttelung Der ausgesprengte und dislozierte Oberkiefer kann so verkeilt sein, daß eine konservative Behandlung für die Reposition nicht tauglich ist. In derartigen Fällen erfolgt die Oberkieferrüttelung mit Hilfe von in Nase und Mund eingeführten Spezialzangen (Abb. 19-10), durch den der Oberkiefer aus der Verkeilung gelockert und in die frühere Position zurückgeführt wird. In dieser Stellung wird er gegen die Schädelbasis durch perfaziale Aufhängung fixiert (Abb. 19-11).
25 7 Orthopantomogramm, Nasennebenhöhlen-Auf nahmen, Henkeltopfaufnahme, Tomogramm, Zahnfilm.
Therapie Am Unfallort: bei Einrissen in Zunge und Mundboden durch starke Blutung Aspirationsgefahr: stabile Seitenlagerung des Patienten oder Bauchlage auch beim Transport. Keine analgetischen Medikamente.
Erstversorgung in der Klinik: Prinzip von innen nach außen: 1. Versorgung der Knochenbrüche, 2. Versorgung der äußeren Verletzungen.
Kieferbruchschienen: Ziel ist die genaue Wiederherstellung des Zusammenbisses der Zahnreihen durch Einbinden von Kieferbruchschienen an die Zähne (s. Abb. 19-7).
Ruhigstellung für 4 - 8 Wochen. Kiefergelenk: Behandlung konservativ, Ruhigstellung für 2 Wochen, danach funktionelle Behandlung, Bewegungsübungen. Oberkieferrüttelung: Lockerung des verkeilten Oberkiefers durch Spezialzangen, die in Mund und Nase eingeführt werden (Abb. 19-10).
258
XIX.Gesicht, Mundhöhle, Kiefer
Abb. 19-10 Anlegen der Rüttelzangen zur Oberkieferreposition
Operative Frakturbehandlung: Anwendung von Osteosyntheseplatten, besonders bei Unterkieferfrakturen. Operative Behandlung erforderlich bei: Jochbeinimpressionsfrakturen, Augenboden· frakturen: Darstellung der Sutura zygomaticofrontalis. Reposition unter Sicht, Anbringen einer Osteosyntheseplatte am lateralen Orbitarand (Abb. 19-13). Orbita reponieren und Defekte des knöchernen Augenbodens durch Auflagerung decken. Röntgenkontrolle. Entfernung der Osteosyntheseplatten im 2. Halbjahr.
2.5.5 Operative Frakturbehandlung In zunehmendem Maße kommen Osteosyntheseplatten zur Anwendung, insbesondere bei den Unterkieferfrakturen. Es m u ß sichergestellt sein, daß durch die Befestigungsschrauben weder eine Verletzung lebender Zähne noch des Mandibularkanals erfolgt. Wenn durch Kompressionsschrauben eine stabile Osteosynthese gesichert wird (Abb. 19-12), kann auf Kieferbruchschienen sogar verzichtet werden. Die operative Bruchbehandlung ist stets erforderlich bei Jochbeinimpressionsund bei Augenbodenfrakturen. Die Darstellung des Frakturgebietes erfolgt nach Anlegen eines subziliaren Schnittes im Unterlid, von dem aus sich der Augenboden gut übersichtlich machen läßt. Durch einen weiteren Schnitt am lateralen Rand der Augenbraue wird die Sutura zygomaticofrontalis dartgestellt. In den meisten Fällen läßt sich die mit Hilfe von Knochenzangen und -haken unter Sicht erzielte Reposition durch Anbringen einer Osteosyntheseplatte am lateralen Orbitarand stabil fixieren (Abb. 19-13). Die Eingeweide der Orbita werden reponiert und Defekte des papierdünnen knöchernen Augenbodens durch Aufla-
Verletzungen, Frakturen und Luxationen
259
Abb. 19-12 Funktionsstabile Druck-Osteosyntheseplatte bei Schrägfraktur im linken Unterkieferkörper
Abb. 19-13 Osteosyntheseplatte zur Fixierung einer Jochbeinfraktur gerung von Lyodura gedeckt. Dieses Vorgehen verschafft dem Bulbus die normale Abstützung und beseitigt aufgetretene Doppelbilder. Der Erfolg der Reposition und Fixation wird durch Röntgenkontrollaufnahmen abgesichert. Osteosyntheseplatten werden im Regelfall im zweiten Halbjahr nach ihrer Einbringung wieder entfernt, Drahtnähte können belassen werden.
2.5.6 Operative Wundversorgung Die operative Versorgung von Weichteilverletzungen ist anspruchsvoll, da es u m die Wiederherstellung des später unauffälligen Aussehens und u m möglichst feine Narben geht. Bei tiefen Verletzungen können Fazialisäste durchtrennt sein. Sie müssen mit dem Nervprüfgerät aufgesucht und durch mikrochirurgische interfaszikuläre Nervennaht sofort anastomosiert werden. Ähnliches gilt von der Durchtrennung des Parotisausführungsganges. Die Stümpfe werden aufgesucht, die Naht erfolgt über ein eingelegtes Kunststoffröhrchen. Die im Bereich des übrigen Körpers geübte Wundrandausschneidung ist im Gesicht fehl am Platze. Durchblutung und Wundheilungsverläufe sind so günstig, daß lediglich zerquetschte und nekrosesichere Wundanteile exzidiert werden dürfen. Prinzip ist die anatomische Wiedervereinigung der verletzten Teile in den einzelnen Gewebeschichten unter Wahrung ihrer normalen Form. Dies ist besonders an äußeren Kanten (Augenlider, Nase, Mundspalte, Ohrmuschel) von ausschlaggebender Bedeutung, um häßliche Stufenbildungen und Verziehungen zu vermeiden. Traumatische Substanzdefekte werden nur im Ausnahmefall sofort durch plastische Gewebeverschiebungen aus der Nachbarschaft versorgt. Besser ist die situationsgerechte Vernähung und sekundäre plastische Rekonstruktion unter aseptischen Kautelen, u m traumatisch bedingte Wundinfektionen auszuschließen.
Operative Wundversorgung: bei Durchtrennung von Fazialisästen sofortige Anastomisierung durch interfaszikuläre Nervennaht. Keine Wundausschneidung im Gesicht. Prinzip der Operation: anatomische Wiedervereinigung der verletzten Teile in den einzelnen Gewebeschichten unter Wahrung ihrer normalen Form. Besonders bei Augenlid, Nase, Mundspalte, Ohrmuschel von ausschlaggebender Bedeutung. Situationsgerechte Vernähung und sekundäre plastische Rekonstruktion unter aseptischen Bedingungen. Sofortiges Auswaschen, Ausbürsten und Auskratzen von Schmutzpartikeln, besonders bei Schürfverletzungen.
260
XIX.Gesicht, Mundhöhle, Kiefer Wichtig ist auch das sofortige Auswaschen, Ausbürsten und Auskratzen von Schmutzpartikeln, vor allem bei Schürfverletzungen; sonst bleiben außerordentlich häßliche, flächige Schmutzpigmentierungen zurück, die später kaum noch adäquat ohne Vernarbung zu beseitigen sind.
Luxation der Kiefergelenke - * Kiefersperre: Mund kann nicht geschlossen werden. Auftreten bei starkem Gähnen und bei extrem weiter Mundöffnung. Bei Wiederholung habituelle Luxation. Bei einseitiger Luxation Schiefstellung des Mundes.
2.6 Luxation der Kiefergelenke Bei der Luxation des Unterkiefers besteht eine Kiefersperre. Der M u n d kann nicht geschlossen werden, weil einer oder beide Gelenkköpfe über das T u b e r c u l u m articulare hinweg aus der G e l e n k p f a n n e nach vorn verlagert u n d durch den Zug der Schließmuskulatur fixiert werden, so daß ein spontanes Zurückgleiten nicht mehr möglich ist. Über d e m luxierten Gelenk ist die Haut vor dem Tragus eingezogen, beim Tasten dort und vom Gehörgang aus ist die Gelenkgrube leer. Die Luxation tritt auf nach starkem G ä h n e n und bei extrem weiter M u n d ö f f n u n g , z.B. beim Singen oder während zahnärztlicher Behandlung. Die doppelseitige Luxation bleibt ohne Seitenabweichung des Unterkiefers und tritt häufiger als die einseitige auf. Wiederholt sich dieser Zustand öfters, so spricht m a n von einer habituellen Luxation. In diesen Fällen vermag der Patient zumeist die Einrenkung unter Z u h i l f e n a h m e einer Hand selbst zustande zu bringen. Bei der einseitigen Luxation weicht das Kinn zur Gegenseite ab, der M u n d steht schief.
Einrenkung: Daumen auf die untere Seitenzahnreihe legen, Unterkiefer am Kieferwinkel mit den anderen Fingern umfassen, —»Zug des aufsteigenden Astes nach abwärts, gleichzeitiger Druck am Kinn nach aufwärts, —» Kieferköpfchen mit Diskus wird in die Gelenkpfanne zurückbewegt. Ruhigstellung für einige Tage durch Kopfverband.
Zur Einrenkung des Unterkiefers wird folgende Bewegung ein- bzw. doppelseitig ausgeführt: der D a u m e n wird auf die untere Seitenzahnreihe gelegt, während der Unterkiefer am Kieferwinkel mit den anderen Fingern u m f a ß t wird. Durch Zug des aufsteigenden Astes nach abwärts und gleichzeitigen Druck am Kinn nach aufwärts wird das Kieferköpfchen mit d e m Diskus über das Tuberculum articulare in die G e l e n k p f a n n e zurückbewegt. Dabei ist der D a u m e n vor Bißverletzungen durch ein zwischengelegtes H a n d t u c h zu schützen. Gelingt die Reposition wegen starker Schmerzen oder Verspann u n g der Muskulatur nicht, dann m u ß m a n sie in Narkose vornehmen. Anschließend ist für einige Tage die Ruhigstellung der Kiefergelenke durch einen Kopfverband zu empfehlen, damit die überdehnte Gelenkkapsel ausheilen kann. Für einige Monate danach sollte auch das maximale Mundöffnen vermieden werden, u m die Luxation nicht habituell werden zu lassen.
Prognose und Ergebnisse bei Verletzungen, Frakturen und Luxationen. Schnitt und Rißwunden im Gesicht: gute Abheilung nach atraumatischer Erstversorgung. Kieferfrakturen: knöcherne Heilung ist die Regel. Unterkiefer: Gefahr der Pseudoarthrose. Erstes Anzeichen: Parästhesien —» Kribbeln und Ameisenlaufen.
2.7 Prognose und Ergebnisse
Kieferbrüche: Gefahr einer Bruchspaltinfektion und Osteomyelitis.
Unfallnarben: beste Ergebnisse, wenn erst nach 1 Jahr korrigiert wird. Ausnahme: Behebung von Funktionsstörungen.
Schnitt- und Rißwunden im Gesicht zeigen eine gute Abheilung, wenn die Erstversorgung atraumatisch ausgeführt wurde. Die knöcherne Heilung der Kieferfrakturen ist die Regel, insbesondere am Oberkiefer. A m Unterkiefer besteht im Bereich des Unterkieferkörpers eher die Gefahr einer Pseudarthrose, wenn keine ausreichende Ruhigstellung erzielt werden konnte. Funktionsausfälle des N. infraorbitalis oder alveolaris inferior k o m m e n gewöhnlich nach einigen Wochen oder M o n a t e n zur Resensibilisierung. Erstes Anzeichen sind auftretende Parästhesien, die als Kribbeln u n d Ameisenlaufen imponieren. In Fehlstellung knöchern verheilte Frakturen werden nicht unbedingt im Bereich der dislozierten Bruchstellen, sondern an Stellen der Wahl osteotomiert. Pseudarthrosen verlangen eine Osteoplastik, u m die knöcherne Heilung zu gewährleisten. Kieferbrüche sind von der Gefahr einer Bruchspaltinfektion bedroht, wenn der Bruchspalt durch die Alveole eines devitalen Zahnes verläuft. D u r c h Aktivierung der apikalen Periodontitis kann es auch zu Osteomyelitis k o m m e n . I m Regelfall sollten daher devitale Zähne aus dem Bruchspalt entfernt werden. Die Korrektur von Unfallnarben im Gesicht erfolgt in den H ä n d e n Ungeübter gewöhnlich zu früh u n d darf erst ausgeführt werden, wenn die Narben ausgereift sind. Dies ist im Regelfall nicht vor einem halben Jahr nach dem Unfall
Odontogene Entzündungen
261
zu erwarten u n d wird daran erkannt, daß die Narben weich u n d blaß geworden sind u n d sich nicht m e h r weiter verändern. Beste Ergebnisse erzielt m a n n a c h einjährigem Zuwarten. Abweichend hiervon werden frühzeitige Sekundärkorrekturen d a n n ausgeführt, wenn die Behebung von Funktionsstörungen im Vordergrund steht (Schlußunfähigkeit der Augenlider, des M u n des, Verlegung des Nasenluftweges). Hilfreich ist auch die narbenpflegende S a l b e n - N a c h b e h a n d l u n g über mehrere Monate, u m durch lokale Anwend u n g von Kortison hyperplastische Narbenbildung zu verhindern. In seltenen Fällen, fast stets aber nach Verbrennungen, bilden sich Narbenkeloide, die Bleistiftdicke erreichen können. Sie verursachen quälenden Juckreiz, ihre Behandlung ist problematisch u n d verlangt plastische Operationsverfahren in K o m b i n a t i o n mit intradermaler Kortison-Injektion.
3. Odontogene Entzündungen 3.1 Häufigkeit und Bedeutung Unspezifische E n t z ü n d u n g e n und fortgeleitete Eiterungen im Gesichtsbereich gehen fast i m m e r von toten Z ä h n e n aus. Über den Wurzelkanal und periapikale Granulationsherde erfolgt der bakterielle N a c h s c h u b u n d das Eindringen der Erreger in den Körper. Da viele M e n s c h e n devitale Z ä h n e beherbergen, handelt es sich u m häufige Vorkommnisse. W e n n durch örtliche M a ß n a h m e n am Z a h n die E n t z ü n d u n g nicht z u m Abklingen zu bringen ist, wird stationäre operative Behandlung erforderlich.
3.2 Ä t i o l o g i e und Pathogenese Die Erreger sind überwiegend Staphylokokken u n d Streptokokken. Bei akutem Verlauf k o m m t es innerhalb weniger S t u n d e n zu einer serösen Periostitis, d a n a c h zur zellulären Infiltration und zur eitrigen Einschmelzung. Je nach d e m Ausgang von b e s t i m m t e n Z ä h n e n bilden sich typische Abszeßformen in der U m g e b u n g der Kiefer, im Gesicht u n d a m Halse aus, die sich in anatomisch zugehörigen regionären Spalträumen u n d Logen a n s a m m e l n . Im günstigsten Fall entsteht der Eiterdurchbruch auf dem kürzesten Wege von der Wurzelspitze zur Oberfläche hin innerhalb der M u n d h ö h l e als submuköser
Glandula submandibulars
A b b . 19-14 A b s z e ß im S u b m a n d i b u l a r r a u m
Salbennachbehandlung über mehrere Mo· besonders nach Verbrennungen,
nate
Odontogene Entzündungen A u s g a n g s p u n k t : Entzündungen und Eiterungen aus toten Z ä h n e n .
A u s b r e i t u n g ü b e r W u r z e l k a n a l in den Körper.
Ätiologie und Pathogenese: Erreger: S t a p h y l o k o k k e n und Streptokokken. A u s b i l d u n g v o n t y p i s c h e n A b s z e ß f o r m e n in d e r U m g e b u n g der Kiefer, im Gesicht, am Hals. Fortleitung d e r Eiterung des O b e r k i e f e r s : A b s z e s s e in d e r W a n g e , der Orbita und im retromaxillären Raum.
XIX.Gesicht, Mundhöhle, Kiefer
262
Von dort aus: Schädelbasis, Flügelgaumengrube, Infratemporalgrube und Sinus cavernosus. Meningitis möglich. Vom Unterkiefer aus: Abszesse im Submandibularraum (Abb. 19-14), im Submentalraum und unterhalb der Zunge. Weitere Ausdehnung abwärts in das Mediastinum, aufwärts zur Schädelbasis lateral zur Parotisloge.
Abszeß. Die Eiterung kann aber auch in weitere Entfernung fortgeleitet werden. Vom Oberkiefer aus entstehen Abszesse in der Wange, der Orbita und im retromaxillären Raum. Von dort aus ist die Ausdehnung zur Schädelbasis über die Flügelgaumengrube, die Infratemporalgrube und den Sinus cavernosus mit der Folge einer Meningitis möglich. Vom Unterkiefer aus entstehen typische Abszesse im Submandibularraum unterhalb des Unterkiefers (Abb. 19-14), im Submentalraum und unterhalb der Zunge. Die Ausdehnung nach dorsal führt in den Parapharyngealraum und von dort entlang der Scheide der großen Halsgefäße von V. jugularis interna und A. carotis communis nach abwärts in das Mediastinum, nach aufwärts zur Schädelbasis und nach lateral zur Parotisloge. Da alle Logen miteinander in Verbindung stehen, können gleichzeitig mehrere, zumeist benachbarte Spalträume abszedieren. Häufigste dentogene Ursachen sind der frühzeitig zerstörte untere Sechsjahrmolar und die unteren Weisheitszähne. Fälschlicherweise werden diese Eiterungen immer noch als Wangen- oder Halsphlegmone bezeichnet.
Klinische Symptomatologie: Akute Exazerbation, dicke Backe, starke Schmerzhaftigkeit, - oft hohes Fieber, - Kieferklemme, - Schluckbeschwerden Diagnose: - Entzündliche Schwellung, - Druckschmerz, bei Aufsteigen der Entzündung vom Oberkiefer: - Strangbildung, - Druckschmerzhaftigkeit der V. angularis.
Therapie Trepanation des verursachenden Zahnes, feuchtkalte Umschläge, evtl. Antibiotika-Behandlung, Bettruhe, Analgetika. In schweren Fällen: - stationäre Einweisung, - Wärmeanwendung, - frühzeitige Eröffnung, - Drainage zur Eiterentleerung. - Öffnung aller beteiligten Logen und deren Drainage. Erfolgszeichen: - Verbesserung des Allgemeinzustandes, - Verminderung der Kieferklemme. - Extraktion des verursachenden Zahnes erst nach 14 Tagen, da sonst Gefahr der Osteomyelitis vergrößert.
3.3 Klinische Symptomatologie Akute Exazerbation oft über Nacht, Entstehung einer dicken Backe, verbunden mit starker Schmerzhaftigkeit. Das Allgemeinbefinden kann erheblich gestört sein, oft bestehen hohes Fieber, Kieferklemme und Schluckbeschwerden.
3.4 Diagnose Fußt auf Angaben des Patienten über Zahnschmerzen oder vorausgegangene zahnärztliche Behandlung. Entzündliche Schwellungen sind stets druckschmerzhaft. Bei Aufsteigen einer Entzündung vom vorderen Oberkiefer gegen die Orbita zu ist eine Strangbildung und Druckschmerzhaftigkeit der V. angularis im Nasen-Augen-Winkel zu beachten, wobei es sich u m eine Thrombose bzw. Thrombophlebitis handelt. Die Feststellung, in welche Spalträume der entfernten Kieferumgebung die Eiterung vorgedrungen ist, verlangt spezielle Kenntnisse und bleibt dem Spezialisten vorbehalten.
3.5 Therapie Zunächst konservativ durch ableitende örtliche Maßnahmen: - Trepanation des verursachenden Zahnes, - feuchtkalte Umschläge, wodurch das Spannungsgefühl der Haut vermindert wird, - bei massiven entzündlichen Infiltraten und bei Temperatur über 38 °C Antibiotika-Behandlung (z.B. 4Mill. I.E.Penicillin täglich), außerdem - Bettruhe und Analgetika. Geht die Entzündung innerhalb von 2 - 3 Tagen nicht zurück, stationäre Einweisung. Beschleunigung der Abszedierung durch Wärmeanwendung, frühzeitige Eröffnung und Drainage zur Eiterentleerung. Von typischen Einschnitten aus (Abb. 19-15), die eine Verletzung der Fazialisäste vermeiden lassen, werden alle infrage kommenden Logen mit der Kornzange erreicht, eröffnet und durch Drains offengehalten. Nach der Eiterentleerung kommt es in wenigen Tagen zur Besserung. Wichtiges Anzeichen hierfür ist die Erholung des Allgemeinzustandes und die Verminderung der Kieferklemme, die durch Ausmessen des Abstandes zwischen den Kanten der Schneidezähne im Ober- und Unterkiefer objektiviert werden kann. Der die Eiterung verursachende Zahn darf erst 14 Tage nach dem Abklingen der akuten Entzündung entfernt werden, da die sofortige Ex-
263
Odontogene Entzündungen
Abb. 19-15 Eröffnung des Submandibularraumes 2 Q u e r f i n g e r unter d e m Unterkieferrand zur V e r m e i dung einer Läsion des Fazialismundastes
traktion eine zusätzliche Traumatisierung des Kieferknochens bedeutet und die Gefahr einer Osteomyelitis vergrößert.
3.6 Krankheitsbilder 3.6.1 G e s i c h t s p h l e g m o n e , Furunkel, Erysipel Die früher häufigen Gesichtsphlegmonen werden kaum noch beobachtet. Es handelt sich dabei um schrankenlos fortschreitende Eiterungen im Subkutangewebe, die nicht zur Abszedierung neigen und die durch Streptokokken verursacht werden. Da diese im Gegensatz zu Staphylokokken keine Resistenzbildung gegen Antibiotika zeigen, können Phlegmonen durch höchste Antibiotika-Gaben (Penicillin 60Mill I.E. i.v. und mehr) unter Intensivtherapie heute gut beherrscht werden. Von nicht dentogenen Entzündungen kommt dem Gesichtsfurunkel besondere Bedeutung zu. Es handelt sich um eine vom Haarbalg ausgehende Eiterung, die sehr schmerzhaft ist und zu erheblichen Schwellungen führt, besonders bei Sitz an der Oberlippe oder an der Nase. Streng konservatives Vorgehen, Bettruhe und hochdosierte Antibiotika-Behandlung mit einem penicillinnasefesten staphylokokkenwirksamen Antibiotikum (z.B. Oxacillin) ist erforderlich. Nach der Reifung stößt sich mit der zentralen Hautnekrose der Nekrosepfropf ab, woraufhin es innerhalb weniger Tage zur Abheilung kommt. Auch das Erysipel kommt im Gesicht vor, wird durch großflächige Rötung und Schwellung charakterisiert. Es handelt sich u m eine hochinfektiöse Streptokokkeninfektion der Haut,· die sehr gut auf Penicillinbehandlung anspricht. 3.6.2 D e n t o g e n e Gesichtsfistel Gelegentlich werden im Gesicht schmerzlose äußere Fisteln beobachtet, die eitrig sezernieren und Prädilektionsstellen in der Nähe des inneren Augenlidwinkels oder über dem Kinn haben. Ursache ist die chronisch granulierende Periodontitis eines toten Zahnes, wobei die Entzündung auf dem Wege der Granulationsbildung erst an weit entfernten Stellen nach außen durchbricht.
Gesichtsphlegmone: fortschreitende Eiterung in das Subkutangew e b e , verursacht d u r c h S t a p h y l o k o k k e n . Therapie: höchste Antibiotika-Gaben.
Gesichtsfurunkel: Eiterung, die v o m Haarbalg ausgeht. S e h r schmerzhaft. Erhebliche Schwellungen. Behandlung: konservativ, Bettruhe, h o c h dosierte Antibiotika-Gabe (z.B. Oxacillin).
Erysipel: g r o ß f l ä c h i g e Rötung und S c h w e l l u n g im Gesicht. Streptokokkeninfektion. Penicillin-Behandlung.
D e n t o g e n e Gesichtsflstel: s c h m e r z l o s e ä u ß e r e Fistel, die eitrig sezerniert. Prädilektionsstellen: innerer A u g e n l i d w i n k e l o d e r Kinn. U r s a c h e : Periodontitis eines toten Zahns. Diagnostik: A u f h e l l u n g u m die W u r z e l s p i t z e im Röntgenbild.
264
Therapie: Zahnentfernung, Wurzelspitzenresektion, Wurzelbehandlung.
Kieferosteomyelititis: Auftreten zumeist am Oberkiefer als Zahnkeimosteomyelitis. Eiterdurchbrüche zur Mundhöhle und zur Orbita. Folge: Fistelbildung und Abstoßung von Zahnkeimen. Therapie: Antibiotika in hohen Dosen. Im Erwachsenenalter: vorwiegend am Unterkiefer. Ursache: dentogen von wurzeltoten Zähnen. Ausbreitung der Entzündung und eitrige Einschmelzung im Unterkiefer. Folge: Lockerung der Zähne, Fistelbildung im Mundvorhof, Sensibilitätsverlust der Unterlippe. Therapie: antibiotische Behandlung, Schienung der gelockerten Zähne. Parotisabszeß Ursache: aufsteigende Infektion von der Mundhöhle durch den Parotisgang. Therapie: Röntgenreizbestrahlung, Abszeßöffnung von außen. Prophylaxe: Kaugummikauen.
Dentogene Kieferhöhleninfektion Ursache: tote Zähne im Oberkiefer auch Entzündung der Kieferhöhle und der Kieferhöhlenschleimhaut. Folge: Mundantrumfistel. Erste Anzeichen: Durchtritt von Flüssigkeit zur Nase, später eitrige Sekretion. Röntgenbild: Verschattung des Antrums. Therapie: Ausräumung der Kieferhöhlenschleimhaut und Radikaloperation der Kieferhöhle nur in sicheren Fällen. Verschluß der Kieferhöhlenfistel durch Zahn fleischlappenplastik, Drainage zum unteren Nasengang.
XIX.Gesicht, Mundhöhle, Kiefer Die Sondierung durch das Fistelmaul weist in die Richtung der odontogenen Ursache. I m Röntgenbild findet m a n eine Aufhellung u m die Wurzelspitze. Durch Zahnentfernung, Wurzelspitzenresektion oder durch korrekte Wurzelbehandlung kann die Infektionsursache ausgeschaltet werden, wodurch die Fistel versiegt. Zurück bleibt nicht selten eine trichterförmig eingezogene Narbe in der Haut, die später korrigiert werden kann.
3.6.3 Kieferosteomyelitis Die Osteomyelitis der Kiefer ist vorwiegend eine Erkrankung des frühen Kindesalters und tritt zumeist am Oberkiefer als Zahnkeimosteomyelitis auf. Eiterdurchbrüche zur M u n d h ö h l e und zur Orbita, langwierige Fistelbildungen und Abstossung von Z a h n k e i m e n sind die Folge. Wichtigste Behandlungsm a ß n a h m e ist nach Testung der Erreger die gezielte Verabreichung von Antibiotika in hohen Dosen über mehrere Wochen, u m den Übergang in das chronische Stadium und monatelange Eiterungen zu verhindern. Die Osteomyelitis im Erwachsenenalter k o m m t überwiegend im Unterkiefer vor und wird dentogen verursacht. Von wurzeltoten Z ä h n e n aus erfolgt eine Ausbreitung der E n t z ü n d u n g und eitrige Einschmelzung im M a r k r a u m des Unterkiefers, was zur Lockerung der Zähne führt. Es finden sich daneben multiple Fistelbildungen im Mundvorhof u n d Sensibilitätsverlust der Unterlippe durch Schädigung des N. alveolaris inferior (Vincent-Symptom). Gezielte antibiotische Behandlung und Schienung der gelockerten Zähne sind erforderlich.
3.6.4 Parotisabszeß Bei schlechtem Allgemeinzustand, besonders bei älteren Leuten und nach Bauchoperationen kann eine aufsteigende Infektion von der M u n d h ö h l e durch den Parotisgang zum Parotisabszeß fuhren. Prophylaktisch ist Kaugummikauen geeignet, den Speichelfluß zu fördern und die Keimaszension zu vermindern. Röntgenreizbestrahlungen ( 8 0 0 - 1 200 r) können m a n c h m a l z u m Sistieren der E n t z ü n d u n g führen. Sonst ist die Abszeßeröffnung von außen nicht zu umgehen, wobei auf den Verlauf der Fazialisäste Rücksicht g e n o m m e n werden muß.
3.6.5 Dentogene Kieferhöhleninfektion Von toten Z ä h n e n im seitlichen Oberkiefer ausgehend, kann auch die Kieferhöhle entzündlich erkranken. Auf dem Wege der sog. Durchwandungssinusitis erfaßt die entzündliche Infiltration unter Zerstörung des Knochens zwischen Zahnwurzel u n d benachbartem Kieferhöhlenboden die Kieferhöhlenschleimhaut, die sich polypös verändert. Häufiger noch ist die Sinusitis Folge einer nicht erkannten Perforation der Kieferhöhle bei der Zahnextraktion. Es folgt dann die Infektion durch die entstandene M u n d a n t r u m f i s t e l von der M u n d h ö h l e aus. Der Patient bemerkt hierbei zumeist den Durchtritt von Flüssigkeit zur Nase, ζ. B. beim Z ä h n e p u t z e n oder Trinken; später k o m m t es zu eitriger Sekretion. Das Röntgenbild der N a s e n n e b e n h ö h l e n zeigt eine mehr oder weniger weitgehende Verschattung des Antrums. Im Gegensatz zu früher wird heute jedoch die Radikaloperation der Kieferhöhle erheblich eingeschränkt und die A u s r ä u m u n g der Kieferhöhlenschleimhaut lediglich auf schwer veränderte Bezirke begrenzt. Kieferhöhlenfisteln müssen durch eine Zahnfleischlappenplastik verschlossen werden; gleichzeitig ist ein großes Fenster z u m unteren Nasengang anzulegen, damit Drainage u n d Ausheilung erfolgen können.
265
Chirurgische Erkrankungen der Zähne 3.6.6 Spezifische chirurgische Infektionen Aktionomykose In ihrer zerviko-fazialen Form k o m m t sie nur noch sporadisch vor. Auf dem Wege der Mischinfektion unter anaeroben Bedingungen können die Aktinomyzeten über Zahnfleischtaschen und kariöse Z ä h n e in den Körper eindringen. Typisch ist die brettharte, blau-rote Infiltration der Wange und des Halses mit narbiger Induration. Es k o m m t zu multiplen u n d langdauernden Fisteleiterungen. Das Auftreten eines Reabszesses trotz kunstgerechter Erstbehandlung u n d Entfernung des verursachenden Zahnes ist bereits auf das Vorliegen einer Aktinomykose verdächtig. Antibiotische Behandlung führt regelmäßig zur Ausheilung.
Aktinomykose: Entstehung über Zahnfleischtaschen und kariöse Zähne, Eindringen in den Körper. Typische Zeichen: brettharte, blau-rote Infiltration der Wange und des Halses. Langdauernde und multiple Fisteleiterung. Therapie: Antibiotika.
Tuberkulose Selten geworden ist die Tuberkulose des Gesichtes, die als Lupus vulgaris früher zu großen Gesichtszerstörungen führte. Tuberkulöse L y m p h o m e am Halse treten dagegen noch vereinzelt in Erscheinung. Es handelt sich dabei u m eine tuberkulöse Manifestation in den Halslymphknoten, wobei die Eintrittspforte in der M u n d h ö h l e devitale Zähne, Tonsillenkrypten oder Schleimhautläsionen sein können. Benachbarte tuberkulöse Lymphknoten verbacken zu großen Paketen, die später zentral verkäsen und durch die H a u t nach außen durchbrechen. Chirurgische Behandlung ist angezeigt bei allen Lymphomen, die größer als kirschgroß sind. Die Entfernung erfolgt unter tuberkulostatischer Abschirmung und verlangt erhebliches chirurgisches Geschick, u m trotz des notwendigen überwiegend scharf-stumpfen Präparierens eine Verletzung der Nerven (Accessorius, Hypoglossus, Vagus) und Gefäße (V. jugularis interna, V. retromandibularis) zu vermeiden. Lungenfachärztliche Nachbetreuung ist notwendig.
Tuberkulose: selten. Ursache: in der Mundhöhle devitale Zähne, Tonsillenkrypten, Schleimhautläsionen.
4. Chirurgische Erkrankungen der Zähne 4.1 Zahnextraktion Nicht erhaltungswürdige Z ä h n e werden extrahiert. Der Eingriff wird in örtlicher Betäubung durchgeführt. Außer der terminalen Anästhesie in der Umgebung des Zahnes selbst k o m m t die Leitungsunterbrechung an weiter entfernten Stellen in Frage, am Foramen mandibulae für die Zähne des Unterkiefers, am Tuber maxillae für die Molaren und Prämolaren des Oberkiefers und am F o r a m e n infraorbitale f ü r die oberen Frontzähne. Im Röntgenbild sichtbare apikale Veränderungen, sog. Granulome, müssen kürettiert werden, da es sich bereits u m kleine radikuläre Zysten handeln kann. Bei ihrer Belassung wachsen sie weiter u n d können später als sog. Residualzysten erhebliche Größe erlangen. Die Extraktion der Prämolaren und Molaren im Oberkiefer hat zu berücksichtigen, ob die Wurzelspitzen nahe z u m Kieferhöhlenboden lokalisiert sind. In diesem Fall kann die Extraktion eine Mundantrumfistel verursachen, die den sofortigen plastischen Verschluß der Alveolenöffnung erforderlich macht. Die Sondierung nach der Extraktion ist das einzige sichere Verfahren, u m eine eingetretene Perforation nachzuweisen bzw. auszuschließen.
4.2 Operative Zahnentfernung Abgebrochene Zahnwurzeln u n d retinierte Zähne verlangen die operative Zahnentfernung mit Freilegung. Dies ist im besonderen M a ß e bei den unteren Weisheitszähnen erforderlich, die wegen Platzmangel überhaupt nicht oder nur teilweise durchbrechen. In vielen Fällen reichen die Wurzelspitzen der
Therapie: chirurgische Behandlung der Lymphome. Lungenfachärztliche Nachbetreuung.
Chirurgische Erkrankungen der Zähne Zahnextraktion bei nicht erhaltungswürdigen Zähnen unter örtlicher Betäubung. Granulome müssen kürettiert werden, da Gefahr einer Residualzyste besteht.
Operative Zahnentfernung bei abgebrochenen Zahnwurzeln von retinierten Zähnen, besonders bei Weisheitszähnen.
XIX.Gesicht, M u n d h ö h l e , Kiefer
266
Komplikationen: Lingualisanästhesie mit Taubheit der Zungenhälfte.
Wurzelspitzenresektion zur Erhaltung devitaler Frontzähne und Prämolaren mit periapikalem Granulom. Entfernung des entzündlichen Granulationsgewebes einschließlich apikaler Wurzelanteile. Wurzelfüllung des Zahnes (Abb. 19-16).
Weisheitszähne über den Mandibularkanal hinaus, und es droht bei ungenügender Ausfräsung und grober Gewaltanwendung eine Nervenläsion. Sie macht sich als Hyp- oder Anästhesie der gleichseitigen Unterlippe bemerkbar. Die operative Zahnentfernung im Unterkiefer kann als weitere Komplikation außerdem eine Lingualisanästhesie mit Taubheit der entsprechenden Zungenhälfte zur Folge haben. Ursache ist das nicht sicher vermeidbare Anstechen des Nerven bei der Leitungsanästhesie oder die vermeidbare Druckschädigung durch Instrumente (Haken, Ausrutschen mit dem Hebel). Gewöhnlich kommt es nach mehreren Wochen oder Monaten zur Resensibilisierung.
4.3 Wurzelspitzenresektion Devitale Frontzähne und Prämolaren mit periapikalen Granulomen im Röntgenbild werden nach Möglichkeit erhalten, indem zu ihrer Sanierung eine Wurzelspitzenresektion ausgeführt wird. Der Eingriff besteht in der Entfernung des entzündlichen Granulationsgewebes einschließlich des apikalen Wurzelanteiles, das einen Herd im Sinne der Fokalinfektion darstellen kann. Gleichzeitig wird eine Wurzelfüllung des Zahnes vorgenommen (Abb. 19-16).
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Abb. 19-16 Zustand nach Wurzelspitzenresektion mit Ausräumung der apikalen Granulationen und Wurzelfüllung
Künstliche Zahnwurzelimplantate Einpflanzung künstlicher Zahnwurzeln in den zahnlosen Kiefer. Voraussetzung tragfähiger Alveolarfortsatz.
Zysten Äthiologie und Pathogenese: epitheliale Gebilde mit Ausgangspunkt: Epithelreste der Zahnleiste, der M u n d h ö h l e und des Halses aus der embryonalen Entwicklung. Entstehung: chronische Entzündungsreize von devitalen Zähnen. Später: Zellzerfall, Verflüssigung, Vergrößerung.
4.4 Künstliche Zahnwurzelimplantate Die Entwicklung der zahnärztlichen Implantologie macht es möglich, in den zahnlosen Kiefer künstliche Zahnwurzeln einzupflanzen, u m festsitzende oder abnehmbare Brücken darauf eingliedern zu können. Voraussetzung ist jedoch das Vorhandensein eines noch tragfähigen Alveolarfortsatzes. Zu berücksichtigen ist die Nähe der Kieferhöhle im Oberkiefer und des Mandibularkanals im Unterkiefer; diese Gebiete dürfen durch das Implantat nicht verletzt werden. In günstigen Fällen und bei perfekter Ausführung der prothetischen Zahnersatzarbeiten können derartige künstliche Wurzeln 10 Jahre und länger ihren vorgesehenen Zweck erfüllen.
5. Zysten 5.1 Ätiologie und Pathogenese Es sind epitheliale Gebilde, die ihren Ausgangspunkt von Epithelresten der Zahnleiste aus der embryonalen Entwicklung nehmen, ferner von Epithelresten in Knochennähten. Auch in den Weichgeweben der Mundhöhle und des Halses befinden sich Epithelreste, aus denen Zysten entstehen können.
Zysten
267
So bilden sich die lateralen und medianen Halszysten aus Kiemengangsepithelien bzw. solchen des Ductus thyreoglossus. 95 % aller Zysten der Mundhöhle liegen in den Kieferknochen. Ihre Entstehung verdanken sie chronischen Entzündungsreizen, die gewöhnlich von devitalen Zähnen ausgehen und schlummernde Epithelien in der Nachbarschaft zur Wucherung veranlassen. Später kommt es zum Zellzerfall, zur Verflüssigung und zur Vergrößerung durch steigenden Innendruck.
5.2 Klinische Symptomatologie Zysten bleiben zumeist symptomlos; Schmerzen entstehen, falls es zur Infektion kommt. Sie können sich bemerkbar machen durch Vorwölbungen der Knochenoberfläche, besonders im Mundvorhof und am Gaumen. Auch dadurch werden sie auffällig, daß in ihrem Bereich vorhandene Prothesen abgedrückt werden und nicht mehr passen.
5.3 Diagnose Pathognomonisch ist die Eindriickbarkeit der äußeren Zystenwand, das sog. Pergamentknittern. Zysten, die sich zwischen die Zahnwurzeln vorwölben, drängen die Wurzeln auseinander, was an den Zahnkronen als Neigung aufeinander zu bemerkbar werden kann. Die Diagnosesicherung erfolgt durch die Röntgenaufnahme, die einen rundlichen ausgestanzten und oft von einer weißlichen Zystenlinie durch Knochenapposition markierten Defekt aufweist. In den Kieferknochen kommen am häufigsten radikuläre Zysten vor. Der verursachende Zahn ist devital (Abb. 19-17). Noch im Kiefer befindliche verlagerte Zähne sind vital und können durch Entartung des Zahnsäckchens follikuläre Zysten bilden. Diese Zysten verdrängen bei ihrem Wachstum den zystentragenden Zahn. Im Oberkiefer können sie die gesamte Kieferhöhle einnehmen und den Weisheitszahn bis zum Auge hin verlagern; im Unterkiefer findet man Verlagerungen bis zum Unterkieferrand oder weit in den aufsteigenden Unterkieferast hinein; in solchen Fällen droht auch die Spontanfraktur. Im Ductus nasopalatinus können sich große Knochenzysten bilden, die den Nasenboden anheben und zu den fissuralen Zysten gerechnet werden.
radikulär
koronal
Klinische Symptomatologie: Schmerzen erst bei Infektion. Vorwölbungen der Knochenoberfläche, besonders im Mundvorhof und am Gaumen.
Diagnose: - Eindriickbarkeit der äußeren Zystenwand - » Pergamentknittern, Auseinanderdrängen der Zahnwurzeln. Diagnosesicherung: Röntgenaufnahme mit markiertem Defekt. Zysten können den zystentragenden Zahn verdrängen, im Oberkiefer die gesamte Kieferhöhle einnehmen, im Unterkiefer Verlagerung bis zum Unterkieferrand. Gefahr der Spontanfraktur.
Abb. 19-17 Schema dentogener Zysten
5.4 Therapie Die Behandlung der Kieferzysten besteht in ihrer Entfernung (Zystektomie). Größere Zystenhohlräume im Knochen werden mit einem Koagulum gefüllt, das aus e n t n o m m e n e m Eigenblut und einem resorbierbaren Gelantineschwamm unter Zusatz von Penicillin und Thrombin zur Stabilisierung und Infektionsverhinderung besteht. Bei primärer Heilung wird das organisierte Koagulum später verknöchert.
Therapie: Entfernung größerer Zystenhohlräume im Knochen. Auffüllen mit einem Koagulum, das später verknöchert. Keine Zystektomie, wenn Gefahr zur Devitalisierung lebender Zähne besteht. In diesen Fällen: Zystostomie: Fensterung zur Nebenbucht der Mundhöhle.
XIX.Gesicht, Mundhöhle, Kiefer
268
Die Zystektomie ist nicht indiziert, wenn die Balgentfernung zur Devitalisierung benachbarter lebender Zähne, zur Eröffnung von Kieferhöhle oder Nasenhöhle oder zur Nervenläsion im Mandibularkanal f u h r e n würde. In derartigen Fällen wird eine Zystostomie ausgeführt, wobei die Zyste zur N e b e n b u c h t der M u n d h ö h l e gefenstert wird. Diese Ö f f n u n g m u ß über mehrere Monate durch einen aus Kunststoff hergestellten Zystenstopfen offengehalten werden, bis sich durch z u n e h m e n d e Knochenapposition der Zystenh o h l r a u m abflacht. Retentionszysten: Vorkommen in Weichteilgeweben als bläulich durchschimmernde Ranula der Glandula sublingualis oder als Speichelzyste in der Lippen- und Wangenschleimhaut. In der Haut: Atherome durch Verstopfung der Talgdrüsen. Behandlung: Exstirpation.
Speicheldrüsen Eitrige Entzündung. Ursache: aufsteigende Infektion von der Mundhöhle aus bei verminderter Speichelsekretion. Folge: - Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens, - Kieferklemme, Therapie: breite Inzision, Drainage. Wenn bereits chronisch —* Exzision der Drüse.
5.5 Retentionszysten In den Weichgeweben k o m m e n Retentionszysten als bläulich durchschimmernde Ranula der Glandula sublingualis und als Speichelzyste in der Lippen- und Wangenschleimhaut vor, wenn der Ausfuhrungsgang verlegt ist. In der Haut bilden sich Atherome (Grützbeutel) durch Verstopfung der Ausführungsgänge der Talgdrüsen. Die Behandlung besteht in der Exstirpation.
6. Chirurgische Erkrankungen der Speicheldrüsen 6.1 Eitrige Entzündung Die akute eitrige E n t z ü n d u n g der Glandula parotis, submandibularis oder sublingualis verdankt ihre Entstehung zumeist der aufsteigenden Infektion von der M u n d h ö h l e durch den Ausführungsgang bei herabgesetzter Speichelsekretion und dadurch verminderter Selbstreinigungstendenz. Unter erheblichem Fieber kann es zur Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens u n d zur Kieferklemme k o m m e n . Durch starke Drüsenschwellung wird das Ohrläppchen ab- bzw. die Zunge angehoben. Durch Austreichen entleert sich oft Eiter aus dem Ausführungsgang. Drüsenabszesse weden breit inzidiert, wobei auf wirksame Drainage zu achten ist. Alle Speicheldrüsen können primär u n d bei unvollständiger Ausheilung akuter E n t z ü n d u n g e n chronisch erkranken, wobei es z u m narbigen Ersatz von Drüsengewebe k o m m t (Abb. 19-18). Entzündliche Schübe wechseln mit längeren freien Intervallen ab. Die narbigen Stenosen der Ausführungsgänge verhindern eine Ausheilung, so daß gewöhnlich nur die Exzision der betroffenen Drüse zur Dauerheilung führt. Dies ist bei der Glandula submandibularis u n d sublingualis unproblematisch, bei der chronischen Parotitis bedeutet jedoch die Parotidektomie einen sehr komplizierten Eingriff, da sich der N. facialis mit allen seinen Ästen wegen der schwieligen Vernarbungen nur schwer aus der Drüse herauspräparieren läßt. Die moderne Operationstechnik bedient sich hier der Hilfe des Operationsmikroskops.
Abb. 19-18 Ektasien des Gangsystems der Parotis bei chronischer Parotitis
269
Chirurgische Erkrankungen der Speicheldrüsen
6.2 Sialoadenitis Speichelsteine sind Konkrementbildungen, die besoners oft in der Glandula submandibularis vorkommen. Sie liegen dort am Knick des Ausfuhrungsganges u m den Hinterrand des M. mylohyoideus herum und stehen mit Entzündungen in enger Wechselbeziehung. Die Steine selbst verursachen kaum Beschwerden außer einer Speichelstauung, die sich durch äußerlich sichtbare Schwellung bei Beginn des Essens zu erkennen gibt. Sie verliert sich nach einiger Zeit durch langsamen Speichelabfluß. Erst das Hinzutreten einer aufsteigenden Infektion führt zu akuten Beschwer-
Sialoadentitis: Entzündung durch Speichelsteine bei Lokalisation im Gang: Schlitzung des Ganges über der Sondenspitze und Entfernung des Steines. Ggf. Entfernung der Glandula submandibularis von außen.
Gelegentlich stößt sich ein kleiner Stein ab und führt dann zu Spontanheilung. Konkremente lassen sich im Röntgenbild nachweisen. Können Steine im Gang sondiert werden, ist eine Schlitzung des Ganges über der Sondenspitze und die Entfernung des Steines zu versuchen. Die operative Entfernung der Glandula submandibularis von außen ist erforderlich, wenn die Steine nicht durch den Gang exzidiert werden können.
6.3 Mischgeschwülste In den Speicheldrüsen kommen am häufigsten sog. Mischgeschwülste vor, bei denen es sich histologisch um gutartige pleomorphe Adenome handelt. Sie bestehen aus epithelialen, schleimigen und knorpeligen Anteilen und liegen zumeist in der Glandula parotis. Mischtumoren wachsen extrem langsam und können Faustgröße erreichen. Nach langem Bestand ist ihre Entartung zu Adenokarzinomen möglich.
6.4 Bösartige Tumoren Karzinome kommen am häufigsten in der Parotis vor. Man findet sowohl Plattenepithelkarzinome, die sich von den Ausführungsgängen entwickeln, als auch Adenokarzinome, die im Drüsenepithel entstehen. Die Malignome durchwachsen schnell die Drüse, führen zur Fazialislähmung und zu regionären Lymphknotenmetastasen. Eine oft vorkommende Sonderform stellt das adenozystische Karzinom dar, das als sog. Zylindrom außer in den Speicheldrüsen auch in den Schleimdrüsen des harten und weichen Gaumens gefunden wird. Es macht seltener Metastasen, ist jedoch extrem rezidivfreudig und zeigt infiltrierendes Wachstum mit weiten Ausläufern.
6.5 Tumortherapie Tumoren der Glandula submandibularis und sublingualis werden samt den Drüsen entfernt. Gutartige Tumoren der Glandula parotis stellen die Indikation für die konservative Parotidektomie dar, bei der der Fazialis von seinem Stamm am Foramen stylomastoideum in allen Ästen präpariert und unter gleichzeitiger Entfernung der Geschwulst und des gesamten Drüsengewebes erhalten wird. Bösartige Parotistumoren erfordern die radikale Parotidektomie mit Opferung des Fazialis, bei Vorliegen von Halslymphknotenmetastasen zugleich die Lymphknotenausräumung im Block (Neck dissection). Der Versuch einer freien mikrochirurgischen Autonerventransplantation und eine gleichzeitige Muskelstützplastik durch Verlagerung von Masseteranteilen sind fortschrittlicher Operationsstandard, um die Entstellung des Gesichtes durch die motorische Lähmung zu vermindern. Als Nerveninterponat wird der sensible N. suralis bevorzugt, dessen Kabel faszikelweise in die benötigten Abgänge aufgeteilt werden können. Die Reinnervation dauert mehrere Monate und führt bei perfekter Operationstechnik zu weitgehender mimischer Beweglichkeit
Mischgeschwülste: bestehen aus epithelialen, schleimigen und knorpeligen Anteilen. Lokalisation meist in der Glandula parotis. Nach längerer Zeit Entartung zu Adenokarzinom möglich.
Bösartige Tumoren: Karzinome am häufigsten in der Parotis: - Plattenepithelkarzinome, - Adenokarzinome. Folge: - Fazialislähmung, - Lymphknotenmetastasen. Sonderform: adenozystisches Karzinom —» rezidivfreudig, infiltrierendes Wachstum.
Tumortherapie Gutartige Tumoren: konservative Parotidektomie mit Erhaltung des N.facialis.
Bösartige Tumoren: radikale Parotidektomie mit Fazialis- und Lymphknotenausräumung im Block.
XIX.Gesicht, Mundhöhle, Kiefer
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des Gesichtes. Jedoch unterbleibt zumeist die Wiederkehr der Funktion des Stirnastes.
Chirurgische Erkrankung der Gelenke
7. Chirurgische Erkrankungen der Kiefergelenke 7.1 Morphologie und Funktion Das Kiefergelenk zeigt einen komplizierten Aufbau; unter Einschaltung des Discus articularis sind sowohl Rotation und Vorschub des Unterkiefers zur Mundöffnung sowie seitliche Mahlbewegungen möglich. Alle diese Bewegungen werden im Kauvorgang vereinigt. Die Zahnreihen verhindern durch ihren Zusammenbiß in den seitlichen Stützzonen, daß bei starker Kontraktion der Schließmuskeln das Kieferköpfchen zu weit in die Pfanne hineingezogen und damit das Gelenk übermäßig beansprucht wird.
Entzündliche Erkrankung: akute Arthritis des Kiefergelenks durch Infektionsfortleitung aus der Nachbarschaft. Seröser Reizergui? oder Eiteransammlung im Kiefergelenk. Folge: Zerstörung des knorpeligen Gelenküberzuges, fibröse Verwachsungen, Einschränkung der Mundöffnungsfähigkeit. Später: Ankylose. Akute und chronische Arthritisformen.
Degenerative Erkrankungen: häufig deformierende Arthropathie Führendes Symptom: anatomischer - Umbau des Kieferköpfchens, - Gelenkgeräusche als Knirschen, - Reiben, Knacken, - Mundöffnen eingeschränkt und schmerzhaft, - im Kindesalter Schiefgesicht, - bei Doppelseitigkeit—»Vogelgesicht
Therapie: grundsätzlich konservativ,
7.2 Entzündliche Erkrankungen Die akute Arthritis des Kiefergelenks kommt durch Fortleitung von Infektionen aus der Nachbarschaft, besonders aus dem Mittelohr, zustande, aber auch als funktionell-mechanische Entzündung durch Überbeanspruchung. Ein seröser Reizerguß oder Eiteransammlung im Kiefergelenk fuhren zum Heraustreten des Kieferköpfchens aus der Pfanne, was sich als Störung des Zusammenbisses der Zähne auf der gleichen Seite und als Schmerzen im Kiefergelenk bei Druck auf die Kinnspitze zu erkennen gibt. Folge der Gelenkeiterung sind Zerstörungen des knorpeligen Gelenküberzuges mit nachfolgenden fibrösen Verwachsungen und Einschränkung der Mundöffnungsfähigkeit. Durch spätere Knocheneinlagerung kann eine Ankylose entstehen. Neben der akuten kommen auch primär chronische Arthritisformen vor, vor allem bei der primär chronischen Polyarthritis.
7.3 Degenerative Erkrankungen Häufigste chirurgische Erkrankung ist die deformierende Arthropathie. Sie wird ohne bekannte Ursache vorwiegend bei Mädchen im pubertären Alter gefunden; ebenso nach Traumen des Kiefergelenks und als Folge von ungünstigen Okklusionsverhältnissen mit chronischer Überbelastung des Kiefergelenks. Führendes Zeichen ist der anatomische Umbau des Kieferköpfchens. Bevor im Röntgenbild Randzacken und Verformungen sichtbar sind, treten gewöhnlich Gelenkgeräusche als Knirschen, Reiben und Knacken auf. Die Gelenke erscheinen morgens wie eingerostet. Das Mundöffnen wird zunehmend eingeschränkt und schmerzhaft. Tritt die Gelenkzerstörung bereits im Kindesalter auf und folgt daraus eine Ankylosierung und Schädigung der köpfchennahen Knochenwachstumszentren, dann entwickelt sich bei einseitigem Vorkommen ein Schiefgesicht mit Abweichung der Kinnspitze zur kranken Seite. Bei doppelseitiger Ankylose entsteht das Vogelgesicht, das durch abnorme Kleinheit des Unterkiefers und fehlende Kinnprominenz charakterisiert
7.4 Therapie Die Behandlung der Arthropathien erfolgt grundsätzlich konservativ. Ursächliche Faktoren, wie ungünstige Bißverhältnisse, müssen durch protheti-
271
Geschwülste sehe M a ß n a h m e n beseitigt werden, u m die Kiefergelenke zu entlasten. Die intraartikuläre I n j e k t i o n von H y a l u r o n i d a s e - L ö s u n g k a n n die R e g e n e r a t i o n a m K n o r p e l im Z u s a m m e n h a n g mit A u f b i ß s c h i e n e b e g ü n s t i g e n . Massive fibröse V e r w a c h s u n g e n u n d k n ö c h e r n e A n k y l o s e n (Abb. 19-19) erfordern die breite K n o c h e n r e s e k t i o n u n d G e l e n k n e u b i l d u n g zur W i e d e r e r l a n g u n g der M u n d ö f f n u n g s f ä h i g k e i t . Z u r A b s t ü t z u n g des U n t e r k i e f e r s t u m p f e s u n d zur V e r h i n d e r u n g der R e a n k y l o s i e r u n g wird ein K u n s t s t o f f i m p l a n t a t in d e n Resektionsbereich eingepflanzt. M e h r m o n a t i g e N a c h b e h a n d l u n g m i t D e h n u n g s ü b u n g e n zur Ö f f n u n g u n d F ü h r u n g des Unterkiefers sind erforderlich.
intraartikuläre Injektion von HyaluronidaseLösung, w e n n massive fibröse Verwachsungen zur Wiedererlangung der Mundöffnungsfähigkeit, breite Knochenresektion (Abb. 19-19). M e h r m o n a t i g e Nachbehandlung mit Dehnungsübungen.
Abb. 19-19 V o g e l g e s i c h t mit breitbasiger A n k y l o s e des U n t e r k i e f e r s ; O s t e o t o m i e s c h n i t t f ü h r u n g zur N e a r t h r o s e n b i l d u n g
8. Geschwülste
Geschwülste
8.1 Häufigkeit und Bedeutung
Im Kiefer kommen zusätzlich zu anderen Tumoren vor: - odontogene Gewächse, - Mundhöhlenkarzinom.
A u ß e r allen a u c h sonst im Körper a u f t r e t e n d e n gut- u n d bösartigen Geschwülsten k o m m e n im Bereich der Kiefer n o c h die o d o n t o g e n e n G e w ä c h s e hinzu. V o n größter B e d e u t u n g ist das M u n d h ö h l e n k a r z i n o m , das in einer Häufigkeit von 2 % aller K a r z i n o m e auftritt. Es stellt die h e r a u s r a g e n d e T o d e s u r s a che f ü r chirurgische E r k r a n k u n g e n im K i e f e r - G e s i c h t s b e r e i c h dar.
8.2 Epitheliale Geschwülste 8.2.1
Dieses gutartige Gewächs k o m m t sowohl auf der S c h l e i m h ä u t e n vor. Papillome werden erbsen- bis eine R e i z a n t w o r t auf c h e m i s c h e oder m e c h a n i s c h e e i n e n bindegewebigen G r u n d s t o c k , der von einer epithellage ü b e r z o g e n ist. 8.2.2
Papillom:
Papillom H a u t als a u c h bohnengroß und N o x e n sein. Sie mehrschichtigen
auf d e n können besitzen Platten-
Basaliom
Das Basalzellkarzinom ist ein häufiges epitheliales Malignom der Gesichtsh a u t , es wächst langsam, infiltrierend u n d destruierend, setzt aber keine Metastasen. Rezidive sind bei u n g e n ü g e n d e r E n t f e r n u n g die Regel. Die radikale Exzision u n d plastische D e f e k t d e c k u n g f ü h r t sicherer als die R ö n t g e n b e strahlung z u r Heilung. 8.2.3
Karzinom
Der M u n d h ö h l e n k r e b s ist zur H ä l f t e auf der Zunge u n d zu je ein Viertel der v o r k o m m e n d e n Fälle an d e n Alveolar/'ortsätzen von Ober- u n d U n t e r k i e f e r
gutartige Geschwulst auf Haut und Schleimhäuten. Reizantwort auf chemische oder mechanische Noxen.
Basaliom: M a l i g n o m der Gesichtshaut langsam wachsend, infiltrierend, destruierend. Keine Metastasen. Rezidive bei ungenügender Entfernung. Therapie: radikale Exzision.
Karzinom: Vorkommen: - Zunge, - Alveolarfortsätze,
272 - Wangenwanderungen, - Mundboden. Typisches Zeichen: zentrales Geschwür mit derbem Rand, schmerzlos. Wachstum: schnell, infiltrativ, zerstörend, frühzeitig Lymphknotenmetastasen (Abb. 19-20). Eigenschaften: kleine, harte nicht druckdolente Knoten, anfangs beweglich. Bei fast allen Mundhöhlenkarzinomen: Alkoholanamnese. Am Oberkiefer: Ausgangspunkt: Kieferhöhlenschleimhaut. Späte klinische Erscheinungen (länger dauernder einseitiger Schnupfen).
XIX.Gesicht, Mundhöhle, Kiefer bzw. an Wangenwandungen und im Mundboden lokalisiert. Typisch erscheint ein zentrales Geschwür mit wallartigem, derbem Rand, das schmerzlos bleibt. Plattenepithelkarzinome wachsen schnell und infiltrativ zerstörend, sie bilden auch frühzeitig regionäre Lymphknotenmetastasen. Die Metastasen sitzen im Submandibular- und Submentralraum und befallen danach die Lymphknotenkette am Hals abwärts vor dem M. sternocleidomastoideus bis z u m Jugulum (Abb. 19-20). Die zunächst kleinen harten und nicht druckdolenten Knoten sind so lange beweglich, bis der durchwachsende Tumor die Kapsel mit der Umgebung verlötet. Bei 80 % der Mundhöhlenkarzinome findet sich eine Alkoholanamnese; betroffen sind häufiger Männer als Frauen, das Vorzugsalter zwischen dem 5. und 7. Jahrzehnt. Die Mundhöhlenkarzinome werden international einheitlich nach dem TNM-System klassifiziert. Am Oberkiefer kann das Karzinom auch von der Kieferhöhlenschleimhaut ausgehen. In diesem Falle kommt es erst spät zu klinischen Erscheinungen, zumeist besteht längerdauernder einseitiger Schnupfen. Gewöhnlich ist die ganze Kieferhöhle bereits vom Tumor ausgefüllt, wenn es zum Durchbruch in die Mundhöhle, zur Nase oder zur Orbita hin kommt.
Abb. 19-20 Schema der zervikalen (1) und submandibulären (2) Lymphknotenketten des Halses Lippen karzinom: meist an der Unterlippe und bei älteren Männern. Zungenkarzinom: Befall der seitlichen Zungenpartie, Zungengrund. Diagnostik: Probeexzision. Differentialdiagnose: traumatisches Ulkus.
Das Lippenkarzinom tritt in 90 % der Fälle an der Unterlippe auf und betrifft meist ältere Männer. Nicht selten wird Pfeifenrauchen als Ursache angeschuldigt. Das Zungenkarzinom befällt vorwiegend die seitlichen Zungenpartien aber auch den Zungengrund. Es ist umso schwerer zu entdecken, je weiter hinten es sitzt. Im Anfang kann die Abgrenzung gegen ein traumatisches Ulkus schwierig sein, wenn in der Nachbarschaft spitze Zahnkanten oder scharfrandige Wurzelreste liegen. Nach Entfernung derartiger Ursachen heilen traumatische Ulzera innerhalb von 14 Tagen ab. Weiterbestehen und Verhärtung der Ränder macht das Vorliegen eines Neoplasmas sehr wahrscheinlich. Die Zunge ist ein besonderes Objekt der Karzinophobie, zumal die am seitlichen hinteren Zungenrand liegenden Papillae foliatae als rötliche und hypertrophische Gebilde nicht selten ihren Träger verunsichern. Solange sie weich
Geschwülste sind, besteht kein Verdacht. Bei diagnostischer Unsicherheit ist jedoch stets eine Probeexzision angezeigt. Wangen- und Mundbodenkarzinome entstehen oft auf dem Boden einer Leukoplakie. Vorstufen sind die papillären Leukoplakieformen und der verwandte Morbus Bowen sowie die Erythroplasie.
8.2.4 Karzinomtherapie Die Ausrottung der Karzinome der Kieferknochen verlangt die Resektion der Kiefer im Gesunden. Beim Vorliegen von submandibulären oder zervikalen Lymphknotenmetastasen ist die Blockresektion des Tumors im Zusammenhang mit der Halsausräumung (Neck dissection) notwendig. Dabei wird das regionäre Lymphknotengebiet von der Schädelbasis bis zum Thoraxeingang im Zusammenhang mit der V. jugularis und dem Kopfnickermuskel entfernt. Ein Einbruch von Karzinomen in die Orbita zwingt zu gleichzeitiger Exenteratio orbitae. In der Nachbarschaft des Oberkiefers müssen auch ggf. die Siebbeinzellen, die Keilbeinhöhle und die Stirnhöhle ausgeräumt werden. Neben die früher ausschließlich übliche chirurgische, radiologische oder kombinierte chirurgisch-radiologische Therapie ist konkurierend die Tumorchemotherapie getreten.
273
Wangen- und Mundbodenkarzinome: entstehen oft auf dem Boden einer Leukoplakie. Karzinomtherapie Resektion der Kiefer im Gesunden. Bei Lymphknotenmetastasen: - Blockresektion im Zusammenhang mit der Halsausräumung, - evtl. gleichzeitig Exenteratio orbitae. Nebenkombinierte chirurgisch-radiologische Therapie ist die Chemotherapie getreten.
Während Tumorremissionen oft gesehen werden und der Verlauf der Tumorerkrankung aufgehalten wird, sind in den bisherigen prospektiven Studien Tumorheilungen noch Ausnahmen. Gegenwärtiger Forschungsstand ist die Züchtung von Tumorzellen in der Gewebekultur zur Erstellung eines Antionkogramms, das die gezielte Auswahl der tumorwirksamen Chemotherapeutika ermöglichen soll. Außer bei inoperablen Fällen empfiehlt sich die zytostatische Therapie als adjuvante Behandlung nach der operativen Tumorausrottung, da sich in prospektiven Studien bessere Ergebnisse als mit der Röntgennachbestrahlung gezeigt haben.
Heilung von Tumoren ist heute noch die Ausnahme.
8.3 Mesenchymale Geschwülste
Mesenchymale Geschwülste Gutartige Formen: Harte oder weiche Fibrome Lokalisation: - Gesichtshaut, Wange, - Zunge, harter Gaumen, - Tubera des Oberkiefers. Chondrome Lokalisation: - Nase, Kieferköpfchen. Harte Gebilde mit langsamem Wachstum. Osteom Lokalisation: Alveolarfortsätze und Gaumen. Im Röntgenbild: knochendichte Verschattung. Entfernung schwierig, da keine Kapsel. Exostosen Lokalisation: - Gaumen, Innenseite des Unterkiefers. Lipome weiche Geschwülste von Bindegewebekapsel umgeben. Lokalisation: - Wange, Mundboden.
8.3.1 Gutartige Tumorformen Fibrome können hart oder weich sein, sie kommen vor auf der Gesichtshaut, in der Wange, auf der Zunge, am harten G a u m e n sowie symmetrisch an den Tubera des Oberkiefers. Chondrome werden beobachtet auf der Nase und im Bereich des Kieferköpfchens. Es sind harte Gebilde, die ein sehr langsames Wachstum zeigen. Von noch größerer Härte ist das Osteom, das sich besonders in den Alveolarfortsätzen und am Gaumen zeigt. Gewöhnlich fehlt eine scharfe Abgrenzung zum gesunden Knochen. Charakteristisch ist das Röntgenbild, das eine knochendichte Verschattung aufweist. Exostosen kommen bevorzugt als Torus palatinus im Bereiche der Sutura palatina mediana des Gaumens sowie an der Innenseite des Unterkiefers über der Linea mylohyoidea vor. Nicht so selten sind auch Lipome zu beobachten. Diese weichen Geschwülste sind von einer Bindegewebekapsel umgeben und vor allem in der Wange oder im Mundboden lokalisiert. Die vorgenannten Tumoren sind gutartig, nach ihrer vollständigen Entfernung bilden sich keine Rezidive. Bei den Osteomen ist die Entscheidung ihrer ausreichenden Entfernung schwierig, da sie keine Kapsel haben.
8.3.2 Malignome A m häufigsten tritt das Spindelzellsarkom auf, das von Sehnen, Faszien oder vom Periost seinen Ausgang nimmt. Es entwickelt sich überwiegend in jüngerem Lebensalter. Der Verdacht auf das Vorliegen eines Sarkoms ergibt sich bei schnellem Wachstum eines Tumors in der Tiefe, ohne daß zunächst eine Veränderung
Malignome: Am häufigsten Spindelzellkarzinom. Ausgangspunkt: Sehnen, Faszien oder Periost.
274
XIX.Gesicht, Mundhöhle, Kiefer
Osteoklastische Sarkome: destruieren den Kieferknochen frühzeitig. Osteoplastische Sarkome: zusätzlich begrenzter Knochenanbau im Röntgenbild sichtbar. Durchbruch in die Mundhöhle oder nach außen.
der darüberliegenden Schleimhaut oder Haut zu bemerken ist. Osteoklastische Sarkome destruieren den Kieferknochen frühzeitig; osteoplastische Tumoren zeigen daneben begrenzten Knochenanbau, der sich im Röntgenbild als feines Geflechtwerk darstellen kann. Durch Autolyse des Tumorzentrums kommt es zum Durchbruch nach außen oder in die Mundhöhle. In seltenen Fällen trifft man auf ein Lymphosarkom der Halslymphknoten; im Nasenrachenraum kommen Retothelsarkome vor. Diese beiden Formen haben eine günstige Prognose für Röntgenbestrahlung.
Naevi und pigmentbildende Geschwülste: Muttermal, Vergrößerung nur im Ausmaß des normalen Wachstums, behaart, teilweise flächenhaft behaart.
8.4 Naevi und pigmentbildende Geschwülste
Maligne Naevi sind Melanome von schwarzbrauner Farbe auf der Haut. Lokalisation: Alveloarfortsatz der Kiefer, Gaumen. Frühzeitige Metastasierung. Therapie: extreme Radikalität bei operativer Entfernung.
Geschwülste der Blut- und Lymphgefäße: Naevi flammei (Feuermäler): weinrote Flecken im Gesicht im Ausbreitungsgebiet der Trigeminusäste. Wenn im Kieferknochen: unbeabsichtigte Öffnung bei Zahnextraktion kann zum Verblutungstod führen. Hämangiome: Vergrößerung der Hämangiome der Haut in den ersten 2Lebensmonaten, in den ersten 2 Lebensjahren Stillstand und Rückbildung Induzierung der Rückbildung durch Röntgenstrahlung oder durch sklerosierende Injektionsbehandlung. Therapie: operativ und plastischer Defektersatz.
Derartige Veränderungen kommen als Muttermäler im Gesicht häufig vor, ihre Anlage ist bereits bei der Geburt vorhanden. Die Naevi speichern Melanin, vergrößern sich nur im Ausmaß des normalen Wachstums der Haut und können behaart sein. Tierfell-Naevi imponieren als flächenhaft behaarte MäMaligne Naevi sind Melanome, die als flache Gebilde von schwarz-brauner Farbe auf der Haut, aber auch am Alveolarfortsatz der Kiefer und am Gaumen vorkommen. Sie metastasieren sehr frühzeitig auf dem Blutwege. Extreme Radikalität ist bei dem Versuch der operativen Entfernung vonnöten.
8.5 Geschwülste der Blut- und Lymphgefäße Auch diese Veränderungen sind bereits bei der Geburt vorhanden. Als Naevi flammei (Feuermäler) zeigen sich weinrote Flecken im Gesicht, die in typischer Weise segmental dem Ausbreitungsgebiet der Trigeminusäste zugeordnet sind. Echte Hämangiome haben eigenständiges Wachstum und ein solides oder kavernöses Baumuster. Am gefährlichsten sind sie bei Sitz in den Kieferknochen, da ihre unbeabsichtigte Eröffnung bei einer Zahnextraktion zum Verblutungstod führen kann. Die Hämangiome der Haut vergrößern sich gewöhnlich in den ersten Lebenswochen und -monaten, kommen aber mit einer statistischen Wahrscheinlichkeit von 80 % in den ersten zwei Lebensjahren von selbst zu Stillstand und Rückbildung. Die beginnende Regression zeigt sich an einer weißlichen Induration von Anteilen der Oberfläche. Sie kann durch Röntgenbestrahlung oder durch sklerosierende Injektionsbehandlung induziert werden.
Lymphangiome: diffuse Verdickung, bei Sitz in der Zunge Makroglossie. Am Hals angeborene zystische Lymphangiome. Sehr selten Entartung.
Die operative Behandlung erfordert einen sofortigen plastischen Defektersatz. Bei Knochenhämangiomen kann vor der Operation eine selektive Embolisierung auf dem Wege der zuführenden Arterie versucht werden, u m die Operationsblutung zu vermindern. Ebenfalls angeboren findet man Lymphangiome, die als diffuse Verdickungen ohne deutliche Abgrenzung zur gesunden Umgebung imponieren u n d bei Sitz in der Zunge zu Makroglossie fuhren können. Die Schleimhaut in ihrem Bereich zeigt oft papilläre Formationen. Am Hals kommen angeboren zystische Lymphangiome vor, die Faustgröße erreichen können. Hämangiome und Lymphangiome kommen auch gemischt vor, ihre Entartung ist eine Rarität.
Odontogene Geschwülste entwickeln sich aus Resten der Zahnanlage.
8.6 Odontogene Geschwülste Sie entwickeln sich aus den Resten der Zahnanlage.
Odontom: gutartiger Tumor, gleicht oft multiplen kleinen Zähnen.
8.6.1 Odontom Fibroepithelialer gutartiger Tumor, der die Hartsubstanzen des Zahnes bildet. Er gleicht oft multiplen kleinen Zähnchen, die durch Zement und Bindege-
275
Geschwülste webe zu einer kompakten Masse zusammengefaßt sind. Im Röntgenbild imponieren scharf abgegrenzte, schattenvedichtete Gebilde. In seltenen Fällen gibt es auch weiche Odontome ohne Dentinbildung.
Röntgenbild: scharf abgegrenzt, schattenverdichtet.
8.6.2 Ameloblastom
Ameloblastom: häufigste odontogene Geschwulst. Lokalisation: vorwiegend Unterkiefer. Kann später zystisch werden —* monozystische Ameloblastome. Langsames Wachstum, selten karzinomatöse Entartung.
Häufigste und wichtigste odontogene Geschwulst. Dieser zentral im Kieferknochen gelegene und vorwiegend den Unterkiefer befallende Tumor besteht zuerst aus soliden Tumorformationen, die später zystisch werden können. Viele kleine Zysten konfluieren im Verlauf des weiteren Wachstums zu monozystischen Ameloblastomen, bei denen die Abgrenzung gegenüber den einfachen dentogenen Zysten nunmehr histologisch zu erbringen ist. Ameloblastome wachsen langsam und verursachen keine Beschwerden. Gelegentlich führt im Unterkiefer erst die Spontanfraktur zu ihrer Entdeckung. Der Röntgenbefund ist vor allem bei polyzystischen Tumorformen pathognomonisch. In seltenen Fällen sind karzinomatöse Entartungen beobachtet worden.
8.6.3 Therapie Odontome stellen nur dann eine Indikation zu ihrer Entfernung dar, wenn sie klinische Beschwerden, wie ziehende Schmerzen oder Druckgefühl, verursachen. Ameloblastome können bei ihrer Erstbehandlung konservativ chirurgisch im gesunden Knochen ausgefräst werden. Bei auftretendem Rezidiv und bei allen durch die Corticalis durchgebrochenen Tumorformen ist die Kontinuitätsresektion am Unterkiefer bzw. die radikale Entfernung im Oberkiefer erforderlich.
8.7 Granulationstumoren Diese in der Sammelbezeichnung Epulis genannte häufigste gutartige Neubildung in der Mundhöhle sitzt auf dem Zahnfleisch und bildet sich nur in Anwesenheit von Zähnen.
8.7.1 Pathogenese
Therapie: Operative Indikation für Odontome nur bei Schmerzen oder Druckgefühl. Ameloblastome bei Erstbehandlung konservativ chirurgisch ausfräsen. Bei Rezidiv: Kontinuitätsresektion am Unterkiefer, radikale Entfernung am Oberkiefer.
Granulationstumoren: gutartige Neubildung in der Mundhöhle auf dem Zahnfleisch.
Granulationstumoren verdanken ihre Entstehung einem örtlich reparativen Vorgang auf Reize hin, weshalb die Epulis keine echte Geschwulst darstellt. Am unbezahnten Kiefer kann sich eine Epulis nicht neu bilden, da ihr Muttergewebe das Periodont (Wurzelhaut) des Zahnes ist.
Klinische Symptomatologie: - blau-rotes Aussehen und weiche Konsistenz—» Riesenzellenepulis; - derb und blaß-rosa —»fibröse Epulis; - weich, leicht blutend —» granulomatöse Epulis.
8.7.2 Klinische Symptomatologie
Zerstörung der Alveolen durch Lockerung der betroffenen Zähne.
Der äußere Überzug der Epulis besteht aus normaler Schleimhaut. In den meisten Fällen enthält sie Riesenzellen, hat dann ein blau-rotes Aussehen und weiche Konsistenz. Der Granulationstumor zerstört die Alveolen der betroffenen Zähne und lockert sie. Neben der Riesenzellenepulis kommen die derbe und blaß-rosa erscheinende fibröse Epulis sowie die leicht blutende weiche und aus reinem Granulationsgewebe bestehende granulomatöse Epulis vor.
8.7 Therapie Die Behandlung der Granulationstumoren erfolgt konservativ-chirurgisch ; ein auftretendes Rezidiv verlangt jedoch die radikale Operation im Gesunden mit Entfernung der betroffenen Zähne.
Therapie: konservativ-chirurgisch. Bei Rezidiv: radikale Operation im Gesunden mit Entfernung der Zähne.
XIX.Gesicht, Mundhöhle, Kiefer
276 Rekonstruktive plastische Chirurgie von Defekten des Gesichtes und der Kiefer
9. Rekonstruktive plastische Chirurgie von Defekten des Gesichtes und der Kiefer
Behandlung von Folgezuständen nach Tumorbehandlung und schweren Traumen. Man unterscheidet: Wiederherstellung (Weichteile) und Rekonstruktion (knöchernes Stützgerüst).
Die plastische Chirurgie dient der Behandlung von Folgezuständen nach der Ausrottung bösartiger T u m o r e n u n d nach Substanzverlusten durch schwere Traumen. Zu unterscheiden ist zwischen der Wiederherstellung der Weichteile und der Rekonstruktion des knöchernen Stützgerüstes.
Weichgewebeersatz: im Gesicht: aussehensgleiche Ersatzgewebe erforderlich: Nahlappenplastik. Bei größeren Substanzverlusten: Verpflanzung entfernter Gewebe mit mikrochirurgischem Gefäßanschluß. Für die Nase: Stirnhaut.
9.1 Weichgewebeersatz Im Gesicht ist maßgeblich, daß aussehensgleiche Ersatzgewebe n u r im Gesicht selbst zu f i n d e n sind. Es wird deshalb nach Möglichkeit von Nahlappenplastiken G e b r a u c h gemacht, zumeist in der Form von Rotationslappen. Dabei ist jedoch die ästhetische Forderung nach Unauffälligkeit von Sekundärdefekten am E n t n a h m e o r t zu beachten. Größere Substanzverluste der Weichteile, die ortsständig nicht gedeckt werden können, werden heute entweder durch Verpflanzung geeigneter entfernter Gewebe mit mikrochirurgischem Gefäßanschluß ersetzt, wobei sich außer Hautfettlappen speziell zum Ersatz von Defekten u n d M u n d h ö h l e n w a n d u n gen auch Dünndarmtransplantate bewährt haben; oder es werden muskelgestielte Myokutanlappen in das Gesicht transplantiert, deren Gefäßstil weitgehend skelettiert werden kann. Besonders bewährt haben sich der Pectoralis-major- u n d Latissimusdorsi-Myokutanlappen. Für die Neubildung der Nase eignet sich am besten die Stirnhaut.
Knochenersatz: für Wiederherstellung knocheneigener Knochentransplantate. Besonders geeignet Beckenkamm. Daneben: gefäßgestieltes Bekkenkammtransplantat.
Augmentationsplastik: Unterpflanzung eines Implantats. Material: lyophilisierter Bankknorpel, Bankknochen, Silikongummi.
Für den Nasenaufbau: körpereigener Rippenknorpel. Augenbrauen: freie oder gestielte Kopfhaut. Kopfhaut: Umlagerung von Kopfhautlappen. Ohrmuschel: Knorpelgerüst aus geschnitztem und zusammengefügtem Rippenknorpel.
9.2 Knochenersatz Die Schwierigkeiten der Gesichtswiederherstellung erhöhen sich beträchtlich, wenn Knochendefekte bestehen. Dies trifft besonders auf die Resektion des Unterkiefers zu. Zur Wiederherstellung müssen körpereigene Knochentransplantate eingepflanzt werden; hierfür am besten geeignet ist der Beckenkamm. N e b e n die freie Knochenverpflanzung ist in letzter Zeit das gefäßgestielte Bekkenkammtransplantat getreten, das mikrochirurgisch an entsprechende Gefäße anastomosiert wird. Die Vorteile ergeben sich besonders bei insuffizientem Transplantationslager u n d bestehen im Ausbleiben der Infektionsanfälligkeit u n d der Knochenresorption, da das verpflanzte Knochenstück a u t o n o m blutversorgt bleibt. Der eingepflanzte Beckenkamm wird unter der Kaufunktion innerhalb eines Zeitraumes von 1-2 Jahren zu ortsständigem Knochen umgebaut. Er ist dann belastungsfähig und prothesentauglich, jedoch erst nach A u s f ü h r u n g einer Mundvorhof- und Mundbodenplastik. Hierdurch wird der f ü r die Auflage einer Prothese notwendige R a u m geschaffen.
9.3 Augmentationsplastik Konturdefeke des Gesichts, z.B. durch traumatische Impression der Stirn oder der Jochbeine wie auch Sattelnasen lassen sich durch Unterpflanzung eines passend geformten Implantates vollständig ausgleichen. Für diese Augmentation k o m m e n lyophilisierter Bankknorpel und Bankknochen ebenso in Frage wie inerte Kunststoffkörper aus Silikongummi. Für den Nasenaufbau wird auch körpereigener Rippenknorpel verwendet Der Verlust der Augenbrauen ist durch freie oder gestielte Kopfhauttransplantate zu rekonstruieren. Auffällige Defekte der Kopfhaut können durch Umlagerung von Kopfhautlappen in weniger sichtbare Regionen verlegt und dann durch Ü b e r k ä m m e n unauffällig gemacht werden.
277
Ästhetisch-plastische Gesichtschirurgie Besonders schwierig ist der Ersatz einer gesamten Ohrmuschel. Die Wiederherstellung der feinen und sehr detallierten Ohrmuschelform ist nur bei Verwendung eines Knorpelgerüstes aus geschnitztem und entsprechend zusammengefügtem Rippenknorpel möglich, der in den Ohrbereich frei transplantiert wird. Durch eine Reihe von konsekutiven Operationen und zusätzliche Verwendung frei verpflanzter Vollhautlappen kann ein Ohrersatz gelingen, der ein zufriedenstellendes Ergebnis zeigt.
10. Gesichtsepithesen und Resektionsprothesen
Gesichtsepithesen (Aufsatzstücke)
10.1 Epithesen (Aufsatzstücke)
bei Deckung von Gesichtsdefekten. Wesentliche Verbesserung des Aussehens und Resozialisierungsmöglichkeit.
Äußere Gesichtsdefekte können temporär oder bei älteren Patienten auch dauernd durch Gesichtsepithesen überdeckt werden. Je nach Größe des Defektes werden Teile der Wange, die Nase und das Auge individuell aus Kunststoff geformt und am Gesicht in der Regel mit Hilfe eines Brillengestells fixiert. Wenn auch die Funktionsfähigkeit derartiger Epithesen begrenzt ist, so wird doch das abstoßende Aussehen des Betroffenen wesentlich verbessert und die Resozialisierung erleichtert.
10.2 Resektionsprothesen
Resektionsprothesen: zahnärztliche Prothesen zur Defektauffüllung.
Die Resektionen der Kiefer hinterlassen große Knochendefeke, die sowohl die Kau- und Sprechfunktion beeinträchtigen als auch das Aussehen durch Einsinken der darüberliegenden Gesichtsweichteile in den Defekt verunstalten. Durch die Eingliederung von Resektionsprothesen können diese Nachteile weitgehend beseitigt werden. Es handelt sich dabei u m zahnärztliche Prothesen, die nach Abdrucknahme zur Defektauffüllung entsprechend erweitert werden. Im Oberkiefer dienen derartige Obturatoren gleichzeitig zum Abschluß der Mundhöhle gegen die Nasenhöhle und gewinnen für das Sprechen und die Nahrungsaufnahme Bedeutung. Resektionsprothesen können am Unterkiefer erst eingesetzt werden, nachdem die Kontinuität durch eine Knocheneinpflanzung wieder hergestellt worden ist.
11. Ästhetisch-plastische Gesichtschirurgie Hierunter werden Operationen zur Beseitigung konnataler Auffälligkeiten oder von Formanomalien zusammengefaßt, die der Verbesserung des Aussehens dienen, ohne daß ein krankhafter Zustand vorliegt.
11.1 Ohranlegeplastik
Ästhetisch-plastische Gesichtschirurgie Indikation: Beseitigung konnataler Auffälligkeiten zur Verbesserung des Aussehens.
Ohranlegeplastik
Abstehende Ohren können dem Kopf näher angelegt werden, indem man von der Ohrhinterfläche aus den Ohrknorpel durch Einschnitte und Ausdünnung zunächst nachgiebig macht und dann durch Nähte in die gewünschte Form profiliert. Damit Kinder nicht gehänselt werden, wird diese Operation im Jahr vor der Einschulung ausgeführt, die Ohren haben dann bereits % ihrer definitiven Größe erreicht. Der Einriff hinterläßt keine sichtbaren Narben.
11.2 Nasenkorrektur Die Verbesserung der Form nicht normal gebildeter Nasen wird erst nach Abschluß des Nasenwachstums ab dem Alter von 18 Jahren vorgenommen. Mit Zugang durch die Nasenlöcher und ohne äußerlich sichtbare Schnitte wird das Nasengerüst durch Osteotomie der Nasenbeine (Abb. 19-21) ver-
Nasenkorrektur
XIX.Gesicht, M u n d h ö h l e , Kiefer
278
Abb. 19-21 Zugangsweg zur Rhinoplastik: Säge zum Abtragen eines Nasenhöckers durch das Nasenloch eingeführt
schmälert bzw. erniedrigt; ebenso werden das knorpelige Stützgerüst der Nase durch Exzision und Knorpelverlagerung im Bereich der Nasenscheidewand, der seitlichen Nase und der Nasenflügel so verändert, daß das neue Gerüst der angestrebten Nasenform entspricht. Die deckende Nasenhaut legt sich aufgrund ihrer Elastizität dem neuen Stützgerüst an. Die Nase wird tamponiert und durch einen äußeren Gipsverband geformt, der 10 Tage lang getragen werden muß. Auf diese Weise ist die Totalverkleinerung der Nase ebenso möglich wie die Korrektur einzelner Bereiche, vor allem der knorpeligen Nasenspitze. Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist auch die Funktionsverbesserung durch Öffnung der Luftwege, was gewöhnlich durch eine submuköse Septumplastik oder Septumresektion erzielt werden kann. Profilplastik
11.3
Profilplastik
Wenn das Profil des Gesichtes ungleichmäßig oder zu wenig ausgeprägt ist, können die zurückstehenden Partien über knöcherner Unterlage, wie die Lippen- und Jochbeinregion, dadurch vorgeschoben und normale Konturen erhalten werden, daß man Implantate unter die Weichteile einpflanzt. Hierfür bieten sich Silikon-Kunststoffkörper an. Bei der Kinn-Plastik werden derartige Implantate vom unteren Mundvorhof aus ohne äußerlich sichtbare Narben eingepflanzt. Die Umngestaltung eines Gesichts zur Erzielung eines besseren Profils nennt man Profilplastik. Sie besteht aus Korrekturen der Nase, des Kinns und der Lippen. Dabei können sowohl Abtragungen als auch Einpflanzungen am gleichen Patienten erforderlich sein, was durch fotografische und röntgenologische Profilstudien vorher fixiert wird. Die ästhetischen Normen des Gesichtes gelten dabei als Vorbild. Facelifting
11.4 Facelifting Besonders oft wird die Korrektur des alternden Gesichtes gewünscht. Durch abnehmenden Turgor und Erschlaffung der Haut kommt es zur Faltenbildung im Gesicht und am Hals sowie zum Hängen der Wangen. Diese Veränderung kann durch eine Gesichtsanhebung mit Exzision der überschüssigen Haut weniger augenfällig gemacht werden. Unter Benutzung von Schnitten, die unauffällig am Ohransatz und hinter dem Ohr in der Nacken-Haar-Region verlaufen, wird die Gesichtshaut bis an den Mundwinkel heran und am Hals durchgehend bis zum Zungenbein freipräpariert, angespannt und nach Exzision des Hautüberschusses zurückgenäht. Dabei ist es gleichzeitig mög-
Ästhetisch-plastische Gesichtschirurgie lieh, Fettansammlungen unterhalb des Unterkiefers und das sog. Doppelkinn zu exzidieren. Das Subkutangewebe wird durch Raffnähte ebenfalls angehoben (Abb. 19-22). Die neueste Entwicklung auf diesem Gebiet ist die Platysmaplastik am Halse. Das Platysma wird dabei in Zungenbeinhöhe quer durchtrennt und nach dorsal auf die Faszie des Stemocleidomastoideus zurück· sowie mit seinem medialen Rand beiderseits in der Mitte bis zum Kinn zusammengenäht. Hierdurch gelingt es besonders effektiv, Strangfalten am Hals und unter dem Kinn zu beseitigen und den Erfolg des Halslifting nachhaltig zu verbessern.
Abb. 19-22 Operationsschema beim Facelifting; Ii. Schnittführung, Ausmaß der Präparation und Anlegen von Raffnähten für das Subkutangewebe; re. Zustand nach der Hautnaht
279
280 Blepharoplastik
XIX.Gesicht, M u n d h ö h l e , Kiefer
11.5 Blepharoplastik Faltenbildung und Erschlaffung zeigt sich auch an den Augenliedern. An den Oberlidern kann eine Hautduplikatur entstehen, die über die Wimpern herüberreicht u n d die Lidspalte einengt. An den Unterlidern kommt es zusätzlich zur Bildung von Tränensäcken, die im Zusammenhang mit Erschlaffung des Orbicularis oculi durch vorquellendes Orbitafett bedingt werden. Durch ein Lidlifting kann die überschüssige Haut mittels einer Inzision von der Hautlidfalte aus, am Unterlid von einem Einschnitt nahe dem Ziliarrand aus entfernt werden. Dabei ist am Unterlid Vorsicht geboten, u m nicht durch zu ausgedehnte Hautentfernung ein Ektropium zu provozieren. Die Tränensäcke werden durch eine Fettexzision beseitigt.
Stirnkorrektur
11.6 Stirnkorrektur Die Stirnfalten lassen sich durch eine Hautstraffung glätten, wobei ein Bügelschnitt zwischen den Ohren quer über die behaarte Kopfhaut benötigt wird. Auf der Schicht der Galea mobilisiert man die Stimhaut bis zu den Supraorbitalwülsten, wenn gleichzeitig die Augenbrauen angehoben werden sollen. Durch teilweise Exizion der Frontalismuskeln lassen sich die Querfalten und durch Exzision des M. procerus und des M. corrugator glabellae die senkrechten Runzelfalten über der Glabella vermindern.
Chemochirurgie
11.7 Chemochirurgie Die Feinfältelung der perioralen Region und der Gesichtshaut insgesamt kann nachhaltig durch eine chemochirurgische Behandlung verbessert werden. Zur Verwendung kommt eine Phenollösung, die für 48 h auf die Haut aufgetragen wird und eine Verbrennung 1. Grades erzeugt. Die unter dem Schorf entstehende Hautdecke entspricht dem mehr jugendlichen Aussehen der Haut. Zurückhaltung ist jedoch geboten, um eine zu tiefe Schälung und damit die mögliche Narbenbildung zu verhindern.
Literatur Bier-Braun-Kümmel: Chirurgische Operationslehre 8. Aufl. Bd. 2/11. BarthVerlag Leipzig 1981 Herrmann, Α.: Gefahren bei Operationen am Hals, Ohr und Gesicht und die Korrektur fehlerhafter Eingriffe. Springer, B e r l i n - H e i d e l b e r g - N e w York 1968 Krüger, E.: Lehrbuch der Chirurgischen Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Bd. 1 u. 2. Quintessenz-Verlag, Berlin 1979 Rees, Th., Wood-Smith, D.: Cosmetik Facial Surgery. Saunders-Verlag, Phil a d e l p h i a - L o n d o n - T o r o n t o 1973 Schwenzer, N., Grimm, G.: Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Bd.l u. 2. Thieme, Stuttgart-New York 1981
XX. Hals (ohne Schilddrüse) Η.
Zühlke
Der Hals dient als Leitgebilde für die Gefäße des Gehirns und des knöchernen Schädels. Er beherbergt Trachea und Ösophagus von ihrem Eintritt vorn im Schädel bis in den Thorax. Er ist Sitz eines wichtigen Teils des Lymphsystems, der Schilddrüse und Nebenschilddrüse.
1.
Mißbildungen
M i ß b i l d u n g e n des Halses (Abb. 20-1).
Im Bereich des Halses kommen verschiedene anatomische Mißbildungen vor. Sie sind entweder im Säuglingsalter bereits erkennbar oder entwickeln sich im Laufe der ersten Lebensjahre. Einige Erkrankungen treten sogar erst im Erwachsenenalter in Erscheinung (Abb. 20-1).
A b b . 2 0 - 1 Die w i c h t i g s t e n Fisteln u n d Zysten d e r H a l s g e g e n d 1 mediale Halszyste 2 L o k a l i s a t i o n s m ö g l i c h k e i t d e r lateralen Halsfisteln 3 laterale Halszyste 4 + 5. s u b m e n t a l e u n d s u p r a j u g u l a r e D e r m o i d z y s t e 6 zystisches L y m p h a n g i o m 7 m e d i a n e Halsspalte 8 kongenitale Ohr-Halsfistel
1.1 Kongenitale Fisteln und Zysten 1.1.1 M e d i a n e Halszysten und Fisteln Ätiologisch stellen die medianen Halszysten ein Relikt des Ductus thyreoglossus dar und stehen damit in engem Zusammenhang mit der Entwicklung der Schilddrüse. Ist die Rückbildung des Ductus thyreoglossus unvollständig, kommt es durch Sekretansammlung und zystische Umwandlung der
M e d i a n e Halszysten u n d Fisteln bei u n v o l l s t ä n d i g e r R ü c k b i l d u n g des Ductus t h y r e o g l o s s u s — » S e k r e t a n s a m m l u n g —» zystische U m w a n d l u n g d e r Epithelzellen — » Z y stenbildung.
XX. Hals
282
Lokalisation: entlang des Ductus thyreoglossus. Bei Spontanperforation von infizierten Zysten: sekundäre Fistelbildung.
Differentialdiagnose: ektopische Schilddrüse —* Schilddrüsenszintigramm, Dermoidzyste.
Therapie: Operativ, vollständige Exstirpation.
Schnittführung: Längs- oder Querschnitt —» Präparation des Zystensacks - » mit Resektion des Zungenbeins zur Rezidivprophylaxe (Abb. 20-2). Cave: kein Schilddrüsengewebe exstirpieren.
den Gang auskleidenden Epithelzellen (Flimmerepithel, selten Platten- bzw. Zylinderepithel) zur Zystenbildung. Die Zysten können entlang des Ductus thyreoglossus zwischen Foramen caecum der Zunge und dem Isthmus der Schilddrüse lokalisiert sein. Besteht eine Verbindung zur Mundhöhle, können Infektionen auftreten. Durch Spontanperforationen von infizierten Zysten ist eine sekundäre Fistelbildung möglich. Die mediane oder paramediane Halszyste ist unterhalb des Zungenbeins lokalisiert, von zystischer Konsistenz und am Zungenbein fixiert. Differentialdiagnostisch ist die mediane Halszyste von der seltenen, ektopischen Schilddrüse abzugrenzen. Eventuell ist ein Schilddrüsenszintigramm für die Diagnose notwendig. Submental und suprajugulär m u ß mit der Dermoidzyste gerechnet werden, die aber gut verschieblich ist. Die Komplikationen der Thyreoglossuszyste bestehen in einer Kompression der Trachea und einer malignen Entartung im Erwachsenenalter. Therapie: Nach Diagnosestellung müssen die Halszysten sobald wie möglich operiert werden, u m bei eventueller Verbindung zur Mundhöhle einer Infektion vorzubeugen. Ziel der Operation ist die vollständige Exstirpation, die blande Verhältnisse voraussetzt. Einspritzen von Farblösungen erleichtert das Auffinden des Gangsystems und die Präparation. Die Schnittführung bei der medianen Halszyste bzw. Fistel ist abhängig von der Lage: entweder Längs- oder Querschnitt. Sorgfältige Präparation des Zystensackes. Es muß nicht nur die Zyste, sondern evtl. auch der als Strang imponierende Ductus thyreoglossus bis zum Formen caecum entfernt werden, wobei - u m ein Rezidiv mit evtl. sekundärer Fistelbildung zu vermeiden der Mittelteil des Zungenbeins mitreseziert werden m u ß (Abb. 20-2).
Zungenbein Schildknorpel
Abb. 20-2 Operative Technik zur Exstirpation einer medialen Halszyste (2. Kiemengang) a) Präparation der Zyste über querem Hautschnitt
Resektion des Os hyoideum
b) Resektion des mittleren Anteils des Zungenbeins
283
Mißbildungen
Ductus thyreoglossus
c) Präparation des Ductus thyreoglossus bis zum Zungengrund
Naht des Ductus thyreoglossus
d) Abtragung des Ganges mit Zyste und Zungenbein Fortlaufende Naht der Gangba-
B e s t e h e n intraoperativ U n k l a r h e i t e n an der G e n e s e , m u ß ein Schnellschnitt angefertigt werden, u m n i c h t S c h i l d d r ü s e n g e w e b e zu exstirpieren. Bei Radikalexstirpation ist ein Rezidiv u n w a h r s c h e i n l i c h . 1.1.2 Laterale H a l s z y s t e n u n d - f i s t e l n Die k o n g e n i t a l e n lateralen (branchiogene) Fisteln u n d Zysten s t e h e n in eng e m Z u s a m m e n h a n g mit der Entwicklung u n d m a n g e l h a f t e n R ü c k b i l d u n g des K i e m e n s p a l t e s - u n d K i e m e n b o g e n s y s t e m s . N u r u n t e r gestörten Verhältnissen k o m m t es z u r V e r b i n d u n g zwischen d e n Halsspalten u n d d e m Pharynx. Der klinische B e f u n d in F o r m der s i c h t b a r e n u n d s o n d i e r b a r e n Fistelöffnung sowie der oft als derber Strang i m p o n i e r e n d e Fistelgang lassen die D i a g n o s e z u s a m m e n m i t der A n a m n e s e schnell treffen. Die häufigste Lokalisation der Fisteln u n d Zysten entlang des vorderen R a n des des M. s t e m o c l e i d o m a s t o i d e u s liegt zwischen u n t e r e m u n d m i t t l e r e m Drittel. Klinisch tritt h ä u f i g eine winzige H a u t ö f f n u n g m i t Sekretion in Ers c h e i n u n g . Die lateralen Haisfisteln k ö n n e n i n k o m p l e t t oder d u r c h g e h e n d sein, d. h. sie h a b e n e n t w e d e r eine i n n e r e oder äußere Ö f f n u n g (Sinus) oder beides. Sie verlaufen d u r c h die Karotisgabel u n d m ü n d e n in der Tonsillenloge. Obliteriert n u r ein Teil des Fistelganges, entwickelt sich eine mit Plattenepithel ausgekleidete Zyste. Fisteln u n d Zysten k ö n n e n bilateral auftreten. Die Träger werden d u r c h Schwellung oder rezidivierende A b s z e ß b i l d u n g im Bereich des k u t a n e n M ü n d u n g s b e r e i c h e s auf die Fistel a u f m e r k s a m . H ä u f i g wird j e d o c h die B e h a n d l u n g bis in das E r w a c h s e n e n a l t e r verschoben. I m Alter besteht die G e f a h r der m a l i g n e n E n t a r t u n g ( b r a n c h i o g e n e s Karzinom).
Laterale Halszysten und -fisteln Entwicklung: bei mangelhafter Rückbildung des Kiemenspaltes und Kiemenbogensystems.
Diagnose: sichtbare und sondierbare Fistelöffnung, derber Fistelgang. Lokalisation: vorderer Rand des M. stemocleidomastoideus. Klinik: winzige Hautöffnung mit Sekretion, innere oder äußere Öffnung (oder beides). Auftreten: uni- oder bilateral.
Erkennung: Schwellung oder rezidivierende Abszeßbildung. Im Alter: oft maligne Entartung.
XX. Hals
284 Differentialdiagnose: - Lymphome, Strumazysten, zystisches Lymphangiom, Dermoidzysten, Bursitis.
Die Diagnose der lateralen Halszyste k a n n Schwierigkeiten bereiten. D i f f e rentialdiagnostisch k o m m e n L y m p h o m e verschiedener G e n e s e , Strumazysten, das zystische L y m p h a n g i o m , D e r m o i d z y s t e n sowie eine Bursitis der Bursa p r a e h y o i d e a in Betracht.
Therapie sorgfältige Präparation über einer Sonde im Bereich der Karotisgabel, Darstellung des Gangsystems im Bereich der Pharynxwand.
Therapie: N a c h ovalärer U m s c h n e i d u n g der F i s t e l ö f f n u n g W e i t e r f ü h r u n g des H a u t s c h n i t t e s parallel entlang des M. s t e m o c l e i d o m a s t o i d e u s , sorgfältige P r ä p a r a t i o n ü b e r einer S o n d e im Bereich der Karotisgabel (Cave: Ν. hypoglossus) u n d Darstellung des G a n g s y s t e m s im Bereich der P h a r y n x w a n d . D u r c h z i e h e n des isolierten Fistelganges in d e n R a c h e n , Ligatur u n d Abtragung, wobei eine Tonsillektomie erforderlich sein k a n n (Abb. 20-3). P r o b l e m e e n t s t e h e n bei der P r ä p a r a t i o n im Bereich der G e f ä ß s c h e i d e u n d n a c h abgelaufenen Entzündungen.
Ligatur und Abtragung, evtl. Tonsillektomie (Abb. 20-3). Günstiger Operationszeitpunkt 3. Lebensjahr Rezidive nach Exstirpation von lateralen Halszysten.
G ü n s t i g s t e r Z e i t p u n k t f ü r die O p e r a t i o n ist das 3. Lebensjahr.
digastricus
Fistelgang
N. hypoglossus A. carotis Ν vagus V. jugularis int.
äußere Fistelöffnung mit exzidierter Haut
äußere Fistelöffnung mit exzidierter Haut
Abb.20-3 Lagebeziehung des Fistelganges der lateralen Fistel und Zyste zur Karotisgabel und N.hypoglossus D i e lateralen H a l s z y s t e n werden in toto freipräpariert u n d exstirpiert. Ein v o r h a n d e n e r Fistelgang (s. o.) m u ß ebenfalls radikal präpariert u n d exstirpiert werden, wobei die I n j e k t i o n von F a r b l ö s u n g die Lokalisation erleichtert (s. A b b . 20-3). Rezidive sind möglich. Ohr-Halsfisteln Bildung aus erstem Kiemengang, Verbindung mit äußerem Gehörgang. Therapie: radikale Entfernung, um Infektion zu verhindern.
Mediane Halsspalte Entstehung durch mangelhafte Verschmelzung der lateralen Halsanlagen in der Mittellinie. Therapie: Exzision der Spalte.
1.1.3
Ohr-Halsfisteln
Fisteln, die sich aus d e m ersten K i e m e n g a n g entwickeln u n d m i t d e m äußeren G e h ö r g a n g in V e r b i n d u n g stehen, werden als Ohrfisteln b e z e i c h n e t . U m I n f e k t i o n e n v o r z u b e u g e n , m ü s s e n a u c h sie radikal entfernt werden. G e f a h r der V e r l e t z u n g des N . facialis (Abb. 20-4). 1.1.4 M e d i a n e Halsspalte Die m e d i a n e Halsspalte stellt eine seltene M i ß b i l d u n g a u f g r u n d m a n g e l h a f ter V e r s c h m e l z u n g der lateralen H a l s a n l a g e n in der Mittellinie dar. Die Therapie besteht in der Exzision
der Spalte u n d D e c k u n g des H a u t d e f e k -
tes d u r c h eine Z-Plastik. Hämangiom Gefäßmißbildung. Gutartige Geschwulst. Am Hals selten.
1 . 1 . 5 H ä m a n g i o m (s. a u c h Kapitel XXX. Kinderchirurgie). H ä m a n g i o m ist ein S a m m e l b e g r i f f f ü r G e f ä ß m i ß b i l d u n g e n u n t e r s c h i e d l i c h e r Art u n d G e n e s e . Sie h a b e n d e n Charakter einer gutartigen Geschwulst. Das H ä m a n g i o m ist bei w e i t e m der häufigste T u m o r des N e u g e b o r e n e n u n d im Säuglingsalter. Die Lokalisation a m Hals ist aber selten.
Mißbildungen
285
Bei der Therapie weist die operativ-plastische Chirurgie gute Ergebnisse auf, wenn Vereisungs-, Kortison-, Instillations- und Kompressionstherapie nicht zum Erfolg geführt haben. Preis der operativen Intervention ist die Narbe. Die Strahlentherapie ist wegen der Nebenwirkungen (vorzeitiger Epiphysenschluß, Strahlenspätschäden) abzulehnen.
Therapie: Vereisungs-, Kortison-, Instillations-, Kompressionstherapie, operativ-plastisch.
1.1.6 Lymphangioma cysticum (Hygroma colli cysticum)
Lymphangioma cysticum Ausgang vom Saccus lymphaticus jugularis. Konglomerat aus Lymph- und Bindegewebe. Aussehen der Zyste: glatt, bucklig, teigig, schwammige Konsistenz, komprimierbar.
Das zystische Hygrom oder Lymphangiom nimmt seinen Ausgang vom Saccus lymphaticus jugularis. Es stellt ein Konglomerat aus Lymph- und Bindegewebe dar. Hygrome entwickeln sich vorwiegend im hinteren und seitlichen Halsdreieck. Sind sie bereits bei der Geburt vorhanden, können sie ein mechanisches Geburtshindernis darstellen. Die Zysten sind glatt oder bucklig, von teigiger, schwammiger Konsistenz und komprimierbar. Bei Größenzunahme fuhren sie zur Kompression von Nachbarorganen. Durch Instillation von verdünntem wasserlöslichem Kontrastmittel kann die Ausdehnung ermittelt werden. Differentialdiagnostisch sind laterale Halszysten, Kavernome, Lipome und Thyreoideazysten abzugrenzen. Die Therapie besteht in der Exstirpation, evtl. auch in mehreren Sitzungen in den ersten Lebensmonaten. Als Komplikationen sind Lymphfisteln und Infektionen bekannt, so daß der Eingriff unter Antibiotikaschutz durchgeführt werden sollte. Verletzung von Nerven (N. accessorius, N. facialis, N. vagus) und Gefäßen (A. carotis, V. jugularis) sind beschrieben. Mit Rezidiven m u ß gerechnet werden.
1.1.7 Schiefhals (Caput obstipum, Tortikollis) Der angeborene oder muskuläre Schiefhals stellt die Kontraktur mit sehniger Degeneration des M. stemocleidomastoideus dar und ist vererblich. Mäd-
Differentialdiagnose: laterale Halszysten, Kavernome, Lipome, Thyreoideazysten. Therapie: Exstirpation. Komplikationen: Lymphfisteln, Infektionen.
Schiefhals: angeboren, vererblich. Wenn keine spontane Heilung: Wachstumsstörung der befal-
XX. Hals
286 lenen Gesichtshälften, Asymmetrie, Gesichtsdeformität, Schädel- und Gesichtsskoliose.
Differentialdiagnose: - spastischer Schiefhals, - Schiefhals durch Verbrennungsnarben, - Entzündung, - Rheuma, - traumatisch. Therapie Frühe Durchtrennung des verkürzten und verdickten Halsmuskels.
Benigne Tumoren
-
Fibrome, neurogene Tumoren, Lipome, Atherome.
Therapie: Exstirpation.
Karotisglomustumoren: maligne Entartung möglich. Cave: Durch Druck: Auslösung eines KarotissinusreflexSyndroms. Therapie: radikale Exstirpation.
Skalenus-, Halsrippensyndrom Kompressionssyndrom der Skalenuslücke (Abb. 20-5). Selten neurologische Reizsymptome. Diagnostik: Angiographie, neurologische Untersuchung (EMG).
chen werden häufiger betroffen. Kommt es während des ersten Lebensjahres nicht zur spontanen Heilung, führt der Schiefhals zur Wachstumsstörung der befallenen Gesichtshälfte mit Asymmetrie, Gesichtsdeformität, Schädel- und Gesichtsskoliose und Verkürzung sämtlicher Halsweichteile der betroffenen Seite. Differentialdiagnostisch kommt der spastische Schiefhals - durch zentralbedingte klonische und tonische Kontrakturen der Halsmuskulatur - und der erworbene Schiefhals - durch Verbrennungsnarben, Entzündungen, bei rheumatischer und traumatischer Genese - in Betracht. Die Therapie des Tortikollis besteht in einer möglichst frühen Durchtrennung der verkürzten Halsmuskulatur. Der Kopf kann durch einen Gipsverband oder eine Bandage anschließend fixiert werden. Eine krankengymnastische Nachbehandlung muß sich anschließen.
2. Benigne Tumoren Fibrome, neurogene Tumoren, Lipome und Atherome können ebenfalls im Halsbereich manifest werden. Die Therapie besteht bei kosmetischer Indikation, bei Funktionseinschränkung und bei möglicher späterer Entartung in der Exstirpation. Die neurogenen Tumoren des Halses sind häufig solitär und zeigen nur eine geringe Wachstumstendenz, Ausnahme bilden die Tumoren bei Morbus von Recklinghausen. Die neurogenen Tumoren entwickeln sich aus Nervenscheiden, SchwannZellen, Neurozyten und Paraganglien der Hirnnerven, vegetativen Nerven, der zervikalen und der brachialen Nervenplexus. Von besonderer Bedeutung sind die Karotisglomustumoren, ausgehend von Paraganglien der Karotisgabel (Glomustumor) mit klinisch langsamem Wachstum. Bei ihnen ist eine maligne Entartung möglich. Sie kommen einund beidseitig sowie familiär vor. Bei Druck auf einen Glomustumor kann ein Karotissinusreflex-Syndrom (Pressorezeptorreflex, Ohnmacht oder Herzstillstand) ausgelöst werden. Die Therapie besteht in der radikalen Exstirpation, wobei evtl. gefäßrekonstruktive M a ß n a h m e n der Karotisgabel durchgeführt werden müssen.
3. Skalenus- bzw. Halsrippensyndrom (Thoracic-outlet-Syndrom) (s. s. 403) Das Halsrippensyndrom stellt ein Kompressionssyndrom der Skalenuslücke dar, welches durch Halsrippe, Exostose bzw. durch einen hypertrophierten «HitfIPl kompressive Läsion
Abb. 20-5 Kompressionssyndrome im Bereich der Skalenuslücke verursacht durch: 1. Halsrippe, 2. Hochstand der 1. Rippe und 3. Hypertrophie des M.scalenus anterior
Lymphknotenerkrankungen
287
Μ. scalenus anterior hervorgerufen werden kann (Abb. 20-5). Frauen erkranken häufiger als Männer. Neurologische Reizsymptome, wie Parästhesien und Kältegefühl sowie seitendifferente Pulsfüllung oder Atrophie der Muskulatur, finden sich nur bei etwa 10 % der Patienten. Provokationstests (Adson-Test, Kosto-Klavikular- und Hyperabduktionsmanöver) besitzen geringen diagnostischen Wert. Bei Patienten mit Beschwerden ergibt die Angiographie Stenosen, poststenotische Aneurysmen und evtl. wandständige Thromben der A. subclavia (Emboliegefahr!).
Differentialdiagnostisch müssen neurologische Erkrankungen (HWS-Syn-
Differentialdiagnose beachten.
drom, Karpaltunnelsyndrom, Rückenmarktumoren und Polyneuropathien) sowie die Endangiitis obliterans, Morbus Raynaud und Tumoren der Supraklavikulargrube (Pancoast-Tumor) sowie Entzündungen (Periarthritis humero-scapularis) abgegrenzt werden.
4. Lymphknotenerkrankungen Die klinisch wesentlichen Anteile des zervikalen Lymphsystems sind die zahlreichen Lymphknoten (ein Drittel aller Lymphknoten des Organismus), die als mechanische Filter bzw. immunologische Barrieren zum Pharynx die Lymphgefäßverläufe unterbrechen. Die Lymphknoten variieren stark in ihrer Größe, Zahl und Struktur. Weiche, mobile Lymphknoten sind bei Kindern und jungendlichen Erwachsenen palpabel. Die Tastbarkeit nimmt mit dem Alter ab. A m Hals besteht eine enge Beziehung zwischen Lymphknoten und Venen,
A b b . 2 0 - 6 Schema der H a u p t l y m p h b a h n e n und L y m p h k o l l e k t o r e n am Hals 1 Nodi lymphatici occipitales 2 Nodi lymphatici retroauriculares 3 Nodi lymphatici parotidici 4 Nodi lymphatici submandibulares 5 Nodi lymphatici submentales 6 Nodi lymphatici retropharyngei 7 Nodi lymphatici cervicales prolundi 8 Nodi lymphatici prä- und paralaryngo-tracheales 9 Nodi lymphatici cervicales superficiales (nervi accessorii) 10 Nodi lymphatici nuchales 11 Nodi lymphatici supraclaviculares A N.accessorius Β N.phrenicus
Lymph knotenerkran kungen A m Hals enge Beziehung zwischen L y m p h k n o t e n und V e n e n , N e r v e n und Muskulatur (Abb. 20-6 und 20-7).
Diagnostik der L y m p h k n o t e n d u r c h : - Größenzunahme, - Schwellung, - Schmerzhaftigkeit, - Lymphknotenstatus (einschließlich Milz, Leber), - Blutuntersuchung, - evtl. Sternalpunktion, - Thoraxaufnahme, - HNO-Status. - Inspektion und Palpation des Halses obligatorisch.
XX. Hals
288
Abb. 20-7 Seitliche Halslymphknoten (nach Entfernung von Haut und M.sternocleidomastoideus) zusätzlich Lnn. n.accessorii, Lynn.supraclaviculares und Lynn.jugulares craniales et caudales 1 A.carotis, V.jugularis interna 2 Lymphknotenketten entlang der V.jugularis interna 3 N.vagus 4 Ductus thoracicus im Winkel zwischen V.jugularis und V. subclavia 5 M.sternocleidomastoideus 6 N.accessorius und Lymphknoten 7 M.trapezius 8 Nodi cervicales transversi
Nerven und Muskulatur. Die Kenntnis der topographischen Anatomie ist für die Chirurgie der Halslymphknoten äußerst wichtig (Abb. 20-6 und 20-7). Voraussetzung für die Bewertung von Lymphknoten im Halsbereich ist die genaue Anamnese (Größenzunahme, Dauer der Schwellung, Schmerzhaftigkeit, vorangegangene Operation bzw. Radiatio) sowie der generelle Lymphknotenstatus einschließlich Milz und Leber, Blutuntersuchung, evtl. Sternalpunktion, Thoraxaufnahme und HNO-Status. Auch die Inspektion des Halses (Muskelprofilierung, Fettpolster, Schilddrüse) und Palpation (Größe, Verschieblichkeit, Druckschmerzhaftigkeit, Konsistenz) ist für die Untersuchung obligatorisch.
4.1 Benigne Veränderungen der Halslymphknoten Da die Lymphknoten die Aufgabe besitzen, in den Organismus eingedrungene Krankheitserreger zu eliminieren, kommt es bei Kontamination zu mehr oder weniger ausgedehnten Reaktionen des zervikalen Lymphsystems. Lymphadenitis häufigste Ursache der Lymphknotenschwellung, Vergesellschaftung von Krankheiten mit einer Lymphknotenschwellung:
4.1.1 Die unspezifische und spezifische Lymphadenitis Die Lymphadenitis mit reaktiver Hyperplasie ist die häufigste Ursache der Lymphknotenschwellung. Es existiert eine große Gruppe von Erkrankungen durch spezifische Erreger, die mit einer Lymphknotenschwellung am Hals einhergehen (Tab. X X - 1 ) . Darunter fallen:
-
die Tuberkulose, die Sarkoidose, die Toxoplasmose, die Mononukleosis infectiosa (Pfeiffer'sches Drüsenfieber), die Katzenkrankheit, Tularämie, Bruzellose, Aktinomykose.
Bei unklarer Diagnose sollte grundsätzlich die Feinnadelbiopsie durchgeführt werden.
Operative Maßnahmen
289
Tabelle 20-1 Ursachen für Lymphknotenschwellung Entzündlich 1. Lymphadenitis ohne Spezifität 2. Lymphadenitis durch spezifische Krankheiten (Tuberkulose, Sarkoidose, Toxoplasmose, Mononucleosis infectiosa, Tularämie, Bruzellose, Aktinomykose)
Tumoren des Lymphsystems Gutartige Tumoren - Lokalisiertes benignes Lymphom - Lymphangiome Maligne Tumoren - Hodgkin-Krankheit (Lymphogranulomatose) 53 % - Nicht-Hodgkin-Lymphome 47% (Retikulosarkome, Lymphosarkom, großfollikuläres Lymphom-Brill-Symmers, Makroglobulinämie Waldenstrom, chron. und akute Lymphadenosen) Metastasen
Die Indikation zum chirurgischen Eingriff beschränkt sich bei den oben genannten Erkrankungen auf die Diagnostik oder die Intervention bei Komplikationen, ζ. B. Einschmelzung und Fistelbildung - ζ. B. bei Tuberkulose und Aktinomykose. Im übrigen steht die spezifische Therapie der Grunderkrankung im Vordergrund (s. Lehrbücher der Inneren Medizin). Neben den Lymphknotenschwellungen entzündlicher Genese bewirken gutartige Tumoren des Lymphsystems, wie das lokalisierte benigne Lymphom oder Lymphangiom (s. dort) eine Schwellung der Lymphknoten. Für das benigne Lymphom existiert keine spezifische chirurgische Therapie.
4.2 Maligne Veränderungen der Halslymphknoten Maligne systemische und metastatische Erkrankungen können als primäre Manifestationen in den Halslymphknoten auftreten. Mit über 50 % ist die Hodgkin-Krankheit (Lymphogranulomatose) Ursache für maligne Lymphknotenschwellungen. Knapp 50 % entfallen auf NonHodgkin-Lymphome, worunter nach der Kieler Klassifikation das Retikulosarkom, das Lymphosarkom, das groß-follikuläre Lymphoblastom (Brill-Symmers-Krankheit), die Makroglobulinämie Waldenstrom sowie alle chronischen und akuten Lymphadenosen fallen. Die metastatische Absiedlung von Tumoren anderer Organe stellt die zweite große Gruppe der malignen Lymphknotenvergrößerungen dar. Am häufigsten metastasieren Tumoren aus dem Pharynx- und Larynxbereich in die zervikalen Lymphknoten (80 %). Seltener kommt es zur Metastasierung von Karzinomen aus dem Gastrointestinaltrakt (Magenkarzinom —»VirchowDrüse), dem Bronchialsystem und aus dem Urogentialsystem.
5. Operative Maßnahmen Im Rahmen der malignen systemischen Erkrankungen dient die operative Freilegung und Exstirpation von Lymphknoten sowohl der Diagnostik als auch der Therapie im Frühstadium der Erkrankung (neck dessection) mit anschließender Radiatio. Bei metastatischer Absiedlung von Tumoren anderer Organe wird die Lymphknotenexstirpation zur Diagnostik sowie bei Kompression von benachbarten Halsorganen durchgeführt.
Therapie: Behandlung der Grundkrankheiten.
Lymphknotenschwellung auch bei gutartigen Tumoren des Lymphsystems.
Maligne Veränderungen der Halslymphknoten: Manifestation systemischer und metastatischer Erkrankungen in den Halslymphknoten. 50 % aller malignen Lymphknotenschwellungen: Hodgkin-Krankheit. Weitere 50% fallen auf: Retikulosarkom, Lymphosarkom, Lymphoblastom, Makroglobulinämie Waldenstrom, Lymphadenosen. Maligne Lymphknotenvergrößerung auch durch metastatische Ansiedlung von Tumoren anderer Organe.
Operative Maßnahmen Exstirpation vom Lymphknoten zur Therapie im Frühstadium und Diagnostik.
XX. Hals
290
A b b . 2 0 - 8 Schema der Hautschnitte am Hals 1 Schnitt am V o r d e r r a n d des M . s t e r n o c l e i d o m a s t o i d e u s (Carotisbifurkation, V.jugularis, L y m p h k n o t e n , Halszysten und -fisteln) 2 Kocher Kragenschnitt (Schilddrüse, Nebenschilddrüse) 3 Submandibulärer Hautschnitt (Lymphknoten, glandulae submandibularis, Abszesse) 4 Schnitt am Hinterrand des M . s t e r n o c l e i d o m a s t o i d e u s (V. jugularis, Lymphknoten, A.carotis com.) 5 m e d . Hautschnitt (Tracheotomie, med. Halszysten) 6 supraclaviculärer Zugang (Lymphknoten, A.subclavia) 7 b o g e n f ö r m i g e r Schnitt submental (med. Halszyste, Pharyngotomie subthyreoidea) 8 Schnitt im Bereich des Os mastoideus (Lymphknoten) 9 Stufenschnitte nach W e l t i (Lymphknoten, lat. Halszysten und -fisteln) Bei j e d e r länger a n d a u e r n d e n Schwellung d e r H a l s l y m p h k n o t e n : Probeexzision. Bakteriologische und histologische Untersuc h u n g exstirpierter L y m p h k n o t e n .
Hautschnitte beim operativen V o r g e h e n zeigt A b b i l d u n g 20-8.
Bei jeder länger andauernden Schwellung der Halslymphknoten Probeexzision, wobei ein Lymphknoten in toto (mit Kapsel) entfernt werden muß. Exstirpierte Lymphknoten müssen obligatorisch bakteriologisch und histologisch untersucht werden, wobei das Deutsche Lymphknotenregister des Pathologischen Institutes der Universität Kiel wertvolle Hilfestellung leistet (Lennert). Die Exstirpation gelingt häufig in Lokalanästhesie, jedoch sollte in der Supraklavikulargrube und im hinteren Halsdreieck in Allgemeinnarkose operiert werden, da dadurch großzügiger, übersichtlicher und schonender operiert werden kann. Die möglichen Hautschnitte zeigt Abbildung 20-8. Kommt es, egal aus welchem Grund, zu größeren Defekten, müssen sämtliche Möglichkeiten der plastischen Chirurgie (Rotations-, Myokutanlappen, Transplantationen) eingesetzt werden.
Komplikationen: - Nervenverletzungen, - Gefäßverletzungen, - Lymphfisteln.
5.1 Komplikationen bei Operationen im Halsbereich
Nerven Verletzung typisch: N. accessorius mit Lähmung.
5.1.1 Nervenverletzung
Die Komplikationen bestehen in Nerven- und Gefäßverletzungen und der Entstehung von Lymphfisteln.
Die Verletzung des N. accessorius ist die typische Komplikation einer Lymphknotenexstirpation im seitlichen Halsdreieck. Vor allem nach Entfernung von Atheromen, Lipomen, lateralen Halsfisteln und Zysten und plastischen Operationen kann eine Accessoriuslähmung auftreten. Die Diagnose der Accessoriuslähmung wird klinisch gestellt.
291
Entzündungen Die klinische Trias ist typisch: - Operation im seitlichen Halsdreieck oder Trigonum caroticum, - der Schulterschmerz und - Lähmung der Abduktion im Schultergelenk
Klinische Trias
Kenntnisse in Anatomie, ein nicht zu kleiner Hautschnitt und Allgemeinnarkose gelten als Vorbeugung. Bei leichter Lähmung steht die konservative Therapie durch krankengymnastische Übungsbehandlung im Vordergrund. Eventuell kann eine operative Rekonstruktion (Neurolyse, Nervennaht, autologe Transplantation) durchgeführt werden, da bei Vorliegen einer schweren Accessoriuslähmung eine gravierende Behinderung auf Dauer nicht zu vermeiden ist.
5.1.2 Lymphfisteln K o m m t es postoperativ zur Sezernierung von klarem Sekret aus dem Wundgebiet, muß die Diagnose einer Lymphfistel gestellt werden. Die Therapie besteht anfangs in Abwarten, da sich eine Lymphfistel häufig spontan verschließt. Kommt es nicht z u m spontanen Verschluß, muß die Lymphbahn umstochen werden. Ist bei einer linksseitigen Operation der Ductus thoracicus (Venenwinkel) verletzt worden, m u ß dieser freigelegt u. ligiert werden.
5.1.3 Verletzung von Venen und Arterien Die Verletzung von Venen im Halsbereich zieht keine spezielle chirurgische Therapie nach sich, da auch größere Venen problemlos ligiert werden können. Cave: Luftembolie! Dagegen erfordert die Verletzung der A. carotis oder A. subclavia gefäßchirurgische Maßnahmen, da die Ligatur von größeren Gefäßen zu erheblichen Funktionseinschränkungen vor allem des Cerebrums fuhren kann.
5.1.4 Pneumothorax Bei Operation im Bereich der Supraklavikulargrube kann ein Pneumothorax gesetzt werden, der die Anlage einer Bülau-Drainage oder eines PneumoCaths erfordert.
6. Entzündungen Im Bereich des Halses können alle die Entzündungsformen auftreten, die sich auch in anderen Körperregionen entwickeln. Von besonderer Bedeutung am Hals und Nacken sind Furunkel, eine vom Haarbalg ausgehende Infektion (Staphylokokken), die sich über die Folliculitis Simplex zu einer perifollikulären eitrigen Einschmelzung entwickelt. Durch die konfluierende Einschmelzung mehrerer benachbarter Haarfollikel kommt es - meist im Nacken - zum Karbunkel. Das klinische Bild ist gekennzeichnet durch eine umschriebene, stark schmerzhafte bis handflächengroße Rötung und Schwellung mit multiplen Einschmelzungen und Nekrosen sowie Temperaturerhöhung, (s. auch S. 23 ff.). Die Therapie besteht in einer radikalen Exzision des eitrig-nekrotischen Infiltrates bis auf die Halsfaszie mit sekundär plastischer Deckung des Defektes. Antibiotika nur bei Tiefenausbreitung und Abwehrschwäche. Phlegmonen am Hals sind gefährlich wegen der Möglichkeit eines Glottisödems (Atemnot!). Symptome sind Temperaturerhöhungen, Spontan- oder Druckschmerz, Rötung, Ödem und eine fortschreitende Nekrosebildung. Im Halsdreieck können Phlegmonen von erkrankten Zähnen, einer Sinuisitis oder einer Tonsillitis ausgehen.
Lymphfistel liegt vor, wenn postoperativ klares Sekret sezerniert wird. Therapie: häufig Spontanverschluß, andernfalls Lymphbahn umstechen.
Verletzung von Venen und Arterien Venen: Cave: Luftembolie. Arterien: Cave: Zerebrale Ischämie
Pneumothorax Anlage einer Bülau-Drainage oder eines Pneumo-Caths.
Entzündungen Furunkel: Infektion, die zu eitriger Einschmelzung führt. Karbunkel: stark schmerzhafte Rötung und Schwellung mit Einschmelzung und konfluierenden Nekrosen.
Therapie radikale Exzision des Infiltrats. Antibiotika bei Tiefenausbreitung und Abwehrschwäche. Phlegmonen: Gefahr eines Glottisödems (Atemnot). Symptome: Temperaturerhöhung, Spontan- oder Druckschmerz, Rötung, Ödem, fortschreitende Nekrosebildung. Ausgangspunkt: erkrankte Zähne, Sinuisitis, Tonsillitis.
292 Therapie: großzügige Inzision und Drainage. Antibio tika-Therapie obligat.
XX. Hals Die Therapie besteht in einer großzügigen Inzision und Drainage mit eventueller Gegeninzision. Systemische Antibiotika-Therapie ist obligat, u m eine Ausbreitung (Mediastinum) zu verhindern (Cave: Glottisödem und infizierte Thrombose der V. jugularis interna!).
Literatur Becker, W., Herbold, C.: Klinik der Krankheiten des zervikalen Lymphknotensystems. In Hals-Nasen-Ohrenheilkunde in Praxis und Klinik, Bd. III, (Hrsg. Berends, J., Link, R., Zöllner, F.). Thieme, Stuttgart 1978 Lennert, K.: Pathologisch-histologische Klassifizierung der malignen Lymphome. In: Leukämien und maligne Lymphome, (Hrsg. von A. Stacher). Urban & Schwarzenberg, München 1973
XXI. Mammachirurgie
XXI. Mammachirurgie
G. Görtz, Κ. J. Walter
1. E n t w i c k l u n g u n d A n a t o m i e 1.1. Entwicklung Die menschliche Brustdrüse ist als hochdifferenzierte Hautdrüse aus den paarig angelegten Epithelstreifen der ventralen Rumpfwand (Milchstreifen) entstanden. Aus „Milchpunkten" bilden sich die epithelial ausgekleideten „Milchgänge". Die Mamille ist bereits bei Geburt über dem Hautniveau erkennbar. Die weibliche Brustdrüse zeigt ab der Pubertät unter hormoneller Einwirkung des Follikel- und Corpus-luteum-Hormons eine Vermehrung von Milchgängen, Binde- und subkutanem Fettgewebe. Die männliche Brustdrüse entwickelt sich nicht weiter, behält jedoch ihre Reaktionsfähigkeit auf hormonelle Einflüsse.
1.2 Anatomischer Aufbau Die voll ausgereifte weibliche Brustdrüse reicht von der 3 . - 6 . Rippe sowie vom Brustbein bis zur vorderen Axillarlinie. Der Drüsenkörper besteht aus 1 5 - 2 0 Drüsenlappen, deren Ausfuhrungsgänge in die Brustwarze münden. Die Basis der Brustdrüse liegt der Faszie des M. pectoralis major und M. serratus lateralis auf. Die Milchgänge sind von Bindegewebe umgeben, dazwischen ist Fettgewebe - unterschiedlich ausgeprägt - eingelagert. Die M a m m a wird in 4 Quadranten eingeteilt: oberer innerer und äußerer, unterer innerer und äußerer Quadrant. Die Blutversorgung erfolgt: - aus der A. thoracica interna, - aus der 2. und 3. Aa. intercostalis und - aus der A. thoracica lateralis. Die Mamille wird durch Äste aus dem Drüsenkörper versorgt. Der Lymphabfluß hat 3 Hauptabflußwege (Abb. 21-1): 1. axillär: Lymphgefäße parallel zum Unterrand des M. pectoralis major, Lymphonoduli axillares, hier Verbindung zur Fossa supraclavicularis, Lymphonoduli cervicales sowie Lymphonoduli subscapulares.
Abb.21-1 Lymphabflußwege der Mamma (modifiziert nach Siewert) 1 zentrale Lymphknotengruppe 2 Lymphknoten um die V.axillaris 3 subkapsuläre L. 4 intrapektorale L. 5 subpektorale L. 6 L. der Apexaxillae
Anatomie Blutversorgung aus: - A. thoracia interna, - 2. u. 3. Aa. intercostalis, - A. thoracica lateralis, - Versorgung der Mamille: durch Äste aus Drüsenkörper.
Lymphabflußwege: - axillär, - parasternal, - interpektoral.
XXI. Mammachirurgie
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2. parasternal: Der mediale Lymphabfluß führt zu interkostalen und parasternalen Lymphknoten entlang der V. thoracica interna mit Verbindung zur V. subclavia sowie dem kontralateralen Lymphsystem. Direkte Verbindungen bestehen z u m subpektoralen sowie subdiaphragmalen Lymphsystems. 3. interpektoral: Diese Abflußbahn verläuft zwischen beiden M m . pectorales und m ü n d e t direkt in die tiefen axillären oder infraklavikulären Lymphknoten.
2. Gutartige Mammaerkrankungen Fehlbildungen - Amasthie, - Aplasie, - Athelie. Erkrankungen: - Mikromastie, - Polymastie (Polythelie), - Mammae aberrantes. Mammahypertrophie: echte Hypertrophie mit übermäßigem Wachstum aller Brustdrüsenbestandteile. Indikation für plastisch-chirurgische Verkleinerung.
Mastoptose: durch übermäßiges Gewicht oder mangelhafte Anlage des ßefestigungsapparates. Indikation für Augmentationsplastik.
Gynäkomastie Vermehrung des Brustdrüsengewebes beim Mann. Ursache: Lebererkrankung, hormonaktive Hoden, NNR-Tumoren, Hormongaben. Therapie: subkutane Mastektomie.
2.1. Fehlbildungen Angeborene H e m m u n g s m i ß b i l d u n g e n k o m m e n als Amastie (vollständiges Fehlen der Brustdrüse), Aplasie (Mamillenanlage vorhanden, Brustdrüsenkörper fehlt) oder als Athelie (Brustdrüsenkörper vorhanden, Mamille fehlt) vor. Mikromastie bezeichnet a b n o r m e Kleinheit der Brustdrüse. Sind im Bereich der Milchleiste mehrere Brustdrüsen bzw. Mamillen angelegt, so sprechen wir von Polymastie bzw. Polythelie. M a m m a e aberrantes außerhalb der Milchleiste (Axilla, Leiste, Oberschenkel, Rücken) stellen versprengte Brustdrüsenanteile dar, in denen sich gehäuft gut- u n d bösartige T u m o r e n entwickeln. Mammahypertrophie: N e b e n der Pseudohypertrophia mammae mit Einlagerung von subkutanem Fettgewebe im R a h m e n einer allgemeinen Adipositas finden wir die echte Hypertrophie mit übermäßigem W a c h s t u m aller Brustdrüsenbestandteile sowie die Pubertäts- und Schwangerschaftshypertrophie mit überschießender Bindegewebevermehrung bzw. extremer Übertreibung der normalen Schwangerschaftsentwicklung. Aufgrund häufig erheblicher physischer und psychischer Beschwerden ist die Indikation zu einer plastisch-chirurgischen Verkleinerung des Brustdrüsenkörpers gegeben. Mastoptose (Hängebrust): Hypertrophische Form durch übermäßiges Gewicht der Brust, atrophische Form infolge mangelhafter Anlage des Befestigungsapparates (Bindegewebeschwäche). In der Regel sind beide Seiten betroffen. Bei der hypertrophen F o r m k o m m t eine chirurgische Reduktionsplastik, bei der athrophischen Variante die Augmentationsplastik bzw. prothetischer Ersatz in Frage.
2.2 Gynäkomastie Als Gynäkomastie (Weiberbrust) wird eine Vermehrung aller Gewebe des Brustdrüsenkörpers einer oder beider M a m m a e beim M a n n bezeichnet. In zwei Dritteln aller Fälle treten Spannungs- und Berührungsschmerzen der Mamille auf. Die Gynäkomastie findet sich entweder im Adoleszenten- oder im höheren Lebensalter; ursächlich sind: Lebererkrankungen, hormonaktive Hoden oder NNR-Tumoren bzw. medikamentöse Faktoren (Östrogen-Therapie, Spironolactone) auszuschließen. Therapie der Wahl ist die subkutane Mastektomie.
Entzündungen
2.3 Entzündungen
Akute Mastitis: Staphylokokken- oder Streptokokkeninfektion.
Akute Mastitis: Der akuten Mastitis puerperalis während der Laktationsphase liegt meistens eine Staphylokokken- oder Streptokokkeninfektion zu Grunde. Im Anfangsstadium wird konservativ behandelt (ausgiebige Entleerung der Brust, Antiphlogistika, Antibiotikum). In diesem Stadium liegt lediglich eine eitrige Infektion der Ausführungsgänge mit leukozytärer Infiltration des Stroma vor.
Therapie: im Anfangsstadium konservativ mit Antiphlogistika und Antibiotika. Bei eitriger Einschmelzung des Gewebes: Inzision mit Drainage der Abszeßhöhle.
Gutartige Mammaerkrankungen
Ist es darüber hinaus zu einer eitrigen Einschmelzung des Gewebes (subkutaner, intra- oder retromammärer Abszeß) gekommen (Abb. 21-2), muß eine ausgiebige Inzision evtl. mit Gegeninzision und Drainage der Abszeßhöhle vorgenommen werden. Der Schnitt liegt direkt über dem Abszeß. Nach Abheilung können Retentionszysten oder bindegewebige Schrumpfung der M a m m a eintreten (Szirrhöses mammae). Chronische Mastitis: Heute seltene Ursache für eine chronische abszedierende Mastitis (kalter Abszeß) sind die Tuberkulose, die Plasmazellmastitis in der Menopause sowie die Aktinomykose. Differentialdiagnostisch muß immer ein Karzinom ausgeschlossen werden.
295
Chronische Mastitis: Ursache: Tuberkulose, Plasmazellmastitis, Aktinomykose (Karzinom ausschließen).
2.4 Gutartige Tumoren und Zysten
Gutartige Prozesse
2.4.1 Zysten
Zysten Entstehung durch Mastopathia fibrosa cystica.
Entstehen meist im Rahmen einer Mastopathia fibrosa cystica, selten finden sich sog. Involutionszysten oder Galaktozelen als Retentionszysten, die durch Behinderung der Milchentleerung bis zu faustgroße Hohlräume bilden können.
2.4.2 Fibroadenome Das perikanalikuläre Fibroadenom ist die häufigste gutartige Erkrankung der Mamma, meist zwischen dem 20. und 25. Lebensjahr auftretend. Während der Schwangerschaft und Laktation kann es rapid wachsen, so daß eine hormonelle Induktion angenommen wird. Das seltenere intraduktale Fibroadenom tritt dagegen meist erst nach dem 35. Lebensjahr auf.
2.4.3 Cystosarcoma phylloides Dieser Tumor tritt bei Frauen zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr auf, kann erhebliche Größe annehmen, ist meist von einer Pseudokapsel umgeben und knollig begrenzt. Wir unterscheiden eine benigne und eine maligne Form. Die benigne Variante zeigt hohe lokale Rezidivneigung ohne invasives Wachstum. Das Cytosarcoma phylloides maligna entspricht biologisch einem rasch wachsenden, zu frühzeitiger hämatogener Metastasierung neigenden Sarkom.
Fibroadenome gutartige Erkrankung. Rapides Wachstum während der Schwangerschaft.
Cystosarcoma phylloides Auftreten zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr mit erheblicher Größe. Knollig begrenzt. Benigne oder maligne Form. Bei maligner Form frühzeitige Metastasierung.
2.4.4 Seltene Tumoren Milchgangspapillom (häufig mit Blutung aus der Mamille), Lipom, Hämangiom, Neurofibrom.
2.5 Mastopathia fibrosa cystica Sie liegt in 3 0 - 5 0 % aller gutartigen Mammaerkrankungen vor und betrifft meist Frauen zwischen dem 35. und 40. Lebensjahr. Hauptsymptom sind prämenstruelle Spannungs- und Schmerzempfindungen sowie Knoten- und Zystenbildungen meist in beiden Mammae. Histopathologisch finden sich
Mastopathia fibrosa cystica gutartige Erkrankung zwischen dem 35. und 40. Lebensjahr. Spannungs- und Schmerzempfindung, Knoten und Zystenbildung.
XXI. Mammachirurgie
296
Adenoide und tubuläre Veränderungen. Einteilung in 4 Schweregrade:
sowohl Veränderungen des hormonell abhängigen Milchgangssystems als auch des Stromas. Neben Zysten mit papillären Wucherungen finden sich adenoide und tubuläre Veränderungen. Je nach Proliferationsgrad und Ausprägung der Zellatypien wird die Mastopathie in 4 Schweregrade eingeteilt (nach Prechtel): Grad
Histomorphologische Definition
I
Benigne Parenchymdysplasie ohne Epithelproliferation Benigne Parenchymdysplasie mit Epithelproliferation ohne Atypien Parenchymdysplasie mit Epithelproliferation mit mäßiger Atypie Parenchymdysplasie mit Epithelproliferation und gehäuften Atypien
II lila Illb (= carcinoma in situ)
In ca. 90 % liegt eine benigne Dysplasie mit oder ohne Proliferation vor, in je 5 % sind leichte bis mittlere oder ausgeprägte Atypien vorhanden. Im Stadium lila sprechen wir von einer fakultativen Präkanzerose, im Stadium Illb liegt bereits ein Carcinoma in situ vor (s. 2.6.). Präkanzerosen: Man unterscheidet eine duktale und eine lobuläre Form. Kein invasives Wachstum, maligne Entartung möglich.
Duktale Form der Präkanzerose: bei leichter Atypie besteht Entartungshäufigkeit, bei ausgeprägten Atypien liegt Carcinoma in situ vor.
Lobuläre Form der Präkanzerose: Tumor ist klinisch häufig nicht zu palpieren. Auftreten bereits bei Frauen unter 50 Jahren. Prognose: Entartungsrisiko um 30%. Latenzzeit bis zu 20 Jahren.
2.6 Präkanzerosen, Carcinoma in situ Als fakultative oder obligatorische Präkanzerosen bezeichnen wir gutartige Erkrankungen, die häufiger als gesundes Gewebe zu maligner Entartung neigen. Beim Carcinoma in situ finden wir histologisch Kriterien eines Karzinoms, jedoch ohne Hinweis auf invasives Wachstum und ohne Neigung zu Metastasierung. Bei der Mamma unterscheiden wir duktale - von den extralobulären Milchgängen ausgehende - und lobuläre Formen.
2.6.1 Duktale Form Mastopathia fibrosa cystica mit atypischer Proliferation: Während die Mastopathie ohne oder mit Proliferationen (Stadium I und II) nur ein gering erhöhtes Karzinomrisiko bedeutet, besteht bei leichter bis mäßiger Atypie (Stadium lila) bereits eine Entartungshäufigkeit um 10 %, bei ausgeprägten Atypien (Stadium Illb) liegt ein Carcinoma in situ vor, das in nahezu 100 % in invasives Wachstum übergeht. Bei den papillären Gangproliferationen unterscheidet man retromamilläre, lobuläre und duktale Papillome. Beim seltenen retomamillären Papillom finden sich papilläre, adenomatoide oder solide intra- oder extraduktale Epithelproliferationen, eine maligne Entartung ist selten. Auch beim lobulären Papillom besteht eine relativ geringe Entartungshäufigkeit (ca. 3 % 10 Jahre nach Exzision). Beim duktalen Papillom ist die solitäre von der multiplen Form abzugrenzen. Während bei solitärem Papillom nur selten mit maligner Entartung zu rechnen ist, stellen multiple Papillome, insbesondere mit Atypien, eine mit hohem Entartungsrisiko belastete Präkanzeröse dar.
2.6.2 Lobuläre Form Das Carcinoma lobulare in situ (C. L. I. S.) stellt einen auf ein Läppchen begrenzten Tumor mit Proliferationen nur in die Richtungen der Läppchen dar. Klinisch ist der Tumor häufig nicht zu palpieren, in der Schnellschnitt-
Bösartige Mammaerkrankungen
297
Untersuchung kann die Abgrenzung von einer Hyperplasie der Drüsenendstücke schwierig sein. Im Gegensatz zum duktalen Carcinoma in situ tritt das C. L. I. S. bereits bei Frauen unter 50 Jahren premenopausal auf. Die Prognose ist mit einem Entartungsrisiko u m 30 % bei einer Latenzzeit bis zu 20 Jahren deutlich günstiger als bei der duktalen Form. Problematisch ist die Multizentrizität (70 %) sowie die mit 20 % häufige Bilateralität des C. L. I. S.
3. Bösartige Mammaerkrankungen 3.1 Häufigkeit
Bösartige Mammaerkrankungen Häufigkeit: häufigster bösartiger Tumor der Frau, gehäuftes Auftreten zwischen 45 und 50 Jahren, ferner zwischen 60 und 65 Jahren.
Das Mammakarzinom ist der häufigste bösartige Tumor der Frau, 22 % aller Karzinome bei Frauen sind Mammakarzinome. Die Morbiditätsziffer beträgt zur Zeit etwa 0,017 %o aller Einwohner der Bundesrepublik. Vor dem 20. Lebensjahr tritt das Mammakarzinom selten auf, ein Altersgipfel liegt zwischen 45 und 50 Jahren sowie zwischen 60 und 65 Jahren. Bei einem tastbaren Tumor der M a m m a handelt es sich premenopausal in 30 %, postmenopausal in 90 % um ein Karzinom. Der Befall der 4 Mammaquadranten ist unterschiedlich (Abb. 21-3).
/ 1 / . / 1 2 % / λ 60% I ——1'2%)——— r 3 ν \ 10°yi Abb. 21-3 Befall der 4 Mammaquadranten
3.2 Ätiologie, Pathogenese, Risikofaktoren Die Ätiologie des Mammakarzinoms ist noch weitgehend ungeklärt, pathogenetisch ist gesichert, daß Östrogene das Wachstum eines Mammakarzinoms fordern. Eine Virusätiologie ist zwar tierexperimentell bewiesen, beim Menschen ist jedoch dieser Beweis nicht erbracht. Als Risikofaktoren gelten hormonelle, Erb- und Umweltfaktoren als gesichert. Unverheiratete Frauen erkranken deutlich häufiger als verheiratete, bei familiärer Disposition ist das Erkrankungsrisiko 2- bis 3mal größer. Feldstudien ergaben eine deutliche geographische Abhängigkeit der Erkrankungshäufigkeit; hierbei wird ein hoher Fettgehalt der Nahrung angeschuldigt.
Risikofaktoren: hormonelle Faktoren, Erb- und Umweltfaktoren, familiäre Disposition, geographische Abhängigkeit, häufiger bei unverheirateten Frauen.
3.3 Einteilung der Karzinome
Einteilung der Karzinome
3.3.1 Duktale Formen
Duktale Formen Solides Karzinom: 80 % der Mammakarzinome.
Solides Karzinom: In 80 % der Mammakarzinome findet sich das von den größeren Ausführungsgängen entspringende undifferenzierte duktale Karzinom. Histologisch unterscheiden wir eine solide Tumorzellausbreitung mit geringer Bindegewebeentwicklung (Carcinoma solidum simplex) von einer mit starker Bindegewebevermehrung einhergehenden Form (szirrhöses Karzinom).
XXI. Mammachirurgie
298 Medulläres Karzinom: seltene Sonderform mit geringer Aggressivität. Milchgangskarzinom: Wachstum intraduktal
Morbus Paget: schuppendes Ekzem der Mamillenregion. Hyperkeratose durch intraepidermale Tumorentwicklung, leichte Verwechslung mit ekzematöser Erkrankung. Wenn Tumor ertastbar: in 50% Lymphknotenmetastasen. Lobuläre Karzinome 5-10 % aller Mammakarzinome. Keine bessere Prognose als duktale Form.
Seltene Karzinome Inflammatives Karzinom: Hochmaligne, Infiltrativ wachsendes solides Karzinom.
Medulläres Karzinom: Seltene Sonderform des soliden Karzinoms mit geringer Aggressivität. Makroskopisch ist der Tumor meist von einer Pseudokapsel umgeben. Milchgangskarzinom: Es wächst überwiegend intraduktal. Wir unterscheiden das Komedo-Karzinom, das cribriforme und das papilläre Karzinom. Beim Komedo-Karzinom lassen sich die intraduktal gelegenen Tumornekrosen auf der Schnittfläche wie ein Komedo ausquetschen. Morbus Paget: Einseitiges, schuppendes Ekzem der Mamillenregion mit Hyperkeratose durch intraepidermale Tumorentwicklung. Die Verwechslung mit einer echten ekzematösen Erkrankung ist leicht, bei histologischer Untersuchung findet sich jedoch in 80 % ein Milchgangskarzinom. Liegt bereits ein tastbarer Tumor vor, so muß in 50 % mit Lymphknotenmetastasen gerechnet werden.
3.3.2 Lobuläre Karzinome Das lobuläre invasive Karzinom ( 5 - 1 0 % aller Mammakarzinome) unterscheidet sich in seiner Prognose nicht vom duktalen Karzinom, bilateraler Befall ist jedoch doppelt so häufig wie beim soliden Karzinom.
3.3.3 Seltene Karzinome
Tubuläres und papilläres Karzinom Gute Prognose. Selten Metastasierung.
Inflammatives Karzinom: Besteht bei einem hochmalignen, infiltrativ wachsenden soliden Karzinom bereits eine intensive lymphangische Tumordissemination, so finden wir klinisch einen flächenhaft entwickelten, erysipeloiden Entwicklungsprozeß (Erysipelum carcinomatosum, Tumor im evolutiven Schub). Adenoid-zystisches Karzinom: Sehr seltenes Karzinom („Zylindrom der Mamma"). Die Prognose ist mit einer Zehnjahres-Überlebensrate von 65 % gut. Muzinöses Karzinom: Seltener, mit Schleimbildung einhergehender Tumor, der bis faustgroße, gallertartige Knoten bildet. Gute Prognose, ZehnjahresÜberlebenszeit 72 %. Tubuläres und papilläres Karzinom: Selten, gute Prognose, nur selten lymphogene Metastasierung.
Stadieneinteilung: nach TNM-System
3.4
Adenoid-zystisches Karzinom: Gute Prognose. Muzinöses Karzinom: Schleimbildung, gallertartige Knoten bis Faustgröße, gute Prognose.
Stadieneinteilung
Nach internationaler Übereinkunft wird das Mammakarzinom unter Berücksichtigung der Histopathologie nach dem TNM-System eingeteilt: TNM-Klassifizierung bösartiger Tumoren der Brust (nach der Union International contre le Cancer = UICC) Τ = Primärtumor TIS = Präinvasives Karzinom (Carcinoma in situ), nicht infiltratives intraduktales Karzinom oder Morbus Paget ohne nachweisbaren Tumor T 0 = kein nachweisbarer Tumor T, = Tumorgröße bis 2 cm T 2 = Tumorgröße 2 - 5 cm T 3 = Tumorgröße mehr als 5 cm T 4 = Tumor jeder Größe mit Infiltration in die Brustwand oder Haut Ν = N0 = N, = N2 = N3 =
Regionale Lymphknoten keine tastbaren axillären Lymphknoten bewegliche homolaterale axilläre Lymphknoten homolaterale fixierte axilläre Lymphknoten homolaterale infra- oder supraklavikuläre Lymphknoten oder Lymphödem des Armes
Klinisches Bild und Diagnose
299
Μ = Fernmetastasen M 0 = keine Fernmetastasen nachweisbar M j = Fernmetastasen vorhanden
3.5 Metastasierungswege Lokal: Das Mammakarzinom infiltriert relativ frühzeitig das umgebende Binde- und Fettgewebe, im fortgeschrittenen Stadium auch die Pektoralmuskulatur und die Thoraxwand. Lymphogen: Entsprechend den Lymphabflußgebieten findet die lymphogene Metastasierung überwiegend in die Axilla statt, vom medialen Abschnitt der M a m m a jedoch zu den Lymphgefäßen entlang der A. thoracica interna. Durch den sehr häufigen Sitz des Primärtumors (60 %) im oberen äußeren Quadranten kommt es zunächst zu einem Befall der zentralen Lymphonoduli axillares, später entlang dem M. pectoralis major und minor. Liegt ein fortgeschrittenes Stadium des Tumors vor, so sind beim medialen Tumorsitz in 3 0 - 4 5 % die retrosternalen Mammarialymphknoten befallen. Hämatogen: Sie folgt meist der lymphogenen Aussaat. In absteigender Häufigkeit finden sich Metastasen in Knochen (70 %) (vor allem Becken, Wirbelsäule, Schädel und Oberschenkel), Lungen (60 %) sowie in der Leber (50 %). Seltene hämatogene Metastasierungen finden sich in den Ovarien, Haut, Gehirn und Nebenniere.
Metastasierungswege 1. lokal: frühe Infiltration in das umgebende Gewebe. Später auch in Pektoralmuskulatur und Thoraxwand. 2. lymphogen: Metastasierung überwiegend in die Axilla und in die Lymphgefäße entlang der A. thoracica interna.
3. Hämatogen: folgt der lymphogenen Metastasierung. Nach Häufigkeit geordnet: - Metastasen im Knochen, - in der Lunge, - in der Leber.
3.6 Multizentrizität Atypische intraduktale Epithelproliferationen finden sich in bis zu 60 % außerhalb des Primärtumors, in etwa 13 % ist mit einer multizentrischen Entstehung von Tumoren einer M a m m a zu rechnen.
3 7 Lokalr6ZidiV In Abhängigkeit vom Primärstadium bei chirurgischer Therapie ist in 1 5 - 3 0 % mit der Entwicklung eines Lokalrezidives zu rechnen. 90 % treten innerhalb der ersten 5 postoperativen Jahre auf; es wurden jedoch noch nach 20 Jahren lokoregionale Tumorrezidive beobachtet.
Lokalrezidiv: Entwicklung in 15-30%. Hauptsächliches Auftreten innerhalb der ersten postoperativen Jahre.
4. Klinisches Bild und Diagnose
Klinik und Diagnose des Mammakarzinoms
4.1 Klinik
Meist derber Knoten der Brustdrüsen. Exulzeration, Peau d'orange. Bei Durchsetzung aller Schichten: Cancer en cuirasse.
Meist findet sich beim Mammakarzinom ein derber Knoten in der Brustdrüse mit oder ohne Einziehung der Brustwarze oder des darüberliegenden Hautmantels. Bei umschriebener Infiltration der Haut kann es zu Exulzeration (Karzinomulkus), bei diffuser Infiltration der Haut mit Lymphödem zum Bild der „Peau d'orange" kommen. Liegen mehrere Tumorknoten eng beieinander, und sind alle Schichten durchsetzt, sprechen wir vom Cancer en cuirasse. Morbus Paget (s. S.298).
4.2 Screening-Untersuchungen Breit gestreute klinische und mammographische Untersuchungen ergaben einen positiven Befund bei etwa 1 - 2 Promille aller untersuchten Frauen, hiervon wurden über 80 % der Befunde bereits klinisch entdeckt. Der Erfolg dieser Studien lag darin, daß die so diagnostizierten Mammakarzinome überdurchschnittlich häufig noch in frühem Stadium erfaßt wurden.
Screening-Untersuchung Nach mammographischen Untersuchungen positiver Befund bei 1-2 Promille aller Untersuchten. Erfassung im frühen Stadium.
XXI. Mammachirurgie
300 Selbstuntersuchung Unterstützt die frühzeitige Diagnostik verdächtiger Mammaknoten.
4.3 Selbstuntersuchung
Vorsorgeuntersuchung Bei Frauen mit erhöhtem Risiko angezeigt.
4.4 Vorsorgeuntersuchung
Sie ist eine sehr effektive Methode, die bei entsprechender Aufklärung zu einer frühzeitigen weiteren Diagnostik verdächtiger Mammaknoten führen kann.
Gezielte klinische und mammographische Untersuchung von Frauen mit erhöhtem Risiko (über 45 Jahre, familiäre Disposition, Frauen ohne Kinder, frühere Mammaerkrankungen, Mastopathia fibrosa cystica).
4.5 Anamnese, Inspektion, Palpation
Anamnese Frühere Mammaerkrankungen, familiäre Karzinombelastung, Menopausenstatus. Inspektion Seitendifferente Schwellungen, Rötungen, Ulzerationen, Einziehungen von Mamille oder Haut, nässende oder blutende Mamillensekretion, Orangenhaut, Venenerweiterung. Palpation Im Stehen oder Liegen. Gewichtsvergleich beider Mammae, Verschieblichkeit der Mamma, Verschieblichkeit der Haut über dem Tumor und der Mamille, Druckdolenz, Hauttemperatur, Untersuchung auf solitäre oder multiple Veränderungen. Status der axillären Lymphknoten bei gesenktem und erhobenem Arm. Die klinische Untersuchung erfaßt 70-80 % aller Mammaveränderungen.
Erfassung früherer Mammaerkrankungen, einer familiären Karzinombelastung, Menopausenstatus ist wichtig. Auffällig sind seitendifferente Schwellungen, Rötungen, Ulzerationen, Einziehungen von Mamille oder Haut, nässende oder blutende Mamillensekretion, Orangenhaut, Venenerweiterung. Die Palpation kann im Stehen und Liegen erfolgen. Wichtig sind Gewichtsvergleich beider Mammae, Verschieblichkeit der M a m m a bzw. der Haut über dem Tumor und der Mamille, Druckdolenz, Hauttemperatur. Untersuchung auf solitäre oder multiple Veränderungen, Form, Größe, Konsistenz, Abgrenzbarkeit, Fluktuation, Dolenz und Lage eines Knoten. Bei Untersuchung der axillären Lymphknoten wird der Status bei gesenktem und erhoben e m Arm beurteilt. Durch klinische Untersuchung lassen sich 7 0 - 8 0 % aller Mammaveränderungen erfassen.
Apparativ-technische Verfahren
4.6.1 Mammographie
Mammographie: Beidseitig in 2 Ebenen. Verbesserung durch Raster-Mammographie. Auffälligkeiten: Stromaverdickungen, Mikroverkalkungen. Treffsicherheit 90-95 %.
Sie sollte stets beidseitig in zwei Ebenen erfolgen. Die konventionelle Mammographie wurde durch die Raster-Mammographie in der Aussage sowie in der Strahlenbelastung erheblich verbessert. Auffällig sind neben Stromaverdickungen insbesondere Mikroverkalkungen. Fehlermöglichkeiten bestehen bei narbig veränderter sowie sehr voluminöser Mamma. Die Treffsicherheit beträgt 9 0 - 9 5 %. Indikation: Alle solitären, diffusen oder multiplen Veränderungen, die lokalisiert sind. Beschwerden ohne tastbaren Befund, pathologische Sekretion.
Aspirationszytologie: Indikation: Mammazysten. Keine Ausschlußdiagnostik möglich. Falsch negative Quote 20%.
4.6.2 Aspirationszytologie
Sonographie Differenzierung zwischen solidem und zystischem Tumor. Punktierung anläßlich der Sonographie bei zystischem Tumor.
4.6.3 Sonographie
Galaktographie
4.6.4 Galaktographie
4.6 Apparativ-technische Verfahren
Indikation: Mammazysten; bei palpatorisch und röntgenologisch unverdächtigen soliden und zystischen Befunden. Eine Ausschlußdiagnostik ist jedoch niemals möglich. Bei negativem zytologischen Befund ist lediglich bei gesicherten Mammazysten eine Verlaufsbeobachtung ohne Operation möglich, falsch-negative Quote von 20 % (nicht Treffen) ist zu beachten. Die Differenzierung der Mastopathie ist zytomorphologisch nicht sicher möglich.
Bei mammographisch unverdächtigen Befunden kann die Sonographie sicher zwischen solidem und zystischem Tumor differenzieren. Liegt ein zystischer Tumor vor, wird anläßlich der Sonographie punktiert. Die operative Exstirpation einer Zyste stellt keine absolute Indikation dar, da die Karzinomhäufigkeit nicht größer ist als bei der einfachen Mastopathie.
Indiziert bei pathologischer Sekretion sowie mammographisch und palpato-
301
Klinisches Bild und Diagnose risch nicht abklärbarer Ursache. Bei pathologischer Mamillensekretion liegt Malignität in 4 - 1 0 % der Fälle vor (über 50 Jahre 1 0 - 4 0 %).
Anwendung bei pathologischer Sekretion und mammographisch nicht abgeklärter Ursache.
4.6.5 Sonstige Verfahren Die Thermographic beruht auf dem Phänomen der lokalisierten Überwärmung im Bereich eines Tumors (gesteigerter Stoffwechsel, intensivere Gefäßversorgung). Falsch-negative und falsch-positive Ergebnisse sind jedoch häufig. Die Xero-Radiographie ist noch kein routinemäßiges Verfahren, sie befindet sich in der klinischen Entwicklung.
Thermographic Diagnostik aufgrund lokalisierter Überwärmung im Bereich eines Tumors. Falsche Ergebnisse jedoch häufig.
4.7 Operative Gewebeentnahme
Operative Gewebeentnahme Indikation bei allen soliden Knoten, bei Unsicherheit anderer diagnostischer Methoden.
Die Indikation ist gegeben bei allen soliden Knoten (außer Zysten) und wenn nach allen übrigen diagnostischen Maßnahmen Karzinomunsicherheit bleibt. Bei klinisch schlecht tastbarem Befund ist die präoperative Markierung (Sonographie, Mammographie) zu empfehlen.
Abb. 21-4 S c h n i t t f ü h r u n g bei der T u m o r e x s t i r pation 1 transmammillär 2 perimammillär 3 radiär 4 submammär 5 Schnittführung nach Patey
Operationsziel ist die Totalentfernung des suspekten Gewebebezirkes mit intraoperativer histologischer Schnellschnittuntersuchung. Bei Karzinomdiagnose wird dann die Radikaloperation ausgeführt. Unter Berücksichtigung kosmetisch entstellender Operationsergebnisse sind folgende Schnittführungen für die Tumorexstirpation (Τ. E.) möglich (Abb. 21-4): Perimamillärer Schnitt: Erfaßbar sind damit alle zentral liegenden Knoten; bei voluminösen M a m m a e jedoch sind tiefer und peripher gelegene Veränderungen nicht sicher zu erreichen. Kosmetisch günstig! Radiärer Schnitt: Direkt über dem Tumor bei peripher gelegenen Knoten in den oberen Quadranten. Submammärer Schnitt (Bardenheuer): Nur selten notwendig, da nur 15 % aller Karzinome in den kaudalen Quadranten sitzen. Transmamillärer Schnitt: Immer indiziert bei der Gynäkomastie sowie bei submamillären Tumoren. Von dieser Inzison aus kann der Drüsenkörper subtotal entfernt werden. Kosmetisch besonders günstig!
Operationsziel: Totalentfernung mit Schnellschnittuntersuchung. Bei Karzinomdiagnose: Radikaloperation. Folgende Schnittführungen sind möglich (Abb. XX1-4): 1. Perimamillärer Schnitt, 2. radiärer Schnitt, 3. submammärer Schnitt, 4. transmamillärer Schnitt.
4.8 Komplikationen
Komplikationen Lokalisation des suspekten Gewebeareals schwierig, evtl. intraoperative Röntgenkontrolle (Mikroverkalkung). Meist Entnahme eines größeren Gewebebezirkes. Postoperativ: Blutung in die Wundhöhle, Infektion. Konsequenz: Saugdrainage über 2 Tage.
Intraoperativ ist zuweilen die Lokalisation des suspekten Gewebeareals schwierig (ζ. B. fibröse Mastopathie); gelegentlich kann die intraoperative Röntgenkontrolle weiterhelfen (MikroVerkalkungen!). Meist ist jedoch die Entnahme eines größeren Gewebebezirkes erforderlich. Postoperativ kann es zu Blutungen in die Wundhöhle oder zur Infektion kommen, daher Saugdrainage über zwei Tage sinnvoll.
302
XXI. Mammachirurgie
Chirurgische Therapie.
5. Chirurgische Therapie
Tumorexstirpation Indikation: alle Tumoren, die klinisch und mammographisch unverdächtig erscheinen.
5.1 Tumorexstirpation
Quadrantenresektion Indikation: solitäres Papillom. Technik: Exstirpation des Tumors mit umliegendem Gewebe. Subkutane Mastektomie Indikation: Mastopathie mit Atypien, multiple und diffuse ductale Papillome, Carcinoma lobulare in situ ohne Atypien, Gynäkomastie. Technik: transmamillärer, querer Schnitt. Warzenhof wird nicht überschnitten: Entfernung des Brustdrüsenkörpers.
Einfache Mastektomie Indikation: Carcinoma lobulare in situ, fortgeschrittenes Mammakarzinom. Technik: Resektion des gesamten Drüsenkörpers. Erweiterte Mastektomie Indikation: Mammakarzinom. Wichtigstes Operationsverfahren: zunächst Gewebeentnahme mit Schnellschnittuntersuchung, danach Mastektomie.
Technik: querovaläre Schnittführung. En-bloque-Resektion mit Achsel- und Pektoralislymphknoten. Lösung des Brustkörpers von der Pektoralisfaszie. Komplikationen: - Nachblutung, - Hämatombildung, - Lymphzyste, - Lymphödem, - Stuart-Trevis-Syndrom (selten).
Indikation: Alle Tumoren, die klinisch und mammographisch unverdächtig erscheinen. Ausnahme: zytologisch unverdächtige Mammazysten (Papanicolaou I, II).
5.2 Quadrantenresektion (Tylektomie) Indikation: Solitäres Papillom (Mammakarzinom T1 NO MO, zusätzlich Axillare vision obligat). Technik: Exstirpation des Tumors mit umliegendem Gewebeareal in Ausdehnung eines Quadranten der Mamma.
5.3 Subkutane Mastektomie Die subkutane Mastektomie bedeutet den äußersten Schritt in der Diagnostik, sie ist aber nicht als vollständige Mastektomie zu betrachten, da immer 5 - 1 0 % des Brustdrüsengewebes zurückbleiben. Indikation: 1. Mastopathie mit Proliferation und Atypien (Stadium I - I I I a ) . 2. Multiple und diffuse ductale Papillome. 3. Carcinoma lobulare in situ ohne Atypien. 4. Gynäkomastie. Technik: Bei der Gynäkomastie wird von einem queren, transmamillären, den Warzenhof nicht überschreitenden Schnitt aus vorgegangen. Bei allen anderen Indikationen wird von einem submammären Schnitt, der ein Drittel der Basiszirkumferenz einnimmt (Bardenheuer) der Brustdrüsenkörper entfernt. Liegt eine Ptose oder übergroße M a m m a vor, so ist eine gleichzeitige Hautmantelresektion aus kosmetischen Gründen sinnvoll.
5.4 Einfache Mastektomie Indikation: 1. Carcinoma lobulare in situ. 2. Bei fortgeschrittenem Mammakarzinom mit und ohne Fernmetastasen ( T 3 - 4 Ν Χ, M 0 - 1 ) aus kosmetischen und sozialen Gründen. Technik: Resektion des gesamten Drüsenkörpers sowie des Hautmantels von einem Querschnitt aus.
5.5 Erweiterte Mastektomie
(Patey)
Diese Operationsmethode steht im Mittelpunkt aller Operationsverfahren beim Mammakarzinom. Sie ermöglicht die prognostisch und therapeutisch wichtige Klassifizierung der Lymphknoten. Eine primäre Mastektomie ist beim Mammakarzinom grundsätzlich nicht möglich, vielmehr erfolgt zunächst die operative Gewebeentnahme zur intraoperativen histologischen Schnellschnittuntersuchung und danach die Mastektomie. Indikation: Mammakarzinom T l - 3 , NO-X, M 0 - 1 . Technik: Querovaläre Umschneidung des Brustdrüsenkörpers von der Sternumkante bis zur mittleren Axillarlinie. Anschließend wird die en-bloque-Resektion entlang des M. pectoralis major bis zur V. axillaris fortgesetzt. Eventuell Durchtrennung des M. pectoralis minor an seinem Ansatz. Der axilläre Fettkörper wird von kranial nach kaudal unter Schonung des N. thoraco-dorsalis und N. thoracicus longus herauspräpariert. Schließlich wird der Brustdrüsenkörper von der Pektoralisfaszie gelöst. Redondrainagen und primäre Adaptation der Wundränder. Komplikationen: Neben Nachblutung und Hämatombildung kann sich nach der Lymphdissektion eine Lymphzyste oder ein Lymphödem des Armes ent-
303
Adjuvante Therapie des Mammakarzinoms wickeln (ca. 1 0 - 3 0 % ) , dies insbesondere nach zusätzlicher Bestrahlung. Neben konservativen M a ß n a h m e n (Hochlagerung, Kompressionsverbänden, Lymphdrainage) können in schweren Fällen chirurgische M a ß n a h m e n (ζ. B. deepithelialisierte Hautlappen nach Thompson) erforderlich werden. Seltene Komplikation eines chronischen Lymphödems ist das Stuart-Trevis-Syndrom (angioplastisches Sarkom).
5.6 Radikale Mastektomie
(Rotter-Halstedt)
Radikale Mastektomie Heute selten. Höhere Komplikationsrate.
Früher Standardverfahren, heute nur noch selten erforderlich. Therapeutisch ohne Vorteil gegenüber der erweiterten Mastektomie nach Patey, jedoch mit höherer Komplikationsrate belastet. Indikation: T u m o r e n , die der Pektoralisfaszie aufsitzen oder diese bereits durchbrochen haben. Technik: Wie erweiterte Mastektomie, jedoch mit Resektion der M m . pectoralis major und minor. Komplikationen: Funktionell und kosmetisch besonders beeinträchtigend, da die Schulterkulisse nicht erhalten bleibt.
5.7 Erweiterte radikale Mastektomie Durch superradikale Eingriffe mit A u s r ä u m u n g der retrosternalen M a m m a rialymphknoten, der supraclaviculären Lymphdrüsengruppen und Brustwandresektion läßt sich eine Verbesserung der Überlebenszeit nicht erreichen; die Komplikationsrate ist jedoch beträchtlich. Heute verlassene chirurgische Therapie beim M a m m a k a r z i n o m .
6. Adjuvante Therapie des Mammakarzinoms Die Heilungsrate des M a m m a k a r z i n o m s läßt sich durch Steigerung der operativen Radikalität nicht weiter verbessern, so daß das M a m m a k a r z i n o m vielleicht sogar wie eine „Systemerkrankung" betrachtet werden muß. Z u m Zeitpunkt der primären Diagnostik liegen statistisch bereits in 6 5 - 7 0 % Fernmetastasen vor. N e b e n der operativen soll durch adjuvante Therapiem a ß n a h m e n (Radiatio, endokrine und Chemotherapie) die Heilungsrate erhöht, eine Verlängerung des rezidivfreien Intervalls u n d eine Verringerung der Morbidität erreicht werden. U m die adjuvante Therapie sinnvoll einsetzen zu können, sind die bekannten prognostischen Faktoren zu berücksichtigen; nur dann ist eine „stadiengerechte Therapie" möglich.
6.1 Prognostische Faktoren N e b e n Malignitätsgrad, Lage und Größe des Tumors sind der MenopausenStatus sowie die Anzahl der befallenen Lymphknoten in der Axilla wichtig. Es ist heute möglich, im Zytoplasma von Tumorzellen Steroidhormonrezeptoren zu bestimmen. Sie erlauben eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit des Ansprechens einer endokrinen Therapie. Prognostisch relevant sind Östrogenrezeptoren sowie Progesteronrezeptoren. Die Rezeptorbestimmung wird gleichzeitig mit der intraoperativen Schnellschnittuntersuchung am exstirpierten T u m o r eingeleitet und auch bei Rezidiven, Lymphknotenmetastasen u n d Fernmetastasen durchgeführt.
6.2 Risikogruppen Aufgrund unserer heutigen Erkenntnisse sind folgende Risikogruppen erkennbar:
Adjuvante Therapie des Mammakarzinoms Ziel: Erhöhung der Heilungsrate, Verlängerung des rezidivfreien Intervalls, Verringerung der Morbidität durch: - Bestrahlung, - endokrine Therapie, - Chemotherapie.
Prognose: - Malignitätsgrad, - Lage und Größe des Tumors, - Menopausenstatus, - Anzahl der befallenen Lymphknoten in der Axilla. - Bestimmung der Steroidhormonrezeptoren, - Östrogenrezeptoren, - Progesteron rezeptoren.
Risikogruppen
304
XXI. Mammachirurgie „kleines" Mammakarzinom T l - 3 , NO, MO „low risk"-Fälle T l - 3 , N l - 3 , MO Östrogenrezeptoren und Progesteronrezeptoren positiv „high risk"-Fälle Tl-3, Nl-X, M0-1 nur ein oder kein Rezeptor positiv.
Strahlentherapie Indikation: Mammakarzinom mit axillären Lymphknotenmetastasen, ossäre Metastasen. Technik: - Telekobalt-Gamma-Strahlung, - energiereiche Elektronen. Komplikation: Übelkeit, Erbrechen, Leuko/ Thrombopenie etc.
Endokrine Therapie Erfolg einer routinemäßigen Therapie ist nicht gesichert.
6.3 Strahlentherapie Indikation grundsätzlich nach jeder Operation eines Mammakarzinoms mit axillären Lymphknotenmetastasen; ferner isolierte ossäre Metastasen, evtl. Vorbestrahlung bei primär inoperablen Tumoren. Technik: Telekobalt-Gamma-Strahlung oder Photonen über 3 MeV, energiereiche Elektronen. Bestrahlt werden die Thoraxwand, die Parasternalregion sowie das supra-/infraklavikuläre Axillarfeld. Die Bestrahlung beginnt erst nach Abschluß der Wundheilung. Komplikationen: Übelkeit, Erbrechen, Leuko-/Thrombopenie, Reizung von Ösophagus/Trachea sowie Hautreaktionen sind möglich, später auch Lymphödem.
6.4 Endokrine Therapie Der Wert einer routinemäßigen adjuvanten endokrinen Therapie ist nicht gesichert; eine Indikation besteht in der Regel nur für das metastasierende Mammakarzinom. Zu unterscheiden sind die ablativen (Eingriffe am hormonproduzierenden Organ) und die additiven (Zugabe von Hormonen) Verfahren.
Ablative Verfahren
6.4.1 Ablative Verfahren
Ovariektomie
Ovariektomie: Alle Frauen in der Prämenopause sowie in den ersten 5 Jahren der Postmenopause, wenn eine endokrine Restfunktion der Ovarien nachweisbar ist und ein positiver Östrogen- und Progesteronrezeptor-Status vorliegt. Ansprechrate bei rezeptorpositivem Status ca. 60 %, bei Rezeptornegativität nur 3 %. Technik: Operativ (rasch wirkend) oder als Röntgenkastration. Adrenalektomie: Die Adrenalektomie ist indiziert bei allen Patienten, die im metastasierenden Stadium des Mammakarzinoms nach der Ovarektomie eine Remission der Erkrankung hatten; Ansprechrate bei rezeptorpositivem Befund ca. 50 %.
Adrenalektomie
Hypophysektomie
Hypophysektomie: Indikation: nur bei Patientinnen, die bei erfolgreicher primärer endokriner Therapie (Ovarektomie) eine Remission zeigten. Remissionsrate bei rezeptorpositivem Befund ca. 50 %. Keine Indikation bei bereits vorhandenen viszeralen Metastasierungen. Komplikationen: Postoperative Substitution von Kortison und Thyroxin zum Ausgleich der sekundären NNR-Insuffizienz und Hypothyreose erforderlich.
Additive Verfahren:
6.4.2 Additive Verfahren
Östrogen-Therapie
Östrogen-Therapie: Indikation: Patientinnen ab 5 Jahre postmenopausal, Östrogenrezeptoren positiv. Komplikationen: Hyperkalzämie, Hypertonie und Ödeme bei Natriumretention, Uterusblutung, Thrombose. Präparate: ζ. B. Aethinyloestradiol (Progynon® Μ 3 mg/die). Gestagen-Therapie: Indikation: Patientinnen in der Menopause bei Nebenwirkungen einer Östrogen- oder Androgen-Therapie (s. dort). Präparate: ζ. B. Medroxyprogesteronacetat (Clinovir® 2 0 0 - 3 0 0 mg/die).
Gestagen-Therapie
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Literatur Androgene und Anabolika: Indikation: Patientinnen in der Postmenopause, Rezeptorstatus positiv. Komplikationen: Hyperkalzämie, Virilisierung, Libidosteigerung, Natriumretention. Präparat: Testosteronpropionat (300 mg/Woche, i. m.). AntiÖstrogene: Indikation: Wie bei Gestagen-Therapie; geringere Nebeneffekte. Wirkungsmechanismus nicht geklärt. Präparat: Tamoxifen (Novaldex 2 0 - 4 0 mg/die). Kortikosteroide: Indikationen: Viscerale Metastasierung, HyperkalzämieSyndrom, reduzierter Allgemeinzustand. Präparate: ζ. B. Prednison 5 0 - 1 5 0 mg/die.
6.5 Chemotherapie Die Entscheidung, ob eine adjuvante Chemotherapie sinnvoll ist, ergibt sich aus der Anzahl der befallenen Lymphknoten. Hier ist ein klarer Risikoanstieg bei mehr als drei befallenen axillären Lymphknoten erkennbar. Wichtig erscheint auch der Rezeptorstatus, bei negativem Lymphknotenbefall und positivem Rezeptorstatus (5 Jahre, Heilungsrate ca. 80 %) ist eine prophylaktische Therapie nicht erforderlich. Bei einem Befall von 1 - 3 Lymphknoten mit negativem oder positivem Rezeptorbefund, prä- oder postmenopausal, läßt sich möglicherweise das Therapieergebnis verbessern. Bei fortgeschrittener lymphatischer Metastasierung sowie bei negativem Lymphknotenbefund, aber negativem Rezeptorstatus ist der Vorteil einer adjuvanten Chemotherapie nicht gesichert. Komplikationen: Knochenmarkdepression, Alopezie, Übelkeit, toxische Leberreaktion, Infarktanfälligkeit. Präparat: a) CMF-Schema (Cyclophosphamid, Metrotrexat, 5 Fluoro-Uracil) b) CAF-Schema (Cyclophosphamid, Adriamycin, 5 Fluoro-Uracil).
6.6 Kombinationstherapie
Androgene und Anabolika
AntiÖstrogene
Kortikosteroide
Chemotherapie Indikation: Aus der Anzahl der befallenen Lymphknoten, Rezeptorstatus.
Komplikationen
Präparate
4=· Kombinationstherapie noch nicht gesichert.
Der Effekt einer kombinierten Strahlen-/Chemotherapie ist ζ. Z. noch nicht beurteilbar, es liegen positive und negative Ergebnisse vor. Diese Therapieform wird durch Studien weiter erforscht.
6.7 Lokalrezidiv Lokalrezidive und Fernmetastasen können in jedem Stadium der Erkrankung nach chirurgischer Therapie auftreten, und zwar noch nach 20 Jahren. 90 % zeigen sich jedoch innerhalb der ersten 5 postoperativen Jahre. Die weitere Prognose ist schlecht. Ein Lokalrezidiv sollte immer exstirpiert und der Rezeptorstatus erneut überprüft werden. Falls möglich, sollte eine Nachbestrahlung erfolgen, die adjuvante hormonelle oder zytostatische Therapie richtet sich nach dem vorangegangenen Therapiekonzept.
Lokalrezidiv: Auftauchen noch nach 20 Jahren möglich. Am häufigsten innerhalb der ersten 5 Jahre. Schlechte Prognose. Therapie: Exstirpation.
6.8 Metastasierendes Mammakarzinom des Mannes
Mammakarzinom des Mannes: schlechte Prognose.
Die Prognose ist infolge aggressiven Tumorwachstums schlecht. Durch beidseitige Orchiektomie läßt sich jedoch in 5 0 - 6 0 % die Metastasierung stoppen. Nach erneutem Rezidiv Adrenalektomie bzw. Hypophysektomie.
Therapie: Orchiektomie.
Literatur Hünig, R., Sauer, R., Schwegler, N.: Die Strahlentherapie im Rahmen der kurativen Behandlung des Mammakarzinoms. Therap. Umschau 33, 1976, 798-807
306
XXI. Mammachirurgie Siewert, R., Schoner, Α., Nagel, G. Α., Frischkorn, R.: Mammakarzinom. In: Chirurgie der Gegenwart, hrsg. von Zenker et al. Urban und Schwarzenberg, München 1981 Wander, Η. E., Nagel, G.A.: Adjuvante Chemotherapie beim Mammakarzinom. Dt. Ärzteblatt 42, 1983, 4 7 - 5 3
XXII. Thoraxchirurgie
XXII. Thoraxchirurgie
R. Häring
1. Brustwand, Zwerchfell, Pleura, Lunge, Mediastinum 1.1 Brustwand 1.1.1 Formveränderungen 1.1.1.1 Trichterbrust Die Trichterbrust (Pectus excavatum) ist die häufigste Mißbildung der Thoraxwand. Es handelt sich um eine muldenförmige Einziehung des Sternums und der angrenzenden Rippenknorpel in der Frontal- und Sagittalebene, bisweilen mit einer Vorwölbung im kranialen Anteil des Sternums (Kielbrust) kombiniert. Meist fällt die Fehlbildung erst im zweiten Lebensjahr besonders auf. Als Ursache wird eine Stoffwechselstörung der Rippenknorpel diskutiert. Die Diagnose ist durch Inspektion und seitliches Röntgenbild einfach. Die Mißbildung hat überwiegend kosmetische Bedeutung, u. U. kann sie psychische Belastungen auslösen. Ist die Trichterbrust sehr ausgeprägt, können durch Linksverlagerung des Herzens und Elongation der Lungengefäße kardio-respiratorische Störungen, vor allem unter Belastung, auftreten (Dyspnoe). Dies erfordert exakte Abklärung durch EKG, Phonokardiogramm und Lungenfunktionsprüfung.
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Brustwand Trichterbrust häufigste Mißbildung Ursache: Stoffwechselstörung der Rippenknorpel.
Diagnose: Inspektion, seitliches Röntgenbild. Bei Linksverlagerung des Herzens: kardio-respiratorische Störungen möglich.
Abb. 22-1 Operation der Trichterbrust nach Rehbein und Wernicke. Die mobilisierten Rippenknorpel werden mit Metallbügeln stabilisiert (nach Rehbein, F., Wernicke, H.H.: Z.orthop. 89(1958) 475)
Therapie: Die Operationsindikation kann sich aus kosmetischen, psychologisehen und funktionellen Gründen ergeben. Der beste Zeitpunkt - die Auffassungen sind unterschiedlich - liegt zwischen dem 2. und 4. sowie 5. und 10. Lebensjahr. Prinzip der verschiedenen Operationsverfahren (Ravitsch, Hegemann, Brunner) ist die Chondrosternoplastik: keilförmige Exzision der parasternalen Rippenknorpel, Querdurchtrennung des Sternums an der Grenze Manubrium/Corpus, Anhebung der eingesunkenen Sternumanteile und Fixation mit Kirschner-Drähten, Metallbügeln usw. Operationsletalität < 1 %. Resultate in 85 % gut (Abb. 22-1).
Therapie: Chondrosternoplastik (Abb. 22-1).
XXII. Thoraxchirurgie
308 Hühnerbrust: kielartiges Vorspringen des Brustbeines. Ursache: Rachitis. Operation nur aus kosmetischen Gründen.
Faßförmige Brustkorberweiterung: bei Asthma bronchiale und chronischem Lungenemphysem.
Isolierte Vorwölbung der Brustwand: bei Erkrankung des Herzens und der großen Gefäße. Verschmälerung der Brustwand: bei entzündlichen Pleuraschwarten Atelektasen, Schrumpfungsprozessen, nach Pneumonektomie. Seltene Deformitäten: Sternumspalten, Rippenaplasien. Therapie: operative Vereinigung der Sternumhälften.
Brustwandbrüche: bei Brustwanddefekt: Pneumatozele (Lungenhernie).
Entzündungen Auftreten spezifischer und unspezifischer Entzündungen: - fortgeleitete Infektion aus Pleurahöhle, - Phlegmonen durch eingedrungene Fremdkörper, - Abszesse durch purulente Lymphknotenentzündungen der Axilla oder Osteomyelitis.
Therapie:
1.1.1.2 Hühnerbrust (Pectus carinatum) Das Brustbein springt meist in seinem oberen Anteil und oft asymmetrisch kielartig vor. Der Sagittaldurchmesser des Thorax wird hierdurch vergrößert. Ursache ist die Rachitis (heute nur noch sehr selten). Nur bei starker Ausprägung ist aus kosmetischen Gründen eine operative Korrektur angezeigt.
1.1.1.3 Deformitäten durch Erkrankungen der Thoraxorgane Formveränderungen des Thorax können auch durch pulmonale und kardiale Erkrankungen verursacht sein. Sie sind für die klinische Diagnostik von großer Bedeutung. Asthma bronchiale und chronisches Lungenemphysem führen zu einer „faßförmigen" Brustkorberweiterung. Bei Erkrankungen des Herzens und der großen Gefäße, ζ. B. Pulmonalstenose, Aneurysmen der Aorta ascendens, Tumoren usw., kann sich die Brustwand isoliert vorwölben. Entzündliche Pleuraschwarten, Atelektasen, Schrumpfungsprozesse bei Lungentuberkulose oder nach Pneumonektomie u.v.a. verursachen oft asymmetrische Einziehungen und Verschmälerungen der Brustwand.
1.1.1.4 Seltene Deformitäten Zu erwähnen sind Sternumspalten, Rippenaplasien und -deformitäten. Sternumspalte und Aplasie mehrerer Rippen bedingen eine Instabilität der Thoraxwand mit paradoxer Atmung und Dyspnoe, gefährlich bei körperlicher Anstrengung und Atemwegsinfekten. Die Therapie besteht in der operativen Vereinigung der Sternumhälften. Da Rippenaplasien überwiegend einseitig auftreten, können Rippen von der intakten Brustkorbhälfte subperiostal entnommen und in den Defekt zwischen Pleura und Haut zur Stabilisierung eingepflanzt werden. Vom Periost der entnommenen Rippen aus entwickelt sich bald ein Rippenregenerat. Auf Röntgen-Thoraxaufnahmen sind Abnormalitäten der Rippen, denen keine klinische Bedeutung zukommt, oft als Zufallsbefund zu erkennen. Es gibt gabelförmige Rippen, Fusion von zwei Rippen, zusätzliche Rippen (z.B. Halsrippe) und fehlende Rippen. Die Halsrippe kann die A. subclavia komprimieren und typische Beschwerden hervorrufen (Thoracic-outlet-Syndrom, s. Kapitel XXIII. Gefäßchirurgie).
1.1.1.5 Brustwandbrüche Im Bereich kongenitaler oder erworbener Brustwanddefekte kann eine Pneumatozele oder „Lungenhemie" auftreten. Bei Bindegewebeschwäche im Bereich der Pleurakuppel beobachtet man supraklavikulär gelegene Pneumatozelen, besonders bei Trompetern und Glasbläsern vorkommend.
1.1.2 Entzündungen 1.1.2.1 Ätiologie, Formen und Therapie An der Brustwand können alle Formen spezifischer und unspezifischer Entzündungen auftreten, die ihren Ausgangspunkt von den Weichteilen und dem knöchernen oder knorpeligen Thorax oder den Lymphknoten nehmen. Fortgeleitete Infektionen stammen vorwiegend aus Pleurahöhle (Empyema necessitatis) und Lunge (Abszesse, Aktinomykose). Besonders gefürchtet sind Phlegmonen, die sich in den Weichteilen weit ausdehnen können. Sie entstehen durch eingedrungene Fremdkörper (ζ. B. Granatsplitter) oder auch bei einer Rippen- oder Sternumosteomyelitis, die aber, ebenso wie Rippentuberkulose und Aktinomykose, sehr selten ist. Subpektorale oder subskapuläre Abszesse sind oft sehr ausgedehnte Eiterhöhlen. Ursache sind purulente Lymphknotenentzündungen der Axilla, Osteomyelitis der Skapula oder Granatsplitter (z.B. auch als Spätabszeß). Therapie: Entsprechend den Regeln der septischen Chirurgie sind großzü-
309
Brustwand, Zwerchfell, Pleura, Lunge und Mediastinum gige Inzisionen und die Drainage erforderlich, ggf. unterstützt durch Antibiotika. Entwickeln sich bei der Rippen- oder Sternumosteomyelitits Abszesse und Fisteln, so ist die subperiostale Rippenresektion erforderlich, im Frühstadium wird man Antibiotika applizieren. Die Rippentuberkulose entsteht vorwiegend hämatogen und beginnt an der Knochen-Knorpel-Grenze als schmerzlose Verdickung. Behandelt wird sie mit Tuberkulostatika, operativ nur bei Fistelbildung und Superinfektion.
großzügige Inzisionen, Drainage, Antibiotika.
1.1.2.2 Tietze-Syndrom
Tietze-Syndrom - schmerzhafte Verdickung der Rippenknorpel. - Sicht- und tastbare druck-schmerzhafte Vorwölbung. - Kein typisches Röntgenbild.
Schmerzhafte parasternale Verdickung der Knorpel der 1.-5. Rippe. Die Ätiologie ist unbekannt. Das Syndrom tritt vorwiegend bei Frauen im 20.-50.Lebensjahr auf. Man findet bei der Untersuchung eine sieht- und tastbare, flache, etwa markstückgroße und sehr druckschmerzhafte Vorwölbung. Die Haut ist weder gerötet noch ödematös, auch im Röntgenbild ist nichts Typisches zu erkennen. Differentialdiagnostisch sind die Tuberkulose, Osteomyelitis, ein Chondrom oder multiples Myelom auszuschließen. Die Therapie ist symptomatisch, die Prognose gut. Meist verlieren sich die Schmerzen nach einiger Zeit.
1.1.2.3 Morbus Mondor Definition: Umschriebene, strangartige Thrombophlebitis an der lateralen Brustwand, zur Achselhöhle hinziehend. Die Veränderung entspricht dem Verlauf der V. thoracalis lateralis. Schmerzen und akute entzündliche Zeichen fehlen meist. Die Ursache ist unbekannt (Infektion oder Trauma?). Differentialdiagnostisch kann die Veränderung - wenn im Bereich der M a m m a lokalisiert - mit einem Karzinom verwechselt werden. Eine Behandlung erübrigt sich wegen der meist spontanen Rückbildung innerhalb von Wochen.
1.1.3 Geschwülste Tumoren der Brustwand gehen sowohl von den Weichteilen als auch dem Skelett aus. Sie sind zu etwa zwei Drittel bösartig (Tab. 22-1). Dies bedeutet, daß man jeden Brustwandtumor exstirpieren und histologisch untersuchen lassen sollte.
Rippentuberkulose: hämatogene Entstehung an der KnochenKnorpel-Grenze. Schmerzlose Verdickung. Therapie: Tuberkulostatika.
Therapie: symptomatisch. Gute Prognose. Morbus Mondor: - umschriebene strangartige Thrombophlebitis an der Brustwand. - Keine Schmerzen und Entzündungszeichen. Meist spontane Rückbildung.
Geschwülste
zu % bösartig, daher: jeden Brustwandtumor exstirpieren und histologisch untersuchen.
1.1.3.1 Gutartige Tumoren Unter den gutartigen Weichteilgeschwülsten sind die Lipome am häufigsten; sie können multipel vorkommen und finden sich nicht nur im subkutanen Fettgewebe, sondern auch subfaszial und intermuskulär. Sie imponieren meist als flache, weiche, bisweilen schwer abgrenzbare Geschwülste. Außerdem kommen Fibrome (derbe Konsistenz), Hämangiome, Lymphangiome, Neurinome und Atherome (kein echter Tumor!) vor. Oft ist die exakte Diagnose, insbesondere hinsichtlich der Dignität, vor der Operation nicht sicher zu stellen.
Gutartige Tumoren (Weichteilgeschwülste): Lipome: flache, weiche, schwer abgrenzbare Geschwülste, Fibrome, Hämagiome, Lymphangiome, Neurinome, Atherome.
Gutartige, vom Thoraxskelett ausgehende Geschwülste sind Chondrome (Chondromyxom, Myxom) Osteome und Osteochondrome. Sie wölben sich oft nach außen vor und sind als rundliche, flache und gut abgegrenzte Verdikkungen zu tasten. Durch Druck auf Nerven können sie Schmerzen verursachen. Weitere Abklärung durch Röntgenzielaufnahme und Computertomographie. Therapie: Radikale Geschwulstexstirpation, unabhängig von der Dignität. Bei großen Tumoren ist der Eingriff dem Allgemeinzustand des Patienten anzupassen. Bei Chondromen und Osteomen ist die Resektion der entsprechenden Rippenanteile, evtl. mit den Weichteilen, erforderlich. Chondrome neigen zum Rezidiv.
Gutartige Tumoren (Thoraxskelett): - Chondrome, - Osteome, - Osteochondrome, rundliche, flache, gut abgrenzbare Verdikkungen —» Röntgenaufnahme —» Computertomographie. Therapie: radikale Geschwulstexstirpation.
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XXII. Thoraxchirurgie Tabelle 22-1 Brustwandtumoren Art
Therapie
1. Weichteiltumoren a) benigne Lipome Rhabdomyome Fibrome Neurinome Angiome b) maligne Malignes Melanom Sarkome Metastasen 2. Skelett-Tumoren a) benigne Chondrome Osteochondrome Riesenzelltumoren Knochenzysten b) maligne Osteogene Sarkome Ewing Sarkom Myelom Metastasen
Bösartige Tumoren Liposarkome, Myosarkome, Fibrosarkome, maligne Melanome, bösartige Knochengeschwülste: Chondrosarkome, osteogene Sarkome, Ewing-Sarkom, Plasmozytom. Diagnose: Palpation, Röntgenuntersuchung, Computertomographie, Punktionszytologie. Therapie: radikale Exstirpation, bei Inoperabilität: Strahlen- und Chemotherapie.
Zwerchfell (Diaphragma) Anatomie des Zwerchfells (Abb. 22-2). Trennwand zwischen Brust und Bauchhöhle, bestehend aus beweglicher Muskel-Sehnenplatte. Fixiert an lumbalen Wirbelkörpern, an Rippen und Sternum.
Prognose
Exstirpation
gut
Exstirpation, evtl. Strahlentherapie u. Zytostatika, je nach Sensibilität
häufig Rezidive
Operation
Operation Operation Chemotherapie Chemotherapie
Rezidivneigung gut
bis 30% 5-J. ÜLZ bis 10% 5-J. ÜLZ 5% 5-J. ÜLZ
1.1.3.2 Bösartige Tumoren Es gibt Weichteilsarkome (Lipo-, Myo- und Fibrosarkome), maligne Melanome und bösartige Knochengeschwülste, wie Chondrosarkome, osteogene Sarkome, EWING-Sarkom, Plasmozytom. Daneben werden auch Metastasen in der Brustwand beobachtet. Die Diagnose und Ausdehnung der Tumoren wird durch Palpation, Röntgenuntersuchung und Computertomographie sowie Punktionszytologie gesichert und beurteilt. Therapie: Radikale Exstirpation der Sarkome (Brustwandteilresektion). Dekkung der Defekte in der Brustwand durch plastische Eingriffe kann erforderlich sein. Bei Inoperabilität Strahlen- und Chemotherapie. Rippenmetastasen sprechen gut auf Bestrahlung an.
1.2 Zwerchfell (Diaphragma) 1.2.1 Anatomie Das Zwerchfell, Trennwand zwischen Brust- und Bauchhöhle, besteht aus einer beweglichen Muskel-Sehnenplatte, die an den lumbalen Wirbelkörpern, an den Rippen und dem Sternum fixiert ist. Man unterscheidet verschiedene Regionen: Pars lumbalis, - costalis, - stemalis und Centrum tendinium. Es finden sich Öffnungen für den Durchtritt der Speiseröhre, der großen Gefäße, Nerven und des Ductus thoracicus. Außerdem gibt es muskelschwache Stellen: Die Larrey-Spalte links vorne zwischen Pars stemalis und costalis, die Morgagni-Spalte rechts und die Bochdalek-Spalte dorsal am lumbo-kostalen Dreieck (Abb. 22-2). Durch diese Spalten können sich Hernien entwickeln. Die rechte Zwerchfellhälfte steht gewöhnlich höher als die linke. Die arterielle Gefäßversorgung stammt aus der A. pericardiacophrenica und der A. muscolophrenica, die nervale Versorgung von N. phrenicus aus dem Plexus cervicalis. Wichtig sind die topographischen Beziehungen zu Nachbarorganen: thorakal Lunge und Herz, abdominal rechts in ganzer Flä-
Brustwand, Z w e r c h f e l l , Pleura, Lunge und M e d i a s t i n u m
311
che die Leber, rechte Niere u n d N e b e n n i e r e , links der M a g e n f u n d u s , Milz, evtl. linke K o l o n f l e x u r , N e b e n n i e r e u n d Niere. Parasternale Hernie (Morgagni)
Parasternale Hernie (Larrey)
Angeborener oder erworbener Defekt (= traumatisch •Prolaps)
Lumbocostale Hernie (Bochdalek)
Aorta
Hiatus oesophagi (Hiatushernien) 1.2.2
Abb. 22-2 Angeborene und erworbene Lücken im Zwerchfell, die Ausgangspunkt für Hernien sein können
Physiologie
Der N o r m a l z u s t a n d des Zwerchfells ist je n a c h F o r m des Brustkorbs, n a c h Alter u n d G e s c h l e c h t (Pykniker —» Tiefstand, A s t h e n i k e r —» H o c h s t a n d ) variabel. Es erfüllt drei A u f g a b e n : 1. a n a t o m i s c h e u n d f u n k t i o n e l l e T r e n n w a n d zwischen Brust- u n d B a u c h h ö h l e , 2. U n t e r s t ü t z u n g der A t m u n g , b e s o n d e r s bei größeren körperlichen Leistungen, 3. U n t e r s t ü t z u n g des venösen Blutrückflusses z u m Herzen. 1.2.3
3 Aufgaben des Zwerchfells: 1. Anatomische und funktionelle Trennwand zwischen Brust und Bauchhöhle, 2. Unterstützung der Atmung, 3. Unterstützung des venösen Blutrückflusses zum Herzen.
Hernien
Wir u n t e r s c h e i d e n Zwerchfellhernien.
angeborene,
erworbene
und
traumatische
(Prolaps)
1 . 2 . 3 . 1 Kongenitale H e r n i e n und Aplasien (s. Kapitel XXX. Kinderchirurgie). 1.2.3.2 Erworbene Hernien A m häufigsten sind H e r n i e n a m H i a t u s oesophagei (s. S . 4 3 1 ) . Die e r w o r b e n e n sternokostalen (Larrey, Morgagni) u n d l u m b o k o s t a l e n (Bochdalek) H e r n i e n sind sehr selten u n d b e i m E r w a c h s e n e n von geringer B e d e u t u n g . Prolabieren k ö n n e n Kolon, M a g e n , Milz u n d die Leberkuppel. Symptome: Der Prolaps von B a u c h e i n g e w e i d e n in die Brusthöhle k a n n j e n a c h Art u n d G r ö ß e der Organverlagerung z u n ä c h s t a s y m p t o m a t i s c h sein. Typische Beschwerden sind ein s c h m e r z h a f t e s D r u c k g e f ü h l hinter d e m Stern u m , Passagestörungen d u r c h Torsion oder A b k n i c k u n g der prolabierten Eingeweide (Erbrechen, Stuhl- u n d W i n d v e r h a l t u n g ) , k a r d i o - p u l m o n a l e Ers c h e i n u n g e n (Tachykardie, Dyspnoe). Diagnostik: A m wichtigsten ist die Röntgenuntersuchung: T h o r a x ü b e r s i c h t in 2 E b e n e n u n d D u r c h l e u c h t u n g , Kontrastdarstellung des M a g e n - D a r m t r a k t e s , C o m p u t e r t o m o g r a p h i e . M a n findet eine M e d i a s t i n a l v e r d r ä n g u n g , Herzverlagerung, luft- u n d flüssigkeitsgefüllte M a g e n - u n d D a r m a n t e i l e in der Pleurah ö h l e (Abb. 22-3). Bei der A u s k u l t a t i o n hört m a n evtl. D a r m g e r ä u s c h e .
Differentialdiagnostisch sind Mediastinal-, L u n g e n - u n d P l e u r a t u m oren, Perikardzysten, P l e u r a e m p y e m e u n d L u n g e n a b s z e s s e a b z u g r e n -
Erworbene Hernien am häufigsten am Hiatus oesophagei.
Symptome: Prolaps von Baucheingeweiden in die Brusthöhle. Typisch: - schmerzhaftes Druckgefühl, - Passagestörungen: Erbrechen, Stuhl- und Windverhaltung, - kardio-pulmonale Erscheinungen: Tachykardie, Dyspnoe. Diagnostik: Röntgenuntersuchung: Thoraxübersicht in 2 Ebenen, Kontrastdarstellung des Magen-Darmtraktes, Computertomographie. Befunde: Mediastinalverdrängung, Herzverlagerung, Luft und Flüssigkeit in Magen, Darm, Pleurahöhle (Abb. 22-3). Auskultation: Darmgeräusche. Differentialdiagnose
XXII. Thoraxchirurgie
312
Colon
Magen
Therapie: Indikation zur Operation bei Komplikationen: Inkarzeration, Perforation, Blutung, Obstruktion Prinzip der Operation: Rückverlagerung der Baucheingeweide, Nahtverschluß. Rezidive sind möglich.
Abb.22-3 Traumatische Zwerchfellruptur mit Prolaps von Magen und Kolon mit Kranialverdrängung der Lunge und Mediastinalverlagerung nach rechts
Therapie: Die Indikation zur Operation ergibt sich in erster Linie aus den möglichen Komplikationen der Zwerchfellhemie, wie Inkarzeration, Perforation, Blutung, Obstruktion. Dies gilt speziell für die traumatischen Hernien (= Prolaps). Prinzipien der Operation sind Rückverlagerung der Baucheingeweide, Nahtverschluß der Zwerchfelllücke, evtl. mit plastischer Deckung (lyophilisierte Dura, Kunststoffnetz). Frische traumatische und die angeborenen Hernien im Säuglings- und Kindesalter operiert man von abdominal her. Ansonsten ist der transthorakale Zugang besser. Das Operationsrisiko der elektiven Operation ist gering, steigt aber bei der Notoperation beträchtlich. Hernienrezidive sind möglich.
Traumatische Hernien (Prolaps) Tumoren und Zysten
Tumoren und Zysten
1.2.3.3
Tumoren: selten. Diagnose: Röntgenuntersuchung, Computertomographie.
Tumoren des Zwerchfells sind äußerst selten. Gut- und bösartige halten sich die Waage. Sie werden meist erst entdeckt, wenn sie Verdrängungserscheinungen machen. Die Diagnose wird durch Röntgenuntersuchung und Computertomographie gestellt. Die Therapie ist immer die operative Exstirpation via Thorakotomie. Entstehen hierbei große Zwerchfelldefekte, so müssen diese plastisch gedeckt werden. Zysten sind noch seltener als Tumoren. Sie entstehen durch Störungen der fetalen Entwicklung, ζ. B. Mesothelzysten und bronchogene Zysten. Außerdem gibt es Pseudozysten. Meist werden sie als Zufallsbefund bei einer Röntgenuntersuchung entdeckt. Die Zysten werden transthorakal exstirpiert.
1.2.4.
Therapie: operative Exstirpation via Thorakotomie. Zysten: selten. Therapie: transthorakale Exstirpation.
Entzündungen: Übergreifen benachbarter Entzündungen.
Diagnose: Röntgenuntersuchung, Durchleuchtung, Computertomographie: Zwerchfellhochstand. Unverschieblichkeit bei Atmung, basale Ergußbildung, Verschwartung. Therapie: Punktion, Drainage, Antibiotika.
(s. S. 8 0 8 )
1.2.5 Entzündungen Eine primäre Entzündung des Zwerchfells ist umstritten, wohl aber können entzündliche Prozesse der Nachbarschaft auf das Zwerchfell sowohl von abdominal (subphrenischer Abszeß) als auch thorakal (Pleuraempyem) übergreifen. Auf dem Lymphwege gelangen Eiterprozesse transdiaphragmal von einer Körperhöhle in die andere. Die Diagnose wird durch Röntgenuntersuchung, Durchleuchtung und Computertomographie gestellt. Typisch sind Zwerchfellhochstand, Unverschieblichkeit bei der Atmung, basale Ergußbildung, Verschwartung. Die Therapie richtet sich nach dem Ausgangspunkt des Prozesses (Punktion, Drainage, Antibiotika).
Funktionelle Störungen
1.2.6 Funktionelle Störungen 1 . 2 . 6 . 1 Zwerchfellkrampf (Singultus)
Zwerchfellkrampf (Singultus):
Definition: Blitzartige Zwerchfellkontraktionen nach der Exspiration mit Drucksteigerung in der Bauchhöhle und Ansaugung von Luft in die Lungen.
Brustwand, Zwerchfell, Pleura, Lunge und Mediastinum Pathogenetisch handelt es sich u m einen komplizierten Reflexvorgang. Die Ätiologie ist vielfältig: Stoffwechselstörungen, Infektionen (subphrenische Abszesse), häufig nach Laparotomie, Urämie, meist ohne nachweisbare Ursache. Der Singultus verschwindet fast immer von selbst, kann aber in Extremfällen Tage und auch Wochen anhalten. Therapie: Körperliche und psychische Reize, Luft anhalten, Bulbusdruck, Pressen, medikamentös mit Sedativa, Narkotika und Ganglienblockern.
1.2.6.2 Relaxatio diaphragmatica Synonyma: idiopathischer Zwerchfellhochstand, Megadiaphragma, Zwerchfellinsuffizienz. Definition: Extremer Hochstand einer Zwerchfellhälfte, vorwiegend links, mit und ohne Läsion des N. phrenicus vorkommend. Die Störung kann angeboren und erworben sein, die Ätiologie ist weitgehend unbekannt. Symptome: Kardio-pulmonale Störungen, Dyspnoe, spastischer Husten, Tachykardie, Rhythmusstörungen, Aufstoßen, Magenüberblähung, Volvulus. Röntgenologisch ist die Beweglichkeit des Zwerchfells aufgehoben. Differentialdiagnostisch abzugrenzen ist die Zwerchfellhernie. Therapie: Bei ausgeprägten Symptomen ist die Operation angezeigt: Verstärkung und Senkung des Zwerchfells durch Raffung oder Doppelung.
1.3 Pleura 1.3.1 Anatomie und Physiologie Die Pleura (= Rippen- oder Brustfell) ist eine zarte, seröse Haut, die die Lunge (Pleura visceralis) und den inneren Brustkorb (Pleura parietalis = Costalis diaphragmatica pericardiaca mediastinalis) bedeckt. Zwischen diesen beiden Blättern findet sich ein kapillärer, mit einem Flüssigkeitsfilm überzogener Spalt. In diesem bestehen negative Druckwerte von - 5 cm H 2 0 bei Exspiration, die bei tiefer Inspiration bis auf - 10 cm H 2 0 absinken. Der Flüssigkeitsspalt dient als Gleitfläche und überträgt die Atembewegungen der Thoraxwand auf die Lungen. Außerdem hat die Pleura sekretorische und resorptive Funktionen.
1.3.2 Pneumothorax
313 blitzartige Zwerchfellkontraktion nach Exspiration. Folge: Drucksteigerung in der Bauchhöhle. Ansaugung von Luft in die Lungen.
Therapie: körperliche und psychische Reize, Luftanhalten, Bulbusdruck, Pressen, Sedativa, Narkotika, Ganglienblocker. Relaxatio diaphragmatica: extremer Hochstand einer Zwerchfellhälfte.
Symptome: Dyspnoe, spastischer Husten, Tachykardie, Rhythmusstörungen, Aufstoßen, Magenüberblähung, Volvulus. Röntgenbild: Beweglichkeit des Zwerchfells aufgehoben. Therapie: operativ: Verstärkung und Senkung des Zwerchfells durch Raffung oder Doppelung. Pleura Zarte, seröse Haut, die Lunge und den inneren Brustkorb bedeckt. Zwischen beiden Blättern befindet sich ein Spalt, der mit Flüssigkeitsfilm überzogen ist. Funktion: Gleitfläche, Übertragung von Atembewegungen der Thoraxwand auf die Lunge.
Pneumothorax:
1.3.2.1 Definition und Einteilung Luft- bzw. Gasansammlung im Pleuraraum, die zur Beeinträchtigung der Ventilation fuhren kann. Nach der Ausdehnung unterscheidet man den totalen, partiellen (Mantelpneu) und abgesackten Pneumothorax, nach der Ursache den idiopathischen oder spontanen Pneumothorax, den traumatischen, den symptomatischen und den artißziellen Pneumothorax. Außerdem können wir nach dem klinischen Bild 4 Typen differenzieren: 1. den nach außen offenen Pneumothorax (bei vollständig offener Brustwand), 2. den geschlossenen Pneumothorax (die Brustwandöffnung ist wieder geschlossen), 3. den innen offenen Pneumothorax (Luft ist durch den Bronchialbaum in die Pleurahöhle eingedrungen), 4. Ventil- bzw. Spannungspneumothorax ( = Lufteintritt bei jedem Atemzug, jedoch infolge eines Ventilmechanismus kein Luftaustritt aus der Pleurahöhle).
Luft- oder Gasansammlung im Pleuraraum.
Nach dem klinischen Bild unterscheidet man die Typen:
314 Einfacher Pneumothorax Auswirkungen des eintretenden Lungenkollaps: - Atemmuskulatur der gedehnten Brustwand wird insuffizient, - Erschwerung der Atemarbeit der Lunge, - Erhöhung des Strömungswiderstandes, - Verkleinerung der Ventilationsfläche, - Ansteigen des pulmonalen Gefäßwiderstandes.
Symptome: plötzlicher, stechender, ziehender Schmerz, oft mit Atemnot, nach: Anstrengungen, Pressen und Husten. Diagnose: hypersonorer Klopfschall, aufgeschobenes Atemgeräusch, Stimmphremitus fehlt. Röntgenbild zur Diagnosesicherung (Abb. 22-4).
Idiopathischer oder Spontanpneumothorax: meist durch Ruptur verursacht.
Therapie: bei rezidivierendem Spontanpneumothorax oder bei nicht vollständiger Entfaltung der Lunge: Operation angezeigt. Prinzip des Eingriffes: Abtragen der Emphysemblasen, Übernähung der Lunge, evtl. Abdichtung mit Fibrinkleber Pleurodese (Rezidivprophylaxe).
XXII. Thoraxchirurgie 1.3.2.2 Einfacher Pneumothorax Pathophysiologic und Klinik: Dringt Luft in den Brustspalt ein, retrahiert sich die Lunge infolge ihrer Elastizität, und der Brustkorb dehnt sich aus. Bei Inspiration wird der Druck im Pleuraraum erniedrigt, so daß weitere Luft eindringen kann. Meist verschließt sich aber das Luftleck spontan durch den zunehmenden Kollaps der Lunge. Der Lungenkollaps hat folgende Auswirkungen: die Atemmuskulatur der gedehnten Brustwand wird insuffizient, die Atemarbeit der Lunge erschwert, der in- und exspiratorische Strömungswiderstand ist erhöht, die Ventilationsfläche der Lunge verkleinert, der pulmonale Gefäßwiderstand steigt an. Symptome: Plötzlicher, stechender, ziehender Schmerz auf der betroffenen Brustkorbseite, oft mit Atemnot, meist nach Anstrengungen, Pressen und Husten auftretend. Diagnose: Physikalische Untersuchung: 1. hypersonorer Klopfschall, 2. aufgeschobenes, zumindest abgeschwächtes Atemgeräusch, 3. Stimmphremitus fehlt. Das Röntgenbild des Thorax sichert die Diagnose. Typisch sind: sichtbarer Saum der viszeralen Pleura, fehlende Lungenzeichnung, vermehrte Strahlentransparenz, zentrale Verschattung durch kollabierte Lunge (Abb. 2 2 - 4 ) .
1.3.2.3 Idiopathischer oder Spontanpneumothorax Ursachen: Meist durch Ruptur subpleural gelegener Emphysemblasen - besonders in der Lungenspitze - verursacht, überwiegend bei Männern auftretend. Therapie: Eine Akuttherapie ist nur indiziert, wenn ein Spannungspneumothorax auftritt. Ansonsten wird man bei einem Mantelpneu die Resorption abwarten können oder ihn punktieren. Eine Thoraxsaugdrainage ist (Sog 3 0 - 8 0 cm H 2 0 ) nur bei einem Totalpneumothorax erforderlich und muß u. U. ein bis zwei Wochen liegen, bis die Leckstelle verklebt und die Lunge ausgedehnt bleibt. Ist die Lunge nach einer Woche noch nicht wieder vollständig entfaltet, oder handelt es sich bereits um einen rezidivierenden Spontanpneumothorax, so ist die Operation angezeigt. Prinzip des Eingriffs: Abtragen der Emphysemblasen und Übernähung der Lunge, evtl. Abdichtung mit Fibrinkleber. Durch eine Pleurodese (Ablösung und Entfernung der Pleura parietalis) verklebt die Lunge mit der Thoraxwand (Rezidivprophylaxe!). Nur in Ausnahmefällen sind lungenverkleinernde Eingriffe notwendig.
315
Brustwand, Zwerchfell, Pleura, Lunge und Mediastinum 1.3.2.3 Ventil- oder Spannungspneumothorax
Ventil- oder Spannungspneumothorax
Er kann sowohl spontan als auch nach Verletzungen auftreten (s. auch Kapitel XXXII./1. Thoraxverletzungen). Pathophysiologie und Klinik: Das klinische Bild ist dramatischer als beim einfachen Pneumothorax, die Situation lebensgefährlich. Dies läßt sich leicht aus dem pathophysiologischen Geschehen erklären. Durch den Ventilmechanismus tritt bei jedem Atemzug Luft in die Pleurahöhle aus, die nicht wieder entweichen kann. Es entsteht ein zunehmender Überdruck mit Totalkollaps der Lunge, Tiefstand des Zwerchfells und Mediastinalverdrängung mit folgenden Auswirkungen: Kompression der kontralateralen Lunge mit gefährlicher Ventilationsstörung (Mediastinalflattern, Pendelluft), Verlagerung des Herzens mit Rhythmusstörungen, Kompression der V. cava superior mit oberer Einflußstauung (Abb. 22-5). Die sofortige Erkennung des Spannungspneumothorax ist lebensrettend.
Lebensgefährliche Situation durch Eintritt von Luft in die Pleurahöhle. Folge: - zunehmender Überdruck mit Totalkollaps der Lunge, - Ventilationsstörung, - Herzrhythmusstörungen, - Kompression der V. cava mit - Einflußstauung (Abb. 22-5).
Abb. 22-5 Ausgeprägter Spannungspneumothorax rechts, Totalkollaps der Lunge, Verbreiterung der rechten Pleurahöhle und der Interkostalräume, fehlende Lungenzeichnung, Verdrängung der Mediastinalorgane nach der gesunden Seite
Angst, Erregung Eventuell subkutanes Emphysem an Hals, Gesicht oder Brustwand Kreislaufstörungen (Hypotonie, kalte, feuchte Haut) Schwere Beeinträchtigung der Atmung (Zyanose, zunehmende Luftnot) Hypersonorer Klopfschall Fehlende Atemgeräusche Mediastinalverdrängung Die betreffende Seite kann vergrößert erscheinen Schock Abb. 22-6 Symptome und Befunde beim Spannungspneumothorax
316 Klinische Zeichen:
XXII. Thoraxchirurgie
Folgende klinische Zeichen: Angst und Unruhe, Dyspnoe und Zyanose, Prallfüllung der Halsvenen, Schwellung des Gesichtes, evtl. Hautemphysem, Erweiterung der Interkostalräume, Blutdruckabfall, Tachykardie, physikalische Zeichen des Pneumothorax. Röntgenologisch findet man einen Totalkollaps des Lungenflügels, Zwerchfelltiefstand, erweiterte Interkostalräume, Mediastinalverziehung (Abb. 22-6).
Therapie: Entlastungspunktion mit großlumiger Punktionsnadel (Abb. 22-7). Definitive Versorgung durch Thoraxsaugdrainage, evtl. Thorakoto-
Therapie: Sofortige notfallmäßige Entlastungspunktion im 2. oder 3. ICR der Medioklavikularlinie. Möglichst großlumige Punktionsnadel verwenden, evtl. eingeschnittenen Fingerling oder G u m m i h a n d s c h u h auf die Kanüle binden (Tiegelventil), damit keine Luft von außen angesaugt werden kann (Abb. 22-7). Definitive Versorgung in der Klinik durch Thoraxsaugdrainage, notfalls auch sofortige Thorakotomie (Lungennaht, Bronchusnaht oder Lungenresektion).
Pleuraerguß:
1.3.3 Pleuraerguß
man unterscheidet Serothorax, Hämatothorax, Pyothorax, Chylothorax.
Man unterscheidet zwischen Sero-, Hämato-, Pyo- und Chylothorax.
Gummifingerling (eingeschnitten)
Punktionskanule
kollabierte
Abb.22-7 Notfallmäßige Entlastung eines Spannungspneumothorax mit Hilfe des Tiegel-Ventils Serothorax
1.3.3.1 Serothorax
zahlreiche Ursachen mit Transsudat und Exsudat.
Es gibt viele Ursachen: Rechtsherzinsuffizienz, Dysproteinämie (beidseitige Ergüsse), Karzinose (oft blutig), Pleuritis (Pneumonie, Lungeninfarkt), abdominale Erkrankungen (Pankreatitis, subphrenischer Abszeß, Leberabszeß), im Rahmen einer rheumatischen Erkrankung. Transsudat ist durch Stauung bedingt, Exsudat (stark eiweißhaltig) durch entzündliche oder tumoröse Prozesse. Diagnose: Klinisch: Klopfschallverkürzung, abgeschwächtes Atemgeräusch, Dyspnoe. Röntgenologisch: lageabhängige, mehr oder minder ausgeprägte Verschattung, bei gleichzeitigem Pneumothorax Spiegelbildung (Seropneumothorax). Therapie: Die Pleurapunktion hat zwei Ziele: 1. Ursachensicherung (bakterielle, zytologische und laborchemische Untersuchung) und 2. Entlastung. Weitere Maßnahmen je nach Ursache des Ergusses.
Diagnose: Klopfschallverkürzung, abgeschwächtes Atemgeräusch, Dyspnoe. Röntgen: ausgeprägte Verschattung.
Therapie: Ziele: 1. Ursachensicherung, 2. Entlastung. Hämatothorax:
1.3.3.2 Hämatothorax
Blutungen in die Pleurahöhle durch verschiedene Ursachen.
Ursache: Blutungen in die Pleurahöhle durch Trauma (s. S.805), iatrogen nach Venenpunktionen (V. subclavia), Pleura- oder Lungenpunktionen, Ruptur einer Emphysemblase oder eines Aortenaneurysmas.
Brustwand, Zwerchfell, Pleura, Lunge und Mediastinum Therapie: Sie richtet sich nach der Ursache. Bei traumatischem oder iatrogenem Hämatothorax möglichst vollständige Entleerung des Hämatoms durch
317 Therapie: möglichst vollständige Entleerung des Hämatoms durch Punktion oder Saugdrainage.
Abb. 22-8 Thoraxsaugdrainage zur Ableitung von Flüssigkeiten und Luft aus dem Pleuraraum Punktion, besser durch Saugdrainage (Abb. 22-8). Gelingt dies wegen der Schwere der Blutung oder Koagelbildung nicht, ist die Thorakotomie dringend angezeigt, einmal zur definitiven Blutstillung und zum anderen zur Ausräumung des Hämatoms, u m einer Pleuraschwarte vorzubeugen.
1.3.3.3 Pyothorax (= Pleuraempyem)
Pyothorax (Pleuraempyem)
Entstehungsursachen: Para- bzw. metapneumonisch Perforation eines Lungenabszesses oder einer tuberkulösen Kaverne (spezifisches Empyem), post-
Perforation eines Lungenabszesses oder einer tuberkulösen Kaverne.
Abb.22-9 Ausgedehnte Pleuraschwarte im Bereich der rechten Lunge. Entfernung der Schwarte durch Dekortikation der parietalen und viszeralen Pleura (a). Nach Entfernung der Pleuraschwarte dehnt sich die zuvor „gefesselte" Lunge wieder aus (b).
XXII. Thoraxchirurgie
318 Verschiedene Ursachen. Empyem kann Thoraxwand und Diaphragma durchbrechen. Folge: Lungenfesselung, Rechtsherzinsuffizienz.
operativ (ζ. B. Bronchusstumpfinsuffizienz nach Lungenresektion, Nahtinsuffizienz an der Ösophagusanastomose), posttraumatisch (infiziertes Hämatom), Durchwanderung von Abszessen im Oberbauch (Leber- oder subphrenischer Abszeß). Das Empyem kann die Thoraxwand (Empyema necessitatis) und ebenso das Diaphragma durchbrechen, ferner zur chronischen Eiterung mit Empyemresthöhle und dicker Pleuraschwarte fuhren. Deren Folge ist eine zunehmende „Lungenfesselung" mit Widerstandserhöhung im kleinen Kreislauf und Rechtsherzinsuffizienz.
Symptome und Diagnose: Zeichen der akuten Infektion, Abgeschwächtes Atemgeräusch. Röntgen: Verschattung. Pleurapunktion.
Symptome und Diagnose: Zeichen der akuten Infektion, wie hohes Fieber, Schüttelfrost, Leukozytose, Senkungsbeschleunigung, Abgeschlagenheit, Dämpfung und abgeschwächtes Atemgeräusch, evtl. Ikterus (toxisch!). Röntgenologisch findet sich eine Verschattung. Die Pleurapunktion sichert die Diagnose (mikrobiologische und Resistenztestung, Tbc?). Hämatogene mikrobielle Streuung möglich (ζ. B. Hirnabszeß). Therapie: Vollständige Entleerung des Eiters durch Punktionen, besser durch Thoraxsaugdrainage. Antibiotika nach Resistenztestung. Bei spezifischem Empyem Tuberkulostatika. Blutkonserven. Wichtig ist die völlige Wiederausdehnung der Lunge und Verkleben der Pleurablätter. Zur Säuberung der Thoraxhöhle Spülungen mit physiologischer Kochsalzlösung, evtl. mit Antibiotika-Zusatz. Haben diese M a ß n a h m e n keinen Erfolg, empfiehlt sich die frühzeitige Dekortikation der Lunge (Thorakotomie mit Entfernung der Pleuraschwarte). Wird das Empyem chronisch, so bildet sich eine Empyemresthöhle, in der die Eiterung nie ausheilt. Die Operation besteht in der Thoraxfensterung oder Dekortikation bzw. Thorakoplastik ( = Resektion mehrerer Rippen, Muskeln und Weichteile füllen dann die Resthöhle als „lebende Plompe" aus) (Abb. 22-9).
Therapie: Entleerung des Eiters durch Punktion oder Saugdrainage. Antibiotika, Tuberkulostatika, Blutkonserven. Bei Erfolglosigkeit Dekortikation der Lunge. Chronisch: Thoraxfensterung oder Dekortikation.
1.3.3.4 Chylothorax (s. S.339) Pleuratumoren
1.3.4 Pleuratumoren
Primäre Tumoren: Pleuramesotheliom. Lokalisierte und diffuse Formen.
Unterscheidung zwischen gut- und bösartigen sowie primären und sekundären Pleuratumoren.
1.3.4.1 Primäre Tumoren
Symptome und Diagnose: lokalisiert, diffus, Thoraxschmerzen und Dyspnoe.
Primäre Geschwülste der Pleura sind selten. Wichtig ist das Pleuramesotheliom, das von den Deckzellen (Mesothelzellen) der Pleura visceralis und parietalis ausgeht (Abb. 22-10). Als Tumornoxe wird eine Asbestexposition diskutiert. Es gibt eine lokalisierte (rundliche, breitbasige oder gestielte Knoten) und eine diffuse (flächenhaft wachsend, schlechte Prognose) Form. Die Tumoren gehen meist mit einem exzessiven Pleuraerguß einher. Symptome und Diagnose: Lokalisierte Mesotheliome machen anfangs keine Symptome. Die diffusen führen dagegen zu Thoraxschmerzen und Dyspnoe
Abb. 22-10 Über faustgroßes Pleuramesotheliom rechts
319
Brustwand, Zwerchfell, Pleura, Lunge und Mediastinum (Pleuraerguß!). Hinzu kommen paraneoplastische Symptome. Röntgenologisch erkennt man glatt begrenzte Tumorverschattungen und den Pleuraerguß. Im CT ist die Ausdehnung der Geschwulst besser abzugrenzen. Die Tumoren können in Lunge, Diaphragma, Herzbeutel und Brustwand einwachsen. Gesichert wird die Diagnose durch die Zytologie des Pleuraexsudates und durch Gewebeentnahme via Thorakoskop (Pleurastanze). Differentialdiagnostisch abzugrenzen sind Pleuraschwarte und neurogene Tumoren. Therapie: Bei umschriebenem Tumor kommt die partielle Pleurektomie, bei der diffusen Form die sehr ausgedehnte Pleuropneumonektomie mit evtl. Brustwand-, Herzbeutel- und Zwerchfellresektion in Frage. Plastische Dekkung der Defekte (lyophilisierte Dura). Beim inoperablen Tumor können zur Beeinflussung der Ergußbildung eine Hochvolt-Therapie oder die Instillation von Zytostatika, Radiogold oder Yttrium-90 in die Pleurahöhle versucht werden. Die Prognose ist schlecht. Nur vereinzelt gibt es längere Überlebenszeiten (ca. 10 %).
Röntgenologisch: Tumorverschattungen, Pleuraerguß. Sicherung durch Zytologie.
1.3.4.2 Sekundäre Tumoren
Sekundäre Tumoren
Pleurametastasen (Pleuritis carcinomatosa) können bei allen bösartigen Primärtumoren, insbesondere aber beim Mammakarzinom und Bronchuskarzinom) auftreten. Sie äußern sich klinisch durch ausgeprägte hämorrhagische Ergußbildung (Dyspnoe!), Organverdrängung und Reizhusten. Beeinflussung der Ergußbildung durch Zytostatika, Yttrium-90, Radiogold-Instillation nach der Pleurapunktion.
Auftreten bei: malignen Primärtumoren, insbes. Mammakarzinom, Bronchuskarzinom. Anzeichen: hämorrhagische Ergußbildung, Organverdrängung, Reizhusten. Therapie: Zytostatika, Radiogold-Instillation.
1.4 Lunge
Lunge
1.4.1 Bemerkungen zur Anatomie und Funktion
Anatomischer Aufbau der Lunge (Abb. 22-11).
Lungenresektionen orientieren sich am anatomischen Aufbau der beiden Lungenflügel mit Lungenlappen und Segmenten entsprechend den Verzweigungen des Bronchialbaumes und der A. pulmonalis (Abb. 22-11). Die Lungenvenen verlaufen zwischen den einzelnen Segmenten, die im Gegensatz zu den Lappen nicht durch einen freien Pleuraspalt getrennt sind. Die rechte Lunge hat drei, die linke zwei Lappen. Diese sind wiederum in zwei bis fünf Segmente unterteilt, die international mit den Ziffern 1 - 1 0 bezeichnet werden. Rechts gibt es 10, links 9 Segmente (Nr. 7 fehlt). Die Lunge besitzt ein
Abb.22-11 Anatomie der Lunge: Lappen- und Segmentaufteilung
Therapie: partielle Pleurektomie, Pleuropneumonektomie. Bei Inoperabilität: Hochvolt-Therapie, Zytostatika, radioaktive Einlagen. Schlechte Prognose.
320
XXII. Thoraxchirurgie
Abb.22-12 Tracheo-bronchiale Lymphknotengruppen. Lymphabfluß der Lunge von der Pleura zum Hilus
Wichtigste Funktion: Gasaustausch zwischen Atemluft und Blut durch: - Resorption, - Perfusion, - Diffusion, - Gastransport. Ferner ist die Lunge beteiligt bei: - Regulation des Wasserhaushaltes, - pH-Regulation, - Immunabwehr, - Blutgerinnung.
ausgeprägtes Lymphdrainagesystem, das vor allem beim Bronchialkarzinom von Bedeutung ist. Man unterscheidet intrapulmonale, hiliäre und mediastinale Lymphknoten (tracheobronchial, paratracheal, paraaortal, paraesophageal) (Abb. 22-12). Der Lymphstrom fließt von der Lungenperipherie in Richtung Hilus. Wichtigste Funktion der Lunge ist der Gasaustausch zwischen der Atemluft und dem Blut. Grundlage für diese äußere Atmung sind verschiedene Funktionen: Respiration, Perfusion, Diffusion und der Gastransport im Blut. Jede dieser Teilfunktionen kann durch spezielle diagnostische Verfahren geprüft werden. Störungen im physiologischen Zusammenspiel der Gesamtfunktion sind nicht selten. Durch Eingriffe an den Organen der Brusthöhle werden Atmung und Kreislauf beeinträchtigt, insbesondere bei lungenverkleinernden Operationen. Dabei ist - auch bei großen Eingriffen im Oberbauch - eine umfangreiche präoperative Funktionsdiagnostik erforderlich. Die Lunge hat neben ihrer respiratorischen Funktion auch Aufgaben bei der Regulation des Wasserhaushaltes, der pH-Regulation, der Immunabwehr und der Blutgerinnung zu erfüllen.
Funktionsuntersuchungen:
1.4.2 Wichtige Funktionsuntersuchungen
- Spirometrie, - Blutgasanalyse, - Pulmonalisblockadetest.
Für die Thoraxchirurgie ist zur Risikoabschätzung die Information über den Funktionszustand der Lunge und ihrer Kreislaufverhältnisse von großer Bedeutung. Spirometrie ( = Bestimmung der Ventilationsgrößen), Blutgasanalyse und evtl. der Pulmonalisblockadetest sind obligate präoperative Untersuchungsverfahren. Die Lungenfunktionsanalysen erlauben differenzierte Einblicke in die mechanischen Parameter der Atmung und des Blähzustandes der Lungen, die Blutgasanalysen geben Aufschluß über die respiratorisch bedingten Gasaustauschstörungen. Die Pulmonalisblockade läßt eine evtl. vorliegende pulmonale Hypertonie erkennen. Die wichtigsten spirometrischen Untersuchungen und Werte sind:
Brustwand, Zwerchfell, Pleura, Lunge und Mediastinum • Vitalkapazität = die nach tiefer Inspiration ausgeatmete Luftmenge (3,5-5,51). Verminderung spricht für eine restriktive Lungenerkrankung. • Tiffeneau-Test (Atemstoßtest) = Luftmenge, die nach maximaler Einatmung mit forcierter Exspiration in der ersten Sekunde ausgestoßen wird (normal: 7 0 - 8 0 % der VA). Wichtig zur Beurteilung einer obstruktiven Lungenerkrankung. • Atemminutenvolumen = das in einer Minute ventilierte Luftvolumen ( 6 - 8 1/min). • Atemgrenzwert = die in einer Minute maximal ventilierbare Luftmenge (normal: cT 1201/min, 5 1101/min). • Residualvolumen = die nach maximaler Ausatmung in der Lunge zurückbleibende Luftmenge (altersabhängig, ζ. B. bei 20jährigen 30 % der Totalkapazität), beim Emphysem erhöht. • Totalkapazität = Fassungsvermögen der Gesamtlunge bei maximaler Inspiration.
321 Spirometrische Untersuchungen
Weitere spezielle und aufwendigere Lungenfunktionsuntersuchungen sind:
• Bronchospirometrie = Ventilationsuntersuchung eines isolierten Bronchussegmentes bei Intubation. • Ganzkörperplethysmographie (Boyle-Mariott-Gesetz) = Messung des intrathorakalen Gasvolumens und des Atemwegswiderstandes. • Spiroergometrie = Ermittlung der funktionellen Leistungsfähigkeit der Lunge bei stufenweiser Arbeitsbelastung (Fahrrad-Ergometrie). • Compliance (elastischer Widerstand) = Volumendehnung des Brustkorb-Lungensystems entspricht dem Quotient der Zunahme des Lungenvolumens und des intrapulmonalen Druckes. Erhöht bei Lungenödem, Atelektasen, Pneumonie, erniedrigt beim Emphysem. • Pulmonalis-Blockadetest - (Carlens) Druckmessung in der A. pulmonalis bei gleichzeitiger Blockade eines Hauptstammes. Hiermit kann eine evtl. bei Lungenresektionen zu erwartende Widerstandserhöhung im Lungenkreislauf festgestellt werden. Druckanstiege über 40 m m Hg verbieten eine Pneumonektomie.
Blutgasanalyse Bestimmung der Sauerstoff- und Kohlendioxidpartialdrücke sind wichtig für die Erfassung von Lungenfunktionsstörungen.
Normalwerte: P 0 2 = 9 0 - 1 0 2 m m Hg, PC0 2 = 3 4 - 4 6 m m Hg, Standardbikarbonat = 2 4 - 3 2 mval/1, Base excess = ± 2 m v a l / l
1.4.3 Störungen der Lungenfunktion Respiratorische Störungen müssen vor einem geplanten Thoraxeingriff erfaßt und bei der Operationsindikation mit berücksichtigt werden. Sie können auftreten als: 1. Akute respiratorische Insuffizienz = Verschiebung des Gleichgewichts der 0 2 - und C0 2 -Drücke: P 0 2 < 6 0 m m Hg, PC0 2 > 5 0 m m Hg. 2. Partialinsuffizienz = Mangelbelüftung einzelner Alveolarbezirke mit Änderung des Ventilations-Perfusions-Verhältnisses. Gut belüftete Lungenpartien eliminieren C 0 2 kompensatorisch durch Hyperventilation, PC0 2 normal, P 0 2 erniedrigt. 3. Globalinsuffizienz = alveoläre Hypoventilation mit respiratorischer Azi-
Lungenfunktionsuntersuchungen
Blutgasanalyse. Bestimmung der Sauerstoff- und Kohlendioxidpartialdrücke.
Normalwerte
Störungen der Lungenfunktion
Akute respiratorische Insuffizienz Partialinsuffizienz
Globalinsuffizienz
XXII. Thoraxchirurgie
322
Vor jedem intrathorakalen Eingriff Lungendiagnostik. Lungenfunktion nach Thoraxeingriff eingeschränkt.
dose: PC0 2 -Anstieg, P0 2 -Abfall, d. h. Hypoxie und Hyperkapnie. Absolute Kontraindikation für intrathorakale Eingriffe. Vor jedem intrathorakalen Eingriff muß der Patient einer gründlichen Diagnostik unterzogen werden. Die Beurteilung des „funktionellen" Risikos spielt vor allem für lungenverkleinernde Eingriffe eine große Rolle. Bestimmte Minimalforderungen sind strikt zu beachten (Abb. 22-13). Die Lungenfunktion ist nach einem Thoraxeingriff eingeschränkt: nach Thorakotomie in den ersten postoperativen Tagen die Vitalkapazität um 10%, nach Lobektomie Vitalkapazität und Totalkapazität um 15 %, nach Pneumonektomie um 50 %. Kommt es postoperativ zu Atelektasen, Ergüssen oder Mediastinalverdrängung, so droht u. U. die Ateminsuffizienz. Ventilationsgrößen Vitalkapazität (VK) __ Sekundenkapazität (Tiffeneau) Atemgrenzwert _ Residualvolumen |
> 50% des Sollwertes > 55-60% der Ist-VK 45-751/min < 50% des Sollwertes
Blutgasanalysen
|
P0 2 > 65 mm Hg = 92% 0 2 -Sättigung PC02 systolische Druckdifferenz—» progrediente Linkshypertrophie - » Linksinsuffizienz.
Operationsindikation: Im Säuglingsalter bei progredientem Linksherzversagen, im fortgeschrittenen Alter bei Druckgradient zwischen linkem Ventrikel und Aorta mehr als 60-70 mm Hg, Linkshypertrophie und Schädigungszeichen dringlich. Beseitigung der Stenose und Druckentlastung des linken Ventrikels. Operatives Vorgehen: Valvuläre Stenose: Kommissurotomie der miteinander verklebten Semilunarklappen. Im 3. oder 4. Lebensjahrzehnt: häufig wegen Verkalkung Klappenersatz notwendig. Supravalvuläre Stenose: Erweiterung der Aorta. Subvalvuläre Stenose: Resektion des fibromuskulären Ringes. Operationsrisiko: 5 % (bei Notoperationen im Säuglingsalter 20-70 %).
2. Pulmonalstenose Valvuläre Stenose, oft mit begleitender Infundibulumstenose. Pulmonalarterie poststenotisch dilatiert. Verschmelzung der Semilunarklappen mit kleiner zentraler Restöffnung. Folge: Drucküberlastung des rechten Ventrikels —* konzentrische Hypertrophie —>evtl. Rechtsherzversagen. Bei gleichzeitigem Vorhofseptumdefekt —> Rechts-Links-Shunt mit zentraler Zyanose möglich.
352 Operationsindikation: im Säuglingsalter bei Zeichen des Rechtsherzversagens und Lungenminderperfusion. Später: elektiv im Vorschulalter bei erhöhtem systolischem Druckgradienten (über 60-70 mm Hg.) Operatives Vorgehen: Durchtrennung oder Ablösung der verwachsenen Kommissuren. Letalität 1 - 3 % (im Notfall ca. 20%).
3. Vorhofseptumdefekt (ASD = Atriumseptumdefekt) Defekt in der Vorhofscheidewand —> Kommunikation zwischen rechtem und linkem Vorhof. Man unterscheidet je nach Lage des Defektes im Vorhofseptum: - Secundum-Defekt, - Primum-Defekt, - Sinus-venosus-Defekt.
Durch den Defekt besteht ein Links-RechtsShunt auf Vorhofebene —»vermehrte Volumenbelastung des rechten Ventrikels und der Lungenstrombahn. Folge: Rechtsventrikuläre Funktionsstörung.
Mittlere Lebenserwartung 50 Jahre.
Klinisches Bild: Anfangs unspezifisch, im fortgeschrittenen Alter Herzinsuffizienzzeichen. Diagnostische Hinweise: systolisches Geräusch über der Pulmonalklappe, EKG-Veränderung. Definitive Diagnose: Herzkatheteruntersuchung, Angiokardiographie. Operationsindikation: bei Links-Rechts-Shunt von mehr als 50 % des Großkreislauf-Minuten Volumens. Zeitpunkt: 2. Lebensjahr.
XXII. Thoraxchirurgie Eine Operationsindikation im Säuglingsalter besteht nur bei Zeichen schweren Rechtsherzversagens und kritischer Lungenminderperfusion. dieser A u s n a h m e sollte der Eingriff elektiv im Vorschulalter durchgeführt den, sofern der systolische Druckgradient zwischen rechtem Ventrikel Pulmonalarterie über 6 0 - 7 0 m m Hg liegt.
des Mit werund
Operatives Vorgehen: Die verwachsenen Kommissuren werden zwischen den Semilunarklappen bis an den Anulus reichend durchtrennt (Kommissurotomie) oder von ihrem Anulusansatz abgelöst (Valvulotomie). Die Letalität beim Notfalleingriff im Säuglingsalter beträgt etwa 20 %, beim Elektiveingriff im Vorschulalter 1 - 3 %.
2.2.4.3 Vorhofseptumdefekt (ASD = Atriumseptumdefekt) Pathophysiologic, Klinik: Über einen unterschiedlich großen Defekt in der Vorhofscheidewand besteht eine Kommunikation zwischen rechtem und linkem Vorhof. Auf der Grundlage morphologischer Gesichtspunkte und embryologischer Spekulation unterscheidet m a n Secundum-Defekte (ASD II; Häufigkeit: 85 % - 9 0 %), Primum-Defekte ( A S D I , partieller AV-Kanal; Häufigkeit: 5%) und Sinus-venosus-Defekte (Häufigkeit 5 %—10 %). Secundum-Defekte liegen im Z e n t r u m des Vorhofseptums (Fossa ovalis-Bereich); Primum-Defekte befinden sich in unmittelbarer AV-Klappennähe; sie sind immer mit einer Spaltbildung im aortalen Mitralklappensegel vergesellschaftet (was nicht notwendigerweise Klappeninsuffizienz bedeuten muß), und durch gleichzeitig vorhandene Verlaufsanomalien des spezifischen Erregungsleitungssystems ist in den EKG-Standardableitungen I—III ein überdrehter Linkstyp pathognomisch; Sinus-venosus-Defekte liegen im Einmündungsbereich der oberen Hohlvene. Mit einer Häufigkeit von 10 % - 1 5 % sind Vorhofseptumdefekte mit atypisch in die V. cava superior m ü n d e n d e n rechtsseitigen Lungenvenen verbunden. Es besteht ein Links-Rechts-Shunt auf Vorhofebene, meßbar durch eine abnorm hohe 0 2 -Sättigung im rechten Vorhof („Sauerstoffsprung" zwischen Hohlvenen und rechtem Vorhof)· Pathophysiologisch bedeutet dieser L-R-Shunt auf Vorhofebene vermehrte Volumenbelastung des rechten Ventrikels u n d der Lungenstrombahn. Auf dieser Grundlage kommt es, gemessen an den rechtsventrikulären enddiastolischen Volumina, zu einer z u n e h m e n d e n rechtsventrikulären Funktionsstörung. Wegen der meist fehlenden Druckbelastung des Lungenkreislaufs ist die Entwicklung einer pulmonalen Widerstandserhöhung mit Shunt-Umkehr (Eisenmenger-Reaktion) äußerst selten. Die Erkrankung hat eine mittlere Lebenserwartung von 50 Jahren. Die häufigste Todesursache ist progressives myokardiales Herzversagen, ferner thromboembolische Komplikationen, bakterielle Endokarditiden. Das klinische Bild ist zunächst unspezifisch; klinisch relevante Herzinsuffizienzzeichen treten erst im fortgeschrittenen Alter auf; Diagnostische Hinweise ergeben sich aus dem Vorliegen eines systolischen Geräusches über der Pulmonalklappe („relative Pulmonalstenose") u n d EKG-Veränderungen; die definitive Diagnose eines ASD wird durch Herzkatheteruntersuchungen und Angiokardiographie gestellt. Die Indikation zum operativen Verschluß des Defektes besteht bei einem L-R-Shunt von mehr als 50 % des Großkreislauf-Minutenvolumens. Der Eingriff sollte nach Möglichkeit im 2. Lebensjahr, in j e d e m Fall jedoch im Vorschulalter erfolgen, u m die f r ü h einsetzenden rechtsventrikulären Funktionsschäden vermeiden zu können.
353
Herz- und herznahe G e f ä ß e Operatives Vorgehen: Freilegung des H e r z e n s d u r c h m e d i a n e S t e r n o t o m i e oder a n t e r o l a t e r a l T h o r a k o t o m i e rechts. Der rechte Vorhof wird eröffnet u n d der D e f e k t d u r c h direkte N a h t oder m i t e i n e m K u n s t s t o f f - bzw. Perikardflicken verschlossen. Bei atypisch in die obere H o h l v e n e m ü n d e n d e n L u n g e n v e n e n wird der Patch so eingenäht, daß der Blutfluß aus diesen G e f ä ß e n in d e n linken Vorhof geleitet wird. W i e bei allen O p e r a t i o n e n a m o f f e n e n H e r z e n sind n a c h A S D - V e r s c h l u ß L u f t e m b o l i e n möglich. W e g e n der engen m o r p h o l o g i s c h e n B e z i e h u n g zwischen d e m U n t e r r a n d eines P r i m u m - D e f e k t e s u n d d e m H i s - B ü n d e l werden zuweilen postoperative passagere oder p e r m a n e n t e A V - B l o c k i e r u n g e n beobachtet. Das liegt sten griff
Operatives Vorgehen: Freilegung des Herzens —» Eröffnung des rechten Vorhofes —> Verschließen des Defektes durch direkte Naht oder Kunststoffflikken. Cave: Luftembolien, AV-Blockierungen! Operationsletalität: 1 %. Operationserfolg: herzgesund.
Operationssterblichkeitsrisiko für d e n u n k o m p l i z i e r t e n A S D - V e r s c h l u ß bei 1 %. R e z i d i v d e f e k t e ( N a h t a u s r i ß , Patchausriß) sind selten. Die meiP a t i e n t e n k ö n n e n , sofern sie frühzeitig operiert w u r d e n , n a c h d e m Einals h e r z g e s u n d gelten.
2.2.4.4 Ventrikelseptumdefekt ( V S D ) Pathophysiologie: H ä u f i g s t e a n g e b o r e n e H e r z f e h l b i l d u n g (s. Tab. 22-2). Ü b e r e i n e n Defekt in der K a m m e r s c h e i d e w a n d besteht e i n e Kommunikation zwischen beiden Ventrikeln. Die m e i s t e n D e f e k t e liegen „ p e r i m e m b r a n ö s " , d. h. u n t e r h a l b der Crista supraventricularis im Bereich des m e m b r a n ö s e n Septums. Etwa 10 % der Defekte b e f i n d e n sich „supracristal" direkt u n t e r h a l b der P u l m o n a l k l a p p e . Weitere L o k a l i s a t i o n e n sind: E i n s t r o m b e r e i c h der Ventrikel u n t e r h a l b des septalen Tricuspidalsegels (VSD vom AV-Kanal-Typ); trabekularisierter, m u s k u l ä r e r Anteil des S e p t u m s (hier k ö n n e n a u c h m u l t i p l e Defekte auftreten, „Swiss Cheese Septum"). W e g e n der u n t e r s c h i e d l i c h e n Druck- u n d W i d e r s t a n d s v e r h ä l t n i s s e im system i s c h e n u n d P u l m o n a l k r e i s l a u f k o m m t es in A b h ä n g i g k e i t von der G r ö ß e des V S D zu e i n e m Links-Rechts-Shunt u n d möglicherweise zu einer Druckanhebung im rechten Ventrikel und Pulmonalkreislauf.
4. Ventrikelseptumdefekt (VSD) häufigste angeborene Herzfehlbildung. Defekt in der Kammerscheidewand —» Kommunikation zwischen beiden Ventrikeln. Verschiedene Lokalisationen.
Ausbildung eines Links-Rechts-Shunt und Druckerhöhung im rechten Ventrikel und Pulmonalkreislauf.
Kleine D e f e k t e sind „ d r u c k t r e n n e n d " , u n d das s h u n t b e d i n g t e Verhältnis L u n g e n d u r c h b l u t u n g / G r o ß k r e i s l a u f - D r u c h b l u t u n g (Q p /Q s ) liegt n i c h t ü b e r 1,75. Bei m i t t e l g r o ß e n D e f e k t e n ist der D r u c k in r e c h t e m Ventrikel u n d Pulm o n a l a r t e r i e auf etwa 50 % des systemischen Drucks a n g e h o b e n , die Q p / Q s Relation liegt bei 3,5. G r o ß e Defekte (10 %—15 %) e n t s p r e c h e n in etwa d e m A o r t e n d u r c h m e s s e r u n d sind „ d r u c k a n g l e i c h e n d " . Eisenmenger-Reaktion: D u r c h die h o h e Druck- und Flußbelastung der Lungenstrombahn bei g r o ß e m V S D (auch bei kaliberstarkem P D A , „totalem AVK a n a l " , u n i v e n t r i k u l ä r e m H e r z e n , T r u n c u s arteriosus c o m m u n i s ) k a n n es in der p u l m o n a l a r t e r i e l l e n Peripherie zu Gefäßveränderungen (Mediahypertrophie, I n t i m a p r o l i f e r a t i o n , Gefäßverschlüsse) k o m m e n („hypertensive p u l m o nary vascular obstructive disease"), was zu einer progressiven Widerstandserhöhung im Lungenkreislauf f ü h r t . W e n n der W i d e r s t a n d im L u n g e n k r e i s l a u f d e n des systemischen Kreislaufs übersteigt, k o m m t es m i t d e m Vollbild der E i s e n m e n g e r - R e a k t i o n zu einer Shunt-Umkehr ( s e k u n d ä r e r Rechts-LinksShunt), u n d der Patient wird zyanotisch. Die E i s e n m e n g e r - R e a k t i o n stellt im allgemeinen im Säuglingsalter kein Prob l e m dar, sie entwickelt sich meist erst in d e n n a c h f o l g e n d e n J a h r e n . Eintreten der E i s e n m e n g e r - R e a k t i o n : 2 . - 3 0 . L e b e n s j a h r (mitt. Alter: 14 Jahre). Bei 20jährigen, nicht operierten V S D - P a t i e n t e n wird sie m i t einer H ä u f i g k e i t von 15 % bis 20 % b e o b a c h t e t . Mit d e m E i n t r e t e n der E i s e n m e n g e r - R e a k t i o n sind die P a t i e n t e n inoperabel (bei V S D - V e r s c h l u ß würde es zur a k u t e n RechtsD e k o m p e n s a t i o n k o m m e n ) , u n d die Prognose ist erheblich verschlechtert (Abb. 22-33).
Eisenmenger Reaktion durch hohe Druck- und Flußbelastung der Lungenstrombahn —»Gefäßveränderungen —»Wiederstandserhöhung im Lungenkreislauf. Wenn Widerstand im Lungenkreislauf —* systemischer Kreislauf: —> Eisenmenger-Reaktion (Shuntumkehr) —» Patient wird zyanotisch. Folge: bei Eisenmenger-Reaktion Inoperabilität. Schlechte Prognose (Abb. 22-33).
XXII. T h o r a x c h i r u r g i e
354
Uberlebensraten (%)
(VSD Pt. mit schwerer pulmonaler Widerstandserhöhung)
10 20 Lebensalter (Jahre)
30
40
50
60
Abb. 22-33 Überlebenskurve von Patienten mit großem V S D und Eisenmenger-Reaktion (Inoperabilität wegen pulmonaler Widerstandserhöhung und Shunt-Umkehr). Es ist darauf hinzuweisen, daß der Absterbeprozeß erst im 2. Lebensjahrzehnt beginnt; 50 % der Patienten sind mit dem 35. Lebensjahr verstorben (nach Clarkson et al.: Circulation 38, 129 (1968)) Klinisches Bild: bei großem Defekt: Linksherzinsuffizienz. Durch erhöhte Drücke —»Ablagerung interstitieller Flüssigkeit in der Lunge —» pulmonale Infekte. Spontane Verschlüsse des Ventrikelseptumdefektes sind möglich.
Bei großem V S D : Eisenmenger-Reaktion wahrscheinlich.
Die meisten Patienten versterben vor dem 40. Lebensjahr (s. Abb. 22-33).
Operationsindikation: Säuglingsalter: Linksherzinsuffizienz mit respiratorischen Störungen. In den ersten 6 Lebensmonaten: bei Gedeihungsstörungen, steigendem Widerstand in der Lungenstrombahn. Kinder mit großem V S D : elektiv mit 1 Jahr. Mittelgroße Defekte: evtl. Spontanverschluß abwarten, sonst bis zum 5. Lebensjahr operieren.
D a s klinische Bild des V S D ist von der G r ö ß e des D e f e k t e s u n d d a m i t d e n S h u n t - u n d D r u c k v e r h ä l t n i s s e n i m kleinen Kreislauf sowie der M e h r b e l a stung des linken Ventrikels abhängig. P a t i e n t e n m i t k l e i n e m V S D k ö n n e n a s y m p t o m a t i s c h sein, P a t i e n t e n m i t g r o ß e m Defekt bereits im Säuglingsalter Z e i c h e n einer progredienten L i n k s i n s u f f i z i e n z entwickeln. Die h ä u f i g angeh o b e n e n D r ü c k e im linken Vorhof u n d in den L u n g e n v e n e n f ü h r e n zu einer v e r m e h r t e n A b l a g e r u n g interstitieller Flüssigkeit in der Lunge, was A n l a ß zu r e z i d i v i e r e n d e n p u l m o n a l e n I n f e k t e n sein k a n n . Bakterielle E n d o k a r d i t i d e n sind selten (etwa 0,3 % pro Jahr). Etwa 5 % der V S D - P a t i e n t e n entwickeln w ä h r e n d des ersten L e b e n s j a h r z e h n t s eine A o r t e n k l a p p e n i n s u f f i z i e n z , 5 %—10 % eine i n f u n d i b u l ä r e P u l m o n a l s t e n o s e . Der n a t ü r l i c h e Verlauf (Verlauf o h n e chirurgische Therapie) der E r k r a n k u n g wird vorrangig d u r c h eventuelle S p o n t a n v e r k l e i n e r u n g oder eventuellen S p o n t a n v e r s c h l u ß u n d der zu b e f ü r c h t e n d e n Entwicklung einer p u l m o n a l e n W i d e r s t a n d s e r h ö h u n g beeinflußt. O h n e Operation versterben etwa 10 % der P a t i e n t e n mit g r o ß e m V S D im ersten L e b e n s j a h r (meist m i t 2./3. M o n a t ) an akuter L i n k s i n s u f f i z i e n z oder rez i d i v i e r e n d e n p u l m o n a l e n I n f e k t e n ; besonders gefährdet sind K i n d e r m i t zusätzlichen A n o m a l i e n (PDA, A o r t e n i s t h m u s s t e n o s e , A S D ) . I m weiteren Verlauf k ö n n e n sich V e n t r i k e l s e p t u m d e f e k t e s p o n t a n verschließen; die W a h r s c h e i n l i c h k e i t des Spontanverschlusses n i m m t j e d o c h m i t zun e h m e n d e m Alter ab. P a t i e n t e n m i t g r o ß e m V S D sind f ü r die Entwicklung einer E i s e n m e n g e r - R e a k t i o n prädisponiert. N u r ein kleiner Teil dieser Pat i e n t e n g r u p p e erreicht o h n e O p e r a t i o n das 40. L e b e n s j a h r ( s . A b b . 22-33). Operationsindikation: P a t i e n t e n mit schwerer, therapieresistenter Linksherzinsuffizienz kombiniert mit erheblichen respiratorischen Störungen m ü s s e n dringlich im Säuglingsalter operiert werden. A u c h K i n d e r m i t d e u t l i c h e n G e d e i h störungen u n d s t e i g e n d e m W i d e r s t a n d in der L u n g e n s t r o m b a h n sollten in d e n ersten 6 M o n a t e n der O p e r a t i o n z u g e f ü h r t werden. K i n d e r m i t g r o ß e m VSD, aber n u r geringer S y m p t o m a t i k , sollten elektiv im Alter von 1 J a h r operiert werden, da zu d i e s e m Z e i t p u n k t die W a h r s c h e i n l i c h k e i t des S p o n t a n verschlusses gering geworden ist u n d hinsichtlich Operationsrisiko u n d Leb e n s q u a l i t ä t n a c h d e m Eingriff die C h a n c e n f ü r eine „chirurgische H e i l u n g " gut sind. Mittelgroße Defekte m i t P A - D r ü c k e n von 4 0 - 5 0 m m Hg u n d Q p / Q s - R e l a t i o n u m 3 k ö n n e n , in Erwartung eines eventuellen Spontanver-
355
Herz- und herznahe Gefäße schlusses, gefahrlos bis zum 5. Lebensjahr beobachtet werden. Bei Ausbleiben des Spontanverschlusses Korrektur im Vorschulalter. Operatives Vorgehen: Der Defekt wird durch direkte Naht oder mittels Kunststoffflicken verschlossen. Meist gelingt dies nach Eröffnung des rechten Vorhofs transtricuspidal; lediglich supracristale, subpulmonale Defekte sind nur transventrikulär, d. h. nach Eröffnung des rechten Ventrikels zugänglich. Perimembranöse Defekte und Defekte von AV-Kanal-Typ liegen in enger Beziehung zum His-Bündel; daher sind postoperative AV-Blockierungen möglich (Häufigkeit etwa 1,5 %). Mit einer Häufigkeit von 1 % - 2 % ist mit operationswürdigen Rest- bzw. Rezidivdefekten zu rechnen. Das Operationssterblichkeitsrisiko für den unkomplizierten VSD-Verschluß liegt zwischen 1 % und 4 %; die Häufigkeit von Spättodesfällen hängt wesentlich von den präoperativen pulmonalen Widerstandsverhältnissen ab (2,5 %-25 %). Die Wahrscheinlichkeit, bei großem VSD eine echte chirurgische Heilung zu erzielen (Überleben der OP u m mindestens 5 Jahre; PAMitteldruck unter 25 mmHg), ist für die Patienten am größten, welche innerhalb der ersten 2 Lebensjahre operiert werden.
Operatives Vorgehen Eröffnung des rechten Vorhofes (in besonderen Fällen des rechten Ventrikels), Verschluß des Defektes durch direkte Naht oder Kunststoffflicken. Cave: postoperative AV-Blockierungen. Postoperative Rest- oder Rezidivdefekte möglich.
Operationssterblichkeit: 1-4%.
Als Palliativmaßnahme bei großem VSD wurde früher häufiger die Bändelungsoperation der Pulmonalarterie (PA) durchgeführt (Reduktion des Pulmonalisdruckes auf 50 % des systemischen Druckes durch Einengung des PA-Stammes); mit dieser Maßnahme (Reduktion des L-R-Shunts, Schutz der Lungenstrombahn vor hohen Druck- und Flußbelastungen) gelang es vielfach, die Korrekturoperation auf ein späteres Alter zu verschieben. 2.2.4.5 Kompletter AV-Kanal (Totaler AV-Kanal, Ostium atrioventricularis communis, persistierender AV-Kanal, „Atrioventricular septal defect with common AV orifice") Pathophysiologic: Der komplette AV-Kanal gehört zusammen mit dem partiellen AV-Kanal (ASDI) zu den Endokardkissendefekten, er ist relativ selten. Etwa 80 % der betroffenen Kinder sind Morbus Down (Trisomie 2 ^ - P a tienten.
5. Kompletter AV-Kanal Seltener Defekt. Kombinationsanomalie bestehend aus ASD I und AV-Kanaltyp VSD sowie großer gemeinsamer AV-Klappe.
Es handelt sich u m eine „Kombinations-Anomalie", bestehend aus ASDI und AV-Kanal-Typ VSD (beide Defekte konfluieren) sowie einer großen, gemeinsamen AV-Klappe (common AV valve). Diese gemeinsame AV-Klappe hat eine Mitral- und Tricuspidalkomponente; die Ausdifferenzierung zweier, voneinander getrennter AV-Klappen ist je-
Probleme bereits im Säuglingsalter durch progrediente Linksherzinsuffizienz sowie respiratorische Probleme. Todesfälle nach dem 5. Lebensjahr durch Eisenmenger-Reaktion (die sich bei AV-Kanal früher einstellt). Ohne chirurgische Therapie schlechte Prognose (Abb. 22-34).
Überlebensraten (%) Abb. 22-34 Natürlicher Verlauf für Patienten mit komplettem AV-Kanal ohne operative Therapie: 54 % überleben bis zum 6. Lebensmonat, 35 % bis zum 12. Monat, 15 % bis zum 2. und 4 % bis zum 5.Geburtstag (nach Berger et al.: Ann. Thor. Surg. 106, 104 (1979))
12
24
Lebensalter (Monate)
356
XXII. Thoraxchirurgie doch ausgeblieben. In Abhängigkeit von der Anordnung der AV-Klappen-Segel und ihrer Verbindung zum First des Ventrikelseptums bzw. den Papillarmuskeln unterscheidet man die Typen Α, Β und C. Hinsichtlich Pathophysiologie, Hämodynamik und Klinik bestehen viele Ähnlichkeiten und Parallelen zum großen, druckangleichenden VSD; erschwerend kommt die ASD I-Komponente hinzu; weiterhin besteht bei etwa 65 % der Patienten eine AV-Klappen-Insuffizienz. Ein Teil der Kinder ist bereits im Säuglingsalter durch eine shuntbedingte progrediente Linksherzinsuffizienz und rezidivierende respiratorische Probleme bedroht. Todesfälle nach dem 5. Lebensjahr sind in der Regel Folge einer Eisenmenger-Reaktion, die sich beim kompletten AV-Kanal früher einstellt als beim druckangleichenden VSD. In diesem Sinn haben AV-Kanal-Patienten ohne chirurgische Therapie eine schlechte Prognose (Abb. 22-34).
Operationsindikation: bei komplettem AV-Kanal sofortige Korrektur, wenn lebensbedrohliche Symptome, in anderen Fällen elektiv bei ca. 14. Lebensmonat.
Indikation und Vorgehen: Patienten mit komplettem AV-Kanal sollten primär korrigiert werden, wann immer lebensbedrohliche Symptome auftreten; dies kann in den ersten Lebensmonaten der Fall sein. Für Kinder ohne wesentliche Zeichen von Herzinsuffizienz und normalen pulmonalen Widerstandswerten besteht die Möglichkeit, den Eingriff elektiv um den 14. Lebensmonat herum durchzuführen; in diesem Alter sind hinsichtlich Letalität und Morbidität die besten Voraussetzungen für ein optimales Operationsergebnis gegeben.
Operationstechnik: Eröffnung des Herzens durch Atriotomie —> Verschluß des Defektes durch großen Kunststoffflicken. Aus vorhandenem Segelmaterial der AV-Klappe —» Herstellung zweier getrennter AV-Klappen.
Das Herz wird durch eine rechtsseitige Atriotomie eröffnet und der kombinierte Vorhof-Kammer-Septumdefekt durch einen großen Kunststoffflicken verschlossen. ASD- und VSD-Komponente können auch in der „double patch technique" durch zwei getrennte Flicken verschlossen werden. Aus dem vorhandenen Segelmaterial der gemeinsamen AV-Klappe werden zwei voneinander getrennte AV-Klappen geschaffen.
Operationssterblichkeit zwischen 5 und 50%. 5 Jahresüberlebensquote bei 90%. Palliativ: Banding der Pulmonalarterie.
6. Totale Lungenvenenfehlmündung (TAPVC) Fehlbildung durch Einmündung der gemeinsamen Lungenvene nicht in den linken Vorhof. Folge: Blut gelangt in das Hohlvenensystem bzw. in den rechten Vorhof —»: der systemische Kreislauf erhält arteriovenöses Mischblut.
Man unterscheidet: - suprakardialen, - kardialen, - infrakardialen Typ und - Kombinationstypen.
Die Häufigkeit postoperativer AV-Klappen-Insuffizienzen variiert (5 % - 6 0 %). Das Vorkommen postoperativer AV-Blockierungen ist ähnlich selten wie nach VSD-Verschluß. Das Operationssterblichkeitsrisiko liegt altersabhängig zwischen 5 und 50 %. Bei den Patienten, welche den Korrektureingriff überstanden haben, liegt die 5-Jahres-Überlebensquote bei 90 %. Ähnlich wie bei Patienten mit großem, druckangleichendem VSD kann auch beim kompletten AV-Kanal als Palliativmaßnahme ein Banding der Pulmonalarterie durchgeführt werden. Aus der Analyse der Ergebnisse zweizeitig und primär korrigierter Patienten ergibt sich jedoch, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit der primären Palliation und nachfolgenden Korrektur kein höheres Maß an Sicherheit erreicht werden kann.
2.2.4.6 Totale Lungenvenenfehlmündung (TAPVC) Pathophysiologie, Klinik: Normalerweise wird das arterialisierte Lungenvenenblut dem linken Vorhof zugeleitet, wobei sich zumeist vorher rechte und linke Lungenvenen hinter dem Herzen zu einem gemeinsamen pulmonalvenösen Stamm vereinigen. Wenn diese gemeinsame Lungenvene als Hemmungsfehlbildung nicht in den linken Vorhof inkorporiert wird, resultiert daraus eine totale Lungenvenenfehlmündung; das Blut wird dem Hohlvenensystem bzw. dem rechten Vorhof zugeleitet; durch einen ASD erhält der systemische Kreislauf arteriovenöses Mischblut. Man unterscheidet einen: - suprakardialen Typ (Mündung der gemeinsamen Lungenvene in die rechte V. cava, eine links persistierende V. cava oder die V. azygos; 50 %), - kardialen Typ (Mündung der gemeinsamen Lungenvene in den Sinus coronarius bzw. direkt in den rechten Vorhof; 25 %), - infrakardialen Typ (die gemeinsame Lungenvene ist über eine das Zwerchfell passierende Vene mit dem Pfortadersystem verbunden; 25 %) und - Kombinationstypen (5 %).
357
Herz- und herznahe Gefäße Bei 6 0 - 7 5 % der Patienten findet sich zusätzlich eine Obstruktion im Bereich der atypischen Konnektionsstelle zwischen Lungenvene und großem Kreislauf. Hämodynamik und klinisches Bild hängen ganz wesentlich vom Grad der Stenosierung des pulmonalvenösen Abflusses ab. Patienten mit hochgradiger Obstruktion entwickeln einen staubedingten pulmonalen Hypertonus und haben eine deutlich verminderte Lungenperfusion. Mit den klinischen Zeichen von Zyanose, Tachypnoe, Lungenödem kommen sie bereits im Säuglingsalter in eine bedrohliche Situation. Ohne chirurgische Behandlung liegt ihre Lebenserwartung selten über 2 - 3 Wochen. Andererseits erreichen Kinder ohne pulmonalvenöse Abflußbehinderung bei normalen PA-Drücken und vermehrter Lungendurchblutung 0 2 -Sättigungen von 80 % - 9 0 % im systemischen Kreislauf, und die Prognose ist relativ günBetrachtet man den natürlichen Verlauf des Gesamtspektrums der totalen Lungenvenenfehlmündung, so versterben etwa 80 % der betroffenen Patienten innerhalb des ersten Lebensjahres. Indikation und operatives Vorgehen: Patienten mit hochgradiger pulmonalvenöser Obstruktion müssen zumeist notfallmäßig in den ersten Lebenstagen und -wochen versorgt werden; auch bei Kindern mit mäßiger Obstruktion ist die Operation in Abhängigkeit vom klinischen Bild in der Regel im ersten Lebensjahr indiziert. Lediglich bei Patienten ohne pulmonalvenöse Abflußbehinderung und ohne pulmonale Hypertension (10 % - 2 0 %) kann der Eingriff ins Vorschulalter verlegt werden. Bei Patienten mit zu kleinem ASD, der einen adäquaten Übertritt arterio-venösen Mischblutes auf die systemische Seite behindert, kann als Palliativmaßnahme eine Ballon-Atrioseptostomie nach Rashkind durchgeführt werden. Vorzuziehen sind jedoch Korrektureingriffe: unter den Bedingungen der EKZ wird die gemeinsame Lungenvene durch Direktanastomose (supra- und infrakardiale Typen) oder intraatriale Blutumleitung mittels eines Perikardflickens (kardiale Typen) mit dem linken Vorhof verbunden. Eine eventuelle atypische Verbindungsvene zum Hohlvenensystem wird ligiert. Die Operationsletalität ist vom OP-Alter und präoperativen Zustand des Patienten abhängig und schwankt zwischen 30 % und 50 % bei Notfalleingriffen im Säuglingsalter und 2 - 5 % bei Elektivoperationen im Vorschulalter. Spätpostoperative Komplikationen und Todesfälle sind selten.
2.2.4.7 Truncus arteriosus communis (TAC) Pathophysiologic: Erstbeschreibung: Buchmann 1864; Erstkorrektur: McGoon et al., Weldon et al. 1968. Bei dieser Anomalie entspringt nur ein großes arterielles Gefäß aus dem Herzen (Truncus arteriosus communis). Unmittelbar unterhalb der Klappe dieses Truncus (Truncusklappe) befindet sich ein großer VSD, über welchen beide Ventrikel ihr Blut in den Truncus pumpen. Aus dem Truncus entspringen Koronararterien, Pulmonalarterie(n) und aszendierende Aorta (Abb. 22-35) rechte und linke Pulmonalarterie können über einen gemeinsamen Stamm (Typl, 73%) oder getrennt (Typ II; 27%) aus dem Truncus abgehen (Anlehnung an die Klassifikation nach Collen und Edwards 1949). Sofern die Pulmonalarterie(n) nicht im Abgangsbereich aus dem Truncus stenosiert sind, steht die Lungenstrombahn unter systemischem Druck mit Überflutung des Lungenstrombettes. Zusätzlich besteht eine Truncusklappeninsuffizienz (55 %). Dies zusammen führt bei den meisten Kindern zum progressiven Herzversagen im Säuglingsalter. Dementsprechend ist der natürliche Verlauf der Erkrankung durch eine deutlich reduzierte Lebenserwar-
Klinisches Bild bei hochgradiger Obstruktion: - pulmonaler Hypertonus - verminderte Lungenperfusion, - Zyanose, - Tachypnoe, - Lungenödem. Ohne chirurgische Behandlung Lebenserwartung 2 - 3 Wochen.
Bei natürlichem Verlauf versterben 80 % innerhalb des ersten Lebensjahres. Indikation zur Operation Bei hochgradiger pulmonalvenöser Obstruktion: Notfalloperation in den ersten Lebenstagen. Bei mäßiger Obstruktion Operation im 1. Lebensjahr. Wenn pulmonalvenöse Abflußbehinderung fehlt: Operation im Vorschulalter.
Operatives Vorgehen: Verbindung der gemeinsamen Lungenvenen durch Direktanastomose oder intraatriale Blutumleitung mit dem linken Vorhof. Operationsletalität: bei Notfalleingriffen 30-50%, bei Elektivoperationen 2 - 5 % .
7. Truncus arteriosus communis (TAC) Nur ein großes arterielles Gefäß entspringt aus dem Herzen. Unterhalb der Truncusklappe befindet sich großer VSD. Über diesen pumpen beide Ventrikel ihr Blut in den Truncus. Aus Truncus entspringen Koronararterien, Pulmonalarterie und Aorta (Abb. 22-35). Häufig: Truncusklappeninsuffizienz. Folge: Lungenstrombahn steht unter systemischem Druck, Lungenstrombett wird überflutet, Volumenüberlastung des linken Ventrikels. Ferner: Truncusklappeninsuffizienz —» Herzversagen im Säuglingsalter. Später Gefahr einer Eisenmenger-Reaktion.
358
XXII. Thoraxchirurgie Abb. 22-35 Morphologische Charakteristika des Truncus arteriosus communis. Der Truncus entspringt, über einem V S D reitend, als einziges arterielles Gefäß aus dem Herzen und gibt Koronararterien, Pulmonalarterien und Aorta ascendens ab. RA rechter Vorhof RV rechter Ventrikel LV linker Ventrikel V S D Ventrikelseptumdefekt Tr. Truncus arteriosus communis PA Pulmonalarterie Ao Aorta
Operationsindikation: progrediente Herzinsuffizienz und zunehmende pulmonale Widerstandserhöhung. Behandlung im ersten Lebensjahr. Palliativ Banding des PA-Stammes bzw. der rechten und linken PA. Operatives Vorgehen: Ablösung der rechten und linken PA vom PA-Stamm —» über klappentragende Gefäßprothese mit dem rechten Ventrikel verbinden -^>VSD mit Patch verschließen (Abb. 22-36). Operationsletalität: für Säuglinge 11 %, für Kinder über 4 Jahre: 9 %, bei 6 % der Patienten Indikation zur Reoperation, innerhalb der ersten 5 postop. Jahre.
tung g e k e n n z e i c h n e t ; n u r 36% der K i n d e r werden 6 M o n a t e alt; n u r 2 2 % ü b e r l e b e n das erste L e b e n s j a h r . In einer großen Autopsieserie war das mittlere Todesalter 5 W o c h e n . Später G e f a h r einer E i s e n m e n g e r - R e a k t i o n . Indikation und operatives Vorgehen: Bei etwa 80 % der T A C - P a t i e n t e n bedarf es chirurgischer B e h a n d l u n g s m a ß n a h m e n im ersten Lebensjahr; progred i e n t e Herzinsuffizienz u n d z u n e h m e n d e Widerstandserhöhung sind die wesentlichsten I n d i k a t i o n e n . Als palliative Maßnahme B a n d i n g des P A - S t a m m e s bzw. der r e c h t e n u n d linken PA m i t einer Operationsletalität von ü b e r 50 %. Die Prognose des n a t ü r l i c h e n Verlaufs wird nicht wesentlich verbessert. Bei der K o r r e k t u r o p e r a t i o n wird der P A - S t a m m bzw. werden rechte u n d linke PA vom T r u n c u s abgelöst u n d ü b e r eine k l a p p e n t r a g e n d e G e f ä ß p r o these m i t d e m r e c h t e n Ventrikel v e r b u n d e n ; der V S D wird m i t e i n e m P a t c h verschlossen (Abb. 22-36). L e t a l i t ä t s - Q u o t e n von 9 % f ü r K i n d e r jenseits des 4. L e b e n s j a h r e s u n d 11% f ü r Säuglinge in d e n ersten 6 L e b e n s m o n a t e n . N a c h d e m Korrektureingriff ü b e r l e b e n 95 % der P a t i e n t e n 1 Jahr, 83 % 5 J a h r e u n d 75% 10 Jahre; das Langzeitergebnis ist bei 5 0 - 7 0 % der Patienten gut. Allerdings stellt sich i n n e r h a l b der ersten 5 postoperativen J a h r e bei etwa 6 % der P a t i e n t e n die I n d i k a t i o n zur R e o p e r a t i o n , da m i t w a c h s e n d e m O r g a n i s m u s die p r i m ä r i m p l a n t i e r t e G e f ä ß p r o t h e s e zu klein u n d im S i n n e einer S t e n o s i e r u n g des rechtsventrikulären A u s s t r o m s wirksam wird.
re.PA;> Abb. 22-36 Korrekturoperation des Truncus arteriosus communis: Ablösung der Pulmonalarterie aus dem Truncus; die Pulmonalarterien werden mit dem rechten Ventrikel (RV) über eine klappentragende Gefäßprothese (P) verbunden; der V S D wird mittels Patch verschlossen. Zyanotische Herzfehler
2.2.5 Zyanotische Herzfehler
1. Fallot-Tetralogie häufigste angeborene Herzfehlbildung, ist charakterisiert durch: 1. Pulmonalstenose 2. subaortalen Ventrikelseptumdefekt, 3. Dextroposition des Aortenostiums, 4. rechtsventrikuläre Hypertrophie. Folge: Vermischung des rechtsventrikulären venösen Blutes mit dem arteriellen Blut über die interventrikuläre Kommunikation. Dadurch: Patient zyanotisch. Zyanose ist Leitsymptom.
2.2.5.1 Fallot-Tetralogie (Pulmonalstenose mit Ventrikelseptumdefekt) Pathophysiologic, Klinik: Die Fallot-Tetralogie zählt zu d e n häufigsten g e b o r e n e n H e r z f e h l b i l d u n g e n (etwa 10% aller k o n g e n i t a l e n Vitien). E r s t b e s c h r e i b u n g e n : Stensen 1672, H u n t e r 1784, Fallot 1888. Die A n o m a l i e ist d u r c h die K o m b i n a t i o n :
an-
1. P u l m o n a l s t e n o s e ( i n f u n d i b u l ä r , valvulär u n d / o d e r supravalvulär), 2. subaortaler V e n t r i k e l s e p t u m d e f e k t , 3. D e x t r o p o s i t i o n („Überreiten") des A o r t e n o s t i u m s u n d 4. rechtsventrikuläre H y p e r t r o p h i e charakterisiert. W e g e n des h o h e n A u s s t r o m w i d e r s t a n d e s zwischen r e c h t e m Ventrikel u n d P u l m o n a l a r t e r i e gelangt ein Teil des venösen Blutes ü b e r die interventriku-
Herz- und herznahe Gefäße
359
läre K o m m u n i k a t i o n direkt in die Aorta, wo es sich m i t d e m linksventrikulären, arterialisierten Blut vermischt. D u r c h diesen R e c h t s - L i n k s - S h u n t u n d die p u l m o n a l e M i n d e r p e r f u s i o n k ö n n e n die Patienten zyanotisch sein. In Abhängigkeit v o m Schweregrad der P u l m o n a l s t e n o s e ist die u n t e r s c h i e d l i c h ausgeprägte Z y a n o s e klinisches L e i t s y m p t o m . Solange allerdings ein n o c h o f f e n e r D u c t u s Botalli der L u n g e n s t r o m b a h n zusätzliches Blut z u f ü h r t ( L i n k s - R e c h t s - S h u n t ) k ö n n e n a u c h bei hochgradiger P u l m o n a l s t e n o s e oder P u l m o n a l a t r e s i e Z y a n o s e u n d D y s p n o e fehlen. In schweren Fällen k a n n es, i n s b e s o n d e r e bei physischer Belastung, zu hypox&mischen Anfällen mit Bewußtlosigkeit u n d Krämpfen k o m m e n .
In schweren Fällen und bei psychischer Belastung: hypoxämische Anfälle, Bewußtlosigkeit, Krämpfe.
Wichtige diagnostische Hinweise sind n e b e n d e n g e n a n n t e n S y m p t o m e n : - T r o m m e l s c h l e g e l f i n g e r u n d -zehen, - Uhrglasnägel u n d - eine v e r m i n d e r t e L u n g e n g e f ä ß z e i c h n u n g im N a t i v - R ö n t g e n b i l d . H ä u f i g i m p o n i e r t im R ö n t g e n b i l d eine sog. „ H o l z s c h u h h e r z - K o n f i g u r a t i o n " . Die definitive Diagnose mit g e n a u e r Darstellung der a n a t o m i s c h e n Verhältnisse erfolgt d u r c h die Angiokardiographie. Der „natürliche V e r l a u f " der E r k r a n k u n g ist, w i e d e r u m in Abhängigkeit von der Schwere der P u l m o n a l s t e n o s e , d u r c h eine deutlich v e r m i n d e r t e Lebenserwartung g e k e n n z e i c h n e t (Abb. 22-37): n u r der P a t i e n t e n erreicht das 10. Lebensjahr, n u r 5 % das 30. Lebensjahr. T o d e s u r s a c h e n sind: zerebrale u n d a b d o m i n e l l e T h r o m b o s e n , Hirnabszesse, bakterielle E n d o k a r d i t i d e n bei H e r z i n s u f f i z i e n z u n d d u r c h c h r o n i s c h e Hypoxie g e s c h ä d i g t e m Organismus.
Diagnostische Hinweise Trommelschlegelfinger und -zehen, Uhrglasnägel, Röntgenbild: verminderte Lungengefäßzeichnung, Holzschuhherz-Konfiguration. Definitive Diagnose: Angiokardiographie.
Indikation und operatives Vorgehen: H a u p t i n d i k a t i o n für chirurgische M a ß n a h m e n sind schwere Zyanose mit progredienter Hypoxie u n d hypoxä m i s c h e n A n f ä l l e n . Das Prinzip palliativer O p e r a t i o n e n (ohne H L M ) b e r u h t darauf, die v e r m i n d e r t e p u l m o n a l e P e r f u s i o n zu verbessern bzw. e i n e n Teil des 0 2 - u n t e r s ä t t i g t e n arteriellen Blutes n a c h d e m „Ductus-Botalli-Prinzip" der L u n g e n z i r k u l a t i o n z u z u l e i t e n . Die g e b r ä u c h l i c h s t e n V e r f a h r e n sind die Blalock-Taussig-Operation u n d die W a t e r s t o n - O p e r a t i o n . Korrigierende M a ß n a h m e n erfordern d e n V e r s c h l u ß des V e n t r i k e l s e p t u m defektes mittels eines Kunststoffflickens u n d die Beseitigung des rechtsventrikulären A u s s t r o m h i n d e r n i s s e s (Ausschälung i n f u n d i b u l ä r e r M u s k u l a t u r ,
Operationsindikation: schwere Zyanose mit progredienter Hypoxie und hypoxämischen Anfällen.
100
Überlebensraten (%)
80 70 60 50 40 30
10
F r nrt. Puh'rn. Atr(es/e 1 2 3 4 Lebensalter (Jahre)
Operatives Vorgehen: Verschluß des Ventrikelseptumdefektes mit Kunststoffflicken, Beseitigung des rechtsventrikulären Ausstromhindernisses. Palliativ: Verbesserung der verminderten pulmonalen Perfusion durch arteriopulmonalen Shunt.
90
20
Bei natürlichem Verlauf: verminderte Lebenserwartung, nur Yi der Patienten erreicht 10. Lebensjahr.
10
Abb.22-37 Natürlicher Verlauf der Fallot-Tetralogie (FT) (Krankheitsverlauf ohne chirurgische Therapie) bis zum 10. Lebensjahr (nach Bertranou et al.: Am. J.Cardiol. 42, 458(1978))
360
Operationsletalität: palliative Eingriffe zwischen 2,5 und 6 c Korrektureingriffe zwischen 2 und 17°/i Operationserfolg bei 85%. Rezidive sind möglich.
Operatives Vorgehen nach folgenden Faustregeln:
XXII. Thoraxchirurgie Kommissurotomie der Pulmonalklappe, Patcherweiterung des gesamten Ausstromtraktes bis zur PA-Aufzweigung, Plazierung einer klappentragenden Gefäßprothese zwischen rechtem Ventrikel und Pulmonalarterie). Gegenwärtig liegt das Operationssterblichkeitsrisiko f ü r Palliativeingriffe in Abhängigkeit vom Operationsalter zwischen 2,5 % u n d 6 % und f ü r Korrektureingriffe zwischen 2 % und 17 %. Der natürliche Verlauf der Fallot-Erkrankung wird durch Operation deutlich positiv beeinflußt. Etwa 85 % gute Resultate. Bei 5 - 1 0 % der Patienten findet m a n unbefriedigende Ergebnisse, häufig auf der Grundlage eines Rezidiv-VSDs (Patch-Ausriß) bzw. einer Residual· oder Rezidiv-Pulmonalstenose (evtl. Re-Operation). Aufgrund der in den letzten 30 Jahren gestellten Erfahrungen können folgende Faustregeln aufgestellt werden:
1. Symptomatische Patienten (schwere Zyanose, hypoxämische Anfälle) sollten in j e d e m Alter operiert werden. 2. Bei Säuglingen und Kleinkindern (bis z u m 2. Lebensjahr) mit ungünstigen anatomischen Verhältnissen (ζ. B. hypoplastische Pulmonalarterien, Pulmonalatresie) sind palliative M a ß n a h m e n angezeigt; 1 - 3 Jahre nach der Palliation ist die Korrektur zu planen. 3. Säuglinge mit günstiger A n a t o m i e des rechtsventrikulären Ausstroms (ζ. B. rein valvuläre Pulmonalstenose) können primär korrigiert werden. 4. Patienten ohne oder mit nur wenig Symptomen sollten elektiv nach dem 4. Lebensjahr primär korrigiert werden.
Auch bei Patienten, die relativ symptomfrei das Erwachsenenalter erreicht haben, ist eine „Spät-Korrektur" angezeigt, denn auch in dieser als prognostisch günstiger einzuschätzenden Gruppe beträgt das Letalitätsrisiko etwa 8 % pro Jahr. 2. Transposition der großen Arterien (TGA): Aorta entspringt aus dem rechten Ventrikel, Pulmonalarterie aus dem linken Ventrikel. In seitlicher Projektion steht Aorta meist anterior der PA: Konnektionsanomalie (ventrikulo-arterielle Diskordanz). Überleben nur durch zusätzlichen Defekt möglich ζ. B. großen ASD wodurch Kommunikation zwischen beiden Kreisläufen besteht.
Klinisches Leitsymptom: Zyanose des Neugeborenen. Falls keine Kommunikation: schwere Hypoxie und Azidose —» lebensbedrohliche Situation. In anderen Fällen weniger stark zyanotisch: Entwicklung von Herzinsuffizienz und Eisenmenger-Reaktion.
Bei natürlichem Verlauf Sterblichkeit von 90% innerhalb des 1. Lebensjahres.
2.2.5.2 Transposition der großen Arterien (TGA) Pathophysiologic, Klinik: Erstbeschreibung: Baillie 1897. Es handelt sich u m eine Anomalie, bei der die Aorta aus dem rechten, die Pulmonalarterie (PA) aus d e m linken Ventrikel entspringt. In der seitlichen Projektion steht im Gegensatz z u m N o r m a l b e f u n d die Aorta meist anterior der PA. Diese Konnektionsanomalie (ventrikulo-arterielle Diskordanz) bedingt eine Parallelschaltung von Körper- und Lungenkreislauf. Ein Überleben der Patienten ist n u r möglich, wenn durch einen zusätzlichen Defekt, vorzugsweise einen großen ASD, eine K o m m u n i k a t i o n zwischen beiden Kreisläufen besteht. Transpositionen mit intaktem interventrikulärem Septum bezeichnet m a n als einfache (simple) TGA; die komplexe T G A mit VSD oder VSD + Pulmonalstenose wird mit einer Häufigkeit von 30 % bis 40 % beobachtet. Klinisches Leitsymptom ist die in der Neugeborenenperiode auffallende Zyanose. Kinder ohne ausreichende K o m m u n i k a t i o n zwischen Körper- u n d Lungenkreislauf geraten meist in den ersten Lebenstagen unter den Zeichen einer schweren Hypoxie und Azidose in eine bedrohliche Situation; auch durch 0 2 - B e a t m u n g ist diese Hypoxie nicht zu beeinflussen. Patienten mit T G A und großem VSD sind in der Regel weniger stark zyanotisch; sie können j e d o c h in den ersten Lebenswochen eine shuntbedingte zun e h m e n d e Herzinsuffizienz und längerfristig eine Eisenmenger-Reaktion entwickeln. Das klinische Bild von Patienten mit TGA, VSD u n d Pulmonalstenose ähneln d e m der Fallot-Tetralogie. Der natürliche Verlauf der Erkrankung ist durch eine Sterblichkeitsquote von 90 % innerhalb des ersten Lebensjahres gekennzeichnet; bei 4 0 - 6 0 % der
Herz- und herznahe Gefäße Patienten ist ohne chirurgische Therapie bzw. Ballon-Atrioseptostomie mit dem Tod innerhalb des ersten Lebensmonats zu rechnen. Indikation und therapeutisches Vorgehen: Bei allen Patienten ohne ausreichende Kommunikation zwischen Pulmonal- und Systemkreislauf wird während der ersten Herzkatheteruntersuchung eine Ballon-Atrioseptostomie vorgenommen. Dadurch entsteht ein großer artifizieller ASD, wegen der verbesserten Durchmischverhältnisse steigt die arterielle 0 2 -Sättigung, und die Ein-Jahres-Letalität des natürlichen Verlaufs kann auf etwa 40 % gesenkt werden. In etwa 25 % der Fälle ist dies ohne Effekt; 50 % der Patienten mit primär gutem Ergebnis der Ballon-Atrioseptostomie entwickeln innerhalb von 6 Monaten erneut Zyanose und Hypoxie. Palliativoperationen: Das Ziel palliativer Maßnahmen ist es, bei Patienten ohne ausreichende Kommunikation zwischen großem und kleinem Kreislauf die Durchmischung von arteriellem und venösem Blut zu verbessern. Dies wird nach unbefriedigendem Ergebnis einer Ballon-Atrioseptostomie im allgemeinen durch die Atrioseptektomie nach Blalock und Hanion erreicht (OPLetalität etwa 10 %). Patienten mit TGA und großem VSD können bei progredienter Herzinsuffizienz und zunehmender pulmonaler Widerstandserhöhung palliativ durch ein Banding der PA versorgt werden. Zur Verbesserung der Lungenperfusion bei hochgradiger Pulmonalstenose kann ein palliativer Shunt (ζ. B. nach Blalock und Taussig) angelegt werden (OP-Letalität 2 - 7 %). Korrigierende Maßnahmen: Sämtliche Korrekturoperationen verfolgen das Ziel, das systemischvenöse Blut dem Pulmonalkreislauf, das pulmonalvenöse Blut dem Körperkreislauf zuzuleiten. Dieses kann durch Umdirigieren der venösen Blutströme erfolgen, aber auch durch direkte Korrektur der atypischen ventrikulo-arteriellen Konnektionen. Das erstere Prinzip wird durch die „Vorhof-Umkehr-Operationen" nach Senning und Mustard realisiert; nach Exzision des Vorhofseptums wird das Hohlvenenblut durch die Mitralklappe in den linken Ventrikel und die transponierte PA geleitet, das Lungenvenenblut durch die Tricuspidalklappe und den rechten Ventrikel in die transponierte Aorta. Bei der Korrektur der atypischen ventrikulo-arteriellen Konnektionen werden Aorta und Pulmonalarterie oberhalb der Semilunarklappen von ihren verkehrten Ursprüngen abgetrennt und mit den ihnen zugehörigen Ventrikeln anastomosiert („anatomische Korrektur", „arterial switch operation"), wobei allerdings die Koronararterien mit transplantiert werden müssen. Bei der Kombination TGA, VSD und Pulmonalstenose kann die Operation nach Rastelli durchgeführt werden (Verschluß der VSD, wobei durch den verwandten Patch das linksventrikuläre Blut in die Aorta geleitet wird; das rechtsventrikuläre Blut wird über eine klappentragende Gefäßprothese der Pulmonalarterie jenseits der Stenosierung zugeleitet). Mit zunehmend besseren Resultaten der Korrekturoperationen, auch im Kleinkindesalter, sind Palliativmaßnahmen stark in den Hintergrund getreDie größten Erfahrungen liegen weltweit mit Vorhof-Umkehr-Operationen vor. Das Operationssterblichkeitsrisiko für die einfache TGA liegt zwischen 2 % und 8 % für die komplexe TGA (+ VSD) zwischen 20 % und 29 %. Die Langzeitüberlebensquoten (10 Jahre postoperativ), operative Todesfälle eingerechnet, betragen etwa 90% bzw. 60%. 6 0 - 7 0 % dieser Überlebenden haben ein gutes Operationsergebnis; bei dem Rest der Patienten ist mit funktionellen Beeinträchtigungen (AV-Klappeninsuffizienz, Rechtsherzinsuffizienz, Rhythmusstörungen, Obstruktionen im Bereich der venösen Umleitungen) zu rechnen. In den letzten Jahren kommt zunehmend auch die „arterial switch operation" zur Anwendung. Die Operationsletalität konnte auf unter 10 % reduziert werden. Günstig für eine arterielle Korrektur sind Patienten mit TGA
361
Therapeutische Vorbehandlung: bei erster Herzkatheteruntersuchung —* Ballon-Atrioseptostomie —»artifizieller ASD —» Steigerung der arteriellen 0 2 -Sättigung.
Palliativ-Operation: Ziel: durch Mischung von arteriellem und venösem Blut verbessern durch Atrioseptektomie. Bei TGA und großem VSD: Banding der PA. Bei hochgradiger Pulmonalstenose: palliativer Shunt.
Operatives Vorgehen: Ziel: systemischvenöses Blut in den Pulmonalkreislauf, pulmonalvenöses Blut in den Körperkreislauf. Maßnahme: 1. Vorhof-Umkehr-Operation: Umdirigieren der venösen Blutströme: Exzision des Vorhofseptum —* Hohlvenenblut durch die Mitralklappe in den linken Ventrikel —» Einleitung der transponierten PA. Lungenvenenblut durch die Tricuspidalklappe und den rechten Ventrikel in die transponierte Aorta. 2. Korrektur der atypischen ventrikulo-arteriellen Konnektionen —* Aorta und Pulmonalarterie von ihren verkehrten Ursprüngen abtrennen —» mit ihren zugehörigen Ventrikeln anastomisieren. Bei kombinierten TGA. VSD und Pulmonalstenose: Verschluß der VSD —» linksventrikuläres Blut in Aorta leiten, rechtsventrikuläres Blut über klappentragende Gefäßprothese der Pulmonalarterie jenseits der Stenosierung zuleiten. Operationsletalität: für einfache TGA zwischen 2 und 8 %, für komplexe TGA zwischen 20 und 29 %. Langzeitüberlebensquote ca. 90%.
XXII. Thoraxchirurgie
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und großem VSD bzw. PDA, da hier der linke Ventrikel bereits präoperativ an die Druckbelastungen des systemischen Kreislaufs adaptiert ist. Ein lediglich an Pulmonalkreislaufbedingungen adaptierter linker Ventrikel bei einfacher TGA kann die mit der Switchoperation verbundene akute Mehrbelastung den Körperkreislauf versorgen zu müssen nicht tolerieren. Bei einfacher TGA" kann die „Switch-Operation" daher nur in den ersten Lebenstagen durchgeführt werden; in diesem Zeitraum befinden sich die Widerstandsverhältnisse im Lungen- und Körperkreislauf noch auf gleichem Niveau. 3. Ebstein-Anomalie Anomalie der Tricuspidalklappe, deren posteriores und septales Segel spiralförmig ventrikelwärts versetzt sind. Folge: ein Teil des rechten Ventrikels ist funktionell atrialisiert, dünnwandig und dilatiert, oftmals findet sich ASD II, Pumpeffizienz des rechten Herzens erheblich gestört, Druck im rechten Vorhof angehoben —» bei ASD: Rechts-Links-Shunt.
Patienten sind zyanotisch.
Mittlere Lebenserwartung 30 Jahre. Operatives Vorgehen: Verschluß des ASD —» Exklusion des ineffektiv pumpenden atrialisierenden Teils des rechten Ventrikels —» plastische Rekonstruktion der Tricuspidalklappe, prothetischer Klappenersatz.
Operationsletalität zwischen 10 und 30%. Gute Langzeitprognose bei Überlebenden. 4. Tricuspidalatresie (TA): fehlende Kommunikation zwischen rechtem Vorhof und rechtem Ventrikel. Zusätzlich: großer ASD, großer VSD. Rechter Ventrikel häufig hypoplastisch.
Folge: gesamtes Hohlvenenblut muß den ASD passieren —>systemischvenöses und pulmonalvenöses Blut vermischen sich im linken Vorhof —» Mischblut gelangt über Mitralklappe zu den Ventrikeln und großen Arterien. Leitsymptom: Zyanose, evtl. progrediente Linksinsuffizienz und Eisenmenger-Reaktion.
Therapeutische Vorbehandlung während der ersten Herzkatheteruntersuchung Ballon-Atrioseptostomie.
2.2.5.3 Ebstein-Anomalie Pathophysiologic, Klinik: Erstbeschreibung: W. Ebstein, 1866. Es handelt sich u m eine Anomalie der Tricuspidalklappe, deren posteriores und septales Segel spiralförmig ventrikelwärts versetzt sind. Dadurch wird ein proximaler Anteil des rechten Ventrikels funktionell „atrialisiert", dünnwandig und dilatiert. In 6 0 - 8 0 % der Fälle findet sich ein ASD II. Die Pumpeffizienz des rechten Herzens kann durch die Teilatrialisierung der rechten Kammer und Tricuspidalinsuffizienz erheblich gestört sein. Der Druck im rechten Vorhof ist in der Regel auf über 20 m m Hg angehoben, was bei Vorliegen eines ASD einen Rechts-Links-Shunt bedingt. Etwa 60% der Patienten sind von Geburt an zyanotisch; bei weiteren 15 % entwickelt sich eine Zyanose in den ersten 10 Lebensjahren mit Rechtsinsuffizienz. Die mittlere Lebenserwartung von Ebstein-Patienten beträgt etwa 30 Jahre. Ohne chirurgische Therapie versterben etwa 5 % im ersten Lebensjahr, 25 % während der ersten 10 Jahre. Bei den Überlebenden treten erhebliche klinische Beschwerden (NYHAIII/IV), häufig erst im 2. und 3. Lebensjahrzehnt auf. Die chirurgische Behandlung ist indiziert, wenn sich eine konservativ nicht mehr zu beherrschende Verschlechterung einstellt. Die Korrekturoperation umfaßt: Verschluß des ASD, Exklusion (Plikation) des ineffektiv pumpenden atrialisierten Teils des rechten Ventrikels, plastische Rekonstruktion der Tricuspidalklappe oder prothetischer Klappenersatz. Die Operationssterblichkeit liegt zwischen 10 und 30 %. Die überlebenden Patienten haben eine gute Langzeitprognose.
2.2.5.4 Tricuspidalatresie (TA) Pathophysiologie, Klinik: Bei der TA fehlt die Kommunikation zwischen rechtem Vorhof und rechtem Ventrikel. Zusätzlich finden sich immer ein großer ASD und ein meist großer VSD. Der rechte Ventrikel ist häufig hypoplastisch. Die großen Arterien entspringen regulär (ventriculo-arterielle Konkordanz; 70 %) (Typ I) oder transponiert (v.-a. Diskordanz; 30 %) (Typ II) aus den Ventrikeln. 8 5 - 9 0 % der Typ I- und etwa 35 % der Typ Ii-Patienten leiden an einer Minderdurchblutung der Lungenzirkulation (Pulmonalatresie, Hypoplasie des Pulmonalarterienstamms, restriktiver VSD). Bei dieser Anomalie muß das gesamte Hohlvenenblut den ASD passieren (bei zu kleinem ASD: Zeichen der Einflußstauung); systemischvenöses und pulmonalvenöses Blut vermischen sich im linken Vorhof; das Mischblut gelangt über die Mitralklappe zu den Ventrikeln und großen Arterien. Klinisches Leitsymptom ist die Zyanose. Patienten ohne Behinderung der Lungendurchblutung haben häufig nur eine milde Zyanose, können aber eine progrediente Linksinsuffizienz entwickeln und sind längerfristig durch eine Eisenmenger-Reaktion bedroht. Patienten mit sehr starker Überperfusion und hochgradig verminderter Durchblutung sterben meist in den ersten 3 Lebensmonaten. Indikation und therapeutisches Vorgehen: Bei Patienten mit zu kleinem ASD, der einen Übertritt des Hohlvenenblutes in den linken Vorhof behin-
363
Herz- und herznahe Gefäße dert, wird während der ersten Herzkatheteruntersuchung eine Ballon-Atrioseptostomie vorgenommen. Patienten mit pulmonaler Unterperfusion und Zeichen der Hypoxie werden mit einem systemisch-pulmonalarteriellen Shunt (Blalock-Taussig, Waterston, Prothese) versorgt (OP-Sterblichkeit altersabhängig etwa 30 %). Bei Patienten mit pulmonaler Überperfusion und Zeichen des progredienten Linksherzversagens Banding der Pulmonalarterie (OP-Sterblichkeit altersabhängig etwa 30 %). Patienten, welche eine palliative Shunt-Operation überleben, haben eine relativ gute Langzeitprognose. Ein einer Korrektur nahe kommender Eingriff ist die Fontan-Operation. Nach den augenblicklichen Kriterien kommen für dieses Vorgehen über 4 Jahre alte Kinder ohne pulmonale Widerstandserhöhung in Frage. Unter den Bedingungen der EKZ wird der ASD verschlossen und das rechtsatriale Blut über eine klappentragende Gefäßprothese direkt in den PA-Stamm geleitet. Das Operations-Letalitäts-Risiko beträgt 5 - 1 0 % , die Langzeit-Überlebensquoten (10 Jahre postoperativ) liegen bei 80 %. Die Lebensqualität ist gegenüber Palliativmaßnahmen verbessert.
