Köpenick: Ein Beitrag zur Frühgeschichte Gross-Berlins [Reprint 2021 ed.] 9783112574225, 9783112574218


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German Pages 134 [137] Year 1963

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Köpenick: Ein Beitrag zur Frühgeschichte Gross-Berlins [Reprint 2021 ed.]
 9783112574225, 9783112574218

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DEUTSCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN S C H R I F T E N D E R S E K T I O N F Ü R VOR- U N D

ZU

BERLIN

FRÜHGESCHICHTE

ERGEBNISSE DER ARCHÄOLOGISCHEN STADTKERNFORSCHUNG IN BERLIN Herausgegeben vom I N S T I T U T FÜR VOR- UND

FRÜHGESCHICHTE

und von der A R B E I T S S T E L L E FÜR K U N S T G E S C H I C H T E der DEUTSCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU B E R L I N

TEIL 1

AKADEMIE-VERLAG 1962



BERLIN

D E U T S C H E A K A D E M I E D E R W I S S E N S C H A F T E N ZU B E R L I N SCHRIFTEN DER SEKTION FÜR VOR- UND FRÜHGESCHICHTE B A N D 12

KÖPENICK E I N B E I T R A G ZUR F R Ü H G E S C H I C H T E GROSS-BERLINS von

JOACHIM

HERRMANN

mit Beiträgen von H. H. M Ü L L E R , H. J A C O B , CH. M Ü L L E R , H. Z E I S S L E R und K.-F. L Ü D E M A N N , W. S C H I R M E R ,

Mit 43 Textabbildungen

und 9 Tafeln

AKADEMIE-VERLAG

1962

R.EBERT



BERLIN

Erschienen im Akademie-Verlag GmbH, Berlin W 8 , Leipziger Straße 3—4 Copyright 1962 b y Akademie-Verlag G m b H Lizenznummer 202 • 100/203/62 • M d l der D D R Nr.7178/62 Gesamtherstellung: Druckhaus „Maxim Gorki'% Altenburg Bestellnummer 2044/12 • E S 14 C/E • Preis: DM 3 8 , -

Inhaltsverzeichnis

Zur E i n f ü h r u n g

7

I. Einleitung

9

II. Die Lage Köpenicks und die Gliederung des Untergrundes III. Die Ergebnisse der Ausgrabungen

15 17

1. Die endsteinzeitliche Besiedlung der Köpenicker Insel

17

2. Die Siedlung der jüngeren Bronze- und frühen Eisenzeit

18

3. Die älterslawischen Burganlagen a) Die Befestigung der Burgen B und C b) Die Besiedlung der Burgen B und C c) Die Keramik der Burgen B und C d) Die übrigen Funde e) Die Datierung der Burgen B und C

23 23 24 25 28 28

4. Die spätslawische befestigte Siedlung D a) Größe, Befestigung und Besiedlung der spätslawischen Anlage . . b) Die Siedlungshorizonte im Schnitt IV und ihre Bauwerke o) Die Datierung der Schichten D 1 —D 4 d) Die spätslawische Keramik der slawischen und frühdeutschen Befestigungen e) Die Kleinfunde f) Die frühdeutsche Keramik

30 30 31 34

5. Die frühdeutsche Burganlage E a) Die Befestigung

46 46

b) Die Funde der Burg E

34 40 43

47

6. Die Entstehung der Altstadt und des Kietzes

47

7. Die Burganlage F

49

8. Das Jagdschloß aus dem 16. Jahrhundert 9. Das Barockschloß aus dem Ende des 17. Jahrhunderts und die Umgestaltung der Schloßinsel

49

IV. Die frühgesohichtliche Bedeutung Köpenicks

50 52

1. Köpenick und das Stammesgebiet der Zpriauuani

52

2. Die Bedeutung Köpenicks für den Landverkehr

56

3. Die älterslawischen Burganlagen und ihre Probleme

59

4. Die spätslawische Anlage D und mögliche Ursachen für ihre Entstehung

62

6

Inhaltsverzeichnis

5. Köpenick im 12. Jahrhundert und das Jaxa-Problem

66

6. Die Rolle Köpenicks während der deutschen Ostexpansion und Kolonisation

71

V. Zusammenfassung

74

Verzeichnis der Abkürzungen

75

Literaturverzeichnis

76

Anhang 1. Hanns-Herman Müller, Die Säugetierreste aus der Burg Berlin-Köpenick nach den Grabungen von 1955 bis 1958

81

2. Helga Jacob, Die Ergebnisse der pollenanalytischen Untersuchungen auf der Schloßinsel in Berlin-Köpenick

98

3. Christian Müller, Bestimmung der menschlichen Skelettreste aus der Grabung Berlin-Köpenick 101 4. Hildegard Zeissler, Die Mollusken aus der zentralen Torfschicht des Köpenicker Burggrabens 103 5. Karl-Friedrich Lüdemann, Werner Schirmer und Rolf Ebert, Ergebnisse der Untersuchung einiger Schlacken- und Eisenfunde von BerlinKöpenick 107

Zur Einführung

Im Jahre, 1955 hat das Institut für Vor- und Frühgeschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin die archäologische Stadtkernforschung als besonders verantwortungsund bedeutungsvolle •wissenschaftliche Aufgabe in Berlin wieder aufgenommen. Sie um.faßte Ausgrabungen auf der Schloßinsel von Köpenick, ferner von mittelalterlichen Gebäuderesten am

Die geologischen Grundlagen von Groß-Berlin schwarz: diluviale Hochflächen; schraffiert: diluviale und alluviale Talbildungen

Hohen Steiniveg und in der Nikolaikirche Alt-Berlins. Die beiden letztgenannten Grabungen wurden durch Aufräumungsarbeiten in den Ruinen von Bauten ermöglicht, die während des letzten Krieges weitgehend zerstört worden waren. Die für die Forschung erzielten Resultate werden als ein eigener Teil der Schriftenreihe der Sektion für Vor- und Frühgeschichte unter der Bezeichnung ,,Ergebnisse der archäologischen Stadtkernforschung in Berlin" erscheinen. Der Ausschnitt aus dem Warschau-Berliner Urstromtal, der im Osten durch die Seenkette von Spree und Dahme, im Westen durch die der Havel begrenzt und von der Spree durchflössen ivird, bildet die Wiege von Groß-Berlin. Er ist heute nahezu vollständig besiedelt. In ihm liegen die drei Ansatzpunkte für die spätere städtische Entwicklung. Sie verdanken der Lage an be-

8

WILHELM UNVERZAGT u n d EDGAR LEHMANN

sonders günstigen Übergangsstellen Entstehung, Siedlungskontinuität und weitere Aufwärtsentwicklung.1) Im Osten bietet sich in Köpenick eine gute Übergangsmöglichkeit, die nach den Hortfunden von Spindlersfeld und der Dammvorstadt, sowie den bei den Ausgrabungen zutage getretenen Funden, über die nachstehend berichtet wird, spätestens am Ende der Bronzezeit in Benutzung gewesen ist. Von der Köpenicker Schloßinsel aus hat die planmäßige Stadtkernforschung Berlins ihren Ausgang genommen. Im August und September 1938 fanden hier Plangrabungen statt, die auf Anregung des damaligen Provinzialkonservators der Reichshauptstadt, W. Peschke, von Dorothea Waetzoldt im Auftrage des Staatlichen Museums für Vor- und Frühgeschichte zu Berlin ausgeführt wurden und die zum ersten Mal einen Aufschluß über die Besiedlung der Schloßinsel von den ältesten Zeiten bis in die Gegenwart hinein gaben. Diese Untersuchungen wurden dann unter der örtlichen Leitung von J. Herrmann im Auftrage des Instituts für Vor- und Frühgeschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin in der Zeit von September 1955 bis August 1958 weitergeführt. Die Ergebnisse sind im nachstehenden Band niedergelegt, der gleichzeitig die neue Serie über Stadtkernforschungen in Berlin innerhalb der Schriftenreihe für Vor- und Frühgeschichte eröffnet. In der Mitte zwischen Köpenick und Spandau, dem westlichen Ausgangspunkt der Stadtwerdung von Groß-Berlin, liegt die Doppelstadt Berlin-Cölln an einem besonders sicheren Übergang, der durch den geringen Abstand zwischen dem Höhenrand des Teltow im Süden und dem des Barnim im Norden sowie durch die Spreeinsel zwischen beiden begünstigt wird. Die weitgehenden Zerstörungen durch Luftangriffe sowie die mit den Aufräumungsarbeiten in Zusammenhang stehenden größeren Erdbewegungen boten Gelegenheit, auch im Mittelpunkt von Alt-Berlin Grabungen zu veranstalten. Unter der örtlichen Leitung von E. Reinbacher wurden vom Institut für Vor- und Frühgeschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin bei weitgehender finanzieller Unterstützung durch den Magistrat von Groß-Berlin, Abt. Denkmalpflege, umfangreiche Forschungen am Hohen Steinweg und in der Nikolai-Kirche durchgeführt. Während der Grabungen ergriff auch die Arbeitsstelle für Kunstgeschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin die Gelegenheit, sich an den Beobachtungen zu beteiligen, wobei sie ihr besonderes Augenmerk auf die über der Erde erhaltenen, inzwischen zum Teil bereits abgetragenen Reste der untersuchten Baudenkmäler richtete. Die beiden abgeschlossenen Untersuchungen am Hohen Steinweg und in der Nikolai-Kirche haben bedeutsame Ergebnisse gezeitigt. Über sie soll in den folgenden Bänden zur Berliner Stadtkernforschung berichtet werden. Der westlichste der drei Stadtkerne von Groß-Berlin ist Spandau, gleichfalls an einer außerordentlich günstigen Übergangsstelle über Spree und Havel gelegen. Wie der auf dem Stresow seinerzeit gehobene Waffenfund beweist, wurde auch diese Übergangsstelle schon in der Bronzezeit zu Handels- und Verkehrszwecken benutzt. Der um die Aufhellung der Spandauer Vorund Frühgeschichte besonders verdiente Forscher E. Reinbacher hat an dem ältesten Siedlungsplatz aus frühgeschichtlicher Zeit, dem Burgwall in den Götelwiesen, im Jähre 1955 als erster eine wissenschaftliche Untersuchung durchgeführt. Die wertvollen Ergebnisse dieser Probegrabung sind von ihm in einem im Jahre 1960 erschienenen ausgezeichneten Bericht2) vorgelegt worden, in dem er mit allem Nachdruck wieder auf die Bedeutung Spandaus für die Frühgeschichte von Groß-Berlin hingewiesen und weitere Grabungen an dem Burgwall in den Götelwiesen als wünschenswert bezeichnet hat. Im Jahre 1961 hat hier das ehemals Staatliche Museum für Vor- und Frühgeschichte mit neuen groß angelegten Untersuchungen begonnen. Wir hoffen, dadurch wichtige Einblicke in die frühe Vergangenheit auch des westlichen Stadtkerns zu erhalten. Institut für Vor- und Frühgeschichte Wilhelm Unverzagt

Arbeitsstelle für Kunstgeschichte Edgar Lehmann

W. Unverzagt, Neue Karten zur ältesten Stadtgeschichte von Groß-Berlin, in: Berliner Blätter für Vor- und Frühgeschichte 2, 1953, S. 1 — 11. 2 ) E. Reinbacher, Beiträge zur Frühgeschichte Spandaus. IN: Praehist. Ztschr. 38, 1960, S. 240FF., besonders S. 269.

I. Einleitung

Das heutige Stadtgebiet von Groß-Berlinist aus drei mittelalterlichen großen Siedlungszentren zusammengewachsen : Berlin-Cölln an der Spree in der Mitte ; spreeabwärts, an der Einmündung der Spree in die Havel liegt Spandau, und spreeaufwärts, an der Dahmemündung erstreckt sich die alte Inselsiedlung Köpenick (Taf. 1). Unter diesen drei frühen Zentren hat sich im Laufe des Mittelalters Berlin als das wirtschaftlich und politisch stärkste erwiesen und die beiden anderen überflügelt. Alle drei Orte sind im Warschau-Berliner Urstromtal, und zwar an Übergangspunkten über Tal und Fluß gelegen. Neben dieser ähnlichen topographischen Lage weist jeder Ort eine große Anzahl von Besonderheiten auf, deren Erforschung einerseits zur Erkenntnis der Geschichte des Berliner Raumes und andererseits — da alle drei Orte gleichermaßen in früher Zeit bedeutende Zentren in Ostdeutschland waren — auch zur Lösung oder doch Behandlung einiger Probleme ostdeutscher Frühgeschichte beitragen kann. Schriftliche Quellen zur frühmittelalterlichen Geschichte und zu den Anfängen dieser Zentren sind nur im geringen Maße vorhanden. Diese Quellen versagen fast für BerlinCölln und sind wenig ergiebig für Spandau ; nur Köpenick fand dank eines Ereignisses in der Mitte des 12 J h . stärkere Berücksichtigung. Ein Fürst namens J a x a eroberte zwischen 1150 und 1157 Brandenburg. 1 ) Die mehrfach in verschiedenen Gebieten Deutschlands und Polens gefundenen Münzen eines Prägeherren Jacza de Copnic (u. a. Umschriften) ließen es als möglich erscheinen, daß dieser Jacza oder Jakza der Münzen aus der Mitte des 12. Jh. mit dem J a x a identisch ist, dessen Taten bei der Eroberung Brandenburgs der Chronist aufzeichnete. Diese Fragestellung hat eine unter verschiedenen Aspekten bis in die Neuzeit immer wieder auflebende Diskussion mit entsprechender umfangreicher Literatur hervorgerufen, ohne in Vermutungen oder Hypothesen wesentlich über den von Heinrich von Antwerpen oder den Münzfunden gegebenen Sachverhalt hinauszugelangen. 2 ) Immerhin sind durch diese vielfachen Erörterungen die Kombinationsmöglichkeiten, die die schriftliche Überlieferung zuläßt, nahezu als erschöpft anzusehen. Eine Zusammenfassung der Diskussion über die Jaxa-Frage und einen gewissen Abschluß auf Grund der Auswertung der schriftlichen und münzkundlichen Quellen hat die Arbeit von H. Ludat gebracht. Insbesondere arbeitete er die bedeutende Stellung, die Köpenick nach der schriftlichen Überlieferung im 12. Jh. einnahm, gegenüber abwertenden älteren Auffassungen heraus und führte seine Untersuchung zu der Hypothese, daß der J a x a der Chronik identisch sei mit dem Jakza der Münzen und sein Sitz daher in Köpenick bei Berlin lokalisiert werden müsse. 3 ) H. Ludat vermutete weiterhin eine polnische Oberhoheit, von Lebus ausgehend über die Spreelandschaften Barnim und Teltow und damit über Köpenick. 1

) Vgl. zuletzt zusammenfassend H. Ludat, 1936. Die einzige Quelle ist der „Tractatus de urbe Brandenburg" des Heinrich von Antwerpen aus dem Ende des 12. Jh. (MG SS XXV, S. 482ff.; G. Sello 1888, S. lff.). ) Als neuer Gesichtspunkt ist von J. Schultze verschiedentlich die Möglichkeit erwogen worden, daß Jaxa 1147 im Gefolge des sogenannten Wendenkreuzzuges von Polen nach Köpenick gelangt sei (1954, S. 17f.; 1960, S. 13f.). 3 ) H. Ludat 1936, S. 54.

2

10

JOACHIM HERRMANN

Der mit Köpenick in Verbindung stehende Problemkreis umfaßt folgende Hauptfragen, zu deren Erörterung u. a. die archäologische Forschung beitragen kann: 1. Welche Rolle spielte Köpenick vor der Zeit der deutschen Ostexpansion und Kolonisation, wie war sein Hinterland beschaffen, und welche Beziehungen bestanden zwischen diesem und der Köpenicker Burg? 2. Ist es auf Grund der historischen Stellung der Köpenicker Siedlung im 12. Jh. möglich, hier den Sitz eines slawischen Fürsten anzunehmen, der sich als „Knes" bezeichnen konnte und als Ausdruck seiner Selbständigkeit Münzen prägen ließ? 3. Besteht die Möglichkeit, diesen Fürsten als „in Polonia tunc principans" zu bezeichnen? 4. Wenn Köpenick in dieser Zeit Bedeutung besaß, so erhebt sich die Frage, in welcher Weise sich seine Beziehungen zu den von Westen und Süden angreifenden deutschen Terrritorialfürsten gestalteten und welcher Art die Beziehungen Köpenicks zu Polen und Pommern gewesen sind. Die schriftlichen Quellen für die Behandlung dieser Fragen sind als ausgeschöpft anzusehen. In alle bisherigen Betrachtungen konnten jedoch die archäologischen Quellen nur in geringem Maße einbezogen werden, weil sie kaum erschlossen waren. E. Friedel sammelte 1863 — 1869 in der Köpenicker Altstadt, auf dem Kietz und der Schloßinsel Fundmaterial, „Reste, die bis in die Wendenzeit mitunter reichen". 1 ) 1872 konnte bei Bauarbeiten auf dem sogenannten Vollkropp zwischen Grünauer Straße und Dahme, 600 m südlich der Schloßinsel auf dem westlichen Dahmeufer, eine slawische Siedlung beobachtet werden. 2 ) Außerdem wurden Skelettreste geborgen. Diese zufälligen Beobachtungen ermöglichten jedoch keinen Beitrag zum Problem der Rolle und Bedeutung Köpenicks und seiner Geschichte im frühen Mittelalter und in der Zeit der deutschen Ostexpansion. Wilhelm Unverzagt ließ im August und September 1938 als Direkter des Staatlichen Museums für Vor- und Frühgeschichte auf der Schloßinsel eine Ausgrabung 3 ) vornehmen, deren örtliche Durchführung D. Waetzoldt übernahm. 4 ) Durch diese Ausgrabung konnte die spätmittelalterliche Bebauung der Terrasse der Schloßinsel (Grundriß des Jagdschlosses aus dem 16. J h . und Grundriß des geplanten Erweiterungsbaues aus dem 17./18. Jh.) aufgeklärt und eine Abfolge von Kulturschichten aus der jüngeren Bronze-, frühen Eisenzeit, der spätslawischen und der frühdeutschen Zeit beobachtet werden (Abb. 2, Schnitt 1938). Im Rahmen des Universitätspraktikums wurde im Jahre 1955 durch Zusammenarbeit des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Humboldt-Universität und des Instituts für Vorund Frühgeschichte an der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin auf Anregung von P. Grimm erneut die archäologische Untersuchung auf der Schloßinsel aufgenommen. In den Monaten Juni und Juli wurden im Süden der Schloßinsel Versuchsschnitte von 1,5 x 3 m im Bereiche der Schnitte I—V angelegt (Abb. 2). Diese Schnitte bildeten die Grundlage für die Fortführung der Ausgrabungen durch das Institut für Vor- und Frühgeschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin in den Monaten September bis Dezember 1955 unter örtlicher Leitung des Verfassers. 5 ) In den Schnitten I I und I I I konnten Teile der spätslawischen Besiedlung, der Wall einer älterslawischen Burganlage und die !) E. Friedel 1880, S. 61 ff. 2 ) Z. f. E. 1872, S. 246. Das Eundmaterial befand sich im Märkischen Museum; es ging infolge von Kriegseinwirkungen zum größten Teil verloren. Erhalten geblieben sind einige Knoehengeräte und Keramik des 10. Jh. (Kat. Nr. 291 — 316 im Ehem. Staatl. Museum für Vor- und Frühgeschichte in Berlin). 3 ) W. Unverzagt 1953, S. 8; 1938, S. 37 ff. 4 ) D. Waetzoldt 1937/38, S. 356 ff. 5 ) J. Herrmann 1956, 1957 und 1958, Vorberichte über die Ausgrabungen in Köpenick. Für die zu Beginn der Grabung von Prof. Dr. P. Grimm und Dr. E. Reinbacher geleistete Unterstützung und Hilfe sei hier herzlich gedankt.

Einleitung

11

Einleitung

13

dahinterliegenden Wohngruben sowie die jungbronze-früheisenzeitliche Schicht freigelegt werden. Außerdem wurde der Verlauf des ehemaligen Burggrabens durch die Anlage von Bohrprofilen festgestellt. Im Jahre 1956 erfolgte in den Monaten September bis Dezember die Aufdeckung des Grabens der älterslawischen Burganlage mit eingebauter Holzkonstruktion, die Untersuchung der nördlichen Grabenböschung und die Untersuchung der bronzezeitlichen, spätslawischen und frühdeutschen Kulturschichten in diesem Bereich. Außerdem wurden die Kontrollschnitte X I und X I I angelegt. Vom Oktober bis Dezember 1957 konnten in der Altstadt die Schnitte St. I, Luisenhain und Laurentiuskirche ausgeführt werden; zur gleichen Zeit unternahm B. Krüger 1 ) Ausgrabungen an fünf verschiedenen Stellen im Kietz (Abb. 1). Im Mai 1958 wurde mit der Untersuchung des nördlichen Inselteiles, d. h. der spätslawischen und deutschen Schichten durch die Fortführung von Schnitt IV nach Norden sowie durch die Anlage der Schnitte VI—X begonnen. Nach Klärung aller wesentlichen Probleme, die mit archäologischen Methoden unter den vorhandenen Bedingungen zu lösen waren, fanden die Ausgrabungen im September 1958 ihren Abschluß. Insgesamt wurde 1955 bis 1958 auf der Schloßinsel eine Fläche von etwa 500 qm untersucht. Auf die weitere Freilegung großer Flächen wurde verzichtet, da die zu erwartenden Ergebnisse den Aufwand schwerlich gerechtfertigt hätten. Große Teile der spätslawischen und frühdeutschen Kulturschichten sind im 17. und 18. J h . bei der Anlage des heutigen Parkes zerstört worden. Außerdem entstanden durch den heutigen hohen Wasserspiegel zusätzliche große Schwierigkeiten. Diese Umstände haben bewirkt, daß in vielen Fällen nur noch geringe Reste der ehemaligen Bauten und Anlagen festgestellt werden konnten. So ist heute die allgemeine Entwicklung der Köpenicker Siedlung erkennbar, ohne daß ein in Einzelheiten durchgezeichnetes Bild vorgelegt werden kann. x

) B. Krüger 1958, S. 130ff.

II. Die Lage Köpenicks und die Gliederung des Untergrundes

Die landschaftliche Gliederung der Umgegend von Berlin ist im wesentlichen durch die letzte Eiszeit bestimmt worden. 1 ) Kleinere und größere Hochflächen, abgesetzt als Grundmoränen, auf denen durch Oszillation des Eisrandes in mehrfacher Staffelung Endmoränen abgelagert wurden, werden durch ostwestlich bzw. südöstlich-nordwestlich verlaufende breite Urstromtäler voneinander getrennt. 2 ) Für die Geschichte Köpenicks waren die Hochflächen Barnim und Teltow besonders bedeutsam, die das Warschau-Berliner Urstromtal begrenzen. Dieses Tal weist bei Köpenick noch eine Breite von 6 bis 8 km auf, verengt sich nach Nordwesten jedoch und wird etwa 12 km unterhalb von Köpenick, in der Berliner Altstadt, durch die Ränder von Barnim und Teltow auf 4 km Breite zusammengedrängt. Der Boden des Tales besteht oberhalb von Berlin aus großen Talsandflächen, die ihren Ursprung den Schmelzwässern des letzten Eises verdanken. Im Talsand hat sich die Spree, die nördlich von Beeskow das Urstromtal erreicht, einen vielfach gewundenen Lauf geschaffen. Von Süden, aus dem Fläming, fließt ihr die Dahme zu. Diese durchquert das landschaftlich kleinräumig in Grundmoränenschollen, Talsandinseln und Seen gegliederte Gebiet zwischen Beeskow-Storkower Hochfläche und Teltow. Bei Köpenick vereinigt sie sich mit der Spree zu einem stattlichen Fluß. Beide Ströme durchfließen oder berühren unmittelbar eine große Anzahl von Seen, durch einige Nebenflüsse stehen weitere Gewässer zwischen Baruther und Berliner Urstromtal mit ihnen in Verbindung. 3 ) Beide Flüsse sind bei Köpenick heute mit großen Lastkähnen befahrbar, kleinere Boote tragen sie bis an den Flämingrand bzw. bis in die Lausitz. Dahme und Spree mit ihren — allerdings nur kleinen — Nebenflüssen erschließen somit dem Verkehr ein ausgedehntes Gebiet im Süden von Köpenick, das vor allem das Land zwischen Lausitz und Barnim/Teltow umfaßt. Sie stellen darüber hinaus die Verbindung mit der Lausitz her. Im Norden gewährte der zur Spree vereinigte breite Strom eine sichere Verbindung nach Spandau und von dort havelabwärts über Brandenburg bis zur Elbe oder havelaufwärts bis nach Mecklenburg. Diese natürlichen Verkehrs- und Wanderwege 4 ), in deren Brennpunkten Spandau und Köpenick liegen, sind von der Natur gleichsam vorgezeichnet. Hingegen wird die Landverbindung über das breite Warschau-Berliner Tal von der Landschaft aus augenfällig auf Berlin gelenkt, wo infolge des dichten Zusammentretens der Hochflächen Barnim und Teltow eine gute Ubergangsmöglichkeit über das Tal bestand. 6 ) I n dieser Hinsicht sind Spandau und Köpenick sicherlich benachteiligt gewesen. Berücksichtigen wir jedoch, daß in ur- und frühgeschichtlicher Zeit die Wasserstände von Dahme und Spree im Durchschnitt 1 m niedriger als heute lagen 6 ), so werden auch an diesen Stellen !) W. Behrmann 1950, S. 93ff.; F. Solger 1924. 2 ) F. Solger, Die Urströme Brandenburgs, Brandenburgia 48,1939, S. 1 ff. P. Assmann 1957, S. 18ff. E. Scholz in: Märkische Heimat 6, 1962, S. 128ff. 3 ) H. K. W. Berghaus II, 1855, S. 43ff.; vgl. auch Brandenburgische Jahrbücher 1, 1936 (Märkische Seen). 4 ) Zur Bedeutung der Havel und Spree in der germanischen Zeit vgl. O.-F. Gandert 1938, S. 74ff. 5 ) W. Unverzagt 1953, S. 1 ff.; A. v. Hofmann, Das deutsche Land und die deutsche Geschichte II, StuttgartBerlin 1930. «) J. Herrmann 1959, S. 90ff.

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JOACHIM H E R R M A N N

des Urstromtales keine ernsthaften Verkehrsbehinderungen bestanden haben. Wir dürfen daher in ur- und frühgeschichtlicher Zeit das Tal nicht eigentlich als Verkehrs- und Siedlungsscheide ansehen, sondern als breite Ebene mit schütterer Bestückung vorwiegend durch Nadelwald, z. T. wohl auch Mischwald. Vor allem in der Flußaue selbst und in verlandeten Flußläufen und Totwässern haben wir Flachmoor, Bruchwald und Wiesenwuchs zu erwarten. 1 ) Am Zusammenfluß von Dahme und Spree hatten sich einige Talsandinseln gebildet, die ständig oder periodisch von Armen der beiden Ströme umflossen wurden. Unmittelbar im Bereiche der Dahmemündung erstreckte sich eine Talsandinsel annähernd in Nord-Südrichtung in der Dahme von etwa 600 m Länge und 50—150 m Breite. Sie teilte die Dahme in einen westlichen und einen östlichen Mündungsarm, der nur noch als Rest im sogenannten Frauentoch erhalten geblieben ist, während der westliche Arm heute das Dahmewasser abführt.

Abb. 3. Profil durch den verlandeten Dahmearm in Verlängerung des Frauentages nach den Bohrprofilen 1—9

Noch auf älteren Karten findet sich die ehemalige Fortsetzung des Frauentoches als alter Dahmearm angedeutet in der Art der Bebauung der Köpenicker Altstadt (Taf. la). Von W . Behrmann wurde dieser Zustand auf einer Karte festgehalten.2) Baugrunduntersuchungen, die im Jahre 1956 im Auftrage des Magistrats von Berlin-Köpenick ausgeführt wurden, ließen diesen Arm im Profil der Bohrungen eindeutig als 6—8 m tiefen Flußarm erkennen, der allmählich versumpft ist und im Mittelalter und in neuerer Zeit schließlich zugeschüttet wurde. Weiterhin erbrachten die Bohrungen den Nachweis, daß an der Stelle des heutigen Kietzgrabens gleichfalls eine tiefere natürliche Senke bestanden hat, die sich zur Spree hinzog (Abb. 3). Die heutige Köpenicker Altstadtinsel ist folglich im Verlaufe des Mittelalters aus zwei sich in Nord-Südrichtung erstreckenden Inselkernen entstanden. Grundlage für die ur- und frühgeschichtliche Besiedlung bildete die langgestreckte, schmale Dahmeinsel, auf der die archäologischen Grabungen durchgeführt wurden (Abb. 34). ») E. Nasse 1918, S. 3ff. Veröffentlicht bei W . Unverzagt 1953, S. 9.

2)

III. Die Ergebnisse der Ausgrabungen

1. D I E E N D S T E I N Z E I T L I C H E BESIEDLUNG D E R K Ö P E N I C K E R INSEL Die oben beschriebene langgestreckte Insel am Zusammenfluß von Spree und Dahme wurde erstmals am Ende der jüngeren Steinzeit besiedelt. Aus der Kulturschicht A (Abb. 10 A), deren weitere Unterteilung nicht möglich gewesen ist, wurden in den Schnitten I I I , IV und V I I I unter den jungbronze-früheisenzeitlichen Funden auch jungsteinzeitliche Keramikreste und Steingeräte geborgen. Die Keramik ist grob gemagert und hart gebrannt. Die Lagerung im Grundwasser hat die ursprüngliche Farbe durch eine grünliche Patina ersetzt. Da es sich jeweils nur um Gefäßbruchstücke handelt, wird die kulturelle Einordnung vorwiegend auf Grund der Ornamentik ermöglicht.

Die Verzierung der Keramik besteht aus Winkelstich, der jeweils versetzt untereinander angebracht und in Zonen geordnet ist (Abb. 4). Das Randstück eines kugelförmigen Gefäßes (Abb. 4) trägt unter dem Rand eine zweireihige Grubenstichverzierung. Grubenstich haben gleichfalls mehrere Gefäße mit Hohlkehlenverzierung auf den zwischen den Kehlen gelegenen plastischen Leisten. Diese Verzierungselemente sind in der Elb-Havelkultur vertreten. 1 ) Die aus den Scherben erschließbaren Gefäßformen finden gleichfalls in dieser Kultur ihre Parallele, insbesondere r

) E. Sproekhoff 1926, S. 36 ff.

2

Herrmann, Köpenick

18

Joachim Hekrmann

auch das kumpfförmige Gefäß. 1 ) Die Hohlkehlung wurde von E. Sprockhoff als Einfluß der Bernburger Keramik angesehen (S. 32). M. Schneider und G. Neumann haben andere Ableitungen versucht. 2 ) Aus Brandenburg ist diese Verzierungsart häufiger bekannt, 3 ) mit Gruben- oder Kerbstich auf den Leisten von Satzkorn, Kienberg, Buchow-Karpzow, Götz, Friesack und Schmergow im Havelland. 4 ) Zeitlich gehört diese Verzierungsart an das Ende des Neolithikums und währt — nach dem Fund von Kriele zu urteilen — bis in den Übergang von Periode I zu Periode I I der Bronzezeit. 5 ) In den gleichen Schnitten sind eine Reihe von Feuersteinklingen gefunden worden, die deutliche Gebrauchsspuren aufweisen. Sie sind im übrigen uncharakteristisch, jedoch in der Elb-Havelkultur durchaus vertreten. 6 ) Das Bruchstück eines dünnackigen Feuersteinbeiles, das durch späteren Brand zerstört wurde, fügt sich gleichfalls in diesen Rahmen ein, ebenso der Schneidenrest eines allseitig geschliffenen Felsgesteinbeiles 7 ) (Abb. 4). Die Intensität der Besiedlung der Köpenicker Insel am Ende der Steinzeit war nicht festzustellen, da sich möglicherweise unter der rohen und unverzierten Siedlungskeramik noch einige neolithische Reste verbergen.

2. D I E SIEDLUNG D E R J Ü N G E R E N BRONZE- UND F R Ü H E N E I S E N Z E I T Der offenbar nicht allzu starken Besiedlung der Köpenicker Insel am Ende der Jungsteinzeit folgte eine dichte Besiedlung in der jüngeren Bronze- und frühen Eisenzeit. Die olivgrüne bis mausgraue, vom Grundwasser ausgelaugte sandige Kulturschicht A konnte auch in der Altstadt festgestellt werden. Runde oder langgestreckte Gruben, die häufig bis zu einem Meter unter den heutigen Wasserspiegel hinabreichten, wurden in großer Zahl angetroffen, ohne daß bei der Begrenztheit der Schnitte ihre Deutung oder Vereinigung zu Grundrissen möglich war (Abb. 10, 15). Da keine der eingetieften Gruben durch Wasser zerstört oder zugesehwemmt worden war, muß der Hochwasserspiegel von Dahme und Spree in der jüngeren Bronze- und frühen Eisenzeit wenigstens 1 m niedriger als heute gelegen haben. Es fand sich kein Hinweis, daß vor dem Ende der slawischen Besiedlung wesentliche Änderungen in diesen Verhältnissen eingetreten wären. 8 ) Die Siedlung selbst hatte eine Längsausdehnung von wenigstens 400—500 m und eine Breite von 50—150 m, d. h., sie umfaßte nahezu die gesamte Köpenicker Insel. Es ist in frühherer Zeit vermutet worden, daß diese Siedlung künstlich befestigt war. 9 ) Der Schnitt St. I nördlich des Schloßgrabens führte zur Aufdeckung einer langgestreckten jungbronzezeitlichen grubenförmigen Eintiefung, die in späterer Zeit vom Schloßgraben zerstört wurde (Abb. 15). Die Befestigung in diesem Bereich erwies sich damit als jünger. Sie steht mit der jungbronze-früheisenzeitlichen Inselsiedlung in keinem Zusammenhang. Da die Ränder dieser Siedlung infolge des hohen Wasserstandes nicht untersucht werden konnten, bleibt unklar, ob sie befestigt gewesen sind oder nicht. Mit Sicherheit darf jedoch die jungbronze-früheisenzeitliche Siedlung in die Gruppe der Siedlungen in natürlicher Schutzlage eingeordnet werden. Derartig angelegte Siedlungen erfreuten sich in jener Zeit großer Beliebtheit. Sie sind im Bereiche der spätlausitzischen Kulturgruppen in Brandenburg häufig anzutreffen. 10 ) Die am Ausgang der Bronzezeit besonders unruhigen Verhältnisse mögen diese Siedlungsweise verursacht bzw. gefördert haben. а

) ) 4 ) б ) 6 ) ') 8 ) s ) 3

E. Sprockhoff, 1926, Taf. 18 h. C. Umbreit 1937, S. 87. C. Umbreit 1937, S. 87 ff. Ebert, RLV. XI, Taf. 91 ä. W. Böhm 1935, S. 27, Taf. 7, 14. J. Preuß 1954, Taf. XI, XII, S. 442. J. Preuß 1954, Taf. 21, 5; 25, 2; 27, 3. J. Herrmann 1959, S. 99ff. 10 W. Unverzagt 1953, S. 8. ) J. Herrmann 1960, S. 19f.

Die Ergebnisse der Ausgrabungen

Abb. 5. Keramik der jüngeren Bronzezeit und frühen Eisenzeit (1:4.5) 2*

19

Abb. 6. Keramik der jüngeren Bronzezeit und frühen Eisenzeit (1:4,5)

Die Ergebnisse der Ausgrabungen

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Die F u n d e Das Fundmaterial besteht vorwiegend aus Keramikresten und einigen Knochen. Dazu treten eine granitene Unterlage einer stark ausgehöhlten Reibemühle sowie ein annähernd rechteckiger Schleifstein (etwa 1 0 x 5 , 5 x 2 , 0 cm) aus Sandstein mit Abnutzungsspuren. Metallgeräte oder Metallreste wurden nicht gefunden. Da eine Unterteilung der Schicht A nicht möglich gewesen ist, lassen sich auch bei Beurteilung der Keramik keine stratigraphischen Gesichtspunkte anwenden. Ihr Bestand setzt sich, soweit das auf Grund der oft nur kleinen Reste zu beurteilen ist, aus folgenden Formen zusammen: Form 1: Hohe eiförmige, meist gerauhte Töpfe ohne Hals oder mit deutlich abgesetzter halsartiger Einziehung unter dem Rande. Bei den Gefäßen der letzten Art endet die Rauhung der Wandung in der Regel am Halseinzug bzw. nimmt dort einandere Form an (Abb. 5a—g). Form 2: Gefäße mit konisch oder zylindrisch ausgebildetem Oberteil, das einem doppelkonischen oder bauchigem Unterteil mit gewölbter Schulter aufsitzt. Nur einmal ist eine Verzierung am Schulterknick, die aus Rillen und darüber gesetzten Dellen besteht, nachweisbar (Abb. 5 h, k—o). Form 3: Unverzierte, steilwandige bis halbkugelförmige Näpfe mit leicht nach innen eingebogener, rundlich-kantiger Mündung (Abb. 6m, o, v). Form 4: Steilwandige bis halbkugelförmige Näpfe mit gedrehtem Rand (Abb. 6s). Form 5: Unverzierte, steilwandige Näpfe, deren Ränder zu Zipfeln ausgezogen sind (Abb. 6n, p). Form 6: Steilwandige Henkeltassen mit S-förmig ausladender Mündung (Abb. 6q). Form 7: Flache schalenförmige und dickwandige Henkeltassen (Abb. 6i, f). Form 8: Kleine halbkugelförmige dünnwandige Schalen mit abgesetzter Schulter, leicht ausladendem Rand und vereinzelt auf der Schulter angebrachter Rillenverzierung (Abb. 6 k). Die Außenwände sind schwarz bis schwarz-gelblich und gut geglättet. Form 9: Terrinen mit betont runder Schulter und darauf angebrachten umrieften Zonenbuckeln. Das Gefäßunterteil ist gerauht, der Schulterabschluß wird von gegeneinandergestellten Rillengruppen gebildet (Abb. 6 c). Form 10: Amphoren und Terrinen mit vorherrschend waagerechter Riefen- und Rillenverzierung, die auf den Gefäß Oberteilen angebracht ist. Rillen und Riefen können, zu Gruppen angeordnet, einander ablösen. Ein Gefäßrest von schwärzlicher Farbe und glänzender Oberfläche weist enge waagerechte und daruntergesetzte senkrechte Schulterriefen auf (Abb. 6a, b, d, e, g). Form 11: Kannenförmige Gefäße mit scharfem Schulterknick und schräg angeordneten, flachen engen Riefen auf der Schulter (Abb. 6h). Der Anteil der verzierten Gefäße am Gesamtmaterial ist außerordentlich gering. Er beträgt etwa 9 Prozent. Selbst wenn diese Zahl infolge des nur kleinen Ausschnittes relativen Wert besitzt, vermittelt sie doch ein Bild über die Zusammensetzung der Siedlungskeramik gegenüber der Grabkeramik, bei der der Anteil der verzierten Gefäße im Durchschnitt 30—60 Prozent beträgt.

