Lebende Bilder in der italienischen Festkultur des 15. Jahrhunderts 9783050076997, 9783050034089

‚Lebende Bilder’, auch unter der französischen Bezeichnung ‚tableaux vivants’ bekannt, sind ein verbreitetes Phänomen de

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German Pages 336 [340] Year 1999

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Lebende Bilder in der italienischen Festkultur des 15. Jahrhunderts
 9783050076997, 9783050034089

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Philine Helas

Lebende Bilder in der italienischen Festkultur des 15. Jahrhunderts

Philine Helas

Lebende Bilder in der italienischen Festkultur des 15. Jahrhunderts

Akademie Verlag

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT

Das Werk erscheint in der Reihe Acta humanioara Schriften zur Kunstwissenschaft und Philosophie

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Helas, Philine : Lebende Bilder in der italienischen Festkultur des 15. Jahrhunderts / Philine Helas. - Berlin : Akad. Verl., 1999 (Acta humaniora) Zugl.: Berlin, Humboldt-Univ., Diss., 1997

ISBN 3-05-003408-4

Einbandabbildung: „Triumph der Fama" 1475 in Pesaro Frontispiz: Detail „Fortuna" aus „Der Einzug Alfonso d'Aragonas in Neapel", cassone, 1452

© Akademie Verlag GmbH, Berlin 1999 Der Akademie Verlag ist ein Unternehmen der R. Oldenbourg-Gruppe. Das eingesetzte Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Satz: Dörlemann Satz, Lemförde Druck und Bindung: Druckerei zu Altenburg Printed in the Federal Republic of Germany

Pantomimische Tänze eröffneten die Lustbarkeit. Während der Zeit, wo man sich daran ergötzte, blieb ich draußen vor der Tür und weidete allda mit großem Behagen das hin und wieder hervorgekeimte Gras ab. Bisweilen stellt' ich mich auch in das offene Portal und vergnügte meine Neugierde an den angenehmen Vorstellungen, die gegeben wurden. Apuleius: Der goldene Esel, X, 29 (in der Ubersetzung von August Rode)

Inhalt

Vorbemerkung Einleitung

XI 1

Präsenz I.

Dramatisierung von Liturgie, Predigt und Kirchenfest 1. Inszenierungen im Kirchenraum Florenz 2. Inszenierungen im Außenraum Siena 3.Predigtbegleitende Inszenierungen

13 17 19 22 23 26

II. D r a m a t i s i e r t e P r o z e s s i o n e n 1.Jährliche rituelle Prozessionen Das Epiphaniefest Das Fest zu Ehren des Stadtpatrons Corpus Domini-Prozessionen 2.Prozessionen aus spezifischem Anlaß Die „Offerta per l'opera del D u o m o " in Mailand Eine Offerta-Prozession für den „Monte di Pietä" in Crema Eine Prozession gegen die türkische Bedrohung in Modena

28 28 29 31 38 46 46 47 49

III.Intention und W i r k u n g der religiösen lebenden Bilder

50

Evokation I.

Triumphale Herrschereinzüge 1.Der Einzug von Alfonso d'Aragona in Neapel 1443 Die Berichte Das Programm der Katalanen Das Programm der Florentiner Bildliche Darstellungen Fortuna-Occasio Die Auswirkungen auf die Festkultur 2. Der Einzug Friedrichs III. in Venedig 1452 3.Der Einzug von Borso d'Este in Reggio 1453 Der Entwurf Malatesta Ariostis

59 61 65 69 71 74 78 86 88 89 89

VIII Das realisierte P r o g r a m m Bildliche Darstellungen

II. Varianten des Triumphes im päpstlichen Rom 1. D e r 2.Der Der Der Der 3.Die Die Die Die

T r i u m p h der Stadt R o m 1466 Possesso Possesso Alexanders VI. 1492 Possesso Julius II. 1502 u n d sein Einzug 1507 Possesso Leos X . 1513 „feste di A g o n e " „festa di G r a n a d a " „feste di A g o n e " u n t e r Alexander VI „feste di A g o n e " u n t e r Julius II

III. Triumph und „trionfi" 1. Die mythologischen trionfi 2. Die allegorischen trionfi Die „Trionfi" Petrarcas Fortuna 3 . D i e H y p n e r o t o m a c h i a Poliphili 4 . D e r christliche trionfo

94 101

103 105 109 110 111 112 115 116 117 120

121 122 127 127 130 133 137

Repräsentation I.

Federico da Montefeltro: Toter Herrscher - lebendes Bild

143

1. Die Allegorie der Fama 2.Die „uomini famosi" 3. Die „Trionfi" Piero della Francescas

145 147 150

II. Die Visualisierung politischer Bündnisse 1.Die Inszenierung des Friedensvertrages mit Venedig in Mailand 1449 2. Die Publikation der antifranzösischen Liga 1495 in Venedig Die Berichte ü b e r die Prozession Das P r o g r a m m Bildliche Darstellungen Die Veranstalter Die Vorläufer 3. Lebende Bilder als Medium der Selbstdarstellung Venedigs

152 152 154 154 157 160 162 162 166

III. Formen der „lebenden effigies"

171

Das lebende Bild in der visuellen Kultur des Quattrocento

179

Appendix A b k ü r z u n g s Verzeichnis

Quellen Bologna Casteldurante

191

191 191 193

IX Crema Ferrara Florenz Foligno Forli Mailand Mantua Modena Neapel Orvieto Perugia Pesaro Pistoia Prato Reggio Rimini Rom Siena Todi Venedig Viterbo Bracciolini Savonarola Niederlande

193 195 197 202 202 204 206 207 209 214 214 215 216 218 218 226 227 233 234 234 241 243 244 245

Bibliographie

247

Quellen Sekundärliteratur

247 251

Abbildungsverzeichnis

274

Abbildungen

277

Register

321

Vorbemerkung

Den ersten Impuls für die Beschäftigung mit den „Lebenden Bildern" der italienischen Renaissance gab bereits zu Beginn meines Studiums ein Seminar „Lebende Bilder vom Mittelalter bis Barock", das Horst Bredekamp und Berthold Hinz im Wintersemester 1988/89 am Kunstgeschichtlichen Seminar der Universität Hamburg veranstalteten. Die letztlich daraus hervorgegangene Arbeit wurde 1997 von der Philosophischen Fakultät III der HumboldtUniversität zu Berlin als Dissertation angenommen und erscheint hier in leicht überarbeiteter Fassung. Herzlich danken möchte ich an erster Stelle Horst Bredekamp, der die Arbeit betreut und mir ihre Realisierung an der Humboldt-Universität ermöglicht hat. Dank für ihre konstruktive Kritik schulde ich daneben den beiden anderen Gutachtern der Dissertation, Rudolf Preimesberger und Adam Labuda. Mit Hinweisen und Ratschlägen halfen mir Ingeborg Walter und Roberto Zapperi, Elke Werner, Nike Bätzner, Susanne Tichy und vor allem Helga Möbius, die Text und Fahnen mit großer Akribie gelesen hat. Zu großem Dank verpflichtet bin ich Gerd Giesler für die verlegerische Betreuung des Buches und der VG WORT, deren Unterstützung das Erscheinen in dieser Form ermöglicht hat. Mein Dank gilt daneben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Institutionen und Bibliotheken, in denen ich meine Forschungen durchführen konnte, von denen hier nur die Biblioteca Apostolica Vaticana und die Bibliotheca Hertziana in Rom sowie die Kunstbibliothek in Berlin genannt seien. Dank sei an dieser Stelle auch gesagt den Hamburger und Berliner Freundinnen und Freunden, die mich auf unterschiedliche Weise unterstützt haben, ebenso meinen Eltern, Schwestern und Emma Lou. In Dankbarkeit verbunden bin ich schließlich Gerhard Wolf für seine unermüdliche Diskussionsfreude und seinen Beistand.

Einleitung

A u f seiner „Italienischen R e i s e " w u r d e G o e t h e 1 7 8 7 in N e a p e l e r s t m a l i g Z e u g e jener „ n a t ü r lichen B i l d n e r e y " 1 , d e r e n Verbreitung L a d y H a m i l t o n m i t d e r m i m i s c h e n D a r s t e l l u n g antiker S k u l p t u r u n d Malerei initiierte. 2 E r w e i t e r t auf die s z e n i s c h e D a r s t e l l u n g v o n G e m ä l d e n f ü h r t e G o e t h e dies in seinen „ W a h l v e r w a n d s c h a f t e n " als gesellschaftlichen Z e i t v e r t r e i b v o r : „Sollten Sie es wirklich n o c h nicht v e r s u c h t h a b e n b e k a n n t e G e m ä l d e v o r z u s t e l l e n ? E i n e s o l c h e N a c h bildung, w e n n sie a u c h m a n c h e m ü h s a m e A n o r d n u n g e r f o r d e r t , bringt d a g e g e n a u c h einen unglaublichen R e i z h e r v o r . " 3 N a c h d e r ersten e r f o l g r e i c h e n A u f f ü h r u n g greifen die P r o t a g o nisten des R o m a n s die A n r e g u n g e r n e u t a m Heiligen A b e n d auf, u n d stellen o h n e die k o n k r e t e V o r l a g e eines Bildes die Heilige Familie dar. 4 Z u dieser S z e n e h a t t e n G o e t h e d i e p r e s e p e a n g e r e g t , die er ebenfalls bei s e i n e m B e s u c h in N e a p e l 1 7 8 7 s a h . D e r e n E i n d r u c k z u n o t i e r e n w a r i h m just bei seinen A u f z e i c h n u n g e n z u L a d y H a m i l t o n eingefallen: 5 „ E s sind K r i p p c h e n ( p r e s e p e ) , die m a n z u W e i h n a c h t e n in allen K i r c h e n sieht, eigentlich die A n b e t u n g d e r H i r t e n , E n g e l u n d K ö n i g e v o r s t e l l e n d , m e h r o d e r w e n i g e r vollständig, reich u n d k o s t b a r z u s a m m e n g r u p p i e r t . ( . . . ) D a m a g m a n n u n m a n c h m a l a u c h lebendige F i g u r e n z w i s c h e n die P u p p e n m i t

1

Den Begriff der „natürlichen Bildnerey" führt Goethe in den Wahlverwandtschaften ein. Goethe ed.1892, p.252.

2

Lady Hamilton sah Goethe bei seinem Besuch bei Lord Hamilton während seines ersten Aufenthaltes in Neapel: „Sie ist sehr schön und wohlgebaut. Er hat ihr ein griechisch Gewand machen lassen, das sie trefflich kleidet; dazu löst sie ihr Haare auf, nimmt ein paar Shawls und macht eine Abwechslung von Stellungen, Gebärden, Mienen etc., daß man zuletzt wirklich meint, man träume. Man schaut, was so viele Künstler gern geleistet hätten, hier ganz fertig in Bewegung und überraschender Abwechslung." Goethe ed.1904, p.54. Bei seinem zweiten Aufenthalt in Neapel besuchte Goethe Lord Hamiltons ,Kunst- und Wunderkammer': „Auffallend war mir ein aufrechtstehender, an der Vorderseite offener, inwendig schwarz angestrichener Kasten, von dem prächtigsten goldenen Rahmen eingefaßt. Der Raum war groß genug um eine stehende menschliche Figur aufzunehmen, und demgemäß erfuhren wir auch die Absicht. Der Kunst- und Mädchenfreund, nicht zufrieden, das schöne Gebild als bewegliche Statue zu sehen, wollte sich auch an ihr als an einem bunten unnachahmlichen Gemälde ergötzen, und so hatte sie manchmal innerhalb dieses goldenen Rahmens, auf schwarzem Grund vielfarbig gekleidet, die antiken Gemälde von Pompeji und selbst neuere Meisterwerke nachgeahmt." Goethe ed.1904, p.250.

3

So der Graf in Goethes Wahlverwandschaften, Goethe ed.1892, p.252. In diesem Roman benutzt Goethe die lebenden Bilder als Motiv und als episches Darstellungsmittel. Cf. Miller 1972, pp,115sq.

4

Goethe ed.1892, p p . 2 6 9 - 2 7 3 . Miller 1972, p.116 vermutet, daß ein Gemälde Correggios als Vorbild gedient habe.

5

„Hier ist der O r t noch einer anderen entschiedenen Liebhaberei der Neapolitaner zu gedenken.", hebt er nach der Beschreibung des obenerwähnten (n.2) Kastens an. Goethe ed. 1904, p.252.

Einleitung

2

eingemischt haben, und nach und nach ist eine der bedeutendsten Unterhaltungen hoher und reicher Familien geworden, zu ihrer Abendergötzung auch weltliche Bilder, sie mögen nun der Geschichte oder der Dichtkunst angehören, in ihren Palästen aufzuführen."6 Wie auch an anderer Stelle verbindet Goethe damit jenes unter der Bezeichnung Attitüde, tableau vivant oder lebendes Bild bekannte Gesellschaftsspiel des 18. und 19. Jahrhunderts mit einer älteren italienischen Tradition.7 Der Begriff des „lebenden Bildes" scheint zunächst ein Paradoxon zu bezeichnen, da der ontologische Status des Bildes „Leben" ausschließt. Der sich im 15. Jahrhundert ausbildende Kanon der Kunstgattungen Architektur, Skulptur und Malerei impliziert den Anspruch auf Dauerhaftigkeit und berücksichtigt daher nicht die Verwendung für Inszenierungen, die ihnen per se nur eine kurze Lebensdauer garantierten. In der Kunsttheorie des Quattrocento wird das mimetische Vermögen des Bildes zum zentralen Kriterium. Die Künste messen sich im Paragone ihrer Möglichkeiten; in der Malerei wird die Vortäuschung von Architektur, Skulptur und Materialqualitäten zum Argument medialer Überlegenheit.8 In diesem Diskurs nimmt das ephemere lebende Bild eine fast absurde Position ein: Es ist Produkt künstlerischer Mimesis und zugleich das Lebendige selbst; im Grunde der künstlerische Versuch, das Lebendige „mimetisch" dem Kunstwerk anzugleichen. Dieses Changieren zwischen den Dimensionen von „ewiger Kunst" und „vergänglichem Leben" veranlaßte einst Burckhardt zu dem vielzitierten Schluß: „Das italienische Festwesen in seiner höheren Form ist ein wahrer Ubergang aus dem Leben in die Kunst." 9 Die Feste der Renaissance wurden unter Mitwirkung von bedeutenden Künstlern gestaltet, trotzdem hat die zeitgenössische Kunsttheorie das Ephemere nicht in seinem Kunstcharakter diskutiert. Den Anspruch des Kunstwerkes auf Dauerhaftigkeit stellten erst Avantgarde-Bewegungen des 20. Jahrhunderts in Frage, indem sie die Aufhebung der Trennung von Kunst und Leben postulierten.10 Das Prinzip des lebenden Bildes, als eine suggestive Vereinigung

6

Die Äußerung über die Inserierung lebendiger Darsteller ist insofern irritierend, als sie sich in keiner weiteren Beschreibung der presepe findet. Cf. Holmström 1967, p.211 und Mancini 1983, p.17. Die neapolitanische presepe bestehen meist aus kleinen Figürchen, doch gab es besonders im 15. und 16. Jh. auch lebensgroße Krippen in einigen Kirchen. Cf. Nicolini in: Mancini 1983, pp.186-187.

7

In seinem Proserpina-Aufsatz schreibt Goethe: „Ebenso ist es mit den Tableaus, mit jener Nachbildung eines gemalten Bildes durch wirkliche Personen. Sie fingen in Klöstern, bei Krippen, Hirten und drei Königen an, und wurden zuletzt ein gleichfalls für sich bestehender Kunstzweig, der manchen Liebhaber reizt und beschäftigt, auch sich einzeln schon auf dem Theater verbreitet hat." Zitiert nach Holmström 1967, p.109. Zu den lebenden Bildern des 18./19. Jh. außerdem Miller 1972, pp.ll2sq. und Joos 1999.

8

In Italien hat sich das Problem des Paragone in den kunsttheoretischen Schriften niedergeschlagen. In den Niederlanden wird dieser Diskurs zwar weniger theoretisch aber von Künstlern wie van Eyck explizit in der Malerei thematisiert. Cf. Preimesberger 1991.

9 10

Burckhardt »1988, p.292. Vor allem Happening, Fluxus und Performance wären hier zu nennen. Im Medium des lebenden Bildes bewegen sich beispielsweise die „living sculptures" von Piero Manzoni, die „singing sculpture" von Gilbert and George und James Lee Byars' „The Play of Death". (Cf. Jappe 1993). Einige Künstler, wie Luigi Ontani, beziehen sich auf bildliche Vorgaben (Luigi Ontani, Hrsg. Peter Weiermair, Ausstellungskatalog Frankfurt am Main / München 1996) oder thematisieren wie Stephen Woodrow mit

Einleitung

3

von Mensch und Kunstwerk, wird weiterhin vor allem von Performance-Künstlern eingesetzt 11 und ist verschiedentlich in das Medium des Films transportiert worden. 1 2 Obwohl den lebenden Bildern der Renaissance, jenen der Goethezeit und den Performances unseres Jahrhunderts in ihrem jeweiligen historischen Kontext eine spezifische Erscheinungsform eignet, eint sie doch eine Vergleichbarkeit der Ausdrucksmittel. 1 3 In den einschlägigen Lexika findet sich daher unter dem Stichwort „lebendes Bild" in der Regel die Beschreibung seiner Erscheinungsformen vom Mittelalter bis zur Goethezeit. 1 4 Der Terminus „lebendes Bild" ist bereits explizit für die Phänomene des Quattro- und Cinquecento verwendet worden und soll auch hier zur Anwendung kommen, zumal sich andere kursierende Bezeichnungen als problematisch erweisen. 15 In der italienischen Sekundärliteratur zur Festkultur wird teils das französische „tableaux lem in der jüngeren Forschung, dies als „quadri

viventi"

vivants"

übernommen 1 6 , teils, vor al-

in das Italienische übertragen 17 , oder

auf die Bezeichnungen zurückgegriffen, die sich in den jeweiligen Quellen finden.

11

seinen „Living Paintings" (Frauenfestival Hammoniale, Ausstellung Kampnagel Mai 1992) das Medium des Bildes. Marina Abramovic, die in einigen ihrer Performances mit der „Stillstellung" des Menschen bzw. ihrer selbst und ihres Partners Ulay (Uwe Laysiepen) arbeitete, bezog sich in einer Performance 1991 in der Aula der HdK in Hamburg auf das dort befindliche Gemälde. In der derzeitigen Berliner Performance-Szene inszeniert sich Johan Loorbeer als lebendes Bild.

12

Unter dem Aspekt der Verarbeitung von Gemälden wären hier „Passion" von Godard, der Film von Jarman über Caravaggio und Greenaway, der dies in seinen Filmen vielfach einsetzt, zu nennen. 13 Ein zentraler Unterschied ist allerdings, daß in der Renaissance, zumindest in Italien, kaum weibliche Darstellerinnen anzutreffen sind, während im 18./19. Jahrhundert die sogenannten „Attitüden" eine primär weibliche Domäne waren. Cf. Hoff 1987 und 1993. Die Zurschaustellung des weiblichen Körpers spielte auch zur Zeit des „Zweiten Empire" eine Rolle, als tableaux vivants zur Darstellung des nackten Körpers genutzt wurden, eine Tradition die sich bis in die Zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts in Deutschland fortsetzte, wo in Varietes Nacktheit nur verbunden mit Bewegungslosigkeit gezeigt werden durfte. Zu dieser Zeit zeigten auch erotische Postkarten ihre Modelle häufig in gestellten Szenen oder in antikischen Posen. Cf. Erich Wullfen: Fritz Ulbrichs lebender Marmor, Wien 1931. 14

Der Brockhaus von 1970 vermerkt s.v. lebende Bilder „entwicklungsgeschichtlich gesehen jede Schau ohne Aktion auf der Bühne, wie sie zu allen Zeiten zu Umzugsbräuchen gehört" und zählt Mysterienspiele ebenso wie festliche Einzüge und Fronleichnamsprozessionen auf. Das Lexikon der Kunst (Leipzig 1987-1994), s.v. lebende Bilder faßt darunter alle Erscheinungsformen über Epochen und regionale Grenzen hinweg.

15

„Lebende Bilder" wird von Wolters 1983, p.48. und Löther 1996, p.112 als Bezeichnung für die venezianischen soleri verwendet. Belting 1981, p.235, η.61 bezeichnet so die in der Prozession mitgeführten Darstellungen. Cf. Zorzi 1977, p.74. Die Enciclopedia dello spettacolo (vol.VIII, p.612) verwendet den Begriff synonym zu tableau vivant. Die Ursprünge werden auf die religiösen Feste zurückgeführt, insbesondere Resurrektions-Feiern, mit Verweis auf Prozessionswagen und „belebte" Triumphbögen. Weiterhin verwenden ihn u.a.: Guarino 1988, p.39 passim; Calore 1977, p.48 passim; Angiolillo 1996, p.40 für die auf Wagen gestellten Szenen; Trombetta 1979. In der älteren Literatur finden sich eher beschreibende Formulierungen wie „grandi quadri animati" und bezüglich der San Giovanni Prozession „veri quadri plastici viventi" (Galante Garrone 1935, p.64 / p.115), oder „quasi quadri viventi" (Bartoli 1880, p.174 und Calore 1982, p.53).

16 17

Einleitung

4 Die Ü b e r n a h m e des französischen Begriffs tableau

vivant

ist insofern problematisch, als er

zum einen selbst erst im 19. Jahrhundert in Zusammenhang mit der aktuellen Festkultur aufkam, im 15. Jahrhundert findet sich im französischsprachigen R a u m meist die Bezeichnung echafaud.

Z u m anderen unterscheiden sich die Inszenierungsformen in Frankreich und den

Niederlanden von jenen in Italien. I m Norden wurden anläßlich religiöser Feste und der entree solenneile

eines Herrschers entlang des Weges reichgeschmückte bühnenartige Gerüste

aufgebaut, auf denen lebende Menschen eine mehrfigurige Szene darstellten, die durch eine Inschriftentafel und/oder von einer außerhalb des Bildes befindlichen Person erklärt wurde. 1 8 Ü b e r die tableaux

vivants

anläßlich des Einzuges des D u e de Beaufort in Paris 1428 heißt es:

„und es war ohne zu sprechen oder zu zeigen gemacht, als ob es auf einer Mauer angebrachte Bilder gewesen wären". 1 9 Charles V I I . wurde bei seiner entree solenneile bleaux

vivants

1437 in Paris mit ta-

der Passion Christi empfangen, bei denen der Chronist ebenfalls betont, daß

diese ihren ergreifenden Eindruck ohne gesprochene Worte erzielten. 2 0 Die tableaux

vivants,

die anläßlich des Einzuges Johannas von Kastilien in Brüssel 1496 zu sehen waren, sind in einer illuminierten Handschrift festgehalten. 2 1 Einleitend vermerkt der C h r o n i s t : „Es folgen die Bilder oder Posen von Figuren (die wir personagias

nennen) auf erhöhten

Bühnen bzw. verschlossenen Gerüsten, die in den Winkeln der Gassen aufgestellt waren und für die Vorübergehenden im rechten M o m e n t auf Befehl durch daran angebrachte Vorhänge mal verhüllt wurden, mal den Blicken offenstanden. Sie vermochten nicht nur durch die passende Darstellung der Taten und durch den wunderbaren prächtigen Apparat, sondern auch durch Anwendung einer aufs beste angemessenen Bildrhetorik (Tropologie) (wie deutlich werden wird) die Gemüter aller (der Gebildeten insbesondere) zu ergötzen." ( Q C X X X I X ) Die insgesamt 27 Stationen zeigten in ungewöhnlichem Maße weibliche Persönlichkeiten, alttestamentliche, antike und zeitgeschichtliche, mit denen sich das Programm explizit an die Braut wandte. U n t e r anderem sah man die Mutter Johannas, Isabella von Kastilien, der in Anspielung auf die Ereignisse von 1492 der König von Granada seine K r o n e übergab. ( A b b . l ) Eine Illustration wählt nicht den der „Bildwirkung" angemessenen frontalen Blick, sondern macht durch einen seitlichen Betrachterstandpunkt die Konstruktion der einfachen, mit einem Vorhang verschließbaren Holzbühne sichtbar. ( A b b . 2 ) N o c h als Calvete de Estrella im Gefolge von Karl V. in Lüttich 1549 lebende Bilder zu dessen Ehren sah, war der Charakter 18

Die frühesten Dokumente berichten von religiösen Darbietungen, die 1313 in Paris von Philipp dem Schönen zu Ehren Eduards von England an Pfingsten veranstaltet wurden (Petit de Julleville 1880, vol.I, p.197 und vol.II, pp.186-88), und 1389 zum Einzug Isabelle von Bayern (Petit de Julleville 1880, vol.II, pp.188-89). Cf. auch Guenee/Lehoux 1968 und Knight 1983, besonders pp.ll7sq. Die tableaux vivants waren meist nach einem dem Anlaß gemäßen Programm konzipiert, das sich über die Huldigung hinaus auch als politischer Auftrag verstehen konnte. Zu einzelnen Einzügen siehe Guenee/Lehoux 1968; Bryant 1986 und Les fetes de la Renaissance 1956-75.

19

„et fut fait sans parier ne sans signer, comme ce feussent ymaiges enlevez contre ung mur" Journal d'un bourgeois de Paris, zitiert nach Petit de Julleville 1880, vol.II, p.190. „Et ne parloient rien ceux qui ce faisoient, mais le montrerent par jeux de mystere; et furent les maniereres bonnens et bien jouees, et vivement compassionnees, et moult piteuses." Enguerrand de Monstrelet, zitiert nach Petit de Julleville 1880, vol.I, p.198.

20

21

SMPK Berlin, Kupferstichkabinett, 78 D 5. Cf. Herrmann 1914, pp.364-411, mit zahlreichen Abbildungen und Kindermann 1959, p.234. Die Illustrationen sind jeweils mit einem kurzen Kommentar versehen. Sie folgen fast alle demselben frontalen Bildaufbau und sind relativ flüchtig gezeichnet und koloriert.

Einleitung

5

d e r A u f f ü h r u n g e n ä h n l i c h . 2 2 E r b e s c h r e i b t sie als „ R e p r ä s e n t a t i o n e n v o n l e b e n d e n M e n s c h e n , die d u r c h ihre Ä h n l i c h k e i t u n d die H a l t u n g , in d e r sie d a s t a n d e n , jeder seine P e r s ö n l i c h k e i t darstellten, w a s eine e r s t a u n l i c h e S a c h e w a r " . 2 3 ( Q C X L ) I n w i e w e i t diese tableaux

vivants

sich auf k o n k r e t e B i l d v o r l a g e n b e z o g e n , wie es i m 18. u n d 19. J a h r h u n d e r t c h a r a k t e r i s t i s c h w i r d , ist s c h w e r e i n z u s c h ä t z e n . 2 4 Lediglich in e i n e m Fall läßt sich dies p r ä z i s i e r e n : Bei d e m E i n z u g Philipps des G u t e n in G e n t 1 4 5 8 diente der 2 6 J a h r e z u v o r geweihte e y c k s c h e „ G e n t e r A l t a r " als Vorbild für die D a r s t e l l u n g eines L e b e n s b r u n n e n s . 2 5 In Italien gab es keine direkte E n t s p r e c h u n g z u d e n f r a n z ö s i s c h e n u n d n i e d e r l ä n d i s c h e n tableaux

vivants.26

Parallelen z u d e n k o n t e m p o r ä r e n englischen B ü h n e n w a g e n , d e n pageants, I n s z e n i e r u n g e n , die u n t e r d e m Begriff pageantry

E h e r lassen sich und den dortigen

subsumiert werden, erkennen.27

D i e v o n d e n italienischen B e r i c h t e r s t a t t e r n des 15. u n d 16. J a h r h u n d e r t s selbst b e n u t z t e n B e z e i c h n u n g e n sind r e g i o n a l b e d i n g t u n t e r s c h i e d l i c h . Teilweise b e z i e h e n sie sich auf die t e c h 22

Calvete de Estrellas detaillierte Reisebeschreibung wurde 1580 publiziert.

23

An anderer Stelle schreibt er: „Die autos wurden von lebenden Personen dargestellt, es war eine erstaunliche Sache zu sehen, als man die Vorhänge öffnete, mit welcher Majestät, Haltung und Kunst diese Personen dastanden, die Geschichten so wahrhaft darstellend, daß man durch das bloße Ansehen der Haltung jeder Person leicht verstehen konnte, was eine jede war und darstellte, sowohl in der Geste und Ähnlichkeit, wie der Haltung des Körpers und der Hände und der Stellung der Füße, daß sie sich wie gemalte Bilder zeigten, ohne die Augen zu bewegen; weder trugen noch hatten sie eine Sache außerhalb dessen, was sie darstellten, sowohl Männer als auch Frauen, gleich einer tapissene von lebenden Figuren, das konnte man in diesem Schauspiel sehen." (Q C X L )

24

Mit dem lebenden Bild „Lukas malt die Madonna" bei dem Einzug in Brüssel 1496 (Herrmann 1914, Abb.76) stellte die Malergilde zumindest ein gängiges Bildthema dar, wenn sich auch kein übereinstimmendes Gemälde finden läßt.

25

„Die Bühne bestand aus drei übereinanderliegenden Abteilungen. Als beim Nahen des Herzogs der Vorhang auseinandergeschoben wurde, sah man in der Mitte der obersten Abteilung Gott den Vater unter einem goldenen Thronhimmel zwischen der H l . Jungfrau und dem H l . Johannes sitzen: rund umher standen lobsingende Engel. G o t t saß auf einem Thron von Elfenbein, die kaiserliche Krone auf dem Haupt und das Zepter in der Hand. Im mittleren Geschoß stand ein reich verzierter Altar, auf welchem ein Lamm lag, dessen Brust ein Blutstrahl entquoll, der in einem Kelch aufgefangen wurde; goldene Strahlen, die von Gottvater ausströmten, bildeten den Hintergrund; aus der Mitte desselben flog eine weiße Taube auf als Symbol des hl. Geistes. An beiden Seiten des Altars standen Gruppen von Märtyrern, Heiligen, Patriarchen und Aposteln. Vor dem Gerüst war ein schöner Springbrunnen angebracht, welcher den Brunnen des Lebens vorstellte und drei Ströme Weins ergoß." (zitiert nach Kindermann 1959, p.218.) Die Beschreibung des Einzugs bezeichnet die Darstellung als Lebensbrunnen, und läßt schließen, daß offenbar nur die Mitteltafel des Altars auf einem mehrstöckigen Gerüst inszeniert war. Trotz weiterer ikonographischer Abweichungen ist der Bezug zum Genter Altar zweifelsfrei: Der Altar, seit dessen Weihung 26 Jahre vergangen waren, hatte große Berühmtheit erlangt. Zudem hatte der Herzog eine persönliche Beziehung zu dem Bild: Mit seinem Stifter Jodocus Vijd, der mehrmals Bürgermeister von Gent war, hatte er ein gutes Verhältnis. Jan van E y k hatte lange in den Diensten des Herzogs gestanden und das Bild war just an jenem Tag in jener Kirche geweiht worden, als der Herzog seinen Sohn dort taufen ließ. Zu dem Einzug cf. Chipps Smith 1990.

26 27

In diesem Sinne z . B . Molinari 1961, p.23. Cf. Withington 1918; Brotanek 1902; MacCracken 1911. Ein englischer Pilger, Richard Torkington, der 1517 in Venedig eine Corpus Domini-Prozession sah, bezeichnet die soleri als „Pagents" Cf. Withington 1918, p.22, n.6. Dessen Bericht ist identisch mit dem Richard Guylfordes (Muir 1981, p.226) von 1506 ( Q C X X X ) .

Einleitung

6

nischen Vorrichtungen: die Prozessionswagen oder Traggerüste werden neben dem naheliegenden carro bzw. carro trionfale tribunalζ

33

auch catafalcu2i,

und in lateinischen Texten pegmato

34

tretende Benennung trionfo

bzw. triumpho

edifici79,

feste,

und thalamo

35

macchinai0, genannt.

36

mister?\

solerP2,

Die ebenfalls auf-

wird unspezifisch für alle F o r m e n der festlichen

Inszenierung benutzt und kann sich darüberhinaus auf Werke der bildenden Kunst ebenso beziehen wie metaphorisch eingesetzt werden. Mehr Bedeutungen noch vereint die Bezeichnung rappresentazione37:

im Sinne von „Darstellung" findet sie in Bezug auf Kunstwerke

ebenso Verwendung wie sie im Sinne von „Vorstellung" Theateraufführungen im heutigen Sinne und die „Repräsentation" im Sinne einer Vertretung bezeichnen kann. 3 8 Sacra sentazione

28 29

30 31

32

33 34 35 36

37

38

39

rappre-

ist die gängige Bezeichnung für religiöse Aufführungen. 3 9

„catafalcu" nennt ein Sizilianer die Darbietungen in Neapel 1443 (Q LXVI). „edifici" heißt es in Florenz (Q XXIV), Forli (Q XLIII), Pistoia (Q L X X X V ) und „hedificio" benutzt Tommaso di Silvestro aus Orvieto (Q L X X I X ) . In Ferrara liegt 1449 eine Bezahlung für „solari, mulinelli e altri edifici" für das Marienfest im August 1448 vor. Franceschini 1993, p.318, 626 e. „machina" ist die Bezeichnung in Crema (Q IX). Der Chronist Pietro Terno benutzt darüberhinaus capitello, caretta, carro, carro triumphale und presentatione. „mysterio" findet sich als Bezeichnung in Pistoia (Q L X X X I V - L X X X V ) . Nach Petit de Julleville 1880, vol.I, p.196 bezeichnet im französischen „mystere" ab 1400 auch dramatische Aufführungen, häufiger jedoch „mimische" anläßlich von Festen und entrees royales. „soler" bzw. im Plural „soleri" ist die im venezianischen von Sanudo gebrauchte Bezeichnung für Prozessionstraggerüste, aber auch für eine feststehende Bühne oder Tribüne und selten für Prozessionswagen. „suxe Ii tribunali dove se fa le dite feste" schreibt Tomasino de'Bianchi aus Modena (Q LIX). „pegmato" benutzt Flavio Biondo in „Roma triumphans" (Q CXIII) und der Venezianer Sabellico (Q CXXVI). „thalamo" benutzt Marino Jonata bei seiner lateinischen Beschreibung des Einzuges Alfonso d'Aragonas in Neapel 1443. (Q LXIV). Bezüglich der religiösen Spektakel äußert Cionacci 1680 (nach Monaci 1874, p.12): „Si chiamavano ancora Feste, Storie, Esempi, Misterii quali nomi si prendevano quasiche per sinonimo chiamaronsi anche spettacoli". So schreibt Benedetto Dei (Q XXVI) über die Feste anläßlich des Besuches Pius II. in Florenz, daß es eine „degnia processione, edifici e rappresentazioni e divozioni assai" gegeben habe. Eleonora d'Aragona nennt die florentinischen edifici „rappresentationi". (Q XXVIII) Von „representazioni de'misteri" spricht der Bologneser Chronist Ghirardacci (Q III) und Eleonora d'Aragona von „representazione di queste sue momarie" bei der Beschreibung der venezianischen Spektakel (Q CXXII). Die Bezeichnung „presentatione" findet sich in der Chronik von Crema (Q IX). In einem anderen Sinne der Repräsentation wurde er auch im Zusammenhang mit dem Totenkult benutzt. Cf. Giesey 1960, pp.85sq., der daraufhin weist, daß die Verwendung des Begriffes dabei nicht notwendigerweise den Einsatz einer effigies impliziert. In Italien taucht der Begriff ebenfalls in diesem Kontext auf; als „Representazione" wird das Begräbniszeremoniell für Malatesta Baglioni 1437 bezeichnet. Cf. d'Ancona 1891, vol.I, p.224. In der Textsammlung des Tramo di Leonardo von 1405 finden sich anstelle des vorher gebräuchlichen Begriffes lauda gleichbedeutend presentatione und devotione. De'Bartholomaeis 1924, p.289. Die Bezeichnungen sind für die religiösen Aufführungen im Quattrocento üblich und finden sich aber auch auf die semidramatischen Aufführungen angewandt. Die Sekundärliteratur benutzt rappresentazione primär im Sinne der sacre rappresentazioni, so Molinari 1961, der die anderen Phänomene dagegen als trionfi und mascherate bezeichnet.

Einleitung

7

Die Definition des „lebenden Bildes", die der folgenden Untersuchung zu Grunde liegt, ist relativ weit gefaßt. Sie setzt im wesentlichen voraus, daß sich die Inszenierung eines Festapparates lebender Personen bedient, die ihre Rolle jedoch nicht im Sinne eines Theaterstückes spielen, sondern durch Kostüm, Attribut und Pose verkörpern. Der Inhalt des Dargestellten muß sich primär auf der visuellen Ebene vermitteln, doch verlangt dies weder ein völlig „stummes", noch ein statisches oder räumlich begrenztes „Bild". Die überwiegende Anzahl der „lebenden Bilder" in Italien war nicht fest an einem Ort eingerichtet, sondern wurde im sakralen Prozessions-, profanen Huldigungs- oder Karnevalszug zu Fuß, auf Wagen oder Traggerüsten mitgeführt oder war auf Schiffen installiert. Zur Wirkung der Inszenierung trugen häufig herab- oder heranschwebende Engel und mechanische Effekte bei. Die Darstellungen bildeten einen mobilen Bestandteil innerhalb einer übergreifenden Feststruktur. Festinstallierte lebende Bilder finden sich vor allem innerhalb von ephemeren Triumpharchitekturen, gelegentlich werden vorhandene Bauten als Stationen einbezogen. Die meisten lebenden Bilder waren durch Musik und den Vortrag von Versen zu multimedialen Ereignissen erweitert. Die lebenden Menschen, die anstelle von Statuen Triumpharchitekturen bevölkerten, musizierten oder rezitierten Verse, wenn der oder die zu Huldigende die Station erreichte. 40 Dies war ebenso der Fall bei Darbietungen auf Schiffen, die zum Empfang eines Gastes diesem entgegenfuhren.41 Die auf Wagen installierten „Bilder" konnten in verschiedener Weise eingesetzt werden: Sie führten an einem bestimmten Punkt der Stadt oder vor den Ehrengästen ihre rappresentazione auf, indem sie kurz den zentralen Inhalt der von ihnen dargestellten Szene spielten.42 Sie liefen inhaltlich zugehörige Stationen an, wo ein kurzes Spiel stattfand.43 Sie huldigten dem Einziehenden, indem sie ihm entgegengingen oder an einem bestimmten Punkt erwarteten. 44 Häufig schlossen sie sich nach ihrer rappresentazione dem Zug an, so daß sie damit dem ganzen, den Weg säumenden Volk präsentiert wurden. Turniere und andere Feste wurden mit einem Aufzug lebender Bilder eröffnet, die nach ein paar Versen der Veranstaltung beiwohnten. 45 Die Qualität der bei solchen Gelegenheiten gesprochenen Verse war wohl sehr unterschiedlich. Lassen sich in einigen Fällen darüberhinaus bekannte Dichter namhaft machen, so spricht in vielen Fällen die mangelnde zeitgenössische Tradierung für eine geringe Wertschätzung.46 In den Berichten wiederholen sich stereotyp die Formulierungen „und sie rezitierten einige Verse", „sie machten ihre rappresentazione", und „einige Worte gesagt"; gelegentlich sind sogar 40

Beispielsweise bei der Hochzeit in Rimini 1475 (Q X C I I ) oder dem Possesso in R o m

1492

(Q XCVIII). 41

„Wassertrionfi" finden sich vor allem in Venedig (Q C X I X ; C X X I ) aber auch im ferraresischen Herrschaftsbereich, den Besucher über den Po ansteuerten (Q X I I ; XIV).

42

So bei der San Giovanni-Prozession in Florenz (Q X X I V ) .

43

Bei dem Dreikönigszug in Mailand 1336, dem Dreikönigszug in Florenz und 1500 in Modena bei ei-

44

Detailliert beschrieben anläßlich des Empfanges Borso d'Estes in Reggio 1453 (Q L X X X V I I ; X C I ) .

ner Prozession auf Grund der Türkengefahr (Q L I X ) . 45

So bei den Turnieren in Bologna 1487 (Q II) und 1490 (Q IV).

46

Piero de'Ricci, Giovanni Santi und Malatesta Ariosti sind Dichter, deren Verse und Inszenierungen überliefert sind. Die vielen Abschriften der Verse Riccis anläßlich des Einzuges Alfonso d'Aragonas 1443 (Q LXIII) sprechen dafür, daß man diesen gewisse Bedeutung beimaß. Die Verse, die zum Einzug Borso d'Estes 1453 in Reggio gesprochen wurden, sind im offiziellen Festbericht enthalten. (Q X C I ) Der venezianische Chronist Sanudo verzeichnet in der Regel ebenfalls die gesprochenen Verse, ohne jedoch deren Verfasser zu nennen.

Einleitung

8

abwertende Urteile zu lesen.47 Ohne diese Ergänzung einer „Bildbeschreibung" durch die Erwähnung der gesprochenen Verse wäre aus den Quellen nicht immer zu erkennen, ob es sich um Statuen, gemalte Bilder oder lebende Menschen handelt. Die geringe Resonanz der Verse ist nicht zuletzt auch Symptom des Problems der akustischen Vermittlung, das die Veranstalter einkalkulieren mußten. Die lebenden Bilder, zumindest jene, die in der Sphäre des öffentlichen Raumes präsentiert wurden, sollten auch ohne begleitende Worte einem in Bildung und Rezeptionsvermögen heterogenen Publikum verständlich sein und mußten daher in erster Linie - einem Bildwerk analog - unter dem Aspekt ihrer optischen Wirkung konzipiert werden. Durch die Einbeziehung von Elementen wie Bewegung, Musik und Sprache sind sie, in Abgrenzung zu Theateraufführungen, mit dem Begriff „semidramatisch" zu charakterisieren.48 In Italien erlebten so definierte lebende Bilder im Quattrocento höchste Popularität und traten in allen Formen des öffentlichen Festes, sakralen wie profanen Anlasses, auf. Bereits im Trecento sind im Rahmen des religiösen Theaters solche semidramatischen Formen zu beobachten, die als Vergegenwärtigung des Heilsgeschehens religiösen Bedürfnissen entgegenkamen. Die Benutzung lebender Bilder bei profanen Feierlichkeiten war essentiell an die Vitalisierung der Triumphzugsidee gekoppelt. Tatsächlich hatten sich auch antike Festzüge lebender Bilder bedient, besonders zu erwähnen ist die von Ptolemaios II. um 270/280 v. Chr. veranstaltete spektakuläre Prozession und als Beispiel der Darstellung eines lebenden Götterbildes die Victoria in Gestalt eines Knaben bei einer pompa circensis 42 v. Chr. in Rom. 4 9 Die Popularisierung des antiken Triumphes verdankt sich zum einen der antiquarischen Auseinandersetzung mit dem antiken Erbe, zu nennen ist hier vor allem Flavio Biondo und sein 1457-59 verfasstes Werk Roma triumphans.50 Zum anderen aber wirkte die literarische Verarbeitung durch Dante, Petrarca und Boccaccio. 51 Befördert durch die Vernetzung der Vorstellung des antiken Triumphes mit den „Triumphi" Petrarcas, wurde trionfo in der Fest-

47

Anläßlich seines Berichtes über den Einzug Lucrezia Borgias in Foligno 1502 bemerken Giovanni Luca und Gerardo Saraceni: „Wir haben uns nicht bemüht, den Text der besagten Verse zu bekommen, denn sie waren wirklich nicht wie von Petrarca." (Q X X X V I I I ) . Auch in Mailand 1512 (Q LH) fanden die Verse keinen Anklang.

48

Den Begriff „halbdramatisch" benutzt Creizenach 1911, v o l ! , p.303 bezüglich der San Giovanni-Prozession. De'Bartholomaeis 1952, p.325 beschreibt die franziskanische Predigt als „semi-drammatico". Ich habe die Bezeichnung „semidramatisch" für die Beschreibung der lebenden Bilder übernommen,

da sie mir treffend die Zwischenform

von pantomimischen,

rezitatorischen

und

schauspielerischen Elementen zu bezeichnen scheint. 49

Zu den Festen der Antike cf. Köhler 1996, zu deren Verwendung lebender Bilder besonders pp.123-137 und Henner von Hesberg: Temporäre Bilder oder die Grenzen der Kunst. In: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts, 104 (1989), 6 1 - 8 2 . Zu den Metamorphosen des Triumphes in nachantiker Zeit cf. Weisbach 1919; Pinelli 1985. In welchen Fällen tatsächlich antike Modelle übernommen wurden, läßt sich auf Grund der Quellenlage kaum konkretisieren.

50

Cf. Gesing 1988, p p . 4 8 - 5 3 / 9 2 - 9 7

51

Dante beschreibt in der „Divina Commedia" den Triumph der Kirche (Purgatorio, 29), in dem er den Kirchenwagen mit dem römischen Triumphwagen vergleicht, und den Triumphzug Christi und Ma-

glona del popolo mondana in der Amorosa Visione VI. Petrarca thematisiert es in seinen „Trionfi". Zu deren Tradie-

riens (Paradiso, 23). Boccaccio verarbeitet das Motiv bei seiner Schilderung der rung cf. Ortner 1998.

Einleitung

9

kultur des Quattrocento s y n o n y m sowohl auf das Ereignis des Einzuges an sich, als auch auf die auf Wagen oder Traggerüsten installierten rappresentazioni, ob religiösen, allegorischen oder mythologischen Inhaltes, angewandt. Die Inszenierung von lebenden Bildern wurde zu einem Medium, das im städtischen Kontext sowohl religiöser oder politischer Agitation wie der Repräsentation von Personen und k o m munalen Vereinigungen dienen konnte. Besonders gut ist dies im Quattrocento in Florenz dokumentiert, w o , parallel zur Vitalität der bildenden Künste, eine komplexe und einzigartige Elaborierung stattfand. 5 2 Da außerdem bei Inszenierungen in anderen Städten mehrfach von dort berufene festaiuoli oder Künstler genannt werden, entsteht der Eindruck, daß es sich u m eine florentinische Invention gehandelt hat. 5 3 Selbst unter der Prämisse, daß städtisches Eigenlob zu diesem R u h m beigetragen haben mag 5 4 , werden die Florentiner konkurrenzlos oft in diesem Zusammenhang erwähnt. Im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts setzt jedoch eine weite, von Florenz zunehmend unabhängige Verbreitung solcher Aufführungen in ganz Italien ein. Dabei läßt sich die Tendenz beobachten, daß bei profanen Anlässen neben den öffentlichen Festlichkeiten theatralische Darbietungen in einem geschlossenen, höfischen A m biente stattfinden. Auch dort finden lebende Bilder als Einlagen zwischen den Gängen der lang andauernden Festmahle oder als Intermezzi von Theaterstücken Verwendung. In diesem Kontext bilden sich erste Ansätze von Oper und Theater im heutigen Sinne, die in dieser A r beit nicht untersucht werden sollen. Die Rezeption der antiken Mythologie und Geschichte stellt einen großen Themenkreis, wobei sich bestimmte Traditionen ausbilden. Auf Hochzeitsfesten erscheinen beispielsweise häufig Götter und Heroen leibhaftig als Gratulanten. Daneben tritt das Sujet des Paris-Urteils, überhaupt in der Renaissance sehr beliebt, in verschieden Varianten auf. 55 Eine Anregung mag Apuleius „Goldener Esel" gewesen sein, dessen 10. Buch die Beschreibung einer pantomimi-

52

Für kaum eine andere Stadt sind so viele Dokumente zur Festkultur überliefert, was eine ebenso reiche Forschungsliteratur hervorgebracht hat: Guasti 1908; Molinari 1961; Hatfield 1970; Trexler 1980; Ciseri 1990; Chretien 1991; Le tems revient 1992; Ventrone 1993; Plaisance 1989/1993; Newbigin 1990-1996; Casini 1996.

53

Zu nennen wären hier die Feste in Neapel 1443 und die Trionfi Petrarcas daselbst 1476 (Q LXX), der florentinische Künstler Nicolö Baroncelli, der den Einzug in Reggio 1453 mitgestaltete, Antonio de Guasparo da Firenze Inzigniero, der in Ferrara 1459 wirkte (Q XIII), die Mitwirkung von florentinischen Künstlern an den Bögen in Rimini 1475 (Tonini 1882, p.360) und die Aufführungen der Florentiner in Mailand 1475 (Corio ed.1978, p.1396) und Rom 1490 und 1492 (Cruciani 1983, pp.204-205); darüberhinaus die Bemerkungen Panormitas (Q LXIX), Poggio Bracciolinis (Q CXXXVII), Flavio Biondos (Q XCIII), Gaspare Broglio Tartaglias (Q LXVIII) zur florentinischen Festkultur, auf die im einzelnen noch eingegangen wird.

54

Solch an Eigenlob grenzender Stolz spricht aus Benedetto Dei, wenn er nach der Aufzählung aller in Florenz stattfindenden Feste, Italiener und Ausländer auffordert, sich mit der florentinischen Festkultur zu messen und ihm eine andere Stadt zu nennen, „die auch nur ein Viertel dessen macht". (Q XXVIII). Zum Beispiel in Malatestas Entwurf für den Einzug Borso d'Estes 1453 (Q LXXXIX), in Crema 1496 (Q IX), für den Empfang Lucrezia Borgias in Foligno 1502 (Q XXXVIII), in Vicenza zum Empfang von Anne de Foix (Tichy 1997, p.67), in Brüssel 1496 zum Einzug Johannas von Kastilien (Herrmann 1914, Abb.72). Zum Thema des Paris-Urteils cf. Hinz 1987.

55

10

Einleitung

sehen Darstellung des Paris-Urteils enthält. 5 6 Auf einer Bühne erhebt sich ein Berg mit echten Bäumen und einem Brunnen, eine kleine arkadische Landschaftsszenerie, in der zunächst Paris von Merkur den Auftrag Jupiters erhält und dann die Göttinnen mit ihrem Gefolge auftreten. 5 7 Die Handlung wurde nur durch die Kleidung der Dargestellten und Gesten verdeutlicht. 58 Die lebenden Bilder des italienischen Quattrocento sind bisher nicht expliziter Gegenstand einer wissenschaftlichen Untersuchung gewesen, jedoch aus kulturhistorischer und theaterwissenschaftlicher Sicht verschiedentlich thematisiert worden. Die Forschungen, die sich mit der Festkultur beschäftigen, begannen mit Jacob Burckhardts 1860 erstmalig publizierten und bis heute wesentlichen „Kultur der Renaissance in Italien", in der er den Festen ein eigenes Kapitel widmete. 5 9 Nach Burckhardt w a r es vor allem Warburg, der am Ende des 19. Jahrhunderts den Ausprägungen der Festkultur Aufmerksamkeit schenkte. Er erkannte in ihr ein M e d i u m , das die Vermittlung der wiederentdeckten antiken Vorstellungswelt übernahm. 6 0 Konkret hat er sich der Thematik nur in einem Aufsatz über die florentinischen Intermezzi von 1589 gewidmet, ein geplantes eigenes Werk zur Festkultur blieb Projekt. 6 1 Werner Weisbach lieferte mit seinem Buch „Trionfi" von 1919 eine über die kunsthistorische Betrachtungsweise hinausweisende Abhandlung, indem er die „trionfi", s y n o n y m verstanden zu Triumph, als „Idee und gestaltete Form in seinen mannigfachen Bedeutungswandlungen" zu erfassen suchte. 6 2 Dabei konstatierte er mehrfach Wechselwirkungen zwischen bildender Kunst und Festkultur, die auch in späteren Studien untersucht wurden. 6 3 In der Tradition der kulturhistorischen Forschungen stehen soziologische und sozialhistorische Studien, denen die Festkultur in der Betrachtung und Analyse städtischen Lebens als Indikator sozialer Befindlichkeiten dient. 6 4 Keine dieser genannten Publikationen hat sich ausdrücklich mit der Darstellungsform des lebenden Bildes beschäftigt. 6 5 Auch Pochat geht in seinem Werk „Theater und bildende

56 Apuleius Werke waren die ersten eines antiken Autors, die gedruckt in Italien erschienen. Nach der ersten Auflage 1469 folgte bereits im Jahre 1478 eine verbesserte italienische Übersetzung durch Bojardo. Uber die große Verbreitung des Romans geben verschiedene Quellen Auskunft. Cf. Gombrich 1986, p.249, n.58. Der Bologneser Humanist Beroaldus publizierte 1500 einen ausführlichen Kommentar des „Goldenen Esels". Cf. Krautter 1971. 57 Die Schilderung der Bühne mag vorbildhaft für die neben der scena comica und der scena tragica dritte Standard-Dekoration der frühen Renaissancebühne, die als locus amoenus durch Bäume und Wasser gekennzeichnet ist, gewirkt haben. 58 Die Beschreibung der Gewandung, vor allem der Schleier, die vom Winde bewegt die Konturen des Körpers nachzeichnen, findet sich sowohl als Topos in den Beschreibungen der Feste als auch in Albertis „Deila pictura" (ed. Janitschek 1877, p.130) und Leonardos Malereitraktat (ed. Ludwig 1888, vol.1, pp.522/528). 59 Burckhardt "1988. 60 Insbesondere in „Die Bilderchronik eines florentinischen Goldschmiedes" (1899), Warburg 1932, vol.1, pp.69-75. 61 „I costumi teatrali per gli intermezzi del 1589" (1895), Warburg 1932, vol.1, pp.259-300. 62 Weisbach 1919. An ihn schließt Pinelli 1980 an, der Feste und Trionfi unter dem Gesichtspunkt der Nachwirkungen der Antike befragt. 63 Z.Bsp. Joost Gaugier 1977 64 Z.Bsp. Burke 1986; Breidecker 1990. 65 Darüberhinaus sind die Kongressakten „Les Fetes de la Renaissance" aus den Jahren 1956, 1960,

Einleitung

11

Kunst in Mittelalter und Renaissance in Italien" 1990 nur am Rande auf die lebenden Bilder ein. 66 In der vorliegenden Arbeit werden die lebenden Bilder auf ihre Erscheinungsformen, Funktionen, die zeitgenössische Rezeption und ihr Verhältnis zu den Bildenden Künsten untersucht. Die große Anzahl der Feste verunmöglicht eine detaillierte Analyse aller relevanten Ereignisse. Die gewählten Schwerpunkte sind zum einen durch das vorhandene Material bedingt. Da die Arbeit fast ausschließlich auf schriftliche Quellen angewiesen ist, hängt es von der Ausführlichkeit der Chronisten bzw. von der Anzahl der überlieferten Zeugnisse ab, in welchem Fall und inwieweit eine Untersuchung sinnvoll ist. Dabei muß natürlich die unterschiedliche Gattung der Quellen, offizielle Chronistenberichte, Tagebücher, Briefe, Inventare und Rechnungen, in Betracht gezogen werden. Nicht zufällig ergab sich aus dem Material der Fokus auf gerade jene Städte, die in der zweiten Hälfte der 15. Jahrhunderts das politische Schicksal Italiens bestimmten: Florenz, Neapel, Venedig, Rom und Mailand. Daneben kommt auch die wachsende Bedeutung der Höfe von Urbino und Ferrara zum Tragen. Italien war im 15. Jahrhundert kein einheitliches Gebilde, sondern bestand aus Stadtrepubliken und Stadtstaaten, deren jeweils spezifische Formen von Fest und Zeremoniell berücksichtigt werden müssen. 6 7 Die Gliederung in „Präsenz", „Evokation" und „Repräsentation" versucht die lebenden Bilder nach ihrer intendierten Wirkung zu unterscheiden. Dieses Ordnungssystem vollzieht vordergründig eine Trennung von sakralem und profanem Kontext: Mit Präsenz wird die Wirkungsweise der religiösen lebenden Bilder beschrieben. Evokation bezieht sich hingegen auf die Evokation der Antike, die dem profanen Bereich zuzuordnen ist, ebenso wie die Repräsentation, die Vertretung politischer Personen. Eine solche Trennung der religiösen und profanen Sphäre kann aber nur eine Hilfskonstruktion sein, da im 15. Jahrhundert der Bereich des Religiösen untrennbar mit dem Bereich des öffentlichen, politischen Lebens vernetzt ist. Strukturen, Themen und Inszenierung gleichen sich oder changieren zwischen beiden Polen. Ebensowenig lassen sich Präsenz, Evokation und Repräsentation klar trennen, die zumal eher Facetten ein und desselben Problems bezeichnen.

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1975, zu erwähnen. Diese behandeln zwar die gesamte europäische Festkultur, die lebenden Bilder betreffend jedoch nur solche in England, Frankreich und den Niederlanden. Pochat 1990. In einem Kapitel verhandelt er Predellen, Standarten und stehende Bilder, dem Bezug von Festwesen und Cassonetafeln widmet er ein eigenes Kapitel, in dem er unter anderem die Trionfi behandelt, lebende Bilder thematisiert er aber nur ansatzweise und undifferenziert. In diesen Teilen sind allerdings bezüglich der vorgestellten Beispiele sowohl Fehler wie fehlende Nachweise zu beklagen. Zur Unterschiedlichkeit der einzelnen Hofkulturen cf. u. a. Lippincott 1989.

Präsenz

D a s religiöse Theater des Mittelalters und der Renaissance verdankt seine Beachtung durch die Kunstgeschichte vor allem deren Abkehr von einer rein stilgeschichtlichen Betrachtungsweise. Auf der Suche nach Erklärungen für ikonographische Inventionen und P r o g r a m m e verwiesen Kunsthistoriker wie Male, Springer und Weber auf die zeitgleichen religiösen Theateraufführungen, aus denen sich v o m biblischen K a n o n abweichende Besonderheiten ebenso ableiten ließen wie die zeitgenössische Kostümierung und „theatralische" Bildelemente. 1 Diesen schlossen sich Untersuchungen über den Einfluß von Theaterformen auf künstlerische Gestaltungsprinzipien in einem allgemeineren Sinne an. 2 Im Z u g e dessen wandte m a n sich der Beteiligung von Künstlern an der Inszenierung von Theateraufführungen und Festen zu. 3 Im folgenden sollen jene F o r m e n des religiösen Theaters vorgestellt werden, die das Phänomen des lebenden Bildes betreffen.

I.

Dramatisierung von Liturgie, Predigt und Kirchenfest

Lebende Bilder sind in Italien im religiösen Kontext bereits im Trecento nachweisbar und eng mit der Ausbildung des religiösen Theaters verknüpft. 4 Als dessen A u s g a n g s p u n k t wird von 1

2

3 4

Male 1925, besonders pp.35-84 „L'art et le theatre religieux"; Springer 1860; Weber 1894. Dagegen wendet sich Grube 1957. Nagler 1976, pp.89sq. versucht, die Positionen zu dem Problemfeld „Verhältnis Theater - Bildende Kunst" zusammenzufassen: Die Vertreter der These der Abhängigkeit ikonographischer Inventionen vom Theater; jene der These, daß es sich um parallele Phänomene handelt; und schließlich jene, die vice versa das Theater von der Kunst beeinflußt sehen. Aus der Perspektive der Theaterwissenschaften wird andererseits die Frage diskutiert (u.a. Grube 1957), inwieweit Kunstwerke ihrerseits zur Interpretation dürftiger Textquellen herangezogen werden können, wie es in vielen Fällen getan wurde. (Galante Garrone 1935, Molinari 1988). Für den deutschsprachigen Bereich siehe Z.Bsp. Karl Tscheuschner: Die deutsche Passionsbühne und die deutsche Malerei des 15. und 16. Jahrhunderts in ihren Wechselbeziehungen. In: Repertorium für Kunstwissenschaft (27) 1904 und (28) 1905; Alfred Rohde: Passionsspiel und Passionsbühne, Berlin 1926. Allgemein zu deutschen, niederländischen und französischen „Malerregisseuren" cf. Schmidt 1958. Die Entwicklung des italienischen Theaters ist vor allem durch das fundamentale Werk Alessandro d'Anconas 1891 beschrieben. Ihm an die Seite zu stellen ist de'Bartholomaeis 1924. Beide Autoren publizierten die bis heute verbindlichen Materialsammlungen. Darüberhinaus siehe Apollonio 1938/1962; Toschi 1940. Weitere Untersuchungen beschäftigen sich speziell mit dem florentinischen Theater u.a. Molinari 1961, Newbigin 1983 und 1996.

14

Präsenz

der F o r s c h u n g eine z u n e h m e n d e Dramatisierung der Liturgie a n g e n o m m e n . 5 Stemmler sieht hier einen Z u s a m m e n h a n g zwischen allen Religionen, deren Glaubensinhalt Tod u n d Auferstehung eines G o t t e s ist; dies ist bei den heidnischen Kulten des Osiris, Baal u n d D i o n y s o s ebenso der Fall wie im C h r i s t e n t u m . 6 Von der D r a m a t i s i e r u n g der liturgischen Feiern des Isiskultes berichtet H e r o d o t . 7 Von solchen Mysterien sind Texte überliefert, die diese als an die Liturgie gebundene, nach Stemmler „quasi-dramatische" Spiele ausweisen, vergleichbar also den ersten christlichen Spielen, die sich in der Liturgie des Osterfestes aus d e m „quem quaeritis"-Tropus entwickelten. 8 Die ersten semidramatischen, an die Liturgie g e b u n d e n e n Spiele entstehen so aus d e m Bedürfnis der Vergegenwärtigung des G o t t e s , dessen Tod u n d A u f e r s t e h u n g f ü r die Gläubigen die Gewissheit der eigenen A u f e r s t e h u n g enthält. 9 Aus d e m Trecento sind Texte solcher „ d r a m m i liturgici" im Kontext verschiedener Kirchenfeste ü b e r liefert. 10 Die Begriffe „repraesentatio" u n d der entsprechende italienische Terminus rappresentazione, die sich f ü r diese u n d andere dramatischen F o r m e n einbürgern, h a b e n ein breites Bed e u t u n g s s p e k t r u m , das ü b e r den theatralischen A s p e k t weit hinausreicht. 1 1 D e r Begriff w u r d e im liturgischen Kontext f ü r die A u s s e t z u n g der H o s t i e gebraucht, T h o m a s von A q u i n spricht von der Messe als „repraesentatio" des Kreuzesopfers. 1 2 Die Frage nach d e m Wesen

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7 8

9 10 11 12

Zur Geschichte des mittelalterlichen Theaters allgemein cf. Chambers 1903 und Young 1933. Gegen deren Entwicklungsmodell „vom Einfachen zum Komplizierten" und Loslösung dramatischer Formen aus der Liturgie wendet sich Hardison 1965, der im Sinne einer engen Bindung von Ritus und Drama argumentiert. Cf. darüberhinaus auch Kindermann 1959; Stemmler 1970 und Greisenegger 1975. Nach Stemmler stehen die dionysischen Gottheiten durch ihre Sterblichkeit im Gegensatz zu den olympischen unsterblichen Göttern. Im Kult der unsterblichen Götter haben sich keine quasi dramatischen Riten entwickelt, da diese anderen Gesetzen als der Mensch unterworfen sind und nicht im Ritus vergegenwärtigt werden können. Christus aber folgt (mit Geburt, Tod und Auferstehung) vergleichbar den dionysischen Gottheiten dem Zyklus der Natur, mit seiner Auferstehung verbürgt er die Auferstehung der Gläubigen, die sich durch den Ritus in eine enge communio mit ihm begeben können. Stemmler 1970, pp.6sq. Herodot: Das Geschichtswerk, II, 171: „An diesem See führt man bei Nacht den Tod des Gottes auf, und die Ägypter nennen es Mysterien. (...)" Bestandteil der Ostermesse war die Frage des Engels an die Marien, die das leere Grab fanden: „Wen sucht ihr im Grab, Christinnen?" (Quem quaeritis in sepulchro, Christicole?), auf die die Antwort der Marien „Iesum Nazarenum ..." etc. erfolgt. Das dialogische Element und die Aufteilung der liturgischen Komposition in Einzel- und Gruppengesang wurde u. a. von Chambers 1903 und Young 1933 als Ausgangspunkt einer zunehmenden Dramatisierung der Ostermesse bis hin zu den Passionsspielen angenommen. Cf. auch de'Bartholomaeis 1924, pp.ll9sq. und 128sq.; Rava 1939; Stemmler 1970, pp.47sq. und Sticca 1980. Hardison 1965 pp,178sq. hingegen sieht nicht diesen Tropus als Ausgangspunkt, sondern bereits im 9. Jahrhundert die prinzipielle Auffassung der Messe als „lebendiges Drama". Stemmler 1970, pp.6sq. De'Bartholomaeis 1924, pp,138sq. Zu dem Begriff „dramma liturgico" bereits d'Ancona 1891, vol.I, p.33 und Coussemacker 1861. Seit dem 13. Jahrhundert findet sich durchgängig die Bezeichnung „representatio" für die geistlichen Spiele. Cf. de'Bartholomaeis 1924, pp. 139/159. Casel 1928, ρ.17Ζ Thomas von Aquin sieht allerdings die „repraesentatio" des Kreuzesopfers als reine Darstellung ohne Wirklichkeit, daß heißt, das Meßopfer ist ebensowenig oder noch weniger „Wirk-

Dramatisierung von Liturgie, Predigt und Kirchenfest

15

der Eucharistie durchzieht die theologischen Diskussionen und prägt die Vorstellung von Repräsentation. 13 Die christliche Liturgie ist der rituelle Vollzug des Erlösungswerkes Christi in der Ecclesia. Sie ist die Gegenwart göttlicher Heilstat unter dem Schleier der Symbole, in der das historische Ereignis der Passion sakramental gegenwärtig wird. 14 In einem komplementären Sinn wird der Begriff des Mysteriums in der Folge auf die dramatische Erweiterung Liturgie und auf das religiöse Theater übertragen, bis heute findet sich in Italien die Bezeichnung „misteri" für religiöse lebende Bilder.15 Neben den dramatisierten liturgischen Feiern begann man von der Liturgie gelöst als Predigtillustration oder prozessions-begleitend Personen und Ereignisse der Heilsgeschichte darzustellen. Um ihren außerliturgischen Status zu kennzeichnen, werden sie in der Forschung, in Unterscheidung zum „dramma liturgico", als „uffizi drammatici" bezeichnet.16 Sie entstanden, ebenso wie die in Wechselgesang vorgetragenen Lauden, im Kontext der Bettelordenbewegung.17 Zur Verbreitung der Lauden und Passionsdevotionen trugen neben den regulären Orden vor allem die zahlreichen Laienbruderschaften bei, besonders die der Geißlerbewegung, die bis ins Cinquecento hinein häufig die Veranstalter der dramatischen und semidramatischen Aufführungen waren. Uber die Kostümierung der Darsteller geben Inventare Auskunft, bereits aus dem Trecento stammen die Inventare der „Confraternita dei Disciplinati di San Domenico" in Perugia, die 1339 und 1342 zu deren Besitz unter anderem Theaterkostüme zählten.18 Die aus dem Duecento überlieferten Nachrichten über Aufführungen im weitesten Sinne geben ob ihrer Kürze selten Aufschluß über die Art der Inszenierung. Daher bleibt im Dunkeln, ob beispielsweise die „Reppraesentatio Passionis et Resurrectionis Christi" 1243 oder 1244 in Padua eine bildhafte, pantomimische oder gesprochene - und wenn letzteres, ob in volgare oder in latein getextete - Aufführung war.19 Der Bericht über eine Passion in Siena 1257 bezeichnet den Darsteller des Christus als „puer", woraus d'Ancona den Schluß auf eine „stumme" Aufführung zieht. 20

13 14

15 16 17

18

19 20

lichkeit" als ein Passionsspiel das wirkliche Leiden Christi ist oder ein Kruzifix ihn selbst enthält, ibid p.184. Zum eucharistischen Aspekt der Repräsentation cf. Michalski 1988 und Ginzburg 1992. Cf. Casel 1928. Dieser sieht (p.145) wie später Stemmler 1970 und Gregor 1958 den Bezug zu den heidnischen Kulten. Er bezeichnet an anderer Stelle das Meßopfer als „wahres Kultdrama" (p.199) und die Liturgie als das Kultmysterium Christi und der Kirche (p.212). So zum Beispiel die lebenden Bilder der Corpus Domini-Prozession in Campobasso. Zu dem Begriff des Mysteriums und dessen Übertragung auf das mittelalterliche Theater cf. Gregor 1958. De'Bartholomaeis 1924, Monaci 1874, Billanovich 1940. Zum Definitionsproblem cf. auch Molinari 1961, pp.55sq. Zum Verhältnis von „lauda" und „dramma liturgico" Apollonio 1962, pp.397sq. Zu den Lauden cf. de'Bartholomaeis 1924, pp.237sq. Terruggia 1962 sieht ein Initiationsmoment in den Passionsaufführungen Rainiero Fasanis 1260. Nach Apollonio 1962, pp.425sq. entstehen „lauda" und „dramma liturgico" aus dem selben Bedürfnis der Vergegenwärtigung, wobei er keinen Unterschied zwischen „drinnen" und „draußen" sieht. Die Inventare sind publiziert bei Monaci 1874 im Appendix, teilweise zitiert bei d'Ancona 1891, vol.I, p.164. Weitere solche Inventare finden sich in Gubbio aus dem 14. Jh. (Padovan 1884 und de'Bartholomaeis 1924, p.314), in Perugia, wo ein regelrechter Kostümverleih dokumentiert ist (de'Bartholomaeis 1924, p.270) und in Assisi 1403 (Terruggia 1962, pp.451sqq). Für Florenz siehe Newbigin 1996. Zu dieser Aufführung d'Ancona 1891, vol.I, pp.87-90 und Bruneiii 1921, pp.9sq. d'Ancona 1891, vol.I, p.90. Darstellungen der Passion in Form von tableaux vivants, wie sie in

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Präsenz

N e b e n den Passionsspielen sind Inszenierungen verschiedener Feste belegt, die nicht als narrative Entwicklung einer Handlung konzipiert sind, sondern ein Ereignis oder dessen Protagonisten fokussieren. 21 In Padua ist 1306 und ab 1331 durchgängig eine semidramatische Form des Annunziata-Festes belegt. 22 Der dramatische Effekt beruhte darauf, daß in einer Transformation der ikonographischen Tradition nach dem Dialog Mariens mit dem Engel eine Taube, die zuvor unter dem Kleid der Jungfrau verborgen gewesen war, aufflog und so die vollzogene Empfängnis symbolisierte. 2 3 Der venezianische Chronist Martino da Canale beschrieb um 1267 die in Venedig stattfindenden Prozessionen, unter anderem berichtet er von einem Verkündigungsspiel. 24 (Q CXVIII) Der Auftrag an einen Maler für die Anfertigung eines Gerüstes 1342 belegt auch im 14. Jahrhundert eine szenische Ausgestaltung des Festes. 25 In Cividale ist eine Form des Annunziata-Festes überliefert, die, außerhalb des Kirchenraums stattfindend, Liturgie, Prozession und ufficio drammatico miteinander verband. 26 Eine Prozession verliess die Kirche und bewegte sich singend auf den Platz, w o ein Priester das Evangelium verlas. Dann wurde die Verkündigung gespielt und der Klerus kehrte in die Kirche zurück. Ebenfalls bezeugt ist die Dramatisierung des Pfingstfestes, wobei die Erleuchtung der Apostel in verschiedener Weise sichtbar gemacht wurde, so warf man in der Kirche beispielsweise Blumen, Hostien und brennendes Werg von oben herab. 27 Die Verwendung von Feuer war nicht ohne Gefahr, 1471 führte sie in Santo Spirito in Florenz z u m Kirchenbrand. 28 Häu-

21

22 23 24 25 26 27 28

Frankreich zum Einzug des Herrschers gestellt wurden, sind in Italien nicht direkt dokumentiert. Neri 1902, p.5. vermutet in einem „Mistero della Rissurezione" 1491 in Turin, also im Einflußbereich französischer Kultur, eine solche „semplice rappresentazione mute". Zum Einzug Charles VIII. wurden dort tablaux vivants auf Gerüsten aufgestellt: „et de qualibet arte eorum fecerunt zafandum" (ibid.p.6). „Zafandum" entspricht dem französischen echafaud (Gerüst), wie die Bühnen der tableaux vivants bezeichnet wurden. Über diese tableaux berichtet La Vigne ed.1981, pp.162-163. Giovanni Villani (d'Ancona 1891, vol.1, pp.94-95) berichtet über eine bildhafte, wenn auch nicht stumme Inszenierung 1304 in Florenz: Auf dem Arno war auf mehreren palchi ein schwimmendes Inferno aufgebaut, wo von lautem Geschrei begleitet die von Teufeln gequälten nackten Seelen zu sehen waren. Das Inferno war offenbar nicht Teil einer größeren Aufführung, ob es auf eine literarische Vorlage Bezug nahm, ist fraglich. (Da Dante bereits 1302 aus Florenz verbannt wurde und die Divina Comedia wahrscheinlich erst 1307 begann, ist schwerlich ein Zusammenhang herzustellen.) Auch das Fest zu Purificatio Mariae fand in Padua zu dieser Zeit in einer dramatisierten Form statt. Cf. Tripps 1998, pp.61-62. Zu dem Verkündigungsspiel ibid, pp.87-88. Cf. Billanovich 1940, p.86 und Bruneiii 1921, p.15. Dazu auch dAncona 1891, vol.I, p.92, n.3. Cecchetti 1886, p.67 publizierte das Dokument eines Auftrages an den Maler Paolo da Venezia 1342 „di fornire l'apparato per uno spettaculo con lAnnunziazione". DAncona 1891, vol.I, p.93. DAncona 1891, vol.I, pp.31sq; Tripps 1998, pp.192-194. Das Ereignis hat sich in zahlreichen Berichten niedergeschlagen. Cf. Newbigin 1996, vol.II, pp.746-752. Die Gruppe der Apostel mit Maria waren wohl Holzfiguren, die „Kronen" aus Feuerwerkskörpern trugen, die sich im entsprechenden Moment entzündeten. In Pistoia wurde (1351/52 erstmalig belegt) die Erscheinung der „colombina affocata" von Feuerwerk und Knallern begleitet. Chiappelli 1913, pp.8-9.

Dramatisierung von Liturgie, Predigt und Kirchenfest

17

fig findet sich eine Taube als Darsteller des heiligen Geistes. 2 9 Dies war der Fall bei der Aufführung des Pfingstwunders 1379 in Vicenza, für das eine ausführliche Beschreibung vorliegt. 30 Auf dem Platz vor der Antoniuskapelle war ein zweistöckiges Gerüst errichtet worden, auf dessen unterer Ebene Maria und die Apostel, auf der darüberliegenden die Propheten standen. Dann signalisierte eine vom Turm herabschwebende Feuertaube die Ausgießung des Heiligen Geistes, an die sich das Wunder der Bekehrung eines Juden anschloß. Die Beschreibung zeigt Ubereinstimmungen mit der entsprechenden Darstellung Andrea da Firenzes in der spanischen Kapelle. 31 In Orvieto hat sich eine solche Tradition bis heute erhalten. Zum Pfingstfest wird vor dem D o m ein Gerüst mit Figuren Mariens und der Apostel errichtet, von der gegenüberliegenden Kirche schickt man an einem Draht eine auf ein Rad gebundene lebendige Taube herüber, bei deren Ankunft sich hunderte an dem Gerüst befestigte Knaller entzünden. Einen stark bildhaften Charakter hatte vermutlich die Aufführung der „Ognisanti"-Legende, die wahrscheinlich im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts entstand und in der 1405 kompilierten Textsammlung des Tramo di Leonardo überliefert ist. 32 Das Fest geht der Legende zufolge auf die Vision eines Priesters zurück, der in Sankt Peter in R o m den Heiligen Petrus vor allen Heiligen die Messe zelebrieren sah. Diese Erscheinung wird in dem Spieltext um einige Randszenen wie den Auftritt der Tugenden erweitert. Neben der Verlebendigung einer Paradiesdarstellung sahen die Zuschauer also die theatralische Inszenierung einer Messe. 3 3 Letzteres muß auch der Fall gewesen sein bei dem „Wunder von Bolsena", das sich ebenfalls in der Textsammlung Tramos findet. 34 Hier stellt sich die Frage nach der Spielbarkeit einer sakralen Zeremonie.

1.

Inszenierungen im Kirchenraum

Die Inszenierung lebender Bilder im Kircheninnenraum ohne die narrative Rahmenhandlung einer sacra rappresentazione ist aus dem Quattrocento nicht und zu Beginn des Cinquecento nur spärlich belegt. 35 Die Himmelfahrts- und Paradies-Inszenierungen, die in verschiedenen Zusammenhängen auftreten, fallen insofern in den Bereich dieser Untersuchung, da sie als primär visuell inszenierter Höhepunkt die Aufführungen prägen. 36 29

Die Tauben überlebten sogar gelegentlich die Aufführungen. Cf. Chiappelli 1913, „Libri di entrata e uscita del Capitolo della Cattedrale 1351-1416". Die Taube als Symbol göttlicher Erscheinung wurde 1475 in Bologna anläßlich einer Hochzeit paganisiert: Als festlicher Auftakt kam Jupiter in Form einer Taube von der Decke des Festsaales herab und es wurden lateinische Verse rezitiert, „auf die Art, daß es schien, als ob die Taube spräche". Cf. Cavicchi 1909, p p . 7 2 - 7 3 .

30

Conforto Pulce, ed. Muratori XIII, col.1249-1250, cf. Creizenach 1911, vol.I, p.315.

31

Zu Darstellungen des Pfingstwunders cf. Meiss 1959.

32

Nach de'Bartholomaeis 1924, p.298 kann das Stück nur mit einem terminus antequem datiert werden; es gehört jedoch nicht zu dem älteren aus Perugia übernommenen Material.

33

De'Bartholomaeis 1924, p.298 zufolge hatte der himmlische Hofstaat die Wirkung eines „gran quadro animato".

34

De'Bartholomaeis 1924, p.300

35

Zur Kirche als Theaterraum allgemein cf. Konigson 1975.

36

Eine „Himmelfahrt" war naturgemäß meist mit der Einrichtung eines Paradieses kombiniert, so schmückte man in Pistoia 1516 anläßlich der Himmelfahrt Mariens die Kirche in der Art eines Para-

Präsenz

18

War im Norden bei den Himmelfahrts-Inszenierungen der Gebrauch einer Christusfigur üblich, die mittels eines im Rücken oder Kopf eingelassen Ringes zum sogenannten meist im Langhaus befindlichen „Himmelloch" emporgezogen werden konnte37, so sind in Italien lebende Darsteller und eine aufwendigere szenische Umsetzung belegt. Erstaunlich wenig ist über die römische Aufführungspraxis bekannt. Die Arciconfraternita del Gonfalone, welche die Passionsspiele im Kolosseum bestritt, war auch für rappresentazioni in Santa Maria Maggiore verantwortlich. 38 Inventare belegen die notwendigen Apparaturen, um die Assumptio Mariae aufzuführen. Darüberhinaus waren in eine der Säulen der Kirche „Eisen" eingelassen, um einen Engel und die Muttergottes erscheinen zu lassen. 39 (Q CIII) Die Formulierung „con che appariva la Nostra Donna a la Neve" läßt allerdings offen, ob damit die in der Kirche verehrte Marien-Ikone selbst gemeint ist, die diesen Titel trug, oder ob anläßlich der Testa della Neve die Statue oder ein lebendes Bild der Muttergottes erschien. Die Vorrichtungen lassen in jedem Fall nach der Einbindung einer Inszenierung in die Assumptio-Prozession fragen, in der römische Kultbilder jahrhundertelang die Hauptrolle spielten.40 Ist es als Verlust der Aura des Kultbildes zu interpretieren, wenn Himmelfahrtsmaschinen die Präsenz Gottes bzw. Mariens simulieren, die zuvor durch ein Bezugssystem von Kultbild, Liturgie und Bildprogramm der Kirche gewährleistet war? Die Verbindung von einer Prozession mit einer in der Kirche stattfindenden Inszenierung ist durchaus denkbar, wie eine Prozession gegen die Türkengefahr im Jahr 1500 in Modena zeigt. Dort lief die Prozession mehrere Kirchen an, unter anderen war „in San Pietro in der neuen Kirche in der Hauptapsis eine Darstellung des Paradieses mit schönen Ausschmückungen gemacht", und in Sant'Asa spielte man die Himmelfahrt Märiens. (Q LIX) Zu erwähnen ist hier noch eine Paradies-Inszenierung aus ungewöhnlichem Anlaß. In Forli war 1460 anläßlich der Taufe des Erstgeborenen der herrschenden Familie der Ordelaffi, wie

dieses, wobei die Mitglieder einer Knaben-Bruderschaft Christus und weitere Heilige darstellten. (Q L X X X I I I ) . Ein „Himmel" konnte aber auch Teil anderer Aufführungen sein. So wollte man zu Weihnachten 1506 in San Lorenzo in Neapel ein Weihnachtsspiel inszenieren und hatte einen „Himmel und einige Engeln, die sangen und musizierten" und einige weitere Gerüste für Predigt und Musik darunter eingerichtet. Als aber eine zu große Anzahl Leute hinaufstiegen, begann das Ganze einzustürzen und „es fielen Engel und Leute herunter", wobei man 14 Tote zu beklagen hatte. (Giacomo il Notar ed.1845, p.284). 37

Der Untersuchung von Krause 1987 zufolge waren diese Spiele im deutschsprachigen Raum vom 14. bis zum 16. Jahrhundert weit verbreitet. Sie gerieten ins Kreuzfeuer reformatorischer Kritik und wurden weitgehend abgeschafft. In Augsburg kam es 1533 dabei zu einem Skandal: Da die Fugger in der Moritzkirche das Recht hatten, eine eigene Predigerstelle zu besetzen, bestand Anton Fugger auf der Aufführung. U m diese zu verhindern, Schloß der Zechpfleger Max Ehern die Christusfigur weg, woraufhin Anton Fugger eine neue schnitzen ließ. Als Ehem nun das Himmelloch versperrte, ließ Fugger ein neues machen und das Himmelfahrtsspiel fand statt. Ehem und seine Gesinnungsgenossen stürzten jedoch den Christus hinab, wo er zerschellte; Anton Fugger wurde wegen dieser Provokation mit kurzer Turmhaft und Geldstrafe belegt. Cf. Rasmussen: Bildersturm und Restauratio. In: Welt im Umbruch 1980, vol.III, p.97

38

Zu dieser Bruderschaft cf. Vattaso 1903 und Cruciani 1983, p p . 2 1 0 - 2 1 8 / 2 6 3 - 2 7 0 .

39

Vattaso 1903, pp.100-101; Cruciani 1983, p.265 erwähnt Zahlungen für die „Festa della Neve" 1496 und 1498.

40

Zu dem Kultbild, der Kirche und der Assumptio-Prozession cf. Wolf 1990, besonders pp,19/37sq.

Dramatisierung von Liturgie, Predigt und Kirchenfest

19

der Chronist Giovanni Pedrino berichtet, die Kirche „aufs wunderbarste geschmückt, indem ein Chor von lebendigen Engeln hoch oben gemacht war, die unaufhörlich kreisend sangen: und es schien das Paradies (zu sein)". 4 1 (Q X L ) Die Beschreibung läßt an die illusionistischen Kuppelfresken des wohl bekanntesten Künstlers der Stadt, Melozzo da Forlis, in Loreto denken. (Abb.6) Dieser mag also seine Inspiration der von den Chronisten bezeugten vitalen Festkultur seiner Heimatstadt verdankt haben. 4 2 Die Inszenierung, die solchermaßen personenbezogen das religiöse Theater der Würdigung eines Herrscherhauses dienstbar macht, ist singulär im Italien des Quattrocento. Sie setzt eigentlich eine Vernetzung sakraler und weltlicher Macht voraus, wie sie den französischen Königen eignet und in den ephemeren Inszenierungen zu deren Ehren auch nach Italien getragen wurde. So zeigte man anläßlich der Krönung Frangois I. 1515 in Mailand im D o m neben einer schwebenden Muttergottes mit Kind inmitten zweier Bischöfe, den König und die Königin zu Seiten einer Personifikation der Justitia. Diese waren umringt von Mädchen in der Landestracht und Engeln. (Q LIII)

Florenz Die aufwendigen Inszenierungen in den florentinischen Kirchen sind sowohl durch die Berichte wie auch Inventare und Rechnungen gut dokumentiert. 4 3 Außerordentlichen Ruhm erlangten die Aufführungen zu Himmelfahrt in Santa Maria del Carmine und die der Verkündigung in SS. Annunziata und San Feiice in Piazza durch die Brunelleschi zugeschriebenen Apparate 4 4 , die noch im Cinquecento in fast unveränderter Form benutzt wurden. 4 5 Da die ersten die Aufführung betreffenden Nachrichten gerade aus jenen Jahren stammen, da Brunelleschi an der Domkuppel arbeitete, ist es denkbar, daß er bei der Erfindung dieser Maschinerien auf seine Erfahrungen der beim Bau notwendigen Aufzugssysteme zurückgreifen konnte. 4 6 Der technische Fortschritt gewinnt damit nicht geringe Bedeutung für die Ausbildung neuer Theaterformen.

41

Giovanni di M. Pedrino ed.1934, vol.II, p.350. Die Beschreibung übernahm Cobelli, ein anderer

42

Auch ein weiterer Chronist, Andrea Bernardi, berichtet über Prozessionen und Feste. Die Nähe und

Chronist Forlis, fast wörtlich in seine Chronik. Cobelli ed.1874, p.239. vielleicht Vorbildwirkung von Florenz wird an der Verwendung der Bezeichnung edifici für die Prozessionswagen deutlich. Melozzo hielt sich 1460 in Forli auf. Roettgen 1997, p.66. 43

Newbigin 1996 publizierte die vielen Dokumente zu Aufführungs- und Organisations praxis der Kirchen „d'oltrarno".

44

Daß Brunelleschi tatsächlich jener von Souzdal erwähnte „gescheidte Mann, Italiener von Geburt" war, der die Theatermaschinen entwarf, wird nur von Vasari in dessen Vita bezeugt, (ed. Milanesi, vol.II, p p . 3 7 5 - 3 7 8 / ed. Schorn und Förster, vol.II, 1, pp.214-218). Cf. Zorzi 1980, pp.l61sq. Zu den ihm zugeschriebenen Inszenierungen cf. Fischel 1920; Blumenthal 1966/77; Blumenthal 1974; Zorzi 1977; Danilova 1980; Olson 1981; Barr 1990.

45

Die Maschinen wurden Vasari zufolge von Cecca noch verbessert, (ed.Schorn und Förster, II, 2, pp.160-162 / ed.Milanesi, vol.III, pp.197-199) Die Beschreibungen der Verkündigungs-Aufführungen 1533 (anlässlich der Hochzeit von Alessandro de'Medici und Margherita von Osterreich) und 1565/66 (anlässlich der Hochzeit von Francesco de'Medici und Johanna von Osterreich) sind u.a. publiziert bei Newbigin 1996, vol.II, p p . 2 7 7 - 2 8 2 .

46

Cf. Barr 1990, p.381.

Präsenz

20

Die Feier der „Ascensione" in Santa Maria del Carmine läßt sich bis 1280 zurückverfolgen, allerdings ohne Nachricht über die genauen Umstände. 47 Das Himmelfahrts-Spiel wird erstmalig von Sacchetti in der 72. Novelle erwähnt, wobei die Langsamkeit des Aufstieges, die den Spott der Zuschauer erregte, gegen eine elaborierte Technik spricht. 48 Im Jahr 1422 fand einem Chronisten zufolge eine gelungene Inszenierung statt, die möglicherweise bereits Brunelleschi zuzuschreiben ist: „Donnerstag, den 21. Mai 1422, am Tag der Himmelfahrt und in der Nacht zuvor machte man ein feierliches und schönes Fest in der Kirche der Carmine und es fuhr ein lebendiger Mann anstelle unseres Herrgottes in den Himmel. Und er wurde von den Bögen bis zur Plattform und direkt bis dicht unter das Dach gezogen. U n d alle Ereignisse und Ähnlichkeiten machte man entsprechend zu unserer Lieben Frau, Santa Maria Maddalena und den 12 Aposteln. Jenes Fest wurde für sehr schön und voller guter Einfalle gehalten, und um die Wolke herum - als die Wolke herunterkam und Christus nach oben brachte - entzündeten sich, als sie zusammentrafen, viele Kerzen. U n d es gab auch andere in Ähnlichkeit mit Engeln, wie jeder, der dieses Fest sehen wird, bemerken wird, wenn es G o t t gefällt, es fortführen zu lassen." 4 9

Der russische Bischof von Souzdal sah bei seinem Aufenthalt in Florenz anläßlich des Unionskonzils 1439 eine noch weitaus aufwendigere Inszenierung. 50 Die Ausführlichkeit seiner Beschreibung ermöglichte eine Rekonstruktion der Apparatur im Modell.51 (Abb.3) Im Inventar der Bruderschaft von Santa Maria del Carmine von 1466 überliefert Neri de Bicci die verschiedenen Teile der Konstruktion und Ausstattung, die einen Einblick in das hohe Niveau der technischen Ausstattung geben. 52 Die Aufführung zeichnete sich durch ihre Bildhaftigkeit aus; es existierte wohl kein autonomer Spieltext, sondern gesprochen wurden nur die biblischen Dialoge. Das Langhaus diente als Zuschauerraum, während über der steinernen Chorschranke die Bühne errichtet war. Die Kulisse bildeten eine Burg, die Jerusalem bezeichnete, ein Berg und darüber der „Himmel", in dem Gottvater seinen Sohn erwartete. Dieser schwebte in einer Engelswolke, deren Lichteffekte der ganzen Erscheinung visionären Charakter verliehen, empor. 53 Für den Darsteller des Gottvater ist in den Inventaren eine Maske

47

Barr 1990, p.377 vermutet, daß die besondere Aufmerksamkeit der 1248 gegründeten Bruderschaft des Karmeliterordens für die Himmelfahrt mit der legendären Himmelfahrt ihres Ordensgründers Elias zusammenhängt.

48

Sacchetti ed.1978, p.188.

49

Luiso 1907, p . 3 3 / 3 4 . Pochat 1978, p.233 publizierte denselben Bericht unter dem Namen Prier Paolo

50

Der Bericht wurde erstmalig auf deutsch von Wesselofsky 1877 publiziert. (Nicht zu benutzen ist Po-

di Matteo Pietribuoni. Cf. auch Pochat 1990, p.87. chat 1990, p p . 8 9 - 9 5 der d'Anconas italienische Ubersetzung wieder ins deutsche zurückübersetzt.) Zorzi 1980, p.162 referiert die Zweifel an der tatsächlichen Autorenschaft Souzdals, die Krajcar, der eine lateinische Version publizierte, angemeldet hat. 51

Ältere Rekonstruktionsversuche bei Blumenthal 1966/67 Anläßlich der Ausstellung „II luogo teatrale a Firenze" konstruierte der Architekt Lisi die in der Folge häufig abgebildeten Modelle. Cf. II luogo teatrale 1975, pp. 55, 56, 59, 63; Zorzi 1980, Abb. 31, 32, 34, 36, 40, 41; Pochat 1990 und Le tems revient 1992.

52

Die entsprechenden Auszüge aus dem Inventar Neri de Biccis bei Barr 1990, p . 4 0 0 , n.28, 30, 32. Dazu ausführlicher Newbigin 1996, p p . 4 5 - 1 5 5 .

53

Zu den Lichteffekten cf. Barr 1990, p.383. U m farbige Lichteffekte zu erzielen, wurden mit gefärbtem Wasser gefüllte Gläser verwendet. Die Glorie Christi „il sole" mit ihren Lichtern war bis zum M o ment des Aufsteigens verdeckt.

Dramatisierung von Liturgie, Predigt und Kirchenfest

21

überliefert, dies könnte auf einen jugendlichen Darsteller schließen lassen, vielleicht aber auch auf das Problem der Darstellbarkeit Gottes. 54 Die Aufführung verlebendigte damit das weit verbreitete Bildthema der Himmelfahrt, jedoch mit einer ikonographischen Abweichung. Gottes Anwesenheit im Himmel wird in der Regel, wenn überhaupt, nur in Form einer aus dem Himmel greifenden Hand verbildlicht.55 Eine der seltenen Darstellungen der Renaissance, die das Geschehen der Aufführung analog darstellen ist die „Ascensione" Pietro di Francesco Oriolis von 1492, in der daher ein Reflex auf die sacre rappresentazioni vermutet werden kann. 56 Konkretes Vorbild wurde die Inszenierung für ein Relief, das Donatello als Predella für einen Altar in Santa Maria del Carmine schuf.57 (Abb.4) Nur so läßt sich die Kombination von Himmelfahrt und Schlüsselübergabe erklären, welche die biblische Folge der Ereignisse ignoriert, in der Aufführung dem Bericht Souzdals zufolge aber tatsächlich in dieser Form auftrat.58 Die Verkündigunginszenierungen in SS. Annunziata und San Feiice in Piazza folgten unterschiedlichen Prinzipien. Jene von 1439, der Souzdal in der Santissima Annunziata beiwohnte, bezog den gesamten Kirchenraum ein: Das Paradies mit Gottvater befand sich auf einem Gerüst über dem Eingang, Maria hingegen über dem Altarbereich. Der verkündigende Engel durchquerte über den Köpfen der Zuschauer das Kirchenschiff, die sich so inmitten des Geschehens befanden. Der Heilige Geist manifestierte sich in Flammen, die sich entlang der den Himmel und das „Haus" Mariens verbindenden Schnüre bewegten, und die so die schnurgeraden Lichtstrahlen der Verkündigungsbilder aufnahmen. Das gesprochene Wort trat weit hinter dem überwältigenden visuellen Eindruck zurück, der auf der Verlebendigung von vertrauten Bildformularen basierte. Die Verkündigung in San Feiice in Piazza hingegen verfügte über eine der Himmelfahrt vergleichbare Maschinerie: Vor der im Altarbereich befindlichen Maria senkte sich eine Mandorla herab, welcher der Verkündigungsengel entstieg und mit der er im Anschluß wieder in den Himmel zurückkehrte. 59 (Abb.5 und 7) Im Zibaldone des Buonaccorso Ghiberti findet sich die Konstruktionszeichnung einer Mandorla, die Brunelleschi zugeschrieben und mit der Aufführung in Verbindung gebracht wird.60 Diesen Mechanismus reflektiert die anonyme Holzschnittillustration einer „Rappresentazione della annunciazione di Maria" aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. 61 Die Unterschiedlichkeit beider Inszenierungen erklärt Zorzi mit der Besonderheit der Aufführung in der SS. Annunziata: Die exponierte Visualisierung des Heiligen Geistes durch die feurigen Schnüre sei im Kontext des Unionskonziles zu sehen, bei dem um das „Filioque" ge-

54

Die Verwendung einer Maske ist 1471 dokumentiert. Barr 1990, p.201, n.41.

55

Zu den Darstellungsmodi der Himmelfahrt cf. Gertrud Schiller: Ikonographie der christlichen Kunst, Gütersloh 1976, vol.III und die einschlägigen Lexika.

56

Zu dem Bild cf. Francesco di Giorgio 1993, pp.456-457

57

Der ursprüngliche Anbringungsort in der Brancacci-Kapelle in Santa Maria del Carmine ist zwar nicht gesichert, wird aber von der Forschung angenommen, da das Relief die sinnvolle Ergänzung des Freskenprogrammes der Kapelle bildet. Cf. Pope-Hennessy 1993, pp.123-125.

58

Souzdal bei Wesselofsky 1877, pp.438-439.

59

Zu diesem Fest ausführlich mit vielen Dokumenten Newbigin 1996, vol.1, pp.1-43, pp.269-282.

60

Scaglia 1960/61, pp.45-68; cf. auch Blumenthal 1966/67 p.26.

61

Cf. Blumenthal 1966/67 p.26 der erstmalig auf diese Illustration hinwies.

vol.II,

Präsenz

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stritten wurde. 62 Die Verkündigungs-Inszenierung wurde nicht zuletzt in ihrem repräsentativen Charakter wahrgenommen, als ein Ereignis „zu Ehren Gottes und um den Ruhm der Stadt zu mehren". 63 Daher fanden die Aufführungen auch zu Ehren von hohen Gästen statt: 1471 anläßlich des Besuches von Galeazzo Maria Sforza 64 , 1473 für die durchreisende Eleonora d'Aragona 65 und 1494 für Charles VIII. 66 Der in der Kirchenkuppel kreisende Engelsreigen ist von den bildenden Künsten in unterschiedlicher Weise aufgenommen worden. 67 Melozzo da Forlis Fresko in Loreto ist ein frühes Beispiel illusionärer Kuppelmalerei, die dem Betrachter scheinbar nicht von der Erdanziehungskraft betroffene Geschöpfe im Kuppelgewölbe kreisend vorführt. (Abb.6) Er öffnet nicht, wie später die barocken Kuppel- und Deckengemälde, den Blick in den Himmel; sein Illusionismus bezieht sich auf die kontemporäre Aufführungspraxis, die den freien Flug der Engel im Kirchenraum simuliert. In der Tafelmalerei wird der sich über diversen heiligen Begebenheiten öffnende Himmel im Quattrocento zu dem „umgestürzten Barbierbecken" 68 , einer Halbkugel, in derem Inneren sich die Engelsscharen drehen. Botticellis „Mystische Geburt" von 1500 zeigt einen solchen Engelsreigen in der Heiligen Nacht über dem Stall.69 (Abb.8) Francesco di Giorgio läßt seinen Gottvater ebenfalls aus einer solchen Himmelshalbkugel hinabsehen, wobei er durch die Sternbilder die Verbindung zu einem Sphärenglobus herstellt. (Abb.9) Die Inszenierungen Brunelleschis sind sacre rappresentazioni mit narrativem Charakter, da sie auf dem Vorspielen einer Handlung mit gesprochenen Texten basieren. Unter dem Aspekt des lebenden Bildes sind sie aber insofern relevant, als die Narratio in einem bildhaft inszenierten Höhepunkt kulminiert, der seine Wirkkraft ebenso aus der voraussetzbaren Kenntnis von Bildformularen bezieht, wie er auf diese zurückwirkt.

2.

Inszenierungen im Außenraum

Regionale Traditionen und Reglementierungen hatten zur Folge, daß die Aufführungen, in denen man sich der Himmelfahrtsapparate und Paradiese bediente, in einigen Städten unter freiem Himmel stattfanden. 70 Einen frühen Beleg überliefert der Maler-Chronist Giovanni di 62 Zorzi 1980, p.164. 63 Cf. Newbigin 1990, p.371. Zur Geschichte des Annunziata-Festes unter den Medici cf. Decroissette 1980. 64 D'Ancona 1891, v o l l , pp.272-273, Newbigin 1996, p.205. 65 Faletti 1983. 66 Zu dem Einzug Charles VIII. cf. Borsook 1961, dort p.l 17 zu der Verkündigungs-Aufführung. Das edificio der Annunziata hatte den König bereits bei seinem Einzug begrüßt. (Q XXXV) Desweiteren siehe: Nardi ed.1858, vol.I, p.37; Landucci ed.1863, pp.79-83; La Vigne ed.1981 pp.220-221 und Decroisette 1980. 67 Fischel 1920 stellte die Verbindungen zwischen den florentinischen Aufführungen und der Dekoration der Portinari-Kapelle in San Eustorgio in Mailand fest, die 1462-66 von Michelozzo erbaut wurde. Die Stuckdekorationen sind wahrscheinlich wie auch die Fresken ein Werk Vincenzo Foppas. 68 Vasari in der Vita Brunelleschis, zitiert nach ed.Schorn/Förster, vol.II, 1, p.214. 69 Zu dem Bild in diesem Zusammenhang cf. Olson 1981. 70 Durch die Verlagerung nach außen konnten zum einen mehr Menschen dem Spektakel beiwohnen. Es trugen aber auch diverse Verbote der Spiele im Inneren der Kirche durch die Konzilien von Paris

Dramatisierung von Liturgie, Predigt und Kirchenfest

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M. Pedrino, der berichtet, daß 1448 in Forli „auf den Dächern der Kirche" das Paradies hergerichtet worden war, „wo am Ende Christus selbst hinaufstieg, ohne daß man sah auf welche Weise." (Q X X X I X ) In ganz Italien häufen sich in der zweiten Hälfte des Quattrocento „Himmelfahrtsmaschinen", und Feste unterschiedlichsten Charakters bedienen sich ihres aufsehenerregenden Effektes. Dem jeweiligen Anlaß entsprechend sind es nicht immer von der Erde ausgehende „Himmelfahrten", sondern bisweilen himmlische Boten, die zur Erde hinabsteigen und wieder in den Himmel zurückkehren. Die Auftritte himmlischer Sendboten bilden dramatische Höhepunkte innerhalb einer Inszenierung, wie beispielsweise der zur Begrüßung Julius II. 1506 in Orvieto herabschwebende von Engeln flankierte Christus. (Q L X X I X ) Sie demonstrieren gleichermaßen den überirdischen Charakter des Geschehens wie das technische Vermögen der Veranstalter. Auch in den wiederentdeckten antiken und neuerdichteten Komödien wird die himmlische Göttererscheinung um desselben Effektes willen eingesetzt. In Ferrara, das für seine aufwendigen sacra rappresentazione unter Ercole d'Este bekannt ist 71 , stieg 1487 in der Aufführung des Amphitrion Jupiter aus einem „Himmel" herab, in dem weiß gekleidete Kinder die Planeten darstellten. 72 Die „Festa del Paradiso" mit einem ebensolchen Götterhimmel entspricht bis in die Beschreibung hinein einem christlichen Paradies. 73

Siena In Siena fand die Inszenierung eines „Paradieses" bei verschiedenen außerordentlichen Ereignissen Verwendung. Im Jahr 1450 wurde der dort gebürtige und vier Jahre zuvor verstorbene Franziskaner Bernardin, der zu Lebzeiten als Prediger große Berühmtheit erlangt hatte, kanonisiert. 7 4 Zwischen dem 15. und 18. Juni wurden Feierlichkeiten zu seinen Ehren veranstaltet, wofür man die ganze Stadt auf das festlichste schmückte. Am „großen Turm oberhalb der

1429, Basel 1435 und Toledo 1473, die profanisierende Einflüsse befürchteten, zu dieser Verlagerung bei. (Chiappelli 1913, p.12) 1421 erging in Orvieto ein Verbot, das sich explizit gegen die Flagellanten richtete. (Publiziert bei de'Bartholomaeis 1924, p.302) In Pistoia wurde 1462 Klerikern, die selbst die Passion zu spielen pflegten, sogar untersagt, den Spielen beizuwohnen, wie weitere Verbote bezeugen ohne nachhaltigen Erfolg. 1468 verbot das Kapitel die Erscheinung des Teufels. 1476 wurde die Passionsaufführung endgültig aus der Kirche verbannt und in der Folge in einer Loggia an der Seite der Kirche aufgeführt. (Chiappelli 1913, pp.9-14) Anstoß mögen Spiel-Erweiterungen gegeben haben, wie Herodes, der im Zorn über die Flucht auf Priester und Gläubige losgeht, bis ihm von einem Engel Einhalt geboten wird. (Bruneiii 1921, p.18 / de'Bartholomaeis 1924, p.151). 71

Auf eine frühe szenische Inszenierung von Mariae Himmelfahrt 1448 deuten Zahlungen für „solari, mulinelli e altri hedifici" anläßlich des Festes hin. Franceschini 1993, p.318, 626 e. Zum Theater in Ferrara unter Ercole d'Este cf. Coppo 1968; Zorzi 1977; Tuohy 1996, p p . 2 3 4 - 2 7 6 .

72

„l'hera construito uno celo alto a uno cantone verso la torre de l'arlogio con lampade che ardevano a Ii lochi debiti de drio de tele negre subtile e radiaveno in modo de stelle; e ge herano fanzuli picoli vestiti de biancho in forma de Ii pianeti." Zambotti, RIS X X I V , P.7, vol 2, p.176.

73

„et fu tanto si grande hornamento et splendore che parse vedere nel principio uno naturale paradixo, et cosi ne lo audito, per Ii suavi soni et canti che v'erano dentro. Nel mezo era Jove con Ii altri pianiti apreso, segondo el loro grado." Solmi 1904, p.87

74

Cf. Arasse 1977, und darüberhinaus Mazzi 1882, vol.I, pp.26-31 der weitere Berichte, u. a. den Sigismondo Tizios in dessen Historia Senenses (pp.29-31) wiedergibt.

Präsenz

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Kapelle neben dem Gericht" wurde eine hohe reichgeschmückte Bühne errichtet, die am zweiten Tag der „Himmelfahrt" Bernardins diente. 75 „Und es ist gewiß bewundernswert, daß, indem man von einem vorbereiteten Gehäuse die Vorhänge wegzog, auf einmal der Anblick des himmlischen Palastes erschien, während die Gitarre, die Lyra, die Flöte, die harmonischen Instrumente, die Hirtenflöte, ja fast jede Art von Musikinstrument erklang, man hörte auch ein sehr süßes Konzert menschlicher Stimmen. Feuerstrahlen leuchteten überall und jeder Darsteller verkörperte einen Bewohner des Himmels. Dann setzte der Chor der Glückseligen das bereits erwähnte Werk in Bewegung, und der, der die Rolle Bernardins spielte, wurde emporgehoben, zum großen Erstaunen der Zuschauer, erhob er sich von der Erde und wurde in den himmlischen Gefilden empfangen. Das Volk entbrannte vor Frömmigkeit, und alle dankten Gott voller Inbrunst, Bernardin preisend." (Q C X I I )

Die Kanonisation wurde also im Fest durch die Aufnahme des Mönches in das Paradies dargestellt, womit man den Eindruck gewinnen könnte, daß nicht der Kanonisationsprozess die Erkenntnis der Heiligkeit des Verstorbenen war, sondern der Heilige erst aufgrund der kirchlichen Anerkennung Einlaß in das Paradies erlangte. Die Maschinerien müssen jenen von Brunelleschi entworfenen ähnlich gewesen sein, doch kommt dieser selbst nicht mehr als Ingenieur in Betracht. Arasse zufolge war zu diesem Zeitpunkt in Siena nur ein Mann in der Lage, eine solche Apparatur zu realisieren: Ser Mariano di Jacopo, genannt il Taccola, der sich sowohl mit Maschinen als auch mit Feuerwaffen beschäftigte und zudem mit Brunelleschi bekannt gewesen war. 76 Wie seine Zeichnungen zeigen, verfügte er auch über die künstlerische Begabung, die eine solche Inszenierung verlangte. Da die Himmelfahrt Bernardins auch bildlich dargestellt wurde, ergibt sich die Frage nach einem Einfluß der Inszenierung auf die künstlerische Umsetzung des Themas. Als Rekurs könnte das Relief des Tympanons des Oratorium in Perugia von Agostino di Duccio gedeutet werden, das den Heiligen zeigt, wie er von Engeln in den Himmel getragen wird. 7 7 Bei der Analyse der Darstellungsmodi des Heiligen Bernardin kam Arasse jedoch zu dem Ergebnis, daß nicht die Himmelfahrtsinszenierung einen Bildtypus hervorgebracht hat, sondern selbst auf bestimmte ikonographische Traditionen zurückgreift. 78 Das die Frömmigkeit auslösende Erstaunen, „fervebat pietate populus", wie der Chronist Dati die Aufführung kommentiert, beruht einerseits auf der Verlebendigung von Bildschemata, andererseits läßt sich das Paradies mit seinen identifizierbaren Bewohnern und den auf verschiedenen Instrumenten Spielenden und Singenden in späteren Gemälden wiederfinden. 79

75

Bei der Erwähnung der Bühne beschreibt der Autor bereits kurz, was zu sehen war: ein „wunderbares Schauspiel, die Versammlung der Glückseligen und des himmmlischen Hofstaates; dann stieg einer vom Boden bis zu dieser Bühne, dank eines Werkes von großer Kunstfertigkeit, die ihm eine prächtige Himmelfahrt bis auf die Höhe der Bühne ermöglichte." (Q CXII).

76

Arasse 1977, Appendix IV, pp.230-231. Taccola ist 1441 und 1453 in Siena dokumentiert und verbrachte dort wahrscheinlich auch die Zeit zwischen diesen Daten. Durch seine Beschäftigung mit Feuerwaffen hatte er sicher auch die nötigen Kenntnisse für die Herstellung von Feuerwerk. Zu dem Künstler siehe Mariano Taccola: De machinis. The energineering treatise of 1449, 2 vol., (Hrsg.) Gustina Scaglia, Wiesbaden 1971.

77

Arasse 1977, Abb.9.

78

Arasse 1977, pp.213-224.

79

Beispielhaft sei hier auf das von Vecchietta 1462 geschaffene Triptychon verwiesen, dessen Mitteltafel eine Himmelfahrt Mariens mit auffällig „dreidimensional" angeordneten singenden und auf verschiedenen Instrumenten musizierenden Engeln zeigt. Francesco di Giorgio 1993, pp.136-139.

Dramatisierung von Liturgie, Predigt und Kirchenfest

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Wenige Jahre nach der Kanonisation Bernardins wurde anläßlich eines ebenfalls für die Stadt bedeutenden Ereignisses wiederum eine Himmelfahrt in Szene gesetzt. Am 19. August 1458 war mit Enea Silvio Piccolomini ein Sieneser zum Papst gewählt worden, was am 20. September in Siena mit einem großen Fest gefeiert wurde. Vor dem Palast des großen Rates war abermals ein „Paradies" errichtet worden, das sich unter den Klängen lieblicher Musik öffnete. Dies diente zunächst der Darstellung der Assumptio Mariens, im Anschluß wurde „der die Person des Papstes spielte" ebenfalls emporgehoben und von der Hand Mariens gekrönt. 80 (Q CXIII) Diese Himmelfahrt zu Lebzeiten des Dargestellten ist durchaus ungewöhnlich. Maria agiert hier als Sinnbild der Ecclesia und Stadtpatronin Sienas, die einen Bürger der ihr anbefohlenen Stadt zu der höchsten kirchlichen Würde erhebt. 81 Als Pius II. im Anschluß an das Fürstenkonzil von Mantua 1460 in Siena Station machte, wurde er schließlich in eigener Person in eine Inszenierung einbezogen. Aus dem am Dom errichteten Paradies stieg ein Engel herab, der sich erst an Maria und dann an den Papst wendend, diesem die Stadt Siena anempfahl und ihn mit seinen Worten zu Tränen rührte. (Q CXIV) Schon 1461 gab die Kanonisation Caterina von Sienas durch Pius II. erneut Anlaß zu Festlichkeiten. 82 Uber diese sind keine detaillierten Berichte überliefert, da aber wiederum „über dem Dach der Marmor-Kapelle ein Paradies errichtet" wurde, ist zu unterstellen, daß eine „Himmelfahrt" Caterinas den Höhepunkt des Festes bildete. 83 1503 wurde mit Pius III. abermals ein Sieneser zum Papst gewählt. Diesmal inszenierte man die „Papstwahl", die wiederum mit der Krönung des neuen Papstes durch Maria endete. 84 In der Vita des Sieneser Lokalheiligen Ambrogio Sansedonis, die 1509 erstmalig publiziert wurde, ist dessen Empfang bei seiner Rückkehr aus Rom im Jahr 1273 beschrieben, nachdem er beim Papst die Aufhebung des Bannes über Siena erreicht hatte. Zur Illustrierung des Ereignisses erdichtete der Autor ein Fest, das sich an der Inszenierung für Pius III. inspirierte. 85 Die Himmelfahrtsinszenierungen hatten sich offenbar zu einer für Siena eigentümlichen Festform herausgebildet, die, vergleichbar den „Feste di San Giovanni" in Florenz, als Besonderheit der eigenen Festkultur und eindrucksvollste Form städtischer Feierlichkeit empfunden wurde. 86 Im Hinblick auf die Darstellungsmodi der bildenden Künste ist im Fall der Assumptio Mariae gerade in der zweiten Hälfte des Quattrocento eine Wechselwirkung der Medien zu 80 Cf. bei Mazzi 1882, vol.1, pp.34-37 weitere Beschreibungen der Zeremonie. 81 Die „tavoletta di bicchema" von Vecchietta 1460 aus dem Staatsarchiv von Siena (Francesco di Giorgio 1993, pp.114-115) verbindet die Darstellung der Krönungszeremonie mit einer Marienerscheinung. Zur Bedeutung des Marienkultes in Siena cf. Perrig 1981 und Kempers 1995, zu den städtischen Festen anläßlich Mariae Himmelfahrt im 16. Jahrhundert, cf. Glenisson 1993. 82 Zur Bedeutung der Heiligen Katherina und zu ihrer Heiligsprechung cf. Fensin 1982. 83 Mazzi 1882, vol.I, p.38. 84 Mazzi 1882, vol.I, pp.44-50. Der Codex Magl.XXVII, 118, 8, BNCF überliefert die Beschreibung und die gesprochenen Verse sowie auf fol.l eine Illustration. Diese zeigt eine ephemere Architektur, eine schmale Bühne mit einer Kolonnade und einer über deren Gebälk hinausragende überwölbte zentrale Nische. Ein anderes eher karnevalistisches Papstwahlspiel wurde 1458 in Mailand aufgeführt. Cf. Mazzocchi Doglio 1983, p.20. 85 Mazzi 1882, vol.I, pp.10-25. 86 Trotzdem der Hauptfesttag der Stadt der 15. August war, wurde die Himmelfahrt Mariens zumindest im 16. Jahrhundert zu diesem Anlaß nicht aufgeführt. Cf. Glenisson 1993.

Präsenz

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konstatieren. Das Bildformular der in einer von Engeln getragenen Mandorla aufsteigenden Maria in Maso Civitalis Relief in San Freddiano in Lucca zeigt in seiner „realistischen" Darstellung der räumlichen Strukturen und der Anordnung der Figuren ebenso die Nähe zur Aufführungspraxis wie Francesco di Giorgios Gemälde der Marienkrönung, der den Himmel in der Art des „Barbierbeckens" darstellt. 87 (Abb.9)

3.

Predigtbegleitende Inszenierungen

In der Lebensbeschreibung des Heiligen Franziskus berichtet Bonaventura, daß dieser im Jahr 1223 in Greccio die Heilige Nacht auf besondere Weise feierte. Er stellte eine Krippe auf, füllte sie mit Heu und ließ Ochs und Esel herbeiholen. Dann predigte der Heilige an dieser Krippe über die Geburt Christi. 88 In Vervollständigung dieser Inszenierung hatte ein Zuhörer die Vision, Franziskus ein leuchtendes Kind in diese Krippe betten zu sehen. Eines der von Giotto gemalten Fresken der Oberkirche von Assisi zeigt dieses Ereignis. (Abb.10) In der Kirche haben sich hinter der Chorschranke Kleriker, Ordensbrüder und weltlich gekleidete Männer um den Altar versammelt, während eine Gruppe von Frauen durch einen Durchgang hineinblickt. Auf dem Boden im Vordergrund des Bildes liegen die Tiere, während Franziskus, der die Kleidung eines Diakons trägt, im Begriff ist, das Kind in eine Krippe neben sie zu betten. In der Folge waren es die Bettelorden, die sich im besonderen Maße die Dramatisierung von Predigt und Prozession zu Nutze machten. 89 De'Bartholomeis zufolge ist der „sermone semidrammatico" typisch für die franziskanischen Orden der Abbruzzen. 90 Er charakterisiert ihn als Predigt, die hier und da von einer mehr oder weniger entwickelten theatralischen Handlung unterbrochen wird. 91 Als frühestes Dokument einer predigtbegleitenden Inszenierung gilt eine „Devozione del Venerdi Santo" aus dem Jahr 1375, die selbst wahrscheinlich älter ist als das Datum der Niederschrift. Diese gibt genaue Regieanweisungen über den Wechsel von Predigt und Darstellung und für die Posen der Darsteller. 92 In Perugia veranstaltete der Wanderprediger Roberto da Lecce 1448 eine Karfreitagspredigt, die so überaus beeindruckend war, daß sich im Anschluß sechs Männer, darunter der Darsteller des Christus entschlossen, in ein Kloster einzutreten. 93 Die Predigt fand auf einem 87 Zu Maso Civitali cf. Arasse 1977, pp.222-224. Das Bild Francesco di Giorgios (Francesco di Giorgio 1993, pp.300-305) ist insofern besonders kurios, als man die Füße Gottvaters „naturalistisch" von unten sieht, als ob er auf einer Glasscheibe stünde. 88 Bonaventura, Legenda maior X, 7 Dazu d'Ancona 1891, vol.I, p.116. 89 Cf. Verdon 1990, pp,18sq.; Creizenach 1911, pp.31sq. 90 De'Bartholomaeis 1924, pp.371sq. 91 De'Bartholomaeis 1924, p.373. 92 Lupini 1877, pp.53sq. „(...) Quando lo predicatore averä predicato fino a quello loco, quando pilato comanda che Xpisto sia posto alia colona, lo predicatore tace, e vene Xpisto nudo con Ii frustratori, et vano a lo loco deputato, dove sta la colona. Et portenlo per mezzo de la zente, tanto homeni quanto femene, se si puo fare. Et Joane sta con Xpisto et posto l'ano a la colona, Ii frustratori lo frustrano un poco divotamante e poi stano in pace, (...)" Die devozione ist auch auszugsweise zitiert bei Bartoli 1880, pp.l79sq. 93 Cf. d'Ancona 1891, vol.I, pp.280-281.

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Platz vor der Kirche statt und in dem Moment, in dem das Kruzifix hätte gezeigt werden müssen, trat aus der Kirche „Lorenzo Eliseo de Cristofano, Barbier der Porta Sant'Agnolo, in der Art eines nackten Christus, mit dem Kreuz auf den Schultern, mit der Dornenkrone auf dem Haupt, und sein Fleisch schien geschlagen und gepeitscht, so wie das des geschlagenen Christus (...)" (Q LXXXI)

Danach fand die Begegnung mit Maria statt und die Kreuzigung, wobei nicht der Darsteller, sondern wohl eine jener abnehmbaren Christusfiguren mit schwenkbaren Armen am Kreuz befestigt wurde, dann folgte die Kreuzabnahme und Grablegung. 94 Eine predigtbegleitende Inszenierung war auch 1484 in Forli geplant, deren Überlieferung sich ihrem nachdrücklichen Mißlingen verdankt. 95 Dort waren auf dem Platz sowohl eine Kanzel für den Prediger als auch Bühnen für die Darsteller errichtet worden, die synchron ihre Plätze einnehmen mußten. Nachdem zunächst ein Teil der Dekoration zusammengebrochen war, mußte die Veranstaltung nach mehreren Versuchen auf Grund heftiger Regengüsse abgebrochen werden, was den Prediger in existentielle Zweifel an seiner Berufung stürzte. Bildliche Dokumente solcher predigtbegleitender lebender Bilder haben sich nicht erhalten. Dieses Prinzip der Visualisierung eines gesprochenen Argumentes könnte sich in Bildkompositionen wie dem von Niccolo da Foligno um 1470 gemalten Prozessions-Gonfalone niedergeschlagen haben, der sich in San Antonio Abbate in Deruta befand. 96 (Abb.11) Die Vorderseite zeigt den von zwei Engeln mit der Mitra gekrönten San Antonio Abate, auf der Rückseite sind die Heiligen San Francesco und San Bernardino dargestellt. San Bernardino hält ein aufgeschlagenes Buch in der einen Hand, mit der anderen weist er nach oben auf die sich im Giebelfeld abspielende Geißelung, als wolle er sein Argument in Wort und Bild gleichermaßen nahebringen. Vergleichbar ist das nach wie vor rätselhafte Bild der „Geißelung Christi" von Piero della Francesca zu deuten. 97 (Abb.12) Der Künstler stellte in diesem Bild zwei Szenen nebeneinander, die zwei unterschiedlichen Realitätsebenen zu entstammen scheinen: Im Vordergrund steht eine Gruppe von Männern in Gesprächshaltung. Die im Hintergrund stattfindende Geißelung Christi scheinen sie nicht wahrzunehmen; sie könnte daher eine Verbildlichung ihres Disputs für den Betrachter sein. In diesem Falle wäre die Geißelung als Symbol des Falls von Konstantinopel zu deuten, an dem Palaeologus VIII. ebensowenig die Schuld trägt, wie Pilatus an der Geißelung, sondern das Westchristentum, das die militärische Unterstützung ge94 Zu den abnehmbaren Kruzifixen mit schwenkbaren Armen cf. Taubert 1969. Dessen Katalog führt (pp.81, 82, 101) allein fünf solcher Kruzifixe in Florenz auf. Darüberhinaus Tripps 1998, p.148. 95 Bernardi ed.1895, vol.I, 1, p.134. 96 Pavone 1988, p.103. Ein vom Bildaufbau sehr ähnlicher Gonfalone für die Confraternita di Gregorio magno (Kunsthalle Karlsruhe) von 1468, legt die Datierung dieses Bildes in den selben Zeitraum nah. Der Gonfalone wurde bis 1953 in der am 17. Januar stattfindenden Prozession zu Ehren des Heiligen mitgeführt. 97 Über das Bild ist viel geschrieben und gerätselt worden. Cf. Ciardi Dupre Dal Pogetto 1992, mit Bibliographie (p.121) und später erschienen: Dieter Jansen: Montefeltro, Ubaldini und Piero della Francescas Geißelung. In: Pantheon 49 (1991), pp.44-54; Carlo Ginzburg: Indagini su Piero, II Battesimo, il ciclo di Arezzo, la Flagellazione di Urbino, Torino 1994; Maurizio Calvesi: La flagellazione nel quadro storico del convegno di Mantova e dei progetti di Mattia Corvino. In: Piero della Francesca and his Legacy, ed. Marilyn Aronberg Lavin (Studies in the History of Art, Symposium Papers XXVIII), Washington 1995.

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gen die osmanische Bedrohung verweigerte. 98 Der linke der Männer im Vordergrund könnte als Kardinal Bessarion zu identifizieren sein, der mit seinem Gegenüber die Notwendigkeit eines Kreuzzuges erörtert. Als sein Gesprächspartner käme Francesco Gonzaga von Mantua in Frage, der dem 1458 stattfindenen Fürstenkonzil zur Vorbereitung des Kreuzzuges Unterkunft gewährte." Der rotgewandete Engel in ihrer Mitte ließe sich dann als eine Allegorie der Kirchenunion lesen. Unabhängig von der Deutung der Personen verweisen die innerbildlichen Argumentationsstrukturen auf die kontemporäre Aufführungspraxis. 100

II.

Dramatisierte Prozessionen

Bereits im Mittelalter finden sich um theatralische Elemente erweiterte Prozessionen. In Rom wurde in der Palmprozession bei ihrer Einführung um die Jahrtausendwende ein hölzerner Esel mitgeführt, auf dem ein Priester in Vertretung Christi saß.101 Die Karfreitagsprozessionen wurden besonders im Kontext der Bettelordenbewegung durch den Wechselgesang der Lauden und die Einbindung von Passionsspielen dramatisiert. Die Mitführung von Bildern und Reliquien in den Prozessionen kann ebenfalls als ein Ausgangspunkt für die nun im Quattrocento vermehrt auftretende Integration lebender Bilder, sowohl einzelner Heiliger wie ganzer Szenen der Heilsgeschichte, gewertet werden. 102 Dabei wurden die Bilder und Reliquien nicht abgelöst, sie waren weiterhin wichtiger Bestandteil der Prozessionen, zumal ihre kultische Bedeutung von den lebenden Bildern nicht transportiert werden konnte. Im folgenden sollen einige Prozessionen in ihrem spezifischen Kontext vorgestellt werden.

1.

Jährliche rituelle Prozessionen

Prozessionen, die in ihrem Anlaß nach an das Kirchenjahr gebunden waren, konnten auf Grund ihrer Bedeutung innerhalb der städtischen Strukturen zum Medium kommunaler 98 Cf. G o u m a - P e t e r s o n : Piero della Francescas „Flagellation". A n historical Interpretation. In: Storia dell'Arte 28 (1976), p p . 1 1 7 - 2 3 3 . 99 D a s Bild als eine A u f f o r d e r u n g z u m K r e u z z u g z u lesen, ist u. a. von G i n z b u r g vorgeschlagen worden. Er identifizierte den linken M a n n im Vordergrund mit B e s s a r i o n , den rechten mit Bacci, d e m Auftraggeber Pieros in A r e z z o . Ich nehme hingegen an, daß es sich bei letzterem u m Francesco G o n z a g a handelt, mit d e m sich ebensogut Porträtähnlichkeit diagnostizieren läßt. Vielleicht sandte Bessarion die Tafel nach U r b i n o , u m den nicht sehr engagierten Federico da Montefeltro an seine diesbezüglichen Verpflichtungen zu erinnern. 100 Dies scheinen auch andere Bilder Pieros zu reflektieren: Beispielsweise wirkt die „ M a d o n n a del P a r t o " wie ein gestelltes lebendes Bild, das von den die Vorhänge öffnenden Engeln nur für einen M o m e n t sichtbar gemacht wird. Cf. Walter 1992, p.4Z 101 Wie lange dieser Brauch gepflegt wurde, ist nicht bekannt, im Q u a t t r o c e n t o habe ich d a f ü r keine Hinweise gefunden. I m N o r d e n scheint in den P a l m p r o z e s s i o n e n zumeist ein hölzernes Bildwerk des auf d e m Esel reitenden Christus mitgeführt worden sein, viele dieser sogenannten Palmesel vor allem aus d e m süddeutschen R a u m sind erhalten. Cf. M ö b i u s 1978, p p . 3 0 s q . 102 In vielen Fällen wurden die heiligen Bildwerke s o behandelt, als ob es sich u m lebendige Wesen handele. Cf. Belting 1995; Wolf 1990. Bildwerke konnten z u d e m auch Rollen ü b e r n e h m e n , cf. dazu Tripps 1998.

Dramatisierte Prozessionen

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Selbstinszenierung und politischer Agitation werden. Lebende Bilder finden sich vor allem im Rahmen des Dreikönigszuges, des Festes zu Ehren des Stadtpatrons und der Corpus DominiProzessionen.

Das Epiphaniefest Der Zug der Heiligen Drei Könige, in Italien meist als „Magier" bezeichnet, wurde zum Fest der Epiphanie in prozessionaler Form nachempfunden. Das früheste Zeugnis einer dramatischen Umsetzung ist ein Dreikönigsspiel von 1336 in Mailand. Es ging auf die Initiative des Bischofs Giovanni Visconti zurück, der dort bereits eine Corpus Domini-Prozession eingeführt hatte. 103 Die Könige zogen mit ihrem Gefolge durch die Stadt, um an verschiedenen Stationen die betreffenden Episoden der Weihnachtsgeschichte zu spielen. Diese Aufführungsform hat Analogien zur Simultanbühne, wo alle Orte der Spielhandlung gleichzeitig eingerichtet sind. Während aber dort die Orte meist in unmittelbarer Nähe zueinander aufgebaut wurden, nutzte der Zug die von der städtischen Topographie vorgegebenen Lokalitäten, indem diese zu Spielstätten umdefiniert werden. Der triumphale Charakter, der Reise der Könige nicht unmittelbar eigen, wuchs dem Magierzug schon früh zu. Die Epiphanie, die Erscheinung Christi in der Welt, implizierte die Anerkennung des Christentums durch die heidnischen Könige und damit dessen Triumph. 1 0 4 Der antike Triumphzug hingegen wurde mit dem heidnischen König schlechthin konnotiert, so daß die Reaktivierung der antiken Triumphzugsidee dem Dreikönigszug, bzw. dem Zug jedes einzelnen Königs, in entscheidender Weise ein triumphales Gepräge verlieh. Damit erhielt die Veranstaltung einen profanen Charakter, der das Eindringen von Elementen zuließ, die inhaltlich nicht mit dem Ereignis in Verbindung standen. In Florenz zeigte man in der Epiphanie-Prozession im Jahr 1429 neben den drei Königen einen triumphierenden David (Q X X I I ) , dessen Anwesenheit sich nur durch seine Funktion als Symbol der Kommune erklärt. 105 Im Jahr 1416 war eine Marmorskulptur des David von der Hand Donatellos im Palazzo de'Priori aufgestellt worden. Dieser war Herzner zufolge 1412 in einer Situation militärischer Bedrohung durch „Tyrannen" - bis 1402 durch Giangaleazzo Visconti von Mailand und seit 1409 durch den Herrscher Neapels Ladislaus von Anjou-Durazzo - als Sinnbild kommunaler Wehrhaftigkeit in Auftrag gegeben worden. 1 0 6 Die Skulptur übertrug das Gleichnis des Sieges eines körperlich Unterlegenen durch Geisteskraft auf das von übermächtigen Feinden bedrohte Florenz. In der Präsenz des David im Dreikönigszug konkretisiert sich die Bedeutung der Prozession für die Kommune als ein Rahmen indirekter Selbstdarstellung. Vergleichbar dem Marmor-David Donatellos, der deutlich seine bereits mit

103 Tamborini 1935, p.59. Zu dem Dreikönigszug cf. auch Creizenach 1911, vol.I, pp.308sq., d'Ancona 1891, vol.I, p p . 9 7 - 9 8 . 104 Kehrer 1908; Trexler 1990. 105 Zum „David Florentinus" cf. Herzner 1978 und 1982. 106 Herzner 1978, pp.85sq./105sq. Der Krieg gegen Mailand 1390-1402 wurde durch den Tod des Visconti beendet, ebenso wie der Konflikt mit Ladislaus, der 1414 starb. Während in der Herrscherikonographie vielfach Bezug zum Davidkönigtum hergestellt wird, ist der jugendliche Florentiner als Infragestellung der Reichsidee zu deuten. Zur Ambivalenz der David-Ikonographie ibid. p.96. Cf. auch Francis Ames Lewis: Donatellos Bronze David and the Palazzo Medici Courtyard. In: Renaissance Studies, III (1989), no.3, pp.235-251.

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einem neuen Stein versehene Schleuder vorführt 107 , drückte sich der militärische Optimismus in der Prozession von 1428 zusätzlich darin aus, daß dem David, „der den Riesen tötete", zwei andere Riesen wie ein Hinweis auf weitere potentielle Opfer vorangingen. (Q XXII) Der Triumphzug Davids war ein Motiv, in dem sich kommunale Ikonographie und hochzeitliche Thematik verbinden konnten, so daß er zum beliebten Bildgegenstand der cassoni wurde. 108 Ein um 1440 zu datierender cassone könnte die entsprechenden Aufführungen reflektieren. 109 (Abb.13) Die Form von Davids Triumphwagen, der zugleich dem Transport seines erschlagenen Feindes dient, ist ungewöhnlich und bemüht keinesfalls antike Vorbilder.110 Die florentiner „Compagnia dei Magi" wurde, wie Rab Hatfield zeigen konnte, zum politischen Instrumentarium der Medici.111 Cosimo de'Medici hatte nach seiner Rückkehr aus dem Exil 1435 das Patronat von San Marco übernommen, welches als symbolisches Bethlehem Ziel der seit 1389 dokumentierten Epiphanie-Prozession war.112 Die für die Ausrichtung des Festes zuständige „Compagnia dei Magi" genoß bald seinen besonderen Schutz; 1451 ist seine Teilnahme an der Prozession belegt.113 Im Rahmen der republikanischen Staatsform war damit eine legitime Form öffentlicher Prachtentfaltung gefunden, die in den 1459 von Benozzo Gozzoli geschaffenen Fresken in der Privatkapelle der Familie reflektiert ist.114 Als 1469 das Ansehen der Medici durch eine Bankkrise besonders gefährdet war, nutzten sie dem Zeitgenossen Fra Giovanni di Carlo zufolge - den Magierzug, um dessen Glanz auf sich zurückstrahlen zu lassen.115 Das Prozessionsspiel, das eigentlich szenische Einlagen wie Anbetung und Kindermord umfaßte, wurde auf die prachtvollen Züge der Könige reduziert, die sich aus drei verschiedenen Richtungen kommend zum noch prachtvolleren Hofe des Herodes bewegten, der anstatt Bethlehems das Ziel des Zuges in San Marco bildete.116 Die Veranstaltung diente nunmehr der Repräsentation der Familie.117 Die Heiligen Könige traten in Florenz mit ihrem Hofstaat nicht nur am Epiphanie-Fest selbst auf, sondern auch innerhalb der San Giovanni-Prozession. 118 1428 nötigen sie durch ihre „ricche e grandi onoranze" dem Chronisten Worte der Bewunderung ab. Auf die Könige

107 H e r z n e r 1978, p.74. Die B e t o n u n g der Schleuder anstelle des exekutiven Schwertes erweitert d e n historischen Sieg ü b e r Goliath z u m G a r a n t aller weiteren Siege. 108 Z u r „ H o c h z e i t s i k o n o g r a p h i e " des David cf. Baskins 1993. 109 Z u d e m cassone cf. G e o r g Swarzenski: Ausstellung von M e i s t e r w e r k e n alter Malerei aus Privatbesitz S o m m e r 1925, (Zweite Veröffentlichung Städelschen Kunstinstitutes), F r a n k f u r t a m Main 1926. Ein weiteres Cassonebild des t r i u m p h i e r e n d e n D a v i d auf einem ebensolchen Wagen bei Baskins 1993, fig.5. 110 Auf vergleichbare Weise f ü h r t M o h a m m a d II. auf einer v o n Bertoldo di Giovanni gefertigten Medaille die Personifikationen der v o n i h m besiegten L ä n d e r mit sich auf d e m Wagen. (Abb.46) Z u dieser M e daille, die wahrscheinlich 1479 als D a n k L o r e n z o s f ü r die Auslieferung Baroncellis (ein an der PazziV e r s c h w ö r u n g Beteiligter, der sich nach K o n s t a n t i n o p e l geflüchtet hatte) an den Sultan gesandt w u r d e , cf. D r a p e r 1992, p p . 9 5 s q . 111 Hatfield 1970. 112 Hatfield 1970, pp.135-141 113 Hatfield 1970, p.139, n.142. 114 Z u den Fresken cf. Cardini 1991; B e n o z z o G o z z o l i 1993. 115 Er beschrieb die Prozession rückblickend 1482. Hatfield 1970, p.115 / p.148. 116 Hatfield 1970, p.115. 117 Z u r Politisierung der festa dei magi u n t e r den Medici cf. auch N e w b i g i n 1994, pp.27sq. 118 D i e magi w e r d e n in d e n San G i o v a n n i - P r o z e s s i o n e n 1439 u n d 1454 e r w ä h n t .