2.2.5.5 Univentrikuläres Herz Pathophysiologic, Klinik: Bei univentrikulären Herzen öffnen sich beide AV-Klappen in eine große ventrikuläre Kammer (double inlet chamber), aus welcher Aorta und Pulmonalarterie entspringen. Wenn innerhalb dieser ventrikulären Kammer keine weitere „rudimentäre Kammer" abgeteilt ist, so spricht man von einem „common ventricle" (Häufigkeit etwa 25 %) (Abb. 22-38). In den meisten Fällen findet sich jedoch eine zusätzliche rudimentäre Kammer („Outlet Chamber"), die über ein „Outlet Foramen" mit Blut gefüllt wird und aus der eine große Arterie entspringt (Abb. 22-39).
Abb. 22-38 Univentrikuläres Herz mit „Common Ventricle"
Bei pulmonaler Unterperfusion und Zeichen der Hypoxie: systemisch-pulmonalarterieller Shunt. Bei pulmonaler Überperfusion und progredientem Linksherzversagen: Banding der Pulmonalarterie.
Operationsverfahren: Fontan-Operation, Verschluß des ASD —» rechtsatriales Blut über klappentragende Gefäßprothese in den PA-Stamm leiten. Operationsletalität: 5-10% Langszeitüberlebensquote: ca. 80%.
5. Univentrikuläres Herz Öffnung beider AV-Klappen in eine große ventrikuläre Kammer, aus der Aorta und Pulmonalarterie entspringen.
Abb. 22-39 Univentrikuläres Herz mit linksseitiger Outflow Chamber (OC), aus der die Aorta entspringt RA rechter Vorhof; LA linker Vorhof; PA Pulmonalarterie; Ao Aorta; O C Outflow Chamber; O F Outlet Foramen
Nach der Trabekelstruktur der Hauptkammer unterscheidet man univentrikuläre Herzen vom linksventrikulären Typ (ca. 70 %) und vom rechtsventrikulären Typ (ca. 5 %). In 60-70 % aller Fälle findet sich als Folge einer Obstruktion des pulmonalen Ausstroms eine deutlich verminderte Lungendurchblutung. Das klinische Bild ist vom Perfusionszustand der Lunge abhängig. Patienten ohne Pulmonalstenose können wie bei druckangleichendem VSD eine schwere progressive Herzinsuffizienz entwickeln und sind längerfristig von der Eisenmenger-Reaktion bedroht. In Fällen schwerer pulmonalarterieller Obstruktion haben die Patienten die klinischen Zeichen von Zyanose und Hypoxie. Kinder mit mäßiger Pulmonalstenose und normaler Lungendurch-
Man unterscheidet: univentrikuläre Herzen vom linksventrikulären Typ und vom rechtsventrikulären Typ.
Klinisches Bild: - ohne Pulmonalstenose: schwere progressive Herzinsuffizienz, Eisenmenger-Reaktion; - mit schweren pulmonalarteriellen Obstruktionen: Zyanose, Hypoxie;
364 - mit mäßiger Pulmonalstenose: unauffällig. Erreichbares Lebensalter 40-50 Jahre.
Indikation und chirurgische Behandlung: Therapie im Säuglingsalter. Bei pulmonaler Überperfusion, pulmonaler Hypertension und progressiver Herzinsuffizienz: palliative Bändelung der Pulmonalarterie. Bei pulmonaler Minderperfusion, Zyanose und Hypoxie: Shunt-Versorgung. Überlebende Patienten im Vorschulalter erneut katheterisieren. Wenn keine pulmonale Widerstandserhöhung: Operative Therapie: Implantation eines prothetischen Ventrikelseptums. Letalität: 25-50%. 6. Koronararterienanomalien Fistelbildungen und Ursprungsanomalien von Herzkranzarterien aus der Pulmonalarterie.
Häufigste Fehlbildung: Bland-White-GarlandSyndrom: Ursprung der linken Koronararterie aus dem Pulmonalarterienstamm. Meist weite Kollateralgefäße, über die Blutfluß aus RCA in LCA und Pulmonalarterie stattfindet. Folge: Zeichen der Ischämie im Bereich des linksventrikulären Myokards, Steal-Phänomen in den Niederdruckbereich der Pulmonalarterie —> Minderdurchblutung der LCAPeripherie.
Meist Herzinsuffizienz im Säuglingsalter.
Operative Therapie: Ligatur der LCA in ihrem Ursprungsbereich aus der Pulmonalarterie. Folge: Beseitigung des Steal-Phänomens, akute Verbesserung des Zustandes. Nachteil: Patient verbleibt mit „Ein-Gefäß-Koronariensystem."
XXII. Thoraxchirurgie blutung können klinisch relativ unauffällig sein und ohne chirurgische Therapie 4 0 - 5 0 Jahre alt werden. Etwa 50 % der Patienten versterben innerhalb des ersten Lebensmonats, 7 0 - 8 0 % innerhalb der ersten 6 Monate. Indikation und chirurgische Behandlung: Die meisten Patienten bedürfen chirurgischer Therapie im Säuglingsalter. Bei Kindern mit pulmonaler Uberperfusion, pulmonaler Hypertension u n d progressiver Herzinsuffizienz wird palliativ die Pulmonalarterie gebändelt (Sterblichkeitsrisiko 1 0 - 2 5 %). Patienten mit pulmonaler Minderperfusion, Zyanose und Hypoxie werden mit einem Shunt versorgt (Letalitätsrisiko 5-40%). Die überlebenden Patienten werden im Vorschulalter erneut katheteruntersucht. Sofern keine pulmonale Widerstandserhöhung vorliegt, kann als „Korrektur" eine Septationsoperation (Implantation eines prothetischen Ventrikelseptums) oder eine modifizierte Fontan-Operation (s.Abschnitt 2.2.5.4 Tricuspidalatresie) durchgeführt werden. Letalitätsrisiko 2 5 - 5 0 % .
2.2.5.6 Koronararterienanomalien Als angeborene Koronararterienanomalien von klinischer Relevanz werden - Fistelbildungen (ζ. B. rechte Koronararterie - rechter Vorhof; linke Koronararterie - rechter Ventrikel) und - Ursprungsanomalien von Herzkranzarterien aus der Pulmonalarterie beobachtet. Die häufigste dieser Fehlbildungen (52 %) ist das Bland-White-GarlandSyndrom: Ursprung der linken Koronararterie (LCA) aus dem Pulmonalarterienstamm. In der Regel bestehen multiple, weite Kollateralgefäße zwischen normal entspringender RCA und LCA. Über dieses Kollateralsystem besteht ein Blutfluß aus der RCA in die LCA u n d Pulmonalarterie (Links-RechtsShunt). Im allgemeinen entwickeln sich Zeichen der Ischämie im Bereich des linksventrikulären Myokards, die auf eine schlechte Kollateralisation zwischen beiden Koronararterien zurückgeführt werden; oder es kann sich bei guter Kollateralisation ein „Steal-Phänomen" in dem Niederdruckbereich der Pulmonalarterie entwickeln, was zu Minderdurchblutung der LCA-Peripherie führt. In der Regel besteht bereits im Säuglingsalter eine Herzinsuffizienz. Es sind auch Myokardinfarkte mit Ausbildung von Ventrikelaneurysmen beschrieben. Der Therapie der Wahl besteht in der Ligatur der LCA in ihrem Ursprungsbereich aus der Pulmonalarterie. Dies beseitigt das beschriebene Steal-Phänomen und führt zu einer akuten Verbesserung des Zustandes. Der Nachteil der alleinigen Ligaturoperation besteht darin, daß m a n den Patienten mit einem „Ein-Gefäß-Koronariensystem" beläßt, in dem die LCA nur über Kollateralen von rechts versorgt wird. Bei älteren Patienten oder bei unzureichender Kollateralisation wird daher zusätzlich zur Ligatur eine Revaskularisation (Venenbypass, Implantation einer A. subclavia, Implantation einer A. m a m m a r i a interna) der LCA durchgeführt. Alternativ dazu kann versucht werden, die fehlentspringende Koronararterie in die Aorta zu implantieren („Switch der linken Koronararterie").
Herzchirurgie im Erwachsenenalter
2.3 Herzchirurgie im Erwachsenenalter
vorwiegend die Behandlung erworbener Herzerkrankungen.
In sehr seltenen Fällen werden zwar angeborene Herzfehler erst im Erwachsenenalter operativ versorgt; ganz überwiegend handelt es sich bei der Herzchirurgie im Erwachsenenalter jedoch u m die Behandlung erworbener Erkrankungen.
365
Herz- und herznahe Gefäße 2.3.1 Herzklappenerkrankungen Erworbene Herzklappenfehler sind meist entzündlicher Natur. In etwa 90 % der Fälle ist eine Endokarditis im R a h m e n eines rheumatischen Fiebers als Ursache anzusehen (aufgrund besserer Endokarditisprophylaxe ist jedoch die Zahl der rheumatischen Klappenfehler seit Kriegsende rückläufig); 7 % entstehen subakut oder akut im Z u s a m m e n h a n g mit bakteriellen Endokarditiden; etwa % der Klappenvitien sind luetischer, arteriosklerotischer oder traumatischer Ätiologie. Die Häufigkeit erworbener Klappenfehler in der mitteleuropäischen Bevölkerung liegt zwischen 0,1 und 0,3 %. Dabei stehen bei den rheumatischen Vitien Mitralklappenfehler mit einer Häufigkeit von 4 5 - 6 0 % im Vordergrund (Mitralstenosen: 77%, Mitralinsuffizienzen: 23 %). Es folgen mit 2 5 - 4 0 % Doppelklappen- (Mitral/Aorten)-Fehler; isolierte Aortenvitien treten in 1 0 - 1 5 % der Fälle auf. Rheumatische Tricuspidal- und Pulmonalfehler sind selten. Bei den bakteriellen Klappenerkrankungen stehen mit jeweils 3 0 - 5 0 % Aortenklappen· u n d Aorten-Mitralklappenfehler im Vordergrund. Isolierte bakterielle Mitralfehler finden sich mit einer Häufigkeit von 5 - 1 5 %.
Herzklappenerkrankungen meist Endokarditis im Rahmen eines rheumatischen Fiebers, hierbei häufigste Erkrankung: -
Mitralklappenfehler, Doppelklappenfehler, isolierte Aortenvitien, Tricuspidalfehler, Ί Pulmonalfehler. I
.
selten
Bei bakteriellen Klappenerkrankungen: Aortenklappenfehler, Aorten-Mitralklappenfehler, isolierte bakterielle Mitralfehler.
2.3.1.1 Pathologie und Pathophysiologic Mitralstenose: Bei der Mitralstenose ist die Ventilfunktion in der diastolisch wirksamen Klappenöffnungsfläche gestört. Die normale Öffnungsfläche beträgt 4 - 6 cm 3 ; sie m u ß u m mindestens 50 % eingeschränkt sein, u m hämodynamisch und klinisch wirksame Konsequenzen zu haben. Verengungen unter 0,4 cm 2 sind nicht mit dem Leben zu vereinbaren. Bezüglich der pathomorphologischen Veränderungen liegen zumeist Schrumpfungen des Klappenapparates und Verklebungen der Segel im Kommissurenbereich vor, vielfach auch Kalkeinlagerungen. Häufig ist der Tensorapparat durch Schrumpfungen in den Krankheitsprozeß involviert, so daß die Klappe trichterförmig ventrikelwärts verzogen ist („subvalvuläres Stenoseelement"). Hämodynamisch findet sich eine Erschwerung des Bluteinstroms in den linken Ventrikel. Die Strömungsbarriere der Stenose wird durch einen Druckzuwachs im linken Vorhof überwunden, so daß während der Diastole ein Druckgradient zwischen linkem Vorhof u n d Ventrikel verbleibt. Bei schweren Stenosen resultiert auch eine Druckanhebung in den Lungenvenen, den Pulmonalarterien und im rechten Ventrikel. Die Folgen sind Druckhypertrophie des linken Vorhofs und des rechten Ventrikels. Das linksventrikuläre Myokard kann eher atrophisch sein. Die wesentlichen h ä m o d y n a m i schen Rückwirkungen der Mitralstenose beziehen sich also auf den kleinen Kreislauf und den rechten Ventrikel. Übersteigt der Druck im linken Vorhof und in den Lungenkapillaren den kolloidosmotischen Druck ( 2 5 - 3 0 m m Hg), so kann es z u m Lungenödem kommen. Häufiger werden jedoch schwere chronische Veränderungen der Lungenstrombahn mit Widerstandserhöhung („zweite Stenose") beobachtet, die zu weiterer Druckerhöhung in der Pulmonalarterie u n d zu Gasaustauschstörungen führen. Die im Z u s a m m e n h a n g mit einer sekundären Rechtsinsuffizienz auftretende Dilatation des Herzskeletts führt häufig zu einer relativen Tricuspidalinsuffizienz. Aufgrund des meist verminderten Herzminutenvolumens kommt es zu einer stärkeren 0 2 - A u s s c h ö p f u n g in der Peripherie, was das klinische Bild einer peripheren Zyanose bewirken kann. Mitralinsuffizienz: Die Störung der Ventilfunktion liegt in einem ungenügenden Schluß der Mitralklappe während der Systole. Sie tritt häufig als Begleiterkrankung eines diffusen Entzündungsprozesses auf, der zu Myokarddilata-
Mitralstenose: Störung der Ventilfunktion in der diastolisch wirksamen Klappenöffnungsfläche.
Ursache: Schrumpfungen des Klappenapparates, Verklebungen der Segel, Kalkeinlagerungen.
Folge: Erschwerung des Bluteinstroms in den linken Ventrikel. Es verbleibt während der Diastole Druckgradient zwischen linkem Vorhof und Ventrikel —* in schweren Fällen Druckanhebung in den Lungenvenen, Pulmonalarterien und dem rechten Ventrikel —» Druckhypertrophie des linken Vorhofs und des rechten Ventrikels. Wenn Druck im linken Vorhof und den Lungenkapillaren größer als kolloidosmatischer Druck —> Lungenödem. Weitere Folgen: chronische Veränderungen der Lungenstrombahn mit Widerstandserhöhung (2. Stenose) —»weitere Druckerhöhung in der Pulmonalarterie —»Gasaustauschstörungen. Durch Dilatation des Herzskeletts —»Tricuspidalinsuffizienz.
Bei vermindertem HZV: stärkere 0 2 -Ausschöpfung in der Peripherie —» periphere Zyanose. Mitralinsuffizienz: ungenügender Schluß der Mitralklappe während der Systole.
366 Akute Mitralinsuffizienz durch: Sehnenfädenabriß, Papillarmuskelabriß, Papillarmuskeldysfunktion, Segelperforationen. Folge: während der Systole Rückstrom von Blut durch die insuffiziente Klappe -»Volumenbelastung des linken Vorhofes und Ventrikels. Maß der Insuffizienz: deutliche Regurgitations-Druckwelle im linken Vorhof. Da keine Adaption des rechten Ventrikels an die erhöhte Druckarbeit —» Rechtsherzinsuffizienz.
XXII. Thoraxchirurgie tion und Ausweitung des Klappenringes bzw. zu Schrumpfungen des Segelmaterials führt. Akute Mitralinsuffizienzen können durch Sehnenfädenund Papillarmuskelabriß und Papillarmuskeldysfunktion (ζ. B. nach Myokardinfarkt) entstehen. Als Folge bakterieller Prozesse kann es zu Perforationen in den Segeln kommen. Die hämodynamische Folge ist eine systolische Regurgitation von Blut durch die insuffiziente Klappe mit Volumenmehrbelastung von linkem Vorhof und Ventrikel. Das Regurgitationsvolumen kann bei schweren Insuffizienzen 3 - 5 m a l größer sein als das effektive Pumpvolumen. Als Ausdruck der Insuffizienz imponiert bei Druckmessung im linken Vorhof eine mehr oder weniger deutliche Regurgitationswelle (erhöhte v-Welle). Zu stärkeren Druckerhöhungen in der Pulmonalarterie kommt es erst mit Eintritt einer myokardialen Linksinsuffizienz. Da der rechte Ventrikel (im Gegensatz zur Mitralstenose) in diesen Fällen nicht an die vermehrte Druckarbeit adaptiert ist, folgt relativ bald die Rechtsinsuffizienz.
Akute Mitralinsuffizienz: Links- und Rechtsdekompensation treten früher auf.
Bei akuten Mitralinsuffizienzen treten die Zeichen der Links- und Rechtsdekompensation früher auf, da die akuten Volumenbelastungen links und Druckbelastungen rechts häufig nicht toleriert werden.
Aortenstenose: Folge: systolische Druckerhöhung im linken Ventrikel zur Überwindung des Ausstromwiderstandes—» linksventrikuläre Hypertrophie.
Aortenstenose: Folge einer Aortenstenose ist eine systolische Druckerhöhung im linken Ventrikel, mit der der Ausstromwiderstand überwunden wird, ohne daß das HZV (Herzzeitvolumen) gesenkt werden muß. Es entwickelt sich eine konzentrische linksventrikuläre Hypertrophie. Ein nennenswerter Druckgradient zwischen linkem Ventrikel und Aorta tritt erst auf, wenn das Aortenostium im Durchmesser über ein Drittel des Normalwertes eingeengt ist. Bei hochgradigen Stenosen finden sich Druckdifferenzen von über 200 m m Hg.
Ursache der Aortenstenose: Verklebungen der Semilunarklappen meist mit Fibrosierung und Verkalkung. Bei fehlender Anpassung des linken Ventrikels: Abnahme des Schlagvolumens —* Druckgradient zwischen linkem Ventrikel und Aorta wird kleiner.
Als morphologisches Substrat finden sich Verklebungen der Semilunarklappen im Bereich der Kommissuren, meist mit schweren Fibrosierungen und Verkalkungen vergesellschaftet. Der linke Ventrikel ist bis zu einem gewissen Grad in der Lage, seine systolische Druckentwicklung entsprechend der Stenoseschwere zu steigern; kann diese Anpassung mit zunehmender Linksinsuffizienz nicht mehr erfolgen, so kommt es zu einer Abnahme des Schlagvolumens. Mit zunehmender linksventrikulärer Insuffizienz und abnehmendem HZV kommt es bei gleichwertiger Stenose zwangsläufig zu einer Abnahme des Druckgradienten zwischen linkem Ventrikel und Aorta. Mit Zunahme der myokardialen Insuffizienz vergrößern sich darüber hinaus die endsystolischen und enddiastolischen Volumina des linken Ventrikels (Dilatation). Als Zeichen einer relativen Koronarinsuffizienz kann es zu disseminierten Myokardnekrosen und pektanginösen Beschwerden kommen. In Einzelfällen kann die Hypoxie Kammerflimmern verursachen.
Ferner: Vergrößerung der endsystolischen und enddiastolischen Volumina des linken Ventrikels (Dilatation), relative Koronarinsuffizienz mit Myokardnekrosen und pektanginösen Beschwerden.
Aorteninsuffizienz: hochgradige Semilunarklappenschrumpfung, bakterielle endokarditische Perforation der Klappen. Folge: Blutrückstrom aus der Aorta in den linken Ventrikel während der Diastole. Durch „Leck im Windkessel der Aorta": Absinken der arteriellen diastolischen Drücke (Vergrößerung der Blutdruckamplitude), d. h. Volumenüberlastung des linken Ventrikels —» Hypertrophie und Dilatation.
Akute Aortenklappeninsuffizienz: durch plötzliche Mehrbelastung —» Linksdekompensation.
Aorteninsuffizienz: Es finden sich hochgradige Semilunarklappenschrumpfungen oder auch bakterielle endokarditische Perforationen in den Klappen. Hämodynamisch entsteht ein Blutrückstrom aus der Aorta in den linken Ventrikel während der Diastole. Bei schweren Insuffizienzen können bis zu 75 % des Schlagvolumens regurgitieren, d. h. nur des Schlagvolumens gelangt als effektives Schlagvolumen in die Peripherie. Durch das „Leck im Windkessel der Aorta" können die arteriellen diastolischen Drücke auf 3 0 - 5 0 m m Hg absinken (Vergrößerung der Blutdruckamplitude). Die genannten hämodynamischen Phänomene bedeuten eine Volumenüberlastung des linken Ventrikels. Es kommt zu einer zunehmenden Hypertrophie und Dilatation, in deren Gefolge auch eine relative Mitralinsuffizienz entstehen kann. Bei akuten Aortenklappeninsuffizienzen (bakterielle Endokarditis) kann es wegen fehlender Adaptation des linken Ventrikels an die plötzliche Mehrbelastung zur vorzeitigen Linksdekompensation kommen.
367
Herz- und herznahe Gefäße 2.3.1.2 Klinik und natürlicher Verlauf Klinisch entwickeln sich Zeichen der Linksherzinsuffizienz, der Lungenstauung und/oder Rechtsherzinsuffizienz mit Lebervergrößerung und peripheren Ödemen. Typisch ist die Dyspnoe. Besonders beeinträchtigt und gefährdet sind die Patienten in den klinischen Schweregraden III und IV (NYHA) (s. S. 343), d. h. einer Luftnot bei leichter körperlicher Belastung oder in Ruhe. Der Krankheitsverlauf in dieser Patientengruppe ohne chirurgische Therapie (III/IV NYHA) ist durch eine erheblich verkürzte Lebenserwartung gekennzeichnet. Bei Patienten mit überwiegender Mitralstenose liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei etwa 45 %, bei überwiegender Mitralinsuffizienz zwischen 25 und 30 %; für Patienten mit Aortenstenosen der Schweregrade III und IV beträgt die 5-Jahres-Überlebensquote 1 5 - 2 0 %, für die überwiegende AorteninsufFizienz etwa 40 %. Es ist zu betonen, daß sämtliche Patienten des klinischen Schweregrades IV isoliert betrachtet eine signifikant ungünstigere Prognose haben.
2.3.1.3 Indikation und Operationsverfahren In Kenntnis des natürlichen Verlaufs der Herzklappenerkrankungen ist die Indikation zum Elektiveingriff gegeben, wenn der klinische Schweregrad II bis III (NYHA) erreicht ist. Weitere Indikationskriterien sind wiederholte thromboembolische Komplikationen bei Mitralvitien bzw. die Embolisation bakterieller Vegetationen. Eine dringliche Operationsindikation besteht bei dekompensierten Aortenvitien; bei Mitralvitien des klinischen Schweregrades IV kann präoperativ in der Regel eine Rekompensation zum Schweregrad III erreicht werden, was das Operationsrisiko vermindert. Bei der Operation sollte prinzipiell ein rekonstruktiver, d. h. klappenerhaltender Korrektureingriff angestrebt werden. Bei der Mehrzahl der Patienten ist jedoch nach relativ langem Krankheitsverlauf der Klappenapparat ζ. B. durch Verkalkungen so destruiert, daß klappenerhaltende Operationen kein befriedigendes Ergebnis erwarten lassen. Mitralstenose: Bei wenig geschädigtem Klappen- und Tensorapparat können eine digitale oder instrumentelle „geschlossene" (ohne Herz-Lungen-Maschine) Sprengung der Stenose oder eine „offene" (mit HLM) Kommissurotomie vorgenommen werden. Das Operationssterblichkeitsrisiko liegt bei 1 %, innerhalb von 10 Jahren nach dem Eingriff muß bei etwa 30 % der Patienten mit der Entwicklung operationswürdiger Rezidivvitien gerechnet werden. Wird bei der Sprengung eine nennenswerte Insuffizienz geschaffen, oder handelt es sich u m einen höhergradig verkalkten oder destruierten Klappenapparat, so besteht die Indikation zum prothetischen Klappenersatz (Sterblichkeitsrisiko: 2 - 3 %). Mitralinsuffizienz: Bei gut erhaltenem Klappenapparat kann durch Raffung eines dilatierten Klappenrings (Anuloplastik), Implantation eines prothetischen Klappenrings, Kürzung elongierter Sehnenfäden und Segelplastiken eine klappenerhaltende Korrektur versucht werden. Ansonsten besteht die Indikation zum Klappenersatz. Die Operationsrisiken sind denen der Mitralstenoseoperationen ähnlich. Aortenvitien: Standardeingriff bei Aortenvitien im Erwachsenenalter ist der transaortale subkoronare prothetische Klappenersatz. Das Sterblichkeitsrisiko des Aortenklappenersatzes liegt bei etwa 4,5 %, beim Doppelklappenersatz (Aorta und Mitralis) 8 - 9 %: Tricuspidalvitien kommen meist im Zusammenhang mit schweren Mitralfehlern als relative Insuffizienz infolge Dilatation des Klappenrings vor (zusätzliche Volumenbelastung des rechten Ventrikels). Die relative Tricuspidalinsuffizienz kann bei der Operation meist durch Klappenringraffung klappenerhaltend korrigiert werden. Bei schweren rheumatischen kombinierten Vitien (Stenose/Insuffizienz) ist der prothetische Klappenersatz angezeigt.
Klinik und natürlicher Verlauf bei Herzklappenerkrankungen: Linksherzinsuffizienz, Lungenstauung, Rechtsherzinsuffizienz, Lebervergrößerung, periphere Ödeme, Dyspnoe. Ohne chirurgische Therapie erheblich verkürzte Lebenserwartung.
Indikation und Operationsverfahren Indikation: klinischer Schweregrad II und III thromboembolische Komplikationen, Embolisation bakterieller Vegetationen. Dringende Operation bei: dekompensierten Aortenvitien. Operationsziel: rekonstruktiver klappenerhaltender Korrektureingriff. Oftmals durch Verkalkung nicht möglich.
Operative Therapie der Mitralstenose geschlossene Sprengung der Stenose oder offene Kommissurotomie. Operationsletalität ca. 1 %. Rezidiv möglich. Prothetischer Klappenersatz bei: - starker Verkalkung, - destruiertem Klappenapparat, - Insuffizienz durch Sprengung. Operative Therapie der Mitralinsuffizienz klappenerhaltende Korrektur bei gut erhaltenem Klappenapparat: Implantation eines prothetischen Klappenringes, in anderen Fällen: Klappenersatz.
Operative Therapie bei Aortenvitien prothetischer Klappenersatz. Sterblichkeitsrisiko ca. 4,5%. Tricuspidalvitien: Klappenringraffung oder Klappenersatz (in schweren Fällen).
368
XXII. T h o r a x c h i r u r g i e
Deutliche Verbesserung der Prognose durch Operation.
Durch die genannten Operationen kann die Prognose der betroffenen Patienten deutlich verbessert werden. Patienten mit Mitralstenose haben nach Klappenersatz eine 5-Jahres-Überlebensquote von etwa 85 %, mit Mitralinsuffizienz von etwa 75 %; nach Aortenklappenersatz liegen die Überlebensraten bei etwa 85 %. Nach Mitralklappenersatz verbessern sich die meisten Patienten zudem u m einen klinischen Schweregrad (NYHA), etwa 20 % um 2 klinische Schweregrade. Noch etwas günstigere klinische Verhältnisse sind nach Aortenklappenersatz zu erwarten. Die Häufigkeit von Nahtdehiszenzen nach prothetischem Klappenersatz („Randleck") liegt bei 2 - 4 % .
Klappen prothesen
2.3.1.4
Erfüllung folgender Bedingungen: - lange Haltbarkeit, - Komplikationsfreiheit, - Wiederherstellung der physiologischen Hämodynamik. Man unterscheidet: - Alloprothesen (Abb. 22-40 u. 22-41): lange Haltbarkeit. Patient muß antikoaguliert werden. -
Biologische Prothesen (Abb. 22-42): Aortenklappen von Leichen, Schweinen oder aus Rinderperikard. Reduzierte Haltbarkeit, da degenerative Veränderungen auftreten. Keine Bioprothese für Patienten mit erhöhtem Kalziumstoffwechsel und junge Patienten. Markumarisierung nur während 2 postoperative Monate.
Klappenprothesen
Folgende Forderungen sind an eine ideale Herzklappenprothese zu stellen: lange Haltbarkeit, Komplikationsfreiheit und Wiederherstellung der physiologischen Hämodynamik. Man unterscheidet Alloprothesen und biologische Prothesen. Bei den Alloprothesen sind zumeist Kippscheibenprothesen (Björk-Shiley-Klappe, BSK; St. Jude Medical Klappe, SJM) im Gebrauch. Bei der BSK (Abb. 22-40) bestehen Klappenring und Aufhängermechanismus aus Stellit, die Kippscheibe aus Pyrolit. Die SJM-Klappe (Abb. 22-41) besteht bis auf den Nahtring gänzlich aus Pyrolit. Bei den Bioprothesen unterscheidet man Homo- und Xenografts. Bei ersteren handelt es sich um Aortenklappen von Leichen, bei letzteren um
Abb. 22-40 Björk-Shiley-Kippscheibenprothese in geöffneter Scheibenstellung
Abb. 22-41 St. Jude-Doppelkippscheiben prothese
369
Herz- und herznahe Gefäße
Abb.22-42 Aus Rinderperikard hergestellte lonescu-Shiley-Bioprothese Schweine-Aortenklappen oder Prothesen aus Rinderperikard. Von den Rinderperikardprothesen ist die Glutaraldehyd fixierte Ionescu-Shiley-Klappe häufig im G e b r a u c h (Abb. 22-42). Alloprothesen zeichnen sich durch eine sehr lange Haltbarkeit aus ( 2 0 - 3 0 Jahre, was für die meisten Patienten „lebenslang" bedeutet); das Klappenmaterial der Bioprothesen ist im Blutstrom degenerativen Veränderungen unterworfen (Schrumpfungen, Verkalkungen); sie haben eine reduzierte Haltbarkeit von etwa 1 0 - 1 5 Jahren. Patienten mit erhöhtem Ca~ T Stoffwechsel (Kinder, Hyperparathyreoidismus) k o m m e n für die Bioprothese nicht in Frage. Patienten mit Alloprothesen müssen langzeitmäßig antikoaguliert werden (Quick-Wert 1 5 - 2 5 % ) , u m Thrombosierungen an der Klappe und thromboembolische Komplikationen zu vermeiden. Patienten mit Bioprothesen werden nur für die ersten zwei postoperativen Monate markumarisiert.
2.3.2 Hypertrophisch obstruktive Kardiomyopathie (HOCM) = idiopathische hypertrophische subaortale Stenose (IHSS) Bei der typischen H O C M findet sich eine subvalvuläre, überwiegend septale, muskuläre Stenose im Ausstromtrakt des linken Ventrikels, und der Grad der Einengung ändert sich während des Kontraktionszyklus dieses Muskelrings. Die Stenosierung ist in der Austreibungsphase am größten, während der Diastole praktisch nicht vorhanden. Da es nach jeder Extrasystole (ES) mit postES-Pause (verlängerte Diastole) wegen der vermehrten Kammerfüllung zu einer „kräftigeren" Kontraktion kommt (Frank-Starling-Mechanismus), m u ß in dieser Situation auch die subvalvuläre Obstruktionskomponente verstärkt sein, was zu der für die H O C M pathognomischen Erhöhung des post-ES Druckgradienten zwischen linkem Ventrikel und Aorta („paradoxes Druckverhalten nach post-ES-Pause") führt. Das Beschwerdebild der HCOM-Patienten ist durch Dyspnoe, Angina-PectorisSymptome und Herzrhythmusstörungen gekennzeichnet. In der Regel ist die Erkrankung progredient. Die Indikation zur Operation stellt sich, wenn der klinische Schweregrad II überschritten ist und konservative M a ß n a h m e n (ß-Rezeptorenblocker, Verapamil) keine Besserung erwarten lassen. Die Therapie der Wahl f ü r diese Patientengruppe ist die transaortale Resektion des stenosierenden Muskelwulstes im Ausstromtrakt des linken Ventrikels. Operationssterblichkeit 2 %; bei 8 0 - 9 0 % der Patienten kann eine Verbesserung der klinischen Situation erzielt werden. Operationstypische Komplikationen sind der iatrogene AV-Block und der VSD, Häufigkeit 5 %; meist ist nach chirurgischer AV-Blockierung eine Herzschrittmacher-Stimulation angezeigt.
Hypertrophisch obstruktive Kardiomyopathie (HOCM) muskuläre Stenose im Ausstromtrakt des linken Ventrikels. Einengungsgrad ändert sich während des Kontraktionszyklus. Folge: Erhöhung des postextrasystolischen Druckgradienten zwischen linkem Ventrikel und Aorta (paradoxes Druckverhalten nach Postextrasystolen-Pause).
Beschwerdebild: - Dyspnoe, - Angina-Pectoris-Symptome, - Herzrhythmusstörungen. Indikation zur Operation: bei Überschreiten des Schweregrades II. Therapie der Wahl: transaortale Resektion des stenosierten Muskelwulstes im Ausstromtrakt des linken Ventrikels. Operationssterblichkeit 2 %.
370 Koronare Herzerkrankung: (KHK) Koronarsklerose bekommt Bedeutung, wenn Stenosen im Koronararteriensystem mit Beeinträchtigung der myokardialen Blutversorgung auftreten.
XXII. Thoraxchirurgie 2.3.3 Koronare Herzerkrankung (KHK) 2.3.3.1 Epidemiologie Das Koronararteriensystem kann diffus oder umschrieben arteriosklerotisch verändert sein. Die Koronarsklerose b e k o m m t Krankheitswert (KHK, ischämische Herzerkrankung), wenn Stenosen auftreten und die myokardiale Blutversorgung beeinträchtigt wird. Nach Zahlen aus den USA beträgt das Risiko eines nordamerikanischen Mannes, vor dem 65. Lebensjahr einen Herzinfarkt zu erleiden etwa 20 %. Im Jahre 1977 betrug der Anteil der KHK unter den Gesamttodesursachen in der Bundesrepublik Deutschland etwa 20 % (unter der weißen Bevölkerung der USA 39 %; in Finnland 42 %).
Risikofaktoren: - Hyperlipoproteinämien, - Bluthochdruck, - Zigarettenrauchen, - Diabetes mellitus, - Hyperurikämie, - Obesitas, - Bewegungsarmut.
Folgende Risikofaktoren: Hyperlipoproteinämien, Bluthochdruck, Zigarettenrauchen, Diabetes mellitus, Hyperurikämie, Obesitas und körperliche Bewegungsarmut. Weitere Dispositionen ergeben sich aus Geschlecht, Alter, Umweltfaktoren, genetischen Faktoren, psychologisch-sozialer Situation. Entsprechend der A n a t o m i e des Koronararteriensystems (rechte Koronararterie, R a m u s interventricularis anterior, R a m u s circumflexus u n d Hauptstamm der linken Koronararterie) und der Lokalisation der stenosierenden Läsionen unterscheidet m a n 1-Gefäß-, 2-Gefäß- u n d 3-Gefäß-Erkrankungen; eine besondere Rolle spielt die Stammstenose der linken Koronararterie.
Klinik und natürlicher Verlauf Folge der Obstruktion: regionale Ischämie. Symptom: Angina-Pectoris-Schmerz.
2.3.3.2 Klinik und natürlicher Verlauf
Man unterscheidet die Angina-Klassen I bis IV. Weitere Differenzierung: stabile Angina Pectoris, instabile Angina Pectoris.
Progressiv verlaufende Krankheit. Beeinflussung durch Ausschaltung von Risikofaktoren.
Die Folge einer Obstruktion der Koronararterie ist eine regionale Ischämie, welche reversibel oder irreversibel (Infarkt) sein kann. Wichtigstes Symptom ist der heftige Schmerz (Angina pectoris).
In A n l e h n u n g an die klinische Klassifikation der Herzinsuffizienz der N Y H A unterscheidet m a n die Angina-Klassen: I KHK ohne Anginabeschwerden, II Angina bei schwerer körperlicher Belastung, III Angina bei leichter Belastung und IV Ruheangina.
Ferner wird entsprechend der Dynamik der Beschwerden und ihrer Beeinflußbarkeit durch Medikamente zwischen stabiler und instabiler Angina (Crescendo-Angina, Präinfarkt-Angina) differenziert. Der Krankheitsverlauf ohne chirurgische Therapie ist durch eine deutlich verminderte Lebenserwartung gekennzeichnet (Abb. 22-43). Die Überlebensraten 15 Jahre nach Diagnosestellung betragen für Patienten mit 1-GefäßK H K etwa 48%, mit 2-Gefäß-KHK 30%, mit 3-Gefäß-KHK 18% u n d mit linker Stammstenose 12 %. Eine weitere Rolle im natürlichen Verlauf spielt der Kontraktilitätszustand des linken Ventrikels; Patienten mit linksventrikulärer Ejektionsfraktion unter 30% u n d / o d e r Infarktaneurysma haben 5und 10-Jahres-Überlebensquoten von etwa 3 0 - 4 0 % bzw. 15%. Bei genauer Betrachtung der Krankheitsverläufe wird deutlich, daß die K H K in den meisten Fällen progressiver Natur ist; die Geschwindigkeit der Progression kann in der Regel vom Patienten durch Ausschaltung bedeutsamer Risikofaktoren positiv beeinflußt werden.
Herz- und herznahe Gefäße
371 Natürlicher Verlauf (Abb. 22-43): Verminderung der Lebenserwartung.
1-Gefäß-KHK 47,5%
30,2%
17,9%
Jahre
1
8
9
10
11
12
13
14
15
Abb.22-43 „Natürlicher Verlauf der KHK"; Überlebenskurven von KHK-Patienten ohne chirurgische Therapie; 15 Jahre nach Diagnosestellung betragen die Überlebensraten für 1-Gefäß-, 2-Gefäß-, 3-Gefäß-KHK und Stammstenose 47,5%, 30,2%, 17,9% und 12,2% (nach Proudfit et al.: in „Coronary Artery Disease Today", Herausgeber: Bruschke et al.: Excerpt. Med. 1982) Häufigste u n d schwerwiegendste Komplikation der K H K ist der Myokardinfarkt. Die Wahrscheinlichkeit akut bzw. innerhalb eines Jahres nach dem Infarktereignis zu versterben (Linksinsuffizienz, Arrthythmien, Herzwandruptur) beträgt 1 0 - 1 5 % . Chirurgisch bedeutsame Infarktfolgen sind das linksventrikuläre Infarktaneurysma (Häufigkeit 1 0 - 1 5 % ) , Ventrikelseptumrupturen, Mitralinsuffizienz nach Papillarmuskelinfarkt, brady- und tachykarde Rhythmusstörungen. Die wichtigste diagnostische M a ß n a h m e zur Beurteilung der Schwere der K H K und der Möglichkeiten einer chirurgischen Therapie ist die Herzkatheteruntersuchung mit selektiver Koronarangiographie und Ventrikulographie.
2.3.3.3 Operationsindikation und chirurgische Möglichkeiten Im Mittelpunkt der Koronararterien-Chirurgie steht die aorto-koronare „Bypass-Operation" (Abb. 22-44), d. h. eine Stenose wird durch Anlegen einer Venenbrücke zwischen aszendierender Aorta und der Koronararterie distal der Obstruktion umgangen. Die Operationsindikation ergibt sich aus dem klinischen Bild und dem koronarangiographischen Befund. Voraussetzungen für eine erfolgversprechende Revaskularisation sind:
Komplikationen: Myokardinfarkt. Chirurgisch bedeutsame Infarktfolgen: - linksventrikuläre Infarktaneurysma, - Ventrikelseptumrupturen, - Herzwandrupturen, - Mitralinsuffizienz, - bradykarde Rhythmusstörung, - tachykarde Rhythmusstörung. Diagnose durch Herzkatheteruntersuchung mit Koronarangiographie und Ventrikulographie. Operationsindikation und chirurgische Möglichkeiten wichtigste Maßnahme: aortokoronare „Bypass-Operation" (Abb. 22-44) d. h. Umgehung der Stenose durch Anlegung einer Venenbrücke. Voraussetzung hierfür
• eine mindestens 50%ige proximale Stenose einer Koronararterie mit gut durchgängiger Peripherie, • ein ausreichender Durchmesser (mindestens 1 mm) des peripheren Gefäßanteils und • kontraktiles, d. h. „lebendes" Myokard (Myokardszintigramm) jenseits der Stenose. Als dringliche (Notfall) Indikation zur Revaskularisation ist die instabile „Präinfarkt-Angina" anzusehen, welche sich konservativ nicht ausreichend stabilisieren läßt. Weitere absolute Operationsindikationen sind gegeben bei der hochgradigen Stammstenose der linken Koronararterie, der hochgradi-
Notfallindikation: Präinfarkt-Angina. Absolute Operationsindikation: hochgradige Stammstenose der linken Koronararterie,
XXII. Thoraxchirurgie
372 hochgradige Stenose des proximalen Ramus interventricularis der linken Kranzarterie, 3-Gefäß-KHK.
gen Stenose des proximalen Ramus interventricularis anterior der linken Kranzarterie, bei dessen Verschluß ein ausgedehnter Infarkt die Folge wäre und die 3-Gefäß-KHK mit gut erhaltener Peripherie.
Elektive Operationsindikation: 1-Gefäß-KHK, 2-Gefäß-KHK, gut beeinflußbare Angina pectoris.
Die verbleibenden Patienten mit 1-Gefäß- oder 2-Gefäß-KHK und stabiler, evtl. medikamentös gut beeinflußbarer Angina pectoris können und sollten elektiv operiert werden. Intervall zwischen koronarangiographischer Untersuchung und Operation möglichst nicht mehr als 6 Monate. Bei sehr kurzstrekkigen proximalen Koronararterienstenosen zunächst Versuch einer Katheterdilatation.
Aorto-koronare Bypass-Operation: Überbrückung von Koronararterienstenosen (unter extrakorporaler Zirkulation) mit autologer Vene (Abb. 22-44).
Zur aorto-koronaren Bypass-Operation wird in der Regel ein autologes Segment der V.saphena magna aus dem Unterschenkelbereich e n t n o m m e n ; falls dieses nicht brauchbar ist (Varizen, Verletzungen etc.) können auch Oberschenkel- oder Armvenen verwandt werden. Mit diesem Venenmaterial werden die Koronararterienstenosen unter den Bedingungen der extrakorporalen Zirkulation überbrückt (s. Abb. 22-44); die Anzahl der Venenbrücken („Bypässe") hängt von Lokalisation und Anzahl der obstruktiven Läsionen ab, bei der Mehrzahl der Patienten sind es 2 - 4 . Alternativ zum aorto-koronaren Venen-Bypass kann die Revaskularisation auch mit einer A. m a m m a r i a interna durchgeführt werden.
Abb. 22-44 Schematische Darstellung des aorto-koronaren Venenbypass zur Umgehung einer Stenosierung der rechten Koronararterie (RCA) Ao Aorta PA Pulmonalarterie Operationsletalität: 1 - 2 % . Postoperative 5-Jahres-Überlebensrate: 92 %. Lebenserwartung entspricht fast der Normalpopulation (Abb. 22-45).
Das mittlere Operationsrisiko beträgt 1 - 2 %; ein erhöhtes Risiko haben Patienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion ( 6 - 8 %) und im fortgeschrittenen Alter (über 70 Jahre 20 %). Die angelegten Venenbrücken sind 12 Monate postoperativ zu 8 0 - 9 0 % offen; pro Jahr m u ß mit einer Ver-
Überlebensraten (%)
Jahre
I 1
2
I
I 3
I 4
I 5
Abb.22-45 Überlebenskurven von operativ (aorto-koronare Venenbypass-Revaskularisation) und konservativ behandelten KHK-Patienten (nach Varnauskas et al.: Lancet (1980), p.491)
Herz- und herznahe Gefäße
373
schlußrate von 2 - 3 % gerechnet werden. Nach der Operation sind etwa 75 % der Patienten frei von pektanginösen Beschwerden, bei 20 % wird zumindest eine Besserung erzielt; Beschwerdefreiheit nach 3 Jahren etwa 67 %, nach 10 Jahren ca. 35 %. Ferner dokumentiert eine mittlere postoperative 5-Jahres-Überlebensrate von etwa 92 %, daß die Lebenserwartung von operierten KHK-Patienten beinahe der einer „Normalpopulation" entspricht und gegenüber konservativ behandelten Kranken deutliche Vorteile bestehen (Abb. 22-45). Bei Wiederauftreten der Beschwerden evtl. Reoperation.
2.3.3.4 Postinfarzielles Ventrikelaneurysma Epidemiologie: Mit einer Häufigkeit von 1 0 - 1 5 % entsteht ein Aneurysma des linken Ventrikels meist innerhalb von 6 Monaten nach dem Infarktereignis. Überwiegende Lokalisation an der Vorderwand und Herzspitze (85 %), Hinterwand (15 %). Funktionell wird der linke Ventrikel in ein kontraktiles und ein aneurysmatisches Segment aufgeteilt (Abb. 22-46); zwischen beiden Segmenten befindet sich die Aneurysmapforte. Während der Systole kommt es zum Blutauswurf aus dem kontraktilen Segment in die Aorta und paradoxerweise in das Aneurysma, wodurch das effektive Schlagvolumen abfällt. Oft finden sich im Aneurysmasack parietale Thromben, bei deren Abschwemmung es zu thromboembolischen Komplikationen kommt. Operationsindikationen und chirurgische Maßnahmen: Typische Indikationen zu operativen Maßnahmen sind: Rupturgefahr/gedeckte Perforation, zunehmende Linksinsuffizienz, thromboembolische Komplikationen und rezidivierende ventrikuläre Tachykardien.
aneurysmatisches Segment
Abb. 22-46 Schematische Darstellung des linksventrikulären Querschnitts bei postinfarziellem VorderwandSpitzen-Aneurysma
Der linke Ventrikel wird im Zentrum des Aneurysmas eröffnet; evtl. vorhandenes Thrombenmaterial wird entfernt; Wiederverschluß des Ventrikels im Bereich der Aneurysmapforte; überschüssige Aneurysmawand kann dabei reseziert werden. Operationssterblichkeit 5 - 1 5 % . Im Allgemeinen kann eine Verbesserung der linksventrikulären Funktion erreicht werden. Häufig wird zusammen mit der „Aneurysma-Exklusion" eine Revaskularisation durchgeführt.
2.3.4 Bradykarde und tachykarde Rhythmusstörungen Das Herzzeitvolumen (HZV) (Norm: 5 - 8 1 / m i n ) ist eine Funktion des Schlagvolumens (SV) und der Herzfrequenz (HF). Eine Bradykardie infolge Reizbildungs- bzw. Erregungsleitungsstörungen kann in gewissem Umfang durch Vergrößerung des SV kompensiert werden. Bei Herzfrequenzen von unter 40/min kommt es jedoch meist zu Zeichen der zerebralen Ischämie bis hin zu Synkopen und Bewußtlosigkeit. Bei tachykarden Arrhythmien kommt es auf der Grundlage von verkürzter Diastolendauer und zunehmend verminderter diastolischer Ventrikelfüllung zu einem Abfall des HZV und ähnlichen Symptomen.
2.3.4.1 Bradykarde Rhythmusstörungen Ursächlich liegen den bradykarden Rhythmusstörungen zumeist degenerative Veränderungen der spezifischen Muskulatur (Reizbildungs- und Erre-
4. Postinfarzielles Ventrikelaneurysma Aneurysma des linken Ventrikels, meist nach Infarktereignis. Folge: während der Systole Blutauswurf in die Aorta und in das Aneurysma —> Abnahme des effektiven Schlagvolumens. Oft Thromben im Aneurysmasack- • thromboembolische Komplikationen.
Operationsindikation: Rupturgefahr, gedeckte Perforation, zunehmende Linksinsuffizienz, thromboembolische Komplikation, ventrikuläre Tachykardien. Operatives Vorgehen: Eröffnung des linken Ventrikels im Zentrum des Aneurysmas —» evtl. Entfernung von Thrombenmaterial —»Wiederverschluß des Ventrikels im Bereich der Aneurysmapforte —> Resektion überschüssiger Aneurysmawand.
Operationsletalität: 5-15%.
Bradykarde und tachykarde Rhythmusstörungen Ursache der Bradykardie: Reizbildungsstörungen, Erregungsleitungsstörungen, bei Frequenzen unter 40/min: - zerebrale Ischämie - Synkopen und Bewußtlosigkeit. Tachykardien: verkürzte Diastolendauer - > verminderte diastolische Ventrikelfüllung - »Abfall des HZV. Bradykarde Rhythmusstörungen: degenerative Veränderung der Muskulatur, des Reizbildungs- und Erregungsleitungssystems, durch:
374 - ischämische Herzerkrankung, - entzündliche Erkrankungen des Myokards, - angeborene Fehler, - Verletzungen.
Diagnostik: - Anamnese; - Ruhe-EKG, - Langzeit-EKG, - Belastungs-EKG, - His-Bündel-Elektrographie, - intrakardiale Stimulation. Absolute Indikation für Herzschrittmacher: Sinusknoten-Syndrom, sinu-atriale Blockierungen, Carotissinussyndrom, Bradyarrhythmie, AV-Block II. Grades, bifaszikuläre Blockierungen, AV-Block III. Grades.
Schrittmachersysteme: Bedarfs (Demand)-Schrittmacher: Stimulation wenn Eigenfrequenz unter 72/min abfällt. Programmierbare VVI-Schrittmacher: perkutane Variierung von Stimulationsparameter. Physiologische Schrittmachersysteme: durch zusätzliche Elektroden kann H Z V durch physiologische Stimulation gesteigert werden.
Laufzeit der Energiequellen von Schrittmachern: 5 - 7 Jahre.
Operationsverfahren: Plazierung von Vorhof- und Ventrikelelektrode unter Röntgenkontrolle. Plazierung des SM-Aggregates in subfaszialer Tasche der Regio pectoralis. Operation unter Lokalanästhesie.
XXII. Thoraxchirurgie gungsleitungssystem) des Herzens zugrunde. Sie stellen sich vorwiegend auf der Grundlage ischämischer (koronare Herzerkrankung) u n d entzündlicher (ζ. B. rheumatisches Fieber, diphtherische Myokarditis, Virusmyokarditis) Erkrankungen des Myokards ein; angeborene Fehler ζ. B. (Kongenitaler AV-Block) und Verletzungen spielen eine nachgeordnete Rolle. Die Diagnostik u m f a ß t : A n a m n e s e mit Ausschluß nichtrhythmogener Ursachen (ζ. B. vaskulär bedingte zerebrale Durchblutungsstörungen, Medikamente), nichtinvasive Untersuchungen (Ruhe-EKG, Langzeit-EKG, evtl. Belastungs-EKG) u n d evtl. invasive elektrophysiologische Untersuchungen mittels His-Bündel-Elektrographie und intrakardialer Stimulation. Absolute Indikation für eine permanente therapeutische Elektrostimulation mittels Herzschrittmacher bei symptomatischen bradykarden Arrhythmien sind: - Sinusknoten-Syndrom (pathologische Sinusbradykardie, sinu-atriale Blokkierungen, Sinusknoten-Stillstand), - Karotissinus-Syndrom, - Bradyarrhythmia absoluta, - AV-Block II. Grades (Typ Wenckebach) u n d - bifaszikuläre Blockierungen, - AV-Block III. Grades.
2.3.4.2 Schrittmachersysteme Erste Implantation eines permanenten Herzschrittmachers 1958. Gegenwärtig leben in der Bundesrepublik Deutschland etwa 140000 Patienten mit Schrittmachern, bei jährlich ca. 30000 Neuimplantationen. Überwiegend werden Bedarfs (Demand)-Schrittmacher (d. h. es erfolgt nur dann eine Stimulation, wenn die Eigenfrequenz des Patienten einen vorgegebenen Wert von meist 72/min unterschreitet) implantiert, die über eine transvenös rechtsventrikulär piazierte Elektrode stimulieren („VVI-System"). Eine technische Weiterentwicklung sind die programmierbaren Wl-Schrittmacher, bei denen eine Reihe von Stimulationsparametern (Frequenz, Impulsamplitude, Impulsbreite, Sensing-Empfindlichkeit) am implantierten Schrittmacher perkutan variiert werden können. Weitere Fortschritte ergeben sich aus der Anwendung sog. „physiologischer Schrittmachersysteme" (vorhofgesteuerte Ventrikelschrittmacher); für diese Stimulationsart wird zusätzlich zur rechtsventrikulären Elektrode transvenös eine zweite Elektrode im rechten Vorhof piaziert. Im Vergleich zur einfachen rechtsventrikulären Stimulation kann das HZV durch physiologische Stimulation u m 2 0 - 5 0 % gesteigert werden. Bei Vorhofflimmern bzw. „atrial standstill" ist eine derartige Stimulation nicht möglich. Als Energiequellen für die Schrittmacheraggregate f a n d e n QuecksilberZink-, Lithium u n d Isotopen (Promethium-147, Plutonium-238)-Batterien Verwendung; die größte Verbreitung haben Lithium-Schrittmacher, „Laufzeit" 5 - 7 Jahre. Operationsverfahren: Üblicherweise wird im Sulcus deltoideopectoralis rechts die V. cephalica aufgesucht, über welche unter Röntgenkontrolle Vorhof- u n d / o d e r Ventrikelelektrode im Herzen piaziert werden; die E i n f ü h r u n g kann alternativ auch über die V. jugularis externa, die V. jugularis interna oder die V. subclavia erfolgen. N a c h Plazierung der Elektrode im Herzen erfolgt durch Teststimulation eine Reizschwellenmessung, u m den optimalen Stimulationsort herauszufinden. Schließlich wird die Elektrode mit dem SM-Aggregat konnektiert, welches zumeist in einer subfaszialen Tasche in der Regio pectoralis untergebracht wird. Die Operation kann in Lokalanästhesie durchgeführt werden.
375
Herz- und herznahe Gefäße Falls eine transvenöse Plazierung der Elektroden nicht in Frage kommt, können in Allgemeinanästhesie über eine Thorakotomie links epimyokardiale Einschraubelektroden im linken Ventrikel verankert werden. Typische Komplikationen (5%): Infektionen, Elektrodendislokalisation, Elektrodenbrüche, Reizschwellenerhöhungen und SM-bedingte Arrhythmien. Insgesamt kann bei richtiger Indikationsstellung durch die Implantation eines Herzschrittmachers die Lebensqualität der Patienten entscheidend verbessert und die Lebenserwartung verlängert werden.
In schwierigen Fällen: epimyokardiale Einschraubelektroden im linken Ventrikel.
2.3.4.3 Tachykarde Rhythmusstörungen
Tachykarde Rhythmusstörungen Operationsindikation, wenn medikamentöse Therapieresistenz oder Nebenwirkungen der Therapie.
Patienten mit symptomatischen, ζ. T. lebensbedrohlichen tachykarden Rhythmusstörungen k o m m e n zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur in chirurgische Behandlung, wenn eine „medikamentöse Therapieresistenz" nachgewiesen wurde oder eine möglicherweise lebenslang d u r c h z u f ü h r e n d e antiarrhythmische Therapie zu erheblichen Nebenwirkungen geführt hat. In diesem Z u s a m m e n h a n g stehen Arrhythmien bei Wolff-Parkinson-WhiteSyndrom und ventrikuläre Tachykardien nach Myokardinfarkt im Vordergrund. Wolff-Parkinson-White-(WPW)-Syndrom: Das WPW-Syndrom wurde 1930 als EKG-Abnormität (verkürztes PR-Intervall, delta-Welle, verbreiterter QRS-Komplex) beschrieben. Morphologisch besteht zwischen Vorhöfen und Ventrikeln zusätzlich zum His-Bündel ein akzessorisches atrioventrikuläres Überleitungsbündel, welches rechtslateral (Tricuspidalring), linkslateral (Mitralring) oder septal liegen kann; in Ausnahmefällen können auch mehrere akzessorische Bündel vorliegen. Die meisten WPW-Patienten haben keine Rhythmusstörungen. Allerdings können über die akzessorische Muskelbrücke z u m einen hochfrequente Vorhofaktionen (z.B. Flattern) 1:1 zu den Ventrikeln übergeleitet werden; zum anderen können unter Benutzung von His-Bündel und akzessorischem Bündel kreisende Erregungen entstehen, unter denen das P h ä n o m e n einer Reentry-Tachykardie auftritt. Die akzessorischen Überleitungsbahnen können lokalisiert und durchtrennt werden. Bei der Operation wird die akzessorische Muskelbrücke durch eine „elektrophysiologische Mapping-Untersuchung" des Herzens identifiziert; sie liegt zu etwa 50 % linkslateral, zu 30 % septal, zu 20 % rechtslateral; zur Beseitigung der atypischen Überleitung wird die Bahn direkt durchtrennt oder kryochirurgisch devitalisiert. Operationsrisiko 2 - 3 %, Erfolgsquote 8 5 - 9 0 % . Ventrikuläre Tachykardien (VT): Sie entstehen im Z u s a m m e n h a n g mit der koronaren Herzerkrankung ( 2 0 - 3 0 % aller Herzinfarktpatienten). Bei 7 5 - 8 0 % dieser Patienten gelingt es in der Regel, eine effiziente antiarrhythmische medikamentöse Therapie d u r c h z u f ü h r e n ; 1 5 - 2 0 % der VT sind medikamentös therapieresistent. Anfallsartig auftretende Tachykardien können eine vitale Bedrohung sein. Elektrophysiologisch spielen Reentry-Phänomene eine Rolle. Vor der Operation ist eine invasive elektrophysiologische Untersuchung mit programmierter Ventrikelstimulation notwendig. Bei der Operation wird der Ursprungsort der VT, das „arrhythmogene Gewebe", durch eine elektrophysiologische „Mapping-Untersuchung" des Herzens identifiziert. Das arrhythmogene Gewebe wird reseziert (endokardiale Exzision), kryochirurgisch devitalisiert oder durch entsprechende Schnittführung (endokardiale Inzision) mit konsekutiver Narbenbildung vom normal aktivierten Myokard isoliert. Meist wird im Z u s a m m e n h a n g mit diesem Eingriff eine Aneurysmaresektion bzw. -raffung des linken Ventrikels und eine koronare Revaskularisation durchgeführt. Operationssterblichkeit 5 - 2 5 % , Erfolgsrate 6 5 - 8 0 %. Beim intraoperativen elektrophysiologischen Mapping werden nach einem definierten kartographischen Koordinatensystem epikardiale und evtl. endo-
Komplikationen: Infektionen, Elektrodendislokalisation, Elektrodenbrüche, Reizschwellenerhöhung, SM-bedingte Arrhythmien. Beträchtliche Erhöhung der Lebensqualität und Lebenserwartung.
Man unterscheidet mehrere Formen von Tachykardie: Wolff-Parkinson-White-(WPW)-Syndrom: zusätzlich zum His-Bündel besteht ein akzessorisches atrioventrikuläres Überleitungsbündel. Mögliche Folgen: Überleitung von hochfrequenten Vorhofaktionen (Flattern) zu den Ventrikeln, kreisende Erregungen —» Reentry-Tachykardie.
Behandlung: Durchtrennung der Überleitungsbahn oder kryochirurgische Devitalisierung. Operationsletalität: 2 - 3 %
Ventrikuläre Tachykardien (VT): enger Zusammenhang zur koronaren Herzerkrankung. Folge: Reentry-Phänomen. VT stellt eine vitale Bedrohung dar. Operationsindikation bei Therapieresistenz: vor Operation: invasive Elektrophysiologische Untersuchung mit Ventrikelstimulation. Operatives Vorgehen: Resektion des arrhythmogenen Gewebes (endokardiale Exzision), kryochirurgische Devitalisierung oder Isolierung vom aktivierten Myokard (endokardiale Inzision). Operationsletalität: 5 - 2 5 % .
376
Antitachykarde Schrittmachertherapie: Unterbrechung der Tachykardien durch Stimulationsmethoden oder mit Hilfe implantierbarer Defibrillatoren.
Thorakale Aortenaneurysmen Ursache: - Entzündung, - zystische Mediaerkrankungen der Aortenwand, - Arteriosklerose, - Thoraxtrauma.
Krankheitserscheinung durch Kompression von Nachbarorganen. Führendes Symptom: zunehmender Thoraxschmerz, neurologische Symptome.
XXII. Thoraxchirurgie kardiale Oberfläche des Herzens mit einer Elektrode abgetastet und die lokalen Aktivierungszeiten gemessen. Auf diese Weise kann eine regelrechte Erregungsausbreitungslandkarte angefertigt werden. Antitachykarde Schrittmachertherapie: Tachykardien können durch verschiedene Stimulationsmethoden unterbrochen werden. In neuerer Zeit haben automatische implantierbare Defibrillatoren Verwendung gefunden, welche über ein Sensing-System hochfrequente ventrikuläre Arrhythmien erkennen und über am Herzen piazierte Patch-Elektroden defibrillieren.
2.3.5 Thorakale Aortenaneurysmen Für das thorakale Aortenaneurysma spielen folgende ätiologische Faktoren eine Rolle: - E n t z ü n d u n g (Lues, bakterielle Wandinfektion = „mykotische Aneurysmen"), - zystische Mediaerkrankungen der Aortenwand (Marfan-Syndrom, GsellErdheim-Medianekrosis, Ehlers-Danlos-Syndrom), - Arteriosklerose und - Thoraxtraumen (s. S.801). Thorakale Aortenaneurysmen gewinnen Krankheitswert durch Kompression von Nachbarorganen, Penetration, gedeckte bzw. freie Ruptur, Thromboembolie. Führendes Symptom ist der z u n e h m e n d e Thoraxschmerz ( 5 0 - 7 0 %); je nach Aneurysmalokalisation werden neurologische Symptome (Rekurrensparese, Horner-Syndrom) beobachtet. Zu den häufigsten Formen thorakaler Aortenaneurysmen zählen die anuloaortale Ektasie und die Aortendissektion („dissezierendes H ä m a t o m " ) der aszendierenden Aorta.
Häufigste Form: 1. Anulo-aortale Ektasie: (Abb. 22-48). zwiebeiförmige Erweiterung der aszendierenden Aorta auf das 2-5fache. Folge: Klappenanulus dilatiert, Aortenklappe insuffizient.
2.3.5.1 Anulo-Aortale Ektasie (Abb. 22-47) Die aszendierende Aorta ist zwiebeiförmig auf das 2- bis 5fache der Norm erweitert; sie verjüngt sich in der Regel vor Abgang des Truncus brachiocephalicus auf normale Dimension. In den meisten Fällen mit deutlicher Ektasie der aszendierenden Aorta ist der Klappenanulus mit dilatiert und die Aortenklappe insuffizient.
Beschwerden: Zeichen zunehmender Aorteninsuffizienz und Thoraxschmerz. Röntgen: dilatierte Aortenwurzel und Aorta ascendens.
A.d.
Definitive Diagnose: Herzkatheteruntersuchung, Angiokardiographie. Operationsind ikation: zunehmende Aorteninsuffizienz, progrediente Dilatation der Aorta.
A.d.
Abb. 22-47 Antero-posteriore und seitliche Darstellung der anulo-aortalen Ektasie. Die aszendierende Aorta (Ao) ist zwiebeiförmig dilatiert und verjüngt sich vor Truncus (Tr.(-Abgang. Die Klappenebene ist durch Pfeile markiert.
Hinsichtlich der Ätiologie stehen zystisch-nekrotisierende Mediaerkrankungen im Vordergrund. Die Erkrankung wird zumeist im 4 . - 6 . Lebensjahrzehnt beobachtet. Das Beschwerdespektrum kann unspezifisch sein; die meisten Patienten entwickeln Zeichen einer z u n e h m e n d e n Aorteninsuffizienz und Thoraxschmerzen. Auf der Thoraxübersichtsaufnahme erkennt m a n die dilatierte Aortenwurzel und Aorta ascendens. Weitere nichtinvasive Untersuc h u n g s m e t h o d e n sind die Echokardiographie u n d die Computertomographie. Die definitive Diagnose wird durch Herzkatheteruntersuchung und Angiokardiographie gestellt. Komplikationen während des natürlichen Verlaufs sind Linksdekompensation, Aortendissektion und Ruptur. Bei z u n e h m e n d e r Aorteninsuffizienz u n d / o d e r progredienter Dilatation der Aorta ist die Operation angezeigt.
377
Herz- und herznahe Gefäße U n t e r den B e d i n g u n g e n der extrakorporalen Z i r k u l a t i o n wird die Aortenklappe d u r c h eine Klappenprothese, die a s z e n d i e r e n d e Aorta d u r c h eine Gefäßprothese ersetzt, wobei in d e n m e i s t e n Fällen die K o r o n a r a r t e r i e n in die G e f ä ß p r o t h e s e implantiert werden m ü s s e n .
Operatives Vorgehen: Ersatz der Aortenklappe durch Klappenprothese, Ersatz der aszendierenden Aorta durch Gefäßprothese.
Operationssterblichkeit b e i m Elektiveingriff o h n e A o r t e n d i s s e k t i o n 5 - 1 0 % .
Operationsletalität: 5 - 1 0 % .
2.3.5.2 Aortendissektion
2. Aortendissektion Entstehung durch Einriß der Intima —» Eindringen von Blut in die Aortenwand —» Zerstörung der Media, Separierung der Adventitia —» dissezierendes Hämatom —» Einengung der Arterienabgänge —» Ruptur (Herzbeuteltamponade) —»Verblutung in die linke Pleurahöhle.
Entwickelt sich d u r c h Einriß der Intima: In 80 % der Fälle liegt der Einriß in der a s z e n d i e r e n d e n Aorta oberhalb der K l a p p e n e b e n e . In Abhängigkeit vom arteriellen D r u c k dringt eine Blutsäule in die A o r t e n w a n d ein, zerstört die M e d i a u n d separiert die A d v e n t i t i a von d e n übrigen W a n d s c h i c h t e n . D u r c h das dissezierende H ä m a t o m k ö n n e n die A b g ä n g e der aus der Aorta entspring e n d e n Arterien eingeengt werden. W e i t e r e K o m p l i k a t i o n e n sind die R u p t u r ( H e r z b e u t e l t a m p o n a d e ) , V e r b l u t u n g in die linke P l e u r a h ö h l e . D e Bakey u n t e r s c h e i d e t 3 Typen: (Abb. 22-48).
Typ II
Typ III
Abb. 22-48 Aortendissektions-Klassifikation nach Debakey. Die Typen I und II entspringen im Bereich der Aorta ascendens, wobei sich Typ II über den Bogen in die deszendierende Aorta fortsetzt. Typ III beginnt jenseits des Ursprungs der A.subclavia sinistra.
Ätiologisch stehen degenerative M e d i a e r k r a n k u n g e n u n d eine arterielle Hypertonie im V o r d e r g r u n d . Der I n t i m a e i n r i ß k a n n a u c h ü b e r einen a t h e r o m a tösen P l a q u e oder n a c h T h o r a x t r a u m a erfolgen. Es erkranken vorwiegend M ä n n e r im 5 . - 7 . L e b e n s j a h r z e h n t . Typisch ist der schwere T h o r a x s c h m e r z . Bei d e n T y p e n I u n d II f i n d e t sich in 50 % zusätzlich eine A o r t e n k l a p p e n i n suffizienz. Die exakte Diagnose hinsichtlich des Ursprungs der Dissektion u n d ihrer A u s d e h n u n g k a n n n u r d u r c h aortale A n g i o g r a p h i e gestellt werden. Diagnostische Hinweise ergeben sich aus der T h o r a x ü b e r s i c h t a u f n a h m e u n d dem Computertomogramm. O h n e gezielte T h e r a p i e sterben etwa 25 % der P a t i e n t e n i n n e r h a l b von 24 h n a c h akuter Dissektion; die A b s t e r b e r a t e n betragen ca. 50 % i n n e r h a l b einer W o c h e , 75 % i n n e r h a l b eines Monats, ü b e r 90 % i n n e r h a l b eines Jahres. Todesursache ist meist die R u p t u r . Therapeutisches Vorgehen: Bei A o r t e n d i s s e k t i o n wird im A k u t s t a d i u m zunächst der arterielle D r u c k auf systolische W e r t e zwischen 100 u n d 120 m m Hg gesenkt (ß-Rezeptorenblocker, N i t r o p r u s s i d n a t r i u m ) . I m stabilen Z u stand sollte (möglichst i n n e r h a l b von 6 h n a c h K l i n i k a u f n a h m e ) die definitive D i a g n o s e d u r c h A n g i o k a r d i o g r a p h i e gesichert werden. Eine chirurgische Indikation ergibt sich bei den Dissektionstypen I u n d II, bei A o r t e n i n s u f f i z i e n z , d r o h e n d e r R u p t u r oder Vergrößerung des d i s s e z i e r e n d e n H ä m a t o m s , bei V e r s c h l u ß des Ursprungs größerer Aortenäste, bei n a c h g e w i e s e n e m Blutaustritt in den H e r z b e u t e l oder in die linke P l e u r a h ö h l e u n d bei konservativ therapieresistenten Beschwerden u n d u n b e e i n f l u ß b a r e m arteriellem H y p e r t o n u s . Bei d e n Dissektionstypen I u n d II ist z u m e i s t der prothetische Ersatz des dissezierten S e g m e n t s zwischen A o r t e n w u r z e l u n d T r u n c u s b r a c h i o c e p h a l i c u s angezeigt. Der Dissektionskanal an der distalen A n a s t o m o s e zwischen Prothese u n d Aorta wird d u r c h e n t s p r e c h e n d e N a h t t e c h n i k verschlossen. Bei
Diagnostische Hinweise aus Thoraxübersichtsaufnahme und Computertomogramm.
Operationsindikation: Dissektionstypen I und II, Aorteninsuffizienz, drohender Ruptur oder Vergrößerung des Hämatoms, Verschluß größerer Aortenäste, Blutaustritt in den Herzbeutel, Blutaustritt in die linke Pleurahöhle, Konservative Therapieresistenz mit Beschwerden, unbeeinflußbarer Hypertonus. Therapeutisches Vorgehen Prothetischer Ersatz des dissezierten Segments. Verschluß des Dissektionskanals. Bei Aortenklappeninsuffizienz simultaner Klappenersatz, Implantierung der Koronararterien in die Gefäßprothesen. Operationsrisiko: 1 0 - 2 0 % .
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XXII. Thoraxchirurgie Aortenklappeninsuffizienz ist der simultane Klappenersatz angezeigt; die Koronararterien werden in die Gefäßprothese implantiert. Operationsrisiko des kombinierten Eingriffs 1 0 - 2 0 %, 5-Jahres-Überlebensraten etwa 50 %.
Herztumoren Man unterscheidet: - Perikardtumoren, - intramurale Tumoren, - intrakavitäre Tumoren. Primäre Tumoren zu ca. 70 % gutartig. Bösartige Herztumoren: häufigste Form myokardiale Sarkome.
Metastasierung in Mediastinum und Lunge. Vorhofmyxome können linke AV-Klappe verlegen und das Bild einer Stenose simulieren. Metastasen können Rhythmusstörungen hervorrufen. Diagnose durch: Phonokardiographie, Echokardiographie, Herzkatheteruntersuchung, Angiokardiographie. Chirurgische Therapie: es können Komplikationen auftreten: Klappenobstruktion, Embolisation, Arrhythmien. Daher: Entfernung aller gutartigen Tumore. Gute Prognose. Resektion ventrikulärer Tumoren schwieriger, da oft Verletzung von Papillarmuskeln und Koronararterien. Keine kurative Resektion bösartiger Tumoren möglich.
2.3.6 Herztumoren Man unterscheidet Perikardtumoren, intramurale und intrakavitäre T u m o ren (primäre T u m o r e n und Metastasen). Perikard- und Herzmetastasen werden im Z u s a m m e n h a n g mit nahezu allen malignen T u m o r e n beobachtet (Häufigkeit: 2 - 2 0 % bei Obduktion). Primäre Herztumoren sind zu etwa 70 % histologisch gutartig; sie können jedoch, ζ. B. durch massives Wachstum, klinisch erheblichen Krankheitswert erlangen. Bei etwa 50 % handelt es sich u m Myxome, echte Neoplasien, ausgehend von primitiven Endothelial- oder Subendothelialzellen im Bereich der Fossa ovalis. Deshalb findet m a n sie zu etwa 75 % auf der linken Seite des interatrialen Septums. Ferner gibt es Lipome, Angiome, Fibrome, Hamartome und Teratome, Rhabdomyome (vorwiegend im Säuglings- u n d Kindesalter). Bei den primären bösartigen Herztumoren stehen myokardiale Sarkome im Vordergrund. Sie können ins Mediastinum u n d in die Lunge metastasieren. Die klinischen Symptome sind von der Tumorlokalisation und -große abhängig. Vorhofmyxome bestehen aus sehr zerreißlichem Material und können embolisieren; ferner können sie die rechte oder linke AV-Klappe verlegen und das Bild einer Stenose simulieren. Andere Tumoren, insbesondere maligne Metastasen, können durch Rhythmusstörungen (supraventrikuläre Tachykardien; Erregungsausbreitungsstörungen) auffällig werden. Diagnose durch Phonokardiographie, Echokardiographie und Herzkatheteruntersuchung mit Angiokardiographie. Alle gutartigen Tumore sollten, je nach Lage mit oder ohne Herz-Lungen-Maschine, entfernt werden, da sie durch Klappenobstruktion, Embolisation oder Arrhythmien potentiell lebensbedrohliche Komplikationen verursachen können. Die meisten dieser Eingriffe beziehen sich auf Vorhofmyxome. Ergebnisse und postoperative Prognose sind gut. Die Resektion ventrikulärer T u m o r e n kann schwieriger sein; in m a n c h e n Fällen lassen sich Verletzungen von Papillarmuskeln, spezifischer Muskulatur u n d Koronararterien nicht vermeiden. Bösartige Tumoren lassen sich in der Regel nicht kurativ
resezieren.
Perikarderkrankungen Beeinträchtigung der Hämodynamik durch Ergußbildung oder Konstriktion.
2.3.7 Perikarderkrankungen
Toleranz bis zu 3 I. Folge: Behinderung der Ventrikelfüllung durch Tamponade —» Erhöhung der Füllungsdrücke —» Druckanstieg in den Vorhöfen —»Verkleinerung des Schlagvolumens. Abnahme der Druckamplitude und des arteriellen Drucks möglich. Abgeschwächte Auskultationsphänomene durch Erguß (Beck-Trias) steigender zentralvenöser Druck, fallender arterieller Druck, leises Herz).
Bei schneller Flüssigkeitsansammlung können schon 2 0 0 - 3 0 0 ml Symptome der Einflußstauung hervorrufen, bei langsamer Entwicklung 2 - 3 1 toleriert werden. Durch die T a m p o n a d e ist die Ventrikelfüllung behindert, während die Konstriktion ungestört ablaufen kann. Es kommt zu einer Erhöhung der Füllungsdrücke, zum Druckanstieg in den Vorhöfen und zu einer Verkleinerung des Schlagvolumens. Der arterielle Druck und die Druckamplitude können a b n e h m e n , und durch den Erguß werden die Auskultationsphänomene abgeschwächt (Beck-Trias: steigender zentralvenöser Druck, fallender arterieller Druck, „leises Herz").
Perikarderkrankungen gewinnen dann chirurgische Bedeutung, wenn sie durch Ergußbildung oder Konstriktion (narbige Schrumpfungen) die Hämodynamik beeinträchtigen. In diesem Sinn spielen die akute Perikarditis (viral, bakteriell, tuberkulös, rheumatisch, hämorrhagisch, urämisch), das Hämoperikard (ζ. B. traumatisch) und die chronisch konstriktive Perikarditis (Panzerherz) als postentzündliche Spätreaktion eine Rolle.
Herz- und herznahe Gefäße Kardinalsymptom der z u n e h m e n d e n Herzbeuteltamponade ist die Einflußstauung (aufgetriebene, prall gefüllte Halsvenen). Es besteht Dyspnoe und meist Sinustachykardie. Im EKG findet sich eine Niedervoltage. Die Diagnose kann neben der Klinik durch Thorax-Röntgenaufnahme und Echokardiographie gesichert werden. Bei der Perikarditis constrictiva sind beide Herzbeutelblätter narbig-fibrös miteinander verschmolzen; ζ. T. finden sich Kalkeinlagerungen (Pericarditis constrictiva calcarea). In der Regel sind beide Ventrikelareale betroffen. Zu einer Behinderung der Füllung kann auch die Kontraktion durch derbe Verwachsungen zwischen Perikard und Myokard und z u n e h m e n d e myokardiale Atrophie beeinträchtigt sein. Durch die chronische Druckbelastung der Vorhöfe tritt bei / 3 der Patienten Vorhofflimmern auf. Im Röntgenbild sind häufig umschriebene oder spangenförmige Verkalkungen sichtbar. Die Herzkatheteruntersuchung ergibt erhöhte Drücke in den Vorhöfen und Ventrikeln. Typisch ist das sog. „Dip-Plat e a u - P h ä n o m e n " in der Ventrikeldruckkurve (Dehnbarkeitsverlust der Ventrikel). Therapie: Bei der konstriktiven Perikarditis ist zunächst eine konservative Behandlung mit Digitalispräparaten, Diuretika, evtl. Aldosteronantagonisten angezeigt. Bei stärkerer hämodynamischer Einschränkung stellt sich die Indikation zur chirurgischen Dekortikation mit Teil-Perikardektomie. In der Regel kann eine völlige Wiederherstellung der Ventrikelfunktion erreicht werden. Die Operationssterblichkeit liegt unter 5 %. Eine inkomplette Dekortikation führt zu unbefriedigenden Ergebnissen. Die Perikardtamponade kann durch Herzbeutelpunktion entlastet werden. Bei mangelhafter Entlastung (ζ. B. wegen gekammerter Ergüsse), rasch wiederkehrender Ergußbildung und purulenten und hämorrhagischen Ergüssen sollte der Herzbeutel, meist über einen subxiphoidalen Zugang (Pericardiomia inferior), drainiert werden. Alternativ, insbesondere bei chronisch-rezidivierenden Ergüssen, kann eine Abflußmöglichkeit durch Fensterung des Herzbeutels in Richtung linke Pleurahöhle (mit eventueller Pleuradrainage) geschaffen werden. Der häufigste „Herzbeuteltumor" ist die Perikardzyste. Jede Perikardzyste sollte entfernt werden, nicht zuletzt um histologisch das Vorliegen einer malignen Erkrankung ausschließen zu können.
2.3.8 Lungenarterienembolie (s. auch S. 115) Epidemiologie, Klinik: Insbesondere in der frühpostoperativen Phase nach allgemeinchirurgischen Eingriffen können Patienten durch Auftreten von Lungenarterienembolien bedroht sein. Man unterscheidet fulminante (akut tödliche) Embolien, massive Embolien (Verlegung der linken oder rechten PA bzw. mehrerer Lappenarterien), kleinere Embolien (Verlegung von Segmentarterien) und multiple, rezidivierende Mikroembolien (Verlegung von peripheren PAÄsten). Die Gesamtzahl der jährlichen Todesfälle durch Lungenembolie für die BRD wird auf 1 0 0 0 0 - 2 0 000 geschätzt. Herkunft der Thromboembolie ist überwiegend der Bein- und Beckenbereich. Leitsymptome f ü r die massive Lungenembolie plötzliche Dyspnoe, durch Nitropräparate unbeeinflußbare pektanginöse Beschwerden und (in schweren Fällen) die progrediente oder akute Entwicklung eines Schockzustandes. Pathophysiologisch bedeutsame Faktoren sind die akute Gasaustauschbehinderung u n d die akute hämodynamische Belastung des rechten Ventrikels mit den möglichen Folgen der Rechtsdekompensation.
379 Hauptsymptom: Einflußstauung (aufgetriebene, prall gefüllte Halsvenen), ferner: - Dyspnoe, - Sinustachykardie, - Vorhofflimmern. Herzkatheteruntersuchung: erhöhte Drücke in Vorhöfen und Ventrikeln. Perikarditis constrictiva: Verschmelzung beider Herzbeutelblätter, ζ. T. Kalkeinlagerung.
Röntgenbild: spangenförmige Verkalkungen.
Therapie: bei konstriktiver Perikarditis konservative Behandlung mit: Digitalis, Diuretika, evtl. Aldosteronantagonisten. starker hämodynamischer Einschränkung: operative Behandlung: Dekortikation mit Perikardektomie, völlige Wiederherstellung der Ventrikelfunktion. Operationsletalität: unter 5 %. Perikardtamponade: Entlastung durch Herzbeutelpunktion oder: Fensterung des Herzbeutels in Richtung linke Pleurahöhle.
Lungenarterienembolie Bedrohung nach chirurgischen Eingriffen. Man unterscheidet: - fulminante Embolien (akut tödlich), - massive Embolien (Verlegung der PA oder mehrerer Lappenarterien), - kleinere Embolien (Verlegung von Segmentarterien), - multiple, rezidivierende Mikroembolien (Verlegung von peripheren PA-Ästen).
Leitsymptome: plötzliche Dyspnoe, pektanginöse Beschwerden (unbeeinflußbar), Schockzustand.
380 Diagnostik: - Röntgen-Thorax (Westermark-Zeichen), - EKG (akute Rechtsbelastung), - Blutgasanalyse, - Lungenszintigraphie, - Rechtsherzkatheterisierung bei Erhöhung des rechtsventrikulären Druckes. Sicherung der Diagnose: - Pulmonalis-Angiographie.
Indikation zur Operation: - Verlegung von 50 % des proximalen PASystems, - Erhöhung des PA-Mitteldruckes (bis 40 mm Hg), - klinischer Schockzustand ohne Besserung, - Kontraindikation für Antikoagulations- und Lysetherapie, - rezidivierende Embolie, - septische Embolie. Therapie: Pulmonalis-Embolektomie mit Hilfe der extrakorporalen Zirkulation.
Durchführung der Operation: Inzision der A. pulmonalis —»Ausräumung der Embolie. Extrakorporale Zirkulation. Rezidivprophylaxe —»Ausräumung von Thromben im Beckenbereich. Operationsletalität: 20-50%. Verletzungen von Herz und herznahen Gefäßen man unterscheidet: - geschlossene Verletzungen (stumpfes Thoraxtrauma), - offene Verletzungen (penetrierendes Thoraxtrauma).
Herzkontusion jede Herzverletzung durch stumpfe Gewalt.
Diagnostische Hinweise: präkordiale Schmerzen, Perikardreiben, Herzinsuffizienzzeichen, EKG-Veränderung, Erhöhung der CKMB während der ersten 3 posttraumatischen Tage.
XXII. Thoraxchirurgie Diagnostische Hinweise ergeben sich neben der Klinik aus: - der Röntgen-Thoraxübersicht (Westermark-Zeichen), - dem EKG (akute Rechtsbelastung), - der Blutgasanalyse, - bedingt aus der Lungenszintigraphie und - der Rechtsherzkatheterisierung (Erhöhung des rechtsventrikulären Drucks); gesichert werden kann die Pulmonararterienembolie nur durch selektive Pulmonalis-Angiographie. Bei massiver Lungenembolie versterben ohne gezielte Therapie etwa % der Patienten innerhalb von 30 m i n nach Embolieereignis; nur etwa 20 % überleben mehr als 2 h. Therapie: In den meisten Fällen von fulminanter oder massiver Lungenembolie sind zunächst Reanimationsmaßnahmen, evtl. auch eine „Not-Embolektomie" der Pulmonalarterie ohne vorherige invasive Diagnostik angezeigt. Normalerweise besteht die Indikation zur Operation bei: 1. angiographisch gesicherter Diagnose und Verlegung von über 50% des proximalen PA-Systems, 2. Erhöhung des PA-Mitteldrucks auf 3 0 - 4 0 m m Hg, 3. klinischem Schockzustand ohne Besserungstendenz, 4. Kontraindikationen für eine Antikoagulations- und Lysetherapie, 5. rezidivierenden Embolien unter Antikoagulation mit nachfolgendem pulm o n a l e m Hochdruck und 6. septische Embolien. Das Prinzip der pulmonalen Embolektomie geht auf Trendelenburg zurück; heute wird die Operation mit Hilfe der extrakorporalen Zirkulation durchgeführt: Inzision der A. pulmonalis und A u s r ä u m u n g der Embolie. Zur Rezidivprophylaxe A u s r ä u m u n g der T h r o m b e n im Beckenbereich oder Ligatur der V. cava inferior, Antikoagulanzien möglich. OP-Risiko 2 0 - 5 0 %. Bei nicht foudroyantem Verlauf kann alternativ zur Operation mit ähnlichen Frühergebnissen eine Lysetherapie (Streptokinase, Urokinase) durchgeführt werden: Die Spätergebnisse (unvollständige Lyse mit Restverschlüssen von PA-Ästen, Infektion, chroniches Cor pulmonale) scheinen jedoch ungünstiger zu sein.
2.3.9 Verletzungen von Herz und herznahen Gefäßen (s. Kapitel X X I I . / I . Thoraxverletzungen) Man unterscheidet „geschlossene" (stumpfes Thoraxtrauma) und „offene" Verletzungen (penetrierendes Thoraxtrauma). Die Häufigkeit einer Herzschädigung beim stumpfen Thoraxtrauma liegt zwischen 10 und 15 %; meist finden sich Begleitverletzungen im Bereich der Thoraxwand (Sternumfraktur, Rippen(serien)frakturen, Mediastinalhämatom); wesentliche äußere Verletzungshinweise können auch fehlen. In der Regel handelt es sich u m Kompressions-(„Steuerradverletzung") oder Dezelerationstraumen (Sturz aus großer Hohe).
2.3.9.1 Herzkontusion Als contusio cordis bezeichnet m a n jede Herzverletzung durch stumpfe Gewalt, die nicht mit primären Herzwandrupturen oder Schädigungen intrakardialer Strukturen einhergeht. Pathomorphologisch finden sich subepi- und endokardiale Blutungen, Kontusionsherde, Epikardeinrisse, umschriebene Myokardschädigungen. Diagnostische Hinweise sind: präkordiale Schmerzen, Perikardreiben, Herzinsuffizienzzeichen, EKG-Veränderungen (Rhythmus- und Erregungsleitungsstörungen, Repolarisationsstörungen vom Innen- oder Außenschichttyp), Erhöhung der CKMB während der ersten 3 posttraumatischen Tage, später der LDH,- und LDH 2 -Isoenzyme. Das Thorax-Röntgenbild ist unspezifisch.
Herz- und herznahe Gefäße
381
Der Verlauf ist meist komplikationslos, die Prognose o h n e spezifische T h e r a pie gut. D e n n o c h ist eine I n t e n s i v ü b e r w a c h u n g m i t täglicher EKG-Registrierung nötig, u m eventuelle K o m p l i k a t i o n e n ( R h y t h m u s s t ö r u n g e n , Perikarderguß m i t T a m p o n a d e , S p ä t r u p t u r e n ) rechtzeitig e r k e n n e n u n d b e h a n d e l n zu können.
Unspezifisches Röntgen-Thoraxbild. Intensivüberwachung nötig.
2.3.9.2 Herzwandrupturen
Herzwand rupturen nach stumpfen Thoraxtraumen betreffen Ventrikel und Vorhöfe. Große Rupturen im Ventrikelbereich immer tödlich, durch: Herzbeuteltamponade oder Verblutung.
H e r z w a n d r u p t u r e n n a c h s t u m p f e n T h o r a x t r a u m e n b e t r e f f e n zu etwa gleichen Teilen Ventrikel u n d Vorhöfe, wobei der linke Vorhof wegen seiner „ges c h ü t z t e n Lage" etwas seltener verletzt wird. Direkt mit d e m Unfallereignis a u f t r e t e n d e große Rupturen im Bereich der Ventrikel verlaufen so gut wie immer tödlich; T o d e s u r s a c h e n sind H e r z b e u t e l t a m p o n a d e oder V e r b l u t u n g (bei gleichzeitigen Perikardeinrissen m i t A b f l u ß m ö g l i c h k e i t in den P l e u r a r a u m ) . Bei V o r h o f r u p t u r e n ist die Prognose besser. H e r z w a n d r u p t u r e n k ö n n e n a u c h Tage bis W o c h e n n a c h d e m T r a u m a m a n i f e s t werden (primär gedeckte R u p tur, s e k u n d ä r e R u p t u r nach c o n t u s i o cordis). Das klinische Bild wird i m m e r d u r c h die P e r i k a r d t a m p o n a d e beherrscht; der H e r z s c h a t t e n im T h o r a x r ö n t g e n b i l d m u ß bei der a k u t e n T a m p o n a d e nicht wesentlich verbreitert sein.
Klinisches Bild: Perikardtamponade.
Bei V e r d a c h t auf eine H e r z w a n d r u p t u r ist die dringliche Operation die T h e r a pie der Wahl.
Therapie der Wahl: Operation.
2.3.9.3 Septumdefekte
Septumdefekt bedeutsam nur Ruptur des interventrikulären Septums.
Klinische B e d e u t u n g h a b e n praktisch n u r Rupturen des interventrikulären Septums. W i e die H e r z w a n d r u p t u r k a n n der t r a u m a t i s c h e V S D primär oder sek u n d ä r („zweizeitig") auftreten. Der Krankheitswert hängt von der G r ö ß e des Defekts u n d des akut a u f t r e t e n d e n L i n k s - R e c h t s - S h u n t s ab. Diagnostische Hinweise ergeben sich aus d e m Vorliegen eines b a n d f ö r m i g e n systolischen G e r ä u s c h e s über d e m E r b - P u n k t u n d den Z e i c h e n der eventuellen a k u t e n L i n k s i n s u f f i z i e n z ; die Diagnose wird d u r c h Herzkatheteruntersuchung gesichert, in N o t s i t u a t i o n e n mit d r i n g e n d e r O p e r a t i o n s i n d i k a t i o n k a n n a u c h die E c h o k a r d i o g r a p h i e a u s r e i c h e n d e I n f o r m a t i o n e n geben. Falls eine schwere therapieresistente H e r z i n s u f f i z i e n z die Operation nicht dringlich e r s c h e i n e n läßt, sollte der Eingriff (VSD-Verschluß) elektiv 2 - 3 M o n a t e n a c h d e m Unfall erfolgen.
Diagnostische Hinweise: bandförmiges systolisches Geräusch über dem Erb-Punkt, Zeichen der akuten Linksinsuffizienz. Sicherung der Diagnose: Herzkatheter. Operative Therapie: VSD-Verschluß elektiv 2 - 3 Monate nach Unfall. Spontanverschlüsse möglich.
Spontanverschlüsse t r a u m a t i s c h e r V e n t r i k e l s e p t u m d e f e k t e sind b e k a n n t .
2.3.9.4 Herzklappenverletzungen Aortenklappe, Mitralklappe u n d Tricuspidalklappe sind a m häufigsten, die Pulm o n a l k l a p p e so gut wie nie betroffen. A n der A o r t e n k l a p p e k o m m t es meist zu Einrissen im Bereich der S e m i l u n a r k l a p p e n , bei d e n A V - K l a p p e n wird h ä u f i g e r der T e n s o r a p p a r a t (Chordae t e n d i n e a e , Papillarmuskeln) geschädigt. Bei b e i d e n V e r l e t z u n g s m e c h a n i s m e n resultiert in der Regel eine Klappeninsuffizienz. Zur e x a k t e n D i a g n o s t i k ist eine Herzkatheteruntersuchung nötig. Die Indikation zur Operation (Klappenrekonstruktion, Klappenersatz) ist meist nicht dringlich; sie richtet sich n a c h d e m A u s m a ß der K l a p p e n s c h ä d i g u n g u n d d e m klinischen Verlauf.
2.3.9.5 Aortenruptur T r a u m a t i s c h e A o r t e n r u p t u r e n sind zu etwa 90 % im „Isthmusbereich" (zwischen U r s p r u n g der A. subclavia sinistra u n d L i g a m e n t u m arteriosum) lokalisiert, etwa 5 % f i n d e n sich intraperikardial im Bereich der Aorta a s c e n d e n s o b e r h a l b der K l a p p e n e b e n e . R u p t u r e n im A o r t e n b o g e n u n d an der deszend i e r e n d e n Aorta sind Raritäten. Bei etwa 15 % aller tödlich v e r l a u f e n d e n Verkehrsunfälle liegt eine A o r t e n r u p t u r vor; 8 0 - 9 0 % dieser P a t i e n t e n ver-
Herzklappenverletzung betroffen sind: - Aortenklappe, - Mitralklappe, - Tricuspidalklappe. Folge: Klappeninsuffizienz.
Diagnostik: Herzkatheter. Operative Therapie: - Klappenrekonstruktion, - Klappenersatz. Aortenruptur bevorzugte Lokalisation: Isthmusbereich.
382
Klinisches Bild: uncharakteristisch, ferner verbreitertes Mediastinum, Verdrängung von Mediastinalorganen, Hämothorax links, Perikardtamponade, evtl. Blutdruckdifferenzen zwischen beiden Armen und oberer und unterer Körperhälfte. Definitive Diagnose: Aortographie.
Operative Therapie: postero-laterale Thorakotomie links —»Versorgung mit Gefäßprothese. Im Bereich der aszendierenden Aorta: mit Hilfe der extrakorporalen Zirkulation. Gefürchtete Komplikation: Paraplegie.
Kleine penetrierende Herzwunden: spontane Abdichtung und Ausheilung. Schwere Herzverletzungen: hypovolämischer Schock, Herzbeuteltamponade. In Notfällen: Schockbehandlung, evtl. Thoraxdrainage, sofortige Operation. Fremdkörper erst entfernen, wenn Herzbeutel eröffnet ist.
Herztransplantation Indikation: Terminalstadium von Herzerkrankungen (vornehmlich: KHK, Kardiomyopathien).
Indikationskriterien:
XXII. Thoraxchirurgie sterben am Unfallort oder auf dem Transport; nur 1 0 - 2 0 % erreichen die Klinik lebend. Das klinische Bild ist uncharakteristisch, Verdacht bei verbreitertem Mediastinum, Verdrängung von Mediastinalorganen; Hämatothorax links. Bei Blutaustritt in den Herzbeutel Periakardtamponade. Je nach Ausbildung des H ä m a t o m s im Isthmusbereich kann eine Blutdruckdifferenz zwischen beiden Armen und auch zwischen oberer und unterer Körperhälfte festgestellt werden (Pseudokoarktationssyndrom). Die definitive Diagnose kann nur durch Aortographie gestellt werden. Die Operationsindikation ist dringlich. R u p t u r e n im Isthmusbereich werden über eine postero-laterale Thorakotomie links dargestellt und evtl. unter Zuhilfenahme einer Gefäßprothese versorgt. Die gefürchtetste Komplikation ist eine Paraplegie durch ischämische Schädigung des Rückenmarks. Die ätiologischen M e c h a n i s m e n dieser Komplikation sind jedoch noch nicht eindeutig geklärt. Rupturen im Bereich der aszendierenden Aorta (Zugang: mediane Sternotomie) können nur mit Hilfe der extrakorporalen Zirkulation operiert werden. Bei penetrierenden Herzwandverletzungen (Schuß-, Stichverletzungen) tritt in etwa 70 % der Fälle der Tod vor K l i n i k a u f n a h m e ein. Mit einer Häufigkeit von ca. 80 % liegen Ventrikelverletzungen vor; 20 % betreffen die Vorhöfe; Koronararterien oder intrakardiale Strukturen sind selten beteiligt. Kleine penetrierende Herzwunden können sich spontan abdichten und ausheilen, insbesondere wenn das Niederdrucksystem betroffen ist. Patienten mit schweren Herzverletzungen erscheinen unter dem klinischen Bild des hypovolämischen Schocks oder der Herzbeuteltamponade. In der Notsituation ist folgendes Vorgehen angezeigt: 1. Schockbehandlung, 2. bei Vorliegen eines Hämato- und Pneumothorax Einlegen von Thoraxdrainagen, 3. sofortige Operation mit dem Ziel, die Herzverletzung zu versorgen; dabei werden im Herzen steckende Fremdkörper (ζ. B. Messer) erst entfernt, wenn der Herzbeutel eröffnet ist, da sie evtl. die Herzwunde verschließen. Bei Patienten, welche eine geschlossene oder penetrierende Herzverletzung im Bereich des linken Ventrikels ohne Operation überlebt haben, können sich als Spätfolge echte oder falsche Herzwandaneurysmen ausbilden. Als Spätkomplikationen von Aortenverletzungen werden posttraumatische Aneurysmen beobachtet, nach penetrierenden Verletzungen arterio-venöse Fisteln.
2.3.10 Herztransplantation (s. Kapitel XVI. Transplantationschirurgie) Indikationen: Die Mehrzahl der Patienten, die für die Herztransplantation in Frage k o m m e n , befinden sich im Terminalstadium einer ischämischen Herzerkrankung (koronare Herzerkrankung) (46 %) oder einer kongestiven Kardiomyopathie (45 %). Es bestehen folgende Indikationskriterien:
• Klinischer Schweregrad IV (NYHA) bzw. eine geschätzte Lebenserwartung von weniger als 6 Monaten, • der Patient sollte nicht jünger als 15 Jahre und nicht älter als 50 Jahre sein • er m u ß bis auf seine „end-stage" Herzerkrankung gesund, kooperativ und emotional stabil sein.
Herz- und herznahe Gefäße
383
Kontraindikationen: Systemische Erkrankungen (ζ. B. insulinpflichtiger Diabetes mellitus), aktive Infektionen, pulmonaler Hochdruck, eingeschränkte Nierenfunktion, ZNS-Erkrankungen, Fettleibigkeit, chronischer Alkohol- und/oder Drogenabusus, psychiatrische Erkrankungen. Alle Patienten, welche nach den genannten Kriterien in das Stanford-Transplantationsprogramm aufgenommen wurden, jedoch nicht operiert werden konnten (ζ. B. mangels eines geeigneten Spenderherzens), verstarben innerhalb von 9 Monaten (Abb. 22-49). Als Herzspender kommen jüngere (nach Möglichkeit unter 35 Jahre) herzgesunde Individuen in Betracht. Zwischen Spender und Empfänger muß die Blutgruppe übereinstimmen; ferner sind präformierte Antikörper gegen die Spenderlymphozyten im Empfängerserum auszuschließen.
Überlebensraten (%) 100 r
\
\ 80 '
N s
-
Transplantiert 60
40
20 J Nicht transplantiert
Jahre
1
Abb.22-49 Überlebenskurve von Patienten nach Herztransplantation. Ein-JahresÜberlebensrate: 80%, 5-Jahres-Überlebensrate: etwa 50%. Patienten, bei welchen die Indikation zur Transplantation gestellt wurde, die aber nicht operiert werden konnten, haben eine hoch signifikant schlechtere Prognose (nach Jamieson et al.: Heart Transplantation, Vol. II, No. 1, November 1982)
Abb. 22-50 Skizze des Operationssitus nach Entfernung des erkrankten Herzens; Vorhöfe (RA, LA) und große Arterien (Ao, PA) sind belassen. VCS V.cava superior VCI V.cava inferior
Abb. 22-51 Skizze des Operationssitus nach vollen deter Herztransplantation mit Darstellung der Anastomosen im Bereich der Vorhöfe und der großen Arterien
Erfolgskriterien: - Alter des Spenders möglichst unter 35 Jahre, - herzgesund, - Blutgruppenübereinstimmung, - keine präformierten Antikörper gegen Spenderlymphozyten beim Empfänger.
XXII. Thoraxchirurgie
384 Operatives Vorgehen: Mediane Sternotomie —» Entfernung des kranken Herzens. Vorhöfe und Arterien belassen (Abb. 22-50 und 22-51) -»Implantation des Spenderherzens. 1-Jahres-Überlebensrate: 80% 5-Jahres-Überlebensrate: 50%
Operatives Vorgehen: Zugang: Mediane Sternotomie. Das erkrankte Herz des Empfängers wird entfernt, wobei die Vorhöfe und großen Arterien belassen werden (Abb. 22-50); das entsprechend vorbereitete Spenderherz wird in diesen Situs implantiert (Abb. 22-51). Das Operationsrisiko der Herztransplantation hat in den letzten Jahren beträchtlich abgenommen. Die gegenwärtigen 1-Jahres-Überlebensraten liegen bei 80 %, die 5-Jahres-Überlebensraten bei 50 % (s. Abb. 22-49).
Literatur Bayer, O., Loogen, F., Wolter, Η. H.: Die Herzkatheterisierung bei angeborenen und erworbenen Herzfehlern. Thieme, Stuttgart 1967 Braunwald, E.: Heart Disease (A Textbook of Cardiovascular Medicine). W. Β. Saunders Company, Philadelphia 1980 Keith, J. D., Rowe, R. D., Vlad, P.: Heart Disease in Infancy and Chilhood. Macmillan Publishing Co., Inc., New York 1978 Sabiston, D. C., Spencer, F. C.: Gibbon's Surgery of the Chest (Fourth Edition). W. B. Saunders Company, Philadelphia 1983 Urbaszek, W., Modersohn, D.: Funktionsdiagnostik des Herzens. Enke, Stuttgart 1983
XXIII. Gefäßchirurgie
XXIII. Gefäßchirurgie
Α. Hirner, R. Häring
Die Gefäßchirurgie behandelt Erkrankungen der Arterien, Venen und Lymphgefäße. Aus sozialmedizinischer Sicht kommt der Chirurgie der Varikosis, des embolischen Gefäßverschlusses und der durch Arteriosklerose verursachten chronischen arteriellen Verschlußkrankheit (AVK) die größte Bedeutung zu. Die AVK unterteilt sich in die oblitierende (Gefäßverschluß) und dilatierende Arteriopathie (Aneurysma).
Behandelt Erkrankungen der - Arterien, - Venen, - Lymphgefäße. Wichtigste Erkrankung: chronische arterielle Verschlußkrankheit (AVK).
1. Allgemeine Gesichtspunkte der arteriellen Verschlußkrankheit
1. Allgemeine Gesichtspunkte der arteriellen Verschlußkrankheit
1.1 Epidemiologie In zivilisierten Ländern ist die arterielle Verschlußkrankheit die wichtigste Volkskrankheit und ab dem 40. Lebensjahr mit Abstand die häufigste Todesund Morbiditätsursache: ischämischer Hirninfarkt, Herzinfarkt, periphere arterielle Embolien, Komplikationen aortaler Aneurysmen, Mesenterialinfarkt, chronische Verschlußprozesse der Becken- und Beinarterien und Amputatio-
1.2 Ätiologie, Pathogenese, pathologische Anatomie und Pathophysiologie 1.2.1 Chronische arterielle Verschlußkrankheit Die Alterung der Arterien ist physiologisch. Sie ist mit einem Elastizitätsverlust ohne Strombahneinengung verbunden und wird von Ratschow als Physiosklerose bezeichnet. Im Gegensatz dazu schließt die Pathosklerose alle degenerativen, entzündlichen, obliterierenden und dilatierenden Veränderungen ein. Für die Entstehung chronischer Arterienverschlüsse sind exogene (Zigarettenrauchen, Adipositas) und endogene Faktoren (Hypertonie, Diabetes mellitus, Hyperlipoproteinämie, Gicht) verantwortlich. Die Arteriosklerose ist ein nosologisch nicht einheitliches Krankheitsphänomen. Sie stellt einen morphologischen Symtomenkomplex dar.
Für die Pathosklerose sind exogene und endogene Faktoren verantwortlich.
Für ihre Ätiologie werden 2 Theorien diskutiert: 1. Die Verdickung der Intima mit Plaque-Bildung, Einlagerung von Cholesterin, ulzerösem Aufbruch der Gefäßwand und 2. die Anlagerung von Thromben durch Thrombozytenaggregation und zunehmende Einengung des Gefäßlumens. Bei jüngeren Menschen (juvenile Form, ungünstige Prognose) herrscht in der Intima eine zelluläre Proliferation vor. Eine weitere Sonderform ist die Mönckenberg- Mediaverkalkung (c?: $ = 3:1): steinharte Kalkeinlagerungen, oft spangenförmig („Gänsegurgel-Arterie") ohne Intimaverdickung mit offenem Lumen. Die Arteriosklerose hat ihre Prädilektionsorte. Befallen werden: • die großen Leitungsgefäße ( = Transportarterien, Abschnitt ohne größere Seitenäste, ζ. Β. A. femoralis superficialis),
Mögliche Ursachen: 1. Verdickung der Intima mit Plaquebildung, 2. Anlagerung der Thromben und zunehmende Einengung des Gefäßlumens.
Bevorzugte Lokalisation: - große Leitungsgefäße,
386
XXIII. Gefäßchirurgie dichothone Gefäßaufzweigungen, rechtwinklig abgehende Seitenäste, Versorgungsgefäße, Ausprägung von Kollateralkreisläufen.
Schnellere Entwicklung der Makroangiopathie bei Diabetes mellitus.
Durch Entzündungen verursachte Verschlußprozesse: - fibromuskuläre Hyperplasie, - Thrombangiitis obliterans, - Immunoangiopathien, - Angioneuropathien, - Vasomotionsstörungen.
• dichothone Gefäßaufzweigungen (ζ. B. Femoralis- oder Karotis-Bifurkation), • rechtwinklig abgehende Seitenäste (ζ. B. Nierenarterien, Koronararterien, Truncus coeliacus usw.). Wesentlich später werden die sog. • Versorgungsgefäße (Verteilerarterien, ζ. Β. A. profunda femoris, für Diabetes typisch) erfaßt. Da die Gefäßeinengung meist nur sehr langsam zunimmt, können sich leistungsfähige Kollateralgefäße (Autoregulation) entwickeln. Die Ausprägung eines solchen Kollateralkreislaufs ist abhängig von der Lokalisation und Ausdehnung des Verschlusses sowie von der Zeitdauer. Beim Diabetes mellitus wird eine Makro- und Mikroangiopathie unterschieden. Die Makroangiopathie entspricht der üblichen Arteriosklerose, entwickelt sich aber beim Zuckerkranken trotz optimaler Diabeteseinstellung schneller („Insulin like growth factor" für glatte Muskelzellen). Typisch für diese Stoffwechselerkrankungen ist die Mikroangiopathie: Zehennekrosen bei tastbaren Fußpulsen, oft kombiniert mit einer durch Polyneuropathie bedingten Sensibilitätsstörung (schmerzlose Zehennekrosen). Eine gute Diabeteseinstellung kann die Entwicklung der Mikroangiopathie verlangsamen. Knapp 10% der arteriellen Verschlußprozesse sind durch eine Entzündung verursacht: Fibromuskuläre Hyperplasie: segmentaler, meist nur kurzstreckiger Befall, bei Frauen im mittleren Alter vorkommend, bevorzugt an der Nierenarterie. Thrombangiitis obliterans (Μ. Winiwater Buerger): segmentäre und multilokulare, thrombosierende, chronische rezidivierende Entzündung der kleinen und mittelgroßen Beinarterien incl. der angrenzenden Venenabschnitte, besonders bei Männern unter 40 Jahren (starke Zigarettenraucher!). Immunoangiopathien bei Panateriitis nodosa (Extremitäten, Viszeral- und Zerebralarterien), Riesenzellarteriitis (Horton) oder anderen Gefäßläsionen sowie bei Kollagenose. Angioneuropathien (M. Raynaud) nehmen als nichtentzündliche (anfallsweise) Innervationsstörung eine Sonderstellung ein. Ausschließlich funktionelle, benigne, periphere Vasomotionsstörungen, wie Livedo reticularis, essentielle Akrozyanose oder Erythromegalien, haben weder eine gefäßchirurgische noch spezifisch angiologische Relevanz. Angeborene Gefäßerkrankungen, wie die Aortenisthmusstenose ( = Coarctatio aortae), sind relativ selten (s. auch S. 348). Die Isthmusstenose ist im Anfangsteil der Aorta thoracalis descendens lokalisiert, selten im Bereich der abdominellen Aorta. Die Inzidenz beträgt ca. 1:2 500 Autopsien bzw. 9 % aller angeborenen Herzmißbildungen. In 20 % ist sie mit einem offenen Ductus arteriosus kombiniert (s. Kapitel XXII. 12).
Arterielle Aneurysmen Entstehung durch dilatierende Arteriopathie. Verschiedene Formen: Aneurysma verum Erweiterung der gesamten Arterienwand. Gefäßwandschädigung durch Arterioskle-
Aneurysma dissecans Durch Intimaeinriß strömt Blut unter die Intima und spaltet Wandschichten der Arterie auf—» Doppellumen mit Überdehnung der äußeren Wand.
1.2.2 Arterielle Aneurysmen Sie entstehen auf dem Boden einer dilatierenden Arteriopathie, können nach Form, Ätiologie und Lokalisation klassifiziert werden. Aneurysma verum (echtes Aneurysma): Sack- oder spindelförmige Erweiterung der gesamten Arterienwand. Dabei ist die Gefäßwandschädigung meist durch Arteriosklerose, seltener durch unspezifische Arteriitiden, Lues und Medianekrosen bedingt. An der Innenwand des Aneurysma lagern sich zwiebelschalenförmig Thromben an, so daß vom normalen Lumen nur noch ein zentraler Kanal offen bleibt. Aneurysma dissecans: Initial ist die Intima oder Media (Arteriosklerose, Medionecrosis Erdheim-Gsell, Marfan-Syndrom, Entzündungen) geschädigt. Durch den Intimaeinriß wühlt sich das strömende Blut unter die Intima und spaltet die Wandschichten der Arterie nach distal hin auf ( = Dissektion). Auf diese Weise entsteht ein Doppellumen, u. U. vom Aortenbogen bis zur Aortenbifurkation reichend (s. Abb. 23-9), mit Überdehnung der äußeren
387
A l l g e m e i n e Gesichtspunkte der arteriellen Verschlußkrankheit W a n d ( R u p t u r g e f a h r ) u n d V e r s c h l u ß a b g e h e n d e r Seitenäste (sog. absteigendes I s c h ä m i s y n d r o m ) . A u c h ein W i e d e r e i n t r i t t des Blutstroms in das norm a l e G e f ä ß l u m e n ist d u r c h ein I n t i m a f e n s t e r möglich. A n e u r y s m a f a l s u m ( = A n e u r y s m a spurium): D u r c h ein „Leck" in der Arter i e n w a n d gelangt Blut n a c h extraversal u n d wird - bei e n t s p r e c h e n d e m G e g e n d r u c k - von einer bindegewebigen Kapsel begrenzt. Solche „Lecks" ents t e h e n entweder t r a u m a t i s c h n a c h perforierender V e r l e t z u n g oder (heute sehr viel häufiger) n a c h G e f ä ß o p e r a t i o n : entweder wegen zu weiter N a h t bzw. N a h t a u s r i ß ( = steriles falsches A.) oder zweizeitig n a c h I n f e k t i o n einer G e f ä ß a n a s t o m o s e m i t d a d u r c h bedingter A u f l ö s u n g des a b d i c h t e n d e n N a h t t h r o m b u s ( = infiziertes falsches A. = A. m y c o t i c u m ) .
Aneurysma falsum Durch Leck in der Arterienwand gelangt Blut extravasal und wird von bindegewebiger Kapsel begrenzt. Entstehung durch: - Trauma, - Nahtausriß, - zu weite Naht - Infektion nach Gefäßoperation.
1.2.3 A k u t e r G e f ä ß v e r s c h l u ß
Akuter Gefäßverschluß
Er ist verursacht d u r c h :
Ursache: - autochthone Thrombose, - Embolie.
• Autochthone Thrombose auf d e m Boden einer v o r b e s t e h e n d e n Arteriosklerose des G e f ä ß e s mit konsekutiver T h r o m b o s i e r u n g oder • Embolie von e i n e m E m b o l u s - S t r e u h e r d im linken H e r z e n (koronare Herzkrankheit, A r r h y t h m i e . H e r z w a n d a n e u r y s m a , s. a u c h S . 3 7 3 ) , • weitere U r s a c h e n s. S.396 .
1.3 S y m p t o m a t o l o g i e
Symptomatologie der AVK
Bei der arteriellen V e r s c h l u ß k r a n k h e i t hat ein jedes klinisches S y m p t o m seine pathophysiologische U r s a c h e in der lokalen I s c h ä m i e . Das Sauerstoffangebot ist f ü r die jeweils geforderte Leistung zu gering. Die klinische S y m p t o m a t o l o g i e ist je n a c h F u n k t i o n der Organe u n t e r s c h i e d lich: ζ. B. bei z e r e b r a l e m Kreislaufstillstand —» klinischer H i r n t o d , V e r s c h l u ß der Carotis i n t e r n a —»Hemiparese, A n g i n a a b d o m i n a l i s u n d D a r m g a n g r ä n oder bei V e r s c h l u ß der Becken- u n d Beinarterien —»Claudicatio, R u h e schmerz und Nekrosen.
Symptome durch lokale Ischämie ζ. B.: - Angina abdominalis, - Claudicatio, - Ruheschmerz, - Nekrosen.
Die b e g i n n e n d e S t e n o s i e r u n g des A r t e r i e n q u e r s c h n i t t s ( 3 0 - 7 0 %) zeigt weder in R u h e n o c h u n t e r Belastung eine h ä m o d y n a m i s c h e W i r k u n g . Bei sorgfältiger A u s k u l t a t i o n ist eine solche Stenose aber bereits hörbar (verä n d e r t e s S t r ö m u n g s v e r h a l t e n / T u r b u l e n z e n : poststenotische Dilatation!). Die ersten A u s w i r k u n g e n zeigen sich bei e i n e m Stenosegrad von 7 0 - 9 0 % u n t e r Belastung, u n d erst ab 90 % ist die periphere D u r c h b l u t u n g a u c h in R u h e vermindert. Es besteht keine b i n d e n d e Korrelation zwischen A u s m a ß der Stenosierung u n d Schwere der klinischen S y m p t o m a t i k (Kollateralen!). Weitere klinische L e i t s y m p t o m e sind: • Hypertension in der oberen u n d Hypotension in der u n t e r e n K ö r p e r h ä l f t e bei A o r t e n i s t h m u s s t e n o s e ; • Ruptur, periphere Ischämie u n d mechanische Verdrängungs- bzw. Kompressionssymptome bei A n e u r y s m a verum; • absteigendes Ischämiesyndrom bei thorakal b e g i n n e n d e r A o r t e n d i s s e k t i o n . Das A u s m a ß der d u r c h die lokale I s c h ä m i e b e d i n g t e n klinischen Ausfälle ist von f o l g e n d e n F a k t o r e n abhängig: E m p f i n d l i c h k e i t des jeweiligen Organs auf S a u e r s t o f f e n t z u g , Kollateralisation, Theologischer F l i e ß e i g e n s c h a f t des Blutes, P u m p l e i s t u n g des H e r z e n s , 0 2 - S ä t t i g u n g des Blutes.
Leitsymptome: - Hypertension (obere Körperhälfte), - Hypotension (untere Körperhälfte), - Ruptur, - periphere Ischämie, - Kompressionssymptome, - Ischämiesyndrom.
1.4 Diagnose und Differentialdiagnose
Diagnose und Differentialdiagnose bei AVK
1.4.1 K l i n i s c h - a n g i o l o g i s c h e 1.4.1.1 A n g i o l o g i s c h e
Untersuchung
Ruheuntersuchungen
Palpation der Arterienpulse: Eine der wichtigsten klinischen U n t e r s u c h u n gen. Lokalisation der Pulse S . A b b i l d u n g 23-1
Palpation der Arterienpulse: wichtigste klinische Untersuchung (Abb. 23-1).
388
XXIII. G e f ä ß c h i r u r g i e
A. temporalis superfic.
Carotis-Gabel
Α. carotis comm. A. subclavia A. axillaris A. brachialis A. renalis A. cubitalis Aorta abdominalis A. radialis A. ulnaris A. fem. comm. A. poplitea
Palpation
Auskultation
A. tib. post. A. dorsalis pedis
Abb.23-1 Klinisch-angiologische Untersuchung des arteriellen Gefäßsystems: Palpation und Auskultation der Pulse Auskultation der Stammarterien: pulssynchrone Geräusche (ab 70 % Stenosierung), je enger desto h o c h f r e q u e n t e r . Bei arterio-venösen Fisteln: Maschinengeräusch.
Blutdruckmessung an beiden Armen: Differenz systolisch v o n mehr als 30 m m Hg pathologisch. Rekapillarisierungszeit: nach D r u c k auf Fingernagel (Grenze 1 s) Zeitmessung bis Nagelbett w i e d e r rosig. Periphere Ischämiezeichen: - fehlende Venenfüllung, - kühle Hauttemperatur, - Blässe. Später: - Muskelrigidität, - Spannungsblasen, - blaue Ischämie, - Nekrosen,
Auskultation der Stammarterien (Abb. 23-1): Stenosebedingte, pulssynchrone Geräusche, ab 70%iger Stenosierung hörbar. Je enger die Stenose, desto hochfrequenter, d. h. schärfer das Gefäßgeräusch. Geräusche an den supraaortalen Gefäßen dürfen nicht mit fortgeleiteten Herzgeräuschen verwechselt werden (letztere werden zum Herzen hinaus lauter). Arterio-venöse Fisteln verursachen ein Maschinengeräusch mit Punctum maximum über dem Entstehungsort. Blutdruckmessung an beiden Armen: Eine systolische Blutdruckdifferenz von mehr als 30 m m Hg ist pathologisch. Rekapillarisierungszeit: Nach Druck auf den Fingernagel (Seitenvergleich!) wird die Zeitspanne gemessen, bis das Nagelbett wieder „rosig" wird: Ist die Zeitspanne länger als 1 s, ist der arterielle Einstrom pathologisch erniedrigt. Periphere Ischämiezeichen: Fehlende Venenfüllung (Zeichen des „trockenen Flußbetts"), kühle Hauttemperatur und Blässe. Bei fortgeschrittener Ischämie Muskelrigidität, Spannungsblasen und „blaue Ischämie" (globale, intravasale Gerinnung), Nekrosen (trockene Nekrose, Mumifikation, feuchte Gangrän), evtl. mit aszendierender Weichteilinfektion. Aneurysma: Pulssynchron pulsierende Tumoren. Infrarenale Aortenaneurysmen tastet man im Epigastrium.
- evtl. aszendierende W e i c h t e i l i n f e k t i o n . Belastungs- und Provokationstests Ratschow-Lagerungsprobe
Faustschlußprobe
Alien-Test
1.4.1.2 Belastungs- und Provokationstests Ratschow-Lagerungsprobe (Abb. 23-2): Der liegende Patient hebt beide Beine hoch und bewegt eine Minute lang die Füße im oberen Sprunggelenk. Dabei Messung der Zeit bis zur Weißfärbung der Fußsohle. Nach Herabhängenlassen der Beine wird die Zeit bis zur Auffüllung der Venen (maximal 1 0 - 1 5 s) und das Auftreten einer reaktiven Hyperämie - Gefäßweitstellung durch lokale Azidose - registriert. Faustschlußprobe: Der sitzende Patient hebt die Arme in die Höhe, öffnet und schließt die Hände zur Faust. Pathologischer Befund: Claudicatio der Armmuskulatur bei Stenose der A. subclavia lateral des Abgangs der A. vertebralis oder A.-basilaris-Insuffizienzzeichen bei Subclavian-Steal-Syndrom (Stenose der A. subclavia proximal des Abgangs der A. vertebralis). Allen-Test: A. ulnaris und A. radialis stehen über die Hohlhandbögen in
389
A l l g e m e i n e G e s i c h t s p u n k t e der arteriellen V e r s c h l u ß k r a n k h e i t
Auf-Abwärts-Bewegung im oberen Sprunggelenk, 1 Minute lang: • Blässe des Fußes? • Wadenschmerzen?
> Unterschenkel hängen lassen • Venenfuliung im Bereich des Fußes? • reaktive Hyperämie?
Abb.23-2 Ratschow-Lagerungsprobe der Beine (Erklärung s.Text)
Verbindung. Ist eine Arterie verschlossen und wird die zweite komprimiert, entfärbt sich die Hand, insbesondere bei gleichzeitigem rhythmischem Faustschluß. Adson-Test: Abduktion des Armes, Dorsalflexion und Drehen des Kopfes und aufrechte („militärische") Haltung: Beim Thoracic-outlet-Syndrom (s. S. 403) Verstärkung der Symptomatik; Zunahme der Schmerzen, Pulsverlust, aufgehobene Stenosegeräusche, Zunahme der venösen Stauung. Gehtest: Da die Angaben des Patienten meist unzuverlässig sind, ist eine Standardisierung der Gehstrecke notwendig. Mittels Metronom wird die Schrittfolge vorgegeben (2/s), bestimmt wird die relative Gehstrecke bis zum Eintreten erster Schmerzen und die absolute Gehstrecke bis zur Unmöglichkeit weiterzugehen. Der Test kann mit Hilfe eines Laufbandergometers noch exakter definiert werden. Kältetest: Durch Kälteexposition der Hände (fließendes Wasser) kann ein Raynaud-Phänomen ausgelöst werden.
Adson-Test
Gehtest
Kältetest
1.4.2 Klinische Z u s a t z u n t e r s u c h u n g e n Aus Gründen der Differentialdiagnose sind folgende klinische Zusatzuntersuchungen wichtig: die allgemeine körperliche Untersuchung, insbesondere von Herz und Lunge die orientierende neurologische Untersuchung, ζ. B. bei Thoracic-outletSyndrom (Differentialdiagnose: HWS-Syndrom oder Karpaltunnelsyndrom) und bei unklaren Beinschmerzen (Differentialdiagnose: Ischialgien) und die orientierende orthopädische Untersuchung, insbesondere bei unklaren Beinschmerzen (Differentialdiagnose: Arthrosen, Senk-, Spreizfüße usw.).
Klinische Zusatzuntersuchungen
1.4.3 A p p a r a t i v e U n t e r s u c h u n g e n
Apparative Untersuchungen
Bei guter klinisch-angiologischer Untersuchung kann auf apparative Untersuchungen eher verzichtet werden. Insbesondere ersetzt der UltraschallDoppler nicht die Pulsation! Die apparative Diagnostik hat ihre Priorität in der präoperativen Vorbereitung und in der postoperativen Verlaufsbeobachtung und sehr selten in der Indikationsstellung zum operativen Eingriff selbst.
Eingesetzt in der präoperativen Vorbereitung, in der postoperativen Verlaufsbeobachtung. Kein Ersatz für klinisch-angiologische Untersuchung.
XXIII. Gefäßchirurgie
390 Ultraschall-Doppler-Untersuchung (USD): Erkennung von extrakraniellen Gefäßläsionen. Beurteilung des Schweregrades von Extremitätenverletzungen.
Ultraschall-Doppler-Untersuchung (USD): Prinzip der Doppier-Untersuchung: Gebündelte Ultraschallwellen werden an einem fließenden und Korpuskel enthaltenden Medium nicht nur reflektiert, sondern auch - proportional zur Fließgeschwindigkeit - in ihrer Frequenz verändert. Diese Frequenzdifferenz liegt im hörbaren Bereich. Die Methode dient zur Früherkennung extrakranieller Gefäßläsionen (Stenosen, Strömungsumkehr usw.) und zur Beurteilung des Schweregrades von Extremitätenverschlüssen (Messung des postokklusiven Drucks der Fußarterien).
Ultraschall-Sonographie: bildgebendes Verfahren der oberflächlich liegenden Gefäße.
Ultraschall-Sonographie: Bildgebende Verfahren der oberflächlich liegenden Gefäße (ζ. B. Karotis- und Femoralis-Bifurkation) und besonders der Bauchaorta (Aortenaneurysma). Oszillographie: Registrierung von pulssynchronen Volumenveränderungen an entsprechenden Extremitätenabschnitten nach Anlage von Blutdruckmanschetten (der Pulspalpation nicht überlegen!).
Oszillographie: Registrierung von Volumenveränderungen. Venenverschluß-Plethysmographie: Registrierung der Volumenzunahme nach venöser Unterbrechung des Abflusses: Maß für den arteriellen Zufluß. Angiographie: Serienröntgenaufnahmen mit Kontrastmittelfüllung. Aussagen über - Gefäßverschlüsse, Kollateralkreislauf, - Ein- und Ausflußstrombahn, - lokale Operabilität, - operationstaktisches Vorgehen. Techniken der Angiographie: - direkte translumbale Punktion der Aorta, - indirekte Katheterangiographie, - digitale Subtraktionsangiographie.
Venenverschluß-Plethysmographie: Registrierung der Volumenzunahme des entsprechenden Extremitätenabschnittes nach Unterbrechung des venösen Abflusses als Maß für den arteriellen Zufluß. Semiquantitative, aber empfindliche Methode für wissenschaftliche Untersuchung und Gutachten, in der Routine überflüssig. Angiographie: Füllung des Gefäßsystems mit Röntgenkontrastmittel und Anfertigung von Serienaufnahmen. Notwendige Untersuchungen vor jeder Gefäßoperation mit der Fragestellung: Ausdehnung der Gefäßverschlüsse, Kollateralkreislauf, Beurteilung der Ein- und Ausflußstrombahn, lokale Operabilität und operationstaktisches Vorgehen.
Digitale Subtraktionsangiographie: Venöse Kontrastmittelfüllung. Geeignet für Verlaufskontrollen.
Verschiedene Techniken der Angiographie: - direkte translumbale Punktion der Aorta in Lokal- oder Allgemeinanästhesie; - indirekte Katheterangiographie nach Seidinger (Lokalanästhesie). Hierbei Punktion der A. femoralis bzw. A. axillaris, Vorschieben eines flexiblen Katheters, über welchen das Kontrastmittel in den gewünschten Gefäßabschnitt injiziert wird (selektive bzw. superselektive Angiographie). Strenge Indikationsstellung wegen nicht geringer Gefahren: Letalität bei Angiographie 0,01-0,16% (Infektion, anaphylaktischer Schock, Schlaganfall bei Zerebralisangiographie, Blutung, Gefäßwanddissektion). - Digitale Subtraktionsangiographie: keine arterielle, sondern venöse Kontrastmittelinjektion mit dem Nachteil ungenügender Bildschärfe, jedoch ausreichend für Verlaufskontrollen.
Therapie
1.5 Therapie
Konservative Therapie
Konservativ-angiologische, interventionelle radiologische Gefäßbehandlung und operative Therapieformen gehen bei vielen arteriellen Gefäßkrankheiten Hand in Hand.
Cave: Angiographie kann Komplikationen verursachen!
1.5.1 Konservative Therapie
Kardio-pulmonale Therapie: Verbesserung des Herzminutenvolumens und arteriellen P0 2 .
Therapie der Risikofaktoren: Diätetische Maßnahmen, exakte Medikamenteneinnahme.
Wichtig für die ambulante Behandlung der chronischen AVK sind die kardio-pulmonale Therapie, die Beeinflussung der Risikofaktoren und das Gehtraining. Kardio-pulmonale Therapie: Sie ist die Basis der konservativen Behandlung bei einer arteriellen Verschlußkrankheit. Beispiele: Verbesserung des Herzminutenvolumens führt zur Erhöhung der postokklusiven Perfusion, Verbesserung des arteriellen P 0 2 erhöht das postokklusive Sauerstoffangebot. Therapie der Risikofaktoren: Wichtig für die Langzeitprognose. Behandlung aller Risikofaktoren ist meist durch die negative Compliance der Patienten limitiert. Von Bedeutung sind: Kalorien, insbesondere fettarme Diät, Abgewöhnung
Allgemeine Gesichtspunkte der arteriellen Verschlußkrankheit des Zigarettenrauchens, exakte Medikamenteneinnahme bei Diabetes, Hypertonie, Hyperurikämie und Hyperlipoproteinämie. Gehtraining: Beim chronischen Verschluß der A. femoralis superficialis hat das in Gruppen durchgeführte, standardisierte Gehtraining signifikanten Wert. Zunahme der Kollateralisierung (über A. profunda femoris zu A. poplitea). Therapeutisches Prinzip ist die erzwungene Azidose der Unterschenkelmuskulatur mit konsekutiver Weitstellung der arteriellen Strombahn, d. h. reduziertem peripherem Widerstand. Das Gefäßtraining bringt die besten Ergebnisse bei gutem arteriellem Einstrom (palpabler Leistenpuls), freier A. profunda femoris und A. poplitea (ab Segment I). Therapie mit vasoaktiven Substanzen: Die Wirkung vasoaktiver Substanzen beruht auf einer Verbesserung der intrazellulären 0 2 -Utilisation und der Mikrozirkulation, als Zusatztherapie zum Gefäßtraining bewährt. Ausschließlich vasodilatierende Medikamente (Nikotinsäure-Derivate) sind wegen ihres Steal-Effektes in die gesunde Peripherie hinein kontraindiziert. Rheologische Maßnahmen: Nur stationär durchführbar. Ziel dieser Therapie ist eine Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes (besonders bei Polyglobulie, Exsikkose usw.). Dies ist zu erreichen durch Hämodilution (Aderlaß und Ersatz des Volumens mit Hydroxyäthylstärke, dabei Hb von 12 g°/o und Hkt von 30 % nicht unterschreiten!) und medikamentöse Sympathikusblockade, ζ. B. über Periduralkatheter. Vorbeugung thrombotischer Komplikationen (Abb. 23-3): Strömungsverlangsamung bzw. Kreislaufstillstand in einer Gefäßregion führt - zusammen mit einer Thrombozytenaggregation - zur arteriellen Thrombose. Typisches Beispiel ist der akute embolische Verschluß. Aufgrund der fehlenden Kollateralisation kommt es zu einer Stagnationsthrombose, dezendierend in das kapilläre Stromgebiet und aszendierend bis zum Abgang eines größeren Gefäßes.
aszendierende Thrombose roter Appositionsthrombus + speckiger Embolus Thromboembolie deszendierende Thrombose
Abb. 23-3 Deszendierende und aszendierende arterielle Thrombose beim akuten embolischen Verschluß im Bereich des Adduktorenkanals
Durch systemische Heparinisierung (initial als Bolus 5 0001. E. i. v., dann 1 0 0 0 - 1 500 I. E./h unter häufiger Gerinnungskontrolle) wird die Thrombose verhindert. Bei allen akuten arteriellen Verschlüssen ist die initiale Therapie mit Heparin wichtig, auch intra- und frühpostoperativ.
391
Gehtraining: Zunahme der Kollateralisierung. Prinzip: erzwungene Azidose der Unterschenkelmuskulatur - » Weitstellung der arteriellen Strombahn —> Reduzierung des peripheren Widerstandes.
Therapie mit vasoaktiven Substanzen: Verbesserung der intrazellulären 0 2 -Utilisation und der Mikrozirkulation.
Rheologische Maßnahmen: Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes.
Thromboseprophylaxe (Abb. 23-3): Verhinderung der Thrombose durch systemische Heparinisierung.
392 Postoperativ: Längerfristige Antikoagulanzien-Behandlung mit Cumarin-Präparaten oder Thrombozytenaggregationshemmer (nur bestimmte Indikationen).
Fibrinolyse: Nur in Kombination mit Antikoagulanzien. Medikamente: Streptase, Urokinase. Laufende Kontrolle der Gerinnungsparameter. Letalität: 1 - 2 % .
XXIII. Gefäßchirurgie Postoperativ evtl. längerfristige Antikoagulanzien-Behandlung mit CumarinPräparaten (Absenken des Quick-Wertes auf 1 5 - 2 5 %), weniger zum Schutz des operierten Gefäßabschnittes als zur Verhinderung einer Thrombose in der peripheren Ausflußbahn. Kontraindikationen beachten: ausgeprägte Hypertonie, gastro-intestinale Ulzera, Urolithiasis, hohes Alter (Apoplexie-Gefahr). Bei bestimmten Indikationen (Embolie, arterielle Gefäßstenosen, nach TEA und nach anderen Gefäßrekonstruktionen bei schlechter Ausflußbahn) verwendet man heute wegen der geringeren Komplikationen Thrombozytenaggregationshemmer, insbesondere nach Karotis-Operationen (Azetylsalizylsäure = Colfarit® oder Aspirin®), 1000 mg/die. Kontraindikation: gastro-intestinales Ulkus. Fibrinolyse: Möglich bei frischen arteriellen Thrombosen. Das Medikament (Streptase oder Urokinase) kann systemisch oder lokal mit Hilfe eines arteriellen Katheters appliziert werden. Diese Behandlung ist nicht ohne Gefahren. Letalität ca. 1 - 2 %, vor allem bei systemischer Therapie (zerebrale Massenblutung). Jede Fibrinolyse ist mit einer Antikoagulation zu kombinieren und muß durch laufende Kontrolle der Gerinnungsparameter überwacht werden.
Interventionelle radiologische Gefäßbehandlung
1.5.2 interventionelle radiologische Gefäßbehandlung (Angioplastie, Embolisierung)
Aufdehnung von kurzstreckigen Stenosen und Verschlüssen. Cave Komplikationen: - Nachblutung, - Rezidivthrombose, - Embolisation, - Perforation. Ergänzung zur Gefäßrekonstruktion.
Bei der Angioplastie können kurzstreckige Stenosen und Verschlüsse mit Baiionkathetern aufgedehnt werden, ζ. B. Nierenarterienstenosen, Koronarstenosen, Verengungen der Becken- und Oberschenkelarterien. Für die Angioplastie gelten die gleichen klinischen Indikationen wie für Gefäßrekonstruktionen. Komplikationen sind Nachblutungen, Rezidivthrombose, Embolisation von abgelöstem Material in die Peripherie, Perforationen. Die Angioplastie ist ein ergänzendes Verfahren zur Gefäßrekonstruktion, vor allem bei Risikopatienten. Eine Embolisierung von Gefäßen (Gel-foam, Akrylate, Kunststoffkügelchen) kommt bei Gefäßtumoren in Frage.
1.5.3 Operative Indikationsstellungen Die speziellen Indikationen s. S. 401 ff. Grundsätzlich gilt für jede gefäßchirurgische Indikation, daß sie - ausgerichtet auf 3 Fragen - sorgfältig gestellt werden muß: Operative Indikationsstellungen nach folgenden Gesichtspunkten
Operative Techniken
1. Darf operiert werden? = allgemeine Indikation (Operationsrisiko: pulmonale, kardiale, renale und zerebrale Faktoren, Adipositas, Hypertonie, hohes Alter. 2. Soll operiert werden? = klinische Indikation. Entscheidend ist das Beschwerdebild und nicht der angiographische Befund. 3. Kann operiert werden? = angiographische Indikation (lokale Operabilität, Ein- und Ausflußbahn).
1.5.4 Operative Techniken
Embolektomie
1.5.4.1 Embolektomie
Operative Entfernung eines Embolus: Quereröffnung der Arterie —»Vorschieben eines Baiionkatheters —» bei dessen Zurückziehen: Entfernung des Embolus.
Operative Entfernung eines Embolus, meist als Fernembolektomie ausgeführt. In Lokalanästhesie wird die Arterie an gut zugänglicher Stelle freigelegt und quer eröffnet. Der aufblasbare Ballonkatheter nach Fogarty (Abb. 23-4) wird nach proximal oder distal vorgeschoben und entfernt beim Zurückziehen den Embolus.
Allgemeine Gesichtspunkte der arteriellen Verschlußkrankheit
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393
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Abb.23-4 Ballon-Katheter nach Fogarty, Dissektor-Spatel und Heidelberger Ringstripper
1.5.4.2 Thrombendarteriektomie (TEA)
Thrombendarteriektomie (TEA)
Längseröffnung der Axterie und intramurale Ausschälung der arteriosklerotischen Plaques in bestimmten Wandschichten (Lamina elastica externa oder interna). Eine dabei nach distal hin entstehende Intimastufe muß - u m eine Dissektion zu vermeiden - durch Naht fixiert werden. Verschluß der Arteriotomie, direkt (großlumige Arterie) oder durch Erweiterungsplastik (PatchPlastik mit Vene oder Kunststoffmaterial). Der Eingriff kann als „geschlossene" TEA (nur im freigelegten Gefäßabschnitt) oder bei längerstreckigen Stenosen als „halbgeschlossene" TEA ausgeführt werden. Bei letzterer wird von einer proximalen und distalen Arteriotomie aus der Verschlußzylinder mit dem sog. Ringstripper (s. Abb. 23-4) und dem Fogarty-Katheter entfernt. Bei einer längerstreckigen TEA muß der Befund u. U. durch Angioskopie kontrolliert werden. Die Ergebnisse des Verfahrens sind ungünstiger als die der Gefäßplastik.
Längsöffnung der Arterie —> intramurale Ausschälung der arteriosklerotischen Plaques. Ausführung als: - geschlossene TEA oder - halbgeschlossene TEA-»Entfernung des Verschlusses mit Ringstripper und Fogarty-Katheter (s. Abb. 23-5).
1.5.4.3 Interposition eines Gefäßtransplantats
Interposition eines Gefäßtransplantats
Bei Aneurysmen wird der entsprechende Abschnitt ausgeschaltet und Transplantatmaterial (Kunststoff, autologe Vene usw.) interponiert (jeweils Endzu-End-Anastomose) (s. Abb. 23-22).
Bei Aneurysmen Ausschaltung des entsprechenden Abschnittes und Interposition von Transplantatmaterial.
1.5.4.4 Bypass-Verfahren (= Umgehung eines Gefäßverschlusses)
Bypass-Verfahren
Vor allem bei langstreckigen Verschlüssen angezeigt. Seitlicher Anschluß des Transplantats proximal und distal des Gefäßverschlusses (s. Abb. 23-20). Dabei kann ein anatomischer ( = entsprechend dem normalen Gefäßverlauf, ζ. B. aorto-bifemoraler Bypass) oder ein extraanatomischer Transplantationsverlauf (nicht dem normalen Gefäßverlauf entsprechend, ζ. B. axillo-femoraler Bypass) gewählt werden (s. Abb. 23-21).
Bei langstreckigen Verschlüssen (s. Abb. 23-20). Anschluß des Transplantats proximal und distal des Gefäßverschlusses. Wahl eines anatomischen und extraanatomischen Transplantatverlaufs.
1.5.4.5 Sympathektomie (= lumbale Grenzstrangresektion)
Sympathektomie
Bei peripheren nicht mehr rekonstruierbaren Gefäßen kann der lumbale Grenzstrang (L III—V) reseziert werden. Damit wird eine Weitstellung der kleinsten Arterien erreicht, der periphere Widerstand gesenkt und überwiegend die Durchblutung der Haut verbessert. Die Sympathektomie kann auch thorakal für den Armbereich (TH I I - I I I , Raynaud-Syndrom) erfolgen. Bei Diabetes bleibt die lumbale Sympathektomie meist erfolglos. Eine doppelseitige Grenzstrangresektion kann Ejakulationsstörungen auslösen. Die lumbale Sympathektomie ist Bestandteil der sog. Triaden-Operation (Vollmar): aorto-femoraler Bypass + Profunda-Plastik + lumbale Sympathektomie.
Bei nicht rekonstruierbaren Gefäßen: Resektion des lumbalen Grenzstranges. Folge: Weitstellung der kleinsten Arterien —» Senkung des peripheren Widerstandes —»Verbesserung der Hautdurchblutung. Ausführung auch thorakal für den Armbereich.
394
XXIII. Gefäßchirurgie
Gefäßligatur
1.5.4.6 Gefäßligatur
Bei Gefäßverletzung mit Blutung, bei Infektionen.
Nur bei Gefäßverletzungen mit Blutungen oder bei Infektionen nach Gefäßoperationen angezeigt.
1.5.4.7 Nahtmaterial, Instrumentarium Bevorzugtes Nahtmaterial sind vollsynthetische, nicht resorbierbare Fäden mit glatter Oberfläche und atraumatischer Nadel. Die wichtigsten Instrumente sind atraumatische Gefäßklemmen und Pinzetten, elastische Kunststoffzügel zum Anschlingen der Gefäße und intraluminale Shunts, ferner der Ballonkatheter nach Fogarty, der Dissektor für die TEA und der Heidelberger Ringstripper. Gefäßtransplantate
1.5.5 Gefäßtransplantate
Biologisches Material:
Zum Gefäßersatz wird biologisches und alloplastisches ( = Kunststoff) Material verwendet: • Autogen: V. saphena magna, sie ist am besten geeignet. • Allogen: Speziell denaturierte und konservierte Nabelschnurvenen bzw. -arterien und V. saphena magna von der Leiche. Allogenes und alloplastisches Material kann kombiniert werden, ζ. B. Nabelvene mit netzartiger Kunststoffverstärkung (Dardick-Prothese). • Xenogen: Speziell vorbehandelte Kalbs- und Rinderarterien (schlechte Langzeitergebnisse). • Alloplastisch: Dacron-Prothesen gewebt=primär dicht, gestrickt = primär undicht. Bei gestrickten Dacron-Prothesen ist eine sog. Vorgerinnung zur Abdichtung der Poren notwendig. Teflon: (PTFE-Prothese) primär dicht. Beide Prothesenarten können durch Ringe oder Spiralen verstärkt werden (Schutz vor Kompression und Knickbildung bei gelenküberschreitender Rekonstruktion). Ersatz mittel- und kleinkalibriger Arterien am besten mit V. saphena magna (beste Langzeitergebnisse, geringste Infektionsrate). Für großkalibrige Arterien, ζ. B. Aorta und Beckenarterie, eignet sich nur die Kunststoffprothese.
Autogen Allogen
Xenogen Kunststoff material (alloplastisch): - Dacron-Prothesen, - Teflon-Prothesen.
Postoperative Komplikationen (Tab. 23-1)
1.5.6 Postoperative Komplikationen (Tab. 23-1)
Allgemeine Komplikationen:
Allgemeine Komplikationen: sind vor allem durch das arteriosklerotische Grundleiden bedingt, ζ. B. Herzinfarkt, Herzinsuffizienz oder renale, zerebrale und pulmonale Störungen. Unmittelbare operative Komplikationen: Nachblutung und früher Rezidivverschluß sind meist Folge operativer Fehler. Sofortige operative Revision angezeigt. Schwerwiegendste Komplikation ist die tiefe Infektion (freiliegendes Transplantat oder Anastomose), Häufigkeit etwa 1,0 %, nach TEA nur
Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, renale, zerebrale, pulmonale Störungen.
Unmittelbare operative Komplikationen: Bei Nachblutung und frühem Rezidivverschluß sofortige operative Revision. Tiefe Infektion mit folgenden Symptomen: - Wundabszeß, - Sepsis, - falsches Aneurysma, - äußere Blutung. Behandlung: Exstirpation der Gefäßprothese, evtl. Gefäßrekonstruktion durch extraanatomischen Bypass.
Tabelle 23-1 Komplikationen nach Gefäßoperation Allgemein
Lokale
Spezifische (Auswahl) nach OP an:
pulmonal kardial renal zerebral (Apoplex, Verwirrtheit) etc.
Nachblutung Rezidivverschluß Infektion
Karotis:
Apoplex, periphere Hirnnervenlähmung (Ν. XII) Subklavia: Armplexus-Schädigung, Pleuraeröffnung Nierenarterien: Nierenversagen Infrarenale Aorta: Ischämie des Ii. Hemikolon, Impotenz Beckenstrombahn Ureterverletzung Leistenregion: N. femoralis-Verletzung Bein: Verletzung entsprechender Nerven
395
Allgemeine Gesichtspunkte der arteriellen Verschlußkrankheit 0,1 %, nach Kunststoffimplantation 2,4 %. Symptome der tiefen Gefäßinfektion sind Wundabszeß, Sepsis, falsches Aneurysma und äußere Blutung. Die Behandlung besteht in Eröffnung der Wunde, Exstirpation der Gefäßprothese, evtl. Gefäßrekonstruktion durch extraanatomischen Bypass. Die Ausfüllung des Wunddefektes durch Omentum-Transplkntation kann versucht werden. Antibiotika-Therapie. Die Letalität nach Infektion einer Kunststoffprothese liegt bei 40 %. Je zentraler die Infektion (ζ. B. Aortenanastomose), desto gefährlicher ist sie. Die Amputation ist oft unvermeidbar.
Antibiotika-Therapie. Oft Amputation.
1.5.7 Postoperative Nachsorge
Postoperative Nachsorge
Gefäßoperationen haben nur palliativen Charakter. Das Grundleiden - die Arteriosklerose - wird nicht beeinflußt. Die Patienten bedürfen deshalb umfassender Nachsorge. Sie hat folgende Ziele: Behandlung der Risikofaktoren, Erkennung bösartiger Tumoren (häufig schubweise Verschlechterung der AVK bei Malignom!), Erkennung neuer Gefäßverschlüsse und deren Behandlung, spezifische Dauertherapie, wie ζ. B. Antikoagulanzienbehandlung, Verbände nekrotischer Zehen usw.
Ziele: - Behandlung der Risikofaktoren, - Erkennung bösartiger Tumoren, - Erkennung neuer Gefäßverschlüsse, - spezifische Dauertherapie.
1.6 Amputationen
Amputationen
Die Amputation der Gliedmaße ist oft trotz wiederholter gefäßchirurgischer Rekonstruktionsversuche nicht vermeidbar. Die Amputationsgrenze sollte stets so weit peripher wie möglich liegen, um den Patienten optimal prothetisch versorgen und rehabilitieren zu können. Nach wie vor gilt das IRANPrinzip: Infektionskontrolle, Rekonstruktion, Amputation und Nachsorge.
Amputationsgrenze so weit wie möglich peripher. IRAN-Prinzip - Infektionskontrolle, - Rekonstruktion, - Amputation, - Nachsorge.
1.6.1 Grenzzonenamputation
Grenzzonenamputation
Hierbei beschränkt man sich nach erfolgreicher (proximaler) Revaskularisation auf eine Nekrosektomie in der Grenzzone von gut durchblutetem Gewebe zu Nekrose. Zeitpunkt erst nach Erreichen einer möglichst guten Demarkationslinie. Bei kleineren Grenzzonen (Zehen/Finger) granuliert und epithelialisiert die Wundfläche unter entsprechender Wundbehandlung von alleine, bei größeren Grenzzonen (Vorfuß/Mittelfuß/Mittelhand) muß zweizeitig eine plastische Deckung erfolgen: Vollhautlappen oder Mesh-graftTechnik. Besondere Bedeutung hat die Grenzzonenamputation bei der dia-
Beschränkung auf Nekrosektomie in der Grenzzone von durchblutetem G e w e b e zu Nekrose.
. Exartikulation im Hüftgelenk • Oberschenkel
• Exartikulation im Kniegelenk • Unterschenkel \
Vorfußamputation in der CHOPART'schen • Gelenklinie
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•uici Grenzzonenamputation i^ui iciiciiiiuulclliuri r
Abb. 23-5 . ^ ..
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Amputationsebenen beim Bein
396
XXIII. Gefäßchirurgie betischen Mikroangiopathie; verbleiben.
jedoch
dürfen
keine
osteitischen
Herde
Gliedmaßenamputation
1.6.2 Gliedmaßenamputation
Höhe der Amputation abhängig von Durchblutung der Weichteile. Bei Unter- und Oberschenkel: ausreichende Muskeldeckung des Knochenstumpfes und konische Formgebung beachten. Starke Belastung des Patienten. Operationsletalität: 5-25 %. Kniegelenksexartikulation hat Vorteile gegenüber Oberschenkelamputation.
Die Höhe der Amputation hängt von der Durchblutung der Weichteile ab (Abb. 23-5). Bei der Unter- und Oberschenkelamputation ist auf eine ausreichende Muskeldeckung des Knochenstumpfes sowie auf konische Formgebung zu achten. Gute Ergebnisse hat die Kniegelenksexartikulation (keine Knochen- und Muskelwunde), die prothetisch hervorragend zu versorgen ist und deshalb eine schnelle Rehabilitation ermöglicht. Gliedmaßenamputationen belasten den Patienten erheblich. Die Operationsletalität liegt zwischen 5 und 25 %, bedingt durch die Immobilisation des meist alten Patienten (Pneumonie, Urosepsis, Lungenembolie).
2. Spezielle Chirurgie der arteriellen Verschlußkrankheit
2. Spezielle Chirurgie der arteriellen Verschlußkrankheit
Akuter Gefäßverschluß
2.1 Akuter Gefäßverschluß
Ursachen: - Embolien, - autochthone Thrombosen, - Traumen, - selten Aneurysma und Phlegmasia coerulea dolens. Typische Symptome: Schock (Hypovolämie), Azidose. Man unterscheidet: - komplettes Ischämiesyndrom, - inkomplettes Ischämiesyndrom (s. Abb. 23-3).
Ursachen des akuten arteriellen Gefäßverschlusses sind - Embolien (ca. 70 %), - autochthone Thrombosen (ca. 20 %), - Traumen (ca. 10%) und sehr selten - das Aneurysma dissecans und die Phlegmasia coerulea dolens. Die typischen Ischämiesymptome im Bereich der Extremitäten sind (in Klammern die „6 P's" von Pratt): - Schmerz (pain) - Blässe (paleness) - Gefühlsstörung (paraesthesia) - Pulsverlust (pulselessness) - Bewegungsunfähigkeit (paralysis) - Erschöpfung/Schock (prostration) - Kälte. Bei ausgedehnter Ischämiezone (chronischer Verschluß der Aortenbifurkation) steht schon nach wenigen Stunden der Schock im Vordergrund, bedingt durch Hypovolämie (interstitielles Ödem), Azidose (saure Stoffwechselendprodukte) und toxisch (Eiweißzerfallsprodukte). Man unterscheidet das komplette und inkomplette Ischämiesyndrom, abhängig von der allgemeinen Kreislaufsituation, Existenz physiologischer Kollateralen (ζ. B. Arm meist ausreichend), von Ausdehnung, Lokalisation und von der Zeitdauer, in der die aszendierende oder deszendierende Thrombose entsteht (s. Abb. 23-3).
Arterielle Embolie
2.1.1 Arterielle Embolie
Ursache: - Rhythmusstörungen, - Digitalisierung, - körperliche Anstrengung, - Herzklappenoperation.
Über 80 % der Embolien stammen aus dem linken Herzen (koronare Herzkrankheit, absolute Arrhythmie, Zustand nach Herzinfarkt, arteriosklerotische Klappenfehler). Verursacht wird die Thrombusablösung durch plötzliche Rhythmusstörungen, Digitalisierung, körperliche Anstrengung, Herzklappenoperationen usw. Der rheumatische Klappenfehler (10 %) ist heute eine seltenere Ursache, ebenso vorgeschaltete Aneurysmen (Aortenaneurysma, poststenotisches Aneurysma der A. subclavia bei Thoracic-outlet-Syndrom). Die arterielle Embolie ist vornehmlich eine Erkrankung des älteren Menschen (Durchschnittsalter 70 Jahre). Frauen sind häufiger betroffen. Bei 10 % aller Patienten finden sich eine Doppelembolie (Embolusteilung nach der
Häufigste Lokalisation: Hirnarterien (Schlaganfall), oft tödlich.
Spezielle Chirurgie der arteriellen Verschlußkrankheit
397
Tabelle 23-2 Differentialdiagnostische Hinweise für arterielle Embolie und autochthon-arterielle Thrombose (nach Vollmar) Embolie (bei gesundem Gefäßsystem) Anamnese
Thrombose (bei vorbestehender Arteriosklerose)
Herzerkrankung (Klappenfeh- Claudicatio intermittens ler, Infarkt, Vorhofflimmern)
Embolus-Streuherd Beginn
akut („Peitschenschlag")
subakut bis akut
Schmerzen
stark
mäßig bis stark
Ischämiesyndrom
komplett bis inkomplett
inkomplett bis komplett (Kolla-
(keine Kollateralen)
teralen schon vorhanden)
Übriger arterieller Status
normal
pathologisch
Röntgen
lokaler Stop mit „Kuppelbild" bei glatt begrenzten Gefäßwänden
lokaler Stop mit generalisierten Wandveränderungen
Ablösung im Herzen), sehr selten eine Dreifachembolie. Die meisten Embolien betreffen die Hirnarterien (Schlaganfall) und enden oft tödlich. Der embolische Verschluß der - selektionierten - gefäßchirurgischen Patienten liegt zu 75 % distal der Aortenbifurkation, zu 20 % im Bereich der Ajmarterien und zu 5 % in der A. mesenterica superior (Mesenterialinfarkt). Grundsätzlich ist zwischen Embolie und autochthoner arterieller Thrombose zu differenzieren. Die wichtigsten Kriterien s. Tabelle 23-2. Bei eindeutiger Embolie ist die Angiographie überflüssig, ausgenommen bei Verdacht auf Mesenterialarterienembolie (Abb. 23-6).
Wichtigste Differenzierung: - Embolie- und - autochthone arterielle Thrombose (Kriterien s. Tab. 23-2).
Abb.23-6 Angiographie (selektiv A. mesenterica superior): Embolischer Verschluß der mittleren A. mesenterica superior (zwischen beiden Pfeilen) bei einem 45jährigen Mann nach Herzinfarkt
Erste Behandlungsmaßnahmen: 5 000-100001. E. Heparin i. v., Schmerzbekämpfung, Erhöhung des Herzzeitvolumens durch Infusion, Tieflagerung der Extremität, Abpolsterung der Auflageflächen, schnellstmöglicher Transport in die Klinik und Durchführung der Embolektomie. Bei Embolie in die A. mesenterica superior Laparotomie und Versuch der Embolektomie. Finden sich bereits nekrotische, irreversibel geschädigte Darmabschnitte, ist deren Resektion erforderlich.
Behandlungsmaßnahmen:
-
Heparin i. ν. (5000-100001. E.), Schmerzbekämpfung, Infusion —» Erhöhung des HZV, Tieflagerung der Extremität, Abpolsterung der Auflageflächen, Embolektomie.
398 - Prognose: entscheidender Vorteil durch schnelle Operation. - Amputationsrate: 1 0 - 1 5 % . Postoperative Letalität nach Embolektomie 2 0 - 2 5 % . - Postoperativ: Antikoagulanzien-Therapie.
XXIII. G e f ä ß c h i r u r g i e Prognose der Extremitätenembolie: Zeitfaktor ist entscheidend! Bei OP innerhalb 6 h beträgt die Amputationsrate 4 %, innerhalb 48 h 25 %, für alle Embolien im Durchschnitt 1 0 - 1 5 %. Die postoperative Letalität nach Embolektomie wird durch die Grunderkrankung (Herz) bestimmt und liegt bei etwa 2 0 - 2 5 %. Postoperativ ist eine Antikoagulanzien-Therapie notwendig, um Embolierezidive zu verhindern. Eventuell chirurgischer Zweiteingriff, um EmbolusStreuherde auszuschalten (Aneurysmen, Herzklappenfehler usw.).
Autochthone arterielle Thrombose
2.1.2 A u t o c h t h o n e arterielle T h r o m b o s e
Akute Thrombose bei generalisierter Arteriosklerose. Lokalisation: mittel- und kleinkalibrige Gefäße. Meist Ausbildung eines Kollateralkreislaufes (s. Abb. 23-8).
Akute Thrombose auf dem Boden einer generalisierten Arteriosklerose. Prädilektionsstellen sind die mittel- und kleinkalibrigen Gefäße, wie ζ. B. Oberund Unterschenkelarterien, A. carotis interna, A. mesenterica superior, Koronararterien. Seltener sind großkalibrige Arterien (Aorta, A. iliaca) betroffen. Wegen der chronischen Gefäßveränderungen hat sich ein mehr oder weniger ausgeprägter Kollateralkreislauf entwickelt (Abb. 23-7). Die Symptomatik ist deshalb meist nicht so dramatisch, vor allem, wenn die periphere Ausflußbahn frei bleibt.
einige Stunden
Abb. 23-7 Akute arterielle Thrombose bei vorbestehendem Gefäßwandschaden („autochthon-arterielle Thrombose): weitere Öffnung präexistenter Kollateralen, hier über die A. profunda femo-
Operationsindikation: Nur beim kompletten Ischämiesyndrom. Andernfalls: Heparin, Verbesserung der Rheologie, Behandlung der Herzinsuffizienz.
Die Operationsindikation ist bei der autochthonen Thrombose zurückhaltender zu stellen als bei der Embolie. Zunächst konservative Behandlung: Heparin, Verbesserung der Rheologie, Behandlung einer Herzinsuffizienz. Wenn dann noch notwendig, Gefäßrekonstruktion (TEA oder Bypass). Nur bei einem kompletten Ischämiesyndrom muß sofort operiert werden.
Traumatischer arterieller Verschluß
2.1.3 T r a u m a t i s c h e r arterieller V e r s c h l u ß
(s. Kap. XXXII./2.).
(s. Kapitel XXXII./2. „Gefäßverletzungen")
Seltene Ursachen des akuten arteriellen Verschlusses:
2.1.4 Seltene Ursachen des akuten arteriellen Verschlusses
Verschluß von Seitenästen bei Aortendissektion. Bei 50% aller in Kliniken eingelieferten Patienten ist das Aortenlumen in Höhe der Aortengabel komplett verlegt! Einfachste Operation: Fensterung der Intima.
Bei der Aortendissektion können die Seitenäste (A. coeliaca, A. mesenterica superior, Aa. renales) verschlossen werden ( = absteigendes Ischämiesyndrom). Bei 50 % der lebend in die Klinik eingelieferten Patienten ist das Aortenlumen in Höhe der Aortengabel komplett verlegt (akute Ischämie der unteren Körperhälfte, Abb. 23-8).
Spezielle Chirurgie der arteriellen Verschlußkrankheit
399
Abb. 23-8 Dissezierendes Aortenaneurysma mit infrarenalem Aortenverschluß durch (großer Pfeil) den „Kopf" des Aneurysmas (Typ III = Beginn unterhalb des Abganges der Ii. A.subclavia) Die einfachste Operation ist die „Fensterung" der Intima im Bereich der infrarenalen Aorta. Je nach Typ des dissezierenden Aneurysmas (s. Kapitel XXII./2. Herzchirurgie) ist auch ein transthorakales Vorgehen mit extrakorporaler Zirkulation notwendig. Der Phlegmasia coerulea dolens liegt eine komplette Strombahnblockade (venös und arteriell) des gesamten Beines zugrunde. Anamnestisch finden sich fast immer rezidivierende Thrombophlebitiden. Symptome: Tiefblaue bis schwarze Verfärbung des Beines, sehr schmerzhafte, massive Schwellung, Schocksymptomatik, fehlende Arterienpulse. Gefahr der venösen Gangrän. Jeder dritte Patient verstirbt, hohe Amputationsrate, ausgeprägtes postthrombotisches Syndrom. Durch eine frühzeitige gefäßchirurgische Therapie (venöse und arterielle Thrombektomie) oder durch Thrombolyse-Therapie (Streptase, Urokinase) läßt sich die desolate Prognose bessern.
2.1.5 Arterielle Mikroembolie Sie unterscheidet sich grundsätzlich ätiologisch, klinisch und therapeutisch von der „üblichen" arteriellen Embolie.
Abb.23-9 Pathophysiologie der transitorisch-ischämischen Attacke ( = TIA): Stenose und Ulkus (jeweils arteriosklerotisch bedingt) Stenose: vornehmlich Reduktion von Druck und Flow, aber Mikroembolie auch möglich aus poststenotischer wandständiger Thrombenbildung heraus. Ulkus: vornehmlich Mikro- und Makroembolie, die Stenoseproblematik ist meist untergeordnet.
Phlegmasia coerulea dolens Seltene Erkrankung. Komplette Strombahnblockade des gesamten Beines. Symptome: - tiefblaue bis schwarze Verfärbung des Beines - schmerzhafte massive Schwellung, - Schocksymptomatik, - fehlende Arterienpulse. Hohe Amputationsrate, hohe Letalitätsrate. Behandlung: - Thrombektomie, - Thrombolyse-Therapie. Arterielle Mikroembolie Kleinste Embolie (max. 1 mm).
XXIII. G e f ä ß c h i r u r g i e
400 Herkunft: Aneurysmen, ulzeröse arteriosklerotische Plaques (s. Abb. 23-10 u. 23-17). Zum Teil irreversibler Verschluß.
Ätiologie: Es h a n d e l t sich u m winzige, m a x i m a l 1 m m große E m b o l i e n , entweder aus T h r o m b o z y t e n a g g r e g a t e n oder aus Cholesterin-Kristallen besteh e n d . H e r k u n f t s o r t sind stets A n e u r y s m e n oder ulzeröse arteriosklerotische Plaques in der W a n d großlumiger Arterien (Aorta, Beckenarterien, a. subclavia o d e r A. carotis interna, s. A b b . 23-10 u. 23-18). Die Ulzera k ö n n e n bis in die A d v e n t i t i a reichen. T h r o m b o z y t e n a g g r e g a t e k ö n n e n d u r c h eine körpereigene sog. „ e n d o g e n e Lyse" aufgelöst werden. H a n d e l t es sich aber u m Cholesterin-Kristalle, so ist der V e r s c h l u ß irreversibel.
Klinik: kurzfristige Blindheit, kurzfristige Halbseitenparästhesie bzw. Pa-
Klinische Auswirkungen: Die M i k r o e m b o l i e d u r c h T h r o m b o z y t e n a g g r e g a t e wird n u r in O r g a n e n m i t geringer I s c h ä m i e t o l e r a n z klinisch m a n i f e s t wie das Z N S ( N e t z h a u t : A m a u r o s i s f u g a x = kurzfristige Blindheit; post- bzw. präzentraler Gyrus: T I A = transitorisch i s c h ä m i s c h e Attacke = kurzfristige H a l b s e i t e n p a r ä s t h e s i e bzw. -parese). Die klinische S y m p t o m a t i k entspricht der Z e i t d a u e r des perifokalen i s c h ä m i s c h e n Ö d e m s ( M i n u t e n bis S t u n d e n ) . Bei der M i k r o e m b o l i e von Cholesterin-Kristallen ist die i s c h ä m i s c h e Veränd e r u n g definitiv. Klinische Beispiele hierzu:
Beispiele: Raynaud-Phänomen, Blue-toe-Syndrom.
Organisches Raynaud-Phänomen der H ä n d e (periphere N e k r o s e n bei k o m pletten Digitalarterienverschlüssen, ζ. B. a u f g r u n d eines p o s t s t e n o t i s c h e n A n e u r y s m a s der A. subclavia bei T h o r a c i c - o u t l e t - S y n d r o m ) , „Blue-toe-Syndrom" ( Z e h e n v e r f ä r b u n g u n d Nekrosen) bei vorgeschalteten ulzerösen A o r t e n p l a q u e s , M e s e n t e r i a l i n f a r k t im Versorgungsgebiet der A. ileocolica ( = f u n k t i o n e l l e Endarterie).
Therapie: Nur konservativ. Evtl. Sympathektomie, Grenzzonenamputation. Wichtig: chirurgische Ausschaltung des Streuherdes.
Therapie: A m Ort des Gefäßverschlusses ist eine chirurgische T h e r a p i e n i c h t möglich. F ü r die E x t r e m i t ä t e n k o m m t n u r eine konservative B e h a n d l u n g in Frage, evtl. eine S y m p a t h e k t o m i e , letztlich eine G r e n z z o n e n a m p u t a t i o n . W i c h t i g ist j e d o c h die chirurgische Ausschaltung des Streuherdes (TEA, G e f ä ß rekonstruktion).
Chronische AVK
2.2 Chronische arterielle Verschlußkrankheit
Zerebro-vaskuläre Insuffizienz
2.2.1 Z e r e b r o - v a s k u l ä r e
Generalisierte sklerotische Veränderungen der Hirnarterien, ferner extrakranielle Hirngefäße, bevorzugt Karotisgabel.
A u ß e r generalisierten sklerotischen V e r ä n d e r u n g e n der H i r n a r t e r i e n (Zerebralsklerose) finden sich Prädilektionsstellen der Arteriosklerose a n d e n extrakraniellen H i r n g e f ä ß e n . Bevorzugt betroffen ist die Karotisgabel mit d e m A b g a n g der A. carotis interna, seltener dagegen der A b g a n g der A. carotis c o m m u n i s u n d der A. vertebralis. Die L ä s i o n e n an der A. carotis i n t e r n a sind in % h ä m o d y n a m i s c h wirksame S t e n o s e n u n d in / 3 a t h e r o m a t ö s e U l z e r a t i o n e n mit M i k r o e m b o l i e n (Abb. 23-10).
Ursachen der Läsionen an der A. carotis interna: - hämodynamisch wirksame Stenosen, - atheromatöse Ulzerationen mit Mikroembolien lösen Phasen zerebraler Minderdurchblutung aus. Seltene Ursachen sind: Kinking, Coiling und Knick-Stenose (s.Abb. 23-11).
Insuffizienz
Abb.23-10 Angiographie (jeweils selektiv A. carotis communis): Ii.Stenose, re. ulzeröser Plaque, jeweils im Anfangsteil der A.carotis interna (s. Pfeile)
Spezielle C h i r u r g i e der arteriellen V e r s c h l u ß k r a n k h e i t
401
tri Schlängelung
Schlingenbildung
Knickstenose
A b b . 2 3 - 1 1 Schlängelung, Schlingenbildung ( = coiling) und Knickstenose ( = kinking) der A.carotis interna
Kurzfristige, häufig kardial bedingte Druckabfälle lösen Phasen zerebraler Minderdurchblutung aus. Ähnlich wirken andere pathomorphologische Veränderungen im Bereich der Carotis interna: Kinking, Coiling und Knick-Stenose (Abb. 23-11). Die zerebralen Durchblutungsstörungen durch extrakranielle Gefäßläsionen werden in 4 Stadien eingeteilt:
I IIa
IIb
III
IV
= Stenosen oder Verschlüsse ohne klinische Symptome (gute Kollateralisierung über die A. vertebralis und den Circulus Willisii). = TIA = transitorisch-ischämische Attacke. Die brachio-fazial betonte - kontralaterale - Halbseitensymptomatik ist innerhalb von 24 h wieder voll reversibel (öfter Parese, seltener Parästhesie). Weitere typische Symptome sind die Amaurosis fugax und - bei linkshirniger TIA von Rechtsrändern - die Aphasie. = P R I N D = prolongiert (oder partiell) reversibles ischämisch-neurologisches Defizit. Dieses Restdefizit bleibt lange Zeit erhalten und ist bei subtiler neurologischer Untersuchung immer nachweisbar. = Großer ischämischer Schlaganfall bei erhaltenem Bewußtsein (bisweilen auch progressive stroke) bis zum Ablauf von 4 Wochen. = Chronisches neurologisches Defizit nach großem Schlaganfall mit Halbseitenlähmung.
Diagnose: Stenose der Karotisgabel läßt zu 80 % ein auskultatorisch faßbares Strömungsgeräusch hören. Wichtige Untersuchungen der Ultraschall-Doppler und die Angiographie, wobei auch die intrakraniellen Hirngefäße zur Darstellung kommen (Ausschluß von intrazerebralen Gefäßstenosen). Hirnerweichungsherde müssen vor einer geplanten Operation durch CT oder Hirnszintigraphie ausgeschlossen werden. Operationsindikation: Wichtigste Indikation sind die Stadien II und I, letzteres nur bei hochgradigen Stenosen in Kombination mit weiteren arteriellen Veränderungen (kontralaterale A. carotis interna, A. vertebralis). Der Eingriff hat im Stadium I und II prophylaktischen Charakter und soll den großen Schlaganfall verhüten (spontane Häufigkeit 6 - 7 % jährlich). Kontraindikationen sind hohes Alter, Risikofaktoren, insbesondere koronare Herzkrankheit und ausgeprägte Zerebralsklerose.
Einteilung der zerebralen Durchblutungsstör u n g e n in 4 Stadien
Diagnose: Strömungsgeräusch. - Ultraschall-Doppler, - Angiographie.
Operationsindikation: Stadien II und I zur V e r h ü t u n g eines Schlaganfalls.
Kontraindikation: hohes Alter, Risikofaktoren, koronare Herzkrankheit, ausgeprägte Zerebralsklerose.
402
XXIII. G e f ä ß c h i r u r g i e
Seltene Indikation: Stadium III. Operation in Stadium IV nur, wenn hochgradige Stenose kontralateral.
I m S t a d i u m III ist die O p e r a t i o n s i n d i k a t i o n n u r ganz selten gegeben (beim n i c h t bewußtlosen P a t i e n t e n i n n e r h a l b der ersten 6 h). I m S t a d i u m IV wird n u r n o c h operiert, w e n n auf der kontralateralen Seite eine hochgradige Stenose vorliegt.
Operationstechnik: Nach Freilegung der Karotisbifurkation —» offene Desobliteration (mit Patch-Plastik). Bei Kinking und Coiling: Verkürzung der A. carotis interna und Reinsertation. Adjuvante Maßnahmen: - intraluminaler Shunt, - Hämodilution, - Heparinapplikation, - konstanter Blutdruck, - Hypertension in Abklemmphase.
Operationstechnik: N a c h Freilegung der K a r o t i s b i f u r k a t i o n wird eine offene Desobliteration evtl. m i t Patch-Plastik, d u r c h g e f ü h r t (Abb. 23-12). O b die Z u h i l f e n a h m e eines i n t r a l u m i n a l e n S h u n t s z u r A u f r e c h t e r h a l t u n g der Zirkulation notwendig ist, wird n o c h diskutiert. B e i m K i n k i n g oder Coiling wird die A. carotis i n t e r n a e n t s p r e c h e n d gekürzt u n d reinseriert. W i c h t i g e a d j u v a n t e anästhesiologische M a ß n a h m e n zur V e r m e i d u n g eines intraoperativen Insults sind H ä m o d i l u t i o n , H e p a r i n - A p p l i k a t i o n , k o n s t a n t e r Blutdruck, in der A b k l e m m p h a s e sogar H y p e r t e n s i o n . Α. carotis int.
stenosierender Intimazylinder
Venenstreifen
fortlaufende Naht
Dissektor/Spatel
A. carotis comm.-fel Abb.23-12 Offene Ausschälplastik (Thrombendarteriektomie) der Karotisgabel. Verschluß der Arteriestomie mittels Venenstreifen (autologe V.saphena magna vom Knöchel)
Operationsergebnis: Letalität 1-2%. Schlaganfallrate: 2 - 3 %.
Operationsergebnisse: Letalität 1 - 2 % , Schlaganfallrate ( z . T . reversibel) 2 - 3 %, S c h ä d i g u n g der N. hypoglossus ca. 5 %. Bei langstreckigem V e r s c h l u ß der A. carotis i n t e r n a ist eine lokale T E A nicht m e h r möglich. Alternativ k o m m t d a n n ein sog. extraintrakranieller Bypass zwischen der A. temporalis superficialis u n d Ä s t e n der A. cerebri m e d i a n a c h K r a n i o t o m i e in Frage; d a der A b g a n g der A. carotis externa häufig in die Arteriosklerose e i n b e z o g e n ist, wird dieses G e f ä ß p r ä l i m i n a r desoblitiert, u m eine gute P e r f u s i o n der A. t e m p o r a l i s zu erreichen. O b l i t e r i e r e n d e V e r ä n d e r u n g e n der A. carotis c o m m u n i s sind selten; sie be-· d ü r f e n n u r gelegentlich einer operativen R e k o n s t r u k t i o n .
Subclavian-Steal-Syndrom Ursache: zentraler Verschluß der A. subclavia, meistens links. Folge: Steal-Effekt über gleichseitige A. vertebralis —»A. axillaris (s. Abb. 23-13). Klinik: A.-basilaris-lnsuffizienz, Claudicatio der Armmuskulatur. Symptome: Schwindel, zentrale Sehstörungen, zentrale Parästhesien, Ataxie, „drop attacks".
2.2.2
Subclavian-Steal-Syndrom
U r s a c h e ist ein zentraler V e r s c h l u ß der A. subclavia, m e i s t e n s links (70 %), der die H ä m o d y n a m i k der H i r n d u r c h b l u t u n g verändert. Es k o m m t zu e i n e m Steal-Effekt ü b e r die gleichseitige A. vertebralis zur A. axillaris (Abb. 23-13). Die klinischen A u s w i r k u n g e n sind Z e i c h e n der A.-basilaris-Insuffizienz, oft v e r b u n d e n mit einer C l a u d i c a t i o der A r m m u s k u l a t u r . F o l g e n d e S y m p t o m e (stets reversibel): Schwindel, zentrale S e h s t ö r u n g e n , zentrale Parästhesien, Ataxie u n d „drop attacks". D u r c h gute Kollateralisation im Schultergürtelbereich ist die C l a u d i c a t i o des A r m e s meist n u r gering ausgeprägt.
Spezielle Chirurgie der arteriellen Verschlußkrankheit
Diagnose: Abschwächung oder Ausfall des Radialispulses auskultatorisch Stenosegeräusch, Blutdruckdifferenz an den Armen ( > 3 0 m m Hg). Bei der Doppler-Sonographie Strömungsumkehr in der entsprechenden A. vertebralis. Vor klinisch indizierter Operation Angiographie erforderlich (Stenose, Strömungsumkehr der A. vertebralis). Indikation nur bei ausgeprägten Symptomen. Lokale Desobliteration der A. subclavia (mediane Sternotomie oder Links-Thorakotomie) heute nicht mehr üblich (Letalität 8 %). Methode der Wahl ist der extraanatomische Bypass (Kunststoff): entweder von der homolateralen A. carotis communis zur A. subclavia oder von der kontralateralen A. subclavia zur betroffenen A. subclavia. Nach der Operation wird die A. vertebralis wieder orthograd perfundiert. Operationsletalität der extrathorakalen Methoden ca. 0,5 %. Bei mehr als der Hälfte der Patienten mit Subclavian-Steal-Syndrom sind zusätzlich auch andere extrakranielle Gefäße betroffen (ζ. Β. A. carotis interna). Die jeweilige operative Priorität ergibt sich aus einer sorgfältigen neurologisch-radiologisch-chirurgischen Bewertung. 2.2.3 Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) Es umfaßt eine Summe neurovaskulärer Kompressionssyndrome im Bereich der oberen Thoraxapertur (Tab. 23-3) an den 3 physiologischen Engstellen für das Gefäßnervenbündel (Abb. 23-14). Wichtig sind die Skalenuslücke und der Kostoklavikularspalt. Die pathologische Verengung kann durch eine Halsrippe (Häufigkeit 0 , 1 - 1 % , nur 10% symptomatisch), durch Skalenushypertrophie (Gewichthe-
Tabelle 23-3 Klinische Einteilung der TOS Ort der Kompression
Bezeichnung des Syndroms
1. Skalenuslücke
-
2. Kostoklavikularspalt 3. Korakopektoralraum
Halsrippensyndrom Syndrom der 1. Rippe Skalenussyndrom Kostoklavikularsyndrom Hyperabduktionssyndrom Korakopektoralsyndrom
403
Diagnose: - Radialispuls, abgeschwächt oder ausgefallen, - Stenosegeräusch, - Blutdruckdifferenz an den Armen (>30 mm Hg), - Strömungsumkehr in der A. vertebralis (Doppler-Sonographie). Operationsindikation: nur bei ausgeprägten Symptomen. Operation der Wahl: extraanatomischer Bypass.
Operationsletalität: ca. 0,5%.
Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) Kompressionssyndrom im Bereich der oberen Thoraxapertur (s. Tab. 23-3) an folgenden Lokalisationen: Skalenuslücke, Kostoklavikularspalt. Ursache: - Halsrippe, - Skalenushypertrophie, - Skalenusfibrose, - Steilstand der 1. Rippe, - überschießende Kallusbildung, - Exostose der 1. Rippe.
XXIII. Gefäßchirurgie
404
M. seal, ant. hintere Skalenuslücke
Abb.23-14 Thoracic-outlet-Syndrom: die drei physiologischen Engstellen für das neurovaskuläre Bündel im Bereich der oberen Thoraxapertur ber), durch Skalenusfibrosen (nach Muskelriß), durch Steilstand der 1. Rippe (beim Astheniker), durch überschießende Kallusbildung nach medialer Klavikulafraktur u n d durch Exostosen der ersten Rippe verursacht sein. Das physiologische Absinken des Schultergürtels im Alter ist ebenfalls ein disponierender Faktor. In zeitlicher Reihenfolge werden folgende Symptome beobachtet:
Symptome in zeitlicher Reihenfolge
Diagnose: klinische Symptomatik, Angiographie (dynamische Armarteriographie), Thoraxaufnahme (Halsrippe), Prüfung der N.-ulnarisLeitgeschwindigkeit. Therapie: Physiotherapie, operative Entfernung der Halsrippe bzw. 1. Rippe, gefäßchirurgisch bei vaskulären u. neurologischen Komplikationen: Aneurysmaresektion, bei Mikroembolien evtl. thorakale Sympathektomie.
Lokal: Schmerzen, Neurologisch: N. ulnaris-Irritation, Vegetativ-neurologisch: Raynaud-Phänomen, Arteriell: Stenosegeräusch/Pulsverlust in ca. 25 %, nach Provokation (Adson-Test der Faustschlußprobe) in ca. 90 %; Mikroembolien aus einem poststenotischen Aneurysma der A. subclavia, Venös: V. subclavia-Thrombose (Paget-von-Schroetter-Syndrom).
Diagnose: Klinische Symptomatik, Angiographie in unterschiedlicher Armstellung („dynamische" Armarteriographie), Thoraxaufnahme (Halsrippe), Prüfung der N.-ulnaris-Leitgeschwindigkeit. Therapie: Physiotherapie. Bei ausgeprägten vaskulären (Stenose, Aneurysma, Mikroembolisation, Venenverschluß) und neurologischen Komplikationen operative Entfernung der Halsrippe bzw. der ersten Rippe (Skalenuslücke und Kostoklavikularspalt werden erweitert). Gefäßchirurgisch: Aneurysmaresektion, bei Mikroembolien evtl. thorakale Sympathektomie. Die Ergebnisse sind in ca. 90 % gut, ungünstiger jedoch bei neurologischen Komplikationen.
Armarterien und Raynaud-Phänomen
2.2.4 Armarterien und Raynaud-Phänomen
Einteilung des Raynaud-Phänomens:
Arteriosklerotische Veränderungen der Armarterien distal des Abganges der A. vertebralis sind ausgesprochen selten. Mehr Gewicht hat die RaynaudProblematik. Folgende Einteilung ist gesichert: • (primärer) Morbus Raynaud = primäre funktionelle Vasomotionsstörung ohne (erkennbare) organische Ursache und ohne organische Veränderungen der Digitalarterien: anfallsweiser Vasospasmus der Digitalarterien, meist symmetrisch, durch Kälte und Erregung auslösbar mit Digitus mortuus (ca. 30 min andauernd), anschließend tief violette, stark schmerzende Verfärbung als Ausdruck der postischämisch (azidotisch) bedingten Gefäßweitstellung (80 % junge Frauen).
Primärer Morbus Raynaud: Primäre funktionelle Vasomotionsstörung ohne sichtbare organische Ursache. Keine Veränderung der Digitalarterien.
Sekundäres Raynaud-Phänomen: Erkrankung der Gefäßwand wie bei Kollagenose.
• (sekundäres) Raynaud-Phänomen = akrale organische Vasopathie: entweder Erkrankung der Gefäßwand wie bei Kollagenosen und Autoimmunerkrankungen (Sklerodermie, Dermatomyositis, Periarteriitis nodosa, Lupus erythematodes) oder Digitalarterienverschlüsse aufgrund rezidivieren-
405
S p e z i e l l e C h i r u r g i e d e r arteriellen V e r s c h l u ß k r a n k h e i t der Mikroembolien. Die Klinik des sekundären Raynaud-Phänomens ist meist nicht so prägnant wie jene des Morbus Raynaud. Häufigste Ursache für das Raynaud-Phänomen sind das TOS (20 %), Kälteagglutinine, Sklerodermie und leukämische Erkrankungen. Diagnose: Ausschluß eines TOS, Röntgen-Ösophagogramm (Sklerodermie!), Labor: BSG, großes Blutbild, Kälteagglutinine, antinukleäre und antimitochondriale Antikörper, C-reaktives Protein. Beurteilung der organischen akralen Durchblutungsstörungen durch Doppler-Sonographie. Angiographie nur bei Verdacht auf vorgeschaltete Arterienerkrankungen. Die Therapie richtet sich nach der jeweiligen Grundkrankheit: bei Morbus Raynaud Dihydroergotamin, Vasodilatanzien, Nitroglyzerin und Ganglioplegika (α-Blocker). Bei konservativ therapieresistentem Morbus Raynaud mit starken ischämischen Schmerzen und Nekrosen thorakale Sympathektomie.
Ferner: - Dermatomyositis, - Periarteriitis nodosa, - Digitalarterienverschlüsse.
Therapie: konservativ, Vasodilatantien, Dihydroergotamin, Nitroglyzerin, «-Blocker. Bei Erfolglosigkeit: thorakale Sympathekto-
2.2.5 T h o r a k a l e A o r t a
Thorakale Aorta
Unter dem Begriff „Aortenbogensyndrom" werden alle branchio-zephalen Durchblutungsstörungen aufgrund aortennaher Verschlußprozesse der drei großen Aortenbogenäste zusammengefaßt. Das nicht exakt definierte „TAKAYASU· Syndrom" (= Pulseless-Syndrom) umfaßt die seltenen entzündlich-obliterierenden Erkrankungen der großen Aortenbogenäste (Lues, Tuberkulose, unspezifische Entzündungen), vorwiegend in Ostasien bei jüngeren Frauen vorkommend. An der Aorta thoracica sind arteriosklerotische Veränderungen sehr selten, am wichtigsten ist die Aortenisthmusstenose (s. Kapitel XXII. 12. Herzchirurgie).
Branchio-zephale Durchblutungsstörungen. Ursache: Verschlußprozesse der 3 großen Aortenbogenäste.
Viszeralarterien
2.2.6 V i s z e r a l a r t e r i e n Die 3 Eingeweidearterien (Truncus coeliacus, A. mesenterica superior und inferior) stehen durch zahlreiche Kollateralen miteinander in Verbindung (Abb. 23-15). Abgangsstenosen bzw. -Verschlüsse sind bei der Angiographie oft Zufallsbefunde und meist arteriosklerotischer Natur. Die proximale Läsion der A. mesenterica superior kann postprandiale krampfartige Bauchschmerzen ( = Angina abdominalis) und eine chronische
/
I4
C
Abb.23-15 Kollateralkreislauf der drei Viszeralarterien
Proximale Läsion der A. mes. sup. Folge: Angina abdominalis und chronische Malabsorption. Bei Auskultation Stenosegeräusch. Evtl. Bypass-Operation.
XXIII. Gefäßchirurgie
406
Malabsorption verursachen. Bei der Auskultation evtl. Stenosegeräusch. Sicherung der Diagnose durch Angiographie. Fehlen Symptome, besteht keine Operationsindikation, sonst sind Bypass-Operationen angezeigt: entweder mit der distalen A. lienalis (nach Splenektomie) oder aortomesenterialer V.saphena-Bypass.
Neurovaskuläres Kompressionssyndrom des Truncus coeliacus: Oberbauchschmerzen. Behandlung durch Spaltung der Zwerchfellzwinge.
Diagnose: Angiographie im seitlichen Strahlengang.
Akute Viszeralarterienverschlüsse: Folge: Mesenterialinfarkt, ohne Operation tödlich. Ursache: Embolien und Thrombosen. Behandlung: Darmresektion, Embolektomie. Letalität: 90 %.
Nierenarterien Arteriosklerotische Nierenarterienstenose (NAS) —» poststenotischer Druckabfall —» Sekretion von Renin Angiotensin-Mechanismus —> renovaskuläre Hypertonie.
Diagnostische Maßnahmen
Operationsindikation: Gefahr des Nierenarterienverschlusses, Funktionsverlust, therapiefraktäre Hypertonie. Therapie: Angioplastie oder Operation s. Abb. 23-16.
Chronische Verschlußprozesse des Truncus coeliacus haben geringere Bedeutung (gute Kollateralisation). Nur bei ausgeprägter Symptomatik Anastomose der distalen A. lienalis mit der Aorta. Spezifisch ist ein neurovaskuläres Kompressionssyndrom des Truncus coeliacus, verursacht durch die Zwerchfellzwinge des Hiatus aorticus. Diagnose durch Angiographie im seitlichen Strahlengang. Nach Spaltung der Zwerchfellzwinge Besserung der uncharakteristischen intermittierenden Oberbauchschmerzen. Die Entstehung eines vaskulär bedingten Ulcus ventriculi auf dem Boden dieser Veränderung wird diskutiert. Stenosen und Verschlüsse im Stammbereich der A. mesenterica inferior werden gut kollateralisiert (sog. Riolansche Anastomose zwischen A. colica media und A. mesenterica inferior). Indikation zur Revaskularisation, ζ. B. bei Resektion eines Aortenaneurysma, nur bei Fehlen der Riolan-Anastomose. Akute Viszeralarterienverschlüsse betreffen in über 90 % die A. mesenterica superior. Es kommt zum Mesenterialinfarkt, der ohne Operation tödlich endet. Embolien sind doppelt so häufig wie autochthone Thrombosen. Bei letzteren sind revaskularisierende Noteingriffe meist nicht möglich. Es bleibt nur die Darmresektion. Die Letalität des Mesenterialinfarktes beträgt ca. 90 %. Nur die frühzeitige Diagnose (Angiographie s. Abb. 23-10, Probelaparotomie) verbessert die desolate Prognose.
2.2.7 Nierenarterien Die arteriosklerotische Nierenarterienstenose (NAS) befällt das proximale Drittel, die fibromuskuläre eher den mittleren Abschnitt und die Segmentarterien. Der poststenotische Druckabfall löst im juxtaglomerulären Apparat die Sekretion von Renin aus, das über den Angiotensin-Mechanismus eine renovaskuläre Hypertonie erzeugt (Goldblatt-Mechanismus, etwa 5 % aller Hypertoniker). Bei allen unter 40jährigen Hypertonikern muß an eine NAS gedacht werden, bei jedem zweiten sind beide Nierenarterien betroffen. Ursache der NAS sind in 70 % die Arteriosklerose, in 25 % fibromuskuläre und in 5 % sonstige Prozesse (Aneurysma der A. renalis, AV-Fistel, externe Kompression, kongenitale Hypoplasie, Embolie). Diagnostische Maßnahmen: • Auskultation: in 40 % Stenosegeräusch, • i. υ.-Pyelogramm mit Frühaufnahme während der ersten 5 min: verspätete Nierenbeckenkontrastierung, kleinerer Längsdurchmesser der betroffenen Niere ( > 1,5 cm), • Nierensequenzszintigraphie mit seitengetrennter Jod-Hippuran-Clearance, • Angiographie in 2 Ebenen: Darstellung der Stenose, • Seitengetrennte Renin-Bestimmung in den Nierenvenen: ein Quotient von > 1,5 ist beweisend.
Die Operationsindikation wird durch verschiedene Faktoren bestimmt: medikamentöse Einstellbarkeit des Hochdrucks, Gefahr des Nierenarterienverschlusses mit Funktionsverlust (besonders bei beidseitigen Veränderungen), allgemeine Risikofaktoren, lokale Operabilität (periphere Strombahn!). Überwiegend wird die NAS heute durch Angioplastie behandelt (geringeres Risiko). Die operativen Möglichkeiten sind in Abbildung 23-16 zusammengefaßt.
Spezielle Chirurgie der arteriellen Verschlußkrankheit
407
Thrombendart eriektomie u. Patch-Plastik
Bypaß Abb.23-16 Operative Möglichkeiten bei Nierenarterienstenose a) und b) bei arteriosklerotischer Abgangsstenose c) bei fibromuskulärer Hyperplasie
Ergebnisse: Letalität 1 - 4 %, funktionelles Langzeitergebnis mit 7 0 - 8 5 ' ' gut bis sehr gut. Die fibromuskuläre NAS schneidet besser ab.
2.2.8 Untere Extremität Bei über 80 % aller Patienten ist die chronische AVK an der unteren Extremität lokalisiert. Der isolierte Befall nur einer Gefäßetage ist selten, meist Mehretagenerkrankung (bes. bei alten Patienten). Ausnahmen sind der Morbus Winiwarter-Buerger und der Diabetes mellitus.
Operationsletalität: 1 - 4 % . Langzeitergebnis: gut. Untere Extremität Häufigste Lokalisation der chronischen AVK an den unteren Extremitäten. Meist Mehretagenerkrankung.
Das klinische Beschwerdebild wird in 4 Stadien eingeteilt (Fontaine):
Stadium I = Stenosen oder Verschlüsse ohne klinische Symptome Stadium IIa = Claudicatio intermittens ( = Schaufenster-Krankheit) mit einer beschwerdefreien Gehstrecke > 100 m Stadium IIb = Claudicatio intermittens mit < 100 m Gehstrecke Stadium III = Ruheschmerzen, besonders in Horizontallage und nachts: Der Patient läßt das Bein aus dem Bett heraushängen. Differentialdiagnose: Beim venösen Schmerz führt die Beinhochlagerung zur Schmerzlinderung Stadium IV = trophische Störungen = periphere Nekrosen (Mumifikation oder Gangrän)
Einteilung des klinischen Beschwerdebildes in 4 Stadien
Eine Kombination der Stadien II und IV kommt, insbesondere beim Diabetes mellitus, vor (schmerzlose trophische Störungen). Mumifikation = trockener Brand ohne bakterielle Besiedlung. Gangrän = feuchter Brand mit bakterieller Infektion, insbesondere Fäulniserregern. Die feuchte Gangrän kann sich in wenigen Stunden ausbreiten und zur ausgedehnten Unterschenkelphlegmone oder gar Sepsis führen. Diagnose: Die exakte Anamneseerhebung und klinische Untersuchung (Inspektion, Pulspalpation, Auskultation) erlauben eine klare Beurteilung der Verschlußlokalisation und des Schweregrades (s. auch S.387 ):
Bei Diabetes häufig Kombination der Stadien II und IV. Mumifikation = trockener Brand ohne bakterielle Besiedlung. Gangrän = feuchter Brand mit bakterieller Infektion. Folge: Unterschenkelphlegmone oder Sepsis.
408
XXIII. Gefäßchirurgie
Diagnose • Schmerzen im Oberschenkel - ^ V e r s c h l ü s s e im aorto-ilikalen Abschnitt, • Schmerzen in der Wade —»Verschluß in der Oberschenkeletage, • Schmerzen im Fuß —»Verschluß der A. poplitea und Unterschenkelarterien, • Gehstreckenmessung. Weitere Beurteilung: Ultraschall-Doppler. Angiographie nur vor geplanter Operation. Therapie: - Stadium I: keine Operation, - Stadium II: relative Indikation, - Stadium III und IV: absolute Indikation zur Operation. Wichtig: Verschlechterung des Status quo durch Operation möglich. Folge: strenge Indikationen.
Weitere Beurteilung durch Ultraschall-Doppler mit postokklusiver Druckmessung. Eine Angiographie ist nur vor geplanter Operation angezeigt! Therapie: Die Entscheidung für konservative oder operative Therapie hängt ab vom Stadium der Erkrankung, von der individuellen Situation des Patienten (Allgemeinzustand, Alter, Beruf, soziales Umfeld), der anatomischen Gefäßsituation und -lokalisation (run-in, run-off) und den Erfolgsaussichten einer konservativen Therapie. Stadium I —»keine Operation. Stadium I I —> relative Indikation, großzügiger für die Beckenetage (Gehstrecke 2 0 0 - 3 0 0 m) und zurückhaltender für die Oberschenkeletage (IIb < 100 m). Stadium I I I + I V gelten als absolute Indikationen (starke Schmerzen und Gefahr des Gliedmaßen Verlustes). Operation an den Unterschenkelarterien nur im Stadium IV als Alternative zur Amputation. Jede Gefäßoperation kann den Status quo ante auch verschlechtern, deshalb strenge Indikationen! Einige typische Läsionen in den 3 Gefäßetagen sind mit ihren Behandlungsmöglichkeiten in den Abbildungen 23-16 bis 23-21 zusammengefaßt.
Abb.23-17 Aortobifemoraler Kunststoffbypass bei hohem Aortenverschluß und chronischer AVK der Beckenetage (links mit Profundaanschluß)
Abb. 23-18 Operative Therapie bei arteriosklerotischem Ulkus mit (Mikro-) Embolie: hier infrarenale Aorta
Spezielle Chirurgie der arteriellen Verschlußkrankheit
Abb. 23-20
Typische Angiographie bei Verschluß der A. iliaca communis rechts mit Wiederauffüllung der Strombahn ab lliakalbifurkation (Kollateralen über Lumbaiarterien und A. mesenterica inferior —> A. iliaca interna re.)
Grenz-1 sträng
Abb.23-21 Operative Therapie bei langstreckigem Verschluß der A.femoralis superficialis mit offenem Poplitealsegment III (a): b) Erstoperation = Profundaplastik und lumbale Sympathektomie c) Zweitoperation = zusätzlicher gelenküberschreitender femoro-poplitealer Bypass
409
XXIII. G e f ä ß c h i r u r g i e
410 Z u s a m m e n f a s s u n g der B e h a n d l u n g s m ö g lichkeiten (s. A b b . 23-17 bis 23-21) typischer Läsionen
• Hoher Aortenverschluß (Abb. 23-17): Keine Gefahr der aszendierenden Thrombose mit Verschluß der Nierenarterien! Die Indikation ergibt sich aus der peripheren Durchblutungsstörung: aorto-biiliakaler bzw. -bifemoraler Kunststoff-Bypass nach offener TEA der infrarenalen Aorta. • Atheromatoses Ulkus der Aorta mit peripherer Mikroembolisation (Abb. 23-18): offene TEA. • Kurzstreckige Stenose der Beckenarterien (Abb. 23-19): Indikation für die Angioplastie. • Beckenarterienverschluß (Abb. 23-20) aorto-bifemoraler Bypass (s.Abb. 23-17). • Der isolierte Verschluß der A. femoralis superficialis (Adduktorenkanal) (s. Abb. 23-8) wird über die A. profunda femoris gut kollaterialisiert. Indikation zur konservativen Therapie (Gehtraining). • Verschluß der A. femoralis superficialis mit Abgangsstenose der A. prof. fem. und offener A. poplitea. Indikation zur Profundaplastik, evtl. kombiniert mit lumbaler Sympathektomie. • Langstreckiger Verschluß der A. femoralis superficialis bis distal des Kniegelenks, evtl. kombiniert mit einer Abgangsstenose der A. profunda (Abb. 23-21): als Ersteingriff Profundaplastik und zweitens ein kniegelenksüberschreitender femoro-poplitealer Bypass (Poplitea-Segment III). • Verschluß im Bereich der A. poplitea-Trifurkation: femoro-kruraler Bypass mit peripherem Anschluß an eine oder zwei Unterschenkelarterien, evtl. kombiniert mit einer lumbalen Sympathektomie.
Bei Risikopatienten - • extraanatomischer Bypass.
Beim Risikopatienten und bei Infektionen nach vorausgegangener Gefäßoperation kommen für die aorto-iliakale Etage extraanatomische Bypässe (axillo-bifemoraler Bypass, femoro-femoraler Cross-over-Bypass, ObturatorBypass, Abb. 23-22) in Frage (geringere Operationsbelastung!). Nach 5 Jahren liegt die Rate der noch offenen Gefäßprothesen zwischen 50 und 85 %. Komplikationen und Nachsorge s.S. 394, 395 .
Subclavia Subciavia-Bypass (bei Subclavian-Steal-Syndrom links)
axillobifemoral (bei chron. AVK der Beckenetage)
A b b . 2 3 - 2 2 V e r s c h i e d e n e extraanatomische Bypässe: subclavio-subclavial, axillobifemoral und f e m o r o - f e m o r a l
Spezielle Chirurgie der arteriellen Verschlußkrankheit
2.3 Arterielle Aneurysmen
411 Arterielle Aneurysmen
Pathogenese, Einteilung und allgemeine Symptomatologie s. S. 386.
2.3.1 Aneurysma verum
Aneurysma verum
Wir unterscheiden Aortenaneurysmen und periphere Aneurysmen. Bei aortaler Lokalisation liegt es zu 85 % infrarenal, zu 15 % thorakal und sehr selten thorakoabdominal. Ätiologie: Arteriosklerose, nur bei der Aorta ascendens m a n c h m a l Lues. Sehr selten ist das Aneurysma verum im Bereich der Extremitätenarterien.
Unterscheidung von Aortenaneurysma und peripherem Aneurysma. Krankheitsentstehung: Arteriosklerose, manchmal Lues. Sehr selten an den Extremitätenarterien.
2.3.1.1 Infrarenales Aortenaneurysma
Infrarenales Aortenaneurysma
Nach Sektionsstatistik beträgt die Inzidenz 1 - 2 %, Altersgipfel zwischen 60 und 70 Jahren, M ä n n e r viermal häufiger betroffen. 30 % sind asymptomatische Zufallsbefunde, 45 % symptomatisch (Rücken- und Flankenschmerz, Verdrängung von Organen, Nierenkolik oder Lumbalgie vortäuschend) und 25 % rupturiert. Aneurysmaruptur in die V. cava inferior selten ( = aorto-kavale Fistel mit Rechtsherzinsuffizienz, Beinödeme, Maschinengeräusch). Jährliche G r ö ß e n z u n a h m e der Aneurysmen ca. 0,4 cm. Nach neueren Literaturübersichten liegt die Rupturhäufigkeit bei 10 % (bei zwischenzeitlicher Operation symptomatisch gewordener Aneurysmen). Abwartendes Verhalten verpflichtet zur regelmäßigen Ultraschallkontrolle. Eine weitere Komplikation ist die Embolie aus dem Aneurysma (Häufigkeit ca. 15 %).
Inzidenz 1 - 2 % . Folge: Verdrängung von Organen, Nierenkolik oder Lumbalgie vortäuschend. Rupturhäufigkeit: 10% (größenabhängig). Komplikation: Embolie. Schwere Begleiterscheinungen: - koronare Herzkrankheit, - Hypertonie, - periphere chronische AVK, - Herzinsuffizienz, - Diabetes mellitus, - zerebro-vaskuläre Insuffizienz, - Niereninsuffizienz.
Typisch für das Aortenaneurysma sind schwere Begleitkrankheiten: koronare Herzkrankheit (55 %), Hypertonie und periphere chronische AVK (ca. 40 %), Herzinsuffizienz (30 %). Diabetes mellitus, zerebro-vaskuläre Insuffizienz, Niereninsuffizienz (etwa je 10%). Die Operationsindikation m u ß differenziert gestellt werden:
- Elektive Situation (keine Schmerzen): < 70 Jahre: jedes Aneurysma bei fehlenden Risikofaktoren 7 0 - 8 0 Jahre: bei > 6 cm und begrenztem Risiko > 80 Jahre: bei symptomatischem Aneurysma - Symptomatische Situation (Schmerzen): OP innerhalb Stunden bei jedem Aneurysma - Notfallmäßige Situation (Ruptur: gedeckt oder frei-intraperitoneal): sofortige Operation bei j e d e m Aneurysma
Operationsindikation
Für die Operation gilt: - bestmögliche präopertive Vorbereitung, - optimales Anästhesiologie-Monitoring zur Vermeidung von Blutdruckschwankungen Herzinfarkt!), - blutsparende Operation. Operationstechniken: partielle Resektion des Aneurysma mit Rekonstruktion durch aorto-aortale, aorto-iliakale oder aorto-femorale Protheseninterposition (Abb. 23-23). Spezifische postoperative Komplikationen: Gangrän des linken Hemikolons (fehlende Revaskularisation der A. mesenterica inferior), Protheseninfektion bis hin zur aortalen Fistel (Abb. 23-24) und Ejakulationsstörungen. Die Klinikletalität für die Elektivoperation beträgt etwa 7 %, für die Notoperation 5 0 - 8 0 % .
Operationstechnik: partielle Resektion des Aneurysmas mit Rekonstruktion durch Protheseninterposition (s. Abb. 23-23). Komplikationen: Gangrän, Protheseninfektion, Ejakulationsstörungen. Letalität bei Elektiveingriff: 7 %, Notoperation: 50-80%.
412
XXIII. Gefäßchirurgie
aortobiiliacale Interposition
aortoaortale Interposition
Abb.23-23 Operative Möglichkeiten beim infrarenalen Aortenaneurysma (jeweils Kunststoffersatz): Die A. mesenterica inferior kann meist abgesetzt werden; der originale Aneurysmasack wird vor der Prothese wieder vereinigt ( = „partielle Aneurysmaresektion"). falsches
Prothese passagerer Thrombus Abb.22-24 Aorto-duodenale Fistel (als Komplikation einer tiefen Protheseninfektion nach aortalem Kunststoffersatz)
2.3.1.2 Aneurysma verum anderer Lokalisationen Andere Lokallsationen des Aneurysma verum Thorako-abdominale Aneurysmen Problematische Erkrankung durch Einbezug der Viszeral- und Nierenarterien. Hauptkomplikationen: Durchblutungsstörung der viszeralen Organe. Operatives Vorgehen: Rekonstruktion durch Kunststoff-Bypass. Periphere Aneurysmen sind als Embolus-Streuherd gefürchtet. Gefahr des Gliedmaßenverlustes. Absolute Operationsindikation.
Aneurysma falsum Ursache: penetrierende Verletzung oder Anastomosenkomplikation nach Gefäßoperation.
Aneurysmen des thorakalen Abschnittes s. Kapitel XXII. 12. HerzchirurThorako-abdominale Aneurysmen sind durch Einbeziehung der Viszeralund Nierenarterien besonders problematisch. Hauptkomplikation ist die Durchblutungsstörung der viszeralen Organe. Die Operation (thorako-abdominaler Zugang) besteht in einer Rekonstruktion durch Kunststoff-Bypass mit schrittweisem Anschluß der einzelnen Viszeral- und Nierenarterien. Periphere Aneurysmen (vorwiegend A. femoralis communis, A. poplitea und Abgang der A. carotis interna) sind gefährlich als Embolus-Streuherd. Durch Thrombosierung und Nervendruck Gefahr des Gliedmaßenverlustes. Absolute Operationsindikation. Resektion des Aneurysmas und Interposition eines Gefäßtransplantats oder Ausschaltung durch Bypass.
2.3.2 Aneurysma falsum Ursache sind penetrierende Verletzungen oder Anastomosenkomplikationen nach Gefäßoperationen (zu lockere Naht, Infektion).
Arteriovenöse Fisteln Gefahren: Blutung, Thrombose, Embolie, Einbruch in benachbarte Organe, ζ. B. Duodenum bei Lokalisation an einer Aortenanastomose (s. Abb. 23-23). Absolute Operationsindikation!
413 Gefahren: Blutung, Thrombose, Embolie, Einbruch in benachbarte Organe. Absolute Operationsindikation.
2.3.3 Aneurysma dissecans aortae s. Kapitel XXII. 12. Herzchirurgie
3. Gefäßverletzungen
3. Gefäßverletzungen s. Kap. XXXII./2.
s. Kapitel XXXII./2.
4. Arterio-venöse Fisteln (einschl. Hämodialyse-Shunts)
4. Arterio-venöse Fisteln
4.1 Konnatale av-Fisteln
Konnatale av-Fisteln
Sie sind sehr selten und finden sich der Häufigkeit nach im Gefäßgebiet des Kopfes, der Gliedmaßen und der inneren Organe (besonders Lunge). Man unterscheidet: • generalisierte Form eines ganzen Extremitätenabschnittes (Typ II nach F. P. Weber)· • lokalisierte tumoröse Formen im Bereich des Kopfes und Gehirns = Längsachsenkurzschluß mit kavernösen Hohlräumen (Typ III Aneurysma corsoides, selten). Charakteristisch ist die häufige Kombination mit anderen Mißbildungen, ζ. B. Hauthämangiomen, Lymphangiomen usw. {Klippel-Trenaunay-Syndrom, Sturge-Weber-Syndiom oder F. P. Weöer-Syndrom).
Selten. Lokalisation: Gefäßgebiet des Kopfes, der Gliedmaßen und der inneren Organe. Man unterscheidet: - generalisierte Form, - lokalisierte tumoröse Form. Häufige Kombination mit anderen Mißbildungen.
4.2 Traumatische av-Fisteln (s.S. 819,824).
4.3 Erworbene av-Fisteln
Erworbene av-Fisteln
Sie entstehen durch zweizeitigen Einbruch eines Aneurysmas in die begleitende Vene oder durch arterio-venöse Massenligaturen. Schwerwiegende Folgen haben aorto-kavale Fisteln und arterio-portale Fisteln mit Pfortaderhochdruck (A. lienalis, A. hepatica, meist postoperativ oder posttraumatisch entstanden), s. S. 545 .
Entstehung durch zweizeitigen Einbruch eines Aneurysmas in die begleitende Vene oder arterio-venöse Massenligaturen.
4.4 Symptome und Diagnose Für alle av-Fisteln gelten folgende typischen Symptome:
• akute Hypovolämie durch Versacken des Volumens in das venöse Niederdrucksystem ( = „Verblutung" nach innen bei akutem Entstehen und großer Fistelöffnung), • Erhöhung des Blutvolumens (10 1 und mehr, Rechtsherzbelastung), • arterielle und venöse Distension, • evtl. Mangeldurchblutung (Angina abdominalis im Bereich der Viszeralarterien, venöses Stauungsulkus im Bereich der Extremitäten), • kardiale Insuffizienz und Herzvergrößerung (chronisch erhöhtes Herzminutenvolumen),
Symptome und Diagnose der arterio-venösen Fistel
XXIII. Gefäßchirurgie
414
• Umwandlung einer av-Fistel in eine aneurysmatische av-Fistel, bei konnatalen Extremitätenfisteln (F. P. Weber-Syndrom) Riesenwuchs der betroffenen Extremität.
Weitere Zeichen: - Einseitige Varizen, - Fistelgeräusch, - Nicoladoni-Branham-Test. Spezialuntersuchungen - Bestimmung des HZV, - Bestimmung des Gesamtvolumens, - Röntgen-Thorax (Herzgröße), - Angiographie.
Einseitig ausgeprägte Varizen beim jungen Menschen müssen an konnatale av-Fisteln denken lassen! Hinweis sind ein Fistelgeräusch und der Nicoladoni-Branham-Test: bei Kompression der zuführenden Arterie Auftreten einer Bradykardie (geringeres Shunt-Volumen). Folgende Spezialuntersuchungen können durchgeführt werden: Bestimmung des Herzminuten- und Gesamtvolumens, Röntgen-Thorax (Herzgröße!), Angiographie.
Therapie und Prognose
4.5 Therapie und Prognose
Keine Spontanheilung. Operative Behandlung oder Embolisation. Absolute Indikation bei: - aneurysmatischer Fistel, - Herzinsuffizienz, - Ulkusblutung, - arterieller Thrombose. Operation: - Separationsverfahren (größere Gefäße), - Vierpunkteligatur (kleinere Gefäße), - Skelettierungsoperation (beim Weber-Syn drom).
Bei größeren Fisteln keine Spontanheilung. Daher muß die av-Fistel entweder operiert oder embolisiert werden. Absolute Indikation bei Ruptur einer aneurysmatischen Fistel und bei Entwicklung einer Herzinsuffizienz bzw. lokaler Komplikationen (Ulkusblutung, arterielle Thrombose). Zwei Behandlungsmethoden: Operation - Separationsverfahren bei größeren Gefäßen, - Vierpunkteligatur von Arterie und Vene proximal und distal der Fistel bei kleineren Gefäßen und - Skelettierungsoperation der großen Arterien beim F. P. Weöer-Syndrom.
Interventionelle Angio-Therapie: Seldinger-Technik —* Verödung und Thrombosierung der Fistel durch Injektion von GelFoam, Akrylat, Kunststoffkügelchen.
Interventionelle Angio-Therapie: Mittels Se/dmger-Technik Verödung bzw. Thrombosierung der Fisteln durch Injektion von Gel-Foam, Akrylat oder Kunststoffkügelchen. Operationsletalität und Langzeitprognose hängen von der Grunderkrankung ab. Konnatale av-Fisteln (F. P. Wefcer-Syndrom) sind bisweilen operativ nicht zu sanieren und eine Gliedmaßenamputation nicht zu vermeiden.
Hämodialyse-Shunts
4.6 Hämodialyse-Shunts
Notwendigkeit bei Dialyse der terminalen Niereninsuffizienz Anlage distaler arterio-venöser Fisteln.
Für die Hämodialyse bei der terminalen Niereninsuffizienz bedarf es eines sicheren, hämodynamisch ausreichenden und gut punktablen Gefäßzuganges (Shunt-Volumen ca. 200 ml/min). Oberflächliche Hautvenen reichen dafür oft nicht aus, so daß die Anlage distaler arterio-venöser Fisteln notwendig Folgende Shunt-Variationen sind möglich:
Shunt-Variationen
Komplikationen: Nachblutung, Infektion, Thrombosierung, Aneurysmabildung.
- einfache av-Fistel: Cimino-Fistel zwischen A. radialis und V. cephalica in Höhe des distalen Unterarms, av-Fistel in der Ellenbeuge zwischen V. cephalica und A. cubitalis und Arterialisierung der V. saphena magna mit der A. poplitea, - alloplastische av-Fisteln: Interposition von Kunststofftransplantaten (PTFE-Prothesen), entweder als Schleifen-Shunt am Unterarm oder als gestreckter Shunt am Oberarm.
Mögliche Komplikationen beim Hämodialyse-Shunt: Nachblutung, Infektion, Thrombosierung, Aneurysmabildung. Funktionsdauer unterschiedlich, bis zu mehreren Jahren.
415
Chirurgie der Venen
5. Chirurgie der Venen
Chirurgie der Venen
In den Venen wird das Blut zum Herzen zurückgeführt. Ca. 85 % des gesamten Blutvolumens befindet sich im venösen System (Volumenregulation!). An den Extremitäten existieren 2 parallel verlaufende Venensysteme: das tiefe ( = intermuskuläre) und das oberflächliche (= subkutane); beide sind durch mehrfache Querleiter verbunden (die Faszie durchbrechende „Perforansvenen" am Bein sind von hoher klinischer Bedeutung). Normalerweise fließt das Blut in diesen Perforansvenen ausschließlich von der Oberfläche in die Tiefe (gerichtete Klappen!).
2 Venensysteme an den Extremitäten: - tiefes Venensystem (intermuskulär), - oberflächliches Venensystem (subkutane Venen), - Verbindung durch Querleitung („Perforansvenen").
5.1 Varikosis
Varikosis
Definition: Sackartige Erweiterung oberflächlicher Venen. Mit der Varikosis zahlt der Mensch für die Möglichkeit des aufrechten Gehens. Erhöhter hydrostatischer Druck, Klappeninsuffizienz, nicht ausreichende Muskelpumpe und tiefe Venenthrombosen (sekundäre Varizen) bedingen die hohe Morbidität. Epidemiologie und Ätiologie: Fast jeder Zweite leidet jenseits des 50. Lebensjahres an Varizen oder deren Folgen. Die sozialmedizinische Bedeutung spiegelt sich in folgenden Zahlen: Ca. 12 % aller berufstätigen Menschen haben eine Varikosis mit Krankheitswert, ein Viertel davon bereits mit Komplikationen.
Sackartige Erweiterung oberflächlicher Venen.
Klassifizierung der Varizen: Primäre - primäre Erweiterung der V. saphena magna - hormonelle Lockerung des Klappenapparates bei Schwangeren Sekundäre: - av-Fisteln (Jugendliche) - Insuffizienz der perforierenden Venen (meist mit postthrombotischem Syndrom) - Thrombose der tiefen Venen (meist mit postthrombotischem Syndrom) Primäre Varizen überwiegen mit ca. 75 % gegenüber den sekundären.
12% aller Berufstätigen haben Varikosis mit Krankheitswert. Klassifizierung der Varizen s.Tab. 6.
Klassifizierung
5.5.1 Primäre Varikosis
Primäre Varikosis
Erweiterung der V. saphena magna oder parva mit nachfolgender Klappeninsuffizienz. Wahrscheinlich handelt es sich kausal um Stoffwechselveränderungen der glatten Muskelzellen in der Venenwand. Prädisponierende Faktoren: Schwangerschaft (hormonelle Einflüsse), Bindegewebeschwäche, berufliche Belastung (langes Stehen bei Friseuren, Chirurgen usw.). 5.5.1 Sekundäre Varikosis
Erweiterung der V. saphena magna oder parva mit Klappeninsuffizienz. Prädisponierende Faktoren: - Schwangerschaft, - hormonelle Einflüsse, - Bindegewebeschwäche, - berufliche Belastung (langes Stehen). Sekundäre Varikosis
Sekundäre Varizen sind Folge anderer Venenerkrankungen: konnatale Angiodysplasie, posttraumatisch, primäre ( = idiopathische) Klappeninsuffizienz der Perforansvenen und chronischer Verschluß der tiefen Venen (dann Strömungsumkehr in den Perforansvenen mit deren sekundärer Klappeninsuffizienz).
Folge anderer Venenerkrankungen: - Konnatale Angiodysplasie, - primäre Klappeninsuffizienz der Perforansvenen, - chronischer Venenverschluß der tiefen Venen.
5.1.3 Klinische Symptomatologie
Klinische Symtomatologie
Primäre Varizen verursachen in der Regel nur geringe Beschwerden, stören jedoch vor allem kosmetisch. Bei längerem Stehen können Schwere- und Spannungsgefühl, auch Schmerzen in den Beinen auftreten, die durch Bewegung und Beinhochlagerung verschwinden.
Primäre Varizen: - wenig Symptome. - Schwere-, Spannungsgefühl und Schmerzen bei längerem Stehen.
416 Sekundäre Varizen als postthrombotisches Syndrom: -
Schwere- und Spannungsgefühl, Schmerzen, Schwellung des Beines, Juckreiz, Ekzem, Hyperpigmentation, Pachydermie, Atrophie blanche, Ulcera cruris (offenes Bein) mit schlechter Wundheilungstendenz, therapeutisch konservativ behandeln. Diagnose der Varikosis Differenzierung zwischen primärer und sekundärer Form. Klinische Methoden: Palpation Trendelenburg-Test
Bei Hinweisen auf tiefe Venenthrombose: ermitteln, wie venöser Rückfluß des Blutes erfolgt; durch: Aussagen des Patienten über Erfolg eines Kompressionsstrumpfes. Perthes-Test
Aszendierende Phlebographie
Periphere Venendruckmessung
XXIII. Gefäßchirurgie Die sekundäre Varikosis imponiert als postthrombotisches Syndrom: • Ausgeprägtes Schwere- und Spannungsgefühl, Schmerzen, Schwellung des Beines, Juckreiz, Ekzem, Hyperpigmentation, Pachydermie, „Atrophie blanche" und - am wichtigsten - Ulcera cruris, besonders in der Nähe des Innenknöchels (sog. „offenes" Bein). Das Ulcus cruris ist zu 90 % durch ein postthrombotisches Syndrom bedingt, zu 10 % arteriell. Der ätiologisch wichtigste Einzelfaktor ist der „Rammeffekt" einer insuffizienten Perforansvene auf das umliegende Gewebe (Anoxie, Azidose, hydrostatischer Druck etc.)! Die Wundheilungstendenz ist extrem schlecht, therapeutisch stehen konservative Methoden zunächst im Vordergrund.
5.1.4 Diagnose und Differentialdiagnose Varizen sind sichtbar; jedoch m u ß zwischen der primären und sekundären Form differenziert werden. Hierfür gibt es verschiedene klinische Untersuchungsmethoden: • Palpation evtl. bestehender Faszienlücken an den Durchtrittsstellen der insuffizienten Perforansvenen. • Trendelenburg-Test: Der liegende Patient hebt das entsprechende Bein hoch, die Varizen werden leergestrichen und die V. saphena magna unterhalb der Leistenbeuge mit einer Staubinde komprimiert. Füllen sich beim Aufsitzen und noch liegender Stauung die Varizen rasch, handelt es sich u m eine Insuffizienz der V. perforans. Bleiben sie aber für ca. 15 s leer und füllen sich erst nach Lösen der Stauung rasch von proximal nach distal, handelt es sich u m primäre Varizen aufgrund einer Klappeninsuffizienz. Gibt es anamnestische Hinweise auf eine tiefe Venenthrombose, muß geklärt werden, ob die tiefen Venen für den Rückfluß des Blutes ausreichen oder dafür das sekundär erweiterte subkutane Venensystem notwendig ist: • Aussage des Patienten, ob das Tragen eines Kompressionsstrumpfes Erleichterung verschafft oder nicht; falls ja, können die Varizen chirurgisch entfernt werden. • Perthes-Test (hohe Aussagekraft): Beim stehenden Patienten Anlegen einer Stauung in Oberschenkelmitte. Umhergehen des Patienten ( 1 - 2 min). Entleeren sich dabei die Varizen, so sind die tiefen Venen durchgängig, die Operation ist möglich. • Die aszendierende Phlebographie der Bein- und Beckenvenen gibt Aufschluß über die Durchgängigkeit der tiefen Venen, die eventuelle Insuffizienz perforierender Venen und die Ausdehnung der Varizen. • Die periphere (blutige) Venendruckmessung beim stehenden Patienten ist nur selten notwendig, beim postthrombotischen Syndrom bleibt der Druckabfall bei muskulärer Arbeit (ζ. B. Zehenstände) aus.
Therapie
5.1.5 Therapie
Konservativ: Kompression durch Bandagen etc., unterstützt durch Venentonika. Perkutane Verödungsbehandlung bei - kleinen Nebenästen, - Rest- oder Rezidivvarizen.
Es stehen konservative und operative Methoden zur Verfügung. Beide ergänzen sich. Domäne der konservativen Behandlung ist die Kompression durch Bandagen und Gummistrümpfe, unterstützt durch medikamentöse Therapie („Venentonika" zur Verbesserung der Mikrozirkulation und zur Odemausschwemmung). Eine perkutane Verödungsbehandlung (Sklerosierung) ist bei retikulärer und besenreiserartiger Varikosis, kleinen Nebenästen und Rest- oder Rezidivvarizen möglich. Die Verödung von Perforansvenen ist kontraindiziert. Bei jeder primären Varikosis ist die Indikation zur Operation gegeben. Unter strenger Indikationsstellung kann auch die sekundäre Varikosis operiert werden, wenn das tiefe Venensystem für den venösen Rücktransport funktionell ausreicht. Entfernung der sekundären Varizen beschleunigt die Strö-
Operative Behandlung: - bei jeder primären Varikosis, - bei sekundärer Varikosis nur, wenn tiefes Venensystem für Blutrücktransport ausreicht.
Chirurgie der Venen
417
mungsgeschwindigkeit in den tiefen Venen und fordert damit ihre Entleerung und reduziert die Thrombosegefahr. Operationsmethode der Wahl ist die Exhairese der varikösen Venen, insbesondere der V. saph. magna mit der Babcock-Sonde = sog. „Stripping" (Abb. 23-25). Wichtig ist die sorgfältige Crossektomie in der Leiste, bei der alle in den „Venenstern" einmündenden Seitenäste ligiert werden müssen (Verhinderung eines Lokalrezidivs). Insuffiziente Perforansvenen sind mit größter Sorgfalt zu unterbinden, sie werden an den typischen Stellen (Abb. 23-26) freigelegt, subfaszial ligiert und die Faszie durch Naht verschlossen.
Operationsmethode der Wahl: Exhairese der varikösen Venen (Stripping) (s. Abb. 23-25). Weiterhin sorgfältige Crossektomie in der Leiste. Insuffiziente Perforansvene: Sorgfältig unterbinden, typische Stellen freilegen —* subfaszial ligieren —» Faszie durch Naht verschließen.
Abb. 23-25 Stripping der V.saphena magna (Erklärung s.Text) Schwerwiegende operative Komplikationen sind sehr selten (Verletzung der V. femoralis und A. femoralis superficialis, Blutungen, tiefe Venenthrombosen, Lungenembolie). Letalität 0,02 %. Leichtere Komplikationen sind Wundheilungsstörungen, Sensibilitätsstörungen der Hautinzisionen (ca. 15 %, meist reversibel), Lymphfisteln (5 %), Rezidive u m 8 %. Nach jeder Varizenoperation elastische Bindenwicklung und Kompressionsstrümpfe für ca. 3 Monate.
DODD'sche Gruppe
BOYD'sche Vene Linton'sche Linie
COCKETT'sche Gruppe Abb. 23-26 Die wichtigsten perforierenden Venen des Beines
Schwerwiegende operative Komplikationen: - Verletzungen der V. fem. u. A. fem. superficialis, - Blutungen, - tiefe Venenthrombosen, - Lungenembolie (selten). Letalität: 0,02%. Nach Operation elastische Bindenwicklung und Kompressionsstrümpfe für 3 Monate.
418 Akute Bein-Beckerivenenthrombose
XXIII. Gefäßchirurgie
5.2 Akute Bein-Beckenvenenthrombose 5.2.1 Epidemiologie und Ätiologie
Faktoren für die Entstehung der tiefen BeinBecken venenthrombosen.
Häufige Erkrankung, jedoch fehlen genaue epidemiologische Zahlen. Gesicherte Faktoren für die Entstehung einer tiefen Bein-Beckenvenenthrombose sind (s. auch S. 113 ):
• AT III-Mangel • Einnahme von Kontrazeptiva, • perioperative Einflüsse (Wadendruck auf dem Operationstisch, Stase, Gerinnungsveränderungen), besonders beim Polytrauma, • postpartal, • lokale Faktoren, wie linksseitiger Beckenvenensporn (Abb. 23-27) und Kompressionssyndrom der V. femoralis bei latenter Femoralhernie, • „paraneoplastisches Syndrom" bei malignen Grunderkrankungen, • lokale Kompression oder Wandinfiltration der Beckenvenen durch maligne Prozesse, insbesondere Lymphknotenmetastasen.
V. cava inf.\—%
\
4
1 I
WM m
Aorta Abb. 23-27 Pathophysiologic des Beckenvenensporns Ii. (als häufige Ursache der akuten Beckenvenenthrombose) nach May: pulsabhängige Einklemmung der zwischen LWK und überkreuzender A. iliaca communis dextra fixierten V.iliaca communis sinistra (chron. R e i z ^ reaktive Segelbildung).
5.2.2 Klinische Symptomatologie und Komplikationen Mehr oder weniger suffiziente Kollateralkreisläufe verschleiern das klinische Bild. Die wichtigsten Symptome sind:
Klinische Symptome
Wichtigsteakute Komplikation: Lungenarterienembolie.
• „weiße" Schwellung des Beines ( = Phlegmasia alba), besonders bei Beintieflagerung, • erhöhte Konsistenz der Wadenmuskulatur, • evtl. Druckschmerz der tiefen Venenstämme ( = Phlegmasia alba dolens, besonders der Wadenmuskulatur), • „zyanotische" Hautfarbe bei stärkerer venöser Strombahnblockade, • tiefrote bis violette Verfärbung, starke Schwellung, Blasenbildung der Haut, fehlende Arterienpulse, Schock = Phlegmasia coerulea dolens ( = venöse Gangrän).
Die wichtigste akute Komplikation ist die Lungenarterienembolie. Ausgangsort sind häufig nichtwandständige „flottierende" Thromben der Femoro-iliakal-Region. Eine chronische Folgeerscheinung ist das „postthrombotische Syndrom".
Diagnose
5.2.3 Diagnose
- Anamnese und klinischer Befund, - Bein-Beckenphlebographie,
Durch Anamnese und klinischen Befund meist zu stellen, in der Regel jedoch ist zusätzlich eine Bein-Beckenphlebographie notwendig. Sie gibt Aus-
419
C h i r u r g i e der V e n e n kunft über Ausdehnung der Thrombose (Kollateralkreislauf)· Als Suchtest für eine Venenthrombose können die Ultraschall-Doppler-Untersuchung und der Radiofibrinogentest (lokale Anreicherung der Isotopen im Thrombus) eingesetzt werden.
- Ultraschall-Doppler-Untersuchung (als Suchtest), - Radiofibrinogentest.
5.2.4 Therapie
Therapie
Wichtig sind Antikoagulanzien (zunächst Heparin, später Cumarine) und Hochlagerung der Extremität. Als aggressive Therapie bei allen popliteofemoro-iliakalen Thrombosen stehen die Thrombolyse (s. auch S.115) oder die operative Thrombektomie zur Diskussion. Diese Therapie kann akute (Lungenarterienembolie) und chronische (postthrombotisches Syndrom) Komplikationen verhindern. Bei der Phlegmasia coerulea dolens sind Lyse und Operation absolut indiziert. Die Entscheidung Lyse oder Operation fällt bei bestimmten Konstellationen.
- Antikoagulanzien (Heparin, Cumarine), - Hochlagerung der Extremitäten.
Die Thrombektomie ist indiziert bei:
- flottierendem Thrombus, - segmentaler Oberschenkel- oder Beckenvenenthrombose, - erfolgloser Lyse, - Kontraindikationen für die Lyse: hohes Alter, Hochdruck, Ulzera, Nierensteine, unmittelbar postoperativ, postpartal oder nach frischem Unfall.
Thrombektomie indiziert bei
Für die primäre Lyse sprechen:
- Thrombus älter als 7 Tage (phlebographisch beginnende Kollateralisierung), - Phlegmasia coerulea dolens, - hohes perioperatives Risiko, ζ. B. frischer Herzinfarkt, - aszendierende Unter-Oberschenkelvenenthrombose (chirurgisch ungünstig).
Primäre Lyse wenn:
Bei fortgeschrittenem Tumorleiden und der septischen Thrombose sind sowohl Lyse als auch Operation kontraindiziert. 5.2.5 Operative T e c h n i k
Operative Technik
In Allgemeinnarkose wird die V. femoralis communis in der Leiste freigelegt. Die Thromben werden durch manuelle Kompression und mit Hilfe eines Fogarty-Ballon-Katheters entfernt. Um eine intraoperative Lungenembolie zu verhüten, erfolgt der Eingriff in Anü-Trendelenburg-L'dgtTung (Oberkörper hoch) und Überdruckbeatmung. Postoperativ Bandagierung des gesamten Beines, Antikoagulanzien-Therapie, Frühmobilisierung. Besteht die Beckenvenenthrombose bereits 'mehrere Tage, so kann in Höhe der Leiste eine av-Fistel (Anastomose eines Nebenastes der V. saphena magna mit der A. femoralis superficialis = „Korbhenkel-Shunt") zur Erhöhung der Fließgeschwindigkeit des Blutes angelegt werden (schützt vor Rezidivthrombose).
Freilegung der V. fem. comm. in der Leiste —* Entfernung der Thromben durch manuelle Kompressionen und mit Fogarty-Ballon-Katheter. Eingriff erfolgt bei Anti-Trendelenburg-Lagerung und Überdruckbeatmung. „Korbhenkel-Shunt" Postoperativ: - Bandagierung des gesamten Beines, - Antikoagulanzien-Therapie, Frühmobilisierung.
5.2.6 Ergebnisse und Prognose
Postoperative Komplikationen: Lymphfisteln, lokale Hämatome, Wundheilungsstörungen, Thromboserezidive, Lungenarterienembolie. Operationsletalität: 1 - 2 % .
Postoperative Komplikationen sind Lymphfisteln, lokale Hämatome, Wundheilungsstörungen, Thromboserezidive (5 %), Lungenarterienembolie ( 2 - 3 %). Klinikletalität 1 - 2 %. Die Marcumar-Behandlung wird ein Jahr lang
420 Gute Spätergebnisse:
XXIII. Gefäßchirurgie fortgeführt. Die Spätergebnisse sind klinisch mit ca. 85 % gut (keine Beinschwellung), radiologisch jedoch wesentlich schlechter. V renalis sin V renalis dextra
Abb. 23-28 Blockade der V.cava inferior mittels AdamsDeWeese-Clip Vena-cava-Blockade Bei rezidivierenden Lungenarterienembolien Lokale Therapie der Thrombose nicht möglich —» Blockade der infrarenalen Vena cava als Schutz vor weiteren Embolien. 2 Methoden: - Teflon-Clip, - intraluminaler Schirmfilter.
5.2.7 Vena-cava-Blockade Kommt es trotz lokaler Therapie zu rezidivierenden Lungenarterienembolien bzw. ist eine lokale Therapie der Thrombose nicht möglich, schützt die Blockade der infrarenalen V. cava vor weiteren Embolien. Im wesentlichen gibt es 2 Methoden: Verschluß durch einen Teflon-Clip (Adams-DeWeese) nach retroperitonealer Freilegung der V. cava (Abb. 23-28) oder intraluminale Einbringung eines Schirmfilters (Mobin-Uddin oder Günther).
Akute Thrombose der V. axillaris oder subclavia
5.3 Akute Thrombose der V. axillaris oder subclavia (= Paget-von-Schroetter-Syndrom)
Ursache: - Thoracic-outlet-Syndrom, - Anstrengungen, - evtl. Ovulationshemmer.
Aufgrund der Kollateralisation im Bereich des Schultergürtels wird dieser akute Venenverschluß klinisch oft gut toleriert. Eine Lungenarterienembolie kommt praktisch nicht vor. Ursachen dieser Thromboselokalisation sind: Thoracic-outlet-Syndrom, Anstrengungen (schweres Heben, Sport) und evtl. auch Ovulationshemmer. Symptome: Starke Anschwellung der Oberarm-Schulterpartie, Spannungsschmerzen, Schweregefühl, vermehrte Venenzeichnung (Kollateralisation). Therapie: Im Einzelfall sind Thrombolyse oder Thrombektomie zu diskutieren, die Kollateralentwicklung ist aber so gut, daß sich die Beschwerden auch ohne Therapie bald zurückbilden.
Symptome: Starke Anschwellung der Oberarm-Schulterpartie, Spannungsschmerzen, Schweregefühl, vermehrte Venenzeichnung. Therapie: Kollateralentwicklung gut —> Spontanrückbildung. In anderen Fällen: Thrombolyse, Thrombektomie.
5.4 Akute Thrombose der V. mesenterica superior Sie unterscheidet sich klinisch nicht vom akut arteriellen Verschluß der A. mesenterica superior (s. S. 405). Als Therapie kommt nur die Darmresektion in Frage, Dauerbehandlung mit Antikoagulanzien zum Schutz vor weiterer Thrombosierung im Pfortadergebiet ist notwendig.
Chronischer Verschluß der tiefen Bein-Bekkenvenen
5.5 Chronischer Verschluß der tiefen Bein-Beckenvenen
Indikationsstellung durch: - Phlebographie, - periphere Venendruckmessung, - Verschlußplethysmographie.
Rekonstruktive M a ß n a h m e n in der Venenchirurgie sind auf segmentale Venenverschlüsse begrenzt. Voraussetzung sind auch hier gute Ein- und Ausstromverhältnisse. Wichtige Diagnostik für die Indikationsstellung: Phlebographie, periphere Venendruckmessung, Verschlußplethysmographie. Operationsindikation nur bei ausgeprägtem Beschwerdebild. Klinische Bedeutung haben diese Rekonstruktionsverfahren nur für den ilikalen Abschnitt. Als Verfahren kommt in Frage: veno-venöse extraanatomische Cross-over-Umleitung nach Palma und zur Verhütung einer Thrombosierung
Behandlung durch Palma-Operation. Operation nur bei ausgeprägtem Beschwerdebild.
Chirurgie der Lymphgefäße
421
zusätzliche temporäre av-Fistel (Korbhenkel-Shunt). Verschluß dieser av-Fistel nach ca. 3 Monaten, wenn Endothelialisierung abgeschlossen.
6. Chirurgie der Lymphgefäße
Chirurgie der Lymphgefäße
In den Lymphgefäßen der Extremitäten erfolgt der Rücktransport eiweißreicher interstitieller Flüssigkeit; die wichtigsten Filterstationen sind die Leisten- und Achsellymphknotenkette. Querverbindungen zum Venensystem, ζ. B. in Höhe der Leiste, sind seltener als früher angenommen. In den Lymphkapillaren besteht ein sehr geringer Druck ( 0 - 3 cm H 2 0 ) , in den größeren, dann klappentragenden Lymphsammelgefäßen nimmt der Druck bis auf ca. 20 cm H 2 0 zu. Über den Ductus thoracicus findet das Lymphsystem Anschluß an das venöse System. Ähnlich dem Venensystem bestehen am Bein sowohl ein tiefes als auch ein oberflächliches Lymphsystem; sie sind physiologisch jedoch nicht durch „Perforansgefäße" miteinander verbunden. Die klinisch wichtigste Erkrankung ist die Lymphabflußstörung: das Lymphödem.
In Lymphgefäßen der Extremitäten erfolgt der Rücktransport eiweißreicher interstitieller Flüssigkeit.
6.1 Einteilung und Epidemiologie
Krankheitsbilder
Verschiedene Ursachen des primären und sekundären Lymphödems: Beim primären Lymphödem ist nur in ca. 6 % eine erhebliche Disposition bekannt (Nonne-Milroy- und Meige-Syndrom); beim sekundären Lymphödem führen entzündliche, posttraumatische oder postoperative Faktoren zur Abflußstörung (klinisch bedeutsam nur bei zusätzlicher venöser Abflußstörung): z.B. radikale axilläre oder inguinale Lymphknoten-Exstirpation mit oder ohne Nachbestrahlung (Mammakarzinom oder malignes Melanom des Beines).
Primär: - familiär (6 %):
Im Bein: tiefes und oberflächliches Lymphsystem. Nicht miteinander verbunden.
Lymphödem Lymphabflußstörung, wichtigste Erkrankung. Ursachen
Klinische Einteilung
kongenital Nonne-Milroy nicht-kongenital Meige - sporadisch (94%): bei Hypoplasie bzw. Aplasie bei Hyperplasie ( = Ektasie) Sekundär: - posttraumatisch, postoperativ, nach Bestrahlung - entzündlich (auch parasitär) - bei postthrombotischem Syndrom
Das primäre Lymphödem betrifft in 90 % Frauen und tritt zu 80 % vor dem 35. Lebensjahr auf. Häufigste auslösende Ursachen sind Schwangerschaft und Traumen. Das pathomorphologische Substrat ist entweder eine Aplasie/ Hypoplasie des oberflächlichen Lymphsystems oder subkutane Lymphangiektasien bei inguinaler Lymphabflußstörung (fehlende Verbindung vom subkutanen zum retroperitonealen Lymphsystem).
6.2 Klinik, Diagnostik und Differentialdiagnose
Klinik, Diagnostik, Differentialdiagnose
Primäres Lymphödem der Beine: Die Schwellung ist körperfarben, indolent und zunehmend derb. Im Frühstadium (nächtliche Reversibilität) umfaßt sie Zehen, Fußrücken und Knöchelgegend, im Spätstadium säulenförmige Deformierung von Unter- und Oberschenkel bis hin zur grotesken Elephantiasis; die physiologischen (großen) Hautfalten bleiben vertieft (Abb. 23-29). Wichtigstes differentialdiagnostisches Frühzeichen: Fehlende Faltbarkeit der
Primäres Lymphödem der Beine Indolente und zunmehmend derbe Schwellung, im Frühstadium: Zehen, Fußrücken, Knöchelgegend,
422 im Spätstadium: säulenförmige Deformierung von Unter- und Oberschenkel —> Elephantiasis (Abb. 23-29). Wichtigstes Frühzeichen: fehlende Faltbarkeit der Fußrückenhaut, Apfelsinenhaut (Stemmer-Zeichen). Differentialdiagnose beachten.
XXIII. Gefäßchirurgie Fußrückenhaut ( = Stemmer-Zeichen) 50 % bleibt das Leiden einseitig.
im Sinne der „Apfelsinenhaut". Bei
Abb. 23-29 Typische Veränderungen beim Lymphödem des Beines (nach Brunner) 1 Persistenz natürlicher Hautfalten 2 örtlich betonte Schwellungen
Differentialdiagnose: - Lipödem (stets symmetrisch, niemals Fußbeteiligung - immer supramalleolar mit einem Fettkragen beginnend!), - Sudecksche Dystrophie (Leitsymptome Schmerz und lokale Überwärmung!), - periphere Ödeme renaler bzw. kardialer Ätiologie und - postthrombotisches Syndrom. Sekundäres Lymphödem der Beine Gleiche Symptomatik, jedoch Beginn distal der Läsion und Ausdehnung in die unteren Extremitätenabschnitte. Krankheitsverlauf: - Verschlimmerung durch Erysipele, - Gefahr der phlegmonösen Einschmelzung, - interdigitale Lymphfisteln, - Hyperkeratose der Haut. Langzeitkomplikation: Lymphangiosarkom. Differentialdiagnose beachten. Therapie beim Lymphosarkom: - Exartikulation des Armes, - zytostatische Behandlung. Diagnosestellung immer durch klinische Symptomatik möglich.
Sekundäres Lymphödem: Während die lokale Klinik des Ödems jener des primären Ödems entspricht, beginnt dessen Symptomatik jedoch meist direkt distal der Läsion (ζ. B. Oberarm, Oberschenkel) und dehnt sich allmählich auf die unteren Extremitätenabschnitte aus. Die Diagnose ist in Zusammenhang mit der Anamnese meist leicht zu stellen. Krankheitsverlauf: Jedes Lymphödem wird durch rezidivierende Erysipele (Streptokokkeninfekte von kleinen Hautrhagaden ausgehend) verschlimmert (zunehmende Obliteration restlicher Lymphgefäße!); Gefahr der phlegmonösen Einschmelzung. Interdigitale Lymphfisteln. Hyperkeratose der Haut, insbesondere im Bereich der Zehen. Die ernsteste Langzeitkomplikation ist das Lymphangiosarkom (Stewart-Treves-Syndrom), besonders beim sekundären Lymphödem des Armes (Differentialdiagnose: Kaposi-Syndrom). Therapie: Exartikulation des Armes und zytostatische Behandlung. Die Diagnosestellung eines jeden Lymphödems ist durch die klinische Symptomatik möglich. Lymphographie selten durchführen: Gefahr weiterer Lymphgefäßverödungen durch öliges, stagnierendes Kontrastmittel!
Therapie
6.3 Therapie
Konservative Therapie:
6.3.1 Konservative Therapie
-
Nächtliche Hochlagerung der Extremität, stramm-elastische Kompressionsstrümpfe, Massagen in zentripetaler Richtung des Lymphstroms, pneumatische Kompressionen, selten diuretische Medikamente.
nächtliche Hochlagerung, stramm-elastische Kompressionsstrümpfe, Massagen, pneumatische Kompression, selten diuretische Medikamente.
423
Literatur 6.3.2 C h i r u r g i s c h e Therapie
Chirurgische Therapie:
Nur bei fortgeschrittenem, kompliziertem Lymphödem indiziert. Die chirurgischen Maßnahmen zielen auf den Funktionserhalt der Extremität ab, nicht auf die Kosmetik. Neben einer Vielfalt historischer, meist ineffizienter Einzeltechniken (Schwenkhautlappen, Omentumtransposition) haben sich nur die Operation nach Thompson (Verlagerung eines von der Epidermis befreiten Haut-Subkutis-Lappens in die subfasziale Tiefe der Muskulatur - auf die ganze Länge der Extremität - ) und die radikale Entfernung der gesamten verdickten Subkutis mit (freier) Replantation der Haut auf die Muskelfaszie bewährt (ζ. B. mehrere Sitzungen für ein Bein). Lympho-venöse Mikroanastomosen bei primärer und sekundärer Lymphabflußstörung zeigen neuerdings ermutigende Erfolge. Operative Komplikationen: Wundheilungsstörungen, Lymphfisteln, überschießende Narbenbildung, Rezidiv etc. Die Langzeitergebnisse sind bei der OP nach Thompson mit ca. 80 % „positiv" am befriedigendsten.
nur bei kompliziertem Lymphödem. Ziel: Funktionserhalt. Operative Technik: - OP nach Thompson, - radikale Entfernung der gesamten verdickten Subkutis.
Literatur Denck, H., Prätorius, C.: Die ärztliche und psychologische Betreuung der Gefäßpatienten. TM-Verlag, Bad Oeynhausen 1984 Denck, H., Hagmüller, G.W., Brunner, U.: Arterielle Durchblutungsstörungen der unteren Extremitäten: „Grenzzonen der Therapieentscheidung". TM-Verlag, Bad Oeynhausen 1982 Heberer, G., Rau, G., Schoop, W.: Angiologie. Thieme, Stuttgart 1974 Leitz, Κ. H.: Zugangswege in der Gefäßchirurgie. Springer, Berlin-Heidelb e r g - N e w York 1981 May, R.: Chirurgie der Bein- und Beckenvenen. Thieme, Stuttgart 1974 Vollmar, J.: Rekonstruktive Chirurgie der Arterien. 3. Aufl., Thieme, Stuttgart, New York 1982
Komplikationen: - Wundheilungsstörungen, - Lymphfisteln, - überschießende Narbenbildung, Rezidiv. Langzeitergebnisse nach Thompson: 80% positiv.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
1. Ösophagus R. Häring 1.1 Funktionelle Anatomie der Speiseröhre Der Ösophagus - etwa 25 cm lang - stellt die Verbindung zwischen Pharynx und Magen her. Unterschieden werden eine Pars cervicalis, Pars thoracalis mit einem oberen, mittleren und unteren Drittel und die Pars abdominalis. Am Ösophagusmund findet sich eine „Sperrvorrichtung", der sog. obere Ösophagussphinkter (OOS) und an seinem Ende, kurz vor dem Übergang in den Magen, der untere Ösophagussphinkter (UÖS). Zwischen beiden liegt der tubuläre Ösophagusabschnitt. Wandaufbau der Speiseröhre: innen die sternförmig angeordnete Schleimhaut aus Plattenepithel, dann die Muscularis mucosae und die Submukosa. Letztere ist ein lockeres, gut verschiebliches und gefäßreiches Füllgewebe. Die Muskulatur ist im Sinne eines „apolaren Schraubensystems" angeordnet, d. h. jede Längsfaser endet als Ringfaser oder umgekehrt (Stelzner u. Lierse). Eine strikte Trennung in eine innere Ringmuskel- und äußere Längsmuskelschicht gibt es nicht. Die Muscularis mucosae bildet ein längsgerichtetes Scherengitter. Hierdurch kommt eine ausgeprägte Längselastizität zustande. Ein seröser Überzug fehlt. Die arterielle Gefäßversorgung ist vor allem in den distalen, suprahiatalen Abschnitten spärlich. Die Gefäße entstammen aus benachbarten Arterien (Aorta, A. gastrica sinistra, A. diaphragmatica). Der venöse Abfluß erfolgt entsprechend in benachbarte Venen, die dem V.azygos - V.-cava-System oder dem Pfortadersystem angehören (zwei hämatogene Metastasierungswege!). Im distalen Ösophagus finden sich ringförmige Venenplexus, die submukös und in der Muscularis propria lokalisiert sind. Sie bilden zusammen mit dem „Scherengitter" der Muskulatur einen „angio-muskulären Dehnverschluß" (Stelzner). Das Lymphgefäßsystem der Speiseröhre ist sehr verzweigt und umfaßt mehrere topographische Regionen: zervikale, mediastinale, paratracheale, peribronchiale, perigastrische, paraaortale Lymphknotengruppen. Die Speiseröhre dient dem Nahrungstransport. Von ihren Verschlußsystemen, dem oberen und unteren Ösophagussphinkter (OOS, UÖS), ist der untere besonders wichtig. Er bildet die Barriere zwischen dem sauren Magenmilieu und der sehr säureempfindlichen Ösophagusschleimhaut. Die Krankheiten der Speiseröhre basieren in erster Linie auf Passagebehinderungen oder Störungen der Peristaltik bzw. der Verschlußsysteme: • das Zenker-Divertikel durch pathologische Tonussteigerung des OOS, • die Achalasie durch Druckerhöhung im UÖS und fehlende Relaxation,
Ösophagus
Unterteilung des Ösophagus in: - Pars cervicalis, - Pars thoracalis, - Pars abdominalis.
Innenauskleidung der Speiseröhre mit Schleimhaut aus Plattenepithel. Anordnung der Muskulatur im Sinne eines apolaren Schraubensystems: jede Längsfaser endet als Ringfaser und umgekehrt. Dadurch: Mu ster eines längsgerichteten Scherengitters. Folge: ausgeprägte Längselastizität. Keine Serosa.
Im distalen Ösophagus sind ringförmige Ve nenplexus. Sie bilden zusammen mit dem Scherengitter der Muskulatur einen angiomuskulären Dehnverschluß.
Die Speiseröhre hat ein oberes und unteres Verschlußsystem: die beiden Ösophagussphinkter. Der untere bildet den Abschluß zum sauren Magenmilieu. Krankheiten der Speiseröhre
426
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes • ein erniedrigter Druck im UÖS ist zusammen mit anderen pathogenetischen Faktoren Ursache für die Refluxkrankheit, • raumfordernde Prozesse, insbesondere das Karzinom, führen zur Schluckstörung (Dysphagie).
Form Peristaltik Stenosen Divertikel Hiatushernien Reflux
Röntgenkontrastuntersuchung
Tumorinfiltration - Mediastinum - Trachea -Aorta
Computertomographie
Lymphknotenmetastasen Direkte Betrachtung
Endoskopie mit Biopsie
Manometrie
Biopsie aus Schleimhaut u. Tumor |
pH-Metrie
Kardiafunktion Mobilitätsstörung - Bei gastroösophagealem Reflux
Abb. 24-1 Untersuchungsmethoden bei Ösophaguserkrankungen
Diagnostik
1.2 Diagnostik (Abb. 24-i)
Leitsymptome:
1.2.1 Leitsymptome
- Schluckstörung (Dysphagie): Steckenbleiben und Hochwürgen von Speisen, Verschlucken mit Hustenanfällen. - Sodbrennen: Reflux von Magensaft.
Führendes Symptom bei Erkrankungen der Speiseröhre ist die Schluckstörung (Dysphagie). Sie findet sich bei funktionellen und organischen Veränderungen und ist oft mit retrosternalen Schmerzen und Hypersalivation verbunden. Die Patienten klagen über Steckenbleiben und Hochwürgen von Speisen, Verschlucken mit Hustenanfällen. Meistens ist die Schluckstörung durch ein Karzinom verursacht. Sodbrennen deutet auf einen Reflux von Magensaft hin, bei gleichzeitiger Dysphagie ist an eine Striktur zu denken. Zur differentialdiagnostischen Unterscheidung ist die exakte Erhebung der Anamnese wichtig. Die klinische Untersuchung kann hierzu nur wenig bei-
Die Anamnese ist besonders wichtig. Vor allem zur differentialdiagnostischen Unterscheidung von Ösophaguserkrankungen.
-Kardia-Ca Tumoren
-Ösophagus-Ca -Benigner Ösoph.Tumor - Mediastinaltumoren -Verätzungen
Strikturen Dysphagie
Achalasie
-Ösophagitis
Hiatushernie Fremdkörper Divertikel Aortenaneurysma Abb.24-2 Differentialdiagnose des Leitsymptoms „Dysphagie"
Ösophagus
427
tragen, da der Ösophagus durch die üblichen palpatorischen und physikalischen Untersuchungstechniken nicht zugänglich ist. Die Differentialdiagnose der Dysphagie ist vielfältig (Abb. 24-2).
1.2.2 Röntgenuntersuchung Sie ist das primär orientierende Untersuchungsverfahren und Basis für weitere diagnostische Schritte. Die orale Applikation von Bariumbrei erlaubt die Beobachtung der Peristaltik bei funktionellen Störungen und organischen Prozessen, die Erkennung von Reliefveränderungen, wie Ulzerationen, Stenosen, Dilatationen, Divertikeln usw. Mit der Doppelkontrasttechnik lassen sich auch feinere Schleimhautveränderungen, wie erosive und entzündliche, darstellen. Bei Verdacht auf Perforation oder Fistelbildung wird nur wasserlösliches Kontrastmittel (Gastrografin) verwendet, denn der Austritt von Bariumsulfat in das Mediastinum, den Bronchialbaum oder in die Pleurahöhle führt zu schweren entzündlichen Reaktionen.
1.2.3 Endoskopie und Biopsie Es gibt starre und flexible Endoskope. Die starren Instrumente (früher üblich) sind bei therapeutischen Maßnahmen geeigneter. Die flexiblen Glasfiberendoskope - mit Geradeaus- und Winkeloptik ausgerüstet - gestatten eine optimale Betrachtung des Ösophaguslumens. Dabei können gezielt multiple Gewebeproben aus Schleimhautveränderungen entnommen und die Diagnose meist gesichert werden. Vorsicht jedoch bei Verdacht auf Tumor, wenn die Biopsie bei der histologischen Untersuchung negativ ist. Dies schließt ein Karzinom nicht aus. In kurzem Zeitabstand sind wiederholte Ösophagoskopien mit zahlreichen Biopsien aus verschiedenen Stellen notwendig. Bei hochgradigen Stenosen, die eine Einführung des Instruments unmöglich machen, kann auch die zytologische Aufarbeitung eines Bürstenabstrichs sinnvoll sein. Bei der Ösophagoskopie - besonders mit dem starren Instrument - besteht die Gefahr einer Perforationsverletzung (Häufigkeit 0 , 1 - 1 %).
1.2.4 Intraösophageale Druckmessung Die intraluminale Druckmessung dient zur Abgrenzung funktioneller Störungen, wie Achalasie, Ösophagospasmus, Sklerodermie und Insuffizienz der Sphinkteren. Sie wird als sog. Dreipunktmanometrie und ergänzend dazu als Durchzugsmanometrie durchgeführt. Hierbei werden Druckänderungen an verschiedenen Meßstellen registriert. Die Untersuchung ist aufwendig und besitzt nur in Kombination mit den anderen Untersuchungsmethoden (Röntgen, Endoskopie) Aussagekraft. 1.2.5 I n t r a ö s o p h a g e a l e p H - M e t r i e Die pH-Messung im Ösophagus dient der Beurteilung eines gastroösophagealen Refluxes. Es gibt verschiedene Verfahren: Säureperfusionstest nach Bernstein, Säure-Clearance-Test, Säure-Reflux-Test, Langzeit-pH-Metrie. Mit letzterer lassen sich Refluxepisoden feststellen, ζ. B. nach dem Essen und bei Horizontallage im Schlaf. Der Test ist für die Indikationsstellung bei der Refluxkrankheit von Bedeutung.
1.3 Motilitätsstörungen 1.3.1 Achalasie 1.3.1.1 Definition, Ätiologie, Pathogenese Die Achalasie ist eine neuromuskuläre Störung der gesamten glattmuskulären Speiseröhre. Wichtigste Kennzeichen sind: ungeordnete Peristaltik des
Röntgenuntersuchung: orientierendes Untersuchungsverfahren. Beobachtung von: - Peristaltik (funktionelle Störungen und organische Prozesse), - Ulzerationen, - Stenosen, - Dilatationen, - Divertikel. Mit Doppelkontrasttechnik: feine Schleimhautveränderung, erosive und entzündliche Prozesse.
Endoskopie und Biopsie: Betrachtung des Ösophaguslumens mit Gewebeprobeentnahme. Cave: Kein Ausschluß des Karzinoms, wenn Biopsie negativ! Wenn keine Endoskopie möglich: zytologische Aufarbeitung eines Bürstenabstrichs.
Cave: Gefahr der Perforationsverletzung bei starren Instrumenten. Intraösophageale Druckmessung: Abgrenzung von funktionellen Störungen (Achalasie, Ösophagusspasmus, Sklerodermie) und Insuffizienz der Sphinkter. Aussagekraft nur in Kombination mit Röntgen und Endoskopie.
Intraösophageale pH-Metrie: Beurteilung eines gastroösophagealen Refluxes. Verfahren: - Säureperfusionstest nach Bernstein, - Säure-Clearance-Test, - Säure-Reflux-Test, - Langzeit-pH-Metrie.
Motilitätsstörungen: Achalasie: neuromuskuläre Störung der gesamten glattmuskulären Speiseröhre. Kennzeichen:
XXIV. C h i r u r g i e des V e r d a u u n g s t r a k t e s
428 - ungeordnete Peristaltik, - gestörte Erschlaffung des unteren Ösophagus.
Chagas-Krankheit Erreger: Trypanosoma Cruzi. Endemisches Vorkommen in Südamerika.
Klinisch unterscheidet man 3 Formen der Achalasie: - hypermotile Form, - hypomotile Form - amotile Form.
tubulären Ösophagus und gestörte Erschlaffung der IJÖS. Morphologes Substrat ist eine Verdickung der Muskulatur des UÖS, die im Spätstadium bindegewebig durchsetzt sein kann. Man findet eine Verminderung bzw. unterschiedlich starke Degeneration der Ganglienzellen des Plexus myentericus (Auerbach-Plexus). Durch enzymhistochemische Untersuchungen konnte eine Reduzierung der Cholinesterase-Aktivität im Ösophagus nachgewiesen werden. Letztlich aber ist die Ätiologie des Leidens unbekannt. Die Häufigkeit der Achalasie wird mit 0 , 6 - 2 pro 100 000 Einwohner geschätzt. In südamerikanischen Ländern gibt es ein der Achalasie ähnliches Krankheitsbild, die durch Infektion mit dem Trypanosoma Cruzi hervorgerufene ChagasKrankheit. Klinisch sind drei Formen der Achalasie zu unterscheiden: die hypermotile, hypomotile (am häufigsten) und amotile Form (Abb. 24-3). Je nach Form ist die Speiseröhre unterschiedlich erweitert. Die oft langjährige Stase der Nahrung im Ösophagus fuhrt zu einer chronischen Retentionsösophagitis mit Erosionen, Ulzerationen und Epitheldysplasien. Daher hat die Achalasie ein erhöhtes Krebsrisiko (ca. 2,1 %).
Hypermotil
Tubulärer Ösophagus
Hypomotil
Dilatation: gering/erhöht KM-Passage: verzögert
Dilatation: deutlich MM-Passage: verzögert
UÖS
UÖS *
I
Tonus: erhöht/normal Erschlaffung: unvollständig
Tonus: erhöht/normal Erschlaffung: gut
Endoskopie
Endoskopie * Ösophagitis: keine
Amotil
Tubulärer Ösophagus
\
2
Ösophagitis: teilweise
Tubulärer Ösophagus
Dilatation: extrem KM-Passage: verzögert/unmöglich UÖS
Tonus: normal/lang Erschlaffung: minimal Endoskopie • Ösophagitis: häufig
Leitsymptom Dysphagie.
Abb. 24-3 Verschiedene Formen der Achalasie: 1 hypermotile, 2 hypomotile, 3 amotile Form
1.3.1.2 S y m p t o m e , Diagnose u n d D i f f e r e n t i a l d i a g n o s e Leitsymptom ist die Dysphagie. Dabei fällt auf, daß die Passage für feste Speisen besser als für Flüssigkeiten ist. Je nach Motilität des tubulären Ösophagus kommt es zur Regurgitation, zu retrosternalen Schmerzen, Gewichtsverlust, Foetor ex ore und pulmonalen Komplikationen durch Aspiration. Die Anamnese geht meist über viele Jahre. In der Regel sichern Röntgenuntersuchung und Ösophagoskopie die Diagnose. Im fortgeschrittenen Stadium der Achalasie läßt bereits die Thoraxübersichtsaufnahme eine Verbreiterung des Mediastinums und Flüssigkeitsspiegel erkennen. Typisch sind bei der Kontrastdarstellung folgende Kriterien:
Ösophagus
429
• Erhebliche Dilatation der Speiseröhre, propulsive Kontraktionen und schluckreflektorische Erschlaffung des UÖS fehlen. • Glattwandige Stenose und Knickbildung des terminalen Ösophagus (Weinkelchform). Im Gegensatz dazu ist beim Karzinom die Stenose unregelmäßig konturiert und die prästenotische Dilatation deutlich geringer ausgeprägt. • Nach Applikation von Gastrin-Antagonisten (ζ. B. Glukagon, Sekretin) öffnet sich der UÖS (Pharmako-Radiographie!). • Siphonartige Erweiterung des gesamten Ösophagus im fortgeschrittenen Stadium.
Die Endoskopie mit Biopsie dient in erster Linie dem Tumorausschluß. Typisch ist, daß bei der Achalasie das Ösophagoskop ohne weiteres durch die Stenose in den Magen vorgeschoben werden kann. Dies ist bei der Karzinomstenose oder peptischen Stenose nicht möglich. Die manometrische Untersuchung ist ein ergänzendes diagnostisches Verfahren, vor allem zur Abgrenzung anderer funktioneller Störungen.
Differentialdiagnostisch sind abzugrenzen: das Kardia- bzw. Ösophaguskarzinom, der diffuse Ösophagusspasmus, die peptische Stenose, die Sklerodermie, Zustand nach Vagotomie. Gefährlich ist das Übersehen eines Karzinoms, in dubio ist eine diagnostische Freilegung dringend angezeigt.
1.3.1.3 Therapie 1.3.1.3.1 Konservative Therapie Medikamentöse Behandlung: Sie ist meist unbefriedigend. Versucht werden können Ganglienblocker und Nitro-Präparate, neuerdings der Kalzium-Antagonist Nifedipin (Adalat®). Dehnungsbehandlung: Die früher geübte Sprengung mit der Starck-Sonde ist heute wegen der Perforationsgefahr obsolet. Statt dessen wird eine birnenförmige, aufblasbare Ballonsonde unter Röntgenkontrolle vorgeschoben und die Stenose mit dosiertem Druck gedehnt (Abb. 24-4). Diese Dilatationstherapie wird in zweitägigen Abständen fünf- bis sechsmal wiederholt. Die Ergebnisse sind gut, die Rezidivquote liegt u m 10%.
Dilatations Baiion
Sicherung der Diagnose durch Röntgenuntersuchung und Ösophagoskopie mit folgenden Kriterien:
Endoskopie: dient Tumorausschluß. Manometrische Untersuchung: zur Abgrenzung funktioneller Störungen.
Differentialdiagnose beachten.
Therapie: konservative Therapie: Ganglienblocker, Nitro-Präparate, Kalzium-Antagonisten. Erfolg unbefriedigend. Dehnungsbehandlung: Vorschieben einer Ballonsonde unter Röntgenkontrolle —» Stenose wird mit Druck gedehnt (Abb. 24-4).
Zwerchfell
Abb. 24-4 Pneumatische Dehnung des unteren Ösophagussphinkters bei Achalasie mit einem BallonKatheter
1.3.1.3.2 Operative Therapie Die beste Operationsmethode ist die Gottstein-Heller-Myotomie mit abdominalem oder thorakalem Zugang. Die im Bereich des UÖS verdickte Muskulatur wird bis auf die Mukosa gespalten. Die Muskelinzision muß in etwa 10 cm Länge erfolgen. Zusätzlich ist eine Fundoplicatio zur Refluxprophy-
Operative Therapie: Gottstein-Heller Myotomie —* Spaltung der Muskulatur bis auf die Mukosa.
430
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes Kardiomyotomie = Spaltung der Ösoph.-muskulatur Schleimhaut bleibt intakt
Myotomie
Fundoplicatio-Dicke Ösophagussonde Ab. 24-5 Kardiomyotomie nach Gottstein-Heller: a) Nach Einführung einer dicken Ösophagussonde wird die Muskulatur des mobilisierten Ösophagus bis auf die Schleimhaut in einer Länge von 8-10 cm durchtrennt b) Nach Spaltung der Muskulatur Fundoplicatio nach Nissen, um einen Reflux zu verhindern laxe empfehlenswert (Abb. 24-5). Die Ergebnisse der Kardiomyotomie sind in 90 % gut. Grundsätzlich wird die Indikation zur Operation nur gestellt; Indikationen zur Operation:
• bei Therapieversagern nach pneumatischer Dilatation, • bei der amotilen Achalasie, • bei Kindern und Jugendlichen, bei denen die Kooperation bei der Dehnung ungenügend ist, • bei Verdacht auf das Vorliegen eines Kardia-Ösophaguskarzinoms.
Weitergehende operative Maßnahmen, wie Bypass-Verfahren (ÖsophagoFundostomie oder Kardiaplastik) kommen nur in extremen Ausnahmesituationen in Frage. Sie haben ein großes Operationsrisiko und sind durch postoperative Refluxösophagitis belastet. Idiopathischer, diffuser Ösophagusspasmus diffuse, tertiäre, spastische Kontraktion des Ösophagus. Keine koordinierte Peristaltik.
Klinik und Diagnose: heftiger retrosternaler Schmerz, Schluckstörungen.
1.3.2 Idiopathischer, diffuser Ösophagusspasmus 1.3.2.1 Definition Diffuse, tertiäre, spastische Kontraktionen des Ösophagus statt einer koordiniert ablaufenden Peristaltik.
1.3.2.2 Klinik und Diagnose Die Ö s o p h a g o s p a s m e n sind von heftigen, retrosternalen Schmerzen und Schluckstörungen begleitet. Röntgenologisch ist der Ösophagus enggestellt
Röntgen: tiefe spastische Einschnürungen (Korkenzieher-Ösophagus). Manometrisch: - gesteigerte Spontanaktivität mit erhöhtem Ruhedruck, - hohe simultane Kontraktion beim Schlukken, - normale Erschlaffung des UÖS, Empfindlichkeit gegenüber - Cholinergika und Pentagastrin. Endoskopie: Ausschluß neoplastischer und entzündlicher Veränderungen.
Abb.24-6 Verschiedene Formen der Hiatushernien: a) Normale Situation mit spitzem His-Winkel b) Ösophagusgleithernie, der spitze His-Winkel ist aufgehoben, da die Kardia in den Thorax prolabiert c) Paraösophageale Hernie d) Gemischte Hernienform = Gleithernie und parakardiale Hernie e) Der ganze Magen ist in den Thorax prolabiert, sog. Upside-down-stomach
431
Ösophagus und zeigt tiefere spastische Einschnürungen (Korkenzieher-Ösophagus). Manometrisch findet man eine gesteigerte Spontanaktivität mit erhöhtem Ruhedruck im tubulären Ösophagus, abnorm hohe simultane Kontraktionen beim Schlucken, normale Erschlaffung des UÖS (im Gegensatz zur Achalasie), Empfindlichkeit gegenüber Cholinergika und Pentagastrin. Die Endoskopie ist zum Ausschluß neoplastischer oder entzündlicher Veränderungen angezeigt. 1.3.2.3 T h e r a p i e Spasmolytika und Nitroglyzerin-Präparate beseitigen prompt die schmerzhafte Dysphagie. In ausgeprägten Fällen wurde eine langstreckige Myotomie versucht, jedoch mit geringem Erfolg.
1.4 Hiatushernien 1.4.1 Definition, Ursachen, Häufigkeit
Therapie: Spasmolytika und Nitroglyzerin-Präparate —» Beseitigung der Dysphagie.
Hiatushernien Verlagerung von Anteilen des Magens und der Kardia in Mediastinum und Thorax.
Verschieden große Anteile von Magen und Kardia sind vorübergehend oder auch bleibend in Mediastinum und Thorax verlagert. Es handelt sich um eine erworbene Störung. Ursächlich sind eine Erschlaffung der Hiatusmuskulatur und der Aufhängebänder der Kardia und eine intraabdominelle Drucksteigerung (Adipositas, Schwangerschaft) von Bedeutung. Exakte Angaben zur Häufigkeit der Hiatushernie liegen nicht vor. Man findet sie mit z u n e h m e n d e m Alter häufiger, bei freiwilligen Probanden konnte sie in 3 0 - 5 0 % röntgenologisch nachgewiesen werden. 1.4.2 Einteilung Drei verschiedene Formen von Hiatushernien werden unterschieden: axiale Hernie (Hiatusgleithernie), paraösophageale Hernie, Mischhernie (Abb. 24-6). 1.4.2.1 Axiale H e r n i e (Hiatusgleithernie) Die Kardia evtl. auch Fundusanteile gleiten in „axialer" Richtung des Ösophagus durch den meist nur gering erweiterten Hiatus. Es findet sich ein nur partieller Bruchsack. Bei der sog. „kardio-fundalen Fehlanlage" handelt es sich u m eine Vorstufe des Gleitbruches. Der Ösophagus mündet mit einem stumpfen His-Winkel in den Magen ein. Hierdurch wird ein Reflux begünstigt. Meist macht die axiale Hiatushernie keine Symptome, da sie leicht reponibel ist. Eine Einklemmung kommt nicht vor. Der Krankheitswert der axialen Hiatushernie wird durch die Störung des Kardiaverschlußmechanismus bestimmt. Er kann zu einem gastro-ösophagealen Reflux von Mageninhalt und zur Refluxkrankheit führen (s. S.432 ). 1.4.2.2 Paraösophageale H e r n i e Der Magen tritt bei fixierter Kardia durch die deutlich erweiterte Hiatuslücke neben dem Ösophagus ins Mediastinum. Im Gegensatz zur axialen Hernie ist hier der peritoneale Bruchsack allseits geschlossen. Die paraösophageale Hernie kann erhebliche Größe erlangen, wenn ζ. B. der gesamte Magen in die Thoraxhöhle verlagert wird, als sog. Thoraxmagen oder upsidedown-stomach bezeichnet. Hierdurch besteht die Gefahr der Strangulation und Inkarzeration. Im Bereich des Schnürringes kann sich ein Ulkus mit den Komplikationsmöglichkeiten der Blutung oder Perforation entwickeln. Typisch für die Hiatusgleithernie sind Verdrängungssymptome, die mit den Einengungserscheinungen im Thorax zusammenhängen, wie Völlegefühl, Aufstoßen, Schmerzen und durch Verlagerung des Herzens auch anfallsweise Tachykardien.
Einteilung in 3 Formen: - axiale Hernie, - paraösophagiale Hernie, - Mischhernie.
1. Axiale Hernie (Hiatusgleithernie) Kardia und evtl. Fundusanteile gleiten in axialer Richtung des Ösophagus durch den Hiatus. Meist keine Symptome. Leicht reponibel. Keine Einklemmung. Folge: evtl. Reflux von Mageninhalt, Refluxkrankheit.
2. Präösophageale Hernie Durchtritt des Magens bei fixierter Kardia durch die erweiterte Hiatuslücke ins Mediastinum. Bruchsack allseits geschlossen. Beachtliche Größe bei Thoraxmagen. Gefahr der Strangulation und Inkarzeration.
Komplikationsmöglichkeit: - Ulkus mit Blutung oder Perforation. - Verdrängungssymptome mit Völlegefühl, Aufstoßen, Schmerzen durch Verlagerung des Herzens, Tachykardie.
432 3. Mischhernie Kombination axialer und paraösophagealer Hernie: Kardia und Magenfundus in den Thoraxraum verlagert. Beschwerden: Kardiainsuffizienz, Refluxbeschwerden, Verdrängungserscheinungen. Diagnose der Hiatushernie: klinisches Bild: Refluxbeschwerden (Sodbrennen), Völlegefühl, Aufstoßen, retrosternale Schmerzen, Passagestörung, unklare chronische Anämie. Röntgen: Kontrastfüllung —» Nachweis des Magens im unteren Mediastinum und der Thoraxhöhle.
4. Refluxkrankheit unphysiologisch langer Kontakt von gastrointestinalen Säften mit der Ösophagusschleimhaut. —» Reizung der Schleimhaut Folgen: - Sodbrennen, - retrosternale Schmerzen, - Dysphagie, - entzündliche Veränderungen. Man unterscheidet: primäre Refluxkrankheit, sekundäre Refluxkrankheit —» Folge einer organischen Erkrankung. Morphologisch 3 Formen der Refluxkrankheit differenzierbar.
Endoskopische Einteilung in 4 Schweregrade
Grad l - l l : Ausheilung möglich. Grad IV: irreversible Narbenbildung. Ersatz der Ösophagusschleimhaut durch Zylinderzellnarben —» Bild des Endobrachyösophagus. Durch Übergangsulzera Gefahr der Blu tung und Stenose, mögliche Karzinomentwicklung.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes 1.4.2.3 Mischhernie Es handelt sich um die Kombination von axialer und paraösophagealer Hernie, d. h. Kardia und Magenfundus oder größere Magenanteile sind in den Thoraxraum verlagert. Es können sowohl die Zeichen der Kardiainsuffizienz mit Refluxbeschwerden als auch Verdrängungserscheinungen auftreten. Diagnostisch muß vor allem die Funktion der Kardia abgeklärt werden.
1.4.3 Diagnose der Hiatushernie Hinweise auf das Vorliegen einer Hiatushernie ergeben sich aus dem klinischen Bild: Refluxbeschwerden (Sodbrennen), Völlegefühl und Aufstoßen, retrosternale Schmerzen, Passagestörungen, unklare chronische Anämie. Die Diagnose wird röntgenologisch gestellt: Durch Kontrastfüllung läßt sich der Magen im unteren Mediastinum bzw. der Thoraxhöhle nachweisen, bei kleinen axialen Hernien oft erst in Kopftieflage. Bei größeren paraösophagealen Brüchen können bereits auf der Thoraxübersichtsaufnahme eine mediastinale Verschattung und Flüssigkeitsspiegel erkennbar sein. Die Endoskopie ist für die Diagnose der Hiatushernie meist ohne Bedeutung.
1.4.4 Refluxkrankheit 1.4.4.1 Definition und Einteilung Refluxkrankheit bedeutet: unphysiologisch langer Kontakt von gastro-intestinalen Säften mit der Ösophagusschleimhaut, die hierdurch alteriert wird. Die Folgen können sein: Sodbrennen und retrosternale Schmerzen, Funktionsstörungen der Speiseröhre (Dysphagie), entzündliche Veränderungen mit Erosionen, Ulzera, Strukturen (Refluxösophagitis). Wir unterscheiden die primäre und sekundäre Refluxkrankheit. Primär ist sie ein eigenständiges Krankheitsbild, sekundär Folge einer organischen Erkrankung (Aufstau bei Magenausgangsstenose, Sklerodermie) oder eines vorausgegangenen operativen Eingriffes (ζ. B. Kardiaresektion, Gastrektomie). Morphologisch lassen sich drei Formen der Refluxkrankheit differenzieren: 1. reine Funktionsstörungen ohne Veränderungen der Ösophagusschleimhaut, 2. bioptisch nachweisbare Ösophagitis mit Granulozyteninfiltration der Lamina propria, 3. endoskopisch sichtbare Zeichen der Entzündung (Rötung, Ödem, Nekrosen, Erosionen, Ulzera). Wichtig ist besonders im Hinblick auf eine differenzierte Therapie die endoskopische Einteilung in 4 Schweregrade (Abb. 24-7).
Grad I: Nur vereinzelte Schleimhautveränderungen: Erythem, flache Erosionen. Grad I I : Konfluierende, streifenförmige Erosionen. Grad I I I : Zirkulär angeordnete, ausgedehnte Veränderungen und Wandinfiltrationen. Grad I V : Fibrose der Ösophaguswand, Striktur, Brachyösophagus.
Die Veränderungen Grad I—II können folgenlos ausheilen; bei Grad IV ist die Narbenbildung irreversibel. Zerstörtes Plattenepithel der Ösophagusschleimhaut wird durch Zylinderepithel (Zylinderepithelnarbe) ersetzt (mögliche Karzinomentwicklung!). Die Zylinderzellnarben können ganze Segmente der terminalen Speiseröhre zirkulär bedecken und führen zum Bild
433
Ösophagus
Abb. 24-7 Endoskopisch sichtbare Schweregrade der Refluxösophagitis: Grad I - vereinzelte erosive Bezirke im terminalen Ösophagus, Grad II = größere erosive Schleimhautveränderungen, Grad III = vereinzelt konfluierende ent zündliche Schleimhautveränderungen, Grad IV = zirkuläre konfluierende erosive Ösophagitis mit beginnender Stenosierung des Endobrachyösophagus. Es handelt sich hier u m das Narbenstadium einer Refluxösophagitis. Der angeborene Endobrachyösophagus ist dagegen sehr selten. A m Übergang vom Endobrachyösophagus zum normalen Plattenepithel können sich die sog. Übergangsulzera entwickeln mit Gefahr der Blutung und Stenose.
1.4.4.2 Pathogenese der Refluxkrankheit Die primäre Refluxkrankheit entsteht durch eine Kardiainsuffizienz, die ihre Ursache meist in einer axialen Hiatushernie hat. Für die Verschlußfunktion der Kardia werden verschiedene, komplex wirkende Mechanismen diskutiert: spitzer His-Winkel, Gubaroff-Falte, Zwerchfellzwinge, wechselnde Hochdruckzone (abdominal, thorakal), Selbstreinigungsfunktion des Ösophagus (propulsive Kontraktionen), funktioneller unterer Ösophagussphinkter (UÖS). Der pathologische Reflux bei der Kardiainsuffizienz ist meist ohne Folgen. Nur in etwa 1 0 - 1 5 % der Patienten kommt es zur Refluxkrankheit. Diese kann ausheilen oder in die Refluxösophagitis mit ihren verschiedenen Graden übergehen. Der pathologische Reflux konnte durch die Langzeit-pHMetrie nachgewiesen werden. Er gilt dann als pathologisch, wenn er nachts oder tagsüber im Nüchternzustand auftritt. Das Ausmaß der Refluxösophagitis hängt von verschiedenen Faktoren ab:
• von der Kontaktzeit des Regurgitats mit der Ösophagusschleimhaut (Selbstreinigungsfunktion der Speiseröhre), • von der Zusammensetzung des Regurgitats (HCL, Pepsin, Gallensäuren), Unterscheidung zwischen saurer und alkalischer Refluxösophagitis, ζ. B. nach Gastrektomie! • von der individuellen Empfindlichkeit der Speiseröhrenschleimhaut, • von exogenen Faktoren, ζ. B. Alkohol, Nikotin.
1.4.4.3 Symptome und Diagnose der Refluxkrankheit Leitsymptom ist das Sodbrennen. Dies kann sich bis zum retrosternalen Schmerz, der sich bis zum Pharynx ausdehnt, steigern. Oft gibt der Patient auch ein Zurückfließen von Speisen und Magensaft in den Mund an. Verstärkt oder ausgelöst wird die Symptomatik beim Bücken, im Liegen, nach dem Essen, durch Alkohol und Rauchen. Der radiologische Nachweis einer Hiatushernie ist kein Beweis für eine Refluxkrankheit, auch nicht der radiologisch nachgewiesene Reflux nach Provokationstesten (Kopf-Tieflage, Valsalva-Preßversuch). Der Nachweis eines Refluxes gelingt besonders durch die Langzeit-pH-Me-
Ursache der Refluxkrankheit: Kardiainsuffizienz, deren Übergang in Refluxösophagitis möglich ist. Pathologisch, wenn Auftreten im Nüchternzustand.
Abhängigkeit des Ausmaßes der Refluxösophagitis von:
Leitsymptom: Sodbrennen, retrosternaler Schmerz bis zum Pharynx. Zurückfließen von Speisen und Magensaft in den Mund. Nachweis des Refluxes: Langzeit-p Η -Metrie, Szintigraphie, Manometrie. Diagnose der Refluxösophagitis: Endoskopie.
434
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes trie, Szintigraphie (sehr aufwendig) oder Manometrie. Für die Diagnose Refluxösophagitis ist aber vor allem die Endoskopie mit Biopsie das Verfahren der Wahl, auch für die Operationsindikation.
Therapie der Hiatushernien und der Refluxkrankheit. Axiale Hiatushernie: Operation bei Ösophagitis III. oder IV. Grades und Komplikationen. Refluxösophagitis: bei I. und II. Grad erst konservative Therapie.
Operative Behandlung der Refluxkrankheit: Methode der Wahl: 1. transabdominale Fundoplicatio nach Nissen, 2. OP nach Belsay oder Hill. Mögliche Komplikationen: Gas-bloat-Syndrom (Superkontinenz).
3. Teres-Plastik: Fixierung des Magens.
1.4.4.4 Therapie der Hiatushernien und der Refluxkrankheit Bei der axialen Hiatushernie wird nur operiert, wenn eine Ösophagitis III. oder IV. Grades bzw. Komplikationen, wie Blutungen oder Stenosen vorliegen. Bei der Refluxösophagitis I. oder II. Grades ist zunächst ein konservativer Therapieversuch angezeigt. Er umfaßt: Gewichtsreduktion, Schlafen mit erhöhtem Oberkörper, bei Obstipation Stuhlregulierung, Einschränkung von Nikotin und Alkohol. An Medikamenten sind zu empfehlen Antacida, Tagamet®, Paspertin®. Für die operative Behandlung der Refluxkrankheit gibt es mehrere Verfahren. Vom transthorakalen Vorgehen nach Allison mit Einengung der Bruchlücke ist man heute abgerückt. Dafür sind Verfahren, die den His-Winkel rekonstruieren, wie die transabdominale Fundoplicatio nach Nissen, die Operation nach Belsay oder nach Hill Methode der Wahl. Mit diesen Verfahren ist ein Reflux zuverlässig zu verhüten. Bei der Fundoplicatio nach Nissen wird der Magenfundus mit wenigen Nähten manschettenartig u m die Speiseröhre fixiert (Abb. 24-8). Die Operationsgefährdung ist gering (Letalität im eigenen Krankengut 0%). Die Ergebnisse sind in 8 5 - 9 0 % gut bis befriedigend. In 5 % kommt es zu einem sog. Gas-bloat-Syndrom, d. h. zu einer Superkontinenz, die ein unangenehmes Völlegefühl verursacht und Aufstoßen verhindert. Ein neueres Verfahren ist die sog. Teres-Plastik. Mit Hilfe des Lig. teres hepatis wird der Magen fixiert und damit der Reflux verhindert.
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Abb.24-8 Fundoplicatio nach Nissen/Rossetti Paraösophageale Hernie: großzügige Indikationsstellung, da Strangulation oder Einklemmungsgefahr. Methode der Wahl: Abdominelle Gastropexie.
Die Indikation zur operativen Korrektur einer paraösophagealen Hernie ist großzügig zu stellen, da die Gefahr einer Strangulation oder Einklemmung besteht. Methode der Wahl ist die abdominelle Gastropexie, die Bruchlücke wird ohne Resektion des Bruchsackes eingeengt und der Magen an der vorderen Bauchwand und am linken Zwerchfell fixiert.
Divertikel Sackartige Vorstülpung der Schleimhaut des Ösophagus durch Muskellücken.
1.5 Divertikel 1.5.1 Definition - Einteilung Ösophagusdivertikel sind Pseudodivertikel, da sich nur die Schleimhaut und nicht die gesamte Wand des Ösophagus sackartig vorstülpt. Sie treten meist solitär, selten multipel auf. Man unterscheidet je nach Lokalisation (Abb. 24-9):
Je nach Lokalisation wird unterschieden:
• das zervikale (Zenker-) Pulsionsdivertikel, • das thorakale Traktionsdivertikel und • das epiphrenale Pulsionsdivertikel.
Ösophagus
435
Divertikel (62%)
θ
Epiphrenale Divertikel (21%
Abb. 24-9 Lokalisation und Häufigkeit der Ösophagusdivertikel (Zahlenangaben entsprechend dem Weltschrifttum) Männer erkranken häufiger als Frauen, das höhere Lebensalter ist bevorzugt.
1.5.2 Zenker-Pulsionsdivertikel Es ist am häufigsten (ca. 1:1500) und entwickelt sich am Killian-Dreieck, d. h. in der muskelschwachen Region oberhalb des M. cricopharyngeus. Für die Entstehung spielt eine Koordinationsstörung des M. cricopharyngeus eine Rolle, der der Druckwelle des Pharynx Widerstand bietet. Die Divertikel, meist links gelegen, können bis faustgroß werden.
1.5.2.1 Symptome und Diagnose Die Patienten klagen über Fremdkörpergefühl, Dysphagie, Erbrechen unverdauter Nahrung, besonders bei Druck auf die linke Halsseite, Foetor ex ore. Im Liegen besteht Aspirationsgefahr. Entzündliche Veränderungen, Blutungen, Fistelbildungen und Karzinomentwicklung sind beschrieben. Die Diagnose wird röntgenologisch durch Kontrastfüllung oder durch Endoskopie (Cave: erhöhte Perforationsgefahr!) gestellt.
1.5.2.2 Therapie Bei entsprechender Symptomatik ist die Operation angezeigt. Das Operationsrisiko ist gering. Von einem linksseitigen Halsschnitt aus wird das Divertikel abgetragen und der Ösophagus zweischichtig vernäht. U m ein Rezidiv (Häufigkeit ca. 3 - 4 %) zu vermeiden, wird grundsätzlich eine Myotomie des oberen Ösophagussphinkters hinzugefügt. Bei kleinen Divertikeln reicht die alleinige Myotomie. Gefahren der Operation sind Speichelfistel, Mediastinitis, Rekurrensparese.
1.5.3 Traktionsdivertikel Sie finden sich in Höhe der Trachealbifurkation und sind sehr selten. Nach alter Vorstellung sollen sie durch Narbenzug (Traktion) bei Lymphknotenveränderungen (Tbc, Anthrakose) entstehen. Heute wird eine kongenitale Persistenz ösophagobronchialer Gewebebrücken diskutiert.
1.5.3.1 Symptome und Diagnose Traktionsdivertikel, häufig als Zufallsbefund entdeckt, sind klein und verursachen nur selten eine Dysphagie. • Die Röntgenkontrastdarstellung ist beweisend.
Zenker-Pulsionsdivertikel bis faustgroße meist links gelegene Divertikel. Bei Entstehung: Koordinationsstörung des M. cricopharyngeus.
Symptome: Fremdkörpergefühl, Dysphagie, Erbrechen unverdauter Nahrung, Foetor ex ore. Entzündliche Veränderungen, Blutungen, Fistelbildung, Karzinomentwicklung.
Diagnose: Röntgen durch Kontrastfüllung, Endoskopie. Therapie: Operation: linksseitiger Halsschnitt —»Abtragung des Divertikels —»Zweischichtige Vernähung des Ösophagus. Grundsätzlich: Myotomie des Ösophagussphinkters zur Rezidivvermeidung. Komplikationen: - Speichelfistel, - Mediastinitis, - Rekurrensparese. Tranktionsdivertikel: selten. Lokalisation: Trachealbifurkation.
Diagnose: Röntgenkontrastdarstellung ist beweisend.
436 Therapie: selten Operationsindikation.
Epiphrenale Divertikel selten. Lokalisation: meist links im distalen Ösophagus. Assoziiert mit Hiatushernie, Achalasie, Ösophagusspasmus.
Symptome: - Dysphagie, - Regurgitation, - Verdrängungserscheinungen des Herzens (Rhythmusstörungen, Tachykardie). Diagnose: Röntgenkontrastfüllung und Endoskopie.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes 1.5.3.2 Therapie Nur ganz selten besteht eine Operationsindikation. Verfahrenswahl: rechtsseitige Thorakotomie, Divertikelabtragung, schichtige Nahtdeckung.
zwei-
1.5.4 Epiphrenale Divertikel Sie sind besonders selten und finden sich überwiegend links im distalen Ösophagus. Häufige Assoziation mit einer Hiatushernie, Achalasie oder diffusem Ösophagusspasmus. Ätiologisch wird wie beim Zenker-Divertikel ein intraluminärer Überdruck, bedingt durch Funktionsstörung des UÖS, diskutiert.
1.5.4.1 Symptome und Diagnose Große Divertikel fuhren zu Dysphagie, Regurgitation und Verdrängungserscheinungen des Herzens (Rhythmusstörungen, Tachykardie). Diagnosesicherung durch Röntgenkontrastfüllung und Endoskopie (Abb. 24-10). Manometrie nur bei Motilitätsstörungen erforderlich.
Abb. 24-10 Große epiphrenale Ösophagusdivertikel, im Röntgenbild dargestellt Therapie: zurückhaltende Operationsindikation: Abtragung und Myotomie des UÖS.
Perforation und Spontanruptur des Ösophagus Perforation - Gefahr bei Verwendung des starren Endoskops, - bei pathologisch verändertem Ösophagus, - bei Bougierungen, - verschluckte Fremdkörper, - Schußverletzungen, - Explosionen.
Symptome: Schmerzen am Hals, Hautemphysem, Mediastinalemphysem. Infektionsgefahr.
1.5.4.2 Therapie Die Operationsindikation ist zurückhaltend zu stellen. Verfahrenswahl: linksseitige Thorakotomie, Resektion und zweischichtige Nahtdeckung, Myotomie des UÖS bei Achalasie.
1.6 Perforation und Spontanruptur des Ösophagus 1.6.1 Perforation Die instrumentellen Verletzungen (Endoskopie, Bougierung, Sonden usw.) stehen mit etwa 90 % im Vordergrund. Für die Endoskopie wird die Perforationsrate mit 0 , 1 - 1 % angegeben; die Perforationsgefahr ist größer bei Verwendung eines starren Endoskops und beim pathologisch veränderten Ösophagus (ζ. B. Karzinom). Bei Bougierungen liegt die Perforationsrate bei 2 - 5 % . Weitere Ursachen sind verschluckte Fremdkörper, Schußverletzungen, Explosionen. Die Perforation kann im Halsabschnitt (am häufigsten), im thorakalen und abdominellen Teil des Ösophagus lokalisiert sein.
1.6.1.1 Symptome und Diagnose Frühsymptome sind Schmerzen am Hals oder retrosternal, ferner Haut- oder Mediastinalemphysem, selten Pneumothorax. Wird die Perforation nicht sogleich erkannt, entwickeln sich Zeichen der mediastinalen, pleuralen oder abdominellen Infektion.
437
Ösophagus Die Frühdiagnose ist entscheidend: Thoraxübersichtsaufnahme (Luftansammmlung im Mediastinum oder subdiaphragmal), Gastrografinschluck (nur wasserlösliche Kontrastmittel verwenden) mit Austritt des Kontrastmittels ist beweisend.
Diagnose: Thoraxübersichtsaufnahme, Gastrografinschluck mit Austritt des Kontrastmittels.
1.6.1.2 Therapie
Therapie: konservativ: - Antibiotika, - Nahrungskarenz, - Ösophagusabsaugung. Operativ: frühzeitige Freilegung und Übernähung der Verletzungsstelle. Anstieg der Letalität bei zunehmendem Operationsaufschub.
Bisweilen genügen konservative Maßnahmen, besonders bei Perforationen im Halsabschnitt: Antibiotika, Nahrungskarenz, Ösophagusabsaugung mittels Sonde. Sicherer ist die frühzeitige Freilegung und Übernähung der Verletzungsstelle, je nach Lokalisation durch kollaren, rechtsthorakalen oder abdominalen Zugang, Nahtsicherung mit umliegendem Gewebe (Pleura, Zwerchfell, Lunge, Magen, Netz), ausgiebige Drainagen. Die Letalität steigt mit zunehmendem zeitlichen Abstand vom Perforationsereignis (bis zu 50 %).
1.6.2 Spontanruptur (Boerhaave-Syndrom 1 ) 1.6.2.1 Definition, Häufigkeit, Ursachen Es handelt sich u m die Wandberstung einer gesunden Speiseröhre durch explosionsartiges Erbrechen. Das Boerhaave-Syndrom ist die Steigerung des Mallory-Weiß-Syndroms, bei dem es zu einem nur partiellen Wandeinriß mit allerdings schwerer Blutung kommt. Männer, vor allem Alkoholiker, sind besonders betroffen. Bisher wurden etwa 650 Fälle in der Weltliteratur mitgeteilt. Ursache der Ruptur ist ein kurzzeitiger Druckanstieg im Ösophagus auf 2 0 0 - 4 0 0 m m Hg, der durch gleichzeitige Kontraktion des OOS während des Erbrechens entsteht (Refluxinkoordination). Der Einriß am Ösophagus liegt überwiegend supradiaphragmal nach links und dorsal.
1.6.2.2 Klinik und Diagnose Die Anamnese ist typisch: opulente Mahlzeit, plötzliches Erbrechen, retrosternaler Vernichtungsschmerz. Typische Zeichen sind: Haut- und Mediastinalemphysem, Seropneumothorax, Dyspnoe, Zyanose, Schocksymptome, Abwehrspannung im Oberbauch. Die Röntgenübersichtsaufnahme und Kontrastmitteldarstellung (Gastrografin) klärt die Situation. Differentialdiagnostisch abzugrenzen sind: Spontanpneumothorax, Herzinfarkt, dissezierendes Aortenaneurysma, strangulierte Hiatus- bzw. Zwerchfellhernie, Ulkusperforation, akute Pankreatitis.
Spontanruptur Wandberstung einer gesunden Speiseröhre durch explosionsartiges Erbrechen. Betroffen besonders Alkoholiker.
Klinik: opulente Mahlzeit, plötzliches Erbrechen, retrosternaler Vernichtungsschmerz, Hautemphysem, Mediastinalemphysem, Seropneumothorax, Dyspnoe, Zyanose, Schocksymptome, Abwehrspannung im Oberbauch. Diagnose: Röntgenübersichtsaufnahme, Kontrastmitteldarstellung. Differentialdiagnose beachten!
1.6.2.3 Therapie Konservativ nur im Ausnahmefall: Nahrungskarenz, innere Sekretabsaugung, Thoraxdrainage, Antibiotika. Das operative, möglichst frühzeitige Vorgehen hat die besseren Chancen: linksseitige Thorakotomie, Naht des Einrisses und Sicherung durch plastische Maßnahmen (Zwerchfell-, Pleura-, Lunge-, Mageneinhüllung). Die Letalität ist abhängig von der Zeit zwischen Ereignis und Operation und liegt zwischen 20 und 40 %.
1.7 Verätzungen durch Säuren oder Laugen 1.7.1 Definition und Ursachen Verätzungen der Speiseröhre führen zu schweren Gewebeschäden mit entzündlicher Begleitreaktion (Ösophagitis corrosiva). Die Säureverätzung verursacht eine Koagulationsnekrose, die Laugenverätzung eine Kolliquationsnekrose. Letztere dringt tiefer in das Gewebe ein. Opfer von Verätzungen sind meist Kinder, die versehentlich Reinigungsmittel trinken. Bei Erwachsenen entstehen Verätzungen vor allem beim Suizidversuch.
Therapie: konservativ, nur in Ausnahmefällen: - Nahrungskarenz, - innere Sekretabsaugung, - Thoraxdrainage, - Antibiotika. Operative Therapie: linksseitige Thorakotomie —* nähen des Einrisses —»Sicherung durch plastische Maßnahmen. Operationsletalität: 20-40%. Verätzungen durch Säuren oder Laugen Säureverätzung: Koagulationsnekrose, Laugenverätzung: Kolliquationsnekrose.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
438 Klinik: - retrosternale Schmerzen, - Dysphagie, - Schocksymptome, - septische Temperaturen. - Beim Glottisödem: akute Atemnot. Diagnostik: Inspektion der Mund- und Rachenregion (Intubation oder Tracheotomie), Thoraxübersichtsaufnahme, Abdomenübersichtsaufnahme, Ösophagogramm, Endoskopie (Ausmaß der Schädigung). Therapie: bei Säuren: sofortige Verdünnung und Neutralisierung mit Milch und Trispuffer. Bei Laugen: verdünnte Zitronensäure oder Essig. Ferner: - intensivmedizinische Überwachung, - Schockbekämpfung, - Prednisolon (2 mg/kg/die), - Analgetika, - Sedativa, - Antibiotika, - parenterale Ernährung.
Bei Perforation: sofortige Operation: Drainage, kollare Ösophagusfistel, (Ösophagusexstirpation). Komplikationen: Strikturen, deren Vermeidung: unter endoskopischer Kontrolle bougieren, später Selbstbougierung. Bei ausgedehnten Strikturen: Ösophagusresektion mit Ersatz. Karzinomrisiko: 1,2-16%.
Fremdkörper: Symptome: Schmerzen und Bolusgefühl. Nachweis durch Röntgen oder Endoskopie. Endoskopische Entfernung, Operation.
1.7.2 Klinik und Diagnostik Im Vordergrund stehen retrosternale Schmerzen und Dysphagie. Hinzu kommen Schocksymptome und septische Temperaturen, die auf eine Perforation mit Mediastinitis bzw. Peritonitis hinweisen. Zur Erstuntersuchung gehört die Inspektion der Mund- und Rachenregion. Beim Glottisödem droht akute Atemnot. Dann sind Intubation oder Tracheotomie erforderlich. Eine Thorax- und Abdomenübersichtsaufnahme geben Aufschluß über freie Luft im Mediastin u m oder Abdomen (Perforation!). Ein Ösophagogramm mit wasserlöslichem Kontrastmittel zeigt ein unregelmäßig konturiertes Wandrelief. Die Endoskopie gehört zur Frühdiagnostik, u m das Ausmaß der Schädigung zu beurteilen. 1.7.3 Therapie Bei Säuren sofortige Verdünnung und Neutralisierung mit Milch und Trispuffer, bei Laugen mit verdünnter Zitronensäure oder Essig. Intensivmedizinische Überwachung, Schockbekämpfung, Gabe von Prednisolon (2 mg/kg/die) über einen Zeitraum von 6 - 1 2 Wochen, ferner Analgetika und Sedativa, Antibiotika sowie parenterale Ernährung, je nach Situation auch über nasogastrale Sonde oder Ernährungsfistel. Tabelle 24-1 Einteilung der Speiseröhrenverätzung (n. Butler et al.) Grad
Morphologie
Folgen
I
Ödem, Hyperämie
Ausheilung
II
Mukosazerstörung Entzündung der Submukosa Odem
Ausheilung
III
Nekrosen Gefäßthromben Gewebeeinblutungen
Perforation! Narben und Strikturen
Bei einer Perforation ist die sofortige Operation angezeigt: Drainage und kollare Ösophagusfistel, ggf. Ösophagusexstirpation. In der Spätphase sind Strikturen die häufigste Komplikation. U m sie zu vermeiden, sollte frühzeitig unter endoskopischer Kontrolle bougiert werden. In der Ausheilungsphase kann eine Selbstbougierung über viele Monate notwendig werden. In ca. 6 % der Verätzungen entstehen so ausgedehnte Strikturen, daß sie durch Bougierung nicht zu beseitigen sind. Zur Wiederherstellung der Speisepassage ist dann ein Ersatz der Speiseröhre mit oder ohne Ösophagusresektion erforderlich (s. S. 443). In der vernarbten Speiseröhre kann nach einem Intervall von etwa 10 Jahren in 1 , 2 - 1 6 % ein Karzinom entstehen. Das Krebsrisiko zwingt ggf. zur Ösophagusexstirpation. Die Prognose der Speiseröhrenverätzung ist vom Schweregrad der Veränderungen abhängig (Tab. 24-1).
1.8 Fremdkörper Vor allem Kinder aber auch Erwachsene verschlucken Fremdkörper (Hühnerknochen!), die an den physiologischen Engen des Ösophagus steckenbleiben können. Perforationsgefahr! Symptome: Schmerzen und Bolusgefühl. Nachweis: Durch Röntgenuntersuchung oder Endoskopie. Therapie: Endoskopische Entfernung des Fremdkörpers, wenn nicht möglich, Operation.
439
Ösophagus
1.9 Mißbildungen Siehe Kapitel XXX. Kinderchirurgie.
1.10 Dysphagia lusoria Sie ist sehr selten und entsteht durch Gefäßanomalien (doppelter Aortenbogen, aberrierende rechte A. subclavia). Diagnose durch Angiographie.
1.11 Gutartige Tumoren
Gutartige Tumoren
1.11.1 Häufigkeit und Arten
Arten: - Leiomyome (am häufigsten), - Polypen, - Zysten, - Fibrome, - Lipome, - Hämangiome.
Nur 0 , 5 - 2 % aller Ösophagustumoren sind gutartig, dabei Leiomyome mit ca. 50 % am häufigsten. Es folgen Polypen, Zysten, Fibrome, Lipome und Hämangiome. Die Leiomyome entwickeln sich meist zwischen den Muskelschichten, ohne die Schleimhaut zu alterieren. Sie können faustgroß werden.