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JOACHIM H E R R M A N N

Folgende Tabelle vermittelt einen Überblick über den Anteil der einzelnen Formen am Gesamtmaterial: Form:

Anteil am Gesamtmaterial in Prozenten:

1

49,4

2

24,0

3

9,0

4

5,0

6

1,8

7

1,2 1,8

8 9 10

1,2 6,0

11

0,6

Die zeitliche Einordnung der Keramik und damit der Siedlung ist nur vermittels der stilistischen Merkmale der Keramik möglich, in erster Linie der Verzierungselemente. Diese bestehen vor allem aus waagerechten Riefen, die mit waagerecht und senkrecht angebrachten Rillengruppen kombiniert auftreten. Die waagerechte Riefung ist ein kennzeichnendes allgemeines Verzierungselement der Urnenfelderkultur der jüngeren Bronzezeit, die in den Nachbargebieten von Brandenburg, vor allem in Sachsen, nach der Zeit der sogenannten Fremdgruppen, d. h. etwa mit dem Beginn der Periode V von Montelius auftritt. 1 ) Die Vorbildung dieser Riefen in Brandenburg in Form der Hohlkehlung, die in Köpenick vertreten und in Kriele bis in die Periode I I bezeugt ist, scheint — trotz des bisher dazwischenliegenden großen zeitlichen Zwischenraumes — zumindest beachtenswert. Elemente der jüngeren Bronzezeit, insbesondere facettierte Ränder, ließen sich in keinem Fall feststellen. Wir haben daher einerseiffs wegen der vorherrschenden Riefenverzierung und andererseits wegen der fehlenden Facettierung den Beginn der Köpenicker Siedlung erst in den Anfang der jüngsten Bronzezeit zu setzen. Der übrige Bestand von Verzierungselementen stimmt mit dieser Ansetzung überein. Es bestehen Gemeinsamkeiten in Verzierung und Stilistik mit der spätbronzezeitlichen Aurither Stilgruppe 2 ) (Riefung, Zonenbuckel, Rillen, Tassenform 7, Form 4) und gleichermaßen mit der waagerecht gerieften Ware im Süden 3 ), ohne daß von einer Identität gesprochen werden könnte. Es fehlen einige Formen im Köpenicker Material, die in den Gräbern häufiger vorkommen, wie Schalen mit gerilltem Fuß, Tönnchen und Fäßchen; die Zahl der gehenkelten Gefäße ist sehr begrenzt. Ebenso umfassen die Verzierungsmuster nur einen Ausschnitt; so fehlt gänzlich das flächenfüllende Dreiecksmuster, das im Aurither Stil häufig wiederkehrt und auch aus dem Grab 2 von Erkner 4 ) bekannt ist. Diese Unterschiede können zeitlicher oder örtlicher Natur sein, sie können aber auch auf eine besondere Auswahl bei der Grabkeramik hinweisen. Vereinzelt nur finden sich Beziehungen zwischen der Keramik von Köpenick zur früheisenzeitlichen Billendorfer Gruppe 5 ) oder zum Göritzer Typ 6 ). W. Grünberg 1943, S. 95. J . Schneider 1958, S. 5 ff. W. Grünberg 1943, S. 35 ff. F. Horst 1960, S. 123. Zur Amphore mit enger Riefung (Abb. 6, a) vgl. Grab 53 von Jessen-Jüritz, ehem. Kr. Sorau; zu Gefäß Abb. 6, e, vgl. Fig 70 aus Billendorf bei A. Voss 1903, S. 194; kleine Schalen Form 8 vgl. Ströbitz, Kr. Cottbus (W. Kropf 1938, S. 181, Abb. 259, 256). 6 ) A. Götze 1920, S. 53.

) 3) ') 5) 2

Die Ergebnisse der Ausgrabungen

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3. D I E Ä L T E R S L A W I S C H E N B U R G A N L A G E N a) D i e B e f e s t i g u n g d e r B u r g e n B u n d C Das Gelände der Schloßinsel wurde erneut in älterslawischer Zeit besiedelt. Auf der günstig gelegenen Köpenicker Insel am Zusammenfluß von Spree u n d Dahme, die beide das Stammesgebiet des 948 u n d 965 erwähnten Stammes Zpriauuani erschlossen, e n t s t a n d ganz auf der Südspitze der langgestreckten Dahmeinsel eine kleine Burganlage von etwa 50 m Durchmesser (Abb. 2, 34a). Oberflächlich ist die älterslawische Befestigung heute nicht mehr feststellbar. Sie liegt teilweise u n t e r dem heutigen Wasserspiegel bzw. u n t e r den bis zu 2 m starken Erdschichten aus dem 17. u n d 18. J h . Aus diesem Grunde k o n n t e die älterslawische Wehranlage nur durch einen breiten Schnitt u n d zwei Kontrollschnitte untersucht werden (Abb. 2, 10); der weitere Verlauf des Burggrabens wurde durch Bohrprofile festgestellt. Mit Sicherheit bestand danach ein Abschnittsgraben von 12—15 m Breite u n d 1,8—2,0 m Tiefe u n t e r dem heutigen Wasserspiegel. E s k o n n t e jedoch nicht eindeutig festgestellt werden, ob der Befestigungswall als Abschnittswall ausgeführt war oder ob er die gesamte Burganlage umgab. E i n Kontrollschnitt (Abb. 2, Schnitt X I ) zeigte Befestigungsreste auch auf der Wasserseite der Burg. Weiterhin spricht die im Süden der Burg im Schnitt I angetroffene A n o r d n u n g der I n n e n b e b a u u n g f ü r das Bestehen einer älterslawischen Befestigung auch auf diesem Inselteil. Diese Beobachtung sowie die durchgängige Feststellung von umlaufenden Wällen an den älterslawischen Niederungsburgen in Insel- oder Halbinsellage in Brandenburg 1 ) lassen es als sehr wahrscheinlich erscheinen, d a ß in Köpenick gleichfalls eine Befestigung v o r h a n d e n war, die die gesamte älterslawische Burganlage umschloß; über ihre Stärke auf der Wasserseite k o n n t e n keine genauen Angaben gewonnen werden. Der älterslawische Wall wurde auf unbesiedeltem Gelände erbaut 2 ), südlich einer wahrscheinlich bereits vorgebildeten leichten Einsenkung der Köpenicker Insel. Der während der Ausgrabung festgestellte Wallbau h a t t e n u r noch eine H ö h e von 60—80 c m ; Einzelheiten seiner K o n s t r u k t i o n waren daher nur in geringem Maße zu erkennen. Deutlich ließen sich dagegen zwei Wallphasen trennen, die beide der älterslawischen Periode angehören (Abb. 10). Der älteste Wall war nach den erhaltenen Konstruktionsteilen sehr schmal. Auf der Oberfläche der Insel, d. h. über der bronzezeitlichen Kulturschicht, wurde eine Holzlage (Eiche u n d Kiefer — Quercus u n d Pinus silvestris) 3 ) aufgetragen, die bei der Zerstörung des Walles teilweise v e r b r a n n t e u n d als Holzkohleschicht z.T. erhalten blieb. Wenig eingetiefte S t ä m m e begrenzten die Vorderfront. E t w a 1 m südlich davon erhob sich bereits die hintere Wallfront. Beide waren durch Ankerbalken oder Bohlen miteinander verbunden, die als Holzkohlebänder (Kiefer, Eiche) oder g r a u b r a u n e Verfärbungen erhalten geblieben sind (Abb. 10, Bc). 4 ) Die Einzelheiten der Verkleidung der vorderen bzw. hinteren Wallfronten waren nicht zu ermitteln. Die wallseitige Grabenböschung wurde mit Holz bzw. Rasensoden zur Böschungssicherung belegt (Taf. 3a, 2c). 5 ) U m ein Unterspülen des Walles zu verhindern, schuf m a n auf der Grabensohle eine Flechtwerkwand (Abb. 8 u. 10, Fl. I). Die Pfosten der Flechtwände bestanden aus Eichenholz (Quercus), während im Flechtwerk selbst Weidenruten (Salix) Verwendung gefunden h a t t e n . Allmählich in den Graben gelangte Sandschichten erforderten die Anlage von Flechtwerk I I . H i n t e r der Wallanlage begann in einer grubenförmigen E i n tiefung (Abb. 10, B a ) die mit Fischschuppen, Asche, Holzkohle u n d sehr fettiger E r d e angereicherte Kulturschicht. x

) J. Herrmann i960, S. 35. ) In dem Vorbericht 1957 wurde die Auffassung vertreten, daß vor der Errichtung der älterslawischen Wallanlage eine offene älterslawische Siedlung bestanden hat. Die weiteren Grabungen und die Analyse der Schichten und der Funde haben das nicht bestätigt. 3 ) Für die Bestimmung der Holzarten habe ich Herrn Dr. Süß, Potsdam, zu danken. 4 ) Ähnliche derartige schwach aufgebaute Wallanlagen finden sich häufiger in Brandenburg, vgl. S. 59ff. 5 ) J. Herrmann 1957, Abb. 1 und Taf. 30. 2

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JOACHIM HERRMANN

Wie die verkohlten Ankerbalken zeigten, fiel der Wall einer BrandkataStrophe zum Opfer. Seine Absturzmassen legten sich auf die Siedlungsschicht hinter dem Wall. Der Neubau des Walles, der bald danach einsetzte, erfolgte auf einer bedeutend breiteren Basis. Die Schuttmassen des ersten Walles bildeten den Kern der neuen Anlage. Die Vorderfront wurde offenbar wiederum aus senkrecht stehenden Stämmen errichtet, die durch Querriegel gehalten wurden (Abb. 10, Cf). Die hintere Böschung der an der Basis jetzt etwa 6 m breiten Wallanlage war rampenartig angelegt; sie bestand aus Holzteilen und Rasensoden, die die Wallauf schiittung bedeckten (Abb. 10, Cb). Der Walloberbau wurde aus einer Holzkonstruktion gebildet, deren Einzelheiten nicht mehr zu erkennen gewesen sind. Den Abschluß der hinteren Wallböschung bildete offenbar eine Pfostenreihe, die gleichzeitig einer Grube hinter dem Wall als Begrenzung diente (Abb. 10, Cc). Die Grabenböschung auch dieses zweiten Walles erfuhr eine besondere Sicherung, um das Unterspülen und Abgleiten der schmalen Berme und des Walles zu verhindern. Zunächst legte man in der hergebrachten Konstruktion eine Flechtwerkwand Fl. I I I an, vor der sich eine Torfschicht ablagerte (Abb. 10). Zur weiteren Sicherung schuf man danach Fl. IV, die schließlich abgelöst wurde von einer hinter Eichenpfosten angelegten Spaltbohlenwand (BI) aus Kiefernholz (Pinus silvestris), nach Absetzung weiterer Torfschichten durch Bohlenwand B I I (Eiche) und B I I I . Von der letzten waren nur noch die Pfosten erhalten. Die Böschung zu B I I wurde gleichzeitig durch die Auflage von Rasenboden geschützt. Der Graben der zweiten Burg hatte eine Breite von 12—14 m und war 50—80 cm mit Wasser gefüllt. 1 ) Der Untergang dieser Burg wurde möglicherweise im Verlaufe einer kriegerischen Auseinandersetzung herbeigeführt, von der die Skelettreste eines Mannes im Burggraben zeugen könnten (vgl. Beitrag von Ch. Müller).

b) D i e B e s i e d l u n g d e r B u r g e n B u n d C Zu beiden deutlich ausgeprägten Wallphasen gehörten jeweils Siedlungsgruben bzw. Kulturschichten. Direkt hinter Wall I befand sich eine länglich-ovale Eintiefung, die eine größere Anzahl von Fischschuppen, Holzkohle, Asche, Knochen und Gefäßscherben enthielt. Daran schloß eine nach Süden an Stärke abnehmende Kulturschicht von 15 — 18 cm an. Die Grube und die Kulturschicht wurden durch die Wallabsturzschichten des Walles I überdeckt. Einzelheiten der Hauskonstruktion waren in dieser ältesten Schicht nicht mehr zu erkennen. Bei der Anlage des Walles der Burg C wurde die ältere Kulturschicht teilweise beseitigt; im Gegensatz zu den olivgrau-sandigen Schichten des älteren Walles mit fast ausschließlich jungbronzezeitlichen Scherben wies die Schichtung des jüngeren Walles eine grauschwarze Farbe und eine größere Anzahl unverzierter oder rohverzierter älterslawischer Keramikreste auf. Hinter diesem zweiten Wall wurde wiederum eine Erdentnahmegrube geschaffen, die offenbar zu Siedlungszwecken benutzt wurde. 1 m südlich dieser Grube folgte bereits eine weitere älterslawische Grube, die durch die Absturzmassen des Walles C zugeschüttet worden war. Sie gehörte also zur Innenbesiedlung der zweiten Burgphase (Abb. 10, Cd; 12). In den weiteren Schnitten im Burginnenraum fehlten die älterslawische Kulturschicht sowie entsprechende Keramik. Erst ganz im Süden, hinter der vermuteten wasserseitigen Befestigung, wurde wieder eine älterslawische Grube festgestellt, deren Keramik mit der der übrigen Gruben der Burg C übereinstimmte (Abb. 12, Falttafel). In beiden Phasen der älterslawischen Burg (B und C) bestand offenbar eine größere freie Innenfläche, während die Besiedlung unmittelbar auf den Streifen hinter dem Wall bzw. der Befestigung beschränkt war. Grundrisse von Häusern und ein Plan der Besiedlung konnten infolge der ungünstigen Grabungsbedingungen nicht freigelegt werden. J. Herrmann 1959, S. 97.

Die Ergebnisse der Ausgrabungen

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c) D i e K e r a m i k d e r B u r g e n B u n d C Die festgestellten stratigraphischen Verhältnisse innerhalb des Walles ermöglichen die Trennung von zwei verschiedenen älterslawischen Fundgruppen, die jeweils in den Siedlungsgruben bzw. Kulturschichtresten hinter Wall B bzw. Wall C vorhanden waren. Beide Komplexe wurden bei der Zerstörung der dazu gehörenden Wallanlagen von Wallschutt überdeckt. Ihr Inhalt vermittelt mithin einen Überblick über den Typenbestand der Keramik während des Bestehens von Wall B bzw. Wall C. Teile der zum Wall B gehörenden Kulturschicht wurden bei Neuanlage des Walles C aufgerissen und als Wallanschüttung verwendet. Die im Wall C vorhandene Keramik gehört also zur ersten Burgphase. Die K e r a m i k der Burg B Unter der Basis des Walles B fanden sich drei älterslawische Scherben, darunter ein unverziertes schwarzgraues Randstück, vollständig handgearbeitet, mit leicht ausladender, dreieckig abgestrichener Randlippe, das zu einem Gefäß mit geschweiftem Profil gehörte. Die Keramik in der Siedlungsgrube hinter Wall B ist vorwiegend unverziert, die Ränder sind rundlich oder kantig abgestrichen. Zwei Profile weisen deutliche Spuren einer nachträglichen Randabdrehung auf (Abb. 7,15), andere Randstücke zeigen teilweise Wisch- oder Drehspuren, die von der Glättung der Randlippe bis etwa 1 cm unterhalb des Randes herrühren. Kantig ausgebildete und teilweise eingesattelte Randbildungen sind dabei entstanden (Abb. 7,14). Die Mehrzahl der Ränder weist runde Formen ohne Wischspuren auf. Ein Bodenstück mit azentrischem Achseindruck zeigt, daß die langsam rotierende Töpferscheibe bereits in Gebrauch war. Die an einzelnen Gefäßen vorhandene spärliche Verzierung besteht in Wellenbandmustern und Linienbändern in mehrfacher Kombination. Die nach den erhaltenen Gefäßteilen zu ergänzenden Gefäße waren steilwandig mit nur leicht ausladendem Oberteil oder hochschultrig mit S-förmig geschweiftem Profil. Nur ganz vereinzelt treten doppelkonische Formen auf. Auch diese Gefäße waren überwiegend unverziert. I n die älteste Schicht gehört ein dunkelgraues dreigliedriges schalenförmiges Gefäß mit einschwingendem Unterteil und deutlich ausgeprägtem Standfuß. Der Boden weist einen rohgearbeiteten Standring auf. Der Rand ist kantig abgestrichen, jedoch ohne Drehspuren. Das Gefäß ist unverziert. Der Keramikbestand der ältesten Burg umfaßt danach folgende Typen: 1. Hochschultrige oder eiförmige und in der Regel unverzierte Töpfe mit S-förmig geschweiftem Profil oder steilwandige, hohe Gefäße ohne deutliche Randlippe. Diese Typen bestimmen den Formenbestand (Abb. 7, 10, 11, 15, 16). 2. Einzelne doppelkonische Gefäße mit weichem Umbruch und geradem oder lippenförmigem Randabschluß ohne Verzierung (Abb. 7, 14). 3. Das genannte Schalengefäß (Abb. 7, 13). Der hochschultrige eiförmige Topf findet seine nächste Parallele in dem von H. A. Knorr abgebildeten Gefäß von Zachow, das jedoch nicht näher datiert ist, 1 ) oder in dem Topf einer wahrscheinlich frühslawischen Siedlung bei Dallmin, Kr. Perleberg 2 ). E. Schuldt stellt derartige Gefäßtypen u. a. in seiner Reihe 1 der Menkendorfer Gruppe zusammen, ohne daß eine nähere Datierung dieser Formen gegeben werden kann. Er nimmt an, daß sie am Anfang der Entwicklung der Menkendorfer Keramik stehen. 3 ) In Hamburg waren häufig unter der Keramik des ersten Jahrzehnts des 9. Jh. „hochschultrige Gefäße mit s-förmigem Randprofil, teils unverziert, teils mit Wellenlinien dekoriert" und meist in der ') H. Ä. Knorr 1937, Taf. 19a. 2 ) W. Böhm 1937, S. 181, Taf. 83, 9, 11; E. Petersen 1939, S. 44f. ) E. Schuldt 1956, S. lff. und Abb, 20, 3.

3

Abb. 7. Älterslawische Keramik (1—9 Burg C; 1 0 - 1 6 Burg B) (1:4)

Die Ergebnisse der Ausgrabungen

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R a n d k e h l e verdickter Wandung vertreten. 1 ) Abgesehen von der verdickten Randkehle entsprechen die Hamburger F o r m e n den Köpenickern. R . Schindler verweist bei seinem Versuch, diese F o r m e n einzuordnen, auf das mittlere Elbgebiet und die dort in Brandgräbern vertretene K e r a m i k des Prager Typs. Diese Blickrichtung scheint auch für den Anschluß unseres Fundverbandes die gegebene. 2 ) Beziehungen bestehen zu den Gefäßen des nur 70 k m entfernten Gräberfeldes von Prützke, das in die Zeit um 700 zu datieren ist. 3 ) Gleichartige Gefäßformen wie in Köpenick sind bei Dessau-Mosigkau in einem frühslawischen Brandgräberfeld festgestellt worden. 4 ) E i n e Formenverbindung zwischen den hochschultrigen Töpfen aus Berlin-Köpenick und den F o r m e n des Prager Typs ist offenbar vorhanden. 5 ) Diese Verbindungen finden ihre weitere Bestätigung im Vorkommen des Schalengefäßes (Abb. 7 , 1 3 ) , das im nördlichen Westslawengebiet bisher keine direkte Parellele besitzt 6 ), hingegen weist sie große Ähnlichkeit m i t der Schale aus dem Grab 30 von Mosigkau 7 ) auf. Auch hier t r i t t sie, wie in Köpenick, zusammen mit dem hochschultrigen Gefäß auf. Gleichzeitig ist die Verbindung zu den frühen Schalen vom „sächsischen T y p " gegeben 8 ), ohne daß sich bei diesen die weit eingezogene untere Wandung feststellen ließe. Dieses charakteristische Merkmal gestattet hingegen weiterhin vielfache Vergleiche mit zum Teil datierten Gefäßen des Prager Typus (z. B . Mosigkau 9 ), P r ü t z k e 1 0 ) , Dresden-Stetzsch 1 1 ), Merschwitz 1 2 ) u . a . 1 3 ) aus Brandgräbern. Diese K e r a m i k ist auch in Westpolen nachweisbar. 1 4 ) Insbesondere ist in diesem Gebiet die frühe Verwendung der langsam rotierenden Töpferscheibe zur Herstellung derartiger Gefäße durch zahlreiche Achseindrücke auf den Gefäßböden und häufig an den R ä n d e r n auftretende Drehspuren belegt. Beide Herstellungsmerkmale lassen sich auch für das Köpenicker Material der ersten B u r g nachweisen. T h . Voigt und H . A. K n o r r dagegen sehen beide als jüngere K e n n zeichen an. 1 5 ) Auf rein formenkundlichem Wege ist also die Einordnung der K e r a m i k der Köpenicker Siedlungsschicht eindeutig möglich, ohne daß damit zunächst genaue Aussagen über die frühe Datierung dieser K e r a m i k abgeleitet werden sollen. Die K e r a m i k der B u r g C Die für die erste B u r g charakteristischen hohen, unverzierten Gefäße mit s-förmig geschweiftem Randprofil und abgerundeter Randlippe ohne Drehspuren sind in dieser Schicht gleichfalls noch vertreten. Auch das eingeschwungene Unterteil ist noch belegt. Häufiger sind Teile hochschultriger oder bauchiger Töpfe mit runden ausgebogenen und eingesattelten Randlippen. Die R ä n d e r weisen deutliche Drehspuren bis 2 cm unter dem R a n d auf. Alle Gefäße dieser Art sind unverziert (Abb. 7, 1, 4, 7). ') ) 3) 4) 5) 6) 2

7

)

) ) 10) u) 12) 13) 8 9

14 15

) )

R . Schindler 1959, S. 189ff. Z. Väna 1960, S. 131. W . Unverzagt, J . Herrmann 1958, S. 107ff.; W. Unverzagt 1960, S. 145ff. VV. Hoffmann 1959, S. 169ff.; Th. Voigt 1959, S. 157ff. Zur frühslawischen Siedlungskeramik vgl. H. A. Knorr 1939, S. 16 ff. Die von K . H. Marschalleck 1937, S. 350, abgebildete Schale von Deetz gehört zu den handgearbeiteten Schalen vom sächsischen Typ bei H. A. Knorr 1937, S. 154 u. Taf. 21. Sie lag in der oberen mittelslawischen Schicht. W . Hoffmann 1959, Abb. 5, f. Th. Voigt schließt aus dem nur einmaligen Vorkommen der Schalenurne in Mosigkau auf ihr relativ junges Alter, um so die Verbindung zu den sächsischen Schalen bei Knorr zu erhalten. E r übersieht dabei jedoch, daß sich die Schale von Mosigkau in der Formgebung des Unterteils ganz an die des Prager Typs und der übrigen in die gleiche Zeit datierten polnischen Funde anschließt. Für die sächsischen Schalen dagegen ist gerade das bauchige Unterteil charakteristisch. Schalen mit eingezogener unterer Wandung und Standfuß sind nach H. A. Knorr (1937, Taf. 21) zu den Vorformen zu zählen. H. A. Knorr 1937, S. 152 und Taf. 20/21. W . Hoffmann 1959, Abb. 4a und Abb. 6. W. Unverzagt, J . Herrmann 1958, Abb. 2, c. W . Frenzel 1929, S. 163 ff. Th. Voigt 1942, S. 24ff. B . Schmidt 1953/54, S. 7 9 2 ; K . JazdZewski in: Prace i Materialy 5, 1960, S. 56ff; ders. in: Archaeologia Polona 2, 1959, S. 60ff. Vgl. die Zusammenstellung bei W . Hensel 1959, S. 202 ff. Th. Voigt 1959, S. 166/67.

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JOACHIM H E R B M A N N

Neu treten ausgeprägte doppelkonische Formen mit teilweise scharfem Umbruch in der oberen Gefäßhälfte und stark einschwingender oberer Wandung auf, die direkt in den kantig oder rund profilierten und z. T. eingesattelten Rand übergeht (Abb. 7, 5, 9). Auf der oberen Wandung befindet sich ein reicher Dekor aus Wellen (senkrecht und schräg) und Linienbändern (Gittermuster, Kreuze). Der Brand ist z. T. sehr hart. Der Gebrauch der langsam rotierenden Töpferscheibe ist durch ein Bodenstück mit Achseneindruck und Drehspuren an den Gefäßrändern belegt. Unter der Keramik aus den Burgen B/C fand sich in Schnitt I I ein Randstück eines in Feldberger Art hergestellten Gefäßes. Der Brand dieses Gefäßrestes ist hart und hat zu einer gleichmäßigen grauen Tönung der Wandung im Bruch geführt. Das Stück ist außen schwarz-grau mit bräunlich-grauen Flecken, innen gleichmäßig schwarz. Die Verzierung besteht aus einer sechsfachen scharfkantig eingeritzten gleichmäßigen Welle unter zwei plastischen Gurtungen in der Halspartie. Oberhalb dieser Gurtung finden sich zum Rand verlaufende einreihige Kammstiche, die aus je sechs Einstichen in einer Linie bestehen. Mit dem gleichen Kammstich wurde auch die leicht ausgeschwungene Randlippe auf ihrer oberen Ansichtsseite verziert. Die Form des Gefäßes dürfte der bei Schuldt (1956, Abb. 23a) dargestellten Form von Bobzin, Kr. Lübz entsprochen haben. Während die hochschultrigen Gefäße mit s-förmigen Randprofilen vorwiegend auf Verbindungen zu den südlichen Gebieten der Westslawen hinweisen, sind die doppelkonischen Gefäße mit den Formen des Nordgebietes nach H. A. Knorr (Doppelkonus Typ B und Variante) 1 ) in Verbindung zu bringen, insbesondere mit dem Havelland. Ein gegürtetes Mittelstück weist darauf hin, daß die zweite Burgphase bis an das Ende der älterslawischen Zeit dauerte. Die auf anderem Wege festgestellten Wallperioden sind, wie vorstehende Erörterung gezeigt hat, auch mit unterschiedlichem keramischem Material verbunden. Da beide Wallphasen aufeinander folgen, muß notwendigerweise auch die jüngste Keramik der unteren Schicht mit der ältesten der oberen Schicht weitgehend übereinstimmen. Stratigraphische Befunde oder andere Beobachtungen dazu konnten nicht getroffen werden. Möglicherweise erklärt sich aber auf diese Weise das noch häufige Vorkommen älterer Typen in der oberen Schicht sowie das vereinzelte Auftreten von gut abgedrehten Randstücken in der älteren Schicht. d) D i e ü b r i g e n F u n d e Außer Keramik, Knochen und Fischschuppen wurde in der Schicht der Burg B ein Knochenpfriem gefunden (Taf. 4b, c); zur Burg C gehörte der Rest eines Dreilagenkammes (Abb. 24). Für die Datierung dieser Schichten sind beide Fundstücke ungeeignet. Unter der älterslawischen Keramik fand sich ein Bodenstück mit Gewebeabdruck. „Das Gewebe war in 2 : 2 Köperbindung gewebt. Es bestand aus Garn in deutlicher S-Drehung. Seine Stärke betrug 0,4—0,5 mm, die Dichte des Gewebes betrug in der einen Fadenrichtung 12, in der anderen 14 Fäden auf 1 cm". 2 ) e) D i e D a t i e r u n g der B u r g e n B u n d C Die Enddatierung der älterslawischen Anlagen ist durch ihr Verhältnis im Schichtenverband der Schloßinsel 'gegeben. Unter dem zerstörten Wall C lag nur eine spätslawische, mit Gurtfurchen verzierte Scherbe. Zwei weitere gegurtete Gefäßreste sind zusammen mit zwei frühdeutschen Randstücken in die Böschung gelangt, die zur Bohlenwand I I führte. Offenbar sind sie also durch eine sekundäre Störung in den vom Wasser aufgeweichten Schichtenverband geraten. Die an der N-Böschung des älterslawischen Burggrabens abgelagerte Schicht Dj, die während der Endphase der Burg 0 entstanden ist, wies vorwiegend älterslawische Keramik auf 2

H. A. Knorr 1937, S. 124ff. ) Für die Untersuchung und Anfertigung des Gutachtens habe ich Herrn Direktor Dr. H.-J. Hundt, RömischGermanisches Zentralmuseum Mainz, zu danken.

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Die Ergebnisse der Ausgrabungen

(Abb. 22). Da bereits zu Beginn der spätslawischen Zeit mit der Verfüllung des Burggrabens begonnen wurde — ein Blockbau D 2 entstand auf dem neugewonnenen Baugrund — ist das Ende der älterslawischen Burganlage C mit Sicherheit in das Ende des 10. J h . zu setzen. I n spätslawischer Zeit wurde ihr Wall eingeebnet und das neugewonnene Gelände mit Häusern bebaut (Abb. 10, D, Falttafel). Die gesamte Geschichte der älterslawischen Burganlagen liegt also in der Zeit vor etwa 980 bis 1000 u. Zeitrechnung.

FI.I Abb. 8. Grundriß der Bösehungssicherung der Burgen B und G

Zur Burg C gehörte als jüngste Böschungssicherung die nur in Resten erhaltene Bohlenwand I I I . Vor der Anlage dieser Sicherung bestand offenbar über einen längeren Zeitraum eine deutlich ausgebildete und mit Rasensoden belegte Böschung bei B. II. Da diese Böschung relativ flach gewesen ist und die Anlage von B. I I I nicht durch einen neuen Absturz, sondern durch allmähliche Abschwemmung hervorgerufen wurde, dürfte zwischen B. I I und B. I I I ein längerer Zeitraum von wenigstens 20 bis 40 Jahren liegen. Die erste Böschungssicherung von Wall C findet sich im Flechtwerk I I I . Bei ihrer Anlage bediente man sich noch einer alten Technik. Die Böschung wurde steil gehalten, der Böschungsbelag war nicht allzu stark, so blieb es nicht aus, daß ständig Erde in den Graben gespült vor820 um 850 um 920 um950 um980 wurde. Das führte zur An+ + + + + lage von Fl. IV, BohlenB.H 78 J a h r e wand I und später I I | F I . I 59 J a hre~] ? |FI.II30i| ? | Fl. JT 68 J a h r e (Abb. 8). Die Untersuchung FI.I . FI.E FI.I .RH B.I der Jahresringe 1 ) hat er-

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geben, daß zwischen dem Errichtung Errichtung Ende Ende der für Fl. I I I vervon B u r g B von Burg C von Burg C wendeten Stämme und dem Ende des für die An- Abb. 9. Schema für die Datierung der Böschungssicherung auf Grund der Jahresringuntersuchung lage B. I I verwendeten Eichenholzes mit 78 Jahresringen wenigstens 27 Jahre verstrichen sind. Damit aber liegen die Anfänge der Burg C spätestens im ersten Drittel des 10. J h . (Abb. 9). Der Wall B war in seinen Abmessungen wesentlich bescheidener als sein Nachfolger. Als Böschungssicherung dienten zwei Flechtwerkwände: Fl. I und Fl. II. Fl. I ist zusammen 1

) Die Jahresringuntersuchung wurde freundlicherweise von Herrn Prof. Dr. Huber, Forstbotanisches Institut München, durchgeführt (Gutachten vom 29. 2. 1958).

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mit der Errichtung des Walles B angelegt worden, während Fl. I I später hinzugefügt wurde. Die Jahresringuntersuchung hat ergeben, daß Fl. I I I 68 Jahre dauerte, d. h. ihre Anfänge liegen im letzten Drittel des 9. J h . Mit dieser Probe waren weder die Proben Fl. I noch Fl. I I in irgendeiner Weise zu synchronisieren. Da Fl. II, die stratigraphisch ältere Probe gegenüber Fl. III, 30 Jahre umfaßte, gelangen wir mit ihren Anfängen in das erste Drittel des 9. J h . Die Probe Fl.I mit 59 Jahresringen zeigte einen von den übrigen Proben völlig anderen Wachstumsverlauf. Ihr Ende lag vor dem Beginn von Fl.II. Mit anderen Worten, die erste Burganlage B ist spätestens im ersten Drittel des 9. J h . errichtet worden (Abb. 9). Für die Chronologie ergibt sich folglich: Burg B spätestens um 825 bis etwa 925 Burg C um 925 bis etwa 980-1000. Damit sind auch die Festpunkte für die Datierung der beiden keramischen Schichten gegeben. Die ältere Schicht beginnt in frühslawischer Zeit und reicht in die sogenannte ältere mittelslawische Zeit hinein, während die Keramik der Burg C zur jüngeren mittelslawischen Keramik des 10. J h . gehört. Die Verbindung der Keramik aus Burg B zu den frühslawischen Fundgruppen aus dem Elbgebiet und aus den anderen frühdatierten Fundplätzen dürfte also zu einem guten Teil auf Zeitgleichheit beruhen.

4. D I E SPÄTSLAWISCHE B E F E S T I G T E SIEDLUNG D a) G r ö ß e , B e f e s t i g u n g u n d B e s i e d l u n g d e r s p ä t s l a w i s c h e n A n l a g e Die älterslawische Burganlage C ist, wie die zahlreichen Brandspuren im Wall und im Bereiche der Siedlungsgruben zeigen, einer Brandkatastrophe zum Opfer gefallen. Diese Zerstörung der Burg C bedeutete gleichzeitig das Ende der Sonderbefestigung der Südspitze der Schloßinsel. In der Folgezeit — und zwar unmittelbar nach der Zerstörung der kleinen Burganlage C — erfolgte eine Besiedlung der ganzen Schloßinsel. Der zerstörte älterslawische Wall wurde vollends eingeebnet und der dazu gehörende Graben z. T. zugefüllt. Dabei wurde die Schicht D t (Abb. 11, Falttafel) ausgebildet bzw. abgeschlossen. Auf dem so zusätzlich gewonnenen Gelände erstreckte sich gleichfalls die spätslawische Bebauung des 11.—13. J h . In allen Schnitten, verteilt über die gesamte Insel, wurde diese Besiedlung angetroffen. Nach den vorliegenden Beobachtungen reihte sich in dieser Zeit offenbar Wohnhaus an Wohnhaus (Abb. 11 — 14), ohne daß infolge der ungünstigen Untersuchungsbedingungen Grundrißpläne vorgelegt werden können. Infolge des heute gegenüber der slawischen Zeit beträchtlich höheren Grundwasserspiegels (ca. 1 m) erwies es sich als unmöglich, die Ränder der Insel zu schneiden, um eine dort vorhandene Befestigung festzustellen. Ebenso ließ es die moderne Schloßbebauung nicht zu, die nördliche Befestigung gegen den übrigen Inselteil zu untersuchen. Zwei Gründe sprechen dafür, daß . sich im Bereiche des heutigen Schloßgrabens eine spätslawische Befestigung befand: Erstens erstreckte sich die spätslawische Kulturschicht über die ganze Schloßinsel bis dicht hinter den heutigen Schloßgraben (Schnitt 1938, Abb. 3). Direkt nördlich des Schloßgrabens jedoch wurde nur noch die jungbronzezeitliche und früheisenzeitliche Kulturschicht angetroffen, nicht mehr die slawische; im Schnitt St. I befand sich nicht ein einziges slawisches Fundstück (Abb. 15, 16). Zweitens deutet die Einebnung der älterslawischen Befestigung in spätslawischer Zeit unmißverständlich darauf hin, daß der Siedlungsraum auf der Schloßinsel begrenzt war. Das ist aber nur verständlich, wenn der Ausdehnung der Siedlung nach Norden auf das nachweisbar in spätslawischer Zeit unbesiedelte Gebiet der Altstadt eine Grenze gesetzt war. Und das kann nur durch eine Befestigung im Bereiche des Schloßgrabens der Fall gewesen sein.

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Die Ergebnisse der Ausgrabungen

Der direkte Nachweis dieser Befestigung wird auf Grund der tiefgreifenden und langanhaltenden deutschen Bebauung im Mittelalter wahrscheinlich für immer undurchführbar sein. Die dargelegten Verhältnisse sind jedoch in ihrer Aussagekraft so eindeutig, daß wir im Bereiche des heutigen Schloßgrabens mit Sicherheit das Bestehen einer spätslawischen Befestigung anzunehmen haben.

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b) D i e S i e d l u n g s h o r i z o n t e i m S c h n i t t I V u n d i h r e B a u w e r k e Abb. 17. Gliederung der spätslawischen (D) und frühdeutschen (E) Schichten im Schnitt IV

Die in spätslawischer Zeit besiedelte Fläche hatte eine Ausdehnung von etwa 220 x 80 m. Einzelheiten dieser spätslawischen großräumigen Siedlung waren vor allem im Schnitt IV zu erkennen. Die sonst einheitliche Kulturschicht war hier deutlich in die vier Horinzonte D x bis D 4 gegliedert (Abb. 11, 17). D 1 erfuhr ihren Abschluß unmittelbar nach Zerstörung der Burg C durch die Errichtung des Blockhauses D 2 (Taf. 4 a). Infolge der schwierigen Untersuchungsbedingungen konnte der Blockbau nicht vollständig freigelegt werden.

Abb. 18. Planum des Blockbaues D 2 ; a Torf, Mist; b, c sandige Einschlüsse

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Seine Südseite, die über dem verfüllten älterslawischen Graben gegründet wurde, war durch eine besondere Stammlage (Kiefer) an der Ecke gesichert. Senkrechte Pfosten (Kiefer) verhinderten ein Ausweichen des Unterzuges (Abb. 18). Der Bau aus Kiefernholz hatte im Grundriß eine äußere Länge von 6,0 m und eine äußere Breite von 2,80 bzw. 4,60m. Das Haus gehörte damit zu den größeren Bauwerken der slawischen Zeit. Durch die beiden nördlichen Anbauten entstand ein dreiräumiger Gebäudegrundriß. Der Eingang erfolgte durch den kleinen nordöstlichen Anbau. Im Westteil des Hauses wurde eine eingetiefte und von einem Holzfußboden (Kiefer) überdeckte Kellergrube festgestellt. Ein Herd oder Ofen wurde nicht ermittelt. Im Westteil des Bauwerkes befanden sich mehrere größere grünliche Tonklumpen und Ton-

Abb. 19. Planum des Fachwerkbaues D 3 ; a Holzkohle und Asche; c grauer Humus; d bronzezeitliche Kulturschicht; e Herdpfosten von D4

linsen in der Kulturschicht. Um die Feuchtigkeit abzuhalten, die aus dem ehemaligen Burggraben aufsteigen konnte, wurde eine Isolierschicht aus sehr gleichmäßig und hart gebrannter Holzkohle angelegt.1) Während des Bestehens dieses Hauses erfolgte eine weitere Ausfüllung des älterslawischen Burggrabens durch Mist- und Torfschichten, in denen sich unter anderem Lederabfälle und Schuhreste befanden. Der Blockbau wurde schließlich abgetragen und machte einem Bauwerk D 3 Platz. Bei diesem Bau handelte es sich um einen Rahmenbau aus Kiefernholz. Nach den freigelegten und erhaltenen Resten hatte das Gebäude eine Gesamtlänge von etwa 5,80 m und eine Breite von etwa 4,0 m (Abb. 19). Die westliche Längs') Eine ähnliche Isolierschicht wurde in der älterslawischen Siedlung von Zehdenick, Kr. Gransee, angetroffen, H. Schübler 1938, S. 271. Zum slawischen Wohnbau vgl. zuletzt A. Hejna 1960, S. 229.

