Korrosionsschutz durch Beschichtungen
 9783748602125

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Jörg Sander | Lars Kirmaier | Mircea Manea | Dmitry Shchukin | Ekaterina Skorb

Korrosionsschutz durch Beschichtungen Grundlagen und neue Konzepte

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Cover: Simon Cataudo – sxc and Sergey Kolesnikov – Foltolia.com

Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Sander, Jörg; Kirmaier, Lars; Manea, Mircea; Shchukin, Dmitry; Skorb, Ekaterina Korrosionsschutz durch Beschichtungen: Grundlagen und neue Konzepte Hannover: Vincentz Network, 2011 Farbe und Lack Edition ISBN 978-3-7486-0212-5 © 2011 Vincentz Network GmbH & Co. KG, Hannover Vincentz Network, P.O. Box 6247, 30062 Hannover, Germany Das Werk einschließlich seiner Einzelbeiträge aus Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urhebergesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenzeichen und Handelsnamen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt es sich häufig um geschützte, eingetragene Warenzeichen. Das Verlagsverzeichnis schickt Ihnen gern: Vincentz Network, Plathnerstr. 4c, 30175 Hannover, Germany Tel. +49 511 9910-033, Fax +49 511 9910-029 E-mail: [email protected], www.farbeundlack.de Satz: Vincentz Network, Hannover

ISBN 978-3-7486-0212-5

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European Coatings Tech Files

Jörg Sander | Lars Kirmaier | Mircea Manea | Dmitry Shchukin | Ekaterina Skorb

Korrosionsschutz durch Beschichtungen Grundlagen und neue Konzepte

Jörg Sander et al.: Korrosionsschutz durch Beschichtungen © Copyright 2011 by Vincentz Network, Hannover, Germany

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Auf ein Wort Metalle, vor allem Stahl und Aluminium, gehören zu den wichtigsten Werkstoffen des täglichen Lebens. Diese vielseitigen Materialien sind von Korrosion bedroht, die zu optischen Fehlern, zu Sicherheitsmängeln und am Ende zu wirtschaftlichen Schäden führt. Maßnahmen zum Korrosionsschutz bilden daher einen wesentlichen Teil bei der Behandlung von Metalloberflächen. Organische Beschichtungen sind für alle möglichen Substrate zur Gestaltung wie auch zur Erhaltung des Aussehens im Einsatz. Korrosionsschutz wird bei Anwendung auf Metallen zu ihrer wichtigsten technischen Eigenschaft. Wenn auch die erste Aufgabe einer Beschichtung hierbei in der Bildung einer physischen Barriere besteht, gibt es keine einfache Regel des „Je dicker, desto besser“. Effizienter Korrosionsschutz durch eine organische Beschichtung verlangt: • • • •

die ordnungsgemäße Vorbereitung der Substratoberfläche, die fachgerechte Formulierung von Behandlungschemikalien und Beschichtungsmitteln, geeignete Prozesse der Verarbeitung und die Anpassung an die jeweilige Nutzung sowie ihre unterschiedlichen äußeren Bedingungen.

Zu den einzelnen Aspekten der Korrosionsschutzbeschichtungen existiert eine Vielzahl von Veröffentlichungen. Korrosionsschutz durch organische Beschichtungen ist wahrhaftig ein Fächer übergreifendes Thema, zu dem nach Überzeugung des Hauptautors eine ganzheitliche Betrachtung bisher fehlt, die die Rolle aller Disziplinen bei dieser Aufgabe beleuchtet, die an der Herstellung und Nutzung solcher Beschichtungen beteiligt sind. Zweck dieses Buches ist es, diese fehlende Übersicht zu schaffen. Es bietet ein aktuelles Bild über die Qualität und Chemie der Substratoberfläche, die fachgerechte Konversionsbehandlung, die Funktion der Harze und antikorrosiven Pigmente in Lacken und die neuesten Konzepte für den Korrosionsschutz. Das vorliegende Buch wendet sich an alle, die mit Oberflächen- und Lacktechnik beteiligt sind, an Lieferanten ebenso wie an Nutzer, an Experten in Einzeldisziplinen ebenso wie an Studenten. Es soll einen Beitrag zum besseren Verständnis der jeweilige Rolle und Verantwortung leisten und den Weg zu langfristigem und nachhaltigem Erhalt unserer Wert- und Rohstoffe ebnen. Velbert, im Dezember 2010 Jörg Sander

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Inhaltsverzeichnis 1. 1.1 1.2

Jörg Sander Einleitung.............................................................................................13 Warum Korrosionsschutzbeschichtungen?......................................................... 13 Literatur...................................................................................................................... 14

2.2.2 2.3 2.4

Jörg Sander Korrosionsschutzbeschichtungen.......................................................15 Funktionsprinzipien................................................................................................. 15 Elektrochemie der Korrosionsinhibierung.......................................................... 15 Metalloxid-Bildung................................................................................................... 16 Kathodischer Schutz................................................................................................. 17 Passivierung und Konversionsbeschichtung..................................................... 18 Design organischer Beschichtungssysteme....................................................... 19 Diffusionsbarriere-Eigenschaften – Feuchtigkeitsaufnahme und Elektrolytpermeation.......................................... 19 Aktive Pigmente........................................................................................................ 20 Funktion einzelner Beschichtungslagen............................................................. 21 Literatur...................................................................................................................... 22

3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.2 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.3.1 3.3.3.2 3.3.4 3.4

Jörg Sander Vorbereitung der Oberflächen.............................................................25 Technische Reinigung............................................................................................. 25 Bedeutung des Reinigungsprozesses................................................................... 25 Verunreinigungen.................................................................................................... 25 Oberflächenenergie und Oberflächenspannung................................................ 26 Mechanische Reinigung.......................................................................................... 27 Chemische Reinigung.............................................................................................. 29 Plasma- und Corona-Prozesse................................................................................ 29 Lösemittelentfettung................................................................................................ 29 Chemie wässriger Reiniger.................................................................................... 30 Mechanismus: Alkalität, Verseifung und Metallauflösung............................ 30 Inhaltsstoffe wässriger Reiniger........................................................................... 32 Physik der wässrigen Reinigung, Badstandzeit und Spülen.......................... 35 Literatur...................................................................................................................... 38

4 4.1 4.2 4.2.1 4.2.1.1 4.2.1.2 4.2.1.3 4.2.1.4

Mircea Manea, Lars Kirmaier, Jörg Sander Organische Beschichtungsmittel........................................................41 Inhaltsstoffe organischer Beschichtungsmittel................................................. 42 Lackharze................................................................................................................... 42 Alkydharze................................................................................................................. 43 Herstellverfahren für Alkydharze ....................................................................... 45 Abbau von Alkydharzen.......................................................................................... 46 Zusammensetzung von Alkydharzen.................................................................. 47 Härtung von Alkydharzen...................................................................................... 47

2 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.2 2.2.1

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4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.4.1 4.2.4.2 4.2.4.3 4.2.5 4.2.6 4.2.6.1 4.2.6.2 4.2.7 4.2.7.1 4.2.7.2 4.2.7.3 4.2.8 4.2.8.1 4.2.8.2 4.2.9 4.2.9.1 4.2.9.2 4.2.9.3 4.2.10 4.2.10.1 4.2.10.2 4.3 4.3.1 4.3.1.1 4.3.1.1.1 4.3.1.1.2 4.3.1.2 4.3.1.2.1 4.3.1.2.2 4.3.1.2.3 4.3.1.3 4.3.1.4 4.3.1.5 4.3.1.5.1 4.3.1.5.2 4.3.1.6 4.3.1.6.1 4.3.1.6.2 4.3.1.6.3 4.3.1.7 4.3.1.8 4.3.1.9 4.3.1.10 4.3.2 4.3.2.1 4.3.2.2 4.3.2.3 4.3.3

Inhalt

Chlorierte Kautschuke............................................................................................. 48 Polyvinylchlorid........................................................................................................ 50 Epoxidharze............................................................................................................... 51 Rohstoffe für Epoxidharze...................................................................................... 52 Herstellverfahren für Epoxidharze....................................................................... 53 Vernetzung von Epoxidharzen.............................................................................. 54 Epoxidester................................................................................................................. 55 Acrylatharze............................................................................................................... 58 Herstellung von Acrylatharzen.............................................................................. 58 Thermoplastische und duroplastische Acrylatharze........................................ 59 Polyurethane.............................................................................................................. 60 Reaktivität der Isocyanatgruppe........................................................................... 61 Wasserbasierte Polyurethane................................................................................ 63 Isocyanat-freie Polyurethane................................................................................. 64 Polyaspartate.............................................................................................................. 64 Polyharnstoffsysteme............................................................................................... 68 Polyaspartatsysteme................................................................................................ 68 Alkylsilikat................................................................................................................. 70 Nomenklatur der Siliciumchemie......................................................................... 71 Herstellung von Alkylsilikaten.............................................................................. 73 Reaktionen von Alkylsilikaten............................................................................... 74 Polysiloxane............................................................................................................... 75 Reaktionen der Siloxane.......................................................................................... 75 Herstellung von Siloxanbindemitteln................................................................... 77 Pigmente..................................................................................................................... 79 Korrosionsschutzpigmente..................................................................................... 80 Blei- und Chromatpigmente.................................................................................... 83 Bleipigmente ............................................................................................................. 83 Chromatpigmente..................................................................................................... 84 Phosphatpigmente.................................................................................................... 86 Zinkphosphat............................................................................................................. 86 Modifizierte Orthophosphate................................................................................. 87 Modifizierte Polyphosphate.................................................................................... 88 Anorganisch/Organische Synergien.................................................................... 89 Universell einsetzbare Korrosionsschutzpigmente.......................................... 90 Phosphite und Phosphide........................................................................................ 91 Zinkhydroxyphosphit.............................................................................................. 91 Eisenphosphid............................................................................................................ 91 Borate........................................................................................................................... 92 Bariummetaborat ..................................................................................................... 92 Zinkborat..................................................................................................................... 92 Calciumborosilikat.................................................................................................... 92 Molybdate................................................................................................................... 92 Ionenaustausch-Pigmente....................................................................................... 93 Zinkcyanamid . ......................................................................................................... 93 Hybrid-Korrosionsschutzpigmente....................................................................... 93 Barrierepigmente...................................................................................................... 94 Eisenglimmer............................................................................................................. 94 Aluminium-Flakes.................................................................................................... 95 Zink-Flakes................................................................................................................. 95 Opferpigmente........................................................................................................... 96

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Inhalt

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4.3.3.1 4.3.3.2 4.3.4 4.3.4.1 4.3.4.2 4.3.4.3 4.3.4.4 4.3.4.5 4.3.4.6 4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4 4.4.4.1 4.4.4.2 4.4.4.3 4.4.4.4 4.5 4.6 4.7 4.8

Zinkstaub . ................................................................................................................. 96 Magnesium................................................................................................................. 96 Farbpigmente............................................................................................................. 97 Weißpigment: Titandioxid....................................................................................... 97 Rotpigmente .............................................................................................................. 97 Gelbpigmente . .......................................................................................................... 97 Grünpigmente .......................................................................................................... 97 Blaupigmente ............................................................................................................ 98 Schwarzpigmente .................................................................................................... 98 Füllstoffe .................................................................................................................... 98 Carbonate.................................................................................................................... 98 Sulfate ........................................................................................................................ 98 Kieselsäuren ............................................................................................................. 99 Silikate ....................................................................................................................... 99 Talkum ....................................................................................................................... 99 Kaolin........................................................................................................................... 99 Wollastonit.................................................................................................................. 99 Glimmer ..................................................................................................................... 100 Additive....................................................................................................................... 100 Lösemittel................................................................................................................... 101 Rohstoffe für Pulverlacke........................................................................................ 102 Literatur...................................................................................................................... 103

5 5.1 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.2.1 5.2.2.2 5.2.2.3 5.3

Jörg Sander Filmbildung..........................................................................................109 Physikalische Trocknung........................................................................................ 109 Chemische Härtung................................................................................................. 110 Thermische Härtung: Chemie, Mechanismus, vermittelte Eigenschaften..... 110 Strahlungshärtung................................................................................................... 111 Chemische Grundlagen und intrinsische Eigenschaften................................ 111 Anwendungen............................................................................................................ 116 Anlagen und Geräte................................................................................................. 117 Literatur...................................................................................................................... 118

6 6.1 6.2 6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.2.1 6.3.2.2 6.4 6.5 6.5.1 6.5.2 6.5.3 6.5.4 6.5.5

Jörg Sander Schutzmechanismus und Eigenschaften organischer Beschichtungen....................................................................................... 119 Einfluss und Messung physikalischer Eigenschaften...................................... 119 Trockenfilmdicke...................................................................................................... 119 Haftung....................................................................................................................... 120 Rolle der Haftung und Einflussfaktoren.............................................................. 120 Messung der Haftung und Elastizität.................................................................. 121 Industrielle Methoden.............................................................................................. 121 Labormethoden.......................................................................................................... 122 Permeation in organischen Beschichtungen...................................................... 123 Korrosionsschutzleistung........................................................................................ 124 Titan- und Zirkonfluorokomplex-Vorbehandlungen.......................................... 124 Schweißbare Korrosionsschutzprimer für Automobilblech............................. 126 Thermisch härtende 2-in-1 Primer-Vorbehandlung......................................... 129 Chrom(III)-basierte Vorbehandlungen – „Chromitierung“............................. 130 Aktive Pigmente, Ionentauscher und Ionenfänger........................................... 130

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Inhalt

6.5.6 6.6 6.6.1 6.6.2 6.6.2.1 6.6.2.2 6.7

UV-härtbare Primer-Vorbehandlung.................................................................... 131 Degradation und Alterung...................................................................................... 132 Bewitterung................................................................................................................ 132 Elektrochemischer Abbau....................................................................................... 134 Kathodische Enthaftung: Sauerstoffreduktion.................................................. 134 Anodische Enthaftung: Filiformkorrosion.......................................................... 135 Literatur...................................................................................................................... 136

7 7.1 7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.2.1 7.2.2.2 7.2.2.3 7.2.2.4 7.2.2.5 7.2.3 7.2.3.1 7.2.3.2 7.2.3.3 7.2.3.4 7.3 7.3.1 7.3.2 7.3.2.1 7.3.2.2 7.3.3 7.3.4 7.3.4.1 7.3.4.2 7.3.4.2.1 7.3.4.2.2 7.4 7.5

Jörg Sander Abprüfung von organischen Beschichtungen....................................139 Leistungsprüfungen................................................................................................. 139 Beschleunigte Korrosionstests ............................................................................. 139 Überblick.................................................................................................................... 139 Konstantklimatests.................................................................................................. 139 Salzsprühnebelprüfung.......................................................................................... 139 Konstantklima, Feuchtebelastung........................................................................ 140 Filiformkorrosion...................................................................................................... 140 Kondensation.............................................................................................................. 141 Kochtest, Wasserlagerung...................................................................................... 141 Wechselklimatests.................................................................................................... 141 Wechselfeuchte.......................................................................................................... 141 Prohesion-Test............................................................................................................ 141 VDA-Test...................................................................................................................... 141 UV Test, Bewitterung............................................................................................... 142 Elektrochemische Prüfverfahren.......................................................................... 142 Grundbemerkungen................................................................................................. 142 Elektrochemisches Potenzial................................................................................. 142 Standardpotenzial ................................................................................................... 142 Zyklovoltammetrie.................................................................................................... 142 Elektrochemische Impedanz-Spektroskopie...................................................... 144 Elektrochemische Verfahren mit hoher räumlicher Auflösung..................... 145 Raster-Vibrations-Elektrode (Scanning Vibrating Electrode)......................... 145 Höhenregulierte Raster-Kelvinsonde................................................................... 145 Allgemeines Verfahren............................................................................................ 145 Blasentest.................................................................................................................... 146 Außenbewitterungstests......................................................................................... 147 Literatur...................................................................................................................... 148

8 8.1 8.2 8.2.1 8.2.2 8.2.3 8.2.3.1 8.2.3.2 8.2.4 8.2.5 8.2.6 8.2.7

Jörg Sander Chemische Konversionsbehandlung...................................................151 Substrate..................................................................................................................... 151 Vorbehandlungschemikalien................................................................................. 154 Allgemeines............................................................................................................... 154 Alkalipassivierung................................................................................................... 155 Phosphatierung......................................................................................................... 155 Eisenphosphatierung............................................................................................... 155 Zinkphosphatierung................................................................................................. 156 Chromatierung.......................................................................................................... 157 Anodisieren von Aluminium.................................................................................. 157 „Chromitierung“....................................................................................................... 158 Chromfreie Vorbehandlung.................................................................................... 158

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Inhalt

8.2.7.1 8.2.7.2 8.2.8 8.2.8.1 8.2.8.2 8.2.9

11

8.4

Titan- und Zirkon-Fluorokomplex-Technologie................................................... 158 Andere chromfreie Vorbehandlungen................................................................. 161 Hybrid-Vorbehandlungen........................................................................................ 161 Silan/Siloxan-Beschichtungen............................................................................... 162 Kombinierte thermische Prozesse für die Primer-Vorbehandlung ............. 162 Oberflächenbehandlung anderer Substrate – Kupferlegierungen, Weißmetall, Magnesium, Edelstahl................................. 163 Umweltgesichtspunkte............................................................................................ 163 Anwendungstechnik von Vorbehandlungen...................................................... 165 Tauch- und Spritzbehandlung ............................................................................... 165 Anwendungstechnik der Vorbehandlung für Band: Spritzen/Abquetschen, Spritzzelle, Walzenapplikation................................... 165 Literatur...................................................................................................................... 167

9 9.1 9.1.1 9.1.2 9.2 9.3

Jörg Sander Beschichtungen für Reparaturzwecke................................................171 Oberflächentolerante Beschichtungen................................................................. 171 Allgemeines............................................................................................................... 171 Materialien für oberflächentolerante Beschichtungen..................................... 171 Organische Beschichtungen auf Restberostungen und Altlackierungen....... 172 Literatur...................................................................................................................... 173

8.2.10 8.3 8.3.1 8.3.2

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10 10.1 10.1.1 10.1.2 10.1.3 10.2 10.2.1 10.2.2 10.3 10.3.1 10.3.2 10.4 10.5 11 11.1 11.2 11.2.1 11.2.2 11.3 11.4

Inhalt

Dmitry Shchukin, Ekaterina Skorb Neue Konzepte für den Korrosionsschutz..........................................175 Dünnfilmbeschichtungen....................................................................................... 175 Selbst-anordnende Monoschichten....................................................................... 177 Leitfähige Polymere................................................................................................. 182 Biopolymere................................................................................................................ 191 Nanomaterialien........................................................................................................ 194 Nanokomposite.......................................................................................................... 195 Keramische Schichten und Hybridschichten auf Sol-Gel-Basis..................... 198 Selbstheilende Beschichtungen............................................................................. 201 Selbst-reparierende Polymerfilme........................................................................ 202 Inhibitorfreisetzung................................................................................................. 207 Zusammenfassung................................................................................................... 212 Literatur...................................................................................................................... 213 Jörg Sander Normen und Richtlinien......................................................................219 Allgemeines............................................................................................................... 219 Allgemeine Normen................................................................................................. 219 Normen zur mechanischen Prüfung von organisch beschichteten metallischen Werkstücken..................................................................................... 220 Normen zur Korrosionsprüfung organisch beschichteter metallischer Werkstücke ....................................................................................... 220 Ausgewählte europäische Gesetze zum Umweltschutz................................... 221 Literature.................................................................................................................... 222 Lebensläufe..........................................................................................223 Index.....................................................................................................225 Bezugsquellen......................................................................................237

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Warum Korrosionsschutzbeschichtungen?

1.

13

Einleitung Jörg Sander

1.1

Warum Korrosionsschutzbeschichtungen?

Der Mensch nutzt Metalle seit etwa 6.500 v.Chr. Aus diesen fernen Zeiten wurden in der neolithischen Siedlung von Çatal Höyük in Anatolien Kupfergegenstände gefunden, deren Auftreten mit dem offensichtlichen Rückgang der Nutzung von Steinwerkzeugen einhergeht [1, 2]. Während Kupfer und seine Legierungen für Schmuck, Gegenstände des täglichen Bedarfs, Besteck, Werkzeuge und Waffen ihrer Zeit verwendet wurden, begann eine umfassende Nutzung von Metallen erst, nachdem sich in der zweiten Hälfte des zweiten vorchristlichen Jahrtausends die Erzeugung von Eisen durchgesetzt hatte [3]. Eisen hat Geschichte, Kultur, Ingenieurwissenschaften und industrielle Herstellverfahren aufgrund seiner Eigenschaften dominiert, die Verfügbarkeit, günstige Verhüttung, vielfältige Verarbeitungsmöglichkeiten durch Gießen, Schmieden, Walzen und spanende Bearbeitung und nicht zuletzt auch strukturelle Festigkeit und Duktilität miteinander vereinen. Von Säbelklingen aus Damaszener Stahl zu Lokomotiven wie dem „Adler“, vom Mittelklasse-Pkw zum Eiffelturm, von der Waschmaschine zum luxuriösen Kreuzfahrtschiff – es gibt zahllose Verwendungsmöglichkeiten von Eisen und Stahl. Seit der Erfindung von Eisen und seinem veredelten künstlichen Verwandten, dem Stahl, war die Menschheit auch mit der Zerstörung und dem Verfall dieses so wertvollen Materials durch Korrosion konfrontiert. Die Korrosion von Eisen und Stahl ist ein sehr rasch verlaufender Prozess, der täglich Wertgegenstände vernichtet und großen wirtschaftlichen Schaden verursacht. Die Verhütung von Korrosion ist deshalb von ungeheurer Bedeutung. Organische Beschichtungen eröffnen einen besonders attraktiven Weg zum Korrosionsschutz von Metallen. Ihr Zweck und ihre Anwendungen reichen vom temporären Schutz von Oberflächen während Lagerung, Transport und Weiterverarbeitung über die Rolle als schützende Grundierungen (Primer), die noch einige zusätzliche Eigenschaften wie Oberflächenstruktur, biostatische Ausrüstung, elektrische Leitfähigkeit, (Trocken-) Schmierung usw. vermitteln können, kosmetische Beschichtungen für das Oberflächendesign mit Hilfe von Farbe, Glanz und haptischen Eigenschaften und schließlich Oberflächenbeschichtungen, die Anti-Graffiti oder Fingerabdruck abweisende Eigenschaften oder Verschleißschutz verleihen. Organische Beschichtungen bieten eine einzigartige Kombination von ästhetischem Aussehen und Schutz vor dem korrosivem Verfall für den wichtigsten Werkstoff der Menschheit – Metall. Eine Vielzahl von Literatur ist über die Korrosionsverhütung veröffentlicht worden, große Anstrengungen auf dem Gebiet der Naturwissenschaften und des Ingenieurwesens werden unternommen und hohe Summen an öffentlichen und institutionellen Fördermitteln werden ausgegeben, um Korrosion und die Phänomene der korrosiven Zerstörung zu verstehen und Mittel zu ihrer Verhinderung zu finden. Schutzbeschichtungen von Metallen, die im Wesentlichen darauf abzielen, den Beginn der Korrosion zu verzögern, sind Gegenstand einer ausgedehnten Diskussion. Insbesondere ist die organische Beschichtung von Metallen beschrieben worden in grundlegenden Standardwerken von Vertretern der Lackindustrie, in wissenschaftlichen Veröffentlichungen, in Handbüchern der Oberflächentechnologie Jörg Sander et al.: Korrosionsschutz durch Beschichtungen © Copyright 2011 by Vincentz Network, Hannover, Germany

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Einleitung

und in Monografien, die sich mit einzelnen Aspekten der Anwendung befassten. Alle Autoren brachten ihre speziellen Kenntnisse und Betrachtungsweisen über das Metall und die Metallveredlung ein, z.B. bei der Stahlherstellung, bei der Passivierung und Oberflächenbehandlung, bei der Vielzahl von Anwendungen und ihren jeweiligen antikorrosiven Maßnahmen und bei der Expertenschaft, Beschichtungsmittel zu formulieren und zu applizieren. Es hat sich jedoch als schwierig erwiesen, das große Ganze zu betrachten, das die gegenseitigen Abhängigkeiten und das Zusammenspiel aller beteiligten Partner aufzeigen kann. Aufgabe und Zweck dieses Buches ist es, eine ganzheitliche Schau aller Aspekte von Korrosionsschutzbeschichtungen für Metalle zu bieten, von der Qualität und den chemischen Eigenschaften der Substrate über die Bedeutung der fachgerechten Reinigung und Oberflächenvorbereitung durch Konversionsbehandlungen, die Rolle von Lackinhaltsstoffen, insbesondere neuer Harze und antikorrosiver Pigmente, die Oberflächentechnik und die aktuelle Forschung an neuen Verfahren, die den Weg in die Zukunft korrosionsschützender Verfahren weisen. Außer den beiden Hauptautoren haben sich Mircea Manea, Dmitry Shchukin und Ekaterina Skorb diese Aufgabe geteilt, von denen jeder weit reichende berufliche Erfahrung in der einschlägigen industriellen und wissenschaftlichen Szene vorweisen kann. Erschienen ist dieses Buch in englischer Fassung in der Reihe European Coatings Tech Files unter dem Titel „Anticorrosive Coatings“. Jörg Sander und Lars Kirmaier haben dieses dann für das vorliegende Buch „Korrosionsschutz durch Beschichtungen“ übersetzt und für den deutschsprachigen Raum überarbeitet. 1.2

Literatur

[1] Zohar, M., Catal Hüyük, Residential Structures, Mortuary Customs, Material Culture, Artistic Expression, Catal Hoyuk, a Neolithic Town in Anatolia, Net Industries, Kingston ON, Canada 2010 (www.jrank.org/history/pages/5978/Catal-H%C3%BCy%C3%BCk.html) (28-03-2010; 15:35 h) [2] Weipert, H., Palästina in vorhellenistischer Zeit, in: Hausmann, U. (Hrsg.), Handbuch der Archäologie 2, 1. Bd., Beck, München 1988, S. 120 [3] Coghlan, H. H., Prehistoric Iron Prior to the Dispersion of the Hittite Empire, Man 41, Royal Anthropological Institute of Great Britain and Ireland, 1941, S. 74 ff

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Funktionsprinzipien

2

15

Korrosionsschutzbeschichtungen Jörg Sander

2.1

Funktionsprinzipien

2.1.1

Elektrochemie der Korrosionsinhibierung

Korrosion ist ein elektrochemischer Vorgang, der die Oberfläche von Metallen durch Auflösungsreaktionen und die Bildung von Korrosionsprodukten zerstört. Wenn eine Beschichtung auf Metall appliziert wird, findet die Korrosion an der Grenzfläche zwischen Substrat und Beschichtung statt. Folgerichtig muss eine Beschichtung hinreichenden Schutz bieten, um den Start und das Fortschreiten der Korrosionsreaktionen zu verzögern. Strategien für das Vermeiden von Korrosion machen sich daher eine Anzahl von möglichen Maßnahmen zunutze, die entweder die elektrochemische Stabilität der Metalloberfläche erhöhen oder den Zutritt korrosiver Medien zu der Oberfläche bzw. entlang der Grenzfläche Metall/Beschichtung verhindern. Gängige Schutzstrategien, wie sie in der Literatur [1, 2] besprochen werden, sind: Strategien zur Korrosionsvermeidung • Konversionsschichten • Kathodischer Schutz – Galvanisieren – Zinkstaub-Grundierungen • Porenversiegelung – Mehrschicht-Lackaufbauten • Barrierewirkung • Dielektrische Eigenschaften der Beschichtung • Verringerte Feuchtigkeits- und Gasaufnahme • Abfangen korrosiver Agenzien – Aktive Anionen – Ionentauscher-Pigmente • Verbesserung der Substrathaftung – Adhäsiv-Primer – Silan/Siloxan-Beschichtungen • Erhöhung der Alkalität – Betonbeschichtungen Der metallische Zustand wird als eine Eigenschaft fester Materie definiert, bei der die Atome dicht gepackt auf den Gitterplätzen einer Kristallstruktur lokalisiert sind, während man ihre Elektronen (Bindungselektronen), frei über den gesamten Kristall verteilt, vorfindet [3]. Aufgrund dieser freien Verfügbarkeit der Elektronen auch an den äußeren Kristall­ oberflächen sind alle Metalle grundsätzlich Korrosionsvorgängen unterworfen. Eine Triebkraft für die Korrosion ist dadurch bestimmt, wie leicht die Elektronen freigesetzt werden, oder mit anderen Worten, wie leicht das Metall oxidierbar ist. Dies ist von der Art des Metalls abhängig und wird üblicherweise durch sein elektrochemisches Potenzial charakterisiert. Die chemischen Reaktionen, die während der atmosphärischen Korrosion stattfinden, können durch ein Paar von Redox-Reaktionen beschrieben werden (Gleichungen 2.1 und 2.2). Jörg Sander et al.: Korrosionsschutz durch Beschichtungen © Copyright 2011 by Vincentz Network, Hannover, Germany

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Korrosionsschutzbeschichtungen

Abbildung 2.1: (a) Atmosphärische Korrosion an einer zerstörten Beschichtung auf Zinksubstrat; (b) Bildung einer Barriereschicht durch Fällung von Zinkoxid (native Oxidschicht)

Gleichung 2.1

Zn → Zn2+ + 2 e–

Gleichung 2.2

1/2 O2 + H2O+2 e → 2 (OH) -

Anodische Reaktion –

Kathodische Reaktion

Das Metall fungiert als Anode, d.h. die Quelle der Elektronen, die bei der Auflösung des Metalls freigesetzt werden. Die Atome des Metalls werden in der ersten Teilreaktion zu Kationen oxidiert (z.B. Zn2+), die entsprechende äquivalente Anzahl an Elektronen (e–) wird dabei für die zweite Reaktion verfügbar. Im Falle der atmosphärischen Korrosion dringen diese Elektronen durch die Grenzfläche in die umgebende Lösung, wo sie für die Reduktion von Sauerstoff verbraucht werden. Abbildung 2.1 zeigt eine schematische Darstellung dieser Situation [4, 5]. Aus dieser Beschreibung lässt sich das wesentliche strategische Prinzip einer jeden Korrosionsschutzschicht unmittelbar ableiten: Sobald es gelingt, einen der Reaktionszweige effektiv zu verlangsamen, können Beginn und Ausbreitung der Korrosion drastisch verzögert werden. Somit kann man die Korrosionsinhibierung (Passivierung) durch die Ausbildung einer physischen Barriere erreichen, die entweder einen elektrischen Isolator darstellt (d.h. den Übergang von Elektronen vom Metall in die umgebende Lösung verhindert) oder eine mechanische Sperre bildet, die den direkten Zutritt von Elektrolyt oder Luftsauerstoff zur Metalloberfläche blockiert.

2.1.2

Metalloxid-Bildung

Um diesen Barriereeffekt zu erzielen, wird daher bei einer Passivierung oder einer Konversionsbehandlung üblicherweise eine dichte Schicht von Metalloxiden erzeugt. Dieses Metalloxid, das meistens die herausgelösten Ionen des Substratmetalls selbst enthält, schlägt sich auf der Substratoberfläche nieder. Es bildet so die physische Barriere, die von Sauerstoff oder Ionen nur noch durch Diffusionsprozesse durchdrungen werden kann, wodurch der Zutritt dieser Stoffe zum Basismetall abgebremst wird. Die Wirkungsweise von Metalloxidschichten wird manchmal auch durch das Bandmodell beschrieben. Viele Oxide von Übergangsmetallen oder Metallen der höheren Hauptgruppen haben Halbleitereigenschaften. Beispielsweise zeigt Zinkoxid (ZnO) die Charakteristika eines n-Halbleiters, was heißt, dass die Elektronen im Valenzband des Oxids durch vergleichsweise geringfügige Energiezufuhr in das Leitungsband angehoben werden können. Die Energielücke, d.h. der Abstand der Energieniveaus zwischen Valenz- und Leitungsband, ist eine charakteristische Eigenschaft einer jeden Substanz. Die Bandlücke von Magnesiumoxid (MgO) ist z.B. sehr viel größer, so dass diese Verbindung ein Isolator ist. Die Oxide von Legierungen, wie etwa MgZn2, die den Hauptbestandteil der neuartigen Zn-Mg-Mischverzinkungen darstellen, weisen Niveaudifferenzen auf, die zwischen denen der reinen Elemente liegen. Ein höherer

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Funktionsprinzipien

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Korrosionswiderstand der Oxidschicht wird durch die Aufweitung der Energielücke erreicht. Dagegen verringern Gitterdefekte in der Oxidschicht die Energielücke. Außerdem muss man in technischen Mischverzinkungen auch mit dem Einfluss des zusätzlich enthaltenen Aluminiums rechnen, wodurch die Situation noch komplizierter wird. Auch der Effekt unterschiedlicher Korrosionsprodukte wird in diesem Modell nicht ganz verstanden [6]. Ein Ansatz, diese Effekte zu erklä- Abbildung 2.2: Strom-Spannungskurven von Passivelektroren, betrachtet die jeweilige Stabili- den in belüfteten Lösungen. Die Passivschichten von Zn, tät der Korrosionsprodukte (Oxide MgZn2 und Mg bestehen aus ZnO, einem gemischten und Hydroxide) unter den alka- Zn-Mg-Hydroxid ([Mg/Zn] = 0,2) bzw. Mg(OH)2 Quelle: Elsevier Ltd. 2009; vgl. Hausbrand et al. [7] lischen Bedingungen, die durch die Sauerstoffreduktion gegeben sind. MgO und Mg(OH)2 sind in Alkalien unlöslich und bilden deshalb stabile Barriereschichten aus. Demzufolge werden umso geringere Korrosionsstromdichten beobachtet, je mehr Mg in der Gesamtzusammensetzung des metallischen Überzugs enthalten ist. Zudem finden die Korrosionsvorgänge bei niedrigeren (negativeren) Elektrodenpotenzialen und höherer Alkalität statt (vgl. Abbildung 2.2) [7]. Übereinstimmend damit findet man bei Untersuchungen mit Hilfe von Mikrografie und Fotoelektronenspektroskopie (XPS) in den zerstörten Flächen mit hoher Auflösungsrate hauptsächlich Zn-Korrosionsprodukte, während Flächenbereiche, die geringe Korrosionsspuren aufweisen, im Wesentlichen mit einem MgO/Mg(OH)2-Film bedeckt sind. Natürliche Oxidschichten dieser Art bilden sich auf Zink (Zn), Aluminium (Al), Magnesium (Mg), oder Chrom (Cr). Manchmal enthalten sie außerdem Carbonationen, die vom atmosphärischen Kohlendioxid herrühren (vgl. Kapitel 3.3.3.1). Die meisten Oxide und Hydroxide sind im Kontakt mit chloridhaltigen Elektrolyten instabil. Chlorid kann Sauerstoff auf den Kristallgitterplätzen ersetzen. Hierdurch entstehen gemischte Oxy-hydroxychloride, die als Zwischenprodukte in der Lochfraßkorrosion bekannt sind. Hydrotalcit-Pigmente sind aufgrund ihrer Ionentauschereigenschaften als Chloridfänger beschrieben worden [8]. Calciumverbindungen sind ebenso dafür bekannt, dass sie in Beschichtungen für Polyalkylen-Verpackungsfolien Chloridrückstände absorbieren können [9]. Ein gleichartiger Effekt kann daher für Calciumverbindungen als Bestandteil in organischen Beschichtungen für Metalle erwartet werden.

2.1.3

Kathodischer Schutz

Bei Eisenwerkstoffen ist die natürliche Oxidhaut zu porös, um dem weiteren Korrosionsangriff standzuhalten. Eisen (Fe) und Stahl werden häufig vor Korrosion geschützt, indem man sie mit einem unedleren Metall überzieht, wie z.B. beim Verzinken. Zusätzlich zu dem Schutz durch seine weniger verletzliche natürliche Oxidhaut korrodiert Zn an Schnittkanten oder Kratzern bevorzugt und wirkt so als „Opferanode“, die das Grundmetall vor der Zerstörung schützt. Dieses Verhalten ist durch die unterschiedlichen elektrochemischen Potenziale bestimmt. Während das Potenzial von Fe Epot = – 0,44 V beträgt, (vgl. Kapitel

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Korrosionsschutzbeschichtungen

7.3.2.1, Tabelle 7.2), ist das Zn-Potenzial niedriger, nämlich Epot = – 0.76 V. Der Schutz wirkt sogar noch in einiger Entfernung von der Kante der Zn-Schicht, was auf die lokal erhöhte Elektronendichte vor der Zn-Kante zurückgeführt werden kann (vgl. Kapitel 7.3.4.1). Diese Fernwirkung wird gewöhnlich als kathodischer Schutz bezeichnet. Kathodischen Schutz kann man auch zu einer Funktion der Grundierung machen. Zinkpigmentierte Primer werden als antikorrosive Barriere in verschiedenen handwerklichen und industriellen Beschichtungsanwendungen eingesetzt, insbesondere im Schwermaschinenbau, Architektur und Industriekonstruktion, im Brücken-, Wasser- und Schiffsbau usw. Für diese Zwecke werden Grundierungen mit Dicken von 50 µm und mehr angewandt [10-13]. Der Nutzen zinkreicher Primer wird oft dem kathodischen Schutz zugeschrieben, den die Zn-Partikel dem sonst unbewehrten Stahlsubstrat verleihen. Zinkstaub-Primer sind auch als Schutzbeschichtungen unter Pulverlacken erwähnt. Da die Autoren jedoch keinen Einfluss des Zinkgehalts in verschiedenen Primerformulierungen beobachten, ziehen sie den Schluss, die verbesserte Leistungsfähigkeit sei im Wesentlichen der erhöhten mechanischen Barrierewirkung und der verbesserten Haftung durch die zusätzliche Primerschicht zu verdanken [14]. Das Prinzip des kathodischen Schutzes wird auch in Korrosionsschutz-Primern (KSP) angewandt, die auf Bleche im Automobilbau appliziert werden [15, 16]. Durch ihre Verwendung wird verbesserter Korrosionsschutz besonders in solchen Bereichen der Karosserie erzielt, in denen aufgrund der Geometrie die Vorbehandlung nur schwierig – und daher möglicherweise fehlerhaft – appliziert werden kann, oder wo Abschirmungseffekte zu Fehlern in der kathodischen Tauchlackierung führen. Betroffen sind vor allem Nahtbereiche, Hohlräume und Flansche.

2.1.4

Passivierung und Konversionsbeschichtung

Natürliche Oxidschichten können dem blanken Basismetall recht gut als wirkungsvolle antikorrosive Barrieren dienen. Betrachtet man dagegen technische Oberflächen, ist oft eine einheitliche, kontrollierte Passivierungsschicht erwünscht, damit Eigenschaften und Aussehen der Oberfläche besser erhalten werden. Hierzu ist es erforderlich, die natürliche Oxidhaut zu entfernen (vgl. Kapitel 3.3.3.1) und unter kontrollierten Bedingungen durch einen ähnlichen Schutzfilm zu ersetzen, der dann verbesserte Eigenschaften aufweist, z.B. gleichmäßige Dicke, geringere Porosität, bessere Transparenz oder höheren elektrischen Widerstand. Zum Erzeugen solcher Passivschichten sind – aufgrund des sehr hohen Oxidationsvermögens von Chromationen in saurer Umgebung – in aller Regel chromathaltige Chemikalien eingesetzt worden. Als Ergebnis der sehr schnell verlaufenden Redox-Reaktion an der Oberfläche (vgl. Kapitel 8.2.4, Gleichungen 8.8 bis 8.10) entsteht eine unlösliche, sehr dichte Schicht eines Mischoxids aus Cr3+ und dem Substratmetall wie z.B. Zn. Der kathodische Ast dieses Reaktionssystems wird auch durch Gleichung 2.3 beschrieben. Sein Standardpotenzial ist Epot = 1.195 V [17]. Gleichung 2.3

(CrO4)2- + 8 H+ + 3 e– → Cr3+ + 4 H2O

Kathodische Reaktion

Unter einer Beschichtung sind die Gegebenheiten allerdings komplizierter. Hier wird es wichtig, durch eine Konversionsbehandlung für eine gute Anbindung und Haftung der organischen Beschichtung zu sorgen. Von einer guten Konversionsbehandlung wird erwartet, dass sie chemisch fest gebundene Schichten ausbildet, die unter verschiedenen pH-Bedingungen wasserunlöslich sind. In wenig korrosiven Atmosphären führt die Sauerstoffreduktion zum Anstieg des pH-Werts, weil Hydroxylionen (OH–) im Verlauf der Reaktion freigesetzt werden (Gleichung 2.2). Auch wenn diese Ionen durch die Fällung von Oxiden wieder verbraucht werden, kann doch lokal und zeitlich begrenzt eine hohe Alkalität auftreten.

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Design organischer Beschichtungssysteme

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Die langanhaltende Korrosionsfestigkeit, die die Chromatpassivierung verleiht, ist auch auf den sogenannten Selbstheilungseffekt zurückzuführen. Dieser wird normalerweise Chromationen zugeschrieben, die eingeschlossen in der Oxidschicht verbleiben. Wenn eine mechanische Verletzung der Passivschicht eintritt, die bis in das darunterliegende Substratmetall reicht, sind diese Chromationen für eine schnelle Passivierungsreaktion an der frisch bloßgelegten metallischen Stelle verfügbar. Andere „aktive Anionen“, die ebenso als starke Oxidationsmittel für Metalle dienen können, wie die Oxoanionen-Ferrat, (Per-)Manganat, Molybdat, Wolframat oder Vanadat, werden als mögliche direkte Ersatzstoffe für Chromat diskutiert [18]. Zum Beispiel beschreibt Patent WO 0036182 [19] eine Vorbehandlung für Aluminium und seine Legierungen, die auf alkalischer Ferrat (VI)-Lösung und zusätzlichen Oxoanionen wie Molybdat basiert. Das Patent ist in mehreren europäischen Staaten in Kraft, eine kommerzielle Anwendung ist jedoch noch nicht bekannt.

2.2

Design organischer Beschichtungssysteme

2.2.1 Diffusionsbarriere-Eigenschaften – Feuchtigkeitsaufnahme und Elektrolytpermeation Die Vernetzung einer Beschichtung ergibt makroskopisch betrachtet ein intaktes, geschlossenes Netzwerk, das die erforderlichen mechanischen und chemischen Eigenschaften aufweist. Dennoch wird jeder Polymerfilm auf molekularer Ebene wegen der Diffusions- und Migrationsvorgänge zu einem gewissen Grad für Gase und einige Elektrolyte durchlässig bleiben. Die Erhöhung der Schichtdicke ist nur eine Möglichkeit, diese Situation zu verbessern. Beispielsweise werden Grundierungen (Primer) in der Bandbeschichtung (Coil Coating) üblicherweise mit einer Trockenfilmdicke von 5 µm angewandt. Für hohe Korrosionsschutzansprüche, wie etwa bestimmte Haushaltsgeräte und Anwendungen in mariner Architektur, sind dagegen Bandprimer-Beschichtungen von bis zu 30 µm gängig. Die Aufnahme von Wasser oder Feuchtigkeit stellt eine wichtige Eigenschaft organischer Beschichtungen dar, weil sie mit Schwankungen der Dichte und der dielektrischen Eigenschaften des Polymerfilms einhergeht. Absorption und Einlagerung von Wassermolekülen führt zum Quellen (Volumenvergrößerung) und resultiert in einem Erweichen der Oberfläche der Beschichtung. Darüber hinaus hängt die Anwesenheit von Wasser als Elektrolytmedium unmittelbar mit der Fähigkeit von gelösten Ionen zusammen, in die Beschichtung einzudringen, wo sie sich anreichern und schließlich die Zerstörung des Polymerfilms und das Korrodieren des Metallsubstrats herbeiführen können [20]. Die Wasseraufnahme hängt von den chemischen und physikalischen Eigenschaften der Beschichtung ab und wird deshalb vom molekularen Aufbau des Polymers bestimmt. Typische Lackharze wie Epoxide oder Polyurethane weisen ein mittleres Wasseraufnahmevermögen in feuchter Atmosphäre auf. Allerdings wird die Einlagerungsrate stark beschleunigt, je näher man dem Taupunkt kommt. Im Prinzip gestatten polare (hydrophile) Polymere bessere Benetzung und damit auch eine höhere Wasseraufnahme [21]. Die Elastizität einer Beschichtung spielt andererseits eine Rolle im Diffusionstransport von Molekülen durch die Poren des Polymerfilms, was als relative Beweglichkeit der Polymereinheiten interpretiert werden kann [22]. Diese Eigenschaft ist temperaturabhängig und zeigt in der Regel einen Sprung vom starren zum elastischen Bereich bei der Glasübergangstemperatur (Tg). Sie wird aber auch beeinflusst, wenn der Film durch die Einlagerung von Wasser erweicht (plastifiziert) wird [23]. Das Polymerdesign muss daher die Optimierungsaufgabe beinhalten, zuweilen widersprüchliche Eigenschaften zu kombi-

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Korrosionsschutzbeschichtungen

nieren, wie Flexibilität (Verform­ barkeit); Härtungstemperatur; Eigenschaften der Diffusionsbarriere; Wassermischbarkeit; Chemikalienresistenz; Haftung; Benetzung. Eine andere Strategie betrifft die Verwendung von nanoskaligen Partikeln wie Titandioxid-Präparationen (TiO2) oder natürliche oder synthetische Mineralpigmente wie Tonerden und Hydrotalcite. Die Abbildung 2.3: Schematische Darstellung der Verlängerung des Diffusionsweges durch eine mit Nanoplättchen gefüllten beiden letzteren enthalten AggloBeschichtung  Quelle: nach Lewis [1] merate von kristallinen Plättchen im Nanometer-Maßstab, die vom Agglomerat getrennt und in der Gesamtschicht verteilt werden können. Die Vorstellung ist dabei, dass diese Plättchenkristalle eine zusätzliche Barriere gegen eindringende Medien darstellen, indem sie den Diffusionsweg durch die Beschichtung verlängern, den jedes korrosive Ion oder Medium nehmen kann, vgl. Abbildung 2.3. Es wurde berichtet, dass der entsprechende Effekt für Sauerstoff, Kohlendioxid und Wasserdampf beobachtet wird [24].

2.2.2 Aktive Pigmente Additive werden auch eingesetzt, um eine höhere korrosionsschützende Leistung zu erreichen. Oftmals werden aktive Pigmente eingebaut, die mit eindringenden korrosiven Stoffen wechselwirken (vgl. auch Kapitel 4.3). Auch hierbei waren Chromate in Gebrauch, vor allem Strontiumchromat und Dichromate. Wegen ihrer Giftigkeit und wegen der Erfordernisse einer verringerten Umweltverschmutzung werden sie durch Nachfolgeprodukte ersetzt, die entweder kein sechswertiges Chrom (Chromat) mehr enthalten oder vollständig chromfrei sind, z.B. Zinkphosphate. Mineralische oder synthetisch gewonnene Partikel wie Hydrotalcite oder Zeolite können auch als Trägersubstanzen für antikorrosive Ionen wie Molybdate oder Vanadate aufgebaut werden. Solche Trägerkonzepte erscheinen besonders nützlich, weil mit ihrer Hilfe das Freisetzen der aktiven Spezies verzögert werden kann. Statt schnell aus der Beschichtung auszubluten, bleiben diese Aktivsubstanzen für einen längeren Zeitraum verfügbar und die Schutzwirkung wird länger erhalten. Es ist sogar möglich, das Freisetzen durch die Eigenschaften des umgebenden Mediums zu steuern, z.B. durch den pH-Wert, die Temperatur oder die Anwesenheit von (korrosiven) Gegenionen, so dass die aktiven Ionen erst bei Bedarf verfügbar werden (vgl. Kapitel 6.5.5) [25]. Andere geeignete antikorrosive Additive umfassen Ionentauscher-Pigmente wie Calciummodifizierte Silikate, die in Gegenwart von Säuren Calciumionen (Ca2+) abgeben [26] und damit sowohl die Korrosivität des Elektrolyten verringern, als auch korrosive Ionen wie Chloride oder Sulfate ausfällen. Eine Reihe von solchen Produkten ist kommerziell erhältlich. Kondensierte, leitfähige Polymere wie Polyanilin (PAni) gibt es bereits seit einigen Jahren im Markt [27]. Es gelang zu zeigen, dass diese die Delamination auf Stahl unterdrücken können. Der Mechanismus von PAni wird hauptsächlich als eine Erhöhung des elektrochemischen Potenzials des Substrats beschrieben (Veredelung), wodurch die Sauerstoffreduktion gestört wird [28]. PAni wird in seine leitfähige Form überführt, indem das protonierte Salz gebildet wird. Die umgekehrte Deprotonierung wird durch den Potenzialabfall ausgelöst, der während der Delaminationsreak-

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Funktion einzelner Beschichtungslagen

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tion selbst entsteht. Wenn man Gegenanionen in geeigneter Weise unter Korrosionsinhibitoren auswählt, können diese tatsächlich nach Bedarf freigesetzt werden, sobald die Korrosionsreaktion einsetzt. Um diesen Punkt gibt es allerdings eine kontroverse Diskussion. Es wird kommentiert, dass PAni in kleinen Beimengungen durchaus nützlich sein kann, während es für den Korrosionsschutz unter anderen Umständen schädlich ist [29-31].

2.3

Funktion einzelner Beschichtungslagen

Industrielle organische Beschichtungssysteme [32, 33] bestehen aus einer Konversionsbeschichtung und einer ein- oder mehrlagigen Lackierung. Jede Beschichtung wird so gestaltet, dass ihr Eigenschaftsbild den schlussendlichen Anforderungen genügt. In vielen Fällen werden zwei- oder dreilagige Lackaufbauten angewandt, die eine Primerschicht, einen optionalen Zwischenlack sowie den Decklack umfassen. Im Autobau werden mehrlagige Systeme eingesetzt. Ein Elektrotauchlack wird als Primer appliziert, gefolgt von einem Füller, dem farbigen Basislack und schließlich einem Klarlack. Die Eigenschaften, die Metallen von einem organischen Beschichtungssystem vermittelt werden, lassen sich wie folgt zusammenfassen (vgl. auch Abbildung 2.4): • • • • • • • • •

Farbe, Glanz, Struktur Korrosionsfestigkeit Haftung – Substrathaftung – Zwischenschichthaftung Elastizität, Umformbarkeit Abrieb- und Kratzfestigkeit Chemikalienbeständigkeit Schmutz- und Fleckresistenz (Fingerabdrücke, Kondensation usw.) Hitzebeständigkeit UV-Beständigkeit

Die Konversionsschicht wird benötigt, um die Grundhaftung zum Substrat und eine ausreichende elektronische antikorrosive Barriere zu erhalten (vgl. Kapitel 2.1 und 8). Gewöhnlich gibt der Primer weitere Korrosionsfestigkeit und die erforderliche Flexibilität, während der Decklack schließlich für die Ästhetik (Farbe, Glanz) sowie die mechanische und chemische Beständigkeit sorgt.

Abbildung 2.4: Schema eines typischen Mehrschicht-Lackaufbaus und Funktion der einzelnen Lackschichten

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Korrosionsschutzbeschichtungen

Primer bilden deshalb eine physische Barriere, die den Zutritt von Feuchtigkeit, Wasser, Elektrolyten und reaktiven Gasen (z.B. Sauerstoff) zur Metalloberfläche blockiert. Dies wird durch geeignete Wahl der Bindemittelchemie erreicht. Üblicherweise in Primern verwendete Harze sind Acrylate, Polyester, Epoxide und Polyurethane. Acrylate werden beispielsweise in Primern für Polyvinylchlorid (PVC)-Plastisolbeschichtungen verwendet. Polyester weisen in der Regel gute Substrathaftung auf und verleihen gute Korrosionsresistenz. Polyurethane sind für ihre Flexibilität bekannt, die Umformungen, Resistenz gegen mechanischen Abtrag und geringe Empfindlichkeit gegen Temperaturbeanspruchung – vor allem bei niedrigen Umgebungstemperaturen – ermöglichen. Chemikalienresistenz wird durch einen hohen Vernetzungsgrad der einzelnen Polymerstränge erreicht, was ebenso durch die geeignete Lackrezeptur möglich wird. Zwischenlacke werden verwendet, um die Gesamtschichtdicke zu erhöhen und mechanischen Stress gleichmäßig zu verteilen. Oftmals enthalten sie Plättchenpigmente wie Glimmer zur Verlängerung des Diffusionsweges für eindringende korrosive Spezies (vgl. Kapitel 2.2.1). Für Anwendungen in besonders korrosiver Umgebung findet man auch Decklacke mit einer solchen Pigmentierung, obwohl dies mit Einschränkungen der erzielbaren Farbtöne und Glanzgrade einhergeht. Auch die Undurchlässigkeit des Decklacks für UV-Strahlung ist wichtig.

2.4

Literatur

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Technische Reinigung

3

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Vorbereitung der Oberflächen Jörg Sander

3.1

Technische Reinigung

3.1.1

Bedeutung des Reinigungsprozesses

Korrosionsschützende Beschichtungen für Metalle erfordern eine saubere und gut vorbereitete Metalloberfläche, damit ein langlebiges Produkt mit ansprechendem Äußeren und hoher Haltbarkeit entstehen kann. Je nachdem wie gründlich die Oberflächenvorbereitung durchgeführt wird, kann die Haltbarkeit jeder Konversionsschicht, jeder anodischen oder galvanischen Beschichtung oder auch Lackierung um Wochen und Jahre schwanken. Recht oft ist der Unterschied zwischen einer sauberen und verschmutzten Oberfläche durch bloßen Augenschein nicht zu erkennen. Um sicherzustellen, dass eine hochqualitative Vorbehandlung und schließlich auch Beschichtung erzeugt werden können, ist schon die sorgfältige Überwachung der Reinigungs- und Entfettungszone zwingend geboten. Mechanische Reinigungsverfahren [1, 2] wie Bürsten, Schleifen, Sandstrahlen usw. können für eine Grundreinigung der Oberfläche eingesetzt werden. Weit häufiger ist eine chemische Reinigung notwendig. Für die industrielle Reinigung können verschiedene Verfahrenstechniken eingesetzt werden wie z.B. Tauch-, Spritz- oder Dampfreinigung. Vor dem Lackieren können Metalloberflächen besonders effektiv und wirtschaftlich mit wässrigen Spritzentfettern gereinigt werden. Die endgültige Verfahrenswahl hängt von der Werkstückgeometrie und der Art der Verschmutzung ab. In vielen Fällen muss ein Substratmix gereinigt und vorbehandelt werden, so z.B. in Lohnbeschichtungsbetrieben, bei der Herstellung von Automobilkarosserien aus verschiedenen Metallen oder bei der Bandbeschichtung (Coil Coating). Die meisten technischen Reiniger müssen daher auf den verschiedensten Substraten einsetzbar sein. Wässrige Reinigungslösungen werden auf Stahl, verzinktem Stahl oder Aluminium angewandt, aber auch auf Druckgusslegierungen (Al, Zn, Mg), anderen Nichteisenmetallen sowie – in der Automobilund Hausgeräteindustrie – auf vorphosphatiertem Blech.

3.1.2 Verunreinigungen Die industrielle Reinigung hat es mit einer großen Vielzahl unterschiedlicher Rückstände und Verunreinigungen zu tun. Rost, Zunder, Rückstände, z.B. von Altlackierungen, galvanischen Beschichtungen, fehlerhaften Konversions- oder Eloxalschichten (Anodisierschichten), machen normalerweise eine mechanische Vorreinigung oder sogar eine Beize notwendig. Öle und Fette rühren in der Regel vom Herstellverfahren des unbehandelten Materials oder des Halbfabrikats her. Sie stammen von Schutzbeölungen (temporärer Korrosionsschutz, oft mit zusätzlichen organischen Inhibitoren, z.B. Triethanolamin) oder Metallbearbeitungsfluiden (Bohr-, Schneid-, Stanz- oder Ziehöle usw.). Poliermittel wie Stearin- oder Paraffinwachse enthalten üblicherweise zusätzliche Schleifmittel wie feindisperse Kieselsäure, Kalk, Korund, kolloide Tonerden usw. Jörg Sander et al.: Korrosionsschutz durch Beschichtungen © Copyright 2011 by Vincentz Network, Hannover, Germany

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Vorbereitung der Oberflächen

Tabelle 3.1: Verunreinigungen Öle, Fette, Wachse

Späne, Abrieb

Pigmente

Walz-, Formtrennöle, Emulgatoren

Schleif-, Schneid-, Drehspäne

Graphit, Molybdändisulfid

Korrosionsschutzöl

Schleif-Compounds

Zieh-, Extrusionshilfsmittel, Seifen

Ölkohle, Schweiß-, Lötrückstände

Bohr-, Schneidöle Wachse Schweiß, Fingerabdrücke

Schweiß oder Fingerabdrücke enthalten Fette, Fettsäuren, Proteine usw. Späne und Metallabrieb stammen vom Walzen, Schleifen oder Schneiden, besonders aber auch von Umformvorgängen (Tiefziehen, Bördeln). Pigmentschmutz, Graphit und Ölkohle entstehen oft nach Montageprozessen (Schleifen, Fügen, Schweißen) oder beim Warmauslagern (Glühen) z.B. bei der Bandherstellung.

3.1.3

Oberflächenenergie und Oberflächenspannung

„Chemische Sauberkeit“ wird oft mit dem Zustand verwechselt, dass eine Oberfläche wasserbruchfrei, d.h. das Metall vollständig wasserbenetzbar ist. Obwohl die Wasserbruchfreiheit beim Abspülen natürlich einen ersten Hinweis auf die An- oder Abwesenheit von Ölen, Fetten usw. gibt, hängt diese Erscheinung wesentlich von der Oberflächenspannung von verunreinigenden Substanzen selbst (z.B. selbstemulgierende Öle) und von der Dicke des Wasserfilms ab und kann überdies noch durch die Verdampfung des Wassers oder die Gegenwart von Tensiden beeinflusst werden. Natürliche Oxidschichten führen nicht eigentlich zu schlechter Oberflächensauberkeit, unterbinden im Normalfall jedoch jede weitere Reaktion an der Oberfläche, die für die Ausbildung einer guten Konversionsschicht vor dem Lackieren erforderlich ist. Oberflächenspannung entsteht an jeder Grenzfläche zwischen nicht-mischbaren Phasen. Sie ist auf die unterschiedlichen Attraktionskräfte zurückzuführen, die auf die Moleküle innerhalb bzw. zwischen den Phasen wirken. Dieser Effekt bestimmt die Form von Tropfen, Mizellen und Schaumblasen, er bestimmt die Adsorption von Gasen auf Festkörpern ebenso wie er Phänomene der Kapillarität wie die Benetzung und Spreitung von Flüssigkeiten auf einer Metalloberfläche hervorbringt [3]. Die Benetzbarkeit eines Festkörpers durch eine Flüssigkeit wird durch den Kontaktwinkel Θ charakterisiert, den die Flüssigkeit auf dem Festkörper ausbildet. Die mathematische Beschreibung wird durch die Youngsche Gleichung gegeben: Gleichung 3.1: cos Θ =

σ(s,g) - σ(s,l) σ(l,g)

Youngsche Gleichung

wo Θ der Kontaktwinkel eines Flüssigkeitstropfens auf einer festen Oberfläche und die σ-Symbole die Tensionsvektoren für die Grenzflächen fest-flüssig (s, l), fest-gasförmig (s, g) und flüssig-gasförmig (l, g) sind (vgl. Abbildung 3.1). Die Oberflächenspannung (Tension) von Flüssigkeiten wird in der Regel durch die Messung mit Hilfe von Kapillar- oder Tropfenmethoden bestimmt. Im letzten Fall wird der Kontaktwinkel, also der Winkel, der von den Tensionsvektoren an den Grenzflächen fest/ flüssig und flüssig/gasförmig eingeschlossen wird (vgl. Abbildung 3.1), im Mikroskop

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Mechanische Reinigung

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Abbildung 3.1: Flüssigkeitstropfen mit der Darstellung der an der Benetzungsfront wirksamen Grenzflächenspannungen. Der Winkel Θ zwischen den Tensionsvektoren σ für die Grenzflächen fest-flüssig (s, l) und die flüssig-gasförmig (l, g) wird mit Hilfe mikroskopischer Betrachtung gemessen.

gemessen. Tabelle 3.2 gibt einige Beispielwerte [4]. Kontaktwinkel < 90° (d.h. cos Θ > 0) zeigen Benetzung, Winkel > 90° (cos Θ < 0) Abstoßung an. Gute Benetzung wird demzufolge erhalten, wenn die Grenzflächenspannung zwischen Festkörper und Flüssigkeit größer ist als die Tension an der Grenzfläche Festkörper/Gas. Wenn die folgende Bearbeitung der Oberfläche die Benetzung mit einem wässrigen Medium verlangt, muss die Grenzflächenspannung den Wert von 72 mN/m überschreiten, d.h. die Oberflächenspannung von Wasser gegen Luft [5].

Tabelle 3.2: Oberflächenspannung von Flüssigkeiten bei verschiedenen Temperaturen (in mN/m) Flüssigkeit

20 °C

60 °C

100 °C

H 2O

72,25

66,18

58,85

C2H5OH

22,3

22,3

19,0

C6H 6

28,9

23,7

(C2H5) 2O

17,0

Hg

480a)

Ag

800b)

NaCl

94c)

AgCl

125d)

80,0

a) bei 0°C; b) Schmelze, 970 °C; c) Schmelze, 1080 °C; d) Schmelze, 452 °C; vgl. Barrow [4]

Um die Grenzflächenspannung von festen Oberflächen zu bestimmen, misst man die Kontaktwinkel von Tröpfchen unterschiedlicher Flüssigkeiten mit bekannter Oberflächenspannung und berechnet die resultierende Oberflächenspannung des Festkörpers [6]. Eine vereinfachte Methode zur Messung der Oberflächenspannung besteht in der Anwendung vorgefertigter Testtinten [7].

3.2

Mechanische Reinigung

Eine mechanische Reinigung wird erforderlich, wenn dicke Zunder- oder Rostschichten entfernt werden müssen. Auf Stahloberflächen wird dies häufig noch durch saures Beizen unterstützt. Mechanische Reinigung sorgt jedoch nicht für eine ausreichend saubere Oberfläche für nachfolgende Galvanisierung oder Konversionsbeschichtung. Neben dem Bürsten und Schleifen wird häufig das Kugel- oder Sandstrahlen zur Entfernung von groben Verschmutzungen wie Rost, Zunder, Ölkohle oder Altlackierungen eingesetzt. Beim Sandstrahlen wird nicht nur Sand, sondern eine Reihe anderer abrasiver Partikel verwendet,

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Vorbereitung der Oberflächen

z.B. Schlacke, Korund, Glas- oder Kunststoffperlen, die mit Pressluft auf das Werkstück geschossen werden. Für empfindliche Oberflächen hat sich Trockeneis (festes CO2) als gängiges Strahlmittel durchgesetzt, das man zum Entfernen von Fetten und Ölen, Klebstoffresten, Lacken und Druckfarben, Korrosionsprodukten usw. nutzt. Trockeneis sublimiert, d.h. es verdampft unmittelbar aus dem festen Zustand bei einer Temperatur von –78 °C unter Normaldruck. Deshalb entsteht beim Trockeneisstrahlen weniger Abfall als bei Abbildung 3.2: Phasendiagramm für Kohlendioxid CO2. [9] anderen Strahlverfahren. Abbil0,1 MPa ≈ 1Atmosphäre  Quelle: Kukova dung 3.2 stellt das Phasendiagramm von Kohlendioxid mit den festen, flüssigen und gasförmigen Zustandsbereichen dar [8, 9]. Wo größere Baukonstruktionen an ihrem Standort gereinigt werden müssen, ist die Ultrahochdruck-Wasserstrahltechnik zu Bedeutung gekommen, mit der übermäßige Staubund Schmutzentwicklung in der Umgebung der Baustelle vermieden werden können. Wasserdrücke von 1700 bis 2100 bar genügen zur Entfernung lose anhaftender Rost- und Salzbeläge [10, 11]. In der Fachwelt wird auch verschiedentlich überkritisches CO2 (scCO2) als Reinigungsmittel diskutiert. Der überkritische Zustand wird erreicht, wenn ein reales Gas über die kritischen Temperatur- und Druckwerte hinaus erwärmt und komprimiert wird. Für CO2 betragen die entsprechenden Werte 31,04 °C und 7,38 MPa. Jenseits dieses Punktes exis­ tiert kein physikalischer Unterschied mehr zwischen Gas und Flüssigkeit und das Gas nimmt die Eigenschaften eines Fluids und Lösemittels an, so dass es als wirkungsvolles Extraktionsmittel genutzt werden kann. scCO2 wird zur Feinstextraktion von Naturstoffen (z.B. Entkoffeinierung) und andere lebensmitteltechnologische Zwecke angewandt [12]. Weitere Anwendungen von scCO2 betreffen die Extraktion von Duftstoffen [13], die Synthese, Produktion und Weiterverarbeitung von Polymeren (Octenhydroformylierung, die Herstellung von fluorierten Polymeren und Polycarbonaten) sowie die Pulverproduktion. scCO2 ist potenziell als Fluid für die Reinigung kleiner metallischer Werkstücke geeignet, die in einem geschlossen Hochdrucktank behandelt werden können [14]. Die Ultraschallreinigung [15] schließlich nutzt die Umwandlung von gepulster Gleichspannung in mechanische Schockwellen im Frequenzbereich oberhalb der Hörschwelle (> 20 kHz) mit Hilfe eines piezoelektrischen Generators. Die Vibrationen erzeugen lokale Vakua und Überdrücke, die in rascher Folge wechseln (Kavitation) und buchstäblich den Schmutz von einer verunreinigten Oberfläche absprengen. Ultraschallreinigung erreicht einen hohen Wirkungsgrad bei sehr hoher Geschwindigkeit. Sie wird ohne Rücksicht auf Größe und Form für eine Vielzahl von Werkstücken aus den unterschiedlichsten Materialien wie Glas, Keramik oder Metallen eingesetzt.

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Chemische Reinigung

3.3

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Chemische Reinigung

3.3.1 Plasma- und Corona-Prozesse Für die Feinreinigung mit einem höheren Reinheitsgrad haben Plasma-Behandlungen [16] einiges Interesse auf sich gezogen. Ein Plasma wird durch die Ionisierung von Gasen (Dampf) erzeugt. Man findet es manchmal als „vierten Aggregatzustand der Materie“ bezeichnet. Bei Beschleunigung gegen eine Festkörperoberfläche wird die Energie aus dem Plasma auf die Oberfläche übertragen, die Schmutzbestandteile chemisch zerstört und entfernt. Die Plasmareinigung ist neuerdings auch als Normalatmosphären-Verfahren verfügbar, so dass die früher erforderliche teure Vakuumtechnik eingespart werden kann. Die heutzutage erhältlichen Anlagen können mit Geschwindigkeiten von mehreren hundert mm/min arbeiten. Plasmaquellen können mit Spannweiten von bis zu zwei Metern angeordnet werden. Potenzialfreie Normaldruck-Plasmareinigung wird technisch genutzt in Anwendungen, bei denen Mischmaterialien bearbeitet werden müssen, die aus Kunststoffen, Metallen, Glas und sogar Keramik bestehen. Der Plasmastrahl macht keinen Unterschied zwischen den Werkstoffen. Die Plasmareinigung hat sich als ausreichend für die Beseitigung von Leichtölrückständen vom Stanzen lackierter Deckel für Konfitürengläser oder Bauteile von Klimaanlagen in Kraftfahrzeugen (Pkw und Lkw) erwiesen. Die behandelten Oberflächen sind unmittelbar für die Weiterverarbeitung mit Etikettenklebern oder Drucktinten geeignet. Zu den Anwendungen auf blankem Metall gehören eine kleine Aluminium-Bandbeschichtungsanlage sowie die Vernietung in der Luftfahrtindustrie. In beiden Fällen konnte die frühere Lösemittelentfettung erfolgreich abgelöst werden [17]. Die Plasmareinigung wird auch mit der Abscheidung aus der Gas- oder Plasmaphase kombiniert, womit dünne Schutzschichten, insbesondere schmutzabweisende Beschichtungen erzeugt werden [18]. Die Behandlung mit der Hochspannungs-Corona-Entladung wird üblicherweise genutzt, um Kunststoffoberflächen zu reinigen und zu aktivieren, insbesondere bei Polyalkylenen [19]. Sie wird auch für die Reinigung und Dünnfilmbeschichtung von Metallen eingesetzt [20].