1.11.2 Klinik und Diagnose Leitsymptom ist die Dysphagie. Die Diagnose wird durch Röntgenkontrastuntersuchung (glatt begrenzte, rundlich-ovale Veränderungen) oder durch Endoskopie gestellt (Vorwölbung im Ösophaguslumen). Differentialdiagnostisch ist vor allem ein maligner Tumor auszuschließen.
1.11.3 Therapie Wegen Komplikationsmöglichkeiten (Stenose, Blutung, V. cava-Kompression) ist die operative Entfernung angezeigt. Leiomyome lassen sich meist ohne Lumeneröffnung ausschälen. Nur selten ist die Ösophagusresektion notwendig. Polypen können endoskopisch abgetragen werden.
Leitsymptom: Dysphagie. Diagnose: - Röntgenkontrastuntersuchung, - Endoskopie. Differentialdiagnose: maligner Tumor. Therapie: operative Entfernung meist durch Ausschälung. Bei Polypen: endoskopische Abtragung.
1.12 Ösophaguskarzinom
Ösophaguskarzinom
1.12.1 Epidemiologie und Ätiologie
Entstehungsfaktoren: - chronischer Alkoholabusus, - Tabakrauchen, - Nitrosamine in der Nahrung, - Vitamin-C-Mangel.
In der Bundesrepublik Deutschland sterben jährlich etwa 2 000 Menschen an einem Ösophaguskarzinom (1,3 % aller Krebstodesfälle). Männer erkranken häufiger als Frauen, der Altersgipfel liegt im 6 . - 7 . Dezennium. Die Häufigkeitsverteilung des Ösophaguskarzinoms ist geographisch unterschiedlich. In Ostasien ist es häufiger als in USA und Europa. In Europa stehen Frankreich (Normandie) und die Schweiz an der Spitze. Für die Entstehung des Ösophaguskarzinoms sind eine Reihe exogener Faktoren anzuschuldigen: chronischer Alkoholabusus, Tabakrauchen (Pfeife, Zigarre), ferner Nitrosamine und Vitamin-C-Mangel. In China gibt es Endemiegebiete, da hier konserviertes Sauergemüse Hauptnahrungsmittel ist. In diesem Sauergemüse wurden Reinkulturen eines Soorpilzes (Geotrichum candidum) nachgewiesen, die Nitrate zu Nitrit reduzie-
Präkanzerosen: - Plummer-Vinson-Syndrom, - Brachyösophagus, - Achalasie - Strikturen nach Laugenverätzung, - Tylosis palmaris et plantaris, - Sklerodermie.
Als Präkanzerosen sind zu erwähnen: Plummer-Vinson-Syndrom, Brachyösophagus, Achalasie, Strikturen nach Laugenverätzung, Tylosis palmaris et plantaris, Sklerodermie.
1.12.2 Pathologische Anatomie, Ausbreitung, Metastasierung In 90 % handelt es sich u m Plattenepithel- und in 10 % u m Adenokarzinome, adenozystische und undifferenzierte kleinzellige Karzinome. Der Tumor kann polypös (ca. 60 %), ulzerös (ca. 25 %) oder diffus infiltrierend (15 %) wachsen. Adenokarzinome (Kardiakarzinome ausgenommen) entstehen auf angeborenen Magenschleimhautinseln im Ösophagus. Ihre Prognose
Tumorwachstum: ulzerös, diffus infiltrierend. Ungünstige Prognose.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
440 Häufigste Lokalisation: distales und mittleres Drittel. Einbezug benachbarter Organe, ösophagotracheale Fisteln.
Ausgedehnte Lymphknotenmetastasierung
ist besonders ungünstig. Die Lokalisation des Karzinoms ist unterschiedlich: distales und mittleres Drittel je etwa 40 %, proximales Drittel 20 %. Innerhalb der Ösophaguswand breitet sich das Karzinom vorwiegend in Längsrichtung aus. Überschreitet der Tumor die Ösophaguswand, so wird das paraösophageale Gewebe infiltriert evtl. unter Einbeziehung benachbarter Organe, wie Trachea, Bronchien, Herzbeutel, Aorta, N. recurrens. Es können sich ösophagotracheale Fisteln entwickeln. Die Lymphknotenmetastasierung ist meist sehr ausgedehnt (Abb. 24-11): zervikale, retropharyngeal, paratracheale, mediastinal, perigastrische Lymphknotengruppen können befallen sein. Typisch ist eine lymphogene Metastasierung in der Ösophaguswand selbst (ca. 12 %). Lymphknotengruppen -zervikal
paratracheal
jperigastrisch
Hämatogene Metastasierung in Lunge und Leber.
Abb. 24-11 Lymphogene Metastasierungswege beim Ösophaguskarzinom: intrathorakale, zervikale und abdominale Lymphknoten können befallen sein
Die hämatogene Metastasierung kann auf zwei Wegen erfolgen (Abb. 24-12): über die V. azygos und die V. cava superior in die Lunge bzw. über das Pfortadersystem in die Leber. Ösophagus
V. cava sup
V. azygos Intercostalgefäße
V. portae-»Leber
Pfortadersystem V. cava Abb.24-12 Möglichkeiten der hämatogenen Metastasierung des Ösophaguskarzinoms. Zwei Metastasierungswege: 1. Über die V. hemiazygos und V.azygos zur V.cava und Lungenmetastasen, 2. Magenvenen, V. portae mit Lebermetastasen
441
Ösophagus F ü r die schlechte Prognose des Ö s o p h a g u s k a r z i n o m s sind m a ß g e b e n d : Längsinfiltration in der Ö s o p h a g u s w a n d , E i n b r u c h in m e d i a s t i n a l e Strukturen u n d Organe, weitverzweigte l y m p h o g e n e Streuung u n d h ä m a t o g e n e Ausbreitung über zwei venöse Abflußgebiete.
1.12.3 Symptomatologie Die initialen S y m p t o m e b e i m Speiseröhrenkrebs sind diskret: retrosternale Mißempfindungen, gesteigerte Salivation. Meist s u c h e n die P a t i e n t e n erst bei S c h l u c k s t ö r u n g e n d e n Arzt auf. Sie sind L e i t s y m p t o m aber kein F r ü h z e i chen, da die Dysphagie erst bei weitgehender Infiltration der Ö s o p h a g u s w a n d auftritt. Als S p ä t s y m p t o m e f i n d e n sich Gewichtsabnahme u n d Leistungsknick, Exsikkose, retrosternale Schmerzen, wenn der T u m o r in das M e d i a s t i n u m einbricht, Lymphknotenschwellungen am Hals, Heiserkeit (Rekurrensparese), Husten (ösophago-tracheale Fistel), Aspirationspneumonie.
Symptome: - retrosternale Mißempfindungen, - gesteigerte Salivation, - Dysphagie. Spätsymptome: - Gewichtsabnahme, - Leistungsknick, - Exsikose, - retrosternale Schmerzen, - Lymphknotenschwellungen am Hals, - Heiserkeit, - Husten, - Aspirationspneumonie.
Abb. 24-13 Röntgenzeichen beim Ösophaguskarzinom (1-4) und der Achalasie (5). 1 polypöser Tumor 2 sägeblattähnliche Tumorkonturen 3 spiralige Wandveränderungen durch den Tumor 4 trichterförmige Konfiguration mit langstreckiger Stenose 5 Achalasie: weinkelchartige Konfiguration mit glatter, kurzer Stenose
1.12.4 Diagnostik
Diagnostik
Wichtigste U n t e r s u c h u n g s v e r f a h r e n sind die Röntgenkontrastdarstellung u n d die E n d o s k o p i e mit Biopsie. Erste O r i e n t i e r u n g gibt der Ösophagusbreischluck. Die charakteristischen röntgenologischen Z e i c h e n sind: Füllungsdefekt, W a n d s t a r r e , u n r e g e l m ä ß i g e K o n t u r e n u n d F a l t e n a b b r u c h , Stenose u n d prästenotische Dilatation (Abb. 24-13). Bei a u s g e d e h n t e n K a r z i n o m e n k o m m t es z u m A b w e i c h e n der Ösophagusachse im Röntgenbild (Hinweis auf Inoperabilität) (Abb. 24-14). Differentialdiagnostisch sind Strikturen als Folge von V e r ä t z u n g e n , peptische Ulzera oder Refluxösophagitis, b e s o n d e r s aber die A c h a l a s i e a u s z u schließen. F ü r die Aussage über das T u m o r s t a d i u m u n d Prognose ist n e b e n T u m o r a u s d e h n u n g , G r a d der S t e n o s i e r u n g u n d A b w e i c h e n der Ö s o p h a g u s a c h s e u n d die Infiltration des K a r z i n o m s in m e d i a s t i n a l e Strukturen, ζ. B. Bronchus, T r a c h e a usw. von B e d e u t u n g .
Röntgenkontrastdarstellung: - Füllungsdefekt, - Wandstarre, - unregelmäßige Konturen und - Faltenabbruch, - Stenose, - prästenotische Dilatation, - Abweichen der Ösophagusachse dehntes Karzinom (Abb. 24-14).
Die Computertomographie des M e d i a s t i n u m s k a n n h i e r ü b e r A u s k u n f t geb e n (Abb. 24-15). Zweiter Schritt in der Diagnostik des Ö s o p h a g u s k a r z i n o m s ist die E n d o s k o pie m i t Biopsie. Klar ist die D i a g n o s e bei positiver Biopsie. W i r d das M a t e rial von m e h r e r e n Stellen e n t n o m m e n , läßt sich die T r e f f e r q u o t e bis zu 90 % anheben. Z u r Operabilitätsbeurteilung k ö n n e n n o c h M e d i a s t i n o s k o p i e u n d B r o n c h o skopie d u r c h g e f ü h r t werden.
Computertomographie —» Tumorstadium und Prognose. Endoskopie mit Biopsie.
: :
ausge-
442
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
Abb.24-14 Kontrastmitteldarstellung eines ausgedehnten polypösen und exulzerierenden Ösophaguskarzinoms im mittleren thorakalen Abschnitt Untersuchungsplan: Ösophagogramm mit Doppelkontrasttechnik, —»Ösophagoskopie mit multiplen Biopsien, —»CT des Mediastinums, —» C T oder Sonographie der Leber, —»evtl. Bronchoskopie, Mediastinoskopie.
Folgender Untersuchungsplan ist für Diagnose und Tumorstaging beim Ösophaguskarzinom zu empfehlen: Ösophagogramm mit Doppelkontrasttechnik, Ösophagoskopie mit multiplen Biopsien, CT des Mediastinums, CT oder Sonographie der Leber, evtl. Mediastinoskopie, Bronchoskopie.
Abb. 24-15 Computertomographie beim Ösophaguskarzinom. Der fortgeschrittene Tumor hat das Lumen fast völlig verlegt und ist bereits in die Hinterwand der Trachea eingebrochen. Es besteht Inoperabilität. Operationsindikation: abhängig von Tumorausdehnung und Lokalisation. Inoperabel bei: Fernmetastasen, Recurrensparese, Befall des Tracheobronchialbaums.
1.12.5 Operationsindikation Die Behandlung des Ösophaguskarzinoms ist in erster Linie operativ. Deshalb sollte möglichst die Exstirpation des Ösophagus geplant werden. Die Strahlentherapie hat überwiegend adjuvanten oder palliativen Charakter. Die Operationsanzeige hängt ab von Tumorausdehnung und -sitz sowie vom Alter und Allgemeinzustand des Patienten. Inoperabel ist das Karzinom bei Fernmetastasen, Rekurrensparese, Einbruch in den Tracheobronchialbaum. Die Operabilität kann meist exakt erst während der Operation beurteilt werden.
443
Ösophagus 1.12.6 Therapie Wir unterscheiden kurative und palliative Behandlungsmethoden. Kurative Zielsetzungen verfolgen Ösophagusresektion und Strahlentherapie oder die Kombination beider Verfahren.
1.12.6.1 Ösophagusresektion Für die Resektion sind wichtige anatomische Gesichtspunkte zu beachten: Verlauf des Ösophagus in drei verschiedenen anatomischen Regionen (Hals, Thorax, Abdomen), Längsinfiltration des Karzinoms in der Ösophaguswand (intraoperative Schnellschnittuntersuchung wichtig!), physiologische Längsspannung und fehlender Serosaüberzug sowie spärliche Blutversorgung der Speiseröhre erhöhen Risiko der Anastomoseninsuffizienz.
StripperSonde
Therapie: - kurative Therapie, - palliative Therapie.
Ösophagusresektion: partielle oder totale Entfernung der Speiseröhre.
Tumor
Abb.24-16 Stumpfe Dissektion des Ösophagus ohne Thorakotomie mit Hilfe einer Venenstrippersonde a) Der Ösophagus ist im Halsbereich durchtrennt, die Sonde eingeführt und an der Kardia nach außen geleitet. b) Durch Zug nach distal wird dann der mobilisierte Ösophagus aus dem Mediastinum durch innere Einstülpung herausgezogen. Der Eingriff besteht in der partiellen oder totalen Entfernung der Speiseröhre von kombinierten Operationszugängen her (Abb. 24-16): abdomino-rechtsselten -linksthorakal, zervikal bzw. abdominozervikal mit stumpfer Auslösung der Speiseröhre aus dem Mediastinum. Mit der Exstirpation des Ösophagus werden auch alle erreichbaren Lymphknoten mit ausgeräumt.
Operationszugang: abdomino-rechts- oder selten -linksthorakal, zervikal, abdomino-zervikal —»stumpfe Auslösung der Speiseröhre aus dem Mediastinum, mit Ausräumung aller erreichbaren Lymphknoten.
1.12.6.2 Ösophagusersatz
Ösophagusersatz bestes Verfahren: Magenhochzug: Verlagerung des Magens bis zum Halsabschnitt der Speiseröhre (Dünndarminterponat nur bei NichtVerwendung des Magens).
Nach Resektion der Speiseröhre muß der entstandene Defekt wieder überbrückt werden. Dies kann mit Magen, Dünndarm oder Kolon erfolgen (Abb. 24-17).
Abb.24-17 Verschiedene Möglichkeiten und Wege beim Speiseröhrenersatz a) antesternaler Weg, hier mit einem gestielten Kolontransplantat b) retrosternaler Weg, hier mit dem mobilisierten Magen c) mediastinaler Weg mit dem Magen
444
Kolon mit Gefäßstiel subkutan, retrosternal oder mediastinal verlagern und mit Halsösophagus anastomisieren.
Ergebnisse: hohe Operationsletalität. Hohe Komplikationsraten. Kurze Überlebenszeiten.
Palliativoperation: Beseitigung von Schluckstörungen. Es stehen 3 Methoden zur Verfügung:
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes Das beste Verfahren ist der sog. „Magenhochzug", wie er von Kirschner bereits 1920 angegeben wurde. Der mobilisierte und gut durchblutete Magen kann auf verschiedenen Wegen (retrosternal oder mediastinal) bis z u m Halsabschnitt der Speiseröhre verlagert und dann anastomosiert werden. Dieses Vorgehen ist Methode der Wahl. Ein Dünndarminterponat (schwierige Präparation!) wird nur dann verwendet, wenn Magen oder Kolon als Ösophagusersatz nicht geeignet sind (ζ. B. vorausgegangene Magenoperation). Das Kolon (Colon ascendens, Colon transversum oder besonders Colon descendens) wird mit seinem Gefäßstiel subkutan, retrosternal oder mediastinal verlagert und ebenfalls mit dem Halsösophagus anastomosiert. Bevorzugt wird heute die abdominale, transmediastinale, zervikale Exstirpation des Ösophagus ohne Thorakotomie unter Beachtung spezieller Indikationen. Dieser Eingriff wird auch von älteren Patienten gut vertragen.
1.12.6.3 Ergebnisse der Resektionsbehandlung Hohe Operationsletalität und Komplikationsraten sowie kurze Überlebenszeiten charakterisieren die Chirurgie des Ösophaguskarzinoms. Die Operationsletalität liegt zwischen 10 und 25 %, die Resektionsrate bei ca. 50 %, die 5-Jahre-Überlebenszeiten bei etwa 15 %. Die Anastomoseninsuffizienz ist die gefürchtetste Komplikation (3,7-13%). Bei der transmediastinalen stumpfen Dissektion des Ösophagus ist die Letalität u m die Hälfte geringer.
1.12.6.4 Palliativoperationen Die Palliativoperationen haben zum Ziel, die Schluckstörung zu beseitigen, damit der Patient sich wieder ernähren kann. Es gibt folgende Methoden:
• Bypass-Verfahren mit ante- oder retrosternaler Transposition des Magens, des Kolons oder einer Jejunumschlinge, • die Stenosenüberbrückung durch Endoprothese (Abb. 24-18) und • die Ernährungsfistel (Gastrostomie nach Witzel).
Abb. 24-18 Beim inoperablen Ösophaguskarzinom kann die Speisepassage durch einen sog. „Magen-Bypass" wiederhergestellt werden. Der Magen ist hier retrosternal verlagert und mit dem Halsösophagus anastomosiert. Das distale Ösophagusende wird mit einer Roux-Schlinge end-zu-seit verbunden.
(n. Häring)
Abb. 24-19 Bei ausgeprägter Stenose und inoperablem Ösophaguskarzinom kann mit Hilfe eines Spiraltubus die Stenose uberbrückt werden.
Literatur Die beste Palliation ist die Bypass-Operation mit Magenhochzug (Abb. 24-19). Häufiger aber wird die endoskopische Intubation der Tumorstenose mit einem Ösophagustubus durchgeführt. Ein neueres Verfahren ist die Lasertherapie zur Beseitigung der Stenose. Die Anlage einer äußeren Ernährungsfistel dagegen sollte vermieden werden, da sie den Patienten psychisch und körperlich belastet.
445 Beste Palliation: Bypass-Operation mit Magenhochzug (Abb. 24-19). Häufiger: Intubation der Tumorstenose mit Ösophagustubus oder Lasertherapie.
1.12.6.5 Andere Therapieverfahren Die Bestrahlung (Megavolttherapie) kann mit kurativer, palliativer oder adjuvanter Zielsetzung erfolgen. Die Gefahren der Strahlenbehandlung sind Perforation und ösophago-tracheale Fistel. Diskutiert wird die Kombination von Strahlentherapie (prä- oder postoperativ) und Resektion, neuerdings auch die After-loading-Bestrahlung. Die zytostatische Behandlung des Ösophaguskarzinoms ist bisher unbefriedigend, so daß eine gültige Therapieempfehlung noch nicht gegeben werden kann.
Literatur Häring, R. (Hrsg.): Chirurgie des Ösophaguskarzinoms. Edition Medizin, Weinheim-Deerfield Beach, Florida-Basel 1981 Häring, R. (Hrsg.): Ösophagus-Chirurgie. Achalasie, Strikturen, benigne Tumoren, Divertikel, Perforationen. Edition Medizin, Weinheim - Deerfield Beach, Florida - Basel 1982 Siewert, R., Blum, A. L., Waldeck, F. (Hrsg.): Funktionsstörungen der Speiseröhre. Springer, Berlin-Heidelberg-New York 1976
Bestrahlungstherapie mit kurativer, palliativer oder adjuvanter Zielsetzung: Gefahr der Perforation sowie ösophago-tracheale Fistel.
Zytostatische Behandlung noch unbefriedigend.
446 Magen und Duodenum
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
2. Magen und Duodenum St. John, M. Kunkel, R. Häring
Man unterscheidet folgende Magenregionen: - Kardia, - Fornix, - Fundus, - Korpus, - Antrum, - Pylorus.
Regionen am Duodenum: Pars superior, Pars descendens. Pars inferior, Pars ascendens.
Ferner wird unterschieden zwischen Magenvorder- und Magenhinterwand.
Fixiert sind Magen und Duodenum durch Aufhängebänder.
Blutversorgung durch ein ausgeprägtes Kollateralnetz, das von großen Magenarterien gespeist wird. Abfluß des venösen Blutes in die Pfortader.
Innervierung von Magen und Duodenum durch: N. sympathicus: Hemmung von Motilität und Sekretion, N. vagus: Steigerung von Motilität und Sekretion. Man unterscheidet 4 Lymphabflußzonen (Abb. 24-20).
Magen und Zwölffingerdarm sind eine wichtige Region des Verdauungstraktes. Sie bilden nicht nur eine funktionelle Einheit, sondern gleiche pathogenetische Mechanismen lassen auch gemeinsame Erkrankungen entstehen. Typische Beispiele sind die Schleimhautentzündung und das Geschwürsleiden.
2.1 Anatomie % des Magens liegen im linken Hypochondrium, % im Epigastrium. Nach Aufbau und Funktion werden folgende Regionen unterschieden: Kardia (Mageneingang), Fornix, Fundus, Korpus, Antrum und Pylorus (Magenausgang = Pförtner). An den Magen schließt das Duodenum an, das in Form eines großen C den Pankreaskopf umfaßt. Auch am Duodenum werden verschiedene Abschnitte unterteilt: Die Pars superior (I) verläuft horizontal und ist mit Serosa überzogen. Sie ist Ansatzpunkt für das Lig. hepatoduodenale. Die Pars descendens (II) verläuft senkrecht und ist nur an ihrer Vorderwand von Serosa überzogen. Dorsal mündet in diesen Abschnitt der Ductus choledochus, zusammen mit dem Ductus Wirsungianus (Papilla Vateri). Pars inferior (III), horizontal von rechts nach links verlaufend, mit Übergang in die Pars ascendens (IV). Dieser Abschnitt wird von der A. und V. mesenterica superior überkreuzt. Wir unterscheiden am Magen - Fassungsvermögen ca. 2,5 1 - Vorder- und Hinterwand sowie kleine und große Kurvatur. An der kleinen Kurvatur findet sich am Übergang vom Korpus zum Antrum die Incisura angularis. Die Form wechselt nach Lage, Füllung und Funktion (hypertoner, normotoner, hypotoner und atonischer Magen). Magen und D u o d e n u m haben wichtige Beziehungen zu den Nachbarorganen, ζ. B. zu Zwerchfell, Milz, Bauchspeicheldrüse, Leber und Querkolon, ferner zur Bursa omentalis. Magen und Duodenum sind durch verschiedene Aufhängebänder fixiert: Lig. gastrophrenicum, Lig. gastrolienale, Lig. gastrocolicum, Lig. hepatogastricum, Lig. hepatoduodenale und Treitz-Band an der Flexura duodenojejunalis. Magen und D u o d e n u m haben eine reiche Gefäßversorgung A. gastrica sinistra und A. gastrica dextra an der kleinen Kurvatur, A. gastroepiploica sinistra und dextra an der großen Kurvatur sowie die Aa. gastricae breves. Die Arterien entwickeln ein ausgeprägtes Kollateralnetz, so daß eine einzige große Magenarterie für die Durchblutung ausreicht. Das D u o d e n u m wird von drei Arterien versorgt, A. supraduodenalis, A. pancreaticoduodenalis caudalis, A. pancreaticoduodenalis cranialis. Sie entstammen aus dem Truncus coeliacus und aus der A. mesenterica superior. Das venöse Blut des Magens fließt in die Pfortader über die V. coronaria ventriculi und Vv. gastricae breves im Fundusbereich. Innerviert werden Magen und Duodenum durch den N. sympathicus über den Plexus coeliacus und durch den Parasympathicus über den N. vagus (R. dexter et sinister). Der N. vagus steigert, der N. sympathicus hemmt die Motilität bzw. Sekretion. Das Lymphgefäßsystem ist sehr ausgeprägt. Man unterscheidet 4 Lymphabflußzonen (Abb. 24-20): coeliakal (I), suprapylorisch (II), lienalis (III) und infrapylorisch (IV). Es bestehen Verbindungen zu den Lymphgefäßen des
447
Magen und Duodenum Abb. 24-20 Typische Lymphabflußzonen des Magens (dicke Pfeile) mit den wichtigsten Abweichungen (dünne Pfeile). I Abflußzone der A. gastrica sinistra II Abflußzone der A.gastrica dextra III Abflußzone der A.gastroepiploica destra und A.gastroduodenalis IV Abflußzone der A.lienalis
Ösophagus, femer zur Cystema chyli und zum Ductus thoracicus (wichtig für die Ausbreitung des Magenkarzinoms). Histologisch zeigt der Magen folgenden Aufbau: Mukosa, Muscularis mucosae, Submukosa, Muscularis propria, Subserosa und Serosa. Die Magenschleimhaut ist in Falten angeordnet (an der kleinen Kurvatur kräftige Längsfalten, sonst netzförmige Falten). Sie enthält 4 verschiedene Zelltypen: Hauptzellen (Pepsin und Kathepsin), Beleg- oder Parietalzellen (HCl), Nebenzellen (Schleim), G-Zellen (Gastrinsynthese). Im Duodenum finden sich die sog. Kerckring - Falten mit den Brunner-Drüsen (proteolytische Enzyme, Aktivierung des Pankreassaftes). Die glatte Muskulatur des Magens läßt drei Schichten unterscheiden, die längs, quer und schräg verlaufen. Zum Pylorus hin werden die Muskelzüge immer stärker und bilden schließlich den ringförmigen Pylorusmuskel. Die ausgeprägte motorische Funktion des Magens bedarf dieser kräftig entwickelten Muskulatur.
2.2
Der Magen besitzt eine kräftige Muskulatur, motorische Funktionen wahrzunehmen,
um
Physiologie
Der Magen erfüllt verschiedene Funktionen: Speicherung, Durchmischung, Sekretion, deren komplexes Zusammenwirken nerval und hormonal gesteuert wird. Durchblutung, Motorik und Sekretion werden durch diese Mechanismen bedarfsweise stimuliert oder gehemmt. Fundierte Kenntnisse dieser komplizierten physiologischen und pathophysiologischen Funktionsabläufe sind wichtig.
2.2.1 Motorische Funktionen Die wichtigste Funktion des Magens ist die eines Speisereservoirs. Die kräftige Peristaltik durchmischt die aufgenommene Nahrung mit Magensaft und gibt sie portionsweise in das Duodenum weiter. Eine Steigerung der Peristaltik wird durch den N. vagus und hormonell durch Gastrin und Cholecystokinin, eine H e m m u n g durch den N. sympathicus bzw. Sekretin und Enterogastron bewirkt. Die Regelung erfolgt über Rezeptoren in der Duodenalwand (Säureverhältnisse, Osmolarität, Fettgehalt des Chymus). Die Kardia definiert als Trennlinie zwischen dem Pflasterepithel der Speiseröhre und dem Zylinderepithel der Magenschleimhaut, verhindert - von Erbrechen oder Aufstoßen abgesehen - den Reflux von Mageninhalt in den Ösophagus. Der komplexe Vorgang des Kardiaverschlußmechanismus ist noch nicht bis in alle Einzelheiten geklärt. Bedeutsame Faktoren für den Antirefluxmechanismus sind: His-Winkel (spitzwinklige Einmündung des Ösophagus in den Magen), Zwerchfellzwinge, Laimer-Membran, intraabdomineller Druck, Selbstreinigungsfunktion der Speiseröhre, unterer Ösophagussphinkter (nur funktionell, nicht anatomisch vorhanden). Der Reflux von Duodenalsaft in den Magen wird durch die Kontraktion des Pylorus verhindert.
Weitere Funktionen: - Speicherung, - Durchmischung, - Sekretion, und deren Zusammenwirken.
Motorische Funktion
wichtigste Funktion des Magens als SpeiseDurch Peristaltik Durchmischung der Nahrung mit Magensaft —» Weitergabe an Duodenum.
Kardia verhindert Reflux von Mageninhalt in den Ösophagus. Verhinderung des Refluxes von Duodenalsaft in den Magen durch Kontraktion des Pylo-
448 Sekretorische Funktion: Magenschleimhaut sezerniert in 24 h 1,5-3 I Magensaft, bestehend aus: - Wasser, - Elektrolyten, - Salzsäure, - Enzymen, - Schleimsubstanzen. Stimulation und Hemmung der Sekretion durch nervale und humurale Steuerung. Besondere Bedeutung: Magenschleimhautbarriere: verhindert den Konzentrationsausgleich zwischen saurem Magensaft und alkalischer Schleimhaut (Verhinderung von Autodigestion, Ulkuspathogenese!).
Beurteilung der Sekretionsleistung nach:
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes 2.2.2 Sekretorische Funktion In 24 h sezerniert die Magenschleimhaut ca. 1 , 5 - 3 1 Magensaft, der sich aus Wasser, Elektrolyten, Salzsäure,·Enzymen und Schleimsubstanzen zusammensetzt. Die Salzsäure bzw. Wasserstoffionenproduktion erfolgt in den Belegzellen, von denen der Mensch etwa eine Milliarde besitzt. Die Hauptzellen produzieren proteolytische Fermente (Pepsin I, II und III) und Kathepsin. Diese Proteasen werden durch Salzsäure aktiviert (Pepsin = p H 1 - 2 , Kathepsin = pH 3-5). Stimulation und H e m m u n g der Sekretion werden nerval und humoral gesteuert. Sekretionsstimulation durch den N. vagus, Gastrin, Insulin, chemische Substanzen, Medikamente (ζ. B. Azetylsalizylsäure) Sekretionshemmung durch Sekretin, Bulbogastrone, Enterogastrone, GIP, Anticholinergika. Besondere Bedeutung hat die sog. „Magenschleimhautbarriere" (wichtiger Mukosaschutzfaktor). Sie verhindert den Konzentrationsausgleich zwischen dem stark sauren Milieu des Magensaftes (pH 1 - 2 ) und dem leicht alkalischen Gewebemilieu (pH 7,4) in der Schleimhaut. Ist diese Schranke zerstört, kommt es zu einer Rückdiffusion von Wasserstoffionen in der Magenwand (Autodigestion, wichtig für die Ulkuspathogenese). Die Säureproduktion des Magens ist meßbar. Für die Beurteilung der Sekretionsleistung sind verschiedene Größen zu definieren:
Basalsekretion (BAO = basal acid output) Normalwert 2 - 5 mäq/h HCl Stimulierte Sekretion, ζ. B. nach Pentagastrinreiz (= MAO = maximaler Säureauswurf = maximal acid output) Normalwerte 2 2 - 2 5 m ä q / h HCl Gipfelsekretion (PAO = peak acid output) Da die Gipfelsekretion individuell unterschiedlich ist, verwendet man den rechnerisch ermittelten Begriff des „maximalen Sekretionsvermögen" (MAO = maximal acid output).
Bei Atrophie der Magenschleimhaut: B12-Absorption gestört —* perniziöse Anämie (Fehlen des Intrinsic-Faktors im Magenfundus).
Im Magenfundus wird der Intrinsic-Factor gebildet, der für die Komplexbindung des Vitamin B12 und die damit verbundene Resorption im Ileum wichtig ist. Bei einer Atrophie der Magenschleimhaut oder nach Totalexstirpation des Magens kann die B 12 -Absorption gestört bzw. unmöglich sein. Die Folge ist eine megaloblastäre Anämie (perniziöse Anämie).
Ablauf der Magensekretion: Man unterscheidet 2 Sekretionsformen: 1. interdigestive Phase 2. digestive Phase unterteilt in: - zephale Phase, - vagal-antrale Phase, - antrale Phase, - intestinale Phase, - zephalo-humurale Phase.
2.2.3 Ablauf der Magensekretion
Magensekretion auch durch extragastrale Faktoren beeinflußt: - Hyperkalzämie, - Schilddrüsenhormonausschüttung, - gastrinbildende Tumoren, - Hypokalzämie (Sekretion vermindert).
Hierbei spielt eine Reihe sich gegenseitig beeinflussender Mechanismen eine Rolle. Zwei Sekretionsphasen sind zu unterscheiden: 1. Die interdigestive Phase (Nüchtern- oder Leersekretion) und 2. die digestive Phase (stimulierte Sekretion). Bei der letzteren lassen sich wiederum mehrere Abschnitte abgrenzen: zephale oder psychische Phase (Stimulation der Belegzellen durch den N. vagus), vagal-antrale Phase (Stimulation der Gastrin-Ausschüttung durch den N. vagus), antrale Phase (Gastrin-Stimulation mechanisch und chemisch ausgelöst). Die intestinale Phase beginnt etwa 2 - 3 Stunden nach Nahrungsaufnahme, wenn der Chymus das Jejunum erreicht hat und die Sekretion durch hormonelle Reize ausgelöst wird. Außerdem läßt sich eine zephalohumorale Phase abgrenzen. In Streßsituationen werden Impulse von der Großhirnrinde auf den Hypothalamus übertragen, hypothalamische Hormone stimulieren die Hypophyse, die wiederum ACTH freisetzt, welches die Nebenniere zu einer vermehrten Kortikoidausschüttung anregt. Kortikoide
Magen und Duodenum
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sind ein Säurestimulanz und spielen bei der Entwicklung des Streßulkus möglicherweise eine Rolle. Auch extragastrale Faktoren können die Magensekretion beeinflussen. Eine Steigerung der Säuresekretion findet sich bei Hyperkalzämie (primärer Hyperparathyreoidismus) durch vermehrte Schilddrüsenhormonausschüttung und durch Gastrinbildende Tumoren (Gastrinome, ζ. B. beim Zollinger-Ellison-Syndrom). Bei Hypokalzämie dagegen ist die Säuresekretion vermindert.
2.2.4 Physiologische Aufgaben des Duodenums Im Duodenum werden die Sekrete der Leber (Galle) und des Pankreas (Trypsine, Lipasen, Diastasen) mit dem Chymus vermischt. Auch das alkalische, schleimhaltige Sekret der Brunner-Drüsen und ebenso die Produktion des Hormons Sekretin haben wichtige Aufgaben im Verdauungsprozeß (Magen- und Gallenblasenentleerung, Sekretabgabe des Pankreas). Das mit der Nahrung aufgenommene Eisen wird größtenteils im Duodenum resorbiert.
2.3 Spezielle Untersuchungsmethoden
Aufgaben des Duodenums: Vermischung der Sekrete von - Leber (Galle), - Pankreas (Trypsine, Lipasen, Diastasen) mit dem Chymus. - Resorption des aufgenommenen Eisens größtenteils im Duodenum.
Spezielle Untersuchungsmethoden
2.3.1 Anamnese Sorgfältige und gezielte Erhebung der Anamnese ist unerläßlich. Sie liefert wichtige Anhaltspunkte für mögliche Magen-Duodenalerkrankungen. Folgende Fragen sind von Bedeutung:
• Sind die Beschwerden von der Nahrungsaufnahme abhängig, ζ. B. Nüchtern- oder postprandialer Schmerz? • Lassen die Beschwerden eine zeitabhängige Charakteristik erkennen, ζ. Β. Schmerzen am Tag, in der Nacht, Frühjahr, Herbst? • Welchen Charakter haben die Schmerzen, kolikartig, intermittierend, andauernd, ausstrahlend in magenferne Regionen? • Treten die Beschwerden bei bestimmten Speisen auf, ζ. B. nach stark gewürzten Speisen, kalten Getränken, nach Alkoholgenuß?
Neben dem Schmerz sind folgende Symptome bei Magenerkrankungen wichtig: Übelkeit, Erbrechen, Druck- und Völlegefühl, Aufstoßen, Sodbrennen, Gewichtsverlust, Leistungsknick.
2.3.2 Bildgebende Untersuchungsverfahren Wichtig ist die Röntgenkontrastdarstellung (Prallfüllung und Doppelkontrast zur Schleimhautbeurteilung) mit Bariumsulfat oder wasserlöslichen Kontrastmitteln (Gastrografin). Mit diesen Methoden können Ulzera, Tumoren, Divertikel, Passagebehinderungen an Kardia und Pylorus nachgewiesen werden. Bei Verdacht auf Perforation oder Nahtinsuffizienz nur wasserlösliches Kontrastmittel verwenden! Die selektive Angiographie der Magenarterien dient vor allem zum Nachweis unklarer Blutungsquellen. Mit Hilfe der Computertomographie läßt sich die Ausbreitung eines Magenkarzinoms in Nachbarorgane, insbesondere eine Metastasierung in regionäre Lymphknotengruppen, beurteilen. Auch die Sonographie dient dem Nachweis von Metastasen und Tumorinfiltration in Nachbarorgane.
2.3.3 Gastroduodenoskopie Mit flexiblen Fiberglasoptiken können die Schleimhaut des Magens und Duodenums direkt beurteilt und Gewebeproben gezielt entnommen werden. • Beachte: Die negative Biopsie schließt einen malignen Prozeß nie aus! Die Endoskopie hat eine vergleichbare Treffsicherheit zur Röntgenuntersu-
Anamnese: folgende Fragen sind von Bedeutung
Ferner folgende Symptome: - Übelkeit, - Erbrechen, - Druck- und Völlegefühl, - Aufstoßen, - Sodbrennen, - Gewichtsverlust, - Leistungsknick. Bildgebende Untersuchungsverfahren: Röntgenkontrastdarstellung mit Nachweis von: Ulzera, Tumoren, Divertikel, Passagebehinderung an Kardia und Pylorus. Cave: bei Perforation oder Nahtinsuffizienz nur wasserlösliche Kontrastmittel verwenden! Selektive Angiographie: Nachweis unklarer Blutungsquellen. Computertomographie: Ausbreitung und Metastasierung von Magenkarzinom (auch durch Sonographie) nachweisbar. Gastroduodenoskopie: Beurteilung der Schleimhaut von Magen und Duodenum, ferner Gewebeprobenentnahme. Beachte: negative Biopsie schließt malignen Prozeß nicht aus!
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
450 Ferner: - Diagnose des Magenfrühkarzinoms, - Erkennung von Blutungen (Notfall), - Unterspritzung von blutenden Gefäßen, - Entfernen von Fremdkörpern, - Einbringen von Endoprothesen.
chung. Für die Diagnose des Magenfrühkarzinoms ist sie noch zuverlässiger. Die notfallmäßige Ösophagogastroskopie dient der Erkennung von Blutungen im oberen Gastrointestinaltrakt. Gleichzeitig kann ein blutendes Gefäß mit sklerosierenden Substanzen unterspritzt werden. Fremdkörper können mit ihr entfernt und Endoprothesen bei malignen Tumorstenosen eingebracht werden. Komplikationen (Aspirationen, instrumentelle Perforationen und Blutungen) sind selten ( < 1 % ) . Vor einer Gastroduodenoskopie sollten eventuelle Blutgerinnungsstörungen (Quick-Test, PTT) abgeklärt sein.
Sekretionsanalysen: Stimulation der Säuresekretion —* Rückschluß auf Zahl funktionstüchtiger Belegzellen. Anwendungsbereiche: - Zollinger-Ellison-Syndrom, - Verdacht auf Achlorhydrie, - hyperchrome Anämie, - Beurteilung der Säurereduktion nach Vagotomie. Kontraindiziert bei Ulzera mit Blutungsgefahr.
2.3.4 Sekretionsanalysen
Verfahren: - Pentagastrin-Test, - Insulin-Test.
Pentagastrin-Test Basalsekretion: 1. Absaugung des Magensaftes alle 15 min 2. Stimulierung der Magensäuresekretion durch subkutane Pentagastrin-Gabe ^ Absaugung des Magensaftes alle 15 min (über 1 h) —»Quantitative Bestimmung der Säure: normal 3 - 5 mäq/l/h. Bei Ulcus duodeni, Zollinger-Ellison-Syndrom: Basalsekretion erhöht.
Von diagnostischer Bedeutung ist ferner die Gipfelsekretion (PAO): Addition der höchsten aufeinanderfolgenden HCI-Mengen in 1 h und Multiplikation mit 2. Diagnostischer Wert der PAO: Achlorhydrie: vagaler Reiz bei Abfall des Blutzuckers unter 40 mg%. Komplette Vagotomie liegt vor, wenn nach 10. postoperativen Tag Säuresekretion nicht >20 mäq/l.
Die Säurebestimmung im Magensaft dient vor allem der quantitativen Erfassung der Sekretion. Die nach Stimulation gebildete Säuremenge erlaubt einen Rückschluß auf die Anzahl funktionstüchtiger Belegzellen (1 Milliarde Belegzellen produzieren in 1 Stunde 20 mäq Wasserstoffionen). Die Sekretionsanalyse ist bei folgender Fragestellung indiziert: - extragastrale Säurestimulation beim Zollinger-Ellison-Syndrom, - Verdacht auf Achlorhydrie bei hyperchromer Anämie, - Beurteilung des therapeutischen Effekts einer operativen Säurereduktion, ζ. B. nach Vagotomie. Bei frischen Ulzera mit Blutungsgefahr ist die Sekretionsanalyse kontraindiziert. Am gebräuchlichsten sind der Pentagastrin- und der Insulintest.
2.3.4.1 Pentagastrin-Test Beim nüchternen Patienten wird eine nasogastrale Magensonde (röntgenologisch kontrolliert) eingelegt. Er liegt seitlich. Sekretionshemmende oder fordernde Medikamente müssen abgesetzt sein. Zunächst Bestimmung der Basalsekretion: Das Nüchternsekret wird abgesaugt und verworfen. Dann wird in 15minütigen Abständen über eine Stunde der jeweils produzierte Magensaft abgesaugt. Im zweiten Teil der Analyse wird die Magensäuresekretion durch subkutane Pentagastrin-Gabe (Gastrodiagnost 6 μg/kg KG) stimuliert und wiederum der Magensaft in 15minütigen Abständen über eine Stunde hin entnommen. Die Säure wird durch Titration quantitativ bestimmt. Folgende Sekretionswerte werden festgehalten: Basalsekretion (BAO): ergibt sich aus der Addition der 4 15-MinutenWerte, normal 3 - 5 mäq/l/h. Die Werte sind erhöht beim Ulcus duodeni und beim Zollinger-Ellison-Syndrom. Die maximale stimulierte Sekretion MAO): entspricht der in einer Stunde nach Stimulation gemessenen Säuremenge. Der Wert ist durch eine individuelle, zeitlich unterschiedliche Reaktion auf den Stimulationsreiz ungenau. Zweckmäßiger ist die Bestimmung der Gipfelsekretion (PAO). Die beiden höchsten, aufeinanderfolgenden HCI-Mengen in 1 Stunde werden addiert und mit 2 multipliziert. Dieser Wert gibt dann die theoretisch maximale Wasserstoffionenproduktion wieder. Diagnostischer Wert: Im Alter und bei chronischer Gastritis ist die Belegzellenmasse reduziert. Aus der Sekretionsanalyse sind Rückschlüsse auf das Vorliegen eines malignen Tumors nicht möglich. Folgende Begriffe sind wichtig: Achlorhydrie = 3 0 m ä q HCl/h PAO.
2.3.4.2 Insulin-Test Der Insulintest dient zur Sekretionskontrolle nach Vagotomie. Er darf nur unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden und ist bei Patienten über 65 Jahren oder mit Diabetes, Epilepsie, Koronarinsuffizienz kontraindiziert. Alt-Insulin bewirkt eine vagale Stimulation (Dosierung: 0,2 I.E./kg KG). Der Magensaft wird über 2 h in 15minütigen Abständen gewonnen. Gleichzeitig Blutzuckerbestimmung ca. 30 min nach Insulin-Injektion. Ein vagaler Reiz tritt nur auf, wenn der Blutzucker unter 40 mg% abfällt. Die Vagotomie ist
Magen und Duodenum komplett, wenn nach dem 10. postoperativen Tag die Säuresekretion nicht über 20 mäq/1 ansteigt.
2.3.4.3 Gastrin-Bestimmung Sie erfolgt mit Radioimmun-Assays. • Deutlich erhöhte Werte finden sich bei Gastrin-produzierenden Tumoren (Gastrinome). Wichtigste Indikation zur Gastrin-Bestimmung sind rezidivierende Ulzera und Rezidivulzera nach Vagotomie oder Magenresektion.
451 Kontraindiziert bei: Alter über 65 Jahren, Diabetes, Koronarinsuffizienz. Gastrin-Bestimmung: durch Radioimmun-Assays. Erhöhte Werte bei Gastrin-produzierenden Tumoren.
2.4 Erkrankungen des Magens und Duodenums
Erkrankungen des Magens und Duodenums
2.4.1 Gastritis
Gastritis Sicherung der Diagnose durch Endoskopie und Biopsie.
Die Diagnose „Gastritis" kann nur durch Endoskopie und Biopsie gesichert werden. Die Röntgenuntersuchung ist unzuverlässig. Die Gastritis tritt in verschiedenen Formen auf, von denen einige auch chirurgisch wichtig sind.
2.4.1.1 Akute Gastritis Akute, diffuse Schleimhautentzündung durch chemische Reize (Alkohol, Medikamente, ζ. B. Salizylate, Nahrungsmitteltoxine) oder durch eiskalte Getränke hervorgerufen. Symptome: Heftige Oberbauchschmerzen, besonders nach Nahrungsaufnahme (wichtig für die Differentialdiagnose Appendizitis, Cholezystitis, Herzinfarkt), Druck- und Völlegefühl, Erbrechen, Übelkeit, Inappetenz. Therapie: Nahrungskarenz bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr, Ausschaltung der Noxe, bei heftigen Schmerzen Spasmolytika, Antazida.
2.4.1.2 Akute erosive Gastritis In der Magenschleimhaut finden sich kleine rundliche oder längliche Schleimhautdefekte (Erosionen), die im Gegensatz zum Ulkus die Muscularis mucusae nicht durchbrechen. Gefährlich ist die massive Blutung (hämorrhagische Gastritis) (s. auch S.556). Die erosive Gastritis tritt als Komplikation schwerer Erkrankungen auf (Streß bei Intensivtherapiepatienten, nach großen Operationen, Polytraumen, Verbrennungen, Sepsis). Weitere Ursachen sind Alkohol, Salizylate, Phenylbutazon. Im Vordergrund der klinischen Symptomatik steht die Blutung (Hämatemesis, Melaena, Schock). Die Diagnose wird durch Endoskopie gestellt. Therapie: Vorwiegend konservativ mit Cimetidine, Antazida, Sekretin, Somatostatin, Eiswasserspülungen, endoskopische Verschorfung und Unterspritzung, Laserkoagulation. Nur selten operativ. Vagotomie, Umstechung, Teilresektion des Magens, in Extremsituationen auch Gastrektomie.
2.4.1.3 Phlegmonöse Gastritis Oberflächliche oder tiefere Defekte in der Magenwand (durch Verätzungen, nach Magenoperationen, bei abwehrgeschwächten Patienten) werden bakteriell kontaminiert. Die Entzündung breitet sich flächenhaft in der Magenwand aus. Gefahr der Durchwanderungsperitonitis und Perforation. Klinik: septische Temperaturen, Erbrechen, Oberbauchschmerzen, Abwehrspannung. Therapie: Antibiotika hochdosiert, Nahrungskarenz, bei Perforation und Peritonitis Operation.
Akute Gastritis: akute, diffuse Schleimhautentzündung durch chemische Reize oder eiskalte Getränke. Symptome: heftige Oberbauchschmerzen nach Nahrungsaufnahme, Druck- und Völlegefühl, Erbrechen, Übelkeit, Inappetenz. Therapie: Nahrungskarenz (bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr), Ausschaltung der Noxe, evtl. Spasmolytika, Antazida. Akute erosive Gastritis: Auftreten als Komplikation schwerer Erkrankungen: Streß bei Intensivtherapiepatienten, nach großen Operationen, Polytraumen, Verbrennungen, Sepsis. Weitere Ursachen: Alkohol, Salizylate, Phenylbutazon. Beherrschendes Symptom: massive Blutung. Diagnose durch Endoskopie. Therapie: konservativ: Cimetidine, Antazida, Sekretin, Somatostatin, Eiswasserspülung, endoskopische Unterspritzung, Laserkoagulation Operativ: selten, Vagotomie, Umstechung, Teilresektion des Magens, Extremfall: Gastrektomie. Phlegmonöse Gastritis Defekte in der Magenwand, bakteriell kontaminiert. Gefahr der Durchwanderungsperitonitis und Perforation. Symptome: septische Temperaturen, Erbrechen, Oberbauchschmerzen, Abwehrspannung. Therapie: hochdosierte Antibiotika, Nahrungskarenz bei Perforation und Peritonitisoperation.
452 Postoperative Refluxgastritis Reflux von alkalischem Duodenalsaft in den Magen mit Schleimhautschädigung.
Symptome: oft symptomlos, manchmal Gallenerbrechen, Völlegefühl. Diagnose: Endoskopie mit Biopsie. Therapie: konservativ: Absorption schleimhauttoxischer Substanzen. Operativ: Umwandlung von Billroth II in Billroth I mit Jejunuminterposition oder RouxAnastomosierung. Chronisch atrophische Gastritis irreversible Entzündung mit Atrophie der Magenschleimhaut. Folge: Hypochlorhydrie, Achlorhydrie. Verminderte Produktion von Intrinsic-Factor {perniziöse Anämie!). Krebsrisikoerkrankung.
Symptome, Diagnose, Therapie
Gastroduodenale Ulkuskrankheit Epidemiologie
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes 2.4.1.4 Postoperative Refluxgastritis Nach Magenresektionen (Billroth I, Billroth II) oder Pyloroplastik und Vagotomie kommt es zu einem Reflux von alkalischem Duodenalsaft in den Magen, der zu einer Schleimhautschädigung führen kann. Ätiologische Zusammenhänge mit der Karzinomentwicklung im operierten Magen werden diskutiert. Klinik: Meist symptomlos, bisweilen Galleerbrechen, postprandiales Völlegefühl. Diagnose: Endoskopie mit Biopsie. Therapie: Absorption schleimhauttoxischer Substanzen, ζ. B. durch Magnesiumpräparate. Operativ: Umwandlung des Billroth II in Billroth I mit Jejunuminterposition oder Roux-Anastomosierung.
2.4.1.5 Chronisch atrophische Gastritis Unspezifische, meist diffuse und irreversible Entzündung mit Atrophie der Magenschleimhaut. Sie führt zur Hypo- bzw. Achlorhydrie. Typisch ist die verminderte Produktion des Intrinsic-Factors (perniziöse Anämie!). Die atrophische Gastritis wird als Krebsrisikoerkrankung diskutiert. Histologisch finden sich Dysplasien unterschiedlichen Grades, tritt vorwiegend bei alten Menschen (Autoimmunerkrankung?) oder als Spätform der Refluxgastritis auf.
Symptome: Völlegefühl, Druck im Oberbauch, Inappetenz, Sodbrennen, Nahrungsunverträglichkeit, perniziöse Anämie. Diagnose: Sekretionsanalysen, Gastrobiopsie. Therapie: Symptomatisch, Diät, kleine Mahlzeiten, HCl-Präparate, regelmäßige endoskopische Kontrolle wegen Krebsgefahr.
2.4.2 Gastroduodenale Ulkuskrankheit 2.4.2.1 Epidemiologie Etwa jeder 10. erwachsene Bundesbürger erkrankt im Laufe seines Lebens an einem gastroduodenalen Ulkus, Männer häufiger als Frauen. Das Ulcus duodeni ist etwa doppelt so häufig wie das Ulcus ventriculi, letzteres dagegen eindeutig gefährlicher. Die Gesamtmortalität ist von 1952-1978 von 7,0 auf 6,2 Todesfälle pro 100000 Einwohner und Jahr leicht abgefallen. Die Arbeitsunfähigkeitsfälle haben von 10,2 auf 14,2 von 1000 AOK-Versicherten zugenommen, die Krankenhausbehandlungsfälle von 3,5 auf 2,6 abgenommen.
2.4.2.2 Pathogenese 2.4.2.2.1 Ulcus ventriculi Unsere Kenntnisse sind noch lückenhaft. Es gibt eine ganze Reihe von Einzelfaktoren, die störend in das Gleichgewicht zwischen aggressiven und defensiven Komponenten eingreifen können und schließlich zur Ulkusentwicklung führen. Fünf pathogenetische Prinzipien werden diskutiert, ohne daß ihre Wirkung bewiesen wäre:
Ulcus ventriculi man diskutiert 5 pathogenetische Prinzipien des Ulcus ventriculi
=»
• Prinzip I = Magensäure: Sie spielt für die Ätiologie des Ulcus ventriculi keine Rolle, muß jedoch als permissiver Faktor gewertet werden. Das Prinzip „ohne Säure kein Ulkus" gilt nicht für das Magengeschwür.
453
Magen und Duodenum • Prinzip II = Magenschleim - Schleimhautbarriere - Riickdiffusion von Säure: Der M a g e n s c h l e i m wird zwar als S c h u t z f a k t o r angesehen, ist j e d o c h in dieser F u n k t i o n f ü r die U l k u s p a t h o g e n e s e n o c h nicht gesichert e b e n s o wie die S c h l e i m h a u t s c h ä d i g u n g d u r c h verstärkte Säurerückdiffusion. • Prinzip III - Gallenreflux - Pylorusinsuffizienz - chronische Gastritis: Bei P a t i e n t e n mit Ulcus ventriculi wird häufiger als bei G e s u n d e n ein R e f l u x von G a l l e u n d Lysolecithin in d e n M a g e n g e f u n d e n , der eine c h r o n i s c h e Gastritis e n t s t e h e n läßt. A u c h dieses Prinzip ist nicht u n widersprochen. • Prinzip IV = gastrale Stase nach Dragstedt: Gestörte M a g e n e n t l e e r u n g f ü h r t z u r H y p e r g a s t r i n ä m i e u n d Hyperazidität. • Prinzip V = Medikamente und andere exogene Noxen: H i e r z u zählen: Kortikosteroide, Salizylate, P h e n y l b u t a z o n usw., ferner konzentrierter Alkohol u n d N i k o t i n a b u s u s .
A l l g e m e i n k a n n festgehalten werden: E i n e S c h w ä c h u n g der S c h u t z f a k t o r e n (Ischämie, v e r m i n d e r t e S c h l e i m b i l d u n g oder gestörte Zellregeneration) oder V e r s t ä r k u n g der aggressiven F a k t o r e n (HCl, G a l l e n s ä u r e n , Pepsin, exogene N o x e n ) stören das notwendige Gleichgewicht in R i c h t u n g auf eine Schleimhautschädigung.
Daraus ergibt sich: Schwächung der Schutzfaktoren oder Verstärkung der aggressiven Faktoren —* Störung des Gleichgewichtes —* Schleimhautschädigung.
2.4.2.2.2 Ulcus duodeni
Ulcus duodeni Entstehung durch 3 pathogenetische Prinzipien:
N a c h h e u t i g e n Vorstellungen b e r u h t die E n t s t e h u n g eines U l c u s d u o d e n i auf drei p a t h o g e n e t i s c h e n Prinzipien:
Prinzip I = zu hohe Säure und Pepsin-Konzentration, Prinzip II = verminderte Resistenz der Duodenalschleimhaut gegen die aggressiven Faktoren, Prinzip III = Störungen des ZNS, das die M a g e n s ä u r e s e k r e t i o n sowohl s t i m u l i e r e n als a u c h h e m m e n k a n n (Streßsituationen!).
2.4.2.3 Pathologische Anatomie G e s c h w ü r e sind Defekte der M a g e n - oder D u o d e n a l s c h l e i m h a u t , die d u r c h die M u s c u l a r i s m u c o s a e h i n d u r c h bis in die S u b m u k o s a reichen. I m G e g e n satz dazu sind Erosionen flach u n d auf die S c h l e i m h a u t beschränkt. Die Ulzera k ö n n e n linsen- bis handtellergroß sein, m u l t i p e l v o r k o m m e n u n d bei l ä n g e r e m B e s t e h e n zu N a r b e n r e a k t i o n e n f ü h r e n (kallöses Ulkus). Die G e schwüre sind v o r n e h m l i c h an der kleinen Kurvatur, in M a g e n m i t t e oder präpylorisch lokalisiert. I m D u o d e n u m f i n d e n sie sich dicht u n t e r h a l b des Pylorus, oft s y m m e t r i s c h an der Vorder- u n d H i n t e r w a n d . Ein abgeheiltes U l k u s hinterläßt eine strahlenförmige Narbe. M a n u n t e r s c h e i d e t akute u n d chronische G e s c h w ü r e .
2.4.2.3.1 Akutes Ulkus • Streßulkus: E n t s t e h t bei I n t e n s i v t h e r a p i e p a t i e n t e n (Polytrauma, H i r n o p e r a t i o n e n , Sepsis, Schock, große Thorax-, G e f ä ß - u n d A b d o m i n a l e i n g r i f f e ) . Wichtigster p a t h o g e n e t i s c h e r F a k t o r ist wahrscheinlich eine S c h l e i m h a u t i s c h ä m i e , u n t e r s t ü t z t d u r c h R ü c k f l u ß von G a l l e n s ä u r e n u n d Lysolecithin. • Exulceratio simplex ( U l c u s Dieulafoy): O b e r f l ä c h l i c h e Läsion im p r o x i m a l e n M a g e n , entsteht d u r c h Arrosion einer schlingenförmig
Erscheinungsbild: Defekte der Magen- und Duodenalschleimhaut, die bis in die Submukosa reichen. Bei längerem Bestehen —» Narbenreaktion.
Man unterscheidet akute und chronische Geschwüre. Akutes Ulkus
454
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes submukös verlaufenden Arterie. Leitsymptom ist die massive Blutung. • Cushing-Ulkus: Entsteht nach Hirnoperationen, Schädeltraumen oder bei Hirntumoren durch eine zentral ausgelöste Sekretstimulation der Magenschleimhaut. • Medikamentenulkus: Ausgelöst durch Azetylsalizylsäure, Phenylbutazon, Indometacin, Zytostatika.
Erscheinungsbild:
plötzliches Auftreten, foudroyante Symptomatik mit Blutung oder Perforation Chronisches Ulkus
häufigste Form. Man unterscheidet 4 Typen (Abb. 24-21). Ulcus ventriculi Typ I: Lokalisation: kleine Kurvatur und Hinterwand des proximalen Magens. Immer von Gastritis begleitet. Meist bei alten Menschen auftretend. Schwierige Differentialdiagnose gegenüber Magenkarzinom —»Sicherung durch Gastrobiopsien.
Typisch für alle akuten Ulzerationen ist ihr plötzliches Auftreten und ihre foudroyante Symptomatik mit starker Blutung oder Perforation.
2.4.2.3.2 Chronisches Ulkus Es ist am häufigsten. Johnson unterscheidet 4 Typen: hochsitzendes Ulcus ventriculi (Typ I), pylorusnahes Ulcus ventriculi (Typ III), kombiniertes Ulkus (Typ II) und das Ulcus duodeni (Abb. 24-21).
Abb.24-21 Ulcus ventriculi: verschiedene Ulkustypen nach Johnson Ulcus ventriculi Typ III: präpylorische Lokalisation. Häufig Hypersekretion. Ulcus ventriculi Typ II: gleichzeitiges Magen- und Zwölffingerdarmgeschwür. Vermehrte Gastrin-Freisetzung mit Hypersekretion.
Ulcus duodeni: Lokalisation vorwiegend im Bulbus duodeni. Durch Narbenbildung Pylorusstenose. Begünstigende Faktoren: hastiges Essen, chemische Noxen, Medikamente, Koffein, Nikotin, psychische Belastungen.
Bei Zollinger-Ellison-Syndrom: erhöhte Gastrin-Spiegel.
Ulcus ventriculi (Typ I): Lokalisation kleine Kurvatur und Hinterwand des proximalen Magens. Immer von einer Gastritis begleitet. Nur geringe Säurebildung. Ursächlich werden ein vermehrter Gallereflux und eine Störung der Mikrozirkulation sowie Veränderungen der Magenschleimhautbarriere diskutiert. Meist bei alten Menschen auftretend. Schwierige Differentialdiagnose gegenüber dem Magenkarzinom. Wichtige Regel: ein chronisch persistierendes Ulcus ventriculi gilt solange als Karzinom, bis durch wiederholte Gastrobiopsien das Gegenteil bewiesen ist. Ulcus ventriculi (Typ III): Die präpylorische Lokalisation läßt an pathogenetische Zusammenhänge mit dem Ulcus duodeni denken. Häufig findet sich eine Hypersekretion. Ulcus ventriculi (Typ II): Bei etwa 20 % der Ulkuskranken wird gleichzeitig ein Magen- und Zwölffingerdarmgeschwür festgestellt. Folgende Pathogenese wird diskutiert: primär entsteht ein Ulcus duodeni. Durch Stenosierung des Pylorus kommt es zur Entleerungsbehinderung aus dem Magen mit Stase und Ektasie. Hierdurch vermehrte Gastrin-Freisetzung mit entsprechender Hypersekretion (Stase-Theorie nach Dragstedt). Ulcus duodeni: Es ist etwa 3- bis 4mal so häufig wie das Magengeschwür und vorwiegend im Bulbus duodeni lokalisiert. Durch Narbenbildung entsteht evtl. eine Pylorusstenose. • Wichtiges pathogenetisches Prinzip ist die Hyperazidität (Vagotonus, Vermehrung der Belegzellen, zu rasche Magenentleerung). Begünstigende Faktoren sind hastiges Essen, chemische Noxen, Medikamente, Koffein, Nikotin, psychische Belastungen. Extragastrale ulzerogene Faktoren, wie ζ. B. das Zollinger-Ellison-Syndrom (antrale G-Zellüberfunktion;) können zu einer Sekretionssteigerung der Ma-
455
M a g e n und Duodenum genschleimhaut fuhren. Man findet in diesen Fällen erhöhte Gastrin-Spiegel. Eine gehäufte Geschwürentwicklung wird beobachtet bei Leberzirrhose (hepatogenes Ulkus), Lungentuberkulose, nach portokavalen Anastomosen, Immunsuppression, Tumoren des Hypophysenvorderlappens (ζ. B. Akromegalie), Hyperparathyreoidismus, Morbus Cushing. 2.4.2.4 Klinik der Ulkuskrankheit Anamnese: Die geklagten Beschwerden sind meist untypisch und können durch verschiedenartige Oberbaucherkrankungen verursacht sein. Neben Druck und Völlegefühl, Aufstoßen, Übelkeit und gelegentlichem Erbrechen werden vor allem Schmerzen im Epigastrium angegeben. Wir unterscheiden:
• Frühschmerz: bis 1 h nach dem Essen. • Spätschmerz (typisch für Ulcus ventriculi): 1 - 3 Stunden postprandial. • Nüchternschmerz: nachts auftretend und durch hyperazide interdigestive Sekretion bedingt (typisch für Ulcus duodeni). Der Nüchternschmerz verschwindet, wenn der Patient etwas ißt. • Dauerschmerz: meist Zeichen der Ulkuspenetration (ζ. B. ins Pankreas), oft in den Rücken ausstrahlend.
Gehäufte Geschwürentwicklung bei: - Leberzirrhose, - Lungentuberkulose, - nach portokavalen Anastomosen, - Immunsuppression, - Tumoren des Hypophysenvorderlappens, - Hyperparathyreoidismus, - Morbus Cushing. Klinik der Ulkuskrankheit Anamnese: Druck, Völlegefühl, Aufstoßen, Übelkeit, evtl. Erbrechen.
Schmerzarten
Für das Ulcus duodeni ist der periodische Verlauf mit Exazerbation der Beschwerden im Frühjahr und Herbst typisch. Beim hochsitzenden Ulcus ventriculi sind die Beschwerden im Vergleich zur Größe des Geschwürs oft gering. Kallöse Ulzera des Magens werden nicht selten zufällig entdeckt. Diagnostik: Wichtige Hinweise liefert die Anamnese. Bei der Untersuchung des Abdomens Druckschmerz im Epigastrium (Ulcus ventriculi) und rechts neben dem Nabel (Ulcus duodeni). Röntgenuntersuchung und Endoskopie ergänzen sich.
Typisches Zeichen für Ulcus duodeni: periodischer Verlauf.
Typische Röntgenzeichen sind (Abb. 24-22): Kontrastmittelnische oder -depot (an der Vorder- oder Hinterwand gelegenes Ulkus) mit strahlenförmig darauf zulaufenden Schleimhautfalten. Peristaltikhemmung, Spasmen an der gegenüberliegenden Magenwand („Ulkusfinger"), Deformierung des Bulbus duodeni, Pylorusstenose und Magendilatation. Die Endoskopie erlaubt gleichzeitig die bioptische Sicherung und den Karzinomausschluß und die Erkennung von Erosionen und Blutungen.
Typische Röntgenzeichen: (Abb. 24-22) - Kontrastmittelnische oder -depot, strahlenförmig darauf zulaufende Schleimhautfalten, - Peristaltikhemmung, - Spasmen an der gegenüberliegenden Magenwand (Ulkusfinger) - Deformierung des Bulbus duodeni, - Pylorusstenose, - Magendilatation.
Abb.24-22 Röntgendarstellung eines großen kallösen Ulcus ventriculi an der kleinen Kurvatur, korrespondierend an der großen Kurvatur Einziehung der Magenwand, sog. „Ulkusfinger"
Diagnostik: Druckschmerz im Epigastrium (Ulcus ventriculi), Druckschmerz rechts neben dem Nabel (Ulcus duodeni).
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
456 Komplikationen des gastroduodenalen Ulkus: Perforation/Penetration, Blutung, Pylorusstenose, maligne Entartung. Klinik: - plötzlicher, messerstichartiger Schmerz im Oberbauch, - Ausstrahlung in die linke Schulter (Ulcus ventriculi) bzw. in den rechten Unterbauch (Ulcus duodeni), —» beschwerdefreies Intervall —»zunehmende Peritonitis: - brettharte Abwehrspannung, - kahnförmig eingezogenes Abdomen, - Blässe, - Schweißausbruch, - halonierte Augen. Später: - Meteorismus, - Tachykardie, - Totenstille im Abdomen, - Fieber, - Schocksymptome.
2.4.2.5 Komplikationen des gastroduodenalen Ulkus Folgende Komplikationsmöglichkeiten bestehen: Perforation und Penetration, Blutung, Pylorusstenose, maligne Entartung.
2.4.2.5.1 Perforation/Penetration Wir unterscheiden die freie und gedeckte (Abdeckung des durchgebrochenen Geschwürs durch benachbarte Organe, wie Pankreas, Leber, Mesokolon usw.) Perforation. Es entsteht eine diffuse oder lokale Peritonitis, deren Intensität von der bakteriziden Wirkung des sauren Magensaftes abhängt. Das klinische Bild verläuft entsprechend stürmisch: plötzlicher, messerstichartiger Schmerz im Oberbauch mit Ausstrahlung in die linke Schulter (Ulcus ventriculi) oder in den rechten Unterbauch (Ulcus duodeni). Danach zunächst beschwerdefreies Intervall, schließlich aber Zeichen der zunehmenden Peritonitis: „brettharte Abwehrspannung", kahnförmig eingezogenes Abdomen, Blässe (Vasokonstriktion), Schweißausbruch, halonierte Augen. Später zeigen sich Meteorismus, Tachykardie, „Totenstille im Abdomen", Fieber, Schocksymptome.
Abb. 24-23 Seitliche Röntgenübersicht im Stehen bei perforiertem Ulcus duodeni; breite Luftsichel unter dem Zwerchfell beiderseits (durch Pfeile markiert) Diagnostik: Anamnese, brettharte Abwehrspannung. Röntgen: freie Luft unter Zwerchfell, evtl. Gastrog rafinschluck. Differentialdiagnose beachten!
Therapie: Schmerz und Schockbekämpfung, schnellste Operation (s. S. 458). Operationsletalität: 2 - 1 0 %
Diagnostik: typische Anamnese, brettharte Abwehrspannung, röntgenologisch freie Luft unter dem Zwerchfell (in ca. 75 %) (Abb. 24-23), evtl. zeigt ein Gastrografinschluck den Austritt des Kontrastmittels. Differentialdiagnostik: Abzugrenzen sind: akute Pankreatitis, akute Cholezystitis, Appendizitis, Boerhaave-Syndrom, Hinterwandinfarkt. Bei Penetration eines Geschwürs in benachbarte Organe (Pankreas, Leber, Kolon usw.) sind die Symptome weniger stürmisch. Es bestehen jedoch Schmerzen und laborchemisch oft Zeichen einer Pankreatitis. Die Penetration ins Kolon kann eine gastrokolische Fistel entstehen lassen. Therapie: Zunächst Schmerz- und Schockbekämpfung, dann schnellstmögliche Operation (s. Verfahrenswahl in der Ulkus-Chirurgie, S. 458). Die Letalität der Ulkusperforation ist abhängig vom Zeitintervall zwischen Perforationsereignis und Operation, im Durchschnitt liegt sie bei 2 - 1 0 % . 2 . 4 . 2 . 5 . 2 B l u t u n g (s. Kapitel XXIV./7. Gastro-intestinale Blutung).
Stenose am Magenausgang oder in Magenmitte. Folgen:
2.4.2.5.3 Stenose Induration und narbige Schrumpfung im Geschwürbereich führen zu Stenosen am Magenausgang ( = Pylorusstenose beim Ulcus duodeni) oder zu Sand-
Magen und Duodenum
457
u h r s t e n o s e n in M a g e n m i t t e (bei Ulcus ventriculi). Diese lösen erhebliche pathophysiologische S t ö r u n g e n aus: M a g e n w a n d h y p e r t r o p h i e u n d Dilatation, schwallartiges E r b r e c h e n m i t erh e b l i c h e n Wasser- u n d Elektrolytverlusten ( h y p o c h l o r ä m i s c h e Alkalose), N i e r e n i n s u f f i z i e n z (Kreatinin-Anstieg), Kachexie, t e t a n i s c h e K r ä m p f e (Kalziumverluste), H e r z r h y t h m u s s t ö r u n g e n ( K a l i u m m a n g e l ) . W i r u n t e r s c h e i d e n zwischen der kompensierten und dekompensierten Pylorusstenose m i t ausgeprägten pathophysiologischen A u s w i r k u n g e n . D i a g n o s e : typische A n a m n e s e (Erbrechen), röntgenologisch sichtbare Stenose m i t sackartiger M a g e n d i l a t a t i o n , in Ext r e m f ä l l e n sog. „ O c h s e n m a g e n " (Abb. 24-24). Therapie: z u n ä c h s t Ausgleich der Stoffwechselstörungen ( I n f u s i o n s t h e r a p i e , parenterale E n e r g i e z u f u h r u n t e r Kontrolle des ZVD), M a g e n s p ü l u n g , Operation erst, w e n n die pathophysiologischen S t ö r u n g e n ausgeglichen sind (Verfahrenswahl s. S. 458).
- Magenwandhypertrophie, - Dilatation, - schwallartiges Erbrechen, - Niereninsuffizienz, - Kachexie, - tetanische Krämpfe, - Herzrhythmusstörungen, - (verursacht hypochlorämische Elektrolytverluste) durch Alkalose. Diagnose: Röntgen: sichtbare Stenose mit sackartiger Magendilatation (manchmal „Ochsenmagen"). Therapie: - Infusionstherapie, - parenterale Energiezufuhr, - Magenspülung. Operation erst möglich, wenn pathophysiologische Störungen ausgeglichen.
Abb. 24-24 Hochgradige Pylorusstenose mit extremer Dilatation des vorgeschalteten Magens („Ochsenmagen")
2.4.2.5.4 Maligne Entartung Die Häufigkeit der K a r z i n o m e n t w i c k l u n g auf d e m B o d e n eines c h r o n i s c h e n Ulcus ventriculi wird sicher überschätzt; sie wird h e u t e m i t 1 % angegeben. Die D i a g n o s e k a n n schwierig sein, sie wird d u r c h E n d o s k o p i e u n d Biopsie gesichert. Merke: die negative Biopsie schließt eine m a l i g n e E n t a r t u n g des Ulcus n i c h t sicher aus! Verkleinert sich das Ulcus bei konservativer T h e r a p i e nicht i n n e r h a l b von 4 - 6 W o c h e n , so besteht dringender Verdacht auf Malignität. Der operative Eingriff ist dringend angezeigt u n d m u ß d e n Regeln der K a r z i n o m c h i r u r g i e entsprechen. Der B e f u n d m u ß intraoperativ d u r c h histologische Schnellschnittu n t e r s u c h u n g geklärt werden.
2.4.2.6 Behandlung der Geschwürskrankheit
Maligne Entartung Diagnose der Karzinomentwicklung durch Endoskopie und Biopsie. Z u beachten: Negative Biopsie schließt maligne Entartung des Ulkus nicht sicher aus! Operativer Eingriff, wenn sich Ulkus unter konservativer Therapie nicht verkleinert.
Behandlung der Geschwürskrankheit
Die s p o n t a n e H e i l u n g s r a t e ist hoch (50 % in 4 - 6 W o c h e n ) , die R e z i d i v q u o t e 2 5 - 6 0 %. J e d e r 10. Ulkusträger stirbt an seiner E r k r a n k u n g .
2.4.2.6.1 Konservative Therapie Sie ist b e i m u n k o m p l i z i e r t e n Ulkus i m m e r angezeigt: V e r m e i d u n g von Säurelockern (scharfe Gewürze, Alkohol, N i k o t i n ) , H 2 -Blocker (Cimetidine), A n ticholinergika, A n t a z i d a , V e r m e i d u n g von S t r e ß s i t u a t i o n e n , psychosomatische B e h a n d l u n g .
Konservative Therapie: - Vermeidung von Säurelockern: (scharfe Gewürze, Alkohol, Nikotin), - H 2 -Blocker, - Anticholinergika, - Antazida, - Vermeidung von Streßsituationen, - psychosomatische Behandlung.
458 Operationsverfahren: man unterscheidet: nichtresezierende Operationsverfahren, resezierende Operationsverfahren.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes 2.4.2.6.2 Operationsverfahren Die Operationsverfahren werden in nichtresezierende und resezierende eingeteilt.
— = N.vagus sin. ant. — = N. vagus, dext. post. — = Unterbrechung der Vagusfasern Abb.24-25 Verschiedene Formen der Vagotomie a) selektive proximale Vagotomie (SPV) b) selektive gastrale Vagotomie (SV) c) trunkuläre Vagotomie (TV) 1 Truncus vagalis anterior sinistra 2 Truncus vagalis posterior dextra 3 Ramus antralis et duodenalis trunci vagalis anterior sinistra 4 Ramus antralis trunci vagalis posterior dextra Nichtresezierende Eingriffe: Vagotomie mit folgenden Varianten:
Trunkuläre Vagotomie (TV): Durchtrennung des Vagus subdiaphragmal im Stammbereich.
Selektive totale Vagotomie d.h. gastrale Vagotomie (STV): Durchtrennung der zum Magen ziehenden Vagusfasern inklusive der Antrumäste. Selektive proximale Vagotomie (SPV): Durchtrennung der proximalen zum beleg· zelltragenden Magenabschnitt ziehenden Vagusäste.
Pyloroplastik: Erweiterung des Pyloruskanals zur Verbesserung der Magenentleerung.
Gastroenterostomie (GE): Seit-zu-Seit-Anastomose zwischen Magen und oberem Jejunum mit Ausschaltung des Duodenum. Magenübernähung:
Nichtresezierende Eingriffe Vagotomie: Die Vagotomie reduziert die HCl-Produktion der Beleg- oder Parietalzellen des Magens (BAO, PAO) um etwa 50 %. Als Folge der Säurereduktion heilt das Geschwür ab. Es gibt mehrere Modifikationen der Vagotomie (Abb. 24-25): Trunkuläre Vagotomie (TV): Der Vagus wird subdiaphragmal im Stammbereich durchtrennt. Damit sind auch sämtliche Vagusäste, die zur Leber und Gallenblase, z u m Pankreas und Darm ziehen, durchtrennt. Allerdings gibt es Nebenwirkungen: Störung der Gallen- und Pankreassekretion, der Magenentleerung (Pylorospasmus!) und Diarrhoen. Die trunkuläre Vagotomie wird heute nur noch als Noteingriff (ζ. B. bei einer Perforation oder Blutung) oder bei schweren Verwachsungen nach vorausgegangenen Magenoperationen durchgeführt. Selektive totale Vagotomie = gastrale Vagotomie (STV): Es werden nur die zum Magen ziehenden Vagusfasern incl. der Antrumäste durchtrennt. Wegen der Innervation des Antrums Kombination mit einer Drainageoperation. Die extragastralen Nebenwirkungen fehlen. Selektive proximale Vagotomie (SPV): Durchtrennung der proximalen, zum belegzelltragenden Magenabschnitt (Fundus und Korpus) ziehenden Vagusäste. Die antralen Äste und damit die Innervation des Magenantrums und des Pylorus bleiben erhalten. Auf eine Drainageoperation kann deshalb verzichtet werden. Die SPV ist heute das Standardverfahren zur Behandlung des Ulcus duodeni. Pyloroplastik (Abb. 24-26): Erweiterung des Pyloruskanals, u m die Magenentleerung zu verbessern. Prinzip der Operation ist die Längseröffnung des Pylorus, der dann quer vernäht wird. Sie kann nach den Modifikationen von Mikulicz, Finney, Jaboulay und Aust durchgeführt werden. Indikationen sind die trunkuläre und gastrale Vagotomie und das stenosierende Ulcus ad pylorum. Gastroenterostomie (GE): Seit-zu-Seit-Anastomose zwischen Magen u n d oberem Jejunum mit Ausschaltung des Duodenums. Die G E (vordere oder hintere, ante- oder retrokolisch) wird heute nur noch als Palliativmaßnahme beim stenosierenden inoperablen Karzinom oder bei gleichzeitiger Vagotomie sowie nach Magenresektion ausgeführt. Magenübernähung: Sie ist beim perforierten Ulkus indiziert. Dabei wird das Geschwür grundsätzlich zur histologischen Untersuchung exzidiert und der
Magen und Duodenum
459
Klemme mit Abb.24-26 Pyloroplastik nach Heinecke-Mikulicz a) Schnittführung am Duodenum und Magenantrum b) Querverziehung der Inzision und Verschluß mit Einzelknopfnähten c) fertiggestellte Pyloroplastik Defekt mit wenigen Nähten verschlossen. Kurze Operationszeit, geringe Belastung für den alten und Risikopatienten. Etwa 30 % der Patienten werden beschwerdefrei. Ulkusumstechung (Abb. 24-27): Einfachstes Verfahren zur Stillung einer arteriellen Ulkusblutung. Gleichzeitig wird eine SPV ausgeführt, u m die HCl-Sekretion zu reduzieren. Die Umstechung gelingt nur sicher, wenn der Arterienstumpf sichtbar ist. Diffuse Blutungen, wie bei der erosiven Gastritis, lassen sich damit nicht beherrschen. Ulkusexzision: Wird beim Ulcus ventriculi in Verbindung mit einer Vagotomie ausgeführt. Die alleinige Exzision hat eine hohe Ulkusrezidivrate.
Exzision des Ulkus zur histologischen Untersuchung, Defekt mit wenigen Nähten verschließen. Ulkusumstechung: Verfahren zur Stillung einer arteriellen Ulkusblutung.
Ulkusexzision: Anwendung beim Ulcus ventriculi in Verbindung mit einer Vagotomie.
extragastrale Umstechung d. A. supraduodenalis sup. Abb. 24-27 Extragastrale Umstechung (A.supraduodenalis superior) beim blutenden Ulcus duodeni, an der Hinterwand lokalisiert; zusätzlich intraluminale Umstechung des Ulkus mit einer UNaht Resezierende Eingriffe Die oder %-Magenresektion (Billroth I und II, sog. kombinierte Resektion) hat folgende Ziele: Entfernung des Geschwürs, Resektion des Antrums zur Ausschaltung der Gastrinproduktion, Wegnahme von Korpus-Anteilen zur Reduzierung der Belegzellen.
Abb. 24-28 Magenresektion nach Billroth I. a) termino-terminale Gastroduodenostomie, b) Billroth I mit Interposition einer ausgeschalteten Jejunumschlinge
Resezierende Eingriffe: Billroth I und Billroth II folgende Ziele: Entfernung des Geschwürs —» Resektion des Antrums zur Ausschaltung der Gastrin-Produktion Wegnahme von Korpus-Anteilen zur Reduzierung der Belegzellen.
460
Billroth I (Abb. 24-28) Wiederherstellung der Speisepassage durch Gastroduodenostomie.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes Bei den kombinierten Verfahren („combined operation") wird eine Antrektomie mit einer Vagotomie kombiniert. Billroth I (Abb. 24-28): Wiederherstellung der Speisepassage durch eine Gastroduodenostomie. Physiologisch günstiges Verfahren, bei dem die duodenale Speisepassage erhalten bleibt.
Abb.24-29 Magenresektion nach Billroth II. a) Rekonstruktion durch antekolische GE und Braun-Enteroanastomose, b) Rekonstruktion mit ausgeschalteter Jejunumschlinge nach Roux und terminoterminaler Gastrojejunostomie, c) Rekonstruktion durch ausgeschaltete Jejunumschlinge nach Roux mit terminolateraler Gastrojejunostomie Billroth II (Abb. 24-29): Wiederherstellung der Magen-Darm-Passage durch Gastroenterostomie nach Blindverschluß und Ausschaltung des Duodenums. Heute wird retrocolische Anastomosierung wegen Gallenreflux und möglicher Karzinomentwicklung nicht mehr verwendet. Dafür: Roux-Y-Gastroenterostomie oder antekolische GE + Braun-Anastomose.
Billroth I I (Abb. 24-29): Wiederherstellung der Magen-Darm-Passage durch eine Gastroenterostomie nach Blindverschluß und Ausschaltung des Duod e n u m s aus der Speisepassage. Die Anastomosenschlinge kann retro- oder antekolisch z u m Magen geführt werden. Bei der antekolischen Modifikation wird die z u f ü h r e n d e D ü n n d a r m schlinge durch eine Enteroanastomose nach Braun kurzgeschlossen. Die retrokolische Anastomosierung ist heute verlassen, da bei ihr Gallen- und Pankreassaft den Magenstumpf passieren müssen. Der Gallenreflux kann erhebliche Schleimhautveränderungen auslösen! Gefahr der Karzinomentwicklung im Magenstumpf (s. auch S. 473) wird diskutiert. Deshalb wird heute die Roux-Y-Gastroenterostomie empfohlen (s. Abb. 24-29), u m den Reflux von Galle und Pankreassaft in den Magenstumpf sicher zu vermeiden.
Abb. 24-30 Kombinierte Operation: selektive gastrale Vagotomie (SV) und Antrektomie Kombinierte Magenoperationen: Kombination der selektiven Vagotomie mit Antrumresektion. Ziel: Ausschaltung der Säurestimulation.
Kombinierte Magenoperationen (Abb. 24-30): Kombination der selektiven Vagotomie mit Antrumresektion mit d e m Ziel, die vagale und antral-hormonale Säurestimulation auszuschalten. Daher vor allem bei exzessiver Hyperazidität angezeigt. Die Ulkusrezidiv-Quote ist gering. Bei atypischer Ulkuslokalisation (tiefsitzendes Duodenalulkus u n d kardianahes Ulkus) kann eine Ausschaltungsresektion nach Finsterer bzw. nach
461
Magen und Duodenum Kelling-Madlener erfolgen. Beim kardianahen Ulkus ist auch die treppenförmige distale Resektion oder obere Teilresektion (subdiaphragmale Fundektomie nach Holle) möglich. Billroth I mit Jejunuminterposition (s. Abb. 24-28b): Nach Magenresektion kann in Ausnahmefällen (Operation wegen Rezidiv-Ulkus) zur Vergrößerung des Speisereservoirs zwischen Magenstumpf und D u o d e n u m eine ca. 20 cm lange Jejunumschlinge interponiert werden. Gleichzeitig wird ein Gallereflux in den Magenstumpf verhindert (Magenstumpfkarzinom!).
2.4.2.6.3 Indikationen und Verfahrenswahl
Billroth I mit Jejunuminterposition (s. Abb. 24-28b): Interposition einer 20 cm langen Jejunumschlinge nach Magenresektion zur Vergrößerung des Speisereservoirs. Gleichzeitig Verhinderung von Gallenreflux in den Magenstumpf. Indikation und Verfahrenswahl
Differenzierung zwischen absoluter und relativer Indikation je nach Beschwerdebild und Komplikationen. Absolute Indikationen sind: • Ulkusperforation, • massive oder rezidivierende Blutung, • Pylorusstenose, • Verdacht auf maligne Entartung eines Ulcus ventriculi. Relative Indikationen sind: • das nach wiederholten konservativen Therapieversuchen mehrfach rezidivierende Ulkus, • das therapieresistente Ulkus (Schmerzen, okkulte Blutung, gehäuftes Erbrechen), • das kallöse, innerhalb von 6 Wochen nicht abheilende Ulcus ventriculi.
Absolute Indikationen
Relative Indikationen
Die Wahl der Operationsverfahren erfolgt unter verschiedenen Gesichtspunkten: • Unkompliziertes Ulcus duodeni: SPV, evtl. mit Pyloroplastik kombiniert. • Unkompliziertes Ulcus ventriculi: Resektion nach Β I oder Β II (antekolische G E + Braun-Anastomose oder Y-Anastomose nach Roux). • Pylorusstenose: SPV und Pyloroplastik oder Bougierung des Pylorus mit dicker Magensonde (entzündliche Pylorusstenose bildet sich nach Säurereduktion zurück). Ferner Magenresektion oder kombinierte Operation. • Blutung: Beim Ulcus ventriculi Magenresektion, Β I oder Β II, bei alten Patienten und schlechtem AZ Ulkusexzision oder Umstechung. Beim Ulcus duodeni intra- und extragastrale Umstechung und SPV, aber auch Magenresektion bei schwieriger Blutstillung. • Perforation: Beim Ulcus duodeni Übernähung möglichst nach Exzision der Ulkusränder und je nach Stadium der Peritonitis, Allgemeinzustand und Dauer der Ulkusanamnese evtl. kombiniert mit einer SPV oder TV. Beim Ulcus ventriculi Magenresektion, bei besonders gefährdeten Patienten lediglich Exzision und Übernähung.
Gesichtspunkte zur Wahl des Operationsverfahrens
2.4.2.6.4 Ergebnisse der Ulkuschirurgie Die Resultate der Ulkuschirurgie werden an der Operationsletalität, der Quote der Rezidivulzera und den Folgeerscheinungen gemessen. Die Letalität wird beeinflußt von Alter und Allgemeinzustand des Patienten und der Schwere der Erkrankung, ζ. B. Ulkuskomplikation. Für die Magenresektion liegt die postoperative Sterblichkeit beim unkomplizierten Ulkus zwischen 2
Operationsletalität der Ulkuschirurgie: unkompliziertes Ulkus 2 - 3 %, für SPV unter 1 %. Rezidivulzera bei Magenresektion 1 - 4 % , für SPV bis 10%.
462
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
Folgeerscheinungen: 10-20%. Beschwerdefrei und arbeitsfähig: 80-85 %.
und 3 %, für die SPV unter 1 %. Die Quote der Rezidivulzera beträgt bei Magenresektion 1 - 4 %, und bei SPV bis zu 10 %. Folgeerscheinungen (s. S.472), wie Dumpingsyndrom, Diarrhoen usw., werden in 1 0 - 2 0 % beobachtet. Etwa 8 0 - 8 5 % der Operierten sind später beschwerdefrei und arbeitsfähig.
Gutartige Geschwülste des Magens und Duodenums Epitheliale Geschwülste: Befund „Polyp" kann bedeuten: echter Tumor oder tumorähnliche Läsion.
2.4.3 Gutartige Geschwülste des Magens und Duodenums Sie können von allen Schichten (epithelial und mesenchymal) des Magens ausgehen. 20 % aller gutartigen Tumoren des Gastrointestinaltraktes sind im Magen lokalisiert.
2.4.3.1 Epitheliale Geschwülste Echte Tumoren: Adenome, Borderline-Polypen, tumorähnliche Läsionen: hyperplasiogene Polypen, entzündlich-fibromatöser Polyp.
Der endoskopische Befund „Polyp" sagt nichts aus über Morphologie u n d Dignität. Dahinter kann sich ein echter Tumor oder eine tumorähnliche Läsion verbergen. Echte Tumoren sind Adenome (ca. 0,5 %) und BorderlinePolypen (ca. 7 %). Zu den tumorähnlichen Läsionen gehören die hyperplasiogenen Polypen (ca. 90 %) und der entzündlich-fibromatöse Polyp (ca. 3 %).
Symptome: Blutung.
Klinik: „Polypen" werden oft zufällig bei aus anderen Gründen durchgeführten Endoskopien oder Röntgenuntersuchungen entdeckt. Sie können aber auch durch Blutungen auffallen. Diagnostik: Immer Endoskopie mit Biopsie. Es genügt die Artdiagnostik durch Zangenbiopsie (im Gegensatz zum Kolonpolypen), da es sich in 90 % u m hyperplasiogene Polypen handelt. Vom Befund der Zangenbiopsie hängt das weitere Vorgehen ab. Bei unklarem Befund und beim Adenom sowie der Borderline-Läsion ist die Schlingenbiopsie, d. h. die Totalentfernung des „Tumors" anzuschließen. Die Indikation zur Operation stellt sich, wenn der Polyp histologisch nicht im Gesunden entfernt wurde. Bei hyperplasiogenen Polypen genügt die gastrobioptische Kontrolluntersuchung. Bei ausgedehnter Polyposis (Adenome) kann die Gastrektomie angezeigt sein.
Diagnostik: Endoskopie mit Biopsie. Indikation zur Operation: wenn Polyp histologisch nicht im Gesunden entfernt wurde, bei ausgedehnter Polyposis.
Mesenchymale Geschwülste hierzu gehören: Leiomyome, Fibrome, Lipome, Neurofibrome, Neurinome, Angioepitheliome. Wachstum bis Faustgröße. Vorwölbung der Schleimhaut nach innen. Manchmal Druckgeschwüre an der Schleimhaut. Differentialdiagnose: Magensarkom. Klinik: Druck- und Völlegefühl im Oberbauch, bei Stenosierung Erbrechen, okkulte oder massive Blutungen. Röntgenbild: glatt begrenzte Kontrastmittelaussparungen, Endoskopie: Vorwölbung in der Magenwand. Folge des Tumors im Duodenum: evtl. Verlegung des Lumens, Abflußbehinderung im Bereich der Papille. Therapie: Exzision oder Magenresektion. Am Duodenum: bisweilen Duodenopankreatektomie. Bösartige Geschwülste (Karzinome)
2.4.3.2 Mesenchymale Geschwülste Es handelt sich u m intramural wachsende Leiomyome, Fibrome, Lipome, Neurofibrome, Neurinome, Angioepitheliome. Sie wachsen subserös oder submukös, können bis zu faustgroß werden und die Schleimhaut nach innen vorwölben. Bisweilen entstehen Druckgeschwüre an der Schleimhaut (Blutung!). Differentialdiagnostisch sind vor allem Magensarkome auszuschließen. Klinik: Gelegentlich Druck- und Völlegefühl im Oberbauch, bei Stenosierung Erbrechen, okkulte oder massive Blutungen. Im Röntgenbild erkennt man glatt begrenzte Kontrastmittelaussparungen und bei der Endoskopie die Vorwölbung in der Magenwand. Für die Biopsie ist der Tumor oft nicht erreichbar. Im Duodenum kann er zu einer Verlegung des Lumens führen, aber auch zur Abflußbehinderung im Bereich der Papille bzw. Ductus choledochus (Kompression!). Therapie: Die intramuralen Tumoren der Magenwand oder des Duodenums werden durch Exzision oder Magenresektion entfernt. A m Duodenum ist bisweilen auch die Duodenopankreatektomie erforderlich.
2.4.4 Bösartige Geschwülste (Karzinome) 2.4.4.1 Epidemiologie
Magenkarzinom ist dritthäufigster Organkrebs.
Das Magenkarzinom ist der dritthäufigste Organkrebs. In den letzten Jahren allerdings wird ein deutlicher Rückgang beobachtet. Die Ursache hierfür ist nicht exakt bekannt. In der Bundesrepublik Deutschland starben 1982
463
Magen und Duodenum 17288 Menschen an Magenkarzinom. Der Erkrankungsgipfel liegt zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr, Geschlechtsverteilung Männer zu Frauen 3:2. Die Ätiologie ist weitgehend unbekannt. Häufig finden sich Magenkarzinome bei der chronisch-atrophischen Gastritis, hyperplasiogenen Polypen, Adenomen und der Polyposis ventriculi. Die Präkanzerösen der Magenschleimhaut werden in zwei Gruppen unterteilt: • in präkanzeröse Konditionen und • präkanzeröse Läsionen. Zu den letzteren gehören die Borderline-Läsionen, das Adenom und die schwere Schleimhautdysplasie. Die maligne Entartung eines chronischen Ulcus ventriculi ist sehr selten ( < 1 %). Wie weit die Magenresektion für eine Karzinomentwicklung im Magenstumpf prädisponiert, ist ebenfalls nicht exakt bekannt. Als Ursache hierfür wird die chronische „Refluxgastritis" (Gallensäuren!) diskutiert. Ebenso unbekannt ist, wie weit familiäre, konstitutionelle und Ernährungsfaktoren von Bedeutung sind.
Präkanzerosen der Magenschleimhaut werden eingeteilt in: - präkanzeröse Konditionen, - präkanzeröse Läsionen.
Weitere mögliche Ursachen des Magenkarzinoms Borderline-Läsionen, Adenom, schwere Schleimhautdysplasie. Entartung des chronischen Ulcus ventriculi selten, mögl. Refluxgastritis.
2.4.4.2 Pathologische Anatomie Am häufigsten findet sich das Magenkarzinom im Antrum an der kleinen Kurvatur, an der Kardia (ca. 20 %) und im Magenfundus (5 %), an der großen Kurvatur (4 %) ist es seltener anzutreffen. Histologisch handelt es sich beim Magen- und Duodenalkarzinom um Adenokarzinome unterschiedlicher Differenzierung. Die WHO hat 1977 eine histologische Klassifikation angegeben: 1. Adenokarzinom - papillär - tubulär - muzinös - Siegelringzellkarzinom 2. Adenosquamöses Karzinom 3. Plattenepithelkarzinom 4. Undifferenziertes Karzinom 5. Unklassifiziertes Karzinom Wichtig ist die histologische Klassifikation nach Lauren in eine intestinale (Drüsenbildung, scharfe Begrenzung) und diffuse Form. Letztere zeichnet sich vor allem durch diffuses Wachstum und rasche Metastasierung aus. Alters- und Geschlechtsverteilung sind unterschiedlich; der diffuse Typ ζ. B. tritt häufiger bei Frauen und jüngeren Patienten auf. Das diffuse Karzinom ist prognostisch ungünstiger (Tab. 24-2) und erfordert immer eine Gastrekto-
Histologische Einteilung in intestinale und diffuse Form nach Lauren.
Tabelle 24-2 Prognostische Unterschiede beim Magenkarzinom nach der histologischen Klassifizierung nach Lauren. Merkmale
Intestinaler T y p
Diffuser Typ
Horizontale Tumorausdehnung Infiltrationstiefe
begrenzt
ausgedehnt
Lymph knoten metastasen
seltener
häufiger ausgedehnter
Kurabilität Stadienverteilung
weniger ausgedehnt häufiger günstiger
seltener ungünstiger
2.4.4.2.1 Ausbreitung des Magenkarzinoms Man unterscheidet die Ausbreitung durch kontinuierliches Wachstum und durch Metastasierung. Das Magenkarzinom kann kontinuierlich wachsend sehr schnell die Aufhängebänder des Magens und benachbarte Organe (Leber, Pankreas, Querkolon, Zwerchfell, Milz) infiltrieren. Der distale Ösopha-
Ausbreitung des Magenkarzinoms: kontinuierlich in Aufhängebänder des Magens und in benachbarte Organe (Leber, Pankreas, Querkolon, Zwerchfell, Milz) oder durch Metastasierung.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
464
Metastasierungswege: lymphogene,
hämatogene Metastasierung über Pfortader,
peritoneale Aussaat über subseröses Ly m ρ h g ef ä ßsy ste m.
Wachstumsformen und Stadieneinteilung man unterscheidet: - Mikrokarzinom (Frühkarzinom), - Makrokarzinom. Frühkarzinom: linsen- bis handflächengroß. Multizentrisch und multipel. Lymphknotenmetastasen möglich. Gastroskopisch werden 3 Formen unterschieden:
gus ist in ca. 50 % - besonders beim Kardiakarzinom - befallen, wesentlich seltener dagegen (3 %) das proximale Duodenum. Die Metastasierung kann erfolgen: - lymphogen in regionäre und weiterliegende Lymphknotengruppen (paraaortal, retroperitoneal, portal, mediastinal und zervikal). Ist die Cysterna chyli infiltriert, so erfolgt die weitere Ausbreitung über den Ductus thoracicus und den linken Venenwinkel in die Blutbahn. Hier findet sich auch der sog. Virchow-Lymphknoten. - Die hämatogene Metastasierung verläuft in der Regel über die Pfortader in die Leber (43 %) und von dort in die Lungen (6 %) oder über den Ductus thoracicus in die obere Hohlvene und die Lungen. Von der Lunge aus ergreift die Metastasierung die übrigen Organe (Gehirn, Knochen usw.). - Die peritoneale Aussaat über das subseröse Lymphgefäßsystem in die freie Bauchhöhle führt zur Peritonealkarzinose und zu beidseitigen Ovarialmetastasen (sog. Krukenberg-Tumoren). 2.4.4.2.2 Wachstumsformen und Stadieneinteilung Man unterscheidet das Mikrokarzinom (= early cancer = Frühkarzinom) und das Makrokarzinom. Das Frühkarzinom (Abb. 24-31) geht von der Schleimhaut aus und ist lokal auf Mukosa und Submukosa beschränkt. Die Muscularis propria ist tumorfrei. Auch hier gibt es den intestinalen und diffusen Typ (Überschreiten der Muscularis mucosae). Das Frühkarzinom kann linsen- bis handflächengroß sein. Es kommt häufig multizentrisch und multipel vor (12 %). Lymphknotenmetastasen finden sich in 20 %, besonders beim diffusen Typ.
IIa
IIb
llc
Abb. 24-31 Einteilung der Magenfrühkarzinome. Typ I: vorgewölbte Form Typ II: oberflächliche Form (a erhaben, b eben, c eingesenkt) Typ III: exkavierte Form
Abb. 24-32 Makroskopische Wachstumsformen des Magenkarzinoms nach Borrmann. I = polypöser Typ II = schüsseiförmiger Typ III = ulzerierend infiltrierender Typ IV = diffus infiltrierender Typ (szirrhös)
Nach dem gastroskopischen Bilde werden 3 Formen unterschieden:
Magen und Duodenum
465
• Typ I: Polypöse V o r w ö l b u n g der S c h l e i m h a u t , • Typ II: W a c h s t u m im S c h l e i m h a u t n i v e a u , • Typ III: Erosion oder flache Ulzeration.
Das M a k r o k a r z i n o m h a t die M u s c u l a r i s propria bzw. a u c h tiefere W a n d schichten infiltriert. N a c h B o r r m a n n u n t e r s c h e i d e t m a n 4 Wachstumsformen (Abb. 24-32). 1. das polypöse, gut b e g r e n z t e K a r z i n o m m i t relativ guter Prognose, 2. das ulzerierte, schüsseiförmige K a r z i n o m mit wallartigem R a n d u n d z u n ä c h s t wenig expansiver W a c h s t u m s t e n d e n z , 3. das in die tieferen W a n d s c h i c h t e n infiltrierende K a r z i n o m o h n e scharfe G r e n z e z u m g e s u n d e n G e w e b e mit f r ü h z e i t i g e r Metastasierung,
Makrokarzinom: man unterscheidet 4 Wachstumsformen (Abb. 24-32).
4. das d i f f u s infiltrierende, zirrhöse K a r z i n o m , das h ä u f i g die oberflächliche M a g e n s c h l e i m h a u t u n v e r ä n d e r t läßt u n d d e s h a l b selbst e n d o skopisch schwer zu diagnostizieren ist. Seine Prognose ist sehr u n günstig.
Stadieneinteilung: E i n e E i n t e i l u n g in T u m o r s t a d i e n n a c h d e m T N M - S y stem ist sinnvoll z u m Vergleich der Behandlungsergebnisse. Die T N M - K l a s sifikation wurde 1974 von der U I C C angegeben.
TNM-Klassifikation der UICC
Primärtumor T0: TiT2: T3: T4:
P r i m ä r t u m o r nicht nachweisbar T u m o r auf M u k o s a u n d S u b m u k o s a begrenzt T u m o r i n f i l t r a t i o n der Serosa T u m o r m i t Infiltration der N a c h b a r o r g a n e Tumorausdehnung nicht abschätzbar
Lymphknoten N 0 : Kein Befall der r e g i o n ä r e n L y m p h k n o t e n N , : L y m p h k n o t e n b e f a l l bis zu 3 c m e n t f e r n t vom T u m o r e n t l a n g der k l e i n e n oder großen K u r v a t u r N 2 : L y m p h k n o t e n b e f a l l m e h r als 3 c m v o m P r i m ä r t u m o r e n t f e r n t entlang der kleinen oder großen K u r v a t u r u n d e n t l a n g der aa. gastricae, a. lienalis, a. h e p a t i c a c o m m u n i s u n d des tr. coeliacus N 3 : Befall paraaortaler, h e p a t o - d u o d e n a l e r u n d / o d e r a n d e r e r i n t r a a b d o mineller L y m p h k n o t e n
Fernmetastasen M 0 : K e i n e F e r n m e t a s t a s e n nachweisbar M,: Fernmetastasen vorhanden
E n t s p r e c h e n d d i e s e m T N M - S c h e m a erfolgt eine E i n t e i l u n g in 4 Stadien: I = Tj N0 M0 II = T 2 No Mo, T 3 M 0 M 0 III = T j T 2 T 3 N,_ 2 Mo Ti-3 N3 M 0 T4 jedes Ν M0 IV = j e d e s T, j e d e s N, M 0 , w e n n nicht radikal resezierbar. Sonst j e d e s T, j e d e s N, M[
Einteilung in 4 TNM-Stadien
4=
466 Klinik: häufig Hinweis auf empfindlichen Magen, - Unverträglichkeit von Speisen, - Übelkeit, - Druckgefühl, - Inappetenz, - Abneigung gegen Fleisch, - Leistungsknick. Fortgeschrittenes Stadium: - Gewichtsverlust, - Schmerzen, - Anämie. Komplikationen: - Perforationen, - massive Blutungen, - Kardia- oder Pylorusstenose.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes 2.4.4.3 Klinik Die Anamnese ist uncharakteristisch, besonders beim Frühkarzinom. Häufig Hinweis „auf einen empfindlichen Magen", die Unverträglichkeit von Speisen, Übelkeit, Druckgefühl im Oberbauch, Inappetenz, Abneigung gegen Fleisch. Typisch ist ein Leistungsknick (90 %). Gewichtsverlust, Schmerzen und Anämie signalisieren den fortgeschrittenen Tumor. Bei Komplikationen, wie Perforation (5 %), massiven Blutungen, Kardiaoder Pylorusstenose, finden sich die entsprechenden Symptome.
Abb.24-33 Diagnoseschema für das Magenkarzinom Diagnostik: bei Verdacht auf Magenkarzinom so lange untersuchen bis Karzinomverdacht ausgeschlossen. Untersuchungsverfahren: Röntgenuntersuchung: Füllungsdefekt (polypös oder exophytisch wachsendes Karzinom), Wandstarre, Faltenabbruch (infiltrierendes Karzinom), fortgeschrittener Zirrhus —> Tabakspfeifenform, Ulkusnische mit Ringwall (ulzeröse Form).
2.4.4.4 Diagnostik Klinisch palpabel sind nur große Tumoren. Zu achten ist auf die VirchowDrüse. Bei Verdacht auf ein Magenkarzinom m u ß so lange untersucht werden, bis die Karzinomdiagnose ausgeschlossen ist. Folgende Untersuchungsverfahren stehen zu Verfügung (Abb. 24-33): Röntgenuntersuchung (Abb. 24-34): Erste diagnostische M a ß n a h m e (Doppelkontrastmethode und Prallfüllung). Typische Zeichen sind der Fällungsdefekt beim polypösen oder exophytisch wachsenden Karzinom, die Wandstarre und der Faltenabbruch beim infiltrierenden Karzinom, beim fortgeschrittenen Zirrhus die „Tabakspfeifenform" (Abb. 24-35), die Ulkusnische mit Ringwall bei der ulzerösen Form des Karzinoms. Stenosen an der
Abb. 24-34 Röntgenkontrastdarstellung des Magens: großer polypöser Tumor im Corpus- und Kardiabereich mit Stenosierung des Mageneingangs
Magen und Duodenum
467
Abb. 24-35 Ausgedehntes szirrhöses Magenkarzinom (Antrum und Corpus) mit Wandstarre, sog. „Tabakspfeifenform" Kardia mit prästenotischer Dilatation des Ösophagus, bei Magenausgangsstenose Dilatation des vorgeschalteten Magens. Endoskopie und Biopsie: Heute bei jedem Magenkrebs obligatorisch. Wichtig sind Probeexzisionen zur histologischen Sicherung und zur Beurteilung des Tumortyps (Lauren-Klassifikation!). Treffsicherheit 98 %. Wichtig vor allem zur Erkennung eines Frühkarzinoms. Zusatzuntersuchungen: Zur Festlegung des Tumorstadiums und Beurteilung der Operabilität (Fernmetastasen in Leber, Lunge, Knochen usw.) können Laparoskopie (Peritonealkarzinose), Computertomographie oder Sonographie herangezogen werden. Kann mit diesen Untersuchungen die Diagnose nicht eindeutig gesichert werden, so ist die diagnostische Laparotomie angezeigt. Differentialdiagnostisch sind abzugrenzen: Magenulkus, Hiatushernie, Polypen, intramurale benigne Tumoren, erosive Gastritis.
Endoskopie und Biopsie: obligatorisch! Treffsicherheit 98 %. Wichtig zur Erkennung des Frühkarzinoms.
2.4.4.5 Therapie
Therapie: grundsätzlich operative Entfernung des Karzinoms.
Die Indikation zur operativen Entfernung des Karzinoms ist grundsätzlich gegeben und der Begriff Operabilität weitzufassen. Radikaloperation bedeutet heute die En-bloc-Resektion des Magens mit dem großen Netz und gleichzeitiger ausgedehnter Dissektion der regionären Lymphknoten sowie Wahrung der Sicherheitszonen. Wichtig sind zwei Gesichtspunkte: Radikale Krebsausrottung und Kompensation des Organverlusts durch geeignete Operationsverfahren und eine postoperative Substitutionstherapie. Sind Nachbarorgane bereits mitergriffen, so können diese gegebenenfalls en bloc mit dem Magen entfernt werden (Milz, linker Leberlappen, Panreasschwanz, Querkolon). Zu unterscheiden ist zwischen radikaler und palliativer Resektion. Auch palliative Resektionen d. h. das Tumorgewebe kann nicht radikal entfernt werden - haben ihren Sinn, weil sie die Lebensqualität verbessern und vielleicht das Leben des Patienten verlängern. Palliative Operationen (der Tumor wird belassen) haben z u m Ziel, quälende Symptome auszuschalten, ζ. B. eine Dysphagie bei Kardiastenose bzw. Erbrechen bei Pylorusstenose. Kontraindikationen für die Operation: Allgemeine Inoperabilität (kardialpulmonal), ausgedehnter Tumor mit Metastasen in Leber oder Lunge, und ohne Passagestörung.
Zusatzuntersuchungen: Laparoskopie, Computertomographie, Sonographie. Diagnosesicherung: Laparotomie. Differentialdiagnose beachten.
Radikaloperation: En-bloc-Resektion des Magens mit großem Netz und Dissektion regionaler Lymphknoten —* postoperative Substitutionstherapie. Palliative Resektion: Verbesserung der Lebensqualität, Verlängerung des Lebens.
Kontraindikation für die Operation: allgemeine Inoperabilität, ausgedehnter Tumor mit Metastasen in Leber oder Lunge, und ohne Passagestörung.
468 Radikale Operationsverfahren. Subtotale distale Magenresektion (Abb. 24-36): Entfernung von % des Magens mit großem Netz und regionären Lymphknoten.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes 2.4.4.5.1 Radikale Operationsverfahren Folgende OP-Verfahren kommen in Frage: Subtotale distale Magenresektion (Abb. 24-36): Etwa % des Magens werden zusammen mit dem großen Netz und den regionären Lymphknoten entfernt. Die aborale Resektionsgrenze liegt postpylorisch, die orale in der Regel 1 - 2 cm subkardial. Die Rekonstruktion des Speiseweges erfolgt als antekolische Gastrojejunostomie mit Braun-Fußpunktanastomose.
Abb. 24-36 Subtotale Magenresektion beim distalen Karzinom mit Entfernung des großen und kleinen Netzes Gastrektomie: Totalentfernung des Magens mit großem Netz und regionalen Lymphknoten. Rekonstruktion: Ersatz des Magenreservoirs, Wiederherstellung der Duodenalpassage, Sicherung der Ösophagusanastomose.
Erweiterte Gastrektomie: radikale Magenresektion einschließlich benachbarter Organe.
Gastrektomie: Totalentfernung des Magens unter Einbeziehung des großen Netzes und der regionalen Lymphknoten. Die orale Resektionsgrenze liegt im Ösophagus. Bei der Rekonstruktion sind folgende Ziele zu beachten: - Ersatz des Magenreservoirs - Wiederherstellung der Duodenalpassage - Sicherung der Ösophagusanastomose. Zahlreiche der angegebenen Methoden basieren entweder auf der direkten Ösophagojejunostomie mit Jejunoplicatio oder der Jejunuminterposition zwischen Ösophagus und Duodenum (Abb. 24-37). Erweiterte Gastrektomie: Ist der Tumor weit fortgeschritten oder die Lymphknotenmetastasierung sehr ausgedehnt (ζ. B. Milzhilus), so müssen
5 Abb.24-37 Totale Magenexstirpation und die am häufigsten angewandten Rekonstruktionsverfahren. 1 Jejunumhochzug mit breiter Braun-Anastomose nach Hoffmann 2 Jejunuminterposition nach Longmire-Gütgemann 3 Rekonstruktion des Digestionsweges mit ausgeschalteter Roux-Schlinge, termino-laterale Ösophago-Jejunostomie 4 Rekonstruktion mit Roux-Schlinge und Jejunoplicatio (nach Schreiber u. Eichfuß) 5 Ersatzmagenbildung und Jejunoplicatio (nach Siewert u. Peiper)
Magen und Duodenum
469
u. U. u m die R a d i k a l i t ä t zu wahren, b e n a c h b a r t e Organe m i t e n t f e r n t werden (ζ. B. Milz, linker Leberlappen, Querkolon, Pankreasschwanz). H a t das Karz i n o m d e n t e r m i n a l e n Ö s o p h a g u s weit infiltriert, so ist der a b d o m i n o - t h o r akale Z u g a n g notwendig ( a b d o m i n o - t h o r a k a l e G a s t r e k t o m i e ) .
Proximale Magenteilresektion - Kardiaresektion (abdomino-thorakal) F r ü h e r häufig b e i m K a r d i a k a r z i n o m d u r c h g e f ü h r t , h e u t e wird stattdessen die G a s t r e k t o m i e v o r g e n o m m e n . Die Kardiaresektion k o m m t n u r n o c h bei klein e n K a r z i n o m e n im F u n d u s in Frage (Abb. 24-38).
Proximale Magenteilresektion - Kardiaresektion: Nur noch bei kleinen Karzinomen im Fundus.
Abb. 24-38 Kardiaresektion bei kleinem Kardiakarzinom, meist abdomino-thorakaler Zugang erforderlich, Wiederherstellung des Digestionsweges durch termino-laterale Ösophagogastrostomie, Pyloroplastik wegen Vagusdurchtrennung
2.4.4.5.2 Indikationen und Verfahrenswahl
Indikationen und Verfahrenswahl:
Die W a h l der O p e r a t i o n s m e t h o d e richtet sich n a c h Sitz u n d G r ö ß e des T u m o r s , L y m p h k n o t e n b e f a l l , histologischer Klassifizierung (LaurenTyp) u n d A l l g e m e i n z u s t a n d des P a t i e n t e n .
1. Beim Frühkarzinom:
Frühkarzinom
Distale subtotale Magenresektion: Lokalisation distal des Angulus, intestinaler Typ. Gastrektomie: M u l t i z e n t r i s c h e s V o r k o m m e n , Lokalisation proximal des A n t r u m s , i m m e r b e i m d i f f u s e n Typ.
2. Beim Makrokarzinom
Makrokarzinom
Distale subtotale Magenresektion: Begrenzter T u m o r distal des Angulus, intestinaler Typ, h o h e s Operationsrisiko (AZ, Alter). Gastrektomie: Jeder T u m o r proximal des Angulus, i m m e r b e i m d i f f u s e n Typ, T o t a l k a r z i n o m , a u s g e d e h n t e r L y m p h k n o t e n b e f a l l . A b d o m i n o - t h o r akale G a s t r e k t o m i e bei h o c h r e i c h e n d e r Infiltration des distalen Ösophagus. Die erweiterte G a s t r e k t o m i e - sie h a t ihre G r e n z e n - richtet sich n a c h d e m M i t b e f a l l a n d e r e r Organe. B e i m K a r z i n o m in der p r o x i m a l e n M a g e n h ä l f t e ist i m m e r die Z o n e n s p l e n e k t o m i e angezeigt. Die Mitresektion b e n a c h b a r t e r Organe, i n s b e s o n d e r e von Milz u n d Pankreasschwanz, h a t ein größeres Risiko. Kardiaresektion: dus.
H e u t e n u r n o c h bei kleinen K a r z i n o m e n im M a g e n f u n -
2.4.4.5.3 Nichtresezierende palliative Operationen Sie h a b e n d e n Sinn, Beschwerden zu l i n d e m (Dysphagie, Erbrechen), die Ern ä h r u n g zu sichern u n d d e m P a t i e n t e n bis z u m T o d e das L e b e n zu erleichtern. Die O p e r a t i o n s b e l a s t u n g ist im Vergleich zur palliativen R e s e k t i o n n i c h t geringer. F o l g e n d e V e r f a h r e n k o m m e n in Frage:
Umgehungsanastomosen
Nichtresezierende palliative Operationen mit folgenden Verfahren:
Umgehungsanastomose
- G a s t r o e n t e r o s t o m i e bei Stenose a m M a g e n a u s g a n g (Ab. 24-39) - Ösophagojejunostomie beim stenosierenden Kardiakarzinom.
Ösophagustubus (Häring, Celestin) B e i m s t e n o s i e r e n d e n Ösophagus- u n d K a r d i a k a r z i n o m Einlage des T u b u s h e u t e überwiegend auf e n d o s k o p i s c h e m Wege. Orale Z u f u h r breiig-flüssiger
Ösophagustubus: durch Einlage eines Tubus auf endoskopischem Wege ist orale Nahrungszufuhr bedingt möglich.
470
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
Abb. 24-39 Antekolische Gastroenterostomie mit BraunEnteroanastomose bei inoperablem und stenosierendem Antrumkarzinom Nahrung ist dann möglich. Typische Komplikationen sind Dislokation des Tumors. Ulzerationen mit Blutung und Perforation. Ernährungsfistel: Einlegen von Sonden in den Magen —» Zuführung flüssiger Nahrung.
Ernährungsfistel (Witzelfistel) (Abb. 24-40) Einlegen von Sonden in den Magen oder das obere J e j u n u m mit transabdominaler Ausleitung. Über die Sonden kann flüssige Nahrung zugeführt werden. Schlechte Palliation, wird nur noch in Ausnahmesituationen durchgeführt.
Abb. 24-40 Gastrostomie (Witzel-Fistel) beim inoperablen, stenosierenden Ösophagus- Kardia-Karzi nom Strahlentherapie: nur beim inoperablen Magenkarzinom.
Behandlungsergebnisse bösartiger Geschwülste:
Resektionsquote heute 60-80 %.
2.4.4.5.4 Strahlen- und Chemotherapie Die Strahlentherapie ist nur beim inoperablen Magenkarzinom indiziert, wenn Passagebehinderung und Schmerzen bestehen. Als adjuvante Maßn a h m e bei operierten Patienten bringt sie keinen Erfolg. Ebenso ist ein positiver Effekt der adjuvanten Chemotherapie nach potentiell kurativer Operation bisher nicht eindeutig gesichert.
2.4.4.5.5 Behandlungsergebnisse Folgende Gesichtspunkte sind wichtig: • Resektionsquote • Operationsletalität • Überlebenszeit und • Lebensqualität. Die Faktoren werden beeinflußt durch Tumorstadium, Ausdehnung der Operation und Alter des Patienten. Resektionsquote: Definition = prozentualer Anteil der resezierten (radikal und palliativ) Magenkarzinome von allen eingewiesenen Magenkarzinompatienten einer Klinik. Die Zahlen liegen mit 6 0 - 8 0 % heute deutlich höher als vor Jahren. Operationsletalität: Definition = perioperative Sterblichkeit während des Klinikaufenthaltes durch spezifische Komplikationen (Nahtinsuffizienz, Nachblutung usw.) oder durch allgemeine Komplikationen (Pneumonie,
471
Magen und Duodenum Herzinfarkt, Lungenembolie usw.). Die Letalität hängt von Art und Größe der Operation, vom Tumorstadium und dem Allgemeinzustand, Alter usw. des Patienten ab. Die Operationsletalität beträgt heute für die -
Operationsletalität:
subtotale distale Resektion 5 - 1 0 % Gastrektomie 8 - 2 0 % erweiterte Gastrektomie 1 5 - 3 0 % Kardiaresektion 1 0 - 2 5 % palliative Operationen 1 0 - 3 0 %.
< J = "
5-Jahre-Überlebenszeit: Wird im wesentlichen vom Tumorstadium (Lymphknotenmetastasierung, Serosadurchbruch usw.) und der Operationsletalität bestimmt. Beim Frühkarzinom beträgt sie 8 5 - 9 5 %, beim Makrokarzinom für die resezierten Patienten ( = relative Leistungszahl) 2 0 - 3 0 % , bezogen auf alle Kranken ( = absolute Leistungszahl) 1 0 - 1 5 % . Die erzielten Fortschritte wirken sich noch mehr auf die mediane Überlebenszeit als auf die 5-Jahres-Überlebensquote aus.
5-Jahres-Überlebenszeit: Frühkarzinom 85-95 %, Magenkarzinom 20-30%.
Lebensqualität: Schwer objektiv meßbar. Der Begriff beinhaltet viele Gesichtspunkte: normale Eßgewohnheiten statt strenger Diäten, körperliche Leistungsfähigkeit, Integration in Beruf und Familie, psychische Ausgeglichenheit usw. Viele Patienten sind nach großen Magenoperationen nicht wesentlich eingeschränkt. Für den alten Patienten ergeben sich jedoch oft Probleme; er bedarf der besonderen ärztlichen Führung und Beratung.
2.4.4.5.6 Nachsorge Das Schwergewicht der Nachsorge für den radikal operierten Patienten liegt angesichts der schlechten Prognose in der Verbesserung der Lebensqualität durch Behebung postoperativer Funktionsstörungen. Die Frühdiagnose eines lokalen Rezidivs im noch asymptomatischen Stadium ist durch regelmäßige Kontrolluntersuchungen (Tumormarker, Endoskopie, Röntgen) in etwa der Hälfte der Fälle möglich. Die Therapiemöglichkeiten sind jedoch gering.
2.4.4.5.7 Duodenalkarzinom
Duodenalkarzinom
Es ist wesentlich seltener (0,3 % aller gastrointestinalen Karzinome) als das Magenkarzinom. Das primäre Duodenalkarzinom kann supra-, peri- und infrapapillär lokalisiert sein, das sekundäre geht von benachbarten Organen (Pankreas, Papille, Gallengang) aus und greift auf das Duodenum über. Histologisch handelt es sich um Adenokarzinome mit geringer Metastasierungstendenz. Die Beschwerden sind atypisch, bei peripapillärem Sitz Ikterus durch Verschluß der Papilla Vateri. Auch massive Blutungen sind möglich, selten dagegen die Behinderung der Duodenalpassage. Die Diagnose wird röntgenologisch und endoskopisch-bioptisch
Nachsorge: regelmäßige Kontrolluntersuchungen.
gestellt.
Die Therapie besteht in der Resektion.
primäres Duodenalkarzinom, sekundäres Duodenalkarzinom: greift von benachbarten Organen über.
Beschwerden: Ikterus, evtl. massive Blutungen, selten Behinderung der Duodenalpassage. Diagnose: röntgenologisch, endoskopisch-bioptisch. Therapie: Resektion.
Bei einem kleinen Karzinom in der Pars I kommt die Resektion des Magens und die des angrenzenden Duodenalabschnitts in Frage, bei tiefersitzenden Tumoren ist die Duodenopankreatektomie angezeigt.
2.5 Postoperative Komplikationen Jede Operation hat ihre spezifischen Komplikationen. Sie sind trotz sorgfältiger Technik nicht immer vermeidbar.
Postoperative Komplikationen
472 1. Nachblutung: intraluminär und extraluminär. Hinweise: Schock und Blutung aus Magensonde oder Drainagen. Behandlung: - Relaparotomie, - Blutersatz, - Magenspülung. 2. Nahtinsuffizienz: gefährliche Komplikation. Anzeichen: - lokale oder diffuse Peritonitis, - Austritt von Sekret aus Drainage. Diagnosesicherung durch Gastrografinschluck. Behandlung: - Nahrungskarenz, - parenterale Ernährung, - Antibiotika, - Relaparotomie. 3. Duodenalstumpfinsuffizienz: Zeichen der Peritonitis, frühe Relaparotomie.
4. Postoperative Pankreatitis: ernste Komplikation, Behandlung konservativ mit Antibiotika.
5. Magen- oder Ösophagusverletzung: Zeichen der Peritonitis —»frühzeitige Relaparotomie.
6. Der operierte Magen Beschwerden durch pathologisch-anatomische oder pathophysiologische Störungen.
Wiez. B. Rezidivulzera: Wiederauftreten eines Geschwürs nach Ulkusoperation.
Symptome und Diagnose: - Schmerz, - Blutung und Erbrechen, - Gewichtsverlust (bei gastrokolischer Fistel), - Durchfall, - Foetor ex ore, - Koterbrechen.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes 2.5.1 Nachblutung Sie können intraluminär (Anastomosenbereich) und extrakluminär (Magengekröse, Verletzung der Milz, der Leber etc.) erfolgen. Schock und Blutung aus Magensonde oder Drainagen sind wichtige Hinweise. Behandlung: Bei der massiven Blutung frühzeitige Relaparotomie. Sonst Überwachung, Blutersatz, Magenspülung.
2.5.2 Nahtinsuffizienz Sehr gefährliche Komplikation. An der Gastroduodeno- oder Jejunostomie selten, häufiger an der Ösophagusanastomose (ca. 5 - 1 2 %). Zeichen der lokalen oder diffusen Peritonitis, Austritt von Intestinalsekret aus Drainagen, Diagnosesicherung durch Gastrografinschluck (Röntgenbild oder Nachweis im Urin). Therapie: Nahrungskarenz, parenterale Ernährung, Antibiotika, ggf. Relaparotomie mit Drainage oder Übernähung.
2.5.3 Duodenalstumpfinsuffizienz Komplikation nach Billroth II (ca. 1 - 2 % ) bei schwierigem Nahtverschluß des Duodenums. Bei Zeichen der Peritonitis frühe Relaparotomie mit Dekkung des Duodenalstumpfes (Neumann-Netzmanschette, Drainage, Dauerabsaugung).
2.5.4 Postoperative Pankreatitis Meist Folge einer intraoperativen Verletzung des Pankreas, ζ. B. bei penetrierendem Ulkus, Mitresektion der Milz, zentraler Ligatur der A. lienalis. Ernste Komplikation, Behandlung konservativ (Nahrungskarenz, Antibiotika), selten operativ (Nekrosektomie, Drainage und Spülung der Bauchhöhle).
2.5.5 Magen- oder Ösophagusverletzung Bei der Vagotomie mechanische Verletzung der Wand oder ischämische Nekrose. Zeichen der Peritonitis zwingen zur frühzeitigen Relaparotomie (Übernähung, Drainage der Bauchhöhle).
2.5.6 Der operierte Magen Nach jeder Magenoperation können - wenn auch selten - Beschwerden auftreten, bedingt durch pathologisch-anatomische oder pathophysiologische Störungen.
2.5.6.1 Rezidivulzera Definition: Wiederauftreten eines Geschwürs nach Ulkusoperation (Magenresektion oder Vagotomie). Folgende Ursachen kommen hierfür in Frage: ungenügende HCl-Reduktion, weil der Restmagen zu groß oder die Vagotomie inkomplett ist, Reste von Antrumschleimhaut (subkardial oder im Duodenalstumpf), Anastomosenstenose nach Billroth I, extragastrale Faktoren, wie Hyperparathyreoidismus, Zollinger-Ellison-Syndrom. Nach Billroth-IIResektion findet sich das Ulkus meist in der abführenden Jejunumschlinge (Ulcus pepticum jejuni). Selten entsteht eine gastrokolische Fistel, häufiger sind die massive Blutung und Penetration des Geschwürs. Symptome und Diagnose: Typisch sind Schmerz, Blutung und Erbrechen. Bei der gastrokolischen Fistel erheblicher Gewichtsverlust, Durchfälle, Foetor ex ore und Koterbrechen. Endoskopie und Röntgen-Kontrastuntersuchungen sichern die Diagnose. Therapie: Zunächst konservativ, bei Komplikationen oder Therapieresistenz ist die Operation angezeigt. Diese richtet sich nach dem vorausgegangenen
Magen und Duodenum
473
Eingriff, dem Lokalbefund, nach Allgemeinzustand und Alter des PatienAls Operationsverfahren kommen in Frage: Vervollständigung der Vagotomie, Magennachresektion, Umwandlung eines Billroth II in einen Β I oder transthorakale trunkuläre Vagotomie. Bei der gastrokolischen Fistel ist nach sorgfältiger Vorbereitung des Patienten (hyperkalorische parenterale Ernährung) die Nachresektion und Fistelübernähung am Querkolon bzw. auch Kolonresektion notwendig. Beim Zollinger-Ellison-Syndrom Behandlung mit Cimetidine oder Gastrektomie. Da die Gastrinome häufig multipel vorkommen (s. auch S.695), ist die Pankreasresektion selten sinnvoll.
2.5.6.2 Syndrom der zuführenden Schlinge (Abb. 24-41) Das Syndrom der zufuhrenden Schlinge entsteht nach Billroth-II. Resektion als Folge einer zu lang gewählten Darmschlinge oder einer Stenose an der Anastomose. Der Duodenalinhalt staut sich und das Duodenum erweitert sich unförmig. Es kommt zur Stase mit Keimbesiedlung und Ikterus, dazu Inappetenz, Völlegefühl und eruptives Galleerbrechen, Gefahr der Durchwanderungsperitonitis.
Diagnosesicherung durch Endoskopie und Röntgenkontrastuntersuchung. Therapie: bei konservativer Therapieresistenz —>Operation. Operationsverfahren: Vervollständigung der Vagotomie —» Magennachresektion —> Umwandlung Billroth II in Billroth I oder transthorakale Vagotomie. Bei gastrokolischer Fistel: Nachresektion und Fistelübernähung. Bei Zollinger-Ellison-Syndrom: Cimetidine oder Gastrektomie. Syndrom der zuführenden Schlinge (Abb. 24-41) Entstehung nach Billroth-Il-Resektion als Folge einer zu lang geratenen Darmschlinge oder Stenose an der Anastomose. Folge: unförmige Erweiterung des Duodenums —> Stase mit Keimbesiedlung und Ikterus. Gefahr der Durchwanderungsperitonitis.
Abb. 24-41 Zuführendes Schlingensyndrom nach Billroth II. Typ I = Stenose der zuführenden Schlinge Typ II = zu lange zuführende Schlinge Therapie: Enteroanastomose zwischen dem gestauten Duodenum und der abfuhrenden Schlinge.
Therapie: Enteroanastomose.
2.5.6.3 Alkalische Refluxgastritis (s.S. 452) 2.5.6.4 Refluxösophagitis Durch den Wegfall der Kardia nach Gastrektomie oder oberer Magenteilresektion kann Darm bzw. Mageninhalt in die Speiseröhre zurückfließen. Die sehr empfindliche Ösophagusschleimhaut reagiert mit entzündlichen Veränderungen, Ulzerationen und Narbenstenosen. Hauptsymptom ist der aufsteigende retrosternale Schmerz, ferner Sodbrennen, Regurgitation und Dysphagie. Im Liegen und beim Bücken verstärken sich die Symptome. Die Diagnose wird durch Röntgenkontrastuntersuchung (Kopftieflagerung) und Ösophagoskopie gestellt. Behandlung: adstringierende Medikamente, Schlafen mit erhöhtem Oberkörper. Die Refluxösophagitis kann mittels entsprechender Operationstechniken beim Primäreingriff weitgehend verhindert werden, ζ. B. Jejunuminterposition nach Longmire, Jejunoplicatio nach Schreiber-Eichfuss oder Peiper und Siewert.
2.5.6.5 Karzinom im Magenstumpf Bei bis zu 10 % der Magenoperierten entwickeln sich nach einem Intervall von 1 5 - 2 0 Jahren im Magenstumpf (überwiegend nach Billroth II) Karzinome. Deshalb sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen (Endoskopie mit
Refluxösophagitis bei Wegfall der Kardia nach Gastrektomie —> Rückfluß des Mageninhaltes in Speiseröhre. Folge: entzündliche Veränderungen, Ulzerationen, Narbenstenose. Hauptsymptom: aufsteigender restrosternaler Schmerz. Verstärkung der Symptome im Liegen und beim Bücken. Diagnose: Röntgenkontrastuntersuchung, Ösophagoskopie. , Therapie: - adstringierende Medikamente, - Schlafen mit erhöhtem Oberkörper, - Verhinderung der Refluxösophagitis beim Primäreingriff immer möglich.
Karzinom im Magenstumpf Auftreten besonders nach Billroth II. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen erforderlich. Behandlung: Gastrektomie.
474
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes Biopsie) erforderlich. Die Karzinomentstehung wird der chronischen Refluxgastritis zugeschrieben. Wenn noch möglich, ist die Gastrektomie angezeigt.
Dumping-Syndrom Frühsyndrom: Kreislaufreaktion durch Überdehnung des Je· junums (Sturzentleerung). Folge: vermehrter Flüssigkeitseinstrom in das Darmlumen mit den Symptomen: - Völlegefühl, - Schwindel, - Kopfschmerzen, - Tachykardie, - Schweißausbruch. Spätsyndrom: Ursache: Hyperglykämie. Symptome: - Schweißausbruch, - Benommenheit, - Kopfschmerzen, - Heißhunger, - Zittern. Therapie: kleine kohlenhydratarme Mahlzeiten, Kreislaufmittel. Operativ: bei schweren Störungen. Umwandlung Billroth II in Billroth I mit oder ohne Jejunuminterposition. Agastrische Dystrophie Ernährungsstörung besonders nach totaler Magenexstirpation. Entstehung durch Verdauungsinsuffizienz oder verminderte Nahrungsaufnahme. Symptome: - Gewichtsverlust, - Hypoproteinämie, - Hypoalbuminämie, - Durchfälle, - Eiweißmangelödeme. Schlechte Resorption von Nähr- und Ergänzungsstoffen. Therapie: kleine häufige energie- und vitaminreiche Mahlzeiten. Pankreasfermente. Anämie Auftreten nach Magenoperation und Gastrektomie. Ursache: Eisenmangel und Mangel an Vitamin B,2. Behandlung: Vitamin B12 und evtl. Eisen.
Störungen nach Vagotomie Symptome: Dysphagie, Diarrhoe, Störungen der Magenmotorik. Konservative Therapie.
2.5.6.6 Dumping-Syndrom Pathogenese noch nicht ganz geklärt. Beim Frühsyndrom (eine Stunde postprandial) dominieren Kreislaufreaktionen durch Überdehnung des Jejunums (Sturzentleerung!). Dabei entsteht eine Hyperämie des Splanchnikusgebietes mit vermehrtem Flüssigkeitseinstrom in das Darmlumen (Osmoregulation!). Die typischen Symptome sind Völlegefühl, Schwindel, Kopfschmerzen, Tachykardie und Schweißausbruch. Das postalimentäre Spätsyndrom ( 2 - 3 Stunden postprandial) beruht auf einer Hyperglykämie. Ein plötzliches großes Kohlenhydratangebot führt zur Hyperglykämie und löst eine überschießende Insulin-Ausschüttung aus. Diese senkt den Blutzucker sehr stark und führt zur Hypoglykämie mit den typischen Symptomen Schweißausbruch, Benommenheit, Kopfschmerzen, Heißhunger und Zittern. Möglicherweise spielen auch intestinale Hormone (ζ. B. Serotonin) in der Pathogenese eine Rolle. Das Dumping-Syndrom tritt vorwiegend beim Billroth II u n d zwar nach Ulkusresektionen auf. Die Behandlung ist zunächst konservativ: häufige kleine und kohlenhydratarme Mahlzeiten, Kreislaufmittel. Bei schweren Störungen operativ: Umwandlung des Billroth II in einen Billroth I, mit oder ohne Jejunuminterposition. Prinzip ist eine Verzögerung der Magenpassage.
2.5.6.7 Agastrische Dystrophie Die agastrische Dystrophie, eine Ernährungsstörung, wird nach Magenteilresektion kaum beobachtet, häufiger jedoch nach totaler Magenexstirpation. Sie entsteht durch eine Endokarenz, d. h. durch eine Verdauungsinsuffizienz mit verminderter Nährstoffresorption und durch eine Exokarenz, d. h. verminderte Nahrungsaufnahme. Symptome sind: Gewichtsverlust, Hypoproteinämie und Hypoalbuminämie, Durchfälle, Eiweißmangelödeme, insbesondere die Resorption der Fette und Eiweiße ist gestört. Als Folge der mangelhaften Fettverdauung werden andere Nähr- und Ergänzungsstoffe (fettlösliche Vitamine) schlecht resorbiert. Die Behandlung besteht in kleinen, aber häufigen energie- und vitaminreichen Mahlzeiten; u m die Endokarenz zu verringern, werden Pankreasfermente appliziert.
2.5.6.8 Anämie Nach Magenoperationen, insbesondere nach Gastrektomie, können hypound hyperchrome Anämien auftreten. Ursache der hypochromen Anämie ist ein Eisenmangel (Resorptionsstörung), die der hyperchromen Anämie ein Mangel an Vitamin B12. Die hyperchrome Anämie tritt nach Totalentfernung des Magens oder teilresezierten Magen oder wegen atrophischer Gastritis auf. Pathogenetisch liegt der megaloblastären perniziösen Anämie ein Mangel an Intrinsic factor zugrunde, der im Magenkorpus/-fundus gebildet wird und für die Vitamin-B 1 2 -Resorption verantwortlich ist. Zur Behandlung wird Vitamin B12 parenteral und evtl. Eisen verabreicht.
2.5.6.9 Störungen nach Vagotomie Es handelt sich meist u m nur kurzfristig auftretende Symptome, wie Dysphagie, Diarrhoe, Störungen der Magenmotorik. Häufigkeit 1 0 - 1 5 % ; nur konservative Therapie.
475
Magen und Duodenum 2.5.7 Fehlbildungen (s. Kapitel XXX. Kinderchirurgie) 2.5.8 Pylorusspasmus (s. Kapitel XXX. Kinderchirurgie)
2.5.9 Verätzungen Ebenso wie die Speiseröhre kann auch die Magenschleimhaut durch starke Säuren oder Laugen (meist beim Suizidversuch) verätzt werden (s. auch S. 437). Die Diagnose ergibt sich aus der Anamnese und Endoskopie. Die Patienten klagen über heftige Schmerzen im Epigastrium, bei Perforation Entwicklung peritonitischer Symptome. Die Therapie der frischen Verätzung umfaßt Schmerzbekämpfung, Spülung und Neutralisation, entweder mit schwacher Säure oder Trispuffer, Schockbekämpfung, Antibiotika, evtl. Kortison-Präparate, hierbei jedoch Gefahr der Perforation. Bei Perforation ist immer die Operation angezeigt (evtl. Ösophagusexstirpation und Gastrektomie, Ernährungsfistel und Ösophagostoma). Später Rekonstruktion des Verdauungsweges durch Jejunum- oder Koloninterposition.
2.5.10 Verletzungen des Magens und Duodenums
Verätzungen betroffen ist die Magenschleimhaut durch starke Säuren oder Laugen. Symptome: heftige Schmerzen im Epigastrium, bei Perforation —» perionitische Symptome.
Therapie: - Schmerzbekämpfung, - Spülung und Neutralisation mit schwacher Säure oder Trispuffer, - Schockbekämpfung, - Antibiotika, - evtl. Kortisonpräparate (Gefahr der Perforation). Bei Perforation: immer Operation. Später: Rekonstruktion.
(s. Kapitel XXXII. 12. Abdominalverletzungen)
2.5.11 Fremdkörper Vor allem Kinder, aber auch Psychopathen und Strafgefangene verschlucken versehentlich, im letzteren Falle auch absichtlich Gegenstände (Münzen, Nadeln, Messer, Schlüssel usw.). Meist geht es ohne Verletzung ab, da Fremdkörper den Intestinaltrakt ohne weiteres passieren können. Größere Gegenstände bleiben jedoch meist im Magen liegen; sie fuhren evtl. zur Blutung oder Perforation. Nachweis der Fremdkörper röntgenologisch oder endoskopisch. Meist ist die endoskopische Entfernung möglich.
2.5.12 Divertikel des Magens und Duodenums Magendivertikel sind selten. Sie liegen überwiegend an der Hinterwand der kleinen Kurvatur und im oberen Magenabschnitt und bleiben asymptomatisch, gelegentlich verursachen sie Symptome wie ein Ulkus. Diagnose durch Röntgenuntersuchung. Therapie durch Resektion des Divertikels. Im Duodenum sind Divertikel häufiger (5-22%). Sie können in allen Abschnitten des Duodenums vorkommen, sitzen aber vorwiegend an der Hinterwand und in der Nähe der Papille. Man erkennt sie im Röntgenbild als sackartige Ausstülpungen. Meist bestehen keine Symptome, gelegentlich jedoch Brechreiz, Druckgefühl im Oberbauch, aber auch Schmerzen. Bei Retention von Speisen im Divertikel kann sich eine Entzündung der Schleimhaut mit ulkusartigen Beschwerden entwickeln. Bei Druck des gefüllten Divertikels auf die Papilla Vateri entsteht ein intermittierender Ikterus. Die Operation kommt nur bei erheblichen Beschwerden oder Komplikationen (Blutungen, Verschlußikterus, Pankreatitis) in Frage. Das Divertikel wird eingestülpt oder abgetragen, selten ist eine Ausschaltung der duodenalen Speisepassage durch einen Billroth II notwendig. Bei der Divertikeloperation ist die postoperative Pankreatitis eine gefürchtete Komplikation.
2.5.13 Volvulus des Magens Der Volvulus kommt durch eine Drehung des Magens u m seine vertikale oder horizontale Achse zustande. Man findet ihn vorwiegend als Upsidedown-stomach bei der paraösophagealen Hiatushernie. Beim Volvulus kann es zu einer Ernährungsstörung des Magens kommen.
Fremdkörper: Nachweis: röntgenologisch oder endoskopisch. Meist endoskopische Entfernung möglich.
Divertikel des Magens: Symptome wie Ulkus. Diagnosesicherung durch Röntgenuntersuchung. Therapie: durch Resektion des Divertikels.
Divertikel des Duodenums: Symptome: selten. Gelegentlich: Brechreiz, Druckgefühl im Oberbauch, Schmerzen.
Operative Therapie: nur bei erheblichen Beschwerden oder Komplikationen, wie: Blutungen, Verschlußikterus, Pankreatitis. Verfahren: Divertikel einstülpen oder abtragen. Gefürchtete Komplikation ist postoperative Pankreatitis. Volvulus des Magens: Entstehung durch Drehung des Magens um vertikale oder horizontale Achse. Folge: Ernährungsstörung.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
476 Symptome: - heftiger Schmerz, - Erbrechen, - Zeichen des akuten Abdomens. Therapie: Laparotomie mit Detorsion und Anheftung des Magens an der Bauchwand. Liquordrai nage.
Symptome: heftiger Schmerz, Erbrechen und Zeichen des akuten Abdomens. Therapie: Laparotomie mit Detorsion und Anheftung des Magens an der Bauchwand (Gastropexie).
Literatur Bünte, H., Langhans, P.: 100 Jahre Ulkuschirurgie. Urban und Schwarzenberg, M ü n c h e n - W i e n - B a l t i m o r e 1982 Häring, R., Franke, H.: Gastrektomie und Kardiaresektion beim Magenkarzinom. Thieme, Stuttgart 1970 Häring, R. (Hrsg.): Therapie des Magenkarzinoms. Edition Medizin, Weinh e i m - D e e r f i e l d B e a c h - F l o r i d a - B a s e l 1984 Priesching, Α.: Die Therapie des Magenkarzinoms. Urban und Schwarzenberg, M ü n c h e n - W i e n - B a l t i m o r e 1980
477
Blinddarm (Jejunum, Ileum)
3. Dünndarm (Jejunum, Ileum)
Dünndarm (Jejunum, Ileum)
Th. Karavias 3.1 Anatomie und Physiologie Der Dünndarm besteht aus dem Duodenum, Jejunum und Ileum. Im Gegensatz zum D u o d e n u m liegen Jejunum und Ileum vollständig intraperitoneal. Das Jejunum beginnt an der Flexura duodeno jejunalis (Treitz-Band) und geht ohne sichtbare anatomische Grenze in das Ileum über, das in der Valvula ileocaecalis (Bauhin-Klappe) endet. Durch den Aufhängeapparat (Mesenterium) sind diese Darmabschnitte sehr beweglich. Die arterielle Versorgung erfolgt über die A. mesenterica superior, die unterhalb des Truncus coeliacus von der Aorta entspringt. Die entsprechenden Venen bilden die V. mesenterica superior, die in die V. portae mündet. Die Lymphgefäße münden in die Cisterna chyli. Die parasympathische Innervation erfolgt über präganglionäre Fasern des Vagus, die sympathische Innervation aus präganglionären Fasern aus dem 10. thorakalen Segment des Rückenmarkes. Die Synapsen zu den postganglionären Fasern finden sich im Ganglion mesentericum superius. Bei der Eröffnung des Abdomens ist der Dünndarm nicht sofort sichtbar. Erst nach Hochschlagen des Omentum majus sieht man das Dünndarmkonvolut, das unterhalb des Colon transversum liegt. Die oberen % gehören dem Jejunum, die unteren % dem Ileum an. Intraoperative Zeichen der Darmvitalität sind: die blaugraue, glänzende Serosa, die spontane oder durch Berührung ausgelöste Peristaltik und die Pulsationen der Gefäße am mesenterialen Ansatz. Die Hauptaufgaben des Dünndarms sind der Transport, die Digestion und Resorption des Chymus. Zusätzlich hat der Dünndarm endokrine (Sekretion von Gewebehormonen) und immunologische Funktionen. Durch die Kerckring-Falten und Zotten mit Bürstensaum wird die gesamte Resorptionsfläche des ca. 5 m langen Dünndarmrohres auf das 600fache vergrößert. Von Bedeutung sind die Absorptionsorte der verschiedenen Substanzen. Im oberen Dünndarm werden die meisten Aminosäuren, Kohlenhydrate, Monoglyzeride, Vitamine, Kalzium, Magnesium und Eisen resorbiert, im distalen Ileum Vitamin B l2 und Gallensalze.
3.2 Chirurgische Pathophysiologie Die Mehrzahl der chirurgischen Dünndarmerkrankungen kann zu 4 charakteristischen Syndromen fuhren: Malassimilation, Ileus, Peritonitis und intestinaler Blutverlust.
3.2.1
Malassimilation
Malassimilation ist die Unfähigkeit des Gastrointestinaltraktes, die durch die Nahrung aufgenommenen Substanzen fermentativ aufzuspalten (Maldigestion) und in die Körperflüssigkeiten (Blut und Lymphe) zu transportieren (Malabsorption). Die Ursachen der Malassimilation sind vielfältig. Es gibt fließende Übergänge zwischen Maldigestion und Malabsorption. Bei angeborenem Fehlen von bestimmten Fermenten und Transportsystemen können auch einzelne Substanzen (Aminosäuren, Kohlenhydrate, Fette) betroffen sein. Auch ex-
Dünndarm besteht aus Jejunum und Ileum, die durch besonderen Aufhängeapparat beweglich sind.
Bei Eröffnung des Abdomens: Dünndarm sichtbar nach Hochschlagen des Omentum majus. Zeichen der Darmvitalität: - blaugraue glänzende Serosa, - spontane oder durch Berührung ausgelöste Peristaltik - Pulsation der Gefäße am mesenterialen Ansatz. Aufgaben des Dünndarms: - Transport, Digestion, - Resorption des Chymus. Ferner: - endokrine, immunologische Funktionen. Vergrößerung der Resorptionsfläche durch die Kerckring-Falten und Zotten. Absorptionsorte. Oberer Dünndarm: Aminosäuren, Kohlenhydrate, Monoglyceride, Vitamine, Kalzium, Magnesium, Eisen. Distales Ileum: Vitamin B12, Gallensalze. Pathophysiologie: 4 charakteristische Syndrome: - Malassimilation, - Ileus, - Peritonitis, - intestinaler Blutverlust. Malassimilation Unfähigkeit des Gastrointestinaltraktes, die mit der Nahrung aufgenommenen Substanzen fermentativ zu spalten (Maldigestion) und diese in die Körperflüssigkeiten Blut und Lymphe zu transportieren (Malabsorption).
478
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes traintestinale S t ö r u n g e n k ö n n e n zu einer M a l a s s i m i l a t i o n f ü h r e n , wie ζ. B. F e h l e n von p a n k r e a t i s c h e n F e r m e n t e n , M a n g e l an G a l l e n s ä u r e n , Ausfall der R e s e r v o i r f u n k t i o n des M a g e n s , z.B. n a c h G a s t r e k t o m i e u n d E i n f l u ß von M e d i k a m e n t e n (ζ. B. C h o l e s t y r a m i n , L a x a n z i e n , Zytostatika, A n t i b i o t i k a usw.).
Abb. 24-42 zeigt Krankheitsbilder die zur Malassimilation führen und für die Chirurgie Bedeutung haben: - intestino-kutane Fistel, - intestino-kolische Fistel, - Tumoren des Dünndarms, - Tumoren des Mesenteriums, - ausgedehnte Dünndarmresektion, - Syndrom der blinden Schlinge, - Pankreatektomie, - Gastrektomie, - ausgedehnte entzündliche Veränderung (Morbus Crohn).
V o n chirurgischer Bedeutung sind folgende Krankheitsbilder, die zur Malassim i l a t i o n f ü h r e n k ö n n e n (Abb. 24-42): i n t e s t i n o - k u t a n e u n d intestino-kolische Fistel, T u m o r e n des D ü n n d a r m s u n d des M e s e n t e r i u m s , a u s g e d e h n t e D ü n n d a r m r e s e k t i o n , S y n d r o m der b l i n d e n Schlinge, P a n k r e a t e k t o m i e , G a strektomie, a u s g e d e h n t e e n t z ü n d l i c h e V e r ä n d e r u n g e n (wie bei M o r b u s Crohn).
a) b) c) d) e) f) g) h)
nach Gastrektomie, bei Pankreatitis oder Pankreatektomie, blinde Schlinge, Dünndarmfistel, Mesenterialtumor, Dünndarmentzündung (z.B. Morbus Crohn), ausgedehnte Dünndarmresektion, nach Proktokolektomie und Neostomie
Abb. 24-42 Malassimilations-Syndrome aus chirurgischer Sicht.
Symptome der Malassimilation: - Gewichtsverlust, - Durchfälle, - Nachtblindheit, - petechiale Hautblutungen, - Rückenschmerzen - Ödeme, - tetanische Krämpfe, - Adynamie.
S y m p t o m e der M a l a s s i m i l a t i o n sind vor allem Gewichtsverlust u n d D u r c h fälle (wäßrige, ü b e l r i e c h e n d e , fetthaltige, g l ä n z e n d e Stühle von m e h r als 200 g Gewicht täglich), N a c h t b i l d h e i t (Vitamin-A-Mangel), petechiale H a u t blutungen (Vitamin-K-Mangel), Rückenschmerzen (durch Osteomalazie u n d Osteoporose), Ö d e m e ( d u r c h H y p o p r o t e i n ä m i e ) , t e t a n i s c h e K r ä m p f e ( d u r c h K a l z i u m m a n g e l ) , A d y n a m i e (durch K a l i u m m a n g e l ) .
3 . 2 . 2 I l e u s (s. Kapitel XXIV./5.) 3 . 2 . 3 P e r i t o n i t i s (s. Kapitel XXIV./9.) 3 . 2 . 4 I n t e s t i n a l e B l u t u n g (s. Kapitel XXIV./7.) Untersuchungsverfahren für eine Dünndarmerkrankung sprechen folgende Symptome: diffuse oder periumbilikale krampfartige Bauchschmerzen, Durchfälle, Übelkeit, Erbrechen, Anorexie, Borborygmi, Teerstühle, Fieberschübe. Röntgenuntersuchung: - Abdomenleeraufnahme im Stehen, - Dünndarmpassage mit Kontrastmittel (Barium), - selektive Angiographie,
3.3 Untersuchungsverfahren F o l g e n d e klinischen S y m p t o m e k ö n n e n f ü r eine D ü n n d a r m e r k r a n k u n g sprec h e n : d i f f u s e o d e r a u c h periumbilikale krampfartige B a u c h s c h m e r z e n , Durchfälle, Übelkeit u n d E r b r e c h e n , Anorexie, Borborygmi, Teerstühle, Fieb e r s c h ü b e u n d Z e i c h e n der M a l a s s i m i l a t i o n . Z u r d i a g n o s t i s c h e n A b k l ä r u n g s t e h e n u n s folgende U n t e r s u c h u n g s v e r f a h r e n zur V e r f ü g u n g . Röntgenuntersuchung: A b d o m e n l e e r a u f n a h m e im S t e h e n , D ü n n d a r m p a s s a g e m i t b a r i u m h a l t i g e m K o n t r a s t m i t t e l (Enteroklysma n a c h Seilink), die selektive A n g i o g r a p h i e (Mesenterikographie),
Blinddarm (Jejunum, Ileum) die Computertomographie mit und ohne Kontrastmittel, die Fistulographie (Darstellung von Fisteln). Endoskopie: Duodeno- bzw. Enteroskopie mit langem flexiblen Endoskop. Histologie: Das Biopsiematerial kann gezielt bei der Endoskopie bzw. blind durch Aspirationssonde gewonnen werden. Stuhluntersuchungen auf Blut, Parasiten, Bakterien, unverdaute Fasern, Fett- und Stickstoffgehalt. Funktionsdiagnostik: D-Xylosetest, Laktose-Toleranztest, Schilling-Test und atemanalytische Tests unter Verwendung von 14C- bzw. H 2 -markierten Stoffen. Blutchemische Untersuchungen: zur Feststellung von Mangelerscheinungen, Entzündungszeichen bzw. Bestimmung von Hormonen. Peritoneallavage: vor allem beim stumpfen Bauchtrauma (s. dort). Die explorative Laparotomie, bei unklaren Prozessen.
479 - Fistulographie, - Computertomographie mit und ohne Kontrastmittel. Endoskopie: Duodeno- bzw. Enteroskopie mit langem flexiblen Endoskop. Histologie: Biopsiematerial bei Endoskopie oder durch Aspirationssonde. Stuhluntersuchungen auf: Blut, Bakterien, Parasiten, unverdaute Fasern, Fett- und Stickstoffgehalt. Funktionsdiagnostik: - D-Xylosetest, - Laktose-Toleranztest, - Schilling-Test, - atemanalytische Tests. Blutchemische Untersuchungen zur Klärung von: Mangelerscheinungen, Entzündungszeichen, Hormonbestimmung. Peritoneallavage: bei stumpfem Bauchtrauma. Explorative Laparotomie: bei unklaren Prozessen.
3.4 Entzündliche Erkrankungen des Dünndarms
Entzündliche Erkrankungen des Dünndarms
3.4.1 Enteritis regionalis (Morbus Crohn)
1. Enteritis regionalis (Morbus Crohn): chronisch rezivierende unspezifische Entzündung des gesamten Gastrointestinaltraktes. Häufigste Lokalisation: Dünn- und Dickdarm.
Es handelt sich um eine chronisch rezidivierende unspezifische Entzündung, die den gesamten Gastrointestinaltrakt befallen kann, am häufigsten jedoch den Dünn- und Dickdarm. Die Inzidenz der Erkrankung wird auf 2 bis 6 Neuerkrankungen pro 100000 Einwohner und Jahr geschätzt. Es wurde keine eindeutige Geschlechtsprädilektion beobachtet. Die Erkrankung ist häufig in Mittel- und Nordeuropa sowie bei der weißen Bevölkerung in den USA. Der Altersgipfel der Manifestation der Erkrankung liegt um das 30. Lebensjahr. Die Ätiologie des Morbus Crohn ist nicht bekannt. Angeschuldigt werden Infektionen des Darms mit Rotaviren, mit Pseudomonasstämmen sowie kapsellosen Mykobakterien und diätetischen Faktoren, vor allem der gesteigerte Konsum von Zucker, Süßigkeiten und Backwaren. Immunologische Faktoren sollen beim Morbus Crohn wie auch bei der Colitis ulcerosa eine wichtige Rolle spielen. Pathologisch-anatomisch handelt es sich um eine granulierende transmurale Entzündung der Darmwand. Charakteristisch ist der diskontinuierliche und segmentale Ausbreitungsmodus. Am häufigsten ist das terminale Ileum (90 % der Fälle) betroffen. Der Dünndarm allein ist in 30 %, während das Kolon in 10 % allein befallen ist. Am häufigsten liegt eine Ileokolitis vor (fast 60 % der Fälle). Primär handelt es sich um einen Befall der Submukosa, wo man gehäuft Lymphozytenaggregate findet. Die Entzündung führt zu einer Verdickung der Darmwand, Stenosierung, fissurartigen Ulzerationen der Schleimhaut, Fistelbildungen, Verklebung der Darmschlingen untereinander. Die mesenterialen Lymphknoten können ebenfalls verändert sein. Sowohl in der Darmwand, als auch in den Lymphknoten findet man gelegentlich (bis zu 30%) epitheloidzellige Granulome, die man früher für ein pathognomonisches Zeichen der Erkrankung hielt. Symptome und Verlauf: Meist beginnt die Erkrankung schleichend mit abdominalen Schmerzen, Durchfällen, Gewichtsabnahme, Fieberschüben, Anorexie und anorektalen Komplikationen (s. u.). Exazerbationen und Spontanremissionen sind für die Erkrankung charakteristisch.
Ätiologie: unbekannt. Vermutung: Infektionen des Darms, diätetische und immunologische Faktoren.
Pathologisch: granulierende transmurale Ent zündung der Darmwand. Charakteristikum: diskontinuierliche und segmentale Ausbreitung. Folge: Verdickung der Darmwand, Stenosierung, fissurartige Ulzerationen der Schleimhaut, Fistelbildung, Verklebung der Darmschlingen, Veränderung der mesenterialen Lymphknoten. Symptome und Verlauf: - schleichender Beginn, - abdominale Schmerzen, - Durchfälle, - Gewichtsabnahme, - Fieberschübe, - Anorexie, - anorektale Komplikationen. Weiteres Charakteristikum: Exazerbationen und Spontanremissionen.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
480 Selten akut. Dann aber: Fieber und rechtsseitige Unterbauchschmerzen. Komplikationen: kompletter Ileus, Darmperforation, massive intestinale Blutung, toxisches Megakolon.
Der a k u t e Beginn ist selten. Die S y m p t o m a t i k ist d a n n ä h n l i c h wie bei der a k u t e n A p p e n d i z i t i s mit F i e b e r u n d rechtsseitigen U n t e r b a u c h s c h m e r z e n . Komplikationen: Der komplette Ileus ist die häufigste akute K o m p l i k a t i o n der E r k r a n k u n g (40 %). Weitere a k u t e K o m p l i k a t i o n e n sind die D a r m p e r f o r a tion, die massive intestinale B l u t u n g u n d b e i m Kolonbefall das toxische M e gakolon.
< a ί
/b
a) b) c) d) e) f)
Blutung, Stenose, Perforation, Konglomerattumor, Intestinovesikale Fistel, Abszeß
Abb. 24-43 Komplikationen der Crohn Erkrankung. Chronische Komplikationen: (Abb.24-43) Fistelbildungen. Folge: Malabsorptionssyndrom, Entzündungen, ständige Sekretionen. Konglomerattumoren: Passagestörungen, rezidivierende Subileuszustände. Morbus Crohn: - schmerzlose Fissuren, - ödematöse Marisken, - anorektale Abszesse, - Fisteln.
Von d e n c h r o n i s c h e n K o m p l i k a t i o n e n (Abb. 24-43) sind die Fistelbildungen f ü r die E r k r a n k u n g charakteristisch. Es h a n d e l t sich u m Fisteln zwischen d e n erkrankten D a r m s e g m e n t e n u n d der K ö r p e r o b e r f l ä c h e bzw. zu a n d e r e n O r g a n e n (intestino-kutane, intestino-vaginale, intestino-vesikale Fisteln). Diese Fisteln belästigen den K r a n k e n d u r c h die ständige Sekretion, i n d u z i e ren E n t z ü n d u n g e n anderer O r g a n e (Blase, Vagina, Niere) u n d k ö n n e n ein M a l a b s o r p t i o n s s y n d r o m hervorrufen. Sekretverhaltung in Fisteln sowie gedeckte P e r f o r a t i o n e n k ö n n e n zu intra- u n d retroperitonealen A b s z e d i e r u n gen f ü h r e n . Konglomerattumore e n t s t e h e n d u r c h Verklebung von m e h r e r e n D a r m s c h l i n gen. Sie verursachen d u r c h die Passagestörung rezidivierende S u b i l e u s z u stände. Ebenfalls charakteristisch sind die anorektalen K o m p l i k a t i o n e n b e i m Morbus C r o h n : Es h a n d e l t sich u m schmerzlose Fissuren, teigig ö d e m a t ö s e Marisken, anorektale Abszesse u n d Fisteln. M a n sollte bei e n t z ü n d l i c h e n intestinalen E r k r a n k u n g e n u n d g e h ä u f t e n anorektalen Abszessen i m m e r an M o r b u s C r o h n d e n k e n . Diese K o m p l i k a t i o n e n k ö n n e n a u c h lange vor A u s b r u c h der intestinalen Symptomatik auftreten.
Ferner beim Morbus Crohn: Karzinomrisiko 6-20mal erhöht.
Extraintestinale Manifestationen beim Morbus Crohn: - Augenveränderungen, - Spondylitis, - Arthritis, - Cholangitis, - Hautveränderung, - Erythema nodosum und gangraenosum Diagnose: Röntgen: segmentaler und diskontinuierlicher Befall, meist am Ileum mit: - Ulzerationen, - Stenosen, - Pseudodivertikelbildung, - pflastersteinähnliches Relief durch Ödem, - Fistelbildung (Abb.24-44)
E i n e A n h ä u f u n g von m a l i g n e n D ü n n - u n d D i c k d a r m t u m o r e n b e i m M o r b u s C r o h n wurde ebenfalls b e o b a c h e t . Das Risiko des Kolonkarzinoms soll bei M o r b u s C r o h n des Kolons 6 - 2 0 m a l h ö h e r liegen als b e i m sonst G e s u n d e n . M e h r als ein Drittel der K a r z i n o m e , die im Z u s a m m e n h a n g m i t M o r b u s C r o h n b e s c h r i e b e n wurden, f a n d e n sich in operativ ausgeschalteten D a r m schlingen. Extraintestinale Manifestationen w u r d e n bei ca. 2 0 - 3 0 % der C r o h n - K r a n k e n b e o b a c h e t . Es h a n d e l t sich hierbei u m A u g e n v e r ä n d e r u n g e n (Uveitis, Iridozyklitis), Spondylitis, Arthritis, Cholangitis u n d H a u t v e r ä n d e r u n g e n , wie Erythema nodosum und gangraenosum. D i e D i a g n o s e wird a u f g r u n d der klinischen, röntgenologischen, endoskopischen u n d b i o p t i s c h e n U n t e r s u c h u n g e n gestellt. Röntgenologisch (Kolonkontrasteinlauf, Enteroklysma n a c h Seilink) sieht m a n e i n e n s e g m e n t a l e n u n d d i s k o n t i n u i e r l i c h e n Befall. A m h ä u f i g s t e n ist das I l e u m befallen. M a n sieht p o l y m o r p h e U l z e r a t i o n e n , lang- u n d kurzstreckige S t e n o s e n des D a r m e s , P s e u d o d i v e r t i k e l b i l d u n g d u r c h d e n a s y m m e t r i s c h e n Befall der D a r m w a n d u n d p f l a s t e r s t e i n ä h n l i c h e s
Blinddarm (Jejunum, Ileum)
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Relief durch das Ödem der Submukosa. Außerdem sind Fistelbildungen charakteristisch (Abb. 24-44). Endoskopisch sind die aphthoiden Schleimhautläsionen sowie die langgestreckten Ulzerationen und das Pflastersteinrelief charakteristisch.
Endoskopisch: - Pflastersteinrelief, - Ulzerationen, - aphthoide Schleimhautläsionen.
a) lleumbefall, b) Fistelbildung, c) polymorphe Ulzerationen, d) segmentärer Befall, e) Pflastersteinrelief, f) aphthoide Ulzerationen, g) diskontinuierlicher Befall, h) Pseudodivertikel, i) Rektum frei (80 %) Abb. 24-44 Röntgenologische Zeichen der Crohn-Erkrankung. In der Biopsie fällt die disproportionierte Entzündung der Submukosa gegenüber der Mukosa auf, die aphthoiden und fissuralen Ulzerationen, die Lymphozytenaggregate, und gelegentlich auch die epitheloidzelligen Granulome. Differentialdiagnostisch sind andere entzündliche Erkrankungen des Darms zu erwähnen, wie die Tuberkulose, Aktinomykose, Yersiniose und beim Kolonbefall die Colitis ulcerosa. Therapie: Beim komplikationslosen Verlauf wird der Patient internistischmedikamentös behandelt (s. Lehrbücher der inneren Medizin). Die Indikation zur sofortigen Operation ist beim Auftreten von akuten Komplikationen (s.o.) gegeben. Bei den chronischen Komplikationen ist die operative Behandlung zum Zeitpunkt der Wahl nach entsprechender Vorbereitung des Patienten angezeigt. Die Operationsmethode der Wahl ist die Resektion des befallenen Darmanteils mit knappem Sicherheitsabstand und grundsätzlich die End-zuEnd-Anastomose. Umleitungsoperationen sind zu vermeiden, denn sie beseitigen die Komplikationen nicht und erhöhen außerdem das Karzinomrisiko. Besondere Erwähnung verdient die Behandlung der anorektalen Komplikationen. Die Fissuren benötigen keine chirurgische Intervention, da sie keine Schmerzen bereiten. Lediglich die anorektalen Abszesse werden inzidiert und entleert. Eine typische Behandlung der Fisteln (etwa Fistelspaltung wie bei den üblichen idiopathischen Fisteln) ist nicht notwendig, ja sogar kontraindiziert. Fisteln beim Morbus Crohn können spontan abheilen und zwar in Zusammenhang mit der Aktivität der intestinalen Erkrankung. Fast alle Patienten mit Morbus Crohn werden wegen der Komplikationen der Erkrankung der Resektionsbehandlung zugeführt. Von den resezierten Patienten benötigen ca. 3 5 - 5 0 % innerhalb von 10 Jahren eine zweite Operation.
3.4.2 Darmtuberkulose Es handelt sich u m eine seltene Sekundärmanifestation einer primären Lungentuberkulose. A m häufigsten ist die Ileozökalregion befallen. Symptome der Erkrankung sind Unterbauchschmerzen, Fieberschübe und Gewichtsverlust. Hinzu kommen noch Symptome der pulmonalen Manifestation der Erkrankung.
Biopsie: - Entzündung der Submukosa, - Ulzerationen, - Lymphozytenaggregate, - selten Granulome. Differentialdiagnose beachten!
Therapie: Indikation zur Operation bei akuten Komplikationen. Operationsmethode der Wahl: Resektion des befallenen Darmanteils und End-zu-End-Anastomose.
Behandlung der anorektalen Komplikationen: operativ. Anorektale Abszesse: inzidieren und entleeren. Fistelspaltung kontraindiziert, da spontane Abheilung.
2. Darmtuberkulose Symptome: - Unterbauchschmerzen, - Fieberschübe, - Gewichtsverlust, - Symptome der pulmonalen Manifestation.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
482 Diagnose: kultureller Nachweis der Tuberkulosebakterien in: Sputum, Magensaft, Urin, Stuhl. Zusätzliche Röntgenuntersuchung und Koloskopie erforderlich. Therapie: hochdosierte Tuberkulostatika. Indikation zur Operation bei: Blutung, Ileus, Perforation, Fistelbildung. Methode der Wahl: Resektion mit End-zu-End-Anastomose. 3. Typhus abdominalis Geschwürsbildung bei Typhusinfektion. Selten Perforation und Peritonitis. Behandlung: operativ, Übernähung der Perforationsstelle. Tumoren des Dünndarms Man unterscheidet: benigne, maligne und semimaligne Tumoren, sowie tumorähnliche Läsionen.
Gutartige Dünndarmtumoren - Adenom, - Leiomyom, - Lipom, - Neurinom, - Angiom, - Fibrom. Symptome: chronische Anämie, Passagestörung bis zum Ileus. Durch Tumor —» Hyperperistaltik —» Einstülpung der Segmente, —> kolikartige Schmerzen und Erbrechen.
Diagnose: Dünndarmpassage nach Seilink. Angiographie. Therapie: Resektion und End-zu-End-Anastomose. Maligne Dünndarmtumoren - Adenokarzinom, - Lymphoretikulosarkom, - Leiomyosarkom.
Die Diagnose wird anhand des mikroskopischen und kulturellen Nachweises des Mycobacterium tuberculosis im Sputum, Magensaft, Urin und Stuhl gestellt. Zusätzliche röntgenologische Untersuchung der Lunge und des Darmes sowie Koloskopie sind erforderlich. Die Behandlung ist zunächst konservativ-medikamentös mit hochdosierten Tuberkulostatika-Gaben. Eine Indikation zur Operation liegt bei Auftreten von Komplikationen vor, wie massive Blutung, Ileus, Perforation und ausgedehnte Fistelbildungen. Die Methode der Wahl ist die Resektion und End-zu-End-Anastomose. Die Operation wird unter Tuberkulostatika-Schutz durchgeführt.
3.4.3 Typhus abdominalis Während der 3. Woche der Typhusinfektion des Darms kommt es zur Geschwürsbildung, in seltenen Fällen mit Perforation und Peritonitis. Dann ist die Indikation zur Operation gegeben. Die Perforationsstelle wird quer zur Längsachse des Darms übernäht.
3.5 Tumoren des Dünndarms Die Tumoren des Dünndarms sind relativ selten (sie machen ca. 5 % aller gastrointestinalen Tumoren aus). Dabei sind die gutartigen Neubildungen etwa lOmal häufiger als die bösartigen. Anhand der klinischen Dignität unterscheidet man zwischen den benignen, malignen und semimalignen Tumoren. Außerdem werden auch sog. tumorähnliche Läsionen beschrieben.
3.5.1 Gutartige Dünndarmtumoren Die häufigsten gutartigen Tumoren des Dünndarms sind epithelialen Ursprungs (Adenome in ca. 30 % der Fälle). Es folgen mesenchymale Tumoren, wie das Leiomyom (25 %), das Lipom (20 %), das Neurinom, Angiom und Fibrom. Symptome der gutartigen Dünndarmtumoren sind die chronische Anämie wegen rezidivierender Blutungen sowie die Passagestörungen bis zum Ileus durch Obstruktion bzw. Invagination. Durch die vom Tumor ausgelöste Hyperperistaltik stülpt sich das tumortragende Dünndarmsegment im nachfolgenden Segment ein. Kolikartige Schmerzen und Erbrechen sowie ein tastbarer Tumor sind die Symptome der Invagination. Die Diagnose wird anhand der Dünndarmpassage nach der Methode von Seilink und bei rezidivierenden Blutungen anhand der Angiographie (Mesenterikographie) gestellt. Häufig bringt erst die Probelaparotomie die Klärung der Diagnose. Therapie: Die Resektion des tumortragenden Darmsegmentes mit End-zuEnd-Anastomose ist Methode der Wahl.
3.5.2 Maligne Dünndarmtumoren Trotz seiner Länge sind nur 1 - 3 % aller bösartigen Tumoren des Gastrointestinaltraktes im Dünndarm lokalisiert. Die häufigste maligne Neoplasie ist das Adenokarzinom (45 % der Fälle). Es folgen bösartige Tumoren des lymphoretikulären Apparates (Lymphoretikulosarkom in 20 % der Fälle) und das Leiomyosarkom (10 %). Adenokarzinome und Leiomyosarkome sind häufig im Jejunum, während die Lymphoretikulosarkome im Ileum zu finden sind. Adenokarzinome, die im Zusammenhang mit Morbus Crohn beschrieben werden, sind häufiger im Ileum lokalisiert.
Blinddarm (Jejunum, Ileum) Symptome: Chronische Blutungsanämie durch intestinale Blutung, Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen sowie Passagestörungen bis zum Ileus sind die häufigsten Symptome der malignen Dünndarmtumoren. Sarkome wachsen exophytisch und sind oft bei der Palpation tastbar.
Symptome: chronische Blutungsanämie, Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Passagestörung bis zum Ileus. Sarkome sind tastbar.
Die Diagnose wird wie bei den gutartigen Tumoren anhand der röntgenologischen Untersuchungen des Darms sowie der Angiographie bzw. Computertomographie gestellt. Auch hier klärt die Probelaparotomie die Diagnose endgültig-
Diagnose: Röntgenuntersuchung des Darms, Angiographie, Computertomographie. Diagnosesicherung: Probelaparatomie.
Therapie: Die Resektion des tumortragenden Darmsegmentes einschließlich der Lymphbahnen und Lymphknoten im korrespondierenden Teil des Mesenteriums und die End-zu-End-Anastomose ist die Methode der Wahl. Die Prognose ist insgesamt wegen der oft zu späten Diagnosestellung schlecht (nur 20 % der resezierten Patienten überleben das 5. Jahr).
Therapie: Resektion einschließlich Lymphbahn und Lymphknoten, End-zu-End-Anastomose. Schlechte Prognose.
3.5.3 Semimaligne Tumoren
Semimaligne Tumoren d.h. Tumoren aus den endokrin-aktiven Zellen der Darmmukosa. Erscheinungsform: En dokrine, Karzinoide.
In diese Gruppe gehören die Tumoren des Dünndarmes, die ihren Ursprung von den endokrin-aktiven Zellen der Darmmukosa nehmen. Es handelt sich u m die sog. endokrinen Zelltumoren, die Polypeptidhormone produzieren, und u m die enterochromaffinen Zelltumoren, die sog. Karzinoide, die viel häufiger sind. Karzinoide Vorkommen und Pathologie: Am häufigsten sind die Karzinoide in der Appendix lokalisiert (50 % der Fälle). Es folgt der D ü n n d a r m mit 30 % und hier vor allem das Ileum, sowie das Kolon und Rektum (15 %) und der Bronchialbaum. Die Karzinoide sind epitheliale Neoplasien, die sich von den Adenomen und Karzinomen durch besondere histochemische und biologische Eigenschaften unterscheiden. Sie wachsen sehr langsam, metastasieren jedoch in die Lymphknoten und in die Leber. Ihre Häufigkeit (auf der Basis von Sektionsstatistiken beträgt 1 %. Metastasierung kommt in 25 % der Fälle vor, außerdem in einem Viertel multipel. Die Karzinoide produzieren aus Tryptophan das 5-Hydroxytryptamin (Serotonin oder auch Enteramin genannt). Diese Substanzen wie auch das Bradykinin und Kallikrein sind möglicherweise für das sog. Karzinoidsyndrom verantwortlich, das bei den metastasierenden Karzinoiden beobachtet wird. Symptome: Charakteristisch für das Karzinoidsyndrom ist der anfallsweise auftretende Flush: plötzliche fleckige Rötung des Gesichtes und des Oberkörpers mit Hitzegefühl und Brennen, begleitet von kolikartigen Schmerzen und asthmatischen Beklemmungen. Dieses Syndrom kann durch Druck auf die Leber, Aufregung sowie Einnahme von Käse oder Alkohol ausgelöst werden. Weitere Symptome sind kolikartige Bauchschmerzen, Gewichtsabnahme, Borborygmi und Durchfälle. In 40 % der Fälle werden auch Endokardfibrosen, Tricuspidal- bzw. Pulmonalklappenveränderungen beobachtet, die zu Ödembildung, Dyspnoe und positivem Venenpuls führen. Diagnose: Der klinische Verdacht auf Karzinoidsyndrom liegt vor, wenn die oben beschriebenen Haut-, kardiopulmonalen und abdominalen Beschwerden vorliegen. Zur Diagnosesicherung wie die 5-Hydroxyindol-Essigsäure (Abbauprodukt vom Serotonin) im Urin bestimmt. Werte von mehr als 15 mg pro 24 h gelten als pathologisch. Zur Lokalisation wird eine Dünndarmröntgenuntersuchung nach Seilink bzw. eine Angiographie durchgeführt.
Karzinoide häufigste Lokalisation in der Appendix. Lang sames Wachstum, Metastasierung in Lymphknoten und Leber. Karzinoide produzieren Serotonin, was für Karzinoidsyndrome verantwortlich gemacht wird.
Symptome: - Flush mit fleckiger Rötung des Gesichtes und des Oberkörpers - sowie Hitzegefühl und Brennen, - kolikartige Schmerzen und - asthmatische Beklemmung. Weitere Symptome: - kolikartige Bauchschmerzen, - Gewichtsabnahme, - Borborygmi, - Durchfälle. Ferner: - Endokardfibrosen, - Pulmonal- und Tricuspidalklappenveränderung —> Ödembildung, - Dyspnoe, positiver Venenpuls. Diagnosesicherung: Bestimmung der 5-Hydroxyindol-Essigsäure im Urin.
484 Therapie: kleine Karzinoide der Appendix: Appendektomie. Große Karzinoide: Mitresektion des Coecalpols. Bei anderen Lokalisationen: Resektion und End-zu-End-Anastomose. Pharmakologische Beeinflussung durch Methysergid. Karzinoidmetastasen: zytostatische Behandlung. Gute Prognose. Tumorähnliche Läsionen des Darmes
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes Therapie: Die Appendektomie ist ausreichend bei kleinen Karzinoiden der Appendix. Bei größeren (mehr als 2 cm) muß der Zökalpol mitresiziert werden. Bei anderen Lokalisationen gelten die allgemeinen Richtlinien der Tumorchirurgie (Resektion des tumortragenden Segmentes mit seinen Lymphbahnen und die End-zu-End-Anastomose). Das Karzinoidsyndrom läßt sich pharmakologisch durch die Gabe von Methysergid beeinflussen. Karzinoidmetastasen können zusätzlich zytostatisch behandelt werden. Insgesamt ist die Prognose wegen des langsamen Wachstums des Tumors relativ gut (20 % leben trotz Lebermetastasen länger als 5 Jahre).
3.5.4 Tumorähnliche Läsionen des Darms Bei diesen Läsionen handelt es sich hauptsächlich u m Harmartome und Heterotopien (s. Lehrbücher der pathologischen Anatomie).
Peutz-Jeghers-Syndrom Erberkrankung mit Melaninflecken (Lippen) und Polypenbildung. Polypen (bis zu Hunderten) sind gestielt, linsen· bis pflaumengroß.
3.5.4.1 Das Peutz-Jeghers-Syndrom Es handelt sich u m eine autosomal dominant erbliche Erkrankung, die mit Melaninflecken im Bereich der mukokutanen Grenzen (Lippen) und Polypenbildung einhergeht. Die Polypen kommen bis zu Hunderten vor und sind gestielt, linsen- bis pflaumengroß. Die histologische Grundlage dieser Polypen ist eine überschüssig angelegte und baumartig verzweigte Muscularis mukosae (es handelt sich also nicht um adenomatöse Neubildungen). Beide Geschlechter sind gleich häufig befallen.
Symptome: rezidivierende, kolikartige Bauchschmerzen, Passagestörung bis zum Ileus (gelegentlich), chronische Blutungsanämie, Durchfälle. Diagnose: Dünndarmpassage nach Seilink, endoskopisch, bioptisch. Therapie: bei Komplikationen: Resektion und End-zu-End-Anastomose. Endometriose des Dünndarms Selten im Dünndarm.
Symptome: Rezidivierende, kolikartige Bauchschmerzen, gelegentlich Passagestörungen bis zum Ileus durch Invagination bzw. Obstruktion. Chronische Blutungsanämie und Durchfälle. Die Diagnose wird mit Hilfe der Dünndarmpassage nach Sellink bzw. endoskopisch und bioptisch gestellt. Therapie: Bei Komplikationen ist die Resektion des entsprechenden Dünndarmabschnittes und die End-zu-End-Anastomose angezeigt.
Weitere chirurgische Erkrankungen des Dünndarms
3.6 Weitere chirurgische Erkrankungen des Dünndarms
Meckel-Divertikel Hemmungsmißbildung des Ductus omphaloentericus.
Symptome: abhängig von: Länge, Fixation am Nabel und Schleimhaut des Divertikels. - Rezidivierende Bauchschmerzen (Nabelkoliken), - Übelkeit, - Erbrechen, - anorektale Blutungen.
3.5.4.2 Endometriose des Dünndarms Der D ü n n d a r m ist sehr selten Lokalisation einer Endometriose (im Gegensatz zum Dickdarm). Das Endometrium kann alle Wandschichten durchwachsen. Klinisch manifestiert sich die Erkrankung durch die rezidivierenden (zyklusabhängigen) Darmblutungen. Diagnostisch ist die gynäkologische Anamnese wertvoll. Therapie: Resektion des betroffenen Darmabschnittes und End-zu-EndAnastomose.
3.6.1 Meckel-Divertikel Das Meckel-Divertikel ist eine Hemmungsmißbildung (Rudiment) des Ductus omphaloentericus. Es kommt bei 1 bis 3 % der Bevölkerung vor und zwar 4mal häufiger bei Männern als bei Frauen. Man findet es 3 5 - 1 0 0 cm oralwärts der Bauhin-Klappe an der kontramesenterialen Seite des Ileums. Seine Länge beträgt zwischen 2 und 15 cm. Die Spitze ist meistens frei, kann aber als fadenförmiger Strang bis zum Nabel reichen und dort fixiert sein. Die Schleimhaut entspricht der des Ileums, gelegentlich aber auch der des Magens, des Dickdarms und auch des Pankreas. Die Symptome sind von der Länge, Fixation am Nabel und der Schleimhaut des Divertikels abhängig. Rezidivierende Bauchschmerzen (Nabelkoliken), Übelkeit, Erbrechen und anorektale Blutungen (johannisbeergeleeartige Blutung) sind die häufigsten Symptome.
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Blinddarm (Jejunum, Ileum) K o m p l i k a t i o n e n : In ca. 45 % der Fälle wurden Komplikationen beschrieben. Die häufigsten (35 bis 40 %) sind der Ileus durch Invagination, Strangulation, Obstruktion, Blutungen (30%), Nabelanomalien (20 %) und Entzündungen bis zur Perforation (10 %). Relativ selten wurden maligne Tumoren in einem Meckel-Divertikel beschrieben (1 %). Die Einklemmung eines Meckel-Divertikels in einer Hernie ist als LittreHernie bekannt.
Komplikationen: Ileus, Strangulation, Obstruktion, Blutungen, Nabelanomalien, Entzündungen bis zur Perforation.
Therapie: Die Exstirpation des Divertikels oder bei breitbasigem Abgang die Resektion des divertikeltragenden Darmsegmentes und die End-zu-End-Anastomose ist die Methode der Wahl. Die prophylaktische Operation beim zufälligen Entdecken eines Divertikels während der Laparotomie ist wegen der oben genannten Häufigkeit der Komplikationen indiziert.
Therapie: Exstirpation des Divertikels oder Resektion des divertikeltragenden Darmabschnittes, End-zu-End-Anastomose.
3.6.2 Dünndarmdivertikel
Dünndarmdivertikel seltene Form der Darmdivertikulose.
Vorkommen. Pathologische Anatomie: Es handelt sich u m eine seltene Form der Darmdivertikulose. Das Jejunum ist 4mal häufiger befallen als das Ileum. Bis zur Hälfte der Fälle liegen zusätzlich Dünndarm- oder Kolondivertikel vor. Pathologisch anatomisch handelt es sich um falsche Divertikel, bei dem nur die Mukosa und Submukosa durch die Muskelschichten prolabieren. Die Divertikel finden sich auf der mesenterialen Seite des Darms. Symptome: Die Dündarmdivertikel machen sich meistens duch Komplikationen bemerkbar: Dyspepsie, Bauchschmerzen, Entzündungen, Malabsorptionssyndrom, Perforationen.
Einklemmung eines Meckel-Divertikels nennt man Littre-Hernie.
Symptome: Dyspepsie, Bauchschmerzen, Entzündungen, Malabsorptionssyndrom, Perforation.
Therapie: Operative Abtragung einzelner Divertikel bzw. bei multiplen Divertikeln, die Resektion des befallenen Darmsegmentes und die End-zuEnd-Anastomose.
Therapie: - operative Abtragung, - Resektion des befallenen Darmsegmentes, - End-zu-End-Anastomose.
3.6.3 Syndrom der blinden Schlinge (sog. Blindsacksyndrom)
Syndrom der blinden Schlinge Malabsorptionssyndrom. Ursache: Darmschlinge, die von normaler Passage ausgeschlossen ist. Folge: Veränderung der Dünndarmflora —> sporenbildende Anaerobier —» Dekonjugation der Gallensalze, Verbrauch und Abbau von Nährstoffen und Vitaminen —» Veränderung der Darmmukosa —> Malabsorptionssyndrom. Symptome: - Malabsorptionssymptome, - rezidivierende Bauchschmerzen, - Völlegefühl, - Übelkeit. Diagnose: Röntgen, Endoskopie, blutchemische Bestimmungen, Funktionsuntersuchungen, mikrobiologische Untersuchung des Stuhls. Therapie: Substitutionsbehandlung, Antibiotika. Bei Mißerfolg: Resektion des blinden Sackes, End-zu-End-Anastomose.
Es handelt sich hierbei um ein Malabsorptionssyndrom, hervorgerufen durch eine von der normalen Darmpassage ausgeschlossene Dünndarmschlinge, wie z.B. bei einer Seit-zu-Seit-Anastomose, Umgehungsanastomose und enterokolischen Fistel. Pathophysiologic: Durch die chronische Stase des Darminhaltes in der blinden Schlinge kommt es zu einer Veränderung der Dünndarmflora zugunsten von sporenbildenden Anaerobiern. Diese „bakterielle Kontamination des Dünndarmes" führt zu einer Dekonjugation der Gallensalze, Verbrauch und Abbau von Nährstoffen und Vitaminen und zu Veränderungen der Darmmukosa. Alle drei Faktoren führen zum Malabsorptionssyndrom. Diagnose: Zu den allgemeinen Symptomen der Malabsorption kommen rezidivierende Bauchschmerzen, Völlegefühl und Übelkeit hinzu. Zur Klärung der Diagnose sind Funktionsuntersuchungen, blutchemische Bestimmungen, Endoskopie, röntgenologische Untersuchung des Darms und mikrobiologische Untersuchung des Stuhls erforderlich. Therapie: Konservativer Therapieversuch mit Substitutionsbehandlung und Antibiotika. Bei Mißerfolg ist die Resektion des blinden Sackes und die End-zu-End-Anastomose erforderlich.
3.6.4 Dünndarmgeschwüre Ulzerationen des Dünndarms sind seltene Läsionen. Sie entstehen durch eine umschriebene Ischämie der Dünndarmwand bei diffusen Gefäßprozessen (Arteriosklerose, Endangiitis obliterans), bei Herzerkrankungen, am häufigsten jedoch nach Einnahme von Kaliumhydrochlorid-haltigen Tabletten. Solche Dünndarmgeschwüre wurden auch beim Zollinger-Ellison-Syndrom
Dünndarmgeschwüre Entstehung der Ulzerationen durch: Ischämie der Dünndarmwand, Herzerkrankung, Einnahme von kaliumhydrochloridhaltigen Tabletten.
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XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
Symptome: - Perforation, - Stenosierung des Dünndarmlumens (Ileus), - chronische Anämie bei Darmblutungen. Diagnose: Probelaparotomie.
und heterotroper Magenschleimhaut beobachtet. Oft bleibt jedoch die Ursache ungeklärt. Symptome: Die Dünndarmgeschwüre machen sich durch Perforation (Peritonitis) oder durch Stenosierung des Dünndarmlumens (Ileus) bzw. durch chronische Anämie bei Darmblutungen bemerkbar.
Therapie: Resektion des ulkustragenden Darmsegmen tes, End-zu-End-Anastomose.
Die Diagnose ist schwer zu stellen. Meistens ist die Probelaparotomie notwendig. Therapie: Es kommen in Frage die Resektion des ulkustragenden Darmsegmentes und die End-zu-End-Anastomose.
Nekrotisierende Enteritis langstreckige segmentäre Totalnekrose des Darms. Große Mesenterialarterien sind durchgängig. Auftreten oft als postoperative Komplikation, ferner bei Neugeborenen und bei Digitalisintoxikationen.
Pathologie: Mesenterialarterienspasmus bei Ischämie und konsekutiver Verminderung der Darmwandperfusion. Klinik: - Verfall des Patienten postoperativ, - Fieber, - Apathie, - Peritonitis, - paralytischer Ileus, - blutige Durchfälle. Folge: Tod innerhalb 12-24 h. Therapie: - rechtzeitige Relaparotomie, - Resektion des befallenen Darmabschnittes, - End-zu-End-Anastomose. Letalität 90%. Darmwand hämatom nach medikamentöser Antikoagulation: Blutung in die Darmwand. Symptome: - akute Schmerzen, - Übelkeit, - Erbrechen, - blutige Stühle, - evtl. Schocksymptomatik. Diagnose: - Abdomenübersicht im Stehen, - Quick-Wert. Beachte: bei akutem Abdomen und Marcumar-Behandlung: immer an Darmwandhämatom denken! Therapie: - Laparotomie, - Resektion des befallenen Darmabschnittes, - End-zu-End-Anastomose.
3.6.5 Nekrotisierende Enteritis (Enterokolitis necroticans) Vorkommen. Pathologische Anatomie: Es handelt sich u m eine meist langstreckige segmentäre Totalnekrose des Darms (häufig des Dünndarms). Typischerweise sind die großen Mesenterialarterien durchgängig (nicht okklusiver Mesenterialinfarkt). Die Erkrankung wurde als postoperative Komplikation beobachtet. Bei einem Drittel der Fälle handelt es sich u m extraabdominale Operationen, wie Herzoperationen, neurochirurgische Operationen und Eingriffe bei Verletzungen. Auch unabhängig von Operationen wurde die Erkrankung bei Neugeborenen mit Risikofaktoren sowie Patienten mit Digitalisintoxikation beobachtet. Pathophysiologisch handelt es sich u m Mesenterialarterienspasmus im Rahmen von Ischämie und konsekutiver Verminderung der Darmwandperfusion. Es kommt anschließend zur bakteriellen Invasions- und Durchwanderungsperitonitis. Vorbestehende pathologische Darmflora- und Gefäßerkrankungen wirken als prädisponierende Faktoren. Klinik: Charakteristisch ist der plötzliche rapide Verfall des Patienten meistens am 1. postoperativen Tag mit hohem Fieber, Apathie, Peritonitis, paralytischem Ileus und zum Schluß blutigen Durchfällen. Meistens tritt der Tod innerhalb von 1 2 - 2 4 h nach Beginn der Erkrankung Differentialdiagnostisch ist an die sog. pseudomembranösen Enterokolitis zu denken, die meistens nach Antibiotika-Medikation vorkommt. Therapie: In Frage kommt die sofortige (rechtzeitige) Relaparotomie des Patienten, die Resektion des befallenen Darmabschnittes und End-zu-End-Anastomose. Die Letalität ist erschreckend hoch: ca. 90 %.
3.6.6 Darmwandhämatom Im Rahmen einer medikamentösen Antikoagulation (ζ. B. Marcumar®-Behandlung) kann es zu Blutungen in der Darmwand kommen. Akute Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen, blutige Stühle evtl. auch Schocksymptomatik sind die wesentlichsten Zeichen.
Diagnose: Abdomenübersicht im Stehen (Ileus!), Quick-Wert! Beim akuten Abdomen und Marcumar®-Behandlung sollte man immer an das Darmwandhämatom denken.
Therapie: Laparotomie, Resektion des befallenen Darmabschnittes und Endzu-End-Anastomose.
Blinddarm (Jejunum, Ileum)
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Abb.24-45 a) und b) Dünndarmresektion und End-zu-End-Anastomose, c) Blindsackbildung bei Seit-zu-Seit-Anastomose, d) blinde Schlinge bei Seit-zu-Seit-lleotransversostomie
3.6.7 Folgen der Dünndarmresektionen Kurzstreckige Resektionen des Dünndarms (30-40 cm) gehen ohne Störungen einher. Die ausgedehnte Resektion des proximalen Anteiles des Dünndarms (unter Belassung des distalen Ileums und der Ileozökalklappe) kann mit geringen Störungen (Durchfälle) verbunden sein. Meistens ist eine Spezialdiät notwendig. Dagegen führt die distale ausgedehnte Resektion (Wegnahme des Ileums und der Ileozökalklappe) zu schweren behandlungsbedürftigen Malassimilationen. Folgen einer solchen Resektion können Vitamin-B- 12 -Mangel, Steatorrhoe, Cholezystolithiasis und Urolithiasis sein. Die Substitution ist hier obligat. Die Wiederherstellung des Digestionsweges nach Dünndarmresektion erfolgt durch eine End-zu-End-Anastomose. Seit-zu-Seit-Anastomosen belassen Blindsäcke und können zu einem Syndrom der blinden Schlinge führen (Abb. 24-45). Auch Umgehungsoperationen sind aus den gleichen Gründen zu vermeiden. Sie werden nur bei lokal inoperablen Prozessen paliativ durchgeführt.
Folgen der Dünndarmresektion
nach distaler ausgedehnter Resektion: schwere Malassimilationserscheinungen: - Vitamin B 12 -Mangel, - Steatorrhoe, - Cholezystolithiasis, - Urolithiasis.
Therapie:
Wiederherstellung des Digestionsweges durch End-zu-End-Anastomose.
488 Kolon und Rektum
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
4. Kolon und Rektum A. Anders,
U. Baer, R. Häring
4.1 Anatomie Der D i c k d a r m , I n t e s t i n u m crassum, bildet m i t d e m e k t o d e r m a l e n Anteil des A n a l k a n a l s das E n d e des V e r d a u u n g s t r a k t e s . Er b e g i n n t m i t der E i n m ü n d u n g des D ü n n d a r m s an der m e d i a l e n Seitenwand des D i c k d a r m s . V o n hier n a c h abwärts gerichtet liegt der B l i n d d a r m , Z ö k u m , m i t d e m W u r m f o r t s a t z , der A p p e n d i x vermiformis. Der D i c k d a r m ist etwa 1 , 2 0 - 1 , 5 0 m lang u n d wird eingeteilt in Z ö k u m , Colon ascendens, rechte Flexur, Colon transvers u m , linke Flexur, Colon d e s c e n d e n s , Sigma u n d R e k t u m . Das Z ö k u m ist fast stets vom Bauchfell ganz ü b e r z o g e n , während das Colon a s c e n d e n s bis ü b e r die rechte F l e x u r m i t d e m R e t r o p e r i t o n e u m verwachsen ist. I m Bereich der r e c h t e n F l e x u r ü b e r k r e u z t das Kolon die Pars III des D u o d e n u m s . Das Q u e r k o l o n ist allseits von Bauchfell ü b e r z o g e n , während das Colon descendens partiell retroperitoneal liegt. Das Sigma w i e d e r u m ist m o b i l u n d f ü h r t zu d e m k o m p l e t t retroperitoneal liegenden R e k t u m . Ä u ß e r l i c h zu e r k e n n e n ist der D i c k d a r m an seiner etwas bläulich-weißlichen Farbe u n d an d e n in T a e n i e n g e b ü n d e l t liegenden L ä n g s m u s k u l a t u r s t r e i f e n , T a e n i a libera (frei sichtbar) sowie T a e n i a mesocolica u n d T a e n i a o m e n t a l i s . I m S i g m a b e r e i c h verteilt sich die L ä n g s m u s k u l a t u r wieder auf die g e s a m t e D a r m z i r k u m f e -
Die Blutversorgung des Dickdarms erfolgt über die A. mesenterica superior mit ihren Ästen A. ileocolica, A. colica dextra, A. colica media für die Abschnitte Zökum, Colon ascendens und Colon transversum, ferner über die A. mesenterica inferior (A. colica sinistra, Aa. sigmoideae) für das Colon descendens und sigmoideum. Beide Kreisläufe sind über die Riolan-Anastomose verbunden. Das Rektum wird von der A. rectalis cranialis (aus der A. mesenterica inferior), der A. rectalis media (aus der A. iliaca interna) und A. rectalis inferior (aus der A. pudenda interna) versorgt. Die parasympathische Innervation wird bis zum Bereich der linken Flexur durch den N. vagus gewährleistet, abwärts davon durch den sakralen Nervenplexus. Im feingeweblichen Bild unterscheidet sich der Dickdarm vom Dünndarm darin, daß keine Zotten, sondern nur Krypten vorhanden sind und ein großer Anteil von Becherzellen.
4.2 Physiologie und Pathophysiologic Aufgabe des Dickdarms ist die Wasserrückresorption —> Eindickung des flüssigen Dünndarmstuhls.
A u f g a b e des D i c k d a r m s ist die Wasserrückresorption und damit Eindickung des flüssigen D ü n n d a r m s t u h l s . Die R e s o r p t i o n s k a p a z i t ä t ist beträchtlich u n d liegt bei 2 - 2 , 5 1 pro Tag. D e r eingedickte Kotbrei wird d u r c h d e n S c h l e i m der Becherzellen gleitfähig g e m a c h t .
Funktionsstörung des Dickdarms: Diarrhoe mit Flüssigkeits- und Elektrolytverlust. Bei Entzündungen des Darms: Ausscheidung großer Schleimmengen. Bei Totalresektion: Funktionsübernahme durch das terminale Ileum.
Funktionsstörungen des D i c k d a r m s f ü h r e n zu D i a r r h o e n m i t u. U. e r h e b l i c h e n Flüssigkeits- u n d Elektrolytverlusten. Bei Entzündungen des D a r m s (Colitis ulcerosa), werden große S c h l e i m m e n gen a u s g e s c h i e d e n . Die R e s e k t i o n von m e h r als der H ä l f t e des D i c k d a r m s wirkt sich f u n k t i o n e l l n i c h t aus. Bei totaler K o l o p r o k t e k t o m i e k a n n das term i n a l e I l e u m die resorptiven A u f g a b e n des Kolons weitgehend ü b e r n e h men.
Wichtigste Funktion des Rektums: Stuhl- und Windkontinenz, regelmäßige Stuhlentleerung.
Wichtigste F u n k t i o n des R e k t u m s ist die Stuhl- u n d W i n d k o n t i n e n z u n d regelmäßige S t u h l e n t l e e r u n g . Sie k a n n d u r c h die v e r s c h i e d e n s t e n U r s a c h e n gestört werden (s. S. 5 3 0 , 5 4 1 ) .
Kolon und Rektum
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4.3 Typische Symptome bei Dickdarmerkrankungen
Typische Symptome bei Dickdarmerkrankungen
Typische Symptome, die auf eine Erkrankung des Dickdarms hinweisen, sind Blut- und Schleimabgänge, Schmerzen, Änderungen der Stuhlgewohnheiten, wie Diarrhoen und Obstipation.
Blutabgänge, Schleimabgänge, Schmerzen, Änderung der Stuhlgewohnheiten (Diarrhoe, Obstipation). Bei entzündlichen Erkrankungen: Tenesmen, Meteorismus, Diarrhoen mit Blut- und Schleimabsonderung.
Bei entzündlichen Erkrankungen (Colitis ulcerosa, Divertikulitis) stehen Tenesmen, Meteorismus und Diarrhoen mit Blut- und Schleimabsonderungen, bei Tumor die Blutung und die Obstipation bis hin zum Ileus im Vordergrund. „Paradoxe Diarrhoen" treten bei Stenosen auf. Nach anfänglicher Obstipation (Stuhleindickung vor dem Passagehindernis) wird der Stuhl durch Wassersekretion verflüssigt und als Durchfall durch die Stenose gepreßt.
4.4 Untersuchungsmethoden
Bei Tumor: Blutung und Obstipation bis zum Ileus. Bei Stenosen: anfänglich Obstipation dann Durchfall (paradoxe Diarrhoe). Untersuchungsmethoden an Kolon und Rektum
Für die Diagnostik von Dickdarmerkrankungen stehen verschiedene Methoden zur Verfügung, die gezielt und in bestimmter Reihenfolge eingesetzt die Situation exakt klären können.
4.4.1 Anamnese Die genaue Anamneseerhebung liefert wichtige Hinweise auf die vorliegende Erkrankung. Folgende Fragen sind notwendig: Stuhlgewohnheiten (Obstipation, Durchfall, Bleistiftstuhl)? Abführmittel? Blut- und Schleimabgang? Blähung des Abdomens? Vermehrte Flatulenz? Schmerzen (Tenesmen, Dauerschmerz)? Vorausgegangene Abdominaloperationen? Gewichtsverlust?
4.4.2 Untersuchung des Abdomens Bei der Palpation lassen sich Tumoren entsprechender Größe (Zökum, Querkolon, Sigma) tasten. Auch die Sigmadivertikulitis ist als druckschmerzhafte „Geschwulst" oder Resistenz palpabel. Die Perkussion ist zum Nachweis eines Meteorismus wichtig; die Auskultation zur Erkennung pathologischer Darmgeräusche bei verstärkter („spritzend", „metallisch klingend") oder fehlender Peristaltik („Totenstille").
4.4.3 Digitale rektale Untersuchung Sie ist bei jeder Dickdarmerkrankung obligat. Etwa die Hälfte aller Rektumkarzinome kann auf diese Weise diagnostiziert werden. Die Untersuchung soll möglichst am stehenden, leicht nach vorne gebeugten Patienten oder in linker Seitenlage durchgeführt werden. Finger vorsichtig in den Anus einführen, u m Schmerzen zu vermeiden! Die Beurteilung ist bis zu einer Höhe von 10 cm ab a n u m möglich. Dabei kann auch eine Vergrößerung der Prostata oder von Uterus und Ovarien getastet werden.
1. Anamnese: Fragen: Stuhlgewohnheiten, Abführmittel, Blut- und Schleimabgang, Blähung des Abdomens, vermehrte Flatulenz, Schmerzen, vorherige Abdominaloperationen, Gewichtsverlust.
2. Untersuchung des Abdomens: Palpation: Tasten von Tumoren, Sigmadivertikulitis. Perkussion: zum Nachweis von Meteorismus. Auskultation: pathologische Darmgeräusche: spritzend, metallisch klingend, Totenstille (fehlende Peristaltik). 3. Digitale Untersuchung: Erfassung der Hälfte aller Rektumkarzinome bis zu einer Höhe von 10 cm ab anum. Auch Vergrößerung von: Prostata, Uterus, Ovarien tastbar.
4.4.4 Endoskopische Verfahren und Biopsie
4. Endoskopische Verfahren und Biopsie:
Sie können als Prokto-Rektoskopie in jeder Arztpraxis oder als Koloskopie von einem speziell geschulten Untersucher durchgeführt werden. Die Koloskopie gestattet Einsicht in den gesamten Dickdarm bis hin zur BauhinKlappe, ist aber aufwendiger und belastender für den Patienten. Bei der Endoskopie können Gewebeproben zur histologischen Untersuchung entnommen und Polypen in toto abgetragen werden. Vor jeder Untersuchung ist eine gründliche Darmreinigung notwendig. Komplikationen, wie Perforationen oder Blutungen, sind selten.
Koloskopie: Einsicht in den gesamten Dickdarm bis zur Bauhin-Klappe. Endoskopie: Gewebeproben-Gewinnung, Abtragen von Polypen.
490 5. Bildgebende Verfahren: Röntgen: Sicherung der Diagnose beim Ileus. Kontrasteinlauf mit Luftinsufflation: Tumoren, Stenosen, Divertikel, entzündliche Erkrankungen. Achtung: bei Verdacht auf Perforation und im lleuszustand: nur wasserlösliche Kontrastmittel! Angiographie bei: - Durchblutungsstörungen, - unklarer Blutung des Dickdarms, - Blutung bei Angiodysplasie. Computertomographie: Erkennen der Ausdehnung eines Karzinoms in die Umgebung. Tumorrezidiv oder Metastasen nachweisbar.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes 4.4.5 Bildgebende Verfahren Die Röntgenaufnahme des Abdomens im Stehen oder in linker Seitenlage sichert beim Ileus (geblähte Darmschlingen und Spiegelbildungen) die Diagnose. Eine sehr wichtige Untersuchungsmethode ist der Kontrasteinlauf mit Bariumsulfat und anschließender Luftinsufflation (Doppelkontrast). Tumoren, Stenosen, Divertikel und entzündliche Erkrankungen (Colitis ulcerosa und M. Crohn) lassen sich dabei zuverlässig erkennen. Bei Verdacht auf Perforationen (ζ. B. Verletzungen, Divertikelperforationen) und im Ileuszustand nur wasserlösliches Kontrastmittel anstelle von Barium (Gefahr der Bariumperitonitis!) verwenden! Die Angiographie ist bei Durchblutungsstörungen (Angina abdominalis oder Mesenterialinfarkt) vor allem aber bei unklaren Blutungen aus dem Dickdarm angezeigt. Blutungen bei Angiodysplasie (Gefäßmißbildung, besonders im Colon ascendens lokalisiert) sind mit der Angiographie gut nachweisbar. Die Computertomographie erlaubt die Ausdehnung eines Karzinoms in die Umgebung, besonders des Rektums, gut zu beurteilen. Wichtig für den Nachweis eines Tumorrezidivs (sakrale Höhle) oder von Metatasen (lokal, paraaortal, Leber). Die Sonographie der Leber dient dem Nachweis oder Ausschluß von Metastasen. Bei der intraluminalen Endographie (Rektum) kann die Tiefeninfiltration eines Tumors beurteilt werden.
6. Laboruntersuchungen: - Stuhluntersuchung auf okkultes Blut(Hämokkult-Test), - parasitologische und bakteriologische Untersuchung, - karzinoembryonales Antigen bei Tumornachsorge.
4.4.6 Laboruntersuchungen
Typische Operationsverfahren
4.5 Typische Operationsverfahren
Zu erwähnen sind Stuhluntersuchungen auf okkultes Blut mit Hilfe des Hämokkult-Tests, ferner parasitologische (Wurmkrankheiten) und bakteriologische Untersuchungen. Die Bestimmung des karzinoembryonalen Antigens (CEA) und anderer Tumormarker ist im Rahmen der Tumornachsorge beim kolorektalen Karzinom von Bedeutung (s. S. 504).
Die Auswahl des Operationsverfahrens richtet sich nach Art, Lokalisation und Ausdehnung des pathologischen Prozesses. Außerdem müssen Gefäßversorgung und Lymphabflußwege mitberücksichtigt werden. 1. Hemikolektomie rechts (Abb. 24-46).
4.5.1 Hemikolektomie rechts (Abb. 24-46) Resektion des Zökums, Colon ascendens und der rechten Kolonflexur inklusive des terminalen Ileums, Unterbindung der A. colica dextra und der A. ileocolica mit Entfernung der entsprechenden Lymphknoten. Wiederherstellung der Darmpassage durch termino-terminale Ileotransversostomie. Standardverfahren beim Karzinom des Zökums und Colon ascendens.
Abb. 24-46 Hemikolektomie rechts mit Ileotransversostomie endzu-end
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Kolon und Rektum
A b b . 2 4 - 4 7 Segmentäre Resektion des Colon transversum mit Kontinuitätswiederherstellung durch End-zu-End-Anastomose
Abb. 24-48 Erweiterte rechtsseitige Hemikolektomie unter Mitnahme des Colon ascendens und Colon transversum mit lleodescendostomie endzu-end
4.5.2 Resektion des Colon transversum (Abb. 24-47) Isolierte Entfernung des Querkolons ohne Resektion der rechten und linken Flexur. Unterbindung der A. colica media, Wiederherstellung der Kontinuität durch End-zu-End-Anastomose. Beim Querkolonkarzinom kein radikales Verfahren, sondern nur palliativ (fortgeschrittener Tumor, Risikopatient). Keine radikale Ausrottung der Lymphabflußwege. Besser ist die erweiterte Hemikolektomie rechts (rechtes Hemikolon, Querkolon und linke Flexur) mit Ileodescendostomie (Abb. 24-48). 4.5.3 Hemikolektomie links (Abb. 24-49) Reseziert werden die linke Hälfte des Querkolons, das Colon descendens und der proximale Sigmaabschnitt mit End-zu-End-Anastomose zwischen
Abb. 24-49 Hemikolektomie links mit Transversosigmoideostomie end-zu-end
2. Resektion des Colon transversum: (s. Abb. 24-47).
3. Hemikolektomie links: (s. Abb. 24-49).
492
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes Querkolon und Sigma. Indikationen sind Tumoren in der linken Flexur und im Colon descendens.
4. Sigmaresektion: (s. Abb. 24-50).
4.5.4 Sigmaresektion (Abb. 24-50) Resektion des Sigmas mit Anastomose zwischen Colon descendens und Rektum. Geeignet für den kleinen Sigmatumor und die Divertikulitis.
Abb. 24-50 Rektosigmoidresektion mit End-zu-EndAnastomose
5. Anteriore Rektumresektion nach Dixon: (s. Abb. 24-51).
4.5.5 Anteriore Rektumresektion nach Dixon (Abb. 24-51) Die kontinenzerhaltende Resektion des Rektumkarzinoms ist - unter Wahrung der Sicherheitszonen - bis dicht an den Analkanal möglich. Entfernt wird das Sigma mit dem Rektum. Wiederherstellung der Kontinuität durch Sigmoideorektostomie, häufig unter Verwendung spezieller Nähapparate.
Abb. 24-51 Anteriore Rektumresektion nach Dixon mit Endzu-End-Anastomose
Abb. 24-52 Abdomi no-perineale Rektumamputation mit endständigem Anus praeter sigmoideus
493
Kolon und Rektum 4.5.6 A b d o m i n o - p e r i n e a l e R e k t u m e x s t i r p a t i o n (Abb. 24-52)
6. Abdomino-perineale Rektumexstirpation: (s. Abb. 24-52).
Totalentfernung des Mastdarms mit der distalen Sigmahälfte bei Tumoren im distalen Drittel des Rektums. Keine Kontinenzwiederherstellung möglich, sondern endständiger Anus praeternaturalis sigmoideus. 4.5.7 Totale Koloproktektomie (Abb. 24-53)
7 Totale Koloproktektomie: (s. Abb. 24-53).
Totalentfernung des Kolons und Rektums bei ζ. B. Colitis ulcerosa oder familiärer Polyposis. Darmentleerung erfolgt durch ein Ileostoma, das als sog. prominentes oder rüsselförmiges Stoma (Protektion der Haut vor ätzendem Dünndarmstuhl) oder als kontinentes Ileumreservoir nach Kock angelegt wird (Reservoirbildung durch Anastomisierung U-formig gefalteter Ileumschlingen und Ventilbildung durch spezielle Invaginationstechnik). Der Patient kann das Reservoir selbst durch Einführen eines Darmrohres entleeren.
Abb. 24-53 Totale Koloproktektomie mit lleumafter
4 . 5 . 8 O p e r a t i o n n a c h H a r t m a n n (Abb.24-54) Resektion des Rektosigmoids mit Blindverschluß des Rektums und endständiger Kolostomie. Später Wiederherstellung der Darmkontinuität möglich. Wird in der Notfallsituation durchgeführt (Ileus, Peritonitis, bei stenosierendem Karzinom oder Sigmadivertikulitis mit Perforation oder Abszeßbildung).
8. Operation nach Hartmann: (s. Abb. 24-54).
Abb. 24-54 Diskontinuitätsresektion nach Hartmann
4.5.9 Transsphinktere posteriore Rektotomie nach Mason Das Rektum wird vom Anus bis in die Ampulle unter Durchtrennung der Sphinktermuskulatur eröffnet. Man erhält einen optimalen Zugang, um gutartige Tumoren, insbesondere villöse Adenome, aber auch kleinere Rektumkarzinome beim Greis oder Risikopatienten bei guter Übersicht entfernen zu
9. Transphinktereposteriore Rektotomie nac 1 M a s o n
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XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes können. Die Sphinktermuskulatur muß subtil und schichtweise wiedervernäht werden, damit die Kontinenz voll erhalten bleibt.
10. Anus praeternaturalis: Ableitung von Kot nach außen in einen Auffangbeutel. Verlagerung des Darms durch einen Bauchdeckenkanal nach außen. Fixierung mit Nähten an verschiedenen Bauchwandschichten.
4.5.10 Anus praeternaturalis (Kolostomie) Der Anus praeternaturalis dient der Kotableitung nach außen in einen Auffangbeutel. Man unterscheidet den doppelläufigen und endständigen (meist permanenten) Anus praeter (Abb. 24-55). Die Lokalisation ergibt sich aus der speziellen Situation (Sigma- oder Querkolonafter). Der Darm wird durch einen Bauchdeckenkanal nach außen geleitet und mit Nähten an verschiedenen Bauchwandschichten fixiert, bei der doppelläufigen Kolostomie über einen Kunststoffreiter, der nach 10 Tagen entfernt werden kann. Beim permanenten Kunstafter ist auf eine günstige Position zu achten, die schon präoperativ am stehenden Patienten festgelegt wird. Dies ist wichtig für die spätere Versorgung und Pflege des Kunstafters.
Neostomie (prominent)
Zäkostomie / >
Sigmoidostomie ein-oder doppelläufig
Abb. 24-55 Verschiedene Formen des Anus praeternaturalis. a) endständiger und doppelläufiger Anus praeternaturalis b) verschiedene Lokalisationen des Anus praeternaturalis Indikationen für den Anus praeternaturalis: Protektiver Anus praeternaturalis: überwiegend am rechten Querkolon zum Schutze einer gefährdeten Dickdarmanastomose.
Entlastungs-Anus praeternaturalis: Kotableitung im lleuszustand bis zur definitiven Entfernung des vom Tumor stenosierten Darmabschnittes. Palliativer Anus praeternaturalis: definitiv bei inoperablen Karzinomen des Rektums. Permanenter endständiger Anus praeternaturalis: meist im Sigmabereich nach Rektumamputation.
Folgende Indikationen gibt es für den Anus praeternaturalis: Protektiver Anus praeternaturalis: Überwiegend am rechten Querkolon angelegt, schützt eine gefährdete Dickdarmanastomose (nach anteriorer Rektumresektion, Strahlenschäden, Darmresektion, bei Peritonitis, Darmverletzungen). Bisweilen genügt auch die Anlage einer Zökalröhrenfistel, die nach Entfernung des Darmrohres spontan abheilt und eine Sekundäroperation überflüssig macht. Entlastungs-Anus-praeternaturalis: Kotableitung im lleuszustand bis zur definitiven Entfernung des stenosierten Darmabschnittes und Darmanastomose. Palliativer Anus praeternaturalis: Definitiv angelegt bei inoperablen Karzinomen des Rektums. Permanenter endständiger Anus praeternaturalis: Meist im Sigmabereich nach Rektumamputation angelegt.
Kolon und Rektum
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Abb. 24-56 Umgehungsanastomose bei inoperablen Prozessen; Beispiel: lleotransversostomie beim stenosierenden, inoperablen Karzinom der rechten Kolon flexur
4.5.11 Palliative Umleitungsverfahren (Abb.24-56) Bei s t e n o s i e r e n d e n i n o p e r a b l e n K o l o n k a r z i n o m e n k a n n die D a r m p a s s a g e d u r c h Seit-zu-Seit-Umgehungsanastomosen, z . B . Ileotransversostomie, Ascend o s i g m o i d e o s t o m i e oder I l e o s i g m o i d e o s t o m i e wiederhergestellt werden. Dabei wird der p r ä s t e n o t i s c h e D a r m a b s c h n i t t m i t d e m p o s t s t e n o t i s c h e n anastomosiert.
4.5.12 Kolotomie Die I n d i k a t i o n besteht bei großen, langgestielten Polypen, villösen A d e n o m e n u n d a n d e r e n gutartigen T u m o r e n . H i e r b e i wird das K o l o n in der T a e n i a libera an der e n t s p r e c h e n d e n Stelle e r ö f f n e t , der Polyp e n t f e r n t u n d der D a r m d u r c h N a h t wieder verschlossen. Der Eingriff ist u n t e r d e n gleichen B e d i n g u n g e n wie bei der D a r m r e s e k t i o n v o r z u n e h m e n .
4.5.13 A l l g e m e i n e Gesichtspunkte bei Kolonoperationen
11. Palliative Umleitungsverfahren: (s. Abb. 24-56).
12. Kolotomie: bei gutartigen Tumoren. 13. Allgemeine Gesichtspunkte bei der Kolonoperation: zur Vermeidung eines Infektionsrisikos ist wichtig: - gründliche Vorbereitung des Dickdarms, - perioperative Antibiotika-Prophylaxe, - exakte Operationstechnik.
Die physiologische Besiedlung des D i c k d a r m s mit fakultativ p a t h o g e n e n K e i m e n (E. coli, P s e u d o m o n a s , Bacteroides species) stellt i m Falle einer Erö f f n u n g seines L u m e n s stets die G e f a h r einer I n f e k t i o n des Operationsgebietes dar. U m dieses Risiko zu v e r m i n d e r n , ist: 1. eine g r ü n d l i c h e V o r b e r e i t u n g des D i c k d a r m s , 2. eine perioperative A n t i b i o t i k a - P r o p h y l a x e u n d 3. eine exakte O p e r a t i o n s t e c h n i k sehr wichtig. Die präoperative D a r m Vorbereitung k a n n h e u t e auf zwei W e g e n erfolgen:
Antegrade Spülung m i t 1 0 - 1 2 1 Elektrolytlösung. Diese wird ü b e r eine M a g e n s o n d e appliziert (Zeitdauer: 3 - 4 h). N a c h B e e n d i g u n g der Spülung fließt die Elektrolytlösung klar aus d e m A n u s ab. Vorteile dieser M e t h o d e sind die n u r kurze präoperative Vorbereitungszeit, die optim a l e R e i n i g u n g des D a r m s u n d die R e d u z i e r u n g der Bakterienflora. K o n t r a i n d i z i e r t ist die M e t h o d e bei P a t i e n t e n m i t hochgradiger D a r m stenose, H e r z - u n d N i e r e n i n s u f f i z i e n z . E r n ä h r u n g ausschließlich m i t schlackenfreier Elementardiät (sog. „ A s t r o n a u t e n d i ä t " ) f ü r 4 - 6 Tage, a u ß e r d e m täglich R e i n i g u n g s e i n l ä u f e u n d G a b e von A b f ü h r m i t t e l n . A u c h hierbei wird der K e i m g e h a l t reduziert. Diese M e t h o d e ist zu e m p fehlen, w e n n die S p ü l b e h a n d l u n g kontraindiziert ist.
Antibiotika-Prophylaxe: Sie h a t z u m Ziel, die w ä h r e n d der O p e r a t i o n ins W u n d g e b i e t g e l a n g e n d e n K e i m e a b z u t ö t e n . Das A n t i b i o t i k u m (Wirkungss p e k t r u m e n t s p r e c h e n d der D a r m b a k t e r i e n f l o r a ) wird kurz vor u n d n a c h der
Präoperative Darmvorbereitung:
Antibiotika-Prophylaxe: Applikation des Antibiotikums vor und nach der Operation zwecks Abtötung von Keimen im Wundgebiet.
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XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes O p e r a t i o n appliziert, d a m i t z u m O p e r a t i o n s z e i t p u n k t e i n e wirksame S e r u m u n d G e w e b e k o n z e n t r a t i o n erreicht ist. D u r c h die n u r kurzfristige A n w e n d u n g k e i n e R e s i s t e n z e n t w i c k l u n g möglich.
Operationstechnik: exakte, wenig traumatisierende Operationstechnik. Abdecken des Operationsgebietes mit Bauchtüchern. Desinfektion des eröffneten Darmlumens. Folge: Senkung der Infektionsrate von 25-40 % auf 5 - 8 %. Ferner sind notwendig: - gut durchblutete Darmstümpfe, - dichte Naht mit dünnem resorbierbarem Nahtmaterial, - spannungsfreie Lage der Anastomose Vermeidung der Verschleppung von Tumorzellen: - Einhüllen des Tumors bei der Mobilisation in Bauchtücher, - Ligatur des Darmes vor und hinter dem Tumor, - Stammgefäße präliminar unterbinden. Ein-, zwei- und dreizeitige Durchführung der Dickdarmoperation.
Gutartige Tumoren meist polypöse Veränderungen von der Schleimhaut ausgehend. Abtragung der Polypen meist endoskopisch.
Man unterscheidet: - neoplastische Polypen: Adenome, - nicht-neoplastische Polypen (tumorähnliche Läsionen). Entfernung aller Adenome ist eine prophylaktische Maßnahme. Entfernung jedes Polypen in toto —» histologische Untersuchung.
Es gelten folgende Polypenregeln
Operationstechnik: E i n e saubere, wenig t r a u m a t i s i e r e n d e O p e r a t i o n s t e c h nik sorgfältiges A b d e c k e n des Operationsgebietes m i t B a u c h t ü c h e r n (mehrf a c h wechseln!) u n d die D e s i n f e k t i o n des e r ö f f n e t e n D a r m l u m e n s tragen wesentlich zur V e r r i n g e r u n g von I n f e k t i o n e n bei. Mit d e n e r w ä h n t e n M a ß n a h m e n k o n n t e die I n f e k t i o n s r a t e d e u t l i c h gesenkt werden, von f r ü h e r 2 5 - 4 0 % auf h e u t e 5 - 8 %. Bei der A u s f ü h r u n g der A n a s t o m o s e ist auf gut d u r c h b l u t e t e D a r m s t ü m p f e (sparsame Skelettierung), d i c h t e N a h t m i t d ü n n e m , r e s o r b i e r b a r e m N a h t m a terial (ein- oder zweireihig) u n d eine s p a n n u n g s f r e i e Lage der A n a s t o m o s e zu a c h t e n . In der K a r z i n o m c h i r u r g i e soll die intraoperative Verschleppung von Tumorz e l l e n m ö g l i c h s t verhindert werden. D e s h a l b wird der T u m o r bei der M o b i lisation in B a u c h t ü c h e r gehüllt, der D a r m vor u n d h i n t e r d e m T u m o r ligiert u n d die S t a m m g e f ä ß e p r ä l i m i n a r u n t e r b u n d e n (sog. N o - t o u c h - i s o l a t i o n t e c h n i q u e n a c h Turnbull). D i c k d a r m o p e r a t i o n e n k ö n n e n ein-, zwei- u n d dreizeitig d u r c h g e f ü h r t werden. Einzeitige O p e r a t i o n b e d e u t e t , definitive E n t f e r n u n g des e r k r a n k t e n D a r m a b s c h n i t t e s m i t gleichzeitiger E n d - z u - E n d - A n a s t o m o s e . Zweizeitig: R e s e k t i o n des D a r m s e g m e n t s , A n a s t o m o s i e r u n g u n d t e m p o r ä r e protektive Kotableitung. In e i n e r zweiten Operation ist die R ü c k v e r l a g e r u n g des A n u s praeternaturalis erforderlich. Dreizeitig (nach Schloffer): Eingriff im N o t f a l l (Ileus, Peritonitis) m i t e n t l a s t e n d e m A n u s praeter, d a n n in der zweiten Sitz u n g R e s e k t i o n des D a r m s m i t A n a s t o m o s e u n d schließlich in der dritten O p e r a t i o n V e r s c h l u ß des A n u s praeternaturalis.
4.6 Gutartige Tumoren Es h a n d e l t sich überwiegend u m polypöse Veränderungen, die von der S c h l e i m h a u t a u s g e h e n . Sehr selten findet m a n m e s e n c h y m a l e Geschwülste, wie M y o m e , L i p o m e oder N e u r i n o m e . Die m e i s t e n „Polypen" lassen sich endoskopisch abtragen (bis 2 c m Durchmesser), die größeren m ü s s e n operativ e n t f e r n t werden d u r c h K o l o t o m i e oder peranal. Der m a k r o s k o p i s c h e Begriff „Polyp" b e d e u t e t eine a n der S c h l e i m h a u t o b e r fläche sich vorwölbende, u m s c h r i e b e n e Läsion. M a n u n t e r s c h e i d e t n e o p l a stische Polypen, wie ζ. B. A d e n o m e u n d n i c h t n e o p l a s t i s c h e Polypen ( = tum o r ä h n l i c h e Läsionen), wie der Peutz-Jeghers-Polyp u n d juvenile Polyp ( = H a m a r t o m e ) u n d die e n t z ü n d l i c h e n Polypen (Colitis ulcerosa, M o r b u s Crohn). N a c h der T h e o r i e der sog. A d e n o m - K a r z i n o m - S e q u e n z e n t s t e h e n alle K a r z i n o m e letztlich aus einer polypösen V e r ä n d e r u n g . D e m z u f o l g e ist die E n t f e r n u n g aller A d e n o m e eine prophylaktische M a ß n a h m e . Die E n t a r t u n g s t e n d e n z ist u n t e r s c h i e d l i c h . D e s h a l b m u ß j e d e r Polyp in toto (incl. seines Stiels) e n t f e r n t u n d histologisch u n t e r s u c h t werden. Die von H e r m a n e k a n g e g e b e n e n Polypenregeln b e d e u t e n :
J e d e r g e s e h e n e Polyp m u ß histologisch u n t e r s u c h t werden. N u r bei n e o p l a s t i s c h e n , epithelialen Polypen ( A d e n o m e n ) besteht Karz i n o m g e f a h r . N u r bei m e h r als h u n d e r t Polypen wird von einer „Polypose" gesprochen. Bei Infiltration der S u b m u k o s a liegt ein K a r z i n o m vor. Z a n g e n - u n d K n i p s b i o p s i e n aus Polypen k ö n n e n n u r A u s k u n f t geben, ob ein n i c h t - n e o p l a s t i s c h e r oder neoplastischer Polyp vorliegt. Bei n e o p l a s t i s c h e n Polypen k a n n n u r die T o t a l e n t f e r n u n g des T u m o r s die
497
Kolon und Rektum definitive Diagnose liefern. Man unterscheidet zwischen solitären und multiplen Polypen sowie Polyposen. Die Grenze zwischen multiplen Polypen und Polyposen liegt bei 100.
4.6.1 Adenome (neoplastische Polypen) Die Adenome werden eingeteilt in: 1. tubuläre Adenome: gestielt oder breitbasig wachsend, am häufigsten vorkommend, Malignisierungsrate 1 % bei einem Durchmesser > 1 cm, jedoch von 10 % bei einer Größe von mehr als 2 cm. 2. villöses Adenom (Zottenpolyp): makroskopisch weiche, schwammartige Struktur. Bei ausgedehntem beetartigem Wachstum kann sich bisweilen ein sog. „Elektrolytverlust-Syndrom" entwickeln. Das villöse Adenom vorwiegend im Rektum lokalisiert - ist eine Präkanzerose. Die Entartungstendenz liegt je nach Größe des Adenoms zwischen 40 und 70 %. Die Rezidivrate ist ebenfalls hoch. Deshalb muß der Tumor sicher im Gesunden entfernt werden. Je nach Lokalisation und Größe ist ein peranaler, transrektaler (Mason) oder abdominaler Zugang zu wählen. Ist die Submukosa infiltriert (= Frühkarzinom oder Adenom mit Karzinom) ist eine lokale Darmwandresektion oder eine segmentale Resektion des entsprechenden Darmabschnitts erforderlich.
Einteilung der Adenome (neoplastische Polypen) in: 1. tubuläre Adenome,
2. villöse Adenome (Zottenpolyp),
3. tubulovillöse Adenome: Es handelt sich um eine Zwischen- bzw. Übergangsform, bei der sowohl Strukturen eines tubulären als auch villösen Adenoms zu erkennen sind. Auch hier ist zu verfahren wie oben beschrieben.
3. tubulovillöse Adenome.
4.6.2 Familiäre Polypose (Adenomatöse)
Familiäre Polypose (Adenomatöse)
Die Adenomatöse ist eine autosomal dominant vererbbare Erkrankung, bei der der Dickdarm mit tausenden von „Polypen" vom Zökum bis zum Rektum hin übersät ist. Die Erkrankung tritt meist in der zweiten bis dritten Lebensdekade in Erscheinung, in 15 % beobachtet man jedoch die Erstmanifestation nach dem fünfzigsten Lebensjahr. Wird die Adenomatöse festgestellt, müssen auch die Familienangehörigen untersucht werden. Oft entdeckt man dann in der Verwandtschaft weitere Erkrankungsfälle. Die Polypose ist eine obligate Präkanzerose. Die Kombination von Adenomatöse mit Weichteiltumoren und/oder Osteomen des Schädels wird als Gardner-Syndrom bezeichnet. Bisweilen findet man gleichzeitig auch Desmoide der Bauchdekken. Klinisch finden sich gehäufte Stühle mit Blut- und Schleimabgang. Die Diagnose wird durch Koloskopie mit Biopsie und Kontrasteinlauf gesichert. Stenosen weisen auf eine Karzinomentwicklung hin, sie treten meist polytop auf. Differentialdiagnostisch muß das Peutz-Jeghers-Syndrom und die Colitis ulcerosa im fortgeschrittenen Stadium abgegrenzt werden. Therapie: Wegen der obligaten malignen Entartung ist die Totalentfernung des Dickdarms incl. Rektum (Koloproktektomie) vorzunehmen, evtl. kontinentes Ileumreservoir nach Kock. Bisweilen kann man einen kurzen Rektumstumpf belassen und eine ileoanale Anastomose nach Aylett durchführen oder als Alternative die Mukoproktektomie nach Devine (Ausschälung der Rektumschleimhaut und Erhaltung der Sphinktermuskulatur mit Durchzugsanastomose des Ileums). 4 . 6 . 3 P e u t z - J e g h e r s - S y n d r o m (s. Kapitel XXIV./3. Dünndarm)
4.6.4 Karzinoid Häufigste Lokalisation ist die Appendix, wird oft als Zufallsbefund bei einer Appendektomie entdeckt. Näheres siehe Kapitel XXIV./3. Dünndarm.
Vererbbare Erkrankung. Dickdarm ist mit tausenden von Polypen übersät. Bei Entdeckung auch Familienangehörige untersuchen. Einstufung der Polypose als obligate Präkanzerose. Gardner-Syndrom: Kombination von Adenomatöse mit Weichteiltumoren oder Osteomen des Schädels.
Klinik: gehäufte Stühle mit Blut- und Schleimabgang. Diagnosesicherung: Koloskopie mit Biopsie und Kontrasteinlauf. Stenosen weisen auf Karzinomentwicklung hin. Differentialdiagnose beachten! Therapie: Totalentfernung des Dickdarms inklusive Rektum. Alternative Therapie: Mukoproktektomie: Ausschälung der Rektumschleimhaut und Erhaltung der Sphinktermuskulatur mit Durchzugsanastomose des Ileums.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
498 Kolorektales Karzinom:
4.7 Kolorektales Karzinom
Epidemiologie
4.7.1 Epidemiologie Die kolorektalen Karzinome haben in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich zugenommen. Während 1952 10000 Menschen am Dickdarmkrebs in der Bundesrepublik Deutschland starben, waren es 1979 bereits über 22 000 (35/100000 Einwohner - 1981). Dies sind doppelt so viel wie alle Todesopfer im Straßenverkehr. Die Steigerung der Letalitätsrate betrug von 1952 bis 1979 bei Männern 89 %, bei Frauen 151 %. Für das Rektumkarzinom ist die Zunahme geringer, Männer 22 %, Frauen 92 %. Bei dem Mann ist das Dickdarmkarzinom nach dem Bronchialkarzinom der zweithäufigste Tumor, gefolgt vom Magenkarzinom; bei der Frau ist das Kolonkarzinom inzwischen häufiger als der Brustkrebs (Abb. 24-57). Der Häufigkeitsgipfel liegt zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr, nur in 5 % wird das Kolonkarzinom vor dem 45. Lebensjahr beobachtet. Pat.
π
20000 -
1954
1958
1962
1966
1979
Jahr
Abb.24-57 Häufigkeit der Sterbefälle an Kolon- und Rektumkarzinom in der Bundesrepublik Deutschland von 1952-1971 (nach Bokelmann)
Man vermutet die Förderung karzinogener Substanzen durch den enzymatischen Abbau von primären und sekundären Gallensäuren durch Bakterien.
Ätiologie und Pathogenese: Entwicklung meistens aus Adenomen Bevorzugte Lokalisation: Rektum und Sigma. Unterscheidung von 3 Atypiegraden: gering, mäßig, schwer. Adenom liegt vor: wenn Lokalisation nur in der Mukosa und Submukosa noch nicht durchbrochen ist.
Die Inzidenz von Kolonkarzinomen ist regional unterschiedlich. Besonders hoch ist sie in Nordwesteuropa, Nordamerika und Australien, wesentlich niedriger in Südamerika, Afrika, Asien. Gründe hierfür dürften zivilisationsbedingte Eßgewohnheiten sein. So treten kolorektale Karzinome bei Auswanderern aus Gebieten mit niedriger Dickdarmkarzinomrate in der gleichen Generation ebenso häufig auf, wenn die Eßgewohnheiten der Bevölkerung angenommen werden. Epidemiologische Untersuchungen belegen eine Wechselbeziehung zwischen der Menge der mit Fleischverzehr zugeführten Fettmenge und der Karzinomhäufigkeit im Dickdarm. Nahrungsfett bewirkt eine vermehrte Ausschüttung von Galle, wobei eine Veränderung der Darmflora vermutet wird. So soll der enzymatische Abbau durch Bakterien von primären und sekundären Gallensäuren die Entstehung karzinogener Substanzen (ζ. B. (Desoxycholsäure) fördern. 4.7.2 Ätiologie und Pathogenese Die meisten Dickdarmkarzinome entwickeln sich aus Adenomen (AdenomKarzinomsequenz). In Sektionsstatistiken werden bei rund 39 % aller über dreißig Jahre alten Patienten Adenome gefunden. Bei sechzig bis achtzigjährigen sogar in 50-60 Prozent. Prädilektionsorte sind Rektum und Sigma. Der Durchmesser liegt selten über 5 cm. Drei Atypiegrade der Adenome werden nach WHO-Kriterien unterschieden: gering, mäßig, schwer. Unabhängig vom Atypiegrad sprechen wir von einem Adenom, wenn die Tumorverbände in der Mukosa liegen, d. h. die Submukosa noch nicht durchbrochen haben.
Kolon und Rektum
499
Ein Karzinom liegt erst dann vor, wenn die Muscularis mucosae infiltriert
Karzinom liegt vor: wenn Mukosamuskulatur infiltriert ist.
Ist nur die Submukosa betroffen, liegt ein „Mikrokarzinom" vor. Für die histologische Diagnose ist die Abtragungsebene des Adenoms bedeutsam. Treten Kolonadenome multipel auf, steigt das Entartungsrisiko. Die familiäre Adenomatosis coli ist eine obligate Präkanzerose (s. S. 497). N u r 1 % aller Dickdarmkarzinome gehen auf chronisch entzündliche Darmerkrankungen, wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn zurück. Bei der Colitis ulcerosa ist das Entartungsrisiko 5 - 1 0 m a l größer. Gesichert ist heute, daß eine villöse Adenomstruktur, schwere Epithelatypien und Adenome von über 1 cm Durchmesser ein hohes Entartungsrisiko in sich bergen. Adenome über 2 cm Durchmesser sind zu 40 % krebsig transformiert.
Mikrokarzinom liegt vor: wenn nur Submukosa betroffen ist.
4.7.3 Pathologische Anatomie Beim Dickdarmkarzinom werden 4 verschiedene makroskopische Wachstumsformen unterschieden:
1. Polypöse, blumenkohlartige Tumoren, vorwiegend im rechten Dickdarm lokalisiert, häufig blutend. 2. Manschettenförmig stenosierende Tumoren, Hauptlokalisation linkes Kolon, langsames zirkuläres Wachstum, daher zu Stenosen prädisponierend. 3. Schüsseiförmig ulzerierte Tumoren, vorwiegend im Rektum, zentral ulzeriert mit wallartigem Rand, infiltrieren früh die Darmwandschichten und das umgebende Gewebe. 4. diffus infiltrierende Tumoren, frühzeitige Infiltration der Darmwand und der umgebenden Strukturen, meist Gallertkarzinom, prognostisch ungünstig.
Histologisch (WHO-Klassifikation) handelt es sich in 95 % u m Adenokarzinome unterschiedlichen Differenzierungsgrades, ferner u m Gallertkarzinome (= muzinöse Adenokarzinome, Häufigkeit etwa 10%), Siegelringzellkarzinome (selten), Plattenepithelkarzinome (im Analbereich), adenosquamöse Karzinome (drüsige und plattenepitheliale Anteile), undifferenzierte und schließlich unklassifizierbare Karzinome.
Die regionale Verteilung der Dickdarmkarzinome ist etwa folgende (Abb. 24-58): Zökum 4% Colon ascendens 5% Colon transversum 6% Colon descendens 3 % Sigma 20% Rektum 62%
In 4 - 7 % werden multiple Karzinome im Dickdarm beobachtet. Für den Chirurgen wichtig ist die Ausbreitung und Metastasierung. Sie kann auf verschiedene Weise erfolgen: Kontinuierliches Wachstum: Längswachstum begrenzt, überwiegend in oraler Richtung erfolgend (wichtig für die Sicherheitszonen!), kontinuierliche Infiltration des umgebenden Fett- und Bindegewebes. Das Rektumkarzinom infiltriert Harnblase, Ureteren, Prostata, Uterus und Ovarien, Karzinome im
Entartungsrisiko bei villöser Adenomstruktur und schweren Epithelatypien, Adenom über 1 cm Durchmesser.
Pathologische Anatomie: man unterscheidet 4 makroskopische Wachstumsformen:
Druckulzeration —* Mikroabszesse —» Fibrosierung und Granulationsgewebe.
Folgende Komplikationen sind möglich: Die Entzündung (Divertikulitis) mit gedeckter und freier Perforation, peridivertikulitischer Abszeßbildung, Entwicklung von Fisteln zur Bauchwand, anderen Darmabschnitten, Blase und innerem Genitale. Durch die chronische Entzündung entstehen Stenosen mit Ileus, selten sind Blutungen.
Komplikationen: Entzündung mit Perforation, Abszeßbildung,
Schleimhaut \
Darmwand (Muskulatur)
Fisteln zu: - Bauchwand, - anderen Darmabschnitten, - Blase, - innerem Genitale. Durch chronische Entzündung: Stenosen mit Ileus.
außen (ι ; = komplette —— ; Divertike| :2) = inkomplette (intramurale) I Abb.24-65 Komplette und inkomplette (intramurale) Kolondivertikel
4.8.4.2 Epidemiologie
Epidemiologie
Die Divertikulose ist in ihrer Häufigkeit altersabhängig. Sie findet sich in weniger als 5 % bei unter vierzigjährigen Patienten, in 20 % bei über sechzigjährigen und in 60 % bei über achtzigjährigen Patienten. In 9 5 - 9 8 % ist das Sigma beteiligt, in etwa 80 % ausschließlich. Die Divertikulose ist eine Folge der Zivilisation. In den USA und Europa kommt sie sehr häufig vor, bei der Bevölkerung Schwarzafrikas fast nie, da sich die Menschen dort überwiegend mit pflanzlicher, schlackenreicher Kost ernähren.
4.8.4.3 Symptome Es handelt sich meist u m alte und adipöse Patienten, die häufig unter einer chronischen Obstipation leiden. Die Divertikulose ist meist symptomlos, selten finden sich kolikartige Schmerzen und Schleimabgänge. Deutliche Symptome treten erst in Erscheinung, wenn es zur Divertikulitis kommt. Im Frühstadium der unkomplizierten Divertikulitis finden sich: Obstipation, Flatulenz, gelegentlich Diarrhoen, Dysurie, Schmerzen im linken Unterbauch, subfebrile Temperaturen, leichte Leukozytose. Bei der fortschreitenden, aber noch unkomplizierten Divertikulitis und Peridivertikulitis sind die klinischen Zeichen ausgeprägter: Meteorismus, Stuhlverhaltung, Erbrechen, hohes Fieber, starke Leukozytose, evtl. Pollakisurie.
Bei Auftreten von Komplikationen entwickeln sich dann typische dramatische Symptome (s. dort). Der chronische Verlauf ist durch eine mehr oder weniger ausgeprägte, narbige Schrumpfung des Sigmas charakterisiert: zeitweise ziehende Schmerzen, Subileuserscheinungen wechselnd mit Diarrhoen, Tenesmen, Blut- und Schleimabgänge.
4.8.4.4 Diagnose und Differentialdiagnose Bei der klinischen Untersuchung findet sich immer ein mehr oder weniger heftiger Druckschmerz im linken Unterbauch, evtl. verbunden mit Abwehr-
Symptome: symptomlos, selten kolikartige Schmerzen und Schleimabgänge. Symptome erst bei Divertikulitis: im Frühstadium: - Obstipation, - Flatulenz, - gelegentlich Diarrhoen, - Dysurie, - Schmerzen im linken Unterbauch, - subfebrile Temperaturen, - leichte Leukozytose. Spätere Symptome: - Meteorismus, - Stuhlverhaltung, - Erbrechen, - hohes Fieber, - starke Leukozytose, - evtl. Pollakisurie. Chronischer Verlauf: - ausgeprägte narbige Schrumpfung des Sigmas, - ziehender Schmerz, - Subileuserscheinungen, - Diarrhoen, - Tenesmen, - Blut- und Schleimabgänge. Diagnose: heftiger Druckschmerz im linken Unterbauch mit Abwehrspannung und Lokalschmerz, tastbarer walzenförmiger „Tumor".
510 Sicherung der Diagnose: Kontrasteinlauf. Röntgenbild: kontrastmittelgefüllte Divertikel und langstreckige Einengung des Darmlumens (chronischer Verlauf).
Klassische Röntgenzeichen bei Divertikulitis: - sägezahnähnliches Bild, - stark kontrahiertes haustriertes Relief, - kleine Fistelabgänge und Stenosen.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes Spannung und Loslaßschmerz. Häufig ist auch ein walzenförmiger „Tumor" (= colonic rope) zu tasten. Gesichert wird die Divertikeldiagnose durch Kolonkontrasteinlauf und nicht durch Endoskopie. Im Röntgenbild zeigen sich die kontrastmittelgefüllten Divertikel und bei der chronisch verlaufenden Divertikulitis oft eine langstreckige Einengung des Darmlumens (Differentialdiagnose: Sigmakarzinom). Klassische Röntgenzeichen bei der Divertikulitis sind: Sägezahnähnliches Bild, stark kontrahiertes, haustriertes Relief, kleine Fistelabgänge und Stenosen (Abb. 24-66).
Abb. 24-66 Röntgenkontrastdarstellung mit multiplen Divertikeln im Sigma und Zeichen einer Divertikulitis Achtung: im akuten Stadium wegen Perforationsgefahr keine Röntgenuntersuchung und Endoskopie.
Im akuten Stadium sind wegen der Gefahr einer Perforation Röntgenuntersuchungen und Endoskopie kontraindiziert (ζ. B. Luftinsufflation gefährlich!).
Komplikationen der Divertikulitis: (s. Abb. 24-66). 1. Blutungen, 2. Stenose, 3. Perforation mit Abszeß- oder Fistelbildung oder Perforation mit diffuser Peritonitis.
4.8.4.5 Komplikationen der Divertikulitis (Abb. 24-67) Bei etwa einem Drittel der Patienten kommt es zu bedrohlichen Komplikationen: Blutungen, Stenose, Perforation mit Abszeß- oder Fistelbildung, Perforation mit diffuser Peritonitis. 1 gedeckte Perforation mit mesokolischem Abszeß 2 Perforation mit perikolischem Abszeß 3 freie Perforation mit generalisierter, kotiger Peritonitis 4 Stenosierung des Darmes infolge der chronischen Divertikulitis
Abb. 24-67 Komplikationsmöglichkeiten bei der Divertikulitis. 1. Blutung: selten, plötzliches massives Auftreten. Abzugrenzen von: Hämorrhoiden, ulzerierendem Tumor, Angiodysplasie.
4.8.4.5.1 Blutung Sehr selten (4,5-6 %), tritt plötzlich und massiv auf. Die Diagnose der Blutungsursache ist oft schwierig (Sigmoideoskopie, Angiographie). Differentialdiagnostisch abzugrenzen ist die Blutung bei Hämorrhoiden, ulzerierendem Tumor, Angiodysplasie.
511
Kolon und Rektum 4.8.4.5.2
Stenose
Häufigkeit 2 , 5 - 8 % , entsteht auf dem Boden des chronisch entzündlichen Prozesses und fuhrt in etwa 5 % zum Ileus. Klinisch finden sich Meteorismus, Resistenz im linken Unterbauch mit Druckschmerz, im Röntgenbild oft eine langstreckige Verengung des Sigmas. 4 . 8 . 4 . 5 . 3 P e r f o r a t i o n mit A b s z e ß - o d e r F i s t e l b i l d u n g Kleine Abszesse unterscheiden sich klinisch nicht von der blanken Divertikulitis. Bei größeren Abszessen, die mesokolisch oder parakolisch oder auch im kleinen Becken lokalisiert sein können, entwickelt sich ein akutes klinisches Bild: heftige Schmerzen, Stuhl- und Windverhaltung, Dysurie, hohes Fieber, ausgeprägte Leukozytose, Druckschmerz, Abwehrspannung, druckempfindlicher und vorgewölbter Douglas bei der rektalen Untersuchung. Das große Netz, benachbarte Darmschlingen, Blase, inneres Genitale können in den entzündlichen Prozeß miteinbezogen sein und ihn auch abgrenzen. Bei spontaner Perforation eines Abszesses in Nachbarorgane (Uterus, Vagina, Harnblase, Dünndarm) oder in die Bauchdecken (meist Kotfistel) entwickelt sich eine Fistel. Bei der Fistelung zur Harnblase eindrucksvolles Bild mit Pollakisurie, Pneumaturie, Pyurie und Hämaturie. Nachweis durch Kontrasteinlauf und Zystoskopie. Fisteln zum Uterus und der Vagina sind durch den Kotabgang sehr unangenehm (Kolpitis, Vulvitis). Bei enterokolischer Fistel (Nachweis durch Kontrasteinlauf) treten Durchfälle und Gewichtsverlust
4 . 8 . 4 . 5 . 4 P e r f o r a t i o n mit d i f f u s e r P e r i t o n i t i s Häufigkeit 2 - 2 7 %, kann plötzlich ohne Vorzeichen eintreten, meist aber finden sich vorher erhebliche Schmerzen und Erbrechen. Bei der eingetretenen freien Perforation finden sich alle Zeichen der akuten Peritonitis (s. dort). Die kotig-eitrige Peritonitis hat wegen der gramnegativen Sepsis eine hohe Letalität. Die Diagnose wird durch die klinische Untersuchung gestellt. Evtl. findet sich subphrenisch eine Luftsichel auf der Abdomenleeraufnahme. 4.8.4.6 4.8.4.6.1
Therapie Unkomplizierte Divertikulitis
Divertikel ohne Beschwerden bedürfen keiner Therapie. Bei der Divertikulitis zunächst konservative Maßnahmen: schlackenreiche, nicht blähende Kost, Stuhlregulierung mit Abführmitteln, Spasmolytika, evtl. schwer resorbierbare Antibiotika. Bei akutem Entzündungsschub Bettruhe, Eisblase, evtl. Antibiotika systemisch, Nahrungskarenz, parenterale Ernährung. Bei anhaltenden und rezidivierenden Beschwerden sollte - um die schwerwiegenden Komplikationen zu verhindern - operiert werden (Sigmakontinuitätsresektion). Die Frühoperation hat gute Ergebnisse.
4.8.4.6.2 Komplizierte Divertikulitis Bei der Blutung überwiegend konservative Behandlung: Schockbekämpfung, Angiotherapie mit Vasokonstriktiva, selten operativ. Liegt eine Stenose mit Subileus oder Ileus vor, ist die Darmresektion angezeigt, evtl. zweizeitig mit protektivem Anus praeternaturalis. Kleinere Abszesse können zunächst konservativ mit Antibiotika, Nahrungskarenz und parenteraler Ernährung behandelt werden.
2. Stenose: Entstehung durch chronisch entzündlichen Prozess, kann zum Ileus führen. Klinische Zeichen: Meteorismus, Resistenz im linken Unterbauch mit Druckschmerz. Röntgen: Verengung des Sigmas. 3. Perforation mit Abszeß- oder Fistelbildung Bei größeren Abszessen akutes Bild: - heftige Schmerzen, - Stuhl- und Windverhaltung, - Dysurie, - hohes Fieber, - ausgeprägte Leukozytose, - Druckschmerz, - Abwehrspannung, - druckempfindlicher, vorgewölbter Douglas (bei der rektalen Untersuchung). - Einbezug von benachbarten Darmschlingen, Blase und innerem Genitale. Bei spontaner Perforation eines Abszesses —» entwickelt sich eine Fistel. Bei Fistelung zur Harnblase: - Pollakisurie, - Pneumaturie, - Pyurie, - Hämaturie. Nachweis durch Kontrasteinlauf und Zystoskopie. 4. Perforation mit diffuser Peritonitis: Plötzliches Eintreten, vorher erhebliche Schmerzen und Erbrechen. Kotig eitrige Peritonitis hat hohe Letalität. Diagnose durch klinische Untersuchung.
Therapie der unkomplizierten Divertikulitis: zunächst konservative Maßnahmen: - schlackenreiche, nicht blähende Kost, - Stuhlregulierung mit Abführmitteln, - Spasmolytika, - evtl. schwer resorbierbare Antibiotika. Bei akutem Entzündungsschub: - Bettruhe, - Eisblase, - Nahrungskarenz, - parenterale Ernährung, - evtl. Antibiotika systemisch. Bei anhaltenden und rezidivierenden Beschwerden: Operationsindikation. Frühoperation mit guten Ergebnissen. Therapie der komplizierten Divertikulitis Bei Blutung: konservative Behandlung mit: - Schockbekämpfung, - Angiotherapie, - Vasokonstriktiva, - selten operativ. Bei Stenose mit Subileus oder Ileus: - Darmresektion mit protektivem Anus praeternaturalis.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
512 Dreizeitige Resektion n. Schloffer
resektion Abb.24-68 Möglichkeiten der operativen Taktik bei Divertikelperforation im Sigmabereich
Bei a u s g e d e h n t e m A b s z e ß entweder dreizeitige (Abb. 24-68):
Operation
nach
Schloffer
Kleine Abszesse: zunächst konservativ mit Antibiotika, Nahrungskarenz, parenteraler Ernährung. Ausgedehnter Abszeß: Operation mit: - Drainage der Abszeßhöhle und doppelläu figer Querkolonafter, - Darmresektion, - Anus-praeter-Verschluß oder Inkontinenzresektion nach Hartmann: —* Sigmaresektion mit Blindverschluß des Rektums und endständiger Kolostomie, —»Wiederherstellung der Darmkontinuität durch End-zu-End-Anastomose oder: zweizeitige Kontinenzresektion: —* Darmresektion mit End-zu-End-Anastomose und protektivem Querkolonafter, —»Anus-praeter-Verschluß. Primäre Darmresektion mit Entfernung des Entzündungsherdes hat große Vorteile.
1. D r a i n a g e der A b s z e ß h ö h l e u n d doppelläufiger Q u e r k o l o n a f t e r , 2. D a r m r e s e k t i o n n a c h A b k l i n g e n der a k u t e n E n t z ü n d u n g , 3. A n u s - p r a e t e r - V e r s c h l u ß oder Inkontinenzresektion nach Hartmann (Abb. 24-68): 1. S i g m a r e s e k t i o n m i t Blindverschluß des R e k t u m s u n d e n d s t ä n d i g e r Kolostomie, 2. W i e d e r h e r s t e l l u n g der D a r m k o n t i n u i t ä t d u r c h E n d - z u - E n d - A n a s t o m o s e oder zweizeitige Kontinenzresektion:
Ergebnisse: postoperative Letalität bei Elektivoperation: 0 , 5 - 2 %. Bei der Notoperation: 10-35 %.
4.8.4.7 Ergebnisse
Colitis ulcerosa:
4.8.5 Colitis ulcerosa (Proktocolitis ulcero-hämorrhagica gravis)
Krankheitsentstehung stets im Rektum oder Sigma —» Ausbreitung auf das gesamte Kolon. Schwere, meist mit Ulzerationen einhergehende diffuse kontinuierliche Entzündung der Schleimhaut des Rektums, des Kolons.
1. D a r m r e s e k t i o n m i t E n d - z u - E n d - A n a s t o m o s e u n d protektivem Q u e r k o l o n after, 2. A n u s - p r a e t e r - V e r s c h l u ß . Die primäre Darmresektion mit Entfernung des E n t z ü n d u n g s h e r d e s h a t große Vorteile, sie verhindert weitere K o m p l i k a t i o n e n . Bei Fistelbildungen sind oft a u s g e d e h n t e u n d schwierige O p e r a t i o n e n , evtl. d u r c h zweizeitiges Vorgehen mit p r ä l i m i n a r e m A n u s praeternaturalis erforderlich.
Spezielle postoperative K o m p l i k a t i o n e n sind N a h t i n s u f f i z i e n z ( 2 - 8 % ) u n d F i s t e l b i l d u n g ( 2 - 7 %). Postoperative Letalität bei der Elektivoperation 0 , 5 - 2 %, bei der N o t o p e r a t i o n 1 0 - 3 5 %.
4.8.5.1 Ätiologie und Pathogenese Die Ätiologie ist n o c h unklar. F o l g e n d e p a t h o g e n e t i s c h e F a k t o r e n werden diskutiert: A u t o i m m u n m e c h a n i s m e n ( h u m o r a l e Antikörper, zellständige I m m u n r e a k t i o n ) , pathologische V e r m e h r u n g der D i c k d a r m f l o r a m i t Läsion der S c h l e i m h a u t b a r r i e r e , psychosomatische Z u s a m m e n h ä n g e . Die Kolitis b e g i n n t fast stets i m R e k t u m oder Sigma (85 %) u n d breitet sich
Kolon und Rektum
513
von hier auf das gesamte Kolon aus. Zum Teil wird das terminale Ileum miterfaßt (Backwash-Ileitis). Morphologisch handelt es sich um eine schwere, meist mit Ulzerationen einhergehende, diffuse kontinuierliche Entzündung der Schleimhaut des Rektums und Kolons. Die Ausdehnung ist oft unterschiedlich. Zwischen den Geschwüren stehengebliebene Schleimhautinseln bilden Pseudopolypen. Bei Ausheilung entsteht eine narbige Schleimhautatrophie. Die Erkrankung tritt am häufigsten zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf. Typisch sind immunologische Begleiterscheinungen, ζ. B. Uveitis und Episkleritis, Morbus Bechterew, Arthralgien, Erythema nodosum, Pyoderma gangraenosum.
Typisch sind immunologische Begleiterscheinungen wie: - Uveitis, - Episkleritis, - Morbus Bechterew etc.
4.8.5.2 Symptome
Symptome: Leitsymptom: blutig-schleimiger Durchfall. Ferner: Tenesmen und Fieber.
Leitsymptom der Colitis ulcerosa ist der blutig-schleimige Durchfall. Hinzu kommen Tenesmen und Fieber. Die Erkrankung verläuft in Phasen relativen Wohlbefindens abwechselnd mit schwersten, hochfieberhaften Entzündungsschüben. Häufig kommt es zu einer Anämie und einer Hypoproteinämie. 4.8.5.3 Diagnose und Differentialdiagnose
Diagnose:
Die Diagnose wird durch Rektokoloskopie und Biopsie sowie durch Kolonkontrasteinlauf gestellt. Im Frühstadium der Kolitis findet sich röntgenologisch eine feingranulierte Schleimhautzeichnung mit sog. Spikulae (domformige Kontrastmittelausziehungen). Im Spätstadium finden sich Kragenknopfgeschwüre und Pseudopolypen. Bei der ausgeprägten Colitis ulcerosa ist das stark geschrumpfte, haustrenlose Kolon typisch (Fahrradschlauchphänomen). Bei der Endoskopie fallen am Anfang der Entzündung petechiale Blutungen, Granulationen und eine Hyperämie der Schleimhaut auf. Bei der floriden Entzündung beobachtet man multiple, konfluierende Ulzera und Kryptenabszesse. Im Spätstadium herrscht das Bild der Pseudopolyposis vor. Differentialdiagnostisch müssen abgegrenzt werden: unspezifische Enteritiden, Divertikulitis coli, in erster Linie aber die Enterocolitis granulomatosa Crohn. Die Abgrenzung gegenüber dem Morbus Crohn kann problematisch sein. Selbst dem Pathologen ist dies aus dem bioptischen Material nicht immer möglich. Typisch für Morbus Crohn ist die schleichende Entwicklung, die nur seltene Blutung und das häufige Auftreten von perianalen Abszessen und Fisteln (s. auch S.481).
- Rektokoloskopie, - Biopsie, - Kontrasteinlauf. Röntgen: Schleimhautzeichnung mit Spikulae.
4.8.5.4 Komplikationen Folgende, meist schwerwiegende Komplikationen sind möglich: 1. toxisches Megakolon: Häufigkeit 5 - 1 0 %, fulminante oder perakute Verlaufsform mit extremer segmentärer Dilatation des Kolons. Der Darm ist maximal erweitert bis zu 20 cm und mehr, die Wand verdünnt und brüchig. Man findet außerdem abgedeckte Perforationen oder Abszeßbildungen infolge einer Durchwanderungsperitonitis. Für die Entwicklung eines toxischen Megakolons sind verschiedene Faktoren ausschlaggebend: Schädigung der autonomen Nervenplexus, Zerstörung der Darmmuskulatur, Enterotoxine. Das klinische Krankheitsbild entwickelt sich innerhalb weniger Tage zu schweren blutig-eitrigen Durchfällen, kolikartigen Schmerzen, Erbrechen und erheblicher Beträchtigung des Allgemeinzustandes (Exsikkose, Fieber, Tachykardie). Nicht selten kommt es zu schweren psychischen Veränderungen im Sinne eines Durchgangssyndroms (toxische Psychose). Bei der Untersuchung ist das Abdomen meteoristisch aufgetrieben. Hinzu kommen Druck- und Loslaßschmerz sowie Abwehrspannung. Die Laborbefunde zeigen ausgeprägte Störungen im Wasser- und Elektrolythaushalt mit Hyponatriämie und -chlorämie, Hypokaliämie, Azidose, Hypopro-
Typisch ist das stark geschrumpfte haustrenlose Kolon (Fahrradschlauchphänomen). Endoskopie: - petechiale Blutungen, - Granulationen, - Hyperämie der Schleimhaut. Bei florider Entzündung: Ulzera und Kryptenabszesse. Spätstadium: Pseudopolyposis. Differentialdiagnose beachten!
Komplikationen 1. Toxisches Megakolon: extreme segmentäre Dilatation des Kolons. Maximale Erweiterung des Darms —» Wand verdünnt und brüchig. Infolge Durchwanderungsperitonitis —• abgedeckte Perforation oder Abszeßbildung. Ursache: Schädigung der autonomen Nervenplexus, Zerstörung der Darmmuskulatur, Enterotoxine. Klinisches Bild: in wenigen Tagen schwere blutig-eitrige Durchfälle, kolikartige Schmerzen, Erbrechen und Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes, Durchgangssyndrom. Bei der Untersuchung: Abdomen aufgetrieben, Druck- und Lokalschmerz, Abwehrspannung.
514 Laborbefunde: Störung im Wasser- und Elektrolythaushalt. Abdomenleeraufnahme: Darm maximal erweitert. In diesem Stadium kein Kontrasteinlauf! 2. Perforation: Folge: kotige Peritonitis. Hohe Letalität. 3. Karzinomatöse Entartung: Ursache: jahrelange regenerative Prozesse bei Colitis ulcerosa. Ungünstige Prognose, da Karzinom zu spät entdeckt wird und rasch metastasiert.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes teinämie und massiver Leukozytose. Auf der A b d o m e n l e e r a u f n a h m e ist der Darm maximal erweitert, vorwiegend im Bereich des Colon transversum. Ein Kontrasteinlauf ist in diesem Stadium kontraindiziert. 2. Perforation: Die oft papierdünne Dickdarmwand kann perforieren, es entsteht eine kotige Peritonitis, die Letalität ist hoch. 3. Karzinomatöse Entartung: In etwa 3 % aller Colitis-ulcerosa-Fälle entwickelt sich ein Karzinom, bedingt durch die jahrelang bestehenden regenerativen Prozesse. Je länger die Krankheit dauert, u m so größer ist die Entartungsfrequenz. Nach 25 Jahren erkranken etwa 42 % der Patienten am Dickdarmkarzinom. Die Prognose ist hier besonders ungünstig, da Karzinome meist zu spät entdeckt werden, multifokal auftreten und rasch metastasieren.
Therapie der Colitis ulcerosa: vorwiegend konservativ.
4.8.5.5 Therapie
Notoperation: - bei schwerer Blutung, - toxischem Megakolon, - Perforation.
Operatives Vorgehen bedarf einer strengen Indikationsstellung. M a n unterscheidet Not- u n d Elektivoperationen. Die notfallmäßige Indikation besteht bei schwerer Blutung, toxischem Megakolon und Perforation. Der elektive Eingriff ist angezeigt, wenn trotz medikamentöser Therapie wiederholte, schwere Krankheitsschübe auftreten, die die Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit einschränken (drohende Invalidisierung).
Elektive Operation: bei erfolgloser medikamentöser Therapie.
Der Eingriff besteht in der Proktokolektomie mit kontinentem Ileostoma nach Kock. N u r in Ausnahmefällen kann das distale R e k t u m erhalten bleiben mit ileoanaler Anastomose nach Aylett. Beim toxischen Megakolon ist die radikale Operation im Sinne der Proktokolektomie umstritten. Turnbull konnte nachweisen, daß in diesem Akutzustand die palliative Entlastung des rupturgefährdeten Darms bessere Ergebnisse hat. Es werden an mehreren Stellen entlastende Kotfisteln angelegt (doppelläufiges Ileostoma, Querkolon- u n d Sigmaafter). Später kann nach Erholung des Patienten die definitive Proktokolektomie erfolgen.
Operativer Eingriff: Proktokolektomie. Bei toxischem Megakolon: palliative Entlastung bringt bessere Ergeb-
Die Behandlung der Colitis ulcerosa ist vornehmlich konservativ (s. Lehrbücher der Inneren Medizin). Die Therapie besteht in schlackenarmer Diät und in der Applikation von Salazosulfapyridin ( 3 - 5 g/die). Bei überwiegend rektaler Manifestation werden Kortikoid- oder Salazosulfapyridinklysmen empfohlen. Bei einem schweren akuten Schub m u ß stationär behandelt werden mit Glukokortikoiden, parenteraler Ernährung oder schlackenfreier Elementardiät. Darüber hinaus bedürfen die Patienten einer guten psychischen Führung (Gesprächs- und Gruppentherapie).
Prognose: Krankheit ist nach Proktokolektomie heilbar. Operationsletalität: ca. 5%. Bei Notoperation: bis zu 20%.
4.8.5.6 Prognose
Colitis regionalis Crohn
4.8.6 Colitis regionalis Crohn
Segmentärer oder totaler Befall des Kolons, oft im Vorfeld chronisches perianales Fistelleiden —»völlige Zerstörung des Kontinenzorgans.
4.8.6.1 Ätiologie und Pathogenese
Durch Proktokolektomie ist die Erkrankung im Gegensatz z u m Morbus Crohn prinzipiell heilbar. Die Patienten erholen sich rasch, ihre Lebenserwartung entspricht der der Normalbevölkerung. Die Operationsletalität liegt bei etwa 5 %. Wird eine Notoperation bei toxischem Megakolon durchgeführt, steigt die Letalität rapide an, bis zu 20 %.
Die Ätiologie ist auch bei der Crohnschen Erkrankung nicht geklärt. Das Kolon kann segmentär oder total befallen sein. Im Gegensatz zur Colitis ulcerosa erkrankt auch vorwiegend das rechtsseitige Kolon, das R e k t u m nur in 50 %. Der Morbus Crohn kann im gesamten Verdauungstrakt auftreten, von der M u n d h ö h l e bis zum Anus. Bei 60 % der Patienten ist Dickdarm und D ü n n d a r m betroffen u n d nur in 20 % der Dickdarm allein. Oft findet sich vor der Manifestation im Ileum oder Kolon ein chronisches perianales Fistelleiden. Diese ausgedehnten Fisteln können zu einer völligen Verwüstung des Kontinenzorgans führen.
515
Kolon und Rektum Histologisch findet man Epitheloidzellgranulome mit Riesenzellen, immer ohne Verkäsung, in der Darmwand Erosionen mit tiefen Rissen und Rhagaden der Schleimhaut (fissuring alterations). Dadurch entsteht das typische „Pflastersteinrelief'. Durch starke Verdickung und narbige Schrumpfung der Darmwand kommt es zur Einengung des Lumens und zur Verkürzung des Mesenteriums. Epidemiologisch ist erwähnenswert, daß der Morbus Crohn vorwiegend in der 2. bis 4. Lebensdekade auftritt, ein zusätzlicher Erkrankungsgipfel liegt jenseits des sechzigsten Lebensjahres. Jährliche Neuerkrankungen etwa 2 - 3 je 100000 Einwohner.
Einengung des Lumens durch starke Verdikkung und narbige Schrumpfung der Darmwand. Ferner Verkürzung des Mesente-
4.8.6.2 Symptome
Symptome: - Durchfälle mit geringen Blutbeimengungen, - subfebrile Temperaturen, - Appetitlosigkeit, - Gewichtsverlust, - Tenesmen bei Stenose.
Im Vordergrund stehen Durchfälle mit wenig Blutbeimengungen, außerdem subfebrile Temperaturen, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, bei Stenosen Tenesmen. Man unterscheidet eine akute und eine chronische Verlaufsform. Die akute Erkrankung wird nicht selten mit einer Appendizitis verwechselt.
4.8.6.3 Diagnose und Differentialdiagnose Folgende diagnostische Kriterien sind von Bedeutung: diskontinuierliche Manifestation, Ileumbeteiligung, Fissuren, enterokutane Fisteln, chronische Analfisteln und -abszesse, histologisch normaler Schleimgehalt der Becherzellen und Lymphfollikel in Mukosa und Submukosa. Die Differentialdiagnose ist vor allem gegenüber der Colitis ulcerosa schwierig. Seltener ist eine Abgrenzung gegenüber der ischämischen Kolitis erforderlich.
4.8.6.4 Komplikationen Folgende Komplikationen sind zu erwähnen: toxisches Megakolon (viel seltener als bei der Colitis ulcerosa), massive Blutung (sehr selten), Krebsrisiko mit 2,2 %, Fistelbildungen (enteroenterale und enterokutane), ferner Fisteln zur Blase, zur Vagina und zum Uterus, ausgedehnte perianale und anorektale Fisteln, freie Perforation (sehr selten), Ileus durch Darmstenose.
4.8.6.5 Therapie Die Behandlung der Colitis Crohn ist so lange wie möglich konservativ. Im Schub werden Salazosulfapyridin und Kortikoide verabreicht neben einer ballastfreien Elementardiät, evtl. parenterale Ernährung. Die Intervallbehandlung mit Salazosulfapyridin hat nicht zu einer Senkung der Rezidivhäufigkeit geführt. Die Operation ist angezeigt bei Versagen der konservativen Therapie, d. h. beim Auftreten von Komplikationen, wie Stenosen, Fistelbildungen, Abszedierungen, Karzinomentwicklung. Die Operation besteht in der sparsamen Resektion der befallenen Darmabschnitte, Wiederherstellung der Darmkontinuität grundsätzlich durch Endzu-End-Anastomose. Bei End-zu-Seit- oder Seit-zu-Seit-Anastomosen entwickelt sich sehr rasch ein Crohn-Rezidiv im Blindsack der Anastomose. Häufig sind die mesenterialen Lymphknoten monströs vergrößert, sie müssen nicht entfernt werden.
Diagnose: - diskontinuierliche Manifestation, - Ileumbeteiligung, - Fissuren, - enterokutane Fisteln, - chronische Analfisteln und -abszesse, - histologisch normaler Schleimgehalt der Becherzellen, - Lymphfollikel in Mukosa und Submukosa. Differentialdiagnose beachten! Komplikationen: - toxisches Megakolon, - massive Blutung, - Krebsrisiko 2,2%, - Fistelbildung, - ferner Fisteln zur Blase, Vagina, Uterus, - ausgedehnte perianale und anorektale Fisteln, - freie Perforation, - Ileus durch Darmstenose. Therapie: so lange wie möglich konservativ mit: - Salazosulfapyridin, - Kortikoiden, - ballastfreier Elementardiät.
Operation: bei Erfolglosigkeit der konservativen Therapie, bei Auftreten von Komplikationen (Stenosen, Fistelbildung, Karzinomentwicklung etc.). Operatives Vorgehen: sparsame Resektion der befallenen Darmabschnitte, End-zu-End-Anastomose.
4.8.6.6 Ergebnisse und Prognose Die Operationsletalität liegt zwischen 3 und 10 %. Sie hängt ab vom Alter des Patienten und der Ausdehnung der Operation. Die Prognose wird durch die Rezidive bestimmt, deren Häufigkeit in der Literatur zwischen 20 und 60 % angegeben wird. Bypass-Verfahren sind wegen der hohen Rezidivhäufigkeit heute obsolet.
Operationsletalität: 3 - 1 0 % .
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
516 Ischämische Kolitis: Ursache: Minderdurchblutung mit Ulzeration der Darmschleimhaut.
Vorwiegend chronischer Verlauf mit: - leichten Schmerzen, - Stuhlunregelmäßigkeiten bei - Stenosen. Diagnose: selektive Angiographie. Operative Therapie: Darmresektion nur im akuten Stadium und bei Stenosen.
4.8.7 Ischämische Kolitis Sie beruht auf einer Minderdurchblutung (Arteriosklerose, Thrombose, Embolie) mit umschriebenen Ulzerationen der Darmschleimhaut, die vorwiegend im linken Hemikolon lokalisiert sind. Histologisch findet man subintimale Verdickungen kleinerer Arterien, wie bei Endangitis obliterans oder Periarteriitis nodosa. Nach Operation eines abdominalen Aortenaneurysmas wird die ischämische Kolitis häufiger beobachtet, wobei eine intraoperative Hypovolämie als Ursache diskutiert wird. Bei diesen Patienten ist meist die A.mesenterica inferior bereits präoperativ obliteriert. Der Verlauf ist überwiegend chronisch, es finden sich leichte Schmerzen und Stuhlunregelmäßigkeiten bei Stenosen. Die Diagnose wird durch eine selektive Angiographie gesichert. Eine operative Therapie (Darmresektion) ist nur im akuten Stadium wegen der Gefahr der Darmwandnekrose angezeigt. Ferner wird man operieren bei erheblichen Beschwerden und Stenosen.
4.8.8 Ischämische Kolitis im Neugeborenenalter (s. Kapitel XXX. Kinderchirurgie) Enteritis necroticans segmentäre oder langstreckige Totalnekrose des Dünn- und Dickdarms.
4.8.9 Enteritis necroticans (nichtokklusiver Mesenterialinfarkt) Segmentäre oder langstreckige Totalnekrose des Dünn- und Dickdarms. Letzterer ist seltener betroffen. Etwa 20 % aller Mesenterialinfarkte gehören diesem nichtokklusiven Typ an.
4.8.9.1 Epidemiologie Das Krankheitsbild kommt vor allem bei Früh- und Neugeborenen mit Risikofaktoren vor, ferner bei Patienten mit Digitalisintoxikation. Häufiger wird die Enteritis necroticans postoperativ beobachtet, insbesondere nach eingreifenden Operationen. Klinik: - plötzlicher Verfall des Patienten wie bei septischem Schock, - initial hohes Fieber, - Peritonitis mit paralytischem Ileus, - blutige Durchfälle, - Somnolenz durch Azidose, - Anurie, - Ikterus. - Tod meist innerhalb 12-24 h. Therapie: meist zu spät. Bei Darmresektion Letalität zwischen 90 und 100%. Pseudomembranöse Kolitis schwere entzündliche Mukosaveränderungen bis zu Ulzerationen und pseudomembranösen Belägen. Diagnose: Endoskopie mit Biopsie. Klinik: - diffuse Durchfälle mit Eiweißverlust, - Fieber, - Leukozytose, - Tenesmen, - septische Komplikationen. Ursache: Therapie mit Breitbandantibiotika in Diskussion. Prognose schlecht, Letalität bis zu 40 %.
4.8.9.2 Klinisches Bild Plötzlicher rapider Verfall des Patienten wie beim fulminanten septischen Schock, dramatischer Verlauf, initial hohes Fieber, Peritonitis mit paralytischem Ileus, blutige Durchfälle. Somnolenz durch metabolische Azidose, Anurie und Ikterus. Laborchemisch finden sich Gerinnungsstörungen, Leuko- und Thrombozytendepression, ausgeprägte metabolische Azidose. Der Tod tritt meist innerhalb 1 2 - 2 4 h ein.
4.8.9.3 Therapie Meist kommt jede Maßnahme zu spät. Auch bei kurativer Darmresektion liegt die Letalität zwischen 90 und 100 %.
4.8.10 Pseudomembranöse Kolitis Pathologisch-anatomisch finden sich schwere entzündliche Mukosaveränderungen bis zu Ulzerationen und pseudomembranöse Beläge. Die Diagnose wird durch Endoskopie mit Biopsie gesichert. Klinisch finden sich diffuse Durchfälle mit Eiweißverlust, Fieber, Leukozytose, Tenesmen, septische Komplikationen. Wahrscheinlich spielt eine Therapie mit Breitbandantibiotika ätiologisch eine Rolle („Antibiotika-Durchfall")· Durch Antibiotika wird die normale Darmflora unterdrückt, so daß eine Überwucherung mit pathogenen Keimen möglich wird. Der klinische Verlauf ist langsam, die Prognose jedoch sehr ernst; Letalität bis zu 40 %.
Kolon und Rektum Die Therapie ist konservativ: Intensivtherapie mit entsprechender Substitution von Flüssigkeit und Elektrolyten, u m die profusen Durchfälle zu kompensieren. Keine Antibiotika, Gabe von Kortison und Cholestyramin.
517 Therapie: konservativ. Keine Antibiotika. Gabe von Kortison und Cholestyramin. Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution.
4.9 Kongenitale Erkrankungen 4.9.1 Anorektale Atresie (s. Kapitel XXX. Kinderchirurgie)
4.9.2 Megacolon congenitum = Hirschsprung-Krankheit (s. Kapitel XXX. Kinderchirurgie)
4.10 Sonstige Dickdarmerkrankungen
Andere Dickdarmerkrankungen
4.10.1 Colon irritabile
Colon irritabile: (spastisches Kolon, Reizkolon). Funktionelle Störung im Bereich des Dickdarms. Ursache: psychosomatische Störungen. Symptome: - krampfartige Schmerzen, - Durchfälle, - gelegentliche Schleimabgänge. Diagnosestellung: erst wenn Colitis ulcerosa oder Kolonkarzinom ausgeschlossen.
Auch als spastisches Kolon oder Reizkolon bezeichnet. Funktionelle Störung im Bereich des Dickdarms. Die Beschwerden sind vieldeutig und wechselnd mit krampfartigen Schmerzen, Durchfällen, gelegentlichen Schleimabgängen. Bisweilen ist ein walzenförmiger Strang im Bereich des Kolons tastbar. Der Erkrankung liegt meist eine psychosomatische Störung zugrunde. Die Diagnose Colon irritabile darf erst gestellt werden, wenn durch spezifische Untersuchungen (Kontrasteinlauf, Koloskopie) eine Colitis ulcerosa oder ein Kolonkarzinom ausgeschlossen ist. Folgende Therapie: schlackenreiche Kost, Spasmolytika, evtl. leichte Sedativa.
4.10.2 Dolichocolon Es handelt sich u m ein abnorm langes Kolon, das im Röntgenbild als tief durchhängende „Doppelflinte" zu erkennen ist. Es verursacht chronische, unspezifische Beschwerden bis zu Subileuszuständen. Eine chirurgische Therapie ist nur selten angezeigt, wenn sehr heftige rezidivierende Beschwerden bestehen oder es zu einem Volvulus kommt. Die Operation besteht in einer Kolopexie, besser aber in der Resektion des überlangen Dickdarms.
4.10.3 Verletzungen Es handelt sich seltener um stumpfe, sondern viel häufiger u m scharfe Verletzungen. Vorwiegend wird das Rektum verletzt, ζ. B. Pfählungsverletzungen, durch iatrogene Verletzungen bei der Endoskopie oder bei sexuellen Manipulationen. Die offene Verletzung erfordert die Laparotomie mit Übernähung oder Resektion des entsprechenden Darmabschnitts, gleichzeitig protektiver Anus praeternaturalis, der später zurückverlegt werden kann.
4.10.4 Angiodysplasie Wichtige Synonyme: Arterio-venöse Malformation, vaskuläre Dysplasie und vaskuläre Ektasie. Es handelt sich um eine fokale Gefäßüberschußbildung in der Mukosa u n d / oder Submukosa vorwiegend des rechten Hemikolons. Hauptsächlich sind Männer betroffen, der Altersgipfel liegt zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr. Die intestinale Angiodysplasie wird in 4 Typen eingeteilt:
Therapie: - schlackenreiche Kost, - Spasmolytika, - evtl. leichte Sedativa. Dolichocolon Abnorm langes Kolon. Beschwerden: unspezifisch, manchmal Subileuszustände. Chirurgische Therapie: bei heftigen rezidivierenden Beschwerden oder bei Volvulus. Operationsverfahren: Kolopexie oder Resektion des überlangen Dickdarms. Verletzungen Vorwiegend Pfählungsverletzungen. Therapie: Laparatomie mit Übernähung oder Resektion des Darmabschnitts. Protektiver Anus praeternaturalis (später Zurückverlegung). Angiodysplasie fokale Gefäßüberschußbildung in der Mukosa oder Submukosa. Symptome: arterio-venöse Malformation, vaskuläre Dysplasie, vaskuläre Ektasie.
518
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
Einteilung in 4 Typen Typ I
= submuköse arteriovenöse Malformation (rechtes Hemikolon) Typ II = vaskuläre Hamartie (kongenital, vorwiegend Dünndarm) Typ III = hereditäre hämorrhagische Angiektasie, Morbus Osler (kongenital, Magen, Ileum und Zökum betreffend) Typ IV = sekundäre vaskuläre Malformation (bei entzündlichen, fibrosierenden und malignen Prozessen) Klinisches Bild: rezidivierende anhaltende intestinale Blutung. Diagnostisches Verfahren der Wahl: selektive Angiographie. Therapie: Darmresektion.
Endometriose versprengtes, funktionierendes Endometriumgewebe in anderen Organen. Häufig in Sigma und Rektum, oftmals gleichzeitig im kleinen Becken. Daher bei Beckenendometriose: immer Endoskopie durchführen. Symptome: - krampfartige Schmerzen, - Blutungen. Therapie: Exstirpation des Herdes, ggf. Resektion des Darmabschnittes. Strahlenschäden Folge: - Verdickung der Gefäßwand, - Sklerosierung, - Hyalinisierung, - komplette Gefäßobliteration. Folge: Vernarbung, Verdickung und Ulzeration —»chronischer Subileus —> evtl. spontane Perforation. Therapie: meist konservativ. Operationsindikation bei Perforation. Operationsdurchführung: Resektion der befallenen Darmanteile, End-zu-End-Anastomose.
Im Vordergrund des klinischen Bildes steht die rezidivierende, manchmal über Jahre anhaltende intestinale Blutung. Die Diagnose ist oft schwierig, da man nicht an diese Ursache denkt. Als diagnostisches Verfahren der Wahl gilt die selektive Arteriographie. Hierbei zeigen sich angiomatöse Konvolute und eine frühe Venenfüllung durch AV-Shunts. Nach Sicherung der Blutungsquelle ist die Darmresektion angezeigt (Hemikolektomie rechts mit Resektion des terminalen Ileum). Bei der Operation sind die Veränderungen in der Schleimhaut meist nicht sichtbar.
4.10.5 Endometriose Definition: versprengtes, funktionierendes Endometriumgewebe in anderen Organen. Die Endometriose ist im Sigma oder Rektum wesentlich häufiger als im Dünndarm. Häufig findet sich gleichzeitig eine Endometriose im kleinen Becken, daher sollte man bei nachgewiesener Beckenendometriose immer eine Endoskopie durchführen. Die Endometriose macht sich durch krampfartige Schmerzen und Blutungen entsprechend der monatlichen Regelblutung bemerkbar. Die Therapie besteht in der Exstirpation des Herdes, gegebenenfalls auch in einer Resektion des Darmabschnittes.
4.10.6 Strahlenschäden Bei der Behandlung maligner Tumoren durch endokavitäre oder perkutane Strahlenanwendung kommt es nicht selten zu einer Schädigung des Darms. Pathologisch-anatomisch findet man eine Verdickung der Gefäßwand neben Sklerosierung und Hyalinisierung, die bis zur kompletten Gefäßobliteration führen kann. Die Folge sind Vernarbungen und Verdickungen der Darmwand, evtl. mit ausgedehnter Ulzeration. Durch die Verdickung der Darmwand und Einengung des Darmlumens kommt es zu einem chronischen Subileus, bei schwerer Schädigung der Darmwand auch zur spontanen Perforation. Die Behandlung der radiogenen Spätschäden am Dickdarm ist so lange wie möglich konservativ. Bei Perforationen oder beim Ileus ist die Operation indiziert. Sie besteht in einer Resektion der befallenen Darmanteile mit End-zu-End-Anastomose. Umgehungsanastomosen sind kontraindiziert, da im ausgeschalteten Darmabschnitt Perforationen beobachtet wurden. Die Gefahr der Nahtinsuffizienz ist groß, entsprechend auch die Operationsletalität hoch.
Literatur
Literatur Goligher, J. C.: Surgery of the Anus, Rectum and Colon. Bailiier & Tindall, London 1976 Häring, R. (Hrsg.): Dringliche Bauchchirurgie. Thieme, Stuttgart-New York 1982 Häring, R.: Mastdarm und Analregion. In: Baumgartl, F., Kremer, K., Schreiber, H. W.: Spezielle Chirurgie für die Praxis, Bd. II, Teil 2, Thieme, Stuttgart 1972 Hermanek, P.: Aufgaben des Pathologen bei Diagnose und Therapie. In: Gall, F. P., Schweiger, M. (Hrsg.): Diagnose und Therapie des Rektumkarzinoms. Perimed-Verlag 1982, S. 40-80 Reifferscheid, M.: Rektumkarzinom - Sphinkterhaltende Operationsverfahren. Thieme, Stuttgart 1983 Schreiber, H. W.: Dickdarm. In: Baumgartl, F., Kremer, K., Schreiber, H. W. (Hrsg.): Spezielle Chirurgie für die Praxis, Bd. II, Teil 2, Thieme, Stuttgart 1972
519
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
520 Ileus
5. Ileus A. Wondzinski,
Alle Störungen der Darmpassage, unabhängig von ihrer Ursache. Man unterscheidet einen: - akuten, - subakuten, - chronischen, - chronisch-rezidivierenden Verlauf. Ferner: - Dünndarmileus, - Dickdarmileus.
R. Häring
5.1 Definition, Einteilung Unter der Bezeichnung Ileus faßt m a n alle Störungen der Darmpassage unabhängig von ihrer Ursache z u s a m m e n . N a c h klinischen Gesichtspunkten unterscheidet m a n zwischen akuten, subakuten, chronischen und chronischrezidivierenden Verläufen. Je nach Lokalisation lassen sich ein hoher von einem tiefen Dünndarmileus u n d der Dickdarmileus voneinander abgrenzen. Weitaus wichtiger für das therapeutische Vorgehen ist jedoch die Differenzierung nach der formalen Pathogenese (Abb. 24-69).
Ileus mechanischer Ileus Okklusions Ileus
Strangulations Ileus
Stenose Striktur Obturation Kompression
Inkarzeration Torsion Invagination Volvulus
gemischter Ileus
Divertikulitis Perityphlitis Tuberkolose Durchwanderung
funktioneller Ileus paralytischer Ileus
spastischer Ileus
infektiös vaskulär metabolisch reflektorisch
Würmer (Ascariden) Bleiintoxi kation
Abb.24-69 Einteilung und Ätiologie der verschiedenen lleusformen
Differenzierung nach formaler Pathogenese (Abb. 24-69).
Mechanischer Ileus: Der mechanische Ileus ist durch eine Störung des Transportes von Darminhalt in bestimmten Darmabschnitten gekennzeichnet. Okklusionsileus: Der Verschluß des Darms erfolgt hierbei entweder durch intraluminale, intramurale oder extraluminale Ursachen. Strangulationsileus: Darmverschluß mit gleichzeitiger Behinderung der Durchblutung der Mesenterialgefäße, wobei es in bestimmten Darmanteilen (meist D ü n n d a r m ) zur lokalen oder abschnittsweisen Zirkulationsstörung (venös oder arteriell) in einzelnen Darmanteilen kommt. Funktioneller Ileus: Störung der Transportfunktion des Darms durch eine unspezifische Reaktion des Darmtraktes auf lokale oder allgemeine Noxen verschiedenster Art. Gemischter Ileus: Gleichzeitig bestehender mechanischer und paralytischer Ileus, ζ. B. bei lokaler Peritonitis mit mechanischer Störung der Passage durch Abknickung und konsekutiver lokaler Darmparese. Postoperativer Ileus: Schwerwiegende postoperative Komplikation in der Abdominalchirurgie. Je nach Ursache m u ß m a n auch hier zwischen mechanischen und funktionellen F o r m e n differenzieren.
5.2 Ätiologie, Pathogenese und Pathophysiologie der lleuskrankheit Mechanischer Ileus
5.2.1 Mechanischer Ileus
Lebensbedrohliche Abdominalerkrankung.
Der mechanische Ileus ist eine lebensbedrohliche Abdominalerkrankung. Unbehandelt führt er nahezu immer zum Tode.
521
Ileus T a b e l l e 24-3 Einteilung der lleusursachen nach d e m Lebensalter Neugeborene
4 W o c h e n bis
4 - 1 5 Jahre
1 6 - 3 0 Jahre
3 0 - 4 0 Jahre
4 0 - 6 0 Jahre
Darmatresien u n d Stenosen Mekoniumileus Morbus Hirschsprung
—
I d i o p a t h i s c h e Invagination
Sympt. Invagination (Meckel-Divertikel) Inkarzerierte H e r n i e n Briden und Adhäsionen Morbus Crohn Volvulus Invagination d u r c h benigne Neubildungen Maligne Neubildungen Mesenterialarterienverschluß Gallensteinileus Koprostase
In den USA sterben jedes Jahr etwa 9 000 Menschen am Ileus. Zu 75% nimmt er seinen Ausgang vom Dünndarm. Hierbei finden sich je zur Hälfte Briden bzw. Adhäsionen und andererseits Inkarzerationen in äußeren und inneren Hernien. Die restlichen 25 % betreffen den Dickdarm. Die lleusursachen sind je nach Lebensalter unterschiedlich häufig (Tab. 24-3). Briden, Adhäsionen, Inkarzerationen und Dickdarmkarzinome machen rund 80 % aller Fälle mit mechanischem Ileus aus (Ab. 24-70, 24-71).
Ursachen: (s. Tab. 24-3). - Briden, - Adhäsionen, - Inkarzerationen, - Dickdarmkarzinome.
5.2.1.1 Okklusionsileus (keine M e s e n t e r i a l g e f ä ß b e t e i l i g u n g )
Okklusionsileus
Wird verursacht durch:
Ursachen:
- Stenose: Mißbildungen, Entzündungen, Tumoren. - Striktur: entzündliche Genese. - Obturation: Fremdkörper, Kotballen, unverdaute Nahrungsbestandteile, Bezoare, Gallensteine, Askariden, polypöse Tumoren. - Kompression: Tumoren der Darmwand oder anderer Organe, Briden. - Abknickung: Adhäsionen.
über 60 Jahre
3 Jahre
522
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes Briden + Adhaesionen Hernien
:
11111 j
I
Tumoren Invagination + Volvulus
[III!
Entzündliche Erkrankungen
|
Gallensteine + Fremdkörper
|
i
Vaskuläre Ursachen
J
Sonstige
H Ü 0
10%
20%
30%
Abb.24-70 Verteilung der lleusursachen in Prozent
Abb.24-71 Häufige und seltene Ursachen der Passagebehinderung des Gastrointestinaltraktes (schematisch). 1 Magenausgangsstenose (Tumor), 2 Duodenalstenose bei Pankreaskopftumor (entzündlich, maligne), 3 Okklusion durch extraluminalen Tumor, 4 Obturation durch Gallenstein, 5 Strangulation durch Bride, 6 Adhäsion mit Abknickung, 7 Obturation durch Dünndarmtumor, 8 Hernieninkarzeration (Strangulation), 9 Stenose durch Morbus Crohn, 10 Invagination (ileozökal), 11 Obturation durch Flexurkarzinom, 12 Obturation durch Divertikeltumor oder Karzinom, 13 Volvulus des Sigma
Strangulationsileus
5.2.1.2 Strangulationsileus (Ileus mit Mesenterialgefäßbeteiligung)
Ursachen:
Ursachen sind:
- Inkarzeration: Einklemmung von Darmwandanteilen oder Darmschlingen in innere oder äußere Hernien oder durch Briden. - Invagination: Einstülpung eines Darmabschnittes in einen anderen. Meist stülpt sich der proximale Darm, der Peristaltik folgend, in den distalen ein. Diese Erkrankung findet sich gehäuft beim Kind im Bereich der Ileozökalklappe, seltener beim Erwachsenen durch benigne oder maligne Tumoren oder ein Meckel-Divertikel. - Volvulus (Torsion): Drehung des Darms mit seinem Mesenterium um die eigene Achse - meist im Bereich des Sigma, seltener des Zökum.
Ileus
523
5.2.2 Funktioneller Ileus
Funktioneller Ileus
5.2.2.1 Paralytischer Ileus
Paralytischer Ileus
Entzündlich: H ä u f i g s t e U r s a c h e ist die Peritonitis d u r c h H o h l o r g a n p e r f o r a t i o n oder i n t r a a b d o m i n e l l e E i t e r u n g e n a n d e r e r G e n e s e . Metabolisch: D i a b e t i s c h e Azidose, U r ä m i e , H y p o k a l i ä m i e . Reflektorisch: G a l l e n - u n d Nierenkolik, Stieldrehung des Ovars, H o d e n t o r sion, B l a s e n ü b e r d e h n u n g , retroperitoneale H ä m a t o m e , s t u m p f e s B a u c h t r a u m a , Peritonealkarzinose. Vaskulär: Mesenterialgefäßverschluß.
Entzündlich: häufigste Ursache: Peritonitis. Metabolisch: Ursache: diabetische Azidose, Urämie, Hypokaliämie. Reflektorisch: Ursache: - Gallen- und Nierenkolik, - Stieldrehung des Ovars, - Hodentorsion, - Blasenüberdehnung, - retroperitoneale Hämatome, - stumpfes Bauchtrauma, - Peritonealkarzinose. Vaskulär: Ursache: Mesenterialgefäßverschluß.
Distension Τ Stase MakroZirkulationsstörung 1 Meteoris prim. Azidose Bakterien t Τ mus MikroZirkulationsstörung Dysbakterie (ZwerchΤ fellinterstitielles Odem hochEndotoxine Τ stand) Hypoxie
Verminderung d. Resorption (Flüssigkeiten, Gase) I Sequestration (Darmwand, Lumen)
I
biogene Amine
sek. Akzidose Τ Nekrose (Durchwanderung)
i
Verteilungsstörungen im Kreislauf ( H M V i )
metabolische Störung (Wasser, Elektrolyt-, Eiweißverlust, Azidose)
Volumenmangel Peritonitis resp. Insuffizienz -
Schock lleuskrankheit
-renale Insuffizienz
Abb.24-72 Pathophysiologie des Ileus
5.2.2.2 Spastischer Ileus
Spastischer Ileus
Askariden, Bleiintoxikation.
5.2.3 Gemischter Ileus
Gemischter Ileus
Hier ist der m e c h a n i s c h e Ileus mit d e m f u n k t i o n e l l e n k o m b i n i e r t , wobei sich beide gegenseitig b e d i n g e n . Z u m Beispiel k a n n n a c h Sigmadivertikelperforation die lokale Peritonitis u n d D a r m p a r e s e m i t e i n e m a d h ä s i o n s b e d i n g t e n m e c h a n i s c h e n V e r s c h l u ß k o m b i n i e r t sein.
Kombination des mechanischen Ileus mit funktionellem Ileus.
5.2.4 Postoperativer Ileus
Postoperativer Ileus Komplikation in der Bauchchirurgie. Hohe Letalität.
V o n einer e i n f a c h e n p r o t r a h i e r t e n postoperativen M a g e n - D a r m - A t o n i e m u ß der sog. f r ü h e postoperative Ileus abgegrenzt werden. Er ist eine mit h o h e r Letalität e i n h e r g e h e n d e K o m p l i k a t i o n in der B a u c h c h i r u r g i e .
524 Ursachen:
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes Als Ursachen kommen in Frage:
Mechanisch (chirurgisch sanierbar) - Peritoneale Adhäsionen, Abknickung, Briden - Postoperative Wundruptur mit Darmeinklemmung - Intraabdominelle Abszesse mit Abknickung des Darmes - Postoperativer Volvulus Paralytisch (chirurgisch sanierbar) - Intraperitoneale Abszesse (ζ. B. Schiingenabszesse) - Hämatome - Peritonitis - Platzbauch Paralytisch (chirurgisch nicht sanierbar) - Elektrolytstörung (Hypokaliämie, Hypomagnesiämie) - Diabetes - Leberzirrhose, Leberkoma - Medikamente (Antihypertensiva, Ganglienblocker, Psychopharmaka, Sedativa, Spasmolytika) - Pankreatitis - Retroperitoneales Hämatom.
Pathophysiologic des Ileus: durch Passagebehinderung im Darm —»funktionelle Störungen (Abb. 24-72). Darmdistension mit Druckanstieg und Stase —» Erhöhung der Wandspannung —»Wandschädigung mit: - Zirkulationsstörungen, - lokaler Hypoxie, - Freisetzung biogener Amine —»Wirkung auf Herz-Kreislauf-Funktion. Weitere lokale Folgen: - Kapillarschaden, - Zellschaden, - interstitielles Ödem der Darmwand —> Flüssigkeits- und Eiweißverlust —» Störungen der Sekretions- und Resorptionsvorgänge. Pathophysiologie des mechanischen Ileus: Tonus und Peristaltik werden reflektorisch gehemmt. Zunahme der Distension. Folge: hoher Verlust an Wasser, Elektrolyten und Eiweiß in: Lumen, Darmwand, Bauchhöhle. Folge: - Hypovolämie, - Hämokonzentration, - Herabsetzung des Herzminutenvolumens, - Schock. Bei Potenzierung dieser Vorgänge—» ileuskrankheit: Störung aller Organsysteme mit: Kreislaufschock, Zentralisation, akutem Nierenversagen, Leberinsuffizienz, Schocklunge, Nebenniereninsuffizienz, Zwerchfellhochstand, Einschränkung der Lungenfunktion (s.Abb. 24-72).
5.2.5 Pathophysiologie Durch die Passagebehinderung im Darm kommt es zu einer Kette lokaler und allgemeiner Funktionsstörungen (Abb. 24-72). Im Mittelpunkt der Pathogenese steht die bei allen Ileusformen auftretende Darmdistension: beim mechanischen Ileus als Folge eines direkten Aufstaus vor einem Passagehindernis, beim paralytischen Ileus durch H e m m u n g der Peristaltik. Diese Darmdistension mit Druckanstieg und Stase führt durch die enorme Wandspannung zur Darmwandschädigung mit Zirkulationsstörungen, lokaler Hypoxie und Freisetzung biogener Amine mit ihren negativen Auswirkungen auf die Herz-Kreislauf-Funktion. Als weitere lokale Folge findet sich die Trias: Kapillarschaden, Zellschaden, interstitielles Ödem der Darmwand und des Peritoneums. Durch das Ödem kommt es zu Flüssigkeits- und Eiweißverlusten mit Störungen der Sekretions- und Resorptions Vorgänge. Beim mechanischen Ileus sind Tonus und Peristaltik zunächst noch gesteigert, werden dann aber durch die zunehmende Dehnung reflektorisch gehemmt. Weiterhin nimmt die Distension durch Steigerung des Flüssigkeitseinstroms in das Darmlumen und des Gasgehaltes (verschluckte Luft 70 % und bakterielle Gasbildung 30 %) zu. Somit verliert der Körper hohe Mengen an Wasser, Elektrolyten und Eiweiß in das Lumen, in die Darmwand (Sequestration) und in die Bauchhöhle (Wasseiyerlust bis zu 10% des Körpergewichts). Die Summe aller Flüssigkeits- und Elektrolytverluste in das Darmlumen, die ödematöse Darmwand, die Peritonealhöhle sowie durch Erbrechen oder Verluste über die Magensonde und die Freisetzung biogener Amine führt zur Hypovolämie, Hämokonzentration, Herabsetzung des Herzminutenvolumens und zum Schock. Mit Potenzierung der pathologischen Dysregulation und den hierdurch eintretenden Circulus vitiosus kommt es zur „Ileus-Krankheit". Sie zeigt sich als Störung aller Organsysteme mit Kreislaufschock, Zentralisation, akutem Nierenversagen, Leberinsuffizienz, Schocklunge, Nebenniereninsuffizienz und Zwerchfellhochstand mit Einschränkung der Lungenfunktion (s. Abb. 24-72).
525
Ileus Beim Strangulationsileus kommt noch die Darmschädigung durch Abschnüren der Blutgefäße hinzu. Infolgedessen entsteht lokal eine hämorrhagische Imbibition der Darmwand mit intraluminaler Einblutung und drohender Gangrän. Dies führt wiederum zusätzlich zur Ausschwemmung von Endotoxinen mit nachfolgendem Endotoxinschock.
Pathophysiologic des Strangulationsileus: zusätzliche Darmschädigung durch Abschnürung der Blutgefäße —» hämorrhagische Imbibition der Darmwand mit drohender Gangrän —»Ausschwemmung von Endotoxinen —* Endotoxinschock.