Die Ergebnisse der Ausgrabungen

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wand bestand aus einem kräftigen Rahmen, dem senkrecht dicht nebeneinander eingelassene behauene und wandbildende Stämme offenbar eine große Festigkeit verliehen hatten. Diese Wand war während der Zerstörung des Hauses durch Brand nach innen umgehrochen. Ihre Höhe betrug ehemals etwa 1,80—2,00 m. Die südliche Schmalwand des Rahmenbaues wies eine Fachwerkkonstruktion auf, deren untere Teile gut sichtbar erhalten geblieben waren. Die Wandfüllung bestand aus Brettern und Lehmverstrich (Abb. 19; Taf. 3c). Diese Wand war nach außen umgefallen und die Grabenböschung hinabgestürzt. Ihre noch meßbare Höhe betrug 1,80—2,00 m. Die beiden übrigen Wände waren infolge ungünstiger Bodenverhältnisse nicht mehr erhalten. Irgendwelche Pfosten, die zu diesem Bauwerk gehört haben könnten, wurden nicht festgestellt, ebenso konnten keine Beobachtungen über die Dachkonstruktion gemacht werden. Der Fachwerkbau ist in Westeuropa im hohen Mittelalter eine weitverbreitete Bauweise gewesen.1) Aus dem slawischen Siedlungsgebiet ist er bisher vor dem 13. J h . nicht bekannt. Sein Auftreten in Köpenick in der Schicht D s ist aus dem Einfluß zu erklären, der in der zwei-

Abb. 20. Planum der Schicht D 4 mit frühdeutscher Herdanlage; a schwarzer Humus; b Lehm; c Asche

Abb. 21. Planum und Schnitt der Holzkonstruktion des Herdes D4

ten Hälfte des 12. J h . aus dem Westen, vor allem wohl aus dem Havelgebiet wirksam wurde. Nach der Brandkatastrophe, der das Fachwerkgebäude D 3 zum Opfer fiel, wurde an der gleichen Stelle ein neues Wohngebäude errichtet (D4), von dem jedoch keine Wandteile mehr erhalten geblieben sind. Der Herd dieses Gebäudes war über der eingestürzten Wand desFachwerkes angelegt worden. In Ermangelung von Steinen, die in dem breiten Tal bei Köpenick sehr selten anzutreffen sind, wurde er auf größeren, heute verkohlten Kiefernholzbohlen (Pinus silvestris) gegründet (Abb. 20, 21), die einen 10—15 cm starken Lehmauftrag erhielten. 20 cm südlich des Herdes stand der über 15 cm starke Herdpfosten. Mit diesem Wohngebäude in der Schicht D 4 endete die seit dem Anfang des 11. Jh. bestehende Kontinuität in der Besiedlung der nördlichen ehemaligen Grabenböschung. Oberhalb der Siedlungsschicht wurde der Wall E x aufgeschüttet. !) C. Lachner 1887, S. 2ff; A. Zippelius 1954, S. 42ff.; H. Weidhaas 1955, S. 13ff.; W.Piepers, Burg Holtrop, Bedfurt-Erft 1960, S. 60; H. Walbe, Der hessisch-fränkische Faehwerkbau, Gießen 1954; H. Schroller, Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte, 1935, S. 35; M. Lienau, Mannus 7, 1915, S. 178ff. Östlich von Saale und Elbe wären zu nennen: Jenalöbnitz (W. Radig in: Kötzschke-Festschr. 1937, S. 75, Anm. 4) 13. J h . ; Dornburg (H. A. Knorr 1939, S. 51) 12.-13. J h . ; Gehren, Kr. Luckau (A.Götze, Grabung 1913 - Götze-Archiv) 13. J h . ; Reckahn, Kr. Brandenburg/L., Prützke/Görnberg, Kr. Brandenburg/L., Rosengarten, Kr. Frankfurt/ Oder — alles 13.-14. Jh. (Heiligendorf, Nachrichtenblatt für deutsche Vorzeit 1936, S. 73); Niedergörsdorf, Kr. Jüterbog (A. Kiekebusch 1912, S. 455). 3

Herrmann, Köpenick

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Auf dem übrigen Inselteil wurden gleichfalls in der zumeist nicht unter teilbaren Schicht D mehrfach Herdstellen, Holz- und Kohlereste größeren Ausmaßes, holzverkleidete Kellergruben usw. angetroffen (Schnitt III, Abb. 13), ohne daß sich jedoch mit Sicherheit Rückschlüsse auf die Einzelheiten der jeweiligen Hauskonstruktionen ergaben. Direkt auf dem eingeebneten Wall der Burg C konnten die Brandspuren von einem spätslawischen Wohnhaus festgestellt werden. Der Herd war hier jedoch aus Feldsteinen gepackt. Dicht neben dem Herd stand das nur wenig beschädigte Tongefäß (Abb. 23 g). Das Ende der mit der Schicht D verbundenen Anlage erfolgte durch eine Brandkatastrophe, wahrscheinlich im Verlaufe eines feindlichen Überfalles. Dabei wurden offenbar auch einige Bewohner erschlagen. Es fanden sich im Oberteil der Schicht D die Skelettreste eines wahrscheinlich weiblichen Individuums eines Kindes und wahrscheinlich eines Mannes (vgl. S. 102). c) D i e D a t i e r u n g d e r S c h i c h t e n D x —D 4 Für die Datierung dieser Schichten sind zwei Festpunkte gegeben. Die Schicht D x wurde abgeschlossen zu einer Zeit, als die spätslawische gedrehte Keramik gerade in Gebrauch kam. Das geschah um das J a h r 1000.*) Während der Entstehungszeit der Schicht D 4 gelangte die Münze des Markgrafen Otto II. von Brandenburg (1180—1205) in den Boden (Taf. 4f). 2 ) In den beiden Jahrhunderten zwischen 1000 und 1200 entstanden somit die drei Schichten D 2 —D 4 mit dem Blockhaus, dem Fachwerkhaus und dem oberen Bau mit Holz-LehmHerd und Herdpfosten. Da der Blockbau offenbar wegen Baufälligkeit abgerissen wurde (es fanden sich keine Brandspuren in seinem Bereich!) werden wir ihm eine lange Lebensdauer von 120 bis 150 Jahren zuzubilligen haben. 3 ) Der Fachwerkbau ist dann nicht vor der Mitte des 12. J h . entstanden und wurde etwa um 1200 durch Feuer zerstört. Um diese Zeit erfolgte die Errichtung des Bauwerkes D 4 . d) D i e s p ä t s l a w i s c h e K e r a m i k d e r s l a w i s c h e n u n d frühdeutschen Befestigungen Die Mehrzahl aller Köpenicker Funde besteht aus Keramik, die zur Zeit der spätslawischen und frühdeutschen Wehranlagen entstanden ist (etwa 80000 bis 100000 Fundstücke). Die typologische Betrachtung dieser Keramik führt zur Aufstellung von zehn verschiedenen spätslawischen Formen, die jeweils eine gewisse Variationsbreite aufweisen (Abb. 22, Tabelle). Die Herausarbeitung erfolgte zunächst ohne Berücksichtigung der von H. A. Knorr aufgestellten spätslawischen Gefäßreihen. Dieses Vorgehen schien gerechtfertigt, da es sich in Köpenick um ein größeres spätslawisches und frühdeutsches Material handelt, das stratigraphisch in vier bzw. fünf Schichten gegliedert war. I n der Spalte 1 der Tabelle (Abb. 22, Falttafel) erscheinen die handgemachten Funde mittelslawischer Art, die nicht von denen aus der Schicht C zu unterscheiden sind. Diese handgemachte Keramik ist vorherrschend in D j (66 Prozent) und nimmt in den folgenden Schichten stark ab (D4 nur noch 1,2 Prozent). Nur zweimal lassen sich Einflüsse spätslawischer Technik in Form gut sichtbarer, teilweise fast plastischer Drehspuren auf der Wandung feststellen, die in einem Falle von einem Tannenbaummuster zerstört worden sind. Die Verzierung der handgemachten Keramik besteht in vielfältigen Kammstrich- und Wellenmustern sowie Strichverzierung. Die Ornamente sind z. T. recht sorgfältig, vielfach aber auch sehr roh angebracht. Der größte Teil der Keramik aus den Schichten D ist auf der Töpferscheibe hergestellt worden. Die Magerung des verwendeten Tones ist unterschiedlich. Sie reicht von der Beimengung kleiner Steinchen von einigen Millimetern Durchmesser bis zum feingemagerten Ton mit H. Ä. Knorr 1937, S. 103ff. ) Wie etwa Bahrfeld Nr. 87 (Text S. l l f ) . Die Bestimmung führte freundlicherweise Herr Prof. Dr. A. Suhle durch. 3 ) Blockbauten im Spreewald erreichten etwa dieses Alter, bevor sie wegen Baufälligkeit abgetragen wurden. 2

Die Ergebnisse der Ausgrabungen

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Partikelchen von '/ 2 Millimeter und darunter. Die Farbe der Gefäße reicht vom tiefen Schwarz bis zum hellen Grau. Am häufigsten ist eine schmutzig graue Farbe vertreten, die manchmal in gelbgraue Tönung überleitet. Andererseits sind recht häufig schwarzgraue und rötliche Tönungen an ein und demselben Gefäß vorhanden. Die Gefäße aus den oberen Teilen der Schicht D sind — soweit erhalten — recht einheitlich in der Farbgebung: grau, rötlichgrau und schwärzlich. Die Gefäßwandung weist im Schnitt in der Regel Farbunregelmäßigkeiten auf, die durch unterschiedliche Brenntemperaturen an der äußeren und inneren Wandung und im Kern der Wandung verursacht worden sind. In den oberen Teilen der Schicht D kommen auch gut durchgebrannte Keramikreste mit einheitlicher Wandfarbe vor. Die Wandstärke der Gefäße schwankt beträchtlich. Die durchschnittliche Wandstärke unterhalb der Schulter beträgt 6—7 mm, es kommen jedoch auch Werte von 10 mm und in dem jüngeren Teil der Schicht D vereinzelt von 3—4 mm vor. Ein Abnehmen der Wandstärken im Verhältnis zum Gefäßdurchmesser in den oberen Schichten von D gegenüber den älteren Teilen der Schicht D ließ sich aus den durchgeführten statistischen Untersuchungen nicht entnehmen. Die Keramik wurde in der Regel auf der schnellrotierenden Drehscheibe hergestellt. Die auf diese Weise erhaltenen Formen sind symmetrisch, die Schulter liegt hoch, das Unterteil, das nur in wenigen Fällen erhalten war, ist bauchig oder leicht eingeschwungen (Abb. 23, 27). Bodenmarken treten nur selten auf, die vorhandenen sind auf Abb. 24a zusammengestellt. Das Kreuz in einfacher Ausführung, selten in Kombinationen, herrscht vor, daneben findet sich nur einmal ein quadratisches Zeichen. Vereinzelt finden sich Hinweise auf doppelkonische Formen (Abb. 23, e). Die Verzierung der spätslawischen Keramik aus der Schicht D besteht in der Regel in umlaufenden Gurtfurchen, die in den erkennbaren Fällen die äußere Wandung bis fast zum Boden bedecken (Abb. 23, b, e, g). Der Schulterumbruch ist in zahlreichen Fällen durch die Anbringung von Wellenlinien, einfachen Wellen, Schrägkerben oder Einstichen besonders hervorgehoben (Abb. 23, b, e, i). Die kugeligen und doppelkonischen Gefäße weisen in der Regel plastisch gekerbte Linien im Bereich des Umbruchs auf. Vereinzelt kommen Kammstrichmuster, Einstiche und andere Muster als oberer Abschluß der Gurtung oder als eingeschlossene Zone in dieser vor. Zylindrische Gefäße: Aus Schnitt IV (D3, D 4 ) sind Reste von zylindrischen Gefäßen bekannt. Diese Form geht auf hölzerne, reifenumspannte Vorbilder zurück 1 ) und ist vor allem östlich der Oder verbreitet. In Köpenick kommen häufig Bruchstücke solcher Gefäße vor. Sie sind mit mehrfachen parallelen Leisten umgeben (Taf. 6), ihre Wandstärke beträgt bis 15 mm. Die Magerung ist grob, der Durchmesser dieser Gefäße betrug nach den erhaltenen Resten bis zu 50 cm. Die aufgesetzten Leisten tragen in zwei Fällen Schrägkerben. Kugelige Töpfe (Abb. 27, a) und Schalen: Sie vertreten vereinzelt auf. An Schalen sind vertreten: 1. Niederlausitzer Typ (Varia Typ Id), 2. kugelige Schalen, 3. Schalen vom pommerschen Typ oder der Garzer Gruppe 2 ) (Varia Typ IIc) 3 ). Die kugeligen Schalen lassen sich unterteilen in Schalen mit a) steiler Wandung, b) leicht eingeschwungenem Oberteil, c) eingeknicktem Oberteil und d) leicht ausgeschwungenem Oberteil. Die Mündungsränder der kugeligen Gefäße und Schalen sind entweder glatt abgeschnitten oder — ebenfalls sehr häufig — mit leichten Einsattelungen oder ausgeprägten Falzen versehen, die in beiden Fällen zur Aufnahme von Deckeln bestimmt waren (Taf. 5 und Abb. 27a). Deckel 4 ): Knopfdeckel sind mehrfach (wenigstens 6mal) vertreten, und zwar flach (einmal ohne Falz) oder in Glockenform (5mal, davon einmal hohl ohne Falz, 4mal hohl mit Falz). Die Knöpfe sind zweimal, davon einmal mit Durchbohrung, erhalten. Die Deckel sind mit Wellenbändern, Gurtung und Schrägkerben verziert. !) 2 ) 3 ) 4 ) 3*

H. A. Knorr 1937, S. 72 f. E. Schuldt 1956, S. 49 ff. Z. Varia 1958, S. 185ff.; ders. 1960, S. 147ff. Die Bezeichnung der Formen nach H. A. Knorr 1937, S. 81 ff.

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Die einzelnen keramischen Formen (Tabelle Abb. 22) Unter Spalte 1 ist die handgemachte Keramik zusammengefaßt. Form 2 umfaßt hohe bauchige oder im Unterteil eingezogene schlankere Gefäße, bei denen auf der Schulter direkt der trichterförmig ausladende Rand aufsitzt. Der Ubergang zwischen Schulter und Rand kann entweder sehr weich, ohne erkennbare Grenze (vor allem bei rundlicher Randbildung), oder mit deutlichem Umbruch erfolgen. Die Randlippe ist etwa zu gleichen Teilen kantig oder rundlich abgestrichen, wobei im zweiten Falle eine kaum wahrnehmbare Verdickung eintreten kann. Kantig abgestrichene Lippen können einen leichten oberen oder unteren Grat oder vereinzelt eine kaum wahrnehmbare Einsattelung aufweisen. Diese Profile und Formen entstanden bereits zu Beginn der spätslawischen Zeit und bestreiten in allen Schichten von D 17 bis 45 Prozent der vorhandenen Formen. Eine Entwicklung von D j bis D 4 ist nicht zu erkennen (Abb. 23, a—c). Diese Form entspricht etwa der Weisdiner und Vipperower Gruppe von E. Schuldt, ist jedoch nicht identisch mit deren Reihen. Form 3 ist eine häufiger vorkommende Variante von Form 2, von dieser hauptsächlich durch die sehr spitz ausgezogene Randlippe unterschieden. Der Übergang von der Schulter zum Mündungsrand ist sehr weich. Auch diese Form kommt in allen Schichten von D vor (Abb. 23, d). Form 4 ist ein doppelkonisch ausgebildeter Gefäßtyp, der nur vereinzelt vorkommt und in D 4 ganz verschwindet; er weist eine deutlich eingesattelte Randlippe auf, ohne daß sich jedoch Verbindungen zu den Entenschnabelprofilen von H. A. Knorr ergäben (Abb. 23, e). Form 5 umfaßt bauchige Gefäße mit deutlich ausgeprägter Schulter. Charakteristisch für die Randbildung ist die Untergriffigkeit der Profile, die stark ausgeprägt sein kann. Dazu kommt in der Regel eine z. T. leistenförmige Verdickung am oberen Profilrand, durch die häufig der Eindruck einer Einsattelung hervorgerufen wird. Der Variantenreichtum innerhalb dieser Form ist groß (Abb. 23, f). Er umfaßt sowohl die sogenannten „Hammerprofile" von H. A. Knorr (Reihe IVa), vor allem aber Formen mit spitz auslaufender unterer Griffleiste. Genetisch sind diese Profile aus der Technik des kantigen Randabstriches bei Form 2 entstanden. Diese untergriffigen Formen füllen die ganze spätslawische Zeit (Schicht D t bis D 4 ) und erhalten eine besondere Entwicklung in Form 10. (Form 5 entspricht etwa der Reihe IV der Vipperower Gruppe, im großen und ganzen fehlt sie offenbar in Mecklenburg). Form ü umfaßt die Gefäße mit waagerecht abgebogenen Randlippen. Die Lippen sind kantig oder rund abgestrichen und weisen vereinzelt leichte Einsattelung auf. Typisch für diese Form ist der gut ausgeprägte Hals, der im scharfen Knick auf der Schulter aufsitzt. Die Gefäße erhalten dadurch eine strenge Profilierung (Abb. 23 g, h). (Formen der Teterower Gruppe von E. Schuldt). Form 7 ist selten vertreten und auf Schicht D 2 beschränkt. Es handelt sich bei dieser Form um eine Variante von Form 6, sie ist durch eine andere Ausbildung der Randlippe entstanden (Abb. 23, i). Form 8 umfaßt Gefäße mit zylindrischem Hals und gewölbter Schulter. Die Mündung weist teilweise nach innen oder außen verdickte Lippen auf, die vereinzelt in Falzform ausgebildet sind (Abb. 23, k). 1 ) Form 9 umfaßt vereinzelt auftretende kugelige Töpfe verschiedener Ausprägung und mit verschiedenem Randabschluß (Abb. 27a). Sie sind verwandt mit den mecklenburgischen Formen der Bobziner Gruppe. 2 ) 2

Z. Varia i960, S. 146, zu den Gefäßen mit zylindrischem Hals. ) Kugelige Töpfe von H. A. Knorr 1937, S. 78.

Die Ergebnisse der Ausgrabungen

Abb. 23. Spätslawische Keramik, Formen 2 - 8 (1:4)

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Die Ergebnisse der Ausgrabungen

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Form, 10 umfaßt hohe und schlanke Gefäße mit schwach ausgeprägter Schulter und Gurtung auf dem oberen Gefäß teil. Die Farbe ist rötlich-braun, rötlich-grau und grau in verschiedenen Abstufungen. Typisch ist die Profilausbildung in annähernder Dreiecksform, die durch die enge Anlegung der Lippe an den äußeren Rand entsteht. Auf diese Weise wird der Eindruck eines um den Mündungsrand gelegten Kragens erweckt. Diese Gefäße finden ihre Parallelen in der Reihe 6 der Vipperower Gruppe. 1 ) Weitere Funde dieser Art sind in Lebus mehrfach bekannt. Typologisch ist diese in Ton, Brand, Aufbau und Verzierung ganz zur spätslawischen Keramik gehörende Form an die Formen 3 und 5 anzuschließen (Abb. 27, b). Genetische Verbindungen zur frühdeutschen Keramik, die E. Schuldt als wesentlich ansieht, sind in Köpenick nicht nachweisbar. Diese Form verbindet in Köpenick die Siedlungen auf der Schloßinsel und in der Altstadt. Im Schichten verband tritt sie erst in der Schicht D 4 auf — also um 1200 (vgl. Tabelle Abb. 22). Die V e r t e i l u n g der s p ä t s l a w i s c h e n K e r a m i k f o r m e n auf d i e v e r s c h i e d e n e n S i e d l u n g s h o r i z o n t e 1. Die handgemachte Keramik geht in spätslawischer Zeit bis auf 1,2 Prozent Anteil an der gesamten Keramik in D i zurück. Die Zunahme in E dürfte als Folge der Erdschichtenumlagerung bei der Errichtung von Wall E x zu erklären sein. 2. Alle Hauptformen sind von der ersten spätslawischen Siedlungsphase (D2) bis zur letzten (D4) (Taf. 5—7) verbreitet. Das ergänzt die Auffassung von H. A. Knorr (Abb. 35), der für das 12. J h . nur noch einen geringen Typenbestand gelten ließ. 3. Als ausgesprochen späte Form, die für chronologische Festlegungen innerhalb der spätslawischen Zeit heranzuziehen ist, kann vor allem Form 10 gelten. Sie gehört zeitlich erst in die spätslawisch-frühdeutsche Übergangszeit und kommt gleichzeitig mit der frühdeutschen blaugrauen Keramik vor. Außerhalb der Schloßinsel ist sie in der Altstadt/Luisenhain in einer Schicht mit ausschließlich frühdeutscher blaugrauer Keramik als einzige spätslawische Form vertreten. Die besonderen historischen Bedingungen in Westbrandenburg haben offenbar die Verbreitung dieser Form dort verhindert, während sie aus Lebus und dem Oderraum sowie aus Mecklenburg mehrfach zu belegen ist. 2 ) 4. Bereits in der Schicht D 3 , deren Beginn um 1150 angesetzt wurde, tritt vereinzelt frühdeutsche Kugeltopfkeramik auf (vgl. dazu Taf. 6 und Tabelle Abb. 22).

Die kulturelle Zugehörigkeit der spätslawischen K e r a m i k Für das Spreetal allgemein hat H. A. Knorr 3 ) bereits die starken Einflüsse des Odergebietes auf die keramische Entwicklung dargestellt. Die Hauptformen von Köpenick (Form 2, 5, 6) sind ohne Mühe an die Formen des Oderraumes sowohl hinsichtlich des Gefäßaufbaues wie auch der Randausbildung anzuschließen. Bestätigt wird das durch das Vorkommen von Zylinderhalsgefäßen und zylindrischen Eimergefäßen. Die kugeligen Gefäßformen weisen in den nördlichen Oderraum und nach Mecklenburg. Einige Schalen vom Niederlausitzer Typ belegen die südliche Verbindung. Ähnlichkeiten bestehen jedoch auch zu dem Material des westlichen Havellandes. 4 ) E. Schuldt 1956, S. 48, Abb. 89, mit 6 Fundorten. ) Vgl. S. 45. Unter dem Fundmaterial aus den Grabungen in Lebus 1940/41 kommt diese Form oft vor, Material im Inst. f. Vor- und Frühgeschichte der DAW. B. Krüger stellte sie bei Ausgrabungen im Kietz bei Lebus fest (1962, Nr. 93). 3 ) H. A. Knorr 1937, S. 62. «) Vgl. z, B. E. Reinbacber 1960, S. 248ff. 2

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Obwohl Übereinstimmungen zwischen der Köpenicker Keramik und der des Oderraumes bestehen, kommt in Köpenick der für Lebus und einige Burgwälle des Lebuser Gebietes (vor allem Arensdorf) 1 ) charakteristische spätslawische doppelkonische Übergangstyp mit plastischer Gurtung und kurzer Randlippe nur sehr vereinzelt vor. So stellt trotz der vielfachen Verbindungen zu den Nachbargebieten der Köpenicker Keramikkomplex als Ganzes eine Eigenausbildung des Köpenicker Siedlungsraumes dar. Bemalte Keramik I n den Schichten D 2 und D 3 wurde je eine kleine Scherbe sehr hart gebrannter, gelblichweißer Keramik mit bräunlicher und roter Bemalung gefunden (streifenförmige bzw. hakenförmige Muster). Beide Stücke weisen Verbindung zur sogenannten Pingsdorf er Keramik auf und reihen sich ein in die aus slawischen Burgen bekannten wenigen Stücke dieser Art. 2 ) Aus der Schicht I) 4 und E sind zwei weitere Bruchstücke geblich-weißer Keramik bekannt, die deutliche Knetspuren aufweisen und zu kleinen kugelförmigen Gefäßen gehört haben dürften. Ein Stück trägt die Spur rötlich-brauner Bemalung. Während die beiden ersten Stücke in das 11. —12. J h . gehören, sind die beiden zuletzt genannten nicht vor der ersten Hälfte des 13. J h . in den Boden gelangt. e) D i e K l e i n f u n d e Aus den Schichten der spätslawischen Burganlage liegt eine große Zahl weiterer Funde vor. An erster Stelle sind die zahlreichen Metallgegenstände zu nennen, von denen die wichtigsten hier abgebildet werden (Abb. 25—26). Sie beginnen in der Schicht D 2 . Die Schnalle aus der Schicht D 3 ist vielfach in slawischen Siedlungen des 12. J h . bezeugt. Der Feuerstahl (Abb. 25, 32) gehört gleichfalls in diese Zeit. 3 ) Die Flügelpfeilspitzen sind langlebig und häufig in spätslawischen Schichten vorhanden. Von den zahlreichen Nägeln waren einige offenbar Bestandteile von Wagen, desgleichen der Ring (Abb. 25, 12). Abb. 25,26 zeigt ein nageiförmiges zugespitztes Eisen, dessen Kopfteil jedoch schneidenartig verdünnt und leicht verbreitert ist. Es hat große Ähnlichkeit mit Schreibgriffeln aus dieser Zeit. 4 ) Von der großen Anzahl von Messern ist hier eine Auswahl gezeigt. Zwei Grundformen kommen vor: solche, deren Griffangel zur Schneide und zum Rücken abgesetzt ist, und andere, bei denen der Messerrücken ohne Absatz in die Griffangel übergeht. Beide Formen sind auch in D 4 vorhanden (Abb. 25,1—2). I n der Schicht D 4 kommen mehrfach Hufeisen, Sporen und Steigbügel vor. Unter den Hufeisen sind zwei Formen zu unterscheiden, die beide verhältnismäßig klein sind. Vertreten ist das Eisen mit gewelltem Rand, jeweils drei eckigen Löchern auf jedem Schenkel und umgeschlagenen und als Stollen ausgebildeten Schenkelenden (Abb. 25, 7; 26, 21). Die zweite Form ist in der Schicht D nur einmal angetroffen worden. Sie hat keinen Wellenrand und die Befestigungslöcher sind rund ausgeschlagen (Abb. 26, 22). Beide Eisenformen sind offenbar gleichzeitig in Gebrauch gewesen. In der Hildagsburg sind sie bereits vor 1120 nachzuweisen. 5 ) Der Sporn (Abb. 25, 3) gehört zu dem weit verbreiteten Typ mit geschwungenem Bügel und pyramidenförmiger Spitze (Hilczeröwna, Typ II/4) 6 ). Er ist seit der zweiten Hälfte des 11. J h . nachzuweisen. 7 ) >) J. Herrmann 1961, S. 139ff. ) W.Hübener 1951, S. 107, 110; ders. 1959, S. 122ff. und Karte S. 130. Ein Pingsdorfer Gefäß aus Zossen ohne bekannte Fundumstände befindet sich im Museum Mahlow, Kr. Zossen. 3 ) Zur Chronologie der Feuerstähle vgl. Trudy nowgorodskogo archeolog. ekspedizii Bd. II, 1958, S. 103. Archeologia Slaska I, 1957, S. 200; die zahlreichen polnischen Funde können hier nicht aufgeführt werden. 4 5 6 ) J.'Zak 1956, S. 379f. ) H. Dunker 1953, S. 211f. ) Z. Hilczeröwna 1956, S. 49ff. 7 ) H. Rempel in H. Dunker 1953, S. 231.

a

Abb. 25. Spätslawische und frühdeutsche Metallfunde (1:3)

Abb. 26. Spätslawische und frühdeutsche Metallfunde aus den Schichten D und E (1:3)

Die Ergebnisse der Ausgrabungen

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Gleichfalls mit der Pferdehaltung steht das Trensenbruchstück (Abb. 26,25) in Verbindung. Sichelreste liegen zweimal vor (Abb. 26, 29). Die Formen bleiben im Rahmen der bekannten spätslawischen Typen. 1 ) Außer den Eisengeräten wurden kleine Schlackenreste in der spätslawischen Schicht gefunden, die eine Eisenverarbeitung belegen (vgl. den Beitrag von K.-F. Lüdemann, W. Schirmer und R. Ebert im Anhang). I n großer Anzahl sind Horn- und Knochengeräte (Taf. 4, b—e) sowie zahlreiche Rohmaterial- und Abfallstücke bekannt geworden (Taf. 4, b—d). Diese Befunde belegen die Knochen- und Hornverarbeitung. An Schmuck und Toilettengerät wurden Reste von Dreilagenkämmen, eine grünliche zylindrische Glasperle und Reste eines bräunlichen Glasringes gefunden. In den spätslawischen Schichten fand sich eine größere Anzahl von tönernen Spinnwirteln verschiedener Formen (Abb. 24). f) D i e f r ü h d e u t s c h e K e r a m i k Im Verhältnis zu der großen Masse der spätslawischen Keramik sind frühdeutsche Gefäßreste nur im bescheidenen Umfang in den Schichten D 3 bis E auf der Schloßinsel vertreten. Sowohl in der Schicht D wie in der Schicht E im Nordteil der Schloßinsel liegen sie im engen Verband mit der spätslawischen Keramik. Außerhalb der Schloßinsel ist die frühdeutsche Keramik, mit Ausnahme des Schnittes Luisenhain, in der Altstadt und im Kietz ausschließlich vorhanden. Im Schnitt IV ließen sich drei zeitlich aufeinanderfolgende Horizonte feststellen (D3, D 4 und E). I n der Altstadt wurden im St. I und im Luisenhain jeweils zwei verschiedene frühdeutsche Schichten angetroffen. Die untere Schicht im Luisenhain ist durch den Mitfund von Keramik der spätslawischen Form 10 etwa mit Horizont E der Schloßinsel zu parallelisieren. Frühdeutsche Keramik ist zum ersten Male in der Schicht D 3 mit einem Anteil von 4 Prozent an der Gesamtkeramik dieser Schicht nachzuweisen. Nach den erhaltenen Resten handelt es sich bei diesen Gefäßen um Kugeltöpfe. Darunter befand sich ein rötlich-brauner Kugeltopf mit schwarzen Flecken am Rand. Das Unterteil weist deutliche Klopfspuren auf, die Randausbildung entspricht Form 3 (Abb. 27, f). Deutliche Spuren von Formholzanwendung oder Rippenzonen fehlen bei diesem Gefäß. Die übrigen Kugeltöpfe sind schwarzgrau, einmal bereits bläulich-grau. Die Tonmagerung ist verhältnismäßig grob, der Kern der Wandung dunkelgrau. Das bläulich-graue Gefäß hat eine im Kern hellgrau gebrannte Wandung. Nach den von P. Grimm 2 ) gegebenen Merkmalen ist in einigen Fällen ein Formholz zur Randausbildung angewendet worden. Rippenzonen sind teilweise nachweisbar. Die Profile entsprechen den Formen 1—4 (Taf. 6). In der Schicht D 4 steigt der Anteil der frühdeutschen Keramik am Gesamtmaterial auf 28 Prozent an. Neu ist gegenüber der Keramik von Schicht D 3 das mehrfache Auftreten von Standbodengefäßen und Schalenresten neben den Kugeltöpfen (Abb. 27, d, Taf. 7). Ein Standboden weist einen Achseindruck, ein anderer einen Kreisstempel auf (Taf. 7). Sattelhenkel und wurstförmige Bandhenkel kommen vereinzelt vor. Die Farbe der Keramik ist schwarz-grau bis blau-grau, der Rand ist hart, der Wandungskern häufig hellgrau bis weißlich. Die Standbodenkeramik wurde vollständig auf der Drehscheibe hergestellt, an den Kugeltopfresten sind Spuren von Formholzanwendung vereinzelt, Rippenzonen mehrfach belegt. In Einzelfällen sind die Rippen so flach und unplastisch, daß die Verzierung eher als Gurtung !) M. Beranowa 1960, S. 179,182; dies. 1957.1957, S. 99ff., Typ B I und II S. 105. Die letzte Form tritt in Köpenick an der Grenze von Schicht D 4 und E auf. 2 ) P. Grimm 1959, S. 79 ff.

Abb. 27. Spätslawische Keramik, Formen 9 - 1 0 (a u. b); frühdeutsche Keramik c - n (1:4)

Die Ergebnisse der Auagrabungen

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zu bezeichnen ist. Einmal ist das Randstück eines Gefäßes des Oberlausitzer Kreises vertreten (Taf. 7).1) Die Randausbildung der Gefäße der Schicht D 4 ist recht einheitlich und auf drei Grundformen (Form 1, 3, 4) beschränkt (Abb. 22). In Schicht E nimmt der prozentuale Anteil der frühdeutschen Keramik gegenüber der spätslawischen ab. Dieses Verhältnis ist sicherlich durch die Umlagerung spätslawischer Schichten bei der Anlage des Walles E 1 entstanden. Neben den bereits in Schicht D 4 vertretenen Formen tritt ein gelb-grauer Kugeltopfrest auf (Form 1), außerdem ist ein blau-grauer Topf mit Henkel teilweise erhalten (Abb. 27, n). In den Schnitten Luisenhain und unmittelbar nördlich des Schloßgrabens (St. I) wurden sowohl in der unteren Schicht (u) wie auch in der oberen Schicht (o) die von der Schloßinsel aus den Schichten D 3 bis E bekannten Formen festgestellt, die demnach recht langlebig waren. Hingegen wurden keine Standbodengefäße beobachtet. Neu ist das Auftreten von kantig ausgebildeten Rändern (Abb. 27,1). Neben dünnwandigen blau-grauen, hartgebrannten Gefäßen treten dickere dunkelgraue und gelblich-graue sowie schwarz gebrannte Gefäße auf. Der zeitliche Anschluß an die frühdeutsche Keramik auf der Schloßinsel wird durch die spätslawische Form 10 im Schnitt Luisenhain hergestellt. Die Untersuchungen im Kietz erbrachten im Schnitt 1 eine ungestörte frühdeutsche Siedlungsschicht mit nur vier Randprofilen der Formen 1 und 3. Auch in den umgelagerten Schichten der Kietzschnitte fehlten spätslawische Keramik und die spätslawisch/frühdeutsche Form 10. Der Keramik nach zu urteilen, ist also die Kietzsiedlung erst zur Zeit der Altstadt entstanden. 2 ) Nach der oben begründeten Schichtendatierung auf der Schloßinsel ist die frühdeutsche Keramik aus Schicht D 3 in die zweite Hälfte des 12. J h . zu setzen, die Keramik der Schicht D 4 an den Anfang und die erste Hälfte des 13. Jh., während die Keramik der Schnitte E und St I bzw. Luisenhain erst später als D 4 , d. h. in die Mitte des 13. J h . oder danach anzusetzen sein dürfte. Aus den in Köpenick vertretenen frühdeutschen Keramikformen lassen sich folgende Verbindungen erkennen: 1. Die Typen der Schicht D 3 sind entstanden unter dem Einfluß von Westen. I n Köpenick und seiner Umgebung darf in dieser Zeit noch mit keiner nennenswerten deutschen Siedlung gerechnet werden. 3 ) In Westbrandenburg und dem Fläming dagegen wurden seit der Mitte des 12. J h . niederländische und sächsische Kolonisten angesiedelt. Die Verbindung zu diesen Gebieten war auf dem Wasserwege über die Spree-Havel oder über den Teltow gegeben (40 km bis ins Havelland). Die blau-graue und schwarz-graue Keramik aus der Schicht D 3 findet daher ihre Entsprechung im Havelland. 4 ) Die Datierung der frühdeutschen schwarzgrauen und ersten bläulich-grauen Keramik von Köpenick deckt sich im wesentlichen mit der von P. Grimm vertretenen Auffassung, nach der die blau-graue Ware östlich von Elbe und Saale erst um 1220 die rot-braune und schwarz-graue Kugeltopfware ablöste. 6 ) J

) Parallele H. A. Knorr 1937, Taf. 36a - Mühlrose, Kr. Weißwasser. ) B. Krüger 1958, S. 130ff. ) Vgl. die Arbeit von W. Lunow, Zur Frage des Alters und der Herkunft der Rundlinge auf Grund des archäologischen Befundes unter besonderer Berücksichtigung des ehemaligen Kreises Teltow. Ungedruckte Diplomarbeit Inst. f. Ur- und Frühgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin, 1958. Eine knappe Zusammenfassung in „Märkische Heimat" Sonderheft 1, 1960, S. 62ff. (Hohmann-Festschrift). Das durch Ortsbegehungen gesammelte umfangreiche Keramikmaterial aus dem Teltow wurde von W. Lunow, Berlin, zur Verfügung gestellt, wofür ich an dieser Stelle danken möchte. Unter den vielen tausend Scherben befindet sich keine spätslawische Keramik; die spätslawisch-frühdeutsche Übergangsform 10 ist nur einmal in Groß-Beesten, Kr. Königs Wusterhausen, vertreten. Mit Sicherheit in das 12. Jh. zu datierendes Material fehlt also bisher auf dem Teltow; vgl. dagegen J. Schultze 1960, S. 14, der für Köpenick schon zur Jaxa-Zeit eine deutsche Besiedlung annimmt. а ) H. A. Knorr 1937, S. 189 ff.; H.-J. Vogt 1960, S. 68ff., auf der Grundlage einer Diplomarbeit und umfangreicher Feldforschungen. Ebenso K. Grebe, Der archäologische Befund zur Frage der ursprünglichen Zugehörigkeit der Anger- und Straßendörfer, ungedruckte Diplomarbeit Berlin 1958. б ) P. Grimm 1959, S. 84. 2

3

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JOACHIM HERRMANN

2. Die Keramik der Schicht D 4 weist mit dem Auftreten der Standbodengefäße deutlich nach Süden in den Oberlausitzer Kreis. Das Vorkommen eines typischen Randstückes aus diesem Gebiet deutet die direkten Beziehungen an. Standbodenkeramik aus der ersten Hälfte des 13. J h . ist aus Westbrandenburg nicht bekannt. Neben diesen südwestlichen Einflüssen aber blieben offenbar die Verbindungen zu Westbrandenburg bestehen. 3. Die frühdeutschen Keramikformen gehen längere Zeit neben den spätslawischen her. 1 ) 5. D I E F R Ü H D E U T S C H E B U R G A N L A G E

E

a) D i e B e f e s t i g u n g Die Abfolge der Kulturschichten mit spätslawischer Keramik währte auf Grund der Münze Otto II. bis in das 13. J h . (Beginn der Schicht D 4 um 1200). Die Schicht D 4 dürfte danach weit in das 13. J h . hineinreichen. Sie fand ihren Abschluß durch eine Brandkatastrophe, der die Siedlung zum Opfer fiel. Nach der Katastrophe trat eine Veränderung in der Besiedlung der Schloßinsel ein. 5 55

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Abb. 28. Profil des frühdeutschen Walles E 1 im Schnitt IV; D 1—D 4 — spätslawische und erste frühdeutsche Kulturschicht; E l — frühdeutsche Wallschüttung, a grauhumos, b gelb-humos, c Pfostenloch, z Ziegelstein; E 2 — frühdeutsche Ufermauer; M — mittelalterliche Torfablagerung; N — moderne Aufschüttung des 17./18. J h . (vgl. Tafel 4 a)

Nördlich des noch damals als Senke (wieder wasserführend) kenntlichen ehemaligen Grabens der älterslawischen Burg C wurde oberhalb von Schicht D 4 ein Erdwall aufgeschüttet (Abb. 28). Einzelheiten dieser Anlage waren nicht mehr zu erkennen. Insgesamt war diese Befestigung sehr schwach ausgebildet. Sie schützte den Nordteil der Insel gegen einen eventuellen Angreifer von Süden. Die zu diesem Wall gehörende schwache und undeutliche Kulturschicht E ist nur nördlich des Walles vorhanden; das bedeutet, daß die Burganlage E im Verhältnis zur vorhergehenden großräumigen Anlage D auf den Nordteil der Schloßinsel beschränkt war. Ihre Ausdehnung betrug danach nur etwa 125 m NS X 60 m WO. Die nördliche Befestigung dieser Burg muß weiterhin im Bereich bzw. südlich des heutigen Schloßgrabens gelegen haben, da im Schnitt St. I nördlich des Schloßgrabens keine weiteren Befestigungsspuren angetroffen wurden. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde auf dem südlichen Erdwall eine etwa 30 cm starke Ziegelmauer (E 2 ) mit Stützen auf der Außen- und Innenseite (Abb. 29) errichtet. Im leichten Bogen folgte sie dem Wallverlauf. Ihr genauer terminus ante quem ist mit archäologischen Methoden nicht feststellbar gewesen. Da jedoch Ziegelreste in der Schicht 1

) Dagegen H. A. Knorr 1937, S. 192, nach dem die spätslawischen Formen unvermittelt abbrechen.