3.3.2 Lösemittelentfettung Fettige, ölige und wachsartige Verschmutzungen können durch Tauchen der Werkstücke in organische Lösemittel oder durch Entfettung im kondensierenden Lösemitteldampf gereinigt werden. Wegen ihrer schweren Entflammbarkeit und der Lösekraft gegenüber Fettrückständen wurden hierfür meistens halogenierte Kohlenwasserstoffe eingesetzt. Um Pigmente und feste Verschmutzungen zu beseitigen, muss die Lösemittelentfettung durch mechanische Mittel unterstützt werden, z.B. Bürst- oder Ultraschallbehandlung. Chemisorptiv anhaftender Schmutz, Oxide und Metallseifen können durch Lösemittelentfettung nicht entfernt werden [21]. Zudem wird der Gebrauch von Lösemitteln streng reglementiert, z.B. durch die EU-Verordnung 2008/1/EC [22], die gemeinhin als „Integrated Pollution Prevention and Control“-Verordnung bezeichnet wird (IPPC, Integrierte Verhütung und Kontrolle von Verschmutzung). Diese Direktive und die damit zusammenhängenden Richtlinien, z.B. zur Emission flüchtiger organischer Verbindungen (volatile organic compounds, VOC) [23], schränken die Emissionswerte für flüchtige Bestandteile ein sowie überhaupt die Verwendung bestimmter gesundheitsgefährdender Lösemittel, z.B. aufgrund ihrer krebserregenden oder erbgutverändernden Eigenschaften (Kanzerogenität, Mutagenität). Hermetisch abgeschlossene Reinigungsanlagen sind daher zwingend vorgeschrieben.

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Vorbereitung der Oberflächen

3.3.3 Chemie wässriger Reiniger 3.3.3.1

Mechanismus: Alkalität, Verseifung und Metallauflösung

In den meisten Beschichtungsanlagen für Metalle werden für die Reinigung der Metall­ oberflächen, die Entfernung von Öl, festen Verschmutzungen und oberflächlichem Zunder wässrige Tauch- oder Spritzverfahren angewandt. Typische wässrige Reiniger enthalten Alkalien für die Verseifung von Fetten und Ölen und für das Anbeizen der Metalloberfläche, Builder (z.B. Phosphate, Silikate) zum Dispergieren fester Schmutzpartikel nach ihrem Ablösen von der Oberfläche und Tenside für eine schnelle Benetzung der Metalloberfläche und das Emulgieren fettiger und öliger Verschmutzungen im Reinigerbad. Darüber hinaus können Additive wie Entschäumer usw. enthalten sein. Die Alkalität des Reinigers wird in Abhängigkeit von der Verschmutzung und dem Grad der Alterung des Werkguts gewählt. Im Verlauf der Reaktion ändert sich die Alkalität, im Wesentlichen durch Verbrauch des Alkalis durch Verseifung und Auflösung des Metalls. Es müssen auch Alterungseffekte durch das Einarbeiten von Kohlendioxid (Carbonatisierung, Gleichung 3.2) aus der Luft berücksichtigt werden, da durch sie weniger “freie” Alkalität für die Hauptreaktionswege übrig bleibt (vgl. Gleichungen 3.3 bis 3.8). Die Alkalität muss daher manuell oder automatisiert überwacht werden, bevorzugt durch Titrationsverfahren. Gleichung 3.2

2 OH– + CO2 → (CO3)2- + 2 H2O

Carbonatisierung

Die Reaktionen im alkalischen Reinigungsprozess auf verzinkten Oberflächen wurden mit einem Versuchsaufbau mit der elektrochemischen Quarz-Mikrowaage (electro-chemical quartz crystal micro-balance, ECQM) untersucht [24]. Dieser Methode liegt das Prinzip zugrunde, dass die Oszillationen eines piezoelektrischen Schwingquarz-Plättchens der Dicke des Plättchens proportional sind. Ein galvanisch beschichteter (verzinkter) Quarz beantwortet daher jegliche chemische Reaktion, die auf seiner Oberfläche stattfindet, mit der Änderung seiner Schwingungsfrequenz. Die Auflösung der Oberfläche resultiert in einer Dickenverminderung, also beschleunigter Oszillation, während man bei der Bildung einer Deckschicht mit der Zunahme der Dicke des Plättchens rechnet, so dass sich die Bewegung verlangsamen sollte. Die Empfindlichkeit des Verfahrens erlaubt die Überwachung von Dickenänderungen im atomaren Maßstab. Damit wird es möglich, Massen- und Ladungsvorgänge während der Bildung molekularer Schichten simultan und in situ aufzunehmen. Die schematische Darstellung des experimentellen Aufbaus einer ECQM für diese Registrierung wird in Abbildung 3.3 gezeigt. Mit einer Durchflusszelle, in der ein spezieller zinkbeschichteter Quarzkristall montiert Abbildung 3.3: Experimenteller Aufbau: Elektrochemische war, wurden Versuchsergebnisse Quarz-Mikrowaage (ECQM) mit Reinigerlösungen unter verA.E.: Arbeitselektrode; G.E.: Gegenelektrode  Quelle: European Coil Coating Association 1998; Androsch et al. [24] schiedenen Fließgeschwindig-

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Chemische Reinigung

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keiten, Temperaturen usw. ermittelt. Zwei unterschiedliche Reaktionen können identifiziert werden, wenn das Experiment unter unterschiedlichen Atmosphären durchgeführt wird: Stufe A: Auflösung der natürlichen Oxid/Carbonat/Hydrat-Schicht (chemisch), Gleichung 3.3

ZnO + 2 OH– + H2O

→ [Zn(OH)4]2–

Gleichung 3.4

Zn(OH)2 + 2 OH–

→ [Zn(OH)4]2–

Gleichung 3.5

Zn5 (OH)6(CO3)2 + 14 OH– → 5 [Zn(OH)4]2– + 2 (CO3)2–

Stufe B: Auflösung von metallischem Zink und Bildung einer Zinkhydroxid-Schicht (elektrochemisch) –

Gleichung 3.6

Zn + 4 OH

Gleichung 3.7

O2 + 2 H2O + 4 e–

→ [Zn(OH)4]2– + 2 e– –

→ 4 (OH) 

Anodenreaktion Kathodenreaktion

In einer belüfteten Lösung sind beide elektrochemischen Reaktionen möglich. Dagegen wird in Abwesenheit von Sauerstoff die kathodische Reaktion unterbunden, so dass nur chemische Auflösung beobachtet wird. Während die chemische Reaktion von den Prozessbedingungen weitgehend unabhängig ist, wird die Zn-Auflösung entscheidend von der Belüftung, der Alkalität, dem „Alter“ der Reinigerlösung und kinetischen Effekten beeinflusst. Die Badalterung kann somit interpretiert werden als Aufkonzentration gelöster Zinkionen und Absorption von Kohlendioxid aus der Luft. Die Ergebnisse werden in Abbildungen 3.4 und 3.5 illustriert. Auf Aluminiumoberflächen laufen ähnliche Reaktionen ab. Bei diesem Substrat ist eine saure Spüle nach der alkalischen Reinigung empfehlenswert, um Verbindungen von Legierungselementen zu entfernen, die sonst unlöslich sind. Da Aluminium sich amphoter verhält, was bedeutet, dass es sich ebenso in Säuren löst, ist die saure Reinigung übliche Praxis, wenn der Grad der Verschmutzung niedrig genug ist (Band, Dosen).

Abbildung 3.4: ECQM-Simulation: Auflösung von Zinkoberflächen in alkalischer Reinigerlösung mit zunehmendem Badalter Quelle: European Coil Coating Association 1998; Androsch et al. [24]

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Vorbereitung der Oberflächen

Abbildung 3.5: ECQM-Simulation: Auflösung von Zinkoberflächen in alkalischer Reinigerlösung mit unterschiedlicher Belüftung Quelle: European Coil Coating Association 1998; Androsch et al. [24]

3.3.3.2

Inhaltsstoffe wässriger Reiniger

Allgemeines Die wesentlichen Funktionen eines wässrigen Reinigers [25] umfassen seine Fähigkeit, flüssige Verschmutzungen zu emulgieren, feste Schmutzpartikel zu deflokkulieren und ihre Wiederanlagerung zu verhindern. Diese Eigenschaften werden durch die Grenzflächenspannungen zwischen Lösung und Schmutz kontrolliert und hängen somit unmittelbar mit der Benetzungsfähigkeit der Lösung zusammen. Grundsätzlich können Fette, Öle und Wachse verseift werden und die hierbei entstehende Seife dient als Tensid und Emulgator. Deshalb sind die meisten industriellen Reiniger alkalisch, damit die erforderliche Verseifungsreaktion möglich wird (vgl. Gleichung 3.8). Stark-alkalische Reiniger enthalten oft Ätznatron (Natriumhydroxid), im Falle von Flüssigprodukten auch Kaliumhydroxid aufgrund seiner höheren Löslichkeit. Um den alkalischen Angriff abzumildern, kann die Formulierung außerdem Carbonat enthalten. Gleichung 3.8:

H2C — O — (CO) — (CH2)n — CH3 | HC — O — (CO) — (CH2)n — CH3 +3 OH– Triglycerid | + Alkali H2C — O — (CO) — (CH2)n — CH3



H2C — OH | → HC — OH + 3 H3C — (CH2)n — CO– 2 | H2C — OH

Glycerin + Carboxylat (Seife)

Besonders für den Einsatz in Misch-Metall-Anwendungen können alkalische Reiniger auch Silikate enthalten. Diese weisen zwar selbst eine hohe Alkalität auf, bilden aber dünne Sili-

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Tabelle 3.3: Inhaltsstoffe Saure Reiniger

Alkalische Reiniger

Neutralreiniger

Phosphorsäure, Dihydrogenphosphate (Al auch: Schwefelsäure)

Alkalihydroxide

Tenside, Lösungsvermittler, Inhibitoren

Phosphate, Carbonate Fluoride, Fluorkomplexe

Silikate

Tenside, Lösungsvermittler

Tenside, Lösungsvermittler Komplexbildner, Sequestriermittel Inhibitoren

katschichten aus, sobald das blanke Metall offenliegt, wodurch exzessive Beizreaktionen inhibiert werden. Für Al-Knet- und Walzlegierungen (Mg, Mn-haltige Legierungen), enthalten alkalische Reiniger in der Regel Komplexmittel, um diese Elemente in Lösung zu bringen. Eine nachfolgende saure Spüle ist dennoch oftmals erforderlich, um alkali-unlösliche Legierungsbestandteile und ihre Oxide und Hydroxide zu entfernen (z.B. MnO). Die Aufgabe des Dispergierens fester Verschmutzungen wird in alkalischen und sauren wässrigen Reinigerrezepturen zumeist von sogenannten Buildern übernommen, d.h. Salzen. Um Fette, Öle und oft darin eingeschlossene feste Schmutzpartikel zu beseitigen, enthalten die wässrigen Produkte weiterhin oberflächenaktive Substanzen (Tenside). Tabelle 3.3 fasst übliche Inhaltsstoffe wässriger Reinigungsmittel zusammen. Tenside Tenside wirken aufgrund ihrer amphiphilen Natur, d.h. sie ordnen sich an den Grenzflächen nicht-mischbarer Phasen an, gemäß den Polaritäten der beiden Phasen und ihrem eigenen dipolaren Charakter. Sie können ölige Bestandteile und jeden darin eingeschlossenen Feststoff von der Metalloberfläche verdrängen. Abbildung 3.6 verdeutlicht diesen Vorgang. Die Amphiphilie von Tensiden wird durch ihre molekulare Struktur hervorgerufen, gekennzeichnet durch die Anbindung einer polaren Einheit an eine unpolare, zumeist längere Kohlenwasserstoff-Kette. Gemäß dem Typus ihrer polaren Funktion werden Tenside als anionisch, kationisch oder nichtionisch klassifiziert. Abbildung 3.7 zeigt Beispiele für die drei Tensidklassen.

Abbildung 3.6: Entfernung eines Öltropfens unter Tensideinwirkung, schematisch darstellt

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Anionische Tenside C17H35 — CO2— H — (CH2CH[CH3])4 — C6H4 — SO3—

Carboxylat (Seife) Alkylbenzolsulfonat

Kationische Tenside CnH2n+1 — NH+([C2H4O]mH)2 CnH2n+1 — CO — N(C2H4 — NR3+)2

ethoxyliertes Ammoniumsalz quaternäre Ammoniumbase

Nichtionische Tenside CnH2n+1 — CO — O(C2H4O)mH CnH2n+1O — (C2H4O)mH

ethoxylierter Ester ethoxylierter Fettalkohol

Abbildung 3.7: Beispielformeln von Tensiden

Wichtige Gruppen anionischer Tenside sind die Salze von Fettsäuren (Seifen), Schwefelsäure-Halbester langkettiger Fettalkohole oder Alkylbenzolsulfonate. In der Geschichte der Reiniger spielte Tetrapropylen-Benzolsulfonat (TPBS) eine besonders beherrschende Rolle aufgrund seiner weiten Verbreitung in Waschmitteln. TPBS musste jedoch ersetzt werden, weil es in der Umwelt besonders schlecht abbaubar ist. Kationische Typen sind z.B. quaternäre, Alkylgruppen-haltige Ammoniumbasen. Typische Vertreter der nichtionischen Klasse sind polyethoxylierte Alkohole oder Ester. Große Aufmerksamkeit wird den Umwelteinflüssen von Tensiden gewidmet. Da Tenside oberflächenaktive Substanzen sind, die in biologische Reaktionen eingreifen, wirken sie auf aquatische Lebewesen als Gifte. Aus Sicht der Abwasserbehandlung in öffentlichen Klärwerken ist es besonders wichtig, dass sowohl die Tenside selbst als auch ihre Metaboliten, die durch die biologischen Abbaureaktionen entstehen, unschädlich für aerobe Bakterien sind. Gemäß der Spezifikation des OECD-Übersichtstests (Screening-Test) von 1976 wird ein Tensid als biologisch abbaubar beurteilt, wenn seine Konzentration in einem Inkubationstest mit einer kleinen Klärschlammmenge innerhalb von spätestens 19 Tagen um mindestens 80 % abnimmt [26]. Diese Anforderung wird durch europäische Gesetzgebung festgelegt, z.B. durch die deutsche Tensidverordnung in der Version von Juni 1986 [27]. Für Haushalts- und Industriewaschmittel muss ein Tensid sogar „biologisch leicht abbaubar“ sein. Die OECD-Methode schreibt die Detektion der anionischen und nichtionischen Tenside durch ihre spezifischen Reaktionen mit Methylenblau oder Bismutiodid vor, die nicht notwendigerweise auch von den Metaboliten gegeben werden. Deshalb sind strengere Spezifikationen in Kraft, die den gesamten chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) als geeigneten Indikator betrachten. Tenside, die innerhalb von 28 Tagen die Marke von 60 % Verringerung des CSB erreichen, werden als „biologisch leicht abbaubar” eingestuft [28]. Andere anerkannte Tests haben in EU-Direktiven und Richtlinien Gesetzeskraft erhalten wie der Test auf gelösten organischen Kohlenstoff (Dissolved Organic Carbon, DOC), der Geschlossene-Flasche-Test, der Modifizierte OECD-Übersichtstest – DOC-Analyse und die entsprechenden ISO-Normen [29, 30]. Die oberflächenaktiven Eigenschaften der Tenside erreichen, dass die zunächst von der Substratoberfläche beseitigten Schmutzpartikel auch zuverlässig von ihr ferngehalten werden. In Tauchreinigern werden diese Schmutzpartikel meistens homogen verteilt, d.h. im flüssigen Medium emulgiert. Im Gegensatz dazu ist es bei Spritzreinigern durchaus

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erwünscht, die freigesetzten Öltröpfchen schnellstmöglich aus der wässrigen Phase zu verdrängen, damit sie durch Abschöpfen aus dem System entfernt werden können. Beide – einander widersprechende – Aufgaben (Emulgieren/Aufrahmen) müssen im Fall kombinierter Spritz/Tauch-Reiniger durch ein geeignet ausgewähltes Tensidgemisch geleistet werden. Weitere wesentliche Aufgaben eines Tensidgemisches ist das gezielte Einstellen der Benetzbarkeit des Substrats im nachfolgenden Prozess der Vorbehandlung und die Kontrolle der Schaumbildung im Falle von Spritzreinigern. Die Chemie der nichtionischen Tenside ist ganz besonders geeignet, die oben beschriebenen Aufgaben zu lösen. Moleküle solcher Tenside enthalten einen organischen, wasserabweisenden Teil, an den eine polare, hydrophile, nichtionische Gruppe gebunden ist. Diese polare Gruppe wird üblicherweise durch Polyethylenoxid/Polypropylenoxid-Ketten unterschiedlicher Länge gebildet. Jedes Tensidgemisch muss natürlich auch die physikalisch-chemischen Eigenschaften mitbringen, die für den vorgesehenen Einsatzzweck geeignet sind. Generell werden Schaumverhalten, Emulgatorwirkung, Benetzung und Dispergiervermögen einer Tensidmischung in Kombination mit dem kompletten Builder geprüft. Abschließende Praxistests sind unverzichtbar. Insbesondere die Schaumcharakteristik wird im praktischen Reinigerbad durch viele Faktoren beeinflusst, die im Experiment nicht simuliert werden können. Dies betrifft Badvolumina, Typ und Anordnung von Spritzdüsen, Prallbleche, Leistungsdaten und Anordnung von Pumpen ebenso wie chemische Parameter wie die Wasserhärte und die Art und Menge der von den Werkstücken und aus anderen Einschleppungen in das Reinigerbad herrührenden Verschmutzung.

3.3.4 Physik der wässrigen Reinigung, Badstandzeit und Spülen Die Reinigungsfunktion wird maßgeblich davon beeinflusst, ob am Ort des Reinigungsvorgangs selbst, also der Metalloberfläche, jederzeit ausreichende Mengen der Reinigerbestandteile vorhanden sind. Wie bei jeder an einer Grenzfläche stattfindenden chemischen Reaktion wird die Reinigung verlangsamt, wenn zwischen Werkstück und umgebender Lösung keine Relativbewegung herrscht. Die Reaktion wird dann diffusionskontrolliert, d.h. die Inhaltsstoffe werden lediglich durch die statistische Molekularbewegung an den Reaktionsort transportiert. Bei gegebener Temperatur bedeutet dies, dass die Reaktionsgeschwindigkeit einen stoffspezifischen maximalen Wert erreicht, den sie nicht überschreiten kann. Außer durch Erwärmen ist Beschleunigung nur durch eine erzwungene Relativbewegung zu erzielen. Während bei Spritzreinigern der auf das Werkstück auftreffende Spritzstrahl schon für eine hinreichende Bewegung in der Reaktionszone sorgt (deshalb können Spritzreiniger auch grundsätzlich in niedrigeren Konzentrationen eingesetzt werden), muss man bei Tauchreinigern besondere Maßnahmen treffen. Relativbewegung zwischen Werkstück und Lösung kann dadurch erreicht werden, dass man die behandelte Ware bewegt (Rotations-, Pendel- oder Nickeinrichtungen) oder die Badbewegung durch Rühren, Konvektion, Zirkulation oder Injektion von Luft oder Dampf herbeiführt. Typische Bedingungen für die Spritzreinigung sind Reinigerkonzentrationen von 0,5 bis 1 %, Drücke von 1 bis 2 bar und Temperaturen von 50 bis 70 °C, die über eine Zeit von 5 bis 60 s einwirken. Nach der Reinigungszone werden überschüssige Reinigerlösung, Schmutz und Reaktionsprodukte in einer mehrstufigen Spülzone von der Metalloberfläche entfernt. Die Spülbäder werden in einer Gegenstromkaskade betrieben, damit das Spülwasser mög-

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Vorbereitung der Oberflächen

Tabelle 3.4: Typische Ausschleppraten und Verdünnungsfaktoren (bezgl. Anfangskonzentration) (a) Ausschleppung (b) Verdünnungsfaktor Form

Ausschleppung (ml/m²)

Prozess

Verdünnung

flach, Einzelwerkstück

100

Reinigung, heiß

35 bis 100

flach, Band

10

elektrolytisch

100 bis 200

profiliert

200

saure Spüle

100 bis 200

schöpfend

1000

alkal. Beize (Al)

500 bis 1000

Galvanobad Vorbehandlung

1000 bis 100000a) 2000 bis 5000

a) Hohe Werte gelten für ökologisch kritische Elemente wie Nickel und Chrom

lichst wirtschaftlich genutzt werden kann. Die Spülwirkung steigt exponentiell mit der Zahl der Spülbäder. Die letzte Spüle wird meistens mit entionisiertem bzw. vollentsalztem (VE-) Wasser gespeist. Eine VE-Spüle ist zwingend erforderlich vor einer sogenannten No-RinseVorbehandlung (vgl. Kapitel 8), weil eine hohe Elektrolytkonzentration und die Verunreinigung mit unerwünschten, möglicherweise korrosiven Ionen ausgeschlossen werden muss. Gewöhnlich wird für das letzte Spülbad eine maximal zulässige Elektrolytkonzentration spezifiziert, die in Einheiten der elektrischen Leitfähigkeit angegeben wird. Die empfohlenen Werte liegen bei Raumtemperatur zwischen 30 und 100 µS. Um die Verschleppung zu minimieren, wird zwischen den einzelnen Zonen der Flüssigfilm grundsätzlich entfernt, wobei das Abtropfen je nach Werkstückgeometrie durch Blasdüsen, Quetschwalzen usw. unterstützt wird. In Bandanlagen kann der Flüssigkeitsverlust mit ordnungsgemäß unterhaltenen Quetschwalzen beispielsweise auf 2 bis 5 ml/m2 begrenzt werden. In Tauchprozessen kann die Ausschleppung durch Warmwassersprühdüsen reduziert werden, die an beiden Tankseiten oberhalb des Wasserspiegels angebracht sind. Besonders vorteilhaft ist der Betrieb solcher Düsen über eine Ventilsteuerung, mit deren Hilfe jedes Warengestell nur während des Austauchens mit frischem Heißwasser bespritzt wird. Trotz alledem ist eine gewisse Ausschlepprate durchaus erwünscht, um die Badverschmutzung zu kontrollieren und die Badstandzeit zu verlängern. Unabhängig davon sollte jeder Tank mit einem Überlauf ausgerüstet sein. Wie auch auf anderen Gebieten der Metalloberflächenbehandlung beeinflussen steigende Energiekosten auch die Reinigungsoperation. Der Verfahrenswechsel auf wässrige, leicht-alkalische Niedrigtemperaturreiniger wird beispielsweise durch Verwendung optimierter, erhöhter Gehalte an Tensiden und hochwirksamer Dispergiermittel möglich. Auf diese Weise kann die Arbeitstemperatur unter günstigen Bedingungen auf 30 °C reduziert werden. Allerdings bleiben höhere Temperaturen (50 bis 60 °C) das Maß der Dinge, wenn hochviskose Fette und Öle, Pasten oder gealterte, harte Verschmutzungen entfernt werden müssen. Der Reiniger darf auf der Werkstückoberfläche keinesfalls antrocknen, lange Überhebzeiten sind daher unbedingt zu vermeiden. Die Standzeitverlängerung eines Reinigerbades durch Überlaufbetrieb ist mit einfachen Modellrechnungen nachzuvollziehen: Ergebnis solcher Rechnungen ist, dass ein Reinigerbad eine wesentlich längere Standzeit erreichen kann, wenn man – bei gegebenen Randbedingungen der Operation – einen Teil des Bades (die Überlaufmenge) kontinuierlich verwirft und mit frischer Lösung ergänzt. Umgekehrt verkürzt sich die Standzeit, wenn die Überlaufmenge unter die berechnete Rate fällt. Die erforderliche Überlaufmenge ist abhängig vom Verhält-

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Chemische Reinigung

nis zwischen der Einschleppung und der verträglichen Höchstkonzentration des standzeitverringernden Schadstoffs. Natürlich muss man in der Praxis den Einfluss mehrerer Störsubstanzen gleichzeitig berücksichtigen.

37

Tabelle 3.5: Spülwasserverbrauch Benötigte Spülwassermenge (l/h) pro Liter Elektrolyt-Einschleppung Benötigte Verdünnung

10.000

5.000

1.000

200

10.000

5.000

1.000

200

Spültanks 1

Das Prinzip ist für jeden Prozess 2 100 71 32 14 gültig, bei dem Verschleppungs3 22 17 10 6 reste durch eine Spüloperation beseitigt werden müssen. Die 4 10 8 6 4 Tabellen 3.4 und 3.5 zeigen einige 5 6 5 4 3 Überlegungen zu den zu erwartenden Ausschleppungen und den erforderlichen Verdünnungsraten für unterschiedliche Werkstückformen und Behandlungsprozesse [31]. Einsparungen bei den Verfahrenskosten in einem Reinigungsverfahren im Überlaufbetrieb werden nicht nur durch den geringeren Wasserverbrauch realisiert, sondern auch durch weniger Stillstandszeiten als sie sonst bei diskontinuierlichem Verwurf und Neuansatz der Bäder anfallen. Gerade bei großen Badvolumina ist deshalb der Überlaufbetrieb eine notwendige Maßnahme. Der wirtschaftlichste Einsatz des Spülwassers wird erreicht, wenn man den Spülprozess über eine Gegenstromkaskade betreibt. Dieses Prinzip gilt unabhängig von der Wahl eines Spritz- oder Tauchverfahrens. Verbindet man eine Reihe von gleichartigen Tankbehältern über ein Pumpen- oder Überlaufsystem miteinander und speist Frischwasser in den letzten Behälter ein (vorzugsweise über einen getrennten Spritzbalken), verringert sich die Konzentration der abgespülten Stoffe (überschüssiger Reiniger, Nebenprodukte, Kontaminationen) von Tank zu Tank drastisch. Der letzte Behälter enthält nahezu frisches Wasser. Der Bedarf an Frischwasser lässt sich nach Gleichung 3.9 berechnen [32].

Abbildung 3.8: Schema einer Spülkaskade im Gegenstrombetrieb mit zusätzlichem Filtersystem (Filterleistung 80 %) für die Entfernung von Verunreinigungen aus einem rezirkulierten Spülbad; m0 = Massenfluss der Verunreinigung; v1-3 = Volumina von Ausschleppung und Überlauf; c1-3 = lokale Momentankonzentrationen der Verunreinigungen in den Tanks 1 bis 3

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Vorbereitung der Oberflächen

Gleichung 3.9

N

V = √[ben.Verdünnung)] × [Durchsatz] × [Ausschleppung]

wo N die Zahl der verwendeten Tanks ist, der Durchsatz in m2/h behandelter Oberfläche und die Ausschleppung in l/m2 angegeben wird Die benötigte Behälterzahl hängt vom Verhältnis der eingeschleppten Stoffmenge zum entgegen strömenden Wasservolumen ab (stationärer Zustand). Eine Zahl von drei Tanks gilt nach den derzeitigen europäischen Referenzempfehlungen als Stand der Technik (European Reference Documents on Best-available Techniques, BREF-Standards) [33]. Tabelle 3.5 lässt auch erkennen, dass die mit höheren Behälterzahlen zu erzielenden Vorteile nur gering sind. Nach einiger Zeit stellt sich im ersten Spülbad eine Zusammensetzung ein, die der des Reinigungsbades selbst nahekommt. Dieses Spülwasser kann ggf. zum Nachschärfen des Arbeitsbades verwendet werden. Vorzugsweise entölt man es kontinuierlich (durch De-Emulgieren, Abschöpfen und Ultrafiltration), bevor man es zur Ergänzung des Hauptbades benutzt, gemeinsam mit einem geeignet konfektionierten Builder-Tensid-Gemisch. Abbildung 3.8 gibt schematisch das Layout für eine Kaskade und eine Badpflegeeinrichtung wieder. 3.4

Literatur

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Organische Beschichtungsmittel

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Organische Beschichtungsmittel Mircea Manea*, Lars Kirmaier, Jörg Sander

Als Beschichtungsmittel (Lacke) bezeichnet man flüssige oder pastöse Zubereitungen sowie Pulvermaterialien, die geeignet sind, transparente und/oder opake Deckschichten mit dekorativen, schützenden oder besonderen anderen technischen Eigenschaften zu erzeugen [1]. Lacke kann man nach unterschiedlichen Prinzipien klassifizieren (Tabelle 4.1) [6–8]. Die Auswahl eines Beschichtungssystems muss in direktem Bezug zu der spezifischen technischen, dekorativen und funktionalen Anforderung stehen, die zu erfüllen ist. Ebenso müssen die individuellen Anwendungskriterien, das Substrat und die Härtungsbedingungen berücksichtigt werden. Alle diese Anforderungen zusammen dienen dem Zweck, eine optimale Qualität zu erzielen [4, 5]. Allen Beschichtungen ist gemeinsam, dass sie eine Reihe von Eigenschaften aufweisen müssen, die ihre funktionelle Leistungsfähigkeit sicherstellen: • • • • • • • • • • • • •

Verwendbarkeit in der Lieferform einfache und relativ schnelle Herstellung gute Substratbenetzung gute Ausbildung eines geschlossenen Films geeignete Rheologie Verarbeitbarkeit gute mechanische und chemische Eigenschaften nach der Verarbeitung gute Lagerstabilität, nur geringe Synärese (Neigung zur Phasentrennung) und Bodensatzbildung, Rückmischbarkeit durch Rühren schnelle Härtung ohne Auskreiden hinreichendes Eindringen in das Substrat zur Erzielung guter Haftung und Oberflächenhärtung gute, gleichmäßige Farbhaltung auf dem Substrat gute Witterungsbeständigkeit geringer Energieverbrauch Umweltverträglichkeit

Tabelle 4.1: Klassifizierungsprinzipien für Beschichtungssysteme (nach spezifischer technischer, dekorativer und funktionaler Anforderung) Funktion

Anordnung Zweck im Beschichtungssystem

Umweltverträglichkeit

Chemie des Filmbildners

Härtungsbedingungen

Klarlack

Primer

Fahrzeuglack

wässrig

Alkyd

ofenhärtend

Metallic-Lack

Füller

dekorativer Lack

lösemittelbasiert

Acryl

oxidativ härtend

Uni-Farblack

Decklack

Industrielack

strahlungshärtend

Cellulosederivate

physikalisch trocknend

Holzanstrich

High Solid

Polyurethan

strahlungshärtend

Pulverlacke

urethanhärtend

Jörg Sander et al.: Korrosionsschutz durch Beschichtungen © Copyright 2011 by Vincentz Network, Hannover, Germany * ins Deutsche übersetzt durch Jörg Sander

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Organische Beschichtungsmittel

4.1

Inhaltsstoffe organischer Beschichtungsmittel

Ein organisches Beschichtungsmittel ist ein disperses System von unterschiedlichen Stoffen, die danach ausgewählt werden, dass sie während der Herstellung und der Anwendung des Lacks oder über die Lebensdauer des Endprodukts hinweg bestimmte Aufgaben erfüllen können. Hierzu gehören insbesondere organische Filmbildner, Lösemittel (im Fall von Flüssiglacken), Pigmente, Füllstoffe und eine Reihe von Hilfsmitteln.

4.2

Lackharze

Ein organisches Beschichtungsmittel enthält als unverzichtbaren Bestandteil einen Filmbildner, der in der Lage ist, über einen physikalischen und/oder chemischen Prozess auszuhärten. Filmbildner sind oligomere oder sogar polymere Verbindungen, deren Auswahl über fast alle Eigenschaften und Leistungsmerkmale der Beschichtung entscheidet: • • • • • •

Härte Festigkeit Haftung (Adhäsion) Dehnbarkeit, Elastizität chemische Eigenschaften Beständigkeit bei Außenbewitterung usw.

Das Wort Polymer leitet sich ab von πολυ („poly“ = viele) und μe´ρος („meros“ = Teil) und definiert eine Substanz mit hoher Molekülmasse, die aus vielen Einzelmolekülen zusammengesetzt ist. Die Bezeichnung Polymer wurde 1833 zuerst von Berzelius eingeführt. Die in ein Polymer sich wiederholend eingebauten Einzelbausteine (Monomere) stellen strukturelle Einheiten dar, die durch kovalente, chemische Bindungen miteinander verknüpft sind. Durch Pionierarbeiten an Cellulosederivaten durch Braconnot und später die technische Veredelung von Naturkautschuk fanden Polymere den Weg in das tägliche industrielle Leben. Über das erste synthetische Polymer „Bakelit“ berichtete Baekeland im Jahr 1907. Die Arbeiten von Carothers und Staudinger in den 1920er Jahren erschlossen das Verständnis der Polymerchemie und ermöglichten den Durchbruch zur gezielten Polymersynthese. Verschiedene Monomertypen und deren Kombinationen werden genutzt, um spezifische Polymerfamilien für den Einsatz in der Lackindustrie und anderen verwandten Anwendungen zu erzeugen. In Bezug auf Polymere haben sich in der Lackindustrie die vier folgenden Begriffe eingebürgert: • Harz zur Bezeichnung aller polymeren Rohstoffe im Ausgangszustand • Bindemittel als Oberbegriff für solche Polymere, die in der Lackzusammensetzung dispergierte Pigmente/Füllstoffe binden können • Trägerstoff zur Beschreibung eines Polymermaterials, das die Eigenschaft hat, Pigmente während eines nachfolgenden (ggf. mehrstufigen) Herstellungsprozesses in Dispersion zu halten • organischer Filmbildner zur Kennzeichnung der Fähigkeit von Polymeren, einen geschlossenen, festen Film auszubilden, der das Kernstück der organischen Beschichtung darstellt Für das Konzept der antikorrosiven Beschichtungen erscheint der Begriff des organischen Filmbildners am zutreffendsten. Seine Bedeutung nimmt unmittelbar Bezug auf die Fähigkeit einer Polymerschicht, die auf ein metallisches Substrat appliziert ist, eine Barriere gegen korrosive Stoffe zu bilden. Allerdings ist kein Polymerfilm absolut undurchdringlich. Im Lauf der Zeit wird jedes Polymer unter äußeren Einflüssen wie Feuchtigkeit und

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Lackharze

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UV-Strahlung (wie im Weiteren erläutert), und auch durch Fehlstellen und mechanische Beschädigung zerstört. Pigmente mit lamellarer oder plättchenförmiger Gestalt können zusätzliche Stabilität und Schutz dadurch bieten, dass sie • den Diffusionspfad für korrosive Medien oder Stoffe verlängern und • die Durchlässigkeit (Permeabilität) der organischen Beschichtung verringern, wenn es gelingt, die Pigmente in der Schicht parallel zur Oberfläche zu orientieren. Eine Voraussetzung ist, dass die in der Lackformulierung verwendeten Pigmente eine hohe Verträglichkeit mit der Polymermatrix aufweisen, indem sie z.B. korrosionshemmende Komplexe mit dem Bindemittel ausbilden. Die Bindemittelauswahl wird in korrosionshemmenden Formulierungen weitgehend nach den hydrophoben Eigenschaften der Bindemittel und auch nach ihrer Lichtstabilität getroffen. Die Hydrophobie eines Bindemittels steht im Zusammenhang mit seiner Fähigkeit, Feuchtigkeit abzuweisen. Unter UV-Bestrahlung kann aber der organische Film Veränderungen erleiden, die zu einer hydrophilen Oberfläche führen. In neueren Untersuchungen wird erläutert, wie sogar eine „superhydrophobe“ Oberfläche durch UV-Belichtung „superhydrophil“ und durch Erwärmen wieder „superhydrophob“ werden kann [59]. Die organischen Filmbildner sind entweder unveränderte und/oder modifizierte Naturstoffe oder sie werden durch industrielle Syntheseverfahren gezielt hergestellt. Aus natürlichen Rohstoffen abgeleitete, organische Filmbildner scheinen einiges von ihrer Bedeutung eingebüßt zu haben. Dennoch sind sie noch im Markt zu finden und verdanken ihre fortbestehende technische Relevanz heute zumeist Konzepten wie denen der erneuerbaren Rohstoffe und der neutralen Kohlenstoffbilanz. Organische Filmbildner können in zwei Kategorien eingeteilt werden: • Höher- und hochmolekulare Polymere, die keiner chemischen Weiterreaktion während der Filmbildung unterliegen, sondern die organische Schicht durch physikalische Trocknung ausbilden, ggf. unter Freisetzung von Lösemitteln • niedermolekulare Polymere, die gezielt mit einer bestimmten chemischen Funktionalität ausgestattet werden und deshalb zur Filmbildung aufgrund einer durch Licht, Wärme, Katalysatoreinfluss usw. initiierten chemischen Reaktion befähigt sind Wenngleich alle flüssigen Bindemittel in einem Lösemittel bzw. Lösemittelgemisch hergestellt und geliefert werden, benötigen die niedermolekularen Polymere generell weniger hiervon. Nichtsdestoweniger werden Solvenzien ausgewählt und hinzugefügt nach Maßgabe der Bedingungen des Applikationsverfahrens, um einen störungsfreien Vorgang der Filmbildung zu erreichen.

4.2.1 Alkydharze Alkyde sind so genannte B-Stufen-Polymere, die bei weitem niedrigere Molekülmassen als die thermoplastischen Polymere aufweisen. Diese Eigenschaft wird durch die Anwesenheit funktioneller Gruppen (wie etwa Doppelbindungen, Hydroxyl- und Carboxylgruppen) weitgehend aufgewogen. Als Alkydharze bezeichnet man fettsäuremodifizierte Polymere mit einem Anteil an Estergruppen. Die Etymologie des Wortes leitet sich her von AL-kohol und a-CID (Säure), woraus später ALKYD gemacht wurde. 1929 wurden Alkyde erstmalig im Kapitel „Harze“ der Chemical Abstracts erwähnt. Das Geschäft mit Alkydharzen, ohnehin schon ein starkes und wohletabliertes Marktsegment, ist noch einmal belebt worden durch das Interesse an einer Chemie für neuartige Trocknungsmechanismen und höhere Umweltverträglichkeit [16–19]. Alkydharze werden wegen ihres hohen Anteils an natürlichen Ölen und Polyolen in besonderem Maß als erneuerbare Rohstoffe eingestuft.

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Organische Beschichtungsmittel

Alkydharze repräsentieren zweifellos ein großes Segment im Beschichtungsmarkt. Einige Gründe für ihren Erfolg seien im Folgenden aufgelistet: • • • • • • • • • • • •

altbekannte Technologie breites Anwendungsgebiet Ein-Komponenten-Anwendung gutes Preis-Leistungs-Verhältnis hoher Anteil an erneuerbaren Rohstoffen lange Lagerfähigkeit hoher Lackaufbau Haftung auf vielen Untergründen vorhersagbare Trocknungszeiten akzeptabler Geruch geringer Aufwand für die Oberflächenvorbereitung Unempfindlichkeit gegen Feuchte

Alkydharze werden entsprechend ihrer Ölkettenlänge wie folgt kategorisiert: • • • •

sehr langölige Alkyde (Ölgehalt über 70 %) langölige Alkyde (Ölgehalt über 55 %) Alkyde mit mittlerer Öllänge (Ölgehalt von 45 bis 55 %) kurzölige Alkyde (Ölgehalt unter 45 %)

Eine weitere Klassifizierung von Alkydharzen bezieht sich auf den Filmbildungsmechanismus: • lufttrocknende Alkyde • nicht-lufttrocknende Alkyde • ofentrocknende Alkyde Alkyde können wie schon gesagt zur Verbesserung bestimmter Eigenschaften, z.B. der Hydrophobie und der Lichtbeständigkeit, modifiziert werden. Eine solche Verbesserung erzielt man etwa, indem man die die Instabilität fördernden Doppelbindungen einer Alkydharz-Kette durch Vinylierung oder verschiedene Zyklisierungsprozesse gezielt verbraucht. Die Stabilisierung des Alkydharz-Rückgrats kann auch durch Modifizierung mit hydrolysestabilen Phenolen oder durch die Einführung von Siliconeinheiten erzielt werden. Eine Einteilung nach der chemischen Modifikation kann wie folgt vorgenommen werden: • vinylierte Alkydharze (modifiziert mit Acrylmonomeren, unter Ausnutzung der ungesättigten Fettsäuren) • phenolmodifizierte Alkydharze (modifiziert mit Phenol-Formaldehyd-Harzen, wiederum an den ungesättigten Fettsäuregruppen) • urethanmodifizierte Alkydharze (modifiziert mit Urethanen, wobei Isocyanate als difunktionelle Gruppen eingesetzt werden, die eine zweiwertige Säuregruppe ersetzen) • siliconmodifizierte Alkydharze (modifiziert mit Siloxanen, wobei diese als funktionelle Gruppen in einer Umesterung verwendet werden) • Maleinsäureanhydrid-modifizierte Alkydharze (modifiziert mit Maleinsäureanhydrid durch eine Diels-Alder-Reaktion an den ungesättigten Fettsäuren) Die Eigenschaften von Alkydharzen werden stark von der Zusammensetzung der Rohstoffe, den tatsächlichen (effektiven) Molekülmassen und ihrer Verteilung bestimmt. Andere Vorreaktionen der Doppelbindungen, z.B. Veretherung, Dehydrierung und ungewollte Zyklisierungen durch Hydroxyl- und Carboxylgruppen beeinflussen die endgültigen Eigenschaften des Polymers ebenfalls.

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Lackharze

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Ein Alkyd kann schematisch durch die folgende Gleichung dargestellt werden. Das Alkydharz ist ein Kondensationsprodukt aus der Reaktion zwischen funktionellen Gruppen [20, 21]: Gleichung 4.1

a-A-a + b-B-b → a-A-B-b + a-b

In den meisten Fällen ist die reaktive Gruppe a eine Carboxyl- und die reaktive Gruppe b eine Hydroxylgruppe, so dass das Kondensationsprodukt a-b Wasser ist. Einige Alkydbindemittel sind jedoch urethanmodifiziert und in diesem Fall ist die Gruppe a eine Isocyanatgruppe. Alkydharze können als Polyester aufgefasst werden, die mit nativen Ölen modifiziert sind. Die resultierenden Eigenschaften der Alkyde sind das Ergebnis der Qualität und der Eigenschaften der im Herstellprozess eingesetzten Rohstoffe. Die Wahl dieser Rohstoffe für eine Alkydformulierung wird anhand der Zielanwendung und der gewünschten Parameter des Alkyds getroffen: • • • • • • • • • • • • •

Löslichkeit Viskosität Trocknungseigenschaften Verträglichkeit Schichthärte Säure- und Hydroxylzahl Wasserbeständigkeit Chemikalienresistenz andere Inhaltsstoffe Wirtschaftlichkeit der Produktion Verfügbarkeit Gesundheits- und Umweltgefährdung Verarbeitungskriterien durch vorhandene Maschinen

Deshalb umfasst die breite Auswahl an Rohstoffen und Rezepturen neben Ölen vor allem Polyole, Polysäuren und hydroxylierte (gemischt-funktionelle) Säuren. Zur Verbesserung der Trocknungseigenschaften des Bindemittels ist auch eine Reihe modifizierter Polyole erhältlich. 4.2.1.1

Herstellverfahren für Alkydharze

Herstellverfahren für Alkydharze werden in Tabelle 4.2 zusammengefasst: Tabelle 4.2: Herstellungsverfahren für Alkydharze Alkoholyseverfahren

Fettsäureverfahren

Fettsäure/Öl-Verfahren

Acidolyseverfahren

Zweistufenverfahren

Einstufenverfahren

Einstufenverfahren

Zweistufenverfahren

günstig aufgrund der Kosten und Verfügbarkeit von Ölen

keine Alkoholyseschritte bei der Alkydsynthese

Öl wird in das Polymer durch Kreuzveresterung eingebaut (Ölmenge höchstens 1/3 des Bedarfs an Fettsäure)

hochschmelzende zweibasische Säuren wie Isophthal- und Terephthalsäure werden eingesetzt

klar getrennte Stufen; Polysäure wird im zweiten Schritt zugefügt Reaktion zwischen Öl und Polyol führt zur Umverteilung der Fettsäure

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klar getrennte Stufen; Polyol wird im zweiten Schritt zugefügt geradlinigere Hauptkette

Produkte mit höherer Viskosität aufgrund der Polykondensatbildung zwischen Polyolen und Polysäuren

Reaktion zwischen Öl und Polysäure führt zur Umverteilung der Fettsäure

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Organische Beschichtungsmittel

Abbildung 4.1: Hydrolytischer Zerfall der Polyester-Hauptkette

Abbildung 4.2: Strahlungsinduzierter Abbau der Polyester-Hauptkette

4.2.1.2

Abbau von Alkydharzen

Der Abbau von Alkydharzen verläuft entweder nach zwei unterschiedlichen Mechanismen in der Polyester-Hauptkette oder in den Fettsäure-Seitenketten: • hydrolytische Spaltung der Polyester-Hauptkette • UV-induzierter Abbau der Hauptkette • Abbau in den Fettsäure-Seitenketten (oxidative Vergilbung auch im Dunkeln) [4]

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Lackharze

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Abbildung 4.3: Zersetzung der seitenständigen Fettsäuren (Vergilbung im Dunkeln)

4.2.1.3

Zusammensetzung von Alkydharzen

• Native Öle sind in großem Umfang die „Arbeitspferde“ in der Alkydharz-Komposition. Die Bedeutung der Öle wächst, da eine höhere Leistungsfähigkeit der Alkydharze gefragt ist und weil die Öle eine erneuerbare Rohstoffquelle darstellen [21] • Das Rückgrat eines Alkydharzes ist ein Kondensationsprodukt aus Polyolen und mehrwertigen Säuren (Polysäuren). In den meisten Fällen ist dieses Rückgrat hydroxyfunktionell, womit die Fettsäureeinheiten durch Veresterung an die überschüssigen Hydroxylgruppen angebunden werden können. Es ist offensichtlich, dass stabilere Alkyde erhalten werden, wenn die verwendeten Polyole in der Nachbarschaft der Carbinolgruppe kein α-ständiges Wasserstoffatom aufweisen • Polyole für die Alkydsynthese können di-, tri-, tetra- und hexa-funktionelle Alkohole sein, in der Regel sind auch die verwendeten Säuren di- und manchmal sogar tri-funktionell. Monofunktionelle Säuren werden eingesetzt, um das Molekülwachstum zu begrenzen oder die Härte und andere Eigenschaften zu verbessern. Häufig eingesetzte Säuren sind natürliches Kolophonium (engl. rosin, enthält hauptsächlich Abietinsäure), Benzoesäure und t-Butylbenzoesäure 4.2.1.4

Härtung von Alkydharzen

Die Fettsäuren spielen bei der Lufttrocknung eine wichtige Rolle, bei der der Sättigungsgrad und die Konjugation der Doppelbindungen die Trocknungsgeschwindigkeit bestimmen [23]. • Die oxidative Trocknung von Alkydharzen ist in Abbildung 4.4 dargestellt. Der Prozess setzt sich in einem radikalischen Polymerisationsmechanismus fort und verläuft über die Autoxidation der gebildeten Radikale und der Doppelbindungen der Fettsäuren • Härtung von Alkyden durch Kondensation Andere Trocknungsmechanismen für Alkydharze nutzen die Hydroxyl- oder Carboxyfunktionalität des Alkydharzes aus. Die nach den lufttrocknenden Systemen bedeutendste Vernetzung von Alkydharzen nutzt schließlich die Reaktion von Hydroxylgruppen mit Aminharzen oder Isocyanaten.

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Organische Beschichtungsmittel

Abbildung 4.4: Oxidative Trocknung von Alkydharzen

Abbildung 4.5: Thermische Härtung von Alkydharzen

4.2.2 Chlorierte Kautschuke Die Entstehung cyclischer Terpene kommt ebenso in der Natur vor wie die Verknüpfung von Isopren in einer 1,4-Polymerisation, wie man sie in einigen Pflanzen findet. Hevea Brasiliensis produziert 1,4-cis-Polyisopren, das aus in den Baum eingeschnittenen Kerben geerntet wird. Andere kautschukartige Naturstoffe wie Guttapercha oder Balata, die trans-isomeres 1,4-Polyisopren enthalten, haben weniger technische Bedeutung erlangt [24–26]. Zur Verwendung in Lacken wird Naturkautschuk chemischen Modifikationen unterworfen, um die Eigenschaften zu erreichen, die für ein filmbildendes Polymer erforderlich sind. Die

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Lackharze

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Abbildung 4.6: Naturkautschuk

Abbildung 4.7: Guttapercha

chemische Umwandlung von Kautschuk zu technischem Gummi zielt insbesondere darauf ab, bestimmte Eigenschaften wie die Beständigkeit gegen Oxidation und Licht zu verbessern, während eine ausreichende Hydrolysestabilität bereits gegeben ist. Dies wird z.B. dadurch erreicht, dass die Doppelbindungen des Kohlenwasserstoff-Rückgrats durch Addition von Halogenen oder intramolekulare Zyklisierung verbraucht werden. Damit erhält das Polymer verbesserte antikorrosive Eigenschaften, da die an Doppelbindungen verarmten Abkömmlinge weniger Angriffspunkte in der Molekül-Hauptkette bieten. Das Zyklisierungsverfahren wird in Anwesenheit von Katalysatoren so geführt, dass die Zahl der Doppelbindungen um fast 80 % reduziert wird. Das so erhaltene Produkt wird als Cyclokautschuk (engl. cyclorubber) bezeichnet. Cyclokautschuk hat neben verringerter Doppelbindungszahl und Molekülmasse einen erhöhten Schmelzpunkt von 130 bis 140 °C sowie eine verbesserte Löslichkeit in Solvenzien, insbesondere in aliphatischen und aromatischen Kohlenwasserstoffen. Auch die Verträglichkeit mit anderen filmbildenden Polymeren wie Alkyden, lufttrock- Abbildung 4.8: Cyclokautschuk

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Organische Beschichtungsmittel

Abbildung 4.9: Chlorierter Kautschuk/Gummi

nenden Ölen oder bituminösen Stoffen ist verbessert. Die Chemikalienresistenz und die thermischen Eigenschaften sind ausgezeichnet und auch eine gute Verarbeitbarkeit mit basischen Pigmenten ist wegen des Fehlens saurer Gruppen gegeben. Ein anderer Ansatz zur Nutzung von Kautschuk in der Lackindustrie ist die Chlorierung des Polymers. In einer Synchronreaktion laufen die Addition von Chlor an die Doppelbindungen und die anschließende Dehydrochlorierung ab. An die neu entstandene Doppelbindung kann wiederum Chlor addiert werden (vgl. Abbildung 4.9). Die Reaktion folgt einem radikalischen Mechanismus und kann durch Wärme oder UV-Bestrahlung initiiert werden. Chlorkautschuk zeigt allerdings nur begrenzte Licht- und Wärmebeständigkeit und unterliegt einem Zerfallsprozess, bei dem Chlor in gleicher Weise freigesetzt wird, wie es für Polyvinylchlorid beschrieben wird.

4.2.3 Polyvinylchlorid

Abbildung 4.10: Copolymer: Poly(vinylchlorid-co-vinylacetat)

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Polyvinylchlorid (PVC) steht an weltweit dritter Stelle der technisch hergestellten Polymere. Zu seiner Erzeugung wird in größtem Umfang das Suspensionspolymerisationsverfahren ausgehend von Vinylchlorid genutzt. Auf diesem Wege hergestelltes PVC enthält 56,7 % Chlor und hat eine äußerst geringe Löslichkeit [24–26]. Erhöhte Löslichkeit wird durch Copolymerisation mit anderen Monomeren wie z.B. Vinylacetat erhalten.

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Lackharze

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Abbildung 4.11: Zersetzung von Polyvinylchlorid

Die bedeutendste PVC-Anwendung in Lacken ist allerdings die als nachchloriertes Material. Das Verfahren hierzu wird über eine radikalische Chlorierung unter thermischer oder UVAnregung geführt und ergibt ein Polymer mit bis zu 65 % Chlor, das von der Lackindustrie bevorzugt verarbeitet wird. Nachchloriertes PVC weist gute antikorrosive Eigenschaften auf, vor allem sehr hohe Hydrolysestabilität und Chemikalienresistenz, insbesondere gegen Lösemittel und Kraftstoffe. Die größte Schwäche des Polymers ist aber seine schlechte Lichtund Hitzebeständigkeit. Die Formulierungen enthalten zur Beseitigung dieses Problems deshalb stets eine Reihe von Stabilisatoren. Auch Polymere mit bis zu 74 % Chlorgehalt sind bekannt, werden aber ab einem Gehalt von etwa 70 % instabil. Polyvinyl-Copolymerisate werden in Rezepturen eingesetzt, die hoch-haftende Beschichtungen auf schmelztauch-verzinkten Substraten und Aluminium, Farben für Fahrbahnmarkierungen, Grundierungen (Primer) und Dickschicht-Korrosionsschutzfarben zur Anwendung haben.

4.2.4 Epoxidharze Als Epoxy- oder Epoxidharze bezeichnet man generell alle Polymere, die eine Oxiran-Gruppe (Dreiring mit zwei Kohlenstoffatomen und einem Sauerstoffatom) als funktionelle Gruppe enthalten [27–29]. Die oftmals anzutreffende Oxiranyl-methylen-Struktur (2,3-Epoxypropyl) wird auch als Glycidylgruppe bezeichnet. Epoxidpolymere bieten eine außerordentlich gute Barrierewirkung, gute Substrathaftung und sehr gute mechanische Eigenschaften. Verschiedene Faktoren, die sich im Grundsatz alle von der Funktionalität der Epoxidbindemittel ableiten lassen, können gezielt eingesetzt werden, um unterschiedliche Eigenschaften des Polymers zu erreichen. Die Molekülmasse des Epoxidharzes steuert die Vernetzungsdichte, die Härte und Flexibilität und zudem auch die Beständigkeit gegen Chemikalien. Obwohl Epoxidharze in ihrer geringen Lichtstabilität einen Schwachpunkt haben, der sich in der Regel durch Kreiden, Verfärbung und Verluste Abbildung 4.12: Epoxidgruppe

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Organische Beschichtungsmittel

Abbildung 4.13: Epoxidharz

Abbildung 4.14: Williamson-Veretherung

Abbildung 4.15: Reaktion nach dem Advancement Process

im Glanzgrad und in der Farbtiefe zeigen, findet diese Degradation im Wesentlichen an der Filmoberfläche statt, während die Schutzwirkung der Beschichtung erhalten bleibt. 4.2.4.1

Rohstoffe für Epoxidharze

Kommerzielle Epoxidharze enthalten aromatische, aliphatische oder cycloaliphatische Hauptketten, die aus OH-funktionellen Vorläufermolekülen gebildet werden. Aus diesen Vorsubstanzen erhält man Epoxide durch Veretherung mit Epichlorhydrin in Gegenwart stöchiometrischer Mengen Natriumhydroxid. Die interessantesten unter den aromatischen Spezies sind die glycidierten 4,4-Methylendiphenol, 4,4’-(Propan-2,2-diyl)-diphenol, 4,4’-Sulfonyldiphenol, 4,4’-(Propan-2,2diyl)-bis-(2,6-dibromphenol), Phenol und Resorcinol. Zu den aliphatischen Ausgangsstoffen für die Glycidierung gehören z.B. Butan-1-ol, 2,2-Dimethylpropan-1,3-diol, (Tetrahydrofuran-2,5diyl)-dimethanol und 3,3’-(1,1,3,3-Tetramethyldisiloxan-1,3-diyl)-bis-(propan-1-ol). Der überwiegende Teil der kommerziellen Epoxidharze sind Diglycidylether des Bisphenol A (DGEBA oder auch BADGE). Die Auswahl der chemischen Basis und des Kondensationsgrades in der Hauptkette bietet andererseits eine große Vielzahl von Formulierungsmöglichkeiten und daraus resultierend ein weites Spektrum an Reaktivitäten und möglichen Anwendungsbereichen.

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Lackharze

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Abbildung 4.16: Reaktion der Epoxidgruppe mit Aminen

Abbildung 4.17: Reaktion der Epoxidgruppe mit Carboxylgruppen

4.2.4.2

Herstellverfahren für Epoxidharze

Epoxidharze werden im konventionellen Verfahren in Gegenwart einer Base durch direkte Kondensationsreaktion zwischen den Ausgangssubstanzen, Epichlorhydrin und der hydroxyfunktionellen Komponente in unterschiedlichen Äquivalentverhältnissen Epichlorhydrin/Hydroxyl gewonnen (Williamson-Ethersynthese). Moderne Verfahren (sogenannte Advancement-Prozesse) für die Erzeugung höhermolekularer Epoxidharze verwenden als Starter ein niedermolekulares Epoxidharz, das mit einer di-hydroxyfunktionellen Verbindung modifiziert wurde. Tabelle 4.3 gibt die Zusammenhänge zwischen Funktionalität und Molekülmasse von BADGE-Typen wieder. Die Menge an Bisphenol A, die notwendig ist, um ausgehend von einer anfänglichen Epoxidzahl (engl. epoxy index) Ei eine höhere neue Epoxidzahl Ef zu erhalten, wird berechnet mit der Formel: Gleichung 4.2 Bisphenol A =

1000 (Ei - Ef ) 8,7 + Ef

Tabelle 4.3: Eigenschaften kommerzieller Epoxidharze (BADGE-Typen) Erweichungspunkt (orientierende Werte)

Mittl. n-Wert

Molmasse (Da)

Epoxy-Index (Epoxy-Äquiv./100 g)

9 ºC

0,10

400

0,50 bis 0,52

64 bis 75 ºC

2,20

850 bis 1000

0,18 bis 0,22

90 bis 105 ºC

5,50

1800 bis 2000

0,10 bis 0,12

124 bis 135 ºC

12 bis 14

3600 bis 5000

0,05 bis 0,55

135 bis 145 ºC

15 bis 16

5000 bis 8000

0,04 bis 0,45

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Organische Beschichtungsmittel

Abbildung 4.18: Reaktionen der Epoxidgruppe mit Carbonylverbindungen (1), Acetalen (2), Wasser (3), Kohlendioxid (4), Isocyanaten (5), halogenierten Verbindungen (6)

Ei bezieht sich hierbei auf die Epoxidzahl des flüssigen Harzes, angegeben in Moläquivalenten je 1000 g Harz, Ef gibt die resultierende Epoxidzahl des gewünschten festen Harzes an. Die Untersuchung mittels Gelpermeationschromatografie zeigt, dass die Kondensation von Epichlorhydrin und Bisphenol A in Gegenwart stöchiometrischer Mengen an Natriumhydroxid eine Zahl sich wiederholender Einheiten von n = 0, 1, 2, 3 usw. ergibt, während man mit dem Advancement-Prozess ausschließlich gerade Zahlen 2 n der Wiederholung erhält. 4.2.4.3

Vernetzung von Epoxidharzen

Die Epoxidgruppe hat eine sehr hohe Reaktivität und ist damit zur Umsetzung mit fast jeder Art von funktionellen Gruppen befähigt [30–35]. Unter saurer oder basischer Katalyse kann sie auch Selbstpolymerisation eingehen. Die wichtigsten Vernetzungsreaktionen sind jedoch die Reaktion mit Aminen und die Reaktionen mit Anhydriden und Säuren.

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Lackharze

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Abbildung 4.19: Epoxidiertes Öl

Eine weitere für die Vernetzung wichtige Gruppe von Epoxidbindemitteln stellen die epoxidierten Öle dar. Diese gewinnt man aus pflanzlichen Ölen durch partielle Oxidation der enthaltenen C=C-Doppelbindungen, wodurch Epoxidgruppen entstehen. Die epoxidierten Öle finden breite Anwendung, angefangen von Weichmachern über Halogenfänger bis zu Vernetzern in der Reaktion mit carboxyfunktionellen Estern in hochgefüllten (High Solid-) Lacken.

4.2.5 Epoxidester Epoxidharze wie BADGE bieten den Vorteil, dass ihre Hauptkette an sich ein aromatischer Polyether mit seitenständigen Hydroxylgruppen ist [4, 5]. Das Molekülrückgrat kann wie ein Polyol in der Konfektionierung von Esterharzen eingesetzt werden, die dementsprechend als Epoxidester bezeichnet werden. Somit zeigen die Epoxidester eine Ähnlichkeit mit Alkydharzen, die ein Polyol mittlerer Molekülmasse (800 bis 1500 Da) in Form eines aromatischen Polyethers aufweisen. Dank des Polyepoxid-Rückgrats haben die Epoxidester bessere Chemikalienresistenz und bessere mechanische Eigenschaften als die Alkyde. In Bezug auf ihre Eigenschaften können Epoxidester den Alkyden mit mittlerer Öllänge angeglichen werden, zeigen aber bessere Eigenschaften für den Korrosionsschutz. Wegen des Polyepoxid-Rückgrats haben sie allerdings auch dieselben Nachteile wie Epoxidharze, nämlich die Neigung zu Kreidung und Vergilbung. In der Anwendung als Primer weisen sie in Beschichtungssystemen jedoch herausragende Charakteristika auf. Epoxidester können aufgrund ihrer Hauptkettenchemie und der Modifikation mit Fettsäuren eine Reihe von nützlichen Eigenschaften vermitteln. Sie zeigen gute Härte, Flexibilität, chemische Beständigkeit, Belastbarkeit und Haftung. Die Harze haben gute Luft- oder Ofentrocknungscharakteristik, sie können leicht formuliert werden und sind bezüglich ihrer Eignung für verschiedene Anwendungen, z.B. hinsichtlich des Härteverhaltens, gut gezielt konfektionierbar. Sie finden daher eine breite Verwendung in der Automobilindustrie, im Schwermaschinenbau, in der dekorativen Metallbeschichtung und bei der UV-Härtung. Mit diesen Harzen aufgebaute Beschichtungen können mit allen gängigen Verfahren appliziert werden. Tabelle 4.4: Veresterungsäquivalente kommerzieller Epoxidharze (BADGE-Typen) Epoxy-Äquivalentmasse (Äquivalent/g)

theoret. VeresterungsÄquivalentmasse (Äquivalent/g)

Erweichungspunkt (°C)

186 bis 192

91

flüssig

475 bis 700

160 bis 175

65 bis 78

730 bis 975

188 bis 198

88 bis 105

1600 bis 2000

233

115 bis 130

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Organische Beschichtungsmittel

Der Fettsäuregehalt kann in ähnlicher Weise wie bei den Alkyden zur Klassifizierung herangezogen werden. Betrachtet man 1 Äquivalent Epoxidharz wie in Tabelle 4.4, unterscheidet man folgende Klassen der Epoxidester: • k  urzölig (0,3 bis 0,5 äquivalente Fettsäure = 30 bis 40 % Öllänge) • mittelölig (0,5 bis 0,7 äquivalente Fettsäure = 40 bis 50 % Öllänge) • langölig (0,7 bis 0,9 äquivalente Fettsäure = 50 bis 60 % Öllänge) Aus dem Verhältnis zwischen Epoxid- und Fettsäurefunktionalität lassen sich unterschiedliche Eigenschaften der Epoxidester vorhersagen, die in Abbildung 4.20 dargestellt sind. Abbildung 4.20: Einfluss des Veresterungsgrades auf die Eigenschaften

Die Auswahl der Fettsäure bestimmt den Anwendungsbereich; insbesondere eignen sich die Fettsäuren aus • Leinöl für schnelle Lufttrocknung, Flexibilität und Langlebigkeit • dehydriertem Kastoröl (Ricinus) für Farbhaltung und Chemikalienresistenz

Abbildung 4.21: Modifikation von Epoxidestern für den Wassertransfer

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Lackharze

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Abbildung 4.22: Biosynthese von Acrylsäure

• • • •

Saflordistelöl für Farbhaltung und schnelle Trocknung Sojaöl für Flexibilität und Chemikalienresistenz Tallöl im Hinblick auf ausgewogene Eigenschaften und niedrige Kosten Kokosöl für Deckung, gute Farb- und Chemikalienbeständigkeit

Die Modifizierung von Epoxidestern hat den Zweck, bestimmte Eigenschaften des Bindemittels und damit schließlich auch der Beschichtung zu verbessern. Dimerfettsäuren erhöhen die Flexibilität und Feuchtebeständigkeit. Kolophonium (Abietinsäure) verbessert die Härte und das Dispergiervermögen für Pigmente, Benzoesäure neben der Härte auch die Kratzfestigkeit, Adipinsäure schließlich die Flexibilität. Eine weitere Modifizierung von Epoxidestern ist durch das Aufpfropfen von Vinylmonomeren wie Styrol oder von Acrylaten und Methacrylaten gegeben. Diese Derivatisierung wird nach den gleichen Verfahren durchgeführt wie bei den vinylierten Alkyden. In den meisten Fällen werden für den Herstellprozess Katalysatoren wie Natriumhydrogencarbonat, Zirkonoctoat oder Salze von Zink, Calcium oder Lithium verwendet. Im Verfahren bringt man das Epoxidharz mit der Fettsäure unter Erhöhung der Temperatur auf bis zu 240 bis 260 °C in Kontakt. Das Epoxidharz wird in kleinen Portionen oder in einem geeigneten Lösemittel vorgelöst hinzugefügt, um Klumpenbildung zu vermeiden, die die Harzqualität beeinträchtigt und den Filtrationsschritt sehr erschwert. Das Lösemittel muss später im Verfahren wieder entfernt werden. In einigen Fällen können die Epoxidharze in situ unmittelbar vor der Veresterung dargestellt werden. Höhermolekulares BADGE wird im Advancement-Prozess hergestellt, wobei man mit einem monomeren Epoxidharz mit etwa 0,5 Mol/100 g Äquivalentmasse ausgeht, dem Bisphenol A in Gegenwart eines basischen Katalysators zugefügt wird. Der Trocknungsprozess der Epoxidester ähnelt dem für die Alkyde beschriebenen. Ofentrockung mit Aminharzen verbessert bestimmte Eigenschaften und wird daher bevorzugt bei kurzöligen Epoxidestern angewandt, während langölige Typen genauso wie die AlkydBindemittel in Gegenwart von metallischen Trocknungsagenzien gehärtet werden. Eine wichtige Anwendung der Epoxidester ist mit der Elektroabscheidung von Lacken verknüpft. Die anodische Tauchlackierung (ATL) wird gegenwärtig in der Beschichtung von Haushaltsgeräten eingesetzt. Die für diesen Zweck verwendeten Epoxidester enthalten Carboxylgruppen, die mit Aminen neutralisiert sind. Die Funktionalisierung eines Epoxidesters mit Carbonyl wird in der Regel mittels einer Diels-Alder-Reaktion zwischen den seitenkettigen Fettsäuren und Maleinsäureanhydrid durchgeführt. Die weitere Umwandlung geschieht durch Ringöffnung des Anhydrids.