5.3 Klinisches Bild und Diagnostik Das Symptomenbild der Ileuserkrankung ist je nach Höhe des Darmverschlusses und der Ileusform unterschiedlich. Die sog. klassischen klinischen Ileussymptome sind:
• • • •
Klinische Symptome des Ileus sind
Übelkeit und Erbrechen krampfartige Schmerzen Meteorismus Stuhl- und Windverhaltung
Sie sind nicht konstant und auch keine Frühsymptome. Dennoch lassen sich einige allgemeingültige Regeln je nach Höhe des Verschlusses aufstellen. Wichtigste diagnostische Ziele sind die Differenzierung in mechanischen oder paralytischen Ileus, Dünn- oder Dickdarmileus, mechanischen Ileus mit oder ohne Gefäßbeteiligung, die Beurteilung des Allgemeinzustandes und der Operabilität des Patienten zwecks Operationsvorbereitung. Darmverschluß ist eine klinische Diagnose. Sie umfaßt die Anamnese, klinische Untersuchung sowie Röntgen- und Labordiagnostik (Tab. 24-4). 5.3.1 A n a m n e s e Sie gibt wichtige Hinweise auf vorausgegangene Operationen, chronisch entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), Zeichen
Wichtigste diagnostische Ziele sind die Differenzierung in: - mechanischen - paralytischen Ileus, - Dünndarmileus, - Dickdarmileus, - mechanischer Ileus mit Gefäßbeteiligung, - mechanischer Ileus ohne Gefäßbeteiligung, - Beurteilung des Allgemeinzustandes, - Beurteilung der Operabilität. Anamnese: vorausgegangene Operationen, entzündliche Darmerkrankungen,
Tabelle 24-4 Klinische Differentialdiagnose der verschiedenen llleusformen Anamnese Erbrechen - Dauer
Inspektion und Palpation
Perkussion
Auskultation
Schmerz
Stuhlverhalten
Funktioneller llleus
mittel
Übelkeit später Erbrechen im Schwall (Uberlaufmagen)
Auftreibung des gesamten Abdomens
ausgedehnte Tympanie
fehlende diffus Darmgeräusche „Völlegefühl" „Totenstille" passives Plätschern
kein Stuhl, kaum Stuhl auf Einlauf
hoher Dünndarm Ileus
kurz
frühzeitig
fehlende Bauchauftreibung
begrenzte Tympanie
anfangs Hyperperistaltik
Nabelgegend intermittierend
zunächst noch Stuhl
mittel
später
Mittelbauchauftreibung
diffuse Tympanie
Hyperperistaltik
diffus krampfartig
noch Dickdarmstuhl
lang
erst im Spätstadium
Rahmenauftreibung
Rahmentympanie
längere Zeit Hyperperistaltik
mäßige Leibschmerzen
kaum Stuhl
evtl. anfangs isolierte Schlinge palpabel
zunächst begrenzte Tympanie
im Beginn Hyperperistaltik
dauernde Schmerzen mit heftigen rezidivierenden Koliken
zunächst noch Stuhl
CO UJ
CO Z> LU _l
CO tiefer ζ Dünndarm- ο Heus 3
Cd
Dickdarmζ ileus Keime erreichen über Pfortader die Leber —» Nekrose und Verflüssigung des Lebergewebes und Leberabszeß.
Symptome: - Hepatomegalie, - Schmerzen im rechten Oberbauch, - Fieber, - Gewichtsverlust, - Durchfälle und Ikterus. Diagnose: Anamnese, Sonographie, Computertomographie.
Differentialdiagnose: pyogener Leberabszeß.
Komplikation: Ruptur in Thorax und Bauchhöhle.
Therapie: medikamentöse Behandlung mit Metronidazol. Ggf. Aspiration und Drainage des Abszesses (sonographiegesteuert).
Chirurgische Behandlung nur bei Komplikationen. Operationsletal ität: 0-2%.
10.8.2 A m ö b e n a b s z e ß 10.8.2.1 Ä t i o l o g i e und E p i d e m i o l o g i e Infektion des Lebergewebes mit Entamoeba histolytica, häufig in Endemiegebieten Mittelamerikas, Afrikas und Ostasiens. Durch den Massentourismus auch nach Europa eingeschleppt. Die Entamoeba histolytica erreicht über die Pfortader die Leber und führt durch proteolytische Enzyme zu einer Nekrose und Verflüssigung des umliegenden Lebergewebes. In 1 - 4 0 % aller Patienten, die infiziert wurden, kommt es innerhalb von 3 Monaten nach einer Amöbenruhr zu einem Leberabszeß. Betroffen sind vorwiegend Männer. Häufigste Lokalisation ist der rechte Leberlappen (meist Solitärabszeß). 10.8.2.2 S y m p t o m e Hepatomegalie, Schmerzen im rechten Oberbauch, Fieber, Gewichtsverlust, Durchfälle und Ikterus (60%).
10.8.2.3 Diagnose und D i f f e r e n t i a l d i a g n o s e Wichtig ist die Anamnese (Urlaub in einem Endemiegebiet!). Die Diagnose wird durch Sonographie und Computertomographie im Zusammenhang mit dem Hämagglutinationslest gestellt. Der Nachweis von Amöben im Stuhl ist als diagnostisches Kriterium ungeeignet. Der Abszeßinhalt ist steril, jedoch können Superinfektionen auftreten. Differentialdiagnostisch ist vor allem der pyogene Leberabszeß auszuschließen. 10.8.2.4
Komplikationen
Häufigkeit 10 %, vor allem Ruptur in die Thorax- und Bauchhöhle ist gefürchtet. 10.8.2.5 T h e r a p i e Im Gegensatz zum pyogenen Leberabszeß wird der Amöbenabszeß hauptsächlich medikamentös behandelt. Als ein sehr wirksames Medikament hat sich Metronidazol (Clont®) bewährt. Gegebenenfalls ist auch die sonographiegesteuerte Aspiration und Drainage des Abszesses notwendig (Abszesse mit über 10 cm Durchmesser). Die chirurgische Behandlung (Drainage, evtl. Leberresektion) kommt nur bei Komplikationen (Ikterus, drohender Ruptur) in Frage. 10.8.2.6
Prognose
Letalität 0 - 2 %, Heilungsdauer nicht selten bis zu sehen Tests bleiben jahrelang positiv. Lebertumoren Gutartige Tumoren Lokale Beschwerden durch große Geschwülste.
Diagnose: Sonographie, Computertomographie, Angiographie, Laparoskopie und Biopsie.
Monaten. Die serologi-
10.9 Lebertumoren 10.9.1 Gutartige T u m o r e n Sie sind seltener als die bösartigen, wachsen langsam und machen anfänglich kaum Symptome. Große Geschwülste können durch Verdrängung und Kompression lokale Beschwerden verursachen. Nicht selten werden sie erst bei Komplikationen (Stieldrehung, Ruptur, Blutung, Ikterus) entdeckt. Diagnosestellung durch Sonographie, Computertomographie, Angiographie, hepatobiliäre Szintigraphie, Laparoskopie und Biopsie. Ist die Dignität gesichert, so ist die Operation nur bei Komplikationen und Symptomen erforderlich.
Leber
589
10.9.1.1 H ä m a n g i o m ,
Hämangiokavernom
Er ist der häufigste aller benignen Lebertumoren, häufig multipel und kommt in jedem Lebensalter vor. Sog. „Riesenhämangiome" sind äußerst selten. Sie entarten nicht maligne. Mögliche Komplikationen sind Ruptur, Gerinnungsstörungen, Verdrängungserscheinungen, chronische Anämie, Schmerzen. Sonographisch zeigen sich flüssigkeitsreiche, gekammerte Neubildungen. Die operative Entfernung ist nur bei sehr großen, symptomatischen Geschwülsten angezeigt (Hemihepatektomie, laterale Segmentresektion). 10.9.1.2 Fokale noduläre H y p e r p l a s i e (FNH) Tumorähnliche Läsion, die histologisch charakteristische fibröse Septen mit sternförmiger zentraler Narbe und Gallengangsproliferationen erkennen läßt. Die Ätiologie ist unbekannt. Vorkommen vor allem bei Frauen im gebärfähigen Alter und Einnahme von Kontrazeptiva. Die FNH ist in mehr als der Hälfte der Fälle asymptomatisch. Sie wird meist als Zufallsbefund entdeckt. In etwa 1 % kommt es zu intraabdominellen Blutungen durch Gefäßruptur. Die Therapie der FNH richtet sich nach Lokalisation, Größe und Symptomatik. Erste Maßnahme ist Absetzen der Kontrazeptiva. Rückbildung oder Verkleinerung der Tumoren, die auch multipel vorkommen können, wurde beobachtet. Eine operative Therapie ist nur bei großen Knoten (größer als eine Faust) angezeigt, wenn sie Beschwerden verursachen. Findet man als Zufallsbefund bei einer Laparotomie einen Knoten am Leberrand, so sollte man ihn exzidieren, tiefer sitzende aber belassen. 10.9.1.3
Leberadenom
Gutartiger, von den Leberzellen ausgehender Tumor, eine sichere Abgrenzung zum primären Leberkarzinom ist nur histologisch möglich. Kommt häufig bei Frauen vor, die Kontrazeptiva einnehmen. Hauptkomplikation ist die Blutung (ein Drittel aller Fälle). Klinisch verursacht das Adenom Schmerzen und Verdrängungserscheinungen, eine maligne Entartung ist sehr selten.
1. Hämangiom, Hämangiokavernom Häufigster benigner Lebertumor. Komplikationen: Ruptur, Gerinriungsstörungen, Schmerzen, chronische Anämie.
Operative Entfernung nur bei großen Tumoren. 2. Fokale noduläre Hyperplasie (FNH) Tumorähnliche Läsionen. Verlauf meist asymptomatisch.
Therapie: Absetzen von Kontrazeptiva. Operative Therapie nur bei großen Knoten.
3. Leberadenom T u m o r geht von den Leberzellen aus. Häufig bei Frauen. Komplikation: Blutung. Symptome: Schmerzen, Verdrängungserscheinungen.
Therapeutisch ist möglichst die Resektion des Tumors (Hemihepatektomie oder laterale Segmentresektion) anzustreben. Nach Absetzen der Kontrazeptiva ist eine Regression möglich.
Therapie: Resektion des Tumors.
10.9.2 Bösartige L e b e r t u m o r e n
Bösartige Lebertumoren
In Europa sind 1 - 2 % aller Karzinome primäre Lebertumoren, ca. 80 % hepatozellulär und 20 % cholangiozellulär entstanden. Sarkome (Endotheliosarkom, embryonales Sarkom, Perizytom) sind sehr selten. 10.9.2.1 Primäres hepatozelluläres K a r z i n o m
1. Primäres hepatozelluläres Karzinom
10.9.2.1.1 Ä t i o l o g i e und P a t h o g e n e s e Prädisponierende Faktoren sind: Zirrhose, HBs-Antigenträger, Aflatoxin, Torotrast. Das primäre Leberkarzinom ist in 6 0 - 8 0 % mit einer Zirrhose gekoppelt. Männer in der 6. Lebensdekade erkranken bevorzugt. Risikopatienten sind vor allem Zirrhotiker mit Nachweis von HBs-Antigen im Serum. Typisch ist die intrahepatische Metastasierung durch peri- und intravasales Wachstum sowie Einbruch in die Venen. Extrahepatische Metastasen finden sich in etwa 50 % der Fälle in Lymphknoten, Lunge und Knochen. Die Blutversorgung des Leberkarzinoms ist fast ausschließlich arteriell.
prädisponierend: - Zirrhose, - HBs-Antigenträger, - Aflatoxin, - Torotrast. Typisches Zeichen: intrahepatische Metastasierung, Einbruch in die Venen.
590 Symptome: - Druck- und Völlegefühl, - Oberbauchschmerzen mit Ausstrahlung in die rechte Schulter, - Zeichen der malignen Erkrankung (Leistungsknick, Gewichtsverlust etc.). Diagnose: typischer Tumormarker: a. Fetoprotein ist pathologisch verändert. Bestimmung der Dignität: Biopsie und histologische Untersuchung.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes 10.9.2.1.2 Symptome U n c h a r a k t e r i s t i s c h e Beschwerden, wie Druck- u n d Völlegefühl, O b e r b a u c h s c h m e r z e n m i t A u s s t r a h l u n g in die rechte Schulter. Z e i c h e n der m a l i g n e n E r k r a n k u n g , wie Leistungsknick, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, A n ä m i e . Als Z e i c h e n der L e b e r i n s u f f i z i e n z Fieber, Ikterus.
10.9.2.1.3 Diagnose und Differentialdiagnose Die l a b o r c h e m i s c h e n B e f u n d e sind uncharakteristisch, sie e n t s p r e c h e n h ä u fig d e n e n bei der Zirrhose. Bilirubin meist erhöht. • Als typischer Tumormarker ist das α ^-Fetoprotein bei etwa 80 % der Patienten pathologisch verändert. Sonographie u n d Computertomographie (Abb. 24-107) sind die wichtigsten U n tersuchungsverfahren. Die Dignität k a n n in m a n c h e n Fällen d u r c h Angiographie, definitiv aber n u r d u r c h die Biopsie u n d histologische U n t e r s u c h u n g (Laparoskopie bzw. Laparotomie) geklärt werden.
Abb.24-107 Computertomogramm der Leber: ausgedehntes primäres Leberzellkarzinom im rechten Leberlappen (Röntgeninstitut Klinikum Steglitz, FU Berlin)
Therapie: radikale Resektion.
Bei fortgeschrittenem Tumor: Lebertransplantation.
10.9.2.1.4 Therapie E i n e H e i l u n g ist n u r d u r c h radikale R e s e k t i o n ( H e m i h e p a t e k t o m i e , Trisegm e n t e k t o m i e ) möglich. D a n k der verbesserten Diagnostik bei d e n R i s i k o p a t i e n t e n ist das p r i m ä r e L e b e r z e l l k a r z i n o m h e u t e in etwa 25 % resektabel. Operationsletalität u m 10 %. Beim fortgeschrittenen T u m o r b e f a l l von m e h r als 3 S e g m e n t e n k o m m t n u r n o c h die L e b e r t r a n s p l a n t a t i o n in Frage (Altersgrenze 50 Jahre). Als Palliativbehandlung k a n n eine systematische oder regionale C h e m o t h e rapie (Perfusion über die A. hepatica) alternierend mit einer S t r a h l e n t h e r a pie versucht werden.
10.9.2.1.5 Prognose 5-Jahre-Überlebenszeit nach radikaler Resektion: 20%.
Ü b e r l e b e n s z e i t bei P a t i e n t e n o h n e R e s e k t i o n etwa 6 M o n a t e . 5 - J a h r e s - Ü b e r lebensrate n a c h radikaler Resektion etwa 20 %. Bei T u m o r g r ö ß e von weniger als 5 c m D u r c h m e s s e r ca. 50 %.
2. Primäres cholangiozelluläres Karzinom Entwicklung meist in nichtzirrhotischen Lebern.
10.9.2.2 Primäres cholangiozelluläres Karzinom Es ist seltener als das L e b e r z e l l k a r z i n o m u n d entwickelt sich überwiegend in n i c h t z i r r h o t i s c h e n Lebern.
Leber Im Vordergrund der Symptomatik steht der Ikterus infolge intrahepatischer Cholestase. Die direkte Cholangiographie (PTC, ERC) ist differentialdiagnostisch wichtig. Die Heilung ist nur durch Resektion möglich, evtl. auch Lebertransplantation. Als palliative Behandlung kommt eine Drainage-Operation zur Beseitigung des Ikterus in Frage. Die 5-Jahres-Überlebenszeit ist gering.
10.9.3 Sekundäre Lebertumoren (Lebermetastasen) Sie sind die häufigsten Geschwülste der Leber und finden sich überwiegend bei solchen im Zuflußgebiet der Pfortader (Magen, Pankreas, Kolon und Rektum, Ösophagus). Beim regelmäßigen Nachsorgeprogramm werden Metastasen bei der Oberbauchsonographie häufig festgestellt. Die Überlebenszeit bei Lebermetastasen ist von der Art des Primärtumors abhängig. Sie beträgt im Mittel etwa 4 - 8 Monate. Bei Patienten mit kolorektalem Karzinom ist die Prognose nach Resektion der Metastasen (Keilexzision oder Hemihepatektomie) deutlich besser als bei anderen Karzinomen. Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt für solitäre Metastasen etwa 2 0 - 3 0 %, bei multiplen Metastasen ca. 13 %. Die Operationsindikation zur Entfernung von Lebermetastasen sollte großzügig gestellt werden. Finden sich Metastasen in beiden Leberlappen, so ist heute die regionale Chemotherapie mit einem Portakat (Katheter in der A. hepatica mit subkutan eingepflanztem Zytostatikareservoir) angezeigt. Die Überlebenszeiten und Lebensqualität können deutlich verbessert werden.
Literatur Häring, R. (Hrsg.): Chirurgie der Leber. Edition Medizin, W e i n h e i m Deerfield Beach, Florida, Basel 1983
591 Symptomatik: Ikterus.
Therapie: Resektion, evtl. Lebertransplantation. Palliative Behandlung: Drainage zur Beseitigung des Ikterus. 3. Sekundäre Lebertumoren (Lebermetastasen) Häufigste Geschwülste der Leber.
Überlebenszeit bei Lebermetastasen: ca. 4 - 8 Monate. 5-Jahre-Überlebensrate für solitäre Metastasen beim kolorektalem Karzinom: 20-30%, für multiple Metastasen: 13%.
Operationsindikation: großzügig. Sind beide Leberlappen befallen: Chemotherapie über Portacat.
592 Gallenblase und Gallenwege
XXIV. C h i r u r g i e des V e r d a u u n g s t r a k t e s
11. Gallenblase und Gallenwege J. Konradt,
Gallensteinleiden
M.
Kaminski
11.1 Gallensteinleiden 11.1.1 E p i d e m i o l o g i e und Pathogenese
Lebergalle: wäßrige Lösung aus Wasser und festen Substanzen (2,5 %). Blasengalle: vierfach konzentriert. Wichtigste Bestandteile: - Bilirubin, - Gallenlipide. Durch Bildung von Mizellen d. s. Molekülaggregate aus Phospholipiden und Gallensäuren, die sich um das Cholesterin lagern, wird dieses in Lösung gehalten. Bei Konzentrations-Erniedrigung der Gallensäuren bzw. der Phospholipide oder bei Übersättigung mit Cholesterin kommt es zur Erhöhung des lithogenen Index: Cholesterin Gallens. + Phospholipide —> Die Folge ist der Beginn der Steinbildung. Ursache für Pigmentsteine: Erhöhte Sekretion von unkonjugiertem Bilirubin und Bilirubin-Konjugaten durch die Leber. Häufig mit Kalkeinlagerung —* daher im Rö.-Bild sichtbar (Abdomen Leeraufnahme). Ursache für Cholesterinsteine: (90 % aller Steine) cholesterinreiche Ernährung, Fettsucht, Östrogene, orale Antikonzeptiva, auch nach Resektion des lleums (Morbus Crohn).
Symptome: Typisches Symptom ist die Kolik. Ursache: Konsekutiver Druckanstieg in der Gallenblase. Koliken treten anfallsweise auf und strahlen in die Headschen Zonen aus. Weitere Symptome: Übelkeit, Erbrechen, kurzdauernder Temperaturanstieg. Dumpfer Schmerz im rechten Oberbauch nach opulentem Essen.
Die Häufigkeit des Gallensteinleidens ist abhängig von geographischen und ethnischen Faktoren sowie Geschlecht und Alter. Insgesamt schätzt man, daß in Mitteleuropa ca. 10 % aller Männer und ca. 20 % aller Frauen im Alter von 4 5 - 7 5 Jahren Gallensteine haben. Prädisponierend sind Schwangerschaft und Adipositas. Die Lebergalle ist eine wäßrige Lösung mit ca. 97,5 % Wasser und 2,5 % festen Substanzen. Die Blasengalle dagegen ist vierfach konzentriert. Wichtigste feste Bestandteile sind - die Gallenfarbstoffe (Bilirubin), - die Gallenlipide (Gallensäuren, Lecithine und Cholesterin). Die wasserlöslichen Gallensäuren formen kleine Aggregate, die sog. Mizellen und halten durch Einbau die wasserunlöslichen Lecithine und Cholesterine in Lösung. Die Übersättigung der Galle mit einzelnen Gallebestandteilen und damit die Erhöhung des sog. lithogenen Index der Galle stellt den ersten Schritt zur Steinentstehung dar. Pigmentsteine (= Bilirubinsteine, ca. 10%), beobachtet man vermehrt bei Hämolysen nach Herzklappenersatz, hämolytischen Anämien, Malaria und anderen parasitären Erkrankungen, chronischen Infekten der Gallenwege und Leberzirrhose. Ursachen sind die vermehrte Sekretion unkonjugierten Bilirubins sowie schlecht wasserlöslicher Bilirubin-Konjugate durch die Leber (oder ihre vermehrte Bildung in den Gallenwegen). Häufig findet man auch Kalkeinlagerungen (ca. 30 %); die Steine sind dann von harter Konsistenz und im Röntgenbild (Abdomenleeraufnahme) sichtbar (direkter Steinnachweis!). Ca. 90 % aller Gallensteine sind Cholesterinsteine, dabei beträgt der Anteil der reinen Cholesterinsteine nur ca. 10 %. Bei dem Rest handelt es sich u m Kombinationssteine mit Kalziumsalzen und Bilirubinanteilen. Zahlreiche unterschiedliche Ursachen fördern durch Erhöhung des lithogenen Index (Dreiecks-Koordinaten-System) die Entstehung von Cholesterinsteinen. Energiereiche und cholesterinreiche Ernährung, Fettsucht, Östrogene und orale Antikonzeptiva. Die Resektion des lleums (Morbus Crohn) führt durch Verlust von Gallensäuren über den defekten entero-hepatischen Kreislauf zur vermehrten Gallensteinbildung. 11.1.2 S y m p t o m a t i k Typisches, aber nicht häufigstes Symptom der Gallensteinkranken ist die Kolik (ca. 33 %). Sie wird hervorgerufen durch einen Verschluß des Ductus cysticus mit konsekutivem Druckanstieg in der Gallenblase. Die anfallsweise auftretenden, wellenförmigen, sehr heftigen Kolikschmerzen strahlen oft in die rechte Schulterblattgegend aus (Head-Zone, Abb. 24-108). Außerdem treten Übelkeit und Erbrechen, gelegentlich ein flüchtiger Ikterus und kurzfristiger Temperaturanstieg auf. Meist werden nach opulenter Nahrungsaufnahme dumpfe, rechtsseitige, oft nur geringgradige Oberbauchbeschwerden angegeben. Gelegentlich finden sich Gallensteine im Rahmen einer Untersuchung aus anderen Gründen, die bislang keine Beschwerden verursacht haben -
Gallenblase und Gallenwege
593
Abb.24-108 Head-Schmerzzonen bei einem Steinanfall (n.Saegesser) sog. s t u m m e G a l l e n s t e i n e . A u c h d a b e i ist die präventive C h o l e z y s t e k t o m i e zu erwägen (s. O p e r a t i o n s i n d i k a t i o n e n ) . 11.1.3 K o m p l i k a t i o n e n (Abb. 24-109) 11.1.3.1 A k u t e Cholezystitis Pathogenese: Die S t e i n e i n k l e m m u n g im D u c t u s cysticus f ü h r t z u r a k u t e n Ü b e r d e h n u n g der G a l l e n b l a s e mit S c h ä d i g u n g der S c h l e i m h a u t u n d konsekutiv abakteriell e n t z ü n d l i c h e r R e a k t i o n der G a l l e n b l a s e n w a n d . Die sekundäre I n f e k t i o n der irritierten Gallenblase k a n n auf drei W e g e n erfolgen: 1. A s z e n s i o n aus d e m D u o d e n u m , 2. h ä m a t o g e n e I n f e k t i o n (Pfortader, A. cystica), 3. l y m p h o g e n e r Infektionsweg. Erreger: E. coli, E n t e r o k o k k e n , Proteus, selten C l o s t r i d i u m perfringens (Cholezystitis e m p h y s e m a t o s a ) . Cholesystolithiasis
Es gibt 4 wichtige entzündliche Komplikationen: 1. Akute Cholezystitis —» Gallenblasenempyem 2. Chronische Cholezystitis 3. Gallenblasenhydrops 4. Gallensteinileus 1. Akute Cholezystitis Ursache: Steineinklemmung im Ductus Cysticus —> Überdehnung der Gallenblase - » Schädigung der Schleimhaut, abakterielle Entzündung. —» Folge: bakterielle entzündliche Reaktion. Erreger: E. coli, Enterokokken Proteus.
Gallige Peritonitis
Gallensteinileus
Gallensäureverlustsyndrom
Akute eitrige Cholangitis
Biliäre Leberzirrhose
Abb.24-109 Komplikationen der Gallensteinerkrankung Die akute Cholezystitis hat folgende Verlaufsformen: serofibrinös, serös-eitrig, p h l e g m o n ö s , ulzerös-nekrotisierend, e m p y e m a t ö s ( G a l l e n b l a s e n e m p y e m ) . Bedrohlichste K o m p l i k a t i o n ist die N e k r o s e der Gall e n b l a s e n w a n d mit a n s c h l i e ß e n d e r Perforation u n d galliger oder eitriger Peritonitis. H ä u f i g e r ist bei guter Abwehrlage u n d l a n g s a m e m Fortschreiten der I n f e k t i o n eine e n t z ü n d l i c h e Verklebung der G a l l e n b l a s e m i t d e n N a c h b a r o r -
Bedrohlichste Komplikation: Nekrose der Gallenblasenwand mit Perforation und Peritonitis. Häufiger: Verklebung mit Nachbarorganen, pericholezystitischer Konglomerattumor.
594
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
Klinik: - Koliken im rechten Oberbauch. Ausstrahlung in rechte Schulter und Rücken (selten links). - Retrosternales Brennen, - Übelkeit, - Erbrechen, - septische Temperaturen (häufig), - Schüttelfrost, - Leukozytose.
ganen (Duodenum, Querkolon, großes Netz, Leber) und Ausbildung eines pericholezystitischen Konglomerattumors. Klinik: Koliken im rechten Oberbauch, im Epigastrium mit Ausstrahlung in die rechte Schulter und Rückenpartie. Gelegentlich Ausstrahlung in den linken Oberbauch und in die linke Schulter. Retrosternales Brennen, Übelkeit und Erbrechen, häufig septische Temperaturen und Schüttelfrost. Die Abgrenzung einer protrahierten, langdauernden Kolik von einer akuten Cholezystitis ist schwierig. Klinische Verlaufsbeobachtung, Persistenz des Schmerzes, Zeichen einer lokalen Peritonitis, hohes Fieber und Leukozytose sprechen für eine Entzündung der Gallenblase. In 70 % gehen Gallenkoliken einer akuten Cholezystitis voraus.
Differentialdiagnose: Pankreatitis, Appendizitis, Ulkus, Pyelonephritis, Leberabszeß, Alkoholhepatitis, Myokardinfarkt, rechtsbasale Pneumonie.
Differentialdiagnose: Abzugrenzen sind die akute Pankreatitis, akute Appendizitis, penetrierendes Ulkus, akute Pyelonephritis, Leberabszesse, akute Alkoholhepatitis, Myokardinfarkt, rechtsbasale Pneumonie.
2. Chronische Cholezystitis Ursache: ständige mechanische Reizung oder Entwicklung aus akuter Entzündung. Mögliche Folge: „Schrumpfgallenblase".
11.1.3.2 Chronische Cholezystitis
Klinik: 2 Stadien: 1. symptomlos, 2. mit Symptomen, z.B.: dumpf-plateauartiger Schmerz im rechten Oberbauch. Bei körperlicher Untersuchung: Druckschmerz im rechten Oberbauch. Labor: Leukozytose, BSG-Beschleunigung, Transaminasen und alkalischen Phosphatase leicht erhöht. Radiologisch: keine oder mangelhafte Kontraktion der Gallenblase, meist negatives Cholezystogramm. 3. Gallenblasenhydrops Ursache: Verschlußkonkrement im D. cysticus o. narbige Stenose. Folgen: —»Vergrößerung d. Gallenblase, Wand wird dünner. —• Sezernierung von Schleim in das Lumen der GB —»Atrophie der Blasenwand —» Umwandlung der GB-Wand in fibröses Gewebe —»fibröser Sack, oft mit Kalkablagerung (Porzellangalle) wenn keine Infektion: —* Rückresorption von Gallenpigment und Gallensäuren. —* Füllung der GB mit weißer muköser Flüssigkeit (weiße Galle). Es können sich Kalziumsalze in das Lumen der Galle entleeren, dann: —» keine Kontraktion der GB —> kein Abgang der Steine, Klinik: Abgegrenzter, beweglicher Tumor im Oberbauch.
Gallenblasensteine führen durch ständige mechanische Irritation häufig zu einer chronischen Entzündung der Gallenblase, die akut exazerbieren, sich aber auch aus einer akuten Entzündung entwickeln kann. In 15 % kommt es zur zusätzlichen bakteriellen Kontamination. Der chronische Entzündungsprozeß kann schließlich zur „Schrumpfgallenblase" führen. Klinik: Man unterscheidet zwischen einem asymptomatischen und symptomatischen Stadium der chronischen Cholezystitis. Angegeben werden entweder kontinuierliche oder intervallartige, dumpfe, plateauartige Schmerzen im rechten Oberbauch. Die Schmerzepisoden können bis zu 3 Tagen dauern. Der Patient berichtet über Unverträglichkeit von Kaffee, Fett und anderen Speisen. Bei der körperlichen Untersuchung Druckschmerz im rechten Oberbauch (Murphy-Zeichen), Abwehrspannung und gelegentlich tastbare Resistenz. Laborchemisch auffällig: Leukozytose, BSG-Beschleunigung, leichte Erhöhung der Transaminasen und alkalischen Phosphatase. • Röntgenologisch findet sich eine schlechte oder fehlende Kontraktion der Gallenblase, zumeist „negatives Cholezystogramm". 11.1.3.3 Gallenblasenhydrops Verbleibt nach einer Kolik ein Verschlußkonkrement im Ductus cysticus, so kann sich ein mit entfärbter Galle gefüllter, funktionsloser, prallelastischer
Luft in den Gallenwegen (Aerobilie) Stein in der Gallenblase stehende Dünndarmschlingen
Steinschatten außerhalb der Gallenblasenregion
Abb.24-110 Gallensteinileus: Diagnostische Trias in der röntgenologischen Darstellung des Abdomens
595
Gallenblase u n d G a l l e n w e g e Gallenblasentumor ohne Ikterus entwickeln. Aus der gestauten Galle werden Gallenpigmente und Säuren rückresorbiert. Die Gallenblase füllt sich mit einer weißlichen mukösen Flüssigkeit (sog. weiße Galle). In die Gallenblase können auch Kalziumsalze sezemiert werden (Porzellangallenblase). Klinisch imponiert ein gut abgrenzbarer und beweglicher, selten druckempfindlicher Tumor im rechten Oberbauch. Die bakterielle Superinfektion des Gallenblaseninhaltes führt zum Gallenblasenempyem. 4. Gallensteinileus
11.1.3.4 Gallensteinileus Große Solitärsteine der Gallenblase können ohne wesentliche klinische Entzündungszeichen zu einem chronisch fortschreitenden Entzündungsprozeß der Gallenblasenwand führen. Über eine Verklebung mit der Umgebung (häufig Duodenum, seltener Kolon oder Magen) greift der Entzündungsprozeß auf das benachbarte Organ über und führt zur biliodigestiven Fistel, durch die der Stein abwandern kann. Durch Verklemmen des Steines im Dünndarm kommt es zum Gallensteinileus (Abb. 24-110). Klinik: Häufig werden in der Vorphase entsprechende, ζ. T. fieberhafte Oberbauchbeschwerden angegeben. Des weiteren finden sich die typischen Zeichen eines Obstruktionsileus. Bei Verklemmung des Steines in der Flexura duodeno-jejunalis bildet sich kein entsprechender abdomineller Befund aus, im Vordergrund steht die Klinik einer Magenausgangsstenose mit frühzeitigem Erbrechen. Die Symptomatik ist wechselnd, da sich der Stein immer wieder löst und weitertransportiert wird (sog. „launenhafter Ileus"). Die Abdomenübersicht (s. Abb. 24-110) zeigt • Luftkontrastierung der Gallenwege (Fistel!), • Steinschatten außerhalb der Gallenblasenregion, • Zeichen des Dünndarmileus. Therapie: Der oft schlechte Allgemeinzustand des Patienten erlaubt meist nur die Enterotomie mit Steinentfernung und Dekompression des Dünndarms. Die elektive Cholezystektomie mit Auflösung der biliodigestiven Fistel ist später anzustreben. Die Letalität des Gallensteinileus ist, bedingt durch meist hohes Alter der Patienten und verspätete Diagnosestellung hoch ( 3 0 - 5 0 %).
Abb. 24-111 Sonographie der Gallenblase
Gallenblase Binnenechos (Konkrement) i
dorsale Schallausloschung
Ursache: D u r c h große Solitärsteine - * Entzündung der GB-Wand —» Ü b e r g r e i f e n auf N a c h b a r o r g a n e —»Ausbildung einer biliodigestiven Fistel, d u r c h die der Stein abwandert. —» Bei V e r k l e m m u n g des Steines Gallensteinileus (Abb. 24-110)
Klinik: O b e r b a u c h b e s c h w e r d e n , Obstruktionsileus, Magenausgangsstenose mit Erbrechen, w e c h s e l n d e Symptomatik.
Therapie: Enterotomie, später elektive Cholezystektomie—»Auflösung der Fistel. Letalität: 3 0 - 5 0 % .
596 Diagnostik des Gallensteinleidens Sonographie: Screening-Verfahren, das „Steinschatten" ab 3 mm Durchmesser aufzeigt, 95 % Trefferquote, eingeschränkte Diagnostik des Ductus choledochus.
Röntgen: Nur 15 % aller Steine erfaßbar.
X X I V . C h i r u r g i e des V e r d a u u n g s t r a k t e s 11.1.4 D i a g n o s t i k d e s G a l l e n s t e i n l e i d e n s 11.1.4.1 S o n o g r a p h i e (Abb. 24-111) Sie bietet sich h e u t e als Screening-Verfahren m i t einer T r e f f e r q u o t e von ca. 95 % an. G a l l e n s t e i n e stellen sich bereits ab e i n e m D u r c h m e s s e r von ca. 3 m m als sog. „ S t e i n s c h a t t e n " dar, falsch-positive B e f u n d e sind selten. Die Beurteilung des D u c t u s C h o l e d o c h u s ist eingeschränkt, b e s o n d e r s in s e i n e m d u o d e n u m n a h e n Abschnitt. 11.1.4.2
Röntgen-Abdomenübersicht
N u r 15 % der G a l l e n s t e i n e sind s c h a t t e n g e b e n d (kalkhaltige Steine) u n d damit sichtbar. 11.1.4.3 O r a l e C h o l e g r a p h i e Sie ist als S c r e e n i n g - V e r f a h r e n d u r c h die S o n o g r a p h i e verdrängt, da die orale K o n t r a s t m i t t e l f ü l l u n g der Gallenwege h ä u f i g unvollständig bleibt. Bei Ikterus kontraindiziert. I. v. Cholangiographie: gute Darstellung der extra- und intrahepatischen Gallenwege. Indiziert bei Verdacht auf Choledocholithiasis (Sonographie nur bei 20 %) und Cholezystolithiasis. Cave: Kontrastmittelunverträglichkeiten
11.1.4.4 I n t r a v e n ö s e C h o l e z y s t o - C h o l a n g i o g r a p h i e (Abb. 24-112) Vor einer g e p l a n t e n Operation bei sonographisch nachgewiesener Cholcystolithiasis u n d V e r d a c h t auf Choledocholithiasis indiziert. Sie erlaubt eine gute Darstellung der extra- u n d i n t r a h e p a t i s c h e n Gallenwege. Sie ergänzt die Sonographie, die eine Choledocholithiasis n u r in ca. 20 % n a c h w e i s e n läßt. N i c h t angezeigt bei B i l i r u b i n e r h ö h u n g > 2 mg% u n d
Kontrastmittelunver-
träglichkeit (anaphylaktischer Schock!).
Abb.24-112 Intravenöse Cholangiographie bei Cholezystolithiasis ERCP: Indiziert bei Verschlußikterus und bei Entfernung eingeklemmter Steine.
11.1.4.5 ERCP ( = e n d o s k o p i s c h e r e t r o g r a d e
Cholangio-pancreati-
c o g r a p h i e (Abb. 24-113) Die direkte Darstellung der Gallenwege d u r c h E R C P ist vor allem b e i m Verschlußikterus angezeigt. Gleichzeitig k a n n ein e i n g e k l e m m t e r Papillenstein d u r c h die e n d o s k o p i s c h e Papillenspaltung e n t f e r n t werden.
Therapie des Gallensteinleidens
11.1.5 T h e r a p i e d e s G a l l e n s t e i n l e i d e n s
Medikamentöse Therapie nur bei reinen Cholesterinsteinen. Keine Beseitigung der Ursachen. Anwendung nur bei Kontraindikation der operativen Behandlung.
E i n e m e d i k a m e n t ö s e S t e i n a u f l ö s u n g mit C h e n o d e s o x y c h o l s ä u r e ist n u r möglich, wenn es sich u m reine Cholesterinsteine h a n d e l t (ca. 10 %). Die M e d i k a -
11.1.5.1 M e d i k a m e n t ö s e
Steinauflösung
Gallenblase und Gallenwege
597
Endoskop Konkrement im Duct, choledochus aufgestaute Gallengänge prox. des Verschlusses Abb.24-113 ERC bei Choledocholithiasis menteneinnahme muß als Dauertherapie fortgeführt werden, da die Ursachen der Steinbildung und ihr Entstehungsort (Gallenblase) nicht beseitigt werden. Dies und erhebliche Nebenwirkungen lassen eine medikamentöse Steinauflösung nur bei absoluten Kontraindikationen zur operativen Behandlung geraten erscheinen. 11.1.5.2 O p e r a t i v e T h e r a p i e des G a l l e n s t e i n l e i d e n s Da der Ort der Steinbildung nahezu immer die Gallenblase ist, besteht die Behandlung des Gallensteinleidens in der Cholezystektomie. Durch die Cholezystektomie wird die Zirkulation der Gallensäuren im entero-hepatischen Kreislauf gesteigert, und die hepatische Sekretion von Gallensäuren und Phospholipiden bei gleichbleibender Cholesterinausscheidung nimmt zu. Somit stellt die Cholezystektomie gleichzeitig eine Rezidivprophylaxe dar.
Operative Therapie: Cholezystektomie —> Zunahme der Sekretion von Gallensäuren und Phospholipiden bei konstanter Cholesterinausscheidung —»gleichzeitig Rezidivprophylaxe.
11.1.6 S p e z i e l l e O p e r a t i o n s i n d i k a t i o n e n 11.1.6.1
Relative Indikationen
Finden sich Gallensteine als Zufallsbefund und hat der Träger keinerlei Beschwerden („stumme Gallensteine"), so m u ß für jeden Patienten individuell die Operationsindikation erarbeitet werden. Kriterien hierfür sind Alter, Risiken und Begleiterkrankungen des Gallensteinträgers sowie Größe und Anzahl der Gallensteine. Zu beachten ist, daß die unbehandelte asymptomatische Cholezystolithiasis in 2 0 - 3 0 % zu Komplikationen führt. Bei Gallenblasensteinen mit geringem Beschwerdebild und mittelgroßen Steinen kann bei Vorliegen massiver Kontraindikationen die Operationsindikation relativ gestellt werden. 11.1.6.2 Absolute Indikationen • Cholezystolithiasis mit sehr kleinen oder sehr großen Konkrementen wegen der Gefahr der Steineinklemmung mit biliärer Begleit-Pankreatitis bzw. entzündlichen Komplikationen bei großen Konkrementen. • akute Cholezystitis. Die akute Cholezystitis ist eine unbestrittene Indikation zur Operation, lediglich der Zeitpunkt steht in Diskussion. Wir unterscheiden die Sofort-, Früh- und Intervalloperation. Die Sofort- (Notfall) Operation ist nur angezeigt bei Gallenblasenperforation oder drohender Perforation (Empyem). Die Frühoperation ist im Vergleich zur Intervall-
Relative Operationsindikation Individuelle Operations-Indikation bei „stummen" Gallensteinen. Unbehandelte Cholezystolithiasis kann zu Komplikationen führen (20-30 %).
Absolute Indikation zur Cholezystektomie: 1. Cholezystolitiasis bei Gefahr der Steineinklemmung mit biliärer Pankreatitis und Entzündungsgefahr. 2. Akute Cholezystitis, Notfalloperation bei Gallenblasenperforation, Frühoperation zur Entfernung des Entzündungsherdes. 3. Hydrops, Empyem, 4. Choledocholithiasis.
598
XXIV. C h i r u r g i e des V e r d a u u n g s t r a k t e s operation technisch einfacher und erscheint aufgrund kausaler Therapie mit Entfernung des Entzündungsherdes sinnvoll. Die Elektivoperation ist oft technisch schwieriger (Verwachsungen!). • Komplikationen der Cholezystolithiasis (Hydrops, Empyem). • Choledocholithiasis mit oder ohne Ikterus. 11.1.6.3 Indikationen bei steinfreier Gallenblase Bei der Indikation zur Cholezystektomie bei steinfreier Gallenblase ist besonders streng zu verfahren. Wir unterscheiden:
Indikation zur Cholezystektomie bei steinfreier Gallenblase.
Relative Indikationen • Anatomische Deformitäten: Septumgallenblase, Divertikel, Pseudogallenblase, etc. • Funktionsstörungen: Gallenblasenhypotonie, Zystikushypertonie Absolute Indikationen • Steinfreie akute oder chronische Cholezystitis, • Tumoren der Gallenblase (benigne und maligne), • Cholesterose (Stippchengallenblase), • Typhusgallenblase.
=>
Cholezystektomie
11.1.7 T e c h n i k der C h o l e z y s t e k t o m i e 1
Rippenbogenrand- oder Transrektalschnitt. Ablauf: —»Darstellung des Lig. hepato-duodenale —» Eröffnung des Ductus cysticus —» Radiomanometrie —»intraop. Diagnostik —* Unterbindung des Ductus cysticus und der A. cystica —»Auslösung der GB retrograd (in bes. Fällen auch antegrad) - » Vernähung des Gallenblasenbettes —* Einlage einer Ziel-Drainage.
Die Eröffnung der Bauchhöhle erfolgt in der Regel über einen rechtsseitigen Rippenbogenrandschnitt oder Transrektalschnitt. Nach Inspektion und Palpation aller Abdominalorgane kann zwischen einer anterograden und einer retrograden Cholezystektomie entschieden werden. Übersichtliche anatomische Situseinstellung ist unerläßlich. Das Lig. hepatoduodenale wird zunächst dargestellt, der Ductus cysticus eröffnet und die obligate Radiomanometrie durchgeführt (s. S. 599 , Abb. 24-114). Nach Abschluß der intraoperativen Diagnostik und Unterbindung des Ductus cysticus sowie der A. cystica wird die Gallenblase retrograd aus der Leber ausgelöst. Das Gallenblasenbett wird vernäht, u m Blutungen und Gallenaustritt zu verhindern. Bei unübersichtlichen anatomischen Verhältnissen (schweren chronischen Entzündungsprozessen) ist die antegrade Auslösung der Gallenblase ungefährlicher, da schrittweise die anatomischen Strukturen freigelegt werden können. Cave: Anomalien der A. hepatica und des Ductus hepatocholedochus! Vor Verschluß der Bauchhöhle erfolgt in der Regel die Einlage einer Drainage zur Ableitung von Sekret und frühzeitigen Erkennung einer postoperativen Nachblutung oder einer Gallenfistel.
Zur Vermeidung von intraoperativen Komplikationen:
Intraoperative Komplikationen: Intraoperative Komplikationen ereignen sich vor allem bei schwierigen präparativen Verhältnissen und Nichterkennen der vielfältigen anatomischen Variationsmöglichkeiten an extrahepatischen Gallengängen und Leberarterien. Vorbedingung zur Vermeidung von Verletzungen dieser Strukturen ist sorgfältigste Präparation und intraoperative Diagnostik (Häufigkeit der Gallengangsverletzungen ca. 0,2 %). Frühe postoperative Komplikationen: Insuffizienz des Ductus-cysticusStumpfes, Nachblutung aus der A. cystica. Spätkomplikationen (Abb. 24-115): Persistierende Beschwerden nach Cholezystektomie werden fälschlicherweise unter dem Begriff des sog. „Postcholezystektomie-Syndroms" zusammengefaßt. Die Ursachen für Beschwerden sind oft vielfältig und erfordern eine umfassende Diagnostik. Sie sind selten durch die Operation bedingt.
Erkennen der anatomischen Varianten, sorgfältige Präparation, intraoperative Diagnostik.
Postoperative Komplikationen: Insuffizienz des Ductus-cysticus-Stumpfes, Nachblutung aus der A. Cystica.
1
Erste Cholezystektomie 1882 durch C. Langenbuch in Berlin.
Gallenblase und G a l l e n w e g e
Duct. cysticus ; (ligiert u durchtrennt)
Gallenblase
Duct, cysticus
Vüg.
'
599
-A. cystica (ligiert u ,durchtrennt)
f
hepatoduodenale
Herauslösen der Gallenblase/
Abb.24-114 Technik der Cholezystektomie
• Organische Gallenwegsveränderungen: Choledocholithiasis (zurückgelassene Steine), benigne Gallengangsstrikturen oder Papillenstenose. • Organische Gallenwegsveränderungen mit fraglich pathogenetischer Bedeutung: langer Zystikusstumpf, Neurinom im Zystikusstumpf. • Präoperativ nicht erkannte organische Veränderungen des Pankreasausführungsganges und des papillennahen Duodenums ζ. B. Duodenaldivertikel. • Extrabiliäre Operationsfolgen: Adhäsionen, Hernien. • Nicht erkannte pathologische Veränderungen des übrigen Gastrointestinaltraktes: axiale Hiatushernie, Dickdarmdivertikel, chronische Pankreatitis, gastro-duodenales Ulkus, Lebererkrankungen, etc. • Ohne nachweisbare organische Veränderungen: gestörte Fettresorption, Kolonreizung durch Gallensalze, verstärkter Nüchtem-Gallefluß.
11.1.8 Intraoperative Diagnostik der G a l l e n w e g e Bei jeder Cholezystektomie erfolgt eine intraoperative Diagnostik mit der Beantwortung folgender Fragestellungen:
Spätkomplikationen
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
600
Syndrom des Duct cysticus belassene Steine im Duct, hepatocholedochus
übersehendes Carrinom im Duct choiedochus
Abb.24-115 Spätkomplikationen nach Cholezystektomie
Eine intraoperative Diagnostik muß sich auf die Abklärung folgender Fragen erstrecken: Choledocholithiasis? Entzündliche oder tumoröse Veränderungen? Anatomische Verhältnisse! Verletzungen?
1. Ausschluß oder Bestätigung einer Choledocholithiasis, 2. entzündliche oder tumoröse Veränderungen des extrahepatischen Gallengangsystems und der Papilla Vateri, 3. Überprüfung der anatomischen Verhältnisse und Ausschluß einer iatrogenen Verletzung. Folgende Untersuchungen können durchgeführt werden:
Methoden der intraoperativen Diagnostik - Messung des Residualdruckes, - Messung des Standard-Durchflusses.
11.1.8.1 Druck- und Durchflußmessungen
Druckkontrollierte Cholangiographie: zeigt an, ob die Gallengänge steinfrei sind. Erkennung anatomischer Varianten und iatrogener Verletzungen.
Cholezystokinintest: erlaubt eine Differenzierung zwischen organischer Papillenstenose und Papillenspasmus.
Cholangioskopie: zeigt die Vollständigkeit der Steinentfernung an.
Ergebnisse der Cholezystektomie Die Art der Gallenwegserkrankung bestimmt neben anderen Faktoren die Letalitätsrate. Gesamtletalität bei Cholezystektomie: 1 - 2 % . Eine Rolle spielen das Alter des Patienten und mögliche Begleiterkrankungen
Sie geben Aufschluß über die Abflußverhältnisse an der Papilla Vateri. M a n unterscheidet: • Residualdruck: Der Druck, der im Gallengang herrscht, wenn der Fluß durch die Papille 0 wird. • Standard-Durchfluß: Als Standard-Durchfluß ist der Fluß durch die Papille bei einem konstanten Druck von 30 cm Wasser definiert. Er ist ein Maß für den Papillendurchmesser.
11.1.8.2 Druckkontrollierte Cholangiographie vor der Gallengangsrevision Die druckkontrollierte Cholangiographie zeigt an, ob die Gallengänge steinfrei sind, sie erlaubt die Erkennung anatomischer Varianten und den Ausschluß iatrogener Verletzungen (Cave: Luftblasen!). Fließt das Kontrastmittel rasch ins D u o d e n u m ab, so kann eine Füllung der intrahepatischen Gallengänge durch Kompression des distalen Choledochus erreicht werden.
11.1.8.3 Cholezystokinintest Pharmakologische Papillenprüfung vor Gallengangsrevision zur Differenzierung zwischen organischer Papillenstenose und Papillenspasmus. Intravenöse Applikation von Cholecystokinin.
11.1.8.4 Cholangioskopie Nach instrumenteller Revision (Sondierung) der Gallenwege kann die Vollständigkeit der Steinentfernung durch die Cholangioskopie überprüft werden. Es gibt starre u n d flexible Cholangioskope mit Fiberglasoptik, gleichzeitig sind Gewebsentnahmen möglich.
11.1.9 Ergebnisse der Cholezystektomie Die Operationsletalität hängt von der Art der Gallenwegserkrankung, d e m Alter des Patienten u n d evtl. Begleiterkrankungen ab. Die elektive Cholezystektomie bei chronischer Cholezystitis weist heute eine Letalität unter 0,5 %, die Cholezystektomie bei akuter Cholezystitis von ca. 3 % auf. Die Ge-
Gallenblase und Gallenwege
601
samtletalität der Cholezystektomie liegt zwischen 1 und 2 %. Letalität der chronischen Cholezystopathie unter 60 Jahre ca. 0,2 % über 60 Jahre ca. 7,5 %, sie steigt bei Komplikationen wie Verschlußikterus, Begleit-Pankreatitis, Gallenblasenperforation noch weiter an.
(Verschlußikterus, Pankreatitis, Gallenblasenperforation).
11.2 Cholestase
Cholestase Stagnation von Galle in den Gallengängen —» Retention gallepflichtiger Stoffe im Blut.
Definition: Cholestase bedeutet Stagnation von Galle in den Gallengängen mit Retention gallepflichtiger Stoffe im Blut. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen einer intrahepatischen und extrahepatischen Cholestase. Erstere ist meist durch eine primäre Störung der Gallesekretion (Medikamente, bakterielle Toxine bei Sepsis, Virushepatitis) bedingt, durch Obstruktion der Gallengänge (cholangiogenes Karzinom, Karzinommetastasen, primär sklerosierende Cholangitis oder Gallengangsatresie). Laborchemisch findet sich die alkalische Phosphatase erhöht, das Serum-Bilirubin normal oder geringfügig erhöht. Bei der extrahepatischen Cholestase liegt ein Abflußhindernis in den Gallenwegen vor (Choledocholithiasis, Tumoren, Papillenstenose, Gallengangsstrikturen).
11.2.1
Diagnostische Maßnahmen bei Cholestase (s. auch S. 596 )
Intrahepatische Cholestase: primäre Störung der Gallensekretion, bedingt durch Obstruktion der Gallenwege. Extrahepatische Cholestase: (Verschlußikterus): Abflußhindernis in den Gallenwegen.
Diagnostische Maßnahmen bei Cholestase
Da ab Bilirubin-Werten von 3 5 - 4 0 μπιοΐ/ΐ eine indirekte Darstellung der Gallenwege k a u m noch möglich ist, k o m m e n die nachfolgenden M e t h o d e n zur Anwendung: 1. Sonographie: Die sonographische Untersuchung erlaubt eine Unterscheidung zwischen intra- und extrahepatischem Ikterus und die Lokalisation des Verschlusses mit hoher Sicherheit. 2. Computertomographie: Falls die Sonographie im Stich läßt (ζ. B. Darmgasüberlagerung) ist die CT angezeigt. Die Untersuchung ist aufwendiger (Strahlenbelastung, Kosten), hat aber eine große Treffsicherheit. 3. ERC (endoskopische retrograde Cholangiographie): Die Duodenoskopie mit retrograder Cholangiographie ist eine standardisierte Untersuchungstechnik. Sie erlaubt die Beurteilung der Papille und eine kontrastreiche und detaillierte Darstellung der Gallenwege. Risiko der ERC: Auslösung einer cholangiogenen oder pankreatogenen Sepsis bei Abflußbehinderung des KM (s. Abb. 24-113). 4. PTC (perkutane transhepatische Cholangiographie): Perkutane Feinnadelpunktionstechnik der Gallengänge (Abb. 2 4 - 1 1 6 ) . Die PTC erlaubt die Beurteilung der Ausdehnung eines Gallengangsprozesses und die präoperative Drainage der Gallenwege durch Belassung eines Katheters im gestauten Gallengang. Die diagnostische Ausbeute ist bei ausgeprägtem Verschlußikterus ca. 8 5 - 9 5 %, die Komplikationsrate ca. 1 - 5 % (Blutung, Cholaskos). 5. Hepato-biliäres Szintigramm: Differenzierung zwischen hepato-zellulärem und Verschlußikterus möglich. Als Kontrolle nach biliodigestiven Anastomosen geeignet. Angewendetes Radiopharmakon ist Technetium 99.
11.2.2 Choledocholithiasis Beim Steinleiden der Gallenblase m u ß m a n in 2 0 - 2 2 % mit Gallengangssteinen rechnen. Sie s t a m m e n überwiegend aus der Gallenblase (sekundäre Gallengangssteine), nur selten entstehen sie primär im Gallengang. Ätiologische Faktoren für eine primäre Gallengangssteinbildung sind: Stase in den Gallengängen,
1. Sonographie: Erscheinung zwischen intra- und extrahepatischem Ikterus. Lokalisation des Verschlusses. 2. Computertomographie: s. Sonographie, mit größerer Treffsicherheit. 3. ERC: standardisierte Untersuchungstechnik: Beurteilung der Papille, detaillierte Darstellung der Gallenwege.
4. PTC: Ausdehnung eines Gallengangsprozesses.
5. Hepato-biliäres Szintigramm: Differenzierung zwischen hepatozellulärem Ikterus und Verschlußikterus, Kontrolle nach biliodigestiven Anastomosen.
Choledocholithiasis Gallengangssteine, meist aus der Gallenblase.
Ätiologische Faktoren: - Stase in den Gallengängen,
X X I V . C h i r u r g i e des Verdauungstraktes
602
PTC- Kanüle
Aufgestaute intra- und extrahepatische Gallengänge
ι
tumoros bedingte Stenose des Duct, choledochus + Duct, hepaticus
Duodenalschleimhaut
Abb.24-116 Perkutane transhepatische Cholangiographie beim Karzinom des distalen Ductus choledochus - Infektion, - Fremdkörper in den Gallengängen.
Klinik: klassische Krankheitssymptome: - Oberbauchschmerzen, - Koliken, - intermittierender Ikterus, - acholische Stühle. Komplikationen: - Gallengangsverschluß, - eitrige Cholangitis. Bei anhaltender Obstruktion: biliäre Zirrhose.
I n f e k t i o n e n (Cholangitis) u n d F r e m d k ö r p e r in d e n G a l l e n g ä n g e n (ζ. B. N a h t f ä d e n , N a h r u n g s r e s t e Choledocho-Duodenostomie). 11.2.2.1 Klinik der Choledocholithiasis
Bisweilen bleiben G a n g k o n k r e m e n t e klinisch s t u m m . Klassische Krankheitss y m p t o m e sind Oberbauchschmerzen u n d Koliken, die sich n i c h t von d e m Gall e n b l a s e n s t e i n l e i d e n u n t e r s c h e i d e n , ferner i n t e r m i t t i e r e n d e r Ikterus und acholische Stühle. 11.2.2.2 Komplikationen der Choledocholithiasis G a l l e n g a n g s s t e i n e bergen die G e f a h r eines i n k o m p l e t t e n oder k o m p l e t t e n Gallengangsverschlusses, gitiden.
die Stase begünstigt die Entwicklung eitriger
(s. S. 613 ). A n h a l t e n d e O b s t r u k t i o n e n f ü h r e n zu einer biliären
Cholangitis ist typische Komplikation einer zu engen biliodigestiven Anastomose.
Symptome: Symptomentrias: 1. Ikterus, 2. Fieber mit Schüttelfrost, 3. Oberbauchschmerzen, rechts, Folge: septisches Krankheitsbild —» KreislaufZentralisation, Schock, zentralvenöse Ausfälle, Erhöhung der Nierenretention. Diagnose: sonographisch: Erweiterung der Gallengänge.
Cholan-
Die Choledocholithiasis k a n n d u r c h d e n Papillenstein oder eine
s t e i n b e d i n g t e Papillenstenose zu einer schweren biliären Pankreatitis
Cholangitis bakterielle Entzündung der Gallengänge.
nach
führen
Zirrhose.
11.2.3 Cholangitis Es h a n d e l t sich u m eine bakterielle Entzündung der Gallengänge, für die ursächlich eine A b f l u ß b e h i n d e r u n g im G a l l e n g a n g u n d eine d a d u r c h ermöglichte E t a b l i e r u n g eines G a l l e n i n f e k t e s vorliegt. Die A b f l u ß b e h i n d e r u n g ist meist bedingt d u r c h Gallengangssteine, G a l l e n gansstriktur oder Papillenstenose. Die Cholangitis ist eine typische K o m p l i k a t i o n einer zu engen biliodigestiven A n a s t o m o s e . M a n sieht sie seltener bei T u m o r e n der a b l e i t e n d e n Gallenwege bzw. des Pankreaskopfes. 11.2.3.1 Symptomatik Typisch ist die Symptomentrias: Ikterus - Fieber mit Schüttelfrost - Oberbauchschmerzen rechts. In der Folge k o m m t es zu e i n e m septischen Krankheitsbild mit Kreislaufzentralisation, Schock u n d zentralnervösen Ausfallsers c h e i n u n g e n sowie E r h ö h u n g der Nierenretentionswerte. 11.2.3.2 D i a g n o s e Sie ergibt sich aus der S y m p t o m a t o l o g i e . Sonographisch f i n d e t sich eine Erweiterung der i n t r a h e p a t i s c h e n u n d extrahepatischen G a l l e n g ä n g e , weitere K l ä r u n g d u r c h E R C oder PTC, evtl. k o m b i niert m i t Einlegen einer E n t l a s t u n g s d r a i n a g e .
603
Gallenblase u n d G a l l e n w e g e 11.2.4 Papillenstenose (Papillitis stenosans) Man unterscheidet: 1. Die primäre Papillenstenose: Pathogenese unbekannt, anatomische Verhältnisse von Gallengängen, Pankreas und D u o d e n u m regelrecht, wahrscheinlich Adenomatöse der Papille, sehr selten. 2. D i e sekundäre Papillenstenose (Häufigkeit 1 0 - 2 5 %) Durch a) Erkrankungen der Nachbarorgane, wie Pankreaskopfentzündung, papillennahes Ulcus duodeni, b) Cholelithiasis, c) vorangegangene chirurgische oder endoskopische Manipulation an der Papille.
Klinische Symptomatik: Koliken, Ikterus (meist intermittierend) und Zeichen der Cholangitis. Therapie: Die Indikation zur Operation ist streng zu stellen. In Frage kommen die transduodenale Papillotomie oder Papillenplastik, die endoskopische Papillotomie (bes. beim Risikopatienten) und in besonderen Situationen eine biliodigestive Anastomose (Choledocho-Jejunostomie). 11.2.5 C h r o n i s c h e s k l e r o s i e r e n d e C h o l a n g i t i s Pathologisch-anatomisch handelt -es sich u m eine sklerosierende Entzündung, die zur Wandverdickung und Obstruktion führt und meist generalisiert die gesamten Gallengänge erfaßt. Man unterscheidet eine sekundäre Form bei Gallensteinleiden, nach chirurgischer Manipulation und bei Leberzirrhose und eine primäre Form, deren Ursache u n b e k a n n t ist. Eine immunologische Genese wird diskutiert, häufig auch in Verbindung mit Colitis ulcerosa, Riedel-Strumitis und Enteritis regionalis beobachtet. Die Symptomatologie besteht in einem schmerzlosen Verschlußikterus. Die Diagnose wird zumeist intraoperativ nach Ausschluß eines Gallengangkarzinoms gestellt. Die operative Therapie ist ebenso wie die konservative (Steroide, Antibiotika, Immunsuppressiva) unbefriedigend. Operativ k o m m e n biliodigestive Anastomosen, im besonderen Falle auch eine Lebertransplantation in Frage. 11.2.6
Gallengangsstriktur
Gallengangsstrikturen, d. h. narbige Veränderungen, sind Folge übersehener oder unsachgemäß versorgter Verletzungen beim Gallen-Ersteingriff: ζ. B. Ligatur des Ductus cysticus zu dicht am Ductus choledochus, Einengung nach Choledochotomie. Löst eine permanente Behinderung des Galleabflusses cholangitische Symptome aus, so ist die Indikation zur Korrekturoperation gegeben, die technisch sehr schwierig sein kann. 11.2.7 R ö h r e n s t e n o s e des D u c t u s c h o l e d o c h u s Bei chronisch rezidivierender Pankreatitis kann eine langstreckige Stenose des intrapankreatischen Anteils des Ductus choledochus auftreten. Die Folge ist ein Cholestase-Syndrom, das eine chirurgische Korrektur (biliodigestive Anastomose) vor Auftreten sekundärer Komplikationen (biliäre Zirrhose) notwendig macht.
Papillenstenose man unterscheidet: 1. Primäre Papillenstenose, wahrscheinlich Adenomatöse der Papille.
2. Sekundäre Papillenstenose: Ursache:
Symptome: Koliken, Ikterus, Zeichen der Cholangitis. Therapie: strenge Indikationsstellung. Papillotomie, Papillenplastik. Ferner: - endoskopische Papillotomie und - biliodigestive Anastomose. Chronische sklerosierende Cholangitis Sklerosierende Entzündung mit Wandverdikkung und Obstruktion. Man unterscheidet eine sekundäre und primäre Form. Symptome: schmerzloser Verschlußikterus. Diagnosestellung: intraoperativ.
Konservative Therapie: Steroide, Immunsuppressiva.
Operative Therapie: biliodigestive Anastomosen. In besonderen Fällen: Lebertransplantation. Gallengangsstriktur Narbige Veränderungen als Folge unsachgemäß versorgter Verletzung beim Ersteingriff. Bei cholangitischen Symptomen: Indikation zur Korrekturoperation.
Röhrenstenose des Ductus choledochus Langstreckige Stenose. Folge: Cholestase-Syndrom. Therapie: biliodigestive Anastomose.
604 Mirizzi-Syndrom Kompression und Stenose des Ductus hepatocholedochus durch Gallenblasenstein. Folge: schmerzloser Ikterus (Vortäuschung eines Tumors). Hämobilie Abnorme Verbindung zwischen intra- oder extrahepatischen Arterien und Gallenwegen.
Folge: Blutungen in die Gallengänge mit Symptomentrias: 1. Koliken, 2. intermittierender Ikterus, 3. gastro-intestinale Blutung.
Diagnose: - Gastroduodenoskopie, - selektive Angiographie.
Parasitäre Ursachen der Cholestase - Spulwürmer, - Echinococcus.
Mißbildungen - Gallengangsatresie, - idiopathische Choledochuszyste.
Bösartige Tumoren der Gallenwege Vorwiegend Adenokarzinom.
Metastasen in Lymphknoten, Leberpforte, Leber und Peritoneum. Symptome: schmerzloser Ikterus. Später: epigastrische Schmerzen, Gewichtsverlust. Klinische Untersuchung: schmerzlos gestaute Gallenblase, Ikterus (Courvoisier-Syndrom). Operationsletalität: 10-60%.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes 11.2.8 Mirizzi-Syndrom Es handelt sich u m eine Kompression und Stenose des Ductus hepatocholedochus, hervorgerufen durch einen Stein im Ductus cysticus. Dadurch entsteht ein schmerzloser Ikterus, der einen bösartigen Tumor der Gallenwege bzw. des Pankreaskopfes vortäuschen kann.
11.2.9 Hämobilie Abnorme Verbindungen zwischen intra- und extrahepatischen Arterien und Gallenwegen führen zu Blutungen in die Gallengänge und zu folgender Symptomtrias: Koliken, intermittierender Ikterus, gastrointestinale Blutung. In 50 % findet sich anamnestisch ein vorausgegangenes Lebertrauma (stumpfes Bauchtrauma, Operation, Leberpunktion). Das zeitliche Intervall zwischen Trauma und klinischen Erscheinungen liegt zwischen einem Tag und zwei Jahren. Seltene Ursachen sind: Entzündungen, Leberabszesse, Leberechinococcosen, Gallensteine, Gefäßerkrankungen. Diagnose: Die Gastroduodenoskopie führt durch Zeichen eines Blutaustritts aus der Papilla vateri zur Verdachtsdiagnose. Mit der selektiven Arteriographie der A. hepatica läßt sich ein Kontrastmittelaustritt mit Darstellung der abführenden Gallenwege erkennen.
11.2.10 Parasitäre Ursachen 1. Spulwürmer (Ascaris lumbricoides), die vom Dünndarm auch in die extra- und intrahepatischen Gallengänge vordringen und diese verlegen können. 2. Echinococcus: Cholestatisches Syndrom durch Kompression der intraund extrahepatischen Gallenwege.
11.2.11 Mißbildungen 1. Gallengangsatresie: Frequenz 1:20000 Lebendgeburten und damit häufigste Mißbildung der Gallenwege. 2. Idiopathische Choledochuszyste: Walnuß- bis mannskopfgroße Erweiterungen des supraduodenalen Ductus choledochus. Als Komplikation gibt es spontane und traumatische Rupturen.
11.2.12 Bösartige Tumoren der Gallenwege Maligne Tumoren der Gallenwege sind seltener als die der Gallenblase. In 0 , 5 - 2 % ist bei allen Erkrankungen der Gallenwege mit einem malignen Prozeß zu rechnen. Es handelt sich zumeist um Patienten jenseits des 60. Lebensjahres ohne Bevorzugung eines der Geschlechter. Häufigste Lokalisation ist der supraduodenale Abschnitt des Ductus choledochus, die Choledochusmitte und am Konfluenz der Ductus hepatici (Klatskin-Tumor) (Abb. 24-117). Es handelt sich vorwiegend um Adenokarzinome. Metastasen treten relativ spät in den Lymphknoten des Lig. hepatoduodenale, der Leberpforte, der Leber und im Peritoneum auf. Symptome: Führendes Symptom ist der schleichend und sich meist schmerzlos entwickelnde Ikterus. Im späteren Stadium klagen die Patienten über epigastrische Schmerzen und Gewichtsverlust. Bei der klinischen Untersuchung findet sich häufig die schmerzlos gestaute Gallenblase bei gleichzeitig bestehendem Ikterus (Courvoisier-Syndrom). Prognose: Radikale Operationen sind nur in ca. 10 % möglich (Operationsletalität 1 0 - 6 0 %). Durchschnittliche Überlebenszeit nach radikalen Eingriffen ca. 12 Monate, nach palliativen Eingriffen 2 - 6 Monate.
Gallenblase und Gallenwege
PTC-Kanüle
605
Aufgestaute intrahepat. Gallengänge (re. u. Ii.) Tumorstenose Duodenalschleimhaut
disL Duct, choledochus
Abb.24-117 Perkutane transhepatische Cholangiographie beim Karzinom der Hepatikusgabel (sog. Klatskin-Tumor)
11.2.13 Operationsindikation bei Verschlußikterus Der m e c h a n i s c h e Ikterus ist i m m e r eine absolute u n d z u m e i s t vitale Operationsindikation. Abwarten verschlechtert die Situation der Leber u n d d a m i t die Prognose. Es k ö n n e n sog. acholische B l u t u n g e n d u r c h m a n g e l n d e V i t a m i n - K - R e s o r p t i o n a u f t r e t e n (Quick-Kontrolle!). Besonders f r ü h z e i t i g ist die O p e r a t i o n s a n z e i g e bei der einigen Cholangitis zu stellen. A u c h bei F r ü h - O p e r a t i o n beträgt die Letalität ca. 5 - 1 5 %.
Operationsindikation bei Verschlußikterus Mechanischer Ikterus: absolute Operationsindikation. Eitrige Cholangitis: möglichst frühe Operationsanzeige.
11.2.14 Sanierende und palliative Operationsverfahren bei Cholestase
Operationsverfahren bei Cholestase
11.2.14.1 Gallengangsrevision bei Choledocholithiasis
1. Gallengangsrevision bei Choledocholithiasis Mobilisierung des Duodenums und Eröffnung des Gallenganges —> Entfernung der Konkremente mit Zangen, Löffel oder Ballonsonde —»Spülung des Gallenganges mit Kochsalzlösung.
N a c h S i c h e r u n g der Diagnose (bereits präoperativ oder erst intraoperativ) wird das D u o d e n u m mobilisiert u n d der G a l l e n g a n g zwischen H a l t e f ä d e n längs eröffnet. K o n k r e m e n t e werden vorsichtig mit verschieden g e f o r m t e n F a ß z a n g e n , Steinlöffel oder Fogarty-Ballonsonden entfernt. Z u s ä t z l i c h wird der G a l l e n g a n g m i t Kochsalzlösung gespült, u m Steinreste h e r a u s z u s p ü l e n u n d e i n g e k l e m m t e Steine zu lösen. Die C h o l e d o c h o t o m i e wird m i t einer K e h r - T - D r a i n a g e b e e n d e t u n d wasserdicht vernäht (Abb. 24-118). Die TDrainage d i e n t der a b s c h l i e ß e n d e n Kontroll-Cholangiographie. Sie wird n a c h 5 - 7 Tagen entfernt. Zurückgelassene C h o l e d o c h u s s t e i n e k ö n n e n wie folgt e n t f e r n t werden: 1. Spülung ü b e r die T - D r a i n a g e mit N a t r i u m c h o l a t l ö s u n g e n (Erfolgsquote ca. 50 %) 2. U n b l u t i g e Steinextraktion über d e n T - D r a i n a g e k a n a l mit einer Spezialsonde ( B u r h e n n e - K ö r b c h e n ) 3. E n d o s k o p i s c h e retrograde Steinextraktion mit Papillenspaltung.
T-Drainage.
Entfernung zurückgelassener Steine im Choledochus: - Spülung über T-Drainage, - Spezialsonde über T-Drainagekanal, - endoskopisch mit Papillenspaltung.
X X I V . C h i r u r g i e des V e r d a u u n g s t r a k t e s
606
Stumpf des Due.
Kehr'sche T-Drainage Naht der
Due. choledochus
Abb.24-118 Verhältnisse nach regelrechter Cholezystektomie und Revision des Ductus choledochus
Sonde
··
Papilla / Vateri /..
/
/
Nähte
:
—'-/— /
%
/ / // y !' \ V/ Duodenal ^schleim haut
Inzision der Papille überSpezialsonde (bei 11h.) \ \
^ Nähte, die -'die Duodenalwand einerseits 'und die Choledochuswand ,»·-''' Einmündung andererseits fassen. I des Duct, pankraticus
Abb.24-119 Technik der Papillenspaltung 2. Transduodenale Sphinkterotomie (Papillotomie) Durchführung transduodenal: —» Längsinzision des Duodenums, —* Spaltung der Papille, —> Anheftung der Papillenschleimhaut mit der des Duodenums (Papillenplastik).
Komplikation: Nahtinsuffizienz, Pankreatitis. 3. Biliodigestive Anastomosen: Zweck: Drainage des Gallensystems in das Intestinum. Geeignetals Palliativeingriff bei inoperablen Gallengangstumoren. Verfahren: Cholezystoenterostomie bei inoperablem Tumorverschluß des Choledochus.
11.2.14.2 T r a n s d u o d e n a l e S p h i n k t e r o t o m i e (oder Papillotomie, A b b . 24-119) Die P a p i l l o t o m i e wird t r a n s d u o d e n a l a u s g e f ü h r t . N a c h Längsinzision des D u o d e n u m s sucht m a n die Papille auf u n d spaltet sie auf einer Spezialsonde, die zuvor ü b e r eine C h o l e d o c h o t o m i e e i n g e f ü h r t wurde, n a c h lateral u n d kranial (ca. 1,5 cm). Cave: V e r l e t z u n g des D u c t u s pancreaticus! Die S c h n i t t r ä n d e r der P a p i l l e n s c h l e i m h a u t werden m i t der des D u o d e n u m s d u r c h feinste resorbierbare N ä h t e a n g e h e f t e t (Papillenplastik). Die G e f a h r e n der P a p i l l o t o m i e sind die Nahtinsuffizienz der D u o d e n o t o m i e u n d eine postoperative Pankreatitis. 11.2.14.3 B i l i o d i g e s t i v e A n a s t o m o s e n Sie d i e n e n der D r a i n a g e des Gallenwegssystems in das I n t e s t i n u m bei gutartigen E r k r a n k u n g e n (Gallengangsstrikturen, V e r l e t z u n g e n , R ö h r e n s t e n o s e n ) , bei i n o p e r a b l e n G a l l e n g a n g s t u m o r e n als Palliativeingriff. F e m e r bei r e k o n s t r u k t i v e n Eingriffen n a c h a u s g e d e h n t e n R e s e k t i o n e n (ζ. B. Whipple-Operation). Ihre D u r c h f ü h r u n g u n d T e c h n i k richtet sich g r u n d s ä t z l i c h n a c h d e m G r u n d leiden.
a) Cholezystoenterostomie: bei inoperablem Tumorverschluß des Choledochus: Anostomisierung des Gallenblasenfundus mit Duodenum oder mit Roux-Schlinge.
11.2.14.3.1
Cholezystoenterostomie
Bei i n o p e r a b l e m , d i s t a l e m T u m o r v e r s c h l u ß des C h o l e d o c h u s k a n n e i n e Cholezystoenterostomie bei d u r c h g ä n g i g e m D u c t u s cysticus die einzig m ö g l i c h e T h e r a p i e darstellen.
607
Gallenblase und Gallenwege Der Gallenblasenfundus wird mit dem Duodenum oder besser einer nach Roux ausgeschalteten Jejunumschlinge anastomosiert. Nachteile: - Frühzeitiger Verschluß des Ductus cysticus durch Tumorwachstum, - Reflux von Speiseresten in die Gallenblase mit rezidivierenden Entzündungen.
11.2.14.3.2 Choledochoduodenostomie Technisch einfach und schnell durchführbare Seit-zu-Seit-Verbindung zwischen Gallengang und Duodenum. Früher häufig auch bei gutartigem Grundleiden angewandt. Nachteilig ist das Eindringen von Speiseresten in den Gallengang (Cholangiolithiasis) und konsekutiv auftretende schwere Cholangitiden und Abflußstörungen (Blindsacksyndrom). Daher ist dieses Verfahren nur beim fortgeschrittenen Tumorleiden und nicht bei gutartigen Erkrankungen indiziert.
11.2.14.3.3 Choledocho- bzw. Hepatiko-Jejunostomie Ist ein biliodigestives Drainageverfahren der Wahl bei Tumorverschluß im distalen Gallengang, Narbenstrikturen, Röhrenstenose bei chronischer Pankreatitis oder Gallengangsverletzungen. Es handelt sich um eine Anastomose zwischen der Hepatikusgabel oder dem Hepato-Choledochus mit einer nach Roux ausgeschalteten isoperistaltischen Jejunumschlinge.
„Hepaticusgabel"
Drain Tumor Due. choledochus
Abb.24-121 Palliation beim inoperablen Karzinom des Ductus hepaticus a) Endlose transhepatische Gallenwegsdrainage nach Dick, b) Perkutane transhepatische äußere Gallendrainage
Duct. hepaticus
b) Choledochoduodenostomie: Seit-zu-Seit-Verbindung zwischen Gallengang und Duodenum. Nachteile: Cholangitis, Abflußstörungen. Indikation: nur bei fortgeschrittenen Tumoren.
c) Choledocho- bzw. Hapatiko-Jejunostomie: biliodigestives Drainageverfahren der Wahl bei Tumorverschluß im distalen Gallengang. Anwendung ferner bei Narbenstrikturen, Röhrenstenose, chronischer Pankreatitis oder Gallengangsverletzungen. Anastomose zwischen Hepatikusgabel oder Hepato-Choledochus.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
608
Der Darm wird transmesokolisch in den rechten Oberbauch verlagert und zumeist eine termino-laterale Anastomose mit plastischer Erweiterung (Dreiecksplastik nach Götze-Gütgemann) durchgeführt (Abb. 24-120). Statt Roux-Schlinge kann die Anastomosierung auch mit einer doppelten Jejunumschlinge und Braun - Fußpunktanastomose erfolgen. d) Ultima-ratio-Eingriffe bei inoperablem Tumor: - Gallengangsdrainage mitT-Drain.
11.2.14.3.4 Ultima-ratio-Eingriffe bei inoperablem Tumor (Abb. 24-121)
- Protheseneinlage
1. Innere Gallengangsdrainage des Gallenganges durch T-Drain, Prothese. 2. Perkutane transhepatische Protheseneinlage
- perkutane transhepatische Gallendrainage - endlose transhepatische Gallengangsdrainage.
3. Perkutane transhepatische äußere Gallendrainage 4. Endlose transhepatische Gallengangsdrainage nach Dick und Dortenmann.
Gallenblasenkarzinom
11.3 Gallenblasenkarzinom
Oft vergesellschaftet mit Cholelithiasis.
Das Gallenblasenkarzinom steht bei der Frau an 5. und bei den Männern an 8. Stelle aller Karzinomleiden. 80 % aller Erkrankten sind jenseits des 60. Lebensjahres. In 4 4 - 1 0 0 % ist das Karzinom mit einer Cholelithiasis vergesellschaftet. Bis heute aber ist nicht bewiesen, daß ein Zusammenhang zwischen Steinleiden und Karzinom besteht.
11.3.1 Epidemiologie
Das Karzinom beginnt sein Primärwachstum zumeist im Gallenblasenfundus auf der der Leber zugewandten Seite und breitet sich frühzeitig per continuitatem in die Umgebung aus (Leber, Kolon). Es wächst polypös in die Lichtung der Gallenblase oder intramural (szirrhös), wobei es makroskopisch oft nicht von einer chronisch fibroplastischen Entzündung der Gallenblase zu unterscheiden ist. Symptome: unspezifisch. Ähnlich wie chronisches Steinleiden. Ferner: - Dauerschmerz, - Gewichtsverlust, - zunehmender Ikterus. Diagnose: Laparoskopie. Verdachtsdiagnose durch Sonographie möglich.
Therapie: radikale Therapie nur bei Frühkarzinom. Im fortgeschrittenen Stadium, evtl. Leberteilresektion.
Mehrzahl der Patienten verstirbt innerhalb von 6 Monaten, da nur palliativer Eingriff.
11.3.2 Symptome Sie sind unspezifisch und entsprechen denen eines chronischen Steinleidens. Hinzu kommen häufig Dauerschmerzen, Gewichtsverlust und langsam zunehmender Ikterus.
11.3.3 Diagnose Als einzige diagnostische Maßnahme vermag die Laparoskopie die Diagnose zu sichern. Meist handelt es sich um einen Zufallsbefund im Rahmen einer Cholezystektomie. Heute ist eine Verdachtsdiagnose durch Sonographie möglich.
11.3.4 Therapie Eine radikale Therapie ist nur beim Frühkarzinom im Sinne einer Cholezystektomie durchführbar (Zufallsbefund). Im fortgeschrittenen Stadium kann die Cholezystektomie durch Leberteilresektion ergänzt werden, die Radikalität ist fragwürdig. Evtl. ist auch die Mitresektion der rechten Kolonhälfte erforderlich.
11.3.5 Prognose Da es sich zumeist nur um palliative Eingriffe handelt, verstirbt die Mehrzahl der Patienten innerhalb von 6 Monaten. Der Erfolg einer strahlentherapeutischen oder medikamentösen Tumorbehandlung ist nicht gesichert.
Literatur Literatur Hess, W.: Die Erkrankungen der Gallenwege und des Pankreas. Thieme, Stuttgart 1961 Meyer-Burg, J., Häring, R., Henning, H., Lindlar, F., Palme, G., Ziegler, U., Schiungbaum, W.: Die kranke Gallenblase. Urban und Schwarzenberg, M ü n c h e n - B e r l i n - W i e n 1974 Schriefers, Κ. H.: Cholelithiasis. Aktuelle Diagnostik und Therapie. Urban und Schwarzenberg, M ü n c h e n - W i e n - B a l t i m o r e 1984 Tondelli, P., Allgöwer, M.: Gallenwegschirurgie. Springer, Berlin-Heidelb e r g - N e w York 1980
609
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
610 Pankreas
12. Pankreas J. Konradt, H. Zühlke 12.1 A n a t o m i e u n d P h y s i o l o g i e
Häufig gleichzeitige Erkrankung von Pankreas, Gallenwegen und Duodenum aus pathophysiologischen Gründen.
Pankreas und Gallenwege entspringen phylogenetisch gemeinsam mit dem oberen D u o d e n u m . Daraus resultiert der sowohl funktionell wie anatomisch enge Organverbund von Pankreas, Gallenwegen und D u o d e n u m . Unter pathophysiologischen Gesichtspunkten bedeutet dies ein gehäuftes Auftreten von gleichzeitigen Erkrankungen dieser Organe. Für den Chirurgen ist die genaue Kenntnis der Anatomie und Topographie wichtig (Abb. 24-122). Das Pankreas überkreuzt die Lumbaiwirbel 1 - 3 von links oben nach links unten, liegt hinter der Mesenterialwurzel und im linken Hypochondrium und ist unterschiedlich fest am Retroperitoneum fixiert. - - Magen
paraaortale Lymphknoten parahiläre Lymphknoten A. pancreaticoduodenalis
Choledochus Colon
Ductus Wirsungianus
Α. + V. mesenterica sup.
Abb.24-122 Anatomie des Pankreas Der Pankreaskopf bildet zusammen mit dem duodenalen C einen engen anatomischen Verbund, liegt locker dem Retroperitoneum und der V. cava inferior an. Das gesamte Pankreas wird über den Ductus pancreaticus (Ductus Wirsungianus) drainiert; zusätzlich verläuft im Pankreaskopf der Ductus choledochus. In der Regel münden beide Gänge - oft erheblich variierend - im Bereich der Papilla Vateri. Der kraniale Teil des Pankreaskopfes wird häufig separat über den Ductus Santorini ins D u o d e n u m drainiert. Das Pankreaskorpus überdeckt die V. portae und den Zusammenschluß der V. mesenterica superior mit der V. lienalis. Dieser Abschnitt ist aufgrund seiner Gefäßversorgung besonders im Retroperitoneum fixiert. Ein Teil des Korpus und der Pankreasschwanz sind an der Vorderfläche mit Periton e u m überzogen und bilden die Hinterwand der Bursa omentalis, in die man physiologischerweise durch das Foramen Winslowii gelangt. Chirurgisch existieren drei Zugangswege in die Bursa omentalis: Transmesokolisch, durch das kleine Netz hindurch oder nach Durchtrennung des Lig. gastrocolicum. Die Blutversorgung des Pankreaskopfes erfolgt durch die A. pancreaticoduodenalis dextra, die der A. hepatica communis entspringt. Des weiteren wird der Pankreaskopf über die A. pancreaticoduodenalis sinistra versorgt, die zusammen mit der rechten A. pancreaticoduodenalis eine wichtige Arkade bildet. Die Gefäßversorgung des Korpus- und Schwanzbereiches ist variabel, meist durch kurze, der Milzarterie entspringende Arterien sowie durch die querverlaufende A. pancreatico transversalis. In ca. 20 % ist mit anatomischen Varianten zu rechnen.
Pankreas
611
Der Pankreaskopf wird über die V. mesenterica superior drainiert, KorpusSchwanzbereich über die Milzvene. Die Lymphgefäße münden Lymphknotengruppe.
in
eine
mesenteriale,
parahiliäre
und
und
paraaortale
Funktionell besteht das Pankreas aus einem exokrinen und einem endokrinen Anteil. Insulinäres, d. h. endokrines und azinäres, d. h. exokrines Gewebe entwikkeln sich aus Gangsprossung in der 9 . - 1 2 . Schwangerschaftswoche. Das Sekret der exokrinen Pankreasanteile ist farblos, transparent und enthält anorganische (ζ. B. Bikarbonat und Chlorid) und organische Substanzen (Enzyme) in wäßriger Lösung. Sein p H liegt bei 8,0-8,7, die täglich ausgeschiedene Menge schwankt zwischen 1000 und 2 000 ml. Die Sekretion wird nerval (N. vagus), gastral und intestinal stimuliert. Die Enzymsynthese findet in den Azinuszellen statt. Während die a-Amylase zur Kohlenhydratspaltung und die Lipase zur Fettverdauung als aktive Fermente sezerniert werden, liegen die Proteasen - Trypsinogen und Chymotrypsinogen - in inaktiver Form vor. Erst im Duodenum wird Trypsinogen durch Enterokinase zu Trypsin umgewandelt, welches seinerseits wiederum Chymotrypsinogen zu Chymotrypsin aktiviert. Die Verlagerung dieser Aktivierungsvorgänge ins Duodenum schützt das Pankreas vor Selbstverdauung. Zusätzlich hierzu bilden die Azinuszellen noch Inhibitoren, welche eine vorzeitige Umwandlung der Proteasen verhindern. Daneben besteht ein eigener Schutzmechanismus der Gangepithelien und der Schaltzellen im Pankreas. Der endokrine Anteil besteht aus den Langerhans-Inseln (ca. 1 - 2 % des gesamten Pankreasgewebes). Etwa 6 0 - 7 0 % der Langerhans-Zellen sind insulinproduzierende und insulinspeichernde B-Zellen. Daneben existieren weitere hormonproduzierende Zellen, die zum „Helle-Zellen-System" oder APUD-Zellsystem gerechnet werden (s. Kapitel XXIX./4. Endokrine Chirurgie). Insulin besteht aus der von 21 Aminosäuren gebildeten Α-Kette und der aus 30 Aminosäuren gebildeten B-Kette, welche über zwei Disulfid-Brücken untereinander verbunden sind. Der Insulingehalt des Pankreas beträgt 6 - 7 mg, wovon pro Tag ca. 2 mg ausgeschüttet werden, das entspricht dem Tagesbedarf von ca. 40 1. E. Insulin. Den Hauptreiz für die Freisetzung von Insulin aus den Speichergranula stellt eine eiweiß- und glukosereiche Mahlzeit dar, daneben fordern aber auch Glukagon, das seinerseits den Blutzuckerspiegel hebt und die Verdauungsfermente Sekretin und Gastrin die Insulinausschüttung. Die Potenz der gesamten Drüse ist so groß, daß erst bei einem Verlust von ca. 80 % des exokrinen und endokrinen Gewebes Insuffizienzzeichen (Diabetes mellitus und Malassimilation) klinisch in Erscheinung treten.
Man unterscheidet exokrinen und endokrinen Anteil des Pankreas.
Pankreassekret: bestehend aus anorganischen (ζ. B. Bikarbonat und Chlorid) und organischen Substanzen (Enzyme) in wäßriger Lösung. Täglich werden 1000-2000 ml ausgeschieden. Die Stimulation der Sekretion erfolgt nerval, gastral und intestinal. Funktion der Enzyme: α-Amylase —> Kohlenhydratspaltung, Lipase —> Fettverdauung. Die Proteasen Trypsinogen und Chymotrypsinogen werden im Duodenum zu Trypsin bzw. Chymotrypsin aktiviert. Verhinderung der Selbstverdauung des Pankreas.
Endokriner Anteil: Langerhans-Inseln mit Produktion und Speicherung von Insulin. Ausschüttung von 2 mg pro Tag. Anreiz für die Freisetzung von Insulin: glukosereiche Mahlzeiten, Glukagon, Gastrin.
Pankreas besitzt große Funktionsreserve. Erst bei Verlust von ca. 80 % des exokrinen und endokrinen Gewebes treten Insuffizienzerscheinungen auf.
12.2 Pankreas-Fehlbildungen
Pankreas-Fehlbildungen
12.2.1 Pancreas anulare
1. Pankreas anulare Kongenitale Mißbildung, die als Drüsenring das Duodenum umgreift —> mögliche Duodenalstenose.
Definition: Es handelt sich um eine kongenitale Mißbildung in Form eines zirkulär das Duodenum umgreifenden Drüsenrings des Pankreaskopfes mit konsekutiv möglicher und wechselnd starker Duodenalstenose. Symptome: Der Krankheitswert ergibt sich aus den Stenoseerscheinungen des Duodenums im Sinne einer Magenausgangsstenose. Sie kann im Säuglingsalter oder auch erst im Erwachsenenalter manifest werden. Häufig wird das Pancreas anulare als Zufallsbefund ohne klinische Symptomatik entdeckt. Diagnosestellung: Sie erfolgt durch die konventionelle Röntgendiagnostik. Die Röntgenleeraufnahme zeigt das sog. „Doppelblasenphänomen" infolge
Symptome: Magenausgangsstenose.
Diagnosestellung:
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
612 - Röntgendiagnostik: Doppelblasenphänomen durch Luftansammlung im Magen und Bulbus duodeni. - Kontrastmitteldarstellung: hochgradige Duodenalstenose mit proximaler Dilatation. Differentialdiagnose beachten! Therapie: Ziel: Behebung der Passagebehinderung. Chirurgische Möglichkeiten: - latero-laterale Duodeno-Duodenostomie, - latero-laterale Duodeno-Jejunostomie, - latero-laterale Antropyloroduodeno-Jejunostomie. 2. Pankreas aberrans Dystopisches Pankreasgewebe in Magen, Duodenum, Gallenblase, Meckel-Divertikel.
Symptome: seltene Erkrankung. Ursache von intestinalen Blutungen (Meckel Divertikel), Zollinger-Ellison-Syndrom. Therapie: Exstirpation oder Resektion. Verletzungen des Pankreas Perforierende oder stumpfe Verletzungen durch direkte Gewalteinwirkung.
Man unterscheidet 4 Schweregrade der Pan kreasverletzung:
von Luftansammlung im Magen und Bulbus duodeni. Die Kontrastmitteldarstellung des Magens und Duodenums mit hypotoner Duodenographie ergibt die Diagnose einer hochgradigen Duodenalstenose mit proximaler Dilatation. Differentialdiagnose: Duodenalatresie, Pylorospasmus, Ulkusstenose, chronisch rezidivierende Kopfpankreatitis, P a n k r e a s k a r z i o m . Therapie: Ziel ist die Behebung der Passagebehinderung. Die chirurgischen Möglichkeiten ergeben sich dabei aus den lokalen anatomischen Verhältnissen in Form von: • latero-lateraler Duodeno-Duodenostomie, • latero-lateraler Duodeno-Jejunostomie, • latero-lateraler Antropyloroduodeno-Jejunostomie.
12.2.2 Pankreas aberrans Definition: Es handelt sich um dystopisches Pankreasgewebe, das sich im Magen, Duodenum, in der Umgebung des Pankreas, der Gallenblase und dem Meckel-Divertikel finden läßt. Symptome: Das Pankreas aberrans ist sehr selten, kann Ursache von intestinalen Blutungen (Meckel-Divertikel) oder endokrinen Krankheitsbildern (Zollinger-Ellison-Syndrom) sein. Therapie: Exstirpation oder Resektion bei Beschwerden.
12.3 Verletzungen
Symptomatik: Auftreten von Verletzungsanzeichen meist 1-6 Tage nach Ereignis: akut hämorrhagisch nekrotisierende Pankreatitis. Später: Pseudozysten.
s.8i6)
Ätiologie: Je nach Art der einwirkenden Gewalt unterscheidet man perforierende oder stumpfe Verletzungen der Bauchspeicheldrüse, wobei in Mitteleuropa die stumpfen Pankreastraumen mit mehr als 90 % vorherrschen. Sie werden in der Mehrzahl durch direkte Gewalteinwirkung im Epigastrium (Fahrradlenkstange, Autosteuerrad) verursacht. Man kann 4 Schweregrade der Pankreasverletzung unterscheiden:
1. 2. 3. 4. Für die makroskopische Beurteilung der Ver letzung ist wichtig: - Beteiligung des Gangsystems, - Topographie der Verletzung: rechtes Pankreas: Blutung, linkes Pankreas: Ischämien.
(s. auch
lokale Kontusion und Einblutung bei intakter Pankreaskapsel, oberflächliche Parenchym- und Kapseleinrisse, tiefe Parenchymeinrisse ohne Pankreasgangläsion, Ruptur des Pankreas mit Gangverletzung.
Zwei Faktoren erscheinen bei der makroskopischen Beurteilung der Verletzung besonders wichtig: 1. die Beteiligung des Gangsystems, 2. die Topographie der Verletzung: Treten Verletzungen im Bereich des rechten Pankreas (Kopf) auf, so haben diese bei reichverzweigtem Gefäßnetz meistens eine Blutung zur Folge. Bei Verletzung des linksseitigen Pankreas (Corpus und Cauda) überwiegen Ischämien. Symptomatik: Die Erkennung einer Pankreasverletzung ist meist sehr schwierig, nur ca. 15 % werden präoperativ richtig identifiziert. Dabei werden Pankreasverletzungen zumeist durch weitere Abdominalverletzungen verschleiert. Klinische Zeichen einer Pankreasverletzung zeigen sich zumeist erst nach einem freien Intervall von ca. 1 - 6 Tagen, dann tritt die Klinik einer akut hämorrhagisch nekrotisierenden Pankreatitis auf. Dabei entspricht auch das klinische Erscheinungsbild den bekannten Symptomen der akut nekrotisierenden Pankreatitis. Nach einem klinisch freien Intervall ( W o c h e n - M o n a t e ) können Pseudozysten auftreten.
613
Pankreas Diagnostik: Bei der Verdachtsdiagnose einer Pankreasverletzung ergeben folgende Untersuchungen Aufschluß: • Peritoneallavage: In der Peritoneallavage kann der typisch sanguinolente Aszites und die darin bestimmbare Amylase und Lipase hinweisend sein. • Computertomogramm: Es ermöglicht die Feststellung gröberer Pankreasverletzungen. • Die selektive Arteriographie: Sie ergibt wichtige Hinweise auf die Lokalisation und das Ausmaß der Verletzung.
Therapierichtlinien: Bei dem Vorliegen eines stumpfen Bauchtraumas insbesondere mit Verletzungslokalisation im Epigastrium muß im Rahmen der chirurgischen Exploration immer eine Pankreasverletzung ausgeschlossen werden. Indirekte Hinweise hierfür sind Blutansammlungen in der Bursa omentalis, Hämatome im Lig. gastrocolicum und Mesocolon transversum sowie Fettgewebenekrosen. Nach Freilegung des Pankreas müssen Ausdehnung der Verletzung und Gefäßversorgung überprüft werden. Die Versorgung richtet sich nach dem Ausmaß der Verletzung. Kontusionen, leichtere Kapsel- und Parenchymeinrisse werden sorgfältig adaptiert und drainiert. Kriterien für eine schwere Pankreasruptur mit Gangverletzung sind:
• • • •
Diagnostik:
Indirekte Hinweise für Pankreasverletzung: - Blutansammlungen in der Bursa omentalis, - Hämatome im Lig. gastrocolicum, - Fettgewebenekrosen. Therapie: Kontusionen, leichtere Kapseleinrisse, Parenchymeinrisse: sorgfältig adaptieren und drai-
Kriterien für schwere Pankreasruptur mit Gangverletzung:
sichtbare Gangläsionen, komplette Durchtrennungen der Drüse, Rupturen über mehr als die Hälfte, ausgedehnte Zertrümmerungen des Pankreasgewebes.
In der Regel wird die chirurgische Versorgung bei Verletzungen des linksseitigen Pankreas in der Resektion bestehen. Müssen mehr als 80 % des Parenchyms geopfert werden, so ist die Anastomose des distalen Drüsenanteils mit einer ausgeschalteten Jejunumschlinge nach Roux die Methode der Wahl. Bei Zerstörung des Pankreaskopfes mit Ruptur des Ductus wirsungianus ist meist eine Duodeno-Pankreatektomie erforderlich.
Chirurgische Versorgung durch Resektion: - Methode der Wahl bei mehr als 80 % Parenchymverlust: Anastomose des distalen Drüsenanteils mit Jejunumschlinge nach Roux. - Zerstörung des Pankreaskopfes: DuodenoPankreatektomie.
12.4 Entzündungen
Entzündungen
12.4.1 Akute Pankreatitis
1. Akute Pankreatitis Entstehungsursachen:
Ätiologie und Pathogenese: Häufigste Ursachen für die Entstehung einer akuten Pankreatitis sind
• Erkrankungen der Gallenwege (ca. 50 %), • toxische Ursachen (Alkohol, Arzneimittel), • Stoffwechselstörungen (Hyperparathyreodismus, mellitus, Gravidität, Hyperlipidämie), • infektiöse Ursachen, • Trauma, • vaskuläre Prozesse, • nervale Faktoren.
Urämie,
Diabetes
614
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
Pathogenetisches Prinzip: intrahepatische Aktivierung von Verdauungsenzymen mit nachfolgender Autodigestion.
Das pathogenetische Prinzip der akuten Pankreatitis ist trotz der Ursachenvielfalt weitgehend einheitlich. Es beruht auf einer intrapankreatischen Aktivierung von Verdauungsenzymen mit nachfolgender Autodigestion des Organes. Als Folge finden sich die typischen anatomischen Befunde in Form von Odem, Hämorrhagien, Pankreasparenchymnekrosen und Fettgewebenekrosen. Die proteolytischen Enzyme bewirken Gefäßschädigungen mit lokalen Gerinnungsstörungen. Die Phospholipase Α ist verantwortlich für die Zerstörung der Zellmembran, Phospholipase Α und Lipase bewirken wahrscheinlich die Fettgewebenekrosen.
Man unterscheidet 2 Krankheitsformen der akuten Pankreatitis 1. Ödematöse Pankreatitis. Günstige Prognose. 2. Hämorrhagisch nekrotisierende Pankreatitis. Hohe Letalität.
Pathogenetisch unterscheidet man zwei verschiedene Krankheitsformen: 1. Die ödematöse Pankreatitis in Form von Schwellung und Induration des Drüsenkörpers mit günstiger Prognose. 2. Die hämorrhagisch nekrotisierende Pankreatitis. Dabei handelt es sich um eine Selbstverdauung der Drüse mit Blutungen, Fettnekrosen, Schockerscheinungen und hoher Letalität. Symptomatik: Das Leitsymptom ist der akute heftige, gürtelförmig und zum Rücken ausstrahlende Oberbauchschmerz. Weiterhin Übelkeit, Erbrechen, verminderte Darmperistaltik mit Meteorismus und „elastischer" Bauchdekkenspannung. Gelegentlich ist ein schmerzhafter Oberbauchtumor tastbar. Der Übergang von der ödematösen in die hämorrhagisch nekrotisierende Form kann sich klinisch in Form von Tachypnoe (Pleuraerguß, Bronchopneumonie) Blutdruckabfall, Tachykardie und Kreislaufschock mit Entwicklung eines Nierenversagens manifestieren. Selten findet man im fortgeschrittenen Stadium einer hämorrhagisch nekrotisierenden Pankreatitis mit Entwicklung von sog. Nekrosestraßen (retroperitoneal-retrokolisch) eine zyanotische Verfärbung der Flanken (Grey-Turner-Zeichen).
Symptomatik: Leitsymptom: akuter heftiger gürtelförmig zum Rücken ausstrahlender Oberbauchschmerz. Weiterhin: - Übelkeit, - Erbrechen, - verminderte Darmperistaltik, - „elastische" Bauchdeckenspannung. Übergang von ödematöser in hämorrhagische Form klinisch erkennbar an: - Tachypnoe, - Blutdruckabfall, - Tachykardie, - Kreislaufschock, - Nierenversagen. Diagnostik: Labor: Amylase und Lipase im hämorrhagischen Aszites oder Pleuraexsudat. Abfall von Serumkalzium: prognostisch ungünstiges Zeichen. Nachweis von Methämalbumin: Unterscheidung von ödematöser oder hämorrhagischer Pankreatitis. Blutgasanalyse: metabolische Azidose. Glukose: Hyperglykämie, Glukosurie. Gerinnungsparameter: Hinweis auf Verbrauchskoagulopathie. Blutbild: Hämoglobinabfall: hämorrhagische Pankreatitis. Harnstoff und Kreatinin im Serum: bei Anstieg einsetzendes Nierenversagen. Röntgendiagnostik: Thorax in 2 Ebenen: Hinweis auf Pankreatitis möglich —> Atelektase, Erguß.
Diagnostik: Labordiagnostik Amylase und Lipase im Serum: Die Höhe des Anstieges von Amylase und Lipase i. S. ergibt keinen Hinweis auf die Schwere der Erkrankung. Anhaltend hohe Enzymspiegel weisen auf Komplikationen hin. • Eine sichere diagnostische Aussage ermöglicht der Nachweis von Amylase und Lipase im hämorrhagischen Aszites oder Pleuraexsudat. Kalzium: Der Abfall des Serumkalziums wird als prognostisch ungünstiges Zeichen gesehen. Er wird ζ. T. durch die Bildung von unlöslichen Kalkseifen (Fettgewebenekrosen) erklärt. Methämalbumin: Dem Nachweis von Methämalbumin kommt als Unterscheidung von ödematöser oder hämorrhagisch nekrotisierender Pankreatitis eine prognostische Bedeutung zu. Blutgasanalyse: Metabolische Azidose. Glukose: Hyperglykämie, Glukosurie. Gerinnungsparameter: Bei schwerer akuter Pankreatitis Hinweis auf eine Verbrauchskoagulopathie. Blutbild: Hinweise für starken intravasalen Flüssigkeitsverlust ergeben Anstiege von Hämoglobin und Hämatokrit, ein Hämoglobinabfall weist auf eine hämorrhagische Pankreatitis hin. Harnstoff und Kreatinin im Serum: Hinweise für ein einsetzendes Nierenversagen durch Anstieg der harnpflichtigen Substanzen. Röntgendiagnostik Die Röntgenuntersuchung bei Verdacht auf akute Pankreatitis besteht in einer A u f n a h m e des Thorax in 2 Ebenen und einer Abdomenleeraufnahme im Stehen. Die Thoraxaufnahme weist insbesondere durch linksseitig lokalisierte Plattenatelektasen oder Pleuraergüsse auf eine Pankreatitis hin.
Pankreas
615
Die Abdomenleeraufnahme dient der Differentialdiagnose, einzelne geblähte Dünndarmschlingen im linken Ober- oder Mittelbauch („Sentinel loop") ein plötzlicher Abbruch der Luftfüllung im Bereich der Ii. Kolonflexur oder des oberen Colon descendens (Colon cut-off sign") sind Hinweise für die akute Pankreatitis. Schollige Verkalkungen sprechen für eine chronisch rezidivierende Form. Sonographie, Computertomographie Die Ultraschall-Sonographie vermag eine Pankreaserkrankung zu bestätigen und Gallensteine als mögliche ätiologische Ursache nachzuweisen. Die Methode eignet sich weiterhin für die Verlaufsbeobachtung (Nekroseentwicklung, Pseudozyste, Aszites). Die Computertomographie vermag besser als die Sonographie die pathologisch-anatomische Differenzierung zu treffen. Sie ergibt Hinweise für die Entwicklung einer hämorrhagisch nekrotisierenden Pankreatitis mit Exsudat und Nekrosestraßen. Komplikationen: Der Übergang der hämorrhagisch nekrotisierenden Pankreatitis in die Totalnekrose mit Ausbildung retroperitonealer Nekrosestraßen äußert sich in Form eines Schockzustandes (vorwiegend bedingt durch Volumenmangel und Freisetzung hypotensiver Substanzen), einer Niereninsuffizienz und respiratorischen Insuffizienz. Weitere Komplikationen sind die Infektion und Ausbildung einer einer Verbrauchskoagulopathie und eines Diabetes mellitus.
Sepsis,
Lokale Komplikationen in Form von Pseudozysten, Abszedierungen, gastrointestinalen Blutungen, Hohlorganeröffnungen bedürfen der chirurgischen TherapieTherapie: Die Initialtherapie aller Formen der akuten Pankreatitis besteht in konservativen Intensivmaßnahmen. Jeder Patient m u ß intensivmedizinisch überwacht werden, die Therapie besteht in:
Abdomenleeraufnahme: Hinweise auf akute Pankreatitis, wichtig für Differentialdiagnose.
Sonographie: Bestätigung von Pankreaserkrankung und Gallensteinen. Verlaufsbeobachtung.
Computertomographie: Hinweise auf hämorrhagisch-nekrotisierende Pankreatitis mit Exsudat und Nekrosestraßen. Komplikationen: Bei Übergang von hämorrhagischer Pankreatitis in Totalnekrose: - Schockzustand, - Niereninsuffizienz, - respiratorische Insuffizienz. Ferner: - Infektion, - Sepsis, - Verbrauchskoagulopathie, - Diabetes mellitus. Bei lokalen Komplikationen: chirurgische Therapie. Therapie: konservative Intensivmaßnahmen. Insbesondere:
• Schmerzbekämpfung (Cave: Morphin verursacht Papillenspasmus), • Oraler Nahrungs- und Flüssigkeitskarenz mit kontinuierlicher Absaugung des Magensaftes, • Volumensubstitution und parenteraler Ernährung, • klinische Untersuchung, Laborkontrolle, • die Wirkung medikamentöser Sekretionshemmung (Atropin), der hormonellen Sekretionshemmung (Glukagon, Kalzitonin, Somatostatin) und der Enzyminhibition (Aprotinin) ist umstritten.
Chirurgische Therapie: Bei klinischer Verschlechterung des Patienten trotz intensivmedizinischer M a ß n a h m e n (Abszeß, Sepsis, Niereninsuffizienz, respiratorische Insuffizienz) ist die Indikation zur Operation angezeigt. Die Therapie besteht je nach Ausmaß des Befundes in einer Nekroseausräumung, Sequesterexstirpation, Pankreasresektion, ausgedehnten Spüldrainagen u n d Peritonealdialyse. Bei gesicherter biliärer Genese sollte frühzeitig eine Sanierung der Gallenwege angestrebt werden. Postoperative Komplikationen: 1. Blutungen: In der Folge chirurgischer Eingriffe bei der hämorrhagisch nekrotisierenden Pankreatitis können schwere intraperitoneale Blutungen durch weitere Nekrosepropagation oder Infektion entstehen. Häufig treten postoperativ gastro-intestinale Blutungen durch hämorrhagische Gastritiden, Magen- oder Duodenalgeschwüre (Streß) auf. 2. Fistelbildungen: Eine meist ungefährliche Folge nach Nekroseentfernungen sind äußere Pankreasfisteln, die in der Regel konservativ ausheilen.
Chirurgische Therapie: bei klinischer Verschlechterung: - Nekroseausräumung, - Sequesterexstirpation, - Pankreasresektion, - ausgedehnte Spüldrainagen, - Peritonealdialyse. Postoperative Komplikationen: 1. Blutungen durch weitere Nekroseentwicklung oder durch Infektion. Gastro-intestinale Blutung durch hämorrhagische Gastritiden, Magen- oder Duodenalgeschwüre. 2. Fistelbildung: nach Nekroseentfernung, meist ungefährlich.
616 Bei Einbruch von Nekroseherden in Hohlorgane —> äußere und innere Fisteln mit hoher Letalität. 3. Abszesse 4. Pseudozysten Chronische Pankreatitis - schmerzlose chronische Pankreatitis, - chronisch rezidivierende Pankreatitis mit Schmerzattacken.
Ursache: - Alkoholabusus, - Gallenwegserkrankungen - primärer Hyperparathyreoidismus (selten), - Eiweißmangelernährung, - hereditäre Form (sehr selten).
Klinische Symptome: Leitsymptome: - anfallsweise auftretende heftige Oberbauchschmerzen mit Ausstrahlung in den Rücken. - Gewichtsverlust. Bei Befall des Pankreaskopfes: - extrahepatische Cholestase. Diagnostik: Anamnese und klinische Symptomatologie. -Ferner: Sekretin-Pankreozymintest, - Chymotrypsinbestimmung im Stuhl, - Stuhlfettausscheidung. Prüfung der Funktion durch oralen Glukosetole ranztest. Wenn eine Operation geplant ist, muß folgendes untersucht werden: Sonographie und CT: —» Organbeschaffenheit, Zystenbildung, Verkalkung, Gallensteine. ERCP: —»Ausschluß eines Pankreaskarzinoms, PankreasgangVeränderungen, Konkremente, Gallengangsstenosen. Röntgenuntersuchung: —»große Pankreaszysten (Magen-Darm-Passage), Duodenalstenosen. Abdomenleeraufnahme —»Verkalkungen. Angiographie: —> anatomische Verhältnisse, portale Hypertension. Komplikationen: Defektbildung in Form von Pseudozysten. Sekundäre Organkomplikationen: Einengung von Ductus choledochus, Duodenum, Kolonflexur.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes Der Einbruch von Nekroseherden in Hohlorgane führt zu äußeren oder inneren Fisteln, die eine hohe Letalität aufweisen und meist einer chirurgischen Intervention bedürfen. 3. Abszesse (sehr häufig) 4. Pseudozysten.
12.4.2 Chronische Pankreatitis Definition: Entsprechend der Klassifikation von Marseille (1963) unterscheidet man die schmerzlose chronische Pankreatitis mit zunehmendem exokrinen und endokrinen Funktionsverlust und die chronisch rezidivierende Pankreatitis mit Schmerzattacken. Eine Restitutio ad integrum wie bei der akuten Pankreatitis ist bei beiden Formen ausgeschlossen. Ätiologie und Pathogenese: Die häufigste Ursache für eine chronische Pankreatitis ist der Alkoholabusus, seltener sind Gallenwegserkrankungen, primärer Hyperparathyreoidismus, Eiweißmangelernährung (Kwashiorkor) und sehr selten die sog. hereditäre Form. Pathogenetisch liegt der chronischen Alkoholpankreatitis eine Ausfällung von Eiweißbestandteilen des Sekretes in die Gangsysteme mit anschließender Verkalkung zugrunde. Die dadurch entstehenden Konkremente führen zu einem mechanischen Reiz auf das Gangepithel. Es entwickeln sich Gangstenosen, Dilatationen, Zysten und Gewebeatrophie. Klinische Symptomatologie: Das Leitsymptom der chronisch rezidivierenden Pankreatitis sind anfallsweise auftretende heftige Oberbauchschmerzen mit gürtelförmiger Ausstrahlung in den Rücken. Die Schmerzsymptomatik, die zu einer Verweigerung der Nahrungsaufnahme führt, Diarrhoen und Steatorrhoen bedingen den typischen Gewichtsverlust der Patienten. Der Befall des Pankreaskopfes durch die Entzündungsschübe führt zur extrahepatischen Cholestase. Diagnostik: Die Diagnosestellung erfolgt zumeist durch Anamnese und klinische Symptomatologie. Zur Prüfung der exokrinen Pankreasfunktion dienen der Sekretin-Pankreozymintest, die Chymotrypsinbestimmung im Stuhl und die Stuhlfettausscheidung. Die endokrine Funktion wird durch den oralen Glukosetoleranztest überprüft (s. Lehrbücher der inneren Medizin). Bei geplanter operativer Therapie sind folgende Untersuchungen notwendig: Sonographie und Computertomographie: Sie ergibt Hinweise über die Organbeschaffenheit, Zystenbildungen, Verkalkungen, Gallensteine. Die ERCP: Sie dient durch anschließende zytologische Untersuchung des Pankreassekretes dem Ausschluß eines Pankreaskarzinoms und gibt Hinweise auf Pankreasgangveränderungen, Konkremente und Gallengangsstenosen. Röntgenuntersuchungen: Die Magen-Darm-Passage zeigt Hinweise für das Vorliegen großer Pankreaszysten, bzw. Duodenalstenosen. Die Abdomenleeraufnahme kann Verkalkungen ergeben. Angiographie: Anatomische Hinweise vor der Operation (Arterienverlauf, Milzvenenthrombose etc.) sowie Zeichen der portalen Hypertension (indirekte Splenoportographie). Komplikationen: Sie sind abhängig von der Schwere der Organzerstörung und der Lokalisation. Besonders häufig sind Defektbildungen in Form von Pseudozysten, die keine spontane Rückbildungstendenz zeigen. Sekundäre Organkomplikationen sind Einengungen des intrapankreatischen Abschnittes des Ductus choledochus (Röhrenstenose), des Duodenums und der Kolonflexur.
Pankreas
617
Seltener sind gastro-intestinale Blutungen, bedingt d u r c h portale H y p e r t e n sion (prähepatischer Block), oder Ulcera ventriculi u n d d u o d e n i . Als U r s a c h e n f ü r d e n p a n k r e a t o g e n e n Aszites, Perikard- oder Pleuraergüsse werden G a n g - oder Z y s t e n w a n d r u p t u r e n , Verlegung von L y m p h b a h n e n sowie die portale H y p e r t e n s i o n g e n a n n t .
Ferner: - pankreatogener Aszites, - Perikardergüsse, - Pleuraergüsse, - intestinale Blutungen.
M ö g l i c h k e i t e n der operativen Therapie: Die I n d i k a t i o n zur operativen Therapie ergibt sich bei
Indikation zur operativen Therapie:
• Cholelithiasis • Vorliegen von K o m p l i k a t i o n e n (s. o.) • Therapieresistenter S c h m e r z s y m p t o m a t i k • V e r d a c h t auf Malignität.
Die W a h l des operativen V e r f a h r e n s richtet sich n a c h der Lokalisation der Läsion, n a c h Art u n d A u s m a ß der K o m p l i k a t i o n u n d der histologischen Diagnose. M a n u n t e r s c h e i d e t indirekte u n d direkte, d. h. a m Organ selbst angreifende Operationsverfahren. Indirekte M e t h o d e n sind:
Indirekte Operationsmethoden:
• Gallenwegseingriffe b e i m G a l l e n s t e i n l e i d e n , bilidigestive A n a s t o m o sen bei R ö h r e n s t e n o s e , • Papillotomie, • N e r v e n e i n g r i f f e in F o r m einer u n i - oder bilateralen d u r c h t r e n n u n g (heute weitgehend verlassen).
Splanchnikus-
Direkte O p e r a t i o n s v e r f a h r e n : 1. Drainierende Verfahren (Abb. 24-123) - Latero-laterale Wirsungo-Jejunostomie n a c h P u e s t o w - M e r c a d i e r I: Sie ist indiziert bei einer langstreckigen, ausgeprägten Dilatation des D u c tus wirsungianus.
Direkte Operationsmethoden: Drainierende Verfahren: - Latero-laterale Wirsungo-Jejunostomie bei Dilatationen des Ductus wirsungianus (Puestow-Mercadier I).
- Pankreatiko-Jejunostomie n a c h D u Val: I n d i k a t i o n ist die singulare p r o x i m a l e Stenose des D u c t u s w i r s u n g i a n u s mit distaler gleichmäßiger Gangerweiterung. N a c h S p l e n e k t o m i e u n d Resektion der Pankreasschwanzspitze erfolgt die t e r m i n o - t e r m i n a l e P a n k r e a t i k o - J e j u n o s t o m i e m i t einer n a c h R o u x ausgeschalteten D ü n n d a r m schlinge. - Pankreatiko-Jejunostomie n a c h Puestow-Mercadier II: H i e r erfolgt zusätzlich zu d e m V e r f a h r e n von Du Val eine Spaltung des Pankreasganges bis in H ö h e der Pfortader u n d die Drainage m i t einer n a c h R o u x ausgeschalteten D ü n n d a r m s c h l i n g e .
- Pankreatiko-Jejunostomie (Du Val) bei Stenose des Ductus wirsungianus, nach Splenektomie und Resektion der Pankreasschwanzspitze: Operation mit ausgeschalteter Dünndarmschlinge nach Roux.
2. Resezierende Verfahren Die r e s e z i e r e n d e n V e r f a h r e n s c h e i n e n d u r c h E n t f e r n u n g des E n t z ü n d u n g s h a u p t h e r d e s u n d die mögliche K o m b i n a t i o n der Resektion mit G a n g b l o k kade (Ethibloc) bessere Spätergebnisse aufzuweisen. Die Resektion erfolgt je n a c h Befall des Drüsenkörpers in F o r m einer partiellen oder subtotalen Pankreaslinksresektion, einer D u o d e n u m - e r h a l t e n d e n Pankreaskopfresektion oder der partiellen D u o d e n o - P a n k r e a t e k t o m i e (Whipplesche Operation). Die totale D u o d e n o - P a n k r e a t e k t o m i e wurde d u r c h die h o h e Spätletalität des d a d u r c h i n d u z i e r t e n pankreopriven Diabetes mellitus verlassen, insbesondere b e i m Alkoholiker.
Resezierende Verfahren Entfernung des Entzündungshauptherdes und evtl. Kombination mit Gangblockade (Ethibloc). Bessere Spätergebnisse.
- Pankreatiko-Jejunostomie (Puestow-Mercadier II) Verfahren nach Du Val und zusätzlich: Spaltung des Pankreasganges bis Pfortader —» Drainage mit ausgeschalteter Dünndarmschlinge nach Roux.
618
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
Puestow-Mercadier I
Puestow-Mercadier II
DuVal Gangligatur-okklusion
Drainageoperationen partielle DuodenoPankrea tektomie
\
totale DuodenoPankreatektomie
partiell
subtotal
Linksresektion
Abb.24-123 Operationsverfahren bei chronischer rezidivierender Pankreatitis Pankreaszysten und Pankreaspseudozysten Man unterscheidet: - Retentionszysten, - dysontogenetische Zysten, - Zystadenome, - Pseudozysten. Häufiger: - Pankreaspseudozysten.
Ursachen: « = >
Symptome: bei großen Pankreaspseudozysten: abdominale Resistenz im Epigastrium —> Schmerz mit Ausstrahlung in den Rücken.
12
.5
Pankreaszysten und Pankreaspseudozysten
Definition: Man unterscheidet Retentionszysten, dysontogenetische Zysten, Zystadenome und Pseudozysten. Echte Pankreaszysten sind selten, sie haben eine Epithelauskleidung und enthalten keine Enzyme. Zumeist handelt es sich um Pankreaspseudozysten, die als zystischer Hohlraum ohne epitheliale Auskleidung gekennzeichnet sind. Ätiologie: Ätiologisch liegen den Pseudozysten die gleichen Faktoren zugrunde, die eine akute oder chronische Pankreatitis auslösen können. Somit kann man drei Ursachen unterscheiden: 1. Posttraumatische Pseudozysten (s. S.816) 2. Chronisch rezidivierende Pankreatitis. Häufigkeit ca. 20%, oft Verbindung mit Pankreasgangsystem. 3. Akute Pankreatitis. Spätfolge der akuten Pankreatitis nach Wochen bis Monaten. Die Zysten sind meist sehr groß, liegen extraparenchymatös (Abb. 24-124) und zeigen keine Verbindung zum Pankreasgangsystem.
Symptomatik und Komplikationen: Kleinere Pankreaszysten können völlig symptomlos bleiben. Das augenfälligste Zeichen großer Pankreaspseudozysten ist die abdominale Resistenz im Epigastrium mit glatt berandeter zysti-
Pankreas
619
scher Konsistenz. Sie fuhren zum Schmerz im Epigastrium und linken Hypochondrium mit Ausstrahlung in den Rücken. Bei stärkeren Beschwerden ist eine Komplikation der Pseudozyste zu vermuten. Es finden sich: •
•
• • •
Bei stärkeren Beschwerden: Komplikation
Blutungen. Meist bedingt durch Begleitgastritis, selten Arrosionsblutungen der A. lienalis, A. gastroduodenalis oder gastroepiploica. Stenoseerscheinungen. Selten kommt es bei sehr großen Pseudozysten zu Stenosen des Duodenums oder Magens. Häufiger sind Cholestasesymptome als Ausdruck einer Stenose des intrapankreatischen Ductus choledochus. Aszites, Pleuraerguß. Unklare Genese (s. S. 614). Ruptur der Pseudozyste. Selten. Abszeß. Selten.
Abb. 24-124 Topographische Lagebeziehung der Pankreaspseudozysten Diagnostik: Durch die konventionelle Röntgendiagnostik lassen sich Pankreaspseudozysten nur indirekt in ihren Folgeerscheinungen abklären. • Die Sonographie und Computertomographie sind die derzeit besten Methoden, mit denen sich selbst kleine Pankreaszysten nachweisen lassen. Die Sonographie besticht durch geringen Aufwand und gute Möglichkeiten der klinischen Verlaufskontrolle. Selten ist die Arteriographie und indirekte Splenoportographie indiziert. Operationsindikation: Das spontane Verschwinden von Pankreaspseudozysten ist selten, findet sich aber vor allem in der Folge einer akuten Pankreatitis. Hier ist die Verlaufsbeobachtung und u. U. die transkutane, ultraschallgesteuerte Punktion zu diskutieren. Ansonsten ergibt sich eine Indikation zur Operation als Elektiveingriff erst ca. 6 - 8 Wochen nach dem Abklingen der akuten Pankreatitiserscheinungen. Erst dann ist die Zystenwand in ausreichender Weise gefestigt, um eine innere Drainageoperation zuzulassen.
Diagnostik: bester Nachweis durch Sonographie und CT. Gute klinische Verlaufskontrolle.
Operationsindikation: Elektiveingriff 6 - 8 Wochen nach Abklingen der akuten Pankreatitiserscheinungen.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
620
Abb.24-125 Möglichkeiten der Zystendrainage Chirurgische Therapie: - intraoperative Punktion der Zyste und Kontrastmittelfüllung. Danach folgende operative Möglichkeiten:
1. Äußere Drainage: (Abb. 24-127) bei frischen nicht anastomosefähigen Befunden. 2. Innere Drainage: Methode der Wahl mit folgenden Möglichkeiten: Zystogastrotomie, Zystojejunostomie, Methode der Wahl mit Roux-Schlinge.
Zystoduodenostomie.
Chirurgische Therapie: Die chirurgische Therapie richtet sich nach der Topographie und den anatomischen Verhältnissen der Zyste. Es empfiehlt sich, intraoperativ die Zyste zu punktieren und mit Kontrastmittel zu füllen. Dies ergibt Aufschluß über die Größenverhältnisse und den eventuellen Anschluß an das Gangsystem. Operativ sind folgende Möglichkeiten gegeben: 1. Äußere Drainage: (Abb. 24-125) Indiziert nur bei frischen, nicht anastomosefähigen Befunden. Der Nachteil besteht in einer möglichen persistierenden Fistelbildung. 2. Innere Drainage: Die innere Drainage der Zyste ist die Methode der Wahl. Die Operationstaktik richtet sich nach den topographischen Beziehungen. Man unterscheidet: Zystogastrotomie: Sie ist technisch einfach, Komplikationen durch Arrosionsblutungen der A. lienalis sind beschrieben. Zystojejunostomie: Die Zystojejunostomie mit ausgeschalteter Schlinge nach Roux ist die Methode der Wahl und sollte am tiefsten Punkt der Zyste angelegt werden. Das Verfahren ist komplikationsarm und fast bei jeder Lokalisation der Pseudozyste anwendbar. Zystoduodenostomie: Selten indiziert bei ausgedehnten Zysten des Pankreaskopfes. Bei kleineren, nicht drainagefähigen Zysten und entsprechender Beschwerdesymptomatik sind die resezierenden Verfahren wie bei chronisch rezidivierender Pankreatitis angezeigt.
Pankreastumoren
12.6 Pankreastumoren
Gutartige Geschwülste: selten. Adenome, Zystadenome des Pankreas. Übergang in Zystadenokarzinom möglich.
12.6.1 Gutartige Geschwülste
Bösartige Geschwülste: Adenokarzinome.
Benigne Tumoren des Pankreas sind selten, die wichtigsten sind das Adenom der Papilla Vateri und Zystadenome des Pankreas. Die Zystadenome des Pankreas finden sich überwiegend multilokulär, man unterscheidet ein mikrozystisches Zystadenom und ein muzinöses Zystadenom, bei dem mit Übergang in ein Zystadenokarzinom gerechnet werden muß. 12.6.2 Bösartige Geschwülste Ca. % aller malignen Tumoren sind im Pankreaskopf, ein Drittel im KorpusKaudabereich lokalisiert. Histologisch handelt es sich in der Regel um Ade-
Pankreas nokarzinome, die überwiegend vom Gangepithel, seltener von den Azini ausgehen. Aufgrund der prognostischen Bedeutung unterscheidet man das Pankreaskarzinom und die periampullären Karzinome (Papille, peripapilläres Duodenum, distaler Choledochus). Periampulläre Karzinome weisen durch eine frühzeitige Symptomatik eine günstigere Prognose auf als Pankreaskarziome. Symptomatik: Leitsymptom sind unbestimmte, im Epigastrium lokalisierte und in den Rücken ausstrahlende und zunächst leicht beeinflußbare Oberbauchbeschwerden mit Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust. Diese Symptome nehmen insbesondere beim Korpuskarzinom zunehmend an Intensität zu und führen dann zur Diagnostik. Im Pankreaskopf lokalisierte Karzinome und periampulläre Karzinome zeigen häufig den schmerzlos auftretenden Ikterus als Leitsymptom (Courvoisier-Zeichen). Diagnostik: Konventionelle diagnostische Maßnahmen, wie Magen-DarmPassage mit hypotoner Duodenographie und andere sind meist erst bei inoperablen Tumorbefunden hinweisend. Methode der Wahl sind: Endoskopie und ERCP: Sie erlauben topographische Untersuchungen und die zytologische Analyse des Pankreassaftes. Selektive Angiographie: Sie ergibt durch tumorbedingte Gefäßabbrüche und die Diagnose einer Milzvenen- und Pfortaderthrombose Hinweise für die Ätiologie und die Operabilität des Leidens. Sonographie und Computertomographie: Eine artspezifische Diagnose ist oft nicht möglich, als Screeningverfahren sehr geeignet. Chirurgische Therapie: Im Verdachtsfall ist die Indikation zur diagnostischen Laparotomie gegeben. Grundsätzlich ist eine ausgedehnte abdominale Revision notwendig, die folgenden 3 Zielen dient: 1. histologischer Nachweis des Tumors, 2. Metastasensuche, 3. Beurteilung der Resektabilität. Der intraoperative Befund und die präoperativ eingeschätzte Belastbarkeit des Patienten bestimmen das weitere Vorgehen. Es stehen zur Verfügung: 1. Palliative Operationen: Sie sind indiziert, wenn eine Tumorentfernung nicht mehr möglich, eine Tumoraussaat vorliegt oder das Risiko einer Resektion für den Patienten nicht tragbar erscheint. Die Palliation wird erreicht durch: Biliodigestive Anastomosen: In der Regel in der Form einer Hepatiko- oder Choledocho-Jejunostomie mit ausgeschalteter Schlinge nach Roux, seltener bei weit fortgeschrittenen Befunden in Form einer Choledocho-Duodenostomie. Gastroenteroanastomose: Bei drohender oder bereits bestehender Magenausgangsstenose meist in Kombination mit einer biliodigestiven Anastomose. 2. Resezierende Verfahren: Erweist sich der Befund intraoperativ als resektabel, zeigt sich keine Tumorpropagation, und ist dem Patienten der ausgedehnte Eingriff zumutbar, so erfolgen Resektionen des Pankreas und der Nachbarorgane in Abhängigkeit von der Tumorlokalisation. Das Ausmaß der Resektion richtet sich nach dem Tumorbefund, bei Pankreaskorpus- und -Schwanzkarzinomen sind selten noch subtotale Pankreaslinksresektionen möglich. In der Regel erfolgt die chirurgische Therapie bei klinisch frühzeitig manifesten Pankreaskopf- oder periampullären Karzinomen in Form der partiellen Duodeno-Pankreatektomie nach Kausch-Whipple (erste erfolgreiche Duodeno-Pankreatektomie 1913 durch Kausch in Berlin) (Abb. 24-126). Prognose: Die postoperative Letalität hängt von Art und Ausmaß der Operation ab, es scheint statistisch kein Unterschied zwischen palliativen und resezierenden Verfahren zu bestehen ( 5 - 2 5 %).
621 Man unterscheidet - Pankreaskarzinom, - periampulläres Karzinom.
Symptomatik: Leitsymptom: Oberbauchbeschwerden mit Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust. Zunahme der Symptomatik bei Korpuskarzinom. Weiteres Leitsymptom: schmerzloser Ikterus (Courvoisier-Zeichen). Diagnostik: Methoden der Wahl: - Endoskopie und ERCP, - selektive Angiographie, - Sonographie und CT.
Chirurgische Therapie: im Verdachtsfall: diagnostische Laparotomie. Grundsätzlich: ausgedehnte abdominale Revision.
1. Palliative Operation: bei inoperablem Tumor oder zu hohem Resektionsrisiko durch: - biliodigestive Anastomose: Hepatiko-, Choledocho-Jejunostomie mit ausgeschalteter Schlinge nach Roux. - Gastroenteroanastomose bei Magenausgangsstenose meist in Kombination mit biliodigestiver Anastomose. 2. Resezierende Verfahren: Ausmaß der Resektion richtet sich nach Tumorbefund: oft subtotale Pankreasresektion möglich. Je nach Tumorlokalisation mit Erfassung der Nachbarorgane. In der Regel: partielle Duodeno-Pankreatektomie (Abb. 24-128).
Operationsletalität: 5 - 2 5 % . Schlechte Prognose.
XXIV. Chirurgie des Verdauungstraktes
622
Pankreaticojejunostomie
Pankreaticogastrostomie
Abb.24-126 Partielle Duodenopankreatektomie 1. Exploration 2. Resektion 3. Wiederherstellung der Kontinuität
Überlebenszeit nach resezierenden Verfah ren bei Pankreaskopfkarzinom: 13 Monate. Bei Kopf- und Korpusbefall: 5 Monate.
Die Prognose des Pankreaskarzinoms ist insgesamt schlecht. Durchschnittliche absolute 5-Jahres-Überlebenszeit (operable und inoperable Patienten) liegt für das Pankreaskarzinom bei 0,4%! Die mittlere Überlebenszeit nach resezierenden Verfahren beim Pankreaskopfkarzinom beträgt ca. 13 M o n a t e gegenüber ca. 5 M o n a t e n bei diffusem Kopf- und Korpusbefall. Mit ebenfalls ca. 5 Monaten haben bei diesem Tumorbefall palliative Verfahren eine identische Prognose. Insgesamt rechnet m a n beim kleinen periampullären Karzinom mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von ca. 25 %, b e i m Pankreaskopfkarzinom von unter 5 %.
12.6.3 Hormonaktive Tumoren (s. Kapitel XXIX./4. Endokrine Chirurgie)
12.7 Pankreastransplantation (s. Kapitel XV. Transplantationschirurgie)
Literatur Allgöwer, M., Harder, F., Hollender, L. F., Peiper, H. J., Siewert, J. R. (Hrsg.): Chirurgische Gastroenterologie. Springer, B e r l i n - H e i d e l b e r g - N e w York 1981 Brooks, J. R.: Surgery of the Pankreas. W. Β. Saundes Company, Philadelp h i a - L o n d o n - S y d n e y 1983 Gebhardt, Ch. (Hrsg.): Chirurgie des exokrinen Pankreas. Thieme, Stuttgart 1984 Häring, R. (Hrsg.): Die Chirurgie der akuten und chronischen Pankreatitis. TM-Verlag, Bad Oeynhausen 1979 - , (Hrsg.): Dringliche Bauchchirurgie. Thieme, Stuttgart 1982 Sarles, H., Singer, M. (Hrsg.): Akute und chronische Pankreatitis. Witzstrock, B a d e n - B a d e n - K ö l n 1978
XXV. Milz
XXV. Milz
W. Vosberg, E. Renk
Galen hat die Milz als ein Organo plenum mysterii beschrieben. Auch heute ist die Aufgabe und die Bedeutung der gesunden, wie auch der kranken Milz nicht ganz geklärt.
I. Topographie Die Milz liegt im linken subphrenischen Raum zwischen der 9. und I I . Rippe. Sie grenzt an das Zwerchfell, den Magen, das Querkolon und die linke Niere. Der Pankreasschwanz reicht nahe an den Milzhilus heran.
2. Aufgaben der Milz Blutmauserung Unter normalen Bedingungen erfolgt der Erythrozytenabbau im Knochenmark. Bei Erkrankungen kann der Abbau in der Milz eine wesentliche Bedeutung erlangen. Erythropoese In der Fetalzeit erfolgt die Erythrozytenbildung in der Milz, nach der Geburt übernimmt das Knochenmark diese Aufgabe. Die Potenz zur Erythropoese bleibt der Milz jedoch erhalten. Granulozytopoese Die weiße Milzpulpa ist eine wichtige Produktionsstätte von Lymphozyten. Die Rolle der Milz beim Abbau von Granulozyten ist unklar, spielt aber sicher eine untergeordnete Rolle. Thrombozytenpool Von den gesamten Thrombozyten sind 30 % in der Milz gespeichert. Beim Hypersplenismus kann sich der Milzpool bis auf 90 % der Thrombozytenzahl erhöhen und führt dann zu einer Thrombozytopenie, wie auch zu einer verkürzten Überlebenszeit der Plättchen. Die Thrombozyten werden vorwiegend in der Milz abgebaut. Kreislauffunktion Als Blutspeicher hat die Milz beim Menschen keine besondere Bedeutung. Bei Bedarf ist aber eine Verschiebung größerer Blutmengen von der arteriellen Seite über arterio-venöse Anastomosen zum Pfortadersystem möglich.
Aufgaben der Milz: - Blutmauserung bei Erkrankungen, - Erythropoese in der Fetalzeit, - Granulozytopoese, - Thrombozytenpool, - Kreislauffunktion.
3. Immunologische Funktion der Milz Die zellulär gesteuerte Phagozytose Die Retikulumzellen der weißen Pulpa, wie auch die Ellipsoide an den Kapillarenden der Pinselarterien sind in der Lage, partikuläre Antigene, wie Bakterien, alte oder abnorme Zellbestandteile zu phagozytieren. Die humoral gesteuerte Phagozytose Opsonine wie auch das in der Milz produzierte Tetrapeptid Tuftsin stimulieren die Phagozytose im extralienalen RES.
Immunologische Funktion der Milz: - zellulär gesteuerte Phagozytose, - humoral gesteuerte Phagozytose, - Antikörpersynthese.
XXV. Milz
624
Bei nicht i m m u n i s i e r t e n Kindern erfolgt die Phagozytose ζ. B. von P n e u m o k o k k e n in der Milz. W e r d e n hingegen opsonierende Antikörper nachgewiesen, findet die Phagozytose in den übrigen Organen des R E S statt. Dieses erklärt evtl., wieso Kinder, die keine Exposition ζ. B. mit P n e u m o k o k k e n gehabt haben, nach Splenektomie an einer f o u d r o y a n t e n Pneumokokkensepsis versterben k ö n n e n .
Die Antikörpersynthese In der Milz scheint die Synthese von Antikörpern der IgM-Klasse nach erstmaliger Sensibilisierung zu erfolgen. Nach Splenektomie ist ein kontinuierlicher Abfall an IgM-Antikörpern zu beobachten.
4. Verletzungen der Milz (S. auch s.8i2> Verletzungen der Milz Vorkommen bei: - stumpfem Bauchtrauma, - spitzem Bauchtrauma, - iatrogen. Bei Kindern häufigste Indikation zur Splenek tomie.
Einzeitige Milzruptur: —» Massenblutung durch Einriß von Kapsel oder Parenchym oder völlige Berstung des Organs. Zweizeitige Milzruptur: zunächst Vorliegen eines subkapsulären Hämatoms —» später Kapseleinriß und Massenblutung. Symptomatik: - Blutungsschock, - Schmerzen, - Flankendämpfung links, - Douglasvorwölbung, - Hb-Abfall, - Leukozytose.
Die traumatische Milzruptur ist in der BRD vor allem bei Kindern eine der häufigsten Indikationen zur Splenektomie ( 2 0 - 4 0 % aller Splenektomien). Beim stumpfen Bauchtrauma kommt es am häufigsten zur Verletzung der Milz, gefolgt von Leber und Dünndarm. Zur Milzverletzung kann es durch • stumpfes Trauma (ζ. B. Verkehrsunfall, Sturz aus großer Höhe) • spitzes Trauma (perforierende Verletzung des Thorax oder Abdomens) • oder iatrogen (als Komplikation bei Operationen im Oberbauch) kommen. Das Ausmaß der Verletzung reicht von kleinen Einrissen der Milzkapsel bis zur völligen Zerreißung des Organs. An Verletzung anderer Organe ist bei entsprechendem Trauma stets zu denken (Leber, Pankreas, Zwerchfell, Dünndarm). Einzeitige Milzruptur Sofortige oder mit Verzögerung von wenigen Stunden auftretende Massenblutung durch Einriß von Kapsel und Parenchym, oder völlige Berstung des Organs. Zweizeitige Milzruptur Bei Milzparenchymverletzung zunächst nur Vorliegen eines subkapsulären Hämatoms, nach einer Latenzzeit von Tagen bis Wochen Kapseleinriß und Massenblutung. Symptomatik Blutungsschock Schmerzen
Flankendämpfung links Douglasvorwölbung Hb-Abfall, Leukozytose Diagnostik: - Anamneseerhebung, - klinische Untersuchung, - perkutane Peritoneallavage, Röntgendiagnostik: Thorax- und Abdomen-Leeraufnahme: - unscharf begrenzter Milzschatten, - Zwerchfellhochstand, - Zwerchfellruptur, - Rippen- oder Querfortsatzfraktur. Sonographie, CT: Flüssigkeitsansammlung in der Milzloge oder subkapsulär. Selektive Angiographie: Austritt von Blut in die freie Bauchhöhle. Szintigraphie: Speicherdefekte in der Milz.
Tachykardie, Blutdruckabfall, blasse, kaltschweißige Haut linke Flanke, linker Oberbauch (Kehr-Zeichen = in die linke Schulter ausstrahlender Schmerz mit Hauthyperästhesie)
(20-30000)
Diagnostik • Genaue Anamneseerhebung (Unfallmechanismus) • Klinische Untersuchung (Schmerzsymptomatik, evtl. Prellmarke) • Perkutane Peritoneallavage • Röntgendiagnostik Thorax- und Abdomenleeraufnahme: evtl. vergrößerter, unscharf begrenzter Milzschatten, Zwerchfellhochstand oder -ruptur, Rippen- oder Querfortsatzfraktur. Sonographie/Computertomographie: Flüssigkeitsansammlung in der Milzloge oder subkapsulär. Selektive Angiographie: Austritt von Blut in die freie Bauchhöhle. Radioisotopenszintigraphie: Nachweis von Speicherdefekten in der Milz.
Splenomegalien, Erkrankungen der Milz und des blutbildenden Systems Therapie Bei kreislaufwirksamer intraabdomineller Blutung durch Milzverletzung ist eine vitale Indikation zur sofortigen Splenektomie (s. dort) gegeben. Nur in wenigen Fällen ist eine organerhaltende Maßnahme möglich: Blutstillung durch Übernähung, Infrarotkoagulation oder Fibrinklebung. Neuere Untersuchungen raten aufgrund der Abwehrschwäche nach Splenektomie vor allem beim jungen Menschen zu einer Autotransplantation von Milzgewebe in Breiform ins große Netz. Eine letztendliche Klärung, ob das transplantierte Gewebe die milzspezifische Funktion wieder aufnimmt, steht jedoch aus.
Therapie: selten organerhaltende Maßnahmen durch Blutstillung, Infrarotkoagulation, Fibrinklebung möglich, sonst bei starker Blutung: Splenektomie.
Liegen keine Zeichen der intraabdominellen Blutung vor, ist besonders bei Kindern mit Verdacht auf Milzläsion ein konservatives Vorgehen unter strenger Kreislaufüberwachung und körperlicher Ruhe in manchen Fällen gerechtfertigt.
Konservatives Vorgehen bei fehlenden Zeichen einer Blutung. Strenge Kreislaufüberwachung!
Autotransplantation von Milzgewebe in Breiform in das große Netz. Funktionsnachweis noch unklar.
5. Splenomegalien, Erkrankungen der Milz, des Blutes und des blutbildenden Systems Pathophysiologic Hypersplenismus, Hyperspleniesyndrom: Hiermit wird ein Überfunktionszustand der Milz beschrieben, der durch - Milzvergrößerung unterschiedlicher Ätiologie und - periphere Zytopenie (Anämie, Granulozytopenie, Thrombozytopenie bei normalem oder hyperplastischem Knochenmark) gekennzeichnet ist. Das Ausmaß des Hyperspleniesyndroms ist weder streng mit der Größe der Milz korreliert, noch mit der für die Milzvergrößerung verantwortlichen Grunderkrankung. Man unterscheidet primären (ursächlich nicht geklärt) und sekundären (Folge einer anderen Erkrankung) Hypersplenismus. Beim Hypersplenismus findet ein vermehrter Abbau von Blutzellen in der Milz statt. Andererseits werden defekte oder abnorme Blutkörperchen in vermehrtem Maße in einer primär nicht krankhaft veränderten Milz sequestriert, wodurch ein sekundärer Hypersplenismus entstehen kann. Durch die Entfernung der Milz kann die vorliegende Erkrankung entweder ursächlich oder rein symptomatisch behandelt werden.
Erkrankungen, bei welchen eine Splenektomie in Frage kommt: Krankheit
Mechanismus
Splenektomie sinnvoll?
I. Hämolytische Anämien: Sphärozytose
erblich, Membrandefekt der Erythrozyten
ab 4. Lebensjahr, verhindert weitere Hämolyse und Gallensteinbildung
Elliptozytose
erblich, erhöhte Na-Permeabilität der Erythrozytenmembran
bei Splenomegalie
Thalassämie
erblich. gestörte Hämoglobinsynthese
evtl. zur Verminderung des Transfusionsbedarfs
625
Splenomegalien, Erkrankung der Milz, des Blutes und des blutbildenden Systems Überfunktionszustand der Milz: Hypersplenismus - Hyperspleniesyndrom.
Man unterscheidet: primäre (Ursache nicht geklärt) und sekundäre (Folge einer anderen Erkrankung) Formen des Hypersplenismus.
XXV. Milz
626
Krankheit
Mechanismus
Splenektomie sinnvoll?
Sichelzellanämie
erblich,
autoimmunhämolytische Anämien
HbA ersetzt durch pathologisches HbS Autoantikörper gegen Erythrozyten, ζ. B. Wärme-Autoantikörper
bei ausgeprägter Symptomatik symptomatisch zur Verringerung des Erythrozytenabbaus
II. Thrombozytopenien: immune-thrombozytopenische Purpura (ITP, M. Werlhoff)
gegen Thrombozyten gerichtete Autoantikörper, vermehrter Thrombozyten-Abbau in der Milz
chron. Form, bei erfolgloser Steroidbehandlung
thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP, Moschcowitz)
unbekannt
umstritten
III. Proliferative Erkrankungen: Myelofibrose
Splenomegalie bei myeloproliferativem Syndrom
bei ausgeprägter Symptomatik
leukämische Retikuloendotheliose (Haarzelleukämie)
B-Zell-Lymphom, häufig Riesenmilz
bei Splenomegalie
chron. myeloische Leukämie
evtl. sekundärer Hypersplenismus
nur bei erheblichen Beschwerden
Hodgkin-Lymphom
befallene Milz meist vergrößert, bei Milzbefall Leberbefall wahrscheinlich
aus diagnostischen Gründen: Stadieneinteilung der Erkrankung („Staging")
Non-Hodgkin-Lymphom
wie Hodgkin
nur bei Symptomatik, Staging-OP nicht sinnvoll
IV. Verschiedene Milzerkrankungen Milzabszeß
meist hämatogene Keimverschleppung
Milzzysten meist parasitär primäre Milztumoren
ja ja, bei nicht parasitären nur bei Symptomatik ja
selten, Sarkome, Retikulosarkome, Hamartome, Hämangiome, Hämangioendotheliome
Splenomegalien, Erkrankungen der Milz und des blutbildenden Systems Krankheit
Mechanismus
Splenektomie sinnvoll?
Milzarterienaneurysma
bei Arteriosklerose, kongenitalem Gefäßw a n d d e f e k t , portaler Hypertension
meist Zufallsbef u n d oder bei R u p tur entdeckt
Milzvenenthrombose
meist d u r c h e n t z ü n d liche Prozesse
bei Ösophagusvarizenblutung
Hyperspleniesyndrom
primär: u n b e k a n n t s e k u n d ä r : bei Lebererk r a n k u n g e n , portaler Hypertension, Kollagenosen, Speicherkrankheiten, hämatologischen E r k r a n k u n gen, Stoffwechsel-, Infektions-, A u t o i m munkrankheiten
bei S y m p t o m a t i k a b h ä n g i g von der Grunderkrankung, vor allem bei Beschwerden u n d Zytopenie
Symptomatik Splenomegalie: V e r d r ä n g u n g s e r s c h e i n u n g e n , M i l z k a p s e l s p a n n u n g , D r u c k b e schwerden im O b e r b a u c h , Völlegefühl, S c h m e r z e n a m linken R i p p e n b o g e n u n d in der linken Flanke. A b h ä n g i g von der G r u n d k r a n k h e i t evtl. A n ä m i e , B l u t u n g s n e i g u n g , Infektanfälligkeit. Diagnostik G e n a u e E r h e b u n g der Anamnese u n d klinischen Symptomatik, körperliche Untersuchung (Palpation, Perkussion). Laboruntersuchungen zur Erfassung der G r u n d k r a n k h e i t : Differentialblutbild, T h r o m b o z y t e n , Elektrophorese, L e b e r e n z y m e , Antikörpemachweis, Gerinnungsstatus, Sternalpunktion, Lymphknotenbiopsie. Röntgen: - L e e r a u f n a h m e n : vergrößerter M i l z s c h a t t e n , Z w e r c h f e l l h o c h s t a n d Ii., Verkalkungen; - K o n t r a s t a u f n a h m e n : Impression oder V e r d r ä n g u n g von M a g e n oder Kolon; - selektive Arteriographie der A. lienalis: direkte Darstellung der Milz u n d evtl. AV-Fisteln, indirekte Darstellung (venöse Phase) der V. lienalis u n d der V. porta; - C o m p u t e r t o m o g r a p h i e : Beurteilung der Milzgröße u n d -konsistenz; - Sonographie: G r ö ß e n - u n d Lagebeurteilung; - R a d i o i s o t o p e n s z i n t i g r a p h i e : A n r e i c h e r u n g von t h e r m i s c h geschädigten m i t Cr 51 m a r k i e r t e n Erythrozyten oder von Tc 99-S-Kolloid im R E S von Milz u n d Leber. Indikation zur S p l e n e k t o m i e N e b e n der vitalen I n d i k a t i o n bei M i l z r u p t u r besteht in den m e i s t e n Fällen der p r i m ä r e n M i l z e r k r a n k u n g e n Sicherheit ü b e r die N o t w e n d i g k e i t der Splen e k t o m i e . W e i t e r h i n ist die Milzexstirpation aus o p e r a t i o n s t e c h n i s c h e n G r ü n d e n bei Eingriffen im linken O b e r b a u c h teilweise erforderlich. I m ges a m t e n Bereich der i n t e r n i s t i s c h - h ä m a t o l o g i s c h e n E r k r a n k u n g e n m u ß u n t e r schieden werden, ob die S p l e n e k t o m i e aus d i a g n o s t i s c h e n oder therapeutis c h e n G r ü n d e n erfolgen soll, u n d ob es sich bei der t h e r a p e u t i s c h e n S p l e n e k t o m i e n u r u m eine s y m p t o m a t i s c h e oder u m eine kausale T h e r a p i e handelt. Der N u t z e n der S p l e n e k t o m i e , die N a c h t e i l e des Milzverlustes sowie das operative Risiko sind vor der O p e r a t i o n gegenseitig abzuwägen.
627
Symptomatik: Splenomegalie: - Verdrängungserscheinurig, - Milzkapselspannung, - Druckbeschwerden im Oberbauch, - Völlegefühl, - Schmerzen am linken Rippenbogen und in der linken Flanke. Diagnostik: - Anamnese, - körperliche Untersuchung, - Laboruntersuchungen, - Röntgen-Leeraufnahmen: vergrößerter Milzschatten, Zwerchfellhochstand links, Verkalkungen. - Röntgen-Kontrastaufnahmen: Impression oder Verdrängung von Magen und Kolon. Ferner: - selektive Angiographie, - Computertomographie, - Sonographie, - Szintigraphie.
Indikation zur Operation (Splenektomie):
- vitale Indikation bei Milzruptur, - primäre Milzerkrankungen. Milzexstirpation aus operationstechnischen Gründen bei Eingriffen im linken Oberbauch.
628 Operative Therapie (Splenektomie): Laparotomie mit Medianschnitt, querem Oberbauchschnitt oder Rippen bogenrandschnitt: —» Durchtrennung der Aufhängebänder der Milz —> getrennte Ligatur von A. und V. linealis zwischen Pankreasschwanz und Milzhilus —» Exstirpation der Milz —» Drainage des Milzbettes.
XXV. Milz
6. Die Splenektomie Laparotomie mit Median-, querem Oberbauch- oder Rippenbogenrandschnitt. Durchtrennung der Aufhängebänder der Milz (Lig. phrenicolienale, gastrolienale, colicolienale). Getrennte Ligatur von A. und V. lienalis zwischen Pankreasschwanz und Milzhilus, doppelte Ligatur der zentralen Gefäßstümpfe, Exstirpation der Milz, Drainage des Milzbettes.
Komplikationen: - Magen-Darm-Atonie, - pulmonale Komplikationen, - intraabdominelle Abszesse, - Wundheilungsstörungen, - Nachblutung. Ferner seltene Komplikationen.
Postoperative Komplikationen Magen-Darm-Atonie, pulmonale Komplikationen (Pleuraerguß, Pneumonie, Atelektasen), intraabdominelle Abszesse (vor allem subphrenisch), Wundheilungsstörungen (gehäufte Nahtinsuffizienzen bei Magenresektion mit Splenektomie), Nachblutung. Selten sind Komplikationen durch Verletzung der Nachbarorgane: Pankreas-, Magen- oder Kolonfistel. Sehr selten: Milzvenen-, Mesenterial- oder Pfortaderthrombose. Letalität: bei nicht pathologisch veränderter Milz und Staging-Splenektomie gering (unter 1 %), sonst in Abhängigkeit zur Grunderkrankung des Patienten sehr unterschiedlich.
Folgen der Splenektomie: erhöhte Infektionsbereitschaft: OPSI-Erkrankung in 50 % aller Fälle tödlich.
Folgen der Splenektomie Erhöhte Infektionsbereitschaft beim Kleinkind durch Wegfall eines Teils des Immunsystems: OPSI (Overwhelming Post Splenectomi Infection) = foudroyant verlaufendes, septisches Krankheitsbild, verursacht meist durch Pneumokokken oder Haemophilus influenzae, in 50 % aller Fälle tödlich. Deshalb: bei nicht pathologisch veränderter Milz beim Kind möglichst organerhaltende Maßnahme oder Autotransplantation (umstritten). Ansonsten langjährige Penicillin-Prophylaxe oder Pneumorax®-Impfung. Nach Splenektomie Erniedrigung des IgM-Spiegels, Auftreten sog. Howell-Jolly-Körperchen in 1 % aller Erythrozyten, gelegentlich persistierende Leukozytose. Postoperativ Thrombozytenanstieg innerhalb von 14 Tagen. Im allgemeinen übliche Thromboseprophylaxe, ausreichend, nur bei extrem hohen Werten ( > 1 Mill./mm 3 ) Antikoagulanzientherapie.
Daher vor Splenektomie organerhaltende Maßnahmen prüfen!
Postoperativer Thrombozytenanstieg: Thromboseprophylaxe bei hohen Werten. Antikoagulanzientherapie.
Literatur Allgöwer, M., Harder, F., Hollender, L. F., Peiper, H. J., Siewert, J. R.: Chirurgische Gastroenterologie 2 (1981), Milz, 1063-1075 Bedacht, R., Huhn, D.: Chirurgische Indikationen bei hämatologischen Krankheitsbildern. In: Heberer, G., Schweiberer, L.: Indikation zur Operation. Springer, B e r l i n - H e i d e l b e r g - N e w York 1981 Lennert, K , Harms, D.: Die Milz. Springer, B e r l i n - H e i d e l b e r g - N e w York 1970
XXVI. Chiruraische •
ι
ι
XXVI. Chirurgische Erkrankungen des Retroperitonealraumes
Erkrankungen des Retroperitonealraumes Th. Kara vias
1. Anatomie Der Retroperitonealraum wird nach ventral von der Peritonealhöhle begrenzt. Die hintere Wand wird durch den M. iliopsoas u n d M. quadratus l u m b o r u m gebildet. Kranial wird er vom Zwerchfell und nach kaudal vom kleinen Becken begrenzt. I m Retroperitonealraum liegen die Nieren mit den Ureteren, die Nebennierendrüsen, das Pankreas, die Aorta abdominalis u n d die V. cava inferior, Lymphknoten, L y m p h b a h n e n sowie das D u o d e n u m .
2. Die retroperitoneale Fibrose Es handelt sich u m eine sehr seltene Erkrankung, die 1905 durch Albaran und später 1948 durch Ormond beschrieben wurde.
Der Retroperitonealraum enthält: - Nieren mit Ureteren, - Nebennierendrüsen, - Pankreas, - Aorta abdominalis, - V. cava inferior, - Lymphknoten, - Duodenum.
Retroperitoneale Fibrose: seltene Erkrankung. Man unterscheidet: - idiopatische Form, - sekundäre Form als Folge von Entzündungen, Bestrahlungen, Arzneimitteln und Verletzungen.
2.1 Ätiologie und Pathologie Man unterscheidet zwei Formen: Die idiopathische Form ohne ersichtliche Ätiologie (eigentliche OrmondKrankheit) und die sekundäre Form meist als Folge von retroperitoneal abgelaufenen Entzündungen, Bestrahlungen, Einfluß von Arzneimitteln, ζ. B. Methysergid u n d Verletzungen. In ca. y} der Fälle ist der Befall bilateral. Das erkrankte paraaortale Gewebe kann eine Dicke von 2 - 1 2 cm erreichen. N a c h kaudal reicht es bis z u m Promontorium, nach kranial bis z u m Nierenhilus. Es ist scharf abgegrenzt, aber nicht eingekapselt. Mikroskopisch sieht m a n polymorphonukleare Zellen, Lymphozyten, Fibroblasten u n d komplett hyalinisierte Fettgewebezellen.
Erscheinungsbild: Dicke des erkrankten Gewebes 2 - 1 2 cm. Scharfe Abgrenzung. Nicht eingekapselt.
2.2 Klinik
Klinik:
Die Erkrankung befällt dreimal häufiger M ä n n e r als Frauen. % der Kranken sind zwischen 40 und 60 Jahre alt. Uncharakteristische lumbale dumpfe Schmerzen, Anorexie, Übelkeit, evtl. auch Durchfälle und Gewichtsabnahme sind die ersten Symptome der Erkrankung.
Erste Symptome: - lumbale dumpfe Schmerzen, - Anorexie, - Übelkeit, - Durchfälle, - Gewichtsabnahme. Spätere Zeichen: - Kompressionssyndrom mit Hydronephrose, Pyelonephritis, Dysurie, Schmerzen, Fieberattacken. - Lymphatische Unterschenkelödeme, - Claudicatio intermittens.
Später kommt es zu Kompressionssyndromen: vor allem sind die Ureteren befallen. Es k o m m t zur Hydronephrose und Pyelonephritis mit Dysurie, Schmerzen und Fieberattacken. Lymphatische Unterschenkelödeme evtl. auch Claudicatio intermittens bei Kompression der L y m p h b a h n e n bzw. arteriellen und venösen Strombahnen.
630 Diagnostik: - Ausscheidungsurogramm, - retrogrades Urogramm, - blutchemische Untersuchungen (erhöhte Blutsenkung). - CT, - Angiographie, - evtl. Biopsie. Therapie: - Absetzen von fibroseerzeugenden Medikamenten (ζ. B. Methysergid), - Steroide, - Antibiotika, - Antiphlogistika. Bei renalen Komplikationen: Ureterolyse und intraperitoneale Verlagerung der Ureteren. Bei Einengung der arteriellen Strombahn: Bypass-Operation. Gute Prognose.
Retroperitoneal Tumoren - Lymphangiome, - Lipome, - Fibrome, - Leiomyome, - Neurinome, - Sarkome. Bösartige Geschwülste häufiger!
Klinik: - Rückenschmerzen, - Schweregefühl, - Übelkeit, - Änderung der Stuhlgewohnheiten, - Kompressionssyndrom.
XXVI. Chirurgische Erkrankungen des Retroperitonealraumes
2.3 Diagnostik Ausscheidungsurogramm, retrogrades Urogramm, blutchemische Untersuchungen (erhöhte Blutsenkung), Computertomographie, evtl. Angiographie sind die wesentlichen präoperativen Untersuchungen. Meistens ist eine explorative Freilegung und Biopsie notwendig.
2.4 Therapie Die konservative Behandlung beinhaltet das Absetzen von fibroseerzeugenden M e d i k a m e n t e n (ζ. B. Methysergid). Außerdem ist die G a b e von Steroiden, Antibiotika und Antiphlogistika indiziert. Bei renalen Komplikationen empfiehlt sich die Ureterolyse und die intraperitoneale Verlagerung der Ureteren. Bei Einengung der arteriellen Strombahnen sind Bypass-Operationen mit intraperitonealem Verlauf der Implantate notwendig. Die Prognose ist im allgem e i n e n gut, vorausgesetzt, daß es nicht zu irreversiblen Nierenschäden gek o m m e n ist.
3. Retroperitoneale Tumoren Abgesehen von den Organtumoren (Pankreas, Nieren, Nebennieren) entstehen aus dem lymphatischen, Muskel-, Gefäß- und Fettgewebe des Retroperit o n e u m s sowohl gut- als auch bösartige Tumoren, wie ζ. B. Lymphangiome, Lipome, Fibrome, Leiomyome, N e u r i n o m e und die entsprechenden Sarkome. Die bösartigen Geschwülste sind viermal häufiger als die gutartigen. Zystische T u m o r e n sind überwiegend benigne.
3.1 Klinik Die klinischen Symptome sind von der Dignität und W a c h s t u m s t e n d e n z des T u m o r s abhängig. Rückenschmerzen, Schweregefühl, evtl. Übelkeit und Änderung der Stuhlgewohnheiten sowie Kompressionssyndrome (Ureter, Sigmoid) sind die führenden Erscheinungen der retroperitonealen Tumoren.
Diagnose: Röntgenuntersuchung: - Kolonkontrasteinlauf, - Urogramm, Computertomographie, - Angiographie, - Sonographie, Sicherung der Diagnose: Biopsie.
3.2 Diagnose
Therapie: gutartige Tumoren: Enukleation. Je nach Dignität: Resektion, zytostatische - oder Strahlentherapie.
3.3 Therapie
Die Diagnose wird a n h a n d von Röntgenuntersuchung (Kolonkontrasteinlauf, Urogramm sowie Computertomographie, Angiographie u n d Sonographie gestellt. Gesichert wird die Diagnose durch Probefreilegung und Biopsie.
Die Therapie richtet sich nach der Lokalisation, Dignität u n d Ausbreitung des Tumors. Gutartige T u m o r e n können meistens enukleiert werden. Gelegentlich sind Resektionen von benachbarten Organen notwendig. Bei entsprechenden T u m o r e n ist auch die Radiatio und zytostatische Therapie angezeigt.
Mesenterialtumoren
4. Entzündungen des Retroperitoneums Entzündungen im Retroperitonealraum entstehen meistens durch Fortleitung von Entzündungen anderer Organe, wie ζ. B. vom Kolon (bei Divertikulitis, Morbus Crohn, Kolonkarzinom) oder auch der Nieren bzw. des Pankreas. Zu erwähnen sind auch der tuberkulöse Senkungsabszeß bei Wirbelsäulentuberkulose. Therapie: Bei abszedierenden Entzündungen ist die Eröffnung und Drainage des Abszesses notwendig. Operative Sanierung des Herdes meist erst in zweiter Sitzung. Nach Resistenzbestimmung ist die antibiotische Behandlung erforderlich.
5. Hämatome Sie entstehen meistens durch Ruptur eines retroperitonealen Gefäßes oder bei Tumoren von retroperitonealen Organen. Auch bei Frakturen der Wirbelsäule oder stumpfen Verletzungen können Hämatome im Retroperitoneum auftreten. Spontan werden sie bei Gerinnungsstörungen (Marcumar-Behandlung) beobachtet. Symptome: Die Symptomatik ist von Akuität und Massivität der Blutung abhängig. Zusätzlich zu einem Schocksyndrom kann auch ein paralytischer Ileus beobachtet werden. Therapie: Kleine komplikationslose Hämatome werden konservativ behandelt: Bettruhe, Analgetika, je nach Hb Bluttransfusion, Absetzen von Marcumar, Gabe von Peristaltika. Bei Komplikationen (Schock, Kompressionssyndrome, sekundäre Infektion des Hämatoms) ist die operative Ausräumung und Blutstillung notwendig.
631 Entzündungen des Retroperitoneums Entstehung meist durch Fortleitung von Entzündungen anderer Organe.
Therapie: Eröffnung und Drainage des Abszesses —> operative Sanierung des Herdes in 2. Sitzung. Antibiotische Behandlung erforderlich.
Hämatome Entstehung: - Ruptur eines retroperitonealen Gefäßes, - Tumor, - Fraktur der Wirbelsäule, - stumpfe Verletzungen.
Symptome: abhängig von der Stärke der Blutung. Manchmal Schocksyndrom und paralytischer Ileus. Therapie: komplikationslose Hämatome: konservativ. Bei Komplikationen (Schock, Kompressionssyndrom etc.): operative Ausräumung und Blutstillung.
6. Mesenterialtumoren
Mesenterialtumoren
Man unterscheidet zwischen den primären und sekundären Tumoren. Die primären Tumoren sind relativ selten. Sie gehen von den geweblichen Strukturen des Mesenteriums aus: Fibrome, Lipome, Hämangiome, Mesotheliome. Häufig sind die Mesenterialtumoren zystisch (Mesenterialzysten). Man unterscheidet: embryogene (Lymphoid-, Desmoid-, enterogene Zysten), traumatische, neoplastische (s. o.) und entzündliche Zysten.
Primäre Tumoren: Ausgangspunkt sind gewebliche Strukturen des Mesenteriums: - Fibrome, Lipome, Hämangiome, - Mesotheliome. Oftmals zystisch mit folgenden Zysten: - embryogene, - traumatische, - neoplastische, - entzündliche. Sekundäre Mesenterialtumoren: Sind meist Metastasen maligner Tumoren anderer Lokalisation.
Die sekundären Mesenterialtumoren sind meistens Metastasen maligner Primärtumoren anderer Lokalisation. Der Metastasierungsmodus ist per continuitatem, per disseminationem und lymphogen. Eine tumorähnliche Erkrankung ist das sog. Pseudomyxoma peritonei. Es handelt sich um eine sekundäre Erkrankung des Peritoneums und des Mesenteriums nach Ruptur einer Mukozele der Appendix oder einer Ovarialzyste. Hierbei kommt es zu einer disseminierten Absiedelung von schleimproduzierenden Zellen im Bereich der gesamten Peritonealhöhle. Symptome: Die Symptome der Mesenterialtumoren sind von der Größe, Lokalisation und vor allem von der Dignität des Tumors abhängig. Häufig sind die Tumoren tastbar. Sie können eine Stenosesymptomatik bis zum Ileus durch Kompression bzw. Infiltration des Darms hervorrufen. Ruptur des Tumors, Blutung und Torsion sowie Infektion können zum Bild des akuten Abdomens fuhren.
Tumorähnliche Erkrankung: Pseudomyxoma peritonei. Folge: Ansiedlung von schleimproduzierenden Zellen in der gesamten Peritonealhöhle. Symptome: abhängig von der Dignität des Tumors. Stenosesymptomatik, Ileus durch Kompression des Darms, Bild des akuten Abdomens durch Komplikationen.
632 Therapie: gutartige Tumoren: Enukleation. Maligne Tumoren: Resektion im Mesenterium und Dünndarm. Zytostatische Behandlung, Strahlentherapie.
XXVI. Chirurgische Erkrankungen des Retroperitonealraumes Therapie: Die Therapie richtet sich nach der Lokalisation und Dignität des Tumors. Gutartige Tumoren sind meistens durch Enukleation zu beseitigen. Gelegentlich ist die segmentäre Resektion des Mesenterium und evtl. des korrespondierenden Teiles des Dünndarms notwendig. Bei entsprechender Sensibilität des Tumors ist die zytostatische und radiologische Therapie möglich.
XXVII. Hernien
XXVII. Hernien
Β. Stallkamp
1. Allgemeines 1.1
Definition
Unter einer (äußeren) Hernie versteht m a n eine sackartige rietalen
Peritoneums
Ausstülpung
des pa-
in oder vor die B a u c h d e c k e n , in der sich zeitweise oder
dauernd Organe der B a u c h h ö h l e befinden. V o n der Hernie zu unterscheiden ist der Prolaps: Vorfall von Eingeweiden
Äußere Hernie: sackartige Ausstülpung des parietalen Peritoneums in oder vor die Bauchdecken. (Zu unterscheiden: Prolaps)
durch eine L ü c k e im Peritoneum.
Darm Peritoneum Bauchwand - Bruchpforte Bruchsack Bruchhüllen Bruchinhalt
Abb.27-1 Pathologische Anatomie der Hernien. a) Allgemein b) Gleithernie D e r Bruchsack
(Peritoneum) tritt durch eine L ü c k e in der B a u c h d e c k e
(Bruchpforte, Bruchkanal mit innerem und äußerem Bruchring) aus und ist von
Bruchhüllen
(Haut,
Subkutangewebe)
bedeckt
(Abb. 2 7 - l a ) .
Jedes
Bruchinhalt: jedes Bauchorgan (ζ. B. Dünndarm, Omentum majus, Appendix etc.).
Bauchorgan kann z u m Bruchinhalt werden (häufig D ü n n d a r m oder O m e n tum majus, seltener Dickdarm, Appendix, Ovar etc.). E i n e Sonderform stellt die sog. Gleithernie dar, bei der der Bruchinhalt gleichzeitig einen T e i l der Bruchsackwand bildet (Abb. 2 7 - l b ) . Dies ist nur möglich bei Organen, die einseitig von P e r i t o n e u m überzogen sind (ζ. B . Zö-
Gleithernie: Bruchinhalt ist gleichzeitig ein Teil der Bruchsackwand.
kum, Harnblase). D e r Bruchinhalt kann reponibel,
irreponibel
oder inkarzeriert
sein.
Wichtig
ist die Unterscheidung zwischen „irreponibel" (Verwachsungen des Bruchinhaltes) und „inkarzeriert" ( E i n k l e m m u n g des Bruchinhaltes mit Abschnürung der Blutversorgung). Die klinische Bedeutung der Hernien wird vorwiegend durch die Gefahr Inkarzeration
der
Man unterscheidet: - reponible, - irreponible (Verwachsungen) - inkarzerierte Brüche, d. h. Einklemmung des Bruchinhaltes mit Abschnürung der Blutversorgung.
speziell von Darmanteilen mit der Folge von Ileus, Gangrän
und Peritonitis bestimmt. Findet sich ein großer Teil der Bauchorgane im Bruchsack, spricht m a n von einer H. permagna
oder einer Eventerationshernie.
Die
Reposition
kann
schwierig oder unmöglich sein, wenn der Bruchinhalt sein „Heimatrecht" in der B a u c h h ö h l e verloren hat.
Gefürchtete klinische Komplikation: Inkarzeration. Eventerationshernie: ein großer Teil der Bauchorgane im Bruchsack. Reposition schwierig oder unmöglich.
XXVII. Hernien
634
1.2 Häufigkeit, Vorkommen, Ätiologie Hernie ist häufiges chirurgisches Krankheitsbild. Kongenitale Hernie: Folge eines inkompletten fetalen Bauchwandschlusses. Erworbene Hernie: Entstehung an Schwachstellen des Gewebes oder infolge Bindegewebeschwäche in Verbindung mit intraabdomineller Drucksteigerung (ζ. B. Husten, Obstipation, Erbrechen, Tumor etc.).
Hernien gehören zu den häufigsten chirurgischen Krankheitsbildern (im eigenen Krankengut ca. 12 %). Ca. 7 5 - 8 0 % sind in der Leistenregion u n d ca. 1 5 - 2 0 % an der vorderen Bauchwand lokalisiert. Kongenitale Hermen sind Folge eines inkompletten fetalen Bauchwandschlusses (indirekte Leistenhernie bei ganz oder teilweise offenem Processus vaginalis peritonei). Erworbene Hernien entstehen in der Regel an anatomischen oder operativ/ traumatisch entstandenen Schwachstellen des Gewebes (Muskel- u n d Faszienlücken, Durchtrittsstellen von Nerven, Gefäßen, Samenstrang etc.) oder bei Bindegewebeschwäche (konstitutionell, degenerativ) in Verbindung mit ungewöhnlicher intraabdomineller Drucksteigerung (Husten, Obstipation, Erbrechen, Aszites, Tumor 1 , Gravidität, Heben schwerer Lasten, Miktionsstörungen etc.). N u r äußerst selten kann ein T r a u m a als Ursache einer Hernie gelten. Voraussetzung für die A n e r k e n n u n g als Unfallfolge ist ein unmittelbarer zeitlicher Z u s a m m e n h a n g mit einer starken direkten traumatischen Gewebeschädigung, während Brüche nach starkem Pressen oder Heben schwerer Lasten nicht als unfallbedingt a n z u s e h e n sind.
Symptomatik der Hernien: Hauptsymptom: Bruchgeschwulst.
Diagnose der Hernien: Inspektion und Palpation am stehenden Patienten. Wichtiges diagnostisches Zeichen: Hustenanprall gegen den tastenden Finger. Differentialdiagnose beachten!
Komplikationen der Hernien: 1. Inkarzeration. Ursache: plötzliche Erweiterung der Bruchpforte durch abdominale Druckerhöhung und Einpressung einer Darmschlinge —» bei Verkleinerung der Bruchpforte Einklemmung. Folge: Darmgangrän mit Perforation und Peritonitis.
2. Koteinklemmung: keine Inkarzeration. Mechanische Verlegung eines Darmschenkels durch Koprostase —» Ileus.
1.3 Symptomatik, Diagnostik, Differentialdiagnose Hauptsymptom eines Bruches ist die Bruchgeschwulst, während die Beschwerden (Schmerzen bei Anspannung der Bauchmuskulatur, verminderte körperliche Leistungsfähigkeit, peritoneale Reizungen) meist gering sind. Die Diagnose wird durch Inspektion und Palpation meist am stehenden Patienten gestellt, wobei der Hustenanprall gegen den tastenden Finger ein wichtiges Zeichen ist. Adipositas, kleine Bruchpforten u n d straffe Bauchdekken erschweren die Diagnose. Bei Kindern m u ß man sich vielfach auf die Beobachtungen der Eltern verlassen. Die Herniographie (Injektion von wasserlöslichem Kontrastmittel in die Bauchhöhle mit Röntgenübersichtsaufnahme) hat keine wesentliche Bedeutung erlangt. Differentialdiagnostisch müssen insbesondere in der Leistenregion Lymphome, ektope Hoden, Hydrozelen, Varixknoten, Abszesse, Zysten u n d Tumoren ausgeschlossen werden.
1.4 Komplikationen Die wichtigste Komplikation ist die Inkarzeration, die Einklemmung von Darm oder anderen Organen im Bruchsack bzw. in der Bruchpforte. Durch eine plötzliche abdominale Druckerhöhung wird die Bruchpforte erweitert und ζ. B. eine vorliegende Darmschlinge in den Bruchsack gepreßt, die bei der nachfolgenden Verkleinerung der Bruchpforte einklemmt (elastische Inkarzeration). Die Inkarzeration führt über eine venöse Stauung, Darmwandödem und Drosselung der arteriellen Blutzufuhr zur Darmgangrän mit Perforation und Peritonitis. Klinisch dominieren neben dem Lokalbefund (Schwellung, Rötung, Spontan- und Druckschmerz) anfangs die Ileussymptome, später die toxischen Folgen der Peritonitis. Bei der sog. Koteinklemmung liegt dagegen primär keine Inkarzeration vor. Vielmehr wird der a b f ü h r e n d e Darmschenkel einschließlich der Blutgefäße durch Koprostase im z u f ü h r e n d e n Schenkel mechanisch verlegt, so daß ein Ileus resultiert.
1
Bei jeder Hernie des Erwachsenen ist die rekto-digitale U n t e r s u c h u n g z u m Ausschluß eines R e k t u m k a r z i n o m s obligat.
Allgemeines
635
Retrograde Inkarzeration (Maydl-Hernie): E i n k l e m m u n g mehrerer Darmschlingen in Form eines W mit Inkarzeration nur des intraabdominellen Schenkels.
Darmwandbruch: E i n k l e m m u n g eines Teiles der D a r m w a n d bei e r h a l t e n e r D a r m p a s s a g e (Abb. 27-2), im d e u t s c h e n S p r a c h r a u m meist als Littre-Hernie b e z e i c h n e t . Littre beschrieb 1700 ursprünglich die E i n k l e m m u n g eines D ü n n d a r m d i v e r t i k e l s (Meckel 1809), 1714 aber e i n e n „ e c h t e n " D a r m w a n d b r u c h . I m a n g l o a m e r i k a n i s c h e n R a u m wird die B e z e i c h n u n g R i c h t e r - H e r n i e bevorzugt: Richter beschrieb diese B r u c h f o r m 1785 (Koch et al.). E i n e weitere K o m p l i k a t i o n stellt die Bruchentzündung dar, die d u r c h B r u c h b a n d , T r a u m a , Repositionsversuch oder A p p e n d i z i t i s im Bruchsack ausgelöst werden k a n n .
4. Bruchentzündung: Ursache: Appendizitis, Repositionsversuch, Trauma, Bruchband.
Therapie der Hernien: Dauerhafte Heilung nur durch Operation.
1.5 Therapie Die d a u e r h a f t e Beseitigung eines Bruches läßt sich ausschließlich durch eine Operation erreichen. S p o n t a n h e i l u n g e n werden n u r gelegentlich bei kindlic h e n N a b e l - oder L e i s t e n h e r n i e n b e o b a c h t e t . Konservative M a ß n a h m e n Ein Bruchband (Pelotte m i t F e d e r b a n d ) k a n n d e n Austritt eines Bruches u. U. verhindern, I n k a r z e r a t i o n e n aber nicht sicher verhüten. Die B r u c h b a n d b e h a n d l u n g ist d e s h a l b mit seltenen A u s n a h m e n (definitive A b l e h n u n g der Operation, u n v e r t r e t b a r h o h e s Operationsrisiko) a b z u l e h n e n . Sie verhindert oder erschwert infolge von D r u c k a t r o p h i e der G e w e b e oder H a u t r e i z u n g e n die rechtzeitige Operation. Kein B r u c h b a n d bei irreponibler H e r n i e u n d bei Kindern!
a)
3. Darmwandbruch: Einklemmung eines Teils der Darmwand. Darmpassage bleibt erhalten (Abb. 27-2).
Konservative Maßnahmen: Bruchband: keine sichere Verhütung der Inkarzeration.
b)
Abb.27-3 a) Inkarzerierte Hernie b) Reposition en bloc: Die Inkarzeration des Darmes wurde nicht beseitigt. Die I n k a r z e r a t i o n eines Bruches m u ß u n m i t t e l b a r beseitigt werden, a m besten d u r c h eine u n b l u t i g e manuelle Reposition (Taxis), sofern nicht die D a u e r der E i n k l e m m u n g (über 4 bis 6 h), lokale R e i z e r s c h e i n u n g e n oder eine sehr enge B r u c h p f o r t e die sofortige Operation erfordern. Vielfach gelingt die Reposition erst a m e n t s p a n n t e n P a t i e n t e n (Sedierung). Alle Finger einer H a n d
Unmittelbare Beseitigung der Inkarzeration durch manuelle Reposition.
636
XXVII. H e r n i e n
Vorgehen: trichterartige Umfassung der Bruchgeschwulst mit allen Fingern einer Hand -^»sukzessives Auspressen des Darminhaltes -»Zurückdrängen des Darmes in die Bauchhöhle. Bei peritonealer Symptomatik: sofortige Laparotomie.
u m f a s s e n trichterartig inhalt sukzessive aus, z u r ü c k z u d r ä n g e n . Zu tion) von Bruchsack (Abb. 27-3a u. b).
Operative Maßnahmen bei Hernien:
2. Operative Maßnahmen
Für jede Hernie besteht Indikation zur Operation.
Kontraindikation der Bruchoperation
die Bruchgeschwulst u n d pressen z u n ä c h s t d e n D a r m u m a n s c h l i e ß e n d d e n D a r m selbst in die B a u c h h ö h l e v e r m e i d e n ist eine E n - b l o c - R e p o s i t i o n (Scheinreposiu n d Bruchring o h n e Beseitigung der I n k a r z e r a t i o n
Peritoneale S y m p t o m a t i k n a c h einer Reposition erfordert die sofortige Laparotomie.
Jede Hernie stellt u n a b h ä n g i g vom Alter eine Indikation zur Operation dar. Die Erfolgsquote liegt bei ca. 95 %. Relative und absolute Kontraindikationen sind zu b e a c h t e n :
Relativ:
sehr schlechter A l l g e m e i n z u s t a n d hochgradige Adipositas schwere Z w e i t e r k r a n k u n g e n prognostisch u n g ü n s t i g e s T u m o r l e i d e n u n g ü n s t i g e Hautverhältnisse Hernia permagna
lange b e s t e h e n d e Brüche mit großer B r u c h p f o r t e Absolut: m a n i f e s t e H e r z i n s u f f i z i e n z Aszites (Leberzirrhose, Peritonealkarzinose) übergroße Narben- und Bauchwandhernien
2.1 Vorbereitung und Anästhesie E i n e gezielte V o r b e h a n d l u n g ist n u r bei t h e r a p i e b e d ü r f t i g e n Zweiterkrank u n g e n (ζ. B. Diabetes mellitus, d e k o m p e n s i e r t e H e r z i n s u f f i z i e n z ) sowie bei ü b e r g r o ß e n H e r n i e n (wiederholte Anlage eines P n e u m o p e r i t o n e u m s ) erforderlich. Die Operation erfolgt in A l l g e m e i n n a r k o s e oder Peridural- bzw. Spin a l a n ä s t h e s i e , notfalls in lokaler Infiltrationsanästhesie. Hernienoperation:
2.2 Hernienoperation Alle B r u c h o p e r a t i o n e n ( H e r n i o t o m i e ) erfolgen g r u n d s ä t z l i c h n a c h d e n gleic h e n Prinzipien:
Operationsprinzip:
• • • •
Darstellung der B r u c h h ü l l e n , des Bruchsackes u n d der Bruchpforte. Versorgung des Bruchinhaltes. Beseitigung des Bruchsackes V e r s c h l u ß der B r u c h l ü c k e u n d W u n d s c h l u ß .
Dabei sind B e s o n d e r h e i t e n , wie das Vorliegen einer G l e i t h e r n i e (Bruchsack wird n u r reponiert), S c h ä d i g u n g inkarzerierter Organe (Darmresektion), oder einer A p p e n d i z i t i s im Bruchsack ( A p p e n d e k t o m i e ) zu b e a c h t e n .
Nachbehandlung: frühzeitige Mobilisation. Leichte körperliche Tätigkeit nach 3 - 4 Wochen. Sportliche Betätigung und schwere körperliche Arbeit nach 3 - 6 Monaten.
2.3 Nachbehandlung Möglichst frühzeitige Mobilisation vermeidet e m b o l i s c h e u n d p u l m o n a l e K o m p l i k a t i o n e n . Als A u s n a h m e n gelten große, plastisch versorgte B a u c h w a n d b r ü c h e u n d gelegentlich R e z i d i v h e r n i e n . Leichte körperliche Tätigkeit
Spezielle H e r n i e n f o r m e n
637
k a n n n a c h 3 - 4 W o c h e n , schwere körperliche Arbeit bzw. e n t s p r e c h e n d e sportliche Betätigung erst n a c h 3 - 6 M o n a t e n wieder a u f g e n o m m e n werden.
2.4 Postoperative Komplikationen N a c h b l u t u n g , W u n d i n f e k t i o n , P n e u m o n i e , L u n g e n e m b o l i e etc. sind u n s p e zifische K o m p l i k a t i o n e n . Wichtig ist das Hernienrezidiv mit einer Häufigkeit von d u r c h s c h n i t t l i c h etwa 5 %. H o d e n s c h w e l l u n g e n , -nekrosen u n d - a t r o p h i e n werden vor allem nach Leistenbruchoperationen beobachtet. Die Operationsletalität liegt im allgemeinen u n t e r 1 %, steigt bei Inkarzerat i o n e n aber bis auf etwa 10 %.
Postoperative Komplikationen: - Nachblutung, - Wundinfektion, - Pneumonie, - Lungenembolie. Wichtige Komplikation: Hernienrezidiv. Operationsletalität bei Hernienoperation unter 1 %, bei Inkarzeration bis 10 %.
3. Spezielle Hernienformen Hernien der Leistenregion Leistenhernien
3.1 Direkte und indirekte Leistenhernien Die L e i s t e n h e r n i e n stellen m i t e i n e m Anteil von 7 5 - 8 5 % die häufigste B r u c h f o r m dar. Sie sind a n g e b o r e n oder erworben, treten bei M ä n n e r n (90 %) wesentlich h ä u f i g e r auf als bei F r a u e n u n d werden zu 1 5 - 2 0 % beidseits beobachtet. Je n a c h Lokalisation der i n n e r e n Bruchpforte sind direkte u n d indirekte H e r n i e n zu u n t e r s c h e i d e n (Abb. 27-4).
(1) Indirekte Leistenhernie (2) Direkte Leistenhernie (3) Femoralhernie (4) H. Obturatoria A b b . 2 7 - 4 B r u c h p f o r t e n in der Leistenregion. 1 Indirekte
Leistenhernie
2 Direkte
Leistenhernie
3 F e m o r a l h e r n i e 4 H.
obtu-
ratoria
3.1.1 A n a t o m i e d e r L e i s t e n r e g i o n In der Leistengegend wird die vordere B a u c h w a n d v o m L e i s t e n k a n a l d u r c h setzt, der vom i n n e r e n Leistenring (Fossa inguinalis lateralis, lateral der Vasa epigastrica) schräg von dorsal, kranial u n d lateral n a c h ventral, k a u d a l u n d m e d i a l z u m ä u ß e r e n Leistenring, einer Lücke in der A p o n e u r o s e des M . obliq u u s externus a b d o m i n i s , verläuft. D u r c h diesen K a n a l ziehen der S a m e n strang bzw. das Lig. r o t u n d u m . Die Vorderwand wird vorwiegend von der A p o n e u r o s e des M. o b l i q u u s externus u n d die H i n t e r w a n d von der Fascia transversalis gebildet, während die M m . o b l i q u u s internus et transversus abd o m i n i s die obere u n d das L e i s t e n b a n d die u n t e r e B e g r e n z u n g darstellen. 3.1.2 Ä t i o l o g i e und Pathogenese Der i n n e r e Leistenring wird n a c h der Obliteration des Processus vaginalis peritonei (s. D e s c e n s u s testis) von parietalem P e r i t o n e u m ü b e r z o g e n . Bleibt die
Man unterscheidet je nach Lokalisation direkte und indirekte Leistenhernien. Bei Männern wesentlich häufiger als bei Frauen.
XXVII. Hernien
638
Obliteration ganz oder teilweise aus, entwickelt sich eine kongenitale indirekte (laterale) Leistenhernie (oder eine Hydrocele funiculi spermatici sive testis). Erweitert sich erst später im Leben der innere Leistenring und stülpt sich Peritoneum in den Leistenkanal vor, handelt es sich u m eine erworbene indirekte Leistenhernie. Entwicklungsstadien der Leistenhernie:
Entwicklungsstadien: • Hernia incipiens - Vorwölbung des peritonealen Bruchsackes in den Leistenkanal • Hernia completa - Austritt des Bruchsackes am äußeren Leistenring • Hernia scrotalis - Vordringen des Bruchsackes bis ins Skrotum
Schwächste Stelle der Bauchwand: Fossa inguinalis medialis.
Medial der epigastrischen Gefäße stellt die Fossa inguinalis medialis die schwächste Stelle der Bauchwand dar. Hier liegt die innere Bruchpforte der direkten (medialen) Leistenhernie, die ebenfalls am äußeren Leistenring austritt. Sie ist immer erworben und kommt wesentlich seltener vor als die indirekte Form.
Symptome: - Vorwölbung in der Leistengegend, - leichte ziehende Schmerzen.
3.1.3 Symptomatik, Diagnostik, Differentialdiagnose
Diagnose: Inspektion, Palpation am stehenden Patienten.
Therapie: bei jeder Leistenhernie Indikation zur Herniotomie. Operationsverfahren (Abb. 27-5): Verfahren von Bassini: nach Reposition des ßruchinhaltes und Abtragung des Bruchsakkes —» Rekonstruktion des äußeren Leistenringes. Sehr fester Bruchlückenverschluß durch Subkutanverlagerung des Samenstranges. Verschluß aller Bruchpforten der Leistenregion durch Anheften des M. transversus an das Lig. pubicum superius.
Komplikationen: selten.
Eine Vorwölbung in der Leistengegend oder leichte ziehende Schmerzen können die einzigen Symptome sein. Den Krankheitswert b e s t i m m e n die Komplikationen. Die Diagnose wird durch Inspektion (Vorwölbung, Hustenanprall) und Palpation (Einstülpen des Skrotums bis vor den äußeren Leistenring, Hustenanprall) am stehenden Patienten gestellt. Bei Frauen kann die Diagnose ohne Bruchgeschwulst schwierig sein. Differentialdiagnostisch sind eine Schenkelhernie, eine Hydrozele, Lymphome, Abszesse, Aneurysmen und Varixknoten abzugrenzen.
3.1.4 Therapie Jede Leistenhernie stellt mit wenigen A u s n a h m e n eine Indikation zur Herniotomie dar.
3.1.4.1 Operationsverfahren Als Standardmethode beim Erwachsenen gilt heute das meist leicht modifizierte Operationsverfahren von Bassini (1884). D a s Prinzip besteht darin, nach Reposition des Bruchinhaltes und Abtragung des Bruchsackes den Leistenkanal unter Verstärkung der Hinterwand samt innerem u n d äußeren Leistenring zu rekonstruieren (Abb. 27-5a u n d 27-5b). Die Aponeurose des M. obliquus internus abdominis wird mit dem Leistenband vernäht, wobei die erste mediale Naht am Periost des Tuberculum pubicum verankert wird. (Bei der Originalmethode werden auch die zuvor gespaltene Fascia transversalis und die Kremastermuskulatur in die Naht miteinbezogen.) Durch Subkutanverlagerung des Samenstranges (Kirschner) kann ein noch festerer Bruchlückenverschluß erreicht werden (Abb.27-5c). Der Verschluß aller Bruchpforten der Leistenregion gelingt durch A n h e f t e n des M. transversus einschließlich der Fascia transversalis an das Lig. pubic u m superius (Cooperi), einem derben Bindegewebestrang über dem Pecten ossis pubis (Abb. 27-5d) (Lotheissen, McVay). Bei Frauen kann das Lig. rot u n d u m durchtrennt werden, u m einen vollständigen Verschluß des Leistenkanals zu erzielen.
3.1.4.2 Komplikationen Zahlreiche intra- und postoperative ten:
Komplikationen
sind möglich, aber sel-
Spezielle H e r n i e n f o r m e n Samenstrang
639
der Aponeurose des M. obliquus externus M. obliquus internus Fascia transversalis
a) Bruchsack Fascia femoralia
Fascia transversalis
lastungsschnitt
Leistenband d)
« r i i Ii vur u i - n u u
Ligamentum Abb.27-5 Technik der Leistenbruchoperation. a) Mobilisation des Bruchsackes b) Rekonstruktion der Hinterwand des Leistenkanals durch Anheften der Aponeurose des M.obliquus internus an das Leistenband (Bassini) c) zusätzliche Sicherung der Bruchpforte durch Subkutanverlagerung des Samenstranges (Kirschner) d) Bruchpfortenverschluß mit Hilfe des Cooper-Ligamentes (McVay)
Durchtrennung des D. deferens (Adaptation über einer Catgut-Schiene), Verlegung der Vasa spermatica mit Hodennekrose oder -atrophie (frühzeitige
Letalitätsrate: bis 1 %, bei Inkarzeration über 10%.
Revision), Einengung der V. femoralis mit T h r o m b o s e und E m b o l i e , D a r m und Blasenläsionen mit Peritonitis, Ileus, Kotfistel, Urinfistel, W u n d i n f e k tionen, Neuralgien durch E i n k n o t e n von Nerven. Die Letalitätsrate beträgt 0 - 1 %, bei Inkarzerationen aber über 10 %. Wichtigste Spätkomplikation ist das Rezidiv
( 5 - 1 0 % ) . D i e Operation erfolgt
nach den genannten Prinzipien. U . U. kann die Transplantation von F a s c i a
Wichtige Spätkomplikation: Rezidiv (5-10%).
lata oder Kutis oder die Verstärkung durch Kunststoff erforderlich sein.
3.1.4.3 Besonderheiten im Säuglings- und Kindesalter Leistenhernien im Kindesalter werden mit einer Häufigkeit von etwa 1 - 1 0 % angegeben. M ä d c h e n sind wesentlich seltener betroffen als K n a b e n . Inkarzerationen sind häufig ( 1 0 - 1 5 %), aber nur selten bedrohlich. Die Reposition ist fast i m m e r möglich. B e i e i n e m Ovar im Bruchsack sind Repositionsversuche zugunsten einer sofortigen Operation zu unterlassen. Die Diagnose stellt die Indikation zur Operation dar. Vorübergehende K o n traindikationen sind erhebliches Untergewicht, Dyspepsien, Infekte, Hautveränderungen (Soor) oder bedrohliche Zweiterkrankungen.
Frühgeborene
werden vor der Krankenhausentlassung, beidseitige Hernien gleichzeitig operiert. D i e routinemäßige Operation der Gegenseite bei einseitiger Hernie ist umstritten. Die Operationstechnik vermeidet Verfahren m i t Verlagerung des
Samen-
stranges. N a c h zentraler Versorgung des Bruchsackhalses wird lediglich die Externusaponeurose vernäht oder der M . obliquus internus an das Leistenband geheftet. Die Operationsletalität liegt bei 0 , 0 2 - 0 , 1 % (bei Inkarzerationen bei 1 bis 2 %).
Operation im Säuglings- und Kleinkindalter: Verlagerung des Samenstranges vermeiden. Nach Versorgung des Bruchsackhalses wird Externusaponeurose vernäht oder M. obliquus internus an das Leistenband geheftet.
XXVII. Hernien
640 Femoralhernie Schenkelhernie, häufiger bei Frauen (3:1).
3.2 Femoralhernie Schenkelhernien (H. femoralis sive cruralis) stellen die zweithäufigste Bruchform dar (10 %) und treten bei Frauen häufiger auf als bei Männern (3:1).
3.2.1 Anatomie Die Bruchpforte zwischen dem Leistenband und den Beckenknochen wird durch den Arcus ileopectineus in die Lacuna musculorum und die Lacuna vasorum unterteilt. Die (typischen) Femoralhernien treten medial der Gefäße durch das Septum femorale, das sich zwischen Lig. inguinale, Lig. lacunare, dem Pecten ossis pubis bzw. dem Lig. Cooperi und der V. femoralis ausspannt (s. Abb. 27-4). Die Bauchwand besteht hier nur aus der Transversusaponeurose mit dem bedeckenden Peritoneum. Andere Austrittsstellen sind äußerst selten. Diagnose: wegen enger Bruchpforte—» häufig Inkarzeration. Repositionsversuche meist erfolglos. Gefürchtete Form: Femoralhernie als Darmwandbruch.
Therapie: Femoralhernie baldmöglichst operieren. Verschluß der Bruchlücke mit Hilfe des CooperLigamentes.
3.2.2 Symptomatik, Diagnostik Der Bruchsack ist typischerweise unterhalb des Lig. inguinale im Bereich der Fossa ovalis abzugrenzen, kann aber auch nach kranial verlagert und schwer abgrenzbar sein. Die enge und wenig nachgiebige Bruchpforte erklärt die Neigung zur Inkarzeration. Repositionsversuche sind wegen Erfolglosigkeit in der Regel zu unterlassen. Schwer zu diagnostizieren und deshalb gefürchtet ist die Femoralhernie als Darmwandbruch. Differentialdiagnostik s. Leistenhernie.
3.2.3 Therapie Jede Femoralhernie sollte baldmöglichst operiert werden. Als Kontraindikation kann nur allgemeine Inoperabilität gelten. Über einen inguinalen Zugang (leichte Präparation, sicherer Bruchpfortenverschluß) wird die Bruchlücke mit Hilfe des Cooper-Ligamentes verschlossen (s. Abb.27-5d). Die Komplikationen entsprechen denen der Leistenbruchoperation.
Hernien der vorderen Bauchwand:
3.3 Nabelhernien
Nabelhernie vorwiegend bei Frauen. Begünstigende Faktoren: - Schwangerschaft, - Adipositas, - erhebliche Gewichtsabnahme, - körperliche Belastung.
Die Nabelhernien des Erwachsenen (ca. 5 % aller Hernien) sind erworben und betreffen vorwiegend das weibliche Geschlecht. Schwangerschaft, Adipositas, erhebliche Gewichtsabnahme und körperliche Belastung gelten als begünstigende Faktoren. Beim Neugeborenen kann die physiologische Nabelhernie persistieren (20 %) oder sich vor der Ausbildung einer festen Nabelnarbe neu entwickeln. Frühgeburt, pulmonale Infekte, Passagestörungen des Darmes etc. begünstigen ihr Auftreten. Bruchpforte ist der Anulus umbilicalis, der zirkulären Faserzügen der Bauchwandaponeurose entspricht.
Bruchpforte: Anulus umbilicalis. Symptome: Bruchsack kann Netzzipfel, Dünndarm oder Dickdarm enthalten. Bei Verwachsungen der Darmschlingen: Irreponibilität.
Therapie: bei Nabelhernie prinzipiell Operation. Im ersten Lebensjahr: spontane Rückbildung möglich.
3.3.1 Symptomatik, Diagnostik Der winzige bis kopfgroße Bruchsack enthält vielfach einen Netzzipfel, bei größeren Brüchen auch Dünndarm oder Dickdarm. Verwachsungen der Darmschlingen führen zur Irreponibilität. Die klinische Diagnose ist einfach. Lediglich die Abgrenzung von einer Paraumbilikalhemie (Faszienlücke außerhalb des Nabelringes) gelingt nicht
3.3.2 Therapie Bei Erwachsenen sollte jede Nabelhernie prinzipiell operiert werden. Die Indikation relativiert sich nur bei Risikopatienten und entfällt bei Aszites oder Peritonealkarzinose. Im ersten Lebensjahr besteht nur bei relativ
Spezielle Hernienformen
a) Legen der Fäden
641
b) Fertiggestellte Fasziendoppelung
Abb.27-6 Fasziendoppelung nach Mayo.
großen Bruchsäcken oder Größenzunahme eine Operationsindikation, da spontane Rückbildung möglich ist. Das Operationsprinzip besteht darin, den Bruchsack vom Hautnabel abzulösen, nach Versorgung des Bruchinhaltes abzutragen und die Bruchpforte durch Naht zu verschließen. Bei größeren Hernien führt eine longitudinale oder transversale Fasziendoppelung (Mayo) zu größerer Bauchwandfestigkeit (Abb. 27-6). Abschließend wird der Hautnabel wieder an der Faszie fixiert. Eine querovaläre Umschneidung und Entfernung des Nabels (Omphalektomie) kann notwendig werden, wenn gleichzeitig eine Fettreduktion der Bauchwand angestrebt wird. Komplizierend sind W u n d h ä m a t o m e und Wundinfektionen mit nachfolgender Rezidivgefahr. Das Operationsrisiko der inkarzerierten Nabelhernie ist bei einer Letalitätsquote von 1 0 - 2 0 % relativ hoch, liegt bei unkomplizierten Fällen aber nur bei ca. 1 %. In etwa 3 % ist mit einem Rezidiv zu rechnen.
3.4 Nabelschnurbruch
(s. auch s.709 )
Der Nabelschnurbruch (Omphalozele 1:6000) ist Folge einer fetalen Entwicklungsstörung vor der 10. Embryonalwoche. Das extraembryonale Zölom persistiert, und die physiologische Reposition des Darms bleibt aus. Die durchsichtige Omphalozelenwand ist innen mit Peritoneum ausgekleidet und außen von Amnion bedeckt. Je nach Größe enthält sie mehr oder weniger große Anteile der Bauchorgane. Zusätzliche Mißbildungen sind häufig, Rotationsstörungen des Darmes obligat. Die Ligatur von vorliegendem Darm beim Abbinden der Nabelschnur führt ebenso wie die Ruptur der Omphalozele zu äußerst bedrohlichen Situationen. Abzugrenzen ist die Gastroschisis (1:30000), bei der durch eine Lücke (rechts) neben dem Nabel Darmanteile prolabieren. Die Behandlung beider Krankheitsbilder ist im wesentlichen gleich: Vermeidung von Auskühlung und mechanischen Schädigungen, ggf. Schockbehandlung (Wärmezufuhr, Magensonde, parenterale Ernährung, Infektionsprophylaxe). Kleine Omphalozelen werden konservativ (Mercurochrom-Pinselungen) behandelt, große oder rupturierte wie auch die Gastroschisis bedürfen der operativen Korrektur. Die Problematik liegt im Mißverhältnis zwischen der Größe der Bauchhöhle und dem Volumen der prolabierten Organe. Die Bauchwand wird primär definitiv oder provisorisch und sukzessive mit Hilfe eines Kunststoffsackes verschlossen.
3.5 Epigastrische Hernie Durch (präformierte) Lücken in der Faszie der Linea alba oberhalb des Nabels können präperitoneale Fettbürzel prolabieren (Abb. 27-7). Wenn das Peritoneum trichterförmig nachgezogen wird, entstehen echte Hernien. Werden
Operationsprinzip: Bruchsack vom Hautnabel ablösen und abtragen —* Bruchpforte durch Naht verschließen. Größere Bauchwandfestigkeit durch Faziendoppelung.
Komplikationen: - Wundhämatome, - Wundinfektion, - Rezidivgefahr. Operationsletalität: 1 %, bei Inkarzeration 10-20%. Nabelschnurbruch Durch fetale Entwicklungsstörung, Ausbleiben der physiologischen Reposition des Darms. Lebensbedrohliche Situation beim Abbinden der Nabelschnur und bei Ruptur der Omphalozele. Behandlung: operative Korrektur.
Epigastrische Hernie Prolabieren von präperitonealen Fettbürzeln durch Lücken in der Faszie oberhalb des Nabels. Echte Hernie möglich.
XXVII. Hernien
642
a)
b)
Abb. 27-7 Epigastrische Hernie. a) Querschnitt der Bauchdecke b) Prolabierter präperitonealer Fettbürzel c) Echte epigastrische Hernie mit Omentum majus im Bruchsack
Behandlung: nach Abtragung von Bruchsack oder Fettbürzel —» Verschließen der Faszienlücke.
Rektusdiastase Auseinanderweichen der Rektusmuskulatur am Oberbauch. Bei Anspannung —* Vorwölben der Bauchmuskeln über der Linea alba. Selten Indikation zur Operation, da hohe Letalitätsrate.
Spieghel-Hernie Austreten der Hernie durch eine Lücke in der Fascia spigelii.
Ausbreitung der Hernie unter der Aponeurose des Externusmuskels in Form einer interstitiellen Hernie.
diese übersehen (adipöse Bauchdecken, kleiner Fettbürzel), können erhebliche, aber meist uncharakteristische Oberbauchbeschwerden zu umfassender aber unergiebiger Diagnostik führen. Die Operationsindikation wird von der Beschwerdesymptomatik bestimmt. Nach Abtragung von Bruchsack oder Fettbürzel wird die Faszienlücke fest verschlossen. Komplikationen sind selten, Rezidive aber möglich.
3.6 Rektusdiastase Unter einer Rektusdiastase versteht man ein Auseinanderweichen der Rektusmuskulatur am Oberbauch, selten am Unterbauch. Bei Anspannung der Bauchmuskeln wölbt sich über der Linea alba ein mehr oder weniger breiter Wulst vor (definitionsgemäß keine Hernie). Die Rektusdiastase kann kosmetisch stören oder hinderlich sein. Bei einer Letalitätsrate von etwa 10 % sowie einer Rezidivhäufigkeit bis zu 75 °/o besteht nur selten eine Indikation zur operativen Behandlung (direkte Naht der Rektusscheide oder Bauchwanddoppelung).
3.7 Spieghel-Hernie 1 Die Spieghel-Hernie im weiteren Sinne tritt durch eine Lücke in der Fascia spigelii aus, j e n e m Teil der Bauchwandaponeurosen, der zwischen der Linea semilunaris spigelii (Grenzlinie zwischen muskulärem und aponeurotischem Teil des M. transversus abdominis) und dem lateralen Rand der Rektusscheide liegt (Abb. 27-8). Die Hauptaustrittsstelle liegt in Höhe der Linea arcuata, unterhalb derer das hintere Blatt der Rektusscheide fehlt. Die Hernie durchbricht die Aponeurosen des M. transversus abdominis und des M. obliquus internus und breitet sich unter der Aponeurose des Externusmuskels in Form einer interstitiellen Hernie aus (echter Bruchsack oder präperitoneales Fettgewebe). Inkarzerationen sind relativ häufig. Die Diagnose kann schwierig sein (Adipositas, 1
Adriaan van den Spieghel, genannt Spigelius, A n a t o m und Chirurg in Padua,
1578-1625
643
Spezielle Hernienformen
— Rippenbogen
Linea semilunaris Fascia spighelii Lateraler Rand der Rectusscheide
IVI transversus abdominis Μ. rectus abdominis Linea arcuata Ligamentum inguinale
Abb.27-8 Anatomie der Hernia spigelii mit häufigster Austrittsstelle (x) kleine Hernie). Differentialdiagnostisch kommen intraabdominale Erkrankungen, Bauchwandhämatome und -tumoren in Betracht. Die operative Versorgung ist unproblematisch, Rezidive sind nicht bekannt.
3.8 Lumbalhernien Bevorzugte Austrittsstellen der seltenen Lumbalhernien sind das obere und untere Lumbaidreieck zwischen der 12. Rippe und dem Beckenkamm am lateralen Rand des M. latissimus dorsi. Die Hernien können angeboren oder erworben sein und neigen zur Inkarzeration. Die Differentialdiagnose hat Abszesse und Tumoren zu berücksichtigen. Bei der immer angezeigten Operation wird die Bruchlücke mit Hilfe der Fascia lumbalis sive glutealis verschlossen. Rezidive gelten als selten.
3.9 Narbenhernien Narbenhernien als Folge einer Laparotomie entwickeln sich meist innerhalb des ersten postoperativen Jahres. Die möglichen Ursachen sind vielfältig: Adipositas, Hypoproteinämie, Anämie, Faktor-XIII-Mangel (?), Nervenverletzungen, ungünstige Schnittführung, postoperative abdominale Drucksteigerung durch Husten, Darmatonie etc. Kleine Narbenhernien sind inkarzerationsgefährdet, große eher lästig. Die Therapie kann konservativ durch eine Bandage (großer Bruch, große Bruchpforte, Adipositas, Risikopatient) oder operativ erfolgen (enge Bruchpforte, Inkarzeration, Ileus). Operative Therapie Große Hernien machen eine intensive Vorbehandlung notwendig (Gewichtsreduktion, Atemgymnastik, wiederholte Anlage eines Pneumoperitoneums). Der Eingriff selbst erfordert die typischen Schritte der Bruchoperation: Der Bruchpfortenverschluß erfolgt durch einfache Naht oder besser durch Fasziendopplung nach Mayo (s. Abb. 27-6). Verbleibt ein Fasziendefekt oder steht die Faszie unter zu starker Spannung, muß eine Überbrückung oder Entlastung angestrebt werden (Kutis, Fascia lata, lyophilisierte Dura, Kunststoffnetze). Komplikationen, wie Infektion und Fistelbildung sind geläufig. Die Letalitätsrate liegt bei 2 %, die Rezidivquote bei 10 %.
Operative Versorgung unproblematisch. Keine Rezidive. Lumbalhernien Selten. Austrittsstelle oberes und unteres Lumbaidreieck. Neigung zur Inkarzeration.
Operation immer angezeigt: Verschluß der Bruchlücke mit Hilfe der Fascia lumbalis. Selten Rezidiv. Narbenhernien Ursachen: - Adipositas, - Hypoproteinämie, - Anämie, - Nervenverletzungen, - ungünstige Schnittführung, - abdominale Drucksteigerung. Therapie: konservativ oder operativ. Kleine Bruchpforte: Inkarzerationsgefahr. Operative Therapie der Narbenhernie: Bruchpfortenverschluß durch einfache Naht, Fasziendoppelung nach Mayo oder Bauchwandplastik.
Komplikationen: - Infektionen, - Fistelbildung. - Letalitätsrate: 2%.
644
XXVII. Hernien
Brüche des kleinen Beckens:
3.10 Brüche des kleinen Beckens
Hernia obturatoria Durchtritt der Hernie durch das Foramen obturatorium und Erscheinen an der Innenseite des Oberschenkels (s. Abb. 27-4). - Starke Schmerzen, - Parästhesien, - Howship-Romberg-Zeichen. - Inkarzeration mit Ileus möglich.
3.10.1 Hernia obturatoria
Behandlung: Operation mit Laparotomie. Bruchpforte unter dem Schambein. Versorgung von Bruchinhalt und Bruchsack. Verschließen der Bruchpforte durch direkte Naht oder mit lyophilisierter Dura.
Die H. obturatoria tritt zusammen mit dem Gefäßnervenbündel (Vasa obturatoria, N. obturatorius) durch das Foramen obturatorium unter den M. pectineus und erscheint an der Innenseite des Oberschenkels (s. Abb. 27-4). Häufig sind ältere Frauen betroffen (Erschlaffung des Beckenbodens). Die Bruchgeschwulst ist wegen der starren Faszie meist klein, so daß der Bruch leicht übersehen oder mit einer Schenkelhernie verwechselt wird. Starke Schmerzen, Parästhesien am Oberschenkel und das Howship-Romberg-Zeichen (Verstärkung der Schmerzen durch Streckung, Adduktion und Innenrotation der Hüfte) gelten als pathognomonisch. Vielfach führt erst die Inkarzeration mit Ileus zur Diagnose. In diesen Fällen beträgt die Letalität 10-15%. Die Operation erfordert in der Regel eine Laparotomie. Die Bruchpforte ist ventral unter dem Schambein zu suchen. Die Versorgung von Bruchinhalt und Bruchsack steht im Vordergrund. Die Bruchpforte wird durch direkte Naht oder mit Hilfe von lyophilisierter Dura verschlossen oder auch offen gelassen. Rezidive gelten als selten.
Hernia ischiadica Selten. Bruchsackinhalt: Darm, Omentum majus, Ovar, Ureter. Symptome: Glutäaltumor, Ischialgie. Ileus, Harnstau. Operation: Verschluß der Bruchpforte durch Faszienplastiken oder Kunststoffeinsätze.
3.10.2 Hernia ischiadica In dem Bruchsack der seltenen H. ischiadica mit ihren verschiedenen Bruchpforten (Abb. 27-9) finden sich neben Darm, O m e n t u m majus und Ovar häufig Anteile des Ureters. Glutäaltumor, Ischialgie und Ileus sowie ggf. Zeichen der Harnstauung sind die wichtigsten Symptome. Bei der Operation ist der übersichtliche und weniger gefährliche transperitoneale Zugang dem glutäalen vorzuziehen. Der schwierige Bruchpfortenverschluß lateral zwischen Rektum und Blase bzw. Uterus erfolgt mit Hilfe von Faszienplastiken oder Kunststoffeinsätzen.
A. glutea sup. Μ. piriformis
A. glutea int. N. ischiadicus
Lig. sacrotuberale Abb.27-9 Bruchpforten der Hernia ischiadica. 1) H.suprapiriformis 2) H.infrapiriformis 3) H.spinotuberosa Beckenbodenbrüche Selten. Häufiger bei Frauen. Bruchsackinhalt: Dünndarm. Selten Einklemmung.
Behandlung: durch Verschluß der Bruchpforte.
3.10.3 Beckenbodenbrüche Perinealhernien sind äußerst selten (ζ. B. nach abdomino-sakrales Rektumexstirpation). Sie treten vom durch die Excavatio vesico-uterina oder hinten durch die Excavatio recto-uterina in den Beckenboden ein und sind bei Frauen häufiger als bei Männern. Sie enthalten in der Regel Dünndarm, klemmen aber nur selten ein. Differentialdiagnostisch sind Zysten und Abszesse abzugrenzen. Die Operation zielt auf einen Verschluß der Bruchpforte, ausgehend von einem transperitonealen, perinealen oder kombinierten Zugang. Rezidive sind nicht selten.
645
Literatur
3.11 Innere Bauchbrüche Bei inneren Hernien wird der Bruchsack von einer innerhalb der Bauchhöhle gelegenen Bauchfelltasche oder -faltung gebildet, in der Bauchorgane fixiert sind. Die Diagnose kann aufgrund einer Ileussymptomatik oder einer Kontrastmitteldarstellung des Darms allenfalls vermutet, aber nur durch eine Laparotomie gesichert werden. Folgende typische Lokalisationen sind bekannt: H. bursae omentalis sive par a d u o d e n a l , Η. recessus duodenalis, H. duodeno-mesocolica inf., Η. mesenterico-parietalis dextra, H. recessus ileocoecalis sup. et inf., Η. intersigmoidea, H. supravesicalis. Bei symptomatischen Hernien sollte operiert werden. Nach Rückverlagerung der Eingeweide ist der Bruchsack zu verschließen oder die Bruchpforte so zu erweitern, daß keine Einklemmung mehr möglich ist. Dabei sind Darm- und Gefäßverletzungen, die zu ernsten Komplikationen führen können, sorgfältig zu vermeiden.
3.12 Zwerchfellhernien S.Kapitel XXII./1.2.3.
Literatur Ackeren, H. van: Chirurgie der Brüche der Erwachsenen. In: Baumgartl, F., Kremer, K., Schreiber, H . W . (Hrsg.): Spezielle Chirurgie für die Praxis. Bd. II, Teil 3, pp. 1 - 8 0 , Thieme, Stuttgart 1972 Imdahl, H.: Abdominalchirurgie im Kindesalter. In: Baumgartl, F., Kremer, K , Schreiber, H. W. (Hrsg.): Spezielle Chirurgie für die Praxis. Bd. II, Teil 3, pp. 8 0 - 2 8 2 , Thieme, Stuttgart 1972 Kirschner, M.: Allgemeine und spezielle chirurgische Operationslehre. Hrsg. von Guleke, N. und Zenker, R. Bd. VII, Teil 2, Springer, Berlin-Göttingen-Heidelberg 1957 Oberniedermayr, Α., Devens, K : Bauchwand. In: Kunz, H. (Hrsg.): Operationen im Kindesalter. Bd. I, pp. 115-146, Thieme, Stuttgart 1973 Walter, K , Keller, H. P.: Hernie der Linea semilunaris (Spigelii). Chir. prax. 23 (1977/78), 207
Innere Bauchbrüche Bruchsack bildet sich aus Bauchfelltasche oder Bauchfellfaltung.
Sicherung der Diagnose: Laparotomie.
Operatives Vorgehen: Rückverlagerung der Eingeweide —» Verschluß des Bruchsackes (oder Erweiterung der Bruchpforte um Einklemmung zu vermeiden).
XXVIII. Weichteiltumoren
XXVIII. Weichteiltumoren
G. Raetzel
1. Definition und Epidemiologie Weichteiltumoren (Soft tissue tumors) wurden wegen ihrer Seltenheit und klinisch pathophysiologischen Vielfalt lange uneinheitlich klassifiziert. Erst seit der Klassifikation von Stout und Lattes 1967 und der WHO-Klassifikation von 1969 hat ein systematisches und einheitliches Verständnis dieser Tumorgruppe begonnen. Der Begriff Weichteile umfaßt alle nicht epithelialen, extraskelettären Gewebe mit Ausnahme der Glia, des retikulo-endothelialen Systems und des Stützgewebes spezifischer Organe oder der Viscera. Zu den Weichteiltumoren zählen alle benignen und malignen Tumoren, die vom Weichteilgewebe ausgehen (Tab. 28-1). Die bösartigen Geschwülste mesenchymaler Herkunft werden als Sarkome bezeichnet. Nach der Definition der W H O gehören somit die Sarkome der Knochen, der Organe und des RHS nicht zu den Weichteiltumoren. Die mesenchymalen Hauttumoren werden im Stoffgebiet der Dermatologie gesondert behandelt. Tabelle 28-1
WHO Klassifikation der Weichteiltumoren
Histogenese
Benigner Tumor
Maligner Tumor
Tumor bekannter Histogenese: fibröses Gewebe
Fibrome Fibromatosen
Dermatofibrosarcoma protuberans Fibrosarkom
Fettgewebe
Lipom
vorw. gut differenziertes Liposarkom vorw. myxoides (embryonales) Liposarkom vorw. rundzelliges Liposarkom vorw. pleomorphes (schlecht differenziertes) Liposarkom Liposarkom von gemischtem Typ
intramuskuläres (infiltrierendes) Lipom Hibernom Lipoblastomatose (fetales Lipom) diffuse Lipomatose
Glatte Muskulatur
Leiomyom Leiomyosarkom Angiomyom (vaskuläres Leiomyom)
Quergestreifte Muskulatur
Rhabdomyom
vorw. embryonales Rhabdomyosarkom vorw. alveoläres Rhabdomyosarkom vorw. pleomorphes Rhabdomyosarkom Rhabdomyosarkom vom gemischten Typ
Definition: Weichteile sind alle nicht-epithelialen extraskelettären Gewebe (mit Ausnahmen). Bösartige Geschwülste: Sarkome (nicht dazu gehörend: Sarkome der Knochen und des RHS), Tab. 28-1.
648
XXVIII. Weichteiltumoren Histogenese
Benigner Tumor
Maligner Tumor
Blutgefäße
Hämangiom
malignes Hämangioendotheliom (Angiosarkom)
intramuskuläres Hämangiom systemische Hämangiomatose Hämangiomatose mit oder ohne kongenitale arterio-venöse Fistel benignes Hämangioperizytom Glomustumor (Glomangiom) Angiomyom (vaskuläres Leiomyom) „Hämangiom" vom Granulationsgewebetyp (Granuloma pyogenicum) Lymphgefäße
Lymphangiom
Synovialgewebe Periphere Nerven
traumatisches Neurom (Amputationsneu rom) Neurofibrom Neurilemmom (Schwannom) Neurofibromatosis (v. Recklinghausen)
malignes Hämangioperizytom
malignes Lymphangioendotheliom (Lymphangiosarkom) Synovialsarkom (Malignes Synovialom) malignes Schwannom (neurogenes Sarkom, Neurosarkom) periphere Tumoren des primitiven Neuroektoderms
Pluripotentes Mesenchym
Mesenchymom
malignes Mesenchymom
Bekannter Tumor ungeklärter Histogenese:
Granularzelltumor (Granularzell-„Myoblastom")
alveoläres Weichteilsarkom (malignes organoides Granularzell-,, Myoblastom") maligner Granularzelltumor (malignes nicht-organides Granu larzell-Myoblastom) Chondrosarkom der Weichteile Osteosarkom der Weichteile
Chondrom der Weichteile Osteom der Weichteile nasales Gliom (Gangliogliom) Pacini-Tumor Myxom melanotisches Progonom (Retinalanlage-Tumor, melanotischer neuroektodermaler Tumor des Kindesalters) fibröses Hamartom des Kindesalters Xanthomgruppe Unklassifizierte Tumoren
Ätiologie und P a t h o g e n e s e
649
Inzidenz B e n i g n e u n d m a l i g n e W e i c h t e i l t u m o r e n zeigen ein sehr vielfältiges Erschein u n g s b i l d . Die I n z i d e n z r a t e der W e i c h t e i l s a r k o m e beträgt ca. 2/100 000 Einwohner. V o n allen W e i c h t e i l t u m o r e n sind etwa 2 - 5 % S a r k o m e . Der Anteil der W e i c h t e i l s a r k o m e von allen M a l i g n o m e n beträgt 2 %, obwohl das Ursprungsgewebe der W e i c h t e i l s a r k o m e , das m e s e n c h y m a l e Gewebe, ca. 85 % des Körpergewebes a u s m a c h t . A n d e r e r s e i t s g e h e n ü b e r 80 % aller bösartigen Geschwülste, die K a r z i n o m e , von epithelialen Zellen aus. Alters- und Geschlechtsverteilung W e i c h t e i l t u m o r e n treten in allen L e b e n s a l t e r n auf. Bei d e n b e n i g n e n W e i c h t e i l t u m o r e n treten H ä u f u n g e n in speziellen Altersgruppen u n d a u c h u n t e r schiedliche G e s c h l e c h t s v e r t e i l u n g e n auf. Bei d e n m a l i g n e n ist dies weniger stark ausgeprägt. Allgemein steigt das E r k r a n k u n g s r i s i k o f ü r Weichteilsark o m e mit dem Alter nur gering im G e g e n s a t z zur K a r z i n o m g e f ä h r d u n g . D a s K a r z i n o m - S a r k o m - V e r h ä l t n i s verschiebt sich in h o h e n Altersgruppen i m m e r m e h r auf die Seite der K a r z i n o m e .
2. Ätiologie und Pathogenese Die P a t h o g e n e s e der W e i c h t e i l t u m o r e n ist bis h e u t e weitgehend u n b e kannt. Zu d e n s a r k o m a t ö s e n F a k t o r e n zählen I m p l a n t a t e u n d allgemeine K a n z e r o gene, wie ionisierende Strahlen u n d chemische Substanzen. Bei d e n I m p l a n t a t e n spielen das Material, die Größe, die Verweildauer u n d die begleitende c h r o n i s c h e E n t z ü n d u n g eine b e s o n d e r e Rolle. T r a u m e n sind h ä u f i g a n a m n e s t i s c h b e k a n n t , j e d o c h k ö n n e n sie nicht f ü r die S a r k o m e n t w i c k l u n g als u r s ä c h l i c h angesehen werden. Die E n t a r t u n g gutartiger W e i c h t e i l t u m o r e n ist sehr selten m i t A u s n a h m e der Neurofibrome, i n s b e s o n d e r e k a n n die N e u r o f i b r o m a t o s e von R e c k l i n g h a u sen n a c h j a h r e l a n g e m Krankheitsverlauf in etwa 10 % in ein m a l i g n e s Schwannom übergehen. Wachstumsformen W e i c h t e i l t u m o r e n k ö n n e n in allen K ö r p e r r e g i o n e n a u f t r e t e n . N a c h ihrer a n a t o m i s c h e n Lokalisation werden periphere äußere u n d zentrale innere T u m o r e n u n t e r s c h i e d e n (Tab. 28-2).
Tabelle 28-2 Lokalisation der Weichteiltumoren Periphere äußere Tumoren
Zentrale innere Tumoren
Tumoren des Coriums - Subcutis - Faszien - Aponeurosen - Skelettmuskulatur - Sehnen - Schleimbeutel - periartikulären Gewebe - Gefäße - periphere Nerven
Tumoren im Mediastinum - Retroperitoneum - Mesenterium - Orbita
W e i c h t e i l t u m o r e n zeigen sehr u n t e r s c h i e d l i c h e s W a c h s t u m s v e r h a l t e n . M a kroskopisch sind sie oft von einer Kapsel u m g e b e n . Pathohistologisch h a b e n n u r b e n i g n e W e i c h t e i l t u m o r e n e i n e e c h t e Kapsel, viele W e i c h t e i l s a r k o m e eine sog. Pseudokapsel. Sie e n t s t e h t d u r c h Druck des u m g e b e n d e n G e w e b e s auf d e n T u m o r u n d ist nicht komplett.
Weichteilmalignome sind selten.
Erkrankungsrisiko für Weichteilsarkome steigt gering mit dem Alter.
Sarkomatöse Faktoren: Implantate, ionisierende Strahlen, chemische Substanzen.
Seltene Entartung der gutartigen Weichteiltumoren. Ausnahme: Neurofibrome (Neurofibromatose v. Reckling hausen) —* malignes Schwannom. Man unterscheidet: periphere äußere Tumoren, zentrale innere Tumoren (Tab. 28-2).
Lokalisation der Weichteiltumoren
XXVIII. Weichteiltumoren
650
Weichteiltumoren wachsen infiltrativ. Einige auch multizentrisch.
• Der Tumor wächst infiltrativ und breitet sich in kleineren Zellgruppen über die tast- und sichtbare Tumorgrenze aus. Als Wachstumsleitwege dienen speziell Faszienflächen, Muskelsepten und epineurales Bindegewebe, wie ζ. B. bei Fibrosarkomen und intramuskulären Liposarkomen. Einige Weichteiltumoren zeigen multizentrisches Wachstum. Bei den Sarkomen haben speziell das Rhabdomyosarkom und das maligne Schwannom häufig einen multizentrischen Ursprung von einem Muskelbündel oder peripheren Nerven.
Die Metastasierung erfolgt hämatogen oder lymphogen.
Metastasierung Die Metastasierungshäufigkeit schwankt erheblich. Ganz selten metastasiert das Dermatofibrosarkoma protuberans. Hingegen metastasiert das alveoläre Rhabdomyosarkom zu ca. 90 %. Die Metastasierung erfolgt hämatogen oder lymphogen. In der folgenden Auflistung sind die Tumoren mit lymphogener Metastasierung in abnehmender Reihenfolge dargestellt: - Rhabdomyosarkom - malignes Fibroxanthom - Synovialsarkom - Fibrosarkom - malignes Hämangiozytom - Hämangioendotheliom - alveoläres Weichteilsarkom - Liposarkom - malignes Lymphangioendotheliom - malignes Schwannom - Kaposisarkom.
Symptome der Weichteiltumoren plötzliches Erkennen der tastbaren Geschwulst. Ferner: - Schmerzen, - Funktionseinschränkung, - Juckreiz (selten).
3. Klinische Symptomatologie
Bei malignen Weichteiltumoren: - Gewichtsreduktion, - Leistungsknick, - Appetitlosigkeit.
Diagnose der Weichteiltumoren Sofern nicht: Hämangiome, Lipome, Lymphangiome mit Sicherheit diagnostiziert werden, sind alle anderen Weichteiltumoren als maligne anzusehen.
Wichtige Stadieneinteilung der Tumore für die Operationsplanung liefern: - Computertomogramm, - Angiographie, - Lymphangiographie.
Im frühen Stadium sind spezifische Symptome selten. Häufig imponiert plötzlich die tastbare Geschwulst. In Abhängigkeit von Lokalisation und Tumorart können Schmerzen, Funktionseinschränkung oder selten Juckreiz als Leitsymptome auftreten. Bei malignen Weichteiltumoren sind in ca. 10 % der Patienten Allgemeinsymptome, wie Gewichtsreduktion, Leistungsknick oder Appetitlosigkeit hinweisend. Selten wird ein Weichteilsarkom erst nach dem Auftreten einer Metastase diagnostiziert.
4. Diagnostik Entscheidend für die Therapie und Prognose ist die exakte patho-histologische Klassifikation. Als benigne Geschwülste können klinisch nur Hämangiome, Lipome und Lymphangiome mit großer Wahrscheinlichkeit diagnostiziert werden. Alle übrigen Tumoren sind bis zur patho-histologischen Klassifikation als maligne anzusehen. Alle klinischen und apparativ technischen Untersuchungsformen vermögen im wesentlichen nur über die Größe, Ausdehnung und Tiefeninfiltration Aussagen zu machen. Im Gegensatz zu den Organ- und Knochentumoren kann aufgrund radiologischer Untersuchungen keine sichere Aussage über die Tumorart und Dignität gemacht werden.
Therapie der Weichteiltumoren
651
Zur präoperativen Stadieneinteilung und Operationsplanung geben das Computertomogramm, die Angiographie u n d Lymphangiographie wichtige Hinweise. Zur Erstellung der pathohistologischen Diagnose m u ß deshalb der T u m o r exstirpiert oder biopsiert werden. Folgende Verfahren finden Anwendung: • Probeexstirpation, • Stanzbiopsie, • Inzisionsbiopsie. Probeexstirpation Für kleine und leicht zugängliche T u m o r e n ist die Probeexstirpation des Tumors mit einem schmalen Sicherheitssaum von 1 - 2 cm die Methode der Wahl. Die Kapsel oder Pseudokapsel soll dabei nicht zur Darstellung gelangen.
Pathohistologische Diagnose durch Biopsie: Probeexstirpation: bei leicht zugänglichen Tumoren Methode der Wahl.
Inzisionsbiopsie Als Indikationen gelten große Weichteiltumoren, die aufgrund ihrer Lokalisation entweder nicht resektabel sind oder unter Verlust substantieller Gewebeanteile reseziert werden müssen. Ebenso wie bei T u m o r e n in großen Körperhöhlen dient die Inzisionsbiopsie zur Sicherung der pathohistologischen Klassifikation und der daraus resultierenden therapeutischen Möglichkeiten.
Inzisionsbiopsie: bei großen Weichteiltumoren, die nur ungünstig rezesiert werden können.
Stanzbiopsie Die Stanzbiopsie ist bei Weichteiltumoren ein methodisch meist unzureichendes Verfahren. Der T u m o r kann der großen Biopsienadel ausweichen, oder der Gewebezylinder enthält nicht ausreichend Tumormaterial für eine definitive pathohistologische Klassifikation. Auch sind die Biopsien ohne Nachweis eines Malignoms nicht repräsentativ für den gesamten Tumor. Die Feinnadelbiopsie ist für die Weichteiltumordiagnostik ungeeignet. Sie erlaubt nur eine zytologische Beurteilung und keine histologische Klassifikation, auch nicht die sichere Beurteilung der Benignität oder Malignität. Bei der Methodenwahl zur Diagnosestellung m u ß über das grundsätzliche operationstaktische Vorgehen entschieden werden. Bei der Probeexstirpation oder Inzisionsbiopsie m u ß vorher festgelegt werden, ob anhand einer Schnellschnittuntersuchung und -diagnose die definitive einzeitige operative Therapie durchgeführt wird. Alternativ kann ein zweizeitiges Vorgehen nach einer endgültigen pathohistologischen Beurteilung erfolgen. Diese grundsätzlich unterschiedliche Verfahrenswahl ist bei der Patientenaufklärung mit allen Konsequenzen zu berücksichtigen.
Stanzbiopsie: unzureichendes Verfahren. Achtung: Biopsien sind ohne Nachweis des Malignoms nicht repräsentativ für den gesamten Tumor!
Therapie der Weichteiltumoren: diagnostisch-therapeutisches Vorgehen: einzeitig, mit Schnellschnittdiagnose —> definitive Therapie und Schnellschnittuntersuchung des exstirpierten Materials.
Anzustreben ist ein einzeitiges Vorgehen mit Schnellschnittdiagnose, definitiver Therapie und Schnellschnittuntersuchung der Exstirpations- oder Amputationsgrenzen.
5. Therapie der Weichteiltumoren 5.1 Benigne Weichteiltumoren Indikationen zur Operation eines klinisch als benigne einzuschätzenden Weichteiltumors sind: - Ausschluß eines Malignoms - kosmetische G r ü n d e - Funktionseinschränkung. Grundsätzlich sollte der T u m o r in toto mit einem schmalen Sicherheitsabstand von 1 - 2 cm im gesunden Gewebe exstirpiert werden. Eine A u s n a h m e bilden subkutane Lipome. Diese lassen sich auch enukleieren, da sie nur sehr selten rezidivieren.
Benigne Weichteiltumoren: Operationsindikation: - Ausschluß eines Malignoms, - kosmetische Grunde, - Funktionseinschränkung.
Exstirpation des Tumors in toto mit Sicherheitsabstand von 1 - 2 cm im gesunden Gewebe.
XXVIII. Weichteiltumoren
652 Bei Nachweis eines Malignoms: Nachresektion: Exzision der alten Narbe mit Sicherheitsabstand. Beispiele: 1. Lipome: Therapie durch Enukleation, Exstirpation im Gesunden.
2. Hämangiome: Operation bei Exulzeration und Größenzunahme: sparsame Exzision im Gesunden.
3. Venöses Hämangiom: Operation in Blutleere. Bei großen Tumoren: Embolisierung mittels Katheterangiographie.
4. Glomustumoren: Exzision im Gesunden.
5. Lymphangiome: bei infiltrativem Wachstum: radikale Exstirpation im Gesunden.
Maligne Weichteiltumoren
Alle exstirpierten Tumoren werden pathohistologisch untersucht. Bei Nachweis eines Malignoms muß nachreseziert werden. Die alte Narbe muß dabei vollständig mit einem Sicherheitsabstand exzidiert werden, da bei der Primäroperation eine Tumorstreuung in das Wundgebiet stattgefunden haben kann. Beispiele einiger gutartiger Weichteiltumoren Lipome: Lipome sind abgekapselte, gut lokalisierbare Tumoren bevorzugt im oberen Bereich des Stammes. Sie treten gehäuft bei Frauen im mittleren Lebensalter auf. Therapie: Enukleation bei intramuskulär wachsenden Lipomen, Exstirpation im Gesunden. Hämangiome: Hämangiome treten bevorzugt bei Mädchen in den ersten Lebensjahren auf. Lokalisation Kopf und Hals. Das kapilläre Hämangiom des Kleinkindes bildet sich häufig in den ersten 5 Lebensjahren spontan zurück. Eine Indikation zur Operation besteht nur bei Exulzeration, Größenzunahme oder aus kosmetischen Gründen. Die Operation erfolgt durch sparsame Exzision im Gesunden. Das venöse Hämangiom und das Rankenangiom mit arterio-venösen Shunts neigt zum Riesenwuchs und ist gehäuft an Extremitäten lokalisiert. Die Operation erfolgt gegebenenfalls in mehreren Sitzungen in Blutleere. Bei sehr großen Tumoren auch Embolisierung (Gelfoam, Acrylat, Plastikkügelchen) mittels Katheterangiographie. Glomustumoren: Glomustumoren treten bei Frauen aller Altersklassen auf. Die Lokalisation ist meist an den Extremitäten, besonders unter den Fingernägeln. Exzision im Gesunden. Lymphangiome: Lokalisation bevorzugt Kopf und Hals, treten besonders in den ersten Lebensjahren auf und führen zu elephantiasischen Verdickungen. Bei infiltrativem Wachstum ist nur bei radikaler Exstirpation im Gesunden eine definitive Heilung zu erwarten.
5.2 Maligne Weichteiltumoren Allgemeine Richtlinien
Folgende Richtlinien sind zu beachten:
Bei der operativen Therapie eines Weichteilsarkoms müssen die Regeln der allgemeinen Tumorchirurgie beachtet werden. 1. Der Tumor muß von vornherein mit genügendem Sicherheitsabstand exstirpiert werden (der Tumor selbst wird nicht dargestellt). 2. Der Sicherheitsabstand m u ß nach allen Seiten ausreichend sein. Als Richtwerte gelten seitlich mindestens 4 cm und in der Tiefe mindestens 2 cm. Das Hautareal über dem Weichteiltumor wird mit exzidiert. 3. Bei vorangegangener Biopsie muß das gesamte Gewebe mit der Biopsiewunde entfernt werden. 4. Beim Sitz des Tumors an einer Faszie eines Muskels oder einer Muskelgruppe ist der gesamte befallene Muskel oder die Muskelgruppe vom Ursprung bis Ansatz zu entfernen. 5. Bei Tumoren mit typisch lymphogener Metastasierung ist die lokale Lymphknotendissektion erforderlich. 6. Für periphere maligne Weichteiltumoren gibt es folgende kurative operative Therapie: - radikale Tumorexzision, Amputation.
Therapie der Weichteiltumoren
653
Entscheidend für die Therapiewahl sind: • die Tumorgröße (kleiner als 5 cm), • der Malignitätsgrad des Tumors (Wachstum, Metastasierung), • die operationstaktische Möglichkeit zur ausreichenden Radikalität. Bei Tumorwachstum an größeren Gefäßen, Nerven, Gelenken oder Knochen ist meist die Amputation indiziert. Die Amputationsgrenze m u ß oberhalb des Ursprungs befallener Muskelgruppen liegen. Daraus ergeben sich folgende Amputationslinien: Bei T u m o r e n des Fußes Unterschenkelamputation oder Knieexartikulation. Bei T u m o r e n unterhalb des Knies: mittlere Oberschenkelamputation. Bei T u m o r e n des Oberschenkels: Hüftgelenksexartikulation oder bei proximalen Oberschenkeltumoren die modifizierte Hemipelvektomie (selten). Bei T u m o r e n an Hand und Arm entsprechende Amputationsgrenzen, bei proximalen Oberarmtumoren m u ß die intraskapulo-thorakale Amputation erwogen werden. Bei T u m o r e n im Gesäßbereich ist in Abhängigkeit von der Tiefenlokalisation die radikale Muskelexstirpation oder sogar die Hemipelvektomie erforderlich. Die radikale Weichteiltumorexzision an der Thorax- oder Bauchwand m u ß jeweils alle ihre betroffenen Schichten umfassen. Zur Deckung der großen Weichteildefekte sind plastische M a ß n a h m e n erforderlich. A m Kopf und Hals sind nur unter Einschränkung radikale Exzisionen möglich. W e n n aufgrund der T u m o r a u s d e h n u n g unabhängig von der Lokalisation keine kurative Radikaloperation mehr erfolgen kann ist die palliative chirurgische Therapie, die Tumorverkleinerung neben adjuvanter Chemo- und Radiotherapie zu erwägen. Strahlentherapie Fast alle Weichteiltumoren sind strahlensensibel. Die allgemeine Problematik der Strahlentherapie liegt in der Erzielung ausreichender Strahlendosierungen im Weichteiltumor ohne irreversible Schädigung des darüber oder darunter liegenden Weichteilgewebes. Mit der Hochvolttechnik werden zunehm e n d bessere Erfolge erzielt. Die Strahlentherapie kann nach Diagnosestellung als adjuvante Therapie z u m operativen Eingriff prä- und (oder) postoperativ erfolgen. Bei inoperablen T u m o r e n bietet die Strahlentherapie eine Alternative zur Tumorverkleinerung. Die postoperative Bestrahlung wird nach Abschluß der W u n d h e i l u n g im Operationsgebiet und den regionären Lymphknoten durchgeführt. Tägliche Strahlendosis von 200 Rad über 7 Wochen, Gesamtstrahlendosis von 6 0 0 0 - 7 000 Rad. Chemotherapie Die Chemotherapie konnte bei einigen Weichteiltumoren die Prognose wesentlich verbessern. Sie wird vorwiegend als Kombinationstherapie eingesetzt. Es ist mit erheblichen Nebenwirkungen, wie Anämie, Leukozytopenie, gastrointestinalen Störungen, hämorrhagischer Zystitis, Zöliaki-Syndrom u n d Lebertoxizität zu rechnen. Die besten Ergebnisse bei der Chemotherapie wurden in der Behandlung des kindlichen Rhabdomyosarkoms erzielt. Entsprechende Erfolgsraten konnten beim Erwachsenen nicht erreicht werden. Regionale hypertherme Perfusion Die regionale hypertherme Perfusion kann an den Extremitäten nach operativer Abriegelung des Gefäßsystems erfolgen. Die befallene Extremität wird
Bei Tumoren an größeren Gefäßen, Nerven, Gelenken oder Knochen: Amputation. Amputationsrichtlinien Bei Tumoren des Fußes: Unterschenkelamputation oder Knieexartikulation. Bei Tumoren unterhalb des Knies: mittlere Oberschenkelamputation. Bei Tumoren des Oberschenkels: Hüftgelenksexartikulation. Bei Tumoren an Hand und Arm: entsprechende Amputationsgrenzen. Bei Tumoren im Gesäßbereich: radikale Muskelexstirpation oder Hemipelvektomie. Bei Tumoren an Thorax oder Bauchwand: radikale Exzision aller betroffenen Schichten.
Bei Tumoren an Kopf und Hals: radikale Exzision nur unter Einschränkung.
Strahlentherapie: Weichteiltumoren sind strahlensensibel. Mittel der Wahl: Hochvolttherapie.
Strahlenbehandlung auch als adjuvante Therapie zum operativen Eingriff. Bei inoperablen Tumoren: Tumorverkleinerung durch Strahlentherapie. Postoperative Bestrahlung: nach Abschluß der Wundheilung über 7 Wochen.
Chemotherapie: Verbesserung der Prognose. Einsatz als Kombinationstherapie. Erhebliche Nebenwirkungen möglich.
Regionale hypertherme Perfusion: Einsatz an Extremitäten nach operativer Abriegelung des Gefäßsystems. Erfahrungen bisher nur begrenzt.
XXVIII. Weichteiltumoren
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mit hyperthermen (41 CC) Zytostatika, Dosierungen lokal 6 bis lOfach höher als systemisch, durchspült. Gute Erfahrungen mit dieser Methode bisher nur in wenigen Zentren.
Prognose und Überlebensrate ist abhängig von der Art des Sarkoms und Radikalität der Primäroperation.
Beim Rezidivtumor radikale Entfernung anstreben.
Engmaschige Nachsorge mit vierteljährlichen Kontrolluntersuchungen erforderlich. 80-90% der Rezidive bis 2 Jahre postoperativ.
6. Prognose und Ergebnisse Lokale Rezidive innerhalb der ersten zwei Jahre sind meist durch unzureichende Radikalität bei der Primäroperation bedingt. Hierbei spielt die infiltrative Wachstumsform und das multilokulare Auftreten eine bedeutende Rolle. Eine weitere Ursache stellen lokal verstreute Tumorzellen dar. Rezidivtumoren neigen histologisch zur Entdifferenzierung gegenüber dem Primärtumor. Dadurch wächst die Gefahr der Metastasierung. Bei der Operation des Rezidivtumors muß ausreichende Radikalität angestrebt werden. Bei peripheren Tumoren ist meist die Amputation indiziert. Die 5-Jahres-Überlebensraten nach kurativer Therapie wurden beim myxoiden Liposarkom und gut differenziertem Lipo- und Fibrosarkom mit ca. 80 %, beim Synovialsarkom, malignen Schwannom, alveolären Weichteilsarkom und schlecht differenzierten Fibrosarkom mit 4 0 - 5 0 % und für die anderen Tumoren mit weniger als 30 %, beim Rhabdomyosarkom mit 1 0 - 1 5 % angegeben. Nachsorge Innerhalb der ersten zwei postoperativen Jahre treten 8 0 - 9 0 % aller Rezidive auf. Aus diesem Grunde ist eine engmaschige Nachsorge mit vierteljährlichen Kontrolluntersuchungen erforderlich. Nach dem zweiten postoperativen Jahr können die Untersuchungsabstände auf ein % und später auf 1 Jahr ausgedehnt werden.
XXIX. Endokrine Chirurgie
XXIX. Endokrine Chirurgie
G. Görtz, B. Semsch
1. Schilddrüse
Schilddrüse
1.1 Anatomische und physiologische Grundlagen Die Schilddrüse entwickelt sich aus dem Entoderm und ist in der embryonalen Phase zunächst am Mundboden angelegt. Von dort wandert sie in die Halsregion, wo sie unterhalb des Schildknorpels auf der Trachea aufliegend ihren endgültigen Platz einnimmt. Das Organ wird in einen rechten und linken Lappen unterteilt, die durch den Schilddrüsenisthmus miteinander verbunden sind. Im Isthmusbereich findet sich nicht selten ein Lobus pyramidalis, der als Rest der Schilddrüsenwanderung vom Zungengrund bis zur Halsregion isoliert oder auch in Verbindung mit der Schilddrüse vorhanden sein kann. Bei nicht vollständig obliteriertem Ductus thyreoglossus können mediane Halsfisteln oder Zysten entstehen. Die Blutversorgung der Schilddrüse wird durch jeweils zwei Arterien von jeder Halsseite gewährleistet: die A. thyreoidea superior aus der A. carotis externa und die A. thyreoidea inferior aus dem Truncus thyreocervicalis. Die A. thyreoidea inferior unterkreuzt die A. carotis communis. Die Schilddrüse liegt in enger Nachbarschaft zur A. carotis communis und zum N. recurrens, der dorsal von der Schilddrüse zum Hypopharynx verläuft (Abb. 29-1). Die Schilddrüse ist eine inkretorische Drüse, die in ihren Follikeln die Hormone Trijodthyronin und Thyroxin produziert. Sie nimmt in der Steuerung der Stoffwechselaktivität des Gesamtorganismus eine zentrale Stellung ein. Im Mittelpunkt des Schilddrüsenhormonstoffwechsels steht das Jod. Die Hormonsynthese vollzieht sich in mehreren Schritten (Abb. 29-2):
A.thyroidea superior A. thyroidea inferior N. recurrens
N. vagus
Abb.29-1 Normale Lage der Schilddrüse
Enge Nachbarschaft zum N. recurrens. Schilddrüse ist inkretorische Drüse mit Produktion der Hormone: Trijodthyronin, Thyroxin. Die Hormonsynthese umfaßt mehrere Schritte:
XXIX. Endokrine Chirurgie
656
Abb.29-2 Stoffwechsel der Schilddrüse
1. Die Jodination (Aufnahme des Jodid in die Follikelzelle). 2. Die Jodisation (Jodierung des Thyreoglobulins). 3. Organifikation (Speicherung des jodierten Thyreoglobulins im Kolloid). 4. Hormoninkretion (Sekretion von Hormonen in die Blutbahn). 5. Periphere Hormonkonversion (Dejodierung von T4 zu T3 oder rT3 in der Peripherie).
Der tägliche Bedarf von etwa 100 pg Jod wird mit der Nahrung aufgenommen und passiert als Jodid die Basalmembran der Follikelepithelzelle (s. Abb. 29-2a). In der Follikelzelle wird das Jodid durch Peroxidasen in das elementare Jod überfuhrt. Mit Hilfe von Peroxidasen wird in der Schilddrüse das Thyreoglobulin jodiert. Innerhalb eines Eiweißmoleküls entstehen auf diese Weise nebeneinander Monojod- und Dijodthyrosine. Durch intramolekulare Kopplung von zwei Thyrosinen entstehen die Jodthyronine Trijodthyronin (T3) und Tetrajodthyronin (T 4 ). Das jodierte Thyreoglobulin wird im Follikellumen der Schilddrüse gespeichert (Organifikation). Der Kolloidreichtum ist eine Größe für den Hormonvorrat, aus dem bei Bedarf die Schilddrüsenhormone abgerufen werden können. Durch TSH-Stimulation werden kleine Kolloidtröpfchen mit T h y r e o g l o b u l i n erneut in die Follikelzelle aufgenommen (Endozytose), wo sie sich mit Lysosomen vereinigen und von der apikalen Zellseite zur Basalmembran in Richtung Blutgefäße wandern. Proteolytische Enzyme aus den Lysosomen spalten während der Wanderung das Thyreoglobulin in Jodthyrosine und Jodthyronine auf. Das dabei freiwerdende Thyroxin und das Trijodthyronin werden in die Blutbahn abgegeben (Hormoninkretion), die Jodthyrosine dagegen werden größtenteils intrathyreoidal wieder dejodiert und bleiben in der Follikelzelle. Die täglichen Inkretionsraten der Schilddrüse betragen für das L-Thyroxin (T4) etwa 87 μg> für das L-Trijodthyronin (T3) etwa 10 μg und für das Reverse-T 3 (rT3) etwa 1 % der Thyroxinmenge. Im Blut werden die Hormone überwiegend an thyroxinbindendes Globulin (TBG), an das thyroxinbindende Präalbumin (TBPA) und Serumalbumin gebunden und transportiert. Die Halbwertszeit für das Thyroxin beträgt infolge der stärkeren Eiweißbindung etwa 7 Tage und die Halbwertszeit des T 3 2 Tage. Vom T 4 liegen nur etwa 0,03 % als freies Thyroxin und vom T 3 etwa 0,3 % in freier Form vor. Die größte biologische Aktivität besitzt das T 3 , welches die Glukoseutilisation, Lipolyse, Proteinsynthese, somatische Entwicklung und die thyreotrope Hypophysenfunktion am stärksten beeinflußt. Aus dem Thyroxin wird in der Peripherie das stoffwechselaktive T 3 und das stoffwechselinaktive Reverse-T 3 durch Dejodierung gebildet (periphere
Schilddrüse
657
Hormonkonversion). Auf diese Weise entstehen täglich etwa 25 Mg T 3 außerhalb der Schilddrüse. Bei schweren infektiösen u n d mit Schock einhergehenden Erkrankungen verläuft die Konversion vom T 4 vorübergehend vermehrt z u m biologisch inaktiven rT 3 .
1.2 Operationsverfahren Die Schilddrüse wird durch den Kocher'-Kragenschnitt (2 Querfinger oberhalb des Jugulum) freigelegt. Die Durchtrennung der kurzen geraden Halsmuskeln (M. stemohyoideus und M. sternothyreoideus) gibt einen übersichtlichen Zugang zur Schilddrüse, besonders beim größeren Kröpf. Bisweilen kommt man ohne quere Muskeldurchtrennung aus, wenn die Faszie zwischen den Halsmuskeln längs gespalten wird. Bei weit retrosternal liegender Struma muß u. U. eine zusätzliche mediane Sternotomie ausgeführt werden. Die Ausdehnung der Operation richtet sich nach Art der Schilddrüsenerkrankung (ζ. B. Struma maligna, toxisches Adenom usw.) und Größe des Kropfes. Die A. thyreoidea superior mit den begleitenden Venen wird nach Ligatur durchtrennt. Die Unterbindung der A. thyreoidea inferior ist nicht immer notwendig (Gefahr der Rekurrens-Verletzung). Nach Beendigung der Operation kosmetisch gute Hautnaht! Es gibt folgende Operationsverfahren: - Enukleation: Ein isolierter Knoten (Zyste, toxisches Adenom) wird aus dem Schilddrüsengewebe herausgeschält, wobei eine sorgfältige Blutstillung vorgenommen wird. Die Kapsel wird mit fortlaufender Naht zur Blutstillung verschlossen. - Schilddrüsenresektion: Das Schilddrüsengewebe wird ein- oder beidseitig partiell entfernt bis auf einen Rest von etwa 2 x l x l cm. Es werden Teile im dorsalen Abschnitt der Schilddrüse inklusive der hinteren Kapsel zurückgelassen. Typischer Eingriff für die euthyreote oder hyperthyreote Struma. - Schilddrüsenexstirpation (Thyreoidektomie): Totalentfernung der gesamten Schilddrüse, ζ. B. bei der Struma maligna. Große Gefahr der Rekurrens-Verletzung und der unbeabsichtigten Mitentfernung von Nebenschilddrüsen. Beim metastasierenden Schilddrüsenkarzinom müssen regionäre Lymphknoten mit ausgeräumt werden (nec dissection).
1.2.1 Typische postoperative Komplikationen Nachblutungen erfordern immer die sofortige Reintervention, da durch Trachealkompression (Hämatom!) eine akute Atemnot auftreten kann. Mit einer einseitigen Rekurrensparese ist je nach Ausdehnung der Operation und Größe der Schilddrüse in etwa 1 - 1 0 % zu rechnen. Besonders häufig ist die Rekurrensparese bei Rezidivoperationen und beim Schilddrüsenkarzinom (s. S. 668). Eine postoperative Tetanie kann nach partieller oder totaler Entfernung der Epithelkörperchen beobachtet werden. Häufigkeit nach Schilddrüsenexstirpation bis zu 5 %. Die Operationssterblichkeit bei Patienten mit euthyreoten Kröpfen und bei gut vorbereiteter hyperthyreoter Struma ist praktisch Null.
1
T h e o d o r Kocher, Bern (1841-1917), Nobelpreisträger (1909)
Operationsverfahren: Freilegung durch den Kocher-Kragenschnitt —* Durchtrennung der kurzen geraden Halsmuskeln —»übersichtlicher Zugang zur Schilddrüse.
Operationsverfahren: Enukleation: Herauspräparieren eines isolierten Knotens aus dem Schilddrüsengewebe. Schilddrüsenresektion: Entfernung von Schilddrüsengewebe einoder beidseitig bis auf geringen Rest.
Schilddrüsenexstirpation (Thyreoidektomie): Totalentfernung der gesamten Schilddrüse.
Postoperative Komplikationen: Nachblutung —> Trachealkompression mit akuter Atemnot. Einseitige Rekurrensparese, besonders bei Rezidivoperation und Schilddrüsenkarzinom.
Postoperative Tetanie.
Operationsletalität praktisch Oi
658 Schilddrüsenentzündungen Ursachen: bakteriell, viral, radiogen, traumatisch, auto immun. Einteilung:
XXIX. Endokrine Chirurgie
1.3 Schilddrüsenentzündungen Ursachen: Sie können bakteriell, viral, radiogen, traumatisch oder autoimmunogen bedingt sein und lokal oder diffus auftreten. Einige chronische Verlaufsformen sind ätiologisch ungeklärt. Einteilung: Je nach Ursache und morphologischem Bild werden folgende Schilddrüsenentzündungen unterschieden:
- Die akute Thyreoiditis (diffus oder fokal) bakteriell, viral, radiogen, traumatisch. - Subakute Thyreoiditis (diffus oder fokal), ζ. B. De Quervain. - Chronische Thyreoiditis lymphozytär (Autoimmunthyreoiditis) in Verbindung mit einer Struma, ζ. B. Hashimoto; fibrös, ζ. B. Riedelstruma; spezifisch (Tuberkulose, Lues). Akute Thyreoiditis Symptome:
Struma, hohes Fieber, Schmerzhaftigkeit, Rötung, Heiserkeit, hohe BSG, Leukozytose. Verschiedene Ursachen möglich. Diagnose: Sonographie, Punktion, Szintigramm.
Therapie: - Antibiotika, - L-Thyroxin, - operative Eröffnung. Subakute Thyreoiditis Symptome: - Struma, - BSG-Beschleunigung, - Druckgefühl.
Diagnose: - Punktionszytologie, - Szintigraphie, - Funktionskontrolle, - Erhöhung verschiedener Titer. Therapie: - thyreostatisch, - Hormonsubstitution mit L-Thyroxin - Operation bei unklarer Zytologie (Malignom). Nachuntersuchung: - Funktionskontrolle, - Morphologie. Differentialdiagnose beachten!
1.3.1 Akute Thyreoiditis Symptome: Struma, hohes Fieber, Schmerzhaftigkeit und Rötung, Heiserkeit, hohe Blutsenkungsgeschwindigkeit, Leukozytose. Ursachen: bakteriell, viral, radiogen, traumatisch, septische Metastase im Rahmen einer allgemeinen Sepsis. Diagnostik: Bei Verdacht auf eine eitrige Einschmelzung in der Schilddrüse erfolgt die Abklärung durch Sonographie und durch Punktion. Nach Abklingen der akuten Entzündungszeichen erfolgt die Funktionskontrolle und ein Szintigramm. Therapie: Antibiotika, 100 Mg L-Thyroxin, bei einschmelzendem eitrigem Prozeß (Abszeß!) operative Eröffnung unter gleichzeitiger Antibiotika- und Thyroxin-Therapie. Prognose: Rasche Abheilung unter konservativer Therapie. 1.3.2 Subakute Thyreoiditis Als besondere Form ist die Riesenzell-Thyreoiditis (de Quervain) bekannt. Symptome: Meist fehlen akute Entzündungszeichen, nachweisbar sind Struma und BSG-Beschleunigung, Druckgefühl. Nach einer vorübergehenden Überfunktion kann eine leichte Unterfunktion auftreten, die sich bald normalisiert. Ätiologie: wahrscheinlich Virusinfekte (Mumps, Grippe-, Coxsackie-Virus). Diagnostik: Punktionszytologie, Szintigraphie, Funktionskontrolle, Titer gegen Mumps-, Masern-, Adeno-, Coxackie- oder Echo-Viren können erhöht sein. Therapie: Je nach Funktionszustand vorübergehend thyreostatisch oder Hormonsubstitution mit 100 Mg L-Thyroxin, Operation nur bei unklarer Zytologie (Malignom!). Nachuntersuchungen sind notwendig; sie beziehen sich auf die Funktionskontrolle und auf die Morphologie (Abnahme der Lymphozyten zeigt die Normalisierung an). Die Prognose ist günstig. In der Regel tritt Heilung unter konservativer Therapie nach kurzer Zeit ein. Differentialdiagnostisch ist die Post-partum-Thyreoiditis bei Frauen abzugrenzen. Die Symptomatik verläuft funktionell und morphologisch ähnlich wie bei der de Quervain-Thyreoiditis, von der sie durch den Nachweis von Schilddrüsenantikörpern unterschieden werden kann. Die Prognose ist gün-
Schilddrüse
659
1.3.3 C h r o n i s c h e T h y r e o i d i t i s
Chronische Thyreoiditis
Formen: N a c h G e n e s e u n d m o r p h o l o g i s c h e r Struktur werden die H a s h i m o t o - T h y r e o i d i t i s u n d die „eisenharte" R i e d e l s t r u m a u n t e r s c h i e d e n . Die Urs a c h e n sind n i c h t b e k a n n t , möglicherweise A u t o i m m u n e r k r a n k u n g .
Man unterscheidet:
1.3.3.1
Hashimoto-Thyreoiditis - Vorliegen einer Struma, - erhöhte BSG, - positiver Schilddrüsenantikörpernachweis,
Hashimoto-Thyreoiditis
( S t r u m a H a s h i m o t o , A u t o i m m u n - T h y r e o i d i t i s , Thyreoiditis l y m p h o m a t o s a ) . S y m p t o m e : Meist liegt eine S t r u m a vor. F e r n e r e r h ö h t e Blutsenkungsgeschwindigkeit, positiver S c h i l d d r ü s e n a n t i k ö r p e r n a c h w e i s , morphologisch massive lymphozytäre Infiltration.
- massive lymphozytäre Infiltration.
Diagnostik: F u n k t i o n s k o n t r o l l e , Sonographie, Punktionszytologie, erhöhter Titer der T h y r e o g l o b u l i n - A n t i k ö r p e r u n d / o d e r m i k r o s o m a l e n . Antikörper. S c h i l d d r ü s e n a n t i k ö r p e r richten sich entweder gegen das Z y t o p l a s m a der Epithelzellen der Schilddrüsenfollikel (mikrosomales Antigen), oder gegen die im Kolloid der Follikel v o r h a n d e n e n A n t i g e n e (Thyreoglobulin, Kolloidantigen = CA2).
Diagnose: - Funktionskontrolle, - Sonographie, - Funktionszytologie, - erhöhter Titer Thyreoglobulin-Antikörper, - mikrosomale Antikörper.
Therapie: Konservativ, je n a c h F u n k t i o n s l a g e n u r mit Schilddrüsenhormonen oder in V e r b i n d u n g mit Thyreostatika möglichst V e r h i n d e r u n g einer Hypothyreose.
Therapie: - Schilddrüsenhormone, - Thyreostatika. Bei Schilddrüsenkarzinom: in Zweifelsfällen Operation.
Ein persistierender erhöhter Antikörper-Titer weist auf eine progrediente Destruktion des Organs hin. Bei H a s h i m o t o - T h y r e o i d i t i s ist eine h ö h e r e Inzidenz von Schilddrüsenkarzinom b e o b a c h t e t worden, so d a ß bei b e s t e h e n d e n Zweifeln die Operation e m p f o h l e n werden m u ß . 1.3.3.2 S t r u m a f i b r o s a ( e i s e n h a r t e R i e d e l s t r u m a ) Ihre U r s a c h e ist u n b e k a n n t . Symptome: sehr derbe S t r u m a , erhöhte B S G , m o r p h o l o g i s c h interstitielle Fibrose. D i a g n o s e : F u n k t i o n s k o n t r o l l e , S c h i l d d r ü s e n z i n t i g r a m m , BSG, P u n k t i o n s z y tologie. Therapie: Substitution mit Schilddrüsenhormonen. Da eine sichere A b g r e n z u n g zu m a l i g n e n V e r ä n d e r u n g e n o h n e Serienschrittu n t e r s u c h u n g e n nicht möglich ist, wird m a n in der Regel eine subtotale Schilddrüsenresektion d u r c h f ü h r e n m ü s s e n . Prognose: Die m e i s t progrediente Fibrosierung f ü h r t zu einer U n t e r f u n k t i o n , deswegen ist eine lebenslange H o r m o n s u b s t i t u t i o n erforderlich.
1.4 Blande (euthyreote) Struma Definition: Die S t r u m a ist eine f u n k t i o n e l l bedingte Vergrößerung der Schilddrüse, als Anpassungsvorgang zur E r h a l t u n g des H o r m o n g l e i c h g e wichts. N i c h t f u n k t i o n e l l b e d i n g t e S t r u m e n treten bei Schilddrüsenentzündungen oder Schilddrüsenkarzinomen auf. Die Schilddrüse ist sieht- u n d tastbar vergrößert. Einteilung: Die euthyreote S t r u m a k a n n als diffuse oder knotige S t r u m a a u f t r e t e n . Die o r t h o t o p e Lage des Organs ist im Halsbereich begrenzt d u r c h d e n Kehlkopf u n d das J u g u l u m sowie beidseitig d u r c h d e n R a n d des M. stern o c l e i d o m a s t o i d e u s . Es gibt dystopische Lagen u n d zwar m e d i a s t i n a l , intrathorakal, a m Z u n g e n g r u n d , intratracheal u n d als S t r u m a ovarii. Als U r s a c h e n f ü r knotige V e r ä n d e r u n g e n k o m m e n Zysten, Blutungen, horm o n e l l inaktives G e w e b e oder A d e n o m e als h o r m o n e l l aktives G e w e b e infrage. Symptome: meist tastbare knotige V e r ä n d e r u n g e n im Halsbereich, Kloßgefühl, bei größeren S t r u m e n L u f t n o t , E i n e n g u n g von Ö s o p h a g u s u n d Trachea, obere E i n f l u ß s t a u u n g , Schluckstörungen, Rekurrensparese.
Struma fibrosa Symptome: - derbe Struma, - erhöhte BSG, - interstitielle Fibrose (morphologisch).
Therapie: Substitution mit Schilddrüsenhormon, bei fehlender Abgrenzung zu Malignität: Schilddrüsenresektion. Lebenslange Hormonsubstitution notwendig.
Blande Struma funktionell bedingte Vergrößerung der Schilddrüse als Anpassungsmechanismus zur Erhaltung des Hormongleichgewichtes. Nicht funktionell bedingte: - bei Schilddrüsenentzündung, - bei Schilddrüsenkarzinom. Einteilung in diffuse oder knotige Struma. Ursachen: - Zysten, - Blutungen, - hormonell inaktives Gewebe, - Adenom. Symptome: - Kloßgefühl, - Luftnot, - Einengung von Ösophagus und Trachea, - obere Einflußstauung, - Schluckstörung, - Rekurrensparese.
XXIX. Endokrine Chirurgie
660 Diagnose: Anamnese, Halsumfang, Seitendifferenz, Lage, Größe, Form und Konsistenz, Schluckverschieblichkeit, Druckempfindlichkeit, Venenstauung, regionäre Lymphome.
Diagnose: Die Anamnese gibt bereits wichtige Hinweise, ζ. B. Dauer der Erkrankung, Verhalten der Schilddrüsengröße mit knotigen oder diffusen Veränderungen, Kloßgefühl, Schluckstörungen, Sprechstörungen, Atemnot, Beklemmungen, Herzjagen, Pulsfrequenz, Gewichtsabnahme, Angstgefühle, Wärmeintoleranz, Appetit. Wichtig sind Halsumfang, Seitendifferenz, Lage, Größe, Form und Konsistenz, Schluckverschieblichkeit, Druckempfindlichkeit, Venenstauung, regionäre Lymphome.
U ntersuchungsmethoden:
1.4.1 Untersuchungsmethoden
Funktionsdiagnostik: Messung von T 3 und T 4 im Serum.
Funktionsdiagnostik: direkte oder indirekte Messung der Schilddrüsenhormone T 3 und T 4 im Serum. TRH-Test: Durch intravenöse, orale oder nasale Applikation von TRH kann die Freisetzung von TSH aus dem Hypophysenvorderlappen stimuliert werden. Der fehlende Anstieg von TSH nach TRH-Gabe (negativer TRH-Test) spricht für eine hyperthyreote Funktionslage. Lokalisationsdiagnostik: Der klinische Tastbefund läßt sich durch das Schilddrüsen-Szintigramm und durch Sonographie objektivieren. Das Schilddrüsen-Szintigramm zeigt die Lokalisation der Schilddrüse, ihre Größe und Form, sowie die funktionelle Aktivität in den verschiedenen Arealen. Die Durchführung erfolgt mit dem kurzlebigen Radionukleid 99m-TcPertechnat. Mit dieser Technik können Knoten bis zu einer Größe von 0,5 cm nachgewiesen werden. Nur in Ausnahmefällen findet das Radiojodszintigramm bei der Hyperthyreose oder bei der Metastasensuche beim Schilddrüsenkarzinom Anwendung. Wenn sich im normalen Szintigramm nur eine einseitige Speicherung findet, ist ein sog. übersteuertes Szintigramm
TRH-Test: fehlender Anstieg von TSH nach TRH-Gabe: hyperthyreote Funktionslage. Lokalisationsdiagnostik: - Tastbefund, - Schilddrüsenszintigramm, - Sonographie. Schilddrüsen-Szintigramm: Lokalisation, Größe, Form, funktionelle Aktivität verschiedener Areale.
Abb.29-3 Szintigraphische Befunde bei verschiedenen Schilddrüsenfunktionen
Schilddrüse
661
erforderlich. Dabei wird das primär speichernde Areal abgedeckt und ein Szintigramm mit höherer Empfindlichkeit im übrigen Bereich erneut aufgezeichnet. Auf diese Weise läßt sich eine beidseitig angelegte, aber durch Autonomie partiell supprimierte Schilddrüse darstellen (Abb. 29-3). Beim Verdacht auf ein autonomes, noch kompensiertes Adenom stellt sich neben einem vermehrt speichernden Areal (meist auch als Knoten tastbar) das restliche Schilddrüsengewebe schwächer dar. Zum Nachweis eines autonomen Knotens führt man ein zweites Schilddrüsenszintigramm nach vorheriger Gabe von Thyroxin (1 Woche lang 100-150 μg L-T 4 /die) durch (Suppressions-Szintigramm). Unterliegt das umliegende Schilddrüsengewebe dem normalen Regelkreis, so ist jetzt keine perinoduläre Speicherung mehr vorhanden. Besteht jedoch perinodulär ebenfalls eine Autonomie, so ist die Suppression nicht möglich (s. Abb. 29-3). Wegen der exponierten Lage, fehlender Organ- und Luftüberlagerungen eignet sich die Schilddrüse besonders gut für eine sonographische Untersuchung. Mit dieser Technik gelingt eine dreidimensionale Darstellung der Schilddrüse. Sie kann in Ergänzung zur Szintigraphie zusätzliche Informationen liefern, ζ. B. die Zuordnung eines Knotens zur Schilddrüse, Nachweis von nicht tastbaren, intrathyreoidalen Knoten, Differenzierung zwischen soliden und zystischen Veränderungen, Beurteilung der Größe (wichtig für die Verlaufskontrolle) oder von proliferativen Strukturen in einer Zystenwand. Röntgenologische Untersuchungen: Die Übersichtsaufnahme des Thorax zeigt eine Verdrängung und Einengung der Trachea, ferner pulmonale oder ossäre Veränderungen im Thoraxbereich als Hinweis für eine Metastasierung beim Schilddrüsenkarzinom. Das Hypopharyngogramm liefert nicht nur Hinweise für eine die Verdrängung und Einengung der Trachea bzw. der Speiseröhre, sondern auch über infiltrative Prozesse im Bereich des Hypopharynx. Morphologische Diagnostik: Die Feinnadelpunktion einer knotigen Veränderung gehört zur Routine bei jedem, nicht speichernden (kalten) Knoten. Beim Zusammentreffen einer unauffälligen Zytologie und langjähriger Anamnese besteht keine Operationsindikation. Ein Karzinomausschluß ist durch die Punktionszytologie nicht möglich. Therapie: Die blande Struma wird nur operiert, wenn aufgrund der Anamnese, des klinischen Befundes oder der Zytologie ein Karzinomverdacht besteht, ferner bei hochgradiger Einengung der Trachea oder Einflußstauung. Eine Operation ist auch dann angezeigt, wenn sich während einer hormonellen, konservativen Therapie die Struma weiter vergrößert. Konservativ behandelt man durch Hormon-Substitution (L-Thyroxin 5 0 - 1 0 0 pg/die). Sie soll ein weiteres Strumawachstum verhindern.
Sonographie: dreidimensionale Darstellung des Organs. Ergänzung zur Szintigraphie: - Zuordnung eines Knotens zur Schilddrüse, - Nachweis von nicht tastbaren intrathyreoidalen Knoten, - Differenzierung zwischen soliden und zystischen Veränderungen, - Größenbeurteilung, - Struktur in einer Zystenwand. Röntgenologische Untersuchung: Übersichtsaufnahme des Thorax: - Verdrängung und Einengung der Trachea, - pulmonale oder ossäre Veränderungen im Thoraxbereich, - Hinweis auf Metastasierung beim Schilddrüsenkarzinom. Morphologische Diagnostik: —> Nadelpunktion. Kein Karzinomausschluß möglich. Indikation zur Operation bei: - Karzinomverdacht, - hochgradiger Einengung der Trachea, - Einflußstauung, - Vergrößerung der Struma bei konservativer Therapie. Konservative Therapie: Hormon-Substitution.
1.4.2 Nachbehandlung Nach jeder operativen Verkleinerung der Schilddrüse kann ein erneutes Wachstum auftreten. Ist eine bösartige Neubildung histologisch ausgeschlossen, wird postoperativ zur Strumarezidivprophylaxe eine Hormonsubstitution mit 100 pg L-Thyroxin lebenslang durchgeführt.
1.5 Hyperthyreose
Hyperthyreose
Einteilung: Wir unterscheiden folgende Formen der Hyperthyreose:
Folgende Formen werden unterschieden:
1. Hyperthyreosen ohne endokrine Ophthalmopathie und ohne Schilddrüsenantikörper (diffuse Autonomie, solitäre und multilokuläre Autonomie - autonomes Adenom).
XXIX. Endokrine Chirurgie
662
2. Hyperthyreosen mit oder ohne endokrine Ophthalmopathie bzw. Schilddrüsenantikörpern (Morbus Basedow). 3. Hyperthyreose durch TSH oder TSH-ähnliche Aktivitäten = sekundäre Hyperthyreose (Hypophysenvorderlappen-Adenom, paraneoplastisches Syndrom). 4. Hyperthyreosis factitia = artefizielle Hyperthyreose (ζ. B. nach Applikation von Schilddrüsenhormonen). 1. Autonomes Adenom Noduläre Schilddrüsenveränderung, Hormonproduktion unterliegt nicht dem Regelkreis. Diagnose durch Schilddrüsenszintigramm —>Suppressionstest —> übersteuertes Szintigramm.
2. Morbus Basedow Autoimmunerkrankung mit diffuser Struma, Exophthalmus und Schilddrüsenantikörper oder eines beider Symptome.
Symptome: - Zeichen nach Stellwag, Graefe und Moebius, - Merseburger Trias, - Herzjagen, Angstgefühl, - schlechter Schlaf, - vermehrter Appetit, - gesteigerte Nervosität, - Haarausfall, - Gewichtsverlust, - Wärmeintoleranz. Diagnose: Bestimmung von T 3 , T 4 , TRH-Test, Lokalisationsdiagnostik mit Szintigraphie, Bestimmung von Schilddrüsenantikörpern. 3. Therapie der Schilddrüsenüberfunktion: Operationsindikation für alle autonomen Knoten. Alternativ: Radiojodbehandlung (Abb. 29-4). Für Gesamtautonomie und Basedow-Hyperthyreose: Operation erst nach einjähriger thyreostatischer Behandlung, da Spontanremission möglich. Radiojodtherapie: Alternative zur Operation bei allen Hyperthyreoseformen, besonders bei Rezidiv.
1.5.1 Autonomes Adenom Das autonome Adenom ist eine noduläre Schilddrüsenveränderung, deren Hormonproduktion nicht dem Regelkreis unterliegt. Beim kompensierten autonomen (warmen) Adenom ist im Schilddrüsenszintigramm (s. Abb. 29-3) neben dem Knoten auch im paranodulären Gewebe eine Speicherung vorhanden. Die Hormone wurden sowohl vom autonomen als auch vom umliegenden normalen Gewebe gebildet. Die Hormonkonzentrationen im Serum liegen im Normbereich. Zum Ausschluß einer gleichzeitig vorliegenden Autonomie im paranodulären Gewebe wird ein Suppressionstest (s. S. 660) durchgeführt. Das dekompensierte autonome (heiße) Adenom speichert die Radioaktivität ausschließlich im Knoten (s. Abb. 29-3). Der Nachweis des supprimierten paranodulären Gewebes erfolgt mit einem übersteuerten Szintigramm (s. S. 660). Die Schilddrüsenhormonwerte im Serum sind in der Regel erhöht.
1.5.2 Morbus Basedow Definition: Der Morbus Basedow ist eine genetisch determinierte Autoimmunerkrankung mit diffuser Struma in Verbindung mit dem einzelnen oder kombinierten Auftreten von Exophthalmus und Schilddrüsenantikörpern. Symptome: Meist findet sich eine Struma mit Herzjagen, Angstgefühl, schlechtem Schlaf, vermehrtem Appetit, gesteigerter Nervosität, Haarausfall, Gewichtsverlust, Wärmeintoleranz, Merseburger Trias (Struma, Exophthalmus, Tachykardie), Zeichen nach Stellwag (seltener Lidschlag), nach Graefe (Zurückbleiben des Oberlids beim Blick nach unten) und nach Moebius (Konvergenzschwäche). Diagnose: Wichtig sind eine Funktionsdiagnostik mit Bestimmung der peripheren Hormone (T3 und T 4 , TRH-Test) und eine Lokalisationsdiagnostik mit Szintigraphie und ggf. Suppressionstest oder übersteuertem Szintigramm (s.S. 660). Unerläßlich ist die Bestimmung von Schilddrüsenantikörpern, (TSH-bindendes inhibierendes Immunoglobulin = TBII, mikrosomale Antikörper, Thyreoglobulinantikörper), Thyreoglobulin und Cholesterin.
1.5.3 Therapie der Schilddrüsenüberfunktion Für alle autonomen Knoten besteht eine Operationsindikation. Bei älteren Patienten oder gravierenden Risikofaktoren kann alternativ auch eine Radiojodbehandlung empfohlen werden (Abb. 29-4). Für die Gesamtautonomie und für die Basedow-Hyperthyreose ist die Operation nur nach vorangegangener einjähriger thyreostatischer Therapie angezeigt, da bei diesen Hyperthyreosen eine spontane Remission möglich ist. Die Radiojod-Therapie ist bei allen Hyperthyreoseformen als Alternative zur Operation möglich, besonders beim Rezidiv nach Operationen. Der Vorteil ist das fehlende Operationsrisiko. Nachteile sind späterer Eintritt des Therapieerfolges, Strahlenbelastung und eine hohe Rate an Unterfunktionszuständen. Die Radiojodtherapie ist bei Patienten unter 40 Jahren aus Strahlenschutzgründen kontraindiziert.
663
Schilddrüse multinoduläre Struma diffuse Struma
stark mechanische Beeinträchtigung
Risikopatienten ältere Patienten
Abb.29-4 Therapie der hyperthyreoten Struma
1.5.3.1
Operationsverfahren:
Operationsverfahren
1. Enukleation: Sie beschränkt sich auf die Entfernung des autonomen Knotens. 2. Subtotale Resektion: Die Schilddrüse wird bis auf einen kleinen Rest beidseitig reseziert. Die Indikation besteht für die diffuse hyperthyreote Struma oder Strumen mit multinodulären Veränderungen (Abb. 29-5).
1. Enukleation: Entfernung des autonomen Knotens. 2. Subtotale Resektion: Resektion der Schilddrüse bis auf einen kleinen Rest (s. Abb. 29-5).
A. thyreoidea sup Α. carotis com
A. thyreoidea inf.
Gl. parathyreoida
Nervus recurrens J A. thyreoidea sup. Α. carotis com.
1 cm A. thyreoidea inf. Gl. parathyreoida Abb.29-5 Subtotale Resektion der Schilddrüse
Operationsvorbereitung: Bei dekompensierten autonomen Adenomen und bei Hyperthyreosen muß 14 Tage vor der geplanten Operation eine thyreostatische Therapie erfolgen. ( 3 x 1 Tbl. = 3 x 20 mg Thiamazol (Favistan®) in der ersten Woche, 2 x 1 Tbl. ab 2. Woche). Wöchentlich ist das Differentialblutbild zu kontrollieren (Tab. 29-1). Bei Unverträglichkeit von Thiamazol (Favistan®), die sich in Granulozytopenie und allergischer Hauterscheinung (Hautjucken, Quaddeln) zeigt, muß ein anderes Thyreostatikum eingesetzt werden, ζ. B.: Propylthiourazil, (Propycil®) 3 x 1 Tbl. = 3 x 50 mg oder Carbimazol 3 x 1 Tbl. = 3 x 10 mg. Bei schweren Hyperthyreosen und/oder besonders großen hyperthyreoten Strumen ist eine zusätzliche Plummerung mit Lugol-Lösung ((DAB) 1,0 Jod,
Operationsvorbereitung: thyreostatische Therapie, Differentialblutbild. Plummerung mit Lugol-Lösung.
XXIX. E n d o k r i n e C h i r u r g i e
664
Tabelle 29-1 Operationsvorbereitungen bei einer Hyperthyreose vom Typ Morbus Basedow Präparat
1. Carbimazol oder Methimazol oder Propylthiouracil 2. Plummerung:
Dosis (oral)
(Carbimazol 10 mg Henning®)
10-30 mg/die
(Favistan®)
20-60 mg/die
(Propycil®)
150-250 mg/die
Deutsche Lugol-Lsg. (DAB)
3 x 15-30 Tr./die
3. Sedierung: Diazepam oder Oxazepam 4. ß-Rezeptorenblocker: Propranolol
Behandlungsdauer
mind. 2 Wochen ambulant
5 - 8 Tage stationär
10 mg
abends
10 mg
abends
120-160 mg/die
2,0 Jodkali, A q u a dest. ad 100) a n z u r a t e n . F o l g e n d e s D o s i e r u n g s s c h e m a : Beginn m i t 3 x 1 5 Tr./die, u n d täglich Steigerung u m 3 Tr. bis auf 30 Tr. bis z u r O p e r a t i o n . F r ü h e s t e r O p e r a t i o n s t e r m i n ist der 6. Tag n a c h B e g i n n der P l u m m e r u n g , spätester der 8 . - 1 0 . Tag. Postoperativ werden P l u m m e r u n g u n d thyreostatische B e h a n d l u n g abgesetzt. Bei Jod-Unverträglichkeit gibt m a n 3 x 20 T r o p f e n I r e n a t ® (1 m l I r e n a t ® = 300 m g N a t r i u m p e r c h l o r a t ) . Z u r Verbesserung der kardialen S i t u a t i o n sollten bei schweren Hyperthyreosen a u ß e r Digitalis zusätzlich ß-Rezeptorenblocker verabreicht w e r d e n (s. Tab. 29-1). Keine Operation der hyperthyreotischen Struma, wenn klinische Zeichen der Überfunktion bestehen!
Eine hyperthyreote S t r u m a sollte nicht operiert werden, solange klinisch Zeic h e n einer Überfunktion b e s t e h e n ( P u l s f r e q u e n z h ö h e r als 100).
Nachbehandlung: Funktionskontrolle, da Möglichkeit der Hypothyreose oder Hyperthyreose besteht. Dann Nachbehandlung mit Radiojod.
1.5.3.2
Nachbehandlung
Postoperativ k a n n sich f u n k t i o n e l l eine E u t h y r e o s e oder Hypothyreose einstellen, bzw. eine Hyperthyreose b e s t e h e n bleiben. N a c h E n u k l e a t i o n eines a u t o n o m e n A d e n o m s wird in der Regel die Stoffwechsellage euthyreot. E i n e prophylaktische H o r m o n s u b s t i t u t i o n ist n i c h t erforderlich. Funktionskontrollen sind d e n n o c h zu e m p f e h l e n , da sich in seltenen Fällen eine A u t o n o m i e im p a r a n o d u l ä r e n G e w e b e entwickeln k a n n . N a c h subtotaler S c h i l d d r ü s e n r e s e k t i o n b e i m M o r b u s Basedow oder einer aut o n o m e n S t r u m a wird n a c h 6 W o c h e n die F u n k t i o n kontrolliert (T 3 , T 4 , TRH-Test). Je n a c h F u n k t i o n s z u s t a n d erfolgt keine weitere T h e r a p i e , ζ. B. H o r m o n s u b stitution oder thyreostatische B e h a n d l u n g . Eine persistierende oder später e r n e u t a u f t r e t e n d e Hyperthyreose n a c h Operation k a n n m i t Radiojod nachbehandelt werden.
4. Thyreotoxische Krise Akute Steigerung aller Stoffwechsel- und Funktionsabläufe durch entgleiste Schilddrüsenüberfunktion. Akut lebensbedrohliche Situation !
1.5.4 Die t h y r e o t o x i s c h e Krise U n t e r d i e s e m Begriff versteht m a n die akute Steigerung aller Stoffwechselu n d F u n k t i o n s a b l ä u f e im O r g a n i s m u s d u r c h e i n e entgleiste Schilddrüsenüberfunktion. Ihre U r s a c h e n sind u n b e k a n n t . Die akut lebensbedrohliche Situation k a n n d u r c h Jodexposition, n a c h Streßsituation (Unfall, Operation) u n d d u r c h schwere Z w e i t e r k r a n k u n g e n (Infektion) ausgelöst werden.
Schilddrüse Sie tritt häufiger bei der Hyperthyreose vom Basedow-Typ auf. Die Letalität beträgt etwa 50 %. Symptome: Temperaturanstieg auf über 40 °C, ohne daß Anzeichen für einen akuten Infekt bestehen, ausgeprägte Tachykardie, motorische Unruhe, Angst und Verwirrtheit, Erbrechen, Durchfälle und Hyperhidrosis. Durch den hohen Flüssigkeits- und Energieverlust tritt rasch eine Exsikkose, Adynamie, Koma oder eine kardiale Dekompensation mit Vorhofflimmern und Blutdruckabfall auf. Die Therapie muß bei dem geringsten Verdacht sofort einsetzen: Thyreostatisch: 80 mg Methimazol i. v., weitere Gabe als Dauerinfusion bis 240 mg/die, zusätzlich Proloniumjodid 800 mg/die. Beim Verdacht auf eine jodinduzierte thyreotoxische Krise muß anstelle des Jodids Lithiumchlorid 1 500 mg/die i. v. gegeben werden. Lithium hemmt die intrazelluläre proteolytische Freisetzung von Schilddrüsenhormonen. Sympathikolytisch: Reserpin 0,25-0,5 mg i. v. mehrmals täglich oder Propranolol 1 - 2 mg langsam i. v. alle 4 bis 6 h. Die negativ inotrope Wirkung dieser Medikation auf den Herzmuskel sowie Bronchospasmus und Lungenödem sind als Nebenwirkung zu beachten. Herz-Kreislauf-Kontrolle ist ratsam. Die Substitution von Glukokortikoiden ist wegen des akuten Mangels bei Thyreotoxikose angezeigt. Hydrocortison 2 0 0 - 3 0 0 mg als kontinuierliche Dauerinfusion über 24 h. Gegen die Hyperthermie sind 600 mg Acetylsalizylsäure mehrmals täglich und Wadenwickel wirksam. Die Flüssigkeits-, Elektrolyt- und Energieverluste werden parenteral ausgeglichen. Die Überwachung erfolgt auf einer Intensivtherapiestation. Die frühzeitige Durchführung einer Plasmapherese kann erfolgreich sein.
665 Ursache: - Streßsituation, - schwere Zweiterkrankung. - Letalität: ca. 50%. Symptome: - Temperaturanstieg über 40 °C, - Tachykardie, - motorische Unruhe, - Angst und Verwirrtheit, - Erbrechen und Durchfälle, - Hyperhidrosis. Durch hohen Flüssigkeitsverlust —> Exsikkose, Adynamie, kardiale Dekompensation. Therapie: sofort bei Verdacht einsetzen! Thyreostatisch: 80 mg Methimazol i. v., als Dauerinfusion bis 240 mg/die.
Sympathikolytische Therapie: Reserpin i. v. Herz-Kreislauf-Kontrolle. Substitution von Glukokortikoiden. Acetylsalizylsäure mehrmals täglich. Parenteraler Ausgleich von Flüssigkeits- und Elektrolytverlust.
1.6 Hypothyreose
Hypothyreose
Definition: Schilddrüsenhormonmangel unterschiedlicher Ursache in stoffwechselaktiven Körpergeweben. Einteilung: Wir unterscheiden folgende Formen • Angeborene Hypothyreose (sporadischer bzw. endemischer Kretinismus) durch Schilddrüsenaplasie (Athyreose, kongenitales Myxödem, Schilddrüsendysplasie, ζ. B. Zungengrundschilddrüse) oder Jodfehlwertung (Stoffwechseldefekt). • Erworbene Hypothyreose 1. Primäre Hypothyreose mit und ohne Struma idiopathisch, entzündlich, neoplastisch, postoperativ nach Röntgenund Radiojodtherapie, medikamentös (Jod- oder Thyreostatikadauertherapie während der Schwangerschaft). 2. Sekundäre Hypothyreose unzureichende Stimulierung der Schilddrüse durch TSH-Mangel morphologisch bedingt bei Hypophysentumoren oder Hypophysektomie oder durch TSH-Mangel als Folge unzureichender TSH-Produktion im Hypothalamus. 3. Tertiäre Hypothyreose durch renalen oder intestinalen Schilddrüsenhormonverlust.
Schilddrüsenhormonmangel.
Symptome: Bei angeborener Hypothyreose finden sich oft eine Nabelhernie, Icterus prolongatus, persistierende Fontanelle, Trink- und Eßfaulheit, Verstopfung, starke Schläfrigkeit. Im Erwachsenenalter fällt vor allem die Veränderung der Gesamtpersönlichkeit auf in Form von extremer Antriebsarmut, Verlangsamung, stumpfem Desinteresse und mimischer Starre. Die Haut ist kühl und trocken, in 15 % teigig (Myxödem), zusätzlich rheuma-
Man unterscheidet folgende Formen: Angeborene Hypothyreose
Erworbene Hypothyreose 1. Primäre Hypothyreose: idiopathisch.
2. Sekundäre Hypothyreose: unzureichende Stimulierung der Schilddrüse durch TSH-Mangel.
3. Tertiäre Hypothyreose: durch renalen oder intestinalen Schilddrüsenhormonverlust. Symptome: - Nabelhernie, - Icterus prolongatus, - persistierende Fontanelle, - Trink- und Eßfaulheit, - Verstopfung, - Schläfrigkeit. Im Erwachsenenalter:
XXIX. Endokrine Chirurgie
666 -
Antriebsarmut, kühle und trockene Haut, rheumatoide Beschwerden, Hör-, Riech- und Geschmacksstörungen, veränderte Stimmlage, veränderter Stimmumfang.
Diagnose: erniedrigter T 3 /T 4 Serumspiegel. Therapie: lebenslange Schilddrüsenhormonsubstitution. Indikation zur chirurgischen Therapie: bei Formen der erworbenen Hypothyreose (Neoplasie, mechanische Behinderung, etc.) Komplikationen: bei erworbener Hypothyreose: Myxödem. In Streßsituationen: Myxödem-Koma.
toide Beschwerden, Hör-, Riech- und Geschmacksstörungen, veränderte Stimmlage und veränderter Stimmumfang. Diagnostik: Im allgemeinen reicht der Nachweis erniedrigter T3/T4 Serumspiegel bei charakteristischer Klinik aus. Die Sicherung der Hypothyreose kann erfolgen durch: überhöhte TSH-Serumspiegel, überschießenden TSH-Anstieg nach TRH-Gabe, erniedrigten PBJ-Wert und erniedrigten ETR-Wert (= effective thyroxin binding ratio). Der Cholesterinspiegel ist hoch. Therapie: Lebenslange Schilddrüsenhormonsubstitution. Bei bestehender Nebenniereninsuffizienz muß diese zuerst therapiert werden (sonst Gefahr der Addison-Krise). Nur die medikamentös induzierte Hypothyreose ist reversibel. Indikation zur chirurgischen Therapie besteht nur bei entsprechenden Formen der erworbenen Hypothyreose (Neoplasie, Komplikation der Entzündung, mechanische Behinderung durch Struma). Komplikation der Hypothyreose: Bei postnatal erworbener Hypothyreose kommt es unbehandelt nach Jahren in 1 3 - 1 5 % zum Myxödem (generalisierte muzinöse Gewebeschwellung). • In Streßsituationen besteht die Gefahr des Myxödem-Komas. Hypothermie und Hypoventilation führen zu zunehmender C0 2 -Narkose und Koma mit einer hohen Letalität von 40 %.
Bösartige Geschwülste (Struma maligna)
1.7 Bösartige Geschwülste (Struma maligna)
Auftreten bevorzugt bei Frauen
Bösartige Schilddrüsentumoren kommen in jedem Alter vor, bevorzugt bei Frauen. Bei jüngeren Kranken ist die Prognose - umgekehrt als bei anderen Tumoren - relativ günstiger. Eine histologische Einteilung ist schwierig.
1.7.1 Einteilung
WHO-Einteilung
Die WHO hat deshalb folgende empfohlen: 1. Karzinome Karzinome der Thyreozyten Differenziert: 1. follikulär, 2. papillär. Undifferenziert kleinzellig, spindelzellig, polymorphzellig Medulläres Karzinom (C-Zell-Karzinom) Plattenepithelkarzinom 2. Sarkome Fibrosarkom, andere Sarkome 3. Andere seltene Lymphome Teratom, Lymphom, Hämangio-Endotheliom 4. Metastasen extrathyreoidaler Tumoren 5. Tumorähnliche Veränderungen 6. Metastasen extrathyreoidaler Tumoren
667
Schilddrüse 1.7.2 A u s b r e i t u n g Die Stadieneinteilung der Tumorausdehnung erfolgt beim Schilddrüsenmalignom unabhängig vom Tumortyp nach dem TNM-System (WHO). Stadien der Tumorausdehnung beim Schilddrüsenmalignom Τ (Primärtumor) TO nicht tastbar T1 kleiner solitärer Tumor, gut verschieblich, < l c m (= okkultes Karzinom) T2 kleiner solitärer Tumor, gut verschieblich, > 1 cm T3 großer, die Drüse deformierender Tumor oder multiple Tumoren in beiden Lappen, gut verschieblich, > 1 cm T4 in die Umgebung infiltrierter, fixierter Tumor (extrathyreoidale Ausbreitung) Ν (Befall regionaler Lymphknoten) NO nicht nachweisbar
Stadieneinteilung nach TNM-System
< t =
N1 homolateral Lymphknoten, gut verschieblich N2 kontralateral oder bilateral Lymphknoten, gut verschieblich N3 verbackene Lymphknotenkonglomerate M(Fernmetastasen) MO nicht nachweisbar Ml nachweisbar Je nach Größe des Primärtumors und seiner Beziehung zur Schilddrüsenkapsel werden okkulte Karzinome (TO, Tl), intrathyreoidale Karzinome (T2, T3) und extrathyreoidale Karzinome (T4) unterschieden. Die Metastasierung kann in allen Stadien des Primärtumors stattfinden. Beim differenzierten Karzinom ist die loko-regionäre Metastasierung im frühen Tumorstadium und beim jungen Menschen nicht unbedingt Ausdruck eines aggressiven Tumorwachstums. Beim älteren Patienten hat die Lymphknotenmetastasierung eine schlechtere Prognose. Die Tumorausbreitung kann lokal infiltrierend, hämatogen oder lymphogen erfolgen.
Man unterscheidet: - okkulte Karzinome, - intrathyreoidale Karzinome, - extrathyreoidale Karzinome.
Tumorausbreitung: lokal infiltrierend, hämatogen, lymphogen.
Papilläre Karzinome und Tumoren der parafollikulären C-Zellen metastasieren bevorzugt lymphogen. • Nicht selten werden als erstes Lymphknotenmetastasen diagnostiziert, bevor der Primärtumor sich klinisch bemerkbar macht. Die hämatogene Metastasierung tritt schon frühzeitig beim follikulären Karzinom auf. Undifferenzierte Karzinome metastasieren lymphogen wie hämatogen (Gefäßeinbrüche).
Oftmals Feststellung der Lymphknotenmetastasen vor dem Primärtumor.
1.7.3 S y m p t o m e und Diagnostik
Symptome
Frühsymptome sind plötzliches Auftreten von multiplen oder solitären Knoten im Halsbereich oder in einer bereits bekannten Struma, Wachstumstendenz
Frühsymptome: - plötzliches Auftreten von Knoten im Halsbereich.
Metastasten extrathyreo idaler Tumoren Medulläres Carcinom
Follikuläres Cacinom
Spätsymptome: - derbe, höckrige Konsistenz der Struma oder der Knoten, - schlechte Abgrenzbarkeit, - aufgehobene Schluckverschieblichkeit, - Heiserkeit, - zervikale Lymphome, - Einflußstauung, - Hämoptoe, - Stridor.
Papilläres Carcinom
Abb. 29-6
Carcinom Plattenepithelcarcinom
Verteilung der Schilddrusenkarzinome in %
XXIX. E n d o k r i n e C h i r u r g i e
668 Diagnose: - Palpation, - Schilddrüsenszintigraphie, - Sonographie. Abklärung jedes kalten Knotens durch Punktionszytologie. Operationsindikation bei karzinomverdächti gern zytologischem Befund! Ausschluß eines Karzinoms bei unverdächtigem zytomorphologischem Befund nicht möglich! Zur Verlaufskontrolle: Bestimmung von Tumormarkern, wiez. B. Thyreoglobulin, Calcitonin, karzino-embryonales Antigen etc.
einer s c h o n lange b e s t e h e n d e n S t r u m a , i n s b e s o n d e r e von solitären K n o t e n . S p ä t s y m p t o m e : derbe, höckrige Konsistenz der Struma oder der K n o t e n , schlechte Abgrenzbarkeit, a u f g e h o b e n e Schluckverschieblichkeit, Heiserkeit infolge R e k u r r e n s p a r e s e , zervikale L y m p h o m e , E i n f l u ß s t a u u n g , H ä m o p t o e ( T r a c h e a l e i n b r u c h ) , Stridor. Die Häufigkeitsverteilung ist der A b b i l d u n g 29-6 zu e n t n e h m e n . D i a g n o s e : Bei der Palpation sind vor allem die Konsistenz, G r ö ß e u n d Abgrenzbarkeit zu d e n b e n a c h b a r t e n Strukturen zu b e o b a c h t e n . Die Schilddrüsenzintigraphie u n d Sonographie (s. S. 660, 661) g e b e n Hinweise ü b e r Lage u n d F u n k t i o n s z u s t a n d . Jeder kalte Knoten sollte d u r c h eine Punktionszytologie abgeklärt werden. Ist der zytologische B e f u n d karzinomverdächtig, so ist eine Operation unbedingt angezeigt. Sie besteht a u ß e r d e m bei Zellatypien oder bei e i n e m p o l y m o r p h e n Zellbild. Die P u n k t i o n sollte möglichst u n t e r sonographischer Kontrolle erfolgen. Ein u n v e r d ä c h t i g e r s c h e i n e n d e r zytomorphologischer B e f u n d schließt ein K a r z i n o m nie aus! Die B e s t i m m u n g von t u m o r a s s o z i i e r t e n A n t i g e n e n - sog. Tumormarker e m p f i e h l t sich zur Verlaufskontrolle eines K a r z i n o m s . Als T u m o r m a r k e r sind das Thyreoglobulin für differenzierte K a r z i n o m e u n d das Calcitonin b e i m C - Z e l l - K a r z i n o m geeignet. D a r ü b e r h i n a u s k a n n a u c h b e i m C-ZellK a r z i n o m die B e s t i m m u n g des k a r z i n o - e m b r y o n a l e n A n t i g e n s (CEA) u n d b e i m differenzierten K a r z i n o m das Tissue polypeptide antigen (TPA) z u r T h e r a p i e k o n t r o l l e b e s t i m m t werden.
Operative Therapie: onkozytäres Adenom immer operativ abklären.
Operationsverfah ren:
1. Thyreoidektomie: Totalexstirpation der Schilddrüse. Angezeigt bei: - allen gesicherten Karzinomen, - Tumoren mit extrathyreoidalem Wachstum (T4). - Tumoren mit multinodulärem, - thyreoidalem Wachstum (T3), - medullärem Karzinom, - undifferenzierten Karzinomen. 2. Hemithyreoidektomie und subtotale Resektion der Gegenseite ausreichend. Angezeigt bei: differenzierten Karzinomen im Stadium T0-T2. 3. Regionäre Lymphadenektomie: angezeigt bei: - allen makroskopisch vergrößerten Lymphknoten, - medullärem Karzinom, - zum exakten Staging. Palliative Tumorresektion: bei Unterstützung der palliativen adjuvanten Therapie. Komplikationen: - Rekurrensparese. Behandlung durch phoniatrische Schulung und Elektroreiztherapie mit Gleichstrom.
