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German Pages 127 [128] Year 2006
Ökonomische Analysen der Mitbestimmung auf Betriebs- und Unternehmensebene Economic Analyses of Co-Determination
Herausgegeben von Joachim Wagner
Mit Beiträgen von John T. Addison, Columbia, South Carolina Lutz Bellmann, Nürnberg Alexander Dilger, Münster Peter Ellguth, Nürnberg Uwe Jirjahn, Hannover Kornelius Kraft, Dortmund Thorsten Schank, Erlangen-Nürnberg Claus Schnabel, Erlangen-Nürnberg Birgit Schultz, Halle Georgi Tsertsvadze, Hannover Marija Ugarkovic, Dortmund Joachim Wagner, Lüneburg
Lucius & Lucius • Stuttgart 2006
Anschrift des Herausgebers des Themenheftes Prof. Dr. Joachim Wagner Universität Lüneburg Institut für Volkswirtschaftslehre Empirische Wirtschaftsforschung Scharnhorststraße 1 D - 2 1 3 3 2 Lüneburg E-mail: [email protected]
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar ISBN 3 - 8 2 8 2 - 0 3 7 1 - X ISBN ab 2 0 0 7 : 9 7 8 - 3 - 8 2 8 2 - 0 3 7 1 - 6
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Satz: Mitterweger & Partner Kommunikationsgesellschaft mbH, Plankstadt Druck und Bindung: Neumann Druck, Heidelberg Printed in Germany
Jahrbücher f. Nationalökonomie u. Statistik (Lucius & Lucius, Stuttgart 2006) Bd. (Vol.) 226/5
Inhalt / Contents Editorial von J. Wagner
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Abhandlungen / Original Papers Bellmann, Lutz, Peter Ellguth, Verbreitung von Betriebsräten und ihr Einfluss auf die betriebliche Weiterbildung Work Council Presence and Impact on Training of the Workforce Wagner, Joachim, Thorsten Schank, Claus Schnabel, John T. Addison, Works Councils, Labor Productivity and Plant Heterogeneity: First Evidence from Quantile Regressions Schultz, Birgit, Mikroökonometrische Evaluation der ökonomischen Wirkungen betrieblicher Mitbestimmung - Möglichkeiten und Grenzen des Matching-Ansatzes Microeconometric Evaluation of Economic Effects of Workers Participation - Options und Limits of the Matching Approach Jirjahn, Uwe, Georgi Tsertsvadze, Betriebsräte und Arbeitszufriedenheit Works Councils and Job Satisfaction Dilger, Alexander, Kooperation zwischen Betriebsrat und Management Cooperation between Works Council and Management Kraft, Kornelius, Marija Ugarkovic, Gesetzliche Mitbestimmung und Kapitalrendite Co-Determination and Return on Equity
487-504 505-518
519-536 537-561 562-587 588-604
Buchbesprechungen / Book Reviews Fingleton, Bernhard Rammer, Christian, Andreas Schibany, Innovationspolitik
(ed.), European Regional Growth Wolfgang Polt, Jürgen Egeln, Georg Licht, Internationale Trends der Forschungs- und - Fällt Deutschland zurück?
605 606
Jahrbücher f. Nationalökonomie u. Statistik (Lucius & Lucius, Stuttgart 2006) Bd. (Vol.) 226/5
Editorial Das deutsche System der Mitbestimmung auf Betriebs- und Unternehmensebene und seine Konsequenzen für verschiedene Dimensionen des Firmenerfolgs und des Firmenverhaltens (wie z.B. Produktivität oder Standortwahl) ist seit langer Zeit Gegenstand zahlreicher theoretischer und empirischer ökonomischer Analysen. Überblicksartikel zu dieser umfangreichen Literatur machen deutlich, dass viele Fragen trotz immer besserer Datensätze und der Anwendung immer ausgefeilterer ökonometrischer Methoden auch heute noch nicht endgültig und überzeugend beantwortet werden können (vgl. Addison/Schnabel/Wagner 2 0 0 4 , Franz 2 0 0 5 und Jirjahn 2 0 0 5 a , 2 0 0 5 b ) . Die in diesem Themenheft der Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik abgedruckten Arbeiten wollen einen Beitrag zu einer weiteren Klärung kontroverser Punkte in diesen Debatten liefern: Lutz Bellmann und Peter Ellguth untersuchen mit Daten des IAB-Betriebspanels die Verbreitung von Betriebsräten und ihren Einfluss auf betriebliche Weiterbildungsaktivitäten. Joachim Wagner, Thorsten Schank, Claus Schnabel und John T . Addison betrachten den Zusammenhang zwischen der Arbeitsproduktivität und der Existenz von Betriebsräten. In ihrer empirischen Analyse, die sich ebenfalls auf Daten aus dem IAB-Betriebspanel stützt, verwenden die Autoren erstmals Quantilregressionen zur Berücksichtigung von betrieblicher Heterogenität. Birgit Schultz analysiert die ökonomischen Wirkungen der Mitbestimmung in ostdeutschen Betrieben; auch sie verwendet Daten aus dem IAB-Betriebspanel. Ein Fokus ihrer Studie liegt hierbei auf den Möglichkeiten und Grenzen des Matching-Ansatzes, wobei sie einen optimalen Matching-Algorithmus für kleine Stichproben verwendet. Uwe Jirjahn und Georgi Tsertsvadze legen eine erste Studie zum Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit der Beschäftigten mit ihrer Arbeit und dem Vorhandensein eines Betriebsrates vor. Hierfür nutzen sie Individualdaten aus dem Sozio-oekonomischen Panel. Alexander Dilger betrachtet unterschiedliche Betriebsratstypen und deren Wirkungen, wobei er die Kooperation zwischen Betriebsrat und Management auf der Basis von Befragungen beider Seiten untersucht. Kornelius Kraft und Marija Ugarkovic analysieren die Auswirkungen der Unternehmensmitbestimmung auf die Kapitalrendite. Ihr Aufsatz ist damit der einzige Beitrag in diesem Heft (und einer der wenigen in der Literatur überhaupt), der nicht die Mitbestimmung durch Betriebsräte, sondern die Aufsichtsratsmitbestimmung thematisiert. Auf eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Beiträge wird hier bewusst verzichtet, da sie notwendiger Weise stark verkürzend und damit auch verzerrend sein würde. Mögen die Aufsätze, die inhaltlich und methodisch in mancher Hinsicht innovativ sind, dazu beitragen, die ökonomische Mitbestimmungsforschung in Deutschland weiter zu befruchten! Lüneburg, im August 2 0 0 6
Joachim
Wagner
Literatur Addison, J.T., C. Schnabel, J. Wagner (2004), The Course of Research into the Economic Consequences of German Works Councils. British Journal of Industrial Relations, Vol. 42, pp. 255-281.
486 • Editorial
Franz, W. (2005), Die deutsche Mitbestimmung auf dem Prüfstand: Bilanz und Vorschläge für eine Neuausrichtung. Zeitschrift für ArbeitsmarktForschung / Journal of Labour Market Research, Bd. 38, S. 268-283. Jirjahn, U. (2005a), Ökonomische Wirkungen des novellierten Betriebsverfassungsgesetzes Was können wir vor dem Hintergrund zunehmender Globalisierung und veränderter arbeitsorganisatorischer Bedingungen. Zeitschrift für ArbeitsmarktForschung / Journal of Labour Market Research, Bd. 38, S. 241-267. Jirjahn, U. (2005b), Ökonomische Wirkungen der Mitbestimmung in Deutschland: Überblick über den Stand der Forschung und Perspektiven für zukünftige Studien. Gutachten für die Hans-Böckler-Stiftung, Universität Hannover.
Jahrbücher f. Nationalökonomie u. Statistik (Lucius & Lucius, Stuttgart 2006) Bd. (Vol.) 226/5
Verbreitung von Betriebsräten und ihr Einfluss auf die betriebliche Weiterbildung Works Council Presence and Impact on Training of the Workforce Von Lutz Bellmann und Peter Ellguth, Nürnberg JEL J50
Codetermination, matching methods, training of the workforce.
Summary With the reform of the Works Constitution Act in 2001 legislation has tried to stop the erosion of the institution of codetermination by facilating the creation of works councils and expanding their rights. The present paper examines the development of the presence of codetermination with pooled regression models and the impact of works councils on the training of the workforce with matching methods. We used data from the waves 1996-2005 of the IAB Establsihment Panel. The results of our analyses show that establishments with works councils have both a higher incidence and coverage of training of the workforce. However, a significant effect of the reform of the Works Constitution Act cannot be detected empirically.
1.
Einleitung
Die Entwicklung der industriellen Beziehungen in Deutschland ist seit einigen Jahren Gegenstand wissenschaftlicher Kontroversen. In diesem Zusammenhang ist auch die Institution der Betriebs- und Personalräte zu betrachten. Dabei stellt sich die Frage, ob die Verbreitung von Betriebs- und Personalräten ähnlich abnimmt wie die Bindung an Flächentarifverträge (vgl. Ellguth/Kohaut 2005) oder die Mitgliedschaft in Gewerkschaften (vgl. Addison/Schnabel/Wagner 2006) und damit quasi eine Erosion der materiellen Basis der Mitbestimmungsinstitutionen auf breiter Front zu verzeichnen ist. Hinsichtlich des Betriebsrats wollte der Gesetzgeber gerade dem vermeintlichen Rückgang der quantitativen Reichweite der betrieblichen Mitbestimmung mit der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes 2001 entgegenwirken. Im vorliegenden Beitrag werden deshalb Zahlen zur Verbreitung von Betrieben mit Betriebsrat auf Basis der Daten des IAB-Betriebspanels vor und nach der Gesetzesänderung bis zum aktuellen Rand (Erhebungswelle 2005) präsentiert und versucht, möglichen quantitativen Effekten dieses gesetzgeberischen Eingriffs nachzugehen. Aber auch andere Aspekte der Auswirkungen der Novellierung sollten untersucht werden. In deren Zuge wurden die Betriebsräte mit erweiterten Mitbestimmungsrechten z.B. im Bereich der betrieblichen Weiterbildung (§96 BetrVG) ausgestattet. 1 Auch 1
Weitere Schwerpunkte der Novellierung w a r e n z.B.: - die Verbesserung der Arbeitsmöglichkeiten der Betriebsräte durch eine E r h ö h u n g der Anzahl der Betriebsratsmitglieder u n d eine H e r a b s e t z u n g der Freistellungsgrenzen, - die Schaffung von Voraussetzungen für neue Betriebsratsstrukturen als Reaktion auf sich verän-
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hier soll über bestehende Analysen, die den Betriebsrat als Bestimmungsfaktor für das Weiterbildungsengagement der Betriebe berücksichtigen, hinausgegangen und die Chance genutzt werden, die Auswirkungen veränderter rechtlicher Rahmenbedingungen zu überprüfen. Die (erneute) Untersuchung der Wirkung von Betriebsräten auf die betriebliche Performance bzw. die betriebliche Personalpolitik empfiehlt sich nicht zuletzt auch aufgrund der Entwicklung (Übernahme) neuer Methoden aus der Evaluationsforschung, den Matched-Pairs Analysen. Der Aufbau dieses Beitrags ist Folgender: Zunächst wird auf die aktuelle Verbreitung von Betriebsräten und deren quantitativer Entwicklung angesichts der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes eingegangen (2.). Danach werden die einschlägigen Argumente zur Wirkung von Betriebsräten auf die betriebliche Weiterbildungsbeteiligung und -intensität sowie die Veränderungen des rechtlichen Rahmens rekapituliert (3.). Daran schließt sich die Darstellung des methodischen Zugangs an (4.). In Abschnitt 5 werden die erhaltenen Ergebnisse präsentiert, gefolgt von einem den Beitrag abschließenden Fazit (6.).
2.
Entwicklung der Verbreitung von Betriebsräten vor dem Hintergrund der Reform des BetrVG
Die für dieses Jahr (2006) durchzuführenden Betriebsratswahlen rufen ins Gedächtnis, dass die ersten, nach der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vollzogenen Wahlen bereits vier Jahre zurückliegen. Erklärter Wille des Gesetzgebers war es damals, die Erosionsprozesse der betrieblichen Mitbestimmung zu stoppen und mit einer „Erleichterung der Bildung von Betriebsräten durch Entbürokratisierung des Wahlrechts" (Presse- und Informationsamt der Bundesregierung 2001) die Neugründung von Betriebsratsgremien zu forcieren. Allerdings kann hier die Frage gestellt werden, ob die damalige Diagnose einer beständig erodierenden institutionellen Basis, die (ein) Ausgangspunkt für das gesetzgeberische Handeln war, tatsächlich zutraf. Bis zur zweiten Hälfte der neunziger Jahre beruhten solchen Einschätzungen allein auf den Angaben der Gewerkschaften, über die ihnen nach den Wahlen gemeldeten Betriebsratsgremien (vgl. Kommission Mitbestimmung 1998). Auf dieser Grundlage ist aber schwer auf gesamtwirtschaftliche Entwicklungen zu schließen, vor allem da keine Aussagen über die tatsächliche Erfassung aller bestehenden Betriebsratsgremien gerade auch im eher gewerkschaftsfernen Umfeld möglich sind (vgl. Ellguth 2003: 196ff.). Wie dem auch sei, unklar ist aber nach wie vor, ob und wenn ja, in welchem Umfang die zur Betriebsratswahl 2002 vorgenommene Vereinfachung des Wahlrechts in den Betrieben bis 50 Beschäftigten 2 zu einer Zunahme an betrieblichen Interessenvertretungen geführt hat. Vorhandene Untersuchungen zu den Auswirkungen der Reform liefern zwar viele interessante Ergebnisse u.a. zu Neugründungen von Betriebsräten, zu Strukturveränderungen in den Betriebsratsgremien und zu Veränderungen in Richtung betriebs- und unternehmensübergreifenden Betriebsratsstrukturen. Quantitativ gestützte Antworten auf die
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dernden Unternehmensstrukturen, z. B. Sparten- und Filialbetriebsräte oder unternehmenseinheitliche Betriebsräte. Einen Überblick über die im Rahmen der Novellierung vollzogenen Änderungen liefert z. B. Niedenhoff 2002. In Betrieben mit 51 bis 100 Beschäftigten kann das vereinfachte Wahlverfahren mit Zustimmung des Arbeitgebers angewendet werden.
Verbreitung von Betriebsräten und ihr Einfluss auf die betriebliche Weiterbildung • 4 8 9
Frage nach Entwicklungstrends können diese aber nicht geben (vgl. Wassermann/Rudolf 2004). 3 Die Erhebungswellen 1996 4 bis 2005 des IAB-Betriebspanels bilden die empirische Basis des vorliegenden Beitrags 5 . Beim IAB-Betriebspanel handelt es sich um eine jährlich wiederholte Befragung mit in der Regel mündlichen Interviews. Grundgesamtheit des IAB-Betriebspanels sind alle Betriebe mit mindesten einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Zur Jahresmitte 1996 (2005) wurden 4313 (10103) west- und 4029 (5718) ostdeutsche Betriebe befragt. Aufgrund der Besonderheiten des öffentlichen Sektors werden in der vorliegenden Studie ausschließlich Betriebe der privaten Wirtschaft einbezogen. In jeder Erhebungswelle wird neben einer Reihe von Fragen nach der betrieblichen Beschäftigungsentwicklung und ihren Strukturen sowie der betrieblichen Geschäftspolitik nach betrieblichen Merkmalen wie der Existenz eines Betriebs- oder Personalrats gefragt. Insofern ist es möglich, sowohl die Verbreitung von Betriebs- und Personalräten als auch ihre Wirkung im Kontext verschiedener Einflussfaktoren zu untersuchen. Auch bereits vorliegende Auswertungen aus dem IAB-Betriebspanel geben nur Indizien, die auf eher geringe Auswirkungen des vereinfachten Wahlverfahrens auf die Verbreitung von Betrieben mit Betriebsrat schließen lassen (vgl. Ellguth 2003). Insofern ist eine eingehende Betrachtung der möglichen Effekte der Gesetzesänderung dringend erforderlich. Dafür werden in diesem Beitrag multivariate Analysen vor allem für den kleinbetrieblichen Bereich vorgenommen. Zuvor soll jedoch kurz die Situation am aktuellen Rand und die Entwicklung seit 1996 anhand hochgerechneter Ergebnisse aus den einzelnen Erhebungswellen dargestellt werden. Auch am aktuellen Rand (siehe Tabelle 1) reproduziert sich das mittlerweile bekannte Bild der Existenz von Betrieben mit Betriebsrat in der Privatwirtschaft: starke Größenabhängigkeit und daraus folgend die geringe Verbreitung von Betrieben mit Betriebsrat (11%) bei wesentlich umfangreicherem Geltungsbereich bezogen auf die Beschäftigten (46%). Darüber hinaus zeigen sich wiederum niedrigere Beschäftigten-Quoten im Osten (39%) als im Westen (47%), trotz einer dem Westen vergleichbaren Verbreitung. Deutlich wird die sehr geringe Reichweite der verfassten betrieblichen Mitbestimmung im Größensegment bis 50 Beschäftigte. Nur jeder 14. Betrieb verfügt hier 2005 über einen Betriebsrat. Aus den Zahlen der Tabelle 2 ist eine quantitative Ausweitung der Mitbestimmung auf Betriebsebene nicht ableitbar. Wie sich zeigt, gibt es zwar leichte Variationen der Gesamtanteilswerte sowie derer im kleinbetrieblichen Bereich. Die Reform des Betriebsver3
4
5
Aus den Auswertungen der Gewerkschaftsdaten und eigener Fallstudien ziehen die Autoren die Bilanz, dass es wohl keinen ,Gründungsboom' von Betriebsratsgremien gegeben und der Gesetzgeber sein Ziel vermutlich nicht erreicht hat (ebd.: 208). Das IAB-Betriebspanel wurde ab 1993 erhoben, zunächst allerdings nur in den alten Bundesländern, erst 1996 kamen die neuen Bundesländer hinzu. Im IAB-Betriebspanel steht die Information zur Existenz eines Betriebsrats zwar jedes Jahr zur Verfügung, bis 2 0 0 1 wurden aber in den ungeraden Jahren jeweils nur die Betriebe der Ergänzungsstichproben tatsächlich dazu befragt, für die wiederholt Befragten wurden die Angaben aus dem Vorjahr übernommen. Aufgrund dieser Praxis sind die entsprechenden Variablen in den ungeraden Befragungsjahren (bis 2001) mit einem gewissen Fehler behaftet, der sich aber wegen der hohen Stabilität dieses Merkmals (siehe weiter unten) in engen Grenzen hält. Für Analysen, die sich speziell mit der Entwicklung der Existenz von Betriebsräten und vor allem dem Gründungsgeschehen widmen, sind aber diese Erhebungswellen nicht geeignet. Für einen Überblick über den Aufbau und die Konzeption des IAB-Betriebspanels siehe Bellmann 2002.
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Tabelle 1: Verbreitung eines Betriebsrats nach Betriebsgröße 2005 Basis: privatwirtschaftliche Betriebe mit mindestens 5 Beschäftigten® * hochgerechnete Angaben * Betriebsgrößenklassen 5 bis 50 51 bis 100 101 bis 199 200-500 501 u.m. InsAnteile in % Besch. Besch. Besch. Besch. Besch. gesamt Gesamtdeutsch land 7 11 Betriebe mit BR 43 65 79 89 Beschäftigte in Betrieben mit BR 12 45 66 80 92 46 Westdeutschland 7 43 66 79 89 11 Betriebe mit BR Beschäftigte in Betrieben mit BR 12 45 67 81 92 47 Ostdeutschland 7 44 61 86 11 Betriebe mit BR 79 12 77 89 39 Beschäftigte in Betrieben mit BR 46 62 a
ohne Landwirtschaft und Organisationen ohne Erwerbszweck Quelle: lAB-Betriebspanel 2005
Tabelle 2: Betriebe mit Betriebsrat zwischen 1996 und 2005 Basis: privatwirtschaftliche Betriebe ab 5 Beschäftigtea (in Klammern: Betriebe mit 5 bis 50 Beschäftigte) * hochgerechnete Angaben * Anteile in % Westdeutschland Ostdeutschland
1996 12 (6) 11 (6)
1998 10 (6) 10(6)
2000 12 (9) 12 (9)
2002
2003
11 (7) 11 (8)
11 (7) 11 (7)
2004 10 (6) 10(6)
2005 11 (7) 11 (7)
a
ohne Landwirtschaft und Organisationen ohne Erwerbszweck Quelle: lAB-Betriebspanel 1996, 1998, 2000, 2002, 2003, 2004, 2005
fassungsgesetzes kann aber nicht gerade als Ausgangspunkt für eine Aufwärtsentwicklung betrachtet werden. Viel eher kann von einer relativ stabilen Entwicklung die Rede sein. Die Veränderungen der Anteilswerte dürfen selbst bei dem Stichprobenumfang des IAB-Betriebspanels (zuletzt ca. 10.000 Betriebe im privatwirtschaftlichen Bereich ab 5 Beschäftigte) nicht als tatsächlicher Zuwachs oder Rückgang interpretiert werden, zudem ließe sich auch keine klare Entwicklungsrichtung festmachen. Fest steht aber, dass sich an der ,Oberfläche' keine Entwicklung im Sinne der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes feststellen lässt, auch nicht in Form einer Brechung eines vorher vielleicht wahrnehmbaren Abwärtstrends. Mit dem IAB-Betriebspanel lassen sich natürlich auch einzelbetriebliche Entwicklungen beobachten, um dem Gründungsgeschehen von Betriebsratsgremien im überlebenden Bestand der Betriebslandschaft nachzugehen. Damit kann überprüft werden, in wie weit die Novellierung des BetrVG doch zu einer Veränderung in der Entstehungsdynamik von betrieblichen Mitbestimmungsinstitutionen geführt hat, die in der Querschnittsbetrachtung u.U. durch andere Entwicklungen konterkariert worden sein könnte. Hierzu wurde für jeweils zwei aufeinander folgende Beobachtungszeitpunkte der Anteil der Betriebe berechnet, die nur im zweiten Jahr über einen Betriebsrat verfügen. In Tabelle 3 sind die jeweiligen hochgerechneten Anteilswerte dargestellt.
Verbreitung von Betriebsräten und ihr Einfluss auf die betriebliche Weiterbildung • 491
Tabelle 3: Betriebe mit neu entstandenen bzw. aufgegebenen Betriebsräten Basis: privatwirtschaftliche Betriebe ab 5 Beschäftigte® * hochgerechnete Angaben * Anteil an allen im jeweils beobachteten Zeitraum existierenden Betrieben in % neu entstandene Betriebsräte aufgegebene Betriebsräte
von 1996 bis 1998 2 3
von 1998 bis 2000 3 2
von 2000 bis 2002 2 3
von 2002 bis 2004 1 2
a
ohne Landwirtschaft und Organisationen ohne Erwerbszweck Quelle: lAB-Betriebspanel 1996, 1998, 2000, 2002, 2004
Auch diese Betrachtung liefert keinen Hinweis auf eine erhöhte Dynamik im Gründungsgeschehen von Betriebsratsgremien nach der Reform des BetrVG. Die Ergebnisse weisen eher in die andere Richtung, aber auch hier ist aufgrund des (durch den Längsschnittcharakter reduzierten) Stichprobenumfangs und der darauf bezogenen speziellen Längsschnittgewichtung Vorsicht geboten bei der Interpretation. Nichts desto weniger bestätigt sich aber die obige Aussage, dass von einer durch den gesetzgeberischen Eingriff initiierten Aufwärtsentwicklung nicht die Rede sein kann. Da sich Aussagen über den (fehlenden) Effekt eines solchen gesetzgeberischen Eingriffs letztlich nur vor dem Hintergrund multivariater Analysen treffen lassen, wird eine solche Klärung mit gepoolten Probitschätzungen zur Existenz eines Betriebsrats für die Jahre 1998, 2000, 2002 und 2004, also für jeweils 2 Erhebungszeitpunkte vor und nach der Reform unter Einbeziehung von (0,1)-Variablen für Zeiteffekte vorgenommen. Sollte es eine entsprechende Wirkung geben, dann müsste sich diese darin ausdrücken, dass für die Jahre nach der Gesetzesänderung die Dummyvariablen für die beiden Erhebungswellen (2002 und 2004) signifikant positive Koeffizienten aufweisen. In diese Schätzungen finden die aus der Literatur bekannten und mehr oder weniger theoretisch fundierten Bestimmungsfaktoren Eingang, soweit sie für die betreffenden Jahre im IAB-Betriebspanel zur Verfügung stehen. Dazu gehören neben der Betriebsgröße und der Branchenzugehörigkeit Variablen, die sich auf den Status und die Eigentums- bzw. Organisationsform des Betriebs beziehen, die Ertragslage, Variablen zur Beschäftigungsstruktur und Merkmale wie die Tarifbindung und die regionale Lage. Da es sich um ein etabliertes Set von Variablen handelt, sollen diese hier nur insoweit diskutiert werden als es für die weitere Argumentation notwendig ist (vgl. z. B. Frick/ Sadowski 1995, Addison/Schnabel/Wagner 1999, Schnabel/Wagner 2001, Addison/Bellmann/Schnabel/Wagner 2003). 6 Vor dem Hintergrund der präsentierten deskriptiven Ergebnisse geht es dabei um die Frage, in wie weit von den vom Gesetzgeber veränderten Vorschriften zur Wahl eines Betriebsrats auch ein verstärkter Anreiz für die Beschäftigten ausgeht, eine solche tatsächlich durchzuführen. Nach dieser Logik müsste es vor allem an den als zu hoch empfundenen Hürden bei der Wahl eines Betriebsratsgremiums gelegen haben, dass die Beschäftigten in den Kleinbetrieben bis dato von einem entsprechenden Schritt abgehalten wurden. Es ist allerdings fraglich, ob abgesehen von dem auch aus der Presse bekannten Vorgehen der
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Einige Variablen, die in den einschlägigen Untersuchungen darüber hinaus Berücksichtigung finden, stehen in den verwendeten Erhebungswellen des IAB-Betriebspanels nicht durchgängig zur Verfügung. Das sind die Existenz von Schichtarbeit, das Vorhandensein von Modellen der Erfolgs- bzw. Kapitalbeteiligung der Mitarbeiter und die Einschätzung des technischen Standes der Anlagen.
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,schwarzen Schafe' unter den Firmeninhabern und Geschäftsleitungen, die zur Verhinderung von Betriebsräten zu illegalen Mitteln greifen, die früheren Regelungen solch unüberwindliche Hindernisse darstellten. In der einschlägigen Literatur wird zur Erklärung der geringen Verbreitung von Betriebsratsgremien im kleinbetrieblichen Bereich deshalb auch auf andere Argumente zurückgegriffen. Z u m einen wird keine Notwendigkeit f ü r eine derartige Einrichtung gesehen, wenn informelle Kommunikations- und Informationsstrukturen gerade auch zwischen Geschäftsleitung und Beschäftigten bestehen. Eine entsprechende „voice"-Funktion des Betriebsrats wäre damit überflüssig (Freeman/Medoff 1984, Freeman/Lazear 1995). Z u m anderen wird argumentiert, dass in den fraglichen kleineren Betrieben betriebsratsfrei nicht gleichbedeutend ist mit partizipationsfrei, da den Beschäftigten hier informelle Möglichkeiten der Mitsprache eingeräumt werden (vgl. Addison/Schnabel/Wagner 2000). Folgt m a n diesen Einschätzungen, so könnten die präsentierten Zahlen darauf hinweisen, dass in einem kleinen Teil der fraglichen Betriebe diese Praxis informeller K o m m u n i k a t i o n und betrieblicher Partizipation nicht funktioniert und deshalb ein Betriebsrat installiert wurde. Die dauerhaft geringe Verbreitung von Betrieben mit Betriebsrat in diesem Segment spiegelte damit quasi einen .Bodensatz' an solchen Problembetrieben wider. W o aber die beschriebene Praxis vorherrscht, besteht auch nach der Erleichterung des Wahlverfahrens keine Veranlassung, einen Betriebsrat zu installieren. Somit ist auch a u f g r u n d theoretischer Überlegungen nicht von einem erhöhten Anreiz auszugehen, in bislang ohne Betriebsrat agierenden Betrieben, eine solche formale Mitbestimmungsinstanz zu etablieren. Sieht m a n allerdings von den speziell auf das kleinbetriebliche Segment ausgerichteten Elementen der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes ab, könnte sich ein genereller Effekt der Gesetzesänderung durch die zusätzlich gewährten Mitbestimmungsrechte ergeben. Die Argumentation entspricht in ihrer Logik der, wie sie (neben anderen Argumenten) zur Erklärung der W i r k u n g der Betriebsgröße herangezogen wird. Die mit zunehmender Beschäftigtenzahl in Aussicht stehenden zusätzlichen Mitwirkungsrechte erhöhen die Wahrscheinlichkeit für die Existenz eines Betriebsrats bei Überschreitung der jeweiligen Schwellenwerte (Koller 2005). Ein ähnlicher Push-Faktor aber über alle Betriebe hinweg, könnte sich dann durch die Neuregelung a b 2 0 0 2 zeigen. In Tabelle 4 sind die Ergebnisse der gepoolten Probitschätzungen f ü r alle privatwirtschaftlichen Betriebe (ab 5 Beschäftigte) sowie die Gruppe der Betriebe, für die das Wahlverfahren ohne weitere Voraussetzungen erleichtert w u r d e (5-50 Beschäftigte) bzw. inklusive derer, für die dies mit Z u s t i m m u n g der Geschäftsleitung (51-100 Beschäftigte) möglich ist. Z u n ä c h s t zeigt sich, dass fast alle der eingesetzten Variablen die zu erwartende W i r k u n g an den Tag legen. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit für die Existenz eines Betriebsrats, mit der Betriebsgröße, wenn es sich um eine Zweigstelle bzw. Mittelinstanz und kein Einzelunternehmen bzw. keine Personengesellschaft handelt. Die Ertragslage wird eher in Betrieben ohne Betriebsrat als mindestens gut eingeschätzt. Ältere Betriebe verfügen eher über eine verfasste Mitbestimmungsinstitution, ebenso solche mit niedrigerem Frauenund Gewerblichenanteil sowie höherem Qualifiziertenanteil. Als positive Faktoren stellen sich zudem die Bindung an einen Branchen- oder Firmentarifvertrag u n d die Lage in einem städtischen Ballungsraum heraus. Die Dummyvariablen f ü r die einzelnen Befragungswellen liefern im Vergleich zu 1998 (Referenz), dem letzten Wahljahr vor der Reform, interessante Ergebnisse. D a n a c h hat
Verbreitung von Betriebsräten und ihr Einfluss auf die betriebliche Weiterbildung • 493
Tabelle 4: Determinanten der Existenz eines Betriebsrats 1998-2000-2002-2004 (gepoolte Probitschätzung: abhängige Variable ist Betriebsrat ja=1 /nein=0) Basis: privatwirtschaftliche Betriebe ab 5 Beschäftigte alle Betriebe Unabhängige Variablen Beschäftigtenzahl (logarithmiert) Zweigstelle, Mittelinstanz Einzelunternehm., Personengesell. Ertragslage (1=gut/sehr gut) Frauenanteil Anteil qualifizierte Arbeitnehmer Anteil gewerblicher Arbeitnehmer Branchentarifvertrag Firmentarifvertrag Siedlungsdichte Kernbereich > = 50.000 West/Ost (Westdeutschland = 1) Gründung vor 1990 Jahresdummy 2000 Jahresdummy 2002 Jahresdummy 2004 (Referenz 1998) Branchendummies Wald Chi 2 Pseudo R 2 Fallzahl
Koeff. 0,251 0,292 -0,127 -0,040 -0,055 0,222 -0,179 0,077 0,227 0,055 0,009 0,064 0,041 0,000 0,094 ja 9079,3 0,52 32784
+++ +++ ... ... ...
+++ ...
+++ +++ +++ +++ +++ +++
5-50 Beschäftigte
5-100 Beschäftigte
t-Wert Koeff. t-Wert Koeff. t-Wert 74,90 0,069 +++ 26,92 0,117 +++ 43,70 29,63 0,166 +++ 26,65 0,202 +++ 29,06 -14,48 -0,051 . . . -13,35 -0,065 . . . -13,55 -4,96 -0,009 -2,53 -0,019 . . . -4,36 -3,35 0,009 1,37 -0,005 -0,61 14,50 0,065 +++ 9,18 0,091 +++ 10,55 -12,62 -0,023 . . . -3,89 -0,061 . . . -8,01 9,14 0,025 +++ 5,85 0,034 +++ 6,66 23,44 0,067 +++ 12,31 0,114 +++ 17,98 7,82 0,021 +++ 0,97 -0,001 7,80 0,021 +++ 3,66 0,016 +++ 0,01 0,000 7,57 0,023 +++
6,50 0,032 +++ -0,20 -0,002 5,93 0,031 +++ 3,02 0,024 +++ 0,07 -0,001 3,88 0,045 +++
ja 2869,6 0,31 19306
ja 4587,3 0,35 23426
8,10 -0,43 6,90 3,64 -0,14 6,12
Anmerkung: +++/++/+ bzw. ---/--/- signalisieren einen signifikant positiven bzw. negativen Zusammenhang auf dem 1 %-/5%-/10%-Niveau Quelle: lAB-Betriebspanel 1998, 2000, 2002, 2004
sich die Wahrscheinlichkeit für die Existenz eines Betriebsrats bis 2 0 0 0 signifikant erhöht. Wiederum zwei Jahre später - dem ersten Wahljahr nach der Novellierung - bewegt sich diese Wahrscheinlichkeit wieder auf dem Niveau von 1 9 9 8 , um dann 2 0 0 4 letztlich deutlich höher als im Ausgangsjahr zu sein. Dieser Verlauf zeigt sich in allen drei (Teil-)Stichproben. Hier könnten sich verschiedene Entwicklungen überlagern. Zum einen sieht es nach einer wellenförmigen Bewegung aus. Jeweils in der Mitte einer Wahlperiode scheint die Existenz eines Betriebsrats wahrscheinlicher zu sein als kurz nach den Wahlen. 7 Erklärbar wäre dies damit, dass im Laufe einer Wahlperiode Betriebsratsgremien faktisch aufhören zu existieren (in erster Linie vermutlich durch personelle Veränderungen), das Verschwinden der Gremien aber erst zur nächsten Wahl quasi offiziell wird. Im Wahljahr würde damit sozusagen der Bestand tatsächlich aktualisiert werden. Bei neu gegründeten Betriebsräten ist eine solche verzögerte Wahrnehmung nicht zu erwarten. Als zweite Entwicklung könnte darüber hinaus eine zeitverzögerte Wirkung der Reform des BetrVG vermutet werden. Die Wahrscheinlichkeit für die Existenz eines Betriebsrats hat sich 2 0 0 4 nicht nur gegenüber 1 9 9 8 (und 2 0 0 2 ) stark erhöht, auch im Vergleich zu 2 0 0 0 , dem Zeitpunkt in der Mitte der vorausgegangenen Wahlperiode gibt es eine hochsi-
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Die Betriebsratswahlen finden jeweils im Frühjahr (z.B. 1 9 9 8 , 2 0 0 2 , 2 0 0 6 ) statt, die Feldphase des IAB-Betriebspanels läuft von Ende Juni bis Anfang Oktober.
494 • L. Bellmann und P. Ellguth
Tabelle 5: Determinanten der Gründung eines Betriebsrats (gepoolte Probitschätzung: abhängige Variable: „Betriebsrat neu entstanden" ja=1/nein=0) Basis: privatwirtschaftliche Betriebe ab 5 Beschäftigte alle Betriebe Unabhängige Variablen Beschäftigtenzahl (logarithmiert) Zweigstelle, Mittelinstanz Einzelunternehm., Personengesell. Ertragslage (1=gut/sehr gut) Frauenanteil Anteil qualifizierte Arbeitnehmer Anteil gewerblicher Arbeitnehmer Branchentarifvertrag Firmentarifvertrag Siedlungsdichte Kernbereich > = 50.000 West/Ost (Westdeutschland = 1) Betriebsgründung vor 1990 Jahresdummy „2000 bis 2002" Jahresdummy „2002 bis 2004" Referenz (1998 bis 2000) Branchendummies Wald Chi 2 Pseudo R 2 Fallzahl
Koeff. -0,003 0,015 -0,014 0,003 0,011 0,012 0,015 0,004 -0,001
0,000 0,005 + -0,002 0,003 -0,012 . . . ja 118,9 0,04 14792
5-50 Beschäftigte
5-100 Beschäftigte
t-Wert Koeff. t-Wert Koeff. t-Wert ... -3,30 0,002 1,32 0,004 ++ 2,38 +++ 4,75 0,020 + + + 4,91 0,022 +++ 5,43 ... -4,66 -0,014 . . . -4,87 -0,013 . . . -4,03 1,02 0,002 0,62 0,002 0,55 ++ 2,08 0,009 + 1,76 0,006 1,07 ++ 2,40 0,017 +++ 2,96 0,018 +++ 2,85 +++ 3,31 0,005 1,00 0,005 1,08 1,27 0,006 + 1,77 0,005 1,37 -0,26 0,004 0,36 1,12 0,001 0,06 0,002 1,80 0,005 -0,60 0,002 0,91 -0,002 -3,56 -0,011 ja 200,5 0,10 8543
...
0,76 0,002 1,53 0,005 0,56 0,002 -0,80 -0,002 -3,34 -0,013
...
0,64 1,63 0,54 -0,69 -3,77
ja 203,2 0,07 10294
Anmerkung: +++/++/+ bzw. -—/—/- signalisieren einen signifikant positiven bzw. negativen Zusammenhang auf dem 1 %-/5%-/10%-Niveau Quelle: lAB-ßetriebspanel 1998, 2000, 2002, 2004
gnifikante Zunahme (ohne Tabelle), allerdings nur im Gesamtsample und bei den Betrieben bis 100 Beschäftigte. In der Gruppe, für die insbesondere die erleichterten Vorschriften zur Wahl eines Betriebsrats vorgesehen waren, zeigt sich dies nicht. Insgesamt lässt sich auf dieser Basis keine eindeutige Bilanz hinsichtlich der quantitativen Auswirkungen der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes ziehen. In der deskriptiven Darstellung ist weder aus dem Vergleich der Bestandszahlen noch aus dem des Gründungsgeschehen ein Effekt im Sinne der Novellierung zu identifizieren. Die Ergebnisse der gepoolten Schätzungen könnten dagegen durchaus in Richtung einer zeitverzögerten Wirkung interpretiert werden, wenn auch gerade nicht für die avisierte Gruppe der Kleinbetriebe. Vor diesem Hintergrund drängt sich die Frage auf, ob die (bis auf das Kleinbetriebssample) ausgewiesene erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Existenz eines Betriebsrats 2 0 0 4 tatsächlich auf die verstärkte Gründung von Betriebsräten bzw. die seltenere Aufgabe dieser Gremien zurückgeführt werden kann. In der Tabelle 5 sind die Ergebnisse für die Determinanten der Gründung eines Betriebsrats unter Einbeziehung von Dummyvariablen für die einzelnen Befragungswellen dargestellt. Bei den einzelnen unabhängigen Variablen zeigen sich zum Teil deutliche Unterschiede im Vergleich zu den vorangegangen Schätzungen. Allen voran stellt sich für die Betriebsgröße ein abweichendes Ergebnis ein. Im Gesamtsample ergibt sich ein negativer Zusammenhang, was durchaus plausibel ist, da es eher die kleineren und mittleren Betriebe sind, die in eine solche Entscheidungssituation kommen. Die Schätzung bis 100 Beschäftigte bestätigt dann auch, dass es eher die
Verbreitung von Betriebsräten und ihr Einfluss auf die betriebliche Weiterbildung • 495
mittleren Betriebe sind. Interessant ist auch noch die Bindung an einen Branchen- bzw. Haustarifvertrag. Diese erhöht zwar durchgängig die Wahrscheinlichkeit f ü r die Existenz eines Betriebsrats, bei dessen G r ü n d u n g bleibt jedoch nur noch ein schwach signifikanter Einfluss der Branchentarifbindung in den Betrieben bis 50 Beschäftigten bestehen. Darüber hinaus verlieren auch weitere Variablen, wie die Ertragslage und die regionale Lage ihre Signifikanz. Veränderungen ergeben sich zudem bei den Variablen für die Zusammensetzung der Belegschaft. Für die Zeiträume vor- und nach der Gesetzesänderung wurden (0,1)-Variablen gebildet und in den Regressionen berücksichtigt. N a c h unseren Ergebnissen hat sich die Wahrscheinlichkeit f ü r die G r ü n d u n g eines Betriebsrats von 2 0 0 0 auf 2 0 0 2 (dem ersten Wahljahr nach der Reform) im Vergleich zum Zeitraum 1998 bis 2 0 0 0 nicht signifikant verändert. Dem gegenüber geht aber die Gründungswahrscheinlichkeit im darauf folgenden Beobachtungszeitraum (2002 bis 2004) signifikant zurück. Bei der Untersuchung der Determinanten der Aufgabe von Betriebsratsgremien ergeben sich dagegen keine signifikanten Effekte der Dummyvariablen für die verschiedenen Zeiträume vor und nach der Gesetzesänderung. 8 Somit lässt sich als Zwischenfazit festhalten, dass die positive W i r k u n g der Jahresdummy bei den vorangegangenen Schätzungen zur Existenz eines Betriebsrats nicht auf die G r u p p e von Betrieben zurückgeführt werden kann, in denen - erleichtert durch die Novellierung des BetrVG - Betriebsratsgremien neu gegründet wurden. Offensichtlich verbergen sich hinter dem Einfluss der Dummies f ü r die unterschiedlichen Zeiträume vor und nach der Novellierung Veränderungen exogener Variablen. Z u denken wäre hierbei u.a. an Faktoren wie die Qualifikationsstruktur und die Bindung der Betriebe an Tarifverträge.
3. Auswirkungen von Betriebsräten auf das betriebliche Weiterbildungsverhalten vor dem Hintergrund der Reform des BetrVG Mit der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes 2 0 0 1 wurden - wie schon erwähnt - die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in verschiedenen inhaltlichen Aspekten erweitert. Von diesen betriebs- bzw. personalpolitischen Feldern bietet sich unseres Erachtens insbesondere das betriebliche Weiterbildungsverhalten als Untersuchungsgegenstand an, mit dessen Hilfe die tatsächlichen Auswirkungen eines solchen externen gesetzlichen Eingriffs auf betriebliche Entscheidungen ü b e r p r ü f t werden soll. Betriebliche Weiterbildungsanstrengungen zielen u.a. auf eine Erhöhung bzw. Sicherung des Qualifikationsniveaus, auf die Qualifikationsanpassungen an technischorganisatorische Veränderungen und eine generelle Verbesserung der Anpassungsfähigkeit der Beschäftigten. Theoretische Erklärungsansätze zur W i r k u n g der betrieblichen Mitbestimmung auf das Weiterbildungsverhalten der Betriebe liefern durchaus Argumente für eine positive Beziehung. Der Betriebsrat als Vertrauen schaffende Institution und damit stabilisierendes Element in den betrieblichen Sozialbeziehungen (Smith 1991, Freeman/Lazear 1995) erhöht die Bereitschaft der Beschäftigten, in die eigene H u m a n k a pitalausstattung zu investieren. Gründe dafür sind einmal in der Schaffung von betriebsinternen Arbeitsmärkten zu sehen, die zur Stabilisierung und Dauerhaftigkeit von Beschäftigungsverhältnissen beitragen. Außerdem können Betriebsräte die Eingruppierung von Beschäftigten, die an Qualifizierungsmaßnahmen teilgenommen haben, überwachen
8
Die Autoren stellen die Ergebnisse auf Anfrage gern zur Verfügung.
496 • L. Bellmann und P. Ellguth
und insofern den Beschäftigten Anreize schaffen, an Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen, weil die Wahrscheinlichkeit von Weiterbildungserträgen in Form eines höheren Arbeitseinkommens steigt (Leuven/Oosterbeek 2002). Auch die Arbeitgeber ziehen Nutzen aus dauerhaften Beschäftigungsverhältnissen, weil sie die Voraussetzung für die Amortisation von Humankapitalinvestitionen schaffen. Vorliegende Untersuchungen liefern denn auch das Bild, dass in Betrieben mit Betriebsrat eher Weiterbildungsanstrengungen unternommen werden (vgl. Gerlach/Jirjahn 1998, 2001, Bellmann/Leber 2005). Zwick (2006) betrachtet verschiedene Weiterbildungsarten und zeigt, dass Betriebe mit Betriebsrat andere Weiterbildungsarten anbieten als Betriebe ohne. Nach dieser Analyse können Betriebsräte die Produktivitätswirkung von Weiterbildung durch eine zielgenaue Auswahl und eine bessere Motivation der Beschäftigten erhöhen. Konkret hat der Betriebsrat nach der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes folgende Mitbestimmungsrechte auf dem Gebiet der betrieblichen Weiterbildung: Er kann die Initiative ergreifen und vom Arbeitgeber verlangen, den Bedarf an beruflicher Bildung zu ermitteln und mit ihm darüber zu beraten (§ 96 BetrVG). Weiterhin hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einrichtung und Durchführung betrieblicher Bildungsmaßnahmen (§§ 97 und 98 BetrVG). Wenn es dabei zu keiner Einigung kommt, kann er die Einigungsstelle anrufen und in bestimmen Fällen vor das Arbeitsgericht gehen. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats erstrecken sich in besonderer Weise auf die Auswahl der Teilnehmer an betrieblichen und außerbetrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen und darauf, dass bestimmten Arbeitnehmern oder Gruppen von Arbeitnehmern die Teilnahme nicht verwehrt wird. Zudem sollte der Betriebsrat daran interessiert sein, die Beschäftigung und den Verbleib eines Kerns von qualifizierten Beschäftigten im Betrieb zu sichern, weil es sich dabei auch um das traditionelle Klientel der betrieblichen Interessenvertretung handelt. Dieser Einfluss sollte sich einerseits fördernd auf die grundsätzliche Weiterbildungsbeteiligung der Betriebe auswirken, etwa über das Vorschlagsrecht für entsprechende Maßnahmen. Die Möglichkeit bei der Auswahl der Teilnehmer mitzuwirken, könnte sich auch insgesamt in einer höheren Intensität des betrieblichen Weiterbildungsengagements niederschlagen. Nicht zuletzt könnte ein gewerkschaftsnaher Betriebsrat der dezidierten Position der Gewerkschaften zur Stärkung der betrieblichen Qualifikation Nachdruck verleihen. Insgesamt legen die Überlegungen nahe, dass es einen positiven Effekt sowohl auf die betriebliche Entscheidung Mitarbeiter für die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen freizustellen und/oder die damit verbunden Kosten zu übernehmen, als auch auf den Anteil der Beschäftigten, die in den Betrieben weitergebildet werden, durch die Erweiterung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats geben sollte. Beide Aspekte werden im Folgenden überprüft.
4.