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Die Ergebnisse der Ausgrabungen

E zusammen mit Feldsteinen und Mörtel vorkommen, kann auch die Errichtung der Mauer noch zur Zeit der Schicht E erfolgt sein. Steinerne Bauwerke in der Burg E waren allerdings nicht mehr festzustellen. Die Veränderungen in der Topographie der Bebauung der Schloßinsel wurden zum größten Teil durch das Ansteigen des Wasserspiegels der Dahme verursacht. Unmittelbar oberhalb von D 4 begann auf dem südlichen Teil der Schloßinsel die Ablagerung einer Torfschicht. Die Bestattung eines Hundes mit einem Armbrustbolzen des 13. —14. J h . im Brustkorb (Abb. 26, 12)1) südlich des älterslawischen Burggrabens hatte die in Bildung begriffene Torfschicht durchstoßen. Darüber bildete sich nochmals eine neue Torflage. Die Erhöhung des Wasserspiegels führte zur erneuten Überflutung des als Senke erhaltenen älterslawischen Grabens. Da ein Angriff von der überschwemmten Südspitze der Insel aus kaum zu erwarten war, wurde auf der Anlage eines neuen Grabens im Süden der Burg E verzichtet. Dieser Wasserspiegelanstieg ist auf Grund des archäologischen Befundes spätestens in der Mitte des 13. Jhs. im Zusammenhang mit der Errichtung des Berliner Mühlenstaues wirksam geworden. 2 ) b) D i e F u n d e d e r B u r g E Die Keramik wurde bereits behandelt; dabei konnte infolge der Umlagerung der älteren Schichten und des Eindringens älteren Fundmaterials in die Schicht E kein genaues Bild von der Keramik dieser Zeit gewonnen werden. Unter den Metallfunden aus Schicht E (Abb. 26) ist besonders das Gewicht von 36 g bemerkenswert. Die Tierknochen werden von H.-H. Müller unten gesondert behandelt. Auch hier ist mit der Umlagerung älterer Knochen zu rechnen. 6. D I E E N T S T E H U N G D E R A L T S T A D T UND DES KIETZES

l-OJ

Abb. 29.

Im Bereiche der mittelalterlichen Altstadt KöpeFrühdeutsche Ufermauer E 1; a Mörtel nick wurden 1957 drei Schnitte angelegt, um eine vermutete Vorburgsiedlung 3 ) festzustellen und die Stellung der Altstadt im Verhältnis zum Besiedlungsablauf auf der Schloßinsel festzulegen. Der Schnitt St. I wurde unmittelbar nördlich des heutigen Schloßgrabens niedergebracht. Die bronzezeitliche Kulturschicht wurde hier vom Schloßgraben einerseits und von einem eingetieften frühdeutschen Bauwerk andererseits geschnitten (Abb. 15). Infolge der begrenzten Grabungsmöglichkeiten (Hauptstraße dicht nördlich des Schnittes) konnte die Aufgabe dieses Bauwerkes nicht erkannt werden. Die Keramik beider frühdeutscher trennbarer Schichten ist blau-grau und mit der Keramik der Schloßinsel aus der Schicht E zu paralleli!) R. Pfihoda 1936, S. 56, Abb. 20 und 21. ) J . Herrmann 1959, S. 90ff. 3 ) W. Radig 1955, S. 64, vermutet eine solche Siedlung. 2

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J o a c h i m

H e e e m a k n

gieren (Abb. 22). Da keinerlei slawisches Fundmaterial geborgen wurde, ist eine zeitlich frühere Ansetzung nach den Verhältnissen auf der Schloßinsel nicht möglich. Das gleiche gilt für den Schnitt im Luisenhain, gegenüber dem Rathaus (Abb. 16). Die Kulturschichten waren hier zum Teil durch moderne Bebauung zerstört. Im ehemaligen Hof des Grundstückes wurde eine mit Holzbohlen ausgeschlagene Vertiefung freigelegt, die später teilweise unter den Grundwasserspiegel geriet. Nach den angetroffenen Mistschichten handelte es sich bei dem Bauwerk um einen eingetieften Stall, am ehesten um einen Schweinestall (Abb. 30). Die keramischen Formen der beiden Schichten in diesem Schnitt sind auf Abb. 22 dargestellt, wobei aus der unteren Schicht nur sehr wenige Funde vorliegen. Wichtig ist der durch die spätslawische Form 10 gegebene Anschluß dieser Schicht an die keramische Entwicklung auf der Schloßinsel. Da im übrigen slawische Keramik fehlt, haben wir auch hier eine Parallelisierung mit Schicht E der Schloßinsel vorzunehmen. Die Schicht g mit der darunter liegenden Brandschicht ist infolge eines großen Brandes und der daran anschließenden Planierungsarbeiten entstanden. Apotheke

S 10»

Abb. 30. Planum der Eintiefung im Schnitt Luisenhain

Der Schnitt im Süden der Laurentiuskirche führte zu der Feststellung des frühdeutschen Friedhofes. Die beiden unteren freigelegten Skelette lagen im Bereiche des heutigen Grundwasserspiegels. Die Toten waren ohne Sarg — offenbar in Tüchern — bestattet worden. 1 ) In den oberen Schichten erst ließen sich in der Verfärbung eindeutige Sargbestattungen nachweisen. Die Skelette waren sehr stark vergangen, teilweise durch spätere Erdbewegungen zerstört. Eine von Ch. Müller durchgeführte anthropologische Untersuchung vermochte daher keine wesentlichen Ergebnisse zu erbringen. 2 ) I m Jahre 1938 wurden bei einem Erweiterungsbau des Rathauses an der Ecke Böttcherstraße von E. Lehmann die Baugrube beobachtet und die Funde geborgen. Nach den erhaltenen Zeichnungen handelt es sich um Keramik des 13. J h . Spätslawische Funde fehlten. 3 ) Auf dem Kietz, dem dritten alten Siedlungsteil von Köpenick, wurden im Jahre 1957 von B. Krüger fünf Schnitte angelegt. 4 ) Eine ungestörte frühdeutsche Siedlungsschicht konnte nur in Schnitt I beobachtet werden. Da jedoch auch in den Schnitten I I bis V ältere Schichten und Funde fehlten, kann die Kietzsiedlung frühestens zur Zeit der Entstehung der Schicht E der Schloßinsel, also zur Zeit der Burg E entstanden sein (Abb. 34, c). Ein ähnlicher Befund ist in der Nikolaikirche von Berlin durch E. Reinbacher festgestellt worden (E. Reinbacher 1963, im Druck). ) Herrn Dr. Ch. Müller, Berlin, sei an dieser Stelle für die aufgewandte Mühe bei der Sichtung und Bestimmung des Skelettmaterials gedankt. 3 ) Aufzeichnungen im Besitze von E. Lehmann, Bodendenkmalpfleger in Berlin-Köpenick. Herrn Lehmann möchte ich an dieser Stelle für die zeitweise Überlassung seiner Unterlagen danken. 4 ) B. Krüger 1958, S. 130ff; B. Krüger 1962, Nr. 15. 2

Die Ergebnisse der Ausgrabungen

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7. D I E B U R G A N L A G E F Etwa 40 m nördlich der ersten frühdeutschen Befestigung E wurde ein weiterer Burggraben angeschnitten (Abb. 2 u. 14). An seinen Böschungen ließen sich zwei aufeinander folgende Bauphasen erkennen. Die Südböschung des älteren Grabens durchschneidet die bronzezeitliche und spätslawische Kulturschicht (der weitere Verlauf der Grabenböschung war durch die Veränderungen im 17. J h zerstört worden) (Abb. 14). Bei der Aushebung des Grabens ist an der nördlichen Böschung die vorhandene Kulturschicht D und E überdeckt worden (Abb. 14). Jüngeres Fundmaterial war unterhalb des Grabenaushubes nicht erhalten. Die Schicht A erwies sich als umgelagerte bronzezeitliche Kulturschicht. Sie enthielt außer wenigen frühdeutschen Scherben nur Keramik dieser Zeit. Damit ist der terminus post quem für die Datierung des Grabens gegeben: Der Graben wurde nach Ablagerung der Schichten D und E angelegt. Er ist also jünger als die Befestigung E x . Da jedoch keine spätmittelalterlichen Funde unterhalb des Grabenaushubes vertreten sind, muß die Anlage des Grabens F bereits recht früh, also wohl noch im 13. J h . erfolgt sein. Die Sicherung der Böschung dieses ersten Grabens ist nicht mehr zu erkennen. Die freigelegte Anlage von Holzstämmen gehört stratigraphisch in eine jüngere Zeit. Sie kann auf Grund der in dieser Schicht G gefundenen Bruchstücke von glasierten Kacheln, glasiertem Geschirr und zahlreichen Ziegelresten nicht vor dem späten 15. oder dem 16. J h . entstanden sein. Die nördlich des Grabens F vorhandenen Bauwerke sind in Einzelheiten nicht mehr zu erkennen gewesen. Im Schnitt X wurde eine mit großen Feldsteinblöcken fundamentierte Mauer angeschnitten, die möglicherweise zu der am Ende des 13. Jh. errichteten Burg F gehörte. Weiterhin konnte bereits im Jahre 1938 im Keller des heutigen Schlosses das Gewölbe eines älteren gotischen Bauwerkes aufgedeckt werden. 1 ) Auf Grund der zeitlichen Übereinstimmung ist es gerechtfertigt, den oben beschriebenen Graben mit diesen Gebäude- und Mauerresten in Verbindung zu bringen. Möglicherweise gehört auch die auf dem ehemaligen Wall errichtete Mauer E 2 (Abb. 29) in die gleiche Zeit. Südlich des Befestigungsgrabens F wurde außer der erwähnten Mauer kein weiterer Steinbau festgestellt. Für das Ende des 13. Jh. haben wir also mit der Errichtung einer Burganlage F zu rechnen, die etwa 40 bis 60 m Durchmesser aufwies und deren Gebäude zumindest teilweise aus Stein erbaut waren. 8. D A S J A G D S C H L O S S A U S D E M 16. J A H R H U N D E R T Im Schnitt X wurde gleichfalls die Südfront des Jagdschlosses angetroffen, dessen Erbauung unter Kurfürst Joachim II. nach 1558 begann und das unter seinem Nachfolger Johann-Georg nach 1571 vollendet wurde. 2 ) Wesentliche Teile dieses Bauwerkes, insbesondere die nördlichen Ecktürme, sind im Jahre 1938 freigelegt worden. Durch die Grabungen im Jahre 1958 wurde der Südflügel des Jagdschlosses angeschnitten (Abb. 32, 33). Die Mauern waren aus Ziegel- und Kalkstein aufgeführt. Der Grundriß des Jagdschlosses kann durch die Ausgrabungen von 1938 und den Schnitt X damit festgelegt werden (Abb. 31). Im Zusammenhang mit der Erbauung des Jagdschlosses wurde offenbar der alte Burggraben im Schnitt V I I I und I X mit neuen Böschungssicherungen aus waagerecht liegenden Baumstämmen, die von senkrechten Pfosten gehalten wurden, versehen (Abb. 14). !) D. Waetzold 1937/38, S. 360. 2 ) D. Waetzold 1937/38, S. 360f. Zur Baugesehichte des Jagdschlosses vgl. S. Graf zu Dohna II, 1890, S. 75ff.; W. Spatz 1912, S. 29 ff. Vgl. auch Acta Alte Bausachen das AmtKoepenick und dessen Vorwerksdörferangänglich aber das Schloß hierselbst betreffend de Ao. 1558 bis 1695, im Landeshauptarchiv Potsdam, Pr. Br. Eep. 7; Amt Cöpenick B, Cöpenick Nr. 10. Die Akte enthält u. a. einenVertrag „mit Meister Wilhelm Zacharias einem welschen Maurer" über den Bau des Jagdschlosses vom 17. 4. 1558. 4

Herrmann, Köpenick

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JOACHIM HERUMANN

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Abb. 31. Schematischer Grundriß des Jagdschlosses nach den Ergebnissen der Grabungen von 1938 und 1958

9. D A S B A R O C K S C H L O S S A U S D E M E N D E D E S 17. J A H R H U N D E R T S UND D I E UMGESTALTUNG DER

SCHLOSSINSEL

Im Jahre 1678 wurde mit der Errichtung des heute noch bestehenden Barockschlosses und dem gleichzeitigen Abriß des alten Jagdschlosses Joachim II. begonnen. Zehn Jahre später, 1688, erfolgte der Anbau der Galerie im Zuge des Nordflügels des alten Jagdschlosses, und 1684 wurde die Kapelle errichtet. Ein südlicher Erweiterungsbau sollte den Kapellenflügel mit dem Schloß zu einem nach Norden offenen Viereck verbinden und gleichzeitig den Abschluß nach Süden gegen den Park bilden. Dieser geplante Bau, an dem bis zum Jahre 1705 gearbeitet wurde, konnte 1938 im Grundriß festgelegt werden. 1 ) Durch Schnitt X wurde er erneut angeschnitten. Die starke Fundamentmauer des Jagdschlosses war hier durch Verblendung mit einer Kalkstein-Ziegelschicht zum Fundament für den geplanten Bau (Abb. 32 und 33) verstärkt worden. Bei der Errichtung des Barockschlosses sind vielfach Veränderungen der Schloßinsel vorgenommen worden. Zunächst wurde der Graben FG im Süden des alten Jagdschlosses zugeschüttet, um die Fundamente des Gartensaales darauf gründen zu können. Zu dem großräumig geplanten Barockbau gehörte selbstverständlich die Anlage eines Parkes. Als einzig mögliches Gelände bot sich die südlich des Schlosses gelegene Halbinsel an, deren Schicksal wir bereits verfolgt haben. Ihrer Nutzung standen jedoch die jährlichen langanhaltenden Überschwemmungen entgegen, die seit dem Mittelalter ein ständiges Verlegen der Siedlung nach Norden und die Erhöhung des Siedlungsniveaus durch die Anlage einer Terrasse bewirkt hatten. Die Überschwemmungen wurden durch den Mühlenstau in Berlin D. Waetzoldt 1937/38, S. 357 f.; S. Graf zu Dohna II, 1890, S. 102 ff.; vgl. gleichfalls dazu die in der vorhergehenden Anm. zit. Akte; darin u. a. der Befehl an die Kietzer und Rahnsdorfer Untertanen, am Schloßbau mitzuwirken.

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Die Ergebnisse der Ausgrabungen

Abb. 32. Profil im Schnitt X (Terrassenschnitt); F — vermutete Fundamentreste der Burg F ; G — Fundamente des Jagdschlosses, a grausandiger Boden, b Mörtel und Bauschutt, c weißer Sand; N — Fundament des geplanten Erweiterungsbaues um 1700; N 1 — Reste eines neuzeitlichen Brunnens; d—g Schuttschichten und alte Oberflächen nach 1700

hervorgerufen und hatten mit zunehmender Mahl- und Stautätigkeit in Berlin im Laufe des Mittelalters katastrophale Ausmaße angenommen. 1 ) Auf einem Kupferstich von Petrus Schenk, Amsterdam, um 1700, ist die Insel noch überschwemmt und nicht sichtbar (Taf. 2,b). Der einzige Ausweg, das Gelände dennoch für eine Parkanlage geeignet zu machen, bestand in seiner Aufhöhung über die jährliche Hochwassergrenze hinaus. Dieser Weg wurde beschritten. In Ost-WestRichtung wurden in den trockenen Sommermonaten jeweils die alten Kulturschichten in 3 bis 5 m Breite und 0,5 bis 1 m Tiefe ausgehoben, in die so entstandenen breiten Gräben eine 1 —1,5 m mächtige Sandfüllung eingeschüttet 2 ) und abschließend der humose Aushub aus den ehemaligen Abb. 33. Planum im Schnitt X ; G — Fundamente des JagdKulturschichten oberhalb des Sandes in schlosses; N — Fundamente des geplanten Erweiterungsbaues 0,4—1 m Mächtigkeit als Vegetationshorizont verteilt. Auf diese Weise wurde die ganze Insel rigolt und dabei um etwa 1 — 1,5 m erhöht. Sie war damit hochwasserfrei. An Stelle des Sandes wurde im östlichen Inselteil der Bauschutt vom Abriß des Jagdschlosses verwendet (Abb. 10—14 jeweils Schichten N). Diese Arbeiten zerstörten die frühdeutsche und die spätslawischen Kulturschichten weitgehend, teilweise sogar völlig. Alle Unebenheiten des Geländes, insbesondere die noch vorhandenen slawischen und frühdeutschen Wall- und Grabenreste wurden auf diese Weise ausgeglichen und überdeckt. Die Insel erhielt ihre heutige Form.

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) J . Herrmann 1959, S. 90ff. Dort der Nachweis des Aktenbestandes zu dieser Frage, u. a. zum „Wasserprozeß" zwischen Köpenick und preußischem Fiskus. 2 ) Insgesamt wurden dabei etwa 13000 m 3 Sand angefahren.

1

4*

IV. Die frühgeschichtliche Bedeutung Köpenicks 1. K Ö P E N I C K

U N D DAS S T A M M E S G E B I E T

DER

ZPRIAUUANI

Ein wesentliches Ergebnis der Ausgrabungen in Köpenick 1 ) war die Freilegung einer älterslawischen Befestigung von etwa 50 m Durchmesser im Süden der heutigen Schloßinsel (Burg B/C). Diese Burg wurde nach den Ergebnissen der stratigraphischen und dendrochronologischen Untersuchung vor 825 gegründet, spätestens um 925 erneuert und am Ende des 10. Jh. zerstört und eingeebnet (Abb. 9; 34a). Die Lage dieser Burg war in vielerlei Hinsicht günstig. Auf drei Seiten vom Wasser der Dahme nahezu sturmfrei gehalten, war eine Annäherung für einen Gegner bei dem damaligen Stand der Kriegstechnik in erster Linie nur von Norden über die langgestreckte Insel möglich. Hier konnte die Burgbesatzung zunächst im Vorgelände das Betreten der Insel zu verhindern suchen. Gelang das nicht, so blieb die Burg als Zuflucht, aus der man wiederum nötigenfalls zu Wasser entkommen konnte. Die Burg hatte weiterhin eine ausgezeichnete Lage für die Beherrschung des Flußverkehrs. Mitten im Fluß gelegen, befanden sich beide Arme der Dahme unter ihrer Kontrolle. Jedes Fahrzeug, das den Strom passierte, mußte sich der Burg auf Bogenschußweite nähern. Ohne große Schwierigkeiten konnte jedoch auch der Verkehr auf der Spree von der Burgbesatzung übersehen und von der Nordspitze der Insel aus beherrscht werden. Wir dürfen aus diesen Verhältnissen entnehmen, daß die Köpenicker Burg eine ausgezeichnete strategische Lage hatte und den gesamten Wasserverkehr im inneren Brandenburg in Nord-Südrichtung an einem Brennpunkt zu kontrollieren vermochte. Der Flußverkehr erschloß der Köpenicker Burg gleichzeitig ein beträchtliches Hinterland. Die Dahme mit der Notte als Nebenfluß führte in das seenreiche Gebiet im Süden und Osten des Teltow um Zossen und Königs Wusterhausen bis nach Teupitz. Dieses Gebiet war bereits in älterslawischer Zeit verhältnismäßig stark besiedelt (Abb. 35, Faltkarte mit Deckblatt). Bei Mittenwalde (He Nr. 128), Nächstneuendorf (He Nr. 398) und vermutlich Zossen (He Nr. 403) bestanden älterslawische Burgen. Spreeaufwärts ist nach den bisherigen Kenntnissen die Besiedlung weniger dicht gewesen. Ein wahrscheinlich älterslawischer Burgwall befindet sich nur in Hartmannsdorf; 2 ) die Anzahl der bekannten Siedlungsstellen an der Spree oberhalb von Köpenick ist gering (Abb. 35). Nördlich und westlich von Köpenick, spreeabwärts, fand das Dahme-Spree-Siedlungsgebiet anscheinend sein Ende in der Gegend von Treptow. 3 ) Nicht zu entscheiden ist, ob das kleine Siedlungsgefilde um Blankenburg an der Panke noch zum Spreegebiet zu rechnen ist. Betrachten wir die Liste der slawischen Stämme der Mittelmark, so ist in dem mit Hilfe archäologischer Methoden festgestellten Dahme-Spree-Siedlungsgebiet nur der slawische Stamm der Zpriauuani (Spreeanwohner) zu lokalisieren. 4 ) Dieser Stamm wird im Jahre *) 2 ) 3 ) 4 )

Zum Namen neuerdings H. Schall 1958, S. lff. nach einer fehlerhaften Form Coptnik. Festgestellt vom Verfasser während der Burgwallaufnahme im Bezirk Frankfurt/Oder im Jahre 1960. W. Stroberger in „Berliner Heimat" 1955, S. 36ff.; O.-F. Gandert 1958, Karte. B. Horäk und D. Travnicek (1956, S. 38) lokalisieren im Barnim und Teltow auf Grund der beiden Ortsnamen Tiefensee (Kr. Eberwalde) und Diepensee (Kr. Königs Wusterhausen), die im Landbuch 1375 Tyfense, Typhense bzw. Diffensey, Dypensey, Tiffense lauten, den vom bayerischen Geographen genannten Stamm der Thafnezi mit 257(!) civitates. Sie nehmen einen Namenswechsel von „Thafnezi" im 9. Jh. zu „Zpriauuani" im 10. Jh. an. Die Heranziehung der eindeutig deutschen Ortsnamen als einzige Quelle zur Lokalisierung und die Unmöglichkeit, in dem verhältnismäßig kleinen Spreegau 257 civitates unterzubringen, lassen die Unrichtigkeit dieser Lokalisierung offenkundig werden.

Die frühgeschichtliehe Bedeutung Köpenicks

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Abb. 34. Schematische Darstellung der Entwicklung von Burg und Siedlung in der Köpenicker Altstadt im Mittelalter ; a älterslawische Burgen B und C; b spätslawische Anlage um 1000; c frühdeutsche Burg und Siedlung um 1240. d um 1300

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948 in der Gründungsurkunde für das Bistum Brandenburg erstmals erwähnt 1 ) und zugleich als östlichster Stamm dem Brandenburger Bistum einverleibt 2 ). Im Jahre 965 erhielt das Magdeburger Erzstift den Honigzehnten u. a. in pagis ita nuncupatis: Nicici et Sprewa ex utraque fluminis parte quod dicitur Sprewa . . .3). Aus dieser Urkunde geht hervor, daß der Spreegau sich auf beiden Seiten des Flusses Spree erstreckte. Man folgerte daher, daß er mit den „beiden alten märkischen Landschaften Teltow und Barnim" identisch war.4) Wohl lag der Spreegau auf beiden Ufern der Spree, vor allem westlich des Flusses im Dahme-Nottegebiet, wie wir gesehen haben. Die Besiedlung beschränkte sich jedoch auf die Niederungsgebiete und dehnte sich nur in einigen Fällen auf den Rand der Hochfläche aus. Auf der Siedlungskarte (Abb. 35 Falttafel) treten die flächenhaften Grenzen des Gaues deutlich hervor. Im Norden lag die Hochfläche des Barnim, die im wesentlichen in älterslawischer Zeit unbesiedelt gewesen ist. Erst in spätslawischer Zeit drang allmählich eine schwache Besiedlung auf die Hochfläche vor.5) Das gleiche gilt für die Teltow-Hochfläche.6) Lediglich die Ränder, vor allem im Spree-Notte- und im Havelgebiet, sind besiedelt gewesen. Dabei ist nicht zu bezweifeln, daß die Siedlungen am Nordwestrand des Teltow zum Hevellergau gehörten, während die am östlichen Teltowrand Teile des Spreegebietes bildeten.7) Als drittes Siedlungsgebiet war das Nuthe-Nieplitzgebiet an der Besiedlung des westlichen Teltowrandes beteiligt. Weder Barnim 8 ) noch Teltow 9 ) können mithin als slawische Herrschaftsbereiche bezeichnet werden. Wir müssen uns diese Gebiete als große Waldzonen vorstellen, die sich auf den lehmigen Böden aus Laubwald, auf den weniger schweren Böden aus Misch- oder Nadelwald zusammensetzten. „Der Blumenthal" bei Strausberg ist ein Rest dieses Grenzwaldes.10) Auf Grund der Siedlungskarte ist man geneigt, dort, wo Barnim- und Teltowhochfläche sich am stärksten nähern, also im Bereiche der Berliner Altstadt, die Nordwestgrenze des Zpriauuanergebietes zu suchen. Diese Grenzlage des Berliner Spreepasses würde seine offenbare Bedeutungslosigkeit in slawischer Zeit erklären.11) Die Südgrenze des Zpriauuanergebietes haben wir wahrscheinlich in dem Waldgebiet um Teupitz zu suchen, das den Spreegau «

>) Mg DD 0 I 105. ) F. Curachmann 1906, S. 160ff. 3 ) Mg DD 0 I 303. 4 ) F. Curschmann 1906, S. 161. Der „Besiedlungskern" soll südlich von Berlin, auf dem Teltow gelegen haben. Das Lebuser Land sei möglicherweise ein Teil dieses Gaues gewesen. Nach H. Ludat verband der Spreepaß bei Köpenick Barnim und Teltow zu einer Einheit, „die gewiß mit dem uns schon im 10. Jh. entgegengetretenen Gau Zpriauuani identisch ist" (1936, S. 48), und W. Brüske drückt sein Befremden darüber aus, daß dieser „große Gau" nur zweimal erwähnt wird (1955, S. 114). 5 ) Eine Forschungslüeke besteht hier sicher nicht, da die Barnimhochfläche im Bereich rühriger Museen lag, des Märkischen Museums und der Heimatmuseen von Strausberg, Müncheberg und Freienwalde. Die siedlungskundliche Forschung hat zu dem gleichen Ergebnis geführt (A. Krenzlin 1952, S. 96). 6 ) Der Teltow ist ebenfalls durch das Märkische Museum und das Teltow-Museum, vor allem durch K. Hohmann, stets gut betreut worden, so daß auch hier an keine Fundlücke zu denken ist. Nach A. Krenzlin B i n d „Reste slawischer Bevölkerung über die deutsche Besiedelung hinaus nicht mit Sicherheit zu ermitteln" (1952, S. 96). ') O.-F. Gandert 1958, S. 11. 8 ) Der Name Barnim wird allgemein als Adjektivform von einem slawischen Personen-(Herrscher-)namen Barnim abgeleitet (IL Ludat 1934, S. 174; 1936, S. 50). Während teilweise der pommersche Herzog Barnim als namengebend für dieses Gebiet angesehen wurde, nahm H. Ludat an, daß hier „um 1230 wahrscheinlich der letzte lutizische Teilfürst Barnim geherrscht h a t " (1942, S. 299). Als evtl. Parallelbildung zum Namen Barnim ist in diesem Zusammenhang der „Bärnim" bei Behren-Lübchin, Kr. Teterow, beachtenswert. Der Flurname bezeichnet ein Acker-Waldgebiet am Rande eines verlandeten Sees (E. Schuldt 1957, S. 146). 9 ) Die Annahme einer slawischen Terra Teltow (B. Schulze 1937, S. 54ff.) ist daher abzulehnen. Es gibt keinen Hinweis, daß ein Ort Teltow in slawischer Zeit irgendeine Rolle spielte oder überhaupt bestand. Zum Namen vgl. H. Ludat 1934, S. 174; H. Schall 1960, S. 113ff. Der als Beleg für eine slawische Siedlung bei Teltow herangezogene Fund von 30 Urnen aus dem Jahre 1728 war, soweit darüber überhaupt ein Urteil zu fällen ist, wahrscheinlich nicht slawisch. 2

10

) K. H. Wels 1933, S. 45. " ) Vgl. J . Herrmann, ungedr. Diss. 1958; danach E. Müller-Mertens 1960, S. lff.

Die frühgeschiehtliche Bedeutung Köpenicks

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von der Lausitz trennte. 1 ) Im Südosten sind die Grenzen weniger klar. R.Lehmann 2 ) rechnet noch den nördlichen Teil des Landes Beeskow-Storkow zum Spreegau. Dieses Gebiet war offenbar in der älterslawischen Zeit sehr dünn besiedelt, und man ist daher geneigt, es eher schon als Grenzland zu betrachten. Dabei bleibt freilich die Zuordnung der Siedlungsgruppe um Buckow bei Beeskow offen.3) Trotz einiger Unsicherheiten in der Grenzziehung können wir heute also im wesentlichen die Ausdehnung der Zpriauuanergebietes erkennen. Es hat eine andere Lage als von der bisherigen Forschung angenommen worden ist. Diese Erkenntnis über die Siedlungsverhältnisse im Spreegebiet in slawischer Zeit lassen eine ganze Reihe von alten Fragen in einem neuen Lichte erscheinen. Erst während der Korrekturarbeiten an der vorliegenden Arbeit wurde mir der Beitrag von Klaus Zernack, „Köpenick und das Land Zpriauuani in voraskanischer Zeit" in: Jahrbücher für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 9/10,1961, S. 13—57 zugänglich. In dieser Arbeit setzt sich Zernack auch mit meiner an verschiedenen Stellen, z. T. nur andeutungsweise geäußerten Auffassung über Lage und Umfang des Gaues Zpriauuani auseinander. Es ist hier nicht mehr der Raum, um auf die Einzelheiten der Arbeit von Z. einzugehen und sie einzuarbeiten. Nur einige Bemerkungen zur Abgrenzung des Zpriauuanergebietes seien noch vorgetragen. Grundsätzlich stehen uns dazu Quellen aus vier Wissenschaftsgebieten zur Verfügung, aus der Mediävistik, der Archäologie, der Siedlungsforschung und der Ortsnamenforschung. Alle von diesen Disziplinen festgestellten Quellen vermitteln, in Beziehung gesetzt zur natürlichen Umwelt, ein Bild von der Lage des gesuchten Siedlungsraumes und den Gesetzmäßigkeiten in der Besiedlung. Für die Lokalisierung des Siedlungsgebietes des Zpriauuanerstammes gibt es nur eine schriftliche Quelle, die gleichzeitig dasselbe besagt wie der Name: nämlich daß dieser Stamm an der Spree im Bereich der Brandenburger Diözese im Jahre 948 wohnte. Bei den Mediävisten ist daher „die nächstliegende Vermutung, daß es sich bei diesem Gebiet um Barnim und Teltow handelt, wo man auch seit alters den Gau Zpriauuani lokalisierte, . . . eigentlich immer unbestritten gewesen" (S. 38). Aber es ist eben, wie Z. schreibt, eine Vermutung. Mehr als das und den Namen Zpriauuani kann die Mediviästik nicht geben. Einen positiven Beitrag zur Festlegung des Stammesgebietes kann die Archäologie leisten, da sie als einzige Wissenschaft Siedlungsstelle für Siedlungsstelle erfassen, zeitlich, differenzieren und zu einem Bild zusammenfügen kann. Dieses Bild ist selbstverständlich weitgehend abhängig vom Forschungsstand und von der Forschungsgeschichte in der entsprechenden Landschaft. Aus der Kenntnis der Forschungsgeschichte ergibt sich jedoch bereits ein Kriterium für die Überprüfung des gewonnenen Siedlungsbildes, das innerhalb der Wissenschaft selbst liegt. Die Forschungsgeschichte aber zeigt, daß es sich bei Barnim und Teltow stets um gut betreute Gebiete handelte (vgl. unten). Eine systematische Begehung, die von W. Lunow oder vorher von 0 . Liebchen im gleichen Gebiet durchgeführt wurde mit der ausgesprochenen Zielsetzung, slawische Hinterlassenschaften aufzufinden, hat an dem von der Archäologie erarbeiteten Bild nichts geändert. Ein weiteres Kriterium für die Überprüfung des Siedlungsbildes sind innerhalb der Archäologie selbst die oberirdischen Bodendenkmale, die ja gerade aus der slawischen Zeit in allen zwischen Elbe und Oder besiedelten Gebieten in Form der Burgwälle außerordentlich zahlreich auftreten. Bei dieser Kategorie von Quellen spielt der Forschungsstand für die Erörterung unserer Fragen, nachdem in den letzten Jahren eine systematische Auf nähme aller Wehranlagen in Angriff genommen worden ist (vgl. P. Grimm 1958, J . Herrmann 1960), darunter auch im Bezirk Frankfurt, nahezu keine Rolle mehr. Auch diese Quellenart bekräftigt aber das von der archäologischen Forschung gewonnene J

) Die Zpriauuaner gehörten zur polabischen Sprachgruppe; vgl. H. Ludat 1936, S. 48f. Ein Teil seiner Beispiele aus dem W-Teltow beweist allerdings nur die Zugehörigkeit der Heveller zur polabischen Gemeinschaft (vgl. oben). Nach R. Trautmann 1948, S. 15, ist Teupitz „entschieden sorbisch". Dafür lag Zossen schon in „rein pomoranischem Lande". Die sorbischen Ortsnamen erreichen in Kablow a. d. Dahme ihre nördlichste Ausdehnung. Dabei ist zu berücksichtigen, daß diese sich zusammen mit der Meißnischen Eroberung um 1200 vollzogen haben kann. 2 ) R. Lehmann 1930, S. 24, Anm. 2. 3 ) Es bestand hier ein Burgwallzentrum bei Buckow. Über Beeskows Frühgeschichte kennen wir keine näheren Einzelheiten. Die Amtsinsel war zwar besiedelt, aber ob eine slawische Burg hier bestand, ist fraglich. Burgenvororte befanden sich erst wieder im Süden bei Sabrodt und Lieberose. Einen engen Zusammenhang zur Lausitz möchte man für dieses Gebiet annehmen, ob hier jedoch der Gau Selpoli seinen Platz finden kann (Pohlandt, Niederlausitzer Mitteilungen 16, S. 80ff., zusammenfassend über die Lokalisierungen von Selpoli zuletzt G. Labuda, Fragmentv dziejöw slowianszczyzny zachodniej. Poznan 1960, S. 148ff.) erscheint mir fraglich. Völlig ausgeschlossen ist seine Lokalisierung im Schlaubetal, aus dem uns weder Burgen noch Siedlungen aus slawischer Zeit bekannt sind. Hingegen bleibt nach wie vor die archäologisch gutfaßbareSiedlungsgruppe an der unteren Neiße und Oder im Bereich der Neißemündung mit einer verhältnismäßig großen Anzahl von Burgwällen. Dieses Gebiet liegt zwischen der Lausitz und den Kerngebieten des polnischen Staates und seine mehrfache Nennung im Zusammenhang mit der Lausitz wäre erklärbar. Der Weg des Magdeburger Erzbisehofs 990 (Thietmar IV/11, 12) geht von Magdeburg über Selpoli Richtung Schlesien, wobei in Selpoli die Berührung mit den Böhmen einsetzt. Da es sich 990 um die Auseinandersetzungen zwischen Böhmen und Polen um Schlesien handelte, in die von deutscher Seite zugunsten Miezkos eingegriffen werden sollte, ist es unwahrscheinlich, daß die Böhmen ausgerechnet in der Beeskower Gegend, also im nördlichen toten Winkel der großen Straße Magdeburg—Schlesien auf die Deutschen treffen. Wir möchten uns daher dem Vorschlag von R. Lehmann anschließen (Niederlausitzer Mitt. 23, S. 13), Selpoli in dem Gebiet an der unteren Neiße und Oder zu suchen. Vom archäologischen Material her würde diese Lokalisierung jedenfalls die am besten begründete sein.

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Bild über das Siedlungsgebiet an unterer Spree und Dahme. Die Ergebnisse der siedlungskundlichen Forschung unterstreichen nachdrücklich das von der Archäologie gewonnene Bild. Zernack zitiert diese Ergebnisse, um ihnen sofort die „Ausrottungsthese" entgegenzuhalten. Damit steht eine unbewiesene These gegen Fakten aus zwei Wissenschaftsdisziplinen. Wenden wir uns der Ortsnamenforschung zu. Diese ist für das fragliche Gebiet wenig entwickelt. Immerhin steht fest, daß auf dem Barnim nur wenige slawische Ortsnamen nachweisbar sind, während die deutschen Ortsnamen bei weitem überwiegen (vgl. Atlas des Saale- und mittleren Elbegebietes I, Bl. 14). Gegen das Zurücktreten der slawischen Ortsnamen im fraglichen Gebiet läßt sich selbstverständlich auch die „Ausrottungsthese" ins Feld führen. Dagegen scheint uns die Anwendung dieser These für die Erklärung der von der Siedlungsarchäologie gewonnenen Grenzzonen der Besiedlung (S. 39) als ihre Überforderung. Es ist eine Grundtatsache, daß in den Gebieten mit intensiver ackerbaulicher Nutzung — und dazu gehören die Hochflächen Barnim und Teltow im Gegensatz zu den Niederungsgebieten — die Fundfrequenz wesentlich höher liegt als in den landwirtschaftlich weniger genutzten Gebieten. Die intensive ackerbauliche Nutzung von Barnim und Teltow, zusammen mit der ausgiebigen archäologischen Betreuung dieser Gebiete schließt daher gerade eine zufällige Fundlücke aus und berechtigt zur Interpretation der fundleeren Gebiete als Grenzgebiete mit keiner oder völlig unbedeutender Besiedlung. Bei aller Zurückhaltung in der Interpretation archäologischer Quellen ist die Faktengrundlage also so, daß alle Tatsachen für die von mir umrissene Lage des Stammgebietes der Zpriauuaner sprechen, dagegen stehen die oben zitierte althergebrachte Vermutung der Mediävisten und die unbewiesene alte Ausrottungsthese, von der man meinte, daß sie durch die neueren Forschungen eigentlich schon längst überholt ist. Zur Konstruktion des „slawischen" Wegenetzes durch K. H. Wels, die Z. als letztes Argument für die alte Lokalisierung des Zpriauuanerstammes anführt, ist an anderer Stelle (unten S. 56 ff.) Stellung genommen. Z. ist in seinen abschließenden Sätzen über den „vorkolonialen Besiedlungszustand" zurückhaltend (S. 42), im folgenden Kapitel V legt er aber faktisch die alte Auffassung seinen weiteren Ausführungen zugrunde. Auf seine Ausführungen zu den politischen Auseinandersetzungen einzugehen, ist hier nicht der Ort. Auffallend ist jedoch, daß Z. die Rolle der Wettiner, die am Anfang des 13. Jh. im Zusammenhang mit Köpenick und Lebus auftreten, nicht ausführlicher untersucht und solche Tatsachen, wie die offenbare kirchliche Zugehörigkeit der Sedes Köpenick und Mittenwalde zu Meißen vor 1245 ganz außer acht läßt. Ebensowenig finden die Auseinandersetzungen zwischen Askaniern und Wettinern um das Spreegebiet um 1240 eine Berücksichtigung, obwohl sie doch eine Linie abzuschließen scheinen, die durch Konrad von Wettin am Anfang des Jahrhunderts im Spreegebiet eingeleitet worden ist. So scheint es uns, daß Z. sich durch die Identifizierung von Barnim-Teltow — Fürstentum Köpenick den Weg zum Verständnis auch mancher Ereignisse der politischen Geschichte versperrt hat. Und sein Schlußsatz „Jedenfalls ist die Geschichte Köpenicks bis etwa 1230 die Geschichte des lutizischen Köpenick" ist eher als These, die der Arbeit zugrunde liegt, denn als Ergebnis aufzufassen.