1.7.4 O p e r a t i v e T h e r a p i e Indikation: Bei j e d e m gesicherten S c h i l d d r ü s e n m a l i g n o m u n d bei j e d e m V e r d a c h t ist die Operation angezeigt. Das onkozytäre Adenom gilt als präneoplastische V e r ä n d e r u n g u n d m u ß deswegen i m m e r operativ abgeklärt werden. Operationsverfahren: Art u n d A u s d e h n u n g der O p e r a t i o n richten sich n a c h der histologischen Diagnose, T u m o r a u s b r e i t u n g u n d n a c h d e m Alter des P a t i e n t e n . D i e Thyreoidektomie ( = Totalexstirpation der Schilddrüse) ist bei allen gesicherten K a r z i n o m e n u n a b h ä n g i g vom Ausbreitungsgrad, bei j e d e m Patienten, älter als 40 Jahre, bei d i f f e r e n z i e r t e n T u m o r e n mit e x t r a t h y r e o i d a l e m W a c h s t u m (T4) bzw. bei m u l t i n o d u l ä r e m i n t r a t h y r e o i d a l e m W a c h s t u m (T3), bei allen m e d u l l ä r e n u n d u n d i f f e r e n z i e r t e n K a r z i n o m e n angezeigt. D i e H e m i t h y r e o i d e k t o m i e u n d subtotale R e s e k t i o n der Gegenseite ist ausreichend f ü r alle differenzierten K a r z i n o m e i m S t a d i u m T 0 - T 2 , bei Patienten j ü n g e r als 40 Jahre. Die regionäre L y m p h a d e n e k t o m i e ist erforderlich: a) bei allen m a k r o s k o pisch vergrößerten L y m p h k n o t e n , b) bei m e d u l l ä r e m K a r z i n o m u n d c) z u m exakten Staging. Die radikale N e c k - D i s s e k t i o n ( = E n t f e r n u n g aller e n t b e h r lichen Halsweichteile en bloc) ist n u r selten u n d u n t e r strenger I n d i k a t i o n angezeigt. E i n e palliative Tumorresektion ist i m m e r sinnvoll, u m die E f f i z i e n z einer palliativen a d j u v a n t e n T h e r a p i e zu e r h ö h e n oder u m das Risiko m e c h a n i scher K o m p l i k a t i o n e n zu verringern. F o l g e n d e spezifische K o m p l i k a t i o n e n k ö n n e n a u f t r e t e n : 1. Einseitige u n d beidseitige Rekurrensparese (Häufigkeit 7 - 2 6 % ) . Symp t o m e sind Heiserkeit, kraftlose S t i m m e (einseitige Parese), S p r e c h u n v e r m ö gen (beidseitige Parese). Laryngoskopisch sind die S t i m m b ä n d e r u n b e w e g l i c h u n d in P a r a m e d i a n s t e l lung. Der N. recurrens k a n n sich n o c h bis zu 1 J a h r n a c h der Operation erholen. B e h a n d l u n g d u r c h frühzeitige l o g o p ä d i s c h - p h o n i a t r i s c h e S c h u l u n g u n d Elektroreiztherapie mit G l e i c h s t r o m ist möglich. Bei beidseitiger k o m p l e t t e r
669
Schilddrüse Parese besteht in der Regel a k u t e A t e m n o t , die i m m e r eine T r a c h e o s t o m i e erfordert. N a c h 1 J a h r k a n n d u r c h eine Lateralfixation der S t i m m b ä n d e r die Glottis erweitert u n d die L u f t n o t a u c h o h n e T r a c h e o s t o m i e b e h o b e n werden. 2. Ein postoperativer Hypoparathyreoidismus entsteht d u r c h die M i t e n t f e r n u n g der E p i t h e l k ö r p e r c h e n (Häufigkeit 2 - 3 0 % ) . S y m p t o m e sind Tetanie, Hypokalzämie, Hyperphosphatämie.
- Postoperativer Hypoparathyreoidismus. Tetanische Anfälle. Medikamentöse Therapie: Kalziumglukonat AT 10.
Bei tetanischen Anfällen werden 1 0 - 2 0 m l 10%iges K a l z i u m g l u k o n a t i.v. appliziert. K a l z i u m , ggf. zusätzlich V i t a m i n D 3 oder Dihydroergosterol (AT 10) werden oral gegeben.
Die K o m p l i k a t i o n s h ä u f i g k e i t ist meistens von der T u m o r a u s b r e i t u n g a b h ä n Adjuvante Therapie: 1.7.5 A d j u v a n t e T h e r a p i e Die Substitution von Schilddrüsenhormonen ist bei j e d e m P a t i e n t e n n a c h T h y r e o i d e k t o m i e aus folgenden G r ü n d e n erforderlich: 1. Okkulte M e t a s t a s e n eines d i f f e r e n z i e r t e n K a r z i n o m s sind in der Regel d u r c h T S H stimulierbar. Die Hormontherapie wird deshalb m i t T S H - s u p p r i m i e r e n d e n D o s i e r u n g e n d u r c h g e f ü h r t , u m die T S H - S t i m u l a t i o n a u f z u h e 2. N a c h einer T h y r e o i d e k t o m i e m u ß der H o r m o n a u s f a l l d u r c h exogene Z u f u h r ausgeglichen werden (Dosierung 2 0 0 - 3 0 0 μg L-Thyroxin/die). Die Strahlentherapie ist mit radioaktiven N u k l e i d e n , d u r c h p e r k u t a n e R a diatio oder k o m b i n i e r t möglich. Die Indikation zur Radiojodtherapie besteht n a c h T h y r e o i d e k t o m i e , wenn s p e i c h e r n d e s Restgewebe oder L y m p h k n o t e n v o r h a n d e n sind, ferner z u r Therapie s p e i c h e r n d e r M e t a s t a s e n (ζ. B. Lunge, K n o c h e n ) . Die perkutane Bestrahlung (Telekobalt) ist bei allen P a t i e n t e n m i t nicht jods p e i c h e r n d e n M e t a s t a s e n , bei solitären, ossären oder p u l m o n a l e n M e t a s t a sen, z u r U n t e r s t ü t z u n g der R a d i o j o d t h e r a p i e bei relativ großen T u m o r m a s sen, bei e i n e m h o h e n Anteil an u n d i f f e r e n z i e r t e n T u m o r a r e a l e n angezeigt. E i n e Zytostatikatherapie ist b e i m S c h i l d d r ü s e n k a r z i n o m bisher wenig erprobt. Sie k a n n d e n n o c h b e i m Rezidiv eines differenzierten K a r z i n o m s u n d bei u n d i f f e r e n z i e r t e n K a r z i n o m e n versucht werden. 1.7.6
Substitution von Schilddrüsenhormonen bei: - okkulten Metastasen, - nach Thyreoidektomie.
Strahlentherapie: Indikation zur Radiojodtherapie: Thyreoidektomie, speichernde Metastasen.
Unterstützung der Radiojodtherapie durch Telekobaltbestrahlung.
Nachsorge
In der N a c h s o r g e von P a t i e n t e n mit S c h i l d d r ü s e n k a r z i n o m arbeiten H a u s arzt, Chirurg, N u k l e a r m e d i z i n e r , Endokrinologe, Radiologe, Onkologe u n d H ä m a t o l o g e eng z u s a m m e n . Das P r o g r a m m hat folgende Ziele:
• S u c h e n a c h Restgewebe oder R e z i d i v k n o t e n im Halsbereich u n d nach Metastasen. • Ü b e r w a c h u n g u n d T h e r a p i e von N e b e n w i r k u n g e n der O p e r a t i o n (Rekurrensparese, H y p o p a r a t h y r e o i d i s m u s ) , der Strahlentherapie (Speic h e l d r ü s e n e n t z ü n d u n g , K n o c h e n m a r k d e p r e s s i o n ) oder der zytostatischen Therapie (Myokardschäden, Knochenmarksuppression). • Ü b e r w a c h u n g der suppressiven H o r m o n t h e r a p i e . • Psychologische Betreuung.
F o l g e n d e M a ß n a h m e n sind erforderlich: • I n s p e k t i o n u n d Palpation der Halsregion, B e a c h t u n g von S y m p t o m e n , die f ü r e i n e n Z w e i t t u m o r sprechen. • T h o r a x a u f n a h m e z u r A u f d e c k u n g von L u n g e n m e t a s t a s e n . • Szintigraphie (Halsbereich u n d G a n z k ö r p e r ) mit Jod 131. Skelettszintigra-
Nachsorge: hat folgende Ziele
sie wird erreicht durch folgende Maßnahmen: - Inspektion und Palpation der Halsregion, - Thoraxaufnahme, - Szintigraphie, - Laboruntersuchungen.
XXIX. Endokrine Chirurgie
670
phie mit Technetium 99 m Methylen-Diphosphat. Bestimmung von Tumormarkern). • Laboruntersuchungen, wie die BSG, Blutbild, Transaminasen, alkalische Phosphatase, Laktatdehydroginase geben nur unspezifische Hinweise für ein Rezidiv oder eine Metastasierung. Der TRH-Test sollte immer negativ sein als Zeichen der TSH-suppressiven Thyroxin-Substitution. Prognose: 5-Jahre-Überlebenszeit Differenzierte Karzinome = 90%, intrathyreoidale Karzinome = 95%, extrathyreoidale Karzinome = 70-95 %, undifferenzierte Karzinome = 10%, medulläre Karzinome = 50%.
1.7.7 Prognose Folgende Faktoren beeinflussen die Prognose des Schilddrüsenkarzinoms: 1. der histologische Typ, 2. die Tumorgröße, 3. der Metastasierungsgrad, 4. das Alter des Patienten. Differenzierte Karzinome (papillär, follikulär) haben einen geringen Malignitätsgrad und eine gute Prognose (5-Jahre-Überlebenszeit 90 %). Letalität und Rezidivhäufigkeit des okkulten und differenzierten Karzinoms (TO, T l ) sind prognostisch noch besser und haben eine 5-Jahre-Überlebenszeit von mindestens 99 %. Das intrathyreoidale Karzinom (T2, T3) hat eine 5-Jahre-Überlebenszeit von mindestens 95 % und das extrathyreoidale (T4) von 7 0 - 9 5 %. Undifferenzierte Karzinome dagegen haben eine 5-Jahre-Überlebenszeit von weniger als 10 %. Medulläre Karzinome haben eine 5-Jahres-Überlebenszeit von etwa 50 %. Die Metastasierung muß regionär und nach Fernmetastasierung unterschieden werden. Bei den regionären Metastasen ist die Rezidivhäufigkeit größer, die 5-Jahres-Überlebenszeit jedoch nur im Tumorstadium T3 und T4 geringer. Nach dem 40. Lebensjahr steigt die Letalität und Rezidivhäufigkeit beim Schilddrüsenkarzinom deutlich an, bei jüngeren Patienten ist die Prognose des differenzierten Karzinoms (T0-T2) sehr günstig.
Rezidivstruma
1.8 Rezidivstruma
Anpassungswucherung der Schilddrüse nach operativer Verkleinerung.
Unter einer Rezidivstruma verstehen wir das erneute Auftreten einer Anpassungswucherung der Schilddrüse nach vorheriger operativer Verkleinerung.
Diagnose: Szintigraphie, Sonographie, Punktionszytologie.
Therapie: Operationsindikation bei Malignitätsverdacht und mechanischer Beeinträchtigung. Nach Resektion der Rezidivstruma: medikamentöse Rezidivprophylaxe als Dauertherapie.
1.8.1 Diagnostik Bei Verdacht auf Strumarezidiv soll der Befund szintigraphisch und ggf. sonographisch abgeklärt werden. Bei Malignitätsverdacht (kalte Bezirke) ist die Punktionszytologie indiziert. Ausschluß einer bestehenden Rekurrensparese durch Laryngoskopie.
1.8.2 Therapie Operationsindikation besteht nur bei Malignitätsverdacht und schwerer mechanischer Beeinträchtigung der Trachea oder des Ösophagus. Das Risiko einer Läsion des N. recurrens ist beim Rezidiveingriff lOmal höher als beim Primäreingriff. Rezidive der hyperthyreoten Struma können meist mit m J erfolgreich behandelt werden. Auch nach der Resektion der Rezidivstruma muß eine medikamentöse Rezidivprophylaxe als Dauertherapie durchgeführt werden.
Literatur
Literatur Biersack, H. J., Winkler, C. (Hrsg.): Neue Aspekte in Diagnostik und Therapie des Schilddrüsenkarzinoms. F. K. Schattauer, Stuttgart - New York 1982 Pfannenstiel, P.: Therapie von Schilddrüsenerkrankungen. Henning Berlin, Grosse, Berlin 1982
671
XXIX. Endokrine C h i r u r g i e
672 Nebenschilddrüsen (NSD)
2. Nebenschilddrüsen Α Hirner,
C.
Walter
2.1 Anatomie und Physiologie Normalerweise sind 4 Nebenschilddrüsen (= NSD) vorhanden: paarig an der Laterodorsalseite der Schilddrüse, jeweils ober- und unterhalb der Kreuzungsstelle von A. thyreoidea inferior und N. laryngeus recurrens. Die oberen N S D liegen relativ konstant in Höhe des oberen Schilddrüsenpols. Die unteren N S D liegen in bis zu 20 % im vorderen Mediastinum (retrosternal), z.T. im Thymus (Abb. 28-7). In 1 - 3 % liegen die N S D im Parenchym der Schilddrüse. Weitere Varianten sind Verschmelzung und Multiplizität. Die normale Größe der abgeplatteten, ovalen Drüse beträgt etwa 5 x 4 x 2 mm, das maximale Gewicht 50 mg. Die Farbe der normalen N S D im Erwachsenenalter ist durch zunehmende Fetteinlagerung gelb-braun, die Farbe eines (kein Fett enthaltenden) Adenoms mehr rotbraun, bzw. rehfarben.
Abb. 29-7 Normale Lage und Lagevarianten der NSD (Seitenansicht) (mit freundlicher Genehmigung aus Rothmund 1980) In der Nebenschilddrüse Bildung von Parathormon —»reguliert Kalzium-Homöostase: - Mobilisation von Kalzium aus dem Knochen, - Kalziumresorption im Dünndarm (Anwesenheit von Vitamin D), - Einschränkung der tubulären Phosphatriickresorption in der Niere. Parathormon erhöht Serumkalzium und erniedrigt Serumphosphatkonzentration.
Parathormonanragonist: Calcitonin.
Unterfunktion Idiopathischer Hypoparathyreoidismus. Selten.
Wichtig für die Chirurgie: iatrogenbedingte parathyreoprive Tetanie nach subtotaler Strumaresektion oder Thyreoidektomie.
In der NSD wird das Parathormon gebildet. Es besteht aus 84 Aminosäuren und ist ein Polypeptid mit einem Molekulargewicht von ca. 9 500. Es ist in seiner Wirkung an die Anwesenheit von zyklischem Adenosinmonophosphat ( = cAMP) gebunden. Das Parathormon reguliert die Kalzium-Homöostase. Es besteht ein direkter negativer feed-back-Mechanismus zwischen Ca + + -Konzentration und Parathormon-Sekretion. Es mobilisiert Ca++ aus dem Knochen (Osteoklastenaktivität), es steigert in Anwesenheit von Vitamin D die Ca* + -Resorption im Dünndarm und schränkt die tubuläre Phosphatrückresorption der Niere ein. Zusammenfassend führt es zur Erhöhung der Serumkalzium- und zur Erniedrigung der Serumphosphatkonzentration. Der Antagonist des Parathormons - im Hinblick auf die Kalziumfreisetzung am Skelett - ist das in den C-Zellen der Schilddrüse gebildete Calcitonin. Die normale Serum-Ca + + -Konzentration beträgt 2,24-2,78 mmol/1.
2.2 Ätiologie und Klinik der Krankheitsbilder 2.2.1
Unterfunktion
Der idiopathische Hypoparathyreoidismus ist sehr selten. Für den Chirurgen ist allein wichtig die iatrogen bedingte parathyreoprive Tetanie nach subtotaler Strumaresektion oder Thyreoidektomie (versehentliche Mitnahme aller 4 N S D bzw. zweizeitige Nekrose nach Devaskularisation).
Nebenschilddrüsen Noch nach Monaten kann sich durch eine allmähliche Hypertrophie auch nur winzigster NSD-Reste die Kalziumhomöostase normalisieren; mit einem bleibenden Funktionsverlust ist in bis zu 1 % aller Schilddrüsenoperationen zu rechnen. Die Klinik ist charakterisiert durch die Hypokalziämie (unter 2,2 mmol/1): tetanische Zeichen wegen Übererregbarkeit des peripheren Nervensystems (Chvostek, Muskelkrämpfe, Pfotchenstellung der Hand, Karpfenmund). Die Therapie ist ausschließlich konservativ-medikamentös: Vitamin D und/ oder Dihydrotachysterin (AT 10). Der beste Stimulus für die Regeneration von NSD-Gewebe ist die Hypokalziämie-, daher sollte der Ca'*-Spiegel nur auf gering subnormale Werte eingestellt werden. 2.2.2 Überfunktion Die klinische Definition des Hyperparathyreoidismus beinhaltet nicht nur den erhöhten Parathormon-Spiegel, sondern auch die dadurch bedingten Krankheitssymptome an Niere, Magen, Duodenum, Pankreas und Psyche. In ätiologischer und therapeutischer Hinsicht wird heute ein primärer vom sekundären und tertiären Hyperparathyreoidismus unterschieden. 2.2.2.1 Primärer Hyperparathyreoidismus (pHPT) Der pHPT ist zu 8 5 - 9 0 % durch ein singuläres NSD-Adenom bedingt. Dabei hat die einzelne NSD-Zelle die normale Kontrolle ihrer Hormonsekretion verloren („falsch eingestellter" Schwellenwert) und weist eine ungehinderte Wachstumsproliferation auf. Adenome bis zu 5 g Gewicht sind keine Seltenheit. Die anderen drei NSD sind demgegenüber ohne pathologischen Befund. Die restlichen Patienten mit pHPT ( 1 0 - 1 5 %) haben eine generelle, teils noduläre Hyperplasie aller vier NSD. Diese sog. 4-Drüsen-Hyperplasie weist auf eine übergeordnete Störung hin: gehäuftes familiäres Auftreten im Rahmen der MEA Typ I und II (s. S. 682). Hierzu gehört die seltene und schwer diagnostizierbare Säuglingserkrankung. Die Inzidenz des pHPT beträgt bei Patienten aller Art ca. 0 , 5 - 2 % , bei der Gesamtbevölkerung ca. 0,15-0,3% Krankheitsfälle pro Jahr. 40- bis 60jährige sind am häufigsten betroffen, Frauen 2 - 3 m a l so häufig wie Männer. Bei unter 20jährigen ist der pHPT extrem selten. Die Anamnesedauer beträgt im Durchschnitt etliche Jahre. Häufigere Serumkalzium-Bestimmungen (Computer-Labor) verringern die Anamnesedauer. Die Organmanifestationen des pHPT betreffen vor allem die Nieren, den Knochen und den Gastrointestinaltrakt (Tab. 29-2). Es können jeweils funktionelle (reversible) von organischen (irreversiblen) Symptomen unterschieden werden. Das den meisten organischen Symptomen zugrundeliegende pathophysiologische Prinzip ist die Ausfällung von Kalksalzen in den verschiedenen Geweben durch Überschreiten des Löslichkeitsproduktes von Kalzium und Phosphat. Die Nierensteine sind meist Kalziumoxalat- oder Phosphatsteine. Ca. 10 % aller rezidivierender beidseitiger Nierensteine sind durch einen pHPT bedingt. Die Nephrokalzinose als globale Verkalkung des Nierenparenchyms ist selten; sie führt letztlich zum Nierenversagen. Die ossäre Beteiligung im Sinne der Ostitis fibrosa cystica generalisata (Morbus von Recklinghausen) wird als Spätsymptom immer seltener diagnostiziert: subperiostale zystische Knochenresorption an Händen, Schädel und langen Röhrenknochen. Häufig sind dagegen Schmerzen des Bewegungsapparates, auch bedingt durch eine hyperkalzämische Synovitis. Die erhöhte Ulkusinzidenz hat ihre Ursachen in der kalziuminduzierten Hypergastrinämie. Ein Zusammenhang mit der Cholelithiasis ist wahrscheinlich, jedoch nicht gesichert. Die Pankre-
673
Klinik: Hypokalziämie, tetanische Zeichen (Pfötchenstellung der Hand, Karpfenmund). Therapie: - Vitamin D, - Dihydrotachysterin, - Kalziumspiegel auf subnormale Werte einstellen. Überfunktion: Hyperparathyreoidismus
Erhöhter Parathormon-Spiegel mit Krank· heitssymptomen an: Niere, Magen, Duodenum, Pankreas und Psyche. Unterteilung in primären, sekundären, tertiären Hyperparathyreoidismus. 1. Primärer Hyperparathyreoidismus (pHPT): Meistens bedingt durch singuläres NSDAdenom, selten durch eine 4-Drüsen-Hyperplasie.
Anamnesendauer meistens etliche Jahre.
Organmanifestation des pHPT an: - Nieren, - Knochen, - Gastrointestinaltrakt. Auftreten von funktionellen und organischen Symptomen. Pathologisches Prinzip: Ausfällung von Kalksalzen in den verschiedenen Geweben. Folge: - Nierensteine, - Nephrokalzinose: - Verkalkung des Nierenparenchyms —• Nierenversagen, - ossäre Beteiligung im Sinne der Ostitis fibrosa. Weitere Folgen der pHPT: - Erhöhte Ulkusinzidenz, - Pankreatitis als Sekundärerscheinung.
674
XXIX. Endokrine Chirurgie Tabelle 29-2 Funktionelle und organische Symptome beim primären HPT
Niere:
Funktionell
Organisch
Polyurie,
Nephrolithiasis
50-70 %
Polydipsie,
Nephrokalzinose
selten
Demineralisation
10-30%
Hyposthenurie Knochen:
Schmerzen 20-30 %
Gastrointestinal-
Übelkeit,
Ulkus
20-30 %
trakt:
Erbrechen,
Pankreatitis
10-20%
Obstipation
Cholelithiasis
10-20%
Herz:
QT-Zeit verkürzt
Myokardnekrosen
sehr selten
Allgemein:
Adynamie, Ermüdbar-
Hyperkalzämie-
keit,
syndrom)
Depression (30-50%),
Hypertonie 40-60%
Hyporeflexie, Muskelschwäche, Gewichtsverlust
Ferner: - parathyreotoxische Krise als akut lebensbedrohliche Verlaufsform gekennzeichnet durch: - exzessive Hyperkalzämie mit - Somnolenz, - Verwirrtheit, - Erbrechen, - Schwäche, - abdominellen Schmerzen, - Dehydratation. Soforttherapie: intensiv-medizinische Maßnahmen, Senkung der Hyperkalzämie, Operation nach Senkung des Serumkalziums.
2. Sekundärer Hyperparathyreoidismus (sHPT): Kompensatorische Parathormon-Erhöhung infolge der chronischen Hypokalzämie. Ursachen: - exzessiver und chronischer Mangel von Kalzium in der Nahrung, - Malabsorption, - chronische Hämodialyse.
Klinische Zeichen: - Osteopathie mit Schmerzen und Spontanfrakturen, - schmerzhafte Weichteil- und Gefäßverkalkung Konservative Therapie
atitis durch Gallen- oder Pankreasgangsteine kann sekundär bzw. primär als kalzifizierende Pankreatitis entstehen. Die parathyreotoxische Krise als akut lebensbedrohliche Verlaufsform kommt bei ca. 5 % aller Patienten mit pHPT vor. Sie hat heute bei sofortiger operativer Therapie eine Letalität von ca. 20 % (früher 6 0 - 7 0 %). Sie ist gekennzeichnet durch eine exzessive Hyperkalzämie (über 4 mmol/1) mit Somnolenz, Verwirrtheit, Erbrechen, Schwäche, abdominellen Schmerzen und Dehydratation aufgrund der Polyurie. Bei wenigen Patienten stehen ein „akutes Abdomen" oder „paranoide Wahnvorstellungen" im Vordergrund. Die Soforttherapie umfaßt: - allgemeine intensiv-medizinische Maßnahmen: Hydratation, Ausgleich des Säure-Basen-Haushaltes, kardiopulmonale Therapie, Steroide etc.; - Senkung der Hyperkalzämie: Furosemid, Hämodialyse, Calcitonin, Mithramycin; - Operation: innerhalb von Stunden, aber erst nach Senkung des Serumkalziums und Erreichung einer ausreichenden Nierenfunktion. 2.2.2 Sekundärer Hyperparathyreoidismus (sHPT) Unter dem sekundären (= regulativen) HPT wird eine kompensatorische Parathormon-Erhöhung infolge einer chronischen Hypokalzämie verstanden. Sie kann mehrere Gründe haben: • der exzessive und chronische Mangel von Kalzium in der Nahrung, • die Malabsorption (ζ. B. Mobrus Crohn, Pankreatitis) • mit Abstand am häufigsten die chronische Hämodialyse, d. h. die urämische Niere wegen des dadurch bedingten Phosphatstaus: Steigt die Phosphatkonzentration, fällt die Kalziumkonzentration zur Konstanterhaltung des Kalzium-Phosphat-Produkts. Klinisch steht die Osteopathie (Schmerzen, Spontanfrakturen) im Vordergrund. Sie ist eine Mischform von Osteomalazie und Ostitis fibrosa cystica generalisata. Das Krankheitsbild wird mitbestimmt durch schmerzhafte periartikuläre Weichteil- und Gefäßverkalkungen. Das pathologisch-anatomische Korrelat des sHPT ist die Vergrößerung aller 4 NSD, die sog. 4-Drüsen-Hyperplasie. Alle chronischen Hämodialyse-Pa-
675
Nebenschilddrüsen tienten entwickeln eine 4-Drüsen-Hyperplasie, allerdings nur ein Teil davon das klinische Vollbild einer renalen Osteopathie. Davon können wiederum die meisten konservativ behandelt werden: Änderung der Dialysatzusammensetzung, Zufuhr von Kalzium und Vitamin D, Applikation von phosphatbindendem Aluminiumhydroxid. 2.2.2.3 T e r t i ä r e r H y p e r p a r a t h y r e o i d i s m u s (tHPT) Wird bei einem lange bestehenden sHPT die Parathormon-Überfunktion autonom, spricht man von einem tHPT. 2.2.3
NSD-Karzinom
Pathologisch-anatomisch ist die Diagnose schwierig zu stellen und erfordert wie bei allen endokrin aktiven Karzinomen einen erfahrenen Pathologen. 1 - 3 % aller NSD-Tumoren sind Karzinome, praktisch immer mit pHPT. Klinisch steht eine exzessive Hyperkalzämie im Vordergrund. Im Durchschnitt sind Karzinome größer als Adenome und wegen des infiltrativen Wachstums mit der Umgebung verbacken. In einem Drittel der Fälle haben sie schon in die regionären Lymphknoten metastasiert und zu einer Rekurrensparese geführt. Nach chirurgischer Exstirpation - einschließlich Hemithyreoidektomie - rezidivieren sie oft.
2.3 Diagnostik 2.3.1
3. Tertiärer H y p e r p a r a t h y r e o i d i s m u s (tHPT): Bei a u t o n o m w e r d e n d e r Parathormon-Überfunktion eines sHPT. NSD-Karzinom Klinik: - exzessive Hyperkalzämie. - Infiltratives W a c h s t u m , - V e r b a c k u n g mit der U m g e b u n g , - Metastasierung in die regionären Lymphknoten, - Rekurrensparese.
Diagnostik des HPT: Differentialdiagnose s. Tab. 29-3.
Differentialdiagnose
In Tabelle 29-3 sind die wichtigsten Erkrankungen, welche mit einer Hypound Hyperkalzämie einhergehen können, der Häufigkeit nach geordnet. Bei der Hyperkalzämie steht der pHPT mit ca. 20 % an zweiter Stelle der Ursachenfrequenz, jedoch ist die tumorbedingte Hyperkalzämie im medizinischen Alltag beinahe 5mal häufiger. Tabelle 29-3 Ursachen einer Kalziumstoffwechselstörung Hypokalzämie
Hyperkalzämie
1. P a r a t h o r m o n - M a n g e l
1. Erhöhte Kalziumfreisetzung aus d e m
-
postoperativ („parathyreopriv")
Knochen
-
idiopathisch (autoimmun?
-
angeboren?)
T u m o r h y p e r k a l z ä m i e (bes. Metastasen)
-
ρ HPT
-
paraneoblastischer HPT (= Pseudohyperparathyreoidismus)
-
2. Parathormonresistenz des Skeletts -
Pseudohypoparathyreoidismus Typ 1 c A M P w i r d nicht gebildet
2. Erhöhte K a l z i u m a u f n a h m e -
M i l c h - A l k a l i - S y n d r o m (und andere exzessiv Kalzium-haltige Nahrungs-
Typ II keine Steigerung der Phos-
Immobilisation
und Arzneimittel)
phatausscheidung
-
Vitamin D
s HPT
-
Sarkoidose (dabei e n d o g e n e Vitamin D-Spiegel-Erhöhung)
3. Erhöhter Kalziumverbrauch
3. V e r m i n d e r t e Kalziumausscheidung
-
Schwangerschaft + Stillzeit
-
Thiadiazid-Diuretika
-
akute Pankreatitis
-
Chlorothiazid-Applikation
2.3.2 Diagnosestellung des HPT Die Labordiagnostik ist sehr wichtig. Sie ermöglicht die sichere Unterscheidung von der Tumorhyperkalzämie (Tab. 29-4).
Diagnosemethoden: - Labordiagnostik,
X X I X . Endokrine C h i r u r g i e
676 - Röntgenaufnahmen: Hand, Schädel, lange Röhrenknochen, - Beckenkammbiopsie in Einzelfällen. Mituntersuchung von: Niere, Galle, Magen, Pankreas wegen möglicher Organkomplikationen.
Ein s H P T k a n n praktisch j e d e m c h r o n i s c h e n D i a l y s e p a t i e n t e n unterstellt werden: im S e r u m h o h e s P a r a t h o r m o n , h o h e s P h o s p h a t u n d wechselndes C a ' + (letzteres initial eher niedrig, später eher erhöht). Z u r a l l g e m e i n e n Diagnosestellung, i n s b e s o n d e r e des p H P T , gehören selbstverständlich R ö n t g e n a u f n a h m e n von H a n d , Schädel u n d langen R ö h r e n k n o c h e n , im Einzelfall - besonders b e i m s H P T - a u c h e i n m a l eine Beckenk a m m b i o p s i e z u m histologischen N a c h w e i s der f ü r den H P T typischen Fibroosteoklasie. I m Zweifelsfall sollten Niere, Galle, M a g e n u n d P a n k r e a s u n t e r s u c h t werden z u m A u s s c h l u ß bzw. Nachweis einer a u c h hier m a n i f e s t e n O r g a n k o m p l i k a tion. In der Praxis f ü h r t der diagnostische W e g j e d o c h sehr h ä u f i g von d e n Nierensteinen zum pHPT. Tabelle 29-4 Unterschiedliche Laborkonstellation bei Tumorhyperkalzämie Ρ HPT)
und
Serum Urin
Tumorhyperkalzämie (Malignom mit Knochenmetastasen) ρ HPT
Ca
Ph
AP
PTH
Ca
Ph
cAMP
ΐ
(T)
(ΐ)
Ν
t
Ν
Ν
t
1
(t)
t
(ΐ)
ΐ
Τ
Zeichenerklärung: Ca = Kalzium, Ph = Phosphat, AP = alkalische Phosphatase, PTH = Parathormon, cAMP = zyklisches Adenosinmonophosphat, Ν = normal, (f) = normal bis wenig erhöht. Lokalisationsdiagnostik des HPT: - Ultraschallsonographie, - Computertomographie.
Weitere Lokalisationsdiagnostik nur für Rezidivoperation: - Katheterangiographie, - Rückstromangiographie.
2.3.3 Lokalisationsdiagnostik Ist ein p H P T gesichert, sind h e u t e lokalisationsdiagnostische M a ß n a h m e n nicht notwendig, da in j e d e m Fall die operative Freilegung aller 4 N S D indiziert ist u n d in ü b e r 90 % aller Fälle das Adenom identifiziert u n d exstirpiert werden k a n n . E m p f e h l e n s w e r t sind lediglich die Ultraschallsonographie für den Halsbereich u n d die Computertomographie f ü r das vordere obere M e d i a s t i n u m wegen der h ä u f i g e n retrosternalen Lage von N S D - A d e n o m e n . Eine w e i t e r g e h e n d e Lokalisationsdiagnostik ist h e u t e ausschließlich f ü r die Rezidivoperation angezeigt: • arterielle, superselektive Katheterangiographie zur S i c h t b a r m a c h u n g des vaskularisierten T u m o r s ; • venöse, superselektive Rückstromangiographie mit gezielter Blutabn a h m e zur jeweiligen P a r a t h o r m o n - B e s t i m m u n g (bis zu 10 verschiedene Blutabnahmen); F ü r d e n Ersteingriff bei s H P T h a b e n alle L o k a l i s a t i o n s m a ß n a h m e n wegen der z u g r u n d e l i e g e n d e n 4 - D r ü s e n - H y p e r p l a s i e n a t u r g e m ä ß k e i n e n Wert. I m G e g e n s a t z hierzu sind sie f ü r d e n Zweiteingriff bei w e i t e r b e s t e h e n d e m s H P T (nach primärer E n t f e r n u n g von n u r 3 N S D oder trotz E n t f e r n u n g von 4 N S D ) von ü b e r g e o r d n e t e r Wichtigkeit.
chirurgische Therapie des HPT:
2.4 C h i r u r g i s c h e
Therapie
Eine O p e r a t i o n k o m m t n u r bei Überfunktion infrage. Bei Unterfunktion konservative Maßnahmen die T h e r a p i e der W a h l .
sind
Nebenschilddrüsen
677
2.4.1 Operative Indikation Die operative I n d i k a t i o n sollte in enger Z u s a m m e n a r b e i t mit d e m Endokrinologen bzw. N e p h r o l o g e n oder Urologen gestellt werden. Für d e n p H P T ist die Indikation mit der Diagnose gegeben. A u s n a h m e n sind allgemein o p e r a t i o n s g e f ä h r d e t e P a t i e n t e n mit n u r a s y m p t o m a t i s c h e m , sog. „ l a b o r c h e m i s c h e m " p H P T u n d n u r ganz geringer S e r u m k a l z i u m - E r h ö hung. F ü r d e n sHPT ist die absolute Indikation d a n n gegeben, wenn die Osteopat h i e - S c h m e r z e n einschließlich der N e i g u n g zu S p o n t a n f r a k t u r e n konservativ nicht mehr behandelbar sind u n d wenn t e r m i n a l eine p e r m a n e n t e Hyperkalzä m i e m i t all ihren S e k u n d ä r k o m p l i k a t i o n e n besteht (sog. tHPT), ζ. B. G e f a h r der S t e i n b i l d u n g im N i e r e n t r a n s p l a n t a t .
Operative Indikation: Bei pHPT: Indikation mit der Diagnose, bei sHPT: absolute Indikation, wenn Schmerzen und Spontanfrakturen konservativ nicht mehr therapierbar sind, ferner bei Bestehen einer permanenten Hyperkalzämie mit Sekundärkomplikationen.
Relative Indikationen für den s H P T sind: n o r m o k a l z ä m i s c h e Patienten mit renaler Osteopathie, hoher alkalischer Phosphatase, h o h e m S e r u m - P a r a t h o r m o n , K n o c h e n s c h m e r z e n oder ausgeprägtem Pruritus.
2.4.2 Perioperative Maßnahmen Präoperative M a ß n a h m e n : Bei der parathyreotoxischen Krise steht initial die konservative Intensivtherapie im Vordergrund (s. oben). Beim s H P T sollte kurz vor der Operation die letzte Dialyse stattgefunden h a b e n , d a m i t während der beiden ersten postoperativen Tage keine Dialyse, erfolgen m u ß ( G e f a h r der lokalen N a c h b l u t u n g wegen Heparinisierung). Intraoperative M a ß n a h m e n : Wichtig ist die enge Z u s a m m e n a r b e i t mit d e m Pathologen, u m mittels S c h n e l l s c h n i t t u n t e r s u c h u n g die Unterscheidung Adenom (ca. 85 %) zu Hyperplasie (ca. 15 %) treffen zu k ö n n e n . Postoperative M a ß n a h m e n : G e f ä h r l i c h ist die hypokalzämische Tetanie ( 2 . - 3 . postoperativer Tag) als Folge des „bone h u n g e r " des d e m i n e r a l i s i e r t e n Knochens. Je h ö h e r präoperativ die alkalische Phosphatase ist (Korrelat des A u s m a ß e s der Skelettbeteiligung des pHPT), desto wahrscheinlicher ist die postoperative T e t a n i e wegen „ K a l z i u m a b w a n d e r u n g " in den K n o c h e n (deshalb ö s t ü n d l i c h e Ca" " - B e s t i m m u n g u n d e n t s p r e c h e n d e S u b s t i t u t i o n i. v. oder oral).
Intraoperative Maßnahmen: - Schnellschnittuntersuchung zur Unterscheidung Adenom - Hyperplasie. Postoperative Maßnahmen: wegen Gefahr der hyperkalzämischen Tetanie: 6stündliche Kalziumbestimmung und Substitution.
Bei Autotransplantation von N S D - G e w e b e m u ß im D u r c h s c h n i t t 3 M o n a t e lang bis zur vollen h o r m o n e l l e n W i r k s a m k e i t dieses transplantierten Gewebes oral mit Kalzium u n d AT 10 substituiert werden. A u c h hierbei gilt, die K a l z i u m w e r t e n u r auf s u b n o r m a l e Werte einzustellen, weil die Hypokalzä m i e d e n besten Reiz zur R e g e n e r a t i o n a u c h des a u t o t r a n s p l a n t i e r t e n N S D G e w e b e s darstellt.
Bei Autotransplantation: 3 Monate lang orale Kalziumzufuhr.
2.4.3 Operationsverfahren
Operationsverfahren: Freilegung beider Schilddrüsenlappen —> Aufsuchen aller 4 N S D —» bei erfolgloser Suche: zervikale Thymektomie und subtotale Schilddrüsenresektion des jeweiligen Lappens.
Z u g a n g wie bei S t r u m a o p e r a t i o n (s. A b b . 29-7). N a c h Freilegen beider S c h i l d d r ü s e n l a p p e n werden alle 4 N S D e n t s p r e c h e n d ihrer anatomischen Lage aufgesucht. Bei erfolgloser S u c h e schließt sich eine subtotale Schilddrüsenresektion des jeweiligen L a p p e n s an. E i n e ( m e d i a n e ) S t e r n o t o m i e zur weiteren S u c h e wird erst in e i n e m zweiten Eingriff d u r c h g e f ü h r t , nach e n t s p r e c h e n d e r V e r l a u f s b e o b a c h t u n g u n d Lokalisationsdiagnostik.
2.4.3.1 pHPT D a s A d e n o m wird unter S c h o n u n g des N. laryngeus n a c h Ligatur der versorgenden G e f ä ß e . E m p f e h l e n s w e r t ist die gleichzeitige Exstirpation der fälligen N S D zur besseren p a t h o l o g i s c h - a n a t o m i s c h e n Sind Zweifel an Farbe u n d G r ö ß e der b e i d e n a n d e r e n
recurrens exstirpiert, homolateralen unaufBeurteilung. N S D , wird aus i h n e n
1. pHPT: Exstirpation des Adenoms Empfehlenswert: gleichzeitige Exstirpation der homolateralen unauffälligen N S D .
XXIX. Endokrine Chirurgie
678 In Zweifelsfällen, kleine Probeexzision zur histologischen Beurteilung: bei nodulärer 4-Drüsen-Hyperplasie: Exstirpation aller NSD und Transplantation einer NSD in die Unterarmmuskulatur.
jeweils eine kleine Probeexzision entnommen: zur histologischen Beurteilung, ob es sich u m eine noduläre 4-Drüsen-Hyperplasie handelt. Ist dies der Fall, werden alle NSD exstirpiert und ein Teil einer NSD in die Unterarmmuskulatur transplantiert (s. unten). Die Belassung eines Teiles einer NSD in loco typico zur Aufrechterhaltung einer normalen Funktion sollte unterbleiben, weil es wieder hypertrophieren kann (erhöhtes lokales Risiko beim Zweiteingriff).
2. sHPT: Exstirpation aller 4 hyperplastischen NSD —> histologische Schnellschnittuntersuchung —* Implantation von Gewebestücken in die subfaszialen Muskeltaschen des Unterarms.
2.4.3.2 sHPT Heute werden alle 4 hyperplastischen N S D exstirpiert, dann in Eis gekühlte Kochsalzlösung gegeben und histologisch im Schnellschnitt untersucht. Aus der kleinsten NSD werden etwa 20 jeweils 1 mm 3 große Gewebestückchen herausgeschnitten und in subfasziale Muskeltaschen des Unterarms 1 - 2 cm tief implantiert. Das autotransplantierte Gewebe wächst mit hoher Wahrscheinlichkeit an. Ist man sich nicht sicher, ob am Hals alles hyperplastische NSD-Gewebe entfernt wurde, kann das entnommene Gewebe in flüssigem Stickstoff tiefgefroren und später, sollte es doch zu einem Hypoparathyreoidismus kommen, zweizeitig autotransplantiert werden. Hypertrophien das transplantierte Gewebe im Unterarm mit der Konsequenz eines erneuten sHPT, kann die Gewebemenge reduziert werden.
2.5 Ergebnisse Operationsletalität bei elektiver Operation: 0-0,5 %. Bei parathyreotoxischer Krise: ca. 20 %. Funktionelle Spätergebnisse: zwischen 80 und 100% gut.
Die Operationsletalität für die elektive Situation beträgt 0 - 0 , 5 %, ist im Einzelfall eher auf die Grundkrankheit als auf den operativen Eingriff selbst zurückzuführen. Für die parathyreotoxische Krise liegt sie bei ca. 20 % (s. oben). Ist der Chirurg im Aufsuchen der NSD erfahren, sind die funktionellen Spätergebnisse - bei richtiger Indikationsstellung - sehr gut: beim pHPT 9 1 - 1 0 0 %, bei sHPT (einschließlich Autotransplantation) 8 0 - 9 0 %. Handelte es sich primär um einen pHPT bei multipler endokriner Adenomatöse (oft 4-Drüsen-Hyperplasie), ist die Rezidivrate bei Entfernung nur einer adenomatösen NSD aus verständlichen Gründen mit über 35 % sehr hoch.
Literatur Breyer, J., Krause, U.: Therapie des Hyperparathyreoidismus. Schattauer, Stuttgart-New York 1981 Fritsch, Α., Geyer, G.: Hyperparathyreoidismus. Urban & Schwarzenberg, W i e n - M ü n c h e n - B a l t i m o r e 1982 Roka, R., Niederle, B., Fritsch, Α.: Die Transplantation der Nebenschilddrüse. Urban & Schwarzenberg, W i e n - M ü n c h e n - B a l t i m o r e 1982 Rothmund, M.: Hyperparathyreoidismus. Thieme, Stuttgart-New York 1980
679
Nebennieren
3. Nebenniere Α. Hirner,
Nebenniere (NN)
G. Berger
3.1 Anatomie Die beiden Nebennieren (NN) sind kappenförmige Gebilde mit einer maximalen Größe von 6 x 3 x 1 cm. Sie liegen retroperitoneal und sitzen den oberen Nierenpolen auf. Ihr Gewicht beträgt 5 - 8 g. Die rechte NN liegt im kranialen Winkel zwischen V. cava inferior und Nierenvene; die linke NN hat enge Beziehungen zur Bursa omentalis, dem Pankreasschwanz und Milzhilus. Die arterielle Versorgung ist dreifach: A. suprarenalis superior aus der A. phrenica inferior, A. suprarenalis media direkt aus der Aorta und A. suprarenalis inferior aus der A. renalis. Die singulare V. suprarenalis mündet rechts in die V. cava inferior, links in die V. renalis. Auch wenn die Niere als Beckenniere disloziert ist, bleibt die NN in ihrer normalen Position in Höhe des 12. BWK/1. LWK.
Die Nebennieren sind kappenförmige Gebilde und liegen retroperitoneal den oberen Nierenpolen auf.
3.2 Nebennierenmark
Nebennierenmark (NNM)
3.2.1 Einleitung und Physiologie Für das Verständnis der NNM-Krankheitsbilder sind 3 entwicklungsgeschichtliche P h ä n o m e n e von Bedeutung: 1. Die paarigen paravertebralen sympathischen Ganglien und die u n p a a r e n prävertebralen Ganglien (Ganglion coeliacum, mesentericum superius u n d inferius) stamm e n wie das N N M von der Neuraileiste ab u n d produzieren ebenfalls {Catecholamine (im Gegensatz z u m N N M jedoch n u r Noradrenalin);
Das Nebennierenmark gehört zum neuroendokrinen System, das diffus im Körper verteilt ist. Produktion von Katecholaminen und biogenen Aminen (deshalb Bezeichnung APUDZellsystem).
2. die Herkunft der N N M - Z e l l e n ist die Neuraileiste (Ektoderm); das N N M gehört deshalb z u m diffus im Körper verteilten neuroendokrinen System. Dieses Zellsystem ist durch eine gleichartige Produktion von Polypeptidhormonen und biogenen Aminen gekennzeichnet, weshalb es auch APUD-Zellsystem genannt wird (Amine Precursor Uptake and Decarboxylation: A u f n a h m e von Aminovorstufen u n d ihre Umwandlung durch Decarboxylierung in biogene Amine). • Die wichtigsten APUD-Organe sind Hypophyse, Schilddrüse, Nebenschilddrüse, endokrines Pankreas, sympathische Ganglien u n d N N M ; 3. ab der 10. Schwangerschaftswoche wachsen von den paravertebralen Ganglien N e u roblasten in das N N M ein: Bei Geburt sind sie kaum noch nachweisbar.
Wichtigste APUD-Organe: - Hypophyse, - Schilddrüse, - Nebenschilddrüse, - endokrines Pankreas, - sympathische Ganglien, - NNM.
Im NNM wird zu 80 % Adrenalin und zu 20 % Noradrenalin gebildet. Adrenalin wirkt vornehmlich auf die ß|-Rezeptoren des Herzens (positiv inotrop, dromotrop, chronotrop) und auf die ß 2 -Rezeptoren der Peripherie (Vasodilatation); Noradrenalin wirkt überwiegend peripher-vasokonstringierend (α-Wirkung). Die Synthese geht von Tyrosin über Dopa, Dopamin, Noradrenalin hin zu Adrenalin. In der Leber erfolgt der Abbau zur Vanillinmandelsäure, welche glukuroniert im Urin ausgeschieden wird.
Wichtigste Funktion des NNM: Produktion von Adrenalin und Noradrenalin.
Synthesegang: Tyrosin —» Dopa —» Dopamin —» Noradrenalin —»Adrenalin. Abbau in der Leber zu Vanillinmandelsäure und deren Ausscheidung im Urin (diagnostischer Wert).
3.2.2 Klinische Krankheitsbilder
Krankheitsbilder
Mit zunehmendem Alter atrophiert jedes NNM, dennoch sind isolierte NNM-Unterfunktionen ohne klinische Relevanz: Es steht genügend extraadrenales Katecholamin-produzierendes Gewebe zur Verfugung. Die wichtigsten Ursachen für den Untergang der gesamten NN sind das Waterhouse-Friderichsen-Syndrom (ζ. Β. bei Meningokokkensepsis) und der „klassische" Morbus Addison (bei Tuberkulose).
XXIX. Endokrine Chirurgie
680 1. Phäochromozytom hormonaktiver Tumor des NNM: Überproduktion von Katecholamin hochdruck (s. Tab. 29-5).
3.2.2.1 Phäochromozytom 'Blut-
3.2.2.1.1 Definition Das klassische P h ä o c h r o m o z y t o m ist ein hormonaktiver Tumor des NNM, welcher sich klinisch d u r c h Ü b e r p r o d u k t i o n von K a t e c h o l a m i n e n b e m e r k b a r m a c h t („Panik-Syndrom"). Das f ü h r e n d e S y m p t o m ist der Hochdruck
(Tab. 29-5).
Tabelle 29-5 Klinische Symptome bei Phäochromozytom (nach Scott)
Dauerhochdruck Paroxysmaler Hochdruck Kopfschmerzen Schwitzen Zittern, Nervosität Blässe im Gesicht Tremor Übelkeit, Erbrechen Müdigkeit Gewichtsverlust
Erwachsener
Kind
70% 30% 80% 70% 60% 40% 40% 30% 30% 20%
90% 10% 80% 70% 30% 30% -
60% 30% 40%
3.2.2.1.2 Pathologische Anatomie Der T u m o r h a t ein d u r c h s c h n i t t l i c h e s G e w i c h t von 9 0 - 1 0 0 g bis h i n zu über 2 kg. Die C h r o m a f f i n i t ä t ist an A d r e n a l i n g e b u n d e n . Ausschließlich Nora d r e n a l i n e n t h a l t e n d e extraadrenale „ P h ä o c h r o m o z y t o m e " f ä r b e n sich mittels C h r o m s a l z e n nicht dunkel: sog. (nicht c h r o m a f f i n e ) Paragangliome. Normalerweise ist der T u m o r benigne-, die sichere Aussage der Malignität ist n u r bei L y m p h k n o t e n - oder F e r n m e t a s t a s e n zu treffen. Epidemiologie Inzidenz 0,1 % (Sektionsstatistik), davon 201 bei Kindern. 1 0 - 2 0 % extraadrenal lokalisiert, 4 % bilateral, 1 - 2 % extraabdominal, 10% maligne.
3.2.2.1.3 Epidemiologie Die I n z i d e n z des P h ä o c h r o m o z y t o m s beträgt in großen Autopsie-Statistiken ca. 0,1 %. U n g e f ä h r 0 , 5 - 1 , 0 % aller H y p e r t o n i k e r h a b e n ursächlich ein Phäoc h r o m o z y t o m . 20 % aller P h ä o c h r o m o z y t o m e betreffen K i n d e r (50 % davon sind bilateral, m u l t i p e l oder extraadrenal). Das d u r c h s c h n i t t l i c h e Alter der restlichen 80 % P a t i e n t e n liegt bei 3 0 - 5 0 J a h r e n ; ü b e r 60jährige sind sehr selten betroffen. Das weibliche G e s c h l e c h t überwiegt leicht. Tabelle 29-6 Auslösende Stimuli für die paroxysmale Hypertonie-Attacke Durch den Patienten
Medikamentös - ärztlich
Alkohol/Nikotin Körperwendungen Allgemeinnarkose Körperliche Anstrengung Stumpfes Bauchtrauma (einschl. Massage) Histamin Amobarbital Lokale Wärmeanwendung Tetraäthylammonium Geburtsvorgang Lachen Propylthiouracil Anstrengung bei Stuhlgang Kortikotropin Gurgeln Glukagon Rasieren Pneumoretroperitoneum Temperaturwechsel Karotissinus-Druck Sexualverkehr Niesen Schmerzen Hyperventilation Emotionaler Streß Voluminöses Essen Miktion
Nebennieren
681
1 0 - 2 0 % aller Phäochromozytome liegen extraadrenal ( = Paragangliome), 4 % sind bilateral (dann oft MEA, s. S. 682), 7 % multipel und 10 % maligne. 10 % kommen familiär vor mit teils autosomaler Vererbung: Kombination mit Neurofibromatose von Recklinghausen, Morbus Hippel-Lindau, Morbus Sturge-Weber und MEA-Typ II (Tab. 29-6). 1 - 2 % aller Phäochromozytome liegen extraabdominell vor allem im Bereich paravertebraler sympathischer Ganglien teils thorakal, teils zervikal.
3.2.2.1.4 Klinische Symptomatologie Tab. 29-5 informiert über die wichtigsten klinischen Symptome. Sie alle leiten sich von der übermäßigen Katecholamin-Produktion ab. Es besteht keine Korrelation zwischen Größe des Tumors und Ausmaß der klinischen Symptomatik. Wegen der ß-adrenergen Stimulation besteht bei den meisten Patienten eine latente diabetische Stoffwechsellage. Durchschnittliche Anamnesedauer 3 Jahre. Wenngleich mit ca. 30 % nicht so häufig, sind die paroxysmale Hypertonie (1 x pro Tag bis 1 x pro Jahr - alle Intervalle sind möglich) und die sich dann jeweils anschließenden vegetativen Symptome (s.Tab. 29-5) für die Diagnose wegweisend. Systolische Blutdruckspitzen bis zu 300 mmHg sind keine Seltenheit. Auslösende Stimuli für die paroxysmale Attacke s. Tab. 29-6. Seltene klinische Verlaufsformen ähneln akut psychotischen Reaktionen, einer gramnegativen Sepsis, einer chronisch-kongestiven Herzinsuffizienz, einer Thyreotoxikose, einem plötzlichen sog. „akuten" Herztod oder einem Volumenmangelschock nach freier intra- oder gedeckt retroperitonealer Ruptur.
3.2.2.1.5 Diagnose Sie beginnt beim anamnestischen Verdacht und führt über den laborchemischen Beweis hin zur Lokalisation mittels Szintigraphie.
Klinische Symptome (s. Tab. 29-5): - Ursache für alle Symptome: übermäßige Katecholaminproduktion, - Anamnesedauer 3 Jahre - latente diabetische Stoffwechsellage,
- paroxysmale Hypertonie —» vegetative Symptome, - systolische Blutdruckspitzen bis 300 mmHg. Seltene Verlaufsformen: - wie akute Psychose, - wie gramnegative Sepsis, - wie Thyreotoxikose, - akuter Herztod, - Ruptur mit akuter Blutung.
Diagnose anamnestisch, laborchemisch, Szintigraphie.
Diagnostische Maßnahmen bei Verdacht auf Phäochromozytom: Wichtige Trias: m anamnestischer Verdacht • Katecholamin-Stoffwechseluntersuchungen im Plasma und Urin • 1 3 1 J-M-Benzylguanidin-Szintigraphie Fakultativ: Computertomographie Ultraschall-Sonographie i. v.-Pyelographie (mit konventioneller Tomographie) Angiographie - arteriell Angiographie - venös (mit selektiven Blutentnahmen) Provokationstests (s. Text): Histamin-Test Glukagon-Test Tyramin-Test Die modernen biochemischen Untersuchungen umfassen nicht nur die Vanillinmandelsäure als Stoffwechselendprodukt im Urin, sondern auch direkte Messungen von Adrenalin und Noradrenalin im Plasma und Urin. Hierzu müssen zumindest 1 Woche lang Medikamente, wie a-Methyl-Dopa, Monoaminooxydasehemmer und Sedativa abgesetzt sein. Die den Tumor darstellende nl-3-M-Benzylguanidin-Szintigraphie ist wichtig für die Lokalisationsdiagnostik und von hoher Sensitivität und Spezifität. Zur weiteren Art- und Lokalisationsdiagnostik dienen CT und Ultraschall (Tumorgröße > l c m ) , ferner die selektive arterielle Angiographie (blushPhänomen wegen der starken Vaskularisation) und die retrograde venöse Angiographie (in Kombination mit selektiver venöser Blutabnahme).
Labor: Vanillinmandelsäure, direkte Messung von Adrenalin und Noradrenalin in Plasma und Urin.
Lokalisationsdiagnostik: - CT, - Ultraschall, - selektive Angiographie, - retrograde venöse Angiographie.
XXIX. Endokrine Chirurgie
682
Zur Frage, ob überhaupt ein Katecholamin-produzierender T u m o r vorhanden ist, wurden früher während der normotensiven Intervalle eine Reihe von Provokationstesten angewandt (s. S. 681). Sie sind heute alle verlassen. Therapie: Exstirpation des Tumors.
Zur Vermeidung von Blutdruckspitzen während der Operation: Bereitstellung von Natriumnitroprussid.
Chirurgisches Vorgehen: Oberbauchquerschnitt —» Exstirpation der gesamten NN, bei bilateralem Phäochromozytom: Erhaltung einer NNR. Wenn dies nicht möglich ist: Autotransplantation von NNR-Gewebe in die Unterarmmuskulatur. Beim malignen metastasierenden Phäochromozytom: möglichst weitgehende Reduktion der Tumormasse.
3.2.2.1.6 Therapie Mit der Diagnose steht die absolute Indikation zur (elektiven) Exstirpation des Tumors. N u r sie bringt Heilung. Wichtig ist die präoperative Einstellung des Hochdrucks mit α- und später ß-Rezeptorenblockem. Notfallmäßige Eingriffe (mit A u s n a h m e der Blutung!) sind heute kontraindiziert. Präoperatives und anästhesiologisches Vorgehen: Kurz vor der Operation Auffüllen des intravasalen Volumens, da dieses durch die periphere Vasokonstriktion verringert ist (Gefahr der Hypovolämie!). Während der chirurgischen Manipulation am T u m o r kann es durch Katecholamin-Ausschüttung zu exzessiven Blutdruckspitzen kommen: Natriumnitroprussid bereitstellen! Ein erweitertes hämodynamisches Monitoring ist notwendig. Intraoperativ-chirurgisches Vorgehen: Der beste Zugang ist der transperitoneale Oberbauchquerschnitt mit der Möglichkeit zur Revision weiterer Phäochromozytom-Lokalisationen. Zunächst wird die V. suprarenalis ligiert, u m die systemische Einschwemmung von Katecholaminen zu vermeiden. Bei einseitigen Phäochromozytomen wird grundsätzlich die gesamte NN exstirpiert, bei bilateralen sollte zumindest eine N N R zur Vermeidung eines anadrenalen Syndroms erhalten bleiben. Ist dies operationstechnisch nicht möglich, Autotransplantation von N N R - G e w e b e in die Unterarmmuskulatur. Beim malignen metastasierten Phäochromozytom wird soviel Tumorgewebe wie möglich exstirpiert: Zytostatika oder Strahlentherapie sind bislang ohne Erfolg.
3.2.2.1.7 Ergebnisse und Prognose Operationsletalität: 0 - 3 % , Patienten sind geheilt. Malignes Phäochromozytom: Lebenserwartung 1 - 5 Jahre.
2. Multiple endokrine Adenomatöse (MEA): gehört zum APUD-System. Multiples Auftreten aktiver Adenome (APUDome).
Syndrome - Wermer-Syndrom, - Sipple-Syndrom.
Die Operationsletalität beträgt heute beim singulären benignen Phäochromozytom 0 - 3 % , die Kurz- und Langzeitergebnisse sind mit 7 0 - 8 0 % Normotension sehr gut: Die Patienten sind geheilt, falls es nicht infolge einer jahrelang vorbestandenen Hypertonie zu Sekundärveränderungen gekommen ist. Beim malignen Phäochromozytom liegt die mittlere Lebenserwartung zwischen 1 und 5 Jahren.
3.2.2.2 Multiple endokrine Adenomatöse ( = MEA) Aufgrund der A b s t a m m u n g des N N M von der Neuralleiste gehört es zum APUD-System; das multiple Auftreten verschiedener endokrin aktiver Adenome ( = A P U D o m e ) ist möglich (dann oft familiäre Disposition bzw. auch d o m i n a n t vererblich). Nachfolgend wird ein Überblick über die wichtigsten APUDom-Kombinationen gegeben. Typ I: Wermer-Syndrom (autosomal d o m i n a n t e r Erbgang) - Inselzelladenom; Gastrinom oder VIP-/PP-om (teils Hyperplasie, teils Adenom) - Nebenschilddrüsenadenom: meist adenomatöse Hyperplasie - HVL-Adenom: meist mit Cushing-Syndrom evtl. + Schilddrüsenkarzinom (follikulär oder papillär) Typ II A: Sipple-Syndrom (dominanter Erbgang) - Phäochromozytom (in 25 % bilateral; wenn, dann meist Hyperplasie) - Schilddrüsenkarzinom (medullär) evtl. + Nebenschilddrüsenadenom Typ II B: (Erbgang ζ. Z. nicht festlegbar) - Phäochromozytom (häufig bilateral; wenn, dann meist Hyperplasie) - Schilddrüsenkarzinom (medullär)
Nebennieren - orale/intestinale Ganglioneuromatose oder: - marfanoider Habitus/Skelettanomalien Pathologisch-histologisch handelt es sich nicht immer u m klassische Adenome, sondern oft u m (noduläre) Hyperplasien. Bei den HVL-Adenomen bedingt die unterschiedlich mögliche Hormonaktivität das klassische Bild: Mit absteigender Häufigkeit ist es ACTH, Somatotropin, Melanozyten-stimulierendes Hormon und Prolactin. Bei fortgeschrittenen H V L - A d e n o m e n ist ein „Apoplex" des HVL möglich mit Ausfall aller Hormone. Die klinisch wichtigsten Syndrome sind der Typ I (Wermer-Syndrom) und Typ II Α (Sipple-Syndrom). Klinisch-pragmatische Konsequenz dieser empirischen MEA-Erkenntnis ist der möglichst frühzeitige Ausschluß jeweiliger Zweit-APUDome in einer kontrollierten Nachsorge: Die einzelnen Krankheitsbilder können bis zu Jahrzehnten versetzt auftreten. Bei Vorliegen eines Phäochromozytoms ist der Ausschluß/Nachweis eines medullären Schilddrüsenkarzinoms besonders wichtig: Bestimmung des karzinoembryonalen Antigens (CEA). Eine operai/u-taktische Konsequenz ist bei Typ II Α und II Β gegeben: die häufige Indikation zur bilateralen Adrenalektomie mit Autotransplantation von NNR-Gewebe in den Unterarm.
3.2.2.3 Andere benigne NNM-Tumoren Das N N M kann wie alle anderen Teile des peripheren Nervensystems Ausgangspunkt sein f ü r Schwannome, Neurofibrome oder Ganglioneurome, auch für Angiome, Leiomyome, Myelolipome, durch Endothel oder Epithel ausgekleidete Zysten und bindegewebige Tumoren. Solche hormon-inaktive Tumoren, die meist Zufallsbefunde sind, wird man ab einer Größe von 3 cm operieren, schon zum Ausschluß der Malignität.
3.2.2.4 Andere maligne NNM-Tumoren Die Anzahl der NNM-Neuroblasten erreicht in der 1 7 . - 2 0 . Fetalwoche ihren Höhepunkt. Zur normalen Variation gehört deren Persistenz bis ins frühkindliche Alter. Mit einer Sektionsinzidenz von 1:2 000 ist das Neuroblastom der häufigste kongenitale maligne Tumor; insgesamt liegt die mediane Inzidenz des Neuroblastoms beim Alter von 2 Jahren. 60 % aller Neuroblastome gehen vom N N M aus, die restlichen 40 % liegen extraadrenal. Oft ist der T u m o r perkutan zu tasten. % zeigen erhöhte Katecholamin-Metabolite im Urin. Die chirurgische Exstirpation ist die Therapie der Wahl und bringt im Stad i u m I (Tumor auf Ursprungsorgan beschränkt, keine Lymphknoten- oder Fernmetastasen) in 70 % dauernde Heilung. Zytostatika- und Strahlentherapie haben in Einzelerfahrungen eine gute Tumorregression erbracht. Sehr seltene maligne N N M - T u m o r e n sind das Ganglioneuroblastom (bessere Prognose als das Neuroblastom), Teratome und maligne Melanome.
3.3 Nebennierenrinde (NNR)
683
Beim HVL-Adenom werden folgende Hormone produziert: - ACTH, - Somatotropin, - Melanozyten-stimulierendes Hormon, - Prolactin. Dagegen ist auch Ausfall aller Hormone möglich (Apoplex).
Bei Typ II Α und II B: Häufige Indikation zur bilateralen Adrenalektomie mit Autotransplantation. 3. Andere benigne NNM-Tumoren: Schwannome, Neurofibrome, Ganglioneurome, Angiome, Leiomyome, Myelolipome, Zysten, bindegewebige Tumoren.
Behandlung: Operation ab 3 cm Größe. 4. Andere maligne NNM-Tumoren: - Neuroblastom: häufigster kongenitaler maligner Tumor. Diagnose: Tastbefund und Katecholamin-Metabolite im Urin. Therapie der Wahl: chirurgische Exstirpation, Zytostatika- und Strahlentherapie bringen Tumorregression.
- Ganglioneuroblastom, - Teratom, - malignes Melanom. Nebennierenrinde (NNR)
3.3.1 Einleitung und Physiologie Die N N R macht 8 0 - 9 0 % des Gesamtgewichts der N N aus. Sie ist in 3 Schichten gegliedert, denen - bei unterschiedlicher histologischer Struktur - jeweils eine bestimmte Hormon-(Gruppen-)Produktion zugeordnet werden kann. Die Biosynthese aller N N R - H o r m o n e geht vom Cholesterin aus. Der HVL hat eine entscheidende Rolle für die Regelmechanismen der Sekretion der meisten N N R - H o r m o n e . Die 3 Schichten der N N R von außen nach innen sind:
Ausgangspunkt der Biosynthese aller NNRHormone: Cholesterin. Regelmechanismen der Sekretion der NNRHormone auch durch HVL.
684
XXIX. Endokrine C h i r u r g i e
Man unterscheidet 3 Schichten des NNR von außen nach innen: 1. Zona glomerulosa: Bildungsort von Aldosteron. 2. Zona fasciculata: Bildungsort von Kortisol und Kortison. 3. Zona reticularis: Bildungsort der Androgene.
1. Zona glomerulosa: Bildungsort des Mineralkortikoids Aldosteron (C 21-Steroid). 2. Zona fasciculata: Sie ist die stärkste NNR-Schicht, die Bildungsstätte der Glukokortikoide Kortisol und Kortison (C 21-Steroide). Die Glukokortikoide werden als 17-Hydroxykortikosteroide im Urin ausgeschieden. 3. Zona reticularis: Bildungsort der Androgene, vor allem Dehydroandrosteron (C 19-Steroid). Sie werden als 17-Ketosteroide im Urin ausgeschieden.
Krankheitsbilder der NNR
3.3.2 Klinische Krankheitsbilder
1. Conn-Syndrom primärer Hyperaldosteronismus (PH) Chronische Überproduktion von Aldosteron
3.3.2.1 C o n n - S y n d r o m = p r i m ä r e r H y p e r a l d o s t e r o n i s m u s ( = PH)
—»Bluthochdruck
3.3.2.1.1
Definition
Aufgrund der autonomen, chronischen Überproduktion von Aldosteron ist das Leitsymptom der hypokaliämische und hyporeninämische Hochdruck. Im Gegensatz hierzu steht der sekundäre Hyperaldosteronismus, der durch eine erhöhte Reninausschüttung bedingt ist (ζ. B. bei Nierenarterienstenose oder Leberzirrhose). 3.3.2.1.2
Epidemiologie
Die Inzidenz des Conn-Syndroms wird auf ca. 1 % aller Hypertoniker geschätzt. Es ist niemals mit anderen somatischen Abnormitäten kombiniert. Durchschnittliches Erkrankungsalter 3 0 - 5 0 Jahre, Frauen sind 3mal häufiger betroffen als Männer. Morphologisches Substrat: - singuläres Adenom (häufiger) oder - bilaterale Hyperplasie (seltener).
Pathogenese: unklar.
Symptome: - mittelschwerer Hochdruck, - exzessive Hypokaliämie mit folgenden Zeichen: Muskelmüdigkeit, Muskelschwäche, Darmträgheit, Polyurie, Polydipsie, - metabolische Alkalose mit konsekutiver Hypokalzämie.
Diagnose: - Hochdruck, - Hypokaliämie, - Urin-Kaliumverlust, - Hyperaldosteronismus, - Hyporeninämie.
Weitere diagnostische Methoden zur Abklärung (Adenom - Hyperplasie) sind:
3.3.2.1.3 Ä t i o l o g i e und Pathogenese Zwei unterschiedliche morphologische Substrate können dem PH zugrundeliegen: Das singulare Adenom (zu 75 %) oder die bilaterale (manchmal noduläre) Hyperplasie (zu 25 %). Die meisten Adenome sind 1 - 2 cm groß und 1 - 3 g schwer; sie sind eingekapselt, ihre Schnittfläche ist goldgelb. Nur 2 % aller PH-Patienten sind durch ein NNR-Karzinom bedingt. Die Pathogenese der bilateralen Hyperplasie ist derzeitig noch unklar (erniedrigte Sensitivität gegenüber ACTH oder Angiotensin II?). 3.3.2.1.4 Klinische S y m p t o m a t o l o g i e Die Anamnese dauert mehrere Jahre: meist nur mittelschwerer Hochdruck (Hypervolämie wegen renaler Na + -Rückresorption), exzessive Hypokaliämie (renaler K + -Verlust) und die Neigung zur metabolischen Alkalose (renaler Η + -Verlust) mit konsekutiver Hypokalzämie (Tetaniezeichen). Die Hypokaliämie äußert sich in Muskelmüdigkeit, Muskelschwäche, Darmträgheit und in einer verminderten renalen Sensitivität gegenüber dem antidiuretischen Syndrom mit konsekutiver Polyurie und Polydipsie. Die subjektiven Angaben des Patienten sind oft nur Kopfschmerzen und allgemeine Müdigkeit. 3.3.2.1.5 Diagnose und Differentialdiagnose Hochdruck, Hypokaliämie, Urin-Kaliumverlust, Hyperaldosteronismus und die Hyporeninämie stehen im Vordergrund. Wichtig ist hierzu das initial zumindest zweiwöchige Absetzen aller kaliumverlierender Antihypertensiva/Diuretika (Tab. 29-7). Ist der PH bewiesen, so ist zu klären, ob es sich u m ein Adenom oder u m eine bilaterale Hyperplasie handelt. Die wichtigsten Schritte hierzu sind das CT, der Ultraschall, die venöse Blutabnahme (Aldosteron und Kortison) nach selektiver Katheterisierung beider
685
Nebennieren Tabelle 29-7 Diagnostischer Gang bei M o r b u s Conn 1. Nachweis des p r i m ä r e n H y p e r a l d o s t e r o n i s m u s Wenn
Dann Diuretika ab, nach 14 Tagen
1. RR t und Kp- ;
mehrfache K p - B e s t i m m u n g e n 2. K ; 4 0 m M / 2 4 h
Aldo-18-glucuronid im 24 h - U r i n und Renin im Plasma Differenzierung:
4. Aldo f und Renin |
A d e n o m oder Hyperplasie? 2. D i f f e r e n z i e r u n g : Singuläres A d e n o m o d e r bilaterale Hyperplasie -
hoch auflösendes C T / S o n o g r a p h i e (bei > 1 0 m m in 7 5 % zutreffend) NNV-Katheter (in 9 0 % zutreffend): selektive Blutabnahme (Aldosteron und Kortisol) NN-Venographie
-
J' 3 1 -Cholesterin-Szintigramm (in 5 0 - 8 0 % zutreffend): (evtl. mit Dexamethason-Suppression)
-
Dexamethason-Test: periphere Blutabnahme (Desoxykortikosteron, Kortikosteron + Aldosteron)
Abb.29-8 Retrograde selektive NN-Phlebographie (Katheter von der V.femoralis über die V.cava inferior bis in die rechte V.suprarenalis hochgeführt) mit indirekter Darstellung eines Conn Adenoms: „kugelig" verdrängte Kapselvenen (Pfeile) (mit freundl. Überlassung durch die Radiologische Klinik Steglitz, FU Berlin)
Vv. s u p r a r e n a l e s
und
die
sich
anschließende
NN-Phlebographie
(Abb. 29-8). W e n i g e r v e r l ä ß l i c h ( 5 0 - 8 0 % p o s i t i v ) ist d i e N N - S z i n t i g r a p h i e m i t t e l s C h o l e s t e r i n , evtl. u n t e r D e x a m e t h a s o n i n d u z i e r t e r Ausschüttung: Beim autonomen
Adenom
Suppression der
stellt sich d a n n n u r d e r
dar, bei der bilateralen Hyperplasie dagegen beide
131
J-
ACTHTumor
Nebennieren.
3.3.2.1.6 Therapie
Therapie:
Medikamentöse Therapie: Spironolacton
i s t d a s Mittel
CT, Ultraschall, Bestimmung von Aldosteron und Kortison im venösen Blut, NN-Phlebographie, Szintigraphie.
der Wahl
bei der Hyperplasie;
Langzeitnebeneffekte sind (dosisabhängig) G y n ä k o m a s t i e u n d
Impotenz.
Meist m ü s s e n zusätzlich Antihypertensiva appliziert werden. Die Wertigkeit v o n A m i l o r i d u n d C y p r o h e p t a d i n ( S e r o t o n i n - A n t a g o n i s t ) ist i n D i s k u s s i o n .
Medikamentöse Therapie: Mittel der W a h l bei Hyperplasie: Spironolacton. Zusätzlich Antihypertensiva.
XXIX. Endokrine Chirurgie
686 Chirurgische Therapie: bei einseitigem Adenom: Exstirpation der NN.
Bei Versagen der medikamentösen Therapie und bilateraler Hyperplasie: Autotransplantation von NNR-Gewebe in die Unterarmmuskulatur.
Chirurgische Therapie: Beim einseitigen Adenom ist die Exstirpation der N N die Behandlung der Wahl, selbstverständlich nach mehrwöchiger Spironolacton-Vorbehandlung in Kombination mit Kalium-Substitution. Eine perioperative Hormontherapie ist nicht notwendig, evtl. empfiehlt sich die früh-postoperative Natrium-Substitution wegen eines passageren Hypoaldosteronismus. Bei Versagen oder zu starker Nebenwirkung der medikamentösen Therapie können heute (bei der bilateralen Hyperplasie) beide N N exstirpiert werden mit gleichzeitiger Autotransplantation von NNR-Gewebe in die Unterarmmuskulatur.
3.3.2.1.7 Ergebnisse und Prognose Operationsletalität: 0- 1 %. Dauerheilung über 90%.
Die operative Letalität einer einseitigen NN-Exstirpation wegen Conn-Syndrom liegt heute bei 0 - 1 %, die dauernde Heilung bei über 90 %. Bei bilateraler Hyperplasie ist die einseitige NN-Exstirpation ohne Erfolg; die beidseitige NN-Exstirpation ohne Autotransplantation erzwingt die lebenslange (schwierige) Substitution von Glukokortikoiden, gegebenenfalls auch Aldosteron.
2. Cushing-Syndrom Dauernde pathologische Erhöhung des Piasmakortisols.
3.3.2.2 Cushing-Syndrom 3.3.2.2.1 Definition Der Begriff „Cushing-Syndrom" beinhaltet jede Form eines Hyperkortisolismus, d. h. einer dauernden pathologischen Erhöhung des Plasmakortisols mit Aufhebung des normalen biphasischen Tagesverlaufs.
3.3.2.2.2 Ätiologie und Pathogenese Primäres Cushing-Syndrom: Bildung von Kortisol autonom in einem Tumor der NNR.
Bei größeren Tumoren: zentrale Nekrosen und Kalzifikationen. Sekundäres Cushing-Syndrom: Hauptursache ist ACTH-Überproduktion im HVL bedingt durch basophiles Mikroade-
Ursachen des Cushing-Syndroms in Tabelle 29-8. Beim primären ( = peripheren) Cushing-Syndrom wird das Kortisol autonom in einem Tumor der N N R gebildet (häufiger Adenom, seltener Karzinom). Bei Kindern ist das Karzinom mit Abstand der häufigere Tumor. Für Adenom wie Karzinom ist die Seitenlokalisation jeweils 1:1, das weibliche Geschlecht überwiegt 3:1. Typisches Erkrankungsalter 2 0 - 4 0 Jahre. Das durchschnittliche Gewicht eines Adenoms beträgt 25 g. Die Tumoren haben eine Kapsel, sind rund, von gelber Farbe und fester Konsistenz. Bei größeren Tumoren bestehen zentrale Nekrosen und Kalzifikationen. Die histologische Bestimmung der Dignität ist oft schwierig. Kleine Tumoren (unter 50 g) sind eher benigne, größere eher maligne. Das sekundäre ( = zentrale) Cushing-Syndrom ist wesentlich häufiger. Hauptursache ist eine ACTH-Überproduktion im HVL, meist bedingt durch ein basophiles Mikroadenom (evtl. Sella-Verbreiterung im Röntgenbild). Durch das ACTH wird die gesamte N N R stimuliert, klinisch dominierend ist jedoch das Kortisol. Pathologisch-anatomisch besteht eine bilaterale, diffuse adenomatöse Hyperplasie, wobei einzelne Knoten so groß werden können, daß sie bei den bildgebenden Röntgenverfahren mit einem singulären Adenom verwechselt werden können. Tabelle 29-8 Ursachen des Cushing-Syndroms Primäres Cushing-Syndrom: - NNR-Adenom - NNR-Karzinom
25 c 15ί ΙΟί
Sekundäres Cushing-Syndrom: - ACTH-Überproduktion im HVL ( = Morbus Cushing) 60 ί ΙΟί - ektopischeACTH-Produktion - ACTH- oder Kortisol-Medikation 5C,
75
Urämie mit Retention harnpflichtiger Eiweißabbauprodukte und Störungen des Wasser-, Elektrolyt· und Säure-Basen-Haushaltes. Therapie: Dialysebehandlung. Indikation zur chronischen Dialysebehandlung: alle Nierenerkrankungen, die zum terminalen Nierenversagen führen.
Nierentransplantation alle terminal chronischen Nierenversagen (außer: Infektion, Tumor- und Systemerkrankung).
736
XXXI. Urologie
Störungen des Harntransportes
1.2 Störungen des Harntransportes
Harnrückstauung führt zur Druckerhöhung in der Niere. Folge: Funktionsausfall.
1.2.1 Ätiologie und Pathogenese
Erweiterung der Harnwege; wenn rückbildungsfähig: Ektasie, wenn nicht rückbildungsfähig: Hydroureter, Megaureter. Niere: Hydronephrose. Ursachen und Folgen von Harnabflußstörungen (Tab. 31-1)
Gleichgültig, an welcher Stelle im harnableitenden System die Ursache der Hamriickstauung zu suchen ist, pathophysiologisches Endorgan ist immer die Niere, die es zu schützen gilt. Denn Hamriickstauung führt zur Druckerhöhung im darüberliegenden harnableitenden System und in der Niere. Ein kurzfristiger Harnrückstau wird einen vorübergehenden, ein langfristiger einen endgültigen Funktionsausfall zur Folge haben. Reversible funktionelle Erweiterung der Harnwege werden als Ektasie, nicht mehr rückbildungsfähige Erweiterungen des Harnleiters als Hydroureter oder Megaureter, der Niere als Hydronephrose bezeichnet. Der Anstieg des Binnendruckes im Nierenbecken führt außerdem zur Abplattung und Einbuchtung der Markpapillen, Druckatrophie der Sammelrohre und der Tubuli, Verminderung der Durchblutung, Druckatrophie der Nephrone, Verschmälerung des Nierenparenchyms. Als Endzustand resultiert die hydronephrotische Wassersackniere.
1.2.2 Ursachen und Folgen Ursachen und Folgen der Hamabflußstörungen im Bereich des Nierenbekkens, des Harnleiters, der Blase und der Harnröhre sind in Tabelle 31-1 zusammengestellt. Tabelle 31-1 Ursachen und Folgen der Hamabflußstörungen Organ
Ursachen
Folgen
Nierenbecken
Harnleiterabgangsstenose Stein Tumor
Hydronephrose
Harnleiter
Stein Harnleitertumor Retroperitonealer Tumor Kongenitale Mißbildungen intramurale Harnleiterobstruktion
Hydroureter Hydronephrose Megaureter Hydronephrose
Harnblase Blasenhals, prostatische Harnröhre
Blasenstein, Blasentumor, Prostataadenom, Prostatakarzinom Sphinktersklerose erworbene neurogene Blase
Restharn, Balkenblase Pseudodivertikel Harnverhaltung Bei Reflux: Hydroureter Hydronephrose Hydroureter Hydronephrose
Harnröhre
Harnröhrenklappe, -stenose, -striktur, -stein, -tumor; Meatusstenose
Prästenotische Dilatation der Harnröhre. Im forgeschrittenen Stadium: Rückstauung in das darüber gelegene harnableitende System (s. Blasenentleerungsstörung)
1.3 Renale Hypertonie Siehe Lehrbücher der Inneren Medizin. Blasenfunktion: Füllungs- und Entleerungsfunktion. Man unterscheidet: Füllungsphase, Entleerungsphase.
1.4 Blasenfunktion Die Harnblase hat Füllungs- und Entleerungsfunktion.
737
Pathomechanismen, Symptomatologie, Therapieprinzipien 1.4.1 F u n k t i o n e l l e A n a t o m i e Der M. detrusor vesicae besteht aus glatter Muskulatur, die sich z u m Blasenhals hin in eine innere und äußere Längsschicht und in eine mittlere Ringschicht ordnet. Innere und äußere Längsschicht setzen sich in der Harnröhre als innere Longitudinal- und äußere Ringmuskulatur fort. Beim Mann distal des Colliculus seminalis, bei der Frau im mittleren Harnröhrendrittel durchmischen sich außenliegende zirkuläre Muskelfasern aus der quergestreiften Beckenbodenmuskulatur mit der innen liegenden glatten Muskulatur der Harnröhre (M. sphincter externus).
Drei Nervensysteme steuern die Blasenmotorik: 1. Der sympathische N. hypogastricus (Th 1 0 - L 2 ) . 2. Der parasympathische N. pelvicus (S 2 - 4 ) . 3. Der somatische N. pudendus (S 2 - 4 ) .
Innervation der Harnblase
Die Füllungsphase: Sie wird willkürlich nicht wahrgenommen. Erst nach Überschreiten des Schwellenwertes vermitteln Dehnungsrezeptoren das Gefühl der vollen Blase. Der Gesunde vermag diese Empfindung zu unterdrükken; eine unwillkürliche Blasenentleerung tritt nicht ein. Die Entleerungsphase: Der M. detrusor kontrahiert sich. Durch die periurethrale Muskulatur wird der Blasenhals nach distal gezogen und trichterförmig geöffnet (Basisplattentheorie nach Hutch). Die Miktion kommt in Gang. 1.4.2
Pathophysiologie
Entweder ist die Reservoir- oder die Entleerungsfunktion der Harnblase gestört. Störung der Reservoirfunktion: 1. Streßinkontinenz. Unwillkürlicher Urinabgang bei Verschlußunfähigkeit der Harnblase unter Belastung bei normaler Blasensensibilität und -motorik. Ursachen der Streßinkontinenz (typische Harninkontinenz der Frau) sind nachlassende Elastizität und Stabilität des Beckenbodens und herabgesetzter Harnröhrentonus (nach Entbindungen, bei Zystozele oder Deszensus). 2. Dranginkontinenz. Unwillkürlicher Urinabgang bei imperativem Harndrang und nicht hemmbarer Blasenmotorik bei intaktem Verschlußmechanismus der Harnblase. Ursachen sind Blasenentzündungen, Blasentumoren, Blasensteine, Fremdkörper der Blase oder infravesikale Obstruktion. In 20 % mit der Streßinkontinenz assoziiert.
Bei Störungen der Blasenfunktion liegt vor: - Reservoirfunktion gestört, - Entleerungsfunktion gestört. Störung der Reservoirfunktion 1. Streßinkontinenz: unwillkürlicher Urinabgang bei Verschlußunfähigkeit der Harnblase unter Belastung. Ursachen: Nachlassen der Elastizität und Stabilität des Beckenbodens, herabgesetzter Harnröhrentonus. 2. Dranginkontinenz: unwillkürlicher Urinabgang bei intaktem Verschlußmechanismus der Harnblase. Ursachen: Blasenentzündungen, Blasentumoren, Blasensteine, Fremdkörper der Blase, Obstruktionen. 3. Reflexinkontinenz: unwillkürlicher Urinabgang bei unkontrollierten Detrusorkontraktionen ohne Harndrang. Ursachen: Läsionen des zentralen Nervensystems, Multiple Sklerose, Morbus Parkinson.
3. Reflexinkontinenz: Unwillkürlicher Urinabgang bei unkontrollierbaren Detrusorkontraktionen ohne Harndrang. Ursachen: Sind angeborene (Myelomeningozele) oder erworbene Läsionen des zentralen Nervensystems (Querschnitt, Multiple Sklerose, Morbus Parkinson). 4. Überlaufinkontinenz: Unwillkürlicher Urinabgang mit großen Restharnmengen bei infravesikaler Druckerhöhung und gestörter Blasenmotorik. Ursachen sind untere neuro-motorische Läsionen (neurogen) oder muskuläre Dekompensation des M. detrusor infolge infravesikaler Obstruktion (mechanisch).
4. Überlaufinkontinenz: unwillkürlicher Urinabgang mit großen Restharnmengen. Gestörte Blasenmotorik. Ursachen: neuro-motorische Läsionen, muskuläre Dekompensation.
Störung der Entleerungsfunktion: 1. Mechanische infravesikale Obstruktion, häufigste Störung. Ursachen: Prostataadenom, Prostatakarzinom, Sphinktersklerose, Harnröhrenklappe, Harnröhrenstriktur, Meatusstenose.
Störung der Entleerungsfunktion 1. Mechanische infravesikale Obstruktion: Ursachen: Prostataadenom, Prostatakarzinom, Sphinktersklerose, Harnröhrenklappe etc.
738 2. Detrusorschwäche: Ursachen: Erkrankungen des peripheren Nervensystems, iatrogene Nervenläsion nach Operation. 3. Funktionelle infravesikale Obstruktion: Ursachen: Erkrankungen des ZNS, neurogene Blase.
Folgen einer Störung der Blasenfunktion: - kompensatorische Hypertrophie der Detrusormuskulatur, - Dekompensation der Harnblasenmuskulatur, - Harnleiterostien verlieren Verschlußfunktion —» Reflux. —> Ektasie von Harnleiter und Nierenbecken kelchsystem. —> Hydronephrose —» Niereninsuffizienz.
Urologische Leitsymptome bei Funktionsstörung der Niere ist Verdünnungs- und Konzentrationsvermögen eingeschränkt. Man unterscheidet folgende Zustände: Veränderte Harnausscheidung
Hyposthenurie: schwach konzentrierter Harn. Isosthenurie: gleichbleibendes spezifisches Gewicht (Funktionsstarre der Niere). Polyurie: übermäßige Harnausscheidung. Proteinurie: Ausscheidung meist niedermolekularer Proteine —» Hinweis auf Parenchymerkrankung, Leukozyturie. Pyurie: Eiterharn.
XXXI. Urologie 2. Detrusorschwäche Ursachen: Erkrankungen des peripheren Nervensystems, periphere Neuropathie, iatrogene Nervenläsion nach Operationen im kleinen Becken, ζ. B. Rektumexstirpation. 3. Funktionelle infravesikale Obstruktion: Ursachen: Erkrankungen des ZNS, mitigierte neurogene Blase. Rückwirkungen auf die ableitenden oberen Harnwege und die Nierenfunktion: Die beginnende Entleerungsstörung kompensiert die Harnblase zunächst mit einer Hypertrophie der Detrusormuskulatur (Trabekelblase). Bei weiterer Z u n a h m e des Auslaßwiderstandes dekompensiert die Harnblasenmuskulatur (Pseudodivertikel, Restham). Mit weiterer Dekompensation verlieren die Harnleiterostien ihre Verschlußfunktion und werden refluxiv. Die unvollständige Blasenentleerung und der vesiko-renale Reflux führen zu einer Ektasie von Harnleiter und Nierenbeckenkelchsystem. Besteht dieser Zustand längere Zeit, so resultiert eine Hydronephrose. Am Ende steht die Niereninsuffizienz. Jederzeit kann dabei eine akute Harnverhaltung auftreten (Sphinktersklerose, Prostataadenom, Prostatakarzinom, Harnröhrenstriktur, Meatusstenose).
2. Urologische Leitsymptome 2.1 Veränderte Harnausscheidung Die tägliche Harnproduktion liegt bei ca. 1 500 ml. Harnvolumen, Farbe und Osmolalität sind abhängig von Flüssigkeitszufuhr, körperlicher Anstrengung, Schwitzen, Fieber und Konzentrationsfähigkeit der Niere. Davon abhängig ist das spezifische Gewicht des Harns (normal: 1015-1023), das zwischen 1001 und 1030 schwanken kann. Nach Nonnenbruch „kann eine Niere, die konzentriert, auch verdünnen". Bei Funktionsstörungen der Niere ist deshalb das Verdünnungs- und Konzentrationsvermögen eingeschränkt: Hyposthenurie: Niedrig gestellter, schwach konzentrierter Harn. Isosthenurie: Ständig gleichbleibendes spezifisches Gewicht von etwa 1010 (Funktionsstarre der Niere). Polyurie: Die stickstoffhaltigen Produkte im Blut können nur mit einer größeren Menge Lösungsmittel ausgeschieden werden, ζ. B. 2,5 1 und mehr bei einem spezifischen Gewicht von 1010. Proteinurie: Weist auf eine Parenchymerkrankung der Niere hin, tritt auch bei der Leukozyturie auf. Pyurie: Eiterharn, durch Leukozytenkonglomerate ist der Harn milchig trüb.
Veränderte Miktion
2.2 Veränderte Miktion
Pollakisurie: häufiger Harndrang. Diurie: Nur bei Tage andauernde Pollakisurie. Nykturie: Pollakisurie auch bei Nacht. Dysurie: erschwerte Harnblasenentleerung. Algurie: schmerzhafte, krampfartige Blasenentleerung. Harnverhaltung: Unvermögen die Harnblase zu entleeren.
Pollakisurie: Häufiger Harndrang bei Entzündung der Harnblase und Harnabflußstörungen des Blasenhalses oder der Harnröhre. Diurie: Die Pollakisurie besteht nur bei Tage. Nykturie: Die Pollakisurie hält auch bei Nacht an. Dysurie: Erschwerte Harnblasenentleerung bei Abflußstörungen der unteren harnableitenden Wege (Prostataadenom, Prostatakarzinom, Sphinktersklerose, Harnröhrenstriktur, kongenitale Mißbildungen der Harnröhre). Algurie: Schmerzhafte Blasenentleerung bei Entzündungen der Harnblase oder Harnröhre. Harnverhaltung: Unvermögen, die Harnblase zu entleeren (Prostataadenom und -karzinom, hochgradige Harnröhrenstriktur).
Urologische Leitsymptome
739
R e s t h a r n : Die Harnmenge, die nach der Miktion in der Harnblase zurückbleibt. Strangurie: Bei geringem Füllungszustand der Harnblase auftretende krampfartige, mit heftigen Schmerzen einhergehende, nicht einhaltbare Blasenentleerung (= imperativer Harndrang). Unterbrechung des Harnstrahls: „Stotternde" Miktion bei Stein oder Tumor im Harnblasen - Harnröhrenbereich. Überlaufblase: S. Überlaufinkontinenz 1.4.2. Harninkontinenz: S. 1.4.2. Pneumaturie: Abgang von Luft aus der Harnröhre bei Blasen-Darmfisteln.
Restharn: Harnmenge, die nach der Miktion in der Harnblase zurückbleibt. Strangurie: krampfartige schmerzhafte Blasenentleerung. Unterbrechung des Harnstrahls: stotternde Miktion (Stein, Tumor). Überlaufblase Harninkontinenz Pneumaturie: Abgang von Luft aus der Harnröhre (BlasenDarmfistel).
2.3 Hämaturie
Hämaturie
Mikroskopisch oder makroskopisch sichtbare Blutbeimengungen im Urin. Die schmerzlose Hämaturie ist Leitsymptom des Tumors, die schmerzhafte Hämaturie findet sich bei Steinerkrankungen oder Entzündungen. Die Hämaturie kann total (Blutungsquelle im oberen Harntrakt oder in der Blase), initial (Blutungsquelle in der Harnröhre) oder terminal (Blutungsquelle im Blasenhals) sein. Diagnose der Blutungsursache durch Urinsediment, Urinkultur, quantitatives Urinsediment, 3-Gläser-Probe, i. v.-Urogramm, Urethrozystoskopie, Urinseparation, retrograde Harnleitersondierung, Ultraschall, digitale Subtraktionsangiographie, Computertomographie, Arteriographie.
schmerzlose Hämaturie: Tumor.
2.4 Schmerz
Schmerz in der Urologie man unterscheidet 4 Schmerzformen
schmerzhafte Hämaturie: Steinerkrankung, Entzündung.
Diagnosestellung durch zahlreiche Untersuchungsmethoden.
Man kann 4 Schmerzformen unterscheiden: 1. den lokalisierten Organschmerz, 2. den auf Nachbarorgane ausstrahlenden Schmerz, 3. den durch Palpation auslösbaren Tast- oder Druckschmerz, 4. die wellenförmig verlaufende Kolik.
Nierenschmerz: Lang anhaltender dumpfer Flankenschmerz, Schmerzzunahme bei bimanueller Untersuchung (Ballotement). Erhöhte Klopfempfindlichkeit des Nierenlagers. Ursachen: Dehnungsschmerz der Capsula fibrosa durch Ödem (Pyelonephritis) oder akute Nierenstauung (Steinverschluß). • Nieren-Harnleiterkolik: An- und abschwellender, sich bis zur Unerträglichkeit steigernder Schmerz, je nach Steinlokalisation und Harnrückstau in der Flankengegend, im Mittel- oder Unterbauch. Ursachen: Eingeklemmter Stein im Harnleiterabgangsbereich, Steinpassage im Harnleiter. Assoziiert mit Übelkeit, Brechreiz, Darmparalyse infolge gekoppelter nervöser Versorgung von Harn- und Darmtrakt. • Blasenschmerz: Rasch zunehmender wehenartiger Kolikschmerz oder terminale Algurie bis unerträglicher Blasenkrampf, quälender Harndrang. Ursachen: Akute Harnverhaltung, Zystitis, Urethritis. • Harnröhrenschmerz: Brennen in der Harnröhre. Ursache: Urethritis, ζ. B. nach instrumentellen Eingriffen an der Harnröhre. • Prostataschmerz: Dumpfer oder stechender retrosymphysärer oder perineal lokalisierter Organschmerz in Hoden, Penis und die Sakralregion ausstrahlend. Schmerzzunahme bei der Palpation. Ursachen: Prostataabszeß, Prostatitis.
1. Nierenschmerz: lang anhaltender dumpfer Flankenschmerz. Ursache: Dehnungsschmerz der Capsula fibrosa. 2. Nieren- Harnleiterkolik: an- und abschwellender unerträglicher Schmerz. Ursachen: eingeklemmter Stein.
3. Blasenschmerz: wehenartiger Kolikschmerz. Ursache: akute Harnverhaltung, Zystitis, Urethritis. 4. Harnröhrenschmerz: Brennen in der Harnröhre. Ursache: Urethritis. 5. Prostataschmerz: dumpfer oder stechender lokalisierter Organschmerz. Ausstrahlend. Ursachen: Prostataabszeß, Prostatitis.
740 6. Hoden-, Nebenhodenschmerz: bis zur Berührungsunerträglichkeit steigernder Schmerz. Ursache: Hodentorsion, Hodenverletzung. 7. Schmerzhafte Hämaturie: Steinerkrankung, Entzündung. Diagnosestellung durch zahlreiche Untersuchungsmethoden. Urologische Diagnostik Bakteriologische und klinisch-chemische Untersuchungen
XXXI. Urologie ι Hoden-, Nebenhodenschmerz: In den Samenstrang ausstrahlender, bei der Palpation sich bis zur Berührungsunerträglichkeit steigernder Schmerz von Hoden und Nebenhoden. Ursachen: Orchido-Epididymitis, Hodentorsion, -Verletzung.
3. Urologische Diagnostik 3.1 Bakteriologische und klinisch-chemische Untersuchungen von Harn, Harnkonkrementen, Serum und Sekreten (s. Lehrbücher der Medizinischen Mikrobiologie und klinischen Chemie)
1. Harnuntersuchung: wichtigste Basisuntersuchung bei urologischen Erkrankungen. Beim Mann: Mittelstrahlurin, bei der Frau: Katheterurin.
3-Gläser-Probe: Hinweis auf Lokalisation einer Blutung oder Entzündung beim Mann.
3.1.1 Harnuntersuchungen Harngewinnung: Die Harnuntersuchung ist eine der wichtigsten Basisuntersuchungen bei urologischen Erkrankungen. Der Harn wird beim Mann als Mittelstrahlurin (steril aufgefangener Urin während der Miktion), bei der Frau als Katheterurin (mit einem transurethralen Blasenkatheter steril entnommener Urin) oder beim Säugling und Kleinkind im sterilen Plastikklebebeutel gewonnen. 3-Gläser-Probe (Abb. 31-1): Sie soll Hinweise auf die Lokalisation einer Blutung oder Entzündung im harnableitenden System des Mannes geben. Der Patient kommt mit voller Blase, der Harn wird in 3 sterile Harngläser (je 15 ml) abgegeben (I = Initialstrahl; II = Mittelstrahl; Abbruch der Miktion, ΠΙ Pathologischer Befund im Bereich von Nieren, Harnleiter und Blase
Pathologischer Befund im Bereich von Harnröhre, Prostata und Samenblasen
Pathologischer Befund im Bereich der Harnröhre
Abb. 31-1 Drei-Gläser-Probe
Abb. 31-2 Prostatamassage: Digitale Expression von Sekret aus beiden Seitenlappen der Prostata
741
Urologische Diagnostik Prostatamassage und -exprimat (Abb. 31-2) für die mikroskopische Nativuntersuchung; III = erster Harnstrahl nach der Prostatamassage; der übrige Harn wird verworfen). Alle drei Urinproben getrennt zur mikroskopischen und bakteriologischen Untersuchung. Chemische Untersuchung: Semiquantitative Untersuchung von p H , Glukose, Eiweiß, Keton, Erythrozyten/Hämoglobin, Nitrit durch Schnelltestverfahren (Teststäbchen). Nur Screening-Test. Bei pathologischem Befund Nachuntersuchung mit quantitativen Labormethoden. Mikroskopische Sedimentuntersuchung: Ein Tropfen Harnsediment auf dem Objektträger mit Deckplättchen als Nativpräparat (400fache Vergrößerung) zum Nachweis und zur Beurteilung von Leukozyten, Erythrozyten, Plattenepithelien, Zylindern, Harnkristallen, Hefen, Trichomonaden. Urinkultur: Ca. 3 ml steril aufgefangener Urin werden zur bakteriologischen Untersuchung eingesandt. Mit der Kultur werden Art und Zahl der Erreger bestimmt sowie die Resistenz der Erreger gegenüber Antibiotika getestet. Keimzahlen von über 100000 Keimen/ml sprechen für eine signifikante Harnwegsinfektion. Darunter liegende Keimzahlen können auf eine Kontamination mit apathogenen Keimen oder auf eine Verunreinigung hinweisen. Tuberkelbakterien werden mit diesem Verfahren nicht erfaßt; auf Tbc verdächtiger Urin muß gesondert zur Kultur und zum Tierversuch auf Tuberkelbakterien eingesandt werden.
Chemische Untersuchung von: pH, Glukose, Eiweiß, Keton, Erythrozyten/Hämoglobin, Nitrit. Mikroskopische Sedimentuntersuchung: Nachweis von Leukozyten, Erythrozyten, Plattenepithelien, Zylindern, Harnkristallen, Hefen, Trichomonaden. Urinkultur: Bestimmung von Art, Zahl und Resistenz der Erreger.
3.1.2 Harnkonkremente s. 8.1
3.1.3 Sekretuntersuchungen Sekretgewinnung: Als Abstrich beim Harnröhrenausfluß, durch Prostatamassage oder als Ejakulat durch Masturbation in der Sprechstunde des Arztes nach 5tägiger sexueller Karenz gewonnen. Sekretuntersuchung: Harnröhrenausfluß findet sich als gelblich-grüner Fluor bei der Gonorrhoe (Gonokokken) und als gelblich-seröser Ausfluß bei der Mykoplasmen- oder Trichomonadenurethritis. Diagnostik durch mikroskopische Untersuchungen (Gonokokken: Methylenblaufärbung des luftgetrockneten Abstrichpräparates und Befundung bei 1 OOOfacher Vergrößerung; Trichomonaden: NativSediment aus 15 ml frisch gelassenen Morgenurins (Initialstrahl) und Befundung bei 400facher Vergrößerung oder spezielle Kulturen. Bei Erregernachweis immer Partnerschaftsdiagnostik. Prostataexprimat (s. Abb. 31-2): Alleine oder - zweckmäßiger - im Rahmen der 3-Gläser-Probe mit Urinsediment - und Urinkulturuntersuchung. Mehr als 25 Leukozyten pro Gesichtsfeld im Exprimatnativpräparat bei 400facher Vergrößerung weisen auf einen entzündlichen Prozeß der Prostata oder Bläschendrüsen hin. Normalbefund: Lipoide, Prostatakörperchen, wenig Leukozyten. Ein überwiegend seröses Exprimat ohne Vermehrung der Leukozyten gibt Hinweise auf eine Kongestion der Prostata (vegetatives Urogenitalsyndrom). Ejakulat: Vermehrt Leukozyten (bis zur Pyospermie) finden sich bei der Adnexitis des Mannes. Ejakulatkulturen werden dann in vielen Fällen positiv, beim vegetativen Urogenitalsyndrom negativ ausfallen. Vermehrte Erythrozyten (Hämospermie) weisen auf eine meist harmlose, nur selten tuberkulös verursachte Prostatavesikulitis hin.
3.2
Funktionsdiagnostik
Untersuchungen zur Beurteilung der Nierenfunktion (ζ. B. endogene Kreatinin-Clearance, seitengetrennte Isotopendiagnostik) (s. Lehrbücher der klinischen Chemie und der Nuklearmedizin).
2. Sekretuntersuchungen: Gewinnung durch Prostatamassage. Bei Gonorrhoe: gelblich-grüner Fluor, bei Mykoplasmen/Trichomonadenurethritis: gelblich seröser Ausfluß. Diagnostik durch mikroskopische Untersuchung.
Prostataexprimat: Entzündlicher Prozeß: mehr als 25 Leukozyten pro Gesichtsfeld im Nativ-Präparat (400fache Vergrößerung). Kongestion der Prostata: seröses Exprimat ohne Vermehrung der Leukozyten.
Ejakulat: vermehrte Leukozyten —> Adnexitis des Mannes. Vermehrte Erythrozyten •-»Prostatavesikulitis.
Funktionsdiagnostik Wichtigste Nierenfunktionsparameter: - Serum-Kreatinin-Spiegel, - Serum-Kalium-Spiegel.
XXXI. Urologie
742 Wichtigste globale Nierenfunktionsparameter sind der
Serum-Kreatinin- und der Serum-Kalium-Spiegel.
Spezielle Nierenfunktionsuntersuchung: Kreatin-Clearance. Wichtig für Säure-Basen-Haushalt: - Blut-pH - Bikarbonatspiegel. Anstieg der sauren Prostata-Phosphatase: Metastasierung des Prostatakarzinoms.
Urodynamische Verfahren: Uroflowmetrie: Flußmessung der Harnmenge während der Miktion. Hinweis auf: Prostataadenom, Sphinktersklerose, Harnröhrenklappe, Sphinkterhypertrophie, Detrusorschwäche.
Serum-Harnstoff- u n d Serum-Harnsäurewerte können durch extrarenale Faktoren beeinflußt werden. Spezielle Nierenfunktionsuntersuchungen sind die Kreatinin-Clearance u n d die seitengetrennte Isotopen-Clearance. Für den Säuren-Basen-Haushalt spielen der durch die Niere mitregulierte Blut-pH und der Bikarbonatspiegel eine zentrale Rolle. Der Anstieg der sauren Prostata-Phosphatase kann Hinweis auf eine bestehende ossäre Metastasierung des Prostatakarzinoms sein; die weitere Beobachtung des sauren Prostata-Phosphatasespiegels ist für die Verlaufskontrolle des metastasierten Prostata-Karzinoms unter Östrogen- oder Antiandrogentherapie wichtig.
Urodynamische Verfahren: Uroflowmetrie (Harnflußmessung): Flußmessung der Harnmenge, die während der Miktion durch die Harnröhre ausgeschieden wird (ml/s). Sie ist als Screening-Test bei jeder Harnblasenentleerungsstörung angezeigt. Der abgeschwächte Harnfluß kann mechanisch (Prostataadenom, Sphinktersklerose, Harnröhrenklappe) oder neurogen (Sphinkterhypertonie, Detrusorschwäche) verursacht sein.
Zystometrie: Messung des intravesikalen Druckes der Blasenfüllung und Blasenentleerung. Hinweis auf: Enuresis, imperativen Harndrang, Pollakisurie, Harninkontinenz, neurogene Blasenentleerungsstörung. Urethrometrie: Messung des intraurethralen Druckes. Hinweis auf: Streßinkontinenz, neurogene Blasendysfunktion.
Zystometrie (Blasendruckmessung): Messung des intravesikalen Druckes (cm WS) während der kontinuierlichen Blasenfüllung u n d der Blasenentleerung. Sie ist die wichtigste urodynamische Untersuchung bei allen Reservoirund Entleerungsstörungen der Harnblase: Enuresis, imperativer Harndrang, Pollakisurie, Harninkontinenz, neurogene Blasenentleerungsstörung. Urethrometrie (Harnröhrendruckprofil): Messung des intraurethralen Drukkes (cm WS) und der funktionellen Harnröhrenlänge (cm), d. h. des Harnröhrenabschnittes, in dem ein Harnröhrendruck nachweisbar ist. Wird gleichzeitig der intravesikale Druck gemessen, kann der Harnblasenverschlußdruck bestimmt werden. Diese Messung gibt zusätzliche Information bei der Streßinkontinenz, bei der infravesikalen Obstruktion u n d bei der neurogenen Blasendysfunktion.
Röntgendiagnostik - Infusionsurographie, - Lymphographie, - Angiographie, - Kavographie, - CT.
3.3 Radiologische Verfahren
Instrumentelle Röntgendiagnostik 1. Retrograde Pyelographie: (Abb. 31-3): Sondierung eines Harnleiters mit Harnleiterkatheter. Kontrastmitteldarstellung des harnableitenden Systems: Niere-Harnleiter.
2. Retrograde Urethrographie: Auffüllen der Harnröhre mit Kontrastmittel.
Infusionsurographie, Ultraschalluntersuchung, digitale Subtraktionsangiographie, Lymphographie, Angiographie, Kavographie, Computertomographie, Kernspintomographie (s. Lehrbücher der klinischen Radiologie).
Instrumentelle Röntgendiagnostik 1. Retrograde Pyelographie (Abb. 31-3): Sondierung eines Harnleiters mit einem Harnleiterkatheter (meistens 5 Charriere) retrograd über ein zuvor in die Blase eingeführtes Zystoskop. Anschließend wird über den Harnleiterkatheter vorsichtig Kontrastmittel in das Nierenbecken instilliert. Durch langsames Zurückziehen des Harnleiterkatheters aus dem Nierenbecken in den Harnleiter und gleichzeitige weitere Instillation von Kontrastmittel läßt sich unter der Bildwandlerfernsehkette röntgenologisch das harnableitende System: Niere - Harnleiter, sehr kontrastreich darstellen. Diese Untersuchungsmethode sollte nur dann eingesetzt werden, wenn vorangehende, nicht invasive Röntgenuntersuchungsverfahren (i. v.-Urogramm, Infusionsurogramm) keine eindeutige Diagnose erbringen (Harnleiterabgangsstenose, schattennegative Harnleitersteine, Urotheltumoren im Nierenbeckenkelchsystem und Harnleiter). 2. Retrograde Urethrographie: Auffüllen der Harnröhre mit Kontrastmittel über einen in die Fossa navicularis eingelegten Gyon-Katheter. Die kontrast-
Urologische Diagnostik
743
Abb. 31-3 Retrograde Pyelographie: Sondierung des rechten Harnleiters mit einem Harnleiterkatheter. Injektion von Kontrastmittel zur Röntgendarstellung.
Kontrast mittel
reiche Darstellung der Harnröhre (a. p. u n d Lauensteinlage) läßt Klappenbildungen u n d Divertikel e r k e n n e n .
Strikturen,
Erkennen von Strikturen, Klappenbildungen, Divertikeln.
3. Refluxzystourethrogramm: In der ersten Phase wird die H a r n b l a s e ü b e r e i n e n t r a n s u r e t h r a l eingelegten B l a s e n k a t h e t e r m i t K o n t r a s t m i t t e l bis zur K a p a z i t ä t s g r e n z e gefüllt. In der zweiten U n t e r s u c h u n g s p h a s e wird der K a t h e ter e n t f e r n t u n d der P a t i e n t aufgefordert, zu m i k t i o n i e r e n . In der Füllungsu n d in der E n t l e e r u n g s p h a s e werden R ö n t g e n a u f n a h m e n angefertigt. Übertritt des Kontrastmittels in Harnleiter- u n d N i e r e n b e c k e n während der Blas e n f u l l u n g u n d b e i m B l a s e n r u h e t o n u s (Niederdruckreflux, Low-Pressure-Reflux) oder bei M i k t i o n u n d Pressen ( H o c h d r u c k - R e f l u x , High-Pressurereflux). A n s c h l i e ß e n d Miktionszystourethrogramm bei V e r d a c h t auf H a r n b l a s e n e n t l e e r u n g s s t ö r u n g (infravesikales A b f l u ß h i n d e r n i s ) .
3. Refluxzystourethrogramm: Röntgenaufnahmen in Füllungsphase (über Blasenkatheter) und Entleerungsphase. Anschließend Miktionszystourethrogramm bei Verdacht auf Harnblasenentleerungsstörung.
3.4 Transurethrale Diagnostik
Transurethrale Diagnostik Katheterismus: Einlage in die Harnblase zur transurethralen Harnableitung (Abb. 31-4). Strenge Asepsis nötig. Abbruch des Katheterismus bei Widerstand (Via falsa).
Der D u r c h m e s s e r urologischer I n s t r u m e n t e , wie Bougie, Katheter, E n d o s k o p wird in Charriere ( = '/3 m m ) angegeben. Mit d e m Bougie (aus Edelstahl) k a n n eine H a r n r ö h r e n s t r i k t u r lokalisiert, kalibriert u n d a u f g e d e h n t („bougiert") werden. K a t h e t e r werden t r a n s u r e t h r a l zur H a r n a b l e i t u n g in die H a r n blase eingelegt (Abb. 31-4).
Streckung des Gliedes Lagerung des Patienten zum Katheterismus
Blase/ Sphincter ext. Cave: Via falsa Tiemann Mercier Nelaton
744
XXXI. Urologie 3.4.1 Katheterismus Es gibt Einmalkatheter (aus Kunststoff) und Dauerkatheter (aus G u m m i , Silikon-Kautschuk). Bei j e d e m Katheterismus müssen bestimmte Regeln eingehalten werden: strenge Asepsis, Instillation eines anästhesierenden Einmalgleitmittels in die Harnröhre, vorsichtiges Einführen des Katheters, Abbruch des Katheterismus bei Widerstand (keine Via falsa!); in diesem Fall retrograde Urethrographie oder Urethrozystoskopie. Die instrumenteile Untersuchung der ca. 6 cm langen weiblichen Harnröhre ist weniger problematisch.
Endoskopie 1. Urethrozystoskopie: Untersuchung der Harnröhre und Blase. Urethrotomie: Inzision von Harnröhrenstrikturen oder Harnröhrenklappen. Resektoskopie: Resektion von Prostata, Blasenhals, Blasentumor.
3.4.2 Endoskopie Urethrozystoskopie: Kombinierte Untersuchung von Harnröhre u n d Blase in einem Arbeitsgang (Diagnostik). Urethrotomie: Inzisionen von Harnröhrenstrikturen oder Harnröhrenklappen mit (Sachse; Abb. 31-5) oder ohne Sicht (Otis) (Therapie). Resektoskopie: Transurethrale Resektion von Prostata, Blasenhals und Blasentumoren (s.Abb. 31-17) (Diagnostik und Therapie).
Messer
Instrumentenschaft
Abb.31-5 Urethrotomia interna Punktionsverfahren 1. transkutane Nierenbeckenpunktion: (Abb. 31-6): Punktion des gestauten Nierenbeckens.
3.5 Punktionsverfahren Transkutane Nierenbeckenpunktion (Abb. 31-6): Punktion des gestauten Nierenbeckens unter Ultraschallkontrolle in Lokalanästhesie. N a c h A u f b o u gieren des Punktionskanals Einlegen eines Nierenfistel-Katheters (Entlastung einer Stauungsniere).
Abb. 31-6 Transkutane Nierenbeckenpunktion 2. Suprapubische Blasenfistel (Abb. 31-7): transkutane Punktion der vollen Blase und Einlegen eines Blasenfistel-Katheters 3. Transrektale Feinnadelbiopsie der Prostata (Abb. 31-8a) Punktion der Prostata mit dünner Nadel —»zytologische Befunde. 4. Transrektale Stanzbiopsie der Prostata: bei Karzinomverdacht —» histologische Untersuchung.
Suprapubische Blasenfistel (Abb. 31-7): Transkutane Punktion der vollen Harnblase mit einer Metallkanüle in Lokalanästhesie und Einlegen eines Blasenfistelkatheters (chronische komplette oder inkomplette Harnblasenentleerungsstörungen). Transrektale Feinnadelbiopsie der Prostata (Abb. 31-8a): Punktion der Prostata mit einer d ü n n e n Nadel (ohne Anästhesie) und Aspiration von Prostataepithelzellen. Ausstrichpräparat und Färbung nach Papanicolaou. Zytologische Befundung. Transrektale Stanzbiopsie der Prostata: Unter rektaler Kontrolle Punktion eines karzinomverdächtigen Prostataknotens und E n t n a h m e eines Gewebezylinders zur histologischen Untersuchung.
U r o l o g i s c h e Diagnostik
745
Abb. 31-7 Transkutane Punktion der vollen Harnblase mit einem Einmalpunktionsbesteck
Abb. 31-8 a) Transrektale Feinnadelbiopsie (Franzen) der Prostata b) Perineale Stanzbiopsie der Prostata
Perineale Stanzbiopsie der Prostata (Abb. 31-8b): In Lokalanästhesie oder Allgemeinnarkose, unter rektaler Kontrolle vom D a m m aus Punktion eines karzinomverdächtigen Prostataknotens. Entnahme eines Stanzzylinders zur histologischen Untersuchung. Indikation: Verdacht auf Prostatakarzinom.
5. Perineale Stanzbiopsie der Prostata: (Abb. 31-8b): Punktion eines karzinomverdächtigen Prostataknotens —> histologische Untersuchung.
746
XXXI. Urologie
Urologische Therapie
4. Urologische Therapie
1. Nephrektomie: Indikation bei: - Nierenkarzinom, - septischer Niere, - rupturierter Niere.
4.1 Nephrektomie
Eingeschränkte Indikation und Kontraindikation
=4>
Operative Zugangswege bei Nephrektomie: - Flankenschnitt, - Interkostalschnitt, - Transrektalschnitt, - thorako-abdominaler Zugang. 2. Nephroureterektomie: Entfernung von Niere und Harnleiter mit einer Blasenmanschette. Indikation bei: - Nierentuberkulose, - Urothelkarzinom, - Doppelniere.
Indikation: Nierenkarzinom, septische Niere (Karbunkel-Abszeßniere), vollständig rupturierte Niere.
Eingeschränkte Indikation (in Abhängigkeit der kontralateralen Nierenfunktion): hydronephrotische Sackniere, Pyonephrose, pyelonephritische Schrumpfniere, renaler Hochdruck, funktionslose Niere, vereiterte Zystenniere. Kontraindikation: eingeschränkte Funktion der kontralateralen Niere, Solitärniere, funktionelle Einzelniere, Doppelkarzinom der Niere, hypoplastische Niere.
Operative Zugangswege: Flankenschnitt, schnitt, thorako-abdominaler Zugang.
Interkostalschnitt,
Transrektal-
Nephroureterektomie Entfernung von Niere und Harnleiter mit einer Blasenmanschette. Indikation: Nierentuberkulose, Urothelkarzinom, funktionslose Doppelniere.
Abb. 31-9 a) Teilresektion des Nierenpoles b) Heminephrektomie (evtl. Heminephro-Ureterektomie)
Urologische Therapie Nierenteilresektion (Abb. 31-9), Organerhaltende Operation mit Resektion von tumor- oder entzündungstragenden Nierenanteilen nach vorheriger angiographischer oder nuklearmedizinischer Diagnose. Indikation: Doppelniere oder Hufeisenniere mit funktionslosem Nierenparenchymanteil oder Steinnest, Nierentumor in Solitärniere oder funktioneller Einzelniere.
4.2 Plastische Operationen Bei Harntransportstörungen im harnableitenden System Beseitigung von Stenosen, Strikturen und angeborenen Mißbildungen. Nierenbeckenplastik Resektion der Harnleiterabgangsstenose, Modellage des Nierenbeckens, End-zu-Seit-Anastomose des Nierenbeckens mit dem Harnleiter (AndersonHynes). Harnleiterplastik Harnleiterresektion mit End-zu-End-Anastomose. Blasenlappenplastik (Boari) oder Hörnerblase (Dolff) Zur Überbrückung von langen prävesikalen Harnleiterdefekten. Antirefluxoperation Submuköse Verlagerung des refluxiven Harnleiters durch transvesikale (Politano-Leadbetter) oder extravesikale Operationsverfahren (Lich-Gregare). Plastische Operationen und kongenitale Mißbildungen des Kindes: Blaseneksstrophie, Hypospadie (s. Abb. 31-12), Epispadie (s. Abb. 31-12), Leistenhoden (s. Abb. 31-30), Phimose (s. Abb. 31-13).
4.3 Harnableitung Bei vorübergehender oder endgültiger Hamtransportstörung durch tumoröse, entzündliche oder neurologische Veränderungen im Bereich der harnableitenden Wege, muß der Harn proximal des Abflußhindemisses ab- oder umgeleitet werden. Temporäre Harnableitung (unter Verwendung von Kathetern oder Schienen): Nierenfistelkatheter, endoureteraler Splint, Ureterkatheter, Blasenkatheter, Blasenfistelkatheter. Definitive Harnableitung (unter Verwendung von körpereigenem Gewebe (Abb. 31-10a-d): 1. Ureterokutaneostomie: Endständige Implantation eines oder beider Harnleiter in die Haut. Versorgungstechnisch besser ist die: 2. Transuretero-ureterokutaneostomie (Abb. 31-10a). In einem Ostium werden beide Harnleiter im linken Unterbauch implantiert. Sind nur kurze Harnleiter verfügbar, empfiehlt sich die: 3. Uretero-Ureterotransversostomie (Abb. 31-10b). Beide kurze Harnleiterstümpfe werden retroperitoneal anastomosiert. Der Urin wird durch eine Durchzugsnephrostomie aus dem Nierenbecken abgeleitet. An Bedeutung verloren hat heute die 4. Ureterosigmoideostomie (Coffey-Goodwin (Abb. 31-10c) mit antirefluxiver Implantation beider Harnleiter in das Sigma. Keimaszension, Harnleitermündungsstenosen und hyperchlorämische Azidose verhindern gute Dauerresultate. Definitive Harnableitung der Wahl ist die Implantation eines oder beider Harnleiter in den
747 3. Nierenteilresektion (Abb. 31-9): Resektion von Tumor oder entzündungstragenden Nierenanteilen Indikation bei: Doppelniere, Hufeisenniere, Nierentumor.
Plastische Operationen Beseitigung von Stenosen, Strikturen, Mißbildungen. Folgende Verfahren werden angewandt: - Nierenbeckenplastik, - Harnleiterplastik, - Blasenlappenplastik, - Antirefluxoperation.
Harnableitung Ab- oder Umleitung des Harns bei Abflußhindernis proximal.
Folgende Verfahren zur definitiven Harnableitung werden angewandt
1. Ureterokutaneostomie: Eigenständige Implantation eines oder beider Harnleiter in die Haut. 2. Transuretero-ureterokutaneostomie (Abb. 31-1 Oa): Implantation beider Harnleiter in die Haut. 3. Uretero-Ureterotransversostomie (Abb. 31 10b): Retroperitoneale Anastomosierung der kurzen Harnleiterstümpfe. Ableitung des Urins aus dem Nierenbecken durch Durchzugsnephrostomie. 4. Ureterosigmoideostomie: Implantation beider Harnleiter in das Sigma. Schlechte Dauerresultate. Definitive Harnableitung der Wahl: Implantation der Harnleiter in den
XXXI. Urologie
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Abb. 31-10 Harnableitung nach Zystektomie durch a) Transuretero-Ureterokutaneostomie, b) Uretero-Ureterotransversostomie, einseitige Durchzugsnephrostomie, c) Ureterosigmoideostomie, d) Ileum Conduit
5. Ileum-Conduit (ausgeschaltete Dünndarmschlinge) oder 6. Kolon-Conduit (ausgeschaltete Dickdarm schlinge).
5. Ileum-Conduit (Bricker) (Abb. 31-10d), eine ausgeschaltete Dünndarmschlinge oder 6. Kolon-Conduit, eine ausgeschaltete Dickdarmschlinge.
Endoskopische Eingriffe:
4.4 Endoskopische Eingriffe
Diagnostische Endoskopie 1. Chromozystoskopie (Abb. 31-11): Feststellung der supravesikalen Harnabflußstörung, ζ. B. Harnleiterstein.
Diagnostische Endoskopie 1. Chromozystoskopie (Abb. 31-11): 3 - 5 min nach intravenöser Injektion von 5 ml Indigokarmin wird bei intakter Nierenfunktion und freien Harnabflußwegen im blauen Strahl Urin aus beiden Harnleiterostien ausgeschieden. Die Blauausscheidung ist bei supravesikaler Hamabflußstörung aufgehoben oder verzögert, ζ. B. bei einem Harnleiterstein mit komplettem oder inkomplettem Abflußstop. 2. Harnleiterkatheterismus (s. Abb. 31-3): Über das transurethral in die Blase eingeführte Zystoskop können Harnleiterkatheter zur Sondierung und retrograden röntgenologischen Darstellung von Harnleiter und Nierenbecken eingelegt werden.
2. Harnleiterkatheterismus (s. Abb. 31-3): Diagnostischer Eingriff zur Sondierung und röntgenologischen Darstellung von Harnleiter und Nierenbekken. 3. Ureteropyeloskopie: Wird transurethral durchgeführt. Endoskopische Diagnostik von Nierenbeckenoder Harnleitertumoren.
Therapeutische Endoskopie 1. Entfernung von Harnleitersteinen mit der Zeiss-Schlinge.
3. Ureteropyeloskopie: Transurethral wird, evtl. nach vorheriger Bougierung des Hamleiterostiums, ein 49 cm langes 12 Charriere Pyeloskop in den betreffenden Harnleiter eingeführt. Unter ständiger Irrigation Endoskopie des Harnleiters und des Nierenbeckens, z.B. bei Verdacht auf Harnleiteroder Nierenbeckentumor. Möglichkeit zur Probeexzision. Therapeutische Endoskopie 1. Entfernung von Harnleitersteinen mit der Zeiss-Schlinge (s. Abb. 31-45) Technik s. Harnleiterkatheterismus.
Fehlbildungen
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Die Schlinge wird z u r E n t f e r n u n g von prävesikalen H a m l e i t e r s t e i n e n eingelegt. 2. Entfernung v o n Harnleitersteinen mit d e m Ureteropyeloskop: T e c h n i k s. Ureteropyeloskopie. Ü b e r e i n e n A r b e i t s k a n a l E i n f ü h r e n einer d ü n n k a librigen Ultraschallsonde u n d Z e r t r ü m m e r u n g des zuvor m i t e i n e m Dorm i a k a t h e t e r fixierten Steines im Harnleiter. Abgang der -Steinfragmente spontan. 3. Transurethrale Resektion: U n t e r Sicht wird m i t einer elektrischen Schlinge ( H o c h f r e q u e n z s t r o m ) Span f ü r Span von der Prostata oder d e m B l a s e n t u m o r (s. Abb. 31-17) abgetragen u n d ü b e r d e n I n s t r u m e n t e n s c h a f t aus der Blase gespült. 4. Instrumentelle Lithotrypsie (s. A b b . 31-45): Blasensteine k ö n n e n transurethral m i t Ultraschallsonden, e l e k t r o h y d r a u l i s c h e n Stoßwellen oder S t e i n z a n g e n z e r t r ü m m e r t , die S t e i n t r ü m m e r ü b e r d e n I n s t r u m e n t e n s c h a f t ausgespült werden. 5. Urethrotomia interna: Strikturen, R i n g e oder K l a p p e n der H a r n r ö h r e können transurethral mit einem scharfen Messer u n t e r Sicht (s. Abb. 31-5) (Sachse-Urethrotom) oder o h n e Sicht (Otis-Urethrotom) gespalten werden. 6. Litholapaxie: T r a n s k u t a n e P u n k t i o n des N i e r e n b e c k e n s u n t e r Ultraschallu n d R ö n t g e n k o n t r o l l e , B o u g i e r u n g des P u n k t i o n s k a n a l s bis 27 Charriere. D a n n werden kleinere N i e r e n s t e i n e u n t e r Sicht extrahiert, größere N i e rensteine u n t e r Sicht z e r t r ü m m e r t (Ultraschall, elektrohydraulische Stoßwellen) u n d a n s c h l i e ß e n d abgesaugt oder extrahiert. M e t h o d e a u c h f ü r subpelvine Steine geeignet.
2. Entfernung von Harnleitersteinen mit dem Ureteropyeloskop: Der mit einer Dormiaschlinge fixierte Stein wird mit einer Ultraschallsonde zertrümmert. Abgang der Steinfragmente spontan. 3. Transurethrale Resektion: Abtragung Span für Span von der Prostata oder einem Blasentumor. 4. Instrumentelle Lithotrypsie: Zertrümmerung von Blasensteinen und deren Ausspülung über das Instrument. 5. Urethrotomia interna: Spaltung von Strikturen, Ringen oder Klappen transurethral mit einem Messer (Urethrotom). 6. Litholapaxie: Transkutane Entfernung von Nierensteinen nach Punktion des Nierenbeckens. Bei größeren Steinen nach vorheriger Zertrümmerung. Ausspülung über das Instrument.
Indigokarmin-
rechts: normale Funktion nach 3 Minuten
links: Funktionsausfall bei Steinverschluß
Abb.31-11 Chromozystoskopie
5. Fehlbildungen
Fehlbildungen
5.1 Nierenanomalien
Nierenanomalien
1. Nierenaplasie Sehr seltene A n o m a l i e . F u n k t i o n s ü b e r n a h m e d u r c h k o m p e n s a t o r i s c h e H y p e r t r o p h i e der kontralateralen Niere. Vor geplanter N e p h r e k t o m i e bei N i e r e n r u p t u r oder N i e r e n t u m o r i m m e r zuerst n a c h einer zweiten N i e r e fahnden. 2. N i e r e n h y p o p l a s i e A n g e b o r e n . K o m p e n s a t o r i s c h e H y p e r t r o p h i e der kontralateralen Niere. Keine Therapie.
1. Nierenaplasie Funktionsübernahme durch kompensatorische Hypertrophie der kontralateralen Niere.
2. Nierenhypoplasie Kompensatorische Hypertrophie der kontralateralen Niere.
750 3. Nephroptose Abnorme Beweglichkeit und Senkung der Niere und des Harnleiters —» Pyelonephritis.
Symptome: - Schweregefühl in der Lendengegend, - Rückenschmerzen, nicht im Liegen. Diagnose: - Bimanuelle Palpation -^-abnorm bewegliche Niere, - i. v. Urogramm, - Isotopen-Nephrogramm Therapie: Nephropexie bei: - Harnabflußstörung, - rezidivierenden Pyelonephritiden, - Steinleiden, - Hypertonie, - lageabhängigen Schmerzen. 4. Zystenniere Der Anschluß zahlreicher Tubuli an die Sammelrohre ist gestört - » Stauung im Tubulussystem. Ausweitung der Tubuli zur Zyste —> Druckatrophie von Nierenparenchym. Symptome: Zeichen der eingeschränkten Nierenfunktion, Begleitanämie. Diagnose: i. v. Urogramm: große Nierenkontur, Kelchdeformation, lang ausgezogene Kelchhälse. Ultraschall: multiple echofreie Zonen. Angiographisch: rarifizierte Gefäßverzweigung, kleine Parenchyminseln. Therapie: bei eitriger Infektion oder massiver Blutung: Nephrektomie —* chronische Dialysebehandlung oder Nierentransplantation.
5. Nierenzysten Große Zysten mit Verdrängung des Nierenbeckenkelchsystems und Harnabflußstörungen. Diagnose: i. v. Urogramm: raumfordernder Prozeß. Ultraschalldiagnostik: echofreier Raum. Therapie: bei großen Zysten Resektion. Cave: maligne Entartung der Zyste in 3 % der Fälle.
XXXI. Urologie 3. Nephroptose (Senkniere) Epidemiologie: 75 % zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Davon 8 0 - 9 0 % bei Frauen. Ätiologie und Pathogenese: Kongenitale und erworbene Ursachen (Gewichtsverlust, allgemeine Enteroptose, Schwächung der Bauchmuskulatur ζ. B. nach mehreren Graviditäten), betrifft fast ausschließlich die rechte Niere. Abnormale Beweglichkeit und Senkung (Senk-Kippniere) der Niere und des Harnleiters. Pyelonephritis durch Harnabflußstörung aus dem Nierenbecken. Klinische Symptomatologie: Schweregefühl in der Lendengegend u n d Rückenschmerzen ausschließlich in aufrechter Körperhaltung und bei Ermüdung, nicht beim Liegen. Diagnose und Differentialdiagnose: Bimanuelle Palpation der abnorm beweglichen Niere, Leukozyturie und Bakteriurie bei Harnwegsinfektionen, i. v. Urogramm (evtl. auch Zielpyelogramm) und Funktionsuntersuchung (Isotopen-Nephrogramm) im Liegen und im Stehen. Differentialdiagnose: Dystope Niere, neuro-vegetative Beschwerden. Therapie: Nephropexie, zurückhaltende Indikation. Operation nur, wenn Harnabflußstörungen, rezidivierende Pyelonephritiden, Steinleiden, Hypertonie, lageabhängige Schmerzen. Prognose: Bei strenger Indikation Operationserfolge gut. 4. Zystennieren Epidemiologie: Dominant erblich, doppelseitig auftretende Fehlbildung kombiniert mit Leber-, Milz- und Pankreaszysten. Ätiologie und Pathogenese: Der Anschluß zahlreicher Tubuli an die Sammelrohre ist gestört. Bei Einsetzen der Nierenfunktion deshalb Harnstauung im Tubulussystem. Ausweitung der Tubuli zu Zysten. Druckatrophie von gesundem Nierenparenchym. Insgesamt progressiver Prozeß. Klinische Symptomatologie: Manifestation im 30.-40. Lebensjahr durch „Tumorbildung" der Nieren. Zeichen der eingeschränkten Nierenfunktion. Begleitanämie. Bei Infektionen von Zysten Schüttelfrost und Fieber. Im Endstadium terminale Niereninsuffizienz. In ca. 70 % Hypertonie. Diagnose und Differentialdiagnose: Beiderseits bis kindskopfgroße Oberbauchtumoren. In ca. 30 % erhöhte Retentionswerte bei der Diagnosestellung. Im i. v. Urogramm große Nierenkontur, Kelchdeformationen und lang ausgezogene Kelchhälse. Im Ultraschall multiple echofreie Zonen. Angiographisch rarifizierte Gefäßverzweigung mit kleinen erhaltenen Parenchyminseln. Differentialdiagnose: Beiderseitige Hydronephrosen oder Nierentumoren, multiple Nierenzysten. Therapie: Keine Kausalbehandlung möglich. Igni-Punktur sinnlos. Bei eitriger Infektion oder massiver Blutung Nephrektomie meistens nicht zu umgehen. Prognose: Allmähliche Abnahme der Nierenfunktion bis zum terminalen Nierenversagen. Dann chronische Dialysebehandlung oder Nierentransplantation. 5. Nierenzysten (solitär, multizystisch) Ätiologie und Pathogenese: In der Regel einseitig. Ansonsten s. Zystennieren. Klinische Symptomatologie: Meistens Zufallsbefund. Bei großen Zysten Verdrängung des Nierenbeckenkelchsystems, Harnabflußstörungen. Diagnose und Differentialdiagnose: Im i. v. Urogramm raumfordernder Prozeß wie beim Nierenkarzinom. Durch Ultraschalldiagnostik (echofreier Raum) vom soliden Tumor abzugrenzen. Im Zweifelsfall Computertomographie oder Nierenarteriographie. Differentialdiagnose: Nierenkarzinom, Hydronephrose, Nierenkarbunkel.
Fehlbildungen Therapie: Nur bei großen Zysten Zystenresektion. Cave: Maligne Entartung der Zyste in ca. 3 %. 6. Verschmelzungsnieren Ätiologie und Pathogenese: Kongenitale Störungen von Aszension und Drehung beider Nierenanlagen. Klinische Symptomatologie: Selten. In vielen Fällen assoziiert mit Reflux, Harnleiterabgangsstenose, Harnwegsinfektion, Steinbildung. Diagnose: I. v. Urogramm, Sonographie, evtl. Nierenangiographie. Häufigste Formen: Hufeisenniere, gekreuzte Nierendystopie mit Verschmelzungsniere, Kuchen- oder Beckenniere. Therapie: In der Regel keine, da normale Nierenfunktion. Evtl. plastische Korrektur von Hydronephrose oder Reflux. 7. Kongenitale Lageanomalien Lumbale und iliakale Nierendystopie, Torsionsdystopie: Therapie s. Verschmelzungsniere.
5.2 Harnleiteranomalien 1. Blind endender Harnleiter Der Harnleiter endet blind, ohne das Nierenparenchym erreicht zu haben. Betrifft einen Harnleiter alleine, auch bei Ureter duplex oder - triplex. 2. Ureter duplex Doppelniere, doppeltes Nierenbeckenkelchsystem, doppelte Harnleiteranlage in einer gemeinsamen Scheide, Einmündung mit je einem Ostium in die Harnblase. 3. Ureter fissus Doppelniere, doppeltes Nierenbeckenkelchsystem, nieren- bis blasennahe y-förmige Konjugation beider Harnleiter, die dann in einem Ostium in der Blase einmünden. 4. Ureterozele Kongenitale Stenose des Ostiums. Erhöhter intramuraler Innendruck des Harnleiters. Zystische Vorwölbung des intravesikalen Harnleiteranteils in das Blasenlumen. Auch assoziiert mit Hydroureter, Hydronephrose. ' 5. Ektope Harnleitermündungen Häufig bei Doppelniere und bei Ureter duplex. Bei Männern supra-, bei Frauen supra- oder infrasphinktäre ektope Harnleitereinmündung; bei infrasphinktärer urethraler, vaginaler oder vestibulärer Ektopie: Harninkontinenz. 6. Retrokavaler Ureter Der proximale Harnleiter verläuft dorsal der V. cava. Komplikation: Hydronephrose. 7. Kongenitale Harnleiterabgangsstenose Bindegewebige Stenosen, Bridenbildung, hoher Ureterabgang und aberrierendes Gefäß führen zu einer Abflußstörung der Niere mit Ausbildung einer Hydronephrose. Seltene Harnleitermißbildungen 1. Hamleiterklappe Kongenitale Harnleitermündungsinsuffizienz s. Reflux. 2. Kongenitale Harnleiterstenose s. Megaureter. Harnleiterobstruktion 3. „Ovarian-vein-syndrome" Obstruktion des rechten Harnleiters durch die rechte variköse V. ovarica. 4. Morbus Ormond: s. S. 629 u. 757 5. Aktinische oder iatrogene Hamleiterstrikturen Spätfolge nach Bestrahlungsbehandlung gynäkologischer Tumoren, nach Harnleitersteinoperationen, nach Harnleiterligaturen (s. 13.2).
751
6. V e r s c h m e l z u n g s n i e r e n Kongenitale Störung v o n A s z e n s i o n und D r e h u n g beider N i e r e n a n l a g e n . Symptome: oft assoziiert mit - Reflux, - Harnleiterabgangsstenose, - Harnwegsinfektion, - Steinbildung. Diagnose: i. v. U r o g r a m m , Sonographie. Therapie: meist keine. Evtl. plastische Korrektur der Hydronephrose. 7. Kongenitale Lageanomalien Harnleiteranomalien 1. Blind endender Harnleiter Harnleiter erreicht N i e r e n p a r e n c h y m nicht. 2. Ureter duplex Doppelniere, doppeltes N i e r e n b e c k e n kelchsystem, doppelte Harnleiteranlage. 3. Ureter fissus D o p p e l n i e r e , doppeltes N i e r e n b e c k e n kelchsystem, Konjugation beider Harnleiter. 4. Ureterozele Kongenitale Stenose des Ostiums. Z y s t i s c h e V o r w ö l b u n g des Harnleiteranteils in das Blasenlumen. 5. Ektope Harnleitermündungen häufig bei D o p p e l n i e r e und Ureter duplex. Folge —» H a r n i n k o n t i n e n z .
6. Retrokavaler Ureter Proximaler Harnleiter verläuft dorsal der V. cava. Komplikation: H y d r o n e p h r o s e . 7. Kongenitale Harnleiterabgangsstenose Abflußstörung der Niere —> H y d r o n e p h r o s e .
Seltene Harnleitermißbildungen: 1. Harnleiterklappe, 2. kongenitale Harnleiterstenose, 3. O v a r i a n - v e i n - S y n d r o m , 4. M o r b u s O r m o n d , 5. A k t i n i s c h e o d e r iatrogene Hamleiterstrikturen.
752
XXXI. Urologie
Kongenitale Mißbildungen der Harnblase und Harnröhre 1. Blasendivertikel 2. Blasenekstrophie: schwerste urologische Mißbildung. Spaltbildung der Blase und der unteren Bauchwand. Klaffende Symphyse, Penis zeigt Epispadie.
Therapie: Primärverschluß der Blasenplatte unter Rekonstruktion des Blasenhalses. Falls nicht behandelt wird, versterben 98% der Kinder.
3. Epispadie Geringerer Grad der Spaltbildung. Die Blase ist geschlossen. Gesamte Harnröhre ist gespalten. Harnröhrenöffnung liegtauf Penisrücken bzw. Klitoris. Therapie: plastischer Verschluß von Harnröhre. Wiederherstellung des Sphinkters. 4. Hypospadie (Abb. 31-12). Hemmung der Verschmelzung der Urethralfalten zur Urethralrinne (vordere Harnröhre). Penis nach ventral gekrümmt.
Therapie: Resektion der Chorda —»Aufrichtung des Penis. Plastische Rekonstruktion der Harnröhre.
5.3 Kongenitale Mißbildungen der Harnblase und Harnröhre 1. Blasendivertikel 2. Blasenekstrophie Schwerste urologische Mißbildung. Epidemiologie: Einmal unter 40000 Neugeborenen. Achtmal häufiger Knaben als Mädchen. Ätiologie und Pathogenese: Die fehlende Mesenchymeinsprossung zwischen Endo- und Ektoderm während der Embryogenese verhindert die Entwicklung einer Bauchdecke. Beim späteren Einbruch der Kloakenmembran kommt es zur Spaltbildung der Blase und unteren Bauchwand. Die Symphyse klafft, der Penis zeigt eine Epispadie. Harnleiterostien vielfach refluxiv. Diagnose: Lokalbefund eindeutig, Urir sediment und -kultur, i. v. Urogramm, Kappenzystogramm. Therapie: Primärverschluß der Blasenplatte unter Rekonstruktion des Blasenhalses. Falls unmöglich, bei Stuhlkontinenz Harnleiter-Dickdarmimplantation; ansonsten alle anderen Formen der supravesikalen Harnableitung. Prognose und Ergebnis: Unbehandelt versterben 98 % der Kinder bis zum 20. Lebensjahr. Postoperative Komplikationen sind aszendierende Pyelonephritis, persistierender Reflux, Harnleitermündungsstenosen, Stomaprobleme. 3. Epispadie Ätiologie und Pathogenese: Geringerer Grad der Spaltbildung, die Blase ist aber geschlossen. Die gesamte Harnröhre (meistens auch der Sphinkter) ist gespalten, die Harnröhrenöffnung liegt auf dem Penisrücken bzw. der Klitoris. Therapie: Plastischer Verschluß von Harnröhre und Wiederherstellung des Sphinkters. U. U. supravesikale Harnableitung. 4. Hypospadie (Abb. 31-12) Epidemiologie: Einmal unter 3 0 0 - 6 0 0 neugeborenen Knaben. Ätiologie und Pathogenese: Hemmungsmißbildung. Die Verschmelzung der paarigen Urethralfalten zur Urethralrinne und damit zur vorderen Harnröhre ist gehemmt. Je nach Lage der ventralen Harnröhrenmündung unterscheidet man eine Hypospadia glandis, penis, penoscrotalis und perinealis. Der kleine Penis ist durch einen derben Bindegewebestrang (Chorda) nach ventral gekrümmt. Die Vorhaut ist dorsal schürzenförmig angelegt. Therapie: Aufrichtung des Penis durch Resektion der Chorda und plastische Rekonstruktion der Harnröhre in 2 Sitzungen (Edmunds, Denis
Epispadia
Hypospadia perinealis Hypospadia scrotalis
Hypospadia glandis
Hypospadia penis
Abb. 31-12 Hypospadie-Epispadie
Fehlbildungen
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Browne) oder in einer Sitzung (Duckett). Operation zwischen dem 3. und 5. Lebensjahr. 5. Phimose (Abb. 31-13), s. 12.5. Ätiologie und Pathogenese: Angeborene oder erworbene (Balanitis, Posthitis) Enge des äußeren Vorhautringes. Therapie: Im Säuglingsalter meist nicht behandlungsbedürftig. Auch keine instrumenteile Dehnung der Vorhaut bis zum 3. Lebensjahr, da Vorhautverklebungen in diesem Alter noch physiologisch. Ansonsten plastische Erweiterung des engen Vorhautringes oder Resektion (Zirkumzision). Paraphimose: s. 15.5.
Phimose (Abb.31-13) Enge des äußeren Vorhautringes. Therapie: keine Behandlung im Säuglingsalter. Später: plastische Erweiterung des engen Vorhautringes oder Resektion (Zirkumzision).
sek. Blasenhalshypertrophie äußerer Blasenschließmuskel angeborene Stenose der bulbären Harnröhre distale Harnröhrenstriktur Meatusstenose Phimose
Abb.31-13 Infravesikale Harnabflußstörungen
6. Meatusstenose (Abb.31-13) Ätiologie und Pathogenese: Angeborene oder erworbene (nach Balanitis, instrumenteil, traumatisch) Verengung des Meatus urethrae externus. Klinische Symptomatologie: Dünner Harnstrahl, Dysurie. Therapie: Meatotomie. Prognose: Bei schweren Formen unbehandelt Gefahr des Harnrückstaus bis zur Urämie. 7. Penoskrotaie Stenose (Abb. 31-13) Ätiologie und Pathogenese: Kongenitale Harnröhrenstenose am Übergang der Pars bulbosa zur Pars libera der Harnröhre. Ebenso häufig wie Meatusstenosen. Klinische Symptomatologie: Dysurie, Infektion. Therapie: Urethrotomia interna. 8. Harnröhrenklappen (Abb. 31-13) Ätiologie und Pathogenese: Kongenital, meist ventral, zweiseitig symmetrisch oder zirkuläre Falten der prostatischen Harnröhre. Klinische Symptomatologie: Dysurie, Harnwegsinfektion. Diagnose: Harnröhrensondierung und -kalibrierung, Urethrographie, Urethrozystoskopie. Therapie: Urethrotomia interna. 9. Distale Stenose der weiblichen Harnröhre Ätiologie und Pathogenese: Angeborene oder erworbene Enge der Harnröhrenöffnung. Klinische Symptomatologie: Dysurie, Harnwegsinfektion, Reflux. Diagnose: Harnröhrenkalibrierung, Miktionszystourethrogramm. Therapie: Meatotomie: Inzision des engen Harnröhrenringes bei 3 h. 10. Persistierender Urachus Ätiologie und Pathogenese: Offene Verbindung zwischen Nabelstrang und Harnblase.
Meatusstenose (Abb. 31-13) Verengung des Meatus urethrae. Symptome: dünner Harnstrahl, Dysurie. Therapie: Meatotomie.
7. Penoskrotaie Stenose (Abb. 31-13) Harnröhrenstenose. Therapie: Urethrotomia interna.
8. Harnröhrenklappen (Abb. 31 13) Zirkuläre Falten der prostatischen Harnröhre. Symptome: Dysurie, Harnwegsinfektion. Therapie: Urethrotomia interna. 9. Distale Stenose der weiblichen Harnröhre: Enge der Harnröhrenöffnung. Symptome: - Dysurie, - Harnwegsinfektion, - Reflux. Therapie: Meatomie. 10. Persistierender Urachus: offene Verbindung zwischen Nabelstrang und Harnblase.
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XXXI. Urologie Symptome: tropfenweise Entleerung von Harn aus der Nabelschnur. Therapie: Fistelexstirpation.
Zwitterbildung 1. Hermaphroditismus verus: gleichzeitiges Vorkommen von Eierstock und Hoden.
2. Pseudohermaphroditismus masculinus Hoden fast immer intraabdominal. Weibliche Form des Genitale dominierend. 3. Pseudohermaphroditismus femininus Alle Formen des intersexuellen Genitales.
Klinische Symptomatologie: Tropfenweise Entleerung von Harn aus der Nabelschnur und Z u n a h m e bei Druck auf die Harnblase. Diagnose: Methylenblaufärbung des Blasenurins. Röntgenologische Fisteldarstellung. Therapie: Fistelexstirpation.
5.4 Zwitterbildungen 1. Hermaphroditismus verus Gleichzeitiges Vorkommen von Eierstock und Hoden. Gonaden getrennt oder in einem Organ vereint. Die Morphologie des Genitale von rein männlich bis rein weiblich. 2. Pseudohermaphroditismus masculinus Chromosomal männlich. Hoden fast immer intraabdominal. Weibliche Form des Genitale dominierend. Sonderform: Testikuläre Feminisierung, Störungen der Testosteronsynthese. 3. Pseudohermaphroditismus femininus Chromosomal und gonadal weiblich. Alle Formen eines intersexuellen Genitales. Ursache: Autosomal rezessive Erbkrankheit. Sonderformen: AGS-Syndrom s. S. 689
Entzündungen
6. Entzündungen
Häufigste Erreger: gramnegative Bakterien der Darmflora.
Erreger sind in erster Linie gramnegative Bakterien der Darmflora. Der Infektionsweg ist aszendierend, kanalikulär, hämatogen oder lymphogen. Sie verursachen eine unspezifische Entzündung, d. h. eine für den Erreger typische histopathologische Veränderung. Bei regelrechten anatomischen Verhältnissen und normalem Harnabfluß ist die Entzündung primär. Sie ist sekundär bei Hamabflußstörungen. Akute Verlaufsformen haben eine gute, chronische eine schlechte Heilungstendenz. Die antibiotische Behandlung richtet sich nach Kultur- und Resistenzbestimmung des Erregers aus Urin und Serum.
6.1 Niere und Nierenhüllen Pyelonephritis (PN): häufigste Nierenerkrankung, häufigste Ursache tödlicher Urämien.
Erreger kommen aus der Darmflora. Primäre PN: bei normalen Harnabflußverhältnissen, sekundäre PN: bei Hamabflußstörungen. 1. Akute Pyelonephritis: - plötzlicher Krankheitsbeginn, - Schüttelfrost, - Fieber. - Flankenschmerz, - Blasenbeschwerden, - Obstipation. Diagnose: - Druck· und Klopfempfindlichkeit,
Pyelonephritis (PN) Epidemiologie: Häufigste Nierenerkrankung, auch häufigste Ursache tödlich verlaufender Urämien. Bei Obduktionen in 4 , 6 - 2 0 % pyelonephritische Veränderungen. Männer und Frauen gleichermaßen betroffen, Männer vorwiegend nach dem 5. Lebensdezennium (sekundäre PN s. unten). Ätiologie und Pathogenese: Erreger meistens aus der Darmflora. Infektionswege kanalikulär aszendierend, hämatogen, lymphogen. Begünstigend die topographische Grenzlage Nierenbecken - Nierenparenchym. Manifestiert sich als interstitiell bakteriell destruktive Nephritis und Pyelitis. Als primäre PN bei normalen Harnabflußverhältnissen, als sekundäre PN bei Hamabflußstörungen.
6.1.1 Akute Pyelonephritis Klinische Symptomatologie: Plötzlicher Krankheitsbeginn, Schüttelfrost, hohes remittierendes Fieber. Ein - oder doppelseitiger Flankenschmerz, auch Blasenbeschwerden (Zystopyelonephritis), Obstipation. Diagnose und Differentialdiagnose: Druck- und Klopfempfindlichkeit des erkrankten Nierenlagers, Pollakisurie, Leukozyturie, Bakteriurie; bei Beteiligung des Nierenparenchyms Eiweiß und granulierte Zylinder im Urin, bakte-
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Entzündungen riologische Urinuntersuchung positiv (signifikant, wenn Keimzahlen über 100000/ml), evtl. Blutkultur. Leukozytose, Erhöhung der BSG. Bei der akuten primären PN zunächst keine Beeinträchtigung der Nierenfunktion. Im i. v. Urogramm evtl. Engstellung der Kelche und der Kelchhälse, meistens aber unauffällig oder Verzögerung der Kontrastmittelausscheidung der erkrankten Seite. Bei der akuten sekundären PN nach der Ursache der ein- oder doppelseitigen Harnabflußstörung suchen (i. v. Urogramm, evtl. Zielpyeloskopie). Cave: Einzelniere, Lebensgefahr! Differentialdiagnose: Perinephritis, paranephritischer Abszeß, Cholezystitis, retrozökale Appendizitis, Pankreatitis. Therapie: Hochdosiert Antibiotika (Aminoglykoside, ß-Laktam-Antibiotika, Gyrasehemmer), reichlich Flüssigkeit, Bettruhe, Wadenwickel, SpasmoAnalgetika. Bei der akuten sekundären PN sofortige Entlastung der gestauten Niere durch Harnleitersondierung, transkutane Nierenfistel oder operative Nierenfreilegung (Nierendekapsulation, Nierenfistel), evtl. auch Notnephrektomie. Prognose: Übergang in die chronische Pyelonephritis möglich, auch als Schub einer bereits chronischen PN verkannt. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen (Urinsediment, Urinkultur). Gewisse Spontanheilungsrate oder Abheilung unter Behandlung. In seltenen Fällen lebensgefährlicher foudroyanter Verlauf mit Ausbildung einer diffusen eitrigen Nephritis oder von Nierenkarbunkeln. Sonderformen sind Schwangerschaftspyelonephritis, nekrotisierende Papillitis.
6.1.2 Chronische Pyelonephritis Klinische Symptomatologie: Symptomarm; zeitweise Schmerzen in einem oder beiden Nierenlagern. Ermüdbarkeit, subfebrile Temperaturen, intermittierende Bakteriurie; Blasenbeschwerden. Bei progredienter Schrumpfnierenbildung Hypertonie, wenn beidseitig zunehmende Niereninsuffizienz. Diagnose und Differentialdiagnose: Proteinurie, Leukozyturie, Leukozytenzylinder, Urinkultur fakultativ positiv. BSG erhöht, Retentionswerte normal (im Spätstadium erhöht). Endogene Kreatinin-Clearance erniedrigt. Seitengetrennte Isotopen-Clearance ein- oder beiderseits eingeschränkt. Röntgen-Nierenleeraufnahme: Kleine Nieren, evtl. Steinschatten. I. v. Urogramm: Nierenbeckenkelchsystem verplumpt. Nierenparenchymsaum verschmälert. Evtl. auch vesikorenaler Reflux nachweisbar. Differentialdiagnose: Urogenitaltuberkulose, Zystitis, Urethritis.
Therapie: Antibiotische Langzeittherapie, evtl. operative Sanierung von Harnabflußstörungen. Nephrektomie selten (Hypertonie, rezidivierende therapieresistente Schübe).
6.1.3 Sonderformen der Pyelonephritis Papillitis necroticans: Nekrose und Abstoßung von Papillen bei Diabetes mellitus, Schmerzmittelabusus, eitriger Harnstauungsniere. Häufiger bei Frauen. Xanthomatose Pyelonephritis: Pseudotumoröse Pyelonephritis mit Granulationsgewebe aus Schaumzellen, das sich von parapelvin in die Niere fortsetzt. Erreger: Staphylokokken, Proteus. Emphysematöse Pyelonephritis: Akut nekrotisierende Entzündung mit Glukose spaltenden Kolibakterien, beim Diabetes mellitus.
-
Pollakisurie, Leukozyturie, Bakteriurie, Blutkultur.
Labor: - evtl. Eiweiß und Zylinder im Urin. - bakteriologische Urinuntersuchung positiv, - bakteriologische Blutuntersuchung u.U. positiv, - Leukozytose, - Erhöhung der BSG. Therapie: - hoch dosierte Aminoglykoside, - ß-Laktam-Antibiotika, Gyrasehemmer, - reichlich Flüssigkeit, - Bettruhe, - Wadenwickel, - Spasmo-Analgetika. Therapie bei akuter sekundärer PN - sofortige Entlastung der gestauten Niere (Harnleitersondierung), - transkutane Nierenfistel, - operative Nierenfreilegung, - evtl. Notnephrektomie. Oft Übergang in chronische Pyelonephritis.
2. Chronische Pyelonephritis Symptome: - symptomarm. - zeitweise Schmerzen, - Ermüdbarkeit, - subfebrile Temperaturen, - Blasenbeschwerden. Diagnose: - Proteinurie, Leukozyturie, - Leukozytenzylinder, - Urinkultur fakultativ positiv. Ferner: - Kreatin-Clearance erniedrigt, - Isotopen-Clearance ein- oder beidseitig eingeschränkt. Röntgen: evtl. Steinschatten. I. v. Urogramm: Nierenbeckenkelchsystem verplumpt, Nierenparenchym verschmälert. Therapie: - Langzeittherapie mit Antibiotika, - operative Sanierung von Harnabflußstörungen. - Selten Nephrektomie. 3. Sonderform der Pyelonephritis - Papillitis necroticans, - Xanthomatose Pyelonephritis, - Emphysematöse Pyelonephritis.
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XXXI. Urologie
4. Eitrige Niereritzündungen
6.1.4 Eitrige Nierenentzündungen
Hämatogen-metastatische, eitrige Nephritis: bei septischer Endokarditis, puerperaler Infektion, Hauteiterungen.
Hämatogen-metastatische, eitrige Nephritis Ätiologie und Pathogenese: Bei septischer Endokarditis, puerperaler Infektion, Hauteiterungen. Erst kleinere Kokkenembolie in der Nierenrinde, dann glomeruläre Abszesse. Diese können zu Nierenkarbunkeln konfluieren. Manchmal septische Infarkte. Auch streifige Markeiterungen direkt hämatogen oder als Ausscheidungsherde. Fortgeleitete, aszendierende, eitrige Nephritis Ätiologie und Pathogenese: Ein- oder doppelseitig durch Harnstauung (sekundäre Pyelonephritis beim Nierenbecken- oder Harnleiterstein), aber auch hämatogen (im Anschluß an eine Angina tonsillaris), lymphogen (vom Darm bei chronischer Obstipation) und traumatisch. Bei der Bakterienaszension longitudinale Abszesse der Markrindengrenze. Schließlich grobhöckrige, pyelonephritische Schrumpfniere mit Rindennarben. Klinische Symptomatologie: Flankenschmerz, Schüttelfrost, septische Temperaturen, Blutdruckabfall.
Fortgeleitete, aszendiereride, eitrige Nephritis: Ursachen: - Harnstauung, - hämatogen, - lymphogen, - traumatisch. Symptome: - Fiankenschmerz, - Schüttelfrost, - septische Temperaturen, - Blutdruckabfall. Diagnose: - starke Druckempfindlichkeit, - Leukozytose, - BSG-Erhöhung, - Thrombozytopenie, - Proteinurie, - Leukozyturie, - Bakteriurie, - Blutkultur. Therapie: dringliche Behandlung! - Hohe Antibiotika-Gaben, Kreislaufregulation, operativ: - Nierendekapsulation, - Nierenfistel, - Drainage, - evtl. Nephrektomie. Gefahr der Sepsis beachten. Sonderform: Pyonephrose 5. Paranephritischer Abszeß Hämatogene Metastasierung von nierenfernen Staphylokokkenherden.
Symptome: - hohes Fieber, - Schüttelfrost, - Flankenschmerz, - Schonhaltung der Muskulatur. Diagnose: - Blähbauch mit lleuserscheinungen, - reflektorisches Erbrechen, - Klopfempfindlichkeit, - kein pathologischer Urinbefund. Patient liegt mit angezogenem Bein im Bett. Therapie: - hoch dosiert Cephalosporine und Metroni dazol - breite Flankeninzision, - Drainage. 6. Urosepsis Ursache: gramnegative Erreger aus dem Urogenitaltrakt gelangen in das Blutgefäßsystem.
Diagnose und Differentialdiagnose: Starke Druckempfindlichkeit des Nierenlagers, Leukozytose, BSG-Erhöhung, Thrombozytopenie, Proteinurie, Leukozyturie, Bakteriurie, Blutkultur. Sonographisch mitunter homogene Areale mit dichter reflektierenden Zonen. Raumfordernder Prozess im i. v. Urogramm, Computertomogramm und Angiogramm. Differentialdiagnose: Pyonephrose, paranephritischer Abszeß, subphrenischer Abszeß. Therapie: Dringliche Behandlungsindikation! Hohe Antibiotika-Dosen, Kreislaufregulation, evtl. Nierendekapsulation, Nierenfistel und ausgiebige Drainage oder Nephrektomie. Prognose: Bei verspätet einsetzender Therapie Gefahr der Sepsis; bei chemotherapeutischer Unterdosierung Progredienz der Niereneiterung mit paranephritischem Abszeß. Sonderform: Pyonephrose Eitrige Nierenbeckenentzündung mit Einschmelzung der Papillen und Reduktion des Nierenparenchyms (auch bei Harnabflußstörungen, infizierte Hydronephrose).
6.1.5 Paranephritischer Abszeß Ätiologie und Pathogenese: Hämatogene Metastasierung von nierenfernen Staphylokokkenherden (Panaritium, Furunkel, Angina). Rasche Infektionsausbreitung und Abszedierung in der Nierenfettkapsel. Klinische Symptomatologie: Hohes Fieber, Schüttelfrost, Flankenschmerz, Schonhaltung der Muskulatur. Unbehandelt: fluktuierende Vorwölbung im Kostovertebralwinkel. Diagnose und Differentialdiagnose: Patient liegt mit angezogenem Bein im Bett. Klopfempfindlichkeit des betroffenen Nierenlagers. Blähbauch mit Ileus-artigen Erscheinungen. Reflektorisches Erbrechen. Kein pathologischer Urinbefund. Nierenfunktion nicht eingeschränkt. Im Veratmungspyelogramm Verschieblichkeit der betroffenen Niere eingeschränkt. Differentialdiagnose: Subphrenischer Abszeß, septische Niere, eitrige Cholangitis. Therapie: Hochdosierte Cephalosporine in Kombination mit Metronidazol, breite Flankeninzision, Drainage.
6.1.6 Urosepsis Ätiologie und Pathogenese: Hauptsächlich endotoxinbildende gramnegative Erreger aus dem Urogenitaltrakt gelangen direkt oder indirekt über das lymphatische System in das Blutgefäßsystem. Bei septischer sekundärer Pyelo-
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Entzündungen nephritis, nach diagnostischen oder operativen transurethralen Eingriffen, bei reduziertem Allgemeinzustand, Diabetes mellitus, immunsuppressiver Therapie, Schwangerschaft. Klinische Symptomatologie: Septisches Fieber, wiederholt Schüttelfröste, Verschlechterung des Allgemeinzustandes, Blutdruckabfall. Diagnose und Differentialdiagnose: Blutkultur im Fieberanstieg, Urinkultur, Leukozytose, Thrombozytopenie, Gerinnungsstörungen, gastro-intestinale Blutung, Schocklunge, Lungenödem, Ikterus. Differentialdiagnose: Septische Cholezystitis. Therapie: Hoch dosierte Antibiotika-Gaben mit breitem Wirkungsspektrum (Kombination Aminoglykoside und Cephalosporinderivate). Nierenfreilegung, Dekapsulation, Nierenfistel, Drainage; evtl. Nephrektomie. Intensivmaßnahmen: Stabilisierung des Kreislaufs, Kompensation der Azidose, Glykosidtherapie, Heparinisierung.
Symptome: - septisches Fieber, - Schüttelfröste, - Blutdruckabfall. Diagnose: - Blutkultur, - Urinkultur, - Leukozytose, - Thrombozytopenie, - Gerinnungsstörung, - Schocklunge, - Ikterus. Therapie: - hoch dosierte Antibiotika-Gaben, operativ: - Nierenfreilegung, - Dekapsulation, - Nierenfistel, - Drainage, - evtl. Nephrektomie.
6.2 Harnleiter
Harnleiter
6.2.1 Ureteritis
Ureteritis Ursache: entzündliche Infiltration - bei Pyelonephritis, - nach Steinpassage, - nach instrumentellen Eingriffen. Keine Symptome! Diagnose: weitgestellter Harnleiter im i. v. Urogramm, strähniges Urothelprofil,
Ätiologie und Pathogenese: Fortgeleitete paraureterale Prozesse (Urinphlegmone), entzündliche Infiltration bei Pyelonephritis, nach Steinpassage oder instrumentellen Eingriffen. Klinische Symptomatologie: Praktisch keine. Diagnose: Im i. v. Urogramm meistens Zufallsbefund eines weitgestellten Harnleiters. Strähniges Urothelprofil. Selten: Darstellung von kleineren Ureterwandzysten (Ureteritis cystica). Dann mitunter auch Entleerungsstörungen und Kolik. Therapie: Symptomatisch. Behandlung der Grunderkrankung (Pyelonephritis, Zystitis).
6.2.2 Retroperitoneale Fibrose (Ormond's disease): Epidemiologie: Vorwiegend Männer im 5. und 6. Lebensjahrzehnt. Ätiologie und Pathogenese: Chronisch sklerosierende abakterielle Entzündung des retroperitonealen Fettgewebes unbekannter Ätiologie. Einmauerung beider Harnleiter in breite, derbe Narbenplatten, vom 3. LWK bis ins kleine Becken reichend. Meist symmetrisch ablaufender Prozeß mit Stauung beider Harnleiter und Nierenbecken. Auslösende Faktoren: Abusus von Ergotaminpräparaten oder unspezifische Entzündungsprozesse der Nachbarorgane (retroperitoneales Hämatom, Pankreatitis, Divertikulitis). Klinische Symptomatologie: Unklare abdominelle und wechselnde Flankenschmerzen, beginnende Urämie. Diagnose und Differentialdiagnose: i. v. Urogramm mit Verziehung beider Harnleiter in Höhe LWK 3 - 5 nach medial. Proximal Hydroureter und Hydronephrose beiderseits. Probeexzision zur histologischen Untersuchung bei der operativen Freilegung. Differentialdiagnose: Diffuse retroperitoneale Tumorzellinfiltration beim Sarkom, Magen- oder Pankreaskarzinom, Metastasierung beim Genitalkarzinom der Frau. Therapie: Beiderseitige Ureterolyse und Intraperitonealverlagerung beider Harnleiter. Evtl. vorübergehende Nierenfistelung oder terminal-supravesikale Harnableitung. Prognose: Nicht immer günstig, da Niereninsuffizienz und Harntransportstörung oftmals persistieren.
Therapie: Behandlung der Grunderkrankung. Retroperitoneale Fibrose Abakterielle Entzündung des retroperitonealen Fettgewebes, chronisch-sklerosierend.
Symptome: unklare Flankenschmerzen, beginnende Urämie. Diagnose: - i. v. Urogramm, - Probeexzision bei operativer - Freilegung, - Hydroureter, Hydronephrose beiderseits. Differentialdiagnose beachten.
Therapie: Ureterolyse —»Intraperitonealverlagerung beider Harnleiter. Keine günstige Prognose.
XXXI. Urologie
758 Blase
6.3 Blase
1. Zystitis Bakterielle Entzündung. - latrogene Infektion nach instrumentellen Eingriffen, - Parasiten, - bei Zytostatikabehandlung, - nach Bestrahlungsbehandlung. - Häufig Kälte-Nässe-Trauma.
6.3.1 Zystitis
Infektionsmodus: - aszendierend, - deszendierend hämatogen oder lymphogen. Begünstigende Faktoren: - infravesikale Hindernisse, - neurogene Blasenentleerungsstörungen, - Sphinktersklerose, - Meatusstenose, - hormonelle Veränderung von Harnröhren und Vaginalepithel. Symptome: - Schmerzen beim Wasserlassen, - Pollakisurie, - Harndrang, - terminale Algurie, - terminale Hämaturie. Diagnose: im Harnsediment: - Leukozyten (reichlich), - Erythrozyten, - Plattenepithelien, - Bakterien. Zystoskopie: entzündliche Schleimhautveränderungen. Differentialdiagnose beachten. Therapie: Chemotherapeutika, Spasmoanalgetika, reichlich Flüssigkeitszufuhr, Bettruhe. Gute Ausheilung nach Chemotherapie. Sonderformen 2. Reizblase Unklare Reizzustände der Blase. Evtl. psychogene Ursachen. Symptome: - Pollakisurie, - imperativer Harndrang, - Algurie. Diagnose: - Urinsediment, - Urinkultur, - zystoskopische Untersuchung. Therapie: - Vagolytika, - Sedativa, - lokal Östrogene, - evtl. Bougierung der Harnröhre. 3. Interstitielle Zystitis Zystoskopisch oft isolierte Ulzera der Blasen hinterwand.
Epidemiologie: Bei Frauen erstes Lebensdezennium, bei Männern eher im Alter (Harnblasenentleerungsstörungen). Ätiologie und Pathogenese: Bakterielle Entzündung (E. coli, Enterokokken, Proteus, Pseudomonas aeruginosa); iatrogene Infektion nach instrumentellen Eingriffen; Parasiten (Trichomonaden, Amöben, Hefen, Schistosomen); bei Zytostatikabehandlung (Endoxan); nach Bestrahlungsbehandlungen. Häufig Kälte-Nässe-Trauma. Infektionsmodus aszendierend (kurze Harnröhre der Frau, männliche Adnexe des urogenitalen Grenzgebietes), deszendierend (Pyelonephritis) hämatogen oder lymphogen. Infravesikale Hindernisse (Prostataadenom), Harnröhrenstriktur des Mannes; neurogene Blasenentleerungsstörung, Sphinktersklerose, Meatusstenose (des Mannes und der Frau), hormonelle Veränderungen des Harnröhren- und Vaginalepithels oder gehäufte Kohabitationen der Frau sind infektionsfördernd. Kontamination von Harnröhre und Blase bei der weiblichen Adnexitis, Vulvitis oder aus der Analregion. Klinische Symptomatologie: Schmerzen beim Wasserlassen, Pollakisurie, imperativer Harndrang, terminale Algurie, auch terminale Hämaturie. Diagnose und Differentialdiagnose: Im Harnsediment massenhaft Leukozyten, reichlich Erythrozyten, Plattenepithelien, Bakterien. Urinkultur positiv. Zystoskopie: Entzündliche Schleimhautveränderungen. Differentialdiagnose: Urethritis, Trigonitis, Fremdkörper, Blasensteine, Prostatitis, Adnexitis, Blasentumor. Therapie: Reichlich Flüssigkeitszufuhr (Blasentee), Spasmoanalgetika, evtl. Bettruhe.
Chemotherapeutika,
Prognose: Nach 7-14tägiger Chemotherapie ausgeheilt.
Eine Sonderform ist die
6.3.2 Reizblase Ätiologie und Pathogenese: Unklare Reizzustände der Blase. Psychogene Momente, gestörte Sexualfunktion, Östrogenmangel. Klinische urie.
Symptomatologie:
Pollakisurie,
Diagnose: Urinsediment, Urinkultur und ohne pathologischen Befund.
imperativer Harndrang,
zystoskopische
Alg-
Untersuchung
Therapie: Vagolytika, Sedativa, lokal Östrogene, auch Bougierung der Harnröhre.
6 . 3 . 3 Interstitielle Z y s t i t i s (Ulcus simplex); Epidemiologie: Frauen im 3 . - 4 . Lebensdezennium. Ätiologie und Pathogenese: Ursache unklar. Zystoskopisch häufig isolierte strahlenförmige Ulzera der Blasenhinterwand. Differentialdiagnose: Urogenital-Tbc.
Entzündungen Therapie: Transurethrale Resektion des Ulkus. Blasendehnung in Narkose. Antiphlogistika, Kortikoide. Prognose: Schlecht, da keine kausale Therapie. Hohe Rezidivneigung, Endstadium: Schrumpfblase. Dann meistens supravesikale Harnableitung nicht zu umgehen.
759 Therapie: - transurethrale Resektion des Ulkus, - Blasendehnung in Narkose, - Antiphlogistika, - Kortikoide. Schlechte Prognose mit Endstadium: Schrumpfblase —* supravesikale Harnableitung.
6 . 3 . 4 C h r o n i s c h e Z y s t i t i s (Cystitis follicularis) Leicht erhabene Knötchen am Blasenboden (Lymphfollikel).
6.3.5 Cystitis cystica: Kleine Blasenwandzysten (wie Pyelitis und Ureteritis cystica).
6.4 Prostata, Samenblasen und Harnröhre
Prostata, Samenblasen, Harnröhre
6.4.1 Akute Prostatitis
1. Akute Prostatitis Erreger: Staphylokokken, Enterokokken, E. coli. Symptome: - Pollakisurie, - Dysurie, - Spannungsgefühl am Damm, - Druckgefühl am After, - Schmerzen bei der Defäkation, - septische Temperatur, - Schüttelfrost, - Blasen- und Darmtenesmen. - Urethralfluor. Diagnose: Prostata vergrößert, prall, elastisch, druckschmerzhaft. Kein Exprimat abnehmen, Gefahr der hämatogenen Streuung. Therapie: - Gyrasehemmer, - Tetrazykline, - ß-Laktam-Antibiotika kombiniert mit Aminoglykosiden. Wenn nicht behandelt: Gefahr der Beckenbodenphlegmone. 2. Chronische Prostatitis
Ätiologie und Pathogenese: Urokanalikulär (Zystopyelonephritis, Urethritis), hämatogen, lymphogen. Erreger: Staphylokokken, Enterokokken, E. coli. Pathologisch-anatomisch: Katarrhalische Form, entzündliche Infiltrate, Mikroabszesse bis größere Abszedierung. Klinische Symptomatologie: Pollakisurie, Dysurie, Spannungsgefühl am D a m m und Druckgefühl am After. Schmerzen bei der Defäkation. Septische Temperaturen, Schüttelfrost. Quälende Blasen- und Darmtenesmen, Urethralfluor. Diagnose: Rektal: Prostata vergrößert, prall, elastisch, sehr druckschmerzhaft. Kein Exprimat, da Gefahr der hämatogenen Aussaat. Therapie: Gyrasehemmer, Tetrazykline, ß-Laktam-Antibiotika kombiniert mit Aminoglykosiden. Bettruhe, Sitzbäder. Bei Fluktuation perineale Abszeßpunktion oder Spaltung. Prognose: Katarrhalische Form: Restitutio ad integrum. Eitrige Prostatitis führt unbehandelt zur Gefahr der Beckenbodenphlegmone.
6.4.2 Chronische Prostatitis Ätiologie und Pathogenese: Blande, afebril verlaufende chronische Entzündung. Häufig Restzustand einer akuten Prostatitis; aber auch kanalikulär aszendierend oder hämatogen. Symptomatologie: Spannungs- und Druckgefühl in der Dammgegend, in Hoden und Leiste ausstrahlend, Kreuzschmerzen, Libido- und Potenzstörungen. Diagnose: Rektal: Prostata normal groß oder wenig vergrößert, ödematös, (Kongestion), Prostata und Umgebung druckschmerzhaft. 3-Gläser-Probe vor und nach Prostatamassage (Untersuchung auf Bakterien, Trichomonaden), seröses Exprimat (Retention) mit wenig Leukozyten, Plattenepithelien, Lipoiden. Exprimatuntersuchungen nicht ganz zuverlässig, da bei 30 % aller gesunden Männer über 50 Leukozyten pro Gesichtsfeld nachweisbar. Differentialdiagnose: Vesikulitis, Urethritis posterior. Therapie: Gezielt Antibiotika oder Sulfonamide. Heiße Duschen auf den D a m m (20 min), durchblutungsfördernde Suppositorien (Pelvichthol®), kurzfristig Androgensubstitution. Keine Kälteexposition, kein konzentrierter Alkohol, keine kalten Getränke.
Symptome: Spannungs- und Druckgefühl in der Dammgegend —> in Leiste und Hoden ausstrahlend, Kreuzschmerzen, Libido- und Potenzstörungen. Diagnose: - Prostata normal groß oder wenig vergrößert, ödematös, druckschmerzhaft. - 3-Gläser-Probe vor und nach Prostatamassage. Therapie: - gezielt Antibiotika und Sulfonamide, - keine Kälteexposition, - kein konzentrierter Alkohol, - keine kalten Getränke. - Heiße Duschen auf den Damm, - durchblutungsfördernde Suppositorien, - kurzfristig Androgensubstitution.
760 3. Prostatopathie Symptomatologie: Wie bei chronischer Prostatitis. Diagnose: - keine organischen Veränderungen der Prostata, - weitschweifige Schilderung leichter subjektiver Beschwerden. Therapie: - Aufklärung des Patienten, - keine Sulfonamide oder Antibiotika, - evtl. weitere Therapie wie bei der chronischen Prostatitis. 4. Vesikulitis Schwellung der Samenblase. Blutiges Sperma. Diagnose: Ejakulatuntersuchung. Therapie: wie chronische Prostatitis. 5. Urethritis posterior Schleimhautschwellung der hinteren Harnröhre. Terminale Hämaturie, terminale Algurie. Diagnose: 3-Gläser Probe, Zystoskopie. Therapie: wie chronische Prostatitis. 6. Akute Urethritis häufig nach instrumentellen Eingriffen und nach Geschlechtsverkehr. Symptome: - Ausfluß, - Jucken, Brennen der Harnröhre, - Brennen beim Wasserlassen. Diagnose: - Harnröhrenabstrich. In der Praxis: Nativpräparat auf Trichomonaden, Ausstrich präparat auf Gonokokken. Labor: Ausstrichpräparat, Spezialnährboden für Hefen, Mykoplasmen, Gonokokken. Mikroskopische und bakteriologische Untersuchung des Morgenurins. Differentialdiagnose beachten. Therapie: - antibakteriell, - Flüssigkeitszufuhr, keine instrumentellen Eingriffe. Günstige Prognose bei langfristiger Behandlung. 7. Chronische Urethritis Entstehung durch unzureichend behandelte akute Urethritis.
Symptome: - leicht gelblicher Ausfluß aus der Harnröhre (Bon-jour-Tropfen),
XXXI. Urologie 6.4.3 Prostatopathie Ätiologie und Pathogenese: Keine vorangehenden Entzündungen. Gehört zum neurovegetativen Formenkreis. Symptomatologie: Wie bei der chronischen Prostatitis. Diagnose: Keine organische Veränderung der Prostata. Weitschweifige Schilderung der relativ leichten subjektiven Beschwerden. Differentialdiagnose: Prostatitis, Urethritis posterior. Therapie: Aufklärung des Patienten: Nur funktionelle Beschwerden. Keine Sulfonamide oder Antibiotika! Ansonsten Therapie wie bei chronischer Prostatitis.
6.4.4 Vesikulitis Wulstförmige Schwellung der Samenblasen. Sperma blutig. Diagnose: Durch Ejakulatuntersuchung. Therapie: Wie bei chronischer Prostatitis.
6.4.5 Urethritis posterior Rötung und Schleimhautschwellung der hinteren Harnröhre. Terminale Hämaturie, auch terminale Algurie. Diagnose: Durch 3-Gläser-Probe, Zystoskopie. Therapie: Wie bei chronischer Prostatitis.
6.4.6 Akute (unspezifische) Urethritis Ätiologie und Pathogenese: Erreger: grampositive und gramnegative Bakterien, Mykoplasmen, Trichomonaden, Pilze. Häufig nach instrumentellen Eingriffen und nach Geschlechtsverkehr. Klinische Symptomatologie: Ausfluß, Jucken, Brennen der Harnröhre; Brennen beim Wasserlassen. Diagnose und Differentialdiagnose: Harnröhrenabstrich. Für die Praxis: Nativpräparat auf Trichomonaden, Ausstrichpräparat (Methylenblau) auf Gonokokken. Für das Labor: Ausstrichpräparat (Gramfärbung), Beimpfung von Spezialnährboden für Hefen, Mykoplasmen, Gonokokken. Mikroskopische und bakteriologische Untersuchung des Morgenurins (Initialstrahlurin). Differentialdiagnose: Gonorrhoe, Morbus Reiter, Urethritis herpetica. Therapie: Antibakteriell entsprechend dem Erregernachweis. Reichlich Flüssigkeitszufuhr, keine instrumentellen Eingriffe. Prognose: Unbehandelt Gefahr des Paraurethralabszesses, der Kavernitis, der Epididymitis; später der Harnröhrenstriktur oder Meatustenose. Bei gezielter langfristiger Behandlung Prognose günstig.
6.4.7 Chronische Urethritis Ätiologie und Pathogenese: Unzureichend behandelte akute Urethritis. Als Begleiturethritis bei akuter oder chronischer Adnexitis. Erreger wie bei akuter Urethritis. Klinische Symptomatologie: Lange Zeit immer wiederkehrender seröser oder leicht gelblicher Ausfluß aus der Harnröhre, vor allem morgens, (Bonjour-Tropfen). Auch Neigung (zum völlig überflüssigen) ständigen Ausstrei-
Entzündungen fen der Harnröhre. Leicht stechende oder ziehende Harnröhrenbeschwerden unabhängig von der Miktion. Diagnose und Differentialdiagnose: Untersuchung von Harnröhrenabstrich, 3-Gläser-Probe vor und nach Prostataexprimat meist ohne pathologischen Befund. Routinemäßig i. v. Urogramm, Refluxzystogramm, Urethrographie, Urethrozystoskopie. Differentialdiagnose: Zystitis, chronische Pyelonephritis, Harnröhrenstriktur, Harnröhrendivertikel. Therapie: Langzeit-Antibiotika-Behandlung bei Erregernachweis. Harnröhreninstillation mit Argentum nitricum. Operative Korrektur von evtl. Harnröhrenstrikturen, -divertikeln, -fisteln, -steinen. Prognose: Komplikationen wie Zystitis, Zystopyelonephritis, Adnexitis selten. Übergang in chronische Prostatitis. Gonorrhoe: S. Lehrbücher der Dermatologie.
761 - ziehende, stechende Harnröhrenbeschwerden (miktionsunabhängig). Diagnose: - Harnröhrenabstrich, - 3-Gläser-Probe (meist ohne pathologischen Befund), - Urethrographie, - Urethrozystoskopie. Differentialdiagnose beachten. Therapie: - Langzeit-Antibiotika-Behandlung, - Harnröhreninstillation. - Evtl. operative Korrektur von: - Harnröhrenstrikturen, - Harnröhrendivertikeln, - Harnröhrenfisteln, - Harnröhrenstein. Übergang in chronische Prostatitis möglich.
6.5 Akute Epididymitis
Akute Epididymitis
Ätiologie und Pathogenese: Fast ausschließlich aszendierende, kanalikuläre Keiminvasion über Ductus deferens oder perivasale Lymphgefäße, auch hämatogene Streuung möglich. Nach eitriger Prostatitis, Urethritis, Operationen an der Prostata. Klinische Symptomatologie: Akuter Beginn, hochgradige Schwellung und Rötung einer Skrotalhälfte. Schmerzzunahme bei Berührung und Bewegung. Ausstrahlende Schmerzen in den Samenstrang. Diagnose und Differentialdiagnose: Nebenhoden stark vergrößert und sehr druckschmerzhaft, vom Hoden nicht immer abgrenzbar (infolge übergreifender Nebenhodenentzündung auf den Hoden: Orchidoepididymitis) oder entzündlicher (symptomatischer) Hydrozelenbildung. Auch schmerzhafte Schwellung des Samenstranges. Fieber bis 40 °C, BSG-Erhöhung, Leukozytose. Ausschluß einer Gonorrhoe! Ultraschalluntersuchung. Differentialdiagnose: Hodentorsion, Hodentumor, stielgedrehte Hydatide, Hydrocele testis, Spermatozele, Varikozele (s.Abb. 31-19). Therapie: Infiltration des Samenstranges mit 10 ml 1 %iger Novocain-Lösung im akuten Stadium. Antibiotische Behandlung mit Gyrasehemmern, Tetrazyklinen oder ß-Laktam-Antibiotika. Bettruhe, Hochlagerung des Hodens, feuchtkalte Umschläge, abwechselnd Hirudoid-Gel-Verbände, Antiphlogistika, evtl. Gamma-Globuline.
Keiminvasion nach eitriger Prostatitis, Urethritis, Operationen der Prostata.
Prognose: Verschleppte Behandlung häufigste Ursache der männlichen Sterilität, bei eitriger Einschmelzung Inzision und Drainage, evtl. auch Ablatio testis; bei chronischer Verlaufsform an Tuberkulose oder Hodentumor denken! Orchitis Ätiologie und Pathogenese: Primär selten, meist fortgeleitet bei Epididymitis oder hämatogen. Bei Parotitis epidemica und Mumps. Klinische Symptomatologie: Plötzlich stark druckschmerzhafte Hodenvergrößerung. Fieber. Diagnose, Differentialdiagnose und Therapie: s. Epididymitis. Prognose: Bei doppelseitiger Orchitis Gefahr der Azoospermie.
6.6 Urogenitaltuberkulose (UGT) Epidemiologie: Während die Gesamtzahl der Tuberkulose-Erkrankungen zurückgegangen ist, hat die Urogenitaltuberkulose (UGT) zugenommen und steht mit einem Anteil von ca. 30 % an der Spitze der extrapulmonalen Tuberkuloseformen.
Symptome: - hochgradige Schwellung und - Rötung einer Skrotalhälfte, - Schmerz bei Berührung und Bewegung, - ausstrahlende Schmerzen in den Samenstrang. Diagnose: - Nebenhoden vergrößert und druckschmerzhaft ebenso Samenstrang. - Hohes Fieber, - BSG-Erhöhung, - Leukozytose, - skrotale Ultrasonographie. Differentialdiagnose beachten. Therapie: akutes Stadium: - Infiltration des Samenstranges mit 10 ml Novocain-Lösung 1 %ig. - Antibiotika. - Hochlagerung des Hodens, - feucht-kalte Umschläge, - Hirudoid-Gel-Verbände, - Antiphlogistika. Bei Verschleppung —> Sterilität möglich. Orchitis Auftreten oft bei Parotitis und Mumps. Symptome: - stark druckschmerzhafte Hodenvergrößerung, - Fieber. Diagnose, Differentialdiagnose, Therapie: s. Epididymitis. Urogenitaltuberkulose (UGT) Entstehung durch Streuung eines pulmonalen Herdes.
X X X I . Urologie
762 Folge: ulzeröser Zerstörungsprozeß, narbige Strikturbildung im harnableitenden System —» Harnabflußstörungen, Rückstau —> Fortschreiten bis zur tuberkulösen Pyonephrose.
Symptome: Stadium I: - symptomarm. - Subfebrile Temperaturen, - Abgeschlagenheit, Stadium II und III: - zystitische Beschwerden, - Nierenschmerzen, - Makrohämaturie. Diagnose: Stadium I: meistens unauffällige Röntgen-, Urogramm-, Rektaluntersuchungen. Stadium II: bei dreimaliger Untersuchung des Morgenurins: mindestens einmal positiv. Röntgen: Kalkablagerung der Niere. I. v. Urogramm: - Kelchhalsstenose, - Harnleiterstenose, - Papillendestruktion. Refluxzystogramm: Reflux bei Harnleitermündungsstenose, Schrumpfblase, Prostatakavernen. Retrograde Harnleitersondierung: Strikturen, Ulzerationen, Kavernen, Entzündungsgeschwulst des Nebenhodens. Stadium III: Zielpyeloskopie. Differentialdiagnose beachten. Therapie: Chemotherapie: Gesamtdauer 2 Jahre.
Operative Behandlung: - Herdsanierung mit organerhaltender Tendenz, - Nephroureterektomie bei funktionsloser Niere oder tuberkulöser Kittniere.
Ätiologie und Pathogenese: Die UGT entsteht hämatogen, meistens durch Streuung von einem pulmonalen Herd aus. Der tuberkulöse Primärherd liegt immer in der Niere. Er besteht aus einem parenchymatösen Infiltrat der Nierenrinde ohne Beteiligung des Nierenbeckenkelchsystems (I Parenchymatöses Stadium). In diesem Stadium kann es zur Spontanheilung kommen oder die spezifische Entzündung schreitet von dem initialen Rindenherd aus markwärts fort und bricht durch multiple einschmelzende Tuberkulome in das Nierenbeckenkelchsystem ein (II Ulzerokavernöses Stadium). Von diesem Augenblick an ist die Tuberkulose offen, die Infektion kann deszendierend zur Nierenbekken-, Harnleiter-, Blasen-, Samenblasen-, Prostata-, Nebenhoden- und Hodentuberkulose führen. Der ulzeröse Zerstörungsprozeß und die narbige Strikturbildung im harnableitenden System (Kelchhals, physiologische Harnleiterengen) führen zu Harnabflußstörungen und Rückstau. Dadurch geht die Infektion weiter und kann bis zur tuberkulösen Pyonephrose (KittNiere) führen (III destruierendes Stadium). Die primäre hämatogene tuberkulöse Infektion des Genitalapparates in Prostata oder Nebenhoden ist von geringerer Bedeutung. Klinische Symptomatologie: Stadium I: symptomarm, subfebrile Temperaturen, Abgeschlagenheit. Stadium II-III: Zystitische Beschwerden, Nierenschmerzen, MakrohämatuDiagnose und Differentialdiagnose: Stadium I: selten Flankenschmerzen, Bakteriennachweis im Urin meist zufällig. Rektale Untersuchung, gynäkologische Untersuchung, Röntgen-Thorax und i. v. Urogramm meistens unauffällig. Stadium II: abakterielle Leukozyturie, Ziehl-Neelsen-Test. Die 3malige Untersuchung des Morgenurins kulturell und im Tierversuch mindestens l x positiv. Röntgenologisch: Kalkablagerungen der Niere. Im i. v. Urogramm Kelchhalsstenosen, Harnleiterstenosen, Papillendestruktionen, Kavernen an 1 - 2 Kelchgruppen. Refluxzystogramm: Reflux bei Harnleitermündungsstenose, Schrumpfblase, Prostatakavernen (auch rektal zu tasten). Retrograde Harnleitersondierung: Strikturen, Ulzerationen, Kavernen. Entzündungsgeschwulst des Nebenhodens. Stadium III: Zielpyeloskopie der funktionslosen tuberkulösen Kittniere. Differentialdiagnose: Alle unspezifischen Entzündungen des Urogenitalsystems. Therapie: Chemotherapie: Gesamtdauer: 2 Jahre. 1. Initialphase: Gilt so lange, bis 3 x Urin oder Prostataexprimat kulturell und im Tierversuch negativ, in der Regel 6 Monate lang. Stationäre Dreiertherapie (ζ. B. Isoniazid, Myambutol®, Rifampicin®). 2. Stabilisierungsphase: (12 Monate lang). Ambulante Behandlung: Zweiertherapie (z.B. Isoniazid, Myambutol®). 3. Sicherungsphase: (6 Monate lang). Ambulante Behandlung: Monotherapie (ζ. B. Isoniazid oder Myambutol®).
Kombinierte chemotherapeutische und operative Behandlung: Operative Herdsanierung mit organerhaltender Tendenz (Polresektion, Heminephrektomie), falls Abheilung unter chemotherapeutischer Behandlung ausbleibt. Evtl. Versuch der plastischen Korrektur von strikturbedingten Harnabflußhindernissen nach vollständiger Sanierung (Harnleiterabgangsstenose, Harnleitermündungsstenose in die Harnblase). Nephroureterektomie bei funktionsloser Niere oder tuberkulöser Kittniere. Frühester Zeitpunkt operativer Therapie mindestens 3 Monate nach Beginn der Dreiertherapie, sonst Gefahr der hämatogenen Streuung (Miliartuberkulose).
763
Entzündungen Behandlung abgeschlossen, wenn 1 Jahr nach Übergang in die Stabilisierungsphase die dreimalige Untersuchung des Morgenurins (Kultur und Tierversuch) negativ ist. Prognose: Auch noch bis zu 10 Jahre nach Abschluß der Behandlung Exazerbation der Tuberkulose möglich. Deshalb anfangs 2, später eine Kontrolluntersuchung jährlich (je eine dreimalige Untersuchung des Morgenurins kulturell und im Tierversuch, Röntgenuntersuchung des Thorax, i. v. Urogramm). In den meisten Fällen aber chemotherapeutisch oder organerhaltend chirurgisch ausheilbar. Prognose: Infaust bei fortgeschrittener Urogenitaltuberkulose in beiden Nieren oder in einer Einzelniere mit Urämie. Frühdiagnose daher entscheidend.
6.7 Bilharziose Epidemiologie: Endemisch in Afrika, vorderer Orient. Ätiologie und Pathogenese: Parasitäre Erkrankung. Erreger: Schistosoma haematobium: Wasserschnecken als Zwischenwirte stoßen erste Larvenstadien (Zerkarien) aus. Diese gelangen über Haut und Blutkreislauf an ihr Zielorgan, die Venengeflechte im Beckenbodenbereich (nach 10 Tagen) und reifen dort zu 1 - 2 cm langen Würmern aus (Nematoden). Nach 6 - 1 0 Wochen Ablage von Parasiteneiern in den Blutkapillaren der Harnblase. Die in den Eiern heranreifenden zweiten Larvenstadien (Mirazidien) bilden geschwürerzeugende Substanzen, die durch die Eischale ins umliegende Gewebe drängen. Dann fallen die embryonierten Eier in das Lumen der harnableitenden Wege. Andere Eier werden mit dem Blutstrom in andere Organe verschleppt. Klinische Symptomatologie: Anfangs Hautjucken, 1 - 3 Monate später Kopfschmerzen, Fieber, Schüttelfrost. Bei Befall der harnableitenden Wege chronisch rezidivierende Schleimhautläsionen mit beginnender Infektion. Wenn unbehandelt, Harnabflußstörungen durch Narbenbildungen und Stenosen im Harnleiter, schließlich Urothelkarzinom. Diagnose und Differentialdiagnose: Leukozytose, Eosinophilie. Urinsediment: Leukozyturie, Bilharzioseeier. Frühstadium: Keine röntgenologischen Veränderungen. Zystoskopie: Bilharziose-Tuberkel der Schleimhaut. Unbehandeltes Spätstadium: Röntgen-Nierenleeraufnahme: Verkalkung der Harnblase. I. v. Urogramm: Hydroureter, Hydronephrose. Zystogramm: Schrumpfblase, evtl. Reflux. Zystoskopie: Ulzeration bis papilläre Tumoren, Karzinome, Blasensteine. Blasen-PE. Differentialdiagnose: Unspezifische Zystitis, Tuberkulose, Blasentumor. Therapie: Im Frühstadium chemotherapeutisch (Biltricide*). Im Spätstadium (Schrumpfblase, Urothel-Karzinom) radikale Zystektomie und supravesikale Harnableitung. Prognose: Im Frühstadium Abheilung durch Chemotherapeutika günstig. Prognose im Spätstadium abhängig von der Sekundärpathologie (Urothelkarzinom, Nierenfunktionseinschränkung durch Harnstauung).
Exazerbation der Tuberkulose noch nach vielen Jahren möglich —* jährliche Kontrolluntersuchung.
Bilharziose Parasitäre Erkrankung. Chronisch rezidivierende Schleimhautläsion mit beginnender Infektion, wenn unbehandelt: - Harnabflußstörungen, - Urothelkarzinom.
Symptome: anfangs Hautjucken, später Kopfschmerzen, Fieber, Schüttelfrost. Diagnose: Leukozytose, Eosinophilie. Urinsediment: Leukozyturie, Bilharzioseeier. Zystoskopie: Bilharziose-Tuberkel der Schleimhaut. I. v. Urogramm: Hydroureter, Hydronephrose. Zystogramm: Schrumpfblase, evtl. Reflux. Zystoskopie: Ulzeration, papilläre Tumoren, Karzinome, Blasensteine, Blasen-PE. Differentialdiagnose beachten! Therapie: Frühstadium: chemotherapeutisch. Spätstadium: radikale Zystektomie, supravesikale Harnableitung. Im Frühstadium Abheilung durch Chemotherapie günstig.
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XXXI. Urologie
7. Tumoren des Urogenitalsystems
Tumoren des Urogenitalsystems (s.Abb. 31-14 und Tab. 31-2)
(Abb. 31-14, Tab. 31-2) Nierentumoren
7.1 Nierentumoren
selten gutartig.
Gutartige Nierentumoren sind selten. Die Differenzierung von bösartigen Nierentumoren durch Ultraschall, i. v. Urogramm, Computertomographie oder Angiographie ist unmöglich; daher ist in solchen Fällen immer eine operative Nierenfreilegung zu fordern.
Diagnose immer durch operative Nierenfreilegung.
Nierenkarzinom Entstehung aus Tubuluszellen oder aus Nierenadenom.
7.1.1 Nierenkarzinom Epidemiologie: Meist nach dem 30., Altersgipfel zwischen dem 45. und 75. Lebensjahr. Mit 80-85 % der häufigste Nierentumor. 1,7 % aller bösartigen Tumoren bei Männern, 1 % bei Frauen.
Tabelle 31-2 Klassifizierung der malignen urologischen Tumoren nach dem TNM-System (UICC) Organ
TIS
Niere
-
Harnblase
Präinvasives Carcinom (Carcinoma in situ)
T0
T,
T2
primär kein Tumor nachweisbar
Kleiner Tumor Großer Tumor Tumor in das Tumorbefall benachohne Vergrößerung mit Vergrößerung perirenale Gewebe barter Organe oder der Niere, der Niere eingebrochen der Bauchwand NBKS einbezogen. Nierenkapsel nicht durchbrochen
Kein Primärtumor nachweisbar
Tumor reicht nur bis zur Lamina Propria
Tumor dringt in die oberflächliche Muskulatur ein
a. Befall der tiefen Muskulatur b. Ausdehnung durch die Blasenwand
a. Tumoreinbruch in die Prostata, Uterus oder Vagina b. Tumor an der Bekkenwand fixiert oder infiltriert Bauchwand
T3
Prostata
-
Kein tastbarer Tumor
Intrakapsulärer Tumor
Tumor auf die Prostata beschränkt, aber die Kontur bereits verformt
Tumorausdehnung über die Kapsel hinaus, mit oder ohne Einbruch in die Samenblasen
Tumor fixiert oder Einbruch in benachbarte Strukturen
Hoden
-
Kein Nachweis für Primärtumor
Tumor auf den Hoden beschränkt
Tumor bricht in die Tunica albuginea ein
Tumor befällt das Rete testis oder den Nebenhoden
Tumorinfiltration a. des Samenstranges b. der Skrotalwand
Kein Primärtumor nachweisbar
Oberflächlicher Tumor kleiner als 2 cm, wächst exophytisch
Tumorgröße zwischen 2 und 5 cm, minimale Infiltration
Tumor größer als 5 cm oder tiefe Tumorinfiltration unabhängig von der Größe
Tumorinfiltration benachbarter Strukturen
Penis
Präinvasives Carcinom (Carcinoma in situ)
Ν Regionale und iuxtaregionale Lymphknotenmetastasen N 0 Kein Nachweis für den Befall der regionalen Lymphknoten N, Ein einzelner, ipsilateraler regionaler Lymphknoten befallen N 2 Befall kontralateraler oder bilateraler oder multipler regionärer Lymphknoten N 3 Fixierte regionale Lymphknoten N 4 Befall von iuxtaregionalen Lymphknoten
Μ Fernmetastasen M 0 Kein Nachweis von Metastasen M , Fernmetastasen vorhanden Ρ Histopathologische Klassifizierung G Histologisches „Grading" V Befall der Venen
T u m o r e n des U r o g e n i t a l s y s t e m s
bösartig
gutartig
765
Abb. 31-14 Tumoren des Urogenitalsystems 1) Hypernephrom 2) Nierenkarzinom 3) Nierenbeckenkarzinom 4) Harnleiterkarzinom 5) Blasenkarzinom 6) Prostatakarzinom 7) Seminom 8) Peniskarzinom a) Nierenbeckenpapillom b) Harnleiterpapillom c) Blasenpapillom d) Prostataadenom
Ätiologie und Pathogenese: Tumoren entstehen aus den Tubuluszellen oder aus Nierenadenomen. Überwiegend in einem Nierenpol lokalisiert. Raumfordernder Tumor, verdrängt das benachbarte Nierengewebe, Kelche, Blutgefäße und Nierenbecken. Einbruch in die Nierenvenen (29-54%), in die V. cava (9,5 %) in den fortgeschrittenen Stadien. Dann auch Ausbildung eines Kollateralkreislaufes über perirenale Venen. Später Infiltration der benachbarten Organe (Kolon, Leber, Milz, Pankreas, Zwerchfell). Metastasierung ( 4 3 - 7 5 %) hämatogen und lymphogen. Der Malignitätsgrad hängt vom histologischen Differenzierungsgrad ab. Tumorklassifizierung Abbildung 31-15.
Infiltration benachbarter Organe, Verdrängung von Nierengewebe. Metastasierung hämatogen und lymphogen.
Klinische Symptomatologie: Schmerzlose Mikro- oder Makrohämaturie (Erstsymptom, kein Frühsymptom!, da erst nach Einbruch des Tumors in das Nierenbeckenkelchsystem auffällig). Nierenschmerzen durch Blutung im Nierengewebe oder Harnstauung. Koliken durch Abgang von Blutkoageln oder Tumorbröckel. Als symptomloser Flanken- oder Oberbauchtumor häufig vom Patienten entdeckt. Außerdem: Subfebrile Temperatur (16-40%), Gewichtsverlust (31%), zunehmende Schwäche (13%), Anämie (28%), Knochenschmerzen, pathologische Frakturen, symptomatische Varikozele (vor allem links).
Symptome: - Mikro- oder Makrohämaturie, - Nierenschmerzen (Blutung, Harnstauung), - Koliken. Ferner: -
subfebrile Temperatur, Gewichtsverlust, zunehmende Schwäche, Anämie, Knochenschmerzen, pathologische Frakturen, symptomatische Varikozele.
Abb.31-15 Nierenkarzinom: Stadieneinteilung nach dem TNM-System Diagnose und Differentialdiagnose: Flankentumor ( 3 7 - 8 5 %) oder Oberbauchtumor häufig erst im fortgeschrittenen Stadium zu tasten. Bei Tumorthrombose der V. cava Caput medusae oder Ödeme beider Beine. Akute Varikozele links oder Hydrozele links durch Thrombose der links in die V. renalis einmündenden V. spermatica.
Diagnose: - Hämaturie: bereits Erythrozyten als Indiz verdächtig, - Polyzytämie, - Anämie, - Hyperkalzämie,
XXXI. Urologie
766 - BSG-Erhöhung, - alkalische Phosphatase erhöht (Knochenmetastasen), - akute Varikozele oder Hydrozele. Röntgen: vergrößerter Nierenschatten. I. v. Urogramm: Füllungsdefekte, Kelchdeformierungen. Selektive Nierenarteriographie: genauere Darstellung des Nierenumrisses (nephrographischer Effekt), kontrastmitteldichte Darstellung des Tumors. Kavographie, Phlebographie: Kompression oder Verlagerung. Computertomographie: Tumorgröße, Tumorausdehnung, regionäre Lymphknotenmetastasen. Bei Blutung sofort Zystoskopie.
Differentialdiagnose beachten!
Therapie: - Tumornephrektomie en bloc, - Ausräumung der regionalen Lymphknoten, - Palliativnephrektomie nur bei Massenblutung, Infektionen, Verdrängungserscheinungen von Nachbarorganen, - prä- und postoperative Hochvoltbestrahlung.
Prognose bei Fernmetastasen schlecht. Bessere Prognose bei Frühdiagnose mit radi kaier Operation.
Nierenbeckentumoren
Symptome: - Makro- und Mikrohämaturie, - Koliken bei Koagelabgang, - Tumorverschluß des Harnleiters.
Knochenmetastasen (47 %) erkennbar an Druckschmerz, tastbarer Geschwulst, Spontanfraktur. Lebervergrößerung bei Metastasen. Hämaturie, bereits wenige Erythrozyten als Indiz verdächtig. Polyzytämie ( 2 - 7 % ) , Anämie (33%), Hyperkalzämie, BSG-Erhöhung, alkalische SerumPhosphatase bei Knochenmetastasen erhöht. Röntgen-Nierenleeraufnahme: Vergrößerter Nierenschatten. I. v. Urogramm: Füllungsdefekte, Kelchdeformierungen. Selektive Nierenarteriographie: Genauere Darstellung des Nierenumrisses (nephrographischer Effekt), kontrastmitteldichte Darstellung des Tumors selbst (bei gefäßreichen Tumoren, pathologische Tumorgefäße). Kavographie und Phlebographie der Nierenvene: Kompression oder Verlagerung durch den Nierentumor, partieller oder totaler Verschluß der Nierenvene oder der V. cava durch Tumorthromben oder -zapfen. Venöser Umgehungskreislauf. Ultraschalldiagnostik: Zur Differenzierung gefäßarmer Nierentumoren Nierenzysten. Die Computertomographie an Stelle der Nierenangiographie: Nicht invasive Untersuchungsmethode, informiert über Tumorgröße und -Ausdehnung, über evtl. Kontaminationen mit benachbarten Organen, über regionäre Lymphknoten- oder Lebermetastasen; Gefäßarchitektur in der Arteriographie besser zu beurteilen. Bei jeder Blutung sofortige Zystoskopie: Seitenlokalisation (linke oder rechte Niere). Differentialdiagnose: Hydronephrose, Solitärzyste der Niere, polyzystischeund multizystische Nierendegeneration, Angiomyelolipom, xanthogranulomatöse Pyelonephritis, Nierentuberkulose, Phäochromozytom, Neuroblastom, Nebennierentumor. Therapie: Radikale, transabdominale oder thorakoabdominale Tumornephrektomie en bloc mit perirenaler Fettkapsel, Nebenniere, Harnleiter, Vasa spermatica (ovarica). Ausräumung der regionalen parakavalen oder paraaortalen Lymphknoten und evtl. Tumorzapfen der Nierenvene oder der V. cava. Bei multiplen Fernmetastasen oder nur noch kurzer Lebenserwartung keine Operation mehr indiziert. Palliativnephrektomie (lumbaler Zugang) nur bei Massenblutungen, Infektion des Nierentumors oder bei tumorbedingten Verdrängungserscheinungen von Nachbarorganen. Prä(2 000 rd) und postoperative (3 0 0 0 - 4 000 rd) Hochvoltbestrahlung fakultativ. Zytostase erfolglos. Prognose: Bei Einbruch in die Nierenvene oder V. cava ebenso schlecht wie bei multiplen Fernmetastasen. Abhängig auch vom Malignitätsgrad: Je niedriger differenziert, desto maligner und kürzer die Lebenserwartung. Bessere Prognose bei früherer Diagnose mit radikaler Operation. 10-Jahresheilung dann bis zu 66 %. Zytostase sinnlos.
7.2 Nierenbeckentumoren Epidemiologie: Altersgipfel zwischen dem 40. und 80. Lebensjahr. Männer viermal so häufig betroffen wie Frauen. Etwa 10 % aller Nierentumoren, zu 90 % bösartig. Ätiologie und Pathogenese: Ursache unbekannt. Evtl. faktoriell mitverantwortlich sind aromatische Amine, insbesondere Stoffe der Tryptophanreihe. Urotheliale Tumoren treten in Nierenbecken, Harnleiter und Blase auf. Zunahme des Malignitätsgrades vom hoch-, mittel- bis zum niedrig differenzierten (anaplastischen Tumor) oder vom papillären Übergangsepithel oder Plattenepithelkarzinom. Klinische Symptomatologie: Schmerzlose Mikro- oder Makrohämaturie. Koliken bei Koagelabgang oder Tumorverschluß des Harnleiters.
767
Tumoren des Urogenitalsystems Diagnose und Differentialdiagnose: Druckempfindlichkeit der Niere nur bei Harnabflußstörungen. Erythrozyturie, Leukozyturie und Bakteriurie bei Harnwegsinfektion. Röntgen-Nierenleeraufnahme: Unauffällig.. I. v. Urogramm: Füllungsdefekte im Nierenbeckenkelchsystem. Bessere Beurteilbarkeit durch retrogrades Pyelogramm. Bei jeder Hamblutung Seitenlokalisation durch sofortige UrethrozystoskoZytologie des Morgenurins oder Lavage des Nierenbeckens (Bürsten-Lavage). Computertomographie oder Nierenarteriographie nur bei Übergreifen auf das Parenchym sinnvoll. Differentialdiagnose: Nierenkarzinom, nicht schattengebende und schattengebende Steine, Nierentuberkulose. Therapie: Nephroureterektomie unter Mitnahme der periureteralen Blasenwand, regionale Lymphadenektomie. Strahlenbehandlung ist sinnlos. Zytostase erfolglos. Prognose: Bei geringem Malignitätsgrad 5-Jahres-Überlebensrate 75 %, beim Plattenepithelkarzinom infolge frühzeitiger Metastasierung Tod innerhalb von 1 - 2 Jahren.
Diagnose: Bei Harnabflußstörung: Druckempfindlichkeit der Niere. Bei Harnwegsinfektion: Erythrozyturie, Leukozyturie, Bakteriurie. Röntgen: unauffällig. I. v. Urogramm: Füllungsdefekte. Urethrozystoskopie: bei jeder Harnblutung. Zytologische Untersuchung des Morgenurins, Lavage des Nierenbeckens. Differentialdiagnose beachten! Therapie: Nephroureterektomie, Mitnahme der periureteralen Blasenwand, regionale Lymphadenektomie. Bei Plattenepithelkarzinom: frühzeitige Metastasierung. Tod innerhalb von 1 - 2 Jahren.
7.3 Harnleitertumoren
Harnleitertumoren
Epidemiologie: Seltene Tumoren. Mehr als die Hälfte der Tumoren bei Männern. Ätiologie und Pathogenese: Treten allein oder zusammen mit Tumoren des Nierenbeckens und der Harnblase auf. Weitere Ätiologie und Pathogenese s. Nierenbeckentumoren. Klinische Symptomatologie: S. Nierenbeckentumoren. Diagnose und Differentialdiagnose: Unauffällige Nierenleeraufnahme. I. v. Urogramm: Füllungsdefekt im Harnleiter. Bei obstruierendem Prozeß Hydronephrose. Sofortige Zystoskopie und retrograde Harnleitersondierung bei Blutung. Differentialdiagnose: Nicht schattengebender Stein, Blutkoagel, Harnleiterkompression durch extraureteralen Prozeß (metastatische Lymphknotenvergrößerung, retroperitoneale Metastasierung oder retroperitonealer Tumor). Therapie: En bloc Nephroureterektomie unter Mitnahme der periureteralen Blasenwand. Bei solitären, gutartigen Harnleitertumoren Resektion des tumortragenden Harnleiterabschnittes und End-zu-End-Anastomose des Harnleiters. Strahlentherapie sinnlos. Prognose: S. Nierenbeckentumor.
Selten. Auftreten zusammen mit Tumoren des Nierenbeckens und der Harnblase.
7.4 Blasentumoren Epidemiologie: Zweithäufigste Tumoren aller urologischen Neoplasmen, nur Prostatakarzinom häufiger. 2 % aller Tumoren, davon 4,5 % aller Tumoren beim Mann und 1,5 % bei der Frau. Altersgipfel 6. Lebensjahrzehnt, Anteil an der Krebsletalität 3,8 %. Ätiologie und Pathogenese: Ursache unbekannt. Als kanzerogene Noxen immer wieder diskutiert: aromatische Amine, Nikotinabusus, chronische Entzündung (Bilharziose). Übrige Ursachen s. Nierenbeckentumor. Bevorzugte Lokalisation: Blasenboden (80 %). Bei Progredienz: Infiltration des Blasenbodens (incl. der Harnleitereinmündung und des Blasenhalses). Dadurch bedingt Harnblasenentleerungsstörungen und HarnstauungsnieBlasentumoren treten solitär und multilokulär auf. Es gibt Papillome (benigne, aber potentiell maligne), papilläre Karzinome, Übergangszellkarzinome, Plattenepithelkarzinome, Adenokarzinome (selten). Der Malignitätsgrad variiert vom hoch- bis zum niedrigdifferenzierten (anaplastischen)
Symptome s. Nierenbeckentumoren. Diagnose: i. v. Urogramm: Füllungsdefekt im Harnleiter, Hydronephrose möglich, bei Blutung: sofortige Zystoskopie. Differentialdiagnose beachten! Therapie: en bloc Nephroureterektomie, Mitnahme der periureteralen Blasenwand. Bei gutartigen Tumoren: Resektion des tumortragenden Harnleiterabschnittes—» Endzu-End-Anastomose des Harnleiters.
Blasentumoren
Bevorzugte Lokalisation: Blasenboden. Folge: - Harnblasenentleerungsstörungen, - Harnstauungsnieren. Multilokulares Auftreten. Es gibt folgende Formen: - Papillom, - papilläre Karzinome, - Übergangszellkarzinome, - Plattenepithelkarzinome, - Adenokarzinome.
XXXI. Urologie
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Metastasierung in die L y m p h k n o t e n . Hämat o g e n e Metastasierung in Leber, Lunge, Knochen, Peritoneum.
Symptome: Mikro- oder Makrohämaturie, zystitische Beschwerden, später: Massenblutung, Blasentenesmen, Pollakisurie. Bei Harnrückstauung: Schmerzen in beiden Nieren, Anämie, T u m o r k a c h e x i e , Fieber.
Karzinom. Außerdem beeinflußt das Stadium des Tumors Therapie und Prognose. Metastasierung in die hypogastrischen, iliakalen und paraaortalen Lymphknoten (12-85%). Hämatogene Metastasen in Leber, Lunge, Knochen, Peritoneum. Ausschließlich Knochenmetastasen in 37 %, Tumorklassifizierung Abbildung 31-16. Klinische Symptomatologie: Anfangs Mikro- oder Makrohämaturie, bei Harnwegsinfektion zystitische Beschwerden, im fortgeschrittenen Stadium Massenblutung, Blasentenesmen, Pollakisurie. Bei Harnrückstauung Schmerzen in beiden Nieren, Anämie, Tumorkachexie, Fieber.
T3M0N +
Beckenwand A b b . 31-16 Harnblasenkarzinom: Stadieneinteilung nach d e m T N M - S y s t e m Diagnose: Erythrozyturie. Untersuchungsverfahren: - Übersichtszytoskopie, - i. v. U r o g r a m m , - Röntgenthorax, Knochenszintigramm. Stationäre U n t e r s u c h u n g : - bimanuelle Untersuchung, - transurethrale Resektion von Tumoranteilen, - Quadrantenbiopsie —» histologische Untersuchung. Festlegung des operativen Procedere nach Computertomographie. Differentialdiagnose beachten.
Therapie: - transurethrale Resektion (Abb. 31-17) - radikale Zystoprostatovesikulektomie mit L y m p h a d e n e k t o m i e und supravesikaler Harnableitung (im fortgeschrittenen Stadium).
Diagnose und Differentialdiagnose: Erythrozyturie; bei Harnwegsinfektion Leukozyturie, Bakteriurie, Urinkultur positiv. Anämie. Übersichtszystoskopie mit Biopsie und histologischer Untersuchung, i. v. Urogramm (bereits Harnabflußstörungen?), Röntgen-Thorax und Knochenszintigramm (Metastasen?). Dann stationär: In Narkose bimanuelle Untersuchung (abdominorektal bzw. abdominovaginal), transurethrale Resektion von Tumoroberfläche, -grund und -randarealen, Quadrantenbiopsie und erneute histologische Untersuchung. Erst dann und nach der Computertomographie operatives Procedere festlegen.
A b b . 31-17 Transurethrale Elektroresektion des Harnblasenkarzinoms
Differentialdiagnose: Urotheltumor des Nierenbeckens oder des Harnleiters. Unspezifische Entzündung der Blase, Urogenitaltuberkulose, Prostataadenom oder -karzinom,. Blasenstein, auf die Blase übergreifende Ileitis terminalis, Rektumkarzinom oder gynäkologische Tumoren. Therapie: Operative Behandlung: 1. Transurethrale Resektion (Abb. 31-17) (bis T 2 , GO. 2. bei darüber hinaus gehendem Tumorstadium und gleichem (Grad II) und höherem Tumorgrad, radikale Zystoprostatovesikulektomie mit pelviner Lymphadenektomie und supravesikaler Hamableitung (Bricker), falls keine über den Beckenbereich weiterreichende Lymphknotenmetastasierung oder Fernmetastasierung. 3. Partielle Zystektomie nicht zu empfehlen, da keine ausreichende Radikalität (multilokuläres Wachstum der Blasentumoren).
Tumoren des Urogenitalsystems
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Strahlenbehandlung: Perkutane Hochvolttherapie nach TUR (Gefahr der Strahlenzystitis, Schrumpfblasenbildung) oder nach radikaler Zystektomie mit nachgewiesenen Beckenlymphknotenmetastasen oder Kontamination benachbarter Organstrukturen. Zytostatikabehandlung: Bei oberflächlichen Tumoren (bis T 2 , G,) nur als lokale Instillation in die Harnblase mit Adriamycin, Mitomycin. Engmaschige Verlaufskontrollen (Zytologie, Zystoskopie) unumgänglich. Prognose: Abhängig vom Tumorstadium und Malignitätsgrad. 5-JahresÜberlebensrate T3 MO NO:21 %.
Strahlenbehandlung: perkutane Hochvolttherapie.
Sonderformen sind
Sonderformen
7.4.1 Carcinoma in situ
1. Carcinoma in situ Veränderungen der Blasenschleimhaut ohne Infiltration und ohne Durchbruch der Basalmembran.
Ätiologie und Pathogenese: Dem Übergangsepithelkarzinom ähnliche histologische Veränderungen der Blasenschleimhaut ohne Infiltration und ohne Durchbruch der Basalmembran. Die Karzinomzellen bringen die normalen Epithelzellen zum Verschwinden. Diese Epithelveränderungen treten auch neben einem infiltrierend wachsenden Blasenkarzinom auf. Später potentiell infiltrativ. Klinische Symptomatologie: Mikro- und Makrohämaturie. Diagnose und Differentialdiagnose: Zystoskopisch unauffällig oder Entzündungsveränderungen der Schleimhaut. Engmaschig Zytologie und Probeexzision (auch randomisiert). Differentialdiagnose: Unspezifische Zystitis, frühes Stadium Übergangszellkarzinom. Therapie: Vierteljährlich Zystoskopie mit Probeexzision suspekter Schleimhautbezirke.
7.4.2 Leukoplakie Ätiologie und Pathogenese: Metaplasie des Übergangsepithels in Pflasterepithel. Kausale Genese: Chronische Blasenentzündung. Diagnose: Zystoskopisch weiße, schollige Auflagerungen der Blasenschleimhaut. Therapie: Verlaufsbeobachtung. Prognose: Kann als Präkanzerose angesehen werden.
Zytostatika: bei nicht invasiven Tumoren als lokale Instillation in die Harnblase. 5-Jahres-Überlebensrate (T3 MO NO:21 %).
Symptome: Mikro-, Makrohämaturie. Diagnose: zystoskopisch: Entzündungsveränderung der Schleimhaut (oft unauffällig), Zytologie, Probeexzision. Differentialdiagnose beachten. Therapie: Zystoskopie mit Probeexzision in vierteljährlichem Abstand. 2. Leukoplakie Metaplasie des Übergangsepithels nach chronischer Blasenentzündung. Diagnose: weiße, schollige Auflagerung der Blasenschleimhaut. Therapie: Verlaufsbeobachtu ng.
7.5 Peniskarzinom Epidemiologie: Altersgipfel 5. und 6. Lebensdezennium. Etwa 1 % aller Karzinome in Europa und den USA. Dagegen 1 5 - 3 3 % in Afrika, Südostasien, Indien. In Bevölkerungsgruppen nach Beschneidung praktisch nicht existent. Ätiologie und Pathogenese: Phimose mit chronischer Entzündung und Smegmastau. Entstehungsort stets das innere Vorhautblatt, Sulkus coronarius oder Epithel der Eichel. Präkanzerosen sind Leukoplakien, Keratosen, Erythroplasie (Queyrat), Morbus Bowen. Peniskarzinom mit Neigung zur Ulzeration. Schrankenloses infiltratives Tiefenwachstum. Metastasierung: lymphogen, oberflächliche und tiefe Leistenlymphknoten, später iliakale und paraaortale Lymphknoten. Hämatogene Metastasierung selten. Klinische Symptomatologie: Phimose, wäßrig-eitrige Sekretion wie bei der Balanitis. Schwellung und Induration von Eichel und Vorhaut. Später Ulzeration des Tumors. Diagnose und Differentialdiagnose: Histologische Sicherung durch Probeexzision. Differentialdiagnose: Syphilitisches Ulcus durum, Ulcus molle, tuberkulöses Ulkus, ulzeröse Balanitis, Lymphogranuloma inguinale, Herpes progenitalis, Condylomata acuminata.
Peniskarzinom Entstehung durch Phimose mit chronischer Entzündung und Smegmastau. Neigung zur Ulzeration. Infiltratives Tiefenwachstum. Metastasierung lymphogen. Hämatogene Metastasierung selten.
Symptome: - Phimose, - wäßrig eitrige Sekretion, - Schwellung und Induration von Eichel und Vorhaut, - später: Ulzeration. Diagnose: histologische Sicherung durch Probeexzision. Differentialdiagnose beachten.
XXXI. Urologie
770 Therapie: - Lokalexzision. Bei größeren Tumoren: Penis(teil)amputation mit Ausräumung der inguinalen und Miakalen Lymphknoten. Evtl. zytostatische Nachbehandlung oder Nachbestrahlung.
Therapie: Bei kleineren Tumoren ohne Metastasen Lokalexzision. Bei größeren Tumoren, d. h. Penisschaftinfiltration mit und ohne Metastasen: Penis(teil)amputation mit Ausräumung der inguinalen und iliakalen Lymphknoten mit und ohne zytostatische Nachbehandlung (Bleomycin) oder Nachbestrahlung. Prognose: 5-Jahres-Überlebensrate oberflächlicher Tumoren ohne Metastasen nach Teilexzision 90 %, mit Befall der iliakalen Lymphknotenmetastasen nach kombinierter Behandlung ca. 40 %.
Hodentumoren
7.6 Hodentumoren
fast immer bösartig. Entstehungsursache unbekannt. Häufigste Form: - Seminom, - embryonales Karzinom, - Terato-Karzinom, - Chorionkarzinom.
Epidemiologie: Anteil an sämtlichen Malignomen 0,5 %, Beteiligung an der Krebssterblichkeit doppelt so hoch. Altersgipfel 2 . - 4 . Lebensdezennium damit häufigstes Malignom junger Männern. Fast alle Hodentumoren sind bösartig. Ätiologie und Pathogenese: Entstehungsursache unbekannt. Auftreten in der Lebensphase erhöhter hormoneller Aktivität; Deszensusstörung des Hodens (Bauchhoden, Leistenhoden). Es überwiegen die malignen, germinativen Hodentumoren (Seminom, embryonales Karzinom, Teratokarzinom, Chorionkarzinom). Agerminale Hodentumoren sind selten und meistens gutartig (Leydig, Sertoli-Zelltumoren). Tumorklassifizierung Abbildung 31-18. Metastasierung: Alle bösartigen Hodentumoren metastasieren lymphogen mit Ausnahme des hämatogen metastasierenden Chorionkarzinoms. Die erste Lymphknotenstation liegt im Einmündungsgebiet der V. spermatica (nicht in den inguinalen Lymphknoten!), links in die V. renalis, rechts in die V. cava. Hier kontralaterale und deszendierende Querverbindungen der Lymphbahnen. Aszendierend über den Ductus thoracicus zum Angulus venosus.
Metastasierung: lymphogen (außer Chorionkarzinom).
Symptome: - schmerzlose Hodenvergrößerung, - Schweregefühl des Hodens, - manchmal vergrößerte Lymphknotenmetastasen, bei Chorionkarzinom, Leydig- und Sertolizelltumoren: - Gynäkomastie. Diagnose: - Vergrößerung, knotige oder glatte Verhärtung des Hodens. - Geringer Druckschmerz. - Oftmals mit Begleithydrozele. Im Zweifelsfalle: jeder Hoden mit Verdacht auf Tumor muß operativ freigelegt werden! Hormondiagnostik: bei Chorionkarzinom: HCG-Ausscheidung im Urin erhöht. Bei Teratokarzinom: vermehrt a-Fetoprotein. Bei Leydig- und Sertoli-Zelltumor: Östrogene erhöht, bei Leydig-Zelltumor: 17 Keto-Steroide erhöht. Röntgendiagnostik durch: - Röntgen-Thorax, - i. v. Urogramm, - retroperitoneale Ultraschalldiagnostik, - Lymphographie, - Computertomographie.
Klinische Symptomatologie: Meistens schmerzlose Hodenvergrößerung, Schweregefühl des Hodens, gelegentlich vergrößerte Lymphknotenmetastasen in der linken Supraklavikulargrube. Gynäkomastie beim Chorionkarzinom, auch bei Leydig- und Sertolizelltumoren.
Diagnose und Differentialdiagnose: Lokalbefund: Vergrößerung, knotige oder glatte Verhärtung des Hodens. Geringer Druckschmerz. Oftmals mit Begleithydrozele, diaphanoskopisch negativ, wenn hämorrhagische Begleithydrozele. Im Zweifelsfalle muß jeder Hoden mit Verdacht auf Tumor operativ freigelegt werden. Hormondiagnostik: HCG-Ausscheidung im Urin beim reinen Chorionkarzinom oder Teratokarzinom mit chorealen Anteilen erhöht. Beim Teratokarzinom vermehrt α-Fetoprotein. Östrogene beim Leydig-Zell- und Sertoli-Zelltumor, 17 Keto-Steroide beim Leydig-Zelltumor erhöht. Röntgendiagnostik: Röntgen-Thorax (Lungenmetastasen?). Retroperitoneale Ultraschalldiagnostik, Lymphographie und Computertomographie (pa-
Tumoren des Urogenitalsystems raaortale, parakavale Lymphknotenmetastasen?). Diagnostische Aussage der Lymphographie durch Computertomographie überholt. I. v. Urogramm, Kavographie (Verlagerung der harnableitenden Wege, Harnabflußstörung, Cava-Wandimpression oder- Kompression nur durch große retroperitoneale Lymphome). Differentialdiagnose: Epididymitis, Orchidoepididymitis, granulomatöse Orchitis, Hodengumma, Mumps-Orchitis, Hodentorsion, Hydrozele, Hämatozele, Lymphome des Hodens, Tumormetastasen (Abb. 31-19).
A b b . 31-20 M o d i f i z i e r t e Retroperitoneale L y m p h a d e n e k t o m i e b e i m linksseitigen (a) u n d b e i m rechtsseitigen (b) H o d e n k a r z i n o m o h n e L y m p h k n o t e n m e t a s t a s e n
771 Differentialdiagnose beachten.
XXXI. Urologie
772 Therapie: operativ in 2 Sitzungen. 1. Sitzung: hohe Ablatio testis. 2. Sitzung: Terato-Karzinom: retroperitoneal Lymphadenektomie (Abb. 31-20), bei Seminom: nur perkutane Strahlentherapie. Chemotherapie: nach Einhorn-Schema. 5-Jahres-Überlebensrate bei nichtmetastasierenden Seminomen nach Bestrahlung: 90%. Bei nichtmetastasierenden lymphadenektomierten Teratokarzinomen: 70%. Chorionkarzinomträger: leben nicht länger als 1 Jahr.
Prostatatumoren
Therapie: Operativ. 1. Sitzung: Hohe Ablatio testis einschließlich des Funiculus spermaticus bis zum inneren Leistenring. 2. Sitzung: Beim Teratokarzinom retroperitoneale Lymphadenektomie vom Zwerchfell bis zu den Iliakalgefäßen. Modifizierte Operationstechnik (Abb. 31-20), falls keine Lymphknotenmetastasen nachweisbar. Beim Seminom keine retroperitoneale Lymphadenektomie, nur perkutane Strahlentherapie, da Seminome sehr strahlensensibel. Bestrahlungsfelder: ipsilateral, iliakal, paraaortal; Mediastinum, Supraklavikulargrube. Chemotherapie: Einhorn-Schema (Bleomycin, Cis-Platin; evtl. ergänzt durch Ifosfamid). Prognose: Überlebenszeit von Tumorhistologie und Tumorstadium abhängig. 5-Jahres-Überlebensrate von nichtmetastasierten, bestrahlten Seminomen bis zu 90 %, von nichtmetastasierten, lymphadenektomierten Teratokarzinomen 70 %. Chorionkarzinomträger leben nicht länger als 1 Jahr. Nach radikaler retroperitonealer Lymphadenektomie in 75 % retrograde Ejakulation oder Emissionsverlust, Geschwülste der Samenblasen, des Samenstranges, des Nebenhodens, der Hodenhüllen und des Hodensackes außerordentlich selten.
7.7 Prostatatumoren 7.7.1 Prostataadenom Epidemiologie: Betrifft 50 % aller Männer über 60 Jahre. Ätiologie und Pathogenese: Entstehungsursache unbekannt. Möglicherweise durch Nachlassen der Androgenproduktion Wucherung der periurethralen Drüsen. Durch deren zentrales Wachstum wird das eigentliche Prostatagewebe schalenförmig abgeflacht und umgibt schließlich, ähnlich wie eine Apfelsinenschale das Fruchtfleisch, das Adenom (Gewicht 1 5 - 2 5 0 g). Das am Blasenhals lokalisierte Adenom behindert die Blasenentleerung. Man kennt 3 Stadien:
1. Prostataadenom Behinderung der Blasenentleerung durch Adenom am Blasenhals. Man unterscheidet 3 Stadien:
Symptome: - Pollakisurie, - Nykturie, - abgeschwächter Harnstrahl, - Harnträufeln, - Beschwerden durch Harnwegsinfektionen, - Hämaturie bei Platzen von Blasenhalsvenen. Bei Dekompensation des Detrusors: - Überlaufblase, - ständiges Harnträufeln, bei Rückstau und Urämie: - Exsikkose, Somnolenz. Diagnose: bei Harnrückstau: Druckempfindlichkeit beider Nierenlager. Rektaler Tastbefund: glatte oder höckrige Oberfläche, derbe Konsistenz, Erythrozyturie,
1. Stadium: Pollakisurie, Nykturie, verzögerter Miktionsbeginn, abgeschwächter Harnstrahl, Nachträufeln, allmähliche Entwicklung zur Balkenblase, kein Restharn. 2. Stadium: Beginnende Dekompensation der Blase, erhöhte Pollakisurie, Nykturie, Restharn. 3. Stadium: Harnblase dekompensiert völlig; chronisch komplette Verhaftung und Überlaufblase mit ständigem Harnträufeln. Harnrückstauungsschäden können sich jetzt unbemerkt vom Patienten entwickeln: beiderseitige Ureterektasie, Pyelektasie und Hydronephrose. Unbehandelt Abnahme der Nierenfunktion, Urämie.
Klinische Symptomatologie: Pollakisurie, Nykturie, abgeschwächter Harnstrahl, Harnträufeln. Zystitische Beschwerden durch Harnwegsinfektion, Hämaturie durch Platzen gestauter submuköser Blasenhalsvenen. Bei Dekompensation des Detrusors Überlaufblase und ständiges Harnträufeln. Bei Hamrückstau und beginnender Urämie Exsikkose (trockene, borkige Zunge), Somnolenz. Diagnose und Differentialdiagnose: Palpation der suprapubischen Region (volle Blase?). Bei Harnrückstauung Druckempfindlichkeit beider Nierenlager. Rektaler Tastbefund (Größe; Oberfläche glatt, Konsistenz derb, Ausdehnung des Adenoms, Abb. 31-21). Erythrozyturie; Leukozyturie und Bakteriurie bei
773
Tumoren des Urogenitalsystems normal
gering
mittelmäßig
stark vergrößert
Abb. 31-21 Rektale Untersuchungsbefunde des Prostataadenoms
H a r n w e g s i n f e k t i o n ; Retentionswerte ( S e r u m - H a r n s t o f f u n d K r e a t i n i n ) bei H a r n r ü c k s t a u u n g erhöht.
bei Harnwegsinfektion: Leukozyturie und Bakteriurie.
Röntgen-Nieren-Leeraufnahme: G r o ß e r Blasenschatten. I. v. Urogramm: B l a s e n b o d e n d u r c h A d e n o m v e r g r ö ß e r u n g a n g e h o b e n , Korbh e n k e l p h ä n o m e n beider prävesikaler Harnleiter, H a r n r ü c k s t a u der o b e r e n Harnwege. R e s t h a r n b e s t i m m u n g (röntgenologisch, d u r c h Ultraschall, m i t Katheter).
Röntgen: großer Blasenschatten.
Urethrozystoskopie: G r ö ß e n b e s t i m m u n g des A d e n o m s u n d E n t s c h e i d u n g s hilfe zur W a h l des B e h a n d l u n g s v e r f a h r e n s . Differentialdiagnose: P r o s t a t a k a r z i n o m , Sphinktersklerose, Prostatitis, Prostataabszeß, Blasenstein, H a r n r ö h r e n s t r i k t u r , n e u r o g e n e Blasenentleerungsstörung. Therapie: Konservative M a ß n a h m e n ( S t a d i u m I): Dekongestive M a ß n a h m e n (natürliche Lebensweise, regelmäßige Darmtätigkeit, reizlose Kost; langes Sitzen, h o c h p r o z e n t i g e n Alkohol, kalte, k o h l e n s ä u r e h a l t i g e G e t r ä n k e verm e i d e n ) ; d e n Miktionsreiz nicht u n t e r d r ü c k e n , u m eine Ü b e r d e h n u n g der Blase zu v e r m e i d e n . Medikamentös: M e d i k a m e n t e auf pflanzlicher Basis (ß-Sitosterin); Steigerung des D e t r u s o r t o n u s d u r c h Myocholine®, H e r a b s e t z e n des Blasenauslaßwiderstandes d u r c h α - R e z e p t o r e n b l o c k e r (Dibenzyran®). Bei akuter H a r n v e r h a l t u n g D a u e r k a t h e t e r oder s u p r a p u b i s c h e Blasenstichfistel, falls H a r n b l a s e n e n t l e e r u n g längerfristig u n m ö g l i c h . I m letzteren Fall operative M a ß n a h m e n vorbereiten. Operative Behandlung: A b S t a d i u m II indiziert. A b h ä n g i g von subjektiven M i k t i o n s b e s c h w e r d e n u n d R e s t h a r n (über 100 ml). F o l g e n d e O p e r a t i o n s m e thoden:
I.v. Urogramm: Blasenboden angehoben, Korbhenkelphänomen, Harnrückstau.
Urethrozystoskopie: Größenbestimmung —»Wahl des Therapieverfahrens. Differentialdiagnose beachten!
Therapie: Stadium I: konservative Maßnahmen wie - regelmäßige Darmtätigkeit, - kein hochprozentiger Alkohol, - kalte Getränke vermeiden, - Miktionsreiz nicht unterdrücken. Medikamente: auf pflanzlicher Basis, Myocholine®, Dibenzyran®.
Stadium II: operative Behandlung! Folgende Operationsmethoden:
1. T r a n s u r e t h r a l e R e s e k t i o n des P r o s t a t a a d e n o m s kleiner bis mittlerer A d e n o m e . In S p i n a l a n ä s t h e s i e a u c h mittlere u n d große A d e n o m e von R i s i k o p a t i e n t e n , falls D a u e r k a t h e t e r u n z u m u t b a r . 2. O f f e n e r e t r o p u b i s c h e (Miliin) oder s u p r a p u b i s c h - transvesikale (Freyer) A d e n o m e k t o m i e , bei m i t t l e r e n u n d großen A d e n o m e n ( s . A b b . 31-24). 3. Kryochirurgie der Prostata, vor allem bisher bei R i s i k o p a t i e n t e n , zug u n s t e n der T U R in L o k a l a n ä s t h e s i e praktisch völlig a u f g e g e b e n .
Prognose: N a c h t r a n s u r e t h r a l e r oder o f f e n e r A d e n o m e k t o m i e sehr günstig. In 25 % V e r s c h l e c h t e r u n g der Potenz.
Gute Prognose. Manchmal Verschlechterung der Potenz.
7.7.2 Prostatakarzinom
2. Prostatakarzinom: häufigste urologische Tumorerkrankung —» Krebsvorsorge ab 5. Lebensjahrzehnt dringend nötig!
Epidemiologie: H ä u f i g s t e urologische T u m o r e r k r a n k u n g . R u h e n d e Karzin o m z e l l e n bei j e d e m 10. M a n n zwischen d e m 5. u n d 7. L e b e n s d e z e n n i u m .
774
Ursache: Störung durch Sexualhormone wahrscheinlich. Lokale Tumorausbreitung in Richtung Harnröhre, Samenblasen, Blasenboden. Metastasen: Lymphknoten des kleinen Bekkens und Retroperitoneums (dann inoperabler Tumor). Hämatogene Metastasierung in Knochen. Später Metastasierung in Leber, Lunge, Rippe, Schädeldach. Stadieneinteilung nach TNM-System {Abb. 31-22). Man unterscheidet 4 Malignitätsgrade.
XXXI. Urologie Bei über 70jährigen Männern der häufigste bösartige Tumor; an dritter Stelle der Krebsletalität des Mannes. Krebsvorsorge ab dem 5. Lebensdezennium daher dringend nötig. Ätiologie und Pathogenese: Entstehungsursache unbekannt, Störung durch Sexualhormone jedoch wahrscheinlich (Zunahme des Tumorwachstums durch Androgene, H e m m u n g durch Östrogene). Lokalisation in 80 % die dorsalen und seitlichen Partien der Prostata, rektal daher gut zu tasten. Lokale Tumorausbreitung in Richtung Harnröhre (dann Miktionsstörungen), Samenblasen, Blasenboden (Harnrückstauung durch Infiltration und Kompression der Harnleiter), selten Rektum (Abschirmung durch Denonvillier-Faszie). Metastasen: Lymphknoten des kleinen Beckens und aszendierend des Retroperitoneums. Tumor dann inoperabel. Hämatogene, osteoplastische Metastasierung im Becken, proximalen Femur, Lendenwirbelsäule. Später Metastasen in Leber, Lunge, Rippe, Schädeldach. Klinische Stadieneinteilung nach Flocks und nach dem TNM-System (Abb. 31-22). 4 Malignitätsgrade: hoch, mittel, niedrig differenziert, anaplastisch.
Abb. 31-22 Prostatakarzinom: Stadieneinteilung nach dem TNM-System Symptome: anfänglich symptomlos. Beschwerden meist erst im Spätstadium —» Schmerz durch Knochenmetastasen. Diagnose: rektal: jede Verhärtung der Prostata ist karzinomverdächtig! Frühstadium: holzharter Knoten in einem Lappen, Spätstadium: Prostata unregelmäßig, höckrig, hart. Schlecht abgrenzbar (Abb. 31-23). Durch Blasenentleerungsstörung: Restharn. Biopsie: Feinnadelbiopsie, Stanzbiopsie.
Klinische Symptomatologie: A m Anfang und selbst bei fortgeschrittenem Befund völlig symptomlos. Erste Diagnose im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung leider viel zu selten, meist bei subjektiven Miktionsbeschwerden (wie beim Prostataadenom). In 95 % der Fälle Beschwerden erst im Spätstadium, in 5 % als erstes Zeichen Schmerzen durch Knochenmetastasen. Diagnose und Differentialdiagnose: Rektal: Jede Verhärtung der Prostata ist karzinomverdächtig. Im frühen Stadium ein holzharter Knoten in einem Lappen, im späteren Stadium Prostata unregelmäßig, höckrig, hart, nicht abgrenzbar (Abb. 31-23), Restharn als Zeichen der Blasenentleerungsstörung.
Abb. 31-23 Prinzip der rektalen Untersuchung: Versuch der Abgrenzung Prostataadenom-Prostatakarzinom
Tumoren des Urogenitalsystems
775
Biopsie: Zytologische Diagnose- und Verlaufskontrolle durch transrektale Feinnadelbiopsie (auch Screening) und histologisch durch transrektale oder perineale - Ultraschall gesteuerte - Stanzbiopsie (Zuverlässigkeit jeder Methode bei ca. 96 %). Labor: Saure - und Prostataphosphatasen oft allein nach rektaler Untersuchung, fast immer bei Knochenmetastasen erhöht (Bedeutung für Verlaufskontrolle). Bei Knochenmetastasen auch Erhöhung der alkalischen Phosphatase. Röntgen: I. v. Urogramm (Harnabflußstörungen durch Harnstauung im Ostium - oder Blasenhalsbereich, meistens erst im fortgeschrittenen Stadium). Röntgenübersichtsaufnahme: Becken, Lendenwirbelsäule, Oberschenkel, Thorax (Knochenmetastasen?). Noch nicht sichtbare Metastasen durch nuklearmedizinische Untersuchungen (Technetium 99) als Knochenscan. Computertomographie zum Nachweis von Lymphknotenmetastasen im Becken und Retroperitonealraum. Urethrozystoskopie: Übergreifen des Tumors auf die prostatische Harnröhre und den Blasenboden. Sekundärveränderungen der Blase durch Harnabflußstörung. Differentialdiagnose: Prostataadenom, granulomatöse Prostatitis, Fibrose nach chronischer Prostatitis, Prostatasteine, -tuberkulöse, -abszeß, -sarkom. Differentialdiagnose von Knochenmetastasen: Beim Prostatakarzinom osteoplastische (nicht zu verwechseln mit Morbus Paget!), bei allen anderen urologischen bösartigen Tumoren osteoklastische Metastasen. Therapie: Stadium 0 oder „incidental"-Karzinom (Zufallsbefund bei der Adenomoperation, rektal nicht tastbar): Hochdifferenziertes Karzinom: Keine Therapie. Niedrig differenziert: Radikale Prostatektomie (Abb. 31-24), vorher pelvines Lymphknoten-Staging.
Labor: saure Phosphatase, Prostataphosphatase, alkalische Phosphatase bei Knochenmetastasen erhöht. I. v. Urogramm: Harnabflußstörung durch Harnstau.
Röntgen: Becken, LWS, Oberschenkel, Thorax. Szintigraphie: Erkennung noch nicht sichtbarer Metastasen. Computertomographie: Nachweis von Lymphknotenmetastasen. Urethrozystoskopie: Übergreifen auf Harnröhre und Blasenboden erkennbar. Differentialdiagnose beachten!
Therapie: 1. Rektal nicht tastbares, hoch differenziertes Karzinom: keine Therapie. 2. Niedrig differenziertes Karzinom: radikale Prostatektomie (Abb. 31-24)
Abb. 31-24 Vergleich: Adenomektomie-radikale Prostatektomie a) Adenomektomie: Enukleation des gutartigen Adenoms mit Erhalt der Prostata„kapsel" b) Radikale Prostatektomie: Entfernung der Prostata mit „Kapsel" und Samenblasen Stadium A: Kleiner Knoten: Radikale Prostatektomie (Voraussetzung guter Allgemeinzustand, Höchstalter 70 Jahre). Vorher pelvines Lymphknoten-Staging· Stadium B: Behandlung wie Stadium A. Bei Patienten über 70 Jahre Behandlung wie Stadium C: Tumor in die Umgebung infiltriert: Orchiektomie, Radiotherapie, Antiandrogene (und Antiprolaktin). Stadium D (Metastasen): Orchiektomie, Antiandrogene (und Antiprolaktin), Estracyt, intervallmäßig Honvan-Infusionen. Bei Therapieresistenz: Hypophysektomie, Chordotomie, Strontium 89, Estracyt, Chemotherapie. Bei Harnblasenentleerungsstörungen: TUR, falls Bestrahlung oder kontrasexuelle Therapie erfolglos.
Stadium A: radikale Prostatektomie. Stadium B: wie A. Stadium C: Orchiektomie, Radiotherapie, Antiandrogene Stadium D: Orchiektomie, Antiandrogene, Estracyt, Honvan-Infusion.
Bei Therapieresistenz: Hyphophysektomie, Chordotomie, Strontium 89, Estracyt, Chemotherapie. Bei Harnblasenentleerungsstörung: TUR, wenn Bestrahlung oder kontrasexuelle Therapie erfolglos.
XXXI. U r o l o g i e
776 Bei Harnstauung: Versuch der inneren Schienung, transkutane Fistel der funktionellen Restniere. Nach radikaler Prostatektomie: Dauerheilung in 6 0 % .
Urolithiasis (Abb. 31-25)
Bei Harnstauung: V e r s u c h der i n n e r e n S c h i e n u n g (Double-J-Stent) oder evtl. t r a n s k u t a n e Fistel der f u n k t i o n e l l e n Restniere. Prognose: N a c h radikaler P r o s t a t e k t o m i e D a u e r h e i l u n g in 60 %. Konservativ b e h a n d e l t e P a t i e n t e n im S t a d i u m Β u n d C m i t O r c h i e k t o m i e u n d A n t i a n d r o genen, bei geringerem Malignitätsgrad 10 u n d m e h r J a h r e U b e r l e b e n s z e i t .
8. U r o l i t h i a s i s (Abb.3i-25) Epidemiologie: Bei 3 % der G e s a m t b e v ö l k e r u n g , 20 % des g e s a m t e n urologischen K r a n k e n g u t e s .
Ausguß-oder Korailenstein
Steinbildung in Kelchnische
Harnleiterstein (
Harnleiterstein (III) Blasenstein Harnleiterstein (IV)
A b b . 31-25 Urolithiasis
8.1 Steinart Einteilung der Steinarten nach mineralogischer Zusammensetzung in 2 H a u p t g r u p p e n :
E i n t e i l u n g n a c h m i n e r a l o g i s c h e r Z u s a m m e n s e t z u n g in 2 H a u p t g r u p p e n :
Anorganische, kalziumhaltige, i m Röntgenbild schattengebende Steine (90%): C a l c i u m - O x a l a t - M o n o h y d r a t (Whewelitt), C a l c i u m - O x a lat-Dihydrat (Weddelitt), C a l c i u m - P h o s p h a t (Apatit), C a l c i u m - H y d r o g e n - P h o s p h a t (Brushit), M a g n e s i u m - A m m o n i u m - P h o s p h a t (Struvit), C a l c i u m - C a r b o n a t (Carbonat-Apatit). Organische, im Röntgenbild k e i n e n Schatten gebende Steine (aus niedermolekularen Verbindungen): H a r n s ä u r e , Urat ( N a t r i u m - u n d A m m o n i u m u r a t , Zystin, X a n t h i n ) .
M a n unterscheidet: 1. Formalgenese der Steinbildung: Mukopolysaccharide
l
Mikrolithen
I
Makrolithen 2. Kausalgenese: prärenal, renal, postrenal.
8.2 Ätiologie und Pathogenese E n t s t e h u n g s u r s a c h e u n b e k a n n t . Multifaktorielles G e s c h e h e n . F o r m a l g e n e s e der Steinbildung: V o m T u b u l u s e p i t h e l werden organische S u b s t a n z e n , meist M u k o p o l y s a c c h a r i d e a u s g e s c h i e d e n . Sie fallen aus u n d bilden primär die organische Matrix. U m diesen K e r n werden sekundär schalenartig Kristallschichten angelagert (Mikrolith). Er wächst d u r c h A p p o s i t i o n (Makrolith) oder wird, subjektiv u n b e m e r k t , mit d e m Urin a u s g e s c h i e d e n . K a u s a l g e n e s e der Steinbildung: Es gibt prärenale, renale u n d postrenale Faktoren.
Urolithiasis Prärenale Faktoren: Exogene Ursachen: Ernährung (übermäßige Zufuhr von kalziumhaltigen Milch- und Molkereiprodukten, Vitamin-D-Überdosierung). Immobilisation (Störung des Kalzium- und Phosphatstoffwechsels durch Knochenum- und abbau mit vermehrter Harnausscheidung bei bettlägerigen Patienten). Immobilisationssteine auch durch Harnwegsinfektionen und Dauerkatheter bei verletzten Patienten mit Harnblasenentleerungsstörungen. Endogene Ursachen 1. Hyperparathyreoidismus Epidemiologie: Verursacht etwa 5 - 6 % aller kalziumhaltigen Steine, vor allem Rezidiv-Kalzium-Oxalat- und Kalzium-Phosphat-Steine in jedem Alter. Ätiologie und Pathogenese: Durch Adenom oder Hyperplasie der Epithelkörperchen vermehrte Parathormonausscheidung mit Steigerung der Kalzium-Phosphatausscheidung im Urin und damit Nierensteinbildung bzw. Nephrokalzinose. Diagnose: Hyperkalzämie, Hypophosphatämie, Hyperkalkurie, Hyperphosphaturie. Therapie: Parathyreoidektomie (3)4 Epithelkörperchen), Sanierung des Nierensteinleidens. 2. Harnsäuresteindiathese Epidemiologie: Übergewichtige Patienten. Ätiologie und Pathogenese: Stoffwechselstörung mit Bildung von Harnsäuresteinen. 3. Idiopathische Harnsäuresteindiathese Säurestarre des Urins (pH 4,8-5,4). Harnsäuresalze fallen im sauren Milieu aus, Harnsäurespiegel im Blut und Hamsäureausscheidung im Urin nicht erhöht. 4. Gicht und familiäre Hyperurikämie: Harnsäure im Serum erhöht, vermehrte Säuerung des Urins. Übersättigung des Urins mit Harnsäurekristallen. 5. Sekundäre Hyperurikämie: Vermehrte Hamsäureausscheidung im Urin.
777 1. Prärenale Faktoren a) Exogene Ursachen der Steinbildung - Ernährung (kalziumhaltige - Milch- und Molkereiprodukte, - Vitamin D-Überdosierung), - Immobilisation, - Harnwegsinfektion, - Dauerkatheter. b) Endogene Ursachen der Steinbildung: Hyperparathyreoidismus: vermehrte Parathormonausscheidung —»erhöhte Kalziumphosphatausscheidung im Urin —> Nierensteinbildung.
Therapie: - Parathyreoidektomie, - Sanierung des Nierensteinleidens. Harnsäuresteindiathese durch Stoffwechselstörung mit Bildung von Harnsäuresteinen. Idiopathische Harnsäuresteindiathese Säurestarre des Urins p H 4,8-5,4.
Gicht und familiäre Hyperurikämie: Harnsäure im Serum erhöht, Übersättigung des Urins mit Harnsäurekristallen. Sekundäre Hyperurikämie: vermehrte Hamsäureausscheidung im Urin.
Renale Faktoren: Renale tubuläre Azidose (0,2-0,5 %, führt meist zur Nephrokalzinose). Idiopathische Hyperkalzurie (isoliert vermehrte renale Kalziumausscheidung), Zystinurie (Rückresorptionsstörung für Zystin im Tubulusgebiet), Xanthinurie (s. Lehrbücher der Inneren Medizin). Postrenale Faktoren: Harnabflußstörungen (Kelchhalsstenose, Harnleiterabgangsstenose, Ureterstenose, Gravidität), Harnwegsinfektionen (Zelldetritus und Bakterien als Kristallisationszentrum des Harnsteins, vor allem Blasenstein).
2. 3. -
Renale Faktoren renale tubuläre Azidose, idiopathische Hyperkalzurie, Zystinurie, Xanthinurie. Postrenale Faktoren Harnabflußstörungen, Harnwegsinfektionen.
8.3 Nierensteine
Nierensteine
Klinische Symptomatologie: Steine innerhalb des Parenchyms (Parenchymsteine) oder im Markgebiet (Markzystensteine) sind symptomlos, da außerhalb des Hohlsystems liegend. Auch ruhender oder stummer Stein in Kelchnieschen symptomlos. Bei der Wanderung durch den Kelchhals (erste physiologische Enge) in das Nierenbecken oder aus dem Nierenbecken in den Harnleiter (zweite physiologische Enge) erste Nierenkoliken möglich. Fällt der Stein in den Kelch oder in das Nierenbecken zurück, bleibt er so lange symptomatisch stumm, bis ein neuer Passageversuch erfolgt. Bei Steineinklemmung im Harnleiterabgang zunehmend Harnstauung im Nierenbekken mit dumpfen bis kolikartigen Schmerzen (Abb. 31-26), Übelkeit, Erbrechen, Brechreiz, subileusartigen Erscheinungen. Gefahr der Harnwegsinfektion.
Symptome: Steine im Parenchym und in Kelchnischen: symptomlos. Bei Wanderung Nierenkoliken möglich. Bei Steineinklemmung —* Harnstauung im Nierenbecken —»dumpfe bis kolikartige Schmerzen (Abb. 31-26). Ferner: Übelkeit, Erbrechen, Brechreiz, Subileus.
XXXI. Urologie
778 Diagnose: - Druck- und Klopfschmerz des Nierenlagers, - schmerzhafte Erythrozyturie, - kein Fieber. Röntgen: schattengebende Konkremente, i. v. Urogramm, Retrograde Harnleitersondierung. Bei Infektion: heftige Klopfschmerzen im Nierenlager, Fieber, Leukozyturie, Bakteriurie, Erhöhung der BSG. Bedrohliches Krankheitsbild! Therapie: - Infektionsprophylaxe. - Analgetika, Spasmolytika. - Bettruhe. 1. Kleiner spontan abgangsfähiger Stein: viel Bewegung, reichlich Flüssigkeit. Medikamente: Urol®. 2. Nicht abgangsfähige Steine: Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie. Litholapaxie. Offene Operation nur noch bei speziellen Indikationen. 3. Ruhender Kelch- oder Markzystenstein: einjährige Röntgen-Kontrolle. 4. Anurie bei Verschlußsteinen: sofortige Operation.
Diagnose und Differentialdiagnose: Druck- und Klopfschmerz des Nierenlagers. Meist schmerzhafte Erythrozyturie, kein Fieber. Röntgen-Nierenleeraufnahme (schattengebende Konkremente in Projektion auf Niere oder Harnleiterverlauf). I. υ. Urogramm (mit und ohne Harnstauung). Retrograde Harnleitersondierung (bei schattennegativen Steinen oder unsicherer Diagnose zur Steinlokalisation, dann auch bei stummer Niere). Bei Infektion: Heftige Klopfschmerzen im Nierenlager, Fieber, Leukozyturie, Bakteriurie, Erhöhung der BSG. Rasch bedrohliches Krankheitsbild (Urosepsis), vor allem bei Einzelniere! Differentialdiagnose: Nierenbeckentumor, Gallenkolik, Appendizitis, stielgedrehte Ovarialzyste. Tubargravidität. Therapie: Kolik: Bettruhe, Analgetika, Spasmolytika (Suppositorien, parenterale Applikation), Infektprophylaxe (Trimethoprim). Kleiner spontan abgangsfähiger Stein (über 85% aller Steine): Bei Kolik s. oben - ansonsten viel Bewegung, reichlich Flüssigkeit (Wasser, Bier), Medikamente auf pflanzlicher Basis zur Steinaustreibung (Urol®). Nicht abgangsfähige Steine: Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie, Litholapaxie. Offene Operation bei Verdacht auf steinbedingte Pyonephrose oder Urosepsis. Der Harnabfluß muß immer sichergestellt sein. Ruhender Kelch- oder Markzystenstein: Röntgenologische Kontrolle der Größenzunahme in einjährigen Abständen. Anurie bei Verschlußstein (Einzelniere): Sofortige Operation!
Abb. 31-26 Differentialdiagnose Nieren-Harnleiterkolik-Gallenkolik 5. Steinauflösung: Versuch mit Uralyt-U® (Harnsäurestein), Tab. 31-3).
Steinauflösung: Versuch beim Harnsäurestein durch Harnalkalisierung (Uralyt-U®) gerechtfertigt, falls keine Infektion oder schwerwiegende Harnabflußstörungen vorliegen (Tab. 31-3).
Harnleitersteine
8.4 Harnleitersteine
Symptome: bei Harnleiter-Passage: dumpfe, kolikartige Schmerzen in Niere, Harnleiter bis Hoden oder Labien. Ferner: Übelkeit, Brechreiz, subileusartige Beschwerden.
Klinische Symptomatologie: Bei Passage des Steins durch den Harnleiter (besonders schwierig an der dritten und vierten physiologischen Enge, Harnleiterkreuzung mit den Iliakalgefäßen und dem Harnleiterostium), dumpfe oder kolikartige Schmerzen in Niere, Harnleiterverlauf bis Hoden oder große Labien (Schmerzausbreitung entsprechend der augenblicklichen Lokalisation des wandernden Steins, s. Abb. 31-26). Übelkeit, Brechreiz, subileusar-
779
Urolithiasis Tabelle 31-3 Prophylaxe und Litholyse des Harnsteinleidens (nach Terhorst) Ca-Oxalat
Mg-Nhu-Phosphat
Ca-Phosphat
Harnsäure
Zystin
Orale Litholyse durch
0 0
0 0
0 0
+ + + Uralyt-U®
(+)
Prophylaxe Diät
keine Milchund Molkereiprodukte
0
keine Milchund Molkereiprodukte
keine Innereien 0
Urin pH-Verschiebung durch
Neutralisierung oder Alkalisierung pH: 6,8-7,4 Oxalyt-C®
Ansäuern pH: unter 6,0 Extin® L-Methionin®
Ansäuern p H : unter 6,0 Extin® L-Methionin ®
Alkalisieren pH: 6,2-6,8 Uralyt-U®
Alkalisieren pH: 7,0-8,0 Uralyt-U®
Flüssigkeit (viel trinken)
WernarzerQuelle Kaiser-FriedrichQuelle Karlsquelle
Wernarzer-Quelle Selters-Wasser Apollinaris Pils und Export
Wernarzer-Quelle Selters-Wasser Apollinaris Pils und Export
Fachinger WildungerHelenenquelle Vichy-Wasser Alt und Kölsch
Fachinger Wildunger Vichy-Wasser Alt und Kölsch
Spezifisches Gewicht (Urometer)
unter 1 015
unter 1 015
unter 1 015
unter 1 015
unter 1 015
Antibiose
Η
+ + +
+ +
(+)
(+)
Medikamente
N C P = NatriumCellulosePhosphat Thiazide Campanyl® Allopurinol
Aludrox® (Azetohydroxansäure1
N C P = NA-Cellulose-Phosphat Thiazide
Allopurinol
Vitamin-C-Brause Tabletten Thiola
Stein Therapie
1
(Uralyt-U®)
noch nicht im Handel
tige Beschwerden. W e n n Stein in B l a s e n n ä h e : Pollakisurie, Dysurie, Erythrozyturie. D i a g n o s e : S. N i e r e n s t e i n . Differentialdiagnose: H a r n l e i t e r t u m o r , H a r n l e i t e r o b s t r u k t i o n . Therapie: A b h ä n g i g von Steingröße u n d Lokalisation. Bei „schlingengerecht e m " Stein (bis b o h n e n g r o ß e r Stein im distalen Harnleiterdrittel) Versuch der S t e i n e n t f e r n u n g d u r c h Z E I S S - S c h l i n g e oder mittels Ureteroskop u n d Ult r a s c h a l l z e r t r ü m m e r u n g . Übrige T h e r a p i e wie b e i m N i e r e n s t e i n .
Bei Stein in Blasennähe: Pollakisurie, Dysurie, Erythrozyturie. Diagnose wie Nierenstein.
8.5 Blasensteine
Blasensteine
Ätiologie und Pathogenese: Bei Blasenhalsenge (Sphinktersklerose, Prostat a a d e n o m , P r o s t a t a k a r z i n o m ) . Fakultativ H a r n w e g s i n f e k t i o n . Appositionelles W a c h s t u m eines in die Blase a b g e g a n g e n e n H a r n l e i t e r s t e i n s bis G ä n s e e i größe. Klinische S y m p t o m a t o l o g i e : Pollakisurie, „stotternder" Harnstrahl, Blasenschmerzen. D i a g n o s e und Differentialdiagnose: S c h m e r z l o s e Mikro- oder M a k r o h ä m a t urie. Bei H a m w e g s i n f e k t i o n e n Leukozyturie, Bakteriurie. R ö n t g e n - B e c k e n ü b e r s i c h t s a u f n a h m e , Urethrozystoskopie. Differentialdiagnose: B l a s e n t u m o r , Zystitis.
Therapie: Versuch der Steinentfernung durch ZeissSchlinge oder mit dem Uteroskop.
Symptome: - Pollakisurie, - stotternder Harnstrahl, - Blasenschmerz. Diagnose: - Mikro- oder Makrohämaturie, bei Harnwegsinfektion: - Leukozyturie, Bakteriurie. - Röntgen-Beckenübersichtsaufnahme - Urethrozystoskopie. Differentialdiagnose beachten.
780 Therapie:
transurethrale Lithotrypsie, in Verbindung mit transurethraler Resektion des Blasenhalshindernisses. Harnröhrenstein Steckenbleiben des Steines in der Harnröhre.
Symptome:
Schmerz wie bei Harnröhrenentzündung.
Diagnose:
Urethrozystoskopie.
XXXI. Urologie Therapie: Transurethrale Lithotrypsie (mit Ultraschall, elektrohydraulischer Schlagwelle, Stein-Punch), am besten in Verbindung mit transurethraler Resektion des Blasenhalshindernisses. Beim großen Prostataadenom Sectio alta mit transvesikaler Prostatektomie (Freyer) oder auch Miliin. Harnröhrenstein: Der Stein bleibt in der Harnröhre stecken. Plötzlich einsetzender, dann typischer Schmerz wie bei Harnröhrenentzündung. Diagnose durch Urethrozystoskopie. Entfernung des Steines mit der Fremdkörperzange.
Therapie:
Entfernung mit Fremdkörperzange. Prostatasteine
primäre Steine:
in Azini und Ausführungsgängen der Prostata,
sekundäre Steine:
in Abszeßhöhlen bei Prostatitis durch Verkalkung nekrotischen Gewebes.
8.6 Prostatasteine Ätiologie und Pathogenese: Primäre Steine: In Azini und Ausführungsgängen der Prostata aus Drüsensekret und ohne Beziehung zum Harnsystem. Sekundäre Steine: In Abszeßhöhlen bei der akuten und chronischen, spezifischen und unspezifischen Prostatitis durch Verkalkungen nekrotischen Gewebes.
Abb. 31-27 Operative Behandlung der Harnsteine. 1 Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie 2 Litholapaxie 3 Nephrolithotomie 4 Pyelolithotomie 5 Ureterolithotomie 6 Schiingenextraktion eines Harnleitersteines 7 Entfernung von Blasensteinen mit Fremdkörperzange, Schlagwelle oder Ultraschall 8 Entfernung von Harnröhrensteinen mit der Fremdkörperzange
V e r l e t z u n g e n der U r o g e n i t a l o r g a n e Klinische Symptomatologie: Meistens keine, evtl. Beschwerdebild wie bei chronischer Prostatitis. Therapie: Nur bei stärkeren Beschwerden transurethrale Resektion der Prostata oder offene Adenomektomie. Steinauflösung: Nur bei Harnsäure- oder Zystinsteinen möglich (s.Tab. 31-3) Steinprophylaxe Allgemeine Richtlinien: Normalgewicht; reichlich Flüssigkeitszufuhr, Urinausscheidung mindestens 1 500 ml/die (spezifisches Gewicht des Urins unter 1015). Eiweißarme Kost beim Harnsäurestein. Einschränkung von Milchund Molkereiprodukten beim kalziumhaltigen Stein (s. Tab. 31-3).
Operative Behandlung der Harnsteine: Abb. 31-27
9. Verletzungen der Urogenitalorgane
781 Symptome: meistens keine. Evtl. Beschwerdebild der chronischen Prostatitis. Therapie: - transurethrale Resektion der Prostata, - offene Adenomektomie, - Steinauflösung nur bei Harnsäure oder Zystinstein möglich (s. Tab. 31-3). Allgemeine Richtlinien zur Steinprophylaxe: - Normalgewicht, - reichliche Flüssigkeitszufuhr, - Urinausscheidung mindestens 1500 ml/ die, - eiweißarme Kost, - Einschränkung von Milch- und Molkereiprodukten (kalziumhaltige Steine). Operative Behandlung der Harnsteine Abb. 31-27. Verletzungen der Urogenitalorgane Selten offene Verletzung, meist geschlossenes Trauma.
Verletzungen des Urogenitaltraktes allein (etwa 35 %) oder im Rahmen von Mehrfachverletzungen (etwa 65 %) sind beim Erwachsenen sowie beim Kind in 2 % aller Verletzungen anzutreffen. Ganz eindeutig überwiegt das geschlossene Trauma mit direkter oder indirekter Verletzungsfolge. Offene Verletzungen sind selten (ca. 5 %); es gilt für sie das gleiche diagnostische und therapeutische Konzept mit erhöhter Dringlichkeit der operativen Versorgung wie für die geschlossenen Verletzungen, die im folgenden abgehandelt werden.
9.1 Niere Epidemiologie: Anteil an den Gesamtverletzungen 2 %; Mitbeteiligung bei Abdominalverletzungen 3 0 - 3 5 %, bei Kindern 51 %. Männer bis 4 x häufiger als Frauen betroffen. Erwachsene 90 %, Kinder 10 %. Ätiologie und Pathogenese: Direkte Gewalteinwirkung in die Flanke (Berstungsruptur) oder indirekt bei Sturz aus großer Höhe (Contre-Coup-Effekt). Bei jedem stumpfen Bauchtrauma daran denken. Es gibt leichte (60 %), schwere (30 %) und kritische (10 %) Nierenverletzungen. Klinische Symptomatologie: Hämaturie (Ausnahme Nierenstiel - oder Harnleiterabriß), Flankentumor, einseitig dorso-laterale Abwehrspannung der Bauchmuskulatur, Zunahme des Bauchumfanges. Diagnose: Instabiler Kreislauf: Schweres Bauch- oder Polytrauma. Schockbekämpfung, bei positiver Lavage sofortige diagnostische Probelaparotomie. Versorgung der intraabdominalen Blutung und der Nierenverletzung. Stabiler Kreislauf: Isoliertes Nierentrauma. Zeit für präoperative Diagnostik: Röntgen-Nierenleeraufnahme (Rippenserienfraktur, Querfortsatzabbrüche), i. v. Urogramm (vollständige Darstellung des Nierenbeckenkelchsystems, Kontrastmittelextravasation), Ultraschalluntersuchung (perirenales Hämatom oder Urinom; evtl. digitale Subtraktionsangiographie (Nierenarterienund Nierenparenchymläsionen). Im Zweifelsfall selektive Nierenarteriographie (hervorragende Darstellung von Gefäßläsionen, noch vitale Parenchymfragmente). Zystoskopie meist entbehrlich. Therapie: Leichte Nierenverletzungen konservativ (Bettruhe, Kreislauf-, Hämoglobin-, Urinkontrollen). Schwere und kritische Nierenverletzungen operativ behandeln. Operationsziel: Organerhaltung! Verschluß des Hohlsystems, Naht von Parenchym und größeren Gefäßläsionen.
1. Verletzungen der Niere: Ursache: Berstungsruptur, Contre-Coup-Effekt.
Symptome: - Hämaturie, - Flankentumor, - einseitige Abwehrspannung der Bauchmuskulatur, - Zunahme des Bauchumfanges. Diagnose: bei instabilem Kreislauf: schweres Bauch- oder Polytrauma. Bei positiver Lavage: sofortige Probelaparotomie. Stabiler Kreislauf: - Röntgen-Nierenleeraufnahme, - i. v. Urogramm, - Ultraschalluntersuchung.
Im Zweifelsfall: selektive Nierenarteriographie. Therapie: leichte Nierenverletzung: konservativ. Schwere und kritische Nierenverletzung: operativ mit Operationsziel: Organerhaltung.
XXXI. Urologie
782 Vorgehen: Verschluß des Hohlsystems —» Naht von Parenchym und größeren Gefäßläsionen. Bei Nierenzertrümmerung Nephrektomie ab hängig vom Durchblutungszustand der Niere. Bei leichten Nierenverletzungen komplette Ausheilung. Frühoperation anstreben. Frühkomplikationen nach Operation: - Urinom, - Urinphlegmone, - perirenales Hämatom, - perinephritischer Abszeß.
Bei der Nierenzertrümmerung ist die Indikation zur Nephrektomie abhängig von dem Durchblutungszustand der Niere. Immer nach der kontralateralen Niere fahnden. Prognose: Bei leichten Nierenverletzungen komplette Ausheilung ohne Restschäden. - Frühoperation besser als verzögerte Operation, da bei konservativer Therapie von operationsbedürftigen Nierenverletzungen in 20 % später die Nephrektomie fällig wird. Gründe: sub- oder peripelvine Fibrose mit Sekundärhydronephrose (evtl. Steinbildung), Schrumpfnierenbildung, Hypertonie. Frühkomplikationen nach operativer Versorgung: Urinom, Urinphlegmone, perirenales Hämatom, perinephritischer Abszeß.
2. Verletzungen des Harnleiters Verletzung praktisch nur bei Kindern anzutreffen. Ein- oder Abriß des Harnleiters möglich.
9.2 Harnleiter
Symptome: retroperitoneale Symptomatik einer Seite. Diagnose: i.v. Urogramm, Sonographie. Am besten: retrograde Harnleitersondierung und Pyelographie. Therapie: operativ. - Primär transversale Harnleiternaht über Harnleiterkatheter oder double J-Stent. - Größere Harnleiterdefekte durch Hörnerblase überbrücken. - Defekte des mittleren Abschnittes durch End-zu-End-Anastomose. 3. Verletzungen der Harnblase Möglichkeiten der Verletzung: - intraperitoneale Blasenruptur (stumpfe Ge walteinwirkung), - extraperitoneale Blasenruptur (Knochenfragmente bei Beckenfraktur gefährlich). Volle Blase ist leichter verletzbar als leere Blase.
Symptome: - schmerzhafter Harndrang, - fakultativ blutige Anurie, - Blase nicht tastbar, - Bauchdecke gespannt. Bei intraperitonealer Ruptur: Peritonismus. Bei extraperitonealer Ruptur: Y3Beckenfrakturzeichen, Blasenregion druckschmerzhaft. Infiltration von Blut und Urin in das Skrotum. Diagnose: - Rektale Untersuchung, - Röntgen-Beckenübersicht, - i. v. Urogramm, - Zystographie.
Epidemiologie: Selten und fast immer iatrogen. Ätiologie und Pathogenese: Wegen des geringeren Körpervolumens und des schwächer ausgebildeten Stützapparates praktisch nur bei Kindern. Ein- oder Abriß des Harnleiters möglich. Klinische Symptomatologie: Symptomatik des retroperitonealen Hämatoms oder des Urinoms, also die diffuse retroperitoneale Symptomatik einer Seite unterschiedlicher Stärke. Diagnose: I. v. Urogramm (Harnleiterkontrastmittelextravasat), Sonographie (Hämatom, Urinom). Am besten retrograde Harnleitersondierung und Pyelographie. Therapie: Operativ. Primär transversale Harnleiternaht über einem Hamleiterkatheter oder einem intraoperativ eingelegten double J-Stent. Größere Harnleiterdefekte des proximalen Harnleiters durch Mobilisation und Kaudalverlagerung der Niere, des distalen Harnleiters durch Hörnerblase zu überbrücken. Defekte des mittleren Abschnittes durch End-zu-End-Anastomose zu überbrücken ist sehr schwierig. Prognose: Bis zu 30 % Hamleiterstrikturen nach End-zu-End-Anastomosen.
9.3 Harnblase Epidemiologie: 0,21 % der Gesamtverletzungen betreffen Blase und Harnröhre. Mitbeteiligung der Blase beim stumpfen Bauchtrauma 5 %, beim Beckentrauma bis zu 25 %. Ätiologie und Pathogenese: Stumpfe Gewalteinwirkung der Harnblase (direkte Verletzung) mit intraperitonealer Blasenruptur, spießende oder zerreißende Knochenfragmente bei der Beckenfraktur (indirekte Verletzung) mit extraperitonealer Blasenruptur. Für alle Blasenverletzungen gilt: Eine volle Blase ist leichter verletzbar als eine leere Blase. Klinische Symptomatologie: Für alle Blasenverletzungen: schmerzhafter Harndrang, fakultativ „blutige Anurie" (anstatt Urin entleert sich Blut oder blutiges Sekret aus der Harnröhre). Blase nicht zu tasten, Bauchdecken gespannt. Intraperitoneale Ruptur: Peritonismus durch Übertritt von Blut und Urin in die freie Bauchhöhle. Extraperitoneale Ruptur: Beckenfrakturzeichen, Blasenregion druckschmerzhaft. Perivesikale Infiltration von Blut und Urin bis in das Skrotum. Bei rascher Therapie keine Gefahr der Urinphlegmone. Diagnose und Differentialdiagnose: Rektale Untersuchung (Dislokation der Prostata, intraperitoneale Blut- oder Urinextravasation im Douglas-Raum), Röntgen-Beckenübersicht (Nachweis von Frakturen), i.v. Urogramm und Zystographie bis zur Prallfüllung der Harnblase (Urinextravasat). Zystoskopie überflüssig.
Verletzungen der Urogenitalorgane Differentialdiagnose: Harnröhrenruptur. Therapie: Laparotomie, zweischichtiger Verschluß der Ruptur, perivesikale Wunddrainage, Urinableitung über Dauerkatheter. Prognose: Frühzeitige operative Versorgung, sonst sprunghafter Anstieg der primären Letalität von primär 1 0 - 1 5 %. Ursachen sind dann Urinphlegmone, Beckenosteomyelitis, Peritonitis, Senkungsabszesse.
9.4 Harnröhre Epidemiologie: Häufig bei Unfalltraumen der Beckenregion. Ätiologie und Pathogenese: Stumpfes Trauma auf den D a m m (direkte oder infradiaphragmale Ruptur der Harnröhre) oder Scherkräfte beim Beckentrauma (indirekte Harnröhrenruptur mit supra- oder intradiaphragmalem Ein- oder Abriß). Klinische Symptomatologie: Direkte Harnröhrenruptur: Blutung aus der Harnröhre (Hämorrhagie, nicht Hämaturie!), fakultativ Harnverhaltung, Hämatom im D a m m und Skrotum. Indirekte Harnröhrenruptur: s. o. Blutung in den retropubischen Raum. Beim Harnröhrenabriß steht die Harnblase faustgroß über der Symphyse. Diagnose und Differentialdiagnose: Bei der Miktion nach dem Unfall Urin in der Wunde (Urinphlegmone!). Rektal nach kranial dislozierte Prostata (supradiaphragmale Harnröhrenruptur). Entscheidender Hinweis auf Lokalisation und Ausdehnung der Ruptur durch retrograde Urethrographie unter Durchleuchtungskontrolle. Röntgen-Beckenübersichtsaufnahme: (Hinweis auf Frakturen), kein Katheterungsversuch! Differentialdiagnose: Blasenruptur. Therapie: Primärversorgung im frischen Verletzungsstadium. Beim Einriß transversale Naht, beim Abriß End-zu-End-Anastomose über einen transurethral eingelegten Katheter. Passagere Urinableitung über eine suprapubische Blasenfistel, ausgiebige Drainage des Wundgebietes. Prognose: Falls keine Primärversorgung: Gefahr der Vernarbung mit Strikturbildung.
783 Therapie: Laparotomie —»zweischichtiger Verschluß der Ruptur —» perivesikale Wunddrainage —» Urinableitung über Dauerkatheter. Ohne operative Versorgung Anstieg der Letalität durch Urinphlegmone, Beckenosteomyelitis, Peritonitis, Senkungsabszesse. 4. Verletzungen der Harnröhre Ursache der Verletzung: stumpfes Trauma auf den Damm, Scherkräfte beim Beckentrauma.
Symptome: Direkte Harnröhrenruptur: - Blutung aus der Harnröhre, - Harnverhaltung, - Hämatom in Damm und Skrotum. Indirekte Harnröhrenruptur: - Blutung in den retropubischen Raum. Bei Harnröhrenabriß: - Harnblase faustgroß über der Symphyse. Diagnose: wichtiger Hinweis auf Lokalisation und Ausdehnung der Ruptur: retrograde Urethrographie unter Durchleuchtungskontrolle. Kein Katheterungsversuch! Röntgen-Beckenübersichtsaufnahme. Therapie: Primärversorgung, bei Abriß: End-zu-End-Anastomose über Katheter, bei Einriß: transversale Naht. Urinableitung über suprapubische Blasenfistel, Drainage des Wundgebietes. Gefahr der Vernarbung mit Strikturbildung.
9.5 Penis 1. Penisfraktur: Ätiologie und Pathogenese: Zerreißung der Tunica albuginea und des spongiösen Schwellkörpergewebes durch stumpfes Trauma bei erigiertem Penis. Diagnose: Hämatom im Penisschaftbereich. Abknickung des Gliedes. Therapie: Naht der Tunica albuginea. Masturbationsverletzungen: Ätiologie und Pathogenese: Verstümmelung der vorderen Harnröhre oder der Penisspitze ζ. B. durch Staubsaugereinwirkung. Therapie: Wiederherstellung der zerrissenen Schwellkörper und der Harnröhre, ggf. Penisteilamputation. Penisluxation: Ätiologie und Pathogenese: Zirkulärer Vorhautabriß um die Glans penis. Das Glied gleitet aus dem Hautschlauch in die seitliche oder darunter liegende Haut. Therapie: Reposition und Naht.
Penisfraktur Zerreißung des Schwellkörpergewebes durch stumpfes Trauma. Diagnose: Hämatom im Penisschaftbereich, Abknikkung des Gliedes. Therapie: Naht der Tunica albuginea. Masturbationsverletzung: Behandlung durch Wiederherstellung des zerrissenen Schwellkörpers und der Harnröhre. Penisluxation: Behandlung durch Reposition und Naht.
784
XXXI. Urologie
10. Nebenniere (s. Kapitel XXIX./3. Nebennieren)
Fertilitätsstörungen, Sterilisierung des Mannes
11. Fertilitätsstörungen, Sterilisierung des Mannes 11.1 F e r t i l i t ä t s s t ö r u n g e n (s. Lehrbücher der Dermatologie) Beteiligung des Mannes an der Infertilität einer Ehe zwischen 30 und 50 %. Deshalb immer zuerst die andrologische vor der gynäkologischen Diagnose und Therapie. Ätiologie: Störungen der Hodenfunktion oder Erkrankungen der samenableitenden Wege und der akzessorischen Geschlechtsdrüsen.
Hodenfunktionsstörungen
11.1.1 Hodenfunktionsstörungen
Primärer Hodenschaden ohne Androgenmangel: Zeichen: viriler Habitus, Hoden normal groß bis hypoplastisch. Oligospermie bis Azoospermie. Vorkommen bei: - Anlage- und Entwicklungsstörungen, - Infektionskrankheiten, - Zirkulationsstörungen. Ferner durch: Zytostatika, ionisierende Strahlung, Traumen.
11.1.1.1 Primärer Hodenschaden ohne Androgenmangel Ätiologie und Pathogenese: Normogonadotroper Hypogonadismus (einfache Hodeninsuffizienz). Viriler Habitus. Hoden normal groß bis hypoplastisch. Oligospermie bis Azoospermie. Ungestörte Leydig-Zell-Funktion. Bei Anlage- und Entwicklungsstörungen (Germinalaplasie, kongenitale Hodenhypoplasie, primäre Hodendystopie), Infektionskrankheiten (Mumps, Varicellen), Wärmeschäden (Kryptorchismus, enganliegende Hosen), Zirkulationsstörungen (Varikozele, Arteriosklerose, Anämie), Zytostatika, ionisierende Strahlen, Traumen.
Primärer Hodenschaden mit Androgenmangel Zeichen: - Rückbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale, - psychische Ausfallserscheinungen, - Hoden manchmal fehlend. - Prostata atrophisch, - Ejakulatvolumen reduziert. - Zum Teil Aspermatismus, - Beeinträchtigung der Spermienzahl und Form, - Testosteronspiegel und Ausscheidung erniedrigt. Ursachen: kongenital, Hodenschäden bei Geburt, iatrogene Gefäßverletzungen, Traumen, Hodentorsion, Gefäßprozesse, chronische Anämie, Myxödem, Cushing-Syndrom, Leberzirrhose, Intoxikationen, Klimakterium virile.
11.1.1.2 Primärer Hodenschaden mit Androgenmangel Ätiologie und Pathogenese: Hypergonadotroper Hypogonadismus. Präpuberai: Eunuchismus oder Eunuchoidismus. Postpuberai: Rückbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale, psychische Ausfallserscheinungen. Hoden klein, normal groß oder fehlend. Prostata atrophisch, Ejakulatvolumen reduziert bis zum Aspermatismus. Alle Grade der Beeinträchtigung von Zahl, Beweglichkeit und Form der Spermien. Gonadotropinwerte im Harn über 80 MUE/24 h. Testosteronspiegel im Serum und Testosteronausscheidung im Harn erniedrigt. Histologischer Befund: Leydig-Zellen vermehrt. Tubulusschädigung. Ursachen: kongenital (Anorchie, Hodendysgenesie, Klinefelter-Syndrom), Hodenschäden bei der Geburt (Beckenendlage), iatrogene Gefäßverletzungen (Operation von Leistenhoden, Leistenbruch, Varikozele, Hydrozele), Traumen, Hodentorsion, Infektion (häufigste Ursache), Gefäßprozesse, chronische Anämie, Myxödem, Cushing-Syndrom, Leberzirrhose, Intoxikationen, Klimakterium virile.
Idiopathischer sekundärer Hodenschaden
11.1.1.3 Idiopathischer sekundärer Hodenschaden
Ursache: Insuffizienz der ICSH- oder FSH-Produktion des Hypophysenvorderlappens.
Ätiologie und Pathogenese: Mehrzahl der Patienten mit sekundärem Hodenschaden. Ursache: Insuffizienz der ICSH- oder FSH-Produktion (oder beide zusammen) des Hypophysenvorderlappens. Idiopathischer Eunuchoidismus: Präpuberaler Mangel an FSH, ICSH. Hoden klein, Gonadotropine nicht nachweisbar oder vermindert. Präpuberaler selektiver ICSH Mangel: Eunuchoidismus, Hoden normal groß, Mißverhältnis zwischen Penis- und Hodengröße, Oligo- bis Hypospermie. Postpuberaler selektiver ICSH Mangel: Postpuberale Leydig-Zellinsuffizienz, erniedrigte Fruktosekonzentration, Ejakulatvolumen grenzwertig, Spermiendichte normal oder leicht vermindert.
Formen: - Idiopathischer Eunuchoidismus, - präpuberaler selektiver ICSH-Mangel,
postpuberaler selektiver ICSH-Mangel,
Nebenniere
785
Selektiver FSH Mangel: Störung von Samenreifung bis SpermiogeneseStop. Dann Azoospermie.
- selektiver FSH-Mangel.
11.1.1.4 Symptomatischer sekundärer Hodenschaden
Symptomatischer sekundärer Hodenschaden Ursache: Läsion der Adenohypophyse. 1. Isolierter Gonadotropinausfall: Einstellung der Gonadotropinsekretion, Hemmung der Spermiogenese, Oligo- bis Azoospermie.
Ursache: Läsion der Adenohypophyse. Isolierter Gonadotropinausfall: Einstellung der Gonadotropinsekretion, H e m m u n g der Spermiogenese, Oligo- bis Azoospermie. Ursache: Funktioneller Hypopituitarismus (Unterernährung, chronische Krankheiten, Diabetes mellitus, nach schweren Operationen und nach schweren psychischen Belastungen), organisch (Hypophysenadenome), erhöhte Androgenproduktion (Tumor oder Hyperplasie der Nebennierenrinde, Leydig-Zelltumor), erhöhter Östrogenspiegel, feminisierende Tumoren der Nebennierenrinde und des Hodens, Östrogentherapie beim Prostatakarzinom, Leberschaden). Panhypopituitarismus: Mangel an Gonadotropin und Wachstumshormon beim hypophysären Zwergwuchs. Zerstörung der Hypophyse durch Tumoren (Kraniopharyngeome, Riesenzellgranulome), spezifische und unspezifische Entzündungen, Schädelbasisfraktur.
2. Panhypopituitarismus: Mangel an Gonadotropin und Wachstumshormonen bei hypophysärem Zwergwuchs.
11.1.2 Erkrankungen der samenableitenden W e g e
Erkrankungen der samenableitenden Wege Krankheitsentstehung durch Mil?bildungen. Ursache: - Entzündungen, - iatrogene Läsionen, - Tumoren, - funktioneller Aspermatismus.
Ätiologie und Pathogenese: Mißbildungen (Aplasie, Hypoplasie, Zysten von Samenleiter, Nebenhoden, Ductus ejaculatorius und Rete testis). Wichtigste Ursache: Entzündungen (Epididymitis, narbige Obliterationen in Schwanz, Kopf, Körper des Nebenhodens, dann in Ductus ejaculatorius, selten im Ductus deferens), iatrogene Läsionen (versehentliche oder beabsichtigte Unterbindung und Durchtrennung der Samenleiter, Traumatisierung der Nebenhodenarterie), Tumoren (Samenblase, Nebenhoden), funktioneller Aspermatismus (Ausbleiben der Ejakulation bei vorhandenem Orgasmus und normalen anatomischen Verhältnissen).
11.1.3 Erkrankungen der akzessorischen Geschlechtsdrüsen Ätiologie und Pathogenese: Unspezifische Prostatitis (Beeinträchtigung der Motilität), Stenosierung der Ductus ejaculatorii (Oligospermie), narbige Atrophie der Prostata selten (Aspermatismus), tuberkulöse Adnexitis (Oligospermie, Aspermie).
Erkrankungen der akzessorischen Geschlechtsdrüsen Krankheitsentstehung durch: - unspezifische Prostatitis, - Stenosierung der Ductus ejaculatorii, - narbige Atrophie der Prostata (selten), - tuberkulöse Adnexitis.
11.1.4 Diagnostik der Fertilitätsstörungen
Diagnostik der Fertilitätsstörungen
11.1.4.1 Einfache Fertilitätsuntersuchung
1. Einfache Fertilitätsuntersuchung: Anamnese, Wuchs, Fettverteilung, Behaarung, Gynäkomastie, Untersuchung des äußeren Genitale, Prostata, Ejakulat.
Anamnese: Mumpsorchitis, Operationen im Genitalbereich, Deszensusstörungen der Hoden, Pubertätseintritt, Infekte, außergewöhnliche Belastungen. Körperliche Untersuchung: Wuchs, Fettverteilung, Behaarung, Gynäkomastie, Untersuchung des äußeren Genitale, der Prostata, des Ejakulates. Ejakulatuntersuchung: 1. Spermatozooenfreie Fraktion aus Cowper- und Littre-Drüsen. 2. Fraktion mit dem Hauptanteil der Spermatozoen aus dem Sekret der Prostata und der Bläschendrüsen. 3. Fraktion: Meist unbewegliche Spermatozoen. Bedingung: 5tägige sexuelle Karenz, Ejakulat durch Masturbation gewonnen. Kein Kondom verwenden, da spermiozide Substanzen. Normales Spermiogramm: Milchig-weiß-opal; Geruch nach blühenden Edelkastanien. Koaguliert nach der Ejakulation, verflüssigt sich nach 5 - 3 0 min. Volumen 2 - 6 ml, p H 7, 2 - 7 , 8 . Mikroskopische Parameter: Tabelle 31-4.
XXXI. Urologie
786 Tabelle 31-4 Andrologische Nomenklatur der Ejakulatbefunde Normospermie:
Alle Spermaqualitäten im Normbereich
Volumen: Multisemie: Parvispermie: Aspermatismus: Spermiendichte: Aspermie: Azoospermie: Kryptospermie: Oligospermie: Hypospermie: Polyspermie:
Volumen über 8 ml (Krankheit der akzessorischen Geschlechtsdrüsen) Ejakulatvolumen unter 1,5 ml (bei Androgenmangel, unvollkommene Ejakulation) Ausbleiben des Samenergusses Fehlen von Spermien und Samenreifungszellen Spermien fehlen, Zellen der Spermiogenese vorhanden Spermienzahlen unter 1 M i l l . / m l Spermienzahlen von 1 - 2 0 M i l l . / m l Spermienzahlen zwischen 20 und 40 M i l l . / m l Spermienzahlen über 250 M i l l . / m l
Motilität: Asthenospermie: Akinospermie: Nekrospermie:
Bewegungseinschränkung unter 60 % Alle Spermien unbeweglich Alle Spermien abgestorben
Oligoasthenoteratospermie: Spermiendichte, -qualität und -quantität der Motilität, Quantität der Morphologie gleichermaßen herabgesetzt (Tubulusschaden) Morphologie: Teratospermie:
über 30 % pathologische Spermien
Polyzytospermie:
über 5 % Spermiogenesezellen
Andere pathologische Ejakulatbefunde Pyospermie: Hämospermie:
2. -
Erweiterte Fertilitätsuntersuchung: Fruktosebestimmung, Zitronensäurebestimmung, Hormonuntersuchungen, chromosomale Geschlechtsdiagnose.
-
DNS-Gehalt der Spermien, Fortbewegungsgeschwindigkeit und -dauer der Spermien.
3. Hodenbiopsie: s. Abb.31-28.
Reichlich Leukozytenbeimengungen im Sperma Reichlich Blutbeimengungen im Sperma
11.1.4.2 Erweiterte Fertilitätsuntersuchung Fruktosebestimmung, Zitronensäurebestimmung, Hormonuntersuchungen (Gonadotropine, Androgene, Östrogene, Schilddrüsenhormone). Chromosomale Geschlechtsdiagnose. Immunbiologische Untersuchung: DNS-Gehalt der Spermien, Fortbewegungsgeschwindigkeit und -dauer. s. Lehrbücher der Andrologie und Dermatologie. 11.1.4.3 Hodenbiopsie Indikationen: Differenzierung: Verschlußaspermie und schwerer Tubulusschaden, primärer und sekundärer Tubulusschaden, prä- und postpuberale Schäden, Nekrospermie. Operationstechnik: Abb. 31-28
Abb. 31-28 Hodenbiopsie
787
Nebenniere 11.1.4.4 Durchgängigkeitsprüfung Freilegung und Punktion des Ductus deferens in seinem skrotalen Anteil in Lokalanästhesie. Meistens in Zusammenhang mit der Reanastomosenoperation, vorher jedoch Hodenbiopsie. Durchgängigkeitsprüfung mit 5 ml 0,9%igem NaCl, in Ausnahmesituationen auch röntgenologisch mit wasserlöslichem Kontrastmittel als Vesikulographie.
4. Durchgängigkeitsprüfung: Freilegung und Punktion des Ductus deferens im skrotalen Anteil —> Durchgängigkeitsprüfung mit 0,9%igem NaCl oder mit wasserlöslichem Röntgenkontrastmittel als Vesikulographie.
11.1.5 Therapie der Fertilitätsstörungen
Therapie der Fertilitätsstörungen
Hormonelle Therapie: Primärer Hodenschaden ohne Androgenmangel (Testosteron, Mesterolon, Choriongonadotropine, Vitamin Α und E). Primärer Hodenschaden mit Androgenmangel (Dauersubstitution mit Testosteron). Sekundärer Hodenschaden (HCG, Androgensubstitution).
Hormonelle Therapie: bei - primärem Hodenschaden ohne Androgenmangel, - primärem Hodenschaden mit Androgenmangel, - sekundärem Hodenschaden. Operative Therapie: bei Verschlußaspermie durch Reanastomosierungsverfahren, in seltenen Fällen künstliche Spermatozele. Varikozele: erweitertes Venengeflecht durch insuffiziente Klappen der V. spermatica.
Operative Therapie: Verschlußaspermie (Epididymovasoneostomie, Reanastomosierung des Ductus deferens, künstliche Spermatozele). Varikozele: Ätiologie und Pathogenese: Erweitertes Venengeflecht infolge insuffizienter Klappen der V. spermatica, überwiegend links.. Therapie: Suprainguinale retroperitoneale Ligatur der V. spermatica.
Therapie: Ligatur der V. spermatica.
11.2 Sterilisierung des Mannes
Sterilisierung des Mannes
Operationstechnik: Beide Samenstränge werden am Skrotalansatz reseziert (3 cm lang), unterbunden und durchtrennt. Indikationen: Eugenische Sterilisation (Geisteskrankheiten), zur Familienplanung: Nur verheiratete Männer über 35 Jahre mit 2 - 3 Kindern. Zustimmung der Ehefrau Voraussetzung. Schriftliches Einverständnis beider Ehepartner. Juristisch ohne Widerspruch. Prognose: Indikation wegen der geringen Erfolgsaussichten auf spätere Wiederherstellung der Zeugungsfähigkeit durch Vasovasostomie aber sehr kritisch zu stellen. Komplikationen: Spermagranulome, Stauungszustände im Nebenhodenkopf, Häufung von Autoimmunerkrankungen durch Auftreten von Spermaantikörpern selten. Psychische Störungen möglich.
Operationstechnik: Resektion beider Samenstränge am Skrotalansatz, Unterbindung und Durchtrennung.
11.3 Induratio penis plastica
Induratio penis plastica Bindegewebeverdickung der Tunica albuginea penis. Folge: partielle Schlaffheit des Gliedes bei der Erektion, Immission oft unmöglich, Schmerzen bei der Erektion.
(Peyronie's disease)
Epidemiologie: 5. und 6. Lebensdezennium. Familiäre Veranlagung. Ätiologie und Pathogenese: Ursache unbekannt. Umschriebene Bindegewebeverdickung der Tunica albuginea penis mit Ausdehnung in das Corpus cavernosum penis; auch Mitbeteiligung des Penisseptums. Histologisch: Fibrinoide Degeneration der Blutgefäßwand mit reaktiver Fibrose. Durch gestörte Blutversorgung partielle Schlaffheit des Gliedes bei der Erektion. In 60 % mit Dupuytren-Kontraktur der Palmarfaszie vergesellschaftet. Klinische Symptomatologie: Abknickung des Gliedes bei der Erektion, Immission oft unmöglich, Schmerzen bei der (meist unvollständigen) Erektion in 60%. Diagnose und Differentialdiagnose: Harte, glatte, gut abgrenzbare, sträng-, platten- oder spangenförmige Bindegewebeinfiltrate der Tunica albuginea am Penisrücken. Die darüberliegende Haut gut verschieblich. Differentialdiagnose: Kongenitale Schnürringe, bindegewebig organisierte Blutergüsse nach Traumen, Narben nach entzündlichen Prozessen, Gichtknoten, leukämische Infiltrate, Metastasen.
Wiederherstellung der Zeugungsfähigkeit sehr unwahrscheinlich. Komplikationen: - Spermagranulome, - Stauungszustände, - psychische Störungen.
Diagnose: harte, abgrenzbare Bindegewebeinfiltrate der Tunica albuginea am Penisrücken. Differentialdiagnose beachten.
788 Therapie: lokale Bestrahlung, operative Entfernung der Plaques, evtl. Implantation einer Penisprothese. Völlige Heilung selten. Oft Besserung.
Urologische Erkrankungen im Kindesalter Meist Harnabflußstörungen. Gefahr der Harnwegsinfektion und Niereninsuffizienz. Symptome frühestens bei der beginnenden Niereninsuffizienz: - Einschränkung der renalen Konzentrationsfähigkeit.
XXXI. Urologie Therapie: Spontanremission selten und nur in Einzelfällen. Lokale Bestrahlungsbehandlung in Kombination mit Vitamin E, operative Entfernung der Plaques; bei hochgradiger Verkrümmung auch Implantation einer Penisprothese. Prognose: Völlige Heilung selten. In vielen Fällen Besserung oder bleibender stationärer Zustand.
Luft gelangt während der Inspiration in den Pleuraraum, kein Entweichen bei Exspiration. Folge: intrapleuraler Druck mit Kompression von V. cava und intakter Lunge —» Behinderung des venösen Rückstroms zum Herzen —» konsekutive Hypoxie —* lebensbedrohlicher Notfall. Symptome: - Dyspnoe, - Tachykardie, - Einflußstauung, - Zyanose, - verbreiterte Interkostalräume, - Zwerchfelltiefstand, - fehlendes Atemgeräusch, - hypersonorer Klopfschall, - evtl. Mediastinalemphysem. Diagnose: - Perkussion, - Auskultation und Inspektion, - Röntgen-Thoraxaufnahme. Therapie: sofortige Entlastungspunktion: - Tiegel-Punktionskanüle (s. Abb. 32-26). Definitive Druckentlastung: - Thoraxdrainage Bei Verschlechterung der Respiration: - Notthorakotomie zur Beseitigung des Ventilmechanismus. 5. Hämatothorax Entstehung meist durch Rippenfraktur mit: - Zerreißung der Pleura, - Läsion der Brustwandgefäße, - BWK-Frakturen, - Verletzung intrathorakaler Organe und Gefäße, - Verletzung des Zwerchfells. Symptome: - Hypovolämie, - abgeschwächtes Atemgeräusch, - Klopfschallverkürzung. Diagnose: - Röntgen-Thorax: Verschattung der verletzten Seite, Mediastinalverschiebung. Therapie: - Schockbekämpfung, - Thoraxdrainage. Bei anhaltender Blutung: operative Blutstillung und Ausräumung der Koagel.
1.2.4.3 Lungenverletzungen
Lungenver letzungen
Lungenkontusion Häufigste Begleitverletzung des stumpfen Thoraxtraumas, gekennzeichnet durch hämorrhagische Durchsetzung des Lungenparenchyms. Man unterscheidet zwei Formen: Einfache Lungenkontusion Auftreten von lokalisierten hämorrhagischen Lungenbezirken ohne respiratorische Insuffizienz. Spezielle Behandlung nicht erforderlich.
Lungenkontusion häufigste Begleitverletzung des stumpfen Thoraxtraumas. Hämorrhagische Durchsetzung des Lungenparenchyms. Einfache Lungenkontusion hämorrhagische Lungenbezirke ohne respiratorische Insuffizienz. Keine spezielle Behandlung.
XXXII. Unfallchirurgie
806 Schwere Lungenkontusion Ausbildung eines interstitiellen oder alveolären Ödems durch kapilläre Permeabilitätsstö rung. Diagnose: durch arterielle Blutgasanalyse —» Globalinsuffizienz. Therapie: - Intubation und PEEP-Beatmung. - Humanalbumin: Aufrechterhaltung eines hohen intravasalen Drucks, gleichzeitig: Flüssigkeitsrestriktion, - hohe Dosen Kortison, - keine operative Therapie. Lungenparenchymzerreißung Sonderform: zentrale Ruptur —>intrapulmonales Hämatom. Symptome: - Hämatothorax, - Pneumothorax, - Hämoptoe bei zentraler Ruptur. Therapie: zuerst Thoraxdrainage, bei anhaltender Blutung: operative Versorgung —» Lungennaht, Segmentresektion, Lobektomie. Verletzungen des Tracheobronchialsystems
Symptome: oft symptomlos, aber auch lebensbedrohliche Symptomatik: - Dyspnoe, - Zyanose, - Hämoptyse. Evtl. Initialsymptom: Hautemphysem. Diagnose: Sicherung durch Bronchoskopie. Therapie:
Schwere Lungenkontusion Neben der hämorrhagischen Durchsetzung des Lungenparenchyms kommt es durch eine Permeabilitätsänderung der Kapillarwand zu einem interstitiellen, teilweise auch alveolären Ödem (Vorsicht: Verschlechterung durch Infusion großer Mengen kristalloider Lösung!). Diagnose: Auf der Röntgen-Thoraxaufnahme ist initial häufig das Ausmaß der Kontusionierung nicht erkennbar; wichtig ist die arterielle Blutgasanalyse (Globalinsuffizienz!). Therapie: Intubation und PEEP-Beatmung, Aufrechterhaltung eines hohen intravasalen onkotischen Drucks (Gabe von Humanalbumin) bei gleichzeitiger Flüssigkeitsrestriktion, Kortison in hohen Dosen. Keine operative Therapie. Lungenparenchymzerreißung Lungenlazeration oder Lungenruptur werden meist durch direkte Gewalteinwirkung oder perforierende Verletzungen verursacht. Eine Sonderform der Zerreißung des Lungenparenchyms stellt die zentrale Ruptur dar, die sich in Form eines intrapulmonalen Hämatoms manifestiert. Symptome: Hämato- bzw. Pneumothorax, Hämoptoe bei zentraler Rup-
Therapie: Stets zuerst Thoraxdrainage, größere Lungeneinrisse mit anhaltendem Blut- und Gasverlust erfordern die operative Versorgung (Lungennaht, Segmentresektion oder Lobektomie).