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Organische Beschichtungsmittel

Abbildung 4.23: Funktionalisierte Acrylate

4.2.6 Acrylatharze Als Acrylatharze bezeichnet man Polymere, die von Acrylat- oder Methacrylsäurederivaten hergeleitet werden. In der Regel sind sie wasserklar und äußerst alterungsbeständig. Dank der Verschiedenartigkeit der Acrylat-Grundbausteine und ihrer Fähigkeit, mit anderen Monomeren wie Vinylacetat, Styrol usw. Copolymerisate zu bilden, bieten sie eine geradezu unerschöpfliche Vielfalt an Formulierungen [36–44]. Acrylsäure wurde 1843 erstmals synthetisiert. In der Gegenwart übersteigt die geschätzte jährliche Produktionsmenge an Acrylatharzen 1 Million Tonnen. Neben dem Erzeugungswege von Acrylmonomeren auf petrochemischer Basis werden heute auch „Bioacrylmonomere” beschrieben, die aus Milchsäure und 3-Hydroxypropansäure hergestellt werden. Von großem Einfluss auf die physikalischen Eigenschaften des Polymers sind seine Molekülmasse und die Natur des für die Herstellung des Acrylatsäureesters eingesetzten Alkohols. Oberhalb von 100.000 oder 200.000 Da Molekülmasse ändern sich die Eigenschaften nur noch wenig. Die Glasübergangstemperatur (Tg) ist eine wichtige Kenngröße für Acrylatharze. Unterhalb der Tg haben die Polymerketten eine feste räumliche Position und Konfiguration, während oberhalb der Tg die Polymerhauptkette über ausreichend Energie für Drehbewegungen und Torsionsschwingungen verfügt. Alle Eigenschaften wie die chemische Reaktivität, das mechanische Verhalten, der Brechungsindex usw. haben unter- und oberhalb des Glasübergangsbereichs markant andere Werte. Die Tg eines Copolymers kann nach der folgenden Gleichung abgeschätzt werden: Gleichung 4.3

∑ in =1  WT 

1 = Tg

i

g

i

wobei Wi der Massenbruchteil der Komponente i mit der entsprechenden Tgi ist. Die Elastizität von Acrylatpolymeren kann über die Erhöhung des Anteils von Ethyl-, 2-Ethylhexyl- oder Dodecylacrylat oder -methacrylat angehoben werden, während die Abriebfestigkeit durch kleine Zugaben (50 % • Typ 2: lamellarer Gehalt 10 bis 50 % • Typ 3: lamellarer Gehalt 100 °C) organischen Lösemitteln abgesenkt werden. Alternativ kann man die Molekülmasse des Bindemittels verringern, was die Dispersion weicher macht, andererseits Filmeigenschaften wie die Abriebfestigkeit beeinträchtigt. Die Viskositätsänderung während des Vorgangs der physikalischen Trocknung kann mit der Gleichung 5.1 beschrieben werden. Diese zeigt, dass der Logarithmus der Viskosität η proportional zum prozentualen Feststoffgehalt % SC und der Quadratwurzel der mittleren Molekülmasse M n eines Flüssiglackes ist. Abbildung 5.1 stellt diese Situation für physikalisch trocknende (a) im Vergleich zu chemisch härtenden (b) Lacken in einem lg η/√−− M−n-Diagramm für einen gegebenen Feststoffgehalt dar. Physikalisch trocknende Lacke enthalten Polymerpartikel mit einer relativ hohen Molekülmasse, die bei der Lackherstellung aus Monomeren erzeugt werden müssen. Diese sind auch verhältnismäßig hart und müssen durch Lösemittelzugabe aufgeweicht werden. Beim Verdampfen steigt die Viskosität wieder an, so dass nach dem oben beschriebenen Mechanismus der Film ohne eine Änderung der Molekülmasse gebildet wird. Dies wird im Diagramm durch eine vertikale, reversible Veränderung des Polymerzustands wiedergegeben. −−− Gleichung 5.1 lg η ∝ % SC · √ Mn η = Viskosität; % SC = Festkörper (in %); Mn = mittlere Molekülmasse

5.2

Chemische Härtung

5.2.1 Thermische Härtung: Chemie, Mechanismus, vermittelte Eigenschaften Um Beschichtungen mit einer höheren chemischen und mechanischen Beständigkeit zu erzeugen, ist der Aufbau eines molekularen Netzwerks erforderlich. Man erreicht dies, indem man geeignete End- oder Seitengruppen der Polymere miteinander reagieren lässt

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Chemische Härtung

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und damit zusätzliche Vernetzungsstellen bildet. Die Größe des Polymers, wie es durch Vorreaktion aus dem Monomer erhalten wurde, ist relativ gering. Zur Einstellung der Verarbeitungsviskosität muss nur wenig Lösemittel zugesetzt werden. Der Härtungsvorgang bringt das Verdampfen des Lösemittels und die chemische Vernetzung mit sich, wodurch die Polymerdimensionen (und Molekülmassen) um Größenordnungen wachsen (vgl. Abbildung 5.1b). Die Vergrößerung der Polymere kann über Additions-, Kondensations- oder Polymerisationsmechanismen erfolgen. Polyurethan-Verknüpfungen entstehen durch die Reaktion von Isocyanat und Hydroxyfunktionen (–OH) im Sinne einer Addition. Da Isocyanate sich als reaktive Spezies mit vielen unterschiedlichen Reaktionspartnern umsetzen (Amino-, Thiol-, Carboxylgruppen, Ether) und außerdem wasserempfindlich sind, werden sie üblicherweise durch Blockierung stabilisiert. Geeignete Verblockungsagenzien sind protische Verbindungen wie Malonsäure-Derivate, Lactone oder Lactame (zyklische Ester oder Carbonsäureamide), z.B. e-Caprolactam, die die thermisch reversible Blockierung ermöglichen. Typische Deblockierungstemperaturen bewegen sich zwischen 100 und 180 °C [3]. Die Vernetzung von Polyestern und den chemisch verwandten Alkyden (Klasse von Polymeren, die aus nativen oder semisynthetischen Öl- und Fettsäuren und Polyolen synthetisiert werden) wird durch Reaktion der –OH-Gruppen mit Co-Harzen wie Polyisocyanaten, Melaminen, Anhydriden usw. erreicht [4], wobei die Reaktion mit den Isocyanaten tatsächlich Polyurethanharze mit ihren typischen Eigenschaften von hoher Dauerhaftigkeit und Temperaturunempfindlichkeit ergibt. Wenn das Polymer hauptsächlich linear wächst, verhält sich die entstehende Beschichtung wie ein Thermoplast, d.h. sie erweicht und verflüssigt schließlich mit steigender Temperatur. Vernetzung zu einer dreidimensionalen Struktur ergibt Duroplaste. Diese werden durch den Übergang zwischen einem amorphen, glasartigen und dem kristallinen Zustand charakterisiert. Dieser Zustandswechsel erfolgt bei der Glasübergangstemperatur Tg, bei der ein plötzliches Erweichen und eine Erhöhung der Elastizität eintritt, eine mechanische Resthärte aber erhalten bleibt [5]. Vernetzende Lacke härten in einem Temperatur-Zeit-Fenster, das bei längeren Einbrennzeiten relative niedrige Temperaturen und ein breites Toleranzband zwischen dem Unter- und Überbrennen erlaubt. Bei kürzeren Einbrennzeiten erhöht sich die erforderliche Temperatur, aber die Toleranz wird empfindlicher. Unterhärtung führt zu weichen, unbeständigen Beschichtungen, während Überbrennen normalerweise in spröden, rissigen Filmen mit schlechter Haftung resultiert oder sogar in thermischer Zersetzung, die durch Verfärbung (Vergilben) angezeigt wird. Die benötigte Temperatur wird durch die Vernetzungsart, häufiger jedoch von der Deblockierungstemperatur bestimmt. In Stückgut-Betrieben liegen die Einbrennzeiten oft im Bereich von 10 bis 30 min [6]. In schnellen Coil Coating-Anlagen sind typische Einbrenntemperaturen nicht geringer als 230 °C und für die komplette Verdampfung, gleichmäßige Verfilmung und Vernetzung werden Reaktionszeiten von einigen 30 s benötigt [7, 8].

5.2.2 Strahlungshärtung 5.2.2.1

Chemische Grundlagen und intrinsische Eigenschaften

In den vergangenen Jahren war ein ansehnlicher Teil der Forschung auf strahlenhärtende Systeme gerichtet [9-12]. Ultraviolett- (UV) oder Elektronenstrahl-härtende (ESH) Formulierungen sind bereits seit einiger Zeit für Anwendungen wie die Lackierung und

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Filmbildung

Abbildung 5.2: Hochenergetisches Ende des elektromagnetischen Spektrums

Konservierung von Holz, Bedruckung von Papier und Folie oder flexible Verpackung im Markt. Die größten Vorteile dieser Technologie liegen in der Reaktionsgeschwindigkeit, die kurze Installationen und unmittelbare Weiterverarbeitung ermöglicht, sowie der „kalten Härtung“ die im Vergleich zur konventionellen thermischen Härtung energetisch weitaus effizienter ist, d.h. Einsparungsmöglichkeiten von bis zu 90 % des Energiebedarfs ergibt [13], und darüber hinaus die Lackierung von temperaturempfindlichen Substraten erlaubt. UV-Beschichtungen sind als lösemittelhaltige oder wässrige Systeme mit bis zu 85 % Feststoff bekannt. Außerdem sind flüssige, vollständig ausreagierende „100 %“-Systeme erhältlich, bei denen die Viskosität durch Reaktivverdünner eingestellt ist. Es ist offensichtlich, dass Wasser oder Lösemittel vor dem Härten durch Erhitzen sorgfältig aus den verdünnten Systemen entfernt werden müssen (Konvektion, Infrarot oder Induktion), wobei ein Teil der Energieersparnis wieder verloren geht. Sobald die UV-Bestrahlung erfolgt, läuft die Reaktion sehr schnell, im Falle radikalisch härtender Systeme in Sekundenbruchteilen vollständig ab. Die Technik der Strahlenhärtung beinhaltet Fotochemie, die genutzt wird, um in-situ auf dem Substrat einen vernetzten polymeren Film aus mono- oder oligomeren Vorläufern zu erzeugen. Probleme, denen man bei strahlengehärteten Polymerfilmen häufig begegnet, betreffen die Volumenkontraktion (Schrumpf), die während der extrem schnellen Polymerisation eintritt, und Sprödigkeit durch zu hohe Vernetzung. Gepaart mit dem Fehlen geeigneter Ankergruppen zur Befestigung des sich bildenden Films auf einer Metalloberfläche führte dies dazu, dass in der Vergangenheit Haftung auf metallischen Untergründen kaum zu erreichen war. Strahlenhärtung bietet auch unbestreitbare Vorteile, besonders für den Coil Coating-Prozess, wo es gilt, ein flaches Substrat in kürzester Zeit zu beschichten und die Beschichtung auszuhärten. Die wirtschaftliche und ökologische Effektivität des Prozesses war die Triebfeder für die Entwicklung von UV- und ESH-Formulierungen für die Beschichtung von flachen metallischen Werkstücken. Die UV-Technologie hat in den ersten Bandanlagen bereits Einzug gehalten. UV-Strahlung ist ein Teil des elektromagnetischen Spektrums im Energiebereich oberhalb des sichtbaren Lichts. Die Wellenlänge der UV-Strahlung bewegt sich etwa von 200 bis 400 nm, vgl. Abbildung 5.2. UV-induziertes Polymerwachstum kann über radikalische oder kationische Mechanismen erfolgen. Der radikalische Mechanismus beinhaltet zum Start der Reaktion die Erzeugung einer hinreichenden Radikalkonzentration und schreitet über den Angriff dieser Radikale auf ungesättigte organische Verbindungen mit KohlenstoffKohlenstoff-Doppelbindungen (C=C) wie Acrylsäure und ihre Derivate fort. Gleichung 5.2 beschreibt eine solche radikalische UV-Fotopolymerisation schematisch.

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Chemische Härtung

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Gleichung 5.2

UV-härtende Beschichtungsstoffe unterscheiden sich grundlegend von konventionellen, thermisch härtenden Systemen. Abbildung 5.3 stellt die Systemunterschiede dar. Anstelle der in einem Lösemittel dispergierten Polymere bestehen UV-härtende Formulierungen aus einem Gemisch einzelner organischer Moleküle (Monomere oder sogenannte Präpolymere) und Fotoinitiatormolekülen R–Y, die auf eine UV-Strahlung geeigneter Energie (E = hν) ansprechen. Als in der Dunkelheit latentes und stabiles System zersetzen sich die Fotoinitiatormoleküle über einen angeregten Zustand [R–Y]* zu reaktiven Radikalen, sobald sie der Strahlung ausgesetzt werden. Übliche Fotoinitiatoren sind Benzoylverbindungen, bevorzugt mit Hydroxylgruppen am benachbarten Kohlenstoffatom, z.B. Benzoylphenyl-Hydroxyethan, das unter UV-Bestrahlung spontan unter α-Spaltung zerfällt (Abbildung 5.4a; Norrish-Typ I-Reaktion) [14]. Andere typische Fotoinitiatoren sind Acyl-Phosphinoxide (Abbildung 5.4b), die bei Strahlung mit Wellenlängen über 370 nm einer Spaltung zwischen der Carbonyl- und der Phosphinogruppe unterliegen, oder Benzoyl-Chlormethan (Abbildung 5.4c). Die Radikalfragmente addieren an das terminale Ende der C=C-Doppelbindung des Präpolymers und erzeugen so ein verlängertes Radikal, das mit weiterem Präpolymer reagiert, so dass sich im Endeffekt eine Polymerkette oder ein Netzwerk entwickelt. Der wahrscheinlichste Pfad zum Abbruch des Kettenwachstums besteht in der Kombination und Bindung zweier reaktiver, radikalischer Enden des größer werdenden Netzwerks. Andere, unerwünschte Pfade schließen Reaktionen mit anderen zugänglichen Partnern ein. Beispielsweise tritt Sauerstoff mit den reaktiven Zentren in einer Radikalreaktion in Wechselwirkung. Deshalb bevorzugt man bei der UV-Härtung häufig eine Stickstoffatmosphäre. Die gebräuchlichsten Präpolymere für radikalische UV-Polymerisation gehören zur Klasse der Acryl- oder Methacrylsäureester. Die Ester können mit jeder beliebigen hydroxylfunktionellen Verbindung gebildet werden, vgl. Abbildung 5.5. Nützliche Synthone für die Estergruppen sind multifunktionelle Alkohole, Aminoalkohole und ihre ethoxylierten oder propoxylierten Abkömmlinge, weil diese weitergehende Reaktionen an den anderen funktionalisierten Enden zulassen. Polare, besonders aber protische terminale Gruppen machen durch ihre acide Natur die Anhaftung an Metalle möglich. Beispiele sind acrylierte Ester der Phosphor- und Phosphonsäure (Abbildung 5.6) [15]. Multifunktionelle Acrylate gestatten die Vernetzung in zwei („Strickleiter“) oder drei Dimensionen („Netzwerk“) und erhöhen so die Barrierewirkung des gebildeten Films. Beliebte Synthone

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Abbildung 5.3: Systemunterschiede zwischen thermischer und Strahlungshärtung (z.B. UV)

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Filmbildung

Abbildung 5.4: Beispiele von Fotoinitiatoren für die radikalische UV-Fotopolymerisation

Abbildung 5.5: Acryl- und Methacrylsäure-Derivate als vielseitige Vorstufen in der radikalischen UV-Polymerisation

Abbildung 5.6: Terminal phosphat- und phosphonatfunktionalisierte Acrylate für UV-Beschichtungen für Metalle

sind Trimethylolpropan-Triacrylat und seine ethoxylierten Derivate. Prinzipiell können Acrylatgruppen an jedes Zentralmolekül mit geeigneter Chemie angebunden werden, einschließlich der Poly­ urethane, Polyester und Epoxide. Die chemischen Merkmale des resultierenden Polymers entsprechen den Eigenschaften des Präpolymer-Rückgrats. Monomere und polymere Materialien mit vier oder sogar sechs endständigen Acrylatgruppen sind kommerziell erhältlich. Mit steigender Vernetzungsdichte wird der Film allerdings auch weniger flexibel. UV-gehärtete Beschichtungen müssen daher sorgfältig formuliert werden, um die chemischen und mechanischen Merkmale für die spezifischen Anforderungen passend auszutarieren. Für diesen Zweck ist auch die große Vielzahl sehr nützlich, in der Acrylat-Vorprodukte mit unterschiedlicher Chemie des Molekülrückgrats im Markt vorhanden sind. Der kationische Mechanismus verläuft über die Freisetzung von Protonen (H+) und ihren Angriff auf elektronenreiche C=C-Gruppen (Vinyl- und Allylether) oder cyclische Ether (Epoxide, Oxetane). Kationische Prozesse weisen gegenüber den radikalischen Systemen Vor- und Nachteile auf. Sie tendieren in der Regel nicht so stark zu Schrumpf und Versprödung, sie sind unempfindlich gegen Sauerstoff und gestatten „Dunkel-“ und „Schattenhärtung“, weil die einmal zum Start erzeugte Säure auch nach der Belichtung aktiv bleibt. Andererseits sind kationische Prozesse feuchtigkeitsempfindlich und deutlich langsamer in der Reaktion.

Dual härtende Systeme kombinieren beide Reaktionswege durch Verwendung von Vormaterialien, die beide reaktiven Gruppen tragen. Beispiele für die geeignete Chemie solcher Vorprodukte sind Oxetanacrylate (vgl. Abbildung 5.7) oder Glycidylmethacrylate.

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Chemische Härtung

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Abbildung 5.7: Bifunktionelles Monomer für UV-„Dual Cure“-Systeme

Eine Zusammenfassung und ein Vergleich der Wesenszüge der radikalischen und kationischen UV-Beschichtungstechnologie wird in Tabelle 5.1 gegeben. Die Elektronenstrahlhärtung (ESH) wird durch mit hoher Energie (90 bis 250 keV oder mehr) beschleunigte Elektronen bewirkt. Diese sind in der Lage, C=C-Doppelbindungen unmittelbar anzugreifen und damit eine radikalische Polymerisation auszulösen. Deshalb sind ESH-Formulierungen im Prinzip ebenso zusammengesetzt wie UV-härtbare, benötigen jedoch keine Fotoinitiatoren. Ein weiterer Vorteil ist die extrem schnelle Reaktion, die nur eine sehr geringe Restaktivität unverbrauchter freier Radikale hinterlässt, so dass keine unkontrollierten Nebenreaktionen ablaufen. Überdies werden Elektronenstrahlen nicht durch eine Pigmentierung gestört. ESH-Anlagen werden derzeit in der Holzlackierung (Türen, Spanplatten und Parkett) oder in der Druckbranche betrieben. Die industrielle Anwendung für die Metallbeschichtung ist ein Entwicklungsthema der nächsten Zukunft. Tabelle 5.1: Vergleich von UV-härtenden Systemen radikalisch

kationisch

Bindemittelchemie

Präpolymere mit Polyester-, Polyurethan-, Epoxy-Rückgrat und Acrylat-Funktionsgruppen

Vinylether, Epoxide, Oxetane

Fotoinitiator

Alkylphenone und α-Hydroxyphenone; Acyl- phospinoxide; Thiole

Aryliodonium- oder -sulfonium-Salze

Vorteile

schnelle Reaktion

Reaktion wird ohne Bestrahlung vervollständigt („Dunkelphase“); Bildung von Hydroxylgruppen begünstigt Metallhaftung

Grenzen

Schrumpf, Sprödigkeit (Vernetzungsdichte)

langsame Reaktion

sauerstoffempfindlich

feuchtigkeitsempfindlich

Klarlacke und leicht-pigmentierte Lacke Fotoinitiator-Spaltprodukte normalerweise nicht lebensmitteltauglich

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Filmbildung

Abbildung 5.8: Vorschlag für die Prozessfolge einer UV-härtenden Primer-Vorbehandlung (a) Installation integriert in eine Coil Coating-Linie; (b) Inline-Betrieb am Ausgang einer Schmelztauchverzinkungslinie; (c) angepasste Rollcoater- und UV-Lampenanordnung; (d) inline oder separat betriebene Decklackstation

5.2.2.2

Anwendungen

Eine interessante Anwendung für die Strahlenhärtung ergibt sich aus der Kombination von Vorbehandlungs- und Primerfunktionen in einem Produkt. Ein solcher Prozess könnte in eine Coil Coating-Anlage integriert werden. Ebenso können die Geräte und Anlagen für die Applikation und die Härtung am Ende einer Bandverzinkungsanlage installiert und betrieben werden. Dies ist besonders deshalb der Fall, weil der Platzbedarf außerordentlich gering ist und die Notwendigkeit einer thermischen Nachverbrennung von Abdampf entfällt. Abbildung 5.8 zeigt einen schematischen Überblick über die optionalen Prozessabläufe bei einem solchen Betrieb [16, 17]. Über Entwicklungsprodukte für eine kombinierte Primer-Vorbehandlung ist schon an anderer Stelle berichtet worden. Dieses Verfahren ergibt vernetzte, nicht-blockende, festhaftende Filme von etwa 2 bis 3 µm Dicke (spezifischer Verbrauch 3 g/m2), die die erforderliche Umformfähigkeit und auch ausreichende Korrosionsbeständigkeit im Labortest gezeigt haben [18]. Ein anderes Beispiel für die Vielseitigkeit der UV-Härtung ist ein schützender Klarlack für Edelstahlband und -blech (ferritische und austenitische Legierungen), der für die Anwendung im Haushaltsgerätebereich kommerziell genutzt wird. Die Beschichtung ist transparent und verändert nicht das metallische Aussehen, weil sie in Filmdicken unter 2 µm appliziert wird. Das Verfahren wird ausgelobt für Farbbeständigkeit bei ausgedehnter Exposition in Sonnenlicht und Wärme und für die Fleckenbeständigkeit gegen Fingerabdrücke und Kontamination mit typischen Haushaltsreinigern und Lebensmitteln wie Senf, Zitronensaft usw. Auch die Scheuer- und Kratzbeständigkeit der Beschichtung wurde durch entsprechende Tests demonstriert. Die Biege- und Tiefziehfähigkeit ist aber wegen der geforderten mechanischen Härte eingeschränkt [19, 20]. UV-härtbare Beschichtungen sind auch in der Diskussion als Versiegelungen für blanke, freigelegte Metallflächen wie frisch geschnittene Blechkanten. Für diesen Zweck werden die Beschichtungen mit Dicken von 10 bis 250 µm angewandt [21].

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Chemische Härtung

5.2.2.3

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Anlagen und Geräte

Gewöhnliche UV-Lampen sind Quecksilberdampf-Strahler (Hg), die ein Spektrum mit einem Maximum bei 365 nm emittieren. Wenn UV-Absorber (z.B. Titandioxid, TiO2) in der Formulierung vorhanden sind, können die UV-Lampen mit Gallium, Indium oder Eisen dotiert sein, um Emissionsspektren mit Banden oberhalb 400 nm Wellenlänge zu erzeugen. Hochdruck-UV-Strahler [22, 23] sind mit Abgabeleistungen erhältlich, wie sie für die hohe Geschwindigkeit und die Breite der Bänder in einer Coil Coating-Anlage benötigt werden. Typische Lampen haben Leistungsangaben von 120 bis 180 W/cm und bieten Energiedichten von 2 W/cm2 in der Abstrahlung, was für die Hochgeschwindigkeitshärtung bis 100 m/min je Lampe bei den Klarlacksystemen ausreicht. In einer industriellen Coil Coating-Linie muss eine Anordnung mehrerer Lampen montiert werden, die die gesamte Breite des Bandes abdeckt und eine für die gewünschte Anlagengeschwindigkeit ausreichende Gesamtstrahlungsleistung liefert. Komplette Systeme einschließlich der Strahler, Spannungsversorgung und Verstärker, Reflektoren und Verschlusssysteme, ebenso wie Kühlluft- bzw. Inertgasversorgung werden von einer Reihe von Herstellern geliefert. Die verfügbare Strahlertechnologie umfasst Elektroden-Plasmaentladungslampen und elektrodenlose Mikrowellen-angeregte Strahler. Natürlich sind für den industriellen Anlagenbetrieb Sicherheitsvorkehrungen für den Strahlenschutz eine Vorbedingung. Beim Arbeiten ohne Schutzgasatmosphäre muss die Abluft aus dem Anlagengebäude abgeleitet werden, um ein Aufkonzentrieren von Ozon in der Luft am Arbeitsplatz zu verhindern. Da das Ozon sich von selbst zersetzt, ist jedoch kein Gaswäscher erforderlich. Zudem benötigt das Verfahren keine Nachverbrennungsanlage, weil keine Lösemittel enthalten sind.

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5.3

Filmbildung

Literatur

[1] Goldschmidt, A.; Streitberger, H.-J.; Basics of Coating Technology, 2. Auflage, BASF Coatings AG, Münster 2007, S. 327ff [2] Manea, M.; High Solid Binders, Vincentz Network, Hannover 2008, S. 106 [3] Müller, B.; Rath, W.; Formulating Adhesves and Sealants, Vincentz Network, Hannover 2010, S. 143 ff [4] Manea, M.; [2], S. 63 ff, 81 ff, 87 ff [5] Goldschmidt, A.; Streitberger, H.-J.; [1], S. 398 ff [6] Goldschmidt, A.; Streitberger, H.-J.; [1], S. 618 [7] Meuthen, B.; Jandel, A.S.; Coil Coating, 2. Auflage, Vieweg, Wiesbaden 2008, S. 130 [8] Kittel, H.; Streitberger, H.-J.; (Hrsg.) Lehrbuch der Lacke und Beschichtungen, Vol. 6, 2. Aufl. Hirzel, Stuttgart 2008, S. 286 ff [9] Manea, M. [2], S. 50 ff , 125 ff [10] Kittel, H.; Streitberger, H.-J.; (Hrsg.) [8], S. 253 ff, 378 f [11] Goldschmidt, A.; Streitberger, H.-J. [1], S. 633 ff [12] Meuthen, B.; Jandel, A.S.; [7], S. 136 f, 300 f [13] Goldschmidt, A.; Streitberger, H.-J. [1], S. 641 [14] Coxon, J. M., Halton, B., Organic Photochemistry, Cambridge Univ. Press, London 1974, S. 58 ff [15] Grundmeier, G., Stratmann, M., Adhesion and De-Adhesion Mechanisms at Polymer/Metal Interfaces: Mechanistic Understanding Based on In Situ Studies of Buried Interfaces, Annu. Rev. Mater. Res. 35, 2005, S. 571 ff, 577 [16] Heylen, M., Franzolin, G., Radiation Curable Coil Coatings: Innovative and Feasible Solutions for the Steel and Aluminium Industry, ECCA Herbstkongress Brüssel, Tagungsband, European Coil Coating Association, Brüssel 2005 [17] Brown, N., Radiation Curing Systems in Coil Coating, ECCA Hauptversammlung Maastricht, Tagungsband, European Coil Coating Association, Brüssel 2006 [18] Sander, J., Koch, M., Picot, P., Réticulation UV – Une nouvelle approche pour le „coil-coating“ (UV Curing – A New Chemical Approach for Coil Coating), Centre d’Actualisation des Connaissances et de l’Etude des Matériaux Industriels (Cacemi), Thementag, Tagungsband, Paris 2002 [19] anon., Edler Touch für Edelstahl – Neue Oberflächenbehandlungen erhalten die elegante Optik des Edelstahls, Stahlmarkt 04, 2007, S. 50 f; zit. n. Meuthen, B.; Jandel, A.S.; [7], S. 136 [20] Sander, J., Up To Scratch With Novacoat 1000 UV, Steel & Aluminium Newsletter, Henkel KGaA, Düsseldorf 2007 [21] Meuthen, B.; Jandel, A.S.; [7], S. 227 f [22] Jung, J., Härtung von Druckfarben und Lacken durch UV-Strahlung, IST-Metz GmbH, in: Dtsch. Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse, Arbeitskomitee für UV-Druck, BG ETEM (Hrsg.), UV Technology – A Practical Guide for all Printing Processes, BG ETEM, Wiesbaden 2007, S. 29 ff [23] Skinner, D., New Development in UV Curing Systems for the Coil Coating Industry, ECCA Herbstkongress Brüssel, Tagungsband, European Coil Coating Association (ECCA), Brüssel 2004

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Einfluss und Messung physikalischer Eigenschaften

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6 Schutzmechanismus und Eigenschaften organischer Beschichtungen Jörg Sander

6.1 Einfluss und Messung physikalischer Eigenschaften Die Leistungsprüfung einer organischen Beschichtung umfasst eine Reihe optischer, mechanischer und Korrosionstests. Zu allererst muss eine jede Beschichtung ordnungsgemäß gehärtet werden und gut auf dem jeweiligen Substrat haften. Das bedeutet, dass der Primer am Metall haften muss, was durch die korrekte Vorbehandlung gefördert wird, und jede nachfolgende Lackschicht auf der vorangehenden Beschichtung (Zwischenschichthaftung). Obwohl es für jede individuelle Schicht spezi- Tabelle 6.1: Wichtige Testmethoden zu physikalischen fische Tests gibt, die insbesondere Eigenschaften organischer Beschichtungen auf die Härtungs- und HaftungsTest, Eigenschaft Norm kriterien abzielen, muss zum Schicht-, Trockenfilmdicke DIN EN 13523-1 Schluss das Gesamtlacksystem die Labor- und AnwendungsFarbe DIN EN 13523-3 prüfungen bestehen. Tabelle Härte, Bleistift; Kratzfestigkeit DIN EN 13523-4 6.1 fasst die wesentlichen PrüBuchholz; Schnitthärte DIN EN ISO 2815 fungen für die physikalischen Kugelfalltest; Rissbeständigkeit bei DIN EN 13523-5 Eigenschaften einer organischen schneller Verformung [1] Beschichtung zusammen . Neben den kosmetischen Eigenschaften (Farbe, Glanz) und der Härte interessieren besonders die Gesamtdicke, die adhäsiven und die elastischen Eigenschaften einer Beschichtung, weil jeder Fehler auf diesen Gebieten schließlich zu Korrosion führen kann.

6.2

Biegung; Beschichtungselastizität, Rissfestigkeit (T-Bend) Klebeband; Substrathaftung

DIN EN 13523-7

MEK-Test; Härtung (Vernetzung) und Haftung

DIN EN 13523-11

Wärmebeständigkeit; mechanische Effekte der Alterung

DIN EN 13523-13

Folienhaftung, Schutzfolien

DIN EN 13523-17

dito

nach Meuthen, Jandel [1]

Trockenfilmdicke

Die Dicke einer organischen Beschichtung bestimmt über den Gesamteindruck, die Barrierewirkung und die mechanischen Eigenschaften der behandelten Oberfläche. Hohe Schichtstärken sind den Barriereeigenschaften förderlich, insbesondere weil sie ein Hindernis für das Eindiffundieren von Wasser und Gas darstellen, beeinflussen andererseits jedoch die Härte und das Umformverhalten ungünstig. Da die Rauheit der Oberfläche zu beachten ist und jede Beschichtung sich wegen ihrer Oberflächenspannung von Kanten zurückzieht, ist die lokale Schichtdicke zwangsläufig unterschiedlich. Will man eine ausreichende Abdeckung erzielen, ist es daher wichtig, eine bestimmte Mindestschichtdicke zu applizieren. Jörg Sander et al.: Korrosionsschutz durch Beschichtungen © Copyright 2011 by Vincentz Network, Hannover, Germany

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Schutzmechanismus und Eigenschaften organischer Beschichtungen

Die Messung der Trockenfilmdicke [2, 3] wird oft mit Hilfe zerstörender Methoden vorgenommen, z.B. durch Anbringen eines keilförmigen Schnitts oder einer konischen Bohrung in der Beschichtung oder auch durch Herstellen eines Querschliffs und direkte Dickenmessung unter dem Mikroskop. Im Mikrometer- oder noch kleinerem Maßstab werden Techniken wie die Elektronenmikroskopie oder das Ätzen mit fokussierten Ionenstrahlen genutzt. Um der lokalen Schichtdickenschwankung Rechnung zu tragen und ein statistisch verlässliches Ergebnis zu erhalten, müssen die Schichtdickenmessungen mehrfach durchgeführt und die Einzelresultate zu einem Durchschnittswert verarbeitet werden. Eine andere Methode nutzt die Differenzwägung von beschichteten Proben vor und nach dem Entlacken. Die Farbe kann meistens durch Wischen mit Methylethylketon (MEK) oder durch Tauchen in warmes Dimethylformamid wieder entfernt werden. Alle anderen, berührungsfreien Methoden bedienen sich der zerstörenden Methoden zur Kalibration. Ferromagnetische Substrate wie Kohlenstoffstahl können mittels elektromagnetischer Messungen untersucht werden. Der magnetische Fluss wird durch die Dicke der nichtmagnetischen Beschichtung beeinflusst, was sich in der Verringerung der Respons-Spannung durch Induktion zeigt. Die Wirbelstrommessung ist Grundlage ähnlicher Techniken für diamagnetische Substrate (Aluminium, Kupfer, Messing, austenitischer Edelstahl). Beide Methoden unterliegen der Norm (Entwurf) pr DIN EN 13523-1. Eine kontinuierliche Messung der Trockenschichtdicke ist möglich über die Rückstreuung von β-Partikeln (Elektronen), die von einer radioaktiven Krypton-85-Quelle (85Kr) abgestrahlt werden. Die Emission von Sekundärelektronen aus der Schicht hängt von der Dicke der Schicht ab (DIN EN ISO 3543). Eine andere Methode nutzt die Ausbreitung und Brechung von Wärmewellen an Grenzflächen. Die Wärme wird mit Kohlendioxid-LASER induziert und mit einem Infrarot-Sensor gemessen (DIN EN 15042-2). Aufgrund ihrer extrem schnellen Rückmeldung werden beide Methoden im Coil Coating bevorzugt eingesetzt. Schichtdicken können zwischen einigen wenigen (Korrosionsschutzprimer, KSP, oder Rückseitenlacke im Coil Coating) und mehreren hundert Mikrometern im schweren Korrosionsschutz im Wasser- und Schiffsbau variieren, vgl. Kapitel 2.1.3 und 6.5.2.

6.3

Haftung

6.3.1

Rolle der Haftung und Einflussfaktoren

Die Haftfähigkeit [4, 5] ist die wichtigste Eigenschaft einer organischen Beschichtung, da wohl jede Beschichtung, die nicht haftet, sonst zu nichts nütze ist. Die Haftfähigkeit einer organischen Beschichtung muss sicherstellen, dass diese an ihrem Platz verbleibt trotz aller willentlichen Verformungen (Flanschen, Profilieren, Biegen) und Scher- oder Torsionskräften (Schneiden, Bohren, Honen, Verschrauben) während der Herstellung eines Werkstücks, auch trotz dynamischer Belastungen durch Strecken, Stauchen und Verbiegen oder auch trotz unbeabsichtigter Verformung (Stoß, Steinschlag) [6] während der gesamten Nutzungsdauer. Haftung ist aber auch eine Voraussetzung dafür, dass ein langlebiges beschichtetes Produkt in einer korrosiven Umgebung genutzt werden kann. Besonders beim Coil Coating, wo extreme Umformungen am Metallblech vorgenommen werden, um das endgültige Formstück herzustellen (z.B. Haushaltsgerätegehäuse, Karosserieteile aus vorbeschichtetem Blech oder Konservendosen und -deckel sowie Kronkorken [7]), führen unzureichende Haftung und Elastizität zu Schwachstellen für den Korrosionsangriff, indem Risse auftreten, obwohl die Beschichtung nicht unmittelbar abplatzen muss. Darüber hinaus kann

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Haftung

mechanischer Stress auch durch Volumenänderungen bei hydrothermaler Belastung hervorgerufen werden (vgl. Kapitel 6.6.1).

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Tabelle 6.2: Ausgewählte chemische Bindungsstärken Chemische Bindung

Bindungsenergie [kJ/mol]

Al – O

512,1

C–O

1076,5

Haftung wird oft nur durch die Fe – O 408,8 unzulässig verkürzte Beschreibung erklärt, dass sich die P–O 596,6 Beschichtung auf rein mechaZn – O 284,1 nischem Wege in den Poren und nach Weast, Astle [10] Hohlräumen einer rauen Substrat­ oberfläche verklammere. Obwohl eine gewisse Mikrorauigkeit der Oberfläche sicherlich hilfreich ist, beruht Haftung in Wirklichkeit viel mehr auf der Wirkung von Anziehungskräften (u.a. van der Waals-Kraft) zwischen dem Substrat und den Molekülen der Beschichtung. Diese Kräfte wirken im Abstand von Nanometern, deshalb ist die ausreichende Benetzbarkeit einer Oberfläche eine Grundbedingung, um überhaupt einen engen Kontakt zuzulassen (vgl. Kapitel 3.1.3). Auch hier wird wieder die Bedeutung einer sorgfältigen Reinigung und Vorbehandlung der Oberfläche deutlich [8]. Adhäsionskräfte umfassen Dipol- und induktive Anziehung mit einer Bindungsenergie im Bereich von 5 bis 25 kJ/mol und Wasserstoffbrückenbindungen, die zwischen protischen Molekülen (Hydroxy-, Mercapto-, Amino-Funktionen) und metallischen/oxidischen Oberflächen gebildet werden können und das 50 kJ/mol-Niveau repräsentieren. Chemische Bindungen wie Metall-Sauerstoff-Bindungen sind viel stärker, d.h. mehrere 100 kJ/mol, und somit zur Haftungsvermittlung wünschenswert. Tabelle 6.2 zeigt die Stärken einiger ausgewählter chemischer Bindungen, die bei der organischen Beschichtung von Metall eine Rolle spielen [9, 10]. Im Hinblick auf die chemische Natur des Bindemittels vermitteln thermoplastische Bindemittel wie Polyvinylchlorid (PVC) sehr gute Haftung, was sie im Verbund mit ihrer Reaktionsträgheit für Anwendungen im Lebensmittel- und Getränkebereich geeignet macht. Auch Polyester und Polyurethane sowie ihre Hybride sind für gute Metallhaftung und Verformbarkeit bekannt. Sie bilden z.B. die Standard-Harzgrundlage für Lacke bei der Produktion von Nutz- und Eisenbahnfahrzeugen und im Flugzeugbau. Epoxide weisen eine sehr gute Anfangshaftung auf, haben durch die für sie typische Sprödigkeit aber nur eine begrenzte Umformbarkeit [11, 12].

6.3.2 Messung der Haftung und Elastizität 6.3.2.1

Industrielle Methoden

In der Industriepraxis werden Haftungstests [13-15] als Direktmessungen der Haftkraft oder mit Hilfe von anwendungstechnischen Prüfungen vorgenommen, die die praktische Anwendung simulieren. Die erste Kategorie sind Abzugs- oder Schertests. Man führt diese durch, indem man runde oder ringförmige Stempel mit einem Klebstoff auf der Testoberfläche befestigt, der so ausgewählt wird, dass seine Klebkraft über den am Prüfkörper erwarteten Adhäsions- und Kohäsionskräften liegt. Dann reißt man den Stempel in senkrechter Zugbewegung oder durch radiales Verdrehen von der Prüffläche ab. Die aufgewendete Kraft wird gemessen und die verletzte Stelle auf Aussehen und Struktur des Bruchs untersucht. In der zweiten Testkategorie ist der Gitterschnitt am gebräuchlichsten, bei dem zwei senkrecht zueinander angeordnete Schnittscharen an der beschichteten Oberfläche angebracht werden. Die Schnitte haben dabei untereinander einen regelmäßigen Abstand von 1 oder 2 mm (bei Schichtdicken unter bzw. über 60 µm), so dass im Zentrum der Fläche ein Gitter

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Schutzmechanismus und Eigenschaften organischer Beschichtungen

aus kleinen Quadraten entsteht. Die Haftung wird bestimmt, indem ein Klebeband auf das Testgitter geklebt, abgerissen und das Gitter auf die Zahl enthafteter Quadrate untersucht wird. Die Norm DIN EN ISO 2409 definiert einen Bewertungsschlüssel Gt 0 bis Gt 5 für die Art und den Grad des Fehlers. Andere Tests umfassen Schältests (z.B. ASTM D-1876-08) [16], Steinschlag- und Münzkratztests. Bezüglich der Haftung einer Beschichtung unter Verformung betrachten die industriellen Prüfungen in der Regel standardisierte Umformungen. Übliche Prüfungen umfassen die Biegung um zylindrische oder konische Dorne oder den T-Bend-Test, d.h. das Falten von Blech. Bei den Dornbiegeprüfungen wird der minimale numerische Radius gemessen, mit dem die Biegung noch durchgeführt werden kann, ohne dass die Beschichtung abplatzt (Haftung) oder Risse zeigt (Elastizität). Beim T-Bend-Test wird der innere Radius der Faltung in Vielfachen der Blechdicke angegeben, d.h. ein Blech, das auf sich selbst zurückgebogen werden kann, hat einen Biegewert von 0T, wenn ein Blech gleicher Dicke eingeschoben wird, einen Wert von 0,5T usw. (DIN EN 13523-7); es muss angemerkt werden, dass die korrespondierende amerikanische Norm (ASTM D-4145-83) eine andere Definition benutzt, die zu doppelten T-Werten führt. Die Tiefziehfähigkeit von bandbeschichtetem Blech wird mit dem Erichsen-Näpfchenzug bestimmt. Ein Näpfchen (Kalotte) wird mit einem Stempel mit einer sphärischen Spitze von 20 mm Durchmesser langsam in die Probe gedrückt und die Deformation notiert (in Millimetern Kalottenhöhe), die angebracht werden kann, bevor die Beschichtung am Kalottenkopf oder seinen Flanken delaminiert. Der Näpfchenzug wird oftmals noch mit einem Gitterschnitt kombiniert und die Haftung durch Klebebandabzug bestimmt. Im Idealfall tritt keine Delamination ein, bevor nicht das Metall selbst reißt (DIN EN 13523-6). Andere Tiefziehtests umfassen das Ziehen von zylindrischen oder quadratischen Näpfchen, simulierten Lebensmittel- oder Getränkedosen usw. und die Inspektion auf Verformungsfehler. Die Stoßverformung wird mit Hilfe der Kugelschlagprüfung u.ä. bewertet, bei der man ein Gewicht mit einer kleinen Kugelspitze auf die zu prüfende Oberfläche fallen lässt. Das Prüfergebnis gibt die Energie an (als Masse * Fallhöhe, zuweilen auch in Joules, J, umgerechnet), die angewandt werden kann, bevor man Lackdelamination beobachtet (DIN EN 13523-5; DIN EN ISO 6272). Ausbreitungs- und Reflektionsmuster von Wärme oder (Ultra-) Schall in thermo- oder sonografischen Methoden, wie sie auch für die Dickenmessung eingesetzt werden (vgl. Kapitel 6.2), können auch zur Detektion von Haftungsfehlern genutzt werden. Sie geben jedoch keine exakten numerischen Werte für die Haftkraft [17]. 6.3.2.2

Labormethoden

Eine sehr vielseitige wissenschaftliche Methode zur Ermittlung von Daten über die Topografie und die Kräfte an einer Oberfläche im mikroskopischen Maßstab ist die RasterkraftSpektroskopie (engl. Atomic Force Spectroscopy, AFM). AFM basiert auf dem Prinzip, dass die Spitze eines kleinen Kragarms (Cantilever) bei Annäherung und Entfernung von einer Oberfläche aufgrund der van der Waals-Attraktions- und Repulsionskräfte minimal ausgelenkt wird. Durch Aufzeichnung der Cantilever-Bewegung erhält man Kraft-AbstandsDiagramme. Wenn man einen oszillierenden Cantilever verwendet, kann man damit eine wirklichkeitsgetreue topografische Karte erzeugen. Die Methode ist in gasförmigen und flüssigen Umgebungen anwendbar, womit Adhäsionsphänomene auf Elektrolyt-bedeckten metallischen oder oxidischen Oberflächen studiert werden können. Die Genauigkeit der Methode lässt Untersuchungen zu, welche Auswirkungen die Änderungen von Feldstärken und pH-Werten im Elektrolyten auf die Anziehungskräfte haben, bis hin zum Studium der Haftung einzelner Moleküle [18].

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Permeation in organischen Beschichtungen

F Gleichung 6.1 σ = = E ε A

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Hookesches Gesetz

wo σ = Tension; F = Kraft; A = Querschnitt; ε = Elongation (als Bruchteil ∆l der Ausgangslänge l); E = Modul (materialspezifisch)

Elastizität [19] wird durch das Hookesche Gesetz (Gleichung 6.1) beschrieben, dass von jedem realen Material wie einer polymeren Beschichtung nur für sehr kleine Verformungen befolgt wird. Oberhalb eines kritischen Wertes kann man davon ausgehen, dass die Polymere eines Harzes entknäuelt und gestreckt werden, sich bei Relaxation neu anordnen und eine neue Konformation einnehmen (viskoelastisches Fließen). Bei Überdehnung erleidet das Material irreversible Konformationsänderungen und schließlich Bindungsbruch und Riss. Duroplastische Materialien haben zwei Bereiche der elastischen Verformung, die von der Glasübergangstemperatur Tg voneinander getrennt sind und durch zwei unterschiedliche Moduli charakterisiert werden. Unterhalb der Tg ist der Polymerfilm glasartig starr (hoher Modul) und spröde. Oberhalb der Tg herrscht viel größere Elastizität (niedriger Modul). Ein Teil der Konformationsänderungen, die bei niedriger Temperatur eingetreten sind, kann zwar rückgängig gemacht werden, indem man die Beschichtung über ihre Tg hinaus erhitzt (vgl. Kapitel 6.6.1) [20], sind jedoch einmal Risse entstanden, sind diese irreparabel. Die Umformung eines beschichteten Werkstücks sollte daher bevorzugt bei Temperaturen über der Tg vorgenommen werden. Die Elastizität kann makroskopisch an freien Polymerfilmen gemessen werden, indem man die Elongation oder Torsion gegen die Kraft und die Temperatur aufzeichnet. Zur Ermittlung viskoelastischer Daten stehen dynamisch-mechanische Methoden zur Verfügung. In mikroskopischem Maßstab kann die Verformung eines beanspruchten Materials mit der AFM aufgezeichnet werden.

6.4

Permeation in organischen Beschichtungen

Die Rolle der Wasseraufnahme in Bewitterungs- und Korrosionsvorgängen ist bereits im Kapitel 2.2.1 erklärt worden. Jede Beschichtung verhält sich als semipermeable Wand gegenüber Wasserdampf und Flüssigkeit. Deren Eindringen in die Beschichtung ist deshalb unvermeidlich. Eindringende Flüssigkeit wird außerdem auch als Träger für Elektrolyte und korrosive Gase fungieren [21]. Zur Beurteilung der Wasseraufnahme sind verschiedene Methoden verwendet worden, nämlich gravimetrische, optische (z.B. Attenuated Total Reflection Infrared Spectroscopy, ATR-IR) und elektrochemische Verfahren, insbesondere die Messung der elektrischen Kapazität und die elektrochemische Impedanzspektroskopie (EIS, vgl. Kapitel 7.2.3) [22]. Die dielektrische Konstante von Wasser ist wesentlich höher als die der meisten organischen Substanzen, deshalb äußert sich die Wasseraufnahme in einer Erhöhung der Gesamtkapazität. Man kann den zeitlichen Verlauf ebenso wie das Ausmaß aufzeichnen und daraus den prozentualen Anteil von Wasser in der Beschichtung berechnen [23, 24]. Die Wasseraufnahme hat substanzielle Wirkung auf die Erweichung (Plastifizierung) eines Polymerfilms und auf die Haftung, wie der Vergleich von Wasseraufnahme und Schältestdaten an einem Epoxyamin-Klebstoff als Beispiel zeigt [25]. ATR-IR-Inspektion bestätigte, dass die Wasseraufnahme einen Sättigungswert erreicht, der von der relativen Feuchtigkeit (rF) abhängt. Für das Epoxyamin trat die Sättigung nach 48 h ein. Bei hoher Feuchte (rF = 97 %) beträgt die Wasseraufnahme fast das Doppelte des für niedrige Feuchte (rF = 82 %) beobachteten Wertes. Dies fällt zusammen mit dem Verlust der Haftung. Zwischen dem niedrigen und dem hohen Feuchtebereich wurden die Schälwerte um den Faktor 3 reduziert. Das Wasser wird in den Beschichtungskörper eingelagert. Dies zeigt sich daran, dass an der Grenzfläche kein separierter Wasserfilm auftrat, und der Sättigungswert von 2 bis

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Schutzmechanismus und Eigenschaften organischer Beschichtungen

2,5 % Wasser in der Beschichtung und ebenso die Werte für den Diffusionskoeffizienten durchgängig im Bereich von 2 * 10–9 cm/s gemessen wurden, unabhängig davon, ob eine intakte oder fehlerhafte Beschichtung untersucht wurde [26]. Die Geschwindigkeit der Wasseraufnahme hängt ganz natürlich von der chemischen Natur des Polymer-Rückgrats ab. In einem Vergleich zeigte ein Polyvinylchlorid-Lack sehr niedrige, ein Coil Coating-Acryllack eine mittlere und ein Acryl-Melamin-Klarlacksystem aus dem Automobilbau eine relativ hohe Aufnahme [27].

6.5

Korrosionsschutzleistung

6.5.1

Titan- und Zirkonfluorokomplex-Vorbehandlungen

Im Coil Coating sind chromfreie Vorbehandlungschemikalien auf Basis wässriger Lösungen von Titan- (Ti) und/oder Zirkon- (Zr) Fluorokomplexen (vgl. Kapitel 8.2.7.1) seit mehr als einem Jahrzehnt kommerziell. In der Literatur wird von ihrer ausreichenden Leistungsfähigkeit in Bezug auf den Korrosionsschutz und die Haftvermittlung zu nachfolgenden Lackschichten berichtet. Abbildung 6.1 zeigt eine mit bandbeschichteten Aluminium-Trapezblechen verkleidete Fassade nach zehn Jahren Gebrauchsdauer. Die Bleche wurden ebenso wie Sonnenschutzrollläden an demselben Gebäude mit einer chromfreien Vorbehandlung versehen und mit einem Hochleistungs-Polyesterlack beschichtet. Der Einbauort ist eine südwärts orientierte Wand mit einer verkleideten Fläche von etwa 1.200 m2. Die Fassade ist auf einem Werksgelände Sonne, Wind und Regen, in den Ladezonen zusätzlich mechanischen Beschädigungen ausgesetzt gewesen. Selbst an neuralgischen Punkten wie Ausstanzungen, Niet- und Schraubverbindungen oder den Tropfkanten zeigt sie dennoch bislang keinerlei Anzeichen von Korrosion [28].

Abbildung 6.1: Chromfrei bandbeschichtetes Trapezblech aus Aluminium Quelle: Henkel AG & Co.KGaA, nach Lienkamp (Hrsg.) [28]

Abbildung 6.2: Laborprüfungen der Korrosionsbeständigkeit 

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Quelle: ECCA 1999, vgl. Androsch et al. [29]

Die starke Korrelation und Vergleichbarkeit von chromfreien und chromathaltigen Vorbehandlungen in verschiedenen Außenbewitterungs- und beschleunigten Korrosionstests wurde in der Architekturanwendung für eine chromfreie Vorbehandlung für die Substrate Stahl, verzinkten Stahl und Galfan gezeigt. Abbildung 6.2 gibt einige Laborergebnisse wieder. Diese zeigen die maximalen Unterwanderungswerte vom Prüfschnitt, wie sie unter handelsüblichen Polyester-Coil-Coat­ ing-Lacksystemen im Vergleich zu Standard-Chromatierungen im Spritzen und im No-Rinse-Verfahren berichtet worden sind. In derselben Veröffentlichung wurde

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Korrosionsschutzleistung

gezeigt, dass 360 h-Salzsprühnebel-Resultate den Ergebnissen einer dreijährigen Auslagerung in Hoek van Holland gut entsprechen. Die Untersuchung umfasste 13 bandbeschichtete Muster mit chromathaltigen und chromfreien Vorbehandlungen, die alle höchs­ tens 0,5  mm Unterwanderung aufwiesen. Vollständig gleichwertige Korrosionsschutzleistung zwischen Standard-Chromatierung und den chromfreien Systemen konnte in zyklischen Korrosionstests einschl. VDA- und Prohesion-Test bestätigt werden (Abbildung 6.3). Darüber hinaus bewies die chromfreie Vorbehandlung nach den statistischen Verteilungen der Unterwanderung und der T-Bend-Haftungswerte eine gute Prozessstabilität (Abbildung 6.4) [29].

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Abbildung 6.3: Unterwanderungswerte für chromat- und chromfreie Vorbehandlungen (Bänder aus industrieller Fertigung, 360 h Salzsprühnebelprüfung ./. 3 a Außenbewitterung, Hoek van Holland, Prüfritz bis Zinksubstrat)  Quelle: ECCA 1999, vgl. Androsch et al. [29]

Eine Experimentalreihe mit der höhenregulierten Raster-Kelvinsonde (engl. height-regulated Scanning Kelvin Probe, HR-SKP, vgl. Kapitel 7.2.4.2) wurde mit dem Ziel durchgeführt, nähere Einblicke in den antikorrosiven Mechanismus zu gewinnen. Die Ergebnisse sind in Abbildung 6.5 dargestellt. Nach einem standardisierten Laborprozess wurden elektrolytisch verzinkte Blechproben gereinigt und geätzt, am unteren Ende (das die y-Achse bildete) quer mit einem Klebeband abgeklebt, Abbildung 6.4: Verteilung der Unterwanderung an dann senkrecht dazu (entlang der polyesterbeschichtetem Band mit chromat- und chromfreien Vorbehandlungen (Bänder aus industrieller Fertigung, 360 h x-Achse) auf der halben verblieSalzsprühnebelprüfung, Prüfritz bis Zinksubstrat) benen blanken Fläche vorbehan-  Quelle: ECCA 1999, vgl. Androsch et al. [29] delt. Der gesamte Prüfling wurde dann mit einem transparenten Modelllack beschichtet. Nach Entfernen des Klebebandes von der Probe wiesen die aneinander anstoßenden, vorbehandelten und unvorbehandelten und danach beschichteten Flächen eine scharfe Grenze gegen die blanke Metalloberfläche auf. Ein Teil der unbedeckten Oberfläche (linke Fläche im Schema, Abbildung 6.5) wurde mit dünnen Harzwülsten eingefasst, so dass ein kleiner Behälter entstand, der dann mit 0,5 M Natriumchloridlösung gefüllt wurde. Mit der HR-SKP-Apparatur wurde die Messfläche in x-Richtung 10 mm in den beschichteten Bereich hinein gerastert. Der Messaufbau zeichnet sowohl das elektrische Potenzial unter dem Lackfilm auf, als auch seine Ausbreitung

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Schutzmechanismus und Eigenschaften organischer Beschichtungen

Abbildung 6.5: Elektrochemische Delamination: Modellversuche zur Untersuchung einer chromfreien Konversionsbehandlung mit der höhenregulierten Raster-Kelvinsonde Quelle: Elsevier 2007; vgl. Klimow et al. [30]

von der Fehlstelle über die Zeit, wodurch man ein lebendiges Bild der voranschreitenden Korrosion erhält. Es konnte gezeigt werden, dass das Potenzial über der unvorbehandelten Zinkoberfläche das typische Standardpotenzial von Zn/Zn2+ darstellt (Epot = – 0,76 V) und die Potenzialdifferenz zwischen der aktiv korrodierenden Schadensfläche und der intakten Klarlack/Metall-Grenzfläche etwa 0,5 V beträgt. Im Gegensatz hierzu ist das Potenzial der vorbehandelten Fläche zu kathodischeren Werten verschoben. Daher beträgt der Potenzialsprung nur etwa 0,15 V, womit die Korrosionsreaktion in der Bilanz thermodynamisch viel weniger bevorzugt ist. Als Resultat bleibt die Delaminationsfront über eine lange Zeit stabil und zeigt daher kaum ein Fortschreiten der Korrosion [30]. Unabhängige Ergebnisse aus einer anderen Quelle stimmen mit diesen Befunden überein. Als Erklärung bietet sich an, dass die Verbesserung einer Spreizung der Bandniveaulücke in einer Ti/Zr-Oxidschicht zu verdanken ist, die wirkungsvoll die Sauerstoffreduktion unterdrückt [31].

6.5.2 Schweißbare Korrosionsschutzprimer für Automobilblech Elektrolytisch verzinktes Blech ist eines der Substrate, die bei der Herstellung von Automobilkarosserien im Außenhautbereich und für Anbauteile eingesetzt werden. Vor allem in den Türen und im tragenden Rahmen bilden Flansche und Hohlräume kritische Bereiche, die wegen der eingeschränkten Zugänglichkeit dieser Oberflächen im normalen Prozess der Vorbehandlung und Beschichtung besonders anfällig für Korrosion sind (vgl. Kapitel 2.1.3; 8.2.3.2). Beispiele hierfür sind in Abbildung 6.6 dargestellt. Verwendet man einen Korrosionsschutzprimer (KSP) für diese Bauteile, wird das Durchrostungsrisiko wesentlich verringert, so dass verlängerte Garantiezeiten gegeben werden können. Kostentreibende Sekundärmaßnahmen zum Korrosionsschutz wie Hohlraumkonservierung und Nahtversiegelung werden nahezu überflüssig. Das Prinzip dieser KSP-Beschichtungen ist in Abbildung 6.7 illustriert. Im Folgenden sind die charakteristischen Eigenschaften der KSP für den Automobilbau gelistet.

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Korrosionsschutzleistung

Abbildung 6.6: Korrosionsanfällige Stellen im Automobilbau

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Quelle: Chemetall GmbH 2009; vgl. Schinzel [32]

Abbildung 6.7: Korrosionsschutzprimer (KSP) auf Blechen für den Automobilbau 

Quelle: Vieweg/GWV 2008; vgl. Meuthen, Jandel [33]

Eigenschaften von Korrosionsschutzprimern (KSP) für Automobilblech • Verbesserter Korrosionsschutz besonders in Hohlräumen, Flanschen und Nähten, zur Reduzierung sekundärer Schutzmaßnahmen (Wachskonservierung, Nahtversiegelung usw.) • Geeignet für alle gängigen Schweißverfahren (Punkt-, Bolzen-, Buckel-, LASER-, MAGSchweißen) • Kompatibel mit gängigen Reinigungs- und Phosphatierprozessen in der Pkw-Produktion • Kompatibel mit kathodischen Elektrotauchlacken in Bezug auf Leitfähigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen hohen pH-Wert an der Grenzfläche • Verbesserungen der dynamischen Verformungseigenschaften (Aufprall) und der Fahrzeugsicherheit • Verbesserte Reibungs- und Abriebeigenschaften, Verringerung des Schmiermittelverbrauchs im Presswerk • Kompatibel mit gängigen Klebstoffen und Versiegelungsmitteln in der Pkw-Produktion • Arbeitsfenster im Tiefziehprozess wesentlich erweitert, verringertes Risiko zur Faltenund Rissbildung • Kombiniert mit chromfreier Vorbehandlung auf allen verzinkten Stahlsubstraten und Aluminium

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Abbildung 6.8: Korrosionsschutzprimer (KSP): Prüfungsergebnisse im Klimawechseltest nach VDA-Norm (VDA 621-415, Verband der deutschen Automobilindustrie) Quelle: Chemetall GmbH 2009; vgl. Schinzel [36]

Typische KSP basieren auf Polyester-, Epoxy- oder Polyurethanharzgemischen. Außer korrosionsschützenden Pigmenten enthalten sie auch hohe Anteile an leitfähigen Pigmenten wie Zinkstaub oder Graphit. Die Produkte der sogenannten ersten Generation enthalten bis zu 70 % Zn-Staub. Sie werden mit Trockenfilmdicken von 2,5 bis 4,5 µm angewandt. Käufliche KSP werden auf elektrolytisch oder schmelztauchverzinktes Band appliziert, das mit chromfreien, Ti/Zr-basierten Verfahren vorbehandelt wird, wie im vorhergehenden Kapitel beschrieben [32-34]. Von kürzlich im Markt erschienenen Produkten wird berichtet, dass sie für Substratgemische geeignet sind, wie sie besonders im Oberklassesegment der Automobilhersteller üblich geworden sind. Aluminium/Stahl-Paarungen im automobilen Mischmetallbau bilden vor allem dort neuralgische Punkte, wo überlappende Bleche in Flanschen durch Verkleben oder Verschweißen dicht gefügt werden [35]. Abbildung 6.8 vermittelt einen Eindruck von der Leistungsfähigkeit moderner KSP für Pkw-Karosserien. Zur Simulation der Verhältnisse in einer Autotür wurden Testmuster präpariert. Als Substrate fanden kaltgewalzter Stahl (Feinblech, St), 5 µm elektrolytisch verzinkter Stahl (ZE) und ZE mit KSP-Beschichtungen der ersten und zweiten Generation Verwendung (in den jeweiligen Schichtdicken, 4,5 und 3,2 µm). Das Blechmaterial wurde gemäß dem gängigen Verfahren in einer Karosserielackierstraße behandelt. Dies umfasst alkalische Reinigung, Trikation-Zn-Phosphatierung und kathodische Elektrotauchlackierung. Innen- und Außenblech wurden durch kombiniertes Bördeln und Punktschweißen zu „Minitüren“ zusammengefügt und dann mehrere Wochen einem zyklischen Korrosionstest nach Norm 621-415 (Verband der deutschen Automobilindustrie, VDA) unterzogen. Dieser Test beinhaltet wöchentliche Zyklen mit aufeinander folgenden Salzsprühnebel-, Kondensationsfeuchte- und Trockenphasen (vgl. Kapitel 7.2.3.3). In wöchentlichen Intervallen wurden Prüflinge dem Test entnommen, die gefügten Bereiche geöffnet, inspiziert und fotografiert. KSP erreichen in diesem Test überlegene Korrosionsfestigkeit von 20 Zyklen

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Korrosionsschutzleistung

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(Wochen). Während Stahl und ZE schon nach lediglich fünf Wochen schwere Korrosion zeigen (Rotrost), sind die KSP-beschichteten Proben bei dünner Auflage (3 µm) nur leicht korrodiert (Weißrost) und bei höherer Dicke (4,5 µm) gänzlich ohne Befall [36].

6.5.3 Thermisch härtende 2-in-1 Primer-Vorbehandlung An anderer Stelle [37] wurde bereits über eine wässrige Primer-Vorbehandlung berichtet, die eine konventionelle chromfreie Vorbehandlungschemie und eine Dispersion eines thermisch trocknenden Acrylatharzes in einer Einkomponenten-Formulierung kombiniert. Dieses Produkt stellt ein saures, reaktives Beschichtungsmittel dar, das im Coil CoatingVerfahren mit einem Walzenlackierwerk (engl. roll-coater) in einer Flüssigfilmdicke von etwa 10 μm appliziert wird. Bei der anschließenden Trocknung im Umluft- oder InfrarotOfen mit Metalltemperaturen unter 100 °C wird eine 5 µm-Primerschicht erhalten. Für dieses Verfahren wird eine in Anlagenversuchen erreichte Prozessgeschwindigkeit von 160 m/min berichtet. Es wird für die Anwendung auf schmelztauchverzinktem Stahl und mit handelsüblichen Polyester/Melamin-Decklacken ausgelobt. Ein neueres Verfahren wird durch eine neutrale bis leicht basische wässrige Formulierung auf Basis einer Epoxy-Urethan-Harzdispersion charakterisiert. Vorteil dieser chemischen Basis ist die Kompatibilität mit unterschiedlichen verzinkten Untergründen einschließlich der neuartigen Zn-Mg-Beschichtung und mit unterschiedlichen Decklacksystemen wie Polyester, Polyurethan oder PVDF, die eine freizügigere, universelle Anwendbarkeit zulässt. Beide Verfahren zeigen gute Korrosionsfestigkeit für Innen- und Außenanwendungen sowie

Abbildung 6.9: Korrosionsschutz- und Haftungsprüfungen auf einer thermisch härtenden 2-in-1-Primervorbehandlung; (a bis e) mit handelsüblichem flüssigen Polyester-Decklack. (a) T-Bend-Haftung; (b) neutrale Salzsprühnebelprüfung (504 h); (c) Außenbewitterung, Hoek van Holland, 3 a; (d) Gitterschnitt/Erichsen-Tiefung in Kombination mit QUV-B (360 h);(e) Kugelfalltest (Rückseite, Reverse impact); (f) Salzsprühnebelprüfung an Blechen mit Pulver-Decklack  Quelle: Henkel AG & Co.KGaA 2009; vgl. Sander [37]

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Schutzmechanismus und Eigenschaften organischer Beschichtungen

gute Haftungsergebnisse im T-Bend-, Kugelfall- und Näpfchenzugtest. Weitere erfolgreich bestandene Tests umfassen u.a. die Kochprüfung an der Erichsen-Tiefung mit Gitterschnitt sowie thermische Belastung und UV-Bewitterung. Für das erste beschriebene Verfahren liegen auch Resultate nach drei Jahren Auslagerung in Hoek v. Holland vor (Abbildung 6.9).

6.5.4 Chrom(III)-basierte Vorbehandlungen – „Chromitierung“ Im Gesamtbild wird die antikorrosive Leistungsfähigkeit von Vorbehandlungen auf Basis des dreiwertigen Chrom, Cr (III), als der von Standard-Chromatierungen gleichwertig angegeben. Allerdings ist sie sehr stark abhängig von der Dicke und der Mikrostruktur der Chrom(III)-Oxyhydroxid-Schicht. EIS-Studien an verzinkten Proben zeigen, dass die Impedanzwerte am niederfrequenten Ende des Spektrums mit steigenden Eintauchzeiten in die Badlösung anwachsen und ein Maximum zwischen 30 und 60 s erreichen, das etwa dem Quadrat des für unbehandelte Zinkmuster gefundenen Wertes entspricht. In dieser Region optimaler Leistung weisen die Bode-Plots drei Zeitkonstanten auf, die so interpretiert werden, dass die Beschichtung drei intakte Lagen mit unterschiedlichem Aufbau bildet, die wirkungsvolle Sauerstoffbarrieren darstellen [38]. Bei weiter verlängerter Eintauchzeit treten in der Beschichtung Risse auf. Die Beständigkeit im neutralen Salzsprühnebel ist auf Aluminium und schmelztauchverzinktem Stahl so groß, dass nahezu keine Unterwanderung eintritt, während Feinblech nach 600 h nur geringfügige Unterwanderung vom Prüfritz aufweist (< 1 mm). Wie berichtet wird, führt auch der essigsaure Salzsprühnebel auf Aluminium nur zu wenig Unterwanderung. In Konstantklima- und Kochtests oder in zyklischer Feuchtebeanspruchung in “saurem Regen” (SO2-Belastung) werden weder Blasen noch Ablösungen beobachtet. Allerdings wird für diese Prüfungen keine Testdauer angegeben. Kugelfalltest mit Klebebandabriss, Erichsen-Tiefung und Dornbiegung zeigen ebenfalls gute Haftung und Flexibilität [39, 40].

6.5.5 Aktive Pigmente, Ionentauscher und Ionenfänger Der Einfluss chromatfreier Aktivpigmente wurde in einem Epoxid-Modelllack mit Hilfe von Potenzialmessungen und EIS nach Salzsprühnebel und Eintauchen in Natriumchlorid-Lösung untersucht. Eine Standard-Pigmentierung mit Zinkchromat zeigte zwar die besten Startwerte in der elektrochemischen Bewertung, die Unterschiede verwischten sich jedoch mit der Belastungszeit, weil das lösliche Chromat ausgelaugt wurde. Zinkphosphat, besonders Zink-Phosphomolybdat und Zink-Calcium-Phosphomolybdat erwiesen sich als durchaus geeignete nicht-toxische Alternativen. Die Wasserpermeabilität freier Filme offenbarte keinerlei Unterschiede zwischen den Chromat- und den Austauschpigmenten. Thermogravimetrische Analyse (TGA) zeigte den vorteilhaften Effekt aller Pigmente im Vergleich mit einem pigmentfreien Modelllack, was auf eine stabilisierende Wechselwirkung hindeutet [41]. Ein Mischfällungsprodukt von Zink- und Aluminiumhydroxid sowie Metavanadat VO3– kann aus alkalischer Lösung synthetisiert werden. Wie mit Hilfe von Röntgendiffraktometrie nachgewiesen wurde, resultiert die Reaktion in einer Hydrotalcit-Struktur, die aus Schichten des gemischten Zn-Al-Hydroxids aufgebaut ist, deren Schichtzwischenräume von Decavanadat-Anionen [V10O28]6– belegt werden, wie Abbildung 6.10 zeigt [42]. Von dort kann das Decavanadat langsam im Wege eines Ionenaustausches freigesetzt werden. Dieser Vorgang führt zu Gleichgewichts- bzw. Stationärkonzentrationen an freiem Vanadat, die weit unter seiner Löslichkeit liegen. Der stationäre Zustand wird nach etwa 900 h Auslagerung in einer Chloridlösung erreicht. Gleichzeitig werden Zn2+-Ionen freigesetzt. Bei beiden Ionenarten wurde in Polarisationsexperimenten gezeigt, dass sie die

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Korrosionsschutzleistung

Stromdichte auf der Legierung AA 2024 (AlCu4Mg1) herabsetzen, mit anderen Worten die Korrosion unterdrücken. Wurde das Reagenz einer Epoxidharz-Formulierung zugemischt und auf AA 2024 appliziert, zeigte die Beschichtung eine Schutzwirkung. Abbildung 6.11 stellt die Widerstandswerte (Bode-Plot) und Phasenwinkel gegen die Spannungsfrequenz aufgetragen dar, die in wiederholten EIS-Messungen an Prüflingen ermittelt wurden, die der Salzsprühnebelprüfung unterworfen waren. Die glockenförmige Phasenwinkel-Kurve zeigt ein Maximum bei hohen Frequenzen, das jedoch mit der Zeit niedriger wird, während sich am niederfrequenten Ende ein weiteres Maximum entwickelt. Dies entspricht einer zusätzlichen Kapazität, die dadurch entsteht, dass sich neben dem direkten Elektrolyt-Metall-Kontakt an der freigelegten Grenzschicht eine entsprechende Doppelschicht aufbaut. Auf der anderen Seite ändert sich der Bode-Plot mit der Zeit nicht wesentlich. Das bedeutet, dass trotz des direkten Zutritts des Elektrolyten zum Metall keine wirksame Auflösung eintritt, also aktive Inhibierung herrscht. Dieser Effekt ist allerdings weniger ausgeprägt als bei Strontiumchromat [43].