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folgte ein Christusknabe, wohl als Verweis auf das Ziel, das die magi sonst in San Marco vorfanden. 119 (Q X X I ) Ihr Auftritt wurde so von seinem im Kirchenjahr verankerten Anlaß abgekoppelt und um seiner triumphalen Wirkung willen eingesetzt. 120

Das Fest zu Ehren des Stadtpatrons Das Fest des Stadtpatrons war in den italienischen Städten des Quattrocento ein öffentliches Ereignis, in dem religiöses Ritual und öffentliches, politisches Interesse zusammenfielen. Die Feste bestanden in der Regel aus einer religiösen Zeremonie, daran gebunden die Darbringung von Spenden durch Vertreter der Zünfte, der Stadtviertel oder anderer kommunaler Verbindungen, einer kommerziellen Warenmesse, die der Zurschaustellung städtischen Reichtums diente, und verschiedenen sportlichen Wettkämpfen, die nach dem Siegespreis „Pallio" genannt wurden. Diese Formen variierten von Stadt zu Stadt, im wesentlichen aber glichen sich die Strukturen. Die Offerta-Prozessionen, als Prozessionen ohne festgeschriebenes religiöses Ritual, boten Raum zur festlichen Ausgestaltung. Die „Festa di San Giovanni" war das größte städtische Fest in Florenz. 121 In den ersten Jahrzehnten des Quattrocento zeichnete sich eine zunehmende Inszenierung der Offerta-Prozession ab, hauptsächlich von den Laienbruderschaften getragen, die immer aufwendigere, edifici oder nuvole genannte Prozessionswagen bzw. -traggerüste mitführten. 122 Erstmalig erwähnt Goro di Stagio Dati in seiner Beschreibung am Ende des Trecento die Kostümierung von Teilnehmern als Engel und Heilige. 123 Im Jahr 1439 enthielt die Prozession, von einem anonymen Konzilsteilnehmer bezeugt, bereits so viele semidramatische Elemente, daß eine kontinuierliche Entwicklung dieses Brauches vorausgesetzt werden kann. Der mit solchen Spektakeln unvertraute Gast berichtet erstaunt und leicht entrüstet über die Darstellung der Kreuzigung, Auferstehung, Krippe, Magierzug und den Heiligen Augustinus und Georg. (Q XXIII) 1454 hatten die edifici und nuvole eine mit dem religiösen Charakter der Veranstaltung unvereinbare Dominanz erreicht. Durch ein bischöfliches Interdikt wurde verordnet, sie aus der feierlichen Offerta-Prozession am 23.6. zu entfernen und als einen eigenen Programmpunkt um einen Tag vorzuverlegen. 124 Der durch den Bericht des florentiner Humanisten und Staatsmannes Matteo Palmieri in einzigartig ausführlicher Weise überlieferte Zug enthielt 119 „ U n d hinter diesem K ö n i g war in der Mitte einer Wolke ein K n a b e v o n ungefähr drei Jahren, gewikkelt und mit freien (ausgewickelten) H ä n d e n ; in der einen hatte er einen lebendigen F i n k , und mit der anderen machte er so natürliche G e s t e n , daß es ein M a n n mit vierzig Jahren nicht besser gekonnt hätte. G o t t erschien in jenem K ö r p e r des K n a b e n Francesco d ' A n d r u c c i o d a ' R i c h a s o l j . " 120 Dieser repräsentative Charakter war möglicherweise die Veranlassung, einen D r e i k ö n i g s z u g mit den Festen zur Wahl des Rektors der Universität im Januar 1414 in Parma zu verbinden. A n g e l o Pezzana: Storia della cittä di Parma, t.II, Parma 1842, pp.156-157, zitiert bei C a l o r e 1983, p.59. 121 Z u r „ F e s t a di San G i o v a n n i " cf. G u a s t i 1908; G o r i 1926; Moünari 1961; Trexler 1980; Chretien 1991; Le tems revient 1992; Casini 1996. 122 Cf. Trexler 1980, p.256. 123 „ ( . . . ) con abito d'angioli ( . . . ) facendo bellisime rappresentazioni di quei Santi e di quelle reliquie, a cui o n o r e la fanno. (· .)". G o r o di Stagio D a t i : Storia di Firenze dall'anno 1380-1405, zitiert nach Guasti 1908, p.5. 124 Cf. Trexler 1979, p . 2 5 2 .

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Szenen der gesamten Heilsgeschichte des alten und neuen Testamentes, vom Engelssturz bis zum jüngsten Gericht. (Q X X I V ) Ausgenommen waren die Passion und Grablegung, die sich den Worten Palmieris nach für das Fest „nicht schickte", vermutlich um den freudigen Charakter des Festes und das triumphale Gepräge der Prozession nicht zu beeinträchtigen. 125 Alle mitgeführten lebenden Bilder machten auf der Piazza della Signoria vor den versammelten signori ihre rappresentazione, daß heißt, sie spielten die von ihnen repräsentierte Szene vor. Damit bestand die Attraktion dieser Prozession aus zwei Faktoren: den stillgestellten Bildern der edifici und nuvole und der schauspielerischen Darstellung, der rappresentazione.126 Während letztere nur von einem begrenzten, bzw. ausgewählten Teil des Publikums, nämlich der Signoria, verfolgt werden konnte, wurden die lebenden Bilder während ihres Zuges durch die Stadt vom ganzen, den Prozessionsweg säumenden Volk gesehen. Die Wirkung des Aufzuges beruhte also auf einer Dramaturgie, die das lebende Bild in den schauspielerischen Teil zugleich einband und herauslöste. In den zeitgenössischen Quellen werden die lebenden Bilder als nuvole und edifici bezeichnet, ohne daß eine klare Unterscheidung erkennbar wäre. 127 Möglicherweise wurden die nuvole auf Traggerüsten transportiert, während die edifici auf Wagen gezogen wurden. Der Florentiner Humanist Piero Cennini zählt 1475 in einem Brief an einen Freund in Neapel den Aufzug von Verkündigung, Gericht, Auferstehung und Höllenfahrt auf und fügt an: „viele andere solcher Art wurden auf einer künstlich geleiteten Bühne oder auf fingierten Bäumen dargestellt". 128 (Q X X X ) Die Gestaltung der nuvole ist erst durch den späteren Bericht Vasaris in der Vita des Cecca ausführlicher überliefert: „Man nahm einen viereckigen Holzrahmen, ungefähr zwei Ellen hoch, mit vier starken Füßen an den Ecken, unten fest verbunden, wie bei einem Tischgestell. Auf diesem Rahmen lagen übers Kreuz zwei Bretter, jedes eine Elle breit, mit einer Oeffnung in der Mitte, eine halbe Elle im Durchmesser; daraus ragte ein Stab hervor, der eine Mandorla trug, reich mit Baumwolle, Cherubim, Seraphim, Lichtern und anderen Dingen ausgeschmückt, und in dieser saß oder stand eine Person, welche entweder den ersten Schutzpatron der Bruderschaft, oder den Heiland, die Madonna, St. Johannes oder einen anderen Heiligen darstellte. Die Gewänder dieser Gestalt verdeckten das Eisen so, daß man es garnicht sah, und an dem Stab, der die Mandorla trug, waren zunächst darunter und noch tiefer, etwa vier eiserne Stäbe befestigt, den Aesten eines Baumes ähnlich, auf deren äußersten Enden, wieder durch Eisen gesichert, je ein kleines Kind stand, als Engel gekleidet. Das Eisen, worauf seine Füße ruhten, hing in Angeln, es konnte darauf hin und hergehen so wie es wollte, und man machte vermittelst solcher Aeste, bisweilen 125 1439 war die Kreuzigung dem anonymen Bericht zufolge aufgeführt worden. (Q X X I I I ) 126 Zur Frage eines möglichen Spieltextes Newbigin 1983, p p . X X X s q . 127 Giusto d'Anghiari: Memorie 1437-1482 verwendet die Bezeichnungen in gleicher Bedeutung. 1470 schreibt er zu den Festen von San Giovanni „presentazioni di Santi ( . . . ) chiamaronsi edifici", 1478 hingegen „feste di rapresentazioni di alcuni Santi che le chiamano Nuvole". (Zitiert nach Newbigin 1983, p.XLV) Eleonora d'Aragona nennt alle Darbietungen „rappresentationi". (Q X X I X ) 128 Mancini 1909, p.224. Piero Cennini (1444-1484) war Sohn des Goldschmiedes Bernardo Cenninis, der 1471 das erste Buch in Florenz gedruckt hatte, nachdem er die Technik „nacherfunden" hatte. Piero transkribierte Bücher, lehrte und wurde Sekretär bei der Reise des Botschafters Antonio Ridolfi nach Neapel 1469, wo er mit Panormita, Fazio und Pontano in Kontakt kam und Schriften von ihnen kopierte. Dort lernte er vermutlich auch jenen Pirrino Amerino kennen, an den er später, als er in Florenz bereits offizielle Ämter bekleidete, den Brief mit der Beschreibung des San Giovanni-Festes richtete. Cf. Mancini 1909, pp.!85sq. und DBI, vol.23, p p . 5 7 2 - 5 7 5 .

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eine doppelte und dreifache Reihe von Engeln und Heiligen, je nachdem der Gegenstand, welcher dargestellt werden sollte es erforderte. Die ganze Maschine, samt Stab und Eisen und Baumwolle und, wie gesagt, mit Cherubim, Seraphim, goldenen Sternen und allerlei Flitter überdeckt, erschien zuweilen von Lastträgern oder Bauern auf den Schultern getragen; sie vertheilten sich innen rings um jene Tafel, die wir einen Rahmen genannt haben, der an den Stellen, wo er aufruhte, mit Lederkissen voll Federn, Baumwolle, oder sonst etwas Weichem und Nachgebendem gefüttert war. Die Stufen und andere Dinge wurden zierlich verkleidet, so daß sie schön aussahen, und diese ganzen Maschinen wurden die Wolken genannt.129 (Q XXXVI) Existieren auch keine k o n k r e t e n Abbildungen der nuvole oder edifici, so k ö n n e n doch zeitgenössische Darstellungen eine Vorstellung vermitteln. Einen B ü h n e n w a g e n reflektiert die „Bilderchronik eines florentinischen G o l d s c h m i e d e s " aus den 1460er Jahren. 1 3 0 D o r t findet der R a u b der Proserpina auf einem mit einer Brüstung versehenen Wagen statt, der mittels Stufen wie eine B ü h n e zu besteigen ist. 131 (Abb.14) Tatsächlich hatten die Florentiner zu San Giovanni 1490 in R o m den R a u b der Proserpina vorgeführt. 1 3 2 Die K o n s t r u k t i o n eines Festwagens läßt sich d a n e b e n in einer Darstellungsvariation des T r i u m p h e s der Eternitä nach Petrarca e r k e n n e n , die abweichend v o m üblichen Schema die von den A p o s t e l n auf einem Wagen gezogene Dreieinigkeit zeigt. 133 (Abb.15) D e n Beschreibungen der nuvole entspricht die Abbildung eines Prozessionsapparates anläßlich des Einzuges Charles VIII. 1494 in N e a p e l , die sich in einer neapolitanischen C h r o n i k des Q u a t t r o c e n t o erhalten hat. 134 (Abb.16) D a m a n in Neapel die florentinische Festkultur b e w u n d e r t e , ist es denkbar, d a ß m a n d o r t deren Technik ü b e r n o m m e n hatte. 1 3 5 In verblüffender Weise s t i m m e n die misteri, die noch heute in C a m p o b a s s o anläßlich der C o r p u s D o m i n i - P r o z e s s i o n durch die Stadt getragen w e r d e n , mit der Beschreibung Vasaris überein. 1 3 6 (Abb.17-18) Die Prozessionsgerüste, die der Schwerkraft spotten, i n d e m sie Kinder in F o r m von Engeln u n d Heiligen an verdeckten G e r ü s t e n in bis zu 6 m H ö h e halten, erzeugen d e n Eindruck eines W u n d e r w e r k e s , d e m sich auch der „ungläubige" Z u s c h a u e r des 20. J a h r h u n d e r t k a u m entziehen k a n n . In Florenz w a r m a n sich des großen Eindrucks, den m a n mit den edifici u n d nuvole erzielen k o n n t e , w o h l b e w u ß t , sie w a r e n eine „nationale" Angelegenheit. So beschreibt Benedetto Dei 129 Zitiert nach Vasari, dt. Ausgabe von Schorn und Förster 1839 (repr.Darmstadt 1983), vol.II, 2, pp.163-164. 130 Zur „Bilderchronik" cf. Warburg 1932, vol.1, pp.69-75. und für Zuschreibungsfragen und weitere Literatur cf. Lucy Whitaker: Maso Finiguerra, Baccio Baldini and the Florentine Picture Chronicle. In: Florentine Drawing at the Time of Lorenzo the Magnificent, Villa Spelman Colloquia vol.4, 1992 131 Panormita erwähnt in seiner Beschreibung des Caesar-Wagens 1443 in Neapel, daß er mittels Stufen erklommen werden konnte. (Q LXII) Palmieri berichtet 1454, daß Oktavian, zuvor zu Pferd, auf das edifizio stieg, wo die Verheißung der Sibylle stattfinden sollte. (Q XXIV) 132 Der Brief Gezi Valdambrinis berichtet dazu nur: „La sera una girandola molto bella, e fu raptus Proserpine". Cruciani 1983, p.209. 133 Cf. Ortner 1998, pp.264-267, die mit der Illustration einer Petrarca Handschrift um 1430/40 (Abb.31) eine frühere Darstellung diesen Types abbildet. 134 Filangieri 1956, p.135. Die Beschreibung eines französischen Augenzeugen (Q LXXVII) entspricht zwar nicht genau dieser Illustration, aber dem Konstruktionsprinzip. 135 Panormita (Q LXIX) bezeugt das Interesse des neapolitanischen Hofes an der florentinischen Festinszenierung. 136 Zu den misten der Corpus Domini-Prozession in Campobasso, deren Tradition möglicherweise ebenfalls bis ins Quattrocento zurückreicht, cf. Albino 1875 und Trombetta 1979.

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in seinen um 1470 verfassten Erinnerungen die historischen Umstände seines Daseins voller Stolz: „Ich war in Florenz zu der Zeit, als man begann, Perspektiv-Intarsien zu machen mit Figuren auf eine Art, daß sie wie gemalt aussahen; und ich war dort zur Zeit der edifici, die sie erneut für San Giovanni machen, die jedem Auswärtigen durch magische Kunst gemacht scheinen. Ich war dort zu der Zeit, daß ich sah, wie die Türen von San Giovanni in Florenz neu gemacht und eingesetzt wurden, die aus vergoldeter Bronze sind und in Relief mit Erzählungen in tausenderlei Weise und wunderschöner Art." 137 (Q XXVII) Benedetto Dei kannte die San Giovanni-Prozession nicht nur als Zuschauer, sondern auch als Organisator: Unter den von ihm wahrgenommenen öffentlichen Amtern zählt er 1451 und 1452 auch das des festaiuolo auf. 138 An anderer Stelle erwähnt er unter den „Cominciamenti di storie e di ternali a mente", in denen er sozusagen seinen Wissensvorrat aufzählt, „Prudenti assai e dotti cittadini: una chiesta di nove chose che chiese un Festauolo". 1 3 9 Dei's Äußerungen sprechen von der Bedeutung eines Amtes, dem weniger, wie Baxandall es darstellt, vermittelnde Funktion während der Aufführung als organisatorische Aufgaben im Vorfeld zufielen. 140 In seiner obenzitierten Äußerung spricht Dei nicht zufällig von der Wirkung der edifici auf die Auswärtigen. In der Tat läßt sich der Eindruck, den sie tatsächlich bei diesen bewirkten, am Bericht des anonymen Konzilsteilnehmers (Q X X I I I ) ebenso ablesen wie an Flavio Biondos enthusiastischem Kommentar in „ R o m a trionfante" ( Q C X I I I ) . Biondo hält die machine und spettacoli der San Giovanni-Prozession für so „ingeniosamente" gefertigt, daß sie den Darbietungen der römischen Triumphzüge ebenbürtig seien. 141 Der Stellenwert der lebenden

137 MS. BML Ashb.644, fol.ll v. zitiert nach Gilbert 1988, p.203. Die Chronik Benedetto Deis wurde 1985 ediert, dort findet sich dieser Passus jedoch nicht. Von Deis Chronik existieren Kopien des 16. Jahrhunderts abweichenden Inhaltes, wie der Asbh.644, die bei der Edition nicht berücksichtigt wurden. 138 Dei ed.1984, p.125. 139 Ibid. p.139. 140 Cf. Baxandall 1987, p.89. Je nach Bedeutung des Ereignisses war die Anzahl der festaiuoli unterschiedlich groß. Sie waren nicht nur für Aufführungen im theatralischen Sinn verantwortlich, sondern generell für den Ablauf eines Festes und die Herrichtung der Örtlichkeiten. Benedetto Dei beschreibt zum Beispiel die Vorbereitungen für den Einzug Gian Galeazzo Sforzas, wo 20 festaiuoli gewählt wurden, die 60000 fiorini larghi zur Verfügung hatten, wovon offenbar die Lebensmittel, Dekorationen, Musiker und Unterbringung finanziert werden mußten. (Q XXV) Für den durch die PfingstInszenierung 1471 ausgelösten Brand in Santo Spirito macht ein Zeitgenosse diese verantwortlich: „Fatto la festa i festaiuoli si partirno senza havere riguardo a' pericoli del fuoco e per che a höre 5 di notte nella cupola del castello degl'apostoli s'appigliö fuoco, ...". Newbigin 1996, vol.II, p.749. 141 Biondo stellt seiner Erwähnung der antiken pegmati die Beschreibung eines solchen pegmato der San Giovanni-Prozession an die Seite: „wir zeigen hier auf welche Art diese pegmati gemacht waren: Es war eine starke und feste Platte, auf jeder Seite zehn Fuß lang, und genau in der Mitte hatte es in der Art einer geraden Säule einen sehr hohen Holzstamm von zwanzig Fuß, aus dessen Spitze nach oben gleichmäßig verteilt drei aus Eisen gefertigte Äste herauskamen, und auf die gleiche Weise war jeder in weitere vergoldete und mit Gold und Silber verkleidete Zweiglein unterteilt. Und in der Mitte waren viele Nester, meisterhaft aus Fell und Leder in verschiedenen Farben gemacht, und in jedem lag ein Kind von zwei oder höchstens drei Jahren, eins nur gerade mit dem Kopf draußen, eins mit dem ganzen Körper, (...)". Ital./Lat. bei Cruciani 1983, p.104. Unter den bei San Giovanni-Prozessionen mitgeführten Gerüsten, entspricht am ehesten die von Matteo di Pietrobuoni erwähnte nuvola mit d e m C h r i s t u s k n a b e n dieser B e s c h r e i b u n g . ( Q X X )

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Bilder innerhalb der San Giovanni-Festlichkeiten gerade auf Grund der Rezeption durch Nichtflorentiner, wird in weiteren Äußerungen verschiedener Chronisten deutlich. 1470 registriert d'Anghiari, daß viele Leute dagewesen seien, die edifici zu sehen142, 1476 wurden ihm zufolge keine edifici gemacht, damit, auf Grund der Pestgefahr, keine Fremden in die Stadt kämen.143 Das Fest des Stadtpatrons gab der Kommune die Möglichkeit festlicher Selbstinszenierung, bei der im Zusammenwirken städtischer Organisationen und Institutionen jeder Bürger angesprochen war.144 In diesem Sinne äußerte Pulci in einem Brief an Lorenzo de'Medici 1472, in dem es um die Vorbereitung der San Giovanni-Prozession geht, sein Unverständnis über die Kürzungen der Ausgaben durch Lorenzo, da dieser doch „auch Bürger und voller Liebe zum Vaterland, dessen Beschützer der Täufer ist", sei.145 Pulci hatte allen Grund zum Protest, denn die Medici hatten Anfang der 70er Jahre das öffentliche Festwesen unter der Maxime republikanischer Bescheidenheit zu reglementieren gesucht.146 Die Pazzi-Verschwörung 1478 wurde offenbar der Anlaß weiterer Beschränkungen. In diesem Jahr wurden die Festlichkeiten noch verspätet am 5. Juli abgehalten, da man das Eintreffen der mit den Medici sympathisierenden französischen Botschafter abwartete. 147 (Q XXXI - XXXII) Ihre Durchführung sollte sicher nicht zuletzt dem städtischen Leben nach dem auf die Verschwörung folgenden Blutbad wieder den Anschein von Normalität und Beruhigung verleihen. In den folgenden Jahren fiel der theatralische Teil der Prozession jedoch weg.148 Erst im Jahr 1488 wurde zur Ankunft des Schwiegersohnes von Lorenzo de'Medici, Franceschetto Cibo, die Tradition neu belebt: „Zu diesem San Giovanni stattete man ein schönes Fest aus mit nuvole und spiritelli und Wagen und anderen festlichen edifici und volkstümlichen ingeni zum Zeitvertreib, mit allen den anderen festlichen Dingen, schon andere Male angeordnet: und all das tat man auf Grund von Messer Franceschetto, und weil sich das Volk in guter Verfassung und Fröhlichkeit befand (...)" (Q XXXIII)

Neben den edifici und nuvole erwähnt der Brief „Wagen", wovon zuvor nie die Rede war. Ser Piero di Bibbiena berichtet, daß „dificii e trionfi" geboten wurden 149 - auch die Bezeichnung

142 Giusto d'Anghiari, Memorie 1437-1482. 1470: „Si fecino in Firenze molte reppresentazioni di Santi col bello e laudabile ordine e chiamaronsi edifici che furono nove, fu lunga facenda; duro sino a ore 16. Fecionsi in su la Piazza de'Signori. Fucci molta gente a vedere." Zitiert nach Newbigin 1983, p.XLVI. 143 Ibid. p.XLVI. 144 Cf. dazu auch Müller 1980, pp.279-291 und 1988. 145 „... pure ciptadino e affectionato alia patria, della quale e pure proteptore il Battista ..." Zitiert nach Ventrone 1993, p.39. 146 Lorenzo förderte aber u.a. die Aufführungen von sacre rappresentazioniund Karnevalslustbarkeiten. Cf. u.a. Doglio 1988. Newbigin 1994 versucht die Festpolitik Lorenzos anhand der verschiedenen Festlichkeiten zu analysieren, und kommt zu dem Schluß, daß der Versuch der Politisierung durch die Medici letztlich das Ende der populären Florentiner Feste herbeiführt. 147 Landucci ed. 1883, p.23 und Giusto d'Anghiari, zitiert nach Newbigin 1983, p.XLV. 148 Nach Carew-Reid 1987, p.36 wurden die Wagen von der Mediceischen Regierung verboten; darauf habe ich keinen anderen Hinweis gefunden. 149 Nach Guasti 1908, p.24. Seine Quelle (ASI, IX 1869, P.l, p.40) gibt den Brief leider ebenfalls nur paraphrasierend wieder, wobei er erwähnt, der Gast habe diese „maravigliosi et opera divina" gefunden.

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„trionfi" trat zuvor nicht in diesem Zusammenhang auf. Es scheint also, als habe man mit der Wiederaufnahme zugleich Veränderungen vorgenommen und - beide Berichte zusammengenommen - Triumphwagen in der Prozession gezeigt. Lorenzo muß hier das Potential der lebenden Bilder erkannt haben, denn im folgenden hat er den theatralischen Teil der Prozession nicht mehr beschränkt oder verhindert, sondern seiner eigenen Politik nutzbar gemacht. Im Jahr 1490 ist erstmalig der Einsatz der edifici außerhalb des städtischen Kontextes dokumentiert. Die Florentiner Kaufleute in R o m repräsentierten sich dort am Johannistag mit drei Wagen: Christi Geburt, Tod und Auferstehung, zwei Jahre später bei derselben Gelegenheit zeigte ein edificio Johannes den Täufer in der Wüste, den Stadtpatron also, der in Florenz selbst nicht dargestellt worden war. 150 Das auf die Auswärtigen so faszinierend wirkende Spektakel wurde damit in die „Hauptstadt der Christenheit" getragen. Es liegt nah, eine Verbindung zu der Ernennung Giovanni de'Medicis zum Kardinal im Jahr 1489 zu sehen, welche die Florentiner auf Machtzuwachs an der Kurie hoffen ließ. 151 Primär bedeutete der Kardinal aber eine weitere Aufwertung des sozialen Status der Medici, was sich 1491 deutlich in der San Giovanni-Prozession manifestierte. Bis dato war diese von städtischen Vereinigungen ausgerichtet worden und hatte ausschließlich religiöse Sujets gezeigt. In diesem Jahr aber zogen in Konkurrenz zu der morgendlichen Prozession der edifici, zu denen Tribaldo de Rossi bemerkt, daß sie schlecht gemacht gewesen wären, am Abend die von Lorenzo ausgestatteten fünfzehn trionfi des Aemilius Paullus durch die Straßen. 152 (Q X X X I V ) Der als Wohltäter seines Volkes bezeichnete Aemilius Paullus ist ein kaum verhüllter Verweis auf Lorenzo, dem die formal erhaltene demokratische Verfassung, trotz der realen politischen Macht nur den Triumph in einem Stellvertreter zuließ. In der „finzione naturale" Lorenzos lag ein gravierender Eingriff in die öffentliche Festkultur, mit dem sich die unwiderrufliche Auflösung des religiösen Anspruches der San Giovanni-Prozession zugunsten einer paganen Triumphidee ankündigte. 153 Die auf den Tod Lorenzos folgende Periode Savonarolas bestimmte die Festkultur zunächst für einige Jahre unter anderem Vorzeichen. 154 Mit ihrer Rückkehr aus dem Exil setzten die Medici aber sogleich die von Lorenzo begonnene Festpolitik fort. 155 Dies spiegelt sich in dem

150 Cf. d'Ancona 1891, vol.I, p . 2 9 5 ; Cruciani 1983, p . 2 0 4 - 2 0 9 . 151 Die Ernennung war verbunden mit der Einschränkung, daß er die Weihen auf Grund seines jugendlichen Alters erst drei Jahre später erhalten würde. 1492 hielt er dann seinen Einzug als Kardinal in Florenz. Cf. Trexler 1980, pp.452sq. 152 Ein florentinischer Stich u m 1490 zeigt den Triumph des Aemilius Paullus, der sich aber an das Bildformular römischer Triumphbögen anlehnt und so zwar als Reaktion aber kaum als Dokument dieses U m z u g e s gewertet werden kann. (Abb. u . a . bei Pochat 1990, p.169). 153 Cf. dazu auch Trexler 1988, p . 4 5 2 und zu Lorenzos Festpolitik Newbigin 1994. 154 Cf. u. a. Plaisance 1993, p . 2 3 . Savonarola prägte nicht nur die San Giovanni-Prozession, sondern die öffentlichen Feste überhaupt. D o c h bediente er sich des Triumphes gleichermaßen für seine Zwecke: Die zur „Verbrennung der Eitelkeiten" aufgetürmten Spiele, Musikinstrumente, Bücher, Toilettengegenstände und Kunstwerke machten den Eindruck eines „triompho". (Plaisance 1993, p.19) und seinen Gegnern mit den eigenen rhetorischen Mitteln begegnend, imaginierte er einen „Triumphus Crucis". 155 Die Utilisierung der öffentlichen Feste wird besonders deutlich an dem 1513 zu den Karnevalsfesten von den Medici veranstalteten Wagenaufzug „come per buono augurio della felicitä de futuri tempi". Giuliano de'Medici als Führer der „Compagnia del diamante" zeigte drei Wagen, mit den drei Lebensaltern, die den Kreislauf der Dinge versinnbildlichten. L o r e n z o de'Medici, der Anführer der

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Entwurf für die Prozession von 1513, der das Modell von 1491 aufnahm und neben zehn religiösen edißci am Vormittag, am Abend vier Triumphe antiker Feldherren vorsah. 1 5 6 Diese sollten jeweils das Exemplum einer Tugend, perdonare,

liberalitä, pace und iustizia vorstellen

und sind unschwer als demonstrativ vorgetragenes Programm der ehemals Vertriebenen zu lesen. 157 Die „Feste di San Giovanni" stellen durchaus einen Sonderfall unter den Patronatsfesten der italienischen Städte dar. Mancherorts finden sich andere theatralische Formen, beispielsweise wurde zu diesem Anlaß eine sacra rappresentazione

des Lebens des entsprechenden Heiligen

aufgeführt. 158 Die Inszenierung eines profanen Themas belegt ein Herkules-Spiel 1418 in Bologna anläßlich der Festa di San

Petronio.m

Die Prozessionsgestaltung mit den edifici war eine florentinische Spezialität, die erst u m die Wende zum Cinquecento in anderen Orten anzutreffen ist. 160 In Siena wurden 1506 anläßlich der Offerta-Prozession zu Assumptio Mariae, das dort zum städtischen Hauptfest avanciert war, Wagen mit den Darstellungen von Engeln, Propheten, Sibyllen und der Marienkrönung mitgeführt. 161 In Pistoia, das politisch an Florenz gebunden war, wurde diese F o r m der Prozessionsgestaltung zu Ehren des Stadtpatrons u m 1516 mit der Gründung einer Bruderschaft eingeführt, die in der Folge semidramatische Prozessionen veranstaltete. 162 Diese Bruderschaft, die den

„Compagnia del broncone", übertraf ihn mit sieben von Pontormo gestalteten Wagen: Der Zug wurde angeführt von dem Wagen des Janus und Saturn (die im goldenen Zeitalter herrschen werden), darauf folgten fünf römische Imperatoren als Exempla verschiedener Tugenden, darunter Augustus als Förderer der Poesia. Den Abschluß bildete die Allegorie des goldenen Zeitalters, (cf. Vasari in der Vita des Pontormo, ed.Milanesi vol.VI, pp.250-255) Bereits für die Zeitgenossen verdichtet sich dieser panegyrische Topos zur Fiktion. Vasari hält die Wagen für Freudensbezeugungen über die Wahl Leos X . , denn diese Selbstdarstellung der Medici in Florenz findet in den Dekorationen des Possesso kurz darauf größtes Echo. 156 Zitiert bei Guasti 1908, p.26. 157 Ahnlich konzipiert war der abendliche Triumph im Jahr 1514, der Rinuccini zufolge aus zwanzig von 1000 Pferden begleiteten Triumphwagen bestand, die einer anderen Quelle nach den Triumph des Camillus mit den Allegorien Victoria, Immortalita del nome, Honore reverentia und Maestä im Gefolge darstellten. Zitiert bei Guasti 1908, p.29 und p.35. 158 So z.Bsp. 1444 in Ferrara für San Giorgio (Zambotti RIS, vol.I, p.27) und 1494 in Modena für San Geminiano (Jacobino de'Bianchi ed. 1862, p.113). 159 Brizio 1907 Diese Aufführung ist nicht beschrieben, sondern nur durch die Zahlungen für Kostüme und Ausstattung belegt. 160 In Forli treten sie bei den Corpus Domini-Prozessionen auf. In Todi beginnt die „devotione di Sancto Crisonio martire" 1509 mit der Schaufahrt der Wagen mit den einzelnen Szenen. (Q CXVII) Cf. auch Pericoli 1962, p.296 zur Aufführung einer „Sacra Rappresentazione di Santa Caterina" 1487 161 Glenisson 1993, p.71. Die Autorin weist (pp.70/77) auf die Verwandschaft mit den San GiovanniFesten in Florenz hin. 162 Cf. Einleitung bei Vigo 1887 Das von ihm publizierte Inventar verzeichnet viele Kostüme und Requisiten für die Prozessionen, die oft von den Novizen beim Eintritt als Geschenk mitgebracht wurden. Zu San Jacopo und dem Fest cf. Alberto Chiappelli: Storia e costumanze delle antiche feste patronali di St. Jacopo in Pistoia, Pistoia 1920, der die „Compagnia della Puritä" allerdings nicht erwähnt.

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N a m e n „Puritä" trug, war für Jugendliche und deren religiöse Erziehung gedacht. 1 6 3 Die Initiative ging damit nicht von kommunalen Vereinigungen aus, die sich in den Bildern selbst repräsentierten, sondern von einer religiösen Gemeinschaft mit pädagogischem Impetus, sowohl in Bezug auf die Jugendlichen als auch auf die Zuschauer. Der Chronist betont in seinen Beschreibungen mehrfach den Anspruch der Belehrung des Volkes durch die „misteri", der sich in den Programmkonzepten und deren umfangreicher Erläuterung niederschlägt. 164 Die meisten Bilder bewegen sich auf dem Niveau einer einfachen Rhetorik und sind nicht durch komplizierte Allegorien überfrachtet, wie die gleichzeitigen Umzüge in R o m , Florenz und Venedig. 165 Motive des antiken Triumphes fehlen aber auch in Pistoia nicht: In der Prozession, die anläßlich seines Festtages abgehalten wurde, erschien 1518 der Stadtpatron San Jacopo auf einem Triumphwagen, zu seinen Füßen die gefesselten „Gegner". 1 6 6 ( Q L X X X V )

Corpus Domini-Prozessionen Das Fest zu Ehren des Corpus Domini wurde 1260 eingeführt und gewann innerhalb des Kirchenjahres ab dem 14. Jahrhundert große Bedeutung. 1 6 7 In Italien erfuhr es nach 1317 größere Verbreitung, und da kein verbindliches Zeremoniell existierte, entwickelte es regional sehr unterschiedliche Ausprägungen. Der ersten bekannten großen Prozession 1336 in Mailand bescheinigte ein Chronist: „Eine wunderbare Prozession des Welt- und Ordensklerus, wie sie

163 Die Gründung der Bruderschaft ist Ausdruck einer antirinascimentalen Tendenz, die sich gegen die Säkularisierung und Freizügigkeit der Sitten wandte. Anstelle der üblichen Karnevalsvergnügungen führte die Bruderschaft beispielsweise 1518 ein Marienwunder und ein antisemitisches Stück auf. Vigo 1887, p.53. 164 Die Beschreibung der Prozession anläßlich des Festes des Stadtpatrons 1518 beginnt mit einer solchen Erläuterung. Vigo 1887, p.88. 165 Die Prozession anläßlich des Festes des Stadtpatrons 1516 versammelte zum Beispiel vertraute Gestalten der Heilsgeschichte, darunter viele jugendliche Protagonisten. (Vigo 1887, pp.16-19) 166 „Danach erschien der triumphale Wagen oder edificio des Apostels San Jacopo in neuem Gesetz, dem der passend gekleidete und geschmückte Philosoph und Magier Hermogenes und sein Schüler Phileto vorangingen, und zwei Dämonen, die von zwei wunderschönen himmlischen Engeln in Ketten gehalten wurden, und der grausame König Herodes Agrippa, in Rüstung und gekrönt, aber mit einer schweren Kette an den Triumphwagen gebunden und über ihm ein Engel Gottes, barfuß in Sandalen, mit halbnackten Armen und weißen Rüstungshandschuhen, wunderbar gekleidet, mit einem schönen Schwert in der Hand, das er über dem Kopf von Herodes hielt, um den Tod des Apostels zu rächen. Und die Königin Wölfin, ehemals Königin von Galizien, die den Körper des San Jacopo nicht empfangen wollte und durch das Urteil Gottes verdammt wurde, ihren eigenen Palast als dessen Grabstätte und Kirche zu seiner Ehre zu geben. Auch sie kam in königlichem Ornat und Brokat gekleidet, an den Wagen des Barons gebunden. Dem besagten Wagen ging der Tod mit einer schweren Kette voraus und es war ein nackter wie ein Toter bemalter Mann mit kahlem Kopf, so daß niemals eine wahrhaftigere Darstellung und außergewöhnliche Sache gesehen wurde, mit einem großem Falken auf der Hand. Und am Ende des Wagens ging eine junge Frau mit einem Banner in der Hand und auf ihrem Kleid und dem bezeichnenden Breve stand „Pistoia", die vor San Jacopo, aufrecht, höchst passend nach der Art der Apostel gekleidet, heiter und barfuß einherschritt." Vigo 1887, pp.92/93. 167 Zum Corpus Domini-Fest allgemein cf. Browe 1928 und 1967; Küster 1989. Besonders zu den in England entstandenen bedeutenden Fronleichnamsspielen cf. Stemmler 1970; James 1983; Rubin 1991 und 1995.

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R o m für sich allein niemals zu Stande gebracht hätte". 168 Die Konkurrenz bezieht sich wohl eher auf das zeitgenössische R o m als auf die antiken Triumphzüge. Theatralische Formen, denen die späteren italienischen ähnlich sind, lassen sich zuerst in Spanien nachweisen. 169 Die Corpus Domini-Prozession wurde dort Rahmen für Darstellungen verschiedenster religiöser und allegorischer Sujets, in die profane und triumphale Elemente einflossen. 170 Thematisch weisen die Darstellungen desgleichen in Italien eine erstaunliche Bandbreite auf. Frühester Hinweis auf eine semidramatische Ausgestaltung der Prozession könnte sich in der Bezahlung von „personae in adiutorium faciendi festum Corporis Cristi" 1369 in Pinerolo verbergen. 171 Für das Corpus-Domini Fest 1454 ebendort wurden Darsteller „ad ludum passionis mute fiende" bezahlt, woraus zu schließen ist, daß es sich um eine Aufführung ohne gesprochenen Text gehandelt hat. 172 In Perugia führte man 1444 anläßlich des Corpus DominiFestes morgens eine devozione der Geburt Christi, nachmittags die Geschichte vom Tod des Minotauros auf.173 (Q L X X X ) Im Jahr 1452 brachte man in Mailand mit Propheten, Sibyllen, Kain und Abel Gestalten des Alten Testamentes zur Darstellung. (Q XLVII) Besonders eindrucksvoll war die Prozession, die Pius II. im Jahr 1462 in Viterbo ausrichten ließ. 174 (Q C X X X V - C X X X V I ) Entlang des Prozessionsweges, für den die Zuständigkeiten unter den Kardinälen aufgeteilt worden waren, gab es sowohl Stationen mit lebenden Bildern als auch Aufführungen von einzelnen Szenen, wie dem Kampf Georgs gegen den Drachen und die Auferstehung Christi. An dieser Stelle sollen besonders die Christusdarstellungen vorgestellt werden. Die erste Station zeigte einen Altar, auf dem ein nackter junger Mann, dem T y p der imago pietatis nachgebildet, flankiert von zwei Engeln postiert war. In der Hand trug er eine Standarte, und das aus seiner Seitenwunde entspringende Blut füllte einen Kelch. 175 Diese Darstellung spielt möglicherweise auf die Diskussion um die Mantuaner Blutreliquie an, die sich 1459 während des Aufenthaltes von Pius II. in Mantua entfacht hatte. 176 In jedem Fall ist sie

168 „Ibi fuit universus clerus et quedam mirabilis processio religiosorum, qualem R o m a sibi ipsi relicta facere non potuisset" Gualvanei de la F l a m m a : Opusculum de Rebus Gestis ab A z o n e , Luchino et Johanne Vicecomtibus, RIS X I I , IV, p.19. 169 Cf. Matern 1962 und Very 1962. 170 N a c h Matern 1962, p.193, n.153 wurden dabei „im 14. und 15. Jh. Vorgänge aus der Biblischen- oder Heiligengeschichte oder gelegentlich auch mythologische Szenen" gezeigt. E r gibt allerdings keine Beispiele für mythologische autos, wie die fahrbaren Bühnenwagen bezeichnet wurden, an. Die Prozessionsordnungen von Barcelona und Valencia (Anhang, Quelle 2 und 3, p p . 3 0 4 - 3 1 1 . ) enthalten nur religiöse Sujets. 171 Caffaro 1893, vol.III, p.19. 172 Weitere Dokumente belegen eine Tradition solcher Spiele, 1464 bezahlte man „personagiis fiendis sulla nativita e la passione". Caffaro 1893, vol.III, p p . 2 3 - 2 5 . 173 d'Ancona 1891, vol.I, p . 2 7 9 , zu devozioni

iη Perugia cf. auch Pizzoni 1962, p.153.

174 Ü b e r diese berichtet Pius II. selbst in seinen Commentarii. Das Werk wurde von Giovanni Gobelini da Lins kompiliert, die Abschrift war 1464 kurz vor dem Tode Pius II. vollendet. (Cf. ed.1984). Z u r Gattung der Commentarii cf. Ianziti 1992. Z u r Prozession cf. d'Ancona 1891, vol.I, p p . 2 3 5 - 2 4 3 ; Cruciani 1983, p p . 6 6 - 7 7 175 Zu diesem Bildtypus des blutspendenden Christus cf. H o r s t e r 1963. 176 1459 war der erkrankte Papst nach Anrufung der Blutreliquie gesundet. Besonders zwischen Fran-

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aber direkt auf das Argument des Corpus Domini-Festes bezogen und visualisiert die Natur des eucharistischen Weines. Zugleich evoziert die Anordnung die Gregorsmesse, die als erstes eucharistisches Wunder galt.177 Wird die Visualisierung dieser spirituellen Problematik im (gemalten) Bild als „sakraler Realismus" gedeutet 178 , so ist hier in der konkreten Verlebendigung des das Sakrament vergegenwärtigenden Wunders eine Steigerung erreicht. Auf dem Altar in Viterbo hatte der Erlöser, welcher Papst Gregor I. bei der Elevation der Hostie als Vision erschienen war, die Gestalt aus Fleisch und Blut angenommen. 179 Papst Pius II., der mit der Hostie in der Hand die Prozession anführte und die Station aufsuchte, nahm so den Platz Gregors I. ein und vervollständigte die Inszenierung. Doch der ortsansässige Chronist della Tuccia erkannte lediglich einen „auferstandenen" Christus, ohne diesen Bezug wahrzunehmen. (Q CXXXVI) Obwohl die Mosaikikone, die Gregor I. der Legende zufolge nach seiner Vision hatte anfertigen lassen, zu den wichtigsten römischen Heiltümern gehörte und am O r t des Wunders, in Santa Croce in Gerusalemme aufbewahrt wurde, war die „Gregorsmesse" kein römisches Thema. 180 Deren bildliche narrative Darstellung verbreitete sich im späten 15. und 16. Jahrhundert fast ausschließlich in Deutschland, den Niederlanden und Frankreich. 181 Die Wahl gerade dieses Gegenstandes für ein lebendes Bild könnte sich aber durch die Herkunft seiner Initiatoren erklären. In den Commentarii Pius II. werden Guillaume D'Estouteville von Rouen, Olivier di Longueie von Cahors und Luigi d'Albret (Ludovicus de Alebreto), also drei Kardinäle französischer Abstammung genannt, die für die Ausstattung des entsprechenden Straßenabschnittes zuständig waren. (Q CXXXV) Vermutlich verdankt sich ihnen also die Umsetzung des für Italien ungewöhnlichen Themas in ein lebendes Bild. Dieses diente wiederum wohl als Anregung für einen Stich, der von Hind in die Zeit zwischen 1460-70 datiert 182 , von Goldsmith Baccio Baldini als Werk von 1463/64 zugeschrieben wird. 183 (Abb.19) Er zeigt den aufrecht stehenden Christus auf dem Altar, vor dem der Papst in Begleitung weiterer Kleriker kniet. Im Gegensatz zu zeitgleichen Darstellungen im Norden, bei denen sich Christi Blut aus Wundmalen und Seitenwunde in den Kelch zu seinen Füssen ergießt, ist es hier nur ein Blutstrahl aus der Seitenwunde, der gezielt den Kelch füllt. Die inhaltliche Übereinstimmung und zeitliche Koinzidenz mit dem lebenden Bild der Prozession in Viterbo suggeriert einen Zusammenhang, zumal das Thema auch in der Folge in Italien kaum auftritt. 184

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ziskanern und Dominikanern entspann sich die Diskussion um die Glaubwürdigkeit des Blutes, die 1464 von Pius II. schließlich mit einer Bulle bestätigt wurde. Cf. Horster 1963, pp.163-164. Zur Gregorsmesse cf. Die Messe Gregors des Großen 1982; Göttler 1995; Wolf 1995. Die Messe Gregors des Großen 1982, p.37 Zur Ausbildung der Legende cf. Die Messe Gregors des Großen 1982, pp.l6sq. Cf. Wolf 1995. Die Messe Gregors des Großen 1982, pp.21sq. und 41. Die Aktualität des Themas in dieser Zeit steht im Zusammenhang mit der Propagierung des AblaßVersprechens. Cf. Hind 1938, P.I, vol.l, pp.42-43 und Göttler 1995, p.286. Hind bezeichnet ihn als einzigen italienischen Stich des 15. Jahrhunderts, der die Gregorsmesse darstellt und sieht Parallelen zu einem deutschen Stich des gleichen Themas. Goldsmith Phillips 1955, p.80. Zu weiteren Gregorsmessen siehe Horsthemke 1996, pp.95-102, die wohl alle aus dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts stammen. Den Charakter einer Aufführung zeigt dabei ein Gemälde von Andrea di Niccolo (Abb.57), welches das Geschehen in einer „realistischen" Anordnung mit einem lebensgroßen Christus präsentiert.

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In Viterbo Schloß direkt an die Gregorsmesse eine weitere auf die Eucharistie bezogene Darstellung an. Der Kardinal von San Sisto hatte Christus mit seinen Jüngern beim Abendmahl und damit die „Einführung jenes Heiligen Sakramentes" darstellen lassen. Darüberhinaus sah man Thomas von Aquin, der nach der traditionellen Auffassung den liturgischen Ordo des Corpus Domini-Festes verfasst hatte. 185 Der päpstliche Zug selbst enthielt ein spektakuläres lebendes Bild: einen kreuztragenden Heiland, der sich nackt, dornengekrönt und scheinbar Blut schwitzend den Augen der Zuschauer darbot. Er wurde auf einem Wagen von San Francesco, dem Ausgangspunkt der Prozession, zur Kathedrale gefahren und stand dort während der Messe und der darauffolgenden Darstellung der Verkündigung „unbeweglich wie eine Statue". (Q C X X X V ) Der Vergleich mit einer Skulptur verweist auf die Nähe zu den lebensgroßen Kreuzabnahme- und Beweinungsgruppen, welche viele Kirchen bevölkerten und in semidramatische Erweiterungen der Liturgie einbezogen wurden. 186 Vielleicht verbirgt sich jedoch auch ein konkreter Bezug zu den Skulpturen des Passions-Christus, wie er im Norden verbreitet war. 187 Eine Verbindung besteht aber auch zu den Gemälden Leonardos, Antonellos, Giorgiones und Tizians, die den Kreuztragenden, aus dem narrativen Zusammenhang des Passionsgeschehens gelöst, in Blickkontakt mit dem Betrachter setzen und so unmittelbar an dessen Mitleiden appellieren. 188 Eine ähnliche Intention läßt sich dem Christus in Viterbo unterstellen, der sich nicht selbst bewegte, nicht die Kreuztragung nachspielte, sondern als statisches Bild auch während anderer Programmpunkte stehenblieb. Ist es in den Gemälden die auf das Antlitz Christi fokussierte Darbietung eines dramatischen Passionsmomentes bzw. die in einem Andachtsbild komprimierte Passionserwartung, so war in Viterbo das lebende Bild des aus dem Passionsgeschehen isolierten Christus zum Andachtsbild eingefroren. Keine Corpus Domini-Prozession war zuvor mit einem solch aufwendigen semidramatischen Rahmenprogramm versehen worden, auf das an anderer Stelle zurückzukommen sein wird. Die Bedeutung, die Pius II. diesem Ereignis selbst beimaß, läßt sich an der ausführlichen Beschreibung in seinen Commentarii ersehen. Der einzigartige Charakter der Prozession liegt zum einen darin, daß der Papst selbst „Veranstalter" war, und sich neben den Zünften vor allem die Kardinäle und andere geistliche Würdenträger in der aufwendigen Ausstattung der ihnen zugeteilten Straßenabschnitte selbst repräsentierten. 189 Dadurch waren alle Darbietungen, bis auf den kreuztragenden Christus, an einer Station zu sehen, und nicht wie sonst zumindest teilweise mobiler Bestandteil der Prozession. 190 185 Deila Tuccia scheint ihn für den Heiligen Vinzenz gehalten zu haben. (Q C X X X V I ) 186 Belting 1981, pp.218-251. 187 Diese sind jedoch bekleidet, wie überhaupt der kreuztragende Christus in narrativen bildlichen Darstellungen. Die Nacktheit Christi deutet damit bereits auf eine allegorische Auffassung des Themas hin. 188 Zu Leonardos Bildfindung cf. Pietro Marani: Leonardo and the Christ Carrying the Cross. In: Leonardo e Venezia 1992, p p . 3 4 4 - 3 4 5 , dort auch zu einem Bild Giorgiones. 189 Cf. die akribische Aufzählung della Tuccias ed.1872, p p . 8 4 - 8 7 / ed.1890, pp.133-138, aus der u.a. hervorgeht, daß auch die Juden einen Abschnitt übernahmen. 190 Vielleicht läßt sich darin eine Orientierung an den tableaux vivants des Nordens erkennen, wie es auch bei einer Corpus Domini-Prozession 1510 in Turin auf Grund des französischen Einflußbereiches wahrscheinlich ist. Neri 1902, p . l l publiziert Zahlbelege „pro decore civitatis facere representationem misterii nativitatis et ascensionis domini nostri iehsu christi in processionem que fit per civitatim ipsa die" und „circa misterium representatum die corporis christi proxime preterio in pro-

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Während die Kurie erstaunlicherweise kein weiteres Mal als Veranstalter einer solchen Prozession in Erscheinung tritt, finden sich in verschiedenen Städten semidramatische Prozessionen. Die Beschreibung einer Corpus Domini-Prozession in Forli 1485 ist weniger im Hinblick auf ikonographische Konventionen aufschlußreich, als bezüglich der Größe und Art der Prozessionstraggerüste. Der Chronist Andrea Bernardi 191 überliefert vor allem die Anzahl der Personen, die sich jeweils, teilweise auf mehreren Ebenen, auf den edifici befunden hatten, im besten Fall benennt er die Themen. 1 9 2 Das größte der getragenen Gerüste, „der Lebensbaum" hatte immerhin vier Ebenen mit insgesamt dreizehn Personen. Den Abschluß des Aufzuges bildete: „ein edificio, das man nicht tragen konnte. Es waren insgesamt 30 Personen: auf eine Weise, daß dies für eine vornehme Sache gehalten wurde für ein armes Volk, wie wir es waren. Und es waren viele Leute da, sowohl Fremde wie Einheimische. (Q XLIII) Wie in Florenz spielt der Stolz über die kommunale Leistung, die Konstruktion der

edifici

und die Rezeption durch die Auswärtigen, eine große Rolle. 1 9 3 Auf eine Beziehung zu Florenz deutet darüberhinaus die Benutzung derselben Bezeichnung, wobei der aus Florenz stammende Chronist möglicherweise eine Vermittlerrolle gehabt haben könnte. Ein nachvollziehbares Programm gab es in Forli aber nicht, es folgten aufeinander verschiedene Szenen der Heilsgeschichte, darunter mehrfach Verkündigung und Geburt, Himmelfahrt, und die Darstellungen von Heiligen, wahrscheinlich der Schutzheiligen der einzelnen Bruderschaften. 1 9 4 Im Jahr 1497 sind nochmals lebende Bilder in der Corpus Domini-Prozession dokumentiert. (Q XLIV) In Ferrara taten sich 1489 die Franziskaner bei der semidramatischen Ausgestaltung hervor: 1 9 5 „Die Brüder von San Francesco von Ferrara stellten in dieser Prozession alle Heiligen und Heilige dar, die ihres Glaubens waren, ebenso die Päpste, die aus ihrem Orden hervorgegangen waren, ebenso einen Imperator; der war am Ort von San Francesco, er hatte Christus über sich und er sah ihn fest an und er war mit Zweigen bekränzt, was eine schwierige Sache war." (Q XVII)

cessione facta et in chafaldis factis pro decore civitatis". Chafaldis entspricht dem französischen echaffauld, dem Bühnengerüst auf dem die tableaux vivants aufgestellt waren. 191 Andrea Bernardi detto il Novacula, wurde 1450 geboren, wuchs bis 1470 in Florenz auf, war eigentlich Barbier, betätigte sich als Historiker und Poet und verstarb 1522. Er war auch Maler, vermutlich ein Schüler Melozzo da Forlis. Seine ausführliche Chronik bekam nachträglich offiziellen Charakter, da sie Julius II. als städtisches Präsent überreicht wurde. Cf. Bernardi ed.1895 (Einleitung) und Calore 1982, p.20, n.l. Der Chronist maß nicht nur den Festinszenierungen Forlis Bedeutung bei, sondern berichtet auch über den Aufzug für Lucrezia Borgia 1502 in Rom (Q CV) und den Einzug Leos X . in Florenz (pp.426-27). In Forli gab es weitere lebende Bilder anläßlich des Einzuges Girolamo Riarios 1481 (Q XLI - XLII). 192 Z.Bsp.: „die Krippe mit acht Personen darauf und einem Kalb und einem Esel" (Q XLIII). 193 Auch Cobelli legt in seiner Beschreibung des Einzuges 1481 besonderen Wert auf den großen Eindruck, den dieser auf die Fremden machte. (Q XLII) 194 Die mangelnde Gesamtkonzeption ist vermutlich auf die Konkurrenz der Veranstalter zurückzuführen - in der Chronik wird von Streitigkeiten zwischen den Bruderschaften berichtet. Bernardi ed.1895, vol.1, 1, p.25. 195 Cf. d'Ancona 1891, vol.I, p.295. Im Text bei d'Ancona heißt es „Passione" anstatt „processione", aus dem Kontext läßt sich aber eher auf eine Prozession schließen. Daher handelt es sich möglicherweise um einen Schreib- oder Transkriptionsfehler.

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Die Franziskaner nutzten also die Prozession zur Präsentation ihrer Ordensgeschichte. Die Bedeutung des Imperators ist unklar: vielleicht ist die Bezeichnung Imperator im Sinne eines Ehrentitels gebraucht und damit der in der Aufzählung fehlende Ordensgründer selbst gemeint. Er könnte in dem Moment gezeigt sein, als das Kruzifix von San Damiano, vor dem er betete, sich zu ihm neigte und mit ihm sprach.196 Über einen längeren Zeitraum dokumentiert ist die Ausgestaltung der Corpus DominiProzessionen in Bologna. Die früheste Nachricht stammt aus dem Jahr 1443 und berichtet von einer „devotione al Barachano" anläßlich des Festes.197 1488 veranstaltete man „representazioni de'misteri" „vom Beginn der Welt bis zum Kommen Christi und von der Geburt Christi bis zur gegenwärtigen Zeit." (Q III) Besonderen Aufwand trieb man 1492, als die Hochzeitsfeierlichkeiten von Alessandro Bentivoglio und Ippolita Sforza auf diesen Zeitpunkt fielen.198 „In der Prozession machte man die Darstellung des gesamten himmlischen Hofstaates, des alten und neuen Testamentes mit großem Pomp und einer Menge von Leuten, sehr reich in Gold und Silber mit verschiedenen Gewändern bekleidet, mit der Passion unseres Herrn Jesus Christus und den heiligen Männern und Frauen davor und den Magiern, die aus dem Orient kamen, in den Kleidern der Mauren jener Länder, wo sie herkamen, daß in dieser Stadt niemals ein so würdiges Fest gesehen ward, und die ganze Stadt stellte sich auf Posten, um eine so vornehme Sache zu sehen. Die Mühe, eine solche Sache fertigzustellen, dauerte viele Monate lang, was die compagnia del baracano auf Kosten des Herrn Carlo Grato machte." (Q VII)

Erneut wird die „compagnia del Baracano" als zuständig für die Festgestaltung erwähnt, wobei Carlo Grato ein Vertrauter der Bentivoglio war und als Ausführender von deren Wünschen zu sehen ist.199 In der Betonung des Prachtaufwandes und Gewandreichtums evoziert Giacomo Poggi die Beschreibungen der Einzüge von Bräuten und Fürsten, die eben gerade dieses besonders zu würdigen pflegen. Die „corte celestiale" wird damit zu einer Spiegelung des irdischen Hofstaates. Der Chronist Borselli berichtet voller Stolz über die Prozession: „die Schauspiele waren so ehrwürdig, daß viele sagten, daß die römische Antike wiederaufzuleben schien." (Q V) Die Parallelisierung des Triumphes Christi in der Gestalt der Hostie mit dem antiken Triumph führte zur Übernahme triumphaler Elemente in die Prozession, in der die Heiligen zu Begleitern des Triumphators werden. Die Prachtentfaltung geriet zum Selbstzweck, und so zog der theatralische Pomp in der Zeit der Reformation besonders die Kritik auf sich.200 Singulär ist da die Darstellung eines „Triumph des Todes", wie sie 1501 und 1509 in Modena dokumentiert ist.201 (Q LX-LXI) Das Motiv wurde dort in einer Verbindung von Totentanz und

196 Über dieses Wunder berichtet Tommaso di Celano in seiner „Vita secunda S. Francisci". Cf. Boskovits 1988, p.94; Krüger 1989, pp,188sq. 197 Gasparo Nadi, zitiert nach Calore 1982, p.24: „Richordo chome de l'ano 1443 fo fato una devotione al Barachano de strä san Stevan". 198 Über dieses Ereignis berichten mehrere Quellen, den Prachtaufwand betont auch Ghirardacci (Q VI). Möglicherweise handelte es sich um ein Prozessionsspiel. Calore 1982, pp.24-26. Zum religiösen Theater in Bologna cf. Vecchi 1953. 199 Calore 1982, p.25. 200 Das Provinzialkonzil in Köln 1547 und die Synode in Haarlem 1564 beschäftigten sich mit dem triumphalen Charakter der Prozessionen. Cf. Browe 1967, p p . l l l s q . 201 Für Modena erwähnt darüberhinaus Adolfo Venturi: L'Oratorio di Santa Maria della Morte in Modena. In: Atti e Memorie della R. Deputazione di Storia Patria per le Provincie modenesi e parmanesi III

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„Trionfo" nach Petrarca dramatisiert. 2 0 2 Es erhielt eine eigentümlich „naturalistische" N o t e , da die Veranstalter dem spedale de IIa morte, dem O r t des täglichen realen Todes also, angehörten und so wie seine tatsächlichen Boten auftraten. In Venedig war es Ende des 15. Jahrhunderts üblich geworden, daß die scuole, die Laienbruderschaften, in Prozessionen auf den soleri genannten Traggerüsten neben Reliquien und Kultbildern auch lebende Bilder mit sich führten. 2 0 3 Für die Corpus-Domini Prozessionen ist dies erst zu Beginn des Cinquecento in geringerem Umfang belegt. 2 0 4 Im Jahr 1506 vermerkt der Chronist Sanudo erstmalig bezüglich einer Corpus Domini-Prozession, daß sie mit vielen „demostration et soleri" ausgestattet gewesen sei. ( Q C X X I X ) In diesem Jahr sah auch ein englischer Pilger die Prozession, der über Darstellungen des Neuen und des Alten Testamentes berichtet. ( Q C X X X ) In den folgenden Jahren hat Sanudo, der sonst ausführlich über alle städtischen Zeremonien berichtet, diesem Festtag nicht viel Aufmerksamkeit gewidmet. 2 0 5 1510 notiert er, daß es keine soleri gegeben habe „wie alle Jahre zuvor" 2 0 6 , und erst die Prozession 1515 beschreibt er etwas ausführlicher. (Q C X X X V I I ) Ebenso mangelt es an bildlichen Dokumenten: Der unter dem Titel „Corpus Domini-Prozession" publizierte Stich von Giovanni Franco aus dem frühen 17. Jahrhundert (Abb.77) greift eindeutig auf die Darstellung der Publikations-Prozession von 1571 zurück. 2 0 7 (Abb.76) Es hat sich aber eine Zeichnung Dürers erhalten, die möglicherweise einen der soleri der Corpus Domini-Prozession 1506 abbildet. 2 0 8 (Abb.20) Sie zeigt ein von einem Baldachin überfangenes Prozessionstraggerüst, das an langen Stangen von 16 Männern getragen wird. Die Kleidung der Träger ist sehr unterschiedlich und scheint verschiedene Nationen zu kennzeichnen. 2 0 9 An den vier äußeren E k -

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(1885), p.268 inszenierte Prozessionen in den Jahren 1450 und 1471 anläßlich des Corpus DominiFestes. Aus den von ihm angegebenen Quellen geht jedoch hervor, daß es sich um Ereignisse des Jahres 1550 bzw. 1571 handeln muß. In beiden Fällen verbreitete der „carro della morte" Schrecken: 1501 scheuten die Büffel vor Beginn der Prozession, von der Menschenmenge und einem Erdbeben verstört, und verursachten Panik. Im Jahr 1509 war es die Art des Aufzuges selbst, die den Zuschauern Schaudern verursachte: „An diesem Tag, als man die Prozession des Corpus Christi machte, bildete man im „Spedale dala morte" eine Compagnia von jungen Leuten mit Masken wie von Toten und alle mit Waffen in der Hand und einer zu Pferd in Form des Todes, das Pferd beladen mit Knochen und nachgemachten Totenköpfen und mit einem Tamburin davor und den Waffen angetan. Besagte junge Leute drehten jene Waffen, die sie alle mit der Spitze nach unten in der Hand und auf der Schulter trugen, plötzlich in der Prozession herum, und sie hatten auch eine Trompete, auf die Art, daß jede Person, die sie plötzlich so sah, sich verwunderte, auf die Art, daß jeder Mann und der größte Teil dies für ein schlechtes Omen voraussah, was Gott verhüten möge." Siehe dazu das Kapitel über die Publikationsprozessionen. Zu den Corpus Domini-Prozessionen cf. auch Muir 1981, pp.223-230. Sansovino erwähnt bei seiner Beschreibung der „andate publiche" in seiner 1581 publizierten „Veneria, cittä nobilissima" nichts über soleri bei den Corpus Domini-Prozessionen. (Sansovino 1581, p.204) Erst die von Martinioni ergänzte Ausgabe des Werkes von 1663, p. 512 vermerkt „tutti compariscono pomposamente con ornamenti di abiti, con Argenterie, con Reliquie in mano, con rappresentazioni sopra palchi, cosi rare, e belle, ch'e una cosa degna ä vedere". Sanudo ed.1897-1903, vol.X, col.460. Cf. Gombrich 1967, p.62. Cf. Löther 1996, pp.112-118. Cf. Löther 1996, p.115 deutet die Träger ihrer Kleidung zufolge als vom Balkan oder aus Byzanz

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ken des soler sitzen, auf Delphinen reitend, musizierende Putti. Die eigentliche Szene unter dem Baldachin zeigt eine Pietas-Gruppe. 210 Christus sitzt auf dem Rand seines Sarkophages, in dem sich seine Beine befinden. Hinter ihm stehen Johannes und seitlich Maria, die in einem Trauergestus die Hände über der Brust gekreuzt haben, so daß sich Christus ohne ihre Stütze aufrecht hält. Der Gestus, mit dem er seine Seitenwunde präsentiert, verweist auf die Eucharistie, die Anlaß des Festes ist. Darauf bezieht sich wohl die Beschreibung des englischen Pilgers Guylforde, der „the fygures of the blessed sacrement" erkannte. 211 Das Thema der Pietä war in Venedig mit den Bildern Bellinis popularisiert worden. Auf dem Altar der Nikolauskapelle im Dogenpalast stand ein solches Beweinungsbild von der Hand eines Bellini. 212 In dem soler der Prozession könnte damit neben der religiösen Bedeutung ein konkreter Verweis auf ein „Staatsbild" gelegen haben. 213 Eine ausführliche Darstellung der Eucharistie und deren Wunder im Rahmen einer Corpus Domini-Prozession ist erst 1518 in Pistoia in der Chronik der bereits erwähnten „Compagnia della Puritä" überliefert. 214 (Q L X X X I V ) Dort gingen Melchisedech, mit Brot und Wein als Opfer, Mose mit einem Gefäß mit Manna und David mit seiner Schrift als „Präfigurationen" des Abendmahls in der Prozession. Sie wurden gefolgt von dem Priester, dessen U n gläubigkeit den Anlaß für das Wunder von Bolsena gab, und von Bonaventura, Thomas von Aquin und dem auferstandenen Christus mit rotem Kreuz. Christus in einem violetten G e wand ist Opfer und Ursache des eucharistischen Wunders, zugleich scheint er wie ein Attribut des Aquinaten eingesetzt, die Wahrhaftigkeit von dessen Schriften bestätigend und ihn als Autor des Introitus-Hymnus ausweisend. Der Zug wurde beschlossen von der Darstellung des ganzen Klerus der römischen Kurie mit dem Papst. Vor der signoria wurde die Bedeutung der Dargestellten erklärt. Diese Chronik, geschrieben von einem Initiator der Bruderschaft, enthält eine der wenigen überlieferten Erklärungen der Intention eines solchen Programms. 2 1 5

stammend und damit als Verweis auf Venedigs Herrschaft über das östliche Mittelmeer. In der Realität waren die Träger wohl eher so gekleidet, daß die Zugehörigkeit zu der Bruderschaft erkennbar wurde. Denkbar ist, daß Dürer die Gelegenheit genutzt hat, verschiedene Trachten festzuhalten, die er unter den Zuschauern gesehen hatte. 210 Zum Bildthema der Pietas cf. Belting 1981. 211 Löther 1996, p.115 bezweifelt, daß eine solche Pietas tatsächlich aufgeführt worden sei, zieht aber nur die deutschen und englischen Spiele als Vergleich heran. Meiner Ansicht nach gibt es in Hinblick auf Viterbo und Pistoia und gerade bestätigt durch die Formulierung Guylforde's keinen Grund zum Zweifel. 212 Belting 1985, pp.9 und 55sq. Das Bild ist mit Giovanni signiert, stilistisch fügt es sich Belting zufolge aber eher in das Oeuvre Jacopos ein. 213 Es gab in Venedig auch eine Bruderschaft, die sich der Verehrung des Corpus Domini geweiht hatte und die sich daher mit dieser Darstellung selbst hätte repräsentieren können, wie die anderen Bruderschaften durch ihre Schutzheiligen. (Eine Miniatur ihrer Statuten mit eucharistischer Thematik bei Belting 1985, p.81). 214 Vigo 1887, p . 7 3 - 8 3 . 215 Zu der Bruderschaft cf. Vigo 188Z

Präsenz

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2.

Prozessionen aus spezifischem Anlaß

Außer den im Zyklus des Kirchenjahres verankerten jährlichen Festen gaben spezifische E r eignisse Anlaß zu außerordentlichen Prozessionen. So fanden bei klimatischen oder politischen Katastrophen Bitt- oder Dankprozessionen statt oder Offerta-Prozessionen wurden veranstaltet, um für einen bestimmten Zweck Geld und Naturalien zu sammeln.

Die „Offerta per l'opera del Duomo" in Mailand Die Mailänder offertaper

l'opera del Duomo,

die Spenden für den D o m b a u sammelte, gehört

ihrem Anlaß nach nicht in die Kategorie der im Kirchenjahr festgeschriebenen Prozessionen. Sie erhielt aber durch ihre jährliche Wiederholung eine repräsentative Funktion, die der San Giovanni-Prozession in Florenz vergleichbar ist. A n einem festgelegten Tag machten die nach den Stadttoren benannten Stadtviertel ihre offerta: Nuova

die Porta Orientale

zu Pfingsten, die Porta

am ersten Sonntag im September etc. 2 1 6 Sehr früh sind im R a h m e n der offerte

Insze-

nierungen, auch mit profanen Sujets belegt: 1389 „Jason und M e d e a " , 1423 „Aeneas und D i d o " und die „Geschichte der sieben himmlischen Planeten" ( Q XLV). 2 1 7 I m Jahr 1457 wurde für die Oblatione der Porta Comasina von C i c c o Simonetta die Aufführung der Auferstehung organisiert und/oder finanziert. 2 1 8 D e r erste Wagen stellte das Paradies dar, der zweite das G r a b , der dritte die Hölle bzw. das Purgatorium. N a c h seiner mit großem Getöse inszenierten Auferstehung befreite Christus die Urväter aus der Vorhölle, um dann mit ihnen das Paradies in Besitz zu nehmen, während Satan in der Hölle tobte. Die eigentliche Abfolge der Ereignisse ist wahrscheinlich aus dramaturgischen Gründen verändert. Die Aufführung beschränkte sich im wesentlichen auf die visuelle Darstellung und war den edifici der San Giovanni-Prozession offenbar sehr ähnlich, was auf einen florentinischen Einfluß schließen lassen könnte. Tatsächlich berichtet C o r i o O s t e r n 1475, daß von einigen Florentinern ein „spectaculo de la resurrectione dil figliolo de D i o " inszeniert wurde. 2 1 9 Dabei ist unklar, ob die Florentiner als festaiuoli

fungierten oder sich als Kaufmannskolonie repräsen-

tierten. Gegen Ende des Quattrocento schildert Baldassarre Taccone eine von ihm veranlaßte Aufführung des Aktaion und äußert sich über die Tradition der Offerta-Prozessionen: „Man pflegte, sei es aus Gründen der Religion, sei es um das zahlreiche Mailänder Volk zu erfreuen, eine jährliche Offerta für die prächtige Hauptkirche der Stadt zu erbringen, wo die großmütigen Edelherren auf ehrenvolle Weise wetteifern, trophei und triumphi zu errichten, ausgestattet nach ihrer Phantasie, sei es privat oder öffentlich. (,..)"(Q XLVIII)

216 Cf. Ghinzoni 1887; Tissoni Benvenuti 1983, p.334; Mazzocchi Doglio 1983, p.20. 217 Cf. Ghinzoni 1887, pp.823-824 und Mazzocchi Doglio 1983, p.20. 1438 wurden zwei Elephanten gefertigt, die ebenfalls wohl für ein größeres Spektakel gedient haben. 1453 führte man „Coriolano" auf. 218 Die Beschreibung, enthalten in einem Brief von Cicco Simonetta an seinen Bruder Andrea, ist publiziert von Tissoni Benvenuti 1983, pp.334-335. 219 Corio ed.1978, p.1396. Einer anderen Quelle zufolge waren die Franziskaner die Veranstalter. Cf. d ' A n c o n a 1891, v o l . I , p . 2 9 0 , der sie als „rappresentazione m u t e " b e z e i c h n e t .

Dramatisierte Prozessionen

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Die Mailänder Prozession nimmt in ihrer Bedeutung für die städtische wie private Selbstdarstellung und mit ihrer langjährigen Tradition eine Sonderstellung ein. 220 Eine einmalige mit lebenden Bildern ausgestattete Offerta-Prozession zur Finanzierung einer Kirche, die auf Grund eines Marienwunders erbaut werden sollte, fand 1500 in Crema statt. Dabei zeigte die Porta Umbriano die sieben Planeten, während die Porta di Rivolta die Heiligen drei Könige darstellte.221 (Q X ) Ahnlich wie in Mailand machten also die porte jede für sich ihre oblatione und nahmen in den lebenden Bildern keinen Bezug auf den Anlaß.

Eine Offerta-Prozession für den „Monte di Pietä" in Crema Im späten Quattrocento gab es eine Welle von Offerta-Prozessionen für die sogenannten Monti di Pietä.111 Diese aus antisemitischen Bestrebungen geborene Einrichtung von christlichen Geldleihinstituten, die den Juden die wirtschaftliche Grundlage entziehen sollte, wurde durch Spenden finanziert. 223 Die Uberbringung der ersten Spenden wurde meist feierlich gestaltet, in Modena 1494 beispielsweise mit einem von zwei Pferden gezogenen Triumphwagen, begleitet von Knaben und Mädchen, die Banderolen mit dem Christusmonogramm trugen. 224 Für das Jahr 1496 sind besonders aufwendige Prozessionen für die von einem Bruder des Zoccolanten-Ordens betriebene Gründung des Monte di Pietä in Crema überliefert. Neben den Zünften waren die vier Stadtviertel aufgefordert, an verschiedenen Tagen ihre Spenden zu bringen. 225 Während sich der Aufwand der ersten beiden porte noch in üblichem Maße hielt226, entzündete sich hierauf „das Feuer zwischen den Cremaschi (...), und Tag und Nacht

220 Zu Persönlichkeiten, die im Zusammanhang mit den Offerta-Prozessionen namhaft zu machen sind, cf. Ghinzoni 1887, p.830; Mazzocchi Doglio 1983, p.21. 221 Terni ed.1964, p.240. 222 Der erste Monte di Pietä in Italien war bereits 1369 in Siena gegründet worden, doch erst in der zweiten Hälfte des Quattrocento, als vor allem die Bettelorden begannen, verstärkt gegen den Wucher und damit die Juden zu predigen, kam es zu einer Gründungswelle: 1469 Padova, 1471 Siena, Viterbo, 1483 Mailand, Genua, 1484 Mantua, 1488 Parma, Cesena, 1490 Brescia, Piacenza, Verona, 1492 Ravenna, 1493 Pavia, 1494 Modena, Reggio, 1495 Florenz und 1496 Crema. Tavernari 1915, P-19. 223 Der christliche Geldverleih war 1179 auf dem 3. Lateranskonzil verboten worden und die Blüte des jüdischen Finanzwesen führte immer wieder zu antisemitischen Agitationen. Die Motivation für die Gründungen der „Monti di Pietä" benennen die Chronisten deutlich: Fantaguzzi aus Cesena schreibt: „Fra Bernardino da Feltre de Ii francescani observanti fo in questi tempi dignissimo predicatore. Fono fatti in diversi luoghi per Italia molti Monti de la pietate da imprestare a Ii poveri e bisognosi e a disfacione de Ii Ebrei (che) bevano el sangue de Ii Christiani" (cf. Calore 1982, p.47, n.7) Ähnlich äußert sich Jacopino de'Bianchi aus Modena (ed.1862, p.109) „E questo fu per extirpare la uxura e la malitia de Ii cani zude contro a Ii cristiani". Zur Bildpropaganda der „Monti di Pietä" besonders in Modena cf. Gramaccini 1983 (1), pp.l7sq. 224 Jacopino de'Bianchi ed.1862, p.109. Calore 1982, p p . 4 1 - 4 2 setzt das kurz darauf stattfindende Spiel des Stadtpatrons „San Geminiano" dazu in Beziehung: So wie San Geminiano den König exorzierte, werden die Juden durch die Errichtung des „Monte di Pietä" besiegt. 225 Der Chronist Pietro Terni beschreibt in seiner „Historia di Crema" die Ereignisse offenbar rückblikkend, unklar ist, ob als Augenzeuge oder auf der Basis anderer Berichte. 2 2 6 Die Porta di Serio zeigte „Kinder des einen und anderen Geschlechtes auf Pferden, mit Uberkleidern

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a r b e i t e t e n jene, die s p e n d e n sollten, u m d e n a n d e r e n ü b e r l e g e n z u b l e i b e n " . 2 2 7 D i e Porta Umbriano

di

p r ä s e n t i e r t e sich schließlich m i t einer a u f w e n d i g e n P r o z e s s i o n , d e r e n A u f t a k t ei-

nige H e i l i g e n d a r s t e l l u n g e n bildeten. „Als diese vorbeigezogen waren, kam ein reichgeschmückter von zwei Griffonen gezogener Wagen mit der Geschichte des Paris und den drei nackten Göttinnen, begleitet von vielen Reitern. Dahinter ein Triumphwagen mit Diana und den neun Musen, die süß sangen, gezogen von vier wohlgeschmückten Pferden, begleitet von einigen Mädchen zu Pferd, nach der Art der N y m phen gekleidet. Danach kam ein anderer Wagen, besser als die anderen geschmückt, mit einem Imperator und 60 Reitern alle nach deutscher Art gekleidet, und danach ein schwarzer Inderkönig, dem weitere schwarze Reiter folgten, die Kleider nach der Art der Inder trugen, so reich und bizarr, die großen Eindruck machten, mit Bannerträgern ebenfalls in dieser Kleidung und Farbe. Danach das Bild der Mutter Christi, wie sie nach Ägypten floh, danach San Antonio Abate; versehen mit einer Abordnung von Reitern kamen zu Fuß einige Nymphen in Jagdkleidung, mit Apoll in ihrer Mitte zu Pferd, unter einem wunderschönen Baldachin, der, an der Tribüne angek o m m e n , einige lateinische Verse sprach. Schließlich wurde auf einem Triumphwagen die Darstellung des Herrschers von Venedig geführt, mit all den Ornamenten, Baldachin, Feldzeichen und Triumphen, die zum Dogen gehören, begleitet vom Volk dieser Porta ( . . . ) " (Q I X ) D i e l e b e n d e n Bilder s c h e i n e n w e d e r e i n e m G e s a m t p r o g r a m m z u folgen, n o c h in k o n k r e t e m Z u s a m m e n h a n g m i t d e m A n l a ß d e r P r o z e s s i o n z u s t e h e n . 2 2 8 D i e w e n i g e n Heiligen sieht m a n b e d r ä n g t v o n h e i d n i s c h e n G ö t t e r n , u n d auf d e n e r s t e n B l i c k s c h e i n t die B e g e i s t e r u n g für die antiken Sujets jedes M a ß z u s p r e n g e n . Allerdings k ö n n t e n sich in d e n drei I m p e r a t o r e n die Heiligen D r e i K ö n i g e v e r b e r g e n , w o z u die F l u c h t n a c h Ä g y p t e n p a s s e n w ü r d e . In d e n bild e n d e n K ü n s t e n finden sich die K ö n i g e als V e r t r e t e r v e r s c h i e d e n e r N a t i o n e n dargestellt, u n d die I n t e g r a t i o n eines K ö n i g s v o n s c h w a r z e r H a u t f a r b e b e g a n n e b e n in diesen J a h r e n a u c h in Italien p o p u l ä r z u w e r d e n . 2 2 9 D o c h läßt sich d a r ü b e r h i n a u s ein a n d e r e r B e z u g feststellen. E i n J a h r z u v o r h a t t e in Venedig eine P r o z e s s i o n s t a t t g e f u n d e n , bei d e r die a m a n t i f r a n z ö s i s c h e n B ü n d n i s beteiligten H e r r s c h e r als l e b e n d e Bilder m i t g e f ü h r t w u r d e n . ( Q C X X V )

Daran

k ö n n t e sich die D a r s t e l l u n g des d e u t s c h e n H e r r s c h e r s ( M a x i m i l i a n ) , des s c h w a r z e n K ö n i g s ( L u d o v i c o il M o r o ) u n d des D o g e n o r i e n t i e r e n u n d w ä r e s o zugleich als R e f e r e n z a n die Stadt, z u d e r e n H e r r s c h a f t s g e b i e t C r e m a seit 1 4 4 9 zählte, z u i n t e r p r e t i e r e n . D e r A u f z u g b e w i r k t e , d a ß die Porta diRivolta

die f e s t g e s e t z t e Z e i t v e r l ä n g e r t e , u m ihre of-

ferta n o c h p r ä c h t i g e r gestalten z u k ö n n e n . 2 3 0 D i e s gelang ihnen z u m i n d e s t m i t d e r K o n s t r u k -

aus Seide, reich ausgestattet, in verschiedenen Trachten" „mit einigen presentationi

dazwischen".

Terni ed.1964, p p . 2 4 4 - 2 4 5 . 227 Terni ed.1964, p.245. 228 Bei dem Auftritt der antiken Götter scheint der Chronist das Gefolge von Diana und Apoll vertauscht zu haben. Der Triumphwagen Dianas mit den singenden Musen erinnert an die Darstellung Bertoldo di Giovannis auf der Medaille für Antonio Gratiadei. (Abb.48). 2 2 9 Kaplan 1985, pp,115sq. zufolge taucht der „Schwarze" in Italien zunächst nur im Gefolge der Könige auf. Gerade in Mailand wurde die Figur des schwarzen Königs relativ früh eingeführt, obwohl das Strozzi-Altarbild Gentile da Fabrianos für Anbetungsbilder auch dort vorbildhaft wirkte, (p.117) Die Tatsache, daß es in Florenz keinen schwarzen König gibt, erklärt Kaplan mit der Instrumentalisierung des Magier-Kultes durch die Medici. Dies erweiternd vermute ich, daß die Assoziation Ludovico Sforzas mit einem „ M o r o " die Verbreitung des schwarzen Königs in der oberitalienischen Kunst begünstigte. Zur Rolle des schwarzen Königs auch Trexler 1996. 230 Im Jahr 1503 animierte ein anderer Bruder des Ordens die Bürger von Crema nochmals zu Spenden für den monte, wobei die Porta di Rivolta erneut eine ingeniöse Darbietung präsentierte. Auf einem

Dramatisierte

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tion einer „Maschine", dem Chronisten zufolge „von solcher Schönheit, Größe und Kunstfertigkeit, daß auf Grund ihres Ruhmes alle Nachbarn herbeigelaufen kamen": „Sie hatte eine Grundfläche aus Holz so groß, daß die vierzig Träger, die sie trugen, bequem darunter stehen konnten und versteckt von niemanden gesehen wurden, da sie mit allerfeinsten Tüchern von Atlas bedeckt war. Sie war weniger als die Schultern eines Mannes hoch, mit Beinen an den vier Ecken, die das Ganze hielten, wenn sie die Träger, um sich auszuruhen, absetzten. Darumherum auf dem Boden waren die zwölf Apostel, die sie mit den Händen zu tragen schienen. In der Mitte des Rahmens war ein anderes und gerades Holz, das die Dächer überragte (wie ich euch gesagt habe), an dem eine große ganz vergoldete Kugel befestigt war, die von acht Engeln gehalten zu werden schien, die auf der Grundfläche standen. Auf der Kugel standen beidseitig aufrecht San Pietro in päpstlichen Gewändern und der Abt San Bernardo, Titular der Abtei; und wahrhaftig auf der Spitze war ein Thron von Holz, mit einigen Seraphim, umhüllt von Wattewolken. (...) In der Mitte des Thrones war eine Jungfrau und ein Knäblein, beide lebendig, mit vielen golden leuchtenden Strahlen darum herum (...)" (Q IX) Dieser eindrucksvolle Triumph, der seine Wirkung mit hochentwickelten Mitteln der Illusionserzeugung erreichte, zeigt Verwandtschaft mit den florentinischen nuvole bzw. dem Wagen der Trinität, der in einer Serie von Petrarca-Trionfi die Ewigkeit verbildlichte. (Abb.15) Darauf folgte eine lange Reihe weiterer lebender Bilder, wobei sich zwischen Heilige und mariologische Szenen viele pagane Motive mischten: ein künstlicher Elephant mit einem T u r m voller Bewaffneter auf dem Rücken, ein Reiter auf einem Vogel Strauß, ein sich springend fortbewegender Minotaurus, ein Triumph Cupidos. Zuletzt folgte eindeutig im Dienst des Anliegens der Offerta stehend: „Vespasian auf einem wahrhaft triumphalen Wagen mit einem großen Haufen Juden gebunden und zusammengekettet, so daß es notwendig war, daß die Menge aus dem Weg zurückwich, wenn sie nicht zerdrückt werden wollte; er sagte viele schöne Verse zu Gunsten des Monte gegen die Juden". (Q IX) Auf Grund seiner historischen Rolle war der römische Kaiser Vespasian ( 6 9 - 7 9 η. Chr.) prädestiniert, judenfeindliche Projekte zu propagieren. Im Jahr 67 n . C h r . hatte er einen jüdischen Aufstand niedergeschlagen, und unter seiner Herrschaft wurde durch Titus im Jahre 70 Jerusalem zerstört, wovon der Titusbogen in R o m zeugt. Die Prachtentfaltung der SpendenProzession führte damit auf das „Schlußbild" einer gezielten politischen Agitation zu.

Eine Prozession gegen die türkische Bedrohung in Modena Auf die Veranlassung von Ercole d'Este wurden im Jahr 1500 in Modena mehrere Prozessionen veranstaltet, die den göttlichen Beistand gegen die Türken erflehten. Deren letzte und größte war mit zahlreichen lebenden Bildern ausgestattet. (Q L I X ) Der Chronist 2 3 1 listete akribisch alle Teilnehmer und ihre Darbietungen auf, die, bis auf einen Riesen mit einem als

Wagen war das irdische Paradies dargestellt, in dem sich „nackt" Adam und Eva befanden. Vor der Tribüne auf dem Platz angekommen, kam aus den Wurzeln des Baumes eine Schlange mit dem Gesicht Evas hervor, die sich um den Baum wand - ein aus der Malerei vertrautes Motiv - , und die mittels eines versteckten Knabens zu Eva zu sprechen schien. Als Adam und Eva von der verbotenen Frucht gekostet hatten, zerbarst der Baum in Stücke, „con tanta furia", daß sich die Zuschauer vor den herumfliegenden Zweigen und Früchten erschreckten. Terni ed.1964, p.248. 231 Tomasino de'Bianchi, der die „Cronaca Modenese" seines Vaters Jacopino de'Bianchi detto il Lancelotti fortsetzte, (ed.1862).

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Bär Verkleideten, ausschließlich religiöse Sujets darstellten. Die Anzahl der im engeren Sinne kostümierten Personen muß sich dabei auf ca. 300 belaufen haben: Engel, Heilige, Propheten und Apostel, Ereignisse der Heilsgeschichte wie die Bekehrung des Saulus, den Marientod, die Auferstehung Christi und wenige allegorische Darstellungen wie die sieben Tugenden. Vergleichbar dem Dreikönigszug in Mailand machte die Prozession an verschiedenen Punkten der Stadt halt. Die Könige, die ebenfalls in der Prozession mitgingen, brachten an einer Krippe, die im Schloß errichtet worden war, ihre Geschenke dar. 232 Darüberhinaus warteten alle Kirchen, die als Stationen fungierten, mit eigenen Inszenierungen auf: in einer wurde die Himmelfahrt Mariens gespielt, in einer anderen war in der Hauptapsis das „Paradies" eingerichtet, in zwei weiteren Kirchen waren „lebende Altarbilder" zu sehen. Durch die dominierende Präsenz der Könige, die dem Zug eine übergreifende Struktur verliehen, und die Bekehrung des Saulus ist die „Bekehrung der Heiden" ein Leitthema der Prozession und deutlicher Verweis auf die Ungläubigen, deren bedrohliches Herannahen den Anlaß gegeben hatte.

III. Intention und Wirkung der religiösen lebenden Bilder Im Verlaufe des Quattrocento zunehmend ist eine Fülle von Dokumenten für die semidramatische Erweiterung von Prozessionen und die Professionalisierung der Maschinerien für die Inszenierungen sowohl im Innen- wie Außenraum überliefert. Ihre Wirkung beziehen die lebenden Bilder aus dem Rekurs auf Kunstwerke, deren Verlebendigung mit „Effekten" unterschiedlicher Art vorgeführt wird. Bei vielen Aufführungen ist die Kontrastierung von „statisch" und „bewegt", also die „Dynamisierung" eines Bildes, ein wichtiges inszenatorisches Mittel. In einigen Fällen war aber wohl gerade der statisch-bildhafte Charakter entscheidend, so bei den lebenden Bildern, wie sie 1500 in Modena in den Kirchen Stationen einer Prozession bildeten. In Santa Chiara sah man dort „einen großartigen Altar mit der Darstellung von Santa Chiara und vielen anderen Jungfrauen und Heiligen". (Q L I X ) Die zeitgenössischen Beschreibungen lassen letztlich keine generelle Erkenntnis darüber zu, wie die Bilder auf das Publikum gewirkt haben. 2 3 3 Bedenkt man, daß die schriftlichen Berichte zudem prinzipiell von Vertretern einer gebildeten Schicht überliefert sind, läßt sich darüber nur eingeschränkt urteilen. Einige Äußerungen sprechen für die Ambivalenz der Wahrnehmung: Trotz des Wissens um die irdische Natur der Darbietungen und des Stolzes auf das technische Können, faszinierte vor allem der Eindruck des unerklärlich Wunderbaren. So betont es der Bericht über die ParadiesInszenierung anläßlich des Einzuges von Borso d'Este in Reggio 1453: „worüber sich alle verwunderten und dieses ein Wunder vor ihren Augen nannten" und „Über diese Dinge ergriff alle großes Erstaunen, da sie mehr göttliches als menschliches Werk schienen". (Q XCI) Der Besucher des Unionskonzils, der 1439 die San Giovanni-Prozession in Florenz sah, hielt die edifici

232 D i e magi opferten ein weiteres Mal in der Kathedrale vor einem Altar „ w o U n s e r e liebe Frau ist, daß heißt, ein Mädchen in Ähnlichkeit zu Unserer lieben Frau, mit d e m Kind im A r m " . 233 Z u r Wirkung allgemein Calore 1982; N e w b i g i n 1990 und K i n d e r m a n n 1984, der aber wenig konkret auf das P u b l i k u m eingeht.

Intention und Wirkung der religiösen lebenden Bilder

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für „prodigj e quasi miracoli, ο rappresentazioni di miracoli". Die Bezeichnung „arte magica", mit der Benedetto Dei eben diese bedenkt, enthält die beiden Kategorien, die die Wirkung bestimmten: die Kunst, die ihre Kunstfertigkeit darin beweist, daß sie nicht von Menschenhand geschaffen scheint und so jene Illusion erzeugt, die den Glauben stimuliert. Da die Berichte ausschließlich von Zuschauern, nicht von Mitspielern verfasst wurden, ist wenig über die Befindlichkeiten der Darsteller selbst, von denen die Quellen im besten Fall die Namen nennen, überliefert. In Perugia traten im Anschluß an die Vorstellung der „devozione del Venerdi santo" 1448 sechs Personen in ein Kloster ein, darunter der Christusdarsteller - dem, obwohl er allerdings bald wieder ins weltliche Leben zurückkehrte, der Name Domenedio blieb. (Q L X X X I ) Die Darsteller der lebenden Bilder bzw. Schauspieler waren den (einheimischen) Zuschauern oft bekannt 2 3 4 , und sie wurden in ihren „Rollen" unterschiedlich wahrgenommen. Paolo di Matteo Pietrobuoni beschreibt 1428 den Christus in einer San Giovanni-Prozession mit den Worten „Iddio pareva in quel corpo del fanciullo Francesco d'Andruccio da'Richasoli", „Gott erschien im Körper dieses Knaben". (Q X X I ) Dem lebenden Bild wird durch das „pareva" durchaus ein Visionscharakter zugesprochen. Anders beschreibt er den David anläßlich desselben Ereignisses als „il significhato di Davittj", das heißt, einer in der Bedeutung des David. (Q X X I I ) Die Uberschneidung von Darsteller und Dargestelltem ist hier eine andere. Ein junger Mann vertrat hier den triumphierenden David, der als Sinnbild der Kommune zu lesen ist und nicht als göttliche Erscheinung. Zwischen dem lebenden Bild Christi und dem eines beliebigen Heiligen ist in jedem Fall eine Differenz emphatischer Wirkung zu erwarten. Alludieren die Christusdarstellungen meist die Passion und zentrale Inhalte der christlichen Religion, so treten die Heiligen nicht selten in ihrer gesellschaftlichen Rolle auf: sei es, daß sie die Bruderschaft, die sich unter ihren Schutz gestellt hat, vertreten, sei es, daß sie in der Position des Stadtpatrons als Repräsentant der Kommune agieren. Der Versuch, die Funktion der Darsteller zwischen Rollenspiel und Vertretung zu bestimmen, läßt sich in einigen Berichten nachweisen. Der Bischof von Souzdal, wenn man der deutschen Ubersetzung Wesselowskys folgen darf, arrangiert sich in seiner Beschreibung zunächst mit Begriffen der Ähnlichkeit: „Maria" ist „ganz wie die heilige Jungfrau anzusehen". Dabei findet sich mehrfach der Verweis auf die Vorbildwirkung der Malerei: „wie Gott der Vater dargestellt wird" 2 3 5 ; „Die Apostel sind barfuß und so gekleidet, wie man sie auf Heiligenbildern darzustellen pflegt". 2 3 6 Seine Seherfahrung orientiert sich also an Bildern, die ihn in die Lage versetzen, das ihm unbekannte Spektakel zu deuten. Es zeigt sich in seiner Beschreibung ein Umschlag der Betrachterperspektive: Neben der objektiven Beschreibung der Apparatur und der Benennung der Figuren („ein, wie der Sohn Gottes angethaner Mann") steht die Beschreibung der dramatischen Momente mit direkter Benennung der Dargestellten

234 Tommaso di Silvestro überliefert für die Aufführungen in Orvieto häufig ihre Namen und kurze Informationen: Der Christus bei dem Empfang Julius II. 1506 wird von „Ser Luciano canonico" gespielt (ed.1891, col.549), der in einer späteren „Festa di San Nehemia martire" den Heiligen spielt, die Seele des verstorbenen Heiligen wird von dem neun Monate alten Sohn David d'Antoniazzos dargestellt.(ibid.coli.634/5). Ganz eindeutig ist hier, daß die Frauenrollen von männlichen Darstellern gespielt werden. Auch Pedrino in Forli (Q X X X I X ) nennt die Namen der Christusdarsteller. 235 Wesselofsky 1877, p.127 236 Wesselofsky 1877, p.437.

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(„Jesus aber steigt immer höher"). 2 3 7 Irina Danilova hat bei ihrer Analyse des Briefes Abrahams von Souzdal unter Bezugnahme auf den russischen Originaltext gezeigt, daß sich an der sprachlichen Form der Beschreibung die Bewertung des Gesehenen als etwas Göttliches, Wunderbares nachweisen läßt. Was bei d'Ancona als „meraviglioso ed artificiosissimo spettacolo" übersetzt ist, lautet ihr zufolge im Original: „questa divina visione e sapiente rappresentazione". 238 Der Eindruck, leibhaftig am Heilsgeschehen teilzuhaben, wie er aus den Worten Souzdals klingt, ist nicht zuletzt auf den Bildcharakter der Inszenierung zurückzuführen, die für Souzdal die Revolution seiner Seherfahrung sein mußte. Die Meditationspraxis hatte den zeitgenössischen Gläubigen gelehrt, seine Frömmigkeit mit Hilfe von Bildern zu entzünden, sich mit ihrer Hilfe das Heilsgeschehen zu vergegenwärtigen. Das dramatisch inszenierte Bild aktiviert diese Betrachterperspektive, und Effekte, wie das einmalige Offnen des H i m mels, suggerierten das Teilhaftigwerden an einer Vision. Diesen Eindruck des Ubernatürlichen, der oft an das plötzliche Erscheinen und „Fliegen" der Darsteller gebunden ist, bestätigen weitere Augenzeugen. Die den sacre rappresentazioni entlehnten Engel, die zu Ehren des einziehenden Borso d'Este in Reggio 1453 heranflogen, waren dem Chronisten zufolge so, „daß man sie für wirkliche geistliche und selige Engel halten konnte". (Q XCI) In den Commentarii Pius II. ist zu dem die Auferstehung des Herrn verkündenden Engel 1462 in Viterbo zu lesen: „Also wurde es still und man lieh ihm Gehör mit großer Freude, als ob es sich um eine wirkliche Tatsache handele und jener wirklich ein himmlischer Bote gewesen wäre". (Q CXXXV) Filippo Beroaldo, Humanist aus Bologna, der dort an der Universität und am Hofe der Bentivoglio wirkte, verfasste einen Kommentar zum „Goldenen Esel" des Apuleius, in dem er zur Erklärung häufig auf seine eigene Zeit verweist. 239 Die Beschreibung der Isis-Prozession, in der die Götterbilder von Männern getragen werden, versteht er in dem Sinne, daß die Prozessionsteilnehmer als Götter gekleidet waren, und zieht den Vergleich zu Bologna: „So schreiten auch bei uns in einer heiligen Prozession Menschen in Gestalt von Heiligen und Propheten, daß man sie ,auf menschlichen Füßen wandelnde Götter' nennen möchte." 2 4 0 Der versierte Philologe zeigt sich hier als zu sehr in seiner Zeit verwurzelt: Sein Mißverständnis beruht auf der Selbstverständlichkeit der lebenden Bilder der Bologneser Corpus DominiProzessionen, die in der Tat besonders aufwendig gewesen sein müssen. Doch zeigt seine Äußerung, wie ernst er die vorgebliche Präsenz der Heiligen in ihren menschlichen VertreterGestalten nimmt. Die Suggestionskraft und die Wahr-Scheinlichkeit lebender Bilder betont auch der Chronist der Bruderschaft der Purita: „Und es schien wirklich, als wäre es die Sache selbst und nicht ihre Darstellung, so gut machten sie es". 241 Er plädiert für die Form der semidramati-

237 Wesselofsky 1877, pp.437-439. Danilova 1980, p.175 stellt ebendieses für die Verkündigung fest. 238 Danilova 1980, p.175. D'Ancona orientiert sich an der deutschen Version Wesselofskys, wo es entsprechend heißt: „dieses wundervolle und kunstvolle Schauspiel" (Wesselofsky 1877, p.431) Nach Danilova (p.175) ist Souzdals Weltsicht geprägt von einer „fede incollabile nella possibilitä di un'instantanea trasmutazione di oggetti creati dall'uomo in fenomeni sovrumani, non creati". 239 Cf. Krautter 1971. Beroaldo begann an dem Kommentar wohl schon 1488 zu arbeiten, 1499 war dieser bereits druckfertig und erschien dann 1500, cf. ibid. 37-40. 240 „Sic et apud nos hominis in cedunt it pompa sacrorum sub effigie sanctorum et prophetarum, qui dici possent dei humanis pedibus incedentes". Kom. zu 11,11 fol.264 v., zitiert nach Krautter 1971, p.165. 241 „Et certo pareva fussi presente la cosa et non la figura, tanto stavano bene" Vigo 1887, p.18.

Intention und Wirkung der religiösen lebenden Bilder

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sehen Prozession, denn „es wurde für eine fromme Sache gehalten, und sie gaben dem Volk reichlich Beispiel und Belehrung mit ihrem Prozessionszug so zusammengestellt und fromm, und sicher bewegt das Beispiel mehr als das Reden". 242 Anläßlich Mariae Himmelfahrt wurde in der reichgeschmückten Kirche der himmlische Hofstaat von den Kindern dargestellt, daß es den Eintretenden schien, „in ein Paradies einzutreten, und die Personen, die dort eintraten, vor frommer Ergriffenheit zum Weinen brachte".(Q LXXXIII) Ist dem Chronisten auch zu unterstellen, daß er als Angehöriger der Bruderschaft in eigener Sache spricht und die Wirkung übertreibt, so verdeutlichen seine Worte doch die Intention der Darstellungen. Ähnlich beschreibt außerdem Tomasino de'Bianchi die Erschütterung der Teilnehmer an der Prozession gegen die Türkengefahr 1500 in Modena: „Zu Beginn der Prozession machte jede der obenerwähnten Bruderschaften in der Kathedralkirche von Modena am Altar, der auf den Stufen beim Eingang von San Geminiano errichtet worden war, große Referenz mit frommen Gesängen und Opfern, Gott bittend, daß er sie aus der Hand der Türken befreien und ihnen Vergebung erteilen möge. Unter ihnen war eine Bruderschaft der Heiligen Drei Könige, die vor dem besagten Altar opferte, w o Unsere liebe Frau war, das heißt ein Mädchen gekleidet in Ähnlichkeit zu Unserer lieben Frau mit dem Kind im A r m , und welcher man fromme Gesänge darbrachte, in einer Art, daß es viele Leute zum Weinen brachte." (Q LIX)

Im Zusammenspiel mit Musik, Gesängen und den Gebeten geht es hier um die Stimulation religiösen Empfinden, die als Motivation den lebenden Bildern ebenso wie den Werken der religiösen Kunst unterstellt werden kann. Die Bewertung der lebenden Bilder muß daher in dem komplexen Verhältnis von Bild und Betrachter gesehen werden. Das Phänomen der Dramatisierung der Liturgie und die Entwicklung semidramatischer Darbietungen hatte seinen Ursprung in der Bettelordenbewegung. Das neue Verhältnis des Gläubigen zu den religiösen Bildern, das sich im 13. Jahrhundert abzuzeichnen begann, manifestierte sich in zahlreichen Wundern, in denen gemalte oder skulpierte Bilder zu Leben erwachten und in Kommunikation mit dem Gläubigen traten. 243 Diese wunderhaften Bildandachten gewannen in der Hagiographie zunehmend Bedeutung, und Heiligenviten werden im Zuge ihrer Tradierung mit solchen angereichert. 244 So überliefert die zweite Redaktion der Vita des Heiligen Franziskus, daß sich das Tafelkreuz von San Damiano, vor dem er betete, zu ihm neigte und mit ihm sprach. 245 Die Verlebendigung der Bilder, die weinen, bluten, sprechen, aber auch die Erscheinungen Mariens oder Christi, in die der oder die Gläubige einbezogen wird, sind Symptome desselben Bedürfnisses wie die Dramatisierung der Liturgie bzw. der Ausbildung dramatischer Formen in Prozession und Predigt. 246 Die Einbeziehung von Bildern in Gottesdienst, Predigt und Prozession hat zahlreiche Beispiele, besonders im Umkreis jener aus der Bettelordensbewegung hervorgegangenen Orden, in erster Linie also der Franziskaner, die den Wert der Predigt gegenüber der Messe erkannten und deren freiere Gestaltungsmöglichkeit - im Gegensatz zur liturgischen Handlung - nutz-

242 „fu tenuta cosa devota, et dettono exemplo et edificatione assai al populo per el loro andare a processione compositi et devoti, et certo piü muove assai lo exemplo che il parlare." Vigo 1887, p . l l . 243 Für Beispiele cf. Boskovits 1988; Ringbom 1969; Krüger 1989, p.190; Schmitt 1996, pp.25sq. 244 Cf. Krüger 1989. 245 Tommaso di Celano, Vita secunda S. Francisci, pars I, cap. VI, Analecta francescana X (1926-1941), pp,136sq., cf. Boskovits 1988, p.94; Krüger 1989, pp,188sq. 246 Belting 1981, besonders pp.218sq.

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ten. 2 4 7 Einige Prediger erlangten durch ihren „Predigtstil" besonderen R u h m . 2 4 8 Die Bedeutung von Bildern für die Vermittlung von Glaubensinhalten war bereits von Gregor dem G r o ßen formuliert worden. D e n n o c h wurde die Rolle des Bildes im Christentum im Hinblick auf die Gefahren der Idolatrie kontrovers diskutiert und unterlag im Lauf der Zeit Modifikationen. 2 4 9 In Spätmittelalter und früher Neuzeit gewann es unter kunsttheoretischen wie religiösen Aspekten neue Beachtung. 2 5 0 A b 1350 verbreitete sich ausgehend von den Niederlanden die devotio moderna",

die, ob-

wohl ursprünglich eine Reformbewegung innerhalb des Klerus, den Bedürfnissen der Laien nach subjektiver Glaubenserfahrung entgegenkam. 2 5 1 D e r persönliche Kontakt mit den Heiligen, der die devotionale Praxis nun bestimmte, wurde über Bilder vermittelt und von ihnen geprägt. Bilder sollten nach den Empfehlungen von Kardinal Giovanni Dominici 1405 bereits im Kindesalter der Annäherung an den christlichen Glauben dienen. 2 5 2 Nach dem „Catholicon" des Johannes von Genua Ende des 13. Jahrhunderts beziehen die Bilder ihre Rechtfertigung auch aus dem medialen Vorteil: „Empfindungen der Frömmigkeit hervorzurufen, die durch Gesehenes leichter wach werden als durch G e h ö r t e s " . 2 5 3 Die Auffassung, daß das menschliche G e m ü t durch Bilder eher zugänglich sei als durch Worte, findet sich im 15. Jahrhundert in unterschiedlichen Textgattungen, in den kunsttheoretischen Schriften als Argument des Paragone ebenso wie in der theologischen Rechtfertigung der Bilder. Im Sinne des letzteren formuliert Fra Michele da Carcano nachdem er Gregor den G r o ß e n bemüht hat: „Zweitens wurden Bilder eingeführt in Anbetracht der Trägheit unserer H e r z e n ; so daß Menschen, die nicht zur Frömmigkeit erweckt werden, wenn sie die Geschichten der Heiligen hören, zumindest bewegt werden, wenn sie diese in Bildern sehen, als wären sie wirklich gegenwärtig". 2 5 4 Mit dem selben Argument beginnt Feo Belcari seine sacra rappresentazione von Abraham und Isaak: „L'occhio si dice ch'e la prima porta / Per la qual l'intel-

247 Die lebenden Bilder oder semidramatische Erweiterungen finden sich in der Regel im Kontext der Predigt und Prozession, nicht innerhalb der Liturgie. Es gibt aber die Darstellung liturgischer Handlungen, so bei der von de'Bartholomaeis 1924, p.289 beschriebenen Aufführung von „Ognisanti". 248 So beispielsweise Giovanni da Capestrano, bei dessen Predigt in Forli 1450 die Attraktion das plötzliche Erscheinen eines Verkündigungsbildes war. Giovanni di M. Pedrino ed.1939, vol.II, pp.252-253. 249 Schmitt 1996. 250 Belting 1990; Freedberg 1989; Schmitt 1996. 251 Zur „devotio moderna" cf. u.a. Laienfrömmigkeit 1992. 252 „Als erste Regel möge Dir folgender Rat dienen: Sorge dafür, daß sich in deinem Haus Bilder von Heiligen Knaben oder Jungfrauen befinden. An ihnen soll sich dein Kind sozusagen noch in den Windeln erfreuen als an seinesgleichen, da es in diesen Bildern den Ausdruck seines eigenen Verlangens finden wird. Die ganze Darstellung soll daher dem kindlichen Alter entsprechend und ansprechend sein. Was hier von Bildern gesagt wird, gilt natürlich ebenso von Statuen und Schnitzwerken. (...) Wenn du indes nicht so viele Bilder anbringen willst oder kannst, daß dein Haus wie eine Kirche aussieht, so laß die Kleinen doch von ihrer Amme öfter in die Kirche führen, ( . . . ) " Zitiert nachjaritz 1990, p.202. 253 Zitiert nach Baxandall 1987, p.55. Der Prediger greift damit, wie auch sein Zeitgenosse Thomas von Aquin, ein Argument auf, das bereits in der frühchristlichen Diskussion zur Bilderfrage angelegt ist. Zu Gregors Bilderlehre und ihrer Rezeption cf. Wolf 1990, pp.148-156.

254 Zitiert nach Baxandall 1987, p.56.

Intention und Wirkung der religiösen lebenden

Bilder

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letto intende e gusta (...)". 2 5 5 Der Dichter selbst verweist damit auf die Bedeutung der visuellen Vermittlung, die dem Zuschauer die Gestalten der Heilsgeschichte leibhaftig vor Augen führen will. Auf diesem Erfahrungshorizont aufbauend, fordert der Autor des 1454 verfassten und 1494 in Venedig gedruckten „Zardino de Oration", der sich an junge Mädchen richtete: „ U m die Passionsgeschichte deinem Geiste besser einzuprägen und jede Handlung daraus leichter erinnern zu können, ist es hilfreich und nützlich, dir die Orte der Passion im Geiste auszumalen: zum Beispiel eine Stadt, die die Stadt Jerusalem sein wird; zu diesem Zwecke wählst du eine Stadt, die du gut kennst. ( . . . ) Auch mußt du dir einige Personen vorstellen, die du gut kennst, um dir ein Bild von den Personen zu machen, die an der Passionsgeschichte beteiligt waren - J e s u s selbst, die Jungfrau Maria, Petrus, Johannes der Täufer, Maria Magdalena, Anna, Kaiphas, Pilatus, Judas und die anderen, die Du Dir alle im Geiste ausmalst. ( , . . ) " 2 5 6

Nachdem die Imagination aus dem Bilderfundus des realen Lebens gespeist wurde, soll die eigentliche Phase der Meditation in der Zurückgezogenheit des Zimmers folgen. 257 Die Methode, das Passions-Geschehen solchermaßen mit bekannten Orten und Personen auszustatten, verweist unmittelbar auf die kontemporären sacre rappresentazioni und devozioni. Deren veristische Darstellungsweise hatte den deutschen Reisenden Arnold von Harff, der das römische Passionsspiel im Kolosseum sah, erstaunt: „ind dat gynck allet zo mit levendichen luden as dat glysselen crucigen ind wye sich Judas erhangen hatte". 2 5 8 Die Inszenierung lebender Bilder verzichtete auf diese Art narrativer Dramatik und wirkte stärker durch den Verweis auf Bildformulare. Die Grenzen zwischen der Aufführung eines „lebenden Bildes" mit der einer vom Text geprägten rappresentazione waren in vielen Fällen jedoch fließend. Lebende Bilder und gespielte Handlung konnten inszenatorische Bestandteile einer Aufführung sein: Die Wagen der San Giovanni-Prozession in Florenz waren „Bild" bei der Prozession durch die Stadt und wurden vor der Signoria zur „Bühne" einer Handlung. Hier steht der Aspekt des festlichen Umzuges im Vordergrund, doch wurde dasselbe Prinzip einer fahrbaren Bühne bei der Aufführung von sacre rappresentazioni benutzt. Ein Chronist aus Orvieto, Tommaso di Silvestro, berichtet von einer „devotione de sancto Crisonio martire", die er 1509 in Todi gesehen hatte. (Q CXVII) Während er vom Gesang und dem Spiel enttäuscht war, lobt er die sechs Wagen, die mit szenischen Darstellungen auf den Platz gefahren kamen, bevor sie sich in Bühnen verwandelten. In seiner Beschreibung klingt an, daß ihm die Wagen nicht zuletzt auf Grund der kunstvollen Apparaturen gefielen, mit denen die Darsteller in ihrer bildhaften, die Naturgesetze ignorierenden Anordnung gehalten wurden. 2 5 9 Die Faszination des verlebendigten Bildes wird anschaulich in der enthu-

255 Zitiert nach Baxandall 1987, p.186. 2 5 6 Zitiert nach Baxandall 1977, p.61. 257 Zur Geschichte der Mnemotechniken cf. Yates (1966) 1990 258 Harff ed. Groote 1860, p.31. Zur „Confraternita del Gonfalone", die jene Aufführungen im Kolosseum veranstaltete, cf. de'Bartholomaeis 1924, pp.418sq. und Vattaso 1903. 259 „Es gab nichts anderes schönes als diese Wagen, mit denen sie einzogen. Es waren sechs Wagen: Der Wagen auf dem ganz oben Christus mit fünf Engeln stand, in der Mitte ein San Giovanni, der mit einem Arm das ganze Gerüst des Wagens hielt. Unter dem San Giovanni war ein ganz golden bemalter Rahmen, und in diesem Rahmen stehend war die Geburt Christi, also die Jungfrau Maria, Christus, die Engel, Ochs und Esel. Dieser Wagen war vom Boden bis zur Spitze, wo Christus zwischen zwei Engeln thronte, 42 Fuß hoch. Der andere Wagen war der der Teufel, der fast genauso groß war, und auf der Spitze saß Satan auf dem Rücken eines Löwen mit einem Zacken in der Hand. Auf zwei anderen auch schönen Wagen war je ein König, und auf einem noch schöner geschmückten Wagen war

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siastischen Äußerung Pietro Ternis über das Prozessionstraggerüst in Crema 1496, das scheinbar von 12 Aposteln, tatsächlich von versteckten Trägern getragen wurde und über einer von ebenso scheinbar von Engeln gehaltenen Kugel weitere Heilige in einem Wolkenarrangement zeigte: „O selten gesehener ingegno, ο erhabener Geist, wie kann ich deine Kunst beschreiben, die sich dem Werk des Himmels so nähert, daß das eine vom anderen kaum sich unterscheidet. Es waren Wolken aus schneeweißer Watte, verbunden mit Watte, die in verschiedenen Farben von Zinnober und gelb gefärbt war, so daß die eine dunkler war als die andere und die andere weniger hell als jene, daß sich so gut die Schatten zueinander fügten und zueinander passten, in Richtung Sonne heller werdend (ich weiß nicht, ob es auf Grund der Kunst oder des Zufall war), da man sich schon fast der Zeit des Sonnenunterganges näherte, daß sie nicht weniger lieblich waren als jene am heiteren Himmel, und so schwangen sie, viele Male von Phoebus' Strahlen getroffen, im leichten Wehen der Winde; in der Mitte des Thrones war eine kleine Jungfrau und ein Knäblein, beide lebendig, mit vielen golden leuchtenden Strahlen darum herum, die wegen der Reflexe der Sonne für das menschliche Auge kaum erträglich waren." (Q IX) D e r Apparat war demnach in mehrfacher Hinsicht darauf hin konzipiert, mit künstlerischen Mitteln eine illusionistische Wirkung erzielen. Einerseits überwand er scheinbar die Gesetze der irdischen Schwerkraft, die Apostel und Engel tragen vermeintlich große Lasten, wie sie es ebenso leicht in Bildern vermögen. Andererseits benutzte er mit den farbigen Wolken und Goldstrahlen „malerische" Mittel, die mit dem realen H i m m e l und seinen Lichteffekten k o n kurrieren. 2 6 0 D e r Effekt auf den Chronisten entsprach dem Topos der D o m i n a n z der visuellen Erfahrung: „es wurden einige Verse rezitiert, an welche ich mich, von der Lieblichkeit des Triumphes hingerissen, nicht erinnern k a n n " . (Q I X ) N e b e n dem Medium des lebenden Bildes lassen sich weitere Phänomene ausmachen, die sich zwischen den Polen Theater und Bild bewegen. D a z u wären die lebensgroßen Kreuzabn a h m e · und Beweinungsgruppen zu rechnen, die in den Gottesdienst der entsprechenden Feste einbezogen wurden. 2 6 1 Die Vermischung von Darstellern und Skulpturen konnte die Grenze zwischen Wirklichkeit und Repräsentation verwischen. 2 6 2 Das leibhaftige Miterleben sollte durch zunehmend lebensnahe Darstellung stimuliert werden. Aus dieser Perspektive ist Guido Mazzoni, der durch seine veristischen Beweinungsgruppen Berühmtheit erlangte, einer der wichtigsten Künstler des Quattrocento. 2 6 3 D e r theatralische der Imperator. Der andere Wagen war ein felsiger und mit Bäumen bemalter Berg, wo ein Eremit war, der jenen Heiligen Crisonio taufte, auf einem schönen hohen Sitz, wo der Prophet war. Und alle diese Wagen kamen nach und nach auf den Platz. Und das war schön; aber unter den anderen Sachen, dem Gesang und dem Spiel der Märtyrer, war weder eine einzige schöne noch gute Sache."

(Q CXVII) 260 Die Edition der „Historia di Crema" von Pietro Terni enthält leider keine Angaben zum Zeitpunkt ihrer Entstehung und zu dem Chronisten. Sein Sprachstil, die chronologischen Sprünge im Text und die Tatsache, daß die Chronik bis in das Jahr 1557 angelegt ist, lassen vermuten, daß sie rückblickend in der Mitte des 16. Jahrhunderts geschrieben wurde. Der Autor selbst schreibt in seiner Einleitung, daß er viele alte Schriften studiert habe und in der Tat gibt er verschiedentlich Originaldokumente wieder. Seine Beschreibung des illusionistischen Effektes scheint eher von der Kunsterfahrung des Cinquecento geprägt als von einem älteren Text übernommen. 261 Cf. Belting 1981, pp.240-244, Gramaccini 1983 (1) und (2). 262 Zu dem Phänomen des „handelnden Bildwerks" cf. Tripps 1998.

263 Gramaccini 1983 (1).

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Charakter seiner Werke ist wohl nicht zufällig - zumindest in einem Fall ist seine Arbeit für eine Festinszenierung belegt.264 Die veristische Erfassung der physischen und psychischen Zustände, die auf die Compassio des Betrachters abzielte, wurde das Gestaltungsprinzip der sacri monti, in deren Zusammenhang besonders der Künstler Gaudenzio Ferrari zu nennen ist.265 Die sacri monti entstanden in Oberitalien, der erste wurde 1496 von einem Observanten, Bernardo Caimi, in Varallo in der Nähe von Mailand begründet. 266 Die aus mehreren Kapellen bestehende Anlage simuliert die Topographie der heiligen Stätten, und ihr Besuch war als Äquivalent einer Pilgerreise gedacht.267 Die Passionsstationen sind unter Einbeziehung aller künstlerischer Gattungen gestaltet. Aus den freskierten Wänden wachsen im Relief Gestalten hervor, im Vordergrund sind die Hauptakteure als vollplastische Figuren geschaffen. Die naturalistischen Gesichter sind teilweise mit echten Haaren versehen, die Kleider bestehen aus in Gips getränkten Stoffen, zum dauerhaft bewegten Beiwerk erstarrt. Die ältesten der Figuren waren offenbar beweglich und ließen sich in verschiedenen Szenen arrangieren. 268 Der Pilger kann, mittels eines Gitters auf einer gewissen Distanz gehalten, in den meisten Fällen zwar nicht zwischen die Figuren treten, durch die Lebensnähe der Darstellungen wird er aber unmittelbarer Zuschauer der in Szene gesetzten Ereignisse. Die Wirkung der sacri monti verdankt sich dem künstlerischen Vermögen, das sich in den Augen des Humanisten Girolamo Morone als der Antike überlegen erwies.269 Die meist lebensgroßen Beweinungsgruppen, in denen der künstlerische Verismus besonders elaboriert wurde, waren auch außerhalb der sacri monti in vielen Kirchen anzutreffen. In einigen Fällen läßt der Porträtcharakter einzelner Figuren darauf schließen, daß sich die Stifter in ihnen verewigen ließen.270 Die Porträtfiguren treten so meist in den „Nebenrollen" wie der des Joseph von Arimathia in das Heilsgeschehen ein. In Florenz hatte das Porträt in Form der lebensgroßen naturgetreuen Wachsbilder Einzug in den Kirchenraum gehalten, die man als Ex-Voto vor allem in der Santissima Annunziata aufzustellen pflegte.271 Die mimetische Kraft des Wachsbildes macht die Identifikation augenfällig, mittels derer sich der Stifter seine Präsenz im Sakralraum erwirbt. Als Gegenpol zur „Verewigung" des Gläubigen durch sein identisches Abbild steht die „Verlebendigung" der Heiligen in der zeitweisen Darstellung durch einen Menschen. Die Parallelität dieser Phänomene bestätigt sich darin, daß beide, der Gebrauch lebensgroßer naturalistischer Wachspor-

264 Als Ercole d'Este 1476 Modena besuchte, richtete die arte della lana eine „festa di Ercole" aus, die Mazzoni gestaltete. (Q LVIII) Cf. u.a. Manicardi 1984, pp.121-122. 265 Zu Gaudenzio Ferrari (1475-1546) cf. Nova 1995 und Malle, Luigi: Incontri con Gaudenzio. Raccolta di studi e note su problemi gaudenziani, Torino 1969. 266 Nova 1995. 267 Zugleich war Nova 1995, p.116 zufolge der Weg, den der Besucher unter Anleitung eines Bruders zu beschreiten hatte, die visuelle Übersetzung der Predigten Bernardo Caimis. 268 Nova 1995, p.119. 269 Nova 1995, p.124. 270 Zu einer Beweinungsgruppe Niccolo dell'Arcas, in der Joseph von Arimathia wahrscheinlich von Giovanni II. Bentivoglio „gespielt" wurde cf. Gramaccini 1983 (2). Er vermutet desweiteren, daß diese Figur bei einem bilderstürmerischen Akt zerstört wurde. Zu der Darstellung des neapolitanischen Herrscherpaares in einer Beweinungsgruppe von Guido Mazzoni Gramaccini 1983 (1). 271 Cf. Waldmann 1990, pp.23sq.

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träts und lebende Bilder, am Ende des Quattrocento in Italien den H ö h e p u n k t ihrer Verbreitung erfahren. 2 7 2 Zu fragen bleibt, inwieweit das Medium des lebenden Bildes die Elaborierung gerade dieser künstlerischen Tendenzen befördert hat. Das Streben nach Wirklichkeitsnähe in Malerei und Skulptur des Quattrocento kam der Wechselwirkung mit den lebenden Bildern entgegen. In vielen Fällen zeigt sich die gegenseitige Inspiration an formalen und ikonographischen Details. Die lebenden Bilder entstanden im Kontext einer religiösen Strömung, in der sich ihre F u n k tion darin bestimmen läßt, daß sie den Heiligen vorübergehend eine leibliche Präsenz verleihen und ihr Auftritt der Stimulation des religiösen Empfindens dient. Dies trifft für das Q u a t trocento nicht uneingeschränkt zu. J e nach dem Kontext verband sich mit den Inszenierungen ein mehr oder weniger starker religiöser Impetus: Thematisierte beispielsweise die Bitt-Prozession gegen die Türkengefahr 1500 in Modena ausschließlich religiöse Sujets, zeigte man in C r e m a 1496 bei der Spenden-Überbringung für den „Monte di Pietä" heidnisches und christliches Personal bunt gemischt. In den Städten bildeten sich unterschiedliche Traditionen aus: War die San Giovanni-Prozession in Florenz bis 1491 ausschließlich O r t religiöser lebender Bilder, führte man in Mailand bei der „Offerta per l'opera del D u o m o " seit dem späten Trecento profane Sujets auf. Zudem vertraten die jeweiligen Veranstalter, Bruderschaften, Zünfte oder Stadtviertel, die unterschiedlichen Interessen der religiösen und städtischen Vereinigungen. Die Präsenz der Heiligen unterstützte dabei durchaus den sakralen Charakter einer Veranstaltung, doch läßt sich die Tendenz beobachten, daß in die religiösen Prozessionen gerade vermittels der lebenden Bilder die profanen Figuren und T h e m e n Einzug halten.

272 Cf. Waldmann 1990, p.38.

Evokation

Die italienische Renaissance hat sich die Antike keineswegs nur in antiquarischen Studien der überkommenen Kunstdenkmäler und Schriftquellen angeeignet. Ab der Mitte des Quattrocento begann man mit zunehmendem Aufwand Umzüge und Aufführungen zu veranstalten, in denen man die Götter und Heroen aus der Vergangenheit rief, indem man sie sich als lebende Bilder einverleibte.

I.

Triumphale Herrschereinzüge

Der mythische Ursprung des Triumphzuges geht auf den Triumph des Gottes Dionysos in Indien zurück. 1 Das Fest wurde in der Antike im Frühjahr gefeiert, wobei der Dionysospriester den Gott darstellte und auf einem Schiffskarren, dem „carrus navalis", als Verweis auf die überseeische Herkunft des Gottes, in einem Zug mitgeführt wurde. Die Mythenbildung des Dionysos als Welteneroberer, der Wein als Waffe und Geschenk zugleich einsetzte, fand zur Zeit der Feldzüge Alexanders des Großen statt. In der Folge wurde dieser mit der propagandistischen Nutzung des Ahnenkultes der Ptolemäer zum historischen Pendant des mythologischen Triumphators. Der dionysische Triumph wurde schließlich Modell für den ersten realen Triumphzug des Ptolemaios II. in Alexandrien. Im Laufe der Zeit trat die dionysische Komponente zu Gunsten der militärischen zurück, die sich mit den Triumphen der römischen Imperatoren in einem Staats-Ritual verfestigte. 2 Die Kenntnis der römischen Zeremonie verbreitete sich im nachantiken Italien vor allem durch Francesco Petrarcas literarische Verarbeitung. In seinem Werk über Scipio Africanus beschreibt er dessen Triumphzug mit dem Anspruch einer Rekonstruktion. 3 Rezipiert aber wurde vor allem seine allegorische Vision „Triumphi", die das antike Motiv transformierte. 4 Zunächst triumphiert hier Amor, in deutlicher Evokation des römischen Triumphzuges:

1 2

3 4

Cf. Gesing 1988, besonders pp.17-37. Zu den Ptolemaieia und der Übernahme der hellenistischen Festkultur in den römischen Kulturkreis cf. Köhler 1996, zum römischen Triumph cf. Noack 1925/26 und zu seinem Fortleben McCormick 1986. Francesco Petrarca: Vita Scipionis, ed. G . Martellotti, Mailand / Neapel 1954. Zu dem Triumph Scipios cf. Köhler pp.61-68. Zu den 1348-1356 geschriebenen Trionfi cf. Petrarca ed. Appel 1901 und Geiger 1958. Zur Tradierung in Kunst und Literatur cf. Ortner 1998, zu seiner Verarbeitung des antiken Triumphzuges cf. Charney 1990, pp.223sq.

Evokation

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Sah einen Herrscher triumphalisch ragen, gleich einem Feldherrn, den am Kapitole zu großem Ruhme führt der Siegeswagen. (•;•) Vier Rosse sah ich, weiß wie Schnee, der fiele; und auf dem Feuer-Wagen einen Knaben mit Pfeil und Bogen, wie gespannt zum Ziele.

Über Amor siegt Castitä, über diese wiederum Morte, die ihrerseits von Fama überdauert wird, welche jedoch Tempo unterliegt, am Ende dieser Reihe triumphiert über allen die christliche Eternitä.6 Obwohl Petrarca nur den Liebesgott tatsächlich auf einem Wagen fahrend beschreibt, entwickeln die meisten Illustrationen im Quattrocento das Triumphmotiv weiter, indem sie alle diese Personifikationen auf fahrbaren Untersätzen zeigen.7 Kurz bevor Petrarca seine „Trionfi" zu schreiben begann, war Rom Schauplatz eines Versuches gewesen, die glorreiche Vergangenheit aufleben zu lassen. Als Cola di Rienzo 1347 die Stadt zur Republik und sich zum obersten Volkstribun erklärte, unterstützte er diesen Staatsstreich mit einem pseudo-antiken Zeremoniell, das die Tradition der römischen Topographie aktivierte und heidnisches und christliches Zeremoniell zu verbinden suchte.8 Seine suggestive Inszenierung, in der die visuelle Argumentation eine große Rolle spielte, behielt in Ermanglung realer Macht theatralischen Charakter und blieb eine Ausnahmeerscheinung.9 Während es für die triumphale Inszenierung des Einzelnen im Italien der Stadtrepubliken keinen Raum gab, war in den souveränen Staaten wie Frankreich, Niederlande und England die entr0e solennelle Bestandteil des königlichen Krönungszeremoniells. Ihrer Struktur nach der Corpus Domini-Prozession verwandt, war sie geprägt vom Verständnis eines sakralen Königtums. In Frankreich wurde seit 1380 dieser rituelle Machtantritt des neuen Königs mit tableaux vivants ausgestattet. Dabei handelte es sich meist um religiöse Themen, im Jahr 1431 aber traten anläßlich des Empfanges des jungen Henry VI. in Paris neben Themen der Heilsgeschichte auch die neufpreux und neufpreuses auf, ein „politisches" Thema also, das mit der Genealogie des Herrscherhauses verknüpft war.10 Die deutliche Politisierung der tableaux vivants, die sich auch bei seinem Einzug in London feststellen läßt, erklärt sich möglicherweise 5

„ ( . . . ) Vidi un vittorioso e sommo duce, / Pur com' un di color che'n Campidoglio / Triumphal carro a gran gloria conduce. ( . . . ) Quattro destrier, vie piü che neve bianchi; / Sovr'un carro di foco un garcon crudo / Con arco in man e con saette a'fianchi ( . . . ) " . Petrarca ed.1974, p.516, 13-15; 2 2 - 2 4 / Deutsche Fassung: Geiger 1958, pp.504sq.

6

Der Triumph Amors nimmt den umfangreichsten Teil seiner Traum-Vision ein. Zur Interpretation der Trionfi cf. Appel 1901 (Einleitung) und Petrarch's Triumphs 1990.

7

Zu Verbreitung und Darstellung der „Trionfi" Petrarcas cf. d'Essling 1902; Malke 1972; Salmi 1976; Garzeiii 1985; Ortner 1998.

8

Der Chronist hebt seine Bildung und sein Interesse an den antiken Relikten hervor (Anonimo romano ed.1979, p.143).

9

Cf. Sonnay 1982. Uberliefert ist sein Argumentieren mit gemalten allegorischen Bildern. (Anonimo romano ed.1979, pp.145-147, 150-151, 154). Seine eigene Person setzte er bei einer cavalcata

zu Sankt

Peter in Szene, indem ihm ein Mann mit einem nackten Schwert in der Hand „in segno de iustizia" und ein weiterer, der Geldmünzen in die Menge warf, vorangingen, (ibid. p.165-167). 10

Petit de Julleville 1880, vol.I, p.190. Anläßlich des Einzuges Charles VII. 1437 in Paris gab es wieder nur religiöse Sujets. Cf.ibid. p.198.

Triumphale

Herrschereinzüge

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aus der Situation, die sich aus der Legitimation des Anspruchs eines minderjährigen Königs auf zwei Kronen ergab." Die lebenden Bilder hatten im Rahmen der entree solennelle im 15. Jahrhundert eine differenzierte Funktion und Ausprägung entwickelt, die sie zu einem spezifischen Medium visueller Agitation machten. Im Quattrocento setzte in Italien eine vergleichbare Inszenierung des Herrschers mit einem präzisen Ereignis ein: dem triumphalen Einzug Alfonso d'Aragonas in das von ihm eroberte Neapel 1443. Dieser orientierte sich aber weniger am Modell der französischen entree solennelle als an dem des antiken Triumphzuges. Zehn Jahre später folgten zwei weitere Einzüge, die sich zumindest partiell an dem Alfonsos orientierten, obgleich es sich hier nicht um militärische Siegesfeiern handelte: Friedrich III., nominell „Re dei Romani", kam als Besucher nach Venedig, und Borso d'Este schließlich demonstrierte die ihm von Friedrich III. für Reggio verliehene Herzogswürde.

1.

Der Einzug Alfonso d'Aragonas in Neapel 1443

Am 26. Februar 1443 zog Alfonso d'Aragona im Stile eines römischen Imperators in Neapel ein. Diesem Triumph waren jahrelange Kämpfe vorausgegangen, die 1442 mit der Einnahme der Stadt geendet hatten. Der Sieger betrachtete sich als legitimen Thronfolger, da ihm Johanna II., die das Königreich Neapel 1414-1435 regierte, 1421 für seinen militärischen Beistand die Adoption und damit das Erbe versprochen hatte.12 Doch zerschlug sich dieses Bündnis, und die Herrschaft ging nach ihrem Tod an Rene d'Anjou über. Im Gegenzug begann Alfonso d'Aragona, der auf der Rechtmäßigkeit seines Anspruches bestand, das Königreich seit 1435 Stück für Stück zu erobern. Nach der Einnahme Neapels im Juni 1442 setzte Alfonso seinen Feldzug zur Unterwerfung der nördlichen Regionen fort.13 Im Februar 1443 kehrte er dann in die Stadt zurück und wurde als Alfonso I., genannt il Magnanimo, der Großmütige, zum König gekrönt. Sein triumphaler Einzug kulminierte in der Errichtung des antikischen Triumphbogenportals des Castelnuovo in Neapel.14 (Abb.21) Dessen zentrales Relief, das den König auf einem Triumphwagen zeigt, orientiert sich an den römischen Triumphbogenreliefs und zeigt den Einzug des Herrschers in idealisierter Form.15 (Abb.22) Die Darstellung sollte daher nicht als Abbildung des historischen Ereignisses, sondern als komplexes Verweissystem gelesen werden, die dem programmatischen Charakter des Reliefs als weithin sichtbarem Hauptschmuck des Bogens geschuldet ist.16 11

Cf. auch die Einleitung zu dem Kapitel Repräsentation. Henry VI. war weniger als ein Jahr alt, als er 1422 Erbe der Kronen von England und Frankreich wurde. Zur politischen Propaganda unter Henry VI. cf. McKenna 1965; zu seinen Einzügen in London MacCracken 1911; Withington 1918.

12

Cf. Ryder 1990, p.25.

13

Möglicherweise zögerte er seine Krönung auch hinaus, bis er sich der Anerkennung durch Eugen V., be-

14

Zu dem Triumphbogen cf. Fabriczy 1898; Kruft/Malmanger 1975; Hersey 1975; Beyer 1994.

15

Der Triumph Marc Aurels scheint als direktes Vorbild gedient zu haben. Cf. Kruft/Malmanger 1975,

siegelt mit dem Vertrag von Terracina im Juli 1443, sicher sein konnte. Cf. Kruft/Malmanger 1975, p.215.

p.256. 16

Das Relief bildet keines der lebenden Bilder ab; die Tugendallegorien, die sich als Nischenfiguren in der darüberliegenden Zone befinden, können in ihrer Allgemeingültigkeit kaum als spezifische Reminiszenz auf die rappresentazioni

begriffen werden. Der Einzug selbst ist heroisiert und der Rand-

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Evokation Z u r R e k o n s t r u k t i o n d e s E i n z u g e s m ü s s e n a l s o die B e s c h r e i b u n g e n h e r a n g e z o g e n w e r d e n .