1.2.5 Verletzungen des Tracheobronchialsystems Penetrierende Brustkorbverletzungen weisen in ca. 2 % Verletzungen des Tracheobronchialsystems auf, häufig ist die Trachea betroffen. Stumpfe Thoraxtraumen führen nur in ca. 0 , 3 - 1 , 5 % zu Rupturen der großen Luftwege, wobei bevorzugt die Hauptbronchien im Bereich der Bifurkation verletzt werden. Symptome: Die klinische Symptomatik kann symptomlos bis lebensbedrohlich sein. Die klassische Trias: Mediastinalemphysem, Pneumothorax und Atelektase fehlt häufig. Schwere Dyspnoe, Zyanose und Hämoptyse finden sich vor allem bei ausgedehnter Verletzung. Ein Hautemphysem im Bereich des Jugulums kann sich als Initialsymptom zeigen. Diagnose: Stets Verdacht bei Mediastinalemphysem, Atelektase und persistierendem Pneumothorax (trotz Drainage). Diagnose wird durch Bronchoskopie gesichert. Therapie: Intubation und Einlage einer Thoraxsaugdrainage;
Einlage einer Thoraxsaugdrainage, Mediastinostomie zur Entlastung.
Tracheaabriß Pneumo-, HamatoSerothorax 7 Restriktion Pleura - _ schwarte Empyem
Trachea ' einriß
Bronchusruptur |-^Br.-stenose j-, , , Atelektasen Pneumo' Bronchiektasen Hämatothorax Br.-obstruktion Parenchymschrumpfung " Kont. Lungenkontusion PneuLungenruptur monie X Hämatothorax
Abb.32-5 Häufige Thoraxtraumen und ihre Folgeerscheinungen
Thoraxverletzungen bei ausgeprägtem Mediastinalemphysem Mediastinotomie zur Entlastung. Als verzögerte Notoperation sollte dann bei kleineren Lungenrissen die Übernähung erfolgen. Beim Bronchusabriß absolute OP-Indikation mit Bronchusnaht. Komplikationen: Übersehene Bronchusläsionen bzw. -abrisse haben Narbenstenosen, Atelektasen, Bronchiektasen und abszedierende Pneumonien zur Folge (Abb. 32-5). Stets operative Korrektur indiziert (Bronchusresektion mit End-zu-End-Anastomose, Lobektomie oder Pneumonektomie bei chronischen Infektzeichen).
807 Notoperation: Übernähung kleinerer Lungenrisse. Bei Bronchusabriß: absolute OP-Indikation —> Bronchusnaht. Komplikationen: - Narbenstenosen, - Atelektasen, - Bronchiektasen, - abszedierende Pneumonien (Abb. 32-5).
1.2.6 Verletzungen des Ösophagus
Verletzungen des Ösophagus
Läsionen des Ösophagus beim Thoraxtrauma sind sehr selten. Während bei Schuß- und Stichverletzungen bevorzugt der zervikale Anteil in Mitleidenschaft gezogen wird, liegt die Rupturstelle beim stumpfen Trauma kardianahe. Die Symptomatik, Diagnostik und Therapie entspricht dem Vorgehen bei Ösophagusperforationen anderer Genese (s. S. 436). Ösophago-tracheale Fistel Bei diesem Krankheitsbild handelt es sich u m eine seltene Verletzungsfolge nach schwerem, stumpfem Thoraxtrauma. Es werden Luft- und Speiseröhre durch Schleuderkräfte gegen die Wirbelsäule gedrückt. Infolge der Drucksteigerung in der Trachea bei geschlossener Glottis reißt die Luftröhre an der Pars membranacea etwa 1 - 2 cm ein. Dabei wird gleichzeitig die Ösophaguswand zwischen Trachea und Wirbelsäule gequetscht. Nach etwa 3 - 7 Tagen entsteht auf dem Boden einer Wandnekrose eine ösophago-tracheale Fistel. Symptome: Starker Hustenreiz vor allem beim Essen, Hautemphysem oder Hämoptyse. Folge ist eine Aspirationspneumonie.
Symptomatik, Diagnostik und Therapie wie bei Ösophagusperforation anderer Genese.
Diagnose: Fistelnachweis durch Bronchoskopie, Ösophagoskopie oder Ösophagogramm (wasserlösliches Kontrastmittel!). Therapie: Frühzeitige operative Beseitigung des Defekts an Ösophagus und Trachea.
Ösophago-tracheale Fistel Verletzung nach stumpfem Thoraxtrauma. Luft- und Speiseröhre werden gegen die Wirbelsäule gedrückt—» Drucksteigerung in der Trachea —» Einreißen der Luftröhre —>Quetschung der Ösophaguswad zwischen Trachea und Wirbelsäule —> Folge: Wandnekrose, ösophago-tracheale Fistel.
Symptome: - starker Hustenreiz, - Hautemphysem, - Hämoptyse —» Aspirationspneumonie. Diagnose: Fistelnachweis durch Bronchoskopie, Ösophagoskopie, Ösophagogramm (Gastrografin). Therapie: operative Beseitigung des Defektes.
1.2.7 Verletzungen des Herzens und der großen Gefäße (s. auch Kapitel XXII./2. Herzchirurgie)
1.2.7.1 Herzkontusion Bei etwa 10 % aller schweren, stumpfen Thoraxverletzungen (ζ. B. Lenkradaufprall) muß mit einer Myokardkontusion gerechnet werden. Symptome: Atemunabhängiger, präkordialer Schmerz, ZVD-Anstieg bei passagerer Links- oder Rechtsherzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen. Diagnose: EKG, Anstieg der Enzyme (CK mb , LDH] und LDH 2 ).
Herzkontusionen Nach stumpfen Thoraxverletzungen. Symptome: präkordialer Schmerz, ZVD-Anstieg (bei passagerer Herzinsuffizienz), Herzrhythmusstörungen. Diagnose: EKG, Anstieg der Enzyme.
Therapie: EKG-Monitoring, Bettruhe, evtl. Antiarrhythmika und Digitalisierung. Komplikationen: Hämoperikard, Herzwandaneurysma, Spätruptur.
1 . 2 . 7 . 2 H e r z r u p t u r (s. auch S. 381) Herzwandrupturen nach stumpfen Thoraxtraumen sind eine Rarität. Die Patienten sterben in der Regel am Unfallort. Umschriebene Läsionen, wie
Therapie: EKG-Monitoring, Bettruhe, evtl. Antiarrhythmika und Digitalisierung. Komplikationen: Hämoperikard, Herzwandaneurysma, Spätruptur. Herzruptur nach stumpfem Thoraxtrauma selten. Meist Exitus am Unfallort.
XXXII. Unfallchirurgie
808
Symptome: akute Herzinsuffizienz, Hypotonie, Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkt, Aneurysma. Therapie: wie bei ähnlichen, nichttraumatischen Herzschäden. Penetrierende Herzverletzungen Patienten erreichen meist nicht lebend die Klinik.
Symptome: - akute Herztamponade, - hoher ZVD, - Hypotonie bis zum Schock, - Pulsus paradoxus, - abgeschwächte Herzgeräusche, - Niedervoltage im EKG. Bei Verbindung zwischen Pleura und Perikardhöhle: - Verblutungstod. Diagnose:
Herzklappeneinrisse, Papillarmuskelabrisse, Septumdefekte, Vorhofläsionen sowie Verletzungen der Koronararterien haben eine günstigere Prognose. Symptome: Klinische Zeichen sind akute Herzinsuffizienz, Hypotonie bis zur Drucklosigkeit, Rhythmusstörungen, Herzinfarkt, Aneurysma. Die Diagnostik und Behandlung entspricht dem Vorgehen bei ähnlichen, nichttraumatischen Herzschäden (OP mit extrakorporalem Kreislauf)·
1.2.7.3 Penetrierende Herzverlefzungen 80 % der Patienten mit einer penetrierenden Herzverletzung erreichen nicht lebend die Klinik. In der Hälfte der Fälle ist der rechte Ventrikel verletzt, dann der linke Ventrikel und der rechte Vorhof. Symptome: Kleine Läsionen können durch Spontanabdichtung symptomlos verlaufen. In der Regel findet sich jedoch eine akute Herzbeuteltamponade (obere Einflußstauung, hoher ZVD, Hypotonie bis zum Schock, Pulsus paradoxus, abgeschwächte Herzgeräusche, Niedervoltage im EKG). Besteht Verbindung zwischen Pleura- und Perikardhöhle, kommt es zum Verblutungstod. Diagnose: Diagnosesicherung durch Perikardpunktion phie.
(Blut!).
Sonogra-
Perikardpunktion, Sonographie. Therapie: sofortiger operativer Verschluß.
Therapie: Sofortiger operativer Verschluß der Läsion.
1.2.8 Traumatische Zwerchfellrupturen (s. S. 311) Offenes Thoraxtrauma selten in Friedenszeiten. Diagnose: äußere Wunde. Verletzung intrathorakaler Organe - • Pneumothorax, Blutung. Therapie: nach Richtlinien der chirurgischen Wundbehandlung evtl. Thorakotomie.
1.3 Offenes Thoraxtrauma Offene Thoraxverletzungen (Stich-, Schuß-, Hieb- und Pfählungsverletzungen) sind in Friedenszeiten zehnmal seltener als stumpfe Thoraxverletzungen. „Blast injuries" (sog. Explosionsverletzungen) trifft man fast nur in Kriegszeiten an. Die penetrierenden Verletzungen haben als gemeinsames Merkmal die äußerlich erkennbare Wunde, deren Form abhängig ist vom eingedrungenen Fremdkörper (Geschoßkugel, Messerklinge usw.). Ihre klinische Relevanz ist in erster Linie bedingt durch die begleitenden intrathorakalen Organverletzungen, deren Diagnostik und Therapie im Rahmen der Organverletzungen beim stumpfen Thoraxtrauma abgehandelt wurde. Die offenen Weichteilverletzungen der Thoraxwand werden nach den allgemeinen Richtlinien der chirurgischen Wundbehandlung versorgt.
Zweihöhlen Verletzungen
1.4 Zweihöhlenverletzungen
stumpfes Thoraxtrauma kombiniert mit Abdominaltrauma.
Stumpfe Thoraxtraumen sind in ca. 20 % mit Abdominaltraumen vergesellschaftet. Diese Kombination erhöht die Letalität auf ca. 40 %. Operativ anzugehende Zweihöhlenverletzungen liegen bei 10 % aller Thoraxtraumen vor. Da die Schwere der Thoraxverletzung nach Einlage einer Bülau-Drainage in der Regel gut kontrollierbar ist, sollte bei positiver Abdominallavage zuerst der Bauchraum revidiert werden. Erfordert jedoch die Thoraxverletzung aus vitalen Gründen eine sofortige Intervention, so kann über eine Eröffnung des Zwerchfells das Abdomen inspiziert werden, gegebenenfalls eine Milzexstirpation oder Lebernaht durchgeführt werden. Müssen Abdomen und Thorax gleichzeitig operativ angegangen werden, so sollte es über 2 getrennte Inzisionen erfolgen (andernfalls Gefahr der Infektverschleppung vom Bauchraum in den Thorax).
Therapie Bülau-Drainage; Thorakotomie, evtl. mit Eröffnung des Zwerchfells zur Inspektion des Abdomens und evtl. Milzexstirpation oder Lebernaht. Bei gleichzeitiger operativer Behandlung von Abdomen und Thorax: 2 getrennte Inzisionen.
Literatur
Literatur Glinz, W.: Thoraxverletzungen. 2. Aufl., Springer 1979 Irmer, W., Baumgartl, F., Grewe, H. E., Zindler, M.: Dringliche Thoraxchirurgie. Springer, Berlin-Heidelberg-New York 1967 Lawin, P., Wendt, M.: Das Thoraxtrauma. Bibliomed Medizinische Verlagsgesellschaft 1981
809
XXXII. Unfallchirurgie
810 Abdominalverletzungen
2. Abdominalverletzungen L. C. Tung, D. Weber
Entstehen durch stumpfes oder perforierendes Trauma.
Abdominalverletzungen entstehen entweder durch ein stumpfes oder ein perforierendes Trauma, gelegentlich durch eine Kombination beider Verletzungsarten.
Stumpfes Bauchtrauma
2.1 Stumpfes Bauchtrauma 2.1.1 Häufigkeit und Bedeutung Die Zunahme der Verkehrsdichte, insbesondere durch Neuzulassung schneller Motorräder, und die Z u n a h m e psycho-sozialer Konflikte (Isolation, Rauschgift) mit entsprechenden suizidalen Tendenzen fuhren zu einer häufigeren Konfrontation mit stumpfen Bauchverletzungen. Arbeitsunfälle sind durch Rationalisierung und Automatisierung gefährlicher Produktionsabläufe eher rückläufig. Seit der Einführung des Sicherheitsgurtes in Kraftfahrzeugen wird über ein gehäuftes Auftreten von Darmverletzungen berichtet. Die Letalität liegt im allgemeinen zwischen 20 und 30 %. Sie ist wesentlich höher bei Polytraumatisierten und bei Patienten über 60 Jahren.
2.1.2 Ätiologie und Pathogenese
Häufigkeit der abdominellen Organ-Verletzungen.
Die häufigsten Ursachen eines stumpfen Bauchtraumas sind der Zusammenprall mit einem Kraftfahrzeug und der direkte Sturz (Fußgänger, Rad- und Motorradfahrer). Im Kindesalter finden sich gelegentlich stumpfe Bauchverletzungen durch den direkten Sturz auf eine Roller- oder Fahrradlenkstange. Im Erwachsenenalter werden die Unfallursachen noch ergänzt, ζ. B. durch Aufprall gegen das Fahrzeuglenkrad oder Anprall gegen den Sicherheitsgurt. Eine nicht unbedeutende Rolle spielen auch Patienten, die bei suizidaler Absicht aus größerer Höhe springen und sich dabei unter anderem Verletzungen der Abdominalorgane zuziehen. Das stumpfe Bauchtrauma kommt häufig als Begleitverletzung beim polytraumatisierten Patienten vor. Die Prognose verschlechtert sich bei zunehmender Anzahl der mitverletzten Organe. Im allgemeinen werden in abnehmender Häufigkeit folgende Organe am meisten betroffen:
Symptome: akutes Abdomen mit: - Druckschmerz, - Abwehrspannung,
Milz Leber Harnblase Mesenterialwurzel und Retroperitoneum Dünndarm Pankreas Nieren Gefäße Zwerchfell Dickdarm Magen und Duodenum
2.1.3 Klinische Symptomatologie Das akute Abdomen mit - Druckschmerz - Abwehrspannung
Abdominalverletzungen - Loslaßschmerz - fehlende Peristaltik steht bei der klinischen Beurteilung im Vordergrund. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist der hämorrhagische Schock mit Anstieg der Pulsfrequenz und Abfall des arteriellen Blutdrucks (intra- oder retroperitoneale Blutung). Bei einer Hohlorganperforation finden wir häufig Übelkeit und Erbrechen als Initialsymptome. Bei keiner vermuteten oder gesicherten Abdominalverletzung darf jedoch vergessen werden, daß ζ. B. gleichzeitig eine schwere Thoraxverletzung vorliegen kann, die u. U. eine primäre Behandlung erfordert. Gelegentlich treten bei anfänglich unauffälligem Bauchbefund erst nach 1 - 2 Tagen deutliche Symptome auf. Ursache hierfür können umschriebene Gewebeschäden oder Durchblutungsstörungen der Darmwand sein, die erst im weiteren Verlauf durch Nekrose und nachfolgende Perforation entsprechend in den Vordergrund treten. Bereits deswegen ist beim bloßen Verdacht auf eine stumpfe Bauchverletzung eine Beobachtung unter stationären Bedingungen unerläßlich!
811 Loslaßschmerz, fehlender Peristaltik. Hämorrhagischer Schock, Übelkeit, Erbrechen.
Achtung: bei Abdominalverletzung oft gleichzeitig Thoraxverletzung, die primäre Behandlung erfordert. Bei Verdacht auf stumpfe Bauchverletzung: stationäre Beobachtung!
2.1.4 Diagnostik Alle Untersuchungen konzentrieren sich auf die intraabdominelle Blutung und die Peritonitis!
• • • • • • • •
Klinische Untersuchung (Palpation, Perkussion, Auskultation) Kontrolle der Kreislauffunktionen Laboruntersuchungen (Hb, Leukozyten, Amylase, Lipase) Röntgen-Leeraufnahme (möglichst im Stehen —>Luftsichel) Katheterisierung der Harnblase Peritoneallavage Bildgebende Verfahren (Sonographie, CT, Angiographie) Diagnostische Laparotomie, wenn andere Methoden versagen und die Situation unklar bleibt.
Diagnostik
Die Peritoneallavage hat sich als diagnostisches Verfahren bewährt und ist stets beim Verdacht auf ein stumpfes Bauchtrauma durchzuführen und ggf. zu wiederholen. Vorgehen: Zunächst muß die Harnblase über einen Katheter entleert werden. In Lokalanästhesie wird 5 cm unterhalb des Nabels in der Medianlinie eine winzige Stichinzision angelegt. Ein über einen Trokar geschobener Kunststoffkatheter wird vorsichtig durch die feauchdecke gestoßen, wobei anschließend nach Zurückziehen des Trokars der Katheter intraabdominell weiter vorgeschoben wird. Vorteilhaft ist dabei das Hochziehen der Bauchdecke mit einer Klemme, u m iatrogene Darmverletzungen zu vermeiden (Abb. 32-6). Anschließend wird über den liegenden Katheter Kochsalzlösung (500 bis 1000 ml) instilliert, die dann durch einfaches Absenken der Infusionsflasche zurückläuft. Positive Befunde sind dabei
• • • • •
sofortige Blutentleerung bei der Punktion, blutige Verfärbung der Spülflüssigkeit, gallige Verfärbung der Spülflüssigkeit, trübe Flüssigkeit (Darminhalt), Abfließen der Spülflüssigkeit über einen bereits liegenden Blasenkatheter oder eine bereits liegende Thoraxdrainage.
Peritoneallavage Vorgehen: Blase über Katheter entleeren. Stichinzision 5 cm unterhalb des Nabels (in Lokalanästhesie) —» Kunststoffkatheter in die Bauchdecke stoßen nach Zurückziehen des Trokars: weiteres intraabdominelles Vorschieben des Katheters. Dabei Hochziehen der Bauchdecke mit einer Klemme —* Instillation von Kochsalzlösung über den Katheter.
Positive Befunde sind:
XXXII. Unfallchirurgie
812
Abb. 32-6 Peritoneallavage Laboruntersuchungen: Blutung: rotes Blutbild als Indikator. Pankreasverletzung: Erhöhung der α-Amylase, Leberverletzung: erhöhte Transaminase (nicht obligat). Peritoneallavage: sehr zuverlässig. Sonographie: Erfassung subkapsulärer Leberhämatome, Milzhämatome, Hämatome in der Bauchhöhle und im Retroperitoneum. Angiographie: Nachweis einer unklaren Blutungsquelle.
Therapie:
Bei den Laboruntersuchungen ist das rote Blutbild ein Indikator für eine mögliche Blutung. Eine Leukozytenerhöhung kann auf eine Milzruptur hinweisen. Eine Pankreasverletzung geht in der Regel mit einer Erhöhung der «-Amylase einher, während hingegen erhöhte Transaminasen nicht obligat eine Leberverletzung zur Ursache haben. Die Peritoneallavage ist mit ca. 90 % richtigen Aussagen sehr zuverlässig. Die Sonographie kann subkapsuläre Leber- und Milzhämatome, H ä m a t o m e in der Bauchhöhle und im Retroperitoneum ohne Belastung des Patienten gut erfassen. Die Angiographie der Abdominalgefäße vermag eine unklare Blutungsquelle dann nachzuweisen, wenn mindestens 0,5 ml Blut pro M i n u t e aus dem verletzten G e f ä ß austreten (selektive Angiographie!).
2.1.5 Therapie Eine absolute Operationsindikation stellen dar: • positive Lavage (Blutung!), • freie Perforation eines Hohlorganes, • Peritonitis, • posttraumatischer (!), paralytischer Ileus, • große B a u c h w a n d h ä m a t o m e und perforierende Bauchwandverletzungen.
Die Letalität einer aus diagnostischen G r ü n d e n durchgeführten Laparatomie ist mit unter 1 % gering. Spezielle Verletzungen Milzruptur Häufigste Organ-Verletzung bei stumpfem Bauchtrauma.
Symptome:
2.1.6 Spezielle Verletzungen 2.1.6.1 Milzruptur Trotz ihrer relativ geschützten Lage ist die Milz wegen ihrer zarten, zerreißlichen Beschaffenheit das am häufigsten verletzte Organ beim stumpfen Bauchtrauma. Zweizeitige Ruptur ist möglich (zuerst subkapsuläres Hämatom, später Kapselriß mit freier Blutung).
Symptome: • Linksseitiger Flankenschmerz • Schmerzen in der linken Schulter und im Schulterblatt • Kreislaufschock
Abdominalverletzungen
813
Diagnose: • Palpation (Druckschmerz, Peritonismus) • Leukozytose ( 2 0 0 0 0 - 3 0 0 0 0 ) • Hb-Abfall • Positive Peritoneallavage • ggf. sonographischer Hämatomnachweis
Diagnose:
Therapie: • Sofortige Laparatomie, bei Erwachsenen Splenektomie • Bei Kindern Versuch der Milzerhaltung (Fibrinklebung), wenn unmöglich, Splenektomie und Implantation von Milzfragmenten in das Omentum (Immundefizit!)
Therapie:
Komplikationen: - Nachblutung! - Thromboseneigung durch Thrombozytose, - linksseitige basale Pneumonie, Pleuraerguß.
Komplikationen:
2.1.6.2 Leberruptur
Leberruptur
Als größtes parenchymatöses Organ im Oberbauch ebenfalls stark gefährdet. Oft Kombination mit Rippenverletzungen. Rechter Leberlappen am häufigsten verletzt (70 %). Die ernste Prognose der Leberverletzung (ca. 50 % Letalität) wird von der Schwere der Zusatzverletzungen, der Größe des Blutverlustes, dem Alter des Patienten, der verstrichenen Zeit bis zur Operation und der eigentlichen Art der Leberverletzung bestimmt.
Prognose der Leberruptur abhängig von Größe der Leberverletzung und Schwere der Zusatzverletzungen, Blutverlust, Alter des Patienten.
Symptome: • Hämorrhagischer Schock • Oberbauchschmerz rechts • Schulterschmerz rechts • Zwerchfellhochstand rechts
Symptome:
Diagnose: • Palpation (Druckschmerz, Peritonismus) • Kreislaufkontrolle • Hb-Abfall! • Leukozytose! • Positive Peritoneallavage, ggf. sonographischer Hämatomnachweis • Laparatomie!
Diagnose:
Therapie: • Laparatomie; bei stabilem Kreislauf und nur leicht positiver Lavage zunächst Abwarten, • Ü b e m ä h u n g der Risse, Klebung mit Fibrinkleber, biologischer Tamponade mit Omentum majus, ggf. Leberresektion • bei massiver Blutung kurzfristige Abklemmung der Lebergefäße im Lig. hepatoduodenale („Pringle-Manöver", im allgemeinen möglichst kürzer als 30 min), ggf. einfache Mull-Tamponade tiefer Risse, • bei Abriß der Lebervenen und der V. cava inferior Versuch der Rekonstruktion (meist infauste Prognose).
Therapie:
Komplikationen:
Komplikationen:
• Nachblutung, auch durch Gerinnungsstörungen bei Massentransfusionen
~ Nachblutung,
XXXII. Unfallchirurgie
814 -
Gallenfistel, Leberzellnekrose, Leberabszeß, subphrenischer Abszeß, Hämobilie: Kommunikation zwischen Leberarterien und intrahepatischen Gallengängen. Symptomtrias: 1. Blutung, 2. Kolikschmerz, 3. intermittierender Ikterus. Therapie: Operation durch Gefäßumstechungen, Leberresektion, evtl. Ligatur des Leberarterienastes. Bilhämie: Kommunikation zwischen Lebervene und intrahepatischem Gallengang. Selten. Folge: Einfließen von Galle in das Niederdrucksystem der Lebervenen bzw. V. cava. Symptome: - septische Temperaturen, - sich rasch entwickelnder Ikterus. Therapie: - Kehr-T-Drainage, - direkter Fistelverschluß. Harnblasenruptur Besonders gefährlich bei voller Blase. Ursache: direktes Trauma oder Begleitverletzung bei Beckenfrakturen. Symptome:
Diagnose:
Therapie:
Komplikationen:
Mesenterialwurzelabriß, Retroperitonealblutung
Symptome:
• Gallenfistel • Leberzellnekrosen • Leberabszeß (s. S. 586) • subphrenischer Abszeß (s. S. 578) • Hämobilie: Kommunikation zwischen Leberarterienästen und intrahepatischen Gallengängen. Typische Symptomentrias: Blutung (Melaena), Kolikschmerz, intermittierender Ikterus. Diagnose durch ERC und Angiographie. Operation ist angezeigt: Gefäßumstechungen, Leberresektion, evtl. Ligatur des entsprechenden Leberarterienastes. Sklerosierung des zuführenden Arterienastes durch Radioangiotherapie kann versucht werden. • Bilhämie: Kommunikation zwischen Lebervene und intrahepatischem Gallengang, sehr selten. Durch den erhöhten Druck im Gallengangssystem kann Galle in das Niederdrucksystem der Lebervenen bzw. V. cava abfließen. Typische Symptome: septische Temperaturen und ein sich rasch entwikkelnder, hochgradiger Ikterus (Bilirubinwerte u m 80 pmol/l). Diagnose durch ERC, Angiographie oder hepatobiliäre Sequenzszintigraphie. Therapie: Kehr-T-Drainage, die mit einem Sog von 20 cm H 2 0 abgeleitet wird. Direkter Fistelverschluß oder Leberresektion unsicher und belastend. 2 . 1 . 6 . 3 H a r n b l a s e n r u p t u r (s. auch S.782) Besondere Gefährdung bei voller Blase. Ursache direktes Trauma oder Begleitverletzung bei Beckenfrakturen.
Symptome: • Suprapubischer Schmerz • Peritonismus. Diagnose: • Einlage eines Blasenkatheters (Makrohämaturie, kein Harnabfluß), unsicheres Zeichen, • Retrogrades Zystogramm mit Kontrastmittel über den Blasenkatheter, • Abfluß von Urin über Peritoneallavage-Katheter (Kontrolle mit Blaulösung möglich). Therapie: • Bei intraperitonealer Blasenruptur Laparatomie und Übernähung, • bei retroperitonealer Ruptur nur Entlastung mit Blasenkatheter, der ohnehin obligat eingelegt wird (Alternative: suprapubische Harnableitung). Komplikationen: • Urinphlegmone im perivesikalen Gewebe, • Blutungen (fibrinolytische Eigenschaften des Urins).
2.1.6.4 Mesenterialwurzelabriß, Retroperitonealblutung Bei Massenbeschleunigung des Darmkonvoiutes (Dezelerationstrauma) entsteht ein starker Zug am Mesenterium, insbesondere bei gefülltem Darm. Die Folge sind Einrisse mit möglichen intra- und retroperitonealen Blutungen. Ein längsverlaufender Einriß direkt am Darm führt häufig zu Durchblutungsstörungen des entsprechenden Darmabschnittes. Symptome: • Abdominalschmerz • Hämorrhagischer Schock
815
A b d o m i n a l Verletzungen • Darmparalyse • Peritonismus Diagnose: • Palpation (Druckschmerz, Abwehrspannung) • Auskultation (fehlende Peristaltik) • Hb-Abfall • Abdomen-Röntgenübersicht (unscharfer Psoasrand) • Peritoneallavage • Angiographie, Sonographie, CT • im Zweifel: Laparatomie! Therapie: • Bei intraabdomineller Blutung operativ, evtl. Darmresektion, • Behandlung des hämorrhagischen Schocks, • Antibiotika bei großem retroperitonealem Hämatom (Infektionsgefahr), • Behandlung der Darmparalyse (parenterale Ernährung, Magensonde, Peristaltika). Komplikationen: • Persistierende Blutung • Retroperitonealer Abszeß (Spätkomplikation) • Darmnekrose
Diagnose:
Φ=·
Therapie:
Komplikationen:
2.1.6.5 Dünndarmruptur
Dünndarmruptur
Dünndarmverletzungen stehen bei den intraabdominellen Hohlorganverletzungen an erster Stelle. Beim stumpfen Bauchtrama finden wir Verletzungsmechanismen, wie Kompression durch Aufprall schwerer Lasten, Sturz aus großer Höhe, Lenkradaufprall oder Huftritt. Das Ausmaß der Verletzung hängt von der Fläche der Einwirkung, der Bauchdeckenspannung, der Füllung und Ausweichmöglichkeit des Darms ab. Besonders gefährdet sind Patienten mit bestehenden Hernien, bei denen schon geringe intraabdominelle Drucksteigerungen schwere Folgen haben können.
Häufigste Verletzung intraabdomineller Hohlorgane. Besondere Gefährdung: Patienten mit Hernien.
Entsprechend der Gewalteinwirkung werden 3 Verletzungstypen unterschieden:
Man unterscheidet 3 Verletzungstypen:
1. Quetschung: am häufigsten, wobei der Darm gegen Widerlager (Wirbelsäule, Becken) gepreßt wird. Häufig multipel. Auch intramurale Hämatome mit späterer Darmwandnekrose und Perforation oder Ileus. 2. Berstung: flächenhafte Gewalteinwirkung bei gefülltem Darm. Berstung durch plötzliche intraluminale Druckerhöhung. Häufig nur ein Darmabschnitt. 3. Abrisse: durch Zug- oder Scherwirkung (Dezeleration) vor allem an anatomischen Fixierungspunkten (Aufprall, Liftunfall). Gefüllter Darm begünstigt diese Verletzungsart.
tangentiale Einrisse. Nur bei osteochondralen Fragmenten: Refixation möglich durch: - Schraubenosteosynthese, - Kirschner-Drähte, - Fixation mit körpereigenen kortikalen Spänen, - Fibrinklebung. In anderen Fällen nur Knorpelglättung.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
832 Örtliche und allgemeine Auswirkungen hierzu gehören:
1.4 Örtliche und allgemeine Auswirkungen
1. Hämatom durch Mitverletzung des Gefäßnetzes. Größte Ausdehnung erst nach 3 - 4 Tagen. Auch großer Volumenverlust möglich. Dadurch:
Die Versorgung einer Fraktur richtet sich weitgehend nach den bestehenden Begleitverletzungen und den örtlichen Auswirkungen der Fraktur. Deshalb ist der Behandlungsplan nicht allein vom Röntgenbild her festzulegen. Hämatom: Das mitverletzte Gefäßnetz des Periostes, des Havers-Systems und insbesondere des gefäßreichen Endostes bewirkt das Frakturhämatom, dessen wahres A u s m a ß erst nach 3 - 4 Tagen erreicht wird. Mit folgenden Blutverlusten bei geschlossenen Frakturen m u ß gerechnet werden: Unterarm 1 0 0 - 5 0 0 ml, H u m e r u s 2 0 0 - 9 0 0 ml, Unterschenkel 2 0 0 - 1 000 ml, F e m u r 3 0 0 - 3 000 ml, Becken 4 0 0 - 4 000 ml. Durch diesen Volumenmangel kann der Verletzte leicht in eine
2. Schocksituation. —> Durch große Blutmengen auch Kompressionen mit erhöhtem Innendruck möglich. Folge: —* Kompart· ment-Syndrom. —» Ermittlung seines Ausmaßes durch Tastung des peripheren Pulses.
Schocksituation (s. Kap. XII.) geraten! Diese großen Blutmengen bedingen auch eine Kompression des umliegenden Gewebes (Gefäße, Nerven, Muskulatur). Daher bei Frakturen immer den Puls peripher der Verletzung tasten, u m sich über das A u s m a ß des Schocks und der eventuellen Kompression zu orientieren. Der erhöhte Innendruck kann zum Kompartment-Syndrom (s. 1.8.3) führen. Darüber hinaus kann er Ursache für eine Heilungsstörung werden, wenn infolge einer Venenthrombose der a b f ü h r e n d e n Knochengefäße ein primär nur avaskuläres Fragment schließlich avital wird, da es den Anschluß an das Gefäßnetz nicht wieder findet.
3. Muskulatur Kontraktion der unverletzten Muskulatur durch Fehlstellung Daher: sofortige Reposition.
Muskulatur: Auch die unverletzte Muskulatur kontrahiert sich durch die Fehlstellung, nicht nur der mitverletzten und daher zwangsläufig nur narbig ausheilende Muskel. Schmerzen fördern die Muskelkontraktion und damit die Fehlstellung. Deshalb m u ß eine sofortige Reposition gefordert werden, auch wenn später eine operative Stabilisierung geplant ist. KompartmentSyndrom einschließlich Volkmann-Kontraktur s. 1.8.3 und 1.8.4. Nerven können primär durch die einwirkende Kraft oder sekundär durch das Frakturhämatom, Behandlungs- oder Lagerungsfehler geschädigt werden. Typische Lokalisationen sind Orte, an denen der Nerv einem Skelettanteil dicht anliegt: N. radialis - Oberarmschaftbruch, N. fibularis - Fraktur des Caput fibulae, Ν. ulnaris - Fraktur des Epi- und Condylus ulnaris humeri, Ν. axillaris - Schulterluxation, N. ischiadicus - hinterer P f a n n e n r a n d a b bruch mit und ohne Hüftluxation. Daher bei jeder Fraktur Überprüfung der Nervenfunktionen!
4. Nerven Gefährdete Lokalisationen für Nervenschädigung: Nähe des Nerven zu einem Skelettanteil. Darum: bei jeder Fraktur Überprüfung der Nervenfunktion!
5. Haut Man unterscheidet 3 Schweregrade der Hautverletzung:
Haut: Im Gegensatz zur geschlossenen Fraktur ist bei der offenen die Haut in unterschiedlichem A u s m a ß mitverletzt worden. Es werden drei Schweregrade unterteilt: • Grad 1: Durchspießung der Weichteilgewebe von innen nach außen durch ein Knochenfragment. Geringfügiger Weichteilschaden. • Grad 2: Zerreißung der Haut von außen nach innen, größere Hautwunde, mäßige Kontusion der Haut. • Grad 3: Breitflächige Zerstörung der Haut mit Defekten, Mitbeteiligung der Muskulatur, oft auch der Nerven und Gefäße.
Gefahr der Infektion macht bei offenen Frakturen 2. und 3. Grades besondere Therapie erforderlich.
Eine offene Fraktur gilt immer als mit Keimen kontaminiert. Wegen der erhöhten Infektionsgefahr, die u. U. abhängig ist von der Schwere des Weichteilschadens (Kontusion, Verschmutzung, Zirkulationsverhältnisse), ist bei offenen Frakturen 2. u n d 3. Grades eine besondere Therapie erforderlich (s. 1.6).
Bei Weichteilkontusionen kann sich die Haut - oft ohne zusätzliche Fraktur - zwischen Subcutis und Unterlage (meist Faszie) ablösen. Das Decollement kann zu hartnäckigen Seromen mit Ausbildung einer pseudosynovialen Membran führen.
Allgemeine Frakturen- und Luxationslehre
1.5 Heilungsmodi Voraussetzung zu einer ungestörten Knochenbruchheilung sind: 1. Keine Denudierung, d . h . ausreichende Vaskularität der Knochenfragmente und der Weichteile, 2. Mechanische Ruhe an der Frakturzone, insbesondere keine Scher-, Zugund Wechselbiegebelastung, 3. Keine Infektion. Die Heilung kann grundsätzlich nach zwei Modi ablaufen, die letztendlich zum gleichen Ergebnis führen. Primärheilung: Bei perfekter Adaptation der Fragmente mit Ausschaltung störender Bewegungen durch stabile Druckosteosynthesen (Schrauben, Platten) läuft die Heilung wie beim normalen Knochenumbau ab. Bei jedem gesunden Knochen werden innerhalb von Monaten die organischen und anorganischen Bestandteile bei gleichbleibender äußerer Gestalt ausgetauscht (Remodeling). Nach einer Aktivierungsphase - beim Menschen ca. 3 Wochen - (= Latenzphase) überqueren Osteoklasten„bohrköpfe" direkt den Frakturspalt und bilden durch Resorption einen breiten Kanal. Dieser wird von den Osteoblasten tapetenartig mit Lamellenknochen aufgefüllt = Formation (ARF-Regel nach Frost). Bei dieser Kontaktheilung erfolgt demnach keine zusätzliche Knochenneubildung. Verbleibt ein geringfügiger Spalt (bis 0,4 mm) - auch die perfekte Adaptation hinterläßt an umschriebenen Stellen Spalten - treten Gefäßsprossen mit Osteoblasten, meist vom Endost kommend, in den Spalt ein. Die Osteoblasten bilden bereits nach einigen Tagen Geflechtknochen. Dieser wird sekundär in Lamellenknochen umgebaut, so daß die ursprüngliche lamelläre Architektonik der Kompakta nach Monaten erreicht wird (Spaltheilung). Diese primäre angiogene Knochenneubildung entsteht ohne Kallus (Abb. 33-2b).
833 Heilungsmodi Voraussetzung für eine Knochenbruchheilung: - Ausreichende Vaskularität der Knochenfragmente und der Weichteile, - mechanische Ruhe an der Frakturzone, - keine Infektionen.
Ablauf der Heilung nach 2 Modi: 1. Primärheilung: Bei perfekter Adaption der Fragmente: Ausheilung wie beim normalen Knochenumbau. Nach Aktivierungsphase (3 Wochen) bilden —> Osteoklastenbohrköpfe durch Resorption einen breiten Kanal, -^•tapetenartige Auffüllung durch Osteoblasten mit Lamellenknochen —»Formation (ARF-Regel nach Frost). Man nennt dies: Kontaktheilung ohne zusätzliche Knochenneubildung. Hinterläßt die Adaption Spalten: —» Eintreten von Gefäßsprossen mit Osteoblasten in den Spalt, —> Bildung von Geflechtknochen —> sekundärer Umbau in Lamellenknochen —> Erreichen der lamellären Architektonik der Kompakta nach Monaten, d. h. angiogene Knochenneubildung ohne Kallus.
1 Abb.33-2b Heilungsmodi des Knochens 1 Kontaktheilung. Α Resorptionskanal, der den Frakturspalt direkt überbrückt, Β mehrkernige Osteoklasten als „Bohrkopf", C tapenartige Auskleidung durch Osteoblasten 2 Spaltheilung. Der schmale Frakturspalt wird primär mit Geflechtknochen aufgefüllt. 3 Heilung über Kallus (sekundäre Heilung, Umwegsdifferenzierung über Bindegewebe)
Sekundärheilung: Verbleibt eine geringe Instabilität (konservative Behandlung, Stabilisierung mit intramedullären Kraftträgem, ζ. B. Nagelung) vergrößert sich zwangsläufig die Diastase durch Resorption an den Bruchenden. Diese werden durch Kallus stabilisiert: In dem Frakturhämatom verwandeln sich wahrscheinlich Monozyten, Retikulumzellen und Endothelzellen in Fibroblasten, die einen Bindegewebekallus bilden, der sekundär in Geflechtknochen umgewandelt wird (Fixationskallus). Im Gegensatz zur Primärheilung erfolgt hier eine Umwegsdifferenzierung mit desmaler Ossifikation. Von den drei Blastemen, die sich an der Formation beteiligen - Periost, Endost, Havers-System - beteiligt sich das Periost um so mehr, je größer die Diastase ist. Da die Reaktionen nicht in unmittelbarer Frakturnähe begin-
2. Sekundärheilung: Bei verbleibender Instabilität: Vergrößerung der Diastase durch Resorption. —»Stabilisierung durch Kallus, d. h. Umwegsdifferenzierung mit desmaler Ossifikation: Zunächst Bindegewebekallus, dann Fixationskallus (Geflechtknochen). Dieser zeigt eine manchettenartige Erweiterung. Folge: breite Auflagefläche und frühere Stabilität gegen Biegebeanspruchung. Integration des Kallus in den lamellären Aufbau erst nach Monaten.
834
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates nen, entsteht eine manschettenartige Erweiterung. Diese bewirkt eine breitere „Auflagefläche" und damit frühere Stabilität gegen chung.
Erst unter der täglichen
Biegebeanspru-
Belastung wird dieser Kallus
in
den
lamellären Aufbau integriert, was Monate in Anspruch nimmt. Die Ausbildung des Kallus ergibt im Röntgenbild einen guten Parameter für die Beurteilung der Belastbarkeit. Heilungszeiten: Ausschlaggebend für die Dauer der Ruhigstellung bzw. Entlastung. Wichtig bei primärer Knochenheilung, da keine sichtbare Kallusbildung. Heilungszeiten
Fingerskelett: 3 Wochen Mittelhandknochen: 4 - 6 Wochen Radiusbasis: 4 - 6 Wochen Unterarm: 8 - 1 0 Wochen Humerus: 6 - 8 Wochen Rippenfrakturen: 3 Wochen Mediale Schenkelhalsfraktur: 12 Wochen Femur: 12 Wochen Tibia: 8 - 1 0 Wochen.
Prinzipien der Knochenbruchbehandlung Ziel: - Ausheilung der Fraktur, - Ausheilung des begleitenden Weichteilschadens. Allgemeines Prinzip: - Reposition, - Retention, - Ruhigstellung, - Rehabilitation. 1. Reposition: Manuell durch Z u g und Gegenzug. Rasch nach dem Unfall. Notfall: Gefäß- und Nerveneinklemmung. Voraussetzung der Reposition: Anästhesie und Muskelrelaxation.
1.6 Prinzipien der Knochenbruchbehandlung Ziel einer jeden Behandlung ist nicht nur die Ausheilung der Fraktur in funktionsgerechter Stellung, sondern auch gleichzeitig die des immer begleitenden Weichteilschadens. Nur dann kann ein Dauerschaden vermieden werden. Daher kann sich die Art der einzuschlagenden Therapie niemals aus der alleinigen Betrachtung des Röntgenbildes ergeben! Das allgemeine Prinzip einer jeden Knochenbruchbehandlung lautet: Reposition, terbrochene Ruhigstellung
und
Retention,
unun-
Rehabilitation.
Reposition erfolgt meist manuell durch Zug und Gegenzug, u.U. auch durch seitlichen Druck, möglichst rasch nach dem Unfall. Als dringlicher
Notfall
gilt eine Gefäß- und Nerveneinklemmung! Eingerich-
tet wird immer das periphere auf das zentrale Fragment. Voraussetzung ist eine adäquate Anästhesie und Muskelrelaxation: Am Ober- und Unterschenkel meist Vollnarkose, an der oberen Extremität auch Plexusanästhesie, an der Radiusbasis und im Handbereich auch Bruchspaltanästhesie. Hilfsmittel:
Sog. Mädchenfänger für die Radiusbasisfraktur, Böhler-Exten-
sionsgerät für den Unterschenkelbruch, K-Drahtextension (s. Dauerzug bei Retention). Repositionshindernisse: - interponierte Weichteile, - organisiertes Hämatom. 2. Retention: Ununterbrochenes Aufeinanderstellen der eingerichteten Fraktur bis zur knöchernen Konsolidierung. 3. Ruhigstellung: durch konservative oder operative Methoden (Osteosynthese). 4. Konservative Methoden der Knochenbruchbehandlung Indikation: - kindliche Frakturen, (Ausnahme: Gelenk brüche), - alle Brüche ohne funktionelle Verbesserung nach Operation.
Repositionshindernisse
stellen interponierte Weichteile, insbesondere Musku-
latur und ein organisiertes Hämatom bei veralteter Fraktur dar. Keiner
Reposition
bedürfen bestimmte eingekeilte
Frakturen, ζ. B. mediale
Schenkelhalsfraktur (Abduktionsfraktur) und subkapitale
Humerusfraktu-
Retention bedeutet ununterbrochenes Aufeinanderstellen der eingerichteten Fraktur bis zur knöchernen Konsolidierung. Hiermit einher geht die Forderung nach entsprechender Ruhigstellung der Fragmente. Dieses Ziel kann durch konservative
und operative
Methoden
(Osteosynthesen) erreicht werden. Konservative Methoden Indikationen:
Die meisten kindlichen Frakturen mit Ausnahme vieler Ge-
lenkbrüche, die einer operativen Stellung und Fixation bedürfen. I m Erwachsenenalter all diejenigen Brüche, bei denen eine Operation funktionell kein besseres Resultat erbringt. Beispiele: Klavikulafraktur, subkapitale Humerus- und -schaftfraktur, Wirbelkörperbruch. Bei der konservativen Behandlung sind in bezug auf Verschiebungen gewisse Toleranzen
akzeptabel,
deren Grenzen in Gelenknähe abnehmen. Verschiebungen zur Seite (etwa
Allgemeine Frakturen- und Luxationslehre
835
halbe Schaftbreite im mittleren Drittel langer Röhrenknochen) werden ausgeglichen, eine dislocatio ad axim nur begrenzt (unter 5° Varus oder Valgus), da die Gelenkflächen senkrecht belastet werden müssen. Rotationsfehler werden nicht ausgeglichen. Nachteile: Der gewichtigste ist der Immobilisationsschaden, der in ausgeprägter Form als sog. Frakturkrankheit auftritt: Alle ruhiggestellten Strukturen unterliegen einer Atrophie, nicht nur die Muskulatur, sondern auch der Knorpel, der Knochen (Abbau des Kalziums und der Knochenbälkchen) und die Sehnen. Sehnengleitlager, Muskelverschiebespalten und der Kapselbandapparat schrumpfen, so daß Gelenksteifen drohen. Eine intensive krankengymnastisch physikalische Nachbehandlung ist deshalb immer erforderlich. Diese Schäden sind nach kindlichen Frakturen jedoch nahezu unbekannt. - Weiterhin erreicht keine konservative Methode eine absolute Ruhigstellung der Fragmente, so daß die avitalen Frakturenden resorbiert werden. Dies geht meistens mit einer entsprechenden Verkürzung einher. - Nach konservativer Therapie können vermehrt Thromboembolien und arterielle Durchblutungsstörungen auftreten.
Es gibt zulässige Toleranzen, die ausgeglichen werden können. Rotationsfehler werden nicht ausgeglichen.
Vorteil: Bei geschlossenen Frakturen keine Infektion (Osteitis)! Methoden: Bei stabilen Brüchen, die nach einmaliger Reposition ihre Stellung halten können, ist die häufigste Art der Ruhigstelung der Gipsverband. Er wird in der Traumatologie in der Regel als ungepolsterter, aber gut anmodellierter zirkulärer Gips angelegt. Knochenvorsprünge werden gepolstert, ζ. B. Fibulaköpfchen (N. peronaeus: Druckschaden!), Fersenbein (Dekubitalgeschwür!). Wegen der Schwellneigung der verletzten oder operierten Extremität muß der Gips sofort bis zur letzten Faser gespalten werden. Der Gips umfaßt die benachbarten Gelenke (Ausnahme: Verletzungen des oberen Sprunggelenkes). Anschließend Hochlagerung der Extremität. Unabdingbare Forderung: Mehrfache tägliche Überprüfung der Durchblutung (livide Verfärbung), Sensibilität und Motorik!
Vorteil: keine Infektion. Methoden der konservativen Behandlung: - Gipsverband mit Umfassung der benachbarten Gelenke, - Hochlagerung der Extremitäten.
Bei Schmerzäußerung des Patienten Gipskorrektur. Sonderformen sind ζ. B. der Tutor (Gipshülse bei Verletzungen des Kniegelenkes unter Aussparung des oberen Sprunggelenkes) oder der Sarmiento-Gips für Verletzungen des Unterschenkels (s. dort). An Stelle des Gipses können Kunststoffverbände, ζ. B. Baycast, Lightcast, Neofract, zur Anwendung kommen. Die Extension als Dauerzug wird angelegt, wenn der Bruch nach Reposition wieder abzurutschen droht (ζ. B. Schrägbruch). Nach Einschlagen eines K(Kirschner) Drahtes oder Steinmann-Nagels durch den Kalkaneus (bei Unterschenkelfrakturen) oder durch den Tibiakopf oder die Femurkondylen (bei Femurfrakturen) wird hieran ein Bügel befestigt, an dem über ein Rollensystem ein Gewicht zieht (Abb. 33-3). Die maximale Last und die Dauer des Zuges sind genau zu beachten. Beispiel am Unterschenkel: maximal 3 kg für 3 Wochen. Sonst droht die Gefahr der Distraktion und einer Pseudarthrose. Bei Kindern reicht häufig ein Heftpflasterzugverband. Die Lagerung kann auf einer Braun-Schiene oder Volkmann-Schiene erfolgen (Abb. 33-4). Bei
Bei Schmerzäußerung: Gipskorrektur. Sonderformen des Gipsverbandes: - Tutor (Gipshülse), - Sarmiento-Gips, - Kunststoffverbände. Extension als Dauerzug: bei Gefahr des Abrutschens nach Reposition (Abb. 33-3). Bei bestimmten Verletzungen der Halswirbelsäule: Crutchfield-Klammer.
0 3 k g
Abb. 33-3 Extensionsanordnung bei Unterschenkelfraktur
Nachteile der konservativen Behandlung: - Immobilisationsschaden mit Atrophie von Muskulatur, Knorpel, Knochen, Sehnen, evtl. mit Folge der Gelenksteife. Krankengymnastik, physikalische Nachbehandlung. Weiterer Nachteil: - Verkürzung. - Thromboembolie, - arterielle Durchblutungsstörungen.
Achtung: bei Gipsverband mehrmals täglich Durchblutung, Sensibilität und Motorik überprüfen!
Bei Kindern: Heftpflasterzugverband. Bei allen konservativen Verfahren: mehrfache Röntgenkontrolle.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
836
b ^
Funktionelle Behandlung Verzicht auf jede Ruhigstellung und sofortiger Beginn der Funktion benachbarter Gelenke. Meist bei Brüchen im spongiösen Bereich möglich.
Operative Verfahren standardisiert durch die Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesen: AO. Vorteile: - keine externe Fixation —»funktionelle Übungsbehandlung möglich. - Kein Immobilisationsschaden, - perfekte Adaptation der Fragmente, - Senkung der Thromboembolierate, - Erleichterung der Pflege. Nachteile: - iatrogene Knocheninfektion, - Denudierung (auf unmittelbare Darstellung der Fragmentenden beschränken) - Gefahr der Durchblutungsstörung des Knochens - Zweiteingriff zur Metallentfernung. Zeitpunkt der Operation: innerhalb der ersten 6 - 8 Stunden. Später erhöhte Infektionsgefahr wegen geschwächter lokaler Abwehr.
Indikation: Absolute Indikation für Brüche, die konservativ nicht zu behandeln sind. Ferner - Abrißfrakturen am Olekranon, - Patellaquerbrüche, - Adduktionsbrüche des Schenkelhalses, - intraartikuläre Frakturen, - Femurfrakturen, - Unterarmbrüche, - Mehrfachverletzungen, - bestimmte Brüche im hohen Alter.
^
Abb. 33-4 a) Volkmann-Schiene b) Braun-Schiene
bestimmten Verletzungen der Halswirbelsäule wird die Crutchfield-Klammer am Schädel als Dauerextension angelegt. Bei allen konservativen Verfahren ist eine mehrfache Röntgenkontrolle zum rechtzeitigen Erkennen einer Fehlstellung (Abrutschen der gestellten Fraktur) erforderlich. Funktionelle Behandlung: Bei der funktionellen Therapie wird auf jede Ruhigstellung verzichtet und sofort mit der Funktion der benachbarten Gelenke begonnen. Dies ist bei bestimmten eingestauchten Brüchen, meist im spongiösen Bereich, möglich (Wirbelkörper, Kalkaneus, Schenkelhalsabduktionsfraktur). Am proximalen Humerus folgt sie den Richtlinien nach Pöhlchen. Die Muskelmanschette gibt eine zusätzliche Stabilisierung. Operative Verfahren Diese wurden von der AO (Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesen) perfektioniert und standardisiert. Vorteile: Der entscheidende Vorteil ist der Verzicht auf externe Fixation mit ζ. B. Gipsverband, so daß eine frühfunktionelle Übungsbehandlung ermöglicht wird. Damit wird der Immobilisationsschaden, der größte Nachteil der konservativen Behandlung, vermieden. AO-Leitmotiv: Leben ist Bewegung, Bewegung ist Leben. Weiterhin gelingt hiermit eine perfekte Adaptation der Fragmente, eine Senkung der Thromboembolierate und eine Erleichterung der Pflege, insbesondere beim Polytraumatisierten. Nachteile: Die größte Gefahr droht durch eine iatrogene Knocheninfektion (s. Osteitis); diese soll nicht über 1 - 2 % liegen. Die Denudierung darf sich nur auf die unmittelbare Darstellung der Fragmentenden beschränken. Großflächige Darstellung des Knochens bringt immer die Gefahr einer Durchblutungsstörung des Knochens mit sich. Ein Zweiteingriff zur Metallentfernung ist erforderlich. Zeitpunkt der Operation: A m besten innerhalb der ersten 6 - 8 Stunden, da dann das posttraumatische Ödem noch nicht ausgeprägt und der Verletzte noch nicht mit Spitalkeimen in Berührung gekommen ist. Sonst ist der 3 . - 6 . postoperative Tag geeignet, nachdem das Ödem im Abklingen begriffen ist. Vor dieser Zeit besteht eine erhöhte Infektionsgefahr durch Anhäufung saurer Metaboliten mit geschwächter lokaler Abwehr. Indikationen: Absolute Indikationen stellen Brüche dar, die auf konservativem Wege nicht zu stellen oder zu retinieren sind und daher mit einem Funktionsverlust einhergehen würden. Abrißfrakturen am Olekranon und Patellaquerbrüche wurden bereits vor der AO-Ära operiert, da der Zug der Trizepsbzw. Quadrizepssehne immer eine Diastase bewirkt. Adduktionsbrüche des Schenkelhalses haben bei langer Liegezeit eine hohe Rate an Pseudarthrosen, sie werden daher heute operativ angegangen. Intraartikuläre Frakturen können nur operativ exakt gestellt werden, was insbesondere an der belasteten unteren Extremität entscheidend ist. Femurfrakturen und Unterarmbrüche heilen nach Osteosynthesen wesentlich sicherer. Bei Mehrfachverletzungen und bei bestimmten Brüchen im hohen Alter erlaubt die Osteosynthese die frühzeitige Mobilisation. Ist abzusehen, daß eine einmal begonnene konservative Behandlung nicht zum Ziel führt, muß sie rechtzeitig zugunsten
Allgemeine Frakturen- und Luxationslehre
837
einer Operation abgebrochen werden, noch bevor irreversible Schäden an den Weichteilen eingetreten sind. Relative Indikationen ergeben sich bei Brüchen, die sowohl konservativ als auch operativ angegangen werden können, bei denen aber äußere Umstände für eine Operation sprechen, ζ. B. Begleitverletzungen, kürzerer Krankenhausaufenthalt, aktiver Sportler u. a. m. Kontraindikationen stellen pyogene Infekte dar. Die Osteosynthesen werden nach ihrer Belastbarkeit eingeteilt in belastungsstabil, übungsstabil und adaptions- oder lagerungsstabil. Bei letzterer werden K-Drähte (Spickdrahtosteosynthese) oder Drahtcerclagen verwendet, so daß zusätzlich eine Gipsruhigstellung erfolgen muß. Damit kommen zu den Nachteilen der operativen Therapie die der konservativen hinzu. Indikationen: Kindliche Frakturen und intraartikuläre Verletzungen. Bei den beiden anderen Osteosyntheseformen werden die Fragmente unter Druck adaptiert. Hiermit wird die Stabilität erhöht und damit die Chance einer zeitgerechten Knochenheilung.
Relative Indikation:
Kontraindikationen: pyogene Infekte. Osteosynthesen Einteilung in: 1. belastungsstabil, 2. übungsstabil, 3. adaptions-/lagerungsstabil ^ V e r w e n d u n g von K-Drähten oder Drahtcerclagen —»Gipsruhigstellung —* konservative und operative Nachteile. Indikationen zur Adaptationsosteosynthese - kindliche Frakturen, - intraartikuläre Verletzungen.
l·'
Ά Abb. 33-5 Typische Operationsmethoden a) Zugschraube (Abbruch des Epicondylus ulnaris) b) gerade AO-Platte (Tibiafraktur) c) 95° Kondylenplatte (subtrochanterer Oberschenkelbruch) d) Marknagel (Oberschenkelbruch im mittleren Drittel) J e mehr Kräfte und Momente durch die Osteosynthese neutralisiert werden, desto stabiler ist - bei perfekter Adaptation- die Osteosynthese. Interfragmentärer Druck wird durch Zugschrauben allein oder in Kombination mit einer Platte oder als Plattenosteosynthese erreicht, axialer Druck durch eine Zuggurtung mit Draht oder bestimmter Anordnung einer AO-Platte auf der Zugseite des Knochens, durch intramedulläre Kraftträger, durch frühzeitige Belastung und durch einen Fixateur externe (Abb. 33-5). Belastungsstabil sind Osteosynthesen mittels intramedullärer Fixation. Der Marknagel, von Küntscher 1940 eingeführt, füllt die Markhöhle aus. Er wird fernab der Fraktur (am Unterschenkel am Tibiakopf, am Oberschenkel durch den Trochanter major) eingeschlagen (gedeckte Nagelung), die Markhöhle wird aufgebohrt, damit der Nagel schlüssig sitzt. Bei Repositionshindernissen offene Nagelung. Die besten Indikationen stellen Brüche im mittleren Drittel der Tibia und des Femur dar im Bereich der Markhöhlenenge mit querem oder kurzem schrägen Bruchverlauf und Pseudarthrosen. Auch elastische Rundnägel nach Ender und Simon-Weidner zur Stabilisierung pertrochanterer Femurfrakturen sind belastungsstabil. 3 - 4 gebogene Nägel am Femurkondylus medial eingeschlagen, verlaufen durch die Markhöhle und den Schenkelhals und fassen die Spongiosa des Hüftkopfes (s.Abb. 33-26).
Ziel der Osteosynthese: möglichst viele Kräfte neutralisieren durch Erhöhung des interfragmentären Druckes und des axialen Druckes. Belastungsstabilität der Osteosynthese durch intramedulläre Fixation: - Marknagel, - Rundnägel nach Ender.
838
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
Abb. 33-6 Olekranon-Querfraktur. Zuggurtung mit Hilfe von zwei Kirschnerdrähten und einer Achterdrahtnaht Verbundosteosynthesen: Kombination von Knochenzement und Osteosynthese bei: - Osteoporose, - pathologischen Frakturen. Übungsstabilität der Osteosynthese durch Zugschrauben.
Prinzip der Zugschraube:
Plattenosteosynthesen: Anwendung im metaphysärem Bereich. Gerade Platten werden verwendet als: - Neutralisationsplatte, - Kompressionsplatte, - Zuggurtungsplatte, - Abstützplatte, - Winkelplatte am proximalen und distalen Femur.
Zuggurtungsosteosynthese: Anwendung bei Brüchen des Olekranon oder der Patella. Umlagerung des Zuges der Trizeps bzw. Quadrizepssehne. Folge: bei aktiver Beugung wirken Druckkräfte auf den Frakturspalt. Fixateur externe: Einschlagen von Steinmann-Nägeln fernab der Fraktur und äußere Verspannung mit Rohrsystem. Indikation: - schlechte Weichteilverhältnisse, - Athrodesen.
Verbundosteosynthesen: Bei Osteoporosen oder pathologischen Frakturen muß eine sofortige postoperative Belastung angestrebt werden. Daher kann hier die Kombination von Knochenzement und Osteosynthese (meist in Form der Plattenosteosynthese) Anwendung Finden. Bei Metastasen werden diese ausgeräumt und der Defekt mit Zement aufgefüllt. Übungsstabil sind Osteosynthesen mit nachfolgendem Material:
Zugschrauben. Prinzip: Das Schraubengewinde faßt nur das gegenüberliegende Fragment (Gewindeloch), während sie in der schraubenkopfnahen Kortikalis gleitet (Gleitloch). Dadurch wird beim Anziehen ein hoher interfragmentärer Druck erzielt. Kortikalis- und Spongiosaschrauben stehen in verschiedenen Größen zur Verfügung. Lange Schräg-, besser noch Spiralbrüche, deren Bruchlänge doppelt so lang ist wie die Schaftbreite, können derart versorgt werden (Abb. 33-5a).
- Plattenosteosynthesen haben im metaphysären Bereich ihren Hauptanwendungsgebiet. Die verschiedenen geraden Platten können, je nachdem welche mechanische Funktion sie ausüben, verwendet werden als: Neutralisationsplatte, wenn allein die Zugschraube den interfragmentären Druck ausübt und die Platte nur zur Neutralisation schädlicher Kräfte und Momente dient; Kompressionsplatte, wenn die Platte mittels eines Spanngerätes oder durch Anordnung ihrer Schraubenlöcher (Dynamische Compression = DC-Platte) einen axialen Druck auf die Fraktur ausübt; Zuggurtungsplatte, wenn sie auf der Gegenseite großer Muskelgruppen zu liegen kommt; Abstützplatte (gerade oder als T-Platte), wenn bei einem Tibiakopfbruch nach Anheben der Gelenkfläche und Spongiosatransplantation beides abgestützt werden soll. Winkelplatten (95° und 130°) werden bei Frakturen am distalen und proximalen Femur verwendet (Abb. 33-5c). - Zuggurtungsosteosynthese: Bei Brüchen des Olekranon oder der Patella wird der Zug der Trizeps- bzw. Quadrizepssehne so umgelagert, daß bei aktiver Beugung Druckkräfte auf den Frakturspalt ausgeübt werden: U m 2 parallele, in Längsrichtung eingeführte Kirschner-Drähte, die die Fraktur adaptieren, wird streckseitig eine Drahtschlinge in Achterform geführt (Abb. 33-6). - Fixateur externe: Fernab der Fraktur oder der Osteotomie werden Steinmann-Nägel in den Knochen eingeschlagen, die außen mit einem Rohrsystem verspannt werden. Wird kein Druck ausgeübt, fungiert das System nur als äußerer Festhalter. Die Rohrsysteme können als Klammer- oder Rahmenfixateur (ein- und zweidimensional) oder als Zeltkonstruktion dreidimensional montiert werden (Abb. 33-7a). Indikationen: schlechte Weichteilverhältnisse (offene oder infizierte Brüche), Arthrodesen.
Allgemeine Frakturen- und Luxationslehre - Verriegelungsnägel: Marknägel, die z u r V e r h i n d e r u n g einer V e r k ü r z u n g proximal u n d distal mit S c h r a u b e n fixiert werden. I n d i k a t i o n e n : Stück- u n d M e h r f a c h b r ü c h e u n d Brüche im m e t a p h y s ä r e n Bereich.
839 Verriegelungsnägel: Fixation von Marknägeln proximal und distal mit Schrauben. Verhinderung einer Verkürzung. Indikation: - Brüche im metaphysären Bereich, Stückbrüche.
Abb.33-7a Montageformen eines Fixateur externe. 1 eindimensional (Klammerfixateur) 2 zweidimensional (Rahmenfixateur) 3 dreidimensional (Zeltkonstruktion) Die offene Fraktur (s. S. 832): Diese stellt h o h e A n f o r d e r u n g e n an Asepsis u n d Sterilität. Der V e r b a n d wird erst im Operationssaal vom O p e r a t e u r selbst u n t e r sterilen B e d i n g u n g e n entfernt. Die B e h a n d l u n g dieser F r a k t u r e n ist operativ, da eine Stabilisierung die beste I n f e k t i o n s p r o p h y l a x e ist. Erstgradig o f f e n e F r a k t u r e n werden wie geschlossene b e h a n d e l t , j e d o c h k o m m e n keine M a r k n ä g e l zur A n w e n d u n g . Bei der Tibia wird die Platte lateral angelegt.
Die offene Fraktur hohe Anforderung an Asepsis. Stabilisierung bedeutet beste Infektionsprophylaxe. Erstgradig offen: Behandlung wie geschlossene Fraktur. Keine Marknägel. Zweitgradig offen: Plattenosteosynthese, Fixateur externe. Drittgradig offen: Fixateur externe.
Die zweitgradig offene F r a k t u r wird in der Regel mit einer Plattenosteosynthese oder d e m F i x a t e u r externe versorgt, drittgradig m i t d e m F i x a t e u r externe, seltener m i t einer Platte. Wichtig ist das Debridement, das sorgfältige A u s s c h n e i d e n allen toten Gewebes, insbesondere a u c h der M u s k u l a t u r . Verm e i d u n g von W u n d t a s c h e n u n d W u n d h ö h l e n m i t Sekretstau, die z u r Infektion neigen. D a h e r reichlich R e d o n - D r a i n a g e n einlegen. Bei stark vers c h m u t z t e m K n o c h e n m u ß dieser u. U. gekürzt werden. D e n W u n d v e r s c h l u ß nicht erzwingen, keine S p a n n u n g bei der W u n d n a h t ! Notfalls k a n n die H a u t o f f e n gelassen werden oder mit K u n s t h a u t (Epigard®) abgedeckt u n d später m i t Spalthaut gedeckt werden. Bedeckt sein m ü s s e n j e d o c h i m m e r K n o c h e n , S e h n e n , N e r v e n u n d G e f ä ß e u n d das Osteosynthesematerial. Bei D r u c k e r h ö h u n g Faszienspaltung, evtl. E n t l a s t u n g s s c h n i t t e der H a u t . E i n e A n t i b i o t i k a Prophylaxe ist nicht zwingend, bei drittgradig je n a c h V e r s c h m u t z u n g s g r a d zu e m p f e h l e n . D a n n aber h o c h d o s i e r t e kurzzeitige G a b e f ü r einige Tage, vor der Operation bereits b e g i n n e n d . Wichtiger als die A n t i b i o t i k a - G a b e ist jedoch ein gutes D e b r i d e m e n t u n d s c h o n e n d e O p e r a t i o n s t e c h n i k .
Evtl. Antibiotika-Gabe, wichtiger jedoch: gutes Debridement.
Spongiosatransplantation: Übertragung a u t o g e n e r Spongiosa - meist v o m B e c k e n k a m m - in K n o c h e n defekte. P r i m ä r e Defekte, ζ. B. bei o f f e n e n F r a k t u r e n m i t T r ü m m e r z o n e n , sek u n d ä r e im Gefolge einer O s t e i t i s b e h a n d l u n g . Spongiosa besitzt eine h ö h e r e osteogenetische Potenz als Kortikalis. Die E i n h e i l u n g verläuft als ein zwe;-
Spongiosatransplantation Anwendung, da Spongiosa höhere osteogenetische Potenz als Kortikalis. Verwendung bei: - primären Defekten, - offenen Frakturen mit Trümmerzonen.
Wichtig: 1. Debridement, d. h. Ausschneiden des toten Gewebes. 2. Anlegen von Redon-Drainagen, 3. bei stark verschmutzten Knochen: Kürzung, 4. keinen Wundverschluß erzwingen, 5. keine Spannung bei der Wundnaht! Notfall: Haut offenlassen. Bedeckt sein müssen: - Knochen, - Sehnen, - Nerven, - Gefäße, - Osteosynthesematerial.
840
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
- sekundären Defekten nach Osteitisbehandlung.
phasisches Geschehen. Zunächst bilden die mitübertragenen Osteoblasten neuen Knochen, nach etwa 4 Wochen wird die osteoinduktive Wirkung der transplantierten organischen Grundsubstanz wirksam.
Hygienische Anforderungen bei Operationen am Bewegungsapparat Knochen besitzt relativ geringe Abwehrkraft. Infektionsrate darf 2 % nicht übersteigen. Folge: - Kontrollen, - Schwachpunkte ausschalten.
1.7 Hygienische Anforderungen bei Operationen am Bewegungsapparat
1. Räumliche Anforderungen Knochenoperationssaal muß weitreichend aseptisch sein durch: - Trennung von anderen Operationsabteilungen, - Schleusensystem, - Klimaanlage, - Keimzahl unter 100/m3. Optimale Reinraumtechnik: - Laminar air flow. 2. Organisatorische Anforderungen: Gelenkoperationen und alloplastischer Gelenkersatz: vor Osteosynthese, und vor Materialentfernung durchführen! 3. Personelle Anforderungen: - Disziplin des OP-Personals: - gesamtes Haar mit Kopfhaube bedecken, - Mundschutz einschließlich Nase. - Möglichst wenig Personal im OP. - Langsame Gangart, - Operationstüren während OP nicht öffnen. 4. Spezielle Operationsverfahren: - Tragen von 2 Paar Handschuhen, - Klebefolie über Operationsgebiet (Kleben auch am Schnittrand) - laufende Spülung des Operationsgebietes mit Ringerlösung, - möglichst atraumatisches Operieren, vor Wundschluß: - bluttrockenes Operationsgebiet, - Einlegen einer Redon-Saugdrainage. Komplikationen nach Frakturen und Luxationen
Der Knochen hat als bradytrophes Gewebe eine wesentlich geringere Abwehrkraft. Hinzu kommt, daß die eigentliche Knochenhartsubstanz als nicht durchbluteter Bestandteil ein günstiger „Schlupfwinkel" für Bakterien darstellt. Die Anzahl Keime, die das Peritoneum bei einer Abdominaloperation vernichten kann, stellt für den Knochen bereits eine nicht zu beherrschende Übermacht dar. Daher müssen bei derartigen Operationen besondere Anforderungen gestellt werden. Die Infektionsrate sollte unter 1 % liegen, sie darf 2 % nicht übersteigen. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit steter Kontrollen, um Schwachpunkte auszuschalten. Räumliche Anforderungen: Der „Knochen"operationssaal ist der aseptischste Saal der gesamten Operationsabteilung. Dementsprechend liegt er von den anderen getrennt. Ein Schleusensystem (Personal-, Patienten- und Materialschleuse) muß gefordert werden. Die Klimaanlagen, insbesondere deren Filter, bedürfen ständiger Kontrollen, damit keine Bakterien in den Saal geblasen werden und der geforderte Luftwechsel aufrechterhalten wird. Die Keimzahl soll unter 100/m 3 liegen. Das Optimum stellt zur Zeit die Reinraumtechnik mit ζ. B. „Laminar air flow" dar, bei der die Luft mit erhöhter Strömung wirbelfrei vertikal eingeblasen und abgesaugt und der Operationsmannschaft über Kopfhelme Atemluft zu- und abgeführt wird. Organisatorische Anforderungen: Da sich die Keimzahl im Operationssaal im Laufe des Operationsprogrammes erhöht, müssen Gelenkoperationen und alloplastischer Gelenkersatz vor Osteosynthesen und vor Materialentfernungen durchgeführt werden. Personelle Anforderungen: Wichtiger als die vorgenannten ist Disziplin des Operationspersonals. Die Kopfhaube bedeckt das gesamte Haar, der Mundschutz umfaßt auch die Nase (gilt auch für das Anästhesie-Personal!); möglichst wenig Personal im Operationssaal, dieses geht langsam, läuft nicht, um Aufwirbeln von Partikeln zu verhindern. Operationstüren werden möglichst nicht während der Operation geöffnet. Spezielle Operationsverfahren: Operationsteam trägt 2 Paar Handschuhe; gut klebende Operationsfolie über das Operationsgebiet, die auch am Schnittrand klebt; laufende Spülung des Operationsgebietes mit Ringerlösung, um ein Austrocknen des Gewebes und damit Resistenzherabsetzung zu verhindern. Atraumatisches Operieren, um Nekrosen zu vermeiden; vor Wundschluß bluttrockenes Operationsgebiet; trotzdem Einlegen einer Redon-Saugdrainage (Blut ist ein gutes Kulturmedium für Keime).
1.8 Komplikationen nach Frakturen und Luxationen 1.8.1 Pyogene Knochen- und Gelenkinfektionen
Hämatogene Osteomyelitis Selten, meist Jugendliche befallen. Erreger: meist Staphylokokkus. Deren Einschleppung oft aus banalen Eiterherden —> Einschleppung in das Knochenmark der Metaphyse —»Vermehrung in Thromben —» Übergreifen auf den Knochen bis zum Periost —»subperiostaler Abszeß —» Teile der Kortikalis nekrotisch und sequestierend —> Einschluß des Sequester—» Perforation und Fistelbildung —* Gefahr der Exazerbation.
1.8.1.1 Hämatogene Osteomyelitis Ein heute seltenes Krankheitsbild, das zu 90 % Jugendliche im Alter von 10-15 Jahren befällt. Eitererreger, meist Staphylokokkus aureus haemolyticus, seltener Streptokokken, gelangen auf dem Blutweg aus banalen Eiterherden - Zähne, Tonsillen, Furunkel, Pyodermien - über die A. nutricia in das Knochenmark der Metaphyse (Femur, Tibia, Humerus in abnehmender Reihenfolge). Hier Vermehrung in Thromben und Übergreifen auf den Knochen bis zum Periost über das Havers-System. Ausbildung eines subperiostalen Abszesses - das kindliche Periost ist dicker und widerstandsfähiger als das
A l l g e m e i n e Frakturen- u n d L u x a t i o n s l e h r e
841
Abb. 33-7b A u s b r e i t u n g der hämatogenen Osteomyelitis subperiostal und in das K n o c h e n m a r k
des Erwachsenen. Wegen der Thrombosen in den Knochengefäßen und infolge der Periostabhebung werden Teile der Kortikalis nekrotisch und zum Sequester. Dieser kann im Sinne einer Spontanheilung von periostalen Knochenneubildungen eingeschlossen werden (Totenlade). Häufig Perforation des Abszesses durch Periost u n d Weichteile mit Ausbildung einer Fistel. Diese wird durch bakterienreiche Sequester unterhalten. Daher G e f a h r der Exazerbation (Abb. 33-7b)! Diagnose: Beginn mit hohem, meist septischem Fieber, Schmerzen am befallenen Knochen. Hier Rötung, Schwellung und Druckschmerz. Positive Blutkulturen im Anfangsstadium. BSG-Erhöhung und Leukozytose. Das Röntgenbild ist in der 1. bis maximal 3. Woche negativ, dann Osteolysen, periostale Knochenneubildungen, Totenlade u m Sequester. Der Brodie-Abszeß ist eine milde Verlaufsform, die röntgenologisch durch einen starken Sklerosesaum u m die Abszeßhöhle charakterisiert ist und klinisch keine Fistelbildung zeigt. Therapie: Im Anfangsstadium Ruhigstellung im Gipsverband und Gabe eines Antibiotikums gegen Staphylokokken, später nach Antibiogramm. Bei Auftreten eines Eiterherdes zusätzliche Abszeßeröffnung, sorgfältiges Debridement mit radikaler Entfernung nekrotischen Gewebes (Knochen, Weichteile, Fistel). Anlegen einer Spülsaugdrainage oder Einlegen einer Refobacin-Pallacoskugelkette. Das Antibiotikum wird aus dem Knochenzement kontinuierlich abgegeben, Entfernung der Kette nach 2 Wochen. Bei Knochenhöhlen im sanierten Herd Spongiosaauffüllung. Bei der Säuglingsosteomyelitis droht ein Durchbruch subperiostal von der Metaphyse über die Epiphyse ins Gelenk, da noch keine Epiphysenfuge mit eigenem Gefäßnetz vorhanden ist. Eine bleibende Schädigung des Knochenwachstums ist dann die Folge. 1.8.1.2 P o s t t r a u m a t i s c h e Osteitis Diese exogene Form der K n o c h e n e n t z ü n d u n g hat im Gefolge der Osteosynthesen große klinische Bedeutung erlangt u n d die hämatogene Form an Häufigkeit bei weitem überflügelt. Die Infektionsrate nach Osteosynthesen nach geschlossenen Frakturen darf die 2-%-Grenze nicht überschreiten (sonst Fehler personeller, organisatorischer und baulicher Art), die bei offenen Frakturen liegt höher, u m 10 %, je nach Lokalisation der Fraktur. Begünstigt wird eine Infektion durch ein H ä m a t o m (idealer N ä h r b o d e n f ü r Bakterien), durch Weichteilquetschungen (Haut u n d Muskulatur) mit verminderter zellulärer Abwehr, durch starke Denudierung des Knochens mit großen avaskulären Fragmentenden oder Knochenstücke, durch Fremdkörper, durch allgemeine Abwehrschwäche des Polytraumatisierten und durch allgemeine Faktoren, wie Durchblutungsstörungen, hohes Alter des Patienten, Diabetes mellitus. Die Erreger sind häufig Staphylokokkus aureus, aber auch häufig sog. Hospitalkeime u n d gramnegative Keime, wie Proteus, Pseudomonas und Kolibakterien.
Diagnose: - hohes septisches Fieber, - S c h m e r z e n am befallenen K n o c h e n , - Rötung, - Schwellung, - Druckschmerz. Röntgenbild: - Osteolysen, - periostale K n o c h e n n e u b i l d u n g , -
T o t e n l a d e um Sequester.
Therapie: - anfänglich Ruhigstellung im G i p s v e r b a n d , - Antibiotika. Bei Eiterherd: - A b s z e ß e r ö f f n u n g mit D e b r i d e m e n t , - radikale Entfernung des n e k r o t i s c h e n G e webes. - Spülsaugdrainage o d e r - Refobacin-Pallacoskugelkette, - Spongiosatransplantation. Bei Säuglingsosteomyelitis: G e f a h r eines D u r c h b r u c h e s ins G e l e n k . Folge: bleibende S c h ä d i g u n g des K n o c h e n wachstums. P o s t t r a u m a t i s c h e Osteitis Hat klinische Bedeutung als Folge der Osteosynthesen. Begünstigung d u r c h Hämatom, W e i c h t e i l q u e t s c h u n g , starke D e n u d i e r u n g des K n o c h e n s , F r e m d k ö r p e r , allg. A b w e h r s c h w ä c h e , Durchblutungsstörungen, Diabetes etc. Erreger häufig S t a p h y l o k o k k e n aber auch gramnegative Keime.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
842 a) Drohender Infekt: erste Zeichen: - Hämatom, - bleibende Schwellung, - Schmerzen, - erhöhte Temperaturen. Folge: notfallmäßige sterile Eröffnung der Wunde —» Ausräumung des Hämatoms —* Einlegen einer Redon-Drainage. b) Akute Form: Hinzutreten von: - Rötung, - Erwärmung, - BSG- und Leukozytenzahl erhöht, - Ansammlung von Eiter im Frakturgebiet —» Herauspressen aus den Wundnähten. Röntgen: keine Veränderung in den ersten 3 Wochen, nach 3 Wochen: - Osteolyse, - periostale Reaktionen (Knochenanbau).
c) Chronische Form: länger anhaltende postoperative Schwellung, langsames Zurückbilden. Später mäßige Rötung, Fistelbildung.
Therapie: akute Form: sofortige chirurgische Intervention mit Debridement: Entfernung des abgestorbenen Gewebes einschließlich des Knochens.
Drohender Infekt: Die beste Prophylaxe der Osteitis ist das Erkennen und die akkurate Behandlung eines drohenden Infektes. Ausbildung eines Hämatoms, bleibende Schwellung und Schmerzen, nicht zur Norm zurückgehende Temperatur müssen an einen drohenden Infekt denken lassen. Das Hämatom erfordert eine notfallmäßige sterile Eröffnung der Wunde und Ausräumung des Hämatoms. Blutkulturanlage! Meist findet sich devitalisiertes Weichteilgewebe, das exzidiert werden muß. Einlegen mindestens einer Redon-Drainage. Hochlagerung der Extremität. Akute Form: Neben den bereits beim drohenden Infekt auftretenden Symptomen kommt die Rötung und Überwärmung hinzu, die BSG und Leukozytenzahl sind erhöht. Der Eiter sammelt sich im ehemaligen Frakturgebiet und droht aus den Wundnähten herauszupressen. Dieses Bild entwickelt sich innerhalb der ersten 3 Wochen. Bei Marknagelungen bildet sich auch über der Einschlagstelle ein Abszeß, der infolge einer Markphlegmone mit dem Eiterherd im Frakturgebiet in Verbindung steht. Bei Plattenosteosynthesen breitet sich der Eiter entlang der Platte weiter aus, da hier an der Grenzschicht Gewebe - Metall eine reduzierte Abwehr besteht. Röntgenologisch sieht man innerhalb der ersten 3 Wochen kaum Veränderungen, später treten Osteolysen, gelegentlich auch periostale Reaktionen (Knochenanbau) auf. Anfänglich avaskulärer, später avitaler, da nicht revaskularisierter Knochen, wird nicht osteoporotisch. Die chronische Form zeigt zunächst einen normalen postoperativen Verlauf, gelegentlich jedoch eine länger anhaltende postoperative Schwellung, die sich aber langsam zurückbildet. Häufig tritt die chronische Verlaufsform bei primärer Antibiotikagabe auf, so daß der akute Verlauf „kaschiert" wird und auch später nur ein symptomarmer Verlauf auftritt. Nach Monaten tritt eine geringe Rötung im Operationsgebiet auf, aus der eine Fistel aufbricht. Therapie: Bei der akuten Form ist sofortige chirurgische Intervention erforderlich. Die alleinige Gabe eines Antibiotikums ist ein Behandlungsfehler, da hiermit die Entzündung nicht zum Abklingen gebracht werden kann. 2 Behandlungsprinzipien sind unumgänglich (Abb. 33-7c):
1
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Abb.33-7c Prinzip der Osteitisbehandlung. 1 gründliches Debridement 2 Stabilität* und Einlegen einer PMMA Refobacinkugelkette 3 Spongiosatransplantation * hier dreidimensionaler Fixateur externe 1. Debridement: Großzügige Entfernung allen abgestorbenen Gewebes (Haut, Muskulatur) einschließlich des Knochens, der, vom Periost entblößt, weiß ohne Blutpunkte schimmert. Dies ist meist mit einem größeren Substanzverlust an Knochen verbunden; der Anfänger entfernt meistens zu wenig Knochen!
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Allgemeine Frakturen- und Luxationslehre 2. Stabilität: Ohne Stabilität heilt die Infektion nicht aus. Daher m u ß die Osteosynthese, wenn sie stabil ist, belassen werden, obwohl das Osteosynthesematerial als Fremdkörper eine Entzündung unterhalten kann. Aber in Verbindung mit dem Debridement und der gewonnenen oder verbliebenen Stabilität ist dies die bestmögliche Therapie. Bei Instabilität der Osteosynthese - meist Plattenosteosynthesen - wird diese entfernt und durch einen Fixateur externe ersetzt. Die Steinmann-Nägel werden fernab der Entzündung eingebracht. Dies gilt in der Regel auch für eine Markphlegmone nach Marknagelung. Die anschließende Spülsaugdrainage vermindert die Keimzahl und das Ansammeln von Sekret. Ersteres kann auch durch das Einlegen einer Refobacin-Pallacoskugelkette erreicht werden (s. Therapie der Osteomyelitis). Erst nach Sanierung des Herdes erfolgt Wochen bis Monate später die Auffüllung des Knochendefektes mit autogener Spongiosa. Die systematische Gabe eines ausgetesteten Antibiotikums ist nur eine flankierende Maßnahme. Selbstverständlich muß im akuten Stadium die Extremität mit einer zusätzlichen Gipsschale ruhiggestellt und hochgelagert werden. Dies Behandlungsschema gilt auch für die chronische Verlaufsform. Hier kann mit einer Fistelfüllung das Ausmaß des Schadens festgehalten werden. Prognose: Diese ist durch gehäufte Exazerbationen getrübt. Selbst nach Jahren und Jahrzehnten kann der Prozeß wieder aufflackern. Daher ist eine echte Ausheilung fragwürdig.
1.8.1.3 Gelenkinfektion Pathogenese: Eitererreger gelangen beim Erwachsenen fast ausschließlich direkt in den Gelenkraum und nicht über den Umweg über die Blutbahn. Sie brechen aus unmittelbarer Umgebung in das Gelenk ein: Durch offene Gelenkverletzungen und mißlungene, weil infizierte Osteosynthesen in Gelenknähe, weniger häufig durch intraartikuläre Injektionen. Es imponiert ein Reizerguß als Folge der geschwollenen Synovialis. Fließende Übergänge vom serofibrinösen Erguß bis zum Empyem. Beim Übergreifen auf die Kapsel und das paraartikuläre Gewebe entsteht die Kapsel- und die paraartikuläre Phlegmone, u. U. mit Senkungs- und Röhrenabszessen. Sind alle Strukturen betroffen, sprechen wir von einer Panarthritis. Diagnose: Klinisch Schwellung, Schmerzen, auch in Ruhe; Rötung, Überwärmung, Functio laesa. Schonhaltung des Gelenkes (leichte Beugung), Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens mit u. U. septischen Temperaturen. Laborchemisch: Erhöhte BSG, Leukozytose. Punktion des Gelenkes erforderlich. Punktat eiweiß- und zellreich. Bakteriennachweis! Röntgenologisch: Anfänglich Gelenkspalterweiterung durch Erguß, dann Destruktionen. Therapie: Punktion, Immobilisation im Gipsverband oder im gelenküberbrückenden Fixateur externe. Zunächst Gabe eines Breitbandantibiotikum, nach Austestung gezielte Gabe. Bleiben mehrere Punktionen erfolglos, muß eine Synovektomie, u. U. Frühsynovektomie, erfolgen, da die Synovialis der Ort der primären Bakterienansammung ist. Bei Phlegmonen radikale Ausräumung allen nekrotischen Gewebes. Spülsaugdrainage. Prognose: Bei chronischer Verlaufsform mit Fistelbildung Ausheilung nur mit Zerstörung des Gelenkknorpels möglich, die eine Arthrodese rechtfertigt.
1.8.2 Sudeck-Dystrophie Diese stellt kein selbständiges Krankheitsbild dar, sondern ist die massivste Ausprägung der Frakturkrankheit. Ätiologie und Pathogenese sind unbekannt, wenn auch eine vegetativ nervale angiopathische Reaktionslage bekannt ist. Diese führt zu einer Durchblutungs- und Stoffwechselstörung des
- Stabilität: deren Erhaltung, da sonst keine Ausheilung der Infektion. Daher: Belassen der Osteosynthese, wenn diese stabil ist. Sonst Anlegen eines Fixateur externe.
- Spül-Saugdrainage, - Refobacin-Pallacoskugelkette. Später: - Auffüllung des Knochendefektes mit Spongiosa, - Antibiotikum als flankierende Maßnahme.
Prognose: Aufleben des Prozesses selbst noch nach Jahren. Ausheilung fragwürdig.
Gelenkinfektionen Einbrechen der Erreger direkt in das Gelenk; durch: - offene Gelenkverletzung, - infizierte Osteosynthesen in Gelenknähe - intraartikuläre Injektionen Erscheinungsformen: - Reizerguß, - serofibrinöser Erguß, - Empyem. - Kapselphlegmone - Panarthritis. Diagnose: - Schwellung, - Schmerzen auch in Ruhe, - Rötung, - Erwärmung, - Functio laesa, - Schonhaltung des Gelenkes. Labor: BSG erhöht, Leukozytose, Punktat zell- und eiweißreich. Röntgen: anfänglich Gelenkspalterweiterung, später Destruktion. Therapie: - Punktion, - Immobilisation im Gipsverband oder Fixateur externe. - Breitbandantibiotika —»gezielte Gabe, - evtl. Synovektomie, Frühsynovektomie, - bei Phlegmonen: radikale Ausräumung des nekrotischen Gewebes, Spülsaugdrainage. Prognose: bei chronischer Form: Ausheilung nur mit Zerstörung des Gelenkknorpels —»Arthrodese. Sudeck-Dystrophie d.h. massivste Ausprägung der Frakturkrankheit. Folge: Durchblutungs- und Stoffwechselstörung des Knochens und aller Weichteile —> Dystrophie, Atrophie aller Strukturen.
844 Begünstigende Frakturen: - mehrfache Reposition, - traumatisierende Operationstechniken, - unsachgemäße Ruhigstellung.
Klinischer Verlauf in 3 Stadien:
Stadium I: ödematöse Weichteilschwellung, starker Dauerschmerz, besonders nachts und bei passiver Bewegung.
Stadium II: Abnahme der Schmerzen, Zunahme der trophischen Störungen —* Dystrophie bis Atrophie aller beteiligten Strukturen, erhebliche Bewegungseinschränkung. Symptome sind noch rückbildungsfähig.
Stadium III: Endatrophie aller Strukturen ohne Schmerzen, Gelenkeinsteifung, keine Rückbildungsfähigkeit. Therapie: - akute Phase: Immobilisation. - Medikamentös: Calcitonin, antiphlogistisch-antiödematös-analgetische Kombination. - Verboten: Massagen, Heißluft, passive Bewegungsübung!
Achtung: beste Therapie ist die Prophylaxe
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Kompartment-Syndrom (K.S.): Entstehung des K.S. durch 4 Faktoren: 1. Geschlossener Raum (d.h. Kompartment), 2. erhöhter Gewebedruck, 3. Minderdurchblutung des Gewebes. 4. Störung der neuro-muskulären Funktion.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates Knochens und aller Weichteile, die in einer Dystrophie und Atrophie aller Strukturen endet. Sie tritt häufig nach Frakturen (ζ. B. Radiusbasisfraktur) oder Weichteilverletzungen der Akren auf, aber auch ohne diese, ζ. B. als kontralateraler Sudeck auf der nicht verletzten Seite. Dies weist auf eine besondere Disposition hin; gehäuft werden Frauen über 40 Jahre mit einer veränderten Reaktionsbereitschaft des Sympatikus betroffen. Begünstigend wirken brüske, u.U. mehrfache Repositionen, traumatisierende Operationstechniken und unsachgemäße Ruhigstellung mit z.B. schnürenden Verbänden. Klinischer Verlauf: Dieser wird in drei Stadien mit fließenden Übergängen eingeteilt. Wegen der unterschiedlichen Therapie hat sich die Einteilung aber bewährt. Stadium I: Ödematöse Weichteilschwellung mit anfänglicher Rötung, dann übergehend in blau-livide Verfärbung und Überwärmung („pathologisch gesteigerte Heilentzündung"), vermehrte Schweißabsonderung. Neben der Schwellung ist ein starker Dauerschmerz charakteristisch, der besonders nachts und bei passiver Bewegung verstärkt auftritt. Stadium II ist charakterisiert durch eine Abnahme der Schmerzen und Zunahme der trophischen Störungen, etwa 2 - 4 Monate nach dem schädigenden Ereignis: Dystrophie bis Atrophie aller beteiligten Strukturen mit Verlust des subkutanen Fettgewebes, damit Verschmächtigung der Extremitätenteile mit Glanzhaut, kühler zyanotischer trockener Haut mit fehlender Hautfältelung und u. U. vermehrter Behaarung. Durch Kapsel- und Bandschrumpfungen treten u . U . erhebliche Bewegungseinschränkungen auf. Alle Symptome in den ersten beiden Stadien sind noch rückbildungsfähig. Röntgenologisch zeigt sich eine feinfleckige Entkalkung (im Gegensatz) zur diffusen bei Inaktivitätsatrophie und Osteoporose) und später eine scharfe Konturierung (Verdünnung) der Kortikalis - wie mit dem Bleistift nachgezogen. Stadium III ist gekennzeichnet durch die Endatrophie aller Strukturen ohne Schmerzen mit erheblichen Gelenkeinsteifungen. Keine Rückbildungsfähigkeit. Therapie in der akuten Phase: Immobilisation in Funktionsstellung. Medikamentös: Calcitonin (Thyreocalcitonin) eine Woche lang anfänglich 160 MRC-Einheiten i.m., dann einmal wöchentlich für 3 Wochen. Des weiteren haben sich Medikamentenkombinationen antiphlogistisch-antiödematös-analgetisch und sedierend bewährt: z.B. Trental® 400 oder Ronicol® mit Tanderil® oder Voltaren® oder Surgam®, mit Lexotanil® oder Limbatril® oder Valium. Verboten sind: Massagen, Heißluft und passive Bewegungsübungen. Die beste Therapie ist allerdings die Prophylaxe: Schonende Reposition mit korrekter Stellung der Fragmente, keine zirkulären Gipsverbände oder schnürenden Verbände, Vermeidung jeglicher Schmerzen, aktive Bewegungsübungen der nicht verletzten und nicht ruhiggestellten Gelenke. Im Stadium der Dystrophie: aktive krankengymnastische Bewegungsübungen bis zur Schmerzgrenze, Eisbehandlung, Sympatikusblockaden. Im Atrophiestadium können lediglich begrenzte Operationstechniken eine gewisse Verbesserung erbringen.
1.8.3 Kompartment-Syndrom (K.S.), akute Phase Häufigkeit: Ein häufiges, aber wenig bekanntes oder fehlgedeutetes Krankheitsbild. Nach der Thrombose die häufigste Komplikation bei Knochenbrüchen, zumindestens am Unterschenkel. Definition: Ein KS tritt ein, wenn folgende 4 Faktoren zusammentreffen: Innerhalb eines geschlossenen Raumes (des Kompartments) tritt infolge eines erhöhten Gewebedruckes eine Minderdurchblutung des Gewebes ein, welche zu Störungen der neuro-muskulären Funktion führt (Tscherne).
A l l g e m e i n e Frakturen- und Luxationslehre
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Ätiologie: Die Erhöhung des Gewebedruckes entsteht: 1. durch Verkleinerung des Kompartmentraumes: Verschluß von Faszienlücken, zu enger Gipsverband, lokaler äußerer Druck. Geschlossene Gipsverbände an Extremitäten schränken die Ausdehnungsmöglichkeit der Weichteile um 85 % ein, ein gespaltener Gips noch u m 3 0 - 6 0 %; 2. auch durch Zunahme des Kompartmentinhaltes: durch Blutung bei Verletzung von Gefäßen und bei Blutgerinnungsstörungen; durch vermehrte Kapillarpermeabilität bei postischämischer Schwellung (Operation in Blutleere nicht länger als 2 Stunden, nach 3 Stunden 3 0 - 6 0 % Weichteilschwellung!), bei direkten Gewebetraumen (Frakturen), der häufigsten Ursache des K. S., bei Verbrennungen und bei intraarteriellen Injektionen; durch erhöhten Kapillardruck bei vernöser Stauung; durch intramuskuläre Infusion oder Injektion; 3. durch Hochlagerung verletzter Extremitäten bei arterieller Hypotonie (ζ. B. schockierter Patient, primäre arterielle Minderdurchblutung). Hochlagerung des Unterschenkels um 50 cm bewirkt einen Blutdruckabfall im Sprunggelenkbereich u m 45 m m Hg. Eine Hochlagerung erfolgt maximal 10 cm über Vorhofniveau. Meistens sind ursächlich mehrere Faktoren beteiligt.
Erhöhter G e w e b e d r u c k entsteht: - d u r c h V e r k l e i n e r u n g des Kompartmentraums, - d u r c h Z u n a h m e des Kompartmentinhaltes, - d u r c h H o c h l a g e r u n g verletzter Extremitäten bei arterieller H y p o t o n i e (z.B. im Schock).
Pathophysiologie: Der transkapilläre Flüssigkeitstransport ist gestört. Normalerweise bewirkt der hydrostatische Kapillardruck eine Filtration von Wasser und Elektrolyten. Entgegengesetzt wirkt der osmotische Druck innerhalb der Kapillaren durch zurückgehaltene Plasmakolloide. Beide Kräfte stehen im Gleichgewicht, da am kapillaren Gefäßanfang durch Überwiegen des hydrostatischen Druckes ein Flüssigkeitsaustritt und am venösen Ende der Kapillare eine Rückresorption durch Überwiegen des onkotischen Druckes stattfindet. Beim K. S. kommt es infolge der Erhöhung des hydrostatischen Kapillardruckes zum vermehrten Flüssigkeitsaustritt. Permeabilitätsstörungen der Kapillarwand verursachen den Austritt von Plasmaproteinen, so daß im Interstitium der osmotische Druck steigt, was zur Verringerung der Rückresorption führt. Durch diese vermehrte Flüssigkeitsansammlung mit erhöhtem Druck im Interstitium wird zunächst der Flüssigkeitstransport am venösen Kapillarende behindert. Da zunächst das arterielle Ende der Kapillare offen bleibt, wird durch jede weitere Blutzufuhr das Flüssigkeitsvolumen im Gewebe ansteigen und den Druck dort erhöhen. Bei Dekompensation des geschilderten Systems treten Muskelnekrosen und in deren Gefolge eine Volkmann-Kontraktur auf. Beim Befall mehrerer Kompartments kann durch ausgedehnte Muskelnekrosen der Gesamtorganismus in Form des Crush-Syndroms mitergriffen werden: Hypovolämie durch Verlagerung größerer Flüssigkeitsmengen in den extravasalen Raum mit Schocksymptomatik, Myoglobinablagerungen in den Nierentubuli und Kalziumfreisetzung durch Zerfall der Muskelzellen, metabolische Azidose, Nierenversagen, Herzrhythmusstörungen durch Störung des Wasser- und Elektrolythaushaltes.
Pathophysiologie: Störung des transkapillären Flüssig keitstransportes: - E r h ö h u n g des hydrostatischen D r u c k e s —* v e r m e h r t e r Flüssigkeitsaustritt. - Permeabilitätsstörung der Kapillarwand. - —>Austritt von P l a s m a p r o t e i n e n - » V e r r i n g e r u n g d e r Rückresorption. Erhöhter D r u c k zunächst am v e n ö s e n Kapillarende —» M u s k e l n e k r o s e n . —> V o l k m a n n - K o n traktur.
Lokalisation: Häufiges Vorkommen am Unterschenkel, jedoch in jeder Faszienloge möglich; häufig sind mehrere Kompartments befallen. Der Unterschenkel besitzt 4 Kompartments: Tibialis-anterior-Syndrom: Loge für die Mm. Extensor hallucis longus, Tibialis anterior und Extensor digitorum communis. Tiefes hinteres Logensyndrom: Faszienloge für Mm. tibialis posterior, Flexor digitorum longus und Flexor hallucis longus. Laterales K.S.: Loge für die Mm. peronaeus longus et brevis. Oberflächliches dorsales K. S.: Mm. gastrocnemius und soleus. Obere Extremität: Im Ellenbogenbereich (Unterarmbeuger) bei kindlichen suprakondylären Oberarmbrüchen, dem bekanntesten K. S., das häufig mit der Volkmannschen ischämischen Muskelkontraktur gleichgestellt wird; Kontraktur der Handbinnenmuskeln.
Bei Befall m e h r e r e r Kompartments W i r k u n g auf den G e s a m t o r g a n i s m u s in Form des Crush-Syndroms: - Hypovolämie, - M y o g l o b i n a b l a g e r u n g in Nierentubuli, - metabolische A z i d o s e , - Nierenversagen, - Herzrhythmusstörungen, - Störungen des Wasser- und Elektrolythaushaltes.
Lokalisation häufigste am U n t e r s c h e n k e l : Tibialis-anterior-Syndrom, tiefes hinteres L o g e n s y n d r o m in der Ellenbeuge: U n t e r a r m b e u g e r = V o l k s m a n n s c h e ischämische Muskelkontraktur.
846 Diagnose des K.S.: Leitsymptom: akut einsetzende brennende, bohrende, krampfartige Schmerzen mit zunehmender Tendenz. Später: Mißempfindungen, rasche Anästhesie, motorische Muskelschwäche, passiver Dehnungsschmerz. Nach mehrständiger Ischämie: irreversible Nervenlähmungen. Lokal: - Hautrötung, - Spannungsblasen, - starke Schwellung, - livide Hautverfärbung, - harte Muskulatur, - Druckdolenz,
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates Diagnose: Leitsymptom ist der akut einsetzende brennende, bohrende, häufig krampfartige Schmerz mit zunehmender Intensität. Lokalisation in der betroffenen Muskelloge oder peripher in das Ausbreitungsgebiet sensibler Nerven des Kompartments. Danach Mißempfindungen (Parästhesien, Hyper- und Hypästhesien) und rasche Anästhesie, motorische Muskelschwäche; passiver Dehnungsschmerz der betroffenen Muskeln. Nach 12- bis 24stündiger Ischämie sind Nervenlähmungen irreversibel. Lokal treten Hautrötung und Spannungsblasen, starke Schwellungen, später livide Hautverfärbung auf. Die Muskulatur ist hart und sehr druckdolent. Periphere Arterienpulse und Hautkapillarzirkulation sind intakt.
anterolateral Zugang
posteromedialer Zugang Abb. 33-8a Anterolateral und posteromedialer Zugang zu den 4 Kompartimenten des Unterschenkels
Diagnosesicherung: Messung des subfaszialen Gewebedruckes.
Differentialdiagnose beachten. Therapie: einzig erfolgversprechende Therapie: Entlastung der Muskellogen durch Faszienspaltung. Bei gleichzeitiger Fraktur: Fasziotomie und stabile Osteosynthese.
Folgezustände nach Kompartment-Syndrom: Muskelnekrosen durch Ischämie in dem Kompartment —> Muskelschrumpfung, Volkmannsche ischämische Kontraktur.
K. S. der Unterarmbeuger Diagnose: - häufig stufenförmige Muskelatrophie der Beuger, - fixierte Pronationsstellung des Unterarmes. - Flexionskontraktur des Handgelenkes und der Finger. - Verstärkung der Krallenstellung der Finger bei Streckung im Handgelenk.
Gesichert wird die Diagnose durch Messung des subfaszialen Gewebedrukkes. Die Mikrozirkulation in der Muskulatur sistiert, wenn die Druckdifferenz zwischen Subfaszialdruck und diastolischem Blutdruck 30 m m Hg unterschreitet oder die Druckerhöhung auf 60 m m Hg anhält. Entscheidend sind Verlaufskontrollen. Differentialdiagnose: Häufigste Fehldiagnose: Thrombose, Thrombophlebitis, traumatische Nervenschädigung, Muskelprellung. Therapie: Einzige erfolgversprechende Therapie: Rechtzeitige und Vollständige Entlastung der betroffenen Muskellogen durch Faszienspaltung. Diese Dekompression ist ein Noteingriff, Kein primärer Hautverschluß, Auflegen von synthetischem Hautersatz. Beim Vorliegen einer Fraktur erfolgt gleichzeitig mit der Fasziotomie eine stabile Osteosynthese. A m Unterschenkel sollten alle 4 Logen eröffnet werden (Abb. 33-8 a). Bei Osteosynthese am Unterarm und Unterschenkel sollen zur Prophylaxe eines K. S. keine Fasziennähte erfolgen.
1.8.4 Folgezustände nach Kompartment-Syndromen Setzt in der akuten Phase die Therapie unsachgemäß oder zu spät ein, entstehen durch Ischämie Muskelnekrosen in dem Kompartment. Den Nekrosen folgt die Muskelschrumpfung, die Volkmannsche ischämische Kontraktur. Das ausgeprägte Bild zeigt außerdem schwere Schädigungen der zugeordneten Nerven. K. S. der Unterarmbeuger: Bevorzugt zerstört wird die tiefer gelegene Muskulatur, wie M. flexor pollicis longus und M. flexor digitorum profundus. Hier finden sich alle Übergänge von partiellen bis zu totalen gelblichen Nekrosen. Diagnose: Deutliche, häufig stufenförmige Muskelatrophie der Beuger. Fixierte Pronationsstellung des Unterarmes, Flexionskontraktur des Handgelenkes und der Finger durch narbige Schrumpfung der Muskulatur am Unterarm, d.h., die Fingergelenke sind in Entlastungsstellung - bei gebeugtem Handgelenk passiv frei zu strecken. Bei Streckung im Handgelenk verstärkt sich die Krallenstellung der Finger.
847
Allgemeine Frakturen- und Luxationslehre Therapie: Nur operativ, konservativ völlig sinnlos, d a die M u s k e l n e k r o s e n dam i t n i c h t beseitigt werden k ö n n e n . Bei D r u c k s c h ä d e n der N e r v e n (N. m e d i a nus häufiger b e t r o f f e n als N . ulnaris): Spaltung des verdickten E p i n e u r i u m , h ä u f i g interfasikuläre Neurolyse u n t e r d e m O p e r a t i o n s m i k r o s k o p notwendig, seltener N e r v e n t r a n s p l a n t a t i o n n a c h Resektion bei völliger D e s t r u k t i o n . Ers a t z o p e r a t i o n e n zur W i e d e r h e r s t e l l u n g der ausgefallenen M u s k e l f u n k t i o n e n : S e h n e n v e r l ä n g e r u n g e n (z-förmig) a m U n t e r a r m ; bei starker S c h r u m p f u n g : Desinsertion, d . h . Ablösung aller B e u g e m u s k e l n n a c h Scaglietti v o m A n s a t z a m distalen O b e r a r m u n t e r Darstellung der Nerven u n d Verlagerung n a c h distal; S e h n e n u m l a g e r u n g e n , z.B. des M. extensor carpi radialis brevis als M o tor, dessen S e h n e auf die B e u g e s e h n e n der n e k r o t i s c h e n M u s k e l n u m g e l a gert wird, n a c h d e m die N e k r o s e n chirurgisch e n t f e r n t worden sind. K. S. der H a n d b i n n e n m u s k e l n
Therapie: nur operativ. Spaltung des verdickten Epineuriums. Ersatzoperation: Sehnenerlängerung am Unterarm. Bei starker Schrumpfung: Desinsertion: Ablösung aller Beugemuskeln vom Ansatz am Oberarm unter Darstellung der Nerven -^»Verlagerung nach distal. Sehnenumlagerungen.
K . S . der Handbinnenmuskeln:
Bei i s c h ä m i s c h e r K o n t r a k t u r der M m . interossei tritt die „Intrinsic plus" Stellung ein: Fixierte B e u g u n g in den G r u n d g e l e n k e n bei Streckung der Mittel- u n d E n d g e l e n k e ( F u n k t i o n der M m . interossei!). H ä u f i g findet sich e i n e A d d u k t i o n s k o n t r a k t u r des D a u m e n s d u r c h N e k r o s e n der D a u m e n b a l l e n m u s kulatur. Diagnose: Bei Streckstellung der G r u n d g e l e n k e ist eine B e u g u n g im Mittelu n d E n d g e l e n k nicht möglich. N a c h Freigabe des G r u n d g e l e n k e s in Beugestellung k ö n n e n a u c h Mittel- u n d E n d g e l e n k e aktiv u n d passiv gebeugt werd e n („intrinsic plus"- oder Bunnell-Test) (Abb. 33-8b). Therapie: Bei „Intrinsic-plus"-Stellung: T e n o t o m i e n der I n t e r o s s e u s s e h n e n oder dreieckformige Exzision der schrägen Fasern der S t r e c k a p o n e u r o s e im Bereich des G r u n d g l i e d e s (Littlers Release Operation). Bei A d d u k t i o n s k o n traktur des D a u m e n s : Exision allen n e k r o t i s c h e n Gewebes, F i x i e r u n g des D a u m e n s in Oppositionsstellung, D e c k u n g des e n t s t a n d e n e n H a u t d e f e k t e s m i t freien oder gestielten Leistenlappen.
Diagnose: bei Streckstellung der Grundgelenke ist Beugung im Mittel- und Endgelenk nicht möglich. Therapie: Bei Intrinsic-plus-Stellung: Tenotomien der Interosseussehnen, dreieckformige Exzision der schrägen Fasern der Streckaponeurose. Bei Adduktionskontraktur des Daumens: Exzision des nekrotischen Gewebes, Fixierung des Daumens in Oppositionsstellung, Deckung des Hautdefektes.
Abb. 33-8b Ischämische Kontraktur der Handbinnenmuskeln. Bei passiv gestrecktem Grundgelenk sind Mittel und Endgelenk weder aktiv noch passiv zu beugen. K. S. des Unterschenkels: Diagnose: Die N e k r o s e n der M u s k u l a t u r in der Tibialis anterior- u n d Peronaeusloge b e d i n g e n keine K o n t r a k t u r , sie i m p o n i e r e n als L ä h m u n g des N. p e r o n a e u s . Bei K. S. der Tibialis-posterior-Loge e n t s t e h e n K r a l l e n z e h e n , bei gleichzeitigem Befall des Triceps surae ein kontrakter Spitzfuß. Therapie: W i e d e r h e r s t e l l u n g der F u n k t i o n peripherer N e r v e n (s. K . S . U n t e r armbeuger), Beseitigung von G e l e n k k o n t r a k t u r e n (Exzision von M u s k e l n a r ben, V e r l ä n g e r u n g s t e n o t o m i e n , Arthrolysen, T e n o d e s e n , Arthrodesen), Sehnentransfer.
1.8.5 Verzögerte Heilung - Pseudarthrosen G a r a n t e n einer sicheren k n ö c h e r n e n K o n s o l i d i e r u n g sind u n u n t e r b r o c h e n e Ruhigstellung bei g u t e m k n ö c h e r n e n K o n t a k t (sichere Fixation) u n d gute Vaskularität des K n o c h e n s u n d der u m g e b e n d e n Weichteile. Tritt n a c h Abl a u f e i n e r a n g e m e s s e n e n Frist (s. n o r m a l e H e i l u n g s z e i t e n S. 834) kein D u r c h bau auf, spricht m a n von einer verzögerten H e i l u n g (delayed u n i o n ) , die
K . S . des Unterschenkels: Diagnose: Nekrosen der Muskulatur imponieren häufig als Lähmung. Bei Befall der Tibialis-posterior-Loge: Krallenzehen, evtl. kontrakter Spitzfuß. Therapie: - Wiederherstellung der peripheren Nerven, - Beseitigung von Gelenkkontrakturen, - Sehnentransfer. Verzögerte Heilung - Pseudoarthrosen: verzögerte Heilung, wenn nach normaler Heilungszeit kein Durchbau auftritt. Gründe: - ungenügende Immobilisation, - Wiederholge Reposition,
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
848 - zu dünne Marknägel (bei operativer Stabilisierung), - Diastasen bei Plattenosteosynthesen. Ferner: - Medikamente, wie Kortison, - Zytostatika, - gerinnungshemmende Präparate. Wenn nach 6 - 8 Monaten nur fibröse Verbindung besteht: Pseudoarthrose. Unterteilung der Pseudoarthrosen (PA) nach biologischer Reaktionsfähigkeit: - hypertrophe Pseudoarthrose, - hypotrophe Pseudoarthrose, - oligotrophe Pseudoarthrose, - avitale, avaskuläre Pseudoarthrose, - Defektpseudoarthrose. Schwerwiegenste Form: infizierte Defektpseudoarthrose.
Diagnose: - Abnorme Beweglichkeit, - Belastungsschmerz —»Tomogramme, Sr-Szintigramm.
auch zeitlich auf 20 Wochen begrenzt werden kann. Die mechanischen Störkräfte, die eine permanente Unruhe am Frakturgebiet, insbesondere durch Zug- und Scherkräfte, bedingen, sind bei konservativer Behandlung ungenügende Immobilisation oder wiederholte Repositionen, bei operativer Stabilisierung zu dünne Marknägel oder Diastasen bei Plattenosteosynthesen. Auch Medikamente (Kortison, Zytostatika, gerinnungshemmende Präparate) verzögern eine Heilung. Verbleibt nach etwa 6 - 8 Monaten weiterhin nur eine fibröse Verbindung, spricht man von Pseudarthrosen (PA) (Falschgelenk, nonunion, Abb. 33-8 c). Sie werden nach ihrer biologischen Reaktionsfähigkeit unterteilt. Vitale PA sind durch mangelnde Stabilität aber gute Vaskularität gekennzeichnet, die bei der hypertrophen geradezu ausgezeichnet ist. Beide Frakturenden haben durch Kailusanlage eine elefantenfußartige Verbreiterung erfahren. Diese Form tritt meist nach konservativer Behandlung oder bei zu dünnen Marknägeln auf. Bei der hypotrophen Form ist der Kallus nur pferdefußartig (meist im Gefolge instabiler Plattenosteosynthesen), die oligotrophe Form - meist nach Drahtcerclagen und zu langer Extension - zeigt keinerlei Kallus. Die avitale, avaskuläre PA besitzt keine osteogenetische Potenz und damit keine Kallusformationen. Sie tritt nach Trümmerfrakturen bei avaskulären Fragmenten auf oder durch starke Denudierung während einer Osteosynthese. Die Defektpseudarthrose hat Knochenteile verloren, entweder primär durch den Unfall oder sekundär, ζ. B. nach Infektion. Die schwerwiegendste Form ist die infizierte Defektpseudarthrose. Diagnose: Klinisch abnorme Beweglichkeit, die bei einer straffen Pseudarthrose minimal sein kann; Belastungsschmerz. U. U. Tomogramme erforderlich. Ein Szintigramm mit 85 Sr gibt über die Reaktionslage Auskunft.
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Therapie: Therapieziel: Erreichen einer Stabilität - durch Marknagelung nach Aufbohren der Markhöhle oder: - Plattenosteosynthese. Bei avitaler Form: zusätzlich Spongiosatransplantation. Therapie der infizierten Defektpseudarthrose: Stabilisierung, Debridement, Spülsaugdrainage, Refobacin-Pallacoskugelketten, Spongiosatransplantation.
Abb.33-8c Formen der Pseudarthrosen. 1 hypertroph, 2 hypotroph, 3 atrophisch, 4 Defektpseudarthrose
Therapie: Sie richtet sich nach den biologischen und mechanischen Gegebenheiten. Oberstes Ziel bei der vitalen Pseudarthrose ist das Erreichen einer Stabilität, da die osteogenetische Potenz vorhanden ist, die permanente Unruhe aber ein Überwachsen der Gefäßsprossen verhindert. Sie wird bei der hyper- und hypotrophen Form durch Marknagelung nach Aufbohren der Markhöhle oder mittels Plattenosteosynthese erreicht. Bei der oligotrophen und avitalen Form muß zusätzlich eine Dekortikation und - entscheidend eine Transplantation autogener Spongiosa nach Stabilisierung mit Platte oder Fixateur externe erfolgen. Die schwierigste Form, die infizierte Defektpseudarthrose, wird wie eine Osteitis (s. dort) angegangen: Stabilisierung, Debridement, Spülsaugdrainage oder Refobacinkugelketten, Spongiosatransplantation.
Allgemeine Frakturen- und Luxationslehre 1.8.6 Fettemboliesyndrom Ätiologie: Nach Frakturen (Femur, Becken, Polytrauma), aber auch nach Weichteilkontusionen und Verbrennungen auftretende Kapillarverstopfung mit Lipidglobuli. Pathophysiologie: Das im Blut nicht emulgierte Neutralfett (Fettembolie) allein ist nicht die Ursache des Krankheitsbildes. Wichtigster Auslöser sind eine Schocksymptomatik mit Störung der Mikrozirkulation (Stase mit weißen und roten Sludgephänomenen), Hypoxie bis hin zur Schocklunge, Veränderungen der Gerinnungsfaktoren im Sinne einer Verbrauchskoagulopathie und ein veränderter Fettstoffwechsel. Damit wird aus der symptomlosen Fettembolie das klinische Bild des Fettemboliesyndroms als Epiphänomen des Schocks. Nach der Einschwemmungstheorie stammt das Fett aus zerrissenem Körpergewebe, ζ. B. Knochenmark. Die Lipaseentgleisungstheorie (überschießende Freisetzung und Aktivierung von Lipase führt zur Mobilisation von Lipiden aus den Depots) und die kolloidchemische Theorie (Änderungen in der Zusammensetzung der Lipide, der Bluteiweißkörper und des Säure-BasenHaushaltes führen zur Entemulgisierung der Blutlipide) sind heute weitgehend widerlegt.
849 Fettemboliesyndrom Kapillarverstopfung mit Lipidglobuli. Auslösender Faktor: - Schocksymptomatik mit Störung der Mikrozirkulation, - Hypoxie, - Verbrauchskoagulopathie, - veränderter Fettstoffwechsel.
Klinische Symptomatologie: Perakute (fulminante) Formen, die in Stunden bis in 2 - 3 Tagen zum Tod führen, stehen akuten Formen mit hoher Letalität und solchen mit subklinischem Verlauf (Nachweis von freiem Fett im Blut, aber keine klinischen Symptome) gegenüber. Letztere Form ist die häufigste. Erste klinische Zeichen treten in der Regel nach etwa 24 Stunden auf: motorische Unruhe, Beklemmungsgefühl, zunehmende Dyspnoe und Zyanose, Husten (primäre oder pulmonale Form oder Fettembolie des kleinen Kreislaufes). Verwirrtheit, Somnolenz, Bewußtlosigkeit (sekundäre oder systemische Form, Fettembolie des großen Kreislaufs) mit Befallensein des Hirnes. Diagnose: Klinisches Bild (s. o.). In 20 % petechiale Blutungen an Haut (Hals, Schulter), Konjunktiven und Augenhintergrund. Tachykardie. Röntgenbild der Lunge: ungleichmäßige, kleinfleckige, diffuse Verschattungen („Schneesturmeffekt"). EKG: Rechtsüberlastung. ZVD erhöht, Serumkalzium, Hämatokrit und Thrombozyten erniedrigt. Blutgasanalyse: Hypoxiewerte.
Symptome: - motorische Unruhe, - Beklemmungsgefühl, - zunehmende Dyspnoe, - Zyanose, - Husten, - Verwirrtheit, - Somnolenz, - Bewußtlosigkeit. Diagnose: - petechiale Blutungen an Haut, Konjunktiven, Augenhintergrund, - Tachykardie, Röntgenbild der Lunge: - diffuse Verschattungen („Schneesturmeffekt"), EKG: Rechtsüberlastung. Erniedrigung von: Serumkalzium, Hämatokrit, Thrombozyten, ZDV erhöht. Blutanalyse: Hypoxiewerte.
Therapie: Schlüsselrolle im Therapiekonzept: Optimale Prophylaxe eines Schocks durch Beseitigung einer Hypovolämie (u. a. auch Dextran zur Verminderung der Plättchenaggregation) und einer Hypoxie durch künstliche Beatmung (PEEP) und durch Ausgleich des Säure-Basen- und Elektrolythaushaltes. Verhinderung einer Verbrauchskoagulopathie („low dose" Heparinisierung). Hohe Kalorienzufuhr, u m Mobilisierung der Fettsäuren zu verringern. Stabilisierung der Frakturen großer Röhrenknochen. Medikamentöse Therapie mit Trasylol oder Lipostibil umstritten.
Therapie: wichtigstes Ziel: optimale Prophylaxe des Schocks durch: - Beseitigung einer Hypovolämie, - Beseitigung einer Hypoxie, - Ausgleich des Säure-Basen- und Elektrolythaushaltes. - Verhinderung einer Verbrauchskoagulopathie, - hohe Kalorienzufuhr, - Stabilisierung der Frakturen großer Röhrenknochen.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
850 Regionale Systematik der Frakturen und Luxationen
2. Regionale Systematik der Frakturen und Luxationen H. Zilch
Traumatologie der oberen Extremität
2.1 T r a u m a t o l o g i e d e r o b e r e n Extremität
1. -
2.1.1 Skapulafrakturen
Skapulafrakturen Seltene Verletzung, Stauchungsbruch des Halses, Pfannenbrüche durch Sturz auf die Schulter, - Abrißfrakturen durch Muskelansätze. Diagnose: - Lokaler Druck und Stauchungsschmerz, - schmerzhafte Bewegungseinschränkung. Therapie: Körper und Hals: - Ruhigstellung in Mitella oder Gilchristverband. Stauchungsbruch oder Pfannenbrüche: - Thoraxarmabduktionsgips für 6 Wochen. Bei grober Dislokation: - Operative Fixation. Abrißfrakturen: operative Fixation mit Schrauben- oder Zuggurtosteosynthese. Gute Prognose. 2. Klavikulafrakturen Eine der häufigsten Frakturen.
Häufigkeit: Seltene Verletzungen, häufiger in Kombination mit anderen. Pathogenese: Skapula durch Muskeln und freie Beweglichkeit auf Thoraxwand relativ geschützt. Bruch des Körpers durch massive direkte Gewalt, Stauchungsbruch des Halses und Pfannenbrüche durch Sturz auf die Schulter, Abrißfrakturen (Processus coronoideus) durch Muskelansätze. Diagnose: Lokaler Druck- und Stauchungsschmerz, schmerzhafte Bewegungseinschränkung, Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen. Therapie: Frakturen des Körpers und unverschobene Brüche des Halses: Ruhigstellung in Mitella oder Gilchristverband bis zum Abklingen der akuten Schmerzsymptomatik. Stauchungsbruch des Halses oder Pfannenbrüche: Thoraxarmabduktionsgips für 6 Wochen. Bei grober Dislokation operative Fixation (Plattenosteosynthese). Abrißfrakturen des Processus coronoideus und des Acromion: Operative Fixation mit Schrauben oder Zuggurtungsosteosynthese. Prognose: Im allgemeinen gut, da der gesamte Schultergürtel mit seinen verschiedenen Gelenken mäßige Ausfälle gut kompensiert. Bei komplexen Verletzungen langwieriger Verlauf.
2.1.2 Klavikulafrakturen Häufigkeit: Eine der häufigsten Frakturen, besonders im jugendlichen Al-
Biegungsbruch im mittleren Drittel durch Sturz. Diagnose: - Tastbare Unterbrechung der Klavikula, - Fehlstellung der Fragmente, - schmerzhafte Bewegungseinschränkung. Röntgenaufnahme in 2 Ebenen.
Pathogenese: Ein Sturz auf die Schulter oder die extendierte Hand führt zum Biegungsbruch im mittleren Drittel (indirekte Gewalt), Bruch im lateralen Drittel meist durch direkte Gewalt. Diagnose: Tastbare Unterbrechung der Klavikula. Fehlstellung der Fragmente: Das mediale Fragment steht durch Zug des M. sternocleidomastoideus kranial, das laterale durch das Armgewicht nach kaudal, häufig mit Verkürzung. Schmerzhafte Bewegungseinschränkung. Röntgenaufnahme in 2 Ebenen. Überprüfung des Pulses, der Sensibilität und Motorik!
Abb. 33-9 Rucksackverband zur Versorgung einer Klavikulafraktur Therapie: - konservative Behandlung, evtl. Reposition, Retention im Rucksackverband für 3 - 4 Wochen (Abb. 33-9). Operationsindikation nur bei - Begleitverletzungen, - offene Frakturen, - Hautperforation, - lateral gelegenen Frakturen.
Therapie: Domäne der konservativen Behandlung. U. U. Reposition in Lokalanästhesie, Retention im Rucksackverband (Abb. 33-9) durch Zug nach hinten unten für 3 - 4 Wochen. In der ersten Woche tägliches Nachspannen erforderlich. Operationsindikation nur bei bestehenden Begleitverletzungen der Nerven (Plexus) und Gefäße, bei offenen Frakturen, drohender Hautperforation eines Fragmentes und bei weit lateral gelegenen Frakturen mit Be-
Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen
851
teiligung des Akromioklavikulargelenkes. Methode der Wahl: Plattenosteosynthese. Prognose: Sehr gute Heilungstendenz, Pseudarthrosen selten, häufiger bei operativer Stabilisierung! Selbst Verkürzungen bis 1,5 cm sind funktionell bedeutungslos. Überschießender Kugelkallus kann sekundär Gefäße und Nerven irritieren.
Methode der Wahl: Plattenosteosynthese.
2.1.3 Luxatio sternoclavicularis
3. Luxatio sternoclavicularis Seltene Verletzung. Entstehung durch Schlag oder Sturz mit Hebelung der Klavikula über die erste Rippe.
Häufigkeit: Mit 1,5 % aller Luxationen eine seltene Verletzung. Pathogenese: Dieses Gelenk ist die einzige gelenkige Verbindung des Schultergürtels mit dem Rumpf. Gelenkflächen wenig kongruent, Diskus tragend. Direkte (Schlag) und indirekte (Sturz) Gewalteinwirkung, bei der die Klavikula über die erste Rippe gehebelt wird. Verrenkung am häufigsten nach vorn unten, nach hinten in das Mediastinum selten. Bei letzterer Komplikation durch Verletzung retrosternaler Gefäße, Nerven, Ösophagus und Trachea. Diagnose: Tastbare Vorwölbung über dem Gelenk, federnd fixiert. Mäßige Schmerzen. Röntgen, u. U. Tomogramm oder CT. Therapie: Reposition durch Zug des Schultergürtels nach hinten und Druck auf das mediale Ende der Klavikula. Retention wesentlich schwieriger. Bei jüngeren Patienten, bis etwa zum 40. Lebensjahr, operativ mit Naht der Bänder und Zuggurtungsosteosynthese, bei älteren kurzzeitige Ruhigstellung oder funktionelle Behandlung, je nach Luxationsneigung. Auch bei letzterer häufig günstige Ergebnisse.
2.1.4 Luxatio acromioclavicularis Häufigkeit: Wesentlich häufiger als die vorgenannte, etwa 4 - 5 % aller Luxationen. Pathogenese: Stabilität des in 3 Ebenen beweglichen Gelenkes herabgesetzt durch verletzte Bänder (Ligg. acromioclavicularia, Lig. coracoclaviculare, Pars trapezoidea et Pars conoidea), die rein auf Zug beansprucht werden. Indirekte Gewalt schädigt diese Bänder in unterschiedlichem Ausmaß, daher Unterteilung in 3 Schweregrade nach Tossy (Abb. 33-10).
Sehr gute Heilungstendenz.
Diagnose: - tastbare Vorwölbung über dem Gelenk, federnd fixiert. - Mäßige Schmerzen. Therapie: Reposition durch Zug des Schultergürtels nach hinten, Druck auf das mediale Ende der Klavikula. Bis zum 40. Lebensjahr: operativ mit Naht der Bänder und Zuggurtosteosynthese. Bei älteren Patienten Ruhigstellung, funktionelle Behandlung. Günstige Ergebnisse. 4. Luxatio acromioclavicularis Herabgesetzte Stabilität des Gelenkes durch verletzte Bänder. Man unterscheidet 3 Schweregrade (Abb.33-10).
Tossy I: Kontusion bzw. Zerrung der Ligg. acromioclavicularia. Tossy II: Zerreißung der Ligg. acromioclavicularia (Subluxation) Tossy III: Zerreißung der Ligg. acromioclavicularia und coracoclavicularia (Luxation des lateralen Klavikulaendes nach kranial).
Diagnose: Klinisch: Hochstand der lateralen Klavikula mit „Klaviertastenphänomen", Tiefertreten der Schulterwölbung. Tast- und sichtbare Stufe oder Schwellung, Druck- und Bewegungsschmerz. Röntgenbild in 2 Ebenen
Abb.33-10 Luxatio acromio-clavicularis-Einteilung in drei Schweregrade nach Tossy. a) Schweregrad Tossy I, b) Schweregrad Tossy II, c) Schweregrad Tossy III
Diagnose: - Hochstand der lateralen Klavikula mit „Klaviertastenphänomen", - Tiefertreten der Schulterwölbung, - Schwellung, Druck- und Bewegungsschmerz. Röntgenbild in 2 Ebenen.
XXXIII. C h i r u r g i e des Bewegungsapparates
852
Therapie: Tossy I: funktionelle Übungsbehandlung. Tossy II: Ruhigstellung für 2 Wochen. Tossy III: dauerhafte Ausheilung der zerrissenen Bänder nur auf operativem Wege: Naht der Bänder mit Absicherung der Naht durch: - K-Draht durch das A.C.-Gelenk und Schraube durch Klavikula in Proc. coracoideus, oder - Zuggurtosteosynthese. Ruhigstellung für 4 - 6 W o c h e n in Gips. Nach 6 - 8 Wochen: Metallentfernung. Gute Prognose.
(a. p.: Höhertreten der Klavikula, in 2. Ebene: Verbreiterung des Gelenkspaltes). Bei klinisch unsicherem Befund Röntgenaufnahme im Stehen unter Belastung (10 kp) im Seitenvergleich. Therapie: Tossy I: Funktionelle Übungsbehandlung. Tossy II: Etwa 2wöchige Ruhigstellung im Desault- oder Gilchristverband. Tossy III: Reposition gelingt leicht, Rentention schwieriger. Für konservatives Vorgehen sind an die 60 Verbandsanordnungen angegeben worden, die die Klavikula nach kaudal halten sollen, womit deren unsicherer Erfolg bereits angedeuet wird. Eine dauernde Retention und Ausheilung der zerrissenen Bänder in anatomisch korrekter Länge läßt sich nur auf operativem Wege erzielen: Naht der zerrissenen Bänder. Da diese rein auf Zug beanspruch werden, muß die Naht durch weitere M a ß n a h m e n abgesichert werden: Ein K-Draht durch das A. C.-Gelenk und eine Schraube durch Klavikula bis ins Korakoid oder Zuggurtungsosteosynthese (2 K-Drähte und Cerclage). Ruhigstellung für 4 - 6 Wochen im Thoraxarmabduktionsgips. Nach 6 - 8 Wochen Metallentfernung, sonst Gefahr des Metallermüdungsbruches. Das operative Verfahren wird auf Patienten im arbeitsfähigen Alter beschränkt. Sonst konservatives Vorgehen entweder Ruhigstellung oder primär funktionelle Behandlung, je nach Alter. Prognose: Im allgemeinen gut, auch unbehandelte Patienten mit geringer körperlicher Aktivität haben in der Regel wenig Beschwerden. Gelegentlich schmerzhafte Sekundärarthrose bei Instabilität. Dann Bandplastischer Ersatz unter kurzer Resektion der lateralen Klavikula möglich.
5. Schultergelenkverrenkung häufigste Verrenkung. Entstehen durch indirekte Gewalteinwirkung durch Sturz auf den ausgestrecken Arm.
Diagnose: - Zwangshaltung des Armes in luxierter Stellung, - Patient unterstützt den gebeugten Arm mit der gesunden Hand. - Federnde Fixation mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung. - Tastbare leere Pfanne. Röntgenbild in 2 Ebenen. Begleitverletzungen: - Ein- und Abriß des Labrum glenoidalis, - Impressionsfraktur am Humeruskopf, - Schädigung des N. axillaris, - Kompression der A. und V. axillaris, - Abriß des Tuberkulum majus. Therapie: schnelle Reposition, Achtung: vorher Nerven und Gefäße überprüfen. Repositionsmanöver: 1. nach Hippokrates: Druck mit der Ferse in die Axilla —»Zug durch beide Hände am verletzten Arm
2.1.5
Schultergelenkverrenkung
Häufigkeit: 50 % aller Verrenkungen, damit häufigste Verrenkung überhaupt, da das beweglichste menschliche Gelenk band- und muskelgeführt wird. Verhältnis der Gelenkfächen Cavitas glenoidalis scapulae/caput humeri wie 1:3,4. Pathogenese: Indirekte Gewalteinwirkung durch Sturz auf ausgestreckten Arm mit Humerus als langen Hebelarm. Luxationsrichtung in abnehmender Häufigkeit: Nach unten vorn (Luxatio axillaris) mit der seltenen Sonderform der Luxatio axillaris erecta (Patient erscheint mit erhobenem Arm), nach vorn (subkorakoidea) und, selten, nach hinten. Diagnose: • Zwangshaltung des Armes in luxierter Stellung, Oberarm meist leicht abduziert, Patient unterstützt den gebeugten Unterarm mit der gesunden Hand. Federnde Fixation mit schmerzhafter starrer Bewegungseinschränkung. Fehlende Schulterwölbung seitlich, tastbare leere Pfanne. Röntgenbild immer in 2 Ebenen, a.p. und axial oder transthorakal; besonders die hintere Luxation wird auf der a. p.-Aufnahme leicht übersehen! Begleitverletzungen: Ein- und Abriß des Labrum glenoidalis (Limbus, als Bankart-Läsion bekannt). Gruben- oder grabenförmige Impressionsfraktur am Humeruskopf hinten oben durch den knöchernen Pfannenrand (Hill Sachs-Delle). Nervenschädigungen, insbesondere am N. axillaris (motorischer Ausfall: M. deltoideus, sensibel: laterale Schulterpartie) und am Plexus brachialis; Kompression der A. und V. axillaris, Abriß des Tuberkulum maTherapie: Schnelle Reposition in Kurznarkose, Versuch mit Valium i. v. erlaubt. Vorher Überprüfung der Nerven und Gefäße! Repositionsmanöver: 1. Nach Hippokrates: Durch Druck mit der unbeschuhten Ferse des behandelnden Arztes in die Axilla des Patienten und Zug durch beide Hände am
Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen verletzten Arm und Führung des Armes aus Abduktion-Außenrotation in Adduktion-Innenrotation springt der Kopf wieder in die Pfanne. 2. Nach Arlt: Verletzte Schulter über eine gepolsterte Stuhllehne hängen und am rechtwinklig gebeugten Unterarm langsam ziehen. 3. Nach Kocher (nur bei vorderer Luxation): Geführte Bewegung der Schulter am gebeugten Unterarm von Außenrotation-Abduktion-Innenrotation zur Adduktion bis vor den Körper. Nach Reposition Ruhigstellung im Desault-Verband für 1 - 2 Wochen, je nach Alter, bei jüngeren Patienten längere Immobilisationszeit (3 Wochen). Danach krankengymnastische Übungsbehandlung. Röntgenkontrolle nach Reposition immer in 2 Ebenen, um eine Reluxation nicht zu übersehen. Eine Operationsindikation besteht nur bei Abbruch des Tuberkulum majus, wenn auch nach Reposition eine Diastase verbleibt (Verschraubung) und bei Rotatorenmanschettenabriß.
853 —» Führung des Armes aus Abduktion-Außenrotation —»in Abduktion-Innenrotation —» Kopf springt wieder in die Pfanne. 2. Nach Arlt: verletzte Schulter über Stuhllehne hängen —>am rechtwinklig gebeugten Unterarm langsam ziehen. 3. Nach Kocher: geführte Bewegung der Schulter am gebeugten Unterarm —»Außenrotation-Abduktion-lnnenrotation —»Abduktion bis vor den Körper. Nach Reposition: Ruhigstellung und krankengymnastische Übungsbehandlung. Röntgenkontrolle: in 2 Ebenen. Operationsindikation: nur bei Abbruch des Tuberculum majus mit Verbleiben einer Diastase, bei Rotatorenmanschettenabriß.
2.1.6 Humerusfrakturen
6. Humerusfrakturen
2.1.6.1 Humeruskopffrakturen
a) Humeruskopffrakturen: Entstehung durch direkte Gewalteinwirkung, durch Sturz auf die Hand oder Ellenbogengelenk.
Häufigkeit: 10 % aller Frakturen, die subkapitale Fraktur ist eine der häufigsten Frakturen des alten Menschen. Pathogenese: Meist indirekte Gewalteinwirkung durch Sturz auf die Hand oder Ellenbogengelenk (Biegungsmechanismus). Formen (Abb. 33-11): 1. Kalottenfraktur durch Collum anatomicum (selten). 2. Abrißfraktur des Tuberkulum majus. 3. Subkapitale Fraktur im chirurgischen Hals. Je nach Stellung des Armes zum Zeitpunkt des Sturzes tritt hierbei eine Ab- oder Adduktionsfraktur auf. Die häufigere Abduktionsfraktur bildet einen nach außen offenen Winkel, die Adduktionsfraktur einen nach innen offenen. Letztere gelegentlich mit Abriß des Tuberkulum majus und gröberer Disloaktion des distalen Fragmentes nach kranial hinten. Eingestauchte Brüche nicht selten. 4. Trümmerbrüche. 5. Luxationsfrakturen mit Bruchformen wie bei 1., 3. und 4., Luxationsrichtung des Kopfes meist nach dorsal. 6. Kindliche Epiphysenlösungen, meist mit epiphysärem Keil (Typ Aitken I oder Salter II, s. 2.5.). 7. Knöcherne Ausrisse der Rotatorenmanschette (häufiger degenerativ, s. 5.1.4). Begleitverletzungen: Schädigung des N. axillaris, selten des Plexus. Kompression oder Zerrrung mit Intimaschädigung der A. und V. axillaris. Diagnose: Schwellung, schmerzbedingte Bewegungseinschränkung, Hämatomverfärbung (u.U. bis zum Unterarm und der lateralen Thoraxwand). Röntenbild a. p. und axial. Fraktur im Collum anatonicum Abbruch des Tuberkulum majus
Subcapitale Fraktur Abb. 33-11 Brüche des proximalen Humerus
Formen: - Kalottenfraktur,Abrißfraktur, - subkapitale Fraktur im chirurgischen Hals oft mit eingestauchten Brüchen, - Trümmerbrüche, - Luxatiosnfrakturen, - kindliche Epiphysenlösung, - knöcherne Ausrisse der Rotatorenmanschette.
Diagnose: - Schwellung, - schmerzhafte Bewegungseinschränkung, - Hämatomverfärbung. Röntgenbild a.p. und axial.
854 Therapie: grundsätzlich konservativ. Ausnahme: bei gröberer Dislokation: Reposition durch axialen Zug. Anschließend: funktionelle Behandlung nach Poelchen. Bei eingestauchten Brüchen: sofortige Mobilisation ohne Zug. Grundsätzlich: Schultergelenk in Aduktionsstellung nicht länger als 3 Wochen immobilisieren.
Operationsindikation: - Dislozierte Abrißfrakturen des Tuberclum majus, - Frakturen mit Nerven und Gefäßkomplikationen, - Luxationsfrakturen mit schwer reponierbarem luxierten Kopf, - knöcherne Ausrisse der Rotatorenmanschette.
Besonderheiten: kindliche Epiphysenverletzung, die meist stärkere Dislokation zeigt: Reposition gelingt meist erst in Elevation und Außenrotation des Armes. Prognose: gut.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates Therapie: Grundsätzlich konservativ, isnbesondere beim alten Menschen. Nur bei gröberer Dislokation Reposition in Kurznarkose durch axialen Zug (nicht bei eingekeilten Brüchen!). Danach Immobilisation für wenige Tage im Desaultverband bis z u m Abklingen der akuten Schmerzsymptomatik. Dann funktionelle Behandlung nach Poelchen: Oberarmgipsschale, Patient trägt ein Gewicht in der Hand (max. 1 kg) und kann damit bereits Pendelübungen ausführen. Durch das Gewicht wird die Retention gehalten, der angespannte Deltamuskel „schient" den Bruch. Nachts Lagerung auf schiefer Ebene, ebenfalls unter leichtem Zug an der Gipsschale. In der 2 . - 3 . Woche geführte Abduktionsbewegungen, danach erst Rotationsübungen. Bei eingestauchten Brüchen sofortige Mobilisation ohne Zug. Grundsätzlich darf das Schultergelenk in Adduktionsstellung (ζ. B. im Desault-Verband) nicht länger als 2, maximal 3 Wochen immobilisiert werden, da sonst durch Schrumpfung der unteren Kapselfalte eine Adduktionskontraktur entsteht. Bei notwendiger Ruhigstellung über diesen Zeitraum hinaus ist der Thoraxarmabduktionsgips anzuwenden. Operationsindikationen: 1. Dislozierte Abrißfrakturen des Tuberkulum majus, das durch Zug der Supraspinatussehne bis unter das Akromion gezogen werden kann. Dadurch mechanisches Abduktionshindernis und Insuffizienz des M. supraspoinatus. Übungsstabile Osteosyntheseformen: Zugschraube oder Zuggurtung. 2. Frakturen mit Nerven- und Gefäßkomplikationen. 3. Luxationsfrakturen, bei denen sich der luxierte Kopf meist nur schwer reponieren läßt. Nach offener Reposition Spickung mit K-Drähten oder Fixation mit T-Platte, bei sehr alten Leuten u. U. ersatzlose Entfernung des Humeruskopfes. Gelegentlich stellt die interponierte lange Bizepssehne ein Repositionshindernis dar. 4. Knöcherne Ausrisse der Rotatorenmanschette sind immer eine Operationsindikation mit übungsstabilen Osteosyntheseverfahren, da nach konservativer Behandlung mit Ruhigstellung die Gleitschichten verlötet sind und sich zwangsläufig eine schmerzhafte Schultersteife entwickelt. Besonderheiten kindlicher Epiphysenverletzungen: Diese zeigen häufig eine stärkere Dislokation. Die exakte Reposition in Narkose gelingt meist erst in Elevation und Außenrotation des Armes. Immobilisation entweder in dieser Stellung im Thoraxarmabdutionsgips (sog. Fechterstellung) oder nach perkutaner Fixation der Fragmente mit 2 - 3 Kirschnerdrähten im gleichen Gipsverband in Normalstellung: 30° Abduktion und 30° Elevation des Oberarmes, Ellenbogengelenk in 90° Beugung, Unterarm in mittlerer Drehstellung. Letzteres ist erreicht, wenn die I n n e n h a n d zur Bauchwand parallel steht. Nicht in maximaler Supination eingipsen (Stellung z u m in die Hohlhand spucken!). Prognose: Gut. Pseudarthrosen extrem selten, da Brüche im spongiösen Knochen mit guter Heilungstendenz. Das funktionelle Endergebnis ist unabhängig vom Röntgenbild, daher keine „Röntgenkosmetik" erzwingen. Fehlstellungen bis maximal 30° werden durch das Gelenk kompensiert.
b) Humerusschaftfrakturen: Entstehen meist durch indirekte Gewalt oder maximale Muskelkontraktion (Sport). Formen: Schräg-, Biegungs-, Torsions-, Trümmerbruch. Diagnose: klassische Frakturzeichen. Bei Verdacht immer Funktion des N. radialis überprüfen.
2.1.6.2 Humerusschaftfrakturen Pathogenese: Meist indirekte Gewalt durch Sturz, gelegentlich durch maximale Muskelkontaktion (Speerwerfen, Ringen), selten durch direkte Gewalt (Schlag usw.). Formen: Von Schräg- über Biegungs- und Torsionsbruch bis zu T r ü m m e r brüchen. Diagnose: Durch die klassischen Frakturzeichen leicht zu stellen (s. 1.1.1). Die typische Dislokation entsteht durch Muskelzug: Das proximale Fragment wird durch den Deltamuskel nach lateral disloziert, das distale durch den M. coracobrachialis und den langen Kopf des Trizepsmuskels nach medial u n d kranial. Bei j e d e m Verdacht auf Bruch des Humerusschaftes m u ß
Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen
855
die F u n k t i o n des N. radialis (Fallhand) ü b e r p r ü f t werden, da dieser d e m K n o c h e n im mittleren Drittel direkt anliegt u n d dorsal von proximal m e d i a l n a c h distal lateral zieht. Therapie: Die H u m e r u s f r a k t u r ist die gutartigste Schaftfraktur, d a h e r konservative B e h a n d l u n g . R e p o s i t i o n in Narkose, Ruhigstellung im T h o r a x a r m a b duktionsgips f ü r 6 W o c h e n . Die B e h a n d l u n g mit d e m „Hanging cast" birgt die G e f a h r der Distraktion u n d d a m i t der verzögerten H e i l u n g bis zur Pseudarthrose.
Therapie: konservative Behandlung —> - Reposition, - Ruhigstellung für 6 Wochen (Thoraxarmabduktionsgips).
Operationsindikation: O f f e n e F r a k t u r e n , Radialisschädigung, breite Diastase d u r c h M u s k e l i n t e r p o s i t i o n , d r o h e n d e Pseudarthrose. Stabile Osteosynthese mit breiter AO-Platte, Z u g a n g von lateral oder h i n t e n u n t e r Darstellung des N. radialis. Dieser wird häufig iatrogen geschädigt, häufiger n o c h bei der M a t e r i a l e n t f e r n u n g . D a h e r bei älteren M e n s c h e n Verzicht auf diese Zweitoperation.
Operationsindikation: - offene Frakturen, - Radialisschädigungen, - breite Diastase, - drohende Pseudoarthrose.
2.1.6.3 Distale Humerusfrakturen Häufigkeit: Suprakondyläre H u m e r u s f r a k t u r u n d Abriß des E p i c o n d y l u s radialis häufigste kindliche F r a k t u r e n . Pathogenese: Meist indirekte Gewalt d u r c h Sturz auf die H a n d , direkte d u r c h Schlag, Stoß, Sturz auf d e n Ellenbogen. Bruchformen: 1. Suprakondyläre Q u e r f r a k t u r (überwiegend Kinder), h ä u f i ger in F o r m der H y p e r e x t e n s i o n s f r a k t u r als der Flexionsfraktur. Bei ersterer gleitet das distale F r a g m e n t d u r c h Z u g der Trizepssehne n a c h kranial, das proximale ellenbogenwärts. G e f a h r der Interposition der A. cubitalis (Abb. 33-12). Die Bruchlinie zieht von vorn u n t e n n a c h h i n t e n oben. Bei der F l e x i o n s f r a k t u r verläuft diese von v o m oben n a c h h i n t e n u n t e n . 2. Transkondyläre ( = intraartikuläre) Brüche, h ä u f i g in T- oder Y - F o r m , überwiegend bei E r w a c h s e n e n . 3. A b b r u c h der E p i k o n d y l e n oder K o n d y l e n , radial wesentlich häufiger als ulnar, besonders im Kindesalter. Zweithäufigste F r a k t u r des Ellenbogengelenkes bei K i n d e r n . Der Bruch verläuft d a n n in die E p i p h y s e n f u g e ! 4. F r a k t u r des C a p i t u l u m h u m e r i , meist mit Bruch des C o n d y l u s radialis. D i a g n o s e : S c h m e r z e n , Schwellung, Fehlstellung, a b n o r m e Beweglichkeit. Der E p i c o n d y l u s radialis wird d u r c h Z u g der Beuger n a c h distal gezogen u n d läßt sich frei hin- u n d h e r s c h i e b e n . Seitliche A u f k l a p p b a r k e i t des G e l e n k e s (Instabilität). R ö n t g e n a u f n a h m e n in 2 E b e n e n , im Kindesalter Vergleichsa u f n a h m e n der g e s u n d e n Seite. Sofortige Ü b e r p r ü f u n g der D u r c h b l u t u n g u n d der N e r v e n f u n k t i o n . N. ulnaris, N. m e d i a n u s u n d N. radialis in a b n e h m e n d e r H ä u f i g k e i t betroffen. Cave: Kompartment-Syndrom (s. 1.8.3 u. 1.8.4)!
Verfahren: stabile Osteosynthese mit breier AO-Platte. c) Distale Humerusfrakturen: Entstehung durch indirekte Gewalt, wie: Sturz auf die Hand, Schlag, Stoß, Sturz auf den Ellenbogen.
Bruchformen - suprakondyläre Querfraktur, - transkondyläre Brüche, - Abbruch der Epikondylen oder Kondylen, - Fraktur des Capitulum humeri.
Diagnose: - Schmerzen, - Schwellung, - freies Hin- und Herschieben der Epicondylus radialis, - seitliche Aufklappbarkeit des Gelenkes. - Röntgen: in 2 Ebenen. - Überprüfung von Durchblutung und Nervenfunktion. Cave: Kompartment-Syndrom.
Abb. 33-12 Suprakondyläre Hyperextensionsfraktur, Kompression der A.brachialis durch das proximale Fragment
Therapie: Überwiegend operativ. N u r u n v e r s c h o b e n e per- u n d s u b r a k o n d y läre F r a k t u r e n werden f ü r 4 - 6 W o c h e n im zirkulären Oberarmgips ruhiggestellt. Brüche der E p i k o n d y l e n u n d K o n d y l e n u n d des C a p i t u l u m h u m e r i : O f f e n e Reposition, F i x a t i o n mit K - D r ä h t e n oder Z u g s c h r a u b e n ( s . A b b . 33-5a).
Therapie: überwiegend operativ.
Kindliche suprakondyläre Frakturen: O f f e n e Reposition, Fixation mit 2 ge-
Kindliche suprakondyläre Frakturen:
856 offene Reposition, Fixation mit 2 gekreuzten Kirschnerdrähten Immobilisation für 4 - 6 Wochen. Konservativ: Reposition in Narkose. Extension für 3 Wochen, dann: 3 Wochen Oberarmgips.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates kreuzten Kirschnerdrähten, Immobilisation im zirkulären Oberarmgips für 4 - 6 Wochen, j e nach Alter. Konservativ: Reposition in Narkose. Zunächst Längszug am gestreckten Ellenbogen, u m die Verkürzung auszugleichen. Dann Beugung im Ellenbogengelenk durch Druck des Daumes auf das Olekranon und Korrektur der seitlichen Fehlstellung und der Rotation. Retention in Vertikalextension durch K-Drähte oder Schraube durch das Olekranon mit gleichzeitigem horizontalen Zug und Gegenzug durch Schrauben am Oberarm und Hand nach B a u m a n n (Abb. 33-13 a). Extension für 3 Wochen, dann für weitere 3 Wochen zirkulären Oberarmgips.
Abb.33-13a Baumann-Vertikalextension mit horizontalem Zug und Gegenzug
Suprakondyläre Frakturen beim Erwachsenen: - offene Reposition, - Stabilisierung mit Schrauben und Platten. Prognose: häufig Bewegungseinschränkung. Schwerwiegende Komplikation: ischämische Muskelkontraktur.
7. Ellenbogenverrenkung zweithäufigste Verrenkung. Häufig mit knöchernen Begleitverletzungen. Entstehung durch Sturz auf die Hand. Folge: Heraushebelung beider Unterarmknochen aus der Fossa olecrani.
Begleitverletzung: - Seitenbandausriß, - Abbruch des Processus coronoideus, - Gefäß- und Nervenverletzungen, - osteochondrale Abscherfragmente am Radiusköpfchen. Diagnose: - Schwellung und Deformierung.
Beachte: Rotationsfehler, im seitlichen Röntgenbild vorspringende Spitze des medialen und proximalen Epikondylus. Anstelle der Baumann-Extension ist eine Retention im „Cuff and Collar" nach Blount möglich: Spitzwinklig gebeugtes Ellenbogengelenk mit Fixierung des Handgelenkes über eine Schlaufe am Hals. Suprakondyläre u n d transkondyläre Frakturen beim Erwachsenen: Offene Reposition, Stabilisierung mit Schrauben und Platten (Y-Platte, Halbrohrplatten). Prognose: Transkondyläre Mehrfachbrüche hinterlassen als intraartikuläre Frakturen häufig eine Bewegungseinschränkung. Beachte: Beugung ist wichtiger als freie Streckung, u m die Hand zum M u n d zu führen. Nervenschäden haben eine gute Rückbildungstendenz. Bei kindlichen Brüchen kann Fehlwachstum z u m Cubitus varus oder valgus führen, letzterer mit Spätschäden (Dehnungsschaden) am N. ulnaris. Schwerwiegende Komplikation: Ischämische Muskelkontraktur (Volkmann) (s. 1.8.4).
2.1.7 Ellenbogenverrenkung Häufigkeit: N a c h der Schulter die zweithäufigste Verrenkung, etwa 2 0 - 2 5 % aller Luxationen; jedoch häufig mit knöchernen Begleitverletzungen kombiniert. Reine Luxationen sind seltener. Pathogenese: Das dreiteilige Gelenk wird durch 2 Seitenbänder als Verstärkung der sonst schwach ausgebildeten Kapsel und durch einen starken Muskelmantel geführt. Luxationen entstehen indirekt durch Sturz auf die Hand, u . U . mit Einleitung eines Momentes (Verdrehung), so daß beide Unterarmknochen aus der Fossa olecrani über den Processus coronoideus herausgehebelt werden. Das Olekranon steht dorsal der Trochlea: Luxatio antebrachii posterior. Bei Einwirken eines größeren Momentes verschiebt sich der Unterarm zusätzlich nach radial: posteroradiale Luxation. Selten: Luxatio antebrachii anterior, nur möglich mit zusätzlicher Olekranonfraktur. Begleitverletzungen: Seitenbandausriß, u. U. knöchern, am Epikondylus, radial häufiger als ulnar, Abbruch des Processus coronoideus. Gefäß- u n d Nervenverletzungen (N. ulnaris am häufigsten betroffen). Osteochondrale Abscherfragmente am Radiusköpfchen oder am Capitulum humeri. Diagnose: Schwellung und Deformierung durch dorsal verschobenes Olekranon (Luxatio posterior = häufigste Form). Stellung des Armes in leichter
857
Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen Beugung, Patient unterstützt diesen mit seiner gesunden Hand. Aufhebung des sog. Hueter-Dreiecks: Beide Epikondylen bilden mit dem Olekranon bei Beugung ein Dreieck, in Streckung eine querverlaufende Linie. Vor Röntgenaufnahmen (immer in 2 Ebenen) Überprüfung der peripheren Zirkulation, Motorik und Sensibilität! Therapie: Konservativ. Geschlossene Reposition in Narkose durch Zug am Unterarm und Druck am Olekranon von dorsal nach ventral mit langsamer Beugung des Gelenkes, bis die Trochlea einrastet. Nach erfolgter Reposition zwei weitere Überprüfungen unbedingt erforderlich: 1. Erneute Kontrolle der Gefäß- und Nervenfunktion, 2. Überprüfung der Seitenbandstabilität. Bei seitlicher Aufklappbarkeit Bandnaht, bei knöchernem Ausriß Zugschraubenosteosynthese indiziert. Nach Reposition: Erneute Röntgenkontrolle in 2 Ebenen. Immobilisation für 3 Wochen im Oberarmgipsverband. Danach aktive krankengymnastische und Physiotherapie. Bei Abbruch des Processus coronoideus (meist in Kombination mit einer Luxation, als alleinige Unfallfolge selten): Zugschraubenosteosynthese. Prognose: Im allgemeinen gut. Selten Ausbildung einer Myositis ossificans. Bei Quetschung des M. brachialis paraartikuläre Verkalkungen, besonders bei zu früher und zu brüsker passiver Mobilisation und nach Massagen. Seltene Unfallfolge: habituelle Ellenbogenluxation. Diese wird nach der von Osborne und Cotteril angegebenen Methode operiert: Knöcherne Reinsertion des radialen Seitenbandes und Beseitigung der dorsoradialen Kapseltasche.
2.1.8 Olekranonfrakturen Häufigkeit: Sehr häufige Gelenkverletzung. Pathogenese: Direkte Gewalt durch Fall auf den Ellenhaken. Bei massiver Überstreckung über die Trochlea humeri und bei unkoordiniertem Zug der Trizepssehne entsteht eine Abrißfraktur. Die Olekranonfraktur ist immer eine intraartikuläre Fraktur! Diagnose: Trotz Schwellung tastbare Delle, da der Trizepsmuskel eine breite Diastase bewirkt. Schmerzbedingte Bewegungseinschränkung, insbesondere für Streckung (Trizepsfunktion). Röntgenuntersuchung in 2 Ebenen zeigt meist Querbrüche oder Schrägbrüche, seltener Trümmerbrüche. Therapie: Bei den seltenen unverschobenen Brüchen genügt ein Oberarmgipsverband für 4 - 6 Wochen. Sonst absolute Operationsindikation gegeben, da a) intraartikuläre Fraktur und b) der Trizepszug keine Retention erlaubt. Operationsverfahren der Wahl Zuggurtungsosteosynthese: 2 Kirschnerdrähte halten zunächst das stufenlose Repositionsergebnis, eine Drahtschlinge in Achtertour (s. Abb. 33-6) wandelt die Zugkräfte des Trizepsmuskels in Druckkräfte auf den Frakturspalt um. Bei Trümmerbrüchen: AO-Plattenosteosynthese. Frühzeitige aktive Mobilisation! Prognose: Gut. Gelegentlich Streckdefizit, was funktionell im allgemeinen unbedeutend ist. Bei Trümmerbrüchen: Inkongruenzarthrose.
- Stellung des Armes in leichter Beugung, - Unterstützung des kranken Armes mit der gesunden Hand, - Aufhebung des Hueter-Dreiecks. - Röntgenaufnahme in 2 Ebenen. Therapie: konservativ. Geschlossene Reposition in Narkose durch Zug am Unterarm und Druck am Olekranon mit langsamer Beugung des Gelenkes, bis die Trochlea einrastet. -
Kontrolle der Gefäß- und Nervenfunktion, Überprüfung der Seitenbandstabilität, Röntgenkontrolle in 2 Ebenen. Immobilisation für 3 Wochen.
Im Allgemeinen gute Prognose.
8. Olekranonfrakturen Häufige Gelenkverletzung. Entstehen durch Fall auf den Ellenhaken oder als Abrißfraktur. Immer intraartikuläre Fraktur.
Diagnose: - tastbare Delle, - schmerzbedingte Bewegungseinschränkung. Röntgen in 2 Ebenen. Therapie: bei unverschobenen Brüchen: Oberarmgipsverband für 4 - 6 Wochen. In anderen Fällen: Operationsverfahren der Wahl: Zuggurtungsosteosynthese (s. Abb. 33-6). Bei Trümmerbrüchen: AO-Plattenosteosynthese. Prognose: gut.
2.1.9 Verletzungen des proximalen Radius
9. Verletzungen des proximalen Radius
2.1.9.1 Fraktur des Radiusköpfchens
a) Fraktur des Radiusköpfchens Entstehen bei Sturz auf gestrecktes Ellenbogengelenk.
Pathogenese: Sturz auf gestrecktes Ellenbogengelenk. Der Rand des Capitulum humeri schert den vorderen lateralen Teil des Köpfchens ab (Meißelfraktur). Formen: Meißelfraktur, Trümmerbrüche, Halsbrüche als Querbruch zwischen Capitulum radii und Tuberositas radii. Letztere treten gehäuft bei Kindern auf. Diagnose: Schmerzen. Lokaler Druckschmerz über Radiusköpfchen. Bewegungseinschränkung für Pro- und Supination, weniger für Beugung und Streckung. Röntgenbild in 2 Ebenen.
Formen: Meißelfraktur, Trümmerbrüche, Halsbrüche. Diagnose: lokaler Druckschmerz über Radiusköpfchen, Bewegungseinschränkung, Röntgenbild in 2 Ebenen.
858 Begleitverletzungen: Schädigung des Ramus profundus nervi radialis. Meist iatrogen bei operativer Intervention. Therapie: Bei Meißelfrakturen ohne Dislokation: Immobilisation für 2 - 3 Wochen. Bei Fissuren: sofortige Mobilisation erlaubt. Dislozierte Frakturen: Osteosynthese mit Zugschraube, bei Trümmerbrüchen: Rekonstruktionsversuch. Bei Mißlingen: Köpfchenresektion —» Silastik prothese. Nicht bei Kindern! Bei Radiushalsfrakturen mit Dislokation: offene Reposition.
Prognose: bei größeren Stufenbildungen ein geschränkte Unterarmdrehung.
b) Radiusköpfchenluxationen: meist in Kombination mit Ulnafraktur (Monteggia-Luxationsfraktur). Entstehung durch Sturz auf ausgestreckten Arm. Verletzung wird häufig, besonders bei Kindern, übersehen.
Diagnose: - federne Fixation, - aufgehobene Drehbewegung. - Röntgenbild in 2 Ebenen. Therapie: Reposition durch Zug am Unterarm und Druck auf das Köpfchen. 3 Wochen Oberarmgips. Sonderform: Subluxatio radii periannularis.
Therapie: Reposition durch Streckung und Supination des Unterarmes (hörbares Knacken) —»sofortige Beschwerdefreiheit.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates Begleitverletzungen: Schädigung des Ramus profundus nervi radialis (rein motorisch). Da der Ast für den M. extensor carpi radialis longus kranial des Köpfchens vom Stamm abgeht, bleibt die Funktion allein dieses Muskels häufig erhalten. Die Nervenschädigung ist häufiger iatrogen (Druck eines Hakens intraoperativ) als durch Verletzung bedingt. Therapie: Bei Meißelfrakturen: Ohne Dislokation lediglich Immobilisation im zirkulären Oberarmgips für 2 - 3 Wochen; Fissuren: Sofortige Mobilisation, da das Ringband schient. Dislozierte Frakturen: Osteosynthese mit einer Zugschraube. Bei Trümmerbrüchen: Operativ mit Versuch der Rekonstruktion; mißlingt dies: Köpfchenresektion, ersatzlose Entfernung oder Einsetzen einer Silastikprothese. Eine Resektion des Köpfchens ist bei Kindern unter keinen Umständen indiziert. Durch ungestörtes Wachstum der Ulna kommt es zu schweren Fehlstellungen am Ellenbogengelenk und insbesondere am Handgelenk: Manus radioflexa (erworbene Klumphand). Bei Radiushalsfrakturen: Bei Dislokation offene Reposition, Fixation mit Kirschnerdraht, u. U. transartikulär durch Capitulum humeri (nach Witt). Rechtzeitige Entfernung nach 3 Wochen, da sonst Materialermüdungsbruch! Prognose: Bei größeren Stufenbildungen oder Trümmerbrüchen eingeschränkte Unterarmdrehung. Bei starker Behinderung ist die Köpfchenresektion auch als Sekundäreingriff möglich. Selten periartikuläre Verkalkungen.
2.1.9.2 Radiusköpfchenluxationen Häufigkeit: Als isolierte Verletzung selten, meist in Kombination mit einer Ulnafraktur: Monteggia-Luxationsfraktur. Pathogenese: Verrenkung im proximalen Radioulnargelenk durch Sturz auf ausgestreckten Arm in forcierter Abduktion und Pronation. Verrenkungsrichtung fast ausschließlich nach vorn seitlich. Bei der Verrenkung reißt das Lig. annulare radii oder das Lig. quadratus, mit dem das erstere Band an der Ulna fixiert ist. Häufig übersehene Verletzung, insbesondere bei Kindern. Diagnose: Federnde Fixation, aufgehobene Drehbewegung. Röntgenbild in 2 Ebenen. Therapie: Reposition durch Zug am Unterarm und Druck auf das Köpfchen. 3 Wochen zirkulären Oberarmgips. Sonderform: Subluxatio radii periannularis (Chaissagnac, Pronatio dolorosa). Durch plötzlichen Zug am Arm bei gleichzeitiger Pronation (Hochreißen des Kindes an der geführten Hand, um es vor einem Sturz oder einer Gefahr zu bewahren) rutscht das Köpfchen z.T. unter das Lig. annulare. Bevorzugtes Lebensalter 2 - 6 Jahre. Diagnose: Die Kinder halten den Arm, als sei dieser gelähmt. Das Röntgenbild ist unauffällig! Therapie: Durch Streckung und Supination des Unterarmes gelingt leicht die Reposition unter hörbarem Knacken. Danach sofortige Beschwerdefreiheit. Prognose: Gut, nur gelegentliche Rezidive.
10. Unterarmbrüche Entstehung durch indirekte Gewalt: Bruch beider Unterarmknochen an der schwächsten Stelle. Bei direker Gewalt: am Ort der größten Gewalteinwirkung. Fehlstellung durch Muskelzug.
2.1.10 Unterarmbrüche Pathogenese: Bei indirekter Gewalt (seltener) durch Sturz brechen die beiden Unterarmknochen an der schwächsten Stelle („Sollbruchstelle"): Der Radius im mittleren Drittel, die Ulna am Übergang vom mittleren zum distalen Drittel, während bei direkter Gewalt (häufiger) durch z.B. Schlag der Bruch am Ort der größten Gewalteinwirkung auftritt. So als „Parierfraktur" der
859
Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen Ulna bei Schlag auf den zur Abwehr erhobenen Arm. Die Dislokation - bisweilen sehr erheblich - richtet sich nach dem Muskelzug: Beim Radiusbruch im proximalen Drittel Hauptdislokation zur Beugeseite durch Bizepszug, beim Bruch im mittleren bis distalen Drittel zieht der M. pronator quadratus den Radius zur Ulna hin. Diagnose: Bei isolierter Fraktur nur eines Knochens u. U. schwieriger: Lokale Schwellung und Druckschmerz, schmerzbedingte Bewegungseinschränkung für Pronations- und Supinationsbewegungen. Bei Faktur beider Knochen (= Unterarmfraktur) finden sich alle sicheren Zeichen eines Bruches. Trotzdem immer Röntgenbild in 2 Ebenen. Bei Bruch nur eines Knochens immer nach einer Luxation im proximalen oder distalen Radioulnargelenk fahnden (s. Monteggia- und Galeazzi-Verletzung). Therapie: Konservatives Vorgehen nur bei undislozierten und bei kindlichen Brüchen. Letztere treten häufig als Grünholzfrakturen auf, die sich korrekt stellen und retinieren lassen. Bei dislozierten kindlichen Frakturen Reposition in Narkose durch Zug und Gegenzug, u.U. Drehung, bis sich die Brüche verhaken. Ruhigstellung im zirkulären Oberarmgips für 8 - 1 0 Wochen. Alle verschobenen Brüche des Erwachsenen, insbesondere offene, werden operativ reponiert und mit AO-Platten (Halbrohrplatte oder DC-Platte) stabilisiert. Nach Abklingen des Wundschmerzes kann nach einigen Tagen bereits mit der aktiven krankengymnastischen Übungsbehandlung begonnen werden. Vorteil: Die durch die sonst notwendige lange Ruhigstellung bedingte Schrumpfung der Membrana interossea unterbleibt, wodurch die freie Umwendbewegung des Unterarmes gewährleistet bleibt. Auch der isolierte Bruch nur eines Knochens stellt eine Indikation zur Osteosynthese dar, da der intakte Partnerknochen durch Sperrwirkung die Heilung verzögern kann. Nebenverletzungen: Nerven- und Gefäßverletzungen, insbesondere des Ramus profundus nervi radialis (rein motorisch) bei proximalen Radiusfrakturen. Kompartment-Syndrome, ζ. B. in Form des Pronator-teres-Syndrom für den N. medianus.
Diagnose: - lokale Schwellung und Druckschmerz, - schmerzbedingte Bewegungseinschränkung. Bei Fraktur beider Knochen: alle sicheren Zeichen eines Bruches. - Röntgenbild in 2 Ebenen. Therapie: konservativ bei undislozierten und kindlichen Brüchen. In anderen Fällen: - Reposition in Narkose durch Zug und Gegenzug bis sich die Brüche verhaken. - Ruhigstellung im Oberarmgips für 8-10 Wochen. Alle verschobenen Brüche: - operative Reponierung, - Stabilisierung mit AO-Platten. Vorteil: Unterbleiben einer Schrumpfung der Membrana interossea. Indikation zur Osteosynthese auch bei isoliertem Bruch nur eines Knochens. Nebenverletzungen: - Nerven- und Gefäßverletzungen, - Kompartment-Syndrom.
Prognose: Gelegentlich Einschränkung der Drehfähigkeit des Unterarmes, die in geringem Umfang häufiger auftritt. Völlig blockiert wird diese Bewegung durch den Brückenkallus, der beide Unterarmknochen miteinander knöchern verbindet. Bei einfacher Resektion hohe Rezidivneigung. Deshalb nach Resektion Interposition einer Silastikmembran. Relativ häufig Pseudarthrosen, sowohl bei konservativer Therapie als auch bei nicht optimaler Osteosynthese. Notwendige Operation: Autologe Spongiosatransplantation und stabile Osteosynthese. Bei konservativer Behandlung durch Fehlstellung eines Knochens oder durch verstärkte Knochenresorption posttraumatische Längendifferenz der Unterarmknochen. Daher wird das distale Radioulnargelenk u.U. erheblich beeinträchtigt (Drehfähigkeit). Notwendige Operation: Korrekturosteotomie, u.U. Verlängerung des einen oder Verkürzung des anderen Knochens mit anschließender übungsstabiler Osteosynthese.
Prognose: - gelegentlich Einschränkung der Drehfähigkeit des Unterarmes. - Völlige Blockade dieser Bewegung durch Brückenkallus. - Relativ häufig Pseudarthrosen —> notwendige Operation: autogene Spongiosatransplantation und stabile Osteosynthese.
2.1.11 Radiusbruch an typischer Stelle
11. Radiusbruch an typischer Stelle Häufigster Bruch. Entstehung durch Sturz auf ausgestreckte, dorsalflektierte Hand. Abkippen der Gelenkfläche zur Streckseite —» Kompression der dorsalen Kortikalis und Spongiosa —»Gabelstellung, Bajonettstellung.
Häufigkeit: Der distale Radiusbruch (spongiöse Radiusbasis) im Bereich der becherförmigen Verbreiterung ist mit 1 0 - 2 5 % aller Knochenbrüche der häufigste Bruch überhaupt. Häufigkeitsgipfel bei älteren Menschen, weibliches Geschlecht bevorzugt (Colles 1814). Pathogenese: Sturz auf ausgestreckte, dorsalflektierte Hand. Damit kippt die Gelenkfläche zur Streckseite ab, die dorsale Kortikalis und Spongiosa wird komprimiert (Extensionsfraktur). Hierdurch resultiert klinisch die „Gabelstellung". Häufig zusätzliche radiale Abwinklung, die in der Aufsicht die „Bajonettstellung" ergibt. In 50 % gleichzeitig Abbruch des Processus styloideus ulnae; dies bedeutet häufig Mitverletzung des Discus triangularis. Unterscheidung zwischen intra- und extraartikulären Frakturen, erstere sind häufig Mehrfragmentbrüche (Abb. 33-13 b).
Bei konservativer Behandlung: posttraumatische Längendifferenz der Unterarmknochen möglich —» Notwendige Operation: Korrektu rosteotomie.
Oft gleichzeitiger Abbruch des Processus styloideus ulnae.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
860 Diagnose: - Schwellung, - Schmerz, - Functio laesa, - Fehlstellungen, - Röntgenbild in 2 Ebenen.
Diagnose: Schwellung, Schmerz, Functio laesa, insbesondere o. g. Fehlstellung, Röntgenbild in 2 Ebenen.
IQ
Abb. 33-13b Distale Radiusfraktur vom Extensionstyp
30 10
Abb. 33-13c Gelenkwinkel am distalen Radiusende Therapie: vorwiegend konservativ. Reposition mit Einstellung der normalen Gelen kneigungswinkel. Vorgehen: Reposition durch „Mädchenfänger". Rückenlage des Patienten —» Lagerung des Oberarms seitlich im rechten Winkel horizontal, Unterarm senkrecht unter 90° Beugung im Ellenbogengelenk (Abb.33-14) —» Hauptzug über die beiden ersten Finger —» Gegenzug durch Schlaufe am Oberarm mit 3 - 4 kg Gewicht—» nach 15 min Dauerzug Röntgenkontrolle Ruhigstellung für 4 - 6 Wochen.
Therapie: Überwiegend konservativ (über 90 %), da Bruch im spongiösen Bereich mit bekannter guter Heilungstendenz. Reposition zur Erzielung der normalen Gelenkneigungswinkel: Im a.p.-Bild 30 % Steigung von ulnar nach radial und im seitlichen Bild 10 % Neigung zur Beugeseite (Abb. 33-13 c). Reposition in Bruchspaltanästhesie mit ca. 10 cm 3 2 % Scandicain oder Plexusanästhesie über einer Fingerextension durch sog. „Mädchenfänger": In Rükkenlage des Patienten wird der Oberarm seitlich im rechten Winkel horizontal gelagert, der Unterarm steht senkrecht unter 90° Beugung im Ellenbogengelenk (Abb. 33-14a). Der Hauptzug führt über die beiden ersten Finger. Gegenzug durch gepolsterte Schlaufe am Oberarm mit etwa 3 - 4 kg Gewicht. Nach etwa 15 min Dauerzug Stellungskontrolle im Bildwandler.
Abb. 33-14a Einrichtung eines Radiusbruches loco typico mittels „Mädchenfänger"-Exten-
Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen
861
U . U . N a c h r e p o s i t i o n d u r c h m a n u e l l e n Druck von dorsal im S i n n e einer Palm a r f l e x i o n . R u h i g s t e l l u n g in Mittelstellung des H a n d g e l e n k e s m i t breiter U n t e r a r m g i p s l o n g e t t e oder g e s p a l t e n e m zirkulären U n t e r a r m g i p s bis zu d e n Langfingergrundgelenken. Bei T r ü m m e r b r ü c h e n ist ein gespaltener zirkulärer Oberarmgips zur Ausschaltung der D r e h b e w e g u n g ratsam, der n a c h 3 W o c h e n in einen U n t e r a r m gips u m g e w a n d e l t werden soll. N a c h Abschwellen ist in der Regel ein U m g i p s e n erforderlich. Ruhigstellung f ü r 4 - 6 W o c h e n , je n a c h Schwere der Fraktur. Röntgenkontrollen: Sofort n a c h Reposition im ersten G i p s v e r b a n d , n a c h 3 u n d 8 Tagen u n d n a c h 4 oder 6 W o c h e n , je n a c h D a u e r der R u h i g s t e l l u n g . Diese T e r m i n e sind u n b e d i n g t e i n z u h a l t e n , u m ein n i c h t seltenes e r n e u t e s A b r u t s c h e n der F r a g m e n t e rechtzeitig zu e r k e n n e n u n d G e g e n m a ß n a h m e n zu ergreifen: N a c h r e p o s i t i o n . Bei a b r u t s c h g e f ä h r d e t e n F r a k t u r e n - meist M e h r f r a g m e n t e n b r ü c h e - k a n n primär eine S p i c k d r a h t o s t e o s y n t h e s e das Spätergebnis verbessern. In seltenen Fällen (intraartikuläre Brüche) I n d i k a tion zur Osteosynthese mit einer kleinen T-Platte. Prognose: N i c h t selten sind R e d i s l o k a t i o n e n wegen S p o n g i o s a i m p r e s s i o n e n . D a h e r u n b e d i n g t R ö n t g e n k o n t r o l l z e i t e n b e a c h t e n ! Gelegentlich treten prim ä r K o m p r e s s i o n s - S y n d r o m e des N. m e d i a n u s ( K a r p a l t u n n e l s y n d r o m ) auf, selten a u c h als S p ä t k o m p l i k a t i o n . Bei zu h ä u f i g e r u n d i n s b e s o n d e r e zu brüsker Reposition u n d geschlossenen G i p s v e r b ä n d e n G e f a h r der Sudeck-Dystrophie. Diese tritt a m häufigsten nach distalen R a d i u s f r a k t u r e n auf! Intraartikuläre F r a k t u r e n k ö n n e n m i t S t u f e n b i l d u n g ausheilen u n d d a m i t einer I n k o n g r u e n z a r t h r o s e V o r s c h u b leisten. Der häufig m i t f r a k t u r i e r t e Processus styloideus u l n a e verheilt gelegentlich p s e u d a r t h r o t i s c h . D a n n k ö n n e n lokalisierte D r u c k s c h m e r z e n die Folge sein, die a u c h d u r c h eine Mitverletzung des Discus triangularis - der als knorplige Scheibe keine H e i l u n g s t e n d e n z hat - verursacht werden k ö n n e n . Seltene S p ä t k o m p l i k a t i o n : R u p t u r der S e h n e des Extensor pollicis longus. Häufigste Fehlstellung n a c h A u s h e i l u n g der Fraktur: Speichenverkürzung mit k o n s e k u t i v e m Ellenvorschub u n d einer n a c h dorsal abgewinkelten Speichengelenkfläche.
Röntgenkontrolle: Sofort nach Reposition, nach 3 und 8 Tagen sowie 4 oder 6 Wochen, um erneutes Abrutschen der Fragmente zu erkennen.
Prognose: - oft Redislokalisation wegen Spongiosaimpressionen —»unbedingt Röntgenkontrolle beachten! - Gefahr der Sudeck-Dystrophie - Gefahr der Inkongruenzarthrose, - pseudoarthrotische Verheilung des Processus styloideus ulnae —» Folge: Druckschmerzen. Seltene Spätkomplikation: Ruptur der Sehne des Extensor pollicis longus. Häufigste Fehlstellung: Speichenverkürzung mit konsekutivem Ellenvorschub und nach dorsal abgewinkelter Speichengelenkfläche.
T h e r a p i e bei alten L e u t e n mit Beschwerden: E l l e n k ö p f c h e n r e s e k t i o n ; bei j ü n g e r e n P a t i e n t e n : K o r r e k t u r o s t e o t o m i e der Speichengelenkfläche, u. U. mit Ellenverkürzung. Sonderformen: Flexionsbruch bei Sturz auf die gebeugte H a n d . Typ I: P a l m a rer R a d i u s r a n d abgebrochen. Typ II: Frakturlinie zieht von dorsal distal n a c h p a l m a r proximal (bereits extraartikuläre Fraktur). Typ III: Extraartikulärer R a d i u s b a s i s b r u c h mit E i n s t a u c h u n g p a l m a r . Diese F r a k t u r e n werden u n t e r d e m N a m e n S m i t h Fractures z u s a m m e n g e f a ß t . Typ I stellt eine O p e r a t i o n s indikation dar, da der Bruch konservativ nicht zu halten ist (Abb. 33-14b). Bei K i n d e r n k a n n infolge der spröden Kortikalis ein sog. Wulstbruch entsteh e n , der lediglich eine V e r d i c k u n g d u r c h E i n s t a u c h u n g der Kortikalis darstellt.
Sonderformen: - Flexionsbruch bei Sturz auf die gebeugte Hand, - Wulstbruch bei Kindern, d. h. Einstauchung der Kortikalis.
Abb. 33-14b Distale Radiusfrakturen vom Flexionstyp (seitliche Ansicht) vom Typ l - l l l
2.1.12 Luxationen im distalen Radioulnargelenk Bei den typischen R a d i u s b a s i s b r ü c h e n m i t dorsoradialer A b w i n k l u n g entsteht zwangsläufig eine Subluxationsstellung in d i e s e m G e l e n k , die h ä u f i g
12. Luxationen im distalen Radioulnargelenk
862 Subluxationsstellung bei typischen Radiusbasisbrüchen mit dorsoradialer Abwinkelung —»Verletzung des knorpeligen Discus triangularis. Bei Kindern: vermindertes Längenwachstum der Speiche als Folge mit Schädigung des distalen Radioulnargelenkes. Federnde Elle: Subluxationen im Radioulnargelenk durch angeborene Bänderschwäche.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates mit einer Verletzung des knorpligen Discus triangularis einhergeht. Diese kann anhaltende Beschwerden verursachen. Bei kindlichen Verletzungen der distalen Radiusepiphyse kann es zum verminderten Längenwachstum der Speiche kommen - u. U. nur partiell - welches zu einer sekundären Schädigung des distalen Radioulnargelenkes führt. Es entsteht die Fehlstellung einer Manus radioflexa (erworbene Klumphandstellung) oder die der Madelung-Deformität. Subluxationen im distalen Radioulnargelenk durch angebrochene Bänderschwäche nennt man federnde Elle. Isolierte Verrenkungen dieses Gelenkes sind extrem seltene Verletzungen. Sie treten häufiger in Kombination mit einem Speichenbruch auf (Galeazzi-Verrenkungsbruch, s. unten).
13. Verrenkungsbrüche am Unterarm
2.1.13 Verrenkungsbrüche am Unterarm
a) Monteggia-Luxationsfraktur: Bruch der Ulna im proximalen Drittel, gleichzeitig Luxation des Speichenköpfchens (Abb. 33-15a). Entstehung durch Sturz auf gebeugten Unterarm oder entsprechenden Schlag. Zerreißung des Lig. annulare.
2.1.13.1 Monteggia-Luxationsfraktur Definition: Bruch der Ulna im proximalen, seltener im mittleren Drittel mit gleichzeitiger Luxation des Speichenköpfchens (Abb. 33-15a).
Abb. 33-15a Monteggia-Luxationsfraktur
Diagnose: Bruch der Ulna steht im Vordergrund. Daher Regel: bei jeder isolierten Schaftfraktur der Ulna nach Monteggia-Verletzung suchen! Therapie: - Operativ. Stabile Osteosynthese der Ulna. Bei konservativer Therapie: Verkürzung des Knochens. Osteosynthese der Ulna wichtiger als Naht der Bänder. 3 Wochen Oberarmgips. b) Galaezzi-Luxationsfraktur: Bruch der Speiche im mittleren bis distalen Drittel, Luxation im distalen Radioulnargelenk. Therapie: Stabilisierung des Speichenbruches mit Plattenosteosynthese, Bandnaht. Oberarmgipsverband für 3 Wochen.
Pathogenese: Sturz auf gebeugten Unterarm oder direkt durch Schlag gegen den proximalen Unterarm von ulnar her. Die Luxation bedingt eine Zerreißung des Lig. annulare radii oder des Lig. quadratum, durch welches das erstere an die Ulna fixiert wird. Diagnose: Der Bruch der Ulna steht klinisch im Vordergrund, weshalb die Luxation im proximalen Radioulnargelenk häufiger übersehen wird. Daher gilt die Regel, bei jeder isolierten Schaftfraktur der Ulna nach einer Monteggia-Verletzung zu fahnden. Gelegentlich Schädigung des N. radialis durch Radiusköpfchenluxation (Fallhand). Therapie: Operativ durch stabile Osteosynthese der Ulna. Hiermit wird durch Erhaltung der korrekten Länge der Elle eine Reluxation verhindert. Jede konservative Therapie geht mit einer Verkürzung des Knochens einher, wodurch die Luxationstendenz des Ellenköpfchens vorgegeben ist. Daher ist die korrekte Osteosynthese der Ulna wichtiger als die Naht der Bänder. Auf diese kann verzichtet werden, wenn nach erfolgter stabiler Osteosynthese bei Drehbewegungen keine Luxation entsteht. 3 Wochen Oberarmgips zur Ausheilung der Bandstrukturen.
2.1.13.2 Galeazzi-Luxationsfraktur Definition: Bruch der Speiche im mittleren bis distalen Drittel und Luxation im distalen Radioulnargelenk. Therapie: Es gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Monteggia-Fraktur: Stabilisierung des Speichenbruches mittels Plattenosteosynthese, Bandnaht, u. U. transartikulärer Kirschnerdraht für 3 Wochen. Für die gleiche Zeit zirkulären Oberarmgipsverband.
Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen
863
2.2 Traumatologie der Wirbelsäule
Traumatologie der Wirbelsäule
2.2.1 Stabile und instabile Brüche, Häufigkeit
Stabile und instabile Brüche Die Bewegung der Wirbelsäule spielt sich im Bewegungssegment ab mit folgenden Strukturen:
Die Wirbelsäule hat als Stützorgan eine statische, als Teil des Bewegungsapparates eine dynamische und für das Rückenmark eine protektive Funktion. Druckkräfte werden von den Wirbelkörpern, den Bandscheiben und den kleinen Wirbelgelenken aufgenommen, die Zugkräfte von den vorderen und hinteren Längsbändern und den Ligg. flava und interspinalia. Die Bewegung spielt sich in dem sog. Bewegungssegment (Junghanns) ab, das von ventral nach dorsal folgende Strukturen u m f a ß t (Abb. 33-15b): - Vorderes Längsband, - Bandscheibe, - kleine Wirbelgelenke und deren Kapsel und - dorsal die Ligg. flava und interspinalia.
-
vorderes Längsband, Bandscheibe, kleine Wirbelgelenke und deren Kapsel, Ligg. flava und Ligg. interspinalia.
J e nach Verletzung dieser Strukturen unterteilt man in: - stabile Frakturen, - instabile Frakturen.
Abb. 33-15b Bewegungssegment nach Junghans. Die für die Stabilität so wichtigen Strukturen sind besonders stark hervorgehoben (in rot)
In Abhängigkeit von dem Grad der Verletzung dieser Strukturen des Bewegungssegmentes unterteilt man in primär stabile u n d instabile Frakturen. Nach Louis wird das Gleichgewicht der Stabilität der Wirbelsäule durch 3 Verbindungen aufrechterhalten: hintere Wirbelkörper- und Diskuswand, Wirbelgelenke und Wirbelbogen, dorsaler Ligamentkomplex (insbesondere Lig. interspinosum). Ist eine der drei Strukturen ernsthaft verletzt, resultiert eine instabile Fraktur. Die Unterscheidung wird anhand röntgenologischer Kriterien getroffen: Primär stabile Brüche sind: Isolierte Bandscheibenverletzungen (meist in Kombination mit einer Zerreißung des vorderen Längsbandes); isolierter Wirbelkörperbruch ohne Bandscheibenbeteiligung mit intakter Deckplatte u n d Hinterkante (solide impaktierte Spongiosa); isolierter einseitiger Wirbelbogen - oder Gelenkfortsatzbruch ohne Bandscheibenbeteiligung; ein Wirbelkörperbruch mit Beteiligung der Bandscheibe gilt auch dann noch als stabil, wenn die Keilform des Körpers unter 15° liegt, kein saggitaler Knick oder Seitverschiebung, keine Subluxationsstellung besteht und die Dornfortsätze nicht auseinanderweichen (intakter dorsaler Bandapparat). Außerdem dürfen keine neurologischen Ausfälle bestehen. Primär instabile Brüche: Die Stabilität entscheidet sich an den dorsalen Strukturen: Wirbelkörperhinterkante und Diskuswand, Wirbelbogen und Gelenkfortsätze, hinterer Bandkomplex (Lig. interspinosum). Instabile Brüche: Wirbelkörperbrüche mit Beteiligung der Hinterkante und Bandscheibenimpression durch verletzte Deckplatte, zudem Berstungs- und Stückbrüche, Verlagerung von Wirbelkörperteilen nach seitlich, ventral oder dorsal; Verrenkungsbrüche mit Beteiligung der Bogen oder Gelenkfortsätze; Luxationen und Subluxationen; Verletzungen mit neurologischen Ausfällen. Unterteilung in ossäre und diskoligamentäre Instabilitäten sinnvoll, letztere insbesondere an der Halswirbelsäule und mit schlechterer Prognose. Häufigkeit: 10 % HWS, 43 % BWS, 44 % LWS, 3 % Kreuzbein. M a x i m u m an der Halswirbelsäule: C 2 (Densfraktur) und C 5 - C 6 . An der Brustwirbelsäule: D 5 - D 9 (Gipfel der BWS-Kyphose: Bei axialer Stauchung und Über-
Primär stabile Brüche: - isolierte Bandscheibenverletzung, - isolierter Wirbelkörperbruch, - isolierter einseitiger Wirbelbogen- oder Gelenkfortsatzbruch ohne Bandscheibenbeteiligung.
Primär instabile Brüche: Verletzung der dorsalen Strukturen: -
Wirbelkörperhinterkante, Diskuswand Wirbelbogen, Gelenkfortsätze, hinterer Bandkomplex.
Häufigste Lokalisation: an den beweglichsten Segmenten (D 12, L 1) und Maximum der Brustkyphose.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
864
biegung Maximum der Gewalteinwirkung), D 12 und L 1 mit jeweils 18 % die häufigsten Wirbelkörperbrüche! D 12 wird funktionell zur LWS gehörig angesehen und entsprechend therapiert. Altersgipfel um das 40. Lebensjahr.
2.2.2 Ätiologie Entstehung durch meist indirekte Gewalteinwirkung, wie auch: - Tetanus, - Eklampsie, - Epilepsie. Häufig resultiert Rotationsverletzung. Verletzungsarten s. Abb. 33-16.
Selten direkte Gewalteinwirkung, meistens indirekte, so auch bei Tetanus, Eklampsie, Epilepsie. Die Art der Schädigung ist von vielen Faktoren abhängig, in erster Linie aber von der Stellung des Körpers zum Zeitpunkt des Unfalles und vom Ort der Krafteinleitung. Diese sind jedoch meist unbekannt, ebenso wie Größe und Richtung der angreifenden Massen. Selten sind einfache Verletzungsmuster, wie axiale Stauchungsverletzung (ζ. B. Jeffersonfraktur, Wirbelkörperbruch mit zentralem Einbruch der Bandscheibe in den Wirbelkörper) oder reine Überstreckungs- oder Überbiegungsverletzung. Die hierbei entstehenden Verletzungen sind aus Abbildung 33-16 ersichtlich. Häufig kommt ein Moment (Drehkomponente) hinzu, so daß eine Rotationsverletzung resultiert. Die häufigste Verletzungsursache ist eine Kombination aus Überbiegung und axialem Druck und Moment.
Abb.33-16 Überstreckungs- (a) und Überbiegungsverletzung (b) mit typischen Verletzungsmustern (1-6 S.Text)
Verletzungsmuster:
Formen der Wirbelsäulenverletzungen Man unterteilt folgende Formen: 1. Bänder- und Bandscheibenverletzungen: erkennbar nur an indirekten Röntgenzeichen. 2. Frakturen der Wirbelkörper: - Vorderkantenabbruch, - Kompressionsbrüche mit und ohne Beteiligung der Deckplatte und Bandscheibe, - Kompressionsbrüche mit Beteiligung der Hinterkante! Gefahr der Rückenmarkverletzung!
Verletzungsmuster bei Überstreckung 1. Riß des vorderen Längsbandes 2. einschließlich Zerreißung des Annulus fibrosus der Bandscheibe 3. Vorderkantenausn/ffraktur 4. Brüche der Bögen und Gelenkfortsätze 5. Dornfortsatzbruch (Kneifzangenphänomen)
bei Überbeugung 1. Vorderkantenabbruch 2. Kompressionsbruch des Wirbelkörpers 3. reine Verrenkungen 4. Wirbelbogenbrüche (3 und 4 auch als Verrenkungsbrüche) 5. Abrißfraktur des Dornfortsatzes 6. Zerreißung des dorsalen Bandapparates (Lig. interspinosum)
2.2.3 Formen der Wirbelsäulenverletzungen Die Einteilung der Wirbelsäulenverletzungen allein nach vorgenannten ätiologischen Gesichtspunkten ist nicht sinnvoll, da die alleinige Überbiegung oder Überstreckung als Unfallmechanismus selten vorkommt, sondern eher als Kombinationen aus ζ. B. axialer Stauchung mit Überbiegung und Momenten. Trotzdem ist die Darstellung der Verletzungsmuster bei Überbiegung und Überstreckung aus didaktischen Gründen sinnvoll, da eine Reihe von Verletzungen hierdurch anschaulich erklärbar sind. Bei der Beschreibung der Formen der Wirbelsäulenverletzungen werden daher auch die röntgenologischen Befunde miteinbezogen und folgende Formen unterteilt:
Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen
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1. Bänder- und Bandscheibenverletzungen (vorderes Längsband, A n n u l u s fibrosus, Lig. interspinale). Diese reinen Weichteilverletzungen sind naturgemäß röntgennegativ. Daher besteht Gefahr, sie zu übersehen, da sie nur an indirekten Röntgenzeichen zu erkennen sind. 2. Frakturen der Wirbelkörper unterschiedlicher Schweregrade und damit Behandlungsbedürftigkeit: - Vorderkantenabbruch (frühfunktionelle Behandlung) - Kompressionsbrüche mit u n d ohne Beteiligung der Deckplatte und der Bandscheibe. Ausheilung in keilförmiger Deformierung des Wirbelkörpers (bis hin z u m Gibbus), statisches Problem. - Kompressionsbrüche mit Beteiligung der Hinterkante (Gesamterniedrigung), Gefahr der Rückenmarkverletzung. 3. Frakturen der Bögen und Gelenkfortsätze mit und ohne Luxationen. 4. Reine Wirbelverrenkungen. Eine seltene Verletzung, die praktisch n u r an der Halswirbelsäule vorkommt und als Ursache eine Uberbeugung voraussetzt (s.Abb. 33-16 b Nr. 3). 5. Frakturen der Quer- und Dornfortsätze (s. Abb. 33-16 a u. b Nr. 5), als Abrißverletzung häufiger als durch K n e i f z a n g e n p h ä n o m e n . 6. Kombinationsverletzungen, Luxationsfrakturen.
2.2.4 Allgemeine Diagnostik Nicht jede Fraktur verursacht starke Schmerzen, eine Reihe der Verletzungen ist symptomarm. Daher sind Patienten mit stabilen Wirbelkörperbrüchen u. U. ohne wesentliche Beschwerden gehfähig! Die Wirbelsäulenfrakturen gehören daher zu den am häufigsten übersehenen Verletzungen. Anamnese: Sturz, Auffahrunfall, Schlag gegen Schädel. Lokaler Spontanschmerz unter Belastung und ohne solche. Häufig werden die Schmerzen subjektiv kaudaler e m p f u n d e n , als die Verletzung lokalisiert ist. Klinische Untersuchung: Druck-, Klopf-, Rüttel- oder Stauchungsschmerz. Muskulärer Hartspann mit Fixierung der Wirbelsäule (Steilstellung, Seitverbiegung = Skoliose). Bei Halswirbelsäulenverletzungen häufig Nackenschmerzen oder Schiefhals, G e f ü h l der Instabilität, so daß Patient den Kopf mit beiden H ä n d e n unterstützt. Eingehende neurologische Untersuchung: Wurzelreizsymptome in einem Dermatom, sensibel in Form von Hyp-, Hyper- oder Parästhesien; Paresen, Plegien? Funktion der Blase und des Mastdarmes erfragen (Cauda-equinaSymptomatik bei Lendenwirbelverletzungen). Unvollständige Querschnittssymptomatik oder bereits vollständig ausgebildeter Querschnitt? Sehr wichtig: exakte D o k u m e n t a t i o n der Art und des Zeitpunktes des Auftretens der neurologischen Ausfälle. Waren diese bereits bei der Einlieferung vorhanden, traten sie später auf? Progredienz? Diese Untersuchungen sind für die weitere Therapie, insbesondere, ob operatives oder konservatives Vorgehen angezeigt ist, von größter Bedeutung. Röntgenuntersuchung: Röntgenbilder immer in 2 Ebenen. Zunächst längere A u f n a h m e n anfertigen, damit Mehrfachverletzungen nicht übersehen werden. Danach Z i e l a u f n a h m e n , u. U. Schrägaufnahmen für die Wirbelbögen und Gelenkfortsätze, an der Halswirbelsäule u. U. Funktionsaufnahmen. Bei zentralen Wirbelkörperdefekten mit Bandscheibenprotrusion zeigt erst ein T o m o g r a m m oder ein CT das wahre A u s m a ß der Zerstörung. Bei neurologischen Ausfällen ist u. U. eine Lumbalpunktion (blutiger Liquor?) u n d eine Myelographie erforderlich. Bei Verdacht auf Wirbelsäulenverletzung ist eine spezielle Rettung, Lagerung und ein Transport auf Vakuummatratze erforderlich.
3. Frakturen der Bogen und Gelenkfortsätze mit und ohne Luxation. 4. Reine Wirbelverrenkungen. Seltene Verletzung. Praktisch nur als Halswirbelsäule (s. Abb. 33-16 b Nr. 3) 5. Frakturen der Quer- und Dornfortsätze (s.Abb. 33-16 a u . b. Nr. 5) 6. Kombinationsverletzungen, Luxationsfrakturen. Allgemeine Diagnostik der Wirbelsäulenverletzungen Wirbelsäulenfrakturen werden häufig übersehen, da Patienten mit stabilen Wirbelkörperbrüchen gehfähig sind. Anamnese: Sturz, Auffahrunfall, Schlag gegen Schädel. Lokaler Spontanschmerz, der oft kaudaler empfunden wird. Klinische Untersuchung: - Druck-, Klopf-, Rüttel-, Stauchungsschmerz, - muskulärer Haarspann mit Fixierung der Wirbelsäule Bei HWS-Verletzung: - häufig Nackenschmerzen oder Schiefhals, - Gefühl der Instabilität, - Patient hält den Kopf mit beiden Händen. Neurologische Untersuchung: - Wurzelreizsymptome in Form von Parästhesien, Paresen, Plegien? - Funktion der Blase und des Mastdarms, - Querschnitt? Wichtig: Art und Zeitpunkt der neurologischen Ausfälle. Exakte Dokumentation. Röntgenuntersuchung: - Röntgenbilder in 2 Ebenen. - Zielaufnahmen für die Wirbelbögen und Gelenkfortsätze An der Halswirbelsäule: - Funktionsaufnahmen. - Evtl. Tomogramm oder CT. Bei neurologischen Ausfällen: - Lumbalpunktion, - Myelographie. Achtung bei Verdacht: spezielle Lagerung und Rettung auf Vakuummatratze.
866 Allgemeine Therapie bei Wirbelsäulenverletzungen Im wesentlichen konservativ. Funktionelle Behandlung Methode der Wahl Krankengymnastische Übungen nach wenigen Tagen —» Kräftigung der Rückenmuskulatur - Nach 3 - 4 Wochen Steh- und Gehübungen im Bewegungsbad. Nach 5 - 8 Wochen volle Belastung. Anwendung der frühfunktionellen Behandlung verkürzt Liegezeit. - Gefahr des Zusammensinterns des Wirbelkörpers ist gering. Anwendung im wesentlichen bei stabilen Frakturen. - Beginn der Belastung 1 Woche nach Abklingen der Schmerzsymptomatik, u. U. mit Hilfe des Dreipunktabstützkorsetts. Konservative Aufrichtung des Lendenwirbelkörpers im dorsalen Durchhang nur bei speziellen Indikationen. - Gefahr des Zusammensinterns der aufgerichteten Wirbelkörper besteht.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates 2.2.5 Allgemeine Therapie N e b e n klar abgesteckten Indikationen zur operativen Therapie - im wesentlichen bei neurologischen Komplikationen - waren und sind die Behandlungsmethoden im wesentlichen konservativer Art. Ein vermehrter Trend hin zur operativen Stabilisierung ist allerdings nicht zu verkennen.
2.2.5.1 Konservative Therapie Die Methode der Wahl beim konservativen Vorgehen ist heute die funktionelle Behandlung, die auf Magnus und Bürkle de la Camp zurückgeht. Sie verzichtet auf anatomische Wiederherstellung des zerbrochenen Wirbelkörpers und legt das Hauptaugenmerk auf die Wiedererlangung der freien Funktion. Der Patient wird auf einer harten Unterlage gelagert (Brett unter die Matratze), die Lordose der Lendenwirbelsäule wird durch Kissen oder Säcke unterstützt. Beginn der Belastung nach 5 - 8 Wochen, je nach Schwere des Bruches. Beginn der krankengymnastischen Übungsbehandlung bereits nach wenigen Tagen, insbesondere Kräftigung der Rückenstreckmuskulatur. Nach 3 - 4 Wochen können bereits Steh- und G e h ü b u n g e n im Bewegungsbad durchgeführt werden. Die funktionelle Behandlungsmethode wurde durch experimentelle Untersuchungen von Plaue untermauert. Mit z u n e h m e n d e r Kompression verliert der Wirbelkörper zunächst etwa % seiner Belastbarkeit gegenüber axialer Belastung; der Wirbelkörper erreicht aber bei Kompression auf die Hälfte seiner ursprünglichen Höhe jedoch wieder die frühere Tragfähigkeit. Daher ist die Gefahr, durch Mobilisation ein weiteres Zusammensintern des Wirbelkörpers zu provozieren, als gering einzuschätzen. Diese Erkenntnis führte zur frühfunktionellen Behandlung, die die Liegezeit erheblich abkürzt, aber n u r unter bestimmten Voraussetzungen - im wesentlichen bei stabilen Frakturen - Anwendung finden kann. Die Belastung beginnt nach Abklingen der akuten Schmerzsymptomatik, in der Mehrzahl der Fälle nach etwa 1 Woche. Das vorzeitige Aufstehen kann mit einem Dreipunktabstützkorsett durchgeführt werden. Hierbei unterstützt je eine Pelotte am oberen Sternum, an der Symphyse und der LWS-Lordose die Ruhigstellung der Wirbelsäule u n d die Erhaltung der Lordose. Die konservative Aufrichtung des keilförmig deformierten Lendenwirbelkörpers im dorsalen Durchhang nach Böhler (seltener im ventralen Durchhang) ist heute nur noch speziellen Indikationen vorbehalten. Sie wird in Intubationsnarkose durchgeführt. N a c h erfolgter Aufrichtung des Wirbelkörpers ist eine langdauernde Immobilisation von 3 - 5 M o n a t e n im Gipsmieder mit den drei bereits obengenanten Abstützpunkten erforderlich. Die gute Aufrichtungsmöglichkeit des Lendenwirbelkörpers ist unbestritten. Aber trotz der langen Immobilisation k o m m t es später wieder zum Zusammensintern des aufgerichteten Wirbelkörpers. Bei der Aufrichtung der eingestauchten Spongiosa entsteht ein Defekt, der mehr oder weniger nur bindegewebig ausgefüllt wird und daher später unter Belastung wieder zusammenfallen kann (gleiches Problem wie beim Impressionsbruch des Tibiakopfes).
Extensionsbehandlung: Reposition und Retension durch Dauerzug am Schädel. Klassisches Verfahren: Zug über Crutchfield-Klammer (Abb. 38-17). Nach Reposition Anlage eines Haloringes am Schädel —» Retention über Extensionsstangen (Halo-Fixateur externe) —» Patient kann aufstehen.
Extensionsbehandlung: Bestimmte Verletzungen der Halswirbelsäule - ζ . B. Luxationen oder Luxationsfrakturen - benötigen eine Extensionsbehandlung. Hierbei wird durch einen Dauerzug am Schädel reponiert und retiniert. Das klassische Verfahren ist der Zug über eine Crutchfield-Klammer (Abb. 33-17). Die stumpfen Dornen durchbrechen lediglich die Tabula externa durch justierbare Anschläge, der Zug über ein Rollensystem erfolgt als Dauerzug mit 3, höchstens 4 kg. Zur Reposition kann die Last kurzfristig auf 8 - 1 0 kg erhöht werden, jedoch unter strenger neurologischer Kontrolle. Die Halslordose wird durch ein Kissen oder eine Rolle unterstützt, womit durch Reklination die Reposition oder Retention erleichtert wird. Nach 6wöchigem Zug weitere Ruhigstellung im Thoraxhalskopf-Gips (Abb. 33-18) für weitere
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Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen
Abb. 33-17 Thoraxhalskopfgips zur Immobilisation der HWS 4 - 6 Wochen, u. U. in einer einfachen Zervikal- oder Kopfstütze. Die 6wöchige Retention im Bett kann durch eine sog. Halo-Extension (Halo-Weste, Halo-Fixateur externe) abgekürzt werden. Nach Reposition durch die Crutchfield-Extension wird ein Haloring am Schädel angelegt. Dieser wird mit 4 Schrauben in der Lamina externa befestigt. Die Retention wird über Extensionsstangen aufrecht erhalten, die sowohl am Ring als auch an einer Plastikweste befestigt sind. Somit kann der Patient aufstehen.
Abb. 33-18 Crutchfield-Klammer als Kalottenextension. Hypomochlion im Nacken 2.2.5.2 Operative T h e r a p i e
. Zwingende Indikationen zum operativen Eingreifen sind immer dann gegeben, wenn sich eine neurologische Komplikation verschlechtert. Diese kann radikulär sein oder gar das Rückenmark insgesamt tangieren, wobei klinisch zwischen einer Querschnitts- und einer Cauda-equina-Symptomatik unterschieden wird:
• das erstmalige Auftreten neurologischer Störungen nach einem freien Intervall, • die Progredienz einer anfänglich nur diskreten Störung, • unvollständige Querschnitts- und Cauda-equina-Symptomatik.
Operative Therapie: zwingende Indikation: b e i Verschlechterung der neurologischen Komplikationen unter folgenden Kriterien:
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XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates Besteht bereits z u m Zeitpunkt des Unfalles ein komplettes Querschnittssyndrom, sind die Erfolgschancen durch eine Operation äußerst gering, wenn nicht gar aussichtslos.
Operationszeitpunkt: ist für Rückgewinnung der Funktion des nervösen Gewebes von entscheidender Bedeutung. Bereits 6 h nach Auftreten der Symptome ist vollständige Rückbildung nahezu unmöglich. Nach 24 h infauste Prognose.
Der Zeitpunkt der Operation ist bei Schädigung des nervösen Gewebes für die Rückgewinnung der Funktion von entscheidender Bedeutung. Die Operation ist ein Notfalleingriff. Nur die frühestmögliche Entlastung des Nervengewebes ermöglicht eine Restitutio. Verstreichen mehr als 6 Stunden vom Auftreten der ersten Symptome bzw. vom Unfallereignis bis zur operativen Entlastung, kann mit einer vollständigen Rückbildung der Ausfälle nicht mehr gerechnet werden. Nach 24 Stunden ist die Prognose infaust.
Operationsziel: Entlastung des Rückenmarks und der Wurzeln durch verlagerte Knochenfragmente, Blutkoagula oder Ödem - » Entfernung eines halben oder ganzen Wirbelbogens —»Stabilisierung der benachbarten Wirbelsegmente.
Ziel der Operation: Entlastung des Rückenmarkes und der Wurzeln vom Druck durch verlagerte Knochenfragmente, durch Blutkoagula oder durch ein Ödem. Diese geschieht am sichersten durch Entfernung eines halben oder ganzen Wirbelbogens (Hemilaminektomie, Laminektomie), wobei die Entfernung der Fragmente und der Koagula den entscheidenden Schritt der Operation darstellt. N a c h der Entlastungsoperation m u ß sich eine Stabilisierung der benachbarten Wirbelsegmente anschließen. Merke: Zuerst Entlastung, dann Stabilisierung (s. OP-Techniken).
Erweiterte Indikation zur operativen Therapie: instabile Frakturen ohne neurologische Ausfälle, da konservative Behandlung Nachteile hat: - lange Immobilisationszeit, - bleibende Instabilität, - statische Beschwerden.
Erweiterte Indikation zur operativen Therapie stellen instabile Frakturen ohne neurologische Ausfälle dar. Die auch mögliche konservative Behandlung hat jedoch gewisse Nachteile, wie 1. eine lange Immobilisationszeit mit u. U. mehrwöchiger Extensionsbehandlung oder 2. es ist von vornherein abzusehen, daß eine Instabilität bestehen bleiben wird oder 3. daß durch anatomische Veränderungen (ζ. B. Achsenknick) statische Beschwerden auftreten werden. Derartige Überlegungen haben in diesen Fällen einen Trend z u m frühzeitigen operativen Eingreifen bewirkt.
Operative Techniken: grundsätzlich temporäre oder dauernd anhaltende Stabilisierung als Fusion (Spondylodese).
Operative Techniken: Grundsätzlich kann eine Stabilisierung temporärer oder für dauernd als Fusion (Spondylodese) erfolgen. Die temporäre Stabilisierung erfolgt von dorsal, die Fusion sowohl vom ventralen (Wirbelkörper-Bandscheibe) als auch vom dorsalen Zugang (Dornfortsätze, Wirbelgelenke). Bei Entlastungsoperationen zur Hemi- oder Laminektomie ist der dorsale Zugang erforderlich. Bei ventralen und dorsalen Fusionen sollen Knochenspäne und Implantate nur das verletzte Segment überbrücken. Bei längeren Überbrückungsstrecken wird die Gesamtbeweglichkeit der Wirbelsäule unnötig gehemmt. Temporäre Stabilisierung: (von dorsal):
a) Temporäre Stabilisierung: 1. Immobilisierung zweier Segmente mit Drahtcerclagen um die Dornfortsätze. 2. Harrington-Stäbe in die Wirbelbögen. Nach Ausheilung Metallentfernung.
b) Spondylodesen: Schrauben- oder Plattenosteosynthese mit Verschraubung durch die Pedikel bis in Wirbelkörper. Nach Ausräumung der verletzten Bandscheibe: Fusionierung der benachbarten Wirbelkörper durch kortikosponginösen Span (Abb. 33-19a).
1. Durch Immobilisierung zweier Segmente mittels Drahtcerclagen u m die Dornfortsätze oder 2. durch Harrington-Stäbe (meist Distraktionsstäbe) in die Wirbelbögen bei Kompression auf die Nervenwurzel oder dorsaler Instabilität. N a c h knöcherner Ausheilung wird das Metall entfernt, da es sonst einen Ermüdungsbruch erleidet. Spondylodesen: Von dorsal durch Schrauben- oder Plattenosteosynthese mit Verschraubung durch die Pedikel bis in den Wirbelkörper. Ventrale Spondylodesen sind technisch etwas schwieriger, da der Zugang aufwendiger ist. N a c h A u s r ä u m u n g der verletzten Bandscheibe werden die benachbarten
Abb.33-19a Ventrale interkorporale Fusion und zusätzliche Stabilisierung durch kleine Platte
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Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen Wirbelkörper durch autogenen kortikospongiösen Span fusioniert, u. U. erhöht eine kurze Platte die Stabilität (Abb. 33-19a). Eine operative Aufrichtung eines Wirbelkörpers sollte bei einem Fehlwinkel von 40° erfolgen. Ventrale Zugänge: C l - 2 transoral, C 3 - 7 und Th 1 anterolateral zervikal, D 2 - D 1 0 transthorakal von links, D 1 1 - D 1 2 Thorako-phreno-lumbotomie links, L 1 - L 4 retroperitoneal durch pararektalen Schnitt, L 5 transperitoneal. 2.2.6 S p e z i e l l e r T e i l
6. Spezieller Teil
2.2.6.1
1. Halswirbelsäulenverletzungen a) Schleudertrauma: hervorgerufen durch folgende Kriterien: - Auffahrunfall von hinten, - Überraschungsmoment, - reiner Weichteilschaden.
Halswirbelsäulenverletzungen
Schleudertrauma: Verletzung der Halswirbelsäule durch Auffahrunfälle, früher auch als Peitschenschlagverletzung (Whiplash-injury) bezeichnet unter der Vorstellung, daß der Kopf vor und zurück geschleudert werde. Heutige Definition: Folgende Kriterien müssen zur Diagnosestellung erfüllt sein: 1. Auffahrunfall von hinten, 2. Überraschungsmoment, 3. Reiner Weichteilschaden (röntgennegativer Befund), ζ. B. Einriß des vorderen Längsbandes mit und ohne Diskusverletzung, Kapselriß der kleinen Gelenke mit Unterblutungen. Ätiologie: Infolge eines Auffahrunfalles von hinten wird der Körper u n d Hals ultraschnell nach vorn geschoben, der Kopf bleibt infolge des Trägheitsmomentes in dieser Bewegung zurück oder wird auch gering nach hinten bewegt. Hierdurch entsteht in einem Bewegungssegment eine punktförmige Scherbewegung, die die o. g. Schädigungen der Weichteile bewirkt. Das u. U. auftretende Vorwärtsbeugen des Kopfes ist lediglich ein passives Nachkippen und nicht für den Schaden ursächlich verantwortlich. Diagnose: A n a m n e s e . Schmerzen treten sehr oft erst nach Stunden oder Tagen auf (langsame Unterblutung der Gelenkkapsel und der Bänder). Muskelhartspann. Gelegentlich Schiefhals. Umschriebener Druckschmerz, Funktionseinschränkung der HWS mit umschriebener Blockierung eines Segmentes (Funktions-Röntgenaufnahmen in maximaler Vorwärts- und Rückwärtsneigung). Gelegentlich Schwindel, Ohrensausen, Übelkeit. Schluckschmerzen bei retropharyngealem H ä m a t o m . D a n n im seitlichen Röntgenbild umschriebene Verbreiterung des retropharyngealen Raumes. Röntgenologisch im akuten Stadium laut Definition keine knöcherne Verletzung, später u. U. Verkalkungen der eingerissenen Bänder oder Nachweis einer verbliebenen Instabilität. Therapie: Schanz-Krawatte oder Zervikalstütze aus Schaumstoff für 3, maximal 6 Wochen. Wärme, krankengymnastische Übungen zur Stärkung der dorsalen Muskeln. Jefferson-Fraktur: Berstungsbruch des Atlas (Massae laterales) durch axiale Gewalteinleitung, ζ. B. Kopfsprung in das zu flache Wasser. Therapie: U. U. Crutchfield-Extension, Thoraxhalskopfgips. Densfrakturen des 2. Halswirbels sind mit 10 % der Halswirbelbrüche häufig. Ätiologie: Überstreckung häufiger als Überbeugung. Dabei kann sich der gebrochene Dens axis z u s a m m e n mit dem Atlas als sog. transdentrale Atlasverschiebung nach hinten oder nach vorn verlagern. Es werden drei Frakturhöhen unterschieden, die unterschiedliche Prognosen haben: Densfrakturen im mittleren Drittel heilen gut, Frakturen zwischen Dens u n d Axiskörper haben die höchste Pseudarthrosenrate, Frakturen im sog. Denssockel (im Axiskörper) heilen problemlos, da im spongiösen Bereich liegend (Abb. 33-19b). Diagnose: Von geringen Kopf-Genickschmerzen über das G e f ü h l der Instabilität - Patient unterstützt den Kopf mit beiden H ä n d e n - bis hin z u m Quer-
Ätiologie punktförmige Scherbewegung in einem Segment.
Diagnose: - Schmerzen oft erst nach Stunden oder Tagen, - Muskelhartspann, - manchmal Schiefhals, - umschriebener Druckschmerz, - Funktionseinschränkung der H W S , - umschriebene Blockierung eines Segmentes, - evtl. Schwindel, Ohrensausen, Übelkeit, - Schluckschmerzen bei Hämatom. Röntgen: keine knöcherne Verletzung. Später evtl. Verkalkung der eingerissenen Bänder. Therapie: - Schanz-Krawatte oder Zervikalstütze aus Schaumstoff für 3 - 6 W o c h e n - W ä r m e und krankengymnastische Übungen. b) Jefferson-Fraktur: Berstungsbruch des Atlas. Therapie: - Crutchfield-Extension, - Thoraxhalskopfgips. c) Densfrakturen des 2. Halswirbels: meist Überstreckung. M a n unterscheidet 3 Frakturhöhen mit unterschiedlicher Prognose: 1. mittleres Drittel: gute Heilungschancen, 2. zwischen Dens und Axiskörper: hohe Pseudoarthroserate, 3. im Denssockel: problemlose Heilung. Diagnose: - breites Erscheinungsspektrum bis zum Querschnittssyndrom.
870
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
- Röntgenbild in 2 Ebenen: Unterbrechung oder Verschiebung der vorderen Wirbelkörperreihe in Denshöhe beachten!
schnittssyndrom alle Variationsbreiten möglich. Daher kann eine unverschobene Densfraktur leicht übersehen werden. Röntgenbild in 2 Ebenen: a. p. transoral, seitliches Bild. Hier Unterbrechung oder Verschiebung der vorderen Wirbelkörperreihe in Denshöhe beachten.
Therapie: Reposition mit Crutchfield-Extension für 4 - 6 Wochen —»dann Thoraxhalskopfgips bis zu 20 Wochen.
Therapie: Reposition mit Crutchfield-Extension für 4 - 6 Wochen, dann weitere Immobilisation im Thoraxhalskopfgips, u. U. bis zu 20 Wochen. Bei der Reposition kann eine verbliebene Verschiebung von % Densbreite toleriert werden.
Abb.33-19b 1 Höhen der Densfraktur im a. p. Bild 2 seitliches Bild bei Densfraktur durch Hyperflexion. Transdentale Verschiebung nach dorsal Prognose: bei starker Verschiebung lebensbedrohend. Pseudoarthroserate: 36% (mittlere Frakturhöhe) —» deren Behandlung: dorsale atlantoaxiale Fusion oder transorale Verschraubung.
Prognose: Bei stärkerer Verschiebung akut lebensgefährdend, da die Medulla oblongata mit dem A t e m z e n t r u m hinter dem Dens liegt. Häufig wirkt ein gleichzeitiger Bruch des Atlasbogens lebensrettend, da der Spinalkanal dadurch erweitert wird. Die Pseudarthrosenrate ist mit 36 % in der mittleren Frakturhöhe am häufigsten. Diese lebensgefährliche Pseudarthrose wird durch eine dorsale atlantoaxiale Fusion oder mit einer transoralen Verschraubung behandelt.
c) Hanged man's fracture: doppelseitige Bogenwurzelbrüche des Epistropheus (häufigste Todesursache bei Erhängen). Therapie: Reposition durch Crutchfield-Extension.
Hanged man's fracture: Doppelseitige Bogenwurzelbrüche des Epistropheus. Durch Luxation nach vorn häufigste Todesursache durch Erhängen. Therapie: Reposition durch Crutchfield-Extension und anschließender Immobilisation im Thoraxhalskopfgips oder Verschraubung von dorsal durch die Pedicel.
d) Luxationen: Verrenkung in den kleinen Wirbelgelenken im HWS-Bereich. Reitende Luxation: Kontakt der beiden Gelenkflächen nur noch punktförmig im Spitzenbereich.
Luxationen: Isolierte Luxationen treten praktisch nur im HWS-Bereich auf. Die Verrenkung in den kleinen Wirbelgelenken kann einseitig (Rotationsluxation) oder doppelseitig, sie kann unvollständig oder vollständig sein. Unvollständig einseitig: Traumatische Rotationssubluxation (klinisch: Schiefhals). Reitende Luxation: Kontakt der beiden Gelenkflächen nur noch punktförmig im Spitzenbereich. Therapie: Reposition, je nach Art der Luxation manuell oder im Dauerzug; Ruhigstellung je nach Schwere in Schanz-Krawatte, Zervikalstütze oder gar Thoraxhalskopfgips (bei doppelseitiger Luxation).
Therapie: Reposition manuell oder im Dauerzug. Ruhigstellung in Schanz-Krawatte, Zervikalstütze oder Thoraxhalskopfgips. e) Halswirbelkörperfrakturen: Therapie: Thoraxkopfgips für 2 - 3 Monate.
f) Luxationsfrakturen: Therapie: Reposition in Crutchfield-Exten-
Halswirbelkörperfrakturen: Thoraxkopfgips in leichter Reklination - die Gesichtsebene ist u m 2 0 - 3 0 ° nach oben geneigt - für 2 - 3 Monate. Bei Kompressionsbrüchen und Instabilität zunächst Extension in Reklination für 4 bis 6 Wochen oder Anlegen einer Halo-Extension, danach Thoraxkopfgips oder Kopfstütze. Operationsindikation s. unten. Luxationsfrakturen: Reposition in Crutchfield-Extension (s. 2.2.5). Bei Instabilität besser operative Stabilisierung von ventral unter A u s r ä u m u n g der Bandscheibe und Stabilisierung der beiden Wirbelkörper durch einen ein-
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Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen gepfalzten kortikospongiösen Span nach Robinson. U. U. Fixierung durch eine H-Platte. Operationsindikationen an der HWS: Fortschreitende Wurzel- oder Rükkenmarkkompression, nicht zu beseitigende Luxation, deutliche Instabilität (auch bei Lähmung, u m die Mobilisierung zu ermöglichen). Schipper-Krankheit: Ermüdungsbruch des Dornfortsatzes vom 6. 7. Halswirbel durch m o n o t o n e n Arbeitsvorgang (schippen).
oder
2.2.6.2 Brust- und Lendenwirbelverletzungen Begleitverletzungen: Bei Frakturen im LWS-Bereich entsteht häufig ein größeres retroperitoneales H ä m a t o m , das neben Schock - auch zu Heussymptom e n führen kann. Bei Brüchen der BWS nach S t e m u m f r a k t u r e n fahnden. Vorderkantenabbrüche der Deckplatte werden frühfunktionell behandelt: Einige Tage Bettruhe bis zum Abklingen des akuten Schmerzes, Training der Rückenstreckmuskulatur, dann Belastung erlaubt. Quer- und Dornfortsatzbrüche: Rein funktionelle Behandlung. Bei Abbrächen der Querfortsätze nach Nierenverletzungen f a h n d e n (Erythrozyten im Urin?). Wirbelkörperbrüche: Etwa 85 % der Wirbelkörperbrüche sind stabile Frakturen: Sie können funktionell behandelt werden: Bettruhe bis zum Abklingen der akuten Schmerzen, im LWS-Bereich mit Lordosierung (Rolle unter die Lendenwirbelsäule). Krankengymnastische Übungsbehandlung zur Kräftigung der Rückenstreckermuskulatur. N a c h 2 - 4 Wochen Aufstehen, u. U. mit Dreipunktekorsett für 6 - 8 Wochen. Bei Brüchen von D 12 und L 1 soll wegen der verstärkten Belastung bei größerer Mobilität etwa 6 Wochen Bettruhe eingehalten werden. Bei keilförmiger Erniedrigung von 3 0 - 4 0 ° soll im BWSBereich operativ aufgerichtet werden, im LWS-Bereich entweder Aufrichtung im dorsalen Durchhang oder auch operativ. Bei operativer Aufrichtung Auffüllung des Defektes im Wirbelkörper mit autogener Spongiosa. Instabile Frakturen: Entweder konservativ wie bei stabilen Frakturen, aber Bettruhe von 6 - 8 Wochen Dauer (BWS kürzere Immobilisationszeit als LWS) oder operative Stabilisierung, u. U. mit Aufrichtung. Bei Mitverletzung der Bandscheibe interkorporale Fusion von ventral (s. Kap. 2.2.5). Luxationsfrakturen: Geschlossene oder offene Reposition. Bei konservativem Vorgehen 6 - 8 Wochen Bettruhe. Nach offener Reposition Spondylodese von vorn oder von hinten.
Bei Instabilität: Ausräumung der Bandscheibe und Stabilisierung durch kortikospongiösen Span. Operationsindikationen an der HWS: - fortschreitende Wurzel- oder Rückenmarkkompression, - nicht zu beseitigende Luxationen, - deutliche Instabilität, g) Schipperkrankheit: Ermüdungsbruch des Dornfortsatzes vom 6. oder 7. Halswirbel (schwere monotone Arbeit) 2. Brust- und Lendenwirbelverletzungen Begleitverletzungen: retroperitoneales Hämatom —> Schocksymptome, lleussymptome Stemumfrakturen. a) Vorderkantenabbrüche der Deckplatte: funktionelle Behandlung. b) Quer- und Dornfortsatzbrüche: funktionelle Behandlung. Bei Abbruch: Nierenverletzung suchen. c) Wirbelkörperbrüche: meist stabile Frakturen mit funktioneller Behandlung: nach Abklingen der Schmerzen —» krankengymnastische Übungen, Kräftigung der Rükkenstreckermuskulatur. Nach 2 - 4 Wochen Aufstehen —> Dreipunktekorsett für 6 - 8 Wochen. Bei keilförmiger Erniedrigung von 30-40°. - im BWS-Bereich: Aufrichtung operativ, - im LWS-Bereich: Aufrichtung operativ oder im dorsalen Durchhang. Bei instabilen Frakturen der Wirbelkörperbrüche: konservativ oder operative Stabilisierung mit Aufrichtung. d) Luxationsfrakturen: geschlossene oder offene Reposition.
2.3 Traumatologie des Beckens
Traumatologie des Beckens
2.3.1 Beckenrandbrüche
1. Beckenrandbrüche Kontinuität des Beckenringes bleibt intakt. Statik nicht beeinträchtigt. Bruchbereiche: - Darmbeinschaufel, - freier Kreuzbeinanteil, - Steißbein, - Sitz- und Schambeinast (isoliert selten). Bei Diagnose: nach weiteren Brüchen suchen! Diagnose der Kreuz- und Steißbeinbrüche durch rektale Untersuchung sichern.
Bei diesen ist die Kontinuität des Beckenringes intakt, die Kräfte werden vom Azetabulum ungestört auf das Kreuzbein übertragen, die Statik ist nicht beeinträchtigt. Hierzu werden gerechnet (Abb. 33-20a): Bereiche der Darmbeinschaufel, des freien Kreuzbeinanteiles, des Steißbeines, isolierte Brüche des Sitz- oder Schambeinastes. Letztere sind selten. Ihre Diagnose m u ß Veranlassung geben, weitere Brüche zu suchen (s. Ringbrüche). Kreuz- und Steißbeinbrüche können durch Mitverletzung des Plexus lang anhaltende Beschwerden verursachen (Kokzygodynie). Diagnose durch rektale Untersuchung sichern. Therapie: Kurzzeitige Bettruhe bis die Schmerzen abgeklungen sind. Funktionelle N a c h b e h a n d l u n g durch Krankengymnastik. Abrißfrakturen gehören auch zu den Randbrüchen. Man unterscheidet solche durch Band- und Muskelzug. Letztere k o m m e n bei jugendlichen Sportlern als Apophysenausrisse vor:
Therapie: Bettruhe bis zum Abklingen der Schmerzen —*funktionelle Nachbehandlung mit Krankengymnastik. Abrißfrakturen: gehören zu Randbrüchen.
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XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates - Spina iliaca anterior superior: Μ. sartorius und M. tensor fasciaelatae, „Sprinters fracture". - Spina iliaca anterior inferior: M. rectus femoris. - Tuber ossis ischii: Ischiokrurale Gruppe, besonders M. biceps und semitendinosus, Semimembranosus. Gelegentlich Ausheilung in pseudotumoröser Form.
Therapie: bei großer Diastase Schraubenosteosynthese sinnvoll. In anderen Fällen: kurzzeitige Entlastungslagerung im Bett.
Therapie: Bei Diastase und Schmerzen kurzzeitige Entlastungslagerung im Bett. Die Schmerzen klingen nach einigen Tagen ab. Nur bei großer Diastase Schraubenosteosynthese sinnvoll. Sportfähigkeit frühestens nach 6 Wochen.
Abb. 33-20 a) Beckenrandbrüche 1 Beckenschaufel 2 Spina iliaca anterior superior 3 Spina iliaca anterior inferior 4 Tuber ossis ischii 5 Steißbeinfraktur 2. Beckenringbrüche Ursache: - Kompression, - Einklemmung, - Sturz, - Überfahrenwerden. Bruchformen: - vorderer Ringbruch, - vordererund hinterer Vertikalbruch, - Schmetterlingsbruch, - „isolierte" Symphysensprengung.
Diagnose: - bimanueller Beckenkompressionsschmerz, - lokaler Druckschmerz, - starker Spontanschmerz, - funktionelle Beinverkürzung. - Bein kann aktiv nicht mehr gestreckt oder gehoben werden. - Großes Frakturhämatom —» Schocksymptome. - Röntgenaufnahme in 2 Ebenen.
b) Beckenringbrüche 1 vorderer Ringbruch 1 und 2 doppelter vorderer Ringbruch („Schmetterlingsbruch") 1 und 3 doppelte Vertikalfraktur nach Malgaigne
2.3.2 Beckenringbrüche Ursache: Kompression von vorn, hinten, seitlich, schräg durch Sturz, Einklemmung, Überfahrenwerden. Bruchformen: Vorderer Ringbruch (Bruch des Sitz- und Schambeinastes) (Abb. 33-20b). Vorderer und hinterer Vertikalbruch (Malgaigne-Fraktur): Der hintere Längsbruch, der isoliert nicht vorkommt, verläuft neben der Iliosakralfuge am Darm- oder Kreuzbein (häufig in Höhe der Foramina sacralia pelvina). Auch Kombinationen von Brüchen und Fugenzerreißungen werden zu dieser Gruppe gerechnet, ζ. B. vorderer Ringbruch mit Zerreißung der ipsolateralen Iliosakralfuge. Bei Zerreißung der Symphyse und der Iliosakralfuge spricht man von einer totalen Beckenluxation. Schmetterlingsbruch: Beidseitiger vorderer Ringbruch. Häufig sind Blase und Urethra mitverletzt (ζ. B. Urethraabriß, Blasenriß). Sog. isolierte Symphysensprengung: Eine isolierte Zerreißung nur des vorderen Beckenringes in Form der Symphysenzerreißung ist aus biomechanischen Überlegungen kaum vorstellbar. Klafft die Symphyse über 1 4 - 2 0 mm, muß auch der hintere Ring mitbetroffen sein (Zerreißung der Bänder der Iliosakralfuge). Diagnose: Bimanueller Beckenkompressionsschmerz, lokaler Druckschmerz an Symphyse und Iliosakralfuge. Bei Verschiebung in der Längsrichtung starker Spontanschmerz und funktionelle Beinverkürzung. Das Bein kann aktiv nicht mehr gestreckt gehoben werden. Großes Frakturhämatom, das sich in der Symphysenregion und dem Perineum bis zur Peniswurzel und zum Skrotum bzw. den Labien ausbreitet. Häufig wegen des großen Blutverlustes Schocksymptome. Auf Begleitverletzungen achten! Röntenaufnahmen in 2 Ebenen.
Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen Therapie: Vorderer Ringbruch: Konservativ mit 5 - 6 W o c h e n Bettruhe. Malgaigne-Frakturen: Konservativ mit 8 - 1 2 Wochen Bettruhe; bei Längsverschiebung Extension an Femurkondylen mit des Körpergewichtes für 6 Wochen. Wegen der langen Immobilisationszeit werden letztere Verletzungen auch operativ angegangen, ζ. B. durch spezielle Montagen des Fixateur externe u n d / o d e r Verplattung der Iliosakralfuge nach Reposition von dorsal. Bei Symphysensprengung konservativ mit Reposition und Retention in sog. Rauchfuß-Schwebe für 8 - 1 2 Wochen oder operativ mit Plattenosteosynthese über die Symphyse hinweg in die oberen Schambeinäste. Begleitverletzungen: Mitverletzungen des Rektum, des Abdomens, des Retroperitoneums, der großen Gefäße u n d des Urogenitalsystems können die Symptome beherrschen.
2.3.3 Azetabulumfrakturen Ätiologie: Kompression von lateral; Knieanprallverletzungen, ζ. B. am Armaturenbrett. Hierbei können Kettenfrakturen auftreten: Patellafraktur, Oberschenkelschaftfraktur, P f a n n e n r a n d a b b r u c h auf einer Seite. Einteilung: In der Pfanne verschmelzen alle 3 Knochen des Hüftbeines. Damit ergeben sich drei Pfeiler vom Darmbein, Sitz- und Schambein, die zur Pfanne hinstreben. Die Einteilung von Judet und Letournel 1964 berücksichtigt diese funktionell-anatomischen Gesichtspunkte u n d gibt gleichzeitig Richtlinien zur Therapie. M a n unterteilt 4 G r u n d f o r m e n und kombinierte Frakturformen (Abb. 33-21).
b
873 Therapie: Vorderer Ringbruch: konservativ, 5 - 6 Wochen Bettruhe. Malgaigne-Frakturen: konservativ, 8 - 1 2 Wochen Bettruhe evtl. operative Therapie wegen zu langer Immobilisationszeit. Bei Symphysensprengung: konservativ mit Reposition und Retention in Rauchfuß Schwebe für 8 - 1 2 Wochen oder operativ mit Plattenosteosynthese. Begleitverletzungen: Rektum, Abdomen, Retroperitoneum, große Gefäße, Urogenitalsystem. 3. Acetabulumfrakturen: Kompression von lateral, Knieanprallverletzung —»Kettenfrakturen: Patellafraktur, Oberschenkelfraktur, Pfannenrandabbruch.
d
Abb.33-21 Grundtypen der Azetabulumfrakturen a) Hinterer Pfannenrandabbruch, b) Bruch des ventralen Pfeilers, c) Bruch des dorsalen Pfeilers, d) Pfannenquerbruch • Fraktur des dorsokranialen Pfannenrandes. Häufigste Frakturform, nicht selten mit dorsaler Luxation des Hüftkopfes kombiniert, entsteht durch ein Knieanpralltrauma, durch das der Hüftkopf den hinteren Pfannenrand abschert. • Fraktur des dorsalen Pfeilers: Frakturlinie von der Incisura ischiadica major schräg durch die Pfanne bis zum F o r a m e n obturatorium. Bei Dislokation findet sich immer eine Fraktur im Sitzbein, so daß der Hüftkopf nach medial luxieren kann. • Fraktur des ventralen Pfeilers: Frakturlinie unterhalb der Spina iliaca anterior inferior beginnend, zieht sich schräg durch die Pfanne zum Foramen
Man unterscheidet 4 Grundformen der Fraktur und kombinierte Frakturformen (Abb. 33-21) 1. Fraktur des dorsokranialen Pfannenrandes: häufigste Frakturform. Oft kombiniert mit Luxation des Hüftkopfes. Entstehen durch Knieanpralltrauma. 2. Fraktur des dorsalen Pfeilers: bei Dislokation immer Fraktur im Sitzbein —> Luxation des Hüftkopfes nach medial.
874 3. Fraktur des ventralen Pfeilers: Frakturlinie zieht sich schräg durch die Pfanne. 4. Querfraktur des Pfannenbodens. Verlauf mitten durch das Azetabulum. Trennung des Beckens in 2 Teile. Luxation des Hüftkopfes nach medial. 5. Querfraktur mit Bruch des Pfannenrandes. Häufigste Kombinationsfraktur.
Diagnose: - Trochanterdruckschmerz, - starker Bewegungsschmerz im Hüftgelenk. - Röntgen: Aufnahmen in 3 Ebenen.
Therapie: operative Reponierung und Fixierung mit Schrauben oder Platten. Bei konservativem Vorgehen: Reposition in Extension, Entlastungszeit 3 Monate.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates obturatorium. Auch zu dieser Verletzung gehört aus biomechanischen Überlegungen eine Fraktur des knöchernen Obturatorringes. Der Kopf kann medial ventral luxieren. • Die Querfraktur des Pfannenbodens verläuft mitten durch das Azetabulum und trennt das Becken in zwei Teile. P f a n n e n d a c h und Obturatorring bleiben intakt. Der Hüftkopf luxiert nach medial. • Von den Kombinationsfrakturen ist die Querfraktur mit Bruch des dorsokranialen Pfannenrandes die häufigste. Alle Luxationen des Hüftkopfes nach medial bei den Verletzungen 2 - 5 wurden früher als „zentrale Hüftluxationen" bezeichnet. Diagnose: Klinisch durch Trochanterdruckschmerz, starker Bewegungsschmerz im Hüftgelenk. Röntgenologisch durch A u f n a h m e n in drei Ebenen: Beckenübersichtsaufnahme und die sog. Ala- und Obturatoraufnahme, bei der die Ala ossis ischii bzw. das Foramen obturatorium in wahrer Größe abgebildet wird. Die gesunde (Ala-Aufnahme) bzw. die verletzte Seite (Obturator-Aufnahme) wird u m 45° angehoben, damit der vordere Pfannenrand oder die hintere Begrenzung der Pfanne besser zur Darstellung kommt. Therapie: Entsprechend ihrer biochemischen Bedeutung sollen Frakturen des dorsalen und kranialen Pfeilers und hintere Pfannenrandabbrüche bei Diastasen operativ reponiert und mit Schrauben u n d / o d e r Platten fixiert werden. Der ventrale Pfeiler hat die geringste Belastung zu tragen. Bei konservativem Vorgehen ist Reposition in Extension mit Kondylendraht notwendig und eine Entlastungszeit von 3 Monaten einzuhalten.
Prognose: schlecht bei Kombinationsfrakturen.
Prognose: Kombinationsfrakturen haben in bezug auf posttraumatische Koxarthrose die schlechtesten Prognosen, da häufig auch der Knorpel durch das Trauma mitgeschädigt wurde. Bei der hinteren Luxation kann der N. ischiadicus, am häufigsten sein fibularer Anteil, geschädigt werden.
Traumatologic der unteren Extremität
2.4 Traumatologie der unteren Extremität
Hüftgelenksluxation Selten. Entstehung durch große Gewalteinwirkung, ζ. B. Knieanpralltrauma, Sturz aus großer Höhe.
Formen (Abb. 33-22): - hintere Luxation, - vordere Luxation, - „zentrale Hüftluxation" = Azetabulumfraktur.
Diagnose: - Anamnese, - Schmerzen, - Gehunfähigkeiten, - Bein kann aktiv nicht gehoben werden, - federnde Gelenkfixation. Diagnose bei Luxatio iliaca: - Bein verkürzt, - geringfügige Beugung in Hüft- und Kniegelenk, - Bein adduziert und innenrotiert.
2.4.1 Hüftgelenksluxationen Häufigkeit: Selten, etwa 5 % aller Luxationen, da der Kopf zu % von der Pfanne umfaßt wird, kräftige Kapselbandverbindungen bestehen und kräftige Muskulatur einen zusätzlichen Schutz gewährleistet. Ätiologie: Große Gewalteinwirkung notwendig, am häufigsten durch indirekte, fortgeleitete Knieanpralltrauma („Dash-bord"). Sonst durch Kombination von Stoß-Rotation und Hebelwirkungen, ζ. B. beim Sturz aus großer Höhe. Formen (Abb. 33-22): Hintere Luxationen: Nach hinten oben als Luxatio iliaca am häufigsten; nach hinten unten als Luxatio ischiadica. Vordere Luxationen (selten, nur etwa 10%): Nach vorn oben als Luxatio pubica; nach vorn unten als Luxatio obturatoria. Die sog. zentrale Hüftluxation ist eine Azetabulumfraktur (s. dort) mit nach medial verlagertem Hüftkopf. Eine „zentrale Hüftluxation" mit Perforation des Hüftkopfes durch den Bekkenboden bei intakten Pfeilern gibt es nicht. Diagnose: Anamnese, Schmerzen, Gehunfähigkeit, Bein kann aktiv nicht gehoben werden, federnde Gelenkfixation in typischer Stellung je nach Luxationsart (s.Abb. 33-22). Luxatio iliaca: Bein verkürzt, geringfügig im Hüft- und Kniegelenk gebeugt, adduziert und innenrotiert, so daß das Kniegelenk der verletzten Seite oberhalb des Kniegelenkes der gesunden Seite am Oberschenkel angelegt fixiert steht. Luxatio ischiadica: Stärkere Beugung und Innenrotation, Adduktion, das Kniegelenk liegt dem gesunden Oberschenkel auf, nur relative Beinverkürzung.
Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen Luxatio pubica: Bein in leichter O b d u k t i o n u n d ^ u ß e n r o t a t i o n s s t e l l u n g mit leichter B e u g u n g im H ü f t g e l e n k . Beinverkürzung. Luxatio obturatoria: Stärkere A b d u k t i o n , A u ß e n r o t a t i o n (90°) u n d H ü f t b e u gung. R ö n t g e n a u f n a h m e n i m m e r in 2 E b e n e n . A u f der A u f n a h m e im a. p. Strahlengang k a n n der Kopf, selbst wenn er sich in die P f a n n e projiziert, in N a tura vor oder h i n t e r der P f a n n e liegen! Vor u n d a u c h n a c h der R e p o s i t i o n Ü b e r p r ü f u n g der G e f ä ß - u n d N e r v e n f u n k t i o n e n !
875 Diagnose bei Luxatio ischiadica: - stärkere Beugung und Innenrotation, - Adduktion, - relative Beinverkürzung. Diagnose bei Luxatio pubica: - Bein in leichter Abduktion, - Außenrotationsstellung, - leichte Beugung im Hüftgelenk, - Beinverkürzung. Diagnose bei Luxatio obturatoria: - stärkere Abduktion, - Außenrotation, - Hüftbeugung. Röntgenaufnahmen immer in 2 Ebenen. Überprüfung von Gefäß- und Nervenfunktion!
Abb. 33-22 Einteilung der Hüftgelenksluxationen mit der jeweiligen Zwangsstellung des Beines. a) Luxatio iliaca, b) Luxatio ichiadica, c) Luxatio pubica, d) Luxatio obturatoria Therapie: Notfallmäßige Reposition i m m e r in N a r k o s e u n d guter Relaxation i n n e r h a l b der 6 - S t u n d e n - G r e n z e . Die G e f a h r der K o p f n e k r o s e wächst mit jeder S t u n d e verzögerter R e p o s i t i o n !
R e p o s i t i o n s m a n ö v e r n a c h Böhler (Abb. 33-23a): Patient liegt m i t d e m R ü c k e n auf e i n e m Brett, an d e m er mittels eines breiten G u r t e s a m Bekken fixiert wird. Ein T u c h oder G u r t u m s c h l i n g t d e n N a c k e n des Chirurgen u n d das K n i e des Verletzten. D u r c h A u f r i c h t e n wird d u r c h e i n e n kräftigen, aber g l e i c h m ä ß i g e n Z u g a m rechtwinklig gebeugten H ü f t u n d Kniegelenk u n t e r gleichzeitiger R o t a t i o n im H ü f t g e l e n k reponiert. D a s gleiche M a n ö v e r k a n n m i t Hilfe eines F l a s c h e n z u g e s d u r c h g e f ü h r t werden.
Nachbehandlung: F u n k t i o n e l l bis zur A u s h e i l u n g des W e i c h t e i l s c h a d e n s u n ter E n t l a s t u n g bis zu 3 W o c h e n . Eine E x t e n s i o n s n a c h b e h a n d l u n g oder eine längere E n t l a s t u n g hat k e i n e n E i n f l u ß auf die R a t e der K o p f n e k r o s e ! Zeigt sich n a c h Reposition eine N e i g u n g zu R e l u x a t i o n , liegt eine Instabilität vor. Die Stabilität wird bei der h i n t e r e n L u x a t i o n in 4 G r a d e unterteilt:
Therapie: notfallmäßige Reposition in Narkose innerhalb 6 h. Gefahr der Kopfnekrose.
Verfahren: Repositionsmanöver nach Böhler Abb. 33-23a.
Nachbehandlung: funktionell.
Bei Neigung zu Reluxation liegt Instabilität vor. Einteilung der Stabilität bei der hinteren Luxation in 4 Grade:
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
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Grad I: Azetabulum intakt, nach Reposition stabiles Gelenk. Grad II: Abbruch des hinteren Pfannenrandes. Nach Reposition stabile Verhältnisse. Grad I I I : Fraktur des Azetabulums. Reposition möglich, nicht jedoch die Retention. Grad IV: Luxation mit Kopfkalotten- oder Schenkelhalsfraktur.
Prognose: Ischiadikusschädigung in 10-20 ί Nicht immer reversibel. Kopfnekrose: in 15 % der Fälle. Bei verzögerter Reposition: Thrombosierung von Gefäßen.
Grad III u n d IV sind klare Indikationen zur operativen Versorgung (Verschraubung, Verplattung). Prognose: Die bei der hinteren Luxation in 1 0 - 2 0 % auftretende Ischiadikusschädigung ist nicht immer reversibel. Am häufigsten ist der peroneale Anteil betroffen. In ca. 15 % tritt eine Kopfnekrose infolge Devitalisierung auf, bedingt durch Zerreißung der ernährenden Kapselgefäße durch das Trauma. Durch verzögerte Reposition können erhalten gebliebene Gefäße thrombosieren und damit die Prognose verschlechtern.
Abb.33-23a Reposition einer Hüftluxation nach Böhler. Femurfrakturen
2.4.2 Femurfrakturen
Kopfkalottenfrakturen: selten. Nur in Kombination mit Luxation. Fragment verbleibt in der Pfanne.
2.4.2.1 Kopfkalottenfrakturen
Man kennt folgende Einteilung:
Seltene Verletzungen, nur in Kombination mit hinterer oberer Luxation vorkommend. Das Fragment verbleibt dabei in der Pfanne. Einteilung in 2 Frakturformen und 2 Kombinationsverletzungen (Abb. 33-23b): Pipkin I:
Frakturlinie endet kranial unterhalb der Fovea capitis femoris. Pipkin II: Frakturlinie verläuft nach kranial über die Fossa capitis femoris hinaus, diese liegt demnach im peripheren Fragment und mit ihr auch das intakte Lig. capitis femoris mit ernährendem Gefäß. Pipkin III: Kopfkalottenfraktur vom Typ I oder II in Kombination mit medialer Schenkelhalsfraktur. Pipkin IV: Fraktur vom Typ I oder II in Kombination mit dorsokranialem Pfannenabriß. Therapie: notfallmäßige Reposition innerhalb von 6 h -^weitere konservative Behandlung. In anderen Fällen: Verschraubung der Fragmente, evtl. Totalendoprothese.
Therapie: Sofortige notfallmäßige Reposition innerhalb der 6-StundenGrenze. Legt sich das Fragment gut an, weitere konservative Behandlung. Ansonsten Verschraubung der Fragmente, bei älteren Menschen u. U. Totalendoprothese.
877
Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen
Abb.33-23b Fraktureinteilung des Femurkopfes nach Pipkin
2.4.2.2 Schenkelhalsfrakturen Häufigkeit: Häufige Verletzung des alten Menschen mit Häufigkeitsgipfel zwischen 60 und 70 Jahren für die medialen Frakturen, während laterale Frakturen auch bei jüngeren vorkommen. Frauen sind häufiger als Männer betroffen. Ursächlich kommt die Altersosteoporose in Frage. Bei Kindern sind Schenkelhalsfrakturen infolge der harten Spongiosa sehr selten. Sie treten dann als laterale Frakturen auf, während eine echte traumatische Epiphysenlösung als Gegenstück zur medialen Fraktur des Erwachsenen sehr selten ist. Mediale Frakturen im Kindesalter gibt es praktisch nicht. Im Erwachsenenalter sind laterale Frakturen seltener als mediale. Ätiologie: Sturz auf das Hüftgelenk, meist mit Biege- und AbschermomenFormen: N a c h Lokalisation der Fraktur werden mediale (immer intraartikulär gelegen) von lateralen (extraartikulären) unterschieden. Letztere liegen an der Basis des Schenkelhalses vor den Trochanteren. Bei der medialen beginnt die Frakturlinie kranial dicht unterhalb der Kopfkalotte und verläuft mehr oder weniger steil nach kaudal in den Schenkelhals. Die Lage dieser Frakturebene zur Horizontalen wird als weiteres Unterscheidungsmerkmal herangezogen, womit eine Unterteilung nach biomechanischen Gesichtspunkten erfolgt. Diese Unterteilung hat große prognostische Bedeutung und einen großen Einfluß auf das therapeutische Vorgehen. Je größer dieser Winkel ist, desto ungünstigere Schub-, Scher- und Zugkräfte treten am Frakturspalt auf, wodurch die Heilung verzögert oder gar unmöglich gemacht wird (Abb. 33-24).
TypPauwelsI:
Winkel unter 30°. Biomechanisch günstig, da auf den Frakturspalt nur Druckkräfte wirken. Gute Heilungsaussichten. TypPauwelsII: Winkel zwischen 3 0 - 7 0 ° . Prognostisch wesentlich ungünstiger, da Zugkräfte den Bruchspalt an der lateralen Schenkelhalskortikalis aufreißen und Scherkräfte den Kopf nach kaudal kippen. Typ Pauwels III: Winkel über 70°. Prognostisch dubiös, da keine Druckkräfte mehr auf den Frakturspalt einwirken. Schubund Scherkräfte und ein K i p p m o m e n t m a c h e n eine Heilung ohne operative Stabilisierung praktisch unmöglich. Die medialen Frakturen werden auch unterteilt in Abduktionsbrüche (10%): Der Kopf ist in Valgusstellung in den Schenkelhals eingestaucht. Diese eingekeilten Schenkelhalsfrakturen sind stabil, da nur Druckkräfte, im Idealfall senkrecht, auf den Frakturspalt wirken.
Schenkelhalsfrakturen Entstehung durch Sturz auf das Hüftgelenk. Häufige Verletzung des alten Menschen.
Formen: man unterscheidet mediale und laterale Formen. Lage der Frakturebene zur Horizontalen ist entscheidend für die Heilungschancen. Je größer dieser Winkel, desto ungünstigere Prognose.
Einteilung in verschiedene Typen:
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XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates Adduktionsbrüche (90%): Der Kopf steht in Varusstellung gekippt. Damit klafft der Frakturspalt an der lateralen Kortikalis, der Kopf kann nach kaudal abrutschen. Instabile Frakturen!
Diagnose: - Spontan-, Druck·, Zug-, Stauchungsschmerz, - Bein kann nicht aktiv gehoben werden, - Bein steht in Außenrotationsstellung und ist verkürzt. Röntgen: Beckenübersicht, verletzte Seite in 2. Ebene.
Eine weitere Einteilung nach Garden unterscheidet 4 Brucharten unter Berücksichtigung des Ausmaßes der Fragmentverschiebung mit möglicher Zerreißung der Kapselgefäße. Garden I bedeutet stabiler Abduktionsbruch, Garden IV entspricht einem völlig dislozierten Bruch nach Pauwels III. Diagnose: Spontan-, Druck-, Zug- und Stauchungsschmerz. Das Bein kann aktiv nicht mehr gehoben werden, es steht in Außenrotationsstellung und ist verkürzt (nicht bei eingekeilten Abduktionsbrüchen!). Röntgenuntersuchung: Beckenübersicht und verletzte Seite in der 2. Ebene (axial oder in Lauensteinposition).
Horizonta e
h Abb.33-24 Einteilung der medialen Schenkelfrakturen von Pauwels nach der Neigung der Bruchlinie: Pauwels I bis 30° (Abduktionsfraktur) Pauwels II 30-70° Pauwels III über 70° (Adduktionsfraktur) Therapie: Ziel: - biomechanisch günstige Stellung der Frakturebene herstellen. - Wiederherstellung der Blutversorgung bei medialer Fraktur, - schnelle Mobilisation.
Konservative Therapie: Reposition und Retention durch Extension an Oberschenkelkondylen, Lagerung auf BraunSchiene. Angezeigt nur, wenn sofortige Operation nicht möglich. Bei allen eingekeilten Abduktionsbrüchen nicht extendieren!
Operative Therapie: alle nicht verkeilten Schenkelhalsbrüche. Oft lebensrettend.
Therapie: Diese hat zum Ziel - eine biochemisch günstige Stellung der Frakturebene zu erzielen oder ungünstige Zugkräfte und Schermomente zu neutralisieren, - Wiederherstellung der Blutversorgung bei der medialen Fraktur. Der Hüftkopf wird zu % aus den Ästen der beiden Aa. circumflexae femoris ernährt, die durch die Kapsel den Hüftkopf erreichen. Bei dislozierten Frakturen ist die Kapsel zerrissen, bei länger bestehender Dislokation kommt es durch Thrombosierung zu venösen Abflußstörungen. Nur schnelle Reposition kann die Vaskularität verbessern! - Schnelle Mobilisation, was bei alten Menschen gleichbedeutend ist mit schneller Belastbarkeit der verletzten Extremität. Konservative Therapie: Diese ist heute nur noch bei den eingekeilten Abduktionsbrüchen gerechtfertigt: 3 - 4 Wochen Bettruhe, keine Extension, da diese die Einstauchung lösen würde; wöchentliche Röntgenkontrolle und bei Zunahme der Beschwerden. Nach dieser Zeit zunehmende Belastung erlaubt. Konservatives Vorgehen muß eingeschlagen werden, wenn wegen allgemeiner Kontraindikationen nicht sofort operiert werden kann: Reposition und Retention durch Extension an Oberschenkelkondylen, Belastung mit /7- 1 / 0 des Körpergewichtes, Lagerung der verletzten Extremität auf Braun-Schiene, Röntgenkontrolle. Operative Therapie: Alle nicht verkeilten Schenkelhalsbrüche stellen eine absolute Indikation zur Operation dar. Konservatives Vorgehen bedeutet Immobilisation bis zu
Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen 12 Wochen mit Extensionsanordnung. Bei alten Patienten ist die allgemeine Komplikationsrate (kardiopulmonal - Thromboembolie, Pneumonie - Dekubitus, Harnwegsinfekt) so hoch, daß die Operation lebensrettend ist. Das operative Procedere ist abhängig vom Alter des Patienten. - Patienten unter 65 Jahre: Kopferhaltende Operation durch Osteosynthese. Stabilisierung mit 130° Winkelplatte und kranial gelegener Zugschraube, die die schädlichen Zugkräfte lateral auffängt. Dabei ist es günstig, den Kopf in Valgusstellung analog einem Abduktionsbruch zu bringen (Kopf in Nacken-Stellung) (Abb. 33-25). Bei jüngeren Patienten bis etwa 45 Jahre Stabilisierung mit 3 Zugschrauben möglich, bei kindlichen lateralen Frakturen genügen auch 2 Schrauben. Diese dürfen die Epiphysenfuge nicht kreuzen. Entlastung 1 2 - 1 6 Wochen, Gehen an Unterarmstützen erlaubt.
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Operatives Vorgehen abhängig vom Alter des Patienten; unter 65 Jahre: kopferhaltende Operation durch Osteosynthese: Stabilisierung mit Winkelplatte und kranial gelegter Zugschraube. Bis 45 Jahre: Stabilisierung mit 3 Zugschrauben. Kinder: bei lateralen Frakturen 2 Schrauben.
Profil der Klinge
Abb. 33-25 M e d i a l e S c h e n k e l h a l s - F r a k t u r : V e r s o r g u n g mit 1-LochPlatte s o w i e S p o n g i o s a s c h r a u b e . Bei der Reposition soll der S c h e n k e l k o p f leicht valgisiert w e r d e n !
- Patienten über 65 (bis 70 Jahre) (biologisches, nicht kalendarisches Alter maßgebend): Hier steht die schnelle Mobilisation = Belastbarkeit der verletzten Extremität im Vordergrund. Deshalb wird hier nach Entfernung des Schenkelkopfes eine Totalendoprothese eingesetzt. Hiermit werden auch die gefürchteten Komplikationen, wie Kopfnekrose und Pseudarthrose umgangen, die einen Zweiteingriff erforderlich machen. - Patienten im hohen Alter (Lebenserwartung unter 5 Jahre) und bei bettlägerigen Patienten: Lediglich Einsetzen einer Kopfprothese. Bei längerer Belastung droht hier die Protrusion des Metallkopfes in die Pfanne (Schmerzen; Prothesenwechsel). Prognose: Bei der medialen Schenkelhalsfraktur drohen zwei lokale Komplikationen. - Kopfnekrose: Diese avaskuläre Nekrose droht in 2 0 - 3 0 %. Sie ist von den Osteosyntheseverfahren weitgehend unabhängig, da das Schicksal des Hüftkopfes zum Zeitpunkt des Unfalles durch Gefäßzerreißung und späterer Thrombosierung der Venen besiegelt ist. Nur eine schnelle Reposition hat einen günstigen Einfluß. Der Häufigkeitsgipfel der Kopfnekrose liegt u m das 2. Unfalljahr; die Nekrose - partiell oder total - tritt demnach auch nach erfolgter Frakturheilung auf. Eine sichere Methode zur rechtzeitigen Erkennung gibt es noch nicht. Arteriographie, Venographie und Szintigraphie haben nur eine beschränkte Treffsicherheit. Therapie: Bei jüngeren Menschen Umstellungsosteotomie, bei älteren Totalendoprothese. - Pseudarthrose: In 1 0 - 1 5 % bleibt eine Konsolidierung aus. Sie tritt bei Typ Pauwels I I - I I I auf, wenn die Knochenheilung durch schädliche Schermomente behindert wird. Sie ist daher ein mechanisches Problem, daher weitgehend von der Osteosyntheseform abhängig und damit theoretisch lösbar. Die Osteosynthese ist die beste, die die Zugkräfte und Momente neutralisiert und in Druckkräfte umwandelt. Therapie: Valgisierende intertrochantere Umlagerungsosteotomie, die eine Pauwels III-Fraktur in einen Typ I umwandelt. Bei alten Menschen kann auch eine Totalendoprothese eingesetzt werden. Ungünstige Bruchform: Mediale subkapitale Fraktur vom Typ Pauwels III, mit ca. 50 % Komplikationen behaftet (Kopfnekrose, Pseudarthrose).
65-70 Jahre: schnelle Mobilisation. Folge: Einsetzen einer Totalendoprothese.
Hohes Alter: Einsetzen einer Kopfprothese.
Komplikationen: a) Kopfnekrose in 20-30 %. Entstehung durch Gefäßzerreißung während des Unfalls und spätere Thrombosierung. —» Therapie: Umstellungsosteotomie, Totalendoprothese (ältere Patienten).
b) Pseudoarthrose: in 10-15 %. Abhängig von Osteosyntheseform. Behandlung: Umlagerungsosteotomie, Totalendoprothese (bei älteren Patienten).
c) Ungünstige Bruchform: mediale subkapitale Fraktur, Typ Pauwels III: 50 % Komplikationen.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
880 Pertrochantere Frakturen Entstehung durch Sturz auf die Hüfte oder indirekte Gewalt.
Formen: Stabile und instabile (fehlende mediale AbStützung).
Diagnose: wie bei Schenkelhalsfraktur, aber stärkere Außenrotation des Beines. Therapie: grundsätzlich konservatives Vorgehen möglich. Extensionsbehandlung 8-12 Wochen. Alte Patienten: operative Versorgung lebensrettend und absolut indiziert. Stabilisierung der Fraktur mit: - Winkelplatten der AO, - elastischen Rundnägeln nach Ender, die baldige Belastung erlauben, - Gleitlaschenschrauben. Bei instabilen Frakturen: Herstellung der medialen Abstützung durch Spongiosatransplantation oder Verbundosteosynthese. Prognose: bei stabilen Brüchen günstig, bei fehlender medialer Abstützung: evtl. Materialermüdungsbruch, fehlende Heilung.
2.4.2.3 Pertrochantere Frakturen Ursachen: Direkte Gewalt, Sturz auf die Hüfte oder indirekt mit Biegungsmechanismus mit Adduktion und stärkerer Außendrehstellung des Beines als bei der Schenkelhalsfraktur. Altersgipfel: 7 5 - 8 0 Jahre, demnach noch eine Dekade älter als Patienten mit medialem Schenkelhalsbruch. Formen: Einfacher Schrägbruch vom Trochanter major zum Trochanter minor: stabile Fraktur. Abrißfraktur des Trochanter major oder minor (letztere auch als Apophysenabriß junger Sportler). Mehrfach- bis Trümmerbrüche. Bei Trümmerzonen an der medialen Kortikalis ist der Bruch instabil, insbesondere bei Defekten, da die mechanisch wichtige mediale Abstützung fehlt. Hierbei hat der Bruch die Tendenz, in Varusposition abzurutschen. Das Osteosynthesematerial kann der Wechselbiegebeanspruchung nicht standhalten und bricht (Plattenbruch). Diagnose: Wie bei Schenkelhalsfrakturen, die Stellung des Beines in Außenrotation ist gewöhnlich stärker. Therapie: Grundsätzlich ist konservatives Vorgehen möglich. Dazu ist jedoch eine Extensionsbehandlung von 8 - 1 2 Wochen Dauer notwendig. Die allgemeine Komplikationsrate (s. Schenkelhalsfrakturen) ist bei den alten Patienten sehr hoch, so daß die operative Versorgung lebensrettend und damit absolut indiziert ist. Stabilisierung der Fraktur mit Winkelplatten der AO (130° oder 95° Kondylenplatte), mit elastischen Rundnägeln nach Ender (s. 1.6), die baldige Belastung erlauben, und mit Gleitlaschenschrauben (Abb.33-26). Bei instabilen Frakturen ist die mediale Abstützung wiederherzustellen. Dies gelingt bei jüngeren Patienten durch primäre autologe Spongiosatransplantation, bei älteren durch eine Verbundosteosynthese. Selten ist eine Totalendoprothese indiziert. Prognose: Bei stabilen Brüchen günstige Heilung, da breite Spongiosaflächen aufeinanderliegen. Bei fehlender medialer Abstützung Gefahr des Materialermüdungsbruches und fehlender Heilung.
Abb. 33-26 Stabilisierung einer stabilen pertrochanteren O b e r s c h e n k e l fraktur mit R u n d n ä g e l n nach Ender
Subtrochantere Frakturen
2.4.2.4 Subtrochantere Frakturen
Diagnose: - alle Frakturzeichen, - Röntgenaufnahme in 2 Ebenen —» meistens mehrere Fragmente vorhanden, - durch Muskelzug typische Fehlstellung der Fragmente.
Ursache: Meist ist eine größere Gewalteinwirkung als bei den vorgenannten Femurfrakturen erforderlich mit Biegungs- und Rotationsmechanismen. Diagnose: Alle sicheren und unsicheren Frakturzeichen. Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen. Meistens sind mehrere Fragmente vorhanden. Durch Muskelzug entsteht eine typische Fehlstellung der Fragmente. Das kurze proximale Fragment wird durch den Zug der Glutäalmuskulatur und des M. iliopsoas in Außenrotation, Abduktion und Flexion gebracht, während die Adduktionsmuskeln das distale Fragment nach medial und kranial ziehen.
Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen
881
Therapie: Wegen der dominierenden Muskelzüge mit ihren Fehlstellungen der Fragmente lassen sich diese auch mittels einer Extension nur schwer reponieren bzw. retinieren. Daher ist eine operative Stabilisierung mit ζ. B. 95° Kondylenplatte indiziert. D a n a c h sofortige Mobilisation erlaubt, Belastung jedoch erst nach 1 2 - 1 6 Wochen (s. Abb. 33-5c).
Therapie: operative Stabilisierung mit Kondylenplatte ^ s o f o r t i g e Mobilisation, Belastung nach 12-16 Wochen (s. Abb. 33-5c).
2.4.2.5 Frakturen des Femurschaftes
Frakturen des Femurschaftes Entstehen durch stärkste Gewalteinwirkung, alle Bruchformen möglich.
Ursache: U m den stärksten menschlichen Knochen zu brechen, bedarf es größerer, meist direkter Gewalteinwirkung durch Verkehrsunfall, Sturz aus großer Höhe usw. Formen: Alle Bruchformen vom einfachen Querbruch über Torsionsbruch bis zum T r ü m m e r b r u c h können vorkommen. Diagnose: Alle sicheren und unsicheren Frakturzeichen. Die abnorme Beweglichkeit und Fehlstellung ist eindrucksvoll. Das Röntgenbild in 2 Ebenen klärt die Frakturform. Dislokation entsprechend der d o m i n a n t e n Muskelgruppen. Bei Femurfrakturen droht ein großer Blutverlust - bis 2 000 ml, u. U. noch mehr. Daher immer auf Schocksymptome achten und mit sofortiger Infusionstherapie (Plasmaersatzmittel, Blutkonserven) beginnen. Dies ist auch die beste Prophylaxe der Fettembolie, die bei Femurfrakturen gehäuft auftritt. Sensibilität, Motorik und Durchblutung des Fußes überprüfen! Therapie: Operative Versorgung indiziert, da konservativ nur durch 8 - 1 2 w ö chige Immobilisation mit Dauerzug eine Ausheilung - häufig dann in Fehlstellung - möglich ist. Zur Anwendung kommen:
Diagnose: - alle Frakturzeichen, - abnorme Beweglichkeit und Fehlstellung. - Röntgenbild in 2 Ebenen. - Bei Femurfrakturen: großer Blutverlust —» Schocksymptome. Gefahr der Fettembolie —» Infusionstherapie Therapie: operative Behandlung indiziert durch:
Marknagel: Bei Quer- oder Schrägbruch im mittleren Drittel (engste Markhöhle). Belastung bereits nach Abschluß der W u n d h e i l u n g erlaubt (Abb. 33-5d). Verriegelungsnagel: Bei Brüchen im proximalen und distalen Bereich und bei Mehrfachbrüchen im mittleren Drittel, bei denen der einfache Marknagel keine Stabilität ergeben würde. Entlastungszeit 6 - 1 2 Wochen. Breite AO-Platte: Bei Brüchen im proximalen und distalen Bereich in G e l e n k n ä h e und bei Mehrfachbrüchen. Hier ist die Gefahr einer zusätzlichen Denudierung der Fragmente groß. Entlastungszeit 1 2 - 1 6 Wochen.
Bei Femurfrakturen kann bei Mehrfachverletzungen und bei Patienten im Schock häufig nicht sofort operiert werden. Dann m u ß jedoch eine Extension am Tibiakopf angelegt u n d das Bein auf der Braun-Schiene gelagert werden. N a c h 4 Wochen Umlagerung der Extension durch die Femurkondylen, um den Bandapparat des Kniegelenkes nicht zu schädigen. Kindliche Frakturen: Bei Kleinkindern Heftpflasterzugverband, bei älteren Lagerung im Weberbett mit Kondylenextension bei 90 Grad Beugung im Knie- und Hüftgelenk (Abb. 33-27).
3.-12. Lebensjahr
Bei Kindern: Heftpflasterzugverband oder Lagerung im Weberbett mit KondylenextenSl0n '
882 Frakturen am distalen Femur Entstehung durch direkte Gewalteinwirkung.
Diagnose: - alle Frakturzeichen, - starke Schwellung des Gelenkes, - typische Fehlstellung mit dorsaler Abkippung (Abb. 33-28) Überprüfung der arteriellen une nervösen Versorgung immer notwendig! Tastbarkeit des proximalen Fragmentes.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates 2.4.2.6 Frakturen am distalen Femur Ursache: H ä u f i g direkte G e w a l t e i n w i r k u n g ( A u f f a h r u n f a l l ) . D e s h a l b n a c h V e r l e t z u n g e n a m Becken u n d H ü f t g e l e n k f a h n d e n . Formen: S u p r a k o n d y l ä r e Brüche u n d K o n d y l e n f r a k t u r e n . Letztere liegen intraartikulär. Sie werden unterteilt in m o n o k o n d y l ä r e u n d b i k o n d y l ä r e Form e n , die e i n e n Y- oder T - f ö r m i g e n Verlauf zeigen bis h i n zu T r ü m m e r b r ü chen. D i a g n o s e : Alle sicheren u n d u n s i c h e r e n F r a k t u r z e i c h e n . Starke Schwellung des G e l e n k e s . D u r c h Z u g des M. g a s t r o c n e m i u s zeigt das distale F r a g m e n t eine typische F e h l s t e l l u n g m i t dorsaler A b k i p p u n g (Abb. 33-28). D a d u r c h sind die G e f ä ß e u n d Nerven der K n i e k e h l e gefährdet. Ü b e r p f ü g u n g der perip h e r e n nervösen u n d arteriellen Versorgung i m m e r notwendig! D u r c h die Fehlstellung des distalen F r a g m e n t e s n a c h dorsal liegt das p r o x i m a l e zwangsläufig ventral u n d wird d u r c h die A d d u k t o r e n m u s k e l n n a c h m e d i a l gezogen. D a d u r c h k a n n dieses F r a g m e n t o b e r h a l b der Patella getastet werden. Es verletzt häufig die S t r e c k m u s k u l a t u r u n d die oberen Kniegelenksrecessus.
Abb. 33-28 Typische Fehlstellung der Fragmente bei distalem Oberschenkelbruch. a) von vorn, b) von der Seite Therapie: Osteosynthese. Oberstes Gebot: stufenlose Wiederherstellung der Gelenkflächen! Frühzeitige Mobiii sation. Prognose: Posttraumatische Arthrose, Strecksteifen können auftreten.
Therapie: Ziel ist eine übungsstabile Osteosynthese, u m d e n sonst u n v e r m e i d baren I m m o b i l i s a t i o n s s c h a d e n a m Kniegelenk zu u m g e h e n . Oberstes Gebot: Stufenlose W i e d e r h e r s t e l l u n g der G e l e n k f l ä c h e n . Stabilisierung m i t der 95° K o n d y l e n p l a t t e der AO, u. U. mit z u s ä t z l i c h e n S p o n g i o s a z u g s c h r a u b e n . F r ü h z e i t i g e Mobilisation ernährt den K n o r p e l u n d hält die Arthrose zurück. Prognose: Zwei p o s t t r a u m a t i s c h e S c h ä d e n k ö n n e n a u f t r e t e n : - p o s t t r a u m a t i s c h e Arthrose. Sie entsteht als I n k o n g r u e n z a r t h r o s e oder infolge eines p r i m ä r e n K n o r p e l s c h a d e n s d u r c h K o n t u s i o n . - Strecksteifen d u r c h Verlötung des Recessus suprapatellaris. Operative Beh a n d l u n g s m ö g l i c h k e i t d u r c h Arthrolyse, u. U. mit V e r l ä n g e r u n g der Rectussehne.
Verletzungen des Kniegelenkes
2.4.3 Verletzungen des Kniegelenkes
Bandverletzungen
2.4.3.1 Bandverletzungen
Stabilität des Kniegelenkes durch statische und dynamische Stabilisatoren:
Funktionelle A n a t o m i e : Das stark belastete K n i e g e l e n k erlangt seine Stabilität sowohl d u r c h statische Stabilisatoren ( k o n g r u e n t e G e l e n k f l ä c h e n , Bänder, Kapsel, insbesondere dorsale Anteile, M e n i s k e n ) als a u c h d u r c h dynamische, wie wenige M u s k e l n u n d einige S e h n e n . W i e gut ζ. B. der
Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen
883
M. quadriceps, insbesondere der Vastus medialis, das G e l e n k stabilisiert, läßt sich ζ. B. bei aktiven F u ß b a l l e r n e r k e n n e n , die trotz gewisser Instabilitäten d u r c h intensives M u s k e l t r a i n i n g ihren Sport a u s ü b e n k ö n n e n . Diese Stabilisatoren werden f u n k t i o n e l l in verschiedene G r u p p e n unterteilt (Nicholas 1973) (Abb. 33-29). hinteres Kreuzband
vorderes Kreuzband
Med. Seitenband \ ^ — ^ M. sartorius Ί ξ f 1 fl Ι M. gracilis —
'
Χνδ^ΚΥ^ TYkJ } / M
M. semitendinosus j
.
popliteus Lat. Vierfachbiceps fem. komplex
Lat. Seitenband
M. semimembranosus
j I hintere Kapsel
Abb.33-29 a) Funktionelle Aufteilung des Halte- und Führungsapparates des Kniegelenkes im medialen, lateralen und zentralen Teil, b) auterio-mediale Komplexistabilität nach Nicholas - Medialer Viererkomplex: M e d i a l e s S e i t e n b a n d , die 3 S e h n e n des Pes anserinus, M. s e m i m e m b r a n o s u s u n d h i n t e r e Kapsel. Teile des m e d i a l e n Seitenb a n d e s : oberflächliches Lig. collaterale tibiale, das d a r u n t e r gelegene Lig. capsulare, das g e g e n ü b e r d e m ersten frei verschieblich ist u n d eine Dreierteilung e r k e n n e n läßt: e i n e n ventralen Bereich aus Kapselfasern u n d Teilen des R e t i n a c u l u m des Vastus medialis, e i n e n mittleren m e n i s c o f e m o r a l e n u n d m e n i s c o t i b i a l e n u n d e i n e n h i n t e r e n kapsulären Abschnitt (dorsomediale Kapselschale, Lig. o b l i q u u m posterior, C o q u e cond y l i e n n e interne). Der m e d i a l e Viererkomplex verhindert eine Varus- u n d A u ß e n r o t a t i o n s i n stabilität. Er hat z u m I n n e n m e n i s k u s u n d z u m vorderen K r e u z b a n d eine enge f u n k t i o n e l l e V e r b i n d u n g . - Lateraler Viererkomplex: F i b u l a r e s S e i t e n b a n d mit o b e r f l ä c h l i c h e m u n d tief e m Teil, T r a c t u s iliotibialis. M. biceps, Μ. popliteus. Der K o m p l e x h e m m t eine Valgus- u n d I n n e n r o t a t i o n s i n s t a b i l i t ä t . - Der dorsale Komplex, b e s t e h e n d aus h i n t e r e r Kapsel, Lig. p o p l i t e u m u n d Lig. a r c u a t u m . Es hindert die Instabilität in saggitaler R i c h t u n g u n d die Überstreckung. Die Ü b e r s t r e c k u n g wird weiterhin vom h i n t e r e n K r e u z b a n d g e h e m m t . Eine Bewegungsrichtung wird nie allein von einer Struktur gesichert, s o n d e r n sie wird i m m e r von a n d e r e n u n t e r s t ü t z t ! - Zentraler Komplex: Beide K r e u z b ä n d e r zeigen in j e d e r G e l e n k s t e l l u n g eine A n s p a n n u n g e i n z e l n e r Fasern, bedingt d u r c h ihren schrägen Verlauf u n d d u r c h die Torsion des eher f l a c h e n Bandes. Sie b e d i n g e n die Stabilität in saggitaler R i c h t u n g . Die vordere positive S c h u b l a d e zeigt einen Riß des vorderen K r e u z b a n d e s an. Bei stärkerer A u s p r ä g u n g m ü s s e n d a r ü b e r hinaus Anteile der h i n t e r e n Kapsel u n d des S e i t e n b a n d e s (dorsomediale Kapselschale) mitverletzt sein. Das vordere K r e u z b a n d h e m m t a u c h die Innenrotation und Abduktion. Häufigkeit: K n i e v e r l e t z u n g e n sind häufig. Etwa 7 % aller Unfälle u n d 35 % aller Skiunfälle betreffen das Kniegelenk. Die Verletzungen h a b e n d u r c h Zun a h m e des Breitensports rapide z u g e n o m m e n . 80 % der V e r l e t z u n g e n g e h e n o h n e Stabilitätsverlust einher, bei 20 % ist die Stabilität verlorengegangen. Die isolierte R u p t u r des vorderen K r e u z b a n d e s , f r ü h e r als seltene Verletzung angesehen, wird h e u t e d u r c h A n w e n d u n g der Arthroskopie wesentlich h ä u f i ger gesehen. In S e r i e n a r t h r o s k o p i e n bei e i n e m H ä m a r t h r o s o h n e klinischen Nachweis einer Instabilität werden bis zu 70 % isolierte R u p t u r e n des vorderen K r e u z b a n d e s diagnostiziert! N u r eine ordentliche U n t e r s u c h u n g u n t e r
medialer Viererkomplex: verhindert eine Varus- und Außenrotationsinstabilität.
Lateraler Viererkomplex: hemmt eine Valgus- und Innenrotationsinstabilität. Dorsaler Komplex: hindert Instabilitäten in saggitaler Richtung und Überstreckung.
Zentraler Komplex: Festigung der Stabilität in saggitaler Richtung, vorderes Kreuzband hemmt Innenrotation und Abduktion.
Knieverletzungen sind häufig. Auch die isolierte Ruptur des vorderen Kreuzbandes wird wegen Anwendung der Arthroskopie heute häufiger beobachtet.
884
Ursachen: indirekte Gewalteinwirkung in leichter Beugestellung des Kniegelenkes, dazu häufig Abduktions- und Außenrotationsstreß. Auch direkte Gewalteinwirkung durch Schlag. Stabile und instabile Verletzungen möglich.
Zerrungen: kein Stabilitätsverlust. Am häufigsten: Innenband. Diagnose: stechender Schmerz, nach deutlicher Besserung —* erneute Verstärkung. Lokal: Druckschmerz am Bandansatz. Therapie: funktionelle mit Salbeneinreibung Überdehnungen: Teileinrisse der Bandstrukturen. Diagnose: - Hämatom, ödematöse Schwellung im Bandverlauf. - Ab- oder Adduktion ist schmerzhaft, - häufig Hämarthros. Therapie: bei Stabilität konservativ. Hämarthros: Gelenkerguß der abpunktiert werden muß. Diagnose: sichtbare Vorwölbung der beiden oberen Re cessus, Palpation: Druck auf den Recessus und Patella (tanzende Patella). Farbe: blutig: frisch fleischwasserfarben: älter, serös: alt.(Reizerguß) Serologische Untersuchung des Punktates. Je ausgeprägter die Schädigung, umso gerin ger der intraartikuläre Erguß, da Abfluß in die Weichteile möglich. Bei blutigem Erguß ohne klinische Zeichen der Instabilität: Abklärung durch Arthroskopie —* meist Vorliegen einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes—» oft Übergang in chronische Instabilität. Bänderrisse:
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates Z u h i l f e n a h m e aller Hilfsmittel k a n n vor F e h l i n t e r p r e t a t i o n e n s c h ü t z e n u n d d a m i t d e n P a t i e n t e n vor c h r o n i s c h e n Instabilitäten m i t all ihren Folgen. Ursachen: Indirekte G e w a l t e i n w i r k u n g des belasteten Beines in leichter Beugestellung des Kniegelenkes, d a z u a m h ä u f i g s t e n ein A b d u k t i o n s - u n d A u ß e n r o t a t i o n s s t r e ß , weniger h ä u f i g ein A d d u k t i o n s - u n d I n n e n r o t a t i o n s streß. Direkte G e w a l t e i n w i r k u n g d u r c h Schlag oder seitliche S t o ß s t a n g e n e i n wirkung. Hierbei k a n n die a n g e f a h r e n e Seite eine T i b i a k o p f f r a k t u r u n d die gegenüberliegende e i n e n B ä n d e r r i ß auf der A u ß e n s e i t e erleiden. Formen: M a n u n t e r s c h e i d e t zweckmäßigerweise stabile u n d instabile Verletzungen. • Zerrungen g e h e n o h n e Stabilitätsverlust einher. A m h ä u f i g s t e n ist die Zerrung des I n n e n b a n d e s . Beim U n f a l l h e r g a n g tritt ein akuter, s t e c h e n d e r S c h m e r z auf der I n n e n s e i t e auf, der sich n a c h einer d e u t l i c h e n Besserung wieder verstärkt. Lokal besteht ein D r u c k s c h m e r z a m B a n d a n s a t z , ein Erg u ß besteht in der Regel nicht. F u n k t i o n e l l e T h e r a p i e u n d S a l b e n e i n r e i bungen genügen. • Ü b e r d e h n u n g e n sind p a t h o l o g i s c h - a n a t o m i s c h Teileinrisse der B a n d s t r u k t u r e n u n d sollten als solche b e z e i c h n e t werden. G e h a l t e n e R ö n t g e n a u f n a h m e n m i t einer A u f k l a p p b a r k e i t über 3 - 5 ° im Vergleich zur g e s u n d e n Seite sprechen für Einrisse u n d b e g i n n e n d e Instabilität. Klinisch zeigt sich ein H ä m a t o m oder eine ö d e m a t ö s e Schwellung im Bandverlauf. Die Ab- oder A d d u k t i o n ( I n n e n - oder A u ß e n b a n d ) ist s c h m e r z h a f t , der Bandverlauf m u ß d a h e r z u m röntgenologischen N a c h w e i s einer A u f k l a p p b a r keit lokal anästhesiert werden. H ä u f i g besteht ein H ä m a r t h r o s , der i m m e r auf schwerere V e r l e t z u n g e n hinweist u n d d a h e r abgeklärt werden m u ß . Bei eindeutiger Stabilität genügt konservative B e h a n d l u n g . • Hämarthros: Ein G e l e n k e r g u ß stellt i m m e r eine schwerwiegende Störung f ü r das G e l e n k dar. Er m u ß aus t h e r a p e u t i s c h e n u n d diagnostischen G r ü n d e n u n t e r strengen serilen K a u t e l e n a b p u n k t i e r t werden. Sein N a c h w e i s gelingt d u r c h I n s p e k t i o n (sichtbare Vorwölbung der b e i d e n o b e r e n Recessus) u n d Palpation u n t e r D r u c k der e i n e n H a n d auf d e n Recessus u n d mit der a n d e r e n auf die Patella ( „ t a n z e n d e Patella"). Die Farbe gibt A u s k u n f t ü b e r Alter der Verletzung: Blutig - frische, fleischwasserfarben - ältere, serös - alte V e r l e t z u n g oder Reizerguß. F e t t a u g e n sprechen f ü r k n ö c h e r n e B a n d l ä s i o n e n oder o s t e o c h o n d r a l e F r a k t u r e n . Das P u n k t a t soll serologisch u n d auf Erreger u n t e r s u c h t werden. Bei Z e r r e i ß u n g des K a p s e l b a n d a p p a r a t e s trifft m a n eher eine diffuse, m e h r extraartikuläre Schwellung an, da der blutige Erguß in die W e i c h t e i l e abfließen kann. Je ausgeprägter die Schädigung, u m s o geringer also der intraartikuläre Erguß! Ein n a c h g e w i e s e n e r blutiger Erguß o h n e klinische Z e i c h e n einer Instabilität - diese stellt eine I n d i k a t i o n zur O p e r a t i o n dar - sollte d u r c h eine Arthroskopie diagnostisch weiter abgeklärt werden. H i e r b e i hat sich gezeigt, d a ß bis zu 70 % eine R u p t u r des vorderen Kreuzb a n d e s vorliegt. Diese geht später häufig in eine c h r o n i s c h e Instabilität über, da die primär intakten Strukturen überfordert sind, die F u n k t i o n des vorderen K r e u z b a n d e s auf längere Zeit m i t z u ü b e r n e h m e n .
Einfache Instabilitäten:
• Bänderrisse: Die B ä n d e r reißen a m häufigsten a m f e m o r a l e n oder tibialen Ansatz, gelegentlich mit einer k n ö c h e r n e n Lamelle ( k n ö c h e r n e r B a n d a u s riß). Die schlechteste Prognose h a b e n die Risse im m i t t l e r e n Anteil wegen der schlechten Vaskularität.
a) Valgus-Instabilität: isolierte Zerreißung des Innenbandes.
Einfache Instabilitäten: Instabilität in einer E b e n e . - Valgus-Instabilität: Isolierte Z e r r e i ß u n g des I n n e n b a n d e s d u r c h Valgus-
Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen streß (häufiger), m e d i a l e A u f k l a p p b a r k e i t . N a c h W o c h e n k a n n der f e m o rale Ansatz v e r k n ö c h e r n (Stieda-Schatten). - Varus-Instabilität: Isolierte Z e r r e i ß u n g des A u ß e n b a n d e s d u r c h Varusstreß (seltener), laterale A u f k l a p p b a r k e i t . Stabilitätsprüfung: N o t w e n d i g e P r ü f u n g in Streckstellung des K n i e g e l e n k e s u n d in 30° Beugestellung. Instabilität bei B e u g u n g weist auf alleinige Schädigung des S e i t e n b a n d a p p a r a t e s hin, da die h i n t e r e Kapsel e n t s p a n n t ist u n d n i c h t m e h r stabilisiert. Bei v e r m e h r t e r A u f k l a p p b a r k e i t in Streckstellung sind d e m n a c h i m m e r a u c h die h i n t e r e n - s e i t l i c h e n K a p s e l s t r u k t u r e n zerrissen, bei starker Instabilität a u c h zusätzlich n o c h das K r e u z b a n d (ζ. B. m e d i a l e A u f k l a p p b a r k e i t - vorderes K r e u z b a n d ) . D a m i t liegt bereits eine R o t a t i o n s instabilität vor. U n t e r s u c h u n g der Stabilität i m m e r im Seitenvergleich.
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b) Varus-Instabilität: isolierte Zerreißung des Außenbandes.
- Saggitale Instabilität: Isolierte Z e r r e i ß u n g des vorderen oder h i n t e r e n K r e u z b a n d e s . D a m i t k a n n der gebeugte U n t e r s c h e n k e l gegen die F e m u r kondylen verschoben werden. R i ß des vorderen K r e u z b a n d e s : positive vordere Schublade, die in m e h r e r e n Flexionsstellungen geprüft wird. Bei 30° B e u g u n g werden a u c h isolierte vordere K r e u z b a n d r u p t u r e n erfaßt ( L a c h m a n n - T e s t ) , während ein positiver Test bei 90° B e u g u n g auf schwerere V e r l e t z u n g e n hinweist. Riß des h i n t e r e n K r e u z b a n d e s : positive hintere S c h u b l a d e . Merke: Der U n t e r s c h e n k e l fällt der Schwere n a c h dorsal, so d a ß klinisch eine „vordere" S c h u b l a d e entsteht. A u s der Mittelstellung h e r a u s k a n n der U n t e r s c h e n k e l j e d o c h n a c h h i n t e n g e s c h o b e n werden. Bei I n s p e k t i o n fällt j e d o c h bereits eine z u r ü c k g e s u n k e n e Tuberositas tibiae auf.
c) Saggitale Instabilität: isolierte Zerreißung des vorderen oder hinteren Kreuzbandes.
E i n e stärkere S c h u b l a d e weist auf eine schwerere S c h ä d i g u n g hin. Eine verstärkte vordere S c h u b l a d e ist n u r d u r c h gleichzeitige Verletzung des vorderen K r e u z b a n d e s , der h i n t e r e n Kapsel u n d der d o r s o m e d i a l e n Kapselschale des m e d i a l e n Viererkomplexes möglich. Seitenvergleich! Rotationsinstabilität (Sloccum 1968) oder Komplexinstabilität (Nicholas 1973) sind h ä u f i g e r als isolierte B a n d z e r r e i ß u n g e n . Die häufigste K o m b i n a t i o n s v e r l e t z u n g : Riß des medialen Seitenbandes, des vorderen Kreuzbandes u n d des Innenmeniskus; diese wurde bereits f r ü h e r als u n h a p p y triad ( O ' D o n o g h u e 1950) b e z e i c h n e t .
Eine stärkere Schublade weist auf eine schwerere Schädigung hin.
Bei diesen Instabilitäten orientiert sich die Klassifizierung an der R o t a t i o n s dislokation des Tibiakopfes bei g e b e u g t e m Kniegelenk. Normalerweise liegt die D r e h a c h s e i m Z e n t r u m in H ö h e der E m i n e n t i a intercondylica. In der R e i h e n f o l g e ihrer H ä u f i g k e i t u n t e r s c h e i d e t m a n folgende Komplexinstabilitäten: - Anteromediale Rotationsinstabilität: T r a u m a : Valgus-, A u ß e n r o t a t i o n s - , Flexionsstress. Läsion: Teile des m e d i a l e n Viererkomplexes, i n s b e s o n d e r e der Seitenb a n d s t r u k t u r e n u n d m e d i o d o r s a l e Kapselschale (seltener sind die d y n a m i schen Stabilisatoren mitzerrissen), vorderes K r e u z b a n d , m e d i a l e r M e n i s kus. Diagnose: P r ü f u n g der „ R o t a t i o n s s c h u b l a d e " bei 90° B e u g u n g im Kniegelenk mit Nullstellung des Fußes, m i t 15° A u ß e n r o t a t i o n u n d 30° I n n e n r o tation (3 U n t e r s u c h u n g s g ä n g e ) . Die R o t a t i o n s a c h s e ist auf das laterale vordere Tibiaplateau verlagert, somit dreht der m e d i a l e instabile Tibiakopf n a c h vorn (Abb. 33-29). - Anterolaterale Rotationsinstabilität T r a u m a : A d d u k t i o n u n d I n n e n r o t a t i o n , leichte Flexion. Läsion: Teile des lateralen Viererkomplexes, i n s b e s o n d e r e K o m p l e x e des A u ß e n b a n d e s , vorderes K r e u z b a n d , lateraler M e n i s k u s (im Vorderhorn). Diagnose: Exzentrische Verlagerung der R o t a t i o n s a c h s e auf das m e d i a l e vordere T i b i a p l a t e a u , so daß bei positiver R o t a t i o n s s c h u b l a d e der laterale S c h i e n b e i n k o p f n a c h vorn gedreht werden k a n n .
Riß des vorderen Kreuzbandes: positive vordere Schublade (LachmannTest). Riß des hinteren Kreuzbandes: positive hintere Schublade.
d) Rotations- oder Komplexinstabilität: häufiger als isolierte Bandzerreißungen. Häufigste Kombinationsverletzung: Riß des medialen Seitenbandes, des vorderen Kreuzbandes und des Innenmeniskus.
Man unterscheidet folgende Komplexinstabilitäten: 1. Anteromediale Rotationsinstabilität (Abb. 33-29).
2. Anterolaterale Rotationsinstabilität
4=
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XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates Weiteren Tests ist gemeinsam, daß durch entsprechende Manipulationen eine ruckartige Reposition des subluxierten lateralen Tibiakondylus provoziert wird (oder umgekehrt). Pivot shift: In Streckstellung u m f a ß t eine H a n d des Arztes die Ferse des Verletzten, die andere den dorsolateralen Tibiakopf und das Fibulaköpfchen und drückt den lateralen Tibiakopf in Subluxationsstellung. Unter Valgisation und Beugung bis 3 0 - 5 0 ° erfolgt spontane Reposition unter knackendem Geräusch. Jerk-Test: Bei Streckung aus 90° Beugung, Innenrotation und Valgisation kommt es bei 30° zu einer ruckartigen Subluxation des- lateralen Tibiakop-
3. Posterolateral Rotationsinstabilität
4. Posteromediale Rotationsinstabilität (selten). e) Kombinierte Instabilitäten.
Therapie der Bänderrisse: konservative Behandlung ist unzureichend, da Instabilität verbleibt. Rasche operative Versorgung schafft beste Voraussetzung zur Vermeidung der chronischen Instabilität.
Seitenbänder: Fixation durch Schraube mit Kunststoffunterlegscheiben mit kleinen Krallen.
Losee-Test: In Beugung, Außenrotation und Valgisation wird ein Schub auf das Fibulaköpfchen ausgeübt. Bei Streckung plötzliche Subluxation des lateralen Tibiakopfes nach vorn. - Posterolaterale Rotationsinstabilität: Trauma: Tibiakopf nach dorsal bei Neutralstellung oder Innenrotation. Läsion: Lateraler Viererkomplex, hinteres Kreuzband. Diagnose: Verlagerte Rotationsachse auf den medialen hinteren Tibiakopf und Rotationsschublade des lateralen Tibiakopfes nach hinten. - Posteromediale Rotationsinstabilität ist sehr selten. Kombinierte Instabilitäten: Schwerste Verletzungen mit Zerstörung mehrerer Bandkomplexe, so in Kombination anteromediale und anterolaterale Rotationsinstabilität, ζ. B. bei Kniegelenksluxation. Therapie der Bänderrisse: Nur die rasche operative Versorgung frischer Bandverletzungen schafft die besten Voraussetzungen, einer chronischen Bandinstabilität vorzubeugen. Die konservative Behandlung erreicht keine ausreichende Adaptation der zerrissenen und verlagerten Bandstümpfe, selbst nicht bei früher empfohlener 12-16wöchigen Immobilisation im Gipsverband. Es verbleibt eine mehr oder weniger deutliche Instabilität. - Seitenbänder: Beim häufigen Ausriß am femoralen oder tibialen Ansatz Fixation mit Schraube mit Kunststoffunterlegscheibe mit kleinen Krallen; sonst feine Fixations- und Adaptationsnähte.
Kreuzbänder: Reinsertion durch vorgebohrten Knochenkanal in Zugrichtung des Bandes als transossäre Fixation. Bei Kreuzbandrissen im mittleren Drittel: besser plastischer Ersatz des Kreuzbandes aus Sehnen- oder alloplastischem Material.
- Kreuzbänder: Reinsertion durch einen vorgebohrten Knochenkanal in Zuggrichtung des Bandes als transossäre Fixation. Der angeschlungene u n d transossär durchgezogene Faden wird am Periost fixiert. Bei den seltenen Kreuzbandrissen im mittleren Drittel ist die Naht meist insuffizient. Daher u. U. primär plastischer Ersatz des Kreuzbandes durch die Sehne des M. semitendinosus oder grazilis oder durch alloplastisches Material. Postoperative Ruhigstellung im zirkulären Oberschenkelliegegips für 6 Wochen. Danach intensive krankengymnastische Übungsbehandlung für die Muskulatur.
Prognose: bei unsachgemäßer Behandlung: Instabilität bis hin zum Schlottergelenk. (Instabilität in seitlicher und saggitaler Richtung) -»vorzeitige Arthrose. Beseitigung durch bandplastische Operationen. Keine so guten Erfolge wie bei Erstversorgung.
Prognose: Bei unsachgemäßer und inkonsequenter Behandlung droht die chronische posttraumatische Bandinstabilität. Unter einem Schlottergelenk versteht man die Instabilität in beiden Ebenen, in seitlicher und saggitaler Richtung. Bei Instabilität resultiert eine Gang- und Standunsicherheit, insbesondere auch beim Treppensteigen. Durch unphysiologische Scherbewegungen wird der Gelenkknorpel, der sonst im wesentlichen auf Druck beansprucht wird, geschädigt. Die Folge ist immer eine vorzeitige Arthrose. Bei jüngeren Patienten ohne nachweisbare Arthrose sind zur Beseitigung der chronischen Instabilität bandplastische Operationen notwendig. Z u m Bandersatz wird autogenes Material (dynamische oder statische Sehnenumlagerungen, Fascia lata), allogenes Material (ζ. B. lyophylisierte Dura) und xenogenes Material (ζ. B. C-Fasern, Kunststoffasern) in Verlaufsrichtung des Bandes eingebracht. Diese Operationen können aber nicht die guten Erfolge
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Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen einer gekonnten Erstversorgung aufweisen. Daher ist eine exakte Diagnostik und gute chirurgische Erstversorgung die beste Gewähr für ein stabiles Kniegelenk. 2.4.3.2
Meniskusverletzungen
Funktionelle Anatomie: Der mediale Meniskus mehr c- oder halbmondförmig, der laterale mehr ringförmig angeordnet. Faserknorpel, bradytrophes Gewebe. Nur das äußere Fünftel wird durch Mikrozirkulation ernährt, der Hauptteil durch Diffusion. Häufigkeit: Häufige Sportverletzung. Der mediale, stärker fixierte Meniskus wird 20mal häufiger verletzt als der laterale. Ursachen: Gewaltsame Drehung des fixierten, belasteten Unterschenkels im gebeugten Kniegelenk, das plötzlich gestreckt wird. Typische Verletzung beim Fußballspielen und durch Skisturz (Drehsturz). Bei vorbestehender Degeneration reichen Gelegenheitsursachen aus (ζ. B. Aufstehen aus der Hocke). Wegen hieraus sich ergebender versicherungsrechtlicher Fragen (Arbeitsunfall?) ist eine histologische Untersuchung des entfernten Meniskus unerläßlich. Diagnose: Anamnese: Unfallhergang; Spontanschmerz am inneren oder äußeren Gelenkspalt, je nach verletztem Meniskus; Einklemmungen. Inspektion: Schonhaltung in leichter Beugung, intraartikulärer Erguß. Bei älterem Befund Atrophie des M. quadriceps, insbesondere des Vastus medialis. Palpation: Druckschmerz über inneren oder äußeren Gelenkspalt.
Weitere sog. Meniskuszeichen • Streckhemmung (Diff. Diagnose: Osteochondrosis dissecans mit freier „Gelenkmaus"). Deutlicher Wippschmerz bei ruckartiger Überstreckung. • Ab- oder Adduktionsschmerz bei Außen- bzw. Innenmeniskusschaden (Böhler-Zeichen). • Steinmann I: Drehbewegung des Unterschenkels nach außen bei gebeugtem Kniegelenk verursacht Schmerzen am inneren Gelenkspalt bei Innenmeniskusläsion, Drehung nach innen am äußeren Gelenkspalt bei Schädigung des Außenmeniskus. • Steinmann II: Wandern des Schmerzdruckpunktes von vom nach lateral und hinten bei zunehmender Beugung aus der Streckstellung heraus. Beide Zeichen nach Steinmann beruhen auf der physiologischen Mitbewegung der Menisken bei der Rotation und Beugung. • Payr-Zeichen: Beim Schneider-(Türken-)Sitz Schmerzen am Gelenkspalt oder in Bauchlage bei 90° gebeugtem Kniegelenk und Überkreuzen der Beine. • McMurray-Zeichen: Tastbarer „Klick", knurpsende Geräusche oder Schnapphänomene am inneren Gelenkspalt bei Streckung aus voller Beugung mit Außenrotation des Unterschenkels (Innenmeniskus). Bei Innenrotation gleiches Phänomen am äußeren Spalt bei Außenmeniskusschaden.