Methodischer Zugang
Die Ermittlung der Effekte der Existenz von Betriebsräten kann grundsätzlich mit dem aus der empirischen Wirtschaftsforschung bekannten methodischen Instrumentarium erfolgen. Für die Ermittlung der Auswirkungen auf die Beteiligung der Beschäftigten an Maßnahmen der betrieblichen Weiterbildung bzw. der Intensität ihrer Beteiligung können entsprechende Probit- und Tobitrmodelle geschätzt werden. (Düll/Bellmann 1998, Bellmann/Leber 2005, Gerlach/Jirjahn 1998, 2001). Die diesem Vorgehen zugrunde liegenden Annahmen sind in jüngster Zeit stark kritisiert worden. Eine Alternative dazu
Verbreitung von Betriebsräten und ihr Einfluss auf die betriebliche Weiterbildung • 4 9 7
stellt der M a t c h i n g - A n s a t z dar.^ In unserem Z u s a m m e n h a n g besteht die identifizierende A n n a h m e für das M a t c h i n g - V e r f a h r e n (die sog. C o n d i t i o n a l Independence A s s u m p t i o n ) darin, dass für die G r u p p e der Betriebe mit Betriebsrat dieselben V a r i a b l e n ihren Einfluss a u f die betriebliche Weiterbildungsbeteiligung bzw. -intensität ausüben wie für die G r u p p e der Betriebe o h n e B e t r i e b s r a t (der K o n t r o l l g r u p p e ) . D a m i t diese A n n a h m e als erfüllt angesehen werden k a n n , wurden erstens nur Betriebe in die empirische Analyse einbezogen, die mindestens 2 1 und bis zu 1 0 0 Beschäftigte h a t t e n . Für diese R e s t r i k t i o n spricht (vgl. A d d i s o n / S c h n a b e l / W a g n e r 2 0 0 1 ) , dass sich bei Betrieben dieser G r ö ß e die Z a h l der Mitglieder und die R e c h t e des Betriebsrats nicht verändern. A u ß e r d e m besteht quasi eine echte Entscheidungssituation über die E i n f ü h r u n g eines Betriebsrates: N a c h Analysen auf der Basis der D a t e n des IAB-Betriebspanels 2 0 0 5 h a b e n kleinere Betriebe in weniger als 5 % der Fälle einen Betriebsrat, g r ö ß e r e bereits in über 7 0 % , w ä h r e n d in dieser G r u p p e selbst 2 8 % einen Betriebsrat aufweisen. Ein gravierendes P r o b l e m bei der A n w e n d u n g von M a t c h i n g - V e r f a h r e n a u f die Analyse der A u s w i r k u n g e n eines Betriebsrats besteht allerdings darin, dass sich der Grundged a n k e , die Evaluierung eines T r e a t m e n t s , n i c h t u n m i t t e l b a r umsetzen lässt. D e r Logik dieser M e t h o d i k folgend müssten die E f f e k t e der Einführung eines Betriebsrats b e t r a c h tet werden. Diese Betriebe würden die T r e a t m e n t g r u p p e bilden, denen aus der G r u p p e der Betriebe o h n e Betriebsrat die entsprechenden Zwillingsbetriebe , h i n z u g e m a t c h e d ' w ü r d e n . N a c h erfolgreicher P a a r b i l d u n g k ö n n t e dann ein Vergleich der (nun weitgehend identischen G r u p p e n ) v o n Betrieben a n h a n d der E n t w i c k l u n g der W e i t e r b i l d u n g s beteiligung bzw. -intensität v o r g e n o m m e n werden. D i e eigentliche Schwierigkeit bei ein e m solchen V o r g e h e n ist a b e r , dass es nur eine sehr begrenzte Anzahl von Betrieben gibt, die einen Betriebsrat einführen oder aufgeben (vgl. Ellguth 2 0 0 4 ) . Diese R e s t r i k t i o n m a c h t es von v o r n h e r e i n fast u n m ö g l i c h , signifikante Unterschiede in den betrachteten O u t c o m e - V a r i a b l e n zwischen den beiden G r u p p e n von Betrieben zu finden (vgl. Addison/Bellmann/Schnabel/Wagner 2 0 0 4 ) . Dieser Ansatz wird in diesem Beitrag aber a u c h aus einem weiteren G r u n d nicht verfolgt. Im M i t t e l p u n k t unseres Interesses stehen die A u s w i r k u n g e n der Novellierung des B e t r V G . D a m i t geht es p r i m ä r nicht u m den Einfluss des Betriebsrats auf die betrieblic h e W e i t e r b i l d u n g - hierzu liegen ja auch schon Ergebnisse v o r - , vielmehr soll geprüft w e r d e n , o b sich ein Effekt der R e f o r m nachweisen lässt. Dies geschieht unter N u t z u n g der Gesetzesänderung selbst quasi als n a t ü r l i c h e s E x p e r i m e n t ' , das eine weitere Analysemöglichkeit e r ö f f n e t , in dem ein T r e a t m e n t für die Betriebe mit Betriebsrat geschaffen w u r d e . D a m i t k ö n n e n die Betriebe m i t Betriebsräten als T r e a t m e n t g r u p p e betrachtet und den B e t r i e b e n , die vor und n a c h der Gesetzesänderung keinen Betriebsrat h a t t e n , gegenüber gestellt w e r d e n . F ü r die im R a h m e n einer solchen M a t c h i n g - P r o z e d u r gefundenen Paare lässt sich die E n t w i c k l u n g der betrieblichen Weiterbildungsaktivitäten v o n 1 9 9 9 bis 2 0 0 5 ü b e r p r ü f e n . 1 0 Für die k o n k r e t e D u r c h f ü h r u n g des M a t c h i n g gibt es eine R e i h e alternativer V e r f a h r e n , die an dieser Stelle nicht im Einzelnen diskutiert werden s o l l e n . 1 1 D i e weiter unten präsen-
9
10
11
Matching-Verfahren und die kausale Interpretation der identifizierten Effekte gehen auf Rubin 1974 zurück. Seit Ende der 90er Jahre sind sie sehr populär bei der Evaluation von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, vgl. z.B. Heckman/LaLonde/Smith 1999. Die Auswahl der Betrachtungszeitpunkte ist dem Umstand geschuldet, dass das Thema „betriebliche Weiterbildung" im IAB-Betriebspanel nur alle ungeraden Jahren abgefragt wird. Vgl. Caliendo/Kopeinig 2006. In dieser Studie wird PSMATCH2 aus Stata 8.2 verwendet, vgl. dazu Leuven/Sianesi 2003.
498 • L. Bellmann und P. Ellguth tierten Ergebnisse basieren auf einer Variante des „Nearest-Neighbor"-Matching ohne Zurücklegen. D. h. für jeden Betrieb mit Betriebsrat wird ein Nachbar aus den Betrieben ohne gesucht, der diesem am ähnlichsten ist. Ohne Zurücklegen bedeutet, dass ein bestimmter Betrieb ohne Betriebsrat nur für einen Betrieb mit Interessenvertretung der nächste Nachbar sein kann. Das konkrete Verfahren besteht im Wesentlichen aus zwei Schritten. In einem ersten vorbereitenden Schritt wird die Wahrscheinlichkeit für die Existenz einer betriebsspezifischen Mitarbeitervertretung durch Probit-Schätzungen auf Basis der beobachteten und als relevant erachteten Merkmale bestimmt. Der Propensity Score für jeden Betrieb wird als M a ß zur Bestimmung der Distanz zwischen den Betrieben abgespeichert. Die eigentliche Paarbildung erfolgt dann auf Basis dieser geschätzten Probits. Nach einer Überprüfung des Erfolgs der Paarbildung durch Mittelwertvergleiche der für die Existenz eines Betriebsrats relevanten Merkmale, kann die Entwicklung der interessierenden „Performance-Variablen" (Weiterbildungsbeteiligung und -intensität) auf signifikante Unterschiede hin verglichen werden. Diese Differenzen können dann dem Treatment, also der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes zugerechnet werden.
5.
Empirische Ergebnisse
Tabelle 6 zeigt die Ergebnisse der entsprechenden Probit-Schätzung zu den Determinanten der Wahrscheinlichkeit für die Existenz eines Betriebsrats, die den ersten Schritt des Matching-Verfahrens darstellt. Wie weiter oben dargelegt, finden hier nur die Betriebe mit 21 bis 100 Beschäftigten Berücksichtigung. Zudem ist das Sample auf Betriebe beschränkt, die in allen betrachteten Beobachtungszeitpunkten an der Befragung teilgenommen haben. Die Ergebnisse stimmen aber bis auf einige Ausnahmen mit den in Tabelle 4 präsentierten überein. Abweichungen gibt es beim Frauenanteil, der regionalen Lage sowie dem Alter des Betriebs, die alle nicht mehr signifikant sind. Die Propensity Scores aus dieser Schätzung gehen in die eigentliche Matching-Prozedur ein. In Tabelle 7 sind die relevanten Kenngrößen der beiden Gruppen von Betrieben vor und nach der Paarbildung dargestellt, um zu überprüfen, ob das weitere Verfahren zufrieden stellend verlaufen ist. Wie sich zeigt, sind die z.T. beträchtlichen Unterschiede, die sich zwischen den Betrieben mit und ohne Betriebsrat bei ,naiver' Gegenüberstellung ergeben, nach dem Matching soweit verschwunden, dass von einem erfolgreichen Verfahren ausgegangen werden kann. Die beiden Gruppen von Betrieben sind nunmehr weitgehend identisch. Um eine hinreichende Übereinstimmung der Treatment- und der ,gematchten' Kontrollgruppe zu erreichen, musste ein Verfahren verwendet werden, bei dem ein Wert für die maximal zulässige Differenz der Propensity Scores berücksichtigt wird (Caliper-Matching). Eine Paarbildung findet dann nur innerhalb dieser Grenze statt. Es wurden 144 von 184 Betrieben mit Betriebsrat zur Paarbildung herangezogen. Dies führt auch zu den leichten Mittelwertunterschieden dieser Gruppe vor und nach der Matching-Prozedur. Da durch diese Selektion auf Seiten der Betriebsratsbetriebe möglicherweise ein Bias entstanden sein könnte, wurde zu Kontrollzwecken in alternativen Verfahren die Paarbildung auch mit Zurücklegen durchgeführt. Bei einem solchen Vorgehen wird dann einer der Betriebe ohne Betriebsrat u.U. mehreren Betrieben mit Interessenvertretung zugeordnet. Ein Vergleich der Ergebnisse zeigt aber, dass es zwar zu gewissen Abweichungen im Niveau der Ergebnisvariablen (für die Weiterbildungsentscheidung der Betriebe ohne Betriebsrat) kommt, die
Verbreitung von Betriebsräten und ihr Einfluss auf die betriebliche Weiterbildung • 499 Tabelle 6: Determinanten der Existenz eines Betriebsrats im Längsschnitt 1999/2001/2003/2005 (Probitschätzung mit abhängiger Variable: Betrieb durchgängig mit Betriebsrat = 1; Betrieb durchgängig ohne Betriebsrat = 0) Basis: privatwirtschaftliche Betriebe von 21 bis 100 Beschäftigte alle Betriebe Beschäftigtenzahl (logarithmiert) Zweigstelle, Mittelinstanz Einzelunternehm., Personengesell. Mitglied in Handwerkskammer Ertragslage (1=gut/sehr gut) Technischer Stand (1=gut/sehr gut) Frauenanteil Anteil gewerblicher Arbeitnehmer Anteil qualifizierter Arbeitnehmer Branchentarifvertrag Firmentarifvertrag Siedlungsdichte Kernbereich >= 50.000 West/Ost (Westdeutschland = 1) Gründung vor 1990 Konstante Branchendummies Wald Chi 2 Pseudo R 2 Fallzahl
Koeff. 1,389 0,708 -0,384 -1,680 -0,315 -0,401 -0,206 -0,095 0,094 0,999 1,169 0,269 0,191 -0,112 -6,490 ja 167,5 0,41 615
t-Wert 7,71 3,68 -1,93 -0,88 -2,14 -2,48 -0,57 -2,85 2,85 5,72 5,07
+++
+++ -
—
...
+++ +++
+++
1,62 0,70 -0,39 -8,03
...
Anmerkung: +++/++/+ bzw. --/—/- signalisieren einen signifikant positiven bzw. negativen Zusammenhang auf dem 1%-/5%-/10%-Niveau
Tabelle 7: Vergleich der Betriebe mit und ohne Betriebsrat vor und nach dem Matching3 * davor *
danach * ZwillingsBetriebe Betriebe Iti Betriebe Betriebe' Iti mit BR ohne BR diff—=0 mit BR ohne BR diff~=0 10,82** Betriebsgröße 62 40 56 51 1,82 Filialbetrieb/Mittelinstanz 0,38 0,10 7,00** 0,30 0,24 1,06 Einzeluntern./Personengesellschaft 0,10 0,27 5,51** 0,12 0,14 0,53 6,21** Handwerksbetrieb 0,16 0,38 0,19 0,25 1,42 Technischer Stand (gut/sehrgut =1) 0,71 0,71 0,73 0,73 0,00 0,73 Gründung vor 1990 0,37 0,30 1,70 0,37 0,34 0,49 0,77 3,90** Anteil Qualifizierter 0,69 0,76 0,33 0,75 Anteil Gewerblicher 0,42 0,77 0,59 6,40** 0,43 0,49 Regionale Lage (Kern >50,000) 0,56 0,37 4,42** 0,57 0,50 1,30 Tarifbindung 0,65 0,35 7,26** 0,62 0,56 1,08 Lage in Westdeutschland 0,44 2,45* 0,33 0,42 0,40 0,36 N 184 435 144 144 «
Anmerkung: "/* signalisieren einen signifikanten Unterschied auf dem 1%-/5%-Niveau a privatwirtschaftliche Betriebe mit 21 bis 100 Beschäftigte ohne Landwirtschaft und Org. ohne Erwerbszweck
500 • L. Bellmann und P. Ellguth
Tabelle 8: Mittelwertvergleiche Matching 3
der Outcomevariablen
nach dem
Betriebe mit BR
Betriebe ohne BR
Iti diff~=0
0,82 0,81 0,84 0,83
0,70 0,72 0,70 0,69
2,36* 1,67 2,83** 2,65**
Anteil der Betriebe mit WB 1999 2001 2003 2005 Anteil der Beschäftigten in WB 1999 2001 2003 2005 Veränderungen der WB-Quote 1999-2001 1999-2003 1999-2005 2001-2003 2001-2005
0,24 0,19 0,29 0,28
0,23 0,15 0,24 0,21
0,54 1,54 1,47 2,24*
-0,05 0,05 0,04 0,10 0,09
-0,07 0,01 -0,02 0,09 0,06
0,70 1,02 1,51 0,37 0,98
N
144
144
Anmerkung: **/* signalisieren einen signifikanten Unterschied auf dem 1 %-/5%-Niveau a privatwirtschaftliche Betriebe mit 21 bis 100 Beschäftigte ohne Landwirtschaft und Org. ohne Erwerbszweck
hier interessierenden Relationen bzw. Verläufe verändern sich aber nicht zwischen den verschiedenen Verfahren, so dass die Resultate als hinreichend stabil angesehen werden können. 1 2 Ein erster Blick auf die Entwicklung der Weiterbildungsbeteiligung vor und nach der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes fördert deutliche Unterschiede zwischen den Betrieben mit und ohne Betriebsrat zu Tage (Tabelle 8). Erstere bewegen sich durchgehend auf höherem Niveau, eine Bestätigung der bereits vorliegenden Ergebnisse zum wahrscheinlicheren Weiterbildungsengagement in den Betrieben mit Betriebsrat. Allerdings verändern sich die Anteilswerte in den beiden Gruppen kaum. Es gibt zwar eine leichte Aufwärtsbewegung zwischen 2001 und 2003 in Betriebsratsbetrieben und parallel dazu einen geringen Rückgang bei der Kontrollgruppe, ein interpretierbarer Effekt der Reform ist daraus aber nicht ablesbar. Bei der Analyse der Weiterbildungsintensität, d. h. dem Anteil der Beschäftigten, die von betrieblichen Weiterbildungsangeboten Gebrauch machen, zeigt sich ein etwas anderes Bild der Entwicklung nach der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes. Ausgehend von einem vergleichbaren Niveau steigt zwischen 1999 und 2003 bzw. 2005 der entsprechende Anteilswert in den Betrieben mit Betriebsrat von 2 4 % auf 2 9 % bzw. 2 8 % , in der Kontrollgruppe kann höchstens von Stagnation die Rede sein. Allerdings erreicht diese zunehmende Differenz bei Betrachtung der Veränderung der Weiterbildungsquote in den beiden Gruppen keines der üblichen Signifikanzniveaus.
12
Die Tabellen zu dem alternativ d u r c h g e f ü h r t e n M a t c h i n g - V e r f a h r e n mit Zurücklegen finden sich im Anhang.
Verbreitung von Betriebsräten und ihr Einfluss auf die betriebliche Weiterbildung • 501
Ein auf den ersten Blick nicht in dieses Bild passendes Ergebnis stellen die deutlich niedrigeren Anteilswerte für 2001, dem letzten Beobachtungszeitpunkt vor der Reform dar. Diese sind vermutlich auf eine in diesem Jahr veränderte Gestaltung des Fragebogens des IAB-Betriebspanels zurückzuführen. Anders als in den Jahren davor und danach, wo die differenzierte Abfrage von Weiterbildungsarten offensichtlich die Erinnerungsfähigkeit der Betriebe hinsichtlich der in Weiterbildungsmaßnahmen einbezogenen Beschäftigten verbessert hat, sorgte 2001 die bloße Fragestellung nach der Förderung von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen (ohne Auflistung verschiedener Weiterbildungsarten) für eine verengte Sichtweise. Abgesehen von dem dadurch verursachten Niveauunterschied fügen sich die Ergebnisse für 2001 durchaus in die beschriebene Entwicklung ein. In jedem Fall ist kein Effekt der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes auf die Weiterbildungsbeteiligung statistisch abgesichert zu erkennen. In keinem der beobachteten Zeiträume lässt sich ein signifikanter Unterschied in der Entwicklung der Betriebe mit und ohne Betriebsrat festmachen, insbesondere nicht mit Blick auf einen möglichen Bruch zwischen 2001 und 2003.
6.
Fazit
Mit der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes im Jahre 2001 hat der Gesetzgeber versucht, den Erosionsprozess der betrieblichen Mitbestimmung durch die „Erleichterung der Bildung von Betriebsräten durch Entbürokratisierung des Wahlrechts" zu stoppen. Im vorliegenden Beitrag wird erstmals mit den Daten des IAB-Betriebspanels 1998-2005 die Entwicklung der Verbreitung der betrieblichen Mitbestimmung untersucht. Die erhaltenen Ergebnisse bestätigen allerdings diese Erwartungen des Gesetzgebers nicht. Denn es ergeben sich zwar bei den gepoolten Regressionen geringfügige Veränderungen bei der Verbreitung von Betriebsräten. Allerdings zeigt die Analyse der Determinanten der Gründung eines Betriebsrats einen negativen und signifikanten Effekt des Dummies, der für den Zeitraum nach der Reform gebildet wurde. Mit der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes 2001 wurden die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates auch in verschiedenen inhaltlichen Aspekten erweitert. Dazu gehört der Bereich der betrieblichen Weiterbildung. Bei Verwendung von Matching-Methoden zeigt sich erstens, dass das Weiterbildungsangebot und die Intensität der Weiterbildungsbeteiligung der Beschäftigten der Betriebe mit Betriebsräten höher ist als in Betrieben ohne Betriebsrat. Während diese Unterschiede teilweise signifikant sind, zeigen sich zweitens keine signifikanten Unterschiede bei den beiden Gruppen, wenn man die zeitliche Entwicklung betrachtet. Damit lässt sich auch hier kein statistisch abgesicherter Effekt des gesetzgeberischen Eingriffs nachweisen. Mit der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes wurden auch auf anderen betriebs- bzw. personalpolitischen Feldern die Rechte der Betriebsratsgremien erweitert. Für die weitere Forschung zur Wirkung von Betriebsräten erscheint es deshalb sinnvoll, neben dem von uns betrachteten betrieblichen Weiterbildungsverhalten auch z. B. den betrieblichen Umweltschutz sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu analysieren. Darüber hinaus könnte es sich auch als interessant erweisen, zwischen verschiedenen Arten der betrieblichen Weiterbildung zu differenzieren. Neben der kursförmig organisierten, formellen Weiterbildung könnte die Betrachtung dabei auch auf die arbeitsintegrierte, informelle Weiterbildung erweitert werden. Schließlich sollte der Beobachtungszeitraum, der aufgrund der Verfügbarkeit der Daten des IAB-Betriespanels nur bis zum Jahre 2005 reicht, ausgedehnt werden.
502 • L. Bellmann und P. Ellguth
Anhang 1 Vergleich der Betriebe mit und ohne Betriebsrat nach dem Matching 3 * Verfahren mit Zurücklegen
#
Betriebe mit BR
Zwillings-Betriebe' ohne BR
62 0,38 0,10 0,16 0,71 0,37 0,77 0,41 0,56 0,66 0,44
62 0,35 0,08 0,12 0,62 0,43 0,77 0,38 0,66 0,66 0,50
178 (184)
71 (445) b
Betriebsgröße Filialbetrieb/Mittelinstanz Einzeluntern,/Personengesellschaft Handwerksbetrieb Technischer Stand (gut/sehrgut =1) Gründung vor 1990 Anteil Qualifizierter Anteil Gewerblicher Regionale Lage (Kern >50,000) Tarifbindung Lage in Westdeutschland N a
privatwirtschaftliche Betriebe mit 21 bis 100 Beschäftigte ohne Landwirtschaft und Org. ohne Erwerbszweck. b Den 178 Betriebe mit Betriebsrat innerhalb des Common Support wurden aus dem Reservoir der Betriebe ohne Betriebsrat 71 zum Teil mehrmals (mit Zurücklegen) hinzugematcht.
Anhang 2 Mittelwertvergleiche der Outcomevariablen nach dem Matching 3 * Verfahren mit Zurücklegen *
a
Betriebe mit BR
Betriebe ohne BR
mit WB 1999 2001 2003 2005 mit WB 1999 2001 2003 2005
0,84 0,85 0,84 0,83
0,79 0,80 0,81 0,79
0,25 0,21 0,30 0,28
0,26 0,17 0,26 0,22
N
178
71
privatwirtschaftliche Betriebe mit 21 bis 100 Beschäftigte ohne Landwirtschaft und Org. ohne Erwerbszweck.
Verbreitung von Betriebsräten und ihr Einfluss auf die betriebliche Weiterbildung • 503
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Jahrbücher f. Nationalökonomie u. Statistik (Lucius & Lucius, Stuttgart 2006) Bd. (Vol.) 226/5
Works Councils, Labor Productivity and Plant Heterogeneity: First Evidence from Quantile Regressions By Joachim Wagner, Lueneburg, Thorsten Schank, Claus Schnabel, Erlangen-Nuernberg, and John T. Addison, Columbia/South Carolina* JEL J50 Labor productivity, works councils, quantile regressions, heterogeneous firms.
Summary Using OLS and quantile regression methods and rich cross-section data sets for western and eastern Germany, this paper demonstrates that the impact of works council presence on labor productivity varies between manufacturing and services, between plants that are or are not covered by collective bargaining, and along the conditional distribution of labor productivity. No productivity effects of works councils are found for the service sector and in manufacturing plants not covered by collective bargaining. Besides demonstrating that it is important to look at evidence based on more than one data set, our empirical findings point to the efficacy of supplementing OLS with quantile regression estimates when investigating the behavior of heterogeneous plants.
1.
Motivation
In Germany, workers in establishments with at least five permanent employees have the right to elect a works council. W o r k s councils have substantial information, consultation, and even codetermination rights. These rights as well as the number of councilors - both full-time and part-time - are increasing in establishment size (measured by the number of employees). N o t e that w o r k s councils while m a n d a t o r y are not automatic and, as a practical matter, their presence is sporadic in smaller establishments and near universal in large plants with 500 workers or more (for details, see Addison/Bellmann/Schnabel/Wagner 2004). In theory, works councils can be expected to have both positive and negative impacts on various dimensions of firm performance, such as labor productivity and profitability. The reason resides in the t w o faces of w o r k s councils: O n the one h a n d , w o r k s councils can use their powers to delay or modify management decisions and shift rents to the employees. O n the other hand, they can also improve the efficiency of the establishment through productive information exchange, consultation, and codetermination. A canonical reference for the theoretical discussion of these issues is the Freeman and Lazear (1995) model
* This p a p e r is a completely revised and augmented version of W a g n e r , Addison, Schnabel and Schank (2004). W e t h a n k t w o referees for helpful c o m m e n t s . T h e paper has been presented at the Econometric Society European Meeting ESEM 2 0 0 6 in Vienna.
506
J. Wagner, T. Schank, C. Schnabel, and J. T. Addison
that extends the well-known workplace union collective voice arguments of Freeman and Medoff (1984) to the specific case of works councils. It follows that establishing the direction and extent of works councils' net impact on economic performance is an empirical question. The econometric literature on German works councils is a work in progress, so that there is ongoing debate as to the consequences of the institution (for a comprehensive survey, see Addison/Schnabel/Wagner 2004). One problem that has not yet been dealt with in a convincing way is unobserved heterogeneity: plant diversity that is not reflected in the control variables used in the economists' models employed for investigating the cet. par. relationship between works council presence and the relevant performance indicator. To fix ideas, and to set the scene for the present inquiry, consider a core dimension of plant performance that has been analyzed in the empirical literature on works councils: establishment labor productivity, as measured by average value added per employee. A standard approach has been to estimate a single-equation model with productivity as the dependent variable and a set of factors that are related to productivity (e.g., percentage of skilled employees, hours worked per week, etc.) plus a dummy variable indicating the presence or otherwise of a works council as independent variables. Consider now the role of a variable that is not included in the set of determinants of productivity in the empirical model, namely, management competence. This omitted variable can be expected to have an impact on all dimensions of plant performance, including labor productivity. Highlyable managers will organize the production process in such a way that leads to rather high values of labor productivity for a given set of establishment characteristics, and conversely in the case of bad managers. In short, conditional on the productivity-determining characteristics of an establishment included in the empirical model, there will be over achievers (with able managers) and under performers (with incompetent managers). 1 The competence of company or plant management is a variable for which no measure (or proxy) is readily available from the surveys used to investigate the works councillabor productivity nexus, and unmeasured management competence leads to unobserved establishment heterogeneity. 2 The standard tools used in econometrics to control for unobserved heterogeneity cannot be used in this context for two reasons: First, the extant longitudinal data sets include only a small number of establishments that introduce or abandon works councils (see Addison/Bellmann/Schnabel/Wagner 2004), meaning that estimated coefficients from fixed effects models may be unreliable. Second, unobserved management quality and some of the determinants of labor productivity included in the empirical model tend to be correlated, so that coefficient estimates from random effects models are biased. Further, unmeasured management competence is not the only source of unobserved establishment heterogeneity. There are other variables that are relevant for productivity for which no information is available in survey data; the principal case in point for the data sets used here is the value of the capital stock, information on which could not be collected in interviews with the owner or manager. Acknowledging that establishments are heterogeneous in the sense discussed above, we have good reason to suspect that the effects of the variables included in an empirical 1
2
The terms over achievers and under performers are borrowed from a study on cross-country differences in economic growth by Barreto/Hughes (2004) that also uses quantile regression methods. Whereas we concentrate on unobserved plant heterogeneity, Renaud (2006) offers an analysis focussing on observed plant heterogeneity (proxied by the share of highly qualified employees).
Works Councils, Labor Productivity and Plant Heterogeneity • 507
model to explain labor productivity need not be the same for all firms. Consider the way managers and w o r k s councils interact. In Germany, w o r k s councils are sometimes regarded as factors of production or as 'co-managers.' It may well be the case that highly competent managers will cooperate with a works council in a way that materially enhances productivity; managers w h o are incompetent or w h o oppose w o r k s councils in principle will fail here, t o o . 3 In these circumstances, a positive impact of works councils will be found in over-achieving establishments (i.e., in plants that, conditional on their observed characteristics, have a rather high labor productivity), while either n o effect or a negative effect will be present in under-performing establishments. If we are interested in the relationship between labor productivity on the one hand and a set of plant characteristics (such as w o r k s council presence, establishment size, skill intensity, etc.) on the other, and if we regress labor productivity on these independent variables using ordinary least squares (OLS), there is no r o o m for plant heterogeneity of the kind discussed here. OLS assumes that the conditional distribution of labor productivity, given the set of plant characteristics, is homogeneous. This implies that, n o matter w h a t point on the conditional distribution is analyzed, the estimates of the relationship between labor productivity (the dependent variable) and the plant characteristics (the independent variables) are the same. If one w a n t s to test the empirical validity of this rather restrictive assumption, and if one is interested in the evaluation of the relative importance of the variables viewed as determining labor productivity at different points of the conditional distribution of labor productivity, one has to apply a different estimation technique that is tailor-made for this: quantile regression. A discussion of the technical details of quantile regression is beyond the scope of this paper. The basic references are the comprehensive treatise by Koenker (2005), the pioneering study by Koenker and Bassett (1978), and the survey by Buchinsky (1998); while Koenker and Hallock (2001) provide a useful non-technical introduction. Suffice it to say here that, in contrast to OLS (that gives information about the effects of the regressors at the conditional mean of the dependent variable only), quantile regression can provide parameter estimates at different quantiles of the conditional distribution of productivity. T h e estimated regression coefficients can be interpreted as the partial derivative of the conditional quantile of the dependent variable (here, labor productivity in a plant) with respect to a particular regressor (e.g., the presence or otherwise of a w o r k s council), namely, the marginal change in labor productivity at the k'11 conditional quantile due to a change in the works council status of the plant. For each quantile it can be shown whether the effect of a particular regressor is positive or negative, and h o w large this effect is compared to other quantiles. This method provides information about the heterogeneity of plants. N o t e that quantile regression is not the same as applying OLS to subsets of the data produced by dividing the complete data set into different percentiles of the dependent variable. This would mean that not all of the data are being used for each estimate, and it would introduce the familiar type of sample selection bias. In contrast, for each quantile regression estimate all of the data are being used, although some observations do get more weight than others. This paper contributes to the literature on w o r k s councils' effects by for the first time applying quantile regression methods to the study of the relationship between labor produc3
N o t e that in their classic analysis of union efficiency effects, Freeman/Medoff (1984) not only stress the beneficial effects of collective voice, but also point to the importance of management response.
508 • J. Wagner, T. Schank, C. Schnabel, and J. T. Addison
tivity and w o r k s council presence. 4 O u r discussion is organized as follows. Section 2 gives information on the plant-level data sets and the empirical models used. Section 3 reports a n d comments on the findings f r o m the econometric investigation. Section 4 concludes. 2.
Data and empirical models
Following H a m e r m e s h ' s (2000, p. 376) dictum that "the credibility of a new finding that is based on carefully analyzing t w o data sets is far more than twice that of a result based only on o n e " , our empirical investigation will use t w o plant level data sets. The first data set was collected in personal interviews conducted as part of a panel study, Das Hannoveraner Firmenpanel, investigating various aspects of firm behavior and firm performance. The population covered encompasses all manufacturing establishments with at least five employees in the state of Lower Saxony. W e use the first (and largest) wave of this panel containing data for 1994. The interviews were conducted with the owner or top manager of the firm. Details of the H a n n o v e r Firm Panel data and h o w it can be accessed by researchers is given in Gerlach, Hiibler, a n d Meyer (2003). The second data set we employ is the IAB Establishment Panel of the Institute for Employment Research of the Federal Labor Agency. Each year since 1993 (1996), this panel has surveyed several thousand establishments (with at least one employee covered by social insurance) f r o m all sectors of the economy in western (eastern Germany). We m a k e use of the wave in 2 0 0 0 since in this year the sample was substantially increased and information on the existence of works councils and profit sharing schemes was obtained. T h e data are again collected in personal interviews with the owners or t o p managers of the plant. Since the panel is created to serve the needs of the Federal Labor Agency, its focus is on employment-related matters, including establishment performance. Kolling (2000) provides a detailed description of the IAB Establishment Panel. The empirical model used here to investigate the relationship between labor productivity and the presence or not of a w o r k s council is an augmented version of that used in an earlier contribution by (three of) the present authors that investigated the effects of w o r k s councils on various aspects of establishment performance (see Addison/Schnabel/Wagner 2001). Details of the model specification slightly differ for the t w o data sets due to data availability. Using data f r o m the H a n n o v e r Firm Panel study the dependent variable is labor productivity, proxied by value added per employee. As independent variables, and in addition to a d u m m y variable for w o r k s council presence, we include establishment size (number of employees) and its square, as well as the status of the establishment as a branch plant to pick up possible internal and external factors conveying organizational and scale advantages. The productivity effects of h u m a n capital are captured by three variables describing the employment structure: the shares of females, skilled blue-collar workers, and academically-trained workers in employment. Another regressor, the p r o p o r t i o n of part timers, is mechanically linked to value-added per head. For its part, the modernity of the physical capital stock is expected to lead to higher productivity, and the same holds for higher capacity utilization, a longer w o r k week, the presence of shift working, and
4
Although they have not been deployed previously in the works council literature, quantile regressions have been used in a number of firm productivity studies. Examples include analyses of the productivity effects of foreign ownership in Greece (Dtmelis/Louri 2002), of exporting in Turkey (Yasar/Nelson/Rejesus 2003), and of teleworking in Denmark (Kaiser 2004).
W o r k s Councils, Labor Productivity and Plant Heterogeneity • 5 0 9
enhanced market share (i.e., price setting power). Dummy variables for the presence or otherwise of profit sharing schemes for both workers and managers are included to model any tendency they might have to stimulate higher productivity. Following Jirjahn (2003), the empirical model furthermore includes an interaction term of the two dummy variables indicating the presence or otherwise of a works council and profit sharing for managers. Jirjahn (2003) finds that works councils seem to be of particular importance for the economic success of establishments when no managerial profit sharing is in place. Finally, we control for the age of the establishment and for industry affiliation. The empirical model fitted to the IAB Establishment Panel data follows the above specification as closely as possible. As before, the dependent variable is value added per employee. We include the following regressors: a dummy for works council presence, the number of employees and its square, a dummy variable indicating that the establishment is a branch plant, the shares of female employees, skilled and part-time workers, the modernity of the capital stock, normally worked hours per week, a dummy variable for employee profit sharing, the age of the establishment and industry dummies. Each of these variables is also included in the specification based on the Hannover Firm Panel. Unfortunately, unlike the Hannover Firm Panel, the IAB Establishment Panel does not provide information on profit sharing for managers, so that this variable and its interaction with works council presence cannot be included. In addition, we could not use variables on shift work, capacity utilization and the market share. In an important recent contribution to the debate on works councils' impact on firm performance, Hubler and Jirjahn (2003) use a bargaining model to derive the hypothesis that, in establishments covered by collective bargaining agreements, works councils are more likely to be constrained in their rent-seeking activities than their counterparts in uncovered establishments and hence more likely to focus on production issues. Their empirical analysis confirms this hypothesis: the presence of works councils exerts a positive impact on productivity within the covered industrial relations regime but not within the uncovered regime. T o investigate the validity of this hypothesis in an empirical approach that uses quantile regression to take care of plant heterogeneity, we shall split our sample into two subsamples for establishments covered by collective bargaining or otherwise, and investigate both subsamples separately. Furthermore, while the Hannover Firm Panel only includes plants from manufacturing industries in a single Land (of western Germany), the IAB Establishment Panel covers Germany as a whole, and it includes plants from all industries. Therefore, in our empirical investigation using this latter data set we separately look at plants from four groups: manufacturing industries and services in western and eastern Germany. This allows us, on the one hand, to replicate the results from the Hannover Firm Panel by analyzing the sub-sample of manufacturing plants in western Germany in the IAB Establishment Panel, while also taking a broader perspective on the other. Given that the survey data sets used here do not have information on either the physical capital stock of the establishment or the physical output produced, our findings must necessarily be viewed with some caution. Nevertheless, the data are rich enough to help us to learn more about the variation of the productivity-works council relationship along the conditional distribution of value added per employee. 5
5
Over-achieving plants may be expected to have a higher physical capital stock, but there is no reason to believe that the impact of a works council on productivity varies with the capital stock.
510 • J. Wagner, T. Schank, C. Schnabel, and J.T. Addison
3.
Results of the econometric investigation
In the first step of our econometric investigation, the empirical model is estimated by OLS using data for manufacturing plants f r o m Lower Saxony (taken f r o m the H a n n o v e r Firm Panel) and for manufacturing plants f r o m western Germany (taken f r o m the IAB Establishment Panel). Given our focus on the relationship between productivity and w o r k s councils, we only present the estimated coefficients of the works council d u m m y in Table 1, and d o not comment on the results for the other variables included in our empirical models. The full estimation results for plants covered/not covered by collective bargaining can be found in Tables 1 through 4 in the Appendix. 6 As can be seen f r o m the first panel and the first column of Table 1, for both data sets used the coefficient estimate of the w o r k s council d u m m y variable is positive and statistically significant (at an error level of less than one percent) for plants that are covered by collective bargaining only, while it is insignificant for the sub-samples of uncovered plants. This result is in line with the hypothesis and the findings of Hiibler and Jirjahn (2003). Furthermore, the point estimate reported for manufacturing plants that are covered by collective bargaining indicates that value added per employee is some 2 6 , 0 0 0 D M (or a b o u t € 13,000) higher in establishments with a w o r k s council compared to those without w h e n data f r o m the H a n n o v e r Firm Panel are used. The corresponding point estimates f r o m the IAB Establishment Panel are even higher (nearly 6 0 , 0 0 0 D M ) . These values are of course quite large f r o m an economic point of view. T o repeat, application of OLS implies that, no matter w h a t point o n the conditional distribution is analyzed, the estimate of the relationship between labor productivity and the plant characteristics is the same. T o test the empirical validity of this rather restrictive assumption, and to uncover the relative importance of the variables viewed as determining labor productivity at different points of the conditional distribution of value added per employee, quantile regression estimation is next applied. In this second step, we examine five points in the distribution, namely, at the 0.10, 0.25, 0.50, 0.75, and 0.90 quantiles. Detailed results are again consigned to the Appendix tables. The quantile regression coefficient estimates for the w o r k s council d u m m y variable in Table 1 confirm the insight of the OLS estimates that w o r k s councils d o not play a significant role for labor productivity in plants not covered by collective bargaining, irrespective of the data set used. For plants covered by collective bargaining, however, the point estimates and the statistical significance of the coefficient estimates for the w o r k s council d u m m y variable differ widely across the regressions for the various quantiles, and vis-à-vis the benchmark results f r o m the OLS regression. Looking first at manufacturing plants f r o m Lower Saxony, for the sub-sample of plants covered by collective bargaining the w o r k s council coefficients are positive but much smaller than in the OLS regression for all but the highest quantile investigated. Moreover, only for establishments at the very t o p of the conditional distribution of productivity is the works council coefficient estimate statistically significant at an error level of five percent or better. The null hypotheses that the coefficients of the w o r k s council d u m m y variable are equal between pairs of quantiles and across all quantiles may be tested using the variance-covariance matrix of the coefficients of the system of quantile regressions. As 6
All computations were done using Stata/SE 8.2. To facilitate replication and extensions the do-files for estimations using the the Hannover Firm Panel data and the IAB Establishment Panel data are available from the first and the second author, respectively, on request.
Works Councils, Labor Productivity and Plant Heterogeneity
511
Table 1 : Estimation Results for the Coefficient of the Works Council Dummy in Labor Productivity Regressions (dependent variable: log value added per employee) OLS estimates
0.10
Lower Saxony, covered by collective bargaining ( n = 4 5 8 ) Lower Saxony, not covered by collective bargaining ( n = 2 3 1 )
26.198 (0.004) 10.850 (0.556)
7.290 (0.521) 5.550 (0.744)
1.792 (0.840) 6.560 (0.707)
5.892 (0.425) -2.070 (0.907)
16.990 (0.059) -9.958 (0.652)
44.145 (0.000) 3.507 (0.929)
Western Germany, covered by collective bargaining ( n = 8 8 0 ) Western Germany, not covered by collective bargaining ( n = 3 6 0 )
59.716 (0.000) 7.958 (0.624)
10.733 (0.100) 14.404 (0.067)
17.384 (0.005) 6.937 (0.504)
27.571 (0.000) 2.006 (0.836)
24.883 (0.000) -2.938 (0.851)
22.186 (0.291) -0.626 (0.981)
Eastern Germany, covered by collective bargaining ( n = 3 4 9 )
38.128 (0.006)
28.055 (0.001)
19.319 (0.016)
26.351 (0.005)
40.908 (0.057)
1.437 (0.079)
Eastern Germany, not covered by collective bargaining ( n = 6 0 5 )
3.527 (0.682)
4.169 (0.598)
-3.534 (0.532)
-0.886 (0.870)
1.297 (0.904)
9.731 (0.600)
Western Germany, covered by collective bargaining ( n = 7 8 3 ) Western Germany, not covered by collective bargaining ( n = 6 2 6 )
69.422 (0.228) 34.255 (0.337)
9.443 (0.061) 12.990 (0.193)
10.289 (0.082) 9.994 (0.206)
4.635 (0.560) 15.068 (0.196)
17.276 (0.143) 5.723 (0.745)
21.223 (0.438) 37.725 (0.749)
Eastern Germany, covered by collective bargaining ( n = 3 2 1 ) Eastern Germany, not covered by collective bargaining ( n = 4 0 9 )
-1.162 (0.913) 5.641 (0.754)
5.347 (0.253) 16.015 (0.008)
2.750 (0.574) 8.770 (0.231)
6.934 (0.355) 14.708 (0.117)
0.794 (0.944) 2.176 (0.930)
-3.614 (0.876) 48.979 (0.288)
Sample
Quantile regression estimates 0.25 0.50 0.75
0.90
Manufacturing plants
Services plants
Notes: For a listing of the covariates used in the regressions see the Appendix Tables. Prob-values reported in parentheses. The prob-values for quantile regressions are based on standard errors bootstrapped with 100 replications. c a n be seen from T a b l e 2 the null hypothesis is rejected at an error level o f 3 percent o r smaller for the 0 . 9 0 quantile vs. all o t h e r quantiles in pairwise tests, a n d at the same e r r o r level in a j o i n t test f o r all quantiles. A l t h o u g h this result seems to s u p p o r t the n o t i o n o f special productivity-enhancing effects o f w o r k s councils in over-achieving plants, it c a n n o t be replicated for the larger sample o f m a n u f a c t u r i n g plants f r o m all states in western G e r m a n y . T h a t is, using the I A B data, the coefficient estimates are statistically significant at the five percent level in the 0 . 2 5 , 0 . 5 0 a n d 0 . 7 5 quantiles but n o t in the 0 . 1 0 and 0 . 9 0 quantiles. T h e null hypothesis o f equal coefficients between pairs o f quantiles and across all quantiles c a n n o t be rejected at the five percent level for all tests o t h e r t h a n the 0 . 1 0 vs. the 0 . 5 0 quantile. W h i l e we c a n n o t rule out the possibility t h a t the slightly different specifications o f the empirical models used and the different years analyzed play a role, these substantially different results illustrate t h a t it is i m p o r t a n t n o t t o base c o n c l u s i o n s on results f r o m a single data s e t . 7 7
As a case in point, in the earlier version of the present paper (2004) we argued on the basis of results for manufacturing plants in Lower Saxony alone that quantile regressions point to a positive impact of works councils only in over-achieving establishments (i.e., in plants that, conditional on their observed characteristics, have a very high labor productivity), with no statistically significant effect being recorded for the rest of the plants. We argued that our central finding of a positive
512
J. Wagner, T. Schank, C. Schnabel, and J.T. Addison
Table 2: Tests on the Equality of Works Council Dummy Coefficients (Establishments Covered by Collective Bargaining Only) Manufacturing plants Quantiles tested Pairwise 0.10 vs. 0.10 vs. 0.10 vs. 0.10 vs.
Lower Saxony
Western Germany
Eastern Germany
Services plants Western Germany
Eastern Germany
tests 0.25 0.50 0.75 0.90
0.54 0.90 0.47 0.01
0.28 0.02 0.19 0.59
0.26 0.88 0.57 0.33
0.87 0.55 0.52 0.67
0.51 0.83 0.70 0.70
0.25 vs. 0.50 0.25 vs. 0.75 0.25 vs. 0.90
0.58 0.15 0.00
0.07 0.44 0.81
0.43 0.31 0.21
0.40 0.53 0.69
0.53 0.86 0.78
0.50 vs. 0.75 0.50 vs. 0.90
0.17 0.00
0.77 0.79
0.38 0.27
0.21 0.53
0.58 0.64
0.75 vs. 0.90
0.03
0.8
0.47
0.87
0.84
Joint test for all quantiles
0.03
0.19
0.57
0.73
0.91
Note: The null hypothesis Is that the coefficients are equal between pairs of quantiles and across all quantiles. Test statistics are based on the variance-covariance matrix of the coefficients of the system of quantile regressions reported in Table 1. Table 2 reports the prob-values for the F-values; if the prob-value is less than the level of significance, the null hypothesis of equal coefficients is rejected.
Similar reasoning suggests the need to extend the investigation of productivity effects beyond the boundary of western German manufacturing industry, the focus of most industrial relations research. In particular, it should be interesting to determine whether works councils have similar productivity effects in eastern Germany (which has a completely different history of industrial relations and has adopted works only in the wake of unification) and in the private service sector. Results of using OLS and quantile regression to estimate the empirical model for manufacturing plants in eastern Germany are reported in the second panel of Table 1. In line with the results for manufacturing firms in western Germany, both the OLS and quantile regression estimates fail to indicate works council pro-productivity effects in plants not covered by collective bargaining. For firms covered by collective bargaining the effect of a works council on productivity is positive and statistically significant at the five percent level in the OLS estimation and in the regressions for the 0.10, 0.25 and 0.50 quantiles (but not for the 0.90 quantile of over achievers) in 2000. However, the null hypothesis that the coefficients of the works council dummy variable are equal between pairs of quantiles and across all quantiles cannot be rejected at a conventional level (see Table 2). Furthermore, when the OLS and quantile regressions are repeated for the year 2001, the results for the works council coefficient (which are not reported here but available on
impact of w o r k s councils in these over-achieving establishments alone might be due to the fact t h a t only highly competent managers of over-achieving establishments tend to cooperate with a w o r k s council in a way t h a t materially enhances productivity. Obviously, this conclusion is no longer valid given the results of estimations with the IAB panel data.
Works Councils, Labor Productivity and Plant Heterogeneity • 513
request) are almost always statistically insignificant, raising some doubt as to the robustness of the "works councils raise productivity" result in eastern Germany even for plants covered by collective bargaining. In the last step of our investigation, we look beyond manufacturing to the services sector, again considering plants from both parts of Germany. Results are reported in the lower panel of Table 1. Starting with plants not covered by collective bargaining, OLS and quantile regressions do not show any statistically significant effects of works councils on labor productivity at the five percent level, with the sole exception of the 0.10 quantile in eastern Germany. These results are broadly in line with our findings for manufacturing establishments. Contrary to the results for manufacturing, however, nor do works councils have an impact on labor productivity in service sector plants that are covered by collective bargaining. In other words, the Hübler and Jirjahn (2003) story does not seem to hold for services. This again underscores the insight that the impressive results from the Hannover Firm Panel cannot be readily generalized. To sum up, we find that the estimated impact of works councils on labor productivity varies between manufacturing and services, between eastern and western Germany, between plants that are or are not covered by collective bargaining, and along the conditional distribution of labor productivity. One of the few findings that is robust across data sets and estimation methods is that works councils in plants that are not covered by collective bargaining never have significantly higher labor productivity. The same applies for establishments and works councils in the service sector, be they covered by collective bargaining or not. For covered plants in manufacturing the estimated coefficients of the works council dummy variable are positive and statistically significant at the mean of the conditional distribution of labor productivity (i.e. when looking at results from OLS regressions), but not for all quantiles along this distribution. The different impact of works council presence on labor productivity in plants from different quantiles of the conditional productivity distribution points to unobserved firm heterogeneity as an important factor influencing the way works councils act and interact with management. The picture that emerges from our different subsamples and data sets is, however, far from clear enough to allow informed speculation on what might be going on here.
4.