D i e offizielle V e r s i o n m i t d e m T i t e l „ A l f o n s i s R e g i s T r i u m p h u s " w u r d e v o n A n t o n i o B e c c a delli, g e n a n n t P a n o r m i t a , e i n e m d e r b e d e u t e n d s t e n H u m a n i s t e n a m H o f e A l f o n s o s v e r f a s s t . 1 7 I n s e i n e r d e t a i l l i e r t e n S c h i l d e r u n g , d e r w i r h i e r z u n ä c h s t f o l g e n , s t r e i c h t e r b e s o n d e r s die a n t i k e n E l e m e n t e h e r a u s . Z u E h r e n d e s e i n z i e h e n d e n S i e g e r s w a r e i n e B r e s c h e in die M a u e r g e s c h l a g e n w o r d e n , d u r c h die er a u f e i n e m v o n v i e r w e i ß e n P f e r d e n m i t g o l d e n e n Z ü g e l n g e z o g e n e n v e r g o l d e t e n T r i u m p h w a g e n in die S t a d t einfuhr. A u f d e m W a g e n e r h o b sich ein goldener, mit P u r p u r g e s c h m ü c k t e r T h r o n , diesem gegenüber w a r das W a p p e n des K ö n i g s , d e r „siti p e r i l l o s " (siege perilous) gen einen goldenen Baldachin.

zu sehen.18 U b e r den W a g e n hielten 2 0 Adelige mittels Stan19

D e r K ö n i g e r s c h i e n in s c h a r l a c h f a r b e n e n K l e i d e r n u n d e i n e r

P e l z s c h l e p p e v o n Z o b e l , m i t e n t b l ö ß t e m H a u p t ; d e n L o r b e e r k r a n z l e h n t e er a b . O b w o h l d e r T r i u m p h z u g v o n allen C h r o n i s t e n als „ a n t i k " r e z i p i e r t w u r d e , b i l d e t e n n e b e n d e m Z e r e m o n i e l l i m e n g e r e n S i n n e s e m i d r a m a t i s c h e D a r b i e t u n g e n d e n H ö h e p u n k t , die w e n i g e r d e r A n t i k e als d e r z e i t g e n ö s s i s c h e n F e s t k u l t u r v e r p f l i c h t e t w a r e n . A m a u s f ü h r l i c h s t e n v o n allen ü b e r l i e f e r t e n B e r i c h t e n w i d m e t s i c h d e r P a n o r m i t a s d i e s e n D a r b i e t u n g e n . D i e na.zione fiorentina20,

die K o l o n i e F l o r e n t i n e r K a u f l e u t e in N e a p e l , i n s z e n i e r t e m i t „ e i n z i g a r t i g e m

Fleiß u n d A u f w a n d " verschiedene Darbietungen. Z u e r s t k a m e n Musiker u n d berittene Jünglinge, d i e i h r e F e r t i g k e i t i m U m g a n g m i t S p e e r e n u n t e r B e w e i s s t e l l t e n . „Ihnen folgte die H e r r i n aller Dinge F o r t u n a auf einem bemalten und mit Teppichen bedeckten G e r ü s t , wie auf einem hohen Wagen geführt. D i e L o c k e n fielen ihr lang ins G e s i c h t , das H i n terhaupt aber war kahl, unter ihren F ü ß e n war eine ungeheuer große goldene Kugel, die ein Kind mit engelgleichem Aussehen mit ausgestrecktem A r m emporhielt, aber der Engel stand mit seinen F ü ß e n im Wasser. D e r F o r t u n a folgten in mäßigem Abstand sechs junge Frauen auf s c h ö n e n , gesattelten Pferden, das ganze A u ß e r e war überaus ehrwürdig und nach der A n t i k e . D a m i t die anderen sie erkennen k ö n n t e n , trugen sie ihre Insignien zur Schau. Zuerst vor allen die gekrönte Spes, als nächste Fides mit dem K e l c h , hierauf Caritas, die ein nacktes Kind zeigte. Als vierte in der R e i h e schritt F o r t i t u d o einher, eine M a r m o r s ä u l e mit der H a n d emporhaltend. D i e fünfte war Temperantia, Trinkschalen in den H ä n d e n haltend, mit denen sie Wein mit Wasser mischte. D i e letzte war Prudentia dem Volk in der rechten H a n d einen Spiegel, in der linken eine Schlange zeigend. Justitia blieb noch übrig, welche wie die K ö n i g i n der anderen, nicht auf

ereignisse entkleidet. D e n Hintergrund bildet eine aufgeklappte Tempelarchitektur, die symbolischen Charakter besitzt, aber keine reale Architektur abbilden will. Z u m P r o g r a m m des B o g e n s besonders in Hinblick auf lokale Bezüge cf. B e y e r 1994. 17

Sie ist Teil seiner „de dictis et factis Alphonsi regis a r a g o n u m " , ed. 1538, p p . 2 2 9 - 2 3 9 . Diese wurden (ohne die Beschreibung des Triumphzugs) auf deutsch ediert von Hefele 1912. Panormita war bereits während Alfonsos Eroberungsfeldzug an dessen H o f g e k o m m e n , und 1454 zum Sekretär ernannt worden. D B I , vol.7, p . 4 0 2 .

18

D e r „siti perillos" der K ö n i g - A r t h u s - L e g e n d e ist der T h r o n , dessen F l a m m e n nur dem wahren Helden erlauben, sich auf ihn zu setzen. Cf. W o o d s - M a r s d e n 1990, p.14, n . 2 4 . und K r u f t / M a l m a n g e r 1975, p . 2 4 3 , n . 5 .

19

Die Quellen widersprechen sich, ob diese von 2 4 Adeligen, oder 2 0 Adeligen und vier Vertretern des Volkes getragen wurden. U n k l a r ist auch, o b der gleiche Baldachin bereits beim Einzug R e n e d ' A n jous verwendet worden war. D e m Brief des Sizilianers zufolge lag dieser Baldachin zu F ü ß e n des Königs. Cf. M o n t i 1936, p.199.

20

Die Kaufmannskolonien trugen die Bezeichnung „nazione". Zu dieser durften sich nur die festansässigen Kaufleute rechnen. Sie hatten eigene Verwaltungsstrukturen und Gesetze und unter anderem auch Regelungen für die Veranstaltung von Festen. Cf. Masi 1941.

Triumphale

Herrschereinzüge

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einem Pferd, sondern auf einem reich geschmückten Gerüst hervorgehoben geführt wurde; sie fiel durch Schmuck und Zierde auf. In der rechten Hand trug sie ein nacktes Schwert, in der linken eine Waage, als wolle sie ihrem Gefolge und den Einwohnern ihre Macht zeigen. Hinter ihr war an höherer Stelle ein Thron aufgestellt und dieser war mit Gold und Purpur geschmückt, über welchem drei Engel gleichsam vom Himmel herabzusteigen schienen, die dem eine Krone versprachen, der einen solchen Thron wegen seiner Gerechtigkeit verdienen würde. Diesem wunderschönen Sitz folgte eine große Menge von Reitern, in Kleidung und Aussehen verschiedener Völker, Fürsten und Vornehmen. So wie diese nun dem Sitz folgten, so gingen sie dem Wagen mit dem Darsteller Caesars voran. Es kam nämlich Caesar auf einem sehr hoch aufragenden und reich verzierten Gerüst gefahren, zu welchem man auf mit Teppichen bedeckten Stufen hinaufstieg. Es stand wirklich Caesar da, das Haupt mit Lorbeer umkränzt, in Waffen, den Feldherrenmantel umgelegt, in der rechten Hand das Zepter vor sich haltend, in der linken die goldene Kugel. Unter seinen Füßen bewegte sich ständig die Welt in Form einer Kugel." (Q LXII) Nachdem Caesar eine Ansprache vor Alfonso gehalten hatte 21 , folgten die Darbietungen der Spanier, die unter anderem einen hölzernen T u r m brachten: „dessen Eingang ein Engel mit einem gezogenen Schwert bewachte. Darüber wurde dieser von den vier Tugenden Magnanimitas, Constantia, dementia, Liberalitas regiert. Diese trugen vor sich den gefährlichen Thron, jenes königliche Insignium, wobei jede ihr Lied in Versen vortrug." 22 (Q LXII) Obwohl Panormita seine Beschreibung erst 1454 publizierte, spricht der Reichtum an Details dafür, daß er die Aufzeichnungen schon früher, im Zusammenhang mit dem Einzug selbst, verfasst haben muß. 2 3 In der Informationsfülle bleibt jedoch der chronologische und topographische Ablauf unklar, unter anderem w o die Darbietungen der Florentiner und Katalanen stattgefunden haben. Ryder zufolge wurden alle rappresentazioni auf dem Marktplatz aufgeführt, nachdem der König auf seinem Triumphwagen dort angelangt war. 2 4 Kruft/Malmanger schenken darüberhinaus einem Chronisten des Cinquecento Glauben, der von einem vierseitigen ephemeren Triumphbogen aus vergoldetem Holz mit Trompetern und Engeln auf dem Marktplatz berichtet. 2 5 D a keine der anderen Quellen dergleichen erwähnt und die Beschrei21 22

24

Das in volgare vorgetragene Gedicht (Q LXIII) zitiert Panormita in lateinischer Übersetzung. Zuerst bot der Engel dem König die „Festung" mit den daraufstehenden vier Tugenden an. Dann sprach Magnanimitas dem König Mut zu, Constantia ermahnte ihn zum Ertragen des Schicksals, dementia die Besiegten zu verschonen und Liberalitas verschenkte Geld an das Volk. Panormita ed.1538, fol.235; Kruft/Malmanger 1975, p.296. Da dem König, als großem Kenner der antiken Historiker, der Wert der Geschichtsschreibung bewußt war, muß er daran interessiert gewesen sein, seinen triumphalen Einzug der Nachwelt zu überliefern. Dazu auch Woods-Marsden 1990, p.15. Ryders Wiedergabe des Umzuges ist allerdings nicht ganz mit den überlieferten Quellen in Einklang zu bringen: „On one float the figure of Fortune, long locks over her forehead and the rest of her head bald, sat on a large golden globe which a child in the guise of an angel strove to raise aloft. Behind rode seven virtues each carrying a symbol: (...) at the rear Justice, raised on a high saddle carrying sword and scales. (...) Another tableau featured twelve Roman heroes who praised Alfonso's deeds as far exceeding their own." Ryder 1990, pp.248-250, wobei er seine Quelle nicht konkretisiert, sondern auf die umfangreiche Bibliographie bei Pontieri 1975 verweist. Von den dort zitierten Quellen berichtet keine von zwölf römischen Heroen (Jonata erwähnt zwölf Propheten), noch daß die Justitia reitet oder die Fortuna auf der Kugel sitzt.

25

Kruft/Malmanger 1975, p.217 und Appendix I / Racconti di Storia Napoletana ed. 1908, p.479.

23

Evokation

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bung noch weitere Abweichungen enthält, ist davon auszugehen, daß dieser Triumphbogen eine Projektion des Schreibers ist. 26 Im Anschluß an die rappresentazioni wohnte der Herrscher einer Messe im D o m bei. Danach zog der Triumphzug, dem sich der Klerus mit den Reliquien anschloß, durch die fünf seggi, die Stadtviertel, die ebenfalls mit Dekorationen und musikalischen Darbietungen aufwarteten, um im Castel Capuana zu enden. Trotz der Bindung an mittelalterliche Festtradition und christlichen Ritus war der offensichtliche Bezug auf den antiken Triumph und der damit verbundene imperiale Anspruch von revolutionärer Bedeutung. 27 Zwar finden sich schon in der Festkultur des anjouinischen Neapels Antikenreminiszenzen: Bei einem Turnier anläßlich seines Einzuges in Neapel 1423 brachte man einen „großen Elephanten mit einem Kastell darauf, in dem einige Engel standen" 28 und 1441 hatte man vor Rene d'Anjou eine farsa vorgetragen, die einen Disput Hannibals und Scipios beinhaltete, die man mit den beiden Widersachern gleichsetzte. 29 Doch waren solche Antikenbezüge nicht über die spielerische Ebene hinaus so eng mit dem politischen Zeremoniell verbunden worden. Der Impuls für den Triumphzug ist bei Alfonso selbst zu vermuten: einerseits in seiner intensiven Beschäftigung mit der römischen Geschichte, andererseits sah er sich in der Nachfolge Friedrichs II., dessen triumphale Einzüge in Jerusalem 1229 und in Rom 1237 ebenfalls vorbildhaft gewirkt haben mögen. 3 0 Alfonsos Interesse an den antiken Schriftstellern war vermutlich während seines ersten Aufenthaltes in Italien geweckt worden. 31 U m Johanna II. zu Hilfe zu eilen, war er 1421 mit seiner Armee in Sizilien gelandet, wo er in Messina mit italienischen Humanisten und griechischen Gelehrten in Kontakt kam. Nach Spanien zurückgekehrt, gründete er 1430 in Valencia seine eigene von einem Bibliothekar betreute Bibliothek. Nach der Eroberung von Gaeta, die ihm 1435 zu Beginn seines Zuges gegen die Anjou glückte, richtete er sich sofort auch dort eine Bibliothek ein. Schon in der Zeit seines Eroberungskrieges zog er viele Humanisten, darunter Antonio Panormita und Lorenzo Valla, an seinen Hof. 3 2 Diese beiden Gelehrten vertraten eine Strömung des Humanismus, die sich

26

Vielleicht inspirierte sich der Autor an den Festen zur Krönung Alfonsos II. 1494, wo einem Chro-

27

Zum Einzug des Herrschers im Mittelalter cf. Kantorowicz 1944 und 1946; Dotzauer 1973 und Bul-

28

Zu diesem Einzug Maxwell 1992, der diese invenzione auf die spanische Festkultur zurückführt und

nisten zufolge ein Triumphbogen errichtet worden war. (Q L X X V ) lough 1974. hier bereits eine „Urzündung" für die italienische Festkultur sieht, an der sich insbesondere auch die Florentiner inspiriert hätten. 29

Es handelte sich um einen Disput antiker Feldherren in Anlehnung an Lukian, der im Hinblick auf die aktuellen politischen Ereignisse interpretiert wurde: Alfonso I. wurde mit Hannibal gleichgesetzt, Rene d'Anjou mit Scipio Africanus, wobei letzterer als Sieger hervorging. Cf. d'Ancona 1891, vol.II, p.93, n.4. und Sanesi 1954, p.150.

30 31

Kruft/Malmanger 1975, p.215. Sein außerordentliches Interesse manifestierte sich unter anderem in der Tatsache, daß er den Unterarmknochen des Livius wie eine Reliquie behandelte. Cf. Burckhardt "1988, pp.l54sq.

32

Panormita berichtet von der abendlichen Livius-Lektüre im Feldlager, und daß Alfonso die Kommentare Caesars auf allen Unternehmungen mit sich führte. Cf. Woods-Marsden 1990, p.16 n.37. Zur Bibliothek cf. Ryder 1976, pp.77sq.

Triumphale Herrschereinzüge

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dem Studium der Antike widmete, ohne dabei deren Versöhnung mit der christlichen Lehre anzustreben. 33 Während die Initiative und Konzeption des antikischen Einzuges Alfonso und seinem Humanistenkreise zuzuschreiben ist, scheint die Festgestaltung in den Händen verschiedener Interessengruppen gelegen zu haben. Dabei zeichneten sich nicht die Darbietungen der einheimischen Bevölkerung durch Prachtentfaltung aus, sondern die der Florentinischen Kaufmannskolonie und der Katalanen.

Die Berichte Insgesamt sechs der Berichte über den Einzug schenken d^n lebenden Bildern Aufmerksamkeit. Ihr unterschiedlicher Blickwinkel wirft Licht auf die verschiedenen Rezeptionsebenen: aus der Perspektive des Hofes berichten Panormita, Porcellio und wahrscheinlich ein Sizilianer, als Botschafter ein Spanier, Marino Jonata aus der des auswärtigen Zuschauers und Gaspare Broglio schließlich als Historiker. 34 Panormitas Schrift „Alfonsis regis triumphus", die eingangs ausführlich zitiert wurde, ist die offizielle Beschreibung des Einzuges. Als Anfügung an sein Werk „De dictis et factis regis", das er 1454 im Jahr seiner Ernennung zum königlichen Sekretär verfasste, wurde sie häufig publiziert. 35 Mag auch, wie Fabriczy bemerkt, die Schilderung des „Leibschöngeistes" Panormita „wiewohl auf Selbstgeschautem beruhend, gleich den übrigen historischen Schriften des geistvollen Epikureers von Zusätzen seiner eigenen Phantasie nicht frei" sein36, so bestätigt sich ihre historische Korrektheit im Vergleich mit anderen zeitgenössischen Berichten. Daß Panormita als neapolitanischer Beobachter gerade die Darbietungen der Florentiner besonders hervorhebt, mag sich daraus erklären, daß er die „de dictis et factis regis" 1455 anläßlich des Friedens von Lodi Cosimo de'Medici widmete. 37 Der zweite „Hofbericht" ist das in Hexametern abgefaßte Gedicht Porcellios (Q LXVII), dessen Inhalt dem Opus Panormitas so auffällig gleicht, daß von einer Abhängigkeit der beiden Texte voneinander auszugehen ist. 38 Gemeinhin gilt Panormita als Primärquelle, doch ist letztlich nicht definitiv zu klären, welcher der beiden Autoren den anderen als Vorlage benutzt hat. 39

33 Cf. die Beurteilung Panormitas und Vallas aus „katholischer" Sicht durch Pastor 1920, vol.l, pp.16-30, 27 Darüberhinaus Rossi 1933. 34 Zwei weitere zeitgenössische Berichte, auf die im folgenden nicht eingegangen wird, sind: Bartolommeo Facio: De rebus gestis ab Alphonso primo Neapolitarum rege usque ad obitum Nicolai V. a. 1455 Com. Lib. X, ed. Gravier, Neapel 1769 und Raimo di Fanzo: Annali, cf. Pelliccias: Raccolta di varie croniche, Neapel 1780. 35 Cf. Bentley 1987, p.152. Publiziert wurde sie im folgenden u.a. als: Speculum boni Principis sive vita Alphonsi Regis arragoniae, Amsterdam 1646, XLVI Triumphus, pp.202sq. 36 Fabriczy 1899, p.4. 37 Cf. DBI, vol.7, p.403. 38 Giovanni de' Pandone, genannt Porcellio: Partenope capta et Sforcigena debellato et Caldoria, Parthenopem rediens sublimi curru triumphat Alphonsus, ed. Nociti 1895. 39 Nociti 1895, p.28 ist der Ansicht, daß Porcellios Gedicht die authentischste Quelle sei, da es den Charakter einer Gelegenheitsdichtung trüge, Panormitas wohlformulierte Beschreibung sich aber gerade darauf stütze. Inhaltlich sind beide Werke praktisch identisch.

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Evokation

Die Faszination des zwischen bildhaft und lebendig changierenden Zustandes, der dem Medium des lebenden Bildes eignet, spiegelt sich in der Schilderung des anonymen sizilianischen Augenzeugen, den besonders die Justitia beeindruckte: „Dabei war ein anderer catafalcu40 über dessen Tor ein anderes Mädchen in der Form einer Justitia stand und im hinteren Teil war ein Sitz, sehr schön geschmückt mit Goldbrokat, über welchem drei Engel auf sehr schöne Art aufgestellt waren. Diese zeigten, daß sie eine Königskrone hielten, und nach der Art, wie sie standen, urteilte jedermann, daß jene, die besagte Krone hielten, wenn es so gewesen wäre, daß sie die besagte Krone gehalten hätten, sie keine fleischlichen Kinder sein könnten, so wie sie waren, daß sie sie nicht hätten halten können, weil sie nicht die Kraft der Arme haben könnten, um das Gewicht ertragen zu können, deshalb verwunderte sich jedermann, der sie ansah, über die besagte Art, wie die besagten Engel die besagte Krone hielten, ohne daß sie davon Leiden noch Mühe zu haben zeigten, sondern sogar nur wie zu ihrem Vergnügen so standen. Bei diesem catafalcu waren sieben Mädchen in der Form und Bedeutung der sieben Kardinaltugenden und dabei war ein anderer catafalcu auf dem ein Zapfen war und auf dem besagten Zapfen war eine Kugel in der Bedeutung der Welt. Uber der besagten Kugel war ein anderer Zapfen, auf dem nur ein kleiner Sitz war, dort stand aufrecht ein Mann, fast, daß er sich kaum halten konnte. Der besagte Mann, der darauf stand, war gerüstet, hielt ein Zepter in der Hand und hatte anstatt des Helmes eine Lorbeergirlande auf dem Kopf. Er stand dort als Caesar und wie er vor dem besagten Herrn war, sagte er ihm die folgenden Worte 41 " (Q LXIV) Bei dem Verfasser des Briefes handelt es sich möglicherweise um den sizilianischen Vizekönig Nicolo Speziale, daß heißt um eine hochgestellte Persönlichkeit, die in direktem Kontakt mit dem H o f stand. 4 2 Daher ließe sich erklären, daß er in Besitz der von Caesar gesprochenen Verse gelangte und Aufschluß über die ihm offensichtlich unbekannte Fortuna-Ikonographie einholen konnte. Einige der sieben Tugenden, die er als Bestandteil der florentinischen rappresentazioni richtig deutet, erkennt er erneut in den Personifikationen der Katalanen. 4 3 Der Brief des Spaniers Antonio Vinyes berichtet, vermutlich patriotisch motiviert, in umgekehrter Reihenfolge über die Ereignisse: zuerst über die Aufführung der Katalanen, in der er die vier Kardinaltugenden zu erkennen meint, und danach über die der Florentiner, wobei er lediglich den Auftritt Caesars anführt. ( Q L X V ) Auch er liefert so eine Fehldeutung der weniger verbreiteten Tugend-Personifikationen. Die Beschreibung Marino Jonatas ist Teil seines der „Divina Comedia" nachempfundenen Werkes mit dem Titel „II Giardeno", das der aus Agnone stammende N o t a r und Angehörige des Tertianer-Ordens zwischen 1450 und 1465 verfasste. 4 4 Dort führt er als Beispiel der mun-

40 41 42 43

44

catafalcu (ital./siz.): Katafalk, Bezeichnung für die Gerüste, die der feierlichen Aufbahrung von Toten dienten, hier in Bedeutungsübertragung für Gerüst. Cf. auch Di Marzo 1864, p.l 13. Gedicht Piero de'Riccis (Q LXIII) in Übertragung in das Sizilianische. Cf. Di Marzo 1864, der diesen Brief erstmalig publizierte, zog seine Schlußfolgerung daraus, daß dieser aus dem Besitz der Familie Speciale stammt. Auf ihn bezieht sich Monti 1936, p.198. „Und dies gesagt, gingen die besagten Zwischenspiele voran und es kam ein anderes Spiel, von den katalanischen Kaufleuten gemacht, in der folgenden Form: Man sah einen catafalcu, auf dem das Wappen des besagten Königs gemacht war, der gefährliche Sitz, dieser catafalcu war von fünf Tugenden umgeben, das heißt, oben auf dem besagten catafalcu war ein Engel mit einem nackten Schwert in der Hand und darum herum vier Mädchen in der Form von Fortitudo, Prudentia, Caritas, und Fides und der besagte Engel stand für die Justitia, so war das Ganze. Der besagte Engel sagte an den König gewisse Worte, die obengenannten Tugenden lobend und das Mädchen, mit der Bedeutung der Caritas, warf unaufhörlich gute Münzen." (Q LXVI) Marino Jonata (ca. 1400-1490) aus Agnone, Campobasso gehörte dem Terzianer Orden der Franzis-

Triumphale

Herrschereinzüge

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dana gloria, die von der himmlischen weit übertroffen werde, die triumphalen Einzüge der römischen Feldherren und den des Alfonso in Neapel an. 45 Obwohl er Alfonsos Triumph damit eigentlich im abwertenden Sinne erwähnt, war er von dem Spektakel, dessen er selbst Augenzeuge gewesen war, offenbar so beeindruckt, daß er in der Handschrift eine auf Latein verfasste ausführliche Randnotiz anfügte.46 (Q LXIV) Im Gegensatz zu Panormitas literarischer Fassung zeichnen sich seine Aufzeichnungen durch strukturelle Klarheit und den Versuch einer präzisen Beschreibung des Gesehenen aus. Inhaltlich entspricht sie im wesentlichen der Panormitas, doch waren Jonata offenbar bestimmte ikonographische Codes nicht kaner seit 1435 als Laie an, 1465 muß er als Bruder in den Orden eingetreten sein. Cf. Ettari 1924, pp.26sq. Sein Werk erschien 1490 im Druck, das Manuskript wird in der Biblioteca Nazionale in Neapel (XIII C 13) aufbewahrt. 45

Er erwähnt die Triumphzüge im VII. Canto, den er „Dove Dice L o Iuvamento Del Anime D e Morti Dele Solemnita Et Ceremonie Che Se Fanno A L o r Corpi" betitelt. Er konnotiert also die Begräbniszeremonie mit dem triumphalen Einzug.

46

Es ist die ausführlichste Fußnote des ganzen Textes. Cf. Ettari 1924, p.20. Zur Bezeichnung der Prozessionswagen und -traggerüste benutzt Marino

thalamo (lat. thalamus: Gemach), das im italieni-

schen eher als Bezeichnung für einen festinstallierten, bühnenartigen Aufbau gebraucht wird, hier mit „Gerüst" übersetzt wurde: „Es kam ein ganz geschmücktes Gerüst, das von Hand emporgehalten und getragen wurde. Auf diesem war ein junger Mann angeordnet und dargestellt, in der Art eines Engels gekleidet, der eine goldene Kugel hatte und in der Hand trug und über demselben war ein anderer Engel angeordnet und dargestellt, der eine gewisse Krone von erstaunlicher Schönheit in der Hand trug. Schließlich wahrhaftig nach zwei Trompetern sieben junge Männer, die das Äußere und die Kleidung von Frauen angelegt hatten: von Zeichen und Aussehen die sieben Tugenden, voller Schönheit: in seidene Kleider gekleidet: sie folgten reitend auf Pferden, die mit Seide und Tuch geschmückt waren. Deren eine trug in der Hand eine goldene Krone, die zweite einen goldfarbenen Kelch, die dritte eine gewisse Figur oder vielmehr Abbild, die vierte eine Säule von silberner Farbe, die fünfte eine Karaffe voll Wein und eine Karaffe voll Wasser, die sechste trug einen Spiegel in der Hand, in welchem sie sich ständig bewunderte, die siebente wahrhaftig war nicht zu Pferd, sondern kam auf einem Wagen oder Gerüst: in wunderbarer Weise geschmückt: der Erscheinung nach keine menschliche Kreatur, sondern engelsgleich geschaffen, welche Justitia darstellte, das Schwert in der rechten Hand und die Waage in der linken haltend. Nicht sitzend, sondern fast wie von ihrem Sitz fortgetrieben, stand sie am Ende des Gerüstes aufrecht. In der Mitte des Gerüstes war wahrhaftig ein Sitz oder besser Königsthron, mit goldenen Tüchern und jeglicher Zierde geschmückt, auf dem niemand saß. Über diesem in der H ö h e waren drei Engel, engelsgleich in Bewegung gesetzt und gekleidet, die schöne Flügel von wunderbarer Größe hatten, in den Händen hielten sie eine goldene Krone von wunderbarer Schönheit; mit dreifachen Flechten oder Stufen in goldener Farbe. ( . . . ) Es kamen danach 12 Personen zu Pferde, verwandelt und gekleidet, in Zeichen und Aussehen der 12 Propheten, und nach ihnen folgten zwei Reiter in Ähnlichkeit zu Äthiopiern. Es war da noch und kam nach diesen ein Gerüst mit jeglicher Schönheit geschmückt auf diesem war in der Mitte eine runde und schön bemalte Welt angeordnet, die niemals stehenblieb, sondern sich beständig drehte. Uber dieser Erdkugel war ein junger Mann aufgestellt völlig von Waffen bedeckt und gerüstet, der in seiner rechten Hand ein königliches Zepter oder Stab und in der linken eine goldene Kugel hielt: von Zeichen und Gestalt war er Alexander der Große, der die ganze Welt beherrschte oder der Imperator Caesar. U n d mit Versen in volgare wurde der König begrüßt. Danach folgte ein anderes Gerüst über jede Schönheit geschmückt. In dessen Mitte waren die Wappen des besagten Herrn Königs dargestellt und geordnet. Zu sehen war ein goldener Thron in Flammen, den vier lebendige Geschöpfe, in der Art der Engel angeordnet, bewahrten und verwalteten. Einer dieser Engel hinwiederum jedoch stand vorn auf diesem besagten Gerüst und hatte ein Schwert in der Hand. (Q L X I V ) .

Evokation

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geläufig. Zudem bezieht er sich nicht auf die gesprochenen Verse, die zum Verständnis der rappresentazione beitrugen, und die wohl für ihn wie für die wenigsten Zuschauer akustisch verständlich waren. Den antiken Feldherren erkannte er als einen der großen Weltenherrscher: „Alexander ... oder Caesar". Völlig unverständlich blieb ihm die Fortuna, der er dennoch eine technisch präzise Beschreibung widmet, in den Tugenden der Katalanen erkannte er nur Engel. Hält Panormita in seinem „Alfonsis Regis Triumphus" die Fiktion aufrecht, daß die weiblichen Tugendallegorien auch weiblichen Geschlechtes sind, so erinnern die Beschreibungen des Sizilianers und Marinos daran, daß von dem Betrachter eine zweifache Umsetzung des Gesehenen gefordert wurde: Die Tugenden waren nämlich tatsächlich „sieben junge Männer, die das Äußere und die Kleidung von Frauen angelegt hatten: von Zeichen und Aussehen die sieben Tugenden". In Italien gab es im 15. Jahrhundert keine weiblichen Darstellerinnen in der Öffentlichkeit - der Auftritt professioneller Schauspielerinnen setzte sich hier überhaupt sehr zögerlich durch.47 Als Verkörperung von Allegorien und Personifikationen allgegenwärtig war die Frau nicht befugt, tatsächlich eine solche zu vertreten. Diese „Korrektur" des Geschlechtes der Personifikationen ist so geradezu symptomatisch für die Diskrepanz zwischen der realen Stellung der Frau und ihrer Präsenz in Rhetorik und Bild. 48 Trotz Geschlechtsumwandlung waren die Tugenden allgemein verständlich, denn sie traten in ihrer seit dem Mittelalter geläufigen Ikonographie auf.49 Wurden also die sieben Tugenden von allen zeitgenössischen Beobachtern erkannt, sind unterschiedliche Deutungen zu den vier bzw. fünf Tugenden der Katalanen und die Unkenntnis der Fortuna zu konstatieren. Nur Panormita, der nicht nur über eine hohe Bildung verfügte, sondern auch wahrscheinlich als einziger der Berichterstatter Einblick in die Festgestaltung hatte, beschreibt diese Allegorien mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie die anderen Darbietungen. Alle Augenzeugen vermerken darüberhinaus, daß der antike Herrscher auf einer bemalten, sich drehenden Weltkugel stand. Es handelt sich dabei um den ersten in Italien dokumentierten „Erdglobus".50 Die allgemeine Beachtung, die diesem Objekt zu teil wurde, reflektiert das zeitgenössische Interesse am Bild der Erde.51 Der nachhaltige Eindruck, den der Triumphzug hinterließ, spiegelt sich in der Notiz des Rimineser Chronisten Gaspare Broglio, der anläßlich der Erwähnung des Todes Alfonsos im Jahr 1458 den Einzug detailliert beschreibt. Auf die Frage, die er rhetorisch aus der Perspektive des Lesers an sich stellt, warum er erst jetzt darüber schreibe, antwortet er, daß er vorher nicht im Besitz der „vera informatione" gewesen sei. (Q LXVIII) Er versteht sich also als Historiker, dessen Aufgabe es ist, der Nachwelt ein wahres Bild seiner Zeit zu hinterlassen.

47

Während im 16. Jahrhundert in Frankreich Schauspielerinnen üblich wurden, hielt man in Italien männliche Schauspieler in Frauenkleidern bis ins 17. Jahrhundert hinein für weniger skandalös. Noch 1676 erließ Innozenz X I . ein Auftritts-Verbot für Frauen. In Frauenklöstern gab es allerdings Aufführungen - ausschließlich von Frauen für Frauen. (d'Ancona 1891, vol.I, p.404) Darüberhinaus sind vereinzelte Auftritte von Darstellerinnen belegt, so in Mantua 1495. (Q LV).

48

Cf. allgemein dazu Warner 1989.

49

Zur Ikonographie der Tugenden cf. Katzenellenbogen 1939 und O'Reilly 1988, pp.ll3sq.

50

Cf. Helas 1998.

51

Gerade in jenen Jahren (1440-1444) hatte Philipp der Gute in Burgund einen Globus in Auftrag gegeben. Paviot 1995.

Triumphale Herrschereinzüge

69

Auf welche der schriftlichen Quellen er sich dabei bezieht, bleibt unklar, da er keiner der hier benannten völlig entspricht. 52 Demnach kursierten noch weitere ausführliche Beschreibungen.

Das Programm der Katalanen Das katalanische Gefolge des Königs hatte in Neapel einem Turm präsentiert, auf dem, folgen wir Panormita, die vier Tugenden d e m e n t i a , Constantia, Magnanimitas und Liberalitas den siege perilous bewahrten. Sein Eingang wurde von einem nicht näher benannten Engel bewacht. 53 Der siegeperillos, das Wappenbild des Königs, wird so zum Pendant des leeren Thrones, den in der Aufführung der Florentiner Justitia für den gerechten Herrscher bereithielt. Die Darbietung bezog ihre Anregung aus der spanischen Tradition der rocas, carros oder auch castells benannten Bühnenwagen, die wohl zuerst bei profanen Anlässen Verwendung fanden. 54 Als autos sacramentales wurden sie in Corpus Domini-Prozessionen mitgeführt, wo sie als entremeses oder representaciones, lebende Bilder und/oder dramatische Zwischenspiele präsentierten. 55 Gerade in Valencia, der Heimat- und Residenzstadt Alfonsos vor seiner Eroberung Neapels, waren sie besonders beliebt. 56 Im Kontext höfischer Festlichkeiten finden sich zwei der neapolitanischen Darbietung verwandte Aufführungen. Den letzten katalanischen König Martin ehrte man im Anschluß an seine Krönung 1399 mit einem Kastell, auf dem „vier Sirenen und viele Engel, die verschiedene Verse sangen" und auf der Spitze ein K ö nig mit seinem Sohn in königlichen Gewändern standen. 57 Für Ferdinand I. errichtete man 1414, im Rahmen eines Spektakels, das die Eroberung der Stadt Belaguer darstellte, ein Kastell mit vier kleinen Türmen an den Ecken, mit je einem Mädchen für die Tugenden Justitia, Veritas, Pax und Misericordia. Auf einem zentralen Turm stand ein Kind, „qui semblait R o i " in königlichen Gewändern mit den Wappen der Aragon, einer Krone auf dem Haupt und einem nackten Schwert in der Hand. 5 8

52

Auf die Beschreibung Panormitas kann sein Bericht nicht zurückgehen, da er mit der Krone der Fortuna, abgesehen von anderen Unstimmigkeiten, ein Detail erwähnt, das dort nicht zu lesen ist. Jonata hingegen kann ebenfalls nicht die Quelle gewesen sein, da dieser die Fortuna nicht benennt, die Broglio korrekt beschreibt, wenn auch in abweichender Reihenfolge. Da Broglio zudem nur die Darbietungen der Florentiner erwähnt und deren Verse wiedergibt, stammt seine Information wohl aus dem florentinischen Milieu.

53

Panormita spricht von einem Engel, der Sizilianer (Q L X V I ) weist ihm als einziger eine Bedeutung, die der Justitia zu.

54

Cf. Matern 1962, pp.80-81. Zur spanischen Festtradition cf. auch Maxwell 1992.

55

Cf. Matern 1962, pp.165-162 die Prozessionsordnungen von Barcelona und Valencia im Anhang, Quelle 2 und 3, pp.304-311. Ihm (p.193, n.153) zufolge wurden dabei „gelegentlich auch mythologische Szenen" gezeigt, wofür er jedoch keine Beispiele angibt.

56 57

Cf. Matern 1962, p.165. „Apres le Couronnement, le Roi retourna au Palais de la Aljaferia et devant lui 'anava un castell molt bell, en que havia quatre serenes y mols ängels qui cantaven diverses proses. En la sumitat de aquest castell anava un Rey ab son fill poch, vestits de vestidures reyals." Massip 1993, pp.213-214.

58

„Et ä l'avant se trouvait un grand chateau appele la Roue, avec une tour au milieu et quatre autres aux coins, et au centre il y avait une tres grande roue avec quatre jouvencelles. Et, quand une jouvencelles descendait, l'autre s'elevait. Et aux coins des tours, quatre jouvencelles symboles des quatre vertus: Justice, Verite, Paix et Misericorde. Et, sur la grande tour du centre, etait assis un enfant habille de

70

Evokation

Der in Neapel den Turm bewachende Engel kann im Sinne der von Alfonso favorisierten Adventus-Ikonographie gedeutet werden: ein Engel des Herrn, der den Erwählten führt und schützt. 59 Sein Attribut, das Schwert, läßt darüberhinaus an den Erzengel Michael denken, der als spezieller Schutzheiliger des Kaisers bereits in Byzanz in Erscheinung getreten war. 60 Als Archistratege und Schutzengel des christlichen Glaubens steht er den christlichen Herrschern im Kampf gegen die gottlosen Tyrannen bei. 61 Der griechische Kaiser Johannes VIII. Palaeologus wurde 1438, als er bei der Anreise zum Unionskonzil in Venedig an Land ging, von einem Prunkschiff empfangen, dessen Bug mit dem lebenden Bild eines von zwei Engeln begleiteten gerüsteten Kriegers mit Schwert in der Hand geschmückt war. 62 Auch hier könnte es sich um den Erzengel gehandelt haben, der auf die wichtige Rolle des byzantinischen Reiches als Bollwerk gegen die Ungläubigen verwies. Im Kontext der Kreuzzüge hatte Michael als Schutzheiliger der Ritter große Bedeutung gewonnen. 63 Der Kreuzzugsgedanke war besonders in dem arabisch dominierten Spanien virulent und wurde in diesen Jahren durch die türkische Bedrohung zusätzlich aktualisiert. 64 Vielleicht war Michael, dessen besondere Verehrung in Spanien belegt ist 65 , auch ein persönlicher Schutzheiliger Alfonsos. 66 In seiner Bedeutung als richtender Engel des jüngsten Gerichtes wäre er zugleich das himmlische Pendant zu der von den Florentinern exponiert auf einem Wagen mit leerem Thron und drei Engeln dargestellten Justitia als der irdischen Gerechtigkeit. Die Deutung des Engels als Michael wird schließlich durch die Analogie zum Bildprogramm des Triumphbogens bestätigt, der von der Statue des Erzengels bekrönt wird. Ein bildlicher Reflex auf die katalanische Darbietung läßt sich auf der Rückseite einer 1449 von Pisanello für Alfonso entworfenen Münze vermuten. (Abb.23) Diese zeigt auf dem Triumphwagen einen Engel mit gezogenem Schwert, dem die Inschrift: „ F O R T I T U D O MEA ET LAUS MEA ET FACTUS EST M I C H I I N SALUTEM" aus dem Exodus 15,2 beigegeben ist. 67 Auf der Münze sitzt der Engel mit dem gezückten Schwert in einem Wagen,

59 60 61 62 63 64

65 66

67

parures royales aux armes d'Aragon et une couronne en or sur la tete, et dans la main une epee nue, qui semblait Roi. Sous ses pieds la roue bougeait, et les jouvencelles qui s'y trouvaient representaient les quatre aspirants au royaume d'Aragon; et les quatre vertus parees de draps blancs en serge brochee d'or, et de l'excellente fete. Et chacune recitait un couplet de chant en limousin (catalan)." Massip 1993, pp.214-15 (nach der Cronica de Juan II. Ms.Esp 104 BNF). Cf. Kruft/Malmanger 1975, pp.240sq. Johannes Peter Rohland: Der Erzengel Michael. Arzt und Feldherr, Leiden 1977, pp.ll8sq. So formuliert es Nikephoros Kallistes im 14. Jahrhundert in der Legende der Erscheinung des Erzengels vor Konstantin. Ibid. pp,119sq. Dies berichtet Georgius Phrantzes, zitiert bei Samule Romanin: Storia documentata di Venezia, Venezia 1853-61, vol.IV, pp.489-490, cf. Tichy 1997, p.149. Cf. Kruft/Malmanger 1975, p.248. Darauf spielt Magnanimitas in ihren Worten an: „daß die Spanier, wenn sie einmal Krieg beginnen sollten, gegen die Ungläubigen und gegen jene, die vom Namen Christi abfallen, sofort bei der Hand sein würden und ohne Zweifel als Sieger aus der Schlacht zurückkehren würden." Panormita ed. 1538, p.234. In Spanien gab es semidramatisch erweiterte Prozessionen zu Ehren des Erzengels Michael, 1446 trat er in Valencia bei einer solchen Gelegenheit selbst auf. Cf. Maxwell 1992, pp.863sq. Giovanni di Cosimo de'Medici gab 1457 bei Filippo Lippi ein Altargemälde in Auftrag, das als Geschenk für Alfonso gedacht war. Es zeigte eine Anbetung des Kindes flankiert von den Heiligen Bernhard und Michael. Cf. Baxandall 1987, pp.12-14. Cf. Kruft/Malmanger 1975, p.242.

Triumphale Herrschereinzüge

71

doch findet sich unter den Vorzeichnungen für die Medaille eine Version, die den Engel auf einer der rappresentazione entsprechenden Kombination aus Turm und Wagen zeigt. 68 (Abb.24) Die Tatsache, daß die Katalanen vier Personifikationen außerhalb der von den Florentinern dargestellten Tugenden wählten, könnte als Hinweis auf eine Absprache zwischen den beiden Veranstaltern gewertet werden. Ungewöhnlich ist hierbei die Darstellung der Liberalitas, die als Reminiszenz auf die antike „liberalitas Augusta" zu sehen ist. 69 Mit eben dieser Tugend zeichnete sich Alfonso auf der von Pisanello 1449 geprägten Medaille aus, die unter der Inschrift „Liberalitas Augusta" einen Adler zeigt, der seine Beute teilt. Mit der Medaille ist diese Allegorie als Fürstentugend in der Renaissance erstmalig bildlich nachweisbar. 70

Das Programm der Florentiner Während sich die Katalanen an ihrer nationalen Festkultur inspirieren konnten, konfrontierte der Einzug Alfonso d'Aragonas die Florentiner mit einem Ereignis, für dessen Ausgestaltung in Italien kein Kanon existierte. Triumphale Einzüge im Kontext kriegerischer Unternehmungen nahmen weder einen derartig prachtvollen Rahmen an, noch wurden einem Feldherren, der häufig ein bezahlter Condottiere war, solche Ehren zu teil.71 Zudem gab ihnen die Veränderung der politischen Verhältnisse Anlaß zu Besorgnis, hatten sie doch in den französischen Herrschern Neapels stabile Handelspartner gefunden und bis zuletzt auf der Seite des nun vertriebenen Rene d'Anjou gestanden. 72 Jetzt mußten sie bemüht sein, sich in versöhnliches Einvernehmen mit dem neuen Herrscher zu setzen, zugleich aber deutlich machen, daß Florenz nicht gedachte, sich dem imperialen Drang Alfonso d'Aragonas zu unterwerfen. Die diplomatische Gratwanderung, die aus der defensiven Position erwuchs, führte zu einem komplexen Programm. Dieses war bereits insofern innovativ, als bis zu diesem Zeitpunkt in den italienischen Festumzügen nur selten nichtreligöse Themen dargestellt worden waren. 73 Der Beschreibung Panormitas zufolge handelte es sich dabei zunächst um die Antithese FortunaVirtus, vertreten durch Caesar und die sieben Tugenden, wobei zu erwarten war, daß Alfonso d'Aragona an der Darstellung seines militärischen Vorbildes Gefallen finden würde. 74 Caesar wandte sich mit Versen an den König, in denen er auf die anderen dargestellten Personifikationen Bezug nahm:

68 Cf. Pane 1975, p.126. 69 Die Liberalitas gehörte auch in der Antike nicht zum „klassischen" Tugend-Kanon. Cf. O'Reilly 1988, p.129. Zur antiken Kaisertugend der Liberalitas cf. Metcalf 1993 und Kloft 1970. 70 Wamke 1985, p.232 weist darauf hin, daß sich die Topik von Liberalitas und Magnificentia besonders in Neapel entwickelt, wofür die Medaille von Pisanello frühes Zeugnis ablegt. 71 1326 soll bereits Castruccio Castrani wie ein triumphierender römischer Feldherr in Lucca eingezogen sein. Dieser Bericht von Nicoiao Tegrino ist jedoch erst im Quattrocento verfasst, was die Vermutung nahelegt, daß es sich um eine Projektion des Schreibers handelt. Cf. Weisbach 1919, p.13, n.l. 72 Die Bindungen zwischen Florenz und Frankreich waren eng, seit dem Sieg Charles d'Anjou über die Ghibellinen in Benevento 1266 führte die florentinische Republik die Lilie im Wappen. Cf. Hegarty 1996, p.279. 73 Die theatralische Umsetzung profaner, paganer oder allegorischer Themen ist vor 1443 in Italien nur selten belegt: Die bereits erwähnten „fatiche di Ercole" 1418 in Bologna, die Aufführungen von „Jason und Medea" 1389, von „Aeneas und Dido" und der „sieben Planeten" 1423 in Mailand. 74 Woods-Marsden 1990, p.14 deutet den Caesar in diesem einseitig positiven Sinn.

Evokation

72 „Erhabener König, oh neuer Caesar, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung, Klugheit, Glaube, Liebe und Hoffnung, lassen dich über alle Maßen triumphieren. Wenn Du diese Frauen in dein Haus aufnimmst, sei dieser Thron für Dich bereitet; aber laß dich daran erinnern, daß er Dir verlorengeht, wenn Du Dich von der Gerechtigkeit abwendest.

Und auf Fortuna, die Dir den Schöpf reicht, verlasse Dich nicht ganz, denn sie ist trügerisch, da sie mich, der ich triumphierte, in die Knie zwang. Du siehst, welchem Wandel die Welt unterliegt! Wenn sie unbeständig ist, nimm es als Schicksal: denn das ist Gottes Wille, weil es ihm so gefällt. Alfonso, König des Friedens, Gott erhöhe Dich und gebe Dir Wohlstand, meinem Florenz die Freiheit erhaltend." (Q LXIII) Die Verse verfolgten eine mehrschichtige Argumentation 75 : In den ersten beiden Strophen erinnerte Caesar als überzeitliches Herrschermodell Alfonso d'Aragona an seine Verpflichtungen eines „rex iustus". Dies implizierte insofern einen persönlichen Bezug, als sein Vater Ferdinand den Beinamen „der Gerechte" getragen hatte. In den beiden folgenden Strophen spricht der historische Caesar als der von Fortuna begünstigte Feldherr. Mit der Warnung vor der Unbeständigkeit des Glücks gewinnt sein Schicksal Modellcharakter für das Alfonsos. Über die zu erwartende Verszahl des Sonetts hinaus ist ein weiterer Dreizeiler angeschlossen, in dem Caesar als „Florentiner" spricht. 76 Mit durchaus konditionalem Beiklang verheißt er dem Herrscher Prosperität „salvando al mio Firenze libertate". Diese Bezugnahme auf die aktuelle politische Situation tritt offenbar so stark hervor, daß der spanische Berichterstatter die gesamten Verse paraphrasierend zusammenfaßt: „Alfonso, König des Friedens, Gott erhalte dich in deiner Blüte und das schöne Florenz in seiner Freiheit. Und überschätze dich nicht in so großem Ruhm, denn die Gaben sind von Fortuna und die Welt dreht sich." (Q L X V )

Die Stadtrepublik Florenz läßt ihre Interessen also vor dem Herrscher von Neapel von einem antiken Imperator vertreten. Zu erwarten gewesen wäre eher der alttestamentliche David, der seit spätestens 1416 Sinnbild der kommunalen Wehrhaftigkeit war.77 Caesar als Repräsentant der Kommune widerspricht der faktischen politischen Ordnung, doch schafft diese sich damit einen dem aragonesischen König standesgemäßen Vertreter. Der Weltenherrscher hatte zudem mit dem florentinischen Anspruch, die „nova Roma" zu sein, einen wenn auch nicht unumstrittenen Platz im Stadtgründungsmythos.78

75

Der Auftakt der Verse mit „Eccelso Re . . . " alludiert die Begrüßungsformel beim Adventus des Herr-

76

Diese Form des um einen Dreizeiler erweiterten Sonettes ist im Quattrocento öfter anzutreffen.

schers, die meist mit „ecce" begann. Cf. Kantorowicz 1944, p.210, n.20. 77

1416 wurde der David Donatellos im Palazzo Vecchio aufgestellt. Cf. Herzner 1978.

78

Zu Caesar als mythischem Stadtgründer cf. Rubinstein 1942, pp.208sqq. Bruni modifiziert in seiner „Laudatio Florentinae Urbis" die Bedeutung Caesars: Florenz ist von den Römern noch zu republikanischen Zeiten gegründet worden. Eine Darstellung Caesars war in dem verlorenen oder nie ganz

Triumphale

Herrschereinzüge

73

D e n Versen m a ß m a n offenbar in F l o r e n z eine nicht geringe B e d e u t u n g bei. Sie sind in etlichen A b s c h r i f t e n überliefert, die in vielen Fällen d e n A n l a ß v e r m e r k e n 7 9 , u n d w e r d e n in e i n e m Fall s o g a r L e o n a r d o B r u n i z u g e s c h r i e b e n . 8 0 B e n e d e t t o D e i , d e r i m J a h r des E i n z u g e s selbst in N e a p e l g e w e s e n w a r , z ä h l t sie 1 4 7 0 u n t e r seinen „ s o n e t t i a m e n t e " auf u n d belegt d a m i t a u c h eine m ü n d l i c h e T r a d i e r u n g . 8 1 D i e florentinischen rappresentazioni

in N e a p e l e n t s p r e c h e n d e n B e s c h r e i b u n g e n d e r l e b e n -

d e n Bilder, w i e sie bei d e n g r o ß e n s t ä d t i s c h e n F e s t e n z u San G i o v a n n i u n d E p i p h a n i e in F l o r e n z selbst V e r w e n d u n g f a n d e n . D i e Sensibilität für ihre p r o p a g a n d i s t i s c h e W i r k s a m k e i t u n d die V e r b i n d u n g d e r s e m i d r a m a t i s c h e n D a r b i e t u n g e n m i t d e r A l l u s i o n auf d e n antiken Triu m p h z u g ist in F l o r e n z bereits m i t d e m M a g i e r z u g v o n 1 4 2 8 n a c h z u w e i s e n . U b e r die Schöpfer u n d A u s f ü h r e n d e n der A u f f ü h r u n g 1443 in N e a p e l sind n u r V e r m u t u n g e n anzustellen. 8 2 D i e einzige P e r s o n , die in diesem Z u s a m m e n h a n g n a m h a f t g e m a c h t w e r d e n k a n n , ist Piero d e ' R i c c i , d e m die Verse z u g e s c h r i e b e n w e r d e n . 8 3 D i e R i c c i w a r e n eine angesefertiggestellten Uomini famosi-Zyklus des Palazzo Vecchio enthalten, der nur durch die Verse Salutatis überliefert ist. Caesar tritt dort im Kanon der Weltenherrscher auf: „Marte ferox Caesar, positis placidissimus armis, / Quinque micat victor sumptis ex hoste triumphis / Gallica bella, phari, ponti, libies, et hyberbi, / Gloria victoris. morenti curia testis." Zitiert nach Hankey 1959, p.365 und cf. R u binstein 1987, pp.29sq. Z u m Anspruch der Stadt Florenz auf die Rom-Nachfolge cf. auch Herzner 1978, pp,104sq. 79

Der Anlaß ist u . a . vermerkt im Magl.VII.1168, (Q L X I I I ) und Magl.VII.1125 der B N C F . Letzterer stellt dem Gedicht voran: „E lo preditto sonetto feceno i fiorentini e feciollo recitare a uno alesandro magno el quale era in su uno charro trionfale a Re Alfonso", (cf. Frati 1884, p.200) Wie von Marino Jonata wird Caesar hier mit Alexander dem Großen gleichgesetzt.

80

Flamini 1891, p.122 (Corsini 4 3 . B . 3 0 ) .

81

Dei ed.1985, p.141. Es handelt sich mit großer Wahrscheinlichkeit um ebendieses Gedicht, obwohl Benedetto Dei den Anfang mit „Alfonso Re, ο ciesere novello, e lustro e sserenissimo sigiore re di Gie(nova)" wiedergibt. Cf. Frati 1884, p.199. Flamini 1891, p.123, n.5 spricht von einer Fassung der Verse in seiner Chronik. Seine Anwesenheit in Neapel bezeugt Benedetto Dei (ed.1985, p.119) selbst. Der Cod.Ashb. 644, fol.3 r., BML gibt den Passus etwas anders wieder: „Sono stato nella cittä di Napoli al tempo che Alfonso d A r a g o n a aquisto e prese detto Reame et fe chavaliere in sule porte Messere Giannozzo del chasato de Pitti dignissimo fiorentino".

82

Als Darsteller Caesars sind Flamini zufolge in zwei in Florenz aufbewahrten Codices verschiedene Personen erwähnt: Im Magl.II.VI.250, B N C F erscheint der Name Riccardo Borgognonis (Flamini 1891, p.122), daß er aber die Verse gesprochen hätte, schreibt erst Negri 1722, p.468. In der Fußnote verweist Flamini auf die Anmerkung in einer anderen Handschrift (die nicht der Magi.VII.1125 sein kann): „Zanobi di Lottieri ch'ando con Gianozzo Pitti al Re". Ein Mitglied der Familie der Lottieri, Jacopo, war tatsächlich zu dieser Zeit in Neapel und von seiner Hand haben sich mehrere Briefe von dort an Giovanni di Cosimo de'Medici erhalten, von denen allerdings keiner auf den Einzug eingeht. Darüberhinaus ist für Dezember 1441 eine Zahlung für Stoffe aus der königlichen Kasse Alfonsos an einen Papi Lotteri belegt. (Testi e documenti di storia napoletana publicati dall'Accademia Pontiana, ser.II, Fonti aragonesi, v o l l , Napoli 1957, p.126 / fol.52) Gianozzo Pitti kommt als Darsteller des Caesar nicht in Frage, denn Benedetto Dei zufolge wurde er von Alfonso anläßlich des Einzuges zum „chavaliere" erhoben. (BML, C o d . A s h b . 6 4 4 , fol.3 r.) Porcellio erwähnt die Ehrung eines Iannotium Ritium ( Q L X V I I ) , womit, ein Transkriptionsfehler vorausgesetzt, Gianozzo Pitti gemeint wäre.

83

Wie bereits erwähnt, wurden die Verse mehreren Dichtern zugeschrieben, in der Forschung wird aber allgemein Piero de'Ricci als Autor angenommen. Flamini 1891 gibt seinen Namen mit Piero di Giovanni de'Ricci (p.122) und seine Lebensdaten als ca. 1398 geboren und am 6. Februar 1475 verstorben (p.542) an und stellte einen Katalog der ihm zugeschriebenen Verse zusammen (pp.722-724).

Evokation

74

hene, vor allem um die Wende zum 15. Jahrhunderts bedeutende Florentiner Bankiersfamilie, die als Parteigänger der Medici galt. 84 1448 dokumentiert ein Brief Piero de'Riccis Anwesenheit in Neapel, was die Annahme unterstützt, daß er sich möglicherweise bereits 1443 dort aufhielt und nicht nur für die Verse, sondern für die Inszenierung als solche verantwortlich war. 85 Unter seinem Namen sind zwei weitere Verse in Huldigung des aragonesischen Königs aus Anlass von Festen überliefert. 86 De'Riccis Freund Gherardo Gherardi war wiederum eng mit Brunelleschi befreundet. 87 Auf Grund dieser Konstellation ließe sich ein Zusammenwirken von Dichter und Künstler unterstellen. Die Konstruktionen der auf einer Kugel stehenden Fortuna, die sich drehende Weltkugel unter den Füßen Caesars und der scheinbar von Engeln gehaltene Baldachin erfordern eine nähere Kenntnis technischer und mechanischer Konstruktionen, wie sie Brunelleschi für die Himmelfahrts- und Verkündigungsspiele in elaboriertester Form entwarf. 88 In diesen Freundeskreis ließe sich eine weitere florentiner Persönlichkeit einfügen, deren wissenschaftliches Engagement die erstaunliche Fertigung des Erdglobus erklären könnte: Paolo dal Pozzo Toscanelli, der florentinische Arzt, Kosmograph und Geograph. 8 9 Nicht zuletzt auf seiner Tätigkeit basierte die Blüte der Kartographie im 15. Jahrhundert in Florenz, die wiederum eng an die Handelsaktivitäten gebunden war, durch die Florenz mit seinem Netz von Kaufmannskolonien und Handelspartnern ebenfalls eine Art „Weltherrschaft" anstrebte. Die enge Verbindung von wissenschaftlichen und kommerziellen Interessen wird in der Person Toscanellis besonders deutlich. 90

Bildliche Darstellungen Im Falle dieses Aufzuges ist, ein eher seltener Glücksumstand in dieser Untersuchung, neben den schriftlichen Quellen auch eine bildliche Darstellung überliefert. Es handelt sich um die Frontseite eines wahrscheinlich 1452 entstandenen cassone, auf dem unzweifelhaft der Einzug

Im Cod.Magi. VII.1168, B N C F sind 6 Verse, darunter die hier besprochenen, unter seinem Namen überliefert. Zu Ricci cf. auch Negri 1722, p.468; Croce 1916, p.6-Z 84

Rubinstein 1968, pp.360, 369/70. Jedoch kam es zum Konflikt und ein Mitglied der Familie, Piero di Giovacchino de'Ricci wurde 1457 als Anführer einer Verschwörung enthauptet. Capponi 1930, vol.II, p.65 unterstellt, daß sich die Medici derer entledigen wollten, die ihnen zur Macht verholfen hatten.

85

86

Alessandra Macinghi negli Strozzi (Briefe. Hrsg. Alfred Dören, Jena 1927, p . l l ) erwähnt in einem Brief vom 4. November 1448, daß Piero de'Ricci sie im Sommer besucht und Neuigkeiten aus Neapel berichtet habe. Die überlieferten Verse sind für die Hochzeit des Conte di Ariano, wo sie unter Anwesenheit des Aragonesischen Königs verlesen wurden und für die Feste von San Giovanni. Croce 1916, pp.273-274; cf. Flamini 1891, pp.122-23.

87

Flamini 1891, p.291 zufolge ließ sich Gherardo Gherardi von Piero de'Ricci beim Kataster von 1427 präsentieren.

88

Zu Brunelleschis Inszenierungen siehe pp.19-22, A b b . 3 , 5 , 7

89

Helas 1998, pp.159-160. Den persönlichen Kontakt zwischen Piero de'Ricci und Toscanelli belegt ein Sonett Riccis an „maestro paolo medico" im Magl.VII.1168, fol.97 r. Cf. Uzielli 1894, p.92. Die Freundschaft zwischen Brunelleschi und Toscanelli wird von Manetti und Vasari bezeugt. Cf. Lippincott 1996, p.137

90

Toscanellis Familie war selbst im Gewürzhandel aktiv. Cf. Uzielli 1896, p.167

Triumphale Herrsebereinzüge

75

Alfonso d'Aragonas in Neapel mit den lebenden Bildern der Florentiner zu sehen ist. 9 1 ( A b b . 2 6 ) Das Bild zeigt mit Blick in eine weite Landschaft den Festzug vor der Stadt, die er durch eine Mauerbresche zu betreten im Begriff ist. ( A b b . 2 7 ) Angeführt von den jugendlichen Reitern, die Lanzenspiele aufführen, schließt sich Fortuna auf einem Traggestell an. Ihr folgt Caesar, der auf einer Kugel steht, die mit Wasser und daraus ragenden gebirgigen Landzonen bemalt ist. 9 2 ( A b b . 2 8 ) Auf dem anschließenden frontal gegebenen Wagen sitzt Justitia, links neben ihr erhebt sich der leere T h r o n , auf dessen Armlehnen zwei Engel stehen, die eine dreifache K r o n e emporhalten. ( A b b . 3 0 ) Den Zug beschließend fährt Alfonso unter einer Eskorte von Lanzenträgern auf seinem Triumphwagen. ( A b b . 2 9 ) I m Vergleich zu den schriftlichen Quellen zeigt der cassone geringe Unterschiede. D e r die Fortuna tragende Engel fehlt, ebenso ist die Anzahl der die K r o n e haltenden Engel, die mit drei angegeben ist, auf zwei reduziert. Von den sieben Tugenden ist nur Justitia dargestellt, die auf dem cassone zudem nicht vor dem erhöhten leeren T h r o n sitzt, sondern neben diesem. Diese Abweichungen lassen sich jedoch durch formatbedingte und gestalterische Prämissen erklären, so daß über den Inhalt der Darstellung kein Zweifel bestehen kann. Die Wahl eines Bildthemas, das ein zeitgenössisches Ereignis dokumentieren soll, ist ungewöhnlich für einen cassone,

da man in der ersten Hälfte des Quattrocento fast ausschließlich die Liebesthematik,

sei es in allegorischer oder narrativer F o r m bevorzugte. 9 3 Die cassoni,

in der Regel als Paar gefertigt, waren ein repräsentativer Teil der Mitgift und

wurden im feierlichen Zug der Braut in das Haus ihres Ehemannes mitgeführt. 9 4 Von der großen Produktion florentinischer cassoni sind durch Schubrings Katalogisierung etwa 9 0 0 E x emplare bekannt, die einen guten Uberblick über T h e m e n und Bildformulare bieten. 9 5 N e b e n Entlehnungen aus der antiken Mythologie und Historie sowie der zeitgenössischen Novellistik sind die Trionfi in der Tradition Petrarcas besonders häufig. 9 6 Das Motiv des militärischen Triumphes erfährt erst in der zweiten Hälfte des Quattrocento und wahrscheinlich in Folge des spektakulären Einzuges Alfonso d'Aragonas größere Verbreitung. D e r

cassone

selbst ist ein frühes Beispiel für jene zahlreichen cassoni, die sich der Triumph-Thematik widmen. 9 7 D e r Maler des cassone bediente sich in kompilatorischer Weise für die Bildkomposition des

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Cf. Callmann 1979(1). Der cassone wurde bei Christie's in New York am 12. Januar 1994, lot.32 versteigert. Der Globus ist von dem Künstler so gestaltet wie die zeitgleichen kreisrunden Darstellungen der Oikumene und ignoriert letztlich die Kugelgestalt. Zu Erddarstellungen cf. Brincken 1976. Cf. Watson 1970, dort besonders die Einleitung. Ein von der Thematik vergleichbares Cassonebild zeigt die Krönungszeremonie Kaiser Friedrichs III. in Rom 1452 und ist Weisbach 1913 zufolge in diese Zeit zu datieren. Daneben stellen einige cassoni das städtische Leben in Florenz, wie die San Giovanni-Prozession, den Palio und das Turnier vor Santa Croce, dar. Siehe Le tems revient 1992, 3.11; 7.14; 7.15. Zu der Funktion der cassoni cf. Schubring 1923; Watson 1970; Callmann 1979(2); Witthoft 1982 und Seidel 1994. Die Bezeichnung cassone kommt erst im Cinquecento, so bei Vasari, in Gebrauch, in den Kontrakten und Rechnungsbüchern des Quattrocento sind die Begriffe „forziere" oder „cofano" gebräuchlich. Watson 1970, p.5. Schubring 1923. Zu den Themenbereichen cf. Schubring 1923; Watson 1970; Miziolek 1996; Hughes 1997. Martindale 1979, p.50 und Watson 1970 zufolge wurden die „Liebesthemen" in der zweiten Hälfte des Quattrocento durch Schlacht- und Triumphdarstellungen abgelöst.

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Herrschertriumphes, für die Ausführung der Allegorien der Schemata, die ihm von den Petrarca-Trionfi vertraut waren. Die Justitia entspricht dem Darstellungsmodus des Triumphes der Fama, wie man ihn aus dem Umkreis Apollonio di Giovannis kennt. 9 8 (Abb.61) Die Fortuna folgt in ihrem Typus der Castitas. Einzigartig ist aber die realistische Darstellung ihres Traggerüstes, unter dessen tief herabreichendem Stoffbehang die Füße der Träger sichtbar s i n d . " (Abb.31) Das Darstellungsschema des Triumphes zeigt meist den sich in die Stadt hineinbewegenden Zug außerhalb der Stadtmauern. (Abb.13 und 40) U m die Darbietungen der Florentiner in den Triumphzug einfügen zu können, läßt der Künstler sie entgegen dem historischen Sachverhalt ebenfalls außerhalb der Mauern auftreten. Indem sie einen Großteil der Bildfläche besetzen, werden sie zum Hauptgegenstand der Bilderzählung, während der triumphierende Herrscher auf der einen und die Mauerbresche auf der anderen Seite lediglich für die historischen Umstände des Aufzuges bürgen. Diese Bedeutungsverschiebung wird deutlich in der Gegenüberstellung mit einem heute leider fast völlig zerstörten Supraportenrelief, das sich im Castelnuovo über jener Tür befindet, die den Zugang von den königlichen Gemächern zur Sala dei Barom bildet. (Abb.25) Es wurde 1457/58 von dem lombardischen Bildhauer Domenico Gagini, der auch für den Triumphbogen tätig war, in formaler Analogie zu dessen Relief geschaffen. 100 Kruft / Malmanger äußern sich nicht über das Verhältnis der beiden Reliefs zueinander, obwohl die kompositorische Übereinstimmung augenfällig ist. Im Relief der Supraporte bewegt sich der von Musikern angeführte Triumphzug, gefolgt von Vertretern des Volkes, vor einer Stadtkulisse, die deutlich einen Tempel und weitere Bauten erkennen läßt. In beiden Reliefs führt eine all'anticha gekleidete Frau von unklarer Bedeutung die Pferde des Triumphwagens. 101 In Abweichung zu dem Relief des Triumphbogens zeigt die Supraporte im rechten Teil eine der rappresentazioni: Zwischen den Baumwipfeln ist eine Kugel zu erkennen, auf der die Figur des Caesar sitzt oder steht. Die Gegenüberstellung von Alfonso und dem antiken Herrscher wird durch den Wegfall der anderen rappresentaziom fokussiert. Die auffällige Darstellung des Erdglobus spricht wiederum für das Interesse an dieser Form der Weltdarstellung. In dem Relief hat der eigentliche Triumphator Alfonso d'Aragona jedoch nicht wie auf dem cassone das Zentrum des Bildfeldes an die Florentiner verloren. Die repräsentative Darstellung entspricht der Situierung des Reliefs in der Sala dei Baroni über jener Tür, durch die der König eintrat. 98 Zu Apollonio di Giovanni und seiner Werkstatt cf. Callmann 1974 und Jennifer Klein Morrison: Apollonio di Giovannis Aeneid Cassoni and the Virgil Commentatores. In: Yale University Art Gallery Bulletin, 1992, 2 7 - 4 7 99 Dieselbe Methode des Tragens zeigen zwei Illustrationen (Giesey 1960, ill.8 und 9) des Begräbniszeremoniells Charles VI. 1422 und Charles VII. 1461 in einer Handschrift anläßlich des Todes des letzteren. (Vigilles de la mort de Charles VII., BNF, fr.5054, fol.27 v. und 1) Dort wird die Effigies des verstorbenen Königs auf diese Weise getragen. 100 Sein Anteil am Triumphbogen ist relativ gering: die Statue der Temperantia und die dem Triumphzug voranschreitende Bläsergruppe werden ihm zugeschrieben. Kruft/Malmanger 1975, p.280. Das Relief wurde 1919 bei einem Brand fast völlig zerstört, der Rest befindet sich heute noch in situ. Möglicherweise ist in der Supraporte ein Entwurf für das Triumphbogenrelief zu sehen, der zugunsten der stärker antiken Gestaltungsprinzipien verpflichteten Variante aufgegeben wurde. 101 Ihr antikisches Gewand deutet auf eine Personifikation, doch zeigt sie weder die Attribute einer Victoria, wie es als Antikenreminiszenz zu erwarten wäre, noch die der Fortuna, wie sie im Triumphzug aufgetreten war.

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Die „nichtöffentliche" rückwärtige Supraporte zeigte den Kampf um Neapel und den Einzug der Truppen Alfonsos in das Castel Nuovo, auf die der Blick des Königs selbst fiel, bevor er den Saal betrat. Der florentinische cassone und sein ebenfalls erhaltenes Pendant, das die Schlacht um Neapel darstellt, konfrontieren damit dieselben Themen.102 Bei der Darstellung des Einzuges handelt es sich aber weniger um eine Huldigung Alfonsos als um eine Rekonstruktion des florentinischen Beitrages zum Triumphzug. Die Wappen, die sich in beiden Tafeln an der Kleidung der Personen und den Dekorationen befinden, entstammen zum großen Teil der Heraldik des aragonesischen Königs. Die Wappenpaare am Zelt des Feldherren und am Wagen Caesars und dem der Fortuna (Abb.28) aber repräsentieren das Brautpaar, für dessen Hochzeit die cassoni bestimmt waren. Nach Callmann handelt es sich um die Verbindung von Jacopo di Pagnozzo di Bartolomeo Ridolfi und Alessandra di Antonio di Salvestro Serristori im Jahre 1452. Die Ridolfi, eine angesehene Florentiner Familie, waren hauptsächlich in der Wollweberzunft aktiv und bekleideten diverse öffentliche Ämter.103 Uber ein spezifisches, vielleicht geschäftliches Interesse des Ridolfi in Neapel läßt sich nichts Sicheres sagen.104 Das Bild läßt hingegen Rückschlüsse auf Ridolfis innenpolitische Stellung zu. Direkt in der Mittelachse des Bildes stehen einige reife Früchte tragende Orangenbäume, die als einziges solches Naturversatzstück das Auge des Betrachters auf sich ziehen. (Abb.28) Die Orange aber ist durch ihren Namen mala medica und ihre der palla analoge Form ein heraldischer Verweis auf die Familie der Medici. In dieser Bedeutung finden sie sich in Uccellos Tafeln der Schlacht von San Romano 105 und Botticellis Primavera.106 Auch ein weiterer cassone, der dem des Einzuges Alfonsos stilistisch nahesteht und verschiedene Medici-Impresen aufweist, zeigt das Motiv des zentralen Orangenbaumes.107 Mit den Orangenbäumen auf dem cassone, der den Einzug Alfonsos darstellt, bekennen sich die Familien des Brautpaares öffentlich, zu den Parteigängern der Medici zu gehören und das waren sie in der Tat: ein Sohn Jacopo Ridolfis, Antonio, sollte 1478 nach dem Attentat der Pazzi das Blut aus der Wunde des Lorenzo saugen.108 Uber private Intentionen hinaus manifestiert sich in der Bildkomposition des Cassonebildes städtisches Selbstbewußtsein. Die Abdrängung des gefeierten Herrschers an den linken Bildrand bewirkt den Eindruck, daß es die Florentiner sind, die siegreich unter Fortuna, Caesar und Justitia in die Stadt einziehen. Die kostbare Gewandung der berittenen Jünglinge verweist auf die Florentiner Seiden- und Wolltuchindustrie, deren Vertreter in Neapel ansässig 102 Cf. Callmann 1979(1), p.24. Der cassone findet sich im Ringling Museum in Sarrasota und wird dort als „Schlacht um Piombino" geführt. Cataloge Ringling Museum of Art. Italian Painting before 1800, pp.19-20. 103 Der Stammbaum der Familie bei Carocci 1889, Tav.III. 104 Die schlechten Beziehungen zwischen Florenz und Neapel hatten sich durch einen Friedensschluß am 21. 6. 1450, der die juristische Anerkennung des Titels Alfonsos durch die Florentiner enthielt, etwas entspannt. (Ryder 1990, p.34) Aus dieser Situation heraus ist der Auftrag für ein solches Thema sicher politisch motiviert gewesen. Callmann 1979(1), p.30 stellt die These auf, daß Jacopo Ridolfi möglicherweise, auf Grund familiärer Beziehungen 1443 in Neapel gewesen sein und den Caesar gespielt haben könnte und seiner persönlichen Beteiligung an diesem denkwürdigen Ereignis mit dem cassone ein Denkmal setzen wollte. 105 106 107 108

Zu diesen Tafeln zuletzt Gebhardt 1995, dort zu den Orangen p.24. Bredekamp 1988, p.50. Callmann 1974, Abb.57. Cf. Carocci 1889, p.33.

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waren. 1 0 9 Der Imperator Caesar, eigentlich der letzte in der Reihe der lebenden Bilder bei der Aufführung, ist in die Mittelachse des Bildes gerückt und nimmt so den Platz des Triumphators ein. Die sich drehende Weltkugel verweist dabei ebenso auf seine militärische Weltherrschaft, wie auf die geographischen Kenntnisse der Florentiner, und deren florierenden Handel als Basis der politischen Autonomie der Stadt. 110 Der florentinische Chronist Landucci nennt unter den berühmten Personen u m 1450 nach dem Kartographen Toscanelli Cosimo de'Medici, „der von aller Welt der große Kaufmann genannt wurde, weil er in der ganzen Bewohntheit (per tutto l'abitato) der Erde seine Geschäfte hatte". 1 1 1 Caesar seinerseits ist nicht nur Weltenherrscher im politischen Sinne, mit ihm wird auch die antike Weltvermessung in Verbindung gebracht. 1 1 2 Eingedenk der Bedeutung Caesars als mythischer Stadtgründer von Florenz, wächst ihm in dieser Position die Funktion des Repräsentanten der Stadt zu. Just diese Aufgabe erfüllte er auch bei dem Einzug 1443 in Neapel 1 1 3 , wo jedoch ein Aspekt unausgesprochen blieb, der auf dem cassone mit aller Brisanz vor Augen tritt: Caesar unter dem Orangenbaum reflektiert die innenpolitisch virulente Problematik der Unterwanderung der demokratischen Verfassung durch die Medici. 114

Fortuna-Occasio Als Pendant des antiken Weltenherrschers trat mit Fortuna eine weitere Gestalt aus der Antike auf, deren Erscheinung Panormita so beschreibt: „die Locken fielen ihr lang ins Gesicht, das Hinterhaupt wiederum war kahl und unter ihren Füßen war eine ungeheuer große goldene Kugel, und diese hielt ein Kind von engelgleichem Aussehen mit ausgestrecktem Arm empor, aber der Engel stand mit seinen Füßen im Wasser"115 (Q LXII)

109 Über die renommierte Stellung florentiner Kaufleute in Neapel gibt ein von ihnen veranstaltetes Essen für die Söhne des neapolitanischen Königs 1476 Auskunft, bei der eine mommaria aufgeführt wurde. Palagi 1873. 110 Zur florentinischen Kartographie cf. Goldstein 1965; Lippincott 1996. Zum Auftreten von Erddarstellungen in Florenz cf. Helas 1998. 111 Zitiert nach ed.1920, p.6. Landucci beginnt seine Erzählung mit dem Jahr 1450, wo er ungefähr 14 Jahre alt war. Gleich auf der ersten Seite nennt er berühmte Männer, die zu dieser Zeit lebten: nach zwei Klerikern „Meister Pagolo, Arzt, Philosoph und Astrolog und heiligen Lebens" und dann Cosimo di Giovanni de'Medici. 112 Cf. Nicolet / Gautier Dalche 1986. 113 In Neapel wird diese kommunale Bedeutung unterstrichen, indem nach der Ansprache Caesars der Zug fortgesetzt wird durch „zwei Reihen Florentiner, ungefähr 40 an der Zahl, alle mit purpurfarbenen und scharlachroten Tuniken". 114 Zu den Machtbestrebungen der Medici in diesen Jahren cf. Rubinstein 1966, pp,19sq. 115 Der letzte Teil der Beschreibung Panormitas gibt philologisch und in Hinblick auf die praktische Ausführung Rätsel auf. Die lateinische Textstelle (die so in allen mir bekannten Editionen auftaucht) lautet: „... sed is angelus sub aquis vestigia firmabat ...". Es ist eine ungewöhnliche Formulierung, zumal aquis im Plural steht. Burckhardt "1988, p.293 deutet dies so: „... der auf einem unteren Absatz des Wagens befindliche Genius, welcher das leichte Zerrinnen des Glücks vorstellte, mußte deshalb die Füße in einem Wasserbecken stehen (?) haben." Mit dem Fragezeichen signalisiert Burckhardt seine Interpretationsschwierigkeiten. Kruft/Malmanger 1975, p.218 umgehen das Problem, indem sie den Engel mit der Kugel „ihr zu Füßen" stehen lassen.

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Fortuna erschien also mit dem Haarschopf der Occasio ausgestattet, ein Attribut, das ihr weder in der Antike noch in der jüngeren Vergangenheit eignete. D a ß der Haarschopf in Neapel zum Konzept der Darbietung gehörte, belegen die Verse Piero de'Riccis mit der Formulierung „die Fortuna, die Dir den Schöpf reicht". (Q L X I I I ) Ungewöhnlich zu diesem Zeitpunkt ist auch ein weiteres Attribut: die Kugel, die ein Attribut sowohl der Occasio als auch der antiken Fortuna gewesen war. 116 Die römische Fortuna, die in der griechischen Tyche ihre entsprechende Vorgängerin findet, ist die Göttin des Zufalls, Glücks und wechselnden Schicksals. 117 Im christlichen Mittelalter ist sie als Beherrscherin des menschlichen Geschickes häufig dargestellt worden. 118 Der häufigste Typus zeigt sie in reichen oder königlichen Gewändern ein Rad drehend, an welches sich die aufsteigenden und herabstürzenden Menschen klammern. Die römische Occasio ist die Personifikation der flüchtigen Gelegenheit, deren charakteristischer Haarschopf bereits zu den Kennzeichen ihres griechischen Pendants Kairos zählte. Ihre Charakterisierung „fronte capillata post est occasio calva" in den „Disticha Catonis" aus dem dritten Jahrhundert kann im Mittelalter als bekannt angenommen werden. 119 Occasio und Fortuna begannen in der mittelalterlichen Literatur eine Verbindung einzugehen, so im Anticlaudian 120 , den Carmina Burana und einem, in der ersten Hälfte des 14. Jahrhundert entstandenen, Gedicht Matteo Frescobaldis. 121 In den Illustrationen wird dies zunächst nicht reflektiert, im Zusammenhang mit Frescobaldis Gedicht findet sich erst in der zweiten Hälfte des Quattrocento eine entsprechende Darstellung. 122 (Abb.34) Dahingegen ist vielfach die Fortuna mit dem Rad, die vielarmige Fortuna des Boccaccio, und die Fortuna, deren Gesicht oder Gestalt aus zwei Hälften gegensätzlicher Bedeutung besteht, dargestellt worden. 123 Der Auftritt der Fortuna-Occasio anläßlich des neapolitanischen Triumphzuges war demnach als bildliche Umsetzung eine Innovation. Dies bestätigen die Beschreibungen, denen zufolge sie dem Publikum in dieser Gestalt unvertraut war. So schildert der sizilianische Beobachter:

116 Holländer 1996 zufolge fallen die ersten Darstellungen der Fortuna auf der Kugel in den Zeitraum um 1500, wofür Nicoletta da Modenas Stich von 1501/1506, die Marmorintarsie im D o m von Siena 1505 und Dürers „Kleines Glück" 1495 Beispiele bieten. Zu seiner Interpretation der Neuaufnahme des Motivs besonders pp.l60sq. 117 Zu Tyche - Fortuna cf. An Obsession with Fortune. Tyche in Greek and Roman Art, Yale University Art Gallery Bulletin (1994); zur römischen Fortuna cf. Patch 1922, 3. 118 Eine Übersicht über Fortuna-Darstellungen im Mittelalter bieten Dören 1922, Pickering 1966, pp,112sq.; Meyer-Landrut 1987 und 1997; Reichert 1985 (insbesondere die Einleitung) und das Themenheft „Providentia-Fatum-Fortuna", Das Mittelalter, Bd.l (1996). 119 Pietsch 1893, p.471 zitiert eine italienische Übersetzung aus dem 13. Jahrhundert: „Lo fronte pleno de cavilli, / De darere / Questa occasion / sera calva". 120 Zur Fortuna-Konzeption des Anticlaudian cf. auch Patch 1922, 4, pp.l87sq. Zu dessen Illustration Meier 1980, p.510. 121 „Ventura son che al tutto il mondo impero,/Dirieto calva e col ciuffetto in alto" Trucchi 1846, vol.II,

p.76. 122 BNCF Magl.II.II.83, fol.240v/241r. Zur Fortuna-Occasio Problematik cf. auch Helas: Fortuna-Occasio. Eine Bildprägung des Quattrocento zwischen ephemerer und ewiger Kunst. In: Städel-Jahrbuch 1999. 123 Zu bildlichen Darstellungen cf. Kurose 1977; Appuhn-Radtke 1996; Meyer-Landrut 1997 Eine originelle literarische Adaption der zweigeteilten Fortuna-Ikonographie findet sich in dem „Giardeno" Marino Jonatas (ed. Ettari 1966, p.59).

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80 „Und dabei war ein anderer catafalcu,

auf dem ein niedriges Gerüst war, in welchem ein Kind

war, das über dem Kopf eines anderen stand, und der oberere stand in der Form eines Mädchens mit zerzaustem Haar mit einer Krone, welche sie in der Hand hielt, welches Mädchen sie mir als Fortuna erklärten". 124 (Q L X V I )

Marino Jonata beschreibt sie präzise, ohne sie deuten zu können: „Es kam ein ganz geschmückter tbalamo

der von Hand emporgehalten und getragen wurde. Auf

diesem war ein junger Mann angeordnet und dargestellt, in der Art eines Engels gekleidet, der eine goldene Kugel hatte und in der Hand trug und über demselben war ein anderer Engel angeordnet und dargestellt, der eine Krone von erstaunlicher Schönheit in der Hand trug". (Q L X I V )

Nur Panormita und Porcellio benennen sie mit Selbstverständlichkeit als Fortuna, doch da nichts darauf hindeutet, daß das Programm von einem der beiden entworfen sein könnte, muß Fortuna-Occasio als florentinische Erfindung betrachtet werden. Die erste bildliche Darstellung findet sich just auf dem cassone von 1452, auf dem die florentinischen rappresentazioni des Einzuges dargestellt sind. (Abb.31) In Abweichung zu den überlieferten Beschreibungen steht Fortuna nicht auf einer Kugel, die von einem weiteren Engel gehalten wird, sondern auf einem vasenartigen Gefäß. Der Künstler greift damit auf ein Standmotiv zurück, das mehrfach bei Illustrationen der Petrarca-Trionfi auftritt. Fortuna läßt auch die Krone vermissen, die sie den Beschreibungen zufolge in der Hand hielt, ihre leeren Hände hält sie wie tastend oder balancierend vorgestreckt. Übereinstimmung aber zeigt sie in dem entscheidenden Merkmal: dem nach vorn wehenden Haarschopf und dem geschorenen Hinterkopf. Dem Künstler des cassone war diese Ikonographie offenbar nicht vertraut, denn statt das Gesicht zu verdecken, wehen die Haare waagerecht nach vorn, der Hinterkopf ist nicht kahl, sondern kurzgeschnitten. Entscheidend ist, daß der Haarschopf einziges Attribut der Allegorie ist, die lediglich in einem allgemeinen Sinne durch das Gewand als all'antica gekennzeichnet ist. Ebenfalls in Einklang mit den schriftlichen Quellen steht Fortuna-Occasio auf einem Traggestell, das von durch den weit herabreichenden Stoffbehang verdeckten Männern getragen wird. Dadurch wird der automobile Charakter der Personifikation betont, deren Bewegung, dem Wesen der Occasio entsprechend, den Menschen überrascht. Fortuna unterscheidet sich durch die Verbindung mit Occasio von jener allmächtigen Göttin, der man seit der Antike nur mit Virtus oder Bedürfnislosigkeit begegnen konnte. 125 Dennoch verweisen die Verse der Florentiner in dieser Tradition auf die Kardinaltugenden, ebenso wie die Katalanen, die dem Herrscher Constantia empfahlen, weil „jede Fortuna durch Ertragen besiegt werde". 126 Das neue Bild knüpft damit an das vertraute allegorische Repertoire an.

124 Der entsprechende Passus ist unterschiedlich transkribiert: Monti gibt ihn so wieder „... a la quallj dongela dichiami juntura . . . " Die Form „dichiami" ist ungewöhnlich, wohl von dichiarare (ital.): „erklären" abgeleitet. Ubersetzt hieße das „welches Mädchen man mir als Fortuna erklärte". Di Marzo 1864 liest „dichianu", was keine Referenz auf den Schreiber enthält, sondern mit „sie erklärten" übersetzt werden könnte. 125 So begegnet ihr Seneca mit dem Geist, Horaz mit Armut, Cicero mit „Virtus" und „Fortitudo" etc., cf. Meyer-Landrut 1997, pp.19-20. 126 Deren dritte Tugend Constantia „ermahnte den König, daß er die menschlichen Unglücksfälle, wann immer sie eintreten, bewehrt und mit festem Mute ertrage, und daß er sich von seinem ehrenvollen und glorreichen Vorsatz durch kein Unglück abbringen lassen sollte, weil nämlich jedes Schicksal

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In ihrer traditionellen Rolle war Fortuna im Jahr 1432 als lebendes Bild in London anläßlich des Regierungsantrittes von Henry VI. aufgetreten, wo sie gemeinsam mit Natura und Grazia dem jungen König ihre Gaben überreichte. 127 Diese Beschenkung lehnte sich an den Anticlaudianus an, wo Gott, Natura und Fortuna den neuen Menschen ausstatten. 128 Es wäre zu vermuten, daß daher auch die Ikonographie der Fortuna von Alanus ab Insulis übernommen wurde. 129 Diese zweigesichtige Fortuna ist zwar nicht identisch mit Fortuna-Occasio, doch mögen die Florentiner, die auch in London eine Kaufmannskolonie unterhielten und als eine der anwesenden ausländischen Nationen erwähnt werden, hier eine Anregung bezogen haben. 130 Dafür sprechen weitere Übereinstimmungen der Aufführungen: In London 1432 traten ebenfalls Tugenden auf, es gab einen Thron der Justitia, der dort von einem Darsteller des Königs besetzt war, und die Gabe der Fortuna war die „prosperite" 131 - in den Versen Riccis ist es die „Prosperitate", die Caesar Alfonso d'Aragona verheißt. Das Programm der Florentiner in Neapel rekurriert zunächst auf die mit Petrarcas „De remediis utriusque fortunae" formulierte Antithese von Fortuna und Virtus, die dieser in Anlehnung an Aristoteles und Augustinus ausgearbeitet hatte. 132 Caesar, der von Alfonso verehrte Feldherr und Kaiser, ist als Exemplum eines von Fortuna besonders begünstigten Menschen ein seit der Antike geläufiger Topos. In Florenz spielte Fortuna offenbar eine besondere Rolle: Um 1400 hatte man im Palazzo Vecchio über der Tür der sala dei Priori die Darstellung eines Fortuna-Rades mit einem kommentierenden Sonett angebracht, das den Amtsinhaber davor warnte, sich allzu sicher zu fühlen.133 Im 14./15. Jahrhundert waren etliche Schriften entstanden, die sich mit dem Wesen und Wirken Fortunas befaßten: neben Petrarcas „De remediis utriusque fortunae" verfasste

(Fortuna) durch Ertragen besiegt werde". Panormita 1538, p.236. (Kruft/Malmanger 1975, p.296) Zur mittelalterlich-christlichen Fortuna cf. Dören 1922/23; Patch 1922, 4, pp.200sq. 127 Zu dem Einzug MacCracken 1911 mit Bibliographie aller Quellen; Withington 1918, vol.I, pp.138-141 und Kingsford 1905, pp.97-116. 128 Davon sind zwei Beschreibungen überliefert: ein Brief von Carpenter und ein Gedicht von Lydgate, der als Dichter und Festgestalter bereits unter Henry V. tätig war. Withington 1918, pp.l06sq. kommt bei seiner Untersuchung des englischen pageantry zu dem Schluß, daß die Einführung von allegorischen Themen mit Lydgate zusammenfällt, der zugleich der erste Autor ist, der im Zusammenhang mit Festinszenierungen namhaft gemacht werden kann. Gordon Kipling: The London Pageants for Margaret of Anjou: A medieval script restored. In: Medieval English Theatre 4 (1982), pp.8sq. stellt allerdings die Autorschaft Lydgates in Frage. 129 Alanus ab Insulis ed.1966, VI., VII. und VIII. Buch. Die Übereinstimmung mit dem Anticlaudian betrifft darüberhinaus den Auftritt der Sapientia mit den Vertretern der sieben freien Künste (MacCrakken 1911, pp.86/87). In einer vergleichbaren weiteren Allegorie Lydgates, in dem es um den Sieg der Tugenden über Fortuna ging, trat sie in der zweigesichtigen Version auf. Cf. Brotanek 1902, p.309; Withington 1918, vol.I, p.107; Kingsford 1905, p.98. 130 Lydgate erwähnt sie neben den Genuesern und Venezianern als die beim Einzug anwesenden ausländischen Nationen. Kingsford 1905, p.98. 131 MacCracken 1911, pp.85/87-88/83. Es waren nicht die sieben Tugenden aber offenbar an ihnen inspirierte: Gloria, dementia, Justitia, Prudentia, Fides, Salutis, und Pacis. 132 Heitmann 1958. 133 Überliefert sind die Verse, die der Darstellung beigefügt waren. Rimatori del Trecento, ed. G. Corsi, Turin 1969, pp.75-76, 65; Cf. Donati 1991, p.89, n.37, p.91 und Rubinstein 1995, pp.50-51.

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Salutati 1391 „De Fato et Fortuna" und 1443 Bracciolini „De varietate Fortunae". 1 3 4 Die große Fortuna-Gläubigkeit spiegelt sich in Salutatis Überlegungen über die Idolatrie, die er am Bild der Fortuna exemplifiziert. 135 Doch gerade innerhalb der intellektuellen Elite wurde Fortuna in ihrer fatalistischen Deutung tradiert, beziehungsweise in der Tradition der Antithese Fortuna-Virtus thematisiert. 136 Wie ist also die invenzione der ungewöhnlichen Ikonographie der Fortuna, ihre Haartracht, ihr Stehen auf der von einer weiteren Personifikation emporgehaltenen Kugel und ihre exponierte Stellung im Programm zu erklären? In der Sprache der Kaufleute bedeutete Fortuna - nicht nur in Florenz - seit dem Trecento primär das Unwetter. 137 Die Seefahrt war Basis des Handels und das Schicksal der Handelsschiffe bedingte die Geschäftsbilanz, in Fortuna vereinigte sich daher treffend die Bedeutung von Schicksal und Sturm. 138 Ihre Gleichsetzung mit der unkontrollierbaren Naturgewalt impliziert dabei zwar einerseits eine fatalistische Weltsicht, andererseits aber entzieht sich der Kaufmann dem göttlichen Heilsplan, indem er diese Unberechenbarkeit zur Basis seiner Geschäfte machen und die Anhäufung von Reichtum durch ebendiese legitimieren kann. 139 Die Verbreitung des Begriffes „Ventura" in Florenz enthält jene Dimension des gesuchten Abenteuers, die auf die eigene Leistung baut. 140 Warburg analysierte das Fortuna-Symbol im Zusammenhang mit der „letztwilligen Verfügung" des florentinischen Kaufmanns Sassetti von 1488. 141 Dabei zog er die Imprese Giovanni Rucellais von 1461 heran, die eine Fortuna-Occasio zeigt, die auf einem Schiff stehend über sich ein windgeblähtes Segel hält. 142 (Abb.33) In Fortuna erkannte Warburg ein „antikisieren134 In diesen Traktaten war Fortuna nie in Personalunion mit Occasio aufgetreten, ebensowenig wie die griechische Abstammung der Occasio thematisiert wurde. 135 „Ich glaube, die Empfindungen (der alten Römer) gegenüber ihren religiösen Bildern unterschieden sich nicht von dem, was wir in der ganzen Richtigkeit unseres Glaubens jetzt bei den gemalten und geschnitzten Erinnerungen an unsere Heiligen und Märtyrer empfinden. Denn wir fassen diese nicht als Heilige und Götter auf, vielmehr als Bilder Gottes und der Heiligen. Es kann indessen sein, daß das unwissende Volk mehr und anders über sie denkt, als es sollte. Aber man tritt in das Verständnis und in die Erkenntnis geistlicher Dinge durch die Vermittlung sinnlicher Dinge ein, und wenn heidnische Menschen Bilder der Fortuna mit einem Füllhorn und einem Steuerruder malten - da sie Reichtümer austeilt und die menschlichen Geschicke lenkt - , wichen sie nicht sehr weit von der Wahrheit ab. So auch, wenn unsere eigenen Künstler die Fortuna als eine Königin darstellen, die mit ihren Händen ein kreisendes Rad dreht: solange wir dieses Bild als etwas von Menschenhand Gemachtes auffassen und nicht als etwas selbst Göttliches, sondern als ein Abbild der göttlichen Vorsehung, Lenkung und Bestimmung - das indessen nicht ihre wesentliche Eigenschaft darstellt, vielmehr nur die Windungen und Drehungen der irdischen Angelegenheiten

wer könnte ernstlich

darüber klagen?" Salutati: D e fato et Fortuna, zitiert nach Baxandall 1987, p.57, cf. auch id. 1971, pp.60-61. 136 In einem Brief rät Marsilio Ficino Giovanni Rucellai, nicht den Kampf mit Fortuna zu suchen, sondern ihr mit „prudenzia, pazienza et magnanimitä" zu begegnen und sich ihr anzupassen. Warburg 1932, vol.1, pp.147-148, cf. auch Kiefer 1979, p.6. 137 Bec 1981, p.106. 138 Uber den Gebrauch des Fortuna-Begriffes cf. Bec 1967, pp.301sq. und Bec 1981, pp.105-132 und D u bus 1984. 139 Bec 1981, p.113. 140 Bec 1981, p.109. 141 „Francesco Sassettis letztwillige Verfügung" (1907), Warburg 1932, vol.1, pp.127-158. 142 Cf. Warburg 1932, vol.1, pp.146-151. Wie Herzner 1976 zeigen konnte, war die Segelimprese schon

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des Energiesymbol", das für Sassetti und Rucellai gleichermaßen als „plastische Ausgleichsformel zwischen ,mittelalterlichem' Gottvertrauen und dem Selbstvertrauen des Renaissancemenschen" funktionierte. 143 Filippo Sassettis Entdeckung des Winddrehungsgesetzes ist die Basis der Berechenbarkeit der Windfortuna. 1 4 4 Mit dem Segel erhält Fortuna-Occasio jenes Merkmal, das die florentinische Verknüpfung von Sturm und Schicksal verbildlicht. Was sich optisch in windgeblähtem Segel und flatterndem Haarschopf so harmonisch zusammenfügt, ist tatsächlich die Synthese zweier gegensätzlicher Schicksalsmodelle. Steht das Segel nicht für den unberechenbaren Sturm, sondern für die berechenbare Windfortuna, so kündet die Stirnlocke doch von dem unvorhersehbaren und schnell vorbeieilenden Augenblick, der das Schicksal entscheiden kann. Doch gerade in diesem unberechenbaren und damit irrationalen Moment bietet sich ebenso wie in der Berechnung des Windes die Interventionsmöglichkeit in einen vordem kosmischen Ablauf; Ergreifen und Begreifen gehen in der Imprese eine Symbiose ein. Da die Imprese Rucellais in das Jahr 1461 zu datieren ist, stellt sich die Frage, inwieweit sie zur Erklärung des Auftrittes von Fortuna-Occasio achtzehn Jahre zuvor in Neapel herangezogen werden kann. Wenn man davon ausgeht, daß Fortuna-Occasio ein spezifisch merkantiles Emblem mit längerer Tradition war, ist erstaunlich, daß sie zuerst in Verbindung mit der Huldigung eines Herrschers auftrat. Doch in der Inszenierung von 1443 war Fortuna-Occasio Begleiterin des antiken Herrschers Caesar, der als Repräsentant der Stadtrepublik Florenz fungierte. Somit war sie zugleich als Sinnbild der florentiner Kaufleute und als das des siegreichen Feldherren lesbar. 145 Das Bild der unberechenbaren Fortuna hatte ihre Gültigkeit für kriegerische Unternehmen ebenso wie in der kaufmännischen Lebenswelt. In Italien, wo man nur die Kleinkriege der Stadtstaaten untereinander kannte, war der unaufhaltsame Siegeszug des spanischen Königs ein singuläres Ereignis, so daß man in ihm schon den neuen Herrscher des ganzen Landes zu sehen vermeinte. Alfonso bestätigte selbst seinen herausragenden Rang, indem er sich als erster Machthaber in Italien, mit der Inschrift der von Pisanello 1449 für ihn entworfenen Medaille, den Titel „divus" zulegte. 146 Er schien nicht nur von Fortuna begünstigt 147 , sondern sogar ihr Bezwinger zu sein, die Vorstellung der unerbitterlichen Göttin mit dem Rad ließ eine solche Unterwerfung nicht zu. In der Stirnlocke der Fortuna-Occasio hingegen verbildlichte sich die Chance des Tatkräftigen, das Glück zu ergreifen. In der Rolle des Fortuna-Bezwingers wurde Alfonso ein Jahr nach dem Triumphzug in einer Schrift von Enea Silvio Piccolomini bestätigt. In dem in Form eines Briefes abgefaßten „somnium de fortuna" gelangt der Autor, ganz in der Tradition der Jenseitsvisionen, in das

zuvor bei den Pazzi gebräuchlich, wo sie ebenfalls im maritimen Kontext stand, jedoch nicht mit Fortuna in Zusammenhang gebracht wurde. 143 Cf. Warburg 1932, vol.I, ρ.146/ρ.151. 144 Cf. Warburg 1932, vol.I, p p . 3 6 4 - 3 6 5 . 145 Eine Reminiszenz an die Verbindung Sturmwind-Fortuna und Occasio ist vielleicht in dem merkwürdigen Stehen des Träger-Engels im Wasser zu sehen. 146 Cf. Woods-Marsden 1990, p.17. Francesco Sforza charakterisiert ihn ebenso im negativen Sinne: „La sua arroganza, il suo orgoglio, erano tali, che si teneva degno non solo essere onorato tra gli uomini, ma anche adorato tra gli dei" Cf. Ryder 1976, p.28/29. 147 Dies führt Manetti in seinem Plädoyer, Alfonso mit der Führung des Kreuzzuges zu beauftragen, gegenüber Calixtus III. als Schlußargument an. Cf. Bentley 1987, pp.209-210.

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Reich der Göttin. 148 Vor ihrem Thron sieht er Alfonso d'Aragona, der sich der Fortuna nähert, diese am Schöpfe packt und sie mit den Worten „sive velis sive nolis" als einziger zwingt, sich ihm zu unterwerfen. Enea Silvio stand in relativ engen Beziehungen zum neapolitanischen Hofe, und auf Grund der zeitlichen Koinzidenz ist in seiner Schilderung ein Reflex auf die Darbietung anläßlich des Triumphzuges Alfonsos zu vermuten. 149 Doch was in Neapel ein freiwilliges Angebot gewesen war, wird von ihm zu einem Gewaltakt umgedeutet: die weibliche Göttin Fortuna, die nicht durch den Schöpf explizit als Occasio ausgewiesen ist, wird von dem männlichen Kriegshelden bezwungen. Man könnte diese Umwertung als indirekte Antwort auf die florentinischen Verse verstehen: Alfonso verdankte sein Glück eben nicht Fortunas Wohlwollen, sondern seiner aggressiven Expansionspolitik. Doch in einem größerem Zusammenhang wirft diese misogyne Umdeutung Licht auf die Veränderung der Geschlechterbeziehungen. Betrachtet man das Motiv unter dem Aspekt der Gewaltdarstellung, fällt die Parallele zur Vergewaltigung Lukretias auf, die in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ein Lieblingsthema der Malerei wird.150 Im selben Zeitraum verliert die Fortuna ihre königliche Gewandung und die Macht, ihr Rad zu drehen und wird als nackte Frau zum Opfer männlicher Helden. In der Realität des 15./16. Jahrhunderts war es der Mann, der sein Schicksal selbst bestimmen konnte, das Sinnbild hatte daher ausschließlich männliche Adressaten und tritt nur für solche als Imprese auf. In anderer Hinsicht erweist sich die von den Florentinern präsentierte Allegorie bei genauerer Betrachtung als doppeldeutig. Durch den Kontext ihres Auftrittes ergab sich eine Relativierung der Glorifizierung Alfonso d'Aragonas als Bezwinger der Fortuna. Die warnende Botschaft der Verse Caesars, die der Darbietung den Charakter einer ausschließlichen Huldigung nahm, wurde visuell ebenfalls faßbar. Nicht von Panormita, doch von zwei anderen Beobachtern bezeugt, hielt die auf einer Kugel stehende Fortuna eine Krone in der Hand. Ikonographisch alludiert sie damit, zumal im Kontext des Triumphzuges, die Victoria, die in der römischen Triumphalikonographie die Krone (bzw. den Ehrenkranz) des Imperators trägt. Auch die „untere Hälfte" der Fortuna verweist auf Victoria, denn sie stand auf einer Kugel, die wiederum von einem weiteren Engel emporgehalten wurde. In der römischen Bildtradition wird die Sphäre gemeinhin von Atlas gehalten und konnte von einer Victoria bekrönt sein, welche den Sieg des römischen Imperiums im ganzen Erdkreis verkündete.151 In der Neuzeit findet sich an ihrer Stelle gelegentlich Fortuna oder Fortuna-Occasio. 152 Es ist kaum ein Zufall, daß die Wiederaufnahme der Kugel als Attribut der Fortuna just zu jenem Zeitpunkt erfolgt, als die Kugelgestalt der Erde in das Zentrum des allgemeinen Interesses rückt. Doch war die Kugel der Fortuna in Neapel gold(farb)en und nicht, wie die, auf der Caesar stand, als Erdglobus bemalt. So war sie zugleich die Kugel der Occasio, die Zei-

148 Aeneas Sylvius Piccolomini, „Brief an Prokop von Rabenstein." ed. 1538, p.615. Cf. Dören 1922, 133-135 und Warburg 1932, vol.I, p p . 3 5 9 - 3 6 0 . 149 Für einen Zusammenhang spricht auch die Tatsache, daß Enea Silvio einen „Commentarius in libros Panormitae de dictis et factis Alphonsi regis" verfasste (ed. Panormita 1538). 150 Zu diesem Bildthema und seinen politischen und sozialen Implikationen cf. Georgen 1989 und H a m mer-Tugendhat 1993. 151 So war der Atlas Farnese möglicherweise von einer Victoria bekrönt. Cf. Die Beschwörung des Kosmos 1994, p.33. 152 Cf. ibid. p.38, Abb.11, Atlas mit einem von einer Fortuna bekrönten Globus und Abb.12, die Fortuna-Occasio der Punta della Dogana in Venedig.

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chen ihrer ständigen, unvorhersehbaren Bewegung ist. Die Florentiner verbanden so die Ikonographie des Sieges mit einem Verweis auf die Unbeständigkeit desselben. In der bildlichen Uberlagerung von Victoria und Fortuna bestätigen sich Warburgs Erkenntnisse über die Ambivalenz des antiken Ausdruckssymbols und dessen Transformation in der Kunst der Frührenaissance. 153 Fortuna- und Victoria-Ikonographie verbinden sich bereits in der Antike gelegentlich, so im Fresko der Siegesgöttin aus Dura-Europos. 1 5 4 Doch die Wiederaufnahme der Ikonographie der Fortuna auf der Kugel scheint hier weniger eine unmittelbare Antikenrezeption zu sein als eine neue Kreation, die dem Anspruch genügen mußte, Huldigung und Warnung zugleich zu sein. Der suggestiven Wirkung inszenierten Lebens konnte sich der römische Antiquar Flavio Biondo nicht entziehen. In seiner 1457-59 verfassten Schrift „Roma triumphans" entwarf er das Bild eines christlichen Triumphzuges, bei dem er vorschlug: „ O d e r unser Feldherr sollte in diesem Teil den guten Titus nachahmen, dem nicht ein Sklave, sondern eine geflügelte goldene Fortuna die Krone emporhielt ( . . . ) " (Q XCIII)

Flavio Biondo bezieht sich hier zweifellos auf die Triumphdarstellung des Titusbogens auf dem Forum Romanum, auf welchen er auch an anderer Stelle verweist. Das Relief zeigt den Kaiser auf einem Triumphwagen mit einer ihm die Krone haltenden Victoria. Diese als Fortuna zu deuten, entbehrt eines antiken Vorbildes 155 und ist nur in Hinblick auf den Einzug in Neapel erklärbar, denn dort hielt Fortuna die Krone des Kaisers, wenn auch nicht direkt über diesem. Zu der Zeit, als er „Roma Triumphans" schrieb, stand Flavio als Sekretär in den Diensten von Pius II., dem er das Werk widmete. Wenn nicht durch seinen persönlichen Kontakt zum neapolitanischen Hof' 5 6 , muß er spätestens durch den Papst, welcher in seinem „somnium de Fortuna" ja gerade besagte Fortuna reflektierte, von dem neapolitanischen Triumphzug Kunde erhalten haben. Die Fortuna als Begleiterin des Triumphators zu sehen, schien ihm nach den Einzügen von Neapel und Reggio offenbar so selbstverständlich, daß sich seine Vision des Triumphes mit ihr verknüpfte und ihm die Diskrepanz mit den archäologischen Quellen entging. Die Fortuna-Allegorie, die ihre Präsenz im Triumphzug zeitgenössischer Kaufmannsmentalität verdankte, wird so unversehens mit antikem Ursprung ausgestattet und damit nobilitiert. Zugleich bestätigt Flavio Biondos Irrtum, daß Fortuna-Occasio tatsächlich zunächst als lebendes Bild im ephemeren Aufzug auftrat, da er sie genau mit einem solchen Ereignis verbindet. Die ikonographische Mutation der Fortuna ist das Indiz ihres Bedeutungswandels vor dessen philosophischer Formulierung: In ihrem Haarschopf manifestiert sich der haptische Anhaltspunkt, der dem Menschen die Möglichkeit bietet, sein Glück „am Schöpfe zu packen" und damit sein Schicksal in die Hand zu nehmen. Die Eigeninitiative im Erkennen und Ergreifen des Augenblickes impliziert den Ausbruch aus einer von göttlicher Providenza be-

153 Cf. Saxl 1992, pp.426-431. 154 Cf. Meyer-Landrut 1997, p.10, A b b . l . 155 A m y C . Smith: Q u e e n s and Empresses as G o d d e s s e s : The Public Role of the Personal Tyche in G r a e c o - R o m a n World. In: Yale University Art Gallery Bulletin (1994), 87-105 bildet (Abb.67 und 68) zwei Kameen ab, die den von Tyche-Fortuna gekrönten Herrscher zeigen. Es ist aber unwahrscheinlich, daß Biondo sich an solchen seltenen Darstellungen inspirierte. 156 Flavio Biondo schrieb einen Brief an Alfonso d'Aragona, in dem er ihn auf den Wert der Geschichtsschreibung hinwies. Cf. Bentley 1987, p.222. Vielleicht erhielt er daraufhin Panormitas Schrift über den Triumphzug, die dann seine Beschreibung beeinflußte.

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stimmten Zeitdimension christlicher Tradition. Diese hier so positiv formulierte Wandlung des individuellen Selbstverständnisses war in der Realität weiterhin von Prädestinationslehre und dem Glauben an astrale Determination überschattet. Das „selbstbestimmte Handeln" seinerseits entlarvt sich mit dem Unterwerfungsgestus ikonographisch als männliche MachtIdeologie, der die Medici in Florenz ebenso ihren Aufstieg verdanken wie Alfonso die Eroberung Neapels. Mit dem Auftritt der Fortuna-Occasio in Neapel 1443 wird der Moment einer ikonographischen Invention greifbar, die in signifikanter Weise die Zeit- und Handlungskonzepte des Quattrocento reflektiert. Der erste Auftritt der Fortuna-Occasio im Medium der ephemeren Inszenierung entspricht so kongenial dem Wesen der „flüchtigen Gelegenheit", daß man eine Anregung zur allegorischen invenzione in der Darstellungsform selbst sehen möchte. Das Selbstverständnis einer aufstrebenden, merkantil geprägten Gesellschaft findet damit zugleich Ausdruck in einem Sinnbild, dem selbst dynamische Bewegung eignet. Warburg hatte bei seinen Forschungen zur Frührenaissance postuliert, daß sich der Anbrach dieser Epoche in den bildenden Künsten in der plastischen Ausdrucksformel des bewegten Beiwerkes, den flatternden Gewändern der Nymphen, äußert. 157 (Abb.32) Fortuna-Occasio wäre entsprechend dazu die Pathosformel per se; als das personifizierte „bewegte Beiwerk" wird sie zum Sinnbild einer Epoche, deren energetischer Aufbruch eine adäquate Visualisierung erheischte.

Die Auswirkungen auf die Festkultur In Florenz waren die Feste zu Ehren des Stadtpatrons San Giovanni Battista das jährliche Ereignis, das mit der Zurschaustellung der edifici im Kontext der Offerta-Prozession den Rahmen für eine legitime kommunale Prachtentfaltung bot. Vermutlich hat der Eindruck des Triumphzuges Alfonso d'Aragonas inspirierend gewirkt, dort 1454 erstmalig mit Oktavian einen antiken, wenn auch heilsgeschichtlich gerechtfertigten Herrscher aufzunehmen. Als der edificio vor der Signoria anhielt, um die rappresentazione der Weissagung der Sibylle aufzuführen, kam es zu einem Zwischenfall. Oktavian war vom Pferd abgestiegen und hatte eben den auf dem edificio errichteten Tempel betreten, als sich ein Deutscher dem Wagen näherte und fragte: „Wo ist der König von Raona (Aragona)?" 158 Als man ihn auf Oktavian verwies, zerschmetterte er zuerst die Kultstatue des Tempels und stürzte dann den Kaiser vom Wagen. (Q XXIV) Der Zorn, der den antiken Imperator unverdientermaßen traf, galt eigentlich dem in Florenz ob seiner imperialen Intentionen gefürchteten aragonesischen König. 159 Nicht nur

157 Warburg 1932, vol.I, besonders seine Überlegungen zu Botticelli, pp.51-55, 65-66 und in „Bildniskunst und florentinisches Bürgertum", p.l 12. 158 d'Ancona 1891, vol.I, p.228 gibt den entsprechenden Passus mit „Roma" wieder. Da jedoch sowohl die hier benutzte Edition der RIS als auch Guasti 1908, p.22, „Raona" zitieren, handelt es sich wohl um einen Irrtum d'Anconas. Palmieri benutzt in seiner Chronik fast immer die Bezeichnung „Re di Raona". Er hatte, wie aus den ausführlichen Beschreibungen der vorangegangenen Jahre zu entnehmen ist, an den Kriegs- und Friedensverhandlungen regen Anteil genommen, so daß es sich möglicherweise sogar um eine Projektion seinerseits handelt. Cf. RIS XXXVI, P.l, pp.l70sq. 159 Im Februar 1454 war es zwischen Venedig, Florenz und Neapel zum Frieden von Lodi gekommen, der im Juni ratifiziert wurde. Der Haß auf Alfonso d'Aragona in dieser Zeit spiegelt sich beispielsweise auch in einem „Poema" von Ser Antonio del Maestro Agostino da San Miniato, das dieser mit den Worten beginnt: „A di 25 di marzo 1454 ie cominciai a scrivere in lunedi. Questa e una gientile

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für den „verrückten" Deutschen, der Spiel und Realität nicht unterscheiden mochte, sondern auch für die Leute, die ihn auf seine Frage nach dem König von Aragon auf den antiken Herrscher verwiesen, scheint diese Konnotation nahegelegen zu haben: Die Darstellung eines antiken Herrschers wurde von den zeitgenössischen Betrachtern mit Alfonso I. gleichgesetzt. A n dieser unmittelbaren Reaktion wird evident, daß der römische Triumph in der Person Alfonsos im wahrsten Sinne des Wortes wieder „aufgelebt" war. Die Intention der Veranstalter 1454 mag eine andere gewesen sein: D e n Tempel, den der Kaiser betritt, bezeichnet Palmieri als „Templum Pacis", also jenen römischen Tempel, der in der Nacht der Geburt Christi einstürzte. 1 6 0 Zugleich verweist er aber auf den Tempel der Weissagung, der an der Stelle der heutigen Santa Maria in Aracoeli auf dem römischen Kapitol stand. Die Verlegung des Schauplatzes nach Florenz deutet auf den Anspruch der Stadt, die legitime Nachfolgerin R o m s zu sein. Nicht nur im Fall der San Giovanni-Prozessionen läßt sich annehmen, daß die antikisierende Prachtentfaltung auf die Prozessionen in Florenz zurückwirkte, sondern ebenso angesichts der Instrumentalisierung des Epiphaniefestes durch die Medici. Ihr ausgeprägtes Repräsentationsbedürfnis machte sie zu idealen Adressaten von Panormitas Triumphzugsbeschreibung. Andererseits wurde die florentinische Festkultur in der Folge vorbildhaft für die neapolitanische. Die sacre rappresentazioni,

die unter Alfonso in Santa Chiara und im D o m stattfanden,

orientierten sich Panormita zufolge an den florentinischen. 1 6 1 (Q L X I X ) Auch die Florentiner selbst traten dort erneut als festaiuoli

in Erscheinung: im Jahr 1477 bei der Hochzeit von Fer-

rante I. mit Giovanna d'Aragona und 1476 anläßlich der Hochzeit Beatrice d'Aragonas mit Matthias Corvinus, wo sie die „Trionfi" Petrarcas aufführten. 1 6 2 ( Q L X X ) Die Prozessionstraggerüste, mit denen man Charles V I I I . im Jahr 1495 empfing, waren der Beschreibung eines französischen Augenzeugen zufolge ähnliche Konstruktionen wie die florentinischen

nuvole.xbl

„Es gab eine Lilie von vier lebenden Kindern in der Luft gehalten, was eine über alle anderen Dinge hinaus wunderbare Sache schien, das zweite zeigte ein anderes Kind, das in einer Hand das Rad der Heiligen Katherina hielt und in der anderen eine große Lilie, und in der Lilie war eine Muttergottes, was eine wunderbare Sache ist, wie es dies hochhalten konnte." (Q LXXVII)

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maravigliosa et pietosa opera dell'assedio che quel tiranno raonese, che non merita essere chiamato re, puose a Piombino nel 1448 circa di mesi 4, (...)" (Magl.II.II.39, BNCF, fol.49). Cf. Warburg 1932, vol.I, pp.362-363. Panormita erwähnt, daß Alfonso jedes Jahr Mysterienspiele ausrichten ließ „mit prachtvoller Ausstattung und sehr fromme und feierliche rappresentazioni, unter Anwesenheit zahlreicher Personen. Da er wußte, daß man in der Toscana jene Spiele in einzigartiger Ausführung finden konnte, um in dieser Sache, die dem Lobpreis Gottes diente, nicht von irgendjemand übertroffen zu werden, schickte er dorthin, um alles zu verstehen und sich zu informieren. Und als er unterrichtet worden war, führte er es mit noch größerer Kunstfertigkeit und größerer Pracht aus." Eine sacra rappresentazione wurde 1452 zu Ehren von Friedrich III. in Santa Chiara aufgeführt. (Panormita lib.IV, c.4 / Giacomo il Notar ed.1845). Darüberhinaus berichtet eine Chronik (Racconti di storia napoletana 1909, p.486), daß die Florentiner 1452 zum Einzug Friedrich III. in Neapel 4 Triumphbögen errichtet hätten. Die Chronik scheint allerdings nicht ganz glaubwürdig, auch im Hinblick auf die Beschreibung des Einzuges Alfonsos in Neapel. Der Brief wurde von einem Adrien, möglicherweise Adrien de Höpital verfasst, und, wie weitere Briefe, die von Franzosen nach Frankreich geschickt wurden, von Ludovico il Moro abgefangen und in dessen Archiv aufbewahrt. Cf. Cutolo 1938, pp.183-185, 205.

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Die Illustration der bebilderten neapolitanischen Chronik gibt eine solche erstaunliche Konstruktion wieder (Abb.16) und erwähnt, daß „Franzosen und andere Auswärtige" über die ingiegnie erstaunt waren. (Q LXXVI) Anläßlich der Krönung Alfonso II. im Jahr 1494 ist ein Triumphbogen mit lebenden Bildern belegt und zeugt davon, daß man in Neapel auch diese Inszenierungsvariante beherrschte.164 Das Innovative des neapolitanischen Einzuges von 1443 hatte sowohl in der „Wiedergeburt" des antiken Triumphzuges gelegen, als auch in der Verwendung lebender Bilder für nicht-religiöse Themen, die zugleich der Darstellung unkonventioneller Allegorien dienten. Die Auswirkungen dieses Triumphzuges auf die Festkultur und das Antikenverständnis in Italien sind kaum zu überschätzen.

2.

Der Einzug Friedrichs III. in Venedig 1452

Im Anschluß an seine Krönung in Rom im Jahr 1452 besuchte Kaiser Friedrich III. Venedig, wo man ihn mit einer Schiffsparade empfing, die unter anderem mit lebenden Bildern geschmückte Boote enthielt.165 Enea Silvio Piccolomini liefert in seiner Vita des Kaisers zwar keine konkrete Beschreibung der lebenden Bilder, aber eine Aufzählung von Figuren: Venus und Amor, Amazonen, Apoll und die neun Musen, Bacchus und die drei Grazien, Mars, Herkules, Achill, Hektor, Romulus, Alexander, Julius Caesar, Pompeius und Augustus, Fortuna, dann folgen mythologische Fabelwesen, schließlich erwähnt er noch religiöse Darbietungen. (Q CXIX) Genauer äußert sich ein venezianischer Chronist, dem zufolge es sich um zwei Boote handelte, das eine mit einer religiösen, das zweite mit einer profanen Darstellung.166 Auf dem letzteren, an welchem der Kaiser größten Gefallen fand, waren zwei soler, also wohl bühnenartige Aufbauten. Die eine dieser Bühnen zeigte ein sich drehendes Rad, auf dem acht „in der Art von Engeln gekleidete" Kinder kreisten, die andere „alle römischen Herrscher", zwischen denen auf einem Sitz Octavianus Augustus thronte. Darüberhinaus fand ein Tanz von Nymphen statt, deren Oberkörper nackt schienen. Die Aussagen beider Quellen lassen sich teilweise in Ubereinstimmung bringen. So entsprechen die halbnackten Nymphen wohl den Amazonen, Musen und Grazien. Tichy schlägt vor, in dem Engelsrad das Attribut der Fortuna zu sehen und interpretiert in diesem Zusammenhang die antiken Heroen als Tugendhelden.167 Daran anknüpfend könnte man vermuten, daß diese Helden eine an den neufpreux inspirierte Zusammenstellung waren - rechnet man den Kriegsgott Mars zu ihnen, ergibt sich die erforderliche Anzahl. Unter ihnen ist Oktavian, als der Kaiser, in dessen Herrschaft die Geburt des Heilands und damit der Beginn der christlichen Epoche fällt, hervorgehoben. Vermutlich waren es gerade jene antiken Heroen, die den

164 Auf dem Triumphbogen war ein Triumphwagen mit den sieben Tugenden zu sehen. (Q L X X V ) Daneben gab es ein von der Thematik her originelles lebendes Bild, einen Orpheus mit den wilden Tieren, der aus einem Füllhorn Münzen verteilte. (Q L X X I V ) Zu weiteren Festen cf. Pieri 1985. 165 Zu den Festlichkeiten cf. Tichy 1997, pp.25-3Z 166 Der Bericht ist publiziert bei Tichy 1997, p p . 2 8 - 2 9 . 167 Tichy 1997, p.30.

Triumphale Herrsch ereinzüge besonderen Gefallen des neuen rex Romanorum

89 erregten, dessen literarisches Interesse auf

Geschichte und Staatslehre gerichtet war. 168 U b e r die Veranstalter der Inszenierung läßt sich leider nicht mehr sagen, als daß die Schiffe von den Zünften ausgestattet wurden. 1 6 9 Eine Anregung durch den neapolitanischen Einzug ist insofern zu vermuten, als das Dargestellte mit der Antithese Fortuna - Virtus und dem Auftritt antiker Helden zentrale Elemente aufnimmt und in Venedig zuvor keine solchen D a r bietungen dokumentiert sind. 1 7 0

3.

Der Einzug Borso d'Estes in Reggio 1453

Auf seiner Reise durch Italien hatte Friedrich III. 1452 B o r s o d'Este, dem Herrscher von Ferrara, gegen 4 0 0 0 Dukaten jährlich die Herzogswürde für die Städte Modena und Reggio verliehen. I m folgenden Jahr demonstrierte B o r s o seine neue Würde durch triumphale Einzüge in die beiden Städte, die Giovanni da Ferrara in seiner E s t e - C h r o n i k beschreibt. U b e r die Feste in Modena ist darüber hinaus wenig bekannt. 1 7 1 ( Q LVII) D e r Empfang in Reggio aber ist nicht nur durch zwei ausführliche Berichte, sondern auch durch einen Briefwechsel während der Vorbereitung ungewöhnlich gut dokumentiert. 1 7 2 ( Q L X X X V I I - X C I ) Einzigartig für das Quattrocento liegt ein schriftlicher Programmentwurf vor, der mit zahlreichen Details Einblick in die Festvorbereitungen gibt. D e r realisierte Empfang aber weicht von diesem E n t wurf ab und zeigt, daß noch andere Interessengruppen Anteil an der Festgestaltung hatten.

Der Entwurf Malatesta Ariostis D e r Humanist und Dichter Malatesta Ariosti bekleidete während seiner Laufbahn verschiedene Ä m t e r im Dienste der Este, zu diesem Zeitpunkt war er cancelliere und cancelliere

ducale

in Reggio

der K o m m u n e in Ferrara. 1 7 3 In einem Brief vom 4. Juni 1453 schrieb er aus

Ferrara an den capitano

von Reggio, daß die Einwohner von Modena für die Ankunft des

Fürsten „Triumphwagen und wunderbare D i n g e " machen und daß es angebracht sei, „diese

168 Cf. Friedrich III. Kaiserresidenz Wiener Neustadt (Ausstellungskatalog) Wien 1966, pp.38-40, 223. 169 Eisler 1989, p.449 vermutet eine künstlerische Mitwirkung Jacopo Bellinis, ebenso wie für den Einzug des Paläologen im Jahr 1438. 170 Vielleicht griff man in dem Turm mit singenden Engeln, bekrönt von der Trinität auf dem anderen Boot auch die Darbietung der Spanier auf. 171 Die Beschreibung Giovanni da Ferraras, Mitglied des Minoritenordens und Professor der Theologie, fällt wesentlich kürzer aus als sein Bericht über den Einzug in Reggio, beide sind Teil seiner 1453/54 verfassten „Excerpta" (RIS, X X , 2, pp.41-46). Cf. darüberhinaus Manicardi 1984, p.121, die Zahlungen an einen Giacomo Pignatti für die Trionfi erwähnt. 172 Adolpho Levi publizierte anläßlich der „Nozze Levi-Sottocasa" 1899 eine Sammlung von Dokumenten, welche die Vorbereitungen und den Einzug selbst betreffen. Eine italienische Übersetzung der bei Levi enthaltenen lateinischen Beschreibung des Einzuges publizierte Carducci 1944, pp.204-219. 173 Malatesta wurde um 1400 geboren und starb 1476. Seit 1440 war er notaio der XII savi in Ferrara, ab 1450 cancelliere ducale in Reggio, 1453 Botschafter in Dienste Borso d'Estes, 1450-1460 cancelliere der Kommune in Ferrara. Cf. DBI, vol.4, pp.188-190. Zu seinem dichterischen Werk cf. Levi 1904.

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mit anderen Dingen, wenn sie dort fehlen, zu übertreffen". 1 7 4 Mit diesem Argument, das auf dem Konkurrenzdruck zwischen den Städten aufbaut, wird er im folgenden noch mehrfach versuchen, die Bürgerschaft von Reggio zu motivieren bzw. zu überzeugen, seinen Vorschlägen zu folgen. 1 7 5 Zunächst fand am 14. Juni in Ferrara ein Beratung zwischen Ludovico C a sella, dem engsten Berater B o r s o d'Estes, Giovanni Bonzagni und Malatesta Ariosti statt. 1 7 6 A m 19. Juni wählten die anziani von Reggio zwei Verantwortliche für die Festgestaltung. Spätestens zu diesem Zeitpunkt übernahm Malatesta Ariosti die Aufgabe, ein P r o g r a m m und die entsprechenden D e k o r a t i o n e n zu entwerfen. A m 22. Juni schrieb er, daß er Meister N i c o i a o aus Florenz mit drei Gesellen zur Herstellung der Triumphwagen nach Reggio senden werde, der vorher jedoch nach Modena fahre, um dort „das G a n z e zu sehen, um anzustreben es dann besser zu m a c h e n " . ( Q L X X X V I I I ) N i c o l o Baroncelli detto del Cavallo war seit 1443 am H o f der Este tätig. 1 7 7 Ein von Leonello d'Este bei ihm in Auftrag gegebenes Ex-Voto, das diesen als Falkner mit zwei Falken zeigte, wurde wegen seiner G r ö ß e in Ferrara als einzigartig gerühmt und brachte dem Künstler den Auftrag eines Reiterstandbildes Niccolos III. ein, das 1451 errichtet wurde. 1 7 8 Daraufhin betraute man ihn mit der Aufgabe, ein Standbild B o r s o d'Estes zu schaffen, vor dessen Vollendung er jedoch Ende O k t o b e r 1453 verstarb. 1 7 9 Als er im Juni 1453 den Auftrag für die Festgestaltung erhielt, kann er demnach als Hofkünstler der Este bezeichnet werden; auf seine Hochschätzung verweist Malatesta in einem seiner späteren Briefe. Vasari zufolge ist der aus Florenz stammende Künstler ein Schüler Brunelleschis gewesen. 1 8 0 Bei ihm hätte er sich das Wissen über die technischen Voraussetzungen gelungener Inszenierungen aneignen k ö n n e n , und in der Tat erinnern die später ausgeführten Effekte an die von Brunelleschi inszenierten sacre

rappresentazioni.

In seinem Brief gibt Malatesta den anziani noch weitere Anweisungen, über die notwendigen Werkstätten für den Künstler, die geeignet sein sollen, „die Wagen auszuprobieren" und die entsprechenden Materialien und Gehilfen, die den ganzen Aufwand der Unternehmung deutlich vor Augen führen. ( Q L X X X V I I I ) Darüberhinaus finden weitere Beratungen statt, in die noch Buonfrancesco Arlotti, R e k t o r der Universität Ferrara, ein Gaspar Messore und schließlich der Künstler selbst involviert werden. 1 8 1 D a Malatesta nicht anreisen konnte, schickte er am 26. Juni eine Beschreibung des Programms und einen ergänzenden Brief nach 174 „A Modena vi aduiso se fano carri triumphali et meraueglie per honorarsi Jn La uenuta del nostro S. in La. Si chel conuene che suppliati custi cum altro se in questo se mancara." Levi 1899, p.VII. 175 Siehe (Q LXXXVIII - L X X X I X ) und im nachhinein als Argument bei den Zahlungsverzögerungen (Q XC). 176 Ludovico Casella (1406/07-1496), erhielt seine Ausbildung an der Schule des Guarino Verona und arbeitete ab 1437 in der cancelleria in Ferrara, wo er bereits unter Leonello d'Este zum capo aufstieg. Seine Karriere erreichte unter Borso d'Este seinen Höhepunkt, dessen referendario und engster Vertrauter er über viele Jahre hinweg war, so daß man ihn als dessen alter ego bezeichnete. DBI, vol.21, pp.310-312. 177 Zu dem Künstler, von dem sich keine sicheren Werke erhalten haben, cf. DBI, vol.6, pp.439-441. 178 Die Zahlungen in diesem Zusammenhang sind publiziert bei Franceschini 1993. 179 Während Vasari in der Vita Brunelleschis berichtet, daß er noch 1461 arbeitete, geht aus den von Levi 1899 und Franceschini 1993, p.397 publizierten Dokumenten hervor, daß er 1453 verstarb. 180 Vasari ed. Milanesi, vol.II, p.386. 181 Buonfrancesco Arlotti (1422-1508) war bis 1455 Rektor der Universität in Ferrara, 1471 Orator des Herzogs beim Papst und ab 1478 Bischof von Reggio. DBI, vol.4, pp.215-216.