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Abbildung 6.10: Schematischer Aufbau einer HydrotalcitVanadatstruktur 

Quelle: NACE International 2008; Mahajanam, Buchheit [42]

Abbildung 6.11: EIS-Bode-Diagramme von Hydrotalcit-Vanadat-pigmentierten Epoxidbeschichtungen in der Salzsprühnebelprüfung; annähernd gerade Kurven repräsentieren das Widerstands-Frequenz-Diagramm (linke Ordinate), wellenförmige Kurven geben die Phasenwinkel/Frequenz-Aufnahmen wieder. Quelle: NACE International 2008; Mahajanam, Buchheit [43]

6.5.6 UV-härtbare Primer-Vorbehandlung Wie in Kapitel 5.2.2.2 erklärt, ist die UV-Technologie zur Entwicklung einer kombinierten 2-in-1 Primer-Vorbehandlung angewandt worden. Es wurde berichtet, dass die fließfähige Einkomponenten-Formulierung bei Bandgeschwindigkeiten bis zu 100 m/min mit dem Rollcoater appliziert werden kann. Die experimentelle Formulierung wurde in Versuchen in einer Pilotlinie auf verzinktem Stahl (Z), Galfan (ZA) und Galvalume (AZ) getestet. Sie basiert auf Titan-organischen Verbindungen mit Acrylsäure-funktionellen Gruppen als korrosionsinhibierendem System, und liefert Korrosionsschutz unter handelsüblichen Polyester-Decklacken mit Unterwanderungswerten unter 2 mm vom Prüfritz nach 504 h Salzsprühnebelprüfung. Hinreichende Haftung wurde mit Hilfe von T-Bend- (0,5T ohne Enthaftung), Reverse Impact

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Schutzmechanismus und Eigenschaften organischer Beschichtungen

und Erichsen-Tiefung nachgewiesen. Für die Anpassung an eine industrielle Anwendung wird nach weiteren Verbesserungen gesucht, die höhere Verarbeitungsgeschwindigkeit, verstärkten Korrosionswiderstand in harten industriell/marinen Klimaten und die freizügige Anwendung unter verschiedenen Flüssig- und Pulver-Decklacken umfassen [44, 45].

6.6

Degradation und Alterung

6.6.1

Bewitterung

Während seiner gesamten Gebrauchsdauer wird jedes beschichtete Bauteil bewittert, d.h. es ist vielfältigen zufällig wirksamen Einflüssen unterworfen, die zu seiner Alterung führen: Der ultraviolette Spektralanteil des Sonnenlichts verursacht, im Zusammenwirken mit Sauerstoff, fotochemische Reaktionen. Temperaturwechsel und jegliche Form von Niederschlägen resultieren durch Ausdehnung und Schrumpfen oder sogar durch hydrolytische oder thermische Zersetzung in mechanischer Beanspruchung. Chemikalien wie Streusalz, „saurer Regen“ (Schwefeldioxid, SO2), flüchtige Emissionen, Lösemittel oder Kraftstoffe, und auch natürliche Substanzen wie Baumharz oder Fäule tragen alle zu dem zerstörerischen Geschehen bei. Alle diese Klimafaktoren treten zudem kombiniert mit äußeren mechanischen Beanspruchungen wie statische oder dynamische Verformungen auf, wodurch eine multiple Belastung entsteht. Die Zersetzung durch UV-Strahlung, Hydrolyse und thermische Zerstörungen in Anwesenheit von Sauerstoff folgt unterschiedlichen Reaktionswegen. Im Prinzip führen alle diese Reaktionen zu einer Verringerung der Molekularmasse und schädigen damit die mechanischen und schützenden Eigenschaften der Beschichtung. Dies zeigt sich zunächst in Glanzverlust, Rissbildung und Kreidung und führt schließlich zum Abblättern der gesamten Beschichtung. Generell verläuft die Oxidation unter UV-Strahlung (Fotooxidation) über die Bildung von Hydroperoxiden, die unter Kettenspaltung weiter zu kürzeren Carbonylverbindungen und anderen Nebenprodukten zerfallen. Auf diese Art unterliegen Ether und Ester der Bildung von Hydroperoxiden an dem Kohlenstoffatom, das die C–O-Bindung trägt. Der weitere Abbau ergibt die nächstniedrigere Carbonylverbindung und führt bei weiterer Oxidation schließlich zur Freisetzung von Kohlendioxid, CO2. Harnstoffharze werden in ähnlicher Weise unter Bildung von Carbamiden und endlich freien Harnstoffderivaten, CO2 und Wasser abgebaut. Fotochemische Spaltung von Acrylaten kann sowohl in der Hauptkette oder in den Seitenverzweigungen des Polymers erfolgen. In Polyvinylchlorid, PVC, werden die C–Cl-Bindungen durch die Strahlung homolytisch gespalten, wobei im Endeffekt die Kürzung der Kettenlänge und die Freisetzung von CO2 und Chlorwasserstoff (HCl) eintreten. Kettenverkürzung und die andererseits eintretende, UV-induzierte Nachhärtung reduzieren gleichzeitig die Elastizität und die Kohäsion [46]. In einer vergleichenden Studie wurden verschiedene Automobilklarlacksysteme mit variierenden Bindemitteln (Polyacrylat oder Polyester-Polyol), Härtern, d.h. Hexamethylen- oder Isophoron-Diisocyanat (HDI oder IPDI) und Stabilisatoren (mit oder ohne Beifügung von HALS, vgl. Kapitel 4.5) auf ihre Bewitterungsfestigkeit hin untersucht. Anscheinend weist das Polyacrylat-Polyol eine viel höhere Neigung zum fotooxidativen Abbau auf als das Polyestersystem. HDI alleine erschien als das wirkungsvollere Kupplungsreagenz für den Polyester, wogegen ein Gemisch von HDI und IPDI für das Acrylsystem zu bevorzugen war. HALS bewies einen günstigen, bremsenden Effekt auf den Abbau, der allerdings für das Acrylurethan weniger ausgeprägt war [47, 48].

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Degradation und Alterung

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Der Zusammenhang zwischen dem Abbau durch Bewitterung und der Korrosionsanfälligkeit wurde in einer kombinierten Untersuchung von EIS-Daten und der Leistung in der Salzsprühnebelprüfung von verschiedenen Beschichtungen auf verzinktem Stahl demonstriert, der 2.000 h einer QUV-A-Belichtung unterworfen worden war (vgl. Kapitel 7.2.3.4). Die organischen Beschichtungen bestanden aus einem Polyester- oder Polyurethanprimer (5 bis 15 µm) und verschiedenen Polyester-Melamin-Decklacken (20 µm). In der Mehrzahl der Fälle trat auf der unbeschädigten Oberfläche Blasenbildung auf, die ohne die vorherige UV-Konditionierung nicht zu beobachten war. Die Beständigkeit gegen den Salznebel korrelierte mit den Impedanzen im niederfrequenten Bereich, was auf eine Inhibierung an der Metall/Polymer-Grenzfläche deutet. Systeme, die in Bezug auf die Blasenbildung gut abschnitten, wiesen auch eine besonders hohe Isolation auf. Die Leistungsdaten, die in dieser kombinierten Auslagerung beobachtet wurden, stimmen grob mit Resultaten der Glanzhaltung überein, folgen aber nicht notwendigerweise auch der Leistungsklassifizierung, wie sie für diese Lacksysteme in singulären UV-Beständigkeitsmessungen erhalten wird [49]. Auch hydrothermale Belastung kann zu mechanischen Schäden führen. Beispielsweise wurde bei Polyesterurethan- und Epoxy-Polyaminsystemen eine Verringerung der Vernetzungsdichte von mehr als 50 % gefunden. Die Polymerstränge selbst schienen dabei jedoch nicht abgebaut zu werden, weil die durchschnittliche Molekülmasse zwischen den Kupplungsstellen um etwa denselben Faktor anwuchs. Der Abbau des Epoxidsystems erfolgte mit etwa der doppelten Geschwindigkeit wie beim Polyester-Polyurethan. Es erlitt zudem eine wesentliche Reduzierung der Glasübergangstemperatur (Tg). Überdies wurde der Abbau des Epoxids noch beschleunigt, wenn gleichzeitig Feuchtigkeit einwirkte [50]. Ester können schließlich auch durch Verseifung abgebaut werden. Thermische Hydrolyse von Urethanen führt zur Bildung von Alkoholen und N-substituierten Carbaminsäuren, die weiter unter Freisetzung von CO2 zu dem niedrigeren Amin zersetzt werden [51]. Die Neigung zur Blasenbildung bei organischen Coil Coating-Lacken auf verzinktem Stahl wurde auch durch EIS-Messungen demonstriert, die über 4 Wochen hinweg nach zyklischen Feuchtetests mit Feucht- und Trockenphasen bei 50 °C/95 % rH und 25 °C/50 % rH durchgeführt wurden. Hierbei wurden ein als kritisch bekanntes Polyurethan und ein widerstandsfähiger Polyesterprimer untersucht. Das Polyurethansystem zeigte deutliche Aufrauung und im SKP-Mapping ein örtlich stark abfallendes Potenzial (etwa 100 bis 120 mV) nach der Feuchteauslagerung, ganz in Übereinstimmung mit den visuell beobachteten Blasen. EIS ergab eine Verringerung der Widerstandswerte im niederfrequenten Bereich um einen Faktor >10. Es gab allerdings keine Hinweise auf fortgesetzte korrosive Aktivität, so dass der Widerstandsabfall als Verdrängung des Polymers von der Metalloberfläche durch Wassermoleküle interpretiert wird. Das Polyestersystem erschien sehr viel weniger anfällig [52]. Ähnliche Resultate werden auch für kathodische Elektrotauch-Primer angegeben, die in zyklischen Tests der hydrothermalen Alterung unterworfen wurden. Nach hydrothermaler Beanspruchung in Zyklen zwischen 55 °C/84 % rH und 23 °C/40 % rH zeigte EIS auch hier wieder ein Absinken des Porenwiderstands mit zunehmender Prüfdauer. Diese elektrische Schwächung korreliert mit höheren mechanischen Restspannungen in der Beschichtung. Für zwei verschiedene Beschichtungen nahm die Spannung um den Faktor 2 zu. Somit bewirkte die Alterung eine irreversible Quellung, wodurch mehr Zwischenräume entstanden, die die Beschichtung empfindlicher gegenüber der Wasseraufnahme beim Eintauchen machten [53].

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Schutzmechanismus und Eigenschaften organischer Beschichtungen

6.6.2 Elektrochemischer Abbau 6.6.2.1

Kathodische Enthaftung: Sauerstoffreduktion

Abgesehen von der Wirkung mechanischer Kräfte erfolgt die Enthaftung organischer Filme von einem Metallsubstrat hauptsächlich entlang zweier unterschiedlicher Pfade, d.h. • Wasseraufnahme, Quellung und Verdrängung adsorptiv gebundener (Wasserstoffbrückenbindung) Polymereinheiten • Bruch von Metall/Polymer-Valenzbindungen durch chemische (Hydrolyse, Verseifung) oder elektrochemische Reaktionen (Korrosion) Die letztere Wechselwirkung führt zu einer elektrischen Ladungstrennung an der Metall/ Polymer-Grenzfläche, entweder über eine Hydrolyse (z.B. Auflösung von Metallseifen) oder über die Korrosionsreaktionen. Kombinierte HR-SKP (vgl. Kapitel 7.2.4.2.1) und Rasterkraft-Mikroskopie (engl. Atomic Force Microscopy, AFM) bestätigten, dass der elektrochemische Delaminationsvorgang oftmals bereits stattfindet, bevor die PolymerMetall-Bindungen durch Quellung und Hydrolyse durch den eindringenden Elektrolyten geschwächt werden. Die Leichtigkeit des Elektronentransfers hängt von den Leitungseigenschaften der Metall­ oberfläche ab, die von einer natürlichen Oxidschicht bedeckt ist (vgl. Kapitel 2.1.1, 2.1.2). Wenn dieses Oxid ein Isolator ist (z.B. SiO2, Al2O3, MgO), wird der Transfer gebremst. Die Sauerstoffreduktion führt andererseits zur Erzeugung von Anionen, die sowohl das natürliche Oxid (z.B. Auflösung von Zink- oder Aluminiumoxiden unter Bildung von Zinkat oder Aluminat), als auch verseifbare Bindungen zwischen dem Metall und dem Polymer angreifen können. Kathodische Enthaftung überwiegt auf leitenden Oberflächen wie für eine Stahloberfläche in Abbildung 6.12 gezeigt wird. Wie mit der SKP gemessen werden kann, springt das Potenzial an der Delaminationsfront von einem niedrigen, kathodischen Niveau, das für eine blanke, in einen Elektrolyten eingetauchte Oberfläche typisch ist, zum anodischen Wert im Bereich der intakten Beschichtung. Hier wird die Reaktion durch die Leitfähigkeit der Eisenoxidschicht bestimmt, die während der Umwandlung des Eisens vom drei- in den zweiwertigen Zustand geringer wird. Ionen, die von der Fehlstelle in die Oxidschicht einwandern, erhöhen die Leitfähigkeit und führen wieder zu Korrosion. Im Endeffekt schreitet die Delaminationsfront mit der Diffusion der Ionen entlang der Grenzfläche fort. Andere Untersuchungen weisen darauf hin, dass diese Potenzialfront im Gleichschritt mit einem pH-Gradienten weiterwandert, der der aktiven Sauerstoffreduktion entspricht. Die eigentliche Delamination kann dagegen kinetisch verzögert sein, wenn die bindungslösenden Reaktionen langsam sind [54].

Abbildung 6.12: Reaktionen an einer Eisen-Polymer-Grenzschicht, die zu Delamination und Unterwanderung führen

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Gleichzeitig kann Sauerstoff im Verlauf seiner Reduktion auch den Abbau des Polymerfilms selbst induzieren, wie in den Gleichungen 6.2 a bis d wiedergegeben. Diese Gleichungen beschreiben eine Reihe von Reaktionen, die radikale Zwischenprodukte wie SauerstoffRadikalanionen einbeziehen,

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Degradation und Alterung

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deren Auftreten unter solchen Bedingungen nachgewiesen wurde. Diese können Wasserstoff aus C–H-Bindungen abstrahieren, so dass freie organische Radikale entstehen, die weitergehende Reaktionen mit molekularem Sauerstoff (O2) eingehen. Einen wahrscheinlichen Reaktionspfad stellt daher die Bildung der organischen Peroxide 1 dar, die sich weiter unter Bildung von Carbonylverbindungen 2 (Aldehyden und Ketonen) und Wasser zersetzen [55]. Gleichung 6.2

6.6.2.2

Anodische Enthaftung: Filiformkorrosion

Unter Lackfilmen, die gegen das Eindringen von Sauerstoff und Feuchtigkeit eine hohe Barrierewirkung zeigen, wird ein Korrosionsvorgang beobachtet, der in fadenförmigen Filamenten fortschreitet (Filiformkorrosion, FFK). FFK war in der europäischen Architektur seit den frühen 1980er Jahren ein Thema [56]. Bei dieser Art von Korrosionsreaktion wird die Enthaftung anodisch getrieben. Obwohl FFK bevorzugt an Aluminium- oder Magnesium­ oberflächen stattfindet, die isolierende Oxide bilden, ist sie auch für verzinkte Stahloberflächen berichtet worden. FFK erscheint in Kondensationsklimaten nicht, d.h. am Taupunkt. Stärkstes Auftreten und größte Geschwindigkeit werden bei relativen Feuchtigkeiten um rH = 80 % beobachtet. Der Mechanismus wird durch einen Belüftungsgradienten erklärt, der durch das verzögerte Nachwandern von Sauerstoff entsteht. Das bedeutet, dass die Sauerstoffreduktion in der Schwanzsektion des Korrosionsfadens abläuft, während seine Spitze von aktiver anodischer Metallauflösung gekennzeichnet ist [57, 58]. Verschiedene Harzsysteme wurden auf ihre Widerstandsfähigkeit gegen FFK untersucht. 40 µm dicke Decklackschichten wurden auf der architekturtypischen Aluminiumlegierung AlMg1 über 1 µm-Schichten haftvermittelnder organischer Primer appliziert. Bei der Verwendung anodischer Filme als Vorbehandlung zeigte sich, dass der Verlauf der FFK exponentiell mit der Dicke der anodischen Filme zurückging. Weiter wurde gefunden, dass die Korrosionsfestigkeit durch Heißwasserversiegelung weiter verbessert wurde. Dies wird der Rauigkeit der Oberfläche zugeschrieben, die durch diese Behandlung erhöht wird, wodurch die mechanische Verklammerung von Harz und anodischem Film sich verbessert. Generell schienen duroplastische Primer, z.B. auf hartem Polyester oder gehärteten phenolischen Harzen basierend, in Verbindung mit einem Decklack auf Basis eines aromatischen Polyester-Polyols und eines aliphatischen Diisocyanat-Härters ein gutes Resultat zu geben. Die Autoren weisen allerdings besonders darauf hin, dass die Leistungsfähigkeit von Beschichtungen auch durch Spaltungsreaktionen beeinträchtigt werden kann, die durch die Einwirkung von Salzsäure auf Ester- und Urethanbindungen hervorgerufen werden. Resultate des beschleunigten Filiformtests, der eine Inkubationszeit in Chlorwasserstoffdampf beinhaltet, können deshalb von der Praxis abweichen [59]. Dieselbe Arbeitsgruppe beobachtete auch übereinstimmende Rangfolgen in den Tests für verschiedene Kombinationen von Vorbehandlungen und Lacken, als sie in einer späteren Untersuchung speziell die Vergleichbarkeit von Ergebnissen des beschleunigten Tests und der Auslagerung in Hoek v. Holland

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Schutzmechanismus und Eigenschaften organischer Beschichtungen

studierte (vgl. Kapitel 7.2.2.3; 7.4). Für keines der Vorbehandlungs-/Lacksysteme konnte eine klare Präferenz ermittelt werden. Gute Resultate, d.h. eine korrodierte Fläche von weniger als 0,5 mm2/cm vor einem Prüfritz, wurden gleichermaßen mit Chromat- oder Chromphosphat-Vorbehandlung, 5 µm anodischen Filmen und einer chromfreien, auf Hexafluorozirkonat basierenden Vorbehandlung erhalten. Die Lacksysteme umfassten chromathaltiges Polyvinylidendifluorid (PVDF, Polyester-Pulver- und -Flüssiglacke und Kombinationen von Polyesterprimer/Polyurethandecklack und Epoxy-Primer/PVDF-Pulver [60]. Für gewalztes Aluminium gibt die Literatur eine besonders kritische Empfindlichkeit für die FFK an. Untersuchungen dieses Verhaltens betrachteten den Einfluss des Walz- und nachfolgenden Wärmebehandlungsprozesses. Es wird angenommen, dass die besondere elektrochemische Aktivität in den magnesiumhaltigen (Mg) Legierungen AA 3005 und 8006 (AlMg0.5Mn; AlFe1.5Mn0.5) durch die Ausbildung einer reaktiven Schicht gerade unterhalb der oberflächlichen, 1 µm starken Kornfeinungsschicht hervorgerufen wird, die durch den Walzprozess selbst entsteht. Die Anwesenheit von Anreicherungen der Legierungselemente in der Oberflächenschicht dürfte eine negative Verschiebung des elektrochemischen Potenzials bewirken. Niedriger legiertes Aluminium, wie die Legierungen der 1000er Serie (d.h. < 100 ppm Mg), zeigt weniger kritisches Verhalten. Als eine Lösung zur Vermeidung von FFK auf diesen Substraten empfehlen die Autoren, die kritische Oberflächenschicht durch alkalisches Beizen bzw. stark alkalische Reinigung vollständig zu entfernen oder alternativ im Gleichspannungsverfahren zu anodisieren [61-63]. Labor- und Langzeit-Auslagerungsdaten, die auch von anderen Quellen berichtet werden, zeigen, dass Gleichspannungsanodisierung mit Filmdicken von 6 µm das widerstandsfähigste Verfahren zu sein scheint [64, 65]. Chromatieren und chromfreie Standard-Vorbehandlung geben gute Festigkeit gegen die FFK, mit der Ausnahme hochlegierter, kupfer- und zinkhaltiger Spezies [66]. Nach Alternativen wird jedoch noch immer gesucht, wobei die hohen Kosten der Anodisierung, die Giftigkeit von Chromat und die immer noch fehlende absolute Leistungssicherheit der chromfreien Standardverfahren eine treibende Rolle spielen. Hier zeigt die Phosphomolybdat-Technologie ein vielversprechendes Potenzial [67]. 6.7

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Schutzmechanismus und Eigenschaften organischer Beschichtungen

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Beschleunigte Korrosionstests

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7 Abprüfung von organischen Beschichtungen Jörg Sander

7.1

Leistungsprüfungen

Zusätzlich zu den mechanischen Tests erfordert die Bewertung der Haltbarkeit eines beschichteten metallischen Werkstücks bestimmte Prüfungen, die Informationen zur korrosionsschützenden Leistungsfähigkeit der Beschichtung geben. Diese Information muss zur Verfügung stehen, bevor das Werkstück in den Markt gebracht wird. Um also Vorhersagen über diese Leistungsfähigkeit zu ermöglichen, ist eine Reihe beschleunigter Korrosionstestverfahren entwickelt worden.

7.2

Beschleunigte Korrosionstests

7.2.1

Überblick

Eine Reihe von beschleunigten Korrosionstests [1-5] simuliert lange Nutzungsdauern, um die Wirkung korrosiver Belastungen sozusagen im Zeitraffer bewerten zu können. Typische Korrosionstests umfassen die Salzsprühnebelprüfung, Koch- und Kondensationstests, Konstantklima- und Wechselklimatests. Die Bewitterung schließt kombinierte Feuchte- und Bestrahlungstests (sichtbares Licht und ultraviolette Strahlung, UV) ein, die es erlauben, eine Beschichtung in Bezug auf ihre Widerstandsfähigkeit gegen fotochemischen Abbau zu beurteilen (Kreidung, Verfärbung, Glanzverlust). Band- und Blechmaterial, das für die Herstellung von Haushaltsgeräten zum Einsatz kommt, wird auf die Beständigkeit bei Lagerung in Wasser und gegen Waschmittel geprüft, sowie weiteren Tests über die Widerstandsfähigkeit gegen Haushaltsreiniger, Lebensmittelinhaltsstoffe, Farbstoffe und Färbemittel unterzogen. Beschichtungen für die Verpackungsindustrie, z.B. für Getränke- und Lebensmittelkonservendosen, sind oftmals Gegenstand zusätzlicher Prüfungen, die ihre Porosität (z.B. Kupferfällung nach Eintauchen in angesäuerte Kupfersalzlösung) und ihre Sterilisierbarkeit bzw. Pasteurisierbarkeit in Druckkochtopftests betrachten. Tabelle 7.1 gibt eine Übersicht über beschleunigte Prüfungen, die die Korrosion betreffen.

7.2.2

Konstantklimatests

7.2.2.1

Salzsprühnebelprüfung

Die Salzsprühnebelprüfung liefert generelle Daten über die Korrosionsfestigkeit von beschichteten Werkstücken. Die Beschichtung wird mit einem definierten Werkzeug gekratzt (Prüfritz) und dem Salznebel aus einer Lösung von 50 g/l Natriumchlorid (NaCl) ausgesetzt. Stahlsubstrate werden in der Regel in neutralem Salznebel geprüft, während Aluminium (Al) einer Atmosphäre ausgesetzt wird, die zusätzlich mit Essigsäure angesäuert ist (pH ≈ 3.2, ESS-Test). In einigen Fällen, z.B. Automobilanwendungen wie Räder, wird dies noch weiter durch den Zusatz von Kupfersulfat verschärft (CASS-Test). Die gewöhnliche Prüftemperatur beträgt 35 °C. Die Prüflinge werden nach der abgestimmten Testdauer der Jörg Sander et al.: Korrosionsschutz durch Beschichtungen © Copyright 2011 by Vincentz Network, Hannover, Germany

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Abprüfung von organischen Beschichtungen

Prüfkammer entnommen und auf Blasenbildung und Enthaftung (Unterwanderung) ausgehend vom Prüfritz – falls zutreffend auch von Schnittkanten – inspiziert. Typischerweise sind 336 bis 1008 h (2 bis 6 Wochen) Beständigkeit für Stahlsubstrate einschließlich verzinkter Ware gefordert, wobei nur geringfügige Schäden akzeptiert werden. Die schärfsten Anforderungen gelten für Al-Blech im Flugzeugbau, nämlich eine maximale Unterwanderung von 1,25 mm (0,05 in) vom Ritz nach 3000 h ESS. 7.2.2.2

Konstantklima, Feuchtebelastung

Im Konstantklimatest werden beschichtete Proben mit einem Prüfritz versehen und können zudem gebogen oder in anderer Weise verformt werden. Nach Lagerung in einer Testkammer unter konstanter Feuchte und Temperatur werden sie auf Blasenbildung und andere sichtbare Veränderungen überprüft. 7.2.2.3

Filiformkorrosion

Der Filiformkorrosionstest wird hauptsächlich an Al-Werkstücken vorgenommen. Er richtet sich auf die fadenförmigen Korrosionsmuster, die in chloridbelasteten korrosiven Umgebungen bei reduzierter Feuchte auftreten können. Mit einem Prüfritz versehene Werkstücke werden für eine Inkubationszeit über rauchender Salzsäure gelagert (HCl, 36 %), Tabelle 7.1: Wichtige Prüfverfahren: Korrosionsverhalten organischer Beschichtungen Test, Eigenschaft

Norm

Konstantklima-Tests Salzsprühnebelprüfung – neutral

EN ISO 9227 NSS (DIN 50021), ASTM B117, EN 13523-8

Salzsprühnebelprüfung – Essigsäure

EN ISO 9227 AASS

Salzsprühnebelprüfung – Kupferacetat

EN ISO 9227 CASS

Feuchte

DIN 50017 KK, pr EN 13523-25

Kondensation

EN ISO 6270-1 und 2, pr EN 13523-26

Filiform

ISO 4623-2, EN ISO 4628-10, EN 3665

Kochtest, Wasserlagerung

EN 13523-9

Wechselklima-Tests Feuchte/Temperatur-Wechseltests – Feuchte

DIN 50017 KFW, pr EN 13523-25

– Tropentest

analog, Raumtemperatur bis 40°C

– Frostbelastung (Humidity-Freeze-Test)

analog, - 5°C bis Raumtemperatur

Feuchte in SO2-Atmosphäre

EN 13523-13 (DIN 50018)

Zyklische Salzsprühnebel/Feuchte-Tests – Automobilindustrie

VDA 621-415, Renault ECC1 D172028, VW PV1210, Volvo VCS1027,149, andere Herstellerspezifikationen

– Prohesion-Test

ASTM G85, A5

Zyklischer Tauchtest

ISO 15710, EN 3212

Bewitterungstests

Xenon-Test, VDA 612-430 usw.

Außenbewitterung

EN 13523-19

nach Meuthen, Jandel [1]; Kittel [2]; Goldschmidt, Streitberger [4]; LeBozec et. al. [5]

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Beschleunigte Korrosionstests

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anschließend unter konstanter Atmosphäre mit geregelter Feuchte und Temperatur (80 % relative Feuchte [rH], 40 °C) gelagert. Die Prüflinge werden auf die Zahl und Länge der Korrosionsfäden hin untersucht, die sich gebildet haben. Auch hier verlangt die Luftfahrtindustrie die höchste Beständigkeit, d.h. 1.000 h mit max. 2 mm Fadenlänge. Stahlwerkstoffe werden nach Inkubation in NaCl-Lösung getestet (EN ISO 4623). 7.2.2.4

Kondensation

Der Kondensationstest fokussiert sich auf die Beständigkeit von Beschichtungen bei erhöhter Temperatur und Dauerfeuchte. Die Prüfmuster werden bei 100 % rH und 40 °C gelagert und danach auf Blasen und sichtbare Beschädigung inspiziert. 7.2.2.5

Kochtest, Wasserlagerung

Wasserlagerungstests bestehen zumeist im Eintauchen in entsalztes Wasser bei 40 °C, können auch bis zum Kochen verschärft werden. Im Fall von Blechmaterial ist es üblich, eine Verformung durch Biegen oder Näpfchenzug anzubringen. Die Testproben werden auf Blasen und andere sichtbare Veränderungen überprüft, außerdem, sofern relevant, wird die Haftung an der deformierten Fläche durch Klebebandabriss untersucht. Prüfzeiten werden individuell vereinbart; sie bewegen sich zwischen 15 min und mehreren Stunden.

7.2.3

Wechselklimatests

7.2.3.1

Wechselfeuchte

Alle oben für konstante Klimabedingungen beschriebenen Tests können mit repetierenden, zyklischen Änderungen der Temperatur und Feuchte sowie zusätzlicher chemischer Belas­ tung oder Bestrahlung usw. kombiniert werden. Wechselfeuchte- und Kondensationstests beinhalten Temperaturzyklen zwischen Normaltemperatur und 40 °C (Tropentest) oder Frostbedingungen und Normaltemperatur („Humidity-Freeze-Test“). Feuchtetests werden ebenso mit einer wechselnden Belastung mit Schwefeldioxid-haltiger Atmosphäre (SO2, DIN EN 13523-13) kombiniert, um den „sauren Regen“ in Industrieumgebung zu simulieren. 7.2.3.2

Prohesion-Test

Der sogenannte Prohesion-Test trägt dem Umstand Rechnung, dass die Ergebnisse, die man mit verzinktem Stahl in der harten, neutralen Salzsprühnebelprüfung erhält, mit der Alltagswirklichkeit nicht besonders gut übereinstimmen. Muster werden einem Wechseltest unterworfen, der aus einem Salzsprühtest mit verdünnter, leicht angesäuerter NaCl-Lösung und dazwischen eingeschobenen Trockenintervallen besteht. Wenn auch ursprünglich nur für Stahlsubstrate gedacht, wird die Prüfung auch auf Aluminium angewendet. Prüfzeiten erstrecken sich auf bis zu 2.016 h (12 Wochen) auf Al-Werkstoffen für die Luftfahrtindustrie [6]. 7.2.3.3

VDA-Test

Insbesondere die Automobilindustrie hat Wechselklimatests standardisiert, die Salzsprühtest, Feuchte- und Trockenlagerung umfassen, um damit ein realistischeres Abbild der Freibewitterungsresultate zu erhalten. Ein voller Zyklus dauert normalerweise eine Woche, die Reihenfolge und Dauer der einzelnen Be- und Entlastungsphasen sind von Test zu Test unterschiedlich. Die Norm 621-415 des deutschen Automobilverbandes (VDA) findet zwar allgemeine Anerkennung als Richtschnur, aber dennoch sind Hausnormen der einzelnen Hersteller wie Daimler, Ford, General Motors, Renault, Volkswagen oder Volvo in Kraft. Für kathodische Tauchlacke (Primerbeschichtung) werden normalerweise 10 Zyklen (10 Wochen) Prüfdauer als Minimalkriterium spezifiziert, während der Lackvollaufbau längere Prüfdauern überstehen muss.

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7.2.3.4

Abprüfung von organischen Beschichtungen

UV Test, Bewitterung

Die UV-Bestrahlung wird in erster Linie genutzt, um die fotochemische Stabilität der Bindemittelsysteme zu bewerten. In Kombination mit Feuchtebelastung (VDA 621-430) kann sie auch eine gute Beschreibung für die allgemeine Widerstandsfähigkeit liefern, die der vollständige Lackaufbau gegen die natürliche Bewitterung bietet. Xenon- oder spezielle UVLampen sind gebräuchlich. Letztere strahlen einen kleineren spektralen Ausschnitt aus, nämlich entweder UV-A (spektrales Maximum bei 340 nm zur Simulation der kurzwelligen Sonnenstrahlung) oder UV-B (313 nm, höher-energetisch, bevorzugt zur Simulation von Klimata mit besonders hoher Sonneneinstrahlung). Die Leistungsanforderungen reichen bis über 2.000 h.

7.3

Elektrochemische Prüfverfahren

7.3.1

Grundbemerkungen

Neben der rein phänomenologischen Bewertung der Korrosion beschichteter Metalle, wie sie mit beschleunigten Tests und der Außenbewitterung erhalten wird, hat die moderne Korrosionsforschung vielfältige Testaufbauten geschaffen, um sich der Problematik auch experimentell zu nähern. Wenn sie auch noch weit davon entfernt sind, eine wahrheitsgetreue Vorhersage zu ermöglichen, sind diese modernen Untersuchungsmethoden dennoch leistungsfähige Hilfsmittel zum Verständnis der Korrosion und der durch sie induzierten Enthaftungsvorgänge. Da Korrosion vornehmlich ein elektrochemisches Phänomen ist, haben elektrochemische Prüfverfahren in diesen Studien seit jeher eine wichtige Rolle gespielt. In jüngerer Zeit haben sich die Wissenschaftler darauf konzentriert, analytische Methoden zu kombinieren. Hierzu zählen z.B. optische (Infrarot- und Ramanspektroskopie, insbesondere oberflächenverstärkte und Totalreflektionsmethoden), elektronenoptische und Rasterkraft-Methoden, die die elektrochemischen Tests ergänzen. In zunehmender Zahl werden Versuchsaufbauten geschaffen, die In-situ-Untersuchungen in Echtzeit ermöglichen [7]. Nachfolgend werden ausgewählte elektrochemische Methoden beschrieben.

7.3.2

Elektrochemisches Potenzial

7.3.2.1

Standardpotenzial

Elektrochemische Potenziale treten bei jeder chemischen Reaktion auf, die unter dem freien Fließen von Elektronen abläuft und deshalb mit einem elektrischen Strom verbunden ist. Solche Reaktionen werden gemeinhin als Redox-Reaktionen bezeichnet. Die Spannung, die in einer Brückenschaltung dann gemessen wird, wenn gerade kein elektrischer Strom zu beobachten ist (galvanostatische Methode), wird als das elektrochemische Potenzial definiert. Durch Übereinkunft wird es gegen eine standardisierte Gegenelektrode angegeben, meistens gegenüber der Standard-Wasserstoffelektrode, deren Potenzial mit 0 V definiert ist. Elektrochemische Potenziale, die auf diese Weise angegeben werden, nennt man Standardpotenziale. Je leichter ein Metall oxidiert werden kann, desto niedriger (negativer) ist sein elektrochemisches Potenzial. Auf der anderen Seite zeigt ein hohes (positives) elektrochemisches Potenzial ein sogenanntes Edelmetall an, das gegen (atmosphärische) Korrosion beständig ist. Ausgewählte Standardpotenziale sind in Tabelle 7.2 angegeben [8]. 7.3.2.2

Zyklovoltammetrie

Redox-Systeme können mit Hilfe einer dynamischen Methode untersucht werden, die so durchgeführt wird, dass die Spannung (E) im erwarteten Bereich der betrachteten elektro-

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Elektrochemische Prüfverfahren

143

Tabelle 7.2: Elektrochemische Standardpotenziale ausgewählter Elemente und Verbindungen; Oxidation tritt mit niedrigerem Potenzial leichter ein Beschreibung

Elektrodenreaktion in wässriger Lösung

Pt | F2 | F–

F2 (g) + 2 e – → 2 F–

2,87

Au | AuCl4 –, Cl –

AuCl4 – + 3 e – → Au + 4 Cl –

1,00

Ag | Ag +

Ag + + e – → Ag

0,7991

Fe3+ + e – → Fe2+

0,771

Pt | Fe2+, Fe3+ Pt | H2 | H Pb | Pb Fe | Fe

+

2 H + 2 e – → H2

2+

Fe + 2 e → Fe

-0,4402

Zn + 2 e → Zn

-0,7628

Al + 3 e → Al

-1,662



2+

3+

Mg | Mg

-0,126



2+

2+



3+



Mg + 2 e → Mg

2+

Pt | MnO2 | MnO4

0,0000

Pb + 2 e → Pb 2+

2+

Zn | Zn Al | Al

+

Standardpotenzial E0 bei 25°C (V)

2+



-2,363



MnO4 + 2 H2O + 3 e → MnO2 + 4 OH –





0,588

Pt | O2 | OH –

O2 + 2 H2O + 4 e – → 4 OH –

0,401

Pt | H2 | OH –

2 H2O + 2 e – → H2 + 2 OH –

-0,8280

nach Barrow [8]

chemischen Reaktion auf- und abgeregelt und der Strom (i) aufgezeichnet wird, mit dem das System auf diese Spannungsänderung reagiert. Die Methode wird üblicherweise als Zyklovoltammetrie bezeichnet (engl. cyclovoltammetry, CV). Negative Ströme bezeichnen einen Reduktionsvorgang, während positive Ströme eine Oxidation wiedergeben. Die Fläche (E ⋅ i), die von der Kurve über einer Grundlinie eingeschlossen wird, stellt ein Maß für den Reaktionsumsatz dar. Die zyklische Wiederholung der Spannungsänderung führt zu einer Kurvenschar, die eine Schleife bildet. Im Fall idealer, reversibler Reaktionen sind diese Schleifen geschlossen und von gleichbleibender Form. In realen Systemen treten aber mit höherer Wahrscheinlichkeit irreversible Reaktionen auf, indem z.B. Produkte, etwa durch weiterführende Reaktionen, aus dem Gleichgewicht entfernt werden. In der Konsequenz sind die Kurven daher veränderlich. Abbildung 7.1 zeigt eine typische Schar von Voltammogrammen, wie sie auf einer technischen Zinkoberfläche (Zn) erhalten werden. Kurve (a) repräsentiert die Situation auf Zn, das mit einer natürlichen Oxidschicht bedeckt ist, die die Redox-Reaktionen inhibiert (vgl. auch Kapitel Abbildung 7.1: Zyklovoltammogramme auf verzinkten Ober­ 7.3.3) so dass nahezu über den flächen; (a) natürliche Oxidschicht; (b ) frisch gereinigte 1 gesamten Spannungsbereich kein Zn-Oberfläche – oxidativer Zweig, (b2) reduktiver Zweig Strom gemessen wird. Kurve (b)  Quelle: Fink et al. [10]

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Abprüfung von organischen Beschichtungen

stellt die typische Schleife von metallischem, frisch geätztem Zn dar, auf dem sowohl die Oxidation (b1) des Metalls und die Reduktion (b2) seiner Ionen ablaufen können [9, 10].

7.3.3

Elektrochemische Impedanz-Spektroskopie

Die elektrochemische ImpedanzSpektroskopie (EIS) kann zur Überwachung jeglicher elektrochemischer Aktivität genutzt werden, die an der Grenzschicht zwischen Lack und Substrat im Verlauf der Korrosion und der Zerstörung von Metall-LackBindungen auftritt. Hinsichtlich ihres elektrischen Verhaltens wirkt eine Beschichtung wie eine Barriere mit kapazitiven wie auch resistiven Eigenschaften, die durch einen „Äquivalentschaltkreis“ simuliert werden können. In einem stark vereinfachenden Abbildung 7.2: Schema: EIS-Äquivalentschaltkreis; Modell besteht eine solche SchalRs = Widerstand der Lösung, Rf = Film- (Poren-) Widerstand tung aus einem Widerstand Rct = Ladungsverschiebungswiderstand (Elektronentransport (womit der Tatsache Rechnung durch die Grenzfläche); Cf =Filmkapazität, Cdl = Doppelgetragen wird, dass der Ionenschicht-Kapazität Quelle: Lewis [11] transport durch den Elektrolyten langsamer als der freie Fluss von Elektronen verläuft und damit für einen elektrischen Strom einen Widerstand darstellt) in Reihe mit einer Parallelschaltung eines zweiten Widerstands und eines Kondensators. Dieser zweite Widerstand simuliert die Abbremsung jedes Moleküls oder Ions beim Durchwandern der Poren und Zwischenräume der Beschichtung (Porenwiderstand), während durch den Kondensator das dielektrische Verhalten der Lackschicht wiedergegeben wird, die Metall und umgebenden Elektrolyten voneinander trennt. Sobald an der Metall-Lack-Grenzfläche elektrochemische Vorgänge starten, wird die Situation komplexer. Zur Simulation müssen weitere Elemente in den Äquivalentschaltkreis eingebaut werden, damit Ladungsübergänge, Doppelschichten und ähnliche Phänomene berücksichtigt werden, wie es in Abbildung 7.2 exemplarisch dargestellt ist [11]. EIS-Messungen werden durchgeführt, indem man an eine beschichtete Probe Wechselspannung anlegt, die aufgrund der gemischten Widerstands/Kondensator-Wirkung der Beschichtung einen Responsstrom hervorruft, der mit verschobener Phase oszilliert. Der Phasenwinkel zeigt gewöhnlich ein Maximum, das mit dem Wendepunkt des Impedanzabfalls zusammenfällt (Bode-Diagramm). Die Impedanz kann mit Hilfe von Fourier-Transformation in ihre realen und imaginären Komponenten aufgespalten werden, die man gegeneinander im Nyquist-Diagramm aufträgt. Bei einer einfachen, intakten Beschichtung weist dieses Diagramm normalerweise einen Halbkreis auf, wobei der Radius ein Maß für die Größe der Schutzwirkung ist. Beispielsweise zeigt eine technisch verzinkte Stahloberfläche einen großen Halbkreis in diesem Diagramm (d.h. höheren Schutz), wenn die natürliche Oxidschicht unversehrt ist (Entfettung mit Lösemittel), die hauptsächlich aus gemischtem Oxyhydroxid des Legierungselements Aluminium besteht. Auf einer alkalisch gereinigten Oberfläche steht mehr Oxyhydroxid des Basismetalls Zink an, das reaktiver ist und deshalb im Nyquist-Diagramm einen kleineren Halbkreis her-

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Elektrochemische Prüfverfahren

145

vorruft [12]. Abbauvorgänge der Beschichtung, die durch elektrochemische Aktivität induziert werden, werden durch Verschiebungen und Verformungen der Diagramme angezeigt, wenn die EIS repetierend durchgeführt wird. Im Nyquist-Diagramm resultiert das Auftreten von Filmdefekten in der Ausbildung eines zweiten Halbkreises (d.h. einer zweiten Zeitkonstanten, die die zusätzliche Widerstands/Kondensator-Schleife repräsentiert). In realen Spektren wird dies allerdings oft durch komplexe einhüllende Kurven verschleiert.

7.3.4 Elektrochemische Verfahren mit hoher räumlicher Auflösung 7.3.4.1

Raster-Vibrations-Elektrode (Scanning Vibrating Electrode)

Lokale Korrosionsströme an einer Metall/Elektrolyt-Grenze können mit Hilfe der RasterVibrations-Elektrode (engl. Scanning Vibrating Electrode, SVET) mit hoher räumlicher Auflösung, d.h. im Mikrometer-Maßstab, detektiert und kartografiert werden. Diese Messtechnik erlaubt zerstörungsfreie In-situ-Studien. Sie beruht auf der Messung von Strömen, die durch die im Verlauf der lokalen Korrosionsvorgänge wandernden Ionen hervorgerufen werden. Orte mit anodischen und kathodischen Vorgängen können mit der Methode deutlich getrennt werden. Die Ortsauflösung beträgt einige 10 µm und Stromdichten von weniger als 5 µA/cm2 können erfasst werden. Die Methode wurde beispielsweise zur Untersuchung des Schutzmechanismus an frisch geschnittenen Kanten schmelztauchverzinkter Stahlbleche eingesetzt [13]. In einer anderen Anwendung wurde die Wirkung der Zusammensetzung von Al-legierten Verzinkungen (Galfan, ZA) auf die Korrosionsfestigkeit bestimmt [14]. 7.3.4.2

Höhenregulierte Raster-Kelvinsonde

7.3.4.2.1 Allgemeines Verfahren Der inhibierende Effekt von Konversionsvorbehandlungen kann mit Hilfe von Messungen mit der hochauflösenden höhenregulierten Raster-Kelvinsonde (engl. height-regulated Scanning Kelvin Probe, HR-SKP) studiert werden [15-18]. Die HR-SKP erlaubt die präzise Messung der örtlichen Verteilung von elektrischen Potenzialen unter einer organischen Beschichtung. Damit können auch Veränderungen in der Oxidstruktur und das Eindringen von Ionen erfasst werden. Die lokale Auflösung in x- und y-Richtung beträgt etwa 15 µm. Mit wiederholenden Messungen kann man eine bildhafte Darstellung der Entwicklung und des zeitlichen Verlaufs der Korrosion und der Enthaftung erhalten. Die Höhenregulierung (z-Achse) hat eine Präzision von weniger als 200  nm. Mittels der HR-SKP ist Abbildung 7.3: Schematische Darstellung der höhenregues möglich, zwischen der Schwä- lierten Raster-Kelvinsonde (HR-SKP) chung von Strukturen durch LIA = Einrastverstärker (Lock-in Amplifier); Ref = Referenz­ Feuchtigkeit (Feuchtenthaftung) elektrode mit Kapillarspitze; d = Spitzenabstand über der Quelle: Grundmeier et al. [17] und Redox-Reaktionen (Korrosion) Probe; ∆E = Potenzialdifferenz

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146

Abprüfung von organischen Beschichtungen

zu unterscheiden. Abbildung 7.3 zeigt den experimentellen Aufbau der HR-SKP schematisch. 7.3.4.2.2 Blasentest Ein anderer Test zur Untersuchung des korrosiven Delaminationsmechanismus kombiniert die HR-SKP mit einem Aufbau, der es ermöglicht, den organischen Film gleichzeitig elektrochemisch und mechanisch zu belasten. Die beschichtete Probe wird präpaAbbildung 7.4: Schematische Darstellung des Blasentests riert, indem von der Rückseite ein (HR-SKP-BT) Quelle: Posner et al. [19] kleines Loch durch das Substrat gebohrt wird. Pumpt man nun einen Elektrolyten ein, tritt Delamination ein, sobald die auf den Film ausgeübte hydraulische Kraft die Haftung übersteigt. In der Folge bildet sich ein Bläschen aus, das mit der HR-SKP überwacht wird, so dass über das Wachstum des Bläschens simultan elektrochemische und topografische Information gewonnen wird. Der Test wird als RasterKelvinsonde-Blasentest bezeichnet (engl. Scanning Kelvin Probe Blister Test, HR-SKP-BT). Abbildung 7.4 zeigt ein Schema. Mit diesem Aufbau können kathodische Enthaftungsvorgänge bei variablen Bedingungen hinsichtlich der Luftfeuchte, des Elektrolytdrucks und der Polarisation studiert werden. Die Kombination mit Daten von Untersuchungen der Schälkraft und der Wasseraufnahme (durch Infrarot-Spektroskopie, Attenuated-Total-Reflection Infrared, ATR-IR) bringt nützliche Zusatzinformationen über die Einlagerung von Wasser in den Beschichtungskörper

Abbildung 7.5: Blasentest (HR-SKP-BT) an einer Zn / ZnO /Epoxy-Amin-Grenzfläche bei 500 mbar Elektrolytdruck und 97 % rel. Feuchte; (a) SKP-Potenzialprofile; (b) Filmtopografie 

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Quelle: Elsevier 2009, vgl. Posner et al. [19]

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Außenbewitterungstests

147

und entlang der Grenzfläche. Somit ist eine Unterscheidung möglich, inwieweit die Delamination von Redoxvorgängen getrieben wird oder auf chemischem Wege durch Quellung (Erweichen der Beschichtung, vgl. Kapitel 2.2.1), Hydrolyse und Verdrängung lediglich adsorbierter organischer Bindemittel durch die Wassermoleküle (vgl. Kapitel 6.6.1). Eine grundlegende Studie mit elektrolytisch verzinktem Substrat und einem Epoxy-AminKlebstoff als Modellbeschichtung zeigte, dass das Potenzial im Inneren der Blase innerhalb eines Tages auf den Wert des Zink-Standardpotenzials abfiel, wonach eine stetige, lineare Vergrößerung der korrodierten Fläche beobachtet wurde. Die Korrosion schritt mit einer Geschwindigkeit im Bereich einiger 10 µm/h voran. Die Delaminationsrate in hoher relativer Feuchte (rH = 97 %) wurde zwei- bis dreimal so hoch gemessen als in weniger feuchter Umgebung (rH = 82 %). In topografischer Hinsicht dehnte sich die korrodierte Fläche schneller aus als die Blase, auch wenn dieser Effekt nur bei höherem hydraulischem Druck offenbar wurde. Ganz offensichtlich tritt also die elektrochemische Zersetzung durch Sauerstoffreduktion ein, bevor die mechanische Delamination startet. Bei niedriger Luftfeuchte wird der Vorgang allerdings drastisch gebremst. Dies wird damit interpretiert, dass die Beschichtung nicht ausreichend aufgeweicht ist und ein flüssiger Wasserfilm an der Grenzfläche nicht existiert. Im Endergebnis wird der Ionentransport unterdrückt und die Diffusion von Sauerstoff zur Delaminationsfront verlangsamt [19]. Abbildung 7.5 zeigt ein exemplarisches Bild von Potenzial- und Topografieprofilen in einem HR-SKP-BT-Versuch.

7.4

Außenbewitterungstests

Trotz der Notwendigkeit einer Simulation durch beschleunigte Korrosionstestverfahren können diese natürlich nur eine verkürzte und unvollständige Beschreibung der viel komplexeren Wirklichkeit bieten. Beschichtete Teile werden daher ebenso in der Auslagerung überprüft, wobei verschiedenste Klimate berücksichtigt werden in Bezug auf Sonneneinstrahlung, Temperatur und Luftfeuchte [20, 21]. Dies schließt auch Extreme ein, wie zum Beispiel Florida mit seiner Kombination von Hitze, hoher Luftfeuchte, hoher Salzbelastung und hoher UV-Einstrahlung oder die dichtbevölkerten und industrialisierten Gebiete an den Küsten von Nordsee und Nordatlantik, wo hohe Salzkonzentration und Luftverschmutzung (z.B. durch Schwefeldioxid, SO2) vorherrschen. Verschiedene Testorte wurden eingerichtet, die bezüglich ihrer Klima- und Korrosivitätsklasse kategorisiert sind. Die entsprechende Norm ist die ISO 12944-2 (z. B. C2 = niedrig; C3 = moderat; C5 = sehr stark). Der Verband der europäischen Bandbeschichter (European Coil Coating Association, ECCA) hat ein eigenes Testprogramm unter der Bezeichnung EURODES eingerichtet [22]. Die zertifizierten Prüfeinrichtungen befinden sich in • • • •

Geleen (NL); kontinental/industriell; Korrosivitätsklasse C2 (Stahl)/C2 (Zink) Brest (F); aggressiv marin; (C5/C3) Hoek v. Holland (NL); marin/industriell; (C3/C2) Lissabon (P); hohe UV-Einstrahlung; (C2/C2)

Testbleche werden in definierten Neigungswinkeln exponiert, die der zu untersuchenden Verwendung und der dafür typischen Belastung entsprechen. Für die europäischen Standorte sind dies z.B. • 5° Süd (schwach geneigte Bedachung) • 90° Nord (Fassadenverkleidung) • 45° Süd (Sonneneinstrahlung) Andere europäische Auslagerungsstandorte sind u.a. regionale Einrichtungen, z.B. in Schweden (Bohus Malmön), Südfrankreich (Hendaye), Großbritannien (Sandwich, Kent)

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Abprüfung von organischen Beschichtungen

oder Italien (Fusina, Venedig) [23]. Die akzeptierten Mindestzeiten für eine Auslagerung an den europäischen Standorten betragen zwei bis drei Jahre. Wegen ihrer sehr hohen Sonneneinstrahlung und des subtropischen Klimas wird die Testeinrichtung in Florida auch von europäischen Herstellern und Verbrauchern als Prüfort für die Ermittlung der Dauerhaltbarkeit von Beschichtungsmitteln bevorzugt. An diesem Standort in der Nähe von Daytona Beach bei 29° nördlicher Breite wird die Auslagerung mit einer Deklination von 5° und 45° Süd über Zeiträume von bis zu fünf Jahren vorgenommen [24, 25]. Die Außenbewitterung kann mit einer künstlichen Salzbelastung kombiniert werden, die dadurch erreicht wird, dass die Prüfmuster wöchentlich mit NaCl-Lösung besprüht werden. Das Fortschreiten der Korrosion wird dadurch gewöhnlich um den Faktor Drei bis Vier gegenüber der natürlichen Bewitterung beschleunigt. Das bedeutet, dass Ergebnisse in sechs Monaten statt drei Jahren vorliegen können. Die Automobilindustrie wendet oft kombinierte Testprogramme an, die Feuchtebelastung, Salzsprühnebelprüfung und ausgedehnte Belastung in Fahrtests einschließen [26].

7.5

Literatur

[1] Meuthen, B., Jandel, A.-S., Coil Coating, 2. Auflage, Vieweg, Wiesbaden 2008, S. 193 [2] Kittel, H., Streitberger, H.-J. (Hrsg.), Lehrbuch der Lacke und Beschichtungen (Coursebook of Paints and Coatings), Band 6, 2. Auflage, Hirzel, Stuttgart 2008, S. 321 ff [3] anon., Internationale Qualitätsrichtlinien für die Beschichtung von Bauteilen aus Aluminium (International Quality Standards for the Coating of Work Pieces…), GSB AL 631, ed. 07/2009, Gütegemeinschaft für die Beschichtung von Bauteilen (GSB International), Schwäb. Gmünd 2009, S. 35 ff [4] Goldschmidt, A., Streitberger, H.-J., Basic of Coating Technology, 2. Auflage, BASF Coatings AG, Münster 2007, S. 429 ff [5] LeBozec, N., Blandin, N., Thierry, D., Accelerated corrosion tests in the automotive industry: A comparison of the performance towards cosmetic corrosion, Materials and Corrosion 59, 2008, S. 889 ff [6] Yasuda, H. K., Reddy, C. M., Yu, Q. S., Deffeyes, J. E., Bierwagen, G. P., He, L., Effect of Scribing Modes on Corrosion Test Results, Corrosion 57, 2001, S. 30 [7] Grundmeier, G., Stratmann, M., Adhesion and De-Adhesion Mechanisms at Polymer/Metal Interfaces: Mechanistic Understanding Based on In Situ Studies of Buried Interfaces, Annu. Rev. Mater. Res. 35, 2005, S. 571, 577 [8] Barrow, G. M., Physikalische Chemie (Physical Chemistry), Band 3, 3. Auflage, Bohmann-Vieweg, Vienna 1977, S. 213 [9] Klimow, G., Fink, N., Grundmeier, G., Electrochemical Studies of the Inhibition of Cathodic Delamination of Organically Coated Galvanised Steel by Thin Conversion Films, Electrochim. Acta 53, 2007, S. 1290 ff [10] Fink, N., Wilson, B., Grundmeier, G., Formation of Ultra-Thin Amorphous Conversion Films on Zinc Alloy Coatings, Part 1: Composition and Reactivity of Native Oxides on ZnAl (0.05%)-Coatings, Electrochim. Acta 51, 2006, S. 2956 ff [11] Lewis, O. D., A Study of the Influence of Nanofiller Additives on the Performance of Waterborne Primer Coatings, Diss., Loughborough Univ., Loughborough 2008, S. 81 [12] Fink, N., Wilson, B., Grundmeier, G., Formation of Ultra-Thin Amorphous Conversion Films on Zinc Alloy Coatings, Part 1: Composition and Reactivity of Native Oxides on ZnAl (0.05 %)-Coatings, Electrochim. Acta 51, 2006, S. 2969 [13] Thébault, F., Vuillemin, B., Oltra, R., Ogle, K., Allely, C., Investigation of self-healing mechanism on galvanized steels cut edges by coupling SVET and numerical modeling, Electrochim. Acta 53, 2008, S. 5226 ff [14] Taylor, C. J., Elvins, J., Sullivan, J. H., Worsley, D. A., Corrosion Performance Evaluation of Zn/Al Galvanized Steels Using the Scanning Vibrating Electrode Technique (SVET), Electrochem. Soc. Transactions 13, 2008, S. 95 ff [15] Grundmeier, G., Stratmann, M., [7], S. 590 ff [16] Grundmeier, G., Schmidt, W., Stratmann, M., Corrosion Protection by Organic Coatings: Electrochemical Mechanism and Novel Methods of Investigation, Electrochim. Acta 45, 2000, S. 2515 ff [17] Grundmeier, G., Wapner, C., Stratmann, M., Applications of a New Height Regulated Scanning Kelvin Probe for the Study of Polymer / Metal Interfaces in Corrosive Environments, ICEPAM Conf. Oslo, SINTEF, Trondheim 2004, www.sintef.no/static/mt/norlight/ICEPAM/09-Grundmeier_Max-Planck.pdf; (15-03-2010; 19:12 h) [18] Klimow et al. [9], S. 1290 ff

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Literatur

149

[19] Posner, R., Giza, G., Vlasak, R., Grundmeier, G., In-situ electrochemical Scanning Kelvin Probe Blister Test studies of the de-adhesion kinetics at polymer/zinc oxide/zinc-interfaces, Electrochim. Acta 54, 2009, S. 4837 ff [20] Goldschmidt A., Streitberger, H.-J., [4], S. 431 ff [21] Meuthen, Jandel [1], S. 194 [22] anon., Eurodes Programme, Eurodes: Outdoor Exposure, European Coil Coating Association (ECCA), Brüssel 2009; www.prepaintedmetal.eu/prg/selfware.pl?id_sitemap=190&language=EN; (15-03-2010; 19:14 h) [23] Pietschmann, J., Gardein, R., Filiform Corrosion and Results of 10 Years Natural Weathering, Galvanotechnik 106, 2008, S. 1764 ff [24] anon., (GSB International) [3], F. 44 [25] anon., Florida Subtropical Exposure Facility, Brochure: Battelle Florida Materials Research Facility, Battelle Memorial Institute, Columbus OH, USA 2010; www.battelle.org/daytona.aspx; (16-03-2010; 16:31 h) [26] Goldschmidt A., Streitberger, H.-J., [4], S. 445 f

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Substrate

8

151

Chemische Konversionsbehandlung Jörg Sander

8.1

Substrate

Für die industrielle Lackierung dienen verschiedene Metalle als Untergrund. Hierbei ist allerdings Stahl der meistgenutzte Werkstoff. Dank seiner weiten Verbreitung auf der Erde und seiner nutzbringenden Eigenschaften, insbesondere seiner mechanischen Festigkeit und seiner Duktilität (Verformbarkeit), hat Eisen (Fe) die menschliche Kultur und Wirtschaft seit drei Jahrtausenden dominiert und diese Epoche zum „Eisenzeitalter“ der Menschheitsgeschichte gemacht. Als eine Hommage an dieses Metall stellt das „Atomium“, Wahrzeichen der Brüsseler Weltausstellung von 1958, ein Modell des Eisenkristalls in 165-milliardenfacher Vergrößerung dar. Dieses Bauwerk, ursprünglich mit Aluminiumblechen (!) verkleidet, wurde 2006 restauriert und seine Außenhaut diesmal in Edelstahl ausgeführt [1]. Die Lithosphäre der Erde enthält etwa 4,5 bis 5 % Eisen, was einer Menge von zwei Trillionen (1018) Tonnen entspricht, hauptsächlich als Silikate, oxidische und sulfidische Erze [2]. Eisen wird in Hochöfen durch Aufschmelzen des Erzes mit Koks und Kalk in sauerstoffverarmter Atmosphäre gewonnen, wobei das geschmolzene Metall von der Silikat/Carbonat-Schlacke abgetrennt wird. Das Roheisen wird dann im Konverter-Verfahren durch kontrollierte Oxidation zu Stahl verarbeitet. Weitere Prozessschritte zum Zusetzen von Legierungselementen und zur Glühveredelung führen zu einer großen Bandbreite von Stahlsorten unterschiedlicher Qualitäten [3]. Hochlegierte Stähle weisen besondere Eigenschaften auf, wie z.B. Edelstahl (Legierungselemente: Chrom, Mangan, Nickel, Molybdän) oder Elektroblech mit hoher magnetischer Suszeptibilität (Silicium). Allerdings werden nur unbedeutende Mengen dieser Materialien in der Folge lackiert. Niedrig legierter „Kohlenstoffstahl“, bildet an der Oberfläche rasch dicke Oxidbeläge, wenn man ihn der Atmosphäre aussetzt; diese setzen sich aus FeO (Wüstit), dem Mischoxid Fe3O4 (Magnetit) und Fe2O3 (Hämatit) zusammen. Massive Stahlteile werden durch Gießen, Warmschmieden, Strangpressen oder Warmwalzen produziert. Die über diese „warmen“ Herstellverfahren erzeugten Werkstücke entwickeln meistens einen dicken Oxidbelag (Zunder), der vor allen nachfolgenden Beschichtungsverfahren eine mechanische Reinigung und einen Beizvorgang erforderlich macht (vgl. Kapitel 3.3). Die Stahlsorte wird stets im Hinblick auf die beabsichtigte Verwendung gewählt. Besondere Qualitäten und Anforderungen an die Materialfestigkeit werden gestellt, wenn es um das Rollprofilieren, Biegen, Tiefziehen oder andere Verfahren der Metallverarbeitung geht. Mechanische und technologische Spezifikationen des Stahlgrundwerkstoffs und jeglicher metallischer Beschichtungen sind Gegenstand von Normen [4]. Stahlblech hoher Oberflächenqualität wird durch Kaltwalzen hergestellt, wodurch die Dicke des warmgewalzten Ausgangsmaterials weiter reduziert wird. Kaltgewalzter Stahl wird für Anwendungen im Innenraum eingesetzt wie Möbel, einige Haushaltsgeräte und Beleuchtungskörper. Für Außenanwendungen wie z.B. die Pkw-Produktion, Fassadenverkleidungen oder Bedachungen wird das meiste Material allerdings durch Schmelztauch- oder Elektrolyseverfahren mit einer Zinkbeschichtung (Zn) versehen, um die Bildung rotbraunen Eisenoxids (Rost) zu vermeiden. Jörg Sander et al.: Korrosionsschutz durch Beschichtungen © Copyright 2011 by Vincentz Network, Hannover, Germany

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Chemische Konversionsbehandlung

Zinkbeschichtungen dienen als erste Schutzbarriere gegen Korrosion. Wegen seines geringeren elektrochemischen Potenzials ist Zink unedler als Eisen [5] (vgl. auch Kapitel 2.1), und korrodiert deshalb bevorzugt. Allerdings wird diese Korrosionsreaktion kinetisch verlangsamt durch die Bildung einer dichten Oberflächenschicht aus gemischtem Zinkoxid, -hydroxid und -carbonat (vgl. Kapitel 3.3.3.1). Außerdem sind diese Korrosionsprodukte farblos (Weißrost). Die Lebensdauer einer Zinkbeschichtung wird durch ihre Dicke bestimmt. Unter normalen Bewitterungsverhältnissen wurde für die Dickenabnahme einer solchen Schicht eine Größenordnung von etwa 0,4 µm/a (2,5 bis 3,5 g/[m2a]) angegeben [6]. Auf schmelztauchverzinktem Metallblech wird die Zinkschicht in schnelllaufenden Bandanlagen im kontinuierlichen Betrieb erzeugt, indem der gereinigte und geglühte Stahl in eine Zinkschmelze getaucht wird. Das Zink kann Aluminium (Al) und geringe Mengen anderer Legierungselemente enthalten, z.B. Silicium (Si), Blei oder Antimon. Spezifiziertes legierungsverzinktes Stahlband ist unter der Bezeichnung „Galfan“, ZA (5 % Al), oder „Galvalume“, AZ (55 % Al; 1,6 % Si) bekannt. Nach der Zinkschmelze wird das Band mit Pressluft abgekühlt (Luftmesser), um damit gleichzeitig auch die Zn-Dicke einzustellen. Stand der heutigen Technik ist eine feinkristalline Oberfläche ohne die sogenannte „Zinkblume“. In jüngerer Zeit werden ternäre Systeme mit Magnesium und Aluminium in den Markt gebracht, die eine Korrosionsfestigkeit haben, die derjenigen des ZA überlegen ist [7]. Tabelle 8.1: Substrate Eisenmetalle

Nicht-Eisenmetalle

Stahl, Edelstahl

Aluminium (Stranggusslegierungen)

metallisch beschichteter Stahl

Aluminium (Gusslegierungen mit Si, Cu)

- verzinkt, legierungsverzinkt

Magnesium

- elektrolytisch verzinkt, ~ legierungsverzinkt

Zinkdruckguss, Reinzink-Blech

- aluminiert

andere (Kupfer, Messing usw.)

- Weißblech

Elektrolytisch verzinktes Blech wird in einem kontinuierlichen Bandverfahren durch Abscheiden von Zn oder Zn-Legierungen aus einer Elektrolytlösung auf das saubere, geglühte und feindressierte Stahlband erzeugt. Die Dicke der Zn-Schicht kann durch die Auswahl der Elektrolysebedingungen kontrolliert werden. Tabellen 8.1 und 8.2 fassen wichtige Substrate für die industrielle Lackierung zusammen.

Tabelle 8.2: Gebräuchlichste Substrate im Coil Coating Substrate

Verwendung

Grundmetall

Beschichtung

Kaltwalz-

keine

Stahl (CRS)

elektrolytisch verzinkt (EG)

3 bis 7,5

ZE

schmelztauchverzinkt (HDG)

7 bis 30

Z

innen, außen

x

x

Galfan

7 bis 30

ZA

innen, außen

x

x

Galvalume

15 bis 30

AZ

außen x

x

Aluminium

Auflage [µm]

Symbol*

Architektur

Haushaltsgeräte

Transport

innen x

innen, außen

* Symbolsystem vgl. Meuthen, Jandel [4]

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Substrate

153

Aluminium [8-10] (Al) ist das am häufigsten auftretende Metall der äußersten Erdkruste, der sogenannten „Sial-Schicht“, in der es etwa 8 % ausmacht. Da es sogar noch unedler als Zink ist, findet man es fast ausschließlich in oxidiertem Zustand in Silikat- und Carbonaterzen, d.h. Tonerden und Bauxitmineralien. Bauxit enthält etwa 50 % Al-Oxide. Nach der Entdeckung des Elements Al im frühen 19. Jahrhundert dauerte es noch fünf Jahrzehnte, bis es erstmals in industriellem Maßstab gewonnen wurde. Der heutige, verbesserte Prozess erfolgt über die heiße Extraktion von Al-Oxid aus dem Mineral mit Hilfe von Natriumhydroxid-Lösung, aus der Al-Hydroxid, Gibbsit, Al(OH)3, beim Abkühlen ausgefällt und abfiltriert wird. Durch Entwässerung bei 1100 °C in Wirbelschichtöfen erhält man reines Al-Oxid, Al2O3. Elementares Al wird schließlich aus dem Oxid durch Schmelzflusselektrolyse in einer Kryolithschmelze, Na3(AlF6), gewonnen. Das Verfahren ist sehr energieintensiv, bis zu 16 kWh je Kilogramm Al werden verbraucht. Da das Recycling von Al-Schrott sehr viel weniger Energie verzehrt, ist solches rückgewonnenes Material (Sekundär-Al) für die Aluminiumindustrie eine wichtige Rohstoffquelle. Im Jahr 2007 betrug die Weltproduktion 38 Mt Primär- und 9,6 Mt Sekundär-Al. Trotz seines niedrigen Standardpotenzials ist technisches Aluminium korrosionsbeständig, da es unter normalen atmosphärischen Bedingungen dichte Oxidlagen an seiner Oberfläche bildet. Diese Schichten verhindern das Fortschreiten von Strukturkorrosion, solange die Metalloberfläche neutral ist und keine Kontaktkorrosion mit edleren Metallen stattfinden kann. Korrosionsphänomene auf Al-Oberflächen treten deshalb nur dann in Erscheinung, wenn es sich um kupferhaltige Legierungen handelt oder wenn saure Bedingungen herrschen, wie etwa bei der sogenannten Filiformkorrosion (vgl. Kapitel 6.6.2.2). Eine Vielzahl von Al-Legierungen wird für unterschiedlichste technische Zwecke genutzt. Tabelle 8.3 zeigt typische Legierungen und ihre Anwendungen [11, 12]. Al-Gusslegierungen [13, 14] weisen oftmals hohe prozentuale Anteile an Silicium (Si), Kupfer (Cu) und Magnesium (Mg) sowie kleinere Mengen an zusätzlichen Elementen auf, um so Materialien mit besonders guter Verarbeitbarkeit und Festigkeit zu erhalten. Typische Legierungen für den Kokillenguss enthalten 8 bis 12 % Si, bis zu 3 % Cu und/oder bis zu 10 % Mg. Beim Reinigen und Beizen solcher Legierungen mit starken Alkalien verursachen diese Tabelle 8.3: Aluminiumlegierungen und ihre typische Verwendung Legierung

AAa Schlüssel

Eigenschaften

Verwendung

Al 99 % min

1xxx

Cu

2xxx

+ mechanisch – Korrosionsschutz

Luftfahrtindustrie

Mn

3xxx

+ mechanisch ~ Tiefzug

Lebensmittelverpackung, Architektur, Wärmetauscher

Si

4xxx

+ Guss

allg. Konstruktionen, Wärmetauscher

Mg

5xxx

+ Festigkeit nach Kaltverformung

Lebensmittelverpackung, Automobil, Transport, Architektur

Mg, Si

6xxx

+ Festigkeit

Automobil, Architektur, Transport

Zn

7xxx

– Korrosionsschutz

Luft- und Raumfahrt, Wärmetauscher

andere

8xxx

Folie, Blech, Lithografie

Folie (Fe), Luftfahrtindustrie (Li)

a The Aluminium Association Inc.