Sicher wird die Diagnose beim Vorliegen mehrerer positiver Zeichen, ein einziges hat nur eine begrenzte Aussagekraft. Verletzungsformen: Schräg- und Querrisse, die sich als Lefzen ins Gelenk einschlagen können; Längseinriß, der sich zur sog. Korbhenkelläsion erweitern kann, wenn der zentrale Anteil in das Gelenk luxiert. Therapie: Punktion des Ergusses. Beseitigung der Einklemmung durch manuellen Zug oder durch Manschettenextension am Knöchel. Bei klinisch eindeutigem Befund ist die Operation indiziert.
Meniskusverlebungen Häufige Sportverletzung. Ursachen: gewaltsame Drehung des fixierten belasteten Unterschenkels im gebeugten Kniegelenk, das plötzlich gestreckt wird (Fußball, Skisturz).
Diagnose: - Anamnese mit Unfallhergang, Einklemmungen, - Spontan- und Druckschmerz am inneren oder äußeren Gelenkspalt, - Schonhaltung in leichter Beugung, - intraartikulärer Erguß. - Atrophie des M.vastus medialis. Weitere diagnostische Meniskuszeichen:
Verletzungsformen: Schrägrisse, Querrisse, Längsrisse (Korbhenkelriß). Therapie: Punktion des Ergusses. Beseitigung der Einklemmung durch manuellen Zug oder Manschettenextension am Knöchel.
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XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
Bei eindeutigem Befund: Operation indiziert. Bei traumatischen Schäden: partielle Meniskektomie —» Stehenlassen eines schmalen Kapselsaumes —» Regeneratbildung. Bei traumatischem Riß an der Kapsel: Reinsertion des Meniskus durch feine Nähte. Bei stärkerer Zerstörung oder Degeneration des Meniskus: Meniskektomie. Prognose: geschädigter Meniskus ist Gefahr für den gesamten Knorpel - » Knorpelschaden -»Arthrose.
Partielle Meniskektomie bei traumatischen Schäden unter Stehenlassen eines schmalen Kapselsaumes, aus dem sich ein Regenerat bildet. Reinsertion des Meniskus durch feine Nähte nur bei traumatischem Riß an der Kapsel im vaskularisierten Anteil. Meniskektomie bei stärkerer Zerstörung oder bei Degeneration. Bei klinisch unklaren Fällen hilft die Arthroskopie zur weiteren diagnostischen Abklärung. Prognose: Ein geschädigter Meniskus stellt eine Gefahr für den gesamten Knorpel dar. Über einen chronischen Reizzustand mit Synovitis entsteht ein Knorpelschaden, der zur Arthrose führt. Ein geschädigter Meniskus muß demnach entfernt werden. Im Zweifelsfall soll der Meniskus aber belassen werden, da er zur Gelenkführung wichtig ist.
Kniegelenksluxation Seltene Verrenkung unter größter Gewalteinwirkung. Verrenkung des Unterschenkels nach vorn außen oder hinten außen —* Zerreißen des Kapselbandapparates mit beiden Kreuzbändern und Seitenband.
2.4.3.3 Kniegelenksluxation
Diagnose: leicht erkennbar. Röntgenbild in 2 Ebenen. Therapie: - sofortige Reposition, - operative Wiederherstellung der Kapsel und Bänder, - Immobilisation für 6 - 8 Wochen, - krankengymnastische Nachbehandlung. Prognose: Restinstabilität und bleibende Peronaeusparese möglich. Patellaluxation Luxation der Patella nach lateral. Selten rein traumatisch bedingt, sondern auch durch disponierende Gelenkfaktoren.
Begleitverletzung: Abscherfrakturen am Femurkondylus und Patellarückfläche, Abrißfrakturen an der Patella, Retinakulumeinrisse. Diagnose: Patella steht senkrecht lateral der Femurkondyle. Röntgen in 2 Ebenen. Therapie: - sofortige Reposition, - Punktion des Hämarthros, - 2 - 3 Wochen Gipstutor. Bei osteochondralen Fragmenten: operative Refixierung.
Patellafraktur Entstehen durch direkte Gewalteinwirkung, wie Sturz auf das gebeugte Kniegelenk. Seltener als Abrißfraktur am oberen oder unteren Pol. - Am häufigsten Querbrüche.
Ätiopathogenese: Zu dieser seltenen Verrenkung ist eine enorme Gewalteinwirkung notwendig. In 70 % verrenkt der Unterschenkel nach vorn außen oder nach hinten außen. Dabei zerreißt der Kapselbandapparat meist vollständig, regelmäßig werden beide Kreuzbänder und das mediale Seitenband betroffen. Auf die häufige Begleitverletzung der A. poplitea (u. U. nur Intimaverletzung, die zur Thrombosierung führt) und das N. peronaeus und tibialis ist zu achten! Diagnose: Wegen der deutlichen Deformierung klinisch leicht zu stellen. Röntgenbild in 2 Ebenen zum Ausschluß einer Fraktur. Durchblutung und Sensibilität überprüfen. Therapie: Sofortige Reposition, operative Wiederherstellung der zerrissenen Kapsel und Bänder, Immobilisation für 6 - 8 Wochen im Oberschenkelliegegips in 20° Beugestellung des Kniegelenkes. Danach intensive krankengymnastische physikalische Nachbehandlung. Prognose: Restinstabilität und bleibende Peronaeusparese möglich.
2.4.3.4 Patellaluxation Ätiopathogenese: Selten rein traumatisch bedingt, disponierte Gelenkfaktoren maßgebend: Patellahypoplasie mit Hochstand, Genu valgum, dysplastische laterale Femurkondyle (zu flach), schlaffer Kapselapparat. Betroffen sind meist Jugendliche, Mädchen häufiger als Jungen. Die Patella luxiert praktisch immer nach lateral. Begleitverletzung: Osteochondrale Abscherfrakturen am lateralen Femurkondylus und an der Patellarückfläche, Abrißfrakturen an der medialen Patella, Retinakulumeinrisse medial. Diagnose: Klinisch eindeutig, Patella steht senkrecht lateral der Femurkondyle. Röntgen in 2 Ebenen. Therapie: Sofortige Reposition, Punktion des Hämarthros. 2 - 3 Wochen Gipstutor bei der Erstverrenkung. Bei osteochondralen Fragmenten operative Refixierung. Bei habitueller Luxation s. Kapitel 6. Prognose: Habituelle Luxation, Chondropathia patellae mit Arthrose im femoro-patellaren Gleitlager.
2.4.3.5 Patellafraktur Ursachen: Meistens direkte Gewalteinwirkung durch Sturz auf das gebeugte Kniegelenk, seltener als Abrißfraktur am oberen oder unteren Pol bei plötzlichem Anspannen des M. quadriceps und bei gebeugtem Kniegelenk, ζ. B. bei Abwehr eines Sturzes.
Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen
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Formen: Am häufigsten Querbrüche, Mehrfragmentenbruch als Sternbruch, Trümmerbrüche, Polfrakturen, selten Längsbrüche. Häufig offene Frakturen.
Ferner: Sternbruch, Trümmerbruch, Polfraktur, Längsbrüche (selten). Häufig offene Frakturen.
Diagnose: Schwellung, Hämarthros. Sichtbare oder tastbare Delle bei Querbruch. Aktiver Streckausfall, das Bein kann gestreckt nicht gehoben werden. In diesem Fall sind die Retinacula miteingerissen (Reservestreckapparat). Röntgen in 2 Ebenen, zusätzlich Tangentialaufnahmen nach Knudson zur sicheren Feststellung von Längsbrüchen. Differentialdiagnostisch ist eine Patella bipartita, die immer im oberen äußeren Quadranten liegt und meist doppelseitig auftritt, abzugrenzen.
Diagnose: - Schwellung, - Hämarthros. - Tastbare Delle im Querbruch. - Bein kann nicht gestreckt gehoben werden. - Röntgen in 2 Ebenen. - Tangentialaufnahme bei Verdacht auf Längsbruch.
Therapie: Konservativ nur bei Fissuren (subaponeurotische Frakturen) und Längsbrüchen ohne Dislokation, bei letzteren u. U. auch funktionelle Behandlung, sonst Ruhigstellung im Gipstutor für 4 - 6 Wochen. Vorher Punktion des Hämarthros. Bei Stufenbildung ist absolute Operationsindikation gegeben (Gelenkfraktur). Das klassische Verfahren ist die Zuggurtungsosteosynthese nach stufenloser Reposition (s. 1.6 und Abb. 33-6). Naht der zerrissenen Retinacula. Funktionelle Nachbehandlung. Bei Zerstörung u. U. Teilresektion der Patella (ζ. B. unterer Pol), nur bei völliger Zertrümmerung Patellektomie. Prognose: Bei verbliebener retropatellarer Stufe droht die Arthrose im femoropatellaren Gleitlager. Bei Knorpelkontusion Gefahr der posttraumatischen Arthrose. 2.4.4 Unterschenkelbrüche Der Unterschenkel hat seine spezifischen Besonderheiten, die bei der Entscheidung zur Wahl der Behandlungsverfahren - ζ. B. konservatives oder operatives Vorgehen - Berücksichtigung finden müssen.
Therapie: konservativ bei Fissuren und Längsbrüchen ohne Dislokation mit funktioneller Behandlung nach Ruhigstellung. Bei Stufenbildung: absolute Operationsindikation. Verfahren: Zuggurtungsosteosynthese nach stufenloser Reposition. Naht der zerrissenen Retinacula —> funktionelle Nachbehandlung. Prognose: Arthrose im Gleitlager bei verbliebener patellarer Stufe. Unterschenkelbrüche bei Wahl des Behandlungsverfahrens sind folgende Besonderheiten zu beachten:
- Der Weichteilmantel ist dünn, die gesamte mediale Tibiafläche ist lediglich durch die Haut geschützt. - Die Tibia wird im wesentlichen nur durch ein Hauptgefäß versorgt. Bedingt durch diese beiden Besonderheiten ist die Abwehrlage herabgesetzt und die Infektionsrate nach Osteosynthesen höher als an allen anderen Knochen. - Die 4 Muskelgruppen sind in 4 durch Bindegewebe fest begrenzten Logen (Kompartments) umhüllt. Erhöhter Binnendruck durch Blutung oder Ödem führt schnell zu einem Kompartment-Syndrom, ζ. B. Tibialis-anterior-Syndrom (s. 1.8.3 u. 1.8.4). - Geringe Abweichungen der Achse verändern die Statik des Beines und damit die physiologische Belastung der benachbarten Gelenke. Die Tragachse des Beines verläuft vom Zentrum des Hüftkopfes durch die Kniemitte zur Mitte des oberen Sprunggelenkes. 2.4.4.1 Tibiakopfbrüche Ursachen: Axiale Stauchung mit einem Biegemoment, ζ. B. Valgusstreß. Hierbei kommt es nach Zerreißung des medialen Bandkomplexes zu einer Fraktur des lateralen Tibiakopfes durch den lateralen Femurkondylus. Bei diesem Vorgang bricht häufig auch das Fibulaköpfchen. Die Gelenkfläche ist dabei häufig imprimiert, d. h., der Gelenkknorpel wird durch die Femurrolle in die Spongiosa des Tibiakopfes eingedrückt. Frakturformen (Abb. 33-30a): Spaltbruch ohne Verschiebung, Depressionsbruch mit Absinken des Fragmentes, Impressionsbruch mit eingestauchtem Gelenkknorpel und Spongiosa. Häufig monokondylär, lateral häufiger als
1. Tibiakopfbrüche
Entstehung durch axiale Stauchung mit Biegemoment —» nach Zerreißung des medialen Bandkomplexes Fraktur des lateralen Tibiakopfes durch lateralen Femurkondylus. Häufig auch Bruch des Fibulaköpfchens und Impression der Gelenkfläche. Frakturformen (Abb. 33-30a) - Spaltbruch ohne Verschiebung, - Depressionsbruch mit Absinken des Fragmentes,
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XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
- Impressionsbruch mit eingestauchtem Gelenkknorpel und Spongiosa. - Monokondylär, - bikondylär.
medial. Bikondyläre Brüche in Υ-, V- oder T - F o r m bis h i n zu T r ü m m e r b r ü chen. K n ö c h e r n e S e i t e n b a n d a u s r i s s e , E m i n e n t i a a u s r i s s e u n d A b r i ß f r a k t u r der Tuberositas s. B a n d v e r l e t z u n g e n .
Begleitverletzungen: - Bandruptur oder knöcherne Ausrisse, - Meniskusrisse, - Knorpelläsionen, - Schädigung des N. peronaeus, - Kompression der A. poplitea. Diagnose: - Schwellung, - Hämarthros, - Hautkontusionsherde, - Krepitation, - evtl. Fehlstellung, - Gelenkinstabilität, - Functio laesa, - Röntgen in 2 Ebenen.
Begleitverletzungen: B a n d r u p t u r e n oder deren k n ö c h e r n e Ausrisse, M e n i s kusrisse (meistens a m Kapselrand), K n o r p e l l ä s i o n e n ( K o n t u s i o n oder Abscherfrakturen), N . - p e r o n a e u s - S c h ä d i g u n g h i n t e r d e m F i b u l a k ö p f c h e n , K o m p r e s s i o n der A. poplitea. D i a g n o s e : Schwellung, H ä m a r t h r o s , h ä u f i g H a u t k o n t u s i o n s h e r d e , Krepitation, u. U. Fehlstellung, G e l e n k i n s t a b i l i t ä t (Differentialdiagnose: reine B a n d verletzung), F u n c t i o laesa, Röntgen in 2 Ebenen. G e l e g e n t l i c h ist zur g e n a u e n Beurteilung der I m p r e s s i o n ein T o m o g r a m m erforderlich. Ü b e r p r ü f u n g der D u r c h b l u t u n g u n d der F u n k t i o n des N. p e r o n a e u s .
Abb.33-30a Einteilung der Schienbeinkopfbrüche 1 Impressionsbruch 2 Depressionsbruch 3 T-Y-V-Bruch Therapie: konservativ: bei stufenlosen Gelenkflächen. Ruhigstellung —» Weiterbehandlung auf Bewegungsschiene —»krankengymnastische Übungsbehandlung.
Operativ bei Impressions- und Depressionsfrakturen: oberstes Ziel ist Wiederherstellung der Kongruenz der Gelenkflächen: stufenlose Reposition —> Unterfütterung des Spongiosadefektes durch autogene Spongiosa —* übungsstabile Osteosynthese durch Spongiosaschrauben oder mit Abstützplatte —»funktionelle Nachbehandlung.
Therapie: Konservativ bei f e h l e n d e r V e r s c h i e b u n g oder bei im wesentlichen stufenlosen G e l e n k f l ä c h e n u n d bei d e n m e i s t e n B r ü c h e n des alten M e n schen. N a c h a n f ä n g l i c h e r R u h i g s t e l l u n g für 2 - 3 W o c h e n im gespaltenen zirkulären Oberschenkelliegegips - n a c h A b p u n k t i e r e n des H ä m a r t h r o s - W e i t e r b e h a n d l u n g auf Bewegungsschiene oder u n t e r E n t l a s t u n g m i t zwei G e h s t ü t z e n mit k r a n k e n g y m n a s t i s c h e r Ü b u n g s b e h a n d l u n g . D a u e r der Entlastung 1 0 - 1 2 W o c h e n . G e l e g e n t l i c h k a n n a u c h bei stabilen F r a k t u r e n sofort mit f u n k t i o n e l l e r B e h a n d l u n g o h n e I m m o b i l i s a t i o n b e g o n n e n werden. Operatives Vorgehen bei Depressions- u n d I m p r e s s i o n s f r a k t u r e n : Oberstes Ziel ist die W i e d e r h e r s t e l l u n g der K o n g r u e n z der G e l e n k f l ä c h e n : stufenlose Reposition, A n h e b e n des i m p r i m i e r t e n Knorpels, U n t e r f ü t t e r u n g des Spongiosadefektes im e h e m a l i g e n I m p r e s s i o n s b e z i r k d u r c h a u t o g e n e Spongiosa aus d e m B e c k e n k a m m , ü b u n g s s t a b i l e Osteosynthese d u r c h Spongiosaschrauben als Z u g s c h r a u b e n oder mit einer A b s t ü t z p l a t t e (T- oder L-Platte). N a c h R e k o n s t r u k t i o n in N a r k o s e Bandstabilität ü b e r p r ü f e n , notfalls B a n d n ä h t e . A n s c h l i e ß e n d f u n k t i o n e l l e N a c h b e h a n d l u n g . Belastung n a c h 1 0 - 1 2 W o c h e n wie n a c h konservativer B e h a n d l u n g .
Prognose: posttraumatische Arthrose. Evtl. Restinstabilität. Bei Achsenfehlsteilung —» Umstellungsosteotomie.
Prognose: P o s t t r a u m a t i s c h e Arthrose entweder als I n k o n g r u e n z a r t h r o s e oder d u r c h K n o r p e l s c h a d e n . U. U. Restinstabilität d u r c h mitverletzte Bänder. A c h s e n f e h l s t e l l u n g e n (Tragachse des Beines b e s t i m m e n ) erfordern eine U m stellungsosteotomie.
2. Unterschenkelschaftbrüche Bruch beider Unterschenkelknochen. Entstehung durch direkte Gewalt in Form von Quer-, Schräg-, oder Etagenbruch. Indirekte Gewalt bei feststehenden Unterschenkeln. Oft offener Bruch.
2.4.4.2 Unterschenkelschaftbrüche Definition: Bruch b e i d e r U n t e r s c h e n k e l k n o c h e n . e i n e m isolierten Tibia- oder F i b u l a b r u c h .
Sonst spricht m a n von
Häufigkeit: H ä u f i g e V e r l e t z u n g bei J u g e n d l i c h e n u n d bei aktiven Erwachsenen. Isolierte T i b i a f r a k t u r e n sind bei K i n d e r n die häufigste E x t r e m i t ä t e n v e r letzung. Ursachen: Direkte Gewalt d u r c h S t o ß s t a n g e n v e r l e t z u n g des Fußgängers, meist in F o r m eines Quer-, Schräg- oder E t a g e n b r u c h e s . I n d i r e k t e Gewalt
Regionale Symptomatik der Frakturen und Luxationen bei feststehendem Unterschenkel, ζ. B. Skisport, Fußballspiel, dann häufig als Spiralbruch. Formen: Alle in Abschnitt 1.2 genannten Formen. R u n d 25% der Brüche sind offen mit den sich besonders am Unterschenkel ergebenen Weichteilproblemen. Diagnose: Alle unsicheren und sicheren Knochenbruchzeichen. Röntgenbild in 2 Ebenen mit den benachbarten Gelenken. Die Fehlstellungen entstehen eher durch die Gewalteinwirkung und die Lagerung als durch Muskelzüge. Letztere bedingen jedoch die häufigsten Fehlstellungen, die Verkürzung, Valgusfehlstellung und häufig auch die Rekurvation. Therapie: Die von großer Verantwortung getragene Entscheidung über die einzuschlagende Behandlung wird auch von der praktischen Erfahrung des Arztes mitbestimmt. Bei keiner Fraktur liegen die Vor- und Nachteile der operativen Methode so nahe bei den Nach- und Vorteilen der konservativen, so daß die Entscheidung gut überlegt u n d mit dem Verletzten abgesprochen sein muß. So steht den unbestrittenen Vorteilen der Operation ein im Vergleich zu anderen Frakturen ungleich höheres Infektionsrisiko bis hin zur Osteitis gegenüber. Wegen der schlechten Weichteildeckung und der Knochendurchblutung ist die Infektionsrate bei der Tibiaosteosynthese sehr hoch. Die erste Frage des Chirurgen lautet: Operative oder konservative Behandlung? Sie lautet nicht: Welche Osteosynthese ist die geeignetste? Diese Entscheidung kann auch nie allein vom Röntgenbild her entschieden werden, die Weichteilverhältnisse spielen dabei eine entscheidende Rolle! Konservativ: - Nicht dislozierte Brüche: Ruhigstellung im gespaltenen Oberschenkelliegegips in 20° Beugung des Kniegelenkes und Rechtwinkelstellung des oberen Sprunggelenkes. Die Spaltung des Gipses hat „bis zur letzten Faser" zu erfolgen! Hochlagerung der Extremität zum besseren Abschwellen. Nach etwa 1 - 2 Wochen geschlossenen Oberschenkelliegegips oder -gehgips, je nach Stabilität des Bruches. - Schräg-, Spiral- und dislozierte Brüche: Abrutschgefährdete Brüche benötigen eine Extension, die über einen Calcaneusdraht oder Steinmann-Nagel zu erfolgen hat. Belastung mit 3 kg über 3 Wochen, Lagerung auf Braun-Schiene im gespaltenen Oberschenkelliegegips oder breiter Gipsschale. Röntgenkontrolle sofort nach Reposition, vor Ende der ersten Woche, dann wöchentlich bis zum Umgipsen nach der 3. Woche, dann alle 4 Wochen. Nach Ende der ersten Woche soll der Bruch „stehen". Wiederholte Repositionsmanöver begünstigen die verzögerte Heilung bis hin zur Pseudarthrose. Bei mäßiger Fehlstellung in einer Ebene kann die Korrektur durch Keilen des Gipses erfolgen: Bei Valgusfehlstellung wird der Gips auf der Außenseite semizirkulär durchsägt und mittels eines Holzkeiles bis zur korrekten Stellung aufgebogen (Bildwandlerkontrolle). Verschluß der Keilstelle durch Gipsbinden. • Korrekturbedürftig sind folgende Fehlstellungen: > als 5° bei Varus- und Drehfehlstellung, >10° bei Valgusfehlstellung. Der Sarmientogips als hochgezogener Unterschenkelgips erlaubt Teilbewegungen des Kniegelenkes, er stützt sich an den Konturen des Kniegelenkes ab und ist bei stabilen oder anbehandelten Brüchen eine geeignete Alternative. Operativ: - „Absolute" Indikationen: Polytrauma, offene Frakturen, Brüche des distalen Drittels, die bei konservativem Vorgehen zur schwer zu beeinflussenden Varusfehlstellung neigen, Frakturen mit Gelenkbeteiligung.
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Diagnose: - alle Knochenbruchzeichen. - Röntgenbild in 2 Ebenen, - Fehlstellungen. Therapie: Abwägung der Vor- und Nachteile einer konservativen oder operativen Therapie ist sehr schwierig. Bei Operation hohes Infektionsrisiko. Weichteilverhältnisse spielen entscheidende Rolle.
Konservative Therapie: nicht dislozierte Brüche: Ruhigstellung im gespaltenen Oberschenkelliegegips in 20° Beugung des Kneigelenkes. Rechtwinkelstellung des oberen Sprunggelenkes. Spaltung des Gipses „bis zur letzten Faser". Nach 1 - 2 Wochen geschlossener Oberschenkelliegegips. Bei Schräg-, Spiral-, und dislozierten Brüchen: bei abrutschgefährdeten Brüchen Extension über Kalkaneusdraht oder Steinmann-Nagel —» Belastung mit 3 kg über 3 Wochen. Lagerung auf Braun-Schiene im gespaltenen Oberschenkel liegegips. „Stehen" des Bruches nach der ersten Woche. Wiederholte Repositionsmanöver verzögern Heilung bis zur Pseudarthrose. Bei mäßigen Fehlstellungen: Korrektur durch Keilen des Gipses.
Folgende Fehlstellungen sind korrekturbedürftig:
arthrogene Einschränkungen - Sehnendurchtrennungen, - Muskellähmungen, - Sehnenverwachsungen, - Muskelkontrakturen. Bei Verletzungen an der Hand: Prüfung jeder einzelnen Sehne.
3.2 Untersuchungstechnik Die Untersuchung der Hand ergibt häufig schon allein Auskunft über das Ausmaß der Verletzung oder Erkrankung. Voraussetzung ist aber eine genaue Kenntnis der Anatomie. Inspektion, Palpation, Sensibilitäts- und Funktionsprüfung folgen einer exakten Anamnese. Eine Röntgendiagnostik in mindestens 2 aufeinander senkrechten Ebenen, bei der Hand in 3 Ebenen, ist unerläßlich. Unter Umständen sind Spezialaufnahmen notwendig oder, bei Bandverletzungen; gehaltene Aufnahmen.
3.2.1 Inspektion Fehlende Beschwielung weist auf mangelnden Gebrauch der Hand hin. Eine trockene Haut, eine fehlende Schweißabsonderung und eine Atrophie der Fingerkuppen deuten auf eine Nervenverletzung hin, die Atrophie der Handmuskeln auf eine motorische Nervenlähmung, livide Verfärbung mit kühlerer Hauttemperatur auf Durchblutungsstörungen und unphysiologische Stellungen der Finger entweder auf Sehnen- oder Gelenkverletzungen.
3.2.2 Palpation Hierbei sollen besonders Hauttemperatur, Turgor, kapillärer Reflux und Druckschmerzhaftigkeit beachtet werden. Knoten und Indurationen müssen genau lokalisiert und dem jeweiligen Gewebe zugeordnet werden.
3.2.3 Funktionsprüfung Jedes einzelne Gelenk eines oder mehrerer Finger, in deren Bereich eine Erkrankung oder Verletzung vermutet wird oder ersichtlich ist, m u ß einer isolierten aktiven und passiven Beweglichkeitsprüfung unterzogen werden. Arthrogene Einschränkungen zeigen gleiche aktive und passive Beweglichkeit, nicht beeinflußbar durch Stellungsveränderungen der Nachbargelenke. Freie passive Gelenkbeweglichkeit findet man bei Sehnendurchtrennungen und Muskellähmungen, wenn keine zusätzliche Vernarbung und Verklebung vorliegt. Isolierte Sehnenverwachsungen und Muskelkontrakturen zeigen Bewegungseinschränkungen, deren Ausmaß je nach Stellung der Nachbargelenke unterschiedlich ist. Bei Verletzungen an der Hand, des Handgelenkes oder des Unterarmes m u ß jede Sehne einzeln überprüft werden.
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Handchirurgie, Mikrochirurgie und Plastische Chirurgie 3.2.4 Sensibilitätsprüfung Das Berührungsempfinden der Hand ist entscheidend für die Gebrauchsfähigkeit. Der taktile Spitzgriff zwischen Daumen und Zeigefinger wird auch „das Auge der Hand" genannt. Die bisher üblichen neurologischen Untersuchungsmethoden auf Schmerz, Berührung und Temperatur sind für die Beurteilung völlig unzureichend. Der wichtigste Test ist die Prüfung des Zweipunkte-Unterscheidungsvermögens nach Weber. Dabei wird die kleinste Distanz zweier Punkte festgestellt, die noch als zweifache Berührung wahrgenommen wird. Hierfür kann der Zweipunkte-Diskriminator nach Englert oder Greulich verwendet werden, am einfachsten die stumpfen Enden einer zurechtgebogenen Büroklammer. Der zu prüfende Finger muß auf der Unterlage fixiert werden, um einen Gegendruck zu vermeiden. Das Instrument darf nur leicht aufgesetzt werden. Die Werte an der Hand sind unterschiedlich je nach Lokalisation und Verschwielung.
Sensibilitätsprüfung: wichtigster Test: Zweipunkte-Unterscheidungsvermögen nach Weber: Feststellung der kleinsten Distanz zweier Punkte, die noch als zweifache Berührung wahrgenommen wird —» Zweipunkte-Diskriminator nach Englert oder Greulich.
Normale Sensibilität liegt bei folgenden Werten vor: Kuppen von D a u m e n und Zeigefinger 3 - 6 mm, andere Langfingerkuppen 4 - 6 mm, Fingergrundglieder 5 - 7 mm, Hohlhand und -ballen 5 - 8 mm, Fingerstreckseite 6 - 9 m m und Handrücken 7 - 1 2 m m . Sind die Werte verbreitert, liegt eine Sensibilitätsstörung vor. Bei Distanzen von 2 0 - 2 5 m m ist noch eine Schutzsensibilität vorhanden. Weitere Tests sind die Ninhydrin-Probe und der Auflesetest. Die Elektromyographie und die Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit sind weitere Methoden, die aber nicht routinemäßig eingesetzt, sondern nur bei besonderen diagnostischen Problemfällen herangezogen werden.
Normalwerte: Kuppen von Daumen und Zeigefinger: 3 - 6 mm, andere Langfingerkuppen: 4 - 6 mm, Fingergrundglieder: 5 - 7 mm, Hohlhand und -ballen: 5 - 8 mm, Fingerstreckseite: 6 - 9 mm, Handrücken: 7 - 1 2 mm.
3.3 Operative Vorbedingungen
Operative Vorbedingungen in der Handchirurgie 1. Anästhesie: - Ausreichend lange Schmerzausschaltung. - Leitungsanästhesie an der oberen Extremität ist praktikabel (keine Narkose notwendig).
3.3.1 Anästhesie Eine ausreichend lange Schmerzausschaltung, die es möglich macht, ohne Zeitdruck zu operieren, ist eine Vorbedingung für ein erfolgreiches Operieren an der Hand. Die Leitungsanästhesie an der oberen Extremität ist ohne weiteres praktikabel und macht eine Narkose oft entbehrlich. Bei langdauernden operativen Wiederherstellungseingriffen stellt die supraklavikuläre oder subaxilläre Plexusanästhesie die beste Methode dar. Als Anästhetikum werden 25 ml einer 1- und 2%igen Mepivacain-Lösung genommen, die für eine Operationszeit von 3 - 4 h vollkommen ausreichen. Rechnet man mit einer längeren Operationszeit, so wird Bupivacain (20 ml 0,5%ige Lösung mit oder ohne C0 2 -Zusatz) als Langzeitanästhetikum genommen. Sind nur kleinere Eingriffe vorzunehmen, reichen Oberst- oder Leitungsanästhesie in Mittelhand-, Handgelenk- und Ellenbogengelenkbereich vollkommen aus. An Komplikationen sind zu nennen: Pneumothorax (nur beim supraklavikulären Plexus), Neuralgien im Schulter-Arm-Bereich, traumatische Nervenläsion mit motorischen oder sensiblen Ausfällen und eine Hämatombildung. Eine Plexusanästhesie sollte nicht doppelseitig angewendet werden, außerdem nicht bei Patienten mit Thorakoplastiken, Lungenresektionen, Pleuraschwielen und HWS-Syndrom.
3.3.2 Blutleere Die Anwendung der Blutleere in der Handchirurgie ist eine „conditio sine qua non". Nur durch sie können eine ausreichende Übersicht im Operationsfeld erzielt und die feinen Strukturen (Nerven, Gefäße, Sehnen) ohne deren Schädigung versorgt werden. Sie kann in der Regel 11/2 h belassen werden. Sind längere Operationszeiten notwendig, so wird die Blutleere nach 15-25minütiger Blutdurchströmung erneut angelegt. Blutleere an einzelnen Fingern kann durch Aufrollen eines sterilen OP-Handschuhfingers von distal nach proximal erzielt werden. Bei peripheren Nervenblockaden ist ebenfalls kurzfristig eine pneumatische Oberarmblutleere möglich, da die auf
Bei Verbreiterung der Werte: Sensibilitätsstörung.
Bei langdauernden Operationen: - supraklavikuläre oder subaxilläre Plexusanästhesie. Bei kleineren Eingriffen: - Oberst-Anästhesie oder - Leitungsanästhesie im Mittelhandgelenk und Ellenbogengelenkbereich.
Keine Anwendung der Plexusanästhesie doppelseitig.
2. Blutleere Achtung: Anwendung der Blutleere in der Handchirurgie ist conditio sine qua non! Belassung der Blutleere bis 1,5 h. Bei länger dauernden Operationen Wiederholung. Durchführung an den Fingern: Aufrollen eines sterilen OP-Handschuhfingers. Am Oberarm: - aufgepumpte Manschette.
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XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates 250 m m H g aufgepumpte Manschette für 2 0 - 3 0 M i n u t e n ohne Betäubung toleriert werden kann.
3. Atraumatische Operationstechnik und Instrumentarium: routinemäßige Operation mit Lupenbrille oder Mikroskop. Vermeidung der Infektionsgefahr und der postoperativen Fibrose.
4. Inzisionen durch geeignete Schnittführung Vermeidung von Narbenkontrakturen mit nachfolgender Funktionsbehinderung. Daher: - Inzision nicht senkrecht in einer Gelenkbeugefalte, - kein medianer Längsschnitt am Finger, - keine querverlaufende Schnitte im Bereich der Zwischenfingerfalten (Abb. 33-35).
3.3.3 Atraumatische Operationstechnik und Instrumentarium Ein gewebeschonendes Operieren wird von j e d e m chirurgisch tätigen Kollegen erwartet, u m s o m e h r aber in der Handchirurgie wegen der Feinheit u n d der leichten Verletzungsgefahr der vielen wichtigen Strukturen. Hierzu gehören auch ein besonders feines I n s t r u m e n t a r i u m und feinstes Nahtmaterial. U m die Strukturen besser erkennen zu können, wird routinemäßig mit einer Lupenbrille operiert, oft sogar unter d e m Mikroskop. Eine sorgfältige, penible Blutstillung u n d ein lockerer Hautverschluß helfen, die Infektionsgefahr und die postoperative Fibrose zu verringern.
3.3.4 Inzisionen Die Schnittführung im Bereich der H a n d ist besonders wichtig, da es durch N a r b e n s c h r u m p f u n g zu Narbenkontrakturen k o m m e n kann u n d somit zur Funktionsbehinderung. Deshalb darf eine Inzision nicht senkrecht in einer Gelenkbeugefalte angelegt werden, es sei denn, diese würde durch eine ZPlastik unterbrochen (s. 3.9 Plastische Chirurgie). A u c h der mediane Längsschnitt an einem Finger ist wegen seiner funktionsstörenden Narbenkontraktur nicht erlaubt. Hier m u ß der seitliche (Mediolateral)Schnitt dorsal vom Gefäßnervenbündel oder der Zickzack-Schnitt erfolgen. I m Bereich der Hohlhand werden meist bogenförmige oder auch zickzackförmige Schnitte unter Einbeziehung der Handlinien vorgenommen. Keine querverlaufenden Schnitte dürfen im Bereich der Zwischenfingerfalten angelegt werden, da diese ebenfalls zu Narbenkontrakturen führen. Liegen W u n d e n oder N a r b e n bereits vor, werden diese selbstverständlich mit in die Schnittführung einbezogen (Abb. 33-35).
Abb. 33-35 Schnittführung an Hand und Finger
5. Postoperative Ruhigstellung und Nachbehandlung Gipsruhigstellung in Funktionsstellung. Fingergelenke: Immobilisation in Beugestellung, Daumen: mittlere Opposition,
3.3.5 Postoperative Ruhigstellung und Nachbehandlung Fast jeder handchirurgischen Operation folgt eine Gipsruhigstellung in der sog, Funktionsstellung (Beugung im Grundgelenk von 6 0 - 7 0 ° , im Mittel- u n d Endgelenk von 10-20°). Dadurch wird eine schnellere u n d komplikationslose Heilung erreicht. Die Fingergelenke sollen dabei in einer Beugestellung immobilisiert werden, weil in dieser Position die Seitenbänder gespannt sind und nicht schrumpfen können. Der D a u m e n soll in einer mittleren Opposi-
Handchirurgie, Mikrochirurgie und Plastische Chirurgie
905
tion stehen, das Handgelenk in leichter Streckstellung. Zur Vermeidung einer Schwellung wird die operierte Hand hochgelagert oder -gehängt. Später müssen die Patienten den operierten Arm aktiv über den Kopf heben. Das Tragen des Armes in einem Tuch oder einer Schlinge ist absolut kontraindiziert. Nach Abnahme des Gipsverbandes kommt eine gezielte krankengymnastische und ergotherapeutische Behandlung zur Anwendung, die durch Paraffinkneten, klinischen Sport und Schwimmen unterstützt wird. Diese Nachbehandlung ist ebenso wichtig für den Erfolg eines handchirurgischen Eingriffes wie die Operation selbst.
Handgelenk: leichte Streckstellung. Hochlagerung der operierten Hand. Achtung: kein Tragen des Armes in Tuch oder Schlinge!
3.4 Erkrankungen der Hand
Erkrankungen der Hand
3.4.1 Dupuytren-Kontraktur
1. Dupuytren-Kontraktur Erste Veränderung im Kollagenfaserbündel —»Verschwinden der elastischen Fasern —> Zunahme der kollagenen Substanz —> Zellproliferation —» narbiges Gewebe mit Schrumpfungsneigung —»Beugekontraktur der Finger.
Ätiopathogenese: Die Ätiologie dieser nach einem französischen Chirurgen benannten Kollagenose der Palmaraponeurose ist immer noch ungeklärt. Gesichert ist lediglich eine hereditäre Komponente, während mechanische Faktoren häufig diskutiert, aber bisher nicht nachweisbar sind. Zusammenhänge mit Epilepsie, Alkoholismus, chronischem Lungenleiden, Diabetes mellitus, chronischem Leberleiden, Gicht, Rheuma, HWS-Veränderungen, Herzinfarkt, Angina pektoris und Schädigungen peripherer Nerven werden angenommen. Möglicherweise gibt es keine isolierte Ursache, sondern ein Zusammenwirken mehrerer dieser Komponenten. Die Dupuytren-Kontraktur ist hauptsächlich eine Erkrankung des vorangeschrittenen Alters, kommt aber auch schon bei Jugendlichen vor und reagiert hier sehr agressiv. Männer werden häufiger befallen als Frauen, das Verhältnis beträgt etwa 5:1. Die Erkrankung beschränkt sich auf Menschen nordeuropäischer Abstammung, bei Chinesen und Negern kommt sie nicht vor. Pathogenetisch finden sich die ersten Veränderungen in den kollagenen Faserbündeln; die elastischen Fasern verschwinden, und die kollagene Substanz nimmt zu. Die Reaktion hierauf ist eine Zellproliferation. Durch diese Umbauvorgänge kommt es zu einem narbigen Gewebe, welches durch seine Schrumpfungsneigung zur bekannten Beugekontraktur der Finger führt.
Nach Gipsabnahme: krankengymnastische Behandlung.
Diagnose: Anfangsstadium ist eine häufig nicht bemerkte knotige Verhärtung in der Hohlhand, meist zunächst einseitig. Die andere Hand wird aber oft mit großer Regelmäßigkeit ebenfalls später befallen. Die Plantaraponeurosen zeigen in 10 % der Fälle ebenfalls knotige Verhärtungen, während nur in 2 - 3 % mit einer gleichzeitigen Induratio penis plastica zu rechnen ist. Häufig finden sich Knöchelpolster, das sind knotenförmige schmerzlose Verdickungen an den Streckseiten der Mittelgelenke der Langfinger. Die Kontraktur breitet sich dann auch auf die Finger aus, wobei am häufigsten der Ringfinger (ca. 30 %) betroffen ist. Ihm folgen der Kleinfinger (ca. 28 %) und der Mittelfinger (25 %). Seltener beginnt die Erkrankung mit einem Knoten und Strang an einem Finger. Von der Hohlhand ziehen ein oder mehrere Stränge zu den Grundgliedern und ergeben eine Kontraktur in den Grundgelenken. Häufig reicht aber der Strang bis zur Basis der Mittelglieder, so daß gerade im Mittelgelenk eine stärkere Beugestellung besteht. Nicht selten reichen strangformige Ausläufer in die Streckaponeurose in Mittelgliedhöhe und ziehen dann das Endgelenk in eine Hyperextension. Der Verlauf der Erkrankung ist sehr unterschiedlich. Einerseits können viele Jahre oder Jahrzehnte die Hohlhandknoten unverändert bleiben, andererseits kann in sehr kurzer Zeit eine erhebliche Beugekontraktur der Finger entstehen. Aber auch spontane Remissionen sind bekannt.
Diagnose: - Anfänglich: knotige Verhärtung in der Hohlhand. - Ausbreitung der Kontraktur auf die Finger, am häufigsten Ringfinger. - Krankheitsbeginn seltener an einem Finger mit Knoten und Strang, der bis zur Basis der Mittelglieder reicht —» stärkere Beugestellung im Mittelgelenk —* oft auch: - Einbezug des Endgelenkes mit Hyperextension.
Therapie: Bei der Behandlung werden neben der operativen Therapie auch eine konservative empfohlen, wie Kortison-Injektionen, Vitamin E, Ultraschall und Strahlenbehandlung, die aber einer wissenschaftlichen Nachprüfung bisher nicht standhalten. Positive Erfolgsberichte beruhen auf der fal-
Therapie: Therapie der Wahl: Operation. Operationsindikation: ausgedehnter knotiger Befall, Beugekontraktur von 20-30°.
Meist progredienter Verlauf, selten spontane Remission.
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XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
Bei zu später Operation: Einsteifen der Gelenke.
sehen Interpretation spontaner Remissionen oder eines vorübergehenden Stillstandes. Therapie der Wahl bleibt die Operation. Zeitpunkt der Operation ist eine Beugekontraktur von mindestens 2 0 - 3 0 ° eines oder mehrerer Gelenke und somit eine Funktionsbehinderung. Aber auch ein ausgedehnter knotiger Befall der Hohlhand, der Schmerzen bereitet, und ein rasches Fortschreiten der Veränderungen besonders bei jüngeren Patienten stellen eine Operationsindikation dar. Eine zu frühe Operation birgt die Gefahr des schnellen Rezidivs und der Aggressivität der Erkrankung gerade bei sehr jungen Patienten, eine zu späte Operation ein Einsteifen der Gelenke.
Operationsmethoden.·
Unterscheidung der operativen Methode nach Ausmaß des Eingriffes: 1. Durchtrennung des Kontrakturstranges (Fasziotomie): Nur indiziert bei hohem Alter der Patienten und schlechtem Allgemeinzustand. Durch Wiedervereinigung der durchtrennten Stränge Ausbildung erneuter Kontrakturen. Gefahr der Nerven- und Gefäßverletzungen bei perkutanen Durchtrennungen. 2. Begrenzte Exzision (partielle Fasziektomie): Nur Entfernung der Knoten oder Stränge ohne benachbarte Anteile der Palmaraponeurose, die nicht befallen sind. Vorteil einer kurzen Behandlungsdauer, da nur umschriebener Eingriff. Erhebliche Rezidivgefahr bzw. Gefahr der Ausbreitung in das nicht exzidierte Gewebe. 3. Entfernung der Palmaraponeurose (totale Fasziektomie): Gesamte Palmaraponeurose wird entfernt samt aller zugehöriger Bindegewebsanteile und Ausläufern zu den Fingern unter Schonung der Nervengefäßbündel. Ausmaß und Nachbehandlung erheblich aufwendiger aber deutlich geringere Rezidivquoten auch bei Langzeitbeobachtungen.
Operationstechnik: 1. Y-Schnitt nach Millesi: Aufteilung der Hohlhandmitte in 3 Dreiecke. An den Fingern: Entfernung des Dupuytren-Gewebes durch Zickzack-Schnitte. Entfernung der gesamten Palmaraponeurose von der Hohlhand bis zu den Zwischenfingerfalten. Einlage einer Saugdrainage, Wundverschluß durch Druckverband und elastische Bandage. Ruhigstellung auf Unterarmgipsschiene. Übung der nicht ruhiggestellten Finger am ersten postoperativen Tag. 2. Anwendung der „open palm-Technik" bei Beugekontraktur der Grundgelenke: quer angelegte Inzision wird offengelassen. Gute Ergebnisse. 3. Bei isolierten Strängen: Längsschnitt in Kombination mit Z-Plastik.
Operationstechnik und Nachbehandlung: Zahlreiche Hautinzisionen sind angegeben, von denen die meisten nur noch historischen Wert haben. Der Y-Schnitt nach Millesi hat sich am besten bewährt, wobei die am schlechtesten durchblutete Haut der Hohlhandmitte in drei Dreiecke mit breiter Basis aufgeteilt wird. Die in die Haut ziehenden feinsten Gefäße sollten unbedingt geschont werden. An den Fingern selbst kann durch Zickzack-Schnitte das Dupuytren-Gewebe entfernt werden. Die gesamte Palmaraponeurose wird von der Hohlhand bis zu den Zwischenfingerfalten und von ulnar der Beugesehnen V bis über die Beugesehnen II entfernt. Nach sorgfältiger Blutstillung, Einlage einer Saugdrainage und Wundverschluß erfolgen ein Druckverband aus Mull und elastischer Bandage sowie Ruhigstellung auf einer dorsalen Unterarmgipsschiene, die bis zu den Mittelgelenken reicht und ca. 5 Tage belassen wird. A m 1. postoperativen Tag erfolgt der Verbandwechsel zum Ausschluß eines Hämatoms. Danach sofort aktive Übungen der nicht ruhiggestellten Finger. Nach Gipsabnahme und Entfernung der Fäden stärkere Übungsbehandlung, meist in lauwarmem Wasser Schwammausdrücken und Narbenauflockerung sowie passive Streckübungen der einzelnen Fingergelenke. Eine andere Methode ist die „open palm-Technik" nach McCash, in der die quer angelegte Inzision nicht zugenäht, sondern offengelassen wird. Eine Indikation hierfür liegt vor, wenn eine Beugekontraktur nur in den Grundgelenken vorliegt. Die nur scheinbar den chirurgischen Grundprinzipien widersprechende Technik ergibt erstaunlich gute Ergebnisse. Der Längsschnitt in Kombination mit Z-Plastiken hat seine Indikation bei isolierten Strängen zu einem oder mehreren Fingern. Durch die Z-Plastiken erreicht man eine Verlängerung der Haut und verhindert eine spätere Narbenkontraktur.
Handchirurgie, Mikrochirurgie und Plastische Chirurgie Erkrankungen der Fußsohle sollen nicht operiert werden, da die Narbenbildung sehr störend ist. Hier genügen oft entlastende Schuheinlagen. Komplikationen sind Hämatom, Schwellung und Gelenkversteifungen. Wundrandnekrosen und Dehiszenzen kommen relativ häufig vor, haben aber glücklicherweise keinen wesentlichen Einfluß auf das funktionelle Ergebnis, wenn auch die Behandlungsdauer dadurch deutlich verlängert wird. Iatrogene Komplikationen sind Nervendurchtrennung, Gangrän eines Fingers, wenn beide Gefäßnervenbündel durchtrennt werden, sowie eine Narbenkontraktur durch Längsschnitte ohne Z-Plastiken. Prognose: Rezidivgefahr besteht immer; je jünger der Patient, desto aggressiver und schneller entsteht das Rezidiv.
3.4.2. Ganglion Ätiopathogenese: Eine degenerative Veränderung des Bindegewebes wird angenommen. Häufigste Geschwulst im Handbereich. Diagnose: Rundlicher, prallelastischer Tumor in der Umgebung von Gelenken, Sehnenscheiden und innerhalb von Sehnen, ein- oder mehrkammerig, Inhalt gallertige Masse. Weisen oft wurzelähnliche Fortsätze auf, die eine offene Verbindung mit einem Gelenk haben. Häufigste Lokalisation ist streckseitig am Handgelenk (dorso-radial) über dem Kopfbein. Andere Stellen sind die radiale Beugeseite des Handgelenkes (radio-palmar) sowie die Mitte der Fingergrundglieder (Beugesehnenscheidenganglion). Therapie: Therapie der Wahl ist die Exstirpation in toto mit Unterbindung bzw. Umstechung des z u m Gelenk hinführenden Fortsatzes. Postoperative Ruhigstellung mit Gips bis zur Wundheilung ist notwendig. Prognose: Rezidivgefahr vorhanden durch mangelhafte Radikalität der Entfernung oder durch Neubildung wegen der Bindegewebsdegeneration.
3.4.3 Schnellender Finger Ätiopathogenese: Spindelförmige Auftreibungen der Sehnen, bedingt durch rheumatische Erkrankung oder Überlastung (mechanischer Reiz). Diagnose: Verdickungen der Beugesehne an Daumen- und Langfingergrundgelenken, die ein glattes Durchgleiten durch die Beugesehnenscheiden behindern. Typisches Phänomen des Schnellens. Therapie: Konservativ durch Kortison-Injektion. Gefahr der Sehnenruptur und häufiges Rezidiv. Therapie der Wahl ist die vollständige Spaltung des fibrösen Anteiles der Sehnenscheide (Ringband). Die Operation kann in Lokalanästhesie oder Handgelenkblockade durchgeführt werden, aber in einer kurzfristigen Oberarmblutleere. Sonst besteht die Gefahr der Verletzung von Gefäßnervenbündeln oder einer nicht vollständigen Ringbandspaltung. Keine Gipsruhigstellung notwendig.
3.4.4 Tendovaginitis stenosans De Quervain Ätiopathogenese: Betrifft das erste Strecksehnenfach (Abductor pollicis longus und Extensor pollicis brevis). Als Ursache wird ein chronisches Trauma angenommen, wodurch sich degenerative Veränderungen in der Sehnenscheide entwickeln. Diagnose: Typisch sind Schmerzen in Höhe des Processus styloideus radii, die sich bei ulnarer Abwinkelung des Handgelenkes verstärken (Finkelstein- Test). Therapie: Ruhigstellung durch Gips oder Kortison-Injektion. Gefahr der Sehnenruptur und häufiges Rezidiv. Therapie der Wahl ist die vollständige Spaltung des Sehnenfaches. Operation in Plexusanästhesie oder Narkose und Oberarmblutleere, sonst Gefahr der Läsion eines oberflächlichen Radialisastes (Neurome sehr schmerzhaft) oder unvollständige Spaltung. Ruhigstellung auf dorsaler Unterarmgipsschiene bis zur Wundheilung.
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Komplikationen: - Hämatom, - Schwellung und Gelenkversteifung, - Wundnekrosen, - Dehiszenzen, - iatrogene Komplikationen, wie Nervendurchtrennung, Gangrän eines Fingers, Narbenkontraktur (keine Z-Plastik). Prognose: Rezidivgefahr. 2. Ganglion Degenerative Veränderung des Bindegewebes. Häufigste Geschwulst im Handbereich. Diagnose: Prallelastischer Tumor in der Umgebung von: - Gelenk, - Sehnenscheiden. - innerhalb von Sehnen. Inhalt: gallertige Masse. Häufigste Lokalisation: - Handgelenk über Kopfbein, - radiale Beugeseite des Handgelenkes, - Mitte der Fingergrundglieder. Therapie der Wahl: - Exstirpation in toto. - Postoperative Ruhigstellung mit Gips. Prognose: Rezidivgefahr. 3. Schnellender Finger Spindelförmige Auftreibung der Sehnen durch rheumatische Erkrankung oder Überlastung. Diagnose: - Verdickung der Beugesehne am Daumenund Langfingergrundgelenk, - Phänomen des Schnellens. Therapie: Therapie der Wahl: vollständige Spaltung des fibrösen Anteils der Sehnenscheide. Keine Gipsruhigstellung.
4.Tendovaginitis stenosans De Quervain Degenerative Veränderungen der Sehnenscheide des ersten Strecksehnenfaches durch chronisches Trauma.
Diagnose: Schmerzen, besonders bei ulnarer Abwinkelung des Handgelenkes. Therapie der Wahl: - vollständige Spaltung des Sehnenfaches in Plexusanästhesie und Oberarmblutleere. - Ruhigstellung auf Unterarmgipsschiene.
908 5. Karpaltunnelsyndrom Häufigstes Nervenkompressionssyndrom. Ursachen: - chronische Fibrose mit Verdickung der Sehnenscheiden. - Frakturen oder Luxation des Handwurzelknochens. - Distale Speichenbrüche, - Hämatome nach Traumen, - Amyloidose, - Gicht, - Tumoren, - Muskelanomalien.
Diagnose: - Taubheitsgefühl, - Kribbelparästhesien, besonders am Mittelfinger, - brennende Schmerzattacken, besonders nachts und bei Tätigkeit. Später: - Schwäche der Hand, - Muskelatrophie, - Sensibilitätsausfälle. Bei Beklopfen des Handgelenkes: - Elektrisierender Druckschmerz. Diagnosesicherung durch - Parästhesieauslösung mit Phalen- und umgekehrtem Phalen-Test. - Messung der Nervenleitgeschwindigkeit, und Elektromyographie. Therapie: Therapie der Wahl: operative Dekompression: Freilegung und Spaltung des Retinaculum flexorum —»•äußere Neurolyse —» postoperative Gipsruhigstellung mit Unterarmschiene bis zur Wundheilung.
Prognose: fast immer beschwerdefrei. Oft bleibt Muskelatrophie zurück.
6. Aseptische Knochennekrose: Lunatummalazie Ursache: - einmaliges Trauma, - chronische Traumatisierung, - Längendifferenzen der Unterarmknochen,
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates 3.4.5 Karpaltunnelsyndrom Ätiopathogenese: Häufigstes Nervenkompressionssyndrom. Der N. medianus wird im knöchernen und ligamentären Karpalkanal durch Druck geschädigt. Häufig findet sich eine chronische Fibrose mit Verdickung der Sehnenscheiden, bedingt durch rheumatische Synovitis oder durch eine chronisch unspezifische Entzündung. Eine Einengung des Karpalkanals kann ebenfalls durch Frakturen oder Luxationen der Handwurzelknochen, durch distale Speichenbrüche oder Hämatome nach Traumen hervorgerufen werden. Bei Arbeitsunfällen m u ß dann das auf traumatischer Genese bedingte Karpalt u n n e l s y n d r o m als Unfallfolge anerkannt werden. Weitere Ursachen sind Erkrankungen, wie Amyloidose und Gicht, Tumoren und Muskelanomalien. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, bevorzugtes Alter zwischen 40 und 60 Jahren; häufig sind beide Hände betroffen, außer bei traumatischer Ursache. Diagnose: Zu Beginn finden sich ein Taubheitsgefühl und Kribbelparästhesien im Medianusausbreitungsgebiet, besonders am Mittelfinger, verbunden dann mit brennenden Schmerzattacken, die vor allem nachts auftreten oder bei Tätigkeiten, bei denen die Handgelenke vermehrt gebeugt werden. Später findet sich eine Schwäche der Hand, besonders des Spitzgriffes (Fallenlassen von Gegenständen). Im Spätstadium liegen eine Muskelatrophie (M. opponens und Abductor pollicis brevis) sowie Sensibilitätsausfälle vor. A m Handgelenk kann durch Beklopfen ein elektrisierender Druckschmerz ausgelöst werden. Die Diagnose wird klinisch gestellt durch den Phalen- und umgekehrten Phalen-Test (Handgelenksbeugung und -Streckung), dadurch werden starke Parästhesien ausgelöst. Außerdem durch Messung der Nervenleitgeschwindigkeit und durch Elektromyographie. Therapie: Therapie der Wahl ist die operative Dekompression. Bei leichten Fällen kann durch Ruhigstellung und durch eine einmalige Kortison-Injektion versucht werden, eine Besserung zu erzielen. In Blutleere wird von einem bogen· oder S-förmigen Schnitt das Retinaculum flexorum freigelegt und gespalten. Man findet häufig einen regelrecht eingeschnürten und abgeflachten N. medianus (Sanduhreinengung). Eine äußere Neurolyse (Spaltung des Epineuriums) sollte immer erfolgen. Vor einer inneren Neurolyse (Spaltung und Entfernung auch des Perineuriums) wird gewarnt. Dies kann auch zu vermehrter Fibrose führen und somit zu erneuter Kompression des Nervs. Unbedingt geschont werden muß der Ramus palmaris ni. mediani, sonst entstehen schmerzhafte Hypästhesien im Daumenballenbereich. Freigelegt und geschont werden muß natürlich auch der Ramus muscularis ni. mediani. Cave Verlaufsanomalien dieses Nervenastes! Eine postoperative Gipsruhigstellung mit dorsaler Unterarmschiene bis zur Wundheilung (12. postoperativer Tag), sonst besteht die Gefahr, daß die Beugesehnen aus dem Karpalkanal hervorluxieren. Prognose: Bei richtiger und vollständiger Spaltung sind die Patienten fast immer beschwerdefrei, zumindest deutlich gebessert. Die Muskelatrophie bleibt aber häufig bestehen. Weitere Kompressionssyndrome sind Interosseus anterior-Syndrom, Pronator teres-Syndrom, Ulnarisrinnensyndrom, auch kann im Handgelenkbereich (Guyon-Loge) der N. ulnaris durch Traumen oder Tumoren (Ganglien) komprimiert werden.
3.4.6 Aseptische Knochennekrose: Lunatummalazie Ätiopathogenese: Der Röntgenologe Kienböck beschrieb 1910 erstmals das Bild der Mondbeinnekrose. Im Laufe der Zeit sind bisher über 20 Entstehungsmöglichkeiten diskutiert worden, von denen 3 weiterhin im Mittelpunkt des Interesses, vor allem im Hinblick auf die Behandlung, stehen: ein-
Handchirurgie, Mikrochirurgie und Plastische Chirurgie maliges Trauma, chronische Traumatisierung und Formvarianten als Längendifferenzen der Unterarmknochen (Hutten). Letzten Endes steht eine Störung der arteriellen Gefäßversorgung des Mondbeines im Vordergrund. Diagnose: Die Erkrankung beginnt schleichend und wird oft erst zufällig erkannt, wenn der Patient wegen einer anderen Erkrankung oder eines Traumas, ζ. B. Distorsion des Handgelenkes, geröngt wird. Schmerzen treten meist erst ein, wenn sekundärarthrotische Veränderungen auftreten. Die Mondbeinnekrose wird aufgrund des röntgenologischen Befundes in verschiedene Stadien eingeteilt. Die Einteilung nach Decoulx hat sich in der letzten Zeit durchgesetzt und ist für die jeweilige Behandlung ausschlaggebend.
Decoulx I:
Verdichtung des Mondbeines, aber noch keine Verformung, keine Arthrose. Decoulx II: Zusätzlich Kortikaliseinbrüche am Mondbein, Beginn des scholligen Zerfalls, keine wesentliche Verformung. Decoulx III: Scholliger Zerfall mit Abflachung und Zusammensinterung des Mondbeines, Beginn der Arthrose. Decoulx IV: Deutliche Arthrose, zusammengesintertes und völlig schollig zerfallenes Mondbein.
909 Störung der arteriellen Versorgung des Mondbeines. Diagnose: - Schleichender Beginn, - Schmerzen bei sekundärarthrotischen Veränderungen. - Röntgen in 4 Ebenen (Kahnbeinserie).
Einteilung der Mondbeinnekrose in verschiedene Stadien:
Therapie: Seit Bekanntwerden der Mondbeinnekrose sind zahlreiche Behandlungsvorschläge gemacht worden. Die Vielzahl dieser angegebenen Methoden läßt erkennen, welche Schwierigkeiten in der erfolgversprechenden Behandlung liegen. Je nach röntgenologischen Veränderungen, aber auch nach Kriterien, wie Beruf, Alter des Patienten und Dauer der Beschwerden, haben sich bei uns folgende operative Maßnahmen bewährt.
Decoulx I:
Ospisiforme-Transfer am Gefäßstiel; Niveau-Operation bei Formvarianten a) Radiusverkürzungsosteotomie, b) Ellenverlängerungsosteotomie. Decoulx II: Oslunatum-Prothese; Interpositionsarthroplastik mit Palmaris longus oder der Hälfte der Flexor carpi radialisSehne, gleichzeitig Abmeißelung des Processus styloideus ulnae. Decoulx III: Sehneninterpositionsarthroplastik mit gleichzeitiger Denervation nach Wilhelm (Durchtrennung der zum Handgelenk hinziehenden schmerzleitenden Nervenfasern). Decoulx IV: Denervation nach Wilhelm; Arthrodese des Handgelenkes.
Therapie:
3.5 Verletzungen der Hand
Verletzungen der Hand
3.5.1 Sehnen
1. Sehnen nur selten vollständige Funktionswiederherstellung der Sehnen möglich.
Die Wiederherstellung der Sehnen, besonders der Beugesehnen, gehört heute immer noch zu den Problemen in der Handchirurgie. Nur in seltenen Fällen ist eine vollständige Funktionswiederherstellung zu erwarten. Art der Verletzung, die Exaktheit der Versorgung und eine konsequente aktive Mitarbeit des Patienten in der Nachbehandlungszeit bestimmen das Resultat der wieder zu erreichenden Funktion.
3.5.1.1 Beugesehnen Ätiopathogenese: An nicht gelenknahen Extremitätenabschnitten sind die Beugesehnen von lockerem kollagenen Verschiebegewebe, dem Paratenon, umgeben. An gelenknahen Abschnitten, wo außer der Reibung auch Druck-
Beugesehnen
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Diagnose: - komplette Durchtrennung beider Sehnen: Fehlende Beugung des Mittel- und Endgelenkes. - Durchtrennung der oberflächlichen Beugesehnen III bis V. - Beugung des Endgelenkes bei gleichzeitiger Fixierung der anderen Finger in Streckstellung. Durchtrennung der Profundussehne: Fehlende Endgliedbeugung bei in Streckstellung fixiertem Mittelgelenk. Durchtrennung der Superfizialissehne des Zeigefingers: - Fester Spitzgriff mit dem Daumen bei gestrecktem Endglied nicht möglich. - Abgrenzung zum motorischen Funktionsausfall durch passive Bewegungsprüfung.
Diagnostik teildurchtrennter Sehnen ist schwieriger, da Funktion erhalten. Folge: genaue Exploration jeder Wunde.
Operative Behandlung: Primäre/sekundäre Sehnennaht a) Primäre Versorgung: Eingriff bei noch offener oder nicht verheilter Wunde, b) Sekundäre Versorgung: Eingriff nach Heilung der Wunde. Versorgung aller Sehnenverletzungen: möglichst primär. Die Erweiterungsinzision der Verletzungswunden hängt von der Lage der Sehnenstümpfe (Position der Finger bei Verletzung) ab. Verbesserung der Gleitfähigkeit der Sehnen durch sorgfältigen Verschluß der Sehnenscheide.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates kräfte auf die Sehnen einwirken, liegen die Sehnenscheiden. Sie bestehen aus 4 Ringbändern ( A l bis A4) und 3 Kreuzfasersystemen ( C 1 - C 3 ) an den Langfingern. Die wichtigsten sind das A 2 - R i n g b a n d über der G r u n d p h a l a n x und das A 4 - R i n g b a n d über der Mittelphalanx. Die Blutversorgung der Sehnen in diesem Kanal geschieht über die Umschlagsfalte am Eingang der Beugesehnenscheide, über die Insertion der Sehne am K n o c h e n und über die Vincula t e n d i n e u m . Den anatomischen Verschiedenheiten im Verlauf der Beugesehnen zufolge haben verschiedene Autoren eine Zoneneinteilung vorg e n o m m e n . Die Zone 2, die von der distalen queren Hohlhandfalte bis zu den Beugefalten der Mittelgelenke reicht, benannte Bunnell „Niemandsland", weil früher besonders hier sehr schlechte Ergebnisse primärer Beugesehnennähte erzielt wurden. Erfahrene Handchirurgen zeigten jedoch auf, daß auch in dieser Problemzone gute Resultate bei Primärnähten zu erwarten sind, woraufhin Verdan sie in „Nicht-Jedermannszone" umbetitelte. Diagonose: Eine komplette Sehnendurchtrennung beider Beuger ist leicht aus der fehlenden Beugung des End- und Mittelgelenkes zu erkennen. Das Grundgelenk kann jedoch durch die M m . interossei und lumbricales gebeugt werden! Die Aktion der tiefen Beugesehne der Langfinger wird durch aktive Beugung des Endgelenkes bei gestreckten Fingern mit fixiertem Mittelglied überprüft. Eine isolierte Durchtrennung der oberflächlichen Beugesehnen III bis V wird ersichtlich durch Beugung des Endgliedes (!) bei gleichzeitiger Fixierung der anderen Finger in Streckstellung. Die erhaltene tiefe Beugesehne beugt jetzt sowohl das Mittel- als auch das Endgelenk. Sind beide Sehnen intakt, kann infolge D e h n u n g der tiefen Beuger durch die Streckstellung der anderen Langfinger der tiefe Beuger das Endgelenk nicht mehr beugen. N u r die oberflächliche Beugesehne bewirkt eine Beugung im Mittelgelenk. Bei durchtrennter Superfizialissehne des Zeigefingers ist ein fester Spitzgriff mit dem D a u m e n bei gestrecktem Endglied nicht möglich. Die Abgrenzung gegenüber motorischen Funktionsausfällen kann die passive Bewegungsprüfung erbringen. Durch Druck auf die einzelnen Muskelbäuche am Unterarm werden bei intakten Sehnen die Gelenke passiv bewegt. Die Diagnostik teildurchtrennter Sehnen ist jedoch schwieriger, da die Funktion erhalten ist. Eine Schmerzangabe bei Funktionsprüfung gegen Widerstand kann hier einen Anhalt geben. Aus diesem G r u n d e ist es unabdingbar, daß jede W u n d e genauestens exploriert wird.
3.5.1.1.1 Primäre - sekundäre Sehnennaht Alle Sehnenverletzungen werden, wenn irgend möglich, primär versorgt. Bei Defektdurchtrennungen, weitreichenden Quetschungen und Zerreißungen der Sehne selbst oder ihrer Umgebung erfolgen nach W u n d s ä u b e r u n g eine H a u t n a h t sowie eine verzögerte Primärversorgung der Sehne nach Wundheilung. Unter primärer Versorgung versteht m a n einen Eingriff, der bei noch offener oder nicht verheilter Wunde, unter sekundärer Versorgung einen solchen, der nach Heilung der W u n d e vorgenommen wird. Die sachgemäßen Erweiterungsinzisionen der Verletzungswunden hängen von der Lage der Sehnenstümpfe ab. Bei D u r c h t r e n n u n g der Sehnen in gebeugter Fingerposition liegen die distalen Sehnenstümpfe weit von der Verletzungsstelle. Erfolgte die S e h n e n d u r c h t r e n n u n g in Streckstellung der Finger, liegen die distalen Sehnenstümpfe in der W u n d e . Zur Darstellung der Sehnenende dürfen die A 2 - und A 4 - R i n g b ä n d e r nicht durchtrennt werden. Falls diese mitverletzt sind, müssen hier Ringbandplastiken vorgenommen werden. Zur Verbesserung der Gleitfähigkeit der wiederhergestellten Sehnen soll die Sehnenscheide wieder sorgfältig verschlossen werden. Beide Beugesehnen eines Fingers müssen wieder genäht werden, eine Resektion der Su-
Handchirurgie, Mikrochirurgie und Plastische Chirurgie perfizialissehne verbietet sich, da sonst die Blutversorgung über die Vinculae zerstört wird. Von den vielen bisher angegebenen Nahtmethoden haben sich nur wenige über Jahrzehnte gehalten, so die Schnürsenkelnaht nach Bunnell und die jetzt fast nur noch angewendete modifizierte /Circftmayr-Naht (Abb. 33-36). Diese besteht aus einer Kemnaht in der Stärke metric 1,5 (4 χ 0) und einer fortlaufenden adaptierenden Naht metric 0,7 (6 x 0). Die transossäre Ausziehnaht am Endglied wird durchgeführt, wenn der distale Sehnenstumpf zu kurz für eine Sehnennaht ist (tiefe Beugesehnen, lange Daumenbeugesehne, Sehnentransplantat). Dabei wird der distale Sehnenstumpf in der Schnürsenkeltechnik angeschlungen, durch einen schräg gebohrten Knochenkanal am Endglied hindurchgezogen und auf den Nagel über einem Knopf fixiert. Nach 5 Wochen wird die Naht entfernt. Bei Kindern und Jugendlichen verbietet sich die transossäre Ausziehnaht, u m Epiphysenzerstörungen zu vermeiden. Hier erfolgt die Naht an das Periost und an den kleinen distalen Sehnenstumpf. Die Sehne des Flexor pollicis longus kann am Handgelenk Z-förmig verlängert werden, um noch eine Sehnennaht sekundär durchführen zu können. Eine Z-formige Verlängerung an den Profundussehnen der Langfinger ist nicht möglich, da sie durch den Lumbrikalisursprung nicht nach distal verschoben werden können. Bei teildurchtrennten Sehnen ist die Naht indiziert ab Durchtrennung eines Drittels und darunter, sonst nur bei klaffender Sehnenwunde und schrägem Anschnitt.
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Nahtmethoden: - Schnürsenkelnaht nach Bunnell, - modifizierte Kirchmayr-Naht (s. Abb. 33-36) bestehend aus: Kernnaht und fortlaufender adaptierender Naht. - Transossäre Ausziehnaht am Endglied, wenn distaler Sehnenstumpf zu kurz für eine Sehnennaht ist —> distaler Sehnenstumpf in Schnürsenkeltechnik anschlingen, Durchziehen durch einen schräg angebohrten Knochenkanal am Endglied —* Fixierung auf Fingernagel über einem Knopf. Bei Kindern und Jugendlichen: Naht erfolgt an das Periost und den kleinen distalen Sehnenstumpf. Bei teildurchtrennten Sehnen: Naht ab Durchtrennung eines Drittels.
Ab.33-36 Modifizierte Sehnennaht nach Kirchmayr
3.5.1.1.2 Sehnentransplantation Atiopathogenese: Ist das Zeitintervall nach einer Sehnenverletzung zu lang, muß eine Sehnentransplantation vorgenommen werden. Liegt keine wesentliche Vernarbung vor und sind die Gelenke passiv frei beweglich, so kann eine einzeitige sofortige Sehnentransplantation vorgenommen werden. Als Transplantatspender eignen sich folgende Sehnen: vom M. plantaris, M. palmaris longus, M. extensor indicis, M. extensor digiti minimi, Μ. extensor digitorum longus der Zehen I I - V , ohne wesentlichen Funktionsverlust zu hinterlassen. Wir wählen in der Regel lange Transplantate, die vom Endglied bis zum Handgelenk reichen, damit Verwachsungen im Nahtstellenbereich außerhalb der Beugesehnenscheiden und des Karpaltunnels zu liegen kommen.
Sehnentransplantation: Anwendung, wenn Zeitintervall nach Sehnenverletzung zu lang ist. Transplantatspender: - M. plantaris, - M. palmaris longus, - M. extensor indicis etc. Wahl langer Transplantate vom Endglied bis zum Handgelenk, um günstige Verwachsungslage zu erreichen.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
912 Therapie: Fixierung am Endglied durch Ausziehnaht, proximale Nahtstelle am Handgelenk in Durchflechtungstechnik. Bei starken Verwachsungen: Schaffung eines Gleitlagers für die Sehne mit Hilfe eines Silastikstabes. Nachbehandlung der Nähte und Transplantate mit dynamischer Schiene für 3 Wochen. Gummizügel an den Fingern für passive Beugung, danach aktive krankengymnastische Übungen.
Therapie: Die Fixation am Endglied erfolgt durch eine Ausziehnaht. Die proximale Nahtstelle am Handgelenk wird in der Durchflechtungstechnik nach Pulvertaft durchgeführt. Bei starken Verwachsungen m u ß zunächst ein Gleitlager für die Sehne geschaffen werden. Dies gelingt mit einem Silastikstab, u m den sich eine Pseudo-Sehnenscheide bildet. Danach kann eine zweizeitige Sehnentransplantation, frühestens aber erst nach 6 Wochen, vorgenommen werden. Die Nachbehandlung der Nähte und auch der Transplantate erfolgt mit einer dynamischen Schiene (Kleinen). Das Handgelenk und die Grundgelenke stehen in einer Beugestellung, während Mittel- und Endgelenke gestreckt werden können. An den betroffenen Fingern sind Gummizügel angebracht, die eine passive Beugung der Finger vornehmen. Der Patient muß die Finger mehrere Male am Tage aktiv strecken, während die Beugung der Finger passiv von den Gummizügeln vorgenommen wird (Abb. 33-37). Die dynamische Schiene bleibt 3 Wochen, die Gummizügel weitere 2 Wochen, wobei sie dann an einer elastischen Bandage am Handgelenk fixiert werden. Danach kommt eine aktive krankengymnastische Übungsbehandlung, erweitert durch Paraffinkneten, Ergotherapie und Schwimmen zur Anwendung. Falls eine unvollständige Streckung, besonders in den Mittelgelenken, vorliegt, kommt noch eine Quengelschienenbehandlung hinzu. Bei Kindern bis zu 10 Jahren wird die bisher konventionelle dreiwöchige Ruhigstellung im Faustgips angewendet. Dabei muß dann 2 - 3 m a l in der Woche ein passives Durchbewegen aller Gelenke einzeln unter Entlastung der Nachbargelenke vorgenommen werden, u m narbige Verwachsungen zu vermeiden.
Abb. 33-37 Dynamische Schienen nach Kleinert Prognose: bei narbigen Verwachsungen liegt häufig arthrogene Bewegungseinschränkung vor —»Arthrolyse notwendig.
Prognose: Narbige Verwachsungen der Sehnen können durch eine Sehnenlösung (Tenolyse) gelöst werden, frühestens nach 6 Monaten. Häufig liegt aber dann auch eine arthrogene Bewegungseinschränkung vor, so daß zusätzlich auch eine Gelenklösung (Arthrolyse) notwendig ist. Die Nachbehandlung muß in den ersten drei Wochen danach sehr gezielt und vorsichtig erfolgen, weil in dieser Zeit die Rupturgefahr der gelösten Sehne besonders groß ist.
Strecksehnen: Endgelenk: Durchtrennung zeigt typisches Bild des Hammerfingers.
3.5.1.2 Strecksehnen Ätiopathogenese: Die Streckaponeurose eines Langfingers besteht aus einer Vielfalt von Sehnenzügeln und Ligamenten, wobei die wesentlichen Komponenten der Mittelzügel (extrinsisches System) und die Seitenzügel (intrinsi-
913
Handchirurgie, Mikrochirurgie und Plastische Chirurgie sches System) darstellen. Das extrinsische System besteht aus den langen, vom Unterarm kommenden Streckern, das intrinsische aus den kurzen Handmuskeln (Mm. interossei und lumbricales). A m Handgelenk verlaufen die Strecksehnen in vom Retinaculum extensorum gebildeten osteofibrotischen Sehnenfächern.
Behandlung: offene Verletzung und knöcherne Ausrisse operativ mit K-Drahtfixation des Gelenkes in Streckstellung für 6 Wochen. Subkutane Abrisse mit Stack-Schiene.
3.5.1.2.1 Endgelenk Eine Durchtrennung oder ein subkutaner Abriß in Endgelenkhöhe zeigt das typische Bild eines Hammerfingers (Mallet-Finger). Offene Verletzungen und knöcherne Ausrisse werden operativ behandelt mit einer K-Drahtfixation des Gelenkes in Streckstellung für 6 Wochen. Subkutane Abrisse mit einer Stack-Schiene auch für 6 Wochen, danach für weitere 4 Wochen temporär nur noch nachts. Hautpflege und Vermeidung passiver Beugung sind ausschlaggebend für den Erfolg.
3.5.1.2.2 Mittelglied Im proximalen Mittelgliedschaftbereich befindet sich das Lig. triangulare, das keine Streckfunktion besitzt. Verletzungen hier führen daher zu keinem Funktionsausfall.
3.5.1.2.3 Mittelgelenk Mittelzügel und Seitenzügel sind hier eng miteinander verbunden. Sind beide durchtrennt, fehlt die aktive Streckung im Mittelgelenk. Die Naht bzw. Refixation des Mittelzügels und der Seitenzügel sind unerläßlich. Das Mittelgelenk wird in 15-20° Beugestellung mit einem K-Draht für 5 - 6 Wochen fixiert. Knöcherne Ausrißverletzungen werden reponiert und ebenfalls fixiert (Drahtnaht, K-Draht). Das Endgelenk m u ß frühzeitig aktiv bewegt werden, u m Verwachsungen zu vermeiden. Bei nichtversorgter isolierter Mittelzügeldurchtrennung entsteht das typische Bild einer Knopflochdeformität, wobei die Seitenzügel über die quere Gelenkachse nach palmar gleiten und das Endgelenk in eine Hyperextension bringen, während das Mittelgelenk in Beugung steht.
3.5.1.2.4 Grundglied Durchtrennungen der Streckaponeurose werden mit Matratzennähten versorgt und mit einer palmaren Gipsschiene für 4 Wochen ruhiggestellt. Selten liegt jedoch eine vollständige Durchtrennung vor.
3.5.1.2.5 Grundgelenk Selten ebenfalls vollständige Durchtrennung der breiten Dorsalaponeurose. Wiederherstellung durch Matratzennähte und Ruhigstellung auf palmarer Gipsschiene in 30-40° Handgelenkstreckung sowie 2 0 - 3 0 ° Grundgelenkbeugung für 4 Wochen.
3.5.1.2.6 Handrücken Die Sehnen sind durch die Connexus intertendinei miteinander verbunden. Liegt die Verletzung proximal davon, besteht kein wesentlicher Funktionsausfall. Der Zeigefinger und der Kleinfinger haben je 2 Strecksehnen. Nähte erfolgen mit der Schnürsenkeltechnik oder bei Spannung mit der entlastenden Lengemann-Naht. Ruhigstellung für 3 Wochen in unter 3.5.1.2.5. angegebener Weise.
3.5.1.2.7 Handgelenk und Unterarm Isolierte Durchtrennung einzelner Strecksehnen hinterlassen keinen Funktionsausfall wegen der Connexus intertendinei. Bei Durchtrennung aller extrinsischen Langfingerstrecksehnen geht die Hand bei Streckung in die Intrinsic-plus-Stellung über: Grundgelenke gebeugt, Mittel- und Endgelenke
Mittelglied: kein Funktionsausfall bei Verletzungen.
Mittelgelenk: bei Durchtrennung von Mittelzügel und Seitenzügel —» Fehlen der aktiven Streckung im Mittelgelenk. Therapie Naht. Knöcherne Ausrißverletzung: Reposition und Fixierung. Bei nicht versorgter Mittelzügeldurchtrennung: typisches Bild der Knopflochdeformität.
Grundglied: Durchtrennung der Streckaponeurose mit Matratzennähten und Gipsschiene für 4 Wochen. Grundgelenk: bei Durchtrennung Wiederherstellung durch Matratzennähte und Ruhigstellung für 4 Wochen.
Handrücken: bei Durchtrennung Nähte in Schnürsenkeltechnik. Ruhigstellung für 3 Wochen.
Handgelenk und Unterarm: bei isolierter Durchtrennung einzelner Strecksehnen kein Funktionsausfall wegen Connexus intertendinei. Bei Durchtrennung aller Langfingerstrecksehnen: Grundgelenke gebeugt,
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XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
Mittel- und Endgelenke gestreckt. Behandlung mit modifizierter K/rcftmayr-Nahttechnik. Ruhigstellung für 3 Wochen.
gestreckt. Versorgung mit der modifizierten Kircftmayr-Nahttechnik und Ruhigstellung für 3 Wochen wie bei 3.5.1.2.5, wobei die Mittel- und Endgelenke freibleiben.
Daumen: nach Durchtrennung der Daumenstrecksehnen Wiederherstellung wie oben. Komplikation der Radiusbasisfraktur: eine nach Monaten auftretende Ruptur der Sehne des Extensor pollicis longus. Wiederherstellung durch Umlagerung der Sehne des Extensor indicis proprius.
3.5.1.2.8 Daumen
Sehnendefekte: Wiederherstellung durch Brücken- oder lange Transplantate. Gipsfixation. Nachbehandlung.
2. Verletzungen der Knochen und Gelenke der Hand Frakturen der Finger und Mittelhandknochen: absolute Operationsindikation für: - Brüche mit Gelenkbeteiligung, - nicht ausreichend zu fixierende Frakturen. Durchführung: nach Richtlinien der AO mit Übungsstabilität zur frühzeitigen Mobilisierung (Vermeidung von Sehnenverwachsungen), besondere Bedeutung: Brüche der Basis des 1. Mittelhandknochens (Bennett-Fraktur, Rolando-Fraktur). Deren Behandlung: Reposition und Fixierung ohne Stufenbildung. Konservativ: Eingipsen in Funktionsstellung.
Die Wiederherstellung der beiden Daumenstrecksehnen erfolgt je nach anatomischem Ort wie oben angegeben. Eine typische, aber oft nicht erkannte Spätfolge nach distalen Radiusbrüchen ist die nach Monaten auftretende Ruptur der Sehne des Extensor pollicis longus in Höhe des Tuberculum Listen am Handgelenk. Sie muß als mittelbare Folge der Radiusfraktur angesehen werden und wird durch Umlagerung der Sehne des Extensor indicis proprius wiederhergestellt, da infolge degenerativer Veränderungen eine Naht nicht mehr möglich ist.
3.5.1.2.9 Sehnendefekte Werden durch Brücken- oder lange Transplantate wiederhergestellt. Nach ausreichender Gipsfixation bzw. temporärer K-Drahtfixation schließt sich eine intensive krankengymnastische Nachbehandlung an.
3.5.2 Verletzungen der Knochen und Gelenke 3.5.2.1 Frakturen der Finger und Mittelhandknochen Brüche mit Gelenkbeteiligung und nicht ausreichend zu fixierende Frakturen stellen eine absolute Operationsindikation dar, die nach den allgemeinen Richtlinien der AO ausgeführt werden. Für die Phalangen stellen K-Drähte, intraossäre Drahtnähte und Minischrauben (Abb. 33-38), für die Mittelhandknochen auch Platten die Methode der Wahl dar. Kleine gelenknahe Fragmente können auch mit dem Fibrinkleber fixiert werden. Anzustreben ist eine übungsstabile Osteosynthese zur frühzeitigen Mobilisierung, um Sehnenverwachsungen zu vermeiden. Brüchen der Basis des I. Mittelhandknochens kommt besondere Bedeutung zu. Die Bennett-Fraktur (ulnares Fragment) und die Rolando-Fraktur (ulnares und radiales Fragment) müssen ohne Stufenbildung reponiert und fixiert werden (K-Draht, Schraube), u m einer Arthrose vorzubeugen. Bei konservativer Knochenbruchbehandlung müssen die betroffenen Finger in Funktionsstellung eingegipst werden. Nur so läßt sich ein Drehfehler vermeiden. Unverletzte Finger bleiben frei. Bei übungsstabilen Osteosynthesen setzt die Nachbehandlung ein, sobald es die Wundverhältnisse erlauben, bei konservativ behandelten Frakturen erst dann, wenn keine Gefahr der Verschiebung mehr besteht (4.-6. Woche). Bei Korrekturoperationen werden die Fehlstellungen grundsätzlich dort behoben, wo sie entstanden sind. Bei mäßigen Drehfehlstellungen am Grundglied erfolgt die Korrektur am Mittelhandknochen (technisch einfacher, Vermeidung von Sehnenverwachsungen).
Abb. 33-38 Osteosyntheseverfahren. a) intraossäre Drahtnaht- und K-Draht, b) Minischrauben, c) gekreuzte K-Drähte
H a n d c h i r u r g i e , M i k r o c h i r u r g i e und Plastische C h i r u r g i e 3.5.2.2 Frakturen der H a n d w u r z e l k n o c h e n Brüche der H a n d w u r z e l k n o c h e n werden im a l l g e m e i n e n konservativ b e h a n delt. N u r verschobene Brüche des K a h n b e i n e s u n d des T r a p e z i u m s b e d ü r f e n e i n e r operativen B e h a n d l u n g , u m s e k u n d ä r arthrotischen V e r ä n d e r u n g e n a m H a n d g e l e n k u n d a m D a u m e n s a t t e l g e l e n k vorzubeugen. Verschobene Kahnbeinbrüche werden mit der Streli- oder n e u e r d i n g s m i t der Herbert-Schraube fixiert, die des T r a p e z i u m s m e i s t e n s m i t K - D r ä h t e n . D a u e r der Ruhigstellung ca. 3 - 4 W o c h e n mit A u s n a h m e des K a h n b e i n b r u c h s , welcher 8 - 1 2 W o c h e n zur k n ö c h e r n e n K o n s o l i d i e r u n g benötigt. Bildet sich b e i m K a h n b e i n b r u c h eine Pseudarthrose aus, so wird diese d u r c h Spongiosaeinlagerung n a c h Matti-Russe b e h o b e n .
915 Frakturen der Handwurzelknochen: Behandlung im allgemeinen konservativ. Operative Behandlung bei verschobenen Brüchen. Methode: Fixierung mit Herbert-Schraube (Kahnbein) oder K-Drähten. Ruhigstellung für 3-4 Wochen. Kahnbeinpseudarthrose: Spongiosaeinlagerung nach Matti-Russe.
Liegen schon stärkere arthrotische V e r ä n d e r u n g e n u n d eine s c h m e r z h a f t e B e w e g u n g s e i n s c h r ä n k u n g vor, k a n n eine Denervation n a c h Wilhelm eine Beschwerdefreiheit oder - l i n d e r u n g bei E r h a l t e n der H a n d g e l e n k f u n k t i o n erbringen. A n s o n s t e n bleibt e i n e m n u r n o c h die H a n d g e l e n k v e r s t e i f u n g . 3.5.2.3 G e l e n k v e r l e t z u n g e n Frische Zerreißungen der Kollateralbänder sowie der p a l m a r e n Platte von Fingergelenken b e d ü r f e n der operativen R e k o n s t r u k t i o n . Dies gilt i n s b e s o n d e r e f ü r die u l n a r e n S e i t e n b ä n d e r der D a u m e n - u n d die radialen S e i t e n b ä n d e r der Zeigefingergelenke, da diese b e i m Spitz- u n d Schlüsselgriff b e s o n d e r s belastet werden. Knöcherne Abrisse m ü s s e n exakt reponiert, die G e l e n k e f ü r ca. 5 W o c h e n mit e i n e m K - D r a h t fixiert werden. S e i t e n b a n d s t a b i l e L u x a t i o n e n der Fingergelenke b e n ö t i g e n n a c h der Reposition n u r eine kurzfristige Gipsruhigstellung. N i c h t selten werden V e r r e n k u n gen von H a n d w u r z e l k n o c h e n ü b e r s e h e n . L u x a t i o n e n von K a h n b e i n u n d M o n d b e i n sind auf exakt seitlichen R ö n t g e n a u f n a h m e n u n d d u r c h d e n s k a p h o l u n ä r e n W i n k e l ( n o r m a l 46°) zu e r k e n n e n . Der Spalt zwischen K a h n - u n d M o n d b e i n ist d a n n verbreitert (skapholunäre Dissoziation). Die zerrissenen Bänder k ö n n e n primär g e n ä h t werden, später n i c h t m e h r , da sie s c h r u m p f e n . D a n n ist n u r n o c h eine Bandplastik möglich. E i n e K - D r a h t f i x a t i o n u n d eine Gipsruhigstellung f ü r 6 W o c h e n sind u n b e dingt erforderlich. E i n e S o n d e r f o r m stellt die perilunäre Luxation dar, bei der die H a n d w u r z e l u m das M o n d b e i n h e r u m n a c h dorsal luxiert ist, das M o n d b e i n aber selbst g e g e n ü b e r d e m R a d i u s nicht verändert steht. Bei der De Quervain-Luxationsfraktur liegt gleichzeitig ein Bruch des K a h n beines vor, wobei n u r das distale F r a g m e n t mit der H a n d w u r z e l n a c h dorsal verrenkt ist. A u c h hier liegt eine absolute Operationsindikation vor, weil wegen des K a h n b e i n b r u c h e s die T e n d e n z zur R e l u x a t i o n besteht. Arthrolysen n a c h G e l e n k v e r l e t z u n g e n sind erforderlich, w e n n trotz intensiver N a c h b e h a n d l u n g keine b e f r i e d i g e n d e Beweglichkeit vorliegt. Ist aber bereits eine Arthrose v o r h a n d e n , wird ein Ersatz d u r c h P r o t h e s e n oder Arthroplastiken bei intakten S e h n e n v e r h ä l t n i s s e n notwendig. E i n e s c h m e r z f r e i e Stabilität k a n n aber m e i s t e n s n u r d u r c h eine V e r s t e i f u n g erzielt werden. 3.5.3 V e r l e t z u n g e n der N e r v e n Ä t i o p a t h o g e n e s e : N a c h Seddon werden die N e r v e n s c h ä d e n in 3 F o r m e n u n terteilt. 1. Neurapraxie: S c h a d e n d u r c h Z u g oder Druck. Die A x o n e sind erhalten, deshalb bleibt die Wa//er-Degeneration aus. Eine vollständige R e g e n e r a t i o n ist zu erwarten. 2. Axonotmesis: Die A x o n e sind zerstört, die Schwann-Scheiden erhalten. Die Wa/ier-Degeneration tritt ein. D a die E n d o n e u r a l r o h r e erhalten sind, erfolgt eine s p o n t a n e R e g e n e r a t i o n . Sunderland u n t e r s c h e i d e t hier n o c h in 2
Gelenkverletzungen: operative Behandlung bei: - Zerreißung der Kollateralbänder, - Zerreißung der palmaren Platte von Fingergelenken.
Knöcherne Abrisse: exakte Reposition. Seitenbandstabile Luxation der Fingergelenke: Reposition, kurzfristige Ruhigstellung. Achtung: Verrenkungen von Handwurzelknochen nicht übersehen! Zerrissene Bänder: primäre Naht. Später: nur noch Bandplastik, Gipsruhigstellung für 6 Wochen.
Sonderform: - perilunäre Luxation, - de Querva/'n-Luxationsfraktur. Bei ungenügender Beweglichkeit nach Gelenkverletzung: Arthrolyse. Bei Bestehen einer Arthrose: Ersatz durch Prothesen oder Arthroplastiken. Schmerzfreie Stabilität meistens nur durch Versteifung.
3. Verletzungen der Nerven: man unterscheidet 3 Formen von Nervenschäden: 1. Neurapraxie: Schaden durch Zug oder Druck. 2. Axonotmesis: Die Axone sind zerstört. Folge: Waller-Degeneration, spontane Regeneration. 3. Neurotmesis: vollständige Nervendurchtrennung.
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Diagnose: Sensibilitätsstörungen, motorische Ausfälle mit folgenden Lähmungserscheinungen:
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates weitere Schädigungsgrade, wenn das Endoneuralrohr und/oder das Perineurium ebenfalls durchtrennt sind. Dann tritt keine Regeneration ein. 3. Neurotmesis: Vollständige Nervendurchtrennung. Diagnose: Eine Nervenschädigung erkennt man an der Sensibilitätsstörung und an den motorischen Ausfällen.
Autonomes Gebiet des N. medianus: Zeigefingerkuppe, des N. radialis: erste Z F F und des N. ulnaris: Beugeseite des V. Fingers. Der motorische Ausfall des N. radialis führt zur Fallhand (Lähmung sämtlicher Strecker außer denen der Mittel- und Endglieder), des N. ulnaris zur Krallenstellung des Ring- und Kleinfingers (Lähmung Mm. interossei und beider ulnaren Lumbrikales), des N. medianus - distal - zur Oppositionsunfähigkeit des Daumens und - proximal - noch zur Beugeunfähigkeit der ersten drei Finger. Häufig liegt jedoch eine Mischinnervation vor, so daß die typischen Lähmungserscheinungen verfälscht werden.
Nervennähte und -transplantate: primäre Naht indiziert bei sauberen, glatten Schnittverletzungen. Spannungslose Sekundärnaht oder Transplantation indiziert bei: Frakturen, Hautdefekten durch Gewebequetschung oder Zerreißung.
Nahttechnik: epineurale Naht oder perineurale Naht (Abb. 33-39). Nach Nervennaht: 3wöchige Gipsruhigstellung in entlasteter Beugestellung der Nachbargelenke, bei Transplantat 14 Tage Ruhigstellung.
3.5.3.1 Nervennähte und -transplantate Die Einführung der mikrochirurgischen Technik mit feinsten Instrumenten und Fäden hat zu einer deutlichen Verbesserung der Ergebnisse geführt. Eine primäre Naht ist indiziert bei sauberen glatten Schnittverletzungen und wenn eine gute Weichteildeckung möglich ist. Begleitende Sehnen- und Gefäßverletzungen sind keine Kontraindikation, wohl aber Frakturen und Hautdefekte durch Gewebequetschung oder -Zerreißung. Dann ist die frühe spannungslose Sekundärnaht (innerhalb von 6 Wochen) oder Transplantation besser. Als Transplantate werden der N. cutaneus antebrachii ulnaris oder N. suralis genommen. Nahttechnik: Nur bei mono- und oligofaszikulären Nerven empfiehlt sich die epiperineurale Naht, bei multifaszikulären Nerven die alleinige perineurale Nahttechnik. Die epineurale Naht wird hier nicht mehr angewendet (Abb. 33-39). Nach Nervennaht wird eine dreiwöchige Gipsruhigstellung in leichter entlastender Beugestellung der Nachbargelenke vorgenommen, bei Transplantaten nur 14 Tage, da im Überschuß transplantiert wird. Durch regelmäßige klinische (Hoffmann-Tinel-Zeichen), später auch elektromyogra-
Abb. 33-39 Nervennaht a) epi-perineurale Naht eines oligofaszikulären Nervens b) perineurale Naht beim multifaszikulären Nerven, Resektion des Epineuriums im Nahtbereich (2-3 mm)
917
Handchirurgie, Mikrochirurgie und Plastische Chirurgie phische Kontrollen wird die R e g e n e r a t i o n (1 m m pro Tag) ü b e r p r ü f t . Bei Stagnieren des H o f f m a n n - T i n e l - Z e i c h e n s m u ß eine Revision (Neurolyse, e r n e u t e N a h t oder T r a n s p l a n t a t i o n ) v o r g e n o m m e n werden. G e l ä h m t e M u s keln m ü s s e n d u r c h S c h i e n e n vor Ü b e r d e h n u n g geschützt werden. Prognose: hängt von folgenden Faktoren ab:
Prognose: A b h ä n g i g k e i t der Ergebnisse von folgenden F a k t o r e n
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Lebensalter: G u t e R e g e n e r a t i o n s a u s s i c h t e n gendlichen.
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Verletzungsart: G u t e Ergebnisse bei glatten S c h n i t t v e r l e t z u n g e n , schlechtere bei Riß-,Quetsch-, S c h u ß - u n d Starkstromverletzungen (starke V e r n a r b u n g e n ) .
-
Begleitverletzungen: Schlechte Ergebnisse, w e n n b e i d e G e f ä ß e (A. radialis u n d ulnaris) verletzt sind. K n o c h e n b e t e i l i g u n g : N. m e d i a n u s stärker beeinträchtigt als N. ulnaris, wahrscheinlich d u r c h a n a t o m . Lage b e d i n g t mit v e r m e h r t e r Kallusbildung, V e r n a r b u n g , R a u m b e e n gung, K o m p r e s s i o n .
-
A n a t o m i s c h e r Ort: Verletzungsgebiet H a n d g e l e n k h ö h e u n d distal davon beste Ergebnisse, je weiter proximal: schlechtere Erfolgsaussichten.
-
Transplantatlänge: Bis 3 c m gute, 3 - 6 c m befriedigende, ü b e r 6 c m deutlich schlechtere Erfolgsaussichten. Zeitintervall: Ü b e r l e g e n h e i t der p r i m ä r e n bzw. f r ü h s e k u n d ä r e n (bis 6 W o c h e n ) Eingriffe g e g e n ü b e r Späteingriffen. Erfahrung des Operateurs ( N a h t t e c h n i k ) : A b e r a u c h e r f a h r e n e Operateure h a b e n schlechte Ergebnisse zu v e r z e i c h n e n .
-
bei K i n d e r n u n d
Ju-
3.5.3.2 Motorische Ersatzoperationen Bei irreversiblen N e r v e n s c h ä d e n . F o l g e n d e G r u n d p r i n z i p i e n sind zu b e a c h ten: G u t e , u n v e r n a r b t e Weichteile, passiv frei bewegliche G e l e n k e , n o r m a l e Kraft u n d A m p l i t u d e der u m z u l a g e r n d e n M u s k e l n , G e r a d l i n i g e r Verlauf der M u s k e l - S e h n e n - E i n h e i t , E n d - z u - E n d - N a h t besser als E n d - z u - S e i t , intensive N a c h b e h a n d l u n g u n d aktive U n t e r s t ü t z u n g des P a t i e n e n .
Radialislähmung: R a d i a l i s e r s a t z o p e r a t i o n d u r c h U m l a g e r u n g des M. flexor carpi ulnaris auf die Fingerstrecker, des M. palmaris longus oder der Superfizialissehne IV auf d e n D a u m e n (Extension u n d A b d u k t i o n ) sowie des M. p r o n a t o r teres auf die radialen H a n d g e l e n k s t r e c k e r .
M e d i a n u s l ä h m u n g : O p p o n e n s p l a s t i k d u r c h U m l a g e r u n g der Superfizialiss e h n e IV oder des Extensor indicis oder des M. extensor carpi radialis longus mit f r e i e m S e h n e n t r a n s p l a n t a t . Ulnarislähmung: Beseitigung der beugeseitigen G r u n d g e l e n k k a p s e l den o b e r f l ä c h l i c h e n B e u g e s e h n e n , gelegt u n d mit sich selbst v e r n ä h t
Fingerkrallenstellung d u r c h R a f f u n g der oder Lasso-Operation n a c h Zancolli m i t die distal abgelöst, ü b e r das A l - R i n g b a n d werden.
Motorische Ersatzoperation Anwendung bei irreversiblen Nervenschäden nach folgenden Grundprinzipien: - gute, unvernarbte Weichteile, - passiv frei bewegliche Gelenke, - normale Kraft und Amplitude der umzulagernden Muskeln, - gradliniger Verlauf der Muskel-SehnenEinheit. Radialislähmung: Radialisoperation durch Umlagerung des M. flexor carpi ulnaris auf die Fingerstrecker, des M. palmaris longus oder der Superfizialissehne IV auf den Daumen, des M. pronator teres auf die radialen Handgelenkstrekker. Medianuslähmung: Opponensplastik durch Umlagerung der Superfizialissehne IV, des Extensor indicis, des M. extensor carpi radialis longus mit freiem Sehnentransplantat. Ulnarislähmung: Raffung der beugeseitigen Grundgelenkkapsel beidseitig der Fingerkrallenstellung oder Operation nach Zancolli.
3.5.3.3 Sensible Ersatzoperationen (S. 3.9.2.3 Insellappen)
3.6
Replantation
Ä t i o p a t h o g e n e s e : Die Mikrochirurgie hat n e u e W e g e eröffnet. Das A n n ä h e n k o m p l e t t oder i n k o m p l e t t a b g e t r e n n t e r E x t r e m i t ä t e n - oder a n d e r e r Gewe-
Replantation Annähen von komplett oder inkomplett abgetrennten Extremitäten durch Mikrochirurgie.
918
Diagnose: Mikroreplantation: Replantationen distal des Hand- oder Sprunggelenkes. Makroreplantation: proximal des Hand- oder Sprunggelenkes. Revaskularisation: mikrovaskuläre Eingriffe an verletzten Extremitätenanteilen, die ohne Gefäßnähte überleben würden. Absolute Indikation zur Replantation bei Abtrennung: - des Daumens, - mehrerer Langfinger, - der Mittelhand, - des distalen Unterarmes, - sämtliche Abtrennungen bei Kindern. Relative Indikation: - Amputation einzelner Langfinger, - Fußabschnitte, - Ober- und Unterschenkel, - Oberarm. Kontraindiziert sind: Replantation einzelner Zehen einschließlich Großzehe distal des Grundgelenkes.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates beanteile, die ohne Gefäßanastomosen nicht überleben würden ist dadurch ermöglicht worden. D i a g n o s e : Als Mikroreplantationen werden Replantationen distal, als Makroreplantationen solche proximal des H a n d - oder Sprunggelenkes bezeichnet. Als ReVaskularisationen werden mikrovaskuläre Eingriffe an verletzten minderdurchbluteten Extremitätenanteilen benannt, die auch ohne Gefäßnähte überleben würden. Absolute Indikationen zur Replantation bestehen bei Abtrennung des D a u m e n s , mehrerer Langfinger, der Mittelhand, des distalen Unterarmes und bei sämtlichen A b t r e n n u n g e n bei Kindern. Relative Indikationen bestehen bei A m p u t a t i o n e n einzelner Langfinger, von Fußabschnitten, Ober- und Unterschenkel sowie vom Oberarm. Kontraindiziert sind Replantationen einzelner Zehen, einschließlich Großzehe distal des Grundgelenkes.
Abb.33-40 Mikrovaskuläre Anastomosentechnik
Weitere Indikationsstellung: Weitere Faktoren für die Indikationsstellung: Alter u n d Beruf des Verletzten, Begleitverletzungen, chronische Erkrankungen (Diabetes, HerzKreislauf-Erkrankungen, Tumorerkrankungen, Alkoholismus), subjektive Einstellung des Verletzten (lange Operationszeit u n d Krankenhausaufenthalt, häufig Sekundäreingriffe, Funktionseinbußen, Sensibilitätsminderung kombiniert mit Kälteempfindlichkeit), Anoxämiezeit des Amputates (Mikroreplantation bis 12 h, Makroreplantation bis 6 h bei richtiger Kühlung), exakte Kühlung des Amputates (jede Berührung zwischen Amputat und Schmelzwasser oder Eis ist unbedingt zu vermeiden).
Therapie: Technik der Replantation. Sorgfältige Säuberung des Amputates und des Stumpfes —» Darstellung aller Strukturen (evtl. Erweiterungsschnitte) —» Kürzung des Knochens —> stabile Osteosynthese, Naht der durchtrennten Beugesehnen —»Verschluß der Beugesehnenscheide. Unter dem Mikroskop: Naht der Arterien und Venen (Abb. 33-40). Gefäßdefekte: Veneninterponate. Nervendefekte: sekundäre Überbrückung durch Transplantate. Im einzelnen wird folgendermaßen verfahren:
T h e r a p i e : Technik der Replantation: Sorgfältige Säuberung des Amputates und des Stumpfes, Darstellung aller Strukturen evtl. durch Erweiterungsschnitte, Kürzung des Knochens. Danach folgendes Vorgehen: Stabile Osteosynthese (intraossäre Drahtnaht u n d schräger K-Draht, Miniplatten, AOPlatten). Naht der durchtrennten Beugesehnen und Verschluß der Beugesehnenscheide. Unter dem Mikroskop Naht der Arterien und Nerven (Abb. 33-40). Bei Gefäßdefekten werden Veneninterponate genommen. Nervendefekte werden sekundär durch Transplantate überbrückt.
Versorgung der Strecksehnen mit Matratzennähten. A m Handrücken oder proximal davon mit modifizierter Kirchmayr-Technik. Venennaht oder Interponate unter d e m Mikroskop (pro Arterie mindestens 2 Ve-
Handchirurgie, Mikrochirurgie und Plastische Chirurgie
919
nen), spannungsloser Hautverschluß (Z-Plastiken, Hauttransplantate, Verschiebelappen). Bei Großreplantationen empfiehlt sich zunächst Naht der Venen vor der Arterie wegen des nicht unbeträchtlichen Blutverlustes. Anlage eines lockeren Verbandes, keine zirkulären, schnürenden Verbände! Gipsruhigstellung und Hochlagern der Extremität. Nachbehandlung: Stündliche klinische Überprüfung und Temperaturkontrollen. Bei Temperaturabfall und Thrombose sofort Revision. Arterielle Thrombose: Replantierte Extremität blaß und kein Turgor. Venöse Thrombose: Replantierte Extremität bläulich verfärbt und prall gefüllt, Kapillarpuls noch vorhanden.
Prognose: Folgeoperationen nach Replantationen sind oft nicht zu vermeiden. Am häufigsten Eingriffe an Sehnen und am Hautmantel, gefolgt von Sekundäroperationen an den Nerven, Gelenken, Knochen und Gefäßen. Bei Großreplantationen ist häufig die Muskulatur schon atrophiert, bevor die Nerven einwachsen können (1 m m pro Tag). Daher ist eine Regeneration nicht mehr möglich, und der funktionelle Erfolg bleibt aus.
Prognose: oft Folgeoperationen. Bei Großreplantationen häufig atrophierte Muskulatur, bevor Nerven einwachsen können —>funktioneller Erfolg bleibt aus.
3.7 Infektionen der Hand Ätiopathogenese: Infektionen der Hand sind zwar durch Einführung der Antibiotika seltener geworden, bedürfen aber wegen der besonderen anatomischen Verhältnisse der Beugeseite an der Hand stetiger Überwachung und korrekter Behandlung. Schmerz, Rötung, Schwellung, Erwärmung sowie Funktionseinschränkung sind die Alarmzeichen, die eine sofortige Intervention notwendig machen, u m die schweren Folgen septischer Infektionen zu verhindern. Allgemeine Behandlungsprinzipien: Frühzeitige Eröffnung durch korrekte Schnittführung und vollständige Ausräumung des Infektionsherdes in Blutsperre (kein Auswickeln!) und ausreichender Betäubung (Leitungsanästhesie oder Narkose, keine Lokalanästhesie!), gezielte Antibiotika-Gabe nach intraoperativem Abstrich zur Bestimmung der infektionsverursachenden Keime und deren Empfindlichkeit (alleinige Gabe von Antibiotika ohne chirurgische Intervention genügt nicht!), evtl. Einlage von Antibiotikaketten (Septopal-Minikette), ausreichende Drainage der Wunde, postoperative Immobilisation in Funktionsstellung, stationäre Überwachung, täglicher Verbandwechsel bei starker Sekretion, nach Abklingen der akuten Entzündung frühzeitige gezielte krankengymnastische Nachbehandlung, evtl. spätere Sekundäreingriffe zur Funktionswiederherstellung (Narben, Sehnen, Nerven, Knochen, Gelenke).
3.7.1 Paronychie Entstehung durch kleine Verletzungen (ζ. B. unvorsichtiges Maniküren). Umschriebene Rötung und schmerzhafte Schwellung des Nagelwalles. Auf Druck Eiter- und Sekretentleerung. Wenn eine konservative Behandlung (tägliche Handbäder und konsequene Ruhigstellung auf Fingergipsschiene) nicht zur Ausheilung führt, erfolgt operatives Vorgehen (Teilentfernung des Nagels und Ausräumung der Eiterhöhle mit anschließender Tamponade). Eine chronische Paronychie wird häufig durch Pilzinfektionen oder Gefäßerkrankung verursacht. Häufig Nagelwachstumsstörungen.
3.7.2 Panaritium cutaneum Blasenförmige Abhebung der Epidermis. Einfache Abtragung ohne besondere Anästhesie. Nach möglichen Fistelgängen am Wundgrund zu tieferen Abszeßhöhlen suchen.
Infektionen der Hand Allgemeine Behandlungsprinzipien: - frühzeitige Eröffnung und - vollständige Ausräumung des Infektionsherdes in Blutsperre. - Gezielte Antibiotika-Gabe. Achtung: alleinige Gabe von Antibiotika ohne chirurgische Intervention genügt nicht! - Evtl. Einlage von Antibiotikaketten. - Drainage der Wunde, - Immobilisation in Funktionsstellung, nach Abklingen der akuten Entzündung: - gezielte krankengymnastische Nachbehandlung, - evtl. Sekundäreingriff zur Funktionswiederherstellung. 1. Paronychie Entstehung durch kleine Verletzungen. Diagnose: - umschriebene Rötung, - schmerzhafte Schwellung des Nagelwalles, - auf Druck Eiter- und Sekretentleerung. Therapie: konservative Behandlung: Handbäder, Ruhigstellung. Operatives Vorgehen: Teilentfernung des Nagels, Ausräumung der Eiterhöhle, Tamponade. 2. Panaritium cutaneum blasenförmige Abhebung der Epidermis. Behandlung: einfache Abtragung.
920 3. Panaritium subcutaneum Eindringen von Erregern durch kleine Gelegenheitswunden. Behandlung: Eröffnung durch medio-laterale Schnitte —» Drainage mit Gummilaschen, Gegeninzision notwendig. Prognose: Sensibilitätsstörung, Kälteempfindlichkeit. 4. Panaritium ossale Entstehung durch ungenügend behandeltes subkutanes Panaritium. Diagnose: durch Röntgenaufnahmen. Therapie: vollständige Sequestrektomie, Einlage von Septopal-Miniketten. Bei größeren Knochendefekten: Spongiosaauffüllung. 5. Panaritium articulare Übergreifen der Infektion auf Gelenke —> Ge lenkempyem, Knorpelzerstörung. Therapie: vollständige Ausräumung des Herdes, Einlage von Miniketten. Später: Arthrodese in Funktionsstellung.
6. Panaritium tendinosum: Entstehung durch sekundärinfizierte Verletzung oder Ausbreitung eines subkutanen Panaritiums. Klinik: durch schnellen Druckanstieg —> Drosselung der Durchblutung der Beugesehnen —> ischämische Nekrose. Symptome: Druckschmerz, Schmerz bei passiver Fingerstreckung. Therapie: Dekompression durch Querschnitt in Hohlhandbeugefalte —» Eröffnung der Umschlagfalte des Synovialsackes am Sehnenscheidenende, medio-lateraler Schnitt am betroffenen Finger —» Einführung eines kleinen Venenkatheters und mechanische Spülung —> Gipsruhigstellung. Bei Sehnennekrosen: spätere Sehnentransplantation. Prognose: Bewegungseinschränkung, oft Verlust des Fingers. 7. Hohlhandphlegmone Durchbruch der Infektion in Hohlhandbereiche: Daumen, Kleinfingerballen, Langfingerbereich. Übertritt der Infektion auf den Unterarm. Symptome: Schwellung der Hand, starke Druckschmerzhaftigkeit, schmerzhafte Bewegungseinschränkung, Krankheitsgefühl mit Fieberschüben. Therapie: Frühzeitige Eröffnung, Drainage, Septopalketteneinlage, Antibiotika-Gabe, Ruhigstellung.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates 3.7.3 Panaritium subcutaneum Kleine Gelegenheitswunden und Schrunden stellen die Eintrittspforte für die Erreger dar, seltener bricht eine dorsale Fingereiterung nach palmar durch. Eröffnung durch medio-laterale Schnitte unter Schonung der Nervengefäßbündel. Kein Fischmaulschnitt, da derbe Narben an der Fingerkuppe und schmerzhafte Neurome die taktile Gnosis empfindlich stören. Z u m Teil Drainage mit Gummilaschen und Gegeninzision notwendig. Prognose: Sensibilitätsstörung und Kälteempfindlichkeit.
3.7.4 Panaritium ossale Entstehung meist durch Ausbreitung eines ungenügend behandelten subkutanen Panaritiums, seltener durch hämatogene Streuung. Diagnose wird gestellt durch Röntgenaufnahmen. Die Therapie besteht in einer vollständigen Sequestrektomie und Einlage von Septopal-Miniketten oder -kugeln. Bei größeren Knochendefekten ist eine spätere Spongiosaauffüllung zur Stabilisierung des Knochens notwen-
3.7.5 Panaritium articulare Das Übergreifen der Infektion auf ein Gelenk führt häufig zum Gelenkempyem und zur Knorpelzerstörung. Die Behandlung besteht wiederum in vollständiger Ausräumung des Herdes und Einlage von Septopal-Miniketten. Später empfiehlt sich die Arthrodese in Funktionsstellung. Eine Prothese oder Arthroplastik (Mittel- und Grundgelenk) ist nur bei erhaltener Sehnenfunktion indiziert, jedoch wegen der vorangegangenen Infektion mit aller Vorsicht zu empfehlen.
3.7.6 Panaritium tendinosum Entstehung durch direkte sekundär-infizierte Verletzung (tiefe Stichwunde) oder Ausbreitung eines subkutanen Panaritiums. Schnell eintretender Druckanstieg und dadurch Drosselung der Durchblutung der Beugesehnen, die zu deren ischämischen Nekrose führt. Druckschmerz über dem Verlauf der Sehnenscheide und Schmerzangabe bei passiver Fingerstreckung. Schnelle Dekompression durch Querschnitt in der distalen Hohlhandbeugefalte zur Eröffnung der Umschlagsfalte des Synovialsackes am Sehnenscheidenende und medio-lateraler Schnitt am betroffenen Finger. Einführung eines kleinen Venenkatheters und mechanische Spülung (evtl. mit Antibiotika-Zusatz). Gipsruhigstellung sowie stationäre Überwachung. Bei Sehnennekrosen (keine glänzende Oberfläche mehr) Resektion derselben und spätere Sehnentransplantation. Bei Infektionen im Karpaltunnel besteht die Gefahr des Durchtritts in die Nachbarsehnenscheiden. V-Phlegmone: Infektion nur des I. und V. Strahls. Prognose: Erhebliche Bewegungseinschränkung, nicht selten Verlust des betroffenen Fingers.
3.7.7 Hohlhandphlegmone Durchbruch der Infektion in die durch bindegewebige Septen begrenzten Hohlhandbereiche: Daumen- und Kleinfingerballen, Langfingerbereich. Übertritt der Infektion entlang der Sehnenscheiden auf den Unterarm. Erhebliche Schwellung der Hand, starke Druckschmerzhaftigkeit, schmerzhafte Bewegungseinschränkung und allgemeines Krankheitsgefühl mit Fieberschüben. Frühzeitige Eröffnung vor Ausbreitung auf den Unterarm, Drainage, evtl. Septopalketteneinlage, Antibiotika-Gabe, Ruhigstellung und stationäre Überwachung.
Handchirurgie, Mikrochirurgie und Plastische Chirurgie Prognose: Erhebliche Bewegungseinschränkung und Funktionsverlust.
3.8 Angeborene Fehlbildungen der Hand Ätiopathogenese: Angeborene Fehlbildungen sind auf zwei Faktoren zurückzufuhren, Umwelteinflüsse (exogen) und Erblichkeit (endogen). Bei den exogenen Einflüssen sind besonders Virusinfektionen und bestimmte Medikamente (z.B. Thalidomid) zu nennen. Die Schädigung ist umso schwerer, je früher die Noxe auf die Zeitspanne der Embryogenese einwirkt. Bei den endogenen Faktoren unterscheidet man in gen- und chromosomalbedingte Ursachen. Wegen der Vielzahl der beschriebenen Syndrome mit angeborenen Fehlbildungen ist bisher noch keine einheitliche Einteilung vorgenommen worden. 3.8.1
Syndaktylie
Häufigkeit: 1 auf 2 0 0 0 - 3 000 Geburten, Erblichkeit 2 0 - 4 0 % . Diagnose: Einteilung in kutane und ossäre Syndaktylie. An der Hand ist die 3. Zwischenfingerfalte (ZFF), am Fuß die 2. am häufigsten betroffen. Therapie: Frühzeitige Trennung besonders bei nicht gleichlangen Fingern vermeidet Fehlwachstum und Gelenkdeformitäten. Durchtrennung mit spitzwinkeligen Zickzack-Inzisionen und spannungslose Naht der dreieckförmigen Hautlappen vorzugsweise in Höhe der Gelenke. Bildung einer weiten Kommissur, die von dorsoproximal nach palmar-distal abfällt. Einfügen von Vollhauttransplantaten in die verbleibenden Defekte. Postoperative Gipsruhigstellung mit Einschluß der operierten Finger für 10 Tage. Bei Wundheilungsstörung frühzeitige Spalthauttransplantation zur Vermeidung von Vernarbungen, Kontrakturen, Verziehungen und Fehlwachstum. Prognose: Routinemäßige Kontrolluntersuchungen bis zum Abschluß des Wachstums. Korrektur von Narbenkontrakturen durch Z-Plastiken oder anderen lokalen Verschiebelappen. 3.8.2
Spalthand
Häufigkeit: 1 auf 90 000 Geburten, dominante Erblichkeit. Diagnose: Einteilung in typische (Fehlen des III. Fingers im Grundgelenk) und atypische Form (Fehlen oder Verkürzung der 3 mittleren Strahlen). Häufige Begleitfehlbildungen sind Syndaktylien, Transversalknochen, Beugekontrakturen, Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalte sowie Spaltfüße. Therapie: Frühzeitige Trennung einer bestehenden Syndaktylie zwischen Daumen und Zeigefinger (6.-12. Monat). Später Entfernung des Querknochens, Osteotomie und Kontrakturbeseitigung durch Entfernung bindegewebiger Stränge und verkürzter Beugesehnenscheidenanteile sowie Arthrolysen und Z-Plastiken. Wichtig ist die Verbreiterung der l . Z F F durch Transposition des II. Strahles im Austausch mit den Weichteilen. Prognose: Je früher die operative Behandlung, desto bessere funktionelle Ergebnisse. 3.8.3
Polydaktylie
Häufigkeit: Häufigste Fehlbildung. Bevorzugung der schwarzen Rasse (1 auf 300 Geburten) bei Weißen und Asiaten 1 auf 3 000 Geburten, 40 % doppelseitig, hohe Erblichkeit. Diagnose: Einteilung in radiale, zentrale und ulnare Form. Therapie: Radiale Polydaktylie: Daumendoppelbildung: Zahlenmäßig überwiegend.
921 Prognose: - Bewegungseinschränkung, - Funktionsverlust. Angeborene Fehlbildungen der Hand Entstehung durch: - Virusinfektion, - bestimmte Medikamente, - genbedingte Ursachen, - chromosomalbedingte Ursachen
1. Syndaktylie: Diagnose: Man unterscheidet kutane und ossäre Syndaktylie. An der Hand: 3.Zwischenfingerfalte am häufigsten betroffen. Am Fuß: 2.Zwischenzehenfalte am häufigsten betroffen. Therapie: Frühzeitige Trennung durch spitzwinklige Zickzack-Inzision und spannungslose Naht in Höhe der Gelenke. Einfügen von Vollhauttransplantaten in die verbleibenden Defekte. Gipsruhigstellung für 10 Tage. Bei Wundheilungsstörungen: frühzeitige Spalthauttransplantation.
2. Spalthand Diagnose: typische Form: Fehlen des III. Fingers im Grundgelenk, atypische Form: Fehlen oder Verkürzung der 3 mittleren Strahlen. Therapie: Frühzeitige Trennung einer Syndakylie zwischen Daumen und Zeigefinger —»später Entfernung des Querknochens —» Osteotomie und Kontrakturbeseitigung durch Entfernung bindegewebiger Stränge, verkürzter Beugesehnenscheidenanteile —»Arthrolysen, Z-Plastiken.
3. Polydakylie
Diagnose: radiale, zentrale, ulnare Form. Therapie: radiale Polydaktylie:
922
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates 1. 2 ungleich große Daumen: Abtragung des wertloseren mit Seitenbandrekonstruktion, Verlagerung der Sehnenansätze und Verbreiterung der l . Z F F durch Z-Plastiken oder Verschiebelappen. 2. 2 gleich große Daumen: Abtragung des radiallen Daumens zur Erhaltung des wichtigen ulnaren Seitenbandes. Sonst wie bei 1. 3. 2 gleich große hypoplastische Daumen: Keilresektion nach BilhautCloquet (etwa % aus dem mittleren Anteil beider Daumen). Genaue Adaptation der Gelenkflächen und Epiphysenfugen.
Zentrale und ulnare Polydaktylie: Abtragung der überzähligen Fingeranteile.
Zentrale und ulnare Polydaktylie: Abtragung der überzähligen Fingeranteile, gelegentlich Seitenbandrekonstruktionen und Keilosteotomien bei abgewinkelten Knochen. Prognose: Die Ergebnisse hängen vom Ausgangsbefund ab; des öfteren Einschränkung der Gelenkbeweglichkeit.
4. Hypoplasie und Aplasie des Daumens
3.8.4 Hypoplasie und Aplasie des Daumens
Diagnose: Einteilung in 5 verschiedene Grade: geringfügige Verkürzung —» vollständige Aplasie. Therapie: Leichte Form: Erhaltung des Daumens durch Seitenbandrekonstruktion, Verschiebelappen, Z-Plastiken, Opponensplastik. Bei schweren Formen: Abtragung des funktionslosen Daumens, Pollizisation des Zeigefingers. Frühzeitige Operation ergibt günstige Ergebnisse.
Häufigkeit: Sehr häufige Fehlbildung, oft doppelseitig oder zusammen mit anderen Fehlformen (z.B. Klumphand). Diagnose: Einteilung in 5 verschiedene Grade, von geringfügiger Verkürzung bis zur vollständigen Aplasie. Therapie: Richtet sich nach dem Schweregrad. Bei den leichteren Formen wird der Daumen erhalten durch Seitenbandrekonstruktion bei Gelenkinstabilität, durch Verschiebelappen oder Z-Plastiken bei Adduktionskontraktur oder Opponensplastik bei Fehlen der Thenarmuskulatur. Bei den schweren Graden (flottierender Daumen) Abtragung des funktionslosen Daumens und Pollizisation des Zeigefingers. Prognose: Ergebnisse hängen vom Schweregrad der Fehlbildung ab. Frühzeitige Operation (innerhalb des 1. Lebensjahres) ergibt sehr günstige Ergebnisse, da abnorme Greifmuster des Kleinkindes noch nicht ausgebildet sind.
Plastische Chirurgie
3.9 Plastische C h i r u r g i e
Deckung von Defektwunden mit verschiedenen Hautplastiken.
Ätiopathogenese: Defektwunden müssen ebenfalls primär verschlossen werden zum Schutz gegen das Eindringen von Bakterien (ausgenommen Menschen- oder Tierbißverletzungen). Deckung mit verschiedenen Hautplastiken je nach Größe und Tiefe der Defekte.
1. Hauttransplantate Anwendung bei oberflächlichen Wunden mit gut durchblutetem Wundgrund.
3.9.1 Hauttransplantate
Materialien: - Vollhauttransplantat, - Spalthauttransplantat. Für die Hand: belastungsfähige Vollhaut mit geringer Schrumpfung und guter Narbenbildung. Gipsruhigstellung bis zur Einheilung. Entnahmestellen durch Spalthauttransplantate decken.
Anwendung bei oberflächlichen Wunden mit gut durchblutetem Wundgrund. Vollhauttransplantat (gesamte Hautdicke ohne Subkutanfettgewebe), Spalthauttransplantat (Teil der Hautschicht). Je besser der Wundgrund, desto dikker das Transplantat. Für die Belastungszonen der Hand (Hohlhand, Fingerbeugeseite) nimmt man die belastungsfähigere Vollhaut, die auch eine weniger starke Schrumpfung und eine bessere Narbenbildung zeigt. Bei konkaven Wundflächen Fixation des Transplantates durch einen Überknüpfpolsterverband zur Verhinderung von Verwerfungen und Wundgrundverschiebungen, da die Ernährung zunächst über Diffusion geschieht. Außerdem Gipsruhigstellung bis zur Einheilung. Bei großflächigen Wunden (Brandverletzungen) Übertragung des Transplantates als Meshgraft (Gitternetz). Hebungsdefekte der Spalthaut heilen von selbst, da genügend Epithelinseln Übriggeblieben sind. Entnahmestellen der Vollhaut müssen entweder direkt verschlossen oder durch ein Spalthaut-
Handchirurgie, Mikrochirurgie und Plastische Chirurgie
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t r a n s p l a n t a t gedeckt werden. Reverdin-Plastiken sollten wegen der kosmetisch u n g ü n s t i g e n N a r b e n b i l d u n g des H e b u n g s d e f e k t e s nicht m e h r g e n o m m e n werden.
3.9.2 Hautlappen D e c k u n g von D e f e k t e n mit freiliegenden tieferen S t r u k t u r e n ( S e h n e n , Nerven, G e f ä ß e n , K n o c h e n ) . Die g e s a m t e H a u t s c h i c h t mit d e m d a r u n t e r l i e g e n d e n Fettgewebe wird übertragen. D e s h a l b m u ß e n t w e d e r eine H a u t b r ü c k e verbleiben oder der L a p p e n m i k r o c h i r u r g i s c h über die ihn versorgenden G e fäße übertragen werden.
2. Hautlappen Deckung von Defekten mit freiliegenden tieferen Strukturen. Übertragung der gesamten Hautschicht mit Fettgewebe.
3.9.2.1 Lokale Verschiebelappen W e r d e n z u m Verschließen kleinerer tieferer Defekte angewendet. M a n u n terscheidet d e n D e h n u n g s - , R o t a t i o n s - u n d T r a n s p o s i t i o n s l a p p e n . Das Längen-Breiten-Verhältnis von 2:1 darf nicht ü b e r s c h r i t t e n werden, sonst k a n n die L a p p e n s p i t z e wegen D u r c h b l u t u n g s s t ö r u n g e n nekrotisch werden. Die A n w e n d u n g lokaler V e r s c h i e b e l a p p e n ist an das V o r h a n d e n s e i n intakter u n d g e n ü g e n d verschieblicher H a u t in der D e f e k t u m g e b u n g g e b u n d e n . Der e i n f a c h s t e V e r s c h i e b e l a p p e n ist die Z-Plastik, bei der 2 spitzwinkelige Dreiecke g e g e n e i n a n d e r verschoben werden (Abb. 3 3 - 4 1 ) . Die V-Y-Plastik f i n d e t ihre A n w e n d u n g bei F i n g e r s p i t z e n v e r l e t z u n g e n mit f r e i l i e g e n d e m K n o c h e n (Abb. 33-42). Der große Vorteil liegt in der erhaltenen Sensibilität, was b e s o n d e r s f ü r die G r e i f f l ä c h e der H a n d wichtig ist. Die Mobilisierung des L a p p e n s m u ß u n t e r ständiger Kontrolle der D u r c h b l u t u n g s v e r h ä l t n i s s e erfolgen, u m eine Nekrose zu v e r m e i d e n .
Lokale Verschiebelappen zum Verschluß kleiner tiefer Defekte. Achtung: das LängenBreitenverhältnis von 2:1 des Lappens darf nicht überschritten werden, da Folge: Nekrotisierung wegen Durchblutungsstörungen. Einfachster Verschiebelappen: Z-Plastik: 2 spitzwinkelige Dreiecke werden gegeneinander verschoben (Abb.33-41) V-Y-Plastik: Anwendung bei Fingerspitzenverletzungen mit freiliegendem Knochen. Vorteil: Erhaltung der Sensibilität.
Abb. 33-42 V-Y-Plastik bei Fingerkuppenverletzung mit freiliegendem Knochen
3.9.2.2 Fernlappen Bei größeren D e f e k t e n m ü s s e n gestielte Fernlappen g e n o m m e n werden. Mit d e m Cross-finger-Lappen von der Streckseite eines der N a c h b a r f i n g e r k a n n ein W e i c h t e i l d e f e k t an der Beugeseite eines Langfingers geschlossen werden (Abb. 33-43). Der Lappenstiel wird n a c h 3 W o c h e n d u r c h t r e n n t , vorher ist eine a u s r e i c h e n d e G e f ä ß e i n s p r o s s u n g in d e n L a p p e n von der E m p f ä n gerseite nicht zu erwarten. Bei K u p p e n v e r l e t z u n g e n des Mittelfingers, d e m längsten Finger der H a n d , eignet sich ein T h e n a r l a p p e n besser als ein Cross-finger-Lappen.
Fernlappen: Anwendung bei größeren Defekten: ζ. B. Weichteildefekt an der Beugeseite eines Langfingers (Abb. 33-43). Bei Kuppenverletzungen des Mittelfingers: durch Thenarlappen. Besonders wichtig sind: Hautdefekte der 1.ZFF, da narbige Kontrakturen hier die Funktionsfähigkeit des Daumens und der Hand einschränken.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
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Abb.33-43 Cross-Fingerlappen, Hebungsdefekt wird mit Spalthaut gedeckt Leistenlappen: Zur Deckung von tiefen und ausgedehnten Defekten.
Insellappen: Bei dieser Lappenform bleibt nur das Gefäßoder das Gefäßnervenbündel erhalten. Lappen selbst wird vollständig gehoben. Unterarmlappen (Abb. 33-44): Indikation bei Defekten im Hohlhand-Handwurzelbereich und in der 1.ZFF, da der Lappen geringere Dicke aufweist und mit Nervenanschluß übertragen werden kann. Wenn gleichzeitig Knochendefekt: Mitübertragung eines vaskularisierten Radiusspanes. Durch neurovaskulären Insellappen von der Radialseite des Ringfingers oder der Ulnarseite des Mittelfingers kann sensible Hautbedeckung an der Greifseite des Daumens erreicht werden.
Größere Defekte werden entweder mit einem Cross-arm-, Bauchhaut- oder Leistenlappen verschlossen, an der unteren Extremität mit einem Cross-leg-Lappen. Rundstiellappen finden heute keine Anwendung mehr. Besonderer Aufmerksamkeit bedürfen Hautdefekte der 1. ZFF. Narbige Kontrakturen hier schränken die Funktionsfähigkeit des D a u m e n s u n d somit der Hand wesentlich ein. Zur Deckung von tiefen und ausgedehnten Defekten eignet sich deshalb der Leistenlappen a m besten, der wegen seines axialen Gefäßes, der A. circumflexa ilium superficialis (Arterienlappen), ein günstiges Längen-Breiten-Verhältnis hat.
3.9.2.3 Insellappen Bei den Insellappen bleibt n u r das Gefäß-oder das Gefäßnervenbündel erhalten, während der Lappen selbst vollständig gehoben wird. Der Unterarmlappen ist distal gestielt an der A. radialis u n d auch deren Begleitvenen. Hierbei k o m m t es in der A. radialis u n d auch deren Begleitvenen zu einer Stromumkehr (Abb. 33-44a). Wichtigstes und alles Entscheidende dabei sind eine intakte A. ulnaris sowie ein vollständiger oberflächlicher Hohlhandbogen, da der gehobene und distal gestielte Unterarmlappen hierüber seine arterielle Versorgung erhält. Bei Defekten im Hohlhand-Handwurzelbereich und in der l . Z F F bietet sich dieser Insellappen geradezu an, zumal er n u r eine geringe Dicke aufweist und auch mit Nervenanschluß übertragen werden kann. Liegt gleichzeitig auch ein Knochendefekt vor, so ist zugleich die Übertragung eines vaskularisierten Radiusspanes mit d e m Lappen möglich. Der Hebungsdefekt wird mit Spalthaut gedeckt, die A. radialis durch ein Veneninterponat wieder hergestellt. Durch einen neurovaskulären Insellappen von der Radialseite des Ringfingers oder von der Ulnarseite des Mittelfingers kann eine sensible Hautbedekkung an der Greifseite des D a u m e n s erreicht werden. Voraussetzung ist aber,
Abb.33-44a Distal gestielter Unterarmlappen mit Stromumkehr in A. radialis und Begleitvenen, Versorgung über A. ulnaris und Hohlhandbogen
Handchirurgie, Mikrochirurgie und Plastische Chirurgie daß der Spenderfinger seine beiden palmaren Arterien besitzt, da es sonst zur Nekrose dieses Fingers kommt. Weiterhin muß der gemeinsame Nerv III/IV nach proximal aufgespalten werden, u m eine ausreichende Länge zur Transposition zu erreichen. Dies ist nicht unproblematisch, da qualitative Verluste an Sensibilität entstehen können. Der Hebungsdefekt wird mit Spalthaut verschlossen. Der Dorsalis pedis-Insellappen kann bei Defekten an der Fußsohle, der Ferse sowie an den Innen- und Außenknöcheln angewendet werden. Unter Einbeziehung der A. tibialis anterior kann dieser Gefäßstiel sehr lang gewählt werden. Der Lappen kann auch sensibel übertragen werden unter Mitnahme des N. peronaeus superficialis, was besonders für die Belastungszonen des Fußes wichtig ist. Ein Nachteil liegt im Hebungsdefekt, der durch ein Hauttransplantat wieder verschlossen werden muß. Neben den dadurch enstehenden Narben am Fußrücken kann es auch zu einer Einschränkung der Zehenbeweglichkeit kommen.
3.9.2.4 Freie Lappen In den letzten Jahren ist durch die Fortschritte in der Mikrochirurgie auch eine sofortige freie Übertragung von Hautlappen möglich geworden. Zahlreiche Spenderbezirke sind entdeckt und publiziert worden. Wegen der Länge der Operationszeiten und der Gefahr der Thrombosen der genähten Gefäße im Verletzungsgebiet bleiben diese doch mehr den geplanten Sekundäreingriffen vorbehalten. Neben den oben erwähnten Arterienlappen (Leisten-, Dorsalispedis-, Unterarmlappen) bietet sich der Latissimusdorsi-Lappen für Defekte am Unterschenkel an. Er wird von der A. thoracodorsalis und deren Begleitvenen versorgt. Es ist ein myokutaner Lappen, der relativ große Ausmaße besitzt. Der große Vorteil liegt u.a. im direkten Verschluß auch großer Hebungsdefekte und in seinem langen Gefäßstiel. Deshalb können weitab vom Deckungsort die Lappengefäße an große Spendergefäße angeschlossen werden. A m Unterarm eignet sich dieser Lappen zur neurovaskulären Übertragung bei Vorliegen von Muskeldefekten, wobei der Muskel nerval angeschlossen wird und somit seine Muskelkontraktionsunfähigkeit wiedererhält.
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Dorsalis pedis-Insellappen: bei Defekten an der Fußsohle, Ferse, Innenund Außenknöchel. Auch sensible Übertragung unter Mitnahme des N. peronaeus superficiales möglich. Wichtig für Belastungszonen des Fußes.
Freie Lappen: durch Mikrochirurgie ist freie Übertragung von Hautlappen möglich geworden. Wegen Gefahr der Thrombose im Verletzungsgebiet ist Hauptindikation jedoch bei Sekundäreingriffen. Latissimus-dorsi-Lappen ist für Defekte am Unterschenkel geeignet. Vorteil: direkter Verschluß auch großer Hebungsdefekte und langer Gefäßstiel. Folge: vom Deckungsort können Lappengefäße an große Spendergefäße angeschlossen werden. Am Unterarm: Eignung dieses Lappens zur neurovaskulären Übertragung bei Muskeldefekten: Muskel wird nerval angeschlossen und erhält Kontraktionsfähigkeit.
3.9.3 Ästhetische Chirurgie
3. Ästhetische Chirurgie
3.9.3.1 Mamma-Reduktionsplastik
Mamma-Reduktionsplastik: Einsatz bei Mammahyperplasie und juveniler Hypertrophie.
Ätiopathogenese: Mammahyperplasie und juvenile Hypertrophie fuhren nicht selten zu Haltungsschäden sowie zu Nacken- und Schulterschmerzen. Bei juvenilen Hypertrophien spielt der psychische Aspekt eine große Rolle. Therapie: Formung eines doppelt gestielten Lappens aus dem Drüsenkörper und Resektion des überschüssigen Drüsenanteiles nach Schablonenmuster. Erhaltung der perimammilären Dermis für die Durchblutung der Mamille. Prognose: Narbenbildung.
3.9.3.2 Mamma-Augmentationsplastik Ätiopathogenese: Einseitige oder doppelseitige Mammaaplasie oder Hypoplasie, Zustand nach Mastektomie. Therapie: Implantation von Silikonprothesen (Silikonsack mit Gel- oder Kochsalzlösung) zwischen Pektoralisfaszie und Drüsenkörper. Nach radikaler Mastektomie (Karzinom) Ausgleich des Hautdefizites, Ersatz der Pektoralismuskulatur, Formung der Brustkontur, Rekonstruktion der Mamille und Areola sowie Herstellung der Symmetrie. Prognose: Auslaufen des Protheseninhaltes, Kapselfibrose, Narbenbildung.
Therapie: Formung eines doppelt gestielten Lappens aus dem Drüsenkörper —* Resektion des überschüssigen Drüsenteils —» Erhaltung der perimammilären Dermis für die Durchblutung der Mamille. Mamma-Augmentationsplastik: Einsatz bei Mammaaplasie oder Hypoplasie, Zustand nach Mastektomie. Therapie: Implantation von Silikonprothesen —»Ausgleich des Hautdefizites —* Ersatz der Pektoralismuskulatur —» Formung der Brustkontur —» Rekonstruktion der Mamille.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
926 Facelifting Anwendung bei Faltenbildung im Gesicht, psychische und berufliche Aspekte. Therapie: subkutane Mobilisierung und Straffung der Haut, Resektion des überschüssigen Anteils. Prognose: erneute Faltenbildung.
3.9.3.3 Facelifting Ätiopathogenese: Faltenbildung im Gesicht, psychische und berufliche Aspekte. Therapie: Subkutane Mobilisierung und Straffung der Haut sowie Resektion des überschüssigen Anteiles. Prognose: Durch Verlust der Hautelastizität erneute Faltenbildung.
3.9.3.4 Andere kosmetische Eingriffe Rhinoplastik, Lid- und Ohrenkorrektur, Bauchdeckenplastik, Oberschenkelstraffung. Hier wird auf die spezielle Literatur verwiesen.
Polytrauma
4. Polytrauma
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Polytrauma
Η. Zilch Definition: Das Polytrauma ist eine gleichzeitig entstandene Verletzung mehrerer Körperregionen oder Organsysteme, wobei wenigstens eine Verletzung oder die Kombination mehrerer Verletzungen lebensbedrohlich ist (Tscherne et al.). Neben der S u m m a t i o n der Einzelverletzungen kann auch eine isolierte Verletzung den Patienten zum Schwerverletzten machen, so daß die a u f z u f ü h renden Behandlungsrichtlinien in abgewandelter Form auch für diese Verletzten zur Anwendung k o m m e n müssen.
Definition: gleichzeitig entstandene Verletzung mehrerer Körperregionen oder Organsysteme mit lebensbedrohlichem Zustand.
Häufigkeit, Prognose: Die Zahl der Patienten mit einem Polytrauma hat nicht nur absolut zugen o m m e n (Motorradunfälle!), die Schwerverletzten erreichen darüber hinaus auch durch Verlagerung der Erstversorgung an den Unfallort häufiger lebend die Klinik. Die häufigste Ursache stellen Verkehrsunfälle dar, der Altersgipfel liegt zwischen dem 16. und 25.Lebensjahr, männliche Patienten sind häufiger als weibliche betroffen (Verhältnis 5:1). Obwohl alle Verletzungskombinationen möglich sind, gibt es doch Verletzungsschwerpunkte. So finden sich bei Schädel-Hirn-Verletzungen in 40 % bis 50 % Kombinationsverletzungen, in 22 % finden sich Thorax- und in 12 % stumpfe Bauchverletzungen. Das Urogenitalsystem ist in 2 - 4 % mitbetroffen. Die Letalität schwankt zwischen 25 und 70 %, die Mittelwerte liegen bei 3 0 - 4 0 %. Etwa 30 % sterben an Ateminsuffizienz. Die höchste Sterblichkeit liegt bei Verletzungen mindestens zweier Körperhöhlen und zusätzlicher Verletzung des Bewegungsapparates.
Häufigste Ursache: Verkehrsunfälle. Es gibt Verletzungsschwerpunkte mit Kombinationsverletzungen: - Schädel-Hirn-Verletzungen, - Thoraxverletzungen, - stumpfe Bauchverletzungen, Letalität: 25-70 %, 30 % der Verletzten versterben an Ateminsuffizienz. Höchste Sterblichkeit: bei Verletzung zweier Körperhöhlen mit Verletzung des Bewegungsapparates.
Behandlungsgrundsätze: Oberstes Ziel aller M a ß n a h m e n , vom Unfallort über Transport bis zur klinischen Betreuung, ist die Abwendung oder Beseitigung aller Störungen der vitalen Funktionen einschließlich des Schocks durch Aufrechterhaltung von Atmung und Kreislauf; Beseitigung der Hypovolämie und der Störung der 02-Versorgung, die zu einer schweren metabolischen Krankheit mit eigengesetzlichem Ablauf fuhren. Diese pathophysiologischen Veränderungen werden jedoch nicht erst durch einen Volumenmangel ausgelöst, sondern die sympathiko-adrenerge Reaktion wird sofort mit dem Unfallereignis eingeleitet und durch unterschiedliche Mechanismen verstärkt. Daher die Forderung nach schnellster und maximalster Versorgung der vitalen Funktionen. Beim Schwerverletzten erhöht jede halbe Stunde Therapieverzögerung die Letalitätsrate u m 300 %! Weiteres Ziel ist zwar die möglichst frühzeitige operative Versorgung aller Verletzungen, im Idealfall wie bei einer singulären Verletzung, es gilt aber vor einer zu großzügigen Sofortversorgung aller Verletzungen zu warnen, da sich das Operationsrisiko ungleich erhöht. Daher ist das Entscheidendste, die Dringlichkeit der einzelnen M a ß n a h m e n zu erkennen und die Prioritäten richtig zu setzen! Hierfür ist die vertrauensvolle Z u s a m m e n a r b e i t mehrerer Disziplinen, insbesondere zwischen Anästhesie und Chirurgie, Voraussetzung. Die Organisation, Koordination und die Erstellung des operativen Behandlungsplanes gehört in eine Hand, in die des erfahrenen Chirurgen bzw. Unfallchirurgen. Die zu erwartenden Operationen werden in 3 Dringlichkeitsstufen unterteilt. Behandlungsplan: Dieser u m f a ß t 6 Behandlungsphasen.
Behandlungsgrundsätze: oberstes Ziel: Abwendung aller Störungen der Vitalfunktionen, insbesondere: - Schock; - Aufrechterhaltung von Atmung und Kreislauf, - Beseitigung der Hypovolämie, - Aufrechterhaltung der 0 2 -Versorgung. Achtung: jede halbe Stunde Therapieverzögerung erhöht beim Schwerverletzten die Letalitätsrate um 30%. Vor einer zu großzügigen Sofortversorgung aller Verletzungen ist wegen Erhöhung des Operationsrisikos zu warnen. Folge: richtige Prioritätensetzung ist äußerst wichtig!
928 Der Behandlungsplan umfaßt 6 Behandlungsphasen mit 3 operativen Phasen:
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates 1. Reanimationsphase: Ziel ist die vorläufige Sicherstellung von Atem-, Herz- und Kreislauffunktion und die Erkennung lebensbedrohlicher Verletzungen. Die Diagnostik u m f a ß t EKG-Monitoring und die Röntgen-Thorax-Aufnahme. Z u fordernde Laboruntersuchungen: Hämatokrit, Blutzucker, Elektrolyte im Serum, arterielle Blutgasanalyse, Urinsediment, Laktat, Blutgruppe und Kreuzblut. Die Therapie konzentriert sich auf Schaffung ausreichender venöser Zugänge, Intubation und volumenkontrollierte Beatmung mit PEEP (positiv endexspiratorischer Druck), Volumensubstitution und Korrektur der metabolischen Azidose (Natriumbikarbonat). 2. Erste operative Phase. Die Indikation für eine Sofortoperation ist n u r bei akut lebensbedrohlichen Verletzungen gegeben: bei Thoraxverletzungen mit Bronchus- oder Tracheaabriß, beim Spannungspneumothorax und bei massiven arteriellen Blutungen: intraabdominell aus Leber oder Milz, retroperitoneal aus der Niere oder dem Nierengefäßstiel, Aortenruptur, Herzbeuteltamponade, Verletzungen großer Gefäße im Thorax und epidurales H ä m a t o m . Nur in Ausnahmesituationen sind bereits Extremitätenverletzungen zu versorgen, ζ. B. bei offener Beckenzertrümmerung mit arterieller Blutung. - Die anästhesiologische Intensivbetreuung in Diagnostik u n d Therapie wird selbstverständlich kontinuierlich fortgesetzt. 3. Erste Stabilisierungsphase. Sie hat die Stabilisierung der wichtigsten Organ- und Systemfunktionen z u m Ziel und damit die rasche Schaffung der Voraussetzung für die zweite Operationsphase. Die 3. Phase n i m m t M i n u t e n bis zu wenigen Stunden in Anspruch und verlangt das Rüstzeug der gesamten Intensivmedizin. Auf Verbrauchskoagulopathie ist zu achten. Die gezielte Diagnostik aller Verletzungsfolgen erfordert u. U. auch den Einsatz von Spezialuntersuchungen. 4. Zweite operative Phase. Verzögerte Primäroperationen werden nach kompensierter H ä m o d y n a m i k und adäquater Volumenauffüllung durchgeführt. Sie beinhalten Versorgungen von Verletzungen, die zwar im Augenblick nicht akut lebensbedrohlich sind, die aber lebensbedrohliche Komplikationen oder den Verlust von Organen oder G l i e d m a ß e n nach sich ziehen können: Verletzungen des Mediastinums, Mesenterialu n d Darmverletzungen, Verletzungen der Niere, der Harnblase, perforierende Augenverletzungen, gedeckte traumatische Aortenruptur. In dieser Phase werden auch offene Frakturen und solche bei Verbrennungen stabilisiert. Bei Vorliegen von Kombinationsverletzungen an Körperhöhlen und Extremitäten haben die ersteren Vorrang in der Versorgung. Allerdings stellt eine Schädel-Hirn-Verletzung oder Schädelfraktur ohne Zusatzverletzung keine Kontraindikation zur verzögerten Primärversorgung von Extremitätenverletzungen dar. U m die Operationszeit möglichst kurz zu halten, können zwei Operationsteams eingesetzt werden, oder die Operationen werden versetzt begonnen, d.h. während des Wundverschlusses der einen Versorgung wird bereits die zweite begonnen. Häufig wird auf wenig zeitaufwendige Osteosynthesen zurückgegriffen werden müssen u n d langwierige plastische Deckungen müssen unterbleiben. Bei multiplen Frakturen wird eine Versorgungsrangfolge festgelegt: Frakturen mit Gefäßverletzungen werden vor offenen Brüchen versorgt u n d diese vor körpernahen Frakturen. Sonst gilt proximal vor distal, d. h. ein Oberschenkelbruch wird vor einem Unterschenkelbruch versorgt. Sind beide unteren Extremitäten gebrochen, sollte eine möglichst durch Marknagelung zur schnellen Belastbarkeit gebracht werden. Diese Operation wird jedoch in der Regel erst in der dritten operativen Phase an-
Polytrauma gegangen, da vor einer primären Globalversorgung zu warnen ist: „Life before limb". Weitere Überlegungen k o m m e n beim Querschnittsgelähmten hinzu, der wegen der Gefahr eines Dekubitalgeschwüres bei zusätzlichen Extremitätenverletzungen nicht im Gipsverband ruhiggestellt werden kann. Alle nicht zu diesem Zeitpunkt zu versorgenden Extremitätenverletzungen werden konservativ korrekt versorgt, als m ü ß t e die Fraktur ausschließlich konsevativ durchbehandelt werden. Eine provisorische konservative Behandlung ist obsolet, auch wenn in den nächsten Tagen eine operative Stabilisierung geplant ist. Eine unvorhergesehene Komplikation kann diesen Plan vereiteln! 5. Zweite Stabilisierungsphase beansprucht in der Regel ein bis mehrere Tage, bis alle Organ- und Systemfunktionen normalisiert sind. D a n n erst können die Sekundäroperationen, Operationen mit aufgeschobener Dringlichkeit, in Angriff g e n o m m e n werden. 6. Dritte operative Phase: Innerhalb der ersten Woche sollten alle Frakturen, für die eine operative Indikation besteht, versorgt worden sein. Hierzu gehören neben den Extremitätenverletzungen die HNO-ärztliche und kieferchirurgische Versorgung. Bei einem Polytrauma wird die Indikation zur operativen Versorgung von Extremitätenbrüchen großzügiger gestellt. Die rasche F u n k t i o n s a u f n a h m e verbessert die Pflege und die Mobilisation und unterstützt damit auch die Normalisierung auf respiratorischem Gebiet. Die ausschließliche Rückenlage und die Beschwerden, insbesondere bei r u m p f n a h e n Frakturen bei konservativer Therapie, stört das Verhältnis zwischen Ventilation und Perfusion.
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930 Chirurgie der Weichteile
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
5. Chirurgie der Weichteile H. Zilch
Sehnenrupturen man unterscheidet: - offene Risse (Stich- und Schnittverletzungen), - geschlossene subkutane Risse (bei Degeneration des kollagenen Fasergewebes).
1. Achillessehnenruptur Häufigster subkutaner Sehnenriß. Entstehung oft bei sportlicher Betätigung. Vorschaden durch Kortisoninjektion.
Lokalisation meist 3 - 4 cm oberhalb des Ansatzes. Diagnose: - krachendes, knallendes, peitschenschlag artiges Geräusch, - akuter Schmerz (der rasch nachläßt), - tastbare Delle in Bauchlage, - keine Plantarflexion bei Druck auf Wade, - fehlender Achillessehnenreflex, - aktive Plantarflexion schmerzhaft und kraftarm. Röntgenaufnahme zum Aufschluß knöcherner Verletzungen. Weichteilröntgenaufnahme: Unterbrechung des Dreiecks zwischen Sehne, Tibia und Kalkaneus. Therapie: operativ durch direkte Naht. Naht des peritendinösen Gleitgewebes! Bei knöchernem Ausriß: Verschraubung. Immobilisation für 3 Wochen im Oberschen kelgips, weitere 3 Wochen Unterschenkelgips, 2 Monate Absatzerhöhung von 1 cm. 2. Bizepssehnenriß Ursache Degeneration —»Verrutschung des Muskelbauches nach distal, dort sichtbar. Symptome: plötzlicher Schmerz, minimaler Funktionsverlust. Therapie: selten operative Indikation, dann aber Aufsteppung der Sehne auf den kurzen Muskelbauch. Distaler Ausriß (selten): Reinsertion.
3. Quadrizepssehnenriß Riß durch Degeneration und plötzliche passive Bewegung (Sturz). Knöcherner Ausriß: rein traumatisch bedingt.
5.1 Sehnenrupturen Man unterscheidet offene durch Stich- und Schnittverletzungen von geschlossenen, subkutanen Rissen. Letztere setzen eine Degeneration des bradytrophen kollagenen Fasergewebes voraus, die ζ. B. durch rezidivierende Mikrotraumen begünstigt wird. Eine gesunde Sehne hält den äußeren Gewalteinwirkungen stand, es kommt eher zu einem knöchernen Sehnenausriß (Abrißfraktur). Daher kommt dem Unfallereignis lediglich die Bedeutung einer Gelegenheitsursache zu. Dies hat erhebliche versicherungsrechtliche Relevanzen.
5.1.1 Achillessehnenruptur Ursachen: Häufigster subkutaner Sehnenriß mit degenerativem Vorschaden. Deutliche Zunahme der Erkrankung in den letzten 20 Jahren durch Breitensport mit Untrainierten. Das „Trauma" ist eine alltägliche Belastung: Start beim Sprint, Absprung, Fehltritt an der Bordsteinkante u. ä. Bei Leistungssportlern häufig Vorschaden durch Kortisoninjektionen. Lokalisation: Meist 3 - 4 cm oberhalb des Ansatzes, selten in Wadennähe am Übergang S e h n e - M u s k e l (medialer Gastroknemiuskopf betroffen). Beim knöchernen Sehnenausriß ist die Sehne nicht degenerativ vorgeschädigt. Diagnose: Anamnese mit Angabe eines krachenden, knallenden oder peitschenschlagartigen Geräusches und akuten Schmerzes, der rasch nachläßt. Tastbare Delle in Bauchlage. Die intakte Plantarissehne kann einen partiellen Riß, der jedoch extrem selten ist, vortäuschen! Bei Druck auf die Wade keine Plantarflexion, fehlender Achillessehnenreflex. Aktive Plantarflexion schmerzhaft und kraftarm, aber durch intakte Plantarissehne und tiefe Unterschenkelbeuger möglich. Jedoch Einbeinzehenstand unmöglich. Röntgenaufnahmen zeigen die Unterbrechung des Dreiecks zwischen Sehne, Tibia und Kalkaneus. Trotz der eindeutigen Symptome werden 5 - 1 0 % der Rupturen übersehen! Therapie: Operativ, meist direkte Naht möglich, evtl. mit Einflechten der distal gestielten Plantarissehne. Naht des peritendinösen Gleitgewebes! Bei veralteten Rupturen Umkipp- oder Griffelschachtelplastik, bei knöchernem Ausriß Verschraubung. Immobilisation für 3 Wochen im Oberschenkelliegegips in Spitzfußstellung und Kniebeugung von 30°, für weitere 3 Wochen im Unterschenkelgehgips in Neutralnullstellung des Sprunggelenkes. Danach für 2 Monate Absatzerhöhung von 1 cm zur Entlastung der Sehne.
5.1.2 Bizepssehnenriß Durch Degeneration reißt die lange Bizepssehne im Sulcus intertubercularis durch ein Bagatelltrauma. Der Muskelbauch verrutscht nach distal und wölbt sich dort sichtbar vor. Beim Ereignis verspürt der Patient einen plötzlichen Schmerz. Der Funktionsverlust ist minimal. Daher und wegen der Degeneration der Sehne ist eine Operation selten indiziert. Dann wird die Sehne auf den kurzen Muskelbauch bzw. Sehne aufgesteppt. Der seltene distale Ausriß erfordert immer eine Reinsertion, da Beugung und Supination stark behindert sind. Die Naht erfolgt transossär durch die Tuberositas radii.
5.1.3 Quadrizepssehnenriß Riß durch Degeneration in der 2. Lebenshälfte durch plötzliche passive Beugung, ζ. B. beim Sturz rückwärts.
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Chirurgie der Weichteile Lokalisation: Oberhalb der Patella oder im Lig patellae. Bei traumatischem Riß häufig mit knöchernem Ausriß am distalen Patellapol oder der Tuberositas tibiae (Abrißfraktur). Diagnostik: Riß schmerzhaft, bei vollständigem Riß fehlende Streckung im Kniegelenk, tastbare Delle, Patellatiefstand (bei proximalem Riß), evtl. Hämarthros. Therapie: Möglichst frühzeitige Operation mit Naht der zerrissenen Sehnenanteile. Bei Riß des Lig. patellae zusätzliche Drahtnaht mit Verankerung im Knochen zur Sicherung der Bandnaht. Ruhigstellung für 6 Wochen im zirkulären Oberschenkelliegegips.
Diagnostik: - schmerzhafter Riß, - tastbare Delle, - Patellatiefstand, - evtl. Hämarthros. Bei vollständigem Riß: fehlende Streckung im Kniegelenk. Therapie: operativ mit Naht der zerrissenen Sehnenanteile. Ruhigstellung für 6 Wochen im Oberschenkelliegegips.
5.1.4 Ruptur der Rotatorenmanschette
4. Ruptur der Rotatorenmanschette frühzeitige Degeneration bedingt Schwellung —» Einengung des subakromonialen Raumes für die Supraspinatussehne —> Kalkablagerung in der Sehne verursacht —»reaktiv Rißbildung —* Endzustand schmerzhafte Schultersteife.
Die Rotatorenmanschette bildet mit den platten Endsehnen der Mm. supraund infraspinatus, subscapularis und teres minor das haubenförmige Dach des Schulergelenkes. Dadurch wird das Schultergelenk vom sog. subakromonialen Nebengelenk, der Brusa subacromonialis, getrennt, die häufig mit der Bursa subdeltoidea kommuniziert. Die Integrität dieser Gleiträume ist für die ungehinderte Funktion des Schultergürtels entscheidend. Pathogenese: Durch ihren chondralapophysären Ansatz ist im knorpligen Teil ein Ort der Minderdurchblutung vorgegeben. Eine frühzeitige Degeneration bedingt eine Schwellung, damit eine Einengung des subakromonialen Raumes zwischen Tuberculum majus, Akromion und Lig. coracoacromoniale, insbesondere für die Supraspinatussehne (Supraspinatus-Syndrom). Kalkablagerungen (Hydroxyapatitkristalle) in der Sehne oder in der Bursa (Tendopathia calcificans oder Bursitis calcarea) verursachen reaktiv eine Rißbildung. Durch Verlöten des subakromonialen Gleitraumes entsteht als Endzustand die schmerzhafte Schultersteife (Frozen shoulder). Als Sammelbegriff all dieser Funktionsstörungen dient die Bezeichnung Periarthropathia humeroscapularis. Da eine Entzündung nur gelegentlich begleitend oder reaktiv auftritt, ist die Bezeichnung Periarthritis humeroscapularis (Duplay) veraltet. - Ohne Degeneration reißen die Rotatorensehnen mit einer knöchernen Lamelle aus (Abrißfraktur). Symptomatologie: Ζ. T. heftige Schmerzen, insbesondere bei Abduktion zwischen 60 und 120°, da die Supraspinatussehne im subakromonialen R a u m eingeengt wird (schmerzhafter Bogen). Bei gleichzeitiger Außenrotation Abnahme der Schmerzen, da das Tuberculum majus unter das Akromion weggedreht wird. Pseudoparalytische Form bei Unfähigkeit, den Arm aktiv zu abduzieren. Diagnose: Druckschmerz an den Sehnenansätzen (Tubercula). Infolge Schonung partielle Schultereinsteifung (zunächst Drehbewegungen) und beginnende Muskelatrophie. Bei Riß der Supraspinatussehne kann der Arm nicht abduziert werden, da der Kraftvektor des Deltamuskels am oberen Rand des Glenoids vorbeizieht. Röntgenologisch imponiert daher häufig ein Hochstand des Humeruskopfes. Der Sehnenriß wird durch die Arthrographie bewiesen, da das Kontrastmittel in die Bursa subacromonialis und subdeltoidea austritt (Abb. 33-44b). Therapie: Bei degenerativem Riß und noch freier Gelenkbeweglichkeit: konservativ mit bis 4wöchiger Ruhigstellung in einer Thoraxarmabduktionsschiene, Kryotherapie, Antiphlogistica. Bei schmerzhafter Schultersteife: Leitungsanästesie des N. supraspinatus und Injektion in die Bursa subakromonialis; Moorpackungen, krankengymnastische Behandlung; wenn nach 10 Tagen keine Besserung auftritt, Mobilisation in Narkose. Bei jüngeren Patienten oder bei knöchernem Ausriß: operative Refixation der gerissenen Sehne. Bei veralteten Fällen mit Schmerzen: Akromionplastik mit Resektion des Lig. coracoacromoniale.
Bezeichnung dieser Funktionsstörung: Periarthropathia humeroscapularis.
Symptome: heftige Schmerzen, besonders bei Abduktion, schmerzhafter Bogen Bei gleichzeitiger Außenrotation: Abnahme der Schmerzen. Pseudoparalytische Form mit Unfähigkeit, den Arm aktiv zu abduzieren. Diagnose: Druckschmerz an den Sehnenansätzen, bei Riß der Supraspinatussehne: keine Abduktion des Armes. Röntgen: Hochstand des Humeruskopfes, Sicherung der Diagnose: Arthrographie. Therapie: bei Riß mit freier Gelenkbeweglichkeit: konservativ mit4wöchiger Ruhigstellung in Thoraxabduktionsschiene. Bei schmerzhafter Schultersteife: Leitungsanästhesie und Injektion in die Bursa subakromonialis, Moorpackungen, Krankengymnastik.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
932 Wenn keine Besserung: Mobilisation in Narkose. Bei jüngeren Patienten oder knöchernem Ausriß: operative Refixation der gerissenen Sehne.
Abb. 33-44b Bei einem Riß der SupraspinatusSehne (3) kommuniziert die Bursa subakromonialis (8) mit dem Gelenkinnenraum (9, mit Rezessus axillaris) (1 Akromion, 2 Klavikula, 4 Tuberkulum majus, 5 Caput humeri, 6 Cavum glenoidale, 7 Proc. coronoideus)
Bei veralteten Fällen mit Schmerzen: Akromionplastik mit Resektion des Lig. coracoacromoniale.
Paratendinosen, Insertionstendopathien
5.2 Paratendinosen und Insertionstendopathien
Bei mechanischer Über- und Dauerbelastung —» chronische Schädigung des para- oder peritendinösen Gewebes mit Verdickung (Beispiel: Achillodynie) Behandlung: Entlastung, operative Spaltung des Gewebes. Insertionstendopathie: Schädigung der kollagenen Fasern der Sehnenansätze Beispiel: Epicondylitis humeri radialis. Therapie: kurzzeitige Ruhigstellung, lokale Injektion, bei Therapieresistenz: Hohmann-Diszision.
Bei mechanischer Über- und Dauerbelastung kann es zur chronischen Schädigung des para- oder peritendinösen Gewebes mit Verdickung kommen. Beispiel: Achillodynie des Langstreckenläufers, die durch Entlastung, in hartnäckigen Fällen durch operative Spaltung des Gewebes, behandelt wird. Auch Sehnensätze können im Sinne einer Insertionstendopathie durch Qualitätseinbuße der kollagenen Fasern geschädigt werden. Das bekannteste Beispiel ist die
Bursitis Akute Bursitis: bei Einblutung Abpunktierung, bei offenen Verletzungen Bursektomie.
5.3 Bursitis
Chronische Bursitis: Entstehung durch chronische Reizung. Behandlung: Bursektomie.
Ganglien (Überbeine) Zystische Ausstülpung der Gelenkinnenhaut oder Sehnenscheiden. Lokalisation: Streckseite des Handgelenkes, Kniekehle, Fußrücken. Therapie: Exstirpation.
Epicondylitis humeri radialis (Tennisellenbogen). Therapie: Kurzzeitige Ruhigstellung, lokale Injektionen, z.B. mit Orgotein, bei Therapieresistenz Hohmann-Diszision (Einkerbung der Strecksehne am Epicondylus radialis).
Bursae über Knochenvorsprünge können durch ein direktes Trauma einbluten (akute Bursitis). Sie werden abpunktiert, anschließend Kompressionsverband anlegen. Bei offenen Verletzungen Bursektomie zur Vermeidung einer Fistel. - Durch chronische Reize entsteht die chronische Bursitis, z.B. Bursitis praepatellaris (Fliesenleger), Bursitis olecrani, Bursitis subdeltoidea, Bursitis trochanterica. Konservative Therapie meist zwecklos, daher Bursektomie. bei eitriger Entzündung (Bursitis purulenta) Gefahr eines Pyarthros (Bursitis praepatellaris purulenta).
5.4 Ganglien „Überbeine", zystische Ausstülpungen der Gelenkinnenhaut oder Sehnenscheiden. Typische Lokalisation: Streckseite des Handgelenkes, Kniekehle, Fußrücken. Therapie: Exstirpation. Rezidivquote bei 25 % (s. auch 3.4.2)!
Spezielle orthopädische Erkrankungen
6. Spezielle orthopädische Erkrankungen
933 Spezielle orthopädische Erkrankungen
R. Wolff Die Orthopädie beschäftigt sich mit Erkrankungen und Mißbildungen des Stütz- und Bewegungsapparates bzw. deren Prävention. Z u m Orthopäden führen: Formabweichung, gestörte Funktion, Schmerz. Wesentlich für die Diagnostik ist neben der Anamnese die eingehende klinische Untersuchung, erst dann folgen radiologische (Röntgenaufnahmen, Computertomographie, Szintigraphie) und laborchemische Maßnahmen.
Wichtig für orthopädische Diagnostik ist: - Anamnese, - eingehende klinische Untersuchung, - radiologische Untersuchung (Röntgen, CT, Szintigraphie), - laborchemische Untersuchungen.
6.1 Untersuchungstechnik am Bewegungsapparat
Untersuchungstechnik am Bewegungsapparat
6.1.1 Beurteilung des G a n g b i l d e s
1. Beurteilung des Gangbildes - flüssiger Gang, - Schmerzhinken, - Verkürzungshinken, - Trendelenburg-Hinken, - Duchenne-Hinken. 2. Untersuchung im Stehen Von vorn: Beurteilung der Beinachsen, Spreizen der Füße mit Ent- und Belastung läßt erkennen: Senkfuß, Spreizfuß, Hohlfuß. Tasten der Spina iliaca läßt erkennen: Bekkengerad-, Beckentiefstand.
(flüssiger Gang, Schmerzhinken, Verkürzungshinken, Trendelenburg-Hinken, Duchenne-Hinken) 6.1.2 U n t e r s u c h u n g im Stehen 1. Der entkleidete Patient wird von vorne beurteilt; zunächst bei paralleler Fußstellung Beurteilung der Beinachsen (Genua vara bzw. valga, Crura vara bzw. valga, Rotationsfehlstellung - Beurteilung der Ausrichtung der Patella). Leichtes Spreizen der Füße sowie deren Ent- und Belastung läßt die Form erkennen: Senkfuß, Spreizfuß, Hohlfuß. Durch Tasten der Spina iliaca anterior superior beiderseits lassen sich Beckengerad- bzw. -tiefstand beurteilen. 2. Seitliche Betrachtung: Hier sind Form der Wirbelsäule (Rundrücken, Flachrücken, Hohlkreuz), eine eventuelle Beckenkippung sowie im Zusammenhang mit der Untersuchung von vorne die Form des Brustkorbes (Trichterbrust, Kielbrust) zu beurteilen. 3. Betrachtung von hinten: Hier ist zunächst der Schulterstand (Schultertiefstand) und durch Abfahren der Dornfortsätze die Form der Wirbelsäule (Seitausbiegung?) zu beurteilen. Unterschiedlich geformte Taillendreiecke können Hinweise für eine Skoliose sein. 6.1.3 S u m m a r i s c h e F u n k t i o n s p r ü f u n g Untersucht werden Nackengriff, Schürzengriff, die Beckenkippung beim Einbeinstand (Trendelenburg-Zeichen: bei Insuffizienz der Glutealmuskulatur sinkt beim Stand auf dem erkrankten Bein das Becken zur gesunden Seite ab). Bei der folgenden Prüfung der Wirbelsäulenbeweglichkeit ist auf den Finger-Boden-Abstand bei Inklination sowie die Entfaltung der Lendenwirbelsäule (Veränderung des Abstandes der Dornfortsätze LWK I - L W K V, Schober-Index) zu achten. Eine Rotationsfehlstellung der Wirbelsäule führt bei Inklination zu einer vermehrten Lendenwulst bzw. einem Rippenbuckel, beides typische Zeichen für eine Seitausbiegung bzw. Skoliose. Bei Bandscheibenirritationen sind Ausweichbewegungen typisch. 6.1.4
Bewegungsprüfung
Messung und Angabe der erhaltenen Werte erfolgen nach der Neutral-NullMethode (s. 1.1.2). Die erste Zahl gibt die Bewegung vom Körper weg an, die zweite ist in der Regel die Neutral-Null-Stellung, die dritte die Bewegung zum Körper hin. Gleichzeitig mit jeder Bewegungsprüfung erfolgt die Palpation. Muskuläre Verspannungen werden beschrieben, ebenso druckdolente Ursprünge von Muskelgruppen.
Seitliche Betrachtung: - Form der Wirbelsäule, - evtl. Beckenkippung, - Form des Brustkorbes (zusammen mit Frontbetrachtung). Von hinten: - Schulterstand, - Form der Wirbelsäule (Abfahren der Dornfortsätze), - Form der Taillendreiecke (Skoliose). 3. -
Summarische Funktionspriifung Nackengriff, Schützengriff, Beckenkippung beim Einbeinstand (Trendelenburg-Zeichen), - Prüfung der Wirbelsäulenbeweglichkeit: Lendenwulst, Rippenbuckel: Skoliose, - Ausweichbewegungen: Bandscheiben irritation.
4. Bewegungsprüfung Bewertung nach Neutral-Null-Methode (s. 1.1.2).
934 5. Untersuchung von Gelenken, Gelenkplatte, Wirbelsäule - Prüfung von Inklination, - Reklination, - Seitwärtsbewegung, - Rotation, - Druckschmerz, - Klopfschmerz, - Finger-Boden-Abstand, - Schobersches Zeichen. Schultergelenke: Prüfung von: - Anteversion, - Retroversion, - Abduktion, - Adduktion, - Innenrotation, - Außenrotation, - Druckschmerzhaftigkeit der Rotatorenmanschette. Klinisch relevant ist der sog. „Painful arc". Ellenbogengelenk: Geprüft wird: - Flexion und Extension, - Pro- und Supination, - Palpation der Ursprünge an Extensoren und Flexoren. Klinische Relevanz: Insertionstendopathie: Schmerz bei Druck auf Extensoren und Flektoren für Hand und Finger. Schmerzverstärkung bei Extension der Hand gegen Widerstand (Thomas-Handgriff). Differentialdiagnose beachten. Handgelenk, Fingergelenke: - aktive und passive Beweglichkeit der Gelenke, - Beschwielung der Hand, - Muskelarthrophien, - Spitzgriff, - Schlüsselgriff, Hakengriff, - Fingerkuppenabstand zu Hohlhandbeugefalte bei Faustschluß. Klinische Relevanz: - PcP: Ulnardeviation der Finger in den Grundgelenken, - Heberdenarthrose: Knotenbildung im Bereich der Fingergelenke, - Morbus Dupuytren: narbige Verwachsung der Palmarfaszie, Kontrakturen der Fingergelenke, Beschwielung, - Nervenstörungen: - Schädigung des N. medianus: Muskelatrophien im Daumenballenbereich. - Schädigung des N. ulnaris: Finger können nicht gespreizt werden (besonders kleiner Finger). Hüftgelenk: Prüfung von: - Extension, Flexion, - Abduktion/Adduktion, - Außenrotation/Innenrotation. Klinische Relevanz: - arthrotische Veränderung: schmerzhafte Einschränkung der Beweglichkeit im Hüftgelenk,
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates 6.1.5 Untersuchung der einzelnen Gelenke bzw. Gelenkketten Wirbelsäule: Prüfung von Inklination, Reklination, Seitwärtsbewegung, Rotation, Prüfung auf Druckschmerz und Klopfschmerz (Dornfortsätze, Iliosakralgelenke), Finger-Boden-Abstand, Schober-Zeichen. Schultergelenke: Prüfung von Retroversion und Anteversion (40/0/160°), Abduktion/Adduktion (170/0/40°), Außenrotation/Innenrotation (80/0/60°) (bei anliegendem und 90°-abduziertem Arm). Die Rotatorenmanschette wird auf Druckschmerzhaftigkeit geprüft; ebenso, ob sich bei isometrischer Kontraktion des entsprechenden Muskels der Schmerz verstärkt. Klinische Relevanz: „Painful arc", bei passiver Abduktion des Armes klagt der Patient im Winkelbereich von etwa 5 0 - 9 0 Grad über Schmerzen. Der Druck auf die degenerativ veränderte Supräspinatussehne in der Enge zwischen Acromion und Tuberculum majus ist hier die Ursache. Bei Insertionstendopathien ist jeweils der Fingerdruck auf den Ansatz der Außen- bzw. Innenrotatoren schmerzhaft. Die Schmerzangabe wird verstärkt, wenn der Patient den Arm gegen Widerstand nach auswärts bzw. einwärts dreht. Ellenbogengelenk: Geprüft wird Extension und Flexion (5/0/140°). Supination und Pronation (90/0/90°). Anschließend werden die Ursprünge der Extensoren und Flexoren palpiert. Klinische Relevanz: Schmerzen beim Druck auf den Ursprung der Extensoren für Hand und Finger (Epicondylus radialis) bzw. der Flexoren (Epicondylus ulnaris) weisen auf eine Insertionstendopathie hin („Tennisellenbogen", Epicondylitis humeri). Die Schmerzen im Bereich des Epicondylus radialis verstärken sich, wenn der Patient die Hand gegen Widerstand extendieren soll (Thomas-Handgriff). Differentialdiagnose: Degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule mit Einengung von Nervenwurzeln, Engpaßsyndrome von Ästen des N. radialis (Supinator-Schlitz-Syndrom). Handgelenk, Fingergelenke: Geprüft werden aktive und passive Beweglichkeit der Gelenke (Handgelenk 60/0/60°). Beschwielung der Hand, trophische Störungen und Muskelatrophien werden beschrieben. Anschließend Prüfung von Spitzgriff, Schlüsselgriff, Hakengriff sowie Fingerkuppen-Abstand zur queren Hohlhandbeugefalte beim Faustschluß. Klinische Relevanz: Patienten mit PcP zeigen im fortgeschrittenen Stadium eine Ulnardeviation der Finger in den Grundgelenken. Knotenbildungen im Bereich der Fingergelenke können Zeichen einer Heberden- bzw. Bouchard-Arthrose sein. Narbige Verwachsungen der Palmarfaszie mit Kontrakturen der Fingergelenke sind Zeichen eines Morbus Dupuytren. Die Beschwielung gibt Auskunft, ob mit der Hand gearbeitet wird und über Nervenstörungen. Muskelatrophien im Bereich des Daumenballens können Zeichen einer Schädigung des N. medianus (motorischer Ast) sein (Prüfung des Spitzgriffes). Können die Finger nicht gespreizt werden, ist insbesondere die Anspreizung des kleinen Fingers nicht möglich, spricht dies für eine Schädigung des N. ulnaris (Ausfall der Mm. interossei). Hüftgelenk: Geprüft werden in Rückenlage Extension/Flexion (10/0/130°), Abduktion/Adduktion (40/0/30°) und Außenrotation/Innenrotation (40/0/30°) (Knie und Hüfte rechtwinklig gebeugt). Ein Streckdefizit im Hüftgelenk kann durch eine vermehrte Lordosierung der Lendenwirbelsäule ausgeglichen werden. Durch Anwinkeln des Gegenbeines (Knie auf die Brust) wird dieser Ausgleich vermieden (Thomas-Handgriff)· Klinische Relevanz: Bei arthrotischen Veränderungen ist die Beweglichkeit im Hüftgelenk schmerzhaft eingeschränkt, beginnend mit der Rotation. Bei
Spezielle orthopädische Erkrankungen Säuglingen mit Hüft(sub-)luxation ist die Abspreizung behindert (ferner besteht eine Faltenasymmetrie im Bereich der Glutealregion). Bei der Epiphyseolysis capitis femoris ist die Innenrotationsbeweglichkeit vermindert (Drehmann-Zeichen). Ein veränderter CCD- oder Antetorsionswinkel beeinflußt ebenfalls die Rotationsbeweglichkeit. Bei der Coxa saltans springt der Tractus iliotibialis über den Trochanter major. Kniegelenk: Neben Prüfung der Beweglichkeit (5/0/130°) ist hier auf die Bandstabilität, Ergußbildung, retropatellaren Knorpelschaden und Meniskussymptomatik sowie das Relief der Oberschenkelmuskulatur zu achten. Es wird jeweils versucht, durch mechanische Beanspruchung der verletzten Struktur deren Funktionsverlust nachzuweisen bzw. einen Schmerzreiz zu provozieren. Klinische Relevanz: Läßt sich das (leicht gebeugte) Knie im Valgussinne aufklappen, ist das Innenband rupturiert (ist das gestreckte Knie aufklappbar, muß auch die hintere Gelenkkapsel eingerissen sein). Läßt sich der Tibiakopf gegen die Femurkondylen beim gebeugten Knie nach vorne ziehen (vordere Schublade), ist das vordere Kreuzband rupturiert. (Eine isolierte vordere Kreuzbandruptur läßt sich besser durch den Lachmann-Test nachweisen: der fast gestreckte Unterschenkel wird gegen den Oberschenkel verschoben. Die muskuläre Stabilisierung läßt sich hierbei überspielen.) Weitere Untersuchungen s. 2.4.3 Bei Ergüssen im Kniegelenk sammelt sich die Flüssigkeit im oberen Gelenkrezessus. Wird er mit einer Hand ausgedrückt, schwimmt die Patella auf, sie läßt sich federnd auf die Kondylen drücken („tanzende Patella"). Ein längere Zeit bestehender blutiger Erguß führt zur enzymatischen Knorpelandauung, er muß daher abpunktiert werden. Fuß: Hier ist die Beweglichkeit im oberen (20/0/40°) und unteren Sprunggelenk sowie in den Zehengelenken zu prüfen. Die Beschwielung gibt Auskunft über die Druckverteilung beim Belasten. Die Stabilität des oberen Sprunggelenkes wird - wie beim Kniegelenk - durch Aufklappversuche (Ruptur des Lig. fibulocalcaneare) und Schubladenbewegung (Lig. fibulotalare anterius) überprüft.
6.1.6 Röntgenuntersuchung Bei der Beurteilung der Röntgenbilder ist auf Veränderungen der Knochenstruktur (ζ. B. zystische Aufhellungen bzw. Verdichtungen) zu achten. Bei Gelenken ist die Weite des Gelenkspaltes (Verschmälerung bei Arthrose, Erweiterung bei Erguß) sowie die begrenzende Kontur (glatt, wellig, formschlüssig) zu beurteilen. Randwulstbildungen bzw. exophytäre Knochenausziehungen sind Zeichen degenerativer Veränderung. Gehaltene Röntgenaufnahmen (Knie-, Sprunggelenk) dokumentieren Bandverletzungen. Hier ist die gesunde Gegenseite zum Vergleich ebenfalls darzustellen (Ausschluß einer physiologischen Bandlaxität).
6.1.7 Weitere Untersuchungstechniken Kontrastmitteldarstellungen (Arthrographie) können zum Nachweis einer Ruptur der Rotatorenmanschette oder einer vom Kniegelenk ausgehenden Zyste angezeigt sein. Arthroskopisch lassen sich fragliche Kniebinnenschäden abklären (Flake fracture, Meniskusläsion, Kreuzbandläsion, Knorpelschaden). Ein neurologischer Status gehört ebenfalls zur orthopädischen Untersuchung (Sensibilitätsstörungen, Paresen, Ischiadikusdruckpunkte, LasegueZeichen, - d. h. Ischiadikusdehnungsschmerz - , Reflexverhalten). An weiterführenden Untersuchungsmethoden stehen schließlich zur Verfügung: Myelographie (bei Bandscheibenvorfall zur Sicherung der bereits vorher durch neurologische Untersuchung vermuteten Etage), Tomographie, Computertomographie, Szintigraphie (Aktivitätsbeurteilung von Knochenumbauvorgängen) und Laboruntersuchungen (ζ. B. Rheumafaktoren, HLA-B27).
935
- Epiphyseolysis: Innenrotationsbeweglichkeit vermindert. - Coxa saltans: Springen der Tractus über den Trochanter. Kniegelenk: Prüfung von: - Beweglichkeit, - Bandstabilität, - Ergußbildung, - Knorpelschaden, - Meniskussymptomatik, - Relief der Oberschenkelmuskulatur. Klinische Relevanz: Ruptur des Innenbandes: Aufklappbarkeit des Knies im Valgussinne. Ruptur des vorderen Kreuzbandes: Nachvorneziehen des Tibiakopfes beim leicht (30°) gebeugten Knie, Ergüsse im Kniegelenk: Ansammlung von Flüssigkeit im oberen Gelenkrezessus (Jeder bestehende blutiger Erguß: Abpunktierung).
Fuß: Prüfung von: - Beweglichkeit im oberen und unteren Sprunggelenk, - Beweglichkeit in den Zehengelenken, - Stabilität des oberen Sprunggelenkes durch Aufklappversuche und Schubladenbewegung. 6. Röntgenuntersuchung - Beurteilung der Veränderung der Knochenstruktur (Aufhellungen, Verdichtungen), - Weite des Gelenkspaltes und Kontur, - Randwulstbildungen, - Knochenausziehungen, gehaltene Röntgenaufnahmen: bei Bandverletzungen (Seitenvergleich).
7. Weitere Untersuchungstechniken Kontrastmitteldarstellungen bei: Ruptur der Rotatorenmanschette, Zyste vom Kniegelenk ausgehend. Arthroskopie: Aufklärung von Kniebinnenschäden, Neurologischer Status.
XXXIII. C h i r u r g i e des Bewegungsapparates
936 Angeborene Deformitäten
6.2 Angeborene Deformitäten
1. Hüftdysplasie und „angeborene" Hüftgelenksluxation Ausscheren des Hüftkopfes aus der Pfanne —> Huftluxation. Zwischenstadium: Subluxation. Entstehung durch familiäre Disposition, evtl. hormonelle Beeinflussung, Steiler Pfannendachwinkel, Flache Pfanne = Pfannendyspla-
6.2.1 Hüftdysplasie und sog. a n g e b o r e n e H ü f t g e l e n k s l u x a t i o n Definition: Angeborene Fehlentwicklung der Hüftpfanne (steiler Pfannendachwinkel und zu flache Pfanne), verbunden mit Coxa valga und antetorta. Diese Komponenten begünstigen zusammen mit einem schlaffen KapselBandapparat das allmähliche Ausscheren des Hüftkopfes aus der Pfanne, also die Entstehung der Hüftluxation. Zwischenstadium ist die Subluxation. Also:
Symptome: Achtung: Überprüfung der Hüfte ist wichtiger Teil der Säuglingsvorbeugeuntersuchung!
Verdacht auf Hüftluxation bei:
Diagnose: Röntgenbild im Alter von 3 Monaten. Vorher: Sonographie
Dysplasie —»• Subluxation —» Luxation —» hochstehende Luxation. Angeboren ist demnach nur die Pfannendysplasie, die Luxation erfolgt erst später. Ätiologie: Familiäre Disposition (unregelmäßig dominantes, polyfaktorielles Erbleiden), evtl. hormonelle Beeinflussung. Epidemiologie: Häufigkeit der Hüftdysplasie liegt in Deutschland bei ca. 4 % der Neugeborenen, mit 2 % manifester Luxation. Verhältnis erkrankter Mädchen zu Jungen etwa 6:1. Häufigste Skelettmißbildung. Klinische Symptomatik und Diagnostik: Wegen der einschneidenden Konsequenzen beim Nichterkennen und der andererseits guten therapeutischen Aussichten bei frühzeitiger Therapie ist die Überprüfung der Hüfte wichtiger Teil jeder Säuglingsvorsorgeuntersuchung. Der Verdacht auf Hüftluxation besteht bei • Faltenasymmetrie (Glutealregion) • Abduktionsbehinderung (normal: 80-90°) • Glissement: Hüftkopf läßt sich durch Zug und Druck am Oberschenkel verschieben • Knietiefstand (falls einseitig) • Roser-Ortolani-Schnapp-Phänomen (Ausrenkungsphänomen, der Hüftkopf wird bei rechtwinkliger Beugung, Außenrotation, Adduktion und Druck nach dorso-lateral an den Pfannenrand in Subluxationsstellung gedrückt, er schnappt bei Abduktion wieder zurück) • positiver Trendelenburg (bei älteren Kindern).
Beweisend ist das Röntgenbild, spätestens im Alter von 3 Monaten: ζ. B. Unterbrechung der Menard-Shenton-Linie, Höhenabstand der proximalen Femurmetaphyse von der Hilgenreiner-Linie, Beurteilung des Pfannendachwinkels (Abb. 33-45 a). Vor dem 3. Monat stellen sich die knorpeligen Anteile von Pfannendach und der Knochenkern des koxalen Femurendes nicht dar. Die Sonographie ermöglicht die Diagnosestellung bereits im Neugeborenenalter.
Pfannendach winke!
.
Hilgenreiner
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Abb. 33-45a Zeichen der Hüftluxation
Spezielle orthopädische Erkrankungen Therapie: Ziel ist ein optimales Einstellen des Kopfes in die P f a n n e sowie ein V e r h i n d e r n des Herausgleitens. Säuglinge m i t V e r d a c h t auf instabile H ü f t e ( H ü f t l u x a t i o n ) werden m i t Spreizhose versorgt, evtl. breit gewickelt.
F ü r die Einstellung einer (Sub-)Luxation bei Säuglingen b e s t e h e n die folgenden Möglichkeiten:
937 Therapie: Einstellung des Kopfes, Verhinderung des Herausgleitens. Bei Säuglingen: Spreizhose. Einstellung einer Subluxation:
- B a n d a g e n ( H o f f m a n n - D a i m l e r , Pavlik) ( A b b . 3 3 - 4 5 b ) - E x t e n s i o n s m a ß n a h m e n a m g e s a m t e n Bein - Einstellung d u r c h verstärkte B e u g u n g u n d verringerte A b d u k t i o n (Apparat n a c h H a n a u s e k ) Extensionsverfahren: Längszug m i t z u n e h m e n d e r A b s p r e i z u n g zur Länge-Stellung oder O v e r h e a d - E x t e n s i o n mit l a n g s a m e r A b s p r e i z u n g zur mitigierten Lorenz-Stellung (Eine extreme Lorenz-Stellung - Abspreizung - ist wegen G e f a h r der K o p f u m b a u s t ö r u n g zu vermeiden!)
Bei klinisch sicherer Luxation (leere P f a n n e bei P a l p a t i o n s b e f u n d bzw. im R ö n t g e n b i l d ) wird der Säugling m i t einer Pavlik-Bandage versorgt (das K i n d soll die H ü f t k ö p f e in die P f a n n e strampeln). Evtl. sind E x t e n s i o n s v e r f a h r e n erforderlich.
Bei klinisch sicherer Luxation: Pavlik-Bandage, evtl. Extensionsverfahren.
Abb.33-45b Pavlik-Bandage
Bei Subluxationsstellung erfolgt die Versorgung mit Spreizhose oder C a m p Schiene. E i n e B e h a n d l u n g ist bis zur stabilen Einstellung der H ü f t k ö p f e u n d der Entwicklung eines n o r m a l e n P f a n n e n d a c h w i n k e l s erforderlich, was bis z u m 1. L e b e n s j a h r gelingt. P f a n n e n d a c h w i n k e l , Schenkelhalswinkel u n d A n tetorsion ä n d e r n sich in Abhängigkeit v o m Lebensalter. E n t s p r e c h e n d e N o r m w e r t e sind tabellarisch erfaßt. Gelingt die R e p o s i t i o n nicht, wird die geschlossene Einstellung des Kopfes u n t e r Bildwandlerkontrolle versucht. Liegen Repositionshindernisse vor: - verkürzter M. iliopsoas, - Lig. teres (kann sich g e d e h n t h a b e n , füllt bei R e p o s i t i o n als K n ä u e l die Pfanne), - eingeschlagener P f a n n e n l i m b u s , - Pulvinar u n d - Kapselgewebe, m u ß operativ die offene Einstellung mit Beseitigung obiger H i n d e r n i s s e (Ausr ä u m u n g der P f a n n e , V e r l ä n g e r u n g des M. iliopsoas) erfolgen. Postoperativ wird das reponierte H ü f t g e l e n k im B B F - G i p s (Becken-BeinF u ß - G i p s ) in A b d u k t i o n u n d I n n e n r o t a t i o n ruhiggestellt ( 4 - 6 W o c h e n ) . U m eine bessere Einstellung des H ü f t k o p f e s in die P f a n n e zu erhalten, k a n n
Subluxationseinstellung: Spreizhose, Camp-Schiene, stabile Einstellung bis zum 1. Lebensjahr möglich. Bei Nichtgelingen der Reposition: geschlossene Einstellung des Kopfes.
Bei Repositionshindernissen: operativ offene Einstellung, evtl. mit Derotations-Varisierungsosteotomie (DVO).
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
938 Wenn keine ausreichende Überdachung des Hüftkopfes möglich: Osteotomie im Beckenbereich (Abb. 33-46). Mit Operation nach: Salter, oder Chiari.
beim Kind zusätzlich eine Derotations-Varisierungsosteotomie (DVO) erforderlich sein. Je nach Alter des Kindes erfolgt eine Überkorrektur des sog. CCDWinkels auf bis zu 110 Grad, da mit einer Wiederaufrichtung gerechnet werden muß. Läßt sich keine ausreichende Überdachung des Hüftkopfes erzielen (persistierende Pfannendysplasie), muß eine Osteotomie im Beckenbereich durchgeführt werden (Abb. 33-46).
Op nach Salter Abb. 33-46 Operative Therapie der Hüftdysplasie
Prognose: bisher keine normativen Vorstellungen. Konservative Maßnahmen: Heilung in 70 % der Fälle. Operativer Eingriff: Revalgisierung, gelegentlich erneute Steilstellung des Pfannendaches möglich.
- Operation nach Salter: (nicht vor dem 2. Lebensjahr) Oberhalb der Hüftpfanne wird das Becken osteotomiert, der distale Beckenanteil nach distalventral gezogen und der entsprechende keilförmige Spalt mit einem Beckenkammspan ausgefüllt. Vorteil: Die natürlich angelegte Pfanne mit ihrem Knorpel bleibt unbeschädigt erhalten. Die Operation nach Salter bringt keinen Erfolg bei Pfannendachwinkeln > 4 0 Grad oder zu schmalen Beckenpfeilern. Ebenso ist bei älteren Kindern ( > 8 Jahre) die Symphyse zu straff, u m obige Reposition zu ermöglichen. - Operation nach Chiari (bei Jugendlichen und Erwachsenen): Das Becken wird in Höhe des oberen Pfannendachrandes osteotomiert und der proximale Anteil nach außen vom gezogen, der distale eingestaucht. Die Pfanne wird jetzt ventral-lateral durch spongiösen Knochen gebildet, der Überknorpeln soll. (Bei diesem Eingriff können Wachstumszonen des Azetabulums geschädigt werden und daraus Wachstumsstörungen resultieren.) Zahlreiche weitere Verfahren sind zur Erzielung einer besseren Überdachung angegeben, auf sie soll hier nicht weiter eingegangen werden (ζ. B. Azetabuloplastik). Bei älteren Kindern mit hochstehender Hüftluxation muß der Kopf mit dem Wagner-Gerät (Fixation an Becken und Oberschenkel) erst auf Höhe der Pfanne extendiert werden, dann DVO und Operation nach Chiari. Prognose: Es gibt ζ. B. keine sichere Aussage, welche dysplastischen Hüften sich spontan zur Norm entwickeln. Bei frühzeitiger Behandlung ist mit konservativen Maßnahmen in 70 % der Fälle Heilung zu erreichen. Nach operativen Eingriffen sind Revalgisierung und gelegentlich erneute Steilstellung des Pfannendaches möglich.
939
Spezielle orthopädische Erkrankungen 6.2.2 Kongenitaler Klumpfuß (Pes equinovarus adductus excavatus)
2. Kongenitaler Klumpfuß Zweithäufigste angeborene Mißbildung.
Epidemiologie: N a c h der Hüftluxation zweithäufigste angeborene Mißbildung. Ätiologie: Rezessiver Erbgang, Geschlechtsverhältnis m ä n n l i c h zu weiblich 2:1. Symptomatik
und Diagnostik:
Klinische
Kennzeichen
des
Klumpfußes
beim Neugeborenen:
Symptome:
• Adduktion und Supinationsfehlstellung des Vorfußes • Varusstellung der Ferse •
Spitzfußstellung
• häufig verstärkte Längswölbung (Pes excavatus).
Im Röntgenbild
3. M o n a t ) ist der W i n k e l zwischen den Längsachsen von T a -
lus und Kalkaneus abgeflacht (Normwert: 3 0 - 4 0 ° ) Therapie: Da es sich prinzipiell u m eine Kontraktur handelt, wird gleich der
Geburt
mit einer s c h o n e n d e n redressierenden
Gipsbehandlung
nach
begon-
nen. D i e Oberschenkelgipse werden zunächst 2mal, später l m a l wöchentlich gewechselt. Vorfußsteilung und Varusschwung der Ferse werden zunächst korrigiert, nicht dagegen die Spitzfußstellung (bei Redression G e f a h r der Taluskompression
und
der
Fußverformung).
Sie
ist
erst
im
3 . - 4 . Monat
auszugleichen, evtl. durch eine operative Achillessehnenverlängerung, wobei gleichzeitig die hintere Kapsel des oberen Sprunggelenkes quer eingeschnitten wird. Postoperativ Gipsruhigstellung, später Versorgung mit korrigierenden N a c h t s c h i e n e n .
Diagnosesicherung: Röntgenbild im 3. Lebensmonat. Therapie: - redressierende Gipsbehandlung kurz nach Geburt, - Korrektur von Vorfußsteilung und Varusschwung der Ferse, - später Korrektur der Spitzfußstellung. Ältere Kinder und Rezidive: meist mediale Fußrandentflechtung bei Korrektur der Vorfußstellung erforderlich. Bei leichteren Formen: Fußgymnastik, redressierende Gipse und Schienen.
Bei älteren Kindern bzw. bei Rezidiven („rebellischer K l u m p f u ß " ) ist im allg e m e i n e n eine mediale Fußrandentflechtung zur Korrektur der Vorfußstellung zusätzlich erforderlich (Spaltung der Gelenkkapsel des Talo-Navikulargelenkes und der Kapsel zwischen Os naviculare und Os cuneiforme I). Die evtl. erforderliche Verpflanzung des M . tibialis anterius zur Basis des Os met a t a r s a l V stärkt die Dorsalextensoren und die Pronation. Bei leichteren F o r m e n der Fehlstellung kann alleinige konservative Therapie (Fußgymnastik, redressierende Gipse und S c h i e n e n ) ausreichend sein.
6.2.3 A n g e b o r e n e r Knick-Plattfuß (Pes planus congenitus) Ätiologie: u n b e k a n n t . Die Fußsohle verläuft konvex, ferner finden sich Fersenhochstand und Valgusstellung des R ü c k f u ß e s . Im Röntgenbild
stehen Talus- und Kalkaneuslängsachse nahezu
3. -
Angeborener Knick-Plattfuß konvexer Verlauf der Fußsohle, Fersenhochstand, Valgusstellung des Fußrückens.
senkrecht
aufeinander. Therapie: Z u n ä c h s t konservativ mit Redressionsgipsen, später Achillessehnenverlängerung, operative Einstellung von Talus und Os naviculare (Durchtrennung der Gelenkkapseln, evtl. Tibialis-anterior-Verpflanzung).
6.2.4 Sichelfuß (Pes adductus) Adduktionsstellung des Vorfußes. Therapie: M a n u e l l e
Redression,
korrigierende Bandagen, evtl.
redressie-
rende Gipse. Später Einlagenversorgung.
6.2.5 Hohlfuß (Pes excavatus) Angeborene Fehlbildung, G e n e s e unbekannt. Sekundäre Hohlfüße entstehen nach Spina bifida occulta sowie schlaffen und spastischen L ä h m u n g e n . Die Fehlbildung kann stark progredient sein. Klinisch fällt eine der Ferse auf, die Z e h e n zeigen leichte Krallenstellung.
Steilstellung
Therapie: 1. Konservativ mit Redressionsgipsen, 2. Achillessehnenverlängerung, operative Einstellung von Talus und Os naviculare. 4. Sichelfuß Adduktionsstellung des Vorfußes. Therapie: manuelle Redression, korrigierende Bandagen, redressierende Gipse —> Einlagenversorgung. 5. Hohlfuß Angeboren und sekundär. Therapie: Redressionsverände, evtl. Keilosteotomie.
940
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates Therapie: Redressionsverbände, nach Wachstumsabschluß evtl. Keilosteotomie.
6. Angeborener Schiefhals Entstehung durch endogene Entwicklungsstörung. Pathologisch: narbige Schrumpfung im Muskel.
Diagnose: M. sternocleidomastoideus springt strangförmig vor. Kopf zur kranken Seite geneigt. Gesicht zur gesunden Seite gedreht. Therapie: immer operativ. Tenotomie des M. sternocleidomastoideus am Ursprung. Redressierender Gipsverband für 6 Wochen. Gute Prognose bei Behandlung. Rezidivneigung. Differentialdiagnose beachten.
7. Angeborener Schulterblatthochstand
Diagnostik: Hochstand (bis zu 10 cm) eines Schulterblattes.
Therapie: Lösung der Verwachsung und Tiefersetzen des Schulterblattes. Gute Prognose. 8. Angeborene Unterschenkelpseudarthrose häufig Entwicklung aus angeborenem OBein.
Diagnose: Varusdeformierung des Unterschenkels schon beim Säugling. Umbauzonen und Infraktionen führen zu Pseudarthrosen.
6.2.6 Angeborener Schiefhals (Torticollis, muskulärer Schiefhals, Caput obstipum musculare) Epidemiologie: Nach Hüftluxation, Klumpfuß und Hackenfuß vierthäufigste der angeborenen Deformitäten. Ätiologie: Endogene Entwicklungsstörung. Diskutiert wurde auch intrauterine Zwangshaltung als Ursache bzw. Mitursache. Pathologisch-anatomisch finden sich narbige Schrumpfungen im Muskel. Symptomatik und Diagnostik: Der M. sternocleidomastoideus springt strangfärmig vor. Der Kopf ist zur kranken Seite geneigt, das Gesicht mit dem Kinn zur gesunden gedreht. Therapie: Immer operativ, allerdings nicht vor dem 1. Lebensjahr. Tenotomie des M. sternocleidomastoideus am Ursprung (Processus mastoideus) und am Ansatz (evtl. hier subkutane Tenotomie). Postoperativ redressierender Gipsverband für 6 Wochen. Vor der Operation: Röntgenaufnahme der HWS zur Ausschaltung knöcherner Fehlbildungen erforderlich. Komplikationen: Bei der Operation können N. facialis und N. accessorius im Muskelursprungsbereich, Armplexus, N. vagus und A. subclavia im Ansatzbereich geschädigt werden. Prognose: Bei Behandlung gut, sonst Gefahr von Gesichtsasymmetrien und Skoliosen. Der Schiefhals neigt zum Rezidiv. Differentialdiagnose: Abzugrenzen sind der ossäre Schiefhals (Keil- oder Schaltwirbelbildung) im HWS- oder oberen BWS-Bereich. Klippel-Feil-Syndrom: Fehlbildung der oberen BWS und HWS (Blockbildung), evtl. mit Schulterblatthochstand. Klinisch fällt ein kurzer, plumper Hals auf. Der Kopf sitzt unmittelbar den Schultern auf, die Halskulisse ist verbreitert. Torticollis ocularis: Bei Trochlearisparese wird der Kopf zum Ausschalten von Doppelbildern schief gehalten. Torticollis spasticus: Schädigung des extrapyramidalen Systems, psychogene Faktoren oft mitbeteiligt.
6.2.7 Angeborener Schulterblatthochstand (Sprengel-Deformität) Ätiologie: Genetische Ursachen möglich. Symptomatik und Diagnostik: Ein Schulterblatt steht deutlich - bis zu 10 cm - höher (normale Stellung: zwischen 2. und 8. Rippe). Eine supraspinöse Ausziehung der Skapula ist hakenförmig umgebogen und knöchern, knorpelig oder fibrös mit der Wirbelsäule verbunden. Es bestehen Übergänge zum Klippel-Feil-Syndrom. Therapie: Lösung der Verwachsungen im Bereich des hakenförmigen Fortsatzes und Tiefersetzen des Schulterblattes (ζ. B. durch Drahtschlinge). Prognose: Die Operationsergebnisse sind gut bis befriedigend.
6.2.8 Angeborene Unterschenkelpseudarthrose, Crus varum congenitum Ätiologie: Noch nicht endgültig geklärt. Verbindungen zur Neurofibromatose wurden angenommen, ebenso das Vorliegen einer fibrösen Ostitis und einer Abortivform der Tibiaaplasie. Die Pseudarthrose entwickelt sich häufig aus einem einseitigen angeborenen O-Bein, ist also nicht schon bei Geburt vorhanden. Klinischer Verlauf, Diagnose: Varusdeformierung des Unterschenkels schon beim Säugling, die in der weiteren Entwicklung progredient verläuft. Umbauzonen und Infraktionen führen zu Pseudarthrosen.
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Spezielle orthopädische Erkrankungen Therapie: Resektion des Pseudarthrosengewebes, stabile Osteosynthese und Auffüllung des Defektes mit kortikospongiösem Span und Spongiosa. Postoperativ Gips, entlastender Apparat. Prognose: Rezidive während des Wachstumsalters sind häufig, die Therapie ist langwierig. Insgesamt schlechte Heilungstendenz, die Erfolgsaussichten steigen mit zunehmendem Alter.
Therapie: Resektion des Pseudarthrosengewebes, stabile Osteosynthese. Auffüllung mit autogenem Knochen. Postoperative Ruhigstellung in Gips.
6.3 Wachstumsstörungen
Wachstumsstörungen
6.3.1
1. Skoliosen Seitausbiegung der Wirbelsäule verbunden mit Rotationsfehlstellung der Wirbelkörper. Torquierung der Wirbelkörper in sich.
Skoliosen
Definition: Die Skoliose ist eine fixierte - d. h. nicht ausgleichbare - Seitausbiegung der Wirbelsäule, verbunden mit einer Rotationsfehlstellung der Wirbelkörper. Ferner kommt es zu einer Torquierung der Wirbelkörper in sich: Torsion. Epidemiologie: Bei ca. 1 - 4 % der Bevölkerung ist eine Skoliose nachweisbar, Mädchen sind 3- bis 4mal häufiger befallen. Ätiologie: In 80 % der Fälle ist die Ursache der Skoliose unbekannt (idiopathische Skoliose), in den restlichen 20 % liegen unterschiedliche Grunderkrankungen vor. Genetische Faktoren können eine Rolle spielen.
Rezidive möglich. Schlechte Heilungstendenz.
Einteilung der Skoliosen • Idiopathische Skoliosen (80 %). Nach Krankheitsbeginn werden dabei unterschieden: Säuglingsskoliose, juvenile Skoliose, Adoleszentenskoliose. Während frühkindliche Skoliosen oft spontan ausheilen, verläuft die juvenile Form häufig progredient. • Neuromuskuläre Skoliose (nach frühkindlichem Himschaden, Rükkenmarkstumoren, Poliomyelitis, Myelomeningozele, Muskelatrophien). • Skoliosen mit Neurofibromatose (Morbus Recklinghausen). • Kongenitale Skoliosen (bei Segmentierunsstörungen oder Fehlform der Wirbelkörper: Keilwirbel, Halbwirbel). • Posttraumatische und iatrogene Skoliosen (ζ. B. nach Wirbelkörperfrakturen, nach chirurgischen Eingriffen). • Skoliosen anderer Ätiologie (Stoffwechselstörungen, mesenchymale Störungen: Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom. Symptomatik: Rückenschmerzen sind nicht häufiger als bei der Normalbevölkerung zu erwarten. Auffallend ist bei einer Thorakalskoliose der Rippenbuckel im Bereich der Konvexseite. Ausgeprägte Skoliosen fuhren zu einer Verkürzung des Rumpfes und zur Einengung innerer Organe. Die Vitalkapazität ist herabgesetzt, ein erhöhter Widerstand im Pulmonalkreislauf kann zum Cor pulmonale führen. Diagnostik: Klinisch werden evtl. Becken- und Schultertiefstand angegeben, ferner eine Asymmetrie der Taillendreiecke. Rippenbuckel (bei Thorakalskoliose) bzw. Lendenwulst (bei Lumbaiskoliose) werden bei Inklination der Wirbelsäule ausgemessen, ferner wird der Überhang (Abstand des Lotes vom 7. Dornfortsatz der HWS zur Rima ani) angegeben. Prüfung der Vitalkapazität. Am Röntgenbild im Stand wird aus der a. p. Aufnahme der Skoliosewinkel nach Cobb bestimmt: Grund- bzw. Deckplatte der Endwirbel einer Krümmung werden verlängert, auf den Geraden das Lot errichtet und der Schnittwinkel angegeben (Abb. 33-47a). Angegeben wird ferner der Scheitelwinkel (Wirbel mit stärkster Rotation). Beschreibung der Form und Lokalisation, ζ. B. kombinierte rechtskonvexe thorakale, linkskonvexe lumbale Skoliose.
Einteilung der Skoliosen:
Symptome: - Rippenbuckel im Bereich der Konvexseite, ausgeprägte Skoliosen: - Verkürzung des Rumpfes, - Einengung innerer Organe. - Herabgesetzte Vitalkapazität, - Widerstand im Pulmonalkreislauf —»Cor pulmonale. Diagnostik: - Becken- und Schultertiefstand, - Asymmetrie der Taillendreiecke, - Rippenbuckel, - Lendenwulst, - Überhang des Lotes vom 7. Dornfortsatz zur Rima ani. - Prüfung der Vitalkapazität, Röntgenbild: - Bestimmung des Skoliosewinkels nach C o b b (Abb. 33-47 a) - Anomalien der Wirbelkörper, evtl. - Röntgenaufnahme der ableitenden Harnwege.
942
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
Abb. 33-47a Bestimmung des Skoliosewinkels nach Cobb
Therapie: für spezifische Therapie ist Bestimmung des biologischen Alters wichtig:
Die R ö n t g e n a u f n a h m e n d e c k e n ferner A n o m a l i e n der W i r b e l k ö r p e r auf (bei k o n g e n i t a l e r Skoliose). Z u s ä t z l i c h k ö n n e n A u f n a h m e n der a b l e i t e n d e n Harnwege erforderlich sein (evtl. M i ß b i l d u n g e n bei kongenitaler Skoliose). Therapie: Die Progredienz einer Skoliose läßt sich n u r d u r c h V e r l a u f s b e o b a c h t u n g e n a b s c h ä t z e n . Prinzipiell m u ß bei i d i o p a t h i s c h e n Skoliosen bis z u m A b s c h l u ß des k n ö c h e r n e n W a c h s t u m s ( V e r k n ö c h e r u n g der R a n d l e i s t e n der Wirbelkörper) m i t einer Z u n a h m e der K r ü m m u n g g e r e c h n e t werden, d a h e r sind Verlaufskontrollen (evtl. R ö n t g e n a u f n a h m e alle 6 M o n a t e ) erforderlich.
F e r n e r ist das biologische Alter zu b e s t i m m e n : - Entwicklung s e k u n d ä r e r G e s c h l e c h t s m e r k m a l e ( S c h a m b e h a a r u n g , Brustentwicklung) (Tanner) - B e s t i m m u n g des Skelettalters d u r c h R ö n t g e n a u f n a h m e n der H a n d w u r z e l k n o c h e n ( A u f t r e t e n von K n o c h e n k e r n e n , Vergleich m i t T a f e l n von Pyle-Greulich) - Entwicklung u n d V e r s c h m e l z u n g der D a r m b e i n a p o p h y s e n (Risser)
Therapieziel: Stabilisierung des bestehenden Zustands, Korrektur mit folgenden Richtlinien:
Ziel der Therapie ist bei geringer F o r m a b w e i c h u n g die Stabilisierung des besteh e n d e n Z u s t a n d e s , a n s o n s t e n die Korrektur. Prinzipielle K o r r e k t u r m ö g l i c h keiten sind Längszug, D r u c k auf d e n Skoliosescheitel von der k o n v e x e n Seite u n d D e r o t a t i o n d u r c h D r u c k auf d e n R i p p e n b u c k e l .
Als Richtlinie gilt: - Skoliosewinkel n a c h Cobb < 3 0 ° : konservative T h e r a p i e - Skoliosewinkel n a c h Cobb 3 0 - 5 0 ° : O r t h e s e n - Skoliosewinkel n a c h Cobb > 5 0 ° : operative Korrektur Konservative Therapie: Krankengymnastische Übungsbehandlung (keine Heilung der strukturellen Skoliose, kein Aufhalten).
Konservative Therapie: Besteht in k r a n k e n g y m n a s t i s c h e r Ü b u n g s b e h a n d lung. Sie ist i n s b e s o n d e r e bei f r ü h k i n d l i c h e n Skoliosen (Winkel u n t e r 30°) indiziert, die o h n e h i n meist s p o n t a n ausheilen. Bei der j u v e n i l e n Skoliose ist die K r a n k e n g y m n a s t i k n u r bei Stabilisierung (Winkel u n t e r 20°) als alleinige T h e r a p i e gerechtfertigt. K r a n k e n g y m n a s t i k kräftigt die R u m p f m u s k e l n , sie „heilt" k e i n e strukturelle Skoliose, k a n n sie a u c h n i c h t a u f h a l t e n (Zielke). V e r f a h r e n zur elektrischen M u s k e l s t i m u l a t i o n auf der Konvexseite der K r ü m m u n g sind n o c h n i c h t sicher in ihrer e n d g ü l t i g e n W i r k u n g zu beurteiBei d e n Orthesen wird oft das „Milwaukee-Korsett" verwendet. Es b e s t e h t aus Beckenkorb, B a u c h p e l o t t e sowie e i n e m Halsring m i t Kehlkopf- u n d H i n -
Spezielle orthopädische Erkrankungen terhauptpelotte, der mit dem Beckenkorb über Verstrebungen verbunden ist. Zusätzliche Pelotten drücken auf den Scheitelpunkt der Krümmung. Die Halsstütze soll dabei das aktive Aufrichten fördern, nicht extendieren. Hauptindikation ist die thorakale Form bei der idiopathischen juvenilen Skoliose. Bei nicht zu starker Lumbaiskoliose findet dagegen das BostonBrace Anwendung (Weitere Orthesen: Lyoner-Korsett nach Stagnara, Cheneau-Korsett). Bei der Indikationsstellung zur Operation sind neben dem Grad des Skoliosewinkels die zu erwartende Progredienz (Bestimmung des biologischen Alters!), kosmetische und resultierende psychische Faktoren sowie funktionelle Beeinträchtigungen (Kompressionswirkungen auf Lunge und Herz) zu berücksichtigen. Nach entsprechender Vorbehandlung (Auflockerung der Wirbelsäule durch Krankengymnastik und Extensionsbehandlung) erfolgt eine Distraktion des gekrümmten Wirbelsäulenabschnittes über sog. HarringtonStäbe, die von dorsal in die Wirbelbögen auf der Konkavseite eingehängt werden. Zusätzlich muß die Spondylodese erfolgen. Nach Entknorpelung der Wirbelgelenke und Anfrischung der Dornfortsätze und Wirbelbogen erfolgt die kortikospongiöse Spananlagerung, um eine rasche Versteifung zu erreichen. Prinzip der operativen Verfahren ist die Stabilisierung einer durch Redression und Extension gewonnenen Korrektur durch eine Versteifung der betroffenen Wirbelabschnitte. U m die Progredienz aufzuhalten, wird also eine funktionelle Beeinträchtigung (Beweglichkeit) sowie eine Beeinflussung des endgültigen Längenwachstums in Kauf genommen. Eine Aufrichtung über Zugwirkung auf der Konvexseite (Operation nach Dwyer) erfolgt im LWS-Bereich. Bei der ventralen Derotationsspondylodese nach Zielke erfolgt neben einer Kompression auf der Konvexseite eine zusätzliche Derotation der Wirbelkörper über einen Hebel (Indikation: lumbale und tiefsitzende Thorakalskoliosen). Bei kongenitalen Skoliosen kann die zusätzliche Resektion von Keilwirbeln erforderlich sein, was den Eingriff erschwert. Die Nachbehandlung (zunächst Gips, dann Korsett) erfordert insgesamt etwa ein Jahr. Die präoperative Extension kann über einen am Kopf befestigten Metallring (Halo-Traction) im Schrägbett oder Rollstuhl erfolgen. Eine Redression ist ebenfalls im EDF-Gips nach Cotrel möglich. Der Gips wird unter Extension, Derotation und Flexion angelegt. Komplikationen: Insbesondere bei der Distraktion mit Harrington-Stäben können neurologische Komplikationen (Lähmungen) durch Dehnung des Rückenmarks oder der ernährenden Gefäße auftreten (kann durch intraoperativen Aufwachtest - Patient soll nach Distraktion die Beine bewegen frühzeitig erkannt werden; postoperative Kontrolle ebenfalls erforderlich). Pseudarthrosen und Fraktur des Osteosynthesematerials sind selten. Prognose: Kosmetisch gute Ergebnisse, Progredienz wird aufgehalten Säuglingsskoliose: Es handelt sich u m eine C-förmige, meist linkskonvexe Skoliose im Säuglingsalter mit leichter Bevorzugung des männlichen Geschlechts. Ätiologie: Reifungsstörung des zentralen Nervensystems. Symptomatik und Diagnostik: Auffallend ist eine einseitige Gewohnheitshaltung, der Thorax ist auf Seite der Konkavität abgeflacht. Häufig finden sich Begleiterkrankungen mit folgenden Symptomen: Schiefhaltung des Kopfes, Beckenasymmetrie, Gesichtsskoliose, Hüftdysplasie, Hackenfüße, lumbodorsale Kyphose. Das Röntgenbild zeigt die typische C-förmige Skoliose. Therapie: Konservativ-funktionell; Bauchlagerung des Säuglings, krankengymnastische Übungsbehandlung (nach neurophysiologischen Gesichtspunkten). In 90 % der Fälle erfolgt die Ausgradung innerhalb eines Jahres.
943 Bei thorakaler Form der idiopathischen Skoliose: Milwaukee-Korsett, Cheneau-Korsett bei lumbaler Form: Boston-Korsett
Operative Therapie: Distraktion des gekrümmten Wirbelsäulenabschnittes über Harrington-Stäbe, Einhängung von dorsal her in die Wirbelbögen auf der Konkavseite. Zusätzlich Spondylodese: Nach Entknorpelung der Wirbelgelenke Spananlagerung zur raschen Versteifung. Man nimmt dabei eine funktionelle Beeinträchtigung sowie eine Beeinträchtigung des Längenwachstums in Kauf.
Aufrichtung über Zugwirkung auf der Konvexseite im LWS-Bereich (Dwyer). Ventrale Derotationsspondylose nach Zielke: Kompression auf der Konvexseite, zusätzlich Derotation der Wirbelkörper über einen Hebel. Bei kongenitalen Skoliosen: evtl. Resektion von Keilwirbeln. Nachbehandlung mit Gips und Korsett, etwa über 1 Jahr.
Komplikationen: neurologische Komplikationen durch Dehnung des Rückenmarkes und der Gefäße ist möglich. Gute Prognose, Aufhalten der Progredienz.
Säuglingsskoliose C-förmige linkskonvexe Skoliose.
Diagnose: einseitige Gewohnheitshaltung, Thorax auf einer Seite abgeflacht, häufig Begleiterkrankung. Röntgenbild: typische C-förmige Skoliose. Therapie: konservativ funktionell. Meist Ausgradung innerhalb eines Jahres.
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XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates Bei der progredienten S-förmigen Säuglingsskoliose kann eine Korsettbehandlung erforderlich werden.
2. Morbus Scheuermann Wachstumsstörung der Wirbelsäule in der Pubertät —» Befall der BWS zum Rundrücken mit Einsteifung. Reifestörung der Abschlußleiste. Durch Einbruch von Bandscheibengewebe durch die Grund- und Deckplatten —»typische Schmorl-Knötchen im Röntgenbild —» Entstehung eines Keilwirbels —» Klinisches Bild: Rundrücken.
Symptome: dorsale Form: Rundrücken. Lumbaler Befall: rasche Ermüdbarkeit, Lubalgien, Lendenlordose ist aufgehoben, Fixation im LWS-Bereich. Diagnostik:
Therapie: Muskelkräftigung durch Krankengymnastik, Schwimmen. In schweren Fällen: Korsett. Prognose: thorakale Form gut, lumbale Form weniger günstig.
6.3.2 Morbus Scheuermann (Adoleszentenkyphose) Diese Wachstumsstörung der Wirbelsäule in der Pubertät führt bei Befall der BWS zum Rundrücken mit Einsteifung der betroffenen Abschnitte. Jungen sind häufiger befallen als Mädchen (3:1). Ätiologie: Scheuermann rechnete die Erkrankung zu den aseptischen Knochennekrosen. Heute werden strukturelle Störungen in den kollagenen Fasersystemen der Abschlußleiste der Grund- und Deckplatten angenommen. Vererbung, hormonelle Störungen und mechanische Schädigung werden als weitere Mitursachen diskutiert. Pathogenese: Im weiteren Krankheitsverlauf bricht Bandscheibengewebe durch die Grund- und Deckplatten der Wirbelkörper, was zu den typischen Schmorl-Knötchen im Röntgenbild führt. Der Zwischenwirbelraum verschmälert sich, unter mechanischer Dauerbelastung entstehen Keilwirbel. Als klinisches Bild ergibt sich bei Befall der BWS der typische Rundrücken. Symptome: Bei der dorsalen Form (Befall der BWS) fällt klinisch der Rundrücken auf („schlechte Haltung"), Schmerzen sind eher selten. Kennzeichen des lumbalen Befalles sind rasche Ermüdbarkeit und Lumbalgien. Die Lendenlordose ist aufgehoben, bei der Bewegungsprüfung zeigt sich eine Fixation im LWS-Bereich.
Diagnostik: Im floriden Stadium (meist zwischen 12. und 17. Lebensjahr) ist der Röntgenbefund beweisend (Abb. 33-47b): Schmorische Knötchen (Einbrüche in den Grund- und Deckplatten, von sklerosierten Randzonen umgeben), Verschmälerung des Zwischenwirbelraumes und keilförmige Deformierung der Wirbelkörper (BWS-Kyphose).
Therapie: Kausale Behandlung ist nicht möglich. Daher Muskelkräftigung und krankengymnastische Auflockerung der befallenen Segmente, Schwimmen. Im floriden Stadium keinen Sport, der die Wirbelsäule extrem belastet (leistungsmäßiger Turn- und Rudersport, Gewichtheben). Nur bei schwerem progredienten Verlauf kann ein Korsett erforderlich sein. Prognose: Bei thorakaler Form gut, oft asymptomatischer Verlauf. Die lumbale Form ist aus funktionellen - beweglicher Abschnitt - und statischen Gründen ungünstiger, insbesondere, wenn im floriden Stadium Schmerzen auftreten.
Abb. 33-47b Scheuermann-Er krankung. 1 Verschmälerung des Zwischenwirbelraumes 2 keilförmige Deformierung des Wirbelkörpers 3 Schmorl-Knötchen 3. Spondylolyse, Spondylolisthesis Spondylolyse: Spaltbildung in der interartikularportion des Wirbel bogens.
6.3.3 Spondylolyse und Spondylolisthesis Definition: Unter Spondylolyse ist die Spaltbildung in der Interartikularportion des Wirbelbogens zu verstehen, unter Spondylolisthesis das Wirbelgleiten nach vorne.
Spezielle orthopädische Erkrankungen
945
Spondyloptose: komplettes Abrutschen des 5. LWK über das Sakrum. Voraussetzung des Gleitens ist die Spondylolyse, jedoch m u ß nicht jede Spondylolyse zur Spondylolysthesis fuhren. Ätiologie: Noch umstritten. Als Ursache wird eine angeborene Bogendysplasie diskutiert. Vermehrtes Auftreten der Spondylolyse bei Sportarten mit erheblicher Belastung der betreffenden Wirbelportionen (ζ. B. Turmspringen) spricht für einen Ermüdungsbruch bzw. die Mitwirkung biomechanischer Faktoren. Das Wirbelgleiten beginnt meist u m das 10. Lebensjahr, ist bei Abschluß des Wachstums weitgehend beendet. Häufigkeit: Bei 5 - 7 % der Bevölkerung ist eine Spondylolyse, bei 2 - 4 % eine Spondylolisthesis nachweisbar. In über 80 % ist der 5. Lendenwirbelkörper betroffen, in 16 % der Fälle der 4. LWK. Symptomatik: Kreuzschmerzen, evtl. Ischialgien. Nicht jede Spondylolyse bzw. Spondylolisthesis verursacht Schmerzen. Eine große Zahl verläuft klinisch stumm. Bei etwa 10 % der Patienten mit Spondylolisthesis finden sich Zeichen einer sensiblen oder motorischen Nervenwurzelschädigung. Diagnostik: Klinisch ist evtl. eine Stufenbildung am Übergang LWK 5/S 1 zu tasten. Auf der a. p. Röntgenaufnahme lassen sich Spaltbildungen oft nur vermuten, den sicheren Nachweis erbringt die Schrägaufnahme: typische „Hundefigur mit Halsband" (Abb. 33-48 a). Das Gleiten wird auf der seitlichen A u f n a h m e verifiziert. Der Gleitvorgang läßt sich nach Meyerding in 4 Stadien einteilen (Stadium 4 = Spondyloptose). Bei radikulärer Symptomatik ist ferner eine Myelographie erforderlich.
Spondylolisthesis: Wirbelgleiten nach vorne.
Symptomatik: - Kreuzschmerz, - evtl. Ischialgien. - Oft auch klinisch stummer Verlauf. Diagnose: tastbare Stufenbildung am Übergang LWK 5/S 1. Diagnosesicherung durch Röntgenschrägaufnahme: typische „Hundefigur mit Halsband" (Abb. 33-48a) Verifikation des Gleitens.
Schrägaufnahme („Hundehalsband")
Abb. 33-48a Spondylolyse
Therapie: Nur bei Beschwerden und Progredienz. Bei fortschreitender Dislokation im Kindesalter (selten) erfolgt Reposition und Spondylodese (ζ. B. ventrale Fusion: Einkeilen eines Spanes in den Zwischenwirbelraum der befallenen Etage). Beim Erwachsenen reichen Kräftigung der Rückenmuskulatur und physikalische Therapie aus, nur selten ist temporäre Ruhigstellung im Korsett indiziert. Operation nur bei Wurzelsymptomatik, dann Dekompression und Stabilisierung. Eine relative Indikation stellt der nicht behebbare Kreuzschmerz dar, wenn eine temporäre Ruhigstellung im Gips oder Korsett Besserung bringt. Evtl. Berufswechsel.
Therapie: nur bei Beschwerden und Progredienz. Bei Dislokation im Kindesalter: Reposition und Spondylodese. Beim Erwachsenen: Kräftigung der Rückenmuskulatur, physikalische Therapie, selten Korsett. Operation: nur bei Wurzelsymptomatik. Relative Indikation bei nicht behebbarem Kreuzschmerz.
6.3.4 Aseptische Knochennekrosen (Osteochondrosen)
4. Aseptische Knochennekrosen (Osteochondrosen) Ursache: - lokale Durchblutungsstörung, - konstitutionelle Faktoren.
Als Ursache dieser Erkrankung im Jugendalter werden lokale Durchblutungsstörungen (auch als Folge wiederholter Mikrotraumen) und konstitutionelle Faktoren diskutiert. Osteochondronekrotische Herde treten dabei im
946
Symptome: - geringfügiger Schmerz, - Schonung des erkrankten Gebietes. Röntgen: erst im fortgeschrittenen Stadium verifizierbar. a) Perthessche Erkrankung Durchblutungsstörung im Bereich der Hüftkopfepiphyse.
Symptome: - vorübergehende Schmerzen im Hüftgelenk, - später zum Knie ausstrahlend, - Belastungsschmerz, - Schonhinken.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates Bereich der Epi- u n d Apophysen der langen R ö h r e n k n o c h e n sowie an den Fuß- u n d Handwurzelknochen auf. Die Erkrankung zeigt sich an prädisponierten Skelettabschnitten während bestimmter Verknöcherungsstadien. Knochenabschnitte werden nekrotisch, die betreffenden Knochenstrukturen verformen sich. Die Restitution gelingt nicht immer vollständig, je nach Beeinträchtigung der Wachstumsfuge können Deformierungen im Bereich der Gelenke zurückbleiben. Klinische Symptomatik: Schmerz oft geringfügig, Schonung des erkrankten Gebietes. Röntgenologisch ist der Befund erst in einem fortgeschrittenen Stadium verifizierbar.
6.3.4.1 Perthes-Erkrankung (idiopathische kindliche Hüftkopfnekrose, Morbus Legg-Calve-Perthes, 1909) Erkrankungsalter: 5 . - 1 0 . Lebensjahr. Jungen sind 4mal häufiger als Mädchen befallen, in 20 % der Fälle Befall beider H ü f t e n Ätiologie: Durchblutungsstörungen im Bereich der Hüftkopfepiphyse unklarer Genese. Symptomatik: Zunächst vorübergehende Schmerzen im Hüftgelenk, später teilweise z u m Knie ausstrahlend. Belastungsschmerzen, Schonhinken.
Abb.33-48b Morbus Perthes. Scholliger Zerfall der Hüftkopfepiphyse Diagnostik: röntgenologische Sicherung durch 4 Stadien der Erkrankung:
Diagnostik: Die Diagnose wird röntgenologisch gesichert. Im Röntgenbild lassen sich 4 Stadien der Erkrankung unterscheiden (Abb. 33-48b): 1. Initialstadium: Gelenkspalt scheinbar verbreitert durch Knorpelödem, Abflachung und Verdichtung der Kopfepiphyse. 2. Kondensationsstadium: sklerotische Hüftkopfnekrose. 3. Fragmentationsstadium: scholliger Zerfall der Kopfepiphyse. 4. Regenerationsstadium: A b n a h m e der Verdichtung, Verschmelzung der Fragmente. Der Kopf baut sich teilweise wieder auf, oft verbleibt eine pilzförmige Deformierung.
Therapie: Entlastung des Hüftgelenkes durch Gips und Thomas-Schiene —> Wiederaufbau des Kopfes. Unterstellungsosteotomie
Krankheitsdauer: etwa 2 - 3 Jahre. Differentialdiagnose: Koxitis. Therapie: Eine kausale Therapie ist bisher nicht möglich. Die Entlastung des Hüftgelenkes - Ausschaltung statischer deformierender Einflüsse durch Gips und Thomas-Schiene soll zu einem ungestörten Wiederaufbau des Kopfes führen; eine Unterstellungsosteotomie - evtl. mit gleichzeitiger Umstellung, ζ. B. Varisierung, u m eine bessere Kongruenz zu erzielen kann den Krankheitsverlauf abkürzen (Anregung der Hüftkopfdurchblutung). Die Prognose hängt von den Veränderungen der Epiphyse u n d dem Übergreifen des Prozesses auf die Metaphyse ab.
Spezielle orthopädische Erkrankungen 6.3.4.2 Epiphysiolysis capitis femoris lenta juvenilis (jugendliche Hüftkopflösung) Die Strukturveränderungen im Bereich der Epiphysenfuge entsprechen weitgehend denen der aseptischen Knochennekrosen. Ätiologie: Wahrscheinlich hormonell bedingte Lockerung der Epiphysenfuge. Die Krankheit tritt in der Pubertät auf, Jungen sind etwa 2- bis 4mal häufiger als Mädchen betroffen. Ein Teil der Patienten zeigt Veränderungen wie bei Dystrophia adiposogenitalis (Morbus Fröhlich) oder bei eunuchoidalem Hochwuchs. Symptomatik: Frühsymptome sind Schmerzen in der Leistengegend, Knieschmerzen, leichte Ermüdbarkeit. Diagnose: Der Hüftkopf rutscht meist nach dorsokaudal. Charakteristisch sind Einschränkung der Innenrotationsfähigkeit (Drehmann Zeichen: bei Beugung im Hüft- und Kniegelenk in Rückenlage erfolgt eine Außenrotation des Oberschenkels), ferner auch von Flexion und Abduktion. Das A u s m a ß des Abgleitens wird aus der axialen Röntgenaufnahme angegeben durch den Winkel zwischen Epiphysenlinie des Femurkopfes und der Senkrechten auf die kraniale Schenkelhalstangente. Der Hüftkopf rutscht im allgemeinen langsam ab (Epiphysiolysis capitis femoris lenta), ein Bagatelltrauma kann zur plötzlichen Dislokation führen (Epiphysiolysis capitis femoris acuta). Im letzteren Fall besteht die Gefahr der Gefäßzerreißung mit konsekutiver Kopfnekrose. Therapie: Bei geringer Dislokation soll das weitere Abrutschen verhindert werden, ζ. B. durch Epiphysiodese mit zwei Spongiosaschrauben. Beim Abrutschen über 30° wird durch eine dreidimensionale Umstellungsosteotomie nach Imhäuser nach intratrochantärer Keilentnahme der Kopf wieder in die Pfanne eingestellt. Ein Kopfabrutsch über 50° erfordert eine Schenkelhalsosteotomie. Beim akuten Abrutschen m u ß die Reposition erfolgen. Prophylaktisch erfolgt meist die Verschraubung der Gegenseite, da die Epiphysiolysis oft beidseitig auftritt. Prognose: Abhängig von der wieder erreichten Kongruenz zwischen Kopf und Pfanne, Gefahr der präarthrotischen Deformität. Prognostisch ungünstig sind akute Lösungen.
6.3.4.3 Morbus Osgood-Schlatter (Osteochondrose der Tuberositas tibiae) Definition: Ossifikationsstörungen der Apophyse der Tuberositas am Schienbeinkopf. Die Verknöcherung der Apophyse erfolgt zu 50 % über einen, zu 25 % über zwei und zu 25 % über drei oder mehrere Knochenkerne. Befallen sind vor allem Jungen (4:1) im Alter von 1 1 - 1 6 Jahren. Symptomatik: Ziehende Knieschmerzen, vor allem nach Belastung (Treppensteigen). Druckschmerz über der Tuberositas tibiae. Evtl. leichte Schwellung im Bereich der Tuberositas. Diagnostik: Lokaler Druckschmerz; im Röntgenbild findet sich eine aufgelockerte Apophyse, evtl. mit einem Knochensequester im Ansatzbereich der Patellarsehne. Differentialdiagnose: Bursitis, Insertionstendopathie, Tbc, Osteomyelitis. Therapie: Meiden extremer Belastung, evtl. Sportverbot auf Zeit. Bei anhaltenden Beschwerden: operatives Entfernen der Knochensequester, Anbohren der Apophyse. Prognose: gut.
947 b) Jugendliche Hüftkopflösung hormonell bedingte Lockerung der Epiphysenfuge mit evtl. Abrutsch der Epiphyse.
Symptome: Frühsymptome: - Schmerzen in der Leistengegend, - Knieschmerzen, - leichte Ermüdbarkeit. Diagnose: Hüftkopf rutscht nach dorsokaudal. Charakteristisch: - Einschränkung der Innenrotationsfähigkeit, - Flexion, - Abduktion.
Therapie: bei geringer Dislokation: Epiphysiodese mit 2 Spongiosaschrauben, bei Dislokation über 30°: dreidimensionale Umstellungsosteotomie, intratrochantär. Bei Dislokation über 50°: Schenkelhalsosteotomie. Akutes Abrutschen: Reposition. Prognose: ungünstig sind akute Lösungen.
c) Osteochondrose der Tuberositas tibiae Ossifikationsstörungen der Apophyse der Tuberositas am Schienbeinkopf. Symptome: - ziehende Knieschmerzen, besonders nach Belastung, - Druckschmerz über der Tuberositas tibiae, - evtl. leichte Schwellung.
Diagnostik: - lokaler Druckschmerz, Röntgenbild: aufgelockerte Apophyse, evtl. mit Knochensequester. Therapie: - keine extreme Belastung, - evtl. Sportverbot. Bei anhaltenden Beschwerden: - operative Entfernung der Knochensequester, - Anbohren der Apophyse. Gute Prognose.
948
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
d) Osteochondrose der Wirbelkörper meist Befall der mittleren BWS.
6.3.4.4 Morbus Calve (Vertebra plana, Osteochondrose der Wirbelkörper
Symptome: - Rückenschmerzen, - Schonhaltung, - evtl. abdominelle Beschwerden. Diagnose: Röntgen: Zusammensintern des Wirbelkörpers. Therapie: Entlastung durch Gips, evtl. Korsett. Prognose: häufig Wiederaufbau der Wirbelkörper
Vorkommen: Kinder im Alter von 2 - 1 2 Jahren, meist Mädchen, meist mittlere BWS befallen. Symptomatik: Rückenschmerzen, Schonhaltung, evtl. abdominelle Beschwerden. Diagnostik: Im Röntgenbild zeigt sich ein Zusammensintern des Wirbelkörpers. Die Laborwerte sind unauffällig. Therapie: Entlastung durch Gips, später evtl. Korsett. Prognose: Häufig erfolgt ein Wiederaufbau der Wirbelkörper. Differentialdiagnose: Abdominelle (Appendizitis) und urologische (Pyelonephritis) Erkrankungen, Spondylitis (Senkungserhöhung?), eosinophiles Granulom, Retikulo-Endotheliose.
e) M. Köhler I Symptome: - Fußschmerzen, - lokaler Druckschmerz, - verändertes Gangbild. Diagnose: Abflachung und Verdichtung des Os naviculare scheibenförmig. Therapie: Unterschenkelgips. Prognose: häufig Wiederaufbau.
Vorkommen: Meist Jungen im Alter von 3 - 1 2 Jahren. Symptomatik: Fußschmerzen, lokaler Druckschmerz, verändertes Gangbild. Diagnose: Scheibenförmige Abflachung und Verdichtung des Os naviculare, evtl. Zerfall. Therapie: Unterschenkelgips, später Einlage zur Entlastung. Prognose: Häufig Wiederaufbau der Struktur. Bleibt Formveränderung: präarthrotische Deformität. Differentialdiagnose: Entzündung (Tbc), Tumor, Naviculare bipartitum.
f) M. Köhler II Symptome: - lokaler Schmerz, - Verstärkung bei Belastung. Diagnose: Röntgen: Verdichtung und Verformung. Therapie: - Entlastung durch Ruhigstellung, - Einlagen, - evtl. Resektion des Köpfchens.
6.3.4.5 Morbus Köhler I (Os naviculare pedis)
6.3.4.6 Morbus Köhler II: aseptische Nekrose des Köpfchens vom Os metatarsale II (seltener III, IV, V) Vorkommen: Überwiegend Mädchen (75 %), Alter 1 2 - 1 8 Jahre. Symptomatik: Lokaler Schmerz, der sich bei Belastung verstärkt. Diagnose: Verdichtung und Verformung im Röntgenbild. Therapie: Entlastung durch Ruhigstellung (Gips), dann Einlagen. Später kann die Resektion des Köpfchens erforderlich sein.
6.3.4.7 Weitere Lokalisationen Aseptische Nekrose der Fersenbeinapophyse (Haglund-Sever), Osteochondrosis ischiopubica (van Neck), Os lunatum (Morbus Kienböck), Capitulum humeri (Morbus Panner) und Patella (Morbus Sinding-Larsen-Johansson).
g) Osteochondrose dissecans umschriebene Erweichung und Herauslösung eines Knorpelknochenfragmentes aus der Gelenkflächen. Folge: Einklemmungen, Inkongruenz der Gelenkflä che. Auftreten an allen größeren Gelenken, hauptsächlich Knie, Ellenbogen, Talus, Hüftkopf.
Symptome: - geringe Gelenkbeschwerden, - Einklemmung, - Ergußbildung. Diagnose: Röntgenbilddarstellung des Herdes.
6.3.5 Osteochondrosis dissecans Definition: Umschriebene Erweichung und Herauslösung eines Knorpelknochenfragmentes aus der Gelenkfläche (aseptische Nekrose). Ein sog. freier Gelenkkörper - Gelenkmaus - wird schließlich abgestoßen und kann im Gelenk zu Einklemmungen führen. Zurück bleibt das Mausbett, eine Inkongruenz der Gelenkfläche. Ätiologie: Konstitutionelle Minderwertigkeit, Traumen und Mikrotraumen, lokale Durchblutungsstörungen. Vorkommen: Altersgruppe 1 0 - 3 0 Jahre. Das männliche Geschlecht ist im Verhältnis 8:1 bevorzugt. Lokalisation: Alle größeren Gelenke, hauptsächlich Kniegelenk (medialer Femurkondylus), Ellenbogengelenk (Capitulum humeri), Talus, Hüftkopf. Symptomatik: Anfangs oft nur geringfügige Gelenkbeschwerden, später Einklemmung, Ergußbildung. Diagnose: Darstellung des Herdes im Röntgenbild, evtl. durch Spezialaufnahmen.
Spezielle orthopädische Erkrankungen
949
Therapie: Der Herd wird extraartikulär angebohrt und über den Bohrkanal mit Spongiosa unterfüttert. Versuch der Reimplantation des Dissekates. W e n n nicht möglich, Glättung des Defektes. A m Knie evtl. Knochen-Knorpel-Transplantat vom hinteren Femurkondylus. Prognose: Gefahr der präarthrotischen Deformität wegen Inkongruenz der Gelenkfläche.
Therapie: extraartikuläre Anbohrung und Unterfütterung mit Spongiosa. Versuch der Reimplantation des Dissekates oder Glättung des Defektes.
6.4 Habituelle und rezidivierende Luxationen
Habituelle und rezidivierende Luxationen traumatische Luxation: meist durch Unfall. Habituelle Luxation: Entstehung nach angeborener Dysplasie durch bestimmte Bewegungsabläufe. Rezidivierende Luxation u. a. durch posttraumatischen Schaden: Auslösung der Dislokation durch Bagatelltraumen. Da spätere Arthrose möglich ist, operative Stabilisierung angezeigt.
Eine traumatische Luxation entsteht durch adäquate Krafteinwirkung auf das betroffene Gelenk, setzt also ein entsprechendes Unfallereignis voraus. Z u m Auslösen einer habituellen Luxation reichen bestimmte Bewegungsabläufe bzw. Bagatelltraumen aus. Eine angeborene Dysplasie des Gelenkes ist Voraussetzung. N a c h traumatischer Luxation und unzureichender Ruhigstellung bzw. unfallbedingter Veränderung (ζ. B. Hill-Sachs-Läsion) können trotz ursprünglich physiologischer Gelenkkonfiguration auch Bagatelltraumen eine erneute Dislokation auslösen. Hier sollte von rezidivierenden Luxationen gesprochen werden. Häufige Luxationen führen zu Knorpelschäden und bilden Grundlage einer späteren Arthrose; daher ist die operative Stabilisierung erforderlich. Prinzip: Raffung überdehnter Kapselanteile, Änderung der Gelenkführung.
6.4.1
Schultergelenk
Traumatische Luxation: s. 2.1.5 Habituelle Luxation: Voraussetzung sind eine kleine (dysplastische) Pfanne, eine weite Kapsel, ein schwacher Bandapparat, u. U. veränderter Humerustorsionswinkel. Ausgeprägte Dysplasien fuhren bereits im Kindesalter zur willkürlichen Luxation. Zur Auslösung der Luxation reichen Bagatelltraum e n bzw. bestimmte Bewegungsabläufe (Schwimmen, Ankleiden). Posttraumatische Läsionen (Hill-Sachs-Delle, Bankart-Läsion) begünstigen die rezidivierende Luxation. Symptomatik, Diagnostik und Reposition wie bei traumatischer Luxation (2.1.5). Therapie der habituellen und rezidivierenden Luxation: - Operation nach Putti-Platt: Reine Weichteiloperation, Raffung der vorderen Kapsel u n d Versetzen des M. subscapularis nach lateral. Stabilisierend wirkt ferner das durch den operativen Eingriff entstehende Narbengewebe. - Operation nach Eden-Hybinette-Lange: Zusätzlich Hebung und Vergrößerung des unteren Pfannenrandes mit einem eingepfalzten Knochenspan. Die beiden obigen Verfahren erfordern postoperative Ruhigstellung im Thoraxarmgips (Arm innenrotiert) für 4 Wochen. D a n n krankengymnastische Mobilisierung. Rezidive sind selten, die Außenrotationsfähigkeit kann längere Zeit eingeschränkt bleiben. - Rotationsosteotomie nach Weber (indiziert bei rezidivierenden Luxationen mit Hill-Sachs-Läsion): Kapselraffung, subkapitale quere H u m e r u s osteotomie, anschließend Außenrotation des Schaftes gegen den Kopf u m 2 5 - 3 0 ° , Osteosynthese mit Winkelplatte. Vorteil: sofortige funktionelle N a c h b e h a n d l u n g möglich; Nachteil: Zweiteingriff zur Materialentfernung erforderlich.
6.4.2 Habituelle Patellaluxation Ätiologie: Angeborene Dysplasie des Kniegelenkes, d. h. Formveränderung der Patella u n d Abflachung des Kondylengleitlagers. G e n u valgum, hochstehende Patella, schlaffer Kapsel-Bandapparat sind weitere dispositionelle Fak-
1. Schultergelenk Habituelle Luxation: Auslösung durch Bagatelltraumen und bestimmte Bewegungsabläufe.
Therapie: - Operation nach Putti-Platt. - Operation nach Eden-Hybinette-Lange. - Rotationsosteotomie nach Weber.
2. Habituelle Patellaluxation Angeborene Dysplasie des Kniegelenkes: Formveränderung der Patella u. des Kondylengleitlagers. Entstehung durch inadäquate Bagatellverletzung, Außenrotation im
950 leicht gebeugten Kniegelenk mit fixiertem Unterschenkel.
Symptome: - Ergußbildung, - extreme Verschieblichkeit der Patella, - Knorpelkontusion, —* Erweichung in medialen Patellafacette. Therapie: - Reposition, - Abpunktion des Ergusses, - evtl. Ruhigstellung in Gips. Bei Reluxation: operative Therapie, bestehend aus: - Weichteiloperation, - Versetzung der Tuberositas tibiae nach medial und distal, - Umstellungsosteotomie bei erheblichem Genu valgum.
Prognose: bei häufigen Luxationen: Knorpelschädigung. Postoperative Prognose gut.
3. Habituelle Peronealsehnenluxation Luxation der Sehne bei Dorsalextension des Fußes nach vorne.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates toren. Abzugrenzen ist auch hier die traumatische und rezidivierende Luxation. Entstehungsmechanismus: Erstluxation durch inadäquate Bagatellverletzung, Außenrotationsstreß im leicht gebeugten Kniegelenk mit fixiertem Unterschenkel. Die Patella luxiert nach lateral. Die Luxation kann bereits im Kindesalter eintreten, erfolgt meist während der Pubertät. Mädchen sind häufiger befallen als Jungen. Symptomatik: Die Patella reponiert sich meist selbst. Klinisch kann Ergußbildung nachweisbar sein, die Patella ist extrem verschieblich. Die laterale Luxation kann zur Knorpelkontusion und nachfolgenden Erweichung im Bereich der medialen Patellafacette führen. Therapie: Reposition, Abpunktion des Ergusses, bei Erstluxation evtl. Ruhigstellung im Gips. Reluxationen sind jedoch häufig. Dann ist eine operative Therapie erforderlich: - Weichteiloperation: ζ. B. Raffung des medialen Kapselapparates und Entlastung des lateralen durch Längsspaltung und Einfügen eines medial entnommenen Kapselstreifens (Operation nach Ali-Krogius). Evtl. zusätzlich aktive Zügelung der Patella durch Verlagerung der Gracilissehne auf die Patella (Gocht). Postoperativ Gipsversorgung erforderlich. - Versetzung der Tuberositas tibiae nach medial und distal (Roux, Häuser). Erst nach Verschluß der proximalen Epiphysenfuge der Tibia, zusätzlich Spaltung der lateralen Kapsel, Raffung medial. - Bei erheblichem Genu valgum: Umstellungsosteotomie. Prognose: Häufige Luxationen führen zur Knorpelschädigung. Die postoperative Prognose hinsichtlich erneuter Luxation ist gut. Vorbestehende Knorpelalterationen bzw. die postoperativ veränderte Zugrichtung mit möglicher unphysiologischer Druckbelastung der Patella können das Langzeitergebnis beeinträchtigen (Arthrose).
6.4.3 Habituelle Peronealsehnenluxation
Therapie: - plastischer Ersatz des Retinaculums, - Schaffung einer besseren knöchernen Führung, - postoperativ: Ruhigstellung durch Unterschenkelgips.
Bei flacher Malleolar-Rinne und laxer Bindegewebesführung kann die Sehne bei Dorsalextension des Fußes nach vorne luxieren. Therapie: - Plastischer Ersatz des Retinaculums, - Schaffung einer besseren knöchernen Führung durch eine nach dorsal versetzte Knochenlamelle der Fibula. Postoperativ Gipsruhigstellung (Unterschenkelgehgips).
Degenerative Veränderungen
6.5 Degenerative Veränderungen
1. Arthrosis deformans des Hüft- und Kniegelenkes langsam verlaufende degenerative Gelenker krankung des Gelenkknorpels. Man unterscheidet primäre und sekundäre Arthrosen (häufiger). Begünstigte Entstehung bei präarthrotischen Deformitäten.
6.5.1 Arthrosis deformans des Hüft- und Kniegelenkes Definition: Langsam verlaufende degenerative Gelenkerkrankung, die aus dem Mißverhältnis von Beanspruchung und Belastbarkeit des Gelenkknorpels resultiert. Ätiologie: Es lassen sich primäre ( = idiopathische) und sekundäre Arthrosen unterscheiden. Nahezu jede Arthrosis deformans ist sekundär, obwohl auch mit den heutigen diagnostischen Möglichkeiten die eigentliche Ursache oft nicht zu klären ist. Wesentliche Faktoren bei der Entstehung der Arthrose sind die Qualität von Gelenkknorpel und Gefäßversorgung, die Kongruenz der artikulierenden Flächen und die mechanische Beanspruchung. Neben angeborenen Veränderungen (Hüftdysplasie und Luxation) spielen sog. präarthrotische Deformitäten (Hackenbroch) bei der Genese eine wesentliche Rolle: Gelenkerkrankungen und traumatische Veränderungen, die Kongruenz und Druckverteilung der Gelenkflächen beeinträchtigen, wie ζ. B. Achsenfehler, Morbus Perthes, Epiphysiolyse, entzündliche Prozesse und Stoffwechselerkrankungen. Ursache von sekundärer Koxarthrose und Gonarthrose sind insbesondere:
Spezielle orthopädische Erkrankungen
Angeborene Leiden: Wachstumsstörungen: Stoffwechselstörungen:
posttraumatische Störungen: Entzündungen:
Hüfte Dysplasie, enchondrale Dysostosen Morbus Perthes, Epiphysiolyse Hüftkopfnekrose bei Diabetes, Störung des Fettstoffwechsels, Alkoholismus mediale Schenkelhalsfraktur, Azetabulumfraktur Rheuma, spezif. und unspezif. Entzündung
951
Knie Dysplasie, Torsionsfehler Osteochondrosis dissecans Gicht, Diabetes, hormonelle Störungen
Ursache sekundärer Koxarthrose und Gonarthrose sind:
Tibiakopffraktur, Bandrupturen Tbc, Rheuma, Gonorrhoe, bakterielle Arthritis
Pathophysiologic und pathologische Anatomie: Die degenerativen Veränderungen beginnen am Gelenkknorpel. Hier kommt es zur Erosion und Auffaserung. Die abgeschilferten Partikel (Detritus) verursachen zusammen mit freigesetzten zellgebundenen Enzymen Synovitis und Reizerguß. Erguß und fibröse Veränderungen der Kapsel stören wiederum die Knorpelernährung. Die entzündliche Veränderung der Gelenkkapsel bedingt den Schmerz. Dieser kann zu einer reaktiven Muskelverspannung führen. Folge ist eine Druckerhöhung im Gelenk und damit Progredienz der Arthrose (Circulus vitiosus). Der Knorpel wird bis auf den Knochen abgeschliffen, der s u b c h o n d r a l Knochen sklerosiert. Reaktiv bilden sich osteophytäre Randwülste an unbelasteten Teilen des Gelenkes. Symptomatik und Diagnostik: Die beginnende Arthrose ist lange Zeit symptomlos. Erste Anzeichen sind Ermüdungsschmerz, Anlaußeschwerden, Steißieit am Morgen beim Aufstehen. Später folgen Belastungsschmerzen, Ruheschmerzen und Bewegungseinschränkungen bis hin zur Beugekontraktur. Auf dem Röntgenbild ist der Gelenkspalt verschmälert oder aufgehoben, die Hauptbelastungszonen sind sklerosiert. Auffallend sind exophytäre Randwulstbildungen und Geröllzysten. Die Gelenkflächen (Hüftkopf!) können erheblich deformiert sein. Therapie: - Konservativ: Förderung der Knorpelregeneration durch Entlastung des Gelenkes (Gewichtsreduktion, Orthesen) und Injektion von Knorpelextrakten (Wirkung fraglich) sowie knorpelaufbauender Präparate (ζ. B. Mukopolysaccharidschwefelsäureester intraartikulär, Erfolg unsicher). Ausschaltung des Schmerzes durch Analgetika. Behandlung der Synovitis mit Antiphlogistika (Kortison: beachte Nebenwirkungen!) und physikalischen Maßnahmen. Herabsetzen des Muskeltonus, Förderung der Durchblutung (Relaxanzien, Wärme, Kurzwelle, Moorpackungen). - Operativ: Umstellungsosteotomien, Tenotomien (Herabsetzung der wirkenden Muskelkräfte), Gelenkersatz, Gelenkversteifung. Im einzelnen gilt für die operative Therapie der Arthrosis deformans: - Umstellungsosteotomie: bei nicht zu alten Patienten (jünger als 6 0 - 6 5 Jahre), wenn eine Entlastung der geschädigten Struktur möglich ist. - Arthrodese: wird mit bleibender Bewegungseinschränkung erkauft, muß aber bei jungen Patienten diskutiert werden, da Prothesen ζ. Z. nur begrenzte Lebensdauer haben. Indikation heute meist im Bereich des Sprunggelenkes nach posttraumatischer Arthrose.
Symptome: lange Zeit symptomlos, erste Anzeichen: Ermüdungsschmerz, Anlaufbeschwerden, Steifheit am Morgen beim Aufstehen, Ruheschmerz, Bewegungseinschränkung. Diagnose: Röntgen: - Gelenkspalt verschmälert oder aufgehoben, - Hauptbelastungszonen sklerosiert. - Auffällig: exophytäre Randwulstbildungen, - Geröllzysten. - Erhebliche Deformation der Gelenkflächen. Therapie: konservativ: - Förderung der Knorpelregeneration durch Enlastung. - Injektion von Knorpelextrakten und aufbauenden Präparaten. Behandlung der Synovitis: - Antiphlogistika, - physikalische Maßnahmen, - Herabsetzung des Muskeltonus, - Förderung der Durchblutung. Operativ: - Umstellungsosteotomie, - Tenotomien, - Gelenkersatz, - Gelenkversteifung. Bei älteren Patienten: Endoprothese indiziert.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
952
- Endoprothese: indiziert b e i m älteren P a t i e n t e n ; b e i m e i n z e m e n t i e r t e n I m plantat wird eine rasche Belastbarkeit erreicht. Bevorzugte Lokalisation: H ü f t e , K n i e evtl. Schulter. Silastikfmgergelenke als Platzhalter bei R h e u matikern. a) Umstellungsosteotomie: Ziel: günstigere Belastbarkeit der betroffenen Gelenke durch Vergrößerung der artikulierenden Fläche oder Änderung der Druckverteilung durch ζ. B. - Variierungsosteotomie mit Unterstellung (Hüfte), - Pendelosteotomie auf Neutralstellung (Kniegelenk) (Abb. 33-49/50).
6.5.1.1 Umstellungsosteotomien Erreicht werden soll eine biomechanisch günstigere Belastung der b e t r o f f e n e n G e l e n k e d u r c h Vergrößerung der a r t i k u l i e r e n d e n Fläche oder Ä n d e r u n g der Druckverteilung. Bei Coxa valga läßt sich ζ. B. eine bessere Druckverteilung auf d e n G e l e n k kopf d u r c h eine V a r i s i e r u n g s o s t e o t o m i e m i t Unterstellung erzielen (Vergröß e r u n g der K o n t a k t f l ä c h e , Ä n d e r u n g der H e b e l a r m e ) . Ist a m K n i e g e l e n k n u r der m e d i a l e Anteil degenerativ verändert, f ü h r t - i n s b e s o n d e r e bei G e n u a vara (O-Beine) - eine P e n d e l o s t e o t o m i e auf N e u t r a l s t e l l u n g (leichte Valgusstellung) zu einer g l e i c h m ä ß i g e n Verteilung der Last u n d d a m i t zur Entlastung des geschädigten m e d i a l e n K o m p a r t i m e n t e s . Die K o r r e k t u r sollte dabei a m Ort der Fehlstellung erfolgen. Bei derartigen K o r r e k t u r o s t e o t o m i e n sind i m m e r die W i r k u n g e n auf b e n a c h barte G e l e n k e zu b e a c h t e n . N a c h einer U m s t e l l u n g a m K n i e g e l e n k sollten die A c h s e n d u r c h Kniegelenk u n d oberes Sprunggelenk etwa parallel verlaufen (Abb. 33-49 u. 33-50).
Abb. 33-49 Umstellungsosteotonie bei Coxa volga
Abb. 33-50 Pendelosteotomie bei Genua vara und Lage der Tragachse des Beines b) Arthrodesen: kein Erfolg der Umstellung bei erheblich destruierter Gelenkfläche. In diesen Fällen: Arthrodese oder Implantation eines künstlichen Gelenkes.
6.5.1.2 Arthrodesen Bei bereits erheblich destruierter G e l e n k f l ä c h e a m H ü f t g e l e n k bzw. degenerativer V e r ä n d e r u n g des m e d i a l e n u n d lateralen G e l e n k a n t e i l e s a m K n i e k a n n eine U m s t e l l u n g k e i n e n Erfolg bringen. T h e r a p e u t i s c h b l e i b e n hier n u r Arthrodese oder Implantation eines künstlichen Gelenkes.
953
Spezielle orthopädische Erkrankungen Trotz erheblicher Fortschritte auf dem Gebiet der Endoprothetik kann die Arthrodese eines Gelenkes in Funktionsstellung auch heute berechtigt sein. Im betroffenen Gelenk wird auf Dauer Schmerzfreiheit erzielt bei voller Belastbarkeit, die Risiken der Endoprothese (begrenzte Haltbarkeit, d. h. Lokkerung nach 5 - 1 5 Jahren) entfallen. Nachteil ist einerseits die relativ lange Zeit bis zur knöchernen Durchbauung und vollen Belastbarkeit, ferner wird der Funktionsausfall eines Gliedes der entsprechenden Gelenkkette durch die benachbarten Gelenke aufgefangen, sie werden also vermehrt beansprucht und dürfen nicht vorgeschädigt sein. 6.5.1.3 Endoprothetik Nahezu jedes Gelenk läßt sich heute durch eine Endoprothese ersetzen. An die Implantate sind folgende Anforderungen zu stellen: - gute Körperverträglichkeit, - gute tribologische Eigenschaften (geringe Reibung, geringer Verschleiß), - dauerhafte Verankerung. Durchgesetzt haben sich weitgehend Gelenkpaarungen aus einer Metallegierung (Chrom/Molybdän/Stahl) gegen Kunststoff (Polyäthylen). Die Verankerung der Prothesenteile im Knochen erfolgt durch schnellhärtenden Kunststoff (Knochenzement). Ein generelles Problem bleibt bis heute, daß durch ein Implantat die natürliche Gelenkmechanik nur unzureichend nachgeahmt werden kann und eine gleichmäßige Krafteinleitung über die Prothese in den Knochen ebenfalls nur bedingt möglich ist. Unphysiologische Spannungsspitzen führen zum Knochenumbau und zur Materialermüdung, Abriebpartikel zum Fremdkörpergranulom. Je nach Art und Beanspruchung der Prothese ist nach einigen Jahren mit der aseptischen Lockerung zu rechnen. Die günstigsten Ergebnisse lassen sich ζ. Z. mit Hüftprothesen erzielen: Die Prothese läßt sich relativ gut verankern, die Implantate sind ausreichend mit Weichteilen (Muskulatur) überdeckt. Ferner handelt es sich um ein Kugelgelenk, das sich durch eine Prothese relativ gut nachahmen läßt. Am Kniegelenk ist die Weichteildeckung schlechter. Ferner verändert sich die Position der Gelenkachse in Abhängigkeit von der Beugung. Ein Kunstgelenk mit starrer Achse führt also zwangsläufig zu einer veränderten Mechanik. Teilprothesen (Tibiaplateau aus Kunststoff, Metallschlitten für die Femurkondylen) setzen einen stabilen Bandapparat und eine exakte Position beim Implantieren voraus (Schlittenprothesen). Schulterprothesen werden nicht auf Druck, sondern auf Zug beansprucht. Der Kopf muß hier durch eine ausreichend kräftige Muskulatur oder eine formschlüssige Prothese in der Pfanne gehalten werden. Problematisch ist die Verankerung des Skapulateiles. Durchgesetzt haben sich heute: - Hüftprothesen, - Knieprothesen (Schlittenprothesen als Oberflächenersatz) sowie - Fingergelenkprothesen für spezielle Indikationen (Silikonkautschuk-Platzhalter bei Rheumatikern). Bei den Hüftgelenkprothesen kann mit einer Haltbarkeit von etwa 10 Jahren gerechnet werden. Der Austausch jeder Prothese ist ein relativ aufwendiger Eingriff. Das Entfernen des alten Knochenzementes auf dem meist porotischen Knochen bei dem inzwischen weiter gealterten Patienten stellt einen erheblichen Eingriff mit erhöhtem Infektionsrisiko dar. Da generell von einer Prothesenlockerung bei einzementierten Implantaten ausgegangen werden muß, werden für jüngere Patienten zementlose Prothesen verwendet, in die der Knochen einwachsen soll (ζ. B. Metall-KeramikKombinationen). Hier liegen noch keine Langzeitbeobachtungen (mehr als 10 Jahre) vor.
Nachteil der Arthrodese: - lange Zeit bis zur knöchernen Durchbau· ung und vollen Belastbarkeit, - vermehrte Beanspruchung der benachbarten Gelenke. c) Endoprothetik Anwendung bei nahezu jedem Gelenk. Anforderungen an das Implantat: - gute Körperverträglichkeit, - gute tribologische Eigenschaften, - dauerhafte Verankerung. Verankerung der Prothesenanteile im Knochen durch schnellhärtenden Kunststoff, erfolgreich sind Gelenkpaarungen aus Metall gegen Kunststoff. Nachteile: - unphysiologische Spannungsspitzen, - oft ungleichmäßige Krafteinleitung über die Prothese in den Knochen, - Fremdkörpergranulom, - aseptische Lockerung.
Günstigste Ergebnisse: Hüftprothese. Am Kniegelenk: schlechtere Voraussetzungen und Möglichkeiten.
Durchgesetzt haben sich heute: - Hüftprothese, - Knieprothesen, - Fingergelenkprothesen. Weitere Probleme: Hüftgelenkprothese hat Haltbarkeit von etwa 10 Jahren. Prothesenaustausch ist aufwendiger Eingriff.
Entfernung des alten Knochenzements bedeutet erhöhtes Infektionsrisiko. Bei jüngeren Patienten: zementlose Prothesen, die in den Knochen einwachsen sollen. Zeichen der Prothesenlockerung:
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XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates Zeichen der Prothesenlockerung sind: • Schmerz bei Belastung, Stauchungsschmerz, • Röntgenbild: Lageveränderung der Prothese, Resorptionssaum zwischen Knochenzement und Knochen und • Aktivitätsanreicherung im Szintigramm, erhöhte BSG bei septischer Lockerung. Für Indikation, Komplikationsrate und Haltbarkeit der Hüftgelenkprothese gilt: • Patient älter als 65 Jahre: einzementierte Totalendoprothese, Komplikationsrate (im wesentlichen Frühinfektion, Luxation): 1 - 3 % ; Haltbarkeit etwa 10 Jahre. Vorteil: Prothese ist sofort belastbar. Nachteil: der Austausch ist bei Lockerung schwierig, die Komplikationsrate steigt erheblich. • Patient jünger als 65 Jahre: zementlose Prothese (Keramik).
2. Chondroapathia patellae Angeborene Minderwertigkeit des Knorpels, Fehlform der Patella, Mikrotraumen. Symptome und Diagnostik: - Schmerzen bei Belastung, - rezidivierende Ergüsse, - retropatellare Reibegeräusche, - retropatellar Kompressionsschmerz, - Muskelatrophie. Röntgen: Lateralisierung bei zunehmender Beugung, Fehlform der Patella. Therapie: konservativ: Knorpelaufbaupräparate. Operativ: - Knorpelglättung, - laterale Retinakulumspaltung, - Abtragung ulzerierter Knorpelherde, - Anbohren des sklerosierten Knochenunterg rundes. 3. Polyarthrose Degenerative Erkrankung insbesondere an Finger-, Hüft- und Kniegelenken. An Fingergelenken: erbsengroße, druckdolente Knötchen. Therapie: konservativ. 4. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Ursache: frühzeitige Alterung des bradytrophen Gewebes begünstigt durch mechanische Einflüsse. Ferner durch Degeneration der Bandscheibe —* Hypermobilität im Bewegungssegment, —> reaktive spornartige knöcherne Ausziehung an den Verankerungen (Spondylose), —» Spondylarthrose.
6.5.2 Chondropathia patellae Ätiologie: Angeborene Minderwertigkeit des Knorpels, Fehlform der Patella, Mikrotraumen. Symptomatik und Diagnostik: Schmerzen bei Belastung (sportliche Überlastung, Treppen abwärtssteigen) evtl. rezidivierende Ergüsse, retropatellare Reibegeräusche, retropatellarer Kompressionsschmerz (Zohlen-Zeichen), Muskelatrophie im Bereich des M. vastus lateralis. Die tangentiale Röntgenaufnahme in unterschiedlicher Beugestellung des Kniegelenkes zeigt eine Lateralisierung bei zunehmender Beugung sowie eine Fehlform der Patella (Einteilung nach Wiberg). Therapie: Konservativer Versuch mit Knorpelaufbaupräparaten (Mukopolysaccharidschwefelsäureester). Operativ: Knorpelglättung, laterale Retinakulumspaltung, Abtragung ulzerierter Knorpelherde und Anbohren des sklerosierten Knochenuntergrundes. Evtl. Vorverlagerung des Ansatzes vom Lig. patellae (Operation nach Bandi) zur Herabsetzung des retropatellaren Druckes.
6.5.3 Polyarthrose (Heberden-Bouchard) An mehreren Gelenken auftretende, degenerative Erkrankung, insbesondere an den Finger-, Hüft- und Kniegelenken. Befallen sind meist Frauen. An den Fingerendgelenken bilden sich erbsgroße, druckdolente Knötchen (Heberden-Knötchen), ebenso an den Mittelgelenken (Bouchard-Knötchen). Therapie: konservativ.
6.5.4 Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Wesentliche Ursache degenerativer Veränderungen ist, neben anlagebedingten Faktoren, die frühzeitige Alterung des bradytrophen Gewebes, begünstigt durch statisch-mechanische Einflüsse (Krämer). Jenseits des 30. Lebensjahres soll es beim Menschen fast keine Wirbelsäule ohne degenerative Veränderungen geben. Pathologische Anatomie: Bei den degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule ist immer die funktionelle Einheit eines oder mehrerer Bewegungssegmente betroffen. Dieses Segment besteht aus den begrenzenden Wirbelkörpern mit den zwischenliegenden Strukturen (Kapsel-Bandapparat, insbesondere vorderes und hinteres Längsband, Bandscheibe, spinale Muskulatur, die dem Bewegungselement zugeordnet ist, Wirbelgelenk). Im Alterungsprozeß trocknet die Bandscheibe aus, sie schrumpft und zeigt Einrisse, ihre Pufferwirkung geht verloren. Folgeveränderungen im Bereich der angrenzenden Grund- und Deckplatten sind Sklerosierung und teilweise Platteneinbrüche.
Spezielle orthopädische Erkrankungen
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Die volumenverminderte Bandscheibe, im Röntgenbild durch Verringerung des Zwischenwirbelabstandes erkennbar, bedeutet eine relative Verlängerung des Kapsel-Bandapparates mit einer Hypermobilität im entsprechenden Bewegungssegment. Ubermäßige Zugwirkung an den intervertebralen Bandverbindungen führt zu reaktiven spornartigen knöchernen Ausziehungen an den Verankerungen, vor allem denen des vorderen Längsbandes (spondylotische Randwulstbildung). Gleichzeitig treten durch die Fehlbelastung Veränderungen im Bereich der artikulierenden Flächen der Intervertebralgelenke auf (Spondylarthrose).
Abb.33-51 Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
Definition (Abb. 33-51): • Chondrose = Degeneration der Bandscheibe (im Röntgenbild verschmälerter Zwischenwirbelraum) • Osteochondrose = Degeneration der Bandscheibe mit Sklerose der begrenzenden Grund- und Deckplatten, evtl. Einbrüche • Spondylose = arthrotische Veränderungen der Wirbelkörper, Randwulstbildung • Spondylarthrose = Arthrose der Intervertebralgelenke. Pathophysiologie: Schmerzen im entsprechenden Segment (ζ. B. Lumbalgien) werden durch Reizung des N. recurrens verursacht. Der N. recurrens (N. meningicus) ist ein Ast des zum Segment gehörenden Spinalnervens, der rückläufig durch das Foramen intervertebrale zieht und die Strukturen des Bewegungssegmentes (innere Anteile der Wirbelgelenkskapsel, Hüllen des Rückenmarkes, vorderes und hinteres Längsband) versorgt. Mechanische Irritationen durch vermehrte Beweglichkeit im Segment bzw. durch Verlagerung von Bandscheibengewebe führen zu Druck auf diesen Nerven und damit zu Schmerzen. Reflektorisch kommt es zur schmerzhaften Verspannung der paravertebralen Muskulatur (über N. recurrens und N. dorsalis). Führen Vorwölbung (Protrusion) oder Vorfall (Prolaps) von Bandscheibengewebe nach dorsal bzw. dorsolateral zum Druck auf Rückenmark oder eine Nervenwurzel, treten typische neurologische Wurzelirritationen auf. Im Bereich der HWS führen eher knöcherne Einengungen der Foramina intervertebralia, im Bereich der LWS Bandscheibenvorfälle, zur neurologischen Symptomatik. Klinische Symptomatik: Nacken- und Rückenschmerzen, Klopf- und Druckschmerz im befallenen Segment, schmerzhafter Muskelhartspann mit Fehlhaltung und Bewegungseinschränkung im betroffenen Wirbelsäulenabschnitt. Wurzelirritationen sind durch Sensibilitäts- und Reflexstörung sowie motorische Störung gekennzeichnet (s. Kap. XVIII). Eine Irritation des N. ischiadicus ist durch das Lasegue-Zeichen nachweisbar: bei passiver Beugung des im Knie gestreckten Beines Schmerzangabe (Ischiadikusdehnungsschmerz). Verstärkte Schmerzangabe bei passiver Dorsalextension des Fußes (Bragard-Zeichen). Da die untere LWS mechanisch am stärksten beansprucht wird, treten hier die meisten Bandscheibenvorfälle
Man unterscheidet folgende Formen (Abb. 33-51): - Chondrose, - Osteochondrose, - Spondylose, - Spondylarthrose.
Symptome: - Nacken- und Rückenschmerzen, - Klopf- und Druckschmerz im befallenen Segment, - schmerzhafter Muskelhartspann, - Fehlhaltung, - Bewegungseinschränkung, - Sensibilitäts- und Reflexstörung, - motorische Störungen.
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XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
Diagnostik: - Prüfung motorischer und sensibler Ausfälle, - Reflexverhalten. Röntgen in 2 Ebenen: - degenerative Veränderungen, - Steilstellung der Lendenwirbelsäule. CT, Myelographie.
Diagnostik: Prüfung motorischer und sensibler Ausfälle, Reflexverhalten. Die Röntgenaufnahme der Wirbelsäule in 2 Ebenen zeigt degenerative Veränderungen, die jedoch nicht mit dem Beschwerdebild korrelieren müssen, d. h. selbst bei schweren Veränderungen können Schmerzen fehlen. Steilstellung der Lendenwirbelsäule. Bei Wurzelirritationen kann die Lokalisation durch klinische Untersuchung, durch Myelographie und evtl. Computertomographie ermittelt werden.
Therapie: ohne Wurzelirritation: konservativ.
Therapie: Bei Rückenschmerzen ohne Wurzelirritation konservativ. G a b e von Muskelrelaxanzien, Infiltration von Lokalanästhetika. Krankengymnastische Kräftigung der Bauch- und Rückenmuskulatur, Massage zur Lösung der muskulären Verspannungen. Unterstützende physikalische Therapie (ζ. B. Fango-Packungen). Rückenschmerzen mit Wurzelirritation: Zunächst konservative Therapie wie oben, spezielle Lagerung (Stufenbett). Bei Z u n a h m e der Wurzelsymptomatik und motorischen Ausfällen: Operative Revision der irritierten Wurzel, Nukleotomie (Ausräumung der hervorgequollenen Bandscheibe). Prognose: G u t e bis befriedigende Ergebnisse lassen sich bei 8 0 - 9 0 % der Bandscheibenoperationen erreichen. Bei den übrigen degenerativen Veränderungen lassen sich durch konservative M a ß n a h m e n Remissionen erzielen.
Rückenschmerzen mit Wurzelirritation und motorischen Ausfällen: - operative Revision der irritierten Wurzel, - Nukleotomie. Prognose: gute bis befriedigende Ergebnisse in 80-90 % der Bandscheibenoperierten. Hüftkopfnekrosen - Posttraumatische Hüftkopfnekrose, - idiopathische Hüftkopfnekrose. Wahrscheinlich Zusammenhang mit - Diabetes, - Hyperlipidämie, - Hyperurikämie, - Alkoholismus, - Kortison-Therapie, - Sichelzellanämie. Ursache wahrscheinlich lokale Ischämie des befallenen Hüftkopfanteiles.
Symptome: ziehende Schmerzen im Hüftbereich, Entlastungshinken, Bewegungseinschränkung. Diagnose: Röntgenbild: Frühstadium osteolytischer Herd, später: subchondrale Aufhellung, Verschmälerung des Gelenkspaltes, Kopfdeformierung. Differentialdiagnose beachten. Therapie: konservativ: Entlastung der Hüfte. Operativ: - Umstellungsosteotomie, - Herdausräumung und subchondrale Spon giosaauffüllung. Resultate unbefriedigend. - Endoprothese bei älteren Patienten.
6.6 Hüftkopfnekrosen Posttraumatische Hüftkopfnekrosen: Bei 2 5 - 3 0 % der Patienten mit medialer Schenkelhalsfraktur (Zerreißung der Blutgefäße, die den Kopf ernähren); nach Hüftluxation besteht ebenfalls das Risiko der Kopfnekrose. Sog. idiopathische Hüftkopfnekrose: Langsam fortschreitende Nekrose zunächst des antero-lateralen Hüftkopfbereiches. Die Erkrankung tritt gehäuft beim männlichen Geschlecht (4:1) auf, das Alter der Patienten liegt bei 4 0 - 5 0 Jahren, doppelseitiges Auftreten in 4 0 - 5 0 % der Fälle. Ätiologie: Wahrscheinlich besteht ein Z u s a m m e n h a n g mit Diabetes, Hyperlipidämie, Hyperurikämie, Alkoholismus, längerer Kortison-Therapie u n d Sichelzellanämie. Ferner Komplikation der Caissonkrankheit. In vielen Fällen ist die eigentliche Ursache mit heutigen M e t h o d e n noch nicht erfaßPathogenese: Wahrscheinlich lokale Ischämie des befallenen Hüftkopfanteiles (infarktähnliche ischämische Knochennekrose, Gelenkknorpel bleibt zunächst intakt). Symptomatik: Ziehende Schmerzen im Hüftbereich (belastungsabhängig), Entlastungshinken, Bewegungseinschränkung. Diagnose: Im Röntgenbild ist im Frühstadium ein osteolytischer Herd, dann die subchondrale Aufhellung mit sklerosierter U m r a n d u n g charakteristisch. Später Verschmälerung des Gelenkspaltes und Kopfdeformierung. Differentialdiagnose: Tumor, osteolytische Metastase, Osteochondrose (im Frühstadium); PcP und Tuberkulose (bei Gelenkzerstörung im Spätstadium). Therapie: Konservativ: Entlastung der Hüfte. Operativ: Umstellungsosteotomie; dadurch soll der nekrotische Herd aus der Belastungszone gedreht werden. Herdausräumung und subchondrale Spongiosaauffüllung sollen den Kopf revitalisieren, Resultate aber unbefriedigend. Endoprothese (vor allem bei älteren Patienten).
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Spezielle orthopädische Erkrankungen
6.7 Entzündliche Erkrankungen
Entzündliche Erkrankungen
6.7.1 Primär chronische Polyarthritis (PcP)
1. Primär chronische Polyarthritis (PcP) - Entzündliche Erkrankung ausgehend von der Gelenkinnenhaut. - Beginn meist an Fingergelenken. Schubweiser Verlauf.
Entzündliche Erkrankung, die von der G e l e n k i n n e n h a u t ausgeht. Befallen sind 0 , 5 - 2 % der Gesamtbevölkerung, Frauen 3- bis 4mal häufiger als Männer. Beginn der Erkrankung meist an den Fingergelenken, später Übergreifen auch auf die großen Gelenke. Schubweiser Verlauf. Ätiologie: Im wesentlichen noch ungeklärt, wahrscheinlich A u t o i m m u n e r krankung. Als auslösende Faktoren werden bakterielle und virale Infekte diskutiert (Streptokokkenallergie?). In 75 % der Fälle sind sog. Rheumafaktoren (Antikörper) nachweisbar. Verlauf: Entzündliche Reaktion (exsudativ-proliferativ) der Synovialis, die von Lymphozyten und Plasmazellen infiltriert wird. Gefäßreiches Bindegewebe (Pannus) überwuchert vom Rand her die Gelenkfiächen und führt zur Zerstörung des Knorpels, anschließend der Gelenkfläche. Klinisch resultieren Schmerzen und Bewegungseinschränkung. Sehnen u n d Sehnenscheiden werden ebenfalls befallen (Sehnenscheidenhygrom, evtl. Ruptur von Fingersehnen). Symptomatik und Diagnostik: Morgensteifigkeit (Strukturveränderung der Synovia durch R u h e und nächtliche Auskühlung), Gelenkschwellung (durch Ergußbildung und entzündlich veränderte Synovialis) in mindestens einem Gelenk, Anschwellung mindestens eines weiteren Gelenkes mit freiem Intervall, symmetrische Gelenkschwellung, Bildung subkutaner Knötchen. Röntgenologische Veränderungen: anfangs Verschmälerung des Gelenkspaltes, Osteoporose, oberflächliche Erosionen, später schwere erosive Destruktion der Gelenke mit Subluxation. Labor: BSG erhöht, veränderte Elektrophorese, positiver Waaler-Rose- u n d Latex-Test (in 80 % der Fälle), C-reaktives Protein. Sind mehr als 5 der obigen Kriterien erfüllt, gilt die Diagnose als gesichert. Typische klinische Zeichen im Spätstadium der Erkrankung sind Ulnardeviation der Finger in den Grundgelenken sowie Schwanenhalsdeformität. Differentialdiagnose: Arthritis bei Psoriasis (Hautveränderungen!). FeltySyndrom: PcP, Milztumor und Leukopenie. Sjögren-Syndrom: sistieren der Speichel- und Tränensekretion sowie der Talgdrüsensekretion, PcP, Keratokonjunktivitis sicca, Xerostomie (Mundtrockenheit). Gicht (Labordiagnostik, nächtliche Schmerzen, Befall meist des Großzehengrundgelenkes oder eines Fußgelenkes mit Rötung und Schwellung). Therapie: Konservativ. Schmerz- und E n t z ü n d u n g s b e k ä m p f u n g sowie Erhaltung der Gelenkfunktion durch Antirheumatika (Azetylsalizylsäure, Indomethazin u. a.), Krankengymnastik und physikalische Therapie (Thermo-, Hydro-, Elektrotherapie). Durch sog. Basistherapeutika (Chloroquin-Derivate, Goldverbindungen, DPenicillamin, Zytostatika) soll in den pathogenetischen Prozeß h e m m e n d oder unterbrechend eingegriffen werden. Letztere Medikamente müssen lange und konsequent angewandt werden, erhebliche Nebenwirkungen sind möglich und müssen rechtzeitig erkannt werden. Bei Therapieresistenz m u ß chirurgisches Vorgehen eingeplant werden: - Früheingriffe: Synovektomie. Mit Entfernung des anatomisch-pathologischen Substrates wird die Knorpelknochendestruktion verhindert. An Sehnenscheiden erfolgt ebenfalls Synovektomie zur Prophylaxe von Rupturen. Mit diesem therapeutischen Vorgehen werden gute Ergebnisse am Knie- u n d Handgelenk sowie an den Fingergelenken, am Ellenbogen- und Sprunggelenk erzielt. - Späteingriffe: Bei fortgeschrittener Knorpelknochendestruktion kann in eher seltenen Fällen eine Umstellungsosteotomie zur Herdentlastung führen,
Auslösende Faktoren: - bakterielle und virale Infekte, Autoimmunerkrankung
Verlauf: gefäßreiches Bindegewebe überwuchert vom Rand her die Gelenkflächen —»Zerstörung des Knorpels —* Zerstörung der Gelenk fläche. Auch Sehnen und Sehnenscheiden befallen.
Symptome und Diagnose: - Morgensteifigkeit, - Gelenkschwellung, - symmetrische Gelenkschwellung, - subkutane Knötchen. Röntgen: - Verschmälerung des Gelenkspaltes, - Osteoporose, - oberflächliche Erosionen, - erosive Destruktion der Gelenke mit Subluxation. Labor: - BSG erhöht, - veränderte Elektrophorese, - positive Rheumafaktoren, Waaler-Roseund Latex-Test, C-reaktives Protein. Typische klinische Zeichen im Spätstadium: - Ulnardeviation der Finger in den Grundgelenken, - Schwanenhalsdeformität. Differentialdiagnose beachten. Therapie: konservativ: - Schmerz- und Entzündungsbekämpfung, Erhaltung der Gelenkfunktion durch Antirheumatika, - Krankengymnastik, physikalische Therapie. - Basistherapie: Hemmung des pathogenetischen Prozesses (Chloroquinderivate, Goldverbindung, D-Penicillamin, Zytostatika). Bei Therapieresistenz: operative Therapie. Früheingriff: - Synovektomie.
Späteingriff bei fortgeschrittener Knorpelknochendestruktion:
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XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
- Umstellungsosteotomie, - Endoprothesen - » g u t e Ergebnisse. Arthrodesen problematisch.
meist ist zur Erzielung der Schmerzfreiheit die Arthrodese oder Alloarthroplastik indiziert, letztere ermöglicht dabei eine Funktionsverbesserung. Arthrodesen sind wegen des Befalles mehrerer Gelenke und der resultierenden eingeschränkten Kompensationsmöglichkeit problematisch. Endoprothesen bringen vor allem für das Hüft- und Kniegelenk sowie die Fingergelenke (Silikonkautschuk-Platzhalter nach Swanson) gute Ergebnisse. Die postoperative Rehabilitation in Zusammenarbeit mit Krankengymnast und Sozialhelfer ist wesentlicher Bestandteil der Therapie.
2. Morbus Bechterew Entzündliche Erkrankung des Bandapparates und der Synovialis —»zunehmende Versteifung der Wirbelsäule. Schubweiser Verlauf.
6.7.2 Morbus Bechterew (Spondylarthritis ankylopoetica, Marie-Strümpel-Bechterew)
Symptomatik: Anfangs Schmerzen in: - Rücken, - Sternum, - Fersenbein, - Sitzbein, - Tuberositas tibiae. Charakteristisch: rezidivierende Irrititiden und Iridozyklitiden. Ferner: - Nachtschweiß, - rezidivierende Ergüsse im Kniegelenk. Im weiteren Krankheitsverlauf: Verkalkung der ventralen Längsbänder der Wirbelsäule, Verlötung der Vertebralgelenke und lleosakralfugen. Folge: zunehmende Versteifung der Wirbelsäule —» nach vorne gebeugte Haltung. Diagnostik: - BSG erhöht, - HLA-B 27 meist positiv, - ASR-Titer 30-50 % der Fälle erhöht, - veränderte Elektrophorese. Röntgen: Anfangsstadium: verwaschene Konturen, teilweise Usuren, Randwulstbildung an den Wirbelkörpern. Weiterer Verlauf: Verödung der Wirbelgelenke, lleosakralfugen, Symphyse, knöcherne Brückenbildung zwischen den Wirbelkörpern. Endstadium: Kyphose. Röntgenbild der Wirbelsäule ähnelt „Bambusstab". Sicherung der Diagnose: Sakroileitis und Erfüllung mindestens eines der folgenden Kriterien: 1. Kreuzschmerz über mehrere Monate, 2. eingeschränkte Beweglichkeit im Bereich der LWS, 3. Irrititiden in der Anamnese, 4. Schmerz und Steifheit im Thoraxbereich. Differentialdiagnose beachten. Therapie: entzündungshemmende Medikamente, krankengymnastische Übungen.
Entzündliche Erkrankung des Bandapparates und der Synovialis an der Wirbelsäule, die meist im Bereich der Iliosakralfugen beginnt und zu einer zun e h m e n d e n Versteifung der Wirbelsäule führt; schubweiser Verlauf. Ätiologie: Beginn etwa mit dem 2 0 . - 3 0 . Lebensjahr, familiäre Häufung. Hauptsächlich sind Männer befallen (Verhältnis 5 - 1 0 : 1 ) . Die Ätiologie ist u n b e k a n n t (Autoimmunerkrankung?). Das Histokompabilitätsantigen HLAB 27 ist in 8 0 - 9 5 % der Fälle positiv (bei der Normalbevölkerung in 5 - 7 % vorhanden). Symptomatik: Anfangs Rückenschmerzen, evtl. Ischialgien. Schmerzen im Bereich des Sternums sowie am Fersenbein, Sitzbein und Tuberositas tibiae (Tendoperiostosen). Charakteristisch können rezidivierende Irrititiden u n d Irridozyklitiden sein. Nachtschweiß und rezidivierende Ergüsse im Kniegelenk können auftreten. I m weiteren Krankheitsverlauf verkalken die ventralen Längsbänder der Wirbelsäule, Vertebralgelenke und lleosakralfugen verlöten. Die z u n e h m e n d e Versteifung der Wirbelsäule führt zu einer nach vorne gebeugten Haltung, Schmerzen treten in den Hintergrund. Bei Mitbeteiligung von Hüft-, Schulter-, Knie- und Sternoklavikulargelenk: Typ Strümpell-Pierre-Marie. Diagnostik: Die BSG ist erhöht, HLA-B 27 in 8 0 - 9 5 % positiv, ASR-Titer in 3 0 - 5 0 % erhöht, Veränderung der Elektrophorese im Sinne der Entzündung. Röntgenbefund: Im Frühstadium verwaschene Konturen im Bereich der Ileosakralgelenke, teilweise Usuren. Exophytäre Randwulstbildung an den Wirbelkörpern. Im weiteren Verlauf knöcherne Verödung der Wirbelgelenke u n d lleosakralfugen sowie der Symphyse, knöcherne Brückenbildung zwischen den Wirbelkörpern. Im Endstadium erhebliche Kyphose als Folge von Keilwirbelbildung (Zusammensintern der osteoporotischen Wirbelkörper), das Röntgenbild der Wirbelsäule ähnelt schließlich einem „Bambusstab". Die Diagnose folgt aus der röntgenologisch nachgewiesenen Sakroileitis und Erfüllung mindestens eines der folgenden Kriterien: Kreuzschmerz über mehrere Monate, eingeschränkte Beweglichkeit im Bereich der LWS, Irrititiden in der Anamnese, Schmerz und Steifheit im Thoraxbereich. Differentialdiagnose: Reiter-Syndrom (befallen sind hauptsächlich M ä n n e r im Alter von 2 0 - 4 0 Jahren; charakteristisch die Trias Urethritis, Konjunktivitis, Arthritis). Arthritis bei Ileitis terminalis und Colitis ulcerosa (in der A n a m n e s e Durchfall). Arthritis psoriatica, Arthritis nach Infektionen. Therapie: Kausale Therapie nicht möglich. N e b e n e n t z ü n d u n g s h e m m e n d e n Medikamenten (Indometazin, evtl. Kortison im akuten Schub) ist eine intensive krankengymnastische Übungstherapie zur Erhaltung der Beweglichkeit erforderlich.
Spezielle orthopädische Erkrankungen
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Operative Therapie: Frühsynovektomie. Bei schwerem Gelenkbefall auch bei jüngeren Patienten Alloarthroplastik (möglichst zementfrei). Bei schwerer Kyphose kann die Kolumnotomie gerechtfertigt sein (keilförmige Wirbelresektion zwischen LWK1 und 2).
Operative Therapie: - Frühsynovektomie. Bei schwerer Kyphose: - Kolumnotomie.
6.7.3 Spondylitis tuberculosa
3. Spondylitis tuberculosa Häufigste tuberkulöse Skeletterkrankung. Primärherd meist in der Lunge—> Befall eines Wirbelkörpers durch hämatogene Streuung. Auch Infizierung von Gelenken möglich.
Häufigste tuberkulöse Skeletterkrankung, 70 % der Spondylitiden sind tuberkulös. Der Primärherd liegt meist in der Lunge. Der Befall eines Wirbelkörpers - meist untere BWS, LWS, selten HWS - erfolgt durch hämatogene Streuung. Der tuberkulöse Herd entsteht grundsätzlich in der Spongiosa des Wirbelkörpers, meist nahe der Grund- oder Deckplatte, die Bandscheibe ist nicht primär befallen. Ein Häufigkeitsgipfel der Erkrankung liegt zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Grundsätzlich können auch Gelenke (oft Hüfte, Knie) infiziert werden (generalisierte Erkrankung!). Krankheitsverlauf: Abszeßbildung (meist im 1. oder 2. Jahr nach Erkrankung) und Ausbreitung entlang präformierter Wege. Von der LWS kann sich ein Senkungsabszeß entlang des M. psoas zum Oberschenkel hin ausbreiten (spindelförmiger Schatten im Röntgenbild). Abszeß und die Abknickung der Wirbelsäule nach Destruktion eines Wirbelkörpers können zur mechanischen Kompression des Rückenmarkes führen. In 5 % der Spondylitiden ist mit neurologischen Komplikationen zu rechnen. Die Zusammensinterung des Wirbelkörpers kann zur Gibbusbildung führen. Die Pottsche Trias (Abszeß, Gibbus, Querschnittslähmung) läßt sich durch rechtzeitige Therapie vermeiden. Symptomatik: Appetitlosigkeit, Nachtschweiß, subfebrile Temperaturen, Rückenschmerzen. Evtl. Irritation von Nervenwurzeln. Diagnostik: Geringe BSG-Erhöhung, Tbc-Diagnostik: Untersuchung von Sputum und Magensaft auf säurefeste Stäbchen, Tuberkulintest, evtl. Urinuntersuchung, Röntgen: Lungenaufnahme. Negativer Tuberkulintest schließt Tbc meist aus. Röntgenbefund: Frühbefund ist die Höhenminderung des Zwischenwirbelraumes (durch Eindringen von Bandscheibengewebe in die Wirbelkörper), später Deckplattenusurierung und -einbräche, Kavernenbildung, Destruktion des Wirbelkörpers, evtl. Abszeßschatten sichtbar. Weitere Diagnostik durch Szintigraphie, Tomographie, Computertomographie (Ausdehnung und Aktivität des Prozesses). Sicherung der Diagnose durch Punktion des Herdes und bakteriologische Untersuchung. Differentialdiagnose: Unspezifische Spondylitiden, Tumormetastase, Spondylitis nach Morbus Bang und Typhus (selten), perinephritischer Abszeß. Therapie: Medikamentöse Therapie mit Tuberkulostatika (Dreifachtherapie. Die Kombinationstherapie ergibt dabei i. a. keine additive Wirkung, sondern dient der Verhinderung einer sekundären Resistenz. Meist Dreierkombination folgender Medikamente: Isoniazid, Rifampizin, Streptomyzin, Ethambutol). Ruhigstellung im Gipsbett (bei kleinen Herden) oder durch HarringtonStäbe dorsal. Heute eher operative Herdausräumung, kortikospongiöse Spanauffüllung, u. U. Osteosynthese nach interkorporaler Fusion. Nachbehandlung je nach Stabilität im Gipsbett oder durch Korsettversorgung.
Krankheitsverlauf: Abszeßbildung und Ausbreitung entlang präformierter Wege. Abszeß und Abknickung der Wirbelsäule nach Destruktion eines Wirbelkörpers können zur mechanischen Kompression des Rückenmarks fuhren. Vermeidung der Pottschen Trias (Abszeß, Gibbus, Querschnittslähmung) durch rechtzeitige Therapie. Symptome: - Appetitlosigkeit, - Nachtschweiß, - subfebrile Temperaturen, - Rückenschmerzen, - evtl. Irritation von Nervenwurzeln. Diagnostik: - Labordiagnostik, - mäßige BSG-Erhöhung, - Suche nach säurefesten Stäbchen, - Tuberkulintest. Röntgen: - Lungenaufnahme, WS Frühbefund: Höhenminderung des Zwischenwirbelraumes. Spätbefund: - Plattenusurierung und Platteneinbrüche, - Kavernenbildung, - Destruktion des Wirbelkörpers, - evtl. Abszeßschatten. Sicherung der Diagnose: Punktion des Herdes, bakteriologische Untersuchung. Therapie: meist Dreierkombination folgender Medikamente: - Isoniazid, - Rifampizin, - Streptomyzin. - Ruhigstellung im Gipsbett. Operative Therapie: - Herdausräumung, - kortikonspongiöse Spanauffüllung, - evtl. Osteosynthese. Nachbehandlung im Gipsbett oder Korsettversorgung.
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XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
6.8 Statische Veränderungen im Bereich der unteren Extremität W ä h r e n d des Wachstums erfolgen physiologische Formveränderungen im Bereich der unteren Extremität. So geht ζ. B. das O-Bein des Neugeborenen bei ca. 65 % der Kinder bis z u m 3. Lebensjahr in ein leichtes X-Bein über, u m dann allmählich seine endgültige Form a n z u n e h m e n . Der zunächst steile Schenkelhalswinkel und die vermehrte Antetorsion beim Säugling u n d Kleinkind reduzieren sich auf die Normwerte des Erwachsenen (128° bzw. 12°). N a c h Schluß der Epiphysenfugen wird die untere Extremität mit ihren Gelenken im wesentlichen durch andauernde Kraftwirkungen - mechanische Belastung, Körpergewicht - formativ verändert. Die normale Belastungsachse verläuft geradlinig von Hüftkopfmitte über Kniegelenksmitte durch die Mitte des Sprunggelenkes (Mikulicz-Linie s. Abb. 33-50). Formabweichungen führen zu veränderter asymmetrischer Druckverteilung im Knieund Sprunggelenk. G e n u a vara belasten vermehrt das mediale Kompartim e n t des Kniegelenkes, G e n u a valga das laterale. Erhebliche Achsenfehlstellungen stellen eine präarthrotische Deformität dar. A m wachsenden Skelett läßt sich die Beinachse ζ. B. durch partielle Blockierung der Epiphysenfugen (Blount-Klammern) korrigieren. Beim Erwachsenen ist eine Belastungsänderung konservativ ζ. B. durch Schuhranderhöhung, operativ durch eine U m stellungsosteotomie möglich (s. 6.5.1.1). Statische Veränderungen im Bereich der unteren Extremität 1. Erworbener Plattfuß Häufiger orthopädischer Befund. Formen: - Plattfuß, - Knickplattfuß, - Knickplattspreizfuß. Entstehen durch Mißverhältnis zwischen Belastung und Belastbarkeit. Klinik: - Abflachung des Längs- und Quergewölbes, Knickfußstellung im Rückfuß. - Oft keine Beschwerden. - Schmerzen evtl. nach arthrotischen Veränderungen des Fußes. Röntgenbild: - Valgusabweichung des Kalkaneus, - leichte Talussteilstellung, - Belastungsaufnahmen, - evtl. arthrotische Veränderungen. Therapie: konservativ: Muskelkräftigung. Einlagen. Operativ: Umschlingung des Os naviculare mit der Tibialis-anterior-Sehne, u. U. subtalare Arthrodese. 2. Spreizfuß Querwölbung des Fußes ist aufgehoben. Mit telfußknochen weichen fächerförmig auseinander. Therapie: Einlagen mit retrokapitaler Abstützung.
6.8.1 Sog. erworbener Plattfuß Häufigkeit: Häufiger orthopädischer Befund. Formen: Pes planus = Plattfuß, Pes planovalgus = Knickplattfuß, Pes planovalgotransversus = Knickplattspreizfuß. Ätiologie: Mißverhältnis zwischen Belastung und Belastbarkeit. Konstitutionelle Bindegewebeschwäche, Fehlbelastung (ζ. B. Übergewicht, Schuhwerk) und Schwächung der muskulären Führung (M. tibialis anterior und posterior, ζ. B. nach Gipsruhigstellung) sind ursächliche Faktoren. Klinisches Bild: Abflachung des Längs- (Pes planus) und Quergewölbes (Pes plano-transversus), Knickfußstellung im Rückfluß. Beurteilung des Fußes bei Be- u n d Entlastung (bildet sich ein Längsgewölbe bei Entlastung aus: Senkfuß). Die Normalwölbung des Fußes ist nur begrenzt definiert (M. Lange), der Befund also oft eher subjektiv. Der Plattfuß m u ß keine Beschwerden verursachen. Schmerzen treten beim Entstehen des Plattfußes u n d evtl. später nach arthrotischen Veränderungen im Bereich des Fußes auf. Das Röntgenbild zeigt eine Valgusabweichung des Kalkaneus, leichte Talussteilstellung, bei Belastungsaufnahmen verminderter Abstand zwischen Os naviculare und Boden, später evtl. arthrotische Veränderungen. Therapie: Konservativ: Muskelkräftigung (Fußgymnastik) beim Kind hat Vorrang, evtl. Einlagenversorgung. Operativ: Umschlingung des Os naviculare mit der Tibialisanterior-Sehne (im Wachstumsalter). Beim Erwachsenen Einlagenversorgung, bei therapieresistenten Schmerzen Arthrodese (subtalares Gelenk, Talonavikulargelenk, Kalkaneokuboid-Gelenk).
6.8.2 Spreizfuß (Pes transverso-planus) Die Querwölbung des Fußes ist aufgehoben, Beschwielung unter den Metatarsaleköpfchen I I - I V (normal I und V). Die Mittelfußknochen weichen fächerförmig auseinander. Therapie: Konservativ, Einlagen mit retrokapitaler Abstützung.
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Spezielle orthopädische Erkrankungen 6.8.3 Pes cavus (Hohlfuß) Kennzeichnend ist das verstärkt ausgeprägte Längsgewölbe. Ätiologie: Meist unbekannt. Der H o h l f u ß kann durch Muskellähmungen (Poliomyelitis) entstehen. Findet sich bei Spina bifida occulta u n d Friedreich-Ataxie. Bei Hohlfuß ist immer an eine neurologische Grunderkrankung zu denken. Therapie: Einlagen. Bei therapieresistenten Beschwerden Arthrodese mit Keilentnahme.
6.8.4 Deformitäten der Zehen Hallux valgus: Abweichen des Metatarsale I nach medial, der Großzehe nach lateral. A m Köpfchen vom Metatarsale I bildet sich eine Exostose. Ätiologie: Spreizfuß, kongenitale Anomalien, Störung des muskulären Gleichgewichtes, exogene Faktoren (Schuhwerk). Symptomatik und Diagnostik: X-förmige Fehlstellung der Großzehe, Ballenbildung mit Schwielen und evtl. Ulzerationen. Schmerzhafte Bewegungseinschränkung im Großzehengrundgelenk. Bursitis. Röntgenbefund: Valgusfehlstellung der Großzehe, Subluxation im Grundgelenk, Osteophytenbildung. Therapie: Im Frühstadium Einlagen. Operativ (nur bei Beschwerden): Kürzung der G r u n d p h a l a n x (Operation nach Brandes), N e u f o r m u n g des Köpfchens vom Metatarsale I (Hueter-Mayo) mit zusätzlicher Exostosenabtragung. Evtl. Verlagerung von Muskelansätzen (McBride). Bei jüngeren Patienten Umstellungsosteotomien im Bereich des Metatarsale I (Operation nach H o h m a n n ) . Differentialdiagnose: Hallux rigidus: Arthrose des Großzehengrundgelenkes mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung. Hammerzehe (Digitus malleus): Beugekontraktur im Mittelgelenk der Zehen. Therapie: Operative Resektion eines Interphalangealgelenkes, evtl. Resektion im Bereich der Metatarsalköpfchen (Lelievre), Resektion des Köpfchens der Zehengrundphalanx (Hohmann).
3. Hohlfuß Verstärkt ausgeprägtes Längsgewölbe.
Therapie: Einlagen. Bei Beschwerden: Arthrodese mit Keilentnahme. 4. Deformitäten der Zehen - Abweichen des Metatarsale I nach medial, - Abweichen der Großzehe nach lateral. Symptomatik und Diagnostik: - X-förmige Fehlstellung der Großzehe, - Ballenbildung mit Schwielen, - evtl. Ulzeration. - Schmerzhafte Bewegungseinschränkung in Großzehengrundgelenk, - Bursitis. Röntgenbefund: Valgusfehlstellung der Großzehe, Subluxation im Grundgelenk, Osteophytenbildung. Therapie: im Frühstadium: Einlagen. Operativ: Kürzung der Grundphalanx (Brandes) - Neuformung des Köpfchens vom Metatarsale I (Hueter-Mayo). Bei jüngeren Patienten: Umstellungsosteotomien am Metatarsale I (Hohmann).