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Herrschereinzüge

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R e g g i o , w o b e i er sich ausführlich ü b e r K o s t ü m i e r u n g , R e g i e u n d A u s w a h l d e r D a r s t e l l e r ä u ßert.182 M a l a t e s t a s E n t w u r f sah z w e i T r i u m p h w a g e n v o r : A u f d e m e r s t e n W a g e n sollte u n t e r e i n e m B a l d a c h i n d e r Heilige P r o s p e r in d e r B e g l e i t u n g v o n singenden E n g e l n e r s c h e i n e n , in d e r H a n d die Schlüssel d e r Stadt, die z w e i E n g e l d e m e i n z i e h e n d e n B o r s o d ' E s t e z u ü b e r r e i c h e n h a b e n . ( Q L X X X I X ) D a m i t b e z o g er sich w o h l auf die e n t s p r e c h e n d e K o n k u r r e n z a u f f ü h r u n g in M o d e n a , die ihrerseits den S t a d t p a t r o n San G i m i g n a n o auf e i n e m T r i u m p h w a g e n p r ä s e n tiert h a t t e . ( Q L V I I ) Sein z w e i t e r T r i u m p h w a g e n a b e r ist eine originelle S c h ö p f u n g : „Ein anderer Triumphwagen soll dahinter kommen, auf dessen einer Seite der Papst stehe, auf der anderen der Kaiser, und in der Luft kann einer von denen sein, der zu seinen Füßen ein Engelchen mit deren Wappen hat, das heißt die Schlüssel und den Adler. In ihrer Mitte sei eine Quelle, die ringsherum einen Zaun haben soll, und hinter der Quelle soll eine schöne große und geschmückte Palme stehen und dort in der Mitte das Einhorn, was die ganze Helmzier des Herrn ist. Der Papst und der Kaiser sollen zur Demonstration die Wappen des Herrn vor sich haben und eine Hand, die aus der Palme herauskommt, hält eine Weltkugel und auf dieser Welt soll ein geldstreuender Engel stehen. Dahinter, wo der Sitz sein wird, soll ein schöner Pallio aus Seide die Herrlichkeit steigern. U m den Wagen herum stehen Leute verschiedener Nationen wie Venezianer, Florentiner, Ungarn, Slaven, Deutsche, Franzosen, Griechen, Türken, Juden, Soldaten, Gelehrte, Geistliche weißer und schwarzer Bruderschaften, und hier, wenn das Einhorn sein Horn ins Wasser taucht, wird einjeder gehen, um von diesem Wasser zu trinken, und auch der Papst und der Kaiser knieen sich hin, um zu trinken. Und dieser Triumphwagen soll von vier mit weiß bedeckten Pferden gezogen werden, welche, wenn es möglich ist, Flügel oben auf der Kruppe haben sollen, wenn man vielleicht keine Flügel haben kann, sollen sie stattdessen vier Engel in der Art wie nackt darauf haben. Und hinter diesem Triumph sollen Fortuna, Fama, Pace, Cupido, Juno, Venus und Pallas sein. ( . . . ) Wenn die Knaben dem Herrn die Schlüssel überreicht haben, gehen alle in Richtung des Platzes, und wenn sie dort angekommen sein werden, wird eine Frau, die die Justitia sein wird, hervortreten, ganz in rot gekleidet, und sie wird die Waage in der Hand halten und einen goldenen Apfel in der anderen Hand, mit den Worten „Dieser Apfel gebührt der Schönsten", und das blanke Schwert. ( . . . ) " (Q L X X X I X ) In s e i n e m Schreiben ist diese rappresentazione

n o c h m a l s u n d ausführlicher e r k l ä r t . Justitia

nämlich „wird jene drei Göttinnen nicht auf dem Wagen, sondern zu Fuß bei sich haben, ( . . . ) und hier wird entsprechend der Sache jede der drei Göttinnen ihr Sonett aufsagen. Der Herr wird entscheiden, daß Pallas den Apfel haben soll. Das Urteil gefällt, dröhnen die Trompeten und weiter geht's zum Platz. Justitia soll zu ihrem Platz auf dem Wagen zurückkehren, jene anderen folgen gebunden und in Ketten gelegt dem Triumph, mit den anderen, die sein sollen die Fama, Fortuna, Pace, Cupido, J u n o , göttlichste der Göttinnen, Venus Göttin der Schönheit, Pallas Göttin der Weisheit. Und über allen triumphiert das Wappen des Herrn. ( . . . ) " (Q L X X X I X ) D e r T r i u m p h w a g e n v e r s a m m e l t s o ein S a m m e l s u r i u m h u m a n i s t i s c h e r B i l d u n g i m D i e n s t e ein e r ü b e r s t e i g e r t e n P a n e g y r i k . 1 8 3 D e r A u t o r v e r s u c h t e offenbar m ö g l i c h s t viele A s p e k t e i m H i n b l i c k auf die w e n i g e für die V o r b e r e i t u n g z u r V e r f ü g u n g s t e h e n d e Z e i t - es w a r e n n u r n o c h 10 o d e r 12 Tage b i s z u m E i n z u g - z u k o m p r i m i e r e n . 1 8 4

182 Levi 1899, p p . X I I I - X I X . 183 Im Anschluß plante Malatesta den Auftritt einer Person „in der Art eines Poeten", als dessen Merkmal er Haare „bis auf die Schultern" und einen Lorbeerkranz auf dem Kopf vorsah, der abschließend erklärende Verse vorgetragen hätte. Levi 1899, p.XV. 184 Ariosti schreibt am 22. Juni: „Meister Nicoiao und ich haben einen wunderbaren Entwurf gemacht,

Evokation

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Das Bild von Papst und Kaiser, die dem neuen Herrscher huldigen, referriert auf die Konzeption des „letzten Herrschers", so wie er sich in Dantes „Veltro" verbirgt. 185 Wie man von diesem „Re dei christiani", der in Personalunion weltliche und geistliche Macht vereint, erhoffte, daß er die Ungläubigen besiegen und alle Nationen unter seinem Frieden vereinen würde, so sollten sich in Malatestas Vision alle Nationen und Stände Borso d'Este unterwerfen. Angedeutet war eine solche Huldigung auch im Triumphzug Alfonsos, wo dem Thron der Justitia „eine große Menge von Reitern, in Kleidung und Aussehen verschiedener Völker, Fürsten und Vornehmen" folgten. 186 Auf diese von Malatesta geradezu ins mystische gesteigerte Erwartung verweist ebenso das Einhorn, dem die Legende wundertätige Kräfte zuspricht. Seine Präsenz in den Wappen der Este bezieht sich wie die Hydra auf die Legende des Sieges der Este über ein Ungeheuer in den Wassern des Po. 1 8 7 Die Kraft der Entgiftung des Wassers, die der Mythos dem Einhorn zuschreibt, wurde also mit der historisch-legendären Reinigung verknüpft und in eine politische Allegorie umgedeutet: So wie das Einhorn die Wasser reinigt, wird Borso alles Üble vertreiben. 188 Mit dem Einhorn, dem Zaun der „Fides"-Imprese und dem „dattaro", dem Dattelpalmenzweig des Este-Wappens vereinte Malatesta Ariosti drei Wappenzeichen Borsos zu einem eingängigen Bild. 189 1451 hatte Borso d'Este einen Wechsel seiner Impresen in Gang gebracht: Der Pallio, der Siegespreis der Wettkämpfe anläßlich des Festes zu Ehren von San Giorgio, der 1450 noch den Wolf zeigte, wurde 1451 mit der neuen Devise des Einhorns versehen. 190 Aber 1454 waren immer noch nicht alle alten Devisen ersetzt, wie aus Zahlungen an einen Maler ersichtlich ist. 191 Für die Aufführung in Reggio kann also die Motivation gewesen sein, die neue Imprese zu popularisieren. In genau jener Verschmelzung wie dort stellte Giorgio Allemagna die Motive im mittleren Bildfeld des rechten Blattrandes unter den Impresen im Codex „La Spagna in Rima" dar, für den er im August 1453 Zahlungen erhielt. 192 In der wenige Jahre später geschaffenen Este-Bibel ist sie ebenfalls unter den Illuminationen. Eine Miniatur aus der Bibbia di Certosa, kurz nach dieser in Auftrag gegeben, zeigt das Einhorn auf einer Art Podest, das an ephemere Aufbauten erinnert. 193 (Abb.35)

um Euch reichlich Ehre zu machen, aber schnell und gut geht nicht zusammen, Zeit brauchte es. Aber wir haben die Sache etwas reduziert auf eine Zusammenfassung, wie ihr sehen werdet ( . · . ) " (Q L X X X V I I I ) . 185 Dante: Divina Comedia, Inferno I, 105. Cf. Enceclopedia Dantesca s.v. Veltro und feltro. 186 So Panormita in seiner Beschreibung (Q LXII). 187 Cf. Luciano Chiappini: Gli Estensi, Varese 1967, pp.l41sq. 188 Der Kampf des Einhorns gegen das Ungeheuer ist auch dargestellt in Estensischen Miniaturen. Hermann 1994, fig.44. 189 In den Miniaturen, die ebendiese Kombination zeigen, sieht der Zaun der Fides-Imprese etwas anders aus als der, der das Einhorn umgibt, doch scheint mir der Zusammenhang eindeutig. 190 Cf. Franceschini 1993, pp.345, 663. 1451 sind Zahlungen an Maestro Jachomo turola depintore dokumentiert: nr. 663 c): „ ( . . . ) de avere refati smalti quattro ale devixe nove, zoe uno alicorno uno battesimo, uno columbaro e uno paraduro, che vano ala nave d'intorno de la dita nave ( . . . ) " ; nr. 663 f): „(...) per lo prexio delo zimiero fato a licornio come uno dattaro de sopra delo alicornio, per lui dato per mettere al Pallio de San zorzo ( . . . ) " und nr. 663 g): „ ( . . . ) de avere reffato uno alicornio come lo dattaro de due e quale era in prima uno lupo zerviero e con le devixe vechie". 191 Cf. Franceschini 1993, p.412, nr. 728. 192 Cf. Hermann 1994, pp.51/231. 193 Cf. Hermann 1994, p.107.

Triumphale

Herrsebereinzüge

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Die politische Panegyrik findet einen weiteren Höhepunkt in der Korrektur des Paris-Mythos. Borso wird nicht wie Paris die Schönste wählen und damit Krieg verursachen, sondern die Göttin der Weisheit, sich so als weiser Herrscher profilierend. Die Unterwerfung der heidnischen Göttinnen unter den irdischen Fürsten mutet dabei wie eine Nebensache an, doch sie ist einem Herrscher in dieser semidramatischen Form hier erstmalig zugedacht gewesen. Malatestas Entwurf der äußeren Erscheinung der heidnischen Göttinnen und Allegorien spiegelt die Auseinandersetzung mit antiken Bildformularen. Zugleich der künstlerischen Tradition und der Mode seiner Zeit verhaftet, bemüht er sich, deren ursprüngliche Herkunft durch Attribute „all'antica" erkennbar zu machen 194 und fordert: „bei den Händen sollen strahlendweiße Schleier festgebunden sein, die hinten verschlungen sind, die im Wind wehen. Dann sollen sie dicht unter dem hochgehobenen Wams gegürtet werden, in der Art, daß es erlaubt, das halbe Bein zu sehen ( . . . ) " (Q L X X X I X )

Die Kleiderordnung der Göttinnen schreibt damit in frappierender Ubereinstimmung genau jenes Element vor, was Warburg mit dem „bewegtem Beiwerk" benannte und als signifikant für den Beginn der künstlerischen Antikenrezeption erkannte. 195 Wie im Fall von Warburgs „Nympha" aus den Fresken Ghirlandaios zeigt sich „die Antike" darin, daß sie Körper und Gewandung die Lösung von den gesellschaftlichen Konventionen der eigenen Zeit gestattet. (Abb.32) Doch ist dieser ästhetische Kanon, dem Bildwerk und lebendes Bild gleichermaßen folgen, in den bildenden Künsten in der Mitte des Quattrocento noch kaum faßbar.196 In der Kunsttheorie fordert zwar bereits Alberti in seinem Malerei-Traktat, die Gewänder in Bewegung zu versetzen, aber ohne dies mit einer bestimmten Figur zu verbinden.197 Erst Leonardo formuliert explizit den Antikenbezug des bewegten Beiwerkes. 198 Woher bezog Malatesta 194 „Fama soll ein weißes Hemd und einen weißen Hüftgürtel tragen, mit einer Trompete in der Hand, und aus dieser Trompete wachsen Lilien in weiß und anderen Farben heraus, und sie soll eine große Girlande aus Lorbeerblättern auf dem Kopf haben. Pace soll ganz in grünem Hemd und Wams gekleidet sein, und auf dem Kopf soll sie eine große Girlande aus Kornähren und zwei Trauben tragen, und in der Hand einen geschmückten Olivenzweig etc. etc. J u n o , Göttin der Götter, wie auch Pallas und Venus sollen alle in der Art von Jägerinnen gekleidet sein." ( Q L X X X I X ) Der geplante Kopfputz bestand aus Wülsten aus feiner Leinwand, über denen die entsprechenden Girlanden liegen sollten, in denen bei J u n o , Pallas und Venus noch kleine grüngoldene Flügel, zusätzlich zu jenen auf dem Rücken angebrachten sein sollten. Auf Cassonebildern wurde Venus durch Flügel am Kopf charakterisiert, zum Beispiel bei einem Paris-Urteil aus der Werkstatt Apollonio di Giovannis in der G e mälde-Galerie in Prag oder in den Planetenbildern Baldinis (Abb.47). 195 Warburg 1932, vol.I, p p . 5 1 - 5 2 . 196 Künstler wie Botticelli, Ghirlandaio und Pollaiuolo, bei denen sich die Verwendung des bewegten Beiwerkes besonders gut erkennen läßt, wirken erst ab ca. 1470. Z u m Zeitpunkt der Aufführung in Reggio lassen sich nur wenige Beispiele wie die „Grazien" auf Ghibertis Bronzetür und Motive wie der „Raub der Sabinerinnen" und „Nessus und Deianeira" auf Filaretes Bronzetür von Sankt Peter in R o m zitieren. 197 „Ma dove cosi vogliamo ad i panni suoi movimenti sendo i panni di natura gravi et continuo cadendo a terra, per questo starä bene in la pictura porvi la faccia del vento Zeffiro ο Austro che soffi fra le nuvole onde i panni ventoleggino. Et quinci verrä ad quella gratia, che i corpi da questa parte percossi dal vento sotto i panni in buona parte mostreranno il nudo, dall'altra parte i panni gettati dal vento dolce voleranno per aria; (. · .)" Alberti ed. Janitschek 1877, p.131. 198 Leonardo fordert: „ ( . . . ) et imita, quanto puoi, Ii greci e latini co'l modo del scoprire le membra, quando il vento appogia sopra di loro Ii panni; ( . . . ) " und „ ( . . . ) ma solo farai scoprire la quasi vera

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also seine Vorstellung? Inspirierte er sich an der antiken Literatur, z . B s p . der Schilderung des Parisurteils bei Apuleius, w o die Winde die den Leib der Venus verdeckenden Schleier lüften? Basiert sein Entwurf auf der Kenntnis antiker Kunstwerke? O d e r steht dahinter der Künstler Nicolo Baroncelli, von dessen Werken nichts bekannt ist? Wie im Fall der Fortuna 1443 in Neapel scheint dem Medium des lebenden Bildes hier eine signifikante Rolle zuzufallen. Ist in der bildenden Kunst das Bewegungsmotiv synonym mit der rinascita der Antike zu setzen, so fällt der „illusionistischen" Verlebendigung in F o r m eines lebenden Bildes die Rolle eines Experimentes zu, in dem „ N a t u r " und „Antike", die beiden „Lehrmeisterinnen" des Künstlers im 15. Jahrhundert, zusammenfallen. Die Wiederbelebung der antiken Göttinnen erhält durch die Dynamisierung fast bildmagischen Charakter, da das lebende Bild mit künstlichen Mitteln jene nur in Stein gebannt überlieferte Ausdruckskraft zu „realisieren" sucht. D a s lebende Bild, dem an sich Statik eignet, kann dies aber nur bis zu einem gewissen Grade leisten. Vielleicht ist darin der Grund für die zahlreichen tanzenden, leichtbekleideten N y m phen zu sehen, deren Auftritte sich in der zweiten Hälfte des Quattrocento mehren. 1 9 9 Malatesta Ariostis Inszenierung wäre die früheste unter den bekannten mythologisch-allegorischen rappresentazioni der italienischen Kulturgeschichte geworden, hätte man sie seinen Angaben gemäß ausgeführt. D o c h läßt sich aus den beiden ausführlichen Beschreibungen des Einzuges schließen, daß von seinem Entwurf nur der Wagen des Heiligen Prosper realisiert, der Wagen des Einhornes hingegen verändert und ohne die antiken Reminiszenzen und das Parisurteil aufgeführt wurde. Ariosti muß später von den Programmänderungen erfahren haben, denn in seinem Brief, in dem er über die Nichtbezahlung N i c o l o Baroncellis klagt, kommentiert er dies: „Jener erste Entwurf j ener Triumphwagen (...) hat nicht s eine volle Wirkung gehabt durch den Mangel der geeigneten Gewänder für die Göttinnen". (Q X C ) Die Wiedergeburt der „ N i n f a " ist aber wohl nicht an der Unumsetzbarkeit ihres „bewegten Beiwerkes" gescheitert, sondern an Malatestas aufwendigen Kostümvorschlägen. Schon bald sind sie und ihre göttlichen Schwestern aus den semidramatischen Darbietungen auf Hochzeiten und Empfängen nicht mehr wegzudenken.

Das realisierte Programm Der Eingriff in Malatestas Entwurf war gravierend: Der gesamte Ablauf wurde verändert, alle mythologischen Elemente wurden entfernt und andere Darbietungen eingefügt, die sich einerseits an jenen des Einzuges Alfonsos I. in Neapel zehn Jahre zuvor orientierten, andererseits ihre Anregung aus den Inszenierungen des kontemporären religiösen Theaters bezogen. Wer aus welchen Gründen diese Änderungen veranlaßte, die eine „Christianisierung" des antikischen Triumphzuges implizierten, überliefern die Quellen nicht. Der Zeitmangel, den Malatesta beklagt, kann letztlich nicht der Grund gewesen sein, da das realisierte Programm schließlich aufwendiger war als das verworfene: N e b e n drei mobilen Inszenierungen gab es vier weitere Stationen mit Darbietungen. Der neue H e r z o g selbst sorgte sich, wie ein Brief

grossezza delle membra a una ninfa, o'uno angello, Ii quali si figurino vestiti di sotili vestimenti, sospinti o'inpressi dal soffiare de venti; ä questi tali et simili si potra benissimo far scoprire la forma delle membra loro." Leonardo, ed. Ludwig 1888, vol.1, pp.522 / 528. 199 Solche gab es zum Beispiel ein Jahr zuvor in Venedig zum Empfang Kaiser Friedrichs III. (v.s. und cf. Tichy 1997, p.37) und ebendort 1459 (Q CXX).

Triumphale Herrschereinzüge zeigt, offenbar lediglich um den organisatorischen Ablauf. 2 0 0 Es müssen daher die anziani

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damit die Bürger von Reggio gewesen sein, die von Malatestas Entwurf nur einige Teile übernahmen, sei es, weil er ihnen zu unverständlich und die Antikenbezüge zu „modern" schienen, sei es, daß sie kein vom „Hofhumanisten" vorgegebenes Programm aufführen, sondern sich mit eigenen invenzioni

repräsentieren wollten. 2 0 1

Wie von Malatesta vorgesehen, wurde der einziehende Herzog vom Stadtpatron, „der aus dem Paradies hinabzusteigen schien mit seinem himmlischen Hofstaat", empfangen und erhielt von diesem die Schlüssel der Stadt. 2 0 2 ( Q X C I ) Die Schlüsselübergabe - und deren Rückerstattung - ist eine Ü b e r n a h m e aus dem politischen Zeremoniell, wie sie beispielsweise 1459 B o r s o d'Este selbst zum Empfang des Papstes Pius II. ausführte, da Ferrara von den Este für den Kirchenstaat nur verwaltet wurde. 2 0 3 F ü r den Betrachter, dem diese Handlung als ritueller A k t vertraut war, müssen die Übergänge von Realität und Spiel fließend gewesen sein. In den italienischen K o m m u n e n kam dem Stadtpatron eine wichtige Funktion zu, die sich in Bildprogrammen ebenso spiegelt wie in seinem leibhaftigen Auftreten, das bei weiteren Gelegenheiten, besonders in Mailand 1449 und Venedig 1495, belegt ist. Auf der anderen Seite des Tores erwartete B o r s o ein wappengeschmückter, von vier weißen Pferden gezogener Triumphwagen: „Auf diesem Wagen war in der Mitte ein Thron über drei Stufen erhöht, auf einem mit seidenen Stoffen geschmückten Podest, und vor besagtem Thron saß auf der zweiten Stufe ein aufs schönste geschmückter Jüngling in Gestalt der Justitia, der in den Händen ein blankes Schwert und die Waage zu Füßen hatte. Unter ihm auf der dritten Stufe war ein Knabe in Gestalt eines Engels. An jeder Ecke des besagten Wagens war ein reich gekleideter junger Mann, der die Person eines gelehrten Doktors darstellte, die einen schönen Baldachin hochhielten, der den ganzen Wagen überdeckte (...)" (Q XCI)

200 In einem Brief vom 26. Juni weist der Herzog die anziani an: „Nach dem Einzug möchten wir beim Dom absteigen, und dort soll eine klare und kurze Messe vorbereitet sein, sei es aus dem Mund des Bischofs, oder irgendeines anderen Kanonikers: mit irgendeiner Predigt, die einem solchen Zwecke dient. Nach dem Ende der Messe, sei dort eine Tribüne oder anderes, wo wir uns setzen können, während ihr jene Zeremonien und Darbietungen macht, die Eure Bürgerschaft machen will, die informiert werden müssen, daß sie es dort machen." Cf. Levi 1899, p.XII. 201 Bei der Lektüre von Malatestas Briefen kann man sich zudem vorstellen, daß die Adressaten von seinen detailreichen Anweisungen sowohl leicht überfordert wie enerviert waren. 202 Im folgenden werden immer Ausschnitte aus der Beschreibung Giovanni da Ferraras parallel in den Fußnoten zitiert: „Es war auf dem ersten Wagen ein kunstvoll ausgeführter ingegno zu betrachten, auf dem der Heilige Prosper, der Patron des Volkes von Reggio, in der Mitte zwischen zwei Engeln stand. Hoch in der Luft schwebend war ein Baldachin über dem Haupte des Heiligen wahrzunehmen, welcher durch die Kraft von drei Engeln hochgehalten zu werden schien, dem hinzugefügt war ein Engel mit dem Aussehen eines Cupido, der den Vorbeigehenden seinen Segen gewährte. Ein sich drehendes Rad lag unter seinen Füßen, auf dem acht Engel mit Zimbeln, Tamburins und anderen Musikinstrumenten befestigt waren, die sich mit dem Rad schnell bewegten, deren Zusammenklingen so lieblich und hold war, daß nichts darüberhinaus geht." (Q LXXXVII). 203 „E quando il Papa fu suso la Porta de Sancto Pietro, il prefacto duca Borso se ingenochio e basöli Ii pedi, e poi Ii apresentete le chiave de Ferrara cum grande reverentia. II qualle Papa le acceptö e poi le restitui al prefacto duca Borso." Diario Ferrarese ed. RIS, XXIV, 7, 1, p.40. In Perugia wurden, ebenfalls anläßlich des Besuches Pius II. die Schlüssel der Stadt entsprechend durch den Prior dem Papst übergeben. Fabretti 1888, vol.I, p.218. Generell zu Schlüsselübergabe cf. u.a. Dotzauer 1973, dort Abb.2.

Evokation

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W ä h r e n d J u s t i t i a , die w i e in N e a p e l d e n leeren T h r o n des g e r e c h t e n H e r r s c h e r s b e w a h r t e , i m f o l g e n d e n statuengleich v e r h a r r t e , b o t der h i n t e r ihr s t e h e n d e E n g e l d e m H e r z o g diesen T h r o n a n , d e n z u b e s t e i g e n dieser j e d o c h a b l e h n t e . 2 0 4 I m A n s c h l u ß d a r a n t r u g e n fünfzig M ä n n e r ein P r o z e s s i o n s t r a g g e r ü s t h e r a n : 2 0 5 „auf dem in einer Wasserlache umgeben von einem Zaun aus Weidenruten und Palmblättern ein Einhorn war, von der Gestalt eines Esels, ganz versilbert, dieses hielt das Horn in besagte Lache, mit einer schönen Dattelpalme an der Seite; und vor diesem Einhorn außerhalb der Lache, war ein junger Mann in Form eines jungen Mädchens, und er hatte einen angezündeten doppelarmigen Leuchter in der Hand, in der Bedeutung der Caritas. ( . . . ) " 2 0 6 (Q X C I ) W i e v o n M a l a t e s t a v o r g e s c h l a g e n , w u r d e also die n e u e I m p r e s e n - K o m b i n a t i o n B o r s o d ' E s t e s v o r g e f ü h r t , w o b e i eine s o l c h e I n s z e n i e r u n g des W a p p e n b i l d e s in ü b e r d i m e n s i o n a l e r V e r g r ö ß e r u n g hier e r s t m a l i g d o k u m e n t i e r t i s t . 2 0 7 D i e p a n e g y r i s c h e Ü b e r h ö h u n g ist aber i n s o f e r n in eine a n d e r e R i c h t u n g gelenkt, als die christliche H a u p t t u g e n d d e r C a r i t a s , zugleich P e n d a n t d e r J u s t i t i a , B o r s o d ' E s t e als m i l d e n H e r r s c h e r u n d nicht als ü b e r m ä c h t i g e n F e l t r o p r ä s e n tiert. D i e D a r b i e t u n g s e t z t e sich n u n a n die Spitze des Z u g e s , s o d a ß d e m e i n z i e h e n d e n H e r z o g sein W a p p e n b i l d , gefolgt v o m S t a d t p a t r o n , v o r a n g i n g e n . D i e n ä c h s t e S t a t i o n e r w a r t e t e ihn v o r d e r K i r c h e San P i e t r o : „Es war über der Straße in der H ö h e ein verschlossenes Tabernakel in Form eines Paradieses, ( . . . ) aus diesem stieg sogleich ein junger Mann herab, der gekleidet war wie der Papst, wenn er zelebriert. Er saß auf einem schönen Katheder, und man sah niemanden, der ihn in der Luft hielte, nur zwei Knaben in der Gestalt von Engeln, die er zu seinen Seiten hatte, und die mit den Händen besagten Katheder hielten und ihn zu tragen schienen; ein Werk, welches wirklich sehr kunstvoll konstruiert war ( . . . ) " 2 0 8 ( Q X C I ) P e t r u s s c h w e b t e h e r a b bis ü b e r das H a u p t B o r s o s u n d hielt eine A n s p r a c h e . D a n a c h reichte er den E n g e l n einen L o r b e e r k r a n z , m i t d e m sie B o r s o b e k r ö n t e n , w ä h r e n d sie sich m i t einer

204 Giovanni da Ferrara: „Dann war eine wunderschöne Quadriga aufgestellt, welche von vier verdeckten Pferden gezogen werden konnte, in deren Mitte ragte ein leerer königlicher Thron hervor. Ganz hinten auf der selben Stufe stand Justitia, ein glänzendes Schwert in der rechten, in der linken die Waage haltend, ein wohlgestalteter Knabe stand vor ihr und diente ihr. Darüber wurde ein rotes Tuch ausgespannt von vier greisen Männern, die mit der Toga bekleidet waren, in die H ö h e gehalten, ( . . . ) und der wohlgestaltete Jüngling, der Justitia Diener, mußte eine lange Rede halten, und er ermahnte den Fürsten mit eleganten Worten zur Gunst und gnädigen Aufmerksamkeit gegenüber der Justitia in eigener Person." ( Q L X X X V I I ) . 205 Im Gegensatz zu Burckhardt ( n 1 9 8 8 , p.300), der die Quelle dahingehend interpretiert, daß der Wagen von dem Einhorn gezogen wird, geht aus den Texten eindeutig hervor, daß es sich auf dem Wagen selbst befunden haben muß. 206 Giovanni da Ferrara beschreibt diese Quadriga so: „Ein Einhorn hatten sie daraufgestellt, umschlossen von einem Zaun, durch die Berührung mit dessen Horn ungesunde Wasser und kotige Flüssigkeiten klar und sogar gesund gemacht werden, ein Palmenbaum stand weiter hinten; vorn war eine N y m p h e von einzigartiger Schönheit, die eine kleine brennende Fackel in den Händen hielt, die Glut der Nächstenliebe zeigend." (Q L X X X V I I ) . 207 1493 wird in Venedig die Imprese Ludovico il Moros auf ähnliche Weise inszeniert. (Q C X X I ) 208 Giovanni da Ferrara beschreibt dies so: „Aus dem Himmel stieg der Heilige Petrus von zwei kaum weniger bescheidenen Engeln begleitet herab, die von dem Rand einer Kugel auf wunderbare Weise umkreist wurden. Petrus trug eine Krone aus geflochtenem Lorbeer, welche er dem Herzog mit eigenen Händen aufs Haupt setzte, die jener mit Ehrerbietung aufnahm und bis zur Hauptkirche trug. Danach stiegen sie an Seilen, aus Pflanzen gemacht, wieder hinauf." ( Q L X X X V I I ) .

Triumphale Herrschereinzüge

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H a n d an Petrus festhielten. Schließlich fuhren sie wieder ins Paradies hinauf, „worüber jedermann erstaunte", während B o r s o die Krone bis zur Hauptkirche trug. B o r s o d'Este wird durch den höchsten Vertreter der Kirche als ein Herrscher von Gottesgnaden ausgezeichnet. Eine vergleichbare Inszenierung läßt sich im englischen Krönungszeremoniell nachweisen. 1377 wurde Richard II. bei seinem Einzug in L o n d o n durch einen mechanischen Goldengel gekrönt, der von einer eigens errichteten Burg herabstieg, auf deren vier Türmen „Jungfrauen" standen. 2 0 9 Als der König 1392 nach Beendigung eines Konfliktes mit der Stadt erneut triumphalen Einzug hielt, ehrte man ihn abermals auf diese Weise. Von einem burgartigen T u r m , der auf den Dächern über der Straße angebracht war, stiegen ein Knabe und ein Mädchen, als Engel gekleidet hinab. D e r Knabe überreichte einen Kelch mit Wein, das Mädchen Kronen für den König und die Königin. 2 1 0 Die hier visualisierte Sakralität, die souveränen Herrschern eignete, konnte B o r s o eigentlich nicht beanspruchen, dennoch steigerte sich die Huldigung in Reggio in eine Darstellung seiner Christoformitas: „Auf einer Seite der Straße am Kanal war eine große, bemalte Säule, auf der ein Teufel aufgestellt war; gegenüber dieser Säule war eine vom Boden erhöhte Quelle, aus der Wein, Wasser und Feuer zugleich herauskamen; eine Sache, die wirklich wunderbar anzuschauen war. Und über dieser Quelle war ein geschmücktes Podest, von dem herab ein junger Mann in Gestalt eines Priesters mit lauter Stimme folgende Worte sprach: „ Zur Erde stürze jeder heidnische Irrglauben der sagt, daß in den Steinen Gott sei, Zur Erde stürze ihre eitle Hoffnung, Zur Erde stürze ihr verrücktes Begehren. Hier kommt der fromme Borso, Bannerträger des christlichen Glaubens, Gott und den Sohn der Maria liebend, Von Ewigkeit zu Ewigkeit sei er selig." Gleich darauf wurde ein Büchsenschuß abgefeuert und die Säule zersprang in viele Stücke und stürzte mit dem Teufel in den Kanal." (Q X C I ) Die Beschreibung des anderen Chronisten, Giovanni da Ferrara, ist exemplarisch in Hinblick auf die unterschiedlichen Wahrnehmungsstrategien. E r erkannte anstelle des Priesters „eine N y m p h e von ausgesuchter Schönheit, lebensvoller Farbe, einzigartigem Bau und Zierlichkeit des K ö r p e r s " . ( Q L X X X V I I ) Dabei scheint ihm nicht aufzufallen, daß die christlich militanten Verse dem Wesen einer „ N y m p h e " kaum entsprechen. Ihm zufolge stand sie wie das G ö t zenbild auf einer Säule, so daß sich der Eindruck einer Überlagerung des Erscheinungsbildes der Vertreter des Christen- und des Heidentums ergibt. Das Götzenbild, als „Teufel" und „Idolum" bezeichnet, kann durchaus in weiblicher Gestalt dargestellt worden sein. Die B e zeichnung „Teufel" ergibt sich aus dem Glauben, daß den antiken Kultbildern D ä m o n e n innewohnten.

209 Withington 1918, voll, p.128 und McKenna 1965, p.153. Die „Jungfrauen", die nachgemachte Goldflorin herabwarfen, waren vermutlich Personifikationen. An solchen mechanischen Kunststücken hat man sich bereits in der Antike versucht - nicht immer erfolgreich: Die Nike, die in Pergamon den einziehenden Mithradates krönen sollte, stürzte ab. Cf. Köhler 1996, pp.98-99. 210 Zu dem Einzug Richards II. in London cf. Kipling 1985. Der Autor stellt fest, daß die „sumptuous pageants" eine Innovation der Zeit Richards II. waren. Anläßlich der Kapitulation stilisiert sich London zu einem neuen Jerusalem, den König implizit zu einem neuen Christus, der mit seinem zweiten Einzug die nun „gläubige" Stadt in Besitz nimmt und von dem man sich Milde bei seinem Gericht erhofft.

Evokation

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Der Topos der Selbstzerstörung heidnischer Kultbilder in Konfrontation mit einem Vertreter des christlichen Glaubens ist durch die apokryphe Uberlieferung des Pseudo Matthäus vom Einzug Christi in Sotinen vorgegeben und wird in einigen Heiligen Viten aufgenommen. 211 Wie kaum eine andere Formel visualisiert er nicht nur den Sieg Gottes, sondern auch die Machtlosigkeit der antiken Götter. Das Thema wurde daher häufig in der christlichen Kunst aufgegriffen, sowohl im narrativen Kontext als auch in Zusammenhang mit der Psychomachia. 212 In Reggio wurde Borso d'Este die Rolle des einziehenden Christus zugewiesen. Die Zerstörung des Idols stellte, wie schon die von himmlischen Sendboten geschwängerte Luft, die Intention eines christlichen Triumphzuges in den Vordergrund, die dessen pagane Wurzeln möglichst ignorierte bzw. die Uberwindung der Antike thematisierte. 213 Die folgende Station lag vor dem Haus des Jacopo d'Este, wofür man einen Umweg in Kauf nehmen mußte. Er ist als einziger Bürger namentlich erwähnt und kann daher wohl als Initiator der Inszenierung gelten. 214 Auf einem Podest sah man Caesar mit der sich drehenden Weltkugel in Begleitung der Tugenden und Fortuna. 2 1 5 Damit waren die florentinischen Darbietungen des Triumphzuges in Neapel 1443, die dort durch die Verse Caesars verbunden wurden, auch visuell vereint. Die Inszenierung bekennt sich zweifelsfrei zu diesem Vorbild, da Caesar exakt dieselben Worte unter Auswechslung der Namens- und Ortsbezeichnungen an Borso richtete. Mit Caesar übernahm man auch den ephemeren, sich drehenden Erdglobus, der damit für die Wirksamkeit der neapolitanischen Aufführung in Hinblick auf die Verbreitung eines neuen Weltbildes spricht. 216 In Ferrara selbst wiederum wurde diese invenzione vier Jahre später in einer anderen Inszenierung in modifizierter Form aufgenommen. 217 211 Cf. Camille 1989, pp.lsqq. 212 Im Kontext der Psychomachia ist das Idol jedoch nie allein dargestellt, sondern bekommt seine inhaltliche Bedeutung erst durch den/die in Anbetung befindlichen Irrgläubigen. Cf. Camille 1989. 213 In diesem Sinne stellen die Verse des Engels der Justitia die Tugenden Borso über die der antiken Feldherren. 214 Giovanni da Ferrara berichtet: „Als man jedoch zum Haus des Jacobus de Astis, eines vornehmen Bürgers kam, an welchem O r t man um auf den Markt zu kommen, von der geraden Linie des Weges abweichen mußte, war an der Kreuzung ein vornehmes Schauspiel aufgebaut, auf dem Caesar in Waffen mit sieben beistehenden Nymphen waren, welche deutlich als die sieben Tugenden bezeichnet waren und mit sehr eleganten Worten wurde der Fürst zu ihrer Nacheiferung angehalten." (Q L X X X V I I ) . In welcher Art von Verwandschaft sich dieser Jacobus zu B o r s o befand, war nicht festzustellen. 215 „An der Ecke war ein auf wunderbare Weise geschmücktes Podest vorbereitet, auf dem ein junger Mann in königlichen goldenen Kleidern war, der eine Krone auf dem Kopf trug und die Person des Imperators Caesar vorstellte; zu seinen Füßen waren sieben Knaben in der Form der sieben Kardinaltugenden ( . . . ) und sie waren so schön geschmückt, daß sie sieben Göttinnen zu sein schienen. Bei Caesar war ein prachtvoll geschmücktes Katheder, und eine Kugel in Form der Welt, die sich nach dem Willen Caesar drehte; und unter dieser Kugel war ein junger Mann in Form der Fortuna, mit vergoldetem Schöpf." (Q X C I ) . 216 Auch Malatestas Entwurf hatte eine Weltkugel vorgesehen: Aus der Palme des Einhorn-Wagens sollte eine Hand herauswachsen, die eine Weltkugel gehalten hätte, auf der ein geldstreuender Engel stehen sollte. (Q L X X X I X ) 217 1457 empfing Borso d'Este den jungen Galeazzo Maria Sforza mit einem Aufzug von vier Schiffen mit lebenden Bildern, darunter „eine sich drehende Welt, um die herum vier der Hauptwinde, das heißt vier Männer in der Art von diesen, und vier Astrologen mit Sextanten und Büchern in der Hand aufgestellt waren, was eine Sache nicht ohne Geist und Vergnügen war." (Q X I I )

Triumphale

Herrschereinzüge

99

D e n Auftritt einer F o r t u n a hatte auch Malatestas Planung vorgesehen, wobei er ihr K o s t ü m mit b e s o n d e r e m A u f w a n d bedachte: „Die Fortuna soll in diesem Akt einen Haarschopf auf dem Kopf haben, der ihr bis auf die Schultern reicht, mit goldenen Haarsträhnen vor der vorderen Gesichtshälfte, und an der hinteren Hälfte soll der Kopf rasiert sein, auf dem Kopf soll sie eine Girlande haben, während vorn die Strähnen ein Siegel zusammenhält und nur zwei kleine Flügel am Kopf, und sie soll ein Brokatgewand tragen, in verschiedenen Farben, weiß, rot, und jeder anderen, und golden, gearbeitet. Sie soll ein schwarzes Kleid unter diesem Gewand tragen, das fast bis auf die Erde reicht und sie soll Schlangenfüße haben (...)" (Q LXXXIX) Mit der Stirnlocke ü b e r n a h m Malatesta das entscheidende Attribut der neapolitanischen Fort u n a u n d verband sie mit anderen i k o n o g r a p h i s c h e n Merkmalen. 2 1 8 D e r E n t w u r f erschien d e m A u t o r w o h l selbst zu unverständlich, da er in seiner P r o g r a m m e r g ä n z u n g das Zugeständnis m a c h t e : „Was die Fortuna betrifft, weise ich Meister Nicolo an, daß sie ein Rad so unter der Hand tragen soll, daß sie wenigstens zeigt, daß sie Fortuna ist." (Q LXXXIX) Malatesta Ariosti hatte selbst ein Traktat über den neapolitanischen T r i u m p h z u g verfasst u n d bezog vermutlich daher seine A n r e g u n g f ü r die Fortuna-Occasio. 2 1 9 Die Kopie der ganzen Inszenierung u n d vor allem der Verse ist ihm jedoch nicht zuzuschreiben. 2 2 0 Plante Malatesta, der F o r t u n a n e b e n Fama, C u p i d o u n d den drei antiken G ö t t i n n e n einen Statistenstatus z u zuweisen, so agierte sie in der veränderten P r o g r a m m v e r s i o n in derselben Rolle wie in N e a pel. Aus der Beschreibung geht nicht eindeutig hervor, in welcher I k o n o g r a p h i e sie auftrat, doch m ü ß t e sie entsprechend d e n Versen auch hier den „Schöpf" getragen h a b e n . D a s w ü r d e erklären, wieso Giovanni da Ferrara z w a r Caesar in der Begleitung der sieben T u g e n d e n beschreibt, die F o r t u n a aber nicht e r w ä h n t , weil er sie nicht erkannte. ( Q L X X X V I I ) Die Ü b e r n a h m e der florentinischen rappresentazioni impliziert zugleich deren Modifizierung. Einerseits wird B o r s o d'Este die indirekte Gleichsetzung mit A l f o n s o d ' A r a g o n a d u r c h aus geschmeichelt h a b e n . Er w a r durch die Heirat seines älteren Bruders Leonello in familiäre Bindungen mit den A r a g o n getreten u n d 1444 an den neapolitanischen H o f gereist, in der Folge genossen seine jüngeren Brüder Ercole u n d Sigismondo d o r t eine höfische Erziehung. 2 2 1 D a h e r hatte er mit Sicherheit Kenntnis von d e m T r i u m p h z u g , aber auch von den p o litischen Konstellationen. So scheint es andererseits nicht o h n e Brisanz, d a ß die florentinische F o r d e r u n g an den feindlichen H e r r s c h e r nach F o r t b e s t a n d seiner Freiheit, n u n auf Reggio bezogen an B o r s o d ' E s t e gestellt wird.

218 Das vielfarbige Kleid findet sich auch bei dem „Influsso di Fortuna", der 1475 anläßlich der Hochzeit in Pesaro auftrat (BAV Urb.lat.899, fol.79 v.). 219 Der Traktat ist nicht überliefert, sondern nur durch den Vermerk in einer seiner Schriften dokumentiert. Levi 1904. 220 Das DBI 4, p.189 unterstellt Malatesta die Übernahme der Verse. Doch diese geschah vermutlich im Zuge der Programmänderungen gegen seinen Willen, denn zum einen ist in seinen Briefen ein solcher Plan nie erwähnt, zum anderen war Ariosti selbst Dichter und an eigenen Werken interessiert: Bei der Übersendung seiner Verse bittet er die anziani, den Text nur in Passagen an die Darsteller zu geben und nach der Aufführung an ihn zurückzusenden, damit er ihn noch überarbeiten könne. Levi 1899, p.XIV. 221 In der 1444 angefertigten Beschreibung Neapels und seiner statistischen Daten ist der Triumphzug allerdings nur am Rande erwähnt. Foucard 1877, pp.731-751. In der Bibliothek Ercole d'Estes befand sich dem Inventar von 1495 zufolge Panormitas Triumphzugsbeschreibung. Cf. Tuohy 1996, p.12.

100

Evokation

Borso d'Este gelangte schließlich zum D o m , wo er der Messe beiwohnte, in derem Anschluß er auf einem vor der Kirche errichteten Tribunal Platz nahm, u m einen weiteren Auftritt der Festwagen zu verfolgen. Zunächst huldigte Caritas seinen herrscherlichen Tugenden, mit Verweis auf das Einhorn und dessen wundertätige Kräfte. Dann ergriff der Heilige Prosper das Wort und begrüßte ihn als Herrn von Reggio. Die Ablösung der kommunalen Autonomie durch die Herrschaft eines souveränen Potentaten rechtfertigte er mit Verweis auf Cicero und Aristoteles sowie auf die Tugenden Borsos, um mit den Worten zu schließen: „alle (Reggianer) sind freudig und wollen, daß D u sie in dauerhaftem Frieden regierst und dies kannst nach dem Willen Gottes, der Dich hier vorübergehend zum Herrn gemacht hat. Wenn Du entsprechend den obengenannten Regeln handelst, die ich, Prosper der Beschützer, Dir gegeben habe, verspreche ich Dir bei meinem Herrn zu bitten, Dir ein langes Leben und heiligen Frieden, Ehre und die zuverlässige Liebe deiner Untertanen zu verleihen." (Q XCI)

Der Stadtpatron erinnerte damit nachdrücklich an die Abhängigkeit des weltlichen Herrschers von der göttlichen Gnade. Der Schutzheilige, der als Ansprechpartner und Vermittler zwischen Gott und den Gläubigen fungiert, gelangte hier zu einer außerordentlichen Präsenz. Die devotionale Praxis, sich u m Fürbitte bei Gott an einen der Heiligen zu wenden, wird umgekehrt, indem der Heilige selbst seine Fürbitte anbietet. Dies impliziert zugleich eine eindrucksvolle Verlebendigung des Devozione-Bildes, denn die Gnade, mit den himmlischen Bewohnern zu kommunizieren, die gewöhnlich nur Auserwählten als Vision vergönnt ist, wandelt sich zu einer aktiven Rolle des Heiligen, der damit auf seine Macht als Vermittler verweist. Den Abschluß des Festes bildet nun eine letzte göttliche Intervention aus dem Paradies in der Tradition der Verkündigungs- bzw. Himmmelfahrtsapparate 2 2 2 : „Und es war über dem Regierungspalast des Podestä von Reggio an der äußersten Spitze des Daches, gegenüber der besagten Hauptkirche, ein gewisses Gehäuse wunderschön als Paradies hergerichtet, die vordere Tür dieses Paradieses war geöffnet, dort waren viele und verschiedene Darsteller, einer offensichtlich die Person Jesus Christus, ein anderer die Jungfrau Maria und andere verschiedene Heilige, die auf den Stufen in ebendiesem Paradies saßen, nämlich darunter und darüber, wie es ihrer Würde und ihrem Verdienst zukommt, verschiedene Musikinstrumente spielend, derart, daß es verdient, Paradies genannt zu werden." (Q XCI) Diese Inszenierung scheint sich in einer allerdings später am Hofe der Este entstandenen Buchillumination niedergeschlagen zu haben, die das Paradies in ungewöhnlicher Weise darstellt. 223 (Abb.36) Von Mauern umschlossen, mit der Bezeichnung Paradisus über dem Tor, präsentiert es die wohlgeordnete Heiligenschar und musizierende Engel. 1453 aber wurde das Tor geöffnet: „Unter großem Jubel waren drei Knaben in der Form von Engeln herausgekommen, zwei sah man strahlend-weiße Gewänder tragen, sich abwechselnd umwendend, und unter ihren Füßen wurde ein dritter Engel gehalten, der in Gold und rubinrot gekleidet war, in den Händen Olivenzweige haltend. (...) Wie die Blitze fürwahr zögerten sie nicht über den Platz durch die Luft zu fliegen vom Haus jener d'Este auf gerader Linie ununterbrochen bis zum Palast des Capitano (...) worüber sich alle verwunderten und dieses ein Wunder vor ihren Augen nannten. (...)

(Q xci)

222 Drei Jahre zuvor hatte es in Siena für die Himmelfahrt Bernardins ein offenbar ganz ähnliches „Paradies" gegeben. 223 Hermann 1994, fig.107 Die Miniatur stammt aus dem Breviario Ercole I. d'Este und wurde ca. 1502-1506 von Matteo da Milano gemalt.

Triumphale

Herrsebereinzüge

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Die Engel hielten in Luft schwebend an und einer von ihnen trug Verse vor, in denen er offenbarte, daß Christus selbst als Zeichen des Friedens einen Palmzweig aus dem Paradies sende, auf das Borso das ihm anvertraute Land in Frieden und Eintracht halte. Nachdem er unter Verbeugungen den Palmzweig überreicht hatte, wurden die Engel in den Himmel zurückgezogen: „währenddessen sie lieblich sangen, derart, daß man sie für wirkliche geistliche und selige Engel halten konnte. Fürwahr wendete sich jener Engel auf halbem Wege zu dem Herrn um, diesem Ehre bezeugend und desgleichen tat er, als er das Paradies selbst erreicht hatte, das Zeichen des Segens zurücksendend, was der Herr selbst mit dem Neigen seines Hauptes akzeptierte. Uber diese Dinge ergriff alle großes Erstaunen, da sie mehr göttliches als menschliches Werk schienen. Und der Eingang des Paradieses wurde durch dessen Tür geschlossen." (Q X C I )

Mit dem Neigen seines Hauptes akzeptierte der Herzog den Segen des Darstellers und verknüpft damit die zeremonielle und spielerische Realitätsebene. Die Vertreter der irdischen und vorgeblich himmlischen Sphäre bewegen sich für einen Moment in derselben „innerbildlichen" Realität. Die Zugehörigkeit des himmlischen Sendboten an eine andere Welt ist durch seine divergierende körperliche Dynamik, das Erscheinen und Fliegen, charakterisiert. Die illusionistisch inszenierte Interaktion zwischen dem himmlischen Sendboten und dem Fürsten bezieht letzteren nicht als Darsteller seiner selbst, sondern als den realen Herrscher in dieses Spiel ein. Mit diesem Paradies, das vielleicht nicht ganz zufällig auf dem Palast des Podestä errichtet worden war und damit auf die realen politischen Kräfte in Reggio verwies, endete der Empfang Borso d'Estes. Wie in Neapel haben auch in Reggio die Florentiner bei der Festgestaltung eine Rolle gespielt. Zwar war das Programm von Malatesta und den anziani entworfen worden, doch die Ausführung oblag einem in Florenz ausgebildeten Künstler, und es wurde die neapolitanische Aufführung der Florentiner kopiert. Dafür spricht zudem, daß im Verlaufe des Quattrocento in Reggio keine weiteren Feste dokumentiert sind, die eine eigenständige Festtradition belegten. 2 2 4 Dies erklärt sich mit aus der Tatsache, daß die herrschenden Este in Ferrara ansässig waren und sich dort die wichtigen Ereignisse abspielten. 225 Unter Borso fanden auch festlich inszenierte Empfänge statt, bei denen die Ferrara über den Po zu Schiff ansteuernden Gäste, 1457 Galeazzo Maria Sforza bei Bondeno (Q XII) und 1460 Pius II. bei Revere (Q XVI), von Schiffen empfangen wurden, auf denen rappresentazioni zu sehen waren. In beiden Fällen handelte es sich um mythologisch allegorische Sujets, für die man vielleicht wieder Malatesta Ariosti herangezogen hatte. Bildliche Darstellungen Von diesen so aufwendigen Inszenierungen haben sich keine bildlichen Dokumente erhalten. Lediglich eine Miniatur aus einer wahrscheinlich in Neapel entstandenen Handschrift, die Borso d'Estes gewidmet ist, scheint seinen Einzug in Modena zu reflektieren. (Abb.37) Dort

224 Cf. Teatro a Reggio Emilia 1980. 225 Der Hof von Ferrara ist bekannt für seine Fest- und Theaterinszenierungen; sowohl die sacre rappresentazioni als auch die profanen Feste wie die Hochzeiten 1473,1491 und 1502 werden von den Chronisten (Zambotti, Calaffini, Diario Ferrarese) gerühmt. Cf. u.a. Tuohy 1996, p p . 2 3 4 - 2 7 6 . Bei dem Empfang Pius II. 1459 in Ferrara ist im übrigen auch dort ein Florentiner Künstler aktiv. (Q XIII)

102

Evokation

hatte ein Triumphwagen mit den Kardinaltugenden den Herrscher empfangen. 2 2 6 ( Q LVII) In der Miniatur sitzt B o r s o selbst auf einem Triumphwagen, dessen Zugtiere von nackten geflügelten Putti gelenkt werden, während ihn diese Tugenden zu F u ß begleiten. 2 2 7 Insofern ist es keine Abbildung des Einzuges, sondern die malerische Umsetzung der Intention, B o r s o eben jene Tugenden zuzusprechen bzw. anzuempfehlen. In der Tat hat B o r s o ebensowenig wie die anderen italienischen Herrscher seiner Zeit einen Triumphwagen bestiegen. In Modena ritt er wie in Reggio auf einem geschmückten weißen Pferd in die Stadt ein. Auch seinen triumphalen Einzug in R o m anläßlich seiner Ernennung zum H e r z o g von Ferrara durch den Papst 1471 beging er zu Pferd. 2 2 8 Die um 1471 gemalten Schifanoia-Fresken zeigen B o r s o d'Este in jedem der Monatsbilder in der unteren „irdischen" Z o n e . 2 2 9 ( A b b . 3 8 und 39) D o r t sieht man ihn umgeben von seinem Hofstaat in einer das Hofgeschehen abbildenden Weise und nicht im Sinne späterer Herrscherapotheosen. Auf antike Würdeformeln wird durch die den Herrscher in mehreren Bildern hinterfangende Triumphbogenarchitektur Bezug genommen. Während seine Selbstdarstellung einem Schema folgt, das dem zeitgenössischen Betrachter Einblick in das öffentliche und private Leben des Herrschers zu geben scheint, hatten die lebenden Bilder der Einzüge B o r s o allegorisch überhöht. 2 3 0 In den Aufzügen zu seinem Empfang waren sowohl heidnische Götter wie christliche Heilige und Engel auf die Erde hinabgestiegen, in den Fresken bleibt die obere Z o n e den zumal heidnischen Göttern vorbehalten; B o r s o d'Este tritt nicht in ihre Sphäre ein. Die Verherrlichung des Fürsten artikuliert sich in den verschiedenen Medien auf unterschiedliche Weise: Was in der ephemeren Inszenierung „gespielt" wird, hat offenbar nicht zugleich den Realitätsgehalt, der es „bildwürdig" machen würde: weder in der F o r m , daß man den Einzug bildlich dokumentiert, noch daß es in ein allegorisches Bildprogramm überführt würde. In der öffentlichen Inszenierung aber bleibt ihm der Triumphwagen verwehrt, den er lediglich in der Miniatur einer Handschrift bestieg, und der symbolhaft für den „ingresso trionfale" und seine neue Würde als Herzog steht.

226 Über diesen berichtet Giovanni da Ferrara nur sehr kurz: „Der andere zeigte Justitia, Prudentia, Temperantia, Fortitudo, der Venus ähnlich geschmückt" (Q LVII) Die Formulierung „ad similitudinem Veneris ornatas" ist wohl sinngemäß als „in antikisierenden Gewändern" zu deuten. 227 Das Motiv der Putti taucht bei Malatestas Programmentwurf auf, der vorschlägt, wenn man für Pferde keine Flügel machen könne, „sollen sie stattdessen vier Engel in der Art wie nackt darauf haben". (Q L X X X I X ) Die Bedeutung ist etwas unklar, aber auch Piero della Francesca läßt seine trionfi von solchen Putten lenken. Das Motiv gibt es auch bei der Allegorie der Fama in einer Petrarca-Illustration (Abb.65). Vielleicht sind die Putten die Tradierung einer Mißinterpretation des Triumphzuges Konstantins am Konstantin-Bogen in Rom. Dort lenkt eine geflügelte Victoria die Pferde, die so auf der vorderen Kante des Wagens sitzt, daß sie fast auf den Pferden zu reiten scheint. 228 Aus der ausführlichen Beschreibung von Francesco Ariosto (Cruciani 1983, pp.134-139) geht hervor, daß der Einzug seine Wirkung vor allem durch die Menge des reichgekleideten Gefolges erzielte. Cf. dazu Burkart 1998. 229 Zu den Fresken cf. Warburg 1932, vol.II, pp.459-481 (Italienische Kunst und internationale Astrologie im Palazzo Schifanoia zu Ferrara) und Atlante di Schifanoia 1989. 230 Zu Borsos Strategien der Selbstdarstellung cf. Burkart 1998.

Varianten des Triumphes im päpstlichen Rom

II.

103

Varianten des Triumphes im päpstlichen Rom

Flavio Biondos 1457-1459 verfasste Schrift „Roma triumphans" führt den Leser nicht nur in die Geschichte Roms und seiner Altertümer. 231 Vielfach finden sich durch den Vergleich von Antike und Gegenwart Bemerkungen über Sitten und Bräuche seiner Zeit. Seiner Schilderung der antiken Triumphe dient die Beschreibung der florentinischen „Feste di San Giovanni" und der römischen „Feste di Agone" zur Veranschaulichung, und als Gegenmodell entwirft er die Vision eines christlichen Triumphes: „Es kam auf dem zweirädrigen Triumphwagen, glänzend von dem vielen Gold und Silber und Juwelen, die darauf waren, der triumphierende Feldherr, nach dessen Vorbild, so Gott will, man einmal auch einen der christlichen Herrscher triumphieren sehen wird. Aber wie man ringsherum um die Wagen der Heiden Jupiter mit dem Zepter, Neptun mit dem Dreizack, Juno mit der Spindel in der Hand, Merkur mit seinen Flügeln am Kopf und an den Füßen gemalt sah, so sähe man an unserem den Heiligen Petrus, der in der Hand die Schlüssel tragen würde und den Heiligen Paulus mit dem Schwert, der Heilige Michael und der Heilige Georg töteten den Drachen, der Heilige Bartholomäus trüge seine eigene Haut über der Schulter. Und unser Feldherr, in königlichen Kleidern und bedeckt von goldenen Sternen, hielte in seiner rechten das Elfenbeinzepter und in der linken einen Lorbeerzweig; und auf dem Kopf hätte er, nicht nach dem alten Brauch der Etrusker eine goldene Krone, sondern einen Lorbeerkranz; ( . . . ) Oder unser Feldherr ahmte in diesem Teil den guten Titus nach, dem nicht ein Sklave, sondern eine geflügelte goldene Fortuna die Krone emporhielt; an Stelle dieser Fortuna würde unserem Feldherren ein Engel vom Himmel geschickt. ( . . . ) (Q XCIII)

Dieses Konzept eines Triumphes, bei dem die einzelnen paganen Elemente durch christliche Äquivalente ersetzt sind, war bei dem Einzug Borso d'Estes in Reggio 1453 realisiert worden. Allerdings nicht als Bilder auf dem Triumphwagen, sondern als lebende Bilder waren Heilige mit ihren Attributen aufgetreten und Engel waren vom Himmel herabgestiegen, um den neuen Herzog mit dem Lorbeerkranz zu krönen, wie es Biondo für den zeitgemäßen Triumphator vorsieht. „Roma triumphans" enthält damit weniger den Idealentwurf, den ihr programmatischer Charakter signalisiert, sondern erweist sich durch die Rezeption zeitgenössischer Festkultur geprägt. Die Integration des Triumphzuges in einen christlichen Kontext wurde durch die Schriften Biondos aber zielsetzend im Sinne jener Richtung des Humanismus formuliert, die sich Antikenstudien nutzbar zu machen suchte, ohne mit dem christlichen Weltbild in Konflikt zu geraten. Flavio Biondos Appell, R o m möge sich auf seine Größe besinnen und die Triumphzüge in christianisierter Form wieder aufleben lassen, hatte Erfolg. Die bereits angesprochene von Pius II. 1462 in Viterbo initiierte Corpus Domini-Prozession wies alle Zeichen eines christlichen Triumphzuges auf. (Q C X X X V ) In einmaligem Prachtaufwand verschmolzen religiöses Ritual, musikalische und dramatische Darbietungen und triumphales Gepränge zu einem alle Sinne ansprechenden Fest, dessen eigentlicher Adressat, das Corpus Mysticum, sich die Ehre allerdings mit der Person des Papstes teilte. Jeder der Kardinäle hatte seinen Anteil zur Ausstattung beigetragen, Pius II. selbst hatte einen ephemeren Bau errichten lassen, in dem er eine Messe zelebrierte. In der Nähe dieses Baus war - obendrein erstmalig in der Geschichte der italienischen Festkultur - ein Triumphbogen errichtet worden. (Q C X X X V ) Auf diesem

231 Bereits in seinem 1 4 4 4 - 4 6 verfassten Werk „Roma Instaurata" hatte er sich mit den römischen Altertümern auseinandergesetzt. „Roma triumphans" wurde erstmalig 1511 in Venedig gedruckt.

Evokation

104

standen die vier Kardinaltugenden, dem speculum pnncipis folgend die Tugenden eines weltlichen Herrschers. Ihre Präsenz ist hier nicht anders als ein Verweis auf die weltliche Rolle des Papstes als Oberhaupt des Kirchenstaates zu deuten. 232 Die Überschneidung von christlichem und weltlichem Machtanspruch spiegelt sich in noch deutlicherem Maße in der Darbietung des Vizekanzlers, Rodrigo Borgia, der künftige Alexander VI., der schon hier Sinn für Inszenierung bewies. Die vom Papst angeführte Prozession gelangte an einen vorerst verschlossenen Raum, dessen Vorhang zwei Engel öffneten und den Blick auf fünf darinnen sitzende Könige freigaben. Diese, vermutlich die fünf Weltenherrscher, verwehrten mit ihren bewaffneten Begleitern dem Papst zunächst scheinbar den Eintritt, der ihnen von den Engeln als „rex Pius dominus mundi" präsentiert wurde. Auf die Frage „Et quis est iste rex Pius?" lautete die Antwort: „Dominus potens in orbe", woraufhin ihm die Könige huldigten. (Q C X X X V ) Die „Commentarii" vermerken hier eigens, daß sich diese Huldigung auf das Sakrament, das der Papst mit sich führt, bezieht. Tatsächlich tritt in der Darbietung der eigentliche Anlaß des Festes in den Hintergrund und Pius wird in die Rolle des Triumphators eingesetzt. Wenige Wochen vor dieser Corpus Domini-Prozession in Viterbo hatte Pius II. bereits einen christlichen Triumph in Rom selbst veranlaßt. 1460 war es durch die Vermittlung des Kardinal Bessarion gelungen, das Haupt des Apostels Andreas nach Italien zu holen. Die Ankunft der Reliquie in Rom im April 1462 glich dem triumphalen Einzug eines Herrschers. 2 3 3 Als das Haupt des Apostels die Stadt betrat, brachte man es zuerst der Madonnenikone von Santa Maria del Popolo, die der Legende zufolge von Lukas gemalt worden war - aus der Zeit des Andreas stammend sozusagen. Am nächsten Tag wurde das Haupt durch die Stadt zu Sankt Peter geführt. Die Straßen waren unter anderem auch mit lebenden Bildern geschmückt, über welche die „Commentarii" nur summarisch Auskunft geben: „An vielen Stellen sah man auf verschiedene Weise verkleidete Personen. Es gab Knaben, die himmlische Engel darstellten, einige von ihnen sangen auf süße Weise, andere spielten auf Instrumenten

(Q X C I V )

Wie in Viterbo hatten die Kardinäle und die Anwohner die Ausstattung der einzelnen Straßenabschnitte übernommen, durch die sich die Prozession mit der Reliquie nach Sankt Peter bewegte. 235 Pius II. selbst hatte im Rahmen des Einzuges Pläne für die Neugestaltung des Platzes vor Sankt Peter zu realisieren begonnen. 2 3 6 Für ihn war das Haupt des Apostels mit seinem wichtigsten politischen Vorhaben, dem Kreuzzug gegen die Türken, untrennbar verbunden. 237 In der Prozession, in der auf seine Anordnung hin alle zu Fuß gingen, selbst als einziger getragen, trug er das Haupt des Apostels durch R o m und brachte es der sitzenden Statue des San Pietro, die fast zu weinen schien, „vor Freude über die Ankunft des Bru232 Zur Rolle des Papstes Prodi 1982. 233 Cf. Cruciani 1983, p p . 5 8 - 6 5 . 234 Der folgende Passus ist unterschiedlich überliefert: Entweder waren es Weinbrunnen (vin fontes) oder Heroen (vir fortes) und „ungewöhnliche Dinge verschiedener Art", welche desweiteren die Aufmerksamkeit der Vorbeigehenden anzogen. Der Auftritt von Heroen wäre ein Beleg für die Bezugnahme auf den römischen Triumph. 235 Cf. Rubinstein 1967, p.30. 236 Cf. Rubinstein 1967, pp.32sq. 237 E r ließ in Sankt Peter eine Kapelle für den Heiligen einrichten, in der er selbst begraben werden wollte. Das Relief seines Grabmales, heute in Sant'Andrea della Valle, zeigt die Ubergabe des Hauptes durch Bessarion. Cf. Rubinstein 1967, p.32.

Varianten des Triumphes im päpstlichen Rom

105

ders". 238 Ähnlich wie bei der Corpus Domini-Prozession fanden die lebenden Engel ihr Pendant in der Vitalisierung von Kultbild und Reliquie. Die öffentliche Inszenierung der kirchlichen Macht diente nicht zuletzt dazu, die Stellung des Papstes in Rom zu konsolidieren. Bei ihrer Rückkehr nach Rom zu Beginn des Quattrocento hatten die Päpste ihren Machtanspruch einerseits gegen die rivalisierenden römischen Adelsfamilien, andererseits gegen die kommunalen Strukturen durchzusetzen. 239 Im Laufe des 15. Jahrhunderts gewannen sie reale politische Autorität in der Stadt zurück, die sie einst auf Grund ihrer geistlichen Macht eingefordert hatten. 240 Sein sakraler Status als Nachfolger Petri und Stellvertreter Christi und sein Amt als weltlicher Herrscher Roms prädestinierten den Papst, sich in die Nachfolge der römischen Imperatoren zu stellen, eine Ideologie, die das Papsttum seit frühchristlicher Zeit verfolgt hatte. Die Einzüge der antiken Herrscher waren auf den Triumphbogenreliefs im Stadtbild präsent und nie völlig in Vergessenheit geraten. Der wechselnde Umgang mit dem antiken Erbe führte in der Folge zu facettenreichen Variationen des Triumphzuges in Rom.

1.

Der Triumph der Stadt Rom 1466

Am 21. April 1466 veranstaltete die Kommune von Rom zu Ehren des amtierenden Papstes Paul II. einen Festzug, über den Michele Canensi in seinem Werk „De vita et pontificatu Pauli secundi" berichtet: „Am Kopf des Zuges gingen Masken und Giganten voran; nach diesen kam die Maske Cupidos mit den Flügeln und dem Köcher, danach die der Diana zu Pferd, begleitet von einer großen Schar Nymphen, danach 160 junge Männer in weißen Kleidern, vielleicht auch mehr, die von den Spielleitern eine Münze pro Kopf erhalten hatten, als wären sie beim Militärdienst eingetragen, nach antikem Brauch; es folgten die Masken von Königen und anderen Feldherren, die von den Römern besiegt wurden, die der Kleopatra, besiegt von Augustus, schließlich die Maske des Mars, von Faunen, Bacchus und die Schar einiger Götter, an welche die Alten irrtümlich glaubten. Dann folgten die Plebejer, die Beschlüsse des Senats auf Tafeln geschrieben mit Seide bedeckt, die Standarten und andere römische Militärabzeichen; danach die Klasse der Konsuln und Senatoren, umgeben von allen Magistraten der Stadt; es folgten vier sehr hohe Wagen, geschmückt mit verschiedenen Masken und wunderbar ausgestattet. (Q XCV)

Der Festzug vereint historische wie mythologische Gestalten und verleiht dem Ganzen durch die Präsenz römischer Soldaten und städtischer Würdenträger besondere Authentizität. Es verwundert, daß es für diesen aufwendigen Umzug keine andere Motivation als die Ehrung des Papstes gegeben haben sollte.241 Im Hinblick auf das Datum bietet sich eine mögliche Erklärung: der „Natale di Roma". Diese von Pomponio Leto anläßlich des mythischen Grün-

238 Pius II. ed.1984, pp.1540-1542 (Cruciani 1983, p.63). 239 Zu dem Spannungsverhältnis der beiden Machtzentren „Kapitol" und „Lateran" von 12.-16. Jh. cf. Ebert-Schifferer 1988, pp.77-90; Westfall 1974, pp.63sq. und Krautheimer 1981. 240 Cf. Prodi 1982. 241 Premoli 1981, pp.9-13 listet es ebenso wie Pochat 1990, p.168 unter den Karnevalsfestlichkeiten auf, was vom Datum her unwahrscheinlich ist. Ein Amtsjubiläum des Papstes kann es nicht gewesen sein, da dieser im August 1464 gekrönt worden war. Cruciani 1983, pp.126-131, geht auf diesen Punkt nicht ein.

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dungstages der Stadt initiierten Feierlichkeiten sind erstmals 1483 dokumentiert. 242 Leto war 1465 von Paul II. zum Rektor der römischen Universität berufen worden, im selben Jahr gründete er die „sodalitas litteraria", aus der später die römische Akademie hervorgehen sollte. Seine „heidnischen" Ansichten führten dazu, daß er 1468 einer angeblichen Verschwörung gegen den Papst angeklagt wurde, wodurch seine öffentlichen Aktivitäten für einige Jahre einschränkt wurden. 243 Erst 1484 war er rehabilitiert, und die Feste anläßlich des „Natale di Roma" wurden in einem der Antike wohlwollenderen Klima zu einer festen Institution. Das „kommunale" Zeremoniell wurde dann von Julius II. offensichtlich bewußt unterbunden und unter Leo X. auf die Feste anläßlich der Verleihung der Ehrenbürgerschaft an Giuliano und Giovanni de' Medici übertragen. 244 Canensi gibt keinen Hinweis auf einen Ideator oder Organisator des Festzuges 1466 und distanziert sich zudem indirekt von dem Programm, indem er anfügt, daß es sich um „Götter, an welche die Alten irrtümlich glaubten" handelte. 245 (Q XCV) Da der Papst eine beträchtliche Summe Geldes für das Spektakel gestiftet hatte, wird das Programm aber kaum ohne sein Placet realisiert worden sein. Die Einschränkung sollte daher in Zusammenhang mit der Polemik Pauls II. gegen die Gefahren des Heidentums und seinem Konflikt mit Pomponio Leto gesehen werden. 1466 aber hatte Pomponio Leto noch in hohem Ansehen beim Papst gestanden, und es ist höchst wahrscheinlich, daß sowohl die Initiative als auch das Programm des Festzuges auf ihn zurückgeht, denn er war zu diesem Zeitpunkt die intellektuelle Schlüsselfigur und sowohl dem Papst als auch der Kommune verpflichtet. Canensi konnte seinen Namen zum Zeitpunkt der Abfassung vermutlich nicht positiv erwähnen und betonte daher nur die Rolle des Papstes als Finanzier und die der Kommune als Veranstalter.246 In Struktur und Ausstattung ähnelte der Aufzug den späteren Karnevalszügen und wurde wie diese von den 13 rioni ausgerüstet. 247 Das Thema war die triumphale Repräsentation der heidnischen Vergangenheit Roms durch die verschiedenen von den Römern besiegten Herr-

242 Cf. Cruciani 1983, pp.184-188 / 279-285. 243 Pastor publizierte zwei zeitgenössische Briefe, die über dieses Ereignis berichten, und das Bild der römischen Akademie aus zeitgenössischer Perspektive überliefern. Pastor 1920, vol.II, pp.763-769. 244 Die Verleihung der Ehrenbürgerschaft an den Bruder und Neffen des Medici-Papstes sollte sichtbares Zeichen der freundschaftlichen Verbindung von Florenz und R o m sein. Die Festlichkeiten im September 1513 wurden v o m Senat u n d den Mitgliedern der römischen Akademie bestritten. Sie fanden in einem eigens dafür errichteten ephemeren Bau auf dem Kapitol statt, der durch Beschreibungen u n d eine Zeichnung (die aber nicht ganz mit den überlieferten Maßangaben übereinstimmt) d o k u mentiert ist. Der Bau orientierte sich weniger am antiken Theaterbau, sondern verweist in seiner A n lehnung an die römische Senatoren-Kurie auf das republikanische R o m . Die Zeremonie lehnte sich mit Messe, Schauessen und Theateraufführung stark an die Festlichkeiten zu „Natale di R o m a " an. Es gab auch einen Aufzug allegorischer Wagen, konzipiert von Camillo Porzio, die ihre sfilata mit kurzen rappresentazioni vor den Ehrengästen machten. Cf. Cruciani / Bruschi 1986. 245 Canensi, obwohl selbst nicht involviert, unterbrach die Arbeit an dem Werk im Kontext der Verschwörung und vollendete es erst nach dem Tod des Papstes. Cf. DBI vol.18, p . l l . 246 Es gibt keinen Hinweis, daß bei diesem Fest die Innovation oder Organisation den Florentinern zuzuschreiben wäre, woraus folgt, daß die Realisation eines römischen Triumphes gewissermaßen eine „ur-römische" invenzione war. 247 Angelucci 1866 zufolge gab es bereits 1451 bei den Feste di Agone Wagen mit allegorischen und symbolischen Darstellungen, über die er aber keine genaue Auskunft gibt.

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scher, darunter Kleopatra, unter Begleitung der heidnischen Götter. 2 4 8 Der Aufmarsch von Soldaten, Vertretern des Volkes und Senates der Stadt R o m evoziert nicht nur personell die glorreiche Vergangenheit, sondern auch strukturell mittels der Prozessionsordnung des römischen Triumphes. Der Papst als Adressat nahm auf diese Weise indirekt die nicht besetzte Position des Triumphators ein. Eine andere anonyme, unvollständig erhaltene Beschreibung gibt genaueren Aufschluß über einen Teil des Festzuges, der durch die „feste" der einzelnen rioni gegliedert w a r : 2 4 9 Viertes Fest. Der geflügelte Cupido, nackt mit dem Köcher, mit Feuerpfeilen, hoch auf Stelzen, fortwährend Pfeile verschießend und zum Lobe des Papstes singend und Feuer verschießend. Davor vier Flötenspieler und Musiker, und darauf folgten dreißig Nymphen und mit ihnen die Göttin Diana, und die Nymphen hatten weiße, mit goldenen Pfeilen verzierte Gewänder, goldene Haare, Bogen und Köchern und auch Hörner über der Schulter, und einige von ihnen hatten Speere in der Hand, in der Mitte die Göttin Diana, gekleidet in ein goldenes Kleid mit der Krone der Jungfrauen, und alle die Jungfrauen auf weißen Pferden; und als sie sich dem Brunnen näherten, fanden sie dort Aktaion, der in einen Hirsch verwandelt worden war; danach folgten die Amazonenfrauen in verschiedene Kleider gekleidet, mit Waffen, Bogen, Pfeilen, Köchern und Speeren und anderen Waffen, zwanzig an der Zahl. (...) (Q XCVI) In einer kurzen Ansprache vor den Fenstern des Papstes unterwarf sich die heidnische Göttin Diana mit ihrem Gefolge dem Oberhaupt der christlichen Kirche, um mit den Worten zu schließen: „und schäme Dich nicht, uns Deinen untergebenen Heiligen zuzugesellen". 2 5 0 Diese Verse scheinen aus dem Bemühen Pomponio Letos geboren, dem Papst ein freundliches Verständnis für die Antike abzuringen. Zugleich könnten sie aber als Bemäntelung des visuell ausschließlich heidnischen Spektakels gedeutet werden. Da sich der Zug offenbar durch die Stadt bewegte und an mehreren Stellen Halt machte, sah der Papst nur einen tatsächlich für ihn bestimmten Teil der Darbietungen. 2 5 1 Der Auftritt Dianas war unterteilt in die

248 Ich stimme nicht mit Pochat 1990, p.168 überein, daß ein Triumph des Augustus gezeigt worden ist, da dieser nur als Besieger der Kleopatra erwähnt wird. Abgesehen von dieser der Interpretation überlassenen Frage beschreibt er das Ereignis mit einem in seiner Fehlerfülle zitatwürdigen Satz: „Zu Ehren Pauls II. ließ Pietro Barbo 1454 in Rom den „Triumph des Augustus" inszenieren" (Paul II. ist Pietro Barbo und regierte 1464-1471, der Umzug fand 1466 statt.) Er übernimmt den Fehler in seinen Appendix VII, der im übrigen weitere dieser Art aufweist (z.B. 1402 und 1408 weist d'Ancona, auf den Pochat sich beruft, selbst daraufhin, daß es sich um 1472 und 1478 handelt). 249 Cf. Cruciani 1983, pp.126-131. 250 „Da ich sehe, daß durch Deine große Heiligkeit und unzähligen Tugenden, allerseligster Vater, es keine Region mehr auf dieser Erde gibt, die sich nicht gern Deinem Reiche unterwirft, und ihm Gaben entsprechend seiner Kräfte bringt, schien es mir die wichtigste Sache zu sein, daß auch ich selbst mehr als die anderen tue, also habe ich den Himmel verlassen /.../, die schönen Wälder und den Mond, tatsächlich werde ich Proserpina und Diana genannt, damit es nicht scheint, daß ich ein solch heiliges und gerechtes Reich fliehe. (...) mich selbst zuerst und meine schönen Gefährtinnen weihe ich Dir. (...) sieh auch uns mit gütigen Augen an, mit denen Du sonst jede Sache ansiehst, und schäme Dich nicht, uns Deinen untergebenen Heiligen zuzugesellen." Ital./Lat. bei Cruciani 1983, pp.129/130. 251 Canensi berichtet: „Er stand, um ihre rappresentazioni zu sehen, voll Ausdauer und Heiterkeit verborgen an der Ecke eines Fensters und bei ihm waren einige Mitglieder des heiligen Senats." (Q XCVIII)

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Begegnung mit Aktaion, die an einem Brunnen stattfand und die Verse, die sie unter dem Fenster des Papstes und hauptsächlich an ihn adressiert rezitierte. 252 Dieser Aufzug ist unter den überlieferten der erste, dessen Personal ausschließlich der Antike entlehnt ist. Bei den bereits vorgestellten Herrschereinzügen hatten christliche oder christlich-allegorische Themen eine Rolle gespielt. Hier nun waren die antiken Götter herabgestiegen, um einem Irdischen ihre Referenz zu erweisen. 253 In der Folge waren die Götter bei vielen festlichen Ereignissen anzutreffen und huldigen unterschiedslos Helden, Hochzeitspaaren und einziehenden Herrschern. 254 Sicher verdankt sich diese Innovation zum Teil dem Geist der Stadt, denn welcher Ort, wenn nicht Rom bot die geeignete Kulisse einer solchen Vitalisierung der Antike. Die „Einheit von Zeit und Ort" wurde aber gewissermaßen durchbrochen, da mythologische und historische Gestalten gleichermaßen verlebendigt wurden: Im Medium des lebenden Bildes erschienen Götter und historische Personen und Würdenträger auf der gleichen „Realitätsebene". Ein cassone, der den Einzug Caesars in Rom darstellt, reflektiert den Eindruck einer solchen Inszenierung. 255 (Abb.40) Das Bild zeigt einen Zug, der sich dem Stadttor mit der Inschrift ROMA nähert. Der triumphierende Herrscher steht wie ein Standbild seiner selbst auf einem kleinen runden Sockel, der mit seinem Namen „Cesari Giulio" versehen ist. 256 Er ist vom Künstler aber nicht als Statue gedeutet, denn er reagiert deutlich mit leichtem Mißmut auf die Szene der zwei wohl im Scherz kämpfenden Männer hinter seinem Wagen, die das feierliche Gepränge des Zuges stören. Der ihm zu Füßen sitzende Narr, der ihn auf die Vergänglichkeit seines Ruhmes hinweist, rekurriert auf den überlieferten antiken Brauch und bezieht sich auf eine Person und nicht auf ein Standbild. Auch verfügt sein Triumphwagen über Stufen, entsprechend dem edificio aus der „Bilderchronik" (Abb.14), die sein aktives Hinaufsteigen implizieren, wie es Panormita ebenso für den Wagen Caesars in Neapel 1443 beschreibt. Auf dem vorausfahrenden Wagen steht auf einem Podest, das von Beutestücken umgeben ist, ein junger Mann in Waffen, dessen Bedeutung nur als Mars zu erklären ist. Es war üblich, in den antiken Triumphzügen die Statuen der Götter der Besiegten mitzuführen. Die goldenen

252 Eine Miniatur eines um 1486 entstandenen illuminierten Chorales ( D u o m o B, c.14 v.) zeigt als Marginale eine Szene mit Diana und Aktaion am Brunnen, die eine Vorstellung der entsprechenden Kostümierung vermitteln. Corali miniati del Quattrocento nella Biblioteca Malatestiana, a.c.d. Piero Lucchi, Fabbri editore 1989, p.118 u n d Abb. 71. 253 N u r Malatesta Ariostis nicht realisierter Entwurf f ü r Reggio 1453 sah ebenfalls vor, daß sich die heidnischen Göttinnen Juno, Pallas u n d Venus dem einziehenden Herrscher unterwerfen sollten. (Q LXXXIX) 254 In R o m erschienen Götter 1473 anläßlich der Feierlichkeiten für Eleonora d'Aragona, die auf Durchreise zu ihrem zukünftigen Gemahl nach Ferrara hier Station machte. Cf. Corvisieri 1878/1887; Faletti 1983; Müller 1993. Die Feierlichkeiten fanden in einem eigens dafür errichteten ephemeren Bau statt, die Götter treten fast nicht unterscheidbar teils leibhaftig, teils in Zuckerwerk auf. In Bologna gehörten 1475 (Cavicchi 1909, 72-74) und 1487 (Zannoni 1891; Cazzola 1979); in Pesaro 1475 ( O r dine delle N o z z e ... ed. de Marinis 1946); in Tortona 1488 (cf. p.126 (346)) Götter zu Hochzeitsgästen. 255 Z u dem cassone, der sich im Besitz der New-York Historical Society (Inv.nr. 1867.20) befindet, cf. Weisbach 1919, p p . 2 4 - 2 6 ; Schubring 1923, no.127 und zur Zuschreibungsproblematik Carandente 1963, pp.81/133, n.178. 256 In der Spätantike galt die statuengleiche Haltung des Kaisers als Ausdruck seiner W ü r d e , wie aus Marcellinus' Beschreibung des Einzuges Konstantins II. hervorgeht. Cf. Weber 1991, pp,16sq.

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Büsten auf der oberen Ebene des Wagens könnten auf solche verweisen, der Mars selbst jedoch ist als lebendiger Mensch dargestellt. 257 Während also der reale Herrscher dem Medium der Skulptur angenähert ist, ist die Statue vitalisiert; beide reflektieren das Medium des lebenden Bildes, in dem sie in den Umzügen aufgetreten waren und bei dem letztlich nicht zu unterscheiden war, ob es einen Gott, eine historische Persönlichkeit oder eine Statue simulieren sollte.

2.

Der Possesso

Das politische Oberhaupt der Stadt R o m war der Papst, und in seiner Person lebte, wie es sich unter Pius II. angekündigt hatte, der römische Triumph wieder auf. Traditionell nahm der Papst nach seiner Wahl mit dem sogenannten Possesso von der Stadt Besitz. Auf einem weißen Reittier zog er, begleitet vom Klerus und den städtischen Würdenträgern, in einer langen Prozession von San Pietro nach San Giovanni in Laterano, seiner Bischofskirche. 2 5 8 Bis in die Mitte des Quattrocento trug die Zeremonie allerdings den Charakter eines „Demütigungsrituales" und einer Machtprobe mit der Einwohnerschaft seines weltlichen Amtssitzes. 2 5 9 Die Kommune sah ihre republikanischen Freiheiten zu Recht durch die Päpste bedroht, hing andererseits wirtschaftlich von der Anwesenheit der Kurie ab, und wurde so vertraglich oder gewaltsam zu immer weiteren Zugeständnissen gezwungen. 2 6 0 Dieses Konfliktpotential entlud sich unter anderem während des Possesso, der daher oft von gewalttätigen Ausschreitungen begleitet war, die sich zum Teil gegen die Juden, zum Teil gegen den Papst richteten. 2 6 1 Vor allem der Raub des päpstlichen Reittieres und Baldachins war nicht ohne Gefahr für das Leben des Papstes, Pius II. wurde seinen eigenen Worten nach nur durch göttliche Hilfe vor dem Tode bewahrt, Innozenz VIII. 1484 trotz Preisgabe seines Reittieres von der Menge so bedrängt, daß die Träger in panischem Lauf unter Mißachtung des Zeremoniells den Papst fast abwarfen. 2 6 2 Der Possesso bewegte sich zudem in einer antipäpstlichen Topographie, denn die Via Papale führte abseits von den wichtigen christlichen Kultorten durch die Gegend, in dem der römische Adel wohnte. 2 6 3 Die Piazza del Parione galt ebenfalls als O r t städtischen Widerstands gegen päpstliche Machtanmaßung, denn an der Statue des Pasquino wurden jährlich am 25. März Spottverse, nicht zuletzt gegen den Papst, angebracht. Die Station vor San Clemente war in besonderer Weise beschämend, da der Legende nach die Papessa Giovanna dort durch die Geburt ihres Kindes die Schande des Papsttums offenbar machte. 2 6 4 Es galt also den Possesso in weniger gewalttätige Strukturen 257 Eine der Büsten steht an der Längsseite des Wagens, während zwei an der Rückseite zu sehen sind. Wen sie darstellen könnten, ist nicht festzustellen. Meine Beschreibung stützt sich auf das Studium des Originals, das ich Dank der freundlichen Genehmigung der New-York Historical Society in deren Depot ansehen konnte. Zu dem antiken Brauch cf. Köhler 1996, pp.108-109/126. 258 Cf. Cancellieri 1802. 259 Ingersoll 1985, pp.171-177 und id. 1993. 260 Ebert-Schifferer 1988, pp.82sq. 261 So wurden Calixtus III. 1455 und Sixtus IV. 1471 mit Steinen beworfen. 262 Ingersoll 1993. Zu Pius II. Cruciani 1983, p . 5 7 ; zu Innozenz ibid. p.199. 263 Die meisten Paläste dort errichteten in der Renaissance Mitglieder der mächtigen Confraternita del Salvatore, der die Elite von Prälaten und Patriziern angehörte. Ingersoll 1993, p p . 4 0 - 4 2 . 264 Cf. Cancellieri 1802, pp.8-10.

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zu überführen und das durch Schisma und Exil in Avignon verlorene Terrain wiederzugewinnen. D a z u diente die Ü b e r n a h m e von Elementen aus dem Zeremoniell der Corpus D o m i n i Prozession, die Innozenz 1484 veranlaßte; vor allem erhoffte man sich Respekt durch die Mitführung des Corpus Christi, wie es bereits Nikolaus V. 1447 erstmalig praktiziert hatte. 2 6 5 D e r Possesso, in geordneter F o r m , bezog seine Wirkung vor allem aus der festlich gekleideten Menge des Klerus und der weltlichen Würdenträger, die sich durch die mit Blumen und Teppichen geschmückte Stadt bewegten. Ein theatralisches M o m e n t war die Begegnung mit den Juden und die Übergabe ihrer Gesetze, die 1484 unter Innozenz V I I I . zu deren Schutz auf die andere Tiberseite vor die Engelsburg verlegt wurde. 2 6 6

Der Possesso Alexanders VI. 1492 Mit der Krönung von Alexander V I . im Jahr 1492 wurde der Possesso unter neuem Vorzeichen veranstaltet. D u r c h militärischen Schutz garantierte er den störungsfreien Ablauf seiner Cavalcata, und in der Stadt waren mehrere ephemere Triumphbögen in Anlehnung an antiken Vorbilder errichtet. 2 6 7 D a s Bildprogramm des zweiten Bogens bestand dem Mailänder Bernardino C o r i o zufolge aus lebenden Darstellern: „Über dem Gesims waren einige Mädchen, die bei der Ankunft des Papstes einige Verse in Latein und ihrer Muttersprache rezitierten; und an der Außenseite des Bogens rechter Hand war ein Nische, wo „Oriens" geschrieben stand, und dort war ein Maurenmädchen nach orientalischer Art gekleidet; links „Occidens" und gleichermaßen ein Mädchen nach okzidentalischer Sitte; unter dem Bogen rechter Hand: „Liberalitas. Roma. Justitia", und eine jede Nische hatte ihre Nymphe. Roma war in der Mitte und hatte die Welt zu Füßen; eine päpstliche Mitra in der Hand und einen Stier, der weidete. Linker Hand war: „Pudicitia. Florentia. Caritas", und Florentia war in der Mitte einer großen Blume von verschiedenen Farben mit einem Schmuck von Nymphen. An der Außenseite auf der anderen Seite des Bogens rechter Hand: „Eternitas", links „Victoria"; auf dem Bogen auf einer Seite war „Europa", auf der anderen „Religio" und alle sangen ihre Verse vor dem Papst." (Q XCIX) Die Huldigung des Papstes war in tagespolitische Anspielungen gekleidet. O r i e n t und O k z i dent verwiesen auf den in diesem Jahr erlangten Sieg über die Mauren, der die Herrschaft der katholischen Könige in Spanien konsolidierte. D e r Papst spanischer Herkunft konnte vom Verdienst seines Heimatlandes profitieren, eine Gefahr für das europäische Christentum gebannt zu haben, worauf die Darstellungen der Victoria und Aeternitas auf der Rückseite und die Bekrönung des Bogens durch Religio und Europa anspielen. Die Tugenden Justitia und Liberalitas, die der Personifikation der R o m a beigesellt sind, beziehen sich zugleich auf den Papst, dessen Wappen R o m a führt. Diesem wird mit der Liberalitas eine Tugend zugesprochen, die im Verlauf des Quattrocento zu der Tugend des idealen Fürsten in Italien geworden war, mithin eine ausgesprochen weltliche Tugend. 2 6 8

265 266 267 268

Ingersoll 1985, p.193. Zu Nikolaus V. und seiner Bedeutung für Rom cf. Westfall 1974. Cf. Cruciani 1983, p.199; Ingersoll 1985, p.196. Cf. Ingersoll 1985, p.197; Cruciani 1983, pp.247-252. Cf. Warnke 1996, p.289 und passim. Die antike Liberalitas wurde in der Kaiserzeit für die Reputation der souveränen Herrscher herangezogen und bildete den von der Darstellung des congiarium losgelösten Typus der Allegorie mit Füllhorn aus. Cf. Metcalf 1993. Diese wird im 15. Jahrhundert als Herrschertugend etabliert.

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In den Äußerungen des Chronisten Corio über die künstlerische Gestaltung der Triumphbögen kündigen sich bereits jene Topoi an, die im Cinquecento in solchen Fällen nie fehlen: Die gelungene Imitation der antiken Vorbilder und das Vortäuschen von Dauerhaftigkeit. Dennoch beschreibt Corio im Fall des zweiten Bogens den lebendigen Statuenschmuck ausführlicher als die Architektur und Dekoration. So scheint die Illusion gerade in der Verbindung verschiedener Medien, der des vorgetäuschten Bauwerks und der vorgetäuschten Skulptur, zu funktionieren. Die lebenden Statuen sollten daher nicht als Zugeständnis an finanzielles oder künstlerisches Unvermögen begriffen werden, sondern als eine bewußte Vitalisierung der Antike. Die letzten Jahrzehnte hatte Rom zunehmend unter einem AntikenFieber gestanden, in dem weit über eine künstlerische Rezeption hinaus jede Spur antiker Kultur Faszination ausübte.269 Mit dem Machtzuwachs der Päpste gewann die Evokation einstiger Größe eine reale Grundlage, die das „Spiel" zugunsten einer „Wirklichkeit" und antiquarischer Wißbegierde ablöste. Der Possesso Julius II. 1502 und sein Einzug 1507 Julius II. führte mit seinem Possesso 1502 eine entscheidende Wegänderung ein: statt auf der Via Papale bewegte sich der Zug durch die Via dei Pellegrini in Richtung San Giovanni.270 Leider berichtet keiner der Zeitgenossen Genaues über die Triumphbögen, die an verschiedenen Stellen errichtet waren.271 Unter Julius II. fand der antike Triumph aber nicht nur in Übertragung auf die christliche Zeremonie sein Echo, mit seinem Sieg 1507 in Bologna feierte er in Rom den triumphalen Einzug eines siegreichen Feldherren im antiken Sinne. Anläßlich seiner Rückkehr, die am Abend vor Palmsonntag stattfand, wurde eine neue Prozessionsordnung eingeführt, die bei den folgenden Possessi und ingressi trionfali beibehalten wurde. Der römische Klerus nahm nicht mehr am Prozessionszug teil, sondern stand festlich geschmückt vor den Kirchen, die Vorbeiziehenden mit Gesängen begrüßend.272 Obwohl die entlang des Weges errichteten Altäre die Stimmung stärker im christlichen Sinne prägen sollten, näherte sich die Prozession selbst ohne den Klerus dem antiken Vorbild an. Am Palmsonntag zog Julius II. dann von Santa Maria del Popolo nach Sankt Peter, wobei ihn neben acht ephemeren Triumphbögen an der Engelsburg ein „treffliches Schauspiel" erwartete: „ergötzlich vom Anblick und auf Grund seiner geheimnisvollen Machart. Es war ein Triumphwagen gezogen von vier weißen nebeneinander gespannten Pferden von runder F o r m , und auf der Plattform waren zehn geflügelte Knaben, ein jeder mit seinem Palmenzweig in der Hand, diese sangen ein von Schauspiel, Eleganz, Anmut und Harmonie gefälliges Lied, und sie drehten sich fast jauchzend um diesen Kreis, mit der Bewegung des Drehens und Zurückdrehens. Als diese schwiegen und der Wagen angehalten worden war, erhob sich oben auf der Spitze ein

269 Cf. Farinelli 1992, pp.3sqq. Zur sich wandelnden Rezeption der antiken Kunstwerke cf. auch Buddensieg 1983. 270 Er war der erste Papst, der nicht das Zeremoniell befolgte, das den Possesso direkt im Anschluß an die Krönung vorsah. Auch seine Cavalcata fand unter militärischem Schutz statt. Der Baldachin wurde gegen ein Lösegeld vor der Zerstörung bewahrt, zugleich waren damit die dadurch bedingten Ausschreitungen unterbunden. Cf. Ingersoll 1985, p.198. 271 Cf. Cruciani 1983, pp.312-319. 272 De Grassi zufolge konnte der Papst so den Klerus vor den dazugehörigen Kirchen sehen und dieser wurde seinerseits nicht von den Pferden des Zuges bedrängt. (Cruciani 1983, p.324).

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Knabe, in der Hand einen Palmenzweig schwenkend, als ob er ihn dem Papst anbieten wolle, mit einem Lied auf den R u h m des Papstes, der nach den Palmfesten seine Palme nach R o m gebracht habe, daß dieser Papst jeder Palme würdig sei, da er den Tyrannen verjagt habe. ( . . . ) Ü b e r dem Kopf des Knaben war ein großer Kreis in Form einer astronomischen Sphäre, und auf der Sphäre eine große goldene Eiche, die sich zwischen zwei großen Palmen erhob und ihre goldenen Zweige und Eicheln zum Himmel streckte; und ihre H ö h e war gleich der Fiale der Kirche von Traspontina, oder überragte sie sogar zum Erstaunen der Umstehenden. ( . . . ) " (Q CVII)

Die Aufführung steht mit dem Engelsreigen und der Inszenierung des Wappens zunächst in der Tradition der Feste des Quattrocento. 2 7 3 Der Knabe mit dem Palmwedel auf dem Triumphwagen alludiert den Triumph der Fama, wie er durch Petrarca-Illustrationen weit verbreitet war und in der Herrscherpanegyrik vielfach auftrat. Bedeutsamer ist hier jedoch die Bezugnahme auf den Einzug Christi in Jerusalem, der sich durch das Datum, Palmsonntag, ergab, der das christliche Äquivalent zum römischen Triumph bildet. 274 Julius II. nun wiederholte gleichsam postfigural den Einzug Christi, ihn in einen „wahrhaften", weil militärischen Triumph der römischen Kirche verwandelnd. Konnte der Papst selbst nicht die Quadriga besteigen, so wurde sie doch immerhin von seinem Wappenbild der Eiche bekrönt. 2 7 5 Indem diese Eiche in einer Armillarsphäre wurzelt, scheint sich der imperiale Anspruch Julius II. über irdische Macht hinaus auf das All auszudehnen.

Der Possesso Leos X . 1513 Leo X . vollzog seinen Possesso nicht, wie es das Zeremoniell vorsah, direkt im Anschluß an die Krönung und gab durch die Verlegung um zwei Wochen die Möglichkeit zu einer nie zuvor gesehenen ephemeren Verwandlung der Stadt. Der Weg der Prozession führte wieder durch die Via Papale, mied aber die Gegend um San Clemente und versuchte so, die Erinnerung an die legendäre Schande des Papsttums zu löschen. 276 Die prachtvollen Dekorationen, von verschiedenen Personen und Institutionen ausgestattet, folgten keinem Gesamtprogramm. 2 7 7 Neben den „klassisch" päpstlichen Motiven wie der Schlüsselübergabe durchzog vor allem ein Argument die Dekorationen: die Wiederkehr des goldenen Zeitalters, ein Thema, das in der Selbstdarstellung der Medici schon im Quattrocento eine Rolle gespielt 273 Eine ähnliche Darbietung hatte es 1475 in Pesaro auf einem Triumphbogen gegeben: „auf diesem B o gen war ein Schiffsmast ungefähr X X X V Fuß hoch vom höchsten Punkt des Bogens ausgesehen, auf dessen Spitze ein Diamant war, mit einer Blume nach dem Wappen der Sforza darin und um den Mast herum, in der Art von verstreuten Zweigen aus Eisen, waren zwei Ordnungen von Kreisen, einer in entgegengesetzter Richtung zum anderen, wo reich mit Silber und Gold geschmückte spiritelli an den Spitzen dieser Zweige tanzten, die um den Mast herumkreisten, ein jeder mit verschiedenen Instrumenten in der Hand um zu musizieren, die sangen und schrien Sforza. Aragona. Constantio und Camilla ( . . . ) " (Q L X X X I I ) . Ein direkterer Vorläufer ist der „trionfo della pace" 1495 zum Empfang Charles VIII. in Florenz. (Q X X X V ) 274 Zu den Verflechtungen der antiken und christlichen Idee des Triumphes cf. Pinelli 1985, p p . 2 7 9 - 3 5 0 . 275 Der Wagen hätte sich dem Zug nach Sankt Peter anschließen sollen, doch weigerten sich die Pferde in Panik vor den Freudenschüssen und der Menschenmenge vorwärtszugehen. (Cf. De Grassi bei Cruciani 1983, p.325) 276 D a ß man den Grund für diese Wegänderung so wahrnahm, geht aus einem Brief von Johannes Paulus de Calzonibus de Brixia hervor, den Sanudo in seinen Diarii wiedergibt. Sanudo ed.1897-1903, vol. X V I , col. 687 277 Zu den Themen, die sich in variierender Form wiederholen, cf. C o x Rearick 1984; Gareffi 1987

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h a t t e . 2 7 8 N a c h ihrer R ü c k k e h r aus d e m E x i l i m S e p t e m b e r 1512 ist es m i t d e m v o n P o n t o r m o a u s g e s t a t t e t e n W a g e n a u f z u g , b e k a n n t o b des u n g l ü c k l i c h e n Schicksals des v e r g o l d e t e n B ä k k e r k n a b e n , gezielt z u m F a m i l i e n m y t h o s a u s g e b a u t w o r d e n . 2 7 9 D i e e p h e m e r e n D e k o r a t i o n e n b e s t a n d e n v o r allem aus T r i u m p h b ö g e n , d e r e n A r c h i t e k t u r u n d B i l d p r o g r a m m e in J a c o p o Pennis C h r o n i k d e r Ereignisse ausführlich b e s c h r i e b e n s i n d . 2 8 0 U n t e r d e n P r i v a t p e r s o n e n betrieb d e r B a n k i e r A g o s t i n o C h i g i , d e s s e n B o g e n d e r P a p s t s o g a r z w e i m a l p a s s i e r t e , m i t A b s t a n d d e n g r ö ß t e n A u f w a n d . C h i g i h a t t e unzweifelhaft ein g r o ß e s I n t e r e s s e d a r a n , d e m P a p s t einerseits seine E r g e b e n h e i t , anderseits seine finanzielle P o t e n z z u d e m o n s t r i e r e n , u m seine u n t e r Julius II. erreichte P o s i t i o n halten z u k ö n n e n . 2 8 1 Sein Triu m p h b o g e n b e d i e n t e sich n e b e n e p h e m e r gefertigten a u c h „ l e b e n d e r " S t a t u e n : „Und auf jeder Seite der Inschrift war ein Tabernakel, das heißt eine Halbnische, in jener rechter Hand stand eine lebendige Figur, welche Apoll darstellte. Und linker Hand in der anderen Halbnische eine andere lebendige Figur, die Merkur darstellte. ( . . . ) " (Q C X I ) Apoll kündet ebenso von L e o s musischen Interessen wie v o m anbrechenden goldenen Zeitalter u n t e r seiner H e r r s c h a f t . 2 8 2 D e r i h m beigesellte M e r k u r als Sinnbild d e r R e d e g e w a n d t h e i t u n d d e r W i s s e n s c h a f t e n w i r d m i t d e n h u m a n i s t i s c h e n T u g e n d e n d e r M e d i c i v o n C o s i m o il

278 Der Ursprung des Topos der Zeitenwende liegt in Vergils Verheißung der vierten Ekloge, die ihre große Verbreitung der Tradierung durch Dantes „Divina Commedia" verdankt, wo der entsprechende Passus „il secol rinnuovarsi" wörtlich übernommen ist. Bereits Cosimo il Vecchio wurde als neuer Augustus gefeiert, doch bezog sich dies weniger auf seine politische Rolle als auf seine Verdienste als Förderer der Literatur und Wissenschaften, vor allem durch die Aufnahme vieler griechischer Gelehrter, die nach dem Fall von Konstantinopel nach Italien gekommen waren. Lorenzo il Magnifico, Enkel C o s i m o il Vecchios, wählte in Anspielung auf seinen Vornamen den Lorbeer als Imprese, der als Pflanze des heilenden Gottes Apoll galt, unter dessen Regentschaft das goldene Zeitalter steht. Im Turnier von 1469 konkretisierte er den Bezug, indem er ihn mit dem Motto „le tems revient" verband. Die ebenfalls von Lorenzo benutzte Imprese G L O V I S wird von Giovio 1551 in ebendiesem Sinn als Allusion auf die Zeitenwende gedeutet: rückwärts gelesen ergibt sich: si volg(e). Zu den Medici-Impresen cf. C o x Rearick 1984. 279 Den Wagen mit dem lebenden Bild des goldenen Zeitalters beschreibt Vasari (ed.Milanesi vol.VI, p p . 2 5 4 - 2 5 5 ) in der Vita Pontormos: „ ( . . . ) nel mezzo del carro sorgeva una gran palla in forma d'appamondo, sopra il quale stava prostroto boccioni un uomo come morto, armato d'arme tutte rugginose; il quale avendo le schiene aperte e fesse, dalla fessura usciva un fanciullo tutto nudo e dorato, il quale rappresentava l'etä dell'oro resurgente, e la fine di quella del ferro ( . . . ) non tacero 'che il putto dorato il quale era ragazzo d'un fornaio, per lo disagio che pari per guadagnare dieci scudi; poco appreso se mori ( . . . ) " . 2 8 0 Die Beschreibungen sind zwar ausführlich, aber so unklar, daß es unmöglich ist, die Bögen tatsächlich zu rekonstruieren. Cf. Cruciani 1983, p p . 3 9 0 - 4 0 5 . 281 Unter Julius II. war es dem Sieneser, dessen Bankfiliale aus einem von Alexander VI. favorisierten sienesischen Unternehmen hervorgegangen war, gelungen, die Steuern der Alaunminen zu pachten, mit denen er außerordentlich großen Gewinn erwirtschaftet hatte. D a die neuen Päpste gewöhnlich ihre familiari mit den einträglichen Steuern versorgten, hatte er zu befürchten, diese zu verlieren. Zudem mußte er befürchten, seine Stellung als Bankier des Papstes an Florentiner Bankunternehmen zu verlieren. Zu Chigi cf. Cugnoni 1880. 282 Apoll übertrifft in den Dekorationen des Possesso an Präsenz weit alle anderen auf Leo X . persönlich beziehbaren Darstellungen, wie San Pietro in seiner Eigenschaft als Papst und San Giovanni als Beschützer von Florenz. Insgesamt sechsmal ist er zu sehen, in drei Fällen bildet er, jeweils von einer weiteren Figur symmetrisch ergänzt, das Hauptargument eines Apparates.

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Vecchio bis Lorenzo in Verbindung gebracht. 283 Die Verbindung von Merkur und Augustus ist bereits ein antiker Topos. Diese beiden lebenden Statuen dienten offensichtlich nur der optischen Dekoration, da der Autor keinen Hinweis auf gesprochene Verse gibt, sondern in der Beschreibung der Architektur und Dekoration des Bogens fortfährt: „ U n d an jeder Vorderseite (...) auf jeder Seite drei H a l b n i s c h e n , in deren mittlerer jeweils eine N y m p h e war, u n d hier u n d d o r t zwei kleine lebendige M a u r e n , s o w o h l auf der einen als auch auf der anderen Seite. Die N y m p h e , die auf der rechten Seite war, rezitierte mit w ü r d i g e m Gesicht einige Verse. ( . . . ) " ( Q C X I )

Da die Verse nicht überliefert sind, kann nur vermutet werden, daß die Nymphen vielleicht Musen und Begleiterinnen Apolls waren. Die kleinen Mauren lassen sich nur als schmückendes Beiwerk erklären, da der Chronist sie eigens als „vivi" bezeichnet, stellten sie wohl vor allem eine exotische Attraktion dar. Die Rückseite des Bogens zeigte den gleichen Aufbau, und in den Halbnischen waren dort Liberalitas und Pallas, die auf das goldene Zeitalter verweisen. 284 Letztere bot sich um so mehr an, als sich Julius II. selbst als Julius Caesar gesehen hatte: der Kriegsgott Mars findet seinen Gegenpol in der weisen Minerva. In Anspielung auf die beiden Vorgänger Leos X. im päpstlichen Amt lautete eine Inschrift an diesem Bogen: „Einst hat Venus geherrscht, dann kam an die Reihe der Kriegsgott, nun beginnt der Tag, hehre Minerva für Dich." 285 Im übrigen war der Bogen mit weiteren Bildern und Skulpturen verziert, die hauptsächlich auf die Impresen des Papstes Bezug nahmen und seine Tugenden thematisierten. Der Genueser Sauli, bevorzugter Bankier Julius II., hatte in der Hoffnung auf die Gunst des neuen Papstes ebenfalls nicht gespart. Sein Triumphbogen am Campo de Fiori, den der Papst auf dem Rückweg passierte, bediente sich eines mechanischen Effektes: „Das Achteck der Mitte, w o die W a p p e n unseres H e r r e n w a r e n , h o b sich bei dessen Vorbeiziehen hinweg, u n d aus dieser Stelle k a m eine Kugel h e r a u s , welche sich ö f f n e t e , u n d es w a r darin ein K n a b e , der die folgenden Verse mit verwegener Miene u n d heiterem Gesicht rezitierte. (...) Diese besagten Verse rezitiert, z o g sich die Kugel ins Innere z u r ü c k , u n d das W a p p e n kehrte an seinen Platz z u r ü c k . ( . . . ) " ( Q C X I )

Mit den Versen begrüßte der Knabe Leo Medicus als Retter der Kirche, und verwies damit auf den Topos des Apoll Medicus, der die Menschheit heilen wird. Die Palla, eine riesige „Pille", ist so zugleich Wappen und Mission des Papstes. Mechanische Wunderwerke gehörten seit der Antike zu beliebten Effekten im Kontext von Zeremoniell und Fest. 286 Die Darbietung hat auch im Quattrocento Vorbilder, wie eine sich öffnende Wappenblume der Sforza 1475 in Pesaro. 287 (Q LXXXII) In der Nachfolge steht die Erfindung Leonardos, der für den Einzug

283 Cf. Sonia Brink: Mercurius Mediceus. Studien z u r panegyrischen V e r w e n d u n g der Merkurgestalt im Florenz des 16. J a h r h u n d e r t s , W o r m s 1987. 284 Z u r „liberalitas augusta" cf. Kloft 1970 u n d Metcalf 1993. 285 Cf. Cruciani 1983, p.396, hier in der Ü b e r s e t z u n g v o n Pastor 1920, vol.IV, p.28. D a r a u f a n t w o r t e t in der d a r a u f f o l g e n d e n D e k o r a t i o n des A n t o n i o San M a r i n o w o h l etwas ironisch die Inschrift an einer Venusstatue: „Mars hat geherrscht, i h m ist Pallas gefolgt, stets h e r r s c h e n wird Venus." 286 Cf. S h e r w o d 1947; K ö h l e r 1996, p p . 9 7 - 9 9 . 287 D o r t w a r ein T r i u m p h b o g e n errichtet: „ungefähr X X I I F u ß h o c h , geschmückt mit G r ü n z e u g u n d Waffen u n d antiken F e s t o n s , soviel m a n n u r sagen k a n n u n d auf diesem Bogen w a r ein Schiffsmast u n g e f ä h r X X X V F u ß h o c h v o m h ö c h s t e n P u n k t des Bogens ausgesehen, auf dessen Spitze ein Diam a n t war, mit einer Blume nach d e m W a p p e n der Sforza darin (...) u n d in der Blume auf der Spitze w a r ein spiritello eingeschlossen: diese ö f f n e t e sich v o n selbst, als die M a d o n n a davor stand, mit ein e m gewissen Knall u n d er rezitierte die folgenden Verse: ( . . . ) " ( Q LXXXII).

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des französischen Königs 1515 in Mailand einen Löwen schuf, dessen Brust sich beim Erscheinen des Herrschers öffnete und Lilien, das Wappen des Königs, darbot. 288 Knüpft auch die „Belebung" der Dekorationen und die Strukturierung des Zuges durch Darbietungen an verschiedenen Stationen an die Festzüge und Prozessionsspiele des Quattrocento an, so ist die Gewichtung der Inszenierung doch eine andere: Im Mittelpunkt stehen die ephemere Ausstattung in Anlehnung an antike und zeitgenössische Architektur und komplexe Bildprogramme. Die Beschreibungen zeigen zudem einen veränderten Blick auf die künstlerischen Mittel der Illusionserzeugung. 289 Mit dem Amtsantritt von Leo X . war ein Höhepunkt der Inszenierung des Possesso erreicht, in dem triumphalen Gepränge aber hatten die lebenden Bilder an Bedeutung verloren. 290

3.

Die „feste di Agone"

In zeitlicher Ubereinstimmung zur Ausgestaltung des Possesso nahm der im Rahmen der römischen Karnevalsfestlichkeiten veranstaltete Wagenaufzug triumphale Ausprägungen an. Jeder der 13 Karnevalswagen wurde von einem der rioni ausgestattet. Für das Jahr 1372 belegt eine Quelle, daß die als carri trionfali bezeichneten Wagen von Ochsen und Pferden gezogen wurden und „jeder hatte seine Bedeutung". 291 Die caporioni selbst traten kostümiert auf: einer als Mohr, einer in Begleitung von Nymphen, ein weiterer als Pilger und schließlich einer als Türke. In der zweiten Hälfte des Quattrocento erweiterte sich der römische Karneval zu einem mehrere Tage dauernden Fest mit verschiedenen Wettkämpfen und Lustbarkeiten, deren einen Teil die feste di Agone bildeten, die gewöhnlich am Faschingsdonnerstag stattfanden. Sie bestanden im Präsentieren der von den rioni ausgestatteten Triumphwagen auf einem Platz, dessen Name noch an seine einstige Funktion als Circus erinnerte: „Agone", die heutige

288 Dies berichtet Vasari in dessen Vita, ed. Milanesi, vol.IV, p.37. 289 Mehrfach beteuert Penni die L e b e n s n ä h e der K u n s t w e r k e : ein C h r i s t u s , „che parea parlassi, tanto naturale si v e d e a " und die gemalten Figuren „parevano proprie vive". C f . Cruciani 1983, p p . 3 9 6 - 3 9 7 290 Dies läßt sich auch für den triumphalen E i n z u g L e o s X . in Florenz 1515 sagen, der ein weiterer H ö hepunkt der bis dato veranstalteten triumphalen E i n z ü g e war. Wie nie zuvor wurde Florenz durch ephemere D e k o r a t i o n e n und durch Zitate antiker römischer M o n u m e n t e verwandelt. Sieben der apparatiwzren

je einer der sieben T u g e n d e n gewidmet, im achten waren sie alle - in E r w a r t u n g Leos X . -

u m einen leeren T h r o n versammelt. D a s P r o g r a m m meidet damit vielleicht absichtlich die zu stark mit den Machtbestrebungen der Medici verknüpften Anspielungen auf das goldene Zeitalter. D o c h indem es ein T h e m a aufgreift, daß traditionell dem weltlichen Herrscher zugeordnet ist, verweist es auf die politische B e d e u t u n g L e o s X . L e b e n d e Bilder spielten bei den D e k o r a t i o n e n nur eine geringe Rolle (Cf. Ciseri 1990, p p . 4 4 - 4 5 , 120-121, p.173) Von den vielen überlieferten Beschreibungen erwähnt nur Bernardi (ed.1895, p . 4 2 6 ; Ciseri 1990, p.175) solche bei der ersten Station etwas ausführlicher: „große B ö g e n , mit der Geschichte der A p o k a l y p s e bemalt, mit einigen lebenden Figuren, die viele Verse rezitierten". Z u d e m E i n z u g cf. auch Shearman 1987 291 „ D a poi ivano tredici Carri trionfali, u n o per ciascheduno rione, con diversi m o d i , onne u n o lo s u o signifucato avea, tirato dalli ufali et dalli Cavalli" Clementini 1939, p p . 5 0 - 5 5 , der die Beschreibung von N a r d o Sciocciapile publiziert, äußert (p.50, n . l ) Zweifel an der Echtheit des Textes, wertet ihn jedoch als Z e i t d o k u m e n t .

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Piazza Navona. 2 9 2 In den Programmen macht sich zum einen die Inanspruchnahme durch die Päpste bemerkbar. Die im Wagenzug angelegte Allusion eines antiken Triumphes prädestinierte ihn zum anderen, der Feier von kontemporären militärischen Siegen einen Rahmen zu bieten. 293 Erstmalig war dies im Jahre 1457 geschehen, als man den Sieg über die Türken bei Belgrad im Jahr zuvor mit einem Kampfspiel nachempfand. 294

Die „festa di Granada" 1492 Im Jahre 1492 errang Spanien bei Granada einen Sieg über die Mauren, der die lange arabische Herrschaft auf der iberischen Halbinsel beendete. Auf die Initiative von Kardinal Raffaele Riario wurde die Kampfhandlung in Rom als Turnierspiel aufgeführt, und da das Ereignis in die Karnevalszeit fiel, verband man diese „festa di Granada" mit den traditionellen feste di Agone. Den Triumphzug des Siegers schilderte Sigismondo de'Conti: „Der Pomp des Triumphes, den man darstellte, erfreute auf wunderbare Weise die Zuschauer: vier weiße Pferde zogen einen hohen Wagen, auf dem mit einem Lorbeerkranz der König und die Königin von Spanien standen, eine Palme haltend, die aus der Spitze des Wagens zu entspringen schien. Zu ihren Füßen lag der gebundene König der Mauren, und ringsherum Helme, B ö gen, Panzer, Pfeile, Schilde sah man angebracht an Stangen hängen, wie man sie in den antiken Trophäen sieht und auf den Monumenten der Kaiser. ( . . . ) ( Q X C V I I )

Eine Zeichnung Jacopo Ripandas, die im Hintergrund einen der Beschreibung entsprechenden Triumph zeigt, scheint mit diesem Ereignis in Zusammenhang zu stehen. 295 (Abb.41) Ripandas Werk ist von der Auseinandersetzung mit der Antike geprägt. 296 Von ihm und seinem Umkreis sind Zeichnungen von Triumphwagen und Triumphbögen erhalten, die ephemere Festapparate wiedergeben. 297 (Abb.42-44) In den Fresken des Konservatorenpalastes entstand 1507/08 eine Triumphdarstellung in der Art eines Aufzuges: Auf einer Quadriga thront auf Trophäen eine Personifikation der „Roma", während die gefesselte „Sicilia" zu ihren Füßen sitzt. 298 (Abb.45) In Rom, wo 1493 erstmalig Zahlungen an Ripanda belegt sind, 292 Cf. Ingersoll 1985, p p . 2 7 7 - 2 8 8 . 293 Die Verbindung zum römischen Triumph war für die Zeitgenossen so evident, daß Raphael Hermenz 1510 in einem Brief zur Erklärung der Feste schreibt: „Feste, die man auf diesem Platz macht, um die Siege der antiken R ö m e r darzustellen" (Q CVIII). 294 Darüber berichtet Biondo im zweiten Buch der „Roma trionfante" (Cf. Cruciani 1983, pp.100-101). Dort war nur die Kampfhandlung an sich, nicht aber ein Triumph aufgeführt worden. Angelucci 1866 erwähnt anläßlich dieses Ereignisses gezeigte Wagen mit Figuren des Sieges von Johannes Corvinus über die Türken, leider ohne Quellenangabe. 295 Cf. Farinella 1992, p p . 7 2 - 7 4 . 296 Uber das Schaffen Ripandas ist wenig überliefert, denn es versank, nicht nur auf Grund der künstlerischen Qualität im Schatten Raffaels und Michelangelos, sondern vor allem durch die Ignoranz Vasaris fast völlig im Dunkeln. D o c h bezeugen die vielen von ihm in R o m an repräsentativen Orten wie dem Palazzo dei Conservatori und der Cancelleria, sowie dem Bischofspalast in Ostia ausgeführten Fresken seinen R u h m zu Lebzeiten. Farinella 1992, p p . 2 7 - 6 0 und zu den Fresken im Konservatoren-Palast Ebert-Schifferer 1988. 297 Cf. Farinella 1992, p p . 6 1 - 7 9 und 181/182. 298 Cf. Farinella 1992, p.71. Stadtpersonifikationen wurden verschiedentlich gezeigt, so beispielsweise 1507 in Mailand (Q X L I X ) , jedoch kenne ich kein lebendes Bild der „ R o m a " vor Ripandas Fresken. In der Antike sind lebende Stadtpersonifikationen z.Bsp. im Festzug des Ptolemaios belegt. Cf. K ö h ler 1996, p.130.

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gehörte Kardinal Riario zu seinen größten Förderern. So ist es durchaus denkbar, das Ripanda an der Gestaltung der „festa di Granada" mitwirkte. Die Zeichnung kann aber kein Entwurf dafür sein, da die Eiche auf Julius II. als Adressaten und damit ein späteres Datum verweist, sondern nur eine Variation des Themas. Die Wirkung dieses Triumphes verdankt sich neben der künstlerischen Ausführung einem Vitalisierungseffekt in doppelter Hinsicht: Einerseits erlebten die Zuschauer eine Art „Direktübertragung" oder Simulation des aktuellen historischen Ereignisses, zum anderen aber wohnten sie einem antikischen Triumph bei, der auf den christlichen Ritus umorientiert war. 299 Der Zug, gefolgt von einer Unmenge Soldaten und gefangener Sarazenen, bewegte sich zu der spanischen Kirche San Giacomo an der Piazza Navona, wo ihm die Priester singend entgegenschritten und der König und die Königin die Banner der Kirche darbrachten. 300 Die anschauliche Evokation des in großer Entfernung geschehenen Ereignisses hatte nicht zuletzt propagandistische Ziele, handelte es sich doch, im Gegensatz zu dem bis dato vor allem durch Niederlagen gekennzeichneten Kampf gegen das Vordringen der Türken, um einen Sieg der Christenheit. 301 Rom mußte versuchen, diesen Erfolg agitatorisch für die Motivierung der uneinigen christlichen Machthaber zu neuen Aktivitäten gegen die „Ungläubigen" einzusetzen. Die Macht des einstigen Rom war zugleich Topos und unerreichtes Ziel, die in der Prachtentfaltung des ephemeren Spektakels ihre scheinhafte Auferstehung feierte. In diesem Sinne würdigt das Ereignis Carlo Verardi in der Widmung seiner 1492 erstmalig publizierten „Historia Baetica" an den Kardinal Riario 302 : „Du hast einen wunderbaren Wagen errichten lassen, auf welchem sie den Triumph über Boabdil, König von Granada, brachten, von solchem Reichtum in der Ausstattung und solch strahlender Festlichkeit, daß der Senat und das Volk von Rom den Eindruck hatten, endlich mit den eigenen Augen die antiken Triumphe ihrer Ahnen, seit langem unbekannt in unseren Jahrhunderten, zu sehen." (Q XCVIII)

Die Karnevalsfeste wurden in den folgenden Jahren in Rom das Medium des Wiederauflebens des antiken Triumphes, so inszenierte man 1499 einen „Trionfo di Tito e Vespasiano". (Q CI) Der römische Karneval erscheint daher nicht nur als eine Phase, in der die Normalität in dem Sinne außer Kraft gesetzt ist, daß dieser eine „verkehrte Welt" entgegengestellt wird, in der gesellschaftliche Normen ihre Geltung verlieren. Ebenso dient er der Vorspiegelung einer besseren Gegenwelt, die in der Evokation der glorreichen Vergangenheit Ausdruck findet.

Die „feste di Agone" unter Alexander VI. Die Allusion auf den antiken Triumphzug gewann im Jahr 1500 an Realität, als Cesare Borgias siegreiche Rückkehr zur Zeit des Karnevals mit den feste di Agone verschmolz: 299 Ganz anders funktioniert das tableau vivant, das 1496 zum Einzug Johannas von Kastilien in Brüssel gestellt wurde. (Abb.l) Im Mittelpunkt steht hier die Königin Isabella, der ein ritterlicher König von Granada, begleitet von seinem „maurischen" Gefolge seine Krone wie in einem freiwilligen Akt überreicht. 300 So beschreibt es Leonardo da Sarzana, Cruciani 1983, pp.234-35. 301 Sigismondo de'Conti schreibt: „und der ganze Circus hallte wieder von Stimmen der Freudenbezeugung und dem Lob Gottes, weil es durch den unsterblichen Verdienst dieser Könige endlich geschehen war, daß die Ohren der Christenheit, seit 40 Jahren gewöhnt, nichts als traurige und fürchterliche Nachrichten zu hören, jeden Tag mit neuen Namen von Ländern und neuen Siegesnachrichten erfreut wurden." (Q XCVII). 302 Cf. Cruciani 1983, pp.229-231, 236-239.

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„Nach Beendigung des Zuges gegen Imola und Forli, in die Stadt um den 13. Februar zurückkehrend, war es die Zeit des Karnevals, in der das römische Volk mit ausgelassenen Spielen die antiken Triumphe seiner Vorfahren darstellt. Dieses Jahr waren sie großartiger als üblich, und man schickte auf Triumphwagen gefangene Könige und Bilder von Städten und Flüssen vor und zeigte auf jede Art die Freude über die Rückkehr Cesare Valentinos." (Q CHI) E r g ä n z e n d z u S i g i s m o n d o d e ' C o n t i berichtet der Z e r e m o n i e n m e i s t e r B u r c h a r d o , daß m a n „das F e s t auf A g o n e s c h ö n u n d g e s c h m ü c k t wie g e w ö h n l i c h , mit 11 T r i u m p h w a g e n u n d mit d e m Sieg Julius C a e s a r s , der auf d e m letzten Wagen s a ß " aufführte. ( Q C H ) D e r T r i u m p h J u lius C a e s a r s verweist auf den Sieg seines N a m e n s v e t t e r s C e s a r e B o r g i a , Sohn A l e x a n d e r s V I . u n d C o n d o t t i e r e der K i r c h e . Anläßlich der H o c h z e i t seiner Tochter L u c r e z i a mit A l f o n s o d ' E s t e veranlaßte A l e x a n d e r V I . , daß die Karnevalsfestlichkeiten auf die Tage z w i s c h e n d e m 2 6 . D e z e m b e r 1501 u n d 2. J a nuar 1 5 0 2 vorverlegt w u r d e n . 3 0 3 D i e feste di Agone

fanden a m 1. J a n u a r auf d e m Platz v o r

Sankt Peter statt. D e r B r ä u t i g a m , der seine B r a u t in F e r r a r a e r w a r t e t e , erhielt v o n B e r n a r d i n o Prosperi einen Bericht ü b e r die Festlichkeiten. 3 0 4 E i n e was die dreizehn T r i u m p h w a g e n betrifft ausführlichere Beschreibung enthält aber die C h r o n i k der Stadt Forli des A n d r e a B e r nardi: „Auf dem ersten sah man einen Herkules von menschlicher Größe ganz vergoldet, mit einer Keule in der Hand, mit einem Löwenfell um sich herum. Auf dem zweiten sah man einen weiteren gegen die Hydra kämpfenden Herkules, der Hydra hatte er zwei Köpfe abgeschnitten und an jedem Schnitt wuchsen ihr weitere sieben kleine Köpfe, so geschickt, daß es alle Leute völlig erstaunte. Auf dem dritten war Cupido, den sie vor seiner Mutter knieen ließen (...). Auf dem vierten sah man Paullus Aemilius, welcher vor sich Perseus mit zwei Söhnen mit auf dem Rükken gebundenen Händen hielt, ganz in schwarz gekleidet. Auf dem fünften sah man zwei große versilberte Pferde, mit zwei vergoldeten Männern, die besagte Pferde hielten, die bedeuteten Monte Cavalle. Auf dem sechsten stand der triumphierende Scipio, auf dem siebten stand Curero, der achte gehörte Neptun, dem Gott des Meeres, mit zwei weiteren Meereswesen, auf dem neunten stand Caesar auf einem großen weißen Pferd. Auf dem zehnten stand Romulus, dem zwei Büffel vorgespannt waren, einer golden und einer silbern, die bedeuteten, wie man begann, das Gebiet der besagten Stadt R o m festzulegen 305 und er hatte sechs Hügel 5 0 6 auf dem Kopf. Auf dem elften waren drei nackte Frauen, welche die Grazien bedeuteten, auf dem zwölften war Paris, im Begriff, das Urteil zu sprechen, mit vielen anderen Geschichten, die wahrhaft menschlichen Geist zu besitzen schienen. Der dreizehnte und letzte war mit großer Vollkommenheit gemacht, und dort sah man eine große Stadt, die R o m war, und vor dieser sah man einen Jüngling, der besagtes R o m bedeutete, rittlings auf einem Büffel, welcher Büffel in der Mitte eines künst303 Cf. Cruciani 1983, pp.286-298. 304 Die Triumphwagen beschreibt er kurz: „Auf dem ersten war einzig ein Herkules, der ein Horn blies, wie der, welcher auf dem Kapitol ist; auf dem zweiten die beiden Pferde in Ähnlichkeit zu jenen von Montecavallo; auf dem dritten zwei Büffel, die die Furche zogen, die R o m umschloß; auf dem vierten eine Stadt; auf dem fünften eine Siegestrophäe mit vielen erbeutenen Rüstungen; auf dem sechsten ein Pferd in Ähnlichkeit zu jenem, welches San Giovanni in Laterano hat, mit jenem König zu Fuß. Die vorletzten zeigten eine ähnliche Schaustellung; auf den letzten drei sah man: auf einem Caesar zu Pferd und mit den anderen beiden Wagen daneben, daß heißt an den Seiten, mit den Grazien, ( . . . ) " (QCiv). 305 Romulus bezeichnete mit einem Pflug das Gebiet, was seiner Ansicht nach ihm gehörte und erschlug im darauffolgenden Streit seinen Bruder. 306 „aulture", meint wahrscheinlich „alture": Anhöhe, Hügel, wobei unklar bleibt, warum sechs und nicht sieben als die Anzahl der römischen Hügel.

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liehen Flusses auf einer Insel stand, auf wselcher der Jüngling viele lateinische und italienische Verse vor Ihrer Heiligkeit sang: und wie dieser Jüngling standen andere Kinder schön geschmückt Seite an Seite andere Verse singend. Alle diese Wagen waren begleitet von vielen Menschen des besagten Senates und anderem Volk, zwischen denen gab es ungefähr 800 andere Jünglinge, ganz gerüstet mit Waffen nach antikem Brauch gebildet, wie noch andere ritterliche Dinge. Hinter diesen folgten andere römische Reiterschaften, ebenfalls nach antikem Brauch, es waren Senator, Konservator, Führer, Fahnenträger, Bürgermeister, Kanzler, Stallmeister, von denen man vermutet, daß ihre Kleidung und Schmuck von unendlichem Wert gewesen sein müssen. ( . . . ) " (Q CV)

Beiden Berichten ist nicht eindeutig zu entnehmen, bei welchen Figuren es sich um lebende Menschen oder um Statuen handelte. Der Herkules auf dem ersten Wagen, nach Prosperi „der ein Horn blies, wie jener der auf dem Kapitol ist", kann sowohl eine Statue, als auch ein lebendiger Darsteller gewesen sein. Handelte es sich um einen Schauspieler, so wäre dies ein seltenes Beispiel für ein lebendes Bild, das sich auf ein konkretes Werk der bildenden Kunst bezieht. Die von Bernardi benutzte Formulierung „di statura humana" bestärkt die Vermutung, daß es sich um ein solches gehandelt hat. Mit dieser Statue, den Pferden von Montecavalle (die Dioskuren vom Quirinal) und dem Pferd von San Giovanni in Laterano (das eigentlich nicht den Marc Aurel bezeichnen kann, da dort kein König zu Fuß abgebildet ist), nehmen die Darbietungen nachvollziehbar Bezug auf die im Stadtbild präsenten Denkmäler. Die Reihenfolge der Darbietungen divergiert in den beiden Berichten, und Bernardino Prosperi gibt nur für sieben das Thema an. Der Chronist aus Forli verfügte offenbar über wesentlich genauere Kenntnis oder Informationen als der ferraresische Berichterstatter. Darüberhinaus lassen sich die Unstimmigkeiten aus der Fülle der Themen und Bezüge erklären, die den Zeremonienmeister Burchardo völlig überforderten: „es wurden zwölf Wagen der rioni gebracht, über die Altertümer der Römer, die man wie immer nicht verstand". (Q CVI) Die Äußerung ist einerseits in dem Kontext zu sehen, daß Burchardo die Prachtentfaltung des päpstlichen Hofes mit kritischen Augen sah, andererseits waren die Wagen tatsächlich mit komplexen Programmen überladen. Die Fülle der visuellen Zeichen bewegte sich auf drei argumentativen Ebenen: Einerseits wurde der antike Triumph mit der Darstellung triumphierender Feldherren, Jünglingen in der Tracht römischer Soldaten sowie Würdenträgern evoziert, wobei die Identität der einzelnen Helden nicht immer ganz klar ist. 307 Andererseits lag in der Darstellung von Ereignissen und Monumenten ein Bezug zur römischen Geschichte, letztere konnten dabei aber gleichzeitig auch für die rioni stehen, wie im Fall von Montecavalle. Schließlich wurden Motive verarbeitet, die im Zusammenhang mit dem eigentlichen Ereignis, der Hochzeit Lucrezia Borgias mit Alfonso d'Este, zu sehen sind: Venus und Cupido, Paris mit den „Grazien" 308 und der Herkules, der als Huldigung des Vaters Alfonsos und derzeitigen Regenten Ferraras Ercole d'Este zu deuten ist. 309 Die Hochzeit der Tochter des Pap-

307 Eindeutig zu erkennen sind Aemilius Paullus, der 164 v.Chr. im Makedonischen Krieg über Perseus siegte, und Scipio - obwohl mehrere Heerführer aus dem Geschlecht der Cornelier diesen Beinamen tragen, handelt es sich hier vermutlich um den häufig dargestellten Scipio Africanus, der den zweiten Punischen Krieg entschied. Unklar ist, wer mit Curero gemeint sein könnte - vielleicht der römischen Feldherr Coriolanus, oder der römische Kriegsgott Quirinus. 308 Beide Autoren deuten die drei weiblichen Gestalten als Grazien, obwohl Bernardi sie mit dem Parisurteil in Verbindung sieht. Die ikonographische Überschneidung von den Grazien und den drei Göttinnen findet sich ebenso in den bildenden Künsten. 309 In Ferrara selbst waren die Taten des Herkules in Anschluß an die Aufführung des Amphitrion 1487 gezeigt worden: „E finita la comedia, veneno tute le forteze de Hercule per suxo il tribunale predicto,

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Evokation

stes vereinnahmte die kommunale Festtradition, und so wurde sie zu einem städtischen Ereignis. Für den gebildeten und den unbedarften Zeitgenossen gleichermaßen ergab sich daraus die Vision päpstlicher Macht, die sich in die Tradition römischer Größe stellte, wie sie sich so in gemalten Bildprogrammen noch nicht niedergeschlagen hatte.

Die „feste di Agone" unter Julius II. Die Vereinnahmung der feste di Agone durch den Papst setzte sich unter Julius II. fort, der 1510 und 1513 die Feier seiner eigenen militärischen Triumphe mit dem Wagenaufzug verband. 310 1510 wurden: „reiche und pompöse Feste gemacht, wo Römer nach altem Brauch sehr prächtig und schön mit gerüsteten Pferden und Leuten zu Fuß in der Form eines ruhmreichen Triumphes die Siege Julius in der Romagna darstellten. Und zuerst führten sie auf einem sehr reich geschmückten Wagen eine Italia mit den motti, daß Julius ihr Befreier sei, darauf führten sie nach und nach auf prächtig ausgestatteten Wagen einen um den anderen alle die Städte und Orte, die zurückerobert worden waren, (...)" (Q CIX) Eine Zeichnung aus dem Umkreis Jacopo Ripandas könnte einen Entwurf oder Reflex des Wagens der „Italia" enthalten. 311 (Abb.43) Zwar mangelt es an den erklärenden Inschriften, doch weist eine von Victoria begleitete auf Trophäen thronende weibliche Personifikation auf den vor ihr stehenden Eichenbaum, das Wappen der Rovere. Ihre antikische Gewandung verweist durch den Brustpanzer auf Minerva-Athene, die der Staats-Personifikation Pate gestanden hat. 312 Ein solches lebendes Bild der „Italia" war erstmalig 1495 anläßlich der Publikation der antifranzösischen Liga in Venedig gezeigt worden, wobei die Staats-Allegorie des politisch nicht geeinigten Landes dort als Reaktion auf die französische Bedrohung zu erklären war. Dieser weiblichen Italia war nun ganz im Machiavellischen Sinne der männliche Tugendheld Julius II. zu Hilfe geeilt.313 1513 standen die öffentlichen Feste im Dienste einer ähnlichen Manifestation. Der am ferraresischen Hof lebende Stabellini kopierte den Brief eines römischen Freundes, der ihn über die Ereignisse in R o m unterrichtet hatte, um ihn an Isabella d'Este Gonzaga nach Mailand weiterzuleiten, damit sie die „Triumphe" in Rom mit denen in Mailand vergleichen könne. Die Beschreibung seines Informanten ist sehr detailliert. 314 Auf dem ersten Wagen sah man die von den Franzosen unterworfene „Italia", dem folgte die „Italia liberata", anschließend die Personifikationen bzw. Patrone der befreiten Städte, deren Flußgötter und die Verbündeten. Die H y d r a , schon bekannt von den Festen von 1502, wurde diesmal von einem Engel besiegt, den Sieg des Papstes über die Franzosen symbolisierend. Den Schluß des Zuges bildeten die Wagen des „Concilium Lateranense triumphans" und der verbündeten Herrscher. (Q CX)

310 311 312 313 314

zoe Anteo, le Colonne de Hercule, el Tauro, le Amazone, Centauro, lo Apro, Idra, Cacho con le vache tirate a retro per la coda e altre molte." (Zambotti ed. RIS XXIV, P.7, vol.II, p.180). 1510 waren die „Feste di Agone" wieder mit einer Hochzeit, der Eleonora Gonzagas und Francesco Maria della Roveres, verbunden. Cf. Cruciani 1983, pp.341-347 Zu der Zeichnung cf. Farinella 1992, p.190, n.90. Zur weiblichen Staatspersonifikation cf. Warner 1989. Zur Personifikation der Italia in der Literatur cf. Brose 1996. Cf. Luzio 1886, pp.578-582; Cruciani 1983, pp.369-372.