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154

Chemische Konversionsbehandlung

Legierungselemente die Bildung dunkler Beläge (Beizbast) auf den Werkstückoberflächen, z.B. Anreicherungen von elementarem Si und Metasilikat, Na2SiO3, zu deren Entfernung eine Beizbehandlung mit Flusssäure (HF) erforderlich ist. Zu den Alternativen, mit denen die Anwendung des hochgiftigen und gefährlichen HF vermieden werden kann, zählt die Si-Verarmung der Gussstückoberflächen.

8.2

Vorbehandlungschemikalien

8.2.1 Allgemeines Die Haftung einer Beschichtung hängt in höchstem Maß von der Art des Substrats und seiner ordnungsgemäßen Reinigung und Konversionsbehandlung [15-18] (Vorbehandlung) ab. Diese müssen in einem dem jeweiligen Untergrund angepassten Verfahren durchgeführt werden, das außerdem erhöhten Korrosionswiderstand und Dauerhaftigkeit sichert. Der Lackiervorgang schließt deshalb vorangeschaltete Arbeitsschritte für das Reinigen und Vorbehandeln ein. Unmittelbar anschließend wird dann der Lack appliziert. Vor allem, wenn ein flexibles Substrat zu beschichten ist, das lackierte Gut während seiner Nutzung dynamischer Beanspruchung unterliegt oder der Gesamtlackaufbau dünn ist (z.B. < 35 µm), hat die Lackierung oft einen Aufbau aus separater Grundierung (Primer) und Decklack. Manchmal werden sogar noch weitere Lackschichten eingesetzt, um mechanische Lasten besser zu verteilen oder der lackierten Oberfläche zusätzliche schützende Funktionen zu verleihen (Kratzfestigkeit, Belagsverhinderung, Verrottungsschutz usw.). Der Primer wird verwendet, um die Korrosionsfestigkeit zu erhöhen und die Haftung zu verbessern, während der Decklack die gewünschte Farbe, den Glanz und ggf. die Oberflächentextur beisteuert. Will man ein langlebiges, ästhetisch ansprechendes Produkt mit hoher Widerstandsfähigkeit unter allen Umweltbedingungen schaffen, besteht die hervorragendste Aufgabe der Vorbehandlung und Grundierung darin, den Korrosionsschutz zu erzeugen. Vorbehandlung und Primer schließen die Unterwanderung der organischen Beschichtung nach einer Beschädigung oder einem Durchstoßen aus oder verzögern sie wenigstens. Nach gründlicher Reinigung (vgl. Kapitel 3) ist die chemisch saubere, noch nasse Oberfläche extrem reaktionsfreudig. Man muss sie deshalb unverzüglich inertisieren, indem man sie mit einer dünnen, nicht-metallischen Schicht überzieht, die gleichzeitig als Passivierung dient und die Haftung zu der nachfolgenden Lackschicht vermittelt. Die typischen spezifischen Massen dieser Vorbehandlungsschichten liegen zwischen 50 und 500 mg/m2, Dicken von 20 bis 100 nm sind üblich. Die meisten Konversionsschichten werden in Spritz- oder Tauchverfahren appliziert. Besonders weite Verbreitung haben die Alkalipassivierung, die Chromatierung und PhosphatieTabelle 8.4: Konventionelle Coil Coating-Vorbehandlungen für Architektur, Weiße Ware usw. Verfahren

Substratea

Anmerkungen

Alkalipassivierung

Z, ZA, AZ, ZE

Chromat-Nachspülung

Gelbchromatierung

Z, ZA, AZ, ZE, Al

Chromat-Nachspülungb

Grünchromatierung

Al

lebensmitteltauglich

No-Rinse-Verfahren

Z, ZA, AZ, ZE, Al, St

chromathaltig

Eisenphosphat

St

Chromat-Nachspülung

 bkürzungen: Z: schmelztauchverzinkt, ZA: Galfan, ZE: elektrolytisch verzinkt, AZ: Galvalume (AluZinc), Al: Aluminium, A St: Kaltwalzstahl b außer Aluminium a

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Vorbehandlungschemikalien

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rungsprozesse gefunden. Bei diesen Verfahren ist eine Frischwasserspüle nach dem Aktivbad erforderlich, um überschüssige Chemikalien und Nebenprodukte vom Werkstück zu entfernen. In vielen Fällen werden Nachspülen eingesetzt, um die Korrosionsfestigkeit zu erhöhen. Hierfür stehen chromathaltige oder chromfreie Nachbehandlungen zur Verfügung. Tabelle 8.4 fasst beispielhaft die bisher gängige Vorbehandlungstechnologie zusammen, wie sie in der Bandbeschichtungsindustrie im Einsatz ist. Vor allem das schmelztauchverzinkte Band (Z) wird kommerziell entweder mit der Alkalipassivierung oder mit sauren, chromathaltigen Verfahren vorbehandelt. Kaltgewalzter Stahl (St) wird üblicherweise mit der sogenannten Eisenphosphatierung behandelt. Alle diese Verfahren werden im Regelfall mit einer chromathaltigen Nachspüle abgeschlossen. Nach jeder Art der Vorbehandlung muss das Werkstück vollständig trocken sein, bevor es weiter in die Lackierstation kommt. Stand der Technik sind hier indirekt befeuerte Heißluftöfen, Infrarot- oder Induktionstrockner.

8.2.2 Alkalipassivierung Die Alkalipassivierung [19, 20] war und ist für schmelztauchverzinktes Band das beherrschende Vorbehandlungsverfahren. Die Behandlungslösung enthält Natriumhydroxid, Eisen- (Fe) und Kobaltverbindungen (Co) sowie Komplexierungsmittel als Lösungsvermittler. Im Verlauf der Reaktion wird eine Zinkoxidschicht gebildet, die die Fe- und Co (oder Ni)-Ionen in einem Spinell-artigen Kristallgitter enthält. Die Alkalipassivierung vermittelt herausragende Haftung und erlaubt daher extreme Umformungen. Um eine ausreichende Korrosionsfestigkeit zu erreichen, ist allerdings eine Nachspülung erforderlich. Typische spezifische Massen der Beschichtungen rangieren zwischen 0,2 und 0,4 g/m2. Die Schlüsselreaktionen der Schichtbildung werden in den Gleichungen 8.1 bis 8.3 illustriert. Gleichung 8.1

2 Co(OH)2 + 0,5 O2 → CoO(OH) + H2O

Co-Oxidation

Gleichung 8.2

2 CoO(OH) + Zn(OH)2 → Zn(Co2O4) ↓ + 2 H2O

Zn,Co-Spinell

Gleichung 8.3

2 Fe + Co + 8 OH → Co(Fe2O4) ↓ + 4 H2O

Co,Fe-Spinell

3+

2+



Die Konversionsschicht wird durch eine Nachspülung komplettiert, die Chrom(III)und Chromationen enthält. Die Alkalipassivierung ist für alle verzinkten Untergründe einschließlich der aluminiumlegierten Werkstoffe Galfan and Galvalume geeignet, im Gegensatz zu früheren Veröffentlichungen [21]. In der jüngeren Vergangenheit wird die Verwendung von Schwermetallen zunehmend kritisch gesehen, die wie Cr und Ni giftige Verbindungen bilden, in deren Gefolge auch Co. Folgerichtig sind chromfreie Nachbehandlungsverfahren eingeführt worden. In Europa wurden außerdem Entwicklungsanstrengungen unternommen, in den Verfahren der Alkalipassivierung die Schwermetalle durch Magnesium (Mg) zu ersetzen [22]. Diese Entwicklungen konnten sich allerdings nicht durchsetzen. Stattdessen haben sich einstufige, chromfreie No-Rinse-Vorbehandlungen ausgebreitet (vgl. Kapitel 8.2.7).

8.2.3 Phosphatierung 8.2.3.1

Eisenphosphatierung

Der Begriff „Phosphatierung“ [23] wird für zwei unterschiedliche Vorbehandlungsklassen verwendet, nämlich die Eisenphosphatierung und die Zinkphosphatierung. Das Verfahren der Eisenphosphatierung [24, 25] besteht in der Behandlung von Stahloberflächen mit einer sauren Natriumphosphatlösung (Dihydrogenphosphat). Eisen wird durch den Angriff der Säure aufgelöst und eine dünne, amorphe Eisenphosphatschicht gebildet. Die Stärke dieser

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Chemische Konversionsbehandlung

Schicht kann durch Zusatz von Oxidantien wie Molybdat, Chlorat oder organischen Nitroverbindungen erhöht werden, die die Bildung von Wasserstoff unterdrücken und somit die Nettoreaktion beschleunigen. Gleichung 8.4

6 Fe + 3 NaClO3 + 18 H+ → 6 Fe3+ + 3 NaCl + 9 H2O

Gleichung 8.5

Fe3+ + H2PO4– → FePO4 ↓ + 2 H+

Kommerzielle Verfahren zur Eisenphosphatierung enthalten gewöhnlich auch Tenside. Hierdurch eignen sie sich auch für den Einsatz als Reiniger. Der Prozess wird oft in zwei Stufen mit Zwischen- und Nachspüle durchgeführt, wobei das erste Bad, z.B. durch Zusatz von Tensiden, dem Reinigungszweck angepasst wird, während das zweite Aktivbad durch Hinzufügen von Phosphorsäure auf einen niedrigeren pH-Wert eingestellt wird. Das Verfahren kann in Tauch- oder Spritzanlagen angewandt werden. Die Konversionsschicht weist spezifische Massen von 0,2 bis 1 g/m2 auf. Die Eisenphosphatierung vermittelt ein Basisniveau für den Korrosionsschutz. Zur Verbesserung der Leistung kann die Abschlussspüle mit einer Versiegelung einschließlich chromathaltiger Chemikalien durchgeführt werden. 8.2.3.2

Zinkphosphatierung

Die Zinkphosphatierung [26-28] ist Stand der Technik in der Vorbehandlung von Automobilkarosserien oder Gehäusen für Haushaltsgeräte. Für den üblichen Herstellungsprozess von Pkw ist sie besonders geeignet. Pkw-Karosserien werden aus einer Reihe von Werkstoffen konstruiert. In der Hauptsache bestehen sie aus schmelztauch- oder elektrolytisch verzinktem Stahl, können jedoch auch Feinblech (Kaltwalzstahl) und Aluminium enthalten. Nach Reinigung und Phosphatierung wird die gesamte Karosserie mit einer kathodischen Elektrotauchgrundierung beschichtet. Zinkphosphat-Vorbehandlungen ergeben kristalline Beschichtungen von 0,5 bis 4 g/m2, die hauptsächlich aus Hopeit, Zn3(PO4)2 * 4 H2O, bestehen, aber auch mangan- (Mn) und nickeldotierte (Ni) Phosphate enthalten, die die Stabilität gegen die hohen pH-Werte erhöhen, die während der Elektrotauchlackierung auftreten (Trikation-Phosphat-Technologie). In jüngeren Entwicklungen werden Magnesium- (Mg) oder Calciumphosphate (Ca) verwendet. Bäder für die Zinkphosphatierung enthalten außerdem z.B. Nitrit oder Hydroxylamin als Beschleuniger. Übliche Mn- und Ni-Gehalte in der Schicht sind 4 bzw. 0,5 %. Auf Eisensubstraten werden eisenhaltige Phosphatkristalle abgeschieden, das Phosphophyllit, Zn2Fe(PO4)2 * 4 H2O. Hochwertige Zinkphosphatschichten erfordern eine kontrollierte Kristallgröße. Diese kann z.B. durch Applikation von Titanphosphat-Dispersionen (Slurries) erreicht werden, die Impfkerne für das Kristallwachstum liefern [29]. Übliche Kristallgrößen liegen bei 1 bis 3 µm. Kleinere Kristalle ermöglichen dünnere, dafür dichtere Phosphatschichten für eine bessere Umformbarkeit. Gleichung 8.6

Zn + 2 H+ → Zn2+ + H2 ↑

Gleichung 8.7

3 Zn2+ + 6 H2PO4– → Zn3(PO4)2 ↓ + 4 H3PO4

Die Anwendung von Al hat wegen der geringen Dichte dieses Materials und der bei seinem Einsatz erzielten Gewichtsersparnis und dem daraus folgenden geringeren Kraftstoffverbrauch zugenommen. Al findet sich oft als Werkstoff in Anbauteilen, wie Motorhauben, Kofferraumdeckeln und Türen, und auch im Rahmen und in der Achskonstruktion. Weil freie Al3+-Ionen die Abscheidung von Zn-Phosphat unterdrücken, müssen sie durch geeignete Maßnahmen maskiert werden. In Multimetall-Phosphatierungen sind daher fluoridhaltige Anionen anwesend. Obwohl Komplexfluoride wie Hexafluorokieselsäure oder Hexafluorotitansäure bevorzugt werden, ist ein gewisser Anteil an freiem Fluorid unerlässlich, der bevorzugt in Form von Ammoniumhydrogenfluorid eingesetzt wird [30]. Die freie Fluoridkonzentration kann mittels Fluoridionen-sensitiver Elektroden gemessen werden.

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8.2.4 Chromatierung Historisch betrachtet sind die einzigartigen Eigenschaften des Chroms für Vorbehandlungen ebenso wie für Lacke der entscheidende Faktor gewesen. Chrom stellt in seinen Oxidationsstufen +VI und +III ein elektrochemisches Paar dar, das die meisten korrosiven Reaktionen auf einer Metalloberfläche unterdrücken kann [31]. Die meisten klassischen Vorbehandlungsverfahren wiesen daher mindestens eine Prozessstufe mit chromathaltigen Chemikalien auf, um die erforderliche Korrosionsbeständigkeit des Endprodukts zu erreichen. Typische Reaktionen für die Bildung einer Chromat-Konversionsschicht auf einer verzinkten Oberfläche können, wie in den Gleichungen 8.8 bis 8.10 dargestellt, beschrieben werden. Die Oberflächenreaktion wird durch den Säureangriff auf das Zink und die anschließende Filmbildung über eine partielle Reduktion des Chromats charakterisiert. Durch diese Reaktionen wird Säure verbraucht und Zink aufgelöst. Verwendet man Tauch- oder Spritztechnik und entfernt man kontinuierlich Badlösung durch Ausschleppen und Überlauf, ändert sich die Badzusammensetzung über die Zeit. In der Praxis ist es daher erforderlich, den pH-Wert und den Gehalt an Badinhaltsstoffen zu korrigieren. Dies geschieht durch Hinzufügen einer geeignet konfektionierten Nachschärflösung (engl.: Replenisher), die kontinuierlich oder in kurzen Intervallen zu dosiert wird. Gleichung 8.8

Zn + 2 H+ → Zn2+ + 2 [H]

Gleichung 8.9

2 H+ + 6 [H] + 2 CrO42– → Cr2O42– + 4 H2O

Gleichung 8.10

Zn2+ + Cr2O42– → Zn(Cr2O4) ↓

Chromationen verbleiben in diesen Schichten und bewirken deren „Selbstheilung“. Ähnliche Überlegungen gelten für Substrate aus Kaltwalzstahl oder Aluminium. Besonders Vorbehandlungen für Aluminium sind eingehend untersucht worden, um die Prinzipien zu verstehen, mit deren Hilfe geeignete Chemie für den Chromatersatz identifiziert werden könnte [32]. Gleichung 8.11

Al + 2 H2O AlO(OH) ↓ +3 [H]

Gleichung 8.12

CrO42– + 3 [H] + PO43– + 5 H+ → Cr(PO4) ↓ + 4 H2O

Gleichungen 8.11 und 8.12 stellen die Situation für die sogenannte Grünchromatierung dar, d.h. die Chrom(III)-Phosphat-Schicht, die aus einer Chromatbehandlungslösung in Anwesenheit von Phosphorsäure abgeschieden wird. Diese Schicht enthält selbst kein Chrom(VI) (= Chromat) mehr. Da Chrom(III)-haltige Verbindungen praktisch unlöslich und außerdem ungiftig sind, werden solche Konversionsschichten seit Jahrzehnten als Ersatz der „gelben“ Chrom-Chromat-Behandlungen auf Al-Oberflächen eingesetzt, insbesondere auch als Vorbehandlung im lebensmittelnahen Bereich (Konserven, d.h. Nahrungsmittelverpackungen, Getränkedosen und -deckel).

8.2.5 Anodisieren von Aluminium Obwohl chromathaltige Chemikalien seit Jahrzehnten im Einsatz sind, war die Diskussion über Umwelt- und Gesundheitsrisiken und die damit verbundene gesetzgeberische Aktivität für die Beschichtungsindustrie der Anlass, nach „grüneren“, umweltverträglicheren Lösungen zu suchen. Es ist zu erwarten, dass das Inkrafttreten der neuen Chemikaliengesetzgebung REACH den Ersatz der Chromatverfahren beschleunigen wird, die zwar technisch erprobt sind, aber eine Gefahr für die menschliche Gesundheit und die Umwelt darstellen (vgl. Kapitel 8.2.10) [33]. Zusätzliche wirtschaftliche Faktoren treiben den Bedarf nach neuen Entwicklungen bei den Beschichtungen weiter an. Die Anodisierung eröffnet einen solchen Zugang zur chromfreien Vorbehandlung von Aluminiumoberflächen. Das Verfahren wird üblicherweise für das Erzeugen dichter Oxidschichten

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eingesetzt, die für sich allein eine ausreichende Schutzschicht darstellen. Diese Schicht wird entweder farblos gehalten oder mit anorganischen oder organischen Farbstoffen gefärbt, die in den Poren des anodischen Films niedergeschlagen werden, bevor man diese Poren in einem Hydrothermalverfahren schließt. Verfahren zur Dünnschicht-Anodisierung sind auch so adaptiert worden, dass sie als Vorbehandlung vor dem organischen Beschichten dienen können. Der Anodisierprozess wird durchgeführt, indem die Werkstücke in ein Säurebad getaucht und einer Elektrolysebehandlung mit asymmetrischem Wechsel- oder gepulstem Gleichstrom unterzogen werden. Die Aluminiumoberfläche wandelt sich dabei mit einer typischen Wuchsrate von 3 µm/min in Aluminiumoxid, Al2O3, um. Das Oxid bildet eine wabenartige Struktur mit Poren in den Zellmitten aus. Im normalen Anodisierprozess ist der übliche Elektrolyt Schwefelsäure. Der Anodisiervorgang wird solange durchgeführt, bis die Schichten 20 µm erreicht haben. Anschließend nimmt man die hydrothermale Behandlung zum Verschließen der Poren vor. Im Gegensatz hierzu sind die anodischen Filme nur dünn (3 bis 8 µm) und bleiben unversiegelt, wenn sie als Vorbehandlung vor dem Lackieren verwendet werden sollen. In der Vergangenheit wurde Phosphorsäure als Elektrolyt eingesetzt, mit der sich flexiblere, weniger spröde anodische Filme erzeugen lassen. Heutzutage ist auch bei dieser Verwendung das Schwefelsäure-Gleichstrom-Verfahren bevorzugt. Die geeigneten Verfahrensparameter und die erzielbaren Qualitätsmerkmale sind Gegenstand industrieller Normung [34]. Besonders im Luftfahrt- und Militärsektor stellt Chromat mit Rücksicht auf die hohe Belastbarkeit unter härtesten Bedingungen jedoch immer noch den genormten Standard dar. Die geforderte Leistung wird in einer Reihe von Militärnormen festgeschrieben (engl.: military specification, Mil Spec). Für diese Anwendungszwecke wird die Anodisierung in Chromsäurelösung durchgeführt, wodurch sich Al-Cr-Mischoxidschichten bilden [35, 36].

8.2.6 „Chromitierung“ Die Bezeichnung „Chromitierung“ bezieht sich auf eine Klasse von Passivierungs- und Vorbehandlungsmitteln, die auf Basis von Chrom(III)-Chemikalien entwickelt wurde. Typische, stark saure Vorbehandlungsbäder enthalten Cr(III)-Nitrat oder -Sulfat, optional bis zu 2,5 g/l Kobalt (Co) sowie bestimmte Komplexbildner [37, 38]. Es wird berichtet, dass das Verfahren dichte, nanoskalige Oxidschichten auf verschiedenen Substraten wie kaltgewalztem und verzinktem Stahl sowie Aluminium ausbildet, die in der Salzsprühnebelprüfung gute Korrosionsresistenz vermitteln. Das Verfahren zielt auf den Ersatz von Eisen- und Zinkphosphatierung (Trikation-Verfahren) in Multimetall-Anlagen, wo es die Schlammmenge wesentlich reduziert. Es eignet sich, laut Literatur, ganz besonders als Vorbehandlung für Polyester- und Epoxy-Polyester-Pulverlacke [39].

8.2.7 Chromfreie Vorbehandlung 8.2.7.1

Titan- und Zirkon-Fluorokomplex-Technologie

In Erwartung einer rigideren Umweltschutzpolitik wurden bereits seit den frühen 1990er Jahren chromfreie Vorbehandlungsverfahren für Architekturanwendungen entwickelt und in den Markt eingeführt. Dies betrifft sowohl die Beschichtung einzelner Werkstücke (Stücklackierung, z.B. Fensterrahmenprofile und Fassadenbauteile), als auch die industrielle Lackierung von Metallband (Coil Coating), das für großflächige Fassadenverkleidungen oder Bedachungen, aber auch für Garagentore, Sonnenblenden und Rollläden eingesetzt wird [40]. Seit ihrer Einführung im Stücklackierverfahren für Aluminiumprofile im Jahr 1996 ist die chromfreie Technologie bis zum heutigen Tag in Europa zum Standard in diesem Markt geworden. Sie stellt immer dann erste Wahl dar, wenn neue Lackierlinien geplant werden

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oder größere Erneuerungen in existierenden Anlagen anstehen und wird von mehreren europaweit tätigen Qualitätssicherungsverbänden anerkannt. Ein anderer chromfreier Prozess wurde zur gleichen Zeit für das Coil Coating von Aluminium entwickelt. Dieser nutzt für die Applikation die sogenannte No-Rinse-Technik. Chromfrei behandeltes Aluminium-Band- Abbildung 8.1: Potenzielle Bindungsstrukturen chromfreier material ist seit über 10 Jahren Vorbehandlungen für Wandverkleidungen und Sonnenblenden im Einsatz. Das Bandmaterial wurde mit einem hochbeständigen EinschichtDecklacksystem auf Polyesterbasis beschichtet. Für Oberflächen aus Stahl und verzinktem Stahl sind chromfreie Produkte seit 1998 im industriellen Einsatz. Tabelle 8.5 gibt die alternativen chromfreien Vorbehandlungsverfahren wieder, die inzwischen für die Bandbeschichtung im Gebrauch sind. Hierbei ist der chromfreie No-RinseProzess von besonderer Bedeutung, da es sich um ein Multisubstratverfahren handelt, das große Abwassermengen zu vermeiden erlaubt. Starke Korrelation und Vergleichbarkeit zwischen chromfreien Prozessen und Chromatierverfahren werden aus verschiedenen Tests der Außenbewitterung und beschleunigten Korrosion berichtet [41]. Im Allgemeinen basieren die chromfreien Vorbehandlungen auf wässrigen Lösungen ungiftiger Komplexe und Verbindungen von Übergangsmetallen und speziellen wasserlöslichen Polymeren. Die Mechanismen der Anbindung und des Korrosionsschutzes werden einer Metalloxidschicht zugeschrieben, die in einer ersten Reaktionsphase auf der Metalloberfläche abgeschieden und dann mit einer organischen Matrix bedeckt wird. Abbildung 8.1 zeigt ein entsprechendes Schema. Thermische und kalorimetrische Experimente, mikrografische Methoden und Spektroskopie der Schichten stimmen mit diesem Bild überein [42]. Chromfreie Konversionsschichten haben Dicken im Bereich einiger 10 nm, was Ti- oder Zr-Auflagewerten von 1 bis 30 mg/m2 entspricht. Die Schlüsselreaktionen im Verlauf der Ausbildung solcher chromfreier Konversionsschichten können wie in den Gleichungen 8.13 und 8.14 skizziert werden: Gleichung 8.13

Zn + 2 H+ → Zn2+ + 2 [H]

Gleichung 8.14

(Ti, Zr)F62– + H3PO4 + Zn2+ + 3 H2O → Zn(OH)2 ⋅ (Ti, Zr)(OH)(PO4) ↓ +6 HF

Tabelle 8.5: Chromfreie Coil Coating-Vorbehandlungen für Architektur, Weiße Ware usw.

a

Verfahren

Substrate*

Anmerkungen

Alkalipassivierung

Z, ZA, AZ, ZE

Chromfreie Nachspülung

Chromfreie Vorbehandlung

Z, ZA, Al

Spritzen und Tauchen, opt. chromfreie Nachspülung

No-Rinse-Verfahren

Z, ZA, AZ, ZE, Al, St

Chromfrei

Eisenphosphatierung

St

Chromfreie Nachspülung

 bkürzungen: Z: schmelztauchverzinkt, ZA: Galfan, ZE: elektrolytisch verzinkt, AZ: Galvalume (AluZinc), Al: Aluminium, A St: Kaltwalzstahl

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Abbildung 8.2: Tiefenprofil einer chromfreien Vorbehandlung auf verzinktem Stahl 

Quelle: European Coil Coating Association 1999; Androsch et al. [41]

Eine scharf abgegrenzte Schicht wird beschrieben und analytisch charakterisiert mit Hilfe von Auger- und Fotoelektronen-Spektroskopie, kombiniert mit der Argon-Sputteringtechnik. Abbildung 8.2 zeigt das Tiefenprofil, das mit dieser Methode erhalten wurde. Zink, das aus dem Substrat stammt, wird in der gesamten Beschichtung gefunden, nimmt jedoch in der Konzentration bei Annäherung an die Grenzfläche zwischen Vorbehandlung und Substrat kontinuierlich zu. Dasselbe trifft für die Legierungselemente der Verzinkung zu wie Aluminium. Die Übergangsmetalle (Me 1 und 2) und Fluor (F), Inhaltsstoffe der Vorbehandlung, sind generell in der Beschichtung gleichmäßig verteilt. Die Konzentration von Kohlenstoff (C), die die Anwesenheit des organischen Polymers anzeigt, steigt in der Nähe der äußeren Grenzfläche stark an. Chromfreie Vorbehandlungen der beschriebenen Art werden für eine Reihe von Substraten eingesetzt, einschließlich Aluminium, Zink und seine Legierungen, sowie kaltgewalzten Stahl. Vornehmlich bei der Coil Coating-Anwendung ist die Chemikalienlösung an ein No-Rinse-Verfahren angepasst. Das bedeutet, dass sie in geeigneter Verdünnung auf die saubere, trockene Bandoberfläche aufgetragen wird, dort unmittelbar abreagiert und beim Trocknen mit Temperaturen oberhalb 50 °C gleichmäßige, transparente Filme bildet. Es bleiben weder überschüssige Chemikalien noch Produkte von Nebenreaktionen übrig, so dass eine Spüle nach der Vorbehandlung unnötig ist. Derzeit wird die Vorbehandlung von Zn-Al-Mg-Substrat mit unveränderten Prozessen durchgeführt, wie sie auch für verzinkte Standardsubstrate eingesetzt werden. Anpassungsarbeiten sind im Gang, um bestimmte Eigenschaften noch zu verbessern, die von der Physik und der Oberflächenchemie des neuen Substrats beeinflusst werden, das zu geringerer Flexibilität und erhöhter Feuchteempfindlichkeit neigt als der Standardwerkstoff. Für die Zusammensetzung des Substrats selbst und seine Eigenschaften existiert erst seit kurzem eine erste Normung. Im europäischen Bandbeschichtungsmarkt haben chromfreie Vorbehandlungen erst in jüngerer Zeit einen größeren Marktanteil erreicht, obwohl sie in technischer Hinsicht weit-

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Abbildung 8.3: Rasterkraftmikroskopische Aufnahmen (AFM) von blankem, Zirkonoxid-beschichtetem und eisenphosphatiertem Kaltwalzstahl (CRS) Quelle: Rogers Publishing Ltd.; vgl. Fristad [43]

gehend akzeptiert werden. Seit 1998 haben sie von 0,3 auf etwa 5 % des Vorbehandlungsverbrauchs zugenommen. Eine andere Klasse chromfreier Verfahren wurde erst kürzlich im Markt eingeführt, für die die Abwesenheit von Phosphaten als zusätzlicher ökologischer Vorteil beansprucht wird [43, 44]. Diese werden generell so beschrieben, dass sie dünne (20 bis 100 nm), amorphe ZirkonoxidFilme (ZrO2) bilden. Aus dieser Klasse wird von Produkten der „ersten Generation“ gemeldet, dass ihre Leistungsfähigkeit auf dem Niveau von Eisen- bzw. Alkaliphosphaten liegt, während eine Entwicklung der „zweiten Generation“ mit Zinkphosphaten verglichen wird, insbesondere beim Einsatz unter kathodischen Elektrotauchlacken. Die Zielanwendung dieser letzteren Produktreihe ist der Ersatz von Trikation-Zinkphosphatierungen im AutomobilPrimärmarkt (engl.: original equipment manufacturers, OEMs). 8.2.7.2

Andere chromfreie Vorbehandlungen

Neben der Technologie der Übergangsmetallkomplexe sind noch andere Strategien für chromfreie Vorbehandlungen untersucht worden, darunter Cerat-, Phosphomolybdat- [45, 46] und Kobaltamin-Verfahren [47, 48], ebenso wie Prozesse, die auf den sogenannten selbstanordnenden Molekülen (engl.: self-assembling molecules, SAMs) beruhen [49]. Die letzteren sind lineare Kohlenwasserstoffmoleküle mit zwei terminalen funktionellen Gruppen, bevorzugt Phosphonatgruppen, die sowohl gegenüber dem Metall als auch der nachfolgenden Lackschicht die Möglichkeit zur chemischen Bindung haben. Aufgrund ihrer Molekülstruktur ordnen sich SAMs in einer Monolage an, die eine Dicke in der Größenordnung der Länge der Kohlenwasserstoffkette aufweist, d.h. 1,5 bis 2 nm. Wegen ihrer verfahrenstechnischen Komplexität finden diese Prozesse bislang nur eingeschränkte Anwendung, z.B. bei der Herstellung von Pkw-Leichtmetallrädern und im Flugzeugbau [50]. Ein anderer Weg zu Crfreien Vorbehandlungen sind die sogenannten Hybridbeschichtungen.

8.2.8 Hybrid-Vorbehandlungen Als neuartige Entwicklungen wurden in der letzten Zeit wässrige Vorbehandlungen eingeführt, die organische und anorganische Chemie kombinieren und deshalb als Hybridbeschichtungen bezeichnet werden. Solche Beschichtungen werden detaillierter in Kapitel 10 beschrieben. Zwei Beispiele sollen dennoch im hiesigen Kontext näher ausgeführt werden, da sie typische Eigenschaften von Vorbehandlungen zu eigen haben.

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8.2.8.1

Chemische Konversionsbehandlung

Silan/Siloxan-Beschichtungen

Eine Klasse dieser Beschichtungen nutzt die Formierung von Silan-Polysiloxan-Schichten aus einem Sol-Gel-Prozess [53]. Typische Vertreter dieser Verbindungsklasse sind terminales Aminopropyltriethoxysilan (γ-APS), H2N–(CH2)3–Si(OC2H5)3 oder bis-(Triethoxysilyl)Ethan (BTSE), (C2H5O)3Si– (CH2)2–Si(OC2H5)3. Die Technologie erfordert das Vorhandensein einer hydratisierten Metalloxid-Oberfläche, wie sie nach der alkalischen Reinigung vorliegt. Der weitere Prozess involviert die kontrollierte Hydrolyse der Si–OC2H5 -Funktionen, Anbindung an die Oberfläche über Metall–O–Si-Verknüpfung und Polymerisation bzw. Vernetzung der anhängenden Hydroxysilan-Einheiten unter Bildung eines Polysiloxans. Siloxan-Beschichtungen können auch durch Kupplung mit der Metalloberfläche durch Plasma- oder Dampfphasenabscheidung (engl.: plasma oder chemical vapour deposition, PVD, CVD) erzeugt werden [54, 55]. Die funktionalisierten organischen Gruppen ragen über die Oberfläche hinaus und werden dadurch für die Anbindung der nachfolgenden Lackschicht zugänglich. [51, 52]

8.2.8.2

Kombinierte thermische Prozesse für die Primer-Vorbehandlung

Die Kombination anorganischen und organischen, polymeren Materials kann auch Beschichtungen ergeben, die über die Haftung und die Passivierung hinaus weitere Eigenschaften haben, wie z.B. Beständigkeit gegen Fingerabdrücke, Schmierwirkung oder die Eignung als Lackgrundierung. Solche Verfahren erlauben zusätzliche Qualitäten und Änderungen in der Verfahrenskette, wie den Verzicht auf separate Schmierung im Presswerk oder die Inline-Applikation von Zusatzbeschichtungen und -lacken. Insbesondere für vorbeschichtetes Metallband gibt es diese Idee der Verknüpfung von Vorbehandlungs- und Primerfunktion in einer gemeinsamen Prozessstufe im Coil CoatingVerfahren schon seit einigen Jahren. Bei Anwendung dieses Prinzips werden Änderungen im Arbeitsablauf möglich, wie etwa das Weglassen derzeitig separater Behandlungsschritte oder die Option, die entsprechenden Behandlungsstationen für andere Zwecke, z.B. Mehrfachbeschichtungen zu nutzen. Über den vorteilhaften Einfluss einer kombinierten Primer-Vorbehandlung auf die betriebliche Ökonomie kompakter Beschichtungsanlagen für Bänder und Bleche wurde erst vor einiger Zeit berichtet [56]. Wie in der Literatur beschrieben [57], kann eine Primer-Vorbehandlung bis zu fünf verschiedene Technologiestufen mit den dazu gehörigen Vorteilen wirtschaftlicher und ökologischer Art in sich vereinen. Hierin eingeschlossen ist die geringe Toxizität durch Verzicht auf Chromverbindungen (insbesondere Cr-VI), Umweltvorteile durch die Vermeidung organischer Lösemittel und Einhalten niedriger Vernetzungstemperaturen, eine maximierte Ausbeute durch einen hohen Anteil an Festkörper bzw. reaktionsfähigen Bestandteilen, der Umstand, dass eine separate konventionelle Primerstufe überflüssig gemacht wird und ebenso die Möglichkeit einer Inline-Beschichtung in Verzinkungsanlagen. Mit einer wässrigen Primer-Vorbehandlung und einer Pulver-Decklackierung wird ein vollständig lösemittelfreier Beschichtungsprozess denkbar. Ein solcher Prozess wird beschrieben, der sowohl den Vorbehandlungs- als auch den Primerschritt umfasst und in die Endstufe einer Bandverzinkungsanlage integriert werden kann. Selbst die Reinigung kann entfallen, die in einer konventionellen Coil Coating-Anlage normalerweise der zwingend erforderliche erste Verfahrensschritt ist. Zum ersten Mal in der Geschichte des Coil Coatings ermöglicht die neue Primer-Vorbehandlung das Angleichen der Prozessgeschwindigkeiten in Verzinkung und Lackierung. Das Verfahren soll in Kürze voll kommerziell zum Einsatz kommen.

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8.2.9 Oberflächenbehandlung anderer Substrate – Kupferlegierungen, Weißmetall, Magnesium, Edelstahl Für Kupfer, Messing und ähnliche Buntmetalle entfällt in der Regel die Konversionsbehandlung. Besondere Aufmerksamkeit muss dem Umstand gewidmet werden, dass milde Reinigungsbedingungen anzuwenden sind, um unkontrollierte Oxidbildung und damit Verfärbung zu vermeiden. Alkalität, Temperatur und auch die Dauer des Reinigungsvorgangs müssen sorgfältig angepasst werden. Gealterte Oberflächen, die bereits eine bräunliche Farbe angenommen haben, müssen vor dem Lackieren gebeizt werden. Umweltfreundliche Lösungen nutzen dazu Schwefelsäure und stabilisiertes Wasserstoffperoxid anstelle der Verwendung von Salpetersäure und/oder Fluoriden. Für Weißmetall (Zinn und seine Legierungen) ist eine leichte Reinigung als Oberflächenpräparation ausreichend. In der Vergangenheit bestand die Vorbehandlung von Magnesium und seinen Legierungen aus Chromatier- oder Anodisierprozessen, die von den entsprechenden Verfahren der Aluminiumbehandlung abgeleitet waren. Jüngere Verfahren nutzen genauso die chromfreie Chemie, die von Aluminiumvorbehandlungen her stammt. Zur Erzielung eines hinreichenden Beizeffekts der Oberfläche muss gewöhnlich freies Fluorid anwesend sein. Edelstahloberflächen entwickeln eine Chrom(III)oxid-Schicht von sehr geringer Benetzbarkeit. Werkstücke aus Edelstahl müssen daher unmittelbar vor einer Lackierung mit stark alkalischen Reinigern und anschließend mit einer Nitrat/Fluorid-Beize oder einer chromfreien Vorbehandlung auf Hexafluorotitanat-Basis präpariert werden, um eine gute Haftung zu gewährleisten.

8.2.10 Umweltgesichtspunkte Wie im Kapitel 8.2.5 bereits erwähnt, hat die Europäische Union (EU) strenge Gesetze zur Kontrolle und Eindämmung von Umwelt- und Gesundheitsgefahren durch den Chemikaliengebrauch erlassen. Einige der entsprechenden Gesetze und Verordnungen haben ihre weltweiten Gegenstücke wie die Altwagenverordnung (End of Life Vehicles Directive, ELV), die Verordnung über die Abfallbehandlung bei elektrischen und elektronischen Geräten (Waste Electrical and Electronic Equipment Directive, WEEE) und die Gefahrstoffverordnung (Regulation on Hazardous Substances, RoHS), die in den betroffenen Zielmärkten bereits eine wirksame Begrenzung des Einsatzes von Chromaten und anderen Giftstoffen bewirkt haben. Darüber hinaus hat die EU einen Gesetzeskodex in Kraft gesetzt, dessen Akronym „REACH“ für Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals steht [58]. Dieses Gesetzeswerk regelt die Nutzung aller chemischen Substanzen, die in der Europäischen Union hergestellt oder in sie eingeführt werden unter der EC Regulation 1907/2006. Alle Chemikalien, die über gewisse Schwellenmengen hinaus wirtschaftlich genutzt werden, unterliegen unter den Bedingungen des Gesetzes einer offiziellen Autorisierung. Sie können daher einer Untersuchung und Bewertung der Expositionsrisiken unterzogen werden, die sie für Gesundheit und Umwelt mit sich bringen können. Besonders kritische Chemikalien („Chemicals of very high concern“), z.B. die CMR-markierten (carcinogen, mutagen und reproduktionstoxisch) sowie hochgiftige Substanzen wie Chrom(VI)Verbindungen (Chromate) werden mit hoher Wahrscheinlichkeit – wo immer möglich – ausgesetzt oder effektiv verboten. Das Abwasser, das in einem Chromatierbetrieb erzeugt wird (Behandlungsbäder und Spülen) muss über ein Entgiftungsverfahren der Chromationen behandelt werden, d.h. durch Reduktion mit Natriumbisulfit in saurer Lösung. Nach Neutralisation mit Kalkmilch und Fällung kann die Konzentration der anwesenden Schwermetalle wie Chrom(III), aus dem

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Substrat auch Zink und andere, ebenso wie die Fluoridkonzentration unter die gesetzlich geforderten Werte gedrückt werden. Der Entgiftungsprozess führt aber auch zu hohen Sulfatwerten. Wo die Vorschriften für Direkteinleiter greifen, muss der Sulfatgehalt durch eine weitere Behandlung mit Calciumaluminat reduziert werden. Im Gegensatz hierzu vereinfacht sich die Abwasserbehandlung bei chromfreien Verfahren zu einer Kalkmilchfällung, um die Beseitigung der üblicherweise eingesetzten Titan- oder Zirkonverbindungen und daneben aus dem Substrat stammenden Metallionen zu gewährleisten. In beiden Fällen muss der erzeugte Schlamm entwässert und in einer Deponie gelagert werden. Die Kosten für Behandlung und Deponie sind bei einem typischen Chromatierverfahren fünf- bis achtmal so hoch wie bei einem chromfreien Prozess. Auch die Kennzeichnungsvorschriften sind für ein chromfreies Verfahren wegen des viel geringeren Gefahrenpotenzials von Vorteil. Tabelle 8.6 gibt Beispiele für die entsprechenden Sicherheitsdaten für zwei typische Verfahren. Lösemittelfreie Beschichtungsprodukte wie in Kapitel 8.2.6.2 beschrieben erübrigen zudem die teuren Installationen zum Verbrennen und thermischen Entsorgen der Abgase aus den Einbrennöfen und verringern wesentlich den Kraftstoffverbrauch und den Ausstoß von VOC und CO2-Emissionen. Tabelle 8.6: Sicherheits- und Kennzeichnungsdaten (Beispiele) Chromfreie Vorbehandlung

Chromathaltige Vorbehandlung

Gefahrensymbole: C ätzend

Gefahrensymbole: T giftig C ätzend N umweltgefährlich

Gefahrenauslöser: Hexafluorzirkonsäure

Gefahrenauslöser: Cr(III) Chromat Cr(VI) Oxid

R-Sätze: R 34: verursacht Verätzungen

R-Sätze: R 45: kann Krebs erzeugen R 22: gesundheitsschädlich beim Verschlucken R 35: verursacht schwere Verätzungen R 43: Sensibilisierung durch Hautkontakt möglich R 50/53: sehr giftig für Wasserorganismen, kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkungen haben

S-Sätze: S 26: bei Berührung mit den Augen sofort gründlich mit Wasser abspülen und Arzt konsultieren S 36/37/39: bei der Arbeit geeignete Schutzkleidung, Schutzhandschuhe und Schutzbrille/Gesichtsschutz tragen S 45: bei Unfall oder Unwohlsein sofort Arzt hinzuziehen (wenn möglich, dieses Etikett vorzeigen)

S-Sätze: S 53: Exposition vermeiden – vor Gebrauch besondere Anweisungen einholen S 26: bei Berührung mit den Augen sofort gründlich mit Wasser abspülen und Arzt konsultieren S 36/37/39: bei der Arbeit geeignete Schutz­ kleidung, Schutzhandschuhe und Schutzbrille/ Gesichtsschutz tragen S 45: bei Unfall oder Unwohlsein sofort Arzt hinzuziehen (wenn möglich, dieses Etikett vorzeigen)

Nationale Vorschriften: WGK = 2, wassergefährdendes Produkt. Einstufung nach der Mischungsregel VwVwS 17. Mai 1999

Nationale Vorschriften: WGK = 3, stark wassergefährdendes Produkt. Einstufung nach der Mischungsregel VwVwS 17. Mai 1999

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Anwendungstechnik von Vorbehandlungen

8.3

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Anwendungstechnik von Vorbehandlungen

8.3.1 Tauch- und Spritzbehandlung Für die Applikation von Vorbehandlung in der Stückbeschichtung werden Tauch- oder Spritzverfahren eingesetzt, wie sie in Kapitel 3 schon für die Reinigung beschrieben wurden. Eine weitere für die Stückbehandlung entwickelte Verfahrenstechnik ist das sogenannte „Floating“, bei dem ein Flüssigkeitsvorhang durch Spritzen mit niedrigem Druck erzeugt wird. Kleinteile werden oft in rotierenden Trommeln verarbeitet, die zur Gänze in die Aktivbäder und die anschließenden Spülen eingetaucht werden. Größere Werkstücke werden üblicherweise in Körben oder an Gestellen befestigt bearbeitet und mittels eines Krans in die Behandlungsbäder getaucht. Besonders aufwändig konstruierte und komplexe Teile wie ganze Pkw-Karosserien werden mit Hilfe eines Fördersystems durch eine Abfolge von Behandlungsbädern transportiert. Diese Fördersysteme können auch mit Nick- oder sogar Kreiseleinrichtungen kombiniert sein, um sicherzustellen, dass alle Teile der Metalloberfläche einschließlich schöpfender Teile und Hohlräume hinreichend mit der Behandlungsflüssigkeit beaufschlagt werden. Als Beispiel beschreibt das Patent DE 19950892 ein solches Fördersystem für Automobilkarosserien [59]. Werkstücke mit vergleichbar einfacher Geometrie, etwa flache Bauteile, Bleche, Stangen oder Profile, können in Spritzinstallationen behandelt werden, wenn sichergestellt werden kann, dass alle Teile der Oberfläche vom Spritzstrahl erreicht werden. Solche Teile werden an einem Gestell oder unmittelbar an der Förderkette befestigt und durch eine Anzahl Spritzkabinen transportiert. Idealerweise bilden diese Kabinen einen durchgehenden Tunnel, durch den die Teile mit gleichmäßiger Geschwindigkeit bewegt werden. Nach ähnlichen Grundsätzen, wie sie bereits für die Reinigungsoperation erklärt wurden, kann eine Spritzvorbehandlung im Vergleich zur Tauchtechnik mit niedrigeren Konzentrationen im Aktivbad betrieben werden. Jedoch sind die Spritzdrücke in der Regel niedriger als bei der Reinigung, da keine Turbulenz notwendig ist, um überschüssige Lösung und Nebenprodukte der Vorbehandlungsreaktionen zu entfernen. In einigen Fällen, beispielsweise bei der Vorbehandlung von Pkw-Karosserien, werden Spritz- und Tauchtechnik kombiniert. Wie im Fall der Reinigung in Kapitel 3 bereits beschrieben, muss einige Vorsicht angewandt werden, um übermäßige Verschleppung zu vermeiden. Bei der Operation in Tauchanlagen oder in Einrichtungen mit separaten Spritzkabinen ist daher zu beachten, dass die Abtropfzeiten lang genug sind und das Ablaufen von Chemikalien eventuell durch ein kurzes Besprühen mit Frischwasser bzw. entionisiertem Wasser unterstützt wird. In Tunnelsystemen muss die Konstruktion des Spritztunnels so ausgelegt sein, dass keine Übertragung oder Vermischung der Flüssigkeiten zwischen benachbarten Tanks möglich ist. In Bezug auf die Überlaufkontrolle und die Wirtschaftlichkeit von Spülbädern gelten dieselben Prinzipien wie für den Betrieb der Reinigung.

8.3.2 Anwendungstechnik der Vorbehandlung für Band: Spritzen/Abquetschen, Spritzzelle, Walzenapplikation Tauch- und Spritztechnik werden auch für die Vorbehandlung von Bändern eingesetzt. Um beim Tauchverfahren das Band unter den Spiegel des Behandlungsbads zu bringen, verwendet man Tauchrollen. Eine Reihe solcher Rollen kann in einer Weise installiert werden,

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dass das Band im Bad mehrere Schleifen bildet und damit die verfügbare Behandlungszeit im Bad verlängert wird. Die Geschwindigkeit des bewegten Bandes ist hoch genug, den erforderlichen Austausch von Reaktanden an der Oberfläche zu ermöglichen. Taucheinrichtungen sind in den Vorbehandlungsanlagen für die sogenannte Grünchromatierung (Chrom[III]-phosphat) von Aluminiumband gebräuchlich. Für bestimmte Vorbehandlungen von Stahl- und verzinktem Stahlband war in der Vergangenheit die sogenannte Spray-Cell-Technik (Spritzzelle) in Gebrauch. In solchen Einrichtungen bildet die Behandlungszone eine nahezu vollkommen geschlossene Kammer. Diese ermöglicht es, am Zonenbeginn einen hohen Überschuss konzentrierter Behandlungslösung auf das Band zu spritzen, die dort für eine Reaktionszeit von mehreren Sekunden verbleibt, bevor am Zonenende Überschüsse und Nebenprodukte mit einer Quetschwalze vom Band entfernt werden. Die großen Mengen an Nebenprodukten, die bei dieser Technik entstehen, verursachen aber eine rasche Verunreinigung des Aktivbades und in der Folge eine schlechte Wirtschaftlichkeit, häufigen Verwurf der Bäder und Stillstandzeiten für den Neuansatz. Überdies tritt eine übermäßige Verschmutzung ein. Die normale Spritztechnik, bei der geringere Chemikalienkonzentrationen über die gesamte Zonenlänge appliziert werden, hat sich als zweckmäßiger und umweltfreundlicher erwiesen, wobei durch Badkontrollmaßnahmen sogar Prozesszeit gewonnen werden kann. Die Verschleppung von Chemikalien wird durch Quetschwalzen am Ausgang jedes Aktivbads und jeder Spüle begrenzt. Bei ordnungsgemäßer Wartung kann der Nassfilm mit diesen Walzen auf wenige Milliliter je Quadratmeter Bandoberfläche minimiert werden. Um Beschädigungen ihrer Oberflächen zu vermeiden, müssen die Walzen automatisch vom Band abgehoben werden, wenn die geschweißte oder geheftete Naht zwischen zwei Bändern durchläuft. Nach Passieren der Naht müssen die Walzen selbstverständlich unmittelbar in die Arbeitsposition zurückkehren. Während der letzten 25 Jahre sind Vorbehandlungen im Coil Coating an die präferierte Applikationsmethode der No-Rinse-Technologie angepasst worden. Wie bereits erwähnt, bedeutet das die Aufbringung einer präzise eingestellten Menge der Vorbehandlungschemikalien auf die Aluminium-, Stahl- oder verzinkte Stahloberfläche. Dies ist durch Einsatz eines sogenannten Rollcoaters möglich (Walzenlackierwerk). Die sauren Vorbehandlungschemikalien reagieren mit der metallischen Oberfläche und die Filmbildung geschieht durch die unmittelbar anschließend durchgeführte Bandtrocknung („Dry-in-Place“-Prinzip). Es können daher keine Produkte aus Nebenreaktionen entstehen, die die Zusammensetzung des Behandlungsbades ändern würden und ein nachfolgender Spülvorgang wird überflüssig. Folgerichtig liegen die größten Vorteile dieser Technologie in der effizienten Chemikaliennutzung und substanziellen Abwassereinsparungen. Es gibt Rollcoater verschiedener Konstruktion. Ihre an die Applikation der wässrigen Vorbehandlungschemikalien angepasste Bauform wird oftmals auch als Chemcoater bezeichnet. Im Prinzip wird die Flüssigkeit durch eine erste Walze aus einer Wanne geschöpft und über eine weitere Walze (oder eine Anordnung mehrerer Walzen) auf die Oberfläche des sich bewegenden Bandes übertragen. Bei der Übertragung der Flüssigkeit wird der Nassfilm durch Ansteuerung des Walzenspalts und des Anpressdrucks sowie der relativen tangentialen Walzengeschwindigkeiten kontrolliert. Zwei- oder Dreiwalzen-Coater sind gebräuchlich; bei den letzteren ist eine zusätzliche Walze (Dosierwalze, engl.: metering roll) – in der Regel zwischen der Aufnehmer- (pick-up roll) und der Auftragewalze (applicator roll) – angebracht, die die gleichmäßige Einstellung des Nassfilms über die Coaterbreite erleichtert. Die Walzenoberflächen bestehen üblicherweise aus hochlegiertem oder hartverchromtem Edelstahl. Für die wässrigen Vorbehandlungslösungen, die naturgemäß die

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Literatur

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niedrige Viskosität von Wasser aufweisen, kann die Aufnehmerwalze in einer bestimmten Rauheit geschliffen oder sogar mit einer Prägung versehen sein, um die Entnahme einer ausreichenden Chemikalienmenge aus der Vorratswanne zu ermöglichen. Die Auftragewalze ist mit einem Belag aus synthetischem Gummi verkleidet, der wegen der Chemie der Vorbehandlungslösung säurefest sein (d.h. aus Neopren o.ä. bestehen) muss. Neben der Rollcoater-Technik sind auch einfachere, kostengünstigere Konstruktionen im Gebrauch, bei denen eine kleine Menge der Vorbehandlungsflüssigkeit kontrolliert in geringem Abstand vor einer Quetschwalze auf dem Band verteilt wird. Dies kann mit Hilfe von Fluten, Niederdruck-Spritzen („Spray-Squeegee-Technik“) oder Spaltdosierung erfolgen. Im Idealfall sind die Quetschwalzen angetrieben, um Aquaplaning-Effekte zu vermeiden und den resultierenden Nassfilm besser zu steuern. Als eine der letzten Entwicklungen im Bereich der Applikationstechnik, z.B. auf Metallrohren und Coils, werden neuerdings die aus der Holz- und Kunststoffprofil-Beschichtungstechnik übernommenen Vakuumapplikatoren angetroffen. In diesen wird die Behandlungslösung im Kreislauf auf das Werkstück aufgespritzt und mit Hilfe von Niedervakuum wieder von der Oberfläche entfernt. Als besondere Vorteile werden die berührungslose und daher verschleißfreie Applikation, der Profilumgriff und hohe Prozessgeschwindigkeiten ausgelobt [60]. 8.4

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Oberflächentolerante Beschichtungen

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9 Beschichtungen für Reparaturzwecke Jörg Sander

9.1

Oberflächentolerante Beschichtungen

9.1.1

Allgemeines

Die Bezeichnung „oberflächentolerante Beschichtung“ [1], kurz STC aus dem Englischen von „surface tolerant coating“, wird häufig benutzt, wenn es um Unterhaltungs- und Reparaturbeschichtungen im Schiffsbau, dem Pipeline-Bau, an Offshore- und anderen Wasserbauten geht. In diesen Anwendungsbereichen müssen beschädigte Flächen meistens vor Ort repariert werden. Das bedeutet, dass sie eher manuell als in industriellen Prozessen behandelt werden. STCs müssen deshalb in vielerlei Hinsicht „tolerant“ sein. Beispielsweise müssen sie in Umgebungen anwendbar sein, in denen Restfeuchte durch Kondensation, Sprühregen oder Gischt unvermeidbar ist oder wo alte Beschichtungsreste und Rost nicht vollständig entfernt werden können. Kurz gesagt müssen STCs unter Bedingungen haften, aushärten und ihre Leistung erbringen, die nichts weniger als ideal sind. STCs werden seit Jahrzehnten angewandt [2, 3], aber die erzielbaren Resultate sind von schwankender Güte und hängen stark von der Oberflächenpräparation und der Durchführung der Beschichtung ab [4]. Die Entwicklung von Standards für die Prüfung der Oberflächentoleranz solcher Beschichtungen ist erst seit Kurzem Gegenstand von Veröffentlichungen, wobei die Festlegung kritischer Parameter im Fokus steht, die es erlauben, die Leistungsfähigkeit der Beschichtungen zu beurteilen [5]. Als eine besonders für die Vorbereitung der Oberflächen auf einer Baustelle im Freien geeignete Methode wird die Ultrahochdruck-Wasserstrahltechnik empfohlen (vgl. Kapitel 3.2). Durch dieses Verfahren verbleiben allerdings Reste vorhergehender, gealterter Beschichtungen und Rost auf der Oberfläche. Ebenso entsteht neuer Flugrost auf den exponierten Metallflächen und das Wasser wird höchst wahrscheinlich nicht vollständig abtrocknen. Unabhängig von ihrem scheinbar guten Anhaften, das durch Untersuchung nachzuweisen ist, können Rost und alte Farbschichten während des Überlackierens gelockert werden und damit den gesamten Versuch der Reparatur zum Scheitern bringen. Die Verträglichkeit alter und Reparaturlacksysteme muss sichergestellt sein im Hinblick auf die Chemie des Bindemittels, die Härtungsart, Benetzbarkeit, Spannungsbelastung und Zerstörungsgrad. Eine versuchsweise Anwendung der Reparaturbeschichtung auf einer kleinen Prüffläche wird daher nach der Norm ASTM D 5064-95 empfohlen.

9.1.2

Materialien für oberflächentolerante Beschichtungen

Um mit Rostrückständen, unvollständig gereinigten Oberflächen und alten, verwitterten, mit Mikrorissen durchzogenen Beschichtungen verträglich zu sein, muss eine STC [6, 7] freies, niedermolekulares Bindemittel bereitstellen. Das Bindemittel muss außerdem ausreichende Flexibilität ermöglichen, um mechanische Spannungen zwischen alter und neuer Beschichtung auszugleichen. Auswahl und Dosierung des Lösemittels müssen dem Zweck angepasst sein, d.h. die Altlackierung darf nicht geschwächt und restlicher Rost darf nicht Jörg Sander et al.: Korrosionsschutz durch Beschichtungen © Copyright 2011 by Vincentz Network, Hannover, Germany

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Beschichtungen für Reparaturzwecke

abgelöst werden, wenn die STC appliziert wird. Schließlich muss eine STC bei niedrigen Temperaturen und hoher Feuchte verarbeitbar sein. In der Vergangenheit wurde dieser Anforderungskatalog von Alkydlacken mit einer Bleimennige-Pigmentierung (Pb2[PbO4]) im Wesentlichen erfüllt, obwohl es mit diesen Systemen insofern Beschränkungen gab, dass die Wasserempfindlichkeit und die Chemikalienresistenz der langöligen Alkyde Schwächen aufwiesen. Darüber hinaus läuft natürlich auch die Nutzungsmöglichkeit der Bleiverbindung wegen ihrer Giftigkeit aus. Heutzutage sind die gebräuchlichsten Beschichtungen im schweren Korrosionsschutz hochgepackte Zweikomponenten-Epoxide. STCs dieser Klasse können in einem einzigen Durchgang in dicken Schichten (100 bis 200 μm Trockenfilmstärke) verarbeitet werden und bieten die erforderte Anfangshaftung und Widerstandsfähigkeit unter Taupunktbedingungen. Die Härtung wird meistens mit Diisocyanat-Vernetzern erreicht, die einen hohen Vernetzungsgrad und somit gute Barrierewirkung gegen Feuchtigkeit und Sauerstoff ermöglichen. Diese Bindemittelwahl erlaubt außerdem UV-Reflektion und gute Verteilung von thermischen und mechanischen Spannungen. Die Formulierungen können aktive (Zinkphosphat usw.) und lamellare Pigmente (z.B. Aluminium-Flakes und Eisenglimmer) sowie Polysiloxane oder fluorierte Polymere enthalten, die zu einer Erhöhung der Barriereeigenschaften beitragen. Auch Zinkpartikel für den kathodischen Schutz können zugesetzt sein. Eine andere Option ist die Verwendung feuchtigkeitshärtender Polyurethane als Bindemittelgrundlage, die bei relativen Feuchten bis zu 98 % und sogar bei Minustemperaturen verarbeitet werden können. Diese Beschichtungen sind, als weiterer Handhabungsvorteil, Einkomponentenprodukte.

9.2 Organische Beschichtungen auf Restberostungen und Altlackierungen Auch wenn STCs oft auf Oberflächen verarbeitet werden, die mit Altrost verunreinigt sind, liegt auf der Hand, dass ein solches Vorgehen nur unter den Zwängen des Lackierens auf einer offenen Baustelle akzeptabel ist. In einem ordnungsgemäßen industriellen Verfahren müssen Korrosionsprodukte wie Rost auf größeren Flächen durch mechanische Reinigung, z.B. Sand- oder Trockeneisstrahlen und manuelles Schleifen entfernt werden (vgl. Kapitel 3.2), wenn möglich noch durch Abbeizen unterstützt. Restberostungen und Flugrost werden häufig mit sogenannten Rostumwandlern behandelt. Diese beruhen auf Rezepturen mit Phosphorsäure und/oder Gerbsäurederivaten (Tannin), mit denen das Eisenoxid abgebeizt und in Form stabiler Eisenphosphate oder -tannate gefällt werden soll. Tanninbasierte industrielle Rostumwandler sind für die Konservierung von Eisen und Stahl seit einem halben Jahrhundert in Gebrauch [8, 9]. Die Nützlichkeit dieser Methode als Präparation vor dem Lackieren ist dennoch zweifelhaft. Eine Anzahl von Veröffentlichungen zeigt die kontroversen Resultate und Meinungen in der wissenschaftlichen Gemeinde [10-15]. Die Schlussfolgerung ist, dass die aktiven Inhaltsstoffe von Rostumwandlern wohl in der Lage sind, restliche Rostpartikel und Flugrost auf Stahloberflächen zu stabilisieren. Sie befreien den Verarbeiter jedoch nicht davon, Rost vorsichtig abrasiv zu entfernen und bieten keinesfalls eine verlässliche Qualität als Konversionsbeschichtungen. Im handwerklichen Lackierbetrieb wird der Korrosionsschutz häufig dadurch erzielt, dass die beschädigten, sorgfältig gereinigten und entrosteten Flächen mit einem sogenannten Waschprimer beschichtet werden (vgl. Kapitel 4.5). Waschprimer enthalten Phosphorsäure, die den chemischen Angriff und die Anbindung an die freigelegte Metalloberfläche ermöglicht. Die Schichten sind dünn und überschreiten gewöhnlich nicht 8 µm, um eine gute Haftung sicher-

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Organische Beschichtungen auf Restberostungen und Altlackierungen

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zustellen. Produkte nach dem Stand der Technik enthalten immer noch Zinkchromat als aktives Korrosionsschutzpigment. Dem entsprechend ist ihre Verwendung an Sicherheitsmaßnahmen gebunden. Gemische für die Spritzapplikation sind nur mit sehr geringen Chromatgehalten unter 0,1 % zugelassen [16]. Einige Waschprimer bieten eine höhere Füllung, die sie für die Verwendung als Haftgrund mit Dicken bis zu etwa 20 µm geeignet macht. Sogenannte reaktive Untergrundanstriche basieren auf Epoxid- oder Polyurethanchemie. Zink-gefüllte Korrosionsschutz-Primer (KSP) werden oft für größere Flächen eingesetzt (vgl. Kapitel 2.1.3; 6.5.2) [17]. Reparaturbeschichtungen für Automobile werden ebenso von Hand appliziert und dürfen bei der Härtung 80 °C nicht überschreiten, damit andere Komponenten des Fahrzeugs nicht beschädigt werden. Physikalisch trocknende oder reaktive Lacke, die katalytisch gehärtet wurden, sind durch Zweikomponenten-Systeme mit Polyacrylaten oder Polyestern als Bindemittelbasis und Isocyanaten als Härter ersetzt worden. Reparaturlacke sind als Lösemittellacke und als hochgefüllte wässrige Systeme erhältlich. Sie härten bei Raumtemperatur, die Aushärtung kann aber durch lokales Erhitzen, z.B. mit Infrarotlampen, verkürzt werden. Alte Lacke können von den beschädigten Flächen mit Entlackern auf Basis von Benzylalkohol oder Ameisensäure entfernt werden [18]. Die Schadstellen werden bis zum Metall abgeschliffen, entrostet, mit Lösemitteln entfettet und mit einem Korrosionsschutz-Primer (KSP) neu beschichtet [19, 20]. Die Reinigung kann durch Wischen mit Lösemittel oder Dampf- bzw. Hochdruckstrahlen mit wässrigen, zumeist neutralen oder schwach alkalischen Mitteln erfolgen. Sie muss sehr sorgfältig durchgeführt und ihr Erfolg durch Benetzungstests kontrolliert werden (vgl. Kapitel 3.1.3 und 3.3.3). 9.3

Literatur

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10 Neue Konzepte für den Korrosionsschutz Dmitry Shchukin*, Ekaterina Skorb* Höherwertige Materialien, zum Beispiel in der Automobil- und Luftfahrtindustrie, erfordern zunehmend aufwändigere umweltfreundliche Beschichtungen mit verbesserter Leistung, Selbstheilung und Langlebigkeit. In dieser Hinsicht sind neuere Entwicklungen der Nanotechnologie sehr vielversprechend [1]. Neue Typen funktioneller Nanomaterialien könnten einer Beschichtung nicht nur erhöhte Leistungsfähigkeit in Bezug auf Korrosionsschutz und äußerliche Anwendungseigenschaften sichern, sondern ihr darüber hinaus zusätzliche Funktionalitäten verleihen, die bei Bedarf auf äußere Stimuli reagieren und dadurch die Beschichtung auf makro- und mikroskopischer Ebene aktivieren. Solche Modifikationen sind für Schutzbeschichtungen besonders deshalb bedeutsam, weil man das Verbot von krebserregendem Cr(VI), Cd und einigen organischen Lösemitteln bedenken muss [2]. Viele der bisher entwickelten gewöhnlichen Korrosionsschutzbeschichtungen verhindern die Wechselwirkung von korrosiven Spezies mit dem Metall durch passive Mechanismen. Bei diesem Ansatz werden relativ dicke Beschichtungen benötigt, und das Problem ungeschützter Schnittkanten bleibt ungelöst. Die nächste Generation von Schutzbeschichtungen sollte viel dünner sein (und somit die für 1 m2 des Substrats benötigte Menge an Rohstoffen und auch die CO2-Emission verringern) und zudem noch selbstheilende oder selbsthärtende Wirkung an verletzten Stellen aufweisen. Das bedeutet, dass es erforderlich sein wird, Beschichtungskomponenten zu entwickeln, die auf die Einwirkung interner oder externer Konditionen reagieren (pH- oder Feuchteänderungen, Verletzungen der Schicht usw.) und im Idealfall selbstheilende Eigenschaften mit anderen Funktionalitäten kombinieren (z.B. Detektion, kontrollierte Reflektion, Selbstreinigung). Im folgenden Kapitel werden aktive Beschichtungssysteme auf Basis dünner Filme beschrieben, die ein selbsttätiges Ansprechverhalten zeigen oder Nanobehälter enthalten. Solche Systeme haben in den letzten Jahren höchste wissenschaftliche Aufmerksamkeit gefunden.