Concluding remarks
Using OLS and quantile regression methods and rich cross-section data sets for manufacturing and services plants from western and eastern Germany, this paper has demonstrated that the impact of works council presence on labor productivity varies between manufacturing and services, between plants that are or are not covered by collective bargaining, and along the conditional distribution of labor productivity. N o productivity effects of works councils were found in the service sector and in manufacturing plants that are not covered by collective bargaining. While there is some evidence for pro-productivity effects of works council presence in manufacturing plants covered by collective bargaining, their magnitude and statistical significance differs widely and unsystematically along the conditional productivity distribution and between different sets of data. Besides demonstrating that it is important to look at evidence based on more than one data set, our empirical findings point to the need to supplement OLS (or any other econometric method that focuses on the conditional mean of a dependent variable) estimation with quantile regression when investigating the behavior of heterogeneous plants. To put it
514 • J. Wagner, T. Schank, C. Schnabel, and J.T. Addison
differently, and to quote Buchinsky (1994, p. 453): "'On the average' has never been a satisfactory statement with which to conclude a study on heterogeneous populations." Appendix 1: Labor Productivity Estimations, Lower Saxony (Dependent Variable: Log Value Added per Employee in Lower Saxony, Manufacturing Establishments Covered by Collective Bargaining, 1994)
Variable Works council (Dummy; 1 = plant has a works council) Plant size (Number of employees) Plant size squared
OLS
26.198 (0.004) -0.026 (0.149) 8.36e-06 (0.196) Branch plant status 6.771 (0.465) (Dummy; 1 = firm is a branch plant) Plant age -11.449 (Dummy; 1 = plant founded before 1960) (0.075) -0.740 Percentage of female employees (0.000) -0.254 Percentage of skilled workers (0.069) (Facharbeiter) Percentage of employees with a university 0.749 (0.184) or polytech degree Percentage of part time employees -0.583 (0.026) Shiftwork 10.512 (0.162) (Dummy; 1 = plant has shift work) -1.581 Number of normal weekly hours (0.539) Index of capacity utilisation 4.420 (from 1 = under 85% to (0.011) 6 = more than 100%) 16.999 Advanced production technology (0.005) (Dummy; 1 = plant has state-of-the-art technology) 2.393 Profit sharing for the workforce (0.793) (Dummy; 1 = yes) Profit sharing for management 11.347 (0.291) (Dummy; 1 = yes) 0.278 Works council * profit sharing for (0.982) management (Interaction term of two dummy variables) Market share for most important product 5.833 (0.354) line in most important market (Dummy; 1 = over 5 % ) 141.547 Constant (0.168) Number of observations 458 0.349 R2 Pseudo R2
Quantile Regression 0.50 0.75
0.10
0.25
0.90
7.290 (0.521) 0.003 (0.893) -4.14e-06 (0.817) -4.017 (0.714) -5.688 (0.361) -0.407 (0.059) -0.130 (0.430) 0.896 (0.137) -0.364 (0.110) 9.026 (0.203) -5.136 (0.030) 4.242 (0.042)
1.792 (0.840) -0.013 (0.554) 1.11e-05 (0.469) 1.082 (0.905) -4.187 (0.470) -0.293 (0.090) -0.104 (0.456) 0.709 (0.208) -0.515 (0.009) 8.417 (0.243) -3.140 (0.233) 5.387 (0.002)
5.892 (0.425) -0.002 (0.923) 5.34e-06 (0.701) 9.835 (0.329) -13.455 (0.026) -0.312 (0.109) -0.123 (0.370) 0.825 (0.194) -0.705 (0.000) 11.862 (0.129) -0.756 (0.767) 4.340 (0.065)
16.990 (0.059) -0.006 (0.847) 2.89e-06 (0.856) 17.864 (0.174) -10.796 (0.082) -0.643 (0.010) -0.092 (0.647) 1.035 (0.265) -0.843 (0.006) 15.598 (0.110) -0.788 (0.757) 5.092 (0.025)
44.145 (0.000) -0.016 (0.768) -6.47e-07 (0.981) 21.859 (0.308) -10.366 (0.345) -1.008 (0.005) -0.493 (0.066) 1.625 (0.140) -0.881 (0.212) -4.925 (0.693) 1.511 (0.758) 1.733 (0.559)
8.722 (0.052)
6.470 (0.161)
8.373 (0.161)
11.950 (0.129)
22.253 (0.025)
1.586 (0.865) 6.537 (0.638) 0.770 (0.959)
0.811 (0.921) -6.949 (0.506) 19.806 (0.096)
0.178 (0.981) 2.165 (0.867) 8.765 (0.511)
3.531 (0.794) 10.269 (0.506) -5.708 (0.723)
22.686 (0.389) 22.668 (0.235) -25.002 (0.327)
4.105 (0.481)
4.054 (0.479)
2.027 (0.768)
0.684 (0.930)
-14.113 (0.350)
234.738 (0.010) 458
177.557 (0.071) 458
115.454 (0.242) 458
124.285 (0.205) 458
91.909 (0.625) 458
0.239
0.227
0.243
0.300
0.362
Notes: (1) Prob-values reported in parenthesis; the prob-values for quantile regressions are based on standard errors bootstrapped with 100 replications. (2) All regressions include dummy variables for 31 manufacturing industries. Source: Hannover Firm Panel, wave 1, 1994
Works Councils, Labor Productivity and Plant Heterogeneity
515
Appendix 2: Labor Productivity Estimations, Lower Saxony (Dependent Variable: Log Value Added per Employee in Lower Saxony, Manufacturing Establishments Not Covered by Collective Bargaining, 1994)
Variable
OLS
Works council (Dummy; 1 = plant has a works council) Plant size (Number of employees) Plant size squared
10.850 (0.556) -0.055 (0.639) 2.18e-08 (0.803) Branch plant status 14.523 (Dummy; 1 = firm is a branch plant) (0.467) Plant age 17.656 (Dummy; 1 = plant founded before 1960) (0.101) Percentage of female employees -0.708 (0.039) Percentage of skilled workers 0.281 (Facharbeiter) (0.272) Percentage of employees with a university 1.422 or polytech degree (0.106) -0.535 Percentage of part time employees (0.034) Shiftwork 41.259 (Dummy; 1 = plant has shift work) (0.012) Number of normal weekly hours 1.543 (0.605) Index of capacity utilisation 3.119 (from 1 = under 85% to (0.276) 6 = more than 100%) Advanced production technology -7.549 (Dummy; 1 = plant has state-of-the-art (0.474) technology) Profit sharing for the workforce 8.713 (Dummy; 1 = yes) (0.528) Profit sharing for management 25.173 (Dummy; 1 = yes) (0.050) Works council * profit sharing for -15.244 management (0.456) (Interaction term of two dummy variables) Market share for most important product -14.548 line in most important market (0.231) (Dummy; 1 = over 5 % ) Constant 38.999 (0.755) Number of observations 231 R2 0.307 Pseudo R2 Notes: (1) See Appendix 1, Notes (1)-(2). Source: Hannover Firm Panel, wave 1, 1994
Quantile Regression 0.50 0.75
0.10
0.25
0.90
5.550 (0.744) 0.082 (0.598) 1 98e-08 (0.945) -19.192 (0.439) -7.970 (0.445) -0.273 (0.330) 0.135 (0.406) -0.574 (0.615) -0.268 (0.270) 7.306 (0.633) -0.514 (0.851) 5.737 (0.030)
6.560 (0.707) 0.022 (0.876) 1 06e-05 (0.963) 6.400 (0.844) -13.489 (0.171) -0.532 (0.066) -0.047 (0.782) 0.003 (0.998) -0.435 (0.102) 14.931 (0.227) -1.094 (0.685) 4.240 (0.207)
-2.070 (0.907) -0.006 (0.967) 1,99e-05 (0.940) 42.561 (0.160) -8.855 (0.388) -0.852 (0.013) -0.039 (0.840) 1.291 (0.295) -0.413 (0.157) 17.748 (0.125) -2.962 (0.281) 6.026 (0.078)
-9.948 (0.652) -0.033 (0.850) -1.38e-05 (0.974) 31.361 (0.223) 8.446 (0.550) -0.679 (0.101) -0.066 (0.791) 1.191 (0.444) -0.639 (0.152) 25.431 (0.095) -2.527 (0.467) 6.168 (0.070)
3.507 (0.929) -0.026 (0.940) -4.02e-05 (0.947) 16.352 (0.653) -11.521 (0.543) -0.482 (0.473) 0.123 (0.816) 3.244 (0.185) -0.857 (0.172) 53.143 (0.059) 0.053 (0.993) 5.466 (0.364)
-4.146 (0.654)
-3.170 (0.732)
-3.108 (0.750)
-3.288 (0.824)
-1.596 (0.941)
4.049 (0.699) 4.049 (0.734) -12.641 (0.435)
7.768 (0.450) 7.617 (0.528) -11.264 (0.535)
19.198 (0.038) 9.488 (0.413) -14.125 (0.464)
11.651 (0.302) 7.079 (0.627) 2.495 (0.912)
3.567 (0.864) 25.988 (0.315) -22.406 (0.649)
-11.550 (0.172)
4.699 (0.559)
2.508 (0.792)
-11.745 (0.386)
-15.322 (0.563)
75.589 (0.469) 231
111.504 (0.260) 231
200.394 (0.052) 231
217.731 (0.096) 231
123.173 (0.625) 231
0.195
0.168
0.188
0.273
0.310
516 • J. Wagner, T. Schank, C. Schnabel, and J.T. Addison
Appendix 3: Labor Productivity Estimations, Western Germany (Dependent Variable: Log Value Added per Employee in Western Germany, Manufacturing Establishments Covered by Collective Bargaining, 2000)
Variable Works council (Dummy; 1 = plant has a works council) Plant size (Number of employees) Plant size squared
OLS
59.716 (0.000) 0.006 (0.348) -7.87e-08 (0.589) Branch plant status 61.960 (Dummy; 1 = firm is a branch plant) (0.025) Plant age -10.274 (Dummy; 1 = plant founded before 1980) (0.571) Percentage of female employees 0.616 (0.591) Percentage of skilled employees 0.189 (0.562) Percentage of part time employees -1.671 (0.083) Number of normal weekly hours 8.190 (0.148) Advanced production technology 17.094 (Dummy; 1 = up-to-date/state-of-the-art (0.079) technology) -2.031 Profit sharing for the workforce (Dummy; 1 = yes) (0.870) Constant -217.191 (0.371) Number of observations 880 R2 .087 Pseudo R2
Quantile Regression 0.50 0.75
0.10
0.25
10.733 (0.100) 0.006 (0.097) 1.80e-08 (0.971) 17.055 (0.035) 12.305 (0.041) -0.363 (0.014) -0.029 (0.766) -0.259 (0.123) -7.423 (0.006) 0.146 (0.978)
17.384 (0.005) 0.005 (0.391) 2.79e-08 (0.963) 12.891 (0.037) 5.543 (0.317) -0.326 (0.052) 0.142 (0.222) -0.392 (0.003) -4.203 (0.012) 4.338 (0.287)
27.571 (0.000) 0.011 (0.093) -1.53e-07 (0.836) 23.273 (0.016) -0.837 (0.879) -0.223 (0.203) 0.228 (0.028) -0.688 (0.000) -3.063 (0.152) 7.078 (0.187)
24.883 (0.008) 0.011 (0.270) -2.00e-07 (0.860) 44.607 (0.016) 2.442 (0.786) -0.394 (0.200) 0.158 (0.392) -1.141 (0.002) 1.760 (0.584) 19.358 (0.027)
22.186 (0.291) 0.023 (0.073) -5.09e-07 (0.616) 78.561 (0.007) -18.635 (0.265) -1.058 (0.056) 0.210 (0.583) -2.040 (0.003) 1.211 (0.832) 11.289 (0.489)
10.719 (0.085) 330.498 (0.002) 880
11.448 (0.105) 217.324 (0.001) 880
17.587 (0.016) 195.370 (0.020) 880
23.723 (0.021) 79.424 (0.516) 880
8.746 (0.537) 327.059 (0.164) 880
0.131
0.116
0.115
0.114
0.156
Notes: (1) See Appendix 1, Note (1) (2) All regressions include dummy variables for 15 manufacturing industries. Source: IAB Establishment Panel, waves 8, 2000
0.90
Works Councils, Labor Productivity and Plant Heterogeneity • 517
Appendix 4: Labor Productivity Estimations, Western Germany (Dependent Variable: Log Value Added per Employee in W e s t G e r m a n y , Manufacturing Establishments N o t Covered by Collective Bargaining, 2 0 0 0 )
Variable Works council (Dummy; 1 = plant has a works council) Plant size (Number of employees) Plant size squared
OLS
7.958 (0.624) 0.064 (0.300) -3.17e-05 (0.526) Branch plant status 7.781 (Dummy; 1 = firm is a branch plant) (0.819) Plant age -6.065 (Dummy; 1 = plant founded before 1980) (0.651) Percentage of female employees 0.147 (0.557) Percentage of skilled employees 0.186 (0.284) -0.899 Percentage of part time employees (0.000) Number of normal weekly hours 1.835 (0.354) Advanced production technology 20.620 (Dummy; 1 = up-to-date/state-of-the-art (0.052) technology) Profit sharing for the workforce 46.203 (Dummy; 1 = yes) (0.074) Constant 6.216 (0.941) Number of observations 360 R2 0.158 Pseudo R2
Quantile Regression 0.50 0.75
0.10
0.25
14.404 (0.067) 0.075 (0.199) 3.3e-05 (0.591) -8.426 (0.649) -0.203 (0.975) -0.016 (0.938) 0.299 (0.058) -0.150 (0.451) 2.831 (0.105) 12.143 (0.040)
6.937 (0.504) 0.083 (0.193) -3.6e-05 (0.544) 11.529 (0.442) 0.268 (0.972) -0.067 (0.743) 0.098 (0.527) -0.387 (0.068) 1.117 (0.466) 10.372 (0.146)
2.006 (0.836) 0.140 (0.042) -8.7e-05 (0.234) 0.633 (0.975) 1.801 (0.828) -0.086 (0.729) 0.101 (0.477) -0.583 (0.012) 0.271 (0.870) 14.815 (0.027)
-2.938 (0.851) 0.115 (0.199) -2.0e-05 (0.820) 7.128 (0.836) -11.934 (0.436) 0.205 (0.666) 0.362 (0.121) -0.962 (0.011) 6.453 (0.105) 10.262 (0.410)
0.90 -0.626 (0.981) 0.110 (0.396) -4.6e-05 (0.643) 4.459 (0.965) 15.945 (0.545) 1.199 (0.068) 0.126 (0.712) -1.008 (0.029) 5.954 (0.323) 22.724 (0.341)
15.344 (0.122) -113.452 (0.127) 360
10.157 (0.298) -7.806 (0.909) 360
6.778 (0.591) 63.144 (0.404) 360
28.501 (0.225) -138.523 (0.417) 360
115.277 (0.113) -101.295 (0.689) 360
0.133
0.111
0.115
0.113
0.164
Notes: (1) See Appendix 1, footnote (1) and Appendix 3, footnote (2). Source: IAB Establishment Panel, waves 8, 2000
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518 • J. Wagner, T. Schank, C. Schnabel, and J.T. Addison
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Jahrbücher f. Nationalökonomie u. Statistik (Lucius & Lucius, Stuttgart 2006) Bd. (Vol.) 226/5
Mikroökonometrische Evaluation der ökonomischen Wirkungen betrieblicher Mitbestimmung Möglichkeiten und Grenzen des Matching-Ansatzes Microeconometric Evaluation of Economic Effects of Workers Participation - Options und Limits of the Matching Approach Von Birgit Schultz, Halle* JEL C14, J50 Workers participation, works councils, microeconometric evaluation, matching method.
Summary The evaluation of economic effects of workers participation is not simple from the methodical point of view because of specific characteristics of establishments with works councils. Especially recent studies show contradictory results. In this study problems are pointed out, discussed, and options for solution are presented on the example of workers participation in East German establishments of industry and construction by the IAB-Establishment Panel. An optimal matching-algorithm which supplies good matching-results for small samples to assign 'statistical establishment-twins' is applied. But by reason of very short primarily spells it can only calculate short time effects. Therefore, the matching method is additionally used to construct longer observation periods. By this new application establishments with recently founded works councils are matched with so called 'proxy establishments' with existing works councils. As a result short observation periods are prolonged and information about long-term effects can be given. The effects on productivity, profitability and qualification level of employees show neither in short-term nor in long-term a significant impact on workers' participation.
1.
Einleitung
Bisherige Analysen zu Wirkungen von betrieblicher Mitbestimmung k o m m e n teilweise zu unterschiedlichen Ergebnissen. W ä h r e n d ältere Untersuchungen zumeist positive Effekte insbesondere bezüglich der W i r k u n g auf die Produktivität nachweisen und somit die Mehrzahl der theoretischen Überlegungen zur betrieblichen Mitbestimmung belegen, können neuere Analysen, die sich teils auch einer anderen, neuen Methodik bedienen dies nicht mehr zeigen. Allerdings steht die A n w e n d u n g neuerer M e t h o d e n in dem Bereich der Evaluation von Mitbestimmungseffekten erst am Anfang und bedarf einer Weiterentwicklung. Bereits damit wird klar, dass die Diskussion über die ökonomische W i r k u n g von
* Ich danke meinen Kollegen Joachim Wilde, Cornelia Lang und Eva Reinowski sowie den beiden anonymen Gutachtern für hilfreiche Kommentare.
520 • B. Schultz
betrieblicher Mitbestimmung nicht abgeschlossen, sondern nach wie vor wissenschaftlich relevant ist. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich je nach theoretischem Ansatz völlig unterschiedliche Effekte auf die einzelnen ökonomischen Größen ableiten lassen. So ist nach dem Eigenwert-Ansatz, dem Voice-Ansatz, dem Ear-Ansatz und dem Kündigungsschutz-Ansatz von einem positiven Effekt auf die Produktivität in den Betrieben auszugehen. 1 Hingegen deuten der Umverteilungsansatz und der Ineffizienz-Ansatz eher auf einen negativen Produktivitätseffekt hin. 2 Auf ähnliche Effekte weisen diese Ansätze bei der Ertragslage oder der Innovationstätigkeit der Betriebe hin.^ Nicht zuletzt spiegelt sich in den einzelnen Ansätzen auch eine spezifische Herangehensweise wider, die entweder einen positiven oder negativen Effekt der betrieblichen Mitbestimmung in den Vordergrund der Betrachtung stellt. Daneben zeigen deskriptive Analysen (vgl. Tabelle 1) von Betrieben mit und ohne Betriebsrat f ü r die erfolgsrelevanten Indikatoren ein wesentlich besseres Bild bei Betrieben mit Betriebsräten. So haben Betriebe mit einem Betriebsrat eine signifikant höhere Produktivität (fast doppelt so hoch), sie haben wesentlich mehr Beschäftigte, die durchschnittlich eine höhere Qualifikation haben und schätzen ihre Ertragslage auch tendenziell etwas besser ein. Dies f ü h r t erst einmal zu der Annahme, dass die betriebliche Mitbestimmung im Z u s a m m e n h a n g mit einer positiven ökonomischen Performance in den Betrieben steht. O b dies durch einen Betriebsrat bedingt ist oder o b d a f ü r auch andere Ursache in Frage k o m m e n , beispielsweise der Größeneffekt eine selbstverstärkende W i r k u n g hat, kann a u f g r u n d der Deskription nicht aufgezeigt werden. Dieser unklare ursächliche Z u s a m m e n h a n g und die sehr ausgeprägte positive ökonomische Performance der Betriebe, die über das M e r k m a l Betriebsrat verfügen, könnten Ursachen für die bislang unterschiedlichen empirischen Ergebnisse sein. Es scheint hier ein P h ä n o m e n vorzuliegen, das mehrdimensional wirkt und dazu f ü h r t , dass sich die theoretisch postulierten monokausalen Wirkungsketten nicht einfach empirisch nachweisen lassen. Die Interpretation einer empirische Analyse steht damit auch immer im Z u s a m m e n h a n g mit den A n n a h m e n , auf denen sie beruht. Aufgrund dieser Problematik wird im folgenden nach einer kurzen Darstellung bisheriger empirischer Analysen zu diesem T h e m a ein Matching-Ansatz vorgestellt, der einige methodische Probleme der bisherigen Studien vermeidet. In diesem werden zwei Szenarien a n h a n d von „Zwillings-Betrieben" nachgebildet. In dem einen Szenario wird ein Betriebsrat gegründet, im alternativen läuft der Status q u o weiter. Der Vorteil an diesem Verfahren ist die Fokussierung auf die G r ü n d u n g eines Betriebsrates und die Beobachtung der weiteren Entwicklung im Vergleich zum Status quo. In diesem Design ist das einzige M e r k m a l , das sich kontrolliert ändert, die Errichtung eines Betriebsrates. Am Ende der beiden parallel laufenden Szenarien werden die Produktivität, die Ertragslage sowie der Anteil der qualifizierten Beschäftigten als Evaluationskriterien bewertet. Ein Unterschied in den Erfolgskriterien im Vergleich zum Status q u o lässt sich so dem Betriebsrat
1
2
3
Z u m Eigenwert-Ansatz vgl. bspw. Bowles/Gintis (1993, 1996), Archer (1996) oder Vogt (1996); der Voice-Ansatz geht auf Hirschman (1970) zurück, vgl. auch Freeman (1976), Aoki (1986), Freematt/Lazear (1995), Kleiner/Lee (1997) oder Lazear (1998). Der Ear-Ansatz k a n n mit d e m Voice-Ansatz verbunden sein oder eigenständig wirken, vgl. Breisig (1996). Z u m Umverteilungsansatz vgl. Jensen/Meckling (1979), Wenger (1989) oder Pejovich (1990); zum Ineffizienz-Ansatz vgl. FitzRoy/Kraft (1985, 1987). Vgl. Dilger (2002, S. 65ff.)
Mikroökonometrische Evaluation betrieblicher Mitbestimmung • 521
Tabelle 1: Deskriptive Statistik ausgewählter Merkmale der Betriebe mit neu gegründetem Betriebsrat, bereits bestehendem Betriebsrat und ohne Betriebsrat sowie Mittelwertvergleich Merkmal
Anzahl der Betriebe Anzahl der Beschäftigten t-2* Anzahl der Beschäftigten t-1* Anzahl der Beschäftigten t=0* Anzahl der Beschäftigten t+1* Produktivität t-2* b (in Euro) Produktivität t=0* b (in Euro)
Betriebe mit neu gegründetem Betriebsrat*
Betriebe mit bereits bestehendem Betriebsrat*
Betriebe ohne Betriebsrat4
53 87,9 (87,7) 90,8 (94,2) 92,0 (97,0) 93,5 (101,2) 45.882,8 (26.531,3) 66.650,8 (42.225,7)
673 265,9 (268,2) 241,1 (386,6) 237,9 (365,4) 237,6 (371,6) 66.675,4 (112.142,7) 77.119,9 (124.132,4)
1603 25,2 (38,2) 25,7 (39,2) 25,8 (41,5) 25,4 (41,4) 39.228,5 (39.789,5) 40.981,0 (52.263,8)
p-Wert^
0,000 0,000 0,000 0,000 0,227 0,000
Angaben in % Anteil weiblicher Beschäftigter t-1 * Anteil weiblicher Beschäftigter t=0* Anteil qualifizierter Beschäftigter t-1* Anteil qualifizierter Beschäftigter t+1 * Ertragslage sehr gute/ gute Ertragslage t-1 * sehr gute/ gute Ertragslage t+1* Tarifbindung Branchentarifvertrag t-1* Branchentarifvertrag t=0* Haustarifvertrag t-1 * Haustarifvertrag t=0* Rechtsform Einzelunternehmen Personengesellschaft (KG, OHG, GbR) GmbH Kapitalgesellschaft (AG, KGaG) Eigentum ostdeutsch westdeutsch ausländisch Branche (ausgewählte Bereiche) Nahrungs- und Genussmittelherstellung Textil- und Bekleidungsgewerbe Holzgewerbe Chemische Industrie Glasgewerbe, Keramik Metallerzeugung und -bearbeitung Metallerzeugnisse, Stahlund Leichtmetallbau Maschinenbau Kraftwagen Elektrotechnik Feinmechanik, Optik Bauhauptgewerbe Bauinstallation
25,2 26,0 75,6 77,9
(23,2) (23,8) (23,6) (21,0)
22,1 24,0 82,8 83,1
(17,6) (18,9) (16,0) (17,0)
24,1 24,2 66,3 66,9
(23,9) (24,2) (25,5) (25,7)
0,745 0,608 0,009 0,002 0,232
32,1 39,6
32,7 34,2
31,8 28,5
32,1 34,0 3,8 7,5
64,6 55,6 18,6 19,2
24,1 22,8 5,9 6,1
0 7,5 86,8 1,9
1,0 3,7 87,1 6,8
39,6 7,0 51,8 0,8
43,4 35,8 7,5
35,8 41,6 15,0
42,1 50,5 0,9
3,8 3,8 9,4 3,8 7,5 9,4 5,7
4,3 1,5 4,8 10,3 6,2 6,5 6,2
4,9 2,3 8,9 5,6 4,0 5,3 6,4
0,715 0,489 0,885 0,565 0,199 0,192 0,823
5,7 5,7 9,4 5,7 9,4 7,5
7,1 6,5 9,8 11,1 2,8 0,6
7,7 3,1 6,6 12,6 5,8 7,6
0,587 0,301 0,407 0,273 0,270 0,986
0,254
0,000
0,000
Werte in Klammern geben die Standardabweichung an. b Produktivität wird errechnet als Quotient aus dem Umsatz vermindert um die Vorleistungen und den Beschäftigten. c t-Test, Chi-Quadrattest bzw. Kontingenzkoeffizient für die Gruppe der Betriebe mit neu gegründetem Betriebsrat und der Gruppe Betriebe ohne Betriebsrat. * t-n bezeichnet die Periode bezogen auf den Zeitpunkt der erstmaligen Nennung eines Betriebsrates, für Betriebe mit bereits bestehendem Betriebsrat und Betriebe ohne Betriebsrat ist t=0 die jeweils dritte verfügbare Welle nach dem erstmaligen Auftreten im Panel. Quelle: lAB-Betriebspanel, eigene Berechnungen.
a
522 • B. Schultz
ursächlich zuordnen. D a mit der ursprünglichen Teilnehmergruppe aufgrund kurzer Beobachtungsperioden nur kurzfristige Effekte ermittelt werden können, wird zusätzlich ein neuer Anwendungsfall des Matching-Verfahrens eingeführt, der diese kurzen Spells a d ä q u a t verlängert und so Aussagen über längerfristige Effekte erlaubt. N a c h einer kurzen Darstellung des Standes der empirischen Forschung im nächsten Kapitel, wird in Kapitel 3 das mikroökonometrische Evaluationsproblem und dessen Lösung mit Hilfe eines Matching-Ansatzes vorgestellt. D a n a c h wird in Kapitel 4 und 5 die Datengrundlage sowie die Bildung der Teilnehmergruppen und die Auswahl der MatchingVariablen beschrieben. In Kapitel 6 werden die Evaluationskriterien hergeleitet und im nachfolgenden Kapitel die Verlängerung der Betriebsbiografien durch die V e r k n ü p f u n g mit Stellvertreter-Betrieben modelliert. Im letzten Kapitel werden die Ergebnisse und Schlussfolgerungen präsentiert. 2.
Stand der empirischen Forschung
In den bisherigen Untersuchungen zur betrieblichen Mitbestimmung w u r d e n insbesondere deren W i r k u n g auf ökonomische Größen wie Effizienz, Verteilung und Organisation analysiert. Einen Überblick dazu geben beispielsweise Franz (2005) oder Jirjahn (2005) und diskutieren diese kritisch. Bei älteren Untersuchungen findet sich teilweise empirische Evidenz f ü r einige der theoretisch zu erwartenden Effekte. 4 Bei den neueren Arbeiten hingegen gibt es k a u m Belege, dass die postulierten Effizienzgewinne sonderlich hoch sind, teilweise sind sie widersprüchlich. 5 So finden beispielsweise Frick und Möller (2003) oder Frick (2005) einen positiven Produktivitätseffekt bei Existenz eines Betriebsrates. Schank, Schnabel und Wagner (2004) k ö n n e n hingegen keine signifikante Effizienzwirkung belegen. Wird der Einfluss der betrieblichen Mitbestimmung bei Investitionstätigkeit bzw. Innovationen als Kriterium herangezogen, können wiederum verschiedene Ergebnisse beobachtet werden. Keinen signifikanten Effekt finden beispielsweise Addison et al. (2005) oder Hübler (2003). Bei Jirjahn und Kraft (2005) haben Betriebsräte einen positiven Einfluss, und nach den Ergebnissen von Addison et al. (2004a) zeigen Betriebe mit Betriebsrat eine höhere Schließungswahrscheinlichkeit. Ein G r u n d f ü r die unterschiedlichen Ergebnisse kann sowohl in der angewandten M e t h o d e als auch in den zugrundeliegenden D a t e n gesehen w e r d e n . 6 In früheren Studien wurden zumeist verschiedene Regressionsansätze verwendet. Neuere Ansätze aus der m i k r o ö k o nometrischen Evaluation, wie sie bereits seit einiger Zeit in der Arbeitsmarktpolitik üblich sind, finden erst seit kurzem Eingang im Bereich der Wirkungsanalyse der betrieblichen M i t b e s t i m m u n g . 7 Die d o r t verwendeten Matching-Ansätze haben den Vorteil, dass sie keine Verteilungs-Annahmen f ü r die M e r k m a l e in der Stichprobe benötigen und durch die Fiktion der „statistischen Zwillinge" eine gute Interpretation der Ergebnisse ermöglichen. Das bei Ellguth (2006) verwendete Design nutzt als sogenannte „Teilnehmergruppe" die Betriebe, die bereits einen Betriebsrat besitzen. Als Kontrollgruppe dienen Betriebe ohne Betriebsrat.
4 5
6 7
Vgl. Zusammenstellung bei Dilger ( 2 0 0 2 , S. 87ff. bzw. S. 189) Franz ( 2 0 0 5 , S. 2 6 8 f f . ) Vgl. Franz ( 2 0 0 5 ) Ellguth ( 2 0 0 6 ) , Addison et al. ( 2 0 0 4 b ) , Schultz (2005)
Mikroökonometrische Evaluation betrieblicher Mitbestimmung • 523
Es wird nur eine Beobachtungswelle genutzt, so dass Matching-Zeitpunkt und Ergebniszeitpunkt identisch sind. Die Fiktion eines „statischen Zwillings" ist hier nur eingeschränkt gegeben. Schultz ( 2 0 0 5 ) nutzt zwar zwei Wellen - die erste als MatchingZeitpunkt und die zweite als Evaluationszeitpunkt - jedoch wird auch hier aufgrund von Fallzahlproblemen darauf verzichtet, nur Betriebe mit neu eingerichteten Betriebsräten als Teilnehmer auszuwählen. Das bei Addison et al. ( 2 0 0 4 b ) genutzt Matching-Design definiert hingegen als Teilnehmer die Betriebe, die 1 9 9 6 ohne Betriebsrat sind und 1 9 9 7 bzw. 1 9 9 8 angegeben haben, einen Betriebsrat zu besitzen. Problematisch dabei scheint jedoch, dass die Teilnehmergruppe nur aus 3 1 Betrieben besteht und ein standardmäßiges Propensity-Score Matching eingesetzt wurde, das eher für große Stichproben geeignet ist. Der im vorliegenden Beitrag verwendete Matching-Ansatz für eine Evaluation der Mitbestimmungseffekte geht von einer ähnlichen Grundidee wie in dem Ansatz von Addison et al. ( 2 0 0 4 b ) aus, entwickelt diesen jedoch durch eine andere Aufbereitung und Auswahl der Daten, sowie durch einen modifizierten Matching-Algorithmus und die Verlängerung der Betriebsbiografien durch die Verknüpfung mit Stellvertreter-Betrieben weiter.
3.
Das mikroökonometrische Evaluationsproblem und dessen Lösung mit Hilfe eines Matching-Ansatzes
Das Anliegen mikroökonometrischer Evaluation ist die Feststellung eventueller Veränderungen in der Situation von Einheiten (Personen oder Institution) durch die Teilnahme an einer öffentlichen Fördermaßnahme, durch die Einführung einer gesetzlichen Änderung bzw. durch die Nutzung von möglichen institutionellen Rahmenbedingungen. 8 Die Situation, die durch die Förderung bzw. den gesetzlichen Rahmen entstanden ist, wird mit der ohne verglichen. Eine der beiden Situationen ist für ein und dieselbe Untersuchungseinheit allerdings nicht gleichzeitig beobachtbar. Ein individueller Effekt einer Fördermaßnahme ist somit nicht ermittelbar, da der Vergleichsmaßstab für den beobachteten Wert fehlt. Anstelle des individuellen Effekts wird daher der durchschnittliche Effekt bestimmt. Dabei muss der Durchschnittseffekt unabhängig von Größe und Zusammensetzung der Teilnehmergruppe bestimmt werden können (diese Bedingung wird in der Literatur als Stable Unit Treatment Assumtion bezeichnet), so dass der Maßnahme-Effekt auf eine Einheit nicht beeinflusst wird von dem anderer Einheiten aufgrund der Nutzung der gleichen gesetzlichen Bestimmung. Um die hypothetische Situation der Nichtnutzung nachzubilden, muss eine Kontrollgruppe gefunden werden, die das zu evaluierende Merkmal nicht aufweist, die aber bei Vorliegen des Merkmals in der gleichen Situation wäre wie die sogenannten Teilnehmer. Dies erfordert, dass sich die Personen bzw. Institutionen in beiden Gruppen in allen für die beobachtete Situation und die zu evaluierende Gegebenheit relevanten Merkmalen nicht unterscheiden. Zu den relevanten Merkmale zählen solche, die sowohl die Zuordnung zu einer der beiden Gruppen als auch die potenzielle Ausprägung der abhängigen Variable beeinflussen. 9 Dies gilt sowohl für beobachtbare Merkmale als auch für unbeobachtbare. In der Praxis ist diese Bedingung nicht ohne weiteres erfüllt, da die Teilnehmer i.d.R. bestimmte Merkmale aufweisen und deshalb nicht ohne weiteres mit der Kontrollgruppe
8
9
Das zugrundeliegende Modell der mikroökonometrischen Evaluation und deren Annahmen werden beispielsweise bei Heckman et al. (1999, S. 1877ff.) beschrieben. Vgl. dazu Eichler/Lechner (2001, S. 230)
524 • B. Schultz
vergleichbar sind. Bei Nichtbeachtung der Unterschiede zwischen den Gruppen besteht die Gefahr, dass der jeweilige Effekt über- oder unterschätzt wird. Dieses Problem wird auch als Selektionsverzerrung bezeichnet. Z u r Lösung des Selektionsproblems gibt es verschiedene Ansätze. 1 0 Die MatchingM e t h o d e als einer dieser Ansätze bietet eine Reihe von Vorteilen gegenüber den anderen Verfahren. Sie bietet die Möglichkeit verschieden skalierte M e r k m a l e zu verwenden, und durch die Fiktion der „statistischen Zwillinge" ermöglicht sie eine gute Interpretation der Ergebnisse. Die zentrale A n n a h m e des Matching besteht aus zwei Komponenten, der A n n a h m e der bedingten Unabhängigkeit und der Annahme, dass f ü r jede betrachtete M e r k m a l s k o m b i n a t i o n Teilnehmer und Nicht-Teilnehmer zu finden sind. Die A n n a h m e der bedingten Unabhängigkeit besagt, dass die Ausprägung der abhängigen Variable unabhängig von der Einordnung einer Person oder Institution in Teilnehmer- oder Kontrollgruppe ist. Diese Aussage impliziert, dass alle relevanten Merkmale berücksichtigt worden sind und es für alle Teilnehmer Kontrollgruppenmitglieder gibt, die sich in diesen Merkmalen nicht von ihnen unterscheiden, da sonst die Gefahr bestehen würde, dass das Selektionsproblem nicht vollständig gelöst wird. Bei der Implementation des Matching sind verschiedene Zuordnungsalgorithmen und stanzmaße a n w e n d b a r . Die Auswahl des geeigneten Verfahrens hängt zum einen von zur Verfügung stehenden Daten und z u m anderen von der inhaltlichen Fragestellung Die Spezifik der hier verwendeten Daten erfordert ein Verfahren, das insbesondere geringen Fallzahlen a n w e n d b a r ist.
Diden ab. bei
Ein Standardverfahren wie beispielsweise das 1:1 Propensity-Score Matching mit zufälliger Festlegung der Reihenfolge der Untersuchungseinheiten ist hier eher ungeeignet, da die Gefahr besteht, dass von den wenigen zur Verfügung stehenden Fällen durch eine suboptimale Z u o r d n u n g einige Betriebe keinen Partner bekommen und somit ausgeschlossen werden müssen. Hinzu k o m m t , dass der Propensity-Score eher bei großen Stichproben gute Zuordnungsergebnisse liefert. Bei kleinen Stichproben ist es sinnvoll, zusätzliche Merkmale zu verwenden, um mögliche Unterschiede bereits bei jeder einzelnen Z u o r d n u n g zu minimieren. 1 1 Als ein unter diesen Bedingungen geeignetes Verfahren gilt die optimale I r l - Z u o r d n u n g von Partnern zu den Untersuchungseinheiten mit Hilfe des Ungarischen Algorithmus auf Grundlage von Distanzen, die a n h a n d eines aggregierten Distanzmaßes ermittelt werd e n . 1 2 Dieses Verfahren findet für jeden Betrieb mit neuem Betriebsrat aus dem zur Verfügung stehenden Pool von Betrieben ohne Betriebsrat den ähnlichsten Partner bezüglich der verwendeten Merkmale. Der Algorithmus verhindert suboptimale Z u o r d n u n g e n . Eine Kontrolleinheit wird dabei nicht als Partner für mehrere Teilnehmer eingesetzt, so dass beide G r u p p e n die gleiche Größe haben. Als Distanzmaß zur Bestimmung der Ähnlichkeit von potenziellen Partnern wird ein aggregiertes Distanzmaß M,y verwendet. Damit können alle verfügbaren Informationen sowohl f ü r metrische (Mahalanobisdistanz MD,y) als auch f ü r nominalskalierte Variablen (Generalisierte M a t c h i n g Koeffizient MC;y) - zur Feststellung der Ähnlichkeit genutzt werden. In Vorbereitung der Z u o r d n u n g wird die Ähnlichkeit zwischen jedem ein-
10 11 12
Einen Überblick zu den nichtparametrischen Verfahren gibt Reinowski (2004). Vgl. Reinowski/Schultz/Wiemers (2005, S. 594f.) und Fröhlich (2004). Dieses Verfahren wird bei Reinowski/Schultz/Wiemers (2005) vorgestellt, für Replikationszwecke k a n n die Syntax vom A u t o r zur V e r f ü g u n g gestellt werden.
Mikroökonometrische Evaluation betrieblicher M i t b e s t i m m u n g • 525
zelnen T e i l n e h m e r und jeder K o n t r o l l e i n h e i t a n h a n d des aggregierten D i s t a n z m a ß e s errechnet: M;; = — — M l ' m + «
- MC,,)
+
anMDjj],
w o b e i die jeweiligen D i s t a n z m a ß e m i t der Anzahl der enthaltenen V a r i a b l e n m und n gewichtet werden. D e r F a k t o r a sorgt für eine gleiche G e w i c h t u n g v o n M D ( /
und
MC,,. U m den jeweils ähnlichsten Partner zu ermitteln, wird die quadrierte S u m m e der Distanzen der Partner mit Hilfe des Ungarischen A l g o r i t h m u s m i n i m i e r t . 1 3 Dieser A l g o r i t h m u s ist eine A n w e n d u n g aus der Linearen O p t i m i e r u n g zum L ö s e n von klassischen Z u o r d n u n g s p r o b l e m e n . Es geht bei diesem O p t i m i e r u n g s v o r g a n g d a r u m , die jeweils ähnlichsten Partner zuzuordnen, o h n e die N e b e n b e d i n g u n g zu verletzen, dass es keine andere Z u o r d nungsvariante gibt, die zu ähnlicheren Partnern führt. Im Ergebnis liegt eine o p t i m a l e Z u o r d n u n g der Partner vor. D i e empirische U m s e t z u n g eines k o n k r e t e n Evaluationsdesigns erfolgt in A n h ä n g i g k e i t von der zu evaluierenden Fragestellung sowie der zur V e r f ü g u n g stehenden D a t e n g r u n d l a g e , ihren Besonderheiten und damit verbundenen R e s t r i k t i o n e n . Z u r V e r f ü g u n g stehen die W e l l e n 1 9 9 8 bis 2 0 0 5 des I A B - B e t r i e b s p a n e l s für das ostdeutsche verarbeitende G e w e r b e und den Bau. 4.
Datengrundlage
D a s I A B - B e t r i e b s p a n e l 1 4 ist eine sich jährlich wiederholende Befragung von Arbeitgebern in D e u t s c h l a n d . E r h o b e n werden die D a t e n von Betrieben zu T h e m e n b e r e i c h e n wie Beschäftigung, Investitionen, P e r s o n a l s t r u k t u r , Arbeitszeiten, L ö h n e und G e h ä l t e r , B r a n c h e und allgemeine B e t r i e b s m e r k m a l e wie auch die I n f o r m a t i o n e n über bestehende Betriebso d e r P e r s o n a l r ä t e . D i e A n g a b e zur E x i s t e n z eines Betriebsrates in einem B e t r i e b wird - wie in der bereits zitierten Literatur üblich - als I n d i k a t o r für die N u t z u n g der betrieblichen M i t b e s t i m m u n g s m ö g l i c h k e i t e n verwendet. In der vorliegenden Analyse werden die D a t e n in der Panelverknüpfung genutzt und a u f die Betriebe eingegrenzt, die in der Phase der G r ü n d u n g der Betriebsräte b e o b a c h t e t werd e n 1 5 , Betriebe, die w ä h r e n d der gesamten B e o b a c h t u n g s z e i t bereits Betriebsräte h a b e n und Betriebe, die w ä h r e n d der B e o b a c h t u n g s z e i t niemals einen Betriebsrat hatten. Die drei gebildeten Betriebsgruppen werden in der T a b e l l e 1 a n h a n d von ausgewählten M e r k m a l e n n ä h e r beschrieben und bilden die D a t e n b a s i s für das M a t c h i n g und die zu evaluierenden Ergebnisvariablen. Vergleicht m a n die G r u p p e n untereinander, fällt auf, dass Betriebe o h n e Betriebsrat bei M e r k m a l e n wie der Produktivität oder beim Anteil der qualifizierten Beschäftigten im Vergleich zu den Betrieben mit bereits bestehendem Betriebsrat in einer ö k o n o m i s c h schlechteren L a g e sind. Hingegen positionieren sich Betriebe mit einem neu gegründeten Betriebsrat zwischen den beiden G r u p p e n . Betriebe mit einem neuen Betriebsrat zeigen im V e r gleich zu Betrieben o h n e Betriebsrat einen signifikanten Unterschied in der Anzahl der
13 14 15
Vgl. Kuhn (1955), Bazaraa et al. (1990, S. 499ff.). Zu weiterführenden Informationen siehe Bellmann (2002, S. 177ff.). Diese Betriebe haben zu Beginn der Beobachtungsperiode in mindestens zwei Befragungswellen noch keinen Betriebsrat, danach wird die Frage nach einem Betriebsrat durchgängig bejaht. Betriebe mit wechselnden Angaben zur Existenz eines Betriebsrates werden nicht ausgewählt.
526 • B. Schultz
Beschäftigten, in der Rechtsform, in den Eigentumsverhältnissen sowie im Anteil qualifizierter Beschäftigter. Diese Unterschiede lassen sich darauf zurückführen, dass zum einen Betriebsräte in kleineren Betrieben eher selten gegründet werden, was nicht zuletzt mit der Gesetzgebung zusammenhängt. Kleinere Betriebe werden relativ häufig in Form von Einzelunternehmen geführt, größere als Kapitalgesellschaften. Das spiegelt sich letztendlich auch als signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen wider. Zum anderen zeigt sich in Betrieben mit neu gegründeten Betriebsräten, dass diese einen signifikant höheren Anteil von qualifizierten Beschäftigten haben als die Betriebe ohne Betriebsrat. Betrachtet man das J a h r der Gründung des Betriebsrates, so fällt auf, dass in der Stichprobe zwischen 2 0 0 0 und 2 0 0 2 mehr als 5 7 % der Gründungen stattfanden 1 6 , 2 0 0 3 wurden 6% der Betriebsräte gegründet. Hierbei ist die Reform der betrieblichen Mitbestimmung im Jahr 2 0 0 1 zu berücksichtigen, in der die Rechte des Betriebsrates erweitert wurd e n . 1 7 Eine Aufsplittung der Stichprobe in Gründungen vor und nach dieser gesetzlichen Regelung wird wegen der geringen Fallzahlen jedoch nicht vorgenommen. Geht man davon aus, dass aufgrund der öffentlichen Diskussion über die Reform der Mitbestimmung bereits im Vorfeld der gesetzlichen Änderungen eine Antizipation der Auswirkungen stattgefunden hat, so dürften Betriebsratsgründungen im J a h r 2 0 0 0 nicht wesentlich anders wirken als spätere Gründungen. Die unterschiedlichen Durchschnitte der einzelnen Merkmale in den jeweiligen Gruppen zeigen das Ausmaß der Selektionsverzerrung, die mit Hilfe des Matching-Ansatzes korrigiert werden soll. Diese sind in einigen Merkmalen wie die Anzahl der Beschäftigten, beim Anteil der qualifizierten Beschäftigten, der Rechtsform und den Eigentumsverhältnissen signifikant. 5.
Bildung der Teilnehmergruppe und Auswahl der Matching-Variablen
Um entsprechend der Thematik und der Datengrundlage ein adäquates Evaluationsdesign zu entwerfen, sind eine Reihe von Vorüberlegungen notwendig, die die spezifischen Besonderheiten berücksichtigen. Voraussetzung für ein entsprechend der inhaltlichen Zielsetzung nutzbares Matchingergebnis ist eine adäquate Auswahl der Teilnehmergruppe. Es werden daher nur Betriebe als Teilnehmer zugelassen, für die Beobachtungsdaten vor Gründung des Betriebsrates vorliegen. M i t diesen Informationen zur betrieblichen Vorgeschichte ist es möglich, den Matching-Zeitraum vor die Gründung zu legen und entsprechende „statistische Zwillinge" zu bilden. Würde man stattdessen Betriebe mit bereits etablierten Betriebsräten zulassen, also das Matching nach der Gründung durchführen, so bestünde die Gefahr, dass ein eventuell vorhandener Betriebsrats-Effekt nicht mehr identifizierbar w ä r e . 1 8 Als Matching-Zeitraum werden die zwei Jahre vor Gründung bzw. vor dem erstmaligen Auftreten eines Betriebsrates gewählt. M i t dieser Eingrenzung lassen sich 5 3 Betriebe
16
17 18
In den Wellen 1999 und 2001 wurde die Angabe zur Existenz eines Betriebsrates aus der vorhergehenden Welle übernommen. Daher kann es sein, dass ein Teil der in der erstmalig 2000 auftretenden Betriebsräte im Panel bereits 1999 gegründet wurden bzw. die erstmalig 2 0 0 2 genannten bereits 2001. Vgl. beispielsweise Bunk/Wagner (2004, S. 331ff.). Bei speziellen Fragestellungen kann es jedoch durchaus von Vorteil sein, auf Betriebe mit bereits bestehendem Betriebsrat zurückzugreifen. Die Kontrollgruppe ist dann ebenfalls der Fragestellung entsprechend anzugleichen.
Mikroökonometrische Evaluation betrieblicher M i t b e s t i m m u n g • 527
mit neuen Betriebsräten im I A B - B e t r i e b s p a n e l des ostdeutschen verarbeitenden G e w e r b e s und des B a u s identifizieren. Eine weitere Ausweitung des M a t c h i n g - Z e i t r a u m s würde die Fallzahl aufgrund der Panelneueintritte und der L ü c k e n im Panel stark verringern. D a in e i n e m M a t c h i n g - A n s a t z kein a d ä q u a t e r U m g a n g mit fehlenden W e r t e n m ö g l i c h ist, k ö n nen die Betriebe, die keine vollständigen D a t e n aufweisen, nicht genutzt werden. W ü r d e m a n diese Betriebe ausselektieren, so w ä r e die N e t t o - S t i c h p r o b e kleiner als 2 0 P r o b a n den. Selbst ein M a t c h i n g - A n s a t z , der speziell für geringe Fallzahlen geeignet ist, würde in diesem Fall k a u m zu b e l a s t b a r e n Ergebnissen führen. U m dies zu verhindern, werden bei der D a t e n a u f b e r e i t u n g R e g e l n für das Ersetzen unvollständiger D a t e n aufgestellt (vgl. dazu A n h a n g ) . D i e potenzielle K o n t r o l l g r u p p e setzt sich aus den Betrieben z u s a m m e n , die in allen beo b a c h t e t e n W e l l e n keinen B e t r i e b s r a t h a b e n . D a genügend g r o ß e Fallzahlen vorliegen, werden nur Fälle verwendet, die vollständig sind und über einen ausreichend g r o ß e Panelverweildauer verfügen. Bei der K o n t r o l l g r u p p e wird ausgehend v o m M a t c h i n g - Z e i t r a u m der passende Vergleichszeitpunkt ausgewählt und so die F i k t i o n der alternativen Entscheidung modelliert. V o r d e m M a t c h i n g hat die potenzielle K o n t r o l l g r u p p e 1 . 6 0 3 Fälle. D i e M e r k m a l e , die für die Z u o r d n u n g m a ß g e b l i c h sind, leiten sich aus zwei verschiedenen A s p e k t e n a b . So werden z u m einen die M e r k m a l e ausgewählt, die relevant für das Erfolgskriterium sind (vgl. T a b e l l e 2 ) . Dies erfolgt a n h a n d von Plausibilitätsüberlegungen. Z u m anderen wird die latente V a r i a b l e „ N e i g u n g zur G r ü n d u n g eines B e t r i e b s r a t e s " geschätzt.19 Z u den relevanten M e r k m a l e n gehören die Beschäftigtenbestände in den 2 J a h r e n vor E r r i c h t u n g eines Betriebsrates. D i e Einbeziehung von m e h r als einem Z e i t p u n k t der V o r geschichte der Betriebe ist sinnvoll, da in den Betrieben mit dem neuen Betriebsrat bereits im V o r f e l d dieses Ereignisses V e r ä n d e r u n g e n in einigen relevanten M e r k m a l e n wie der Beschäftigung b e o b a c h t e t w e r d e n k ö n n e n . D a m i t es hier zu keiner Verzerrung k o m m t , werden die E n t w i c k l u n g s p f a d e in der V o r g e s c h i c h t e bis zur G r ü n d u n g des Betriebsrates bei der Z u o r d n u n g v o n „statistischen Z w i l l i n g e n " mit b e r ü c k s i c h t i g t . 2 0 A u ß e r d e m werden Produktivität, Ertragslage und Anteil qualifizierter Beschäftigter in das M a t c h i n g m i t einbezogen. Diese M e r k m a l e , die n a c h der vollzogenen G r ü n d u n g als Evaluationskriterien gelten, dienen im M a t c h i n g - Z e i t r a u m als P r o x y - V a r i a b l e n zur Beseitigung von H e t e r o g e n i t ä t , die m i t den anderen zur V e r f ü g u n g stehenden M e r k m a l e n nicht b e o b a c h t b a r i s t . 2 1 D u r c h diese V o r g e h e n s w e i s e gibt es vor der G r ü n d u n g des Betriebsrates keine signifikanten Unterschiede zwischen der T e i l n e h m e r - und K o n t r o l l g r u p p e in diesen M e r k m a l e n . A n d e r e S t r u k t u r m e r k m a l e , die einen Einfluss a u f die Erfolgsvariablen h a b e n , wie die B r a n chenzugehörigkeit, die T a r i f b i n d u n g , die Beschäftigtenstruktur oder das G r ü n d u n g s j a h r (Basisjahr t = 0 ) werden ebenfalls in das M a t c h i n g - D e s i g n integriert. Die Berücksichtigung des Basisjahres t = 0 soll sicherstellen, dass die B e o b a c h t u n g s z e i t r ä u m e der jeweiligen gem a t c h t e n Partner möglichst identisch sind. W e l c h e dieser als relevant erachteten M e r k m a l e tatsächlich als V a r i a b l e im M a t c h i n g A l g o r i t h m u s genutzt werden, ergibt sich aus dem Ziel einer möglichst guten Ü b e r e i n s t i m m u n g der M e r k m a l e beider G r u p p e n (Signifikanztests der als relevant erachteten M e r k male). J e n a c h d e m , in w e l c h e n K o m b i n a t i o n e n die M e r k m a l e bei den einzelnen Betrieben
19 20 21
Vgl. beispielsweise Lechner (1998) oder Rosenbaum/Rubin (1985) Vgl. Ashenfelter (1978, S. 47ff.) Dieses Vorgehen wird bei Reinowski/Schultz/Wiemers (2005, S. 591) beschrieben.