2. D I E B E D E U T U N G

KÖPENICKS

FÜR

DEN

LANDVERKEHR

Aus der Ausdehnung des Gaues über zwei Flußauen ist ohne weiteres erklärbar, daß ein Ort am Zusammenfluß der beiden großen schiffbaren Flüsse besondere Bedeutung als Verkehrsmittelpunkt erlangen mußte. Diese günstige Lage für den Flußverkehr wird es in erster Linie gewesen sein, die die Stellung und Rolle des ältesten Köpenick bedingte. Bestand einmal ein Vorort in diesem Gebiet, so mußte dieser natürlich auch den Landverkelir an sich ziehen, zumal für ein Überschreiten des Spree- und Dahmetales bei Köpenick durchaus natürliche Voraussetzungen bestanden, 1 ) die infolge des gegenüber der Jetztzeit um etwa 1 m niedrigeren Wasserspiegels der beiden Flüsse günstiger als heute waren. 2 ) Bei der Rekonstruktion des Wegenetzes dieser Zeit haben wir von den wenigen schriftlichen Nachrichten, vom archäologischen Siedlungsbild, insbesondere von der Lage der Burgen als Vororte des Landes und von der Geländebeschaffenheit auszugehen. Dennoch wird eine solche Rekonstruktion nur hypothetischen Wert besitzen und bestenfalls die Hauptrichtungen des Verkehrs berücksichtigen können. 3 ) !) W. Unverzagt 1953, S. 8. 2 ) J. Herrmann 1959, S. 90ff. ) So wie jede Epoche ihr besonderes Siedlungsbild schafft, so bildet sie auch ein ihr entsprechendes Verkehrsnetz aus. Grundlage für die Erörterung dieses Wege- oder Straßennetzes kann daher nur die Siedlungsweise der entsprechenden Zeit, ihr Siedlungsbild sein. Dabei ist die Kenntnis von der Lage der großen Siedlungs- und Wirtschaftsmittelpunkte von erstrangiger Bedeutung; denn ihrer Verbindung dienten — damals wie heute — dieStraßen und Wege. Daraus folgt, daß wir eine einigermaßen wahrscheinliche Rekonstruktion des Verkehrsnetzes nur vornehmen können, wenn wir diese Zentren erfassen und berücksichtigen. Es ist daher nicht gerechtfertigt, aus mittelalterlichen Wegeführungen ohne weiteres ein slawisches Verkehrsnetz zu erschließen, insbesondere in unserem Gebiet, in dem das Siedlungsbild im 13. J h . so starke Veränderungen erfuhr. Vgl. J. Herrmann, Siedlungsgebiete und Siedlungsgeschichte des Menschen im brandenburgischen Raum in Abhängigkeit vom Untergrund. I n : Grundriß der Geologie von Brandenburg (Druck in Vorbereitung).

3

Die frühgeschichtliche Bedeutung Köpenicks

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Das polnische Heer, das 991 und 992 an der Belagerung Brandenburgs teilnahm, 1 ) ist möglicherweise über Lebus und Köpenick nach Westen gezogen. Auf Grund der landschaftlichen Verhältnisse und der Verteilung der slawischen Besiedlung ist eine Verbindung von Lebus über Arensdorf, Kr. Fürstenwalde, anzunehmen, wo um 1000 wahrscheinlich eine Burg als Vorposten von Lebus (Abb. 36) bestand. 2 ) Von dort konnte das Spreetal in der Gegend von Fürstenwalde erreicht werden. Spreeabwärts gelangte man, möglicherweise

über den heute unbekannten Ort Prelauki 3 ) a. d. Spree, nach Köpenick. Eine andere Wegeführung wäre von Wilmersdorf entlang am Tal der Löcknitz oder des Roten Fließes nach Köpenick denkbar 4 ) (Abb. 36). Nach dem Überschreiten der Spree-Dahme bei Köpenick führte dieser Weg nach Westen weiter über den Teltow und durch das Bäketal in das NutheHavelgebiet. 5 ) Über Potsdam wurde die Brandenburg erreicht. Ein anderer Straßenzug verlief möglicherweise über den Havelübergang bei Spandau nach Brandenburg. Diese VerbinAnnales Hildesheimenses MG SS rer. Germ. i. u. s., Hannover 1878, S. 25. ) J . H e r r m a n n 1961. 3 ) Prelauki wird 1249 als Grenzort des Lebuser Landes an der Spree erwähnt (R. A 24, 337). Von dort verlief die Grenze zur Löcknitz (Lecnici). Prelauki kann mit altem Prevloka, „Landenge zwischen zwei schiffbaren Flüssen" oder „Siedlung am E n d e einer Schleifstelle" in Verbindung gebracht werden (R. T r a u t m a n n 1949, S. 116). Die erste Deutung des Ortsnamens würde f ü r eine Lage an der Spree bei Erkner sprechen. Die zweite Deutung verwiese auf die Gegend von Hangelsberg-Mönchswinkel, wo sich Spree und Löcknitz auf 3 k m einander nähern. F. Curschmann 1906, S. 209; S. W. Wohlbrück 1829, S. 42f. 4 ) F. Schilling 1926, S. 81 und K a r t e 5. 5 ) B. Schulze 1937, S. 56. 2

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düngen von Lebus über Köpenick nach Brandenburg waren sehr wahrscheinlich Bestandteil des Handels- und Verkehrsweges Magdeburg-Brandenburg-Posen, 1 ) der für den magdeburgisch-polnischen Handel eine größere Bedeutung besaß. Köpenick war damit ebenso wie Brandenburg und Lebus offenbar ein wichtiger Ort an dieser Ost-Weststraße. Die auffallende Tatsache, daß im 12. Jh. Brandenburg und Köpenick die einzigen slawischen Orte mit eigener Münzprägung zwischen Oder und Elbe gewesen sind, und die enge Anlehnung ihrer Gepräge an die Magdeburger Pfennige stehen wohl mit dieser Lage in engem Zusammenhang und finden darin teilweise ihre Erklärung. Die Verbreitung der Jaxa-Münzen ist offenbar gleichfalls durch diesen Verbindungsweg bestimmt worden: über Brandenburg in den Elberaum und über Lebus in das obere Odergebiet bzw. Zentralpolen (vgl. Abb. 37).2) Wenn Köpenick dennoch nicht im gleichen Maße wie Brandenburg oder Lebus Ansätze einer vorurbanen Entwicklung erreichte, so kann dieser Mangel (vgl. S. 66) nur durch die Ungunst seines Hinterlandes bedingt gewesen sein. Der Lage des Spreegaues entsprechend, ging sicher frühzeitig ein Weg von Köpenick in das Dahme-Nottegebiet und von dort nach Westen in das Nutheland 3 ) oder nach Süden in die Lausitz. 4 ) Außerdem bestand wahrscheinlich außer der erwähnten Straße nach Lebus eine Verbindung in das nördliche Odergebiet. Nach H. Mündt folgte sie dem Roten Fließ, berührte Buckow und erreichte bei Alt-Friedland das Odertal. 6 ) Das Bestehen von Burgen in Buckow/ Waldsieversdorf und Neutrebbin läßt diese Talrandstraße im Süden des Barnim als sehr wahrscheinlich erscheinen. Keine sicheren Anhaltspunkte ergeben sich dagegen für eine direkte Verbindung zwischen Köpenick und dem Nordoderbruch. K. H. Wels sieht Köpenick als Ausgangspunkt der 1247 erwähnten via vetus, des alten Weges an, der 1247 bei Wriezen das Odertal erreichte. 6 ) Die Möglichkeit einer solchen Verbindung aus dem Spreetal etwa über Altlandsberg/Strausberg auf Wriezen soll nicht bestritten werden, sie ist jedoch keineswegs sicher. 7 ) Die Nordwestverbindungen Köpenicks zur Havel sind möglicherweise einmal über Blankenburg verlaufen, wo sich ein älterslawischer Burgwall befindet, zum anderen evtl. am Spreetal entlang nach Spandau. Es scheint uns verfehlt, Einzelheiten dieser erörterten Verbindungen aus dem Verlauf alter Poststraßen oder Heerstraßen für die slawische Zeit zu erschließen. Die letzten sind unter siedlungsmäßigen Voraussetzungen im Mittelalter ausgebildet und benutzt worden, die von denen der slawischen Zeit wesentlich abwichen. Ausgehend von dem Auseinander; fallen von Orts- und Fernstraßen im heutigen Siedlungsbild entwarf K. H. Wels eine bis in Einzelheiten gehende Karte der slawischen und frühdeutschen Straßenzüge 8 ) im Barnim und Teltow. Dieses System wurde von H. Ludat anerkannt 9 ), und neuerlich hat sich auch H. Heibig positiv dazu geäußert. 10 ) Da dieses von K . H . W e l s rekonstruierte Wegesystem jedoch auf unbegründeten Voraussetzungen beruht, 11 ) besitzt es nur den Wert eines bemerkenswerten Versuches. ») St. Weymann 1953, S. 232; T. Wqsowiczöwa 1959, S. 128f., Karte 3; W. Szymariski 1958. ) Vgl. dazu jetzt J. Herrmann 1963 (im Druck). 3 ) Unter Umständen wurde dieser Weg von den Herzögen Bogislaw I. von Stettin und Kasimir II. von Demmin im Herbst 1179 bei ihrem Kriegszug gegen Zinna und Jüterbog genommen (K. H. Wels 1933, S. 1 ff.; W. Hoppe, Magdeburger Geschichtsbl. 43, 1908, S. 242ff.). a ) H. Mündt 1932, S. 53 weist für eine spätere Zeit die Straße Senftenberg—Calau—Lübbenau—Lübben—Wendisch-Buchholz—Mittenwalde—Köpenick nach. 5 ) H. Mündt 1932, S. 66ff. «) K. H. Wels 1933, S. 1 ff. ') Für eine solche Verbindung könnte sprechen, daß in Wriezen eine frühgotische St. Lorenz-Kirche besteht (St. Laurentius in Köpenick). W. Hoppe, FBPG 43, 1930, Anm. 1. 8 ) K. H. Wels 1932, S. 253; 1933, S. lff. und 1932 (A), S. 92ff. 9 ) H. Ludat 1936, S. 48. ») H. Heibig 1953, S. 315/16. u ) K. H. Wels geht von zwei Voraussetzungen aus: 1. vor der deutschen Ostexpansion und Kolonisation bestand auf Barnim und Teltow ein ausgebildetes slawisches Straßensystem („So war das vorhandene Straßensystem für den raschen Erfolg der ostdeutschen Kolonisation von höchster Bedeutung", 1932, S. 245) und 2. die während

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Die frühgeschichtliche Bedeutung Köpenicks

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Damit soll in keiner Weise die Bedeutung des Köpenicker Spree-Dahmeüberganges in slawischer oder frühdeutscher Zeit herabgemindert werden, die bereits W. Hoppe 1 ) betonte und die auch K. H. Mündt2) unterstrichen hat. Demgegenüber hat der Berliner Spreeübergang vor dem 13. Jh. keine oder nur eine sehr geringe Rolle gespielt.3) Die Ursachen für dieses Zurücktreten des von Natur aus sehr günstigen Berliner Passes sind in den oben dargelegten Siedlungs- und Stammesverhältnissen zu sehen, die auch die Grundlage für die Wegeführung bildeten. 3. D I E Ä L T E R S L A W I S C H E N B U R G A N L A G E N U N D I H R E

PROBLEME

Wir können somit folgende Faktoren erkennen, die die Bewohner des Zpriauuanergaues im 8. oder frühen 9. Jh. wahrscheinlich veranlaßt haben, in Köpenick eine Burganlage zu errichten. Erstens die günstige Lage des Ortes im Siedlungsgebiet der Zpriauuaner; zweitens seine günstige Lage im Flußgebiet der Dahme und Spree, wodurch die Möglichkeit geboten war, den Fluß verkehr zu beherrschen und beide Flüsse hier zu überschreiten; drittens die günstigen topographischen Verhältnisse im Bereich der Dahmemündung. dieser Zeit angelegten Orte ordneten sich in das bestehende Straßensystem ein (1932, S. 248). („Bei ausgesprochener Orientierung des Ortsplanes ist bestimmt die Straße das primäre Moment, mindestens aber gleichzeitig mit dem Ort entstanden", 1933, S. 28/29). Da die Orientierung der Anger- und Straßendörfer in Barnim und Teltow in vielen Fällen nicht mit der Richtung des Berliner Fernstraßensystems übereinstimmt, folgert K. H. Wels: „Es muß demnach möglich sein, aus den Widcrpsrüchen zwischen dem historischen Straßensystem und den Siedlungsanlagen ein vorhistorisches Wegenetz mit ältesten Ortsanlagen zu erstellen und die damaligen Verkehrsmittelpunkte festzustellen" (1932, S. 250). Die erste Voraussetzung — slawisches Straßensystem auf Teltow und Barnim — ist nach den vorausgeschickten Erörterungen über Siedlungsverteilung und Lage der slawischen Zentren zweifelhaft. Die zweite Voraussetzung ist nicht unbestritten, H. Mündt (1932, S. 29): „. . . auf keinen Fall aber ist die Straße das Primäre, das Dorf das Sekundäre". „Auffallend ist auch, daß viele sehr alte Wege an den Gemarkungsgrenzen der Dörfer entlang gehen, also zwischen den Siedlungen hindurch, ohne sie zu berühren" (S. 29). Ebenfalls sah A. Henning, Die Dorfformen Sachsens, Mitt. d. Vereins f. sächs. Volkskunde 1912, einen Gegensatz zwischen Verkehrs- und Wohnstraßen. W. Görich kommt für das Fuldaer Land zu der Schlußfolgerung: „denn schließlich suchen die Siedlungen, soweit nicht anderer Standort auf höheren Zwang weist, ebenso das Wasser und scheuen wohl schon aus Sicherheitsgründen zumeist die Durchgangswege . . .". „Insgesamt aber ergibt sich auch im Fulderland . . . , daß wir mit den übrigen Straßen, die in den Tälern oder quer durch Gelände auf ausgesprochenen Ortsverbindungen verlaufen und entscheidend vom hochmittelalterlichen Städte- wie Burgenwesen beeinflußt erscheinen, für die Frühzeit kaum mehr zu rechnen brauchen" (Germania 33, 1955, S. 80). Dagegen W. Gley (1926, S. 883".) „Das Angerdorf läßt sich meines Erachtens ungezwungen nur dann erklären, wenn man es als eine Form auffaßt, die den Dorfplatz zweckmäßig der Längserstreckung der Straße anpaßt". Selbst wenn man dem zustimmt, ergibt sich aus der Erstreckung des Angers nicht die Berechtigung, die Richtung einer Fernstraße abzuleiten. Die methodische Grundlage von Wels ist also im höchsten Grade zweifelhaft. Die damit erzielten Ergebnisse werden vollends unwahrscheinlich, sobald man sich den Verlauf der erschlossenen Fernstraßen ansieht. Sie folgen jeder Krümmung eines Baches — für Fernstraßen zumindest ungewöhnlich. Betrachtet man die von Wels als Beweis herangezogenen Ortslagen, so ergibt sich, daß diese nach ganz anderen Gesichtspunkten als denen einer evtl. schon vorhandenen Fernstraße orientiert sind (vgl. dazu auch B. Schulze 1937, S. 54ff.). Die Orte, deren Orientierung K. H.Wels für die Rekonstruktion seines Köpenicker Straßennetzes heranzieht, sind in ihrer Lage eindeutig von Geländegegebenheiten bestimmt. Sie folgen in ihrer Anlage dem Tal- bzw. Niederungsrand, Bachläufen, Fließen, Seeufern usw. In einigen Fällen ist deutlich zu erkennen, daß sie aus einer Zeile am Niederungsrand entstanden sind (Kl. Schönebeck, Vogelsdorf). In Barnim ist bei den von Wels als Beweis für sein Köpenicker Straßensystem angeführten Orten nicht ohne weiteres die Ursache für die Ausrichtung bei Neuenhagen zu erkennen (Nyenhove 1375), im Teltow gilt das für Buckow, Marienfelde, Bohnsdorf und Klein-Beeren. Wir wenden uns mit unseren Ausführungen nicht dagegen, daß zwischen den Orten des Barnim und Teltow die von Wels angeführten Verbindungen bestanden haben, abzulehnen ist jedoch die Verknüpfung derartiger mittelalterlicher Ortsverbindungen zu einem auf Köpenick orientierten Straßennetz in slawischer Zeit! !) W. Hoppe, Die Quitzows und ihre Zeit, FBPG. 43, 1930, S. 36, Anm. 1). 2 3

) H. Mündt 1932, S. 118 „Zur Wendenzeit ging die Straße vom Teltow zum Barnim allein über Köpenick". ) Dagegen B. Schulze 1937, S. 54ff. Seine Voraussetzungen sind zum Teil unzutreffend. Eine slawische „terra" Teltow ist historisch nicht nachgewiesen und vom archäologischen Material her unmöglich. Die angenommenen Burgen von Albrechts Theerofen oder Kohlhasenbrück (He Nr. 316) haben weder in slawischer noch in frühdeutscher Zeit bestanden. Der Versuch, eine bedeutende Stellung Berlins im frühgeschichtlichen Straßensystem nach Spandau und Köpenick nachzuweisen, muß daher als nicht gelungen angesehen werden. Einen Berliner burgengeschützten Paß vor dem 15. J h . (H. Heibig, Jb.f. Gesch. d. dt. Ostens Bd. 1, 1952, S. 47) hat es wohl nie gegeben. Eine Burg, ist in Berlin weder durch schriftliche Überlieferung noch mit siedlungskundlichen oder archäologischen Methoden nachzuweisen gewesen.

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Diese Burg, die um 825 bestanden hat, war nur durch einen schwachen Wall von etwa 1 —1,5 m Stärke befestigt. Die Höhe der Wehrmauer kann unter diesen Bedingungen nicht sehr beträchtlich gewesen sein. Wie die nur bruchstückhaften Grabungsergebnisse zu zeigen scheinen, ist diese Burg nicht allzu stark besiedelt gewesen. Kleine, schwach befestigte Burganlagen dieser Art mit nur verhältnismäßig geringer Besiedlung sind in Brandenburg häufiger anzutreffen. In Havelberg stellt W. Böhm am kleinen Burgwall 1 ) eine nur etwa 1,50 m breite Holz-Erdemauer fest. 2 ) In der freigelegten Innenfläche hatten einige Rundhütten gestanden. Die Burgwälle von Bamme oder Hohennauen, Kr. Rathenow (He Nr. 354, 360), Leegebruch. Kr. Oranienburg (He Nr. 284), evtl. Ihlow, Kr. Jüterbog (He Nr. 102), weisen die gleichen Merkmale auf. Ihre Größe und die schwache Ausbildung der Wallmauer, die wir aus dem heutigen Zustand erschließen können, entsprechen der Köpenicker Anlage. Ausgrabungen, die in Bamme, Hohennauen und Leegebruch durchgeführt worden sind, sowie zufällige Beobachtungen ließen keine oder nur eine schwache Kulturschicht erkennen. Die Keramik aus diesen Burgen ist — abgesehen von der aus dem Havelberger Burgwall — zumeist unverziert, nur sehr selten zeigt sie das slawische Wellen- oder Kammstrichornament. Doppelkonische Gefäßformen oder Gefäße mit eingezogener und verzierter oberer Wandung, die das keramische Inventar der mittelslawischen Burgwälle zumeist bestimmen, fehlen in diesen Burgen bis auf Havelberg. Offenbar handelt es sich also in den genannten Fällen nicht um einige zufällige Übereinstimmungen, sondern um eine Reihe von gemeinsamen Merkmalen. Diese gestatten uns die Zusammenfassung der genannten Burgwälle zu einer Gruppe, deren Keramik für eine frühe Entwicklungsstufe charakteristisch ist. Durch die Datierung der Köpenicker Burg in die Zeit spätestens um 825 ergibt sich die Möglichkeit, in den Burgwällen dieser Gruppe eine frühe slawische Burgenform in Brandenburg zu sehen. Die Burgen dieser Art sind in ihrer Verbreitung auf Westbrandenburg beschränkt. Im Bezirk Frankfurt/O., also östlich von Köpenick, konnten sie bisher nicht festgestellt werden. Es soll hier nicht versucht werden, Deutungsmöglichkeiten dieser frühen Burgengruppen zu erörtern, zumal die Köpenicker Grabung dazu nicht wesentlich beigetragen hat. Die Schwäche der Wallmauer und die anscheinend nur wenig ausgeprägte Innenbesiedlung der Köpenicker Burg B stehen jedoch offenbar im direkten Zusammenhang mit der noch unentwickelten Wirtschaft und Gesellschaft des Zpriauuanerstammes. Seine Siedlungen lagen in den wasserreichen Niederungen und Talsandgebieten des Berliner Urstromtales und des Dahme-Nottegebietes. Der Talsand bietet zwar Möglichkeiten für den Bodenbau, zeichnet sich jedoch nicht durch besonderen Ertragsreichtum aus. Etwas günstiger sind die Bodenverhältnisse im Dahme-Nottegebiet. Möglicherweise sind deshalb gerade hier die Siedlungen des Stammes konzentriert gewesen. Im großen und ganzen aber werden wir uns das Stammesgebiet als ein Waldgebiet mit einzelnen Lichtungen 3 ) vorzustellen haben, in denen kleine weilerartige Siedlungen lagen. 4 ) Fischfang und Jagd haben neben Bodenbau und Viehzucht eine große Rolle gespielt. In älterslawischer Zeit wurde in Köpenick der Fleischbedarf zu einem hohen Prozentsatz durch die Erträge der Jagd gedeckt (59,3 Prozent Haustiere:40,7 Prozent !) P. Grimm 1958, Nr. 859. 2 ) W. Böhm 1937, S. 89ff,. S. 182 und Mitt. Heiligengrabe 15/16,1932/33, S. 76ff. Der Burgwall weist Keramik vom 9. bis zur Mitte des 11. Jh. auf. - W. Böhm 1937, Taf. 8 3 - 8 5 . 3 ) Vgl. zur slawischen Besiedlung und ihrem Verhältnis zum Wald jetzt H.-D. Krausch, Die Vegetationsverhältnisse Brandenburgs in slawischer Zeit. In: Märkische Heimat, Sonderheft 2, 1961, S. 50ff. (HoffmannFestschrift). Krausch bringt die slawische Besiedlung in Verbindung mit dem Stielleichen-Hainbuchenwald, den er auch für die Umgebung Köpenicks kartiert (S. 51). 4 ) Wie z. B. die bei Berlin-Mahlsdorf ausgegrabene mittelslawische Siedlung — R. Lehmann 1957, S. 177 ff. Die Pollenanalyse (vgl. Anhang) ergab für die Umgebung Köpenicks in älterslawischer Zeit eine vielfältige VValdbestockung. Vgl. auch die gleichartigen Ergebnisse von H.-H. Müller, zu denen er auf Grund der Faunenanalyse gelangt (s. S. 92). Eine starke Erlenwaldung in der Nähe des Burgwalles ergab die Pollenanalyse während der Grabung auf dem Pennigsberg bei'Mittenwalde. Daneben war die Kiefer mit 27,9 Prozent vertreten. Getreidepollen -wurden damals nicht festgestellt. — Akte Pennigsberg des Märkischen Museums.

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Wildanteil). In spätslawischer Zeit änderte sich dieses Verhältnis kaum (51,8:48,2) (vgl. H.-H. Müller, S. 91). Offenbar nimmt Köpenick dabei keine Sonderstellung im Spreegebiet ein. Auch in dem nur wenige Kilometer entfernten Kaulsdorf wurde in spätslawischer Zeit der Fleischbedarf fast zur Hälfte durch die Jagd gedeckt (Hirsch, Reh, Wildschwein). 1 ) Ein Vergleich dieser Verhältnisse mit denen im Gebiet der Wagrier in Ostholstein ist dazu recht aufschlußreich. In der älterslawischen Burg Giekau waren die Haustiere mit 89,2 Prozent gegenüber 10,8 Prozent Wildtiere vertreten und in der spätslawischen Fürstenburg Olsburg b. Plön war das Verhältnis sogar 97,7 Prozent Haustiere:2,37 Prozent Wildtiere. 2 ) Wir dürfen daraus den Schluß ziehen, daß zwischen beiden verglichenen Siedlungsräumen offenbar beträchtliche wirtschaftliche Unterschiede bestanden haben. Das Köpenicker Gebiet macht dabei einen wirtschaftlich weniger entwickelten Eindruck. Wie die Erwähnung des Honigzehnten 965 zeigt 3 ), nahm die Zeidelwirtschaft seit ältesten Zeiten ihren Platz ein.4) Auf dieser wirtschaftlichen Grundlage dürfen wir keinen allzu kräftigen Stammesvorort erwarten. Bei den anderen Burgen der frühen Gruppe in Brandenburg liegen häufig offene Siedlungen, die wenigstens teilweise gleichzeitig mit den Burgen bestanden haben müssen. I n Köpenick war das nicht der Fall. Weder im Bereich der Schloßinsel noch auf dem Gelände der Altstadt ließen sich Hinweise auf eine solche Siedlung feststellen. Die Burg B wurde nach dem archäologischen Befund spätestens um 925 durch eine Brandkatastrophe zerstört. Dieser Brand kann zufällig oder im Gefolge einer feindlichen Belagerung oder Eroberung ausgebrochen sein. Um 928/29 zog Heinrich I. erstmals ins Havelland und unterwarf das Hevellergebiet. In den folgenden Jahren fanden wiederholt Kriegszüge statt, die unter Otto I. zur völligen Niederwerfung der slawischen Stämme bis zur Oder und im Jahre 948 zur Gründung des Bistums Brandenburg führten. Bei diesen Kämpfen kann natürlich auch die erste Köpenicker Burg eingenommen und zerstört worden sein. Eine Entscheidung darüber ist nicht mit Sicherheit zu treffen. Da die Erbauung der zweiten älterslawischen Burg C eher schon im ersten Viertel des 10. J h . als in der Mitte oder am Ende des zweiten Viertels des Jahrhunderts begonnen wurde, ist eine Eroberung der Burg B durch ein deutsches Heer allerdings nicht sehr wahrscheinlich. Die Existenz der zweiten Burg etwa zwischen 925 und 980/1000 rückt eine andere Frage in den Vordergrund. Spätestens seit 948 wurde das Köpenicker Gebiet deutscherseits als unterworfen betrachtet und zum Bistum Brandenburg gerechnet, d. h., es stand in irgendeiner Form unter der Herrschaft des deutschen Feudalstaates. Die Verleihung des Honigzehnten 965 zeigt, daß offenbar reale Möglichkeiten zur Eintreibung von Tributen bestanden haben. Welche Stellung nahm die Köpenicker Burg C in dieser Zeit und unter diesen Bedingungen ein? Aus Westbrandenburg kennen wir eine Vielzahl von Burganlagen, die ganz ähnliche Form, Größe und Lage wie die Köpenicker aufweisen. Sie waren teils Sitze des deutschen Feudaladels im unterworfenen slawischen Gebiet geworden; in den Urkunden treten sie uns als „burgwardia" oder „civitates" entgegen. Häufig sind sie zu zweiteiligen Burganlagen ausgebaut worden. 5 ) Östlich der Havel, genauer östlich von Potsdam, kennen wir jedoch vor 983 nicht einen einzigen namentlich erwähnten Burgwardort im Brandenburger Bistum. Das ist zumindest auffallend. Da sich auch in der Geschichte der zweiten Köpenicker Burg und im archäologischen Material nicht der geringste Hinweis auf einen deutschen Einfluß x

) Der Fischfang, obwohl die Siedlung in Mahlsdorf nur an einem kleinen Bach lag, spielte eine Rolle (O.-F. Gandert 1958, S. 11). ) H. Jankuhn 1956, S. 118. 3 ) MG DD IO, 303. 4 ) Noch im Landbuch aus dem Jahre 1375 heißt es von Schmöckwitz, bei dem das Fortbestehen aus slawischer Zeit (K. Hohmann, Jb. f. brandenburgische Landesgeschichte 11, 1960, S. 68) sehr wahrscheinlich ist: „Smewitz hat keine Hufen, sondern Fischer mit 15 Hausstellen . . . Wilke, der Schulze und einige andere halten Bienen in der Markgrafen- und Köpenicker Bürgerheide. Sie geben zusammen zwei Töpfe Honig" (Landbuch 1940, S. 101/102). Ähnlich war die Lage in Zeuthen: Fischer, die nebenbei Ackerbau und Zeidelwirtschaft betrieben (S. 102). 5 ) J. Herrmann 1960, S. 71 ff.; J. Herrmann und R. Hoffmann 1959, S. 294fiF. 2

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gefunden hat, dürfen wir das vielleicht so deuten, daß auch diese zweite Öurg noch Sitz eines Stammesfürsten der Zpriauuaner gewesen ist, der in Abhängigkeit von Brandenburg gestanden hat und der vielleicht unter der Androhung von Strafexpeditionen zur Abführung bestimmter Abgaben, mit Sicherheit des Honigzehnten an Magdeburg, gezwungen war. Daß der slawische Adel auf derartige Bedingungen einzugehen bereit war, wird uns in anderem Zusammenhang geschildert. 1 ) Mehr als eine solche Form der Unterwerfung für unseren Waldgau Zpriauuani im 10. J h . anzunehmen, besteht kaum Veranlassung. 2 )

4. D I E S P Ä T S L A W I S C H E A N L A G E D U N D M Ö G L I C H E FÜR IHRE

URSACHEN

ENTSTEHUNG

Ein entscheidender Einschnitt in der Geschichte der Köpenicker Siedlung vollzog sich um oder kurz vor der Jahrtausendwende. An Stelle der zerstörten Burg C wurde die weitaus größere Anlage D (230 x 6 0 m Durchmesser) errichtet. Es lassen sich mehrere mögliche Ursachen erwägen, die zu diesen Veränderungen geführt haben. Es ist denkbar, daß der Köpenicker Vorort in der zweiten Hälfte des 10. Jh. so große Bedeutung erlangt hatte, daß die kleine Burg nach der Abschüttelung der deutschen Herrschaft um 983 den Bedürfnissen des Stammes der Zpriauuani und den Ansprüchen seines Herrschers nicht mehr genügte. Ihre Zerstörung durch Feuer hätte Anlaß gegeben, sie zu vergrößern. Die günstige Lage läßt eine solche selbständige Entwicklung auch in Köpenick erwägenswert erscheinen, zumal dieser Vorgang in anderen Gebieten ebenfalls stattfand. 3 ) Gegen eine solche Entwicklung in Köpenick ist geltend zu machen, daß wir vor der Errichtung der Anlage D keine Hinweise auf die Entstehung einer Vorburgsiedlung oder einer Siedlungskonzentration um die bestehende Burg erkennen können, wie das in den anderen Zentren dieser Zeit stattgefunden hat. 4 ) Die Untersuchung der Pollenproben aus den Schichten des Burggrabens der Burg C hat in den oberen Schichten nur einen sehr kleinen Anteil der Getreidepollen ergeben, wir können keine Ausweitung des Gefildes in der Endphase der Burg C erkennen. Erst nach der Errichtung der großen Anlage D muß — folgen wir den Ergebnissen der Pollenanalyse — eine größere Rodungstätigkeit und eine Ausdehnung der mit Getreide bebauten Felder (Roggen und Weizen) eingesetzt haben. 5 ) Wir können also keine Kontinuität in der Entwicklung erkennen, die das Auftreten der großen Anlage um 1000 bedingt haben könnte. 6 ) Auffallend ist weiterhin, daß aus dem gesamten Zpriauuanergebiet aus dem 10. und 11. Jh. nur ein einziger Schatzfund vorhanden ist 7 ), während wir aus dem Hevellergebiet vergleichsweise nahezu zwei Dutzend solcher Funde kennen. Mit einer Fundlücke kann man das weitgehende Fehlen dieser Fundkategorie schwerlich erklären, zumal aus dem benachbarten Oderraum wieder Schatzfunde vorliegen.8) Zusammengesehen mit dem, was sich über die wirtschaft-

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') 8 )

955 erschien eine Gesandtschaft der verbündeten nördlichen Slawenstämme bei Otto, die Tributzahlung anbot, wenn ihnen der Friede und die Selbständigkeit erhalten blieben (Widukind 111/53). Daraufging Otto nicht ein. F. Curschmann 1906, S. 29. Als tatsächlich unterworfen betrachtet er die Gaue Moraciani, Cieruisti, Ploni nnd Heveldun. „Was jenseits davon lag, war slavisches Land, in dem die deutschen Könige wohl siegreiche Schlachten schlugen, von dem sie auch gewisse Tribute erhielten, in dem sie aber nicht herrschen konnten". J. Herrmann 1960, S. 54ff. Die der Schloßinsel zunächst gelegene älterslawische Siedlung befand sich westlich der Dahme — 600 m s. der Burg, auf dem sogenannten Vollkropp (E. Friedel, Z. f. E. 1872, S. 246; derselbe 1880, S. 63) (Abb. 35/39). Die im ehem. Staatl. Mus. f. Vorgeschichte erhaltenen wenigen Funde (Kat. 291—315) gehören meist zu doppelkonischen Gefäßen mit nach innen eingezogener oberer Wandung. Demzufolge hat diese Siedlung zur Zeit der Burg C bestanden. Vgl. den Beitrag von H. Jacob im Anhang. Entgegen etwa den Verhältnissen auf dem Pennigsberg bei Mittenwalde (He Hr. 127), wo die älterslawische Siedlung sich allmählich ausdehnte und in spätslawischer Zeit schließlich befestigt wurde. Ein Fund mit einer Münze ist aus Grünau bekannt. Er gehört in das 11. Jh. — H. A. Knorr 1937, S. 11. H. A. Knorr 1937, S. 34; A. Suhle 1936, S. 14ff.

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liehe Lage des Zpriauuanerstammes sagen ließ, müssen wir zu dem Schluß gelangen, daß das Spreegebiet im Vergleich zu den benachbarten Siedlungsgebieten wirtschaftlich wenig entwickelt gewesen ist. Eine autochthone Ausbildung der Köpenicker spätslawischen Anlage D ist auf Grund dieser Tatsachen und Überlegungen nicht sehr wahrscheinlich. Wir haben daher eine weitere Möglichkeit, die zur Errichtung der spätslawischen Anlage D geführt haben kann, zu erörtern: das Eindringen eines fremdstämmigen Eroberers, der die kleine Burg zerstörte, ihre günstige Lage jedoch bei der Errichtung einer neuen Befestigung beibehielt. Ein solcher Eroberer könnte aus dem Westen gekommen sein. Der deutsche Feudaladel scheidet nach der Niederlage, die er 983 östlich der Elbe erlitten hatte, aus. Nach dem Aufstand von 983 waren die Heveller wieder unabhängig geworden, und es wäre denkbar, daß ihr Herrscher auch eine zeitweilige Oberhoheit über den Zpriauuanergau ausgeübt hat. Gegen diese Annahme spricht jedoch, daß die große Köpenicker Anlage eher kurz vor der Jahrtausendwende erbaut wurde, also schon zu einer Zeit, als der Kampf zwischen Otto I I I . und Lutizen um Brandenburg durchaus noch nicht entschieden war. 1 ) Unter diesen Bedingungen aber konnte von dieser Seite her kaum ein Unternehmen gegen das Spreegebiet und Köpenick erfolgen. In den Kämpfen um Brandenburg 991 — 992 erfahren wir zum ersten Male vom Auftreten einer anderen kräftig aufstrebenden Macht in der Mittelmark: Der Staat der polnischen Piasten hatte sich unter Mieszko I. konsolidiert und ging unter Boleslaw Chrobry (992—1025) einer ersten Blüte entgegen. Der Expansionsdrang dieses jungen Feudalstaates war einerseits nach Osten, im bedeutenden Maße jedoch nach Westen in die odernahen Slawengebiete und die Lausitz gerichtet. Dabei kam es zur Zeit Otto I I I . zu einer Reihe von gemeinsamen Unternehmungen deutscher und polnischer Heere, zunächst wohl gegen die Lausitz 2 ), in den Jahren 991 und 992 jedoch auch gegen Brandenburg. 3 ) Polen nahm an der mittleren Oder in dieser Zeit höchstwahrscheinlich das Land Lebus in Besitz. 4 ) In diesem Zusammenhang ist für uns der westlich der Oder gelegene Lebuser Landesteil von Bedeutung. Die Grenzen dieses Landes sind erst aus dem Jahre 1249 überliefert 5 ), nachdem bereits zuvor Grenzstreitigkeiterl zwischen den Bistümern Brandenburg und Lebus stattgefunden hatten. 6 ) Der westlichste Punkt des Lebuser Gebietes lag in Prelauki, ein heute nicht mehr vorhandener Ort in der Gegend von Hangelsberg oder Erkner (vgl. S. 57). Das Land Lebus reichte also noch in der Mitte des 13. J h . bis nahe an Köpenick heran und umfaßte noch in dieser Zeit einen Teil des ehemaligen Stammesgebietes der Zpriauuaner. Diese Grenzziehung ist jedoch zweifellos bereits das Ergebnis längerer Machtkämpfe zwischen den polnischen oder schlesischen Herrschern von Lebus und den Markgrafen von Meißen und Brandenburg sowie dem Magdeburger Erzbischof. 7 ) Wenn trotz dieser Kämpfe Lebus noch bis vor die Tore Köpenicks reichte, so unterstreicht das nachdrücklich, welchen Einfluß Lebus ehemals auf das Spreegebiet ausgeübt haben muß. Für die polnische Expansion in der Mittelmark führte der gerade Weg von Lebus über Köpenick nach Westen. Es darf daher vermutet werden, daß die polnischen Heere 991 — 992 diesen Weg über Arensdorf-Köpenick gegen Brandenburg gezogen sind, um an dessen Belagerung teilzunehmen. Bei dieser Gelegenheit könnte Polen die kleine Burg erorbert und den Platz in Besitz genommen haben. Wenn wir in Köpenick oder im Spreegebiet an der !) ) 3 ) 4 )

H. Krabbo 1910, S. 30f. W. Brüske 1952, S. 45ff. Ann. Hildesheimenses MG SS in usum scholarum. Hannover 1878, S. 25. H. Ludat 1942, S. 5. W. Unverzagt 1942, S. 280. Die mittelslawische Volksburg wurde um 1000 zerstört und durch eine spätslawische Wehranlage ersetzt (W. Unverzagt 1941, S. 249). Vgl. zu den Oderburgen auch K. H. Marschalleck 1954, S. 41. J. Herrmann 1963. 5 ) R. A 24, 336, S. W. Wohlbrück 1829 (I), S. 33ff. G. Fischer 1936, S. 11. K. D. Lebus 1909, S. XXIII (W. Spatz.). F. Curschmann 1906, S. 208. 6 ) S. W. Wohlbrück 1829, S. 92; F. Curschmann 1906, S. 207 f. ') Über diese Kämpfe vgl. z. T. S. W. Wohlbrück 1829; O. Breitenbach 1980; H. Ludat 1942, S. 298ff. 2

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Jahrtausendwende mit dem Einfluß oder mit der Herrschaft einer größeren Macht zu rechnen haben, so kommt nach Lage der Dinge in erster Linie der über Lebus vorstoßende polnische Staat in Betracht. Im archäologischen Material waren diese Beziehungen zum Oderraum zu erkennen, ohne daß jedoch von einer Identität des archäologischen Materials in beiden Räumen gesprochen werden könnte. Der Typ dieser um 1000 errichteten Köpenicker Anlage ist durch die Ausgrabungen in großen Zügen bestimmt worden. Es handelt sich um ein wirtschaftliches Zentrum im Spreegebiet. Seine Errichtung führte, wie die Pollenanalyse gezeigt hat, gegenüber der älterslawischen Zeit zu einer bedeutenden Vergößerung der Getreideanbaufläche. Der Waldbestand, der in älterer Zeit ziemlich dicht und einheitlich gewesen war (Kiefer, Eiche, Birke, Buche, Erle am Wasser), wurde in dieser Zeit in der näheren Umgebung durch Rodung bedeutend gelichtet. Größere Getreidefelder aus Roggen und Weizen sowie Wiesenflächen entstanden in der Nähe. Die Wiederbe Waldung, die teilweise in den Pollenspektren 9—10 (Anfang 13. Jh.) einsetzt, und die in den oberen Spektren wieder zu höherer Baumpollendichte führt, steht wahrscheinlich mit der Zerstörung der Anlage nach Schicht D 3 um 1200 in Zusammenhang. Die Proben 9 und 10 sind unmittelbar über der Brandschicht dieser Zerstörung entnommen. Ihre Birken- und Erlengipfel, „die auf eine natürliche Wiederbewaldung der abgeholzten Flächen deuten" (vgl. H. Jacob, Anhang), zeigen uns daher den Rückgang der Feldwirtschaft um Köpenick nach dieser Katastrophe an. Außer Roggen und Weizen, deren Anbau in größerem Ausmaße nachgewiesen ist, wurde auch Hirse angebaut. 1 ) Ein großer Teil der Nahrung der Bewohner der Schloßinsel bestand aus Fischen (Barsch, Blei, Rapfen, Karpfen, Hecht und Stör). Insbesondere wiesen die Hechte und Karpfen beachtliche Längen, von 1 bis 1,5 m, auf. 2 ) Da im archäologischen Material keine Geräte und Werkzeuge gefunden wurden, die mit dem Fischfang mit Sicherheit in Zusammenhang zu bringen sind, muß die Möglichkeit erwogen werden, daß die Fischer der umliegenden Dörfer ihre Fänge als Abgaben nach Köpenick zu liefern hatten. In die gleiche Richtung deutet das Ergebnis von H.-H. Müller, der aus dem relativ hohen Anteil an Jungtierknochen die Schlußfolgerung zieht, „daß die Nachzucht bei den Haustieren — mit Ausnahme des Pferdes — innerhalb der Burg wohl nur in geringem Umfang durchgeführt wurde. Im Vordergrund stand die Fleischnutzung, wobei das zarte Fleisch der Jungtiere teilweise bevorzugt wurde" (vgl. H.-H. Müller, Anhang). Durch diese Beobachtungen erhebt sich die Frage, in welchem Umfang die Bewohner der Köpenicker Anlage in der Versorgung mit Lebensmitteln von den Leistungen oder Abgaben des umliegenden Zpriauuanergebietes abhängig waren, ohne daß das vorliegende Material eine sichere Beantwortung gestattet. In der Anlage siedelten sicherlich Handwerker, und zwar Töpfer, wie die scheibengedrehte Tonware und das Rohmaterial im Haus D 2 zeigten, und Metalhverker (Schlacken) (vgl. K.-F. Lüdemann, W. Schirmer, R. Ebert im Anhang). Der Fund eines griffelähnlichen Gerätes (Abb. 25, 26) findet im polnischen Material eine Parallele; 3 ) er scheint anzudeuten, daß in dieser Anlage auch schriftkundige Bewohner lebten. Weitere Einzelheiten der BeschaffenFrau Dr. M. Hopf, Röm.-Germ. Zentralmuseum Mainz, untersuchte freundlicherweise einen Samenabdruck, wofür hier bestens gedankt sei. Sie schreibt: „Aus dem mittelslawischen Gefäßboden von Berlin-Köpenick wurde ein Latex-Abdruck gewonnen, der eine völlig glatte Oberfläche aufweist, auf der rechten Seite in der oberen Hälfte eine schwache Furche — wie von einer übergreifenden Spelze —, dessen beide Enden zugespitzt sind und dessen Basis außerdem noch mit einem kurzen Stielchen versehen ist. Die Größe beträgt — mit Stielchen — 3,2 X 1,9 X 1,5 mm. Es dürfte sich um ein bespelztes Korn der Rispenhirse — Panicum miliaceum L. — handeln, für welche Brouwer (Brouwer, W. und Stählin, A.: Handbuch der Samenkunde, Frankfurt/M., 1955) rezent 2,8—3,2 X 1,9—2,2 X 1,0—1,8 mm angibt". 2 ) Herrn Dr. Deckert, Museum f. Naturkunde, Berlin, sei an dieser Stelle bestens für die Bestimmung der zahlreichen Fischschuppen und Fischgräten gedankt. 3 ) J. 2ak 1956, S. 379ff.