Triumph und

„trionfi"

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Die Beschreibungen lassen nicht immer sicheren Rückschluß zu, inwieweit lebende Menschen Teil der Dekorationen waren. 3 1 5 Dies war wohl der Fall bei dem zwölften Wagen, der einen Apoll-Tempel zeigte mit einem „jungen Mann" in „Bedeutung des Apoll" und weiteren Männern ringsherum. (Q C X ) Eine der Zeichnungen aus dem Umkreis Ripandas zeigt einen vergleichbaren Wagen mit dem Pantheon. 3 1 6 (Abb.42) Die Körpergröße der Figuren auf dem Wagen entspricht keineswegs der Architektur, sondern der realer Menschen wie am Vergleich zu den Reitern erkennbar. Die ephemere Architektur und die übrige Dekoration stehen im Mittelpunkt des Interesses, wie es bei den Wagen der feste di Agone 1513 wohl auch der Fall war: „Alle Wagen wurden von Pferden gezogen und die Werke, die sie zogen, waren aus Tuch, Papier und Holz und es war ein erfreuliche Sache zu sehen, aber nicht ohne sich an die gegenwärtigen Zeiten zu erinnern, in denen sich die Stadt R o m befindet, wo man, entweder wegen ihres jämmerlichen Zustandes Triumphe der Schatten und der Masken antiker Triumphe, oder wegen der Größe der letzteren, reichlich zu veranstalten scheint, als ob für so vortrefflichen Ruhm das Gedächtnis allein diene" (Q C X )

Die Aufzählung der Materialien führt rhetorisch die Kurzlebigkeit der Pracht vor Augen, die sich dem Beobachter als Wirklichkeitsflucht darstellt, da die Feste die realen Zustände durch die Evokation der glorreichen Vergangenheit euphemisieren. 317 Der Holzschnittserie „Der Triumph Maximilians I . " als einer fiktionalen Dokumentation ist letztlich eine ähnliche Intention zu unterstellen. 318

III. Triumph und „trionfi" In den letzten Jahrzehnten des Quattrocento läßt sich in Italien eine wahre Triumph-Manie diagnostizieren. Die antike Siegesfeier gerät zur rhetorischen und bildlichen Formel der Überhöhung, die unterschiedlichsten Gegenständen appliziert werden kann. Auch die Persiflage des Triumphes ist teil dieser Popularisierung: Der Florentiner Poggio Bracciolini imaginierte in einer „Invectiva" gegen Valla, der mittlerweile wie auch Poggio an der römischen Kurie wirkte, einen satirischen Triumphzug. 3 1 9 Den Wagen Vallas sollten nicht Teppiche schmücken, sondern stinkende Bockshäute, in seinen Lorbeerkranz wären ge-

315 Stabellini (Cruciani 1983, p.372) erwähnt, daß ein Aufzug von 25 jungen Männern mit Eichenzweigen in der Hand und Kränzen auf dem Kopf besonders großen Eindruck machte, „weil sie keine Masken trugen". Daraus ist zu schließen, daß maskierte Darsteller übliches Personal des Zuges waren. 316 Zu diesem und einem ähnlichen Blatt, das einen Wagen mit dem Kolosseum zeigt, cf. Farinella 1992,

pp.181-182. 317 Vergleichbare Äußerungen sind im Zusammenhang mit dem Karneval in Florenz nach der Rückkehr der Medici 1513 überliefert, wo die „Rückkehr des goldenen Zeitalters" dargestellt wurde. Cambi (Istorie X X I I ) unterstellt, man mache die Feste so aufwendig „per parere, che la Ciptä fussi in festa, e in buono stato". Ähnlich ist auch Landuccis Kommentar. Über die Wagen berichtet Vasari ed. Milanesi, VI, pp.250-255, cf. auch Puttfarken 1980. 318 Propagandistische Wirkung hätte die Holzschnittserie zum Beispiel als Rathaus-Dekoration entfalten können. Cf. Der Triumphzug Maximilians I. 21987, pp.165-166. 319 Bracciolini ed.1538, pp.203-204. Der Text ist Auftakt der polemischen Auseinandersetzung zwischen Poggio Bracciolini und Lorenzo Valla in den Jahren 1452-53. Cf. Ari Wesseling: Lorenzo Valla Antidotum primum. La prima apologia contro Poggio Bracciolini, Assen/Amsterdam 1978, pp. 2 5 - 3 9 .

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kochte Rauchwürste eingeflochten, in goldenen Lettern würde er ein Zögling der Torheit genannt, als Elephanten verkleidete Rindviecher zögen den Wagen, Pallas vertriebe mit ihrem Schwert die Fliegen und Minerva überreichte dem Triumphator ein Buch mit der Aufschrift „Macht der Torheit". (Q C X X X V I I ) Diese Karikatur des antiken Triumphes bezog ihre Komik gerade aus der antiquarischen Kenntnis, die von Bracciolini bei seinen Lesern vorausgesetzt werden konnte. 320 Der Triumphwagen avancierte in allen Künsten zum multifunktionalen Vehikel, das, sei es rhetorisch oder bildlich, zur Auszeichnung zeitgenössischer Persönlichkeiten, antiker Götter und Allegorien diente. Die Bezeichnung trionfi für Festwagen aller Art ist symptomatisch für den Verschleiß der antiken Würdeformel. Synchron mit der wachsenden Zahl der Festumzüge lösten sich die bildenden Künste von ikonographischen Konventionen, und Allegorien und Götter bestiegen auch dort Wagen.

1.

Die mythologischen trionfi

Die sieben Planetengötter weisen, auf Grund ihrer Bedeutung in Astrologie und Astronomie, in der nachantiken Zeit eine kontinuierliche Darstellungstradition auf.321 Ihr äußeres Erscheinungsbild verlor weitgehend die antiken Merkmale und glich sich dem kontemporären mittelalterlichen Habitus an. Meist wurden sie stehend oder thronend dargestellt, einzig Luna und Sol fuhren der römischen Ikonographie gemäß gelegentlich auf Wagen.322 Um 1460 erschien in Florenz eine Stichfolge von Baccio Baldini, die erstmals alle Planetengötter auf Wagen zeigt. 323 Die Stiche folgen, wie hier an dem der Venus gewidmeten Blatt zu sehen, einem zweiteiligen Bildaufbau. (Abb.47) In der oberen Zone fahren die Götter jeweils auf von unterschiedlichen Tieren gezogenen Wagen durch die Lüfte, während die irdische Sphäre den Planetenkindern in der Ausübung ihrer charakteristischen Tätigkeiten vorbehalten ist. Bei der vorbildlosen Präsentation aller Planetengötter auf Wagen mag der Künstler vom Darstellungsmodus der Petrarca-Trionfi inspiriert worden sein, die eben um diese Zeit eine große Verbreitung erlebten. Eine Anregung von Seiten der Festkultur ist weder für die einen noch für die anderen konkretisierbar. Zwar ist 1423 eine Aufführung der sieben Planeten in Mailand anläßlich der „Offerta per l'opera del Duomo" belegt, jedoch ohne nähere Beschreibung. (Q XLV) Als lebende Bilder auf Wagen sind die Planetengötter erstmalig in Ferrara 1473 anläßlich der Vermählung Eleonora d'Aragonas mit Ercole d'Este dokumentiert. Diese Hochzeit, als politisches Bündnis zwischen Neapel und Ferrara eine Konstellation, die das Kräfteverhältnis der Pentarchie Italiens verschieben konnte, wurde mit ungewöhnlichen Aufwand begangen. Die Feste begannen in Neapel und setzten sich in den Städten Rom, Siena und Florenz, die die Braut auf ihrem Weg passierte, fort, um in Ferrara ihren Höhepunkt zu finden. 324 Der ferraresische Chronist Ugo Caleffini berichtet von mehreren Triumphwagen (Q XV), über die ein weiterer Chronist genauer Auskunft gibt:

3 2 0 Einen gemalten karnevalesken Triumphzug mit ähnlich absurden Motiven schreibt eine Novelle Masaccio zu. A n t o n Francesco Grazzini: Le Cene e altre Prose, Firenze 1857. 321 Seznec 1990. 3 2 2 Auch Mars ist gelegentlich auf einem Wagen, meist einem Kampfwagen, dargestellt. 323 Cf. Fuchs 1909. 3 2 4 Cf. Corvisieri 1 8 7 8 / 1 8 8 7 ; Falletti 1988.

Triumph und „trionfi"

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„Vor Santa Maria del Vado war ein Wagen mit Leuten darauf, fein säuberlich angeordnet, in Ähnlichkeit zu den sieben Planeten. Die anderen waren bei San Francesco, beim Saracino, bei den Jesuiten, bei dem unteren Tor und bei den Bänken der calgari. Und der siebente Planet war bei dem Turm des Bischofssitzes, geschmückt mit reichlich Leuten, die tanzten und sangen und spielten mit großer Lieblichkeit. Danach, wo die Statue Niccolos ist, dort hatte man mit Musikern geschmückt. Und es war eine schöne Sache, jene sieben Planeten zu sehen." (Q XVI)

Es liegt nah, diese Aufführung der sieben Planetengötter in Zusammenhang mit den Fresken des Schifanoia-Palastes zu sehen. 3 2 5 Dort ist in jedem der zwölf Monatsbilder in der obersten Zone der Gott oder die Göttin auf einem Triumphwagen umgeben von den Planetenkindern dargestellt. Die Wagen sind individuell gestaltet: Der Wagen der Pallas, die den März beherrscht, wird von Einhörnern gezogen, der Wagen der im April herrschenden Venus von Schwänen. ( A b b . 3 8 - 3 9 ) In Unterschied zu der Stichfolge Baldinis bewegen sie sich „realistisch" zu Wasser und Land; es handelt sich um fahrtüchtige Konstruktionen, deren Aufbau und Dekoration mit der zeitgenössischen Aufführungspraxis übereinstimmen dürfte. Die Fertigstellung der Fresken wird um 1469/70 angesetzt, also drei Jahre vor dem Einzug, und hat daher als Anregung für die lebenden Bilder gedient, vielleicht sogar als direkte Vorlage. Die Beschreibung des letzten Planetenwagens mit den Begleitfiguren, die tanzten, sangen und musizierten entspricht der Darstellung der Venus mit ihren Planetenkindern. Für die Umsetzung eines gemalten Bildes in ein lebendes Bild gibt es in Italien keine konkreten Belege; die Aktualität und das spektakuläre Programm des Zyklus könnten dies hier aber vermuten lassen, obwohl nicht die in den Fresken auf zwölf erweiterte Anzahl der Planeten dargestellt wurde. In die Festgestaltung hätte durchaus der Programmideator der Fresken, Pellegrino Prisciani, als Angehöriger des Hofes, mit einbezogen gewesen sein können. 3 2 6 Vielleicht war auch Malatesta Ariosti involviert worden, der schon 1453 in Reggio den Auftritt von Göttinnen zu verwirklichen gesucht hatte. Malatesta ist, nachdem er bis 1471 capitano von Modena gewesen war, 1474 als savw der Kommune von Ferrara nachgewiesen und stand mit siebzig Jahren noch im öffentlichen Leben. 3 2 7 Die Inszenierung scheint im Jahr 1491 anläßlich der Hochzeit Anna Sforzas mit Alfonso d'Este zumindest teilweise wiederholt worden zu sein. „Und danach kam man zu Schifanoia und dort war eine andere Bühne mit zwei Pferden, die einen Triumphwagen zogen. Und dann kam man bei San Francesco zu einer anderen Bühne, mit einem Triumphwagen, der von zwei Schwänen 328 gezogen wurde, und darauf war ein Planet. ( . . . ) " (Q XVIII)

Den bei Tuohy publizierten Dokumenten zufolge waren die Triumphbögen aufwendige mit Figuren ausgestattete antikische Architekturen. 3 2 9 Hatten die Wagen zuvor als mobile Bühnen gedient, so sind sie nun selbst ausgestellt. D e m Triumphwagen ist damit jeder pragmatische Aspekt abzusprechen: seine Darstellung hat ikonographische Ursachen, seine Mobilität ist zu Gunsten der Inszenierung eines Bildes eingeschränkt. Darin könnte sich bestätigen, daß es 325 Zu den Fresken cf. Warburg 1932, vol.II, p p . 4 5 9 - 4 8 1 ; Atlante di Schifanoia 1989. 326 Zu Prisciani cf. Warburg 1932, vol.II, pp.474-476. 327 DBI vol.4, pp.188-190. 328 „cixani" entspricht vermutlich „cigni", also Schwänen. Corio ed. 1978, p.1391 erwähnt im Zusammenhang mit den Festen für Eleonora in R o m 1473 „cesani" als Zugtiere der Venus. 329 Tuohy 1996, D o c . 4 8 und p.267. Ihm zufolge stellte der Wagen vor Schifanoia die Sonne, der vor San Francesco Cupido dar (was sich mit einer Deutung als Wagen der Venus in Ubereinstimmung bringen läßt). Für den Bogen beim Palazzo Schifanoia ist die Fertigung von zwei Pferden belegt.

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sich um eine Umsetzung der Schifanoia-Fresken gehandelt hatte. Der von Schwänen gezogene Wagen korrespondiert mit der Darstellung des Triumphwagens der Venus im Monat April. Die lebenden Bilder finden zugleich ihr thematisches Pendant in der ca. 1470 geschaffenen „Sphaera coelestis et planetarum descriptio", in der die sieben Planeten mit ihren Kindern dargestellt sind, die 1491 vermutlich als Hochzeitsgeschenk mit Anna Sforza nach Ferrara kam. 3 3 0 Die ferraresische „Götterverehrung" wird somit in allen verfügbaren künstlerischen Medien thematisiert. Im letzten Viertel des Quattrocento traten gerade in Oberitalien die Planetengötter geradezu inflatorisch auf. 331 Bei weiteren Hochzeiten erscheinen sie nicht im Rahmen des öffentlichen Spektakels beim Einzug der Braut, sondern bei den höfischen Festlichkeiten. 332 Schriftlich und bildlich dokumentiert ist dies in dem einzigen überlieferten illustrierten Festbericht des Quattrocento, der die Hochzeit Costanzo Sforzas und Camilla d'Aragonas in Pesaro 1475 schildert. 333 Die Illustrationen zeigen die sieben Götter auf schlichten zugtierlosen Wagen, deren geringe Größe wahrscheinlich dem Veranstaltungsort angemessen war. Andere Inszenierungen sahen weitaus aufwendigere Himmels-Konstruktionen vor, die dem Erscheinen der Götter den spektakulären Rahmen verliehen. 334 A m Tag vor den Karnevalsfesten 1490 berichtet ein Brief aus Florenz von der geplanten Aufführung der „sieben Triumphe der sieben Planeten mit tausenderlei schönen Dingen und Einfallen" auf Veranlassung Lorenzo de Medicis, der dafür eine canzone verfasste. 335 Das Ereignis selbst fand keine Resonanz in den Chroniken, sondern ist in einem lateinischen Gedicht Naldo Naldis überliefert, dessen panegyrischer Charakter keinen Rückschluß auf den

330 Den Wappen zufolge stammt sie aus dem Besitz der Sforza/Visconti und befindet sich heute in der Biblioteca Estense in Modena (Lat. 209). Cf. I luoghi della memoria scritta 1994, p.281. 331 Vielleicht waren in den „sieben antiken Theatern" 1490 anläßlich des Einzuges der Braut Isabella d'Este in Mantua ebenfalls die sieben Planeten zu sehen, sozusagen als eine Referenz an ihre Heimatstadt. (Q LIV). 332 1488 erschienen in Urbino zur Hochzeit Elisabetta Gonzagas mit Guidobaldo da Montefeltro von Giovanni Santi inszeniert „Jupiter mit all den anderen himmlischen Göttern und Göttinnen, vorgestellt von den Dichtern, gekleidet nach ihrer Allegorie mit den Insignien in der H a n d " . J u n o und Diana disputierten über die Vorzüge des ehelichen bzw. jungfräulichen Lebens. Cf. Luzio / Renier 1893, p.15 und Mussimi Sacchi 1996. 333 Der Festbericht „Ordine delle nozze . . . " erschien 1475 zunächst in gedruckter Form in Vicenza. Der Urb.lat.899, BAV, ist den Schlußworten zufolge „scripto de mano di Lionardo da Colle servitore dello illustrissimo signore Costantino" und 1480 datiert. E r entstand also im Auftrag des Herrschers von Pesaro und kam später in die Urbinatische Bibliothek. Tammaro de Marinis edierte 1946 den Druck, dem er die Abbildungen der Handschrift beigab. Eine Kopie (Ricc.2256, B R ) edierte Tabarrini 1870 unter dem Namen des Kopisten Nicholo d'Antonio degli Agli. 334 1490 inszenierten Leonardo und Bellinconi die „Festa del Paradiso" in Mailand, deren Attraktion ein sich drehender Himmel mit den Planetengöttern war. (Solmi 1904 und Mazzocchi Doglio 1983, p.41 mit weiterer Literatur) Eine ähnliche Aufführung gab es 1490 auch in Genua anläßlich einer H o c h zeit. (Ghinzoni 1893, p p . 9 6 6 - 9 6 7 ) 335 Filippo da Gagliano schreibt: „Attenderemo a godere questo carnasciale, che sarä piü freddo che una tramontana, se non fussi la Stella di Mariottazio, che fa domani una magna mumieria con 7 trionfi di 7 pianeti, con mille belle cose e invenzioni di mano del maestro" Zitiert nach Martelli 1965, p.39. Cf. Ventrone 1992, p.29; Bessi 1992, p.114.

Triumph und „ trionfi"

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Charakter der Aufführung zuläßt. 3 3 6 Seine Beschreibung würdigt nicht die Aufführung als solche, also im Hinblick auf die Qualität von Kostüm und Ausstattung, sondern rühmt L o renzo, als erster die Planetengötter tatsächlich auf die Erde geholt zu haben: „In caelo quae sunt alii docuere sub umbra / nube sub hi superas exposuere domus: / Primus hie in terras altum deduxit Olympum / , . . " . 3 3 7 Die Götter dienen in der Folge dem Wohlergehen der Republik Florenz, ihre Evokation verfolgt den Sinn der ursprünglichen Bedeutung des Wortes. Aus Naldis Worten könnte man schließen, daß in Florenz Götter zuvor nie aufgetreten waren, und in der Tat berichten die Quellen nichts davon, obwohl sich ja gerade in Florenz entsprechende bildliche Darstellungen finden. Neben den Stichen Baldinis sei hier noch eine Medaille Bertoldo di Giovannis erwähnt, die er 1480 für Antonio Gratiadei schuf. 338 (Abb.48) Das Revers zeigt einen Triumph, der nicht den Darstellungskonventionen solcher Impresen entspricht, da er nicht eine bzw. wenige Figuren emblematisch inszeniert, sondern einen mit Personen überladenen Wagen zeigt, unter denen mit Mühe Merkur und die Musen auszumachen sind. Insofern entspricht er aber den zeitgenössischen Aufführungen, für die vielfach singendes bzw. musizierendes Begleitpersonal erwähnt ist. Mehr als der Auftritt der Götter zu solchen eher säkularen Festen verwundert ihr Aufzug in einer Offerta-Prozession 1500 in Crema, die veranstaltet wurde, um den ins Stocken geratenen Bau einer Kirche zu finanzieren, der am O r t einer wunderbaren Marien-Erscheinung errichtet werden sollte. 3 3 9 Dort kamen sie: „mit Wagen, die von verschiedenen künstlichen Tieren gezogen wurden, die wie lebend schienen, und jedem Planeten folgten Reiter, also Kinder je nach dem Einfluß des Planeten gekleidet. Die Mars folgten, waren mit nach der Antike gemachte Waffen gerüstet, die nach Venus kamen in amourösen Gewändern, die nach Jupiter gebildet und gelehrt, und so alle die anderen". ( Q X )

Abgesehen von der Gruppe der sieben Planeten traten pagane Götter und Göttinnen einzeln oder in für den Anlaß erfundenen Verknüpfungen auf. Dabei ist allerdings zu sagen, daß besonders bei den Festen im höfischen Kontext, Musik, Gesang, Tanz und gesprochenen Verse immer größeres Gewicht bekamen. 3 4 0 Von lebenden Bildern kann insofern nur noch die Rede sein, als die Personifikationen jeweils auf einem Wagen oder entsprechend gestalteten edificio zunächst als Bild inszeniert werden, das dann manchmal nur teilweise in Aktion übergeht. Dies gilt für die rappresentazione 1459 in Venedig zu Ehren des Besuches Galeazzo Sforzas, dem Erstgeborenen des Herzogs von Mailand, die ein frühes Beispiel der Inszenierung einer Diana auf einem Wagen bietet. 3 4 1 Dieser wurde von Männern in den Festsaal gezogen und: „darauf war ein Baldachin errichtet, unter dem eine Person, gekleidet in der Art der Diana stand, und ringsherum an jeder Seite ein verkleideter Knabe in der Art eines Engels, welche alle zugleich in eine Trompete bliesen, dies soweit, was den oberen Teil des Wagens betrifft, was den unteren angeht, war an jede Seite des Wagens ein Mann mit einer goldenen Kette gebunden, mit kurzen und sehr reinen Kleidern, um diese herum standen vier, verkleidet in der Art von N y m -

336 Naldi Naldii. Elegia in Septem stellas errantes sub humana specie per urbem florentinam curribus a Laurentio medice patriae patre duci iussas more triumphantium. Cf. Bessi 1992, p.114. 337 Cf. Bessi 1992, p.114 und die ital. Übersetzung p.117, n.33. 338 Die Datierung ergibt sich aus der Tatsache, daß Gratiadei 1480 auf dem Weg nach R o m in Florenz Station gemacht hatte. Cf. Draper 1992, pp.101-104. 339 Pietro da Terno, ed.1964, p.240. 340 Eines der ersten in volgare aufgeführten „Theaterstücke" war die „Fabula di Cefalo e Procris" 1475 in Bologna. Cf. Bregoli-Russo 1988. 341 Zu dem Fest cf. Ghinzoni 1893, p p . 9 6 0 - 9 6 2 und Tichy pp.153-157

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phen, welche, jede mit einem Bogen in der Hand, von Zeit zu Zeit den Bogen spannten und sich nach hier und da wie bei einem Moreskentanz drehten, tanzten und dabei aus der Spitze des Pfeils, der sich nicht vom Bogen wegbewegte, ein wenig Wasser verspritzten ( . . . ) . (Q C X X )

Während die Nymphen in der Folge mit den befreiten Männern einen Tanz aufführen, blieb Diana offenbar als lebendes Bild stehen. Die Bedeutung des Ganzen ist nicht ganz eindeutig: Während die Trompeten blasenden Putti und die an den Wagen geketteten Gefangenen den Triumph der Fama alludieren, gehören die mit einem Bogen ausgestatteten Nymphen eindeutig zu dem Gefolge der Jagdgöttin. 342 Diana, die durch ihre Gleichsetzung mit Luna gelegentlich ebenfalls einen Planeten repräsentiert, erfreute sich besonderer Beliebtheit. 343 Dies ist wohl darauf zurückzuführen, daß die keusche Göttin als heidnisches Pendant der Castitä oder Pudicitia galt und doch die Möglichkeit bot, mit ihrer antikisch gewandeten meist tanzenden Nymphenschar der Schaulust Genüge zu tun. Mit ihren Nymphen badend war sie 1457 auf einem der Boote, die Galeazzo Maria Sforza begrüßten, zu sehen. (Q XII) Im Jahr 1475 stand sie mit ihrem Gefolge zum Empfang von Elisabetta da Montefeltro in Rimini auf einem Triumphbogen. (Q XCII) Diana trat auch auf in einer der drei allegorischen rappresentazioni, die von den Bürgern von Gubbio zu Ehren von Guidobaldo da Montefeltre 1485 inszeniert wurden. 344 Dort erschienen außerdem Merkur „auf einem hohen edificio", und ebenso Isis, beide wurden jeweils in Anschluß an ihren Auftritt durch die Stadt gefahren. Götter und Gestalten der Mythologie erschienen mehrfach auf den höfischen Festessen, die sie vom kulinarischen Ereignis zum „Gesamtkunstwerk" erweiterten. 345 Zum Beispiel brachten sie Geschenke bzw. Speisen, mit denen sie in der Mythologie in Verbindung standen, Diana also einen Hirsch etc. 346 Darüberhinaus wurden mythologische Themen mit Anspielung auf den jeweiligen Anlaß in Szene gesetzt. Als Lucrezia Borgia, Tochter Alexanders VI., 1502 mit Alfonso d'Este von Ferrara vermählt wurde, begab sie sich mit einem prachtvollen Begleitzug auf den Weg nach Ferrara und hielt, ähnlich wie Eleonora d'Aragona knapp 30 Jahre zuvor, in den Städten, die sie passierte, triumphalen Einzug. In Foligno empfing man sie, wie Giovanni Luca und Gerardo Saraceni in einem Brief an den Papst berichten, so feierlich wie an keinem anderen Ort außerhalb Roms: 3 4 7

342 Tichy 1997, p.155 sieht einen Zusammenhang mit der Pudicitia. 343 Sie war z.Bsp. auch in R o m 1466 und Crema 1496 zu sehen. 1487 trat sie anläßlich der Hochzeit Este-Bentivoglio mit Juno und Venus in einem Stück auf, das Tanz, Gesang und gesprochene Verse verband. Zannoni 1891, p p . 4 2 3 - 4 2 6 . 344 Sie erschien in der dritten Aufführung gemeinsam mit Apoll. Cf. Annibaldi 1909. 345 Cf. Müller 1993. In diesen Festformen kündigt sich die Tendenz an, die Aufführungen in den höfischen Kontext zu legen und von den öffentlichen Festen zu trennen. 346 Bei dem Festmahl, das Bergonzio da Botta anläßlich der Hochzeit von Gian Galeazzo Sforza mit Isabella d'Aragona 1489 in Tortona gab, erschienen außer Diana Merkur mit dem gestohlenen Kalb, Orpheus mit Vögeln, Atalante und Iride brachten den caledonischen Eber, Hebe Nektar, Vertumnus und Pomona Früchte und die Flußgötter Fische. Cf. Saviotti 1920, pp,196sq; Tissoni Benvenuti 1983, p.339; deutsche Version mit der Angabe, daß es 1488 in Mailand aufgeführt wurde, Dietrich 1957. 347 Zuerst kam ihr in der Nähe des Tores „ein trofeo entgegen, auf dem eine Person war, die römische Lucrezia darstellend mit einem Dolch in der Hand. Dieselbe rezitierte einige Verse, die bedeuteten: da Ihre Herrlichkeit eintrifft, von welcher sie in Keuschheit, Ehrbarkeit, Klugheit und Beständigkeit

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„trionfi"

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„Auf dem Platz war sodann ein Triumphwagen und davor ein Cupido und darauf Paris mit dem goldenen Apfel in der Hand. Dieser sagte einige Verse, deren Sinn war: daß er einstmals auf Grund seines Urteils den Apfel der Venus gegeben habe, die allein mit der Schönheit Juno und Pallas übertraf; aber jetzt revidiere er den Urteilsspruch und gebe den Apfel Ihrer Hochwohlgeboren (...)" (Q XXXVIII) Diese und weitere Darstellungen sind direkt auf die Person Lucrezias bezogen, wobei die historischen und mythologischen Verweise zum Huldigungstopos werden. 3 4 8 Bei ihrer Ankunft in Ferrara wurde sie mit ähnlichen rappresentazioni empfangen. 3 4 9 (Q X X ) Dem Erfindungsreichtum solcher panegyrischen invenzioni war letztlich keine Grenze gesetzt; die Bedeutung des Triumphwagens changiert dabei zwischen funktionaler mobiler Bühne und antikischer Würdeformel.

2.

Die allegorischen trionfi

Die „Trionfi" Petrarcas Die wohl bekanntesten allegorischen Triumphe sind die an anderer Stelle bereits erwähnten „Trionfi" Petrarcas. Obwohl der Dichter tatsächlich nur den Liebesgott auf einem Wagen triumphierend beschreibt, zeigen die meisten Illustrationen im Quattrocento alle diese Personifikationen auf fahrbaren Untersätzen. 3 5 0 Auf dieser durch das literarische Vorbild nicht geforderten Mobilität gründet sich der immer wieder gern hergestellte und naheliegende Zusammenhang zwischen Cassonebildern, wo sich Trionfi-Darstellungen besonders häufig finden, und dem florentinischen Festwesen. 3 5 1 (Abb.62) Solche Darstellungen auf cassoni und Illustrationen der Petrarca-Verse mit Motiven, die eine direkte Übernahme aus der Festkultur vermuten lassen, sind schon in den 40er Jahren nachzuweisen, häufen sich allerdings erst ab 1460. 3 5 2 Den Triumph der Fama auf einem Scheggia zugeschriebenen cassone ziehen augen-

übertroffen wird, überläßt sie ihr ihren Platz und tritt zurück." Gregorovius 1968, p.193 / deutsche Ausgabe 1982, p.196. 348 Ähnlich wurde im selben Jahr Anne de Foix in Vicenza empfangen. Cf. Tichy 1997, pp.67-68. 349 „Und in der Stadt wurden an vier Stellen sehr ehrenvolle Darbietungen gemacht. Die erste Darbietung waren drei Göttinnen mit goldenen Äpfeln in der Hand, die Lobesverse auf das Brautpaar in volgare sangen, die zweite war ein Herkules mit dem Liebesgott, die ebenfalls Lobesverse wie oben rezitierten, die dritte war ein Merkur mit einigen anderen Nymphen dabei, mit Versen wie oben, die vierte war ein roter Büffel auf dem eine Nymphe ritt, die wie oben Verse rezitierte und andere Nymphen zu Fuß mit acht Büffeln mit Speeren in der Hand, und Satyren die tanzten und sprangen." Die Verweise auf die Familien der Brautleute sind nicht zu übersehen: Herkules steht für Ercole d'Este, den Vater des Bräutigams und der rote (Tuohy 1996, p.271 zufolge künstliche) Büffel symbolisiert den Stier, das Wappentier der Borgia. Ähnliche Verweise boten bereits die 13 Wagen, die zu Ehren der Hochzeit in Rom als „feste di Agone" ausgerichtet worden waren. 350 Siehe die bei Garzeiii 1985 publizierten Illustrationen und die Untersuchung von Ortner 1998. Cf. Einleitung zu dem Kapitel Herrschereinzüge. 351 Diesen Zusammenhang sehen unter anderem: Schubring 1923, Weisbach 1919, Burckhardt "1988, Ortner 1998. Die Bilder der cassoni werden auch über die Petrarca-Trionfi hinaus mit Festen und Theateraufführungen in Zusammenhang gebracht. Cf. Molinari 1988. 352 Daraus schließt Molinari 1961, p.28 auf die Aufführungspraxis: „Ma e solo verso il 1460 che comin-

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Evokation

fällig als Elephanten verkleidete Büffel, während die Personifikation in einer aus irdischen Materialien konstruierten Mandorla sitzt. (Abb.62) Die Elephanten, als Zugtiere dem antiken Triumph entlehnt, erfreuten sich großer Beliebtheit, waren aber wohl im Quattrocento nie wirklich verfügbar, mehrfach wird von künstlichen Tieren berichtet. 353 Uberhaupt gibt es für die Aufführung der tnonfi in der von Petrarca beschriebenen Form - Amor, Castitä, Morte, Fama, Tempo und Divinitä - kaum Belege, lediglich eine Aufführung der Florentiner am neapolitanischen Hofe anläßlich der Hochzeit und Krönung Beatrice d'Aragonas 1476 ist bekannt. (Q LXX) Es lassen sich aber etliche Beispiele dafür anführen, daß einzelne der sechs Allegorien auftraten, wobei Amor, Castitä und Fama den höchsten Beliebtheitsgrad erreichten. Der Triumph Amors war eine der Darbietungen, die Galeazzo Maria Sforza auf seinem Weg nach Ferrara 1457 auf einem Boot erwarteten. Da der Chronist hier sinngemäß vermerkt, daß er schon schlechtere dieser Art gesehen habe, kann man von einer längeren Tradition ausgehen. (Q XII) Zwei Jahre später veranstaltete man einen solchen Triumph in Florenz Papst Pius II. und Galeazzo Maria Sforza zu Ehren. 354 Dort erschien Amor in einem nächtlichen Aufzug, was sich gerade für diese Figur anbot, da flammende Fackeln und sprühendes Feuer zugleich als seine Attribute dienten. Das Ereignis ist in zwei Gedichten überliefert, deren Beschreibungen nicht ganz überein stimmen: Dem einen zufolge zeigte der Wagen vier Säulen in Form von spiritellP55, also wohl Trägerfiguren, welche die Kugel hielten, auf der Amor stand. 356 Dem anderen zufolge waren inmitten der spiritelli, die Leuchten hielten, drei diamanti, auf denen die Kugel mit Amor ruhte. (Q XXV) Keine der beiden Konstruktionen läßt sich in den in Florenz zahlreichen Bildern des Amor-Triumphes wiedererkennen. Diese scheinen vielmehr einem einmal eingeführten Typ, Amor auf einer Kugel und/oder in einer Feuerschale mit nackten Putti an den Wagenecken, zu folgen. Man könnte sich fragen, ob der Triumph Amors ein geeignetes Sujet zur Unterhaltung eines Papstes ist. Doch ist auch in anderen Fällen immer wieder zu diagnostizieren, daß die

carono ad organizzarsi trionfi allegorici, come si puo dedurre non tanto da fonti scritte, quanto dalle numerose riproduzioni che di essi troviamo nella pittura di cassoni nelle stampe dell'epoca e nelle miniature che ornano diversi codici contenenti le rime di Francesco Petrarca.". 353 Zu dem Einsatz künstlicher und lebender Elephanten in der Antike cf. Köhler 1996, pp.41/96. Uber ihre „Einführung" in die Petrarca-Trionfi gibt der Brief Matteo de'Pastis Auskunft: „Ich habe die Instruktionen für den Triumph der Fama, aber ich weiß nicht, ob ihr eine sitzende Figur in einem einfachen Gewand oder in einem Mantel haben wollt - was mir lieber wäre. Das übrige weiß ich: Vier Elephanten sollen ihren Wagen ziehen". (Gombrich 1985, p.66) Als Elephanten verkleidete Büffel erwähnt Bracciolini in seiner Invektive gegen Valla. (Q CXXXVII) Künstliche Elephanten für Aufführungen sind beispielsweise in Neapel 1423, Mailand 1438, 1458 für den Empfang des Pius II. in Perugia (Mariotti 1806, vol.I, 3, p.537), in Pesaro 1475, Neapel 1492 und Venedig 1493 belegt. Anfang des Cinquecento bemühten sich die Medici für einen Umzug den legendären Elephanten Hanno aus Rom kommen zu lassen, was auf Grund der weiten Reise nicht realisiert wurde. 354 Cf. Volpi 1902; Bessi 1992, pp.108-109; Eisenbichler 1990 355 Die Formulierung ist nicht ganz eindeutig: „Su ogni canto di questo fermato / Una colonna fatta invedimento (?) / La forma e'l modo d'uno spiritello". Spiritelli: (ital.) Geisterchen, ist eine öfter auftretende Bezeichnung für vermutlich in der Art von Engeln oder Genien gekleideten Kindern. In Florenz wurden auch die Stelzenläufer so bezeichnet, die Cennini 1475 (Mancini 1909) ausführlich beschreibt. 356 R i c o r d i di F i r e n z e , R I S X X V I I , P.I, p p . 3 0 - 3 1 , O r t n e r 1998, p p . 3 8 4 - 3 8 8 .

Triumph und „ trionfi"

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Toleranz paganer oder profan-allegorischer Themen auch in eher religiösen Zusammenhängen sehr groß war. 357 So triumphierte Amor auch bei der bereits erwähnten offerta für einen Monte di Pietä im Jahr 1496 in Crema. Daß dies nicht etwa der amorproximi oder ein anderweitig christlich gedeuteter Liebesgott war, geht aus der Beschreibung eindeutig hervor: „Es kam danach ein Triumphwagen des Betrügers der Menschen Cupido, von Reitern des einen und des anderen Geschlechtes begleitet, mit unzüchtigen Kleidern". (Q I X )

Gleich drei der „Trionfi", Amor, Castitä und Fama, traten auf der oben erwähnten Hochzeit 1475 in Pesaro auf. Die Hochzeitsbeschreibung schildert sie jeweils in Bild und Text. 3 5 8 Bei ihrem Einzug in die Stadt empfing die Braut: „ein Wagen der Pudicitia, herrlich und groß, ganz bedeckt mit Silber, mit gemalten Zwischenstücken und Schnörkeln, reich an spiritelli und Vasen und Festons nach der Antike, alles vergoldet und versilbert. Und in der Mitte war der Wagen ungefähr achtzehn Fuß hoch und oben darauf war eine Frau, ganz in Silber gekleidet mit einem goldenen Palmzweig in der Hand, welche die Pudicitia darstellte. Ungefähr in der Mitte des Wägens waren auf sechs Sitzen sechs für ihre Keuschheit berühmte Frauen." (Q L X X X I I )

Die Personifikation wird zwar als Pudicitia bezeichnet, doch ist sie in ihrer Bedeutung hier mit der Castitä gleichzusetzen, zumal ihr sechs für ihre Keuschheit berühmte Frauen beigegeben sind. 3 5 9 Die entsprechende Illustration zeigt keinen Wagen, sondern einen postamentartigen Aufbau, auf dem lediglich die Pudicitia und eine nicht näher bezeichnete Frau zu ihren Füßen sowie wappentragende Putti zu erkennen sind. (Abb.49) Nach dem abendlichen Feuerwerk am Tage der Hochzeit selbst „kam auf den Platz gefahren ein wunderschöner hoher runder Wagen, sechzehneckig und seine Höhe war achtzehn Fuß und oben darauf war ein Liebesgott in einem großen silbernen Wagen, umgeben von Feuer, mit einem Bogen in der Hand und Pfeilen, die an der Spitze voller Feuer waren. Etwa in der Mitte des Wagens waren ungefähr zwölf spintelli, die um den Wagen herumkreisten, mit einer Fackel in der Hand tanzend, der Wagen war umgeben von Silber und darüberhinaus an vielen Stellen voller Vasen mit künstlichem Feuer, das ununterbrochen brannte." (Q L X X X I I )

Wie in Florenz erschien Amor um der Feuer-Effekte willen bei Nacht. Das Motiv der Putti, die in der Illustration (Abb.50) dieser Beschreibung entsprechend auf einer erhöhten Ebene des Aufbaus kreisen, findet sich nicht in anderen Illustrationen der Petrarca-Trionfi. Die Rezeption dieser invenzione aus der Festkultur in den Darstellungsmodi der „Trionfi" ist damit auch in diesem Fall defacto ausgeblieben. Fama und Castitas erschienen 1495 in Mantua, wobei für jede ein Hofdichter verantwortlich war. Serafino Aquilano ließ Fama in einer allegorischen rappresentazione ihrer Schwester Virtus zu Hilfe eilen, die mit der Voluptas (von ihm selbst gespielt) im Streit lag. 3 6 0 Die Ruhmesallegorie erschien auf einem Wagen, der von zwei männlichen Helden in Rüstung gezogen wurde, die Francesco Gonzaga und Ferrante d'Aragona vorstellten. (Q LV) Im Anschluß

357 In Perugia hatte man Pius II. 1458 mit einem Elephanten und einem Wagen mit Musikern und Sängern empfangen (Mariotti 1806, vol. I, 3, p.537), Borso d'Este begrüßte ihn 1460 mit einer Schiffsprozession, deren Darbietungen Pius summarischer Beschreibung zufolge auch kaum religiös waren. (Q XIV) 358 Ordine delle Nozze ... BAV, Urb.Lat.899, ed. Tammaro de Marinis 1946. 359 Dieser Ikonographie entspricht auch der Hermelin, mit dem der Wagen ihrer Ehrenjungfrauen geziert ist, wofür sich Parallelen auf den cassoni finden. 360 Ferrato 1887, pp.9sq. Das Fest fand zu Ehren von Giovanni Gonzaga, dem jüngsten Sproß der Familie statt.

Evokation

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führte Zafarano, selbst auch Deklamator, den Triumph der Castitas unter Mitwirkung seiner Familienangehörigen auf: 3 6 1 „Auf dem Triumphwagen hatte er vier Kinder, zwei Jungen und zwei Mädchen, seine größte Tochter oben auf dem Wagen zwischen zwei Einhörnern, welche, als sie so vor die Anwesenden geführt worden war, einige lateinische Verse rezitierte." (Q LV) Soweit es die italienischen Quellen betrifft, ist dies ein früher eindeutiger Beleg für den Auftritt einer weiblichen Darstellerin, die es im Quattrocento weder bei den sacre

rappresentazioni

noch bei lebenden Bildern gab. 3 6 2 Fama-Triumphe erfreuten sich im höfischen Milieu als Huldigungstopos großer Beliebtheit und wurden verschiedentlich bemüht. 3 6 3 Den Darstellungskonventionen der Petrarca-Illustrationen entsprechend auf einem von Elephanten gezogenen Wagen trat sie nachweisbar aber nur einmal, in einer von Jacopo Sannazaro entworfenen farsa

1492 Neapel auf. 3 6 4 (Q

LXXIII) Im Gegensatz zu Amor, Castitas und Fama eignete sich Tempus offenbar nicht für eine Einzelaufführung. 3 6 5 Auch die Darstellung des „Triumph des Todes" läßt sich nur mit wenigen Beispielen belegen: In Modena anläßlich von Corpus Domini-Prozessionen (Q L X I und L X I V ) und in Florenz als Karnevalswagen. Letzteren beschreibt Vasari ausführlich in der Vita Piero di Cosimos, dem er diese und weitere Inszenierungen zuschreibt, mit der Angabe, daß dies kurz vor der Rückkehr der Medici 1512 stattgefunden habe. 3 6 6 Ein Triumph der „Aeternitas" ist nicht belegt, und das traditionelle Darstellungsschema des hoch über der Welt mit seinen himmlischen Heerscharen thronenden Gottes eignet sich auch kaum für eine Umsetzung. Der weniger verbreitete Darstellungsmodus zeigt diesen Triumph als die auf einem Wagen thronende Dreieinigkeit und orientiert sich damit möglicherweise an einem entsprechenden edificio

der florentiner San Giovanni-Prozession. 3 6 7 (Abb.15)

Fortuna Unter den allegorischen Personifikationen außerhalb des Themenkreises der

Petrarca-

„Trionfi" und dem Kanon der Tugenden ist Fortuna, die Glücks- und Schicksalsgöttin, jene

361 Ferrato 1887, p.16. 362 In Frankreich ist die erste Darstellerin 1468 in Metz in der Rolle der Heiligen Katherina belegt. In Italien sind die Quellen im Quattrocento uneindeutig oder widersprüchlich: In Neapel erkannte beispielsweise 1477 ein Chronist „carzonette bellissime" (Q LXXI), ein anderer aber „fanzulli" (Q LXXII), so daß es sich wohl eher um männliche Darsteller gehandelt hat. In den meisten Fällen wird in den Quellen nicht zwischen den Dargestellten und den Darstellern unterschieden, explizit weibliche Darstellerinnen sind sonst nie vermerkt, hingegen öfter, daß es sich bei den weiblichen Personifikationen um junge Männer bzw. Knaben gehandelt hat. 363 Zu solchen in Pesaro 1475 und Casteldurante 1488 siehe das Kapitel zu Federico da Montefeltro. 364 Fama war gekleidet „in der Art wie die antiken Statuen" und mit Flügeln versehen, die sich nur öffneten, wenn sie die Arme bewegte und die über und über mit Augen bedeckt waren. 365 Eine Darstellung des „tempus" war auf einem soler in Venedig 1513 in einer Publikationsprozession zu sehen, aber wohl nicht im Sinne eines Triumphes. (Q CXXXII). 366 Vasari ed.Milanesi, vol.IV, pp.135-137 367 Cf. Ortner 1998, pp.264-267.

Triumph und

„trionfi"

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Allegorie, die wohl am häufigsten als lebendes Bild zu sehen war. 368 Dabei ist es weniger die althergebrachte Fortuna mit dem Rad als Fortuna-Occasio, deren Popularisierung von ihren Auftritten in Neapel 1443 und Reggio zehn Jahre später befördert worden war. 369 Eine ausführliche Beschreibung liegt über ihren Auftritt 1490 in Bologna vor. 370 Im Sommer diesen Jahres hatte Giovanni Bentivoglio auf seinem Landgut ein Festmahl gegeben, bei dem sich unter den Geladenen eine Diskussion über die Frage entspann, ob eher Glück oder Weisheit dem Menschen zu Ehre, Ansehen und Reichtum verhelfe. Da man sich auf theoretischer Ebene nicht einigen konnte, wurde beschlossen, die Streitfrage mit einem Turnier zu entscheiden.371 Die Idee eines solchen Kampfspieles kam nicht von ungefähr: 1487 hatte man anläßlich der Hochzeit von Annibale Bentivoglio und Lucrezia d'Este schon einmal versucht, Fortuna und Prudentia auf diese Weise gegeneinander auszuspielen. Die beiden Personifikationen waren zu Pferd an der Spitze ihrer Mannschaften erschienen. 372 (Q II) Das Turnier hatte unentschieden beendet werden müssen, und vielleicht kam man nun deswegen erneut darauf zurück. 1490 legte man das Turnier auf den 4. Oktober, den Festtag des Stadtpatrons San Petronio, und die beiden Kampfparteien führten ihre Favoritin mit sich auf die zum Turnierplatz umfunktionierte Piazza. Sapientia kam auf „einem Triumphwagen von vier weißen mit blauer Seide bedeckten Pferden gezogen, auf denen vier Knaben wie nackt gekleidet saßen, die sehr feine Schleier um den Kopf und die Arme hatten, die im Wehen der Winde hin- und herschwangen. Auf dem Wagen saß an jeder Ecke ein Mann von ehrenwertem Aussehen, mit der Toga bekleidet, mit langem Bart und nach der Antike gekleidet: Der erste repräsentierte Piaton, der andere Cato, der dritte Quintus Fabius, der letzte Scipio Nasica. Dann war auf der Spitze des Wagens eine Frau, welche die Göttin Sapienza darstellte, lieblich und reich gekleidet." (Q IV) Fortunas Wagen wurde ebenfalls „von vier Pferden gezogen, auch diese bedeckt mit grüner Seide und den nackten Knaben darauf, wie die der gegnerischen Partei. Es saßen an den Ecken dieses Wagens Julius Caesar, Kaiser Augustus, Hadrian und Marcellus, und auf der Mitte des Wagens war eine große goldene Kugel mit der Fortuna darauf, gekleidet in Goldbrokat mit goldenen Haaren vor dem Gesicht und hinter sich ein Segel, das sich über ihr vom Windhauch blähte." (Q IV)

Fortuna trat also wie in Neapel in der Ikonographie der Occasio auf, darüberhinaus mit dem Segel, das vor allem die florentinischen Fortuna-Darstellungen wie die Imprese Rucellais, kennzeichnet. Die antiken Kaiser, darunter Caesar, sind ihr als Exempla der vom Glück begünstigen Herrscher beigegeben. 373 Das lang andauernde Turnier endete mit dem Sieg der Ritter der Fortuna, die selbige unter den Rufen des Volkes „Viva la Fortuna!" auf ihrem 368 Die sieben Tugenden traten auf u.a. in Neapel 1443, Reggio 1453, Ferrara 1459 auf. 369 Fortuna mit dem Rad trat auf 1452 in Venedig zum Empfang Friedrichs III. (Tichy 1997, p.30), 1514 beim römischen Karneval (Cruciani 1983, p.438) und 1526 in Venedig anläßlich einer Prozession zur Publikation einer Liga (Sanudo: Diarii X L I I , col.68). 370 Ghiaradacci ed.RIS X X X I I I , I, p p . 2 5 7 - 2 6 2 . 371 So erläutert Ghiaradacci ibid., p.257 den Anlaß. 372 Giovanni Sabadio degli Arienti berichtet: „Es kam Fortuna, in alexandrinische Stoffe gekleidet mit einer goldenen Krone auf den langen Zöpfen, auf einem mit Goldbrokat bedeckten Pferd; und sie hatte eine große Kugel in der Hand. ( . . . ) Danach kam mit Trompetenschall, mit einer großen grünen Kugel in der Hand Prudentia, in grünen Stoff gekleidet, mit einer Lorbeerkrone auf den weißen Zöpfen, auf einem mit gold-grünem Brokat bedeckten Pferd." 373 Vor Beginn des Turniers hielten Fortuna und Sapientia unter Vermittlung eines „vecchio" einen kurzen Disput.

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Evokation

Triumphwagen zum Palast führten. Das Prinzip der Antithese Fortuna-Virtus ist hier durchbrochen, in der Regel fordert es weiterhin die Niederlage Fortunas. 3 7 4 Leonardo da Vincis Notizen überliefern einen merkwürdigen Vorschlag für eine semidramatische Aufführung aus der Zeit seiner Tätigkeit am Mailänder H o f unter Ludovico il M o r o : „Der Moro als Fortuna mit den Haaren und Kleidern und Händen nach vorn, und Messer Gualtieri mit Ehrfurchtbezeugung zieht ihn bei den Kleidern hinunter, indem er von vorn herankommt." 375 Leider ist nicht überliefert, ob und in welchem Kontext eine solche Darbietung stattgefunden hat, ebenso bleibt ihre Botschaft unklar. Anbetracht der Tatsache, daß der Herrscher von Mailand die Rolle Fortunas spielte, kann es sich eigentlich nur u m einen vergeblichen Versuch der Fortuna-Bezwingung gehandelt haben. 3 7 6 Für Ludovico il Moro hatte Fortuna-Occasio offenbar quasi emblematischen Charakter, wie eine um 1490 für ihn geprägte Medaille andeutet, die auf dem Revers einen gerüsteten Mann zeigt, der eine davoneilende Frau an den H a a ren festhält. 3 7 7 Einen dokumentierten Auftritt hatte Fortuna in Mailand einige Jahre später anlässlich des Einzuges Massimiliano Sforzas 15 12. 3 7 8 Wie der Chronist Giovanni Andrea Prato berichtet, hatte man im Viertel der Bandere einen Triumphbogen errichtet: „darauf standen vier im Gewand triumphierender Frauen; eine trug die Bedeutung der Fama, die andere der Hoffnung, die andere der Kühnheit, und die letzte der Reue, in recht ansehnlichen Kostümen, über all ihnen stand Fortuna, welche beim Vorbeiziehen des Königs einige Verse rezitierte, welche meiner Ansicht nach ein wenig hausbacken waren, so daß ich unten die ähnlichen Inschriften wiedergebe"379 (Q LH) Die Schicksalsgöttin thront hier nicht über dem klassischen Vierergespann der Kardinaltugenden, sondern über einer Kombination allegorischer Personifikationen, die besonders mit ihr verbunden sind. Das Gespann der Kühnheit und Reue entspricht der von Ausonius fixier374 Der Virtü unterlag Fortuna 1502 in Rom in einer rappresentazione anläßlich der Hochzeit Lucrezia Borgias mit Alfonso d'Este. Den Streit zwischen Fortuna und Virtü entschied die auf einem Triumphwagen erscheinende „Gloria Domus Borgia" mit dem Hinweis auf Caesar (Cesare Borgia) und Hercules (Ercole d'Este) zu Gunsten der Virtü. Cf. Cruciani 1987, p.298; Cassirer 1962, pp.77sqq.; Gregorovius 1982, pp,186sq. Die Elastizität der allegorischen Interpretation zeigt sich hier, da Caesar nicht als Exemplum der Fortuna, sondern aufgrund tagespolitischer Interessen als ein Vertreter der Virtü auftritt. Zur Fortuna - Virtü Thematik cf. Wittkower 1984. 375 „II moro in figura di Ventura colli capelli e panni e mani innanzi, e messer Gualtieri con riverente atto lo piglia per Ii panni d'abasso, venendo Ii dalla parte dinanzi" Leonardo, ed.Richter 1970, vol.I, p.383, § 672. 376 Daß hochgestellte Personen tatsächlich Rollen in solchen rappresentazioni übernahmen, ist gelegentlich überliefert - in Mantua 1495 spielte der Botschafter des Herzogs von Kalabrien die „Virtü". (Q IV) . 377 Die weibliche Gestalt zeigt nur die Merkmale der Occasio, die Inschrift lautet „Nova Roma". Cf. Milano e gli Sforza 1983, p.216. Verwiesen sei hier auch auf den Frontispiz einer „Sforziade", wo Fortuna gleichsam als Gegenspielerin zum Namenspatron Ludovicos, dem Hlg. Ludwig von Toulouse, auftritt, und eine vergleichbare Uberschneidung von Schicksalsmodellen auszudrücken scheint, wie von Warburg 1932, pp.145-151 im Fall Sassetti / Rucellai postuliert. Zu dem Blatt cf. Evans 1987, pp.237-238. 378 Cf. Prato ed.1842, pp.305-306 und Dören 1922, p.131. 379 Die 15 Verse, die Prato ed.1842, p.306 dann wiedergibt, sind für eine Inschrift eigentlich etwas zu lang und müßten daher doch die gesprochenen sein.

Triumph und „trionfi"

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ten Auffassung der Fortuna-Occasio. 380 In fünfzehn Versen verweist Fortuna den jungen Fürsten darauf, daß nur mit Hilfe der Virtus die Ausübung der glücklichen Herrschaft möglich sei, um dann zu schließen: „Ich gebe Dir zufrieden meinen Zopf in die Hand zu Deiner größeren Sicherheit, und mein Rad wird für Dich nie eine ungünstige Bewegung machen." (Q LH)

Wie schon in den Versen für Alfonso d'Aragona wird das „am Schöpfe packen" zu einem Unterwerfungsgestus der Göttin umformuliert. Die analoge Intention der Verse legt eine Vorbildwirkung des neapolitanischen Triumphzuges nahe.

3.

Die „Hypnerotomachia Poliphili"

Der „Liebeskampftraum des Poliphil" gehört wohl zu den rätselhaftesten Büchern der Renaissance, auch die genaue Entstehungszeit und der Autor sind bis heute umstritten. 381 Erstmalig 1499 in Venedig gedruckt, ist das Buch durchgängig mit Holzschnitten bebildert, die ein Kompendium der Allegorieschöpfung und Antikenrezeption des Quattrocento bilden. 382 Es verwundert wenig, gerade in diesem Werk eine der originellsten Adaptionen des TriumphMotivs zu finden. Im ganzen sind sechs Triumphzüge beschrieben, in denen die Imagination des antikischen Gepränges sowohl von antiquarischem Wissen wie der Erfahrung der kontemporären Festkultur geprägt ist. 383 Die ersten vier Triumphe bilden eine thematische Einheit. Sie zeigen, wenn auch namentlich nicht genannt, so doch leicht zu erkennen, vier Liebschaften Jupiters: Europa mit dem Stier, Leda mit dem Schwan, Danae mit dem Goldregen und Semele in Form einer Vase mit Weinstock. (Abb.51-54) In Abweichung zum antiken Triumphzug werden die Wagen von jeweils sechs Tieren gezogen, auf denen musizierende Nymphen reiten. In Analogie zu den Planetengöttern sind die Zugtiere verschieden. 384 Die kastenförmigen Wagen sind außerordentlich prachtvoll, mit Gold, Silber und Edelsteinen geschmückt und ihre Seitenwände sind mit Bildern überzogen. Die Theogamien sind ein eigentlich abwegiges Thema für eine Festlichkeit, die in der Antike dem militärischen Sieger vorbehalten war. Zudem feiern sie die Vereinigung der Geschlechter in mehr oder weniger konkreter Darstellung, ohne daß Jupiter als der „Sieger" die380 Zu Ausonius cf. Rüdiger 1966, p.128. 381 Bei der Frage nach der Identität des Autors Francesco Colonna sind vor allem ein venezianischer und ein römischer Träger (Maurizio Calvesi: II sogno di Poliphilo Prenestino, Roma 1980) dieses Namens diskutiert worden. Roswitha Stewering: Architektur und Natur in der „Hypnerotomachia Poliphili" (Manutius 1499) und die Zuschreibung des Werkes an Niccolo Lelio Cosmico, Hamburg 1996 schlägt einen Autor vor, mit dessen Biographie sich die römischen ebenso wie die venezianischen Einflüsse in Einklang bringen lassen. 382 Zur Interpretation des Werkes cf. Linda Fierz-David: Der Liebestraum des Poliphilo. Ein Beitrag zur Psychologie der Renaissance und der Moderne, Zürich 1947 und Bredekamp 1985. 383 Bei meinen Überlegungen konnte ich auf die Übersetzungen und Interpretationen, die in den Seminaren von Prof. Horst Bredekamp zu den ersten fünf Triumphzügen 1986 an der Universität Hamburg und 1993 an der Humboldt-Universität zu Berlin erarbeitet worden waren, zurückgreifen. 384 Europas Wagen wird von Kentauren gezogen, der Ledas mit dem Schwan von Elephanten, der Danaes von Einhörnern und der Semeies schließlich von Panthern.

Evokation

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ser Triumphe zu deuten wäre, auch wenn er seine irdischen Geliebten in unkenntlicher Gestalt überlistet hatte. Die Darstellung der Frauen auf den vier Wagen ist bezeichnend für die Variabilität der Beziehungen: scheint Europa die Siegerin über den Stier zu sein, so gibt sich Leda wollüstig und freiwillig der Umarmung mit dem Schwan hin, empfängt Danae keusch und ernsthaft den Goldregen, und die Aschenurne schließlich erinnert an Semeies Ende in der Umarmung des Gottes, der wider seinen Willen ihren Tod herbeiführen mußte. Die Bezeichnung „Triumphus" kann also nicht personenbezogen, sondern nur in Bezug auf den Liebesakt bzw. dessen Verursacher Amor interpretiert werden, dessen Macht über Götter und Menschen in den Reliefbildern der Wagen thematisiert ist. 385 Diesen Gedanken hatte bereits das Bildprogramm der Magna Porta verkündet, die Poliphil zu Beginn seiner TraumReise passierte. 386 Der fünfte Triumph, den Poliphil erblickt, fügt sich in die Reihe dieser Liebespaare ein. (Abb.55) Vertumnus und Pomona verheißen als Naturgottheiten ihren Verehrern in epikuräischer Tradition Gesundheit und ein glückliches, an Sinnenfreuden reiches Leben. Ihr Aufzug leitet über zu dem Opferfest am Altar des Priapos, dessen Kult der Fruchtbarkeit und implizit ebenfalls den Sinnesfreuden geweiht ist. Der sechste in der Hypnerotomachia Poliphili beschriebene Triumph ist der des Liebesgottes. (Abb.57) Zeitlich und örtlich von den vorangegangenen getrennt, findet er auf der Insel Kythera statt, der Insel der Venus, wo sich die Vereinigung der Protagonisten erfüllen wird. Cupido erhält zunächst von Nymphen seine Attribute, Pfeile und Augenbinde, dann besteigt er einen zweirädrigen Triumphwagen, der von zwei Drachen gezogen wird. Den Zug begleiten in der Illustration Nymphen mit Standarten und vexilia, sowie zwei Faune mit ityphallischen dreigesichtigen Hermen. Hinter dem Wagen Cupidos gehen Polia und Poliphil, mit Blumenranken die Hände auf dem Rücken und von einer Nymphe geführt aneinander gefesselt. Dem Triumph Amors ist innerhalb der Erzählstruktur eine Schlüsselstellung einzuräumen, denn hier wird zusammengefaßt, was die anderen Triumphe intendierten und auf den Reliefbildern der Wagen verkündet hatten: Die allmächtige Herrschaft Amors. 3 8 7 In diesem Sinne wären die fünf vorangegangenen Züge nicht als eigene „Triumphe", sondern als Besiegte im Triumph Amors zu interpretieren. Diese These läßt sich an Hand der Darstellungsmodi der sechs Wagenzüge bestärken. Der Triumph Amors ist durch zwei Charakteristika hervorgehoben, die ihn zugleich dem Vorbild des antiken Triumphes am nächsten bringen: Der zweirädrige hufeisenförmige Triumphwagen, im Gegensatz zu den kastenartigen Untersätzen, und die Mitführung der „Gefangenen", die ihn als Triumphator ausweisen. Auf Grund der Ambiguität der Darstellung der Theogamien war nicht Jupiter als Triumphator vorgestellt worden. Die Reliefs der Wagen hingegen hatten die Macht Amors, selbst über den höchsten

385 Jeweils auf dem Bild der Frontseite des Wagens finden sich Szenen, die Amors Macht versinnbildlichen: Auf dem ersten Triumphwagen sieht man Mars vor dem Thron Jupiters, wie er sich über den ebenfalls dort stehenden Amor beklagt, worauf der größte aller Götter in Form einer Schrifttafel „ N e m o " gesteht. Der nächste Wagen zeigt Amor als Schöpfergott, wie er zur Bewunderung aller Tiere mit seinem Pfeil an den Himmel zeichnet. Im dritten Triumphzug verblüfft A m o r mit einem Pfeilschuß in den Himmel, der „Tropfen von Gold aus Liebe regnen ließ", wiederum die Menschen. Im vierten schließlich bewirkt Cupido durch seinen Pfeilschuß in den Himmel, daß sich der höchste der Götter in ein sterbliches Mädchen „versieht". 386 Cf. Bredekamp 1985. 387 Cf. Bredekamp 1985.

Triumph und „trionfi"

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aller Götter und dessen Billigung dieses allseits wirkenden anarchischen Prinzips thematisiert. Auch Vertumnus und Pomona sind eine solche von Amor gestiftete Verbindung und infolgedessen seine „Gefangenen". Die fünf ersten Wagen wären mithin nur die zurschaugestellte „Beute", die mitzuführen in den antiken Triumphzügen üblich gewesen war. Man könnte also einen sich durch das Buch bewegenden Triumphzug Amors sehen, der im Erscheinen des Gottes selbst seinen Höhepunkt findet, wie auch der antike Triumphator am Ende des Zuges einfuhr. Der antike Triumphwagen war eine reich geschmückte Variante des zweirädrigen Streitwagens, der stehend gefahren wurde - auch im Triumph. Amor aber benutzt diesen Wagen umgekehrt und funktioniert ihn zu einem Sitzmöbel um. 388 Der Sesselwagen, der als kaiserliches Gefährt auf dem Konstantinsbogen zu sehen war, hat vier Räder und eine andere Form. Es mag daher eine bewußte Umdeutung des Streitwagens vorliegen und damit eine Ironisierung der militärischen Komponente des Triumphes. Diese Tendenz der Ironisierung ist auch bezüglich der „Trionfi" Petrarcas zu unterstellen, an denen sich sowohl Text wie Illustration inspirieren. 389 So ziehen die Elephanten, die traditionell dem Wagen der Fama und damit militärischen Tugenden zugeordnet sind, die wohl laszivste Darstellung, die im Liebesakt mit dem Schwan begriffene Leda. Doch vor allem in Hinblick auf die gesamte Struktur des Textes ist Petrarcas „Moral" in ihr Gegenteil verkehrt: Hatte Amor bei ihm als erster seinen Triumph gefeiert, um vielfach besiegt zu werden, so geht er in der Hypnerotomachia als absoluter Sieger hervor, der, mit den Trophäen der Zeit und der Weisheit ausgestattet, seiner Macht sicher auf dem Wagen thront. Die Ambivalenz der „Triumphzüge" der Hypnerotomachia ist symptomatisch für das Changieren zwischen trionfo und Triumph: Der trionfo als fahrbarer Untersatz im Festzug ist vom Triumphwagen in der antiken Bedeutung kaum zu unterscheiden, letzterer zitiert vordergründig das antike Vorbild, um es aber dennoch umzudeuten. Die Vorbildhaftigkeit der Antike im Einzelnen ist in der schriftlichen Fassung ebenso wie in den gelegentlich davon leicht abweichenden Illustrationen faßbar. Sowohl das Begleitpersonal der Züge selbst, als auch die mitgeführten vexilia, Standarten, Feldzeichen und eine Trophäe zeugen von der Kenntnis der römischen Zeremonie und vom Studium der überlieferten Triumphdarstellungen.390 Besonders deutlich ist das bei dem Triumphzug der Semele, der sich inhaltlich und formal auf den dionysischen Triumph bezieht: Die Panther als Zugtiere und das Gefolge aus nackten Mädchen, dem trunkenen Silen auf einem Esel, Satyrn und Opfertieren gehören zum Triumphzug des Bacchus, der in der Vase mit dem Weinstock symbolisiert ist.391 388 Zu den Wagentypen und ihrer Verwendung cf. Weber 1991. 389 So sind die Einhörner als Zugtiere von der Darstellung des Triumphes der Castitä übernommen, der wohl bei der Gestaltung des Triumphes der Danae vor Augen stand. Diese sitzt auf einem Thron wie häufig die Castitä, obwohl sie der Tradition zufolge den Goldregen liegend in ihrem Bett empfing. 390 Unter dem Begleitpersonal erscheinen die obligatorischen Musiker. Vexilia und Legionsfahnen finden sich als Triumph-Symbolik z.Bsp. auf Münzen. Die Standarten konnten beispielsweise an den Attikareliefs des Konstantinbogens studiert werden. Die rechteckigen Schilder, die im antiken Triumphzug die Namen der eroberten Städte trugen, waren auf dem Titusbogen zu sehen. Das Tropaion, die Zurschaustellung der eroberten gegnerischen Waffen, ist in einem Relief des römischen Ehrenbogens des Diokletian zu sehen. Die Standarte, die aus zwei gekreuzten Füllhörnern gebildet ist, entstammt nicht der Triumphalikonographie, sondern ist Motiv römischer Repräsentationsbilder, vor allem des Beamtenstandes. 391 Ein „Triumphzug des Dionysos" war Teil der Prozession Ptolemaios II. gewesen, (cf. Köhler 1996, pp.40-43) Die Darstellung des Triumphes von Bacchus und Dionysos findet sich vielfach auf Sarko-

Evokation

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Die Bezüge zur kontemporären Festkultur lassen sich in den Abweichungen von dem Vorbild des antiken Triumphes festmachen. Die kastenförmigen Wagen weisen Verwandtschaft mit den Schauwagen der lebenden Bilder auf. Die oben erwähnten Zeichnungen Ripandas zeigen einen ganz ähnlichen sarkophagartigen Unterbau, der zum Teil mit figürlichen Darstellungen verziert ist. ( A b b . 4 2 - 4 3 ) Vom Prinzip her ähnlich ist auch der Wagen der Proserpina in der florentinischen „Bilderchronik", der wohl auf die edifici der florentinischen San Giovanni-Prozession zurückgeht. (Abb.14) Eine entsprechende Aufführung der Theogamien hat es im Quattrocento nicht gegeben. Der Autor der Hypnerotomachia konnte sein imaginano

jedoch aus kontemporären Auffüh-

rungen speisen. 3 9 2 Mit dem frühen Datum der Fertigstellung des Manuskriptes fällt zum Beispiel der für Paul II. 1466 in R o m aufgeführte Zug zusammen, der allerlei mythologisches Personal, darunter auch Bacchus gezeigt hatte. ( Q X C V ) Bezieht man die Aufführungen bis zum Zeitpunkt der Drucklegung ein, lassen sich viele weitere Bezugspunkte finden. 3 9 3 Der Auftritt von Paaren aus der Mythologie war ein Hauptthema der Feste zu Ehren von Eleonora d'Aragona 1473 in R o m . 3 9 4 Die Beschreibungen lassen in einigen Fällen Unklarheit darüber, welche der Götter aus eßbaren Substanzen gebildet waren und welche leibhaftig erschienen, letzteres war wohl der Fall bei Bacchus und Ariadne und „vier Jungen, halb Menschen und halb Ziegenböcke". 3 9 5 Weitere Aufritte von solchen mythologischen Wesen ließen sich anfügen. 3 9 6 Vom Gegenstand her zu vergleichen ist nicht zuletzt die bekannte

canzone

„Trionfo di Baccho e Ariadne" Lorenzo de'Medicis, der den Triumphzug des Liebespaares mit seinem Gefolge evoziert, und möglicherweise für einen entsprechenden Karnevalswagen komponiert war. 3 9 7

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phagen, die von Künstlern wie Bellini, Ghiberti, Gentile da Fabriano und Mantegna studiert und gezeichnet wurden. Bober / Rubinstein 1987, no.76, 77, 83 und Gesing 1988. Es gibt die Beschreibung eines Turniers in Padua, das insofern sehr gut passen würde, als es 1466 unter anderem Danae, Leda mit dem Schwan und Jupiter in einem Aufzug gezeigt haben soll. Cf. Giovanni Visco: Descrizione della Giostra sequita in Padova nel giugnio 1466. Per le nozze di Francesco Gasparini con Teresa Brusoni, Padova 1852. Allerdings habe ich gewisse Zweifel an der Authentizität dieses Berichtes, zumal Visco sich auf eine Kopie des 17 Jahrhunderts bezieht. Gerade in diesen Punkten nicht bestätigt wird der Bericht zudem von einer Elegie Bartolomeo Pagellos „De ludis ac spectaculis Patavii celebratis" (Poesie inedite di Bartolomeo Pagello, ed. Francesco Zordan, Tortona 1894, pp.129-131), die ebenfalls mit diesem Turnier in Zusammenhang gebracht wird. Der Text selbst gibt als Datum seiner Fertigstellung das Jahr 1467 an. Es ist jedoch davon auszugehen, daß er bis zu seiner Publikation 1499 überarbeitet wurde. Cf. Corvisieri 1878 und Cruciani 1983, pp.151-164 Eleonora berichtet in ihrem Brief ausführlich über das Bankett und erwähnt „Baccho et Andriana" und die „Quattro phanciulli mez'homeni et mezzi caprioli." Eine „representatione de Bacho e Ariadna" vermerkt auch Corio ed.1978, p.1392. Cf. Cruciani 1983, pp.159/164. Kentauren hatte Herkules 1473 in Rom zu bekämpfen (Cruciani 1983, p.164), 1485 lieferten sich Kentauren und uomini selvaggi im Rahmen einer Aufführung zu Ehren Guidobaldo da Montefeltros in Gubbio einen Kampf (Annibaldi 1909). 1489 in Tortona erschien „Bacco scortatao da vari cori di sartiri, sileni e egipani die compiemento con una danza animata e grottesca ad uno dei piü magnifici e soprendenti spettacoli che abbia mai veduto l'Italia" (Saviotti 1920, pp,196sq.) 1502 wurde Lucrezia Borgia in Ferrara von einem Stier mit einer Nymphe darauf empfangen, die von weiteren Nymphen und tanzenden und springenden Satyrn begleitet war. (Q X X ) Die Nymphen sind unter diesen sicher die am häufigsten, auch im Gefolge von Göttinnen und Allegorien, auftretenden Geschöpfe. Cf. Martelli 1965, pp.40-49; Bessi 1992, pp.114-115.

Triumph und „trionß"

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In diesem Kontext ist eine Miniatur Marco Zoppos in einem Virgil-Manuskript zu erwähnen, die thematisch und in der Körperlichkeit der Figuren Verwandschaft mit den Triumphzügen der Hypnerotomachia Poliphili zeigt und auf medialer Ebene den Diskurs zwischen Festkultur und Bild reflektiert. 398 (Abb.56) Auf einem Sockel, der an einen Altar denken läßt, stehen ein nackter Mann, der Trauben in beiden Händen hält und eine nackte Frau mit Füllhorn und Kugel. Es handelt sich also um Bacchus und entweder Ceres, die an dieser Stelle zu erwarten wäre, oder Fortuna, der die beiden Attribute eignen. Die Kugel hält die weibliche Personifikation genau in die Mittelachse und in das Zentrum der Fluchtlinien, die durch die Hintergrundlandschaft suggeriert werden, als wolle sie die Weltenherrschaft des Paares verkünden. Es scheint, als hätten die beiden eben ihren Triumphwagen mit dem Sockel vertauscht und die Zugtiere an denselben angekettet. Die Züge von nackten Nymphen und ityphallischen Satyrn, die beidseitig des Postamentes die Szene betreten, lassen an ein heidnisches Ritual denken. Die lebenden Götter auf ihrem Sockel evozieren, in Korrespondenz mit dem Werk, das sie illustrieren, ein vergangenes goldenes Zeitalter, indem sie den gleichen Verlebendigungseffekt benutzen, wie die Festkultur mit der Inszenierung lebender Bilder, die eben jener Evokation diente.

4.

Der christliche trionfo

Die Kirche begegnete der Verbreitung der heidnischen Spektakel letztlich mit der Übernahme des triumphalen Gepränges für christliche Zwecke. Dies war in Rom bei den für die Päpste oder von ihnen veranstalteten Festen zu beobachten, ebenso wie bei diversen Prozessionen. Ob dabei konkret christliche Inhalte thematisiert wurden, war offenbar eine zweitrangige Frage, zumindest gibt es im Quattrocento kaum diesbezüglich kritische Bemerkungen. Um so lauter tönte die Stimme des Dominikanermönches Savonarola, der nach dem Tod Lorenzo de'Medicis die Herrschaft in Florenz übernahm. 399 Doch obwohl er die Vorliebe für die heidnische Antike scharf verurteilte, stellte er in der Imagination seines „Triumphus Crucis" nicht die Form an sich in Frage, sondern füllte sie, mit dem Argument, auch einfachen Gemütern auf diese Weise die Gesamtheit des göttlichen Wirkens nahezubringen, mit christlichen Inhalten. 400 Auf dem vierrädrigen Triumphwagen sitzt Christus mit der Dornenkrone und den Zeichen seiner Passion ausgestattet, und über seinem Haupt strahlt eine dreigesichtige Sonne als Zeichen der Dreieinigkeit. Zu seinen Füßen sind die eucharistischen Symbole zu sehen, eine Stufe unter ihm sitzt Maria, umgeben von goldenen und silbernen Vasen, gefüllt mit den sterblichen Uberresten der Märtyrer. „Vor dem Wagen Christi gehen die Apostel und Prediger, auf die Art, daß es aussieht, als ob sie den Wagen ziehen, auf sie folgen die Patriarchen und Propheten, mit der unzählbaren Menge der Männer und Frauen des alten Testamentes. Um den Wagen herum sei, wie eine Krone, die große Menge der Märtyrer, um diese herum die Kirchenväter, mit den offenen Büchern in der Hand,

398 Zu der um 1461-1463 datierten Handschrift (BNF, Latin 11309, P. Virgilius Maro: Opera) cf. Mariani Canova 1969, p.147-148. 399 cf. Prete 1952. 400 Zur Diskussion um die Abhängigkeit des Savonarolanischen Triumphes von den zeitgenössischen Trionfi und wie dies zu bewerten sei cf. G. Ferrara: Prediche e scritti, Milano 1930, p.297; Prete 1952, p.4, n.6.

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Evokation und um sie herum eine unzählbare Menge von keuschen Männern und Jungfrauen mit Lilien.

(...)" (Q CXXXVIII) Bei Savonarolas Beschreibung gewinnt man den Eindruck, daß sie sich auf eine der realen Prozessionen beziehen könnte, besonders die Corpus Domini-Prozessionen in Bologna, wo er sich tatsächlich eine Zeitlang aufgehalten hatte, müssen einen vergleichbaren Eindruck geboten haben. Seine Schrift wiederum hat möglicherweise Tizian als Vorbild gedient, als dieser 1510/11 seinen „Trionfo della Fede" in einem überdimensionalen Holzschnitt ins Bild brachte. 401 (Abb.58) Der lange Zug wird angeführt von Adam und Eva und den Persönlichkeiten des Alten Testamentes, bannerschwingend folgen ihnen Propheten und Sibyllen, danach erscheint inmitten einer Gruppe von unschuldigen Kindlein ein Träger mit dem Kreuz. Ihm folgt der Triumphwagen Christi, dessen Räder die Evangelisten drehen, während ihre Symbole dem Wagen vorgespannt sind. Christus selbst sitzt auf einem Sphärenglobus. Dem Wagen folgt eine große Zahl der Märtyrer des christlichen Glaubens. Die Art, wie Heilige und biblische Personen durch ihre Attribute gekennzeichnet sind, läßt unmittelbar an die Kostümierung für die Prozessionen denken. In Anbetracht von Tizians Wirkungsort Venedig überrascht es nicht, gerade dort Ubereinstimmungen mit den Beschreibungen festzustellen: Mehrfach erwähnt Sanudo neben den soleri die Darsteller der Heiligen, die zu Fuß in der Prozession mitgehen. 402 N o a h mit der Arche und König David mit der Leier, die in der vordersten Bildebene unter den ersten im Zug zu erkennen sind, traten bei der Publikationsprozession 1495 auf. (Q CXXV) Isaak mit einem vergleichbaren Symbol kenntlich zu machen, stellte den Künstler vor das Problem, eine Narratio zum Attribut zu transformieren: Der Engel, der ihm ins Schwert fiel, als er gottesfürchtig seinen Sohn opfern wollte, scheint an der Spitze seines erhobenen Messers festgeklebt. Dies widerspricht nur scheinbar dem Bezug zu lebenden Bildern: Genauso wird Isaak noch heute in den misteri der Corpus Domini-Prozession in Campobasso gezeigt, indem eine kaum sichtbare Stange am Arm Isaaks entlangführt, die in einer Halterung für den Engel endet. 403 In Tizians Holzschnitt gehen der Text Savonarolas, der selbst auf die zeitgenössischen Aufführungen reagiert, und die venezianischen Prozessionen eine Symbiose ein. Die Überschneidungen christlicher und profaner Elemente waren in vielen Prozessionen per se vorhanden. Die lebenden Bilder von Göttern und Heroen, die im Dienste der Evokation ihrer antiken Prototypen standen, waren kein Medium der Antike, deren Renaissance sie dienten, sondern gingen letzlich aus dem religiösen Kontext hervor. Ihr Auftreten im antikischen Triumphzug wirkte auf die religiös motivierten Prozessionen zurück, die, indem sie sich an der Prachtentfaltung des antikischen Triumphes maßen, sich ihrerseits verstärkt dieses Mediums bedienten. 404

401 Cf. Sinding Larsen 1975; Müller-Bochat 1957 402 So bei der Corpus Domini-Prozession 1515: „molti soleri et demonstration a piedi dil testamento vechio" (Q CXXXIII). 403 Cf. Albino 1875, 4. misterio und Trombetta 1979. In Venedig zeigten die Brüder von San Giovanni e Paolo in der Prozession 1511 einen vergleichbaren mittels Eisenstange über den Kardinaltugenden schwebenden Engel. (Q CXXXI) 404 Der Triumphwagen des Stadtpatrons San Jacopo in Pistoia 1516 ist dafür ebenso Beispiel wie die Anhäufung von Imperatoren in der Offerta-Prozession in Crema 1496.

Repräsentation

Repräsentation wird im folgenden im Sinne einer Substitution oder Vertretung von Personen verstanden. Untersucht werden soll, ob und in welcher Form eine solche durch lebende Bilder übernommen werden konnte. Eine der signifikantesten und meistdiskutierten Formen der Repräsentation eines Herrschers ist die effigies, das stellvertretende Bildnis des Toten bei den Bestattungsriten. 1 Die aus Holz oder Wachs gefertigten effigies sind im königlichen Totenzeremoniell seit 1327 in England und ab 1422 in Frankreich dokumentiert. 2 Umstritten sind der Zusammenhang mit vergleichbaren antiken Ritualen und die Gründe für diese Wiederaufnahme oder aber unabhängige Neuausbildung der Funeral-Effigies. 3 Ginzburg sieht diese im sich wandelnden Bildverständnis in Folge der dogmatischen Fixierung der Realpräsenz Christi im Altarsakrament. 4 Mit England und Frankreich treten effigies zunächst in jenen Ländern auf, in denen ein sakralisiertes Königtum existierte. In seinem berühmten Zweikörper-Modell hat Kantorowicz eine Aufspaltung des Herrschers in einen vergänglichen Individualleib und unveränderlichen Amtskörper diagnostiziert, welche Giesey gerade im französischen Bestattungszeremoniell bestätigt sah. 5 Die schein-körperliche Präsenz des Verstorbenen in der effigies gewährleistete die Aufrechterhaltung der Herrschaft über dessen Tod hinaus und verhinderte ein Interregnum. In Analogie zu einer solchen Verwendung stellvertretender Bildnisse steht eine andere Form der Repräsentation, die ebenfalls im Kontext des Herrscherzeremoniells entstand, nämlich die Darstellung der Person des Königs in den tableaux vivants anläßlich einer entree solenneile. Ein solches allegorisches tableau vivant ist erstmals in England 1431 beim Einzug Henry VI. dokumentiert. Dort zeigt tin pageant einen „speciosus juvenis regalibus indutus" 1

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Zur Problematik der Repräsentation und effigies cf. Brückner 1966; Ginzburg 1992; Keller 1958; Der Begriff der Repraesentatio im Mittelalter 1971; Michalski 1988; Reinle 1984; Schlosser 1993; Waldmann 1990. Zum königlichen Totenzeremoniell in Frankreich cf. Giesey 1960. Zur Einführung der effigies cf. Brückner 1966, pp.68-122 und Giesey 1960, pp.lOlsq. Die Verwendung von effigies, in der Antike seit Caesar belegt, ist im Mittelalter offenbar erst im 14. Jahrhundert wieder aufgenommen worden. Giesey 1960, p.101 sieht als innovatives Moment bei der Bestattung Charles VI. 1422 auch den Verwesungsprozess des Leichnams, der eine Ersatzfigur für das Totenzeremoniell notwendig machte. Cf. Keller 1958, coli.743-750, Schlosser 1993, pp.13-53 und Ginzburg 1992, pp.6-10. Ginzburg 1992, p.20, cf. dazu auch Michalski 1988. Kantorowicz 1990 (1957) / Giesey 1960. Zur unterschiedlichen Entwicklung in England und Frankreich cf. Giesey 1995; pp.91-93.

Repräsentation

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auf einem Thron, den die Personifikationen Misericordia und Veritas flankierten. 6 D a ß sich die Darstellung auf den König selbst bezog, erschließt sich aus der Charakterisierung „juvenis", denn Henry VI., der bereits als Säugling mit den Kronen Englands und Frankreichs gekrönt wurde, war kaum zehn Jahre alt, als er in London einzog. Bei seinem Einzug in Paris im selben Jahr erwartete ihn unter anderem ein tableau vivant, „das ein Kind zeigte, das die Person des Königs repräsentierte", sein Thron wurde flankiert von den Wappen Frankreichs und Englands und diesen zugeordnet Vertreter der beiden Staaten. 7 Weitere derartige tableaux vivants sind in Frankreich 1484-1486 anläßlich der Einzüge des vierzehnjährigen Königs Charles VIII. belegt. Dieser sah ein lebendes Bild seiner selbst 1484 in Paris auf dem ersten echafaud in Begleitung von Gerechtigkeit, Mitleid, Liebe, Wissenschaft, Vernunft und Frieden. Auf dem sechsten echafaud stand ein Baum in Form einer Lilie, auf dessen Spitze ein schöner Knabe den jungen Herrscher darstellte. A m Fuße des Baumes schienen Kranke zu gesunden, indem sie ihren Blick zu dem König erhoben; eine Veranschaulichung der thaumaturgischen Kräfte des Königs. 8 Der neunte echafaud thematisierte explizit seine Sakralität: Der König saß auf seinem Thron, hinter dem eine Taube, das Symbol des heiligen Geistes, aufstieg. Ein Jahr später in Rouen stellte man auf dem ersten echafaud den König auf dem Thron der Justitia dar, umgeben von den vier Kardinaltugenden und der Allegorie des Friedens. 9 Diese Darstellungen sind über die Huldigung des einziehenden Herrschers hinaus als Spiegelung oder Entwurf eines idealen Königtums zu verstehen. Von diesen Einzügen sind keine Bilder überliefert, ähnliche Themen stellten die tableaux vivants zum Einzug des achtzehnjährigen Francois I. in Lyon im Jahr 1515 dar. 10 Eines zeigte die Taufe Clodwigs, des ersten christlichen Königs Frankreichs, dem Engel heiliges Oel und ein Lilienbanner überreichen, ein weiteres den von Engeln gekrönten Francois I. selbst auf einer Lilie mit den Personifikationen der „Gnade Gottes" und Frankreichs. ( A b b . 5 9 - 6 0 ) Während im Totenzeremoniell den Verstorbenen die effigies substituierte, sah sich der einziehende Herrscher in den tableaux vivants seinem lebendigen Abbild gegenüber, welches sein Amt thematisierte. In beiden Fällen ist also der natürliche Leib mit dem Individualkör-

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Cf. MacCracken 1911, p . 8 8 . „A l'encontre du Chastellet de Paris, avoit haulx escarfaulx (. . .) et la estoit un enfant, representant la personne du roy, assiz e n u n faudestuer; ( . . . ) et aux deux costes de lui avoit deux escus, l'un a destre, de France, e l'autre a senestre, d'Angleterre. E t dessus lui, deux couronnes en air, et audit coste destre estoit represente, par figure, Monsigneur le due de Bourgogne, les contes de Nevers et de Rethel, freres, l'evesque de Therounenne, chancelier de France, Messire Johan de Luxembeurg et plusiers autres seigneurs notables, en nombre competent, selon la place, ( . . . ) et de l'autre coste estoient representez par figure Monseigneur le due de Bedford, Monseigneur le cardinal, Monsigneur le due de York, les contes de Warwik, de Stafford, de Salisbury, de Mortaing et plusiers autres signeurs notables (. . . ) " . Guenee / L e h o u x 1968, p . 6 8 . Auch die meisten der dargestellten Würdenträger waren bei dem Einzug anwesend (ibid.pp.61-61) und sahen sich somit selbst dargestellt.

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Cf. Konigson 1975, p . 5 9 . Z u den thaumaturgischen Kräften des Königs Bloch 1961. Z u dem Einzug

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A m Sockel waren sieben weitere Tugenden gemalt, deren Anfangsbuchstaben den N a m e n des K ö -

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C o d . Guelf. 86.4., H e r z o g August Bibliothek Wolfenbüttel; Georges Guigne: L'entree de Frangois

Charles VIII. in Paris cf. auch Bryant 1986. nigs ergaben. Cf. Konigson 1975, p . 6 3 ; Zu dem Einzug cf. auch B r i n d ' A m o u r 1978, p . 2 5 - 3 3 . Premier, roy de France, en la Cite de L y o n , le 12 Juillet 1515, L y o n 1899. Zu dem C o d e x und dem Einzug cf. Berens 1996. Der dort involvierte Künstler Jean Perreal ist auch bei dem Totenzeremoniell Ludwigs X I I . mit der Herrichtung des Leichnams beschäftigt worden. Schlosser 1993, p p . 3 5 - 3 6 , 174.

Repräsentation

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per, der Ersatzleib aber mit dem Amtskörper gleichzusetzen. Bei dem Gegenüber von Herrscher und lebendem Bild ergibt sich insofern ein Paradox, als hier nicht ein Nichtgegenwärtiges vergegenwärtigt wird, wie es beim Totenzeremoniell geschieht. Im Fall der tableaux vivants lebt der Herrscher nicht nur, sondern sollte gerade bei der entree solenneile die Einheit beider Körper demonstrieren. Die Verdoppelung im lebenden Bild diente dabei der Betonung der königlichen Würde, was gerade bei jugendlichen Herrschern wie in den angesprochenen Fällen nahegelegen haben mag. Man könnte hier von einer lebenden effigies sprechen. Auch in Italien trifft man auf das Phänomen lebender effigies, doch ist die Situation insofern anders, als dort einerseits verschiedene Herrschaftsmodelle existierten und man andererseits auf die souveränen außeritalienischen Herrscher reagierte. Für den Einzug Charles VIII. 1494 in Siena errichtete man einen Triumphbogen, auf dem der König sich selbst dargestellt sehen konnte: „Und an dem dritten Tor war ein Triumphbogen mit zwei Männern, einer von diesen stellte Karl den Großen dar, und hatte diese Worte Italiae ecclesiaeque romanae liberator, christianaeque fidei ampliator sanctissimus; der andere stellte diesen anwesenden König dar, mit diesem Vers: Carolas octavus Francorum rex, ad idem divino missus numine." (Q CXVI)

In diesem Fall ist zu unterstellen, daß man sich am Vorbild der französischen tableaux vivants, die den Herrscher durch den genealogischen Verweis legitimieren, orientierte. Doch nicht immer zeigten die italienischen Festveranstalter Sensibilität für die Konventionen einer entree solenneile.11 Als Louis XII. von Frankreich 1509 in Mailand einzog, wurde er von vier Triumphbögen und folgenden Darbietungen empfangen: „Danach wurden vor den König die fünf unterworfenen Städte geführt, nach römischer Art; und danach ein ganz vergoldeter Triumphwagen, gezogen von vier weißen, mit weißer bestickter Seide bedeckten Pferden, (...) und darauf zu steigen verweigerte der König, fast als ob es ein Spiel wäre" (Q LI)

Der französische König konnte also zwar seinem lebenden Bild gegenübertreten, sich in die lebenden Bilder einzureihen, kam aber für ihn nicht in Frage. In Frankreich waren die tableaux vivants deutlich als artifizielle Aufführung gekennzeichnet: Sie waren am Rand des Einzugsweges aufgebaut und eine Inschrift oder Person erklärte den Inhalt. In Italien vermischten sich, schon auf Grund der Mobilität der Wagen, auf denen in vielen Fällen die rappresentazioni stattfanden, die Ebenen von Spiel und realem Zeremoniell. In der italienischen Sprache wurde und wird der Begriff der rappresentazione für alle Formen der Darbietung und schauspielerischen Darstellung sowie im Zusammenhang mit dem Totenzeremoniell benutzt. 12 Die Doppeldeutigkeit von rappresentazione als Repräsentation einerseits und Darbietung andererseits indiziert die Synthese zwischen der Intention (der Vertretung) und der Ausdrucksform (der Darstellung). Im Italien der Stadtrepubliken hatte es keine zeremonielle Würdigung der nominellen oder indirekten Machthaber gegeben. Erst mit der Entstehung der Höfe und den daran geknüpften prä-absolutistischen Strukturen erwuchs dem Herrscher eine Bedeutung, die seine differenzierte Inszenierung mit sich brachte. Dieser Umbruch zeichnet sich um die Mitte des Quattrocento deutlich ab, als eine Generation von Condottiere-Fürsten die Regierung übernahm,

11 Der Einzug von Charles VIII. in Neapel mißfiel z.Bsp. dem französischen Beobachter Adrien, den nur die nuvole-artigen Konstruktionen beeindruckten. (Q LXXVII). 12 1437 fand in Perugia die „Representazione della morte di Malatesta" statt, wobei damit die gesamten Begräbnisfeierlichkeiten bezeichnet werden. Cf. d'Ancona 1891,1, pp.223-224.

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Repräsentation

die, vielfach illegitim geboren, neue Dynastien begründeten und den Kommunen gegenüber unter einem gewissen Legitimationszwang standen. 13 Im Zuge dessen wurde das Problem der Herrscher-Repräsentation virulent, wobei die Repräsentationsformen, der Triumphzug eines Lebenden, die tnonfi zu seinen Ehren und der Katafalk für die Aufbahrung des Toten, formale Analogien aufweisen. Inwieweit gerade das Totenzeremoniell dabei an die in Frankreich und England entwickelten Formen anknüpft oder aber sich an der Antike orientiert, ist noch nicht eingehend untersucht worden. 14 In Italien finden sich zudem weitere, nicht zwingend auf einen Herrscher bezogene Repräsentationsstrategien, die mit einem der effigies vergleichbaren Substitut funktionieren. Zum einen gab es im Quattrocento, besonders ausgeprägt in Florenz in der Santissima Annunziata, den Brauch, lebensgroße porträthafte Wachsbilder als Votivgabe aufzustellen. 15 Die sogenannten boti waren primär Zeichen des Dankes, darüberhinaus repräsentierten sie ihren Stifter zugleich dauerhaft - vor Gott ebenso wie in der Öffentlichkeit. 16 In Santa Maria delle Grazie in Mantua haben sich solche Wachs-Voti über das Cinquecento hinaus in situ erhalten.17 Zum anderen bediente sich die Rechtspraxis der executio in effigie, dem Strafvollzug an Abwesenden oder Toten an einer Ersatzfigur. Dies geschah meist in Form der pittura infamante, der Schandbilder 18 , wie jene, die Botticelli in Florenz 1478 von den an der Pazzi-Ver-

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Außer an dem „Modellfall" Federico da Montefeltro läßt sich dies auch bei den Herrschern anderer Stadtstaaten beobachten, beispielsweise an der Vita Borso d'Estes (cf. Tristano 1983). In Mailand löste 1450 Francesco Sforza die Visconti-Dynastie ab, in Bologna ergriff ein illegitimer Sproß der Bentivoglio die Macht, in Mantua trat 1444 Ludovico Gonzaga die Herrschaft an und nicht zuletzt in Florenz läßt sich ein deutlicher Machtzuwachs der Medici feststellen. Aus diesem Kontext heraus entsteht eine Diskussion über den „Adel" cf. Rabil 1991. Während ein bewußtes Anknüpfen an antike Traditionen für Frankreich in Frage steht (cf. Ginzburg 1992, p.9), scheint das in Italien der Fall zu sein. Der Mantuaner Chronist Equicola beschreibt die Beerdigungszeremonie Francesco II. Gonzaga im Jahr 1519, nachdem er sich über die Bräuche der Antike, der Ägypter und Römer verbreitet hat: „Questo e stato da noi premesso ad cio se intenda alcune consuetudini antiche essere state in nostro uso traducte: Con electione de le megliori: Fu facto un Cyborio ο Cataphalco che Vogliam dire di braccia trenta Largo & alto quaranta in forma Pyramidale nella summita Iacea lo simulacro del Signor defuncto armato. Tucti soi standardi havea dintorno il glorioso principe dodeci ordini di gradi vi erano pieni di vestiti nigri con toppieri grossisimi in mano. Tutta la chiesia era negra con initi lumi" Equicola ed. 1521, Aa iii v. (In der Edition von 1607, p.294, sprachlich leicht verändert). Eine Abbildung dieses Katafalks hat sich erhalten. Cf. Rodolfo Signorini: Gonzaga Tombs and Catafalques. (In: Splendours of the Gonzaga, London 1981, pp.3-14), p.7. Hier stellt sich allerdings die Frage, ob die Figur auf dem Katafalk mit einer Zeremonialeffigie zu vergleichen ist. Warburg 1932, vol.I, pp.116-119; Schlosser 1993 (besonders pp.54-68) und Waldmann 1990, pp.30-43. Zu dem Brauch in Prato Morselli 1994. Uber den Anspruch der Darstellungen gibt indirekt einefacetie Polizianos Auskunft, die vom VotivBild eines Esels handelt: „Un contadino haveva botato di fare un imagine a'Servi di uno suo asino malato. Dimando il ceraiuolo: C o m e l'ho io a fare?, volendo dire, se l'haveva a fare col basto ο igniudo. II contadino, inteso altrimenti, disse: Fallo pensativo; perche quando io lo carico, egli ha del pensativo molto." Angelo Polizianos Tagebuch (1477-1479) mit vierhundert Schwänken und Schnurren aus den Tagen Lorenzos des Großmächtigen und seiner Vorfahren. Zum ersten Male herausgegeben von Albert Wesselski, Jena 1924, p.183 (361). Schlosser 1993, pp.60-61. Edgerton 1985; Ortalli 1979.

Federico da Montefeltro: Toter Herrscher - lebendes Bild

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schwörung Beteiligten schuf. 19 Mit der von Pius II. vor Sankt Peter inszenierten Schauexekution Sigismondo Malatestas 1462 wissen wir auch von einer Begebenheit, wo eine lebensgroße plastische Figur verwandt wurde, deren Naturähnlichkeit den Commentarii zufolge durch ein aus dem Mund kommendes Spruchband relativiert werden mußte. 2 0 Darüberhinaus kann ein Bildwerk, welches die projektive Identifikation mit einer Person zuläßt, Opfer eines bilderstürmerischen Angriffs werden, wie Bredekamp am Beispiel der gezielten Zerstörung von Kaiserporträts des Konstantinsbogens gezeigt hat. 21 Eine Überlagerung dieser Phänomene läßt sich an der Aufstellung von Exvoti im Kontext der Pazzi-Verschwörung 1478 beobachten. Die Familie eines der Mörder ließ offenbar zur Sühne in „ihrer" Kirche ein Wachsbild Lorenzos in dessen blutigen Kleidern dem Kruzifix gegenüber aufstellen. 22 Mit diesen Beispielen sollen nur die vielfältigen Formen der Repräsentation durch Bildwerke angedeutet werden. 2 3 Das Auftreten und die Verwendung von lebenden Bildern im Kontext von Zeremoniell und Fest kann als ein unmittelbarer Bestandteil dieser Ausbildung von Repräsentationsformen betrachtet werden. Inwieweit sie dabei auch eine den effigies analoge Funktion übernehmen konnten, soll im folgenden untersucht werden.

I.

Federico da Montefeltro: Toter Herrscher - lebendes Bild

Nach dem Tod seines Vaters Federico da Montefeltro im Jahr 1482 wurde Giudobaldo da Montefeltro im Alter von zehn Jahren Herrscher von Urbino und heiratete im Februar 1488 Elisabetta Gonzaga von Mantua. 2 4 Im Juli desselben Jahres erwartete man den Besuch ihres Bruders Francesco. Aus diesem Anlaß wurde im nahegelegenen Casteldurante eine rappresentazione vorbereitet, die trotz dessen Ausbleibens vor Guidobaldo und Elisabetta aufgeführt wurde. 25 Das anreisende junge Paar wurde mit großen Ehren in der Stadt empfangen, über die Benedetto Capilupo, der Vertraute Elisabettas, in einem Brief an Francesco Gonzaga berichtet: 19

In der Regel ist es die Kommune bzw. die regierende Instanz, welche die Anbringung solcher Bilder veranlassen. Über einen Fall von „Privatjustiz" mit diesen Mitteln berichtet 1433 ein Chronist der Stadt Forli. Dort hatte eine Frau die Mörder ihres Mannes, die von der städtischen Justiz offenbar nicht verfolgt wurden, an den Füßen aufgehängt malen lassen. Giovanni di M. Pedrino ed.1929, pp.410-411.

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Pius II. berichtet darüber in seinen Commentarii, Lib.7, 11 (ed.1984, pp.1448-1451): „Intera pro gradibus basilicae Sancti Petri ex arida materia ingens pyra extruitur in cuius summitate imago Sigismundi collocatur perversi et nefandi hominis liniamenta et vestimenti modum adeo proprie reddens, ut vera magis persona quam simulacrum videretur. Ne quem tarnen image falleret, scriptura ex ore prodiit, quae diceret: Sigismundus hie ego sum Malatesta, filius Pandulfi, rex proditorum, Deo atque hominibus infestus, sacri censura senatus igni damnatus". Cf. Schlosser 1993, p.68; Brückner 1966, pp.203-204.

21

Cf. Bredekamp 1995, pp.42sq. zur bilderstürmerischen Zerstörung der Reliefs des Konstantinsbo-

22

Cf. Kress 1996.

gens in Rom durch Lorenzino de'Medici. 23

Exemplarisch zur mediceischen Bildpolitik Bredekamp 1995.

24

Zu dieser Verbindung und den Hochzeitsfeierlichkeiten cf. Luzio/Renier 1893, pp.9sqq. und Castelli

25

Cf. Luzio/Renier 1893, p p . 4 3 - 4 6

1986, p p . 3 3 1 - 3 4 8 , sowie Zorzi 1986, p.324.

Repräsentation

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„Es waren zwölf Triumphbogen errichtet, welche die Straße überspannten, einer verschieden vom anderen mit den Wappen und Devisen von Euch und des Herzogs, spiritelli, antiken Vasen und Brunnen, von denen zwei Rosenwasser ergossen. Auf dem ersten Triumphbogen beim Eintritt in das Tor war ein Knabe, der Verse rezitierte, dort warteten acht in Seide gekleidete Schildträger, welche die Herrin begleiteten. Vom Palast bis auf den Platz wurde ein Triumphwagen geführt, auf dem im Dreieck Caesar, Scipio und der Herzog Federico saßen, mit vergoldeten, nach der Antike gemachten Rüstungen. Ein wenig unterhalb von ihnen saß eine Sibylle vorn auf dem Wagen. Auf einer Kugel stand aufrecht ein Engel mit einem Palmenzweig in der Hand, welcher zuerst Verse vortrug und nach ihm die Triumphierenden und die Sibylle. Zwei Kentauren zogen den Wagen, andere Tiere und Vögel waren darauf, die alle einzeln zu benennen zu lang wäre zu schreiben." (Q VIII) Der Wagen mit den drei Helden und der nicht näher erklärten Sibylle wurde von einem geflügelten „Engel" bekrönt, bei dem es sich - wie im folgenden zu zeigen sein wird - unzweifelhaft um die Personifikation des Ruhmes und mithin bei der Inszenierung um einen „Triumph der Fama" in Anlehnung an Petrarca handelte. Der Anlaß und die Darstellung des verstorbenen Federico da Montefeltro läßt vermuten, daß sich mit der Inszenierung eine politische Botschaft verband. Offen bleibt, ob sie an den ausgebliebenen Besuch aus Mantova gerichtet gewesen war oder an Guidobaldo und seine Gattin. 2 6 Im ersten Fall würde die Präsenz des großen Condottiere inmitten der beiden antiken Feldherren gegenüber dem auswärtigen Gast, der durch die Eheschließung zum politischen Verbündeten geworden war, für die Herrschaftsbefähigung des erst sechzehnjährigen Sohnes und Erben bürgen. In letzterem Fall wäre ihr eine pädagogische Intention zu unterstellen, indem sie dem jungen Herrscher seinen verstorbenen Vater gemeinsam mit Caesar und Scipio als Vorbild präsentierte. Die beiden römischen Helden standen in der zeitgenössichen Diskussion für zwei Modelle des Feldherrentums: Caesar verkörpert den kaiserlichen Imperator, Scipio hingegen den republikanischen Feldherren. 2 7 Diese beiden antiken Helden sind es, die in einer panegyrischen Vision des Giovanni Santi, in der auch Fama eine zentrale Rolle spielt, den verstorbenen Condottiere im Tempel des Mars empfangen. 2 8 Santi war am Hofe Federicos sowohl als Maler wie als Dichter für Festinszenierungen beschäftigt gewesen und hatte eben in diesem Jahr posthum seine „cronaca rimata" der Taten des Verstorbenen vollendet. 2 9 Die inhaltliche Ubereinstimmung läßt in ihm den Autor der rappresentazione

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in Casteldurante vermuten. 3 0 Als Inspiration

Weisbach 1919, p.105 und Pinelli 1985, p.329 sehen Guidobaldo selbst als Veranstalter, wofür ich keinen Anhaltspunkt finden konnte. Capilupo erwähnt in seinem Brief nur, daß die „homini de Casteldurante" das Fest vorbereitet hätten (Luzio / Renier 1893, p.44). Cf. Pade 1990, pp.80-88. BAV, 0ttob.lat.1305, fol.17r.-18r. (ed.1985, pp.38-40) Die Sibylle könnte der bei Santi auftretenden Pallas entsprechen. Die Wiedergabe Santis bei Pinelli 1985, p.328 erweckt den irrigen Eindruck, dieser Triumph habe tatsächlich stattgefunden. Zur Rezeptionsgeschichte und Intention dieser sogenannten „cronaca rimata" Varese 1988. Santi begann dieses Werk nach 1474 und vollendete es 1488 (pp.32/33). Zorzi 1986, p.324 schreibt (ohne Angabe einer Quelle), daß Santi die Aufführung 1488 inszeniert habe. Von Santi sind weitere Inszenierungen bekannt: Ein Bericht Benedetto Capilupos über die Hochzeitsfeierlichkeiten Elisabettas und Guidobaidos erwähnt ihn als Autor der rappresentazione, in der „Jupiter mit allen Göttern" auftraten. (Luzio/Renier 1893, p.21) Darüberhinaus enthält der Codice Palatina n.284, BNCF eine: „Festa scenica mitologica alia Corte di Urbino in Onore del Principe Federico d'Aragona „Amore al tribunale della Pudicitia" von Giovanni Santi, die zum Empfang Fe-

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diente Santi dabei wahrscheinlich Petrarca, der in seinem „Triumph der Fama" zuerst Caesar und Scipio an der Seite der Fama erkennt. 31

1.

Die Allegorie der Fama

Die Fama, die römische Personifikation des Gerüchtes, hatte im Mittelalter eine veränderte Bedeutung erhalten. Bereits Dante gebrauchte den Begriff im Sinne irdischen Nachruhmes, und Petrarca verlieh ihr in seinen „Trionfi" vollends die Bedeutung des irdischen Ruhmes. Mit den Illustrationen der Petrarca-Trionfi war ihre Darstellung häufig und weit verbreitet, wo sie meist entsprechend des Textes von berühmten Männern und Frauen begleitet wird. 32 Eine Miniatur von ca. 1460 zeigt den häufig reproduzierten Typus des Fama-Triumphes 33 , der dem Darstellungsmodus der Gloria entspricht, wie er im Zusammenhang mit Petrarcas „De viris illustribus" 1379 erstmals auftritt. 34 (Abb.61) Ihre Attribute, das Schwert und die Weltdarstellung, bezieht sie allerdings aus Boccaccios Beschreibung der Gloria Mondana in der „Amorosa Visione" 35 , an der sich die Künstler orientierten, da es bei Petrarca an einer konkreten Beschreibung ihres Äußeren mangelt. Ab der Mitte des 15. Jahrhunderts wandelt sich die Weltenscheibe im Hintergrund der thronenden Personifikation in eine Kugel unter ihren Füßen und nähert die Ruhmesallegorie damit ikonographisch der Siegesgöttin Victoria an. (Abb.63) Das Initialmoment dieser Tendenz der Antikisierung scheint aus dem Umkreis der Medici zu kommen, denn auf dem anläßlich der Geburt Lorenzos gefertigten Desco 1449 tritt Fama erstmalig auf einer Kugel, wenn auch nicht mit den Attributen der Victoria auf. 36 (Abb.64) derico d'Aragonas 1474 aufgeführt wurde. (Saviotti 1920, pp,194sq.) Zu Santi cf. auch Mussini Sacchi 1996. 31

„Da man destra, ove gli occhi in prima porsi, / la bella donna avea Cesare e Scipio" Petrarca, ed.Neri

32

Zur Verbreitung der Petrarca-Trionfi cf. besonders Malke 1972 und 1977; Salmi 1976 und Samek Lu-

33

Ms.1129 B R , Apollonio di Giovanni, cf. Callmann 1974, cat.no.13, die die Miniatur um 1459-61 da-

1974, p.571. dovici 1978. tiert. 34

„De viris illustribus" wurde bereits zu Lebzeiten des Dichters eine beliebte Bildvorlage; dokumentiert ist u. a. ein Freskenzyklus in Padua, der wohl zwischen 1367-1374 entstand. Es handelte sich um 24 römische Helden, die von seinem Schüler Lombardo della Seta um weitere 12 ergänzt wurden. Aus prinzipiellen Gründen nahm Petrarca keine Helden seiner Zeit auf. Cf. Mommsen 1952 und Charney 1990, p.225. Vielleicht ließ sich Petrarca durch die verlorenen Gemälde Giottos für Azzo Visconti in dessen Mailänder Palast um 1334 anregen, welche die „vana Gloria" mit Aeneas, Attila, Hektor, Herkules, Karl dem Großen und Azzo Visconti zeigten, die er dort noch vor deren Zerstörung gesehen hat. Boccaccios „De viris illustribus" ist mit der Darstellung eines Gloria-Triumphes verbunden, der seinerseits die Darstellungen der Fama beeinflußt hat. Cf. Malke 1972, p.26.

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Amorosa Visione V I : Ardita sopra un carro tra costoro / grande e triunfal lieta sedea. / ornato tutto di frondi d'alloro./ Mirando questa gente in man tenea / una spada tagliente, con la quale / che Ί mondo minacciasse mi parea. / II suo vestire a guisa imperiale/ era e teneva nella man sinistra un p o m o d'oro, e 'n trono all reale/ vidi sedeva; ( . . . ) un cerchio si movevea grande e ritondo, da' pie passando a lei sopra la testa. Ne credo che sia cosa in tutto Ί mondo, / villa, paese, dimestico ο starno / che non paresse dentro da quel tondo. / Era sopra costei, e non invano, / scritto un verso che dicea leggendo: „Io son la Gloria del popol mondana".

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Cf. Däubler 1996, die kein konkretes antikes Vorbild ausmachen kann, jedoch auf entsprechende

Repräsentation

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Die ikonographische Irritation zeigt sich in einem Petrarca-Codex von ca. 1470, in dem Fama in beiden Varianten und damit ungewöhnlicherweise zweimal auftritt. 3 7 ( A b b . 6 5 - 6 6 ) In der Folge gleicht sie sich auch attributiv dem antiken Vorbild an und erhält Palmzweig und Trompete oder Posaune als Attribut. In der Tat erscheint Fama / Gloria im Quattrocento anstelle der antiken Victoria und tritt als triumphales Element in den bildenden Künsten ebenso wie in semidramatischer und literarischer F o r m häufig auf. Daß es sich bei dem „Engel" auf der Kugel in Casteldurante 1488 um eine Allegorie der Fama gehandelt haben muß, bestätigt sich auch im Vergleich mit einer früheren Inszenierung. Anläßlich der bereits erwähnten Hochzeit Costanzo Sforzas mit Camilla d'Aragona 1475 in Pesaro war ein Turnier veranstaltet worden, bei dem Fama die Sieger ehrte. Die Hochzeitsbeschreibung gibt in Bild (Abb.67) und Text ihren Aufzug wieder: „Ein großartiger und triumphaler Wagen, 21 Fuß hoch, welcher unten vier Ecken hatte und vier große goldene Blätter, eines an jeder Ecke, bis zu den äußersten Enden ergab es einen ungefähr sechs Fuß hohen Sockel, ganz bedeckt von Silber. In der Mitte dieses Sockels war an jeder Seitenwand ein rundes Loch, aus dem von drinnen heraus vier spiritelli mit goldenen Haaren und Flügeln kamen und jeder von ihnen mit einer goldenen Trompete in der Hand; und oben auf dem viereckigen Sockel saß an jeder Ecke ein spiritello, der in der Hand eine gewisse Lilie hielt, die aus jenen vier goldenen Blättern herauskamen. In der Mitte der viereckigen Basis war ein Rund, auch vergoldet, umgeben von einem antiken Feston aus Silberzeug und goldenen Äpfeln gemacht, auf diesem Rund war ein wunderschönes vergoldetes Dreieck und über jeder Ecke des Dreieckes saß eine Harpie, ganz aus Silber mit einem Mädchenkopf und Pfauenflügeln, die mit den erhobenen Schwänzen einen riesengroßen runden Ball empor hielten: Dieser war ganz blau, in der Farbe des Wassers, ausgenommen die Teile der Erde, die bewohnt und unbedeckt von Wasser sind, welche ganz nach der wahren Kosmographie geformt und bemalt war." (Q LXXXII) Über den allegorischen Gehalt hinaus reflektiert dieser Festwagen mit der Darstellung des Erdglobus wie schon frühere Aufführungen das Interesse an dem sich verändernden wissenschaftlichen Weltbild. 38 Die „balla tonda" stellte vermutlich nur die bekannte Ökumene dar und ergänzte den unbekannten „rückseitigen" Teil durch Wasser. 3 9 Auch die Armillarsphäre hatte in Pesaro in F o r m des abendlichen Feuerwerkes, der Girandola, ihren „Auftritt". Die intensive Beschäftigung mit der Gestalt der Erde ging mit der Verbreitung der Schriften des Ptolemäus einher, die 1472 in lateinischer Übersetzung in einer aufwendigen Handschrift an den H o f Federico da Montefeltros gelangt waren. 4 0 Es ist daher zu vermuten, daß aus seinem U m feld die Anregung für die Darstellung des Globus kam. Über den Wagen berichtete der Chronist desweiteren:

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Darstellungen auf Münzen, in der Kleinplastik und auf einem antiken Sarkophag, der zu dieser Zeit in Florenz zu sehen war, verweist. Der Codex Strozz. 174, BML wird von Callmann 1974 (Cat.no.12) der Werkstatt von Apollonio di Giovanni zugeschrieben. Das erste Bild der Fama auf der Kugel, die mit den Attributen der Justitia Schwert und Waage ausgestattet ist, befindet sich direkt am Ende des Triumph des Todes, daran schließt der Text „Nel cor pien d'amarissima dolcezza" der älteren Fassung des Fama-Triumphes an. Ein Erdglobus war zu sehen gewesen in Neapel 1443, Reggio 1453 und Ferrara 1457 Cf. Helas 1998. Für eine solche Gestaltung früher Globen plädiert Vogel 1995, p.37 Es wäre an eine Mitarbeit von Donnus Nicolaus Germanus zu denken, der 1477 einen Globus im Auftrag von Sixtus IV. gefertigt hatte, der sich noch bis 1505 im Vatikan befand. Zu diesem cf. Babicz 1987-89, p.163.

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„Über dieser Kugel, die wie die Erde geformt war, stand eine wunderschöne Frau in Silber gekleidet, mit goldenen Haaren und goldenem Schmuck und riesengroßen Pfauenflügeln, mit einer goldenen Trompete in der Hand, welche die Fama darstellte und zwischen den Harpien, zu Füßen der Fama und des Globus der Erde, saßen in den Bögen des Dreieckes drei nach der Antike sehr reich bewaffnete Männer: Einer für Scipio, der andere für Alexander, der andere für Caesar." (Q LXXXII)

Die Ubereinstimmung mit der Aufführung in Casteldurante 1488 - Fama auf einer Kugel bzw. dem Erdball über drei nach der Antike gekleideten Feldherren, wobei dort Alexander durch den Herzog Federico ersetzt wurde - ist sicher kein Zufall. Federico da Montefeltro war mit Costanzo Sforza verschwägert, da er dessen Schwester Battista geheiratet hatte, und zur Hochzeit Costanzos 1475 war auch er in Pesaro gewesen. Darüberhinaus wird von verschiedener Seite vermutet, daß Francesco di Giorgio, vermittelt durch Federico da Montefeltro, in dessen Dienst er 1475 eben getreten war, die Hochzeit in Pesaro mitgestaltet habe, so daß die Kenntnis der Festapparate direkt durch ihn nach Urbino gelangt sein könnte. 41 Auch an eine Mitwirkung Francescos an den Illustrationen der Hochzeitsbeschreibung ist gedacht worden. 42 Die Illustration stimmt, abgesehen davon, daß kein fahrbarer sondern ein feststehender Apparat dargestellt ist, mit der Beschreibung überein, woraus sich aber nicht ersehen läßt, ob der Künstler auf Basis des Textes oder der eigenen Anschauung bzw. Mitwirkung an der Aufführung arbeitete. Wer auch immer dann 1488 den Triumph in Casteldurante gestaltete, bezog sich auf die Aufführung in Pesaro 1475, jedoch mit einem entscheidenden Unterschied: In Pesaro veranschaulichte man den Triumph der Fama durch die Exempla antiker Feldherren, während in Casteldurante mit Federico da Montefeltro ein zeitgenössischer Condottiere in deren Reihen aufgenommen wurde.

2.

Die „uomini famosi"

Schon zu seinen Lebzeiten war Federico in einer vergleichbaren rappresentazione der Platz an der Seite Caesars angeboten worden. Ebenfalls im Jahre 1475 heiratete seine Tochter Isabetta den Herrscher von Rimini Roberto Malatesta. Zum Empfang der Braut waren etliche Triumphbögen errichtet worden, doch galt die Ehrung nicht allein ihr, sondern vornehmlich ihrem Vater, der mit ihr Einzug hielt. 43 Einer der Bögen auf der Piazza del Foro war dem Chronisten Gaspare Broglio zufolge besonders aufwendig gestaltet: „In dessen Mitte war ein Gesims ganz aus Gold mit großer Meisterschaft gemacht, auf dem acht berühmte Römer saßen, gekleidet auf antike Weise. Vorn stand der bewaffnete Caesar, mit einem Buch in der Hand, auf der anderen Seite links war Herkules, der Starke, mit der Keule in

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Samek Ludovisi 1978; Battisti 1955, p.23. Zu Francesco di Giorgio in Urbino cf. auch Clough 1973, p.138 und Lightbown 1992, p.229. 42 De Marinis 1946 hingegen vermutet den Künstler, sowohl der Festgestaltung als auch der Miniaturen, unter den Schülern von Melozzo da Forli. 43 Zu diesem Ereignis Tonini 1882, pp.351-372 und Clementini 1617-1627, pp.519-538. Letzterer erweitert meiner Ansicht nach den Bericht Gaspare Broglios, der beiden Autoren zu Grunde liegt, beträchtlich aus der Sicht späterer Festlichkeiten. Broglio listet unter den Kosten „ingenieri" u.a. aus Florenz und Urbino auf. (Tonini 1882, App. CVII) Als Verantwortliche für „tucte le cose appartenenti al dicto triumpho" nennt er Ser Lorenzo Maestro delle intrate di Sua Signoria, Francesco Brondolo da Ferrara und Feiice Salca. Cf. auch Zorzi Garbero 1986, p.314, die sich auf Clementini bezieht.

Repräsentation

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der Hand; in der Mitte ein erhöhter Sitz ganz bedeckt mit goldenen Stoffen, welcher leer ohne jemanden war. Das Gesims, wo die großmütigen Senatoren saßen, sprang ziemlich weit auf den Platz hervor, auf die Art, daß sie mit Schicklichkeit dort oben standen. Als der Herzog von Urbino ankam, erhoben sich alle diese berühmten Konsuln und Senatoren, und Caesar war der erste, der die untenstehenden Verse sprach." (Q XCII) Mit den Versen wurde dem Herzog von Urbino der leere Sitz angeboten, da er nur ihm, auf Grund seiner Überlegenheit über die anwesenden Heroen, unter denen noch Themistokles und Camillus erwähnt sind, gebühre. 4 4 Federico da Montefeltro eingeschlossen ergibt sich die Anzahl von neun Helden, womit auf das Thema der neufpreux

verwiesen ist, zu denen jedoch

bis auf Caesar die namentlich Genannten traditionellerweise nicht zu rechnen sind. Die neuf preux waren vor allem in Frankreich verbreitet und vereinten drei heidnische, drei jüdische und drei christliche Herrscher. 4 5 Diesen Kanon befolgte man in Rimini nicht; intendiert war daher wohl die Darstellung einer Gruppe von uomini famosi, wie sie in Italien in regional spezifischen Zyklen häufig anzutreffen sind. 4 6 Entsprechend der Intention des jeweiligen Programmes bilden sich die uomini famosi aus variierenden Kombinationen von historischen, mythologischen und zeitgenössischen Persönlichkeiten. 47 Im Medium des lebenden Bildes traten beispielsweise 1481 in Forli „homene famose e antiche forlovesi" auf einem Triumphwagen zum Empfang des neuen Herrschers Girolamo Riario auf. 48 ( Q X L I I ) Federico da Montefeltro hatte seinen Palast gleich mit zwei solchen Zyklen schmücken lassen: den uomini famosi in seinem studiolo, zu denen sowohl historische wie zeitgenössische Persönlichkeiten zählen 4 9 , und den heute nur noch fragmentarisch erhaltenen Fresken der uomini d'arme,

vermutlich antike Feldherren, deren Anord-

nung auf einem bühnenartigen Unterbau festlich ephemeren Charakter besitzt. 5 0

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Tonini 1882 läßt die Verse in seiner Wiedergabe des Berichtes aus. Dort sind namentlich noch Themistokles und Camillus erwähnt, dann kürzt Broglio seinen eigenen Worten zufolge ab. Broglio, sc-ms 1161, Biblioteca Gambalungiana Rimini, fol.268 v. / 269 r. Die drei heidnischen waren Hektor, Caesar, Alexander, die drei jüdischen Josua, David, Judas Makabäus und die drei christlichen Karl der Große, Artus, Gottfried von Bouillon. Allegorisch zu verstehen als die Synthese von weltlicher und geistlicher Macht im christlichen Königtum, leitete sich von den christlichen Herrschern die Genealogie der französischen Herrscher ab. Cf. Schroeder 1971. Einer dieser Zyklen, Ghirlandaios Fresken in der sala dei gigli im Palazzo Vecchio in Florenz könnte sich an der Inszenierung in Rimini inspiriert haben. Für einen Zusammenhang spricht auch, daß Ghirlandaios Architekturprospekt frappierende Ubereinstimmung mit der Fassade des Tempio Malatestiano aufweist. Es wäre denkbar, daß Ghirlandaio jener „Domenico fiorentino" gewesen ist, den Broglio unter den „ingenieri" 1475 in Rimini erwähnt (cf. Tonini 1882, App. CVII), und später seine Erfahrung in der sala dei gigli verarbeitet hat. Einen Uberblick über die uomini famosi und deren Verbreitung in Italien bietet Böcker-Dursch 1973. Cf. auch Salmi 1973; Donato 1985; Starn 1988 pp.74sq.; Joost-Gaugier 1976 und 1982. Zu einzelnen Zyklen gibt es detaillierte Untersuchungen; z.Bsp. von Martina Hansmann zu dem Zyklus von Andrea del Castagno. Der Chronist Cobelli zeigt sich begeistert von den Darbietungen seiner Heimatstadt Forli, in die er, nach dem Aufenthalt in Frankreich und am Hofe Pauls II., erst mit Girolamo Riario zurückkehrte, der nach dem Tod Antonio Ordelaffis 1480 die Herrschaft dort übernahm. Cf. Cheles 1986. Dal Pogetto 1991 datiert diesen Zyklus im „Appartamento della Jolle" zwischen 1458 und 1460 und schreibt ihn Boccati zu. Sie sieht ihn in Zusammenhang mit der Hochzeit von Federico und Battista, deren Idealporträts sie unter den dargestellten Helden vermutet, als eine Festdekoration. Walter Fon-

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Diese berühmten Männer sind ebenso wie ihre weiblichen Pendants in unterschiedlicher Anzahl in den Illustrationen von Petrarcas „Triumph der Fama" anzutreffen. Die Miniatur eines heute in Madrid befindlichen Petrarca-Codex scheint unmittelbar einer Festinszenierung entlehnt. 51 (Abb.68) Dessen Provenienz aus der Urbinatischen Bibliothek und die Auftraggeberschaft Federicos kann aufgrund von Wappen und Impresen als gesichert gelten. Die Zuschreibung ist unklar, als Entstehungszeit kommt die Zeit um 1475 in Frage. 52 Die Fama steht hoch auf einem mehrstöckigen Triumphwagen, auf dessen oberer Ebene neun Männer, auf der darunterliegenden neun Frauen versammelt sind. Die männlichen Helden sind augenscheinlich eine Zusammenstellung von uomini famosi: auf der linken Seite militärische Helden in Rüstung, auf der rechten Seite togati, die wohl als Gelehrte zu deuten sind, in der Mitte wäre, entsprechend zur darunterstehenden Judith, ein Held des christlichen Glaubens zu vermuten. Der Triumph der Fama mit ihren Exempla ist damit numerisch mit dem Bildthema der neufpreux und neuf preuses in Einklang gebracht. 53 Ein Miniaturfragment allerdings aus dem Kontext eines anderen italienischen Hofes scheint die Aufführung in Rimini geradezu abzubilden. (Abb.69) Es ist Teil eines um 1490/91 von Giovanni Pietro Birago geschaffenen Deckblattes der „Sforziade", Giovanni Simonettas Biographie des Mailänder Herrscher Francesco Sforza, die er 1480 dessen illegitimem Sohn und Nachfolger Ludovico il Moro widmete. 54 Francesco, der ausgehend von seiner Stellung als Condottiere in den Diensten der Visconti Begründer der Sforza-Dynastie in Mailand geworden war, sitzt inmitten einer Gruppe von acht römischen und griechischen Helden, die durch ihn die Neun-Zahl erreicht. Wurde in Rimini dem einziehenden Fürsten der leere Thron in der Mitte solcher Helden angeboten, ohne daß er in die „Bildebene" eintrat, so ist das Konzept in der Miniatur vervollständigt. Die Legitimation der Sforza-Dynastie argumentiert also mit der Aufnahme ihres Begründers (niederer Herkunft) in die heroische Gesellschaft. Damit zitierte man nicht nur „numerisch" die neuf preux, sondern übernahm deren inhaltliche Funktion, die genealogische Verankerung. So wie in Frankreich die Könige ihren Stammbaum auf die neuf preux zurückführten, so bezog man sich in Italien auf antike Helden. In den bildenden Künsten wie in der Panegyrik war es durchaus üblich, den zeitgenössischen Helden zwischen Tugenden und antiken Heroen zu piazieren. In einem in den siebziger Jahren verfassten Huldigungsgedicht sieht der Autor einen „Triumph der Fama" mit antiken Helden und den Ahnen des Hauses Montefeltro sowie Federico selbst. 55 Angesichts von

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tana: Affreschi di Paolo Uccello nel Palazzo Ducale di Urbino. In: Federico da Montefeltro 1986, pp.131-149 schreibt den Zyklus Uccello zu und datiert ihn auf 1448-50. Zu diesem Codex cf. Battisti 1955; Carandente 1963; The Painted Page 1994, pp.135-137 mit Bibliographie. Zur Zuschreibungsproblematik cf. Battisti 1955, pp.21sq., der vermutet, daß der Codex im Umkreis Francesco di Giorgios entstanden ist. Da er von einem Einfluß der Feste in Pesaro 1475 auf den Darstellungsmodus ausgeht, ergibt sich seine Datierung aus einem terminus post quem. The Painted Page 1994, p.136 schreibt den Codex Bartolomeo della Gatta zu und datiert ihn auf 1474-82. In eben dieser Kombination, Fama in Begleitung der neuf preux und neufpreuses, waren sie 1431 in Paris Henry VI. zum Empfang zu Pferd entgegengezogen. Guenee/Lehoux 1968, p.64. Fama wurde dort von einem Herold dem König als Allegorie der Stadt Paris vorgestellt, mit deren Wappen sie auch ausgestattet war. Cf. Evans 1987. Zu der Miniatur cf. auch Woods-Marsden 1989, p.393. Der „Triumphus De Inclitis Laudibus Magnanimi Ac Divi Principes Federici Urbini Montes Fereti que Comitis", BAV, Urb.Lat.740, wurde in den siebziger Jahren von einem Alessandro fiorentino

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Federico fragt der Autor, ob er denn Schatten oder Lebende sähe und erhält die Antwort, daß alle Schatten seien, nur Federico „non e dal corpo anchor desegrato". 56 In die Inszenierung hingegen war Federico selbst nicht einbezogen worden, weder in der Form, daß man ihn in effigie durch einen Darsteller präsentierte, noch, daß er tatsächlich den angebotenen Platz eingenommen hätte. Erst nach seinem Tod erschien er dann in Casteldurante als lebendes Bild zwischen zwei antiken Herrschern.

3.

Die „Trionfi" Piero della Francescas

Die Idealisierung Federico da Montefeltros hatte einige Jahre zuvor in den Trionfi Piero della Francescas Ausdruck gefunden, deren Nähe zu ephemeren Aufzügen bereits verschiedentlich konstatiert wurde. 5 7 (Abb.70-71) Die Trionfi befinden sich auf den Rückseiten der Porträts, die der Künstler von Federico und seiner Gemahlin Battista Sforza um 1474 malte. 58 Federico thront auf einem sparsam dekorierten Wagen, an dessen vorderem Ende ihm zu Füßen die vier Kardinaltugenden sitzen: frontal zum Betrachter Justitia, seitlich Temperantia und Prudentia, in Rückenansicht demnach Fortitudo. 5 9 Hinter ihm steht auf einer Kugel die Allegorie der Fama, die ihn mit einem Lorbeerkranz krönt. Zu den Füßen seiner Frau, die auf einem gleichartigen Wagen fährt, sitzen die drei christlichen Tugenden: Frontal zum Betrachter eindeutig Fides, die an der Stirnseite des Wagens Sitzende wird durch den Pelikan als Caritas charakterisiert, die dritte, nicht erkennbar, müßte folglich Spes darstellen. Die beiden Frauen, die hinter Battista stehen, sind verschieden gedeutet worden, als Castitä und Concordia oder Onestate und Vergogna. 60 Uber die formale Analogie hinaus wird den Trionfi in der Literatur gelegentlich auch eine inhaltliche Parallele zu den Petrarca-Trionfi unterstellt und der Wagen Battistas im Sinne eines Triumphes der „Castitä", der Federicos hingegen als Triumph der „Fama" interpretiert. 61 Dies ist nicht schlüssig, denn der Triumphgedanke ist bei Petrarca auf die Allegorie bezogen und nicht auf die ihr beigegebenen Exempla. Der gemalte „Trionfo" Piero della Francescas hingegen präsentiert Federico weder als Exemplum der Fama noch als eines der ihn umgebenden virtutes, sondern erhebt ihn zum Triumphator, den die Fama als

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verfasst. Dort erschien Fama auf einem vierspännigen Wagen, mit Schwert und Kugel in den Händen. Cf. Zannoni 1890. Zannoni 1890, p.176. Die Trionfi werden einerseits häufig zur Illustrierung der Festkultur herangezogen, andererseits als Dokumente interpretiert. Zu den Trionfi cf. u. a. Battisti 1992, pp.278-292 und Cieri Via 1992; Maria Cristina Castelli in: Piero e Urbino 1992, pp.154-158. Die Datierung stützt sich darauf, daß das Epigramm für Battista, die 1472 bei der Geburt Guidobaidos starb, im Präteritum abgefaßt ist und Federico als Duca betitelt ist, wozu er 1474 ernannt wurde. Der Bildtypus, auf der einen Seite das Porträt, auf der anderen eine allegorische Thematik, evoziert das Vorbild Antike durch die Aufnahme der Struktur der antiken Münzen. Zu Federico als Auftraggeber cf. Clough 1973. Lightbown 1992, p.242 zufolge geht die Auswahl der Tugenden auf Valturios „De re militari", der diese als die Tugenden aller großen Feldherren beschreibt, als direkte Quelle zurück. Auf Grund der Allgemeingültigkeit dieses Tugendkanons halte ich die Festlegung auf dieses konkrete Vorbild für problematisch. Cf. Cieri Via 1992, p.130. Ibid. und Martone 1990.

Federico da Montefeltro: Toter Herrscher - lebendes Bild

151

Künderin seines Ruhmes begleitet. Die Allegorie nimmt dort den Platz ein, den in antiken Triumphdarstellungen Victoria innehatte. Federicos Zepter weist auf die ihm zu Füßen sitzenden Tugenden, die er als Grundlage seines Ruhmes und damit implizit als seine „Charaktereigenschaften" präsentiert. Es weist aber auch in die panoramatisch erfaßte Landschaft, in der Hessler eine Ptolemäus-Rezeption manifestiert sieht. 62 Die Beschäftigung mit Ptolemäus und die Diskussion um die Gestalt der Erde ist aber ebenso in der Kugel unter den Füßen der Fama reflektiert, die in Zusammenhang mit dem Erdglobus der Fama in Pesaro 1475 zu sehen ist. Weder die antike noch die zeitgenössische Bildtradition fordert den Darstellungsmodus „einen Herrscher krönende Fama auf Kugel", so daß die Kugel als ein bewußter Verweis gelten muß. 63 Ein solcher lag auch in der Ersetzung Alexanders, der in Pesaro 1475 zu Füßen des Globus saß, durch Federico in Casteldurante 1488: Die Bedeutung, die Alexander, bzw. Alexandria als Wirkungsstätte des Strabon und des Ptolemäus, für die Wissenschaft hatte, war an Federico übergegangen. Mehrfach ist bemerkt worden, daß die Landschaft im Hintergrund der Porträts und „Trionfi" keinen realen Bezug zum Herrschaftsgebiet der Montefeltro aufweist; interpretiert als eine Weltenlandschaft kann sie wie der Erdglobus für die Beherrschung der Welt mittels der Kartographie stehen. In Pieros Bild wäre die Kugel in doppeltem Sinn Basis für Federicos Ruhm: Ort seiner irdischen Taten und der Extension seiner Fama und konkreter Beleg seiner Verdienste um die Wissenschaft. Die selbstgewisse Pose des urbinatischen Herrschers findet sich jedoch nur auf kleinem Format und auf einem „Bildträger", der auf Grund seiner Größe und Machart in die Gattung des Intimbildes zu rechnen ist, das nur ausgewählte Personen zu Gesicht bekamen. 64 Das Diptychon steht in der Tradition der Ehepaarbildnisse, doch statt eines memento mori, wie es gelegentlich auf den Rückseiten zu finden ist, zeigt es die Glorifizierung des Paares. 65 Dem Bild war möglicherweise eine Memorialfunktion zugedacht, als gemeinsames Denkmal des Ehepaares, dem kein Sepulkralmonument gesetzt werden sollte. Der Denkmalcharakter klingt in den fingierten Steinsockeln mit ihren Inschriften an, die wie Podeste der Triumphwagen anmuten. Damit wäre die Wirkung des Bildes auf die Zeit nach Federicos Tod berechnet und vielleicht auch gerade an den Sohn und Erben adressiert gewesen. 66 Die Provenienz der gestalterischen Mittel, auf die Piero della Francesca bei seinen „Trionfi" zurückgreift, ist einerseits in bildlichen Darstellungen zu finden, wie dem Triumph von Borso d'Este in einer illuminierten Handschrift (Abb.37) oder dem Relief des Triumphes Sigismondo Malatestas im Tempio Malatestiano in Rimini. 67 Vergleichbar ist daneben eine 1474 entstandene Miniatur, die den lorbeerbekränzten Federico zu Pferd vor einer weiten Landschaft mit dem von ihm für die Florentiner besiegten Volterra zeigt. 68 Andererseits ist der Be62 Hessler 1992. 63 In den antiken Darstellungen steht die Fama meist so hinter dem Herrscher, daß man ihren Stand nicht sieht. Eine Kugel ist in diesem Kontext nie zu ihren Füßen. 64 Zu diesem Bildnistyp cf. Duelberg 1990, die auch auf Piero della Francescas Gemälde eingeht (pp.75-77) und Lightbown 1992, p.241. 65 Reinle 1984 p.160 erwähnt zwei Brautpaarbildnisse, eines Niederrheinischen (1470) und eines Ulmer (1460/70) Meisters mit memento mori auf der Rückseite. Zahlreiche Beispiele von Einzel- und Ehepaarbildnissen dieser Art bei Duelberg 1990, pp.l53sqq./Tafel 107sq. 66 So auch Duelberg 1990, p.77. 67 Dazu Weisbach 1919, pp.61-63. 68 BAV, Urb.lat.491, lv, cf. Maria Grazia Ciardi Dupre Dal Poggetto: La miniatura alia corte di Urbino durante e dopo Piero. In: Piero e Urbino 1992, pp.320, 324.