528 • B. Schultz
Tabelle 2: Mittelwertvergleich zwischen der Gruppe der Betriebe mit neu eingerichteten Betriebsräten und der Kontrollgruppe für relevanter Merkmale nach dem Matching Merkmal
Betriebe mit neuem Betriebsrat3
Betriebe ohne Betriebsrat"
p-Wertb
Anzahl der Betriebe 53 53 Anzahl der Beschäftigten t-2* 87,9 (87,7) 73,4 (79,6) 0,375 Anzahl der Beschäftigten t-1 * 76,7 (84,8) 0,419 90,8 (94,2) Produktivität t-2* (in Euro) 45.882,8 (26.531,3) 42.586,7 (27.827,4) 0,534 Anteil weiblicher Beschäftigter t-1* 25,2 (23,2) 21,9 (21,1) 0,442 Anteil qualifizierter Beschäftigter t-1* 75,6 (23,6) 76,2 (21,2) 0,891 Nahrungs- und Genussmittelherstellung 3,8 1,9 0,562 Textil- und Bekleidungsgewerbe 3,8 5,7 0,651 Holzgewerbe 9,4 1,000 9,4 Chemische Industrie 3,8 3,8 1,000 Glasgewerbe, Keramik 7,5 1,000 7,5 Metallerzeugung und -bearbeitung 9,4 9,4 1,000 Metallerzeugnisse, Stahl5,7 5,7 1,000 und Leichtmetallbau Maschinenbau 5,7 3,8 0,651 Kraftwagen 5,7 5,7 1,000 Elektrotechnik 9,4 7,5 0,731 Feinmechanik, Optik 5,7 9,4 0,731 Bauhauptgewerbe 9,4 9,4 1,000 Bauinstallation 7,5 11,3 0,511 Tarifbindung t-1 0,172 0,210 Ertragslage t-1 Rechtsform 0,728 Eigentum 0,480 Basisjahr t=0 2002,4 (2,061) 2001,8 (2,079) 0,125 -1,54 (0,625) -1,63 (0,560) 0,407 Neigung zur Gründung eines Betriebsrates a
Werte in Klammern geben die Standardabweichung an; keine Werte sind angegeben, wenn für das Merkmal nominal skalierte Informationen vorliegen. b t-Test, Chi-Quadrattest bzw. Kontingenzkoeffizient. * t-n bezeichnet die Periode bezogen auf den Zeitpunkt der erstmaligen Nennung eines Betriebsrates, für Betriebe mit bereits bestehendem Betriebsrat und Betriebe ohne Betriebsrat ist t=0 die jeweils dritte verfügbare Welle nach dem erstmaligen Auftreten im Panel. Quelle: lAB-Betriebspanel, eigene Berechnungen.
vorliegen, ist es ausreichend, weniger Merkmale zu nutzen, um ein gutes Zuordnungsergebnis zu erhalten. Die Einbeziehung von mehr Merkmalen kann sogar dazu führen, dass sich das Matching-Ergebnis verschlechtert. Ein Grund dafür liegt in der Gewichtung der Merkmale beim aggregierten Distanzmaß, welche die Gruppe der nominalen und die Gruppe der metrischen Merkmale gleich gewichtet. Im Ergebnis dieser Vorgehensweise werden die Merkmale Anzahl der Beschäftigten t-1 sowie t-2, der Anteil der Frauen t-1, der Anteil der qualifizierten Beschäftigten t-1 und die Produktivität t-2 als metrische Variablen sowie der Tarifstatus t-1, die Rechtsform, die Eigentumsverhältnisse und die Branche als nominale Variablen aufgenommen. Die Neigung zur Gründung eines Betriebsrates wird auf Grundlage der Anzahl der Beschäftigten t-1 sowie der Produktivität t-2 geschätzt. Da dieser Indikator als ein metrisch skaliertes Merkmal in die Distanzbildung eingeht, hat er eine relativ geringe Bedeutung für die Zuordnung der Partner.
Mikroökonometrische Evaluation betrieblicher Mitbestimmung • 529
Die durch das Matching konstruierte Vergleichsgruppe unterscheidet sich in den relevanten Merkmalen nicht signifikant von der Gruppe der Betriebe mit neuem Betriebsrat und kann für die Evaluation der Wirkungen betrieblicher Mitbestimmung weiterverwendet werden. 6.
Evaluationskriterien
Als Evaluationskriterien werden Merkmale genutzt, die einen Bezug zu den verschiedenen theoretischen Ansätzen zur Wirkung der Betriebsräte haben 2 2 und bereits in anderen Studien genutzt wurden 2 -'. Ein besonders häufig untersuchter Effekt ist der Einfluss eines Betriebsrates auf die Produktivität. Die Produktivität kann mit Hilfe der Daten des IAB-Betriebspanels näherungsweise als Quotient aus dem Geschäftsvolumen (Umsatz), bereinigt um die Vorleistungen und der Anzahl der Beschäftigten ermittelt werden. 2 4 Des Weiteren wird der Effekt eines Betriebsrates auf die wirtschaftliche Entwicklung anhand des Kriteriums der Ertragslage evaluiert. Die Ertragslage wird in Form einer Benotung (sehr gut, gut, befriedigend, ausreichend, mangelhaft) erfragt. Die Daten dieses Merkmals weisen weniger fehlende Werte für die Zeit t+1 als die Produktivitätsangaben auf, so dass sich die Informationen für das Jahr nach der erstmaligen Nennung des Betriebsrat generieren lassen. 25 Neben diesen Evaluationskriterien lässt sich mit den Daten des IAB-Betriebspanels auch der Einfluss auf das Qualifikationsniveau der Beschäftigten bestimmen. Dahinter steht die These, dass Betriebe mit Betriebsräten eher in Qualifikation der Beschäftigten investieren. Nachteilig ist hier, dass die zur Verfügung stehende Datenlage zur Qualifikation sehr grob ist und demzufolge interne Qualifizierungen, die keine grundsätzliche Erhöhung der Qualifikation mit sich bringen, statistisch nicht erfasst werden. Die Ergebnisvariable misst den Anteil der Beschäftigten mit qualifizierten Tätigkeiten im Jahr nach der erstmaligen Nennung eines Betriebsrates. 7.
Verlängerung der Betriebsbiografien durch Verknüpfung von Spells
Mit dem bisherigen Evaluations-Ansatz lassen sich kurzfristige Effekte nach der Gründung eines Betriebsrates erfassen. Es ist jedoch anzunehmen, dass eventuell vorhandene Betriebsratseffekte erst nach einer längeren Bestandsdauer zum Tragen kommen. Eine Evaluation dieser langfristigen Effekte bedarf weiterer methodischer Überlegungen. Die Beobachtungsperioden der Betriebe mit einem neuen Betriebsrat enden nicht mit der Schließung oder Auflösung des Betriebes, sondern mit einer sogenannten Rechtszensur. Dies bedeutet, dass entweder noch keine aktuelleren Befragungsdaten zu diesem Betrieb
22
23 24
25
Vgl. dazu beispielsweise Dilger (2002), der eine Zusammenstellung der verschiedenen theoretischen Ansätze und deren Wirkungen gibt. Die Ertragslage und die Produktivität gehören hierbei zu den theoretisch abgeleiteten Betriebsratswirkungen. Franz (2005) gibt hier einen Überblick. Die Angabe der Produktivitätsangabe bezieht sich dabei auf die Periode, in der die Produktivität erzielt wurde und nicht auf die Periode, in der Erhebung der Information stattgefunden hat. Die Angabe der Periode zur Ertragslage bezieht sich dabei auf die Periode, für die die Einschätzung abgegeben wurde und nicht auf die Periode, in der Erhebung der Information stattgefunden hat.
5 3 0 • B. Schultz
vorliegen oder er bereits zu einem früheren Befragungszeitpunkt nicht mehr an der Befragung teilgenommen hat. Das Problem der Evaluation langfristiger Effekte basiert demzufolge auf fehlenden Informationen zur weiteren Entwicklung der Betriebe. Als Lösung bietet sich eine Fortschreibung an. Diese kann mit Hilfe von Prognoseverfahren erfolgen. Voraussetzung dafür sind ausreichend lange Vergangenheitsdaten, auf Grund derer eine Aussage über die künftige Entwicklung prognostizierbar wäre. Diese liegen hier jedoch nicht vor, da der Betriebsrat in der beobachteten Stichprobe erst neu eingerichtet wurde. Alternativ wird daher in dieser Studie ein anderer Ansatz gewählt, bei dem eine Betriebsbiografie konstruiert wird, die kurz vor der Gründung eines Betriebsrates beginnt und die nachfolgende Entwicklung des Betriebes mit dem Betriebsrat langfristig aufzeichnet. Dazu werden für die jeweiligen Betriebe mit den neu gegründeten Betriebsräten Betriebe gesucht, die die weitere Entwicklung des Ausgangsbetriebes stellvertretend beschreiben. Diese Stellvertreter-Betriebe sollen als „statistische Zwillinge" die gleiche ökonomische Entwicklung zeigen, wie die Betriebe mit den neu gegründeten Betriebsräten. Der Unterschied zwischen beiden liegt lediglich in den vorhandenen Informationen über die einzelnen Entwicklungsphasen. Bei den Betrieben mit den neuen Betriebsräten wird die Gründung sowie die Phase kurz davor und danach beobachtet, bei den Stellvertreter-Betrieben liegen keine Informationen über die Gründungsphase vor, diese beginnen erst danach. Da es sich bei den potenziellen Stellvertreterbetrieben um ostdeutsche Betriebe handelt, kann davon ausgegangenen werden, dass die Betriebsräte frühestens 1990 gegründet wurden. Die Betriebsräte der Stellvertreterbetriebe sind daher maximal 15 Jahre und im Minimum 3 Jahre alt. Bei den Betrieben mit den neuen Betriebsräten und den Stellvertreter-Betrieben liegen jeweils die Informationen über die Phase nach der Gründung vor. Es wird angenommen, wenn in dieser Phase die Betriebe identisch sind, so sind sie es auch im Durchschnitt bei der Gründung und bei der Langfristbetrachtung. Damit wird es möglich, mit Hilfe des StellvertreterBetriebes Aussagen über die Wirkungen der Mitbestimmung beim Ausgangsbetrieb zu treffen. Die dem Matching zugrundeliegenden Annahmen lassen sich hier entsprechend anwenden. Als Stellvertreter geeignet sind Betriebe, die bereits über einen Betriebsrat verfügen, also die Phase der Gründung schon hinter sich haben, und bei denen aufgrund ihrer Merkmale anzunehmen ist, dass ihre Entwicklung identisch ist mit der, die beim Ausgangsbetrieb zu beobachten wäre, wenn die Informationen vorhanden wären. Davon wird ausgegangen, wenn die relevanten Merkmale am Beginn der Beobachtungsperiode des biografischen Stellvertreters identisch sind mit den Merkmalen des Ausgangsbetriebes am Ende von dessen Beobachtungsperiode. 2 6 Informationen, wann diese potenziellen Stellvertreter einen Betriebsrat gegründet haben, liegen nicht vor. Daher ist es nicht möglich, den genauen Zeitpunkt zu ermitteln, für den die Ergebnisvariablen nach der Verknüpfung der Betriebe vorliegen. Zu den relevanten Merkmalen gehören sowohl die zeitlich invarianten Strukturmerkmale, die Merkmale, die die Beschäftigungsstruktur beschreiben als auch die bereits erwähnten Proxy-Variablen. Der geeignete Stellvertreter wird mit dem bereits beschriebenen optimalen Matching-Verfahren zugeordnet, wobei als Quasi-Kontrollgruppe
26
Als Verknüpfungspunkte werden der rechte Rand des Beobachtungsspells der Betriebe mit neuen Betriebsräten und der linke Rand (Beobachtungsbeginn) der Betriebe mit bereits bestehendem Betriebsrat ausgewählt.
Mikroökonometrische Evaluation betrieblicher Mitbestimmung • 531
Tabelle 3: Mittelwertvergleich zwischen der Gruppe der Betriebe mit neu eingerichteten Betriebsräten und den Stellvertreter-Betriebe mit bereits bestehendem Betriebsrat an den Anknüpfungspunkten Verknüpfungspunkte
Anzahl der Betriebe Anzahl der Beschäftigten Anteil weiblicher Beschäftigter Anteil qualifizierter Beschäftigter Tarifbindung Rechtsform Eigentum Nahrungs- und Genussmittelherstellung Textil- und Bekleidungsgewerbe Holzgewerbe Chemische Industrie Glasgewerbe, Keramik Metallerzeugung und -bearbeitung Metallerzeugnisse, Stahlund Leichtmetallbau Maschinenbau Kraftwagen Elektrotechnik Feinmechanik, Optik Bauhauptgewerbe Bauinstallation
Betriebe mit neu Stellvertreter-Betriebe mit p-Wert» gegründetem bereits bestehendem Betriebsrat* Betriebsrat3 53 92,0 (97,0) 26,0 (23,8) 77,9 (21,0)
53 123,2 (85,8) 22,4 (18,2) 84,4 (15,2)
0,083 0,393 0,102
3,8 3,8 9,4 3,8 7,5 9,4 5,7
5,7 1,9 9,4 3,8 7,5 9,4 5,7
0,240 0,160 0,809 0,651 0,562 1,000 1,000 1,000 1,000 1,000
5,7 5,7 9,4 7,5 9,4 7,5
5,7 5,7 9,4 7,5 9,4 7,5
1,000 1,000 1,000 1,000 1,000 1,000
-
-
-
-
-
-
a
Werte in Klammern geben die Standardabweichung an; keine Werte sind angegeben, wenn für das Merkmal nominal skalierte Informationen vorliegen. b t-Test, Chi-Quadrattest bzw. Kontingenzkoeffizient Quelle: lAB-Betriebspanel, eigene Berechnungen.
zur Findung der geeigneten Stellvertreter Betriebe mit etablierten Betriebsräten fungieren (vgl. Tabelle 3). Für das Matching werden nur die vollständig vorliegenden Daten der unmittelbar aufeinanderfolgenden Wellen der Betriebe mit bereits bestehendem Betriebsrat genutzt. Um zu einem langfristigen Ergebnis zu gelangen, erfolgt die Verknüpfung anhand von zeitinvarianten Merkmalen und Beschäftigungsvariablen. Auf die Verwendung von ProxyVariablen beim Verknüpfungsmatching wird verzichtet. Ihre Einbeziehung würde die typische Entwicklung von Betrieben, die oft mit der Gründung eines Betriebsrates (Produktivitätssteigerung, BeschäfdgungsWachstum) einhergeht nachvollziehen. Das würde zu einer Verlängerung der Beobachtungszeit von 1 bis 3 Jahren führen. Jedoch liegt keine Information vor, wann in dem Stellvertreter-Betrieb der Betriebsrat gegründet wurde, so dass eine zeitgetreue Wiedergabe der Betriebsbiografie nicht möglich ist. Werden hingegen nur die zeitinvariaten Merkmale zum Verknüpfen verwendet, so kann von einer fiktiven Verlängerung für einen unbestimmten späteren Zeitpunkt ausgegangen werden und langfristige Effekte beobachtet werden. Da keine Proxy-Variablen verwendet werden,
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besteht jedoch die Gefahr, dass sich das Heterogenitätsproblem nicht mehr vollständig lösen lässt. Allerdings zeigen zusätzliche Signifikanztests an den Verknüpfungspunkten für die Proxy-Variablen keine signifikanten Unterschiede, so dass dieses Problem in diesem Fall eher zu vernachlässigen ist. Durch das Verknüpfungsmatching wird eine Gruppe von Stellvertreter-Betrieben mit bereits bestehendem Betriebsrat ausgewählt, die sich in den Verknüpfungspunkten nicht signifikant von der Gruppe der Betriebe mit einem neu gegründeten Betriebsrat unterscheidet. Die Gruppe der Stellvertreter-Betriebe kann somit für die Evaluation langfristiger Betriebsratseffekte weiterverwendet werden.
8.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Um den Effekt der betrieblichen Mitbestimmung für die „statistischen Zwillingsbetriebe" zu quantifizieren, reicht ein einfacher Mittelwertvergleich der zu evaluierenden Merkmale beider Gruppen. Ein zusätzlicher Signifikanztest zeigt an, ob Unterschiede zwischen beiden Gruppen als signifikant anzusehen sind. Als Evaluationskriterien sind Produktivität, Ertragslage und Anteil der qualifizierten Beschäftigten zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach der Gründung des Betriebsrates definiert. Aufgrund des Evaluationsdesigns lassen sich kurz- und langfristige Effekte identifizieren. Zur Ermittlung eines kurzfristigen Effektes wird die Gruppe der Betriebe mit neu gegründeten Betriebsräten mit der Gruppe der Partnerbetriebe ohne Betriebsrat verglichen. Betriebe mit einem neuen Betriebsrat haben mit durchschnittlich 66.650,80 Euro je Beschäftigten im Jahr der Gründung eine um ca. 14.000 Euro höhere Produktivität als im Status quo ohne Betriebsrat zu beobachten wäre (vgl. Tabelle 4). Da diese Werte jedoch relativ stark streuen, lässt sich kein signifikanter Unterschied nachweisen. Der Anteil der qualifizierten Beschäftigten ist im Jahr nach der Gründung des Betriebsrates mit 77,9% nicht signifikant verschieden zu dem, der ohne Betriebsrat vorliegen würde.
Tabelle 4: Kurz- und langfristige Effekte auf die Evaluationskriterien Merkmal
Anzahl der Betriebe Produktivität t=0* (in Euro) Anteil qualifizierter Beschäftigter t+1 * sehr gute / gute Ertragslage t+1 * 3
Stellvertreterp-Wert p-Wert Betriebe mit Betriebe neuem ohne kurzfristig6 langfristig15 Betriebe mit bereits bestehendem Betriebsrat3 Betriebsrat3 Betriebsrat3 53
53
53
66.650,80 (42.225,7) 77,9 (21,0) 39,6
51.613,80 (31.937,9) 82,0 (16,1) 34,0
52.528,70 (71.096,5) 76,9 (20,0) 43,4
0,217
0,932
0,811
0,156
0,537
0,332
Werte in Klammern geben die Standardabweichung an. b t-Test bzw. Kontingenzkoeffizient. * t-n bezeichnet die Periode bezogen auf den Zeitpunkt der erstmaligen Nennung eines Betriebsrates, für Betriebe mit bereits bestehendem Betriebsrat und Betriebe ohne Betriebsrat ist t=0 die jeweils dritte verfügbare Welle nach dem erstmaligen Auftreten im Panel. Quelle: lAB-Betriebspanel, eigene Berechnungen.
Mikroökonometrische Evaluation betrieblicher Mitbestimmung • 533
Im J a h r nach der Gründung haben 3 9 , 6 % der Betriebe eine gute oder sehr gute Ertragslage. Im Fall, dass kein Betriebsrat gegründet worden wäre, hätten 4 3 , 4 % der Betriebe eine derartige Ertragslage. Auch hier lässt sich kein signifikanter Unterschied feststellen. Um Aussagen über langfristige Effekte zu treffen, werden die Evaluationskriterien bei der Gruppe der verknüpften Stellvertreter-Betriebe mit der bereits für die Ermittlung der kurzfristige Effekte genutzten Kontrollgruppe (Betriebe ohne Betriebsrat) verglichen. Die Stellvertreter zeigen die weitere Entwicklung der Betriebe mit neu gegründeten Betriebsräten. Als Indikatoren werden die jeweils vorhandenen aktuellsten Werte der Produktivität, des Anteils qualifizierter Beschäftigter sowie der Ertragslage als Ergebnisvariablen genutzt. V o n den damit zu vergleichenden M e r k m a l e n der Kontrollgruppe wird angenommen, dass der beobachtete Status in t + 1 bzw. t + 2 langfristig beibehalten wird, so dass hier von einer Verlängerung der Beobachtungsperiode durch ein Verknüpfungsmatching abgesehen werden k a n n . ^ 7 Langfristig haben die Betriebe, die einen Betriebsrat gegründet haben, eine Produktivität von 5 1 . 6 1 3 , 8 0 Euro. Diese unterscheidet sich nicht signifikant von dem Fall, wenn kein Betriebsrat gegründet worden wäre. Der Anteil der qualifizierten Beschäftigten ist mit 8 2 , 0 % um 5 Prozentpunkte höher als im Status quo ohne Betriebsrat. V o n einem signifikanten Unterschied kann aber auch hier nicht ausgegangen werden. 3 4 , 0 % der Betriebe haben langfristig eine sehr gute bis gute Ertragslage. Das scheint etwas weniger als bei der Gründung des Betriebsrates zu sein, dennoch lassen sich keine signifikanten Unterschiede im Vergleich zur Situation ohne Betriebsrat nachweisen. Die hier festgestellten nichtsignifikanten Effekte bezüglich der Produktivitätswirkungen von Betriebsräten finden sich auch bei Schank, Schnabel und Wagner ( 2 0 0 4 ) . In anderen aktuellen empirischen Studien wie beispielsweise bei Frick und M ö l l e r ( 2 0 0 3 ) oder Frick ( 2 0 0 5 ) wird jedoch ein positiver Produktivitätseffekt bei Existenz eines Betriebsrates nachgewiesen. Bezüglich der Ertragslage finden auch Addison et al. ( 2 0 0 4 b ) in ihrem Matchingansatz keine signifikanten Effekte im Vergleich zur Situation ohne Betriebsrat. Bei der Bewertung der Evaluationsergebnisse muss eingeschränkt werden, dass der hier verwendete Datensatz nur die ostdeutschen Betriebe des verarbeitenden Gewerbes und des Baubereichs umfasst, dass sich die Aussage auf die identifizierbaren Betriebe mit neu gegründeten Betriebsräten bezieht, die Fallzahlen eher gering sind und die langfristigen Betriebsratseffekte auf der Konstruktion der verknüpften Betriebsbiografien mittels Stellvertreter basieren. Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass durch die Gründung eines Betriebsrates weder kurz- noch langfristig ein signifikanter Effekt bei den untersuchten ökonomischen Größen nachweisbar ist. Dies scheint im Widerspruch zu den verschieden theoretischen Ansätzen über die Wirkungen von Betriebsräten zu stehen. Allerdings lassen sich teilweise gegenläufig wirkende Effekte aufgrund der theoretisch formulierten Kausalität vorhersagen, was durchaus auch die Schlussfolgerung erlaubt, dass sich diese Wirkungen eventuell gegenseitig aufheben.
27
Konjunkturelle Schwankungen können in diesem Ansatz vernachlässigt werden, da der Betrachtungszeitraum der Stellvertreterbetriebe im gleichen Zeitraum liegt wie der der Kontrollgruppe.
534 • B. Schultz
Anhang Vollständige Daten liegen bei folgenden Variablen vor. • • • • • • • •
Anzahl der Beschäftigten t-2; t-1; t=0 Tarif t-1; t=0 Recht Eigentum Branche Frauenanteil t-1 Qualifiziert t-1 Ertragslage t-1
Bei folgenden Variablen fehlen Werte:* • • • • • •
Anzahl der Beschäftigten t+1 (27); t+2 (34) Tarif t+1 (31); t+2 (37) Frauenanteil t+1 (27) Qualifiziert t+1 (27) Ertragslage t+1 (30) Produktivität t-2 (15); t=0 (33)
• in Klammern ist die Anzahl der fehlenden Werte je Variable angegeben. Regeln für das Ersetzen fehlender Werte: Bei den Überlegungen, wie fehlende Werte in einem Panel adäquat mit Wertangaben aufgefüllt werden können, ist es naheliegend, bei zeitinvarianten Merkmalen wie beispielsweise der Branchenzugehörigkeit oder der Rechtsform des Betriebes die Werte dieses Merkmals aus den Angaben der vorherigen oder nachfolgenden Wellen zu übernehmen. Da diese Werte vollständig vorliegen, kam diese Regel nicht zur Anwendung. 1. Fehlende Werte von Zeitvarianten Variablen werden mit Hilfe der anderen Periodenwerte des jeweiligen Betriebes approximiert. Sind die Werte in den vorherigen oder nachfolgende Wellen für das entsprechende Merkmal gleich, so wird der fehlende Wert durch den des vorherigen bzw. nachfolgenden ersetzt. Ist eine monoton steigende oder sinkende Tendenz erkennbar, wird der fehlende Wert geschätzt (wenn möglich) bzw. mit einfacher Arithmetik errechnet. Bei veränderlichen Reihen ohne erkennbare Tendenz, wird der fehlende Wert durch den Mittelwert der Zeitreihe ersetzt. Dies wird sowohl für fehlende Informationen innerhalb als auch am Rand der Beobachtungsperiode angewendet. 2. Bei fehlenden Werten zum Beschäftigtenstand werden, wenn vorhanden, die Werte des Vorjahres aus der nachfolgenden Welle genutzt. 3. Ist es nicht möglich, aufgrund der Regeln 1 und 2 die fehlenden Werte zu ersetzen, werden Mittelwerte aus den vorhandenen Werten der jeweiligen Variable gebildet und diese eingesetzt. Bei den Produktivitätsangaben wurden so sechs fehlende Angaben in t-2 und t=0 nachgebildet.
Mikroökonometrische Evaluation betrieblicher Mitbestimmung • 535
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Jahrbücher f. Nationalökonomie u. Statistik (Lucius & Lucius, Stuttgart 2006) Bd. (Vol.) 226/5
Betriebsräte und Arbeitszufriedenheit Works Councils and Job Satisfaction Von Uwe Jirjahn und Georgi Tsertsvadze, Hannover JEL J28, J50, J51 Works council, job satisfaction, blue-collar workers, full-time employment.
Summary Empirical studies on establishment-level codetermination usually focus on the impact of works councils on firm performance. Using data from the German Socio-Economic Panel, this is the first systematic research to examine the relationship between works councils and job satisfaction. It is shown that the relationship depends on the type of worker. The presence of a works council increases j o b satisfaction of full-time employed blue-collar workers. In general, councils do not have an influence on full-time employed white-collar workers. However, there is a negative association between works council presence and job satisfaction of managers. Furthermore, the presence of a workers council is associated with lower j o b satisfaction of non-full-time workers.
1.
Einleitung
Eine z u n e h m e n d e G l o b a l i s i e r u n g sowie veränderte t e c h n o l o g i s c h e R a h m e n b e d i n g u n g e n scheinen den Sozialstaat unter massiven Anpassungsdruck zu setzen. Die verschiedenen V o r s c h l ä g e z u m U m b a u des Sozialstaats zielen dabei in der Regel auf eine Deregulierung des A r b e i t s m a r k t e s a b . V o r diesem H i n t e r g r u n d überrascht es wenig, dass die M i t b e s t i m m u n g in der Bundesrepublik zum G e g e n s t a n d der wirtschaftspolitischen Diskussion g e w o r d e n ist. 1 U n d auch die empirische F o r s c h u n g zu Betriebsräten scheint H o c h k o n j u n k t u r zu h a b e n . 2 Ü b e r r a s c h e n d ist dabei, dass die vorliegenden Studien fast ausschließlich die betriebliche P e r f o r m a n c e im Auge h a b e n . Die W i r k u n g e n von Betriebsräten auf Profitabilität, Produktivität und I n n o v a t i o n e n stehen sehr häufig im F o k u s der Untersuc h u n g e n . Die Frage, welche V o r - und N a c h t e i l e Betriebsräte für die A r b e i t n e h m e r bringen, ist demgegenüber bislang fast völlig vernachlässigt w o r d e n . Vorsichtige H i n w e i s e lassen sich allenfalls aus Untersuchungen zum betrieblichen L o h n n i v e a u oder eher indirekt aus Untersuchungen zur P e r s o n a l f l u k t u a t i o n gewinnen. Diese F o r s c h u n g s l ü c k e ist nicht nur v o r dem H i n t e r g r u n d b e m e r k e n s w e r t , dass es sich bei einem Betriebsrat d o c h u m eine Interessenvertretung der A r b e i t n e h m e r handelt. D a r ü b e r hinaus zeigt sich speziell für die Bundesrepublik N a c h h o l b e d a r f , wenn m a n berücksichtigt, dass insbesondere mit angel-
1 2
Vgl. z.B. die Beiträge von Franz (2005) und Jirjahn (2005). Vgl. die Überblicksartikel von Addison et al. (2004) sowie Jirjahn
(2006).
538 • U. Jirjahn und G. Tsertsvadze
sächsischen Daten der Einfluss industrieller Beziehungen auf die Arbeitszufriedenheit von Beschäftigten recht intensiv untersucht worden ist.-' Die vorliegende Untersuchung möchte einen ersten Beitrag zur Schließung dieser Forschungslücke leisten. Die empirische Analyse mit Daten des Sozio-oekonomischen Panels zeichnet dabei ein differenziertes Bild. Vollzeitbeschäftigte Arbeiter weisen bei Vorhandensein eines Betriebsrats eine höhere Arbeitszufriedenheit auf, w ä h r e n d bei vollzeitbeschäftigten Angestellten kein signifikanter Z u s a m m e n h a n g zwischen betrieblicher Mitbestimmung und Arbeitszufriedenheit besteht. Werden separate Schätzungen f ü r leitende Angestellte durchgeführt, d a n n zeigt sich bei dieser Teilgruppe, dass das Vorhandensein eines Betriebsrats mit einer geringeren Arbeitszufriedenheit verbunden ist. Ein negativer Z u s a m m e n h a n g zwischen dem Vorhandensein eines Betriebsrats und der Arbeitszufriedenheit zeigt sich zudem bei Arbeitnehmern, die nicht vollzeitbeschäftigt sind. Der Rest des Beitrags gliedert sich wie folgt: Abschnitt 2 enthält einige grundlegende theoretische Überlegungen zum Z u s a m m e n h a n g zwischen betrieblicher Mitbestimmung und Arbeitszufriedenheit. Abschnitt 3 präsentiert die empirische Analyse. Abschnitt 4 enthält einige abschließende Bemerkungen.
2.
Theoretische Aspekte
Aus theoretischer Sicht lässt sich sowohl ein positiver als auch ein negativer Einfluss betrieblicher Mitbestimmung auf die Arbeitszufriedenheit von Arbeitnehmern begründen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Wirkungen von Betriebsräten von der spezifischen Situation der Arbeitnehmer abhängen können. Wir unterscheiden deshalb zwischen Arbeitern und Angestellten sowie zwischen vollzeitbeschäftigten und nicht vollzeitbeschäftigten Arbeitskräften. 2.1.
Positive Einflüsse auf die Arbeitszufriedenheit
Ein positiver Einfluss betrieblicher Mitbestimmung auf die Arbeitszufriedenheit von Arbeitnehmern lässt sich auf der Basis des Collective-Voice-Modells von Freeman (1976) begründen. Das M a n a g e m e n t eines Betriebs kann d a r a n interessiert sein, die Arbeitsbedingungen stärker an den Präferenzen der Beschäftigten auszurichten, u m hierdurch die Motivation zu steigern und die Fluktuation zu senken. Voraussetzung f ü r eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen ist, dass das M a n a g e m e n t über hinreichende Informationen bezüglich der Präferenzen verfügt. H a t eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Belegschaft den Charakter eines öffentlichen Gutes, d a n n besteht für den einzelnen Arbeitnehmer nur ein geringer Anreiz, sich hierfür einzusetzen und in Verhandlungen und Gespräche mit dem M a n a g e m e n t einzutreten. 4 Daher ist ein gemeinsames Sprachrohr der Beschäftigten erforderlich, das die Präferenzen der Arbeitnehmer aggregiert und entsprechende Informationen an das M a n a g e m e n t weiterleitet. Übt ein Betriebsrat diese Collective-Voice-Funktion aus, dann ist zu erwarten, dass die Personalpolitik und die Arbeitbedingungen effektiver an den Präferenzen der Beschäftigten ausgerichtet werden können, was zu einer höheren Arbeitszufriedenheit führen dürfte.
3
4
Vgl. etwa die Beiträge von Borjas (1979), Freeman (1980), Bender/Sloane (1998), Heywood (2002) sowie Friedman et al. (2006). Askildsen et al. (2006) verdeutlichen dies am Beispiel von Umweltinvestitionen.
et al.
Betriebsräte und Arbeitszufriedenheit • 539
Für die Rolle als Sprachrohr der Belegschaft sind Informations- und Beratungsrechte erforderlich. Betriebsräte verfügen jedoch in vielen Entscheidungsbereichen über Rechte, die über reine Collective-Voice-Rechte weit hinausgehen. Dies bringt uns zu einem zweiten Ansatz, der für einen positiven Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit spricht. Hiernach trägt Mitbestimmung dazu bei, das Vertrauen zwischen Management und Belegschaft zu stärken (Smith 1991, Freeman/Lazear 1995, Hogan 2001). Vertrauensprobleme zwischen Management und Belegschaft sind in vielerlei Hinsicht möglich. Ein Aspekt besteht in der strategischen Nutzung von Informationen. Arbeitnehmer können den Angaben des Managements über die wirtschaftliche Lage des Betriebs misstrauen, die Einschnitte bei der Entlohnung oder eine verstärkte Anstrengung der Belegschaft erforderlich machen. Umgekehrt werden die Arbeitnehmer Informationen über Möglichkeiten zur Steigerung der Produktivität nicht preisgeben, wenn sie fürchten, dass diese Informationen gegen ihre Interessen z.B. für Rationalisierungsmaßnahmen eingesetzt werden. Die Konsequenz dieser Vertrauensprobleme dürfte nicht nur in einer verringerten Motivation und Kooperationsbereitschaft seitens der Belegschaft, sondern auch in einer verringerten Arbeitszufriedenheit bestehen. Eine Interessenvertretung der Arbeitnehmer, die in den entsprechenden Entscheidungsbereichen über Mitbestimmungsrechte verfügt und dafür Sorge trägt, dass die Belange der Belegschaft hinreichend Berücksichtigung finden, kann das Vertrauen der Arbeitnehmer und damit die Motivation wie auch die Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten stärken. Dieses Argument steht in enger Beziehung zu Untersuchungen, die sich mit dem Zusammenhang zwischen institutionellem Vertrauen und Zufriedenheit beschäftigen (Hudson 2006). Ein dritter Ansatz zur Begründung positiver Wirkungen von Betriebsräten auf die Arbeitszufriedenheit ergibt sich, wenn man berücksichtigt, dass Fairnessapekte für Arbeitnehmer eine wichtige Rolle spielen dürften. Frey et al. (2004) argumentieren, dass nicht nur das Ergebnis von Entscheidungen, sondern auch die Art und Weise, wie sie zustande kommen, die Zufriedenheit von Arbeitnehmern beeinflusst. Es wirkt sich positiv auf die Zufriedenheit aus, wenn Arbeitnehmer der Überzeugung sind, dass sie vom Management respektiert und als Subjekte behandelt werden. Die Art und Weise, wie Entscheidungen im Betrieb getroffen werden, vermittelt Arbeitnehmern einen Eindruck, welche Wertschätzung ihnen Management und Vorgesetzte entgegen bringen. Hiernach sind Arbeitnehmer auch bereit Einschnitte hinzunehmen, wenn sie bzw. ihre Interessenvertretung in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass das Vorhandensein eines Betriebsrats zu einer stärkeren prozeduralen Gerechtigkeit und damit zu einer höheren Arbeitszufriedenheit beitragen kann.
2.2.
Negative Auswirkungen auf die Arbeitzufriedenheit
Eine verstärkte Einflussnahme auf betriebliche Entscheidungen durch eine repräsentative Interessenvertretung bedeutet jedoch nicht, dass die Arbeitnehmer vor Ort am Arbeitsplatz einen direkten Einfluss auf Entscheidungen haben. Ergebnisse aus den USA von Freeman und Rogers (1999) deuten darauf hin, dass Arbeitnehmer in stärkerem Maße eine direkte Entscheidungsbeteiligung und mehr Autonomie am Arbeitsplatz präferieren. Sollte das Vorhandensein eines Betriebsrats zu einer verstärkten Formalisierung und Hierarchisierung von betrieblichen Entscheidungsprozessen führen, bei denen den individuellen Arbeitnehmern weniger direkte Einflussmöglichkeiten zur Verfügung stehen, dann kann sich auch ein negativer Einfluss betrieblicher Mitbestimmung auf die Arbeitszufriedenheit ergeben.
540 • U. Jirjahn und G. Tsertsvadze
Ein weiterer Ansatz, einen negativen Einfluss betrieblicher Mitbestimmung auf die Arbeitszufriedenheit zu begründen, ergibt sich, wenn man berücksichtigt, dass Studien mit angelsächsischen Daten häufig einen negativen Zusammenhang zwischen gewerkschaftlicher Organisierung und Arbeitszufriedenheit finden (Booth 1995). Ein Grund könnte sein, dass bei Vorhandensein einer Collective-Voice-Institution auch die unzufriedeneren Mitarbeiter eine geringere Kündigungsneigung aufweisen und in der Firma verbleiben (Freeman 1980). Ein anderer Grund für diesen negativen Zusammenhang könnte darin bestehen, dass Gewerkschaften ein Klima des Jammerns und der Unzufriedenheit erzeugen, um die Beschäftigten zu mobilisieren und Forderungen gegenüber den Arbeitgebern besser durchsetzen zu können (Borjas 1979). In ähnlicher Weise könnte ein Betriebsrat eine kritische Haltung und Unzufriedenheit der Arbeitnehmer im Betrieb fördern, um sich bei Verhandlungen mit dem Management eine stärkere Unterstützung durch die Belegschaft zu sichern. Schließlich könnte auch die Möglichkeit bestehen, dass sich tendenziell eher unzufriedene Arbeitnehmer in Betriebe mit einer Interessenvertretung sortieren, so dass der in den angelsächsischen Studien gefundene negative Zusammenhang zwischen Gewerkschaften und Arbeitszufriedenheit nicht kausal zu interpretieren ist. Heywood et al. (2002) finden für diese Hypothese keine Bestätigung. Die Autoren nutzen britische Paneldaten und gelangen zu dem Ergebnis, dass der negative Zusammenhang auch dann bestehen bleibt, wenn für unbeobachtete Heterogenität der Arbeitnehmer kontrolliert wird. Schließlich könnte sich ein negativer Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit dadurch ergeben, dass die Beziehung zwischen Belegschaft und Betriebsrat den Charakter einer Principal-Agent-Beziehung hat (Faith/Reid 1987). Betriebsräte verfügen aufgrund von Informationsasymmetrien möglicherweise über Handlungsspielräume, die sie dazu nutzen könnten, stärker ihre eigenen Interessen und weniger die der Belegschaft zu verfolgen. 5 2.3.
Arbeiter vs. Angestellte
O b die positiven oder negativen Wirkungen auf die Arbeitszufriedenheit dominieren, dürfte von der spezifischen Arbeitssituation und den jeweiligen Interessen der Arbeitnehmer abhängen. Ist die Belegschaft durch eine große Heterogenität der Arbeitsbedingungen und Interessenlagen gekennzeichnet, dann ist zu erwarten, dass es für einen Betriebsrat schwieriger wird, einen Interessenausgleich innerhalb der Belegschaft vorzunehmen (Tiróle 2001 ). 6 Dies könnte zu einer Beeinträchtigung der Sprachrohrfunktion des Betriebsrats führen. Im Fall einer großen Heterogenität der Arbeitnehmer kann betriebliche Mitbestimmung somit in geringerem Umfang zu einer effektiveren Personalpolitik beitragen. Diese Tendenz dürfte dann noch verstärkt werden, wenn das Management sich die Heterogenität der Belegschaft zunutze macht, um die Unterstützung des Betriebsrats 5
6
Entsprechende Modelle finden sich in der Gewerkschaftstheorie. Im Extremfall könnten Arbeitgeber versuchen, die Interessenvertretung der Arbeitnehmer einseitig zu instrumentalisieren und für ihre eigenen Verteilungsinteressen zu nutzen (Schwalbe 1994). Burton (1984) betrachtet den weniger extremen Fall, dass es sich bei Gewerkschaften wie bei Parteien um politische Institutionen handelt, deren Funktionäre ihre Macht und ihren sozialen Status maximieren. Ähnliche Argumentationen ließen sich auf eine betriebliche Interessenvertretung der Arbeitnehmer übertragen. Tirole (2001) vertritt dabei allerdings die Auffassung, dass die Heterogenität von Arbeitnehmerpräferenzen grundsätzlich zur Ineffizienz von Mitbestimmung führen würde. Er berücksichtigt jedoch nicht, dass sich der Grad der Heterogenität der Arbeitnehmerpräferenzen je nach betrieblicher Situation stark unterscheiden kann. Darüber hinaus nimmt Tirole keine Abwägung der verschiedenen Vor- und Nachteile von Mitbestimmung vor.
Betriebsräte und Arbeitszufriedenheit • 541
durch die Belegschaft zu verringern. Entsprechende Beispiele finden sich in der radikalökonomischen Literatur (z.B. Reich et al. 1978 sowie Bowles/Edwards 1986). Wenn für das Management stärker die Verteilung und weniger die Schaffung betrieblicher Renten im Vordergrund steht, könnten Manager darauf abzielen, den Zusammenhalt innerhalb der Belegschaft etwa durch eine diskriminierende Einstellungs- oder Beförderungspolitik zu untergraben. Jirjahn und Kraft (2006) finden empirische Bestätigung für die Hypothese, dass eine stark heterogene Belegschaft die Funktionsfähigkeit betrieblicher Mitbestimmung verringert. Sie nehmen die innerbetriebliche Lohndispersion als Proxyvariable für die Heterogenität der Belegschaft und gelangen zu dem Ergebnis, dass positive Produktivitätswirkungen von Betriebsräten in Betrieben mit einer hohen innerbetrieblichen Lohndispersion geringer ausfallen. 7 Es ist zu erwarten, dass die Heterogenität der Beschäftigten auch Implikationen für die Wirkung von Betriebsräten auf die Arbeitszufriedenheit hat. Gelingt es einem Betriebsrat bei heterogenen Interessenlagen der Beschäftigten nicht, einen Interessenausgleich herbeizuführen, dann wird er stärker eher die Interessen derjenigen Beschäftigten vertreten können, die ähnliche Interessen haben. Führt dies zu einer entsprechenden Ausrichtung der betrieblichen Personalpolitik, dann dürfte sich betriebliche Mitbestimmung positiv auf die Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten auswirken, die durch eine vergleichsweise homogene Interessenlage gekennzeichnet sind, während sich kein oder möglicherweise sogar ein negativer Effekt bei Arbeitnehmergruppen mit stärker heterogener Interessenlage einstellen dürfte. Um diesem Aspekt Rechnung zu tragen, werden wir in unserer empirischen Analyse zwischen gewerblichen Arbeitskräften und Angestellten unterscheiden. Es ist zu erwarten, dass gewerbliche Arbeitskräfte im Produktionsbereich relativ ähnlichen Arbeitsbedingungen und Belastungen ausgesetzt sind, so dass es einem Betriebsrat leichter fallen sollte, die Interessen gewerblicher Arbeitnehmer zu vertreten und zu einer erhöhten Zufriedenheit dieser Beschäftigtengruppe beizutragen. Demgegenüber ist zu erwarten, dass auftretende Probleme bei Angestellten in stärkerem Maße auch idiosynkratische Komponenten aufweisen. Ein Beispiel könnte die Nichtberücksichtigung bei einer Beförderung aufgrund von persönlichen Problemen mit dem Vorgesetzten sein. Hier dürfte es einem Betriebsrat schwieriger fallen, die Interessen des Arbeitnehmers zu vertreten. Darüber hinaus mögen Angestellte bereits in größerem Maße durch betriebsinterne Arbeitsmärkte vor Entlassungen geschützt sein als Arbeiter, wodurch die Notwendigkeit einer Interessenvertretung durch einen Betriebsrat bei Angestellten geringer ausfällt. Schließlich könnten Angestellte aufgrund ihrer Tätigkeit verstärkte Kommunikationsmöglichkeiten mit Vorgesetzten zur Verfügung stehen, so dass sie ihre Präferenzen gegenüber den Vorgesetzten eher direkt äußern können. Für in der Produktion beschäftigte Arbeiter dürfte dies nicht in gleichem Umfang gegeben sein. Führt betriebliche Mitbestimmung dazu, dass Entscheidungsprozesse stärker formalisiert werden und den Arbeitnehmern direkte Einflussmöglichkeiten
7
Dies stimmt auch mit den Ergebnissen von Hübler/Meyer (2001) überein, die zeigen, dass Betriebe mit Betriebsrat eine geringere innerbetriebliche Lohndispersion aufweisen. Betriebsräte dürften sich für eine geringere Lohnstreuung einsetzen, um die Kohäsion innerhalb der Belegschaft zu fördern. Möglicherweise besteht aber auch eine umgekehrte Kausalität. Homogenere Belegschaften organisieren sich eher und wählen einen Betriebsrat. Empirische Evidenz für die zuletzt genannte Kausalitätsrichtung findet sich auch in einer international vergleichenden Studie von Agell (2002). Hier zeigt sich, dass Staaten mit einer geringeren sprachlichen Fragmentierung der Bevölkerung einen höheren Grad an gewerkschaftlicher Organisierung aufweisen.
542 • U. Jirjahn und C. Tsertsvadze
in geringerem Umfang zur Verfügung stehen, dann dürfte dies eher Angestellte treffen. In diesem Fall ist ein positiver Einfluss betrieblicher Mitbestimmung auf die Arbeitszufriedenheit zweifelhaft. Darüber hinaus unterscheiden wir zwischen Angestellten, die eine Funktion als leitende Angestellte ausüben, und „normalen" Angestellten, die keine solche Funktion ausüben. Sowohl institutionelle als auch inhaltliche Gründe sprechen dafür, dass sich ein negativer Einfluss betrieblicher Mitbestimmung auf die Arbeitszufriedenheit eher bei den leitenden Angestellten einstellen dürfte. Leitende Angestellte gelten im BetrVG nicht als Arbeitnehmer. Ihre Interessen werden nach der Intention des Gesetzgebers nicht durch den Betriebsrat vertreten. Eine inhaltliche Begründung kann daran ansetzen, dass betriebliche Mitbestimmung zu verstärkten Verhandlungen zwischen Belegschaft und Management führt, in denen sich beide Seiten wechselseitig von den ausgetauschten Informationen und Argumenten überzeugen lassen müssen. Dies kann zwar im Ergebnis zu besseren Entscheidungen führen, von denen sowohl die Arbeitnehmer als auch die Eigentümer profitieren. Für die leitenden Angestellten bedeutet dies jedoch auch, dass sie im Sinne einer Sandwich-Position eine Vermittlerrolle zwischen Betriebsrat und Eigentümern einnehmen müssen, die zu verstärkten Belastungen führt.® Auf der einen Seite müssen sie dem Betriebsrat gegenüber die Interessen der Eigentümer vertreten. Auf der anderen Seite müssen die Eigentümer von ausgehandelten Kompromissen und der Glaubwürdigkeit von Argumenten überzeugt werden, die von der Arbeitnehmerseite vorgetragen werden. Eine zweite inhaltliche Begründung besteht darin, dass leitende Angestellte über erhebliche diskretionäre Spielräume bei Entscheidungen verfügen dürften. Analysen von Laffont ( 1 9 9 0 ) sowie Prendergast und Topel ( 1 9 9 6 ) legen die Hypothese nahe, dass die leitenden Angestellten diese Spielräume nutzen, um eigene Zielsetzungen zu verfolgen, die etwa die eigene Karriere oder den eigenen Status betreffen. Dies schließt mit ein, dass sie insbesondere das berufliche Fortkommen derjenigen Mitarbeiter fördern, die ihnen bei der Erlangung ihrer persönlichen Ziele behilflich sind. Das Vorhandensein eines Betriebsrats, der zur Schaffung vertrauensvoller innerbetrieblicher Beziehungen auf faire und objektiv nachvollziehbare Regelungen setzt, schränkt die diskretionären Spielräume der leitenden Angestellten ein (Smith 1 9 9 1 ) . Dies dürfte die Zufriedenheit der leitenden Angestellten verringern. 2.4.