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heit dieser Siedlung waren nicht mehr zu erkennen. 1 ) Ähnliche spätslawische Anlagen wie in Köpenick finden wir vereinzelt noch in weiteren Teilen Brandenburgs. 2 ) Da sie im allgemeinen offenbar die handwerklichen und wirtschaftlichen Vororte der spätslawischen Zeit repräsentierten, sind sie als stadtähnliche Siedlungen bezeichnet worden.3) Ähnlich waren aber auch die polnischen Landeshauptburgen und die späteren Kastellaneien beschaffen. Sie hatten etwa die gleiche, Größenausdehnung wie Köpenick und nahmen eine ähnliche Lage ein. 4 ) Entstanden sind sie am Ende des 10. J h . im Verlauf des Ausbaues des polnischen Stammesstaates zum Territorialstaat. In diesen Siedlungen hatten neben Eerufskriegern und Angehörigen der Gefolgschaften gleichfalls Handwerker und wohl auch Händler ihren Sitz. 5 ) Im Vergleich zur deutschen Burgenentwicklung, die in dieser Zeit zur Ausbildung der kleineren Herrenburg auch als Herrschersitz führt und die Dienstleute und abhängige Handwerker in die offene oder befestigte Vorburgsiedlung verweist 6 ), wurde es im ostslawischen und polnischen und offenbar auch im elbslawischen Bereich üblich, die abhängigen Handwerker, Krieger usw. in die Burganlagen mit einzubeziehen. Auf diese Weise entstanden in jenen Orten große Anlagen, die im Osten die Bezeichnung Kreml erhielten. 7 ) Eine solche autochthone Entwicklung im Spreegau ist, wie wir gesehen haben, nicht erkennbar. Bei dem Interesse, das der sich nach Westen ausdehnende polnische Staat an dem Köpenicker Spreegebiet und seinem für den Flußverkehr wie für den Landverkehr gleichsam wichtigen und strategisch bedeutungsvollen Scheitelpunkt an der Spree-Dahmemündung haben mußte, ist es sehr wohl möglich, daß in der Zeit um 1000 bereits in Köpenick von polnischer Seite oder mit polnischer Hilfe eine Befestigung zur Sicherung des Verkehrsknotenpunktes und Tores nach dem Westen angelegt wurde. Diese Siedlung hat offenbar eine verhältnismäßig ruhige Entwicklung bis in die Mitte des 12. J h . genommen, da sich keine Spuren von Kämpfen oder Brandspuren fanden. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß während der innerpolitischen Machtkämpfe nach dem Tode Boleslaws Chrobrys Köpenick und das Spreegebiet eine relativ selbständige Stellung gegenüber dem polnischen Staat erlangen konnten. In der Zeit zwischen 1000 und 1150 vollzogen sich in den bedeutenden Zentren des slawischen Landes zwischen Elbe und Oder tiefgreifende Veränderungen in der Wirtschaft und Gesellschaft. Sie fanden u. a. ihren Ausdruck in der Anlage von geräumigen, dichtbesiedelten Vorburgsiedlungen neben den bestehenden Burgen (z. B . Suburbium Parduin 8 ), BehrenLübchin 9 ), Altruppin 10 ), Alt-Lübeck. 11 )) In den bedeutendsten Orten des polnischen Landes ist diese Entwicklung heute schon recht gut erforscht. 12 ) *) In der Nähe von Köpenick, bei Kaulsdorf, ist von G. Behm (PZ 1941/42, S. 280ff.) eine spätslawische Dorfsiedlung ausgegraben worden. Ein Vergleich der Siedlungsintensität in Kaulsdorf und Köpenick hebt die Sonderstellung des letzten gleichfalls eindrucksvoll hervor. 2 ) J . Herrmann 1960, S. 54. 3 ) Brandenburg; Wusterhausen/Dosse; Altruppin; Havelberg; Spandau. 4 ) Kastellaneien im Odergebiet: Lebus (1254 Castelanus Lubucensis Pribislaus — Wohlbrück 1829, S. 72); Schiedlo (1232 - Wohlbrück 1829, S. 103f.); Crossen (1243, ebenda, S. 117); Santok (Zantoch) (W. Unverzagt 1936, S. 133) u. a. — Vgl. H. Uhtenwoldt 1938, S. 74ff. Bei ausgesprochenen Grenzburgen wie Striegau (G. Bersu 1930) konnte die Besiedlung offenbar nur auf Krieger beschränkt bleiben, die in Unterkünften unmittelbar hinter der Wehrmauer mit ihren Familien wohnten. In den Landesmittelpunkten hingegen finden wir durchweg eine starke Innenbesiedlung über die ganze Burgfläche, die sich in Zantoch z. B. an die kasemattenartigen Bauten hinter dem Wall anlehnte. 5 ) Vgl. W. Holubowicz zu Opole 1956; W. Hensel 1956; deutsch zusammenfassend H. Ludat 1955. 6 ) Man vergleiche die Pfalzen Tilleda oder Werla des 10. —11. Jh. — P. Grimm 1958, S. 125ff.; derselbe, Stand und Aufgaben der archäologischen Pfalzenforschung in den Bezirken Halle und Magdeburg. Deutsche Akademie der Wissenschaften, Vorträge und Schriften H. 71, Berlin 1961, S. 29; C. Schuchhardt 1931, S. 219ff. ') Vgl. zu den Ostslawen u. a. P. A. Rappoport 1956; M. K. Karger Drevni Kiev, Moskwa 1958; J . Herrmann 1959 (A). 8 ) E. Müller-Mertens 1955/56, S. 192ff.; B. Krüger 1962. 9 ) W. Unverzagt u. E. Schuldt 1958, S. 564ff.; E. Schuldt 1960, S. 189ff. 10 ) J . Herrmann 1960, S. 55. u ) W. Neugebauer 1959, S. 11 ff. 12 ) W. Hensel 1959, S. 34ff., bes. S. 40ff.; H. Ludat 1955. 5

Herrmann, Köpenick

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Köpenick dagegen entwickelte sich, trotz seiner günstigen Lage, nicht auf diesem Wege. Die Münzprägung, die in der Mitte des 12. J h . unter J a x a (vgl. folgenden Abschnitt) wohl für kurze Zeit durchgeführt wurde, dürfte in erster Linie durch die Lage Köpenicks an dem bedeutenden polnisch-deutschen Handelsweg von Magdeburg über Brandenburg und Lebus nach Posen angeregt worden sein (vgl. S. 58). In Köpenick kreuzten diesen Weg mehrere Verkehrswege von brandenburgischer Lokalbedeutung. An einem solchen Kreuzungspunkt, den Köpenick für die östliche Mark Brandenburg darstellte, konnte sich unter Umständen auch ein gewisses Marktleben entwickeln. 1 ) So ist die bemalte Keramik aus Schicht D 2 der Köpenicker Anlage ohne Zweifel als westlicher Import anzusehen. Diese Verhältnisse blieben jedoch so unentwickelt, daß sie in den archäologisch erfaßbaren Siedlungsverhältnissen in Köpenick keinen sichtbaren Niederschlag gefunden haben. 2 )

5. K Ö P E N I K

I M 12. J A H R H U N D E R T

U N D DAS

JAXA-PROBLEM

Erhöhte politische Bedeutung mußte Köpenick mit dem Wiedererstarken des polnischen Staates und der Gründung des Bistums Lebus in der ersten Hälfte des 12. J h . unter Boleslaw Schiefmund 3 ) sowie mit der deutschen Ostexpansion seit der Mitte des 12. J h . gewinnen. Damit wenden wir uns dem Problemkreis um die Stellung Köpenicks in der Mitte des 12. J h . und den Knes J a x a von Köpenick zu. Die archäologische Untersuchung stellte in Köpenick für die Mitte des 12. J h . das Fortbestehen jener um 1000 gegründeten großen Anlage auf der Schloßinsel fest, in der sich etwa in der Mitte des 12. Jh. Umbauten vollzogen (Übergang Schicht D 2 zu D 3 ). Gleichzeitig begann in der zweiten Hälfte des 12. J h . das Auftreten frühdeutscher Keramik in den spätslawischen Schichten; gleichfalls unter westbrandenburgischem beziehungsweise deutschem Einfluß ist die Errichtung eines Fachwerkbaues in dieser Zeit geschehen. Aus der Mitte des 12. J h . sind eine Reihe von Münzen, insgesamt sieben Typen bekannt geworden, die folgende Umschriften tragen 4 ): J A - KZA - Coptnik C - NEV; JAC - K E S ; JACZA DE COPNIK; JACZA DECOPNIC; JACZO DE COPNINC D E N E R A I I . Bis auf die Münze Bahrfeld Nr. 6, die sicher einem Magdeburger Moritzpfennig nachgeahmt ist, weisen die übrigen Münzen eine eigene Darstellung, vielfach wohl sicher die des Fürsten J a x a selbst, auf. 5 ) Die Ausprägung dieser Münzen ist unter dem Einfluß der Magdeburger Pfennige erfolgt. Die Gepräge weisen weiterhin große Ähnlichkeit mit den Münzen des Pribislaw-Heinrich von Brandenburg kurz vor der Mitte des 12. J h . auf. 6 ) Aus der Aufschrift der Gepräge ist zu erschließen, daß in „Copnic" in der zweiten Hälfte des 12. J h . ein slawischer Fürst, ein Knes residierte 7 ), der auf Grund des Palmenzweiges und anderer christlicher Symbole auf seinen Münzen Christ gewesen ist. 8 ) Seit der Untersuchung von H. Ludat gilt es als sehr wahrscheinlich, daß dieser J a x a in Köpenick bei Berlin seinen Sitz hatte. Als Herrschaftsgebiet E. Müller-Mertens 1955/56, S. 193. ) Die Annahme einer slawischen Vorburgsiedlung auf der Altstadtinsel in Köpenick durch W. Radig 1955, S. 64, ist durch die Ausgrabungen nicht bestätigt worden. 3 ) Vgl. H. Ludat, 1942, S. 249ff.; zwischen 1112 und 1133, vermutlich 1123/24, veranlaßte Boleslaw III. die Errichtung des Oderbistums. 4 ) E. Bahrfeld 1889, S. 62ff., Taf. I, 5 - 1 1 ; A. Suhle 1955, S. 49; H. Ludat 1936, S. 43ff. und Taf. I, mit älterer Literatur und Namenserklärung; J. Posvar 1958, S. 143ff.; B. Schulz 1957, S. 215ff. 5 ) A. Suhle 1955, S. 49. 6 ) H. Ludat 1936, S. 47. 7 ) Slavia occidentalis VIII, S. 118. 8 ) A. Suhle 1955, S. 49. Sobald man an der Identität des Jaxa der Münzen mit dem Jaxa tunc in Polonia principans festhält, besteht kein Grund zu der Annahme, daß Jaxa erst in Brandenburg Christ geworden sei (J. Schultze 1960, S. 147; ders. 1954, S. 17; J. Posvar 1960, S. 63ff.). 2

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betrachtet H. Ludat den alten Zpriauuanergau, der sich seiner Meinung nach aus Teltow und Barnim zusammensetzte. Dabei vermutete er eine Oberhoheit des Lebuser Herrschers über das Spreefürstentum. 1 ) Vor der Mitte des 12. J h . herrschten inBrandenburg gleichfalls ein slawischer Fürst Pribislaw, mit Taufnamen Heinrich, und seine Gattin Petrussa. 2 ) Diese rief nach dem Tode des Pribislaw um 1150 heimlich Albrecht den Bären in das Land der Heveller und übergab ihm die Brandenburg. 3 ) Das geschah gegen den Willen ihres Volkes. Nach dem Bericht des Chronisten zog nach kurzer Zeit Jaxa, ein naher Verwandter des Pribislaw, gegen Brandenburg, um sein Erbe in Besitz zu nehmen. Die Besatzung der Brandenburg öffnete ihm bei Nacht die Tore. Dieser J a x a wird als „in Polonia tunc principans" charakterisiert, und er rückte „cum exercitu Polonorum" vor Brandenburg. Im Jahre 1157 suchte Albrecht der Bär das Havelgebiet erneut heim, nahm nach langer Belagerung gemeinsam mit dem Erzbischof Wichmann von Magdeburg die Brandenburg am I i . Juni 1157 ein und nannte sich, ebenso wie sein Sohn, seit diesem Jahre Markgraf von Brandenburg. 4 ) H. Ludat hat nun die Hypothese aufgestellt, daß dieser J a x a mit dem von den Münzen bekannten Jakza von Köpenick identisch ist. 6 ) Die Wendung „in Polonia tunc principans" sucht er mit ungenauen Kenntnissen des Chronisten und möglicherweise lockerer polnischer Oberherrschaft von Lebus aus über Köpenick zu erklären. 6 ) Neuerdings hat J . Schultze verschiedentlich die Vermutung geäußert, daß J a x a als Teilnehmer des sogenannten Wendenkreuzzuges auf polnischer Seite 1147 Köpenick erobert habe. 7 ) Zu derartigen konkreten politischen Ereignissen kann man mit Hilfe archäologischer Methoden in diesem Falle nicht definitiv Stellung nehmen. Die archäologischen Quellen gestatten jedoch Erwägungen über den möglichen Verlauf der Ereignisse. 8 ) An dem Bestehen eines Fürsten- oder Knes-Sitzes in Köpenick dürfte auf Grund der Grabungsergebnisse kein Zweifel mehr bestehen. Entsprechend der im polnischen Bereich üblichen Beschaffenheit solcher Sitze umfaßte er die Schloßinsel in ihrer ganzen heutigen Ausdehnung. Eine separate kleine Herrenburg war in spätslawischer Zeit in Köpenick nicht vorhanden. Umstritten ist jedoch der Herrschaftsbereich des Köpenicker Fürsten. H. Ludat billigte ihm ein ausgedehntes Gebiet zu, das den Barnim und Teltow umfaßte. Hier gestatten die archäologischen Quellen eine eindeutige Stellungnahme. Gegenüber dem 9. und 10. J h . hatte keine feststellbare Ausweitung des ehemaligen Zpriauuanergebietes stattgefunden, die über die Spree-Dahmeaue und ihre Ränder hinausging. Barnim wie Teltow waren — wie schon im 10. J h . — weiterhin, wenigstens soweit sie an den Spreegau angrenzten, von Grenzwäldern eingenommen (Abb. 35). Wir werden mithin das tatsächliche Herrschaftsgebiet eines Fürsten von Köpenick auf das Gebiet an der unteren Dahme und Spree zu beschränken haben. Zu diesem Gebiet gehörte neben dem Vorort Köpenick wahrscheinlich noch die Burg auf dem Pennigsberg bei Mittenwalde und eine vermutete spätslawische Burganlage in Zossen. Die Zahl der Burgen hatte im ehemaligen Spreegau, ähnlich wie in anderen Landesteilen der spätslawischen Zeit, abgenommen zugunsten einiger neuerbauter großer Anlagen, die möglicherweise mit dem Ausbau fürstlicher Landesherrschaft in Verbindung standen. Burganlagen, die als Grenzburgen des Köpenicker !) H. Ludat 1936, S. 47 f. 2 ) M. G. SS X X V , 482ff. ; Krabbo Nr. 103; 141; J. Schultze 1954, S. lff. Über die Münzen der beiden A. Suhle 1955, S. 46; J. Posvar 1960, S. 63 ff. 3 4 ) Vgl. Krabbo 171, J. Schultze 1954, S. 5ff. ) J. Schultze 1954, S. 7. 5 ) H. Ludat 1936, S. 54. Soweit ich sehe, hat sich dagegen kein Widerspruch erhoben. Vgl. dagegen die frühere ablehnende Haltung von F. Curschmann 1906, S. 111, im Anschluß an G. Sello. 6 7 ) H. Ludat 1936, S. 52. ) J. Schultze 1954, S. 17; 1960, S. 13/14. s ) Im Falle von Köpenick deutet vielerlei darauf hin, daß es bereits seit älterer Zeit mit Lebus und dadurch mit Polen in Verbindung stand. Es bedurfte also wahrscheinlich nicht des Wendenkreuzzuges 1147, um Köpenick zu Polonia zu machen und einen christlichen Herrscher hier zu inthronisieren. Über eine eventuelle Verständigung zwischen Askaniern, Magdeburger Erzbischof und Polenherzögen 1147 in Kraschwitz über die Gestaltung der Verhältnisse in der Mittelmark besitzen wir keine sichere Kunde (Krabbo 156). Schultze sieht den Anlaß für die Zusammenkunft in Kraschwitz in dem Aufeinanderstoßen polnischer und deutscher Interessen in der Mittelmark - 1960, S. 13. 5*

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Herrschaftsbereichs angesehen werden könnten, fehlen gänzlich. Für einen selbständigen Fürsten J a x a bestand damit eine verhältnismäßig schmale Ausgangsbasis. Von der älteren Forschung wurde die Frage erörtert, ob Jaxas Herrschaftsbereich — noch unter der Vorstellung, daß er Barnim und Teltow umfaßte — in Abängigkeit von Pommern oder Lebus stand. 1 ) Diese Frage ist mit archäologischen Mitteln nicht eindeutig zu beantworten. Es ist jedoch für die Frage nicht ohne Bedeutung, daß sich zwischen Pommern, das zeitweilig die südliche Uckermark umfaßte, und dem Köpenicker Herrschaftsgebiet ein Waldsaum von 30 bis 40 km Tiefe befand. 2 ) Von pommerscher Seite wurde zwar in der südlichen Uckermark und möglicherweise auch am nördlichen Barnimrand in dieser Zeit mit der Kolonisierung begonnen, und einzelne Siedlungen wurden in das Waldmeer vorgeschoben, an dem natürlichen Grenzcharakter des Barnim aber änderte sich zunächst nichts Wesentliches. Das Bestehen der Grenzzone Barnim und das Fehlen jeglichen positiven Hinweises auf eine pommersche Machtausübung im Spreegebiet (Burgenbau u. a.) sprechen unbedingt gegen eine pommersche Herrschaft über das Köpenicker Gebiet. 3 ) Anders verhält es sich mit den Beziehungen zwischen Köpenick und Lebus. Am Anfang des 12. Jh. war Lebus fest in polnischer Hand. Zwischen 1112 und 1133 entstand das Lebuser Bistum. Es gehörte zum Erzbistum Gnesen und war unter Boleslaw I I I . wahrscheinlich um 1123/24 geschaffen worden, um die westlichen Slawenstämme zu missionieren und in den polnischen Staat mit einzubeziehen. 4 ) Wie wir bereits gesehen haben, reichte das Land Lebus trotz wettinischer und askanischer Eroberungszüge in der Mitte des 13. J h . noch bis in die Gegend von Köpenick. Im 11. bis 12. J h . wurde von den odernahen Lebuser Altsiedlungsgebieten aus eine Reihe von Siedlungen auf der Hochfläche angelegt, die archäologisch als spätslawische Fundstellen 5 ) bekannt sind (Abb. 35). Im 13. J h . ist dieser von den Piasten geförderte Kolonisationsvorgang auch in den Urkunden überliefert. 6 ) Das Bestreben Boleslaws, die Westgrenzen des polnischen Staates zu konsolidieren und auszudehnen sowie der beginnende Kolonisationsvorgang von Lebus aus mußten zwangsläufig den Blick eines Herrschers über Lebus auf das Spreegebiet lenken. Es ist daher unter diesen Gesichtspunkten sehr wahrscheinlich, daß der Herrscher in Köpenick im 12. J h . in Beziehungen zu Lebus stand oder geriet, deren Definition natürlich nicht mehr möglich ist. Auf dieser Grundlage sind die knappen Sätze des Heinrich von Antwerpen zu verstehen. Wenn es dort heißt, daß die Nachricht vom Tode Pribislaws und der Einnahme der Branden') Vgl. dazu zusammenfassend mit älterer Literatur H. Ludat 1936, S. 50ff. ) Die einzige spätslawische Siedlung im inneren Barnim hat sieh bisher bei Spitzmühle zwischen Bötz- und Fängersee (Abb. 35, Nr. 157) nachweisen lassen (vgl. K. H. Wels 1925). Für das Bestehen eines Burgwalles an dieser Stelle wurden von K. H. Wels weder Belege beigebracht, noch ließen sich während der Burgwallaufnahme im Bezirk Frankfurt/Oder irgendwelche Anhaltspunkte für einen Burgwall dort finden. Am nördlichen Barnimrand ist in Trampe (Nr. 87) eine spätslawische Siedlung und im 13. Jh. die Burg eines deutschen Adligen angelegt worden, während in Biesenthal auf dem Reiherberg wohl schon im 12. Jh. eine kleine Burganlage entstand, die im 13. Jh. von einer landesherrlichen Burg auf dem Schloßberg abgelöst wurde. 3 ) Die Mitteilung der Chronica Marchionum Brandenburgensium (FBPG 1, 1888, S. 121), daß 1230 Johann und Otto a domino Barnim die Länder Barnim und viele andere erhalten hätten, ist die einzige Stütze für diese Annahme. Wie H. Ludat nachgewiesen hat, kann jedoch daraus keine pommersche Oberhoheit über den Barnim abgeleitet werden (1936, S. 50 ff.). Der einzige Ausweg aus den zahlreichen Widersprüchen, die durch diese Quellenstelle hervorgerufen werden, scheint mit J. Schultze (1960, S. 19) in dem Beiseitelassen dieser Quelle zu bestehen, da sich wahrscheinlich der Chronist — verleitet durch die Namensgleichheit Barnim I. von Pommern und Barnim als Landschaftsname geirrt habe (vgl. auch J. Schultze 1960, S. 46). 4 ) H. Ludat 1942, S. 249 ff. 5 ) Sie sind bisher bereits in großer Anzahl auf dem Lebuser Hochland feststellbar, ganz im Gegensatz zu den Verhältnissen auf dem Barnim und Teltow. Insbesondere heben sich folgende Zentren heraus, von denen aus die Ansiedlung in spätslawischer Zeit offenbar erfolgte: an der Oder Lebus selbst, nördlich davon am Obertal das Gebiet um Platkow (1249 Platikow-castrum). Im NW um Buckow (1249 Castrum) und im Mittelteil um Arensdorf, dessen Burganlage in spätslawischer Zeit eine recht bedeutende Stellung eingenommen haben muß (J. Herrmann 1961). Daß es sich dabei erst um den Anfang des Besiedlungsvorganges der Lebuser Hochfläche handelte, dürfte außer Zweifel stehen. 6 ) Vgl. Wohlbrück 1829, I, S. 120f; Breitenbach 1890, S. 6; F. Schilling 1926, S. 81 und Karte 5. Sie enthält die slawischen Fundstellen nur sehr unvollständig und vermittelt dadurch ein nicht zutreffendes Bild; G. Fischer 1936, S. 52. 2

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bürg durch Albrecht den Bären 1150 „in auribus Jaczonis in Polonia tunc principantis" kam, spricht nichts dagegen, jenen Jaxa in Köpenick zu suchen. Und wenn Jaxa „cum magno exercitu Polonorum" gegen Brandenburg zog und es einnahm, so ist auch dieser Formulierung gegenüber übermäßige Skepsis nicht am Platze. Der in Köpenick ansässige Jaxa hat Münzen prägen lassen, die seinen Namen, seinen Titel und den Ortsnamen Köpenick in der Umschrift tragen. H. Ludat macht darauf aufmerksam, daß eine derartige Münzprägung eine relativ selbständige Stellung des Prägeherren voraussetzte, und er glaubte unter anderem aus diesem Grunde nur eine sehr lockere polnische

Oberhoheit über Köpenick annehmen zu dürfen.1) Die Ausgrabungen haben zu keinem Nachweis einer Münzprägung geführt. Bei der starken Zerstörung der Kulturschichten der Insel im 17./18. Jh. und der nur relativ kleinen aufgedeckten Fläche können wir aus dem negativen Befund jedoch keine Schlüsse ziehen. Das Verbreitungsbild der Münzen2) (Abb. 37) läßt Köpenick bei Berlin als Prägeort zu. Die Münzen selbst lehnen sich, wie wir 2

H. Ludat 1936, S. 53. ) Der Nachweis der Fundorte mit Jaxa-Münzen nach den Angaben von A. Suhle bei H. Ludat 1936, S. 49, Anm. 22b. Die Fundstellen 4. „Bei Freienwalde, Krs. Oberbarnim" und 5. „Gabow b. Freienwalde, Krs. Königsberg" sind evtl. identisch. Die Münzen aus der Umgebung von Freienwalde wurden durch v. Ledebur 1841 (Numismatische Zeitung 1842, Nr. 4, S. 23) ohne weitere Fundort-Angaben aus dem Besitz des Barons von Hackwitz vorgelegt. Ein Exemplar von „Gabow in der Nähe von Freienwalde" legte J. Friedlaender (Berliner Blätter für Münz-, Siegel- und Wappenkunde II, Berlin 1865, S. 87) vor. Gabow, obwohl damals im Kreise Königsberg/ Neumark, 33/4 Ml. von der Kreisstadt sw. gelegen (H. Rudolph, Vollständigstes geographisch-topographischstatistisches Ortslexikon von Deutschland Bd. 1, Weimar 1867, S. 1187), ist nur 2 km von Freienwalde, ehem. Kr. Oberbarnim entfert (heute Stadt und Kreis Bad Freienwalde, Ortslexikon der DDR 1958, S. 112). Es liegt also nahe, daß die unter verschiedenen bzw. ungenauen Fundortangaben vorgelegten Münzen auf ein und denselben Fund zurückgehen.

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JOACHIM HERRMANN

gesehen, haben, eng an die Pribislaw-Heinrich-Petrussa-Gepräge von Brandenburg und an die Magdeburger Moritzpfennige an. Die Beziehungen zum Westen, die darin deutlich werden, waren auch in dem keramischen Material und im Hausbau seit der zweiten Hälfte des 12. J h . zu beobachten. Für die Übereinstimmungen in den Münzgeprägen sind zwei Erklärungen möglich. Entweder hat J a x a Münzschneider aus dem Westen, möglicherweise sogar aus Brandenburg nach dessen Eroberung, nach Köpenick überführt. In diesem Falle überrascht die doch offenbar nur kurze Prägetätigkeit in Köpenick, obwohl die Siedlung bis an das Ende des 12. J h . bestanden hat. Oder J a x a veranlaßte die Fortführung der Münzprägung in Brandenburg nach der Einnahme dieses Ortes. Diese Annahme erklärt, warum die Köpenickmünzen nur kurze Zeit geprägt worden sind. Von numismatischer Seite hat neuerdings R. Gaettens auf die Möglichkeit hingewiesen, daß zwei Münzen des Michendorfer Fundes ohne Aufschrift von J a x a in Brandenburg geprägt sein können. 1 ) A. Suhle hat das abgelehnt, jedoch nicht mit numismatischen Argumenten, sondern mit der Begründung, daß Jaxa, als er Brandenburg eroberte, noch Heide gewesen sei. Das wiederum ist jedoch unwahrscheinlich.2) Aus den schriftlichen Quellen erfahren wir nicht den genauen Zeitpunkt, an dem J a x a Brandenburg einnahm. Er muß zwischen 1150 und 1157 gelegen haben. Im allgemeinen ist man geneigt, den Vorstoß Jaxas nach Brandenburg nach 1155, teilweise sogar erst in das Frühjahr 1157 zu setzen. 3 ) J . Schultze hat nachgewiesen, daß die Brandenburg für Albrecht und Otto als ehemalige Reichsburg eine große Bedeutung besaß. Sogleich nach der Eroberung Brandenburgs am 11. Juni 1157 nahmen in der ersten Urkunde am 3. Oktober 1157 beide den Ort in ihren Titel auf. 4 ) Dieser offenkundigen Bedeutung Brandenburgs für die askanische Territorialpolitik steht das Schweigen der Urkunden zwischen 1150 und 1157 entgegen. Aus dieser Zeit fehlt jede Verbindung Albrechts oder Ottos mit Brandenburg. 5 ) Bei der Annahme einer fünf- bis siebenjährigen Herrschaft Albrechts in Brandenburg vor dem Einzug Jaxas ist dieses Schweigen zumindest überraschend. Eine Entscheidung in dieser Frage ist freilich bisher nicht möglich gewesen. Wir dürfen den Ausführungen der bisherigen Forschung entnehmen, daß es keine Quellen gibt, die gegen eine sich auf mehrere Jahre erstreckende Herrschaft Jaxas in Brandenburg, die bald nach 1150 begonnen haben kann, sprechen; im gleichen Maße fehlen die direkten Belege für eine Herrschaft Albrechts in Brandenburg bis 1155 oder gar bis 1157, nachdem J . Schultze nachgewiesen hat, daß sich Brandenburg im Markgrafentitel Albrechts und Ottos erst nach 1157 findet. Über das weitere Schicksal des J a x a und Köpenicks schweigen die schriftlichen Quellen in der zweiten Hälfte des 12. J h . Für die Vermutung, daß infolge eines Abkommens zwischen J a x a und Albrecht/Wichmann von Magdeburg das Hevellergebiet geteilt und J a x a auf die Spreelandschaften beschränkt wurde, besteht bisher keine Veranlassung. 6 )

2

R. Gaettens 1953, S. 87. ) Das im Anschluß an H. D. Kahl (Zeitschr. f. Ostforschung 3, 1954, S. 76) vorgebrachte Argument, daß Jaxa in Brandenburg noch als Heide regierte, erst nach 1157 das Christentum annahm und nun in Köpenick Münzen mit christlichen Symbolen prägen konnte, beruht auf Vermutung. Sobald der Jaxa von Köpenick mit dem Jaxa des Traktates, der Brandenburg erobert hat, identifiziert wird — das ist wahrscheinlich, und A. Suhle schließt sich dem an — ist nicht daran zu zweifeln, daß Jaxa als polnischer Fürst oder Fürst unter polnischer Oberhoheit bereits bei der Eroberung der Brandenburg Christ gewesen ist — vgl. J. Schultze 1960, S. 14.

3

) Vgl. F. Curschmann 1906, S. 112f.; J. Schultze 1954, S. off.; Krabbo Nr. 265/266. Eine Zusammenstellung der von den verschiedenen Verfassern angenommenen Jahreszahlen für den Vorstoß Jaxas vgl. bei R. Gaettens 1953, S. 81 ff. 4 ) J. Schultze 1954, S. 7. 5 ) Vgl. J. Schultze 1954; H. Krabbo Nr. 172-274. 6 ) J. Schultzes Alternativstellung (1954, S. 17), entweder war Jaxa als Pole bereits 1150 in Köpenick — dann kann er nur 1147 im Wendenkreuzzug dorthin gekommen sein — oder Jaxa erhielt 1157 von Albrecht und Wichmann Köpenick als Abfindung für Brandenburg, geht offenbar von falschen Vorstellungen über das Köpenicker Herrschaftsgebiet und der nicht gerechtfertigten Annahme aus, daß das Spreegebiet Teil des HeveÜergebietes gewesen ist.

Die frühgeschichtliche Bedeutung Köpenicks

6. D I E R O L L E K Ö P E N I C K S W Ä H R E N D D E R OSTEXPANSION

UND

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DEUTSCHEN

KOLONISATION

Köpenick rückte erneut am Ende des 12. und zu Beginn des 13. Jh. in den Blickpunkt des Geschehens. Das Magdeburger Erzbistum hatte seit der Verselbständigung der polnischen Kirche und der Bildung des Erzbistums Gnesen im Jahre 1000 den Versuch nie aufgegeben, hier wieder Einfluß zu gewinnen. Das Einfallstor ging über Lebus. 1109 belagerte und eroberte daher Erzbischoff Adelgot wahrscheinlich die Feste 1 ), und 1133 erwirkte Magdeburg die Unterstellung der Lebuser Diözese unter das Erzbistum Magdeburg. 2 ) Im 12. J h . begannen ostdeutsche Feudalherren ihre für den späteren Verlauf der deutschen Geschichte so unheilvollen Territorialstaaten auszubauen. Das geschah in erster Linie durch die Eroberung slawischer Stammes- und Herrschaftsgebiete östlich der Elbe. Das Eindringen Albrechts in Brandenburg ist im Zusammenhang mit der Rolle Jaxas erwähnt worden. Am Ende des 12. und zu Beginn des 13. J h . drang Markgraf Konrad von der Niederlausitz nach Norden in das Spreegebiet vor. 3 ) Dabei wurde Köpenick offenbar erobert und das Gebiet des ehemaligen Spreegaues in den wettinischen Territorialstaat einbezogen. Im Süden des Gebietes wurde die Befestigung auf dem Pennigsberg bei Mittenwalde zerstört und die Burg in der Stadt angelegt. 4 ) Die Köpenicker Burg wurde während dieser Kriegszüge offenbar zerstört bzw. niedergebrannt. Die Brandschicht, die die Anlage D 3 abschließt, ist um 1200 entstanden und könnte auf ein solches Ereignis zurückgehen. Nach der Zerstörung wurden auf der Schloßinsel neue Bauten angelegt, so daß wir auch mit der Anlage einer neuen Befestigung auf dem alten Grundriß zu rechnen haben (Burg D 4 ). Im Fundmaterial dieser Anlage ließen sich Südverbindungen, die in erster Linie wohl zur Lausitz gingen, erkennen. Für den wettinischen Territorialstaat bildete Köpenick das Sprungbrett, um gegen das bedeutendere Lebus vorzustoßen. 1209 zog Konrad von Wettin offenbar diesen Weg. 5 ) Bei dieser Gelegenheit stellte er in Köpenick eine Urkunde aus, die gleichzeitig die erste urkundliche Erwähnung Köpenicks enthält. 6 ) Der Askanier Albrecht II. suchte in dieser Zeit seine Macht durch die Eroberung pommerschen Landes auszubauen. Bei diesen Kämpfen wird um 1214 die Burg Oderberg errichtet worden sein. 7 ) Der Vorstoß zur Oder geschah wahrscheinlich entlang des Finowtales, das in dieser Zeit von slawischen Siedlern, wahrscheinlich von Pommern aus, besiedelt worden war. 8 ) Die noch unbesiedelte Barnimhochfläche einerseits und das Teltowplateau andererseits, dessen Besiedlung in dieser Zeit im Westen gerade begann, trennten die Eroberungen der Wettiner von denen der Askanier. 9 ) 2 !) O. Breitenbach 1890, S. 16. ) H. Ludat 1942, S. 249 ff. Bulle Papst Innozenz II. vom 4. Juni 1133. 3 ) H. Lehmann 1937, S. 33. Darüber berichtet direkt keine schriftliche Quelle. Die Zugehörigkeit des Spreegebietes mit den Archidiakonaten Köpenick und Mittenwalde in der ersten Hälfte des 13. Jh. zum Bistum Meißen (F. Curschmann 1906, S. 222ff., 254ff., R. A.XI, 227) wäre jedoch anders nicht zu erklären. Auch die Kämpfe 1239/40 sind nur so zu verstehen. Zossen blieb noch länger unter meißnischer Herrschaft — O. Liebchen 1941, S. 212; E. Fidicin 1857, S. 53ff. 4 ) J. Herrmann 1960, Nr. 127; 129. 5 ) Chronik des Petersberges bei Halle — MG SS XXIII, S. 176, erwähnt den Einfall Konrad II. in Lebus. 6 ) 10. Februar 1209; „Acta sunt hoc in Copnic anno dominice incarnationis MCCIX, indictione XIII coneurente III, III. idus februarii — Codex Diplomaticus Saxoniae Regiae A III, S. 104. 7 8 ) H. Krabbo Nr. 552. ) K. Bruns-Wüstenfeld 1919, S. 185. 9 ) Die Literatur dazu ist sehr umfangreich. Neuerdings wird angenommen, daß dem Vorstoß nach Oderberg unmittelbar eine Eroberung oder Einflußnahme im Barnim und die Anlage von festen Orten und Stützpunkten hier gefolgt sei — vgl. z. B. zuletzt W. Hoppe 1951, S. 26; H. Harmjanz 1942, S. 6. An dem von W. Hoppe genannten „Etappenweg" quer durch Teltow und Barnim von Saarmund bis Hohenfinow liegen nur an seinem Ausgangsund Endpunkt Burgen, die aber zweifellos anderen Ursachen ihre Entstehung verdanken. (Hohenfinow am Odertal, dort wo die Talrandstraße die Finow überschreitet, Saarmund hat ältere Tradition). Wahrscheinlicher ist wohl, daß der Weg vom Havelland zur Oder dem Finowtal folgte — E. Fidicin II/2, 1858, Karte IV, 3, S. 261. Die gesamte Literatur, die die Einverleibung von Barnim und Teltow in den Territorialstaat der Askanier behandelt, geht davon aus, daß diese Gebiete seit frühester Zeit besiedelt gewesen sind und entweder pommerscher Herrschaft unterstanden oder das Herrschaftsgebiet eines selbständigen Fürsten gewesen waren (Lit. vgl. u. a. bei E. Müller-Mertens 1955/56, S. 212).