6.9 Neuromuskuläre Erkrankungen
Neuromuskuläre Erkrankungen
6.9.1 Poliomyelitis anterior acuta (spinale Kinderlähmung)
1. Spinale Kinderlähmung Viruserkrankung mit Folge: schlaffe Muskellähmung. Krankheitsverlauf in 4 Stadien: 1. infektiöses Stadium, 2. Lähmungsstadium, 3. Reparationsstadium, 4. Stadium der trophischen Störungen und Kontraktu ren.
Ätiologie: Viruserkrankung, Vorderhornbefall im Rückenmark. Folge ist die schlaffe Muskellähmung. Die Krankheit verläuft in 4 Stadien: infektiöses Stadium, Lähmungsstadium, Reparationsstadium, Stadium der trophischen Störungen und Kontrakturen = Endstadium. Symptomatik: Schlaffe Lähmung, leichte Verbesserung im Reparationsstadium. Restlähmung und Kontrakturen im Endstadium f ü h r e n zur Knochenatrophie mit Beinlängendifferenzen. Therapie: Ziel ist im frühen Stadium die Vermeidung von Kontrakturen durch Schienen und Gipsliegeschalen sowie krankengymnastische M a ß n a h men. Im Endstadium durch plastische Operationen Wiederherstellung des gestörten Muskelgleichgewichtes, ζ. B. durch Sehnenumlagerungen. Stabilisierung paralytischer Skoliosen. Nach Wachstumsabschluß evtl. Verlängerungs- u n d Verkürzungsosteotomien z u m Beinlängenausgleich, Umstellungsosteotomien bei Gelenkfehlstellungen sowie Arthrodese zur Versorgung instabiler Gelenke. Sonst apparative Versorgung.
Symptome: schlaffe Lähmung (leichte Verbesserung im Reparationsstadium). Restlähmung und Kontrakturen im Endstadium—> Knochenatrophie —»mit Beinlängendifferenz. Therapie: Frühstadium: Vermeidung von Kontrakturen durch Schienen und Gipsliegeschalen. Endstadium: plastische Operation mit Wiederherstellung des gestörten Muskelgleichgewichtes: Sehnenumlagerungen, Stabilisierung paralytischer Skoliosen, Verlängerungs- und Verkürzungsosteotomien, Umstellungsosteotomien bei Gelenkfehlstellung, Arthrodese, apparative Versorgung.
962 2. Infantile Zerebralparesen Hirnschäden mit spastischer Störung.
- Spastik, - gesteigerte Reflexe mit atypischen Bewegungsabläufen. Spastische Diplegie: Muskulatur von Becken und beider Beine spastisch. Spastische Tetraplegie: gesamte willkürliche Körpermuskulatur spastisch. Therapie: Einstellung neuer Bewegungsmuster und Koordination durch krankengymnastische Methoden auf neurophysiologischer Basis. Bei Therapieresistenz: operative Lösung der Kontrakturen.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates 6.9.2 Infantile Zerebralparese Sammelbegriff für prä-, peri- und postnatale Hirnschäden des Kindes mit konsekutiver neuromuskulärer - spastischer - Störung. Synonyme: zerebrale Kinderlähmung, spastische Lähmung. Häufigkeit: 2 - 4 % der Neugeborenen. Ätiologie: Pränatal: ζ. B. Infektionen (Toxoplasmose, Rubeoleus), Sauerstoffmangel, ionisierende Strahlen. Perinatal: ζ. B. Asphysie, Nabelschnurumschlingung, intrakranielle Blutung. Postnatal: ζ. B. Enzephalitiden. Symptomatik und Diagnostik: Hinweise geben Abweichungen in der motorischen Entwicklung und im Reflexverhalten des Kindes. Als typische Symptome treten Spastik (Tonusvermehrung der Muskulatur) und gesteigerte Reflexe mit atypischen Bewegungsabläufen (ζ. B. Scherengang) auf. Spastische Diplegie: Muskulatur des Beckens und der Beine ist spastisch. Spastische Tetraplegie: Die gesamte willkürliche Körpermuskulatur ist spastisch. Wichtig für die Diagnostik sind anamnestische Angaben über Schwangerschaft, Entwicklung des Kindes, pathologische Bewegungsabläufe. Therapie: Mit krankengymnastischen Methoden auf neurophysiologischer Basis (Bobath, Kabat) sollen neue Bewegungsmuster gebahnt und die Koordination verbessert werden. Therapieresistente Kontrakturen werden operativ gelöst (Tenotomien, ζ. B. bei Adduktion und Beugekontraktur Ablösung der Spina-Muskulatur und des M. rectus femoris, Adduktorentenotomie). Bei Luxation des Hüftgelenkes Tenotomie und intertrochantere Derotations-Varisierungs-Osteotomie (DVO) zur Beseitigung der pathologischen Valgusund Antetorsionsstellung. Bei spastischem Spitzfuß Achillessehnenverlängerung bzw. Lösen der Gastroknemius-Köpfe. Beugekontrakturen der Hand können plastische Operationen, d. h. Muskelverlagerungen zur Herstellung eines neuen Gleichgewichtes, erfordern (ζ. B. Übertragung des M. flexor carpi radialis auf die Handextensoren). Beim Erwachsenen können Fehlstellungen durch Arthrodesen korrigiert werden. Die Prognose ist abhängig von frühzeitiger Diagnose und Therapie.
3. Dystrophia musculorum progressiva Chronisch-degenerative Erkrankung der quergestreiften Muskulatur. Man unterscheidet 4 verschiedene Formen:
6.9.3 Dystrophia musculorum progressiva Progressive chronisch-degenerative Erkrankung der quergestreiften Muskulatur. Ihre verschiedenen Formen stellen die häufigste Myopathie dar. Es handelt sich um eine hereditäre Erkrankung, wahrscheinlich eine angeborene Enzymopathie. An Muskelveränderungen finden sich: primäre Muskelatrophie, Pseudohypertrophie, fibromuskuläre Kontrakturen.
Formen: • Typ Duchenne (infantile Beckengürtelform): X-chromosomale rezessive Form, maligner Verlauf. Nur Jungen erkranken. Erkrankungsalter: 1.-3. Lebensjahr. Symptome: Atrophie der Mm. glutaei, des M. quadriceps femoris, M. iliopsoas, der langen Rückenmuskeln. Später Befall weiterer Rumpfmuskeln, schließlich der Schultermuskulatur. Pseudohypertrophie der Wadenmuskulatur. Kontraktur des M. gastrocnemius führt schließlich zum Spitzfuß. Tod im Jugend- bis frühen Erwachsenenalter. Diagnostik: Serumphosphokreatinkinase erhöht, keine Entartung im EMG, dort niedere Amplitude und hohe Frequenz. • Typ Becker (altersungebundene Beckengürtelform): X-chromosomale rezessive Vererbung, benigner Verlauf. Beginn vom 2 . - 5 . Lebensjahr bis hoch zum 40.-50. Lebensjahr, sehr langsamer Verlauf, oft normale Lebenserwartung.
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Spezielle orthopädische Erkrankungen • Typ Erb: Schultergürtelform. Dominante Vererbung, Beginn im 10.-30. Lebensjahr, langsamer Verlauf. Zunächst Muskelatrophien im Bereich des Schultergürtels (Teile des M. pectoralis major, des M. trapezius. Befall des M. latissimus dorsi, M. serratus anterior. Letzteres führt zur Scapula alata), später Absteigen auf die Beckenmuskulatur. • Facio-scapulo-humerale Form (Typ Landouzy-Dejerine). Therapie: Ziel ist die Vermeidung von Kontrakturen, Kräftigung der Muskulatur. Die Funktion soll durch physikalische, apparative und operative Maßnahmen möglichst lange erhalten bleiben (Krankengymnastik, Durchbewegen der Gelenke, Schienen und Apparate zur Gelenkstabilisierung, operative Beseitigung von Kontrakturen).
6.9.4 Meningomyelozele Bei Spina bifida subduraler oder s u b a r a c h n o i d a l Vorfall der Rückenmarkshäute (meist im Bereich der Lumbaiwirbel) mit Teilen des Rückenmarkes. Angeborene Mißbildung. Häufig besteht ferner ein Hydrozephalus. Häufigkeit bis zu 2 % der Neugeborenen. Nach der Lokalisation sind zu unterscheiden: • Thorakale Lähmung: Komplette Querschnittslähmung im Bereich der unteren Extremitäten. Abduktions- und Außenrotationskontraktur der Hüftgelenke, Beugekontraktur der Knie. • Lumbale Lähmung: Teillähmung der unteren Extremitäten. Konsekutive Hüftluxation durch Muskelungleichgewicht möglich. Hüfte gebeugt und adduziert, Knie gestreckt. • Sakrale Lähmung: Lähmung im Fußbereich mit Ausbildung von Fehlstellungen (Hackenfuß, Klumpfuß). Therapie: Primärer Verschluß offener Myelo-Meningozelen, evtl. ventrikulokardialer Shunt (Hydrozephalus). Krankengymnastische Therapie und Orthesen zur Verhinderung von Kontrakturen. Zusätzlich: Plastische orthopädische Eingriffe (Ersatz der gelähmten pelvi-trochanteren Muskulatur durch Psoas-Plastik: die Hüftstrecker und Abduktoren werden durch Verlagerung des M. iliopsoas ersetzt. Der Muskel wird durch ein Fenster der Darmbeinschaufel gezogen und am Trochanter major fixiert (Sharrard), intertrochantere DVO bei Hüftluxation). Operative Versorgung bei Fußdeformitäten zur Besserung der Funktion (Ziel: Geh- und Stehfähigkeit). Bei Lähmungs-Knick-Fuß kann eine extraartikulläre Arthrodese nach Green-Grice erforderlich sein.
6.10 Amputationen und prothetische Versorgung Trotz erheblicher Fortschritte im Bereich von Unfallchirurgie und der Behandlung septischer Komplikationen sind Amputationen auch heute indiziert bei: • schwerem Trauma (ausreichende Revaskularisierung der verletzten Extremität bzw. Replantation nicht indiziert oder möglich), • malignem Tumor, • schweren Durchblutungsstörungen, • nicht zu beherrschender Osteitis. Eine relative Indikation zur Amputation stellen Fehlbildungen von Gliedmaßen und komplette Lähmungen einer Extremität dar. Bei der chirurgischen Intervention ist die spätere prothetische Versorgung zu berücksichtigen. Der Stumpf soll eine zylindrische, leicht konische Form haben, frei und kraftvoll beweglich sein, eine schmerzfreie Belastung gewährleisten und spannungsfrei von einer ausreichenden Weichteilschicht bedeckt
4. Meningomyelozele Bei Spina bifida subduraler oder subarachnoidaler Vorfall der Rückenmarkshäute mit Teilen des Rückenmarks.
Man unterscheidet je nach Lokalisation: - thorakale Lähmung: komplette Querschnittslähmung im Bereich der unteren Extremitäten, - lumbale Teillähmung der unteren Extremität, - sakrale Lähmung: Lähmung im Fußbereich. Therapie: - primärer Verschluß offener Myelomeningozelen, - krankengymnastische Therapie, - Orthesen, zusätzlich: - plastisch-orthopädische Eingriffe, - Versorgung bei Fußdeformität zur Besserung der Funktion.
Amputation und prothetische Versorgung Indikationen bei: - schwerem Trauma, - malignem Tumor, - schweren Durchblutungsstörungen, - nicht zu beherrschender Osteitis.
Relative Indikation zur Amputation: Fehlbildung von Gliedmaßen, komplette Lähmung einer Extremität. Chirurgische Intervention soll darauf abzielen, spätere Prothesen schmerz- und spannungsfrei zu tragen. Dabei muß die Narbe gut verschieblich sein. Stumpflänge ist vorgegeben durch die Verletzung.
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Sonst: Optimale Lokalisation für funktionell gute Prothese: Unterschenkel: im Übergang vom proximalen zum mittleren Drittel. Oberschenkel: mittleres Drittel. Im Fußbereich: nur bei traumatischen Schäden.
XXXIII. C h i r u r g i e d e s B e w e g u n g s a p p a r a t e s sein. Die Lage der N a r b e ist d a b e i weniger e n t s c h e i d e n d , w e n n sie gut verschieblich ist. Die S t u m p f l ä n g e ist d u r c h die E r k r a n k u n g bzw. Verletzung, die z u r I n d i k a t i o n s s t e l l u n g f ü h r t e , letztlich vorgegeben. Die optimale Amputationshöhe f ü r eine f u n k t i o n e l l gute p r o t h e t i s c h e Versorgung liegt b e i m Unterschenkel im Ü b e r g a n g v o m p r o x i m a l e n z u m m i t t l e r e n Drittel, b e i m Oberschenkel im m i t t l e r e n Drittel. E i n e a u s r e i c h e n d e S t u m p f versorgung ist a m U n t e r s c h e n k e l n o c h bei einer A m p u t a t i o n k n a p p u n t e r halb der Tuberositas tibiae möglich, a m O b e r s c h e n k e l u n t e r h a l b des Trochanter minor. A m p u t a t i o n e n längs der Lisfranc- oder C h o p a r t - L i n i e im Fußbereich weitgehend n u r bei t r a u m a t i s c h e n S c h ä d e n sinnvoll.
sind
Beim P i r o g o f f - S t u m p f wird ein Teil des K a l k a n e u s m i t der b e l a s t u n g s f ä h i g e n p l a n t a r e n W e i c h t e i l d e c k u n g auf die vorbereitete Tibia (Resektion k n a p p prox i m a l der G e l e n k f l ä c h e ) geklappt. D u r c h die A m p u t a t i o n n a c h Syme wird ebenfalls n a c h E n t f e r n u n g von I n n e n - u n d A u ß e n k n ö c h e l ein belastungsfähiger S t u m p f d u r c h D e c k u n g m i t der F e r s e n h a u t erzielt. A m p u t a t i o n e n im M i t t e l f u ß b e r e i c h neigen wegen eines gestörten Muskelgleichgewichtes zu Fehlstellungen. Zeitpunkt der prothetischen Versorgung: Sofortversorgung: Anmodellierung eines Gipsschaftes postoperativ —» am folgenden Tag Mobilisierung mit Gipsköcher und angesetzter Rohrskelettprothese möglich. Besser: Frühversorgung: Anpassung der Prothese am 12.-14. postoperativen Tage. Endgültige Versorgung: nach 3 - 6 Monaten (Stumpf hat seine konstante Form angenommen). Komplikationen: - Drucknekrosen der Haut, - Follikulitis, - Allergien, - Stumpfneurome. Prothesen: Bei der Auswahl ist zu berücksichtigen: - Funktionsfähigkeit, - berufliche Aspekte, - kosmetische Aspekte. Da ein Arm auch heute noch in seiner Funktion schwer zu ersetzen ist, soll die operative Technik auf eine möglichst gebrauchsfähige Erhaltung des Armes abzielen.
Man unterscheidet an der oberen Extremität verschiedene Prothesen gemäß ihrer Funktion: 1. kosmetische Prothesen: natürliche Form, keine aktive Beweglichkeit. 2. Arbeitsarme und Arbeitshilfen: austauschbare Ansatzstücke, die anmodellierten Prothesen aufgesetzt werden. 3. Aktive Prothesen: einfache Ersatzfunktion.
Zeitpunkt der prothetischen Versorgung: Bei der Sofortversorgung wird postoperativ ein zirkulärer G i p s s c h a f t anmodelliert. A m f o l g e n d e n Tag ist die Mobilisierung m i t d i e s e m G i p s k ö c h e r u n d angesetzter Rohrskelettprothese möglich. Längere R u h i g s t e l l u n g u n d d a m i t v e r b u n d e n e F u n k t i o n s v e r l u s t e sowie S t u m p f ö d e m lassen sich so v e r m e i d e n . W e g e n der G e f a h r der W u n d h e i l u n g s s t ö r u n g e n wird oft die Frühversorgung vorgezogen. Die Prothese wird hier a m 1 2 . - 1 4 . Tag, d . h . n a c h A b s c h l u ß der W u n d h e i l u n g , angepaßt. Der S t u m p f hat erst n a c h 3 - 6 M o n a t e n seine endgültige k o n s t a n t e F o r m angen o m m e n ( R ü c k b i l d u n g des W u n d ö d e m s , M u s k e l s c h w u n d ) , d a n n ist die endgültige Versorgung möglich. Komplikationen: D r u c k n e k r o s e n der H a u t , Follikulitis, Allergien ( S t u m p f hygiene!), S t u m p f n e u r o m e . Prothesen: Bei der Auswahl der Prothese sind n e b e n f u n k t i o n e l l e n , beruflic h e n u n d k o s m e t i s c h e n G e s i c h t s p u n k t e n die zu erwartende M i t a r b e i t des P a t i e n t e n zu berücksichtigen. Der A r m ist d u r c h t e c h n i s c h e Hilfsmittel n u r u n v o l l k o m m e n ersetzbar. Ein K u n s t a r m , der äußerlich d e m n a t ü r l i c h e n A r m entspricht, leicht ist, sich d u r c h gute u n a u f f ä l l i g e F u n k t i o n a u s z e i c h n e t , ü b e r ein R ü c k m e l d e s y s t e m d e m P a t i e n t e n o h n e visuelle Kontrolle d e n jeweiligen F u n k t i o n s z u s t a n d mitteilt u n d ferner ü b e r Sensibilität verfügt, ist bis h e u t e t e c h n i s c h n i c h t zu verifizieren. F ü r den P a t i e n t e n ist d a h e r letztlich d u r c h spezielle operative T e c h n i k e n eher eine h i n r e i c h e n d e G e b r a u c h s f ä h i g k e i t des A r m e s zu erhalten als d u r c h eine sog. aktive Prothese. So k a n n ein möglichst langer O b e r a r m s t u m p f a u c h o h n e prothetische Versorgung eingesetzt werden. Die Krubenberg-Plastik an e i n e m U n t e r a r m ist i n s b e s o n d e r e n a c h A m p u t a t i o n e n beider H ä n d e indiziert. H i e r wird d u r c h T r e n n u n g von Radius u n d U l n a eine G r e i f z a n g e gebildet. W i c h t i g f ü r e i n e gute F u n k t i o n s f ä higkeit ist hier die e r h a l t e n e H a u t s e n s i b i l i t ä t dieser G r e i f z a n g e . I m Bereich der oberen Extremität lassen sich verschiedene P r o t h e s e n g e m ä ß ihrer F u n k t i o n u n t e r s c h e i d e n : - Kosmetische Prothesen: Sie sind der n a t ü r l i c h e n F o r m der E x t r e m i t ä t angepaßt, e r l a u b e n j e d o c h keine aktive Beweglichkeit ( S c h m u c k h a n d ) . - Arbeitsarme und Arbeitshilfen: Es h a n d e l t sich hierbei u m a u s t a u s c h b a r e A n s a t z s t ü c k e , die d e n a n m o d e l l i e r t e n Prothesen aufgesetzt werden (ζ. B. H a k e n , K l a u e n , spezielle H a l t e k l a m m e r n ) . - Aktive Prothesen: Diese P r o t h e s e n e r l a u b e n e i n f a c h e E r s a t z f u n k t i o n e n . Die nötige Energie hierzu k a n n ü b e r B a n d a g e n , d u r c h spezifische Körperbeweg u n g e n erzeugt werden. So k a n n ζ. B. eine G r e i f z a n g e (Hook) als aktiver H a n d e r s a t z ü b e r eine K r a f t z u g b a n d a g e mit der G e g e n s c h u l t e r v e r b u n d e n u n d ü b e r sie betätigt werden. A n F r e m d e n e r g i e stehen k o m p r i m i e r t e G a s e
Spezielle orthopädische Erkrankungen
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(C0 2 ), elektrische Energie und hydraulische Antriebe zur Verfügung. Die Steuerung erfolgt dabei über körpereigene, mechanische oder myoelektrische Signale. Die myoelektrische Prothese wird über Aktionspotentiale gesteuert, die bei der willkürlichen Kontraktion der Stumpfmuskulatur entstehen und über Hautelektroden abgeleitet werden. Neben einfacher Digital-(on-off-)Steuerung ist hier auch eine feine abgestufte Proportionalsteuerung möglich. Prothesen im Bereich der unteren Extremität werden auf Druck belastet. Oberschenkelprothesen werden hauptsächlich durch die verbliebene Stumpfmuskulatur geführt und befestigt. Ein Unterdruck im Prothesenköcher zur Fixierung der Prothese bei Stumpfentlastung kann nur bedingt genutzt werden, da hier die Gefahr einer Ödembildung besteht. Eine möglichst große Kontaktfläche zwischen Stumpf und Prothesenköcher soll für eine gleichmäßige Druckverteilung sorgen. Für die Funktion der Prothese ist ferner die Konstruktion und Sicherung der Gelenke (Knie, Fuß) wichtig. Das Kniegelenk muß sich in Streckstellung stabilisieren lassen, damit eine Lastaufnahme beim Gang möglich wird. Die technische Lösung erfolgt einerseits durch geschickte Lage der Gelenkachsen in Relation zur Traglinie sowie durch eine mechanische Sperre.
Energiegewinnung: - Eigenenergie ü b e r Bandagen von ζ. B. Schulterbewegung. Fremdenergie: - k o m p r i m i e r t e Gase, - elektrische Energie, - hydraulische Antriebe. Steuerung: körpereigene, m e c h a n i s c h e , m y o e l e k t r i s c h e Signale. Letztere als m y o e l e k t r i s c h e Prothese.
Die konventionelle Unterschenkelprothese besteht aus einem vorgefertigten Kunstfuß, dem Holzschaft aus einem vorgefertigten Rohling sowie einer Oberschenkel-Lederhülse. Leichtere, schienenlose Unterschenkelprothesen stützen sich im Tibiakopf, an den Kondylen oder am Lig. patellae ab: PTBProthese (Patella-Tendon-Bearing-Prothese), PTS-Prothese (Prothese-Tibiale-Supracondylienne), KBM-Prothese (Kondylen-Bettung-Münster). Der Oberschenkelschaft entfällt hier.
Unterschenkelprothese: - vorgefertigter Kunstfuß, - Holzschaft, - Oberschenkel-Lederhülse. Verschiedenen Formen ohne Oberschenkelhülse: PTB-, PTS-, K B M - P r o t h e s e .
Bei Exartikulationen im Hüftgelenk bzw. Hemipelvektomie sind prothetische Versorgung mit einem festsitzenden Beckenkorb erforderlich (CanadaProthese).
Bei Exartikulation im Hüftgelenk: prothetische V e r s o r g u n g mit festsitzendem Beckenkorb.
6.11 Orthesen
Orthesen D i e n e n der Unterstützung v o r h a n d e n e r Körperteile. Materialien: Kunststoffe, Metalle, Leder. Forderung: Hautverträglichkeit, a u s r e i c h e n d e Festigkeit bei g e r i n g e m G e w i c h t , leicht bearbeitbar, luftdurchlässig, wasserfest.
Während Prothesen Gliedmaßendefekte ersetzen sollen, dienen Orthesen der (funktionellen) Unterstützung vorhandener Körperteile. Als Materialien dienen Kunststoffe, Metalle und Leder. Sie sollen hautverträglich und gegen Körperschweiß beständig sein, ausreichende Festigkeit bei geringem Gewicht haben, leicht zu bearbeiten sein, luftdurchlässig und wasserfest sein. Funktionelle Orthesen für die untere Extremität:
Untere Extremität: - Belastung auf Druck, - Führung d u r c h Stumpfmuskulatur. - Gleichmäßige Druckverteilung durch m ö g l i c h s t g r o ß e Kontaktfläche z w i s c h e n Stumpf/Prothesenköcher. - Konstruktion und S i c h e r u n g der G e l e n k e .
• Hülsenapparate bestehen aus einer Walklederhülse (Kunststoffhülse), die Gliedmaßen großflächig umfassen. Es resultiert eine günstige Druckverteilung bei der Kraftübertragung.
Untere Extremitäten: Hülsenapparate bestehend aus W a l k l e d e r hülse, G l i e d m a ß e n w e r d e n g r o ß f l ä c h i g um· faßt. G ü n s t i g e D r u c k v e r t e i l u n g .
• Bei Schellenapparaten sind Aluminium-Bänder (Schellen) an Stahlschienen befestigt. Die Apparate sind leichter, die Kraftübertragung von der Extremität zur Orthese erfolgt aber über kleinere Flächen, die Druckbeanspruchung ist höher. Stützapparate können arretierbare Gelenke enthalten (ζ. B. Kniegelenk mit Schweizer Sperre: das Gelenk wird zum Laufen in Streckstellung arretiert, beim Sitzen durch manuelles Lösen der Sperre gebeugt). Eine Entlastung von Extremitätenbereichen läßt sich durch spezielle Konstruktionen ermöglichen: Wird die Oberschenkelhülse dem Tuber ossis ischii angepaßt („Tuberaufsitz"), überträgt sich das Körpergewicht vom Becken direkt auf die Orthese, das Bein wird also nicht belastet (ζ. B. Thomassplint zur Entlastung des Hüftkopfes beim Morbus Perthes). Weitere mögliche Abstützpunkte sind Tibiakopf und Lig. patellae. Besitzt die Orthese einen Fußteil bzw. Gehbügel, muß der Schuh der Gegenseite erhöht werden, u m Längendifferenzen auszugleichen. Schlaffe Lähmungen im Bereich der unteren Extremität kön-
Schellenapparat: A l u m i n i u m - B ä n d e r an Stahlschienen befestigt. Leichteres G e w i c h t , aber D r u c k b e a n s p r u c h u n g höher.
966 Obere Extremität: Fixierung von Gelenken in Funktionsstellung, bestimmte Funktionen möglich (myoelektrische Orthesen). Mieder und Korsette: bei Schäden von Wirbelsäule und Rumpfmuskulatur bei Erwachsenen Schmerzreduzierung durch Entlastung und Ruhigstellung Bei Kindern Korrektur.
Lagerungsschienen: Verhinderung von Kontrakturen, Erhaltung von erreichten Korrekturen. Korrekturschienen: Veränderung von Fehlstellungen.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates nen durch Bandagen und Stützvorrichtungen kompensiert werden (ζ. B. Spitzfußzug oder Heidelberger Winkel bei Peronaeus-Parese). Im Bereich der oberen Extremität können Orthesen (aus Kunststoff oder Walkleder) Gelenke in Funktionsstellung fixieren bzw. bestimmte Funktionen ermöglichen (myoelektrische Orthesen). • Mieder und Korsette sollen Insuffizienzen im Bereich von Wirbelsäule und Rumpfmuskulatur kompensieren. Während Rumpforthesen beim Kind und Jugendlichen korrigierend wirken sollen, wird beim Erwachsenen eine Schmerzreduzierung durch Entlastung und Ruhigstellung angestrebt (Kreuzstützbandage, Überbrückungsmieder nach Hohmann, Skoliosekorsett). • Lagerungsschienen (ζ. B. Radialisschiene, Nachtschienen bei Spitz- und Klumpfußbehandlung) sollen Kontrakturen verhindern bzw. erreichte Korrekturen erhalten, • Korrekturschienen passiv beeinflußbare Fehlstellungen verändern (ζ. B. Finger- und Handquengelschienen).
Knochentumoren
7. Knochentumoren
967 Knochentumoren
Η. Zilch 7.1 A l l g e m e i n e r T e i l 1 % der bösartigen G e s c h w ü l s t e sind K n o c h e n t u m o r e n . A m h ä u f i g s t e n ist das O s t e o s a r k o m (45 %), das Ewing-Sarkom (18 %) u n d das C h o n d r o s a r k o m (14 %). Zwei Drittel b e t r e f f e n J u g e n d l i c h e u m die Pubertät. Die stark wachs e n d e n M e t a p h y s e n der Knie- u n d O b e r a r m k o p f r e g i o n sind bevorzugte Lokalisationen. Diagnostik u n d T h e r a p i e sind in d e n letzten J a h r e n d u r c h eine interdisziplinäre Onkologie (Chirurgie, O r t h o p ä d i e , Radiologie, m e d i z i n i sche Onkologie) verbessert worden.
Häufigste bösartige Geschwülste: - Osteosarkom, - Ewing-Sarkom, - Chondrosarkom.
7.1.1 Klassifizierung
Klassifizierung: - gutartige Tumoren, - bösartige Tumoren, - tumorähnliche Erkrankungen des Skelettsystems.
Diese erfolgt a u f g r u n d der h i s t o g e n e t i s c h e n A b l e i t u n g von der T u m o r s t a m m zelle (Osteoblasten, C h o n d r o b l a s t e n , Fibroblasten, Zellen des K n o c h e n m a r kes) n a c h einer von der W H O 1972 a n g e g e b e n e n Einteilung. N e b e n gut- u n d bösartigen gibt es die t u m o r ä h n l i c h e n E r k r a n k u n g e n des Skelettsystems (solitäre K n o c h e n z y s t e , a n e u r y s m a t i s c h e K n o c h e n z y s t e ) . Die m a l i g n e n T u m o ren werden unterteilt in h o c h m a l i g n e (Osteosarkom, C h o n d r o s a r k o m , Fibrosarkom, Ewing-Sarkom, m a l i g n e s fibröses H i s t i o z y t o m , Synovialom), in weniger m a l i g n e - langsames W a c h s t u m , späte M e t a s t a s i e r u n g - (parossales Sarkom, h o c h d i f f e r e n z i e r t e s Sarkom) u n d in s e m i m a l i g n e T u m o r e n - histologisch gutartig, aber destruktives W a c h s t u m , keine M e t a s t a s i e r u n g , N e i g u n g zu Rezidiven (gutartiger R i e s e n z e l l t u m o r ) . Die m a l i g n e n T u m o r e n k ö n n e n weiterhin unterteilt werden in p r i m ä r u n d s e k u n d ä r maligne. Die letzteren stellen die sarkomatöse E n t a r t u n g eines primär gutartigen K n o c h e n t u m o r s dar. So m u ß bei der P a g e t - E r k r a n k u n g in 1 %, bei der fibrösen Dysplasie in 0,5 % der Fälle mit einer s a r k o m a t ö s e n E n t a r t u n g g e r e c h n e t werden. Zu d e n hier a u f z u z ä h l e n d e n K n o c h e n t u m o r e n gehören nicht die k n ö c h e r n e n F e r n m e t a s t a s e n a n d e r e r maligner T u m o r e n , wie Prostata-, Bronchial-, M a m m a - oder S c h i l d d r ü s e n k a r z i n o m . Bei der S t a d i e n e i n t e i l u n g n a c h d e n Prinzipien des T N M - S y s t e m s eignet sich die G r ö ß e weniger gut als P a r a m e ter f ü r „T", da die G r ö ß e b e i m K n o c h e n t u m o r kein prognostisches K r i t e r i u m beinhaltet. Das A u s m a ß der Malignität läßt sich an der Fähigkeit, die Kortikalis zu d u r c h b r e c h e n u n d zu zerstören, besser ablesen. Die h i e r a u s entsteh e n d e n Periostreaktionen k ö n n e n zur T-Klassifikation h e r a n g e z o g e n werden:
Bevorzugte Lokalisation: wachsende Metaphysen der Knie- und Oberarmkopfregion.
Maligne Tumoren werden unterteilt in: - hochmaligne, - weniger maligne, - semimaligne. Weitere Unterteilung: - primär maligne, - sekundär maligne (Entartung eines primär gutartigen Knochentumors). Ausmaß der Malignität läßt sich an der Fähigkeit, die Kortikalis zu durchbrechen und zu zerstören, besser ablesen als an der Größe. Zur T-Klassifikation werden herangezogen: Τ 1: Tumor ohne sichtbare Periostreaktion Τ 2: Tumor mit Periostreaktion und nicht sicherer Weichteilinfiltration Τ 3 : Tumor mit Periostreaktion und Weichteilinfiltration Τ 4 : exulzerierterTumor.
Τ 1 = T u m o r e n o h n e sichtbare Periostreaktion, Τ 2 = T u m o r m i t Periostreaktion m i t nicht sicherer Weichteilinfiltration, Τ 3 = T u m o r mit Periostreaktion u n d m i t W e i c h t e i l i n f i l t r a t i o n oder pathologischer Fraktur, Τ 4 = exulzerierter T u m o r .
7.1.2 Diagnostik Die allgemeine klinische Diagnostik ist unergiebig. M a n c h e T u m o r e n verursac h e n i n t e r m i t t i e r e n d a u f t r e t e n d e S c h m e r z e n , m a n c h e wachsen schmerzfrei. Die Prädilektionsorte vieler T u m o r e n ergeben einen Hinweis. A u c h die Lab o r u n t e r s u c h u n g e n sind nicht spezifisch. Das Röntgenbild zeigt zuverlässige Hinweise auf die W a c h s t u m s g e s c h w i n d i g keit des T u m o r s : Bei sehr langsam w a c h s e n d e n bildet sich ein Sklerosesaum, was f ü r Gutartigkeit spricht. Enge, wohldefinierte Grenzzonen sprechen f ü r ein langsames W a c h s t u m u n d breite f l i e ß e n d e G r e n z z o n e n f ü r e i n e n rasch w a c h s e n d e n (= malignen) Tumor. Auffällig sind die Periostreaktionen: „Zwiebelschalen" bei wiederholten A b h e b u n g e n von v e r k n ö c h e r n d e n Periostlamel-
Diagnostik der Knochentumoren: klinische Diagnostik unergiebig. Hinweis durch Prädilektionsorte. Laboruntersuchungen unspezifisch.
Röntgenbild: Hinweis auf Wachstumsgeschwindigkeit des Tumors: Gutartigkeit —»Sklerosesaum, Malignität —» breite fließende Grenzzonen. Periostreaktion beachten.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
968 Weitere radiologische Techniken: - Tomogramm, - CT, - Angiographie, - Szintigraphie.
len, „Codmandreieck" am Übergang derartiger Lamellen zum normalen Knochen, „Spiculae", wenn entlang der Periostabhebung die Knochenneubildung entlang der Sharpey-Fasern erfolgt. Während der Tumor nicht schattengebend ist, sind in ihm gelegentlich Mineralisationsherde zu erkennen. Weitere radiologische Techniken zur Topographie sind Tomogramm, CT, Angiographie u n d die Szintigraphie.
Exakte Diagnose durch Biopsie. Achtung: fehlerhafte Durchführung verschlechtert Prognose. Nicht gesamten Tumor zur Biopsie entfernen!
Die Biopsie liefert die exakte Diagnose. Sie ist jedoch verantwortungsvoll, da eine fehlerhafte Durchführung die Prognose verschlechtern kann. Die Operationswunde muß klein gehalten werden, es dürfen keine zusätzlichen Kompartimente eröffnet werden. Daher darf nicht versucht werden, als Biopsie den ganzen Tumor zu entfernen.
Therapie der Knochentumoren: bei chirurgischer Therapie Sicherheitsabstand von 5 cm zum Tumor einhalten. Oft Amputation notwendig. Chemotherapie: bei Osteosarkom und Ewing-Sarkom gute adjuvante Therapie. Strahlentherapie: bei primären Knochentumoren untergeordnete Rolle. Spezielle Onkologie
7.1.3 Therapie
1. Benigne Knochentumoren
7.2.1 Benigne Knochentumoren
Osteoidosteom: osteoblastischer Tumor. Bevorzugte Lokalisation Femur und Tibia. Darstellung des Tumors als „Nidus", umgeben von Sklerosezone. Diagnose durch Röntgenbild und Schmerzangabe.
Osteoidosteom: Osteoblastischer Tumor, der vor allem in der 1 . - 3 . Lebensdekade auftritt. Bevorzugte Lokalisation sind Femur und Tibia. Der Tumor selbst stellt sich als „Nidus" dar, ein in der Kortikalis gelegener ovaler Tumor von weniger als 1 cm Größe. Dieser Nidus wird von einer Sklerosezone umgeben. Die Diagnose stützt sich auf das Röntgenbild und die Schmerzangabe des Patienten. Eine vollständige chirurgische Entfernung des Nidus - der Sklerosesaum braucht nicht entfernt zu werden - bringt eine absolut sichere Heilung. Bei osteoblastischem Tumor der Spongiosa spricht man von einem spongiösen Osteoblastom.
Chirurgische Entfernung des Nidus bringt absolut sichere Heilung.
Chondrom (Enchondrom) Knorpelbildender Tumor im Inneren eines Knochens. Oft an Hand und Fußskelett. Diskrete klinische Zeichen: Entdeckung als Zufallsbefund oder durch Spontanfraktur. Röntgen: scharf begrenzter Knochendefekt mit fleckiger Verkalkung, sklerotischer Randsaum, exzentrische Auftreibung
Die chirurgische Therapie berücksichtigt bei bösartigen Tumoren einen Sicherheitsabstand nach proximal und distal von 5 cm Abstand zum Tumor. Häufig ist die Radikalität nur durch eine Amputation zu erzielen. Die Chemotherapie stellt bei Osteosarkom und Ewing-Sarkom eine gute adjuvante Therapie dar (Adrianomycin, Methotrexat, cis-Platin). Die Strahlentherapie spielt bei den primären Knochentumoren eine untergeordnete Rolle.
7.2 Spezielle O n k o l o g i e
Chondrom: Knorpelbildender Tumor im Inneren eines Knochens (Synonym: Enchondrom). 50% finden sich am Hand- und Fußskelett, insbesondere an den Phalangen, sie sind die häufigsten Tumoren des Handskelettes (Abb. 33-52). Die klinischen Zeichen sind sehr diskret, häufig wird der Tumor als Zufallsbefund oder infolge einer Spontanfraktur entdeckt. Röntgenologisch zeigt sich ein scharf begrenzter Knochendefekt mit unregelmäßiger fleckiger Verkalkung, ein sklerotischer Randsaum bei Verdünnung der Kortikalis mit exzen-
Abb. 33-52 Multiple Enchondrome
Knochentumoren trischer Auftreibung des Knochens. Größere Zysten werden operativ ausgeräumt und mit autogener Spongiosa aufgefüllt. Maligne Entartung kann bei s t a m m n a h e r Lokalisation (Becken, lange Röhrenknochen) in seltenen Fällen auftreten. Osteochondrom ( = osteokartilaginäre Exostose): Häufigster gutartiger Knochentumor überhaupt mit bevorzugtem Sitz in den Metaphysen langer Röhrenknochen (Knieregion u n d proximaler Humerus). Mit dem Abschluß des Wachstums kommt auch die G r ö ß e n z u n a h m e des Tumors zum Stillstand. Bei multiplem Vorkommen findet sich eine familiäre H ä u f u n g und eine Zun a h m e der chondrosarkomatösen Entartung (bis 10 %). Bei störenden Exostosen werden diese operativ entfernt. Chondroblastom: Seltener chondromatöser T u m o r mit meist exzentrischem Sitz in der Epiphyse, der am häufigsten im 2. Lebensjahrzehnt gesehen wird und in zwei Drittel der Fälle M ä n n e r betrifft. Seine Erkennung ist wichtig, da es häufig als Chondrosarkom oder Osteosarkom „überdiagnostiziert" und folglich zu radikal therapiert wird. Die chirurgische Ausräumung ist kurativ.
969 Therapie: operative Ausräumung größerer Zysten —* Auffüllung mit autogener Spongiosa. Maligne Entartung selten. Osteochondrom Häufigster gutartiger Knochentumor. Sitz in Metaphysen langer Röhrenknochen. Bei multiplem Vorkommen: Zunahme der chondrosakromatösen Entartung. Therapie: operative Entfernung wenn nötig.
Chondroblastom Selten. Exzentrischer Sitz in der Epiphyse. Achtung: oft Verwechslung mit Chondrosarkom oder Osteosarkom und damit zu radikale Therapie. Therapie: kurative chirurgische Ausräumung.
Chondromyxoidfibrom: Seltener, aus chondromatösen und myxomatösen Anteilen aufgebauter Tumor, der besonders im 2. und 3. Lebensjahrzehnt ohne Geschlechtsprädominanz auftritt. Seine Hauptlokalisation liegt an den Metaphysen langer Röhrenknochen, an denen er als exzentrische, scharf umschriebene Aufhellungszone mit häufig lobulärem A u f b a u auffällt. Bei operativer Entfernung ist meist eine en-bloc-Resektion notwendig, da unvollständige Kürettagen zu Rezidiven führen.
Chondromyxoidfibrom Selten. Hauptlokalisation an Metaphyse langer Röhrenknochen. Röntgen: scharf umschriebene Aufhellungszone mit lobulärem Aufbau. Therapie: operative Entfernung en bloc zur Vermeidung von Rezidiven.
7.2.2 Maligne Knochentumoren
2. Maligne Knochentumoren
Osteosarkom: Der knochenbildende T u m o r entsteht im Inneren eines Knochens aus den Mesenchymzellen, die zur Bildung von Knochengewebe fähig sind, also nicht nur aus Osteoblasten, sondern auch aus solchen Bindegewebezellen, die sich in dieser Weise differenzieren können. Exposition mit radioaktiven Substanzen erhöht die Gefahr einer Osteosarkomentwicklung. Er ist der zweithäufigste maligne K n o c h e n t u m o r mit hoher Malignität, der das männliche Geschlecht bevorzugt und in der Altersgruppe zwischen 10 und 25 Jahren seine größte Häufigkeit findet. Prädilektionsstellen: Die Metaphysen langer Röhrenknochen mit bevorzugtem Sitz in der Knieregion (50 % aller Fälle). Diagnose: Hauptsymptome sind Schmerzen, Schwellung, häufig Erwärmung und Rötung im Tumorgebiet. Häufig findet sich eine eingeschränkte Beweglichkeit und ein allgemeines Krankheitsgefühl. Die alkalische Phosphatase ist erhöht. Bei kurzer Symptomatik häufig schnelle Metastasierung (hämatogen). Im Röntgenbild finden sich stets eine Kombination von fleckigen osteolytischen Defekten u n d pathologischen Knochenneubildungen des medullären und kortikalen Knochenabschnittes. Letztere sind Codman-Dreieck, Spicula, Zwiebelschalen (s. allgemeiner Teil 7.1.2). Die Begrenzung gegenüber dem gesunden Knochen ist unscharf. Im Angiogramm zeigt sich ein gefäßreicher T u m o r mit Gefäßabbrüchen, Kaliberschwankungen, a. v. Anastomosen. Im histologischen Präparat belegt der Nachweis einer neoplastischen Knochengrundsubstanz (Tumorosteoid) die Diagnose (differentialdiagnostisches Kriterium gegenüber dem Chondrosarkom). Therapie: Bei fehlender Femmetastasierung ist auch heute noch die A m p u t a tion aus G r ü n d e n der Radikalität meist nicht zu umgehen. Die Chemothe-
Osteosarkom knochenbildender Tumor im Inneren eines Knochens. Zweithäufigster maligner Knochentumor. Bevorzugte Lokalisation: Knieregion. Bevorzugtes Alter: 10-25 Jahre. Diagnose: - Schmerzen, - Schwellung, - evtl. Erwärmung und Rötung im Tumorgebiet, - eingeschränkte Beweglichkeit, - allgemeines Krankheitsgefühl. - Alkalische Phosphatase erhöht, - schnelle Metastasierung.
Röntgenbild: fleckige osteolytische Defekte kombiniert mit pathologischen Knochenneubildungen. Unscharfe Begrenzung gegenüber gesundem Knochen. Das Angiogramm zeigt: gefäßreicher Tumor mit Gefäßabbrüchen, Kaliberschwankungen, a. v. Anastamosen. Sicherung der Diagnose: histologisch durch Nachweis neoplastischer Knochengrundsubstanz. Therapie: Amputation kaum zu umgehen.
970
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
Chemotherapie: extrem hochdosiertes Methotrexat. Prognose: ungünstig. 5-Jahres-Überlebenszeit: 20-25 % 10-Jahres-Überlebenszeit: 15%. In 80 % der Fälle Fernmetastasen.
rapie - Adriblastin® oder extrem hoch dosiertes Methotrexat mit Citrovorum-Faktor „Rescue" verbessert durch Bekämpfung der Mikrometastasierung die Ergebnisse. Prognose: Insgesamt ungünstig. 5-Jahres-Überlebenszeit bei 2 0 - 2 5 %, nach 10 Jahren 15 %. Bereits 10 Monate postoperativ in 80 % Fernmetastasen nachweisbar. Befall der Tibia prognostisch günstiger als der des Femur.
Chondrosarkom Seltener als Osteosarkom. Höherer Altersgipfel. Lokalisation eher stammnah: Rumpf, Becken, Schultergürtel. Geringere Neigung zur Metastasierung.
Chondrosarkom: Im Vergleich zum Osteosarkom seltener, höherer Altersgipfel zwischem dem 4 . - 6 . Lebenjahrzehnt, Lokalisation mehr stammnah (75 %): Rumpf einschließlich Becken- und Schultergürtel mit proximalem Humerus und Femur, Verlauf eher langsamer, geringere Neigung zur Metastasierung. Sekundäre Chondrosarkome entstehen aus multiplen Osteochondromen und multiplen Chondromen (Abb. 33-53). Diagnose: Schwellung und Schmerzen im Tumorgebiet. Im Röntgenbild überwiegt die knöcherne Destruktion, kombiniert mit einer schwammartig gefleckten und gesprenkelten Verkalkung und Verknöcherung im Tumorgebiet. Beim Befall der proximalen Abschnitte langer Röhrenknochen kommt es zu einer Auftreibung des Schaftes und zu einer unregelmäßigen Verdickung der Kortikalis. Histologisch läppchenartig strukturierte Knorpelformationen mit unterschiedlicher Ausreifung, kein Tumorosteoid, kein neoplastischer Knochen (im Gegensatz zum Osteosarkom), aber Verkalkung der Nekrosen möglich.
Diagnose: - Schwellung, - Schmerzen, Röntgenbild: knöcherne Destruktion, schwammig gefleckte, gesprenkelte Verkalkung und Verknöcherung im Tumorgebiet. Histologisch: - läppchenartig strukturierte Knorpelforma tion unterschiedlicher Ausreifung. - Kein Tumorosteoid, - kein neoplastischer Knochen, - Verkalkung der Nekrosen möglich. Therapie: radikale Knochenresektion evtl. mit Weichteilkompartiment. Einsetzen einer Tumorprothese.
Ewing-Sarkom Ausgang vom Knochenmark. Jüngstes Prädilektionsalter. Höchste Letalität aller Knochentumoren. Bevorzugte Lokalisation an Diaphysen von Femur, Tibia und Humerus, Becken, Rippen. Frühe hämatogene Metastasierung in die Lungen. Diagnose: sehr charakteristisch Symptomenkomplex: - Schmerzen, - Schwellung, - Fieber, - mäßige Leukozytose. Röntgenologisch: umschriebene, manchmal fleckige Destruktionen mit unscharfer Grenze und periostalen Reaktionen. Therapie: Strahlenbehandlung mit Zytostatika. Prognose: 5-Jahres-Überlebensrate: 10%. Plasmozytom Häufigster maligner Knochentumor. Hauptlokalisation: - Wirbelsäule, - Rippen, - Schädel, - Becken. - Meist multiple Herde. Diagnose: - Schmerzen, - Spontanfrakturen, - Paraprotein im Plasma und Urin.
Therapie: Ganz im Vordergrund steht die chirurgische Therapie, die jedoch häufig mit einer radikalen Knochenresektion, u. U. mit Weichteilkompartiment, auskommt (Amputation oder Exartikulation keine zwangsläufige Operation). Einsetzen einer Tumorprothese.
Abb. 33-53 Chondrosarkom des proximalen Humerus
Ewing-Sarkom: Vom Knochenmark ausgehender Tumor mit höchster Letalität aller Knochentumoren, jüngstem Prädilektionsalter ( 1 0 - 2 5 Jahre) und unklarer Histogenese. Obwohl alle Knochen befallen werden können, bevorzugte Lokalisation an Diaphysen von Femur, Tibia und Humerus, Becken, Rippen. Frühe hämatogene Metastasierung in die Lunge. Diagnose: Charakteristischer Symptomenkomplex: Schmerzen, Schwellung, Fieber (subfebril, periodisches Auftreten), mäßige Leukozytose. Röntgenologisch unterschiedliche Bilder, teils umschriebene, teils fleckige Destruktionen mit unscharfer Grenze und periostalen Reaktionen. Im Angiogramm alle Zeichen eines bösartigen Tumors (s. Osteosarkom). Therapie: Strahlenbehandlung in Verbindung mit Zytostatika. Prognose: Unbehandelt sterben die Patienten bereits 9l/2 Monate nach Erkrankungsbeginn. 5-Jahres-Überlebensrate 10 %. Plasmozytom: (Multiples Myelom) Häufigster maligner Knochentumor, nach dem 50. Lebensjahr auftretend, Geschlechtsverteilung männlich:weiblich = 3:1. Hauptlokalisation: Wirbelsäule, Rippen, Schädel, Becken. Selten solitär, meist multiple Herde. Diagnose: Schmerzen, Spontanfrakturen, Paraprotein im Plasma (Immun-
Knochentumoren
971
elektrophorese) und Urin (Bence-Jones Eiweiß). Mehr als 10 % Plasmazellen im Knochenmark (Biopsie). Im Röntgenbild umschriebener Substanzdefekt mit unscharfer Begrenzung. Histologisch uniforme, zellreiche Tumorverbände aus plasmazellähnlichen Elementen. Therapie: Zytostatische Behandlung (Alkeran R und Prednison) bei multiplen Formen, bei solitären zunächst Bestrahlung. Prognose: 10 % 5-Jahres-Überlebensrate bei multiplen Vorkommen.
Biopsie: mehr als 10 % Plasmazellen im Knochenmark. Röntgenbild: umschriebener Substanzdefekt mit unscharfer Begrenzung. Histologisch: uniforme, zellreiche Tumorverbände aus plasmazellähnlichen Elementen. Therapie: zytostatische Behandlung. Bei solitären Tumoren: zunächst Bestrahlung. Prognose: 5-Jahres-Überlebenszeit: 10%.
7.2.3 Semimaligne Tumoren
3. Semimaligne Tumoren Riesenzelltumor Abstammung wahrscheinlich aus nichtosteogenen Bindegewebezellen des Knochenmarks. Dignität nur durch klinischen Verlauf meßbar. Hauptlokalisation: - Epiphysen langer Röhrenknochen, - Knieregion, - distaler Radius. Röntgenbild: exzentrisch lokalisierte, großblasig gekammerte Destruktionen mit Auftreibung des Knochens, verdünnte Kortikalis. Scharfe Abgrenzung vom gesunden Knochen. Klinisches Symptom: Schmerz. Therapie: - Resektion des Knochens im Gesunden, - autoplastischer Aufbau durch Transplantation.
Riesenzelltumor. Histogenetische A b s t a m m u n g wahrscheinlich aus nichtosteogenen Bindegewebezellen des Knochenmarkes. 10% zeigen invasives und destruktives Wachstum. Die Dignität läßt sich jedoch weder am Röntgenbild noch histologisch klären. Nur der klinische Verlauf zeigt diese an. Altersgipfel in der 3 . - 4 . Lebensdekade, Hauptlokalisation an den Epiphysen langer Röhrenknochen. Bevorzugt: Knieregion, distaler Radius. Hier zeigt sich im Röntgenbild eine exzentrisch lokalisierte, großblasig gekammerte Destruktion mit Auftreibung des Knochens und verdünnter Kortikalis, eine scharfe Begrenzung zum gesunden Knochen ohne Sklerosesaum und osteoporotischen Knochen in der Nachbarschaft. Klinisches Symptom ist der Schmerz. Therapie: Bei alleiniger Kürettage in 4 0 - 6 0 % Rezidive mit gesteigertem Malignitätsgrad. Daher Resektion des Knochens im G e s u n d e n und autoplastischer A u f b a u durch Transplantation.
Abb. 33-54 Nicht ossifizierendes Fibrom
7.2.4 Geschwulstähnliche Knochenerkrankungen Nicht ossifizierendes Fibrom: Aus proliferierenden Fibroblasten bestehender, makroskopisch braun bis gelber Tumor. Lokalisation Metaphysen langer Röhrenknochen, besonders der unteren Extremität. Alter der Patienten: 1 0 - 2 5 Jahre. Röntgenbild: Exzentrische, traubenförmige Spongiosa-Kortikalisdefekte mit Sklerosesaum und scharfer Begrenzung zum gesunden Knochen. Keine spezielle Therapie, da meist Zufallsbefund. Kontrolle empfehlenswert (Abb. 33-54). Solitäre Knochenzyste: Ausdruck eines gestörten W a c h s t u m s im Bereich der Epiphysenlinie, kommt in den ersten beiden Lebensjahrzehnten vor, wird häufig erst infolge einer Spontanfraktur entdeckt. Häufigste Lokalisation in a b n e h m e n d e r Reihenfolge: proximaler Humerus, Femurdiaphyse, proximale Tibia. Häufig mit gelbgrüner Flüssigkeit gefüllt. Röntgenologisch rundlicher Defekt im M a r k r a u m mit Auftreibung des befallenen Knochenabschnittes und verdünnter Kortikalis. Therapie: Bei Spontanfraktur zunächst konservativ, da sich die Zyste durch Kallusmassen auffüllen kann. Sonst Spongiosaauffüllung.
4. Geschwulstähnliche Knochenerkrankungen Nicht ossifizierendes Fibrom Makroskopisch braun bis gelber Tumor aus proliferierenden Fibroblasten bestehend. Bevorzugte Lokalisation: Metaphysen langer Röhrenknochen, besonders untere Extremitäten. Röntgenbild: exzentrische traubenförmige Spongiosa-Kortikalisdefekte mit Sklerosesaum. Scharfe Begrenzung zum gesunden Knochen. Keine spezielle Therapie. Solitäre Knochenzyste Entdeckung meist infolge Spontanfraktur. Häufigste Lokalisation: proximaler Humerus, Femurdiaphyse, proximale Tibia. Tumor ist mit gelbgrüner Flüssigkeit gefüllt. Röntgenbild: rundlicher Defekt im Markraum mit Auftreibung des befallenen Knochenabschnitts. Verdünnte Kortikalis. bei Spontanfraktur: konservativ.
972 Aneurysmatische Knochenzyste kavernöse Hohlräume, meist solitär vorkommend. Bevorzugte Lokalisation: Metaphysen langer Röhrenknochen, Wirbelkörper. Diagnose: schmerzhafte Schwellung. Röntgenbild: umschriebene, scharf begrenzte, großblasige exzentrische Aufhellung. Therapie: bei Beschwerden Auffüllung mit autogener Spongiosa. Eosinophiles Granulom Histiozytäre Zellbeete mit abszeßartig eingelagerten eosinophilen Granulozyten. Auftreten an jeder Stelle des Skelettes. Fibröse Dysplasie Proliferation von Fibroblasten mit Bildung von dichtem kollagenen Bindegewebe. Einlagerung von Trabekeln aus Knochen und Osteoid. Klinische Zeichen: Schmerzen, Auftreibung oder Verschiebung des Knochens.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates Aneurysmatische Knochenzyste: Kavernöse Hohlräume, meist solitär vorkommend. Lokalisation: Metaphysen langer Röhrenknochen und in Wirbelkörpern. Alter: Bei Jugendlichen (bis zum 20. Lebensjahr). Diagnose: Schmerzhafte Schwellung. Röntgenbild: Umschriebene, scharf begrenzte, großblasige exzentrische Aufhellung. Therapie: Bei Beschwerden Auffüllung mit autogener Spongiosa. Eosinophiles Granulom: (Histiozytose Χ, X für unbekannte Ätiologie). Histiozytäre Zellbeete mit abszeßartig eingelagerten eosinophilen Granulozyten („Osteomyelitis mit eosinophyler Reaktion"). Osteolytische Herde des eosinophilen Knochengranuloms können an jeder Stelle des Skelettes auftreten. 75 % der Fälle treten im Jugendalter auf. Die Prognose ist gut. Fibröse Dysplasie: Entwicklungsstörung des Knochens mit Proliferation von Fibroblasten mit Bildung von dichtem kollagenen Bindegewebe, in das unregelmäßig gestaltete Trabekel aus Knochen und Osteoid eingelagert werden. Beginn der Erkrankung im 1.-2. Lebensjahrzehnt. Klinisch manifest wird die Erkrankung u. U. erst später durch Schmerzen, Auftreibung oder Verbiegung des Knochens (ζ. B. Coxa vara). In Verbindung mit Pigmentflecken und sexueller Frühreife: Albright-Syndrom.
Myositis ossificans Verknöcherung in der Muskulatur meist nach Traumatisierung. Operative Ausschälung aber nicht zu früh, da Rezidivgefahr. Paraartikuläre Ossifikation Auftreten nach Lähmungen.
Myositis ossificans: Meist im Gefolge einer Traumatisierung auftretende Verknöcherung in der Muskulatur. Bei zu früher operativer Ausschälung große Rezidivgefahr.
Hyperparathyreodismus Überfunktion der Nebenschilddrüse mit Osteoporose und zystischen Veränderungen.
Hyperparathyreoidismus: Überfunktion der Nebenschilddrüse (Parathormon) mit allgemeiner Osteoporose und in etwa 12 % zystischen Veränderungen (sog. „braune Tumoren", Morbus Recklinghausen).
Paraartikuläre Ossifikationen treten gehäuft nach Lähmungen schnittslähmungen) auf.
(Quer-
Nachbehandlungen
8. Nachbehandlung nach Verletzungen und Operationen am Bewegungsapparat H. Zilch
In der Frühphase stehen V e r b a n d s t e c h n i k , Lagerung, W u n d b e h a n d l u n g , M e d i k a m e n t e u n d f r ü h f u n k t i o n e l l e Bewegungstherapie u n d M o b i l i s a t i o n des P a t i e n t e n im Vordergrund, während in der Spätphase die Heilungsvorgänge des K n o c h e n s u n d dessen Störungen, Belastbarkeit der F r a k t u r e n , insbesondere n a c h Osteosynthesen, u n d die I n d i k a t i o n sowie der Z e i t p u n k t z u r M e t a l l e n t f e r n u n g vorherrschen.
8.1 Verbandstechnik, Lagerung, Wundbehandlung Postoperative V e r b ä n d e (sterile K o m p r e s s e n , synthetische Rollwatte, elastische B a n d a g e n ) in späterer Lagerungsposition anlegen. Z e h e n u n d Finger (Kuppen) zur Ü b e r p r ü f u n g der Motorik u n d Sensibilität bleiben frei. Die Lagerung dient d e m Abschwellen der Extremität. A n der u n t e r n E x t r e m i t ä t liegt der U n t e r s c h e n k e l 30 c m über d e m Niveau der Unterlage (ζ. B. auf B r a u n - S c h i e n e ) . Bei O p e r a t i o n e n a m Ober- u n d U n t e r a r m H o c h l a g e r u n g d u r c h Unterlage eines Oberarmkeilkissens. Erster V e r b a n d s w e c h s e l zwischen d e m 2. u n d 5. Tag postoperativ. Redort-Drainagen werden k o n t i n u i e r l i c h zwischen d e m 2. bis 4. Tag postoperativ gezogen. Postoperative Hämatome m ü s s e n wegen der G e f a h r der I n f e k t i o n notfallsmäßig e n t f e r n t werden. P u n k t i o n oder kleine W u n d s p r e i z u n g reichen n i c h t
973 Nachbehandlung nach Verletzungen und Operationen am Bewegungsapparat
Frühphase: -
Verbandstechnik, Lagerung, Wundbehandlung, Medikamente, funktionelle Bewegungstherapie und Mobilisation.
Spätphase:
- Heilungsvorgänge des Knochens (mit Störungen). - Belastbarkeit der Frakturen (besonders nach Osteosynthese), - Zeitpunkt der Metallentfernung.
Verbandstechnik, Lagerung, Wundbehandlung
Postoperative Verbände in späterer Lagerungsposition anlegen. Lagerung dient zum Abschwellen der Extremität.
Lagerung: Unterschenkel:
30 cm über Niveau der Unterlage.
Ober- und Unterarm:
Hochlagerung durch Oberarm-Keilkissen. Verbandwechsel zwischen 2. und 5. postoperativem Tag.
Redon-Drainagen:
zwischen 2. und 4. postoperativem Tag ziehen.
Postoperative Hämatome:
operative Entfernung wegen Infektionsgefahr.
Trockene Hautnekrosen werden als n a t ü r l i c h e r W u n d v e r b a n d belassen, bis sich d a r u n t e r eine gute t r a n s p l a n t a t i o n s f ä h i g e G r a n u l a t i o n s f l ä c h e gebildet hat.
Trockene Hautnekrosen:
8.2 Medikamentöse Behandlung
Medikamentöse Behandlung
Eine generelle postoperative Antibiotika-Prophylaxe ist a b z u l e h n e n . N u r bei o f f e n e n F r a k t u r e n III. G r a d e s mit v e r s c h m u t z t e n W e i c h t e i l e n b e g i n n t diese bereits präoperativ hochdosiert u n d e n d e t m i t d e m Z e i t p u n k t der R e d o n Drainagenentfernung. Generell wird eine Thromboseprophylaxe ab 16. L e b e n s j a h r bei bettlägerigen P a t i e n t e n d u r c h g e f ü h r t : 2 - 3 χ 5 000 Ι. Ε. H e p a r i n als low-dosis pro Tag oder als D i h y d e r g o t - H e p a r i n . Vor V e r a b r e i c h u n g von Schmerzmitteln ist die U r s a c h e zu klären u n d abzustellen ( s c h n ü r e n d e V e r b ä n d e , b e g i n n e n d e s K o m p a r t ment-Syndrom?).
8.3 Krankengymnastische und ergotherapeutische Nachbehandlung Die f r ü h f u n k t i o n e l l e N a c h b e h a n d l u n g fördert die K n o c h e n d u r c h b l u t u n g u n d d a m i t die Reparationsvorgänge u n d d e n Knorpelstoffwechsel. A m 1. postoperativen Tag S p a n n u n g s ü b u n g e n im S i n n e des isometrischen Muskeltrainings. Aktive B e w e g u n g s ü b u n g e n n a c h Abklingen der e x s u d a t i v e n Ö d e m phase bis zur S c h m e r z g r e n z e u n t e r L e i t u n g einer K r a n k e n g y m n a s t i n . Aktiv assistierende Bewegungen: ζ. B. aktive Bewegung im Kniegelenk, während die K r a n k e n g y m n a s t i n d e m Patienten das Gewicht des U n t e r s c h e n k e l s abn i m m t . Bewährt h a b e n sich h i e r f ü r a u c h die v e r s c h i e d e n e n Bewegungsschienen. Passive Ü b u n g e n sollen möglichst v e r m i e d e n werden, sind aber u n e r l ä ß -
Belassen als natürlichen Wundverband, bis Bildung von transplantationsfähiger Granulationsfläche erfolgt.
Postoperative Antibiotika-Prophylaxe ist abzulehnen. Ausnahme: offene Frakturen 3. Grades mit verschmutzten Weichteilen. Dann schon präoperativ. Endet mit Zeitpunkt der Redon-Drainagenentfernung.
Thromboseprophylaxe:
3 x 50001. E. Heparin pro Tag. Besser: Kombination Dihydergot-Heparin. Schmerzmittel: vor Verabreichung Ursache klären.
Krankengymnastische und ergotherapeutische Nachbehandlung Anwendung zur Förderung der Knochendurchblutung. Aktive Bewegungsübung nach Abklingen der exsudativen Ödemphase bis zur Schmerzgrenze. Bewährt haben sich Bewegungsschienen. Passive Übungen: möglichst vermeiden. Bewegung gegen Widerstand: Steigerung des Krafttrainings. Ergotherapeutische Mitbehandlung: Aktivierung der Gesamtfunktion der betroffenen Extremität steht im Vordergrund.
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
974 lieh,
wenn
Frakturen
mit
Lähmungen
verbunden
sind.
Techniken
mit
Bewegungen gegen W i d e r s t a n d steigern das Krafttraining. D i e e r g o t h e r a p e u t i s c h e (Beschäftigungstherapie)
M i t b e h a n d l u n g stellt d i e A k -
tivierung der betroffenen Extremität unter Berücksichtigung der
Gesamt-
f u n k t i o n in den Vordergrund. B e i m Gang
mit
Unterarmgehstützen
werden 3 Belastungsstufen
unterschie-
den.
Gang mit Unterarmstütze in 3 Belastungsstufen: •=>
Befristung der einzelnen Belastungsstufen richtet sich nach klinischen und röntgenologischen Verlaufskontrollen.
1. Entlastung
b e d e u t e t A b r o l l e n d e s a u f g e s e t z t e n F u ß e s m i t 10 k p S o h -
lendruck 2. Teilbelastung
das Abrollen mit 2 0 - 4 0 kp Sohlendruck
3. Vollbelastung
das A u f t r e t e n bis zur Schmerzgrenze.
Die Belastungsgrenzen m ü s s e n auf einer Fußwaage erfühlt u n d
eingeprägt
werden. D i e B e f r i s t u n g d e r e i n z e l n e n B e l a s t u n g s s t u f e n ist b e i d e n e i n z e l n e n F r a k t u r f o r m e n a n g e g e b e n worden. Sie richtet sich n a c h klinischen u n d röntgenologischen Verlaufskontrollen.
Metallentfernung:
Bei ungestörter Knochenheilung V/2 bis 2 Jahre nach Operation —»danach maximale Belastbarkeit des Röhrenknochens herabgesetzt. Entsprechender Hinweis an den Patien ten, um Refrakturzu vermeiden. K-Drähte und Osteosynthesematerial: - im Kindesalter Entfernung nach 1-2 Monaten. - Im hohen Lebensalter und bei Risikopatienten: keine Entfernung.
8.4 Metallentfernung Diese erfolgt n a c h ungestörter K n o c h e n h e i l u n g an d e n langen R ö h r e n k n o c h e n 1 / ^ - 2 J a h r e n a c h d e r O p e r a t i o n . N a c h M a t e r i a l e n t f e r n u n g ist d i e m a x i m a l e B e l a s t b a r k e i t d e s R ö h r e n k n o c h e n s s t ä r k e r h e r a b g e s e t z t (bis z u 5 0 % i m Vergleich z u m gesunden Knochen). Ursache: Spongiosierung der Kortikalis u n t e r d e r P l a t t e d u r c h „stress p r o t e c t i o n " , S c h r a u b e n l ö c h e r . S p o r t l e r
und
schwer arbeitende M e n s c h e n m ü s s e n darauf hingewiesen werden, u m eine Refraktur
zu v e r m e i d e n . K - D r ä h t e u n d O s t e o s y n t h e s e m a t e r i a l i m K i n d e s a l -
ter w e r d e n bereits n a c h 1 - 2 M o n a t e n entfernt. I m h o h e n L e b e n s a l t e r u n d b e i R i s i k o p a t i e n t e n wird a u f d i e E n t f e r n u n g d e s O s t e o s y n t h e s e m a t e r i a l s verzichtet. A n d i e m e d i z i n i s c h e Rehabilitation ßen.
m u ß sich nahtlos die berufliche anschlie-
Begutachtung
9. Begutachtung nach Verletzung des Bewegungsapparates H. Zilch 9.1 G e s e t z l i c h e U n f a l l v e r s i c h e r u n g Träger: Gewerbliche Berufsgenossenschaften (BG), die bestimmte Berufsgruppen zusammenfaßt (ζ. B. Eisen- und Stahl-BG, Fleischerei BG), Ausfuhrungsbehörden und Gemeindeunfallversicherungsverbände. Die Prämie zahlt der Betrieb. Versicherter Personenkreis: Alle in einem Arbeits-, Dienst- und Lehrverhältnis stehende Arbeitnehmer (keine Beamte), Schüler, Studenten und Kindergartenteilnehmer. Versicherungsfall: Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Letztere sind in der Berufskrankheitenverordnung der Reichsversicherungsordnung (RVO) aufgelistet. Nur diese gelten nach den dort festgehaltenen Bedingungen als Berufskrankheiten. Als Unfall im Sinne der RVO gilt ein von außen wirkendes, zeitlich eng begrenztes, körperschädigendes Ereignis. Dieses tritt in der Regel unerwartet und nicht vorhersehbar ein. Dieses Ereignis muß innerhalb einer Arbeitsschicht oder auf dem kürzesten Weg von zu Hause nach dem Arbeitsplatz und zurück (Wegeunfall) eintreten. Leistungen: Unfallverhütung und Erste Hilfe in den Betrieben. Unfallheilverfahren. Berufsfürsorge (berufliche Wiedereingliederung oder Umschulung). Geldleistungen (Krankengeld, Unfallrente, Hinterbliebenenrente, Sterbegeld, Überbrückungshilfe). Unfallheilverfahren: Die Heilbehandlung ist genau reglementiert. Jeder Verletzte muß einem Durchgangsarzt (D-Arzt) vorgestellt werden. Diese entsprechend ausgebildeten Chirurgen und Orthopäden werden von den Landesverbänden der BG bestellt. Der D-Arzt dokumentiert den Unfallhergang und den Erstbefund exakt auf einem D-Arztbericht, der an die zuständige BG, an die Krankenkasse und an den Hausarzt verschickt wird. Der D-Arzt entscheidet, ob kassenärztliche Behandlung (ca. 80 %) oder bg-liche Behandlung erforderlich wird. Bei ersterer erfolgt die Aufforderung zum Nachschautermin beim D-Arzt, der einen Nachschaubericht anfertigt. Beim Verletzungsartenverfahren können bestimmte schwere Verletzungen, die aufgelistet sind, nur in hierzu ermächtigten Krankenhäusern behandelt werden (Paragraph 6 Fälle der früheren RVO). Nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit steht dem Verletzten eine vorläufige Rente zu, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) mindestens 20 % beträgt und diese über die 13. Woche nach dem Arbeitsunfall andauert. Diese kann grundsätzlich monatlich überprüft werden. 2 Jahre nach dem Unfall beginnt die Dauerrente, die nur jährlich oder auf Verschlimmerungsantrag geändert werden kann, wenn objektiv eine Veränderung nachweisbar ist. Die MdE geht von einer vollen, individuellen Erwerbsfähigkeit von (ungeprüft) 100 % vor dem Unfall aus. Sie berücksichtigt nicht den individuellen Beruf, sondern die Fähigkeit des Verletzten, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für Entgelt zu arbeiten. Die Rente hat auch nicht primär den Ausgleich eines wirtschaftlichen Schadens als vielmehr eine rein abstrakte Scha-
975
976
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates densberechnung zum Ziel. Berechnungsgrundlage ist der Verdienst des Verletzten 1 Jahr vor dem Unfall. Für die Einschätzung des MdE wurden Tabellen als Anhaltspunkte ausgearbeitet. Beispiel: Knie im Winkel von 5° Beugung steif: 30 %.
9.2 Private Unfallversicherung Eine Personenversicherung auf freiwilliger Grundlage zwischen natürlichen Personen und privaten Unfallversicherungsträgern. Die Höhe der Versicherungssumme wird vorher vereinbart, die Versicherungsprämie zahlt der Versicherungsnehmer. Versichert sind alle Unfälle (Beruf, Freizeit, Haushalt, Sport usw.). Versicherungsgrundlage: Entschädigt wird nicht nach der MdE in %, wie bei der gesetzlichen Unfallversicherung, sondern nach der Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit (Invalidität). Diese Einschätzung ist abstrakt und unabhängig vom Beruf. Der Unfallschaden muß innerhalb eines Jahres vom Unfalltag an eingetreten sein. Bei Verletzungen der Gliedmaßen und der Sinnesorgane erfolgt die Einschätzung abstrakt nach einer Tabelle, der sog. Gliedertaxe (starrer Invaliditätsgrad). Der Verlust eines Fingers wird bei einem Pianisten genauso bewertet wie bei einem Kohlenträger. Bei Teilverlust oder Gebrauchsminderung eines Fingers - einer Hand - wird diese in Zehntel Bruchteilen angegeben, z.B.: Die Gebrauchsfähigkeit des rechten Daumens ist gegenüber einem Gesunden u m 3/10 (2/5, %) gemindert. Dabei macht der vollständige Verlust des Daumens 20 % (auch der Versicherungssumme) an Invalidität aus. Bei Minderung der Gebrauchsfähigkeit eines Daumens u m 3 /o wird demnach auch nur s/w von 20 % der Versicherungssumme ausgezahlt. Nur bei Vollinvalidität wird die volle Versicherungssumme erstattet. Eine Rückwirkung des Gliederschadens auf den Gesamtorganismus wird nicht berücksichtigt. Die Auszahlung erfolgt in der Regel als einmalige Abfindung. Eine Verletzungsfolge von Nichtgliedmaßen oder Sinnesorganen, ζ. B. Verletzungen an der Wirbelsäule, am Hirn, Verlust einer Niere etc., umfaßt als Dauerschaden in der privaten Unfallversicherung nur, was sich längstens 3 Jahre nach dem Unfall feststellen läßt. Der ärztliche Gutachter entscheidet, ob dadurch die Arbeitsfähigkeit des Verletzten, die seinen Fähigkeiten und Kräften entspricht, ihm unter billiger Berücksichtigung seiner Ausbildung und seines Berufes zugemutet werden kann, bei seiner Tätigkeit dauernd beeinträchtigt ist. Ein Vorschaden wird in der Regel vom Versicherungsschutz ausgeschlossen (Ausschlußklausel oder aber Prämienzuschlag möglich). Haben bei den Unfall/o/gen Krankheiten oder Gebrechen mitgewirkt, so ist die Leistung entsprechend dem Anteil der Krankheit oder des Gebrechens zu kürzen, sofern dieser Anteil mindestens 25 % beträgt. Weitere Versicherungsmöglichkeiten: Tagegeld im Krankheitsfall (ambulante Behandlung), Krankenhaustagegeld, Heilkosten, Lebensversicherung. Tagegeldversicherung: Versicherung bei vorübergehender Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit im Krankheitsfall, speziell auf die versicherte Berufstätigkeit ausgerichtet. Der Grad der vorübergehenden Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit wird von 100 % abstufend bis 0 % bewertet. Damit kommt der entscheidende Unterschied zur gesetzlichen Krankenversicherung heraus, bei der der Übergang aus voller Arbeitsunfähigkeit zur vollen Arbeitsfähigkeit die Regel ist. Demnach wird ein Pianist bei einer Fingerverletzung länger vorübergehend beeinträchtigt sein als ein Handwerker. Beispiele aus der „Gliedertaxe" Verlust eines Armes im Schultergelenk: 70 % Verlust eines Armes unterhalb des Ellenbogengelenkes: 60 % Verlust einer Hand im Handgelenk: 55 %
Begutachtung
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Verlust e i n e s Z e i g e f i n g e r s : 10 % Verlust e i n e s B e i n e s bis zur M i t t e des O b e r s c h e n k e l s : 60 % Verlust e i n e s B e i n e s bis z u r M i t t e des U n t e r s c h e n k e l s : 45 % Verlust e i n e s A u g e s : 30 %.
9.3 Rentenversicherung Träger: L a n d e s v e r s i c h e r u n g s a n s t a l t (LVA) f ü r A r b e i t e r u n d B u n d e s v e r s i c h e r u n g s a n s t a l t f ü r A n g e s t e l l t e (BfA). D i e Beiträge w e r d e n j e z u r H ä l f t e v o m Arb e i t n e h m e r u n d A r b e i t g e b e r getragen. Aufgabe:
E r h a l t u n g , B e s s e r u n g u n d W i e d e r h e r s t e l l u n g der E r w e r b s f ä h i g k e i t
durch Heilbehandlung. Berufsförderung, Rehabilitationsmaßnahmen.
Ren-
ten bei E r r e i c h e n der A l t e r s g r e n z e . Bei v o r z e i t i g e m A n t r a g auf R e n t e wegen U n f a l l f o l g e n , G e b r e c h e n , vorzeitigen A l t e r s e r s c h e i n u n g e n , E r k r a n k u n g s f o l gen b e u r t e i l t ein ärztliches G u t a c h t e n , ob Berufs- o d e r E r w e r b s u n f ä h i g k e i t vorliegt o d e r o b d u r c h g e e i g n e t e R e h a b i l i t a t i o n s m a ß n a h m e n e i n e B e r u f s u n f ä h i g k e i t beseitigt w e r d e n k a n n . Berufsunfähigkeit
liegt d a n n vor, w e n n b e i e i n e m V e r s i c h e r t e n die E r w e r b s f ä -
higkeit infolge von K r a n k h e i t o d e r a n d e r e n G e b r e c h e n o d e r S c h w ä c h e s e i n e r k ö r p e r l i c h e n o d e r geistigen K r ä f t e auf weniger als die Hälfte
derjenigen eines
körperlich u n d geistig g e s u n d e n V e r s i c h e r t e n mit ä h n l i c h e r A u s b i l d u n g u n d gleichwertigen K e n n t n i s s e n u n d F ä h i g k e i t e n h e r a b g e s u n k e n ist. Erwerbsunfähigkeit
ist d a n n a n z u e r k e n n e n , w e n n der V e r s i c h e r t e i n f o l g e von
K r a n k h e i t o d e r a n d e r e n G e b r e c h e n o d e r von S c h w ä c h e s e i n e r k ö r p e r l i c h e n o d e r geistigen K r ä f t e auf n i c h t a b s e h b a r e Zeit e i n e E r w e r b s t ä t i g k e i t in gewisser R e g e l m ä ß i g k e i t n i c h t m e h r a u s ü b e n o d e r n i c h t m e h r als n u r g e r i n g f ü g i g e E i n k ü n f t e d u r c h E r w e r b s t ä t i g k e i t e r z i e l e n k a n n . D e r Begriff der B e r u f s u n f ä higkeit ist d e m n a c h w e i t a u s i n d i v i d u e l l e r als der der M i n d e r u n g d e r Erwerbsf ä h i g k e i t ( M d E ) in der g e s e t z l i c h e n U n f a l l v e r s i c h e r u n g . Rente
auf Zeit (längstens 2 J a h r e ) k a n n d a n n z u e r k a n n t w e r d e n , w e n n be-
g r ü n d e t e A u s s i c h t auf a b s e h b a r e V e r b e s s e r u n g d e r E r w e r b s f ä h i g k e i t
be-
steht.
9.4 Grundlagen der chirurgisch-orthopädischen Begutachtung D a s G u t a c h t e n ist e i n e B e m e s s e n s g r u n d l a g e f ü r die von e i n e m V e r s i c h e r u n g s t r ä g e r zu l e i s t e n d e E n t s c h ä d i g u n g als billiger Ersatz f ü r b l e i b e n d e U n f a l l s c h ä d e n . D e r ärztliche G u t a c h t e r f u n g i e r t als m e d i z i n i s c h e r S a c h v e r s t ä n diger,
der
die
objektiv
erhobenen
Befunde
unparteiisch
wertet.
Das
G u t a c h t e n ist ein Beweismittel. D e r G u t a c h t e r s c h ä t z t die H ö h e der M d E o d e r die B e e i n t r ä c h t i g u n g der A r b e i t s f ä h i g k e i t , setzt diese a b e r n i c h t fest, er gibt n u r E n t s c h e i d u n g s h i l f e n . Bei F r a g e n des Z u s a m m e n h a n g s (ζ. B. U n f a l l f o l g e o d e r d e g e n e r a t i v e r Vors c h a d e n ? ) gilt als M a ß s t a b der Beweiswürdigkeit die W a h r s c h e i n l i c h k e i t u n d n i c h t die M ö g l i c h k e i t .
Gutachtenaufbau: 1. V o r g e s c h i c h t e n a c h A n g a b e n des V e r l e t z t e n und n a c h A k t e n l a g e u n t e r B e a c h t u n g dort e r h o b e n e r B e f u n d e . E r h e b u n g d e r a l l g e m e i n e n
Vorge-
schichte unter Bevorzugung der eventuellen V o r b e f u n d e am verletzten Organ. 2. K l a g e n des V e r l e t z t e n . D i e s e sollen m ö g l i c h s t wörtlich
wiedergegeben
werden. 3. U n t e r s u c h u n g s b e f u n d , gegliedert n a c h K ö r p e r r e g i o n , ζ. B. S c h ä d e l , o b e r e Extremität, Wirbelsäule, Thorax, Abdomen, Becken, untere einschließlich
eines neurologischen
Status. D e r
Extremität
Untersuchungsbefund
XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates
978
wird nach einem bewährten Schema festgehalten: Inspektion, Palpation, Bewegungsausmaß nach Neutral-O-Methode, Gelenkführung, Umfangsmessungen (s. 6.). 4. Röntgenuntersuchung der verletzten Körperregion in mindestens 2 Ebenen, häufig auch der gesunden Gegenseite zum Vergleich. 5. Beurteilung mit Klärung von Zusammenhangsfragen. Schätzung der Höhe der MdE (gesetzliche Unfallversicherung), des Schadens nach der Gliedertaxe oder der Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit in % (private Unfallversicherung) oder Beurteilung der Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit (Rentenversicherung).
Literatur Allgemeine Literatur: Allgöwer, M.: Allgemeine und spezielle Chirurgie. Springer, Berlin-Heidelb e r g - N e w York 1980 Baumgartl, F., Kremer, H., Schreiber, H . W . (Hrsg.): Spezielle Chirurgie für die Praxis in 4 Bänden. Thieme, Stuttgart 1976 Böhler, L.: Die Technik der Knochenbruchbehandlung. W. Maudrich, Wien 1957 Boese-Landgraf, J., Melzig, D.: Antwortkatalog zum G K 4 , Krankheiten und Verletzungen Chirurgie. De Gruyter, Berlin-New York 1981 Burri, Beck, Ecke, Jungbluth, Kuner, Pannike, Schmit-Neuerburg, Schweiberer, Spier, Tscherne: Unfallchirurgie. Springer, B e r l i n - H e i d e l b e r g - N e w York 1982. Engelhardt, G. H.: Unfallheilkunde für die Praxis. De Gruyter, Berlin-New York 1984 Heberer, G., Köle, W., Tscherne, H.: Chirurgie. Springer, Berlin-Heidelb e r g - N e w York 1983 Heim, U., Baltensweiler, J.: Checkliste Traumatologie. Thieme, Stuttgart New York 1984 Kleinfeld, F., Erdweg, W.: Der Unfallverletzte. Hippokrates, Stuttgart 1984 Koslowski, L., Irmar, W., Buske, Κ. Α.: Lehrbuch der Chirurgie. Schattauer, Stuttgart-New York 1978 Müller, Μ. E., Allgöwer, M., Willenegger, H.: Manual der Osteosynthese. Springer, B e r l i n - H e i d e l b e r g - N e w York 1969 Schlosser, V., Kuner, E.: Traumatologie. Thieme, Stuttgart-New York 1980 Wehner, W., Sander, E.: Unfallchirurgie. Volk und Gesundheit, Berlin 1981 Zenker, R., Deucher, F., Schink, W. (Hrsg.): Chirurgie der Gegenwart, Band 4 und 4a. Urban und Schwarzenberg, M ü n c h e n - W i e n - B a l t i m o r e 1979 Spezielle Literatur: Abschnitt 1 Ahnefeld, F. W., Bergmann, H., Burri, C., Dick, W., Halmaggi, M., Rügheimer, E.: Notfallmedizin. Springer, B e r l i n - H e i d e l b e r g - N e w York 1976 Baltensweiler, J.: Fettemboliesyndrom. Huber, B e r l i n - S t u t t g a r t - W i e n 1977 Burri, C.: Posttraumatische Osteitis. Huber, B e r n - W i e n 1980 Leger, L., Nagel, M.: Chirurgische Diagnostik. Springer, B e r l i n - H e i d e l b e r g New York 1978 Rittmann, W. W., Matter, P.: Die offene Fraktur. Huber, B e r n - S t u t t g a r t Wien 1977
Begutachtung Schenk, R.: Die Histologie der primären Knochenheilung im Lichte neuer Konzeptionen über den Knochenumbau. Unfallheilkunde 81 (1978), 219-227 Schlag, G. (Hrsg.): Der Schock. H. Unfallheilkunde 156, Springer, B e r l i n Heidelberg-New York 1983 Tscherne, H., Götzen, L. (Hrsg.): Fraktur und Weichteilschaden. H. Unfallheilkunde 162, Springer, Berlin-Heidelberg-New York 1983 Tscherne, H., Götzen, L. (Hrsg.): Fraktur und Weichteilschaden. H. Unfallheilkunde 162, Springer, Berlin-Heidelberg-New York 1983 Tscherne, H., Szyszkowitz, R., Reschauer, R., Wissing, H., S c h m i t - N e u e r burg, K.-P., Echtermeyer, V., Muhr, G., Oestem, H. J., Reill, P., Lanz, U.: Leitthema Kompartment-Syndrom. Unfallheilkunde 85 (1982), 125-162 Weber, B. G., Cech, O.: Pseudarthrosen. Huber, Bern 1973 Abschnitt 2.1-2.4 Burri, C., Rüter, A. (Hrsg.): Frakturen und Luxationen im Beckenbereich. H. Unfallheilkunde 140, Springer, Berlin-Heidelberg-New York 1979 Burri, C., Rüter, A. (Hrsg.): Verletzungen der Wirbelsäule. H. Unfallheilkunde 149, Springer, Berlin-Heidelberg-New York 1980 Burri, C., Rüter, A. (Hrsg.): Verletzungen des Ellenbogens. H. Unfallheilkunde 155, Springer, Berlin-Heidelberg-New York 1981 Burri, C., Rüter, A. (Hrsg.): Verletzungen des Schultergürtels. H. Unfallheilkunde 160, Springer, Berlin-Heidelberg-New York 1982 Hertel, H., Müller, W„ Scheuer, I., Tscherne, H„ Muhr, G„ Wirth, C. J., Jäger, M., Heibig, G., Burri, C.: Leitthema: Neue Gesichtspunkte in Diagnostik und Therapie der Bandverletzungen des Kniegelenkes. Unfallheilkunde 83 (1980) 3 8 1 - 4 3 0 Letournel, E., Judet, R.: Fracture of the Acetabulum. Springer, Berlin-Heidelberg-New York 1981 Louis, R.: Chirurgie der Wirbelsäule. Springer, Berlin-Heidelberg-New York 1984 Pauwels, F.: Atlas zur Biomechanik der gesunden und kranken Hüfte. Springer, Berlin-Heidelberg-New York 1973 Weber, B. G.: Die Verletzungen des oberen Sprunggelenkes. Huber, Bern 1972 Abschnitt 2.5 Jonasch, E.: Knochenbruchbehandlung bei Kindern. De Gruyter, BerlinNew York 1982 Abschnitt 3 Blauth, W., und F. Schneider-Sickert: Handfehlbildungen. Springer, BerlinHeidelberg-New York 1976 Buck-Gramcko, D., R. Hoffmann und R. Neumann: Der handchirurgische Notfall. Bibliothek für Handchirurgie. Hippokrates, Stuttgart 1983 Converse, J. M.: Reconstructive Plastic Surgery, Vol 1 - 7 . W. Β. Saunders Company, P h i l a d e l p h i a - L o n d o n - T o r o n t o 1977 Lister, G.: The Hand: Diagnosis and Indications. Chirchill Livingstone, Edi n b u r g h - L o n d o n and New York 1977 Nigst, Η., B. Buck-Gramcko und Η. Millesi: Handchirurgie Band I und II. Thieme. Stuttgart-New York 1981 Laer, L. v.: Posttraumatische Wachstumsstörungen und Korrekturmechanismen am wachsenden Skelett. H. Unfallheilkunde 166, Springer, BerlinHeidelberg-New York 1982 Rehn, J.: Unfallverletzungen bei Kindern. Springer, B e r l i n - H e i d e l b e r g - N e w York 1974
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XXXIII. Chirurgie des Bewegungsapparates Sauer, H. (Hrsg.): Das verletzte Kind. Lehrbuch der Kindertraumatologie. Thieme, S t u t t g a r t - N e w York 1984 Weber, B.G., Brunner, Ch., Freuler, F.: Die Frakturbehandlung bei Kindern und Jugendlichen. Springer, B e r l i n - H e i d e l b e r g - N e w York 1978 Abschnitt 4 Muhr, G., Tscherne, H., Schweiberer, L., Dambe, L., Klapp, F., Ecke, H., Wolff, G., Dittmann, M., Frede, Κ. E.: Leitthema Polytrauma. Chirurg 49 (1978) und Unfallheilkunde 81 (1978) Spilker, E. D., Ahnefeld, F. W., Burri, C., Kreuzer, U.: Leitthema Versorgungsstrategie polytraumatisierter Patienten. K l i n i k - A r z t 10 (1981) Tscherne, H., Oestern, H. J.: Der Schwerverletzte. H. Unfallheilkunde 169, Springer, B e r l i n - H e i d e l b e r g - N e w York 1984 Abschnitt 6 Imhäuser, G.: Die operative Behandlung des angeborenen K l u m p f u ß e s im Säuglings-, Spiel- und Schulalter. Med.-orthop. Technik 6 (1974), 141-149 Jäger, M., Refior, H. J., Orthopädie. In: Heberer, G., Köle, W., Tscherne, H.: Chirurgie. Springer, B e r l i n - H e i d e l b e r g - N e w York 1983 Krämer, I.: Bandscheibenbedingte Erkrankungen. Thieme, Stuttgart 1978 Lange, M., Hipp, E.: Lehrbuch der Orthopädie u n d Traumatologie, Bd. I—II. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1971 (Bd. I, 2. Auflage); 1976 (Bd. II, Teil 1, 2. Auflage); 1981 (Bd. II, Teil 2, 2. Auflage) Marquardt, W.: Die konservative Behandlung des Klumpfußes. M O T 6 (1974), 1 5 7 - 1 6 1 Matzen, P.F.: Orthopädie 1 und 2. 3. Auflage, VEB Verlag Volk und Gesundheit, Berlin 1982 Morscher, E., Müller, W., Jani, L., B a u m a n n , U.: Orthopädie. In: Allgemeine und spezielle Chirurgie. Hrsg.: Allgöwer, Springer, B e r l i n - H e i d e l b e r g New York 1976 Schlegel, K.F.: Orthopädie. Enke, Stuttgart 1978 Tönnis, D.: Die heutigen Verfahren zur F r ü h b e h a n d l u n g der Hüftdysplasie und der kongenitalen Hüftluxation. Dtsch. Ärzteblatt 12 (1980), 747-752 Abschnitt 7 Becker, W. et al.: Praxis der Krebsbehandlung in der Chirurgie: Knochentumoren. Beilagen zu Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, 4 (1983) Burri, C., Betzier, M.: K n o c h e n t u m o r e n . Aktuelle Probleme in Chirurgie und Orthopädie Bd.V. Huber, Bern 1977 Abschnitt 8 Petracic, B.: Funktionelle N a c h b e h a n d l u n g operierter Knochenbrüche. Thieme, Stuttgart 1979 Weiß, H., Schmit-Neuerburg, K. P.: Allgemeine Prinzipien der postoperativen Behandlung von Frakturen. Schriftenreihe: Unfallmedizinische Tagungen der Landesverbände der gewerblichen Berufsgenossenschaften. Heft 48 (1982), 1 9 3 - 2 0 9 Abschnitt 9 Günther, E., H y m m e n , R.: Unfallbegutachtung. De Gruyter, B e r l i n - N e w York 1980 Krösl, W., Zrubecky, G.: Die Unfallrente. Enke, Stuttgart 1980 Liniger-Molineus, Hrsg.: G.Mollowitz: Der Unfallmann. Barth, F r a n k f u r t / M . 1974 Perret, W.: Was der privat Unfallversicherte wissen muß. Barth, F r a n k f u r t / M . 1981
Sachwortverzeichnis
A A b d o m e n , akutes 559ff. , A n a m n e s e 565 , Auskultation 566 , Computertomographie 567 , Diagnostik 564ff. , Differentialdiagnose 567 , extraabdominelle Erkrankungen 560 - - , Häufigkeit 559 b e i m Kind 568 , Laboruntersuchungen 566 , Leitsymptome 561 f. , Motilitätsstörungen 562 , Palpation 565 , präoperative Therapie 569f. , R ö n t g e n u n t e r s u c h u n g e n 566f. in der Schwangerschaft 568 durch T r a u m a 568 , Ursachen 559 Ablatio 61 Abrißfrakturen 829 f. - des Beckens 871 Abscher-Schubfraktur 830 Abszeß 21, 23 - , Differentialdiagnosen 23 - , Erreger 23 - , Douglas 579 - , intraabdomineller 578ff. - , - , postoperativer 578 - , Leber s. Leberabszeß - , Lokalisationen 24 - , paranephritischer 756f. - , perityphlitischer 505, 507, 579 - , primärer u. sekundärer 19 - , subpektoraler 308 subphrenischer 312, 578 - , Therapie 24 Abstoßungsreaktion 179 Abtropfmetastasen 206 Abwehrspannung 566 Accessoriuslähmung 2 90 f. Achalasie 427, 436, 441 - , D e h n u n g s b e h a n d l u n g 429 - , Diagnostik 428 - , Differentialdiagnose 429 - , F o r m e n 428 - , M a n o m e t r i e 429 - , m e d i k a m e n t ö s e Therapie 429 - , Operationsindikation 430 - , Operationsverfahren 429 Achillessehnenreflex 930 Achillessehnenruptur Diagnose 930 - , Plantarissehneneinflechtung 930 - , Therapie 930 - , Ursachen 930
Achlorhydrie 450, 452 A C T H 698 Adams-Stokes-Anfälle 82 Adaptationsosteosynthese 837, 900 A d e n o m e 163 A d e n o s i n m o n o p h o s p h a t 672 Adoleszentenkyphose s. M o r b u s Scheuermann Adrenalektomie 304, 683 - , bilaterale 699 Adrenalin 679, 681 Adrenogenitales Syndrom ( = A G S ) 689f. - , erworbenes 690 - , F o r m e n 689 Adrenostatika 689 Adson-Test 287, 389 Aerosole 199 Äthylenoxid 35 Agastrische Dystrophie 474 Agglutinationstest 21 Air-flow-Bett 156 Akalkulie 208 f. Akromegalie 698 Akromionplastik 932 Aktinomyceten 330 Aktinomykose 32, 265, 288 A k u s t i k u s n e u r i n o m 210 A l c u r o n i u m 131 Aldosteronantagonisten 77 Alfentanyl 131 Algurie 738 Alkalose 72, 77, 95 - , metabolische 74 - , respiratorische 74 - , Ursachen 74 Alkohole 38 Alien-Test 388 Allgemeine U n t e r s u c h u n g s t e c h n i k e n 829 f. Allgemeininfektion, septische 29 α-Amylase 614 α-Antitrypsin 109f. (^-Fetoprotein 770, 581, 590 A m a s t h i e 294 A m a u r o s e 210 Amaurosis fugax 400 A m e l o b l a s t o m 275 Aminoglykoside 52 ff. - , Dosierung 52, 54 - , N e b e n w i r k u n g e n 54 - , Pharmakokinetik 53 - , S e r u m k o n z e n t r a t i o n 53 - , Wirkspektrum 52 A m m o n i u m v e r b i n d u n g e n , q u a r t e m ä r e 36 A m n e s i e - S t a d i u m 127 A m ö b e n a b s z e ß , Diagnose u. Differentialdiagnose 588 - , Epidemiologie 588
- , Hämagglutinationstest 588 - , Therapie, konservative 588 - , operative 588 A m ö b e n r u h r 33 Amöbiasis 33 f. Amorbogen 251 A m p u t a t i o n e n 61, 395 - , Indikationen 963 - , Komplikationen 964 - , prothetische Versorgung 964 - , Zeitpunkt f. prothetische Versorgung 964 A m p u t a t i o n s h ö h e 395, 963 A m p u t a t i o n s s t u m p f n e u r o m e 964 Amygdalektomie 247 A n ä m i e 80 A n ä m i e n n a c h Magenoperation 474 - , megalozytäre perniziöse 452, 474 Anästhesie, Aufgaben 123 - , intravenöse 129f. Anästhesietiefe Stadieneinteilung 126ff. Anästhesieverfahren 124ff. Analabszesse 537ff. - , Einteilung 537 - , operative Therapie 538 - , Symptome 537 Analfissur 536f. - , chronische, Sphinkterotomie n. Eisenh a m m e r 536 - , - , n. Parks 536 - , S p h i n k t e r d e h n u n g 536 - , Ursachen 536 Analfisteln, Einteilung n. Stelzner 538 - , operative Therapie 539 S y m p t o m e u n d Diagnose 539 A n a l k a n a l 530 A n a l k a r z i n o m 540 f. - , Ätiologie 540 - , Diagnose u n d Differentialdiagnose 541 - , Einteilung 540 - , Epidemiologie 540 - , 5-Jahres-Überlebenszeit 541 - , Lokalexzision 541 - , R e k t u m a m p u t a t i o n 541 - , Strahlentherapie 541 Analpapille, hypertrophe 540 Analprolaps, Ätiologie 532 Diagnose 532 - , H ä m o r r h o i d e k t o m i e 532 - , Sklerotherapie u. a. 532 Anal- und Rektumatresie 724f. Diagnostik 725 - , Durchzugsoperation 725 Anamneseerhebung lf. Anaphylaktischer Schock 330 A n a s t o m o s e n t e c h n i k 61, 63
Sachwortverzeichnis
982 A n e u r y s m a 386f. - , arterielles 411 f. - dissecans 386 - falsum 387, 412 - , posttraumatisches 824 - spurium 387 - verum 386 Anfälle, psychomotorische 209 Angina a b d o m i n a l i s 405f., 413 A n g i n a pectoris 369 Angina-Klassen 370 Angiodysplasie 557f. konnatale 415 Angiographie 390f., 575 - , A. carotis 401 - , Leber 581 - n a c h Seidinger 390 - , selektive 449 - , - , zur Blutungsdiagnostik 557 - , T e c h n i k e n 390 - , zerebrale 210, 215 Angio-muskulärer Dehnverschluß 425 A n g i o n e u r o p a t h i e 386 Angiopathie 11 Angioplastie 391, 409 A n g i o t e n s i n - M e c h a n i s m u s 406 Angiotherapie 558 Anorektale Blutungen 558f. A n t h r o p o z o o n o s e 28, 32 A n t i b i o g r a m m 841 Antibiotika, Dosierung 54 - , Durchfall 516 - , N e b e n w i r k u n g e n 43, 50f., 54 - , Nephrotoxizität 51 - , Parallelallergie 51 - , Pharmakokinetik 42, 50, 53 Prophylaxe 22, 44f. - , - bei K n o c h e n - u n d Gelenkeingriffen 973 - , - , N e b e n w i r k u n g e n 44 - , Resistenz 39, 51 f. Antibiotika-Therapie 22, 41 ff., 46, 263 - , Beurteilungsparameter 43 - , Dauer 42 - , G r u n d l a g e n 41 - , I n d i k a t i o n e n 44, 51 - , lokale 43 f. - bei N i e r e n i n s u f f i z i e n z 55 - , Dosierung bei Niereninsuffizienz 56 - , Wirkparameter 42 Wirkspektrum 43, 52 Anti-Atelektase-Faktor 139 Antidiuretisches H o r m o n (ADH) 69 A n t i e m b o l i e - S t r ü m p f e 87 Antikoagulanzientherapie 392, 419f. - , Komplikationen 486, 631 Antikörpersynthese 624 Antilymphozytenglobulin (ALG) 178 Antiöstrogentherapie 305 Antiplasmin 110 Antirefluxoperation (Ureter) n a c h Lich-Gregäre 747 - nach Politano-Leadbetter 747 Antisepsis 36 Antiseptika 43 Antitachykarde Schrittmachertherapie 376 A n t i t h r o m b i n - I I I - S u b s t i t u t i o n 113 Antithymozytenglobulin (ATG) 178 Anulo-aortale Ektasie 376f.
Anurie, Ätiologie 798 - , Diagnose 799 Anus, A n a t o m i e 530 - , Physiologie 530 - , Strikturen 532 A n u s praeternaturalis s. Kolostomie AO-Platte (Femur) 881 A o r t e n a n e u r y s m a 388 - , infrarenales - , - , Elektivoperation 411 - , - , Komplikationen, postoperative 411 - , Notoperation 411 - , Operationsindikationen 411 , - , Operationsletalität 411 -, Operationsverfahren 411 f. -, Rupturhäufigkeit 411 thorakales 3 76 ff. thorako-abdominales 412 Aortenbogen, doppelter 350 Aortenbogensyndrom 405 Aortendissektion 376f., 398 - , Klassifizierung nach Debakey 376 - , konservative Therapie 376 - , Operationsverfahren 376 Aortenisthmusstenose (Coarctatio aortae) 348 ff., 405 - , Diagnose 349 - , Einteilung 348 - , Operationsverfahren 349 Aortenkompression 195 Aortenruptur 381, 821 - , Klinik 382 - , Operationsindikation 382 Aortenstenose, Pathophysiologie 366f. Aortenverletzung 823 Aortenvitien, Operationsverfahren 367 Aortitis, nekrotisierende 349 Aorto-kavale Fistel 411 Aorto-koronarer Bypass, Operationsindikationen 371 f. - , Operationsrisiko 372 - , Prognose 372f. - , Technik 372 Apallisches Syndrom 221, 248 - , Aphasie 247 Apolares Schraubensystem des Ösophagus 425 Apparat n a c h H e n a u s e k 937 A p p e n d e k t o m i e 507 f. A p p e n d i k o g r a m m 508 Appendizitis 565 - , akute 505 f. - , - , Diagnose u n d Differentialdiagnose 505 ff. - , - , D r u c k p u n k t e 506 - , - , F o r m e n 505 - , - , K o m p l i k a t i o n e n 505 - , - , Letalität 508 - , - , Operationsindikation 507 - , - , Symptomatik 505 - , - , Therapie 507 - im Bruchsack 713 chronisch rezidivierende 508 - perforata 733 - , Schwangerschaft 507 Appendix, K a r z i n o m 508 - , Lagevarianten 506 Apraxie 209 Aprotinin 113
A P U D o m e 682, 693 f. - , Diagnostik u n d Differentialdiagnose 696 - , Therapie 697 A P U D - S y s t e m 691 APUD-Zellsystem 611 A q u a e d u c t u s Sylvii 207 Aquäduktstenose 207 Arbeitsfähigkeit 976 Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthese (AO) 836 ARF-Regel n. Frost 833 Argininchlorid 74 Arnold-Chiari-Mißbildung 226f. A. basilaris-Insuffizienz 402 Arterialisation der Leber 550 Arterienverletzungen, A. carotis 824 - , Dezelerationstrauma 821 - , Diagnostik 822 f. indirekte 821 f. - , - , Ü b e r d e h n u n g 821 - , scharfe 819 f. - , - , Schweregrade 819 - , - , typische Z e i c h e n 820 - , - , Ursachen 820 - , stumpfe 820f. - , - , Schweregrade 820 - , - , Ursachen 821 Arterio-portale Fisteln 413, 545 - Shunts, intrahepatische 550 Arteriospasmus, traumatischer 821 Arterio-venöse Fisteln 413 ff. - , - , erworbene 413 - , - , interventionelle Angiotherapie 414 - , - , konnatale 413 - , - , Therapie 414 - , - , traumatische 824 Arterio-venöses Pulmonalis-Aneurysma 325 Arthrodese 951 Arthrographie 893, 931 Arthrolyse 912, 915 Arthropathie, deformierende 270 Arthrosis d e f o r m a n s d. Hüft- u. Kniegelenks, Ätiologie 950 f. - , Diagnostik 951 - , konservative Therapie 951 - , Operationsverfahren 951 - , Pathophysiologie 951 Arthroskopie 883 Ascaris lumbricoides 34f., 604 A S D s. Vorhofseptumdefekt Asepsis 3 5 f. Aseptische K n o c h e n n e k r o s e s. L u n a t u m m alazie Askaridiasis 34 f. - , hepatobiliäre 729 - , Verschlußikterus 729 A s p e r m a t i s m u s 784 - , funktioneller 785 Asphyxie 127 Aspiration, bronchogene 326 Astrozytom 205 f. Aszites 546 konservative Therapie 553 - , Operationsverfahren 553 Aszitesventile 553 f. Ataxie, spinale 230 AT-III-Mangel 418 Atelektase 337 Atemdepression 73
983
Sachwortverzeichnis Atemgrenzwert 321 Ateminsuffizienz, Stadieneinteilung 193 f. Atemlähmung, zentrale 208, 224 Atemminutenvolumen 321 Atemnot-Syndrom, akutes 139 Atemstillstand 190 Pathophysiologie 193 Atemstörungen 142 f., 193 - , Globalinsuffizienz 193 - , Notfalldiagnostik 194f. - , Ursachen 193 Atemtherapie, krankengymnastische 200 Athelie 294 Atherom 267, 285 Atmung, paradoxe 143 - , Physiologie 142 Atrioseptektomie 361 Atriumseptumdefekt ( A S D ) s. Vorhofseptumdefekt Atrophie blanche 415 AT-10-Substitution 677 Aufklärung s. Patienten-Aufklärung Auflesetest 903 Augenbodenfrakturen 258 Augenhintergrundspiegelung 214 Augmentationsplastik (Mamma) 276 Ausschaltungsresektion nach Finsterer 460 Autodigestion (Pankreas) 614 Autonomes A d e n o m 662 f. - , - , Suppressionstest 662 Autotransfusion 90 Autotransplantation NN-Gewebe 686 AV-Block 374 AV-Kanal 353 - , kompletter 355f. - , Operationsindikationen 356 - , Operationsverfahren 356 - , Pathophysiologie 355 f. Axiale Hiatushemie s. Hiatusgleithernie Axonotmesis 915 Azathioprentherapie 178 - , Nebenwirkungen 183 Azetabelumfrakturen 873 f. - , Grundtypen 873 - , operative Techniken 874 - , Röntgen-Aufnahmen in 3 Ebenen 874 Azetylcholinrezeptoren 131 Azidose 72, 77 - , metabolische 73, 138 - , respiratorische 73 Azoospermie 160
Β Backwash-Ileitis 513 Bacillus anthracis 28 Bacterial-overgrowth-Syndrom 721 Bakterien, gramnegative 42 - , grampositive 42 - , Organlokalisation und Häufigkeit 45 - , Sporenbildner 28f. Balanitis 791 f. Ballon-Atrioseptostomie 360 Banding-Operation 355 f. Ballotement 739 Bandruptur 831 Bandscheibenoperation, Prognose 239 Bandscheibenverletzungen, isolierte 863
Bandscheibenvorfall s. auch Wurzelkompressionssyndrome - , lumbaler 234f. - , - , Lokalisationen 234 - , Operationsverfahren 238f. - , Rezidivprolaps 239 - , sequestrierter 237 - , zervikaler 233, 236f. Bankart-Läsion 852, 949 Bardenheuer-Schnitt 301 Basalsekretion (BAO) 448, 450 Basendefizit 73 Basenexzeß 73 Bauchbrüche, innere 645 Bauchschuß-Verletzung 818 Bauchtrauma, perforierendes 569 - , - , Häufigkeit 817 - , - , Operationsindikation 818 - , - , Symptome und Diagnostik 818 - , - , Verletzungsmechanismus 817f. - , stumpfes 559 - , - , Ätiologie 810 - , - , Angiographie 812 - , - , Diagnostik 811 - , - , Häufigkeit 810 - , - , Laboruntersuchungen 812 - , - , Operationsindikation 812 - , - , Peritoneallavage 811 - , - , Sonographie 812 - , - , Symptomatologie 810f. Bauchwandspalten, mediane 711 f. Baumann-Vertikalextension b. kindlicher Humerusfraktur 856 Beatmung 92 f., 141 Beatmungsinstrumente 124 Becken-Bein-Fuß-Gips (BBF) 937 Beckenbodenbrüche 644 Beckenbodenplastik 533 Beckenfrakturen 872 Beckenippung 933 Beckenosteotomie nach Schweizer 712 Beckenrandfrakturen 871 Beckenringfrakturen, Begleitverletzungen 873 - , Bruchformen 872 - , Therapie 873 - , Vertikalbrüche 872 - , vordere (Scham- und Sitzbein) 872 Beck-Trias 378 Begutachtung, Grundlagen 977 Beckenvenensporn n. May-Thurner 418 Bein-Beckenvenenthrombose, chronische 420 f. - , Epidemiologie 418 - , Ursachen 418 Bence-Jones-Eiweißkörper 971 Bennett-Fraktur 914 Benzpyrene 331 Berufsunfähigkeit 977 Betalactam-Antibiotika 46 ß-Rezeptorenblocker 664 Beugesehnen-Verletzungen, Diagnose 910 - , Pathogenese 909f. Bewegungsprüfung, Neutral-Null-Methode 933 Bewegungssegment nach Junghans 863 Bewußtlosigkeit 220, 222 Bewußtseinsstörungen, Diagnostik 248 - , Formen 247
- , Ursachen 248 Biegungsbruch 829 Bienenkorbmuster 533 Bikarbonatverlust 73 Bilhämie 814f. Bilharziose 544, 763 f. - Ätiologie und Pathogenese 763 Biliodigestive Anastmosen 603, 606ff., 617, 621 Bilobektomie 324 Biltricide 763 Bindgewebemassage 202 Biogene Amine 525 Bizepssehnenriß 930f. Björk-Shiley-Kippscheibenprothese 368 Blalock-Taussig-Operation 359 Blond-White-Garland-Syndrom 364 Blase s. auch Harnblase Blasendivertikel 752 Blasenekstrophie 712, 752f. - , primäre Rekonstruktion 712 Blasenendometriose 794 Blasenentleerungsstörungen, neurogene 797 f. - , Stadien 772 - , Therapie 798 Blasenfistel, suprapubische 744 Blasenfunktion 736 Blasenhalshypertrophie 789 Blasenkarzinom 767 Blasenkatheterismus, transurethraler 798 Blasenlappenplastik nach Boari 747 Blasenpapillom 767 Blasenpunktion 745 Blasenruptur, extraperitoneale 782 - , intraperitoneale 782 Blasen-Scheiden-Fistel 796 Blasenschmerzen, Ursachen 739 Blasensteine 779 f. - , Symptome 779 - , Therapie 780f. Blasentumoren 767 f. - , Ätiologie und Pathogenese 767 - , Epidemiologie 767 - , Pathologie, Anatomie 767 Blastomyces 330 Bleiintoxikation 523, 715 Bleistift-Stuhl 501 Blepharoplastik 280 Blindsacksyndrom 485, 721 - , Pathophysiologie 485 Blue-toe-Syndrom 400 Blumberg-Loslaß-Schmerz 506 Bluterbrechen s. Hämatemesis Blutgasanalyse 82, 92, 320f. Blutige Anurie 782 Blutkultur 21, 29 Blutleere 62 Blutmauserung 623 Blutstillung 62 Bluttransfusion 91 Blutung aus akuten Schleimhautläsionen 556 - , anorektale 558 - , Dünndarm- und Dickdarm 557f. - , - , Therapie 558 - , - , Diagnostik 557 - , - , Ursachen 557 - , intraabdominelle 928
Sachwortverzeichnis
984 - , intrathorakale 928 - , petechiale 96 Blutungszeit 111 Blutvergiftung s. Lymphangitis Blutverluste bei Frakturen 832 Boari-Plastik 747 Bobath-Konzept 201 Bochdalek-Spalte 310 Böhler-Zeichen 887 Boerhaave-Syndrom 437 f. - , Diagnostik 437 Bohrloch (Schädel) 223 f. Bolusgefühl 438 Bon-jour-Tropfen 760 Borborygmie 483 Borderline-Polypen 462 f. Bouchard-Arthrose 934 Boyle-Mariotte-Gesetz 321 Brachialgien 233 Brachio-zephale Durchblutungsstörungen 405 Brachyösophagus 432 f. Brachyzephalus 227 Bradykardie 94 Bragard-Zeichen 955 Brand (feuchter, trockener) 407 Braune Tumoren 972 Braun-Schiene 835 Breitbandpenicilline 48 Nebenwirkungen 48 Bricker-Blase 748, 768 Brillenhämatom 219 Brill-Symmers-Lymphom 289 Brodie-Abszeß 31 Bronchialkarzinom 331 ff. -, -,
-, -, -, -, -,
Ätiologie 331 Ausbreitung 333 Diagnostik 334f. Kombinationstherapie 335 Metastasierung 333 Operationsindikation 335 f. Operationsletalität 335 Operationsverfahren 335 Resektionsquote 335 Symptome 333 f. TNM-System 332
- , WHO-Klassifizierung (histologisch) 331 f. Bronchialspasmolytika 83 Bronchiektasen 328ff. - , Komplikationen 328 Pathogenese 328 Therapie 328 Bronchographie 328 Bronchoplastik 324 Bronchoskopie 5, 322, 326, 331, 334 Bronchospirometrie 321 Bronchusabriß 805 Bronchuslavage 334 Bronchusnaht 807 Bronchusruptur 194 Bruchband 635 Bruchinhalt 633 Bruchpforte 633 Bruchsack 633 Bruchgeschwulst 634 Brückenkallus 859 Brustdrüse s. Mamma Brustkorbprellung (Commotio thoracis) 801 Brustkorbquetschung, leichte (Contusio thoracis) 801
- , schwere (Compressio thoracis) 802 Brustwandgeschwülste, benigne 309f. - , maligne 310 Brustwandbruch 308 Bruzellose 288 Budd-Chiari-Syndrom 545 Bülau-Drainage 805 Bürstenabstrich 427 Bulbäre Harnröhrenenge, angeborene (Knabe) 789 Buphrenorphin 136 Burhenne-Körbchen 605 Bursitis calcarea 931 - purulenta 24 Bypass 393 - , anatomischer 393 - , aorto-bifemoraler 408 - , axillo-femoraler 410 - , cross-over 000 - , extraanatomischer 393, 410 - , femoro-cruraler 410 - , femoro-femoraler 410 - , femoro-poplitealer 410 Bypasstechnik 61 B-Zellen-Transplantation 692
Caisson-Krankheit 118 Calcitonin 672, 674 Camp-Schiene 937 Cancer en cuirasse 299 Caput medusae 545 - , obstipum 285 - , quadratum 277 Carcinoembryonales Antigen (CEA) 171, 490, 505 Carcinoma in situ 161, 296 - , lobulare in situ 296, 302 Caroli-Syndrom 729 Casoni-Hauttest 33, 330, 585 C 21 -Hydroxylase-Mangel 689 Cephalosporine 48 ff. - , Dosierung 51 - , Elimination 50 - , Gerinnungsstörungen 51 - , Indikationen 51 - , Nebenwirkungen 50 f. - , orale Anwendung 50 - , Pharmakokinetik 50 - , Wirkspektrum 49 - , Chagas-Krankheit 428 Chemochirurgie 280 Chemotaxis 39 Chemonukleolyse 239 Chemotherapeutika 41 Chemotherapie 21, 173 - , Nebenwirkungen 173 Chendesoxycholsäure 596 Cheyne-Stoke-Atmung 143 Chiasma-Syndrom 210, 698 Child-Klassifikation 547 f. Chloräthylspray 26 Chlorhexidin 38 Chloroquin 34 Cholangitis 602, 605, 729 - , chronisch sklerosierende, Formen 603 - , Symptomatologie 603 - , Diagnostik 602
- , Symptomen-Trias 602 Cholangiographie 581 - , intraoperative 600 Cholangioskopie 600 Cholaskus 730 Choledocho-Duodenostomie 602, 607 Choledochojejunostomie 603, 607 Choledocholithiasis 605 - , Ätiologie 601 - , Komplikationen 602 - , Operationsindikationen 597 f. - , Symptomatik 602 Choledochoskop 58 Choledochotomie 605 Choledochussteine, zurückgelassene 605 Choledochuszysten 729 - , Einteilung 729 - , idiopathische 604 Cholegraphie, orale 596 Cholestase 601 f., 616, 730 - , Definition 601 - , Diagnostik 601 - , Ursachen 604 Cholesterin-Embolie 400 Cholesterinsteine 592 Cholesterin-Szintigraphie 688 Cholestyramin 478, 517 Cholezystektomie, Ergebnisse 600 - , intraoperative Komplikationen 598 postoperative Komplikationen 598 - , Spätkomplikationen 598f. - , Technik 598 f. Cholezystitis 565 - , akute, Diagnose und Differentialdiagnose 594 - , - , Erreger 593 - , - , Operationsindikationen 597 - , - , Pathogenese 594 - , - , Symptomatik 594 - , chronische 594 Cholezysto-Cholangiographie (i. v.) 596 Cholezystoenterostomie 606 Cholezystokinintest 600 Cholezystolithiasis - , Operationsindikation 597 Chrondrom 273, 968 Chondromyxoidflbrom 969 Chondropathia patellae 954 Chondrosarkom 310 - , Diagnose 970 - , Sitz 970 - , Therapie 970 Chondrose 955 Chondrosternoplastik 307 Chordotomie 245 f. Chromozystoskopie 795 Chronische arterielle Verschlußkrankheit (AVK), Ätiologie 385 , A. femoralis 410 Pathogenese 385 untere Extremität 407 ff. - , Diagnose 408 - , Operationsindikationen 408 f. , - - , Therapie 408f. Viszeralarterien 405 ff. Chwostek-Zeichen 673 Chylothorax 339, 824 Chymotrypsinbestimmung 616 Cimetidine 451
Sachwortverzeichnis Claudicatio intermittens 407 Claudicatio spinalis 239 Clindamycin 54 Clostridien 30 C M V - H y p e r i m m u n g l o b u l i n 183 Coarctatio aortae s. Aortenisthmusstenose C o d m a n - D r e i e c k 968 Coilung 400 f. Colfarit 392 Colitis regionalis Crohn s. M o r b u s Crohn Colitis ulcerosa 33, 512ff., 538 - , Ätiologie 512 f. - , Begleiterkrankungen 513 - , Diagnose u n d Differential-Diagnose 513 - , Elektivoperationen 514 - , Karzinomrisiko 514 - , Komplikationen 513 f. - , konservative Therapie 514 - , N o t o p e r a t i o n e n 514 - , Operationsletalität 514 - , Operationsverfahren 514 - , pathologische A n a t o m i e 513 - , Symptome 513 - , toxisches Megakolon 514 Colon irritabile s. Reizkolon Colon-transversum-Resektion 491 Colon-cut-off-sign 615 Colonic rope 510 C o m b i n e d operation (Magen) 460 C o m m o t i o cerebri 220 - , spinalis 240 - , thoracis 801 Compliance 321 Compressio cerebri 217, 221 thoracis 802 Computertomographie 169f. 223 - , kraniale 211, 215 - , (Leber) 581 Condylomata lata 540 Congelatio 8f. Connexus intertendinei 913 C o n n - S y n d r o m 684f. - , Ätiologie 684 - , bilaterale Hyperplasie 684 - , Definition 684 - , Diagnose u n d Differentialdiagnose 684f. - , Prognose 686 - , S y m p t o m e 684 - , Therapie 685 Contre-Coup-Efiekt 221 Contusio cerebri 217, 220 - spinalis 240 - thoracis 801 Corpus cavernosum recti 530 Corynebakterien 23 Courvoisier-Zeichen 604, 621, 730 Crepitatio 194 Crescendo-Angina 370 Crossektomie 417 Cross-Finger-Lappen 923 Cross m a t c h 182 Crus v a r u m c o n g e n i t u m 940 Crush-Syndrom 845 C r u t c h f i e l d - K l a m m e r 240, 866, 870 C-Schlüssel 168 Cumarin-Präparate 392 Cushing-Habitus 183 - , -Ulcus 454 - , - S y n d r o m 686if.
985 - , A d r e n a l e k t o m i e 688 - , Ätiologie 686 - , Diagnose u n d Differentialdiagnose 687 - , HVL-Adenom-Exstirpation 688 - , m e d i k a m e n t ö s e Therapie 689 - , postoperative Komplikationen 689 - , primäres 686 - , sekundäres 686 - , - , Ursachen 687 - , Symptome 687 - , Therapie 688 Cyclosporin A 178, 185 - , Nebenwirkungen 183 Cystitis cystica 759 - follicularis 759 Cystosarcoma phylloides 295 C-Zellen-Karzinom 667 f.
D Dachziegelverband 898 D a m p f d e s i n f e k t i o n 37 Dampfsterilisation 35 Darmdistension 524 D a r m d u p l i k a t u r 721 Darmgangrän 28 Darmparalyse 574 Darmperforation 34 D a r m s c h i e n u n g n. Childs o. Philip 576 Darmspülung, orthograde 22 D a r m s t e i f u n g e n 565 Darmstenosen 718 Darmtuberkulose 481 f. - , Diagnostik 482 - , Therapie 482 D a r m w a n d h ä m a t o m 486 f. Dauererektion, schmerzhafte 799 D a u m e n a p l a s i e 922 D a u m e n h y p o p l a s i e 922 - , Schweregrade 922 D e b r i d e m e n t 14, 839, 842 Defäkographie 719 Defektpseudarthrose 848 Defektzustände, psychopathologische 221 Defibrillation 147 Deflorationszystitis 794 Degenerative Wirbelsäulenveränderungen 954 -, -, -, -,
Diagnostik 956 F o r m e n u n d Definition 955 pathologische A n a t o m i e 952f. Pathophysiologie 955 f. Symptomatik 955 - , Therapie 956 Dehydratation 74, 76 Dehydrierung 80 Dehydrobenzperidol 130f., 140 Dekongestion des Magens n. Hassab 552 f. Dekortikation 318 D e m a r k a t i o n 13 Densfrakturen 863, 869'f. - , Therapie 870 Dentogene Gesichtsfistel 263 f. Denver-Shunt s. Ascitesventile de Quervain-Thyreoiditis 658 Dermalsinus 226 D e r m a t o m 58 Dermatomyositis 404f. Dermoidzyste 282
Derotations-Varisierungsosteotomie (DVO) 937 Desault-Verband 853 Descensusstörung 793 Descensus testis 792 Desinfektion 36 D e s i n f e k t i o n s m e t h o d e n 36 Desinfektionsmittel 38 Desobliteration 61 Destroyed lung 329 Detrusorschwäche 742 Devagination, hydrostatische 723 D e x a m e t h a s o n - H e m m t e s t 685, 687f. Dezelerationstrauma 815 Diabetes mellitus 84, 86 - , Typ I u n d Typ II 692 Diadynamik 204 Diäthyläther 128 Diaphragma s. Zwerchfell Dickdarm, Keimbesiedlung, physiologische 495 - , Operationsverfahren, typische 490 - , Polypen, a d e n o m a t ö s e 498 - , - , tubuläre 497 - , - , villöse s. villöses A d e n o m Dickdarmoperationen, Antibiotika-Prophylaxe 495 - , Darmvorbereitung 495 - , - , antegrade Spülung 495 - , - , Elementardiät (Astronautendiät) 495 - , Operationstaktik n. Schloffer 496 - , Operationstechnik 596 - , D i c k d a r m r u p t u r 816f. Dichdarmtorsion 742 DIC-Syndrom 113 Dicumarole 120 Digitale Subtraktionsangiographie 390 Digitalisintoxikation 486, 516 Diphterie-Serum 29 Discus triangularis 861 Diskektomie 238 Diskontinuitätsresektion nach H a r t m a n n 493, 512 Dislokationen bei Frakturen 830 Distorsionen 831 Divertikel, D u o d e n u m 475 - , - , Komplikationen 475 - , intramurale (Kolon) 509 - , Magen 475 Divertikulitis 509, 631 - , Abszeß, perikolischer 510f. - , Blutung 510 - , Diagnostik 509 - , Fistelbildungen 511 - , Ileus 511 - , Komplikationen 510 - , konservative Therapie 511 f. - , Operationsletalität 512 - , operative Therapie 512 f. - , Perforation 510 f. - , Peritonitis, diffuse 511 - , R ö n t g e n - Z e i c h e n 510 - , Symptome 509 - , Blutung, Therapie 511 Divertikulose, Ätiologie 508 - , Epidemiologie 509 - , Komplikationen 509 - , Pathophysiologie 508 - , Symptome 509
Sachwortverzeichnis
986 Diurese, osmotische 75 Diurie 738 Dolichokolon 517 Dopamin 679 Doppelbilder 208 Doppelbildung des Darmes 720 Doppelblasen-Phänomen 611 Doppler-Sonographie 403 Doppelter Aortenbogen 703 Dorsalis-pedis-Insellappen 925 Dotter-Verfahren s. Angioplastie Douglasabszeß 579 Drahtcerclage 837 Drahtextension 157 Drainage 62, 64 Dranginkontinenz 737 Drapanas-Shunt 550, 551 f. Drehmann-Zeichen 935 Dreiecksplastik nach Götze-Gütgemann 608 Drei-Gläser-Probe 740, 760 Dreipunktmanometrie 427 Dritter Raum 75, 564 Drittgradige Verbrennung 158 Drop attacks 402 Drucknekrose 65 Druckosteosynthese 837 Duchenne-Hinken 933 Ductus deferens - , Durchgängigkeitsprüfung 787 Ductus omphaloentericus 484 - thoracicus 166, 339f. - thyreoglossus 281 ff. Dünndarm, benigne Tumoren 482 Divertikel 485 Endometriose 484 Geschwürsbildungen 485 , Ätiologie 485 maligne Tumoren 482 - , Diagnostik 483 -, Therapie 483 , Physiologie 477 Dünndarmresektion, Folgezustände 487 f. Dünndarm, Röntgen-Diagnostik nach Seilink 483 f. - , semimaligne Tumoren 483 f. - , Untersuchungsverfahren 487ff. Endoskopie 479 - , - , Röntgen-Diagnostik 478 f. - , - , Stuhluntersuchungen 479 Dünndarmresorptionsfläche 477 Dünndarmruptur 815 f. - , Abriß 815 - , Berstung 815 - , Diagnose 815 - , Quetschung 815 - , Therapie 816 - , Verletzungstypen 815 Dukes-Stadieneinteilung 167 Dumping-Syndrom 474 Duodenalkarzinom 471 Duodenalstumpfinsuffizienz 472 Duodenopankreatektomie 613, 617, 621 Duodenum, Anatomie 446 - , Physiologie 449 Dupuytren-Kontraktur, Ätiologie und Pathogenese 905 - , Diagnose 905 - , Fasziotomie 906 - , Komplikationen, postoperative 907
- , open palm-Technik nach McCash 906 - , operative Therapie 906 - , partielle und totale Fasziektomie 906 - , Y-Schnitt nach Millesi 906 - , Z-Plastiken 906 Dura, lyophilisierte 58 Durchgangsarzt (D-Arzt) 975 Durchgangssyndrom 221 Durchwanderungsperitonitis 572, 716 Durchwanderungssinusitis 264 Durchzugsmanometrie 427 Durchzugsnephrostomie 747 Dynamische Schiene nach Kleinert 912 Dysdiadochokinese 209 Dysganglionose 719 Dyslexie 208 f. Dysphagia lusoria 350, 439, 703 Dysphagie 426, 428, 432, 435f., 439 Dysphasie 452 Dystelektase 92 Dstrophie muscularium progressiva, Formen 962 - , Typ Becker 962 - , Typ Duchenne 962 - , Typ Erb 963 Typ Lendouzy-Decherine 963 D-Xylosetest 479
ε-Aminocapronsäure 113 Early Cancer 465 Ebstein-Anomalie 362f. - , Operations-Verfahren 362 - , Pathophysiologie 362 Echinococcus 33, 604 - alveolaris 33 - cysticus 33 - , Diagnostik 33 - granulosus 33 — , Infektionskreislauf 485 - , immunologische Testreaktionen 330 - , Infektionsmodus 33 - , Lunge 330 - , - , Operationsverfahren 330 - multilocularis - , adjuvante Therapie 586 -, , Infektionskreislauf 586 - , — , Komplikationen 586 - , serologische Diagnostik 33, 585f. Echoenzephalographie 210f. Ehlers-Danlos-Syndrom 376, 941 Ein-Helfer-Programm 144 Einhorn-Schema 772 Eisenmenger-Reaktion 347, 352, 553f., 355, 357, 363 Eistherapie 203 Ejakulatbefunde (Andrologische Nomenklatur) Ejakulationsstörungen 393, 411 Ejakulatuntersuchung 785 Ektopia testis 792 EKZ s. extrakorporale Zirkulation Elektivoperation 103 Elektroenzephalographie 210 f. Elektrokardiogramm (EKG) 4, 82 Elektrokoagulation 57, 62 Elektromanometrie 719 Elektrotherapie 204
Ellenbogenluxation 856 f. - , Begleitverletzungen 856 Embolektomie 392 f. - , Viszeralarterien 406 Embolie 387f., 411 s. auch Gefäßverschluß, akuter - , arterielle 396 - , - , posttraumatische 824 Embolierprophylaxe 87 Embolus-Streuherd 387 Embryonales Adenokarzinom der Niere s. Wilmstumor Emmet-Plastik 27 Empyem 24 Empyema necessitatis 308 En-bloc-Resektion 302 Endlos-Drainagen n. Dick-Dortemann 608 Endokarditis 349, 365 f. Endokarenz 474 Endokardkissendefekt 355 Endoprothetik 953 ff. Endoskopie 5, 170 - , therapeutische 748f. Endotoxinschock 525, 734 Endotrachealtubus 144 Enflurane 129 f. Entamoeba histolytica 33 Enteritis, nekrotisierende 486 f. Symptomatik 486 - , Ursachen 486 Enteritis regionalis s. Morbus Crohn Enteroanastomose n. Braun 460 Enterocolitis nekroticans 516 ff. Enterogastrischer Reflux 454 Enterotomie 61 Enukleation 61, 657 Enzephalopathie 546, 550 Therapie 554 Enzephalozele 225f. Entzündungsintensität 14 Eosinophiles Granulom 972 Ependymom 206 Epidimitis 785 - , akute 760 f. Epigard 839 Epigastrische Hernie 641, 709 Epilepsie 247 f. - , posttraumatische 221, 247 - , Ursachen 247 Epiphysen-Verletzung beim Kind 899 - , Einteilung nach Salter und Aitken 899 - , Operationsindikation 900 - , Operationstechniken 900 f. Therapie 900 - , Zugschraubenosteosynthese 900 Epiphysiolyse 900 Epiphysiolysis capitis femoris lenta juvenilis s. Hüftkopflösung Epispadie 752 Epithesen 277 Epulis 275 Erbrechen 2 - , reflektorisches 562 ERC = endoskopische retrograde Cholangiographie 601 ERCP = endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie 5, 596 Erdheim-Media-Nekrosis 376 Erfrierungen 8, 154ff.
Sachwortverzeichnis Ergosterin 71 Ergotherapie 160 E r m ü d u n g s f r a k t u r e n 830 Ernährungsfistel n a c h Witzel 444 Ernährungszustand 81 Erosionen, Magen 453 Erregernachweis, mikrobiologischer 29 E r s t e - H i l f e - M a ß n a h m e n 827 f. Erstgradige V e r b r e n n u n g 157 Erwerbsunfähigkeit 977 Erysipel 24 - , Gesicht 263 - , Therapie 24 Erythema necrolytica migrans 693 E r y t h e m a n o d o s u m 480 Erythropoese 623 Erythropoetin 70 Erythrozytenkonzentrat 91 Escharotomie 156, 159 Eßmarch-Handgriff 190 Ethibloc 186 Estracyt 775 Etimidate 130 E u n u c h o i d i s m u s 784 Euro-Collins-Lösung 180 Eurotransplantant 177 Eventrationshernie 633 Ewing-Sarkom 320, 970 Exartikulation 61 Exenteratio orbitae 273 Exhairese 61 Exokarenz 474 Exostosen 273, 969 Expektoration, „maulvolle" 328 Explosionsverletzung 808 Expositionszeit 161 Exsikkose 95 Exstirpation 61 Extensionstherapie 203 Extrakorporale Zirkulation (EKZ) 343 ff. Extrasystolen 94 f. Extravasalraum 80 Extrazellulärvolumen 68, 74, 76 Extremitätenverletzungen beim Kind 898 ff. Extrinsic Factor 71 Exulceratio simplex (Dieulafoy) 453, 555, 556 f. Exzision 61 Exzitationsstadium 127
Faceliftung 278 f., 926 Facialisschwäche, mimische 222 Facies abdominalis 574 F a h r r a d s c h l a u c h p h ä n o m e n 513 Faktor XIII 11, 112 Faktor-XIII-Mangel 13 Faktorentests 111 Faktor XII 107, 109 f. Fallfuß (N. fibularis) 242 Fallhand (N. radialis) 242 Fallot-Tetralogie 358 ff. - , Diagnostik 359 - , Operationsletalität 360 - , Operationsverfahren 359f. - , Pathophysiologie 358f. - , Prognose 359 Fallot-Trilogie 351
987 F a n g o p a c k u n g e n 203 F a s z i e n d o p p l u n g n a c h Mayo 641, 643 Faustschlußprobe 388 Favistan-Therapie 663 F e d e r n d e Elle 862 Feinnadelbiopsie 170 Femoralhernie, A n a t o m i e 640 - , Operationsverfahren 640 - , Symptome u n d Diagnose 640 F e m u r f r a k t u r e n , distale 882 f. - , Diagnose 882 - , Osteosynthese 882 - , Kopfkalottenfrakturen 867 - , - , Einteilung n a c h Pipkin 876 - , - , Therapie 876 F e m u r k o p f n e k r o s e 183 F e m u r s c h a f t f r a k t u r e n , Diagnose 881 - , F o r m e n 881 - , kindliche 881 - , - , Heftpflasterextension nach Weber 881 - , Osteosynthesen 881 Fentanyl 130 f. Ferguson-S-Plastik 542 Fernlappenplastik 923 Fertilitätsstörungen des M a n n e s 784 ff. - , Therapie 787 Fertilitätsuntersuchung 785 Fettembolie 96, 117 f. - , Therapie 96 Fettembolie-Syndrom 849 f. - , Pathophysiologie 849 - , Symptomatologie 849 - , Therapie 849 Fettgewebenekrosen 613 f. Feuermäler 274 Fibrinklebung (Milz) 625 Fibrinolyse 11, 110f., 392 Fibrinolysestörungen 111 Fibrinolysesystem 107 Fibrinstabilisierender Faktor 11 Fibröse Dysplasie 972 Fibromuskuläre Hyperlasie 386 Fibulafraktur, isolierte 892 - , Typ Maisoneuve 894 Fibula-Syndesmosenkomplex 895 Fingergelenkprothesen 953 Fistelgeräusch 414 Fixateur externe 838 Flake fractures 892 F l a m m e n e i n w i r k u n g 151 Flüssigkeitsverluste - , okkulte 89 - , postoperativ 89 Fogarty-Katheter 392, 419 Follikulitis 25 Fontanelle, vorgewölbte 227 Football sign 731 F o r a m i n a Luschkae 207 F o r a m i n o t o m i e 238 Formaldehyd 38 Fossa inguinalis medialis 638 Fourniergangrän 28 F. P. Weber-Syndrom 413 f. Frakturbehandlung funktionelle 836 konservative 834f. -, Nachteile 835 operative 836 f. -, Indikationen 836
- , - , Operationszeitpunkt 836 - , - , Vor- u n d Nachteile 836f. - , Ruhigstellung 834 Frakturen, Behandlungsprinzipien 834 - , BWS u n d L W S 871 f. - , Diagnostik 827 - , Einteilung 829f. - , Finger- u n d Mittelhand 914f. - , - , Operationsindikationen 914 - , - , Osteosyntheseverfahren 914 - , H a n d w u r z e l k n o c h e n 000 - , - , Osteosyntheseverfahren 915 - , Heilungszeiten 834 - , Repositionshindernisse 834 Frakturen b e i m Kind, Besonderheiten 899 - , Formen 898 Frakturen, offene 83 9 f. - , Schweregrade 839 Freie Lappentransplantate 925 Fremdkörper-Embolie 119 Fremdkörper, R e k t u m 540 - , Speiseröhre 438 Frischblutkonserven 91 Fruchtwasserembolie 119 F r ü h k a r z i n o m 161 F S H - M a n g e l 785 5-Hydroxyindol-Essigsäure 483 Fünf-Jahre-Überlebenszeit 172, 174 Füllungsdefekt 466 F u n c t i o laesa 21 Fundoplicatio nach Nissen 429, 434 Funktionelle Residualkapazität (FRC) 127 F u n k t i o n s p r ü f u n g e n des Bewegungsapparates 828 Funktionsreserven 100 Funktionsstörungen, posttraumatische, neurologische 201 Furunkel 25, 291
Gänsegurgel-Arterie 385 Galaktographie 169, 300 Galaktozele 295 Galeazzi-Luxationsfraktur 862 Gallefistel, traumatische 598, 817 Gallenblase, steinfreie, Operationsindikationen 598 G a l l e n b l a s e n e m p y e m 593, 595 Gallenblasenhydrops 594f. Gallenblasenkarzinom 608 f. - , Diagnose 608 - , Epidemiologie 608 - , Prognose 608 - , Therapie 608 Gallenblasenperforation 593, 597 Gallengangsatresie 604 - , Diagnose 727 - , hämorrhagische Diathese 727 Inzidenz 727 Leberzirrhose 727 Gallengangsatresie - , O P nach Kasai 728 - , zweigipfliger Ikterus 727 Gallengangskarzinom 604 f. Gallengangsrevision 605 Gallengangsstriktur 603 Gallenleiden b e i m Kind 729 Gallenlipide 592
988 Gallensäuren 498 Gallensteinauflösung 596 Gallensteinileus 595 f. - , Letalität 595 Röntgen-Zeichen 595 Gallensteinleiden, Diagnostik 596f. - , - , Sonographie 596 - , Epidemiologie 592 - , operative Therapie 597 f. - , - , absolute und relative Indikation 597 - , Pathogenese 592 Symptomatik 592f. Gallenwege, Druck und Durchflußmessung 600 - , intraoperative Diagnostik 5 99 f. Galvanisation 204 Ganglien 932 Gangrän 28f., 407 - , venöse 418 Ganzkörperplethysmographie 321 Ganzkörperszintigraphie 669 Gardner-Syndrom 497 Gas-bloat-Syndrom 434 Gasbrand 30 Gassterilisation 35 Gastrektomie, erweiterte 468 Jejunoplicatio 473 - , Operationsverfahren 468 Gastrin 448 Gastrin-Antagonisten 429 Gastrin-Bestimmung 451 Gastrinom 449, 451, 691, 695 f. - , medikamentöse Therapie 695 - , Operations-Indikation 695 Gastritis, akute 451 - , - erosive 451, 555 - , chronisch atrophische 452 - , phlegmonöse 451 Gastroduodenoskopie 5, 449, 462, 604 Gastroenteropankreatisches System (= GEP System) 691 f. Gastroenterostomie (GE) 458 Gastrografin-Schluck 567 Gastro-intenstinale Blutung 543 ff., 615 - , Blutungszeichen, allgemeine 543 - , Hiatushernien 557 - , Schweregrade 543 - , Tumoren 557 - , Ursachen 543 - , Gastropexie 434, 476 Gastroschisis 711 f. - , Letalität 711 - , Therapie 711 Gastrotomie nach Witzel 470 Gaumenplastik 252 Gaumenspaltsprache 250 Gefäßanomalien, Aortenbogen 5 30 f. - , Operationsverfahren 350 Gefäßchirurgie, Operationsindikationen 392 Gefäßerkrankungen, angeborene 386 Gefäßligatur 393 Gefäßnaht 64 Gefäßoperation, Infektion, Komplikationen 3 94 f. Gefaßtransplantate, allogene 394 - , Kunstoff 394 autogene 394 biologische 394 - , xenogene 394
Sachwortverzeichnis Gefäßverletzungen 15, 291 - , definitive Blutstillung 822 f. - , Einteilung 819 - , Folgezustände 824 - , Häufigkeit 819 - , Klassifikation 819f. - , Rekonstruktion 823 - , Sofortmaßnahmen 822 - , Therapie 822ff. Gefäßverschluß, akuter 387f., 397ff. - , Ischämiesymptome 396 - , Therapie 397f. - , konservative Therapie 390 - , Theologische Maßnahmen 391 - , vasoaktive Substanzen 391 Gehirnerschütterung s. Commotio cerebri Gehstreckentest 389, 408 Gehtraining 390 Gelenkinfektionen 843 f. - , Diagnose 843 - , Pathogenese 843 - , Therapie 843 Gelenkkontusion 831 Gelenkverletzungen, allgemeines 831 f. - , Hand 915f. - , - , Bändemaht 915 - , offene 197 Gentamycin, PMMA-Kugeln 44 Gerinnungsfaktoren 91, 109 Gerinnungskaskade 11, 107 Gerinnungssystem, plasmatisches 107 f. Gerinnungstestes 111 Gesamtkörper-Wasser-Verteilung 75 Geschlechtshormone 70 Geschwülste s. auch Tumoren - , bösartige 161 - , gutartige 161 - , odontogene 274ff. Gesichtsfurunkel 263 Gesichtsphlegmone 263 Gesichtsspalten 251 f. Gesichtstuberkulose 265 Gesichts- und Kieferverletzungen - , Häufigkeit 254 Gesichtsverletzungen - , Narbenbildung Gestagentherapie 304 Gewebekleber 58 Gewebethromboplastin (Extrinsic system) 107 Gewebestraumatisierung 20 Giebelrohr 200 Gibbus 959 Gigantismus 698 Gilchrist-Verband 850 Gipfelsekretion (PAO) 448, 450 Gipsmieder 866 Gipsverband 835 Glandula submandibularis 269 Glasgow-Koma-Skala 247f. Gliedertaxe 976 Glioblastom 205 Gliome 205 f. Glissement 936 Glissonschlinge 238 Globalinsuffizienz 321, 806 Glomustumoren 652 Glukagon 70 Glukagonom 691
- , Symptome 693 Glukagon-Test 681 Glukoseintoleranz 693 Glukosetoleranztest 616 Glycylpressin 548 Goldblatt-Mechanismus 406 Gonadotropinausfall 785 Gonarthrose s. Arthrosis deformans Gonokokkenperitonitis 573 Gracilis-Plastik 542 Grading bei Tumoren 167f. Granulationstumoren 275f. Granulozytopoese 623 Gravidität 101 Gray (Gy) 172 Graefe-Zeichen 662 Grenzstrangresektion, lumbale 393 Grenzzonenamputation 28, 395, 400 Grey-Turner-Zeichen 614 Griffelschachtelplastik 930 Grünholzfraktur 829, 898 Gruppentherapie 201 Gubaroff-Falte 433 Guedel-Tubus 190 Gurtlose 816 Gynäkomastie 294, 302 Gyon-Katheter 742 Gyrasehemmer 759 G-Zell-Hyperplasier 695
Η Hämagglutinationstest 330 Hämangiome 274, 284, 652 Hämarthros (Kniegelenk) 883 Hämatemesis 2, 543, 563 Hämatochezie 3, 544, 557 Hämatogene Osteomyelitis 840 f. - , Diagnose 841 - , Therapie 841 Hämatom 12, 832 - , epidurales 222f. - , intrazerebrales 223 - , - , Diagnostik 223 - , posttraumatisches, intrakranielles 222 - , operative Therapie 223 - , Prognose 222 - , subdurales 222 - , - , akutes 223 - , - , chronisches 224 Hämatosinus 255 Hämatothorax 5, 316f., 805 - , Diagnose 805 - , operative Koagelausräumung 805 Hämaturie 739, 765, 768 - , Ursachen 739 Hämobilie 555, 557f., 814f. - , Diagnostik 604 - , Symptomen-Trias 557, 604, 814 - , Ursachen 557 Hämodialyse 674, 735 Hämodialyseshunt 55, 414f. Hämofiltration 735 Hämokkult-Test 490, 502 Hämolyse 77 Hämoperikard 378, 807 Hämophilie l l l f . - , Gelenkblutungen 111 Haemophilus influenza 49
989
Sachwortverzeichnis Ilaemoptyse 3
- , TNM-System
H ä m o r r h a g i s c h e D i a t h e s e 111, 1 1 3
- , transurethale Resektion 768
768
H ä m o r r h o i d e k t o m i e n. M i l l i g a n - M o r g a n
- , Zystoprostatovesikulektomie
Heidelberger-Ringstripper 393 Helle-Zellen-System 768
- , zytostatische Therapie 769
535
Harnblasenkatheter 747
- . homonyme 217
- , Diagnose und Differentialdiagnose 535
Ilarnblasenruptur 814f.
Ilemihepatektomie
581
H e m i k o l e k t o m i e l i n k s u n d r e c h t s 4 9 0 f.
Diagnose 814
- . erweiterte 4 9 1
- . Komplikationen 534
- , Therapie 814
- , konservative T h e r a p i e 5 3 5
H a r n l e i t e r s. U r e t e r
Hemipelvektomie 653
operative Therapie 535
Harnleiterabgangsstenose, kongenitale 788
Hemithyreoidektomie
Sklerosierung 535
H a r n l e i t e r a n o m a l i e n 7 5 1 ff.
Hämospermie 741
Harnleiterkatheter 742, 748
Hämostase 10711, 109
Harnleiterklappe 751
- . Gerinnungsphasen
109
Heparinisierung 113, 391 H e p a t i t i s r i s i k o 91
Harnleiterligatur 796 I l a r n l c i t e r m ü n d u n g , ektope 7 5 1
Iländedesinfektion, chirurgische 37f.
Harnleiterplastik 747
- , hygienische 37, 4 0
Harnleiter-Scheiden-Fistel
Hängebrust 2 9 4
H a r n l e i t e r s o n d i e r u n g , retrograde 7 7 8
H a l l u x valgus 9 6 0
H a r n l e i t e r s t e i n , E n t f e r n u n g durch Z e i s s -
867
796
Schlinge 779
Haloring 866 H a l o t h a n 1291'.
Harnleitcrstenose, kongenitale 751
Halslymphknoten 287ff.
H a r n l e i t e r s t r i k t u r e n ( a k t m i s c h o. i a t r o g e n )
Halsspalte, m e d i a n e 2 8 4
Operationsindikationen HWS-Luxationen
751
871
760
915
H e r d s y m p t o m e bei m t r a k r a n i e l l e r R a u m f o r derung 2 0 9 H e r m a p h r o d i t i s m u s verus 7 5 4 Hernia ineipiens 638 H e r n i a i n g u i n a l i s s. L e i s t e n h e r n i e Hernia ischiadica 644 644
Hernia obturatoria 644
Ilarnröhrenausfluß
-
- , Ursachen 741
Hernien. Ätiologie 634
Harnröhrendruckprofil
870
Herbert-Schraube
Bruchpforten
Harnröhrenabstrich
HWS-Frakturen 870
Hepato-biliäre Szintigraphie 601
Hernia completa 638
Symptome 778f.
Halsrippen Syndrom 2 4 3 . 2 8 6 . 3 0 8 , 4 0 3
668
Ilenkeltopfaufnahme 257 Hepar i n - D H E 121
Hämostasestörungen 110, 112f.
Halocxtension
542
Hemianopsie 200. 209
Hämorrhoden, Ätiologie 534 - . Gradeinteilung 534
611
Heller-Zungenlappen-Plastik
742
scrotalis 638
- . Darmggangrän 634
Harnröhrenklappen (Young) 753, 789
Diagnostik und Differentialdiagnose 634
Halszysten 267
H a r n r ö h r e n p o l y p der F r a u 7 9 5
E i n t e i l u n g 6 3 3 f.
- und Fisteln, laterale 283
Harnröhrenruptur 783
HWS-Syndrom
287
, m e d i a n e 2 8 1 f. H a m m e r z e h e (Digitus malleus) 960 Handchirurgie, Anästhesieverfahren atraumatische Operationstechnik
Epidemilogie 634
Ilarnröhren-Scheiden-Fistel 796
- . erworbene 634
Harnröhrenschmerz
- . I n k a r z e r a t i o n 6 3 3 f.
739
903
Harnröhrenstein
(Lupen-
H a r n r ö h r e n s t e n o s e , distale bei der F r a u
brille, M i k r o s k o p ) 9 0 4
780
- . Komplikationen
753, 795, 798
634
- , kongenitale 634 konservative Therapie 635
- , postoperative Gipsruhigstellung 904
Harnsäuresteindiathese
- , Schnittführungen
Harnsediment 741. 758
- . R e s p o s i t i o n en b l o c 6 3 5
H a r n s t a u u n g s n i e r e durch g y n ä k o l o g .
Hernienformen. spezielle 6 3 7 f f .
904
- , Untersuchungstechniken - , - , Funktionsprüfungen
902
902
Tumoren
Inspektion 902
777
797
- . operative Therapie 636
Ilernienoperationen, allgemeine Operations-
Harnstiene, operative Verfahren 7 8 0
technik 636
- . - , Palpation 902
H a r n s t e i n b i l d u n g , e n d o g e n e U r s a c h e n 77 7 f.
- . Anästhesie 636
- . - . Sensibilitätsprüfung 903
- , prärenale Faktoren
- . Indikationen 636
H a n d f e h l b i l d u n g e n , a n g e b o r e n e 9 2 1 ff. Hand-Finger-Infektionen
26f.
H a r n s t e i n l e i d e n , P r o p h y l a x e und L i t h o l y s e
Handinfektionen. Ätiologie und Pathogenese 919 - . Behandlungsprinzipien
919
Hanged man's fracture 870
d e f i n i t i v e 7 4 7 f. H a r n b l a s e , C a r c i n o m a in situ 7 6 9 - , Detrusorschwäche 738
Herzchirurgie, historisches 342
736
Operationsindikationen
chemische 741
- . Säuglings-Kindesalter 346ff. - . Zugangswege 343
- , Diagnose 798
Herzchirurgische Erkrankungen,
Herzfehlbildungen, azyanotische 347ff.
Harrington-Stäbe 868 Hashimoto-Thyreoiditis 659
78911. - . intravesikale Obstruktion
737f.
Ilautbank
Leukopakie 769
156
737f.
- , Sphinkterhypertonie 742 Harnblasenkarzinom, Diagnose und Diffe-
HCG-Therapie 792
- . p o s t o p e r a t i v e r 94
H e r z k l a p p e n f e h l e r 3 6 5 f.
Vollhaut 922 HCG-Präparate 792
- . zyanotische 358ff. H e r z i n f a r k t 8 1 , 123
Herzkatheteruntersuchung 371. 381
Spalthaut 922
Harnblasenfistelkatheter 747
Einteilung 346 - . Häufigkeit 346
Herzinsuffizienz 94
H a u t t r a n s p l a n t a t e 9 2 2 f.
752f.
rentialdiagnose 768
659
H a u p t z e l l e n des M a g e n s 4 4 8
- , Innervation 737
- . Reservoirfunktionsstörungen
- , Karzinominzidenz
Schwere-
grad ( N Y H A ) 3 4 3
Ursachen 798
Hamblasenentleerungsstörung 737, 743.
343
- . Operationsletalität 342
Harnverhaltung, akute 738, 798
H a r n w e g e . R ö n t g e n d i a g n o s t i k 7 4 2 f.
Entleerungsphase 737
Mißbildungcn
H e r z b e u t e l t a m p o n a d e 3 7 8 . 3 7 9 f . . 3 8 1 f.. 9 2 8
- , Folgen 736
Therapie 798
- , Füllungsphase 737
postoperative K o m p l i k a t i o n e n 637
I l a r n t r a n s p o r t s t ö r u n g e n 7 3 5 f.
H a r n u n t e r s u c h u n g e n 7 4 0 f.
Harnableitungsverfahren, temporäre und
Nachbehandlung 636 Hernienrezidiv 637
7 7 9 f.
- , Ursachen
H a n g i n g cast 8 5 5
-
777
renale und postrenale Faktoren 777
- . Prognose 367
I I D C - I m p f s t o f f 32
- . partielle Z y s t e k t o m i e 7 6 8
H e a d - S c h m e r z z o n e n 2, 5 6 1 . 5 9 3
- , Strahlentherapie 769
Heftpflasterzugverband
835
Herzklappen-Prothesen
368ff.
Herzklappenverletzung
381
Herzkontusion 380f., 802, 8 0 7 f . - . Komplikationen
807
U L M s. H e r z - L u n g e n - M a s c h i n e
Sachwortverzeichnis
990 H e r z - L u n g e n - M a s c h i n e (ULM) 344 Herzmassage, cxtrathorakale 144f., 192 H e r z r h y t h m u s s t ö r u n g e n 93, 373ff. - , bradykarde 373 f.. 374 Ursachen 374 tachykarde 375 Herzschrittmacher, I n d i k a t i o n e n 374 - . K o m p l i k a t i o n e n 375 - . Operationsverfahren 374f. - , Systeme 374 H e r z t u m o r e n . Diagnose 378 - , Operationsverfahren 378 - , primäre 378f. Herzverletzungen. penetrierende 808 H e r z w a n d a n e u r y s m a s. Ventrikelaneurysma Herzwandruptur 381, 807 Herztransplantation 382f. - , Indikationen 382 - , Kontraindikationen 383 Operationstechnik 383 H e x e n s c h u ß 236 Hiatusgleithernie 431 Hiatushernien 4 3 I f f . Diagnostik 432 Einteilung 431 - . Mischform 432 - , Operationsverfahren 434 - , paraösophageale 431 f. Hill-Sachs-Läsion 949 H i p p o k a m p e k t o m i e 247 H i r n a b z e ß 219, 327 forlgeleitet 207 - , metastatisch 207 Therapie 213 H i r n a r t e r i e n a n e u r y s m a 216 Hirnblutung, Ventrikeleinbruch 207 H i r n d r u c k b l u t u n g 402 Hirnmetastasen 206, 212 Ilirnnervenkompressions-Syndrom, vaskuläres 244 H i r n ö d e m 208f., 217 - , Onkotherapie 221 f. - , posttraumatisches 220, 221 f. Einteilung 221 Therapie 212, 220f. - , Symptome 208 Hirnszintigraphie 401 dynamische 211 Hirntod 179 H i r n t u m o r e n 205ff. - , Biopsie, stereotaktische 246 - , Exstirpation 212 Grading 205 - , Prognose 213 - , R e h a b i l i t a t i o n s m a ß n a h m e n 213 - , seltene 206 - , Strahlentherapie 213 - , zytostatische Therapie 213 Hirnverletzungen, geschlossene 220 - . Gradeinteilung 220 - , Therapie 220 Hirsubismus 687 Histamintest 681 Ilistokompatibilitätsantigene 178 f. His-Winkel 433 H O C M s. Hypertrophisch obstruktive Kardiomyopathie Hoden. Chorionkarzinom 770 embryonales Karzinom 770
Lageanomalie 792 Klassifikation 792 - , Teratokarzinom 770 H o d e n b i o p s i e 786 H o d e n - N e b e n h o d e n s c h m e r z 739 H o d e n n e k r o s e 799 I l o d e n s c h a d e n , histologische B e f u n d e 784 - , idiopathischer oder sekundärer 784 primärer mit und ohne Androgenmangel 784 --, sekundärer, symptomatischer 785 H o d e n t o r s i o n 713, 799f. H o d e n t u m o r e n , Arten 770 - , Chemotherapie 772 - , Diagnose und Differentialdiagnose 770f. I l o r m o n d i a g n o s t i k 770 - , L y m p h a d e n e k t o m i e 772 - , Metastasierung 770 Orchiektomie 772 Hodenvergrößerung 799f. Hodgkin-Krankheit 289. 626 Hörnerblase nach Dolff 747 H o f f m a n n - T i n e l - Z e i c h e n 916 H o h l f u ß 939, 960 H o h l h a n d e i t e r u n g 26 I l o h l h a n d p h l e g m o n e , Diagnose 920 Therapie 920 Holzschuh herz-Konfiguration 359 Homöostase 88 H o n v a n - I n f u s i o n e n bei Prostatakarzinom 775 H o r m o n e , antidiuretisches H o r m o n (ADH) 69 - , Erythropoetin 70 Glukagon 70 Insulin 70 - , K a t e c h o l a m i n e 69 - , Kortikoide 69 somatotropes H o r m o n (STH) 70 thyreostimulierendes H o r m o n (TSH) 70 H o r m o n i n k r e t i o n 656 H o r m o n s u b t i t u t i o n 664 Horner-Syndrom 333 Hospitalismus 38f., 40f. Hospitalkeime 39 Ilowell-Jolly-Körperchen 628 Η-Shunt nach Drapanes 550, 551 f. Hüftdysplasie 936f. Definition 936 Diagnostik 936 - , Epidemiologie 936 Hüftgelenkendoprothese 952 f.. 956 Hüftgelenkluxation 874ff. angeborene 936 Hinweise 936 - , - . Operation n a c h Salter oder Chiari 938 - , - , Repositionshindernisse 937 - . - . Prognose 938 - . - , Therapie 937 - , F o r m e n 874 - . N a c h b e h a n d l u n g 875 - . Operationsindikationen 876 Prognose 876 - . Repositionsmanöver nach Böhler 875 Stabilitätseinteilung ( I - I V ) 876 Hüftkopilösung, jugendliche. Diagnose 947 - . Therapie 947 H ü f t k o p f n e k r o s e n , idiopathische 956 Operationsverfahren 956
- , posttraumatische 956 Symptome u n d Diagnose 956 H ü h n e r b r u s t 308 Hülsenapparate 965 Hufeisenabszeß 537 Human-leucocyte-antigen (HLA)-System 178 H u m e r u s f r a k t u r , distale. B r u c h f o r m e n 855 - , Diagnose 855 - , Operationsverfahren 855 H u m e r u s f r a k t u r . suprakondyläre, kindliche 855 Humeruskopffraktur 853ff. - , Begleitverletzungen 853 Epiphysenlösung, kindliche 853 - , F o r m e n 853 - , Operationsindikation 854 - , Prognose 854 Therapie, konservative 854 H u m e r u s s c h a f t f r a k t u r 854f. F o r m e n u n d Diagnose 854 - , Operationsindikation 855 - , Therapie 855f. Hyaluronidase 28 Hydatide 33, 584 Hydrocephalus c o m m u n i c a n s 228 frühkindlicher 22 8 f. - hypersecretorius 228 - occlusus 228 Hydronephrose 629, 736, 738, 751 Hydrophobie 32 Hydrotherapie 202 Hydrocele testis 634, 714, 799 H y g i e n e m a ß n a h m e n 22 Operationssaal 40 Hygienische A n f o r d e r u n g e n bei Knochenund G e l e n k o p e r a t i o n e n 840 f. Hygroma colli cvsticum 285 H y p a l b u m i n a e m i e 474, 546 Hyperaldosteronismus 69, 684 Hyperalimentation 81 Hyperazidität 454 Hyperbare Oxygenation 30 Hyperchlorbydrie 450 Hyperglykämie 75 Hyperhydratation 74, 76 - , hypertone u n d hvpotone 76 isotone 76 Hyperimmunglobulin 16, 31 Hyperkalzämie 674L Hyperkinesie 246 Hyperkortisolismuskrise 687 Hyperlipoproteinämie 390 Hyperparathyreoidismus (HPT) 472, 613. 616, 673f., 777, 972 Beckenkammbiopsie 676 chirurgische Therapie 676f. Diagnose u n d Differentialdiagnose 675f. Lokalisationsdiagnostik 676 Operationsindikationen 677 Operationsletalität 678 perioperative M a ß n a h m e n 677 primärer 673 Inzidenz 673 - , Nephrokalzinose 673 Organmanifestationen 673 - , Symptome 674 , - , Ulkusinzidenz 673 R ö n t g e n u n t e r s u c h u n g e n 676
991
Sachwortverzeichnis Rückstromangiographie 676 sekundärer, Operationsverfahren 678 , S p o n t a n f r a k t u r e n 674 , Ursachen 674 , 4-Drüsen-Hyperplasie 674 tertiärer 675 Hyperperistaltik 563 Hyperplasie des Corpus Cavernosum recti 534 Hypersalivation 32 Hypersensiblitätsreaktionen 50 Hypersplenismus 545, 625 Hypertherme Perfusion, regionale 653 Hyperthyreose 6 6 I f f . - , Einteilung 661 - , N a c h b e h a n d l u n g 664 - , Operationsverfahren 663 Operationsvorbereitung 663 Therapie 662f. Hypertonie 82, 93 f. Hypertonizität 75 Hyperthrophisch obstruktive Kardiomyopathie ( H O C M ) 369 f. - , Operationsindikationen 369 - , Pathophysiologie 369 Hyperurikämie 777 Hyperventilation 73 Hyperventialitonstetamie 74 Hypo- u n d Akinese 246 Hypochlorhydrie 450 Hypoglykämischer Schock 694 Hypokaliämie 74, 684 Hypokalzämie 673, 684 Hypokoagulabilität 112 f. Hypoparathyreoidismus - , iatrogener 669, 672 - , Therapie 673 Hypoperistaltik 563 H y p o p h y s e n a d e n o m 206, 698 f. - , Diagnostik 699 - , H o r m o n e x z e ß 698 - , M a g n e t r e s o n a n z t o m o g r a p h i e 699 - , m e d i k a m e n t ö s e Therapie 699 - , selektive A d e n o m e k t o m i e 699f. Strahlentherapie 699 Hypophysenapoplex 689 Hypophysenhormonspiegel 699 Hypophysenvorderlappen-Adenom 683 H y p o p h y s e n v o r d e r l a p p e n i n s u f f i z i e n z 698 Hypophysektomie 304 H y p o r e n i n ä m i e 684 Hypospadie 752 Hypothermie 344 f. Hypothyreose 665 f. - , angeborene 665 - , erworbene 665 - , K o m p l i k a t i o n e n 666 - , primäre 665 - , sekundäre 665 - , S y m p t o m e 665 - , tertiäre 665 Hypotone D u o d e n o g r a p h i e 611 Hypotonizität 75 Hypoventilation 74 Hypovolämie 84, 93 Hypoxidase 138 Hypoxie 82 Hypoxietoleranz 189, 191 H2-Rezeptorantagonisten 457, 555, 695
I ICSH-Mangel 784 Idiopathische hypertrophische subaortale Stenose (IHSS) 369 f. Infantile Zerebralparese 962 Infarktaneurysma 370 Ikterus 602 f. Ilco 505 I l e u m - K o n d u i t nach Bricker 748 Ileumreservoir n a c h Kock 493, 497, 514 Ileus 520 fr. - , A n a m n e s e 715 Definition 520 Diagnostik 526 f. - , A b d o m e n - Ü b e r s i c h t 526 , - , Röntgenzeichen 526 Differentialdiagnose 525, 716f. Einteilung 520 funktioneller 523, 715 - , Ursachen 715 gemischter 523 konservative Therapie 527f. Labordiagnostik 527 m e c h a n i s c h e r 520 ff. - , Epidemiologie 521 , - , Häufigkeit 522 Inkarzeration 522 , - , Invagination 522 - , Strangulation 522 , - , Ursachen 521 - , Volvulus 522 Operationstaktik 529 Operationsindikationen 527f. operative Therapie 527 f. K o n t r a i n d i k a t i o n e n 528 Operationsletalität 529 paralytischer 523f., 576 Ursachen 523 f. Pathophysiologie 524 f. postoperativer 523 spastischer 523 Symptome 525 Ursachen 524 Ileus (Kind), mechanischer 715 ff. Ileus-Krankheit 224, 527 Immobilisationsschaden 835 Immunflureszens-Test 33, 585 I m m u n g l o b u l i n e 572 I m m u n m o d u l a t i o n 178 f. I m m u n o a n g i o p a t h i e n 386 I m m u n s u p p r e s s i o n 178 f. - , K o m p l i k a t i o n e n 183 f. - , Tumorrisiko 183 I m m u n t h e r a p i e 173 Implantation 62 Impressionsfraktur 219 Induratio penis plastica 787 f. Infektionen, aerobe 23 - , bakterielle 23 ff. - , begünstigende Faktoren 20 - , chirurgische 19ff. - , anaerobe 29 - , Einteilung 19 - , Prophylaxe 22 Therapie 21 f. Infektionen, endogene 20f. - , exogene 20 - , nosokomiale 38
- , parasitäre 3 3 ff. - , pyogene 23 Infektionsabwehr 19 f. - , spezifische u n d unspezifische 20 Infektionserreger 20 f. Infektionskontrolle 22 I n f e k t i o n s m o d u s 20 Infektionsquellen 20, 39 Infektionsrisiko 39 Infektionswege 3 9 f. Infiltrationsanästhesie 132 Influenza-Meningitis 227 Infusionstherapie s. postoperative Therapie Infusionsurographie 742 Inhalationsanästhesie 126f. Injektionstechniken, arterielle 61 - , intrakardiale 61 - , venöse 60 Inkarzeration 633f., 639 Inkongruenzarthrose 861 Inkontinenz, anorektale 533, 541 f. Diagnostik 542 - , motorische 542 - , - , Operationsverfahren, rekonstruktive 542 - , neurale 542 - , - , Therapie 542 Inkontinenz, sensorische - , - , Operationsverfahren 542 - . Symptome 542 - , Ursachen 542 Insellappen-Plastik 924f. Inselzelltransplantation 186 Inselzelltumor, nicht-endokrin-aktiv 697 Insertionstendinopathien 932 Inspissited bile Syndrom 728 I n s t r u m e n t e n d e s i n f e k t i o n 37 Insulininsuffizienz 692 Insulin like growth factor 386 I n s u l i n o m 691, 693 f. - , perkutane-transhepatische selektive Katheterisierung der V. lienalis 696 - , Symptome 694 - , Therapie 694 Insulintest 450 Intensivtherapie 156 f. - , Infektionsgefährdung 39 Intermittierende D r u c k b e a t m u n g (IPPB) 199 Interossiusanterior-Syndrom 908 Intervall- oder Elektiv-Shunt 549 Interventionelle Radiologie 392 Intimaeinrollung 107 f. Intoxikationsphase 155 Intrakranielle A n e u r y s m e n 213 - , Lokalisationen 214 - , mykotische 214 - , Operationsletalität 216 - , Rezidivblutung 216 - , R u p t u r 214 f. - , arteriovenöse A n g i o m e 214, 216 - , Blutung u n b e k a n n t e r G e n e s e 216 - , M a s s e n b l u t u n g 216 Intrakranielle R a u m f o r d e r u n g , Diagnostik 210 f. - , Therapie 212 ff. - , Ursachen 205 Intraösophageale Druckmessung 427 Intraspinales H ä m a t o m 240
992 Intravasalraum 80 Intrinsic factor 71 Intrinsic-plus-Stellung 159 Intussusceptum 723 Invagination 568, 722 f. - , Formen 722 - , Symptome 723 Inzision 61 Ionescu-Shiley-Bioprothese 369 IRAN-Prinzip 395 Irenat-Therapie 664 Irislappenplastik 542 Ischämiephase, kalte 180 Ischämie-Syndrom 387, 821 - , absteigendes 398 - , komplettes, inkomplettes 396, 398 Ischämietoleranz 142, 180 Ischämiezeichen, periphere 388 Ischialgie 233 Isoflurane 129 f. Isosthenurie 738 Isotonie 75 Isotopen-Nephrogramm 750
J 131-M-Benzylguanidin-Szintigraphie 681 Jefferson-Fraktur 864, 869 Jejunoplicatio 468, 473 Jochbeinfraktur 255, 258 Jodination 656 Jodisation 656 Jodstärketest 242
Κ Kachesie 20 Kältetest 389 Kaliumhaushalt 77 f. - , Verteilungsstörung 78 Kaliumüberschuß 77f. Kalkaneusfrakturen, Einteilung nach Vidal 897 - , Ursachen 896 Kallusbildung 833 Kalter Knoten 661, 668 Kalziumantagonisten 216 Kalziumhomöostase 672 f. Kalziumstoffwechselstörung 675 Kammerflimmern 147, 153 Karbunkel 25, 291 Kardia-Fundusresektion 553 Kardiainsuffizienz 432 Kardiakarzinom 469 Kardiaverschlußmechanismus 447 Kardio-fundale Fehlanlage 431 Kardiomyotomie nach Gottstein-Heller 429 f. Karotisglomustumor 285 Karpaltunnel-Infektion 920 Karpaltunnelsyndrom 238, 243, 287, 861 - , Diagnose 908 - , Spaltung des Retinaculum flexorum 908 - , Ursachen 908 Karzinoembryonales Antigen s. CEA Karzinoid 324, 483ff., 497, 508 - , Bronchus 336 - , Flushsymptomatik 483
Sachwortverzeichnis Prognose 484 - , Therapie 484 Karzinome s. auch Tumoren 163 Karzinome 163 f. - , Basalzellen 163 - , Plattenepithel 163 Karzinomschmerz 245 Katecholamine 69, 141 Katheterembolisation 557 Katheterismus, Via falsa 744 Katheterurin 740 Kaudakompression 231 Kaudalähmung, tiefe, akute, Therapie 232 Kaudaquerschnittssyndrome 231 Kavographie 766 Kabat-Methode 201 Kehr-T-Drainage 605 Kehrzeichen 624 Keimreduzierung 36 Keimresistenz 3 5 f. Kerchring-Falten 447 Ketamin 130 KHK s. koronare Herzerkrankung Kieferbrüche 254f., 257f. - , Diagnose 256f. - , Pseudarthrosen 260 - , Osteomyelitis 260 - , Osteosynthese 258 - , Prognose 260 Kieferbruch-Schienung 255, 257 Kiefergelenk-Ankylose 2 70 f. Kiefergelenkarthritis, akute 270 Kiefergelenkluxation 260 Kieferhöhleninfektion, dentogene 264 - , Röntgenzeichen 264 Kieferklemme 256, 268 Kieferorthopäidsche Behandlung 252 f. Kieferosteome 273 Kieferosteomyelitis 264 Kiefersperre 260 f. Kiefertumoren 271 - , Baseliome 271 - , Papillome 271 Kieferverletzungen, Nervenausfälle 260 Kielbrust (Pectus carinatum) 706 Kinderlähmung, Ätiologie und Verlauf 961 - , operative Therapie 961 Kinking 400 f. Klaviertasten-Phänomen 851 Klappeninsuffizienz 415 Klatskin-Tumor 604 Klavikulafrakturen 850f. - , Operationsindikation 850 Klebefolien 38 Kleinhirnblutungen 216 Kleinhiminfarkt 217 Kleinhirntonsillen, Einklemmung 209 Klemmenresektion (Lunge) 324 Klinischer Tod 142 Klippel-Feil-Syndrom 940 Klippel-Trenaunay-Syndrom 413 f. Klumpfuß, kongenitaler, Symptome 939 - , Therapie 938 Klumphand 922 Knick-Plattfuß, angeborener 939 Kniegelenk, Bandverletzungen, funktionelle Anatomie 882f. - , - , Vierer-Komplexe 883 Kniegelenkprothesen 953
Kniegelenkexartikulation 396 Kniegelenksluxation 888f. Kniegelenkverletzungen, Bänderrisse 884 f. - , - , Operationsverfahren 886 - , - , Prognose 886 - , - , Therapie 886 - , einfache Instabilität 884 - , Hämarthros 884 - , Häufigkeit 883 - , kombinierte Instabilität 886 - , Komplexinstabilität 885 - , Rotationsinstabilitäten 885f. - , saggitale Instabilität 885 - , Überdehnungen 884 - , Ursachen 884 - , Valgus-Instabilität 884 - , Varus-Instabilität 885 - , Zerrungen 884 Knochenbruch, offener 197 Knochennekrosen, aseptische (Osteochondrosen) 945 f. Knochentransplantat 276 Knochentumoren, benigne 968 f. - , Biopsie 968 - , Diagnostik 967 - , Differenzierung zwischen gut- und bösartig 967 - , Klassifizierung 967 - , maligne 969 f. - , semimaligne 971 - , Sklerosesaum 967 - , TNM-System 967 Knochenwunde 15 Knochenzement (Pallakos) 953 Knochenzyste, aneurysmatische 972 solitäre 971 Knöchellaschen-Extension 203 Knopflochdeformität 913 Knorpelverletzungen 831 Knotentechnik 5 8 ff. Koagulationsnekrose 437 Koagulopathien 111 - , bei Leberfunktionsstörungen 112 Kocher-Kragenschnitt 657 Körperzusammensetzung 75 Kokarzinogene 162 f. Kokzygodynie 540, 871 Kolitis d. Koprostase 719 - , ischämische 516 - , - , Angiographie 516 - , pseudomembranöse 516 f. Kollateralgefäße 386 Kolliquationsnekrose 437 Kolloid-osmotischer Druck 546 Kolliquationsnekrose 437 Kolon, Anatomie 488 - , Angiodysplasie (s. auch Angiodysplasie) 517 , Angiographie 518 , - , Einteilung 518 , - , Therapie 518 Blutversorgung 488 Endometriose 518 Physiologie und Pathophysiologie 488 Strahlenschäden 000 , - , Komplikationen 518 , - , pathologische Anatomie 513 Umgehungsanastomosen 495 Verletzungen 517
Sachwortverzeichnis Kolonchirurgie, Komplikationen, postoperative 504 f. - , Nahtinsuffizienz, Häufigkeit 504 - , Wundheilungsstörungen 504 Kolonerkrankungen, Symptome, typische 469 - , Untersuchungsmethoden 489 f. Kolonisation 19 Kolonisationsresistenz 20 Kolon-Konduit 748 Kolonkontrasteinlauf 490 Kolonoperation, dreizeitig nach Schloffer 512 Kolonpolypen, Differenzierung 496 - , Krebsrisiko 496, 497 f. Kolonresektion, zweizeitig 512 Koloproktektomie 493, 497, 514 Kolorektales Karzinom, Ätiologie und Pathogenese 498 - , Ausbreitung 499 f. - , Chemotherapie 504 - , Diagnostik 502 f. - , Epidemiologie 498 - , 5-Jahres-Überlebenszeit 504 - , hämatogene Metastasierung 501 histologische Einteilung (WHO) 499 Komplikationen 501 f. - , Lokalisation 499 - , lymphogene Metastasierung 500 Operationsletalität 504 - , Operationsprinzipien 502f. Operationstaktik 503 - , Resektionsquote 504 - , Stadieneinteilung nach Dukes 501 - , Symptomatik 501 - , Tumornachsorge 504 - , Wachstumsformen 499 Koloskopie 5, 489, 557 Kolostomie (endständig und doppelläufig) 494 - , Indikationen 494 - , Komplikationen 504 Kolotomie 495 Koma 247 Kommissurotomie 367 Kompartment-Syndrom 823, 843 - , Ätiologie 845 - , Diagnose 846 - , Folgezustände 846ff. - bei Humerusfraktur 855 - , Lokalisation 845 - , Pathophysiologie 845 - , Therapie 846 Komplementbindungsreaktion 33 Komplikationen nach Frakturen und Luxationen 840 ff. Kompressionsfrakturen 830 Kompressionsschmerz nach Loewenberg 114 Kompressionsstrümpfe 416 f. Kompressionssyndrome 286f. - , neurovaskuläre 000 - , - , Truncus coeliacus 406 Kongenitales lobäres Lungenemphysem 704 Kondylenplatte 837 Kondylome, spitze 540 Kontaktheilung 833 Kontaktinfektion 20 Kontamination 19 f.
993 Kontinenzfunktion, anorektale 530 Kontinenzorgan 530 Kontraindikationen (s. auch Operation) 104 Kontrakturen 160 Kontrastmittelunverträglichkeit 596 Kontrazeptiva 418, 589 Korbhenkelphänomen 773 Korbhenkel-Shunt 419, 824 Korkenzieher-Ösophagus 430 Koronararterienanomlien 364f. - , Operationsverfahren 364 Koronare Herzerkrankung (KHK) 370ff. Klinik 370 - , Risiko 370f. - , Risikofaktoren 370 Koronario-kavale Anastomose 550, 552f. Koronarperfusion 345 Kortikosteroide 69, 178 Kortisol-Substitution 689 Koteinklemmung 634 Koxarthrose s. Arthrosis deformans Krallenhand (Ν. ulnaris) 242 Kranio-faziale Mißbildungen 251 Kraniopharyngeom 700 Kraniostenosen 227ff. Krankenblatt-Dokumentation 6 Krankengymnastische Behandlung 200, 973 Krankenuntersuchung, chirurgische Iff. - , Prinzipien 3 Krebsregister 162 Krebsrisiko 161 Krebsrisikoerkrankungen (Magen) 452 Krebsverhütung 174 f. Kreislaufstillstand, Symptome 143, 192 Kreislaufstörungen 3, 143 f. Kreuzbandrisse 885 Kreuzsensibilisierung 43 Krukenberg-Tumoren 465 Kryochirurgie 503 Kryptitis 536 Kryptorchismus 784 Kugelkallus 851 Kunststoffverbände 835
Laboruntersuchungen 4, 80, 84 Lachgas 128 f. Lachmann-Test 885, 935 Ladd-Adhäsionen 722 Längen- und Umfangmessungen der Extremitäten 829 Lagerungsfehler 57, 65 Lagerungs- und Korrekturschienen 966 Laktatazidose 139 Laktat-Toleranztest 479 Laminektomie 239 Langerhans-Inseln 611, 692 Langzeit-pH-Metrie 433 Lanz-Punkt 506 Laparoskopie 5 Larrey-Spalte 310 f. Lasegue-Zeichen 236, 955 Laserkoagulation 451 Laterognathie 251 Latexagglutinationstest 585 Latissimus-dorsi-Myokutanlappen 276 Laufgraben 202 Lavage, Bronchial-System 322
Lebendorganspender 179 Leberabszeß 33, 729 , Amöbenabszeß s. Amöbenabszeß pyogener 5 86 f. - , Ätiologie 587 - , Diagnose und Differentialdiagnose 587 - , Keimspektrum 587 - , Komplikationen 587 , - , Letalität 587 perkutane transhepatische Drainage 587 Leber, Echinococcus granulosus (cysticus) 584 - , - , Diagnostik 584 - , - , Komplikationen 585 - , - , Operationsverfahren 585 - , Funktionsszintigraphie mit Hepatobida 581 - , Gefäßvariationen 581 - , Laboruntersuchungen 581 - , Segmenteinteilung 580 - , Verfahren zur Diagnostik 580 Leberdialyse, extrakorporale mit Pavianleber 582 Leberersatz 582f. Leberkarzinom, cholangiozelluläres 590 f. Lebermetastasen, operative Therapie 591 Prognose 591 Leberregeneration 580 Leber-RES-Klärfunktionen 549 Leberresektion 33 - , atypische 581 - , Komplikationen 582 - , typische anatomiegerechte 581 Leberruptur 813 f. - , Diagnose 813 - , Fibrinklebung 813 - , Komplikationen 814 - , Peritoneallavage 813 - , Symptome 813 - , Therapieverfahren 813 Lebersequenzszintigraphie 546 Lebertransplantation 591, 603 - , Komplikationen 185 - , heterotope 185 - , orthotope 184f. - , - , Indikationen 184 - . - . Operationstechnik 185 Lebertumoren 185 - , Adenome 589 - , fokale noduläre Hyperplasie (FNH) 589 - , gutartige 588 ff. - , Hämangiome 589 - , Hemihepatektomie 589 Leberzerfallskoma 582 Leberzellkarzinom 589ff. - , Ätiologie 589 - , Diagnose und Differentialdiagnose 590 - , Hbs-Antigen 589 - , Prognose 590 - , regionale Chemotherapie 590 - , Therapie 590 Leberzirrhose 544 - , Laboruntersuchungen 546 Leberzysten 583 ff. - , kongenitale 583 parasitäre 583 f. - , Zystadenokarzinom 583 - , Zystadenom 583
Sachwortverzeichnis
994 Leichennierentransplantation 179 Leistenhernien, Anatomie 637 Ätiologie 637 - , angeborene 638, 712 f. - , - , direkte 713 - , - , Inkarzeration 713 - , - , Inzidenz 712 Operationstechnik 714 - , - , Reposition en bloc 713 - , - , Symptome 713 - , - , Taxis 713 - beim Säugling und Kind 639 , Diagnose und Differentialdiagnose 638 , Entwicklungsstadien 638 , Operationsverfahren nach Bassini 638 , Operationsverfahren nach Lotheissen 638 , Operationsverfahren nach McVay 638 , postoperative Komplikationen 638 f. , Rezidivhäufigkeit 639 , Subkutanverlagerung des Samenstranges (nach Kirschner) 638 , Symptome 638 Leistenlappen-Plastik 924 Leistungsknick 466 Leitungsanästhesie 132, 903 - nach Oberst 14 Leitungsgefäße 385 Leukotape-Verband 894 Leveen-Shunt s. Ascitesventile Leydigzelltumor 770 Lichtscheu 30 Lig. arteriosum 347 Lig.-carpi-transversum-Spaltung 243 Lig. cooperi 640 Lig. pubicum superius (Cooper) 638 Ligatur V. spermatica 715 Lingualisanästhesie 266 Links-Rechts-Shunt 346 Linton-Nachlas-Sonde 548 Lipas 614 Lipödem 422 Lipome 273, 652 Lipostabil 849 Lippenkarzinom 272 Lippen-Kiefer-Gaumenspalte 249, 250f. Lippenplastik 251 f. Lippenspalte 250 Liquordrainage 221 Liquor-Drainage-Ventile 228 f. Liquorfistel 218 f. Liquorwege, Blockade 209 - , Verschlüsse 207 Litholapaxie 749, 780 Lithotrypsie, instumentelle 749 Littre-Hernie 485, 635, 713 Lobektomie 324 Lokalanästhesie 26, 13Iff. Lokalanästhetika - , Amidtyp 132 - , Überdosierung 132 Estertyp 132 Loslaßschmerz 574 Low-dose-Heparin 87, 120 Luftembolie 118 f.
Luftströmungstechniken 37 Lugolsche-Lösung 663 Lumbago 233 Lumbalhernien 643 Lumbalpunktion 210, 215, 865 Lunatummalazie 908 f. - , Denervation nachWilhelm 909 - , Diagnose 909 - , Einteilung nach D e c o u l x I - I V 909 - , Pathogenese 908 - , Therapie (nach Decoulx-Stadien) 909 Lunge, Anatomie 319 - , gutartige Tumoren 336 - , Funktionen 320 Lungenabszeß 326f. Pathogenese 326f. - , Therapie 328 Lungenarterienembolie 115 ff., 379f., 418f.. Diagnostik 117, 380 - , Einteilung 115f.. Häufigkeit 114 - , konservative Therapie 117 - , Lysetherapie 117, 380 - , Operationsindikation 380 - , operative Therapie 117 - , Pathophysiologie 116 - , rezidiverende 117 - , Symptome 116, 379 Lungenchirurgie, operative Zugangswege 322 f. - , Untersuchungsverfahren 322 Lungendysplasie 705 Lungenfunktion 82 Lungengangrän 328 Lungenhernie 308 Lungenkontusion, einfache 805 - , schwere 806 - , - , Therapie 806 Lungenparenchymzerreißungen 806 Lungenresektion, atypische 324 Lungensarkom 336f. Lungensequestration 324, 705 Lungentransplantation 186 Lungentuberkulose, Operationsindikationen 329 - , Operationsverfahren 329 Lungenzysten 325, 705 L-Thyroxin 659, 661 Luxatio acromioclavicularis 851 f. - , Operationsverfahren 852 - , Schweregrade nach Tossy 851 - , Therapie 852 Luxatio iliaca 874 - ischiadica 874 - obturatoria 875 - p e d i s cum talo (eingelenkig) 898 subtalo (zweigelenkig) 898 - pubica 875 - sternoclavicularis 851 - , Zuggurtung 851 Luxationen 831 f. - , Chopart-Gelenk 898 - , Lisfranc-Gelenk 898 - , Radioulnargelenk 861 f. Luxationsfrakturen 831 - , BWS und LWS 871 - , HWS 870 - , De Quervain 915 Lymphadenitis 288
- , Differentialdiagnose 288 Lymphangiome 284f., 652 Lymphangiosis carcinomatosa 166 Lymphangiosarkom 422 Lymphangitis 25 Lymphdrainage 202 Lymphknotenexstirpation (Hals) 289f. Lymphgefäßverletzungen 824 Lymphfisteln 290f., 419 Lymphödem 824 - , Epidemiologie 421 - , konservative Therapie 422 - , Operationsverfahren 423 - , sekundäres 422 Lymphographie 422 Lymphome 341 Lymphknotensarkom 289 Lymphsystem, Tumoren 289 Lysetherapie 62 Lysinchlorid 74 Lyssa s. Tollwut Lyssa-Visus 32
Μ Mädchenfänger-Extension 834, 860 Magen, Anatomie 446 f. - , Fremdkörper 475 - , Innervation 446 - , Lymphgefäßsystem 446 - , sekretorische Funktionen 448 Magenausgangsstenose 611 Magenchirurgie, Duodenalstumpfinsuffizienz 472 - , Nahtinsuffizienz 472 - , postoperative Komplikationen 471 ff. Magen-Darm-Naht 63 Magen-Duodenalverletzung 817f. Magen-Duodenum-Blutungen 555ff. , akute Schleimhautläsionen 556 , , Diagnostik 556 , — , Therapie 556 , Divertikel 557 , Ursachen 555 Magenerkrankungen, Anamnese 449 - , Diagnoseverfahren 449 ff. Magenfrühkarzinom 468 - , Diagnostik 449 - , Einteilung 465 - , 5-Jahres-Überlebenszeit 471 Magenkarzinom, Ätiologie 463 - , Ausbreitung 463 f. - , Behandlungsergebnisse 470 f. - , Diagnostik 466 f. - , - , Endoskopie 467 - , - , röntgenologische 466f. - , 5-Jahre-Überlebenszeit 471 - , Epidemiologie 462 f. - , histologische Einteilung (WHO) 463 - , Kardiaresektion 468 - , Klassifikation nach Lauren 463f., 467 - , Makrokarzinom 465 - , Metastasierungswege 464 - , Nachsorgeuntersuchungen 471 - , operative Therapie, Kontraindikationen 467 - , - , - , Verfahrenswahl 468f. - , Operationsletalität 470f. - , Operationsverfahren 467ff.
Sachwortverzeichnis , palliative Resektion 467 nicht resezierende Verfahren 468f. - , Ernährungsfistel nach Witzel 468f. , Ösophagustubus 465 , Umgehungsanastomosen 469 Peritonealkarzinose 463, 467 Radikaloperationen 468 f. Resektionsquote 470 subtotale distale Resektion 468 Symptomatik 466 TNM-Stadien (UICC) 466 f. Wachstumsformen nach Borrmann 464 Magenkontrastdarstellung 449 Magenresektion, Billroth I 459 - , Billroth II 460 - , Billroth I mit Jejunuminterposition 461 - , kombinierte Operation 460 Magenresektion, Ziele 459, 556 Magenresektionsanalysen 449 f., 696 Magensaftstimulation - , extragastrale Faktoren 449 Magenstumpfkarzinom 461, 473 f. Magenverätzungen 475 f. Magenvolvulus 475 Magnetresonanztomographie 210, 212 Makroglobulinämie Waldenstrom 289 Malabsorptionssyndrom 485 Malassimilation 477, 478 ff., 487 Malgaigne-Frakturen 873 Malleolarfrakturen s. OSG-Luxationsfrakturen Mallet-Finger (Hammerfinger) 913 Mallory-Weiss-Syndrom 555, 556f. Malrotation 721 f. Manometrie, Ösophagus 430 Manschettenresektion (Lunge) 335 Mantelpneumothorax 804 Mamma aberrans 294 - , Abszeß 295 - , Anatomie 293 - , Aplasie 294 - , Epithelproliferation, atypische 296 - , Fehlbildungen 294 - , Fibroadenome 295 - , Lymphabflußwege 293 f. - , Papillome 296 - , Präkanzerösen 296f. - , Reduktionsplastik 925 - , solides 297 - , Zysten 295 Mamma-Augmentationsplastik 925 Mammahyperplasie 925 Mammahypertrophie 294 Mammakarzinom, Adenoid - zystisches 298 - , adjuvante Therapie 303f. Ätiologie 297 - , Diagnose 299 fif - , endokrine Therapie 304 f. - , Epidemiologie 297 - , Fernmetastasen 303 - , Gewebeentnahme 301 - , - , Schnittführungen 301 - , hämatogene Metastasen 299 - , histologische Einteilung 297f. - , inflammatives 298 - , Kombinationstherapie 305 - , lobuläres 298 - , Lokalrezidiv 299, 305
995 - , Lymphknotenmetastasen 298 f., 304 - beim Mann 305 f. , medulläres 298 Multizentrizität 299 muzinöses 298 Operationsverfahren 302 , Mastektomie, einfache und erweiterte 302 , - , radikale 303 , - , - , subkutane 294, 302 -, Quadrantenresektion (Tylektomie) 302 , - , Tumorexstirpation 302 Palpation 300 prognostische Faktoren 303 Risikogruppen 297, 304 Selbstuntersuchung 300 Sonographie 300 Stadieneinteilung 298f. Strahlentherapie 304 Mammazysten 300 Mammographie 169, 300 Mapping-Untersuchung 375 Marfan-Syndrom 386, 941 Marion's disease 789 Marisken 534, 535 Marknagelung 837, 848, 881 Markzystenstein 778 Marschfrakturen 830, 898 Maschinelle Blutsperre nach Rienecker o. Kievelitz 553 Maschinengeräusch 348, 388 Masernappendizitis 734 Massenprolaps 234, 237 Mastitis, akute 294 Mastopathia fibrosa cystica 295 f. Mastopathie, Schweregrade 296f. Mastoptose 294 Masturbationsverletzungen 783 Maximale stimulierte Sekretion (MAO) 450 Maydl-Hernie 635 McBurney-Punkt 506 McGinn-White-Syndrom 117 McMurray-Zeichen 887 McQuarrie-Syndrom 692 Meatotomie 789 Meatusstenose 753, 789 MEA Typ I, II 673 Mebendazol 33, 586 Meckel-Divertikel 484ff., 612 Mediastinalemphysem 436, 806f. Mediastinalflattern 804 Mediastinaltumoren 339ff. - , Arten 340f. Medistinalverdrängung 311 Mediastinitis, akute 338f. - , chronische 338 Mediastinoskopie 5, 322, 334, 337 Mediastinotomie 338, 807 Mediastinum, pathologische Lageveränderungen 337 - , Topographie 336f. - , Untersuchungsverfahren 337 - , Verletzungen 337 Medikamentenulkus 454 Medulla-oblongata-Einklemmung 209 Medulloblastom 206 Megaureter 736, 788 Meige-Syndrom 421 Meißelfrakturen 858, 894
Mekoniumileus 721 Mekoniumperitonitis 721, 730 - , Einteilung 731 - , Therapie 732 Melaena 3, 543 Melanome im Gesicht 274 Membranoxygenator 344 Menard-Shenton-Linie 936 Meningealsarkom 206 Meningeome 206 f. Meningitis 219, 262 Meningomyelozele 963 f. - , Operationsverfahren 963 Meningozele, okzipitale 225 - , spinale 225 f. Meniskusverletzungen 887f. - , Formen 887 - , Manschettenextension 887 - , Meniskektomie 888 - , Ursachen 887 Meniskuszeichen 887f. Meralgia paraesthetica 243 Merseburger Trias 662 Mesenchymale Geschwülste s. Sarkome Mesenterialinfarkt 406 non-okklusiver 486, 516f. Mesenterikographie 478 Mesenteriko-kavale Anastomose nach Drapanas 550, 551 f. Mesenterialtumoren 631 f. Mesenterialverletzung 814 f. Mesenterialzysten 631 Mesh-Graft 158, 395, 922 Mesothelzysten 340 Metabolismus 67 Metallentfernung 836, 974 Metastasen-Chirurgie 172 Metastasenorte 166 Metastasierung 165 ff. - , hämatogene 165ff.. - , kanalikuläre 165, 167 - , Lungentyp 166f. - , lymphogene 165f. - , Pfortader-Typ 166f. - , Vena-cava-Typ 166 f. - , vertebraler-Typ 166 f. Methämalbumin 614 Methysergid 484, 630 Metronidazol 30, 54, 588 Metyrapon-Test 688 Mikroangiopathie, diabetische 386 Mikroembolie 399f. Mikrogenie 251 Mikrognathie 251 Mikromastie 294 Mikrovaskuläre Anastomosentechnik 918 Mikroverkalkungen 300 f. Mikrozirkulationsstörung 96, 849 Miktion, stotternde 739 Miktionsstörungen 3, 738f. Miktionszysturethrogramm 748, 788 Milchgangskarzinom 298 Milchgangspapillom 295 Miller-Abbot-Sonde 528 Milz, Aufgaben 623 f. - , Autotransplantation 625, 628 Milzbrand 28 Milzruptur 808, 812 f. - , Diagnostik 624, 813
996 -, -, -, -,
einzeitige 624 iatrogene 624 Organerhaltung 813 Splenektomie 813 Symptome 624, 812 - , zweizeitige 624, 812 Milzszintigraphie 627 Milztumoren, primäre 626 Milzvenenthrombose 544, 550 Minderung der Erwerbsfähigkeit M D E 975 Minimale alveoläre Konzentration (MAC) 128
Mirizzi-Syndrom 604 Mischinfektionen 23, 30, 32, 34 Mischgeschwülste 164 Miserere 2 Mißbildungen, Gesicht, Mundhöhle, Kiefer 249ff. - , Prognose 254 - , Therapie 251 Mitralinsuffizienz, Operationsverfahren 367 - , Pathophysiologic 365 f. Mitralstenose, Klappenersatz 367 - , Operationsindikationen 367 - , Operationsverfahren 367 - , Pathophysiologic 365f. Mittelfußfrakturen 898 Mittelgesichtsfrakturen 257 Mittelhirneinklemmung 208f., 215, 220, 222 Mittellappensyndrom 325f. Mittelstrahlurin 740 Mobbin-Uddin-Schirm 177 Moebius-Zeichen 662 Mönckeberg-Mediaverkalkung 385 Monokelhämatom 219 Monteggia-Luxationsfraktur 862 f. Morbus Addison 679 - Basedow 662 f. — , Ätiologie 662 — , Symptome 662 - Bechterew 958 f. — , Frühsynovektomie 959 — , Kolumnotomie 959 - Bowen 541 - Calve (Vertebra plena) 948 f. - Crohn 538, 592, 631 - - , Ätiologie 479, 514 — , anorektale Komplikationen 479ff. - - , Diagnostik 480, 515 , Epidemiologie 479, 515 Fistelbildungen 480 — , Karzinomrisiko 480 - - , Kolonbefall 514f. , Komplikationen 479, 515 , Pathogenese 514 — , pathologische Anatomie 479 — , Rezidiv 515 - - , Therapie 481, 515 — , Crouzon 227 - - , Cushing 698 — , Hirschsprung 719f. — , - , Therapie 720f. - - , Kienböck 948 — , Köhler I (Os naviculare pedis) 948 f. - - , Köhler II (OS metatarsale II) 948f. — , Legg-Calve-Perthes 946 - - , Mondor 309 , Ormond 751
Sachwortverzeichnis - - , Osgood-Schlatter 947 f. Osler 555f. - - , Paget 298f.., 541 - - , Panner 948 - - , Raynaud 386, 404 — , von Recklinghausen 340 — , Scheuermann 944 — , Sinding-Larsen-Johansson 948 — , Winiwarter-Buerger 386, 407 Morgagni-Spalte 310 Morphium 135 Motorische Ersatzoperationen bei Medianuslähmung 917 Radialislähmung 917 Ulnarislähmung 917 Mukoproktektomie nach Devine 497 Mukosaschutzfaktor 448 Mukoviszidose 721 Mukozele 508 Multiple endokrine Adenomatöse ( = MEA) 682 f. Multiple Sklerose 231 Mumifikation 154, 407 Mundhöhlenkarzinom 271 - , chirurgische Therapie 273 - , Lymphknotenmetastasierung 272 - , zytostatische Therapie 273 Mund-zu-Mund-Beatmung 144 f., 190 f. Mund-zu-Nase-Beatmung 144 f., 190 f. Murphy-Zeichen 594 Musculus detrusor 737 - puborectalis 530 - sphincter ani externus et internus 530 Muskelrelaxanzien 129, 131 f. Muskelstarre 31 Muskelverletzungen 832 Mutismus, akinetischer 247 Muttermäler 274 Myasthenia gravis 340 Mycobacterium tuberculosis 31 Myelomeningozele 225 f. Myelographie 237, 865 Mykosen, Lunge 3 30 f. Mykostatika 330 Myocholine 773 Myokardinfarkt 371 Myokardprotektion 345 f. Myokardszintigramm 371 Myositis ossificans 972 Myotomie, Ösophagussphinkter 435f. Myxödem 665 f. Myxom 378
Ν Nabelhernie 640 f., 709 Nabelschnurbruch 641, 709, s. auch Omphalozele Nähapparate (Stapler) 64 Naevi flammei 274 Nahlappenplastiken 276 Naht nach Allgöwer 63 Donati 63 - - Halsted 63 Nahtmaterial 58 - , Anwendungsgebiete 59 - , Reißfestigkeit 58 Nahttechniken 63 Narbenhernie 643
Narkoseapparat 125 Nasenkorrektur 276 f. Naßkeime 39 Natriumbikarbonat 74, 147 Natriumnitroprussid 682 Neoarthrosenbildung 271 Nebenlunge 325 Nebenniere, Anatomie 679 - , Metastasen 690 - , Phlebographie 685 Nebennierenmark (NNM), Physiologie 679 - , Tumoren, maligne 683 Nebennierenrinde, Karzinom 689 - , Physiologie 683 - , Tumoren 690 - , Zona fasciculata 684 - , Zona glomerulosa 684 - , Zona Reticularis 684 Nebenschilddrüsen (NSD) 672 ff. - , Adenom 673, 677 - , Anatomie 672 - , Physiologie 672 - , 4-Drüsen-Hyperplasie 673 - , Autotransplantation 677 f. Karzinom 675 Neck dissection 657 Negri - Einschlußkörperchen 32 Nekrose, aseptische n. Haglund - Sever 948 - , käsige 31 Nekrospermie 786 Nekrotisierende Enterokolotis (NEG) 733 Nekrotomie 154, 156 Nelson - Tumor 689 Nephrektomie 153 f., 158 f. - , Indikationen u. Kontraindikationen 746 Nephritis, eitrige, ascendierende 756 — , hämatogen-metastatische 756 — , Therapie 756 Nephrolithotomie 780 Nephropexie 750 Nephroptose ( = Senkniere) 750 f. Nephrotoxizität 43 Nephroureterektomie 746, 767 Nervennaht 242 - , interfaszikuläre 259 - , Prognose 917 - , Techniken 916 Nervenstimulationsmethoden 245 Nerventransplantation 242, 916 Nervenverletzungen (Hand) 915 f. Einteilung n. Seddon 915 N. facialis, Parese 269 — , Verletzung 259 - hypoglossus, Schädigung 402 - recurrens 655 - trigeminus, Neurinome 210 Neurapraxie 915 Neurinome 206, 244 Neuroendokrines System 679 Neurofibromatose v. Recklinghausen 244, 340, 649 Neuroleptanalgesie 130f. Neurolyse 243, 908 Neurombildung 242 Neurom- und Stumpfschmerz 245 Neurotmesis 916 Nicht-ossifizierendes Fibrom 971 Nicoladoni-Braham-Test 414 Nierenanomalien 749 ff., 751
Sachwortverzeichnis Nierenaplasie 749 Nierenarterienstenose (NAS) 406 ff. - , Angioplastie 406 - , Diagnostik 406 - , fibromuskuläre 406 Operationsindikation 406 - , Operationsverfahren 406 Nierenarteriographie, selektive 766 Nierenbeckenlavage 767 Plastik 747 - , Punktion, transkutane 744 Tumoren 766f. Nierendekapsulation 755 Nierenflstelkatheter 747 Nierenfunktionsparameter 742 Nierenfunktionsstörung 86 Nierenfunktionsuntersuchungen 742 Nieren-Harnleiterkolik 739 Nerenhypoplasie 749 Niereninsuffizienz 55, 77, 735f. Nierenkarzinom 764 ff. - , Ätiologie 765 - , Diagnose u. Differentialdiagnose 765f. - , Epidemiologie 764 - , Prognose 766 Therapie 766 - , TNM-System 764 Nierenschmerzen 739f. Nierensequenzszintigraphie 406 Nierensteine 777 f. - , Diagnose u. Differentialdiagnose 778 Nierenteilresektion 747 Nierentransplantation 735, 750 - , Abstoßungsreaktionen 182 f. chirurgische Technik 181 Ergebnisse 184f. Indikationen 181 - , Komplikationen 182, 184 - , Kontraindikationen 181 - , Rejektionstypen 182f. Nierenversagen, akutes 735 - , chronisches 735 - , terminales 735 Nierenzysten 750 Ninhydrintest 242, 903 Nitrosamine 163, 439, Nonne-Milroy-Syndrom 421 Nonrotation 722 Noradrenalin 679, 681 Not-Embolektomie 380 Notfälle, arterielle Blutungen 195 - , venöse Blutungen 195 Notfall, Bewußtlosigkeit 189f. - , Definition 189 - , Herz- und Kreislaufstillstand 191 Notfallendoskopie 567 Notoperation 103 No-touch-isolation-technique n. Turnbull 496, 502 Not-Shunt, portosystemischer 549 NUCK-Zyste 713 Nuklearmed. Untersuchungen 5 Nucleus pulposus 236 NYHA (New York Heart Association) Schweregradeinteilung 343 f. Nykturie 738, 772
997 Ο Oberflächenanästhesie 132 Oberkieferrüttelung 257 f. Oberst-Leitungsanästhesie 134 Obstipation 2 Obstruktionsileus 732 Ochsenmagen 457 Odontogene Entzündungen 251 f. Odontom 274 f. Ösophagitis corrosiva 437 Ösophago-Fundostomie 430 Ösophagoskopie 5, 427 f., 430, 441 Ösophago-tracheale Fistel 702, 807 Ösophagus 425 ff. - , Anatomie 425 - , Lymphgefäßsystem 425 - , Röntgenuntersuchung 427 Ösophagusatresie 701 ff.
Ösophagusverletzung 807 Östrogentherapie 304 Ohranlegeplastik 277 Ohr-Halsfisteln 284 Okklusionsileus s. Ileus Okklusionsileus 717 - , Darmatresie (Neugeborenes) 718 - , Ursachen 718 Oktapressin-Therapie 556, 558 Olekranonfrakturen 857f. Olfaktoriusmeningeom 209 Oligodendrogliom 205 f. Omento-porto-Duodenostomie 728 Omentum-Transposition 395, 423 Omphalozele 641 - , Inzidenz 709 - , Letalität 710 - , Operationsverfahren 710 - , pränatale Diagnostik 710 Onkologie, chirurgische 161 ff. Onkosphäre 33 Onkozytäres Adenom 668 Operabilität 102 Operation 5 7 ff. - , alternative Verfahren 104 - , aseptische 35 Dauer 57, 79 - , Einwilligung des Patienten 99 - , Fehler 65
Bougierungsbehandlung nach Rehbein 703 - , Einteilung nach Vogt 701 - , OP-Letalität 703 - , OP-Verfahren 702 f. Ösophagusbougierung 438 Ösophagusdivertikel 434 ff. - , Diagnostik 435 - , Lokalisation 434f. Ösophagusendoprothese 444 Ösophaguserkrankungen - , Leitsymptome 426 Ösophagusersatz 443 f. Ösophaguskarzinom 439 ff. - , Ätiologie 439 - , Diagnostik 441 - , Epidemiologie 439 - , Lokalisation 440 - , Metastasierung 439f. - , Operationsergebnisse 444 - , Operationsindikation 442 - , Palliativoperationen 444 - , Strahlentherapie 445 - , zytostatische Therapie 445 Ösophagusperforation 436 ff. Ösophagusperforation, instrumentelle 436 Ösophagus-pH-Metrie 427 Ösophagusresektion 443 f.
- , Indikationen 79, 99ff. diagnostische 103 - , - , forensische 103 - , - , prophylaktische 103 - , - , Rechtssituation 99 - , - , Schwangerschaft 101 - , Infektionsgefahr 57 - , Infektionsprophylaxe 81 - , Infektionsrisiko 35 - , Instrumentarium 58 - , Komplikationen 64f. - , Kontraindikationen 104 - , mikrochirurgische 58 Nachbehandlung 104 - , Pathophysiologie 67ff. - , Patientenlagerung 57 - , Prognose 103 - , Rechtssituation 102
stumpfe Dissektion 443 Ösophagusspasmus, idiopathischer 430 f. Ösophagussphinkter 425, 435 Ösophagus-Spontanruptur (Boerhaave-Syndrom) 437f. Ösophagusstenose, angeborene 703 f. Ösophagusstriktur 432, 438, 704 Ösophagustumoren, bösartige s. Ösophaguskarzinom - , gutartige 439 Ösophagus- und Magendevaskularisation nach Sugiura-Futigawa 533 Ösophagusvarizenblutung, Ballontamponade 548 - , Behandlungsstrategie 553 f. - , endoskopische Sklerosierung 548 - , Laser-Koagulation 548 Ösophagusvarizen, Röntgen-Diagnostik 547 - , transhepatische angiographische Okklusion 548 Ösophagusverätzung 437 f. - , Gradeinteilung 438
Risikoabschätzung 79f. Schnittführungen 62 Toleranz 100 Vorbereitung des Patienten 57 Zeitpunkt 103 Ziele 102 f. Operationsmaßnahmen, Hygienemaßnahmen 57 Operationsfeld, Abdeckung 57 Desinfektion 57 Operationsindikation s. Operation Operationskleidung 40 Operationsletalität 174 Operationssaal, Endreinigung 40 Operationsschleuse 40 Operationsvorbereitung 80 ff., 124 - bei Anämie 124 Lebererkrankungen 124 - - Notfällen 84, 124 - , Herz-Kreislauf-Erkrankungen 81 - , neurologische Störungen 83 - , Nierenerkrankungen 83 -, -, -, -,
Sachwortverzeichnis
998 - , respiratorisches System 82 Stoffwechselstörungen 83f. Operative Grundtechniken 61 f. Ophthalmopathie, endokrine 661 Opiate 135 Opisthotonus 30 Opponensplastik 917, 922 OPSI-Syndrom (over whelming postsplenectomy infection) 568, 628 Opsonine 623 Orchidofunikulyse 792 Orchidopexie 792, 799 Orchiektomie 305 Orchitis 760f. Organentnahme, gesetzliche Regelung 179 Kriterien 180 Technik 180f. Organifikation 656 Organkonservierung 180 f. Organspender 179f. Organtransplantation 177 ff. - , historisches 177 - , immunologische Grundlagen 177 f. Organtransport 180 Ormond-Krankheit s. Retroperitoneale Fibrose Orthopädische Untersuchungstechniken 933 f. - , Arthrographie 935 Arthroskopie 935 Bewegungsprüfungen 933 - , Funktionsprüfungen 933 - , Gelenke 934ff. - , Röntgenverfahren 935 Orthopantomographie 257 Orthosen, myoelektrische 965 f. OSG (= oberes Sprunggelenk), Bandverletzungen 893 Formen 893 - , - , Therapie 894 - , Luxationsfrakturen 894f. - , - , Diagnose 895 - , - , Einteilung nach Weber 894f. - , - , Gipsbehandlung 895 - , - , Operationsindikationen 895 - , - , Operationstaktik 895 - , - , Ursachen und Häufigkeit 894 Osmolalität 75 f. Osmolarität 75 Osmotischer Druck 75 Osteitis, posttraumatische 841 f. - , Erreger 841 - , Therapie 842 Osteoarthropathie 334 Osteochondrom 969 Osteochondrose 955 Tuberositas tibiae 947 f. Osteochondrosis ischiopubicae (van Neck) 948 Osteochondrosis dessecans 893, 948f. Osteoidosteom 968 Osteopathie 674 Osteoporose 830 Osteosarkom 969 f. Osteosynthese 61 - , Belastbarkeit 837 Ostitis fibrosa cystica generalisata (Morbus v. Recklinghausen) 673 Ostium atrioventricularis communis 355
Oszillographie 390 Ovariektomie 304 Ovarien-vein-syndrome 751 Ovulationshemmer 420 Outlet Chamber 363 Oxygenator 344
Pacchioni-Granulationen 207 Pacemaker s. Schrittmacher Pachymeningiosis haemorrhagica interna 224 Pachymeningitis 327 Paget-von-Schroetter-Syndrom 404, 420 Palliativoperationen bei Tumoren 172 Palma-Operation 420 Panaritium 26, 27ff. - articulare 27, 920 - cutaneum 27, 919 - ossale 27, 920 - subcutaneum 920 - tendinosum 27, 920 - , - , Spülbehandlung 920 - - , V-Phlegmone 920 Pancoast-Tumor 287, 334 Pancreas aberrans 612 - annulare 611, 721 Pancuronium 131 Panhypopituitarismus 785 Pankreas, Anatomie 610 - , Enzymsynthese 611 - , Fehlbildungen 611 f. Pankreasabszeß 616 Pankreasfibrose 721 Pankreasfisteln 615 Pankreasgangsteine 616 Pankreasinseltransplantation 692 Pankreaskarziom 620 ff. - , Diagnostik 621 - , palliative Operationen 621 - , periampulläres 621 - , Prognose 622 - , resezierende Operationen 621 Pankreaskopfsarkom 730 Pankreasödem 614 Pankreaspseudozysten 615 f. - , äußere und innere Drainage 620 - , Diagnostik 619 - , Komplikationen 619 - , Operationsverfahren 620 - , Topographie 619 Pankreaspseudozysten, transkutane Punktion, ultraschallgesteuert 619 - , Ursachen 618 Pankreasresektion 613 Pankreasruptur 613 Pankreastransplantation, homolge 692 - , segmentale 186 Operationstechnik 186 Pankreastumoren 620 ff. - , bösartige s. Pankreaskarziom - , gutartige 620 Pankreasverletzungen 612 f., 816 f. - , Diagnose 613, 816 - , Komplikationen 816 Schweregrade 612 - , Therapie 613 f. Pankreaszysten, echte 618
Pankreatektomie 692 Pankreatiko-Jejunostomie, nach du Val 617 Puestow-Mercadier I und II 617 Pankreatitis 565 akute 613 ff. - , Diagnostik 614 f. - , Formen 614 - , Komplikationen 615 - , Labordiagnostik 614 -, operative Therapie 615 f. , - , Pathogenese 614 , Röntgen-Diagnostik 614 , - , Sequestrektomie 615 chronische 616ff., 692 -, Ätiologie 616 -, Diagnostik 616f. direkte und indirekte Operations-Verfahren 617f. -, Klassifikation von Marseille 616 , - , Komplikationen 616f. , - , OP-Indikationen 617 hämorrhagisch-nekrotisierende 612, 614 Pankreozymintest 616 Papillenkarzinom 621 Papillenplastik 603 Papillenspasmus 600 Papillenstein 596 Papillenstenose 603 f. - , primäre und sekundäre 536, 603 Papillitis necroticans 755 - stenosans s. Papillenstenose Papillome 163 Papillotomie 603, 605f., 617 Paraartikuläre Ossifikation 972 Paradoxe Atmung 802 - Diarrhoen 489 Paraganglions 680 Paraneoplastische Syndrome 334, 418 Paraphimose 753, 800 Paraplegie 240 Parasympathikomimetika 95 Paradentinosen 932 Parathormon 672 Parathormonbestimmung 676 Parathormonmangel 675 Parathyreotoxische Krise 674 f. Parenterale Ernährung 88ff., 90f. Parierfraktur 858 Parkinson-Syndrom 246 Paronychie 27, 919 Parotidektomie 268 f. Parotisabszeß 264 f. Parotitis 268 Paroxysmale Hypertonie 681 Partialinsuffizienz 321 Patch-Plastik, A. carotis 402 Patellafraktur 888f. - , Formen 889 - , Zuggurtungsosteosynthese 889 Patellaluxation 8 8 f. - , Begleitverletzungen 888 Patellaluxation, habituelle 950 Pathogenität 19 Pathosklerose 385 Patientenaufklärung 1, 79, 99f. Pavlik-Bandage 937 Payr-Zeichen 114, 887 PcP (= primär chronische Polyarthritis) auslösende Faktoren und Verlauf 957f.
999
Sachwortverzeichnis - , Operationsindikationen 957 - , Operationsverfahren 957 f. Peau d'orange 2 9 9 Pectus carinatum 308 - excavatum 307 P E E P - B e a t m u n g bei Lungenkontusion 806 Peitschenschlagverletzung (Whiplash-injury) 869 Pektenband 536 Pelotte 635 Pelvirektale Fisteln 5 3 9 f . — , operative Therapie 5 3 9 Penicilline 4 6 ff. Nebenwirkungen 47 f. penicillinasefeste 47 Pharmakokinetik 48 Wirkspektrum 47 Penicillin-bindende Proteine (PBP) 46 Penicillintherapie 2 9 ff. Penisamputation 770 Penisfraktur 783 Peniskarzinom 7 6 9 f. Präkanzerosen 7 6 9 Penisluxataion 783 Penisprothese 788 Penoskrotale Stenose 753 Pentagastrintest 4 5 0 Pentazocin 135 Perforansvenen, insuffiziente 417 Perianale Thrombose 533 f. Periarteriitis nodosa 4 0 4 f. Periarthropathia humero-scapularis 931 Pericarditis constrictiva 378 Pericholezystitis 594 Periduralanästhesie 133 f. Perikardektomie 3 7 9 Perikardtumoren 378 Perikardzölomzysten 3 4 0 Perilunäre Luxation 915 Peritonealdialyse 735 Peritoneallavage 567, 575, 613, 6 2 4 - , T e c h n i k 811 f. Peritonitis 571 ff. Ätiologie 572 f. bakterielle 7 3 2 f . Diagnostik 5 4 7 f . - , Einteilung 573 Leitsymptome 5 7 3 - , Letalität 577 operative Therapie 5 7 6 f . Pathophysiologic 571 - , perioperative M a ß n a h m e n 576 - , Therapie 5 7 5 f f . - , beim Kind 730ff., 733 Peritonitiskrankheit 571 - beim Neugeborenen und Säugling 7 3 0 ff. Peritonitisstuhl 732 Perizystektomie 33, 585 Perl-Gerät 2 3 8 Permeabilitätsstörungen 138 Peronealsehnenluxation, habituelle 9 5 0 Persistierender Ductus arteriosus Botalli (PDA) 347 f., 3 5 0 , Operationsverfahren 348 Perthes-Erkrankung 946 f. - , Umstellungsosteotomie 9 4 6 Perthes-Syndrom 802 Perthes-Test 4 1 6 Pertrochantäre Frakturen 8 80 f.
Pes adductus 9 3 9 Pes cavus 9 6 0 Pes equinovarus adductus excavatus (Klumpfuß) 9 3 9 Pes excavatus 9 3 9 Pes planus congenitus 9 3 9 Pes transverso planus 9 6 0 Pethidin 135 Peutz-Jeghers-Syndrom 4 8 4 , 4 9 6 Pfeiffer-Drüsenfieber 288 Pflastersteinrelief 4 8 1 , 515 Pfotchenstellung 673 Pfortaderchirurgie, Behandlungsziele 5 4 9 Pfortaderhochdruck s. portale Hypertension Pfortaderthrombose 544 Phäochromozytom 6 8 0 f . - , Autotransplantation 682 - , Diagnostik 6 8 1 - , hypertone Krise 6 8 0 - , Lokalisationsdiagnostik 6 8 1 - , malignes 682 - , operative Therapie 682 f. - , Prognose 682 - , Provokationstests 6 8 1 Phagozytose 20, 623 Phalen-Test 908 Phantomschmerzen 235 Pharyngoplastik 2 5 2 Phenole 38 Phimose 7 5 3 , 791 Phlebographie 115, 119, 4 1 6 , 4 1 8 Phlegmasia alba 4 1 8 - coerulea dolens 115, 3 9 9 , 4 1 8 Phlegmone 28, 2 9 1 Physikalische Medizin 199 ff. - , Atemtherapie 199 - , Inhalationstherapie 199 f. Physiosklerose 385 Physiotherapie 83 Pigmentsteine 592 Pilon tibial 892 Pinselarterien 623 Pirie-Syndrom 726 Piritramid 135 Pivot-shift 886 Plättchenfaktor 108 Plagiozephalus 2 2 7 Planum-Einteilung 127 f. Plasmaersatzflüssigkeiten 90 f. Plasma-Kortisol-Spiegel 687 Plasmaphorese 665 Plasmapräparate 91 Plasminogenaktivatoren 110 Plasmozytom 310, 9 7 0 f . Plattenatelektase 614 Plattenosteosynthese 837ff., 848 Plattfuß, erworbener 960 Platzbauch 13 Pleuraempyem 312, 318f., 327 - , Saugdrainage 318 - , Thoraxfensterung 318 - , Ursachen 318 Pleuraerguß 6 1 4 Pleuramesotheliom 318 f. - , operative Therapie 3 1 9 - , Radio-Gold-Instillation 319 Pleurapunktion 61, 316, 318 Pleuraschwarte 308, 317 Pleuritis carcinomatosa 3 1 9
Pleurodese 314 Pleuropneumonektomie 319 Plexusanästhesie 133f., 903 Plummerung 6 6 3 Pneumatozele 308 Pneumatozephalus 2 1 9 Pneumaturie 5 1 1 Pneumenzephalopathie 2 1 0 , 212 Pneumokokkenperitonitis 573 Pneumokokkensepsis 628 - nach Splenektomie 624 Pneumonektomie 324 Pneumonie, chronische 325 Pneumorax-Impfung 628 Pneumothorax 5, 194, 2 9 1 , 313ff., 8 0 3 f . - , Diagnose 314 - , Einteilung 313, 803 - , geschlossener 804 - , idiopathischer ( = spontaner) 3 1 4 f . - , ofTener 804 - , Pathophysiologic 314 f. - , Saugdrainage 804 Pneumaturie 7 3 9 Podophyllin-Pinselung 5 4 0 Poliomyelitis anterior acuta s. Kinderlähmung Pollakisurie 738, 772 Polyarthrose nach Heberden-Bouchard 954 Polydaktylie 921 f. Polymastie 294 Polypen, hyperplasiogene 462 f. Polypenregel nach Hermanek 4 9 6 Polyposis coli, familiäre 497 f. - , Krebsrisiko 497 Polythelie 2 9 4 Polytrauma, Behandlungsgrundsätze 9 2 7 f . - , Behandlungsphasen 927f. - , Definition 927 - , Letalität 927 - , Verletzungskombinationen 927 - , Versorgung der Vitalfunktionen 927 Polyurie 738 Polyvidonjod 21, 28, 38, 43 Porphyrie 715 Portacat 591 Portale Hypertension 33, 6 1 5 f . — , Diagnostik 5 4 6 — , drucksenkende Operationen 549ff. — , Enzephalopathie 545 — , intrahepatischer Block 5 4 4 f . — , Kollateralkreislauf 546 — , Komplikationen 545 — , Leberdurchblutung 545 , Pathyphysiologie 545 — , pharmakologische Drucksenkung 548 , posthepatischer Block (Budd-ChiariSyndrom) 545 — , prähepatischer Block 544 — , Volumenhochdruck 544 f. — , Widerstandshochdruck 544 Portocavale Anastomose 5 4 9 f. — , mit druck- und flowadaptierter Arterialisation 5 5 0 Portosystemische Shuntoperation, Indikationen 5 4 9 - , Nachsorge 553 f. Postaggressionssyndrom 67 f. - , Phaseneinteilung 6 7 f . - , Wasser-Natriumretention 6 9
Sachwortverzeichnis
1000 Postalimentäres Früh- und Spätsyndrom 474 Postcholezystektomie-Syndrom 598 Posthitis 791 f. Postoperative Komplikationen 92 ff. — , Herz-Kreislauf-Störungen 93 f. — , Nahtinsuffizienz 95 , Passagestörungen 94 f. — , renale Störungen 95 — , respiratorische Störungen 92 — , septische 94 - Therapie 84 ff. - - , Blutverluste 90 — , energiereiche Ernährung 86 — , Infusionstherapie 8 8 f. — B i l a n z i e r u n g 89f. — , Laborkontrollen 85 — , nach Thoraxeingriffen 85 — , Thromboseprophylaxe 87 Post-partum-Thyreoiditis 658 Postthrombotisches Syndrom 115, 415 f., 418, 422 PPom 694 Präinfarkt-Angina 370 f. Präkanzerosen 161, 296, 439 Präkanzeröse Konditionen und Läsionen 463 Prämedikationsvisite 123 Präputialsteine 791 Präsarkomatosen 164 Präzipitationstest 21 Priapismus 799 f. Primär chronische Polyarthritis (PcP) 957 f. Primärer Hyperaldosteronismus s. ConnSyndrom Primärhämostase 107 f. Primärheilung 833 f. Primum-Defekt 352 f. PRIND 401 Pringle-Manöver 813 Probe nach Elefant 702 Probethorakotomie 323 Processus vaginalis peritonei 637, 712 Proctalgia fugax 540 Proctocolitis ulcerohaemorrhagica gravis s. Colitis ulcerosa Profilplastik 278 Profundaplastik 410 Profundarevaskularisation 410 Progenie 251 Prognathie 251 f. Prognose 103 Progressive Stroke 401 Proktomyektomie nach Lynn 720 Prokto-Rektoskopie 489 Prolaktin-Überproduktion 698 Promotoreffekt 163 Propanolol 94 Proprio-neuromuskuläre Facilitation (PNF) 201 Propycil-Therapie 663 Prostaglandine 107 Prostaglandin-produzierende Tumoren 695 Prostataadenom, Adenomektomie, retropubisch nach Miliin 773 - , - , suprapubisch nach Freyer 773 Diagnose und Differentialdiagnose 772f. - , Epidemiologie 772 - , Kryochirurgie 773
- , medikamentöse Therapie 773f. - , Potenzstörungen 773 - , rektaler Tastbefund 772 - , transurethrale Resektion 773 - , Urogramm, intravenöses 773 Prostataexprimat 741 Prostatafeinnadelbiopsie, transrektale 744 Prostatakarzinom, Ätiologie und Pathogenese 774 - , Antiandrogene 775 - , Chemotherapie 775 - , Epidemiologie 773 - , Knochenmetastasen 775 - , Metastasierung 774 - , Orchiektomie 775 - , Prognose 776 - , Prostatektomie, radikale 775 stadiengerechte Therapie 775 - , TNM-Stadien 774 Prostatakörperchen 741 Prostatamassage 741 Prostatapathie 760 Prostata-Phosphatase 742 Prostata-Stanzbiopsie, perineale und rektale 744 f. Prostatasteine 780 Prostatitis, akute und chronische 759 f. Proteinspaltprodukte 67 Proteinurie 738 Prothesen, Arbeitsarme 964 - , kosmetische 964 myoelektrische 965 Protheseninterposition (Gefäßchirurgie) 393 Prothesenlockerung 953 f. Prothrombinkomplex 112 Provokationstest 388f. Pruritus ani 533 Pseudarthrose 847 f. - , Einteilung 848 - , Therapie 848 Pseudohermaphroditismus, femininus u. masculinus 754 Pseudohyperparathyreodismus 675 Pseudomyxoma peritonei 631 Pseudopolypen 513 Psychosyndrom, organisches 219 PTC = perkutane transhepatische Cholangiographie 601 PTD = perkutane transhepatische Drainage 608 Pubertas praecox 689 Pulmonale Widerstandserhöhung 348 Pulmonalis-Angiographie 380 Pulmonalis-Blockade-Test (n. Carlsen) 321 Pulmonalisstenose 351 f., 364 - , Operationsindikationen 352 - , Operationsverfahren 352 Pulsionsdivertikel, Ösophagus 434 f. Pulsless-Syndrom 405 Pulspalpation 387 Punktionstechniken 60 f. Pupillenreaktion 191 Pyelographie, retrograde 742 Pyelolithotomie 780 Pyelonephritis, Ätiologie 754 - , akute 754f. - , chronische 755f. - , - , der Frau 794f. - , - , Therapie 755
- , emphysematöse 755 - , Epidemiologie 754f. - , Sonderformen 755f. Pylephlebitis 544 Pyloroplastik 458 Pylorusstenose 461 - , Pathophysiologie 457 - , Therapie 457 - , hypertrophische 726 f. - , - , Inzidenz 726 - , - , Therapie 726 Pyonephrose 756 Pyospermie 741 Pyothorax s. Pleuraempyem Pyramidenzeichen 208 Pyurie 511, 738
Q Quadrizepssehnenriß 930 f. Queckenstedt-Versuch 231 Quer- u. Dornfortsatz-Fraktur d. BWS u. LWS 871 Querschnittslähmung, akute, Therapie 232 - , Komplikationen 241 Querschnittssyndrome 225, 240 medulläre 230 Nachbehandlung 232 Quick - Test 111 Quincke Ödem 141
R Radikaloperationen 172 Radiofibrinogentest 115, 119, 419 Radiomanometrie 598 Radiusfraktur, Kompressionssyndrome 861 - , loco typico 859f. , Gelenkneigungswinkel 860 , Korrekturosteotomie 861 , Prognose 861 , Therapie 860 - , Sonderformen 861 Radiusköpfchenfraktur 857 f. - , Begleitverletzungen 858 - , Formen 857 Radiusköpfchenluxation 858 Rankenangiom 652 Ratschow-Lagerungsprobe 388f. Rauchfuß-Schwebe 873 Raumforderung im Spinalkanal 230 Raynaud-Phänomen 400, 404 f. Realisationszeit 162 Reanimation 61, 189 Rechts-Links-Shunt 346 Rectotomia posterior n. Mason 493, 497, 503 Redon-Saugdrainage 12, 64, 973 Reentry-Tachykardie 375 Referred pain 2 Reflexblase 797 - , urodynamische Befundmuster 797 Reflexinkontinenz 737 Reflexzonenmassage 202 Refluxgastritis, postoperative 452 Refluxkrankheit 431, 432 ff. - , Pathogenese 433 - , Schweregrade 432
1001
Sachwortverzeichnis Refluxösophagitis 433 f. - , postoperative 473 Therapie 473 Refluxzystourethrogramm 743 Refobacin-Pallakoskugelkette 841 ff. Regurgitation 436 Rehabilitationsphase 155 Reithosenanästhesie 238 Reizblase 758 Reizkolon 517 Rejektion, akute u. chronische 179 Rekapillarisierungszeit 388 Rekontamination 40 Rekontaminationsgefahr 57 Rekonvaleszens 69 Rektopexie 533 Rektoskopie 5 Rektum, Computertomographie 490 digitale Untersuchung 489, 566 Rektumamputation, abdomino-perineale 493, 503 - , Blasenentleerungsstörungen 504 - , Sexualstörungen 504 Rektumkarzinom - , Exzisionsbiopsie 503 - , Lokalisation 503 - , Strahlentherapie 504 f. Rektumprolaps, Ätiologie 533 operative Therapie 533 - , Operation n. Altemeier 533 - , Rektopexie n. Sudeck o. Ripstein 533 - , Thierschring 533 Rektumresektion, anteriore n. Dixon 492 Rektusdiastase 642 Rekurrenzparese 333, 376, 434, 657, 668, 670, 675 - , Therapie 668 Relaxatio diaphragmatica 313 Remissionen (Tumor) 174 Renin-Angiotensinmechanismus 69 Renin-Bestimmung, seitengetrennte 406 Rente auf Zeit 977 Rentenversicherung 977 f. Reparationsphase 155 Replantationen 917 f. - , distale (= Mikroreplantation) 918 - , Indikationen u. Kontraindikationen 918 - , operative Taktik u. Technik 918 - , Prognose 919 - , proximale (= Makroreplantation) 918 Reptilasezeit 111 Resektionsprothesen 277 Resektionsquote 174 Resektoskopie 744 Reserpin-Therapie 665 Residualdruck 600 Residualvolumen 321 Residualzysten 265 Resistenz 19 - , systemische 39 Resistenzentwicklung 21, 43 Respiratorbehandlung 73 Respiratorische Insuffizienz 321, 802 Restharn 739 Retentio testis abdominalis (Bauchhoden) 792 — inguinalis (Leistenhoden) 792 Retention im „Cuff and Collor" η Blount 856
Retentionszysten, dentogene 268 Retroperitoneale Fibrose (Ormond's disease) 629, 757f., s. auch OrmondKrankheit , Ätiologie 757 — , Diagnose u. Differentialdiagnose 630, 757 Retroperitoneale Tumoren 630 f. - , Arten 630 Retroperitonealraum 629ff. - , Anatomie 629 - , Entzündungen 631 - , Hämatome 631 f. Rettungsmaßnahmen 827f. Revaskularisationsoperation 918 Reverdin-Plastik 923 Rezeptorstatus (Mamma) 305 Rezidiv-Chirurgie 172 Rezidivstruma 670 f. - , Operationsindikation 670 - Punktionszytologie 670 Rezidivthrombose 392 Rezidivulkus 461 f. - , Symptomatik 472 - , Ursachen 472 Rhabdomyosarkom 653 - der Harnblase 793 f. — , transuretrale Probeexzision 794 , Zystektomie 794 - - , Zytostase mit VAPAC-Schema 794 Rhabdo-Virus 32 Rhinoplastik 277 f. Riboflavin 71 Richter-Hernie 635, 713 Riechstörung 210 Riedel-Struma (eisenharte) 659 Riesenzellenepulis 275 Riesenzell-Thyreoiditis (de Quervain) 658 Riesenzelltumor 971 Rifampicin 32 Riolan-Anastomose 406 Rippenaplasien 308 Rippenfraktur 802 f. - , Begleitverletzungen 802 Rippenserienfraktur 802 Rippentuberkulose 309 Rippenusuren 349 Risikofaktoren 79, 101 f., 390 Risus sardonicus 30 Röhrenstenose d. Ductus choledochus 603, 616
Röntgen-Aufnahme - , gehaltene 893 f. - n. Wangensteen-Rees 725 Röntgennativdiagnostik des Schädels 211 Röntgenreizbestrahlung 264 Röntgen-Stadarduntersuchungen 4 Röntgenulkus 10 Rolando-Fraktur 914 Roser-Ortoloni-Schnapp-Phänomen 936 Rotationslappen-Plastik 923 Rotationsosteotomie n. Weber 949 Rotlauf s. Erysipel Rotondaspritze 61 Rotter-Halstedt (Mammaamputation) 303 Roux-y-Gastroenterostomie 460 Rovsing-Zeichen 506 Rucksackverband 850 Rückenmarkskompression 230
Rückenmarksverletzungen 240ff. Ruheschmerzen 407 Rundherd 335 - , Differentialdiagnose 331 f. Rundnagel n. Ender 837 Ruptur d. Rotatorenmanschette 931 f.
s Sarmiento-Gips 835, 891 Säuglingsosteomyelitis 841 Säure-Basen-Haushalt 72 ff. - , Korrektur, postop. 87 - , metabolische Störungen 73 - , Puffersysteme 72, 73 - , Regulationsmechanismen 72 - , respiratorische Störungen 72 f. Säure-Clearence-Test 427 Säurerefluxtest 427 Säureverätzung 9 Salazosulfapyridin 515 Saluretika 77 Sandifer-Syndrom 703 Sanduhrneurinom 229 Sanduhrstenose 457 Sanduhrtumoren 340 Sarkome, Entstehungsorte 164 - , osteoblastische 274 - , osteoklastische 274 Sattelnase 276 Schädelfrakturen 218 Schädel-Hirn-Verletzungen 90, 197, 217ff. - , Arten 217 - , Komplikationen 223 - , offene 218 - , Spätkomplikationen 219 Schanz-Krawatte 869 Schaumoxygenator 344 Schellenapparate 965 Schenkelhalsfrakturen, Abduktionsbrüche 877 - , Adduktionsbrüche 878 - , eingekeilte 878 - , Einteilung n. Garden (I-IV) 878 - , - n. Pauwels (I-III) 877 - , Häufigkeit 877 - , konservative Therapie 878 - , Kopfnekrose 879 Schenkelhalsfrakturen, laterale und mediale Formen 877 - , Operationsindikationen 879 - , Operationsverfahren, altersabhängig 879 - , Osteosynthesen 879 - , Prognose 879f. - , Pseudarthrose 879 - , Totalendoprothese 879 Schiefgesicht 270 Schiefhals 233, 285 - , angeborener, Tenotomie 940 f. Schießscheibenphänomen 723 Schilddrüse, Anatomie 655 - , Feinnadelpunktion 661 - , Hormonsynthese 656 - , Operationsverfahren 657 - , Physiologie 655 - , Punktionszytologie 668 Schilddrüsenantikörper 662 Schilddrüsenentzündung s. Thyreoiditis Schilddrüsenexstirpation 657
1002 Schilddrüsenfunktionsdiagnostik 660 f. Schilddrüsenhormone 655 Schilddrüsenhormonsubstitution 666, 669 Schilddrüsen-Karzinom s. Struma maligne Schilddrüsenoperationen, Operationsletalität 657 - , postop. Komplikationen 657 - , postop. Tetanie 657 Schilddrüsenresektion 657 Schilddrüsen-Sonographie 661 Schilddrüsenszintigramm 282, 660 Schillingtest 479 Schimmelbusch-Maske 125 Schipperkrankheit 830, 871 Schirmfilter n. Mobbin-Uddin o. Günther 420 Schlaffe Blase 798 f. Schleimhautheterotopie 721 Schleudertrauma der HWS 869 f. Schlingenabszeß 578 Schlingenbiopsie 462 Schiingenextraktion 780 Schlingentisch 201 Schlingkrämpfe 32 Schlittenprotese f. Kniegelenk 953 Schluckstörung s. Dysphagie Schmerzausschaltung, periphere u. zentrale 134f. Schmerzcharakter 2, 561 Schmerzen, somatische 561 f. - , viszerale 561 Schmerzqualität 562 Schmetterlingsbruch 872 Schmierinfektion 20 Schneeberger Lungenkrebs 163 Schneesturm-Effekt 849 Schnellender Finger 907 Schnellschnittuntersuchung, histologisch 301 Schock 137 ff., 832 - , anaphylaktischer 141 Schock, dekompensierter 196 - , d. Umverteilung 564 - , hämorrhagischer 137 - , hypovolämischer 137 - , kardiogener 137, 140 - , kompensierter 196 - , Mikrozirkulationsstörung 138 - , Niereninsuffizienz 139 Notfalltherapie 196 - , Pathophysiologie 138f. - , septischer 137ff., 564, 572 - , Volumenmangel 196, 563f. Schockindex n. Allgöwer 543 f. Schocklunge (ARDS) 139 Schocktherapie 140 f. Schrittmachertherapie 81 Schrumpfgallenblase 594 Schubladen-Phänomen 885 Schürzengriff 933 Schulterblatthochstand, angeborener 940 Schultergelenkluxation 852 - , Begleitverletzungen 852 - , habituelle 949 - , Luxationsrichtungen 852 - , Operation n. Eden-Hybinette-Lange 949 - , Operation n. Putti-Platt 949 - , Operationsindikation 853
Sachwortverzeichnis - , Repositionsmanöver n. Kocher, Arlt, Hippokrates 852f. Schultergelenkprothesen 953 Schußverletzungen des Gehirns 219 Schwannom 206 Schwangerschaftsappendizitis 101 Schwangerschaftspyelonephritis 795 f. Schweißdrüsenabszeß 24 Schwurhand (N. medianus) 242 Scolices 33, 584 Seat-belt-Syndrom 816 Segmentresektion (Lunge) 324 Sehnendefekte 914 Sehnennaht, Durchflechtungstechnik 912 - , Nachbehandlung 912 - n. Bunnell 911 - η. Kirchmayr 911 - η. Lengemann 913 - , primäre u. sekundäre 910f. Sehnenrupturen 930 Sehnenscheidenganglien 907 Sehnentransplantation 911 Sekretin-Pankreozymintest 616 Sekundärhämostase 109 Sekundärheilung 833 f. Sekundum-Defekt 352 Seilaveränderungen 211, 699 Semimaligner Tumor 161 Seminom 770 Sengstaken-Blakemore-Sonde 548 Senitizing 36 Senk-Spreiz-Hohlfuß 933 Senkungsabszeß 631, 959 Senkung des Detrusortonus (medikamentös) 798 Sensible Ersatzoperationen 917 Sensibilitätskontrolle 151 Sentinel loop 615 Sepsis 150 Septationsoperation 364 Septikämie 74 Septopal-Minikette 919 Septumruptur 381 Serom 12 Serothorax 316 Serotonin 474, 483 Serotoninom 691 Sertolizelltumor 770 Shunt-Umkehr 353 Sialoadenitis 269 Sichelfuß 939 Sigmaresektion 492 Silikonprothesen (Mamma) 925 Singultus 312 Sinus pilonidalis 531 Sinustachykardie 94 Sinusthrombose 217 Sinus-venosus-Defekt 352 Sipple-Syndrom 682 ff. Skalenushypertrophie 403 Skalenushypertrophie 403 Skalenussyndrom 238, 243f., 286 Skapholunäre Dissoziation 915 Skaphozephalus 227 Skapulafrakturen 850f. Skarifikation 151 Sklerodermie 439 Sklerosierungstechnik 61 Skoliosen, beim Säugling 943
- , Einteilung 941 Gipsbehandlung 943 - , „Milwaukee-Korsett" 942 Operation n. Dwyer 943 - , Therapie 942f. Skoliosewinkel n. Cobb 942 Skorbut 71 SMA-Syndrom 718 Smith fractures 861 Sollbruchstelle 858 Somatostatintherapie 451, 555, 691, 694f. Somatotropes Hormon (STH) 70 Somnolenz 247 Sonographie 5, 33, 170, 575, 601 Sonnenberg-Schnitt 507 Sonnenuntergangspänomen 228 Sopor 247 Spätabszeß 308 Spaltbildung, Wirbelsäule 225 Spalthand 921 f. Spalthautdeckung 155, 158f. Spaltmißbildungen des ZNS 225 ff. „Spanischer Kragen" 800 Spannungspneumoperitoneum 731 Spannungspneumothorax 928, s. auch Ventilpneumothorax - beim Früh- u. Neugeborenen 705 - , eitrige Entzündung 268 - , Mischgeschwülste 269 Speichelsteine 269 Spermagranulome 787 Spermatozele 799 Spermiogramm 785 Sperroperationen 552f. - , Indikationen 552 - , Letalität 552 - , Verfahren 553 f. Sphinkterersatz-Plastiken 542 Sphinktemaht 542 Sphinkterotomie n. Parks 535 Spickdrahtosteosynthese 837 Spiculae 968 Spiegelbildung 526 Spieghel-Hernie 642 Spina bifida 963 - occulta 226 Spinalanästhesie 132 f. Spinalkanal (Rö-Untersuchung) 232 Spindelzellkarzinom (Kiefer) 273 Spiroergometrie 321 Spirometrie 320ff. Spirononlacton 685 Splanchnikusdurchtrennung 617 Splenektomie, hämolytische Anämien 625 - , Indikationen 625f., 627 - , Milzabszeß 626 - , Milzvenenthrombose 627 - , postoperative Komplikationen 628 f. - , primäre Milztumoren 626 Thrombozytopenien 626 Splenomegalien 625 ff. Splenoportographie, indirekte 546, 619 Splenorenal Α. η. Cooley 550ff. - , distale n. Warren, s. Warren-Shunt - , zentrale n. Linton 550ff. Spondylarthritis ankylopoetica s. Morbus Bechterew Spondylarthrose 955 Spondylitis tuberculosa 959f.
Sachwortverzeichnis Spondylodese 868, 945 Spondylolisthesis 945 - , Gleitstadien η. Meyerding 945 - , Rö-Zeichen (Hundefigur mit Haiband) 945 - , Therapie 945 Spondylolyse 944, 955 Spondyloris tuberculosa operative Herdausräumung 959 Tuberkulostatika (Dreifachtherapie) 959 Spongiosatransplantation 58, 839, 848 Spongiosaeinlagerung n. Matti-Russe 915 Spontanfrakturen 830 Kiefer 255 Spontanpneumothorax 314 Spreizfuß 960 Spreizhose 937 Sprengel-Deformität 940 Spülsaugdrainage 843 Spulwürmer s. Askaridiasis Stadieneinteilung n. Fontaine 407 Staging (Tumor) 167 f. Stammganglien, Tumoren 209 Standardbikarbonat 72, 321 Stapler s. Nähapparate Stase-Theorie n. Dragstedt 454 Steatorrhoe 71 Steinauflösung mit Uralyt-U. 778 Steineinklemmung 593 - , Niere 777 Steinextraktion, endoskopische 605 Steinmann-Nagel 838 Steinmann-Zeichen 887 Steinprophylaxe 781 Stein-Punch 780 Steinthal-Stadien 167 Stellwag-Zeichen 662 Stemmer-Zeichen 422 Stenose d. Truncus coeliacus 546 Stenosen d. linksventrikulären Ausstromtraktes 350fT. - , Formen 350 Operationsverfahren 351 f. Stereotaktische Operationen 246 ff. Sterilisation 35, 58 Sterilisierung d. Mannes 787 Sternotomie 341 Sternumfraktur 803 Sternumspalte 308, 706 Steroidhormonrezeptoren 303 Stewart-Treves-Syndrom 302, 422 Stickstoffausscheidung 67 f. Stickstoffbilanz 90 Stiftgliome 230 Stimmphremitus 314 St. Jude-Doppelkipp-Scheibenprothese 368 Stoffwechsellage, anabole u. katabole 68 f. Stoma 61 Stoßwellen-Lithotrypsie 778 Strahlenfolgen am Darm 573 Strahlenschäden 10 Strahlensterilisation 35 Strahlentherapie 172 f. - , adjuvante 172 Strahlenzystitis 794 Strangulationsileus 716 f., s. auch Ileus Strangurie 739 Streckhemmung 887 Streckkrämpfe 222
1003 Syndesmose 894 Syndesmosensprengung 895 Syndrom der blinden Schlinge s. Blindsacksyndrom — eingedickten Galle 728 — zuführenden Schlinge 473 Synositis, hyperkalzämische 673 Szintigramm, übersteuertes 660 Szintigraphie der Milz 624, 627
Strecksehnen, extrinsisches System 912 - , intrinsisches 913 Strecksehnendurchtrennung 912 ff. - (Endgelenk), K-Drahtfixation 913 - , Stack-Schienenbehandlung 913 Streli-Schraube 915 Streptase 392 Streptozotozin 693 f. Streßinkontinenz 737 Streßulkus 453, 555 - , Prophylaxe 87 Strommarken 153 Struma, endothorakale 341 - , euthyreote 659ff. - , - , Diagnose 660 - , - , Einteilung 659 Struma fibrosa 659 - maligna 666f., 682f. — , adjuvante Therapie 669 — , Häufigkeitsverteilung 668 — , histologische Einteilung (WHO) 666 — , Lymphadenektomie 668 — , Metastasierung 667 — , medulläres Karzinom 668 — , operative Therapie 668 f. — , palliative Resektion 668 — , papilläres Karzinom 667 — , perkutane Bestrahlung 669 — , Prognose 670f. — , Radiojodtherapie 669 TNM-Stadien 667 — , Tumorausbreitung 667 — , Tumormarker 668 — , Zytostatikatherapie 669 Strumarezidivprophylaxe 661, 670 Strumazysten 284 Stuart-Prower-Faktor 109 Sturge-Weber-Syndrom 413 Stupor 247 Subarachnoidalblutung 214 - , Gradeinteilung 214 Subclavian-Steal-Syndrom 402 f. - , extraanatomischer Bypass 403 Subdurale Ergüsse 227f. Subluxatio radii periannularis (Chaissagnac) 858 Submarining-Effekt 816 Subphrenische Luftsichel 811 Subtrochantere Frakturen 880f. Succinylcholinchlorid 131 Sudan-Probe 339 Sudeck-Dystrophie 843 f., 861 - , Stadieneinteilung 843 - , Therapie 843 Sulcus-ulnaris-Syndrom 243 Superinfektion 43 Supinationstrauma 893 Supinator-Schlitz-Syndrom 934 Suprapubische Blasenfistel 798 Supraspinatus-Syndrom 931 Swiss-Cheese-Septum 353 Switsch-Operation 362 Sympathektomie 245 - , lumbale 393, 410
— neonatorum 30 - , Schnellimmunisierung 31 - , Stadienteilung 31 - , Therapie 31 Tetanusantitoxin 16 Tetanusimmunisierung - , Verletzungsfall 17 Tatanusprophylaxe 16f., 26 - , aktive Immunisierung 16 - , Kontraindikationen 16 - , passive Immunisierung 16f. Tetanustoxoid 16, 31 Thalamotomie 245 f. Thalidomid-Schäden 921 THAM 73
thorakale 393 Sympatho-adrenerge-Reaktion 138 Sympatholyse 95 Symphysensprengung 872 Syndaktylie 921 f.
Thenarlappen-Plastik 923 Therapie, antimikrobielle 21 f. Thermographic 301 Thermotherapie 203 Thiamin 70
Τ Tachykardie, ventrikuläre 375 Tagegeldversicherung 976 Takayasu-Syndrom 405 Talusfrakturen, Abrißfraktur 897 - , Arthrodese 896 - , Einteilung 896 - , Gipsbehandlung 896 - , ostoechondrale 896 - , Osteosynthese mit Zugschrauben 896 - , Prognose 897 - , Therapie 897 - , Ursachen 896 Talusluxationen 898 - , totale (dreigelenkig) 898 Tamponade 62 f. „Tanzende Patella" 935 Tarsaltunnel-Syndrom 244 Taxis 635 T3-T4-Test 660, 666 Technetium-Szintigraphie 557 Tegretal 244 Teleangiectasia hereditaria haemorrhagica s. Morbus Osler Telekobalt-Bestrahlung 172 television bottom 540 Temporallappenepilepsie 247 Tendovaginitis stenosans De Quervain 907 f. Tenolyse 912 Tentoriumschlitz 208 Teratome 340 Teres-Plastik 434 Testis mobilis (Gleithoden) 792 Tetagam 17 Tetanie 669, 677 Tetanolysil 30 Tetanospasmin 30 Tetanus 30
Sachwortverzeichnis
1004 Thierschring 533, 542 Thirpental 129f. Thomas-Handgriff 934 Thomas-Schiene 946 Thompson-Operation 423 Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) 285, 389, 396, 403ff., 420 Thorakoskopie 5, 322, 331 Thoraxabduktionsschiene 931 Thorax-Hals-Kopfgips 867, 870 Thoraxkompressionsschmerz 802 Thoraxsaugdrainage 316 f. Thoraxtrauma, 143, 195, 801 - , offenes 808 - , stumpfes 380ff., 801 Thoraxwandstabilisierung 803 Thrombangiitis obliterans 386 Thrombektomie 115, 399 Thrombelastogramm 111 Thrombendartiektomie (TEA) 393 f. - , A. carotis 402 f. Thrombinzeit 111 Thromboembolie 693 Thrombolyse 115, 399, 419f. Thrombopathien 111 Thrombophlebitis migrans 334 Thrombose 113 ff. - , A. basilaris 217 - , A. carotis interna 217 - , arterielle 115, 387, 398f. - , - , Differentialdiagnose 397 - , Pathogenese 113 - , V. mesenterica superior 420 - , venöse 111 ff. - , - , disponierende Faktoren 114 - , - , Symptome 114 - , - , Therapie 114f. Thromboseprophylaxe 87, 117, 120f., 973 - , Blutungskomplikationen 120 - , Dextrane 120 - , physikalische 119 Thrombostenin 108 Thromboxan 107 Thrombozytenaggregation 107, 385, 400 Thrombozytenaggregationshemmer 120, 392 Thrombozytenfaktor 108 Thrombozytenkonserve 92, 112 Thrombozytenpool 623 Thrombozytenzahl 111 Thrombozytopenie 112 Thymom 340 Thyreoglobulin-Antikörper 659 Thyreoglossuszyste 282 Thyreoidektomie 657, 668 Thyreoiditis, akute 658 f. - , chronische 659 Thyreostatika 659, 663, 665 Thyreostimulierendes Hormon (TSH) 70 Thyreotoxische Krise 664 f. - , Symptome 665 - , Therapie 665 Thyreotropes Hormon (— TSH) 698 Thyroxin 655 Thyroxintherapie 658f., 661 TIA (transitorisch-ischämische Attacke) 400 f. Tibiafrakturen, distale 892 - , - , Nebenverletzungen 892 - , - , Operationstaktik 893
- , isolierte 892 Tibiakopffrakturen 889f. - , Begleitverletzungen 890 - , Depressionsbruch 890 - , Formen 889 - , Impressionsbruch 890 - , konservative Therapie 890 - , Operationsverfahren 890 - , T-Y-V-Bruch 890 Tibialis-anterior-Syndrom 845 Tiegelventil 316, 804f. Tietze-Syndrom 309 Tiffeneau-Test (Atemstoßtest) 83, 321 Tissue polypeptide antigen (ΤΡΑ) 668 TNM-System 167 f. - , Bronchialkarzinom 332 - , Mamma 298 f. Tochterblasen (Echinococcus) 33 Tod, irreversibler 142 - , klinischer 142, 189 biologischer 142, 189 Tolbutamid-Test 696 Toleranzstadium 127 Tollwut 32 f. Torsionsfrakturen 830 Torticollis 285f., 940 - ocularis 940 - spasticus 940 Totale Lungenvenenfehlmündung (TAPVC) 3 56 f. — , Formen 356 — , Hämodynamik 357 - , - , Operationsletalität 357 — , Operationsverfahren 357 Totalkapazität 321 Toxisches Megakolon 480, 513 f. Toxoplasmose 288 Trabekelblase 738 Tracheobronchial-Verletzungen 806 f. - , Symptomentrias 806 Traktionsdivertikel 435 transcapillary refilling 6 8 f. Transdentale Verschiebung 870 Transplantation 62 Transplantationschirurgie s. auch Organtransplantation Transplantationsmedizin, Ausblick 187 Transplantationsnekrose 179 Transplantatrejektion 177 Transposition 62 Transposition der großen Arterien (TGA) 360ff. - , Operationsindikationen 361 - , Operationsletalität 361 - , Operationsverfahren 361 f. - , Pathophysiologic 360 Transthorakale Ösophagustranssektion nach Walker 553 Transuretero-ureterokutaneostomie 747 Transurethrale Diagnostik 744 - Resektion 749 Transzelluläre Flüssigkeit 75 Trendlenburg-Hinken 933 - , Lagerung 419 - , Operation 117, 380 - , Test 416 TRH-Test 670 Triadenoperation 393 Trichomonadenurethritis 741
Trichterbrust (Pectus excavatum) 307 f., 705 - , Einteilung 705 - , Operationsverfahren 705 Trigeminusneuralgie 244 Elektrokoagulation des Ganglion Gasseri 245 - , Operationsverfahren 245 - , Therapie, konservative 244 Trigonozephalus 227 Trigonum lumbo-costale 707 Trijodthyronin 655 Trikuspidalatresie (TA) 362 f. - , Operationsverfahren 362 f. - , Pathophysiologie 362 Trikuspidalvitien 367 Trisegmentresektion (Leber) 581 Trismus 30 Tröpfcheninfektion 39 Trommelschlegelfinger 359 Truncus arteriosus communis (TAC) 357f. - , Morphologie 358 - , Operationsindikation und -verfahren 358 Trypanosoma Cruzi 428 TSH-Mangel 665 Tubergelenkwinkel 897 Tuberkulom 329 Tuberkulose 32, 265, 288 Tuberkulostatika 329 Tularämie 288 Tumoren, Ausbreitung 165 ff. Behandlungsergebnisse 173 f. - , Remissionen 174 bösartige 161 - , Verteilung 161 destruktives Wachstum 165 Diagnostik 169f. diagnostische Eingriffe 171 Epidemiologie 161 epitheliale 163 f. formale Genese 163 Frühsymptome 169 gastroduodenale , epitheliale 462 , gutartige 462 , mesenchymale 462 Gradeinteilung 167 f. Isotopendiagnostik 170 kausale Genese 162 , - , exogene Faktoren 163 , - , Visustheorie 162 Labordiagnostik 170 f. mesenchymale s. Sarkome Nachsorge 173 f. neurogene 285 periphere Nerven 244 f. Probeexzision 170 Progredienz 174 Röntgendiagnostik 169 Sonographie 170 spinale 229 f. -,-, Diagnostik 231 f. extradurale 230 , - , intradurale 230 , - , Liquordiagnostik 231 - , Lokalisation 229 - , metastasierende Karzinome 230 Stadieneinteilung 167 f. Symptome 169
1005
Sachwortverzeichnis Therapie 172 ff. - , Vorsorgeuntersuchungen 171 Tumorhyperkalzämie 676 Tumormarker 171 Turrizephalie 227 - , operative Korrektur 227 Tylektomie 302 Tylosis palmaris 439 Tyramin-Test 681
u Überbein 932 Überdruckbeatmung 83 Übergangsepithelkarzinom 767 Übergangszellkarzinom 163 Überlaufblase 95, 739, 772 Überlauferbrechen 562 Überlaufinkontinenz 737 Uhrglasnägel 359 Ulcus Dieulafoy 453 Ulcus duodeni — , Pathogenese 453 Ulcus durum 769 Ulcus ventriculi, Pathogenese 452 f. Ulkusblutung, akute 461, 555 f. - , Diagnostik 555 - , konservative Therapie 555 - , Lasertherapie 555 - , Letalität 556 - , Operationsindikationen 555 - , Operationsverfahren 555, 556f. - , Stadieneinteilung n. Forrest 555 - , Therapiekonzept 555 Ulkuschirurgie, Letalität 461 - , Spätergenisse 462 Ulkus, Typen-Einteilung 454 f. Ulkusexzision 458 Ulkusfinger 455 Ulcus, gastro-duodenales, akutes 453 f. — , Blutung 458 s. auch gastro-intestinale Blutung — , chronisches 454 ff. — , Epidemiologie 452 — , Komplikationen 456 ff. — , konservative Therapie 457 — , Magenresektionsverfahren 459f. — , maligne Entartung 457 — , Operationsverfahren 458ff. — , operative Therapie 461 f. — , — Indikationen 461 f. — , — Verfahrenswahl 461 f. - - , Perforation 456f., 461, 565, 734 - - , - Therapie 456, 458 — , Röntgenzeichen 455 — , Schmerzsymptomatik 455 Stenose s. Pylorusstenose Ulkusrezidiv 472 f. Ulkussklerosierung 555 Ulkusumstechung bei der Blutung 458, 556 Ulnarislähmung, Lasso-Operation n. Zancolli 917 Ulnavorschub 861 Ultraschalldiagnostik s. Sonographie Ultraschall-Doppler-Untersuchung 3 90 f., 401 Ultraschall-Therapie 204 Umlauf s. Paronychie Umstechungsosteotomien 951, 952f., 956
Umstülpplastik n. Hohlschneider 726 Unfallheilverfahren 975 Unfallversicherung, gesetzliche — , Leistungen 975 f. private — , Leistungen 976 f. Univentrikuläres Herz 363 f. Operationsverfahren 364 Pathophysiologie 363 Unkarthrose 237 Unterarmfrakturen 858ff. Diagnose 859 - , Nebenverletzungen 859 - , Pathogenese 858 - , Therapie 000 Unterschenkelfrakturen 889 - , Marknagelung 892 - , Plattenosteosynthese 892 Unterschenkelpseudarthrose 940 Unterschenkelschaftfrakturen 8 90 ff. - , absolute Operationsindikationen 891 - , Diagnose 891 - , Extensionsbehandlung 891 - , Fixateur externe 892 - , Heilungsdauer 892 - , konservative Therapie 891 - , offene 892 - , Prognose 892 - , relative Operationsindikationen 892 - , Ursachen u. Häufigkeit 890 Unterwasserdruckstrahlmassage 202 Upside-down-stomach 431 Urachus, persistierender 753 Ureter duplex 751 - fissus 751 - , retrokavaler 751 Ureterabgangsstenose 751 Ureteritis 757f. Ureterkatheter 747 Ureterokutaneostomie 747 Ureterolyse 757 Ureteropyeloskopie 748 Ureteropyeloskopische Steinentfernung 749 Ureterosigmoideostomie n. Coffey-Goodwin 747 Ureterstein s. Harnleiterstein Uretero-ureterotransversostomie 747 Ureterozele 751, 789 Ureterozystoneostomie 788 Urethritis, akute 760 - , chronische 760 f. posterior 760 Urethrographie, retrograde 742 Urethrometrie 742 Urethrotomia interna 749 Urethrozystoskopie 775 Urinextravasat 782 Urinphlegmone 783, 814 Urodynamische Untersuchung 742 Uroflowmetrie 742 Urogenital-Tbc, Ätiologie u. Pathogenese 762 - , Chemotherapie 762 - , operative Therapie 762 f. Urokinase 392 Urolithiasis, Epidemiologie 776 - , Pathogenese der Steinbildung 776 Steinarten 776 Urosepsis 756 f.
V Vagotomie 556 Folgeerscheinungen 474 - , gastrale (STV) 458 Ösophagusverletzung 472 - , selektive proximale (SPV) 458 - , trunkuläre (TV) 458 - , - , Nebenwirkungen 458 - , Zielsetzung 458 Valsalva-Preßversuch 433 Vancomycin 55 Vanillinmandelsäure 679, 681 Varicosis, Diagnostik 416 f. - , Epidemiologie 415 - , Klassifizierung 415 - , konservative Therapie 416 - , Operationsverfahren 417f. - , primäre und sekundäre 415 - , Verödungsbehandlung 416 Varikozele 714f., 799 - , Gradeinteilung 714 - , Therapie 714 f. Varizellen-Appendizitis 734 Varizen s. Varicosis Varizenstripping nach Babcock 417 Vasokonstriktion 70, 107, 138 Vasomotionsstörungen 386 Vassopressintherapie 69, 548, 555 Vecuronium 131 Vena-cava-Blockade 117, 420 Vena-cava-Katheter s. Zentralvenöser Zugang Vena-cava-superior-Syndrom 334 Vena perforans 415 f. Vena Pulmonalis-Katheter 86 Vena Saphena-Umkehrplastik 394 Venae Sectio 61 Venendruckmessung, periphere 416 - , zentrale 420 Venenexhairese 417 Venenverletzung 824 f. Venenverschluß-Plethysmographie 390 Ventilpneumothorax 315 f., 805 Ventrikelaneurysma 373 - , Operationsverfahren 373 - , thromboembolische Komplikationen 373 Ventrikeleinblutung 215 Ventrikelseptumdefekt (VSD) 353 ff. Operationsindikationen 354 - , Operationsverfahren 355 - , Pathophysiologie 353 - , Überlebenszeiten 354 Ventrikelstimulation 375 Ventrikulographie 210ff. Verätzung mit Flußsäure 9 - mit Lauge 9 f. Verbandstechnik 973 Verbrauchskoagulopathie 112, 615, 849 Verbrennungen 90 - , chemische 153 - , durch Hitze und Druck 154 - , durch inerte Massen 153 - , elektrische 153 f. - , Epidemiologie 149 - , Infektionen 150f. Lokalbehandlung 157, 159f. - , Phaseneinteilung 155 - , plastische Operationen 160
Sachwortverzeichnis
1006 - , Rehabilitation 160 Schweregrade 150 f. Therapie 155 f. Verbrennungskrankheit 149ff. Verbrennungsödem 149 Verbrennungsschema 152 Verbrennungstoxine 149 Verbrühungen 152 f. Verbundosteosynthesen 837ff. Verkürzungshinken 933 Verletzungen, Harnblase 782f. Diagnose 782 - , Therapie 783 Harnleiter 782 f. Harnröhre 783 f. Mund-Kiefer-Gesicht 257ff. , Niere 781 f. ·,-, Diagnose 781 ·,-, Organerhaltung 782 oberes Sprunggelenk (= OSG) 893 peripherer Nerven 241 f. Verletzungsartenverfahren 975 Verner-Morrison-Syndrom 691, 694 f. - , Therapie 695 Verriegelungsnagel 839, 881 Verschiebelappen-Plastik 923 Verschleppungszeit 169 Verschluß-Hydrozephalus 207, 217 Verschlußikterus 33f„ 83, 621 - , Operationsindikation 605 Verschmelzungsnieren 751 f. Versorgungsgefäße 386 Verzögerte Knochenbruchheilung 848 Vesiko-intestinale Fissur 712 Vesiko-uretheraler Reflux 790 f. - , Harnleiterverlagerung, submuköse 790 f. - , Klassifizierung nach Pakkuleinen 790 - , Komplikationen 790 - , Symptome 790 Vesikulitis 760 Vesikularorgan 210 Villöses Adenom, Elektrolytverlust-Syndrom 497 - , Entartungsrisiko 497 Vincent-Symptom 264 Vipom 691 Virchow-Trias 113 Virilismus 687, 689 Virulenz 19 Vitalfunktionen, Prüfung 189 Vitalkapazität 82, 321 f. Vitamine 70 ff. Vitamin-B-12 71, 448 - , Mangelsymptome 70 ff. - , Resorptionsorte 71 - , Resorptionsstörungen 70f. Vitamin-K-Substitution 112 Vogelgesicht 270 Volkmann-Muskelkontraktur 845 f., 856 Volkmann-Schiene 835 Volumensubstitution 93 Volvulus 723 f., s. auch Ileus Vorderdarmzysten 340 Vorderkantenabbrüche der BWS und LWS 871 Vorhofflimmern 94 Vorhofseptumdefekt, Einteilung 352 - , Operationsindikationen 352 - , Operationsverfahren 353
- , Pathophysiologie 352 Vorhof-Umkehroperation 361 Vorsorgeuntersuchungen 171 V-Phlegmone 27, 920 VY-Stiellappenplastik 252
w Wabenlunge 325 Wachstation 84 f. Wachstumshormon 698 Wärmeaustauscher 344 Wärmetherapie durch Peloide 203 - - Ultraschall 204 Wäschedesinfektion 37 Waller-Degeneration 915 Wangenkarzinom 273 Warmbluttransfusion 92 Warren-Shunt 550, 552f. Wasserdampfgeräte 199 Wasser-Elektrolyt-Haushalt 74 ff. Wasserretention 70 Wassersackniere 736 Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom 679 Waterston-Operation 359 Weber-Typ-A,B,C 894 Wechselströme, hochfrequente 204 - , niederfrequente 204 Weichteiltumoren 647 ff. - , Ätiologie 649 benigne , - , Operationsindikation 651 Diagnostik 650 Geschlechtsverteilung 649 Inzidenz 649 Inzisionsbiopsie 651 Klassifikation nach WHO 647 f. Lokalisation 649 maligne, Chemotherapie 653 - , Operationsverfahren 653 f. -, operative Richtlinien 652 f. , - , Prognose 654 , - , Rezidiv 654 , - , Sicherheitsabstand 652 , - , Strahlentherapie 653 Metastasierung 650 Probeexstirpation 651 sarkomatöse Faktoren 649 Stanzbiopsie 651 , Wachstumsformen 649 Weichteilverletzung 832 Weinberg-Test 33, 330 Wermer-Syndrom 682f. Westermark-Zeichen 380 Whipple-Operation s. Duodenopankreatektomie Whipple-Trias 694 Wiedemann-Beckwith-Syndrom 710 Wiederbelebung 142 ff. Wilms-Tumor 793 f. - , Ätiologie 793 - , Diagnose und Differentialdiagnose 793 - , radikale Tumornephrektomie 793 - , Therapiemaßnahmen 793 Wirbelaufrichtung nach Böhler 866 Wirbelfrakturen 863 ff. - , Blasen-Mastdarmstörungen 238, 240 - , primär stabile u. instabile 863 - , Verletzungsmuster 864
Wirbelkompressionsfraktur 240 Wirbelluxationsfraktur 240 Wirbelsäulenverletzungen, Einteilung 864f. - , Entlastungsoperation 868 - , Extensionsbehandlung 866 - , funktionelle Behandlung 866 - , klinische Untersuchung 865 konservative Therapie 866 - , Operationsindikationen 867 - , Operationstechniken 868 Querschnittssymptomatik 867 - , Röntgenuntersuchung 865 Witzelfistel 470 Wolff-Parkinson-Whinte (WPW)-Syndrom 375 Wolkenschädel 211 Wulstbruch 829 Wundbehandlung 14 ff. Wunddiphtherie 29 Wunden 7 ff. - , Wundformen 7 Wundexzision 14 Wundheilung 10 ff. - , Chemotaxis 11 f. - , Phasen 11 f. - , primäre 10 - , Proliferationsphase 11 f. - , Reparationsphase 11 f. - , sekundäre 10 Wundheilungsstörung 12 ff. Wundinfektion 12 f. Wundrandnekrose 13 Wundrevision 12 f. Wundruptur 13 Wundstarrkrampf s. Tetanus Wundverschluß 15 f. - , Primärnaht 15 - , Sekundärnaht 15f. - , verzögerte Primärnaht 15 Wuzelkompressionssyndrome 23 3 ff. Diagnostik 237f. - , Differentialdiagnose 238f. - , Operationsindikationen 238 - , Therapie 238ff. Wurzelspitzenresektion 264, 266
X Xero-Radiographie 301
Y Y-V-Plastik n. D i e f e n b a c h 923, 532
Zahnextration 265 f. Zahnwurzelimplantate 266 Zehenfrakturen und -luxationen 898 Zeiss-Schlinge 748 Zellatmung (Warburg) 163 Zelltumoren, endokrine 483 - , enterochromaffine 483 Zenker-Divertikel s. Ösophagusdivertikel Zentrale Atemlähmung 215 - Hüftluxationen 874 Zentraler Venendruck (ZVD) 8 5 f. Zentrales Nervensystem, Gefäßmißbildungen 213 ff.
Sachwortverzeichnis Zentralisation 139 Zentralregion 209 Zentralvenöser Zugang 60, 8 5 f. Zerebrale Durchblutungsstörungen, Einteilung 401 f. - Krampfanfälle 208, 219f., 227 Zerebro-vaskuläre Insuffizienz 400 f. Zervikale Myelopathie 230 Ziehl-Neelsen-Färbung 31 Zirrhus 465 f. Zökalröhrenfistel 494 Zollinger-Ellison-Syndrom 449f., 454, 472, 485, 691, 695 Zoster-Neuralgie 245 Z-Plastik 923 Zuelzer-Syndrom 719 Zuggurtungsosteosynthese 838 Zugschraube 837ff. Zungeneinriß 257 Zungenkarzinom 272
1007 Zwei-Helfer-Programm 146 Zweihöhlenverletzung 808 f. Zweipunkte-Unterscheidungsvermögen n. Weber 903 Zwerchfell, Anatomie 310 f. - , Tumoren 312 - , Zysten 312 Zwerchfelldefekt, angeborener 706 - , Operationstechnik 708 f. - , präoperative Maßnahmen 708 - , Symptome 707 - , Ursachen 707 Zwerchfellhernien 311 ff. Zwerchfellkrampf 312 Zwerchfellücken 311 f. Zwerchfellprolaps, traumatischer 311 Zwischenwirt 33 Zwitterbildungen 754 f. Zystektomie (Echinococcus) 585 Zysten, dentogene 266 ff.
- , mediastinale 340 - , Mundhöhle 267f. Zystenleber 583 Zystenniere, Diagnose und Differentialdiagnose 750 - , Epidemiologie 750 Prognose 750 Zystitis 758 f. - , Ätiologie u. Pathogenese 758 - , chronische 759 - , interstitielle 758 - , Therapie 758 Zystoduodenostomie 620 Zystoenterostomie 729 Zystogastrostomie 620 Zystojejunostomie 620 Zystometrie 742 Zystoskopie 758 Zytomegalievirux (CMV) 183 Zytostatika 20 Zytostatika-Zystitis 794
Hinweisindex zu den Gegenstandskatalogen 3 und 4 für den schriftlichen Teil des 2. und 3. Abschnittes der ärztlichen Prüfung (Chirurgie,
Urologie,
Orthopädie,
Leitsymptome,
Chirurgie 2. 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
Indikationen und Kontraindikationen des operativen Eingriffs rechtliche Grundlagen 1 und 99 fachliche Grundlagen 99-103 Operationszeitpunkt 103 Prognose 103-104 ergänzende Therapie zum operativen Eingriff 199-204
3. 3.1 3.2 3.3
Asepsis, Antisepsis, Hospitalismus Asepsis 35-36 Antisepsis 36-38 infektiöser Hospitalismus 3 8 - 4 0
4.
Grundprinzipien der Operationstechnik 5 7 - 6 6 und 1 - 6 Grundbegriffe 57 Instrumentarium 58 Operationstechnik 6 0 - 6 6 Organtransplantation 177 ff.
4.1 4.2 4.3 4.4 5. 5.1 5.2
35-40
Prinzipien der Vor- und Nachbehandlung bei operativen Eingriffen und bei Traumen 7 9 - 9 7 Voruntersuchungen und Vorbehandlung 7 9 - 8 4 postoperative Therapie, Nachsorge und Rehabilitation 84-97 und 199fT.
6. 6.1 6.2 6.3
Wundheilung und Wundbehandlung Wundformen 7 - 8 Wundheilung 8 - 1 4 Wundbehandlung 14-16
7.
Pathophysiologische Grundlagen beim operativen Eingriff und Trauma 6 6 - 7 8
8. 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6 8.7 8.8 8.9
Chirurgische Infektionslehre 19-34 und 4 1 - 5 6 allgemeine Infektionslehre 19-22 anaerobe pufride Infektion 2 9 - 3 3 Gasbrand und Tetanus 30 Aktinomykose 30 Tuberkulose 31 Syphilis 367 und 411 sonstige bakterielle Infektionen 23 Virusinfektionen 32 parasitäre Erkrankungen 33-34
9. 9.1 9.2
Schock 137-147 und 196ff. allgemeine Grundlagen 137-140 Äthiologie, Sofortdiagnostik und Therapie der klinischen Schockformen 140-147 Folgen des Volumenmangelschocks 137-139
9.3
7-16
Anästhesiologie)
9.4
Herz-Kreislauf-Stillstand beim Schock 191 ff.
10.
10.2 10.3 10.4 10.5 10.6 10.7
Chirurgische Diagnostik, Klassifikation und Behandlung von Tumoren 161-175 Korrelation von klinischen Zeichen und biologischem Verhalten 161-167 Krebsfrüherkennungsuntersuchungen 169 diagnostische Eingriffe 171 Klassifizierung der Tumorausbreitung 167-169 operative Geschwulstbehandlung 171-173 kombinierte Geschwulstbehandlung 171-173 Prognose 173-175
11. 11.1 11.2 11.3
Chirurgische Begutachtung 975-978 rechtliche Grundlagen 975-978 Grundzüge der Unfallbegutachtung 975-978 Untersuchungsmethoden 975-978
12.
12.3 12.4 12.5 12.6 12.7 12.8 12.9 12.10
Kopf, Gehirn, Rückenmark und periphere Nerven 205-248 raumfordernde intrakranielle Prozesse 205-213 Gefaßmißbildungen und Gefäßkrankheiten des ZNS 213-217 Schädel-Hirn-Verletzungen 217-224 Spaltmißbildungen 225-227 pathologische Größenzunahme des Kopfes 227-229 raumfordernde Prozesse des Spinalkanals 229-232 Wurzelkompressionssyndrome 233-239 Rückenmarksverletzungen 240-241 Läsionen peripherer Nerven 241-244 chirurgische Schmerzbehandlung 244-248
13. 13.1.1 13.1.2 13.2 13.3 13.4 13.5
Thorax 307-341 Pathophysiologic der Atmung 319-324 endoskopische Untersuchungen 319-324 Thoraxverletzungen 801-809 Thoraxwand und Pleura 307-319 Mediastinum 336-341 Bronchien und Lunge 319-336
14. 14.1.1 14.1.2
Herz 342-384 Operationsverfahren 342-345 kongenitale Herz- und thorakale Gefäßfehler ohne Kurzschluß 364-369 kongenitale azyanotische Herz- und Gefäßfehler mit Links-Rechts-Kurzschluß 364-369 kongenitale zyanotische Herzfehler 364-369 erworbene Aortenklappenfehler 364-369 erworbene Mitral- und Trikuspidalfehler 364-369 koronare Herzerkrankung 370-373 Erkrankungen des Reizleitungssystems 373-378 Perikard 378-379
10.1
12.1 12.2
14.1.3 14.1.4 14.1.5 14.1.6 14.1.7 14.1.8 14.2
145-147 und
Korrelationsregister Gegenstandskatalog
1010 15. 15.1 15.1.1 15.1.2 15.1.3 15.1.4 15.1.5 15.1.6 15.1.7 15.1.8 15.1.9 15.2
Gefäße 385-423 Arterien und Venen 385-421 Verletzungen 819-825 akuter Arterienverschluß 396-400 und 385 chronische arterielle Verschlußkrankheiten 400-411 Aneurysmen 411-413 arteriovenöse Fisteln 413-414 Nierenarterienstenose 406-407 variköser Symptomenkomplex 415-417 Phlebothrombose 418-421 Lungenarterienembolie 115-119 Lymphgefäße 421-423
16.
Gesicht und Mundhöhle
17.
Hals 281-292 (s.a. GK HNO 6.3) Fehlbildungen 281-286 vergrößerte Halslymphknoten 287-289 Verletzungen 289-291 Tumoren 286 Schilddrüse 655-671 (s.a. GK Innere Med. Abschn. 5, Kap. 2) Entzündungen 658-659 blande (euthyreote) Struma 659-661 hyperthyreote Struma 661-671 Schilddrüsenkarzinom 666-671 Nebenschilddrüse 672-678 (s.a. GK Innere Med. Abschn. 5, Kap. 5) Hyperparathyreoidismus 673-675 Hypoparathyreoidismus 672-673
17.1.1 17.1.2 17.1.3 17.1.4 17.2 17.2.1 17.2.2 17.2.3 17.2.4 17.3 17.3.1 17.3.2 18. 18.1.1 18.1.2 18.1.3 18.1.4 18.2
249-280
Brustdrüse 293-306 (s.a. GK Gynäkologie 1.2, 6.3.8 und 8.2.5) Fehlbildungen 294 Entzündungen 294 Mastopathie 295-297 (s.a. GK Spez. Pathologie 14.5.2) gutartige Tumoren 296-297 Mammakarzinom 297-306 (s.a. GK 2, Pathologie 4.10.4)
19. 19.1.1 19.1.2 19.1.3 19.1.4 19.1.5 19.1.6 19.1.7 19.1.8
Speiseröhre 425-445 Atresie 701-703 Divertikel 434-436 Verletzungen 436-438 Achalasie 427-430 Refluxkrankheit 432-434 Hernien des Hiatus oesophagei 431-432 Tumoren und Speiseröhre 439-445 Ösophagusvarizenblutung 544-554
20. 20.1.1 20.1.2
Zwerchfell 310-313 angeborene Hernien und Defekte Zwerchfellruptur 307 und 816
21. 21.1.1
Magen, Duodenum 446-622 Pathophysiologie 446-449 (s.a. GK 1, Physiologie 5.4 und GK 2, Pathophysiologie S.3.3) Fehlbildungen 715-724 Verletzungen 475 und 817 Ulkuskrankheit 452-462 Tumoren des Magens und Duodenum 462-471 obere gastro-intestinale Blutung 555-558
21.1.2 21.1.3 21.1.4 21.1.5 21.1.6
311-312 und 706-709
22. 22.1.1
22.1.5
Dünndarm 447-487 Atresien, Stenosen und Anomalien 715-724 und 726-727, 484ff. (s.a. GK Pädiatrie 4.3): Verletzungen 815-816 Entzündungen 479-482 Malabsorption nach Dünndarmresektion 485/487 und 477 Durchblutungsstörungen 405-406
23. 23.1.1 23.1.2 23.1.3 23.1.4 23.1.5 23.1.6 23.1.7 23.1.8
Kolon 488-519 Megakolon 719 Verletzungen 517 und 816 Appendizitis 505-508 Colitis ulcerosa 512-514 Morbus Crohn 514-515 Divertikulose, Divertikulitis Kolontumoren 496-505 familiäre Polypose 496
24. 24.1.1 24.1.2 24.1.3 24.1.4 24.1.5
Rektum und Anus 488-519 und 530-542 Fehlbildungen 531-532 Hämorrhoidalleiden 534-535 Analprolaps 532-533 entzündliche Erkrankungen 536-540 Tumoren von Rektum und Anus 496-505 und 540-541
25. 25.1.1 25.1.2 25.1.3
Akutes Abdomen, Peritonitis und Ileus 520-529 akutes Abdomen 559-570 Peritonitis 571-579 Ileus 520-529
26. 26.1.1 26.1.2 26.1.3 26.1.4 26.1.5
Leber 580-591 Fehlbildungen 727-728 portale Hypertension 555-558 Verletzungen 813-815 Zysten und Abszesse 583-588 Tumoren 588-591
27. 27.1.1 27.1.2 27.1.3
Gallenblase und Gallenwege 592-609 Gallensteinleiden 592-601 Cholestase 601-608 Gallenblasenkarzinom 608-609
28. 28.1.1 28.1.2 28.1.3 28.1.4 28.1.5
Pankreas 610-622 und 691-697 Fehlbildungen 611-612 Verletzungen 612-613 und 816 Entzündungen 613-618 Pankreaszysten und -Pseudozysten Tumoren 620-622
29. 29.1.1 29.1.2
Nebenniere 679-690 Erkrankungen der Nebennierenrinde Phäochromozytom 680-682
30. 30.1.1 30.1.2
Milz 623-628 Verletzungen 624-625 Splenomegalie 625-628
31. 31.1.1 31.1.2
Hernien, Hydrozelen 633-645 Hernien 633-645 und 812 Hydrozele 714
32. 32.1.
Unfallheilkunde Verletzungen des Weichteilmantels
22.1.2 22.1.3 22.1.4
508-512
559-579 und
618-620
679-690
7 und 832
Korrelationsregister 32.2
Gegenstandskatalog
32.6 32.7 32.8 32.9 32.10 32.10.4 32.11 32.11.1 32.11.2 32.11.3 32.11.4
physikalische und chemische Verletzungen 149-161 (s.a. GK 2 Radiologie Kap. 2.3 und 2.5) Frakturen und Luxationen Entstehungsmechanismen 829-950 Frakturtypen 829-832 Frakturzeichen 827-828 offene Frakturen 832 und 839 Frakturheilung Luxationen 949-950 und 829-831 Frakturen am wachsenden Skelett 898-901 Schaftfrakturen 881 und 890 Epiphysenverletzungen 947 Maßnahmen bei Weichteilverletzungen und Frakturen der Extremitäten 930-932 Wirbelsäule 863-871 Verletzungen des knöchernen Thorax 801-809 Verletzungen des Abdomens 809-818 Verletzungen des Urogenitalsystems 781-783 Verletzungen der oberen Extremitäten 850-825 Handgelenk und Hand 902-925 Verletzungen des Beckens und der unteren Extremität Becken 871-874 Hüftgelenk und Oberschenkel 874-882 Kniegelenk und Unterschenkel 882-893 Sprunggelenke und Fuß 893-901
33.
Verbandslehre
32.3 32.3.1 32.3.2 32.3.3 32.3.4 32.3.5 32.3.6 32.4 32.4.1 32.4.2 32.5
973-974
Urologie 1. 1.1 1.2 1.3 1.4 2. 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 3. 3.1
Pathomechanismen, allgemeine Symptomatologie und Prinzipien der Therapie 735-738 Niereninsuffizienz 735-736 Störungen des Harntransports 736 renale Hypertonie (s. LB Innere Medizin) Blasenfunktion 736-740 Urologische Leitsymptome 738-740 veränderte Harnausscheidung und Miktionsstörungen 738 Harnverhaltung 738-739 Hämaturie 739 Schmerz 739 Begleiterscheinungen urologischer Erkrankungen 738 und 740
3.2 3.3 3.4 3.5
Urologische Diagnostik 740-745 bakteriologische und klinisch-chemische Untersuchungen 740-741 Funktionsdiagnostik 741-742 radiologische Verfahren 742-743 transurethrale Diagnostik 743-744 Punktionsverfahren 744-745
4. 4.1 4.2 4.3 4.4
Urologische Therapie 746-749 Nierenentfernung 746-747 plastische Operationen 747 Harnableitung 747-748 endoskopische Eingriffe 748-749
5. 5.1
Fehlbildungen 749-754 Nierenanomalien 749-751
1011 5.2 5.3 5.4
Harnleiter 751 Blase und Harnröhre Genitale 754
6. 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6
Entzündungen 754-763 Niere und Nierenhüllen 754-757 Blase 758-759 Harnwegsinfektionen 757 Prostata, Samenblasen und Harnröhre Hoden und Nebenhoden 761 Urogenitaltuberkulose 761-763
7. 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6
Tumoren 764-776 Nierenparenchym 764-766 Nierenbecken und Harnleiter Blase 767-769 Penis 769 Hoden 770-772 Prostata 772-776
8. 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5
Urolithiasis 776-781 Steinarten 776 Äthiologie und Pathogenese 776-777 (s.a. GK Innere Med. Abschn. 6.2.14) Nierenstein 777-778 Harnleiterstein 778-779 Blasenstein 779-780
9. 9.1 9.2 9.3 9.4 9.5
Verletzungen Verletzungsarten 781-783 Symptomatik 781-783 Diagnostik 781-783 Therapie 781-783 Komplikationen 781-783
10. 10.1
Nebenniere operable Erkrankungen (s.a. GK Innere Med. Abschn. 5, 2.3 und 3.3 und GK Chirurgie Kap. 29)
11. 11.1 11.2
Fertilitätsstörungen, Sterilisierung 784-788 (s.a. GK Dermatologie Kap. 26) Fertilitätsstörungen 784-787 Sterilisierung des Mannes 787-788
12. 12.1 12.2 12.3 12.4 12.5 12.6 12.7 12.8
Urologische Erkrankungen im Kindesalter kongenitale Fehlbildungen 749-751 Blasenentleerungsstörungen 789 vesikoureteraler Reflux 790-791 Phimose 791 Lageanomalien des Hodens 792-793 „Hodenschwellung" 799 Tumoren 793-794 Harnsteinleiden 776
13. 13.1
Urologische Erkrankungen der Frau 794-797 Erkrankungen der Niere und der ableitenden Harnwege 794-796 Fisteln und Strikturen 796-797 Inkontinenz 737 und 742 (s.a. GK Gynäkologie 9.2.4)
13.2 13.3
752-754
759-761
766-767
14.
neurogene Blasenentleerungsstörungen
15. 15.1 15.2
Urologische Notfallsituationen Harnverhaltung - Anurie 798 Steinkolik 799
798-800
788-794
797-798
1012 15.3 15.4 15.5 15.6 15.7
Korrelationsregister Gegenstandskatalog „Hodenschwellung" 799 Priapismus 799 Paraphimose 800 Hämaturie 800 uroseptischer Schock 800
4.3
Erkrankungen der Bänder
5.
andere Erkrankungen mit Auswirkung auf den Bewegungsapparat neurogene Erkrankungen 961 Weichteilschädigungen siehe in 902-926
5.1 5.2 6.
Orthopädie 6.1 1.2
Schädigungen durch biomechanische Faktoren und 960
1.3
Degeneration
950 6.2
951
(s.a. GK 2, Pathologie 2.7) 1.4
präexistente Schädigungen und Störungen
1.5
Tumor und tumorähnliche Gewebsveränderungen (s.a. GK Spez. Pathologie 21.1.7)
1.6 1.6.3 1.6.4 1.6.5 1.6.6
Form- und Haltungsstörungen Deformitäten 941 und 939 ossäre und artikuläre Formstörungen Statikstörungen 960ff. Haltungsstörungen 960 und 961
1.7 1.7.1 1.7.2 1.7.3
Funktionsstörungen komplexe Störungen der Steh- und Gehfähigkeit 961 Störung des Gangbildes 933 komplexe Bewegungsstörungen der oberen Extremität 962 Bewegungseinschränkung der Gelenke 902 ff. pathologische Gelenkbeweglichkeit 949 radiologische Symptome (s.a. GK Klin. Radiologie 5.1) Degenerationszeichen 933 und 950 Entzündungszeichen 957 Zirkulationsstörungen 948 Kontinuitätsunterbrechung 828 ff. Befunde durch Radiometrie und Funktionsaufnahmen 936 und 942 Spezialtechniken s. GK 2, Radiologie Kap. 4 und Kap. 5
1.7.5 1.7.6 1.8 1.8.2 1.8.3 1.8.4 1.8.7 1.8.9 1.8.10 2. 2.3 2.5 3. 3.2 3.4 3.5 3.6 3.6.2 3.7 4. 4.1 4.2
950 957
941
7. 7.1 7.1.1 7.1.3 7.1.4 7.1.5 7.1.7 7.1.8 7.2
882
orthopädische Gesichtspunkte in der Traumatologie des Haltungs- und Bewegungsapparates (s.a. GK Chirurgie Kap. 32) Komplikationsmöglichkeiten und Spätfolgen von Knochenbrüchen 840-849 Spätfolgen von Verletzungen der Gelenkkapseln, Bänder und Sehnen 949 und 950 Allgemeine orthopädische Therapie konservative Therapie Lagerung und Immobilisation 966 Übungsbehandlung (s.a. GK Innere Med. Abschn. 11, 2.1.1) 973-974 Orthesen und orthopädische Schuhtechnik 965 Prothesen 963 physikalische Medizin (s. GK Innere Med. Abschn. 11, Kap. 2) 973-974 Grundlagen der medikamentösen Therapie (s.a. GK 2, Pharmakologie Kap. 30) operative Therapie 827-980
8.
Begutachtungsprobleme 975-980 (s.a. GK Rechtsmedizin 13.6, GK Sozialmedizin 6.4 und GK Arbeitsmedizin Kap. 15)
9. 9.1 9.1.1 9.1.2 9.1.13 9.1.4 9.1.5 9.2 9.2.1
Erkrankungen der Gelenke (siehe gesamtes Kap. XXXIII) chronische Polyarthritis (rheumatoide Arthritis) 957 (s.a. GK Innere Med. Abschn. 7.1.1) Arthrosen 950-952 Polyarthrose 954 (s.a. GK Innere Med. Abschn. 7.3.2) zirkulationsbedingte Gelenkkrankheiten 945-948 Sudecksche Dystrophie 843 Gelenkschädigung durch Immobilisation und Inaktivität (siehe Kap. XXXIII, 2 und 6)
9.4.2 9.5 9.6 9.7 9.8
Wirbelsäule angeborene und erworbene Störungen Haltung 933 arkuräre Kyphosen 944, 958 anguläre Kyphosen 959 Skoliosen 941 sonstige Fehlbildungen und Variationen 944 und 963 abakterielle entzündliche Erkrankungen Spondylitis ankylosans (s. GK Innere Med. Abschn. 7.4.1) 958 bakterielle entzündliche Erkrankungen Spondylitis tuberculosa 959 andere Spondylitiden 954 degenerative Veränderungen funktionelle, topographische und pathologische Anatomie 950-951 Wirbelsäulensyndrome (s.a. GK Chirurgie 12.7) 954 Osteoporose (s.a. GK Innere Med. Abschn. 5, 5.5) Tumoren 967-972 Verletzungen 863-871 orthopädische Begutachtung 975-980
10. 10.1 11.1 11.3.3
Brustkorb Trichterbrust und Hühnerbrust XXII 1111/1112 Schiefhals 939 XX 1.1.7 Verrenkungen 949
12.
Arm und Hand
Erkrankung der Muskeln, Sehnen, Sehnenscheiden und Bänder Erkrankungen der Muskeln 961 Erkrankungen der Sehnen und Sehnenscheiden 909-914
13. 13.1.1
Hüft-und Oberschenkelregion Hüftdysplasie (sog. angeborene Hüftluxation) 936-939 und 874 Coxa vara congenita 936-939 idiopathische Fermurkopfnekrose im Kindesalter 946
Erkrankungen des Knochens Knochentumoren und tumorartige Erkrankungen 967-972 entzündliche Knochenerkrankungen 957-959
9.3 9.3.1 9.3.2 9.4 9.4.1
13.1.2 13.1.4
902-926
Korrelationsregister Gegenstandskatalog 13.1.5 13.2 13.2.4 13.2.5 13.2.6 13.3 13.4 14. 14.1
1013
jugendliche Fermurkopflösung 947 erworbene Störungen neurogene Störungen 961 Koxarthrose 950 idiopathische Femurkopfnekrose 956 orthopädische Begutachtung wichtige Aspekte (z.B. Spätnekrose des Femurkopfes) Femurdefekte und -fehlStellungen 933
14.7
Kniegelenk 882-889 spezielle Anatomie funktionelle Anatomie des Kniegelenks und seiner wesentlichen Teilkomponenten (s.a. G K Chirurgie 1.7.3) angeborene und funktionell bedingte Störungen Patellaluxationen 949 Entzündungen 843 degenerative Veränderungen 950 Arthrose lokalisationsbedingte Besonderheiten, Grundzüge der Therapie Meniskopathie 887 Osteochondrosis dissecans 948 Tumoren des Kniegelenks und geschwulstmäßige Affektionen 9 6 7 - 9 7 2 Verletzungen und Verletzungsfolgen 8 8 2 - 8 8 9
15.
Unterschenkel und oberes Sprunggelenk
16. 16.1 16.2 16.4 16.6 16.8
Fuß und Zehen angeborene Fußdeformitäten erworbener Plattfuß 960 aseptische Nekrosen 948 neurogene Störungen 961 Zehendeformitäten 961
14.2 14.2.1 14.3 14.5 14.5.1 14.5.2 14.5.4 14.6
6.
7.
889-896
Aufgeführt sind chirurgische Aspekte des individuellen Krankheitsfalls 1. 1.1 1.3
Akut lebensbedrohliche Zustände, Grundlagen der Intensivmedizin 7 9 - 9 7
Blut und Lymphsystem Blutungsneigung 110 ff. Leukozytose 571 ff.
1.5
Wasser- u. Elektrolythaushalt, Nieren, Urogenitaltrakt Anurie 798 Hämaturie 739, 765, 768 Harninkontinenz 737, 743, 785ff. Miktionsstörungen 3, 738ff. Schwellungen im Skrotalbereich 799
1.6
Bewegungsapparat, Muskeln, Skelett, Weichteile Skelettdeformitäten 936ff.
2. 2.2
Diagnostische Methoden Entnahme von Körperflüssigkeiten Arterienpunktion 61 Aszitespunktion 61 Harnblasenkatheterismus 798 Lumbalpunktion 210, 215, 865 Pleurapunktion 61 Venenpunktion, Legen eines Venenkatheters
2.3
Laboruntersuchungen Blutgasanalyse 82, 92, 320, 321
2.5
endoskopische Methoden Bronchoskopie 5, 322, 326, 331, 334 Mediastinoskopie 337 Rektoskopie 5
3. 3.1
Krankheiten und Verletzungen Herz und Gefäße Aortenaneurysma 388 arterielle Verschlußkrankheiten 387, 397ff. Embolie, arterielle 396 Phlebothrombose 114 ff. Varizen 416 f.
3.2
Atmungsorgane Bronchialkarzinom 33 I f f . Bronchiektasie 3 2 8 ff. Lungenembolie 1 1 5 f f , 3 7 9 f f , 418, 419 Pleuraempyem 312, 318f., 327 respiratorische Insuffizienz 321, 802 Spontanpneumothorax 314 f.
3.3
Gastrointestinaltrakt, Abdomen Achalsie 427, 436, 441 Analfisteln 538, 539 Appendizitis 565 Cholelithiasis 596 Cholezystitis 565 Colitis ulcerosa 33, 512ff., 538
und 1 3 7 - 1 4 7
7.1
respiratorische Insuffizienz
7.2
kardiozirkulatorische Insuffizienz (s.a. GK 2, Akute Notfälle, Kap. 4)
7.3
Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-BasenHaushaltes 87 und 7 2 - 7 8
7.4 7.7.1 7.7.2 7.7.3
parenterale und Sondenernährung 88-92 Akute gastrointestinale Blutung 555 Verbrennungskrankheiten 149-160 Polytrauma 927-929
561
1.4
939
Grundlagen der Anästhesiologie 123-136
Leitsymptome Schock 137ff. akutes Abdomen 559ff. Ikterus 602, 603 Schmerzen im Bereich des Abdomens Stuhlinikontinenz 533, 541 f.
92-93 93-95
60
Korrelationsregister Gegenstandskatalog
1014 Dickdarmpolyp 598 Enterokolitis 516 Hämorrhoidalleiden 534 Ileus 715 ff. Kolondivertikulitis 509, 631 kolorektales Karzinom 498 ff. Leberabszeß 582 f. Leistenhernie 637ff. Magenkarzinom 463 ff. Malabsorptionssyndrom 485 Megakolon 917 Morbus Crohn 538, 592, 631 Oesophagusdivertikel 434 ff. Oesophaguskarzinom 439 ff. Oesophagusvarizen 547 Pankreaskarziom 620ff. Pankreatitis, akute u. chronische 613ff., 616ff. Peritonitis 571 ff. portale Hypertension 33, 615ff. Refluxkrankheiten des Oesophagus 433, 434 Schenkelhernie 637 ff. Ulcus ventriculi, duodeni 452, 453 3.5
Niere, Urogenitaltrakt Harnwegsinfekt 760 Hodentumor 770 f. Hydronephrose 629, 736, 738, 751 Kryptorchismus 784 Nephrolithiasis 777 ff. Nierentumor 764 ff. Nierenversagen, akutes 735 Prostatakarzinom 774 Pyelonephritis, chronische 755 f.
3.6
Bewegungsapparat, Muskeln, Skelett, Weichteile Bandscheibenvorfall 234f. Bursitis 931, 24 Dermoidsinus 404 f. Gelenkganglien 907 Gelenkerkrankungen, degenerative 905 Hohlhandphlegmone 920 Knochenmetastasen 968 f. Hüftgelenksluxation 936 Mammakarzinom 298 f. Narbenhernie 643 Osteomyelitis, chronische 840 Panaritium 26, 27ff. Polyarthritis, chronische 957 Spondylitis ankylosans 958 Wirbelsäulenerkrankungen, degenerative 954 f.
3.7
3.9
Verletzungen Achillessehnenruptur 930 Aortenruptur, traumatische 381, 821 Bauchtrauma, perofierendes 569 Bauchtrauma, stumpfes 559 Epiduralhämatom 222 ff. Femurfrakturen 882 f. Fibulafraktur 892 Fingerfrakturen 914f. Gefäßverletzungen 15, 291 Gesichts- u. Gesichtsschädelverletzungen Harnblasenruptur 814 f. Harnröhrenverletzungen 783 Humerusfrakturen 855 Kalkaneusfraktur 896 Klavikulafraktur 850 f. Kniegelenkverletzungen 884ff. Knöchelfrakturen 898 Leberruptur 813 f. Metakarpalfrakturen 914 f. Metatarsalfrakturen 914 f. Milzruptus 808, 812f. Navikularefraktur 909 ff. Nervenverletzungen 915 f. Nierenverletzungen 739 Oesophagusverletzungen 807 Olekranonfraktur 8 5 7 f. Patellafraktur 888 f. Pneumothora 5, 194, 291, 313 ff., 803 Radiusfraktur 859 f. Rippenfraktur 802 f. Rückenmarksverletzungen 240 ff. Schädelfrakturen 218 Schädel-Hirn-Trauma 90, 197, 217 ff. Schultergelenksluxation 852 Sehnenverletzungen der Hand 930 Sternumfraktur 871 Subdursalhämatom 222 Thoraxverletzungen 143, 195, 801 Tibiafraktur 892 Ulnafrakturen 917 Unterschenkelfraktur 8 90 ff. Wirbelfrakturen 863 ff. Wirbelluxation 240 Infektionen Abszeß 21, 23 Furunkel 25, 291 Phlegmone 28, 291 Tetanus 30
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