Vollzeitbeschäftigte vs. nicht vollzeitbeschäftigte Arbeitskräfte
Darüber hinaus unterscheiden wir zwischen vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern und nicht vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern, die nur als Teilzeitkräfte oder geringfügig beschäftigte Arbeitskräfte im Betrieb tätig sind. Mehrere Gründe sprechen dafür, dass nicht vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer in geringerem M a ß e Einfluss auf betriebliche Entscheidungsprozesse haben. Erstens dürften es diesen Arbeitnehmern schwerer fallen, an allen wichtigen Besprechungen teilzunehmen und eine intensive Kommunikation mit Kollegen und Vorgesetzten zu pflegen. Zweitens dürften nicht vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer
8
Das „Sandwich-Phänomen" ist nicht auf die betriebliche Mitbestimmung beschränkt. Bemerkenswerterweise zeigt sich auch bei anderen Formen der Mitarbeiterbeteiligung, dass Arbeitnehmer auf hierarchischen Zwischenstufen hiervon nicht profitieren. Ergebnissen von Heywood et al. (2005a, 2005b) zeigen, dass eine materielle Partizipation der Arbeitnehmer zu einer verbesserten Kooperation mit Kollegen und verringerten Konflikten mit Vorgesetzten führt. Dies gilt jedoch nicht für Arbeitnehmer auf hierarchischen Zwischenstufen.
Betriebsräte u n d A r b e i t s z u f r i e d e n h e i t • 5 4 3
einen geringeren Anreiz haben, sich in betriebliche Entscheidungsprozesse einzubringen, da sie von diesen Entscheidungen in geringerem Umfang betroffen sind. 9 Drittens schließlich ist davon auszugehen, dass nicht vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer tendenziell einfache Tätigkeiten ausüben, deren Bedeutung für den betrieblichen Produktionsprozess im Vergleich zu anderen Tätigkeiten eher gering i s t . 1 0 Daher dürfte auf Seiten des Managements auch ein geringes Interesse bestehen, die Präferenzen dieser Arbeitnehmer bei Entscheidungen zu berücksichtigen. Die genannten Gründe sprechen nicht nur dafür, dass das Management die Belange der nicht vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer in geringerem Umfang berücksichtigt. Sie sprechen zudem dafür, dass betriebliche Mitbestimmung diese Tendenz verstärken könnte. Nicht vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer dürften weniger Gelegenheiten haben mit den betrieblichen Interessenvertretern zu kommunizieren. Das Management mag darüber hinaus wenig Interesse zeigen, wenn ein Betriebsrat die Präferenzen von Arbeitnehmern aggregiert und offenbart, die für den betrieblichen Produktionsprozess eine weniger wichtige Rolle spielen. Dies impliziert, dass der Betriebsrat sich stärker auf die Vertretung der Interessen vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer konzentrieren wird. Führt dies dazu, dass sich betriebliche Entscheidungen in noch stärkerem M a ß e an den Interessen der Vollzeitbeschäftigten und nicht an den Belangen der Beschäftigten mit einer geringeren Arbeitszeit orientieren, dann ist ein negativer Einfluss betrieblicher Mitbestimmung auf die Arbeitszufriedenheit bei der letzteren Gruppe zu erwarten. 3.
Empirische Analyse
3.1.
Datensatz, Variablen und deskriptive Statistiken
Als Datenbasis wird das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) verwendet. 1 1 Es handelt sich hierbei um eine repräsentative Längsschnittbefragung von privaten Haushalten in der Bundesrepublik Deutschland, die seit 1 9 8 4 jährlich durchgeführt wird (SOEP Group 2 0 0 1 ) . Für unsere Untersuchung verwenden wir die Welle 2 0 0 1 des SOEP, da diese Welle als einzige Welle eine Angabe über das Vorhandensein eines Betriebsrats im Betrieb der befragten Person enthält. In unserer Analyse beschränken wir uns auf Arbeitskräfte im Alter zwischen 18 und 6 5 Jahren aus der Privatwirtschaft. Auszubildende, Volontäre, Praktikanten, Aspiranten, Freiberufler, Selbständige sowie Arbeitskräfte aus der Fischerei, Fischzucht, Land- und Forstwirtschaft werden nicht berücksichtigt. Ebenfalls werden Arbeitskräfte ausgeschlossen, die in Firmen mit weniger als 2 0 Beschäftigten oder in Firmen mit mehr als 2 0 0 0 Beschäftigten tätig sind. In kleineren Betrieben ist überwiegend kein Betriebsrat vorhanden, während sich in Großbetrieben fast immer eine betriebliche Interessenvertretung der
'
10
Ein Arbeiter, der dem Lärm einer Maschine nur vier Stunden am Tag ausgesetzt ist, mag diese Belastung leichter ertragen als ein Arbeiter, der mit der Maschine täglich acht Stunden arbeitet. Entsprechend dürfte der Arbeiter mit der täglichen Arbeitszeit von vier Stunden weniger Anstrengungen unternehmen, um sich für eine Verringerung der Lärmbelastung einzusetzen. Ein Grund, warum komplexere Tätigkeiten von Betrieben nicht als Teilzeitarbeitsplätze angeboten werden, kann in Einstellungs- und Einarbeitskosten gesehen werden, die den Charakter von Personalfixkosten haben. Diese Kosten würden sich vervielfachen, wenn Vollzeitarbeitsplätze in Teilzeitarbeitsplätze umgewandelt werden. Betriebe werden Teilzeitarbeit somit eher für Tätigkeiten anbieten, bei denen Einstellungs- und Einarbeitungskosten nur eine geringe Rolle spielen.
11
Die Auswertung erfolgte mit Stata 9.
544 • U. Jirjahn und G. Tsertsvadze
Belegschaft findet. Bei Berücksichtigung sehr kleiner bzw. sehr großer Firmen würde es an einer geeigneten Kontrollgruppe fehlen, wodurch sich die Effizienz der Schätzungen verringern würde. Hübler und Meyer (2001) demonstrieren in der Tat eindrucksvoll, dass ein Betriebsratseffekt durch die starke Korrelation zwischen dem Vorhandensein eines Betriebsrats und der Betriebsgröße verdeckt werden kann. Als abhängige Variable verwenden wir die ordinal skalierte Variable ZUFRIEDEN, die auf einer Selbsteinschätzung der Befragten beruht. Die befragten Personen wurden gebeten, ihre Arbeitszufriedenheit auf einer Skala von 0 (ganz und gar unzufrieden) bis 10 (ganz und gar zufrieden) anzugeben. Im Zentrum der Untersuchung steht der Zusammenhang zwischen der Variable ZUFRIEDEN und der Dummy-Variable BRAT, die angibt, ob im Betrieb der befragten Person ein Betriebsrat vorhanden ist. Die vorangegangenen theoretischen Überlegungen legen die Vermutung nahe, dass sich der Einfluss betrieblicher Mitbestimmung auf die Arbeitszufriedenheit zwischen verschiedenen Gruppen von Arbeitnehmern unterscheiden sollte. Um zu überprüfen, ob sich hierfür bereits in den deskriptiven Statistiken erste bestätigende Hinweise finden lassen, werden die Mittelwerte von ZUFRIEDEN in Tabelle 1 getrennt nach v o l l z e i t b e s c h ä f t i g t e n und nicht vollzeitbeschäftigten Arbeitskräften sowie getrennt nach Arbeitern und Angestellten ausgewiesen. Dabei wird jeweils zwischen Arbeitskräften in Betrieben mit und in Betrieben ohne einen Betriebsrat unterschieden. Ein quantitativ nicht allzu starker, aber nichtdestotrotz statistisch signifikanter Unterschied in der Arbeitszufriedenheit zwischen Arbeitnehmern mit und ohne betriebliche Interessenvertretung findet sich in der Gruppe der vollzeitbeschäftigten Arbeiter. In dieser Gruppe zeigt sich eine um 0,316 Einheiten der Zufriedenheitsskala höhere Arbeitszufriedenheit, wenn ein Betriebsrat vorhanden ist. Bei den anderen Gruppen zeigen sich zwischen Arbeitnehmern mit und ohne betriebliche Interessenvertretung keine Unterschiede im Hinblick auf die Arbeitszufriedenheit. Insgesamt deuten somit bereits die einfachen Mittelwertvergleiche darauf hin, dass es keinen über alle Arbeitnehmergruppen hinweg einheitlichen Zusammenhang zwischen Betriebsräten und Arbeitszufrvdenheit gibt.
Tabelle 1 : Deskriptive Statistik: Arbeitszufriedenheit Vollzeitkräfte
Keine Vollzeitkräfte
Arbeiter Angestellte Arbeiter Angestellte mit ohne mit ohne mit ohne mit ohne Betriebsrat Betriebsrat Betriebsrat Betriebsrat Betriebsrat Betriebsrat Betriebsrat Betriebsrat Mittelwert St.abw |t| N
7,130 6,814 1,925 2,062 2,813*** 848 515
7,195 1,919
7,122 2,037 0,646
764
517
6,910 6,902 2,057 2,252 0,031 134 133
6,968 7,265 2,076 2,025 1,361 188 166
Bei der Arbeitszufriedenheit handelt es sich um eine ordinal skalierte Variable auf einer Skala von 0 (ganz und gar nicht zufrieden) bis 10 (ganz und gar zufrieden).
Die nachfolgende multivariate Analyse in Abschnitt 3.2 überprüft, ob dieses Ergebnis auch dann bestehen bleibt, wenn für andere Determinanten der Arbeitszufriedenheit kontrolliert wird. Basierend auf den theoretischen Überlegungen und den ersten deskriptiven Hinweisen werden die Schätzungen für unterschiedliche Gruppen von Arbeitnehmern durchgeführt. Dabei unterscheiden wir zwischen vollzeit- und nicht vollzeitbeschäftig-
Betriebsräte und Arbeitszufriedenheit • 545
ten Arbeitern und Angestellten. Bei den vollzeitbeschäftigten Angestellten wird zudem zwischen leitenden Angestellten und nicht leitenden Angestellten differenziert. Für jede Gruppe führen wir jeweils zwei Schätzungen durch. Die jeweils erste Schätzung basiert auf einer vergleichsweise sparsamen Spezifikation. Hier kontrollieren wir für das Vorhandensein eines Betriebsrats, individuelle Merkmale der Arbeitskräfte (Alter, Qualifikation, Gesundheitszustand, Nationalität, Geschlecht, berufliche Stellung) und grundlegende betriebliche Charakteristika (Betriebsgröße, Wirtschaftssektor). In der jeweils zweiten Regression wird die Spezifikation erweitert. Wir kontrollieren nun auch für spezifische Arbeitsbedingungen, die zumindest teilweise auch durch die betriebliche Mitbestimmung beeinflusst sein dürften. Wir berücksichtigen dabei Kontrollvariablen für die gegenwärtige Situation der Arbeitskraft (Einkommen, Betriebszugehörigkeitsdauer, abwechslungsreiche Tätigkeit, körperlich belastende Tätigkeit, selbständige Gestaltung der Arbeitsabläufe, tatsächliche Wochenarbeitszeit, Ausrichtung der Arbeitszeiten an den Erfordernissen des Arbeitgebers, Kontrolle durch den Arbeitgeber, Konflikte mit Vorgesetzten, kooperative Beziehungen zu Kollegen, Gewerkschaftsmitgliedschaft, Mitentscheidungsmöglichkeiten bei der Entlohnung und Beförderung von Kollegen, Tätigkeiten mit karriereförderlichen Erfahrungen, belastende Umwelteinflüsse während der Arbeit, Stress, risikante Tätigkeit, belastender Bildschirmarbeitsplatz) wie auch Kontrollvariablen für Zukunftserwartungen (Verlust des Arbeitsplatzes, beruflicher Aufstieg, beruflicher Abstieg, künftige Weiterbildungsmöglichkeiten). Durch den Vergleich der Ergebnisse beider Schätzungen lässt sich ein Eindruck gewinnen, inwiefern der Betriebsrat einen Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit ausübt, indem er konkrete Arbeitsbedingungen beeinflusst. In Tabelle 2 finden sich deskriptive Statistiken der erklärenden Variablen getrennt nach Arbeitskräften mit und ohne eine betriebliche Interessenvertretung. Die Tabelle zeigt einige interessante Unterschiede. Der Anteil der Frauen und der Anteil der Arbeitnehmer aus den neuen Bundesländern ist in der Gruppe der Arbeitnehmer mit einer betrieblichen Interessenvertretung deutlich niedriger, während der Anteil der Gewerkschaftsmitglieder, der Vollzeitbeschäftigten und der Arbeitnehmer in den oberen Betriebsgrößenklassen in dieser Gruppe deutlich höher ausfällt. 1 2 Diese Ergebnisse stehen in Einklang mit den Resultaten, die man mit Betriebsdaten erhält (z.B. Addison et al. 2003, Jirjahn 2003). Darüber hinaus zeigt sich, dass Arbeitnehmer in der Gruppe mit Betriebsrat im Durchschnitt ein höheres Einkommen erzielen und eine deutlich höhere Dauer der Betriebszugehörigkeit aufweisen. Dies ist bemerkenswert, zumal sich das durchschnittliche Bildungsniveau 12
Der positive Z u s a m m e n h a n g zwischen Betriebsratsexistenz und Gewerkschaftsmitgliedschaft kann d a m i t erklärt werden, dass Betriebsräte Gewerkschaften häufig bei der Mitgliederrekrutierung unterstützen. Eine eingehendere Betrachtung des deskriptiven Statistiken zeigt aber auch, dass der Z u s a m m e n h a n g nicht so stark ausgeprägt ist, wie m a n apriori vermuten könnte. 1 7 % der Arbeitnehmer in der verwendeten Stichprobe arbeiten in einem Betrieb mit Betriebsrat und sind gleichzeitig Gewerkschaftsmitglied. 4 2 , 2 % sind kein Gewerkschaftsmitglied, o b w o h l sie in einem Betrieb mit Betriebsrat arbeiten. 3 7 , 5 % haben keine betriebliche Interessenvertretung und sind auch kein Mitglied einer Gewerkschaft. 3 , 3 % sind Gewerkschaftsmitglied, haben aber keinen Betriebsrat. Vor diesem H i n t e r g r u n d ist nicht davon auszugehen, dass der positive Z u s a m m e n h a n g zwischen Betriebsratsexistenz und Gewerkschaftsmitgliedschaft ernsthafte Kollinearitätsprobleme hervorruft. Dies bestätigt sich in der multivariaten Analyse, wenn m a n die Ergebnisse der sparsamen Spezifikation mit den Ergebnissen der erweiterten Spezifikation vergleicht, die auch die Variable für die Gewerkschaftsmitgliedschaft enthält. Sofern die Betriebsratsvariable in der sparsamen Spezifikation signifkant ist, bleibt sie es auch in der erweiterten Spezifikation. Des Weiteren zeigt sich in einigen Regressionen, dass die Betriebsratsvariable erst bei Berücksichtigung der zusätzlichen Kontrollvariablen signifikant wird.
546 • U. Jirjahn und G. Tsertsvadze
Tabelle 2: Variablenbeschreibung und deskriptive Statistiken Variable
Beschreibung
Arbeitskräfte in Betrieben mit einem Betriebsrat Mittelwert (St.abw.)
Arbeitskräfte in Betrieben ohne einen Betriebsrat Mittelwert (St.abw.)
ABSTIEG
Eingeschätzte Wahrscheinlichkeit, dass sich die Arbeitskraft in den nächsten zwei Jahren im jetzigen Betrieb beruflich verschlechtert (in % ) Awechslungsreiche Tätigkeit (trifft voll zu = 3, trifft teilweise zu = 2, trifft gar nicht zu = 1) Alter der Arbeitskraft Alter der Arbeitskraft quadriert Dummy Variable = 1, wenn die Arbeitskraft ein Arbeiter ist; = 0, wenn es sich um einen Angestellten handelt Eingeschätzte Wahrscheinlichkeit, dass die Arbeitskraft in den nächsten 2 Jahren im jetzigen Betrieb beruflich aufsteigt (in % ) Tatsächliche durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit in Stunden Tätigkeit ist mit belastender Bildschirmarbeit verbunden (trifft voll zu = 3, trifft teilweise zu = 2, trifft gar nicht zu = 1) Gewichtete Summe aus den Jahren in schulischer, beruflicher und akademischer Ausbildung, Variable wird im SOEP generiert. Dummy Variable = 1, wenn die Arbeitskraft die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt Unterschiedliche Arbeitszeiten je nach Arbeitsanfall im Betrieb (trifft voll zu = 3, trifft teilweise zu = 2, trifft gar nicht zu = 1) Die Arbeitskraft kann bei ihrer Tätigkeit immer wieder etwas hinzulernen, was für das berufliches Fortkommen wichtig ist (trifft voll zu = 3, trifft teilweise zu = 2, trifft gar nicht zu = 1) Dummy Variable = 1, wenn die Arbeitskraft eine Frau ist Gegenwärtiger Gesundheitszustand
7,947 (17,059)
7,911 (17,459)
2,477 (0,631)
2,500 (0,635)
40,480 (10,900) 1757,32 (891,37) 0,508 (0,500)
38,892 (10,966) 1632,74 (881,70) 0,487 (0,500)
19,400 (24,767)
18,588 (25,378)
40,188 (9,107)
40,899 (12,023)
I,630 (0,794)
I,591 (0,797)
I I , 7 8 3 (2,424)
I I , 7 9 2 (2,321)
0,852 (0,356)
0,899 (0,301)
1,898 (0,807)
1,986 (0,797)
2,121 (0,752)
2,125 (0,745)
0,337 (0,473)
0,424 (0,494)
3,643 (0,830) (1= schlecht 5= sehr gut) 0,287 (0,452) Dummy Variable = 1, wenn die Arbeitskraft Mitglied einer Gewerkschaft ist Haben Sie öfter Ärger oder Konflikt 1,275 (0,496) mit Vorgesetzten? (trifft voll zu = 3, trifft teilweise zu = 2, trifft gar nicht zu = 1) Die Arbeitsleistung der befragten 1,859 (0,726) Person wird streng kontrolliert (trifft voll zu = 3, trifft teilweise zu = 2, trifft gar nicht zu = 1)
3,615 (0,805)
ABWECHSLUNG ALTER ALTER 2 ARBEITER
AUFSTIEG
AZEITTAT BILDSCHIRM
QUALIFIKATION
DEUTSCH FLEXIBEL
FORTKOMMEN
FRAU GESUND GEWERK
KONFLIKT
KONTROLLE
0,081 (0,273)
1,297 (0,522)
1,829 (0,713)
Betriebsräte und Arbeitszufriedenheit
Tabelle 2: Fortsetzung Beschreibung
KOOPERATION
Die Arbeitskraft kommt gut mit ihren Kollegen aus (trifft voll zu = 3, trifft teilweise zu = 2, trifft gar nicht zu = 1) Dummy Variable = 1, wenn die VORGESETZTER Arbeitskraft eine Funktion als Vorgesetzter ausübt MITENTSCHEIDUNG Die Arbeitskraft kann auch über die Bezahlung oder Beförderung anderer Mitarbeiter entscheiden (trifft voll zu = 3, trifft teilweise zu = 2, trifft gar nicht zu = 1) Nettoverdienst in DM im letzten Monat Dummy Variable = 1, wenn es sich um eine Arbeitskraft aus Ostdeutschland handelt Die befragte Person ist bei ihrer Arbeit einem erhöhtem Risiko von Arbeitsunfällen ausgesetzt (trifft voll zu = 3, trifft teilweise zu = 2, trifft gar nicht zu = 1) Die befragte Person muss bei Ihrer Tätigkeit körperlich schwere Arbeit leisten (trifft voll zu = 3, trifft teilweise zu = 2, trifft gar nicht zu = 1) Die befragte Person kann den Ablauf und die Durchführung Ihrer Arbeit selbständig gestalten (trifft voll zu = 3, trifft teilweise zu = 2, trifft gar nicht zu = 1) Dummy Variable =1, wenn in der Firma der Arbeitskraft zwischen 20 und 100 Arbeitskräften beschäftigt sind Dummy Variable =1, wenn in der Firma der Arbeitskraft zwischen 100 und 200 Arbeitskräften beschäftigt sind Dummy Variable =1, wenn in der Firma der Arbeitskraft zwischen 200 und 2000 Arbeitskräften beschäftigt sind Die Arbeit ist mit nervlicher Anspannung verbunden (trifft voll zu = 3, trifft teilweise zu = 2, trifft gar nicht zu = 1) Dauer der Betriebszugehörigkeit in Jahren Die befragte Person ist während ihrer Arbeit belastenden Umwelteinflüssen ausgesetzt, wie etwa Kälte, Nässe, Hitze, chemischen Schadstoffen, Dämpfen oder Gasen? (trifft voll zu = 3, trifft teilweise zu = 2, trifft gar nicht zu = 1)
Arbeitskräfte in Betrieben mit einem Betriebsrat Mittelwert (St.abw.)
Arbeitskräfte in Betrieben ohne einen Betriebsrat Mittelwert (St.abw.)
2,766 (0,485)
2,752 (0,513)
0,219 (0,414)
0,184 (0,388)
1,255 (0,579)
1,198 (0,523)
2942,97 (1518,79)
2428,27 (1323,65)
0,190 (0,393)
0,289 (0,454)
1,546 (0,696)
1,521 (0,705)
1,695 (0,742)
1,763 (0,762)
2,130 (0,733)
2,146 (0,721)
0,254 (0,435)
0,657 (0,475)
0,200 (0,400)
0,174 (0,380)
0,546 (0,498)
0,169 (0,375)
2,037 (0,676)
2,008 (0,694)
10,819 (9,909)
6,083 (6,726)
1,675 (0,784)
1,633 (0,773)
547
548 • U. Jirjahn und G. Tsertsvadze Tabelle 2: Fortsetzung Variable
Beschreibung
Arbeitskräfte in Betrieben mit einem Betriebsrat Mittelwert (St.abw.)
Arbeitskräfte in Iii Betrieben ohne einen Betriebsrat Mittelwert (St.abw.)
VERLUST
Eingeschätzte Wahrscheinlichkeit, dass die Arbeitskraft in den nächsten zwei Jahren ihren Arbeitsplatz verliert (in % ) Dummy Variable = 1, wenn die befragte Person als Vollzeitkraft beschäftigt ist Eingeschätzte Wahrscheinlichkeit, dass sich die Arbeitskraft innerhalb der nächsten zwei Jahre weiterqualifiziert oder fortbildet (in
20,589 (23,854)
21,886 (24,531)
1,501
0,834 (0,373)
0,775 (0,418)
4,084*"*
32,006 (33,358)
30,962 (33,164)
0,882
7,125 (1,948)
6,998 (2,072)
1,751*
1934
1331
VOLLZEIT WBILDUNG
ZUFRIEDEN N
%)
Arbeitszufriedenheit (ganz und gar unzufrieden = 0, ..., ganz und gar zufrieden = 10)
*, ** bzw. *** zeigt Signifikanz auf einem Niveau von a = 0,1, 0,05 bzw. 0,01.
zwischen den Gruppen mit und ohne Betriebsrat nicht signifikant unterscheidet. 1 3 Auch bei den Variablen für die Arbeitszeit gibt es Unterschiede. Arbeitskräfte in Betrieben mit Betriebsrat haben im Schnitt eine niedrigere tatsächliche Wochenarbeitszeit und müssen ihre Arbeitszeit im Durchschnitt etwas weniger an den Arbeitsanfall im Betrieb anpassen. Betrachtet man die anderen Arbeitsbedingungen, dann zeigt sich, dass Arbeitskräfte in Betrieben mit Betriebsrat im Durchschnitt mehr Mitsprachemöglichkeiten bei personalpolitischen Entscheidungen haben und eine weniger körperlich belastende Tätigkeit ausüben.
3.2.
Ergebnisse
In den Tabellen 3 bis 5 finden sich die Ergebnisse der Ordered-Logit-Schätzungen. Wie in Abschnitt 3.1 erläutert wurde, wird jede Schätzung sowohl mit einer sparsameren als auch mit einer erweiterten Spezifikation durchgeführt, bei der für die verschiedenen Arbeitsbedingungen kontrolliert wird. Um zu berücksichtigen, dass unbeobachtete Zufallseinflüsse auf die Arbeitszufriedenheit bei Arbeitskräften in unterschiedlichen Betriebsgrößenklassen miteinander korreliert sein können, weisen wir robuste |f|-Werte nach dem WhiteHuber-Sandwich-Verfahren aus (Huber 1 9 6 7 , Rogers 1 9 9 3 ) . Bei der Interpretation der geschätzten Koeffizienten ist zu beachten, dass das ausgewiesene Vorzeichen nur den Zusammenhang zwischen Extremkategorien der Zufriedenheitsskala wiedergeben (Greene 2 0 0 3 ) . Um eine bessere quantitative Abschätzung vornehmen zu können, berechnen wir für die Teilgruppen, für die sich die Betriebsratsvariable als statistisch signifikante Determinante der Arbeitszufriedenheit erweist, die erwartete Zufriedenheit in Betrieben mit und ohne Betriebsrat. Die Basis für die Berechnungen bildet jeweils die erweiterte Spezifikation. Für die Kontrollvariablen wird bei den Berechnungen der Mittelwert in der jeweiligen Teilstichprobe (z.B. bei den vollzeitbeschäftigten Arbeitern) zugrunde gelegt.
13
Bei der Variable für die Qualifikation handelt es sich um eine im SOEP generierte Variable. Details finden sich bei Haisken-DeNew/Frick ( 2 0 0 5 , S. 69ff.).
Betriebsräte und Arbeitszufriedenheit • 549
D e r q u a n t i t a t i v e E f f e k t des Betriebsrats ergibt sich als D i f f e r e n z d e r e r w a r t e t e n Arbeitsz u f r i e d e n h e i t in Betrieben m i t u n d o h n e Betriebsrat: £ ( Y | X , Brat
10
= 1) - £ ( Y | X , Brat
= 0)
10
_
= ] T P r ( Y = y, | X , Brat = \)y, - £ > r ( Y = Vi I * ;=0
Brat = 0 ) y „
(1)
i=0
w o b e i Y die A r b e i t s z u f r i e d e n h e i t m i t d e n A u s p r ä g u n g e n yo = 0 , y j = l , . . . , y j o = 10 bezeichnet. Die Ergebnisse d e r B e r e c h u n g e n sind in T a b e l l e 6 z u s a m m e n g e f a s s t u n d w e r d e n bei der f o l g e n d e n D i s k u s s i o n der Schätzergebnisse mit b e r ü c k s i c h t i g t . T a b e l l e 3 zeigt die Schätzergebnisse f ü r alle A r b e i t s k r ä f t e s o w i e f ü r die G r u p p e der vollz e i t b e s c h ä f t i g t e n A r b e i t s k r ä f t e , w o b e i zusätzlich a u c h zwischen vollzeitbeschäftigten Arbeitern u n d Angestellten d i f f e r e n z i e r t w i r d . Bevor w i r auf u n s e r e z e n t r a l e e r k l ä r e n d e Variable e i n g e h e n , sei z u n ä c h s t auf einige i n t e r e s s a n t e Ergebnisse h i n g e w i e s e n , die w i r f ü r die K o n t r o l l v a r i a b l e n e r h a l t e n . 1 4 Q u a l i f i z i e r t e r e A r b e i t s k r ä f t e weisen eine niedrigere Arb e i t s z u f r i e d e n h e i t a u f . Dieses R e s u l t a t steht im E i n k l a n g m i t d e n Ergebnissen i n t e r n a t i o naler Studien u n d k a n n d a m i t e r k l ä r t w e r d e n , d a s s qualifiziertere A r b e i t n e h m e r ü b e r p r o p r t i o n a l h o h e E r w a r t u n g e n im H i n b l i c k auf ihre berufliche T ä t i g k e i t h a b e n . 1 5 Intern a t i o n a l e Studien zeigen z u d e m einen u - f ö r m i g e n Z u s a m m e n h a n g zwischen d e m Alter einer A r b e i t s k r a f t u n d ihrer A r b e i t s z u f r i e d e n h e i t a u f . 1 6 Einen s o l c h e n Z u s a m m e n h a n g f i n d e n w i r bei d e n vollzeitbeschäftigten Angestellten. H i n w e i s e auf geschlechtsspezifische Einflüsse, die in der L i t e r a t u r z u r A r b e i t s z u f r i e d e n h e i t sehr k o n t r o v e r s d i s k u t i e r t w e r d e n , f i n d e n sich n u r in d e r G r u p p e d e r v o l l z e i t b e s c h ä f t i g t e n A r b e i t e r . In dieser G r u p p e weisen F r a u e n eine niedrigere A r b e i t s z u f r i e d e n h e i t a u f . Eine E r k l ä r u n g k ö n n t e d a r a n a n s e t z e n , dass die A r b e i t s a b l ä u f e im P r o d u k t i o n s b e r e i c h geringere individuelle Flexibilitätsspielr ä u m e (z.B. bei der Lage der Arbeitszeit) e r ö f f n e n , w a s die V e r e i n b a r k e i t v o n Familie u n d Beruf e r s c h w e r t . 1 7 Ein h o h e s E i n k o m m e n , eine g u t e g e s u n d h e i t l i c h e V e r f a s s u n g , der E r w e r b k a r r i e r e f ö r d e r l i c h e r E r f a h r u n g e n w ä h r e n d d e r A r b e i t , eine a b w e c h s l u n g s r e i c h e T ä t i g k e i t , die G r ö ß e d e r F i r m a , die Aussicht auf einen b e r u f l i c h e n Aufstieg u n d gute B e z i e h u n g e n zu d e n Kollegen g e h e n m i t einer h ö h e r e n A r b e i t s z u f r i e d e n h e i t e i n h e r , w ä h r e n d eine intensive K o n t r o l l e d u r c h d e n A r b e i t g e b e r , K o n f l i k t e m i t V o r g e s e t z t e n , Stress u n d die G e f a h r einer b e r u f l i c h e n V e r s c h l e c h t e r u n g o d e r eines A r b e i t s p l a t z v e r l u s t e s mit einer niedrigeren A r b e i t s z u f r i e d e n h e i t v e r b u n d e n sind. K ö r p e r l i c h b e l a s t e n d e T ä t i g k e i t e n u n d b e l a s t e n d e n U m w e l t e i n f l ü s s e w ä h r e n d d e r T ä t i g k e i t g e h e n bei d e n vollzeitbeschäftigten A r b e i t e r n m i t einer niedrigeren A r b e i t s z u f r i e d e n h e i t e i n h e r . D e m g e g e n ü b e r zeigt sich bei d e n vollzeitbeschäftigten Angestellten ein negativer E f f e k t v o n B e l a s t u n g e n , die a u s einer Bildschirmtätigkeit resultieren. B e m e r k e n s w e r t ist schließlich, dass sich bei d e n vollzeitbeschäftigten Angestellten positive Einflüsse einer V o r g e s e t z t e n f u n k t i o n u n d einer G e w e r k s c h a f t s m i t g l i e d s c h a f t zeigen, n i c h t j e d o c h bei d e n A r b e i t e r n .
14
15 16 17
Insgesamt lassen sich die Ergebnisse für eine Reihe von Kontrollvariablen mit denen von Cornelißen (2006) vergleichen, wobei Cornelißen weniger Determinaten der Arbeitszufriedenheit berücksichtigt, dafür aber die Wellen 1987, 1989, 1995 und 2001 des SOEP verwendet. Vgl. Bender/Heywood (2006) für eine ausführlichere Diskussion. Vgl. Clark et al. (1996). Die Bedeutung von Flexibilitätsspielräumen für die Arbeitszufriedenheit von Frauen, die - selbst wenn sie einer Erwerbstätigkeit nachgehen - in der Regel eine disproportional hohe Verantwortung für die Haushaltsproduktion haben, wird ebenfalls von Bender et al. (2005) betont.
550 • U. Jirjahn und C. Tsertsvadze
Tabelle 3: Determinanten der Arbeitszufriedenheit; Alle Arbeitskräfte und vollzeitbeschäftigte Arbeitskräfte alle Arbeitskräfte 1 2 BRAT ALTER ALTER2 QUALIFIKATION GESUND FRAU DEUTSCH OST VORGESETZTER SIZE1 SIZE2 ARBEITER VOLLZEIT ABWECHSLUNG SCHWER
-0,0319 (1,00) -0,0216*** (3,10) 0,0003*** (3,15) -0,0400" (2,48) 0,7516*** (125,29) -0,0952 (1,30) 0,1763* (1,93) -0,2312* (1,92) 0,2374** (2,13) -0,1677*** (6,78) -0,1483*** (16,39) -0,1494*** (10,18) -0,0208 (0,29) -
-
SELBST
-
FLEXIBEL
-
KONTROLLE
-
KONFLIKT
-
KOOPERATION MITENTSCHEIDUNG FORTKOMMEN UMWELT
-
STRESS
-
RISIKO
-
BILDSCHIRM
-
VERLUST
-
-
-
-
-0,0772** (2,40) -0,0053 (0,38) 0,0001 (0,36) -0,0580*** (3,11) 0,5787"* (29,88) -0,0091 (0,07) 0,0279 (0,27) 0,1180 (1,26) 0,1121 (1,07) -0,1956*** (4,63) -0,1192*** (8,40) 0,0873*** (4,37) -0,0661* (1,83) 0,3578*** (7,09) -0,1243*** (3,95) 0,0833 (1,26) -0,0644*** (3,58) -0,1032*** (6,83) -0,8026*** (7,39) 0,2436*** (4,51) 0,0658 (1,35) 0,3023*** (8,05) -0,1611*** (4,71) -0,1981*" (4,75) -0,0280 (0,45) -0,2221" (2,48) -0,0094*** (14,56)
Vollzeitbeschäftigte Arbeitskräfte alle VollzeitVollzeitbeschäftigte beschäftigten Arbeiter 3 4 5 6
Vollzeitbeschäftigte Angestellte 7 8
0,0545 (1,17) -0,0164 (0,64) 0,0002 (0,87) -0,0422 (1,42) 0,7708*** (34,92) -0,1025 (1,24) 0,2408*** (2,65) -0,2268 (1,40) 0,2605** (2,01) -0,1559*** (5,21) -0,1035*** (13,75) -0,0604 (0,91)
0,0588 (1,55) -0,0123 (0,53) 0,0002 (0,58) -0,0718** (2,37) 0,5985*** (16,98) -0,0276 (0,20) 0,0581 (0,78) 0,1812 (1,27) 0,1171 (0,91) -0,1819*** (3,56) -0,1156*" (7,04) 0,1327*** (3,38)
0,2488*** (3,38) -0,0057 (0,10) 0,0001 (0,18) -0,0337* (1,92) 0,7479*** (20,49) -0,1739" (2,54) 0,2401*** (3,45) -0,3304* (1,71) -0,0097 (0,05) -0,0108 (0,39) -0,1486*" (8,41)
0,2806" (2,03) -0,0053 (0,11) 0,0001 (0,22) -0,0855*** (3,28) 0,5909"* (66,12) -0,1413* (1,72) 0,0524 (0,52) 0,0436 (0,18) -0,2358 (0,61) 0,0042 (0,07) -0,1631*** (3,86)
-0,1850 (1,46) -0,0218*" (3,97) 0,0003*** (3,77) -0,0592 (1,49) 0,8089*** (9,29) -0,0381 (0,40) 0,3203 (1,06) -0,0835 (0,70) 0,4350*" (3,80) -0,3195*** (2,92) -0,0775* (1,68)
-0,1614 (1,53) -0,0258** (2,82) 0,0003"* (11,82) -0,0736" (2,66) 0,6013*** (6,14) 0,0510 (0,29) 0,2948 (1,22) 0,4246"* (8,89) 0,3039**' (7,76) -0,3274" (2,79) -0,0676 (0,99)
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
0,3086*** (4,02) -0,0961** (2,25) 0,1054 (1,10) -0,0236 (1,62) -0,0738*" (3,29) -0,8122*" (10,45) 0,2350*" (3,29) 0,0713 (1,49) 0,3031*** (5,25) -0,1514*** (3,50) -0,1951*" (3,99) -0,0640 (1,37) -0,1934" (2,53) -0,0113*" (16,13)
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
0,1956 (1,53) -0,1595" (2,04) 0,1932 (1,25) -0,0283 (0,83) -0,0769* (1,70) -0,7328*** (7,86) 0,2206* (1,65) 0,2249 (1,62) 0,2445*** (4,98) -0,2509"* (6,89) -0,1797*** (4,52) -0,0988 (1,39) -0,2084 (1,08) -0,0077*** (50,40)
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
0,5255*" (6,08) -0,0386 (0,22) -0,0124 (0,30) 0,0075 (0,20) -0,0901" (2,14) -0,9096**' (8,12) 0,2923* (1,87) 0,0400 (0,90) 0,3909*" (7,49) -0,0356 (0,47) -0,2254** (2,08) -0,0094 (0,04) -0,1634** (2,02) -0,0157"' (13,96)
Betriebsräte und Arbeitszufriedenheit • 551
Tabelle 3: Fortsetzung alle Arbeitskräfte 1 2 AUFSTIEG
-
ABSTIEG
-
WBILDUNG
-
NETTO
-
AZEITTAT
-
GEWERK
-
TENURE
-
M1 M2 ß3 ßi ß5 ß6 ß7 ßs ß1
M10 SEKTOREN Log Pseudolikelihood Pseudo R 2 N
-3,4913 -2,8114 -2,0146 -1,1911 -0,5990 0,2885 0,8649 1,7684 3,0508 4,1946 -6359,43 0,0301
0,0041*" (4,41) -0,0135"* (18,41) 0,0012* (1,84) 0,0001" (2,42) 0,0003 (0,13) 0,1481* (1,71) -0,0056 (1,21) -4,7302 -4,0218 -3,1853 -2,3071 -1,6557 -0,6457 0,0160 1,0504 2,4907 3,7115 Ja -6030,56
3265
0,0803
Vollzeitbeschäftigte Arbeitskräfte alle VollzeitVollzeitbeschäftigte beschäftigten Arbeiter 3 4 5 6 -
-
-
-
-
-
-
-3,2932 -2,4937 -1,7336 -0,8376 -0,2452 0,6301 1,2211 2,1493 3,4703 4,5806 -5114,13 0,0317
0,0065'** (7,13) -0,0131'" (13,91) 0,0003 (0,35) 0,0001*** (2,91) -0,0016 (0,68) 0,1271 (1,50) -0,0086** (2,22) -4,8951 -4,0554 -3,2490 -2,2837 -1,6303 -0,6413 0,0336 1,0971 2,5867 3,7737 Ja -4842,55
2644
0,0831
Vollzeitbeschäftigte Angestellte 7 8
-2633,66
0,0075" (2,31) -0,0156*** (8,50) 0,0003 (0,13) 0,0001 (1,06) 0,0035 (0,50) 0,0642 (0,60) -0,0107 (0,85) -5,2198 -4,3440 -3,2924 -2,3205 -1,6861 -0,5969 0,0313 1,0793 2,6380 3,6477 Ja -2495,17
-2458,90
0,0333
0,0841
0,03
-
-
-
-
-
-
-
-3,2372 -2,3812 -1,3811 -4,7808 0,0994 1,0722 1,6267 2,5398 3,9176 4,8594
1363
-
-
-
-
-
-
-
-3,2083 -2,4471 -1,9080 -1,0159 -0,4025 0,3643 1,0056 1,9628 3,2441 4,5326
0,0067** (2,17) -0,0081*** (3,11) 0,0001 (0,02) 0,0001"* (3,99) -0,0102" (2,32) 0,2512*** (2,97) -0,0089* (1,73) -4,4334 -3,6094 -3,0178 -2,0387 -1,3469 -0,4542 0,2974 1,4125 2,8774 4,2708 Ja -2307,95
1281
0,0929
*, ** bzw. * " zeigt Signifikanz auf einem Niveau von a = 0,1, 0,05 bzw. 0,01. Robuste |t|-Werte nach dem White-Huber-Sandwich-Verfahren in Klammem.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das Ergebnis für einige Kontrollvariablen davon abhängt, ob für die Arbeitsbedingungen kontrolliert wird oder nicht. Unterschiede zwischen Ausländern und Deutschen sind nicht festzustellen, wenn in der erweiterten Spezifikation für die Arbeitsbedingungen kontrolliert wird. Demgegenüber lässt sich ein Unterschied zwischen Vollzeitkräften und nicht vollzeitbeschäftigten Arbeitkräfte nur dann feststellen, wenn für die Arbeitsbedingungen kontrolliert wird. Dies gilt auf für die Tätigkeit als Arbeiter oder Angestellter. In der erweiterten Spezifikation zeigt sich, dass Vollzeitkräfte eine niedrigere Arbeitszufriedenheit als nicht vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer aufweisen und dass Arbeiter eine höhere Arbeitszufriedenheit haben als Angestellte. Wenden wir uns nun unserer zentralen erklärenden Variable zu. Betrachten wir die Schätzungen für alle Arbeitskräfte, dann zeigt sich ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein eines Betriebsrats und der Arbeitszufriedenheit in der erweiterten Spezifikation 2, in der für die verschiedenen Arbeitsbedingungen kontrolliert wird. Das Vorhandensein eines Betriebsrats geht mit einer niedrigeren Arbeitszufriedenheit einher. Auf den ersten Blick könnte dieses Ergebnis als Bestätigung der angelsächsischen Studien angesehen werden, die einen negativen Zusammenhang zwischen einer (gewerkschaftlichen) Interessenvertretung der Arbeitnehmer und ihrer Arbeitszufrieden-
552 • U. Jirjahn und G. Tsertsvadze
heit feststellen. Gegen diese vorschnelle Interpretation spricht jedoch, dass sich der Einfluss des Betriebsrats zwischen verschiedenen Gruppen von Arbeitnehmern unterscheiden könnte. Um diese Möglichkeit zu überprüfen, führen wir im nächsten Schritt getrennte Schätzungen für die verschiedenen Gruppen durch. Zunächst beschränken wir die Schätzungen auf vollzeitbeschäftigte Arbeitskräfte. Die Ergebnisse in den Spalten 3 und 4 von Tabelle 3 deuten auf keinen statistisch signifikanten Einfluss des Betriebsrats in dieser Gruppe hin. Das Bild ändert sich jedoch drastisch, wenn man bei den Vollzeitbeschäftigten eine weitere Differenzierung vornimmt und zwischen Arbeitern und Angestellten unterscheidet. Für die vollzeitbeschäftigten Arbeiter zeigt sich ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein eines Betriebsrats und der Arbeitszufriedenheit. Dies gilt sowohl für die sparsame Spezifikation 5 als auch für die erweiterte Spezifikation 6. Offensichtlich birgt betriebliche Mitbestimmung für diese Gruppe das Potenzial zur Steigerung der Arbeitszufriedenheit, wobei der positive Einfluss nicht durch die Verbesserung der betrachteten Arbeitsbedingungen erklärt werden kann. Dies legt die Vermutung nahe, dass der Zusammenhang durch eine grundsätzliche Änderung des Klimas der industriellen Beziehungen zustande kommen könnte. Gestärktes Vertrauen in das Management sowie ein gestärktes Gefühl der prozeduralen Gerechtigkeit könnten hier eine Rolle spielen. Die quantitative Abschätzung in Tabelle 6 zeigt allerdings, dass der Betriebsratseffekt quantitativ nicht allzu stark ausgeprägt ist. Die erwartete Arbeitszufriedenheit fällt in Betrieben mit Betriebsrat um 0 , 2 5 7 Einheiten der Zufriedenheitsskala höher aus als in Betrieben ohne Betriebsrat. Betrachtet man die Schätzergebnisse für die vollzeitbeschäftigten Angestellten, dann zeigt sich in Tabelle 3 weder bei der Verwendung der sparsamen Spezifikation noch bei Verwendung der erweiterten Spezifikation ein statistisch gesicherter Einfluss betrieblicher Mitbestimmung. Insgesamt sprechen die Ergebnisse für die in Abschnitt 2 angestellten theoretischen Überlegungen und demonstrieren deutlich, dass die Heterogenität der Belegschaft in Rechnung zu stellen ist. Der Einfluss des Betriebsrats auf die Arbeitszufriedenheit lässt sich nur dann enthüllen, wenn man zwischen verschiedenen Gruppen von Arbeitskräften differenziert. Die theoretischen Überlegungen in Abschnitt 2 legen eine zusätzliche Differenzierung innerhalb der Gruppe der Angestellten nahe. Daher wird im nächsten Schritt bei den vollzeitbeschäftigten Angestellten zwischen leitenden Angestellten und nicht leitenden Angestellten unterschieden. Die Ergebnisse finden sich in Tabelle 4. Ein negativer Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein eines Betriebsrats und der Arbeitszufriedenheit zeigt sich bei den leitenden Angestellten. Der Zusammenhang ist in der erweiterten Spezifikation 2 statistisch signifikant, in der die Kontrollvariablen für die Arbeitsbedingungen berücksichtigt werden. Das Ergebnis lässt sich vor dem Hintergrund unserer theoretischen Erwartungen interpretieren. Eine betriebliche Interessenvertretung der Belegschaft kann dazu führen, dass die Manager verstärkt in eine vermittelnde Rolle zwischen Betriebsrat und Eigentümern gedrängt werden oder aber dass den Managern weniger diskretionäre Spielräume zur Verfügung stehen, die sie zur Verfolgung ihrer persönlichen Ziele nutzen können. Dabei zeigen die Berechnungen in Tabelle 6 allerdings, dass die Einbuße in der erwarteten Arbeitszufriedenheit mit - 0 , 1 6 1 Einheiten der Zufriedenheitsskala quantitativ eher moderat ausfällt. Bei den nicht leitenden Angestellten zeigt sich in Tabelle 3 weder mit der sparsamen Spezifikation 3 noch mit der erweiterten Spezifikation 4 ein statistisch gesicherter Einfluss betrieblicher Mitbestimmung. Dies spricht für die Hypothese, dass aufgrund der spezi-
Betriebsräte und Arbeitszufriedenheit • 553
Tabelle 4: Determinanten der Arbeitszufriedenheit; leitende Angestellte vs. nicht leitende Angestellte; Vollzeitbeschäftigung 1 BRAT ALTER ALTER2 QUALIFIKATION GESUND FRAU DEUTSCH OST VORGESETZTER SIZE1 SIZE2 ABWECHSLUNG
leitende Angestellte 2
nicht leitende Angestellte 3 4
-0,1881 (1,14) -0,2584"* (3,52) 0,0029" * (3,38) -0,0576 (1,61) 0,7148*** (11,44) -0,3521 (1,17) 0,1568 (0,77) -0,1289 (0,76)
-0,2173*** (4,24) -0,1552*** (3,63) 0,0018*** (3,28) -0,0569* (1,92) 0,5556*** (5,80) -0,3406 (0,68) 0,1234 (0,36) 0,3992** (2,36)
-
-
-0,5442*** (5,15) -0,0281 (0,75)
-0,4319*** (24,95) -0,0551*** (6,32) 0,1580 (0,89) 0,2281 (0,58) 0,0853 (0,61) 0,1723 (0,64) -0,1570 (1,04) -1,0344*** (6,39) 0,1529 (0,49) 0,1518 (0,83) 0,2897 (1,14) -0,0820 (0,81) -0,1736*** (15,70) -0,0947 (0,40) 0,0133 (0,22) -0,0220** (2,20) 0,0043 (0,78) -0,0096 (1,01) 0,0015 (0,31)
-
SCHWER
-
SELBST
-
FLEXIBEL
-
KONTROLLE
-
KONFLIKT
-
KOOPERATION
-
MITENTSCHEIDUNG
-
FORTKOMMEN
-
UMWELT
-
STRESS
-
RISIKO
-
BILDSCHIRM
-
VERLUST
-
AUFSTIEG
-
ABSTIEG
-
WBILDUNG
-
-0,1964 (0,83) 0,0573*** (3,61) -0,0006*** (8,50) -0,0652 (1,36) 0,8592*** (7,84) 0,0630 (0,68) 0,4131 (1,12) -0,0767 (0,66) 0,3918** (2,01) -0,2512 (1,45) -0,0698 (0,87) -
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-0,0883 (0,51) 0,0157 (1,61) -0,0002** (1,99) -0,0968*** (3,47) 0,6499*** (4,85) 0,2626 (1,63) 0,4369 (1,31) 0,4352*** (5,69) 0,6483* (1,71) -0,3434* (1,80) -0,0894 (0,71) 0,6480*** (5,29) -0,1429 (1,48) -0,0672 (1,38) -0,0589* (1,71) -0,0945 (0,80) -0,8356*** (11,42) 0,3330** (2,26) -0,0768 (0,80) 0,4936*** (4,04) -0,0171 (0,09) -0,2045 (1,35) 0,0159 (0,06) -0,2804*** (4,33) -0,0131*** (3,30) 0,0101*** (5,30) -0,0078*** (4,34) -0,0023 (1,20)
554 • U. Jirjahn und G. Tsertsvadze
Tabelle 4: Fortsetzung 1 NETTO
-
AZEITTAT
-
GEWERK
-
TENURE
-
ßi M2 ß3 M4 ß5 /¿6 M7 ßa
M9 M10 SEKTOREN Log Pseudolikelihood Pseudo R2 N
leitende Angestellte
-9,2601 -8,5473 -8,0137 -7,2150 -6,8557 -6,0360 -5,2027 -4,2136 -2,8077 -1,3594 -864,73 0,0371
Ja 478
2
nicht leitende Angestellte 4 3
0,0001 (1,44) -0,0201*** (9,49) 0,4302*** (3,96) -0,0105 (1,25) -8,6867 -7,9291 -7,3429 -6,4742 -6,0754 -5,1427 -4,1600 -2,9692 -1,3421 0,2366
-1,3969 -0,6120 -0,0694 0,8652 1,5731 2,3363 2,9073 3,8667 5,0886 6,2897
-805,16 0,1034
-1576,23 0,0346
-
-
-
-
Ja 803
0,0001 (1,07) -0,0044 (0,55) 0,2150*** (3,29) -0,0103 (1,11) -3,0768 -2,2176 -1,6206 -0,5950 0,2148 1,1265 1,8067 2,9229 4,3192 5,6267 -1475,78 0,0961
*, ** bzw. *** zeigt Signifikanz auf einem Niveau von a =0,1, 0,05 bzw. 0,01. Robuste |t|-Werte nach dem White-Huber-Sandwich-Verfahren in Klammern.
fischen Tätigkeit und Stellung von Angestellten eine wirkungsvolle Interessenvertretung dieser Gruppe schwieriger ist. In Tabelle 5 finden sich schließlich die Schätzergebnisse für die Gruppe der nicht vollzeitbeschäftigten Arbeitskräfte. Die Ergebnisse zeigen ein deutliches Muster. Bei den nicht vollzeitbeschäftigten Arbeitskräften ist das Vorhandensein eines Betriebsrats mit einer niedrigeren Arbeitszufriedenheit verbunden. Diese gilt sowohl für die sparsame wie für die erweiterte Spezifikation und auch dann, wenn man zwischen Arbeitern und Angestellten differenziert. Nicht vollzeitbeschäftigte Arbeitskräfte dürften ohnehin weniger Einflussmöglichkeiten auf betriebliche Entscheidungsprozesse haben als Vollzeitkräfte. Die Ergebnisse deuten daraufhin, dass betriebliche Mitbestimmung diese Tendenz eher verstärkt. Der Betriebsratseffekt fällt dabei allerdings mit - 0 , 5 4 7 Einheiten der Zufriedenheitsskala quantitativ nicht allzu stark aus.