Repräsentation

152

zug zur Festkultur erkennbar, wobei Pieros Bildfindung aber deren Konventionen durchbricht. Bei den zeitgenössischen Inszenierungen waren die Realitätsebenen voneinander geschieden, der Herrscher ritt in der Regel oder fuhr wie Alfonso d'Aragona allein auf seinem Triumphwagen, die lebenden Bilder der Allegorien und Personifikationen erschienen auf eigenen Pferden, Wagen oder Traggerüsten. Der Bezug wurde durch die Ansprache sowie die übergreifende Struktur des Prozessionszuges hergestellt. Piero della Francesca hingegen zeigt Herrscher, Tugenden und Ruhmesallegorie auf einem Wagen, als gemalte Menschen alle auf derselben innerbildlichen Realitätsebene. 6 9 Diese F o r m des trionfo, der die Grenzen von Realität und Fiktion überspielt, trat in der Festkultur nicht auf. Waren die Tugenden in Neapel und Reggio dem neuen Herrscher letztlich in einem gewissen Eigeninteresse der Veranstalter anempfohlen worden, so entfällt der appellative Charakter in Pieros Darstellung. Wie bereits in der Inschrift „par(em) summis ducibus perhennis" in der Fiktionalität des von Piero gemalten Denkmalsockels postuliert, zeigte der Triumphwagen von Casteldurante den verstorbenen Fürsten ranggleich mit den großen antiken Feldherren als bereits historisch gewordene Persönlichkeit, dessen Fama den Tod überdauert. Eingedenk des jugendlichen Alters Guidobaidos, der die Rolle eines Herzoges noch nicht voll ausfüllen konnte, ist dem Auftritt der lebenden effigies Federicos die Funktion eines stellvertretenden Bildnisses, das die Kontinuität der Dynastie gewährleistet, zu unterstellen. Den Triumphwagen, den Federico da Montefeltro zu Lebzeiten nur im Medium der Malerei bestiegen hatte, bestieg er nach seinem Tod leibhaftig in eff igte.70

II.

Die Visualisierung politischer Bündnisse

1.

Die Inszenierung des Friedensvertrages mit Venedig in Mailand 1449

In Mailand war es 1447 nach dem Tode Filippo Maria Viscontis, des letzten Vertreters der Visconti-Dynastie, vorübergehend zur Wiederherstellung der „Republik des Heiligen A m brosius" gekommen. Francesco Sforza, Condottiere und Schwiegersohn des Visconti, der z u m mächtigsten Mann der Stadt aufgestiegen war, siegte 1448 für die Republik über die Venezianer. Jedoch nutzte er die darauffolgende Allianz mit Venedig, sich 1450 z u m neuen H e r z o g von Mailand proklamieren zu lassen. Die öffentlichen Feierlichkeiten anlässlich des Bündnisses 1449 stellten sich aber noch ganz unter republikanischem Vorzeichen dar: 69

In der bildenden Kunst findet sich diese Art der Darstellung später in Dürers „Großem Triumphwagen", der im Zusammenhang mit dem „Triumphzug" Maximilians I. entstanden war und 1522 als selbständiger Holzschnitt erschien. (Cf. Der Triumphzug Maximilians I. 1987) An diesem orientiert sich der Triumphwagen Karl V. von Hans Schäufelein. Auch das Fresko am Grabmal Jacopo Marcellos in der Frari Kirche in Venedig scheint den Feldherren auf einem Triumphwagen mit allegorischen Figuren zu zeigen. Cf. Dietrich Erben: Bartolomeo Colleoni. Die künstlerische Repräsentation eines Condottiere im Quattrocento, Sigmaringen 1996, Abb.104 / p.198)

70

Federico selbst hielt mehrfach triumphale Einzüge, - 1472 wurde er in Florenz, als Condottiere in dessen Diensten, nach seinem Sieg über Volterra mit großen Ehren empfangen, und 1474 zog er anläßlich seiner Ernennung zum Herzog in Rom ein, - doch berichten deren Beschreibungen nichts von Triumphwagen oder lebenden Bildern.

Die Visualisierung politischer

Bündnisse

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„Am Rathaus war eine Vorrichtung angebracht, mit Tüchern bedeckt, von der Seile ausgingen, eines zum Tor der Hauptkirche71, das andere zu Santa Tecla72 und das dritte zu einem Tribunal, hoch und mit Stufen aus breiten Holzbohlen an jeder Ecke, das in der Mitte des Platzes errichtet worden war. An diesen Seilen schickte man zuerst einen Engel zur Hauptkirche herab, danach einen zu Santa Tecla: dies getan, trat einer aus der Hauptkirche, der San Ambrogio darstellte, gekleidet in der Art eines Bischofs mit der Peitsche in der Hand, begleitet von welchen, die einige Heilige darstellten, und einigen anderen, die den Prior und die Signori darstellten. Aus Santa Tecla trat einer heraus, der San Marco darstellte, begleitet von welchen, die auch einige Heilige darstellten, und mit der Darstellung des Dogen von Venedig und etlichen Gentiluomini. Und der eine von der einen Ecke und der andere von der anderen bestiegen mit den besagten Begleitern das Tribunal. Und nun wurde der Engel an dem Strick herabgeschickt und sofort umarmten sich zusammen San Ambrogio mit San Marco, die Heiligen mit den Heiligen, der Doge mit dem Prior und die Gentiluomini mit den Signori und danach ging San Ambrogio zu der Hauptkirche und San Marco zu Santa Tecla. Und der Doge und der Prior, die Gentiluomini und die Signori blieben beisammen und gingen gemeinsam zum Rathaus. Dann ließ man die ganze Geistlichkeit dazukommen, was das Ende des Festes war." (Q XLVI) Der Friedensschluß wurde also mit einer visuell konzipierten und für die Öffentlichkeit inszenierten Zeremonie bestätigt. Der O r t des Geschehens war durch die Kirchen und das Rathaus definiert, die herabschwebenden Engel autorisierten als göttliche Boten den Abschluß des Vertrages, der von den beiden Stadtpatronen Ambrosius und Markus in der Geste des Umarmens besiegelt wurde. Die beiden heiliggesprochenen Bischöfe traten als oberste politische Repräsentanten der Stadtrepubliken auf. Ihnen zugeordnet waren die jeweiligen weltlichen Vertreter der beiden Städte, Prior und Signori, Doge und Gentiluomini, wobei dem Text nicht eindeutig zu entnehmen ist, inwieweit es sich bei diesen um die tatsächlichen Amtspersonen oder um Schauspieler handelte. 7 3 Falls es sich um reale politische Vertreter gehandelt hat, wären sie hier mit den Stadtpatronen in einer Vermischung von Darstellern und wirklichen Amtsträgern aufgetreten. 74 Die Stadtpatrone hatten in Italien in den K o m m u nen allerorts eine große Bedeutung und traten auch in anderen Aufführungen als deren offizielle Repräsentanten auf, so bei den Einzügen Borso d'Estes in Modena und Reggio 1453. 7 5 Der Heilige Prosper in Reggio, der auf einem Triumphwagen erschien, war mit der Schlüsselübergabe in das reale Zeremoniell eingebunden und hielt eine Empfangsrede. Die Verbindung zur städtischen Regierung war dort, ähnlich wie in Mailand, darin ausgedrückt, daß

71 72 73

Santa Maria Maggiore, die dem Bau des heutigen Domes weichen mußte. Santa Tecla, die 1548 ebenfalls abgerissen wurde, um für den neuen Dom Platz zu schaffen. Der Kontext, in dem sie mit „einigen, die Heilige darstellten" auftreten, und daß auch auf sie die Formulierung „einige, die ... darstellten" angewandt wird, spricht dafür, daß es Darsteller dieser Personen waren. Doch begaben sich die weltlichen Mitwirkenden anschließend gemeinsam ins Rathaus und trafen mit der Geistlichkeit zusammen, als ob es sich um reale Amtspersonen handelte. Den Transkriptionen zufolge sind im italienischen Originaltext im letzten Satz lediglich die „Signori" und die „Gentiluomini" durch Großschreibung gekennzeichnet, was auf authentische Amtsträger verweisen könnte.

74

Es gibt weitere Fälle, wo lebende Bilder und reale Würdenträger gemeinsam, das heißt nicht durch die Struktur des Aufzuges getrennt, auftraten. In Crema erschien bei der Grundsteinlegung Justitia gemeinsam mit den städtischen Würdenträgern. (Q XI) In Bergamo empfingen 1509 zwei nobili als die Stadtpatrone Vincenzo und Alessandro gekleidet Charles d'Amboise. Bortolo Belotti: Storia di Bergamo e dei Bergamaschi, Bergamo 1959, vol.III, pp.186-188.

75

Repräsentation

154

über dem Rathaus das „Paradies" installiert war, aus dem ein Engel herabstieg. Die Heiligen Patrone verleihen den politischen Zeremonien eine sakrale Dimension und verkörpern eine dauerhafte Autorität, die den wechselnden Amtsträgern der Kommunen mangelt. Stadtallegorien, die ebenso eine repräsentative Funktion im städtischen Kontext übernehmen konnten, gibt es zwar bereits im Mittelalter, in den lebenden Bildern beginnen sie aber erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts eine Rolle zu spielen. 76

2.

Die Publikation der antifranzösischen Liga in Venedig 1495

Am 31. März 1495 Schloß sich Venedig mit Mailand, dem deutschen Kaiser Maximilian, dem Papst und dem spanischen Königshaus zu einer antifranzösischen Liga gegen Charles VIII., der sich im Feldzug gegen Neapel befand, zusammen. 7 7 Die Publikation dieses Bündnisses, die am 12. April stattfand, wurde von einer aufwendigen Zeremonie gerahmt. 78 Nach der Beendigung der feierlichen Messe in San Marco unter Anwesenheit des Dogen und aller staatlichen Würdenträger zogen die scuole mit Kerzen, ihren Reliquien, Kultbildern und soleri mit lebenden Bildern im Chorbereich in die Kirche ein. Dort präsentierten sie sich dem Dogen, verließen dann auf der Seite des Palastes wieder die Kirche und umrundeten die Piazza di San Marco. Dem Zug Schloß sich der Doge mit den Würdenträgern an und an der „Pira dil Bando" (Pietra del Bando) an der Südseite des Domes wurde der Vertrag öffentlich verlesen. 79 Da die Prozession am Palmsonntag stattfand, überschnitt sich der politische Akt mit dem christlichen Festtag, eine Vernetzung, die, bedingt durch die spezifische venezianische Situation, auch den Dogen-Prozessionen wie den andate und der festa della sensa eignete. 80

Die Berichte über die Prozession Über das Ereignis liegen Berichte sowohl von einheimischen wie auswärtigen Beobachtern vor. Der französische Botschafter Philippe de Commynes berichtet in seinen „Memoires" kurz über die Feierlichkeiten: „Bei der Rückkehr der Prozession wurden eine große Anzahl von mysteres und personnages gezeigt, und zuerst Italia, und danach all die Könige und Prinzen und die Könige von Spanien ecc." (Q CXXIV)

Commynes differenziert zwischen mysteres und personnages, wobei nicht klar wird, ob er damit zwischen religiösen Darstellungen und den allegorischen und historischen Figuren, von denen er einige benennt, unterscheidet. 81 76 Zu mittelalterlichen Stadtpersonifikationen cf. Wolters 1983, p.237, n.4. Im 15. / 16. Jh. sind die Stadtpersonifikationen in ihrer Ikonographie letztlich der Antike entlehnt, aber - da ohne die sakrale Dimension - keine Wiederaufnahme der Stadt-Tyche. 77 Zu den Ereignissen cf. Sanudo ed.1883; Segre 1902/1903; Angermeier 1983. 78 Sanudo ed.1883, pp.299sqq. und cf. Burckhardt 1988, p.307. Allgemein zu Fest und Zeremoniell in Venedig cf. Muir 1981; Wolters 1983; Casini 1996. 79 Die Zeremonien bei späteren Bündnispublikationen, zum Beispiel 1511 (Sanudo vol. XIII, coli.130-144), verlaufen ebenso. 80 Cf. Sansovino 1581; Padovan Urban 1968; Casini 1996. Die festa della sensa Ende des 15. Jahrhunderts beschreibt unter anderem der Arnold von Harff, ed.1860. 81

Mysteres w i r d s o w o h l in d e r B e d e u t u n g v o n religiösem T h e a t e r , als a u c h v o n tableaux

vivants

oder im

Die Visualisierung politischer

Bündnisse

155

Manin Sanudo widmete in seiner Abhandlung „De Adventu Caroli Regis Francorum in Italiam adversus Regem Neapolitanum" der Prozession ein eigenes Kapitel, in dem er auch die von den scuole mitgeführten lebenden Bilder beschreibt. 8 2 Die Scuola della Cantä zeigte nebst einigen Engeln mit den Wappen der Verbündeten einen: „von Trägern getragenen Wagen83, auf dem war einer als Prophet David gekleidet und Abigail mit einem wunderschönen Schiff von großem Wert aus Kristall voller Korn davor. Danach kamen auf einem Wagen Italia und Venetia mit anderen Provinzen Italiens ringsherum, und Knaben mit Schildern, die besagten: Ligurien, Feraria etc." (Q CXXV) Die Scuola di San Marco erschien mit der aufwendigsten Darbietung. N a c h einer Reihe von wappentragenden Engeln kam: „ein Wagen von Männern getragen, darauf saß der Herzog von Mailand in Gold gekleidet mit einer Natter zu Füßen mit Zweien dahinter, die wie schwarze Mohren, in maurische Kasacken, gekleidet waren, weil der Beiname des Ludovico „il Moro" ist, und vorn waren auf den Wagen diese Worte geschrieben: Die verbündeten Herrscher werden zum Ziel gelangen. Danach kam eine Justitia mit einem Spiegel in der Hand und einem Löwen davor, und es stand geschrieben: Töricht die Völker, die den Krieg wollen. Danach kamen sitzend der König und die Königin von Spanien, hinter ihnen zwei in kastilianischer Gewandung, mit dem Schwert in der Hand und es war geschrieben: Tag an Tag wirst du dem König reihen. Danach kam Maximilian als Imperator mit dem Adler, nach deutscher Art gekleidet und diesen Worten vor seinem Wagen: Der Name seines Reiches besteht in Ewigkeit. Dann kam der Papst mit der Mitra auf dem Kopf und den Schlüsseln, und sagte: Die Gläubigen hatten nur ein Herz und eine Seele. (...)" (Q CXXV) In einem Brief beschreibt der venezianische Humanist Marcantonio Sabellico die Darbietungen wie folgt: „Danach wurden zwei Gerüste herangetragen, auf dem einen saßen nebeneinander, Noah, den eine Italia hinter ihm „Janus" nannte, und König David auf demselben Thron, letzterer in einen purpurnen, ersterer in einen blauen Mantel gehüllt. Dieser hielt eine Leier, jener die Arche, durch die er vor der Sintflut gerettet wurde; ohne Zweifel als Symbol für die göttlichen und menschlichen Angelegenheiten. Und vor ihnen Abigail, die ein mit Korn, allerlei Getreide und ein mit Köstlichkeiten beladenes vierbeiniges Kamel führte. (...) Die größere Figur auf dem anderen Gerüst war Italia, in jungfräulicher Kleidung, auch das Übrige von bewundernswertem Anblick, strahlend im goldenen Mantel, sich auf ein eisernes Feldzeichen stützend, sowie mit der linken Hand einen Storch haltend, als offensichtlichen Wunsch nach Eintracht. Rechts vor ihr stand ein Bild der Stadt Venedig, auf der linken Seite Liguria, die eine wie die andere golden, mit goldenen Haaren und wunderschönem Mantel. Diese hatte eine Schlange, jene einen geflügelten Löwen auf goldenem Schild. Dicht dahinter auf einem erhöhten Thron drei Jungfrauen, gleich gewandet, die Wappen des römischen Papstes Alexander, des Maximilian und der Könige von Spanien vor sich tragend. (...) Auch die Scuola di San Rocco hatte vieles, was der Erwähnung wert ist, darunter einen Globus, ringsherum mit den Wappen der Verbündeten geschmückt. Aber der Aufzug der Scuola di San Marco war noch viel glänzender, nämlich mit fünf Gerüsten eingerichtet, die die einzelnen Abbilder der verbündeten Fürsten mit ihren Dienern und kunstvoll in Gold ziselierten Wappen trugen." (Q CXXVI)

82 83

Sinne der italienischen rappresentazione gebraucht. Die Bezeichnung „personagias" findet sich bei dem Einzug Johannas in Brüssel für die lebenden Bilder. (Q C X X X I X ) Sanudo ed.1883, pp.299-306. „carro", hier offenbar synonym zu soler, die übliche venezianische Bezeichnung für die Prozessionstraggerüste, verwandt, da der „Wagen" wie diese getragen wird.

156

Repräsentation

Obwohl beide ihren Worten nach aus eigener Anschauung berichten, weichen Sanudo und Sabellico in Details von einander ab. 8 4 Die Unterschiedlichkeit der beiden Texte ist zunächst durch ihre Gattungszugehörigkeit bedingt. Sanudos Abhandlung hat dokumentarischen Charakter, sie vermerkt genau die Anzahl der Teilnehmer und Kerzen und jedes mitgeführte Kultbild, Kruzifix und Reliquiar - hier nicht vollständig zitiert - , ebenso den genauen Wortlaut der Inschriften und Verse. U m all diese Informationen zusammenzustellen, muß sich der Autor auf Dokumente oder Auskünfte gestützt haben. 8 5 In der Hoffnung auf den Posten des Stadthistoriographen hielt Sanudo ab 1496 alle Ereignisse in seinen Diarii fest. Die dem Dogen gewidmete Abhandlung über den Feldzug Charles VIII. ist wohl ebenfalls ein Resultat dieser Ambitionen. Sanudo bediente sich einer dem toskanischen volgare angenäherten Sprache anstelle des venezianischen Dialektes, was den offiziellen Charakter des Schriftstückes betont. 8 6 Sabellico, obwohl seit 1487 offizieller Chronist der Stadt, äußert sich nur in einem Brief über die Prozession. 8 7 E r stellt vor allem Pracht und Aufwand heraus und geht nicht auf alle Darbietungen gleichermaßen ausführlich sein. Nebenbei liefert er Informationen über die scuole und venezianische Bräuche. Sabellicos Schreiben, in der Gelehrtensprache Latein verfasst, trägt keinen rein privaten Charakter. Es ist an einen Barbavaro in Mailand gerichtet, bei dem es sich vermutlich um Carlo Barbavaro (gestorben 1518) handelt, Kanzler Ludovico Sforzas, Humanist und Literat. Auf die literarische Tätigkeit spielt Sabellico in seinen Briefen mehrfach an. 8 8 Bereits zwei Jahre zuvor hatte ihn Sabellico über die Feste zum Empfang Beatrice d'Estes, der Gattin Ludovicos unterrichtet. 8 9 Der Venezianer konnte also mit der Kenntnisnahme seines Briefes am Mailänder Hofe rechnen. 84

Sabellico berichtet, wie aus den abschließenden Worten seines Briefes hervorgeht, als Augenzeuge. Sanudo bemerkt zu einer Darstellung, daß sie „schön anzusehen" gewesen sei, was ebenfalls auf persönliche Anwesenheit schließen läßt. 85 Die Methode der Informationssammlung spiegelt sich im Bericht über die Prozession 1526, wo viele Leerstellen anstatt genauer Angaben auftreten und der Wortlaut der brevi am Ende des Textes anfügt ist. Sanudo ed.1897-1903, vol.XLII, coll.57-73. 86 Cf. Lepschy 1993, p.203. 87 Marcantonio Coccio, genannt Sabellico wurde um 1476 in Vicovaro in Sabina (Orsini) geboren. Er studierte u. a. in Rom bei Pomponio Leto, ging dann nach Aquileia, Udine, was unter venezianischer Herrschaft stand, ab 1484 lebte er in Venedig, wo er an der Scuola di San Marco unterrichtete. Sabellico war 1486 der dritte Bibliotecarius (nach den beiden Barbarigo-Brüdern, die jeweils im Anschluß an dieses Amt zum Dogen gewählt wurden) der seit 1473 öffentlichen Biblioteca Marciana. Im Anschluß wurde er 1487 offizieller Stadtchronist Venedigs und erster Historiograph der Stadt. Er starb 1506. DBI, vol.26, pp.510-515. 88 Zu Carlo Barbavaro cf. Attilo Butti: Vita e scritti di Gaudenzio Merula. In: Archivio storico lombardo vol.XII, anno XXVI, (1899), pp.140-142 und Argelati: Bibl. Script. Med., II, 1729sq. Es besteht auch die Möglichkeit, daß es sich nicht um Carlo, sondern um dessen Bruder Scipione Barbavaro (1442-1505) gehandelt haben könnte, der in verschiedenen Staatsdiensten am Mailänder Hofe stand. Von ihm sind aber keinerlei Schriften bekannt. DBI vol.6, pp.145-146. 89 Einer Bemerkung in diesem Brief zu Folge haben sie sich kurz vor diesem Datum kennengelernt und stehen in einem regelmäßigem Austausch. (Ein früherer Brief Sabellicos an ihn ed.1560, col.369) Sabellicos Briefe sind allerdings reich an konventionellen Floskeln, wie sie in einem rein privatfreundschaftlichem Verhältnis nicht in einer solchen Häufung zu erwarten wären. Eine Formulierung deutet zudem daraufhin, daß er 1493 im offiziellen Auftrag über die Ereignisse und Ehrung Ludovicos berichtete, so daß sein Brief 1495 ebenfalls nicht ganz zufällig sein dürfte. Verwunderlich ist, daß

Die Visualisierung politischer Bündnisse

157

Das Programm Ubereinstimmend sagen die Texte aus, daß in der Prozession lebende Bilder der an der Liga beteiligten Herrscher mitgeführt wurden. Sabellico benutzt dabei die Bezeichnung effigies für die der Fürsten, während er im Bezug auf die Darstellungen der Venetia und der Tugenden von simulacrum spricht. Er unterscheidet offenbar zwischen einem „symbolischen Bild" und einem „Abbild", ohne das Medium des lebenden Bildes eigens zu thematisieren. Der Beschreibung Marino Sanudos zufolge traten die Verbündeten mehrfach, personell oder durch ihre Wappen repräsentiert, immer in der Folge Mailand, Venedig, Imperium, Spanien und Rom auf.90 Falls dies nicht ein textimmanetes Ordnungsprinzip ist, ließe sich auf einen Konsens der scuole hinsichtlich der Gewichtung der Bündnispartner, die sich in einer solchen Reihenfolge ausdrückt, schließen. Interessant ist daneben die Weltkugel, die durch die Wappen unter die Bündnismitglieder aufgeteilt scheint.91 Hinsichtlich der Repräsentationsmodi fällt auf, daß Venedig in unterschiedlicher Weise und mehrfach doppelt dargestellt wird. Die Scuola della Carito, zeigte Venezia an zweiter Stelle und San Marco als letztem in der Reihe der Verbündeten, die Scuola di la Misericordia zeigte unter den Wappen das des Dogen Agostino Barbarigo und direkt folgend das lebende Bild einer Justitia. Die Scuola di San Marco repräsentierte Venedig nur durch die Personifikation der Justitia. Dem Aufzug der Scuola di San Marco, als die dem Stadtpatron geweihte wichtigste Bruderschaft, widmete Sanudo die längste Beschreibung mit Wiedergabe der Verse, die zur Erklärung der Bilder vor der Signoria gesprochen wurden. Diese legen Zeugnis dafür ab, daß die Qualität des literarischen Vortrages weit hinter der visuell erfahrbaren Prachtentfaltung zurückblieb.92 In der Darbietung dieser scuola wurde Ludovico Sforza von zwei „mori negri" begleitet, die auf seinen Beinamen „il Moro" Bezug nehmen. Das Bild eines Schwarzen tritt nicht nur impresenartig zum Beispiel in den „Sforziaden" auf, sondern vielfach auch in der Festkultur.93 Dabei kann man zwischen verschiedenen dunkelhäutigen Rassen nicht präzis differenzieren,

Sabellico jedoch in beiden Briefen den politischen Darstellungen relativ wenig Aufmerksamkeit widmet, sondern eher allgemein die Pracht der Darbietungen zum Lobe Venedigs rühmt. 90

Zur politisch-repräsentativen Funktion der Wappen siehe Brückner 1966, p.100.

91

Nach Sanudo wurde „die Welt ganz aus einer Papierkugel" von der Scuola di San Zuanne gebracht. Der Mantuaner Botschafter (Tichy 1997, p.256 n.D 72) beschreibt sie so: „die Welt in fünf Teile aufgeteilt, was bedeutete, daß sie unter der Regierung dieser Liga steht". (Q X X V I I )

92

„Und man muß wissen, daß man, als alle diese vor der Signoria waren, um zu bezeichnen wer sie waren, diese Verse vortrug. Zuerst Mailand: „Dies ist jener, der das rechte Zepter des glücklichen Staates von Mailand in der Hand hält." Die Signoria von Venedig: „Stark im Krieg und Freundin des Friedens - Venetia die gute Gemeinschaft gefällt dir immer." König und Königin von Spanien: „Dies ist der große König von Spanien und die Königin - den Ungläubigen haben sie großen Schaden zugefügt." Maximilian: „Es lebe der Imperator Kaiser Augustus - Maximilian ist der wahre König der R ö mer." Der Papst: „Das ist der Papst Alexander, der korrigiert - die Irrtümer der Welt mit göttlichem Recht." (Q C X X V )

93

1490 veranstaltete man anläßlich einer Hochzeit in Genua eine rappresentazione, in der Jupiter ankündigt, einen „moro" zur Erde zu senden „de ingegno et prudentia divo, a governare le cose terrestre". Dieser wird dann von vier Engeln aus dem Götterhimmel herabgebracht und von den vier Kardinaltugenden in Empfang genommen. Cf. Ghinzoni 1893, p.967

158

Repräsentation

zumal sich „moro" als Mohr, Maure oder Schwarzer übersetzen läßt. 94 Treten dunkelhäutige Figuren in einem Zusammenhang auf, der einen Bezug zu dem Sforza erkennen läßt, so sind sie also nicht als Negativbilder der „Ungläubigen" oder „Wilden" zu verstehen, sondern in einem panegyrischen Sinne als Verweis auf Ludovico. 9 5 Außer den Bündnispartnern selbst wurden weitere Personen bzw. Allegorien dargestellt. Die Scuola della Carito, zeigte mit David, Sabellico zufolge Noah und dem König David, und Abigail alttestamentliche Gestalten. Abigail, die kluge Frau des geizigen Nabal, zog den Leuten Davids mit reichen Gaben entgegen, um ihn zu versöhnen, als dieser sich in rächender Absicht näherte, nachdem Nabal die gastfreundliche Bewirtung der Soldaten verweigert hatte. Dieser Episode entspricht Abigails Aufzug in der Prozession, die Sabellico zufolge ein mit Korn beladenes Kamel mit sich führte. 96 Es verwundert, daß Sanudo das Kamel nicht erwähnt, sondern eine mit Korn beladene navicella aus kostbarem Kristall. Abigails Handlungsweise prädestiniert sie, einerseits die der Caritas geweihte Schule zu vertreten, andererseits ist sie vielleicht eine Anspielung auf das politische Bündnis und ein Appell an die finanzielle Großzügigkeit der beteiligten Fürsten. In diesen Kontext läßt sich die Figur des David einbinden, nicht so die Noahs. Sabellico liefert die Deutung, David und Noah, als janusköpfige Einheit dargestellt, seien Symbol für die „göttlichen und menschlichen Angelegenheiten", was aber vor allem in Hinblick auf den Anlaß der Prozession dunkel bleibt. Die anschließende Darbietung war eine Allegorie des Bündnisses: Sanudo zufolge stand Venetia gemeinsam mit Italia im Mittelpunkt, umgeben von Knaben, die durch Schilder als italienische „Provinzen" bezeichnet waren. Sabellico hingegen schildert Italia als zentrale Personifikation, die durch einen Storch den „Wunsch nach Eintracht" artikuliert. 97 Ihr sind Venetia und Liguria, letztere durch die Natter als Herrschaftsgebiet Ludovico il Moros gekennzeichnet, und drei Jungfrauen mit den Wappen der übrigen Verbündeten beigesellt. Die Personifikation der Italia, die von beiden Chronisten erwähnt wird, verdient insofern Beachtung, als es Italien im Sinne eines Staatsgebildes zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht gab und entsprechend auch keine bildlichen Darstellungen einer solchen Staats-Personifikation. Italia wurde allerdings bereits von Dante und Petrarca besungen, jeweils in einem Klagegesang auf ihren Zustand. 98 Es wäre zu vermuten, daß in Venedig aus der Krisensituation der französischen Bedrohung heraus ein Nationalbewußtsein bildlich beschworen 94

In Crema findet sich die 1496 die Bezeichnung „Re Indiano negro" (Q IX).

95

In diesem Sinne würde ich den Auftritt in Mailand anläßlich der Hochzeit von Anna Sforza und Alfonso d'Este 1491 deuten, wobei sich beide bei Ortner 1998, p.436 wiedergegebenen Texte auf das Turnier beziehen. Eine Partei des Turniers erschien mit Personen „vestiti al indiana" bzw. „tincti in mori" mit einem Triumphwagen, gezogen von Einhörnern (Verweis auf die Este) auf dem „uno mondo con un moro sopra" zu sehen war.

96

Mit der Präzisierung .vierbeinig' unterscheidet es Sabellico vom strutio camelo,

dem Vogel Strauß,

der 1493 seinen Auftritt hatte (ed.1560, col.376/Tichy 1997, p.57). Exotische Tiere treten immer wieder in Prozessionen und Festen auf: Strauß (Crema 1496); Giraffe (Forli 1481), Bär (Modena 1500) und vielfach Elephanten (cf. p.128 (353)), wobei es sich in den meisten Fällen eindeutig um künstliche Tiere handelte. Ein lebensgroßes künstliches Kamel war auf der Hochzeit 1475 in Pesaro zu sehen gewesen, welches „das Maul öffnete, den Hals bewegte und in die Knie ging, wie es die richtigen Kamele machen". (Ordine delle nozze, ed. de Marinis 1946, p.50). 97

Der Storch tritt als Sinnbild der Eintracht in Venedig auch an anderer Stelle, einer mumaria in der Dekoration einer sala des Dogenpalastes, auf. Cf. Tichy 1997, p.115.

98

Cf. Brose 1993.

1533 und

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w i r d . " Durch die Anordnung der Figuren scheint sich „Italia" allerdings auf die oberitalienischen Gebiete zu beziehen - als ihr zugeordnet erwähnt sind nur Venedig, Mailand und Ferrara. Ikonographisch hat Minerva als Vorbild gedient: die Formulierung 'jungfräulich' trifft ebenso auf die römische Göttin zu wie Kleidung und Feldzeichen. Ihr kriegerischer Charakter wäre der Situation angemessen und zudem war auch die Personifikation R o m s der Minerva ähnlich, die hier als Anspielung auf die antike G r ö ß e Italiens gedient hätte. Eine entsprechende bildliche Darstellung der R o m a schuf Ripanda in den Fresken des Konservatorenpalastes, deren Aufzug mit der besiegten Sicilia den Festumzügen entspricht. 1 0 0 ( A b b . 4 5 ) Bis heute werden Landes- oder Staatsallegorien häufig als kriegerische weibliche Personifikation dargestellt. 101 D a s Programm der Prozession von 1495 präsentiert sich in einer Homogenität, die eine Koordinierung im Sinne der offiziellen politischen Haltung der Stadt wahrscheinlich macht. Die Rolle Mailands war allerdings weniger ehrenvoll, als die Festlichkeiten glauben lassen. 1 0 2 I m Jahr 1480 hatte Ludovico il M o r o für seinen unmündigen Neffen Gian Galeazzo die Regentschaft ü b e r n o m m e n , dessen frühen Tod 1494 man ihm unterstellt herbeigeführt zu haben. I m Jahr darauf wurde er durch Maximilian I., der zwei Jahre zuvor seine Nichte Bianca Maria Sforza geheiratet hatte, mit dem Herzogsamt belehnt. U m den Ansprüchen der Witwe Giangaleazzos Isabella d'Aragona entgegenzuwirken, hatte er 1494 den französischen König Charles V I I I . ermutigt, gegen Neapel zu ziehen; dem Urteil der Zeitgenossen nach war er es, der die Franzosen nach Italien geholt hatte. 1 0 3 N a c h deren Sieg trat er 1495 der antifranzösischen Liga bei. Das Verhältnis von Venedig und Mailand war durch einen Interessenkonflikt, bedingt durch Venedigs Expansion auf der Terraferma, gekennzeichnet. Ludovico war aber innenpolitisch auf Venedigs Unterstützung angewiesen, Venedig seinerseits hatte die unberechenbare Außenpolitik Ludovicos zu fürchten. D a h e r wurde in der Prozession das Bündnis zwischen Venedig und Mailand besonders betont. Mit der Prozession von 1495 begann in Venedig eine neue F o r m der politischen Inszenierung, in der zeitgenössische Persönlichkeiten gemeinsam mit allegorischen und christlichen Personifikationen in F o r m lebender Bilder dargestellt wurden. Diese in der Folge vielfach wiederholte F o r m der Repräsentation fiel zusammen mit dem triumphalen Charakter der Prozession, den Sanudo in seiner Beschreibung besonders betont. O b w o h l es sich um von Männern getragene Gerüste handelte, benutzte er die Bezeichnung carro, mit der er das Bild des carro trionfale

evoziert und nicht wie in seinen späteren Beschreibungen den im Venezia-

nischen üblichen Terminus soler oder lettiera.m

D a m i t entsteht der Eindruck von triumphie-

renden Herrschern, die nur als Gegenbild zu den triumphalen Einzügen Charles V I I I . in die italienischen Städte auf seinem Feldzug im Jahr zuvor verständlich sind. D e n realen Trium-

99 Spätere Auftritte hatte die „Italia" in Mailand 1507 (Q L) und in Rom 1510 (Q CIX) und 1513 (Q CX). 100 Zu Ripandas Fresken cf. Ebert-Schifferer 1988, und Farinella 1992, pp.80-99. 101 Die Ikonographie der Athene-Minerva wurde zudem in vielen Gestalten wie den Tugenden tradiert. Cf. Warner 1989, pp.ll3sq, 130, 154sq. Die photographische Inszenierung einer antikisch gerüsteten „Britannia" (ibid. Abb.25) steht in der Tradition der lebenden Bilder. 102 Zur Politik Ludovico il Moros in dieser Zeit u.a. Angermeier 1983 und Segre 1902/1903. 103 Cf. Soldi Rondinini 1983, pp.31/33. 104 Da dies möglicherweise die erste solche Prozession mit lebenden Bildern war, könnte es die Bezeichnung soleri auch noch nicht gegeben haben.

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phen des Gegners werden die fiktiven Triumphe der Verbündeten entgegengesetzt. Die lebenden effigies verfolgen damit eine doppelte Strategie: sie sind das Medium eines imaginären Triumphes und der Besiegelung des Bündnisses. Bildliche Darstellungen Die Prozession von 1495 ist nicht bildlich dokumentiert, doch wurde der Druck des Vertrages mit einer Illustration versehen, die in Zusammenhang mit den lebenden Bildern zu sehen ist. Sanudo zufolge zeigte das Bild fünf Tugenden: für den Papst stand Fides, für Maximilian I. Justitia, für die Könige von Spanien Fortitudo, für Venedig Prudentia und für den Herzog von Mailand Amicitia.105 (Q CXXV) Die entsprechende Darbietung der Franziskanermönche wurde von den Beobachtern unterschiedlich interpretiert, je nach der Gewichtung der visuellen Zeichen, also der Wappen und der Ikonographie, bei der Identifizierung der Figuren. Sanudo erkannte: „ein soler, auf dem der Herzog von Mailand saß, mit einer Kette in der Hand, mit der die ganze Liga umkettet war; danach kam Veneria mit dem Wappen des Dogen und einem echten Dogenbarett' 06 ; danach der König und die Königin von Spanien; danach der Imperator und der Papst mit den Worten: Fides Apostolica;" (Q C X X V )

Dies scheint zunächst eine weitere Allegorie der Eintracht zu sein, bei der Ludovico il Moro mit dem Umketten der Liga die Führungsrolle in dem Bündnis zugewiesen wird. Sabellico erwähnt nur „einige Bilder107 der Tugenden, mit den Insignien der Verbündeten". (Q CXXVI) Der Brief des Mantuaner Botschafters Antonio Salimbeni schließlich macht deutlich, daß es sich um fünf soleri handelte, und erläutert die Bedeutung der fünf „Tugenden in der Art von Nymphen" ausführlich108: Amicitia hielt an einer goldenen Kette zwei Schilde, darauf San Marco und die Wappen des Herzogs von Mailand, „um zu zeigen, daß zwischen diesen beiden Staaten wahre und perfekte Freundschaft und Einverständnis herrsche, und dies bedeutete den Herzog von Mailand". Prudentia mit dem Spiegel repräsentierte, an den Wappen des Dogen und dem Dogenbarett erkennbar, Venedig, die Fortitudo zeigte auf ihrer Säule die Granatäpfel aus dem Wappen der spanischen Könige, Justitia mit dem Schwert vertrat den Kaiser und Fides schließlich den Papst. (Q XXVII) Wenn auch unklar bleibt, ob die lebenden Bilder eine Umsetzung der Vertragsillustration sind, oder der Künstler sich von der Prozession inspirieren ließ, so zeigt sich hier deutlich die enge Vernetzung der visuellen Argumentationsstrategien. Darüberhinaus existieren bildliche Zeugnisse, die den Beschreibungen der soleri zur Seite gestellt werden können. Die Revers-Bilder zweier zeitgenössischer venezianischer Medaillen präsentieren ihre Sinnbilder auf verwandte Weise. Eine Medaille aus dem Jahr 1494 zeigt den Dogen Agostino Barbarigo vor dem Markuslöwen knieend auf einem podestartigen Unter105 Sanudo ed.1883, p.350. 106 Die „baretta ducale", die Kopfbedeckung des Dogen, meist cornu genannt, ist seit der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts in der charakteristischen Form, die auf die päpstliche Mitra zurückgeht, in Gebrauch. Cf. Schramm 1959, vol.III, pp.859-869; Pertusi 1965, pp.83sq. und Pazzi 1996. Daß tatsächlich ein „echtes" cornu gezeigt wurde, ist insofern denkbar, als jeder Doge mehrere besaß, in einfacher und Prunkausführung und in verschiedenen Farben für verschiedene Anlässe. Cf. Pazzi 1996, pp.9-10. 107 „simulacra". 108 Cf. Tichy 1997, p.256

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satz. 109 Die andere für den Dogen Loredan (1501-1509) geprägt, stellt dessen Krönung zum Dogen durch die auf dem Markuslöwen sitzende Venezia dar.110 (Abb.72) Die Szene findet auf einem Präsentierwagen statt und alludiert damit das Medium der transportablen Allegorie, wie es gerade in dieser Zeit in den Prozessionen auftrat. Aus späterer Zeit sind konkrete Abbildungen von Prozessionen mit soleri überliefert. Zum einen handelt es sich um einen kolorierten Holzschnitt von Jost Amman, entstanden um 1560, der jedoch auf eine ältere Vorlage zurückgeht, möglicherweise auf einen Holzschnitt von Tizian von ca. 1540.111 Darauf überblickt man vom Meer aus gesehen den Platz vor dem Dogenpalast, auf dem sich drei Prozessionsgruppen in nicht nachvollziehbarem Zusammenhang bewegen.112 Während sich der Doge mit seinem Gefolge im Vordergrund dem Bucintoro nähert, sind im Hintergrund zwei Abordnungen mit je einem soler unterwegs. Der soler der Gruppe am rechten Bildrand zeigt eine thronende halbnackte Figur, die einen Pfeil und ein Buch hält, vor ihr kniet ein Mann in zeitgenössischer Kleidung, der die gefalteten Hände zu ihr erhebt. (Abb.74) Ahnlich wie es die Dürerzeichnung (Abb.20) zeigt, wird das Gerüst von Männern mittels seitlich angebrachter Stangen getragen. Auf dem soler der andere Gruppe, die im Begriff ist, zwischen Dogenpalast und San Marco zu verschwinden, lagert auf einem erhöhten überdachten Podest eine Frau mit einem nackten Kind, die von einem Mann in klerikaler Kleidung angebetet wird. (Abb.75) Die Konstruktion des soler ist insofern anders, als die Träger direkt unter diesem gehen, so daß ihre Köpfe darunter verschwinden. Im unmittelbaren Gefolge befinden sich zwei Engel mit sinnbildartigen Gerätschaften, einer Standarte und einer geflügelte Kugel mit einer Figur. Auch wenn die lebenden Bilder nicht zu deuten sind und mit keiner konkreten Beschreibung Sanudos übereinstimmen, so vermitteln sie doch eine Vorstellung der soleri, deren einfaches Grundgerüst für jeden Anlaß mit entsprechend variierten Figuren besetzt werden konnte. Eine Vorstellung vom Prozessionsverlauf vermittelt ein anonymer Stich anläßlich der Liga Venedigs mit dem Papst und dem König von Spanien gegen die Türken 1571.113 (Abb.76) In der Schleife des Zuges der scuole, der sich über den Markus-Platz windet, sind am unteren Rand des Blattes die mitgeführten soleri zu erkennen, wobei die Darstellungen mit den Berichten Sanudos aus früherer Zeit übereinstimmen: eine auf einer Kugel sitzende Figur und ein Schiff gab es zum Beispiel bei der Prozession 1511. (Q CXXXI) Schließlich sei noch eine Darstellung erwähnt, welche das Prinzip der soleri mit dem der auf Schiffen präsentierten lebenden Bilder, wie es vor allem bei Staatsempfängen üblich war, zu verbinden scheint. Die Venedig-Ansicht des Meisters I.C.A. von 1565 zeigt im Wasser vor Venedig schwimmend eine Art Floß, das dem Untergestell eines soler ähnelt.'14 (Abb.73) Darauf thront Venezia mit dem Markuslöwen, umgeben von Heiligen, die den vor ihr knieenden Dogen krönt.

109 Hill 1939, no.401. 110 Hill 1939, no.466. 111 Cf. Wolters 1983, pp.49-51. 112 Abbildung des gesamten Blattes bei Wolters 1983, Abb.29. 113 Zu diesem Ereignis und dem Stich cf. Gombrich 1967. 114 Cf. Wolters 1983, pp.103-104.

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Die bildlichen Darstellungen belegen ebenso wie die Berichte aus dem Cinquecento die Kontinuität der Praxis, in den Prozessionen mittels der solen allegorische, religiöse und politische Argumente zu visualisieren.115 Die Veranstalter Die Ausgestaltung der Prozession wurde von den scuole, den Laienbruderschaften der Stadt getragen, von denen es 1495 fünf scuole grandi und ca. 200 scuole minori gab. Einige der scuole waren aus den „Battuti" der Bettelordenbewegung hervorgegangen, andere sind spätere Gründungen.116 In der Mitte des Quattrocento waren die scuole in der Regel keine Flagellantenbewegungen mehr, sondern für caritative Werke zuständig und so in das städtisch-profane Leben eingebunden. Sie unterstanden nicht der Kirche, sondern der Kontrolle des Rates der Zehn.117 Die größte öffentliche Aktivität der Bruderschaften war die Veranstaltung von bzw. Teilnahme an Prozessionen, bei denen sie ihre Ikonen und Reliquien mitführten.118 Bei der Gestaltung der solen fallen besonders die Markus und Rochus geweihten Bruderschaften auf. Die scuole stellten ein staatlich kontrolliertes Instrumentarium dar, innerhalb dessen sich revolutionäre Bestrebungen kaum entwickeln konnten. Dennoch dokumentieren die vielen Verordnungen, daß die Bruderschaften sich diesen Reglementierungen zu entziehen versuchten. Wolters unterstellt, daß sich die bürgerlichen scuole zunächst mit den lebenden Bildern in den Prozessionen autonom artikulieren. Erst in den „verewigten" Programmen, wie dem der Loggetta, sieht er eine verbindlich städtische Aussage unter der Kontrolle der Patrizier manifestiert.119 Da jedoch bereits 1499 eine Zensur der solen belegt ist, muß man wohl auch in den lebenden Bildern des Quattrocento eine kontrollierte visuelle Propaganda sehen. Durch den Bezug auf die aktuellen politischen Ereignisse war eine Umsetzung in die gemalten StaatsProgramme wohl kaum in jedem Fall wünschenswert. Die Vorläufer Prozessionen anläßlich der Publikation eines politischen Bündnisses hatte es in dieser Form in Venedig vor 1495 nicht gegeben. Ebensowenig bekannt ist ein solcher Brauch für andere Städte, lediglich für Siena ist 1477 bei einem Friedensschluß die Mitführung einer „Pace" auf 115 Zu den Prozessionen des 16. Jahrhunderts cf. Muir 1979, pp.36-50; Wolters 1983, pp.45-55 und Casini 1996, pp.277-346. 116 Die ältesten der scuole grandi sind Santa Maria della Caritä, San Marco und San Giovanni Evangelista. 1308 wurde Santa Maria della Misericordia gegründet, 1478 als Folge der Pest zunächst als scuola piccola die Scuola di San Rocco, die aber ein Jahrzehnt später schon scuola grande wurde. Cf. Wurthman 1989, pp.20-22. 117 So wurde den scuole eine begrenzte Anzahl von Mitgliedern und Vorsitzenden vorgeschrieben und der Rat der Zehn hatte ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Neuzugänge. (Wurthman 1989, p.24-32) Die Stadt wachte über die für die Bedürftigen verwendeten Finanzen für Hospitalgründungen, Armenhäuser, Mitgift etc. (ibid. pp.44-57), die Bruderschaften waren verpflichtet, im Kriegsfall Männer bereitzustellen (ibid. p.61). 118 Keine Bruderschaft durfte solche öffentliche Aktivitäten ohne offizielle Zustimmung unternehmen, die Wegänderung einer bereits stattfindenden oder die Einführung neuer Prozessionen mußten genehmigt werden. Wurthmann 1989, pp.38-43. 119 Cf. Wolters 1983, pp.52-55.

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einem Wagen belegt. 1 2 0 Sanudo berichtet, 1495 sei erstmalig für einen derartigen Anlaß die gleiche Rahmengestaltung wie für Corpus Domini-Prozessionen üblich aufgeboten worden. ( Q C X X V ) Die Prozessionstraggerüste mit lebenden Bildern führt er nicht explizit als N e u e rung ein, benutzt aber auch nicht den später gebräuchlichen terminus soleri.m

D a vor Sanu-

dos 1496 begonnenen „Diarii" wenig über die venezianische Festkultur überliefert ist, läßt sich nicht sagen, ob diese bereits zuvor üblich waren. Wie aber der Bericht des venezianischen Chronisten Martino da Canale u m 1266 zeigt, gab es schon im 13. Jahrhundert eine vergleichbare semidramatische Inszenierung einer Prozession. 1 2 2 D o r t trugen vier Männer auf ihren Schultern einen T h r o n mit einem als Jungfrau gekleideten Priester in reichen goldenen Gewändern. Die Jungfrau wurde vor den Dogen getragen, grüßte ihn, und dieser erwiderte den G r u ß , ebenso geschah es mit dem in gleicher Weise erscheinenden Engel. ( Q C X V I I I ) Im Jahr 1328 wurde per Gesetz festgelegt: „ Q u o d Maria et Angulus in Festa Marci de Scolis pro reverentia gloriosae et festi non debeant se levare de suo sedere, quanto sunt in cospectu d. D u c i s " . 1 2 3 Befürchtete man, daß die himmlischen Gestalten an Würde verlieren könnten, indem sie dem D o g e n soviel Ehrerbietung zeigten? Die Vermischung religiöser und politischer Elemente im Zeremoniell des Festes waren offenbar nicht ohne Brisanz. I m Q u a t t r o c e n t o bildet sich mit der mumaria

eine Aufführungsform heraus, die verschiedene

Elemente wie Tanz, Gesang, lebende Bilder, pantomimische und gesprochene Aufführung zur Darstellung meist mythologischer und allegorischer Sujets verband. 1 2 4 Ein frühes Beispiel dafür ist das bereits angesprochene Fest, das 1459 dem Mailänder Thronfolger Galeazzo M a ria Sforza und seinem Bruder Filippo Maria bei ihrem Besuch in Venedig geboten wurde, bei dem unter anderem Diana mit „ala morescha" tanzenden N y m p h e n auftrat. 1 2 5 ( Q C X X ) Für die Gestaltung der mumark.

waren Compagnie

della

Calza,

von jungen Patriziern ge-

bildete Festbruderschaften, zuständig. 1 2 6 Sie übernahmen die Organisation und Ausgestal-

120 „Und am 8., der Tag als man die Lega beschloß, machte man eine Prozession durch die Stadt, es gab einen Wagen, darauf war einer gekleidet wie eine Frau in Ähnlichkeit zu einer Pace, und unter ihr war ein Panzer und andere Waffen, und als er bei Pantaneto war, zerbrach ein Rad des Wagens, und es brach sogar zweimal, und dies wurde als schlechtes Vorzeichen angesehen." (Q CXV). 121 Zu den soleri cf. Muir 1979, pp.36-50 und Vicentini 1990. 122 Nach d'Ancona 1891, vol.I, p.92, n.3 handelt es sich um das Fest zu Ehren des Stadtpatrons San Marco. Die Beschreibung scheint sich jedoch auf das Fest der Marien beziehen, das Martino da Canale ebenfalls in diesem Abschnitt (CCXLII) bespricht. Martino da Canale, ed.1845, pp.567sq. Zu dem Marien-Fest cf. Muir 1981, pp.135-156. 123 d'Ancona 1891, vol.I, p.93, n.3. 124 Diesen Aspekt der venezianischen Festkultur untersucht ausführlich Tichy 1997. Erstmalig dokumentiert ist ein solches Schauspiel 1441 oder 1442 anläßlich der Hochzeit Foscari-Cotarini: „e fu danze assai, & fonno assai mumij di dei e ninfe, che longa cosa saria a dirvi". (Muraro 1981, p.329; Venturi 1909, p.218; Tichy 1997, pp.191-192) Die Bezeichnung „momarie" benutzt auch Eleonora d'Aragona in ihrem Brief 1493. (Q CXXII). 125 Zu den Umständen und dem Programm cf. Tichy 1997, pp.153-157 126 Die ersten compagnie entstanden wohl zu Beginn des Quattrocento (Tichy 1997, p.172), die meisten Gründungen fallen in das letzte Viertel des 15. und erste Viertel des 16. Jahrhunderts. Sansovino ed.1581, pp.l51sq. berichtet von compagnie, die er aus eigener Anschauung kennt.

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tung von Festlichkeiten sowohl im privaten wie staatlichem Auftrag. 1 2 7 Die Aufführungen von mumarie fanden dabei bei privaten Hochzeitsfesten, z u m Karneval, bei Staatsempfängen je nach Bedarf auf Schiffen oder Wagen 1 2 8 , in der Öffentlichkeit oder in Festräumen statt. I m Jahr 1493 gab der Besuch von Beatrice d'Este, der Gemahlin Ludovico il M o r o s , Anlaß zu aufwendigen Festlichkeiten. 1 2 9 Man empfing den Staatsgast mit einer Schiffsprozession, die, wie schon jene anläßlich des Empfanges Kaiser Friedrichs III. im Jahr 1452, für semidramatische Darbietungen genutzt wurde. D e r Anlaß des Besuches, die Allianz zwischen Mailand, Venedig und dem Papst, wurde dabei zwar thematisiert, die lebenden Bilder dienten jedoch nicht wie die Prozession zwei Jahre später der offiziellen Publikation des Bündnisses. N e b e n diesem Empfang als dem öffentlichen Teil der Feste fand drei Tage später ein von der Compagnia

dei Potenti im Dogenpalast veranstaltetes Fest statt, bei dem unter anderem die

Geschichte des Melager aufgeführt wurde. 1 3 0 U b e r die Ereignisse berichten Briefe Eleonora d'Aragonas, der Mutter Beatrices, Briefe Beatrice d'Estes an ihren Gatten, und ein Brief von Sabellico an den Mailänder Barbavaro. 1 3 1 Sabellico hebt in seiner Beschreibung der Festlichkeiten hauptsächlich Pracht und Prunk der venezianischen Staatszeremonie hervor und vergleicht die Schiffsprozession mit einem antiken Triumphzug. E r erwähnt Kinder, die als Engel gekleidet, unsichtbar gehalten in der Luft schweben, und Jugendliche, die als Tritonen und N y m p h e n in Positur standen, wobei er überhaupt nicht auf den Inhalt der Darstellungen eingeht. ( Q C X X I I I ) Mit seinem Brief scheint er hauptsächlich seinen Mailänder Bekannten in Erstaunen über die Prachtentfaltung in Venedig versetzen, nicht aber eine konkrete politische Botschaft übermitteln zu wollen. D a ß es eine solche gegeben hat, ist den Briefen von Beatrice d'Este ( Q C X X I ) und Eleonora d'Aragona ( Q C X X I I ) zu entnehmen, die in weniger literarischer, dafür aber konkreter Weise die Darbietungen wiedergeben. Die festlich geschmückten Schiffe waren von den städtischen Institutionen ausgerichtet worden. Auf einem Schiff fand ein kurzes Schauspiel in thematischer Anlehnung an O v i d Metamorphosen statt. 1 3 2 Beatrice und Eleonora beschreiben übereinstimmend, daß auf einer Seite des Schiffes Neptun und Minerva thronten, auf der anderen ein Felsen mit den Wappen des Papstes, des Dogen und des Herzogs von Mailand zu sehen war. D a n n umkreisten Neptun und Minerva den Felsen, aus dem bei Neptun ein Pferd, bei Minerva ein Olivenbaum entsprang. Die neue Stadt soll „zum Zeichen des Friedens" den N a m e n Athenes tragen. Beatrice deutet die Darbietung als eine Aufforderung zur Eintracht zwischen den Bündnispartnern. Die Figur Neptuns kann man darüberhinaus als Vertreter Venedigs lesen, während Minerva-

127 Cf. Tichy 1997, pp.139-143/171-189. 128 Die Wagen konnten dabei, wie die der „Compagnia dei Modesti" zum Karneval 1490, größere Ausmaße annehmen: „Bisognerä butano zoso alcune porte per tuore fare fora Ii suoi carri triumfalli, una farano remurare poi subito le porte come stavano prima." Venturi 1909, p.147. Weitere solche Berichte bei Tichy 1997, pp.217-221. 129 Cf. Tichy 1997, pp.45-62. 130 Zur Compagnia dei potenti cf. Venturi 1909, p.148. Über die Aufführung des „Melager" berichten Beatrice (Molmenti 1928, p.498), Eleonora d'Aragona (Q CXXII) und Sabellico (Q CXXIII). Zur Deutung cf. Tichy 1997, pp.59-61. 131 Weitere Berichte (eines schlesischen Jerusalempilgers und des Mantuaner Botschafters Bartolomeo Prospero) bei Tichy 1997, pp.47-49. 132 Cf. Tichy 1997, p.50.

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Athene auf den mythischen Ursprung Mailands verweist. 133 Gerade in den neunziger Jahren war durch die Auffindung und Publikation griechischer Werke in Mailand die Selbstdarstellung als „nuova Athene" besonders populär. 134 Mailand wird auf diese Weise ein besonderer Verdienst um den Frieden zugesprochen. Ein weiteres Schiff wurde von den Mailänder Kaufleuten ausgestattet, die ihrem Landesherren in Form einer Allegorie huldigen, die nicht ihn selbst, sondern sein von den Kardinaltugenden umgebenes Wappenbild, den Mohren, ins Zentrum rückt. (Q C X X I ) Das lebende Bild des Mohren, der den nicht anwesenden Ludovico il Moro vertrat, ist als Vorläufer der lebenden effigies in der Prozession 1495 zu betrachten. Die Repräsentation durch das Wappenbild wiederholte sich bei dem Fest im Palast, bei der Beatrice zufolge ein Triumphwagen erschien: „auf welchem eine Justitia mit einem Schwert in der Hand war; in der Mitte dieses Schwertes war ein Vers, der besagte „Eintracht" und war umgeben von Palme und Olivenzweig. Oben auf demselben Wagen stand ein Stier mit erhobenen Beinen zwischen San Marco und einer Natter. An einem aus Grünpflanzen gemachten Bogen war an der Spitze ein Mohrenkopf, gerahmt von Palme und Olivenzweig, der über Stier, San Marco und Natter aufragte. Das bedeutete die Liga, wie sich Euer Hochwohlgeboren vorstellen können und wie in jeder Rede machten der Fürst und die Edelherren Eure Hochwohlgeboren zum Verursacher des Friedens und der Ruhe in Italien; das haben sie in dieser Vorführung ausgedrückt, indem sie den Kopf in dem Bogen über die anderen setzten." (Q C X X I )

Darauf folgte ein Tanz, bei dem Justitia in der Mitte stehenblieb, während die Tänzer sie mit Kugeln umkreisten, aus denen explosionsartig die Wappenbilder der Verbündeten zum Vorschein kamen. 135 San Marco ist nicht der Heilige selbst, sondern der Markuslöwe wie aus Sabellicos Brief hervorgeht. (Q C X X I I I ) Die Mitglieder der Liga sind also durch die ihren Wappen entsprechenden Tierallegorien dargestellt. 136 Aus Beatrices Worten läßt sich entnehmen, daß sie die Darbietung auf Grund ihres visuellen Eindrucks als politische Proklamation der venezianischen Regierung auffaßt. Doch ist die Ehrung Ludovico il Moros als „Verursacher des Friedens und der Ruhe in Italien" nicht so eindeutig, wie sie ihr erscheint. In der Justitia mit dem Eintrachtsschwert verbirgt sich der Hinweis auf Justitia-Venetia, die sich damit selbst als Friedensstifterin vorführt. Da sich die Stadt schon durch den Markuslöwen repräsentiert, ist die Konnotation der Justitia nur dem mit der venezianischen Staatsikonographie vertrauten Zuschauer augenfällig. Eleonora d'Aragona und Beatrice d'Este waren aber in jedem Fall von den Festlichkeiten gebührend beeindruckt, und wie Sabellico zieht Eleonora bezüglich der Schiffsprozession den Vergleich zum römischen Triumph: „Viele sagten, daß man seit den Imperatoren bis heute nicht ein solch schönes und würdiges Gepränge in diesem Land veranstaltet habe und wirklich war es eine wunderbare und ergötzliche Sache." (Q C X X I I )

133 Cf. zur Deutung dieser Darbietung auch Tichy 1997, p p . 5 0 - 5 2 . 134 Cf. Garin 1983, p.27. 135 Sabellico gibt eine etwas abweichende Beschreibung der morescha.

Ihm zufolge trugen die Sinnbilder

Stier, Löwe und Mohr die Aufschriften Glaube, Frieden und Eintracht, die Justitia erwähnt er nicht. 136 Das Wappen konnte in verschiedener Hinsicht, im Totenkult ebenso wie in Schmähbriefen, die Repräsentation seines Inhabers übernehmen. Cf. Brückner 1966, pp.100-102; 219-221; Reinle 1984, p.319. In der Position des Triumphators erscheint das der Doria in Genua am Palazzo dieser Familie, (cf. Weisbach 1919, p.75).

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Repräsentation

In Venedig hatte im Gegensatz zu anderen Städten Italiens die Wiederbelebung des antiken Triumphes im Quattrocento zunächst keine so große Rolle gespielt. 137 Unter den BarbarigoDogen änderte sich dies, mit der Scala dei Giganti entstand eine antikische Würdeformel für das Dogenzeremoniell. Sabellicos Beschreibung zeugt davon, daß nicht nur triumphales Gepränge in die Festlichkeiten eindrang, sondern man auch besonders die antiken Elemente sehen wollte. Bei der Publikation der Liga 1495 konkretisierte sich dies insofern, als die Herrscher nicht mehr nur in Form ihrer Wappenbilder dargestellt, sondern in der Prozession mit ihrem Gefolge wie Triumphierende mitgeführt wurden. Einer der zeitgenössischen römischen trionfi könnte den Venezianern dabei als Anregung gedient haben: Die „Festa di Granada" des Jahres 1492 in Rom, wo man das spanische Königspaar als lebendes Bild auf einem Triumphwagen durch die Stadt geführt hatte. (Q XCVII) Wie bei der Darstellung der Verbündeten handelte es sich in R o m um die Würdigung Abwesender, die durch lebende Bilder vertreten wurden.

3.

Lebende Bilder als Medium der Selbstdarstellung Venedigs

Die von den scuole getragene Inszenierung von lebenden Bildern auf den soleri wurde zum festen Bestandteil der Prozessionen anläßlich politischer Ereignisse. 138 Die Aktivitäten der compagnie bewegten sich eher im Bereich der privaten Feste, wenn auch einige Aufführungen von „Wassertrionfi" und mumarie mit politischen Argumenten bei späteren Staatsempfängen dokumentiert sind. 139 So hat es den Anschein, als ob die Gelegenheiten und Ortlichkeiten des öffentlichen Auftritts zwischen den scuole und den compagnie aufgeteilt worden wären, wobei die dargestellten Themen und deren Ikonographie durchaus ineinandergriffen. Die Bedeutung, die den lebenden Bildern beigemessen wurde, läßt sich daran ablesen, daß die Ausgestaltung der soleri einer staatlichen Oberaufsicht unterlag, wie mehrfach durch Sanudo belegt ist. 140 So fand 1499 anläßlich der Zeremonien zur Bekanntmachung des Vertrages von Blois zwischen dem französischen König Louis XII. und Venedig zwar eine Prozession statt, jedoch ohne die allegorischen Bilder der scuole grandi: „weil durch den Rat der Zehn angeordnet wurde, daß die scuole keine soleri etc. machen sollten. Dennoch machten die Minoritenbrüder drei soleri, den Heiligen Dionysos, der Patron von Frankreich ist; San Marco und die Justitia mit einem Schriftzug, der Venetia besagte." (Q CXXVIII)

Sanudo gibt keine Begründung für dieses vom Rat der Zehn ausgesprochene Verbot. Es mag seine Ursache darin gehabt haben, daß das Bündnis mit den Franzosen nicht zu sehr in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses rücken sollte, da Venedig noch vor kurzem Teil der

137 Cf. Marx 1980. In Abgrenzung zu R o m konstruierte sich Venedig einen Gründungsmythos, der ihm trojanische Wurzeln verlieh. Das Dogenzeremoniell war dem byzantinischen Hofzeremoniell verpflichtet. Cf. Fasoli 1974. 138 Im folgenden werden im wesentlichen die Prozessionen 1511, 1513 und 1526 angesprochen. Zu den politischen Verhältnissen Cf. Gilbert 1994. 139 Z u m Beispiel anläßlich des Empfangs der Anne de Foix 1502 (Tichy 1997, pp.68-93). 140 Z u m Rat der Zehn und ihrer Funktion cf. Wurthman 1989. Sanudo erwähnt die Oberaufsicht über die scuole in seiner „Cronachetta", in der er alle venezianischen Amter und Institutionen beschreibt. Sanudo ed.1880, pp.98-100.

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antifranzösischen Liga gewesen war. Vielleicht war auch zu befürchten, daß nicht alle diesen Vertrag begrüßten und die scuole dies artikulieren könnten.141 Die politische Lage entwickelte sich in den Jahren 1508/1509 mit der Liga von Cambrai, der Exkommunikation durch Julius II. und der Niederlage von Agnadello zu Ungunsten der Venezianer. Nach zähen Verhandlungen besonders mit dem Papst kam es 1511 zu einem neuerlichen antifranzösischen Bündnis.142 Die Publikation der „Heiligen Liga" stand im Aufwand den Festen von 1495 nicht nach, in der Anzahl der soleri übertraf sie diese.143 Die lebenden Bilder der Verbündeten wurden dabei von mehreren Bruderschaften gezeigt, wobei der Papst und Venetia besonders hervorgehoben wurden. Die Prozessionsbeschreibung schließt Sanudo mit dem Publikationsakt, der von dem Sekretär Gasparo di la Vedova verlesen wurde.144 Dieser war offenbar auch für die inhaltliche Gestaltung der solen zuständig, denn anläßlich des Vertrages von Blois im Jahr 1513, in dem Venedig wieder mit dem französischen König paktierte, schreibt Sanudo: „Und man muß wissen, daß durch den Rat der Zehn angeordnet wurde, daß weder scuola noch Brüder irgendeinen soler tragen sollten, noch lettiere145 machen, um sie in der besagten Prozession mitzuführen, wenn sie nicht vorher von dem Sekretär Gasparo di la Vedova gesehen worden wären, damit sie nicht irgendwelche lettiere machten, die im Widerspruch zu irgendeinem König oder Herrscher der Welt ständen, und so sah besagter Gasparo das Ganze und er war einverstanden, daß man es trüge." (Q C X X X I I )

Im Vergleich zur Publikation der Heiligen Liga 1511 wurden dann relativ wenige solen gezeigt. Darunter waren wie üblich Darstellungen der Bündnispartner, diesmal also lebende Bilder der Venetia und des französischen Königs. (Q C X X X I ) Die Kontrolle begründet Sanudo nicht mit innenpolitischen Argumenten, sondern mit dem Eindruck, den die lebenden Bilder bei den dargestellten Herrschern hervorrufen sollten, woraus zu schließen ist, daß die städtische Führungsschicht die solen als Medium der Diplomatie begriff. Die Repräsentation der Republik selbst figuriert sich in ikonographischen Codes, die zum Teil auf mittelalterlicher Tradition basieren, zum Teil aber in den Prozessionen eingeführt wurden und erst später oder in manchen Fällen auch gar nicht in die offizielle Propaganda der Bilder- und Skulpturenprogramme der Stadt Eingang fanden. San Marco und sein Attribut der Löwe sind im Quattrocento das meist benutzte Symbol Venedigs.146 Wie es auch in anderen Städten zu beobachten war, repräsentiert der Stadtpatron die Kommune, als lebendes Bild sowohl bei den innerstädtischen Prozessionen wie auch au-

141 In einer Prozession 1530 unter ebendiesem Vorzeichen bemängelte Sanudo, daß die Scuola della Carito, die Wappen der Verbündeten anstelle jener des französischen Königs gezeigt hatte. Sanudo ed.1897-1903, vol.LIII, col.312, cf. Muir 1981, p.201. 142 Cf. u . a . Gilbert 1994. 143 Sanudo ed.1897-1903, vol.XIII, coll.130-144 berichtet ausführlich darüber, Ausschnitte davon in (Q C X X X I ) . 144 „sicome per Gasparo di la Vedoa secretario ducal Ii era dito" (Sanudo ed.1897-1903, vol.XIII, col.141). Salimbeni (ASMa, Gonzaga, da Venezia, Busta 1435, Salimbeni, 12. 4. 1495, fol.3) erwähnt in seinem Bericht „et ms. Gaspare de la vedoa secretario de la p.ta Ill.ma s.ria se gli approximo, et gli fece proferire de verbo ad verbum et alta voce il tenore dil proclama (. . .)". Auch 1513 verliest er den Vertrag (Sanudo vol.XVI, col.289). 145 Das Wort leitet sich von lettiera: Bettgestell ab und wird bei den Prozessionen im Sinne von Traggerüst gebraucht. 146 Zu Markus und Markuslöwe cf. Wolters 1983, p p . 2 3 1 - 2 3 5 .

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Repräsentation

ßerhalb, so in Mailand 1449 (Q XLVI) und in einer Prozession 1509, wo sein lebendes Bild mit drei Tugenden auf einem Triumphwagen gefahren kam. 147 Weitaus öfter, als sich von den überlieferten Zeugnissen der bildenden Künste erwarten ließe, erscheint in den Prozessionen eine Personifikation als Repräsentantin Venedigs.148 Zum einen handelt es sich um „Venetia", wobei Sanudo keine Angaben zu ihrer Ikonographie macht. 149 Daneben tritt sie als Venetia-Justitia in einer doppelcodierten Ikonographie in Erscheinung. 1495 erschien in der Abfolge der Verbündeten an der Stelle Venedigs Justitia mit dem Spiegel der Prudentia und dem Löwen des Stadtpatrons. (Q CXXV) Anläßlich der Liga des Jahres 1499 war Justitia als „Venetia" beschriftet. (Q CXXVIII) Die Verbindung von Venetia und Justitia hat ihre Wurzeln in der mittelalterlichen Tradition, der die Gerechtigkeit als wichtigste kommunale Tugend galt. Die Porta della Carta, die Markus-Kirche und Dogenpalast und damit weltliche und geistliche Gewalt augenfällig verbindet, ist von einer Figur der Justitia bekrönt. 150 In späteren Bildprogrammen erfüllt Justitia konkret die Funktion der Stadtpersonifikation, wie Francesco Sansovino in seinem Kommentar zur Loggetta im Jahr 1581 formulierte: „la nostra cittä, che volendosi figurare, figura una santissima Giustizia". 151 Schon bei den lebenden Bilder zu Beginn des Cinquecento läßt sich vermuten, daß sich in Justitia meist eine Selbstdarstellung Venedigs verbirgt. Dies könnte der Fall gewesen sein bei ihrem Auftritt in dem zum venezianischen Machtbereich gehörenden Crema, wo sie dem Podestä bei der Grundsteinlegung zum neuen Rathaus assistierte.152 (Q XI) In der Publikationsprozession 1511 in Venedig erschien Justitia mehrfach: Eindeutig als Repräsentantin Venedigs wurde sie auf einem soler der Scuola di San Marco mit den anderen Verbündeten gezeigt. Die Scuola di San Rocco führte mit sich eine Justitia zu Fuß und dann unter den Bündnispartnern einen soler mit San Marco und Venetia und einen soler, auf dem „die Welt in Form einer runden Kugel und eine Frau als Justitia verkleidet, was wunderschön anzusehen war" (Q CXXXI). Hatten sich 1495 noch die Bündnispartner die Welt geteilt, so thront nun die durchaus als Venedig zu deutende Justitia allein auf dem Globus.

147 „Li era preparato un caro triumphal, con le 3 virtü e letere et San Marchi, con moti di sopra". Sanudo ed.1897-1903, vol.IX, col.500. Ibid. berichtet Sanudo vom „bildmagischen" Umgang mit seiner Statue in Bergamo, der ebenfalls mit seiner repräsentativen Funktion zusammenhängt: „E a Bergamo quelli e mal contenti, bramano la Signoria. Ε francesi cavono zoso un San Marco di piera et tirolo con una corda, e bergameschi diceva: Lasse tirar el nostro patron. (...) Ε quel San Marco fo conduto a Milan e caze 3 volte dil caro, sempre in pie', che fo gran augurio". 148 Zu den Varianten der Venetia-Personifikation cf. Rosand 1984 und Wolters 1983, pp.236-246. Wolters p.54 zufolge treten Venetia-Allegorien erst ab 1550 in den Bildern des Dogenpalastes auf. 149 (Q CXXXI - CXXXII) 150 Zur Porta della Carta cf. Wolters 1983, pp.17-18, 89. 151 Cf. Rosand 1984, p.179. 152 In einer feierlichen Prozession wurde auf einer brokatbedeckten Trage der geweihte marmorne Stein zur Baustelle getragen, gefolgt von einer Justitia unter einem Baldachin. Diese spricht einige Verse, unterbrochen von der Verlesung der öffentlichen Publikation, im Anschluß daran vollziehen vier Priester und der Podestä die eigentliche Grundsteinlegung. (Pietro Terni ed. 1964, p.320-321) Die Personifikation ist damit in die Zeremonie eingebunden, als ob auch sie zu den Würdenträgern gehören würde. Als Garantin der Gerechtigkeit übernimmt sie ähnliche Funktion wie in anderen Fällen der Stadtpatron.

Die Visualisierung politischer Bündnisse

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Eine weitere Synthese ist die Justitia-Venetia-Maria, wie sie im Gemälde Jacobello del Fiores von 1421 auftritt. 153 Auf dem salomonischen Löwenthron der Maria, der zugleich das Attribut des Stadtpatrons evoziert, sitzt eine weibliche Gestalt, die durch Schwert und Wage als Justitia ausgewiesen ist. Die flankierenden Engel, besonders Gabriel zu ihrer Rechten, der die Hand zum Verkündigungsgestus erhoben hat, betonen den mariologischen Aspekt der Allegorie. 154 Mariologische Bezüge lassen sich in einem soler der Prozession 1511 erkennen, den eine der scuole minori trug: „ein soler mit einem sitzenden Christus und vor ihm war eine Frau in Form der Venetia und der Christus hatte ein breve das in Richtung der Venetia besagte „dein Glaube wird dich

retten"

(Q C X X X I )

Im Jahr 1513 zeigte die Scuola di la Misericordia eine „Venezia, die auf Knien lag und gekrönt wurde", wobei Sanudo nicht angibt, durch wen dies geschah. (Q C X X X I I ) Soweit sich dies beurteilen läßt, kann man in beiden Fällen die Nähe zur Ikonographie der Marienkrönung konstatieren. Obwohl die Verehrung der Jungfrau Maria in Venedig eine große Rolle spielte, die sich unter anderem in den zahlreichen Darstellungen von Schutzmantelmadonnen im Zusammenhang mit den Bruderschaften spiegelt, trat Maria selbst nicht als lebendes Bild auf. 155 Mit der Allusion auf die Marienkrönung 1511 wird jedoch ein Motiv aufgenommen, das in Venedig allergrößte Verbreitung hatte und unter anderem auch die Stirnwand der sala del consiglio grande zierte. 156 Maria scheint in den ephemeren Prozessionsdarstellungen durch die Präsenz der Venezia-Justitia quasi „ersetzt" zu sein. Bezüglich der bildenden Künste ergibt sich die These, daß das Thema der Marienkrönung in Venedig zum Staatsbild wurde, weil Maria parallel als Allegorie der Venetia gelesen werden konnte. 1 5 7 Während in Venedig die Verwendung lebender Bilder in religiösen Prozessionen wie anläßlich Corpus Domini nur spärlich belegt ist, kamen in den Publikations-Prozessionen häufig Heilige bzw. religiöse Sujets zur Darstellung. 158 Meist tragen diese Figuren aber eine politische Funktion, wie die Patrone, die Staaten oder Städte vertreten, oder die Schutzheiligen der Bruderschaften mit denen sich diese repräsentierten. Vereinzelt sind Christus-Darstellungen belegt: 1511 erschien er zusammen mit Venezia (Q C X X X I ) , 1513 trug die Scuola della Mise-

153 Cf. Sinding-Larsen 1974, p.40; Wolters 1983, p p . 2 3 8 - 2 3 9 . Das Bild befindet sich in der Accademia in Venedig. 154 Cf. Sinding-Larsen 1974, p.56; darüberhinaus Muir 1979, p.23 und zu den mariologischen Bezügen der Venetia auch Limpricht in Naredi-Rainer 1994, p p . 2 5 1 - 2 5 4 . 155 1526 vermerkt Sanudo einen soler der Karmeliter, auf dem die Verbündeten einem Bild (ymagine) der Schutzmantelmadonna ihre Reverenz erweisen, direkt anschließend einen weiteren soler mit einer wunderschön geschmückten Madonna, so daß nicht ganz klar wird, ob diese wie die vorhergehende eine Ikone ist oder ein lebendes Bild. (Q C X X X I V ) 156 Cf. Wolters 1983 und Pittura del Veneto 1989, vol.I, p.304. 157 Die zahlreichen Altarbilder mit Darstellungen der Marienkrönung des Quattrocento zeigen meist einen auffällig theatralischen Aufbau. Cf. Pittura del Veneto 1989, vol.I: Michele Giambonos (p.58) Kopie 1447/48 nach einem Bild von Antonio Vivarini und Giovanni d'Alemagna (p.75, Abb.93), eine weitere Marienkrönung p.117, Abb.150, auch 206, 209, 304. 158 Sanudo berichtet wenig über andere Prozessionen, in denen es wohl auch keine thematischen Innovationen gegeben hat. Im Jahr 1515 führte die Scuola di San Rocco bei dem Fest der Madonna neben Moses und Aaron eine Holzstatue ihres Heiligen in Begleitung eines als Engel gekleideten Knaben, der auf die Wunde wies, mit. (Sanudo ed.1897-1903, vol.XXI, coll.46-47). Letzteren hatte die scuola bereits bei der Publikation der Liga 1511 gezeigt. (Q C X X X I )

Repräsentation

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ricordia ein soler mit Christus flankiert von den Heiligen Dionysius und Markus, dem vor ihm knieenden französischen König ein Kreuz mit den Worten „in hoc signo vinces" weisend. (Q CXXXII) Doch fungierte Christus hier wohl ebenfalls ähnlich wie die Stadtpatrone als eine Art politische Instanz, ein himmlischer Garant der irdischen Bündnisse. Der sakrale Charakter der Publikations-Prozessionen wurde weniger über den Inhalt der lebenden Bilder vermittelt, als durch die zahllosen Reliquien, Kreuze, Kruzifixe und Kultbilder, die von den scuole mitgeführt wurden. Die Zurschaustellung von materiellem Besitz, ob in der Form von Kultgeräten, Kirchensilber oder Kuriositäten wie exotischen Tieren - 1511 zum Beispiel „zwei große Becken mit zwei Krokodilen darinnen" - war ebenso Teil der Prozessionen. Neben dieser Synthese von Bedeutungsträgern der profanen und sakralen Sphäre ist eine Vernetzung der Realitätsebenen zu konstatieren. Die Auflösung der Grenzen zwischen Kunst und Leben fand nicht nur in der Hinsicht statt, daß lebende Menschen die Funktion von Bildwerken übernahmen, sondern ebenso in der „Verlebendigung" von Statuen. Zu den Feierlichkeiten wurden die Marmorfiguren der Apostel über dem Chor mit seidenen Kasein bekleidet und traten durch diesen ephemeren Schmuck den anwesenden Klerikern näher.159 Im Wechselspiel waren so die Kleriker den Aposteln gleichgestellt, die leibhaftige Anwesenheit der Apostel durch die vertrauten liturgischen Gewänder suggeriert. Die Prozession mit den lebenden Bildern zog in der Kirche an den priesterlich bekleideten Aposteln vorbei. Auch im Zug selbst überlagerten sich die Realitätsebenen, so kamen in der Prozession 1511: „einer z u Fuß gekleidet als Justitia mit dem Schwert u n d der Waage aus Silber in der Hand; danach wurde San Rocco aus Holz in Lebensgröße getragen, gekleidet mit einem goldenen Mantel und dem Engel davor" (Q CXXXI)

Dem lebenden Bild Justitia folgte ein lebensgroßer hölzerner San Rocco; beide, Personifikation und Heiliger messen ihren Realitätsgrad am lebenden Menschen. Ihre virtuelle Präsenz beschwört die Realität einer Sphäre, die irdische und himmlische Instanzen eint. Diese Form visueller Propaganda ist im Zusammenhang mit der unsicheren politischen und daran gebundenen wirtschaftlichen Situation Venedigs zu sehen. Venedigs Vormachtstellung im Seehandel war im doppelten Sinne gefährdet: die türkische Invasion bedrohte die eigenen Handelswege, und die Entdeckung des neuen Seeweges nach Indien und die Vertreibung der Araber aus Spanien verschoben die Handelsachsen zum Nachteil Venedigs. Die vielbeschworene Freiheit war durch die französische Bedrohung in Gefahr, die Niederlage von Agnadello 1509 und der Verlust der Terraferma stürzte die Stadt in eine tiefe Krise.160 Die Instabilität der politischen Lage läßt sich an den Publikations-Prozessionen der variierenden Bündnisse zwischen 1495 und 1526 ablesen, die jedesmal erneut deren Verbindlichkeit beschworen, indem sie die Anwesenheit der Verbündeten suggerierten; sei es in Form ihrer Patrone, politischen Oberhäupter oder deren Wappen, unterstützt durch brevi und allegorische Bilder, die simplifizierend die Situation widerspiegelten. Im Medium des lebenden Bildes findet eine Angleichung irdischer und himmlischer Machthaber statt, die auf den Repräsen-

159 Die Bekleidung der Apostel überliefert Sanudo für 1511 (vol.XIII, col.131) und 1526 (vol XLII, col.58). 160 Zur Niederlage von Agnadello cf. Wolters 1983, pp.207-212. Venedig gelang es, sich bis zum Frieden von Bologna 1529 weitgehend von dieser Katastrophe zu erholen und seine Selbständigkeit zu wahren. Zu der Krisensituation cf. auch Zorzi 1985, pp.326-351 und bezüglich der Auswirkungen auf die Festkultur Casini 1996, pp.277-287.

Formen der „lebenden effigies"

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tationscharakter beider Kategorien verweist. Ihr leibhaftiges Zusammentreffen im sakralisierenden Kontext der Prozession wirkt wie ein Beschwörungsversuch irdischer und überirdischer Mächte, dem Bündnis Dauer zuverleihen. Die Venezianer stellten so der politischen Unsicherheit eine virtuelle Gegenwelt entgegen.

III. Formen der „lebenden effigies" Im folgenden sollen resümierend die unterschiedlichen Zusammenhänge angesprochen werden, in denen in Italien lebende Bilder in einer Vertreter-Funktion auftreten. Die früheste Form der Herrscher-Repräsentation im weitesten Sinne findet sich zunächst im leibhaftigen Auftritt von Stadtpatronen im Rahmen politischer Zeremonien, wie in Mailand 1449 und Modena und Reggio 1453. Das lebende Bild verleiht damit einem Repräsentanten Gestalt, der keine aktuelle leibliche Existenz besitzt, in dem sich aber die kommunalen Amtsträger artikulieren können. D a ß eine solche Vertreter-Rolle auch in Bezug auf reale Herrscher denkbar war, bezeugt der an anderer Stelle erwähnte Zwischenfall bei der San Giovanni-Prozession 1454 in Florenz, wo der für Alfonso d'Aragona gehaltene Darsteller des Kaisers Oktavian Opfer eines bilderstürmerischen Angriffs wurde. (Q X X I V ) Die Episode überliefert Palmieri unter dem Aspekt des „verrückten" Deutschen, der nicht zwischen Spiel und Realität unterschied. Doch gingen offenbar auch die Florentiner, die ihn auf seine Frage nach dem König von Aragon auf den antiken Herrscher verwiesen, davon aus, daß dieser Alfonso d'Aragona bedeutete. Der Auftritt von „lebenden effigies" einer Person zu deren Lebzeiten im Kontext von Fest und Zeremoniell ist in Italien allerdings keineswegs selbstverständlich. Im Gegenteil hatte der Fall von Federico da Montefeltro gezeigt, daß die Darstellung seiner Person als lebendes Bild erst nach seinem Tod realisiert wurde. Erste Beispiele finden sich zunächst im höfischen Ambiente, wobei die lebenden Bilder anwesende Personen mit der Intention einer Huldigung darstellen. In einem Fall handelt es sich um den Auftritt des Brautpaares in Bologna 1487 in einem zu ihrer Hochzeit aufgeführten Stück, dessen Personal sich aus der antiken Mythologie rekrutierte. 161 Die andere Aufführung fand im Januar 1495 bei einem Fest zu Ehren Giovanni Gonzagas in Mantua statt. 162 Dort zogen zwei gerüstete junge Männer den Wagen der Fama, die Ferrante d'Aragona und den Marchese Francesco Gonzaga darstellten, wobei zumindest letzterer anwesend war. (Q LV) Eine Ausnahme bildet der Papst, dessen Auftritt als lebendes Bild in öffentlichen Inszenierungen mehrfach belegt ist, wobei es sich teils um die Darstellung seiner Person teils um die seines Amtes handelte. 163 Letzteres war der Fall, als zum Empfang Borso d'Estes 1453 Petrus,

161 In der Aufführung kam unter anderem Juno in einem Turm in Begleitung zweier junger Männer „di quali uno presentava la persona del nobilissimo sponso" und im Gefolge der Nymphen Dianas befand sich eine „la quale representö il nome de la felicissima Lucretia", die am Ende vereint einen Tanz aufführen. Zannoni 1891, p p . 4 2 3 - 4 2 5 . 162 Giovanni Gonzaga wurde 1474 geboren und vollendete 1495 sein 21. Lebensjahr. So verband sich möglicherweise ein pädagogischer Anspruch mit der Aufführung, indem sie ihm Ferrante und Francesco als Vorbilder vorführte. 163 In Ferrara stellten die Franziskaner anläßlich der Corpus Domini-Prozession 1489 alle Heiligen und Päpste, die aus ihrem Orden hervorgegangen waren, dar. Darunter müßte dann Nikolaus V. gewesen

Repräsentation

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„der gekleidet war wie der Papst, wenn er die Messe zelebriert", aus dem Paradies herabstieg. ( Q X C I ) In Siena hingegen wurde anläßlich der Wahl Pius II. 1458 im Anschluß an die Aufführung einer Himmelfahrt Mariens der „Papst" von dieser gekrönt, mit dem sicher Pius II. selbst gemeint war. ( Q C X I I I ) War der „Papst" in diesen Fällen in Spielsituationen eingebunden, so diente in den venezianischen Prozessionen das lebende Bild seiner Vertretung als Herrscher und bezog sich auf den jeweils amtierenden Papst. In einer Corpus D o m i n i - P r o zession in Pistoia 1518 b e k a m sein Auftritt dem Chronisten zufolge gar Realitätscharakter: „Es kam einer gekleidet und geschmückt wie der Papst, mit der päpstlichen Mitra so passend, daß es besser nicht möglich gewesen wäre. Während er vom Volk empfangen wurde, wie der richtige Papst, wurde er in einem hohen, mit einigen Teppichen geschmückten Sitz getragen, unter einem schönen Baldachin, den acht vornehme junge Männer der Stadt trugen." (Q LXXXIV) Bei keiner dieser Aufführungen war der reale Papst anwesend, sondern seine Gegenwart wurde mit den lebenden Bildern suggeriert. Eine „Verdoppelung" erlebte Julius II. mit den Karnevalswagen des Jahres 1513. ( Q C X ) Die Darstellbarkeit des Papstes im Gegensatz zu anderen Personen läßt sich damit erklären, daß ihm auf Grund seines Status als geistlicher und weltlicher Herrscher eine Sonderrolle zufällt. Zudem hatte sich seine Position im Q u a t t r o c e n t o der eines souveränen Potentaten angenähert. 1 6 4 Dies manifestiert sich zum Beispiel in dem von Pollaiuolo im Jahr 1498 vollendeten Wandgrab für Innozenz V I I I . , in dem der Papst in Verdopplung seiner Person als L e b e n der und Toter präsentiert wird. 1 6 5 Entgegen der Konzeption der französischen Königsgräber, die mit der Aufspaltung der Persönlichkeit in einen Lebenden und einen Toten die Vergänglichkeit des Leibes mit der Unvergänglichkeit des Amtskörpers kontrastieren, zeigt sich der Papst in beiden Körpern unversehrt. 1 6 6 In der ursprünglichen Anordnung ruhte sein Leichnam hinterfangen von den drei religiösen Tugenden in der oberen Z o n e , während er im unteren Bereich in seiner Gestalt als Lebender thronte. D o r t flankierten ihn die vier weltlichen Tugenden, so daß die gesamte Anordung die Rolle des Papstes als eines weltlichen Herrschers betont. Mit den auf Innozenz V I I I . folgenden Päpsten setzt sich eine elaborierte Inszenierung päpstlicher Macht durch, für welche die Angleichung des Possesso an antike Triumphzeremonien signifikant ist. Mit den Publikationsprozessionen in Venedig trat eine neue F o r m von öffentlicher HerrscherRepräsentation auf, wobei sich zwischen 1495 und 1526 Veränderungen konstatieren lassen. Als die Scuola di San Marco 1495 lebende Bilder der Bündnispartner zeigte, erschienen das spanische Königspaar, Maximilian, Ludovico Sforza und der Papst, während Venedig bzw. die „Signoria de Veneria" durch die Figur der Justitia repräsentiert wurde. D a ß dies nicht durch die Person des Dogen geschah, ist zum einen damit zu erklären, daß er als einziger anwesend war. Z u m anderen entspricht es aber seiner Stellung in der innerstädtischen Macht-

sein, der zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben war. (Q XVII) Am 21. Juni 1495 fand in Perugia einen Tag nach der Abreise Alexander VI. ein Kampf zwischen zwei Parteien von mammoli, die einen angeführt vom „französischen König" die anderen vom „Papst", statt. Am Ende „töteten sie jenen, welcher der Papst war", schildert Antionio de Veghi, und fügt an, er habe dies aufgeschrieben, weil die mammoli manchmal prophetische Gaben hätten. Fabretti 1987, vol.II, p.113. 164 Cf. Prodi 1982. 165 Zu dem Grabmal cf. Frank 1992; Ettlinger 1978. 166 Zu den „Doppeldecker-Grabmälern" cf. Erwin Panofsky: Tomb Sculpture, New York 1974, p.65

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struktur, die ihn im Rat der Zehn lediglich als primus inter pares auszeichnet. Die individuelle Person trat hinter dem Amt zurück und erst mit dem Grabmonument setzte sich der Doge sein Denkmal. In dieser Hinsicht verdient das Grabmal Nicolo Trons in der Frari Kirche in Venedig besondere Beachtung, das dem Grab Innozenz VIII. mit einem ähnlichen Konzept um zwanzig Jahre vorausgeht. Es ist ein Wandgrab, in dem sich auf fünf klar voneinander geschiedenen Ebenen ein reiches figürliches Programm entfaltet. Obwohl sich die meisten Elemente und Motive auf venezianische Vorbilder zurückführen lassen, formieren sie sich zu einer einzigartigen Selbstdarstellung des Dogen. 167 Im Grabmonument ist das Abbild des Dogen doppelt positioniert: In der untersten Zone steht ein porträthaftes Denkmal des Lebenden, die Liegefigur darüber fixiert ihn im Moment einer monumentalisierten Aufbahrung. Von der stehenden Figur wird der Blick über den Sarkophag von der christlichen Tugend der Spes auf die Figur des auferstehenden Christus in der obersten Zone gelenkt. Christus und Doge sind durch ihre dem Leben nachempfundene Größe in unmittelbare visuelle Verbindung gebracht; eine implizite Sakralisierung des Dogen, die sich auch im komplexen Programm der Begleitfiguren spiegelt. So flankieren zwei Caritas-Personifikationen die Figur des lebenden Dogen; amorproximi als irdische Caritas und die amorDei als ihr himmlisches Pendant. 168 Tron präsentiert sich in seinem Grabmal mit einem Anspruch, der weltliche und profane Sphäre, seine lebende und seine tote Gestalt zur Manifestation einer Würde verbindet, die dem Dogen de facto nicht zustand. Tron hatte bereits zuvor die Konventionen der Selbstdarstellung eines Dogen durchbrochen, als er im Rahmen einer Währungsreform eine Münze mit seinem Bildnis einführte, worauf die Inschrift seines Grabmals Bezug nimmt: „(...) fraudatam pecuniam viva illius effigie resignavit (...)". 169 Dies war auf öffentliche Kritik gestoßen, da „nur Tyrannen, nicht aber die Häupter einer Republik ihr Bild auf Münzen prägen lassen".170 Die Anlehnung an antike Kaisermünzen spricht von Trons Interesse an der Antike, vielleicht weniger in Hinblick auf die Kunst als auf autokratische Staatsmodelle. Ein weiteres Dokument seiner diesbezüglichen Bildpolitik ist ein Gemälde, zwischen 1471-73 von einem Nachfolger Giovanni Bellinis geschaffen, das sein Wappen auf einem Triumphbogen zeigt, während vor dem Bogen drei Putti die Wappen der amtierenden Magistrate halten.171 Die in der Miniaturmalerei übliche Präsentationsform wird dabei auf ein immerhin 140 x 98 cm großes Tafelbild übertragen, das zudem in einem öffentlichen Kontext eingebunden war, da es sich in den Amtsräumen des Katasters im Palazzo Ducale befand. Das triumphierende Wappen des Dogen widerspricht den venezianischen Gepflogenheiten und kündet von den Machtbestrebungen Trons.

167 Pincus 1981. 168 Parallel dazu lassen sich die beiden Tugenden zu Seiten des Sarkophags deuten: alludiert die Allegorie mit der Laute Apoll und die himmlischen Harmonien, so verweist die Trägerin der Tafel auf Moses und die Gesetze, welche die irdische Ordnung gewährleisten. Zur Deutung der Tugenden cf. Pincus 1981, pp. 132, 143-144. 169 Inschrift wiedergegeben bei Pincus 1981, p.132. Sansovino belegt die Bezeichnung „Trono" für die besagte Münze. 170 Wolters 1983, p.78, n.l. 171 Die Buchstaben im Sockel indizieren die Namen der Magistrate: Paolo Corner, N . Vitturi und Antonio Venier. Die Inschrift im Bogen lautet: OBSERVARE LEGES EST AUGMENTUM REI PUBLICAE. Cf. Steer 1982, p.269, P1.48, cat.no. 82.

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Repräsentation

Der auf Nicolö Tron folgende Doge Agostino Barbarigo (1487-1502) verfolgte diese Politik weiter, wobei er gerade Ritual und Zeremoniell nutzte, zumindest nach außen als tatsächliches Staatsoberhaupt zu erscheinen. 172 In der Prozession 1495 hatte die scuola di San Zuanne das Wappen des Dogen mit dem Dogen-Barett zwischen denen der Verbündeten gezeigt, obwohl der Doge unter anderem kein Recht hatte, sein Wappen gemeinsam mit dieser Insignie abzubilden. 173 Kurz darauf trat dann, allerdings nicht in Venedig selbst, ein lebendes Bild des Dogen mit allen Insignien auf.174 In der bereits erwähnten Offerta-Prozession zur Gründung eines Monte di Pietä 1496 in Crema wurde: „auf einem Triumphwagen die Darstellung des Fürsten von Venedig geführt, mit all dem Schmuck, der ombrella, Standarten und Triumphen, die zum Dogen gehören" (Q IX)

Außer dem Dogen zeigte man in dieser Prozession die Triumphe eines Imperators und eines „Re indiano negro", die auf Kaiser Maximilian I. und Ludovico il Moro anspielen und damit die soleri der Publikationsprozession 1495 in Venedig aufnehmen könnten. Dort aber waren nur Maximilian und Ludovico als lebende Bilder aufgetreten, hier wird nun der Doge auf die gleiche Weise dargestellt. Da Crema zum venezianischen Machtbereich gehörte, ist das lebende Bild des nicht anwesenden Dogen als Repräsentation des politischen Oberhauptes der Stadt zu deuten. 175 Es ist vermutlich kein Zufall, daß ein solches lebendes Bild des Dogen zuerst außerhalb Venedigs dokumentiert ist, da die Rolle des „Principe" vor allem in der Stadt selbst umstritten war. Während man einerseits dessen Befugnisse, gerade auch in Reaktion auf Agostino Barbarigo, gesetzlich stark reglementierte, huldigte man ihm andererseits in panegyrischen Schriften und setzte seine Person zeremoniell in Szene.176 In der Krisensituation zu Beginn des 16. Jahrhunderts wuchs offenbar das Bedürfnis nach einer den europäischen Herrschern gleichwertigen Repräsentationsfigur. So ließe sich erklären, das gerade in den für die „Weltöffentlichkeit" inszenierten Publikationsprozessionen der Doge schließlich selbst als lebendes Bild auftrat. Im Jahr 1511 repräsentierten zwar die großen scuole von San Marco und San Rocco Venedig in der Reihe der Verbündeten wie üblich durch San Marco und Venetia, eine der kleineren scuole jedoch zeigte einen soler mit dem Papst und „unserem Dogen", der zu diesem Zeitpunkt Leonardo Loredan war. (Q CXXXI) Anläßlich der Publikation der Liga von Cognac 1526, wo die Scuola della Caritä die fünf Landespatrone der Verbündeten „mit den Ihren dahinter" darstellte, trat der Doge, nunmehr Andrea Gritti, dann gemeinsam mit San Marco auf, ganz wie die anderen souveränen Herrscher die Patrone ihres Landes begleiteten. (Q CXXXIV) Ebenso zeigten ihn die Brüder von S. Stefano und SS. Giovanni e Paolo unter den Bündnispartnern, wobei Sanudo zu letzterer Darstellung bemerkt: „dann kam der Doge mit dem Dogenbarett auf dem Kopf, in Waffen, der unserem durchlauchtigstem Dogen ähnlich war mit Bart und einem goldenen Harnisch" (Q CXXXIV)

172 Cf. dazu auch Roeck 1992, pp.lsq. und Muir 1979, p.27. 173 Zur Kontrolle des Dogen cf. Wolters 1983, pp.78sqq. und Sansovino 1581, p.486 zu dem Gesetz von 1485. 174 Terni ed.1964, p.246. Zu den Insignien des Dogen, deren Herkunft und Veränderungen cf. Pertusi 1965 und Fasoli 1973, pp.268sqq. 175 Nachdem Crema im Mittelalter freie Stadtrepublik gewesen war, fiel es 1449 an die Venezianer, geriet 1509-1512 unter französische Herrschaft, und verblieb danach bis 1797 unter jener der Venezianer. 176 Cf. Wolters 1983, pp.75-83.

Formen der „lebenden effigies"

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Das lebende Bild des Dogen ist damit nicht nur die Repräsentation des Amtes, sondern konkret die der individuellen Persönlichkeit des in der Tat bärtigen Dogen. Dies ist insofern zu betonen, als man in Anlehnung an das französische Phänomen, daß sich der Herrscher bei seiner entree solenneile gelegentlich selbst dargestellt sah, eine ähnliche Aufspaltung in Amtskörper und Individualleib des Dogen hätte unterstellen können. Als politisches Oberhaupt von Venedig beanspruchte der Doge in Fortsetzung des byzantinischen Herrscherrituals zugleich den höchsten sakralen Status. 177 Damit verfügt das Dogenamt über eine dem Papsttum analoge Positionierung zwischen sakraler und weltlicher Macht. 1 7 8 Doch hier sah sich der Doge, als der einzige der Herrscher tatsächlich anwesend, leibhaftig dargestellt. Im Rahmen der venezianischen Publikationsprozessionen gab es weitere lebende Bilder in stellvertretender Funktion, die weniger mit dem Status der Dargestellten, als mit ihrer Bedeutung in der jeweiligen Situation zu erklären sind. Im Jahr 1495 trat mit Ludovico Sforza einmalig für das Quattrocento das lebende Bild eines italienischen Herrschers zu seinen Lebzeiten in einer öffentlichen Inszenierung auf. Seine militärische Macht und die unmittelbare Nähe zu Venedig bedingten wohl seine Darstellung im Kreis der europäischen Herrscher, im Gegensatz zu anderen italienischen Bündnispartnern wie beispielsweise Ferrara. Anläßlich der Publikation der antifranzösischen Liga 1511 gab es mehrere „lebende effigies", die nicht dem üblichen Kanon folgten. Die Scuola di San Rocco zeigte in der Reihe der Bündnispartner den sitzenden Papst flankiert von zwei Kardinälen und vor ihm den in goldenen Flammen brennenden König von Frankreich, der ihn in einem breve um Hilfe bat. (Q C X X X I ) Es handelt sich also um eine Art executio in effigie, wobei die Verurteilung „quare fregisti fidem" dem Papst in den Mund gelegt wird. Es bleibt offen, ob hier dem französischen König mit der Hölle gedroht wird, oder ob eine Art Schauexekution, wie die des Malatesta durch Pius II., intendiert ist. Auf andere Weise ungewöhnlich war die Darstellung auf einem

soler der Scuola di San Marco: „Danach kam der Papst, sitzend, gekleidet als Pontifex mit der Mitra auf dem Kopf und dem goldenen Pliuviale, und einer in Form Sier Hironimo Donados, unseres gelehrten venezianischen Botschafters, auf den Knien vor Seiner Heiligkeit, und dort waren auch die beiden verbündeten Könige" (Q C X X X I )

Venedig wurde also im Kreis der Verbündeten durch das lebende Bild eines Staatsbeamten vertreten. 179 Damit wurde nicht ein Amt repräsentiert, sondern eine Persönlichkeit auf Grund ihres aktuellen Verdienstes: Hieronimo Donato war der venezianische Botschafter in R o m und hatte eine wichtige Rolle bei den komplizierten Verhandlungen im Vorlauf dieses Bündnisses, dessen Publikation er selbst nicht beiwohnte, „perche laborat in extremis". 1 8 0

177 Cf. Sinding-Larsen 1974, p.180 und Limpricht in Naredi-Rainer 1994, p p . 2 3 6 - 2 4 4 178 Der Legende zufolge war der Doge durch die Überreichung der

ombrella, auf Grund

der Verdienste

Venedigs um den Frieden zwischen Papst und Kaiser 1177, Träger desselben Würdezeichens wie der Papst geworden. Cf. Wolters 1983, pp.164-181 besonders zur Umsetzung des Themas in der offiziellen Staatskunst. 179 Hieronimo Donato gehört mit Barbaro und Merula zu den bedeutenden Vertretern des venezianischen Humanismus, Sansovino erwähnt ihn als einen der unter Agostino Barbarigo tätigen „Schreiber". 180 Sanudo erwähnt ihn mit diesem Kommentar unter den Nichtanwesenden (ed.1897-1903, vol.XIII, col.144).

Repräsentation

176

Im Anschluß an die soleri der Bündnispartner erschien eine weitere Gruppe: zwei Mohren, zwei Sarazenen, „einer als Sultan gekleidet mit dem Fez auf dem Kopf und einem goldenen Kasack", zwei weitere Mohren und schließlich ein gerüsteter Mann mit Streitaxt. (Q C X X X I ) Hier könnte unausgesprochen ein Alliierter anderer Art seinen Auftritt haben: der ägyptische Sultan, größter Gewürzlieferant Venedigs und in Bezug auf Zypern Vertragspartner. 181 Der Botschafter Hieronimo Donato blieb nicht der einzige venezianische Würdenträger, der als lebendes Bild auftrat. Im Jahr 1513 zeigte die Scuola di San Rocco den Bündnispartnern und Patronen vorausgehend: „einen Mann auf einem künstlichen Pferd, der gab vor, der Herr Bartolomeo d'Alviano zu sein, mit dem Befehlsstab in der Hand" (Q C X X X I I )

D'Alviano war tatsächlich verdienter Befehlshaber Venedigs und sollte kurz darauf in einer feierlichen Zeremonie wieder den Oberbefehl übernehmen. 1 8 2 Sanudo, der sonst nicht zwischen Darsteller und Dargestelltem unterscheidet, benutzt hier die Formulierung „fenzeva esser" und verweist explizit auf den vortäuschenden Charakter der Darbietung. Die venezianischen Prozessionen stellen in ihren Repräsentationsstrategien einen Sonderfall dar, wobei sich konstatieren läßt, daß sich der Kreis der Dargestellten stetig erweiterte. In der Prozession 1495 waren nur die nichtanwesenden Herrscherpersönlichkeiten dargestellt worden, die lebenden Bilder hatten damit eine Vertreterfunktion. Dies trifft im allgemeinen auch für die folgenden Prozessionen zu, allerdings gesellt sich ab 1511 mit zunehmender Konkretisierung das lebende Bild des Dogen als das eines Anwesenden zu diesen. Die Darstellbarkeit als „lebende effigies" ist damit nicht ausschließlich an den Status der Dargestellten gebunden, wenn es sich auch in den meisten Fällen um Herrscher handelte. Vielmehr scheint die spezifische Situation der Stadt zur Elaborierung dieses Mediums geführt zu haben. In jedem Fall ist die politische Bedeutsamkeit der lebenden Bilder nicht nur in ihrem Inhalt zu suchen, sondern in der Wirksamkeit dieser visuellen Propaganda durch die effigies-Funktion der Darsteller. In der Tat sind sie über den unmittelbaren venezianischen Machtbereich hinaus rezipiert worden, wie der Bericht des Chronisten de'Bianchi in Modena über die Publikationsprozession des Jahres 1495 bezeugt, der die lebenden Bilder der Bündnispartner erwähnt. 183 In R o m scheint man sich an den venezianischen Prozessionen inspiriert zu haben. Im Rahmen der schon erwähnten feste di agone in R o m 1513, die die militärischen Siege Julius II. feierten, zeigte der letzte Wagen das Bündnis gegen die Franzosen in Form einer Eiche: „welche mit den obersten ihrer Zweige einen Kreis bildend die Gestalt des Papstes als Abbild von Papst Julius umschloß, zu dessen Füßen am Fuß des Baumes war die Gestalt des Imperators mit dem Schwert in der Rechten und einer Kugel in der Linken, und auf jeder der Seiten, eine Stufe tiefer rechter Hand, in einem Zweig des Baumes in der besagten Weise war einer in Ähnlichkeit des katholischen Königs, welcher in der rechten das Schwert hielt und in der linken das Kreuz ( . . . ) Links die Person des englischen Königs, auch mit den Waffen in der Hand ( . . . ) " (Q C X )

181 Cf. Zorzi 1985, p.344. 182 Cf. Zorzi 1985, p.341. 183 Jacopino de'Bianchi ed.1862, p.144: „A la qual grida Ii fu tuti Ii ambasadori de Ii soprastanti et fecene una grande e bellissima procesion nesendo de San Marcho con tute le compagnie ( . . . ) in tutte le levereie a la similitudine de queli che sono in la liga, zoe fecene uno Papa con Ii gardinali vistiti a quela similitudine e cusi fecene de tuti in su Ii tribunali ( . . . ) "

Formen der „lebenden effigies"

177

Die kreisförmig verschlungenen Eichenzweige geben das Wappen des Rovere-Papstes wieder, der auf diese Weise als einende Kraft der „Heiligen Liga" präsentiert wird. Venedig trat nicht in der Reihe der Verbündeten auf; sein Verhältnis zu Rom war immer schwierig gewesen, und wahrscheinlich zeichnete sich sein erneuter Positionswechsel, der einen Monat später erfolgte, bereits ab.184 Der Autor verwendet verschiedene Bezeichnungen für die lebenden Bilder: forma, effigies, somiglianza und persona. Bei der Beschreibung des Papstes betont er die Identifizierung des lebenden Bildes mit der Formulierung „in effigie di Papa Julio". Die Konstruktion der in einen Baum eingebundenen Figuren steht in Verwandtschaft mit der Tradition der genealogischen Bäume, die auch in anderen Fällen als tableaux vivants auftraten. 185 In Lyon bildete 1515 die Lilie Frankreichs die Grundstruktur für die Darsteller von Fran9ois I., Frankreich und der „Grace de Dieu". (Abb.59) In Rom bildete die Darbietung den Abschluß eines Aufzuges von insgesamt siebzehn von den Zünften ausgestatten carri, deren Programm eine papsttreue Gesamtkonzeption erkennen läßt. Die traditionellen Karnevalsfeste erfuhren damit eine neue Dimension von politischer Inanspruchnahme. In Italien treten die lebenden effigies in unterschiedlichen Zusammenhängen auf, ohne daß sich allgemein verbindliche Darstellungskonventionen festmachen lassen. Auf die Personen bezogen ist ein Sonderstatus des Papstes festzustellen. In Hinblick auf eine Chronologie läßt sich sagen, daß lebende Bilder in Vertreter-Funktion gegen Ende des Quattrocento immer häufiger anzutreffen sind. Kann man zu Zeiten Federico da Montefeltros noch von einer „Nichtdarstellbarkeit" des Herrschers als lebendes Bild zu Lebzeiten sprechen, so gilt dies für Ludovico il Moro in den neunziger Jahren nicht mehr. Zugleich findet die Elaborierung der lebenden effigies besonders im venezianischen Bereich statt. Hier tritt das Phänomen zu Beginn des Cinquecento vermehrt, weniger wie in Frankreich und England im Zusammenhang mit der Würdigung eines Herrschers, sondern speziell zur Visualisierung politischer Bündnisse auf. Bei den Dargestellten handelte es sich primär um absente Amtsträger, in deren scheinbarer Anwesenheit die Konkretisierung eines historischen Momentes suggeriert wurde. In seinem zeitlich fixierten Bezug steht das lebende Bild stets für eine konkrete Person; die Aufspaltung in Amtskörper und Individualleib, die man bei den lebenden Bildern des Königs anläßlich der entree solenne lie unterstellen könnte, spielt hier kaum eine Rolle.

184 Der vorletzte Wagen hatte Stabellini zufolge das „Concilio lateranense triumphans" mit Papst, deutschem Kaiser, spanischem und englischem König, Kardinälen und „Duca veneto et di Melano" gezeigt. (Cruciani 1983, p.371) Jacopo Penni, der das Ereignis in einem Gedicht beschreibt, erwähnt Venedig und Mailand nicht, (ibid. p.375) 185 Anne de Foix empfing man 1502 in Vicenza mit einem „arbre de Jesse", in dem Maria mit Kind sowie Engel, die durch Wappen England, Frankreich und Ungarn symbolisierten, zu sehen waren. Cf. Tichy 1997, p.67.

Das lebende Bild in der visuellen Kultur des Quattrocento

Das lebende Bild ist in Italien ein spezifisches Charakteristikum der Festkultur der zweiten Hälfte des Quattrocento. Das grundsätzliche Problem bei der Definition und Analyse des Phänomens liegt in seinen verschiedenen Erscheinungsformen und dem Mangel an zeitgenössischen Aussagen über Intention und Wirkung. Über die ästhetische Qualität der Inszenierungen läßt sich schwerlich Sicheres sagen, da die Beschreibungen der Rhetorik und Panegyrik mindestens ebenso verpflichtet sind wie der Dokumentation. Zudem fehlen kunsttheoretische Äußerungen, die Aufschluß darüber geben könnten, inwieweit das lebende Bild als künstlerisches Medium reflektiert wurde. Dennoch finden sich Spuren der Reflektion über das Mediums als solches. Hat Alberti, der Kunsttheoretiker das Quattrocento, sich in seinen Traktaten auch nie zu lebenden Bildern geäußert, so problematisiert er doch in seinem satirischen Roman „Momus oder vom Fürsten" jenes Problem von Sein und Schein, von Kunst und Leben. 1 Als die antiken Götter die Vorbereitungen der Menschen zu ihren Ehren sehen, kommen sie auf die Idee, den Spielen unerkannt beizuwohnen, indem sie sich anstelle ihrer Standbilder im Theater aufstellen. Also verstecken sie ihre Statuen; einige davon in einer Höhle, in welche ein Schauspieler verschleppt wird. Als die Banditen beim Entzünden eines Feuers die Götter leibhaftig wahrzunehmen glauben, ergreifen sie die Flucht oder erstarren selbst vor Schreck zu Bildsäulen. 2 Die Götter im Theater indessen können ihre Rolle als Statuen nicht durchhalten: belustigt über einen Zwischenfall, brechen sie in Lachen aus.3 Das Ver-Wechselspiel zwischen Bildwerk, Gott und Mensch, das Alberti entwirft, ist dem Medium des lebenden Bildes immanent: ein Mensch, der einen Gott, Heiligen oder Herrscher vorstellt und durch die Stillstellung die Gattung der Skulptur simuliert. Ihren Reiz beziehen die lebenden Bilder dabei häufig aus dem Changieren zwischen diesen Ebenen. Das Bild erwacht - sei es, daß eine „Statue" zu sprechen beginnt, sei es, daß die Bilder im Prozessionszug mitgehen oder an einem Punkt in eine Handlung eintreten - sozusagen zum Leben und erweist sich als Realität und Kunst zugleich.4

1

Cf. Wolf (im Druck).

2

Alberti ed.1993, p p . 3 2 6 - 3 2 9 .

3

Den Schauplatz betraten zwei weitere Protagonisten des Stückes, Charon und der verstorbene Philosoph Gelastus. Als Charons Boot vom Steinwurf eines Betrunkenen getroffen wurde, geriet dieser in Panik und suchte mit großen Sprüngen das Weite. Das dröhnende Gelächter der Götter lockt die Winde an und in dem sich entfachenden Sturm stürzen Statuen und Götter durcheinander. Alberti ed.1993, p.325 / p.36Ί.

4

Anekdotenhaft präsentiert das Argument Giovan Francesco Straparola: Le Piacevoli Notti, VIII, 3: Ein lüsterner Geistlicher geht im Haus eines Holzbildhauers in die Falle und versteckt sich nackt zwi-

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Das lebende Bild in der visuellen Kultur des

Quattrocento

Die lebenden Bilder sind Teil einer visuellen Kultur, die den Bildbegriff zur Diskussion stellt. Unter der Prämisse künstlerischer Mimesis entstehen freistehende lebensgroße Plastiken, perspektivisch durchkonstruierte Bilder, naturalistische Porträts als Ex-Voti in Wachs und schließlich an der Wende zum nächsten Jahrhundert die gattungsübergreifenden Scheinwelten der sacri monti. Während so die Kunst nach dem Leben strebt, suchen die lebenden Bilder die Annäherung von der anderen Seite, der Mensch inszeniert sich selbst als Kunstwerk und tritt so für einen Moment aus der Dimension verrinnender Zeit in jene der Kunst ein. In einem allgemeinen Sinn funktionierten die lebenden Bilder wie Kunstwerke: Sie vermitteln ihre Bedeutung über äußere Zeichen wie Kleidung und Gestik. Alberti postuliert, daß der Maler mittels der Mimik und Körperhaltungen seiner Figuren deren Gemütszustand ausdrücken solle, dies gilt für die lebenden Bilder in nicht geringerem Maße. 5 Die Angemessenheit der Kleidung wird von den Chronisten in Bezug auf die lebenden Bilder ebenfalls thematisiert, indem sie die Wirkung der Kostüme bzw. die Identifizierung der Figuren anhand dieser herausstellen. Kunstwerk und ephemere Inszenierung werden in den schriftlichen Quellen als komparable Phänomene behandelt. Benedetto Dei zählt in seiner Beschreibung der Stadt Florenz die edifici der San Giovanni-Prozession in einem Zuge mit Kunstwerken auf: zuvor würdigt er die Perspektiv-Intarsien, und im Anschluß erwähnt er die „auf vielfache Weise mit Bilderzählungen" geschmückte Bronzetür Ghibertis. (Q XXVII) Die edifici stehen für ihn gleichwertig im Kontext künstlerischer Erfindungen bzw. künstlerischer Fertigkeit, in der Struktur des Textes sind sie zwischen der „Illusion", der Kunst der Perspektive, und der „Varietä" der Figuren eingebunden. Das lebende Bild gleicht in seiner Dreidimensionalität dem Medium der Skulptur. Bei seiner Beschreibung der Corpus Domini-Prozession in Viterbo 1462 vermerkt Pius II. zu dem kreuztragenden Christus, er sei während der Messe und des Verkündigungsspiels „unbeweglich wie eine Statue" verblieben. (Q C X X X V ) Da dies im Sinne eines Lobes ausgesprochen ist, belegt es die Funktion des lebenden Bildes, als Bildwerk zu wirken. Der Christus war nicht, wie die lebenden Bilder in anderen Fällen, zu Fuß in der Prozession mitgegangen, sondern auf einem Wagen mitgeführt worden, was seinen Statuencharakter unterstrich. In seiner Beschreibung gerade dieser Figur betont Pius II. den Täuschungscharakter: „es schien als ob er Blut schwitze" und „als ob er vom Kreuz niedergedrückt würde". Der Vergleich mit Kunstwerken wird auch als Hilfsmittel der Beschreibung herangezogen. In Neapel wurde 1492 eine Farsa von Jacopo Sannazaro „Ii triumpho de la Fama" aufgeführt. Die Göttin Pallas trug über dem Unterkleid eine antike goldene Rüstung und darüber einen Mantel aus purpurfarbenen Seide „mit vielen Falten, wie man es die Statuen tragen sieht", und auch die Kleidung der Fama ist als „in der Art von Statuen" charakterisiert. (Q LXXIII)

sehen den halbfertigen Kruzifixen. Als einige Nonnen ihr bestelltes Kruzifix abholen wollen, beanstanden sie die Zeichen der Männlichkeit, die der Bildhauer sogleich sich zu beseitigen anschickt, worauf der Mönch seinen Bildstatus aufgibt und nackt die Flucht ergreift. Die Novelle erscheint nur in den ed.1553 und 1554, danach wurde sie, wie auch in der ed. Giuseppe Rua 1927, ersetzt (cf.ibid. p p . 2 3 8 - 2 4 0 ) , auf deutsch ist sie publiziert in: Unerhörte Begebenheiten. Altitalienische Novellen, 5

ed. Wolfgang Richter, Berlin 1953, p p . 4 4 1 - 4 5 0 . Alberti ed.1877, pp.118-124

Das lebende Bild in der visuellen Kultur des Quattrocento

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Neben diesen Bezugssetzungen lassen sich Parallelen in dem Vokabular aufzeigen, das im Quattrocento, vielfach aus der Rhetorik übernommen, zur Beschreibung künstlerischer Prozesse und ihrer Produkte Verwendung findet. 6 Malatesta Ariosti bezeichnet den Entwurf für den Empfang Borso d'Estes als „il designo mio a la fantasia". (Q LXXXIX) Disegno meint durchaus Entwurf in künstlerischem Sinn, denn an anderer Stelle schreibt er: „Maestro Nicoiao et mi haueuamo facto uno mirabile designo". 7 (Q LXXXVIII) Der Begriff der fantasia tritt auch in weiteren Fällen in Zusammenhang mit lebenden Bildern auf.8 Bramante wurde 1492 anläßlich der Geburt des Thronfolgers in Mailand gebeten, sich „qualche digna fantasia da mettere in spettaculo" auszudenken. 9 In Crema subsumiert der Chronist die nicht ausführlich beschriebenen Spektakel im Jahr 1500 „cum molte altre fantasie". (Q X) Sanudo beschließt seine Beschreibung der lebenden Bilder der Prozession 1526 anläßlich der Liga von Cognac mit: „che fu bellissimo veder tal fantasie". (Q CXXXIV) In verschiedener Bedeutung findet sich ingegno: als Lobtopos der Kreativität bezeichnet er die künstlerische Begabung und ingenieurtechnische Erfindungskraft, aber ebenso die ingenieurtechnische Erfindung selbst.10 Galeazzo Maria Sforza bemerkt zu einer sich drehenden Weltkugel, umgeben von lebenden Bildern der vier Hauptwinde und einiger Astrologen, mit der man ihn 1457 in Bondeno empfing, „che fu cosa non senza ingenio et piacere". Im Jahr 1459 bezahlte man in Ferrara einen Guasparo da Firenze „per so inzegno e fadicha" den Festapparat für Pius II. gestaltet zu haben, für den er die sieben Tugenden als lebende Bilder auf Säulen arrangiert hatte. (Q XIII) Die Formulierung scheint zwischen dem Entwurf und der „Mühe" der praktischen Ausführung zu unterscheiden. Guasparo wird als „inzigniero" bezeichnet, womit sein technisches Können betont wird, obwohl er, wie aus den Rechnungen hervorgeht, ebenso für Bemalung und Schmuck des Ganzen verantwortlich war. In Rimini sah man anläßlich der Hochzeit 1475 zwei Triumphwagen „tirati cum ingegni", was sich entweder auf eine Mechanik der Fortbewegung beziehen könnte, oder auf die Konstruktionen, mit denen die auf ihnen singenden und musizierenden Engel in der Luft gehalten wurden. 11 (Q XCIV) In Neapel werden die Darbietungen selbst als ingegni bezeichnet: Giuliano Passero nennt „ingegno" 12 was Giacomo il Notar zufolge ein „triumpho" war. (Q LXX-LXXI) Die illustrierte Chronik zählt in der Prozession anläßlich des Einzugs von Charles VIII. im Mai 1495 „Ii ingiegnie" auf, womit die nuvole-artigen Konstruktionen gemeint sind. (Q LXXV) Dem estensischen Botschafter zufolge suchten sich bei diesem Ereignis die Bruderschaften „con varie invention! et ingegnio" zu übertreffen. (Q LXXVIII)

6 7

Zu diesem Vokabular cf. Kemp 1977 Malatesta gebraucht disegno noch zwei weitere Male im Sinne von Entwurf: „Ma io vi dico questo a vostro conforto, sei designo facto se conduce bene, (...)" u n d »J1 resto sei se conduce al designo non puo passare se non bene." Levi 1899, pp.XIII/XVI. 8 Zur Verwendung von „fantasia" cf. Kemp 1977, pp.366-375. 9 Zitiert nach Kemp 1977, p.374. 10 Zur Bedeutung von ingenium / ingegno cf. Kemp 1977, p.351; Baxandall 1971, pp.15-17 11 Als Bezeichnung der Himmelfahrtsmaschinerie gebraucht Niccolö della Tuccia in Viterbo 1462 ingegno (Q CXXXVI). Zum Johannisfest in Florenz 1488 gab es einem Chronisten zufolge „ingegni popolari da passar tempo", womit wohl ebenfalls mechanische Vorrichtungen gemeint sind. (Q XXXII) 12 „Und es kam ein ingegno den einige Florentiner gemacht hatten, und auf dem besagten ingegno waren einige wunderschöne Mädchen" (Q LXXI).

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Der hier auftretende Begriff der inventione stammt aus der antiken Rhetorik und wird zu einem zentralen Terminus der Kunsttheorie der Renaissance.13 In Abgrenzung zu ingegnio bezeichnet er eher die Bildschöpfung im thematischen Sinne.14 Ein Brief berichtet über die Triumphe der sieben Planeten, die auf Veranlassung Lorenzo de'Medicis 1490 zu den Karnevalsfesten in Florenz aufgeführt werden sollten, sie seien „con mille belle cose e invenzioni di mano del maestro".15 Ahnliche Bedeutung hat das Wort finzione: Tribaldo de Rossi charakterisiert den Triumph des Aemilius Paullus ebenda 1491 als „finzione naturale" Lorenzo de'Medicis. (Q XXXIV) Ingegno, fantasia, invenzione stehen im Quattrocento für künstlerische Vitalität ein, die sich im thematischen Erfindungsreichtum ebenso beweisen muß wie in technischem Können. Die Wechselbeziehung zwischen lebenden Bildern und den bildenden Künsten ergibt sich allein schon aus der Mitwirkung von Künstlern, die nicht nur Ausführende sondern auch Verantwortliche der Inszenierungen waren.16 Die Vernetzung zwischen Kunstwerken und lebenden Bildern ergibt sich darüberhinaus aus ihrem gleichzeitigen Auftreten, also innerhalb von Prozessionen, wo sowohl Heiligenbilder und -statuen wie auch lebende Bilder mitgeführt wurden, oder ihres Zusammenwirkens in einer Inszenierung, wie auf einem soler in der Publikationsprozession 1526, wo die Verbündeten einem Madonnenbild Referenz erwiesen. (Q CXXXIV) Spektakulärstes Beispiel für eine solche medienübergreifende Inszenierung ist die Uberführung der von Mantegna geschaffenen „Madonna della Vittoria" in Mantua im Jahr 1496 in die für sie bestimmte Kapelle. Das Bild wurde dabei in einer feierlichen Prozession auf einem großen festlich geschmückten Gerüst ausgestellt. „Über diesem Bild war ein Jüngling als Gottvater gekleidet und zwei Propheten an jeder Ecke, an den Seiten drei Engelchen die einige Lauden sangen und gegenüber waren die zwölf Apostel. Als es an der Zeit war, erhob man dieses Gerüst, das von 20 Trägern getragen wurde, und so brachte man dieses Bild in Prozession bis zu San Simone mit einer so großen Anzahl männlicher und weiblicher Personen, wie es nie in Mantua gesehen worden war." (Q LIV)

Die aufwendige Zeremonie sollte die von den Auftraggebern erhoffte Verehrung des Bildes anregen17, wobei sich mit dem Ereignis verschiedene Interessen verbanden. Ging es der Gonzaga-Familie letztlich um die Stabilisierung des Andenkens einer Schlacht, die nicht einhellig als Sieg empfunden wurde, so nutzte der geistliche Berater Francescos die Gelegenheit, judenfeindliche Agitation ins Werk zu setzen.18 Der Akzeptanz des Bildes wurde dabei große 13

Zur Verwendung von invenzione cf. Kemp 1977, pp.355-361.

14

In diesem Sinne stellt Alberti (ed.1877, pp.144-147) beispielhaft die Verleumdung des Apelles vor.

15

Zitiert nach Martelli 1965, p.39.

16

In einigen Fällen sind die Namen von Künstlern bekannt: Giudo Mazzoni arbeite 1476 in Modena für eine Aufführung der Herkulestaten für Ercole d'Este (Q LIII). Cf. Verdon 1978; Lippi fertigte einen „trionfo" für den Empfang Charles VIII. in Florenz 1495 (Q X X X V ) . Cf. Borsook 1961/63. Zu Leonardos Wirken cf. Steinitz 1967 und Mazzocchi Doglio 1983. Zu einem Skizzenbuch Licht 1968/96 und 1970. Zur Wechselbeziehung Theater - Kunst in Bezug auf Bellini cf. Joost-Gaugier 1977 und Eisler 1989, p p . 4 4 9 - 4 5 0 , in Bezug auf Mantegna cf. Welles 1983.

17

„Nach dem Essen wurde das Bild an den dafür bestimmten O r t gebracht, wo es keine drei Stunden war, als ihm schon einige Wachsbilder, Kerzen und andere Voti gebracht wurden, weshalb ich glaube, daß in kurzer Zeit sehr große Verehrung anwachsen wird." (Q LVI).

18

In der Schlacht bei Fornovo gegen Charles VIII. hatten die Truppen des Gonzaga das geschlagene französische Heer unbehelligt entkommen lassen, was besonders von Seiten der Venezianer kritisiert

Das lebende Bild in der visuellen Kultur des Quattrocento

183

Bedeutung beigemessen und seiner Präsentation mit einer komplexen Inszenierung Rechnung getragen. Die lebenden Bilder wurden als dramaturgisches Mittel eingesetzt, die einerseits mit den singenden Engeln einen synästhetischen Effekt erzielten, andererseits das Personal der Heiligen erweiterten bzw. ergänzten. Das Kunstwerk wird in Wechselwirkung zu den lebendigen Darstellern gesetzt, die vermutlich auch die Illusion des perspektivischen Raumes steigern sollten. Die lebenden Bilder sind eine Kunstform, die den ephemeren Charakter des Lebendigen mit Ausdrucksformen der „unvergänglichen" Kunst, die Begrenztheit des irdischen Lebens mit der Simulation göttlicher, überirdischer Instanzen zu verbinden trachtet und die sich so mit dem Problem der Illusionserzeugung und Bildwirkung auseinandersetzt. Das Wissen um die Fiktion ist Teil des ästhetischen Genusses, denn es ist die Voraussetzung, den Grad künstlerisch technischen Vermögens zu goutieren. Das schließt nicht die Faszination an dem Dargebotenen aus, noch, daß sich der Rezipient scheinbar getäuscht gibt. Zeugnis dafür sind die zitierten Äußerungen, auch von Seiten gebildeter Zeitgenossen wie die Beroaldos zu den Corpus Domini-Prozessionen in Bologna und jene Naldis zu Lorenzo de'Medicis invenzione der Götter bei den florentiner Karnevalsfesten 1490. Die Verse Naldis sind natürlich von rhetorischen Topoi bestimmt, doch sie zeigen, daß sich auch gebildete Augenzeugen dem Spiel der Fiktion, das lebende Bild sei, was es darstellt, nicht verschließen. Das mimetische Vermögen des Bildes wird in der Kunsttheorie des Quattrocento zum wichtigsten Kriterium, spätestens mit Vasari verfestigt sich dieser Wertmaßstab im Lobtopos, daß die dargestellten Personen „zu leben scheinen". Die Identifizierung des Bildes mit dem Dargestellten geschieht nicht mehr auf Grund der Zuweisung bildmagischer Eigenschaften, wie im Fall der Verehrung von Kultbildern, sondern über dessen Naturähnlichkeit. Das lebende Bild übertrifft dabei sozusagen den Anspruch, den die Kunst an sich stellt, kann aber zugleich nicht deren Dauerhaftigkeit erlangen. Den lebenden Bildern kann in den künstlerischen Prozessen des Quattrocento in verschiedener Hinsicht innovative Wirkung zugesprochen werden. Die ephemeren Inszenierungen boten einen Freiraum, der die Einführung neuer concetti begünstigte. Einerseits fanden tagespolitische Interessen visuellen Ausdruck, die in der „ewigen Kunst" keine oder erst später ihre Spuren hinterließen. Andererseits existierte kein festgefügtes Auftraggeber-Künstler Verhältnis 19 , sondern verschiedene soziale Gruppen, Gelehrte, städtische und religiöse Vereinigungen konnten ihren Einfluß geltend machen, so daß unterschiedlichste Ideen einflossen. In Neapel 1443 artikulierten sich die florentinischen Kaufleute, in Reggio 1453 war das ausgeführte Programm ein Kampf zwischen einem humanistischen Gelehrten und städtischem Eigenwillen. Baidassare Taccone bezeugt für die Gestaltung der Offerta-Prozessionen in Mai-

worden war. Der Gonzaga hatte zuvor im Falle eines Sieges gelobt, der Madonna ein Bild zu stiften. A n dem Ort der neuen Kapelle hatte sich an einem Haus ein Muttergottesbild befunden, das der jüdische Inhaber mit Einwilligung des Bischofs hatte entfernen lassen. Nichtsdestotrotz war ihm dies zum Vorwurf gemacht worden, und schließlich hatte man behauptet, daß an dem Ort eine Kapelle gewesen sei. Der Jude wurde schließlich nicht nur vertrieben, sondern auch verurteilt, die Kosten des Bildes zu tragen. Kristeller 1902, pp.324-326. 19

Cf. Baxandall 1987 zitiert etliche Dokumente, die in Bezug auf Kunstwerke klare Auftraggeberwünsche und die Abhängigkeit des Künstlers von diesen belegen.

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land ein Zusammenwirken von öffentlichen und privaten Interessen.20 Die Verwendung der lebenden Bilder ist fast immer an zentrale öffentliche Ereignisse gebunden, nur wenige der hier besprochenen Aufführungen fanden im abgeschlossenen höfischen Ambiente statt. Sie sind gekoppelt an die sich jährlich wiederholenden Feste und die besonderen Ereignisse, seien es Prozessionen oder ingressi trionfali, die als identitätsstiftend für die städtischen Gemeinschaften gelten können. In der kurzen Dauer der lebenden Bilder liegt nicht nur der Reiz des Einmaligen, sie schreiben sich so an das Ereignis gebunden in das kollektive Gedächtnis ein. Die Verbreitung von Buchdruck und Holzschnitt führte zu tiefgreifenden Veränderungen der visuellen Kultur. Das lebende Bild als Inszenierungsform geht diesem medialen Umbruch am Ende des Quattrocento zeitlich etwas voraus. Es erfüllte gleichermaßen den Bedarf nach einem „Massenmedium" und trug erheblich zur Tradierung und Popularisierung bestimmter Bildthemen oder Inhalte bei. Bezüglich der Antikenrezeption läßt sich dies mit Warburg so formulieren: „Nicht die stille Größe des Gipsabgusses oder des präparierten Klassikers, sondern diese Carri mit ihren mythologischen und allegorischen Figuren waren das populäre Vehikel (im wahren Sinne des Wortes), das zunächst die Vergangenheit in unmittelbarer anschaulicher Verkörperung vor den Augen des Publikums auferstehen ließ." 21 Die Festkultur des Quattrocento stand unter dem Zeichen der Wiederbelebung des antiken Triumphzuges, als Würdeformel an sich, seiner Strukturen und seines Personals. Nicht zufällig war ein initiatorisches Moment der Einzug Alfonso d'Aragonas in Neapel, wo das lebende Bild Caesars die Fusion von entree solennelle und antikem Triumph visualisierte. Die „Triumphmanie" Italiens ist symptomatisch für die Abkehr von republikanischen zu autokratischen Herrschaftsformen, da der Triumphgedanke letztlich an die Person eines Herrschers gebunden ist. Indem die trionfi, für alles und jeden adaptiert das Land überschwemmen, arbeiten sie diesem Konzept von Herrschaft zu. Zugleich aber finden sich Tendenzen der Ironisierung und, so ließe sich unterstellen, der Devaluierung, indem der Triumph nicht einer Person oder einem Ereignis vorbehalten bleibt. Die lebenden Bilder sind Ausdruck gesellschaftlicher Prozesse, die sich für alle drei der postulierten Wirkungsmechanismen - Präsenz, Evokation und Repräsentation - aufzeigen lassen. Die Tendenz der Säkularisierung, die mit der Rezeption der Antike einherging, bedingte eine stärkere religiöse Agitation, die sich in der mit lebenden Bildern beschworenen Präsenz der Heiligen ausdrückt. Die Bildprogramme des Quattrocento verlegten die Ereignisse der Heilsgeschichte ebenso in das zeitgenössische Ambiente und statteten sie mit Auftraggebern und Zeitgenossen aus, wie diese selbst wiederum in die Rolle der Heiligen schlüpfen konnten.22 Die antiken Götter rief man auf ebendiese Weise aus der Vergangenheit zurück, nachdem man ihren Verlust als solchen erkannt hatte. Die lebenden effigies signalisieren die Veränderungen in den außen- wie innenpolitischen Konstellationen. Der Übergang von der Stadtrepublik in souverän regierte Stadtstaaten brachte eine neue Dimension von öffentlicher

20

Baldassarre Taccone hatte für die Porta Orientale eine Aufführung des Aktaion inszeniert, da der Sponsor der Veranstaltung Fontana hieß und deshalb der Ausgangspunkt ein Brunnen war. (Q XLVIII) Mazzocchi Doglio 1983, p.21.