10.1 Dünnfilmbeschichtungen Aktuell werden verschiedene Arten von Dünnfilmbeschichtungen für den Korrosionsschutz eingesetzt. Es gibt eine Anzahl neuer, fortschrittlicher Konzepte: Selbst-anordnende Monoschichten (engl. self-assembling monolayers, SAM), die seit Beginn der 1990er Jahre in größerem Umfang entwickelt wurden (s. Kapitel 10.1.1) leitfähige Polymere (s. Kapitel 10.1.2), auf die sich das Interesse der Korrosionsspezialisten während der letzten 10 bis 15 Jahre konzentrierte Biopolymere (s. Kapitel 10.1.3), die sowohl als potenziell leitfähige Matrix als auch als passive Schutzschichten von Interesse sind, die gleichzeitig Biokompatibilität aufweisen Einzelne Anwendungen dieser Techniken beim Korrosionsschutz und bei der Erzeugung von Nanokompositen (durch Kombination dünner Filme mit Nanomaterialien) bilden ein Jörg Sander et al.: Korrosionsschutz durch Beschichtungen © Copyright 2011 by Vincentz Network, Hannover, Germany * ins Deutsche übersetzt durch Jörg Sander

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Abbildung 10.1: REM-Aufnahmen von Aluminium- (a) und Magnesiumlegierungen (b) und Edelstahl (c) nach 40 min Ultraschallbehandung bei 57 W/cm2 Quelle: Royal Society of Chemistry

wachsendes Betätigungsfeld der heutigen Korrosionsforschung. Eine andere, wohlbekannte und vielverwendete Art von Beschichtungen sind die galvanischen Überzüge; diese stellen jedoch die konservativste Problemlösung dar. In der Literatur finden sich nur wenige Berichte über Modifikationen galvanischer Überzüge [3], die sich dann meistens mit dem Einbau von Nanopartikeln und polymeren Mikrobehältern in die Beschichtung befassen (s. Kapitel 10.2.1). Aufgrund der metallischen Struktur der Schichtmatrix ist es schwierig, die mechanische Zerstörung der Mikrobehälter beim Einbau in die Schicht sicher zu vermeiden und darüber hinaus zu erreichen, dass sie dabei nicht agglomerieren. Um solche galvanische Schichten mit aktiven Eigenschaften auszustatten, sind in Zukunft noch große Anstrengungen notwendig. Die meisten Metalle zeichnen sich einerseits durch eine natürliche Passivität aus, die auf der spontanen Bildung einer dünnen Oxidschicht in der jeweiligen Umgebung beruht (dem Passivfilm). Diese Schutzschicht kann die Korrosionsreaktionen (Auflösung) um etliche Größenordnungen verlangsamen. Beispielsweise überzieht sich eine typische Aluminium­ oberfläche mit einer 3 bis 7 nm dicken, natürlichen Oxidhaut. Diese dünne Schicht ist andererseits kein hinreichender Schutz gegen korrosive Reagenzien. Sie bietet auch keine gute Haftung für die nachfolgenden Beschichtungslagen [4]. Deshalb wird die Metalloberfläche vor der weiteren Bearbeitung (speziell vor dem Lackieren) stets vorbehandelt. Die gebräuchlichsten Verfahren für die Oberflächenvorbehandlung basieren auf aggressiven Chemikalien wie z.B. Chromatlösungen [5] (vgl. auch Kapitel 8). Eine der Funktionen der Oberflächenvorbehandlung ist die Bildung einer porösen oxidischen Schicht auf der Metalloberfläche, die eine für mechanische Verankerung ausreichende Porosität aufweist (zu einer vollständigeren Interpretation der Haftung vgl. auch Kapitel 6.3.1). Hochintensive Beschallung mit Ultraschall (US) wird in der Metallbearbeitung schon seit langem eingesetzt, z.B. zur Metallkristallisation, zum Formen und für die Oberflächenbehandlung [6] (vgl. Kapitel 3.2). US-Beschallung einer Metallschmelze ergibt in der Regel Metallgefüge mit verbesserter Kornausbildung und größerer Homogenität [7]. Beispielsweise führt der Kollaps von Kavitationsbläschen an einer Aluminiumoberfläche zur • Reinigung der Oberfläche (Zerstörung und Entfernung von Verunreinigungen) • wesentlichen Vergrößerung der Rauigkeit der Zwischenschicht und somit verbesserter Haftung von weiteren Filmüberzügen auf der Oberfläche • Ausbildung einer dicken Oxidschicht [8] Rasterelektronenaufnahmen (Abbildung 10.1a-c) von Metalloberflächen nach einer Beschallung mit 57 W/cm2 zeigen die Bildung einer komplex strukturierten Oberfläche. Die Intensität

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Dünnfilmbeschichtungen

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Abbildung 10.2: Optische Mikroskopaufnahmen (a, b) und mit SVET erstellte 3D- Stromdichtekarten (c, d) angeritzter Stahlplatten in einem Korrosionstest von unmodifiziertem Stahl (a, c) und Stahl nach Ultraschallbehandlung (57 W/cm2, 60 min) (b, d). (e) Zeitverlauf der anodischen (Kurven 1 und 2) und kathodischen Aktivität (3, 4) auf der Stahloberfläche vor (1, 4) und nach Ultrabeschallung bei 57 W/cm2 (2, 3) Quelle: Royal Society of Chemistry

und Dauer der US-Beschallung haben einen dramatischen Einfluss bis hin zur Ausprägung von porösen, schaumartigen Metallstrukturen. Die Dicke einer so modifizierten Schicht wurde mit Hilfe der Transmissions-Elektronenmikroskopie an Ultramikrotom-Schnitten zu etwa 200 nm bestimmt, mit einer Porenzellengröße von ~7 nm. Die Technik der Raster-Vibrations-Elektrode (engl. Scanning Vibrating Electrode, SVET, vgl. Kapitel 7.3.4.1) erlaubt ein Kartografieren der Stromdichte auf einer ausgewählten Proben­ oberfläche und damit die Aufzeichnung lokaler kathodischer und anodischer Vorgänge in den Korrosionszonen [9]. Abbildung 10.2 zeigt die Aufnahme der Korrosionsaktivität auf einer Stahlplatte mit und ohne Ultraschallbehandlung bei 12-stündigem Eintauchen in eine korrosive Lösung (0,1 M NaCl). Man beobachtet einen intensiven Korrosionsprozess auf der unmodifizierten Stahloberfläche, der zur Ausbildung von Defektstellen auf der gesamten Probenfläche und schließlich zur völligen Zerstörung führt (Abbildung 10.2a und c). Abbildung 10.2e gibt die zeitliche Aufnahme der kathodischen und anodischen Oberflächenaktivität auf einer solchen Stahlplatte ohne US-Beschallung (Kurven 1 und 4) nach 12 h Eintauchen in 0,1 M NaCl wieder. Die Korrosion beschleunigt sich mit der Zeit dramatisch und erreicht eine sehr hohe anodische Aktivität von ~300 bis 400 μA/cm2. Stahlproben nach hochintensiver US-Beschallung (Abbildung 10.2e, Kurven 2 und 3) zeigen ein drastisch anderes Verhalten. Die Korrosionsvorgänge nehmen nur geringfügig zu und erreichen nach 12 h in 0,1 M NaCl nur eine anodische Aktivität von ~8 μA/cm2. Die Präparation von Metalloberflächen in dieser Art kann also für korrosionsschützende Mehrschichtlackierungen nützlich sein (zur Bedeutung chemischer Reinigungsverfahren vgl. Kapitel 3.3).

10.1.1 Selbst-anordnende Monoschichten In den 1980er Jahren stieg das Interesse an selbst-anordnenden Monoschichten (engl. self-assembling monolayers, SAMs) explosionsartig an – dicht gepackten, orientierten

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Monolagen von langkettigen, tensidartigen Molekülen, die spontan aus einer Lösung auf festen Oberflächen chemisorbieren [10]. SAMs geben ideale Modelle für das Studium fundamentaler Vorgänge an organischen Oberflächen ab, wie Benetzung [11], Adsorption [12], Haftung [13], chemische Reaktivität [14] und als Ergebnis hiervon Korrosionsbeständigkeit. Sie bieten auch ein gutes Versuchsfeld für die physikalischen Prinzipien, die den Aufbau anderer supramolekularer Strukturen wie Membranen und Mizellen steuern. Potenzielle Anwendungen der SAMs sind auf traditionellen Gebieten der Oberflächenchemie zu finden – Haftung [15], Benetzung, Korrosion [16], und Schmierwirkung. Neben verschiedenen anderen Zugängen zur Problematik der Beschichtungs- und Korrosionsschutzforschung hat die SAM-Technik in diesem Bereich in letzter Zeit viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen [17]. Nachdem SAMs auf Substraten wie Glas oder Goldelektroden bereits in den letzten Jahrzehnten sehr intensiv untersucht worden waren [18], ist die Anwendung von selbst-anordnenden Mono- und Mehrfachlagen auf Werkstoffen wie Aluminium, Aluminiumlegierungen, Stahl und anderen korrosionsempfindlichen Metallen noch relativ jung. Sie sind besonders vielversprechend, da einzigartige korrosionsresistente Schichten gebildet werden können. SAMs, häufig aus amphiphilen Kohlenwasserstoffmolekülen erzeugt, sollen erwartungsgemäß als Barriere wirken, die die Permeation von Korrosionsbeschleunigern wie Feuchtigkeit und Elektrolyten zur Metalloberfläche verhindert und dadurch die Korrosionsbeständigkeit des Grundmaterials erhöht. Zu diesem Zweck werden allgemein drei Molekülarten eingesetzt: • Fettsäuren mit Carboxyl-Endgruppen, die mit Metallsubstraten elektrostatisch wechselwirken • Alkylthiole, die an das Stahlsubstrat über Eisen-Schwefel-Bindungen anknüpfen und • Alkylsilane, die mit der Metalloxidschicht auf Metallen und ihren Legierungen reagieren Maege et al. [19] berichteten über eine systematische Studie und Vergleichsuntersuchung von SAMs auf Aluminiumlegierungen, worin amphiphile Moleküle einschließlich der Fettsäuren, Phosphor- und Phosphonsäuren, Alkylsilane und -siloxane verwendet wurden. Die Säuren tendieren dazu, sich auf dem Al2O3 der Aluminiumsubstrate über elektrostatische Wechselwirkungen anzulagern, wobei die langen Alkylketten durch van der Waals-Kräfte zusammenwirken und die stabilen Monolagen bilden. Im Fall der Alkylsilane findet eine zweistufige Hydrolyse/Kondensationsreaktion zwischen Silan und Al2O3 statt, die zu einem polymerisierten einlagigen Film führt. Infolge der Filmbildung wird die Metalloberfläche sehr viel hydrophober, und man findet eine deutlich gesteigerte Korrosionsfestigkeit des Substrats. Von allen untersuchten Molekülarten ergab die Monoschicht aus Phosphonsäure in der Feuchteauslagerung den besten Korrosionsschutz. Trotz dieser ausgedehnten Untersuchungen bleiben noch viele Fragen auf diesem Forschungsgebiet offen. Beispielsweise ist die Oberflächenchemie von Legierungen erheblich komplizierter als bei den wohldefinierten, viel glatteren Glas- und Goldoberflächen. Eine solch komplexe Oberflächenchemie hat mit Sicherheit wesentliche Effekte auf den Prozess der Selbstanordnung und die Eigenschaften der entstehenden dünnen Filme. Die Eigenschaften von Metalloberflächen werden oftmals durch die Reinigungs- und Vorbehandlungsprozesse beeinflusst; dies gilt selbstverständlich auch für die Selbstordnungsvorgänge auf einer Legierungsoberfläche. In der Forschung wurden vier verschiedene Alkylsilan-Verbindungen vorgeschlagen: Octadecyl-trichlorsilan (C18H37SiCl3), Octadecyl-trimethoxysilan (C18H37Si(OMe)3), Octyltrimethoxysilan (C8H17Si(OMe)3) und Octadecyl-dimethylchlorsilan (C18H37SiMe2Cl) [20], um an ihnen die Bildung der SAMs aus Silanen unterschiedlicher chemischer Struktur zu vergleichen und den Korrosionswiderstand von Al2024-Substraten zu ermitteln, die mit dünnen Filmen hieraus modifiziert waren.

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Abbildung 10.3: (a) Schema einer selbstanordnenden Monolage (SAM) aus n-Dodecanthiolat auf atomar flachem Goldsubstrat mit van der Waals-Kräften zwischen benachbarten Kohlenwasserstoffketten; (b) STM-Abbildung einer SAM aus n-Dodecanthiolat (Kantenlänge 25 pm); eine Stufenkante mit mehreren Filmdefekten ist sichtbar, darunter Domänengrenzen (hervorstehende und vertiefte gezackte Linien) und Substratfehler (dunkle, kreisförmige Vertiefungen) Quelle: Elsevier

Es ist wohlbekannt, dass die Kinetik der Hydrolyse/Kondensationsvorgänge in Sol-GelReaktionen aufgrund der unterschiedlichen chemischen Struktur von Molekülart zu Molekülart variiert und mit ihr die Strukturen und Eigenschaften der selbst-anordnenden Mono- oder Multilagen. Zum Beispiel neigen einige Alkylsilane zur Bildung von Monolagen höherer Packungsdichte und Ordnung als andere, die Filme mit mehr gestörten Bereichen bilden. Hypothetisch sollten Filme mit weniger Defektdomänen der Aluminiumlegierung einen höheren Korrosionsschutz verleihen. Die traditionelle Methode zur Bildung einer organischen Monolage besteht darin, dass man auf einer wässrigen Subphase eine hierin unlösliche Verbindung zu einem Film verteilt und diesen mechanisch mit einer Barriere komprimiert bis eine dichte, annähernd regulär orientierte Molekülpackung erreicht ist. Diese Monolage wird dann durch Tauchen nach der Langmuir-Blodgett-Methode [21] auf einen festen Untergrund übertragen. SAMs können dagegen durch einen einfachen chemisorptiven Vorgang hergestellt werden und bieten somit eine elegante Technik zur Oberflächenmodifizierung (Abbildung 10.3). Eine hochgeordnete und dichtgepackte Monolage kann den Zutritt von Lösungen zur Metall­ oberfläche verhindern und dadurch das Metall wirkungsvoll vor Korrosion schützen [22]. Auf Kupfer und Gold durch Adsorption aus einer Lösung erzeugte Monolagen von Alkanthiolen, Dialkyldisulfiden und anderen schwefelhaltigen Molekülen wurden in zahlreichen Berichten beschrieben [23]. Einige wenige Studien wurden über die Korrosion an Eisen gemeldet [24] . Es wurde gezeigt, dass 2-Mercaptobenzothiazol, ein Heterozyklus, der N- und S-Atome enthält, auf Eisen Monolagen bilden kann. Diese Verbindung ist ausgiebig untersucht worden, weil sie mit vielen Metallen wie Eisen, Kupfer, Kobalt, Nickel usw. hydrophobe Komplexe bilden kann und daher auch als Korrosionsinhibitor eingesetzt wird [25]. Überdies kann 2-Mercaptobenzothiazol auf Metallen tatsächlich SAMs ausbilden, was auf der spontanen Adsorption und Orientierung der Moleküle beruht, die mit einer reaktiven Gruppe chemisch an das Substrat gebunden werden. Die entsprechenden Wärmeumsetzungen bei der Adsorption konnten mit Mikrokalorimetrie detektiert werden. Für den Schutz von Kupfer wurden SAMs aus Alkanthiolen, Alkylthiosulfaten, Mercaptoalkanolen und Schiffschen Basen vorgeschlagen [26]. Als besonders umweltverträgliche Inhibitoren werden Inositolhexaphosphat (Phytinsäure) und seine Salze genannt [27]. Besonders elegante Arbeiten wurden mit dem lageweisen Aufbau von Schichten (layer-bylayer [LbL]-Technik) durchgeführt. Neue Möglichkeiten für antikorrosive Beschichtungen könnten aus dem Multikomponenten-Nanonetzwerk entstehen, das mit der LbL-Technik aus Polyelektrolyt-Vielfachschichten aufgebaut wird [28]. Der LbL-Ablagerungsvorgang

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Neue Konzepte für den Korrosionsschutz

Abbildung 10.4: Schema: Mechanismus des Selbstheilungsvorgangs einer „smarten“ PolyelektrolytKorrosionsschutzbeschichtung. Der Korrosionsangriff bewirkt die pH-Wertänderung des Systems, diese stimuliert den Respons der Polyelektrolytbeschichtung: Abpuffern des pH-Werts, Neuanordnung der Polymerketten und Freisetzung des Korrosionsinhibitors (PE +: positiv geladener Polyelektrolyt; PE –: negativ geladener Polyelektrolyt; Inh: Inhibitor)

verläuft über das schrittweise elektrostatische Abscheiden gegensätzlich geladener Spezies (z.B. Polyelektrolyten und Inhibitoren; oder andere wie Proteine, Nanopartikel) auf der Substratoberfläche mit einer Genauigkeit im Nanometer-Maßstab. Er lässt den Aufbau von Beschichtungen mit multipler Funktionalität zu. Die Eigenschaften der Beschichtung können durch die Anzahl der Abscheidungszyklen und die Art der verwendeten Polyelektrolyte gezielt beeinflusst werden. Polyelektrolyte weisen eine gute Substrathaftung auf und können auch Oberflächendefekte abdecken. Die Konformation von Polyelektrolyten ist hauptsächlich von ihrer Natur und den Adsorptionsbedingungen abhängig, weniger vom Substrat und der Ladungsdichte auf seiner Oberfläche. Polyelektrolytschichten sollten erwartungsgemäß von nicht-ionischen bis zu polaren Substraten viele Arten von Oberflächen bedecken können. Polyelektrolyt-Vielfachschichten bieten ein weites Anwendungsgebiet auf Feldern wie nichtlineare Optik, Lichtemission, Messfühler, Trennung, Bioadhäsion, biokatalytische Aktivität, Wirkstoffabgabe und spezifische Bio-Anwendungen durch Oberflächenmodifikationen [29]. In den letzten Jahren haben Polyelektrolyt-Vielfachschichten auch großes Interesse auf dem Gebiet des Korrosionsschutzes gefunden [30]. Korrosionsprozesse werden von einer Reihe von Reaktionen begleitet, die die Zusammensetzung und Eigenschaften sowohl der Metall­ oberfläche wie auch ihrer direkten Umgebung verändern (z.B. die Bildung von Oxiden, Diffusion von Metallkationen in die Schichtmatrix, lokale Veränderungen des pH-Werts und des elektrochemischen Potenzials) [31]. Ein strategischer Ansatz zur Vermeidung der Ausbreitung der Korrosion ist es, die begleitenden physikalisch-chemischen Reaktionen zu unterdrücken. Polyelektrolyten sind Makromoleküle mit einer relativ großen Zahl funktioneller Gruppen, die entweder bereits geladen sind oder unter geeigneten Bedingungen geladen werden können. Polyelektrolytfilme können ihre chemische Zusammensetzung mit dem pH-Wert ändern, weil der Grad ihrer Dissoziation vom lokal wirksamen pH-Wert beeinflusst wird. So kann die Anreicherung jeweils einer Polymerart in den Filmen gesteuert werden, indem man den pH-Wert so wählt, dass das jeweils abzuscheidende Polymer schwach geladen ist, während das andere eine hohe Ladung aufweist. Aktive Spezies, die als Komponente des Polyelektrolyt-Nanonetzwerks oder als Dotierungsmittel im Film abgeschieden sind, können bei Bedarf freigesetzt werden. Die Empfindlichkeit des Polyelektrolytfilms gegenüber einer Reihe physikalischer und chemischer Faktoren (wie pH-Änderung, mechanische Einwirkung usw.) der Umgebungsmedien gewährleistet die Fähigkeit, die in den Multilagen eingeschlossenen Inhibitorspezies

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Dünnfilmbeschichtungen

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Abbildung 10.5: SVET-Messung: (a) Zeitabhängigkeit der Stromdichteveränderungen auf einer geritzten, mit (PEI-PSS)10 beschichteten Aluminiumplatte. Obere Kurve: Anodenstrom; untere Kurve: Kathodenstrom (Elektrolyt 0,1 M NaCl; Skaleneinheiten µA/cm–2; räumliche Auflösung 150 µm; (b) Stromdichtekartierung nach 3 h Messzeit; (c) Foto der geritzten Oberfläche während der Messung (Ritz durch Pfeile gekennzeichnet)

kontrolliert abzugeben. Der schematische Mechanismus eines solchen intelligenten Selbstheilungsvorgangs wird in Abbildung 10.4 gezeigt. Für den Respons eines Polyelektrolyt-Multilagensystems auf Korrosionsangriff können die folgenden Mechanismen vorgeschlagen werden: • Polyelektrolyte haben Pufferwirkung und können in korrosiven Medien den pH-Wert an der Metalloberfläche stabilisieren • Inhibitoren werden aus Polyelektrolyt-Multilagen erst nach dem Beginn des Korrosionsprozesses und unmittelbar in die verrostete Fläche freigesetzt; sie verhindern die Ausbreitung der Korrosion • Polyelektrolyten, die die Beschichtung bilden, sind verhältnismäßig mobil und haben daher die Tendenz, mechanische Fehlstellen der Beschichtung zu versiegeln und zu beseitigen Somit ist ein Polyelektrolyt-Nanonetzwerk gleichermaßen wirksam bei der Unterdrückung der Korrosionsausbreitung und beim Ausheilen der allerersten Spuren korrosiver Mikrodefekte. Zwei Problembereiche müssen angesprochen werden, die mit der Bildung der PolyelektrolytSchichten und ihrer antikorrosiven Wirkung zusammenhängen. Das erste Thema betrifft die Natur der Legierungsoberfläche, die Substrathaftung der Polymere und die Stabilität der Schichten in aggressiver Umgebung. Sowohl aggressive Lösungen als auch Temperaturschwankungen oder UV-Strahlung können die strukturelle Integrität von Multilagen-Filmen verändern. Das zweite Problem hängt mit der antikorrosiven Aktivität der Beschichtung selbst zusammen. Die Ansprechbarkeit des aus verschiedenen Polyelektrolyten gebildeten Nanonetzwerks durch externe Stimuli, die durch korrosive Zerstörung entstehen (Änderungen des pH-Werts, Auftreten von Fehlstellen in der Schicht), ist außerordentlich wichtig und daher Gegenstand ausgedehnter Forschung. Schwache Polyelektrolyten werden in zunehmendem Maß in Multilagen-Dünnfilmen verwendet, weil mit ihnen die Filmeigenschaften besser gesteuert werden können, indem die Ionisation der schwach geladenen Gruppen durch Einstellung des pHWerts geändert wird. Aus diesem Grund ist für Substrate, die mit Multilagen aus schwachen und starken Polyelektrolyten beschichtet sind, eine andere Stromdichteverteilung zu erwarten (s. Abbildung 10.5). Eine kombinierte Beschichtung aus dem schwachen Polyethylenimin (PEI) und dem starken Polystyrolsulfonat (PSS) zeigt einen sehr hohen Korrosionsschutz. Abbildung 10.5 (c) zeigt eine geritzte Aluminiumoberfläche. Der Ritz, der keinerlei Spuren von korrosiver Beschädigung aufweist, ist durch die Pfeile gekennzeichnet.

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In der zeitaufgelösten SVET-Aufnahme wird über 12 Stunden keine Ionenwanderung beobachtet. Die Kontrollaufnahme in Abbildung 10.5 (b) lässt nur Hintergrundrauschen erkennen. Es wird vorgeschlagen, die Unterschiede zwischen starken und schwachen Polyelektrolyt-Paaren mit dem hohen relativen Assoziationsgrad gegensätzlich geladener Polyelektrolyt-Segmente zu erklären. PolymerPaare, die stärkere Komplexe bilden, sollten erwarAbbildung 10.6: REM-Aufnahme der tungsgemäß im Kontakt mit wässrigen Lösungen Oberfläche einer PEI-PAA-Beschichtung besser assoziieren und demgemäß weniger empnach 12 h Tauchen in 0,1 M NaCl findlich gegenüber pH-Wertänderungen sein als schwach/starke und schwach/schwache Polyelektrolyt-Paare. Änderungen des pH-Werts, die infolge des Korrosionsvorgangs eintreten, führen zur Ionisierung der funktionellen Gruppen der schwachen Polyelektrolyte. Dies resultiert in einer erhöhten Abstoßung zwischen den unausgeglichenen Ladungen. Kleine Gegenionen können in die Lagenstruktur eindringen und diese Ladungen ausgleichen. Die im Vergleich mit der umgebenden Lösung höhere Ionenkonzentration innerhalb der Polyelektrolyt-Multilagen erhöht auch den osmotischen Druck, wodurch Wasser in diese hineinwandert. Daher beginnen die Multilagen zu quellen und erhöhen ihre Mobilität. Abbildung 10.6 zeigt REM-Aufnahmen der PEI/PAA-beschichteten Aluminiumtafeln nach 12 h Eintauchen in 0,1 M NaCl. Die geritzte Oberfläche neigt dazu, sich durch Verschieben und Neuanordnen der Ketten in den gequollenen Polymer-Multilagen zu regenerieren. Arbeitet man einen Korrosionsinhibitor als Komponente in die Schutzschicht ein, kann ein höchst effektiver Mechanismus zur Unterdrückung von Korrosion geschaffen werden. Chinoline sind umweltfreundliche Korrosionsinhibitoren, denen als Alternative zu den schädlichen Chromaten mehr und mehr Aufmerksamkeit zukommt. Beim 8-Hydrochinolin wurde die Fähigkeit gefunden, dass es durch die Bildung eines unlöslichen Chelatkomplexes mit Aluminium die Adsorption von Chloridionen verhindern kann, wodurch der Korrosionswiderstand erhöht und das Metallsubstrat geschützt wird [32]. Sowohl mechanische (Kratzer) als auch chemische (lokale pH-Wertänderungen) Störungen des Polyelektrolytnetzwerks rufen die Freisetzung des eingekapselten Inhibitors ausschließlich an den verletzten Stellen der Metalloberfläche hervor. Dies führt zu einem Abstoppen des Korrosionsprozesses und zur Verlängerung der Korrosionsschutzwirkung.

10.1.2 Leitfähige Polymere Elektrisch leitende Polymere sind Gegenstand fortdauernder Forschungs- und Entwicklungsarbeiten wegen ihrer möglichen Anwendungen in vielen Technologiebereichen wie wiederaufladbare Batterien, Sensoren, elektromagnetische Interferenz-Abschirmung, Elektrochromie-Displays, „intelligente Fenster“, molekulare Bauelemente, Energiespeichersys­teme, Gasmembranseparation usw. [33]. In jüngster Zeit hat es – teilweise noch andauernde – Studien gegeben, in denen leitfähige Polymere in unterschiedlichen Konfigurationen bezüglich ihrer korrosionsschützenden Fähigkeiten gegenüber oxidierbaren Metallen bewertet werden. Mengoli et al. waren die ersten, die die Schutzwirkung von Polyanilin (PAni, Abbildung 10.7) auf Edelstahl untersuchten. 1985 zeigte DeBerry, dass auf elektrochemischem Wege synthetisiertes PAni in 1 M H2SO4 als korrosionsschützende Schicht auf Edelstahl wirkt. Seither haben viele Forschungsgruppen die elektrochemische Synthese verschiedenartiger leitfähiger Polymere systematisch auf oxidablen Metalloberflächen untersucht, um auf diese Weise Korrosionsschutz zu

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erzeugen. Obwohl in den meisten Publikationen über leitfähige Polymere ausschließlich positive Resultate dargestellt werden, ist aus industriellen Versuchen mit Beschichtungen auf Basis leitfähiger Polymere generell bekannt, dass die praktische Leistungsfähigkeit bei weitem hinter der Wirkung von Beschichtungen ohne leitfähige Polymer zurückbleibt (sogenannte intrinsisch leitfähige Polymere). Dies liegt daran, dass in den meisten veröffentlichten Berichten nur einfache Tauchtests Abbildung 10.7: Chemische Strukturen ausgewählter ausgeführt wurden, in denen ein leitfähiger Polymere; (a) Polyanilin; (b) Polypyrrol; leitfähiges Polymer gute Chan- (c) Polyethylenoxid cen hat, kleine Defekte zu passivieren [34], während dieses Prinzip bei Vorliegen zu großer Beschädigungen und unter den Bedingungen der atmosphärischen Korrosion nicht wirkt und stattdessen schnelle Zerstörung der Beschichtung beobachtet wird [35]. Diese rasche Zerstörung der Beschichtungen wird sogar als inhärente Eigenschaft aller leitfähigen Polymere benannt [36]. Einige Arbeiten zeigen dagegen, dass diese Gefahr abgewendet werden kann, wenn man die Ausbildung von übergroßen Perkolationsnetzwerken des leitfähigen Polymers in der Kompositbeschichtung verhindert. Damit erhalten leitfähige Polymere doch noch eine Eignung für den intelligenten Korrosionsschutz [37]. So können Beschichtungen aufgebaut werden, die eine effiziente „intelligente“ Freisetzung von Inhibitoranionen zeigen, die durch den Korrosionsvorgang selbst ausgelöst wird [38]. Nach diesen Designregeln aufgebaute Beschichtungen scheinen in der Regel gut zu funktionieren [39] und inhibieren besonders wirkungsvoll die schnelle Enthaftung, die von äußerlichen Beschädigungen ausgeht. Andererseits erscheint auch die Korrosion an einer inneren Grenzfläche zwischen Beschichtung und Metall als ernsthaftes Problem, die auch ohne Fehlstellen in der Beschichtung auftreten kann. Williams und McMurray [40] beobachteten innerhalb von lediglich 140 h das Aufwachsen eines 3 µm starken Oxidfilms an der Grenzfläche zwischen einer Eisenprobe und einer Kompositbeschichtung aus PAni, das in einer nicht-leitenden Polymermatrix eindispergiert war. Sie erklärten diese schnelle Grenzflächenkorrosion durch galvanische Elementbildung zwischen PAni und Eisen, d.h. Oxidation des Eisens angetrieben durch die Reduktion des PAni, das seinerseits durch den Sauerstoff der Umgebung re-oxidiert wird; der Sauerstoff wird in der Gesamtbilanz dieses Prozesses reduziert. Mit anderen Worten wirkt das leitfähige Polymer geradezu als Mediator zwischen Metall und Atmosphärensauerstoff und fördert damit die Korrosion statt sie zu verhindern. Wurde die gleiche Beschichtung auf Zink appliziert, bildete sich nur ein vergleichsweise dünner Oxidfilm von 0,5 µm durch Grenzflächenkorrosion. Williams et al. erklären diesen Unterschied mit der unterschiedlichen Acidität der korres­pondierenden Metallkationen. Während das Eisen(II)- (und auch das Aluminium-) Kation recht acide ist und deshalb den pH-Wert im Innern der Beschichtung wirksam puffern kann, findet im Fall des Zink-Kations eine Alkalisierung der Grenzfläche infolge der begleitenden Sauerstoffreduktion statt, weil die niedrigere Acidität des Zink-Kations für das Abpuffern des pH-Werts nicht ausreicht. Deshalb bleibt PAni im Fall von Eisen oder Aluminium als Substrat intakt, während es seine Leitfähigkeit im Fall von Zinksubstrat infolge der Deprotonie-

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rung bei hohem pH-Wert verliert. Die Autoren beobachteten auch, dass die Arbeitsfunktion, die man auf beschichteten Eisen- oder Aluminiumsubstraten misst, von der Arbeitsfunktion des PAni bestimmt wird, während die Arbeitsfunktion auf beschichtetem Zink der von Zinkmetall selbst mehr oder weniger äquivalent ist. Abbildung 10.8: Messungen mit der Raster-Kelvinsonde: Potenzialverteilung an Fe-Al- und Fe-Zn-Lokalelementen; die Proben sind jeweils zur Hälfte mit einem Polypyrrol-Film (Conquest) beschichtet, zur Hälfte unbeschichtet, wie in den darüber angeordneten Grafiken gezeigt Quelle: Elsevier

Nazarov und Thierry [41] berichten über eine ähnliche Beobachtung: Mit Polypyrrol (PPy) beschichtetes Zink zeigte in feuchter Atmosphäre eine niedrige Arbeitsfunktion (bzw. Potenzial; zu Details über die Korrelation von Potenzial und Arbeitsfunktion bei der Messung mit der Kelvinsonde [SKP] vgl. Lit. [42]), nach Trocknung stieg das Potenzial jedoch auf das dem PPy entsprechende Niveau. Die Autoren schreiben diesen Wechsel der Ausbildung einer geordneten Wasserschicht an der inneren Grenzfläche zu, die ein Dipolpotenzial induziert, das das mit der SKP gemessene Potenzial absenkt. Die Beobachtung ist in Abbildung 10.8 dargestellt, die ein Fe/Al-Paar und ein Fe/Zn-Paar zeigt, die jeweils teilweise mit einem PPyFilm bedeckt sind. Das Ergebnis ist, dass an der bestehenden Schicht auf Zink das niedrige Potenzial von metallischen Zink gemessen wird (obwohl die Oberfläche der Schicht noch im oxidierten Zustand zu sein scheint und die Arbeitsfunktion daher von unreduziertem PPy bestimmt werden müsste), während man auf Eisen und Aluminium tatsächlich mehr oder weniger das Potenzial der existierenden Deckschicht misst. Die anodische Korrosion an der Grenzfläche zwischen Metall und Komposit wirft jedoch weiterhin Probleme auf. Prinzipiell sollte das hohe Potenzial des leitfähigen Polymers sicherstellen, dass das mit ihm in Kontakt stehende Metall zuverlässig im Passivbereich gehalten wird. In einer Kompositbeschichtung ist nicht die gesamte beschichtete Oberfläche in direktem Kontakt mit dem leitfähigen Polymer, sondern lediglich in seiner Nähe. Über den Zeitverlauf betrachtet wird daher die Metalloberfläche, die sich nur im Einzugsbereich des leitfähigen Polymers, jedoch nicht in leitendem Kontakt mit ihm befindet, über die in die Grenzfläche eindiffundierten Wassermoleküle und Ionen ein schwaches galvanisches Element mit dem Polymer ausbilden. Die niedrige Leitfähigkeit an der Grenzfläche verhindert dann die volle Polarisation bis auf das Potenzialniveau des leitfähigen Polymers und das Metall kann deshalb nicht im passiven Zustand gehalten werden. Ganz im Gegenteil kann es zu höherer korrosiver Aktivität hin polarisiert werden. Auch unterschiedliches Ionentauscherverhalten verschiedener Kompositbeschichtungen auf Basis von leitfähigen Polymeren ist möglich (Abbildung 10.9). Leitfähige Polymere können in organischer Lösung synthetisiert werden. Die ersten Versuche zur Elektrodeposition leitfähiger Polymere auf aktiven Metallsubstraten und Untersuchungen ihrer Eigenschaften wurden in nichtwässrigen Lösemitteln durchgeführt. Im Vergleich zu Wasser ist der größte Vorteil organischer Lösemittel die bessere Löslichkeit der Monomere, wodurch höhere Konzentrationen in der Lösung möglich werden. Das Entstehen der Polymerschicht ist dadurch sehr viel schneller und die anodische Auflösung des Substrats schreitet nicht fort. 1982 waren Skotheim und Mitarbeiter unter den ersten, die diesen Abscheidungsprozess auf aktiven Metallsubstraten untersuchten [43]. Ziel ihrer Untersuchung war es, eine Erklärung für den Einfluss des Substratmaterials auf den Startvorgang

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Abbildung 10.9: Unterschiedliches Ionentauscherverhalten von Kompositbeschichtungen auf Basis leitfähiger Polymere während der Delamination. Links: Kompositbeschichtung mit makroskopischen Perkolationsnetzwerken des Polymers, die Permeationsselektivität für Kationen verursachen und somit die Abgabe von Anionen verhindern; Mitte: niedrige Dichte des leitfähigen Polymers, womit nur wenige Polymerpartikel im Kontakt mit dem Metall stehen und elektrochemisch aktiv sind; Kationenselektivität ist nicht zu erwarten und Freisetzen von Anionen ist möglich, soweit die geringe Menge an aktivem Polymers dies zulässt; rechts: bildet das leitfähige Polymer keine makroskopischen, sondern mikroskopische Netzwerke, wird die Kationenselektivität weiter verhindert, während Anionen in bedeutender Menge freigesetzt werden können Quelle: Elsevier

der Polymerabscheidung zu finden. Als Beispielverbindung für ein leitfähiges Polymer wurde Polypyrrol (PPy) gewählt. Der Polymerfilm wurde aus einer Lösung der Monomere in Acetonitril mit BF4− als Gegenion abgeschieden. Elektropolymerisation wurde auf den Substraten Pt, Au, Pd, Ag, Ti, Cr, Ni, Al, In und Fe vorgenommen, wobei diese Metalle als dünne Schichten (200 bis 300 nm) auf einem Siliciumträger abgeschieden waren. Die PPySchicht konnte auf Al, In, Ag und Fe nicht erzeugt werden, da die dünnen Metallschichten in diesen Fällen noch vor Erreichen des Polymerisationspotenzials aufgelöst waren. Auf anderen Metallen (Ni, Ti und Cr) bildete sich vor der Polymerabscheidung eine Oxidhaut und versiegelte die Metalloberfläche. Die Autoren fanden heraus, dass der Polymerisationsprozess auf den verschiedenen Elektrodenwerkstoffen im Grundsatz ähnlich verlief, die PPy-Filme in Abhängigkeit vom Substrat aber unterschiedliche Strukturen aufwiesen. Cheung et al [44] untersuchten die Eigenschaften eines PPy-Toluolsulfonat-Films auf verschiedenen Substraten, nämlich Pt, Ti, Al, Kohlenstoffstahl und Messing. Die Elektropolymerisation wurde unter galvanostatischen Bedingungen aus seiner Lösung des Pyrrol-Monomers in Propylencarbonat durchgeführt. Die Charakterisierung des Polymers umfasste Elementaranalyse, Elektronenmikroskopie (REM), Raman-Spektroskopie und Leitfähigkeitsmessungen. Es wurde gefunden, dass das Potenzial der Pyrroloxidation auf Ti, Fe und Al im Gegensatz zum Verhalten auf Pt-Substrat anstieg. Das Redox-Potenzial des PPy-Toluolsulfonat-Films hängt vom Substrat ab, während die elektrischen Leitfähigkeiten der freien Polymerfilme von der Substratart unabhängig sind. Die Morphologie des Polymerfilms war dagegen je nach Art des Metallträgers unterschiedlich. Die REM-Aufnahmen zeigten die Existenz einer Polymerregion in der Nachbarschaft zur Elektrodenoberfläche an, die sich im Aufbau von der freien Schicht unterschied. Der PPy-Film ist auch von anderen Forschern auf Al- und Ti-Oberflächen aus organischen Lösemitteln abgeschieden worden [45]. Chun et al. elektrodeponierten den PPy-Film auf Edelstahl aus Benzol/Diethylether-Gemisch und studierten die Morphologie, mechanische Eigenschaften und Leitfähigkeit des Films. Sie fanden, dass der Film flexibel war und in jede Form geschnitten werden konnte, demnach also in praktischer Hinsicht sehr nützliche Eigenschaften aufwies. Der Einfluss des Metalluntergrunds (Pt, Ni, Ti und Edelstahl) auf die elektrochemischen Eigenschaften von PPy ist von Zalewska et al. untersucht worden [46]. Die Polymerschicht wurde aus Acetonitril und aus wässrigen Lösungen abgeschieden. Es zeigte

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sich, dass die Eigenschaften des Polymerfilms vom Substratmaterial abhängig sind. Dies war besonders auffällig bei der Elektropolymerisation auf einer Nickelelektrode. Hieraus wurde eine Annahme über die Bildung des PPy-Ni-Kompositfilms abgeleitet. Die Elektropolymerisation von PPy auf Zn-Pb-Ag-Legierung (65 % Zn, 10 % Pb, 25 % Ag) wurde in organischen Lösemitteln (Acetonitril, Nitrobenzol, Propylencarbonat) untersucht [47]. Hierbei wurde festgestellt, dass eine gut haftende, homogene Polymerschicht nach der Behandlung der Zinklegierung mit einer wässrigen Lösung von Na2S erhalten wird. Bazzaoui et al. [48] synthetisierten gut haftende PPy-Filme auf Zn aus den Medien Acetonitril, Nitrobenzol und Propylencarbonat in der Gegenwart von p-Toluolsulfonat als Gegenionen. Die Bildung einer PPy-Schicht auf einer Eisenoberfläche ausgehend von 1-Butyl-3-methyl­ imidazolium wurde von Fenelon und Breslin studiert [49]. Hierbei wurden anhaftende und hochleitende PPy-Filme erhalten. Die Elektropolymerisation von Acetylen aus Acetonitrillösung wurde auf Pt und Cu mit Cu als Katalysator durchgeführt [50]. Der Polyindol-Film, der aus einem Acetonitril/Wasser-Gemisch bei Anwesenheit von Tetrabutylammonium-Tetrafluoroborat auf Eisen erhalten werden kann, wurde von Sazou untersucht [51]. Dieser stellte fest, dass ein steigender Anteil Wasser im Elektrolyten durch Auflösung der Eisenelektrode in einer Erhöhung der Konzentration an Fe3+-Ionen in der Lösung resultiert. Dies führt wiederum zu mechanischer Instabilität des Polymerfilms. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Elektrodeposition von Polymerlagen aus wässrigen Lösungen. In der Tat sind aus praktischen Erwägungen oftmals wässrige Lösungen zu bevorzugen, da organische Lösemittel viele Nachteile wie Toxizität, hohe Entflammbarkeit und höhere Kosten aufweisen. Somit wurde die Entwicklung von wässrigen Systemen eine Herausforderung. Auch hier wurde PPy wegen seiner relativ einfachen Präparation aus wässriger Lösung zum vielfach untersuchten Studienobjekt. Schirmeisen und Beck [52] studierten die Herstellung der PPy-Schicht auf inerten (Pt, Au, glasartiger Kohlenstoff) und aktiven (Cu, Ti, Fe, Edelstahl) Trägern in wässrigen und nicht-wässrigen Lösungen (Acetonitril, Methanol) in Gegenwart verschiedener anorganischer Ionen. Sie stellten fest, dass die Elektrodeposition der PPy-Beschichtung nur dann in wässriger Lösung erfolgt, wenn die Substrate sich nicht simultan mit dem Polymerisationsprozess auflösen. Daher ist es sehr wichtig, Anionen auszuwählen, die die Passivierung der mit dem Elektrolyten kontaktierten Metalloberfläche bewirken [53]. Im Fall von Eisen ist ein solches Anion das Nitrat-Ion. Ausgezeichnete und fest haftende PPy-Schichten wurden auf der Eisenoberfläche in KNO3Lösung erhalten. Husler und Beck studierten das Elektropolymerisationsverfahren von PPy auf Al- und Ti-Oberflächen [54]. Sie berichten von der Herstellung eines fest haftenden PPyFilms auf Al [55]. Der Polymerfilm wurde auf der Al-Oberfläche nach Passivierung mit verdünnten Säuren (Oxal-, Salpeter- und Schwefelsäure) abgeschieden. Lacase et al. erhielten auch ohne separate Vorbehandlung fest haftende Schichten auf Al und anderen aktiven Metallen (Zn, Cu, Ni, Fe) aus wässrigen oder wässrig/alkoholischen Lösungen, die SalicylatIonen enthielten [56]. Die Kinetik der Pyrrol-Elektropolymerisation und die Morphologie der PPy-Schicht auf Edelstahl wurden in wässrigem Medium von Su und Iroh untersucht [57]. Neben dem Einfluss von Stromdichte, Temperatur und Pyrrol-Konzentration wurde auch der Effekt der Konzentration des Gegenions Benzolsulfonat auf den Schichtbildungsprozess von PPy aufgezeigt. Wie gesichert werden konnte, wurden glattere und kompaktere PPySchichten bei niedriger Elektrolytkonzentration gebildet, während der Niederschlag bei höheren Konzentrationen weniger dicht und poröser war. Führte man die Polymerisation in der Gegenwart von Oxalat aus, wurde die Erzeugung eines dünnen Films von FeC2O4 · 2H2O auf der Stahloberfläche nachgewiesen. Dieser Film bewirkte die Passivierung des Stahls, so dass die Abscheidung des PPy-Films möglich wurde.

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Eine Einstufen-Elektropolymerisation von Pyrrol auf Eisen und Stahl wurde in Gegenwart von Malat als Gegenion im Elektrolyten untersucht [58]. Das Malat bremst die Auflösung des Eisens, was die Erzeugung gut haftender, gleichmäßiger PPy-Schichten ermöglicht. Die Autoren fanden, dass eine galvanostatisch erzeugte PPy-Schicht Blumenkohl-förmige Struktur hatte und dicker war als ein im potenziodynamischen Modus synthetisierter Film. Die Erzeugung der PPy-Schicht auf verschiedenen legierungsverzinkten Stählen wurde in Gegenwart von Oxalat in wässriger Lösung untersucht [59]. Zufriedenstellende PPy-Schichten konnten auf dem verzinkten Stahl nur nach Passivierung der Elektrodenoberfläche aus gemäßigt saurer Lösung mit einer hohen Pyrrol-Konzentration erzielt werden. Auch auf Rein-Zn-Elektroden wurde die Möglichkeit der Filmbildung mit PPy aus wässriger Lösung untersucht [60]. Die Autoren fanden, dass die Polymerschicht auf Zn nur abgeschieden werden konnte, wenn die Zn-Oberfläche zuvor durch Behandeln in 0,2 M Na2S-Lösung passiviert worden war. Der Mechanismus dieser Zweistufen-Elektropolymerisation und der Einfluss der Stromdichte sind bereits diskutiert worden. Später wurde auch die Einstufensynthese von PPy auf Zn und Kohlenstoffstahl aus wässriger, Salicylat-haltiger Lösung vorgeschlagen [61]. Die Autoren bemerkten eine Passivierung der Metalloberfläche durch die Salicylat-Ionen, die die Erzeugung fest haftender PPy-Filme mit Stromausbeuten nahe 100 % erlaubte. Eine wichtige Aufgabe bei der Elektropolymerisation leitfähiger Polymere auf aktiven Metalloberflächen ist die Erzielung einer guten Substrathaftung des Polymerfilms. Dieses Problem wurde für die Abscheidung von PPy auf Ti sorgfältig untersucht [62]. Die Autoren wandten verschiedene Methoden zur chemischen Vorbehandlung der Ti-Oberfläche an und kamen zu einer Empfehlung, wie ein extrem anhaftender PPy-Film erzeugt werden kann. Die in der Praxis weitverbreiteten Metalle Aluminium und Stahl (oder Eisen) sind auch hier die am häufigsten untersuchten Substrate. Gewöhnlich wird der Polymerfilm nach der Oberflächenpassivierung mit verdünnter Oxal-, Salpeter- oder Schwefelsäure auf Al abgeschieden. Auch das Erzeugen aus wässriger Oxalsäurelösung und Modifizieren des PPy-Films durch Kupferzementierung wurde durchgeführt [63]. Die ausgeprägte Aktivität der PPy-Schicht auf Al in Anwesenheit von NO3– -Ionen in alkalischen Lösungen hängt mit der Tatsache zusammen, dass dieses Anion die anodische Auflösung von Al inhibiert [64]. In wässriger Lösung mit Sulfonat-basierten Anionen wurde die Bildung einer kombinierten Al2O3/PPy-Schicht untersucht [65]. Bereits früher wurde bewiesen, dass der PPy-Film eine Tendenz zum Überoxidieren hat, wenn die Elektropolymerisation mit dem Dickenwachstum der Al2O3-Schicht einhergeht, so dass in diesem Fall die Leitfähigkeit des Polymers dramatisch abnimmt. Um diesen Effekt zu umgehen, wurde die Verwendung von Tiron (4,5-Dihydroxy-1,3-benzoldisulfonsäure Di-natrium-Salz) als Vermittler der Elektronenübertragung vorgeschlagen, um die Filmbildung durch eine Absenkung des Abscheidepotenzials um nahezu 500 mV zu katalysieren [66]. Die Autoren hielten fest, dass der Polymerfilm, der auf der Oberfläche von AA 2024 T3 in Anwesenheit von Tiron erzeugt wurde, hohe Leitfähigkeit und gute Substrathaftung aufwies. Sie schlagen vor, dass auch Salicylat als Elektronenmediator wirken kann. PPy-Schichten sind auch auf Zink- und Kupferoberflächen abgeschieden worden [67]. Prissanaroon et al. erhielten gut haftende PPy-Schichten auf einer elektropolierten Cu-Elektrode aus wässriger Dodecylbenzolsulfonsäure-Lösung. Die Autoren zeigten, dass während des Transfervorgangs eine dünne Cu2O-Lage entstand, die die Bildung der PPy-Schicht ermöglichte. Das Elektropolieren führt zur partiellen Passivierung der Cu-Oberfläche und verhindert die Auflösung von Cu, während die Elektropolymerisation ohne Behinderung abläuft. Das Redox-Verhalten von PPy-Schichten auf Cu war ähnlich dem auf Edelmetallen. Die Synthese von PPy auf Cu-Oberflächen konnte auch aus wässrigen Lösungen von Natrium-

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salicylat durchgeführt werden. Diese Schichten waren uniform und hafteten gut auf dem Substrat. Während der Cu-Oxidation unter diesen Bedingungen wurde die Bildung einer dünnen Zwischenschicht beobachtet. Diese erlaubt es, die Auflösung des Cu zu vermeiden. Verfahren zur Erzeugung von PPy-Schichten auf Stahl aus wässriger Oxalsäurelösung sind ebenfalls untersucht worden. Auch der Prozess zur Bildung von PAni-Schichten auf aktiven Metallen ist oft erforscht worden. Abalayeva und Mitarbeiter betrachteten die Bildung des Polyanilin-Films auf Ti, Ta, Pb, Ni, Ti und Al aus 0,1 M H2SO4 [68]. In diesen Lösungen blieb der Oxidfilm, der sich an der Luft spontan bildet, auf Ti, Ta und Pb unverändert, das Aluminiumoxid dagegen löste sich auf, womit es notwendig wurde, vor der Elektropolymerisation eine spezielle Behandlung zur Passivierung durchzuführen. Eine solche Prozedur wird in Lit. [69] empfohlen. Als Ergebnis konnte auf dem Al eine PAni-Schicht gezüchtet werden. Die elektrochemischen Eigenschaften des PAni-Films wurden auch im Hinblick auf Einflüsse des Polymerisationsverfahrens überprüft. Ebenso ist die Erzeugung von PAni-Schichten aus wässriger Lösung auf Eisenoberflächen erforscht worden. Elektrosynthese und Abbau von PAni-Filmen auf Eisen in Oxalsäure wurden ebenfalls betrachtet. Charakteristika von PAni-Beschichtungen, die auf Edelstahlelektroden nach mehreren Methoden erzeugt wurden (galvanostatisch, potenziostatisch, potenziodynamisch) werden in Lit. [70] gegeben. Die Elektropolymerisation von Anilin auf Edelstahl, Mg, Ni, Ti, Al und Pb wurde auch aus wässrigen Lösungen von Na2ClO4, H2C2O4 und H2SO4 studiert [71]. Einige andere Polymer-Beschichtungen oder ihre Kombinationen mit PPy und PAni oder die Dotierung mit leitfähigen Polymeren wurden auf aktiven Metalloberflächen untersucht. In einer Studie [72] handelt es sich bei den als Korrosionsschutzadditive verwendeten Polymeren um PAni-Emeraldinsalz und -base, Komposite aus PAni-Emeraldinsalz oder PPy mit Pigmentruß, sowie Poly-(3,4-ethylendioxythiophen) dotiert mit Polystyrolsulfonat. Zunächst wurden die strukturellen, thermischen und mechanischen Eigenschaften eines sowohl unmodifizierten als auch mit 0,3 % der Polymere versetzten Epoxid-Lacks charakterisiert. Anschließend wurden beschichtete Stahlbleche einer beschleunigten Korrosionsprüfung in aggressiver Atmosphäre unterworfen. Die Resultate zeigen, dass die Korrosionsschutzwirkung der modifizierten Lacke gegenüber dem Originallack im Fall der Additivierung mit Poly-(3,4-ethylendioxythiophen)/Polystyrolsulfonat, PAni-Emeraldinsalz und besonders PAni-Emeraldinbase deutlich erhöht ist. Dagegen setzen die Komposite mit Pigmentruß die Wirksamkeit der Beschichtung herab. Leitfähige Polymere können demnach als Ersatz für anorganische Korrosionsschutzpigmente in den heutigen Lackrezepturen durchaus in Frage kommen. Pisarevskaya et al. studierten die Elektropolymerisation von Polyparaphenylen-Filmen auf der Oberfläche von Au, Pt, Glaskarbon, Ni und Ti. In einer späteren Arbeit setzten sie andere Metalle wie Cr, Nb, Ni-Ru, Cu und Ru ein. Die Elektropolymerisation des Polyparaphenylens wurde aus einer Schwefelsäure/Benzol-Emulsion nach der zyklovoltammetrischen Methode durchgeführt [73]. Hauptziel der Arbeit war es, den Einfluss der Substratmorphologie auf das Verhalten der Polymerfilme, vor allem ihre Haftung, aufzuklären. Elektrochemische und weitere Eigenschaften einer Poly-(3-methylthiophen)-Beschichtung auf Edelstahl (Typ 430) wurden in Lit. [74] untersucht, wie auch der Einfluss der Herstellungsbedingungen des Polymerfilms. Glatte und gut haftende Polymerfilme wurden auf Eisenoxid-Passivschichten aus Oxalsäurelösung erhalten. Auch die Elektropolymerisation von 3-Methylthiophen aus Lithiumperchlorat-Lösung auf Mo-, Ni- und Fe-Oberflächen wurde untersucht [75]. Die Autoren zeigen, dass Kationen aus der Basiselektrode in eine Polymermatrix eingebaut werden können und die Elektroaktivität des Polymerfilms beeinflussen. Der Einfluss der Elektrosynthesebedingungen (Temperatur und Stromdichte) aus wässriger Lösung auf die Morphologie von Poly-(o-anisidin)-Beschichtungen auf unlegiertem Stahl mit niedrigem Kohlenstoffgehalt wurde in Lit. [76] diskutiert. Es gelang auch die

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elektrochemische Synthese von Poly-(N-methylpyrrol)-Filmen auf Kupferelektroden aus verdünnter Oxalsäure [77]. Die Korrosionsschutzwirkung dieser Schichten wurde in wässriger 0,1 M NaClLösung mit der potenziodynamischen Polarisation untersucht und den Eigenschaften von PPyFilmen vergleichbar gefunden. Der wahrscheinlichste Schutzmechanismus ist der einer physikalischen Barriere. Die Elektrosynthese solcher Filme auf Stahloberflächen wurde von Su und Iroh studiert, die hierbei auch die Existenz einer dünnen Zwischenschicht aus Fe(II)-Oxalat nachwiesen.

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Abbildung 10.10: (a) REM-Aufnahme eines durch Elektrospinning erzeugten PAni/Polystyrol (PS)-Kompositfilms mit lotusblattartiger Struktur (präpariert aus einer 3,72 % Lösung von PS: ABSA/DMF); eingefügtes Bild: Wassertröpfchen; (b) vergrößerte Ansicht einer einzelnen Sub-Mikrokugel aus (c, d) REM-Aufnahmen von PAni/PS-Kompositfilmen präpariert aus Lösungen mit unterschiedlichen PS-Konzentrationen ([c]: 5,26 %; [d]: 7,10 %)  Quelle: American Chemical Society

Ebenso wurde die Bildungsrate von Poly-(o-phenylendiamin) (o-PD)Schichten auf Edelstahl des Typs 304 in verdünnter Phosphorsäure bestimmt und die Struktur der Filme erforscht [78]. Es wurde gefunden, dass die Bildungsrate auf Edelstahl sehr viel geringer als auf einer Pt-Elektrode ist. Unter potenziostatischen Bedingungen wurde der Polymerfilm erst nach verlängerter Polarisationszeit erhalten. Die Elektroformierung einer Schicht aus Poly-(3,4-ethylendioxythiophen) (PEDT) wurde auf einer Ni-Elektrode aus wässriger LiClO4-Lösung und Natrium-Dodecylsulfat durchgeführt und der Wachstumsmechanismus analysiert [79]. Auf unlegiertem Stahl wurde eine Schicht von Poly-(2,5-dimethoxyanilin) erzeugt und untersucht [80]. Lösliches, leitfähiges Copolymer (Poly[anilin-co-orthotoluidin]) wurde als Korrosionsinhibitor für Kohlenstoffstahl verwendet [81]. Die Ergebnisse aus dieser Untersuchung zeigen einen Inhibierungseffekt, der als Funktion der Polymerkonzentration verläuft und nahe einer Konzentration von 100 ppm einen optimalen Inhibierungswert von 70 % erreicht. Wie die Temkin-Adsorptionsisotherme zeigt, ist dies auf die höhere Abdeckung der Elektrode zurückzuführen. Experimente zur potenziodynamischen Polarisation decken auf, dass dieses Copolymer als Mischtyp-Inhibitor wirkt. Wie vorab angemerkt, können Beschichtungen aus leitfähigen Polymeren im Gemisch mit konventionellen, nicht-leitenden Lacken oder als Primerschichten eingesetzt werden. Nach der potenziodynamischen Methode wurden die Elektrosynthese von Polybithiophen und auch die Bildung von Doppellagen aus Polybithiophen und PAni auf Edelstahl aus verdünnter Oxalsäure durchgeführt, die Monomer und Natrium-Dodecylsulfat enthielt [82]. Hierbei wurden glatte, festhaftende Schichten erzielt. Die Prüfung von polymerbeschichteten und blanken Substraten auf ihren Korrosionsschutz in hochaggressiven Medien zeigte, dass von den erhaltenen Schutzschichten das Polybithiophen sowohl als Homopolymer als auch als PAni/Polybithiophen-Doppellage die wirksamsten antikorrosiven Eigenschaften aufwies. Interessante Ergebnisse wurden auch beim Aufbau stabiler, superhydrophober und leitfähiger PAni/Polystyrol-Filme für korrosive Umgebungen erhalten (Abbildung 10.10) [83]. Ein PAni/Polystyrol-Kompositfilm mit einer Lotusblatt-artigen Struktur wird über eine ein-

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Abbildung 10.11: Herstellung von Polypyrrol (PPy)-Behältern: (a) Bildung von Gasblasen; (b – d) Filmwachstum des PPy; (e) Ultraschallseparierung von PPy-Containern. Die Redox-Reaktion kann zur Bildung einer PPy-Hülle auf den Blasen führen; durch Variation der O2-Konzentration, Tenside und Parameter der Potenzialregelung kann man PPy-Container und Elektrodenoberflächen unterschiedlicher Rauheit erzeugen. β -nsa = β -Naphthalinsulfonsäure  Quelle: American Chemical Society

fache Elektrospinning-Methode präpariert. Der Film weist stabile Superhydrophobie und Leitfähigkeit sogar in vielen korrosiven Lösungen auf, wie in sauren oder alkalischen Lösungen über einen weiten pH-Bereich, und ebenso in oxidierenden Lösungen. Die besondere Zusammensetzung und Morphologie der Oberfläche sind die beiden wichtigen Gesichtspunkte, die solch ungewöhnliche Eigenschaften bewirken. Der Anteil an Polystyrol kann die Morphologie von Kompositfilmen stark beeinflussen, die dadurch unterschiedliche Superhydrophobien und Leitfähigkeiten aufweisen.

Auf welche Weise der Korrosionsschutz durch leitfähige Polymere tatsächlich wirkt, ist aktuell Gegenstand intensiver Forschung [84]. Die Redox-Aktivität, die von leitfähigen Polymeren geboten wird, sowie die relativ zu jenen von Fe und Al positiven Gleichgewichtspotenziale (wie auch das Potenzial von Chromat) machen es wahrscheinlich, dass der Mechanismus auf anodischer Schutzwirkung beruht. Die populärste mechanistische Erklärung ist die sogenannte „Veredlung“, die auf der Annahme fußt, dass ein leitfähiges Polymer anodischen galvanischen Schutz bieten kann, der das Metall in kleinen Fehlstellen passiv hält, oder als Oxidator wirkt, der die Oxidschicht an der Grenzfläche zwischen leitfähigem Polymer und Metall verstärkt. Die mögliche Reaktion zwischen der oxidierten Form des Polymers (CP) m+ und dem Metall (Me) ist: 1/n Me + 1/m CPm+ +y/n H2O → 1/n Mey(n-y)+ + 1/m CP0 + y/n H+ wobei das leitfähige Polymer durch Sauerstoff aus der Luft oder der Lösung re-oxidiert wird: m/4 O2 + m/2 H2O + CP0 → CPm+ + m OH− Zusätzlich können die Elektronen, die während der Oxidation des Metalls am Defekt erzeugt werden, in das Polymer wandern und so den Vorgang der Sauerstoffreduktion von der Metall/CP-Grenzfläche zur Grenzfläche zwischen CP und der Lösung verlagern. Dies verringert den lokalen Anstieg des pH-Werts an der ersten Grenzfläche und damit auch die kathodische Enthaftung der Beschichtung. Alle oben genannten Prozesse können gleichzeitig zum Substratschutz beitragen. In unserer Arbeitsgruppe wurde auch vorgeschlagen, dass leitfähige Polymere als Reservoir für Korrosionsinhibitoren dienen können, die erst in Folge der Reduktion des Polymers freigesetzt werden [85]. PPy-Mikrocontainer wurden erfolgreich durch elektrochemische Polymerisation von Pyrrol an der Oberfläche von Edelstahlelektroden präpariert (Abbildung 10.11). Die Größe der Behälter und die Dicke der PPy-Wandung (bis zur vollständigen Füllung des Containers mit aufgewachsenem Polypyrrol) können variiert werden, indem sowohl die ScanGeschwindigkeit des Elektrodenpotenzials als auch der Potenzialbereich verändert werden.

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Die PPy-Wandung der Mikrocontainer weist sehr starke Barriereeigenschaften in sauren Medien im pH-Bereich von 2 bis 7 auf, dagegen eine hohe Permeabilität bei pH > 7, und bietet somit eine effektive Verkapselung niedermolekularer Wirkstoffe bei niedrigen pH-Werten.

10.1.3 Biopolymere Biologische Polymere (Biopolymere) bieten einen Grad an Funktionalität, der mit synthetischen leitfähigen Polymeren nicht erreicht werden kann. Kohlenhydrat-Polymere (Polysaccharide) werden in der Natur sehr oft erzeugt [86]. Stärke, Cellulose und Chitin sind einige der häufigsten auftretenden natürlichen Polymere auf der Erde. Biopolymere stellen eine erneuerbare Rohstoffquelle dar. Sie haben eine Vielzahl von Funktionen wie Energiespeicherung, Stofftransport, Signalisierung und Strukturgebung. Landwirtschaftlich erzeugte Biopolymere können zukünftig den synthetischen, oleochemischen Produkten ökonomisch überlegen sein. Stärke besteht aus einem Gemisch linearer und verzweigter Polysaccharide (Abbildung 10.12a). Amylose ist ein lineares Polymer aus α(1,4)-verknüpften Anhydroglucose-Einheiten. Amylopektin ist ein hochverzweigtes Polysaccharid, das aus linearen Ketten aus α(1,4)Anhydroglucose-Einheiten aufgebaut ist, deren Verzweigungspunkte über α(1,6)Verknüpfungen gebildet werden. Während Stärke in natürlicher Form granuliert gepackt vorliegt, werden ihre intrinsischen Eigenschaften erst deutlich, wenn die granulare

Abbildung 10.12: Strukturen von Polysacchariden; (a) Amylose und Amylopektin; (b) Cellulose; (c) Chitin; (d) Pektin; (e) Hyaluronsäure; (f) Agarose; (g) Carrageenan; (h) Heparin; (i) Pullulan

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Struktur durch mechanische oder thermische Eingriffe zerstört wird. Thermoplastische Stärke, die durch reaktive Extrusion hergestellt wird, kann mit Halogenid-Ionen beladen werden [87]. Die Feuchtigkeitsmenge im System beeinflusst die Beweglichkeit des Polymers ebenso wie der Ionen innerhalb des Systems und darüber hinaus die physikalischen Eigenschaften. Stärke ist von Natur aus isolierend und die Mobilität ihrer Protonen niedrig [88]. Cellulose ist ein β(1,4)-verknüpftes D-Glucan (Abbildung 10.12b). Cellulosexanthat wurde in Wasser gelöst, mit Polyethylenglykol gemischt und mit Ethanol ausgefällt [89]. Die elektrische Leitfähigkeit des so plastifizierten Cellulosexanthats war abhängig vom Vorhandensein freier Ionen, da die Elektronenleitung nahezu null war. Hydroxyethylcellulose wurde mit Polyethylenoxid gemischt, um damit gute Filme auszubilden, was für einige Anwendungen essenziell ist [90] . Aus einem Gemisch von Polyethylenoxid und Hydroxyethylcellulose, die mit Propylenoxid modifiziert war, erhielt man vernetzte Polyetherstrukturen (Abbildung 10.12c). Cellulose dient beim Beschichten der leitfähigen Startpolymere als ein flexibles Substrat [91]. Abbildung 10.13: (a, b) REM-Aufnahmen von Laminaten aus Chitosan/Hydroxyapatit-Lagen, hergestellt aus Lösungen von 0,5 g/l Chitosan und 1 g/l Hydroxyapatit, sowie Lagen von Chitosan/ mehrwandigen Kohlenstoff-Nanoröhrchen, hergestellt aus Lösungen von 0,5 g/l Chitosan und 0,1 g/l Kohlenstoff-Nanoröhrchen; die Pfeile kennzeichnen die Schichten aus Chitosan/Nanoröhrchen (Abscheidespannung 20 V); (c) REM-Aufnahme des Querschnitts einer dreilagigen Beschichtung CaSiO3-Chitosan (C)/Hydroxyapatit-Chitosan (H)/Chitosan (Ch) auf einem Graphitsubstrat, hergestellt aus 0,5 g/l Suspensionen von Chitosan und 0,3 g/l CaSiO3 (C) oder 1 g/l Hydroxyapatit (H); (d) REM Aufnahme der Beschichtung (c) auf Edelstahl in der Draufsicht  Quelle: Elsevier

Chitosan ist die N-deacetylierte Form des Chitins mit den sich wiederholenden Einheiten von β(1,4)-verknüpfter 2-Acetamido-2-deoxy-D-glucose (Abbildung 10.12c). Aufgrund seiner funktionellen Gruppen kommt Chitosan für viele potenzielle Anwendungen in Frage. In einer jüngeren Arbeit wurde Chitosan plastifiziert [92] und mit Natriumperchlorat (NaClO4) [93] , Natriumiodid (NaI), Lithium-trifluoromethansulfonat (LiCF3SO3) [94], und Lithiumacetat (LiCH3CO2) [95] dotiert. Die Kristallinität des Materials nahm mit dem Grad der Deacetylierung zu, so dass wegen der steifen Polymerketten die Migration mobiler Spezies unterbunden wurde. Derartige Chitosanfilme könnten als Membranen für alkalische Polymerelektrolyt-Batterien und Treibstoffzellen ebenso dienen wie als korrosionsschützende Filme. Der Porenwiderstand als einfache Indikation für den Korrosionsschutz zeigt das Maß an Ionenleitung an, die durch das Eindringen von Elektrolyt in die Beschichtung hervorgerufen wird: Wenn der Porenwiderstand ansteigt, sinkt die Ionenleitung. Im Sinn des Korrosionsschutzes ist das Eindringen korrosiver Substanzen (Salze, Feuchtigkeit usw.) unerwünscht. Daher sollte die Leitfähigkeit, die durch ionische Bestandteile in der Matrix bestimmt wird (ein Maß für die Ionenbeweglichkeit), niedrig sein. Die Gruppe von Zhitomirsky [96] erzielte einen Fortschritt bei der Erzeugung effizienter Chitosan-Kompositschichten. Sie setzen die elektrophoretische Abscheidung zur Herstellung von Kompositbeschichtungen aus Chitosan, CaSiO3 bzw. Kohlenstoff-Nanoröhrchen und Hydroxyapatit ein (Abbildung 10.13). Das Verwenden von Chitosan ermöglicht

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dabei erst die gleichzeitige Fällung und Filmbildung und bietet zudem den Vorteil, die Kompositmaterialien bei Raumtemperatur verarbeiten zu können. Die Dicke der einzelnen Schichten wurde im Bereich von 0,1 bis 20 μm variiert. Auch mehrwandige Kompositschichten aus Chitosan und Kohlenstoff-Nanoröhrchen wurden durch Kontrolle der Fällungsspannung (20 bis 50 V) und -zeit (1 bis 10 min) in einem Schichtdickenbereich von 0,5 bis 10 μm gezielt aufgebaut. Solche mehrwandige Schichten können als Monolagen-Nanokomposite in einer Biopolymer-Matrix oder als Laminate mit abwechselnden Lagen von Biopolymer/Kohlenstoff-Nanoröhrchen- und Biopolymer/ Hydroxyapatit-Schichten erzeugt werden. Die Schichtdicke individueller Lagen kann im Bereich von 0,2 bis 5 μm durch Einregeln der Fällungszeit variiert werden. Die erzeugten Filme vermittelten Teilen aus NiTi-Shape Memory-Legierungen in physiologischer Lösung nach Ringer Korrosionsschutz. Auch über das Verwenden von Polyitaconsäure-modifizierten Chitosan-Beschichtungen zur Begrenzung der Korrosion von Aluminiumsubstraten wurde berichtet [97]. Die Chitosanketten werden durch das Aufpfropfen der synthetischen Polyitaconsäure chemisch modifiziert und vernetzt. Die Pfropf- und Kupplungsreaktionen wurden durch die starke chemische Affinität zwischen NH2-Gruppen im Chitosan und COOH-Gruppen in der Polyitaconsäure hervorgerufen, die zur Ausbildung von Amidbindungen führt. Drei Faktoren spielen eine wesentliche Rolle bei der Dämpfung der Korrosionsrate des Al, wenn man dieses Polymer – eine umweltfreundliche wässrige Beschichtung für Aluminiumsubstrat – mittels einer simplen Tauch/Abtropf-Methode appliziert: • erstens die Polymerkonformation, die hydrophobe Amidbindungen neben einer kleinen Restmenge an unreagierten hydrophilen COOH- und NH2-Gruppen (aus der Polyitaconsäure bzw. dem Chitosan) enthält • zweitens die verringerte Suszeptibilität der Filme gegenüber Feuchtigkeit, hervorgerufen durch den erhöhten Pfropf- und Kupplungsgrad und • drittens das Al-Substrat, das die Bildung der –COO–Al-Verknüpfung bestimmt. Filme aus dem so modifizierten Chitosan zeichneten sich durch niedrige Ionenleitung aus, die für die hiermit beschichteten Al-Bleche eine Salzsprühnebel-Beständigkeit von 694 h erlaubte. Pektin – in seinem chemischen Aufbau ein Polygalacturonsäure-Methylester mit wechselnden Methylierungsgraden (Abbildung 10.12d) – und Stärke wurden einzeln mit Po­lyorganosiloxan gepfropft und mit einem antimikrobiellen Wirkstoff gemischt [98]. Diese Copolymermischung wurde dann auf Aluminiumsubstrate aufgetragen und bezüglich der Wasserbeständigkeit, der Widerstandsfähigkeit gegen mikrobiellen Angriff und der Korrosionsresistenz bewertet. Das Pektin-Polyorganosiloxan-Komposit war dabei thermisch stabiler als Pektin selbst, war wegen der verringerten Anzahl hydrophiler Gruppen feuchteresistenter und verlieh einen höheren Korrosionswiderstand. Lediglich mit Pektin beschichtetes Aluminium wies einen nur geringfügig erhöhten Porenwiderstand als unbeschichtetes Aluminium auf, während eine Beschichtung mit den Pektin- oder StärkePolyorganosiloxanen zu einem um mindestens eine Potenz höheren Wert führte. Darüber hinaus beeinflusste die Anwesenheit des antimikrobiellen Wirkstoffs die Empfindlichkeit sowohl gegen Wasser als auch gegen Bakterien günstig. Der höhere Korrosionsschutz beruht sowohl auf günstigen Wechselwirkungen zwischen dem Polyorganosiloxan und Aluminiumoxidschichten auf der Metalloberfläche, als auch auf der reduziert hydrophilen Natur der Polysaccharid-Matrix. Collier et al. [99] verknüpften die Biokompatibilität der Hyaluronsäure (Abbildung 10.12e) mit den elektroaktiven Eigenschaften des PPy, um erhöhten Korrosionsschutz zu erzielen

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(s. Kapitel 10.1.2). Hyaluronsäure stellt ein negativ geladenes Glucosaminoglykan dar und wurde hier wegen ihrer Bioverträglichkeit und der bekannten Wirkung bei der Wundheilung und Regeneration von Gewebe gewählt. Die Säure wurde mit PPy vermischt in einer Einzelschicht (PPy-Hyaluronsäure) oder auf einer PPy-Poly(styrolsulfonat)-Schicht (PPS) abgeschieden. Dieses Zweischicht-Laminat übertraf alle biologischen Reaktionen der Kontrollprobe (PPy-PPS]), wie morphologische Reaktionen, Hyaluronsäure-Aktivität, Zellverträglichkeit, Ungiftigkeit, erhöhte Gefäßneubildung (Vaskularisierung). Heparin, chemisch ein lineares, sulfathaltiges Polysaccharid von Glucuronsäure und Glucosamin (Abbildung 10.12h) wurde ebenfalls in PPy eingelagert [100]. Es ist weithin als Antikoagulans bekannt und besitzt eine spezifische Affinität zu Thrombin. Wie gezeigt werden konnte, lassen sich derartige Polyelektrolyte während der Synthese in leitfähige Polymere einfügen. Die zyklovoltammetrische Untersuchung ergab, dass PPy-Heparin in einem reversiblen Redox-Prozess elektroaktiv ist. Der Primärmodus der Stromleitung beruht auf dem Austausch der Kationen, die zwischen der PPy-Heparin-Matrix und der Umgebung hin- und herwandern, um den Ladungsausgleich während der Redoxreaktion herzustellen. Die Kationenleitung konnte auf das in der PPy-Matrix immobilisierte große Anion (Heparin) zurückgeführt werden. Sie ist signifikant höher als bei dotiertem PPy. Die biologische Aktivität des Heparins blieb an der Oberfläche des PPy-Heparin-Gemischs erhalten. In einer anderen Arbeit wurden Heparin und Dextransulfat mit PPy vermischt, um hydrophile Polyelektrolyte zu schaffen, die zur Einlagerung und Freisetzung von Proteinen befähigt sind [101]. Dieser Prozess konnte durch Variation von Potenzial oder Ladung gesteuert werden. Obwohl zurzeit mit den meisten Biopolymeren noch nicht das Stromleitungsniveau einiger synthetischer, leitfähiger Polymere erreicht wird, erscheint es nur als eine Frage der Zeit, bis die Entwicklung dieses Ziel erfüllt. Die hier gegebene Information zeigt die grundsätzliche Realisierbarkeit einer Verwendung von natürlich vorkommenden Polysacchariden als Basis für biologisch basierte leitfähige Polymere in Anwendungen wie der Korrosionsschutztechnik. Hiervon könnten auch andere Anwendungsgebiete betroffen sein, wie Batterien, Gewebezüchtung, Aktuatoren, Elektrochromiepapiere, Molekulardrähte und Biosensoren. Die Nutzung integrierter, biologisch-chemischer und ingenieurwissenschaftlicher Ansätze bietet für die Entwicklung der Biotechnologie viele Möglichkeiten wie Bioreaktoren, Fermentationsanlagen und speziell für die Produktion von elektroaktiven Biopolymeren gezüchtete Organismen. Elektroaktive Biopolymere sind besser biokompatibel und umweltfreundlicher als synthetisch hergestellte leitfähige Polymere. Die maßgeschneiderte Biosynthese leitfähiger Biopolymere mithilfe von Pflanzen und Mikroorganismen kann wesentlich zur Maßhaltigkeit beitragen. Die Verwendung erneuerbarer Rohstoffquellen zur Herstellung nicht-traditioneller, biologisch basierter Produkte wird starken Einfluss auf die weltweite Abhängigkeit von erdölbasierten und synthetischen Vormaterialien und Endprodukten haben.