3.3.
Ergänzende Schätzungen
Die Autoren haben eine Reihe ergänzender Schätzungen vorgenommen, um die Robustheit der Ergebnisse zu überprüfen. Alternativ zu den Ordered-Logit-Schätzungen wurden Ordered-Probit-Schätzungen vorgenommen. Diese führen zu sehr ähnlichen Ergebnissen. Ein zweiter Robustheits-Check beinhaltete eine Umkodierung der Zufriedenheitsvariable. Da die unteren Kategorien der Zufriedenheitsskala nicht allzu stark besetzt sind, wurden die Kategorien 0, 1, 2 und 3 zu einer Kategorie zusammengefasst. Schätzungen mit der umkodierten Zufriedenheitsvariable bringen keine neuen Erkenntnisse. Dies gilt sowohl für die sparsame als auch für die erweiterte Spezifikation.
Betriebsräte und Arbeitszufriedenheit • 555
Tabelle 5: Determinanten der Arbeitszufriedenheit; Nicht vollzeitbeschäftigte Arbeitskräfte 1 BRAT ALTER ALTER2 QUALIFIKATION GESUND FRAU DEUTSCH OST VORGESETZTER SIZE1 SIZE2 ARBEITER ABWECHSLUNG
Alle
-0,4043*** (6,20) -0,0282 (1,20) 0,0004 (1,07) -0,0309 (0,81) 0,7123*** (15,82) -0,1375*** (5,18) -0,0818 (1,30) -0,2350*** (2,75) 0,1545 (0,52) -0,2212*** (7,95) -0,2904"* (6,79) -0,4279*** (3,32) -
SCHWER
-
SELBST
-
FLEXIBEL
-
KONTROLLE
-
KONFLIKT
-
KOOPERATION
-
MITENTSCHEIDUNG
-
FORTKOMMEN
-
UMWELT
-
STRESS
-
RISIKO
-
BILDSCHIRM
-
VERLUST
-
AUFSTIEG
-
ABSTIEG
-
WBILDUNG
-
2
3
-0,5827*** (3,56) 0,0204 (0,31) -0,0003 (0,41) -0,0105 (0,18) 0,5336*" (6,14) -0,0602 (0,56) -0,0316 (0,22) -0,0996 (0,41) 0,2786 (0,94) -0,2494*** (2,92) -0,1533* (1,65) -0,0510 (0,40) 0,5188*** (9,72) -0,3365** (2,35) -0,0013 (0,02) -0,2113 (1,58) -0,2520** (2,03) -0,8522*" (4,38) 0,2235*** (3,43) 0,1347 (1,58) 0,3516*** (3,32) -0,1550** (2,34) -0,1857 (1,32) 0,1549 (0,83) -0,3689 (1,32) -0,0037*** (2,96) -0,0029 (1,11) -0,0161*** (4,43) 0,0031 (1,61)
Arbeiter
Angestellte
4
5
-0,4296*** (6,19) -0,1318*** (3,42) 0,0016*** (2,95) 0,0116 (0,11) 0,8815*** (64,88) 0,2302 (,154) 0,1690* (1,88) -0,4594 (1,26) 0,9131 (0,44) -0,4965*" (12,80) -0,5964"* (8,64)
-0,5812*** (3,29) -0,0151 (1,38) 0,0002"** (2,84) 0,0458 (0,64) 0,7118*** (10,59) 0,0696 (0,68) 0,1323 (0,58) -0,3813 (1,20) 1,4399 (1,37) -0,4382*** (3,93) -0,2915*** (5,71)
-0,4841*** (8,95) 0,0641 (0,87) -0,0008 (0,82) -0,0831*** (4,78) 0,6061*** (5,86) -0,3118"* (3,66) -0,5832*** (2,73) -0,0430 (0,16) 0,2930 (1,36) -0,0959" (2,10) -0,1466*** (7,96)
-0,6382*" (11,20) 0,0656 (0,58) -0,0010 (0,80) -0,0895*" (4,71) 0,4188" (2,48) -0,0854 (0,42) -0,4060 (1,40) 0,1290 (0,18) 0,1198**" (2,84) -0,1304"* (2,63) -0,1477 (1,22)
-
-
-
-
-
-
-
-
0,5575*** (5,52) -0,2427 (0,56) 0,0652 (0,52) -0,1793" (2,23) -0,1171 (0,37) -0,6562*** (8,70) 0,0094 (0,03) 0,0606 (0,19) 0,0849 (0,51) -0,1229 (0,68) -0,3566 (1,32) 0,1013 (0,43) 0,0494 (0,06) -0,0083* ** (3,20) -0,0009 (0,21) -0,0088* (1,84) 0,0005 (0,19)
-
-
-
-
6
0,4374* (1,69) -0,3887* (1,75) -0,0524 (0,35) -0,2967 (1,57) -0,3722*" (3,44) -1,0059" (1,97) 0,6404* (1,84) -0,1376 (0,59) 0,5112"* (5,16) -0,3033 (0,80) -0,1336* (1,90) 0,0956 (0,36) -0,4193*** (3,61) 0,0002 (0,15) -0,0033 (1,15) -0,0253*" (2,58) 0,0049 (1,51)
556 • U. Jirjahn und G. Tsertsvadze
Tabelle 5: Fortsetzung Alle 1 NETTO
-
AZEITTAT
-
GEWERK
•
TENURE
-
M2 M
/¿4 ß5
H6 ß-7 HB
M ß10
SEKTOREN Log Pseudolikelihood Pseudo R2 N
Arbeiter 2 0,0000 (0,24) 0,0116 (0,99) 0,1210 (0,37) 0,0025 (0,16) -4,3744 -3,9981 -3,0633 -2,4563 -1,7955 -0,6607 -0,0195 0,9570 2,2841 3,6934
-4,0156 -3,6513 -2,7389 -2,1593 -1,5619 -0,6070 -0,0713 0,7604 1,9229 3,2271
3
-1226,37 0,0338
-
-
-
-3,9114 -3,0749 -2,6623 -1,9208 -0,7683 -0,1115 0,6278 1,7974 2,9793 -
5
-520,39 0,0525 267
6 0,0004 (1,48) -0,0023 (0,11) 0,0758 (0,65) -0,0159 (1,22) -6,2412 -5,3096 -4,2898 -3,5065 -2,9114 -1,8776 -1,2862 -0,1111 1,3404 2,9275
-
-
-
-
-
-4,5457 -3,6140 -2,6290 -1,9223 -1,4156 -0,5899 -0,1294 0,8074 2,0079 3,4378
-493,85 0,1009
-689,19 0,0316
Ja -1155,30 0,0898
621
-0,0007* (1,88) 0,0346** (2,28) 0,0435 (0,07) 0,0316 (0,73) -3,2604 -2,3944 -1,9728 -1,1739 0,1739 0,9408 1,7967 3,1012 4,3525
-
Ja
Angestellte 4
Ja -632,32 0,1115 354
*, ** bzw. *** zeigt Signifikanz auf einem Niveau von a = 0,1, 0,05 bzw. 0,01. Robuste |t|-Werte nach dem White-Huber-Sandwich-Verfahren in Klammern.
Des Weiteren wurde überprüft, ob die Annahme der Parallel Lines erfüllt ist, auf der das Ordered-Logit-Modell basiert (vgl. Long/Freese 2003, Williams 2006). In Praxis ist diese Annahme häufig verletzt. In diesen Fällen ist der Ordered-Logit-Ansatz nicht geeignet, da davon ausgegangen werden muss, dass die exogenen Variablen unterschiedliche Ausprägungen der endogenen Variable unterschiedlich beeinflussen. Die Zulässigkeit des Ordered-Logit-Modells wurde mit dem Test von Brant (1990) überprüft. Bei dem Test von Brant (1990) werden binäre Logit-Modelle für ZUFRIEDEN > 0, ZUFRIEDEN > 1 usw. geschätzt und die Gleichheit der Koeffizientenschätzungen über die Modelle hinweg geprüft. Für die Durchführung des Tests ist erforderlich, dass jede exogene Variable in jedem binären Modell berücksichtigt wird. Um Kollinearitätsprobleme zu vermeiden, werden bei den Tests die Dummy-Variablen für Wirtschaftssektoren nicht berücksichtigt. Aus dem gleichen Grund haben wir bei der endogenen Variable die Kategorien 0, 1, 2 und 3 zu einer Kategorie zusammengefasst. Die Testergebnisse bestätigen die Angemessenheit des verwendeten Ordered-Logit-Modells. Für die Schätzungen in Tabelle 3 wird die Nullhypothese bei vollzeitbeschäftigten Arbeitern lediglich für die sparsame Spezifikation auf dem 5%-Niveau abgelehnt. Dieses Ergebnis kann in der erweiterten Schätzung jedoch nicht mehr bestätig werden. In Tabelle 4 kommt es zur Ablehnung der Nullhypothese auf dem 10%-Niveau in der sparsamen Spezifikation der leitenden Angestellten. Auch hier ist das Testergebnis jedoch in der erweiterten Regression nicht mehr signifikant von Null verschieden. Bei den nicht leitenden Angestellten ist das Testergebnis sowohl in der sparsamen als auch in der erweiterten Regression signifikant (auf dem 5%- bzw. 10%-Niveau). Für diese Gruppe haben wir statt des Ordered-Logit-Modells eine generalisierte Ordered-Logit-Schätzung durchgeführt. Diese Schätzung ermöglicht unterschiedliche Koeffizientenschätzungen der exogenen Variablen je nach Ausprägung
Betriebsräte u n d Arbeitszufriedenheit • 5 5 7
der endogenen Variable. Bei dieser Schätzung ergeben sich jedoch keine signifikanten Koeffizientenschätzungen bei der Variable für die Existenz eines Betriebsrats. Bei den nicht vollzeitbeschäftigten Arbeitskräften wird die Nullhypothese in keiner Regression abgelehnt. Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass auch diese alternative Vorgehensweise keine zusätzlichen Erkenntnisse generiert. Als letzten Robustheits-Check haben wir die Schätzungen zum einen noch einmal mit Arbeitnehmern aus sehr kleinen Firmen (5 bis 19 Beschäftigte) sowie zum anderen noch einmal mit Arbeitnehmern aus sehr großen Firmen (über 2000 Beschäftigte) durchgeführt. Für die Gruppe der vollzeitbeschäftigten Arbeiter zeigt sich auch weiterhin ein signifikant positiver Zusammenhang zwischen Betriebsratsexistenz und Arbeitszufriedenheit, wenn Arbeitnehmer aus sehr großen Firmen in den Schätzungen Berücksichtigung finden. Wird die Stichprobe um Arbeitnehmer aus sehr kleinen Betrieben erweitert, dann ist der positive Zusammenhang insignifikant, wobei der |f|-Wert des geschätzten Koeffizienten aber immerhin noch bei 1,44 liegt. Bei vollzeitbeschäftigten Angestellten ohne Leitungsfunktion zeigt sich auch bei Berücksichtigung der zusätzlichen Größenklassen kein signifikanter Einfluss des Betriebsrats. Für die leitenden Angestellten gilt, dass ein signifikant negativer Betriebsratseffekt auch dann bestehen bleibt, wenn Arbeitnehmer aus den sehr kleinen Firmen in den Schätzungen Berücksichtigung finden. Der Effekt ist allerdings insignifikant, wenn demgegenüber Beobachtungen aus den sehr großen Firmen aufgenommen werden. Bei den nicht vollzeitbeschäftigten Arbeitskräften zeigt sich sowohl bei Aufnahme von Beobachtungen aus sehr kleinen Firmen als auch bei Berücksichtigung von Beobachtungen aus sehr großen Firmen weiterhin ein signifikant negativer Zusammenhang zwischen betrieblicher Mitbestimmung und Arbeitszufriedenheit. Insgesamt lassen sich die Resultate dieses Robustheits-Checks dahingehend zusammenfassen, dass die Ergebnisse aus Tabelle 3 bis 5 grundsätzlich Bestätigung finden, wobei es tendenziell aber zu einer Abschwächung der Signifikanz der Resultate kommen kann. Die tendenziell abgeschwächte Signifikanz ist jedoch wenig überraschend, wenn man berücksichtigt, dass Arbeitnehmer in den sehr kleinen Firmen überwiegend keinen Betriebsrat haben und Arbeitnehmer in den sehr großen Firmen überwiegend durch einen Betriebsrat vertreten werden. Hübler und Meyer (2001) haben gezeigt, dass die starke Korrelation zwischen dem Vorhandensein von Betriebsräten und der Betriebsgröße einen vorhandenen Betriebsratseffekt in den Schätzungen verschleiern kann. Vor diesem Hintergrund ist es umso bemerkenswerter, dass unsere Ergebnisse grundsätzlich auch dann Bestätigung finden, wenn Arbeitnehmer aus sehr kleinen bzw. sehr großen Firmen in den Regressionen Berücksichtigung finden. Tabelle 6: Q u a n t i t a t i v e A b s c h ä t z u n g der Betriebsratseffekte Vollzeitkräfte Arbeiter
Erwartete Arbeitszufriedenheit Differenz N
Keine Vollzeitkräfte
Leitende Angestellte
mit Betriebsrat
ohne Betriebsrat
mit Betriebsrat
ohne Betriebsrat
7,169
6,912
7,466
7,627
0,257 848
Alle Arbeiter ohne Vollzeitbeschäftigung mit ohne Betriebsrat Betriebsrat 6,836
-0,161 515
304
7,383 -0,547
174
322
299
558 • U. Jrrjahn und G. Tsertsvadze
Schlussbemerkungen Während angelsächsische Studien häufig einen negativen Zusammenhang zwischen einer (gewerkschaftlichen) Interessenvertretung und der Arbeitszufriedenheit von Arbeitnehmern nachweisen, gelangt die vorliegende Untersuchung für die Bundesrepublik zu deutlich differenzierteren Ergebnissen, was den Einfluss von Betriebsräten anbelangt. Bei vollzeitbeschäftigten Arbeitern besteht ein positiver Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein einer betrieblichen Interessenvertretung und der Arbeitszufriedenheit. Dies zeigt, dass Betriebsräte durchaus das Potenzial haben, die Arbeitszufriedenheit zu steigern. Allerdings wird dieses Potenzial nicht bei allen Beschäftigtengruppen ausgeschöpft. Bei vollzeitbeschäftigten Angestellten lässt sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen betrieblicher Interessenvertretung und Zufriedenheit finden. Werden separate Schätzungen für leitende Angestellte durchgeführt, dann zeigt sich bei dieser Teilgruppe, dass das Vorhandensein eines Betriebsrats mit einer niedrigeren Arbeitszufriedenheit verbunden ist. Des Weiteren offenbart sich bei nicht vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern ein negativer Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein eines Betriebsrats und der Arbeitszufriedenheit. Auf der einen Seite entsprechen diese Ergebnisse theoretischen Erwartungen, die die Heterogenität der Belegschaft in den Vordergrund stellen. Die Wirkung betrieblicher Mitbestimmung auf die Arbeitszufriedenheit hängt hiernach von der spezifischen Situation der Arbeitnehmer ab. Auf der anderen Seite ist auf den explorativen Charakter der Untersuchung hinzuweisen. Die vorliegende Untersuchung verwendet die 2001 erhobene Welle des SOEP - die einzige Welle mit Informationen zum Vorhandensein eines Betriebsrats. Damit wird die Untersuchung genau für das Jahr durchgeführt, in welchem die Novellierung des BetrVG in Kraft getreten ist. Es kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass die Untersuchung zu einem Zeitpunkt durchgeführt wurde, die aus der Sicht der Arbeitnehmer eine Periode des Umbruchs darstellt. Dies betrifft insbesondere die Angestellten. Vor der Novellierung mussten Arbeiter und Angestellte entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein, sofern der Betriebsrat aus mindestens drei Mitgliedern bestand. Diese Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten wurde aufgehoben und durch eine Gleichstellungsquote von Männern und Frauen ersetzt. Vor diesem Hintergrund könnte eine alternative Interpretation unserer Untersuchungsergebnisse darin bestehen, dass die Ergebnisse für die Angestellten mit der Novellierung des BetrVG zusammenhängen. Hiergegen spricht allerdings, dass die Änderung des BetrVG in der betrieblichen Praxis in der ersten Zeit häufig nicht unmittelbar zur Kenntnis genommen worden ist (Bunk/Wagner 2004). Betrachtet man den negativen Zusammenhang zwischen betrieblicher Mitbestimmung und Arbeitszufriedenheit bei den nicht vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern, dann stellt sich die Frage, inwiefern sich dieser Zusammenhang durch die Novellierung des BetrVG im Zeitablauf abschwächen könnte. Mit der Novellierung sind die Kompetenzen von Betriebsräten bei der Bekämpfung von Diskriminierung sowie bei der Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestärkt worden. Sollte diese dazu beitragen, dass Betriebsräte nun auch verstärkt die Interessen der nicht vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer vertreten, dann ist zu erwarten, dass sich der negative Einfluss von Betriebsräten auf die Arbeitszufriedenheit bei dieser Beschäftigtengruppe aufgrund der Novellierung nach einiger Zeit abmildern wird. Insgesamt lässt sich festhalten, dass für künftige Untersuchungen eine spannende Fragestellung darin bestehen könnte, ob sich der Einfluss betrieblicher Mitbestimmung auf
Betriebsräte und Arbeitszufriedenheit
559
die Arbeitszufriedenheit durch die Novellierung des BetrVG geändert hat. Die Information zum Vorhandensein eines Betriebsrats ist zwar nur 2 0 0 1 im SOEP erhoben worden. Berücksichtigt man jedoch, dass die Neueinrichtung bzw. Abschaffung eines Betriebsrats im Zeitablauf ein eher seltenes Phänomen ist (Addison et al. 2 0 0 3 ) , dann ließe sich die Panelstruktur möglicherweise ansatzweise nutzen, wenn die Analyse auf Arbeitnehmer beschränkt wird, die ihren Betrieb für die jeweils betrachteten Jahre nicht gewechselt haben. Bei diesen Arbeitnehmern ist näherungsweise davon auszugehen, dass sich der Betriebsratsstatus ihres Betriebs nicht geändert hat. Für diese Gruppe von Arbeitnehmern könnte untersucht werden, inwieweit sich der Effekt betrieblicher Mitbestimmung auf die Arbeitszufriedenheit vor der Novellierung von dem Effekt nach der Novellierung unterscheidet. Wünschenswert wäre auf jeden Fall, dass die Angabe zum Vorhandensein eines Betriebsrats auch in weiteren Wellen des SOEP erhoben wird, damit der Panelcharakter des Datensatzes voll genutzt werden kann. Insbesondere würde dies gestatten, eine mögliche Selbstselektion von Arbeitnehmern in Betriebe mit Betriebsrat eingehender zu untersuchen. Dies könnte dadurch geschehen, dass Änderungen in der Arbeitszufriedenheit insbesondere bei Arbeitnehmern untersucht werden, die von Betrieben ohne (mit) Betriebsrat in Betriebe mit (ohne) Betriebsrat wechseln. Abschließend sei auch darauf hingewiesen, dass es für künftige Untersuchungen zur Arbeitszufriedenheit sehr fruchtbar wäre, wenn zwischen verschiedenen Typen von Betriebsräten unterschieden werden könnte. Ökonometrische Untersuchungen mit Betriebsdaten zeigen, dass die Wirkungen von Betriebsräten auf die Performance von Betrieben von verschiedenen Rahmenbedingungen abhängen, wobei kooperative Beziehungen zwischen Management und Betriebsrat eine wichtige Rolle zu spielen scheinen (Dilger 2 0 0 2 , Hübler/Jirjahn 2 0 0 3 , Jirjahn 2 0 0 3 , Jirjahn/Smith 2 0 0 6 ) . Vor dem Hintergrund dieser Untersuchungen besteht eine wichtige Fragestellung für künftige Studien darin, ob die Wirkung von Betriebsräten auf die Arbeitszufriedenheit ebenfalls von diesen Rahmenbedingungen beeinflusst wird.
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560 • U. Jirjahn und G. Tsertsvadze
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Jahrbücher f. Nationalökonomie u. Statistik (Lucius & Lucius, Stuttgart 2006) Bd. (Vol.) 226/5
Kooperation zwischen Betriebsrat und Management Die Sicht beider Seiten und deren Folgen
Cooperation between Works Council and Management The View from Both Sides and its Consequences Von Alexander Dilger, Münster* JEL J53, M54 Co-determination, cooperation, industrial relations, labour-management relations, works council.
Summary There are different kinds of works councils. They can be cooperative or antagonistic for example. There are also different kinds of management. The managers can be friendly or unfriendly to the workers and the works council representing them. Here the mutual relationship between works council and management is analysed. To this end two data sets are connected, the NIFA-Panel with information about mechanical engineering plants in Germany given by the management and the Bochumer survey of works councils in some of these plants. A new typology of the relationship between the works council and the managers of a firm is derived from these combined data. The effects of a positive, neutral or negative relationship on different turnover rates, product innovations and earnings of the firms are empirically analysed. The results are in accordance with prior studies using only separated data for works councils or management. Concretely, turnover and earnings are mostly lower and innovations more probable as long as any kind of works council exists. The kind of relationship influences the magnitudes of these effects and their statistical significance. A positive relationship reduces the departure rate most of all, a negative relationship has the strongest effect on innovations and, unexpectedly, an inconsistent relationship is best for earnings.
1.
Einleitung
Ein Betriebsrat ist nicht einfach ein Betriebsrat. Jeder Betriebsrat ist anders, sein Einfluss auf den Betrieb und die Belegschaft hängt nicht nur von den konkreten Betriebsratsmitgliedern ab, sondern auch von den übrigen Beschäftigen, der Betriebsleitung und einer Reihe situativer Faktoren. Während es in der Praxis auf die Besonderheiten des jeweils vor Ort vorfindbaren Betriebsrats ankommt, sind für die wissenschaftliche Analyse vor allem den konkreten Einzelfall überschreitende Zusammenhänge interessant, um zu verallgemeinerbaren und auf andere Fälle übertragbaren Aussagen zu gelangen. Bei der Verallgemeinerung müssen jedoch nicht alle Betriebsräte gleich behandelt werden, sondern lassen sich untereinander hinreichend ähnliche und von anderen deutlich unterscheidbare Betriebsräte zu Gruppen bzw. Typen zusammenfassen. * Hiermit danke ich Herrn Kollegen Joachim Wagner und zwei anonymen Gutachtern für wertvolle Anregungen.
Kooperation zwischen Betriebsrat und Management • 563
Kotthoff ( 1 9 8 1 ) hat als erster aus detaillierten Fallstudien und theoretischen Überlegungen heraus eine Betriebsratstypologie entwickelt und diese später auf Grund einer Nachfolgebetrachtung derselben Betriebsräte verfeinert (Kotthoff 1 9 9 4 ) . Seine Unterscheidung der drei defizitären Betriebsratstypen „ignorierter Betriebsrat", „isolierter Betriebsrat" und „Betriebrat als Organ der Geschäftsleitung" einerseits sowie andererseits den drei vertretungswirksamen Typen „respektiert zwiespältiger Betriebsrat als Ordnungsfaktor", „respektiert standfester Betriebsrat" und „Betriebsrat als kooperative Gegenmacht" ist bis heute unübertroffen. Die meisten anderen bislang entwickelten und verwendeten Betriebsratstypologien sind weniger theoretisch fundiert worden und mehr aus dem jeweiligen und relativ dürftigen Datenmaterial heraus entstanden, siehe etwa Altmann/Düll ( 1 9 8 7 ) , Lurse ( 1 9 9 0 ) , Behr/Pohlmann ( 1 9 9 1 ) , Schmidt/Trinczek ( 1 9 9 1 ) und Trinczek ( 1 9 9 3 ) . Vergleichsweise gut begründet und empirisch gestützt ist die neue Typologie von Nienhüser ( 2 0 0 5 ) , der in den Dimensionen Kooperationsbereitschaft und M a c h t je zwei Ausprägungen unterscheidet und den Einfluss der so gewonnenen vier Betriebsratstypen auf das Zustandekommen von Betriebsvereinbarungen und deren Einschätzung durch das M a nagement in tausend befragten Betrieben untersucht. Im Folgenden sollen Betriebsratstypen aus zwei anderen Großbefragungen, dem NIFAPanel und der Bochumer Betriebsräte-Befragung im Maschinenbau, näher betrachtet und zusammengeführt werden. Eine genauere Vorstellung dieser Datensätze und Typologien erfolgt in beiden nachfolgenden Abschnitten. Bisher mit dem NIFA-Panel hat z.B. Frick ( 2 0 0 2 ) gearbeitet. Müller-Jentsch/Seitz ( 1 9 9 8 ) haben eine erste Auswertung der Bochumer Betriebsräte-Befragung im Maschinenbau durchgeführt, während Dilger ( 2 0 0 0 und vor allem 2 0 0 2 ) beide Datensätze ausgewertet und verglichen hat. Eine direkte Verknüpfung der Daten war jedoch bislang nicht möglich. Eine jetzt zugängliche Verknüpfungsdatei 1 ist Ausgangspunkt der nachfolgenden Untersuchungen. Der Vorstellung der Datensätze selbst im nachfolgenden Abschnitt schließt sich eine nähere Betrachtung der vorliegenden Betriebsratstypologien und die Erstellung einer neuen, integrierenden Typologie im dritten Abschnitt an. Schwerpunkt sind dabei nicht die Eigenschaften des Betriebsrats für sich genommen, sondern sein Verhältnis zur Betriebsleitung, das aus beiden subjektiven Blickwinkeln getrennt sowie nun auch neu gemeinsam beurteilt werden kann. Die so gewonnenen Typen von Betriebsräten bzw. Verhältnissen zwischen Betriebsrat und -leitung werden in den nachfolgenden Abschnitten in ökonometrische Schätzungen wichtiger betrieblicher Kennziffern eingesetzt, um ihren unterschiedlichen Erklärungsbeitrag bestimmen zu können. Dabei wird im Wesentlichen dem Vorgehen von Dilger ( 2 0 0 2 ) gefolgt, die wichtigsten Schätzungen 2 werden mit veränderten Typenvariablen wiederholt und Vergleiche zu den dort erzielten Ergebnissen gezogen. Konkret wird im vierten Abschnitt der Zusammenhang der unterschiedlichen Betriebsratstypen mit der Personalfluktuation untersucht. Im fünften Abschnitt werden Produktinnovationen zusammen mit den Betriebsratstypen analysiert. Daran anschließend werden im sechsten Abschnitt Schätzungen der betrieblichen Ertragslage mit den Betriebsratstypen als unabhängigen Variablen unternommen. Diese sind von besonderer Bedeutung, da ein möglicher Betriebsratseinfluss auf die Ertragslage nicht nur für die Eigentümer und damit zugleich die Betriebsleitung am wichtigsten ist, sondern auch aus wissenschaft-
1 2
Dafür ist Herrn Prof. Dr. Walther Müller-Jentsch und Herrn Axel Hauser-Dietz zu danken. Nicht aufgegriffen werden die Schätzungen zur Arbeitszeitflexibilität (Kapitel 6 in Dilger 2002), da dort bereits die beiden Datensätze einander gegenübergestellt und keine gravierenden Unterschiede gefunden wurden.
564 • A. Dilger
licher Sicht hier das entscheidende Konfliktfeld betrieblicher Mitbestimmung zu sehen sein dürfte, während in den anderen Bereichen, z.B. der untersuchten Fluktuation und den Innovationen, die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteresse eher gleichgerichtet oder unabhängig voneinander sind. 3 Neben den inhaltlichen Erkenntnissen strebt dieser Beitrag allerdings auch eine Klärung der methodischen Frage an, wie sich am besten eine Betriebsratstypologie bilden lässt und ob dabei der Sicht einer der beiden Akteursseiten Vorrang zukommt oder beide gleichermaßen von Bedeutung sind. Der siebte Abschnitt schließt mit einem entsprechenden Fazit und Ausblick.
2.
Datensätze
Es gibt inzwischen einige größere Datensätze, mit der sich der Einfluss von Betriebsräten auf ihre Betriebe bzw. zumindest der nicht unbedingt kausale Zusammenhang zwischen Betriebsräten und betrieblichen Kennziffern quantitativ untersuchen lässt. Zuerst ist das Hannoveraner Firmenpanel zu nennen (siehe dazu z.B. Infratest 1994 oder Klodt 1998), besonders aktuell und für Deutschland repräsentativ ist das IAB-Betriebspanel (siehe beispielsweise Kölling 2000 oder Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung 2006). Diese großen Paneldatensätze enthalten jedoch keine Fragen, die eine sinnvolle Typenbildung von Betriebsräten zuließen. Mit ihnen kann nur der Einfluss der Existenz bzw. Nichtexistenz eines Betriebsrats festgestellt werden, bestenfalls noch Veränderungen in dieser Hinsicht über die Zeit (vgl. Addison/Bellmann/Schnabel/Wagner 2003). Während die im ersten Abschnitt bereits angeführte Befragung von Nienhüser (2005) mit einer einleuchtenden Abgrenzung von vier Betriebsratstypen (noch?) nicht öffentlich zugänglich ist, enthalten das hier vorzustellende NIFA-Panel und die Bochumer Betriebsräte-Befragung im Maschinenbau Fragen zur Typologisierung und sind gegen eine kleine Gebühr für wissenschaftliche Zwecke selbständig nutzbar. 4 Das NIFA-Panel wurde von 1991 bis 1998 erstellt. Dazu wurden grundsätzlich alle deutschen Maschinenbaubetriebe befragt (in den neuen Bundesländern erst ab 1993), wobei die Antworten durch die Betriebsleitung oder eine von ihr dazu autorisierte Person gegeben wurden. Insgesamt liegen Daten zu 5.300 unterschiedlichen Betrieben vor, die sich an mindestens einer Welle beteiligt haben. Dies kommt bereits nahe an die Gesamtzahl aller Maschinenbaubetriebe zumindest einer gewissen Mindestgröße heran (siehe unten), wird aber in den einzelnen Befragungsrunden bei weitem nicht erreicht. An der im Folgenden näher betrachteten 6. Befragung von 1996 nahmen beispielsweise 1.727 Betriebe teil. Bei jeder Frage gibt es vereinzelte Datenausfälle. Auf die Frage, ob es einen Betriebsrat gibt, haben z.B. 11 Betriebe nicht geantwortet. Von den antwortenden Betrieben weisen in jenem Jahr 62,6% einen Betriebsrat auf, das sind 1.075, und dementsprechend 37,4% bzw. 641 nicht. Beim NIFA-Panel handelte es sich um ein DFG-Projekt an der Ruhr-Universität Bochum unter Leitung von Ulrich Widmaier. Für nähere Angaben siehe z.B. Schmid/Widmaier 3
4
Beides ermöglicht Paretoverbesserungen, da bei gleichgerichteten Interessen zu deren optimaler Durchsetzung kooperiert und bei entkoppelten Interessen eine Seite bessergestellt werden kann, ohne die andere schlechterzustellen. Selbst wo es zu Interessensgegensätzen kommen sollte, z.B. zwischen personellen Anpassungserfordernissen des Arbeitgebers mit dem Wunsch nach Beschäftigungsstabilität der Arbeitnehmer, sind diese nicht diametral zueinander, sondern lassen Kompromisse zum beiderseitigen Vorteil zu, ggf. zu Lasten Dritter wie etwa einer Randbelegschaft. Dazu wende man sich an das Zentralarchiv für Empirische Sozialforschung, Postfach 410960, 50869 Köln.
Kooperation zwischen Betriebsrat und Management • 565
( 1 9 9 2 ) oder Widmaier ( 1 9 9 6 ) . Die Abkürzung NIFA steht für „Neue Informationssysteme und flexible Arbeitssysteme", was bereits zeigt, dass eigentlich andere Fragen als solche der betrieblichen Mitbestimmung im Mittelpunkt des Befragungsinteresses standen. Der Fragebogen von 1 9 9 6 enthält 6 0 geschlossene Fragen mit z.T. mehreren Unterfragen, von denen die ökonomisch relevantesten in den nachfolgenden Abschnitten Verwendung finden. Nach der Existenz von Betriebsräten wurde überhaupt nur zweimal gefragt, nämlich in den Erhebungswellen von 1 9 9 4 und 1 9 9 6 . Die eine Typologisierung erlaubende Frage findet sich sogar nur einmal in der Befragungsrunde von 1 9 9 6 . Näheres zu dieser Frage wird im nachfolgenden Abschnitt ausgeführt. Die Bochumer Betriebsräte-Befragung war, worauf bereits der Name hindeutet, ebenfalls an der Ruhr-Universität Bochum angesiedelt. Sie wurde von Walther Müller-Jentsch geleitet und im Herbst 1 9 9 6 durchgeführt. Für nähere Angaben siehe Müller-Jentsch/Seitz ( 1 9 9 7 und 1 9 9 8 ) . In Anlehnung an das NIFA-Panel wurden alle Betriebe des Maschinenbaus einschließlich Anlagenbau mit voraussichtlich mehr als 2 0 Beschäftigten als Grundgesamtheit betrachtet mit nachfolgender Aussonderung der Betriebe ohne Betriebsrat. Zum 1. Juli 1 9 9 6 gab es 6 . 5 9 0 entsprechende Betriebe in der Betriebsdatei der Bundesanstalt für Arbeit. Im Gegensatz zum NIFA-Panel war keine Vollerhebung geplant, sondern wurde eine hinsichtlich der Betriebsgröße disproportionale Stichprobe von 2 . 1 7 1 Betrieben gezogen. Diese führte zu einem verwertbaren Fragebogenrücklauf von 7 2 6 antwortenden Betriebsräten, während 2 3 5 Betriebe zurückmeldeten, entweder keinen Betriebsrat zu haben oder sich in einem Insolvenzverfahren zu befinden oder sich selbst nicht der Maschinenbaubranche zuzurechnen. In der Betriebsräte-Befragung wurden 53 Hauptfragen mit z.T. mehreren Unterfragen gestellt. Die meisten Fragen sind andere als im NIFA-Panel, es geht vor allem um Einschätzungen durch den Betriebsrat, seine tägliche Arbeit und sein Verhältnis zu den Gewerkschaften. Wenn eine Frage eine Entsprechung im NIFA-Panel hat, sind die Antworten nicht unbedingt gleich. Bei der Beschäftigtenzahl (ohne Auszubildende) zu Jahresanfang 1 9 9 6 ergibt sich z.B. eine hohe, aber nicht perfekte Korrelation von 0 , 9 6 . Bei der im sechsten Abschnitt noch näher zu betrachtenden Frage nach der Einbindung des Betriebsrats liegt die Korrelation nur bei 0 , 7 7 . Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Betriebsratstypologie sind Gegenstand des folgenden Abschnitts.
3.
Betriebsratstypologien
In der sechsten Welle des NIFA-Panels findet sich die folgende Frage, deren Antwort zur Bildung einer Betriebsratstypologie verwendet werden kann: „Wenn Sie an größere technische und/oder organisatorische Veränderungen in Ihrem Betrieb in den letzten Jahren denken, wie würden Sie die Haltung des Betriebsrats dabei charakterisieren?" Wörtlich genommen bezieht sich die Frage nur auf einen Teil der betrieblichen Angelegenheiten, nämlich „größere technische und/oder organisatorische Veränderungen", während die Antwort zu anderen Angelegenheiten ganz anders lauten könnte. Es ist jedoch nicht unplausibel, dass meistens pars pro toto geantwortet wurde, zumal es ohnehin um eine subjektive Einschätzung der Betriebsratshaltung geht, nicht objektive Eigenschaften des Betriebsrats oder auch der Beziehung zu ihm. In diesem Sinne ist vermutlich eher als die im Folgenden nicht weiter problematisierte Einschränkung auf „größere technische und/oder organisatorische Veränderungen" zu hinterfragen, ob die Antwort eigentlich mehr über den Betriebsrat oder die antwortende Betriebsleitung aussagt.
566 • A. Dilger
Für diese Frage gibt es fünf vorgegebene Antworten, von denen genau eine gewählt werden sollte. Die erste mögliche Antwort lautet: „Die meisten technischen oder organisatorischen Veränderungen müssen gegen den Betriebsrat durchgesetzt werden." Wurde diese Antwort gewählt, wird im Folgenden in übereinstimmender Terminologie mit Dilger (2002) die Bezeichnung „antagonistischer Betriebsrat" verwendet, ohne dass dadurch präjudiziert werden soll, dass tatsächlich der Betriebsrat eine antagonistische Haltung einnimmt oder gar entsprechend handelt. Es ist durchaus denkbar, dass nur die Betriebsleitung diesen Eindruck hat und das Selbstverständnis des Betriebsrats ein ganz anderes ist. Gegebenenfalls überträgt sogar die Betriebsleitung ihre Haltung gegenüber dem Betriebsrat auf seine Haltung ihr gegenüber. Ohne ins Psychologische abzudriften, wird daran bereits deutlich, wie wichtig eine Verbindung dieser Antworten mit denen der BetriebsräteBefragung ist. Die zweite mögliche Antwort lautet: „Manchmal ist es schwierig, dem Betriebsrat die gemeinsamen Betriebs- und Belegschaftsinteressen zu vermitteln." Unter Beachtung der im letzten Absatz diskutierten Einschränkungen scheint bei dieser Antwort die Bezeichnung „schwieriger Betriebsrat" angebracht. Die dritte Antwortmöglichkeit ist: „Technische oder organisatorische Veränderungen werden vom Betriebsrat uneingeschränkt unterstützt." Hier ist die Typenbezeichnung „kooperativer Betriebsrat" angemessen mit der zusätzlichen Einschränkung, dass ein über die uneingeschränkte Unterstützung der Betriebsleitung die Arbeitnehmerinteressen vernachlässigender Betriebsrat ein defizitäres „Organ der Geschäftsleitung" in der Typologie von Kotthoff (1994) wäre. Um entscheiden zu können, ob die Kooperation eher Wechsel- oder einseitig ist, ist wieder die komplementäre Sicht des Betriebsrats nötig. Die vierte Antwortoption ist: „Der Betriebsrat betrachtet technische oder organisatorische Veränderungen nicht als sein Aufgabenfeld und beteiligt sich nicht." Typologisch handelt es sich um einen „desinteressierten Betriebsrat", was zumindest aus Sicht der Betriebsleitung für diesen Aspekt der Beziehungen zutrifft. Die fünfte wählbare Antwort ist schließlich: „Der Betriebsrat wird an solchen Veränderungen nicht beteiligt." Die dies charakterisierende Bezeichnung lautet „ausgeschlossener Betriebsrat". Von den bereits im letzten Abschnitt erwähnten 1.075 Betrieben mit Betriebsrat antworteten 141 nicht auf diese Frage, d. h. immerhin 13,1%. Bei den 934 gültigen Antworten ergibt sich folgende Aufteilung: 36 Betriebe (3,9%) weisen einen antagonistischen Betriebsrat auf. Am häufigsten, in 439 Fällen (47,0%), existiert ein schwieriger Betriebsrat. Den kooperativen Betriebsrat gibt es 334 mal (35,8%), während der desinteressierte Betriebsrat in 41 Betrieben anzutreffen ist (4,4%). Der ausgeschlossene Betriebsrat kommt schließlich 84 mal vor (9,0%). In der Bochumer Betriebsräte-Befragung zum Maschinenbau findet sich eine komplementäre Frage an die Betriebsräte: „Wenn Sie an größere technische und/oder organisatorische Veränderungen in Ihrem Betrieb in den letzten Jahren denken, wie würden Sie die Haltung der Betriebsleitung dabei charakterisieren?" Es gibt nur vier Antwortmöglichkeiten und dementsprechend keine ein-eindeutige Entsprechung zu denen im NIFA-Panel. Außerdem wurden bislang keine entsprechend plakativen Kurzbezeichnungen vorgeschlagen, was hier nachgeholt werden soll. Ein besonderes Problem dabei ist, dass eigentlich der Betriebsrat die Betriebsleitung charakterisiert, doch trotzdem allgemein von einer Betriebsratstypologie ausgegangen wird. Genau genommen geht es hier wie auch beim NIFAPanel ohnehin um die Beziehung zwischen Management und Betriebsrat statt nur eine der beiden Seiten. Die Einschätzung des Betriebsrats von der Betriebsleitung soll hier zur
Kooperation zwischen Betriebsrat und Management
567
Bezeichnung der Betriebsleitung verwendet werden, um danach die wechselseitigen Einschätzungen zu einer Beurteilung des Verhältnisses zusammenzuführen. In jedem Fall lautet die erste mögliche Antwort auf die zur Typenbildung zentrale Frage: „Die meisten technischen oder organisatorischen Veränderungen werden von der Betriebsleitung gegen den Betriebsrat durchgesetzt." Hier wird als Bezeichnung bei Wahl dieser Antwort „antagonistische Betriebsleitung" vorgeschlagen, da der Sachverhalt dem des antagonistischen Betriebsrats im NIFA-Panel entspricht, so dass auch die charakterisierenden Adjektive gleich sein sollen. Interessanterweise impliziert diese Antwortkategorie allerdings in beiden Fällen nicht bloß einen Konflikt zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat, sondern auch das Unterliegen des Betriebsrats, was in dem Adjektiv jedoch nicht zum Ausdruck k o m m t . Die zweite Antwortmöglichkeit für den Betriebsrat ist: „Im allgemeinen ist die Betriebsleitung bestrebt, mit dem Betriebsrat einen Ausgleich zwischen Belegschafts- und Betriebsinteressen zu suchen." Ein passender Ausdruck d a f ü r ist „ausgleichende Betriebsleitung", wobei inhaltlich die größte N ä h e zum kooperativen Betriebsrat besteht. 5 Theoretisch muss das allgemeine Bemühen u m Ausgleich nicht zum Ziel führen, w ä h r e n d uneingeschränkte Unterstützung keine Fragen offen lässt, aber es geht zumindest in die gleiche Richtung und es wird wohl kein Betriebsrat bei großen Konflikten im Verhältnis zur Betriebsleitung diese Antwortkategorie wählen. Als dritte A n t w o r t o p t i o n k o m m t in Betracht: „Die Betriebsleitung erwartet bei technischen oder organisatorischen Veränderungen eine aktive Unterstützung des Betriebsrates." Hier gibt es keine entsprechende Antwortkategorie im NIFA-Panel, je nach Reaktion des Betriebsrats auf diese Erwartung könnte ihn die Betriebsleitung als schwierig, kooperativ, indifferent oder sogar antagonistisch einschätzen. N u r ein von der Betriebsleitung ausgeschlossener Betriebsrat hätte eine grundsätzlich inkongruente W a h r n e h m u n g des Verhältnisses, wobei die tatsächliche Kombination der gegebenen Antworten gleich im Anschluss an die Vorstellung der aus der Bochumer Betriebsräte-Befragung ableitbaren Typologie erfolgen soll. Eine geeignete Kurzbezeichnung ist hier „erwartungsvolle Betriebsleitung". Diese Erwartungen können fordernd sein 6 und somit einer Position der Stärke entsprechen oder umgekehrt die Suche nach Hilfe einer schwachen Betriebsleitung ausdrücken. Es bleibt noch die letzte Antwortmöglichkeit: „Die Betriebsleitung beteiligt den Betriebsrat generell nicht an solchen Veränderungen." Dies entspricht inhaltlich vollständig (bis auf das W o r t „generell") dem ausgeschlossenen Betriebsrat. Die passende Bezeichnung ist deshalb „ausschließende Betriebsleitung". Im Folgenden werden also die Bezeichnungen antagonistische, ausgleichende, erwartungsvolle und ausschließende Betriebsleitung verwendet, w e n n der Betriebsrat eine entsprechende Antwort auf die obenstehende Frage bzw. Charakterisierung der H a l t u n g seiner Betriebsleitung gegeben h a t . 7
5
6
7
Dies weicht ab von Dilger (2002, S. 99) mit einer Zuordnung zum schwierigen Betriebsrat und erst der nachfolgenden Antwortkategorie zum kooperativen Betriebsrat. Vgl. Müller-}entsch/Seitz (1998, S. 368f.), wonach sich die Betriebsräte „durch die Erwartungshaltung einer aktiven Unterstützung unter Druck gesetzt" sehen. Umgekehrt ließe sich natürlich auch, dem Grundgedanken einer Betriebsratstypologie folgend, der Betriebsrat selbst entsprechend bezeichnen, wobei dann die folgenden Bezeichnungen eine gute, z.T. synonyme Entsprechung zu den Kategorien des NIFA-Panels bilden würden: „gegnerischer Betriebsrat", „zusammenarbeitender Betriebsrat", „ersuchter Betriebsrat" und „exkludierter Betriebsrat".