21

Warburg 1932, vol.I, p.74 („Die Bilderchronik eines florentinischen Goldschmiedes"). In diesem

22

Cf. W a r b u r g 1932, vol.I, p p . 8 9 - 1 2 6 ( „ B i l d n i s k u n s t u n d

Sinne äußert er sich auch im Zusammenhang mit Botticelli, pp.66-67. florentinisches

Bürgertum")

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Quattrocento

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Inszenierung des Herrschers mit sich, die seine Vertretung durch eine effigies möglich macht. 2 3 Die lebenden Bilder sind Symptom einer Epoche, in der die Problematik von Bild und Abbild, Schein und Wirklichkeit, Mimesis und Alterität zu einem gesamtgesellschaftlichen Paradigma geworden ist. Die Spuren, die sie hinterlassen haben, waren in vielen Fällen nur hypothetisch zu sichern. Gleichwohl zeugen sie davon, daß die erhaltenen Kunstwerke nur ein Teil der visuellen Kultur des Quattrocento sind. 2 4 Obwohl die lebenden Bilder regionalspezifisch und ereignisbedingt noch lange, teils bis heute überlebt haben, verloren sie in Italien im Cinquecento ihren Rang, da andere Inszenierungsformen elaboriert wurden. Mit den Festlichkeiten, die in den höfischen Kontext verlegt wurden, gewannen die Intermezzi, Theateraufführungen, Musik und Tanz an Bedeutung. Den öffentlichen Teil der Feste bestimmte die ephemere Verwandlung der Stadt durch die Errichtung antikischer Architektur. Fanden lebende Menschen innerhalb von Triumphbögen oder auf den Triumphwagen Verwendung, so ist dies von den Veranstaltern eher als N o t lösung empfunden worden. Im Rahmen der Vorbereitungen der Hochzeit von Francesco de'Medici mit Johanna von Osterreich im Jahr 1565 wandte sich Vincenzo Borghini mit einem Brief an Cosimo de'Medici. 2 5 Für den Einzug der Braut schlug er eine Folge ephemerer Triumphbögen vor, deren Ausstattung er folgendermaßen kommentiert: „Es wird überflüssig scheinen, was ich über die Arten der Bögen und anderen Verzierungen sage, die man benutzt hat, da es klar ist, welche zu benutzen sind; nur um alles in Erwägung zu ziehen, ich bin auf Arten von Ornamenten, Bögen, Toren oder Fassaden gestoßen, die benutzt werden, aus Holz und bemalter Leinwand und mit Malereien und Skulpturen geschmückt, daß sie wie echt erscheinen. Einige haben dazu Grünzeug und Teppiche gebraucht, die wie zum Spott oder aus der Kirche schienen; einige haben an Stelle der Skulpturen lebende Personen gestellt, im Habitus der Tugenden etc. gekleidet und ausgestattet, was eine dürftige invenzione scheint. (...) Es wurden auch Triumphwagen benutzt, von verschiedenen Tieren und mit verschiedenen Verkleidungen gezogen, wo es notwendig ist, gehen, fast an Stelle von Statuen, lebende Personen und sie scheinen besser geeignet, einer Persönlichkeit entgegenzugehen als nach anderem Brauch (...) Und im allgemeinen scheint dieser Brauch mehr für Feste und Maskeraden oder für Hochzeiten oder Karneval geeignet; aber das alles ist hier aufgestellt, um keine Erwägung der Dinge, die man gemacht hat, außer Betracht zu lassen; aber es ist sich an die erste, meist genutzte Art zu halten, die schöner und großartiger ist, weil, jenes (die Dekorationen) wie das Wahre (die Triumphbögen) aus Stein und stabil zu machen, pflegt man nicht zu machen und kann man nicht machen. (...)" (Q XXXVII) Dies ist die einzige Äußerung, die man als theoretische Auseinandersetzung mit dem Medium des lebenden Bildes bezeichnen kann. Die von Borghini als dürftige invenzione abgetane Ausstattung von ephemerer Architektur mit lebenden Darstellern war eine im Quattrocento häufig anzutreffende Verschmelzung künstlerischer Medien. Lebende Bilder konnten wie Standbilder als Bekrönung von Säulen

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Im gesamteuropäischen Kontext betrachtet treten lebende Bilder in bestimmten Zusammenhängen auf, die wiederum eng mit dem Herrscherkult verknüpft sind: Entrie solennelle, Totenzeremoniell und Corpus Domini-Prozession. Waldmann 1990 sieht aus der Perspektive der Wachsbilder diesen Zusammenhang. Zu den weitgehend verlorenen Zeugen visueller Kultur wäre auch - gerade in Hinblick auf das Fest die Kleidung zu zählen, die als Spiegel des sozialen Status, der Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder Nationalität und des individuellen Charakters in vielen Beschreibungen eine große Rolle spielt. Zu den Medici-Festen im 16. Jahrhundert cf. Mamone 1981, die pp.128-132 den Brief publiziert.

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aufgestellt sein, in Ferrara waren es 1459 sieben Tugenden, in Viterbo 1462 zwölf Engel, die so die Dekoration bildeten. Als Eleonora d'Aragona 1473 auf der Durchreise zu ihrem zukünftigen Gatten in Rom Station machte, hatte man für sie einen ephemeren Bau errichtet. Dort war im Festsaal: „ein echter nackter vergoldeter Knabe in der Form eines Engels auf eine Säule gestellt, der Wasser aus

einem Brunnen einmal hierhin, einmal dorthin verspritzte"26 Der Knabe diente als Brunnenfigur, wie es auch in Pesaro zwei Jahre später einen Brunnen mit teils lebenden, teils künstlichen Putti gab, die in der Illustration alle gleichermaßen lebendig dargestellt sind. 27 (Abb.78) In den Triumphbögen sind es ebenfalls Kinder, die als Genien oder Engelchen der dekorativen Wirkung dienen, aber auch Allegorien oder antikisches Personal. 28 In vielen Fällen wurden, oft nur von einem der Darsteller, einige Verse rezitiert. Im Jahr 1475 saßen in Rimini auf einem Triumphbogen Helden der Antike zu Begrüßung der Braut und ihres Vaters Federico da Montefeltro. (Q XCII) In Pesaro hatte man im gleichen Jahr auf einem Triumphbogen einen kreisenden Engelreigen installiert, der seine Inspiration wohl den sacre rappresentazioni verdankt. (Q LXXXII) In Forli begrüßten 1481 putti auf einem Triumphbogen mit Versen den einziehenden Girolamo Riario. (Q XLII) In Bologna erwarteten 1487 die Braut Lucrezia d'Este zu ihrer Hochzeit mit Annibale Bentivoglio sieben Bögen, auf denen die sieben Tugenden standen. 29 Anläßlich der Hochzeit Guidobaldo da Montefeltros mit Elisabetta Gonzaga 1488 fielen in Urbino die putti auf den Bögen auf Grund des schlechten Wetters aus, bei ihrem Empfang in Casteldurante waren wiederum welche aufgestellt. 30 Im Jahr 1492 kamen beim Empfang des Kardinals Giovanni de'Medici in Prato zwei „Engel" zu Tode, die auf einem Triumphbogen Lobgesänge rezitierten und durch einen falsch bedienten Mechanismus herabstürzten. (Q LXXXVI) Im Jahr 1491 begrüßte man Anna Sforza als Braut Alfonso d'Estes in Ferrara:

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„Et a lato era exposito sopra una colonna uno fanciullo vero, nudo, indorato in forma de angelo, che gittava de una fontana acqua, hör qua hör lä, variando." Corio ed.1978, vol.II, p.1386 (Cruciani 1983, p.161). Die Beschreibung unterscheidet bei dem Schmuck des Brunnens zwischen „balli di spiritelli picoli" (spintelli benutzt der Autor ansonsten für die lebenden Kinder in den Dekorationen) und „alcune statue", was bei den weinspendenden Figuren auch wahrscheinlicher ist. (Q LXXXII) Möglicherweise gab es die ersten solchen Triumphbögen bereits 1452 anläßlich des Einzuges Friedrichs III. in Neapel. Eine Chronik berichtet, daß die Florentiner vier Triumphbögen errichtet hatten, mit „gewissen wunderschönen Figuren, mit Engeln und Bildern von großem Erfindungsgeist", („quali archi erano stati fatti dalli Signori Merchanti Fiorentini, tanto ben fatti in alto con le nubbi, con certe bellissime figure, con angeli e picture de grande invenzione") Racconti di storia napoletana ed.1908, p.486. Die Chronik stammt jedoch aus späterer Zeit und für den Einzug Alfonso d'Aragonas verzeichnet sie sonst nirgendwo vermerkte Triumphbögen, so daß sie als Quelle nicht ganz glaubwürdig scheint. Die Tugenden rezitierten Verse, cf. Zannoni 1891, pp.419-421. Filippo Beroaldo (Q I) schreibt die Bögen dem Künstler Zephiranus zu, bei dem es sich um Ercole Albergati, genannt Zafrano handelt. Cf. Cazzola 1979, p.22. Zu dem Einzug in Urbino berichtet Capilupo: „Da essa porta fin al palazzo erano coperte otto arzeate de verdura che traversavino la via, su le quale se Ί tempo fusse stato bono sariono comparsi putini che con certa representatione hariono cantato versi." Luzio/Renier 1893, p.18-19. Zu Casteldurante ibid., pp.44-45 (Q VIII).

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„Und es waren einige Triumphbögen in verschiedenen Ecken der Stadt errichtet, wo die Braut vorbeizog, und auf diesen wurden einige schöne Szenen dargestellt und an vier Orten Verse rezitiert." (Q XVIII)

Zambotti unterscheidet hier zwischen der Darstellung von „belli acti" und dem Rezitieren der Verse, daraus läßt sich schließen, daß eine Verbalisierung nicht zwingend Teil der Inszenierung war. Auch die antiken Götter, die beim Possesso Leos X . in R o m die Triumphbögen zierten, hatten nur eine visuelle Funktion. (Q CXI) Bei der Krönung Alfonsos II. 1494 in Neapel war auf dem Bogen ein Triumphwagen mit den sieben Tugenden errichtet. (Q L X X I V ) Als Massimiliano Sforza 1512 in Mailand einzog, erwartete ihn ein Triumphbogen mit fünf Personifikationen, von denen sich eine, Fortuna, mit Versen an ihn wandte. (Q LH) Die Bezeichnung „arco" sagt nicht viel über das Aussehen dieser Bögen aus, doch ist ihr zu entnehmen, daß diese als „Architektur" und ob mit oder ohne lebende Bilder als antikisch rezipiert wurden. 31 Die Belebung mit Personen wurde offenbar nicht als Widerspruch empfunden, sondern im Gegenteil in die Malerei übernommen, wo sich viele Beispiele der Verbindung von Architektur mit wie lebendig dargestellten Figuren finden; sei es in der Miniaturmalerei oder in großem Format in den Freskenzyklen, wie bei Ghirlandaios „uomini famosi" in der sala dei gigli im Palazzo Vecchio in Florenz. 3 2 Für die Buchilluminationen sei hier die Titelminiatur einer 1477 in Venedig gedruckten Ausgabe des Decretum von Gratian vorgestellt. 33 In der bogenähnlichen Triumpharchitektur sind die sieben Tugenden piaziert, wobei das Monument soweit mit Stufen versehen ist, daß die Personifikationen - bis auf Fides - mühelos ihre Plätze einnehmen könnten. (Abb.79) Gerade die Tugenden waren bei vielen Gelegenheiten aufgetreten und die Entstehungszeit des Blattes fällt in die Jahre, wo sich die belebten Architekturen häufig finden. 34 Die Triumphalarchitektur, die sich zum bevorzugten Motiv von Titelkupfern herausbildet 35 , dient auch in größerem Format als würdiger Rahmen der Präsentation des Wappens, wie im Fall des triumphierenden Wappens des Dogen Nicolo Tron. 3 6 In noch größerem Maßstab finden sich die wappentragenden oder auch nur dekorativen, als lebendige Kinder gegebenen putti in den Triumpharchitekturen der unteren Zone der Fresken des Schifanoia-Palastes zu Ferrara. (Abb.39) Lebendige Statuen finden sich in der Malerei nicht nur im dekorativen Kontext, sondern auch als Hauptargument eines Bildes. In einer um 1480/90 in Neapel entstandenen Handschrift der Orationes von Cicero ist dieser auf dem Titelblatt im Kreise seiner Zuhörer dargestellt. 37 31

In Mantua 1490 berichtet Zambotti: „in der Stadt waren an sieben Orten gewisse Bauten von Theatern nach der Antike gemacht, wo verschiedene Lobgesänge rezitiert wurden", (Q LIV) Die Bögen in Ferrara 1491 beschreibt Equicola (nach Cittadella 1864, pp.215-216): „fu scoperto Ii tribunali e archivolti facti alia Romana, more antiqua"

32

Darauf gehe ich ausführlicher in einem Aufsatz im Rahmen einer Publikation zu Ghirlandaio ein.

33

Zu der Miniatur, die sich in einem Buch aus dem Besitz Peter Ugelheimers befindet, cf. Mariani Ca-

34

Ein anderes Titelblatt aus dem selben Besitz, das ebenfalls einem 1477 in Venedig gedruckten Werk

nova 1969, p p . 5 6 - 6 2 ; The Painted Page 1994, pp.190-193. vorangestellt ist, zeigt einen Triumphbogen, der von zwei Gerüsteten flankiert wird, während in der Attikazone zwei jener

spintelli oder putti das Wappen,

in dem Fall des Buchbesitzers, halten. Hier ist

der Bogen vor einer zeitgenössischen Stadtkulisse errichtet. The Painted Page 1994, pp.192-194. 35

Zu den Titelblatt-Triumphbogen cf. Bouchery, H.F.: Des Ares triomphaux aux frontispices de livres, In: Les Fetes de la Renaissance I, p . 4 3 1 - 4 4 2 .

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Abbildung bei Steer 1982, p.269, P1.48.

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Österreichische Nationalbibliothek Wien, Cod. Vindob.4.

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(Abb.80) Obwohl er sich, als lebendiger Mensch dargestellt, in der aktiven Diskussion mit seinem Publikum befindet, steht er auf einem reich verzierten Sockel, dessen Höhe und Standfläche nur einer Statue zugemutet werden können. 38 Die Belebung jener Standbilder, die dem 15. Jahrhundert die Vorstellung der antiken Protagonisten vermittelten, reflektiert die Vitalisierungsmechanismen des lebenden Bildes. Das wohl eindrucksvollste Bild, das in diesem Kontext erwähnt werden muß, ist das von Filippino Lippi Ende des 15. Jahrhunderts in der Strozzi-Kapelle in Santa Maria Novella zu Florenz geschaffene Fresko der Darstellung des Wirkens des Apostels Philipp.39 (Abb.82) Das Bild wird dominiert von einer eindrucksvollen antikischen Architektur, die den Altar des Mars vorstellt. Der Gott selbst steht in dessen Mitte auf einem Sockel, doch ist er nicht als Statue charakterisiert, sondern als Mensch. Er hält eine brennende Fackel in der rechten Hand und wendet sich dem Heiligen vor dem Altar zu, der sich seiner Anbetung widersetzt. Die Herkunft dieser künstlerischen invenzione Filippino Lippis in kontemporären Festinszenierungen zu suchen, liegt nah, hat er doch selbst an solchen gearbeitet. Als Charles VIII. im Jahr 1495 in Florenz einzog, fertigte er einen „trionfo della Pace", der sich lebender Darsteller bediente.40 Der Künstler war also nachweisbar vertraut mit den Möglichkeiten des lebenden Bildes. Aber auch in Hinblick auf die Malerei steht sein lebendiger Mars nicht ganz isoliert. Auf dem bereits erwähnten cassone mit dem Einzug Caesars in Rom wird ein ebenso lebendiger Mars als erbeutetes Kultbild im Triumphzug mitgeführt, während der Herrscher selbst wie eine Statue auf einem Sockel posiert. (Abb.40) Als Vivarini um die Mitte des Jahrhunderts die Zerstörung eines Kultbildes durch die Heilige Apollonia malte, gestand er der Statue des Gottes eine eigenartige Vitalität zu.41 (Abb.81) Der männliche Gott, der ikonographisch einem Bacchus nahesteht, ist lebensgroß. Durch seinen unsicheren Kontrapost und den Fuß, der sich über den Rand des Sockels schiebt, scheint er fast unruhig nach einer Fluchtmöglichkeit vor der resoluten Heiligen zu suchen, die mit einem Hammer in der Hand mittels einer Leiter seinen Sockel erklimmt. Nicht Kraft ihres Glaubens stürzt die Heilige die Statue vom Sockel, der bilderstürmerische Akt vollzieht sich unter körperlichem Einsatz. Die Kontrastierung des nackten Männerkörpers mit der bewaffneten Frau läßt den Kampf gegen die Antike zum Kampf der Keuschheit gegen die Sinnlichkeit werden. Dies spricht von der Faszination an antiken Kunstwerken ebenso wie von der Vorstellung der dem antiken Kultbild innewohnenden Macht. In Vivarinis Bild klingt das Wechselspiel Statue - Gott - Mensch bereits an, das Lippi ein halbes Jahrhundert später unter anderen Vorzeichen auf ein weitaus höheres Niveau hebt. Mit der Geschichte des Apostels Philipp, in der er eine antikische Architektur mit einem lebendigen paganen Gott zum Hauptgegenstand eines religiösen Bildes macht, stellt er sich einer-

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Vergleichbar lebendig auf Sockeln inszeniert in wesentlich größerem Format präsentieren sich die antiken männlichen und weiblichen Exempla ehelicher Treue und aufopfernder Liebe eines wohl vor 1493 entstanden Zyklus. Cf. Francesco di Giorgio 1993, p p . 4 6 2 - 4 6 9 .

39

Zu dem Bild und der Kapelle cf. Wolf 1994, pp.440sq.

40

Borsook 1961, pp.111-114. Dieser bestand aus einer Lilie, mit einer Krone aus versilberten Palmblättern und Olivenzweigen, und singenden Knaben, die den König begrüßten. (Q X X X V ) .

41

Zu dem Bild, dessen Zuschreibung und Sujet umstritten sind, cf. Fabio Bisogni: The Martyrdoms of St. Apollonia in Four Quattrocento Panels. In: Studies in Art History VII (1975), pp.41-47. Zu der Problematik des Bildersturms cf. Warnke 1990, der diesem Bild eine ähnliche Darstellung aus der selben Zeit an die Seite stellt.

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seits bravourös den kunsttheoretischen Diskussionen seiner Zeit, thematisiert aber zugleich die ambivalente Haltung zur Antike. Dem paganen Kultbild wohnt, gemäß mittelalterlicher Tradition, ein lebendiger Geist oder Dämon inne, der unten aus dem brüchigen Sockel als kleiner Drache herauskriecht. Indem der Drache die Flucht vor dem Heiligen ergreift, entzieht er dem Kultbild das Leben und dessen Macht ist gebrochen. Hat sich in diesem Augenblick das Standbild in einen Menschen verwandelt und erweist sich dadurch als vergänglich und entmachtet? Oder verweist die Lebendigkeit des Mars auf sein Eigenleben, das keines Dämons bedarf? Die Evokation der heidnischen Götter in Form lebender Bilder und ihre Integration in das öffentliche Leben haue ihren Sturz ad absurdum geführt, sie waren allgegenwärtig und nicht mehr zu besiegen. Wie Mars hier lebendig im Kirchenraum steht, so erschien er selbst in religiösen Prozessionen. 42 Darüberhinaus war er durch die Legende, das Baptisterium sei ein antiker Marstempel gewesen, aufs engste mit der Florentinischen Lokalmythologie verknüpft. Zeigt sich also in der Lebendigkeit die Sympathie des Künstlers für den Heidengott? Andererseits ist seine Vitalisierung innerbildlich mit seiner Entmachtung verknüpft, und auch dies kann als symptomatisch für die Rezeption der Antike am Ende des Quattrocento gelten: Mit der Beliebigkeit ihres Auftretens in menschlicher Gestalt hatten die Götter ihren Schrecken und damit ihre Autorität verloren. Lippis Mars reflektiert die dem lebenden Bild innewohnende Problematik im Medium der Malerei: Mars ist zugleich der Gott, den er darstellt, er steht anstelle einer Statue des Gottes in einer Altararchitektur und erscheint in menschlicher Gestalt. Der Künstler thematisiert in seinem Fresko explizit die mimetischen Fähigkeiten der Malerei, und der künstlerische Paragone hätte die Darstellung einer Statue gefordert. Seine Charakterisierung des Mars als lebendige Statue ist daher vielleicht eine bewußte Auseinandersetzung mit dem Medium des lebenden Bildes, mit dessen Ambivalenz er spielt.

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In der Offerta-Prozession in Crema 1500 erschienen die Planetengötter mit ihren Planetenkindern, darunter Mars, mit seinem in antike Rüstungen gekleideten Gefolge. (Q IX).

Appendix

Abkürzungen BAV BML BNCF BNF BR BUB

Biblioteca Apostolica Vaticana Biblioteca Medicea Laurenziana Biblioteca Nazionale Centrale Firenze Bibliotheque Nationale de France Biblioteca Riccardiana Biblioteca Universitaria di Bologna

Quellen Die Quellentexte sind alphabetisch nach Städten geordnet, innerhalb dieser Ordnung chronologisch. Zunächst ist jeweils die Publikation genannt, an der sich die Wiedergabe orientiert, sofern nicht auf den Originaltext zurückgegriffen werden konnte.

Bologna 1487 Hochzeit von Annibale Bentivoglio und Lucrezia d'Este

Qi Philipi beroaldi bononiensis nuptiae bentivolorum; Cazzola 1979, pp.22-23: (...) preterea Bentivolus machinatores optimos et topiarios artifices probatissimos acciri iubet: qui solertia quadam genuina miroque artificio prediti novi generis ornamenta excogitarunt ex quibus unus nomine Cephiranus: qui non minus facetus est scurra atque artifex ingeniosus Septem portas ligneas affabre fecit: quae picturate et fruticibus herbisque viridantibus decorate exornabant viam nuptialem inter vallis prope paribus inter se distantes ad imaginem portarum urbicarum nisi que cataractas non habebant: (...) Cantata sunt carmina sponsa transeunte partim latino partim vernaculo sermone composita in singulis illis Septem portis quas temporarias ex ligno frondibus atque virentibus a Cephirano scura fabricatus supra docuimus: qua singulae sub tutella virtutum singularum erant consecurate: ex quibus quattuor philosophicas tres theologicas appellant. (...)

Q Ii Giovanni Sabadino degli Arienti: Hymeneo, ms.Parm. 1294, Biblioteca Palatina di Parma, 48 v.; Zannoni 1891, p.422: (...) ne venne la Fortuna, vestito di drappo alexandrino cum corona d'oro sopra le lunghe trecce, ad cavallo parato di brocato d'oro; et havea in mano una grande palla. Et drieto a lei erano a copia a copia sexanta gioveni calciati a la divisa Bentivoglia et vestiti picoli di seta azura, et in capo berette rosate cum penne de strucco azure; da una lato de la piaca se poseno. Poi ne venne a suono di tube, cum una palla grande verde in mano la Prudentia, vestita di drappo verde coronata d'auro sopra le blanche trecce, ad cavallo coperto de

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Quellen

brocato d'oro verde. La quale havea drieto sexanta gioveni calciati anchora a la divisa Bentivoglia et vestiti di seta verde, et penne verde di strucco in le berete de rosato; et postarse da l'altro canto de la piaca. (...) 1488 Corpus Domini-Prozession Q III Ghirardacci ed. RIS XXXIII, P.I, vol.II, p.247: La Domenica sequente si fece la solennissima processione del Corpo di Cristo, dove si fecero le representation! de' misteri dal principio del m o n d o insino all'avvenimento di Cristo et dal nascere di Cristo insino a questo tempo. 1490 Turnier Fortuna - Sapientia Q IV Ghirardacci ed. RIS XXXIII, P.I, vol.II, pp.258-259: Sapientia (...) Dietro alli quali veniva un belissimo carro trionfale tirato da quattro cavalli bianchi copertati di seta azzurra, sopra quali sedevano quattro fanciulli vestiti a ignudo, havendo sottilissimi rivolti intorno la testa et le braccia, che erano ventilati al soffiar de'venti. Sopra il carro sedeva per ciascun lato un huomo di venerabile aspetto, togato, con longa barba et vestiti all'antica: il primo rappresentava Piatone, l'altro Marco Catone, il terzo Quinto Fabio et l'ultimo Scipione Nasica. Poi nel colmo del carro eravi una donna, che rappresentava la dea Sapientia vaga et riccamente ornata. (...) Fortuna (...) Prima vennero sei trombetti sonando, seguito da otto corsieri bellissimi ornati di bardelle di seta verde et tutte riccamente d'oro et di argento, dietro loro ne veniva un carro trionfale condotto da quattro nobili cavalli, anch'essi di seta verde copertati con Ii fanculli sopra nudi, siccome quei della parte contraria. Sedevano da ogni parte di detto carro C. Giulio Cesare, Cesare Augusto, Adriano, Metello, et nella somnitä stava una grossa palla d'oro con la Fortuna sopra vestita di broccato d'oro con Ii capelli d'oro avanti la fronte et dietro di essa una vella che sopra la copriva gonfia dal vento. (...) 1492 Corpus Domini-Prozession, zugleich die Hochzeit von Alessandro Bentivoglio und Ippolita Sforza QV Bursellis ed. RIS XXIII, P.II, p.112; d'Ancona 1891, vol.I, p.297; Calore 1982, p.25: (...) In festo Corporis Christi in processione multa representata sunt, tam de veteri quam de novo testamento. Spectacula adeo fuerunt digna, et multi dicerent antiquitatem Romanam revixisse. (...) Q VI Ghirardacci ed. RIS XXXIII, P.I, vol.II, p.267: (...) II seguente giorno, che fu la solennitä del Corpo di Cristo, fu fatta una singolare rappresentazione per la compagnia del Baraccano, cominciando da Adamo con tutte le cose del testamento vecchio e del nuovo, con bellissimi addobbamenti di oro, argento et seta, et con infinite gioie et perle, che fu cosa che porse a'riguardanti gran maraviglia. (...) Q VII Cronica di Bologna di Giacomo Poggi bolognese del 1442 al 1495, BUB, ms.1491, cc.57-56; Calore o.J., p.23; Calore 1982, p.25: Per onore de la sposa adi 21 che fu giorno del Corpo di Cristo fu fata magna e trionfante festa ne la processione dove fu fato representatione de tuto la corte celestiale testamento vegio et novo co' grande ponpa e giera molto ricamente adobati a oro e argenta in varie fogie, con la Passione del nostro Signore M. Jesu Cristo con anti Ii santi ele sante eli tri mazi che veneno da Oriente in fogie de mori deli paisi dove veneno che mai in questa citä fu vista si digna festa, tuta la citä se pose in posta per vederli si nobil cosa, de multi mixi avanti se duro fatica per compire tal cose, che fu la Compagnia del baracano per mezo de M.co m. Carlo Grato.

Crema

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Casteldurante (Urbania) 1488 Empfang für Guidobaldo da Montefeltro und Elisabetta Gonzaga Q VIII Benedetto Capilupo an Francesco Gonzaga, 28. 7. 1488; Luzio/Renier 1893, pp.44-45: (...) Da la porta del castello fin al palazo era coperta la strata de panni de tela et in alcuni loci de la lana bianchi, da ogni canto tutta ornata de verdura et gli erano compartiti dodece archi triomphali che traversava la via, l'uno variato da l'altro cum l'arme e divise de V.S. e ducale, spiritelli, vasi antiqui et fontane, due de Ie quale butavano aqua rosata. Ne lo primo archo, a l'intrare de la porta era un puto che recito versi: Ii vi erano otto scudieri vestiti de seta che aredenorono M a . Dal palazo fino alia piaza fu condutto un carro triomphale sopra il quale in triangulo sedevano Cesare, Sipione e lo duca Federico, cum armature indosso dorate et facte a l'antiqua. Un poco da basso d'essi sedeva una Sibilla nanti al carro. Ne la cima sopra certa balla stava in pede uno angelo cum uno ramo de palma in mane, el qual prima canto versi e doppo lui Ii triomphanti et Sibilla. Dui centauri tiravano el carro: altri animali et ucelli erano sopra esso; che volendoli specificare seria troppo longo scrivere. Recitato che ciaschuno hebe Ii versi suoi, se avioe el carro inanti et acompagnö el Sre et M a alia corte. (...)

Crema 1496 Offerta-Prozession für den „Monte di Pietä" Q IX Terni ed. 1964, pp.245-247: (...) Passati questi, venne uno ornatissimo carro cum la historija di Paris e dele tre Dee ignude, da due griffoni tirrato, acompagnato da molti cavaglieri. Drieto uno Triumphante carro cum Diana et cum le nuove Muse che dolcemente cantavano, tirrato da quatro ben ornati corsieri, acompagnato da alcune fanciulete cavalere ala ninphale vestite. Di poi venne un altro carro meglio de gli altri ornato, cum uno Imperatore de 60 cavaglieri tuti ala todescha vestiti, et drieto uno Re Indiano negro, al quale sequivano altri tanti cavaglieri moretti al Indiani portar vestiti, cum panni tanto bizarri et richi, che fece gran vedere, cum gli staferi anchora di quel habito et colore. Poij la Imagine dila Matre di Christo, come in Egitto fugitte, poi di S. t0 Antonio Abate; fornito l'ordine de cavaglieri, a piedi venerono alcune Nimphe in habito di caccia, cum Apoline nel meggio a cavallo, sotto una beletissima umbrella, quale al tribimale agiunto, disse alcuni versi latini; finalmente sopra di uno carro triumphale fu condotta la presentatione dil principio di Venetia, cum tuti gli ornamenti, umbrelle, vexilli et triumphi che al Dose si portano, acompagnato dal populo dila porta; si cavarono computato l'estimo dele robe circa 1800 libre. (...) Venuto il giuorno a quelli di Rivolta stabilito, che fu a 19 di gugno, gli contadini furono Ii primi cum le demostrationi ciascuno de soi prottetori, prima gli fanciulli, poi le donne, poi gli huomini, ordinatamente andavano, poi gli loro cavalieri sule cavalle da basto segondo il loro habito adobati. Drieto li frati di S.to Dominico et di S. t0 Austino cum umbrelle di loro sancti benissimo ornate; drieto gli venne una machina di tal belezza, grandezza et arte, che ala famma tuti li vicini gli erano concorsi; a spese fu fabricata di Hieronimo dela Ruvere cardinale de Recanati: comendatario dila Abbatia nostra di Cereto, Giovanni di Viterbio governatore; sbarata et coperta havevano la strata, mentre che gli lavoravano, perche di tanta altezza era, che ogni tetto di casa escedeva. Haveva il primo quadro di legname tanto grande: che quaranta fachini che la portavano, comodamente gli potevan stare, et nascosi che da nisuno erano veduti, coperto da finissimi panni di razzo, alto meno dile spalle di uno huomo, cum gli piedi neli quatro anguli: che il tutto sostenevano, quando da fachini per ripossarsi era giu mettuta, atorno in terra gli erano gli dodeci apostoli: che cum le mani parevano che la portasseno; nel meggio dil quadro gli era uno alto et dirito legno, che li tetti superchiava (come vi ho detto) nel quale metuta era una grande balla tuta dorata, che sostenuta pareva da otto angeli che sul primo quadro erano in piedi; sula balla di qua et di la stavano in piedi S.to Pietro in habito pontifichale: et Santo

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Quellen

Bernardo abbate, titulo dila Abbatia; nela sumitade veramente dil legno: gli era un truono, cum alcuni Seraphini, avilupati in nebule di bambaso. Ο ingegno rare volte veduto, ο spirto elevato, come potrö io l'arte tua descivere, se al opra dil Cielo tanto si acosta: che l'una dal altra apena si discerne. Erano le nebule di bambaso candidissimo, acompagnato cum bambasi tincti in varij colori di cinere, et gialli, uno ciove piü scuro di l'altro, et l'altro men chiaro diquello, che tanto bene l'umbre unevano et acompagnaveno, lassando il chiaro verso il sole, (non so se ad arte, ο a caso fussi) che giä verso l'occaso s'inviava, che non meno vage erano di quelle che nel Ciel sereno: molte volte da raggi di Phebo risguardate, cum lieve spirar de venti, errando vanno; nel meggio dil truono gli era una virginella et uno fanciulino vivi, cum tanti raggi relucenti d'oro a torno, che apena da l'ochio humano per il reflexo dil sole erano sostenuti. Fu portato per la via dirita dil palazzo, drieto ala Canonicha dil Duomo, non possendo nela porta di girulo entrare; recetati alcuni versi furono, a quali dala vagezza dil triumpho rapto, non posi mente. Drieto era portato l'Apostolo Giacobo, in uno capitello molto omato, cum uno drieto a cavallo cum il compagno morto, si come nela historia e scritto, cum una infinitade de Pelegrini tuti di nero vestiti; seguiva poi uno elefante fincto che pareva chel andasse cum una torre sul dorso, piena de fanciulli armati; poi uno carro de poverelli fato per la disciplina, cum gli angeli che gli ministraveno et drieto 60 cavaleri dila disciplina tutti di biancho vestiti, fra quali gli era una ornatissima umbrella cum la Anunciatione dila Vergine Sancta; poi uno capitello di seta belissimo, cum uno Re et S.H Agata martire, et uno altro di S.ta Helena, et un altro cum quattro angeli che dolcemente cantavano, cum interpositione sempre di una quantitade de cavaleri, fra l'uno et l'altro; poi venne uno beletissimo struzzo cum uno cavagliere suso, molto bizarro, poi uno minotauro, che andava saltando. (...) Venne poi uno ricco capitello cum uno Imperatore che recitho alcune cose, seguitava poi la Assensione dila Vergine, cum gli discipuli et gli angeli che in aria la tenevano. Drieto venne una caretta coperta d'argento cum molti ornamenti, cum uno Re et S. t0 Bertholomeo che scorticaveno: poi venne una caretta tirata da doi ornatissimi cavalli, che a l'atre tute era superiore, cum uno Imperatore acompagnato da molti cavaglieri ala germanicha vestiti, et musici di varie sorte. Venne di poi in carro triumphale l'ingannatore del humane genti Cupido, da cavaglieri di l'uno e l'altro sexso acompagnato, da lascivi habiti vestiti; seguiva poi il triumpho dil hospitale dila porta cum molti mendici cum gli ducati in mano. Ultimamente presentossi Vespasiano sopra di uno veramente triumphale carro cum tanta caterva de Giudei ligati et incatenati chel fu di bisogno che la turba per la via gli cedesse, se non voleva essere, conculcata; disse molti belli versi a proposito dil Monte contro Giudei; si rascosse di offerta cum le robe estimate 1. 2288 s. 169. (...)

1500 Offerta-Prozession für den Bau einer Marienkirche QX Terni ed. 1964, p.240: (...) si fecero molte oblazioni per il populo di Crema, ciascuna porta facendo la sua separata mente; gli fanciuletti di l'uno e l'altro sexso, cum diverse foggie adobati, a cavallo cum sopraveste mandevano ad offrire, cum carri et umbrelle ricamente secondo l'anticho omati; fra le altre cose di memoria digne, la porta di Umbriano gli sette pianeti fece, cum Ii carri tirati da diversi animali ficti che parevano vivi, et a ciascuno pianeta seguirono i cavaglieri ciove e fanciuletti secondo l'influsso dil pianeta vestiti, a marte, armati di arme ficte secondo l'anticho, a Venere in habito amoroso, a Giove, literale et scientifero, et cusl a tuti gli altri; et quelli di Rivolta fecero Ii tre Magi, cum gli cavaglieri vestiti al habito dil paese di ciascuno deli tre Regi, cum molte altre fantasie, che per previtade preterisco. (...) 1525 Grundsteinlegung Q XI Terni ed. 1964, pp.320-321: (...) A 20 di aprile ala reformatione dil Palazzo nostro, per vetustä collabente si da principio, di quello dico che alo apposito dilla facia dil Duomo si vede, cum solenne processioni, portando una pietra di marmore quadrata benedetta cum littere sculpite di tale principio, sopra una barella coperta di brochato, et

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gionta al luoco dil fondamento, fu da una giustitia che sotto una molto ornata umbrella era portata drieto al sasso, detti gli seguenti versi: ( . . . )

Ferrara 1457 Empfang Galeazzo Maria Sforzas in Bondeno Q XII Galeazzo Maria Sforza an Francesco Sforza, 23. 7. 1457; Cappelli 1894, p.407: (...) Rivati al Bondeno, trovassemo ordinate vinte barche per correre al palio che era de molte braza de damascino celestro. Dato il palio ad quello piü tosto ritornö dal signo ordinato de trea miglia al Bucintorro, piü vicini ad questa citä scontramo quatro triomphi de Ii quali el primo fu uno mundo rotante circa chi erano quatro venti cardinali, overo quatro homini posti in modo de quilli et alcuni in modo de astrologi con sexti et libri in mano che fu cosa non senza ingenio et piacere. Non troppo lonze da quello se ne representö el secundo che havea il Dio d'amore imbindato con le saete, arco et la pharetra sopra uno carro de focho, a piedi del quale era uno paviono sotto chi gli erano revestiti in modo de Signori et Madame che ballavano; la quale cosa benche altre volte consueta et trita nondimeno fu delectevole e asay zentile. Apreso in una altra nave trovamo uno fonte posto in mezo de uno boscho et uno monte: ivi era una trasformata ne la Dea Diana con alcune altre nynphe quale in esso fonte honestamente si bagnavano, che per certo fu pelegrina et asay gioiosa cosa. Il quarto furono alcune imagini de Signori antiqui che continuamente rotavano che etiandio fu cosa digna. Tochando gia le mure de la citä trovassemo alcuni homeni vivi armati in nave diverse sopra cavalli de ligno quali per forza de remi correndo rupendo alcune lanze, il che non fu altro che nova et mirabile cosa. ( . . . ) 1459 Empfang für Pius II. Q XIII Rechnungsbücher der Kommune, Cittadella 1864, p.213: 1459. 9bre. Α Maestro Antonio de Guasparo da Firenze de aver per so inzegno e fadicha de dj X X I I che vi si adopero per zerte feste per la venuta del nostro S. Padre Papa Pio segondo, fra le quale luj die prinzipio e modo a le sete vertude fate suxo el ponte de legno che traversava la piaza, in zima de sete Colone de legno depinte e adornate, suxo le quale hera sete putj, et per lo semele lui diede modo a dui carozj fornedi e adornadi de Colone depinte con putj in zima incorezedi, e questo fo a di X X I I I I de mazo, che fo el di del Chorpo de Cristo, che lo prefacto N . Sancto Padre fo accompagnato in pertesione (sic -processione) come appare. It. a M.° Guaspero da Firenze enzegnero per corege diexe de corame, dopie blanche, fornede de bone fiube, per adoperare a le sete vertude al zinzere (cingere) putj che hereno suxo Ii dui carozj che se fieze portare a facchini per accompagnare la S. Padre (...) 1459 9bre. M.° Antonio de Guaspero da Firenze Inzigniero de havere a dj X X X J de dezembre Lire 5 soldi diexe de m. per spexe de bocha che luj fieze cum altri soi compagni, et zerti puti che Ii herano nezessarj et de bexogno a condure et adornare le doe feste che se fieze fare insino del mexe de mazo del anno presente per la venuta che fieze a Ferrara per andare a Mantoa el Nostro Sancto Padre Papa Pio II, (...) 1460 Empfang für Pius II. in Revere Q XIV Pius II. ed. 1984, vol.I, p.650: (...) Vexilla multi coloris impulsa ventulo aspectum mirabilem reddere. Tubae, tibiae et omnia musicorum genera, in altioribus collocata puppibus, dulcem praebere concentum. Personatus apparere diversi deorum ac dearum et gigantum et virtutum; pueri ac puellae cantare; in aggeribus, qui amnis inundationem cohibent, quasi ad spectaculum viri ac mulieres sedere. ( . . . )

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1473 Einzug von Eleonora d'Aragona Q XV Caleffini ed. 1938, vol.I, p.33: (...) essendo tuta quella strada dal ponte in Corte coperta de pani et girlandine de fiori somenati cum tute le statione aperte et ornate le case de tapezarie et essendo dreto dicte vie in piü lochi carri triomphali ornati e digni, carichi de puti vestiti ornatamente, che ballavano e sonavano publice quando Madama passava, et cussi in Piazza verso San Romano era uno di dicti carri. (...) Q XVI Diario Ferrarese ed. RIS XXIV, P.7, v o l l , p.89: (...) Prima de Sancta Maria del Vado era uno carubio cum gente suso ordinato pulidamente, a similitudine de Ii septe pianeti. L'altro era da Sancto Francesco dal Saracino, da Ii Giesuati, da la Porta de Sotto e da le banche di calgari. El septimo pianeto era dal campanile del vescovado adornato cum gente asai, che balava e cantava e che sonava cum molte gentilezze. Posia dov'e el 'marchese Nicolo, Ii era adornato cum sonaduri. Ε fu bella una cosa, quelli septe pianeti, da vedere. (...) 1489 Corpus Domini-Prozession Q XVII Girolamo Maria Ferrarini; d'Ancona 1891, vol.I, p.295: A di 18 de Zugno, zobia, el di del Corpo di Christo, in Ferrara fu facta la solenne Passione (...) Li frati di santo Francesco di Ferrara in tal Passione feceno tutti Ii santi et sante forno de la sua religione; item tutti Ii Papi sono stati del suo ordine; item, uno Imperatore; quello era in loco di sancto Francesco haveva Christo in alto, et lo guardava fixo, et era congegnato con fili di ramo, che era cosa dificile. 1491 Hochzeit von Anna Sforza und Alfonso d'Este Q XVIII Diario Ferrarese ed. RIS XXIV, P.7, vol.I, pp.126-127: (...) Intrete per lo ponte de Sancto Georgio et vene per suxo la Giara et dal palazo de messer Julio Tasoni Ii era uno bellissimo tribunale, et in dicto palazo era uno Bolognexe che atezava suxo la corda. Et dopoi vene da Schivanoio et Ii era uno altro tribunale con dui cavali, che tiravano uno caro triumphale. Et poi vene da Sancto Francesco et Ii era uno altro tribunale con uno caro triumphale, che tirava due cixani, et suso ge era uno pianeto. Et poi vene suxo la via di Sabioni in Piaza et Ii ge era uno altro tribunale con uno cavalo, suxo il qualle era uno homo armato. (...) Q XIX Zambotti ed. RIS XXIV, P.7, vol.2, p.220: (...) Et herano facti piü archi triomphali in diversi cantoni de la terra, donde passava la spoxa, e suxo quelli herano representati alchuni belli acti e recitati versi in quattro lochi. (...). 1502 Hochzeit von Lucrezia Borgia und Ercole d'Este Q XX Nicoiao Cagnolo an Philippo de Rocha Berthi, 12. 2. 1502; Zambotti ed. RIS XXIV, P.7, vol.2, p.323: (...) Et per la terra in quatro lochi forno facte representatione dignissime. (...) La prima representatione herano tre dee con pomi d'oro in mano che cantavano versi vulgari in laude de Ii illustrissimi spoxi, la 2a hera un Hercule col dio d'amore, pur che recitavano versi in laude ut supra, la 3a hera un Mercurio cum certe altre nymphe apresso, che recitavano versi ut supra, la quarta hera uno bove rosso cum una nympha a cavalo che recitava versi ut supra, et altre nymphe a pede con octo bovi con dardi in mano e octo satyri che balavano e saltavano. (...)

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Florenz 1428 San Giovanni Prozession Q XXI Paolo di Matteo Pietrobuoni; Hatfield 1970, p.146: ( . . . ) Ε in fra ll'altre cose belle et maravigliose la compagnia de'Magi di Sam Marcho feciono motle ricche et grandi onoranze. ( . . . ) Ε dietro a lloro in su bello e grande cavallo uno anticho con barba biancha vestito di brocchato d'oro di chermusi et uno capelletto di chermusi aghuzzato pieno di grosse perle et con altrj ornamentj di grandissima valuta, a ghuisa d'uno re chuomo tra' Christianj. Volendosi ornare per degnitä che thenga nollo puo avanzare d'ornamento nel vestire. Et dietro a questo re fu inn uno mezzo d'una nughola uno fanciullo di circha a tre annj fasciato e lie manj isvolte; in sull'una [fu] uno calderugio vivo, et coll'altra faceva cose pronte naturalj che huomo di quaranta annj meglio non avarebbe fatto. Iddio pareva in quel corpo del fanciullo Francesco d'Andruccio da'Richasolj. 1428/29 Festa dei Magi Q XXII Paolo di Matteo di Pietrobuoni; Hatfield 1970, p.146: ( . . . ) Et dopo mangiare circha a settecento vestitj a chavallo furono, in tra' qualj fu[rono] i tre Magi e i loro compagnj vestitj orrevolmente. Et delle belle cose che vi fufrono] i loro, furono tre giughantj et uno huom salvaticho, e in su uno carro il significhato di Davittj, che uccise il giughante colla fronbola. Ε chi era per Davittj andava ritto inn altj et molto destramente in sul charro. ( . . . ) 1439 San Giovanni-Prozession Q XXIII Anonymer Autor (Konzilsakten); d'Ancona 1891, vol.I, pp.230-231; Guasti 1908, pp.19-20: II di 23 giugno fanno una gran processione e una festa, a cui tutto il popolo concorre, ed operano in essa prodigj e quasi miracoli, ο rappresentazioni di miracoli. Imperocche risuscitano i morti; e il caporione sbaraglia i demoni; cruciffigono un uomo, come Cristo; e rappresentano la Resurrezione di Cristo; vestono alcuni uomini da Magi, e per via di uomini rappresentano la Nativitä di Cristo, con i Pastori, e la Stella, e gli animali, e il presepio. Inoltre vanno a processione con istatue, e reliquie di santi, e imagini, e croci preziose, precedendo sempre trombe e altri strumenti musicali. Che staro a dire qualmente rappresentarono sant'Agostino per mezzo d'uno vestito da frate, e lo messero in alto venticinque braccia, e passeggiava intorno e predicava? Ma imitavano pure gli eremiti colla barba, e camminavano co' piedi di legno in alto, che era come un orrendo spettacolo. Ma ancora alcuni simulacri, parte sterminati, parte sublimi, vedemmo andare a spasso, come cosa dolorosa. Che dirö sei gran San Giorgio, che rappresentava il miracolo del dragone? (...) 1454 San Giovanni Prozession Q XXIIII Palmieri ed. RIS X X V I , P.I, pp.172-173; d'Ancona 1891, vol.I, p.228 sq.: Per san Giovanni 1454 si muto forma di festa, la quale era usata a farsi ä di 22 la monstra; a di 23 la mattina la processione di compagnie, frati, preti e edifici; la sera l'offerte; e el di el palio. Ε riordinorsi in questo modo cioe: Che a di 21 si facesse la mostra. A di 22 la mattina la processione di tutti gli edifici, e quali detto anno furono e andarono come apresso dirö: El principio mosse la Croce di Santa Maria del Fiore con tutti loro cherici, fanculli, e drieto a loro sei cantori. Le Compagnie di Iacopo cimatore e Nofri calzaiuolo, con circa 30 fanciulli vestiti di bianco e angioletti. L'edificio di san Michel Agnolo, al quale soprastava Iddio padre in una nugola, e in piaza al dirimpetto a Signori feceno rapresentagione della battaglia angelica, quando Lucifero fu co sua agnoli maladetti cacciato di cielo. Le Compagnie di ser Antonio e Pietro di Mariano, con circa 30 fanciulli vestiti di bianco e agnoletti.

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L'edificio d'Adamo che in Piazza fe rapresentatione di quando Iddio creo Adamo e poi Eva, fe loro il comandamento, e la loro disubidienza, in fino a cacciargli di paradiso, colla tentazione prima del serpente, e altre apartenenze. Un Moise a cavallo, con assa' cavalleria de principali del popolo d'Israel e altri. L'edificio di Moyse; el quale in piaza fe la rapresentatione di quando Iddio gli die la legge. Piü profeti et sibille con Ermestri megisto et altri profetezatori della incarnatione di Xristo. L'edificio della Nuntiata, che fe la sua rapresentaione. Optaviano inperadore con molta cavalleria e colla Sibilla, per far rapresentazione quando la Sibilla gli predisse dovea nascere Xristo e mostrogli la Vergine in aria con Xristo in braccio. Templum pacis coll'edifcio della nativitä per fare la sua rappresentazione. Ε awene che, essendo l'edificio inanzi a Signori e scavalcato Ottaviano, e salito in su l'edificio sotto, overo nel tempio, per cominciare la sua rapresentazione, sopragiunse un Tedesco pazo, che avea solo indosso una camicia molle, e a pie dell'edificio domando: Dov'e el Re di Raona? Fu chi rispose: Vedilo quivi, e mostrogli Ottaviano. Lui sali in sull'edificio, multi credeano fusse di quegli avea a intervenire alia festa, e pero non fu impedito. Lui prima prese 1'idolo era in dicto tempio e scagliollo in piaza, e rivolto a Ottaviano, ch'era vestito d'un velluto paonazzo broccato d'oro, ricchissimo vestire, el prese et fello capolevare sopra'l popolo in piaza, et poi s'appicco supra una colonna del tempio per salire a certi fanciulli soprastavano a dicto tempio in forma d'agnoletti, et, qui sendo, sopragiunsono circustanti con maze aveano in mano e precotendolo gravissimamente con dificultä lo volsono a terra, donde rittosi e ingegnandosi risalire, percosso da molte mazate di sotto e di sopra fu vincto. Un magnifico e trionfale tempio per edificio de Magi, nel quale si copria un altro tempio ottangulare ornato di sette virtü intorno, et da Oriente la Vergine con Xristo nato, e Erode intorno a detto tempio fe sua rappresentazione. Tre magi, con cavalleria di piü di 200 cavalli ornati di molte magnificenzie, et vennono a offere a Xristo nato. Intralasciossi la passione e sepoltura, perche non parve che si convenisse a festa, e segui: Una cavalleria de'cavalieri di Pilato ordinati a guardia del Sepolcro. L'edificio della Sepoltura onde resucitö Xristo. L'edificio del Linbo, onde trasse e Padri Sancti. L'edificio del Paradiso, dove misse detti Sancti Padri. Gli Apostoli e le Marie che furono present! all'Asuntione. L'edificio dell'Asuntione di Xristo, cioe quando sali in cielo. Cavalleria di tre re e reine, e damigelle e ninfe, con cani a altre apartenenze, al Vivo e Morto. L'edificio del Vivo e del Morto. L'edificio del Giudizio, con barella de'Sepolcri e Paradiso e Inferno; e sua rapresentasioni, come per fede si crede sarä in fine de secoli. Tutti sopra detti edifici ferono sua rapresentationi in Piaza inanzi a Signori e durorono infino alle sedici ore. (...) 1459 Besuch von Pius II. und Galeazzo Maria Sforza Q XXV anonymes Gedicht, Piero di Cosimo de'Medici gewidmet, Bessi 1992, pp.108-109: (...) Razzeggia, come il sol, tutti i confini, El triunfo era fatto in questa forma: et in su la sommitä d'i quattro canti aveva quattro facce, che ognuna et in su la sommitä d'i quattro canti all'insu digradava con gran norma, son quattro spiritelli peregrini, Et posa in quattro rote, che ciascuna Et nel mezzo di lor son tre diamanti era in bilico grande a rrotar via, che 'η sulle punte han d'oro una gran palla, et ruotan tutte, chi ne movesse una. et son d'oro i diamanti tutti quanti. (...) Li spiritelli ognun festante galla et ha ciascuno in mano una lumera, et sono innudi, con l'ale alia spalla. (...)

Florenz Colui il quale a ccui Venere e mamma in sul caccume della palla stava, ritto, senza piegar solo una dramma:

199 La benda agli occhi et l'arco in man portava, turcasso al fianco, et rappresenta crudo et sanza umanitä sua piedi usava, Con due grandi ali et tutto Ί corpo nudo. (...)

Q XXVI Dei, ed. 1984, pp.67-68: (...) Ε non prima sentito fu tal venuta, che IIa Signoria fiorentina ordino di far suo debito, e di fatto elessono e feciono 20 cittadini Festaioli, Ii quali potessino ispendere ogni quantitä di danari infino alia somma di 60 milgl[i]aia difiorinilarghi, per fa[r]gli honore e pe'riciettarllo. (...) Ε ordinossi dappoi un'altra festa pe' Ί papa; e questa fu una solenne e degnia prociessione, edifici e rapresentazioni e divozioni assai, chon quaranzei prociessioni di battuti, che ffurono cittadini 2518, c[i]oe la Chrocietta, el Zanpilli, San Bartolomeo, lo Spirito Santo, el Nichio, Sa' Nicholo da tTolentino, l'Agniolo Raffaello, la Chapanuccia, Sa' Rossoro, la Trinitä, el Gesü, i Magi, el Chrocifisso e Sa lLorenzo e IIa Ghaza e San Bastiano e gli Ermini e Chamaldoli e la Freccia e Vivo e Ί Mortto e San Giorgio e altri assa' ch'io non conto. Ma tanto e in Firenze non si fe' mai simile festa, ne simile prociessioni, ne simile rapresentazioni quanto fu questa, la qual si fe' al papa Pio e Ghaliazo Maria figl[i]o del ducha di Milano. (...) 1472 Benedetto Dei Q XXVII Dei, BML, Ashb.644, fol.ll v.; Gilbert 1988, p.203: (...) Sono stato (a Firenze) al tempo che si chomincio a fare le prospettive di tarsia e lie figure di mode che paiono dipinte; et sono stato al tempo de'difici che si fanno di nuovo per San Giovanni che a ogni forestiero parrebbon fatto per arte magica. Sono stato al tempo che io ho visto fare di nuovo e porre le porti di San Giovanni di Firenze che sono di bronzo dorato e di rilievo e storiato a L01 mila modi di maniere bellissime. (...) Q XXVIII Dei, ed. 1984, pp.92-93: Firenze bella fä ogni anno ogni anno di bei chontinovo assai feste e assai rapresentazioni e solennitä, in diverssi tenpi e in diversi luoghi drento ne la cittä, a onore e riverenza dell'altissimo Iddio e a chontenplazione e piaciere del potentissimo popolo fiorentino. (...) fässi in prima la grandissima festa di San G[i]ovanni del mese di g[i]ugno fässi la gran festa del Chorpo di Christo, in detto mese, a Santa Maria fässi la grandissima festa dell'Anunziata a San Filicie, di marzzo fässi la grandissima festa de l'Asensione al Charmino, del mese di magio fässi la grandissima festa dello Spirito Santo a Sant'Aghostino, di g[i]ugno (...) fässi la gran festa delle mummie e delle maschere per Charnovale (...) fässi la gran festa de'Magi alia gran chiesa di Sa'Marcho per tutta fässi la gran festa d'Abran e d'Isah e di Sarra a San Giorggio fässi la gran festa del Giudicio nella chiesa di Santa Maria de'sServi fässi la gran festa del Vivo e del Mortto e la festa del Giudic[i]o appresso. Ο romano, ο napoletano, ο viniziano, ο milanese, ο gienovese, ο sanese, ο ferarese, ο luchese, e ogni altro italiano: fate paraone a dette chose e a detta cittä fiorentina! Ed eziandio ο levantino, ο soriano, ο cipriotto, ο rodigiano, ο ciciliano, ο marchiano, ο romagniatto! Ε sappiatemi rachontare un'altra cittä che vi si faccia la quarta parte di questo.

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1473 San Giovanni-Prozession Q XXIX Eleonora d'Aragona an Diomede Caraffa, 25. 6. 1473; Corvisieri 1887, p.655: (...) Mercurdimatino andammo ad vedere Ii triumphifaceano questifiorentini in tal di, et arrivata al talamo preperato per nuy in piacza vennero primo quactro giganti, duy mascoli et duy femmene. Ad presso vennero sette rappresentationi. La prima quanno lu N . S. Dio donö la legge ad Moysex. La seconda della Annunciatione della nostra donna. La terza della Nativitate de N.S. La quarta dello baptismo. La quinta della resurrectione et descensione al limo et liberatione delli sancti patri. La sexta della Penthecosta. La septima della assumptione della nostra Dompna. In veritä belle cose ad vedere et actamente facte. (...) 1475 San Giovanni-Prozession Q XXX Piero Cennini an Pirrino Amerino, 12. 9. 1475; Mancini 1909, p.224: (...) Altero igitur die, qui junii mensis secundus ac vicesimus est, ludi sacri a mane ad meridiem fiunt: quibus aut Mariae Virginis Annuntiatio, aut Iudicium, vel Resurrectio Christi, ad inferosque Descensio et huiusmodi alia multa in scena ductili vel fictis arboribus referentur. (...) 1478 San Giovanni-Prozession Q XXXI Landucci ed. 1883, p.23: (...) Ε a di 5 di luglio 1478, si fece fare la festa di San Giovanni, la quale aveveano lasciata nel di suo, e fecesi molto bella di difici, processione; corsesi el palio e girandola e tutto spiritegli, giganti e molte belle cose, come se fussi stato el di proprio. (...) Q XXXII Giusto d'Anghiari; Newbigin 1983, p.XLV: (...) Si fecino certe feste di rapresentazioni di alcuni santi che le chiamavano le Nuvole, come si solevano fare per la festa di San Giovanni che s'era sopratenuto a farle perche le vedesse l'Ambasciadore del re di Francia che c'era venuto, e fu a vedere belle ceremonie. (...) 1488 San Giovanni-Prozession Q XXXIII Brief aus Florenz; Guasti 1908, p.23: In questo Sangiovanni s'apparecchia una bella festa e di nugole e di spiritelli e carri et festivi edificii et ingegni populari da passar tempo, con tutte l'altre cose festive ordinarie altre volte: e tutto si fa per cagione di messer Franceschetto, e perche il popolo nostro si trova in buona disposizione e letizia. (...) 1491 San Giovanni-Prozession Q XXXIV Tribaldo de' Rossi ed. 1787, pp.270-271: (...) Richordo questo di 24. el di di S.Giovanni cioe la vilia andarono a dificj la mattina e fecino molto male da quello a la Nunziata in fuori fe' benissimo, e fe'bene el munimento e limbo, e 3. altri edifici ch'andarono fecion male che fu una gran vergonia che ci era di molti forestieri el di da le 20. ore in lä. Avendo fatto fare una finzione naturale Lorenzo de'Medici fe' fare ala chonpangnia dela stela su suo trovato 15. trionfi quando Pagholo Emidia trionfo a Roma quando torno da una citä chon tanto tesoro che Roma istette da 40. ο 50. anni che'l popolo non pagho le tasse mai graveza niuna tanto tesoro chonchuisto, e'l primo trionfo fu che vene quela prieta di Roma la ghuglia, non si fa mai a Firenze la piu bela chosa per detto d'ogniuno; tutti venono in piazza a ore 21. furono 15. trionfi cho moltissimi ornamenti chome per tale preda fecie Pagholo Emidia a tempo di Ciesere Austo provide Lorenzo de i Medici ci fu si 5. ischuadre di chavali a uso di chanpo chon detti trionfi bene a ordine erono, feli venire dale stanze loro per fare tale onoranza da 40. ο 50. paia di buoi tiravano detti trionfi, fu tenuta la piu degnia chosa andasi mai per San Giovanni. (...)

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1494 Einzug von Charles VIII. Q XXXV Sanudo ed. 1873, p.135 ( . . . ) Et giongendo al Ponte di Santa Trinitä dove era uno carro con uno edificio con molti razi quando fo annonciata Nostra Donna che parve cosa bella al Re ( . . . ) et zonzendo in piazza, Ii era uno carro triumphale, con grandissimo zio [giglio], et di sopra una corona di palme inarzentade, con rami de olive; et eravi su giovani con diversi instrumenti, che sonavano et cantavano, et salutorono el Re dicendo: ben vegna el liberator et restaurator de la libertä; et molte altre cose in laude dil Re. ( . . . )

Vasaris Beschreibung der nuvole in der Vita des Cecca (1447-1488) Q XXXVI Vasari ed. Milanesi, vol.III, p p . 2 0 0 - 2 0 1 : ( . . . ) Le nuvole poi, che di varie sorti si facevano dalle Compagnie e con diverse invenzioni, si facevano generalmente a questo modo. Si faceva un telaio quadro di tavole, alto braccia due in circa, che in su le teste aveva quattro gagliardi piedi fatti a uso di trespoli da tavola ed incatenati a guisa di travaglio. Sopra questo telaio erano in croce due tavole larghe braccia uno, che in mezzo avevano una buca di mezzo braccio, nella quale era uno stile alto, sopra cui si accomodava una mandorla; dentro la quale, che era tutto coperta di bambagia, di cherubini, e di lumi e altri ornamenti, era in un ferro a traverso posta ο a sedere ο ritta, secondo che altri voleva, una persona che rappresentava quel Santo, il quale principalmente da quella Compagnia come proprio avvocato e protettore si onorava; ovvero un Xristo, una Madonna, un San Giovanni, ο altro; i panni della quale figura coprivano il ferro in modo che non si vedeva. A questo medesimo stile erano accomodati ferri, che girando piu bassi e sotto la mandorla, facevano quattro ο piü ο meno rami simili a quelli d'un albero, che negli estremi con simili ferri aveva per ciascuno un piccolo fanciullo vestito da Angelo; e questi, secondo lo volevano, giravano in sul ferro dove posavano i piedi, che era gangherato. Ε di cosi fatti rami si facevano talvolta due ο tre ordini di Angeli, ο di Santi, secondo che quella era che si aveva a rappresentare. Ε tutta questa macchina, e lo stile ed i ferri, che talora faceva un giglio, talora un albero, e spesso una nuvola ο altra cosa simile, si copriva di bambagia e, come si e detto, di Cherubini, Serafini, stelle d'oro, ed altri ornamenti. Et dentro erano facchini ο villani che la portavano sopra le spalle, i quali si mettevano intorno intorno a quella tavola che noi abbiam chiamato telaio; nella quale erano confitti sotto, dove il peso posava sopra le spalle loro, guanciali di cuoio, pieni ο di piuma ο di bambagia ο d'altra cosa simile che acconsentisse e fusse morbida. Ε tutti gli ingegeni e le salite erano coperte, come si e detto sopra; che faceva bei vedere: e si chiamavano queste macchine, nuvole. ( . . . )

1565 Hochzeit von Francesco de'Medici mit Johanna von Osterreich Q XXXVII Vincenzo Borghini an Cosimo I. de'Medici, 5. 4. 1565; Mamone 1981, doc.23, p.130: ( . . . ) Parrä superfluo quel ch'io diro delle sorte degli archi ed altri ornamenti che si sono usate, essendo chiaro quelli che son da usare; pure per mettere ogni cosa in considerazione, trovo i modi degli ornamenti ο archi, ο portoni, ο facciate, ch'elle sieno usati di legname e tele dipinte ed ornate di pitture e sculture e questi paiano i veri. Certi n'hanno usati con versure, ed arazzerie che paiono da motteggio ο da chiesa; certi in luogo di sculture hanno posto persone vive e vestite ed abbigliate in abito di virtu etc., che par magra invenzione [ . . . ] Trovo ancora usati carri trionfali tirati da diversi animali e di diverse fogge, dove di necessitä, quasi in cambio di statue, vanno persone vive e paiono piu atti ad andar a incontrar un Personaggio che ad altro uso [ . . . ] Ε generalmente questo modo par ρίύ da conviti e mascherate ο per nozze ο per carnovale; ma tutto si mette per non lasciar nessuna considerazione delle cose fatte; ma e da attenersi al primo modo piü usato, piu bello, e piü magnifico, poiche quello che sarebbe il vero di far di pietre, e stabile, non si suole e non si puo fare. ( . . . )

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Foligno 1502 Empfang Lucrezia Borgias Q XXXVIII Giovanni Luca und Gerardo Saraceni an Alfono d'Este, 13. 1. 1502; Gregorovius ed. 1968, p.194: (...) sulla piazza, presso la porta stessa, le venne anche innanzi un trofeo, sul quale era una persona, rappresentante Lucrezia romana con una pugnale in mano. Recito alcuni versi, che significavano: sopraggiungendo Sua Signoria, dalla quale essa stessa era superata in pudicizia, modestia, prudenza e costanza, le dava loco e cedeva. Sulla piazza poi era un carro trionfale e sul davanti un Cupido e sopra Paride col pomo d'oro in mano. II quale disse alcune rime, il cui senso era: che egli un tempo aveva per suo giudizio dato il pomo a Venere, che sola eccedeva di bellezza Giunone e Pallade; ma ora revocava la sentenza e donava il pomo a Sua Signoria (...) Non ci siamo curati di avere il testo di codesti versi, perche non sono dawero quelli del Petrarca. Ε poi la rappresentazione stessa a me non pare fosse di gran importanza, ne molto al proposito. (...)

Forli 1448 Himmelfahrt Christi Q XXXIX Giovanni di M.° Pedrino (vol.2) ed. 1934, p.240: (...) Era del mese de maggo adi II, in di zoiba, fo fatta solenefesta e repre[se]ntacione in lo cimiterio de S[an]to Agostino; e foegle molta zente, e multe mode, mostrando tuti gl'atti verificando da la resurecione di Cristo fima a l'Asensione, con tute e quigle atti e muode richest! a simele istoria. Era in la ditta festa ochupate circha persone duxento; e sopra i titte de le giexe erano i solare; e fatto i[n] modo de [pa]radixo de sovra, dove a la fine Cristo andd personalmente la suxo non vedudo el modo. A santo Agostino fo Cristo uno Marcho sarto da Massa, che molto fe gl'atti verisimilli, comencando a la prima istoria ussire del monumento e ultimo andare in cielo. Ε niente in mezzo non romaxe che non fosse fatto repre[se]ntacione, e fo pacifficha e piaxevele festa: e questa fo fatta prima. Adi ditto fo a Santa Croxe fatta de la ditta Asensione un'altra festa depuo' mezzodi: el Cristo fo uno f[r]a Piero, fra menore da Forli, figlio overo nevode de m.° Bortole Merlo; e molto bene sequito con ordine dal principio e la fine: e fogle altretante e piü persone ch[e] da prima. 1460 Fest anläßlich der Geburt von Antonio Maria Ordelaffi Q XL Giovanni di M.° Pedrino (vol.2) ed. 1934, p.350: (...) adornada la ghiexa maravigl[ox]amente, fatto un coro d'angelli vivi suxo alto che voltando continuamente cantavano: e qui pare el paradixo. (...) 1481 Einzug Girolamo Riarios Q XLI Bernardi ed. 1895, vol.1, P.l, pp.58-59: (...) Item ancora dita comunitä fe' fare uno care trionfale, che ie veno Ii molte dinare, come multa zente in suso. Item ancora feno fare una girafa multe granda. (...) Ε Ii i nomine Domini s'avio dita procesione insemo come soa Signoria, che fu cercha höre 21 quando i arivö in suso la piaza. Ε Ii dito care trionfale se fermö in pete al cantone dela piaza. Ε Ii fu recetato pure alquante beletisimo verso a soa Ecelencia et ala Signoria de M.a (...) Q XLII Cobelli ed. 1874, pp.263-265: (...) Nota, lectore, l'aparechio grandi in Forliuio. In prima era in la porta dei Codogni molti cittadini, e quella porta hornata e tucto quello burgo hornato di gentileze con soni e uari stormenti. Poi a la bocca de

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la piacia de Moczape era una porta hornata con molti gentilecie. Poi in piacia era uno castello facto nobilmente con gran maistria. Poi era in piacia uno carro trionfale facto soperbiamente con homini famosi finti forlouesi a significare la uictoria receuota. Poi tucti Ii artisani con edificii chi a modo e chi a un altro, e tucti riccamente vestiti, e giascuno sotto l'insegna e gonfalone de la sua arte. ( . . . ) (p.265) Ο lectori, crede tucto questo t'o dicto che non e busia, et e noto a tucta Romagna de questa intrata in Forliuio: io la vide con Ii mei occhi proprio, e tucto lo populo forloueso. Et essendo zonto el conte Gerolimo a la bocca de la piacia de Mociape, oue era una porta a modo d'un arco trionfale con cose contrafacte et pucti suso a modo di ispiritelli, dicando uersi in laude e trionfo de l'illustro conte Gerolimo signore nostra. Poi, intrato per la porta e ariuato in piacia, le uenne incontro uno carro trionfale con homini famose e antiche forlovesi, li quale diceua hogn'omo la sua horacione e uersi, poi laudando lo illustro conte. (...) 1485 Corpus Domini-Prozession Q XLIII Bernardi ed. 1895, vol.1, P.l, pp.159-160: (...) Ε fu una ecelente e digne cosa a laude delo eterno Idio; dela quale io ne faro memoria a partita per partita. In prima al Spedale deli Batute negre, patrono dela prefata festa, fabricone 4 edificio per dita procesione per aconpagnare al vere corpe dal nostra Redenptore M. Jhesti Criste, come di sopra. Al primo edificio se fu come 5 persone in suso; e li fu portade per la tera, seguitande dita procesione. Lo seconde edeficio i era uno horgane come 4 persone; e pure feze come di sopra. Lo terzo si fu l'albore dela vita de lungheza de pie 12 come 4 solare; Ii dui solare i era 4 persone per zaschadune, e li se voltavano: i altre dui solare erano dal cante di sota come 5 persone in suso; che funo in tuto persone 13. Ε li se portava li propinque da loghe a loghe. Lo quarte edificio se fu una serpa come 7 teste a significacione deli sete pecati mortale; e li se portava come di sopra. Ε fune in tute li Batude vestite persone 80. Li Batii bise fene 4 edificio. Al primo fu l'Anonciada int una roda come 7 persone; e portose. Al seconde fu al presepio come 3 persone. Al terze fu Porte d'Abrame come 4 p. Al quarte fu sam Bastiane come 2 persone. Ε tute se portone. Li Batude vestide fune 80. Li Batu rose fene dui edificio. Al prime fu sam Francesco in suso al monte come le stimate, come p.7 in suso; e po' fene al biate simone da Trenta come 5 p. Ε tramedui se porto, come di sopra. Ε funo in tuto li vestite p.80. Li batu bianco fene dui edeficio. Al prime fu el presepio come p. 8 in suso e uno videle e uno asene; e po' fene la Incoronata come p.5: in suso al prime, Dio padre, e po' nostra Dona, e po' l'anzole, come cercha dui fanzule. Li vestite funo in tute 140. Li Batu virde fene 4 edeficio. Al primo fu l'Anonciata; al seconde al presepio; al terze fu uno cavale che portava la testa de Davite; al quarte ed ultime fu Jhesu Criste inte la nuvela quande l'asonse in celo: che fune in tuto p. 156. Ε portose tute le dite soi edificio. Li Batu celestrine feno 3 edeficio. Al prime fu sam Cristofane in zanche; al seconde fu sante Antonio; el terzo fu uno edificio che ne se pote portare. Fune le vestide in tute persone 30: per mode che questa fu tenute una nobelisima cosa per uno popule privade come nu' erano. Ε li fu molte persone tra forastere e tirero. Laus Deo.

1497 Corpus Domini-Prozession Q XLIV Bernardi ed. 1896, vol.1, P.2, pp.151-152: ( . . . ) Con ciö fuse cosa che dite Bianco avesene fate prencipalmente uno home de gram statura, vestite come la mitria in cape et le chiave in mane, a representacione dela santa madre Ghiesia. Aprese fecene sante Michal e Gabriel e Rafail come 4 fanzule innente vestite de anzele come le targhe et uno dardane per ome in mane, tutavia faciande gram vista de volere inavorare dita Ghiesia. Item fezene uno altre home vestite in divarie mode, zoe fate a liste, zoe bise, rose, verde, celestrine et zalle, come la corona in cappe, come una grande imazene de uno zanpalde in mane, de conpagnia deli multe altre homine vestite de bianco, come le multe breve in carta bambasina in pete, overo in sue braze, come le multe varie sentencie inentre se contenea, come per li nostre savie fune interpretate. (...)

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Quellen

Mailand 1423 „Offerta-Prozession" für die „Opera del D u o m o " Q XLV Annali della veneranda fabbrica del Duomo, vol.I, p.105; Ghinzoni 1887, p.824: Porta Ticinese: (...) ystoriam Septem planetis caeli, incipiendo la luna, solle, marte, merchurio, jupiter, venere usque ad saturnum (...) 1449 Friedensabkommen zwischen Venedig und Mailand Q XLVI Vincenzo della Scalona an den Marchese von Mantua, 12. 10. 1449; Ghinzoni 1893, p.958; Mazzocchi Doglio 1983, p.21: (...) L'era congignato un pozetto coverto de lenzoli al palazo di Signori cum cordeile che andavano l'uno alia porta de la chiesa magiore l'altra a San Techia et all terza ad un tribunale facto in mezo la piaza alto et cum le scale de asse large da ogni canto, et per queste corde se mandoe prima un agnolo ala chiesa majore poi poi un altra a san.ta Techia: facto qesto, da la chiesa majore ussi uno che representava san.t Ambroso vestito in modo de vescovo cum la scuriada in mane acompagnato de altri che rapresentavano alcuni sancti et cum alcun altri che rapresentavano el priore et Ii signori: de san.ta Techia ussi uno che rapresentava san Marco acompagnato d'altri che pur rapresentavano alcuni sancti et cum la rapresentatione del duxe di Venixa et de parechi zentilhomeni. Ε l'uno da un canto et laltro dal laltro cum le lor predete compagnie montono sul tribunale et ecco l'angelo fue mandato alor per la corda et qui subito san Marco et santo Ambroso se abrazono insieme, Ii sancti cum sancti, el duxe col priore et zentilhomeni cum Ii signori et poi san Marco andoe verso la chiesa major et san Ambroso verso san.ta Techia. El duxe col priore et Zentili homeni cum Ii Signori restono di compagnia et insema venera al palazo di Signori. Inde si feci intrar in corte tuta la chieresia che fue el fine della festa, la quale duroe fin ale X X ore (...) 1452 Corpus Domini-Prozession Q XLVII Annali della veneranda Fabbrica del D u o m o ; Mazzocchi Doglio 1983, p.20: (...) Corpus domini nostri Jesu Christi erit sociatum multis Angelis cum certis Apostolis, patriarchis, Abel, Chaym et multis aliis. ( . . . ) Offerta der Porta Orientale (Aktaion, zwischen 1480 und 1494) Q XLVIII Baldassarre Taccone; Mazzocchi Doglio 1983, p.21: Si sogliano, si per religione, si per dilectare el numeroso popolo milanese, fare annuale oferte al fastigioso primo templo della ciptä di Milano; dove gli magnificentissimi gentili huomini honorevolmente contendino in edificare trophei et triumphi accomodati a loro fantasia ο privata ο pubblica: il perche havendosi a fare l'oferta de Porta Orientale, e preclarissimo et splendidissimo senatore e cavaliere M.Francesco Fontana, volendo mostrare la magnitudine del cuore et la dispositione dell'animo suo verso questo invictissimo principe et populo milanese, alludendo al cognome suo di Fontana, una fontana ad emulatione d'antiquitä ingeniosamente fabbricata fece edificare; dalla quale per diversi cannoncegli aqua gocciolava. Et essendo quella portata su la piazza del domo con tranquillo silentio attentissime orechie de' S.ri patritij et plebe, fevvi la favola di Acteon trasmutato in cervo da me composta rappresentare. (...) (...) nel fonte era un albero altissimo che in cime haveva un fiore, quale al tempo s'aperse et apparivvi Mercurio nuntio degli dei, parlando al S.re Duca di Milano in commendatione del Moro. (...)

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1507 Einzug von Louis XII. Q XLIX Sanudo ed. 1897-1903, vol.VII, col.83: (...) Avisano l'intrar dil re in Milan quel zorno, a horre zercha 14. Le strade tutte coperte di panni, e tapezarie assai per Ii balconi. Intro per la porta verso Pavia, dove erano preparati alcuni cari triuphmali, qualli veneno avanti. El primo havia a' 4 cantoni dil caro le quattro virtü cardinale, et in mezo una victoria armata, et con lettere majuscole schripto: Venit rex regnum, venit rex victoriosus. Sopra l'altro caro erano molte spolie a refuso, indicante la victoria di Zenoa (...) Ε andati con questo ordine fino al domo, dove era etiam uno altro caro triumphal con le terre famose de Italia suso, Napoli, Venetia etc, e di sopra uno Jove. (...) QL Prato ed. 1842, pp.260-262: (...) et per piü onorar sua venuta, Ii si mando incontra un indorato carro triunfale, sopra del quale era un paraninfo, interpretato per la Virtü; el quale, scontrato che ebbe il re, Ii disse questi, benche vulgari, versi: (...) Ditte queste parole, Ii mostrava il caro, et sequeta: (.. .) Facto che ebbe la Virtu fine al suo dire, si misse a sequitare il Re, essendo per ciascun lato d'esso carro una delle quattro virtü cardinale: cioe, Prudenzia, Fortezza, Temperanza et Iusticia, tutte apparate con maestevole arte; et essa Virtü stava nel mezzo, con la palma in mano, et le frondo d'ulivo in capo. Cosi levato il Re da Sancto Eustorgio, intro sotto al padiglione, nel principio del quale era uno ornatissimo arco; et a porta Ticinese un altro non meno reguardevole; et un altro nella contrata de la bandere, ornato de uno mirabile et misterioso triumfo. Fra l'altre cose avea una Italia in rappresentacione, circondata da una gran rete, volendo significare quella essere tutto in arbitrio del Re; et in custodia di quella era Marte, et love in aria soprastava; el quale nel gionger del re disse a Marte le sequenti paroli: (...) Eravi poi un trofeo, et altre misteriose cose assai, le quali da Ii triumfanti Romani se soliamo anticamente usare (...) 1509 Einzug von Louis XII. Q LI Prato ed. 1842, p.277: (...) Poi davanti al Re vi fu conducto le cinque cittade prese, alia foggia romana; et dietro un carro triumfale tutto indorato tirato da quattro bianchi corseri, coperti tutti di sandal bianco recamato, con dui carrettoni et vintiquatro pomposi stafferi: et sopra esso recuso il Re de montare, quasi come cosa da gioco (...) 1512 Einzug von Massimiliano Sforza Q LH Prato ed. 1842, pp.305-306: (...) et nell'intrare di Porta Ticinese era un bellissimo apparato. Poi nella contrada de le Bandere uno arco triumfale, sopra del quale stavano quattro in abito di donna triumfale; l'una significatrice della Fama, l'altra della Speranza, l'altra dell'Audacia, et l'ultima della Penitencia, in foggia assai riguardevole; soprastando a tutte costoro la Fortuna, la quale nel transito dil Duca recito certi versi, i quali essendo a parer mio un poco domestici, Ii contrapongo l'infrascripti di sentenza simiglianti, Ii quali dicono cosi: (·•·)

Ti do la treccia mia contenta in mano Per piü tua sicurezza, et la mia rota Non mai per te farä alcun moto strano. (...)

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1515 Einzug von Francois I. Q LIII Pasquier Le Moyne 1525; Beltrami 1890, pp.417-418: ( . . . ) et de la senalla audit dome auquel auoit au mitan de la croisee pour lentree du dit Seigneur cum gros cable descendant de la lanterne auquel tenoit ung pavilion ouuert des deux costes de couleur blanc rouge et vert soubz lequel pauillon auoit une nostre dame tenant son enfant vestu de blanc quant au corps la teste nue cuysses jambes et pieds laquelle dame auoit les mains soubz lesditz piedz et des deux costez Delle y avoit deux personnages en evesque. La dicte dame estoit acoustree de satin noir et rouge aucune bordure dessus ayant sur son chef une quelimpe de linomple pendant des deux costez et devant eile y avoit une dame a main gaulche en entrant audit dome la teste levee a mont vestue de velours cramoisy tenant une espee toute nue en sa main et pres dicelle le roy a genoulx comme soulz ung abit de drap dor et de velours vert a poinctes la couronne pres de luy et de laultre coste a main dextre estoit la royne a genoulx vestu de drap dor et velours cramoisy la queu pendant plus bas que les autres, les cheueulx pendans a bas, une coiffe de drap dor dessus tenant en ses mains la couronne, et y avoit en escript entre le roy e la royne. In summa justicia summam clementiam adhibuit. Et alentour y auoit quatres dames vestues de damas cramoisy les unes manches de drap dor les aultres de drap dargent, lacoustrement de la teste e la coustume du pays. Et entre chascune desdictes dames deux anges a vestemens blancz les estoilles de satin cramoisy sur le col et est comprinse la dame deuant dicte tenant lespee nue des quatre. Et dessoubz icelluy rondeau ou estoient les dessusdictes dames ung aultre petit rond en poincte estoient sept anges en suppeliz de fine toille tres blanches les estoilles de satin cramoisy et au dessoubz petis enfants nudz faictz a plaisance. A la poincte dudit rond ung escu de france pendu et des deux costez papier painct selon la maniere de faire en ladicte ville. Au cueur dudit Dome y avoit tapisserie a personnages tout a lentour. ( . . . )

Mantua 1490 Einzug von Isabella d'Este Q LIV Zambotti ed. RIS X X I V , P.7, vol.2, pp.214-215: ( . . . ) e per le citade in 7 lochi herano costructe certe fabriche de theatri a la anticha, dove herano recitate piu diverse laude (...) 1495 „Rappresentazione allegorica" Q LV Giovanni Gonzaga an Isabella d'Este Gonzaga, 25. 1. 1495; Ferrato 1877, pp.9-16: ( . . . ) Et prima Serafino assai lascivamente vestito, como a la Voluptä si convene, cum il Leuto in brazo comincioe a cantare le sequente Rime ( . . . ) Dapoi il Magnifico Maso Antonio Ranzone, Ambasatore de l'Illustrissimo Signor Duca de Calabria, representando la Virtu in abito leggiadrissimo e severo, como a quella si convene, venne fuori cantando le infrasripte rime: ( . . . ) Ne Pultimo parte del dire de la Virtu, comparse la Fama sul trionfale curro cum digna arte fabricato, essendo tirato da due gioveni armati tutti cum spade in mano, l'uno de Ii quali era per lo Ulustrissimo Signor Duca di Calabria et Paltro rapresentava la persona de l'Excellentissimo Signor Marchese mio Patrone onorando, et essa Fama decentissimamente ornata cum Γ ale et due trombe in mano, cum Ii pennoni Aragonesi e Gonzageschi, cussi comincio a dire: ( . . . ) Cussi finita questa Representatione, che, considerata la brevitä del tempo, fu assai bella; Zafarano nostro introe in sala cum un'altra Representatione per lui, et di sua famiglia composta tutta, perche nel triunfale curro de la Pudicicia aveva quattro filioli, dui maschi, e due femine, essendo la sua filiola maggiore ne la sumitä del curro collocata tra dui unicorni: qual conducta a la presentia de Ii convivanti recitoe alcuni versi (...)

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1496 Inszenierung der „Madonna della Vittoria" von Mantegna QLVI Sigismondo Gonzaga an den Marchese Francesco Gonzaga, 6. 7 1496; Kristeller 1902, dok.140, p.561: ( . . . ) Et cossi havemo ordinato una bella processione, la quale questa matina solemnemente cum tutte le regole de frati e preti s'e facta in questo modo: Tutti Ii religiosi si adunoreno a San Sebastiano cum la mazor parte del populo, dove era exaltata la Imagine di la gloriosa Verzene che ha fornita m. Andrea Mantinea suso uno tribunale grande adornato moho solemnemente, et sopra ad essa imagine gli era uno zovene vestito da Dio Patre et dui propheti da ogni canto, da Ii ladi tri anzoletti che cantavano certe laude et per contra gli erano Ii XII apostoli. Quando fu el tempo, se levö questo tribunale che era portato da X X fachini et cossi processionaliter se porto questa imagine fin a San Simone cum tanto numero de persone maschij e femine che mai non ne fu viste tante in Mantua. Quivi era aparechiato uno solemne altare suso il cantono de la nova Capeila, dove celebrö una solemne messa m. Christhophoro Arrivabeno. Ma prima frate Petro da Caneto fece una bella oratione vulgare al populo (...) II doppo disnare essa imagine fu collocato al loco deputato, dove non stete tre höre che ge furono presentate alcune imagine de cera e doperi et altri voti, per il che credo che in breve tempo gli acrescerä grandissima devotione ( . . . )

Modena 1453 Feste zu Ehren von Borso d'Este Q LVII Giovanni da Ferrara ed. R I S , X X , p.41: ( . . . ) Extemplo in primo aditu duo triumphantium currus ei obviaverunt, quorum unus tale spectaculum praestabat. In medio equidem sanctum Geminianum collocaverant, undique angelorum multitudine circumseptum, annonam pecuniamque disseminantem. Alter Justiciam, Prudentiam, Temperantiam, Fortitudinem ad similitudinem Veneris ornatas prae se ferebat. Incredibilique opere gygantem pedibus meantem formaverant, in cujus aspectu mirum in modum oblectabatur prospectus; pueri utrinque cum populo universo collocati Ducem ingentibus vocibus clamitabant; pannis laneis vias, per quas Princeps trasiturus erat, operuerant prosternuerantque ambrosiam redolentesque flores, quorum suavitate mirabili vaporibus complebatur transeuntim olphatus. ( . . . ) 1476 Feste zu Ehren von Ercole d'Este und Eleonora d'Aragona Q LVIII Jacopino de'Bianchi ed. 1861, p.24: Ε a höre 19 in quelo di si comenzo una festa d'Ercule bela e degna in piaza con la nave e la Colone le quale si piantono per man d'Ercule in el mare e como con questo lo leone e la serpe e la cerbera e altri zogi beli e degni denance dal ducha e la madama e fela far l'arte de la lana e fela Gui di Mazon dito di Paganin da Modena. 1500 Prozession auf Grund der Türkengefahr Q LIX Tomasino de'Bianchi, in: Jacopino de'Bianchi ed. 1861, pp.269-273: ( . . . ) La croxe de san Marche con 24 puti con 16, zoe 12 apostoli e 4 evangelista e 11 putie vestite da sante. (...) Item el stendarde de santo Zohane vechie con puti e pute ben vestiti n.o 172 e homini vestiti da profeta n.o 12 et uno anzole denanze. Item bandere sete con tri pive e trombete, dui diavoli e le sete virtu con dui anzoli de dre. Item undexe donzeli ben vesti uno care con Dio padre e Saul morte con 4 anzoli suse e con tri asene de tre carege de vituaria e doe bandere inanze e con 13 donzeli che acompagnane il Dio padre. Item uno home in forma de uno cigante con uno home in forma de uno orse et uno con lui a pe con uno can a man. ( . . . )

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Item Ii tri Mazi a cavale a asini et una Maria con lo putin in braze, oferende ore, mira e incense con donzeli n.o 18 Item la croxe de Santo Laurenze con puti e putie ben vestiti n.o 66 con tri puti de drede e lo gonfalon de Santo Laurenze con homini vestiti de sache descalze scaviati con croxe in man n.o 70 con uno Santo Laurenzo e con uno Cristo che porta la croxe et uno calixe in man con uno subdiacone con lui. Item la croxe de santo Vicenze con dui anzoli inanze con puti e pute tuti ben vestiti n.o 64, 4 dottore de la gexia e l l sore. Item la croxe de san Catalde con puti e putie n.o 38 con sore con Ii diavole che strasinane una donzela che era la Invidia, e la morte drede e a quella con Santo Bernardo che strasinava Ii diavole incadenati. Item la crose di san Pole con puti e pute 64 e sore vestite de blanche 46 con la nostra Donna con doe donzele con uno Santo Agustin con quatro preti inanze con areliquie e San Polo de dre con la spada in man. (...) Item la croxe di Santo Barnabe con la sua reliquia con puti e pute vestite da sore e altre foze n.o 30 e disipuli vestiti con mantelli negri a l'apostoli che con libri in man e dascalze n.o 46, significande 72 disipuli con uno Christo morte con quatre che lo portane con dui dopere aprexe con le tre Marie e cinque zoe Josefo e altre e la lanza e la sponge denanze. Item la croxe de San Michele con puti e putie n.o 132 e donzeli zoe secalche n.o 12 con lo monde, cinque pute che lo portano con santa Catalina vestita tuta d'ore e con donzele con lei n.o 9 con doe sorete, dui fratizoli, e filoxafi n.o 12, uno santo Dominico, uno santo Francesco, uno san Sebastiano portato in suxo una barela drite in pe, uno San Michele in suxo una altra barela, tuto el misterie de la passion, zoe Criste menato in suxo una lelza* adobada con persone n.o 20 la quale lelza la menava uno bufale e uno cavale. Item una compagnia vestita de sache con Ii sachi in cho e crucifixe in man descalze n.o 58, una bara con la nostra Donna morta suxe con dodexe apostoli che la portane tuti abrunati con pute abrunate n.o 90: questi fece el prete de la Pompoxa con le tre Marie e con canti pietose. Item Ii tri Maze con 12 a cavale e 12 stafere Ii quali oferse al presepie che era in Castelare ore, mira, incense. (...) Apressa de questa si e sta fate a santa Chiare uno altare, magnifico con la representation de santa Chiara con molte altre verzene e sante, con verse piatose e cante aricomandandose a Dio e domandande gratia che lui se defendese da man de Turchi. Item a San Pietre in la gexia nova in la trofina granda** ge fata la representation de lo paradixe con beli adormenti pregande Dio che se guardasse da man de Turchi con canti piatosi. Item a Santa Maria da le Ase Ii fecene la feste de la Asonption de la Nostra Donna con canti piatoxe pregando Dio che se guardasse da man de Ii Turchi. Item in el Castelare soto la finestra de la camera blanche Ii fecene uno presepie molto devote al quale Ii ando Ii tri magi Ii quali sono antescritte ad offerire ore, mira, incense, Ii quali fecene tuto lo mistere de la pifania et erane bene adobati da borchä d'ore et altre bele veste et a cavale con ragaze a cavale e secalche a pe tuti adornati e con Ii pastori. Item in el principio de la procession in la gexia Catedrale de Modena ciascuna de le soprascrite compagnie a lo altare che e fato abase denaze a la intrata de M. S. Geminiano Ii fecene reverentia grandissima e con canti piatosi et offene pregando Dio che Ii volesse liberare da man de Turchi e che lui Ii volesse dare abondantia, in fra quale ge e una compagnia de Ii tri magi che oferse dinaze al dito altare dove e la nostra Donna, zoe una puta vestita a similtudine de la nostra Donna con lo puto in braze, e a quela fecene cante piatose per modo tale che fecene lacrimar de molte persone. Ε nota che tuti Ii prenominati sone state a la procession Ii qual son in tute Ii aparati zoe preti, frati, batü et homini vestite de sache et puti et pute n.o 2000, et homini et femine n.o 5000, senza queli che sone a vedere drede a le strade, e senza le femine che sono a le fenestre et senza queli che sone suxe li tribunali dove se fa le dite feste; fata la decretion del tute computä queli de la procession, queli che ge vano drede, queli che sono in suxo li tribunali, queli e quele che sono drede a le strade e a le fenestre e stimate in tute n.o 12000. * treggia ** abside maggiore

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1501 Corpus Domini-Prozession Q LX Jacopino de'Bianchi ed. 1861, p.230: (...) Essendo adunato il povolo de Modena e del comtä per andare in procession (...) esendo za dal teremoto le persone spaurite venne doe bufale che erano guidate de su la strada Ii al domo per farege tirare uno carro dove era suso una reprexentacion de la morte; dite bufale se smarine per tanta zente e per lo romore facevane se misene in fuga (...) 1509 Corpus Domini-Prozession Q LXI Tomasino de'Bianchi ed. 1862, p.52: (...) In questo dl fazande la procesion del corpo de Cristo fu fata una conpagnia in lo spedale dala Morte de zoveni con mascare da morte e tutti con arme in man e uno a cavallo in forma dela morte con el cavallo caregate de osse e teste de morte contrafatte e con uno tamburo in anze e con sol arme in dosse, diti zoveni e quelle arme che loro havevano in man le portavano tuti volte con la punta in zoxe in spala et intorno alo improvixo in la procession et ancora havevano una tronba, per modoche ogne persona che Ii vediva cusi alo improvixo se maravegliava, per modo che ogne homo e la mazore parte pronosticone questo essere uno cativo augurio, che Dio facio che el sia al contrario per lo avenire.

Neapel 1443 Triumphzug von Alfonso d'Aragona Q LXII Panormita 1538, pp.229-239; Kruft/Malmanger 1975, pp.295-296: In quibus Florentini omnium primi varios ludos singulari industria excogitatos, grandi affatim impensa constructos, in hunc modum explicaverunt. ( . . . ) Sequebatur hos rerum domina Fortuna super tabulato pictis tapetibus instrato, & ea quidem veluti curru alto sublata vehebatur, capillis a fronprotensis, occipite autem calvo, sub cuius pedibus erat ingens aurea pila, & hanc infantulus quidam specie angeli extensis brachijs sublevabat, sed is angelus sub aquis vestigia firmabat, fortunam modico intervallo sequebantur virtutes sex pulcherrimis atque instratis equis devinctae, habitu per honesto & antiquo. Caeterum ut dignosci possent, suum quelibet prae se ferebat insigne. Prima omnium Spes coronam, proxima Fides, calicem, deinde Charitas infantulum nudum ostentabat. Quarto ordine meedebat Fortitudo columnam marmoream manibus sustentans. Quinta erat Temperantia, manibus phiales gerens, aqua vinu commiscebat. Ultima vero Prudentia speculum dextera, laeva serpentem populo ex hibebat. Iustitia restabat, quae velut regina caeterarum equo modo contenta, sub ornatissimo quodam pulpito eminens vectabatur, ornatuque cultuque conspicua, dextera nudum ensem, laeva vero trutinam gestans, quae velut sequentibus ac colentibus se imperium esset praebitura. Post humeros loco eminentiore solium constituerat & hoc quidem auro purpuraque decorum, super quod angeli tres, quasi coelo visi descendere, coronam quisque suam sibi polliceri videbantur, qui huiusmodi solium propter iustitiam mereretur: sedem hanc pulcherrimam sequebatur turba equitum maxima in habitu formam que diversarum nationum, prineipum, procerum. Sed ut hi sedem sequebantur, ita & currum personati Caesaris anteibant. Adventabat enim Cesar eminentissimo adque exornatissimo quodam in pulpito devectus, adquem gradibus instratis ascendebatur. Stabat enim Caesar laurea caput devinetus, armatus, paludamento amictus, dextera seeptrum praeferens, laeva auream pilam. Sub cuius pedibus mundus in formam sphaericam continue movebatur. Constitit coram Alphonso & in hanc fere sententiam locutus est rythmisque maternis. (...) Haec locutus Caesar, agmimi sese immiseuit, & secuti sunt bino ordine Florentini numero circiter L X tunicis omnes purpureis ac coccineis amicti. Post hos veniebant Hispani, hi quos Latini Celtiberos, vulgo Cathalanos vocitamus, 8c hi magna celebritate magnosque spectaculo ludos peragentes, ( . . . ) Post hos vehebatur lignea ingens turris mirifice ornata, cuius aditum angelus stricto ense custodiebat. Nam super ea vectabantur virtutes quatuor, Magnanimitas, Constantia, d e m e n t i a , Liberalitas. Haeque sedem periculosam, insignie

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illud regium prae se ferebant, cantantes suam quaque compositis versibus cantionem. (...) Liberalitas postremo in vulgum pecuniam prodigebat, significans regem actorum gloria dumtaxat contentum, reliqua omnia popularibus elargiturum. (...) Q LXIII Piero de' Ricci, B N C F , Magl.VII.1168, fol.95 r.; Croce 1916, p . 6 : Sonetto di piero de Ricci fatto in N a p o l i per lo trionfo si fece a Re di raona quando entro in N a p o l i Eccelso Re, ο Cesare novello, Ε la Ventura, che ti porge il crino,non ti dar Giustizia con Fortezza e Temperanza, Prudentia, Fede, Caritä e Speranza,

tutto a lei, ch'ell'e fallace, che m e , che trionfai, misse in dechino.

ti farä trionfar sopr'ogni bello. Se queste donne terrai in tu'ostello,

El m o n d o vedi che mutazion face! C h e sia voltabil, tienlo per destino:

quella sedia fia fatta per tua stanza;

e questo vuole Iddio perche Ii piace.

m a , ricordasi a te, tu sarai sanza, se di Giustizia torcessi Ί suggello.

Alfonso, Re di pace, Iddio t'esalti e dia prosperitate, salvando al mio Firenze libertate.

QLXIV Gionata; Fabriczy 1899, Anhang 1; Ettari 1966, p p . 6 2 - 6 4 ; Kruft/Malmanger 1975, p p . 2 9 2 - 2 9 3 . (·.·) N o n c h o m o A l f o n s o Re che tu say in napoli riceppe il triunfale del qual magiore tu mirasti may Li cavaleri andere c o m o et quale foron Ii gioveni acti al destrero se ognun mostrando angel sensuale

mirasti le gran donne a tal mistero in signa de virtu bene adobate et lindrappati arvi in tal sintero mirasti le gran piacze de person charcate el gran soni e grandi adobamenti Ii momenti acti partiti et posate El signior tucti in assembiamenti in procession di po lo carro tende fulciti di drappi et de illustre gente

Diesen Versen ist als Kommentar angefügt: (...) Et veniebat quidam thalamus omni ornamento fulcitus manualiter portatus. In quo ordinatus et p o situs erat quidam juvenis more angelico indutus habens et gestans pallam auream in manu. Et super eundem quidam alter angelus ordinatus et positus erat quandam coronam auream mire pulcritudinis manu gestans. D e m u m vero post duas tubectas Septem juvenes: habitu et indumento muliebri induti: in signo et figura Septem virtutum omni pulcritudine pleni: pandis scarulaticis et sericis induti: equitati equis seta et velluto ornatis sequebantur. Q u o r u m una erat manu gestans coranam auream: 2 a calicem unum aurei colons. 3 a quandam figuram seu ymaginem. 4 a quandam columpnam argentei coloris. 5 a carafam unam plenam vino et aliam plenam aqua. 6 a erat portans q u e m d a m speculum in quo se continuo mirabatur. vij a vero non eques erat sed veniebat in q u o d a m curru seu thalamo: miro m o d o ornata: non humana creatura visa sed angelica formata. quae et Justitiam representabat: ensem in dextra et belancias in sinistra gestans. N o n sedens sed quasi de sua sede expulsa in fine thalami pedes stabat. In medio vero thalami erat sedilis: seu segia regia pannis aureis et omni pulcritudine ornata: nemo in ea sedens: Super quam in alto erant tres angeli: creature viventes in m o d u m angelorum angelico m o d o actate et indute habentes alas pulcherrimas et mire magnitudinis: manibus tenentes magnam coronam omni ornatu et pulcritudine plenam: triplici serto seu gradu ornatam in aureo colore. Et cum obiam (sie) fuit regi, rogavit e u m : ut ipsam tamquam incognitam et expulsam in suo deberet ponere sedili. Veniebant postea persone XIJ equis transformati et induti: in signo et figura XIJ prophetarum. Et postea ethyopi duo similiter equitati sequebantur. Erat autem et veniebat post hec thalamus unus ornatus omni pulcritudine: super quem erat medio ordinatus mundus in rotundo et pulcherrime depictus: nunquam sistens sed continuo volvens. Super quem m u n d u m quidam juvenis positus erat totaliter omni arma copertus et armatus: hujus in manu dextra q u o d d a m seeptrum

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regale seu baculum: et sinistra pallam unam auream. In signo et figura magni regis Alexandri qui totum mundum dominatus fuit: seu imperatoris Cesaris. Et satis meretrice vulgariter fuit regem allocutus. Deinde sequebatur quidam alius thalamus omni pulcritudine ornatus. In medio cujus posita et ornata erat divisia dicti domini Regis. Vz (videlicet) quaedam segia aurea infochata quam 4or angeli viventes creature angelico more ordinati retinebant et procurabant. Unus autem angelus antecedebat earn in dicto thalamo ensem habens in manu. Postea veniebant multi transformati in habitu: et facie velati: aliqui pedes: et aliqui eques, eques artificialiter factis: qui simul rissantes: ad hoc ut nemo currui regio se appropinquasset. (...) Ego autem qui librum compilavi et composui in dicta civitate presens fui et predicta propriis oculis vidi. Q LXV Antonio Vinyes nach Barcelona, 28. 2. 1443; Hersey 1973, p.63; Kruft/Malmanger 1975, pp.289-290: (...) Ε apres lo dimarts demati vers viiiio hores, que's comptave xxvi del dit mes de febrer, lo dit senyor volent entrar en la dita cuitat, per la placa del Mercat vers lo Portal del monastir del Carme, los cuitedins e ministres de aquesta cuitat de Näpols hagueren fet derrocar aqui gran troc de mur, e al encontra del dit senyor ans que fos entrat, Ii fonch presentat un carro molt magnifich de iiii rodes, ab gran bastiment dessüs dites rodes fet a manera de cadafal. (. . .) Ε aqui aturat Ii vench un molt poxant entremes ab gran cadafal, fet per los mercaders cathalans, sobre lo qual entremes eren les iiii Virtuts, e lo siti perillos que lo dit senyor fa per sa divisa ο empresa. Ε la una de les dites Virtuts ab alta veu significä e parlä al dit senyor que la dita empresa del dit siti perillos, per la benaventurada conquesta havie son obtente, com algun altre rey, princep ne senyor no ere stat digne de seure sobre aquell siti, sino lo dit senyor qui havie supediat et obtengut lo dit rey(al)me. Ε discorregut lo dit entremes ab moltes naturas de jochs que hi feren, vench altre entremes fet per los mercaders florentins, e sobre un cadafal hagueren posat un home armat de ernes, com qui stave de peus sobre un pom gros, en designacio del mon, estant devant lo dit senyor ab alta veu Ii dix en substäncia semblants peraules: Re Alfonso, re da pau, Deus te mantegue en ta prosperitat, e la bella Florenca en sa libertat. Ε no't vulles altificar de tanta glöria, car bens son de fortuna, e lo mon es qui rode. Ε dites aquestes ο semblants paraules, artificialment feren rodar lo dit gran pomp, fet a manera de mon. (...) Q LXVI Anonymer sizilianischer Autor, 20. 5. 1443; Monti 1936, pp.201-202; Kruft/Malmanger 1975, pp.290-292; Gioacchino Di Marzo 1864, pp.101-102; (...) et apressu era un'altra catafal[cu] sopra lo quallj era uno bastimentu fascu in lo quallj era unu infanti che stava sopra lo capu di un altro et lu supranu stava in forma de una dongela scapilata cum una curona la quallj tinia a la manu a la quallj dongela dichiami juntura apressu era un altro catafalcu sopra la porta de lo quallo era un'altra dongela soto forma dj iusticia et de la parte de rieri era una segia molto ben arnesata dj brocato di oro sopra lo quallj erano 3 angelj constituttj in molta bona manera. la qualle mostravano che teniano una corona jmperiale et in la manera che stavano tut'homo giudichava che quelli tenessero la dicta corona et si cosi fussi statto che l'havessero tenuta non forono statj infanti carnal) cosi como erano che non l'haveriano potutto tenire che la vertu de Ii brazza non lo haveriano potuto comportare il carigo pero che tut'homo che Ii guardava si maravigliava de la dicta manera de tenere li dicti infantj la dicta corona et non mostrare haverne passione ne fatiga anzi stavano a tutto loro dilecto. Apresso de lo dicto catafalco erano 7 dongele soto forma et significanza di 7 virtutj cardinali et apresso era uno altro catafalco sopra lo quallj era un perno et sopra lo dicto perno era un pomo in significancia de lo mondu et sopra lo dictu pomu ci era un altro perno sopra lo quallj ci era piccola seggia solamente ci stava un homo inpedj quassi che scassamente se potiu refermare et lu dictu homo che stava di sopra era tutto armato et tenia un sceptro in manu et havia una girlanda dj lauru sopra la testa per arme et stava soto forma di Cesaro et como fu dinanti lu dictu Signore li disse le parolj sequente: (...) Et dictu questu passaron inanti Ii dictj jntramisi et vena un altro jocu fattu per lj mercantj Catallanj lo qualle lo quallj era in la forma sequente. videlicit uno catafal[cu] supra lo quallj era facta la divisa dj lu dictu Re scilicet lu seu periculosu lu quallj catafal[cu] era circundatu di V virtuti zio alia ponta di lu dictu catafalcu era unu angelu con una spata nuda in manu et intornu 4 donzellj subta forma di Forteza, Prudencia, Caritate

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et Fede et lu dictu angelu stava per Iusticia sy era lu quantu et lu dictu angelu disse a lu Re certi parolj laudando lj sopradictj virtutj et la donzela lj era in significanza dj Charitate continue gietava muneta bona. ( . . . ) Q LXVII Porcellio, ed. Nociti 1895, p . X X V : Hos sequitur numquam constans Fortuna beatis Sublata in bigis. Stant passi a fronte capilli Occipite est sed calva tarnen, fuit aurea et ingens Sub pedibus pila, quam parvi praetenta regebat Palma Dei liquidis firmatam Spiritus undis. (...)

(p.XXVI) Hanc sedem innumerae peditumque equitumque catervae Sectantur, populique leves, invenesque senesque, At personati regem, pompamque triumphi Quos regio hispana et generosa Valencia misit Veste tarnen varia romano more peribant. ( . . . ) (p.XXVIII) Ecce inter plausus et gaudia clara triumphi Caesar Iulius, evinctus tempora lauro Visus adesse pater, solio sublimis avito, Arma gerens, sceptrumque otens sua dextra gerebat; Laeva orbem mundi speciemque visa moveri Sub pedibus, tandem placido sic ore profatur: ( . . . )

(p.XXXVI) Hoc ait, et templi flectens vestigia valvis, Ordine Iannotium Ritium decoravit equestri. Consedit iterum currum et Caesaris arma.

Q LXVIII Broglio Tartaglia ed. 1982, pp.221-222: (...) ma infra tueti Ii altri certi mercanti fiorentini Ii fecero un degnio triunpho como quelli sonno maestri di tuete le feste; el carro triunphale fu per dicto modo ordenato: innanzi andava le sette virtude, cioe fede, caritä, e speranza, prudentia, iustitia, fortezza et temperanza; apresso andavano el carro triunphale, dove in esso stava una sedia vota, et sotto questa sedia uno angielo con una spada nuda da una mano, e dall'altra teniva uno paro di bilance; apresso del dicto carro andava la fortuna calva con pochi chapelli, Ii quali solamente Ii aviva dinanzi alla fronte con una corona in mano; apresso de dicta fortuna andava uno homo tueto armato, portato in alto, e di sotto alli suoi piedi teniva una palla tondo e grossa, dove era depento el mondo, e questa palla continovamente se volgieva, e gionto questo homo armato nel cospetto del re Alphonso se fermö e disse questi versi infrascritti: ( . . . ) La pigliata della dicta cittä di Napoli per la sacra Maesta di re Alphonso fu nel 1442 del mese d'agosto. Poreste dire voi signori ligitori: „Per che tu scrictore non notasti il dicto triunpho nel mileximo che concorse la pigliata della dicta cittä di Napoli?" Rispondo che fo la cagione che n'aviva avoto chiaramente la vera informatione, secondo, era conseguito el magnio triunpho, il quale per quanto lessi in cronicha alcuna non trovo il simile da Ii antichi Romani in qua, ( . . . ) Panormita zur neapolitanischen Festkultur

Q LXIX Panormita 1538, lib.I, p . l l : 35. Ludos autem Christianos magnificentissimo apparatu, devotissima ac solenni representatione ingenti hominum frequentia, ac celebritate quotannis edente Alphonsum perspectavimus. Imö vero cum ac-

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cepisset Hetruscos istiusmodi ludos singolari industria commentos esse, ne hac saltem in re, quae ad divinum cultum pertineret, a quoquam mortalium vinceretur, omnia perscrutatum atque exploratum eo misisse. Explorata longe praeclarius atque artificiosius expressisse. 1476 Hochzeit von Beatrice d'Aragona und Matthias Corvinus und Krönung Beatrices Q LXX Giacomo il Notar ed. 1845, pp.130-131: (...) Sequio la collacione et poy le giostre et per piü di da po', dovela fiorentina nacione fe'li secte triumphi del Petrarcha e girandole. ( . . . ) 1477 Hochzeit von Ferrante I. und Giovanna d'Aragona Q LXXI Passero ed. 1785, p.36: (...) arrivato in castello venne un ingegno, che fecero certi fiorentini, & sopra lo detto ingegno andavano certe garzonette bellissime, & ogn'una di loro recitai certi ditti inanti a lo re, & alia reina. Fornito questo se posero a tavola, & fecero uno convinto molto bello. (...) Q LXXII Giacomo il Notar ed. 1845, p.136: ( . . . ) venne fatto un grande gigante, et uno triumpho, facto per la nacione fiorentina, al quale erano certi fanzulli, et si dixero certi versi al catafalco, alli predicti Re et Regina. (...) 1492 „II triumpho de la F a m a " von Jacopo Sannazaro Q LXXIII Torraca 1884, App.I, pp.417-425: ( . . . ) vede in un punto uscire da sobto decto archo una bellissima Donna la quale era la Dea Pallas vestita multo riccha et pomposamente con una veste de seta verde tutta piena e seminata de ramoscelli de olive de oro, perche la oliva e arbore dedicato ad quella Dea: Et sopra dicta veste portava un petto di coraza anticha tutto posto di oro et un gran manto indosso de seta pagonazza rovoltato con multe phiege come se vede tenere alle statue. ( . . . ) Et quisti giganti conduceano due elephanti puro grandi ligati con certe catene, Ii quali tiravano uno carro grande in alto circa sedici palmi con quattro ruote, indorato tutto et carico de armature et de trophei et Ii sopra sedeva la Fama molto pomposamente vestita, pure in la forma che stanno le statue, et haveva sobto le braccia due ale grande, ma pieghate che non pareano si non quando ella volea alzare: et decte ale erano de oro con molti ochij et orechie et lingue depente fra le pene, ( . . . ) 1494 Krönung von Alfonso II. Q LXXIV Summonte 1640, vol.III, p.495: ( . . . ) ascendeva tutta la cavalcata al numero di dieci mila persone, e piü, passando il Re avante la Chiesa di San Agostino, Gio: Carlo Tramontano Maestro della Reggia Zeccha havendo fatto sotto una delle fenestra del Palazzo della detto Reggia Zeccha l'imagine d'Orfeo con la lira, che con grand'arteficio sonava, & havea le fiere, e Ii sassi che lo guardavano, e teneva anco un corno di divicia, il quale al passare dil Re il corno con gentil'artificio sbottö molte monete sopra al popolo, d'oro, e di argento, le magior parte di esse furono Armelline in grandissima abondanza, che parse una gran pioggia. ( . . . ) Q LXXV Una Cronaca figurata, ed. Filangieri 1956, p.92: ( . . . ) La zecca dell'arte della lana steva parata de drappa fino in terra, et treiunfe senza numaro. Et loan Carlo Tramontano, ditto mastro della Zeccha, fece una porta anticha, inante lo largo Santo Agustino, che era tutto indaurata et penta all'anticha, et sopra dell'arco de ditta porta gi stevano le sette virtute sopre de

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uno carro trionfale che era sopra la porta; la quale ditta porta montao docate trecenta, tanto fu ricca e bella; lo quale tutto homo ne aveva che dire de tanto bello lavore ella era. ( . . . ) 1495 Einzug von Charles VIII. Q LXXVI Una Cronaca figurata, ed. Filangieri 1956, p.132-133: (...) in primis la processione gennerale: monaci, prieite, battiente, con le gruce et grucifisse, con Ii palie e Ii giegnie, Ii quale ingiegnie fece la Pace, la Groce, Santa Catarina e la Matalena, lo quale fecino cosa che tutte homo stetteno spantate, che Ii Francise e 1'autre furistiere se faceano granne maraveglia de queste cose che questa citä faceva. Q LXXVII Adrien de Höpital an seinen Bruder, 12. 5. 1495; Cutolo 1938, p.205: Ce jour a faict le roy son entre a Neapoli. Pour vous en dire ung mot, je vous fais assavoir que ceste entree ne nous a point este fort belle; mais les Italiens la ont trouve forte belle. Primo, eile ne nous a point este belle pour ces plusieurs causes: premierement, ce n'est point telle de entrees d'icy que de Celles de nous. Secondement, je dis que aliqua acta sunt ibi aussi soutillement, que a nous quant aux faintises, il y a eu une fleur de lis de quatres enfants vifs eleves en air, qui sanbloit chose miraculeuse plus autrement: Le secont estoit une aultre enfant tenant la roue saint Katherine ex una manu et in altera une fleur de lis bien grande et fut la fleur de lis une nostre dame, qui est chose mervillieuse qualiter hoc poterat sustinere. (...) Q LXXVIII Sigismondo Cantelmo an den Herzog von Ferrara, 13. 5. 1495; Foucard 1879, p.797: (...) Fucte regule de frati et bactuti et preiti, ogni homo se sforso superare l'uno l'altro con varie inventioni et ingegnio et fo bello vedere. (...)

Orvieto 1506 Einzug von Julius II. Q LXXIX Tommaso di Silvestro ed. 1891, col.549: (...) Et quando fu in piaza maiure, li fu facto uno acto, cioe lo hedifitio de quelli angeli che stanno sopra ad uno arbore et voltano intorno, et in mezo dell'arbore c'erano quattro altri angeli, dui da uno lato et dui altri dall'altro lato; et prete Jaco de Marcho, cappellano de sancta Maria, portando una corona de lauro, come sort! (?) disse una stantia in versi cantando ad laude della S. sua; et un'altra ne disse lo figluolo de Misser Pellegrino. Andaro molto bene. De inde giongendo in sancta Maria, li era preperata una girandola bene et diligentamente facta et anque un altro hedifitio et acto bello; che descesero sey angeli giu per uno ferro, et in mezzo stava X p o innudo colle stendardo rosso et la croce; quale X p o fu ser Luciano canonico, et incomenzo ad dire, cantando, certe verse pure ad laude della Sua S.tä. ( . . . )

Perugia 1444 Corpus Domini-Fest Q LXXX Graziani ed. 1850, p.549: (...) et doppo mangiare fecero la storia del Minotauro quando fu morto; et fu coperta la strada del Borgo de P. S. Pietro, cioe de San Domeneco per fina alia Madonna: e li frate di san Domeneco la matina, fecero una devozione della nativitä de Cristo, dove ce fu molta gente. ( . . . )

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1448 Passionsspiel Q LXXXI Graziani ed. 1850, pp.598-599; d'Ancona 1891, vol.1, pp.280-281: Adi 29 de marzo, che fu el vienardi santo, recomenzö ditto frate Ruberto a predicare in piazza ogni di, (...) et nel fine della dictapredica della Passione fece quista representazione: cioe predicava in capo dellapiazza fuora della Porta de San Lorenzo, dove era ordinato uno terrato dalla porta per fina al cantone verso casa de Cherubino degli Armanne; et Ii quando se deve mostrare el Crucifisso, usci fuora de S. Lorenzo Eliseo de Cristofano, barbiere de porta S. Agnolo, a guisa de Cristo nudo con la croce in spalla, con la corona de spine in testa, e le suoi carne parevano battute e flagellate como quando Cristo fu battuto; et Ii parechie armate lo menavano a crucifigere; et andarono giu (...) et li a mezo al terrato glie se fece incontra una a guisa de la Vergene Maria, vestita tutta de negro, piangendo e parlando cordogliosamente quillo che accadeva in simile misterio della passione de Iesu Cristo; et gionti che fuöro al pergolo de frate Ruberto, 11 stette un pezzo con la croce in spalla, et sempre tutto el populo piangeva e gridando misericordia; e puoi puoseno giu la dicta croce, e pusonce uno crocefisso che ce stava prima, e dirizaro su la ditta croce; et allora li stridi del populo fuoro assai magiori; e a piei della dicta croce, la Nostra Donna comenzo el lamento insieme con S. Giovanni et Maria Madalena e Maria Solome, li quali disseno alcune stanzie del lamento della passione. Ε puoi venne Nicodemo e Ioseph ab Arimathia, e scavigliarono el corpo de Iesu Cristo, quale lo poseno in gremio della Nostra Donna, e puoi lo miseno nel monumento; et sempre tutto el populo piangendo ad alta voce. Et molti disseno che mai piü fu fatta in Peroscia la piü bella et la piü devota devozione de questa. Et in quella mane se feceno sei frate: uno fu dicto Eliseo, quale era uno stolto garsone: (...) Et in capo di 3 ο 4 mese, el ditto frate Eliseo de Cristofano de P. S. Agnolo, usci de frateria et retorno a l'arte delli barbieri, et e chiamato per nome Domenedio; et poi tolse moglie, et fu magior ribaldo che non era prima. (...)

Pesaro 1475 Hochzeit von Costanzo Sforza und Camilla d'Aragona Q LXXXII Ordine delle Nozze ... BAV, Urb.lat.899: fol.7 v. (...) Intrata la prefata madonna nella terra, quasi in sulla porta ritrovo uno Carro di Pudicitia magnifico & grande tutto coperto de argentaria cum frapponi & frangie dipinte carico di Spiritelli & vasi & feste allantica tutte dorate & argentate: & era alto el Carro circa XVIII piedi: & in cima era una donna vestita tutta dargento cum una palma doro in mano che representava la pudicita: 8c circa el mezo carro erano in sei sedie sei donne famose di castitä. Innanti a questo Carro andava uno carretto quadro non molto alto tutto dorato et argentato, nel quale andavano una frotta di damigelle vestite di biancho cum capeglare sparse che represtavano le compagne della pudicita, tenendo ciascuna un giglio in mano: & una diloro haveva una bandera di zendado verde, dove era figurato uno ermellino bellissimo cum uno collaro di zioe. Et firmato questo Carro piu bello assai, che non si puo scrivere. (...) fol.9 v. (...) Intrata Madonna nella terra non bene una balestrata trovo un archo triomphale di muro alto circha XXII pie ornato di verdura & armi & feste Antiche, quanto dir si possa: & sopra ditto archo li era uno arboro di nave alto circa XXXV pie dalla summita dellarcho: in cima del quale era um gram diamante col fior dentro alia divisa sforzescha & intorno allarbero, a guisa di rami sparsi di ferro, era dui ordini di balli luno contrario allaltro dove ballavano spiritelli ornatissimi de oro & argento in sulle punte de quali rami che giravano intorno allarbor ciascheduno cum diversi instromenti in mano da sonare che cantavano & gridavano Sfortia, Aragona, Constantio & Cammilla & in que fior di cima era uno spiritello richiuso: el qual poi che ebbe Madonna innanzi a se aperto el fiore, dato un certo schioppo li recito li infrascripti versi (...) fol.10 v. (...) Largha la detta fontana per diametro V piedi: et in mezo una bella colonna cum uno vaso in cima, & balli di spiritelli piccoli, & intorno a la columna alcune statue in alcuni nicchi per vasi che havevano in spalla gittavano vino bono, biancho & vermiglio et aqua, dove habundantissimamente gram multitudine beeva, & cosi gitto tre di continui. (...)

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fol.113 r. (...) Pena finita la girandola ecco venire in piazza un bellissimo & alto carro tondo in sedici faccie & la sua altezza era diecotto piedi & incima era uno dio damore in un carro grandissimo d'argento circumdato di fuoco cum uno archo in mano & traeva sagitte che inlaponta erano piene di fuoco: Circha mezzo el carro era circa XII spiritelli che giravano intorno al carro ballando cum faccelle in mano di fuoco circumdate d'argentaria oltra che tutto el caro in molte parte disso fusse pieno di vasi di fuocho artificiato che continuamente ardea (...) fol.116 r. (...) Et prima chel se coresse alchuna botta venne in mezo el campo della giostra honorevolmente acompagnato di pifferi & trombetti & signori & gentilihomini uno magnifico & triomphante carro alto piedi XXI el quale era disotto in quatro anguli & cum quatro grande fogloni doro uno per cantone & stremandosi faceva una basa alta circa sei piedi tutta coperta de argenteria dal mezo della qual basa in ogni quadro era tondo: dal quale uscivano fora del mezo insu quatro spiritelli cum capiglare &c ale doro & ciascuno diloro una trombetta doro in mano: & incima dela basa che era quadra in ogni angulo era uno spiritello asedere che teneva in mano uno certo gigüo che usciva di quelle quattro foglie doro in mezo della basa quadra era uno tondo pur dorato dipinto circumdato duna festa anticha fatta dargentaria Sc pomi doro supra el quale tondo era un bellissimo triangolo dorato & sopra omni cantone del triangolo posava una arpia tutta dargento cum testa di donzella & ale di pavone che colle code levato in alto facevono sostegno aduna grandissima balla tonda: la quale era tutta dazurro & color daqua excepto quella parte di terra che e habitata & scoperta dallaqua la quale era tutta figurata & dipinta secondo lavera ecosmogrofia: & sopra questa palla che era figurata perla terra era una bellissima donna vestita dargento cum capeglare doro & frigi doro & ale grandissime di pavoni cum una trombetta in mano fornita doro che representava la fama & fralle tre arpie sotto Ii pie della fama & il globo della terra: nelli archi del triangulo sedevano tre homini armati allanticha ricchissimamente: uno per Scipione. Altro per Alexandro. L'altro per Caesaro: & poi che dicto carro si magnifico & degno fu circa nel mezo corso della giostra al conspecto delli signori & giostranti cum alta & degna voce dixe le infrascripti versi (...):

Pistoia 1516 Himmelfahrt Mariens Q LXXXIII Chronik einer Knaben-Bruderschaft, ed. Vigo 1887, pp.24-27: (...) Et dentro in chiesa erano spalliere et panchali infino a la grandeza delle spalliere, et poi uno festone di sopra del quale era uno fregio di braccia due (p.26) d'altezza candido, et sopra epso un altro gentile festone di verzura et questo da ogni banda della compagnia ricincta per tutto, et questi fregi erano ripieni di diamanti di busso, dentrovi bambini riccamente vestiti con perle et altri ornamenti rappresentativi del nostra Signore et altri Sancti, e fra l'uno e l'altro diamante erano certi soli dorati, et stelle in alcun luogo; et in altri luoghi croci et varii animali bellissimi facti et lavorati d'oro sottilmente, con certi brevi di grosse lettere tracti dalla divina Scriptura a proposito della Solennitä, et di quelli che la celebravano, cioe della puritä de giovinect, et le piü parole erano dello Evangelio. (...) (p.27) et certo entrando in uno cosi aptato et adornato luogho pieno di lumi, et nel quale erano e fanciulli di candide vesti vestiti, pareva entrare in un paradiso ameno, et induceva le persone che quivi entravano ad lachrymare per devotione; di che sono testimoni innumerevoli. (...) 1518 Corpus Domini-Prozession Q LXXXIV Chronik einer Knaben-Bruderschaft, ed. Vigo 1883, pp.75-83: (...) Et pertanto furono vestiti con grande aptitudine et diligentia nel la processione in prima un giovanetto speciosissimo, come fanciulla, in capelli semplicemente achoncia con ornamento aureo, vestito di biancho, senza altre frascherie intorno con uno breve recamato che diceva „Puritas" et representava la Puritä la quale questi benedecti figliuoli sequitavano come inamorati di lei. Questa era scalza con certi sandalii, accincta quasi a cammino, a vita eterna menando questo stuolo con certi veli succincta, et ornamenti

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d'oro, con un vaso di fiori in mano et ghirlanda di fiori in testa, et con uno candido giglio in mano, ductrice di tutta la processione, dopo el gonfalone ο stendardo della Vergine Maria col Bambino et San Giovanbaptista et certi angeli; et lei haveva uno bellisimo Angelo seco in compagnia, che era una gran devotione ad vederla: et questo giovinetto uno figliuolo d'Andrea di Babtista d'Abra ch'ha nome Francesco. Sequiva di poi (p.76) uno vestito in habito et sacerdotale et regale insieme, con barba bianca et corona in testa sopra uno mitrale al m o d o d'antiqua legge, aptissimamente representante il re di Salem Melchisedech et cosi gli era inscripto: et seco havea uno Angelo che portava pane et vino come lui offerse in sacrificio per prefigurare el sacramento della sancta Eucharistia; onde Christo e detto: Tu es sacerdos in aeternum secundum ordinem Melchisedech. Et di poi veniva Moyses propriisimamente induto et con turbante in capo et cornuto con splendente fulgore come dalla Scriptura Sacra e descritto, et portava una vasa di manna come prefiguratione di questo celeste pane suavissimo pieno d'ogni dilectamento. Et Davide sequitava col psalterio in mano in habito regale di sotto armato in biancha armatura, di sopra di cappa rosata sopravestito et rimboccato di velluto con una grossisima collana d'oro et con regale corona, (p.77) anzi imperiale, che mai la piü apta cosa fu vista, cantando et del una et del altra figura sopranominata, et qui fu fine a le figure. Di poi veniva uno sacerdote parato di ricchi paramenti con uno calice in mano per denotare quello celebrante che Dio permise dubitare, accioche mostrassi el miracolo; dopo del quale sequiva el seraphico doctore Buonaventura in habito religioso, humile e scalzo; et lo angelico Thomaso d'Aquino sequiva poi in mezzo duoi angeli speciossisimi mirabilmente vestiti che quello cingevano della purissima castitä virginale, et alzavano la sua cappa la quale era gemmata et stellata con sole splendente nel suo pecto cosi come lui e sole splendente della militante chiesa di Dio, et teneva il libro del offitio hodierno in mano. Et Christo Iesu benedetto da poi di lui veniva, coronato di spine, et con una rossa croce in mano, scalzo con sandalii et con una veste aptissima paonazza (p.78) vestito, achompagnato da due bellissimi angeli con breve approbatorio del ben scripto da san Thomaso. Seguitava di poi el rappresentare della Corte Romana, certi vestiti da canonici ornatamente, et certi da vescovi, parati et con le mitre et piviali, et certi come cardinali con loro cappelli, di poi uno vestito et parato come papa con la mitra papale tanto aptamente che piü non era possibile. Intanto che era da la plebe reverito come il vero papa era portato in una sede eminente et ornata da certi parati con dalmatice, sotto un bei baldachino portato da octo giovanetti nobili della citta, vestiti alia cortigiana con saioni di drappi et scuffie d'oro et cincti et altri ornamenti che ora cosa signorile, ma non manco devota al vederla, et (p.79) tucto era per rappresentare pienamente el mistero della origine di questa presente solennita come di sopra e decto, procedendo le persone vestite con ordine et con gran devotione in mezzo de' fratelli della compagnia vestiti puramente di cappe bianche linee, bini e bini incedenti tutti con ghirlande di fiori in capo, cantando hymni et laude a Dio grate in puerile decore. Et quando giunsono al seggio della Signoria et commissari, fermata la processione, et questo spectaculo per ordine, presente el populo aspectante con aviditä in piazza, in su uno uno grado alto elevato, uno de'nostri fratelli, giovinetto in veste Candida, recito questi versi in voce alta et intelligibile:(...) (p.83) Parse per lo sequente effecto che da Dio fussi 1'opera soprascripta, pero che genero devotione assai non solo a circumstanti spectatori, cosi di fuori della cipta dentro venuti ad la solennita come a quelli che dentro alia terra si trovavano al culto processionale con multa compunctione. (...) 1518 Fest des Stadtpatrons San Jacopo Q LXXXV Chronik einer Knaben-Bruderschaft, ed. Vigo 1883, pp.92-94: (...) Drieto aparia el carro ο edificio triumphale dello Apostolo San Iacopo in legge nuova, al quale precedevano Hermogene filosofo et mago, aptamente vestito et ornato et Phileto suo discepolo, et duoi demoni incatenati da due angeli del cielo bellisssimi, et el re crudele Herode Agrippa armato et coronato, ma d'un aspra catena legato al carro triumphale, et sopra di lui uno angelo di Dio scalzo con sandalii et le sue braccia mezze nude, et chesto d'arme bianche armato mirabilmente vestito con una bella spada in mano sopra el capo di Herode in vindicta della morte dello apostolo. et la Regina Lupa, (p.93) olim regina di Galizia, la quale non volse el corpo di San Iacopo ricevere et tarnen per iudicio di Dio fu coacta dare el suo

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proprio palazzo in sepoltura di quello et chiesa in suo honore, ancho lei in ornatu regio et di brochato vestita, legata ne veniva al carro del barone; et la Morte di poi anchora legata al decto carro precedeva d'un aspra catena et era uno huomo nudo dipincto come morto col capo pelato ita che non fu mai piü vista piü propria rappresentatione et piü formidolosa cosa, con una gran falce in mano, et in fine del carro una giovane con bandiera in mano et nella veste et nel breve indicante „Pistoia" che a san Jacopo ritto in Piedi aptissimamente all'apostolica vestito, hylare, scalzo, composito, regnativamente incedeva. Et accio che piü pienamente et chiaramente a ciascun si dessi ad intendere el mysterio di tali vestiti et tale rapresentatione, che tucto el populo in admiratione et quasi (p.94) in stupore teneva, Bastiano d'Arrigo di questa compagnia per questi mesi governatore, per ordine et comandamento del padre Guardiano compose el dixe altamente gli infrascripti versi nel choro di San Francesco presente la Signoria et Commisarii et il Clero et populo nel procedere di epsa compagnia, dichiarando mysterio per mysterio, cio e dicendo: (...)

Prato 1492 Besuch des Kardinals Giovanni de'Medici Q LXXXVI Nardi lib.V, ed. 1858, p.436; d'Ancona 1891, vol.1, p.227: (...) Onde fra altre cose fatte dai Pratesi in suo onore, fu edificato alia porta Fiorentina un grande e bello arco trionfale, ornato e pieno di molte figure vive e di piü santi e angeli, secondo che richiedeva la figura di quello misterio, che si rappresentava: Tra le quali figure duoi fanciullini in forma d'angioletti cantarono alcuni versi in laude e onore del detto cardinale. Ε cio fatto, uno chiamato Ventura, male avventurato padre di Piero, uno de' sopradetti fanciulli, per fare qualche altro nuovo effetto che si richiedeva a quella rappresentazione, poco accorto per la fretta, taglio disavvedutamente un certo grosso canapo, onde pendeva quella parte della macchina, che sosteneva i detti fanciulli in forma d'angeli; per la qual cosa essendo essi rovenati molto da alto sopra certi ferramenti di quel grande edificio, caddano a terra morti, e tutti lacerati e guasti. (...) Reggie 1453 Einzug von Borso d'Este Q LXXXVII Giovanni da Ferrara: Excerpta, RIS, X X , P.II, pp.42-45: (...) Contuebatur in primis currum ingenti artificio elaboratum, in quo Sanctus Prosper, Reginorum Patronus, intra duos angelos medius in aere stabat. Umbraculum suspensum in sublimi super caput Sancti cernebatur, quod trium angelorum robore sustentari videbatur, cui adnitebatur, instar Cupidinis, angelus, praetereuntibus benediccionem impertiens. Volubilis rota sub pedibus iacebat, in qua octo angeli cum cimbalis, timpanis aliisque musicis instrumentis infixi erant, raptati rotae agitatu, quorum concentus adeo suavis et gratus erat, ut nihil supra. Moxque ut in elinguis frequentia effecta est, vehementi pronunciacione patrio sermone laudatoriam orationem alter angelorum ad expectacionem insignem habuit; conversusque ad sanctum Antistitem, in cuius laeva erant civitatis suae adulterinae' claves, in dextra vero regale sceptrum, blandis verbis, quatenus ea novello Duci consignarentur, sibi dari impetrat. Cui Antistes eleganti oratione mores, sapientiam, gravitatem, liberalitatem reliquasque Borsii virtutes magnifaciens, sub tali tantoque principe civitatem suam tueri atque gubernari gestire admodum, respondit; et ambabus manibus extensis, claves uni, alteri sceptrum Duci deferendum dedit. Incontinenti pariter descendentes claves unus, quo urbis dominatum suo arbitrio versaret, alius sceptrum, quo earn, quam ab ineunte aetate amaverat, coluerat Iusticiam, regnorum omnium originatricem, gubernatricem autricemque veneraretur, serenissima fronte dedit. At Dux munus sibi oblatum benigne suscipere non recusavit; eisque, quae attulerant, restitutis, Principi vale dicentes, redire, quo venerant, curarunt. Hominibus autem sublime spectaculum hoc clam vehebatur.