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JOACHIM H E R R M A N N

Erst nachdem die Rodungsarbeit der Bauern am Ende des ersten Drittels des 13. J h . dem Waldgebiet des Teltow und Barnim allmählich Siedlungsland abgerungen und zur Erbauung von Dörfern geführt hatte, begannen diese Gebiete in der Territorialpolitik eine Rolle zu spielen.1) Im sogenannten Zehntstreit, der 1237 beigelegt wurde 2 ), handelte es sich dann in erster Linie um die Verteilung der Abgaben, die den Siedlern des inzwischen kolonisierten Neulandes auferlegt worden waren, zwischen weltlichen und geistlichen Feudalgewalten. Diese waren vertreten durch die Markgrafen Johann I. und Otto I I I . einerseits und den Brandenburger Bischof andererseits. 3 ) Mit der Erschließung des Barnim und Teltow und der Verlagerung der alten Siedlungsschwerpunkte richteten die Askanier ihr Streben in stärkerem Maße auf Neueroberungen im Osten. Sie trafen dabei in Köpenick auf den wettinischen Markgrafen, der den Weg nach Lebus versperrte. 1239 überfielen die Askanier gemeinsam mit dem Erzbischof von Magdeburg das Lebuser Land und belagerten die Burg Lebus an der mittleren Oder, die damals im Besitz der schlesischen Piasten war. 4 ) Die Belagerung scheiterte. Im gleichen J a h r entbrannte der Kampf um den Spreegau mit Köpenick und Mittenwalde zwischen Askaniern einerseits und Wettinern, die mit dem Erzbischof von Madgeburg verbündet waren, andererseits. 5 ) Köpenick und Mitten walde und das Spreegebiet wurden askanischer Besitz. InKöpenick fand die Burg D 4 in diesem Kampf offenbar ihr Ende. Nach ihrer Zerstörung ist der Wall E j als südliche Befestigung einer neuen kleineren Burganlage im Norden der Schloßinsel aufgeschüttet worden. Das geschah, nachdem Köpenick Sitz eines askanischen Vogtes geworden war, der 1245 erstmals urkundlich erwähnt wird. 6 ) Nach der wettinischen Eroberung um 1200 waren die slawischen Bewohner der Schloßinsel als Insassen der Anlage D 4 auf dieser wohnen geblieben. Der starke Anteil der slawischen Keramik im Fundmaterial der Schicht D 4 ist schwerlich anders zu interpretieren. Durch die Zerstörung von D 4 um 1240 und die Anlage der askanischen Burg E wurden sie zur Aufgabe der Schloßinsel gezwungen und dieser gegenüber auf dem rechten Dahmeufer im heutigen Kietz in 31 Gehöften als Dienstleute zu niederem Recht angesiedelt.') Noch um 1387 wurden die Kietzbewohner als „die wende" bezeichnet. 8 ) Zur gleichen Zeit nahm die Entstehung der Köpenicker Altstadt ihren Anfang; zunächst wohl nur auf der langgestreckten Insel im Norden der Burgstelle. 9 ) Die Ausbildung dieser Siedlung zur Stadt vollzog sich nur sehr langsam. Noch 1298 wird Köpenick nur als „oppidum" — Flecken — bezeichnet 10 ), und erst am Anfang des 14. J h . wird es „civitas" (Stadt) ge*) Vgl. auch den Hinweis von W. Schlesinger 1952, S. 45, auf die Wertsteigerung der Waldgebiete seit dem 12. Jh. durch in Aussicht genommenen Rodungen. ) Zum Zehntstreit mit Lit. H. Krabbo 645. 3 ) Das Altsiedelgebiet an der Spree und Dahme dürfte — da es wahrscheinlich noch wettinischer Besitz um diese Zeit war und kirchlich bis nach 1245 zum Bistum Meißen gehörte, dabei noch keine Rolle gespielt haben. Die Regelung von 1237 wurde nach der Eroberung weiterer Gebiete auf diese übertragen. Der 1237 festgelegte Verlauf der Grenze zwischen alten und neuen Landen ist hier ganz unklar. Vgl. G. Sello 1892, S. 549ff.; F. Curschmann 1906, S. 241 ff. 4 ) H. Ludat 1942, S. 298ff. 5 ) MG SS XIV; S. 422; Krabbo 653, 657; G. Sello, Zeitschrift des Harzvereins 24; Brandenburgia 43, 1934, S. 67ff. Vgl. dazu auch H. Stöbe, Wiss. Zeitschrift d. Friedrich Schiller-Universität Jena 6, 1956/57, Ges. u. Sprachwiss. K., S. 775 ff. 8 ) R. A XIII, 485; Krabbo 697. ') B. Krüger 1958, S. 130fF.; ders. 1962, Nr. 15. 8 ) R. A XII, 7. 9 ) J. Schultze 1960, S. 14, vermutet, daß das Laurentius-Patrozinium der heutigen Stadtkirche auf Jaxa zurückgeht. Mit archäologischen Methoden ist zu dieser Frage nichts beizutragen gewesen; auf der Schloßinsel selbst wurde kein Sakralbau angetroffen, was nicht bedeutet, daß er nicht vorhanden war. Der während der Grabungen angetroffene Friedhof im Süden der Laurentiuskirche, der gleichzeitig mit der Entstehung der Altstadtsiedlung angelegt sein dürfte, berechtigt zu der Annahme, daß auch die Kirche in dieser Zeit hier entstand. Im allgemeinen ist für die ostdeutschen Gebiete von der Patrozinienkunde weniger Hilfe zu erwarten als in West- und Süddeutschland. 10 ) R. A XII, 1. 2

Die frühgeschichtliche Bedeutung Köpenicks

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nannt. 1 ) Wir dürfen annehmen, daß um 1300 bereits die zweite Dahmeinsel besiedelt war und daß die Verfüllung des vermoorten Dahmearmes begonnen hatte. Am Ende des 13. J h . fanden wahrscheinlich die weitere Verkleinerung der Burganlage und die Errichtung der Burg F statt (Abb. 34). Mit dieser Burganlage blieb Köpenick fester Platz vor den Toren Berlins und wurde zum Druckmittel in den Händen des Feudaladels gegen das aufstrebende Berliner Bürgertum, das vergeblich die Köpenicker Burg zu beseitigen versuchte. 2 ) 2

Bestätigung des inzwischen verliehenen Stadtrechtes 1325 (R. A XII, S. 2). ) W. Spatz 1912, S. 25. 1387 nahm Berlin das Köpenicker Schloß z. B. in Pfand (R. A XII, S. 7) zusammen mit dem Kietz. 1394 (?) bemühten sich die Berliner Bürger um Abbruch des Schlosses (R. A XII, S. 10f.). 1412 versuchte Berlin die Herausgabe des Schlosses an den Hohenzollern Friedrich zu verweigern (R. A XII, S. 13).

V. Zusammenfassung

Durch die Ausgrabungen in Berlin-Köpenick in den Jahren 1955 bis 1958 konnten der Besiedlungsablauf und die wesentlichen Züge der geschichtlichen Entwicklung dieses alten Siedlungszentrums erkannt werden. Die Schloßinsel, auf der in erster Linie die Untersuchungen stattfanden, wurde erstmals in der jüngeren Steinzeit von Trägern der Elb-Havelkultur besiedelt. In der jüngeren Bronzezeit und frühen Eisenzeit entstand auf der damals noch mit der Altstadtinsel zusammenhängenden Schloßinsel eine ausgedehnte Siedlung (etwa 500 X 150 Meter Flächenausdehnung). Für die frühgeschichtliche Zeit und das Mittelalter ließ sich folgender Besiedlungsablauf der Schloßinsel ermitteln: 1. Spätestens um 825 Anlage einer kleinen älterslawischen Burg (Burg B) von etwa 50 Meter Durchmesser. 2. Erneuerung dieser Burg um 925 (Burg C) (Abb. 34a). Zerstörung dieser Anlage am Ende des 10. J h . 3. Anlage einer spätslawischen, sehr wahrscheinlich befestigten Siedlung um die Jahrtausendwende (Burg D). In dieser Anlage waren zwei Siedlungshorizonte zu trennen: Schicht D 2 etwa 1000 bis 1150 und Schicht D 3 (Jaxa-Zeit) etwa 1150 bis 1200 (Abb. 34b). 4. Um 1200 wurde diese Anlage offenbar durch die Wettiner von der Lausitz aus erobert und zerstört. Ihr Neuaufbau in alter Ausdehnung führte zur Entstehung der Schicht D 4 (etwa 1200 bis 1240). 5. Um 1240 erfolgte die Zerstörung der Anlage D 4 durch die Markgrafen von Brandenburg. Danach wurde die Burg E auf der Nordhälfte der Schloßinsel angelegt (1245 Sitz eines askanischen Vogtes), während der Südteil der Insel in der Folgezeit periodisch überschwemmt war (Abb. 34c). 6. Zur Zeit der Burg E entstanden die Altstadt und der Kietz. 7. Am Ende des 13. J h . wurde im Norden der Schloßinsel unter dem heutigen Schloß eine neue Befestigung (Burg F) angelegt; der südlich davon gelegene Teil der Schloßinsel wurde aufgegeben (Abb. 34d). 8. Auf der Stelle der Burg F wurde im 16. J h . ein Jagdschloß (Bau G) errichtet (Taf. 2a). 9. Am Ende des 17. Jh. entstand auf dem inzwischen terrassenartig erhöhten Nordteil der Schloßinsel an Stelle des Jagdschlosses das heutige Schloß (Taf. 2b). Gleichzeitig wurde der Süd teil der Insel durch Erdaufschüttung erhöht und zur Anlage eines Parkes benutzt. Im zweiten Teil der Arbeit werden die Ergebnisse der Ausgrabungen zur Frühgeschichte der Mittelmark in Beziehung gesetzt. Es werden Fragen des geographischen und wirtschaftlichen Hinterlandes von Köpenick, seine Verkehrslage sowie seine Bedeutung in slawischer Zeit erörtert. Weiterhin wird versucht, die Aussagen der spärlich vorhandenen schriftlichen Quellen mit den Ergebnissen der archäologischen Forschung in Verbindung zu bringen.

Verzeichnis der Abkürzungen

FBPG.

Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, Leipzig 1888ff.

He Nr.

vgl. J. Herrmann 1960, Nr. des Katalogs

Krabbo Nr.

vgl. Krabbo, H. und Winter, G., Regesten der Markgrafen von Brandenburg aus askanischem Hause. Veröffentl. d. Ver. f. Gesch. der Mark Brandenburg, Berlin-Dahlem 1955

MG

Monumenta Germaniae Historica

DD

Diplomata

SS

Scriptores

P. z.

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Z. f. E.

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JOACHIM HERRMANN

Unverzagt, W. 1953 Unverzagt, W. u. Schuldt, E. 1958 Unverzagt, W. u. Herrmann, J . 1958 Unverzagt, W. 1960 Vänä, Z 1958 Vànà, Z. 1960 Vogt, H. J . 1960 Voigt, Th. 1942 Voigt, Th. 1959 Voss, A. 1903 Waetzoldt, D. 1937/38 Walbe, H. 1954 Wasowiczówna, T. 1959 Weidhaas, H. 1955 Wels, K. H. 1925 Wels, K. H. 1932 Wels, K. H. 1933 Weymann, St. Wohlbrück, S. W. 1829 Zak, J . 1956 Zippelius, A. 1954

Nachweis von

Neue Karten zur ältesten Stadtgeachichte von Groß-Berlin. Berliner Blätter für Vor- und Frühgeschichte 2, S. l f f . Ausgrabungen in den frühgeschichtlichen Burgwällen von Teterow und Behren-Lübchin im Lande Mecklenburg. I n : Neue Ausgrabungen in Deutschland, S. 564ff., Berlin Das slawische Brandgräberfeld von Prützke, Kr. Brandenburg. Ausgrabungen und Funde 3, S. 107 ff. Zur Armbrustsprossenfibel von Prützke, Kr. Brandenburg-Land. Ausgrabungen und Funde 5, S. 145 ff. Misy v zäpadoslovanske keramice, Pam. arch. 49, S. 185ff. Die Keramik der slawischen Stämme in Ostdeutschland. Vznik a pofiätky slovanü 3, S. 123ff. Slawische Siedlungsnamen und Bodenfunde. Ergebnisse einer Untersuchung im Potsdamer Raum. I n : Märkische Heimat, Sonderheft 1 (Hohmann-Festschr.), S. 68ff. Neue frühsorbische Brandgräber und Siedlungsreste aus dem Elbe-Saalegebiet. Nachrichtenblatt für dt. Vorzeit 18, S. 24ff. Zur Herkunftsfrage der Brandgräbergruppe mit slawischem Kulturgut vom 6.—8. Jahrhundert im Elbe-Saalegebiet. P. Z. 37, S. 157ff. Keramische Stilarten der Provinz Brandenburg und benachbarter Gebiete. Z. f. E. 35, S. 161 ff. Ausgrabungen auf dem Gelände des Schlosses von Berlin-Köpenick. P. Z. 28/29, S. 356ff. Das hessisch-fränkische Fachwerk. Gießen. Research on the mediaeval rood system in Poland. Archaeologia Polona II, S. 125ff. Fach werkbauten in Nordhausen. Berlin Der vorgeschichtliche Burgwall bei der Spitzmühle bei Strausberg. Grabungsbericht. Strausberg Straßensysteme und Siedlungsprobleme in der frühgeschichtlichen Mittelmark. FBPG. 44, S. 246ff. Die via vetus der Zinnaer Urkunde von 1247. Ein Beitrag zur Geschichte des slawischen Straßenwesens in der Mittelmark. FBPG. 45, S. l f f . Ze studiöw nad zagodnieniem drög w Wielkopolsce od X do X V I I I wieku. Przeglad Zachondni I X , H. 6 - 8 , S. 194ff. Geschichte des ehemaligen Bistums Lebus und des Landes dieses Namens. Bd. 1. Z dziejöw znajmosci pisma w polsce. Slavia antiqua V, S. 377ff. Vormittelalterliche Zimmerungstechnik in Mitteleuropa. Rh. J b . f. Volkskunde V, S. 7 ff.

Hilfsleistungen

Die Reinzeichnungen der Abbildungen besorgten Frl. M. Neubert, Fr. E. Scherbarth und Frl. E. Bertsch, Berlin (Abb. 2, 34 und 37). Die Aufnahmen für die Tafel 8 fertigte Frl. Ch. Knospe, Halle, an, die Fundfotos auf den Tafeln 4—7 sind von Herrn Hamann, Berlin, hergestellt worden. Fr. H. Heinrich unterstützte die Drucklegung durch Korrekturlesen.

ANHANG

1. Die Säugetierreste aus der Burg Berlin-Köpenick nach den Grabungen von 1955 bis 1958 V o n H a n n s - H e r m a n n Müller, H a l l e

Die Ausgrabungen, die in den Jahren 1955 bis 1958 auf der Schloßinsel von Berlin-Köpenick durchgeführt wurden, erbrachten ein reiches Tierknochenmaterial, das über verschiedene kulturgeschichtliche Fragen Aufschluß gibt. Im folgenden werden nur die Säugetierreste behandelt. Für die Vogelreste fehlt zur Zeit leider noch Vergleichsmaterial. 1 ) Die Fischreste bestimmte Herr Dr. Deckert (vgl. S. 64). Amphibienreste liegen nicht vor, während von Reptilien lediglich 5 Knochenplatten der Sumpfschildkröte — Emys orbicularis — in den Schichten D und E gefunden wurden. Die Sumpfschildkröte scheint früher nicht selten gewesen zu sein; so berichtet H. Lehmann (1961), daß sie im ausgehenden Mittelalter oft noch massenweise gefangen wurde (u. a. auch in der Mark Brandenburg) und als Fastenspeise auf den Märkten verkauft wurde. Die Säugetierreste sind am zahlreichsten vertreten, es konnten insgesamt 5210 Knochen bestimmt werden. 2 ) Die Rippenbruchstücke wurden ausgesondert, da ihr Aussagewert unbedeutend und ihre Artdiagnose in den meisten Fällen unsicher ist. Von der Gesamtknochenmenge von fast 260 kg entfallen 76,6 Prozent (Gewichtsprozent) auf die bestimmbaren Säugetierknochen, 4,9 Prozent auf Rippen, 18,3 Prozent auf nicht bestimmbare Bruchstücke und nur 0,2 Prozent verbleiben für die Vogel-, Fisch- und Sumpfschildkrötenknochen. Bei der großen Menge der Säugetierreste und bei dem geringen Raum, der zu ihrer Erörterung zur Verfügung steht, ist gezwungenermaßen eine Beschränkung erforderlich. Die zoologisch wichtigen Angaben werden daher nur in knapper Form gebracht, und auf die Wiedergabe ausführlicher Maßtabellen wird hier verzichtet. Dafür sollen die für die Kulturgeschichte bedeutenden Ergebnisse stärker in den Vordergrund gerückt werden. Eine ausführliche Publikation des Materials wird später in einem größeren Zusammenhang erfolgen. Auf dem internationalen Symposium über Probleme der Domestikation und Frühgeschichte der Haustiere im April 1961 in Kiel wurde an Hand des Tierknochenmaterials von BerlinKöpenick die Frage geprüft, ob Unterschiede zwischen den Haustieren der slawischen und denen der frühdeutschen Schichten bestehen. Dabei konnte festgestellt werden, daß die Knochenmaße aus den beiden genannten Schichtengruppen größtenteils die gleiche Variationsbreite aufweisen. Einige sehr starke Rinderknochen aus den frühdeutschen Schichten liegen jedoch außerhalb des normalen Schwankungsbereiches; sie deuten auf kräftige Zugochsen. Des weiteren wurde das Köpenicker Material mit den Tierresten von Alt-Hannover (11. —14. Jh.) (Müller, 1959) verglichen, um zu prüfen, ob im Mittelalter Unterschiede zwischen den Tieren des slawischen und des nichtslawischen Raumes bestanden. Es zeigte sich, daß die Variationsbreiten der Knochenmaße bei beiden Populationen weitgehend übereinstimmten. Die Variabilität der Rinder war in Alt-Hannover lediglich etwas größer als in Berlin-Köpenick, und bei den Pferden ließen sich in Alt-Hannover neben den kleineren auch etwas !) Die Untersuchung der Vogelreste hat Herr Direktor Dr. Götz, Staatliches Museum für Tierkunde, Dresden, übernommen. Die Ergebnisse werden an anderer Stelle veröffentlicht. 2 ) 35 Knochen, die zumeist Bearbeitungsspuren aufweisen, wurden erst nach Beendigung der Gesamtbearbeitung übergeben und konnten hier nicht mehr berücksichtigt werden. Die meisten von ihnen sind Hirschgeweihbruchstücke. 6

Herrmann, Köpenick

82

HANNS-HEKMANN

MÜLLER

größere Tiere nachweisen. Im großen und ganzen jedoch waren im Mittelalter keine wesentlichen Unterschiede zwischen den slawischen und den deutschen Haustieren festzustellen (Müller, 1962). In dem Gesamtmaterial von Berlin-Köpenick konnten folgende Tierarten bestimmt werden. Tabelle 1 Schicht:

A

B/C

Dj

D2

Da



Jj

E

Summe

A. Haustiere Esel — Equua asinus Hund — Canis familiaris Katze — Felis catus Pferd — Equus caballus Rind — Bos taurus Schaf — Ovis aries Ziege — Capra hircus Schwein — Sus scrofa domesticus



_



1

— —





2

2 8

1

8

4

19





1 3 2

2 3 4 6

1 1 2 5 8

1 2 4 10

1 1 6 13

4 12

6

8

8

10

5

46

17

19

28

33

17

139

_

1 1

_

_







2 —

1 8 8 26 62

;. Wildtiere Bär — Ursus arctos Biber — Castor Aber Dachs — Meies meles Fischotter — Lutra lutra Fuchs — Vulpes vulpes Hase — Lepus europaeus Hirsch — Cervus elaphus Iltis — Putorius putorius Luchs — Lynx lynx Reh — Capreolus capreolus Steinmarder — Martes foina Ur — Bos primigenius Wildkatze — Felis silvestris Wildschwein — Sus scrofa Wisent — Bison bonasus Wolf — Canis lupus Summe

_



1

1







1

...



2



12





5











3 1 1

— — —





6 1

-

-

10

64

— —

10

1 1 16

2 1 20













_

1 —



1

— —

1 3 2 1 2 1 38 1

1 1



1 2



1

— —





' 13

5

1

1

2 8 4 1 7 3 117 1 2 32 1 2 2 56 2 4

139

74

534

12



— —

14 —

1 6













1 10 —

11 —



1

11 1 1

61

80

93



_

— —

5

1



1 12



1

3

1



Einige Tiere sind nur in sehr geringer Anzahl und nur in wenigen Schichten vertreten, obwohl angenommen werden kann, daß sie im Mittelalter noch allgemein verbreitet waren. Man muß aber berücksichtigen, daß von den Pelztieren in vielen Fällen der Kern — d. h. der abgebalgte Körper — nicht mit in die Siedlung (bzw. in die Burg) gebracht wurde, so daß Knochen von ihnen nicht oder nur ausnahmsweise gefunden werden können. Zum anderen muß beachtet werden, daß vor allem die kleineren Knochen leichter einer Vernichtung anheimfallen konnten; sie wurden von Hunden gefressen oder bei Überschwemmungen mit fortgespült. Die Insel scheint zu verschiedenen Zeiten überschwemmt gewesen zu sein (z. B. durch Frühlingshochwasser), da an mehreren Knochen der einzelnen Schichten deutliche Abrollungsbzw. Abspülungserscheinungen festgestellt werden konnten. Auch das Vorkommen von Gehäusen der Bithynia tentaculata, der Hippeutis complanatus und der Viviparus viviparus (Jugendschale) 1 ) — also von Wasserschnecken — in der Markhöhle von Knochen der Schicht E, muß als Folge einer Überschwemmung angesehen werden. Es darf daher nicht verwundern, daß die Knochen der Kleintiere so selten sind. Rückschlüsse auf eine gering entwickelte Niederjagd sind aus den oben erwähnten Gründen unzulässig. Im folgenden sollen die einzelnen Tierarten nach der Reihenfolge der Faunenliste kurz besprochen werden. Für die Bestimmung der Schneckenschalen habe ich Fräulein Hildegard Zeißler, Dresden, zu danken.

Die Säugetierreste

83

A. H A U S T I E R E Esel — Equus

asinus

Vom Esel wurde nur ein rechtes Femur in der Schicht D 3 (2. Hälfte des 12. Jh.) gefunden. Leider fehlen die Gelenkenden, so daß sich die genaue Bestimmung recht schwierig gestaltete. Verglichen mit einem Pferdefemur der gleichen Schicht, das von einem Tier von ca. 130 cm Widerristhöhe stammt, ist das Eselfemur bedeutend kleiner und schlanker. Dagegen ist es nur wenig größer als das Eselfemur aus der Vergleichssammlung des Institutes für landwirtschaftliche Zoologie der Universität Halle 1 ) (Taf. 8, la—c). Die Maße sind: kleinste Breite der Diaphyse — 26 mm kleinster Umfang der Diaphyse — 95 mm Auffällig ist, daß Knochen vom Esel in den mittelalterlichen Fundkomplexen in Mitteleuropa sehr selten auftreten. In der recht umfangreichen Literatur über die mittelalterlichen Tierreste fand sich nur eine Angabe bei Hartmann-Frick (1957). Unter den Tierknochen der Burg Heitnau (13. —14. Jh.) konnte er einen linken Metatarsus vom Esel bestimmen. Leider ist noch ungeklärt, wann der Esel zuerst als Haustier nach Mitteleuropa gelangt ist. Im Mittelmeergebiet ist er schon in alter Zeit als Haustier gehalten worden (Herre und Röhrs, 1958). Hund

— Canis

familiaris

Hundereste treten in allen slawischen und frühdeutschen Schichten auf. Insgesamt wurden 21 verschiedene Hundeknochen und ein fast vollständiges Skelett gefunden. Es müssen mindestens 8 Tiere vorhanden gewesen sein. Die Knochen sind teilweise ganz erhalten, z. T. sind sie zerbrochen. Es hat jedoch nicht den Anschein, daß diese Knochen von Nahrungsüberresten stammen. Man kann also annehmen, daß der Hund nicht gegessen wurde. Die Hunde variieren sowohl in der Größe als auch in der Wuchsform sehr stark. Werden die Knochenmaße mit den Angaben von Wagner (1930) verglichen, so lassen sich die Hundereste von Berlin-Köpenick Tieren von der Größe eines Whippet, eines Foxterriers, eines Norwegischen Hasenhundes, eines Setters und eines kleinen Schäferhundes zuordnen. Dabei zeigt sich, daß extrem kleine und extrem große Tiere fehlen. Eine Bevorzugung von Hunden bestimmter Größe kann nicht festgestellt werden. Möglicherweise wurden die größeren Hunde für die Jagd verwendet. Zu Schicht E gehörend fand sich das Skelett eines jungen Hundes (ca. 3 / 4 J a h r alt), in dessen Brustkorb ein Armbrustbolzen gefunden wurde (vgl. S. 47). Vermutlich war dieses Tier bei der Jagd versehentlich erschossen und dann bei der Burg bestattet worden. Das Tier entsprach in der Größe und der Wuchsform am ehesten einem Norwegischen Hasenhund. Das Vorkommen von Hunden mittlerer Größe mit einer Variationsbreite von Whippetgröße bis Settergröße ohne Bevorzugung bestimmter Größen oder Wuchsformen läßt darauf schließen, daß in Berlin-Köpenick keine unterschiedlichen Hunderassen gezüchtet wurden (vgl. auch Nobis, 1950). Für die Verwendung als Jagdhunde wurden vermutlich einzelne Hunde ausgewählt und geprüft. Für weitere Aussagen ist das Material infolge seiner Dürftigkeit ungeeignet. Katze

— Felis

catus

Knochen der Katze fanden sich in den Schichten D und D 2 —D 4 . Es sind 13 Knochen, die auf mindestens 8 Tiere hinweisen. Die Knochenmaße variieren in der Köpenicker Katzenpopu1

j Herrn Dr. M. Teichert vom Institut für landwirtschaftliche Zoologie der Universität Halle danke ich für freundliche Hilfe bei der Bestimmung des Eselfemurs. Er stellte auch das rezente Eselfemur seiner Vergleichssammlung für die Abbildung zur Verfügung.

6*

84

HANNS-HERMANN MÜLLER

lation nicht stark. Ein Vergleich der Maße mit den Angaben von Requate (1960) über die Katzenreste von Haithabu zeigt, daß die Katzen von Köpenick im allgemeinen kleiner und etwas schlankwüchsiger waren. Bei einem Unterkiefer liegen die Längenmaße innerhalb der Variationsbreite der Haithabuer Maße, jedoch sind die Maße für die Kieferhöhe und die Kieferdicke niedriger. Von zwei linken Femora beträgt die größte Länge 91 und 95 mm, in Haithabu ist ein Femur mit 104,7 mm größter Länge vorhanden. Die größte Länge der Tibia schwankt in Köpenick zwischen 96 und 106 mm, in Haithabu zwischen 107,1 und 116,2 mm. Es handelt sich also bei den Katzen von Berlin-Köpenick um relativ kleine und schlankwüchsige Tiere. Pferd — Equus

caballus

Das Pferdeknochenmaterial ist etwas reichhaltiger. Es sind insgesamt 168 Knochen vorhanden, die von mindestens 26 Tieren stammen. Bei einigen Pferdeknochen fällt auf, daß sie unbeschädigt sind. An mehreren anderen, die zerschlagen sind, konnten dagegen Hiebspuren festgestellt werden, die eindeutig bezeugen, daß die Pferde auch gegessen wurden. Wie die Gegenüberstellung der Pferdereste der slawischen und der frühdeutschen Schichten gezeigt hat, sind keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Pferden dieser beiden Perioden festzustellen (Müller, 1962). Die Widerristhöhe schwankt zwischen 124 und 142 cm. Die Extremwerte sind jedoch durch fließende Übergänge verbunden. In Haithabu konnte Nobis (1960) Pferde mit einer Widerristhöhe von 135 bis 145 cm nachweisen, jedoch konnte er sich auch nur auf ein geringes Material stützen. In Alt-Hannover (Müller, 1959) schwankte die Widerristhöhe der Pferde zwischen 126 und 140 cm mit fließenden Übergängen. Für ein Tier, das relativ schlankwüchsig war, konnte allerdings eine Widerristhöhe von 150 cm errechnet werden. Es zeigt sich, daß die Pferde der meisten mittelalterlichen Fundplätze eine nahezu gleiche Größenvariation aufweisen. Weder in Alt-Hannover noch in Haithabu oder in BerlinKöpenick lassen die Pferdeknochen Rückschlüsse auf eine systematisch betriebene Pferdezucht zu. Es muß jedoch mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß in die Küchenabfälle nur die Reste der Wirtschaftspferde aus der unsystematisch betriebenen Landpferdezucht gekommen sind, während die Reitpferde gesondert außerhalb der Siedlungen oder Burgen bestattet wurden. So beschrieb Nobis (1955) von Wunstorf bei Hannover Pferdereste aus mittelalterlichen Gräbern, die auf Tiere von 160 bis 165 cm Widerristhöhe schließen lassen. Rind — Bos

taurus

Die Rinderknochen sind in der Regel sehr stark zerschlagen, was von einer intensiven Ausnutzung des Knochenmarks zeugt. Es konnte jedoch nicht beobachtet werden, daß die Knochen (besonders auch die Unterkiefer) nur in einer ganz bestimmten Weise aufgeschlagen worden sind (Lüttschwager, 1959). Insgesamt liegen 645 Knochen von mindestens 62 Tieren vor. Der größte Teil der Rinder der frühdeutschen Zeit unterscheidet sich weder in der Größe noch in der Wuchsform von denen der slawischen Zeit. Einige wenige Knochen fallen jedoch aus der normalen Variationsbreite heraus, sie deuten auf größere, kräftigere Tiere von 130 bis 140 cm Widerristhöhe. Vermutlich handelt es sich hierbei um Reste von kräftigen Zugochsen, die im Gefolge der Eroberungszüge nach Köpenick gelangt sind. Ein Metatarsusbruchstück mit 58 mm proximaler Breite findet nur eine Parallele in einem gleich starken Stück von Alt-Hamburg (Herre, 1950). Diese Stücke liegen weit außerhalb der normalen Variationsbreite für dieses Maß bei den mittelalterlichen Rindern. Der größte Wert, den G. Siewing (1960 a) für die proximale Breite der Metatarsen von Haithabu angibt, ist 53,6 mm. Jedoch beträgt die Differenz zum Mittelwert (Mw. == 41,1) 12,5 mm, während

85

Die Säugetierreste

die Differenz des Minimums (34,4 mm) zum Mittelwert nur 6,8 mm beträgt. Daraus ist ersichtlich, daß die meisten Stücke im Bereich der niedrigeren Maße liegen, während die hohen Werte nur von Einzelstücken erreicht werden. Die Widerristhöhe schwankt bei den Köpenicker Rindern zwischen 104 und 120 cm. Die Berechnung erfolgte auf Grund der Metacarpen und Metatarsen mit Hilfe der Faktoren von Boessneck (1956). Die Tiere verteilten sich ziemlich gleichmäßig über die gesamte Variationsbreite, eine Häufung in einem bestimmten Größenbereich — wie z. B . in Alt-Hannover — konnte nicht festgestellt werden (Müller, 1962). Zur Beurteilung der Rassenzugehörigkeit der Rinder benötigt man im allgemeinen gut erhaltene Schädel, die jedoch in Berlin-Köpenick nicht gefunden wurden. Die Schädel sind alle sehr stark zerschlagen. Die Hornzapfen variieren sowohl in der Größe als auch in der Form. Der Umfang der Hornzapfen an der Basis schwankt zwischen 80 und 169 mm. Ein Bruchstück läßt sogar auf einen Umfang von fast 200 mm schließen. Die Hornkrümmung ist ebenfalls sehr variabel. Es ist also nicht möglich, auf Grund der Hornzapfen des vorliegenden Materials etwas über eine bestimmte Rassenzugehörigkeit der Köpenicker Rinder auszusagen. Der rassendiagnostische Wert der Hornzapfen wird allerdings auch von verschiedenen Autoren in Frage gestellt (Nobis, 1954; Schermer, 1933). Hinweise für Hornlosigkeit fanden sich bei den Rinderresten nicht.

Schaf — Ovis aries — und Ziege — Capra hircus Eine Trennung der Skelettelemente von Schaf und Ziege ist bei dem bruchstückhaften Zustand des ausgegrabenen Tierknochenmaterials in vielen Fällen nicht möglich, daher sollen sie hier gemeinsam behandelt werden. An Hand der Hornzapfen ließen sich beide Arten sicher nachweisen. Von den kleinen Hauswiederkäuern sind 248 Knochen vorhanden, die von mindestens 46 Tieren herrühren. Davon waren mit Sicherheit 34 Knochen vom Schaf, die auf mindestens 10 Tiere hinweisen, während 31 Knochen eindeutig als zur Ziege gehörig bestimmt werden konnten, die von mindestens 14 Tieren stammen. E s kann also vermutet werden, daß weder die Schafzucht noch die Ziegenzucht vorrangig betrieben wurde, wenn auch die Ziegen hier ein geringes Übergewicht gegenüber den Schafen aufweisen. Sowohl die Schafe als auch die Ziegen waren sehr kräftig gehörnt. Der Umfang an der Basis der Hornzapfen beträgt bei den Schafen 86, 135, 145 und 159 mm. Davon kann der schwächste Hornzapfen einem weiblichen Tier zugeordnet werden. Von den Schafen sind also sowohl männliche als auch weibliche Tiere gehörnt gewesen, ähnlich wie in Alt-Hannover. Ob auch ungehörnte Mutterschafe vorhanden waren, konnte nicht nachgewiesen werden, da infolge der starken Zerschlagung der Knochen charakteristische Teile fehlen. Nobis (1960) konnte für Haithabu zeigen, daß die Mutterschafe in den meisten Fällen ungehörnt waren. Bei den Ziegen waren sowohl die männlichen als auch die weiblichen Tiere kräftig gehörnt. Die gleiche Beobachtung wurde auch bei anderen mittelalterlichen Fundplätzen (Haithabu, Alt-Hannover, Potsdam u. a.) gemacht. Die Hornzapfenumfänge betragen in: Berlin-Köpenick Alt-Hannover (Müller, 1959) Haithabu (Nobis, 1960) Poztupimi (Enderlein, 1930)

96 80 128 80

— — — —

170 142 180 167

mm mm mm mm

Mw. Mw. Mw. Mw.

= = = =

127 123 155 124

(n (n (n (n

= = = =

8) 7) 8) 2)

Die Größenvariation der Hornzapfen ist an den mittelalterlichen Fundplätzen mit Ausnahme von Haithabu ziemlich gleichartig. Auffällig ist, daß in Haithabu auch die weiblichen Tiere sehr kräftige Hornzapfen hatten (Nobis, 1960, S. 121). Die Beurteilung der Körpergröße stößt auf einige Schwierigkeiten, da nur sehr wenige vollständige Knochen vorliegen. Die meisten Schafknochen stimmten weitgehend mit den

86

HANNS-HERMANN

MÜLLER

Knochen einer weiblichen Heidschnucke aus der zoologischen Vergleichssammlung des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle überein. Es wurden also in Berlin-Köpenick Schafe gehalten, die in der Größe und der Wuchsform den Heidschnucken entsprachen. Die Ziegenreste stimmen weitgehend mit denen von Alt-Hannover und von Haithabu überein.

Schwein

— Sus scrofa

domesticus

Die Schweinereste sind in fast allen Schichten unter den Haustierknochen am zahlreichsten vertreten. Es sind 1092 Knochen vorhanden, die von mindestens 139 Tieren stammen. Die Schweine der slawischen und der frühdeutschen Schichten stimmten völlig miteinander überein. Auch gegenüber den Schweinen von Alt-Hannover sind keine wesentlichen Unterschiede festzustellen (Müller, 1962), lediglich die Maxima der einzelnen Maße liegen in Berlin-Köpenick etwas höher als in Alt-Hannover. Die gleiche Feststellung kann bei einem Vergleich mit den Hausschweinen von Haithabu (Siewing, 1960b) getroffen werden. Man muß mit der Möglichkeit rechnen, daß in Berlin-Köpenick gelegentlich Verkreuzungen mit Wildschweinen vorgekommen sind, die sich bei den Hausschweinen dahingehend auswirkten, daß größere Tiere auftraten. Es muß aber auch der umgekehrte Fall eingetreten sein, daß Wildschweine von Hausebern gedeckt wurden. Zwei Oberkieferbruchstücke vom Wildschwein weisen für den M1 und den M2 die gleichen Maße auf; während bei dem einen Stück der M3 eine Länge von 39 mm und eine Breite von 23 mm besitzt, zeigt der andere M3 eine Länge von nur 34 mm und eine Breite von 18 mm und reicht damit an die obere Grenze der dritten Molaren der Hausschweine heran. Die Schweinehaltung war demzufolge in der damaligen Zeit sehr primitiv. Die Schweine wurden wahrscheinlich häufig in den Wald getrieben, so daß sie mit den Wildschweinen in Kontakt kommen konnten. Die mittelalterlichen Schweine lassen sich als primitive, aber doch relativ große Hausschweine charakterisieren, die bedeutend feingliedriger und schlankwüchsiger waren als die heutigen Schweine. Die Speckschicht wird demnach bei ihnen auch nur sehr gering entwickelt gewesen sein.

B. W I L D T I E R E Bär — Ursus

arctos

Ein rechter Metacarpus IV wurde in der Schicht D 3 gefunden, während ein Bruchstück eines rechten Metacarpus I I und eine 1. Phalanx 1 ) aus der Schicht D vorliegen. Die Stücke stammen von Tieren, die etwas kräftiger waren als das Exemplar, dessen Skelett sich in der osteologischen Vergleichssammlung des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle befindet. Der Bär scheint im Mittelalter in waldreichen Gebieten nicht selten gewesen zu sein. Lüttschwager (1953) erwähnt ihn für Alt-Lübeck, Enderlein (1930) für Potsdam, Kubasiewicz (1956 und 1959) für Wolin (Wollin) und (1957) für Szczecin (Stettin). Biber

— Gastor

fiber

Es sind 16 Knochen vorhanden, die zu mindestens 8 Tieren gehören. Sie stammen sowohl von juvenilen als auch von adulten Tieren. Sämtliche Biberknochen sind kleiner und vor allem schlanker als die Knochen eines Elbebibers aus der Umgebung von Dessau, die sich in der osteologischen Vergleichssammlung des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle befinden. Der Biber dürfte im Mittelalter noch allgemein verbreitet gewesen sein. Die Fingerstrahlen werden durch nachgestellte römische Zahlen bezeichnet, während die einzelnen Fingerglieder eines Fingerstrahls durch vorangestellte arabische Ziffern gekennzeichnet sind. Die Bezeichnung des 2. Fingergliedes des 4. Fingerstrahls lautet z. B.: 2. Phalanx IV.