568 • A. Dilger
Empirisch findet sich die folgende Typenverteilung: 8 Von 706 gültigen Antworten identifizieren 53 (7,5%) eine antagonistische Betriebsleitung. In 4 2 2 Betrieben (59,8%) findet sich eine ausgleichende Betriebsleitung, w ä h r e n d 108 Betriebsräte (15,3%) ihre Betriebsleitung als erwartungsvoll charakterisieren und 123 (17,4%) sich ausgeschlossen fühlen. In 13 Fällen gab es keine Antwort auf diese Frage, in 7 weiteren inkonsistente Doppelant9 Worten. Bereits ein Vergleich nur des aggregierten Antwortverhaltens zeigt, dass die Einschätzung von Betriebsrat und Betriebsleitung nicht in jedem Fall deckungsgleich sein k a n n . Ausgeschlossener Betriebsrat und ausschließende Betriebsleitung kennzeichnen den gleichen Sachverhalt, nämlich dass die Betriebsleitung den Betriebsrat von bestimmten Entscheidungen (explizit technischen und organisatorischen Veränderungen) ausschließt. Die Betriebsräte sehen aber fast doppelt so häufig eine ausschließende Betriebsleitung wie die Betriebsleitungen einen ausgeschlossenen Betriebsrat (17,4% gegenüber 9,0%). Bei antagonistischer Betriebsleitung und antagonistischem Betriebsrat verhält es sich ähnlich mit einem Einschätzungsverhältnis von 7 , 5 % zu 3 , 9 % . Bei den anderen Antwortkategorien gibt es kein so klares Entsprechungsverhältnis, aber vermutlich auch Abweichungen. So müsste in etlichen Fällen, w o der Betriebsrat eine ausgleichende Betriebsleitung w a h r nimmt, diese einen schwierigen Betriebsrat erleben, w a s kein Widerspruch ist, aber eine weniger positive Konnotation trägt. Von daher lässt sich bereits auf der Aggregatsebene erkennen, dass keine Seite das Verhältnis stets besser oder schlechter einschätzt, aber dass es systematische Unterschiede gibt. Die nun mögliche V e r k n ü p f u n g der Datensätze erlaubt eine wesentlich genauere Untersuchung dieser Wahrnehmungsunterschiede des Verhältnisses zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat. Sinnvollerweise ist die sechste Welle des NIFA-Panels mit der Bochumer Betriebsräte-Befragung im Maschinenbau zu verknüpfen, da beide vor allem die typenbildende Frage enthalten und auch beide im J a h r 1996 durchgeführt w u r d e n . W ü r d e n etliche Jahre zwischen den Fragen liegen, könnten Unterschiede im Antwortverhalten auch an 8
9
Hier wie im Folgenden wird die Gewichtung der Bochumer Betriebsräte-Befragung nicht berücksichtigt, sondern jeder Fall gleich gezählt. Einerseits sind dadurch größere Betriebe gleich doppelt überrepräsentiert, nämlich erstens in der Stichprobe und zweitens im Rücklauf der Fragebögen, andererseits repräsentieren größere Betriebe auch mehr Beschäftigte und sind damit für die industriellen Beziehungen insgesamt wichtiger. Außerdem gibt es zahlreicher weitere Verzerrungen und Datenausfälle, z.B. bei der Kombination mit dem NIFA-Panel, so dass jede Gewichtung problembehaftet ist. Nienhüser (2005, S. 8f.) wirft der Typologie des NIFA-Panels vor, zur Festlegung auf genau eine Antwort zu zwingen, während verschiedene Antworten sich keineswegs ausschließen würden. Bei der Betriebsräte-Befragung sind alle Doppelantworten Kombinationen mit der antagonistischen Betriebsleitung, davon zwei mit der ausgleichenden, vier mit der erwartungsvollen und eine mit der ausschließenden Betriebsleitung. Die ersten zwei Kombinationsmöglichkeiten erscheinen, wenn nicht inhaltlich, so doch zumindest in der subjektiven Bewertung widersprüchlich. Wenn z.B. die Betriebsleitung ernsthaft einen Ausgleich anstrebt, dann aber doch die meisten Sachen gegen den Betriebsrat durchsetzt, so ist das nur miteinander vereinbar, wenn der Betriebsrat faire Ausgleichsangebote beständig ablehnt, was der Betriebsrat selbst so kaum sehen wird. Plausibel erscheint höchstens die Kombination von antagonistischer und ausschließender Betriebsleitung, wenn etwa der Betriebsrat trotz Widerstands aktiv ausgegrenzt wird. Da aber diese Doppelantwort auch bei vielen anderen Betrieben zutreffen könnte und eine Entscheidung zwischen den beiden Antwortalternativen in diesem Fall nicht nachträglich herbeigeführt werden kann, erscheint ein Ausschluss aller Doppelantworten aus der weiteren Analyse die sauberste Lösung zu sein, zumal bei Verknüpfung mit der sechsten Welle des NIFA-Panels diese sieben Fälle ohnehin nicht enthalten wären.
Kooperation zwischen Betriebsrat und Management • 569
V e r ä n d e r u n g e n des V e r h ä l t n i s s e s im Z e i t a b l a u f liegen. H i e r w i r d a b e r dasselbe V e r h ä l t n i s z u r gleichen Z e i t n u r a u s u n t e r s c h i e d l i c h e n Blickwinkeln b e t r a c h t e t . Leider k o m m t es bei d e r V e r k n ü p f u n g d e r D a t e i e n zu e r h e b l i c h e n Fallverlusten. Die S c h n i t t m e n g e d e r 9 3 4 gültigen Fälle auf der einen Seite u n d der i m m e r h i n n o c h 7 0 6 auf d e r a n d e r e n Seite b e t r ä g t n u r n o c h 2 0 5 . Selbst bei E i n b e z u g d e r Fälle m i t f e h l e n d e r T y p e n a n g a b e (oder s o g a r V e r n e i n e n d e r Betriebsratsexistenz) in einem der D a t e n s ä t z e bleiben n u r 2 2 0 n ä h e r a n a l y s i e r b a r e Betriebe im D a t e n s a t z . V o n d e n m ö g l i c h e n K o m b i n a t i o n e n d e r v e r s c h i e d e n e n T y p e n k o m m e n fast alle v o r , a u c h inhaltlich w e n i g plausible. A m h ä u f i g s t e n ist die K o m b i n a t i o n , die die b e i d e n Spitzenreiter d e r E i n z e l d a t e n s ä t z e v e r k n ü p f t , also ein schwieriger Betriebsrat z u s a m m e n m i t einer a u s g l e i c h e n d e n Betriebsleitung, w a s 6 0 m a l v o r k o m m t ( 2 7 , 3 % v o n 2 2 0 ) . Es folgt die K o m b i n a t i o n eines k o o p e r a t i v e n Betriebsrats m i t einer a u s g l e i c h e n d e n Betriebsleitung in 4 6 Betrieben ( 2 0 , 9 % ) . Relativ h ä u f i g sind n o c h die K o m b i n a t i o n e n k o o p e r a t i v e r Betriebsrat u n d e r w a r t u n g s v o l l e Betriebsleitung (21 m a l , 9 , 5 % ) sowie schwieriger Betriebsrat u n d e r w a r t u n g s v o l l e Betriebsleitung (18 m a l , 8 , 2 % ) . N o c h zweistellig v e r t r e t e n u n d die F ü n f p r o z e n t h ü r d e n e h m e n d sind die e t w a s w i d e r s p r ü c h l i c h w i r k e n d e K o m b i n a t i o n des k o o p e r a t i v e n Betriebsrats m i t d e r ausschließ e n d e n Betriebsleitung (14, 6 , 4 % ) s o w i e die K o m b i n a t i o n des schwierigen Betriebsrats m i t d e r a u s s c h l i e ß e n d e n Betriebsleitung (11, 5 % ) . T a b e l l e 1 b e i n h a l t e t alle K o m b i n a t i o n e n m i t A n g a b e ihrer A n z a h l u n d ihres P r o z e n t w e r t s . Tabelle 1 : Kombination von Betriebsrats- und Betriebsleitungstypen Betriebsleitungstypen Betriebsratstypen
antagonistisch schwierig kooperativ desinteressiert ausgeschlossen keine Angabe angeblich kein BR gesamt Datenquelle
antagonistisch N % 1 8 1 1 2 1 0 14
0,5 3,6 0,5 0,5 0,9 0,5 0,0 6,4
ausgleichend N % 2 60 46 5 2 7 0 122
0,9 27,3 20,9 2,3 0,9 3,2 0,0 55,5
erwartungsvoll N %
ausschließend N %
keine Angabe N %
2 18 21 0 0 0 1 42
2 11 14 1 8 1 1 38
0 3 1 0 0 0 0 4
0,9 8,2 9,5 0,0 0,0 0,0 0,5 19,1
0,9 5,0 6,4 0,5 3,6 0,5 0,5 17,3
0,0 1,4 0,5 0,0 0,0 0,0 0,0 1,8
gesamt N
%
7 100 83 7 12 9 2 220
3,2 45,5 37,7 3,2 5,5 4,1 0,9 100
ist die 6. Welle des NIFA-Panels (1996) zusammen mit der Bochumer Betriebsräte-Befragung.
B e s o n d e r e E r w ä h n u n g verdient n o c h ein S o n d e r f a l l , a u c h w e n n er nicht sehr h ä u f i g vork o m m t . So gibt es zwei Betriebe, d e r e n L e i t u n g f ü r s N I F A - P a n e l a n g a b , dass d o r t kein Bet r i e b s r a t existiert, w ä h r e n d in d e r B e t r i e b s r ä t e - B e f r a g u n g d e r e n Betriebsräte a n t w o r t e t e n . W e n n es sich n i c h t e i n f a c h u m Fehler beim A n k r e u z e n h a n d e l t , liegt w o h l eine b e s o n d e r s krasse F o r m des Ausschlusses b z w . I g n o r i e r e n s des Betriebsrats vor. Dieser h a t eine so r a n d s t ä n d i g e P o s i t i o n , dass n o c h n i c h t e i n m a l seine Existenz d e m g a n z e n M a n a g e m e n t b e k a n n t ist. Die gelegentlich f e h l e n d e A n t w o r t d u r c h e n t w e d e r d e n Betriebsrat o d e r die Betriebsleitung lässt sich n u n allerdings z u m i n d e s t partiell d u r c h die A n t w o r t d e r a n d e r e n Seite ersetzen. I n s g e s a m t zeigt sich ein sehr differenziertes Bild des V e r h ä l t n i s s e s zwischen Betriebsleitung u n d Betriebsrat. Die jeweiligen T y p e n lassen sich nicht e i n d e u t i g e i n a n d e r z u o r d n e n . A u c h w e n n einige K o m b i n a t i o n e n h ä u f i g e r sind als a n d e r e , k o m m e n fast alle M ö g l i c h k e i t e n
570 • A. Dilger
vor. W e n n von beiden Seiten Typeneinschätzungen vorliegen, fehlen überhaupt nur die Kombinationen der erwartungsvollen Betriebsleitung mit entweder dem desinteressierten oder dem ausgeschlossenen Betriebsrat. Für die nachfolgenden quantitativen empirischen Analysen ist es notwendig, einige Kombinationsmöglichkeiten zusammenzufassen, insbesondere wenn eine Kombination nur einmal oder zumindest sehr selten vertreten ist, da in solchen Fällen die ökonometrischen Verfahren nicht richtig oder überhaupt nicht a n w e n d b a r wären. Prinzipiell gibt es eine Reihe von Möglichkeiten der Clusterbildung. N a c h Ausprobieren einiger Möglichkeiten und aus G r ü n d e n der theoretischen Fundierung 1 ® erweist sich das folgende Vorgehen als zweckmäßig: Die ursprünglichen Typen von Betriebsräten und Betriebsleitungen werden danach klassifiziert, o b sie auf eine positive, neutrale oder negative Einschätzung durch die jeweils andere Seite hindeuten. Im Anschluss werden daraus Kombinationen gebildet, o b die Einschätzungen des Verhältnisses beidseitig positiv ausfällt, nur von einer Seite so gesehen und von der anderen neutral beurteilt wird etc. Es werden sich am Ende sechs derartige Charakterisierungen des Verhältnisses zwischen Betriebsrat und Betriebsleitung ergeben. Bei allen Interpretationsspielräumen des Antwortverhaltens lassen sich der kooperative Betriebsrat u n d die ausgleichende Betriebsleitung als eindeutig positive Zuschreibungen durch die jeweils andere Seite identifizieren. Folglich ist die Kombination eines kooperativen Betriebsrats mit einer ausgleichenden Betriebsleitung als eindeutig positives Verhältnis zwischen beiden Seiten zu charakterisieren. Dies ist damit die erste Ausprägung der neu zu bildenden Verhältnistypologie, die 4 6 Betriebe umfasst. Der schwierige Betriebsrat sowie der desinteressierte Betriebsrat sind aus Sicht der Betriebsleitung in der Regel neutral einzuschätzen, jedenfalls im Verhältnis zu den Alternativen (ein kooperativer Betriebsrat steht eindeutig f ü r ein besseres Verhältnis, ein antagonistischer Betriebsrat f ü r ein schlechteres). Aus Sicht des Betriebsrats ist entsprechend eine erwartungsvolle Betriebsleitung neutral bzw. ambivalent zu beurteilen. W e n n keine Typenangabe vorliegt, wird hier mangels besseren Wissens auch ein neutraler Einfluss unterstellt. W ä r e die (nicht) antwortende Seite stark positiv oder negativ berührt gewesen, hätte sie vermutlich geantwortet. A m problematischsten ist wohl, dass auch in den beiden Fällen, w o im NIFA-Panel gar kein Betriebsrat angegeben wird, eine neutrale Zuo r d n u n g erfolgt. Wie oben schon ausgeführt, wäre hier auch eine Z u o r d n u n g z u m ausgeschlossenen Betriebsrat möglich, aber die Antwort des Betriebsrats zur Einschätzung der Betriebsleitung sollte hier nicht vernachlässigt werden und deutet nur in einem der beiden Fälle darauf hin. Bei dieser Kennzeichnung der Einzelbewertungen als neutral existieren jedenfalls drei Kombinationen, die als insgesamt neutral zu klassifizieren wären, nämlich ein schwieriger Betriebsrat bei erwartungsvoller Betriebsleitung sowie als Randfälle ein schwieriger Betriebsrat ohne Angabe des Betriebsleitungstyps und schließlich eine erwar-
10
Es gibt keine eigenständige Theorie zu diesem bislang noch nicht untersuchten zweiseitigen Verhältnis, doch die Ordnung von positiv, neutral und negativ ist nicht nur besonders einfach (und nach Ockhams Rasiermesser ist ceteris paribus die einfachste Erklärung vorzuziehen), sondern lässt sich auch in den eigentlich differenzierteren Betriebsratstypologien wiederfinden. So kann dieses einfache Schema auf sie angewandt und können die bestehenden Theorien zumindest teilweise übertragen werden.
Kooperation zwischen Betriebsrat und M a n a g e m e n t • 5 7 1
tungsvolle Betriebsleitung ohne Kenntnis der Betriebsratsexistenz, 1 1 was zu insgesamt 2 2 neutralen Verhältnissen führt. Aus dem bisher Ausgeführten lässt sich außerdem das tendenziell positive Verhältnis bestimmen, nämlich wenn eine Seite, egal welche, eine positive Einschätzung hat und die andere eine neutrale. Tendenziell positiv sind demnach die Kombinationen von schwierigem Betriebsrat und ausgleichender Betriebsleitung, kooperativem Betriebsrat mit entweder erwartungsvoller Betriebsleitung oder ohne Angabe des Betriebsleitungstyps sowie desinteressiertem Betriebsrat mit ausgleichender Betriebsleitung und schließlich letztere ohne Angabe des Betriebsratstyps. Z u s a m m e n führt dies zu 94 tendenziell positiven Verhältnissen und damit der größten Ausprägung dieser neuen Typologie. Definitiv für eine negative Verhältniseinschätzung sprechen die Charakterisierungen antagonistischer Betriebsrat und antagonistische Betriebsleitung. Diese Antwortkombination drückt damit ein eindeutig negatives Verhältnis aus. Es gibt aber noch mehr solche Kombinationen, da auch der ausgeschlossene Betriebrat und die ausschließende Betriebsleitung ziemlich negativ aufgefasst werden k ö n n e n . 1 2 Z u dem eindeutig negativen Verhältnis werden deshalb auch die Kombinationen ausgeschlossener Betriebsrat und entweder antagonistische Betriebsleitung oder ausschließende Betriebsleitung gezählt sowie antagonistischer Betriebsrat und ausschließende Betriebsleitung. Insgesamt ist damit das Verhältnis in 13 Betrieben eindeutig negativ. Es verbleiben noch einige Kombinationen, die ein tendenziell negatives Verhältnis ausdrücken. Dazu wird hier antagonistische Betriebsrat mit erwartungsvoller Betriebsleitung und der schwierige Betriebsrat mit entweder antagonistischer oder ausschließender Betriebsleitung gerechnet, ebenso der desinteressierte Betriebsrat mit antagonistischer oder ausschließender Betriebsleitung sowie die Randfälle antagonistische oder ausschließende Betriebsleitung ohne Angabe des Betriebsratstyps und die ausschließende Betriebsleitung ohne Kenntnis der Betriebsratsexistenz. Insgesamt führt dies zu 2 6 Betrieben mit tendenziell negativem Verhältnis zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat. Damit fehlen noch 19 Fälle, die bislang nicht zugeordnet wurden und nicht in diese eindimensionale Abfolge von eindeutig positiv über tendenziell positiv, neutral und tendenziell negativ bis eindeutig negativ passen. In den verbleibenden Fällen ist hingegen das Verhältnis widersprüchlich, da es von einer Seite positiv, von der anderen negativ bewertet wird. Die entsprechenden Kombinationen sind im Einzelnen ein antagonistischer Betriebsrat mit ausgleichender Betriebsleitung, ein kooperativer Betriebsrat bei antagonistischer Betriebsleitung, am häufigsten ein kooperativer Betriebsrat mit ausschließender Betriebsleitung und schließlich ein ausgeschlossener Betriebsrat mit ausgleichender Betriebslei-
11
Diese letzte Zuordnung ist die schwierigste überhaupt, da das Verhältnis auch als tendenziell negativ (radikaler Ausschluss des Betriebsrats) oder widersprüchlich (Betriebsleitung soll viel vom Betriebsrat erwarten und weiß gleichzeitig nichts von ihm) beurteilt werden könnte. Aber jede andere Zuordnungsregel (wie auch der Ausschluss aller Fälle mit unvollständigen Angaben) würde ihrerseits zu Problemen führen, so dass hier einfach eine Entscheidung getroffen werden muss, zumal es nur um einen einzigen Fall geht. Generell führt eine unzweckmäßige Zusammenfassung von Kombinationen zu schwächeren Ergebnissen (da sich positive und negative Effekte aufheben können), so dass die Effekte in den nachfolgenden Kapiteln eher unter- als überschätzt werden.
12
Die Art der Negativität könnte hier eine andere, mehr passive sein als bei antagonistischem Betriebsrat und antagonistischer Betriebsleitung. Doch das hier angewendete Kombinationsprinzip lässt für eine solche Unterscheidung keinen Platz, zumal es ohnehin nur sehr wenige Fälle in dieser Kategorie gibt.
572 • A. Dilger
Tabelle 2: Herleitung einer Verhältnistypologie
gesamt
Betriebsleitungstypen Betriebsratstypen
antagonistisch N T
ausgleichend N T
erwartungsvoll N T
ausschließend N T
keine Angabe T N
Verhältnistyp N T
antagonistisch schwierig kooperativ desinteressiert ausgeschlossen keine Angabe angeblich kein BR
1 8 1 1 2 1 0
2 60 46 5 2 7 0
2 18 21 0 0 0 1
2 11 14 1 8 1 1
0 3 1 0 0 0 0
++ + +//
— -
-
+ ++ + +
-
+/-
+
+/-
jt
+/-
+
alle
46 94 22 19 26 13 220
Datenquelle ist die 6. Welle des NIFA-Panels (1996) zusammen mit der Bochumer Betriebsräte-Befragung; ++, +. +/-, -, -- bezeichnet ein eindeutig positives, tendenziell positives, neutrales, widersprüchliches, tendenziell negatives, eindeutig negatives Verhältnis zwischen Betriebsrat und Betriebsleitung.
tung. Tabelle 2 wiederholt die zentralen Angaben von Tabelle 1 mit Kennzeichnung des Verhältnistyps statt der Prozentangabe. 4.
Personalfluktuation
In diesem Abschnitt werden die drei Typologien aus dem letzten Abschnitt verwendet, um den Zusammenhang der vorherrschenden betrieblichen Beziehungen mit der Personalfluktuation empirisch zu untersuchen. Inhaltlich soll dies Aufschluss darüber geben, wie der jeweilige Typ von Betriebsrat, Betriebsleitung oder gemeinsamer Einschätzung des Verhältnisses mit der Personalfluktuation zusammenhängt. Kausale Schlüsse sind dabei nicht möglich. Statistisch signifikante Zusammenhänge zeigen nur an, dass ein zufälliger Zusammenhang hinreichend unwahrscheinlich ist. Ob jedoch die kausale Richtung a) vom Betriebsrat bzw. der Beziehung zu ihm zur Fluktuation läuft, b) umgekehrt die Fluktuation die Beziehung zwischen Betriebsrat und Betriebsleitung prägt oder c) schließlich ein gemeinsamer Faktor beide Größen zugleich beeinflusst, lässt sich mit dem vorliegenden Datenmaterial nicht entscheiden. Dafür ist eine Entscheidung in der methodischen Frage denkbar, welche Typologie empirisch zu brauchbareren Ergebnissen führt bzw. ob die Wahl der genauen Typologie weniger wichtiger ist als überhaupt die Verwendung einer solchen Variable. Zum Einfluss 13 der Existenz eines Betriebsrats auf die Personalfluktuation gibt es zahlreiche Untersuchungen, von denen zumindest alle mit größeren Datensätzen zu dem übereinstimmenden Ergebnis einer Reduktion der Fluktuation kommen (vgl. z.B. Frick 1997 oder Addison/Schnabel/Wagner 1998). 1 4 Eine entsprechende Untersuchung mit der Unterscheidung von Betriebsratstypen findet sich nur bei Dilger (2002). Er untersucht mit
13
14
Dies ist weder hier noch an sonstigen Stellen kausal zu verstehen, sondern bezieht sich auf die Schätzmodellen, in denen der Betriebsrat(styp) als unabhängige Variable und die Fluktuation als abhängige Variable verwendet wird. Für einen umfassenden Literaturüberblick, auch zu den beiden nachfolgenden Kapiteln, siehe Dilger (2002).
Kooperation zwischen Betriebsrat und Management • 573
dem NIFA-Panel unter Einbezug von 17 Kontrollvariablen den Einfluss des Betriebsratstyps auf die Abgangs-, die Einstellungs- und die beide umfassende Fluktuationsrate im Fertigungsbereich. Das Vorzeichen ist dabei stets negativ, durchgehend statistisch signifikant für den schwierigen und den kooperativen Betriebsrat, bei der Einstellungsrate auch für den antagonistischen Betriebsrat und schwach für den ausgeschlossenen Betriebsrat. Die Effekte sind auch nicht vernachlässigbar klein, so sinkt z.B. in einem ansonsten durchschnittlichen Betrieb die Abgangsrate von 10,4% ohne Betriebsrat auf 7,6% bei Existenz eines kooperativen Betriebsrats, die Einstellungsrate sogar von 11,5% auf 6,8% bei Existenz eines antagonistischen Betriebsrats. Aus theoretischer Sicht ist dies auch nicht sonderlich überraschend, weil die vom Betriebsrat vertretenen, schon vorhandenen Beschäftigten ein starkes Interesse an dieser Fluktuationsreduktion haben und der Betriebsrat in solchen Personalfragen die meisten gesetzlichen Rechte besitzt. Die entsprechenden Schätzmodelle von Dilger (2002) werden noch einmal geschätzt, zuerst mit den Betriebsleitungstypen statt den Betriebsratstypen. Wegen der größeren Nähe zum schwierigen und kooperativen Betriebsrat ist auf Grund der bisherigen Ergebnisse zu erwarten, dass die Abgangsrate insbesondere bei einer ausgleichenden oder erwartungsvollen Betriebsleitung deutlich niedriger sein sollte als in Betrieben ohne Betriebsrat. Theoretischer Grund dafür ist das starke Interesse der Belegschaft und damit des Betriebsrats, die Arbeitsplätze der vorhandenen Beschäftigten zu schützen. Handelt die Betriebsleitung gegen dieses Interesse, wird der Betriebsrat das und damit das Verhältnis nicht positiv beurteilen. Um auf diese Weise schätzen zu können, sind nicht nur NIFA-Panel und Bochumer Betriebsräte-Befragung zusammenzuführen, sondern außer der Typenvariable keine weiteren Größen aus der Betriebsräte-Befragung hinzuziehen, da sie nur zu weiteren Datenausfällen führen können, insbesondere wenn Betriebe ohne Betriebsrat als Referenzfälle einbezogen werden. So haben von den 641 in die erste Schätzung einbezogenen Fällen 162 (25,3%) einen Betriebsrat, die übrigen 479 (74,7%) sind Betriebe ohne Betriebsrat aus dem NIFA-Panel. Dies verändert natürlich stark die Gewichtung zu den ursprünglichen Schätzungen, so dass zum Vergleich als zweite Schätzung die Betriebsratstypen aus dem NIFA-Panel verwendet werden, aber im Unterschied zu Dilger (2002) von den Betrieben mit Betriebsrat nur diejenigen einbezogen werden, die sich auch in der BetriebsräteBefragung befinden. Dadurch sinkt die Fallzahl von 1.183 auf 640. Schließlich wird die Schätzung mit den im letzten Abschnitt neu gebildeten Verhältnistypen durchgeführt, wobei es 643 gültige Fälle gibt (etwas mehr als in den beiden vorhergehenden Schätzungen, da das Verhältnis auch bei von einer Seite fehlender Typenangabe gebildet wurde). Bevor die Schätzergebnisse vorgestellt werden, ist kurz auf die abhängige Variable und die übrigen unabhängigen Variablen einzugehen. 1 5 In Übereinstimmung mit Frick (1997 sowie bereits 1996) und vor allem Addison/Schnabel/Wagner (1998) werden die Quotienten zur Personalfluktuation, also z.B. die Zahl der Zugänge geteilt durch die Zahl der Gesamtbeschäftigten im Fertigungsbereich, nicht unmittelbar verwendet, sondern folgendermaßen transformiert: Der entsprechende Quotient nach Addition von 1 im Zähler heiße Dichte und auf diese wird dann die Formel ln[Dichte/(l-Dichte)] angewandt, was zur inhaltlichen Ergebnisinterpretation gegebenenfalls wieder rückgängig gemacht werden muss. Dieses Vorgehen reduziert die Zahl der Ausfälle, glättet die Ergebnisse und gewährleistet vor allem eine bessere Vergleichbarkeit mit den bisherigen Untersuchungen.
15
Für eine ausführlichere Behandlung siehe Dilger (2002, insb. S. 107ff.).
574 • A. Dilger
Die unabhängigen Variablen entsprechen den von Dilger (2002) verwendeten. Es sind ökonomisch interpretierbare Größen, die im NIFA-Panel abgefragt w u r d e n , u n d bei denen zumindest im Vorhinein ein gewisser Einfluss auf die Fluktuation wahrscheinlich erscheint. Im Nachhinein weisen etliche dieser Größen allerdings weder einen statistisch signifikanten noch einen großen insignifikanten Effekt auf, so dass optimierte Schätzungen, insbesondere hinsichtlich des adjustierten R 2 , eventuell darauf verzichten sollten, was jedoch statistische Probleme eigener Art aufwirft (da die verbesserte Schätzung nicht unabhängig von den vorherigen wäre) und das Aufzeigen eines fehlenden Z u s a m m e n hangs ebenfalls eine Erkenntnis darstellt. Im Folgenden werden die übrigen Variablen jedoch ohnehin als reine Kontrollgrößen betrachtet und allein die Schätzergebnisse f ü r die Typenvariablen näher analysiert. Tabelle 3 zeigt in der ersten Spalte die aufgenommenen Variablen und in der zweiten Spalte die Schätzergebnisse f ü r Betriebsleitungstypen. Wie erwartet, sind f ü r alle vier Typen die Vorzeichen negativ, hochsignifikant f ü r die ausgleichende und die erwartungsvolle Betriebsleitung. Der negative Effekt ist immerhin noch schwach signifikant (auf dem 10-Prozent-Niveau) f ü r die ausschließende Betriebsleitung, allerdings betragsmäßig etwas größer f ü r die antagonistische Betriebsleitung. Die Größe des Koeffizienten lässt sich jedoch nicht unmittelbar weiter interpretieren, sondern dazu ist eine Rückrechnung der Dichtefunktion nötig, w o z u ein beispielhafter Betrieb zu wählen ist. Hier soll dazu ein durchschnittlicher Betrieb herangezogen werden, der in allen Variablen mit Ausnahme der Betriebsleitungstypen jeweils die durchschnittliche Ausprägung aufweist. 1 6 Die Abgangsrate liegt dann ohne Betriebsrat bei 1 1 , 0 % . W e n n hingegen, alles andere gleich, ein Betriebsrat mit antagonistischer Betriebsleitung existiert, fällt diese Rate auf 7 , 2 % , also fast u m 3 5 % . Bei einer ausgleichenden Betriebsleitung beträgt die Abgangsrate sogar nur 6 , 7 % . W e n n die Betriebsleitung erwartungsvoll ist, also v o m Betriebsrat Unterstützung erwartet, beträgt diese Rate 7 , 0 % , bei einer ausschließenden Betriebsleitung liegt der entsprechende W e r t bei 8 , 3 % . Die dritte Spalte in Tabelle 3 enthält zum Vergleich die Schätzergebnisse mit den Betriebsratstypen aus dem NIFA-Panel, abweichend von Dilger (2002, S. 111) jedoch bei Existenz eines Betriebsrats beschränkt auf die auch in der Bochumer Betriebsräte-Befragung enthaltenen Betriebe. Unverändert tragen alle Betriebsratstypen ein negatives Vorzeichen, welches ebenfalls unverändert beim schwierigen und kooperativen Betriebsrat statistisch signifikant ist. Die rechnerische Abgangsrate f ü r den durchschnittlichen Betrieb ohne Betriebsrat liegt wie in der vorhergehenden Schätzung bei 1 1 , 0 % . (zum Vergleich: 1 0 , 4 % bei Dilger 2 0 0 2 , S. 110). Bei einem antagonistischen Betriebsrat sinkt sie auf 7 , 0 % (vormals 9 , 0 % ) . Wird der Betriebsrat als schwierig eingeschätzt, ergibt sich eine Rate von 7 , 7 % (8,6%). Für einen kooperativen Betriebsrat liegt der entsprechende Wert bei 6 , 7 % (7,6%). Der desinteressierte Betriebsrat ist mit der niedrigsten Abgangsrate von 6 , 0 % (9,3%) verbunden, w ä h r e n d in Betrieben mit ausgeschlossenem Betriebsrat die Abgangsrate bei 7 , 9 % (10,3%) liegt. Die neue Schätzung liefert also ähnliche Ergebnisse wie die mit Betriebsleitungstypen, w ä h r e n d die alte Schätzung mit allen Betrieben im NIFA-Panel zu weniger ausgeprägten Effekten führte. Dies könnte einfach an der kleineren Fallzahl
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Faktisch kann es einen solchen Betrieb nicht geben, da die Dummyvariablen keine Werte zwischen null und eins enthalten. Alternativ könnte z.B. ein Betrieb betrachtet werden, der jeweils die Medianausprägung aufweist. Ohnehin geht es hier nur um die Veranschaulichung der nichttrivialen Größenordnung der Effekte.
Kooperation zwischen Betriebsrat und Management • 575
liegen, bei der sich die Betriebe mit Betriebsrat nun klarer a b h e b e n , oder an einer nicht zufälligen Selektion der Betriebe in der B e t r i e b s r ä t e - B e f r a g u n g . 1 7 Die letzte Spalte in Tabelle 3 enthält eine entsprechende Schätzung, bei der d a s im letzten Abschnitt bestimmte Verhältnis als T y p v a r i a b l e eingesetzt w u r d e . U n a b h ä n g i g von der A u s p r ä g u n g des Verhältnisses ist die Existenz eines Betriebsrats stets mit einer geringeren A b g a n g s r a t e verbunden. Statistisch signifikant ist d a s negative Vorzeichen bei den beiden positiven und dem neutralen Verhältnis, wobei d a s Signifikanzniveau von der eindeutig positiven A u s p r ä g u n g ausgehend fällt. Bei einem eindeutig positiven Verhältnis zwischen Betriebsrat und Betriebsleitung sinkt die A b g a n g s r a t e von auch hier 1 1 , 0 % in durchschnittlichen Betrieben ohne Betriebsrat u m fast die H ä l f t e auf 5 , 7 % . Bei einem tendenziell positiven Verhältnis liegt die R a t e etwas höher, nämlich bei 7 , 7 % . Ist d a s Verhältnis als neutral zu beurteilen, d a n n beträgt diese Rate 6 , 3 % . Bei einem widersprüchlichen Verhältnis ist die A b g a n g s r a t e 8 , 6 % , bei einem tendenziell negativen Verhältnis 8 , 5 % und bei einem eindeutig negativen Verhältnis 7 , 3 % . Als nächstes ist die Einstellungsrate zu betrachten. Auf lange Sicht sind beide R a t e n miteinander gekoppelt. Wer viele Mitarbeiter verliert, m u s s diese irgendwann eingestellt haben. Aber w a c h s e n d e Unternehmen können natürlich deutlich mehr einstellen, als sie durch Entlassungen, Eigenkündigungen und Pensionierungen an Mitarbeitern verlieren, während bei schrumpfenden Unternehmen d a s Gegenteil möglich ist. D a hier nur Personalveränderungen im Fertigungsbereich betrachtet werden, sind außerdem auch Versetzungen möglich, s o d a s s Z u g a n g s r a t e der genauere A u s d r u c k als Einstellungsrate wäre. Ansonsten gelten hier alle A u s f ü h r u n g e n zur A b g a n g s r a t e a n a l o g , einschließlich der theoretischen E r w a r t u n g eines reduzierenden Einflusses durch die verschiedenen Betriebsratstypen. Allerdings kann hier bei einem schlechten Verhältnis z u m Betriebsrat die Betriebsleitung ein eigenständiges Interesse an weniger Einstellungen h a b e n , so d a s s die konfliktträchtigeren T y p e n mit einem vergleichsweise stärkeren R ü c k g a n g der Eingangsrate verknüpft sein dürften. Tabelle 4 enthält die entsprechenden Schätzergebnisse für die Einstellungsrate, in der zweiten Spalte wieder für die unterschiedlichen Betriebsleitungstypen aus Sicht der Betriebsräte. Alle Vorzeichen sind e r w a r t u n g s g e m ä ß wiederum negativ. Allerdings sind nun alle statistisch hochsignifikant und mit A u s n a h m e des ausgleichenden Betriebsrats auch betragsmäßig deutlich größer. Im durchschnittlichen Betrieb dieser Schätzung ohne Betriebsrat liegt die Einstellungsrate bei 1 2 , 6 % , d e m n a c h über der A b g a n g s r a t e . Wenn ein Betriebsrat mit ihm gegenüber antagonistischer Betriebsleitung existiert, sinkt die Einstellungsquote dramatisch auf 2 , 7 % und damit u m mehr als d a s 4,5-fache. Ist hingegen eine ausgleichende Betriebsleitung vorhanden, d a n n liegt diese bei Q u o t e bei 8 , 2 % und damit über der A b g a n g s r a t e für diesen Betriebsleitungstyp. Bei einer erwartungsvollen Betriebsleitung werden im durchschnittlichen Betrieb 4 , 8 % eingestellt bezogen auf den Beschäftigtenstand im Fertigungsbereich. Bei ausschließender Betriebsleitung liegt schließlich die Einstellungsrate bei 6 , 1 % . In der Schätzung mit den Betriebsratstypen aus Sicht der Betriebsleitung, dargestellt in der dritten Spalte von Tabelle 4 , sind ebenfalls alle Vorzeichen negativ, statistisch signifikant für den schwierigen, kooperativen und ausgeschlossenen Betriebsrat (aber nicht
17
Außerdem wurden hier durch Automatisierung der Berechnung Rundungsfehler erheblich reduziert und jeweils die schätzungsspezifischen Mittelwerte verwendet, was jedoch keinen Einfluss auf die betragsmäßig größeren Schätzkoeffizienten hat, sondern nur auf das Niveau aller berechneten Werte zugleich.
5 7 6 • A. Dilger
Tabelle 3 : R e g r e s s i o n s m o d e l l e zur A b g a n g s r a t e U n a b h ä n g i g e Variablen a n t a g o n i s t i s c h e Leitung a u s g l e i c h e n d e Leitung erwartungsvolle Leitung a u s s c h l i e ß e n d e Leitung
Betriebsleitung Rätebefragung -0,466 -0,541*** -0,494** -0,312+
-0,494 -0,386** -0,535*** -0,653 -0,366
(0,410) (0,143) (0,137) (0,405) (0,277)
eindeutig positiv tendenziell positiv neutral widersprüchlich tendenziell negativ eindeutig negativ
Fertigungsmitarbeiter Fertigungsmitarbeiter ( q u a d . ) Beschäftigte Beschäftigte (quadriert) Anteil Fertigungsmitarbeiter Facharbeiteranteil Fertigung Umsatz pro Kopf (log.) Mehrbetriebsunternehmen Organisator. Veränderung Arbeitsgruppen Arbeitszeitmodelle Qualifizierungsmaßnahrr.en Produktinnovation computergestützte Maschinen Maschinenauslastung Personalauslastung Ertrag mind. befriedigend Konstante Zahl der gültigen Fälle Adj. R 2
-0,001 0,000 0,001+ 0,000 -0,013*** -0,005*** 0,463 0,019 0,154+ -0,009 0,019 -0,001 -0,103 -0,131 + -0,005* -0,009* -0,057* -0,407
Verhältnis aus beider Sicht
(0,317) (0,132) (0,187) (0,184)
a n t a g o n i s t i s c h e r Betriebsrat schwieriger Betriebsrat kooperativer Betriebsrat desinteressierter Betriebsrat a u s g e s c h l o s s e n e r Betriebsrat Verhältnis Verhältnis Verhältnis Verhältnis Verhältnis Verhältnis
Betriebsratstypen N IFA-Panel
(0,001) (0,000) (0,000) (0,001) (0,002) (0,002) (0,517) (0,092) (0,080) (0,078) (0,078) (0,077) (0,080) (0,076) (0,002) (0,004) (0,074) (0,381)
641 0,220
-0,002 0,000 0,000 0,000 -0,013*** -0,005*** 0,442 -0,013 0,168* -0,021 0,014 -0,001 -0,108 -0,128+ -0,005* -0,009* -0,065 -0,494
(0,001) (0,000) (0,001) (0,000) (0,002) (0,002) (0,520) (0,091) (0,079) (0,078) (0,077) (0,077) (0,081) (0,076) (0,002) (0,004) (0,074) (0,410)
640 0,225
-0,714*** -0,392** -0,606* -0,277 -0,287 -0,457
(0,169) (0,146) (0,255) (0,252) (0,230) (0,292)
-0,001 0,000 0,000 0,000 -0,013*** -0,005*** 0,454 -0,011 0,170* -0,023 0,021 0,007 -0,106 -0,139+ -0,005* -0,009* -0,065 -0,363
(0,001) (0,000) (0,001) (0,000) (0,002) (0,001) (0,522) (0,090) (0,079) (0,078) (0,078) (0,077) (0,080) (0,076) (0,002) (0,004) (0,074) (0,379)
643 0,221
OLS-Schätzungen; abhängige Variable ist stets der logarithmierte transformierte Anteil der Abgänge im Fertigungsbereich; Datenquelle ist die 6. Welle des NIFA-Panels (1996) zusammen mit der ßochumer Betriebsräte-Befragung; Standardabweichungen in Klammern; +/•/«»/»«• bezeichnet statistische Signifikanz auf dem 10/5/1/0,1-ProzentNiveau.
den a n t a g o n i s t i s c h e n wie bei B e r ü c k s i c h t i g u n g aller B e t r i e b e des N I F A - P a n e l s ) . F ü r den in a l l e n s o n s t i g e n E i g e n s c h a f t e n d u r c h s c h n i t t l i c h e n B e t r i e b b e t r ä g t d i e E i n s t e l l u n g s q u o t e o h n e B e t r i e b s r a t r e c h n e r i s c h 1 2 , 7 % . In B e t r i e b e n m i t a n t a g o n i s t i s c h e m B e t r i e b s r a t liegt d i e s e Q u o t e b e i 8 , 1 % . In B e t r i e b e n m i t s c h w i e r i g e m B e t r i e b s r a t f i n d e t s i c h e i n e E i n s t e l l u n g s q u o t e v o n 6 , 5 % i m F e r t i g u n g s b e r e i c h . E i n k o o p e r a t i v e r B e t r i e b s r a t ist in B e t r i e b e n mit einer durchschnittlichen E i n s t e l l u n g s q u o t e v o n 6 , 3 % anzutreffen. Betriebe mit desinteressiertem B e t r i e b s r a t weisen eine E i n s t e l l u n g s q u o t e v o n 8 , 4 % auf, solche mit ausge-
Kooperation zwischen Betriebsrat und M a n a g e m e n t • 5 7 7
schlossenem Betriebsrat von 6 , 9 % . 1 8 Betriebe mit a n t a g o n i s t i s c h e m und desinteressiert e m Betriebsrat h a b e n d e m n a c h e b e n s o wie solche ganz o h n e Betriebsrat tendenziell einen Einstellungsüberschuss, w a c h s e n also in ihrem F e r t i g u n g s b e r e i c h . 1 9 T a b e l l e 4 enthält in der vierten Spalte die Schätzergebnisse für die Einstellungsrate unter Einbezug der g e m e i n s a m e n E i n s c h ä t z u n g des Verhältnisses v o m und zum Betriebsrat. H i e r sind wie beim Betriebsleitungstyp alle Ausprägungen statistisch signifikant negativ. I m Referenzfall o h n e Betriebsrat liegt die Einstellungsquote bei 1 2 , 6 % . Bei aus Sicht beider Seiten und d a m i t eindeutig positiver Beziehung zwischen Betriebsleitung und B e triebsrat liegt die Einstellungsquote bei 7 , 0 % . Bei tendenziell positivem Verhältnis werden 7 , 9 % neu im Fertigungsbereich beschäftigt. Bei neutralem V e r h ä l t n i s liegt die Einstellungsrate nur bei 3 , 8 % . 2 0 Eine widersprüchliche E i n s c h ä t z u n g dieses Verhältnisses ist mit einer Einstellungsquote von 7 , 0 % verbunden. Bei tendenziell negativer E i n s c h ä t z u n g ist der entsprechende W e r t nur 4 , 8 % , bei eindeutig negativer Beurteilung 5 , 6 % . N u r bei eindeutig oder tendenziell positivem Verhältnis bzw. ganz o h n e Betriebsrat scheint der Beschäftigungssaldo positiv zu sein. Es bestätigt sich die V e r m u t u n g , dass ein schlechtes V e r h ä l t n i s die Einstellungsquote stärker reduziert als die A b g a n g s q u o t e . N e b e n der A b g a n g s - und der Einstellungsquote lassen sich auch Einstellungen und Abgänge g e m e i n s a m mittels F l u k t u a t i o n s q u o t e e r f a s s e n . 2 1 T h e o r e t i s c h und aus den bisherigen Ergebnissen ist zu e r w a r t e n , dass die unterschiedlichen T y p e n jeweils zu einer R e d u k tion der F l u k t u a t i o n beitragen, allein die relative und absolute G r ö ß e dieser R e d u k t i o n steht in Frage. T a b e l l e 5 zeigt, dass tatsächlich alle betrachteten F o r m e n der Beziehung zwischen Betriebsrat und Betriebsleitung ein negatives V o r z e i c h e n tragen. Die Betriebsleitungstypen h a b e n auch alle einen statistisch signifikanten Einfluss, bei der antagonistischen Leitung j e d o c h nur s c h w a c h . D i e F l u k t u a t i o n s q u o t e n
errechnen
sich für den Betrieb mit durchschnittlichen E i g e n s c h a f t e n 2 2 als 1 9 , 7 % o h n e Betriebsrat, 1 1 , 2 % bei einer antagonistischen Betriebsleitung, 1 3 , 4 % bei einer ausgleichenden Leitung, 1 1 , 7 % für den erwartungsvollen T y p und 1 3 , 5 % o h n e Beteiligung des Betriebsrats. In der Schätzung mit den Betriebsratstypen führen nur der schwierige und der k o o p e r a t i v e Betriebsrat zu statistisch signifikanten Ergebnissen. Für den repräsentativen B e t r i e b erge-
18
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20
21
22
Die Vergleichswerte bei Einbezug des ganzen NIFA-Panels sind laut Dilger (2002, S. 113) 11,5% ohne Betriebsrat, antagonistischer Betriebsrat 6 , 8 % , schwieriger Betriebsrat 7,5%, kooperativer Betriebsrat 7,6%, desinteressierter Betriebsrat 9 , 1 % und ausgeschlossener Betriebsrat 9 , 2 % . Dies ist nicht ganz sicher, da die einbezogenen Firmen nicht vollständig identisch sind und so auch die Durchschnittswerte voneinander abweichen können. Es gibt keinen klar erkennbaren theoretischen Grund, warum dieser Wert der mit Abstand kleinste ist, also gerade beim neutralen Verhältnis die Einstellungsrate besonders klein ist. Empirisch fällt auf, dass sowohl bei erwartungsvoller Leitung als auch schwierigem Betriebsrat diese Rate ziemlich klein ist und vor allem die Kombination aus diesen beiden Einschätzungen das neutrale Verhältnis konstituiert. Dabei werden Ab- und Zugänge im Fertigungsbereich im Zähler addiert (plus eins), während im Nenner die Gesamtzahl der Beschäftigten (am Ende der Betrachtungsperiode) unverändert bleibt. Alternativ könnte auch eine Quote des Beschäftigungssaldos (Zugänge abzüglich Abgänge) ermittelt oder noch ganz andere Fluktuationsmaße herangezogen werden wie etwa die Churningrate, die die „unnötige", nicht mit einer Bestandsänderung verbundene Fluktuation misst. Dieser darf nicht mit dem durchschnittlichen Betrieb oder gar der durchschnittlichen Fluktuationsquote über alle Betriebe verwechselt werden, weshalb auch nicht einfach die Werte der beiden vorhergehenden Schätzungen addiert werden können, um die Gesamtfluktuationsquote zu ermitteln.
578 • A. Dilger
Tabelle 4: Regressionsmodelle zur Einstellungsrate Unabhängige Variablen antagonistische Leitung ausgleichende Leitung erwartungsvolle Leitung ausschließende Leitung antagonistischer Betriebsrat schwieriger Betriebsrat kooperativer Betriebsrat desinteressierter Betriebsrat ausgeschlossener Betriebsrat Verhältnis eindeutig positiv Verhältnis tendenziell positiv Verhältnis neutral Verhältnis widersprüchlich Verhältnis tendenziell negativ Verhältnis eindeutig negativ Fertigungsmitarbeiter Fertigungsmitarbeiter (quad.) Beschäftigte Beschäftigte (quadriert) Anteil Fertigungsmitarbeiter Facharbeiteranteil Fertigung Umsatz pro Kopf (log.) Mehrbetriebsunternehmen Organisator. Veränderung Arbeitsgruppen Arbeitszeitmodelle Qualifizierungsmaßnahmen Produktinnovation computergestützte Maschinen Maschinenauslastung Personalauslastung Ertrag mind. befriedigend Konstante Zahl der gültigen Fälle Adj. R2
Betriebsleitung Rätebefragung -1,634*** (0,342) -0,480*** (0,142) -1,050*** (0,205) -0,793*** (0,203)
Betriebsratstypen N IFA-Panel
-0,501 -0,728*** -0,773*** -0,453 -0,670*
-0,002 (0,001) 0,000** (0,000) -0,001 (0,001) -0,000 (0,000) -0,009*** (0,002) -0,005** (0,002) (0,565) 0,116 -0,050 (0,098) -0,058 (0,086) -0,102 (0,085) (0,084) 0,037 (0,083) 0,099 0,037 (0,087) (0,082) -0,066 -0,001 (0,002) 0,012** (0,004) 0,216** (0,080) -1,980*** (0,410) 637 0,263
Verhältnis aus beider Sicht
(0,449) (0,157) (0,150) (0,444) (0,303)
-0,002 (0,001) 0,000** (0,000) -0,001 (0,001) -0,000 (0,000) -0,010*** (0,002) -0,004* (0,002) 0,085 (0,575) -0,055 (0,098) -0,055 (0,087) -0,105 (0,086) 0,037 (0,085) 0,129 (0,084) 0,019 (0,089) -0,075 (0,083) -0,002 (0,002) 0,013*** (0,004) 0,218** (0,081) -2,070*** (0,411) 636 0,239
-0,648*** (0,180) -0,514** (0,159) -1,307*** (0,271) -0,652* (0,273) -1,050*** (0,255) -0,883** (0,316) -0,002 (0,001) 0,000** (0,000) -0,001 (0,001) -0,000 (0,000) -0,009*** (0,002) -0,005** (0,002) (0,571) 0,188 (0,097) -0,070 -0,059 (0,086) (0,085) -0,118 0,046 (0,085) (0,084) 0,108 0,031 (0,088) -0,079 (0,082) -0,001 (0,002) 0,012** (0,004) 0,222** (0,080) -1,990*** (0,409) 639 0,255
OLS-Schätzungen; abhängige Variable ist stets der logarithmierte transformierte Anteil der Eingestellten im Fertigungsbereich; Datenquelle ist die 6. Welle des NIFA-Panels (1996) zusammen mit der ßochumer BetriebsräteBefragung; Standardabweichungen in Klammern; +/*/**/*** bezeichnet statistische Signifikanz auf dem 10/5/1/0,1-Prozent-Niveau. ben sich die folgenden Fluktuationsraten: Ohne Betriebsrat 1 9 , 7 % , bei antagonistischem Betriebsrat 1 3 , 1 % , mit schwierigem Betriebsrat 1 3 , 6 % , angesichts eines kooperativen Betriebsrats 1 2 , 4 % , gegeben einen desinteressierten Betriebsrat 1 3 , 4 % und in Gegenwart eines ausgeschlossenen Betriebsrats 1 4 , 6 % . 2 3
23
Die entsprechenden Werte in Dilger (2002, S. 113) sind in gleicher Reihenfolge 20,0%, 17,4%, 15,9%, 15,0%, 17,9% und 19,8%.