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Ex obiecto spectatissima quadriga locata erat, quae quatuor equis coopertis vehi poterat, in cuius medio regium solium eminebat vacuum. In postremo ipsius gradu Iusticia stabat, fulgentem ensem in dextra, in sinistra Stateram tenens; formosus puer ante eius conspectum assistebat eique famulabatur. Praeterae purpureum vellum in sublimi extensum a quatuor senibus viris togatis, rigiditatem Catonis prae se ferentibus, sustentabatur, qui in quatuor quadrigae extremitatibus vultu demisso cogitabundi consistebant, per quos intelligebatur, Legum Interpretes permaxime oportere ius suum tribuere. Vellum autem, quod super Iusticiae caput extendebatur, quatuor Angelis cum depictis biblioteculis in extremitatibus ornabatur. Hos viros togatos atque patricios ambiebant sex item Angeli, nimio cultu fulgentes, qui vexilla sex signis ducalibus et civitatis consignita, in manibus tenebant. A dextris et a sinistris triumphantis quadrigae asistebant duo iuvenes armati in equis, signa etiam gestantes; et formoso puero Iusticiae ministranti data copia fandi, Principem elegantissimis verbis ad gratiam atque ipsius Iusticiae attencionem benignam admodum hortatus est. ( . . . ) E o nanque in loco quadriga alia constituta egregie erat. Umcornium sepe circumdatum, cuius contactu cornus aquae insalubres latices atque coenosae, limpidae atque salubres reddebantur, collocaverant; palmae, victoriae testimonium, arborem retro tenebat; a fronte Nympha venustate singulari faculam accensam in manibus gestans, Caritatis ardorem ostentans, erat. His spectaculis praeibat triremis quaedam cum decern hominibus pilleatis instar Saracenorum, admodum in remigando laborantibus. Malum erat in medio navis, cuius carbasus ciebat auras remorum falso agitatu. Clam ab hominibus vehebatur; laetum spectaculum prae ceteris dedit. Sequebantur quadrigae sensim, deinde D u x ipse, illorum iuvenum stipatus caterva ut Iovem aut Apollinem diceres; ad extremum insignes equites cum omni populi frequentia. Praetermittamus fistularum tibiarumque modos tubarumque clangorem, item campanarum machinarumque strepitum, quorum tantus erat, ut prae gaudio in lachrymas resolverentur, perinde ac si quispiam totus in funere fuisset. U t autem ad sancti Petri templum ventum est, Princeps vestigia fixit. Erat autem in fronte templi tribunal excelsum mirum in modum decoratum; descendebat autem e coelo sanctus Petrus duobus angelis parum humilioribus comitatus, quos globi peripheria una mirabiliter ambiebat, coronam e lauro plexam portans, quam propriis manibus Borsii capiti honorificentissime imposuit, quam reverenter suscipiens ad usque ecclesiam principaliorem detulit. H o c peracto per funes herbis tectas ascenderunt. Progressi interius: a dextra erecta erat columna mirae altitudinis, super cuius ephistilium Idolum stabat; e ex adverso alia erat columna in cuius summitate gratissima Nympha forma eleganti, vivido colore, singulari quoddam cultu atque ve'nustate corporis stabat, quae Principem Serena fronte alloqui adorta est, universis exploratum reddens, quanta sit Principis fides; quam sit durus in Fidei hostes ultor; quanta pietate, quan'to studio veros Christi cultores prosequatur. Quibus dictis, turbinum more ictu percussa (Idoli columna) corruit ac contrita iacuit. Cum autem ad aedes Iacobi de Astis, ex primoribus civis, ventum est, quo in loco ab incessu recto, ut Forum peteretur, digrediendum erat, in quatrivio spectaculum nobilissimum constructum erat, supra quod Caesar in arma furens cum Septem praestanti corpore nymphis praesidebat, per quas Virtutum cumulus clare intelligebatur elegantissimisque verbis ad earum aemulationem apprime Principem hortatus est. Inde digressi, Ecclesiam maiorem appulerunt; desiliensque de equo, nullo tumulto, nullo insultu facto, veluti si sponsa viro suo traduceretur, quae summa cum honestate fieri solet, ecclesiam ingressus, quae de more sunt absolvere curavit. Egressusque, tribunal in fronte ecclesiae constitutum cum solio auro caelato per gradus, sua comitante caterva, ascendit, eoque sedente quadriga tercia proprius accessit; et ut arrectis auribus impetrato silencio, omnes, qui in corona aderant, astare vidit, sic loqui Caritas exorsa est: Se ben rimiro el dolce tempo e bello

In ti benigna ciera et grato aspecto.

D e Ii triumphi grandi de Romani,

Ο unico dilecto

Qual Caesaro, qual Detio, ο qual Metello

Di miseri mortali! Ο rosa degna,

Giunse al tuo signo

Eccote la insegna

Spechio de Christiani?

D e l'Unicorno che como l'acqua el monda,

In ti pietade, in ti iusticia regna,

Cussi tu de Ii affani nostri rompi l'onda.

Haec ait. Currus primus ad Principis solium se obiectans, hoc non perfunctorie egit. N a m de laudibus deque eius virtutibus sanctus Prosper orationem habuit; civitatem quoque veluti quoddam peculiare suum monumentum commendatam effecit, pro quo, audiente universa espectacione, oculis ad coelum intentis,

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ferventissime D o m i n u m mundique atque orbis C e n s o r e m exoratus est, ut sibi felicitatem, pacem, inoffensam valetudinem, q u o a d vixerit, impertiri dignaretur. Extemplo in uno globo tres Angeli ex summis tectorum fastigiis Praesidis descendentes palmam cum suavissimo concentu Principi in pacis significationem dedere valeque dicentes cum iubilo per funes, per quas descenderant, rediere. Q u i b u s omnibus peractis, propriis vestigiis Princeps in regias aedes se recepit. ( . . . ) Q LXXXVIII Malatesta Ariosti an den Capitano di Reggio, 22. 6. 1453; Levi 1899, p p . I X - X : Spectabiles et generosi patres honorandi. J o subito recevuta una vostra mi posi per tramma cum magistro N i c o i a o da Fiorenza per adviarlo ad Regio, acio potesti adimpire J1 desiderio vostro J n magnificare J1 recepto del nostro diuo misser L o D u c a cum non che equare Ii Modenesi ma anci superarli per ogni m o d o se possibile Vi fia. U n d e che consultato fra luj et mi et hauutoni colloquio cum misser G a s p a r Messore et cum magistro Bonfrancesco de Arlotti: quasi se deffidassemo de potere hauere honore de L a J m p r e s a respecto ala Magnitudine de L o apparato de Modenesi et de L a breuitade del tempo che non sera piu che dece on duodece di. Pur stimulato et animato magistro N i c o i a o da mi, se delibera de venire et cussi J n questhora se pone ad Camino cum tri compagni del suo mestiero, a quali tuti ho trouato caualli ad victura et ho p r o m e s s o pagare cio che bisognara in vostro nome a S. 6 et d. IIJ. J1 di per cauallo, Domenica di se trouara a M o d e n a per vedere Jl tuto per attentare de megliorare poi se L a breuita del tempo J1 patira. Hauerete adunque ad mandare a Modena domenica di quatro caualli alincontro, et uno che conduca quelli da victura in qua cum m o d o da pagare le victure. Maestro N i c o i a o et mi haueuamo facto uno mirabile designo da farui honore assai m a presto et bene non se conuene. tempo gli uoria. ma hauemo reducta L a cossa ad uno summario come uedereti per L o Jncluso compendio Su le Rime uedero de ponermi domane et Laltro si che marti di se uedera prima che mi parta de qui per andare J n uno mio seruicio de rimardaruele. Vo Jntratanto fared apparechiare una qualche stancia grande da orti on curtilj che habia sole et aere et sia apresso ala porta oue se possi fare proua de Ii carri, et Ii siano lignamj et ferramenta subito et mestri pro conducta, et fabri et fatili portare uno artificio de fusina perche vedendo Jl Maestro c u m L o ochio fare una cossa potera nondimeno ordinarne un altra, et cussi q u o d amiserimus in silabis recuperabitur J n temporibus. Voi uedendo La inclusa Jmparerete Jl subiecto del tuto. Si che parlandone cum de Ii depincturj fin che Ii Maestri uengono: sapereti che apparechiare et per Ii carri et per Le veste et chartame da fare ale stagno dorato, borraci code da capigliare etc. c o m e comprendereti, Jl non se uuole dormire se non uolite uergogna. Q LXXXIX Malatesta Ariosti an den Capitano von Reggio, 26. 6. 1453; Levi 1899, p p . X I I I - X I X : Magnifice D o m i n e mi honorande. J o Jntendo che Modenesi hano facto L a festa loro anchora piu magna che L a non se expectaua, perho conuiensi non vi arestiati da L a J m p r e s a poi vi seti p o s t o ala aqua per almeno equarli se superare non se potrano. ( . . . ) Voi haueti il designo mio a L a fantasia quando scripsi ali Antiani si che non diro troppo pur vi recordaro questo, che quella Justicia uole L a corona doro sopra L a girlanda ma notati che Le girlande a dare uageza a L o ochio uoleno Largo et grosse, et questa andara sul carro del triumpho de L o alicorno, deuanti, et quando Jl Signore Jntrata ala porta, San Prospero chiamara duj angeli de quelli che lhauera sul suo carro et darali le chiaue de L a terra dicendo quelle rime prime che uedereti et loro torano Le chiaue ciascuno Le meze suso qualche confettera de arzento adornata et faranse al Signore et cum L a secunda R i m a appresentarano le chiaue al Signore. et questo sera ala porta. Subito L a Justicia se fara li smontando del caro inanti al Signore et dira quella terza rima et hauera uno p o m o doro Jnscriptoli suso queste parole pulcrum p o m u m pulcriori d o n u m come comprendereti et hauera cum si non in carro ma a pede quelle tre dee J u n o Venus et Palas J n forma de uenatrice c o m e haueti Jnteso cum quelli liureri alasso cum cupertelle dorate, et qui dicto il caso ciascuna de le dee dira il suo soneto. II Signore sentenciara che Palas habia il p o m o . D a t o iljudicio, mane a trumbe et via ala piaza. Justicia tornara al suo luoco sul carro quelle altre sequiranojl triu m p h o ligate et Jncatenate cum le altre, che serano la Phama, fortuna, pace, cupido iuno dea diuitiarum, Venus dea forme, pala dea sapientie. Si che de tuti, triumphi L a Jnsigna del Signore. (...)

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Quella fortuna ordino Maestro Nicoiao che porti una rota cussi sotto mano che mostri almeno che sia fortuna. J1 resto sei se conduce al designo non puo passare se non bene. (In biglietto a parte) (...)

U n o charo triumphale e digno su elquale sia uno zilgio in aere de elquale esca uno san prosparo e sopra el capo una umbrella ο baldachino che 3 ο 4 anzollj el sostegna in aere achantunj del charo siano anzollj che chantano et sonano etc. etc. Ε questo sancto prosparo habia Le chiaue in mano de laterra e ne lo intrare che fara el signore in nelaterra duj anzollj se fazano innanzi a san prosparo e in rima domandano lechiaue per dareile alsignore e luj responda in rima edagale. J qualj duj anzollj appresentano lechiaue alsignore dicendolj algune rime. U n o altro charo triumpale venga drio da uno lato del quale sia elpapa, da laltro lo imperadore impiedj e in aere se puo essere de zaschaduno de loro habia da pie uno anzolleto con le arme loro zoe le chiaue e laquilla inmezo questoro sia una fontana che habia le sirene de intorno e drieto la fontana sia lapalma grande e bella e ornata e la li chornio in mezo, hoc est tuto el zimiero del signore, et el papa e lo imperadore habia per demostrazione larma del signore Ii denanzi et una mano che nesce de la palma tengano uno mondo in mano e sopra el mondo sia uno anzollello che seminj dinarj in piedj, de drieto oue seria Lasedea sia uno pallio bello de seda per piu vageza, intorno al charo stano le zente de uarie nacione c o m o seriano venicianj, fiorentinj, ungarj, schiauj, todeschi, franzosi, grezi, Turchi, zudej, soldati, scolarj, preti frati Bianchi e nigri e qui ognomo quando lalichornio torca el corno in laqua vadano abeuere de questa aqua, el papa e lo Jmperadore se inchinano anchaloro abeuerne. Ε questo charo triumphale sia menato da quatro chaualli coperti de biancho i qualj chaualj se possibille e habiano Ii alle insuo la schina grande e se non le alle perche forsi non se podesse habiano al mancho quatro anzolitj in modo de nudj suso. Ε drieto questo triumpho siano La Fortuna, La Fama, La Pace, Cupido, J u n o , Venus, e Pallas. La Fortuna habia questo acto habia una chauiara in testa che vada infina su le spalle con le chrine doro da mezo La testa innanzj, e da mezo in drio sia rasso La testa, habia su La testa meza girlanda quanto teno le chrine uno zugiello in fronte e doe alle sole in testa picholle, habia in doso una vesta de borazo Lauorada de varj colurj Bianchi Rosi, e de ogni altra fata e doro. habia una vesta negra de soto da questo habito che quasi tochi terra et habia Ii pedj de serpa. La fama habia una chamora biancha e uno anchu biancho con una tromba in mano e da questa tromba esca zigli bianchi et altri varj cullurj, e questa habia lagirlanda grosa in capo de foge de lauro. La pace sia vestita tuta di verde camora e zornea, et habia in testa una girlanda grosa de spiche de formento et de grapi dua, e in mano habia uno ramo de olliua ornato etc. etc. J u n o che e dea diuitiarum sia vestita cum anche pallas et venus tute in modo de chazadrisse habiano chamore con maniche e de zetanino negro tute fate como se trouano e de bochasino biancho frissate doro alanticha, et habiano zornee franzate blanche senza rechamo. Lornamento de le predite in capo volleno stare cossj. volleno chauiare facte suso schofie de bissello che vadano infina su le spalle. in fronte un zugielo de tremola con un spageto in oro pellato che partisse dal zugielo e gropasi in la copa. sopra ge voile girlande grose in questo modo che e dito de sopra. ma quella de la fortuna volle de varij Fiori. Quella de la Fama de lauro. Quella de la pace de una e de spige. Quelle altre tre dee perche serano in forma de chazadrisse habiano pure le girlande de zeneuere, e dentro de le girlande, sopra latesta habiano zaschaduna doe alle dorate e verde. Drieto alle spale zaschaduna habia doe alle dorate e verde, siano cinte appresso alemane de uno chandido vello agropato de drieto che vadano aluento. poi siano socinto li appresso alzato la zornia e cinto de sotto, in mode che el geresti a vedere infina ameza gamba et habiano chalzaritj bianchi frissati d' oro. Qelle tre J u n o , Venus e Pallas, habiano larcho et la faretra e el corno et habiano zaschaduna desse uno liurero allasso como una copertella doro. Apresentato che verano li fanzullj le chiaue al signore etc. ognuno se dirzara inverso alapiaza, e Juntj che seranno in piaza farasse innanzi una dona che sera la Justicia vestita tuto diroso et hauera le ballanze in mano e uno pomo doro in quella mano con queste lettere Pulchrum pomum pulchriorj donum, e la spada sanguinosa. Ε qui dira al signore in riema alchunj versj che denotarano ache fin sera facto questa repre-

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sentatione. Ε questa Justicia stara in suso el caro da lalicornio dannanzi dil tuto, et hauera pure le alle in testa e de drieto e Ii calzarj in piedj como le altre dee. Ε tute quelle altre dee serano tute inchatenate drieto alcharo triumphale da lalicornio et seralgi cupido bindato, e ligato con i altrj quasi che questa insigna de lalicornio triumphj de tuti quellj altrj dej e de lamore insieme. QXC Malatesta Ariosti an die anziani, 8. 7. 1453; Levi 1899, p p . X X V I I - X X I X : Magnifice domine mi h o n o r a n d e etc. J1 me dice maestro Nicoiao chel primo designo che ordinassemo tra lui e mi de quelli carri triumhali non ha sortito effecto per penuria de veste habile a quelle dee, et anche per breuitade de t e m p o , Ma non perchel non ge bastasse Lo animo de fare il tuto et bene, p u r quanto Jntendo da altri prima e poi da luj et per lettere et bocca Le cosse sono passate cum tanto ordine honore et t r i u m p h o che non chel se sia equato quelli da Modena ma auanzati a merauiglia (...) QXCI Bericht über den Einzug, Levi 1899, pp.3-15: Α parte meridei Juxta ipsam portam erat unus Carocius in forma unius Solarij qui ferebatur ab hominibus quinquaginta illum circumdantibus, super quo erant tres Juuenes triangulati in forma angelorum, tenentes super tribus Astis pictis u n u m pulerimum Baldachinum r o t o n d u m habentem circumquaque Arm a m Ducalem et C o m m u n i s Regij pendentem, super quo Baldachino in medio erat unus puer in forma quasupra, qui prohicebat per viam confectiones. Jta erat eleuatus a carocio quod stupor quasi omnes apprehenderet. Sub ipso vero Baldachino erat eleuatus ut in aere unus Juuenis in forma sancti prosperi patroni huius alme Ciuitatis in manibus habens pastoralle, et inductus more pontificali, nec ab aliquo videbatur substineri, nisi a duobus pueris existentibus ad eius latera Jnferius ipso, in forma p u r angelorum, q u o r u m alter habebat in manu duas claues, u n a m scilicit deauratam alteram argenteatam, alter vero u n u m septrum cum alia quidem manu videbantur substinere supradictum prosperum. super ipso etiam carocio ad pedes supradicti prosperi et dictorum d u o r u m Angelorum erat una Rotta plana circumdata pueris angelificatis cimbelis bene sonantes et alia diuersa Jnstrumenta musica in manibus habentibus, que quidem Rotta voluebatur ut miraculose circhum circha supradictum Prosperum cum dictis pueris mirabiliter pulsantibus. Jta quod videbatur eundem supradictum prosperum cum ea cohorte angelica a paradiso descendisse. Erant et Jnsuper a latere Jnferiori dicti Carocij tres Juuenes Jnducti forma Angelica, q u o r u m medius, viso domino cepit versus eundem ulterius non pregredientem hec dicere verba videlicet: Felice giorne che ali ochij nostri porgie Si rutilante lume, et chiara Luce. Felice dico, doue da canto sorgie El primo di Signuri, et magno duce. Inclito Borso Et tu pastore benigno ibi se reuoluit Puo che tu il vede digno ad apstorem Le chiaue che tu Ii mande de questa terra Luna che lapra et laltra che risera Lo septro tuo regale che tu porti N e la mane destra, A luy chi e la Justicia Sempre al cuore ge mande, Si che scorta Et guida el tuo plebe sia, et de tristicia Destipatore, et padre de ogni pace. Q u e s t o e quello che face Le anime mortalle in luy sperare Per lo suo Justo regere et gubernare. Cui quidem Angelo, hijs dictis, sanctus Prosper respondit videlicet: C o m o tu chiede, ο angelica persona Cusi le chiaue, et il Septro te resigno

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223 E t Ii toi consorti al duca chi e corona Del Jtalico honore, et del cielo degno Li portarano, luno in mane Ii metta Le chiaue, et laltro la Bacheta.

Et tunc acceptis e manibus sancti Prosperi dictis Septro et Clauibus socij suprascripti Angelli descenderunt de Carocio euntes ad dominum. Cui alter eorum cepit dicere videlicet: Jnclito, diuo, ο duca excelso et magno, Refugio di mortali lapsi et stanchi Ο sole che mai non manchi Succurrere ali miseri di loro lagni El populo de Regio cum la manda D e queste chiaue a ti se recommanda. Et hijs prolatis prefato domino Claues supradictas in manibus actualiter consignauit, sed postmodum dominus ipse qui eas leta facie acceptauit, restituit ipsas claues predicto Angello et incontinent! alter Angelus hec dixit verba videlicet: Ο gloria d christiani inclito duce Ο fonte de Justicia J m m e n s o bene A ti solo se conuene El septro regio, pero che in ti reluce O g n e virtude et la tua fama grande Gionge nel cielo, et tuto il mondo spande. Quibus dictis sibi traddidit septrum predictum quod non minus fuit acceptatum et Retentum per eundem dominum. Et ipsemet Angelus in recessu ab ipso domino eidem dixit Jterum hec verba videlicet: El somo idio nel cui one bene Jace Deificare te faza et stare in pace. A parte autem septemtrionalli ipsius vie regalis Justa portam predictam erat unum magnum plaustrum triumphale quod vehebatur a quatuor curserijs copertis Albo cum Armis ducalibus, et Communis Regij. Super quo quidem plaustro in medio erat una Catreda eleuata tribus gradibus a tasello dicti plaustri, super uno tribunalli ornata condecenter drappis serieeis, et ante ipsam catredam ad gradum secundum sedebat unus Juuenis ornatissimus in forma Justicie, habens in manibus unum ensem euaginatum et balancias ad pedes. Jnferius eo ad gradum tercium erat unus puer in forma Angelli. Super quolibet uno Angullo currus predicti erat unus Juuenis representans personam unius doctoris ornatissime inductus, qui tenebant eleuatum unum pulcrum baldachinum coperientem totum ipsum currum cum Armis ducalibus et Communis Regij circumquaque pendentibus Similiterque super quolibet angulo ipsius Baidachini erat unus puer in forma Angelica, duo ex ipsis habentes ante eos duos clipeos ad Armam ducalem, alij duo totidem ad A r mam communis Regij. A parte quidem anteriori super tasello erant duo Juuenes in manibus tenentes banderias pulcras, cum Armis ducalibus, et Communis Regij. Et similiter a latere posteriori totidem etiam cum banderijs. hec quidem omnia non erant Jta bene apposita super curru predicto circha ipsam Justiciam sine magno misterio. Surexit Jgitur adimpletis premisis, puer ille stans Jnferius Justicia ut supra. ( . . . ) Prolatis verbis premissis, et domino nolente pro nunc ascendere currum, duo homines equestres ornati cum uno magno pro eorum utroque vexilio in manibus ad armam ducalem et communis Regij, ceperunt antecedere Deinde vehebatur post eos una pulcra Nauis plena hominibus in forma grecorum cum remis in manibus, Jta quod videbantur nauigara, et cum timpanis pulsantes, in medio cuius Arbor cum gabia quemadmodum fuissent preliaturi, et non aliter, ducentes ipsam Nauim super terram quasi si fuisset nauis lignea in aqua. Post vero Nauim ipsam ferrebatur unus carocius ab hominibus quinquaginta super quo in una lacu circumdata una sepe de viminibus et palmis erat unus unicornius stature unius Asinj argenteatus, tenens cornu in aqua dicte lacus, et habens ad latus unam pulcram palmam datari, et ante ipsum unicornum extra lacum erat unus Juuenis in forma unius domicelle, habens continue unum duplerium cereum acensum in manibus ut Caritas scilicet significaretur. Super uno setto anteriori et posteriori ipsius Carocij sedebant quamplures pulsantes diuersa Jnstrumenta et valde Jnducti ad honorem dicti unicornij eo quod

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est diuisia domini sepe numero tacti. Post ipsum quidem C a r o c i u m ducebatur currus triumphalis antedictus, deinde carocius sancti prosperi de quo supra, denique Jllustrissimus dominus antedictus in medio J u u e n u m ut supra p o p u l o quoque unanimiter clamante, D u c a D u c a . C u m autem dominus J d e m appulisset primitus Ecclesiam sancti petri, que distat a porta suprascripta per Jactum unius baliste, se retinuit, et existente supra stractam predictam in aere uno tabernaculo clauso in f o r m a m unius paradisi in quo diuersimode pulsabatur, Jta q u o d bene dici poterat, ut Jta loquar paradisus ab eo statim descendit unus Juuenis paratus ut papa, quando celebrat sedens super una pulcra catreda, nec videbatur quis eum substinerit in aere nisi duo pueri quos habebat ad Latera in forma angelica, et qui tenebant m a n u m ad catedram predictam, videntes eam substinere, opus quidem valde artificioxe constructum, et coram domino eleuatus in aere alcius capite domini dixit suauisseme hec verba vidlicet: Ibi loquitur ad Ange-

Ο spiriti eterni, ο superna scorta C h e da lo excelso cielo ve dignasti C u m meco dismontasti

los cum substinentes

A d honorare questu che per sta porta { ibi ostendit d o m i n u m Del mio nome entra, il D u c a il conte m a g n o Marchexe diuo B o r s o , che riporta Tromba et nome magno, C u m riverentia il capo cuo J o c u n d o Ornati de sto serto, che si manda Per Regio che e de lombardia grilanda Hijs dictis, dicti duo Angelli accipientes e manibus sancti petri u n u m sertum de lauro illud poserunt in capite domini, qui benigne et reverenter acceptauit, tenentes unam m a n u m ad sanctum petrum, et aliam ad dictum sertum, quod latum sic fuit per d o m i n u m ipsum usque ad Ecclesiam maiorem mirabiliter, autem ascendit ipse sanctus petrus cum dictis Angellis in paradisum, Ita quod omnes stuperent. Et cum ulterius per pusillum dominus accesisset ibi ex uno latere vie Juxta canalle, erat una colona picta et alta super qua erat constructus unus diabolus, ex opposito uero Jpsius Colone erat unus fons elleuatus a terra ex quo exibant vinum aqua et ignis simul et semel, Res quidem miraculoxa ex aspectu, et super ipsum fontem alcius erat unum tribunal ornatum super quo stans unus Juuenis in forma sacerdotis cepit dicere alte hec verba videlicet: Α terra cada one Impieta pagana C h e dice ne le pietre starne idio Α terra cada la loro speranza vana Α terra cada il loro pacio disio Ecove B o r s o pio Confalonero de fede christiana D e dio amatore, et del fiolo de Maria J n seculorum secula beato il sia. Continuo tracto uno sclopeto dicta colona grediente quidem ulterius ipso domino tm dicte stracte regallis que erat coperta pannis rum rancidorum et in memorabilibus clipeis

in pluribus frustris cecidit cum diabolo in dicto canali. Prolaudabiliter asociato utsupra tactum est per rectam lineam Albis et sub eis diuersis maneriebus erbarum florum p r o m o ad A r m a m Ducalem et communis Regij existentibus, et cuius

vie ab utraque parte erant seraglie prohibentes equos pergere sub porticubus ubi persone vix stare poterant tant erat earum multitudo. H u e enim venerant multi forenses audientes de tam solempne apparatu Jntroytus prefati domini. C u m dominus ipse fuisset primitus domibus illorum de Astis ibi super eius angullo erat paratum et miro m o d o ornatissimum unum tribunal super quo erat unus Juuenis Jnductus vestibus regalibus deauratis habens coronam in capite, et personam Cesaris Jmperatoris representans, ad cuius pedes erant Septem pueri in f o r m a m Septem virtutum prineipalium. Justicia Jtaque habebat unum ensem euaginatum in manibus et balancias, fortitudo unam colonam, temperantia duas englestarias, in una videlicet de vino, in altera de aqua, prudentia u n u m sextum et u n u m speculum, fides unam crucem, Spes unam ancoram et Caritas sub clamide unum puerum n u d u m excepta camisia, et erant tam bene or-

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nate quod videbantur septem dee. Justa quem ipsum Cesarem erat una Catreda splendidissime ornata, et unus tondus in forma mondi qui voluebatur prout volebat Cesar ipse, et desubtus ipsum Tondum unus Juuensis in forma fortune, cum capilis deauratis. Cepit igitur elegantissime Cesar antedictus dicere versus dominum ibi se arestantem et attencius audientem sicut omnes ibi astantes hec verba videlicet: Excelso principe, ο duca nouello, Justicia cum forteza, temperantia Prudentia, fede, Carita et speranza Te faranno triumphare supra ogne bello Se queste Donne tu tera in tuo stillo

ibi ostendit virtutes

Questa sedia hanno facta per tua stantia

singulariter

Ricordati che farai senza Se ala Justicia torgiesse el sugello. Et la fortuna che te porgie el creno

{ ibi voluit tondum

N o n te fidare in ley, che la e falaze Che mi che triumphal, messo al declino Voltabile et tolo per destino T u vedi il mondo che muttatione faze. E t questo vole Jdio perche li piaze Borso Ducha di paze Christo te exalta in tua prosperitade Questo tuo Regio tu mantegni in libertade. ( . . . ) Jncontinenti omnibus in silentio positis, qui replebant platheas et tribunalia multa circum circa eas facta ac omnes fenestras circumstantes et tecta domorum et pallaciorum, suprascripta domicella stans coram unicornio, ut supra tactum est, surrexit, omnibus videntibus et audientibus, dicens versus Dominum prelibatum hec videlicet: Se bene remiro el tempo Dolce bello D e li triumphi grandi di Romani, Quale Cesaro, quale decio, et quale metelo Giunse al tuo signo, ο specchio di christianni? J n ti pieta, J n ti Justicia regna, Ju ti benigna cera, et grato aspecto. Ο unico dilecto, Di miseri mortalli, ο roxa digna, Farote la toa Jnsigna

{ ibi ostendit unicorum

D e lo unicornio, c o m o laqua el monda Cussi de li affanni nostri, rompe londa. Post hec immediate sanctus Prosper super Carrocio suprascripto existens ut supra, primitus faciem domini modestissime, ut connuenit pontifici, dixit unt Jnfra videlicet: ( . . . ) Adonque questi miei figlioli Regiani che de la tua venuta fan gran festa come tu vedi acio che Jntendere possi quanta e laffectione amore et fede te portan, Tuti alegri et de un volere ati prestato, acio che tu li gouerni in perpetua pace, et possa secondo e lo volere de dio, il quale ti Ii ha posto temporale Signore. Se tu farai li sopradicti documenti, chio prospero depsi, protectore, conforto faci, J o veramente pregare ati prometto il mio Signore te doni longa vita, et sancta pace, honore et de subiecti amore verace. Et fuit prosper de Bebio, qui hec dixit. Quibus prolatis, Ε quodam tabernaculo splendissime constructo in forma paradisi, super palacio Residencie d. potestatis Regij in apice tecti, Ex opposito dicte Ecclesie maioris, Aperta clausura anteriori ipsius Paradisi, ubi erant multi et diuersi representantes, unus videlicet personam yeshu christi alius virginis Marie et alij diuersorum sanctorum gradatim sedentes in ipso paradiso, silicet superius et Jnferius, ut co-

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nuenit eorum dignitatibus, et meritis, diuersaque Jnsturmenta musica pulsantes, Jta quod merito dici potuisset Paradisus, Egressi fuerunt cum magna exultatione tres Pueri in forma angellorum, duo videlicet indued stollis candidis se Jnuicem respicientes, et tenentes manus sub pedibus tercij angelli indueti vestibus deauratis et Rubeis, et habentes in manu unam palmam oliuarum, mirabiliterque facto silentio tarn in ipso Paradiso quam in platheis et omnibus valde stupentibus descenderunt ad prefatum dominum uno tarnen fune eos substinente Jnter manus dictorum duorum et pedes dicti tercij, qui tercius descendendo seminabat nebulas per platheas in signum fertilitatis. Fulgura enim non cessabant volare per aerem, super platheis, maxime a domo illorum de Astis per Rectam lineam usque ad palacim d, Capitanei prout tota die et nocte precedenti feceraut, et super stracta regalli, qua venturus erat dominus: Jta quod omnes mirarentur et dicerent hec quidem mirabillia in oculis nostris. Cumque Angelli predicti per distantiam duarum perticharum pur in aere se firmantes mediante dicto fune, dictus tercius Angellas cum dei benedictione suauissime canendo, dixit versus dominum hec videlicet: Ο sacro duca, ο principe soprano Che de ogne virtude tu sei patrono Nobile vicario de Cesaro romano Ogni homo a ti per gratia ricorre Ο relucente spechio del populo christiano Ο conforto, ο sustegno de ogni aflicto cuore Porto felice sei de ogni persona Perche se digno de portare corona. Pace te porto da lalta Jerarchia Per ο che de epsa tu sei solo amatore Questa te manda el fiolo de Maria Eterne dio sacro Jmperatore

ibi ostendit paradisum, se cum manu ad eum reuoluens

Questa terra arecommandata te sia Jn pace tendendolla, sempre et in unione Altro a dire or mai non ce resta Seno che ogni homo crida festa festa Et hijs dictis, dimissa domino palma predicta, et facta debita reuerentia per dictum tercium Angellum cum inclinatione capitis et inpositione manum super pectus in modum crucis, versus prelibatum dominum ipsi tres Angelli versis tergis, regressi fuerunt ad locum pristinum unde exierant, euntes suauiter cantando, Jta quod crederentur vere angelli spiritualles, et beati. At ipse Angellus circa medium Jter se reuoloit versus dominum, eum venerando similiterque fecit dum esset prope paradisum relinquendo signum benedictionis, quam dominus ipse aeeeptauit cum Jnclinatione capitis. Res quidem que omnes sub stupore capiebant, cum pocius diuine quam humane operationes viderentur. Et ipsis paradisum Jngressis, clausa fuit eius Janua. Statimque corda omnium ibi astantium ita letitia et Jubilatione erant plena, quod omnes una voce et unanimiter clamarunt; Duca Duca etc. Tubatoresque valde pulsarunt. (...)

Rimini 1475 Hochzeit von Roberto Malatesta und Elisabetta da Montefeltro QXCII Broglio Tartaglia; Tonini 1882, p p . 3 5 3 - 3 6 5 : (...) O r chiariremo come fo messa a ordine la Cittä prineipando dalla porta di San Bartolo, nella quale fece l'intrata la III.» Madonna Lisabetta; alia quale Porta e uno maraviglioso Arco anticho di bellezza de'belli che siano in Italia; il quale fo aparato e ordenato come arco triumphale: sopra il quale furono posto homeni vestiti in forma delli antichi e bon romani, Ii quali all'intrata dell'Ill." Duca d'Urbino e della 111.' Madonna dissero in versi recievendo lo III." Duca e la 111.a Madonna degnamente. Di poi tueta quella strada per insino alia piazza del foro fo coverta di panni degni; e alia intrata della nobile piazza vi fo edi-

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ficato un altro triumpale arco. Questa piazza e quella dove Cexare Imperatore si fermo e fece la diceria alli suoi Capitanii, e pubblicossi volere el triumpho romano per forza, el quale Ii era vetato; e cosi se scoverse ribello della sua repubblica: ed evvi anque el petrone nel quale monto a fare la diceria. In capo della detta piazza fo edificato un Arco triumphale altissimo e degnissimo, con tucte quelle solennitä appartenenti. Ε sull'Arco v'era bellissimo palencato, sul quale v'erano homeni vestiti nella forma di quelli famosissimi romani; e infra mezzo loro era una sedia vuota degnissima, coperta da panni fini. Consequendo per insino a un altro Arco triumphale, sopra el quale v'era difitii d'angeli su certi rami, Ii quali de continuo se volgivano intorno cantando degne melodie. (. ..) (p.360) Entrati nella Porta della Cittä, quelli che erano posti sul degno arco triumphale in versi onorarano la venuta delFIIl. 0 Duca e della Sposa. Di poi gionti al principio della nobile piazza del foro, nella quale era un altro nobilissimo arco triumphale, sul quale alcuni vestiti secondo le cose antique, dove era Diana con molte Ninfe in sua compagnia, dissero pure in versi honorando lo 111.° Duca, e la III." Sposa. Gionti al capo della gran piazza dove era composto un maravigliosissimo Arco triumphale rilevato di smisurata altezza, nel mezzo del quale era una cornice tutta messa ad oro lavorata con gran maestria, sopra la quale sedevano otto famosi Romani vestiti al modo antiquo. Dal capo stava Cexare armato, con un libro in mano; dall'altra parte da manca v'era Ercole il forte colla mazza in mano; e nel mezzo delli ditti famosi romani era una Sedia rilevata coverta tucta di drappo d'oro, la quale era vuota senza alcuno. La cornice dove risedevano li magnanimi Senatori era sporta assai in foro per m o d o che con abilitä su vi stavano. Dove giunto lo 111.° Duca d ' O r b i n o questi famosi Consoli e Senatori tucti si levarono; e Cexare fo el primo che disse li sottoscritti versi ... Cexare mostro colla mano la sedia voita (...) (p.364) Per la cittä furono facti dui carri triunphali, li quali erano tirati cum ingegni, sopra i quali erano putti rilevati in aria, vestiti in forma di angioli, e andavano cantando per tucta la Cittä con cimbali e luiti e altri diversi strumenti, in forma che era gran melodia a udirli, facendo festa rallegrando tucta la Cittä. (...)

Rom 1459 Flavio Biondo: „Roma Triumphante" Q XCIII Biondo ed. Fauno 1544, fol.376v.-380v.; Cruciani 1983, p.104: (...) Si celebra ogni anno il giorno di San Giovan battista in Fiorenza una festa; ne la quale si portano per la cittä, per un cosi fatto costume di allegrazza, machine di diverse sorte e spettacoli cosi ingeniosamente fatti, che non cedono in questa parte niente a gli antichi; e tra le altre belle e piacevoli cose a vedere sono i Pegmati, di quelli che (come diceva Giosefo) giongevano con la loro altezza al terzo solaro de le case, e se i dotti si sterrano a vedere, noi qui mostraremo a qual guisa fussero questi pegmati fatti: Egli era un forte e sodo tavolato, lato dieci piedi per ogni verso, e nel mezzo a punto v'aveva a giusa d'una drittissima colonna un trave altissimo di legno di venti piedi, ne la cima del quale sorgevano in alto poi, proportionalmente distinti, tre rami di ferro lavorato e distinto medesimamente ciascuno in altri ramuscielli indorati e vestiti di frondi inargentate e indorate; e per lo mezzo v'erano tanti come nidi d'augelli fatti maestrevolmente di cuoi e pelle di diversi colori, in ognun de' quali giaceva un bambino di duo anni ο di tre al piu, chi con la testa solamente di fuora, chi con tutto il corpo; (...) Egli veniva poi dunque sopra il carro trionfale a due rote risplendente per molto oro et argento, e gioie che v'erano, il capitano che trionfava, al cui essempio voglia Iddio che se ne vegga pure una volta qualch'uno de'Prencipi cristiani trionfare: ma come si vedevano nel carro di gentili d'ogni intorno depinti e Giove co'l scettro, e Nettuno co'l tridente, e Giunione con l'hasta in mano, e Mercurio con le ali su la testa e ne' pie, cosi nel nostro san Pietro porterä in mano le chiave, san Paolo la spada, il Michele e s.Giorgio ammazzaranno il drago, s.Bartolomeo terra il suo stesso cuoio in spalla, et il nostro Capitano, con Veste Regale e distinta tutta in stelle d'oro, terrä nella sua destra lo scettro di avorio et un ramuscello di lauro ne la sinistra; e in testa havea, non secondo quello antico costume di Toscani una corona di oro, ma una ghirlanda di lauroe; e cosi non sera uopo di servo che (come Plinio diceva) li stia dietro a sostenere con mano la ponderosa corona, ne bisognerä al nostro Capitano tenere l'anello di ferro in deto per ricordarsi che in

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una sua tanta gloria venga agguagliato al servo; del quale costume, e della corona sostenuta dietro da un servo publico e de l'anello di ferro portato dal trionfante, ne fa anco, oltra di Plinio, chiara menzione Giovenale: H o r dunque in questa parte il nostra Capitano imitera piu tosto il bon Tito, a cui non il servo, ma una fortuna alata d ' o r o sostenea la corona dietro: in vece de la quale fortuna sera nel nostro Capitano un Angelo mandato dal cielo. (...) 1462 A n k u n f t des Hauptes des Apostels Andreas QXCIV Pius II. ed. 1984, vol.II, p.1536; Cruciani 1983, p.62: (...) Multis in locis personatus varii visebantur: pueri, angelos coeli repraesentantes, alii dulce canebant, alii organis psallebant; nullum musicae artis instrumentum non audiebantur, et simul Apostoli laus aethera implebat. T u m vini fontes11', et diversa miracula passim suspensa, transeuntim oculos detinebant. (...) * Corsiniano 147: viri fortes 1466 Feste für Paul II. QXCV Canensio ed. RIS III, P.16, pp.135-136; Cruciani 1983, pp.127-128: R o m a n o populo ob ingentia eius beneficia Pontifici ludos festasque ovationes agere quadringentos aureos elargitus est. Ludos eorum prospexit assidue ac festive ex abdita fenestrae parte, nonnullis sacri senatus patribus una commorantibus; ludicrorum vero personatus huiusmodi extiterut. N a m gigantum p r i m o personatus ordinatissime incedebant; t u m aligeri faretratique Cupidinis, dehinc Dianae equestris, magna n y m p h a r u m caterva illam stipante; t u m candidatorum iuvenum centum sexaginta et eo amplius, quibus tamquam militam professis more priscorum singulum numisma sigillatim a praefectis ludorum traditum est; dein regum aliorumque d u c u m a Romanis olim devictorum, t u m ambitiosae Cleopatrae ab Augusto Caesare superatae; d e m u m Martis, Faunorum, Bachi et nonnullorum etiam falso deorum a priscis creditorum turba ingens sequebatur. Subsequebantur insuper plebiscita senatusque consulta serieeis tabulis designata, vexilla immensa aliaque R o m a n o r u m insignia bellica; t u m consularis ac senatorius ordo, caeteris Urbis magistratibus circumseptus. H o s autem quattuor ingentis altitudinis currus subsequebatur, variis quidem personatibus mirisque operibus ornatissimi; cunctis vero eos currus deducentibus et ipsis quoque' currum consessoribus paria erant laudum carmina, variis vocum modulationibus decantata, pontificem Paulum verum patrem patriae, o p t i m u m quietis fundatorem et optimum rerumque copiae largitorem. QXCVI A n o n y m e r Bericht, BAV, Barb.lat.1991, fol.21 r.; RIS III, P.16, p.136, n . l ; Cruciani 1983, pp.129-130: Q u a r t u m festum C u p i d o alatus nudus et faretratus, sagittis igneis, altus in stampis, et continuo sagittando et cantando ad laudem Pontificis, et sagittando ignem. Postea bifferi et symphoniae quatuor, post quas sequebantur nymphae numero triginta et cum eis dea Diana, quae nymphae induebantur vestibus albis frisatis aureis frixia capillis aureis, arcu, pharetra et sagittis neenon post terga cornua, et aliqua ipsarum cum dardis in manibus, in medio dea Diana vestita veste aurea cum corona virginea, omnes virgines equis albis, et cum accederent ad fontem invenit ibi Actaeonem qui conversus est in cervum post eas sequebantur mulieres Amazones diversis vestibus, armis, arcis, sagittis, pharetris et dardis et aliis armis numero vinginti. (...) 1492 Karneval - „feste per Granada" Q XCVII Conti lib. VIII, ed. 1883, pp.374-375; Cruciani 1983, p.234: (...) Raphael etiam Rearius cardinalis S. Georgii ipsis regibus amicissimus ludos hastatos magnificentissimo apparatu exhibuit, ad quarum rerum spectaculum tanta se in circum multitudo infudit, quantam urbs continebat. Oblectavit autem mirum in m o d u m animos h o m i n u m triumphi p o m p a reprehesentata.

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Q u a t o r equi candentes sublimen currum trahebant, in quo Rex et Regina cum laurea palmam amplexi, quae in summo curru enata videbatur. Ad eorum pedes rex Maurus vinctus, circumquaque galeae, arcus, loricae, iacula, scuta truncis affixa pendere videbantur, qualia in trophaeis veterum, Caesarumque monumentis expressa cemuntur. Anteibant fulgentibus armis equites peditesque: ante currum incedebant captivi vincti, quos vestitu et colore veros Mauros diceres. Equites armis, phaleris, et plurimo ostro decori currum subsequebantur, totusque circus personabat vocibus gratulantium, et benedicentium Deum, quod horum Regum invicta virtute factum esset, ut aures christianae, quae annis ab eo tempore XL, nil nisi triste et formidandum audire solitae erant, novis nominibus locorum et victoriae nunciis quotidie celebrarentur. (...) Q XCVIII Carlo Verardi: Historia Baetica; Cruciani 1983, p.238: (...) Tu vero omnium magnificentiam longe supergressus: quo singularem animi tui laetitiam, quam ex hac christianae religionis amplificatione coeperas, et simulac amorem observantiamque, quibus inclytos illos principes prosequeris, ostenderes: speciosissimum currum, quo iidem de Baudeli Granatae rege triumpharunt, tanto sumptu et apparatu, tantaque pompa et splendore induxisses, ut Senatus populusque romanus veteres illos maiorum suorum triumphos iam pridem seculis nostris incognitos, nunc demum spectare sibi viderent, (...) 1492 Possesso Alexanders VI. Q XCIX / IC Corio ed. 1978, pp.1488-1489; Cruciani 1983, pp.250-252: (...) V'erano constructi alchuni superbissimi archi triumphali, i principali furono dui de banchi, l'uno a lo intrare dove comincia la chiesa di Sancto Celso, e l'altro in fine dil templo; il primo era a similitudine de quello de Octaviano presso al Coliseo con quatro colonne di grande grosseza et alte a due parte, e sopra capitelli quatro homini armati a m o d o de baroni antiqui con le spade nude in mano; sopra l'archo et al capo de Ii homini era la corona de l'archo con l'arma dil pontefice e chiave, et a lato corni de divitia e mirabili festoni con le sue cornice. (...) II secundo archo era simile de altitudine et armi si diligente facte pareva dovesseno essere perpetue. La sotto volta era fatta a quadri con fiuroni d'oro relevati, in mezzo certe cave a m o d o de cocule marine e sopra le cornisiature erano certe fanciulle quale recitavano versi latini e in materna lingua a la venuta dil papa, e di fuori a l'archo a mano destra una cella dove era scripto: „Oriens", e v'era una fanciulla mora vestita a fogia Orientale; a la sinistra: „Occidens", e similmente una al m o d o occidentale. Sotto l'archo a dricta mano era: „Liberalitas. Roma. Iusticia", e chaduna celletta havea la sua nimpha. Roma era in mezo et havea il mondo a Ii piedi et una mitra papale in mane et uno bove che pasceva. Α mano stancha era: „Pudicitia. Florentia. Charitas", et Florentia era puoi nel mezo uno fiurono de diversi colori con uno ornato de nimphe. Di fuori a l'altra banda de l'archo a mano dextra: „Eternitas", a la mancha „Victoria"; sopra l'archo da una parte era: „Europa" a l'altra: „Religio", e tutti cantarono sei versi al Pontefice. (...) 1498 Inventar der „Compagnia del Gonfalone" QC Inventarii di vesti e di attrezzi, Vattaso 1903, pp.100-101: (·•·)

Item, uno braccio grosso di ferro con una traversa di ferro, che vanno in doi cancani, adoperato in una colonna di Santa Maria Maiure per fare apparire un agnilo. Item, un altro simile con che appariva la Nostra Donna a la Neve Item, quattro ferri da agneli, che se adoperano in nella nuvila ο amandola, quando se fa la Assuntione de la Nostra Donna, con la nuvila appede. Doi ferri grossi da agneli, ionti insieme a croce, che se adoperavano a la festa de Santa Maria Ritonna. Item, u n o ferro longo con la Centura et la nuvila appede per al nostra donna che salliva a cielo. Item, una Centura di ferro a canchani per la Nostra Donna (scritta doi volte).

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Uno istrumento de legno carrato con che se fa sallire el Cristo nello paradiso a la Resurrexione. Una nuvila di legno con uno braccio de ferro per lo paradiso. Uno verrocchio con doi perni de ferro per far voltare la rota de la Resurrexione. (...) 1499 Karneval QCI Feltrino da Manfredi an den Herzog von Ferrara, 10. 2. 1499; Cruciani 1983, p.274: (...) Questo carnevale se sum facte poche cose di piacere. Vero e che ne la festa consueta de Agone si e facto el triumpho de Vespasiano e Tito assai positivamente: tuttavolta fu assai bei vedere cinquanta copie de citadini romani tuti vestiti a l'anticha cum belli cavali et bene adobati quali acompagnavano el triumpho. (...) 1500 Karneval Q CH Burchardo ed. RIS XXXII, P.I, vol.2, p.206; Cruciani 1983, p.276: ( . . . ) fuit habitum festum in Agone, pulchre, more suo solito ornatum, cum XI carris triumphalibus et victoria Julii Cesaris qui sedit in ultimo carro. ( . . . ) Q CHI Sigismondo de'Conti ed. 1883, vol.II, p.228: ( . . . ) Redieret is in Urbem, bello Imoleensi et Forliviensi confecto, circiter idus frebruarias in ipsos carnisprivii dies, quibus Romanus populus veteres maiorum suorum triumphos apparatissimis ludis represintare solet; eo vero auno longe manificentius pompam struxit deduxitque ante currus triumphalis captivos reges, oppidorum et fluviorum simulacra, omnique alacritatis genere gratissimun sibi Caesaris Valentini reditum fuisse testatus est. (...) 1502 Hochzeit von Lucrezia Borgia und Alfonso d'Este Q CIV Bernardino Prosperi an Alfonso d'Este, 1. 1. 1502; Catalano 1921, pp.49-50, Cruciani 1983, p.292: (...) Doppo venero 13 carri triomphali ornatissimi, l'uno un poco discosto da l'altro, et cadauno era tirato da due cavali da l'artiglieria: sopra il primo gli era solum uno Hercule che sonava uno corno, come e quello che e in Campidoglio; sopra il 2° Ii dui cavali a similitudine de quelli de Montecavallo; sul 3° dui bovi, che fecero il sulco che circondoe Roma; sul 4° una cita; sul 5° uno tropheo con molte spoglie; sul 6° uno a cavallo a similtudine di quello che ha sancto Giovane Laterano, con quello re a piedi; Ii altri penoltimi pur con simile ostensione; in Ii tri ultimi Cesare a cavallo sopra uno e con Ii altri dui carri apresso, cioe e latere, con le gratie, e doppo essi carri seguivano Ii soldati richi dela depredatione e sumissione dele citä acquistate a l'imperio, Ii quali erano la famiglia di questo illustrissimo Duca, ( . . . ) QCV Bernardi ed. 1896, vol.I, P.II, p.350 sq.; Errera 1892, pp.280-301. (...) In prima la Sanitä del nostre Signor per so noblimente avea fatto fare tredese carra trionfale: Nel primo se vedea uno Ercole de statura humana, tute dorate, cumme una macina in mane, come una pelle de lione intorne. Nel seconde se vedea uno altro Ercole conbatante come l'idra, al quale idria avea tagliato doe teste, e per ciaschaduna tagliadura ie nasea altre sette teste picoline tanto destramente che facea tute stupefare tuta la zente. Nel tercio si era Carobino, le quale aveano la sova madre innento incinochiato che ie mostrava le ernen [ric]. Nel 4 se vedea Paule Emilio e Persuo, le quale se menava innante Peseu cum dui fiole come sove mane ligate de dreto, tute vesti de negro. Nel 5 se vedea dui cavalle grande inarzentato, come dui homini indorato le quale tenea dite cavalle, che significava Monte Cavalle. Nel 6 stava Sipion trionfante. Nel 7 stava Curero. Le 8 steva Netuno dio del mare, come altre dui marinaro. Nel 9 steva Cesaro

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sopra uno gram cavallo biancho. Nel 10 stava Romole, al quale arava come dui boi, Zoe uno d'ore e l'altre d'arizento, le quale significava quando comencio a fare Ii fondamento dela dita ciptä de Roma, e qui lui avea sei aulture in testa. Ne' 11 i era tre femene nude a sedere, le quale significa la gratia. Nel XII i era Paris in atto quando al deva la sentencia, come multe altre instorie che veramente pareano aver spiritu umano. Nel tercio e decimo et ultimo era facto come grande excelencie, e Ii se vedea una gram ciptä la quale era Roma; denante a questa se vedea uno zovene che significava dita Roma a cavale di uno boe indorato, al quale boe stava in meze de uno fiume contrafacto, che al meze parea in terra, al quale zovene canto le molte verse latino e volgare innanto a Sova Sanitä: Item come quelle zovene steva altre pute ben ornato a chiopa a chiopa cantando altre historie. Le quale cara tute erano aconpacnato come le molte homine dal dito senato et altre popule, fra le quale ie potea [essere] cerca 800 altre zuvene tute armato de arme contrafacto a l'antiga usancia, come le molte galentarie. Drete a quiste siguitava altre cavale di romane pure a l'antiga usancia come era senatore, conservatore, cappironi, confalonierio, sindici, cancelerio, manischalche, deli quale se astimava che sove veste ed Ornamente fuse de valuta de numero infenito. Poi se fece cigrante e drachi che butava palle di foco per sova boca (...) QCVI Burchardo ed. RIS X X X I I , P.l, vol.2, p.312; Cruciani 1983, p.296: (...) Post prandium, fuit habitum in platea sancti Petri festum Romanorum, quod jovis carnisprivii in Agone haberi consuevit; adducte XII carruce regionum de antiquitatibus Romanorum que non intelliguntur, more solitu. (...) 1507 Einzug von Julius II. nach dem Sieg über Bologna QCVII Paride de Grassi, Frati 1886, p.175; Cruciani 1983, pp.323-326: Solemnis aditus Papae adPalatium ab ecclesia Sanctae Mariae de Populo (...) Apudmolem Adriani versus Palatium spectaculum nobile adfuit, et visu mysterioque delectabile. Currus erat triumphalis a quadrigis albis tractus, et is erat in forma rotunda, super cuius planitie decern pueri alati, sive aligeri singuli suam palmam manu ferentes canticum et spectaculo, et elegantia, ac gratia, et modulatione iucundum, et ij per orbem, et revolutionem quasi tripudiantes super gyro illo circuibant, quibus tacentibus, et curru firmato assurexit puerulus in summitate alta palmam manu quatiens, eam quasi Pontifici porrigens cum cantu convenienti gloriae Pontificis, qui in celebritate palmarum palmam suam Romae afferret, cum ipse Pontifex potius omni palma dignissimus sit ex tyrannide pulsa (...) Super caput pueri erat quidem orbis magnus in forma spherae astronomalis, ac super sphera quercus aurea magna, quae inter duas palmas erecta ad coelum suos ramos, et glandes aureas pandebat; huius autem omnis rei summitas, vel pinnaculum ecclesiae Transpontinae aequabat, vel etiam cum admiratione videntium superabat. (...) 1510 Feste di Agone Q CVIII Raphael Hermenz an Isabella d'Este Gonzaga, 13. 2. 1510; Luzio 1886, p.558; Cruciani 1983, p.345: (...) et andassimo in Agone ad vedere alcune feste si fano in quella piaza de rapresentare le victorie antique de romani, che questo anno hano rapresentato la victorie contra venetiani havute in Romagna (...) QCIX Vita di Francesco Maria Rovere, BAV Urb.lat.490, fol.175 v.; Cruciani 1983, p.347: (...) et furono fatte le altre feste ricche et pompose cum ligiadri e bellissimi spetaculi, dove Romani alio uso antico molto suntuosomente et bene cum cavalli armati et gente a piede in forma di glorioso Triompho rapresentorno la vittoria di Giulio in Romagna. Et prima sopra una charetta molto ricchamente ornata vi condusseno una Italia cum motti che Giulio di essa n'era Liberatore; poi di mano in mano pur sopra charri pomposamente forniti di una in una si condussero tutte le cittä e luochi recuperati con la rotta di Ravenna e presa di Giovan Grecho. (...)

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1513 Feste di Agone QCX Battista Stabellini an Isabella d'Este Gonzaga, 20. 2. 1513; Luzio 1886, pp.578-582, Cruciani 1983, p.370-372: (...) Dietro a questi soldati arrivava il primo carro, scorto davanti e dirietro et datorno pur da fanti a piedi, et questo haveano tutti Ii altri, et portava questo carro una donna in habito di regina ma ligate e vinta con le mani a retro, et havea per terra alli piedi spoglie assai, cioe armature et cose da battaglia consuete a porsi ne'trophei: questa era figurata per Italia, giä da la violentia de Francesi opressa e legata. (...) Et nel medemo modo procedendo era tirato un tempio inscritto ne le porte T. Apollinis Delpbici. Ne la sommitä de cui entro una cuba era un giovane con l'arco in mano, da la cintura in giü nascoso in significatione de Apolline et atorno al tempio giacevano varij homini da soe sagitte trafitti: questo carro gionto al ponte, volendo girare per tonare adietro come facevano gli altri si travolse e cadde. (...) Lo extremo ordine tenne la Querza pur sopra il carro portata, la quale de Ii sommi soi rami facendo un cerchio serrava forma di Pont, in effigie di Papa Julio, sotto Ii piedi di cui qui ne la cazava de l'arbore era forma de Imp. con la spada ne la dextra et una sphera ne la sinistra, et da cadauno de lati un grado piu basso a man dextra entro un ramo de l'arbore nel preditto modo eravi somiglianza del Re Cath. la quale teneva ne la dextra la spada et in la sinistra la f et sotto Ii piedi stava tenendo los capos de gran sennores, credo uno de quelli che in Africa fur vinti et forse ne la Cara Rodamonte chiamato. Da sinistra la persona del Re Inglese pur con l'arme in mano, havea ben ne la sinistra non so che, ma nol compresi. (...) (...) Tutti Ii carri furo tirati da cavalli et le opere che portavano erano de strace, carte e legnami et fu cosa gratiosa da vedere, ma non senza racordarsi de Ii tempi presenti di Roma ne Ii quali la si sia, dove ο per sua bassezza triomphi de l'ombra et de le larve de Ii antichi triomphi ο per la grandeza de quei primi gli paia assai fare se de si preclare glorie servi la memoria sola (...) 1513 Possesso Leos X. Q CXI Penni 1514, Cruciani 1983, pp.395-402: (...) Et sequitando la strada el sanctissimo nostro Leone, avanti la casa del nobil misser Augustino Chisi senese era edificato uno memorabile arco di tal forma. Era posto sopra di octo columne in quadro ad ogni cantone una quadra, et per di dintro una tonda, et faceva di sopra uno piano con un architrave, fregio et coronice, et in nel fregio dalla banda che riguarda il castello era dui versi a lettere di oro di tal tenore: OLIM HABUIT CYPRIS SUA TEMPORA, TEMPORA MAVORS OLIM HABUIT, SUA N U N C TEMPORA PALLAS HABET. Et sopra il verso era la cornice et un epitaphio che dicea. LEONI X PONT. MAX.PACIS RESTITUTORI FELICISSIMO. Et da ogni banda dello epitaphio era un tabernaculo, cioe mezzo nichio, ne' quali in quello che era da mano dextra vi stava una figura viva, la quale representava Apollo. Et da man sinistra nel altro mezzo nichio un'altra figura viva, che representava Mercurio. Venia sopra questi tabernaculi e lo epitaphio una coronice a uno piano, dove che di sopra alia dextra mano in su lo angulo era di rilievo una statua, che era dal mezzo in suso homo, et dalla metä in giü serpente, et tenea in mano uno oriolo a polvere, et da l'altra mano in nello angulo di rilieveo un centauro, et sopra uno saltare era posto a sedere un leone nel mezzo del arco: di dentro il palco suo di sopra nel mezzo era la insegna del Papa, et da ogni banda quella del prefato Augustino Chisi. Et dalla faccie in ciascuna un quadro belissimo di diverse materie picto, et sotto Ii quadri era da ogni banda tre mezzi nichi, ne' quali in quel mezzo era una nimpha, et di qua et di la dui Mauri piccoli vivi, si da l'una banda come da l'altra. La nimpha che era dalla dextra mano con audace faccia recito alquanti versi. (...) Di fuori verso la zeccha era decorato nel medesimo modo che era verso il castello, (...) Et le figure che erano poste nelli tabernaculi, una rapresentava la Liberalitä, et altra la dea Pallas. (...) (...) Lo octangulo del mezzo dove era l'arme del nostro signore, al passar di esso si levo via, et di quello loco usci una palla, la qual se aperse, e eravi dentro un putto, che questi infrascripti versi con audace animo et ilare fronte recito: (...) Recitato li dicti versi la palle se ritiro dentro, et l'arme al luogo suo ritorno: (...)

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Siena 1450 Fest anläßlich der Heiligsprechung Bernardinos QCXII Agostino Dati: Historiae Senenses; Arasse 1977, App.l, pp.227-228: Ac propter excelsam turrim supra sacellum haud longe a praetorio praealta tabulata surgebant strata magnifice. Eorum erat fere stadii unius altitudo, in quibus spectaculum admirabile Beatorum concilia, ac piorum sedes agerentur, ac surgebat quidam h u m o ad ea usque tabulata magno artificio summae tenuitatis, quoad elevatum pavimentum admirabilis parebat ascensus, viae omnes inumbratae erant proceris ac defixis arboribus. Varia ubique spectacula, et ludicra signa oculis subjiciebantur. (...) Atqui id certe mirandum, quod ex praeparato habitaculo revelatis aulaeis caelestis domicilii species subito comparuit sonitu citharae, fidis, tibiae, sunphoniae, fistulae, et pene omnis generis musici organi, et suavissimo hominum concentu, micantibus undique igneis radiis alius alium caelitem repraesentabant. Tum ab assistente Beatorum choro perferri artificium, quod praediximus, qui Bernardini personam gerebat magno aspectantium stupore sublatus est, et h u m o in coelestem sedem receptus. Fervebat pietate populus, et omnis intentis animis grates persolvebant Deo, Bernardinum canentes: Cuius viventes quidam doctrina, mortui sanctitas omnium animos ad Religionis amorem accenderet. (...) 1458 Fest anläßlich der Wahl Pius II. Q CXIII Comune di Siena (B.V.40); Mazzi 1888, pp.35-37: Ante palatium magni Magistratus ara erecta est, et cum ipsa tum adjacentia loca ornata auleis, cortinis, et splendentibus stragulis; excelsa tabulata fabricata sunt altitudine cubitorum circiter octuaginta, longitudine cubitorum sexaginta, latitudine quadraginta. Desuper excelsus thronus: omnia nitida veste contecta, et caeve gradatim appositae. (...) Ante quam attolleretur sacrosantum eucharistiae sacrificium, sublata vela, beatorum domicilium et paradisi sedes quae ibidem represententur, subito pulcherrimum et preclarissimum spectaculum aperuerunt, ab omni musico genere et vario concentu modulante, ut populi laetitia et plausus incredibilis orietur. Ac, peractis sacrificis, mirabili artificio gloriose Virginis assumptio representata est: et humo, aspectantium miraculo, Virginis habitu h o m o et qui Angelos agebant, assumpti sunt in id coelum, quod manu et opera splendissime structum erat: rithmi et numeri ad id compositi canebantur. Ac post illam assumptionem, qui Summi Pontificis personam agebat modulis et senariolis apte et concinne editis, per manus glorisissimae Virginis coronatus est: atque eidem dulcis patria piis vocibus Pio pontifici comentata. 1459 Empfang für Pius II. QCXIV Allegretti ed. Muratori XXIII, col.770; Mazzi 1882, vol.I, p.52: (...) alia Porta dipenta, dove fu fatto un bellissimo apparato a giusa d'un Coro radiso; e quando Piu giunse in quel luogo, un Angiolo discese di quel Coro piü stanze, e voltandosi alia figura di nostra Donna, di poi al Papa, raccomandogli Siena, in m o d o , che il Papa si commosse a lagrime per gran tenerezza di si dolci

d'Angioli, overo un Paa basso, cantando certe la sua e nostra Cittä di parole (...)

1477 Prozession auf Grund eines Bündnisses QCXV Allegretti ed. Muratori XXIII, col.783: Ε adi 8 si fece una Processione per la Terra, e'l di si bandi la Lega fur un carro, fuvi uno vestito a Femmina a similitudine d'una Pace, e sotto di lei una Corazza, & altre Armi, e quando fu in Pantaneto si ruppe una ruota del carro, e ruppesi ben due volte, e per questo se ne prese gattivo augurio.

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1494 Einzug von Charles VIII. QCXVI Sanudo ed. 1873, pp.144-145: Intrö el Re di Franza in Siena con grandissimo triumpho, Ii ando contra la Signoria di Siena e assä cittadini. Fo fatto alcuni archi triumphali a le porte, gioso di qual discendevano alcuni angeli, et Ii presento le chiave di la cittade. Et intrö a di do Dezembrio di marti a höre 23, et a la prima porta de Camolia fo fatto uno arco triumphal con queste lettere: Sena vetus civitas Virginis. A la seconda porta fo fatto una lupa, ch'e la insegna de Senesi, a Ii piedi di la qual erano queste parole: Venisti tandem, rex Christianissime, cui nostrae nitro patent januae. Et alia terza porta era uno arco triumphale con do homeni, uno di qual representava Carlo Magno, et havea queste lettere: Italiae, ecclesiaeque romanae liberator, christianaeque fidei ampliator sanctissimus; l'altro rappresentava questo Re presente, con questo verso: Carolus octavus Francorum rex, ad idem divino missus numine. (...)

Todi 1509 Sacra Rappresentazione „Sancto Crisonio" Q CXVII Tommaso di Silvestro ed. 1891, coll.703-704: LA DEVOTIONE OVERO REPRESENTATIONS QUALE F U O R O FACTE AD TODE lo primo di de Pasqua rosata dal 1509. Et fu facta a di 27 del Mese de maio. Et fu facta la devotione de sancto Crisonio martire, alia quale ce andai io con molti orvietani per vederla fare, perche s'era decto che se faciva cussi bella cosa, che mai fusse stata facta. Finaliter io non vide mai la piü goffa cosa. Primo, tristo canto: secundo, non ce fu nisciuno acto bello. Non ce fu altro bello che quelli carri dell'entrata, quale fuoro sei carri; cio lo carro, dove stava Xpo con cinque angeli quasi in cima, in mezo uno San Giuhanni, quale teniva con uno braccio tucto quello hedifitio del decto carro: et de sotto ad Sancto Giuhanni stava uno quatro tucto pento ad oro, e dentro ad quello quatro, cio e in piede, stava la nativitä de Xpo, cio e la Vergene Maria, Xpo, l'angeli, el bove et l'asenello. Quale carro era alto da piede in cima, dove stava Xpo nel trono con due angeli, 42 piede. L'altro carro fu de'diavoli, quale era alto poco mancho, et in cima stava ad cavallo Satanasso su in uno leone con uno uncino in mano. Dui altre carre pure belle, dove stavano in ciaschuno uno re; et in un altro carro piu bello ornato, dove stava lo imperatore: et l'altro carro era uno monte scoglose depento ad scogle ed fronde d'arbore, dove stava uno heremita, quale batizo quello sancto Crisonio, in una bella sedia alta, dove stava lo Profecto. Et tucte queste carre entraro ad uno ad uno in piaza. Et questo fu bello; ma dell'altre cose, cio e canto et acti de martirii, non ce fu nisciuna cosa bella, ne buona. (...)

Venedig 1266 Fest der Marien Q CXVIII Martino da Canale ed. 1845, pp.571-573: [CCXLIII] Et lors vient avant Ii clerc que porte corone d'or et est aparilles si richement com ie vos ai conte; et quant il est tres parmi Monsignor Ii Dus, si le salue, et il Ii rent salus. Et lors s'en vont avant ciaus que le portenet de sor los espaules; et si vent la procession (...) [CCXLIV] Quant Ii trois clers ont chante les loenges de Monsignor Ii Dus tot en tel maniere com ont fait les autres que s'en alerent devant, il se mistrent en la procesion: et lors vient avant un autre clerc, que seoit de sor une chaere mult richement aparilles a la guise d'un Angle, et le portent de sor los espaules IIII homes. Et quant il fu parmi ou Monsignor Ii Dus estoit, il le salue et Monsignor Ii Dus Ii rent son salus. Et apres se, il

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s'en vont en la procession (...) Et tant s'en vont, que il entrent en l'iglise de Notre Dame Saint Marie; et quant celui clers qu'est aparilles en senefiance de Angle, est entres dedens l'iglise, et il voit 1'autre qu'est aparilles en senefiancede la Vierge Marie, il se lieve en estant, et dit tot ensi: (...) 1452 Besuch von Friedrich III. Q CXIX Pius II. ed. 1658, p.96: (...) Interea circumquaque, per mare latum, millia nauium tendere vela, concursare, vexilla sustollere, invicem ioco lacessere: alii Venerem & amoris ludum, Amazonum praelia, Apollinem nouemque Musas, Bacchum & tres Gratias, ferocem Martern, fortesque seculi prioris Duces, Herculem, Achillem, Hectorem, Romulum, Alexandrum, Iulium, Pompeium, Augustum, Fortunam quoque coecam regna regentem, Centauros & Gigantes, & centumgeminum Briareum & Lernae beluam, mostriferasque mille facies ostentare. alii coelestes angelos, ipsumque Salvatorem resurgentem atque ascendentem in Coelum, multaque cum veteris tum novi Testamenti miracula repraesentare. quidam super extensum currere funem, balistam tendere, cimbalum tangere, saltare, spectaculum discrimine plenum praebere. (...) 1459 Fest für Galeazzo Maria Sforza QCXX Galeazzo Maria Sforza an Francesco Sforza, 5. 6. 1459; Ghinzoni 1893, p.961: (...) seguiva uno carro tracto per homeni, quale essendo facto in quadra forma havea ordinato di sopra uno capicello, sotto del quale era una persona conza in modo de Diana, et atorno in caduno canto uno puto conzo a modo d'angelo, quali a uno tracto sonavano una trombeta per homo, et questo nela parte di sopra; ma in quella di sotto a qualuncha di canti del carro era legato un homo con una catena d'oro, curti vestiti e molto politi. atorno ali quali stavano quatro conzi in forma de Nimphe, quali con uno arco in mano per uno, a tempo tirando l'arco si volgevano or qui or la ala morescha, ballando, gitando, per la cima dela friza che da l'arco non si moveveva, uno pocho d'acqua. (...) 1493 Empfang für Beatrice d'Este QCXXI Beatrice d'Este an Ludovico Sforza, Molmenti 1927, vol.11, (documenti F), pp.496-497: 27 5. 1493 (...) et fra l'altre comparse una fusta che haveva in popa la rapresentatione de Neptuno et Minerva assettati. Neptuno cum lo tridente in mano: Minerva con el dardo. Per scontro li era un monte quale haveva in zima una rocha: sopra la quale erano l'arme del papa, de lo illustrissmo signor nostra et de la signoria vostra et de la illustrissima signoria. Salto Neptuno cum balli et schambietti, sonando alcuni tamborini, et ballato un pezo cum schambette, vene poi dreto Minerva facendo el simile, et acostandosene ballarono insiema: puoi Minerva dedi del dardo nel monte et salite fora una oliva: Neptuno dedi del tridente et salite fora uno cavalo. Ce erano alcuni alato al monte cum libri quali sicnificaveno el judicio se doveva dare, del nome se haveva mettere alia citä principata in quello monte; et fu judicato in favore de Minerva, et perö se conclude questa representatione che cum la unione de la pace se mantengano Ii stati, e pero spectare a chi fa simile effecti el ponerli el nome, como Minerva pose a quella nominandola Athene, dove fu el fundamento del studio secundo se dice. Passando piü inante comparsino altre galee, fuste, et barche pur bene ornate, fra le quale era una galea armata de Milanesi, cum uno moro in sedia, cum un'arma in mano a guisa d'una aza et tarchoni Ducali et de la signoria vostra cum bandere attacate a la prora et popa. In cerca al qual moro erano la sapientia cum el sexto in mano, la forteza, temperantia et justicia, li quali feceno bellissimo spectaculo cum tirare de schiopeti, bombarde et razi che l'era una grande gentileza. Apresso li erano molte barche ben ornate facte da tute le arte, che representavano Ii suoi exercitij et facevano uno bei vedere. (...) 30. 5. 1495 (...) Poi tornai sopra la festa, dove facendose sira, apizate 100 torze sopra legni atacati al celo, fu facto

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una representatione in la quale comparsino dui animali grandi cum due gran corne in testa, et sopra cavalcava uno travestito per ciaschuno molto adorno cum una balla d'oro in mane, che pareva una copa coperta facta a foglie; dreto questi duy, comparse un carro triumphale sopra el quale era la Justitia cum la spata in mane; al mezo de le quale spata era una breve che diceva concordia: et era cinto d'una palma ed oliva. Poso lui sopra lo medesmo caro era uno bove cum Ii pede levati in mezzo d'uno santo Marco, et de la bissa; ad uno archivolto facto de verdura era sopra la cima una testa de moro cincta dala palma et da la oliva, che emineva sopra el bove, santo Marco et bissa. Questo significava la lega, como puö bene intendere la S. V., et como in ogni ragionamento el principe et questi gentilhomini fano la S. V. auctore de la pace et tranquility de Italia; cosi l'hanno expresso in questa demonstratione, ponendola sopra quello archivolto sopra l'altri. Dreto questo caro erano dui serpenti, a cavalo di quali erano dui altri zoveni che stavano como Ii primi; questi tuti si condussino al tribunale, quale era nel mezo de la salla, et smontati feceno molti belli balli, stando la justicia in mezo, et ballato un pezo, nel ballare reusciti schiopi cum foco da quelle balle, quale aprendose demonstrorono in epse uno bove, uno lione, una bissa, et una testa de moro, et cum epsi continuarono el ballare, stando sempre la justicia in mezo, (...) Q CXXII Eleonora d'Aragona, Archivio di Stato di Modena, Archivio secreto estense, busta 132: 27. Mai 1493 (...) et da sta Clemente in qua, abbiamo vedute cose assai piacevole honoravole per delectatione & admirazione: et prima una gallera che se mi fece appreso: La quale havova Ii homeni che navicano un solaro gran ben apparato: da un capo al quale erano sedie due cum una bella umbrella: dove sedevano Neptuno col tridente & Minerva cum lhasta & dalaltro capo era un Monte cum una Rocha cum quattro bandirole che havevano le arme dil Papa & epso principe & de Ii III1" Duca di Milano & Duca di Bari, & questo Monte & Rocha Rapresentava arbore e factosene per Neptuno & Minerva alcuni acti e balli luno percorsse il monte & nacque un cavallo & de la percossa che fece Minerva nacque uno olivo: et disputato del nome che se havea a mettere ala terra la nominarono athene in signo del pace. (. . . ) & multi dicono che da lo Imperatori in qua non se fece cussi bello & digno apparato in questa terra & vreamente e facta cosa mirabile e jocundissima. (...) 31. Mai 1493 (...) Poi vene una Representazione de queste sue momarie: poi vene una Collatione multo magnificha de confecti in varie forme & nanti l'intrasse tuta in sue saromanata una parte ultima fuori della sala, poi se continuarono alcun altre de epse rapresentatione chi significa la liga nuova: chi alcuni triumphi, chi la fabula di Melagro morte furono belle e gentil cose (...) Q CXXIII Marc Antonio Sabellico an Barbavaro; Sabellico 1560, t.4, Epistolarum Sabellici, Lib.V, coli.375-377: (...) Comitantur multi interim varijque concentus euntem praecedunt longo ordine navigia pleraque tapetibus, aulaeis ac festa fronde, in topiarij operis specie varie ad tempus instructa, quibus a puppi pulpita consurgunt, ex quorum fastigiis omnifariam apparatu collucentibus, pueri puellaeque eleganti cultu, alij alios genios mentiti, occultiore nexu, aperto puro que librantur aere: hi sistra, illi thyrsos, alijque alia deorum insignia ferentes: vehuntur inferiore gradu aliquanto maiores natu. Caeterum aetate & ipsi florentes in Tritonum & Nympharum morem figurati, inter suavissimos cantus & odores suo quisque statu. Plurima ad hec vexilla auro micantia, toto navigio defixa, ventoque agitata tantam spectantibus voluptatem afferunt, ut nullum [meo iudicio] sit hodie in terris tam voluptuosum spectaculum, quod blando & hilaria spectu possit huic uni meritö comparari. Sequitur ducariam navim tanta cymbarum multitudo, quibus magna pars civiltatis, officij causa vehitur, ut ad octo interdum stadia, qua longe excurrit tegatur stagni facies. Quae pompe ratio si ä vetustarum rerum peritis diligentius consideretur, non multum dissimilem, etsi in diverso elemento, ab ea reperient, qua veteres romani dicuntur in triumphis usi. (col.376) Ut ornatissima ille navis ac longe maxima sit currus, quum nullus alioqui tantae molis possit currus comparari, ille minorum navium apparatus triumphalis pompa, quae currui preferri solita est, qua simulachra ur-

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bium, rerumque gestarum feries varijs erat imaginibus expressa. (...) Mox inclinante die tres heroico habitu Indicis bellvis sedetes, ad tubarum cantum magister scoene in comitium intulit. Hi magno cavee silentio semel atque iterum orchestram circumvecti, in earn transivere: tum tibi mutatis modulis non molli & effracta, sed virili & heroica saltatione, qualem Pyrrhicem fuisse suspicari possis, nonnihil evagati, quum mira corporis agilitate omnium in se oculus vertissent, sistra quae manibus quatiebant aureis pomis praefixa, repente concrepuerunt, atque folijs, quae introrsum complexa fuerant dissilentibus, bos, leo & mauros fidei, pacis & concordiae inscriptione, medijs velut lilijs, magno plausu & clamore extituerunt: fuitque corollarium illud eorum, que postea secuta sunt. (...) Tumultuabantur adhunc cunei recenti rapina, quum maior quam ullus antea tubarum clangor ex comitij vestibulo redditus, aures & oculus omnium in se vertit. Tum postremus ille scaenicus incredibili spectantium stupore est chorus invectus, elephanti, hippotami, ibices, harpyiae & alia parum notae animalium effigies, currus 8t pegmata in orchestram detulere. Hie denum Melagri amor ac pene totum Calydonis schoena magna scenicorum arte, maiore spectantium voluptate representatum, caetera ex alijs cognosces. Quanquam video quam inepte fecerim, qui haec tibi sum scribere adortus, que ex eorum multis, qui rei non interfuerunt solum, sed prefuerunt discere potuisti. Sed ita facto opus fuit, ut vel una epistola tecum paria facerem quae si cum ornatissimis illis, quas ad me dedeisti in re non fecerit aequilibrium, verborum saltem habeat hostimentum. Vale.

1495 Publikation des antifranzösischen Bündnisses Q CXXIV Commynes ed. 1843, tom.III, p.131: ( . . . ) Au retour de la procession se monstrerent grand nombre de mysteres et de personnages, et premierement Italie, et apres tous ces rois et princes et la royne d'Espagna ecc. ( . . . ) QCXXV Sanudo ed. 1873, p . 2 9 9 - 3 0 5 : (...) Prima sopra la piazza di San Marco fo fatto a torno legni, con Ii panni di sopra per schivar el sol, si come suol far el zorno dil Corpo de Christo; la qual cossa in altri tempi de liga et paxe non fo fatto. (...) Comenzo poi andar a torno la piazza la processione, zoe intravano in chiesa presentandosi al Prencipe, poi andava a torno la piazza et l'ordene quivi sarä posto. (...) Poi alcuni anzoli con le arme di collegati in mano; prima Milan, Venetia, Spagna, Maximiano et Papa, poi S. Marco. Poi un carro portato da fachini, sora el qual era vestiti da Davit propheta et Abigail con una navicella bellissima et de gran valor de crestallo, piena de formento, davanti. Venne poi sopra uno altro carro Italia et Venetia con altre provincie a torno pur de Italia, et putini havea brievi dicea: Liguria, Feraria etc. ( . . . ) La scuola di San Rocho con dopieri 30 dorati avanti el Crucefixo; poi anzoli con arme di la liga, et el Doxe nostro; poi una Justizia a piedi con la spada et balanze in man; poi 20 dopieri su aste d'oro, 10 davanti et 10 da drio l'ombrela, sotto la qual era el deo de S. Rocho in un tabernacolo, et avanti era portato gran cierio beretin, batuti n.° ut supra. La scuola di S. Marco con dopieri 40 dorati, anzoli con corni di divitia 9, et 12 con le arme di colligati. Venne poi uno carro portato da homeni, su el qual era el Duca de Milano vestito d'oro con el bisson davanti a li piedi, et do vestiti da mori negri, con casacche moresche, de driedo, perche questo e Ί suo cognome di Ludovico Moro; et era scritto davanti el carro queste lettere: Pervenerunt Principes conjuncti. Poi venne una Justicia con uno specchio in mano et uno lion davanti, et era scritto: Dissipa gentes quae bella volunt. Poi venne el Re et Raina de Spagna sentati, con do vestiti a la castigliana da driedo, con spada in mano et era scritto: Dies super dies regis adjicies. Poi venne Maximiano come Imperator con l'aquila, vestito a la Todesca, et queste lettere davanti el carro suo: Cuius Imperii nomen est in aeternum. Poi venne el Pontefice con la mitria in testa et le chiave, et diceva: Credentium erat cor unum et anima una. Et e da saper che tutti questi, come fonno davanti la Signoria, fo refferito questi versi in significar chi erano quelli. Primo Milano: Questo e colui che'l sceptro justo in mano - Tien dil felice stato de Milano. Signoria de Venetia: Potente in guerra et amica di pace - Venetia il ben comun sempre ti piace. Re et Raina di Spagna: Questo e il gran Re di Spagna e la Regina - De infedeli hanno fatto gran ruina. Maximiliano: Viva lo Im-

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perator Cesare Augusto - Maximian re di Romani justo. El Pontefice: Questo e papa Alexandra che corregge L'error dil mondo con divina legge. Oltre di questo venne un ombrella sotto la qual era l'anello di San Marco. Poi un'altra con una anconeta adornata di zoie belissime, d'arzento dorato, la qual era di Domenego di Riero. La scuola di S. Zuanne venne poi con dopieri 40 dorati et anzoli XI portava arzenti, poi uno Christo portado da uno anzelo, una fontana buttava aqua odorifera, poi el mondo tutto in una balla de carta, ( . . . ) Poi Ii frati de S. Francesco: ( . . . ) uno soler sora el qual era el Duca di Milan sentado, con una cadena in man, era incatenada tutta la liga; poi venne Venetia con l'arme dil Doxe et una vera bareta ducal; poi el Re over Raina de Spagna; poi l'Imperatore et el Papa con lettere diceva: Fides Apostolica; (...) Et questo basti quanto a queste ceremonie, et cognosco esser stato molto longo, ma ho voluto el tutto descriver et la publicatione fo a questo muodo: la qual fo butata in stampa con cinque virtu: al Papa, fides·,

Imperator, justitia·, Re di Spagna, fortitude; Venetiani, prudentia; et duca di Milan, amicitia. (...) Q CXXVI Marc Antonio Sabellico an Barbavaro; Sabellico 1560, torn.4, Epistolarum Sabellici, Lib.V, coll.401-402: ( . . . ) Illata inde pegmata duo, quorum uno Noe, quem Janum postea Italia nuncupavit, & David rex aequata fronte eodem locati erant throno: purpureo hie; ille ceruleo pallio amictus: hie plectrum tenens, ille arcam qua fuit cataclysmo servatus: haud dubio divinarum, humanarumque rerum argumento. Et in horum conspectu Abigail camelum quadrupedem trahens triticea spica, omnifariamque delicijs onustum. Erantque in pegmatibus ipsis velut modulatus quidam gressus; ut cum praecedenti choro pari motu procederent. Maius in alteram fuit schema. Italia virginali habitu, caeterum venerabili specie, aureaque palla fulgens & vexillifero sistro hinc subnixa, inde laeva ciconiam avem tenens, manifestarium concordiae Votum. Dexterum illi Venetae urbis simulachrum, laeva parte Liguria, tam haec, que ilia aureis comis, auraeque palla insignis. Haec anguem, ilia aligerum leonem aureo scuto fovens. Mox a tergo eminentiore throno tres pari habitu virgines Alexandri Ro. Pontificis, Maximiniani & Hispaniae regum signa pre se ferentes. Nec multum hinc diversus alter fidicinum chorus secutus, inde ordo ingens ad sexcentum rasis vestibus amicti, totidem fer numero sunt singulis collegijs ascripti, multo plures adhuc futuri, misi cautum esset lege, ne maior adhiberetur numerus. Singulis suus erat rubens caereus (est enim collegij huius pecularis rubentiscaere color, ut misericordiae) quod proxime sequebatur, viridis, pegmatibus duntaxat ademptis, caetera nihilo inferiore apparatu. Concentus est, & genij plures virenti palla, allijsque caeraleis sociorum principum insignia ferentes topiarijs operibus inserta. Habuit & Rocchianum collegium plura relatu digna, & in his terrae globum socialibus signis circunquaque figuratum. Sed Marciani multo luculentior fuit pompa, utpote quinis pegmatibus invecta, quorum singula foederatorum regum, principumque suas habuere effigies, & cum his ministros, signaque in auro affabre caelata. Nec Zebedaeis, qui omnium novissime in apertum processerunt, suus defuit apparatus. Major inde religio oculis admota, Gymnopodes primi longo ordine preces supplicarunt, mox & Minoritani, & ipse Asisiatis Francisi familia. Hie quoque virtutum prae se tulerunt simulachra quaedam cum foederatorum insignibus puerum choro in altos genios transfigurato. Q XXVII Antonio Salimbeni 12. 4. 1495, ASMa, Gonzaga, Da Venezia busta 1435, teilweise bei Tichy 1997, p.256 (...) et quantunche queste scole non habbiano mancato in cosa alcuna per farsi honore: nondimeno quella di s. t0 Marco et de la Carita hanno facto maggiore demonstratione. La scola di s. t0 Marco represento la serenissima Lega per cinque palchetti che erano portati diversamente. Primo fue il Duca di Milano vestito di panno doro cum la Beretta ducale cremesina cum zoglie, et duoi mori al lato, et cum lärme sue intorno al Palco. Secondo la Illustrissima signoria de venetia che era una Iustitia. cum la spata in mane, duoi Angeli da lato, et cum duoi Leoni da piede. Tertio uno seudiero cum Ii capilli neri longhi vestito de brocato doro cum la corona intesta che havea una Damisella vestita a la spagnola appresso, cum unaltra corona in capo che sedevano, cum duoi seudieri di lato vestiti ä la medema foggia: che significavano el signore Re et Reina de Spagna. Quarto fu el Re de Romani, che havea uno vestito, et manto doro cum la corona in capo, et spata in mane, che havea duoi da lato cum corazine, celate, et schinere. Lultimo

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era uno vestito da Pontefice cum duoi Angeli apresso et havea la mitria cum le tre corone in testa et Lumbrella sopra il capo che representava la santita de Nostro Signore. La scola de la Carita fece la medema representatione cum uno Palco solo che tutti sedevano secundo il consueto benissimo in ordine cum lärme loro: et doppo questa ne sequo# unaltra de la dicta scola, che era una nave de christallo, et uno camelo grande carichi di frumento portati suso un palco. Unaltra scola gli gli era che portava un mondo divisa in cinque parte che significava essere in guberno di questa serenissima Lega. Doppo veneva tutto lo Clero di questa terra, et fra laltro Ii Frati minori de S.t0 Francisco cum representatione de la dicta Lega suso cinque tribunali piccoli, et erano cinque virtute a guisa de nimphe. Prima fu Amicicia, che havea una catena doro in mane distante luna da laltra mezo brazo, che pendeva da ambe le mane altrotanto dove se gli gli tenevano duoi scuti, facti in tre angulo cum S.t0 Marco, et lärme del Duca de Milano, ad denotare, che tra questi duoi Stati gli e vera et perfecta amicicia et intelligentia: et questo significava el Duca de Milano. Seconda era questa Illustrissima Signoria nominata Prudentia cum uno spechio in mane cum lärme dil Principe, et cum la Beretta ducale davanti. La Maestä di Spagna era Forteza, che haveva una colunna in mane, et sopra essa Colunna erano pomi granati, cum lärme a Ii pedi de sua Maestä. Quarta era Justitia cum la spata in maneche significava la Maestä del Re di Romani, si come datore de le legge: cum la corona et arme sue al medemo loco. Quinta fu Fede cum la corona triplice al pede et arme del Papa che representava sua Sanitä come primo et principale de la fede nostra. (...) 1499 Publikation des Vertrages von Blois mit Louis XII. Q CXXVIII Sanudo ed. 1897-1903, vol.II, col.548: (...) Ii frati consueti con reliquie di santi e le scuole con umbrele et anzoli con arzenti in mano, e assa' batudi e Ii frati aparati in forzo con le arme dil re di Franza et San Marco e dil principe, perho che fo ordinato per Ii cai di X non fusse fati in le scuole soleri etc. Tarnen Ii frati minori feno tre soleri, San Dyonisio ch'e il patron di Franza; San Marco et la justicia con lettere diceva Venetia. (...) 1506 Corpus Domini-Prozession Q CXXIX Sanudo ed. 1897-1903, vol.VI, col.350: (...) Fu fato una belissima precessione, le scuole a ragata si feno honor, con molte demonstration et soleri. (...) QCXXX Guylforde ed. 1851, p.8-9; Muir 1981, p.226: (...) There went Pagentis of ye olde lawe and the newe, joynynge togyther the fygures of the blessyd sacrament in suche noumbre and soo apte and convenyent for that feeste yt it wold make any man joyous to se it. (...) 1511 Publikation der antifranzösischen „Heiligen Liga" Q CXXXI Sanudo ed. 1897-1903, vol.XIII, coll.134-141: (...) poi do cape grande d'arzento con do cocodrili dentro, poi era a piedi uno vestito da la justicia con la spade et le balance in mano di arzento; poi fo portato uno San Rocho grando di legno come il natural, vestito con il mantelo d'oro et con l'anzolo davanti; poi fo portato da Batudi alcuni bazili grandi numero 6; poi trombe et uno soler sopra el qual era San Marco sentato vestito di Apostolo, et una dona davanti vestita la qual era Venetia, et pareva con una colombina, qual havia uno breve in bocha in forma dil Spirito Santo, et dito breve diceva cussi: „vidi lachrimas tuas" et Venetia havia uno altro breve che diceva: „gratias tibi ago quia ostendisti mihi omnia" et San Marco havia uno altro breve che diceva verso Venetia confortandola: „Ne timeas a facie coram, quia ego tecum sum". Sopra dito caro erano do fanciule, overo anzile.

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Una era la Pace, la qual havia questo breve: „pacem deus reddidit", l'altra, la Misericordia, e il suo breve diceva: „misericordia Domini plena est terra". Et avanti dito soler era portato una bandiera dorada con San Marco suso, in segno questo era Venetia. Poi fo portato il re de Ingalterra a cavalo, che era bei veder, il qual re diceva uno breve queste parole „ nolite timere, multiplicabo semen vestrum et civitatem vestram" poi fo portato uno soler con una nave suso, la qual haveva uno brieve che diceva „nolite timere, cessavit ventus"\ et poi il re di Spagna a cavalo, qual etiam suo breve diceva „non inveni tantamfidem quanta fu.it et est in vobis"; poi il quarto soler con il Papa sentato con do cardinali in piedi, uno per banda de la cariega, et il re di Franza davanti qual era torniato di fiama di focho dorada, el qual Re havia questo brieve „Domine adjuva me quia crucior in hac flamma" e il Papa rispondeva per uno altro brieve „quare fregisti fidem" e il primo cardinal havia uno breve che dicea „bonus erat ei" e il secondo cardinal havia l'altro breve che dicea „si natus nonfuisset" e il ditto Papa era con la mitria e pivial di restagno d'oro. Et sopra uno di questi soleri era il mondo in forma di balla tonda e una dona vestita de Iusticia, che era bellissimo a veder, et atorno li soleri erano adornati de arzenti varii e di grande valuta; (...) Scuola di San Marco (...) poi fo portato uno soler, con Roma e la Justicia et il Papa sentato con li do re collegati Spagna e Ingaltera; poi fo portato sopra uno altro soler il re de Ingaltera sentato, zovene vestito di restagno d'oro, con uno breve sopra il capo diceva: „rex anglie"·, poi fo portato sopra un altro soler il re di Spagna sentato vestito di restagno d'oro a la castigliana con lettere „rex Hispanie"; poi uno altro soler con il Papa sentato, vestito da pontefice con la mitria in testa et pivial d'oro, e uno in forma di sier Hironimo Donado dotor orator nostro veneto in zenochioni davanti Sua Sanitä, et erano etiam li sentati li do Re collegati con alcuni brevi li quali sarano notadi qui in margine; (...) poi fo portato uno altro soler con San Marco suso, et havia uno puto nudo davanti e lo batizava, qual fu quando batizo la fede de Cristo ..., e atorno diti soleri erano de molti darzenti; poi veneno do vestiti da Mori con vasi grandi d'arzento in mano, poi do Saracini zoveni vestiti a la rabescha con mazoche in mano, poi uno vestito da Soldan con la fessa in cao et la caxacha d'oro; poi do altri Mori driedo con vasi d'arzento in mano; demum uno h o m o tuto armado da cao a piedi in una bellissima armadura con una azeta in mano; (...) Zan Zane Polo (...) poi vene uno soler con uno vestito di anzolo in zima alto che stava in piedi apuzato a certo ferro, qual diceva alcuni versi li quali sarano qui soto scripti, anonciando vitoria al populo, e di soto erano le 4 virtu cardinal, zoe fede, speranza, caritä et bone opere, con uno puto grande d'arzento per una (...) Et foi portato un altro soler con il Papa sentato con la bereta in testa rossa e il Doxe nostro vestito di restagno d'oro davanti sentato, e il Doxe havia uno breve qual diceva come ho notato qui soto, et quello dil Papa diceba verso il Doxe „fides et justitia tibi coronam servavit" et il Doxe pareva rispondesse, et il breve diceva „fiat tibi secundum cor tuum et onme consilium tuum confirmet" (...) Santo Anzolo (...) e fo portado avanti uno soler con Cristo sentato, e davanti li era una dona vestita in forma di Veniexia et il Cristo havia uno uno breve che diceva verso Venexia: „fides tua te salva fecit"(...) 1513 Publikation des Vertrages von Blois mit Louis X I I . Q CXXXII Sanudo ed. 1897-1903, vol.XVI, coll.287-288: (...) Et e da saper, di ordine di Cai di X, fu comandato niuna scuola ni frati potesseno portar soler alcun, ni far letiere et portarle in ditta processione si prima non fusseno viste per Gasparo di la Vedoa secretario, accio non facesseno qualche letiere che fusse contrarie a qualche Re over potentato dil mondo; et cussi dito Gasparo vete il tuto et fu contento questo si portasse. (...) (San Rocco) poi uno h o m o sopra uno cavallo postizo fenzeva esser el signor Bortolamio d'Alviano con uno baston da capitanio in man et andava saltando; poi uno soler veniva portato con una Veniexia che era in zenochioni e veniva coronada; poi un altro soler con il re di Franza vestito d'oro e la corona in testa, qual era in zenochioni davanti Christo, el qual Cristo stava in mezo di San Dyonisio e di San Marco, che fo bello a veder, et con letere: in hoc signo vinces, et havea tarnen una Τ in mano (...) Poi anzoli portava l'arma di Franza e San Marco inquartada, et tre altri anzoli grandi a piedi: San Michiel con una spada in mano, San Cabriel e San Raphael con Tobia col pesse in mano (...) Poi uno trofeo bellissimo sopra uno soler et 4 puti uno per canton, il qual fenzevano de pisar et veniva aqua ruosa fuora; altri anzoleti con ar-

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zenti assai in mano et uno soler con uno vechio suso, qual stava fixo a vardar uno relogio e questo era il Tempo, e davanti era putini sopra dito soler, ch'e velocissimo, et letere justitia et pax, et larma grande dil Doxe presente con la bareta suso. (...) 1515 Corpus Domini-Prozession Q CXXXIII Sanudo ed. 1897-1903, vol.XX, coll.274-275: (...) e fo comenzada ditta processione et andato le Scuole: quella di la Caritä con assa'arzenti, et quella di San Rocho, (...) fo benissimo in hordene con anzoli, arzenti et molti soleri et demonstration a piedi dil Testamento vechio, et tra li altri soleri uno mondo con uno putin, et uno altro una nave con uno piave pesse in mar, et su uno altro alcuni putini nudi. Ε eravi etiam li 4 doctori di la Chiexia a cavalo: San Hironimo, Santo Agustin, Sancto Ambrosio, Sancto Gregorio. Conclusive fu bei veder. (...) 1526 Publikation der Liga von Cognac Q CXXXIV Sanudo ed. 1897-1903, vol.XLII, coll.65-68: Scuola di la Misericordia (...) Item, vene soleri do, uno di qual era la ..., con la Justitia et altre fantasie, con vestimenti molto richi ... 1'altro era la Misericordia, significando la sua Scola. Era etiam uno altro soler con arzenti assai et danari... benissimo ornato, sul qual soler era una bellissima zovene in forma di Veneria, con una corona in testa di zoie, stimata di grandissima valuta, piti di ducati ... la qual andava butando danari per tutto et per piaza, et havea ducati 20 di soldi novi che buttono via, mostrando la liberalita di Venetia. (...) Scuola di la Caritä (...) su l'altro era la Caritä, la qual butava ducati rasonati con lettere che diceva: Solhcites ...et ubi Caritas et amor, ibi deus est. Li era etiam a piedi cinque santi significando li patroni di confederati, quali venivano avanti et li soi poi, drio Santo Ambroxio significando Milan et il Ducha, drio San Marco, Venetia, il Doxe con la bareta in testa drio, San Zorzi armato, Anglia, il Re drio, San Lodovico, Franza et il Re drio, San Piero, Roma, e il Papa drio, che fu bellissimo veder tal fantasie. (...) Frati di Carmeni (...) con do soleri, sopra uno di quali erano li confederati: Papa, re di Franza, re d'lngilterra, Doxe di Venetia et ducha di Milan, et tutti stevano di far reverentia a una ymagine de la Nostra Dona vestita del suo hordine carmelitano, la qual col manto largo aperto per recever tutti. (...) Frati di San Stefano (...) Uno solaro con donzela in piedi, la qual in man havea il mondo et in l'altra una rota la qual con la man destra volgea, ch'era la Fortuna. Un altro solaro con il Papa con un manto d'oro et una bella mitria papal, et il re di Franza, re d'Ingalterra, il Doxe con la bareta et ducha di Milan armati erano li davanti il Papa et davanti era una Italia spogliata et vene el lion et la libero (...) Frati di San Zane Polo (...) A piedi era il Pontefice in rochetto poi drio il re di Franza, il re di Anglia, quali tutti haveano li soi servidori avanti, poi el Doxe con la bareta in testa armata, che era simile al nostro Serenissimo con barba et una corazzina d'oro in dosso, poi il Ducha di Milan pur armato. (...)

Viterbo 1462 Corpus Domini-Prozession Q CXXXV Pius II. Commentarii, Lib.VIII, 8, ed. 1984, pp.1596-1609; Cruciani 1983, pp.72-75: (...) strata floribus via; in medio, e regione templi triumphalis arcus excitatus et cardinalium formae virtutum, et insignia quae vento agitarentur, cum Praesulis, tum regum et cardinalium; parietes aut picti tapetes, aut flores obtexere. (...) (...) Qua Pontificis ornamenta desivere, Rothomagensis inceperunt et Constantiensis et Lebretei cardinalium, qui suae gentis more pannis quos vocant Atrebatenses obduxere parietes, et altaria argento et auro ditia construxerunt et multo thure cumularunt. Post eos referendarii suas domos apparavere, imaginem Salvatoris sub altari, quod in sublimi locaverant iuvenem quaemdam qui emularetur sudaretque san-

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guinem et aperto latere saluberrimo cruore impleret calicem, imposuerunt et pueros quasi angelos addidere alatos qui versus heroicos canerent aut elegiacos a doctis ingeniis editos. Subinde cardinalis Sancti Sixti locum accepit, qui pro suae religionis dignitate ultimam Domini coenam aemulatus, Salvatorem cum discipulis expressit et institutionem sacramenti pro memoria Passionis et humani generis usque ad finem saeculi adversus insidias daemonum perpetua defensione, et Thomam Aquinatem virum sanctum quasi officium tantae solemnitatis ordinantem. Post eum cardinalis Mantuanus longum viae tractum cooperuit, et nobilissimis adornavit historiis, quas peritissimi texores pannis appinxere divitibus. Huic cardinalis Portuensis successit, in cuius apparatu draco ingens et multae malignorum spirituum facies horribile minari aliquid videbantur, verum draconi armatus miles, Michaelis Archangeli gerens vicem, transeunte Pontifice, caput amputavit et cuncti daemones praecipites corruere latrando; coelum tanquam nubes rutilans pannus obduxerat et parietes corium, more Betico floribus distinctum aureis. (...) Proximus deinde Vicecancellarii apparatus occurrit quattuor et septuaginta passibus protensus: cortina claudebat purpurea dives ostro simulachra et personatas historias et cubiculum adornatum, et lectum preciosum, et fontem qui non aquam modo sed optima quoque vina per varias fistulas profunderet. Appropinquanti Pontifici duo se obtulerunt pueri, tanquam angeli suave canentes qui, postquam flexo genu divinam hostiam honorarunt, et Praesulem salutarunt, retro ad cortinam reversi, suavi et alta voce cecinerunt: „Attollite portas, principes, vestras et introibit rex pius dominus mundi". Intus, apparatu magnifico, quinque reges et armatorum cohors prohibere videbantur ingressum, qui, auditis angelis: „Et quis est iste rex pius?" responderunt et angeli propter Sacramentum quod Pius in pompa ferebat: „Dominus" inquiunt „potens in orbe". Quo dicto, mox cortina remota, patuit aditus et simul insonuere tubae et Organa et musicorum instrumenta quamplurima; et reges Pontifici adulantes voce canora et dulci de laudibus eius heroicos versus alternantes recitavere. (...) Nicolaus cardinalis Theanensis, ut Pontifici res egregias cupienti morem gereret, ex Pistorio, unde sibi origo fuit, ludorum artifices accersivit et pueros qui dulce canerent. Huic platea obvenit quam circum magistratus urbis inhabitant. Hanc coelestis, et albi coloris tela cooperuit, et tapetibus undique adornavit; deduxitque plurimos arcus virenti vestitos hedera et flore multiplici; nec columna fuit, quae puerum quasi angelum non haberet insidentem. Duodeviginti fuere pueri, vultu, voce, et habitu naturam angelicam imitantes et ii alterna demandata carmina suavi cantu pronunciabant. In medio fori sepulchrum Dominicum excitavit, eius simulachrum in quo Vita nostra propter nos obdormivit in Domino. Armati circum milites oppressi somno tanquam mortui iacuerunt, et angeli stetere vigiles, qui non sinerent coelestis Sponsi thalamum violari. Cum venisset ad locum Pontifex ecce subito, tanquam e coelo advolans, perfunem dimissus, egregius forma puer alatus, quasi angelus, vultu seraphico, divina voce ac nutu Praesulem salutat et hymnum canens futuram evestigio Salvatoris resurrectionem annuntiat. Fit silentium, nemo non tacet, auditur summa omnium voluptate, tanquam res vera gereretur, et certus esset e caelo nuntius. Cum finisset excitatus in aereo vase mixtis pulveribus ignis, tanquam fulguri intonuit, dormientes excitavit milites ac stupore perterruit; et aperto sepulchro, qui Salvatoris personam gerebat subito prodiit homo ruffus, statura et aetate persimilis Iesu, vexillum crucis manu tenens, ornatus diademate, et qui cicatrices vulnerum perlucidas ostenderet, et versibus italicis partam christiano populo salutem diceret. (...) (cardinalis Sanctorum Quatuor Coronatorum) In parte plateae, loco sublimiori, gloriosae Mariae Virginis sepulchrum erectum; et desuper in summitate domorum, coelestis aula Regis, et sedens in maiestate Deus, et angelorum sanctorumque chori, et ardentia sidera, et supernae gloriae miris expressa modis gaudia visebantur. Peracta est divina res summa populi devotione. Cardinalis Sancti Marci missam celebravit. Pontifex populo benedixit. Exin puer, angelum agens suavissimo cantu assumptionem Virginis futuram praedixit. Patuit illico sepulchrum et virgo pulcherrima exiit quae, angelorum manibus sustentata, paululum per aere vecta, petenti Apostolo cingulum dimisit. Exin plena gaudio, dulce canens, in coelum assumpta est. Cui occurrens Filius, idemque Pater et Dominus infronte osculatus matrem et oblatam aeterno Patri, ad dexteram suam collocavit. Tum canere coelestium spirituum agmina, musica instrumenta tangere, laetari, gestire et

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cuncta in coelo ridere. Atque ita solemnitati finis impositus, in qua illud miraculi praecipuum fuit quod aulici Pontificis paravere: homo Christum exprimens, pudibunda tectus, cetera nudus, coronam spineam in capite gerens et tanquam sudaret sanguinem pictus, crucem baiulans in qua pependisse videretur, ab ecclesia Sancti Francisci usque ad maiorem, curru vectus in pompa, cum missa celebraretur, et assumptio repraesentaretur matris Domini, immobilis, et quasi statua perseveravit. (...) Q CXXXVI della Tuccia ed. 1872, pp.86-87; Cruciani 1983, p.77: (...) Appresso narrero come il papa levo il Corpo di Cristo da S. Francesco, portandolo a S. Lorenzo con grand'onori". II Papa usci dalla rocca con diciassette cardinali e ventidue vescovi, e altri prelati assai, e passo intra l'archi fatti di legname e coperti di verdura fra la rocca e le prime case della strada dritta. Furno da un lato archi ventuno, dall'altro ventitre, e cosi coperto di verdure entro nella chiesa Nova. Era portato da prelati sopra una trionfale sedia, parato pontificale, con la mitria in capo, ornato esso e il suo vestimento di perle e pietre preziose assai; e pigliato il santissimo corpo di Cristo nostro Signore in un tabernacolo piccolo di cristallo ornato d'oro fino, lo porto con sue mani, e cosi s'avvio verso la chiesa di S. Lorenzo. Gionto a S. Luca, a pie della strada trovö l'altare giä detto. Li era un giovane tutto nudo, ornato come quando Cristo risuscito, con la bandiera in mano, e pareva spargesse il sangue dal suo costato, e canto certi versi appartinenti alia nostra fede; e dui fanciulli di ser Rosato nostro cittadino, vestiti a modo d'angeli ogn'un da per se, cantava versi a commendazione del Papa, e sopra quell'altare erano altri putti belli, vestiti come angeli, con ale d'oro. II Papa si fermo ad udire detti canti. Poi gionse a S. Matteo in Sonza. In quel luogo un frate, vestito a modo di S. Vincenzo, sopra un altare, canto certi versi, quali detto Papa similmente volse udire. Gionto poi all'osteria del Cappello, altri giovani simili cantavano dolcemente. Ε cosi, dirimpetto a casa Petruccio, tutti con suoni e canti in detto modo. Gionto alia fontana di S. Stefano, trovo in piazza intorno detta fonte dodici omini vestiti d'erba a modo d'omini selvatici, e come leoni e orsi; nel qual luogo fu fatta gran festa; e cosi al canto de' Bonelli. Gionto alia piazza del Comune, nel luogo ornato per il cardinale di Tiano, trovo le quattro virtü cardinali, cioe garzoni vestiti in cio, e dodici angeli, ognuno da per se, sopra dodici colonne con le torce in mano accese, e tutti cantavano. In pie di detta piazza un giovane, come un angelo, si mosse dall'archi, e sopra certe funi venne in mezzo la piazza, ove era un certo monticello, e canto certe stanzie; e v'era un bei sepolcro, dal quale usci un giovane in simiglianza di Cristo resuscitato, e l'angelo torno onde s'era partito. Alle quali cose il papa si fermo, e pigliö gran piacere. Ε poi gionto alia Mercaria, trovö trentasei giovani con le torce accese. Gionto poi alia piazza di S. Lorenzo, fe'cantare la messa solenne fuor di detta chiesa dal cardinale di S. Marco; e cantata la messa, fu fatta una rappresentazione di nostra Donna quando ando in cielo; e ando sopra un ingegno da basso in alto, che pareva come il paradiso con angeli, soni e canti; e dui angeli discesero in terra cantando; e la Vergine Maria entro in mezo di loro, e lasso la Centura a S. Tomasso, e poi se n'ando in cielo. (...) * ed. 1890 „con grande triumpho" Poggio Bracciolini: Invectiva contro Vallam I (1452) Q CXXXVII Bracciolini 1538, pp.203-204: (...) Sed quoniam nonnulorum aemulatione malivolorum atque invidia factum est ut tanta virtus sit multis ignota, nos ut ipsam palam omnibus faciamus, decernemus ei triumphum & laurem coronam, ne amplius addubitari possit Vallam nostrum stultorum atque insanorum principatum possidere. Itaque ut Florentini solent in festis suis aliquando curru triumphali insanos vehere, quod est iucundissimum spectaculum. Ita nos isti triumphum decernamus tanquam doctorum omnium victori, ob omnes gentes ingenij acumine superatas. Currus itaque erit non ex ebore (nam id quidem vulgare videt) (am Rand: triumphus Valaeridiculus)sed ex Gigantum ossibus compactus ut homo immanis immanium corporum robore vehatur. Non tepetibus, sed pellibus sternetur hircinis, triumphantis naturam redolentibus. Ipse adstans alteraque manu sphungen, altera foenicem gestans hallucinanti persimilis, oculusque fanaticos hac iliac

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circumferens. Coronam gestabit in capite ex folijs lauri, decoctis lucanicis immixtis, ut aliquo suavi odore nauseantis comitum fastidio meus fessa reficiatur. Foliis insriptum literis aureis erit, stulticiae alumno. Elephanti currum ducent, quo belvae ingentes ingentiorem trahant. Circumstabunt in curru musae omnes velut ancillae hymnum Apollini educator ignati sui dicentes, sed voce rauca & submissa, ut potius gemere ob tantam viri insaniam quam canere videantur. His aderunt proximiores cum cithara atque fidibus, quod eas mures corroferint. Phoebusque moestus, quod arte sua uti nequeat in honorem triumphi. Pallas com scuto & ense, quo muscas abigat, ne sint vati suo molestae. Minerva librum pergrandem super humeris gestabit opibus triumphantis refertum, cuius inscriptio erit, stulticiae copia. Corui in sponda currus voce ilia sua perblanda novello philosopho alludent. Noctuae ac bubones circum aduolabunt, carmen suum ferale canentes. Praeibunt currum manibus post terga revinctis omnes disciplinarum omnium principes capite pileato, velut ab hoc novo liberalium artium architecto sapiente certamine superati. Aristoteles in primis, Albertus magnus caeterique philosophi ab hoc uno emendati. Tum M. Varro, M. Tullius, Salustius, Lactantius, Grammmatici omnes, Historici, Poete, Theologi, qui ob triumphantem dementiam lamententur. Post hos curru proximiores satyri faunique sequentur: Sileni sui auribus in psalterio & cymbalis plaudentes. Hos inter psallentium modo permixti erunt asini, tibicinum loco rugitu magno sonoroque, ac etiam ventris crepitibus triumphantis famam & gloriam tollentes, ut & plausu, risuque gestire & laeta esse omnia videantur. Centauri quoque aderunt vexilla deferentes, in quibus inscriptum erit. Stultorum regnum pervagatum. Hunc longe post comitabuntur liberales artes, quae se ab hoc vesano non ornatas, sed prostitutas querentur. Puerorum quoque turba aderit balbutientium nescio quid rusticum magno comitatu barbarismorum ac soloecismorum, quorum inveniendorum hic autor fuerit permaximus. Cum his Nymphae sylvestres & maris accolae, monstra ingentia honorem sui generis homini impertientur, agentes choreas, & thyrsos manibus more debacchantium ferentes. Ipse egregius Imperator gravitate ilia elephantina, qui inanem laudem respuat, manu omnes admonebit, ut de suis laudibus parcius loquantur, remittant aliquid de cupiditate laudandi. (...)

Girolamo Savonarola: Triumphus Crucis (1497) Q CXXXVIII Prete 1952 pp.3-4: Ma perche non e cosi facile a offrire nel cospetto delli uomini tutte le opere di Cristo, come le cose naturali, le quali sotto il cielo sono con mirabile ordine insieme costrette, mi e parso cosa necessaria raccogliere tutte sotto l'immagine d'uno carro trionfale, accio che ancora ogni basso ingegno le possa tutte insieme contemplare. Prima dunque poniamo dinanzi alli occhi nostri un carro di 4 ruote, e sopra di lui Cristo, a modo di trionfante, coronato di spine e tutto impiagato; e sopra al capo suo sia una luce come uno sole che abbia tre faccie in figura della santa Trinitä dalle quali proceda mirabile splendore che illustri la sua umanitä con tutta la Chiesa. Nella mano sinistra di Christo sia la croce con tutti Ii altri instrumenti della sua passione, e nella destra la scrittura del vecchio e nuovo testamanto. Appresso ai piedi poni il calice con la Ostia e altri vasi di olio e di balsamo, con gli altri segni delli sacramenti della Chiesa. Sotto a questo primo grado dove e Cristo, sia la piissima Madre di Dio Vergine Maria; infra il grado della quale siano ordinati intorno vasi di oro e di argento e di pietre preziose piene di cenere e di ossa di morti. Dinanzi al carro sieno Ii Apostoli e Predicatori, in modo che paia che tirino il carro; alli quali precedano Ii Patriarchi e Propheti, con innumerabile moltitudine di uomini e donne del vecchio testamento. Intorno al carro, comme una corona, sia grandissima moltitudine di Martiri; circa Ii quali sieno Ii dottori della chiesa con libri aperti in mano e circa loro innumerabile moltitudine di vergini e vergine ornate di gigli. Di poi dietro al carro seguiti infinita moltitudine di uomini e di donne di ogni condizione, cioe Giudei, Greci, Latini, barbari; e intorno a tutta questa moltitudine nominata, poniamo innumerabile schiere di inimici e contrarii alia Chiesa di Christo: cioe imperatori, re, principi, potenti, savii, filosofi, eretici, servi, liberi ... di ogni lingua e nazione; appresso dei quali sieno descritti gli idoli prostrati e comminuti, e libri degli eretici arsi, e tutte le sette contrarie a Cristo confutate, e ogni altra religione eversa e reprobato. Questo carro dunque, descritto e ordinato dinanzi alli occhi nostri, sarä quasi come uno nuovo mondo, dal quale caveremo la nuova filosofia.

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Niederlande Brüssel 1496 Einzug Johannas von Kastilien Q CXXXIX SMPK Kupferstichkabinett Berlin, 78 D 5, fol.31v.; Herrmann 1913, p.368: Sequuntur effigies seu scemata figurarum (quas personagias vocamus) in scenis seu elevatis et clausis esschaufaudis in conis vicorum locatarum que pretereuntium cum oportunitate tum requesta cortinis ad hoc aptatis nunc velebantur nunc patebant obtutibus que nedum gestorum congrua fictione ac mirabili pomposoque apparatu quam optime condecentis tropologie (vt patebit) applicatione cunctorum (litteratorumque precipue) animus oblectavere. Einzüge von Karl V. in Lüttich und Gent 1549 Q CXL Juan Cristobal Calvete de Estrella: El feliccisimo viaje ... 1552 fol.82 r (Lüttich): (...) avia alii un espectaculo en una quadra muy bien entapizada, y abriendo unas cortinas de tafetan verde, con que se cerravan, al uno cabo dela quadra se via representar de personas bivas el Rey Priamo de Troya con coronay vestiduras reales, aconpanniando dela Reyna Hecuba su muger y nijos y de muchos cavalleros vestidos de colores. Los quales todos assi eneste espectaculo como en todos los otros, que eran representados los autos de personas bivas, era maravillosa cosa ver en abriendo las cortinas, con quanta magestad, postura y arte estava hechos personajes, representando tan al proprio la hystoria, que alli fe hazia, q solo de verla postura de cada persona se podia facilmente entender, quien era cada uno lo que representava, assi enel gesto y semblante, como enla postura d'el cuerpo y de las manos, piernas y pies, que dando como en pannos pitados sin mouer los ojos, ni pestannas ni hazer cosa fuera delo que representava, assi hombres, como mugeres, que quien quisiera ver un tapiz de figuras bivas, podiera ver lo en aquellos espectaculos. (...) fol.101 ν (Gent): (...) y por la misma orden se hazia enlos otros arcos, porque por entrambas partes tenian todos la misura architectura y representacion de historia por persones bivas, que ver los semblantes y poturas con que estavan ypresentava cada uno sui personaje era cosa da maravilla, come antes avemo dicho (...)

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W O O D S - M A R S D E N , Joanna: How Quattrocento Princes used Art: Sigismondo Pandolfo Malatesta of Rimini and „cose militarie". In: Renaissance Studies III, (1989), 387-414 W U R T H M A N , William B.: The Council of Ten and the Scuole Grandi in Early Renaissance Venice. In: Studi Veneziani, n.s. 18 (1989), 15-66 W Y S S , Ida: Virtü und Fortuna bei Boiardo und Ariost, Hildesheim 1973 Y A T E S , Frances Α.: Gedächtnis und Erinnern. Mnemonik von Aristoteles bis Shakespeare, Weinheim 1990, (The Ars of Memory, London 1966) Y O U N G , Karl: The Dramma of the Medieval Church, Oxford 1933 Z A N N O N I , Giovanni: Trionfo delle lodi di Federico da Montefeltro, In: Propugnatore, n.s. Ill, 23 (1890), 162-187 Z A N N O N I , Giovanni: Una rappresentazione allegorica a Bologna nel 1487 In: Atti della Reale Accademia dei Lincei, Classe science morali storiche filosofiche, Rendiconti, ser.VII (1891), 2.sem., 414-427 Z O R Z I G A R B E R O , Elvira: Festa e spettacolo a corte. In: Federico di Montefeltro 1986, vol.11, 301-329 Z O R Z I G A R B E R O , Elvira: Le forme dello spettacolo in due cittä-stato del Rinascimento. In: Florence and Milan 1989, vol.11, 271-286 Z O R Z I , Alvise: Venedig. Die Geschichte der Löwenrepublik, Düsseldorf 1985 (La Repubblica del Leone. Storia di Venezia, Mailand 1979) Z O R Z I , Ludovico: Introduzione. In: Ii luogo teatrale 1975, 9-51 Z O R Z I , Ludovico: II teatro e la cittä. Saggi sulla scena italiana, Torino 1977 Z O R Z I , Ludovico: La scenotechnica brunelleschiana. Problemi filologici e interpretativi. In: Filippo Brunelleschi 1980, 161-171

Abbildungsverzeichnis

1. tableau vivant zum Einzug Johannas von Kastilien in Brüssel: „Der König von Granada unterwirft sich Isabella von Kastilien"; Kupferstichkabinett - Sammlung der Zeichnungen und Druckgraphik, Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, 78 D 5, fol.42r 2. tableau vivant zum Einzug Johannas von Kastilien in Brüssel: „Drei Jungfrauen"; Kupferstichkabinett - Sammlung der Zeichnungen und Druckgraphik, Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, 78 D 5, fol.56r 3. Filippo Brunelleschi: Himmelfahrts-Aufführung, Modell von Lisi für die Ausstellung „Ii luogo teatrale a Firenze" 1975 in Florenz 4. Donatello: Himmelfahrt Christi und Schlüsselübergabe, Relief, 1428-30; London, Victoria and Albert Museum 5. Filippo Brunelleschi: Verkündigungs-Aufführung, Modell von Lisi für die Ausstellung „II luogo teatrale a Firenze" 1975 in Florenz 6. Melozzo da Forli: Kuppelfresko, nach 1477; Loreto, Santuario della Santa Casa, Sacrestia di San Marco Ζ Filippo Brunelleschi: Verkündigungs-Aufführung, Modell von Lisi für die Ausstellung „II luogo teatrale a Firenze" 1975 in Florenz 8. Sandro Botticelli: Geburt Christi, um 1500, (108,6 χ 74,9); London, National Gallery 9. Francesco di Giorgio Martini: Krönung Mariens, 1472-1474, (340 χ 200); Siena, Pinacoteca Nazionale, Inv.440 10. Giotto: San Francesco und die Krippe in Greccio, 1297-1300; Assisi, San Francesco, Oberkirche 11. Niccolö da Foligno (Niccolö di Liberatore, detto l'Alunno): San Francesco und San Bernardino, Rückseite eines Prozessions-Gonfalone, (218 χ 113); Deruta, Pinacoteca Comunale, Inv.nr. 1941 n.32

12. Piero della Francesca: Geißelung Christi (58.4 χ 81.5); Urbino, Galleria Nazionale delle Marche 13. Triumph Davids, cassone, Florenz um 1440, (41 χ 151), Privatbesitz; (Georg Swarzenski: Ausstellung von Meisterwerken alter Malerei aus Privatbesitz (1925), Frankfurt 1926, Abb. 71) 14. Raub der Proserpina, „Florentine Picture Chronicle", 38v/39r; London, British Museum, Departement of Prints and Drawings 15. Trionfo dell'Eternitä nach Petrarcas „Trionfi", 1492; London, British Museum, Departement of Prints and Drawings 16. Cronaca di Napoli: Der Einzug von Charles VIII. in Neapel 1494; The Pierpont Morgan Library, New York, Ms.M.801, fol.113 17 „Immacolata concezione", eines der „misteri" der Corpus Domini-Prozession in Campobasso 1991 18. „Immacolata concezione" der Corpus Domini-Prozession in Campobasso 1876 mit der Zeichnung entsprechenden Konstruktion nach Albino 1875 19. Gregorsmesse, anonymer Stich, florentinisch 1460-1470, Hind no.42 20. Albrecht Dürer: Zeichnung eines „soler" 1506 in Venedig; Berlin, Kupferstichkabinett Sammlung der Zeichnungen und Druckgraphik, Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, KdZ 59 21. Der Triumphbogen Alfonso d'Aragonas, 1452-1465; Neapel, Castel Nuovo 22. Der Triumphzug Alfonso d'Aragonas, Relief; Neapel, Detail des Triumphbogens am Castel Nuovo 23. Pisanello: Medaille für Alfonso d'Aragona, 1449 24. Pisanello: Vorzeichnungen für die Medaille für Alfonso d'Aragona; Paris, Musee du Louvre, Cabinet des Dessins, no.2317

Abbildungsverzeichnis 25. Domenico Gagini: Der Einzug Alfonso d'Aragonas, Relief, Supraporte, 1457/58; Neapel, Sala dei Baroni (heute stark zerstört) 26. Einzug Alfonso d'Aragonas in Neapel 1443, cassone, Florenz, 1452; Privatbesitz, (Christie's - New York, 12. 1. 1994, lot.32) 27. Detail: Mauerbresche mit Reitern 28. Detail: Fortuna und Caesar 29. Detail: Alfonso d'Aragona 30. Detail: Justitia 31. Detail: Fortuna 32. Domenico Ghirlandaio: „Nympha", Detail aus der Geburt Johannes des Täufers, Fresko, 1486-1490; Florenz, Santa Maria Novella, Cappella Tornabuoni 33. Imprese Rucellai; Florenz, Palazzo Rucellai, Innenhof 34. Fortuna-Occasio, anonyme Miniatur eines „Libro di Ventura", Florenz um 1465; Florenz, Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze, Magl.II.II.83, fol.241r 35. Guglielmo Giraldi: Bibbia di Certosa, vol.II, Detail: Einhorn-Imprese, um 1460; Ferrara, Museo di Schifanoia OA 1347, c.lr 36. Paradies, Brevarium Ercole I., vor 1505, (heute beschnitten und Einzelblatt); Zagreb, Akademie der Wissenschaften und Künste, passpartout D 37 Gasparo Tribracho da Modena: Divi ducis Borsiis estensis triumphus, Miniatur: Der Triumph von Borso d'Este; Modena, Biblioteca Estense, Lat.82 = M.S. a.M.7.21, fol.2r 38. Francesco del Cossa: Der Monat März, um 1467; Ferrara, Palazzo Schifanoia, Sala dei mesi 39. Francesco del Cossa: Der Monat April, um 1467; Ferrara, Palazzo Schifanoia, Sala dei mesi 40. Anghiari Meister: Triumph Caesars, cassone, um 1450, (154 χ 40); New York, Collection of The New-York Historical Society, Acc.No. 1867.20 41. Jacopo Ripanda: Triumph des Scipio Africanus, Zeichnung; Paris, Musee du Louvre, Cabinet des Dessins, no. 8257 42. Mitarbeiter Jacopo Ripandas: Triumphwagen mit dem Pantheon, Zeichnung; London, Victoria and Albert Museum, no. 2268 43. Mitarbeiter Jacopo Ripandas: Triumphwagen mit Allegorie, Zeichnung; Neapel, Museo di Capodimonte

275 44. Mitarbeiter Jacopo Ripandas: Festapparat, Zeichnung; Hamburger Kunsthalle (Co Elke Walford), Inv.nr. 21 598 recto. 45. Jacopo Ripanda und Werkstatt: Triumph der Roma über Sizilien, Fresko; Rom, Palazzo dei Conservatori, Sala delle guerre puniche 46. Bertoldo di Giovanni, Medaille für Mohammad II., Revers: Triumphwagen; Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, Münzkabinett (Börner no.356) 47. Baccio Baldini: Der Planet Venus mit seinen Planetenkindern, Stich um 1460 (1. Edition); London, British Museum, Departement of Prints and Drawings 48. Bertoldo di Giovanni: Medaille für Antonio Gratiadei, 1480/1481, Revers: Triumphzug des Merkur mit den neun Musen; Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, Münzkabinett (Börner no.358) 49. Triumph der Pudicitia zum Empfang der Braut; Biblioteca Apostolica Vaticana, Urb.lat.899, fol.84v 50. Triumph Amors in Pesaro 1475; Biblioteca Apostolica Vaticana, Urb.lat.899, fol.ll4r 51. Hypnerotomachia Poliphili - Erster Triumph Europa, Venedig, Manutius 1499, (k 5v und k 6r) 52. Hypnerotomachia Poliphili - Zweiter Triumph - Leda, Venedig, Manutius 1499, (k 7v und k 8r) 53. Hypnerotomachia Poliphili - Dritter Triumph - Danae, Venedig, Manutius 1499, (1 lr) 54. Hypnerotomachia Poliphili - Vierter Triumph - Semele, Venedig, Manutius 1499, (1 3r) 55. Hypnerotomachia Poliphili - Triumph des Vertumnus und der Pomona, Venedig, Manutius 1499, (m 4r) 56. Marco Zoppo: P. Vergilius: Opera, Titelminiatur; Paris, Bibliotheque Nationale de France, Latin 11 309, fol.5 a 57 Hypnerotomachia Poliphili Triumph Amors, Venedig, Manutius 1499, (y lv) 58. Tizian: Triumph des Glaubens, Holzschnitt, (38 χ 268), 1510/11 59. tableau vivant zum Einzug Francois I. in Lyon 1515: „Frangois I. von Engeln gekrönt in einer Lilie mit den Personifikationen der „Gnade Gottes" und Frankreichs"; Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Cod. Guelf. 86.4, llv

276 60. tableau vivant zum Einzug Frangois I. in Lyon 1515: „Die Taufe Clodwigs, dem Engel das heilige Oel und das Lilienbanner überbringen"; Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Cod. Guelf. 86.4, 18r 61. Apollonio di Giovanni: Triumph der Fama, Francesco Petrarca: „De viris illustribus"; Florenz, Biblioteca Riccardiana, ms.1129 62. Giovanni di Ser Giovanni, genannt Scheggia: Trionfo della Fama, cassone, Mitte des 15. Jh.; Florenz, Museo di Palazzo Davanzati, inv.1890, n.1611 63. Victoria, um 165 n.Chr; ehemals Berlin, Staatliche Museen, Antikenabteilung, Inv.nr. 7102 64. Triumph der Fama, desco, 1449, Tempera auf Holz (92 χ 93); New York, Metropolitan Museum of Art, Inv.nr. 1995.7 65. Triumph der Fama, Francesco Petrarca: „Trionfi"; Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana, Strozz.174, fol.l2r 66. Triumph der Fama, Francesco Petrarca: „Trionfi"; Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana, Strozz.174, fol.35v 67 Triumph der Fama anläßlich des Turniers in Pesaro 1475; Biblioteca Apostolica Vaticana, Urb.lat.899, fol.ll9r 68. Triumph der Fama, Francesco Petrarca: Trionfi; Madrid, Biblioteca Nacional, 22-1 a, 176r 69. Giovan Pietro Birago: Frontispiz, Giovanni Simonetta „Sforziade", Detail; Florenz, Offizien, Gabinetto delle stampe, Inv.no.1890 70. Piero della Francesca: Der ,Trionfo' Federico da Montefeltros, um 1474; Florenz, Uffizien 71. Piero della Francesca: Der ,Trionfo' Battista Sforzas, um 1474; Florenz, Uffizien

Abbildungsverzeichnis 72. Giovanni Guido Agrippa: Medaille für Leonardo Loredan, Revers mit der Krönung des Dogen; Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, Münzkabinett (Börner no.176) 73. Meister I.C.A.: Ansicht von Venedig 1565, Detail: Venetia krönt einen Dogen; Stockholm, Königliche Bibliothek 74. Jost Amman: Prozession des Dogen in Venedig, kolorierter Holzschnitt, um 1560, (Detail oben rechts); Graphische Sammlung der Staatsgalerie Stuttgart, Inv. A 96 / 6706 (KK) 75. Jost Amman: Prozession des Dogen in Venedig, kolorierter Holzschnitt, um 1560, (Detail oben Mitte); Graphische Sammlung der Staatsgalerie Stuttgart, Inv. A 96 / 6706 (KK) 76. anonymer Stich: Prozession anläßlich der Liga 1571 in Venedig; Venedig, Museo Correr 77. Corpus Domini-Prozession in Venedig 1610, Giacomo Franco: Habiti d'Huomeni e Donne Venetiane, Venezia 1610. 78. Brunnen, Hochzeit in Pesaro 1475; Biblioteca Apostolica Vaticana, Urb.lat.899, l l r 79. Triumphbogen mit den sieben Tugenden, Gratian: Decretum, gedruckt in Venedig 1477, Gerolamo da Cremona oder Meister der sieben Tugenden, Venedig oder Padua 1477; Forschungs- und Landesbibliothek Gotha, Mon.typ.1477, 2o (12), B1.2v. 80. Frontispiz (Detail), Cicero: Orationes, um 1480/1490, Neapel; Österreichische Nationalbibliothek Wien, Cod. Vindob. 4 81. Antonio Vivarini: Die Heilige Apollonia zerstört ein Götzenbild (60 x 34); Washington, National Gallery 82. Filippino Lippi: Der Apostel Philipp vor dem Marstempel, Fresko, ca. 1492; Florenz, Santa Maria Novella, Cappella Strozzi

Abbildungsnachweis: Die Abbildungen entstammen den angegebenen Bibliotheken und Museen, sowie dem Archiv der Autorin.

Einleitung

Abb. 1 tableau vivant zum Einzug Johannas von Kastilien in Brüssel 1496

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Abb. 2 tableau vivant zum Einzug Johannas von Kastilien in Brüssel 1496

Einleitung

Dramatisierung von Liturgie, Predigt und Kirchenfest

Abb. 4 Donatello: Himmelfahrt Christi, 1 4 2 8 - 3 0

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Dramatisierung

von Liturgie, Predigt und

Kirchenfest

Abb. 5 Filippo Brunelleschi: Verkündigungs-Aufführung (Modell)

Abb. 6 Melozzo da Forli: Kuppelfresko, Loreto, um 1477-1481

Dramatisierung von Liturgie, Predigt und Kirchenfest

Abb. 7 Filippo Brunelleschi: Verkündigungs-Aufführung (Modell)

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Abb. 8 Sandro Botticelli: Geburt Christi, um 1500

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Dramatisierung von Liturgie, Predigt und Kirchenfest

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Abb. 13 Triumph Davids, cassone, Florenz, um 1440

Abb. 14 Florentinische Bilderchronik: Raub der Proserpina, um 1470

Dramatisierte Prozessionen

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Dramatisierte Prozessionen

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Abb. 17 Immacolata concezione, Corpus Domini-Prozession in Campobasso 1991

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Abb. 18 Immacolata concezione, Corpus Domini-Prozession in Campobasso 1875

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Abb. 20 Albrecht Dürer: Zeichnung eines „soler", 1506

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Abb. 24 Pisanello: Vorzeichnungen für die Medaille für Alfonso d'Aragona

Triumphale Herrschereinzüge

Abb. 27 Detail: Mauerbresche mit Reitern

Abb. 28 Detail: Fortuna und Caesar

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Triumphale Herrschereinzüge

Abb. 33 Imprese Rucellai, Palazzo Rucellai, 1461

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Abb. 34 Libro di Ventura: Fortuna-Occasio, um 1460

Triumphale

Herrschereinzüge

Abb. 37 Gasparo Tribracho da Modena: Triumph Borso d'Estes

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Triumphale Herrsebereinzüge

Varianten des Triumphes im päpstlichen Rom

Abb. 40 Anghiari Meister: Triumph Caesars, cassone, um 1460

Details von Abb. 40

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Varianten des Triumphes

Abb. 41 Jacopo Ripanda: Triumph des Scipio Africanus

Abb. 42 Mitarbeiter Jacopo Ripandas: Triumphwagen mit dem Pantheon

im päpstlichen

Rom

Varianten des Triumphes im päpstlichen Rom

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Varianten des Triumphes im päpstlichen Rom

Triumph und „trionfi"

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Abb. 47 Baccio Baldini: Der Planet Venus mit seinen Kindern, u m 1460

Abb. 48 Bertoldo di Giovanni: Triumphzug des Merkur (Medaille für Antonio Gratiadei), 1480/1481

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Triumph und „ trionfi"

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Abb. 49 Triumph der Pudicitia, Hochzeit in Pesaro 1475

Triumph und „trionfi"

Abb. 50 Triumph Amors, Hochzeit in Pesaro 1475

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Triumph und „trionfi"

Abb. 52 Hypnerotomachia Poliphili: Zweiter Triumph - Leda

Abb. 53 Hypnerotomachia Poliphili: Dritter Triumph - Danae

Triumph und „trionfi"

Abb. 55 Hypnerotomachia Poliphili: Triumph des Vertumnus und der Pomona

Abb. 56 Marco Zoppo: Illustration zu Vergil, 1461-1463

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Abb. 58 Tizian: Triumph des Glaubens, 1510/11

Triumph und

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Repräsentation

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Federico da Montefeltro: Toter Herrscher - lebendes Bild

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Abb. 61 Apollonio di Giovanni: Triumph der Fama, Petrarca: „De viris illustribus", um 1460

Abb. 62 Giovanni di Ser Giovanni, genannt Scheggia: Trionfo della Fama, cassone, Mitte des 15. Jahrhunderts

Federico da Montefeltro: Toter Herrscher - lebendes Bild

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Federico da Montefeltro: Toter Herrscher - lebendes Bild

Abb. 67 Triumph der Fama, Hochzeit in Pesaro 1475

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Federico da Montefeltro: Toter Herrscher - lebendes Bild

Abb. 68 Triumph der Fama, Francesco Petrarca: „Trionfi", u m 1475

Abb. 69 Giovan Pietro Birago: Frontispiz der „Sforziade", 1490/91

Federico da Montefeltro: Toter Herrscher - lebendes Bild

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