Die Säugetierreste

87

Dachs — Meies meles Vom Dachs sind 6 Knochen vorhanden, die von mindestens 4 Tieren s t a m m e n . Sie entsprechen in der Größe völlig einem rezenten Dachs. Von Interesse ist, daß bei einem Gesichtsschädelbruchstück der P 1 n u r rechts v o r h a n d e n ist. Die übrigen P r ä m o l a r e n stehen rechts sehr gedrängt, während sie auf der linken Seite, auf der der P 1 fehlt, eine normale Stellung aufweisen. N a c h Gaffrey (1953) fällt der P 1 bei den Mustelinae leicht aus oder ist m a n c h m a l vollständig reduziert. Bei dem vorliegenden Dachsoberkiefer ist die R e d u k t i o n n u r einseitig erfolgt. Fischotter — Lutra

lutra

Vom Fischotter wurde nur eine l i n k e U l n a gefunden, die eine größte Länge von 79 m m aufweist. Sie s t i m m t gut mit der Ulna des Fischotters der osteologischen Vergleichssammlung des Landesmuseums f ü r Vorgeschichte Halle überein. U n t e r den mittelalterlichen K n o c h e n von S p a n d a u k o n n t e H . Pohle (1960) auch 2 Knochen des Fischotters nachweisen, die in der Variationsbreite der entsprechenden rezenten Fischotterknochen (Pohle, 1920) liegen. Fuchs — Vulpes

vulpes

Die insgesamt 16 Fuchsknochen s t a m m e n von mindestens 7 Tieren. Die Variabilität der Maße ist bei den Fuchsknochen nur sehr gering. Größenmäßig stimmen sie mit rezenten Füchsen überein. Hase — Lepus

europaeus

N u r 3 K n o c h e n sind vom Hasen vorhanden. Sie lassen auf 3 Tiere schließen, da sie aus verschiedenen Schichten s t a m m e n . E i n distales Radiusbruchstück ist recht kräftig. Die distale Breite beträgt bei ihm 12,0 m m , bei dem entsprechenden Stück eines rezenten Hasen 10,2 m m . Eine lose distale Femurepiphyse deutet auf ein J u n g t i e r . Hirsch — Cervus

elaphus

Die Hirschknochen sind u n t e r den Säugetierresten a m zahlreichsten vertreten. E s sind 2240 K n o c h e n vorhanden, die von 117 Individuen herrühren 1 ). Die Variabilität der Tiere ist recht groß gewesen, wie aus den Maßtabellen beziehungsweise den Variationsreihen (vgl. Müller, 1962) zu ersehen ist. Die Maße der Hirsche von Poztupimi (Enderlein, 1930) liegen innerhalb der Variationsbreite der entsprechenden Maße des Köpenicker Materials. Auch die Hirschknochen von S p a n d a u (Pohle, 1960) fallen in die gleiche Variationsbreite, nur ein Oberkieferbruchstück mit einer Molarenreihe von 72,3 m m Länge übertrifft noch das M a x i m u m (68 mm) dieses Maßes von den Köpenicker Hirschen. Enderlein (1930) stellte bei seinen Vergleichsmessungen fest, d a ß auch heute noch in der Mark B r a n d e n b u r g ebenso starke Hirsche vorkommen wie im Mittelalter. E s k a n n jedoch angenommen werden, d a ß die Durchschnittsgröße der heutigen Hirsche gegenüber dem Mittelalter etwas abgenommen h a t . F ü r die Hirsche der Mark B r a n d e n b u r g gibt Beninde (1937) als Mittelwert der Länge der Zahnreihe des Unterkiefers 117 m m an. Bei dem Köpenicker Material k o n n t e ein Mittelwert von 121 m m errechnet werden. Man wird im Mittelalter schwerlich nur besonders kräftige Hirsche gejagt h a b e n ; d a f ü r ist die Variabilität der Maße zu groß. Vielmehr k a n n d a m i t gerechnet werden, daß die Hirsche im Mittelalter im Durchschnitt etwas größer waren als die rezenten Hirsche des gleichen Gebietes. *) Bei der Berechnung der Mindestanzahl der Individuen wurden Geweihstücke, soweit sie nicht mit einem Schädelstück in Zusammenhang standen, nicht berücksichtigt, da sie auch von Abwurfstangen stammen können, die als Werkzeugrohstoff gesammelt worden waren.

HANNS-HERMANN MÜLLER

Die Beobachtung von Enderlein (1930), daß sich unter der Jagdbeute vor allem Jungtiere befinden, konnte an dem Material von Berlin-Köpenick nicht bestätigt werden. Hier waren überwiegend (71 Prozent) adulte Hirsche gejagt worden, und zwar sowohl weibliche als auch männliche Tiere. Der genaue Anteil der beiden Geschlechter konnte noch nicht herausgearbeitet werden. Iltis — Putorius

putorius

Vom Iltis ist nur ein rechtes Unterkieferbruchstück vorhanden. Da es ein kräftiger und ziemlich hoher Kiefer ist, kann er einem Männchen zugeordnet werden. Die Maße sind: Länge der Backzahnreihe Länge des Reißzahnes Höhe des Kiefers vor P 3 Höhe des Kiefers hinter dem Reißzahn Luchs — Lynx

— 20,6 mm — 9,0 mm — 9,6 mm —

9,8 mm

lynx

In der Schicht D 2 wurden 2 erste Phalangen vom Luchs gefunden, die in ihrem proximalen Teil pathologisch verändert sind. In der Schicht E kam ein Unterkieferbruchstück mit P 3 und Mj zutage. Die Zahnmaße sind P 3 : Länge = 12,0; Breite = 5,5; M,: Länge = 14,5; Breite = 6,6 mm. Die Höhe des Kiefers hinter Mx beträgt 21 mm. Das Kieferstück unterscheidet sich nicht von rezentem Material. Reh — Capreolus capreolus Das Reh ist in dem Gesamtmaterial mit 199 Knochen vertreten, die von mindestens 32 Tieren stammen. Die Variabilität der Maße ist nicht groß. So schwankt z. B. die Länge der Backzahnreihe des Unterkiefers zwischen 65 und 73 mm mit einem Mittelwert von 68,1 mm (n = 12). Bei den Rehen von Köpenick ist die Zahl der Jungtiere sehr gering. Die adulten Tiere sind mit 81 Prozent vertreten. Steinmarder — Martes foina Vom Steinmarder wurde nur eine rechte Beckenhälfte gefunden, an der das Os pubis fehlt. Dieses Stück ist noch kleiner als das Steinmarderbecken der Vergleichssammlung. Die Länge von der Iliumspitze zur Ischiumspitze (nicht die größte Länge) beträgt bei dem Becken von Köpenick 50 mm, bei dem Vergleichsexemplar 53 mm. Ur — Bos

primigenius

Zu den interessantesten Funden unter den Wildtierknochen gehören die Knochen vom Ur. Ein rechtes distales Scapulabruchstück wurde in der Schicht B/C (9. —10. Jh.) und ein Scapulabruchstück, ein rechtes, distales Tibiabruchstück und ein rechter Talus in der Schicht D 2 (11. J h . bis Mitte des 12. Jh.) gefunden. Die Stücke konnten nach den Merkmalen, die Bibikova (1958), Olsen (1960) und Schertz (1936) angeben, gegenüber dem Wisent — Bison bonasus — abgetrennt werden. Funde vom Ur liegen von verschiedenen mittelalterlichen Fundplätzen vor. In Spandau (9. —12. Jh.) wurde ein Hornzapfen eines Ures festgestellt (Pohle, 1960). Von Haithabu (9. —11. Jh.) stammt ebenfalls ein Urhornzapfen (Requate, 1957). Nobis (1954, S. 184) erwähnt für die Wurt Hessens (9. —13. Jh.) einen Hornzapfen vom Ur. Auch in Potsdam (10. —12. Jh.) wurden ein Hornzapfen und ein Talus vom Ur gefunden! Über einen gut erhaltenen Schädel eines mächtigen Urstieres in der Burg 5 von Zantoch (Anfang des 13. Jh.)

Die Säugetierreste

89

berichtet W. Unverzagt (Brackmann und Unverzagt, 1936). Knochen von juvenilen und adulten Uren sollen in Zantoch nicht selten gewesen sein. Von Bedeutung sind auch historische Nachrichten, die von v. Lengerken (1955) zusammengestellt wurden. Sie zeigen, daß der Ur „im Lauf des Mittelalters bis in das 17. J h . hinein vom Westen und Süden aus fortschreitend nach Osten und Norden . . . verschwand" (v. Lengerken, 1955, S. 169). Wenn der Ur im Mittelalter auch schon selten war, so muß doch immer bei mittelalterlichen Fundplätzen mit Urknochen in der J a g d b e u t e gerechnet werden. Wildkatze — Felis

silvestris

I n der Schicht D fand sich ein linkes proximales Bruchstück einer Tibia ohne proximale Epiphyse. Das Stück gehörte einem juvenilen bis subadulten Tier an. Es war bedeutend massiger als das entsprechende Stück einer Hauskatze. In der Schicht E wurde ein linkes proximales Ulnabruchstück eines adulten Tieres gefunden. Es zeichnet sich auch gegenüber der Ulna einer Hauskatze durch größere Länge und vor allem durch größere Massigkeit besonders im Diaphysenteil aus. Beide Fundstücke stimmen gut mit den entsprechenden Knochen einer rezenten Wildkatze aus der osteologischen Vergleichssammlung des Landesmuseums f ü r Vorgeschichte Halle überein. Wildschwein

— Sus scrofa

Die Wildschweinreste sind recht zahlreich. Es sind 522 Knochen, die von mindestens 56 Tieren stammen. Unter ihnen überwiegen die starken Exemplare. Die distale Breite des Humerus schwankt beispielsweise zwischen 39 und 59 (Mw. = 49,9; n = 15). Ein Metatarsus IV zeichnet sich durch eine besondere Größe aus. Die größte Länge beträgt bei ihm 129 m m . Aus H a i t h a b u werden ebenfalls sehr starke Wildschweine beschrieben (Herre, 1960), die der F o r m Sus scrofa antiquus (Rütimeyer) zugerechnet werden. Diese Zuordnung dürfte auch f ü r die Wildschweine von Berlin-Köpenick berechtigt sein. Wisent — Bison

bonasus

Aus der Schicht C s t a m m t ein distales Scapulabruchstück, in der Schicht D 3 wurden ein Scapulabruchstück, ein Tibiabruchstück und ein Talusbruchstück gefunden. Ein distales Metacarpusstück, das von dem Diaphysenteil abgesägt worden war, s t a m m t aus dem Profilverputz und ist wohl der Schicht D zuzuordnen (vgl. dazu S. 81, Anm.2). Die Wisentknochen konnten gegen den Ur durch die Merkmale, die Bibikova (1958), Olsen (1960) und Schertz (1936) angeben, gut abgegrenzt werden. Durch die Ur- und die Wisentknochen ist belegt, daß beide Wildrindarten nebeneinander noch im 12. J h . im Gebiet der Mark Brandenburg vorkamen. Wolf — Ganis

lupus

Vier Knochen vom Wolf, die in verschiedenen Schichten gefunden wurden, weisen auf 4 Tiere hin. Die Artdiagnose k a n n allerdings nur mit Vorbehalt gegeben werden, da kein rezentes Vergleichsmaterial vom Wolf zur Verfügung stand. Gegenüber den Knochen eines Schäferhundes sind die vorliegenden Wolfsknochen aber bedeutend kräftiger und massiger.

Kulturgeschichtliche Betrachtungen Die wirtschaftliche Stellung einer Siedlung wird häufig nach dem Verhältnis der Jagdtierknochen zu den Haustierknochen eingeschätzt. Es müssen jedoch in jedem Falle die historische Situation und die besonderen Verhältnisse des jeweiligen Fundkomplexes berücksichtigt werden (Müller, 1961). So ist bei dem Köpenicker Material zu beachten, daß es aus einer

90

HANNS-HEBMANN MÜLLER

frühgeschichtlichen Befestigungsanlage stammt. Ein hoher Anteil an Jagdtierknochen muß nicht unbedingt von einer niedrigen Stufe der Wirtschaftsweise zeugen, bei der die Jagd eine ökonomische Notwendigkeit war. Vielmehr kann die Jagd ein Vorrecht des Adels gewesen sein (Müller, 1959, S. 195), so daß die Konzentration der Jagdtierknochen in einer Burg eine historische Erklärung findet. Zur Beantwortung dieser Frage müßten dem Material aus einer Burganlage die Tierknochen einer offenen (unbefestigten) Siedlung möglichst aus der gleichen Gegend gegenübergestellt werden können. Leider ist ein solches Material noch nicht veröffentlicht. Zum anderen kann man zu Fehlschlüssen gelangen, wenn man von den Wildtieren und den Haustieren die Anzahl der Knochen beurteilt, da kleinere und weichere Knochen leichter der Vernichtung anheimfallen können. Eingangs konnte gezeigt werden, daß in Köpenick sowohl mit Überschwemmungen, die einige Knochen fortgespült haben, als auch mit Hunden, die einen Teil der Knochen vollständig gefressen haben, gerechnet werden muß. Daher wird im folgenden die Mindestindividuenzahl verwendet. In dem Gesamtmaterial von Köpenick ließen sich mindestens 290 ( = 54,3 Prozent) Haustiere und 244 ( = 45,7 Prozent) Wildtiere feststellen. Das Material umfaßt jedoch verschiedene Zeitstufen, nämlich 1. 2. 3. 4.

die Bronzezeit — Schicht A die mittelslawische Zeit — Burg B/C die spätslawische Zeit — Burg DJ_ 3 die frühdeutsche Zeit nach der Eroberung durch den Markgrafen von Meißen — Burg D 4 5. die frühdeutsche Zeit nach der Eroberung durch die Askanier — Burg E

Eine Trennung der beiden frühdeutschen Schichten ist erforderlich, da nach der Eroberung der Burg durch den Markgrafen von Meißen nur eine deutsche Burgbesatzung angenommen werden kann, während das umliegende Gebiet kulturell und wirtschaftlich noch mit dem slawischen Raum verbunden war. Erst nachdem die Askanier die Burg und das Gebiet eingenommen hatten, kann mit einer Kolonisation gerechnet werden. Bei den Grabungen ließen sich die verschiedenen Zeitstufen gut trennen.

A

^^ |

B/C

D1-3

D4

E

Summe

Haustiere | Wildtiere

Abb. 38. P r o z e n t u a l e Verteilung der H a u s - u n d Wildtiere

A

ß/C | Rind Schaf/Ziege

Di 3

Dt

E

Su

] Schwein l Pferd

A b b . 39. P r o z e n t u a l e Verteilung der H a u s t i e r a r t e n

Die Säugetierreste

91

E s soll zunächst geprüft werden, ob das Verhältnis der Haustiere zu den Wildtieren in den verschiedenen Zeitstufen von dem Durchschnittsverhältnis abweicht (Tabelle 2). Tabelle 2 Schicht A

Haustiere

Anzahl - - d ì m Prozent

Wildtiere

Anzahl in Prozent

7

in 70 30

Burg B/C 38 26

Burg D t _ 3 152

59,3

141

40,7

51,8 48,2

Burg D 4 53 40

57 43

Burg E 40 34

54 46

Summe 290 244

54,3 45,7

Durch das in Abbildung 38 gegebene Diagramm werden die obenstehenden Zahlenangaben veranschaulicht. Läßt man die Raubtiere, die dem Menschen nicht zur Nahrung gedient haben (Hund und Katze von den Haustieren, Fuchs, Iltis, Luchs, Marder, Wildkatze und Wolf von den Wildtieren) weg, so ändern sich die Verhältniswerte nur unwesentlich. Es zeigt sich, daß in der Bronzezeit die Haustiere gegenüber den Wildtieren in der Überzahl waren. Dagegen weichen die Prozentwerte sowohl in der slawischen als auch in der frühdeutschen Zeit nur gering vom Durchschnittswert ab. Das Verhältnis der einzelnen Haustierarten untereinander ist von der Bronzezeit bis zur frühdeutschen Zeit (Tabelle 3) recht gleichartig. Tabelle 3 Schicht A

Rind

Anzahl in Prozent

28,1

Schwein

Anzahl . ,, , m Prozent

57,1

Schaf/ Ziege

Anzahl in Prozent

14,3

Pferd

Anzahl in Prozent

Burg B/C

21,6 19

51,4 21,6 5,4

Burg 1)1 ,,

Burg D 4

30

10

71 24 16

21,3 50,3 17,0 11,4

28

20 56 16

Burg E 12 17

31,1 44,7 13,2 10,5

Summe 62 139 46 26

22,7 50,9 16,9 9,5

Der Anteil der Rinder beträgt im Durchschnitt nur 22,7 Prozent, während das Schwein mit 50,9 Prozent am stärksten vertreten ist (Abb. 39). Nach Nobis (1955b) ist die Artenverteilung der Haustiere an einem Fundplatz von den landschaftlichen Gegebenheiten der näheren Umgebung stark abhängig. Das ziemlich gleichbleibende Verhältnis von der Bronzezeit bis zur frühdeutschen Zeit — also über rund zwei Jahrtausende hin — bestätigt diese Ansicht. Umgekehrt kann man aus der Artenverteilung der Haustiere und auch der Wildtiere auf den Landschaftscharakter schließen. Ein hoher Anteil an Rindern deutet auf eine relativ offene Landschaft mit guten Weidegründen. Bei einem hohen Prozentsatz an Schweinen, wie er in Köpenick festzustellen war, kann man hingegen mit ausgedehnten Wäldern rechnen, die eine Waldweide ermöglichten. Für den Waldreichtum sprechen außerdem das häufige Vorkommen von Hirsch und Wildschwein. Es kann jedoch angenommen werden, daß der Wald von kleineren und größeren Lichtungen unterbrochen war, da das Reh unter den Wildtieren in einem nicht geringen Prozentsatz (13,3 Prozent) vertreten ist. Das Reh bevorzugt einen lichteren, von Grasflächen unterbrochenen Wald. Nach Beninde (1937) kann man auch

92

H A N N S - H E R M A N N MÜLLER

den Hirsch nicht als spezifisches Waldtier ansprechen, sondern als ein Tier der lichten Waldungen. Die Umgebung von Köpenick läßt sich also als ein Gebiet mit ausgedehnten, von Lichtungen unterbrochenen Wäldern bezeichnen. Inwieweit der Wald durch den Menschen gerodet war, um landwirtschaftliche Nutzflächen zu gewinnen, kann daraus allerdings nicht abgelesen werden. Die Nutzung der einzelnen Haustierarten war unterschiedlich. Das Schwein war ausschließlich Fleischlieferant, was sich in dem Verhältnis der Jungtiere (juvenil und subadult) zu den ausgewachsenen Tieren (adult) widerspiegelt (Abb. 40). Nur 47,5 Prozent der Tiere erreichte ein Alter von über 2 Jahren, doch war bei vielen Stücken der M 3 nur geringfügig abgekaut, woraus geschlossen werden kann, daß die meisten adulten Tiere in einem Alter von 2 bis 21/2 Jahren geschlachtet wurden und somit für die Weiterzucht nicht in Betracht kamen. Ausgesprochen alte Tiere mit einer starken Abnutzung der Zähne waren nur selten zu finden.

1 I

1

Pferd

Rind Schwein

Schaf/Ziege

3 subadult

El

Wildschwein

Hirsch

Reh

\ adult juvenil

A b b . 40. Altersgliederung verschiedener T i e r a r t e n

Es bleibt zunächst die Frage offen, ob der Bedarf an Schweinen durch eigene Zucht in der Burg gedeckt werden konnte, oder ob aus den umliegenden Siedlungen Schweine — und auch andere Haustiere — nach der Burg geliefert wurden. Die Mistschichten, die z. T. bei den Ausgrabungen in der Burg festgestellt wurden, deuten jedenfalls darauf hin, daß Tiere in der Burg gehalten wurden. Um die Frage der Nachzucht eindeutig beantworten zu können, muß auch das Material aus offenen Siedlungen berücksichtigt werden, da damit gerechnet werden kann, daß vorwiegend Jungtiere nach der Burg geliefert werden mußten. Beim Rind und bei Schaf und Ziege ist ebenfalls der relativ hohe Anteil an Jungtierknochen auffällig. Eine Gegenüberstellung der Prozentwerte von Köpenick und Alt-Hannover zeigt dies deutlich. Tabelle 4. ad.

subad.

juv.

ad.

29% 14%

52% 79%

58% 79%

13%

7%

5 %

Schwein Köpenick Alt-Hannover

47,5% 59 %

24,5% 24 %

juv.

Schaf/Ziege

Rind Köpenick Alt-Hanover

subad.

31% 16%

Pferd 28% 17%

73%

100%

.

4%

23%

Die Säugetierreste

93

Daraus ergibt sich, daß die Nachzucht bei den Haustieren — mit Ausnahme des Pferdes — innerhalb der Burg wohl nur im geringen Umfange durchgeführt wurde. Im Vordergrund stand die Fleischnutzung, wobei das zarte Fleisch der Jungtiere teilweise bevorzugt wurde. Die Rinder werden daneben auch wegen der Milch und wegen der Arbeitsleistung gehalten worden sein. Beim Schaf wurde möglicherweise auch die Wolle und bei der Ziege die Milch genutzt. Die Verhältnisse beim Pferd erfordern eine gesonderte Beurteilung. In Alt-Hannover waren nur adulte Tiere festzustellen. Sie wurden wegen ihrer Arbeitsleistung gehalten und nur in besonderen Fällen geschlachtet, wenn sie durch ihr Alter oder durch einen Unfall nicht mehr zur Arbeit fähig waren. In Berlin-Köpenick sind hingegen 23 Prozent juvenile Tiere nachgewiesen, was darauf hindeutet, daß man die Pferdezucht in der Burg betrieben hat. Unbrauchbare Pferde wurden schon im juvenilen Alter ausgelesen und geschlachtet. Bei den subadulten und adulten Tieren erfolgte eine Schlachtung, wenn sie zur Zucht oder zur Arbeit nicht mehr brauchbar waren. Daher finden sich unter den Pferdeknochen auch häufiger Reste von alten Tieren mit stark abgekauten Zähnen. Unter den erlegten Wildtieren sind die Jungtiere ebenfalls in der Minderheit. Das deutet meines Erachtens darauf hin, daß die Jagd schon als eine Art Sport und nicht zur Deckung eines notwendigen Bedarfs an Fleischnahrung betrieben wurde. Sonst hätte man in stärkerem Maße auch Jungtiere gejagt, deren man leichter habhaft werden konnte. In diesem Zusammenhang erfordert ein besonderer Grabungsbefund seine Ausdeutung. In der Schicht D wurden in einer Grube (S. 18,8-19,6; W. 2 0 , 4 - 2 1 ; T. 7,85-7,70) eine Massierung von Unterkiefern festgestellt (Taf. 4d). Es waren insgesamt 23 Unterkiefer vom Hirsch, von denen sich 10 rechte und 10 linke als zusammengehörig erwiesen. Dazu kamen 3 rechte und 3 linke zusammengehörige Unterkiefer vom Reh. Auffällig ist, daß die Unterkiefer alle von Wildtieren stammen, deren Schädel oder zumindest Geweihe schon im Mittelalter als Trophäen galten. Ferner sind die Unterkiefer in den meisten Fällen unbeschädigt. Meines Erachtens kann man diese Kiefer nicht als ein Materialdepot für die Knochengeräteherstellung ansehen, da keines der gefundenen Knochengeräte aus einem Unterkiefer gefertigt worden ist. Der relativ dünne, plattige Kieferknochen ist im allgemeinen auch für die Werkzeugherstellung ungeeignet. Es hat eher den Anschein, daß von einigen Hirschen und Rehen die Schädel als Trophäen hergerichtet worden sind, wobei die Unterkiefer als Abfall weggeworfen wurden. Einzig das Vorhandensein der Kiefer zweier Junghirsche könnte gegen diese Deutung sprechen. Eine richtige Klarlegung des Grabungsbefundes kann daher erst im Zusammenhang mit neuen Funden und Befunden erfolgen. Bei zukünftigen Grabungen muß darauf geachtet werden, ob in den Häusern oder in deren unmittelbarer Nähe Hirschoder Rehschädel gefunden werden, die als Haus- oder Wandschmuck angesprochen werden können. Die Jagd dürfte sowohl mit Jagdwaffen (Speer, Saufeder, Armbrust u. a.) als auch mit Fallen erfolgt sein (dabei läßt sich allerdings nicht klären, ob das Fallenstellen auch von den Burginsassen betrieben wurde). Die Jagd mit Schußwaffen läßt sich durch Pfeile und Armbrustbolzen direkt belegen. Daß gelegentlich auch einmal der eigene Jagdhund getroffen wurde, dafür spricht das Hundeskelett aus Schicht E mit einem Armbrustbolzen im Brustkorb. Die Jagd mit Fallen läßt sich durch einen Metatarsus vom Hirsch, dessen distales Ende fehlt (Taf. 8, 2), wahrscheinlich machen. Die Bruchstelle des Metatarsus ist nicht glatt, sondern nekrotisch verändert. An der Plantarseite (Rückseite) ist medial und lateral je ein Spalt zu erkennen, der teilweise verwachsen ist. Diese Verletzung des Metatarsus kann nur durch einen harten, scharfen Schlag von vorn gegen den Fuß entstanden sein, wobei der Knochen hinten auseinandergetrieben und möglicherweise der untere Teil des Fußes abgeschlagen wurde. Das Tier muß noch eine gewisse Zeit gelebt haben, da die Spalten an der Plantarseite teilweise verheilt sind. Durch diese Behinderung dürfte es dann aber sehr bald bei der Jagd erlegt worden sein. Ein solch harter Schlag in Höhe des Mittelfußes, bei dem der Knochen in der Längsrichtung gespalten und auseinander getrieben wurde, kann meines Erachtens nur durch eine

94

HANNS-HEBMANN MÜLLER

Falle mit straff gespannter Feder erfolgt sein. Die verschiedenen Arten der Fallen, die bei der Jagd im frühen Mittelalter gebräuchlich waren, sind bei Lindner (1940) ausführlich beschrieben. Bei der Behandlung der Tierreste von Alt-Hannover konnte gezeigt werden, daß sich der prozentuale Anteil der einzelnen Skelettelemente an der Gesamtknochenmenge der Rinderknochen in einer Stadtsiedlung gegenüber dem einer Burganlage stark unterscheidet (Müller, 1959, S. 196). Der Unterschied wurde in der Weise gedeutet, daß in der Stadt die Großtiere meistens beim Fleischer geschlachtet und die Schlachtabfälle (Schädelteile, Unterkiefer und Metapodien) gesammelt wurden. Die Knochen verwendete man im Bedarfsfalle zur Festigung der Straßen. In einer Burg hingegen, wo die Tiere in der Burg geschlachtet wurden und die Schlacht- und Küchenabfälle in dem Burgareal verblieben, sind die Prozentwerte der einzelnen Skelettelemente ausgeglichener, was auch durch das Material von Köpenick bestätigt wird (Abb. 41). Das relativ häufigere Vorkommen der Schädel- und Unterkieferteile erklärt sich daraus, daß diese großen Knochen beim Schlachten stärker zerschlagen wurden, die Bruchstücke jedoch infolge charakteristischer Merkmale noch immer artmäßig bestimmbar bleiben. Interessant ist ein Vergleich der Häufigkeit der verschiedenen Skelettelemente bei den einzelnen Tierarten. Bei den kleinen Haussäugetieren — Schaf, Ziege und Schwein — sind die Schädel- und Unterkieferteile recht häufig vertreten. Der Grund dafür ist darin zu suchen, daß — wie oben schon angeführt — die kleineren und weicheren Knochen stärker von den Hunden gefressen oder bei Überschwemmungen fortgespült wurden. Die relativ schweren und harten Kieferteile bleiben hingegen leichter erhalten. Beim Wildschwein sind die Verhältnisse denen des Rindes ähnlich, die Knochen sind auch meist sehr kräftig und schwer. Beim Hirsch fällt dagegen auf, daß die Schädel- und Unterkieferteile nicht häufiger als die anderen Skelettelemente auftreten. Normalerweise müßte man ähnliche Verhältnisse wie beim Rind oder Wildschwein erwarten. Das geringe Auftreten der Schädelteile spricht m. E. auch dafür, daß vom Hirsch einige Schädel als Trophäen hergerichtet wurden und so in den Küchenabfällen seltener anzutreffen sind. Die Tierknochen sind aber nicht nur Nahrungsüberreste, sie stellen auch einen beliebten Rohstoff zur Herstellung von Werkzeugen dar. Zur Verarbeitung kamen sowohl Haustierals auch Wildtierknochen. Eine Bevorzugung der Knochen einer bestimmten Art läßt sich nicht feststellen. Hirschgeweihe wurden nicht selten verarbeitet, teilweise wurden wohl auch Abwurfstangen als Rohstoff gesammelt. Jedoch fand sich nur ein Gerät, das aus Hirschgeweih gearbeitet war. Geweihstücke mit Bearbeitungsspuren (Abfälle oder Halbfertigwaren) wurden dagegen häufiger gefunden. Es muß allerdings berücksichtigt werden, daß bei einer Ausgrabung wohl nur ein ganz geringer Prozentsatz der ursprünglich hergestellten Knochengeräte aufgefunden wird. Unter den Knochengeräten sind kräftige, spitze Werkzeuge am stärksten vertreten. Sie sind aus den verschiedenen Röhrenknochen gearbeitet. Zwei Knochenbruchstücke mit mehreren Durchbohrungen können als Knochenflöten gedeutet werden, das eine Stück ist aus einem Metacarpus I I I vom Wildschwein gearbeitet. Sowohl vom Rind als auch vom Pferd wurde je ein Radius als Schlittknochen verarbeitet gefunden. Ein verzierter Messergriff war aus einem Metatarsus vom Rind hergestellt worden. Bei einigen Knochengeräten ist der Gebrauchszweck unbekannt. Insgesamt konnten 21 Knochengeräte festgestellt werden, von denen 7 aus Haustierknochen und 8 aus Wildtierknochen gefertigt waren. Für 6 Stück konnte die Tierart nicht ermittelt werden. Das Verhältnis von den Knochengeräten aus den Haustierknochen zu denen aus Wildtierknochen entspricht auch etwa dem allgemeinen Verhältnis der Haustierknochen zu den Wildtierknochen. Für die Knochengeräte wurden also weder die Haustier- noch die Wildtierknochen bevorzugt.

95

Die Säugetierreste

iL.

I..M.

Alt - H a n n o v e r Rind

Berlin-

iiiii.niiiiii

Rind

Ilm

Schwein

...i.-.i

l l i . i i i i l I.I

Köpenick

Schaf/Ziege

Hirsch

iiiiiiniiiii Wildschwein

lliil.iiiiiii. Abb. 41. Prozentualer Anteil der einzelnen Skelettelemente an der Gesamtknochenmenge verschiedener Tierarten (1 mm = 1 Prozent)

96

HANNS-HERMANN MÜLLER

Zusammenfassung Die Untersuchung des Tierknochenmaterials von Berlin-Köpenick hat ergeben, daß sowohl in der slawischen als auch in der frühdeutschen Burganlage ein großer Teil der Fleischnahrung aus Jagdtieren bestand. Es bleibt jedoch die Frage noch offen, ob die Jagd eine wirtschaftliche Notwendigkeit oder mehr eine Art Sport der Burgherren (Burgbesatzung) war. Zur Klärung dieser und anderer Fragen muß das Tierknochenmaterial einer offenen (unbefestigten) Siedlung möglichst aus der gleichen Gegend untersucht und zum Vergleich herangezogen werden. Die festgestellten Tierarten wurden in der Faunenliste aufgeführt. Unter den Haustieren ist besonders der Nachweis des Esels — Equus asinus — hervorzuheben. Unter den Wildtieren ist u. a. der Nachweis des Ures — Bos primigenius — und des Wisents — Bison bonasus — wichtig. Aus dem häufigen Vorkommen des Hausschweines, des Hirsches und des Wildschweines konnte auf eine waldreiche Landschaft geschlossen werden. Der recht starke Anteil an Jungtierknochen unter den Küchenabfällen ist auffällig. Möglicherweise wurde die Nachzucht der Haustiere — mit Ausnahme des Pferdes — in der Burg nur in beschränktem Umfang durchgeführt. Für die Herstellung der Knochengeräte wurden sowohl Haustier- als auch Wildtierknochen verwendet. Eine Bevorzugung der Knochen einer bestimmten Tierart für die Geräteherstellung konnte nicht festgestellt werden.

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7

Herrmann, Köpenick

97

Intensive Ausnützung von Jagd- und Haustierknochen in der jüngeren Steinzeit. I n : Ethnol. Arch. Forsch. 6. Die Tierreste von Alt-Hannover. I n : Hannoversche Geschichtsblätter, NF. Bd. 12, H. 3/4. Möglichkeiten einer kulturgeschichtlichen Auswertung von ur- und frühgeschichtlichen Tierknochen. I n : Jahresschr. für mitteldeutsche Vorgeschichte, Bd. 45. Die Tierreste der slawischen Burg Berlin-Köpenick. In: Z. f. Tierzüchtung und Züchtungsbiologie Bd. 77, H. 1, S. 100-114. Studien an frühgeschichtlichen Hunden. In: Neue Ergebnisse und Probleme der Zoologie, Klatt-Festschrift. Ergänzungsband zu Zoologischer Anzeiger Bd. 145. Zur Kenntnis der ur- und frühgeschichtlichen Rinder Nord- und Mitteldeutschlands. I n : Z. f. Tierzüchtung u. Züchtungsbiologie, Bd. 63, H. 2, S. 155 - 194. Beiträge zur Abstammung und Domestikation des Hauspferdes. In: Zeitschrift für Tierzüchtung und Züchtungsbiologie, Bd. 64, H. 3, S. 201—246. Die Entwicklung der Haustierwelt Nordwest- und Mitteldeutschlands in ihrer Beziehung zu landschaftlichen Gegebenheiten. In: Petermanns Geographische Mitteilungen, 1. Quartalsheft. Das Hauspferd. I n : Herre, W.: Die Haustiere von Haithabu. Neumünster Hausschaf und Hausziege. I n : Herre, W.: Die Haustiere von Haithabu. Neumünster Post-cranial Skeletal Charakters of Bison and Bos. In: Papers of the Peabody Museum of Archeology and Ethnology, Harvard University. Vol. XXXV, Nr. 4, Cambridge, USA. Die Unterfamilie der Lutrinae. I n : Archiv f. Naturgesch. 85 A, 9. Das Spandauer Knochenmaterial. I n : Reinbacher, E.: Beiträge zur Frühgeschichte Spandaus. I n : Praehist. Z. Bd. 38, H. 3/4. Zur Naturgeschichte des Ures (Bos primigenius Bojanus 1827) nach Schädel- und Skelettfunden in Schleswig-Holstein. In: Z. f. Tierzüchtung und Züchtungsbiologie, Bd. 70, S. 297-338. Die Hauskatze. I n : Herre, W.: Die Haustiere von Haithabu. Neumünster Untersuchungen über die Hornausbildung beim Hausrind. Diss. Halle, 1933. Zur Unterscheidung von Bison priscus Boj. und Bos primigenius Boj. an Metapodien und Astragalus. I n : Senckenbergiana Bd. 18, Nr. 1/2. Das Hausrind. I n : Herre, W.: Die Haustiere von Haithabu. Neumünster Das Hausschwein. I n : Herre, W.: Die Haustiere von Haithabu. Neumünster Recente Hunderassen. Eine osteologische Untersuchung. In: Skrifter utgitt av Det. Norske Videnskaps — Akademie i Oslo. I Matematisk-Naturvidenskapelig Klasse. 3 Bind No. 9. Oslo

2. Die Ergebnisse der pollenanalytischen Untersuchungen auf der Schloßinsel in Berlin-Köpenick Von H e l g a Jacob, Jena

Bei den. Grabungen auf der Schloßinsel in Berlin-Köpenick wurden 1956 aus einem Grabenschnitt auch Proben für eine pollenanalytische Untersuchung entnommen, um für die Siedlungsperioden der Köpenicker Schloßinsel Hinweise auf die umgebende Vegetation und ihren Wechsel zu erhalten. Die Proben aus dem Proiiischnitt an der Nordböschung des Grabens waren sandig-humos und hatten schon 4 Jahre gelagert, ehe sie aufbereitet wurden. Durch Aufschwemmen und Dekantieren wurde das feine humose Material vom groben Mineralbodenanteil getrennt und danach mit zehnprozentiger Kalilauge kurz aufgekocht. Nach mehrmaligem Waschen mit Wasser in der Zentrifuge wurden die Proben in Glyzerin aufbewahrt. Eine leichte Färbung der Glyzerinpräparate mit Safranin für die mikroskopische Untersuchung erwies sich als zweckmäßig. Trotz mehrjähriger Lagerung und Austrocknung der Proben waren die Pollenerhaltung gut und die Pollendichte befriedigend. I n einigen Proben war die Dichte der Baumpollen gering, es traten jedoch darin verschiedene Nichtbaumpollen besonders zahlreich auf (siehe Proben Nr. 8, 9, 10, 14). Die Proben zwischen Nr. 24 und 32 enthielten allerdings fast keine Pollen und konnten deshalb nicht ausgewertet werden. Das Pollendiagramm beginnt zu einer Zeit, als die älterslawische Burg C noch bestand und in dem dazugehörigen Graben noch Torf abgelagert worden ist. Die untersten Pollenspektren können wir daher in die Zeit von 950 bis 980 datieren. Die Pollenanalysen zeigen, daß während der älterslawischen Siedlungsperiode noch dichter Wald in der Nähe war. Dies wird abgeleitet aus der Baumpollendichte in den Proben 1 — 6. Es waren neben der stark übervertretenen Kiefer (Pinus), Eichen (Quercus), Birken (Betula) und einige Buchen (Fagus) vorhanden; am Wasser wuchsen Erlen (Alnus). Die Pollen von Fichte (Picea) und Tanne (Abies) dürften von weiterher zugeweht sein. Als Siedlungszeiger unter den Kräutern sind besonders die Pollen von Gänsefußarten (Chenopodiacea), Beifuß (Artemisia), Wegerich (Plantago), Ampfer (Rumex), Korbblütlern (Compositae), Doldengewächsen (Umbelliferae), Gräsern (Gramineae) und Getreide beachtet worden. Die Getreidepollen gehörten teilweise dem Roggentyp (Seeale cereale) und z. T. dem Weizentyp (Triticum spec) an. Blütenstaub verschiedener Wasser- und Sumpfpflanzen stammt sicherlich aus unmittelbarer Nähe des Grabens, z. B. Myriophyllum, Typha, Sparganium, Symphytum und andere. Während die Pollenspektren der unteren sechs Proben ein ziemlich einheitliches Waldbild widerspiegeln, ist ein gewaltiger Eingriff ab Probe 7 aus den Pollenanalysen abzulesen. Die Baumpollendichte der Probe 7 war so gering, daß diese Probe in der graphischen Auswertung ausgelassen werden mußte, bei 10 Baumpollen wurden 466 Nichtbaumpollen gezählt. Es muß eine große Waldrodung in der näheren Umgebung eingesetzt haben. Damit scheint die Erweiterung der Siedlung in spätslawischer Zeit um 1000 verbunden zu sein. Zur Siedlung gehörten große Ackerund Grasfluren, wie aus den zahlreichen Pollen von Wiesenpflanzen, Ackerunkräutern und Getreide hervorgeht. Auch die Proben 8, 9, 10 und 14 haben bei geringer Baumpollendichte einen großen Anteil von Nichtbaumpollen (NBP). Reichliche Holzreste (z. T. als Holzkohle) von Eiche fanden sich in den Pollen 8 und 9 neben einigen Kiefernholzkohlestücken.

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