Kooperation zwischen Betriebsrat und Management • 579
Tabelle 5: Regressionsmodelle zur Fluktuationsrate Unabhängige Variablen antagonistische Leitung ausgleichende Leitung erwartungsvolle Leitung ausschließende Leitung antagonistischer Betriebsrat schwieriger Betriebsrat kooperativer Betriebsrat desinteressierter Betriebsrat ausgeschlossener Betriebsrat Verhältnis eindeutig positiv Verhältnis tendenziell positiv Verhältnis neutral Verhältnis widersprüchlich Verhältnis tendenziell negativ Verhältnis eindeutig negativ Fertigungsmitarbeiter Fertigungsmitarbeiter (quad.) Beschäftigte Beschäftigte (quadriert) Anteil Fertigungsmitarbeiter Facharbeiteranteil Fertigung Umsatz pro Kopf (log.) Mehrbetriebsunternehmen Organisator. Veränderung Arbeitsgruppen Arbeitszeitmodelle Qualifizierungsmaßnahmen Produktinnovation computergestützte Maschinen Maschinenauslastung Personalauslastung Ertrag mind. befriedigend Konstante Zahl der gültigen Fälle Adj. R 2
Betriebsleitung Rätebefragung -0,665 + (0,361) -0,462** (0,151) -0,620** (0,218) -0,458* (0,214)
Betriebsratstypen NIFA-Panel
-0,486 -0,441** -0,552*** -0,457 -0,358
-0,002* (0,001) 0,000* (0,000) 0,000 (0,001) 0,000 (0,000) -0,010*** (0,002) -0,006*** (0,002) 0,244 (0,686) 0,031 (0,105) 0,155* (0,092) -0,017 (0,090) 0,026 (0,089) 0,105 (0,088) -0,041 (0,093) -0,056 (0,088) -0,006* (0,002) 0,005 (0,004) 0,129 (0,085) -0,434 (0,441) 626 0,134
Verhältnis aus beider Sicht
(0,467) (0,164) (0,158) (0,461) (0,315)
-0,002* (0,001) (0,000) 0,000* 0,000 (0,001) -0,000 (0,000) -0,010*** (0,002) -0,006** (0,002) 0,192 (0,605) 0,013 (0,103) 0,166* (0,092) -0,025 (0,090) 0,017 (0,089) 0,118 (0,088) -0,047 (0,093) -0,056 (0,087) (0,002) -0,006* 0,005 (0,004) 0,132 (0,085) -0,420 (0,436) 625 0,136
-0,672*** (0,192) (0,167) -0,353* -0,774** (0,289) -0,202 (0,285) (0,267) -0,562* (0,331) -0,531 -0,002 (0,001) 0,000* (0,000) -0,000 (0,001) 0,000 (0,000) -0,010*** (0,002) -0,006*** (0,002) 0,261 (0,605) 0,006 (0,103) 0,165* (0,091) (0,090) -0,031 0,023 (0,089) 0,117 (0,088) -0,045 (0,092) -0,070 (0,087) -0,006* (0,002) 0,005 (0,004) 0,132 (0,085) -0,430 (0,436) 628 0,137
OLS-Schätzungen; abhängige Variable ist stets der logarithmierte transformierte Anteil der Fluktuation im Fertigungsbereich; Datenquelle ist die 6. Welle des NIFA-Panels (1996) zusammen mit der Bochumer Betriebsräte-Befragung; Standardabweichungen in Klammern; */"/**/*** bezeichnet statistische Signifikanz auf dem 10/5/1/0,1-ProzentNiveau.
In dem Schätzmodell mit wechselseitiger Beurteilung sind das widersprüchliche und das eindeutig negative Verhältnis nicht statistisch signifikant. Ohne Betriebsrat ergibt sich eine Fluktuationsquote von 19,7%, bei einem eindeutig positiven Verhältnis ist diese Quote 11,1%, in Betrieben mit einem tendenziell positiven Verhältnis findet sich eine Quote von 14,7%, im neutralen Fall sind es 10,2%, im widersprüchlichen 16,7%, bei einem tendenziell negativen Verhältnis 12,3% und im eindeutig negativen Fall 12,6%, was keine
580 • A. Dilger
klare Abfolge erkennen lässt. Es hebt sich nur das widersprüchliche Verhältnis ab, welches hier vielleicht dem Fehlen eines Betriebsrats am ähnlichsten ist. Insgesamt entsprechen alle hier präsentierten Ergebnisse den Erwartungen. Es ist nicht ersichtlich, dass eine der drei Typologien den anderen beiden grundsätzlich überlegen oder unterlegen wäre. Die Gesamtgüte der Modelle, z.B. gemessen am adjustierten R 2 , ist auch stets ähnlich, wobei jedes Modell einmal leicht vorne liegt. Allerdings sind die Ergebnisse auch nicht gleich, so dass etwa eine Typologie auf eine andere zurückgeführt werden könnte und für sich genommen ganz verzichtbar wäre.
5.
Produktinnovationen
Innovationen sind eine wichtige Angelegenheit für Betriebe, damit sie auf Dauer am Markt bestehen können. Betriebsräte haben in diesem Bereich keine nennenswerten gesetzlichen Rechte, könnten aber trotzdem auf zwei Arten Einfluss ausüben. Erstens haben Aktivitäten in anderen Bereichen, wo Betriebsräte originäre Rechte besitzen, etwa dem Personalwesen, Rückwirkungen auf die Innovationstätigkeit oder bereits Innovationsfähigkeit des betreffenden Betriebes. Zweitens ist im Rahmen vertrauensvoller Zusammenarbeit oder auch eines Kompromisses denkbar, dass die Betriebsleitung von sich aus, ohne gesetzlichen Zwang, innovationswirksame Vorstellungen des Betriebsrats aufgreift, etwa weil dieser gute Ideen der Belegschaft weiterreicht oder ein Tauschgeschäft ermöglicht, bei dem der Betriebsrat an anderer Stelle Zugeständnisse macht. Letzteres setzt ein Mindestmaß an Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und -leitung voraus. Es wird bei der empirischen Schätzung zu den Produktinnovationen vorgegangen wie im letzten Abschnitt hinsichtlich der Personalfluktuation. Abhängige Variable ist hier die Antwort auf die Frage, ob im Vorjahr, also 1995, neue Produkte auf den Markt gebracht wurden, was bejaht oder verneint werden konnte. Bei solch einer Dummyvariable bietet sich eine logistische Regressionsschätzung an, die als Ergebnis die Wahrscheinlichkeit des Innovierens in Abhängigkeit von den unabhängigen Variablen liefert. Die zugrundeliegende logistische Funktion entspricht, wohl nicht zufällig, dem logarithmierten Dichtequotienten des letzten Abschnitts, nur dass hier am Ende Wahrscheinlichkeiten und nicht prozentuale Personalveränderungen errechnet werden. Tabelle 6 enthält in der ersten Spalte die hier verwendeten unabhängigen Variablen. Die Kontrollvariablen sollen nicht weiter betrachtet werden, nur auf die Möglichkeit kontraproduktiver Folgen öffentlicher Förderung ist hinzuweisen. In der zweiten Spalte finden sich die Ergebnisse der Schätzung mit Betriebsleitungstypen. Das Vorzeichen ist stets positiv, aber nur für die ausschließende Betriebsleitung schwach signifikant. Die Innovationswahrscheinlichkeit für einen repräsentativen Betrieb ohne Betriebsrat liegt bei 7 2 , 4 % . 2 4 Ein entsprechender Betrieb, der eine antagonistische Betriebsleitung (und dementsprechend natürlich auch einen Betriebsrat) besitzt, bringt mit 92,3% Wahrscheinlichkeit mindestens eine Produktinnovation auf den Markt. Bei ausgleichender Betriebsleitung beträgt der entsprechende Wert hingegen nur 74,7%. Wenn die Betriebsleitung erwartungsvoll ist, errechnet sich für den repräsentativen Betrieb die Innovationswahrscheinlichkeit auf 86,7%, bei ausschließender Betriebsleitung auf 86,6%.
24
Laut deskriptiver Statistik innovieren 6 6 , 3 % der in die Schätzungen einbezogenen Betriebe, so dass hier der Betrieb mit durchschnittlichen Eigenschaften deutlich innovativer ist als der durchschnittliche Betrieb.
Kooperation zwischen Betriebsrat und Management • 581
Die dritte Spalte in T a b e l l e 6 zeigt die e n t s p r e c h e n d e n Schätzergebnisse f ü r die Betriebsr a t s t y p e n bei E i n g r e n z u n g auf a u c h in der B e t r i e b s r ä t e - B e f r a g u n g v o r h a n d e n e Betriebsräte. Es sind alle V o r z e i c h e n positiv bis auf d a s des desinteressierten B e t r i e b s r a t s . 2 5 Statistisch s i g n i f i k a n t ist d a s positive V o r z e i c h e n des a u s g e s c h l o s s e n e n Betriebsrats, w ä h r e n d b e i m a n t a g o n i s t i s c h e n Betriebsrat eine statistische A n o m a l i e a u f t r i t t . 2 6 Ein Betrieb m i t d u r c h s c h n i t t l i c h e n E i g e n s c h a f t e n o h n e Betriebsrat h a t in diesem S c h ä t z m o d e l l eine I n n o v a t i o n s w a h r s c h e i n l i c h k e i t v o n 7 4 , 2 % . Beim a n t a g o n i s t i s c h e n Betriebsrat b e t r ä g t diese W a h r s c h e i n l i c h k e i t 1 0 0 % . Beim schwierigen Betriebsrat ist die I n n o v a t i o n s w a h r s c h e i n lichkeit 7 5 , 5 % , b e i m k o o p e r a t i v e n Betriebsrat 8 0 , 2 % , b e i m desinteressierten Betriebsr a t d a g e g e n n u r 3 9 , 8 % u n d bei Betrieben m i t a u s g e s c h l o s s e n e m Betriebsrat stattliche 96,7%.27 In d e r vierten Spalte v o n T a b e l l e 6 ist zu sehen, dass n u r d a s tendenziell positive Verhältnis z w i s c h e n Betriebsrat u n d Betriebsleitung ein negatives V o r z e i c h e n t r ä g t , w a s a u c h i m m e r der G r u n d d a f ü r sein m a g . 2 8 Statistisch s i g n i f i k a n t ist allein d a s e i n d e u t i g negative V e r h ä l t n i s , w e l c h e s die I n n o v a t i o n s w a h r s c h e i n l i c h k e i t a u c h a m s t ä r k s t e n steigert, n ä m lich auf 9 6 , 5 % v o n 7 3 , 4 % im r e p r ä s e n t a t i v e n Betrieb o h n e B e t r i e b s r a t . 2 9 Bei klar positiv e m V e r h ä l t n i s z w i s c h e n Betriebsrat u n d Betriebsleitung b e t r ä g t diese W a h r s c h e i n l i c h k e i t 8 3 , 4 % . Ein tendenziell positives V e r h ä l t n i s ist m i t einer I n n o v a t i o n s w a h r s c h e i n l i c h k e i t v o n 6 6 , 2 % v e r b u n d e n , ein n e u t r a l e s V e r h ä l t n i s m i t 8 9 , 5 % , ein w i d e r s p r ü c h l i c h e s m i t 8 3 , 9 % u n d ein tendenziell negatives m i t 8 2 , 5 % . Z u s a m m e n f a s s e n d lässt sich feststellen, dass die v e r s c h i e d e n e n T y p e n in der Regel positiv w i r k e n u n d die drei T y p o l o g i e n ä h n l i c h e Ergebnisse liefern. D a s s der desinteressierte Betriebsrat die I n n o v a t i o n s w a h r s c h e i n l i c h k e i t d r a m a t i s c h zu s e n k e n scheint, d a r f nicht ü b e r i n t e r p r e t i e r t w e r d e n , weil die z u g r u n d e l i e g e n d e Fallzahl klein ist (nur vier Betriebe m i t solch einem Betriebsrat sind in der S c h ä t z u n g e n t h a l t e n ) u n d d a s E r g e b n i s e n t s p r e c h e n d nicht statistisch s i g n i f i k a n t ist. Statistische Signifikanz liegt i n t e r e s s a n t e r w e i s e n u r bei a u s s c h l i e ß e n d e r Betriebsleitung, a u s g e s c h l o s s e n e m Betriebsrat u n d einem e i n d e u t i g neg a t i v e n V e r h ä l t n i s z w i s c h e n b e i d e n Seiten v o r . Z u m i n d e s t die I n n o v a t i o n s t ä t i g k e i t scheint d a v o n also positiv b e t r o f f e n zu sein.
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28 29
Bei Einschluss aller Betriebe des NIFA-Panels trägt auch der schwierige Betriebsrat ein negatives Vorzeichen und ist keiner der Typeneffekte statistisch signifikant, siehe Dilger (2002, S. 149f.). Es verbleiben nur vier Betriebe mit diesem Betriebsratstyp in der Schätzung, die alle innovativ waren. Dilger (2002, S. 150) gibt die folgenden Werte bei Einbezug der gesamten sechsten Welle des NIFA-Panels an: ohne Betriebsrat 7 6 , 0 % Innovationswahrscheinlichkeit, mit antagonistischem Betriebsrat 8 3 , 2 % , schwierigem Betriebsrat 7 2 , 8 % , kooperativem Betriebsrat 7 8 , 8 % , desinteressiertem Betriebsrat 6 8 , 5 % und ausgeschlossenem Betriebsrat 7 6 , 6 % . Eine Neuberechnung mit den Mittelwerten nur der in die Schätzung einbezogenen Fälle, nicht aller des NIFA-Panels führt zu etwas niedrigeren Werten: ohne Betriebsrat 7 4 , 8 % und bei den Betriebsratstypen in der üblichen Reihenfolge 8 2 , 2 % , 7 1 , 5 % , 7 7 , 7 % , 6 7 , 1 % und 7 5 , 4 % . In jedem Fall ist der Innovationseinbruch beim desinteressierten Betriebsrat jedoch deutlich niedriger, als wenn bei Betrieben mit Betriebsrat nur solche einbezogen werden, die auch in der Betriebsräte-Befragung enthalten sind. Mangels statistischer Signifikanz könnte dieses Vorzeichen einfach Zufall sein. Folglich scheint der Voice-Effekt, der eher bei einem positiven Verhältnis zu erwarten ist, für Produktinnovationen nicht sonderlich wichtig zu sein. Ein negatives Verhältnis könnte die Geschäftsleitung zu Innovationen zwingen, um trotzdem am M a r k t überleben zu können. Umgekehrt könnte ein starker Innovations- und damit verbundener Veränderungsdruck das Verhältnis zwischen Betriebsrat und -leitung verschlechtern.
582 • A. Dilger
Tabelle 6: Logit-Modelle zu Produktinnovationen Unabhängige Variablen antagonistische Leitung ausgleichende Leitung erwartungsvolle Leitung ausschließende Leitung antagonistischer Betriebsrat schwieriger Betriebsrat kooperativer Betriebsrat desinteressierter Betriebsrat Ausgeschlossener Betriebsrat Verhältnis eindeutig positiv Verhältnis tendenziell positiv Verhältnis neutral Verhältnis widersprüchlich Verhältnis tendenziell negativ Verhältnis eindeutig negativ Beschäftigte Beschäftigte (quadriert) Ingenieuranteil Produktion Umsatz pro Kopf (log.) Mehrbetriebsunternehmen Organisatorische Veränderung Arbeitsgruppen Arbeitszeitmodelle Qualifizierungsmaßnahmen computergestützte Maschinen Maschinenauslastung Personalauslastung Ertrag mindestens befriedigend Anteil Kundenspezifikation Einzelmaschinenhersteller Anteil Werkstattfertigung FuE Zusammenarbeit Landesförderung Bundesförderung EU-Förderung Sonstige Förderung Konstante Zahl der gültigen Fälle -2 Log Likelihood Cox & Snell R2 Nagelkerke R2 Model Chi-Square Signifikanz
Betriebsleitung Rätebefragung 1,511 (1,169) 0,117 (0,416) 0,908 (0,720) 0,899* (0,543)
Betriebsratstypen NIFA-Panel
36,236 0,066 0,341 -1,468 2,317*
0,000 (0,001) 0,000 (0,000) 0,088*** (0,018) 5,015** (1,621) 0,148 (0,272) 0,423* (0,214) (0,227) -0,018 (0,220) 0,535* 0,184 (0,216) (0,216) 0,024 0,007 (0,006) (0,010) -0,001 0,124 (0,210) -0,017*** (0,003) 0,583** (0,219) 0,002 (0,003) 0,809* (0,342) 1,487** (0,559) 0,950* (0,464) -0,008 (0,698) -2,477* (1,134) -1,322 (0,906) 632 610,580 0,268 0,371 197,170 0,000
Verhältnis aus beider Sicht
(>10 8 ) (0,459) (0,440) (1,222) (1,117)
0,000 (0,001) 0,000 (0,000) 0,093*** (0,018) 5,296** (1,632) 0,192 (0,274) 0,409+ (0,218) -0,014 (0,229) 0,579** (0,223) 0,174 (0,218) 0,042 (0,219) 0,008 (0,006) -0,002 (0,010) 0,134 (0,213) -0,018*** (0,003) 0,651** (0,221) 0,001 (0,003) 0,714* (0,340) 1,726** (0,611) 1,209* (0,491) 0,367 (0,759) -2,930* (1,181) -1,359 (0,912) 632 596,250 0,284 0,394 211,499 0,000
0,599 (0,558) -0,342 (0,466) 1,135 (0,993) 0,638 (0,790) 0,538 (0,703) 2,308* (1,118) 0,000 (0,001) 0,000 (0,000) 0,092*** (0,018) 5,206** (1,629) 0,198 (0,271) 0,426* (0,216) 0,026 (0,228) 0,546* (0,221) 0,207 (0,217) 0,064 (0,218) 0,006 (0,006) -0,001 (0,010) 0,120 (0,211) -0,018*** (0,003) 0,619** (0,219) 0,002 (0,003) 0,768* (0,337) 1,478** (0,556) 1,072* (0,467) -0,094 (0,711) -2,326 (1,146) -1,280 (0,911) 634 607,493 0,274 0,380 203,254 0,000
Logit-Schätzungen; abhängige Variable ist die Einführung neuer Produkte auf den Markt 1995; Datenquelle ist die 6. Welle des NIFA-Panels (1996) zusammen mit der Bochumer Betriebsräte-Befragung; Standardabweichungen in Klammern; +/*/**/*** bezeichnet statistische Signifikanz auf dem 10/5/1/0,1-Prozent-Niveau.
Kooperation zwischen Betriebsrat und Management • 583
6.
Ertragslage
Die betriebliche Ertragslage wird im NIFA-Panel mit Schulnoten bewertet. Um die damit verbundenen Informationen vollständig zu nutzen, müssten Ordered Logit-Modelle geschätzt werden. Angesichts z.T. sehr kleiner Fallzahlen in den Untergruppen und zur leichteren Ergebnisinterpretation fasst Dilger (2002, S. 161f.) die drei besseren und die zwei schlechteren Urteilskategorien zusammen, so dass sich eine Dummyvariable ergibt, ob der Ertrag als mindestens befriedigend eingeschätzt wird, mit der sich Wahrscheinlichkeiten entsprechend dem Vorgehen im letzten Abschnitt schätzen lassen. Diesem Ansatz wird hier gefolgt, wobei aus theoretischen Gründen und in Fortschreibung der bisherigen empirischen Untersuchungen 3 0 ein negativer Effekt von Betriebsräten allgemein auf die Ertragslage zu erwarten ist. Gerade für die Betriebsleitung und die von ihr vertretenen Eigentümer ist es jedoch wichtig, ob es hier Unterschiede je nach Beziehung zum Betriebsrat gibt. Selbst graduelle Verbesserungen der Ertragslage wären ein Anreiz, die Beziehung zum Betriebsrat entsprechend auszurichten. Tabelle 7 enthält in der ersten Spalte die wieder etwas veränderten Kontrollvariablen entsprechend Dilger (2002, S. 166). Hinzuweisen ist auf den nachfolgend negativen Einfluss von Flächentarifverträgen. Eine hohe Personalauslastung hingegen geht mit eher befriedigenden Erträgen einher, ist aber vermutlich nicht kausal dafür verantwortlich (sonst wären Entlassungen oder auch sinnloses Beschäftigen der vorhandenen Belegschaft zu empfehlen), sondern Hinweis auf einen gemeinsamen Faktor wie z.B. eine gute Marktlage. Die zweite Spalte in Tabelle 7 enthält die Schätzergebnisse für die verschiedenen Typen der Betriebsleitung. Deren Vorzeichen ist stets negativ und nur bei antagonistischer Betriebsleitung nicht statistisch signifikant so. 48,9% der in die Schätzung einbezogenen Betriebe weisen mindestens befriedigende Erträge auf, während der in allen sonstigen Eigenschaften durchschnittliche Betrieb ohne Betriebsrat eine Wahrscheinlichkeit von 54,3% für eine solche Ertragslage besitzt. Bei einem Betriebsrat mit antagonistisch zu ihm eingestellter Betriebsleitung sinkt diese Wahrscheinlichkeit stark auf 38,1%, bei ausgleichender Betriebsleitung sinkt sie auf 34,49%, bei erwartungsvoller Betriebsleitung beträgt sie sogar nur 26,2% und bei ausschließender Betriebsleitung 30,7%. In der dritten Spalte von Tabelle 7 finden sich die Schätzergebnisse für die Betriebsratstypen bei vergleichbarer Datengrundlage. Wieder sind alle Vorzeichen negativ, bei schwierigem und kooperativem Betriebsrat ist dies statistisch signifikant. In diesem Schätzmodell haben 49,0% der einbezogenen Betriebe einen mindestens befriedigenden Ertrag. Der repräsentative Betrieb kommt ohne Betriebsrat auf eine entsprechende Ertragswahrscheinlichkeit von 54,1%. Beim antagonistischen Betriebsrat sinkt diese Wahrscheinlichkeit auf 46,3%, beim schwierigen Betriebsrat auf 32,1% und beim kooperativen auf 32,2%, während der desinteressierte Betriebsrat auf 45,6% kommt und der ausgeschlossene Betriebsrat nur auf 31,0%. 3 1
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Vgl. z.B. Addison/Schnabel/Wagner (1996, 1998, 2000), Addison/Siebert/Wagner/Wei (2000) und Jirjahn (1998). Dilger (2002, S. 165f.) findet bei Einbezug aller Betriebe des NIFA-Panels (von denen d a n n auch nur 1.286 verbleiben) negative Vorzeichen, welches nur beim desinteressierten Betriebsrat nicht statistisch signifikant ist. Der betragsmäßige Effekt ist hier beim antagonistischen Betriebsrat nicht a m kleinsten, sondern a m größten. O h n e Betriebsrat beträgt die Wahrscheinlichkeit eines mindestens befriedigenden Ertrags 4 9 , 7 % , mit antagonistischem Betriebsrat n u r 2 8 , 5 % , beim schwierigen 3 5 , 2 % , mit einem kooperativen 3 9 , 9 % , beim desinteressierten 4 4 , 5 % u n d mit einem ausgeschlos-
584 • A. Dilger
Tabelle 7: Logit-Modelle zur Ertragslage Unabhängige Variablen antagonistische Leitung ausgleichende Leitung erwartungsvolle Leitung ausschließende Leitung
Betriebsleitung Rätebefragung -0,656 -0,812** -1,207** -0,987*
-0,312 -0,912** -0,908** -0,341 -0,966
(0,854) (0,334) (0,328) (0,880) (0,712) -0,834* -1,053** -1,293* -0,420 -0,935 + -1,077
eindeutig positiv tendenziell positiv neutral widersprüchlich tendenziell negativ eindeutig negativ
Beschäftigte Beschäftigte (quadriert) Anteil Verwaltungsmitarbeiter Umsatz pro Kopf (log.) Mehrbetriebsunternehmen Organisatorische Veränderung Arbeitsgruppen Arbeitszeitmodelle Qualifizierungsmaßnahmen Produktinnovation computergestützte Maschinen Maschinenauslastung Personalauslastung Firmentarifvertrag Flächentarifvertrag Konstante Zahl der gültigen Fälle -2 Log Likelihood Cox & Snell R 2 Nagelkerke R 2 Model Chi-Square Signifikanz
Verhältnis aus beider Sicht
(0,648) (0,305) (0,453) (0,462)
antagonistischer Betriebsrat schwieriger Betriebsrat kooperativer Betriebsrat desinteressierter Betriebsrat ausgeschlossener Betriebsrat Verhältnis Verhältnis Verhältnis Verhältnis Verhältnis Verhältnis
Betriebsratstypen NIFA-Panel
0,001 (0,001) 0,000 (0,000) -0,012 (0,007) 1,927* (1,077) 0,244 (0,206) (0,179) -0,088 -0,078 (0,177) -0,028 (0,175) (0,175) 0,248 -0,181 (0,180) 0,093 (0,174) 0,003 (0,005) 0,037*** (0,009) (0,372) -0,311 -0,515** (0,188) -3,553*** (0,820) 696 891,760 0,099 0,132 72,733 0,000
0,001 0,000 -0,012 + 1,960 + 0,286 -0,105 -0,041 -0,039 0,253 -0,209 0,094 0,003 0,036*** -0,291 -0,512** -3,407***
(0,001) (0,000) (0,007) (1,085) (0,203) (0,178) (0,177) (0,174) (0,174) (0,181) (0,173) (0,005) (0,008) (0,372) (0,187) (0,809)
696 894,406 0,096 0,128 70,173 0,000
(0,390) (0,345) (0,577) (0,590) (0,517) (0,718)
0,001 + (0,001) 0,000 (0,000) -0,012 + (0,007) + 1,976 (1,087) 0,273 (0,204) -0,114 (0,179) -0,066 (0,177) -0,032 (0,175) 0,254 (0,174) -0,171 (0,180) (0,174) 0,099 0,003 (0,005) 0,036*** (0,009) (0,374) -0,317 -0,522** (0,187) -3,377*** (0,809) 699 896,142 0,098 0,131 72,464 0,000
Logit-Schätzungen; abhängige Variable ist ein mindestens befriedigender Ertrag 1996; Datenquelle ist die 6. Welle des NIFA-Panels (1996) zusammen mit der Bochumer Betriebsräte-Befragung; Standardabweichungen in Klammern; +/*/**/*** bezeichnet statistische Signifikanz auf dem 10/5/1/0,1-Prozent-Niveau.
Die vierte Spalte von Tabelle 7 enthält schließlich die Ergebnisse der Ertragsschätzung für das beiderseitige Verhältnis von Betriebsrat und Betriebsleitung. Auch hier sind alle Vorzeichen negativ, was für das eindeutig positive, das tendenziell positive und das neutrale
senen Betriebsrat 3 3 , 5 % . Die Folgerung, möglichst ein antagonistisches Verhältnis z u m Betriebsrat zu meiden, gilt bei der aktuellen Schätzung jedoch nicht m e h r .
Kooperation zwischen Betriebsrat und Management • 585
Verhältnis statistisch signifikant und das tendenziell negative Verhältnis schwach signifikant ist. Von den einbezogenen Betrieben haben 4 8 , 8 % einen mindestens befriedigenden Ertrag, im repräsentativen Betrieb liegt die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ertrages ohne Betriebsrat bei 5 4 , 6 % . Bei eindeutig positivem Verhältnis, sinkt dieser Wert auf 3 4 , 3 % , bei tendenziell positivem Verhältnis auf 2 9 , 6 % und bei neutralem Verhältnis sogar auf 2 4 , 8 % . Bei widersprüchlichem Verhältnis beträgt die entsprechende Wahrscheinlichkeit 4 4 , 1 4 % , was der höchste Wert mit Betriebsrat ist. 3 2 Bei tendenziell negativem Verhältnis ist der Wert 3 2 , 1 % und bei klar negativem Verhältnis 29,1%. Während das stets negative Vorzeichen zu erwarten war, verkehren sich die Befunde zu den konkreten Typenausprägungen in ihr Gegenteil. Dabei dürften letztere für das betriebliche Management wichtiger sein, da sich das Verhältnis zum Betriebsrat zumindest partiell beeinflussen lässt, die Existenz eines Betriebsrats hingegen zumindest mit legalen Mitteln kaum. Es zeichnet sich hier ab, dass sowohl der antagonistische Betriebsrat als auch die antagonistische Betriebsleitung Vorteile hinsichtlich der Ertragslage aufweisen. Daraus darf nicht gefolgert werden, dass eine antagonistische Beziehung unbedingt angestrebt werden sollte. Die Kausalität könnte z.B. auch umgekehrt verlaufen, so dass eine gute Ertragslage zu Streit über deren Verteilung führt, während der Verteilungskonflikt selbst der ansonsten guten Ertragslage schadet. Beim wechselseitigen Verhältnis ist ein widersprüchliches Verhältnis, welches also von einer Seite positiv und der anderen negativ beurteilt wird, optimal. Interessanterweise gilt dies unabhängig davon, welche Seite die positive und welche die negative Einschätzung abgibt, wie sich durch Wiederholung der Schätzung mit Zerlegung dieser Typenvariable zeigen lässt. Die Einbindung des Betriebsrats über das gesetzlich und tarifvertraglich vorgeschriebene M a ß hinaus, die bei Dilger (2002) die Ertragslage zu verbessern vermochte, führt bei entsprechenden Neuschätzungen allerdings nur zu insignifikanten Effekten, während Verfahren vor der Einigungsstelle oder dem Arbeitsgericht, die der Betriebsrat in den letzten drei Jahren anstrengte, signifikant negative Ertragswirkungen haben. 3 3 7.
Fazit und Ausblick
Die Verknüpfung von NIFA-Panel und Bochumer Betriebsräte-Befragung im Maschinenbau erlaubt die Bildung weiterer Typologien zum Verhältnis zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat. Während im NIFA-Panel die Betriebsleitung den Betriebsrat charakterisiert, beschreibt in der Betriebsräte-Befragung umgekehrt der Betriebsrat seine Betriebsleitung, und zwar in ihrem Verhältnis zu ihm. Die Urteile sind nicht immer gleich, so dass sich neben einer Betriebsrats- und einer Betriebsleitungstypologie auch noch eine Typologie des Verhältnisses zueinander bilden lässt. Während die ersten beiden Typologien sich aus den vorgegebenen Fragen ergeben, gibt es in Bezug auf die dritte Gestaltungsspielraum, der hier dahingehend genutzt wurde, dass ein Kontinuum von eindeutig, d. h. von beiden Seiten so eingeschätzt, positiven über tendenziell positive und neutrale zu tendenziell negativen und eindeutig negativen Verhältnissen gebildet wurde mit zusätzlich einer widersprüchlichen Kategorie, wenn die Einschätzung diametral voneinander abweicht.
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Wie schon bei der Fluktuationsrate ist hier das widersprüchliche Verhältnis dem Fehlen eines Betriebsrats am ähnlichsten. Die meisten dieser Fälle bestehen aus der Kombination kooperativer Betriebsrat und ausschließende Betriebsleitung, die für die Betriebsleitung sehr attraktiv ist, da sie ohne Gegenleistung und ohne Widerstand vom Betriebsrat alles Gewünschte bekommt, u. a. eine kaum geschmälerte Ertragslage. Diese zusätzlichen Schätzergebnisse stellt der Autor auf Wunsch zur Verfügung.
586 • A. Dilger
Positiv und negativ ist hierbei nicht normativ zu verstehen, eine schlechte Beziehung könnte aktiv von der Betriebsleitung oder auch dem Betriebsrat angestrebt werden, um damit andere Ziele zu erreichen, z.B. eine bessere Ertragslage oder eine bessere Vertretung der Mitarbeiterinteressen. In den empirischen Schätzungen hinsichtlich Personalfluktuation, Produktinnovationen und betrieblicher Ertragslage konnten sich alle drei Typologien bewähren. Keine erscheint grundsätzlich besser oder schlechter als eine andere. Allerdings ist der zusätzliche Erkenntnisgewinn auch begrenzt. Die Typologien führen bei aller Unterschiedlichkeit zu grundsätzlich ähnlichen Ergebnissen. Bei der Personalfluktuation führen insbesondere kooperative Beziehungsformen zu einer Reduktion. Produktinnovationen werden hingegen eher durch einen Ausschluss des Betriebsrats von wesentlichen Entscheidungen befördert. Die betriebliche Ertragslage scheint hingegen am ehesten zu florieren bei einem antagonistischen Verhältnis, wo die Betriebsleitung wesentliche Entscheidungen gegen den Betriebsrat durchsetzt. Unerwartet hilfreich ist auch ein widersprüchliches Verhältnis. Näher zu untersuchen bleiben objektive und vor allem vom Management gestaltbare Faktoren neben dem subjektiven Verhältnis zum Betriebsrat. So ist unklar, wieso hier eine Einbindung des Betriebsrats über das notwendige Maß hinaus im Gegensatz zu Dilger (2002) nahezu wirkungslos bleibt, während Verfahren vor Einigungsstelle oder Gericht nicht unplausibel schlecht für die Ertragslage sind. Eventuell ist auch eine Konzentration der Analyse auf Betriebe nur mit Betriebsrat angebracht, so dass mehr Daten aus der BetriebsräteBefragung einbezogen werden könnten. Weder die Betriebsleitung noch die Mehrheit der Belegschaft hat es in der Hand, ob es überhaupt einen Betriebsrat gibt, da laut Betriebsverfassungsgesetz dessen Einrichtung auf Antrag von drei Beschäftigten vorgeschrieben ist. Die betrieblichen Beziehungen mit Betriebsrat können dann jedoch sehr wohl von Management und Belegschaftsmehrheit gestaltet werden. Die Ergebnisse hier lassen jedoch offen, welche Art von Verhältnis überhaupt angestrebt werden sollte.
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Kooperation zwischen Betriebsrat und Management • 587
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Jahrbücher f. Nationalökonomie u. Statistik (Lucius & Lucius, Stuttgart 2 0 0 6 ) Bd. (Vol.) 2 2 6 / 5
Gesetzliche Mitbestimmung und Kapital rend ite Co-Determi nati on and Return on Equity Von Kornelius Kraft und Marija Ugarkovic, Dortmund* JEL 15, L2 Co-determination, return on equity.
Summary Many observers regard the German system of codetermination as a very strong intervention into the working of the capital market. With the introduction of the codetermination law in 1976, employee representatives in limited liability companies with more than 2 0 0 0 employees are entitled to occupy half of the number of seats and are granted nearly 5 0 % of the voting rights on the supervisory board. We investigate the impact of the introduction of the German codetermination law in 1976 which implied an extension of co-determination from third parity to almost parity on return on equity. Our estimations are based on panel data for 179 companies from 1971 to 1976 and from 1981 to 1986, thus allowing for adjustment to the 1976 law. In contrast to frequently raised fears, no negative impact is found. Our empirical results suggest a positive influence from the 1976 strengthening of co-determination law on return on equity.
1.
Einleitung
Auch ohne einer bestimmten ideologischen Ausrichtung zuzuneigen, kann die gesetzliche Mitbestimmung als ein gravierender Eingriff in die Eigentumsrechte der Kapitaleigner betrachtet werden. In Großunternehmen müssen die Hälfte der Sitze und Stimmrechte im Aufsichtsrat den Arbeitnehmervertretern zugestanden werden. Da diese in der Regel keine oder nur unbedeutende Kapitalanteile halten, sind die Entscheidungsrechte der Kapitalgeber drastisch eingeschränkt worden. Z w a r gibt es Mitspracherechte der Arbeitnehmer auch in anderen Ländern, in dieser starken Ausprägung ist sie aber vom Gesetzgeber nur in Deutschland eingeführt worden. Die theoretische Diskussion über die Auswirkungen der Mitbestimmung war bislang in der Regel auf die Produktivität oder die Personalfluktuation fokussiert. Da die Mitbestimmung direkt die Entscheidungsrechte der Kapitaleigner berührt, sollte allerdings am stärksten die Eigenkapitalrendite von diesem Gesetz betroffen sein. Wir stellen die Ergebnisse einer empirischen Studie zu den Auswirkungen der Einführung der gesetzlichen Mitbestimmung auf die Eigenkapitalrendite vor. Basierend auf Daten von 1 7 9 deutschen Veröffentlichungspflichtigen Firmen überprüfen wir, ob sich die Eigenkapitalrendite zwischen den siebziger und den achtziger Jahren verändert hat. Wir finden keine Evidenz für die Hypothese, dass sich die gesetzliche Mitbestimmung negativ ausgewirkt hat.
* W i r danken zwei anonymen Gutachtern für hilfreiche K o m m e n t a r e .
Gesetzliche Mitbestimmung und Kapitalrendite • 589
2.
Institutionelle Rahmenbedingungen
Obwohl es Mitbestimmungsregelungen auch in den Niederlanden, Luxemburg oder Dänemark gibt, besitzt die Bundesrepublik Deutschland in diesem Bereich die umfassendsten Regelungen. Grundsätzlich kann zwischen Mitbestimmung auf betrieblicher und Unternehmensebene differenziert werden. Die Mitbestimmung auf Betriebsebene ist im Betriebsverfassungsgesetz von 1972 (BetrVG 1972) festgelegt. Viele Unternehmen haben keinen Betriebsrat, wohingegen das Mitbestimmungsgesetz in allen dazu veranlassten Unternehmen umgesetzt ist. Grundlage ist zum einen das für die Kohle-, Stahl- und Eisenindustrie relevante Montanmitbestimmungsgesetz von 1951 1 . In diesem Sektor werden den Arbeitnehmern auch tatsächlich volle paritätische Mitbestimmungrechte gewährt. Ein Jahr später, (1952) wurde das erste Betriebsverfassungsgesetz auf den Weg gebracht. Im Rahmen dieses Gesetzes gibt es neben den bekannten Einflussmöglichkeiten über die Einrichtung eines Betriebsrates in Firmen mit fünf oder mehr Beschäftigten noch eine Mitbestimmungsregelung auf der obersten Unternehmensebene. Diese Regelung betrifft alle Firmen mit 500 bis 1999 Beschäftigten und umfassteine Besetzung des Aufsichtsrates zu einem Drittel mit Arbeitnehmervertretern. Die dritte hier relevante Regelung wurde 1976 mit der Einführung des Mitbestimmungsgesetzes (MitbestG) umgesetzt. Dieses Gesetz betrifft vor allem Kapitalgesellschaften (in erster Linie Aktiengesellschaften und GmbHs) mit mehr als 2000 Beschäftigten. In diesem Fall besetzen die Arbeitnehmer die Hälfte der Aufsichtsratssitze. Im Unterschied zu Unternehmen der Kohle-, Stahl- und Eisenindustrie haben die Eigentümer in einer Pattsituation ein Übergewicht: Der Aufsichtsratvorsitzende, der in der Regel die Interessen der Eigentümer vertritt, kann eine zusätzliche Stimme einsetzen. Zu den Aufgaben der Aufsichtsratsmitglieder zählt die Bestellung der Vorstandsmitglieder und die Überwachung des Managements. Gewährleistet werden soll dies über einen umfassenden Anspruch auf Informationen aus allen Bereichen der Unternehmung. Weiterhin müssen Geschäfte mit weitreichender Bedeutung dem Aufsichtsrat zur Genehmigung vorgelegt werden. Den Arbeitnehmervertretern ist es so durchaus möglich, Einfluss auf strategische Entscheidungen auszuüben. Häufig werden dem Betriebsverfassungs- und dem Mitbestimmungsgesetz dieselben (positiven oder negativen) Auswirkungen zugesprochen, da diese als zwei verschiedene Varianten von gesetzlich garantierten Mitspracherechten der Arbeitnehmer gesehen werden. Sieht man in dem Eingriff grundsätzlich etwas Gutes oder Schlechtes, so prägt diese Sicht die Vorhersagen über die Wirkungen beider Gesetze. Das Betriebsverfassungs- und das Mitbestimmungsgesetz weisen aber auch einige Unterschiede auf, die durchaus das Ergebnis beeinflussen könnten. Ein Betriebsrat kann auf Initiative der Belegschaft eingerichtet werden, muss es aber nicht. Die Praxis in Deutschland ist, dass die überwiegende Mehrheit der Firmen keinen Betriebsrat besitzt, was insbesondere für die kleineren Unternehmen zutrifft. Es sei am Rande vermerkt, dass der Anteil der Unternehmen mit einem Betriebsrat kontinuierlich abnimmt. 2 Bei dem Mitbestimmungsgesetz gibt es hingegen keine Wahlmöglichkeit. Falls eine Firma eine bestimmte Größe erreicht hat, muss sie mitbestimmt sein. Ein wesentlicher Unter1
2
Das Montanmitbestimmungsgesetz Deutschlands ist damit das älteste noch existierende Gesetz dieser Art. vgl. Addison/Schnabel/Wagner (2000).
590 • K. Kraft und M. Ugarkovic
schied ist also die Selektion bei dem BetrVG, was in empirischen Studien regelmäßig ignoriert w i r d . 3 Es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine Belegschaft rein zufällig für die Einrichtung eines Betriebsrates votiert. In der überwiegenden Anzahl der Fälle werden spezifische Umstände für oder gegen die Existenz eines Betriebsrates sprechen. Relevante Faktoren dürften die industriellen Beziehungen, besonders hohe zu verteilende Renten, Qualifikation, Nationalität und Geschlechtszusammensetzung der Belegschaft, langfristige versus kurzfristige Betriebszugehörigkeit und zu erwartende Beschäftigungsdauer oder eine spezielle, kritische wirtschaftliche Situation sein. Ein wichtiger Faktor dürfte auch die grundsätzliche Einstellung der Belegschaft zu dem Verhältnis zwischen Arbeit und Kapital sein. Da die Gewerkschaften stets auf die Einrichtung von Betriebsräten dringen und diese Einrichtung eher der traditionellen Interessenvertretung zuzuordnen ist, kann man davon ausgehen, dass eine Belegschaft, die sich für die Einrichtung eines Betriebsrates ausspricht, grundsätzlich eher dem traditionellen Interessengegensatz zwischen Arbeit und Kapital zuneigt. Solch eine Belegschaft könnte tendenziell die Notwendigkeit des „Sich-WehrenM ü s s e n s " in den Vordergrund stellen, was in anderen Betrieben nebensächlich ist. Wie der Einzelfall auch aussieht, ein Vergleich von Unternehmen mit Betriebsrat mit solchen ohne diese Institution ohne Berücksichtigung des zugrundeliegenden Selektionsprozesses ist wenig sinnvoll. Es muss aber auch angemerkt werden, dass G r o ß u n t e r n e h m e n mit mehr als 2 0 0 0 Beschäftigten in der Regel auch einen Betriebsrat haben und bei allen von uns betrachteten Firmen ist dies auch der Fall. Die Einführung der gesetzlichen Mitbestimmung ist demgegenüber kein Wahlrecht sondern Pflicht. Dementsprechend ist dieses Gesetz in praktisch allen Firmen umgesetzt, welche den Vorschriften hierfür entsprechen. Z w a r gab es von Seiten der Eigentümer Ansätze diese Pflicht durch Unternehmensverkleinerung zu umgehen, doch sind diese Versuche in der Praxis nicht einfach umzusetzen und deshalb die Ausnahme geblieben. Ein zweiter Unterschied liegt in dem jeweiligen Entscheidungsbereich. Das Betriebsverfassungsgesetz konzentriert sich auf Fragen der Arbeitsbelastung und sozialer Belange. Beispiele sind die Uberstundenfestlegung, Arbeitsplatzanforderungen, Einstufungen der im Unternehmen vorhandenen Arbeitsplätze in das im Manteltarifvertrag festgehaltene Raster, Mitsprache bei Einstellungen und Entlassungen und der Auswahl der betroffenen Personen und vieles andere mehr. Der Betriebsrat kann a b einer bestimmten Größe die Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses beantragen, welcher über alle wichtigen ökonomischen Fragen informiert werden muss. Wie oben ausgeführt wurde, erfolgt die gesetzliche Mitbestimmung über eine quasiparitätische Besetzung des Aufsichtsrates. Das Mitbestimmungsgesetz gibt den Arbeitnehmern explizite Mitspracherechte an der Unternehmensspitze. Über den Aufsichtsrat wird der Vorstand bestellt und - je nach unternehmensspezifischer Regelung - über alle wichtigen wirtschaftlichen Fragen entschieden. W ä h r e n d beim BetrVG die sozialen Belange der Belegschaft im Vordergrund stehen, wird über das MitbestG explizit auf die f u n d a mentalen Unternehmensentscheidungen Einfluss genommen sowie das T o p - M a n a g e m e n t kontrolliert. Das Betriebsverfassunggesetz gibt den Arbeitnehmern jedoch über die expliziten Vetorechte starke Instrumente in die H a n d . Bei der gesetzlichen Mitbestimmung gibt es solche Vetorechte nicht und durch die quasi-paritätische Stimmenverteilung auch kein Machtgleichgewicht. Ein Effekt der gesetzlichen Mitbestimmung über den Aufsichtsrat kann natürlich dennoch vorhanden sein.
3
Eine Ausnahme ist Addison
et al. (2004).
Gesetzliche Mitbestimmung und Kapitalrendite • 591
3.
Theoretische Überlegungen
Die Diskussion zu den Auswirkungen der gesetzlichen Mitbestimmung wird sehr kontrovers geführt. Die Gegner der Mitbestimmung führen häufig als Argument an, dass bei positiven Wirkungen der Mitbestimmung diese aus dem Eigeninteresse der Kapitaleigner eingeführt würde (vgl. z.B. Jensen/Meckling 1979). Ein vom Gesetzgeber initiierter Eingriff kann sich dann bestenfalls als nicht schädlich erweisen, aber nicht die Effizienz verbessern. Die Kapitaleigner tragen das Risiko der zu treffenden Entscheidungen, während die Arbeitnehmer zwar das Arbeitsplatzrisiko, aber kein Kapitalrisiko tragen. Eine beispielsweise von Alchian (1984) aber auch von anderen vorgebrachte Meinung ist die, dass diejenigen Personen die Entscheidungen treffen sollten, die auch das Risiko tragen. Den größten Teil des Risikos tragen trotz spezifischer Humankapitalinvestitionen immer noch die Kapitalgeber. 4 Für eine eher negative Auswirkung der gesetzlichen Mitbestimmung lässt sich auch ein Argument aus der politischen Ökonomie anführen. Die gesetzliche Mitbestimmung wurde 1976 während der sozialliberalen Koalition erheblich erweitert. Traditionell steht die SPD den Gewerkschaften nahe und es wäre nicht überraschend, wenn die Gewerkschaften versucht hätten, die SPD für eine Ausweitung der Mitbestimmungsrechte zu gewinnen. Dies wäre im Sinne von rent-seeking plausibel zu erklären, da die Ausweitung der Mitbestimmungsrechte für mehr Macht und auch zu verteilende Posten sorgt. In der modernen Wirtschaftstheorie gibt es aber durchaus Beispiele, wie Staatseingriffe pareto-verbessernd wirken. Dies gilt in der Regel, wenn Standardannahmen der Wirtschaftstheorie nicht zutreffen und beispielsweise Situationen mit unvollkommener Information oder externen Effekten analysiert werden. Freeman und Lazear (1995) führen eine ganze Reihe von Argumenten an, wieso die Marktlösung ineffizient sein kann (aber nicht sein muss). Ein zentrales Argument ist, dass Mitbestimmungsrechte und Umverteilung untrennbar miteinander verbunden sind und dass dieser Umverteilungsprozess die freiwillige Einführung der Mitbestimmung behindert. Freeman und Lazears Modell basiert auf der Annahme, dass die Firma eine Rente R erwirtschaftet, welche von der Verhandlungsmacht x der Arbeitnehmer abhängt. Diese Rente steigt zunächst mit x und fällt bei einem hohen Grad der Verhandlungsmacht. Der Anteil T(X) der Rente geht an die Arbeitnehmer und dieser Anteil hängt positiv von der Verhandlungsmacht ab. Die Firma maximiert: (1 — r ( x ) ) R ( x ) und dies impliziert - t / ( x ) R ( x ) + (1 - r(x))R'(x) = 0. 0
Folglich gibt es zuwenig Mitbestimmung, wenn Rentenmaximierung das oberste Ziel sein soll. Wenn man andererseits die Anreize der Arbeitnehmer betrachtet: U = T (x)R(x) führt dies zu folgender Bedingung erster Ordnung:
4
Für ein Modell der Rechteverteilung entsprechend der getätigten spezifischen Investitionen vgl. (1989).
Furubotn
592 • K. Kraft und M. Ugarkovic
U'
=
T ' ( X ) R ( X ) + TR \ x )
>0
=
0