10.2 Nanomaterialien Neue, moderne Technologien erfordern neue Materialien. Während der letzten zehn Jahre hat die allgemeine, viele Technikgebiete erfassende Bewegung hin zu kleinsten Dimensionen ein sehr großes Interesse an sogenannten nanostrukturierten Werkstoffen mit sich gebracht. Auf dieser Basis nanoskaliger Materialien ist in dieser Zeit die Entwicklung vieler neuartiger Korrosionsschutzbehandlungen in Gang gekommen. Zu diesen zählen die Synthese verschiedenartiger Nanokomposite und ihre Anwendungen in Einzelform oder z.B. in Kombination mit elektrisch leitfähigen Polymeren, als nanokristalline Niederschläge, Nanodrähte und -röhrchen, Polyelektrolyt- oder Polymer-Nanoschichten.

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Der Zusatz von Nanomaterialien zu konventionellen Beschichtungen verbessert deren Eigenschaften sogar dann, wenn nur geringe Mengen zugegeben werden, und verleiht diesen Beschichtungen vor allem multiple Funktionalität und erhöhte Beständigkeit. Obwohl Nanokomposit-Beschichtungen tatsächlich bereits in der Schiffsbau-, Automobil-, Luft- und Raumfahrtindustrie eingesetzt werden, besteht das größte Hindernis für eine Ausbreitung immer noch in den hohen Kosten solcher Materialien, insbesondere wenn sie funktionalisiert sind. Die künftige Weiterentwicklung von Beschichtungskomponenten wird, wenn sie nachhaltig erfolgt, effiziente Lösungen für neue Beschichtungsgenerationen bringen, indem „aktive“ und „passive“ Bestandteile kombiniert werden.

10.2.1 Nanokomposite Schichtmaterialien wie anionische (z.B. geschichtete Doppel-Hydroxide) [102] und kationische Tonerden (z.B. Montmorillonite) [103] sind als Additive in organischen korrosionshemmenden Beschichtungen oder als Polymer-Tonerde-Nanokomposite bereits ausführlich untersucht worden. Ebenso wurden Zeolite [104] als korrosionsbeständige Bestandteile von Beschichtungen erforscht. Hydrophobe Schichten von Tensidmolekülen [105] auf der Oberfläche sind erst kürzlich als Korrosionsinhibitoren vorgeschlagen worden. Sie leiden jedoch unter dem Nachteil, dass sie nur begrenzte Stabilität aufweisen und Defekte in Molekülgröße den Zutritt von Wasser zur darunterliegenden Oberfläche zulassen. Wenn es gelingt, das Tensid in eine anorganische Trägerschicht einzubauen, die zuvor als festhaftender dünner Film auf einem Metall (z.B. Aluminium) angebunden wurde, sollten sich diese Schwierigkeiten verringern lassen. Geschichtete Doppel-Hydroxide (engl. layered double hydroxides, LDHs) stellen eine solche mögliche Trägerschicht dar. Sie können mit der allgemeinen Formel dargestellt werden:

[M2+1-xM3+x(OH2)]A x–x ⁄n ∙ mH2O,

wo die Kationen

M2+(Mg2+, Zn2+, Fe2+, Co2+, Cu2+ u.a.) und



M3+ (Al3+, Cr3+, Fe3+, Ga3+ u.a.)

die oktaedrischen Leerstellen in einer Brucit-artigen Schicht besetzen und das Anion An- in den hydratisierten Zwischenschicht-Galerien lokalisiert ist [106]. Die vielfältigen Variationsmöglichkeiten in der Zusammensetzung erlauben die Darstellung von Materialien mit unterschiedlichsten Eigenschaften. LDHs sind als Katalysatoren oder Katalysatorträger [107], Polymerstabilisatoren [108] und Fallen für anionische Verunreinigungen verwendet worden [109]. Zudem wurden sie im Zusammenhang mit der Freisetzung von Pharmaka auf Zellebene in Erwägung gezogen. Verschiedene Studien bewiesen dabei ihre geringe Toxizität und hohe biologische Verträglichkeit im Verein mit der Möglichkeit, die Freigabe von Aktivsubstanzen unter bestimmten Bedingungen gezielt zu steuern [110]. Nanostrukturierte Systeme aus dieser pharmakologischen Anwendung sollten sich daher auch für den Einbau bzw. die Einkapselung von Korrosionsinhibitoren eignen. Die Verwendung von Hydrotalcit-artigen Verbindungen in der Korrosionsforschung deckt verschiedene Aspekte ab. In einigen Untersuchungen wurden LDHs in-situ als Schutzfilme auf metallischen Substraten erzeugt [111]. Hydrotalcit-basierte Konversionsschichten haben guten Korrosionsschutz gezeigt und einige Forschungsgruppen haben versucht, die Wechselwirkung zwischen solchen Konversionsschichten und organischen Deckschichten zu verbessern [112]. Ein anderer Ansatz ist es, diese anionischen Tonerden als Trägerstoffe für Korrosionsinhibitoren zu nutzen und sie in die organischen Schichten zu integrieren. In diesem Fall wird das zweifache Ziel verfolgt, nicht nur Substanzen freizusetzen, die

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aktiven Schutz gewähren, sondern gleichzeitig korrosive Stoffe (Cl-, SO42-) einzufangen. In der Literatur finden sich mehrere diesbezügliche Arbeiten von Buchheit et al. [113], Williams und McMurray [114] sowie verschiedenen anderen Autoren [115]. Innerhalb der LDH-Familie stellen die mit organischen Anionen beladenen LDHs eine Stoffklasse dar, die zunehmendes Interesse findet [116]. Zu diesen Materialien gibt es zwei kurze Studien. Williams und McMurray präparierten LDHs mit verschiedenen organischen Substanzen (Benzotriazol, Ethyl-Xanthat und -Oxalat) mit Hilfe der Rehydrierung von Hydrotalcit [Mg6Al2(OH)16 · CO3 · 4H2O]. Die erhaltenen geschichteten Systeme wurden in eine Poly(vinylbutyral)-Beschichtung eingebaut, die auf AA 2024 T3 aufgerakelt wurde. In einem anderen Bericht erzeugten Kendig und Hon [117] auf ähnliche Weise Schichten aus LDHs mit eingeschobenem 2,5-Dimercapto-1,3,4-thiadiazolat und beobachteten die inhibierenden Eigenschaften dieses Anions in Bezug auf die Sauerstoffreduktion auf Kupfer. Eine weitere, vor kurzem entwickelte Möglichkeit [118] ist die Verwendung von Zn-Al und MgAl-LDHs, die mit den Anionen Chinaldat (2-Chinolincarboxylat) und 2-Mercaptobenzothiazolat beladen wurden. Mit Hilfe spektrofotometrischer Messungen wurde demonstriert, dass die Freisetzung organischer Anionen aus diesen LDHs in die umgebende Lösung durch anwesende Chloridanionen initiiert wird. Das legt nahe, dass diese Reaktion tatsächlich über einen Anionentauscher-Mechanismus verläuft. Die antikorrosiven Fähigkeiten solcher LDHs auf der AA 2024-Legierung wurden mit Hilfe des EIS (s. Kapitel 7.3.3) analysiert. Eine signifikante Verringerung der Korrosionsrate wurde beobachtet, sobald LDH-Nanopigmente in den korrosiven Medien anwesend waren. Der Mechanismus, mit dem die inhibierenden Anionen aus den LDHs freigesetzt werden können, unterstreicht, wie nützlich diese umweltfreundlichen Strukturen und ihre potenzielle Nutzung als Nanocontainer in selbstheilenden Beschichtungen sind (s. Kapitel 10.3.2). Gleichzeitig könnten leitfähige Polymere, wie sie in Kapitel 10.1.2 diskutiert werden, als Bausteine für die Herstellung von Nanokompositen in beiden Richtungen eingesetzt werden, nämlich als nanoskalige Dispersionen (z.B. PAni, PPy [119]) in niedrigen Konzentrationen in Lacken zur Verstärkung der antikorrosiven Eigenschaften; oder als Matrix für die Einlagerung anorganischer Wirkstoffe wie LDHs (Montmorillonit, Fe3O4, ZnO) [120]. In all diesen Fällen zeigten Modellbeschichtungen im Labormaßstab hohe korrosionsschützende Wirkung für Aluminium und Stahl. In der neueren Literatur, die im Folgenden referiert wird, wird davon berichtet, dass nanoskalige Teilchen, die in einem galvanischen Prozesselektrolyten durch Badbewegung und/ oder Tensidzusatz fein verteilt in Suspension vorliegen, gemeinsam mit dem Metall abgeschieden werden können. Der Einbau solcher Nanoteilchen kann • erhöhte Mikrohärte und Korrosionsbeständigkeit • nanokristallines Kristallwachstum der metallischen Schicht • eine Verschiebung des Reduktionspotenzials des Metallions bewirken. Die Menge der eingelagerten Teilchen wird durch viele Verfahrensparameter beeinflusst, wie z.B. Stromdichte, Badbewegung (oder Bewegung des Werkstücks) und die Zusammensetzung des Elektrolyten. Hohe Einbauraten der dispergierten Partikel konnten erreicht werden durch • • • • •

hohe Konzentration der Nano­partikel im Elektrolyten kleinere Nanopartikel geringe Konzentration der elektro-aktiven Spezies Ultraschallbehandlung (US) während der Abscheidung Strompuls-Technik.

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Abbildung 10.14: Verschiedene Typen nanostrukturierter Materialien, die mit Hilfe der Elektrodeposition präpariert werden können Quelle: Elsevier

Auch Schichten mit gradueller Änderung der Zusammensetzung und somit kontrollierter Partikelverteilung in der Schicht können erzeugt werden. Eine kritische Diskussion der theoretischen Modelle zur Beschreibung der Co-Deposition von Teilchen in einer metallischen Matrix rundet die Berichterstattung ab [121]. Abbildung 10.14 zeigt Kategorien nanostrukturierter Materialien, die mit verschiedenen galvanischen Präparationsverfahren erhalten werden. Der Leser sei hier auf eine Reihe früherer Übersichtsartikel verwiesen [122], die von einer detaillierten Beschreibung der Hintergründe bis zur Elektrodeposition größerer Teilchen mit typischen Größen von 1 bis 80 µm in Kompositen reicht. Die Präparation antikorrosiver Schichten aus Cer/Aluminium-Oxid auf Metalloberflächen gelang mittels hoch-intensiver US [123]. Der Mechanismus der Modifikation der Aluminiumoberfläche in Anwesenheit von Cer(III) in wässriger Lösung beruht auf zwei Faktoren, zum einen der Oberflächenaktivierung durch lokales Erhitzen und zum anderen der Aktivierung der Cer-Ionen, die in den mit hoher Geschwindigkeit gegen die Metalloberfläche beschleunigten Spritzstrahlen verteilt sind. Die durch die US erhöhte Reaktivität des Cer und die gezielt veränderte Metalloberfläche resultierten in einer neuartigen, Cer-angereicherten nanoskaligen Schutzschicht, in der Cer- und Aluminiumoxide in eine gemischte Schicht eingewoben sind, die fest mit der Metalloberfläche verbunden ist. Die antikorrosive Aktivität dieses neuen Cer/ Aluminiumoxid-Systems konnte mit Hilfe der SVET-Methode demonstriert werden (Abbildung 10.15, s. auch Kapitel 7.3.4.1). Bei hoher Beschallungsintensität (30 min 57 W/cm2) kann ein Cer/ Aluminium-Nanonetzwerk von 20 nm Dicke auf der behandelten Metalloberfläche erzeugt werden. Dieses Netzwerk weist eine sehr gute Haftung sowohl zum Metall als auch zu der darüber applizierten Korrosionsschutzbeschichtung auf (hier ein Sol-Gel-Film auf

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Abbildung 10.15: REM- und SVET-Studie einer Aluminiumprobe der Legierung AA 2024, beschichtet mit einem Cer/Aluminium-Nanonetzwerk (oben) und einer dichten Ceroxid-Schicht (unten)

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Basis Silicium/Zirkonoxid). Die Korrosionsfestigkeit der Metalloberfläche wird entscheidend erhöht. Bei mechanischem Bruch der schützenden Schicht (Risse) wird beobachtet, dass die in die Grenzschicht eingebauten Cerionen freigesetzt werden.

10.2.2 Keramische Schichten und Hybridschichten auf Sol-Gel-Basis Dünnfilme auf Basis der Sol-Gel-Technik sind mögliche Kandidaten für den Ersatz von Chromat-Vorbehandlungen. Diese Filme haben gleichermaßen gute Haftungseigenschaften gegenüber dem Metall und organischen Decklacken. Die Technologie bietet verschiedene Präparationswege für funktionelle Beschichtungen mit unterschiedlichen Eigenschaften. Sol-Gel-Beschichtungen können auf hydrolytischem oder nicht-hydrolytischem Weg in organischen oder wässrigen Medien erzeugt werden [124]. Die Präparation solcher Sol-Gel-Materialien kann durch die Variation vieler Parameter gesteuert werden, die die Prozesse und im Gefolge auch die Eigenschaften der schließlich entstehenden Schichten beeinflussen. Die Methode erlaubt – im Gegensatz zu traditionellen keramischen Verfahrenstechniken – die Abscheidung von Oxidschichten bei Temperaturen nahe der Raumtemperatur. Der Sol-Gel-Prozess ist hervorragend für den Einsatz zur Erzeugung anorganisch oder organisch modifizierter Schutzschichten geeignet. Sol-Gel-Prozesse basieren meistens auf der Hydrolyse und nachfolgenden Kondensationsreaktionen von Metallalkoxiden (M(OR)n). Die hierbei entstehenden oxidischen Materialien zeigen unterschiedliche Strukturen, von nanoteiligen Solen bis zu kontinuierlichen Polymergelen, je nach der Geschwindigkeit der Bildungsreaktionen und der nachfolgenden Schritte zur Trocknung und Weiterverarbeitung. Die genaue Steuerung der Parameter der Sol-Gel-Reaktionen führt zum Design neuer, fortschrittlicher Materialien, die für viele Anwendungen interessante Eigenschaften aufweisen. Stoffe unterschiedlicher Zusammensetzung sind leicht zugänglich in Form von Gläsern, Fasern, keramischen Pulvern oder dünnen Filmen. Im Vergleich zu anderen metallorganischen Ausgangsstoffen ist die Sol-Gel-Chemie auf der Basis siliciumorganischer Verbindungen heute verhältnismäßig weit entwickelt. Die wesentlichen Aspekte der Sol-Gel-Chemie und der Anwendung von Materialien, die auf dieser Basis beruhen, werden detailliert in einer Reihe von Übersichtsartikeln und Büchern beschrieben [125]. Die ersten Sol-Gel-Verfahren basierten im Wesentlichen auf einfachen Metallalkoxiden als Ausgangsstoffen und ermöglichten den Zugang zu keramischen oder glasartigen anorganischen Produkten. Die niedrige Reaktionstemperatur erlaubt auch die Einführung organischer Gruppen in die anorganischen Materialien, was zu einer neuartigen Klasse von Substanzen führt, die aus anorganischen und organischen Einheiten zusammengesetzt sind [126]. Der anorganische Anteil trägt verbesserte mechanische Eigenschaften bei, während die organische Komponente zu erhöhter Flexibilität [127] und funktionaler Verträglichkeit mit organischen Lacksystemen führt. Der klassische Ansatz zur Verknüpfung von Eigenschaften unterschiedlicher Stoffe führte zur Entwicklung von Kompositmaterialien, in denen zwei unterschiedliche Phasen mit einander ergänzenden physikalischen und chemischen Eigenschaften vermischt sind. Die Eigenschaften eines Hybridkomposit-Materials hängen nicht nur von den Eigenschaften der einzelnen Komponenten ab, sondern auch von Synergien zwischen ihnen, die in der Kombination günstigere Eigenschaften ergeben als jeder der einzelnen Bestandteile für sich aufweist. Hybride anorganisch-organische Sol-Gel-Komposite können auf zweierlei Weise präpariert werden. Organische und anorganische Gruppen können einerseits durch stabile chemische Bindungen miteinander verknüpft sein oder der organische Bestandteil ist lediglich in eine anorganische Matrix eingebettet [128]. Ein weiterer, wichtiger Einflussfaktor ist die

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Abbildung 10.16: Schematische Darstellung der erhöhten Kompatibilität verschiedener Lacksysteme mit einer epoxyfunktionellen Sol-Gel-Hybridbeschichtung Quelle: Royal Society of Chemistry

Größe der organisch-anorganischen Domänen im letztendlich gebildeten Komposit. Verbesserte physikalische Eigenschaften können durch die Verkleinerung der Domänenabmessungen in die Nanometerskala erreicht werden, die mit der Vergrößerung der Grenzflächen einhergeht. Die noch weitere Verringerung der Domänengröße ergibt schließlich molekulare Komposite [129]. Dies kann durch die Einführung der polymerisierbaren anorganischen Gruppe und eines organischen Konstituenten im selben Molekül erreicht werden, wenn die organische Gruppe hydrolysestabil an oxidbildende Elemente gebunden werden kann. Nanokomposite mit einer definierten Struktur können erhalten werden, indem man vormodellierte Nanobausteine wie Nanocluster, Nanopartikel oder nanogeschichtete Materialien einsetzt. Die Strategie der Nanobausteine bringt mehrere Vorteile mit sich und führt zu einer monodispersen, wohldefinierten Nanostruktur des resultierenden Hybridmaterials. Der Einbau einer organischen Komponente in eine anorganische Matrix eröffnet vielfältige Möglichkeiten für eine maßgeschneiderte Funktionalisierung der schließlich erhaltenen Stoffe. So ergibt der Zusatz von chromophoren Molekülen oder lumineszenten Gruppen Hybride mit erweiterten optischen Eigenschaften [130]. Eine andere Schlüsseleigenschaft, die durch die Modifikation der Organofunktionalität eingestellt werden kann, ist die Verträglichkeit und Haftung dünner, schützender SolGel-Hybridfilme gegenüber organischen Lacksystemen, die darüber appliziert werden. Chemische Bindungen, wie sie zwischen Sol-Gel-Filmen und Decklacken ausgebildet werden können, machen eine erhöhte Haftung möglich im Vergleich zu Situationen, in denen die Adhäsion lediglich auf der mechanischen Verschränkung, auf Dispersionskräften und der Bildung von Wasserstoffbrückenbindungen beruht, wie es oft den Chromatvorbehandlungen zugeschrieben wird. Abbildung 10.16 stellt mögliche Wege dar, auf denen eine erhöhte chemische Kompatibilität eines Epoxy-basierten oder Aminogruppen-haltigen Lacksystems gegenüber einer Sol-Gel-Vorbehandlung erreicht werden kann, indem die organische Komponente des Hybridfilms mit Epoxygruppen funktionalisiert wird. Andere funktionelle Gruppen wurden im Fall von Polyurethan- und Thioester-Lacksystemen für die Funktionalisierung der Vorbehandlung verwendet [131]. Auch eine Reihe stabiler wässriger Sol-Gel-Systeme ist entwickelt worden. Hierbei konnten funktionelle Gruppen wie Amino-, Epoxy-, Vinyl- und Allyl-Gruppen in das Sol-Gel-Netzwerk eingearbeitet werden, die mit den organischen, polymeren Harzen interagieren [132]. Vor allem, wenn anorganische Bestandteile einen wesentlichen Anteil im Netzwerk anorganisch/organischer Hybridbeschichtungen ausmachen, können diese eine Lebensdauer absi-

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chern, die länger ist als die von traditionellen, auf organischen Polymeren aufgebauten Beschichtungen. Hierin liegt eine starke Motivation für die Untersuchung solcher Hybride. Die derzeit üblichen wässrigen, organischen Epoxidharze neigen innerhalb von 3 Jahren der Bewitterung zur Zersetzung, was sie für den Einsatz in Decklacken für den Außenbereich ungeeignet macht. Anorganische Netzwerke sind dagegen gegen den alterungsbedingten Abbau unter UV-Bestrahlung stabil. Eine Hybridbeschichtung, die wesentliche Anteile an anorganischem Abbildung 10.17: Darstellung der Struktur einer anorganisch/ Netzwerk enthält, dürfte daher in organischen Hybridbeschichtung: (oben) Reaktion und einer UV-reichen Umgebung viel Härtung eines Sol-Gel-Netzwerks mit kolloidalen Partikeln länger haltbar sein, zumal auch und funktionalisierten Silanen; (Mitte) Reaktion und Härtung die Selbstheilung einer Sol-Geleines wassermischbaren organischen Primer-Systems auf Matrix unter diesen Bedingungen Epoxidharzbasis; (unten) Reaktion und Härtung eines erreicht werden konnte [133]. AbbilHybrid-Beschichtungssystems; Anmerkung: FG: funktionale dung 10.17 illustriert schemaGruppe wie Amino- oder Epoxygruppe; die Kugeln stellen tisch den Aufbau einer solchen Sol-Gel-Nanopartikel, die flexiblen langen Stränge EpoxidHybridbeschichtung. Das obere harz-Polymere dar, die kurzen, zickzackförmigen Stränge Bild zeigt die Reaktion und Ausrepräsentieren aminbasierte Kupplungsreagenzien härtung eines Sol-Gel-Netzwerks  Quelle: Elsevier aus kolloidalen Partikeln und Silanen mit funktionellen Gruppen; das mittlere Bild gibt dies für einen wasserlöslichen, organischen Epoxy-Primer, die untere Abbildung schließlich für ein Hybridsystem wieder. Die Polymerfäden des Epoxidharzes werden durch die flexiblen, langen Stränge dargestellt, die kurzen, zickzackförmigen Stränge deuten aminbasierte Härtungsmittel an. Die mechanische Stärke der Beschichtung, wie etwa die Abriebfestigkeit, ist ein weiterer Vorteil der Hybride. Auch der Einbau von Korrosionsinhibitoren vom Typ anorganischer Salze und von Füllstoffen ist leichter möglich. Selbst die Möglichkeit, eine wirkliche Einschichtlackierung zu entwickeln, die die Funktionen von Konversionsbehandlung, Grundierung (Primer) und Decklack miteinander kombiniert, erscheint auf Basis der SolGel-Hybridsysteme realistischer. Die Oberflächen der Hybridbeschichtungen sind glänzend und wasserabweisend. Sie können dicker ausgeführt werden als übliche Primerbeschichtungen (bis über 2 mm), so dass verschiedene Pigmente eingearbeitet werden können, ohne das Leistungsbild der Beschichtung zu beeinträchtigen. Von einer Hybridbeschichtung auf Basis von Sol-Gel und Epoxidharz erhofft man sich die Kombination der Bewitterungsstabilität und strukturellen Stärke eines Sol-Gel-Netzwerks mit der Flexibilität und der Raumtemperaturhärtung des Epoxidharzes. Die Arbeiten von Zheludkevich et al. [134] zeigen die guten Kopplungseigenschaften anorganischer Sol-Gel-Vorbehandlungen zwischen dem metallischen Substrat und organischen Lacken. Die hohen Adhäsionswerte der Sol-Gel-Filme auf Metallen sind auf die Bildung starker kovalenter Si–O–Me-Bindungen zurückzuführen. Hierdurch werden korrosions-

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beständige Grenzflächen zwischen dem Metall und dem Sol-Gel-Film erzeugt, die eine bemerkenswerte Fähigkeit zur Selbstheilung aufweisen. Fügt man eine organische Komponente zu den Sol-Gel-Systemen hinzu, führt dies zur Ausprägung dickerer und flexiblerer Filme, die eine verbesserte Kompatibilität gegenüber organischen Decklacken besitzen. Hybridfilme haben das Interesse auf sich gezogen, weil sie die Eigenschaften organischer, polymerer Stoffe und keramischer Materialien in sich vereinen. Sie können über eine weite Spanne mit kontinuierlich veränderten Zusammensetzungen erzeugt werden, die von nahezu organischer zu fast rein anorganischer Natur reicht. Ein Vorteil der organisch modifizierten Komposite liegt in der Erzeugung dicker, rissfreier Schichten, die effektive Barrieren gegen korrosive Agenzien bilden können. Darüber hinaus können Hybridschichten auch mit Nanopartikeln verstärkt werden, die die Korrosionsfestigkeit weiter erhöhen. Diese Verbesserung resultiert aus der verringerten Porosität und Rissneigung solcher Filme. Mit Hilfe der Sol-Gel-Technik erzeugte keramische und Hybridschichten sind potenziell sehr gut geeignet, auf lange Sicht die umweltschädlichen Oberflächenbehandlungsmethoden auf Basis der Chromate zu ersetzen. Rein anorganische Sol-Gel-Filme vermitteln bereits gute Haftung zwischen Metallen und organischen Lacken; durch ihre Neigung zur Rissbildung können sie jedoch noch keinen adäquaten Korrosionsschutz bieten. Führt man dagegen eine organische Komponente in ein anorganisches Sol-Gel-System ein, resultiert hieraus die Bildung dickerer, flexiblerer funktionalisierter Filme mit erhöhter Verträglichkeit gegenüber unterschiedlichen organischen Decklacken. Der Zusatz von Nanopartikeln verbessert die korrosionsschützende Wirkung durch geringere Porosität und verminderte Neigung zur Rissbildung und führt darüber hinaus zu weiter verbesserten mechanischen Eigenschaften. Außerdem eröffnet der Einbau anorganischer Nanopartikel eine Strategie zur Einführung von Korrosionsinhibitoren durch Schaffung von „Nanoreservoirs“. Hiermit ergibt sich ein Zugang zu „selbstheilenden“ Vorbehandlungen, aus denen solche Inhibitoren kontrollierbar freigesetzt werden (vgl. Kapitel 10.3.2).

10.3 Selbstheilende Beschichtungen Schutzsysteme sollten nicht nur angemessen auf äußere Einflüsse reagieren, sondern auch auf Änderungen ihrer internen Struktur antworten, wobei idealerweise innerhalb desselben Systems verschiedene Mechanismen zur Schadensverhütung und Reparatur kombiniert werden. Beispielsweise zeigten Klebeverbindungen zwischen metallischen oder Kompositwerkstücken, die diese Art intelligenter Systeme mit kontrollierter Wirkstoffabgabe aufweisen, eine verbesserte Beständigkeit gegenüber der umweltbedingten Zerstörung. Das Konzept der Selbstheilung auf allen Ebenen basiert darauf, dass die Schutzsysteme in gradueller Weise aktiv auf Umweltbedingungen antworten können. Die Schutzfunktion könnte in solchen Systemen durch den Einbau von „Nanofallen“ gewährleistet werden, d.h. anorganischen Nanopartikeln, die in der Lage sind, aggressive/korrosive Spezies oberhalb einer kritischen Konzentration zu absorbieren (vgl. auch Kapitel 10.2.1). Eine weitere Möglichkeit besteht im Einsatz wasserverdrängender Verbindungen, die aus Nanobehältern freigesetzt werden, sobald die ersten Mikrodefekte in der Polymermatrix auftreten. Weiteres Anwachsen der Defekte würde dann die Freisetzung von polymerisierbaren Precursor-Molekülen bewirken, die in anderen Nanokapseln eingeschlossen sind (Abbildung 10.18a). Hierauf würde ein neuer, dünner Polymerfilm erzeugt, der die beschädigte Fläche abdeckt, die Schicht damit repariert und das Fortschreiten des Risses stoppt. Auf diese Weise unterdrückt der Einschluss von organischen und anorganischen Korrosionsinhibitoren in 50 bis 500 nm großen Behältern die Korrosions- und Enthaftungsvorgänge an offenen Fehlstellen oder Schnittkanten (Abbildung 10.18b).

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In der Werkstoffwissenschaft wird unter dem Terminus „selbstheilend“ im Allgemeinen die selbsttätige Wiederherstellung der ursprünglichen Materialeigenschaften nach dem zerstörenden Einwirken der äußeren Umgebung verstanden. Dieselbe Definition kann auf funktionelle Beschichtungen Abbildung 10.18: Schematische Darstellung der Schutzangewandt werden. Und auch funktion eine nur teilweise Wiederherstel Quelle: (a) The Nature Pubishing. Group; (b) American Chemical Society lung der wesentlichen Funktionalität des Materials kann man als Fähigkeit zur Selbstheilung auffassen. Im Fall der Korrosionsschutzbeschichtungen sind also unterschiedliche Interpretationen des Begriffs „selbstheilend“ möglich [135]. Das klassische Verständnis der Selbstheilung basiert darauf, dass die Funktionalitäten einer Beschichtung vollständig wiedererlangt werden, indem die Integrität der Beschichtung wiedergewonnen und der Defekt somit wirklich „geheilt“ wird. Der Hauptzweck einer Korrosionsschutzbeschichtung besteht jedoch gerade darin, das darunter liegende metallische Substrat gegen einen durch die Umwelt induzierten korrosiven Angriff zu schützen. Somit ist es in diesem Fall nicht zwingend erforderlich, alle Filmeigenschaften wiederzuerlangen. Als Selbstheilung kann bereits verstanden werden, wenn es gelingt, die Korrosionsvorgänge im Defekt durch einen beliebigen in der Beschichtung selbst angelegten Mechanismus zu verhindern, eben weil das Korrosionsschutzsystem seine Hauptfunktion, die des Korrosionsschutzes, nach einer Beschädigung zurückerhält. Für die betroffenen industriellen Anwendungen ist die Entwicklung eines aktiven Heilungsmechanismus der Polymerbeschichtungen und Klebstoffe ein dringendes Anliegen. In der jüngeren Vergangenheit wurden auf diesem Gebiet einige Ansätze unternommen, bei denen unterschiedliche Schutz-/Heilungsmechanismen angewandt wurden. Aktiver Schutz auf Basis der Selbstheilung von Defekten in einer Beschichtung muss langfristig wirksam sein. Eine Mehrstufenstrategie der Selbstheilung der beschriebenen Art kombiniert – innerhalb eines Beschichtungssystems – mehrere Mechanismen zur Vermeidung und Reparatur von Verletzungen, die je nach Art und Intensität des Störeinflusses aktiviert werden (pH-Wert, Bestrahlung, Potenzialsprünge usw.).

10.3.1 Selbst-reparierende Polymerfilme Die Entwicklung neuer Materialien, deren physikalische Eigenschaften auf äußere Stimulatoren reagieren, ist ein schnell wachsendes Forschungsgebiet [136]. Zu den bemerkenswerten jüngeren Entwicklungen auf diesem Feld zählen selbstheilende Polymere [137], die nach einem Bruch die physikalischen Eigenschaften des ursprünglichen Polymers wiedererlangen können; dies geschieht entweder selbsttätig [138] oder als Reaktion auf äußere Stimuli wie Wärme [139] oder Druck [140]. Heilbare Polymersysteme können beispielsweise verkapselte Monomere und Polymerisationskatalysatoren, und auch latente Funktionalitäten enthalten, die in der Lage sind, thermisch reversible [141] Reaktionen unter Bildung von kovalenten Bindungen einzugehen [142]. Es wurde auch gezeigt, dass nicht-kovalente Wechselwirkungen, insbesondere Wasserstoffbrückenbindungen [143], in supramolekularen Polymergemischen Heilungseffekte bewirken können. Hierbei ist allerdings die Anwesenheit eines plastifizierenden Lösemittels erforderlich. In diesem letzteren System wird angenommen, dass der Bindungsbruch über die Dissoziation der schwachen supramolekularen Wechselwirkung

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fortschreitet, nicht jedoch über die Spaltung kovalenter Bindungen, so dass die Wiederherstellung des supramolekularen Netzwerks die ursprünglichen physikalischen Eigenschaften des Materials wiederbringt. So wiesen Schutzschichten, die mit organisch modifizierten Hohlglas-Mikrokapseln ausgerüstet waren, eine erhöhte Widerstandskraft gegenüber erosiver Abnutzung auf, die sonst zu höherer Korrosionsanfälligkeit geführt hatte. Diese Unempfindlichkeit war auf die Fähigkeit der Polymere zur Selbstheilung zurückzuführen [144]. Die große spezifische Oberfläche der Glas-Mikrokapseln, die mit einem speziell entwickelten Polymer-Finish behandelt waren, sichert eine robuste und enge Anbindung zwischen den Kapseln und der Epoxidmatrix. Polydispersität und Unregelmäßigkeiten der Form ermöglichen das wirkungsvolle Ausfüllen von Strukturlücken im Epoxy-Kunststoff, wodurch die Porosität der Beschichtung verringert und ihre mechanischen Eigenschaften verbessert werden. In manchen Fällen ist das zu verkapselnde reaktive Agens (Inhibitor, Versiegelungsmittel usw.) nur in wässrigen Medien hinreichend löslich, so dass es erforderlich wird, Mikrooder Nanokapseln mit geladenen Polymerhüllen zu synthetisieren, die wässrige Kerne enthalten und ausreichend im wässrigen Beschichtungsmittel dispergiert werden können. Eine interessante mögliche Syntheseroute solcher Behälter über eine w/o (w/o)/w-Emulsion und Verdampfen des Lösemittels wurde in Lit. [145] aufgezeigt. Zwei Arten von Polystyrol-Mikrokapseln mit wässrigem Inneren und einer Größe von 6 bzw. 26 µm wurden in Abhängigkeit von der Chemie und Konzentration der stabilisierenden Tenside erzeugt. Die Elektrodeposition von Mikrokapseln auf einer metallischen Beschichtung, die in einem Folgeschritt durchgeführt wurde, verlief nur zufriedenstellend, wenn die Kapselgröße wesentlich kleiner als die Schichtdicke (60 µm) war, weil nur so die Unversehrtheit der Schicht erhalten werden konnte. Ein ähnlicher Weg über die Elektroplattierung eines Metallsubstrats wurde zur Herstellung einer Komposit-Beschichtung mit Mikrokapseln mit einer flüssigen, organischen Füllung gewählt, um die dauerhaft hinreichende Freisetzung eines flüssigen Schmiermittels zu erreichen, das die Reibung zwischen zwei Oberflächen erniedrigen soll (selbstschmierende Beschichtung), die im wiederholten Kontakt stehen [146]. Mikrokapseln mit einem Kern aus flüssigem Silikonharz und Polyvinylalkohol als Hülle wurden über eine o/w-Emulgierung mit Hilfe eines Emulsionsstabilisators vom Typ der Alkyl-Polyoxyethylen-Polyether erzeugt. Die nachfolgende Elektroplattierung aus einer Mischung von Elektrolytlösung und einer Dispersion der Kapseln schloss die Bildung einer Kompositbeschichtung auf Metall ab. Unterzog man Probestücke Kratz- oder Abriebtests, so beobachtete man in unmittelbarer Umgebung der Verletzung das Feuchtwerden der Oberfläche. Somit konnte die Freisetzung von Flüssigkeit aus den zerbrochenen Mikrokapseln und die Fähigkeit der Beschichtung zur Selbstschmierung nachgewiesen werden. Für die wirksame Leistung selbstheilender Kompositbeschichtungen ist die Fähigkeit entscheidend, Risse zu reparieren, die über die Nutzungsdauer der Polymerschicht entstehen. Dies könnte durch den Einbau von Mikrokapseln erreicht werden, die ein flüssiges Versiegelungsmittel enthalten. Harnstoff-Formaldehyd-Mikrokapseln mit einer Füllung aus lufttrocknendem Leinöl wurden so für die Rissheilung in einer Epoxidschicht eingesetzt [147]. Die Mikrokapseln wurden hierbei durch in-situ-Polymerisation in einer o/wEmulsion synthetisiert. Die zunächst vollständig wasserlöslichen Verbindungen Harnstoff und Formaldehyd reagieren in einem kontinuierlichen wässrigen Medium unter Bildung von Poly(Harnstoff-Formaldehyd). Mit Anstieg der Molekülmasse dieses Polymers sinkt der Anteil polarer Gruppen schrittweise ab, bis das Polymermolekül schließlich hydrophob und an der Oberfläche der o/w-Emulsionströpfchen abgeschieden wird. Die so erhaltenen

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Abbildung 10.19: REM-Aufnahme der Bruchebene eines selbstheilenden Materials mit einer aufgebrochenen Harnstoff-Formaldehyd-Mikrokapsel in einer duroplastischen Matrix  Quelle: Elsevier

Mikrokapseln wurden dann in eine Epoxidbeschichtung eingetragen. Da die Oberfläche der Außenhülle dieser Kapseln sehr rau war, war eine gute Verbindung mit der Beschichtungsmatrix gegeben. Sobald ein Riss in der Beschichtung auftritt, wird das eingekapselte Leinöl freigesetzt und füllt den Riss auf. Oxidation des Leinöls durch den Luftsauerstoff führt schließlich zur Ausbildung eines kontinuierlichen Films im Inneren des Risses. Die erhöhte Korrosionsresistenz einer solchen selbstheilenden Beschichtung wurde durch vergleichende Belastung zweier Prüflinge in einer Salzsprühkammer demonstriert. Nach dem Anritzen blieb das Muster mit der Kapseln enthaltenden Beschichtung 72 h lang ohne Korrosion. Im Gegensatz dazu zeigte das Kontrollmuster bereits nach 48 h Korrosionsbefall.

Signifikante Fortschritte bei der Präparation schützender Kompositschichten mit eingebauten Mikro- und Nanobehältern wurden im letzten Jahrzehnt in der Gruppe von S. R. White erzielt [148]. In der Veröffentlichung aus dem Jahr 2001 zeigten sie den ersten funktionierenden Prototyp polymerer Beschichtungen mit der Fähigkeit, in den strukturgebenden Polymeren „autonom Risse zu heilen“. Die vorgeschlagene selbstheilende Beschichtung enthielt Mikrokapseln (50 bis 200 µm) mit Poly-(Harnstoff-Formaldehyd)-Hüllen, gefüllt mit dem heilenden Reagenz – Dicyclopentadien-Monomer. Diese Kapseln wurden dann mit Epoxidharz und Grubbschem Katalysator (Phenylcarben-Ru-Komplex) vermischt, um eine selbstheilende Epoxy-Spezies zu erhalten. Ein sich entwickelnder Riss zerstört die eingebetteten Mikrokapseln und setzt das Heilungsreagenz frei, das sich durch die Kapillarkräfte in den Risskanal ausbreitet (vgl. Abbildung 10.19). Die Polymerisation des Heilungsreagenz setzt in Gegenwart des Katalysators spontan ein und führt zu einer Verbindung der Rissflanken. Die Heilungsrate betrug etwa 60 % (s. Abbildung 10.20). Der hier vorgeschlagene Ansatz zur Selbstreparatur hatte jedoch einige wesentliche Nachteile für die Applikation der selbstheilenden Beschichtungen: • Die Konzentration des Grubbschen Katalysators muss recht hoch sein, was die Kosten für die Beschichtung in die Höhe treibt, vor allem wenn große Flächen zu schützen sind • Die relative großen Abmessungen der Kapseln (50 bis 200 µm) verhindert ihre Anwendungen in Beschichtungen mit weniger als 0,5 mm Dicke, weil Schichtstörungen auftreten Andererseits verlangt eine Verkleinerung der Kapseln eine weit höhere Konzentration in der Matrix, wenn die Wirksamkeit der Selbstheilung nicht vermindert werden soll. Kleinere Mikrokapseln müssen zudem eine besonders gute Anhaftung zur Epoxidmatrix haben, um sicherzustellen, dass die Kapseln unter der mechanischen Beanspruchung auch zerbrechen. Sehr viel kleinere Kapseln (Nanokapseln) mit einer Dicyclopentadien-Füllung als Heilungsreagenz wurden erst vor kurzem durch US-Behandlung der o/w-Startemulsion dargestellt. Bis zu 2 Vol.- % dieser Kapseln können in eine Epoxidmatrix eindispergiert werden und ergeben eine geringfügige Verminderung der Bruchdehnung bei gleichzeitig wesentlich erhöhter Bruchhärte. Für einen Volumenanteil der Kapseln von 0,015 wurde eine Zunahme der Bruchhärte um 59 % gefunden. Aufgrund ihrer geringen Größe erwiesen sich diese Kapseln als geeignet für Anwendungen in selbstheilenden Dünnfilmbeschichtungen. Eine billigere und chemisch stabilere selbstheilende Zusammensetzung basierte auf dem Direkteinbau phasenseparierter Tröpfchen in die Schichtmatrix, die endständig hydroxyfunktionalisiertes Polydimethylsiloxan und Polydiethoxy-Siloxan enthielten. Lediglich der Kataly-

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sator, Di-n-butylzinn-Dilaurat oder Dimethylzinn-Dineodecanoat, wurde im mikroverkapseltem Zustand unter Verwendung von Polyurethan-Mikrokapseln einer Größe bis zu 450 µm in die Polymermatrix eingebettet. Die Vorteile dieses selbstheilenden Systems wurden jedoch durch die extreme Toxizität des verwendeten Katalysators und die Größe der Abbildung 10.20: Selbstheilungsprozess: (a) Selbstheilende Mikrokapseln und die schlechte Beschichtung mit mikroverkapseltem Katalysator und Haftung zwischen dem Heilungs- phasenseparierten Tröpfchen (klein) des Heilungsreagenz in reagenz (Polysiloxane) und der einer Matrix auf metallischem Substrat; (b) Beschädigung der Beschichtung setzt Katalysator und Heilungsreagenz Matrix zunichtegemacht, die den frei; (c) Vermischen von Reagenz und Katalysator in der zusätzlichen Einsatz von Haftver- beschädigten Region; (d) Beschädigung durch vernetztes mittlern erforderlich machte. Vor Polymer von der Umgebung abgeschirmt und somit geheilt; allem der erste Punkt ist beson- (e, f) REM-Aufnahmen der durch Anritzen beschädigten ders kritisch, zumal wenn man Region auf einem Kontrollmuster (e) und auf der selbstheidie Herstellungsdetails der Poly­ lenden Beschichtung (d) nach dem Heilungsvorgang (f) Quelle: Wiley urethan-Hülle in Betracht zieht.  Die Reaktion zwischen Polyurethan und Ethylenglykol wurde in wässrigem Medium durchgeführt, wobei die Tröpfchen der o/w-Emulsion mit einer 15 % Gummiarabikum-Lösung stabilisiert wurden. Diese Faktoren können wesentlich zur Nebenreaktion eintretenden Bildung von Polyharnstoff beitragen, die von CO2- -Entwicklung begleitet wird und poröse Kapselhüllen verursacht. Weniger erfolgreich waren Versuche, verschiedene mikroverkapselte Lösemittel als selbstheilendes System in eine Polymermatrix einzubetten. Die Verkapselung von fünf hochpolaren, sehr effizienten Lösemitteln scheiterte und von den eingesetzten polaren Lösemitteln zeigte sich nur Chlorbenzol als möglicher Kandidat für die Selbstheilung. Dennoch zeigten Experimente mit Poly-(Harnstoff-Formaldehyd)-Mikrokapseln (160 µm) mit einer Chlorbenzol-Füllung hinreichende Selbstheilungseigenschaften für die Epoxidmatrix. Die Idee der Mikroverkapselung von Lösemitteln als aktive Selbstheilungsreagenzien wurde dahin gehend weiterentwickelt, dass eine reaktive Epoxidharz-Komponente im Kapselkern eingeführt wurde. Nun wurden auch weniger giftige Lösemittel als das anfänglich eingesetzte Chlorbenzol in der selbstheilenden Mischung der Kernfüllung verwendet. Die US-Technik und der Einsatz von Co-Stabilisatoren in der Emulsionspräparation ergaben viel kleinere Kapseln bis zum Submikrometer-Maßstab. Diese Mikrometer-großen Harz-Lösemittel-Kapseln wurden erfolgreich in die Epoxidmatrix eingebaut und durch einen voranschreitenden Riss aufgebrochen. Es konnte dann beobachtet werden, dass sich ein Epoxidfilm an der Riss­ oberfläche aufbaute. Somit war bewiesen, dass reaktives Epoxidharz zu der beschädigten Stelle der Beschichtung geliefert wurde. Nahezu derselbe Ansatz wurde bei der Entwicklung einer selbstheilenden Beschichtung für den Korrosionsschutz von Aluminiumlegierungen gewählt, für die käfigartige Mikrokapseln mit einem öligen Kern und Silikagel-Hülle genutzt wurden [149]. Zwei Typen dieser Mikrokapseln wurden durch Grenzflächen-Polykondensation an der Oberfläche von Tröpfchen in einer o/w-Emulsion nach Pickering, präpariert aus einem Gemisch von Methylmethacrylat/ Tetraethylorthosilikat, das mit grenzflächenaktiven (sulfonierten) Polystyrol-Nanopartikeln stabilisiert war. Applikation von Polystyrol-Nanopartikeln mit zwei unterschiedlichen Sulfonierungszeiten (60 und 9 h) ergibt Mikrokapseln mit Oberflächenporen im geschlossenen bzw.

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geöffneten Zustand. Die geschlossenen Mikrokapseln wurden dann als Quelle des selbstheilenden monomeren Methacrylats eingesetzt, während offene, hochporöse Kapseln von geringerer Größe mit einer Lösung des Polymerisationsinitiators imprägniert wurden. Beide Mikrokapsel-Typen wurden auf der Oberfläche der Aluminiumlegierung AA 2024 abgeschieAbbildung 10.21: IR (oben) und optische Aufnahmen (unten) den und anschließend mit einem von selbstreparierenden, oxetansubstituierten Netzwerken von Sol-Gel-Film überschichtet. KratChitosan-Polyurethan als Funktion der Bestrahlungszeit mit zen führte zur Zerstörung der UV; A1, 0 min; A2, 15 min; A3, 30 min (die rasteroptische Kapseln, das monomere selbstheiMikrografie gibt Details über spektroskopische Änderungen im IR-Bereich wieder) Quelle: Science Publishing Group lende Reagenz wurde freigesetzt und der Polymerfilm ausgebildet. Bilder von Mikrokapseln beider Typen, auch der „geschlossenen“ Kapseln, die das Monomere enthielten, zeigten allerdings eine gewisse, relativ hohe Porosität. Dies könnte auch eine spontane Polymerisation ermöglichen, insbesondere wenn der Katalysator aus den „offenen“ Kapseln herausdiffundiert. Im Verhältnis zu den Dimensionen beider Kapselarten sind die Abmessungen eines Kratzers riesig. Ein Riss wird daher zwangsläufig nicht nur die Methacrylat-gefüllten Mikrokapseln, sondern auch die benachbarten mit dem Katalysator beladenen Behälter zerstören, zur Freisetzung und sofortigen Polymerisation des Methacrylats führen. Der nächste erfolgversprechende Schritt soll nun sein, den Respons in einer Weise zu gestalten, dass er umgekehrt auch den Stimulator beeinflusst. Diese Rückmeldeschleife muss dazu genutzt werden, Defekte nachzuhärten, also eine selbstreparierende Beschichtung zu erzeugen. Es kann gezeigt werden, dass konzeptionelle Ansätze vorhanden sind. Um allerdings zu praktikablen Lösungen zu kommen, müssen noch viele technische und wirtschaftliche Probleme gelöst werden. Die Stimuli sind bisher vornehmlich mechanischer oder chemischer Natur; für die Zukunft kann man sich aber auch weitere, andere vorstellen, z.B. die Einwirkung von Bioziden. Man muss sich außerdem bewusst sein, dass Regelkreise, wie sie fast überall in Natur und Technik anzutreffen sind, üblicherweise nicht dazu genutzt werden, ein Stimulanz zu beseitigen, sondern es auf einem kontrollierten Niveau zu halten. Die Simulation solcher Regelkreise ist eine weitere, noch anspruchsvollere Aufgabe, die der Zukunft vorbehalten ist. Man kann andererseits auch in der Konstruktion solcher, noch komplexerer Regelmechanismen eine große Möglichkeit sehen, z.B. bei der Aufrechterhaltung einer konstanten Feuchte, eines elektrischen Potenzials oder einer Konzentration. Der Bedarf für solche aktiven Regelkreise für Anwendungen in den wichtigsten Bereichen der Gesellschaft, Energie, Gesundheit und Rohstoffwirtschaft ist hoch. Man kann sich in naher und weiterer Zukunft auf interessante Lösungen auf diesen Gebieten freuen. Auch die Entwicklung einer neuen Generation duroplastischer Polymere ist von ganz besonderem Interesse, weil sie beträchtliche technische und kommerzielle Bedeutung haben [150] (s. Abbildung 10.21). Der Einsatz des UV-Anteils der elektromagnetischen Strahlung zur Reparatur mechanischer Beschädigungen in Beschichtungen eröffnet einen Zugang zur Selbstheilung unter normaler Umgebungstemperatur. Dieser Ansatz kann die Verwendung anderer, oftmals aufwändiger Komponenten vermeiden, die eine Reihe kritischer Anwendungen und Technologien zu sehr von den in einem Polymernetzwerk herrschenden chemischen und morphologischen Gegebenheiten abhängig machen.

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10.3.2 Inhibitorfreisetzung Die Verwendung unterschiedlicher Typen von Mikro- und Nanocontainern für das Einkapseln von Wirkstoffen und ihre kontrollierte Abgabe und Dosierung hat heutzutage zunehmende Popularität gewonnen. Diese Behälter können anorganischen oder organischen Ursprungs sein oder Kompositmaterialien darstellen, sie können zur Verkapselung von Pharmaka, Vitaminen, Quantenpunkten, Bakteriziden, Ölen, Biopolymeren, Korrosionsinhibitoren, niedermolekularen Verbindungen und vielen anderen aktiven Molekülen genutzt werden. Mikrometergroße Kapseln mit einer schichtweise (layer-by-layer, LbL) aufgebauten Polyelektrolythülle werden beispielsweise für das Einkapseln und gezielte Freisetzen von Pharmaka, DNA, Dendrimeren und Enzymen eingesetzt [151]; an anorganischen Nanoröhrchen aus Halloysit (Alumosilikat-Mineral) wurde gezeigt, dass sie sich zur Beladung mit Fermenten und anorganischen Nanopartikeln eignen [152]. Hydrogele wurden bereits zum Verkapseln von Phospholipiden, pharmazeutisch wirksamen Stoffen wie Liposom-Reaktoren und auch Pflanzenwuchsmitteln verwendet [153]. Mizellen und Mikroemulsionen sind wahrscheinlich die bestuntersuchten Systeme für die Verkapselung aktiver Biomaterialien. Hierzu gibt es zahlreiche Publikationen. Der Leser sei auf verschiedene neuere Übersichtsartikel verwiesen, die ein besseres Verständnis der jüngeren Errungenschaften auf diesem Gebiet vermitteln [154]. Die interessanteste Eigenschaft von solchen Containern ist ihr Vermögen, Abgabe und Aufnahme ihrer Beladung zu steuern. Diese Fähigkeit hängt ganz allgemein von der Wechselwirkung zwischen dem Material der Containerhülle (oder auch nur des Porenverschlusses) und dem umgebenden Medium ab. Hülle bzw. Porenverschlüsse müssen auf die äußere Einwirkung oder Änderungen der lokalen Umgebung reagieren können und sollten dies überdies selektiv tun, so dass nur ein oder zwei Einfluss- oder Schaltgrößen die Änderung der Permeabilität hervorrufen, während andere die Hülle intakt lassen. Die Permeabilität der Behälterhülle wird durch das Gleichgewicht zwischen den elektrostatischen Wechselwirkungen von Oberflächenladungen einerseits bestimmt, die tendenziell die Vergrößerung der Oberfläche herbeiführen und somit Poren in der Hülle erzeugen, sowie der hydrophoben Wechselwirkung – dem entsprechenden Anteil der Oberflächenenergie – andererseits, die die Oberfläche verkleinert [155]. Die Einstellung des Gleichgewichts zwischen diesen Kräften erfordert eine Arbeit gegen die Filmelastizität [156]. Die folgenden Schaltgrößen werden für das Öffnen und Verschließen der Behälterhüllen genutzt: • • • • • • • •

lokale pH-Wertänderungen Temperaturänderungen elektromagnetische Einstrahlung mechanischer Druck (einschl. US-Behandlung) Feuchtigkeit elektrisches (elektrochemisches) Potenzial Ionenstärke und dielektrische Permeabilität des Lösemittels

Die einfachste Schaltgröße für solche Öffnungs- und Schließvorgänge ist die Verschiebung des pH-Werts in der unmittelbaren Nachbarschaft. Polyelektrolyt-Kapseln, Hydrogele und Emulsionen mit schwach sauren oder basischen funktionellen Gruppen in der Hülle sprechen hierauf an und reagieren mit reversiblen und/oder irreversiblen Änderungen der Hüllenpermeabilität über einen weiten pH-Bereich, z.B. bei niedrigem (pH < 4) oder hohem pH-Wert (pH > 9) [157]. Die anderen wichtigen Schaltgrößen sind von außen einfallende elektromagnetische Strahlung und mechanische Einwirkung. Zum Öffnen unter elektromagnetischer Strahlung

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Abbildung 10.22: Containerbeladung mit Korrosionsinhibitor und Modifikation durch eine Polyelektrolythülle: (a) Schema; (b) Änderungen des Zetapotenzials während des Vorgangs der Hüllenbildung; (c) Beladung des Inneren von SiO2-Containern mit 2-(Benzothiazo-2-ylsulfanyl)-Bernsteinsäure im Vakuum; (d) Freisetzung des Inhibitors aus den Nanocontainern bei [a] pH = 10,1 und [b] neutralem pH-Wert Quelle: Wiley

muss die Containerhülle hierfür sensible Komponenten enthalten wie metallische (Ag) Nanopartikel für IR [158], Farbstoffe für sichtbares Licht [159] und Halbleiter (z.B. TiO2 -Partikel) für UV [160]. Mechanische Einwirkungen als Schalter erfordern eine gewisse Starrheit oder Sprödigkeit der Hülle, weil eine zu flexible Hülle unter Druck verformt werden kann statt aufzubrechen [161]; Behälter unterhalb von 100 nm Durchmesser können mit normalen mechanischen Kräften kaum zerstört werden, weil sie der Krafteinwirkung ausweichen. Andererseits kann eine US-Behandlung zur irreversiblen Öffnung von Behältern jeglicher Größe genutzt werden [162]. Andere Schaltgrößen zur Kapselöffnung wurden für Hydrogele (Temperatur, elektrisches Potenzial, hohe Ionenstärke) und Polyelektrolytkapseln (Temperatur, hohe Ionenstärke, dielektrische Permeabilität des Lösemittels) demonstriert [163]. Diese Faktoren sind üblicherweise Bestandteil von Aktiv-Regelkreisen mit spezifischer Funktionalität (z.B. Beschichtungen mit elektrochemisch reversibler Permeabilität) [164]. Die Synthesestrategie für Nanocontainer auf Basis mesoporöser Oxidkerne wird in Lit. [165] vorgestellt. Die Erzeugung einer Polyelektrolythülle um einen Behälter herum kann möglicherweise durch LbL-Technik aus gegensätzlich geladenen Spezies erfolgen (Abbildung 10.22a), wodurch die Gefahr einer verfrühten spontanen Freisetzung des eingelagerten Korrosionsinhibitors umgangen würde. Die Gleichmäßigkeit der Dicke einer jeden Lage liegt im Bereich von 2 nm. Polyelektrolyt-Nanocontainer bilden exakt wie in einer Matrize die Form der Kolloide ab. Die Polyelektrolythülle verleiht den Nanocontainern kontrollierbare Freisetzungseigenschaften. Ein Öffnen der Hüllen kann nur durch Verschieben des

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Abbildung 10.23: (a) Schema des Selbstheilungseffekts von Korrosionsschutzschichten; (b) AFM-Darstellung eines mit Containern bestückten SiOx/ZrOx-Films Quelle: Wiley

pH-Werts in der Umgebung in den sauren oder alkalischen Bereich induziert werden (was bei Beginn eines Korrosionsvorgangs eintritt) [166]. Im neutralen pH-Bereich bleibt die Polyelektrolythülle dagegen intakt, so dass ein unerwünschtes Auslaufen des eingeschlossenen Inhibitors vermieden wird. Die Bildung gegensätzlich geladener Schichten wurde mit Hilfe von Messungen des Zetapotenzials näher bestimmt (Abbildung 10.22b). Der Inhibitorgehalt in den Nanobehältern entspricht 85 mg/g bezogen auf die ursprüngliche Masse der SiO2-Partikel (Abbildung 10.22c). Die Kinetik der Abgabe des eingeschlossenen Inhibitors in Wasser bei alkalischem pH-Wert ist in Abbildung 10.22d wiedergegeben. Wie man sehen kann, wird die Abgabe des Korrosionsinhibitors (2-[Benzothiazol-2ylsulfanyl]-bernsteinsäure) aus Behältern mit Polyelektrolythülle bei pH 10,1 induziert, was dem pH-Wert in der kathodischen Zone während des Korrosionsprozesses von Aluminium entspricht [167]. Somit erweist sich die Modifikation der Container mit geeignet eingestellten Hüllen aus Polyelektrolyten als wesentlich, um eine kontrollierte Abgabe des eingekapselten Wirkstoffs zu erreichen und sein unerwünschtes Ausbluten aus der Beschichtung zu verhindern [168]. Der nächste Schritt bei der Bildung antikorrosiver, selbstheilender Beschichtungen ist der Einbau der Container in die Schicht. Eine gleichmäßige Verteilung ist wichtig (Abbildung 10.23). Ein wesentliches Charakteristikum der Korrosion ist die lokale pH-Wertänderung während des Vorgangs. Je nach Mechanismus, intermetallische Einschlüsse und Oberflächenbeschaffenheit des Metallsubstrats kann diese lokale pH-Veschiebung sowohl zur sauren als auch zur alkalischen Region hin erfolgen [169]. Dieser lokale pH-Wechsel beeinflusst die Polyelektrolythülle, insbesondere ihre Öffnung, das Freisetzen von Inhibitor und demzufolge die in der korrodierenden Fläche erzielbare Heilung. Der Effekt ist selbstregelnd und die Inhibitorabgabe findet nur an dem unmittelbar von der pH-Wertänderung betroffenen Ort statt (Abbildung 10.23a). Die SVET-Kartierung hat gezeigt, dass der höchste Schutz von Sol-Gel-Filmen gegeben wurde, die mit Containern beladen waren. Der Effekt sehr geringer Korrosion im Fall solcher beladenen Filme lässt sich mit der sehr wesentlichen zusätzlichen Eigenschaft der Selbstheilung erklären. Während des Korrosionsvorgangs verschiebt sich der pH-Wert in die alkalische Region. In Abbildung 10.22d wurde gezeigt, dass bei diesem alkalischen pH-Wert die Abgabe des geladenen Inhibitors stattfindet und der Inhibitor in der Folge die verletzten Stellen heilt, worauf der pH-Wert in den Neutralbereich zurückwandert und die Polyelektrolythülle sich bis zu einem erneuten Korrosionsangriff wieder schließt.

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Abbildung 10.24: (a) Schematische Darstellung des Beladungsvorgangs von Benzotriazol in Halloysit G-Nanoröhrchen; (b, c) Abgabe des Benzotriazols bei verschiedenen pH-Werten aus [a] unverhüllten Nanoröhrchen und [c] Nanoröhrchen mit 1) einer Beschichtung aus PDADMAC/PSS; 2) einer Beschichtung aus PAH/PSS; 3) einer Beschichtung aus PAH/PMA nach 30 min Inkubation  Quelle: Wiley

Die fotokatalytische Aktivität, die einigen Halbleitern zu Eigen ist (TiO2, TiO2 : In2O3-Komposit usw.) könnte die wesentliche Eigenschaft lichtsensitiver Container bilden. Dies eröffnet neue Möglichkeiten, die Wirksamkeit des Korrosionsschutzes unter elektromagnetischer Strahlung gezielt von außen zu beeinflussen [170]. An der Halbleiteroberfläche tritt unter UV eine örtliche pH-Wertveränderung ein, die wiederum Konformationsänderungen in der Polyelektrolythülle hervorruft und diese in den geöffneten Zustand überführt. Sensibilisierung von Containern gegenüber Nah-IR-LASER kann durch den Einsatz von Metall- und Halbleiterteilchen erreicht werden, die Strahlung in diesem Wellenlängenbereich absorbieren. Das Öffnen der Behälter wird in diesem Fall durch thermisch induzierte Konformationsänderungen der Behälterwandung bewirkt. Diese Ansätze zur Steuerung der Freisetzungseigenschaften immobilisierter Nanocontainer erlauben die rasche Abgabe der eingeschlossenen Wirkstoffe; der Respons erfolgt viel schneller als bei chemischer Anregung. Halloysit ist ein Alumosilikat mit einer röhrenartigen Struktur, die Hohlräume im Nanometermaßstab enthält. Es wird in wirtschaftlich interessanter Weise als Rohmineral aus den entsprechenden Tonerde-Ablagerungen gewonnen [171]. Wie es bei natürlichen Mineralien häufig der Fall ist, schwanken die Dimensionen der Halloysitpartikel je nach Fundort zwischen 1 und 15 μm Länge und 10 bis 100 nm Innendurchmesser. Die Einlagerung von Korrosionsinhibitor (als Modellverbindung z.B. das – allerdings krebserregende – Benzotriazol, BTA) im Innenvolumen von Halloysit G-Nanoröhrchen wurde nach der adaptierten Methode vorgenommen, die von Price et al. beschrieben wird [172]. BTA hat eine gute Wasserlöslichkeit, so dass hiermit beladenes reines Halloysit unmittelbar in selbstheilenden Korrosionsschutzbeschichtungen verwendet werden kann. Spontane Leckage und unkontrollierte Abgabe des Wirkstoffs sind hierbei jedoch nicht ausgeschlossen. Um kontrollierte Abgabeeigenschaften der HalloysitNanoröhrchen zu erreichen, kann ihre Oberfläche durch LbL-Abscheidung von Polyelektrolyt-Doppelschichten modifiziert werden [173], womit die Öffnungen an den Partikelenden blockiert werden. In der weiter zitierten Arbeit wurden verschiedene Zusammensetzungen

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Selbstheilende Beschichtungen

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Abbildung 10.25: Darstellung von geritzten Kupferstreifen mit einer ölbasierten blauen Farbbeschichtung: (a) mit Benzotriazol-beladenen Nanoröhrchen von Halloysit G; (b) ohne diese Röhrchen, jeweils nach 10 Tagen Lagerung in einer korrosiven Umgebung; (c) Illustration der Stopfenbildung an den Enden von Halloysit G-Nanoröhrchen durch Reaktion des austretenden Benzotriazols mit Cu(II)-Ionen 

Quelle: American Chemical Society

der Polyelektrolyte vorgeschlagen [174], die jeweils auf BTA-beladenem Halloysit G abgeschieden wurden: Poly(diallyl- dimethylammoniumchlorid)/Poly(styrolsulfonat), (PDADMAC/ PSS)4, Poly(allylamin-Hydrochlorid)/Poly(styrolsulfonat), (PAH/PSS)4 und Poly(allylaminHydrochlorid)/Polymethacrylsäure, (PAH/PMA)4. Die BTA-Abgabe aus solchen HalloysitNanobehältern ist vom pH-Wert abhängig (Abbildung 10.24). Der Anstieg der Freisetzungsrate bei hohem und niedrigem pH-Wert wird bei allen Poly­ elektrolythüllen gleichermaßen beobachtet. Die kontrollierte Abgabe von BTA aus HalloysitNanoröhrchen könnte auch durch Verschluss der Endöffnungen mit BTA-Metallkomplexen erfolgen, die sich durch Reaktion zwischen dem austretenden BTA und Metallionen aus einer umgebenden Lösung bilden [175]. Die hier angeregte Methode erfordert lediglich ein kurzes Spülen von beladenen Nanoröhrchen mit einer wässrigen Lösung der entsprechenden Metallionen. Abbildung 10.25 demonstriert die Bildung solcher Verschlussstopfen mit Cu(II)-Ionen. Der Cu-BTA-Komplex ist von diversen Autoren ausgiebig studiert worden. Er wird bereits in einem frühen Übersichtsartikel von Sease et al. beschrieben [176]. BTA bildet stabile Komplexe mit den meisten Übergangsmetallen, von denen Salze des Cu(II), Fe(II), Fe(III), und Co(II) für die Erzeugung von Verschlusskörpern verwendet wurden. Das Verringern der Abgaberate an BTA hängt von einer Anzahl von Parametern ab, wie etwa von der Chemie und Morphologie der Halloysit-Spezies, der Art der Metallionen und ihrer Konzentration sowie von der Konzentration an BTA, die an den Öffnungen der Nanoröhrchen zur Verfügung steht. Besonders wichtig sind hierbei die Metallionenkonzentration und die Verfügbarkeit des BTA zur Bildung der Metall-BTA-Beläge. Dies kann überprüft werden, indem man beladene Nanoröhrchen zunächst mit entionisiertem Wasser und erst dann mit der Metallsalzlösung spült. Die Wirksamkeit des Korrosionsschutzes durch Halloysit-Nanobehälter auf Aluminium- und Kupferproben wurde mit Hilfe der Aufnahme der lokalen Korrosionsstromdichten an Ritzverletzungen demonstriert; sie konnte auch durch Lagerung einer geritzten Metallprobe in einer hochkorrosiven Umgebung sichtbar gemacht werden (Abbildung 10.25a und b). Beides zeigte eine signifikante Verzögerung der Korrosionsrate des Metalls.

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Solide Grundlagenkenntnis über derartige „smarte“ Systeme zur Wirkstofffreisetzung und die ihnen eigenen, schnellen Respons-Eigenschaften zu erlangen, ist somit eine wichtige Aufgabe. Ein neues Konzept ist die Verwendung nanoskaliger Reservoirs, die es erlaubt, Inhibitoren gleichmäßig in einer Beschichtung zu verteilen. Hierfür ist der Einschluss von aktiven Wirkstoffen im Nanometer-Maßstab eine unabdingbare Voraussetzung. Darüber hinaus kann die Abgabe von chemischen Reagenzien aus diesen Behältern mit verschiedenen äußeren Stimulatoren angeregt werden. Hierzu zählen • pH-Wertänderungen durch Korrosions- und Hydrolysereaktionen • pH-Wertänderungen und Änderungen der Ionenstärke infolge der Behandlung der Beschichtung mit entsprechenden Lösungen • elektrochemische Schalter (bei Einsatz leitfähiger Polymere/Polyelektrolytkomposite als Matrix für die Kapseln) • fotokatalytische Zersetzung der Kapselhüllen unter Bestrahlung mit der betreffenden Wellenlänge Bei der Konstruktion von Behältern sind die folgenden Aufgaben zu berücksichtigen: • Einschluss von Inhibitoren in diversen Nanobehältertypen (Polyelektrolyte, Nanoröhrchen usw.) • Anpassung von Nanocontainern an spezifische Schaltgrößen • gleichmäßige Verteilung von Nanoreservoirs in Beschichtungen • Untersuchung der kontrollierten Abgabe von eingeschlossenen Aktivsubstanzen aus Nanocontainern durch Änderung des pH-Werts und der Ionenstärke; der Anmischung von Modellreagenzien (chemische und Inhibitor-Verunreinigungen) und des elektrochemischen Potenzials der Beschichtung • Optimierung des Korrosionsschutzes und der selbstheilenden Eigenschaften neuartiger Beschichtungen • Untersuchung containerbestückter Beschichtungen im Hinblick auf ihren in der Praxis wesentlichen Einsatz zur Erkennung und Beseitigung chemischer Störsubstanzen in Wasser und Luft

10.4 Zusammenfassung Diese Übersicht wird zu einem Zeitpunkt veröffentlicht, zu dem viele Arbeiten der vergangenen Jahre vorliegen, in denen neue Arten von Nanokomposit-Beschichtungen und dünne Filme für den Korrosionsschutz entwickelt wurden, die auf Stimulatoren aus der Umgebung ansprechen. Der nächste Schritt zu noch intelligenteren Lösungen wird sein, den Respons so zu gestalten, dass er im Gegenzug das Stimulatorsignal beeinflusst. Obwohl konzeptionelle Ansätze hierfür durchaus existieren, sind noch viele technische und ökonomische Fragen zu klären, bevor ein praxistaugliches Niveau erreicht werden kann. Stimulatorsignale sind bislang vornehmlich mechanischer und elektrochemischer Art gewesen, zukünftig sind auch andere Arten wie die Einwirkung biozider Stoffe vorstellbar. Die Freisetzung aktiver Stoffe (z.B. Korrosionsinhibitoren) soll gezielt nur erfolgen, wenn sie durch Prozesse in der Umgebung (Korrosion) oder Defekte in der Beschichtung selbst angeregt wird. Hierdurch wird das Ausbluten des Wirkstoffs vermieden und die Lebensdauer der Beschichtung verlängert. Darüber hinaus könnte eine Aktivbeschichtung verschiedene andere Funktionalitäten aufweisen (z.B. antibakterielle oder antistatische Eigenschaften) wenn unterschiedliche Arten von Nanokomposit-Materialien gleichzeitig in eine Beschichtungsmatrix eingebaut werden könnten. Auch dieses Ziel wird zukünftig

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sicherlich Thema intensiver Forschungsarbeiten sein, wobei hochkomplexe Oberflächen erzeugt werden könnten. Außerdem wird die Simulation der fast überall in der Natur zu findenden Regelkreise, die meist auf der Kontrolle des Stimulatorsignals auf einer bestimmten Höhe beruhen, eine anspruchsvolle Zukunftsaufgabe sein. Dies erfordert weitere große Forschungsanstrengungen auf dem Gebiet der Kinetik und Struktur derartiger Beschichtungen. Zweifellos aber wird die Verwendung von Nanomaterialien in den Beschichtungen unzählige neue Möglichkeiten in Forschung und Technologie eröffnen, um neue Generationen aktiver Kompositfilme zu erzeugen. 10.5 [1] [2] [3]

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Andersson, S. R. White, N. R. Sottos, P. V. Braun, Adv. Mater., 18 (2006) 997; (b) S. M. Bleay, C. B. Loader, V. J. Hawyes, L. Humberstone, P. T. Curtis, Composites, Part A, 32 (2001) 1767; (c) M. M. Caruso, D. A. Delafuente, V. Ho, N. R. Sottos, J. S. Moore, S. R. White, Macromolecules, 40 (2007) 8830; (d) J. W. C. Pang, I. P. Bond, Compos. Sci. Technol.,65 (2005) 1791; (e) J. W. C. Pang and I. P. Bond, Composites, Part A, 36 (2005) 183 (a) X. Chen, A. Mal, H. Shen, S. R. Nutt and F. Wudl, Macromolecules, 36 (2003) 1802; (b) B. J. Adzima, H. Aguirre, C. J. Kloxin, T. F. Scott and C. N. Bowman, Macromolecules, 41 (2008) 9112; (c) V. S. Khire, Y. Yi, C. N. Bowman, Macromolecules, 41 (2008) 7440 (a) C. Fouquey, J.-M. Lehn, A.-M. Levelut, Adv. Mater., 2(1990) 254; (b) S. H. M. Sontjens, R. P. Sijbesma, M. H. P. van Genderen, E. W. Meijer, Macromolecules, 34 (2001) 3815; (c) H. Kautz, D. J. M. van Beek, R. P. Sijbesma, E. W. Meijer, Macromolecules, 39 (2006), 4265; (d) S. Sivakova, D. A. Bohnsack, M. E. Mackay, P. Suwanmala, S. J. Rowan, JACS, 127 (2005) 18202 D. Kotnarowska, Prog. Org. Coat. 31 (1997) 325 A. Kentepozidou, C. Kiparissides, F. Kotzia, C. Kollia, N. Spyrellis, J. Mater. Sci. 31 (1996) 1175 Z. Liqun, Z. Wei, L. Feng, Y. He, J. Mater. Sci. 39 (2004) 495 C. Suryanarayana, K. Chowdoji Rao, D. Kumar, Prog. Org. Coat. 63(2008) 72

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Neue Konzepte für den Korrosionsschutz

[148] (a) S. R. White, N. R. Sottos, P. H. Geubelle, J. S. Moore, M. R. Kessler, S. R. Sriram, E. N. Brown, S. Viswanathan, Nature 409 (2001) 794; (b) E. N. Brown, S. R. White and N. R. Sottos, J. Mater. Sci. 39 (2004) 1703; (c) B. J. Blaiszik, N. R. Sottos and S. R. White, Compos. Sci. Technol. 68 (2008) 978; (d) S. H. Cho, H. M. Andersson, S. R. White, N. R. Sottos, P. V. Braun, Adv. Mater. 18 (2006) 997; (e) S. H. Cho, S. R. White and P. V. Braun, Adv. Mater. 21 (2009) 645; (f) M. M. Caruso, D. A. Delafuente, V. Ho, N. R. Sottos, J. S. Moore, S. R. White, Macromolecules 40 (2007) 8830; (h) M. M. Caruso, B. J. Blaiszik, S. R. White, N. R. Sottos, J. S. Moore, Adv. Funct. Mater., 18 (2008) 1898; (g) B. J. Blaiszik, M. M. Caruso, D. A. McIlroy, J. S. Moore, S. R. White, N. R. Sottos, Polymer, 50 (2009) 990 [149] X. He and X. Shi, Prog. Org. Coat. 65(2009) 37 [150] Biswajit Ghosh and Marek W. Urban Science 323 (2009) 1458 [151] (a) T. Shutava, S. S. Balkundi, Y. M. Lvov, J. Colloid Interface Sci. 330 (2009) 276; (b) A. D. Price, A. N. Zelikin, Y. J. Wang , F. Caruso, Angew. Chem. Int. Ed. 48 (2009) 329; (c) G. B. Sukhorukov, H. Moehwald, Trends Biotechnol. 25 (2007) 93 [152] N. G. Veerabadran, R. R. Price, Y. M. Lvov, Nano 2 (2007) 115 [153] (a) N. Dong, A. K. Agarwal, D. J. Beebe, H. R. Jiang, Nature 442 (2006) 551; (b) T. Konno, K. Ishihara, Biomaterials, 28 (2007) 1770 [154] (a) S. Gupta, S. P. Moulik, J. Pharm. Sci. 97 (2008) 22; (b) A. S. Narang, D. Delmarre and D. Gao, Int. J. Pharm. 9 (2007) 9 [155] (a) K. Glinel, G. B. Sukhorukov, H. M€ohwald, V. Khrenov, K. Tauer, Macromol. Chem. Phys. 2042 (2003) 1784; (b) B. S. Kim, O. V. Lebedeva, K. Koynov, H. Gong, G. Glasser, I. Lieberwith, O. I. Vinogradova, Macromolecules, 38 (2005) 5214 [156] T. Mauser, C. Dejugnat, G. B. Sukhorukov, J. Phys. Chem. B 110 (2006) 20246 [157] (a) C. C. Lin, A. T. Metters, Adv. Drug Delivery Rev. 58 (2006) 1379; (b) D. G. Shchukin, G. B. Sukhorukov, Adv. Mater. 16 (2004) 671; (c) S. K. Mehta, G. Kaur, K. K. Bhasin, Pharm. Res. 25 (2008) 227 [158] A. M. Javier, P. de Pino, M. F. Bedard, D. Ho, A. G. Skirtach, G. B. Sukhorukov, C. Planck, W. J. Parak, Langmuir 24 (2008) 12517 [159] X. Tao, J. B. Li, H. Moehwald, Chem.-Eur. J. 10 (2004) 3397 [160] D. G. Shchukin, D. V. Sviridov, J. Photochem. Photobiol. C. 7 (2006) 23 [161] A. Fery, R. Weinkamer, Polymer 48 (2007) 7221 [162] D. G. Shchukin, D. A. Gorin, H. Moehwald, Langmuir 22 (2006) 7400 [163] (a) R. V. Kulkarni, S. Biswanath, J. Appl. Biomater. Biomech. 5(2007) 125; (b) A. A. Antipov, G. B. Sukhorukov, Adv. Colloid Interface Sci. 111 (2004) 49 [164] K. Koehler, D. G. Shchukin, H. Möhwald, G. B. Sukhorukov, J. Phys. Chem. B 109 (2005) 18250 [165] E. V. Skorb, D. Fix, D. V. Andreeva, H. Möhwald, D. G. Shchukin, Adv. Funct. Mater. 19 (2009) 2373 [166] (a) G. B. Sukhorukov, E. Donath, S. Moya, A. S. Susha, A. Voigt, J. Hartmann, H. Möhwald, J. Microencapsulation 17 (2000) 177; (b) G. B. Sukhorukov, M. Brumen, E. Donath, H. Moehwald, J. Phys. Chem. B 103 (1999) 6434 [167] K. A. Yasakau, M. L. Zheludkevich, S. V. Lamaka, M. G. S. Ferreira, J. Phys. Chem. B 110 (2006) 5515 [168] (a) D. G. Shchukin, H. Mo.hwald, Small 3 (2007) 926; (b) D. G. Shchukin, H. Möhwald, Adv. Funct. Mater. 17 (2007) 1451 [169] (a) W. L. Zhang, G. S. Frankel, J. Electrochem. Soc. 149 (2002) B510; (b) P. Schmutz, G. S. Frankel, J. Electrochem. Soc. 145 (1998) 2295; (c) W. L. Zhang, G. S. Frankel, Electrochim. Acta 28 (2002) 1193 [170] (a) E. V. Skorb, D. G. Shchukin, H. Möhwald, D. V. Sviridov, J. of Mater. Chem. 19 (2009) 4931; (b) E. V. Skorb, D. V. Sviridov, H. Möhwald, D. G. Shchukin, Chem. Comm. (2009). 6041; c) E. V. Skorb, A. Skirtach, D. V. Sviridov, D. G. Shchukin, H. Möhwald, ACS Nano 3 (2009) 1753 [171] a) B. Singh, R. Gilkes, Clays Clay Miner. 40 (1992) 212; b) Y. Lvov, R. Price, B. Gaber, I. Ichinose, Colloids Surf. A 198 (2002) 375 [172] R. Price, B. Gaber, Y. Lvov, J. Microencapsulation 18 (2001) 713 [173] (a) Y. Lvov, D. Shchukin, H. Möhwald, P. Price, ACS Nano 2 (2008) 81;(b) E. Abdullayev, D. Shchukin, Y. Lvov, Polym. Mater. Sci. Eng. 99 (2008) 331 [174] D. G. Shchukin, H. Möhwald, Adv. Funct. Mater. 17 (2007) 1451 [175] E. Abdullayev, R. Price, D. Shchukin, Y. Lvov, Appl. Mater. Interfaces 7 (2009) 1437 [176] C. Sease, Stud. Conserv. 23 (1978) 76

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Allgemeine Normen

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11 Normen und Richtlinien Jörg Sander Wie jede industrielle Tätigkeit unterliegt auch die Beschichtung von metallischen Werkstücken zahlreichen Standards, Normen, Richtlinien und Regulierungen. Diese wurden vornehmlich entwickelt, um eine allgemein gültige Definition für die verlässliche Qualität der fachgerechten Durchführung und Leistungsfähigkeit zu erhalten. Standards sollen jedoch auch eine allgemein verbindliche Basis für nachhaltiges und verantwortungsvolles Produzieren schaffen. Dieses Anliegen wird mit zunehmendem Bewusstsein für den Schutz der Ressourcen und des allgemeinen Wohlbefindens immer wichtiger. Wo es im Verlaufe dieses Buches angebracht war, sind Standards und Regelungen, die beim Behandeln und Beschichten von Metallen gegen den korrosionsbedingten Verfall für die Qualität und die Umwelt von Bedeutung sind, bereits zitiert worden. Die folgende Liste gibt eine Sammlung dieser Normen wieder. Sie ist nicht notwendigerweise vollständig. Der Leser wird auf die Standardliteratur verwiesen, insbesondere auf das Handbuch der Lackiertechnik von A. Goldschmidt und H.-J. Streitberger [1] und das Buch über Coil Coating von B. Meuthen und A.-S. Jandel [2].

11.1 Allgemeines • American Society for Testing and Materials (ASTM) International, W. Conshohocken PA, USA (www.astm.org) • Dept. of Defense, Defense Logistics Agency, Document Automation & Production Service, Philadelphia PA, USA (www.dodssp.daps.dla.mil/...) • European Aluminium Association (EAA), Brüssel (www.eaa.net) • European Coil Coating Association (ECCA), Brüssel (www.prepaintedmetal.eu) • European Committee for Iron and Steel Standardization (ECISS), Brüssel (www.cen.eu/ cen/Sectors/Sectors/Materials/Pages/ECISS.aspx) • European Committee for Standardization (CEN), Brüssel (www.cen.eu) • Deutsches Institut für Normung (DIN), Berlin (www.din.de) • Gütegemeinschaft für die Beschichtung von Bauteilen (GSB International), Schwäb. Gmünd (www.gsb-international.de) • International Organization for Standardization (ISO), Genf (www.iso.org)

11.2 Allgemeine Normen Farbe Korrosivitätsklassifizierung Defektbezeichnungen: Designation of Intensity, Quantity, and Size of Defects Kompatibilität von Beschichtungen: Patch Test to Assess Coating Compatibility

DIN EN 13523-3 ISO 12944-2 EN ISO 4628 ASTM 5064-95

Jörg Sander et al.: Korrosionsschutz durch Beschichtungen © Copyright 2011 by Vincentz Network, Hannover, Germany

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Normen und Richtlinien

11.2.1 Normen zur mechanischen Prüfung von organisch beschichteten metallischen Werkstücken Biegung; Beschichtungselastizität, Rissfestigkeit (T-Bend) Klebeband; Substrathaftung

DIN EN 13523-7 ASTM D-4145-83 dito, ASTM 3359-95

Schichtdicke, magnetische und Wirbelstromverfahren kontinuierliche Messung mittels β-Rückstreuung kontinuierliche Messung mittels Thermografie

DIN EN 13523-1 DIN EN ISO 3543 DIN EN 15042-2

Gitterschnitt

DIN EN ISO 2409

Erichsen-Tiefungsprüfung

DIN EN 13523-6

Folienhaftung, Schutzfolien

DIN EN 13523-17

Härte, Bleistift~; Kratzfestigkeit Buchholz~; Schnitthärte

DIN EN 13523-4 DIN EN ISO 2815

Wärmebeständigkeit; mechanische Effekte der Alterung

DIN EN 13523-13

Kugelfalltest; Rissbeständigkeit bei schneller Verformung

DIN EN 13523-5 DIN EN ISO 6272

MEK-Test; Härtung (Vernetzung) und Haftung

DIN EN 13523-11

Schältests, T-Peel-Test Abzug-Test

ASTM D-1876-08 DIN EN ISO 4624

11.2.2 Normen zur Korrosionsprüfung organisch beschichteter metallischer Werkstücke Konstantklimatests Kochtest, Wasserlagerung Kondensation

EN 13523-9 EN ISO 6270-1 und 2, pr EN 13523-26

Filiform

EN ISO 4623-2, EN ISO 4628-10, EN 3665

Feuchtebelastung

DIN 50017 KK, pr EN 13523-25

Salzsprühnebelprüfung – neutral Salzsprühnebelprüfung – Essigsäure-beschleunigt Salzsprühnebelprüfung – Kupferacetat-beschleunigt

EN ISO 9227 NSS (DIN 50021) ASTM B117, EN 13523-8 EN ISO 9227 AASS EN ISO 9227 CASS

Wechselklimatests Zyklischer Tauchtest

ISO 15710, EN 3212

Zyklische Salzsprüh-/Feuchtigkeitstests – Automobilindustrie

VDA 621-415 Renault ECC1 D172028 VW PV1210 Volvo VCS1027,149

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Ausgewählte europäische Gesetze zum Umweltschutz

– Prohesion-Test

ASTM G85,A5

Feuchte/Temperaturwechseltests Feuchtebelastung in SO2-Atmosphäre (Kesternich-Test)

DIN 50017 KFW pr EN 13523-25 DIN EN 13523-13 (DIN 50018)

Bewitterungstests

VDA 612-430

Außenbewitterung Außenbewitterungsprüfungen

EN 13523-19

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11.3 Ausgewählte europäische Gesetze zum Umweltschutz ELV Altwagen-Verordnung (AltfahrzeugV): Directive 2000/53/EC, End of Life Vehicles [3] WEEE Elektro- und Elektronikgeräte-Gesetz (ElektroG): Directive 2002/96/EC, Waste Electrical and Electronic Equipment [4] COM/2008/0809 final – COD 2008/0240 [5] COM/2008/0810 final – COD 2008/0241 [6] RoHS Gefahrstoffverordnung: Directive 2002/95/EC, Restriction of Hazardous Substances [7] REACH Chemikaliengesetz: Regulation (EC) No 1907/2006, Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals [8] Tenside usw. Kennzeichnungsverordnung: Regulation (EC) No 1272/2008, Classification, labelling and packaging of substances [9] Verordnung über Biologische Abbaubarkeit: Commission Decision 2007/506/EC, Eco-label – Aerobic Biodegradability of Surfactants [10] Flüchtige organische Verbindungen usw. Integrierte Vermeidung von Umweltverschmutzung: Directive 2008/1/EC, Integrated pollution prevention and control (IPPC) [11] VOC-Richtlinie: Council Directive 1999/13/EC, Volatile Organic Compounds [12]

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11.4

Normen und Richtlinien

Literature

[1] Goldschmidt, A., Streitberger, H.-J., Basic of Coating Technology, 2nd edition, BASF Coatings AG, Münster 2007, S. 751 ff [2] Meuthen, B., Jandel, A.-S., Coil Coating, 2nd ed., Vieweg, Wiesbaden 2008, S. 307 ff [3] anon., Directive 2000/53/EC of the European Parliament and of the Council of 18 September 2000 on end-of life vehicles, Official Journal of the European Union, 2000, L 269, S. 34 ff; eur-lex.europa.eu/… [4] anon., Directive 2002/96/EC of the European Parliament and of the Council of 27 January 2003 on waste electrical and electronic equipment (WEEE) - Joint declaration of the European Parliament, the Council and the Commission relating to Article 9, Official Journal of the European Union, 2003, L 37, S. 24 ff; eur-lex. europa.eu/... [5] anon., COM/2008/0809 final – COD 2008/0240, Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on the restriction of the use of certain hazardous substances in electrical and electronic equipment (recast) {SEC(2008) 2930} {SEC(2008) 2931}; eur-lex.europa.eu/... [6] anon., COM/2008/0810 final – COD 2008/0241, Proposal for a DIRECTIVE OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL on waste electrical and electronic equipment (WEEE)(Recast) {SEC(2008) 2933} {SEC(2008) 2934}; eur-lex.europa.eu/... [7] anon., Directive 2002/95/EC of the European Parliament and of the Council of 27 January 2003 on the restriction of the use of certain hazardous substances in electrical and electronic equipment, Official Journal of the European Union, 2003, L 37, S. 19 ff; eur-lex.europa.eu/... [8] anon., Regulation (EC) No 1907/2006 of the European Parliament and of the Council of 18 December 2006 concerning the Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals (REACH), establishing a European Chemicals Agency, amending Directive 1999/45/EC and repealing Council Regulation (EEC) No 793/93 and Commission Regulation (EC) No 1488/94 as well as Council Directive 76/769/EEC and Commission Directives 91/155/EEC, 93/67/EEC, 93/105/EC and 2000/21/EC, Official Journal of the European Union 49, 2006, L 396; eur-lex.europa.eu/… [9] anon., Regulation (EC) No 1272/2008 of the European Parliament and of the Council of 16 December 2008 on classification, labelling and packaging of substances and mixtures, amending and repealing Directives 67/548/EEC and 1999/45/EC, and amending Regulation (EC) No 1907/2006, Chapter 4.1.2.9. Rapid degradability of organic substances, Official Journal of the European Union L 353, 2008, S. 1 ff; eur-lex. europa.eu/… [10] anon., 2007/506/EC: Commission Decision of 21 June 2007 establishing the ecological criteria for the award of the Community eco-label to soaps, shampoos and hair conditioners (notified under document number C(2007) 3127, Appendix “Environmental Criteria”, Part 3.a) Aerobic Biodegradability of Surfactants, Official Journal of the European Union L 186 , 2007, S. 36 ff; eur-lex.europa.eu/… [11] anon., Directive 2008/1/EC of the European Parliament and of the Council of 15 January 2008 concerning integrated pollution prevention and control (Codified version) (1), Official Journal of the European Union 51, 2008, L 24; eur-lex.europa.eu/… [12] anon., Council Directive 1999/13/EC of 11 March 1999 on the limitation of emissions of volatile organic compounds due to the use of organic solvents in certain activities and installations, Official Journal of the European Union 42, 1999, L 85; eur-lex.europa.eu/…

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Lebensläufe Dr. Jörg Sander, Jahrgang 1958, erwarb seinen Doktorgrad in Chemie an der Westfälischen Wilhelms-Universität, Münster. 1987 begann er seine berufliche Laufbahn in der Henkel-Gruppe. Hier war er über 20 Jahre in leitenden technischen und kaufmännischen Positionen auf dem Gebiet der Prozesschemikalien für die Oberflächenbehandlung von Metallen tätig. Seine Zielmärkte waren die Herstellung und Oberflächenveredlung von Stahl- und Aluminiumband, die Herstellung von Getränkedosen und die Draht- und Profilindustrie. Er leitete Arbeitsgruppen in der Forschung, in der Produktentwicklung, im Verkauf und im Marketing. Von 1996 bis 2009 war er der offizielle Vertreter Henkels beim europäischen BandbeschichterVerband (European Coil Coating Association, ECCA). Hier leitete er die Arbeitsgruppe Haushaltsgeräte und themenverwandte Projektgruppen. Heute arbeitet er als selbständiger Industrieberater und freier wissenschaftlicher Schriftsteller. Dr. Lars Kirmaier, Jahrgang 1970, studierte Chemie an der Universität in Oldenburg und hat 1998 bei Prof. Weidenbruch auf dem Gebiet der siliciumorganischen Chemie promoviert. Nach einer einjährigen Management- und Marketingweiterbildung am IfW in Bremen trat er 1999 der Relius Coatings GmbH in Oldenburg bei. Dort war er bis 2004 zunächst in der Farbmetrik, später in der F&E-Abteilung für Neue Technologien angestellt. 2004 wechselte er als Laborleiter für Korrosionsschutzpigmente zur Heubach GmbH nach Langelsheim. Seit 2008 ist er zudem für den Bereich Veranstaltungen und Kontakte im Vorstand des VILF aktiv tätig. Mircea Manea wurde in Bukarest, Rumänien geboren. 1976 graduierte er am Polytechnik Institut von Bukarest auf dem Gebiet der Chemie und Technologie von Monomeren und Polymeren. Er arbeitete in verschiedenen Positionen in der Forschung und Entwicklung von Polymeren für die Beschichtung. Später war er als Produktionsmanager für Bindemittel angestellt. Von 1991 bis 1995 arbeitete er in der Forschung und Entwicklung von Beckers Acroma AB, Schweden. Weitere Stationen bis 1998 in Schweden: Wedevåg Färg AB und Wedevåg-Hesse Coatings AB. Danach wechselte er zu Perstorp Specialty Chemicals AB als Seniorpartner F&E bis 2007. Im Moment arbeitet er als Consultant für die PropanRaya Group, Indonesien und Südost-Asien. Im Zeitraum von 1978 bis 1987 hatte Mircea Manea eine Berufung am Institut für Chemie in Bukarest. Seit 2003 ist er Mitglied der EU Expertengruppe für Forschungsaktivitäten und Wachstumsprogramme (Six and Seventh Framework Program).

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Lebensläufe

Dr. Dmitry G. Shchukin ist Gruppenleiter am Max Planck Institut für Kolloide und Grenzflächenforschung, Potsdam, Deutschland. 2002 erhielt er seinen Doktortitel in physikalischer Chemie. Von 2004 bis 2005 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Alexander von Humboldt Universität, Berlin. Anschließend wechselte er an das Max Planck Institut für Kolloide und Grenzflächenforschung, Potsdam. 2007 erhielt er den NanoFutur-Preis des deutschen Forschungs- und Entwicklungsministeriums. Dr. Ekaterina Skorb promovierte 2008 in physikalischer Chemie. Ab 2006 arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Staatlichen Universität in Weißrussland und war bis 2008 im Deutsch-AkademischenAustauschprogramm (DAAD). Zurzeit arbeitet sie am Max Planck Institut für Kolloide und Grenzflächenforschung, Potsdam. Ihre Forschungsgebiete sind die neuen Generationen des aktiven Korrosionsschutz und der antibakteriellen Beschichtungssysteme.

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Index

1-Dodecanol 101 2,2,6,6-Tetramethylpiperidin-N-ether 101 2-[2’-Hydroxyphenyl]-benzotriazol 100 α-Spaltung 111 β-Hydroxyalkyl-Adipinamid 103 ε-Caprolactam 111

A Abbauvorgänge 145 abrasive Partikel 27 Abwassereinsparungen 166 Acrylate 22, 101, 113 Acrylate, fotochemische Spaltung 132 Acrylatharz, 58, 59, 129 Acrylatharze, Außenbewitterung 59 Acrylatharze, duroplastisch 59 Acrylatharze, Herstellung 58 Acrylatharze, thermoplastische 59 Acryllack 124 Acryl-Melamin-Klarlacksystem 124 Adhäsion 18, 21 Adhäsions- und Kohäsionskräfte 121 Adipinsäureester 101 Adsorption 178 Advancement-Prozess 53 AFM 134 Aktivbad 155, 156 aktive Anionen 19 Aktivität 90 Aktivpigmente 80, 130 Aldehyde 135 aliphatische Kohlenwasserstoffe 101 Alkali 17 Alkalipassivierung 154, 155 alkalische Reinigung 30 f, 162 Alkalisilikate 70 Alkalisilikat-Wassergläser 101 Alkalität 17, 30, 163 Alkohole 101 Alkoxysilane 72 ff Alkyde 44, 111 Alkydharze 43 Alkydharze, Abbau 46 Alkydharze, Herstellverfahren 45 Alkydharze, Maleinsäureanhydrid-modifizierte 44 Alkydharze, phenolmodifizierte 44

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Alkydharze, siliconmodifizierte 44 Alkydharze, urethanmodifizierte 44 Alkydharze, vinylierte 44 Alkydharz-Komposition 47 Alkylgruppen-haltige Ammoniumbasen 34 Alkylsilane 178, 179 Alkylsilikathärtung 75 Alkylthiole 178 Al-Legierungen 153 Allylether 114 Al-Oxid 153 Alterungseffekte 30 Aluminat 134 Aluminium, Al 17, 19, 25, 29, 31, 94, 100, 128, 139 ff Aluminiumband 166 Aluminium-Flakes 95 Aluminiummagnesiumsilikat 100 Aluminiumoberflächen 157 Aluminiumpassivierung 186 Aluminiumprofile 158 Aluminiumsubstrate 193 Aluminium-Trapezbleche 124 Aluminiumuntergründe 86 Aminkatalysatoren 62 Aminogruppe 111 Ammonium-Polyphosphat 101 amorphe Eisenphosphatschicht 155 Amylopektin 191 Amylose 191 Anhydride 111 Anhydroglucose 191 anodische Korrosion 184 anodische Tauchlackierung (ATL) 57 anodische Vorgänge 145 Anodisierung, Anodisierprozess 157 f, 163 antikorrosive Eigenschaften, verbesserte 49 Antimon 100, 152 Antimontrioxid 101 Architektur 135 Argon-Sputteringtechnik 160 aromatische Kohlenwasserstoffe 101 ASTM 122 Atome 16 Atomkraft-Spektroskopie 122 Automobil 25 Automobilanwendung 139 Automobilindustrie 141

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Index

B BADGE-Typen 53 Bandmodell 16 Bandverfahren 152 Bariummetaborat 92 Bariumsulfat, Baryt 100 Barriereeffekt 16 Barriereeigenschaften 90 Barrierepigmente 80, 94 Barrierewirkung 99, 113, 119 basisches Zinkmolybdänphosphat 87 basisches Zinkphosphat 87 Bauxitmineralien 153 Bedachung 147 Behandlungsbäder 163 Beizbehandlung 154 Beize 25 Beizreaktionen 33 Beizvorgang 151 Belastung, multiple 132 Benetzung 26, 35, 178 Bentonite 101 Benzimidazolon 97 Benzoylverbindungen 113 berührungsfreie Messmethoden 120 Beschallung mit Ultraschall 176 Beschichtung, Festigkeit 69 Beschichtungssysteme, aktiv 175 Beschichtungssysteme, Klassifizierungsprinzipien 41 beschleunigte Prüfung 139 beschleunigter Korrosionstest 124, 139 Bewitterungsbeständigkeit 100 Bewitterungsfestigkeit 100, 132 Bewitterungsstabilität 75 Biegen 120, 151 Bindemittel 42, 100, 101 Bindemittelkompatibilität 90 Bindemittelsysteme 142 Biokompatibilität 175 biologisch leicht abbaubar 34 Biopolymere 175, 191 Biopolymer-Matrix 193 bis-(Triethoxysilyl)-Ethan (BTSE) 162 Bismutvanadat 97 Blasen 146 Blasenbildung 140 Blaupigmente 98 Bleichromat 84 Bleimennige 83 Bleipigmente 83 Bleisilicochromat 84 blockierte Isocyanate 100 Bode-Diagramm, Bode-Plot 131, 144 Bohren 120 Bördeln 26

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Bortrifluorid 100 BREF, European Reference Documents on Best-available Techniques 38 bromierte cycloaliphatische Kohlenwasserstoffe 101 Builder 35 Bürsten 25

C Cadmiumgelbpigmente 97 Calcium, Ca 20 Calciumborosilikat 92 Calciumcarbonat 98 ff Calcium-modifizierte Silikate 20 Calciumsilikat 83, 99 Calciumverbindungen 17 Carbamide 132 Carbonat 17, 31, 98 ff Carbonylverbindung 132, 135 Carboxylgruppen 111 carcinogen 163 Carothers 42 CASS-Test 139 Cellulose 191, 192 Chelatisierung 89 Chemikalienbeständigkeit 100 Chemikalienresistenz 22 chemische Beständigkeit 21 chemische Reaktivität 178 chemische Reinigung 25 chemische und mechanische Beständigkeit 110 chemischer Sauerstoffbedarf (CSB) 34 China Clay, Kaolin 100 f Chinacridone 97 Chinoline 182 Chitin 191 Chitosan 192 Chloride 17, 20 chlorierte Phenole 100 Chlorkautschuk 50 Chlorparaffin 101 Chrom 151, 157 Chrom(III)-Oxyhydroxid-Schicht 130 Chrom, Cr 17, 130 Chromat 19 f, 125, 130, 163 Chromatierung 154 Chromat-Konversionsschicht 157 Chromatpigmente 84 Chromatverfahren, Ersatz 157 chromfrei 20, 124, 129, 155 ff chromfreie Vorbehandlungen 160 chromfreies Verfahren 161 Chromgelbpigmente 97 Chromitierung 158 Chromoxidgrün 97 Chromsäurelösung 158

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Index Clay 20, 25 Clearcoat 102 Coil Coating 19, 29, 111, 117, 124, 129, 158, 161 Coil Coating-Anlage 116 Coil Coating-Primer 102 Copolymer 101 Cr(III)-Nitrat 158 Cr(III)-Sulfat 158 Cyclokautschuk 49

D Dauerfeuchte 141 Decklack 21, 22, 129 Defektstellen 80 Deformation 132 Delamination 20, 122, 126 Delaminationsfront 134 Delaminationsmechanismus 146 Delaminationsvorgang 134 Dichromate 20 Dickschichtlackierungen 68 Dielektrik 19 dielektrische Konstante 123 Diffusion 19, 20, 22 Diffusionspfad 43 Diffusionsweg 100 Dihydrogenphosphat 155 Diisocyanat 135 Dimethylformamid 120 DIN 122 Dispersion 42 Dithiocarbaminate 100 Dolomit 100 Doppel-Hydroxide 195 Dornbiegung, Dornbiegeprüfung 122, 130 Druckgusslegierungen 25 Dual Cure 114 dünne Filme 175 Dünnfilmbeschichtungen 175 Durchlässigkeit 43 Duroplast 111 duroplastische Materialien 123 duroplastische Primer 135

E Edelmetall 142, 153 Edelstahl 151 Eindiffundieren 119 Einsatzmenge 90 Einstufen-Elektropolymerisation 187 EIS, Elektrochemische Impedanz-Spektroskopie 130 Eisen (Fe) 17, 151 Eisen, Monolagen 179 Eisenglimmer 83, 94

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Eisenoxidschwarz 98 Eisenpassivierung 186 Eisenphosphatierung 155 Eisenphosphid 91 Elastizität 123, 132 elektrisch leitfähige Polymere 94 elektrischer Strom 142 Elektroblech 151 elektrochemische Aktivität 88 elektrochemische Impedanz-Spektroskopie 123, 144 elektrochemische Prozesse 80 elektrochemische Prüfverfahren 142 elektrochemische Quarz-Mikrowaage 30 elektrochemische Schalter 212 elektrochemische Spannungsreihe 79 elektrochemisches Potenzial 17, 142, 152 Elektroden-Plasmaentladungslampen 117 Elektrodenpotenzial 17 Elektrolyt 16 ff, 36, 122 f, 134, 144 Elektrolyt 17, 20 Elektrolytlösung 152 Elektrolyt-Metall-Kontakt 131 Elektrolyt-Schwefelsäure 158 elektromagnetisches Spektrum 112 Elektron 16 Elektronenmikroskopie 120 elektronenoptische Methode 142 Elektronenstrahl-härtende (ESH) Formulierungen 111 Elektronentransfer 134 Elektroplattierung 203 Elektrotauchlacke 100 Elektrotauchlackierung 102, 156 Emulgator 32 Emulsionspolymerisation 58 Entgiftungsverfahren 163 Enthaftung 134 Enthaftungsvorgang 142 entsalztes Wasser 141 Epichlorhydrin 52 Epoxide 22, 114, 121 Epoxidester, Härtungsverhalten 55 Epoxidester, Korrosionsschutz 55 Epoxidharz 51 Epoxidpolyamin 75 Epoxidsystem 133 Epoxidzahl 53 Epoxy, Epoxide 19, 102 Epoxyamin-Klebstoff 123 Epoxy-Polyaminsysteme 133 Epoxy-Primer 136 Erichsen 132 Erichsen-Näpfchenzug 122 Erichsen-Tiefung 130 Essigsäure 139 Ester 101, 113, 132 Ether 111, 132

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228 Ethoxysilane 74 EU Direktive 29, 34, 163 European Coil Coating Association, ECCA 147 Extender 100, 101 Extendergas 101

F fadenförmiges Korrosionsmuster 140 Farbbeständigkeit 116 Farbe 119 Farbpigmente 97 Fassade 124 Fassadenverkleidung 147 Feinblech 156 Ferrate 19 Ferritgelbpigmente 97 Fette 25, 28, 32 Fettsäure 26, 178 Feuchtebeanspruchung 130 Filiformkorrosion 135, 153 Filiformkorrosionstest, Filiformtest 135, 140 Filmbildner 42 Filmbildner, Dehnbarkeit 42 Filmbildner, Festigkeit 42 Filmbildner, Haftung 42 Filmdefekte 145 Fingerabdruck 26, 116, 162 Flanschen 120 Flexibilität 20, 51 Floating 165 Floridatest 148 Flugzeugbau 140 fluorierte Kohlenwasserstoffe 101 fluoriertes Polymer 28 fokussierte Ionenstrahlen 120 Fotochemie 112 fotochemische Reaktionen 132 fotochemische Stabilität 142 Fotoelektronenspektroskopie 17, 160 Fotoinitiator 115 Fotoinitiatormolekül 113 fotooxidativer Abbau 132 Freibewitterung 91 Freibewitterungsresultat 141 Fügen 26 Füller 21 Füllstoffe 42, 98

G Galfan 145, 152 Gallium, Ga 117 Galvalume 152 galvanische Überzüge 176 Galvanisierung 25, 27

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Index geblockte Isocyanate 103 Gegenstromkaskade 37 Gelbpigmente 97 Gesamtkapazität 123 Gesamtlackaufbau 154 gesetzliche Bestimmungen 86 Gibbsit 153 Gitterschnitt 121 Glanz 21, 101, 119 Glanzverlust 139 Glasübergangstemperatur 19, 58, 101, 123 Gleichstrom 158 Glimmer 100 Glimmerpigmente 22 Glycidylester 103 Glycidylmethacrylate 114 Glykolether 101 Graphit 26, 101, 128 Grenzflächenkorrosion 183 Grünchromatierung 157 Grünpigmente 97 Gusslegierungen 153

H Haftung 146, 176, 178 Halbleitereigenschaften 16 Halloysit 210 halogenierte Kohlenwasserstoffe 29 HALS 101 Hämatit 151 Harnstoffderivate 132 Harnstoffharze, fotochemische Spaltung 132 Härtungstemperaturen 102 Harz 42 Hausgeräte 25 Haushaltsreiniger 116 Heißwasserversiegelung 135 Heparin 194 Herstellung von Automobilkarosserien 25 Hexafluorotitansäure 156 High Performance-Pigmente 91 Hochleistungs-Polyesterlack 124 hochmolekulare Polymere 43 Hochspannungs-Corona-Entladung 29 Hohlglas-Mikrokapseln 203 Honen 120 Hopeit 156 Hyaluronsäure 193 Hybridbeschichtung, Hybridschichten 161, 198 f Hybridbindemittel 68 Hybridkomposit 198 Hybrid-Korrosionsschutzpigmente 93 Hydrolyse 132, 134 Hydroperoxide 132 Hydrotalcit 20

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Index Hydrotalcit-Pigmente 17 Hydrotalcit-Struktur 130 Hydrotalcit-Verbindungen 195 hydrothermale Alterung 132 hydrothermale Belastung 121 Hydrothermalverfahren 158 Hydroxide 17 Hydroxyethylcellulose 192 Hydroxyl 18 Hydroxylgruppen 113 Hydroxysilan 162

I Impedanzabfall 144 in situ-Veresterung 57 Indium, In 117 Induktion 112 Industriekonstruktion 18 industrielle Reiniger, alkalisch 25, 32 inertisieren 154 Inhibitorkomplexe 87 Inkubationstest 34 Integrated Pollution Prevention and Control, IPPC 29 intumeszierende Beschichtungen 101 Ionenaustausch-Pigmente 93 IR, Infrarot 102 ISO 122 Isocyanate 111 Isocyanate, geblockt 62 Isocyanate, hochreaktiv 61 Isocyanate, Vernetzungsreaktion 62 Isophthalester 103 Isothiazolinon-Derivate 100

K Kalk 25 Kalkmilch 163 kaltgewalzter Stahl 160 Kanzerogenität 29 Kaolin 99 Kapillar- oder Tropfenmethoden 26 Karosserieteile 120 kathodische Elektrotauch-Primer 133 kathodische Enthaftung 190 kathodische Reaktion 31 kathodische Vorgänge 145 kathodische Elektrotauchgrundierung 156 kathodischer Schutz 18, 83 kationische UV-Beschichtungstechnologie 115 kationischer Mechanismus 114 Kautschuk, chloriert 50 Kavitation 28 Ketone 101, 135 Kieselsäure 25, 99

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Klarlack 21 Klarlacksystemen 117 Klebebandabriss 141 Kobalt, Co 158 Kobaltamin 161 Koch- und Kondensationstests 139 Kochblasen 101 Kochtest 130 Kohäsion 132 Kohlendioxid 17, 28, 30, 101, 132 Kohlenstoff 160 Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindungen 112 Kohlenstoff-Nanoröhrchen 193 Kohlenstoffstahl 151 Kolophonium 47 Komplexbildner 158 Komplexe, hydrophob 179 Komplexfluoride 156 Komplexmittel 33 Kompositbeschichtung, Kompositschicht 184, 204 Kondensation 111 Kondensationsfeuchte 128 Kondensationstest 141 Konservendosen 120 konstante Feuchte 140 konstante Klimabedingungen 141 Konstantklimatest 130, 139, 140 Kontaktkorrosion 80 Kontaktwinkel 26 Konversions- oder Eloxalschichten 25 Konversionsbehandlung 163 Konversionsbeschichtung 27 Konversionsschicht 21, 25, 154 ff, 195 Kornausbildung 176 Korrosion 124 Korrosion, innere Grenzfläche 183 Korrosionsanfälligkeit 133 Korrosionsbeständigkeit 116, 178, 197 Korrosionselemente 80 Korrosionsfestigkeit 21, 100, 152 Korrosionsforschung 176 korrosionsinhibierend 80 Korrosionsinhibitor 182, 190 ff, 207 Korrosionsinhibitorgehalt 209 Korrosionsprozess 177 Korrosionsrate 196 Korrosionsreaktion 152 Korrosionsresistenz 158, 193 Korrosionsschutz 192 Korrosionsschutz, durch leitfähige Polymere 190 Korrosionsschutz, intelligent 183 Korrosionsschutzadditive 188 Korrosionsschutzbeschichtungen, passiv 175 korrosionsschützende Leistungsfähigkeit 139 Korrosionsschutzgrundierung 80 Korrosionsschutzpigment 79 f

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230 Korrosionsschutzpigment, aktiv 87 Korrosionsschutzpigmente, universell einsetzbar 91 Korrosionsschutzpigmentkonzepte 89 Korrosionsschutzprimer 120, 126 Korrosionsstimulatoren 80 Korrosionstestverfahren 139 Korrosionswiderstand 182 korrosive Aktivität 184 Korund 25, 28 Kratzfestigkeit 100, 154 Kreidung 139 Kristallwachstum 197 kritische Pigmentvolumenkonzentration 84 Kronkorken 120 Kryolithschmelze 153 Krypton-85, 85Kr 120 Kugelfall-Test 130 Kugelschlagprüfung 122 Kupfer, Cu 153, 163 Kupfer, Passivierung 187 Kupfersulfat 139

L Labor- und Anwendungsprüfungen 119 Lackgrundierung 162 Lackierung, ein- oder mehrlagigen 21 Lactam 111 Lacton 111 lageweiser Aufbau 179 Layer-by-Layer-Technik 179 LDH-Nanopigment 196 Lebensdauer 199 Lebensmittelkonservendosen 139 Legierung 16, 19, 116, 131 Legierungselemente 31, 151, 154, 160 Legierungsoberfläche, Selbstordnungsvorgänge 178 legierungsverzinktes Stahlband 152 leitfähiges Polymer 175, 182, 184, 188, 194 leitfähiges Polymer, dotieren 188 Lichtstabilität 51 Lösungspolymerisation 59 Lohnbeschichtungsbetriebe 25 lokale Schichtdicke 119 Lösemittel 28, 29, 42, 100, 111, 117, 132 lösemittelhaltige Systeme 112 Löslichkeitsverhalten 85 Lotusblatt-Struktur 189 Luftfahrtindustrie 96, 141 Luftfeuchte 147 Luftverschmutzung 147

M Magnesium, Mg 17, 96, 100, 135, 153, 163 Magnesiumsilikathydrat 99 Magnetit 151

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Index Malonsäure-Derivate 111 Mangan, Mn 151 Manganate 19 Maßhaltigkeit 194 mechanische Festigkeit 100 mechanische Reinigung 151 mechanische Resthärte 111 mechanische Vorreinigung 25 mechanische Härte 116 Melamine 111 Melaminphosphat 101 Messing 163 Metallbearbeitungsfluid 25 Metallkatalysatoren 62 Metall-Lack-Grenzfläche 144 Metalloberfläche, hydrophob 178 Metallseifen 29, 134 Metallstruktur, schaumartig 177 Metallsubstrat 134 Metasilikat 154 Methylenblau 34 Mikrobehälter, Zerstörung 176 Mikroemulsionen 79 Mikrowellen 117 Mil Spec 158 Mischphasenpigmente 88 Molybdän, Mo 92, 151 Molybdändisulfid 101 Molybdat 19, 87 Monolagen-Nanokomposite 193 Montageprozessen 26 Multilagen, quellen 182 Multilagen, regenerieren 182 Multimetall-Phosphatierungen 156 Multisubstratverfahren 159 Münzkratztests 122 Muskovit 100 mutagen 163 Mutagenität 29

N nano 20, 100 Nanocluster 199 Nanocontainer 196, 207 Nanofalle 201 Nanokapseln 204 Nanokomposite 175, 194, 199 Nanopartikel 199 Nanoröhrchen 210 nanoskalig 158 Nanotechnologie 175 Näpfchenzugtest 130 Nasshaftung 90 Natriumchlorid 139 Natriumchlorid-Lösung 125, 130

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Index Natriumhydroxid 32 Natriumhydroxid-Lösung 153 Natriumsilikatglas 71 Naturkautschuk 49 natürliche Bewitterung 142 natürliche Oxidhaut, -schicht 17, 26, 31, 134 Netzmittel 101 Nichteisenmetalle 25 Nickel, Ni 151 niedermolekulare Polymere 43 Nitrat/Fluorid-Beize 163 Nitroverbindungen 156 Nitroxid-Radikale 101 No-Rinse-Technik 159 No-Rinse-Vorbehandlung 36, 155 Normen 120 ff N-substituierte Carbaminsäure 133 Nyquist-Diagramm 144

O Oberfläche, superhydrophil 43 Oberfläche, superhydrophob 43 Oberflächenmodifikationen 87 Oberflächenspannung 26, 119 Oberflächenvorbehandlung 176 Octadecyl-trichlorsilan 178 Octadecyl-trimethoxysilan 178 Octenhydroformylierung 28 Octyltrimethoxysilan 178 OECD Screening-Test 34 o-Hydroxybenzophenon 100 ökotoxische Stoffe 86 Öle 25, 28, 32 Ölkohle 26, 27 Opferanode 80, 96 Opferpigmente 80 organische Inhibitoren 90 Organosilane 71 Orthophosphate 88, 89 Orthophosphate, modifiziert 87 Oxalsäure-Dianilid 100 Oxetanacrylate 114 Oxidantien 156 Oxidation 132 Oxidationsreaktion 16 oxidative Trocknung 47 Oxidfilm 188 Oxidhaut 17 Oxidhaut, -schicht, natürlich 17 f Oxidrot-Pigmente 97 Oxidschicht 134 Oxidschicht, dick 176 Oxidschicht, dünn 176 Oxyaminophosphat 94 Oxyhydroxychloride 17

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P PAni, Polyanilin 21 PAni/Polybithiophen-Doppellage 189 Paraffinwachs 25, 101 Passivfilm 176 Passivierung 16, 154, 186 Pektin 193 Perkolationsnetzwerk 183 Permanganate 19 Permeabilität 83, 207 Peroxiden 101 Phasenwinkel 131 Phasenwinkel-Kurve 131 Phenolharz 101 Phosphat-Borat-Kombination 88 Phosphate 30 Phosphatierungsprozesse 155 Phosphatpigmente 86 Phosphomolybdat 161 Phosphonatgruppen 161 Phosphorsäure 101 Phthalocyaninblau 98 pH-Wert 83 Pigmente 42 Pigmentvolumenkonzentration 84 Plasma 29 Plasma- oder Dampfphasenabscheidung 162 Plasmareinigung 29 Plastisol 22 plättchenförmiges Eisenoxid 100 Plumbat-Komplex 84 Polyacrylate 102 Polyacrylate, alternative 64 Polyacrylsäure 101 Polyalkohol 101 Polyalkylen 29 Polyalkylen-Verpackungsfolien 17 Polyamidwachse 101 Polyanilin, PAni 20, 182 Polyanilin-Film 188 Polyaspartat-Beschichtungen 67 Polyaspartate 64 Polyaspartatsysteme 68 Polybithiophen 189 Polycarbonate 28 Polyelektrolyt 180, 194 Polyelektrolyt, schwach 182 Polyelektrolyt-Doppelschichten 210 Polyelektrolytfilm 180 Polyelektrolythülle 209 Polyelektrolyt-Multilagensystem 181 Polyelektrolyt-Nanonetzwerk 180, 181 Polyelektrolyt-Vielfachschichten 180 Polyester 22, 45, 102, 111 f, 121 ff, 128 ff, 158 f Polyester-Melamin 133

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232 Polyester-Polyol 135 Polyesterprimer 133, 136 Polyesterurethan 133 Polyisocyanate 111 Polymer 19, 28, 42, 110, 111, 123 Polymer, fettsäuremodifiziert 43 Polymer-Beschichtung 188 Polymereinheiten 134 Polymerfilm, mechanische Instabilität 186 Polymerisationsmechanismus 111 Polymersynthese 42 Polymer-Tonerde-Nanokomposite 195 Polymethylsiloxane 77 Polyolefin 100 Polyphosphat, modifiziert 88 Polyphosphate 88 f Polypyrrol 185 Polysaccharide 191 Polysiloxan 75, 100, 162 Polytetrafluorethylen 101 Polyurethan 19, 22, 60, 102, 111, 114, 121, 128, 133 Polyurethandecklack 136 Polyurethan-Dispersionen (PUD) 63 Polyurethane, Isocyanat-frei 64 Polyurethanfilm, Festigkeit 62 Polyvinylbutyral 85 Polyvinylbutyral-Harz 101 Polyvinylchlorid, PVC 22, 121, 124, 132 Polyvinyl-Copolymerisate 51 Porenwiderstand 192 Porosität 139, 206 Potenzial, elektrochemisch 20 PPy-Filme, gute Haftung 186 PPy-Filme, hochleitend 186 PPy-Mikrocontainer 190 PPy-Schicht, Blumenkohl-förmige Struktur 187 PPy-Schichten 187 Präpolymere 113 Primer 18, 19, 21, 22, 101, 102, 119, 133, 154 Primer-Vorbehandlung 116, 131 Profilieren 120 Prohesion, Prohesion-Test 125, 141 Protein 26 protische Moleküle 121 Prüfritz 140 Pulverlacke 103, 158 Pulverlacksysteme 95 PVC, Polyvinylchlorid 22, 102 PVDF, Polyvinylidendifluorid 102

Q Quecksilberdampf-Strahler (Hg) 117 Quecksilberverbindungen 100 Quellung 133, 134 QUV-A 133

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Index

R Radikal 113, 115 Radikalfänger 100 radikalischen UV-Beschichtungstechnologie 115 Radikalreaktion 113 Ramanspektroskopie 142 rauchende Salzsäure 140 REACH, Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals 157, 163 Reaktivverdünner 68 Red-Ox-Reaktion 15, 18, 142 Reinigerrezepturen 33 Reinigung 121 Reinigung der Oberfläche 176 Reinigung, alkalische 31, 162 Reinigungslösungen 25 Reinigungsverfahren, mechanische 25 relative Feuchtigkeit, Feuchte 123, 147 Reparatureffekt 85 reproduktionstoxisch 84, 163 Repulsionskräfte 122 Resistenz, mechanische 22 Responsstrom 144 Reverse Impact 131 Rheologie 101 Rissbildung 201 Ritz 140 RoHS, Regulation on Hazardous Substances 163 Rohstoff, erneuerbar 43 Rollcoater 166 Rollprofilieren 151 Rost 25, 27, 151 Rotpigmente 97 Rückseitenlacke 120 Ruß 98

S Salznebel 139 Salzsprühnebel, -prüfung 130, 133, 139, 141, 158 SAM 161, 177 SAM-Technik 178 Sandstrahlen 25, 27 Sauerstoff 16, 31, 101 Sauerstoffreduktion 17, 20 Säurebeständigkeit 100 saurer Regen 130, 141 Scanning Kelvin Probe, SKP 125, 145 Schertests 121 Scheuer- und Kratzbeständigkeit 116 Schichtdickenschwankung 120 Schlacke 28 Schleifen 25, 26 Schmelztauch- oder Elektrolyseverfahren 151 schmelztauchverzinkter Stahl 130

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Index schmelztauchverzinktes Band 128 Schneiden 120 Schnellbewitterungstest 91 Schrumpf 112 Schutzbeölungen 25 schützender Klarlack 116 Schwarzpigmente 98 Schwefeldioxid 147 Schwefeldioxid, SO2 132 Schwefeldioxid-haltige Atmosphäre 141 Schweiß 26 Schweißen 26 schwerer Korrosionsschutz 120 Schwermaschinenbau 18 selbst-anordnende Monoschichten 175 f Selbstheilung 175, 200, 201, 202, 206 Selbstheilungsvorgang 181 selbstschmierende Beschichtung 203 Self Healing-Effekt 19 semipermeabel 123 Silicium, Si 151, 153 Siliciumchemie 71 Siliciumoxid 100 Siliconesterherstellung 73 Siliconöle 72 Silikatchemie 71 Silikate 30, 32, 71, 99, 100 Silikatprimer 75 Siloxan-Beschichtungen 162 Siloxane 101 Siloxane, glycidylfunktionell 78 Siloxan-Hybride 75, 76 SKP, Scanning Kelvin Probe 147 SKP-Mapping 133 Slurries 156 SO2-Belastung 130 Sol-Gel-Technik 198 Sol-Gel-Vorbehandlung 199, 200 Sonne 124 Sonneneinstrahlung 147 Sonnenstrahlung 142 Spaltung, homolytisch 132 Spannung 142 Spritzbalken 37 Spritzdüsen 35 Spritzen 165 Spritzreinigern 35 spröde Beschichtung 123 Sprödigkeit 112 Spülbäder 35 Stahl 17, 20, 128, 147, 151 Stahl, Passivierung 186 Stahl, verzinkt 133 Stahlsubstrate, -werkstoffe 141 Standardpotenzial 126 Stärke 191

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Staudinger 42 Stearate 100 Steinschlag, -test 120 ff sterisch gehinderte Amin-Lichtstabilisatoren 101 Stickstoff 101 Stimulatorsignale 212 Stoß 120 Stoßverformung 122 strahlenhärtende Systeme 111 Strahlverfahren 28 Strontiumchromat 20, 86, 131 Substrat 18, 19, 31, 100, 112, 144, 152 Substrathaftung 187 Substratschutz 190 Sulfate 98 sulfidische Erze 151 supramolekulare Strukturen 178 supramolekulares Netzwerk 203 supramolekulares System 70 Surfactant Directive, Tensidverordnung 34 Suspensionspolymerisationsverfahren 50 synergetische Wechselwirkungen 88 synergetischer Effekt 93 Synthone 113

T Talkum 99 Tauch- oder Spritzanlagen 156 Tauchanlagen 165 Tauchreiniger 35 T-Bend, -Test, -Haftungswerte 122 ff Temperaturstabilität 90 Temperaturwechsel 132 Tenside 26, 30 ff, 156 Tensidklassen 33 Tensidmoleküle 195 Tensidverordnung, Surfactant Directive 34 Testaufbau 142 Tetrapropylen-Benzolsulfonat (TPBS) 34 thermische Hydrolyse 133 thermischer Zersetzung 111, 132 thermodynamisch stabilster Zustand 79 thermogravimetrische Analyse (TGA) 130 Thermoplast 110 thermoplastische Harze 101 thermoplastische Stärke 192 thermoplastisches Pulver 102 Thiolgruppe 111 Tiefziehen 26, 151 Tiefziehfähigkeit 122 Tiefziehtest 122 Tiron 187 Titandioxid 20, 97, 101, 117 Titangelbpigmente 97 Topcoat 102

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Index

Trägerstoff 42 Trialkylsilan 75 Triethanolamin 25 Triglycidylisocyanurat, TGIC 103 Trikation-Phosphat-Technologie 156 Trikation-Zinkphosphatierung, -Zn-Phosphatierung 128, 161 Trimellitinsäure 103 Trimethylolpropan-Triacrylat 114 Trockeneis, -strahlen 28 Trockenschichtdicke 120 Tropentest 141

Vinylether 114 Viskosität 101, 110, 112 VOC, Volatile Organic Compound 29 vorangehenden Beschichtung 119 Vorbehandlung 19, 116, 119, 121, 129, 135, 154, 160 Vorbehandlungsmitteln 158 Vorbehandlungstechnologie 155 Vorbehandlungsverfahren 157 vorbeschichtetes Blech 120 vorphosphatiertes Blech 25

U

Wachse 32 Walzen, Schleifen oder Schneiden 26 Walzenlackierwerk 129 Walzprozess 136 Warmauslagern 26 Waschprimer 101 Wasser 101, 132 Wasseraufnahme 19, 123, 134, 146 wasserbenetzbar 26 Wasserbeständigkeit 100 wasserbruchfrei 26 wasserempfindlich 111 Wasserlagerungstest 141 Wasserlöslichkeit 90 Wasserstoffbrückenbindungen 121 Wasserverdampfung 26 wässrige Primer 129 wässrige Reiniger 30 wässrige Systeme 112 Wechselfeuchte 141 Wechselklimatest 139 ff WEEE, Waste Electrical and Electronic Equipment Directive 163 Weißrost 152 Wetterbeständigkeit 102 Wetterfestigkeit 102 Wirbelstrommessung 120 Wirkstofffreisetzung 212 Wirkungsmechanismus 86 Wolframat 19 Wollastonit 83, 99 Wüstit 151

Übergangsmetalle 160 überkritisches CO2 28 Überlaufmenge 36 Ultrahochdruck-Wasserstrahltechnik 28 Ultraschallreinigung 28 Umformbarkeit 121, 156 Umwelt- und Gesundheitsrisiken 157 Untergrundhaftung 83 Untergrundvorbehandlung 96 Unterwanderung, -swert 124 f, 140, 154 Uretdione 103 UV, Ultraviolett 100, 111, 112, 115, 116, 132, 142, 147 UV, ultraviolette Strahlung 22 UV-Technologie 131

V Valenz- und Leitungsband 16 Vanadat 19, 130 van-der-Waals-Kraft 121, 122 VDA 125 Verarbeitbarkeit 90 Verband der deutschen Automobilindustrie, VDA 128 Verfärbung 111, 139 Verformbarkeit 151 Vergilben 111 Verkleben 128 Vernetzung 111, 112 Vernetzungsdichte 51 Vernetzungsgrad 22 Vernetzungskatalysatoren 100 Verrottungsschutz 154 Verschrauben 120 Verschweißen 128 Verseifung 133, 134 Versiegelungsmittel 203 verzinkte Blechproben 125 verzinkter Stahl 158 Verzinkung 160 VE-Wasser 36 vierter Aggregatzustand 29

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W

Z Zementierung 83, 96 Zeolite 20, 100 Zink, Zn 17 f, 31, 128, 130, 147 Zinkaluminiumphosphat 87 Zinkat 134 Zinkbeschichtungen 152 Zinkborat 92 Zink-Calcium-Phosphomolybdat 130

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Index Zinkchromat 85, 101 Zinkcyanamid 93 Zink-Flakes 95 Zinkhydroxyphosphit 91 Zinkoberfläche 143 Zinkphosphat 20, 86, 101, 130 Zinkphosphat, Wirksamkeit 87 Zinkphosphatierung 155, 156, 158 Zink-Phosphomolybdat 130 Zinkstaub 83 Zinkstaubbeschichtungen 74

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Zinkstaubgrundierung 83, 91, 96 Zinktetraoxychromat 85 Zinnkatalysatoren 62 Zinnverbindungen 100 Zirkonoxid 161 Zitronensaft 116 Zweistufen-Elektropolymerisation 187 Zwischenschichthaftung 119 zyklischer Korrosionstest 128 Zyklisierungsverfahren 49 Zyklovoltammetrie 143

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BEZUGSQUELLEN

Bindemittel Acrylatharze, mehrfunktionelle Evonik Röhm GmbH Besuchen Sie unsere Website: www.evonik.com/degalan [email protected]

Acrylatharze, modifizierte Evonik Röhm GmbH Besuchen Sie unsere Website: www.evonik.com/degalan [email protected]

Amidoharze HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

Amino-Epoxidharze HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

Druckfarbenharze Evonik Röhm GmbH Besuchen Sie unsere Website: www.evonik.com/degalan [email protected]

Epoxidharze, modifizierte HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

Epoxidharze, OH-funktionelle HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

Epoxidharze, UV-härtende HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

Epoxidharze, wässrige HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

Epoxidharze, Monomeren HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

Epoxidharze, unspezifizierte

HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

Epoxidharze für Pulverlacke

Epoxidharz-Härter

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HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

Epoxidharze, flüssige

Epoxid-Phenolharze

HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

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Bezugsquellen

Novolake

Polyisocyanate, blockierte

HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

Bayer MaterialScience AG 51368 Leverkusen, Germany www.bayercoatings.com [email protected]

Phenolharze für Pulverlacke

Polyurethan-Dispersionen

HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

Bayer MaterialScience AG 51368 Leverkusen, Germany www.bayercoatings.com [email protected]

Polyacrylat-Dispersionen

Triglycidylisocyanurate (TGIC)

Bayer MaterialScience AG 51368 Leverkusen, Germany www.bayercoatings.com [email protected]

HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

Polyacrylate, nichtvernetzende

Urethanacrylate

Evonik Röhm GmbH Besuchen Sie unsere Website: www.evonik.com/degalan [email protected]

Bayer MaterialScience AG 51368 Leverkusen, Germany www.bayercoatings.com [email protected]

Polyacrylate, unspezifizierte

Bindemittel, unspezifizierte

Evonik Röhm GmbH Besuchen Sie unsere Website: www.evonik.com/degalan [email protected]

Evonik Röhm GmbH Besuchen Sie unsere Website: www.evonik.com/degalan [email protected]

Polyamidharze, thermoplastische HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

Polyamidharze, unspezifizierte

HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

Farbmittel und Pigmente Phosphatpigmente

HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

Heubach GmbH Tel. +49 5326 52-0 www.heubachcolor.de [email protected]

Polyamine

Korrosionsschutzpigmente, unspezifizierte

HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

Polyaminoamide

ECKART GmbH Güntersthal 4 91235 Hartenstein, Germany [email protected] www.eckart.net

HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

Heubach GmbH Tel. +49 5326 52-0 www.heubachcolor.de [email protected]

Polyisocyanate, aliphatische

Funktionale Pigmente, unspezifizierte

Bayer MaterialScience AG 51368 Leverkusen, Germany www.bayercoatings.com [email protected]

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ECKART GmbH Güntersthal 4 91235 Hartenstein, Germany [email protected] www.eckart.net

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Bezugsquellen

Füllstoffe Dolomite (CaMgCO3)

Additive Haftvermittler

Paltentaler Minerals GmbH & Co. KG Moos 27, 8903 Lassing, Austria www.paltentaler-minerals.at

HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

Kieselerde

Vernetzungsmittel

HOFFMANN MINERAL GmbH Münchener Str. 75 D-86633 Neuburg [email protected] www.hoffmann-mineral.com

HUNTSMAN Advanced Materials Tel. +41 61 299 1111 [email protected] www.huntsman.com/advanced_materials

Talkum (Magnesiumsilikathydrat) Paltentaler Minerals GmbH & Co. KG Moos 27, 8903 Lassing, Austria www.paltentaler-minerals.at

Zeolithe

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Arbeits- und Umweltschutz Abwasserbehandlung LOFT Anlagenbau u. Beratung GmbH Bahnhofstr. 30 72138 Kirchentellinsfurt www.loft-gmbh.de

Paltentaler Minerals GmbH & Co. KG Moos 27, 8903 Lassing, Austria www.paltentaler-minerals.at

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