Kirchenfinanzen in der Diskussion: Aktuelle Fragen der Kirchenfinanzierung und der kirchlichen Vermögensverwaltung [1 ed.] 9783428545933, 9783428145935

Das Interesse an den Finanzen der Kirchen ist in den vergangenen Jahren unverkennbar gewachsen. So sind etwa die sog. St

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Kirchenfinanzen in der Diskussion: Aktuelle Fragen der Kirchenfinanzierung und der kirchlichen Vermögensverwaltung [1 ed.]
 9783428545933, 9783428145935

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Wissenschaftliche Abhandlungen und Reden zur Philosophie, Politik und Geistesgeschichte Band 82

Kirchenfinanzen in der Diskussion Aktuelle Fragen der Kirchenfinanzierung und der kirchlichen Vermögensverwaltung Herausgegeben von Arnd Uhle

Duncker & Humblot · Berlin

ARND UHLE (Hrsg.)

Kirchenfinanzen in der Diskussion

Wissenschaftliche Abhandlungen und Reden zur Philosophie, Politik und Geistesgeschichte Band 82

Kirchenfinanzen in der Diskussion Aktuelle Fragen der Kirchenfinanzierung und der kirchlichen Vermögensverwaltung

Herausgegeben von

Arnd Uhle

Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten © 2015 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Fotosatz Voigt, Berlin Druck: Meta Systems Publishing & Printservices GmbH, Wustermark Printed in Germany ISSN 0935-5200 ISBN 978-3-428-14593-5 (Print) ISBN 978-3-428-54593-3 (E-Book) ISBN 978-3-428-84593-4 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Das Verhältnis zwischen dem Ideal evangelischer Armut und der Realität kirchlicher Finanzmacht ist spannungsgeladen. Daher verwundert es kaum, dass die Finanzen der Kirchen seit langem das innerkirchliche wie das öffentliche Interesse auf sich ziehen. In den vergangenen Jahren ist dieses Interesse unverkennbar gewachsen. Die Ursachen hierfür sind vielschichtig. So ist in der öffentlichen Wahrnehmung zunächst dem Bereich kirchlicher Einnahmeerzielung neue Aktualität zugewachsen. Hier sind vor allem die öffentlichen Finanzleistungen an die Kirchen stärker in den Fokus einer zunehmend kritischen Öffentlichkeit gerückt. Das gilt namentlich für die Staatsleistungen. Die Kritik an ihnen verschärft sich umso mehr, je stärker ein Staatsverständnis Verbreitung findet, das durch den Geist einer strikten Trennung von Staat und Religion charakterisiert ist. Denn einem solchen Staatsverständnis erscheinen öffentliche Finanzleistungen an die Kirchen trotz historischer Rechtfertigung als Verletzung des Grundsatzes der Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften sowie als Verstoß gegen den Grundsatz der religiös-weltanschaulichen Neutralität des säkularen Verfassungsstaates. Hinzu kommt, dass in jüngerer Zeit auch andere Aspekte der Kirchenfinanzierung erheblichen Widerhall gefunden haben. So hat zuletzt etwa die Änderung der Erhebung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer nicht nur die Diskussion um die Kirchensteuer als Form der Kirchenfinanzierung neu belebt, sondern auch zu einem Anstieg der Kirchenaustritte beigetragen, der langfristige Folgen nach sich ziehen wird. Indessen beschränkt sich die öffentliche Diskussion der Gegenwart nicht auf Fragen der kirchlichen Einnahmeerzielung, die bereits in der weiter zurückliegenden Vergangenheit intensiv erörtert worden sind. Vielmehr hat die neu aufgebrochene Debatte auch inhaltlich neue Akzente gesetzt. Insbesondere er-

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Vorwort

streckt sie sich nunmehr stärker denn je auch auf Umfang, Verwaltung und Transparenz des kirchlichen Vermögens. Einer der maßgeblichen Katalysatoren dieser Entwicklung liegt zweifelsohne in der Causa Limburg, die ein weithin beachtetes Schlaglicht auf die kirchliche Vermögensverwaltung geworfen hat. An ihr haben sich vielfältige Fragen entzündet: welche kirchenrechtlichen Bindungen für die kirchliche Vermögensverwaltung bestehen, wie deren Einhaltung effektiv zu überprüfen ist und welche Änderungen erforderlich sind, um Kontrolle und Transparenz der kirchlichen Finanzen in der Praxis zu stärken. So unterschiedlich die vor diesem Hintergrund in den Blick tretenden Einzelentwicklungen für sich betrachtet auch sein mögen, so sehr eint sie doch, dass sie Grundfragen der Kirchenfinanzierung tangieren. Das ist Anlass, das Spektrum möglicher Finanzierungsinstrumente neu zu vermessen und Fragen der Eignung, der Legitimität sowie der Legalität der kirchlichen Finanzierung und der kirchlichen Vermögensverwaltung neu zu diskutieren. Die nachfolgend abgedruckten Beiträge möchten zu dieser Diskussion einladen. Sie gehen zunächst den verschiedenen Finanzierungsmodellen nach, mit deren Hilfe die Kirchen die von ihnen benötigten Finanzmittel gewinnen können. Sodann wenden sie sich der öffentlichen Finanzierung der Religionsgemeinschaften sowie jenen Herausforderungen zu, vor die sich diese Form der Kirchenfinanzierung gegenwärtig gestellt sieht. Ein besonderes Augenmerk liegt hierbei auf Gestalt, verfassungsrechtlicher Verbürgung und Rechtfertigung der Staatsleistungen. Im Anschluss werden die Prinzipien der mitgliedschaftlichen Kirchenfinanzierung durch die Kirchensteuer behandelt. Besonders akzentuiert werden hierbei aktuelle Fragen der Kirchensteuererhebung. Auf diese staatskirchenrechtliche Grundlegung folgt eine Analyse der kirchenrechtlichen Vorgaben der Kirchenfinanzierung: Dargestellt werden neben historischen und theologischen Aspekten hier vor allem die Vorgaben des kanonischen Rechts für die kirchliche Vermögensverwaltung. Die beiden abschließenden Abhandlungen widmen sich hernach den aktuellen Herausforderungen der kirchlichen Finanzierungspraxis. So spü-

Vorwort

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ren sie am Beispiel des Erzbistums Freiburg auf der einen Seite der Frage nach, in welchem Umfang öffentliche Finanzmittel Eingang in den diözesanen Haushalt finden und wofür sie verwendet werden. Auf der anderen Seite untersuchen sie am Exempel des Erzbistums Köln, welche Kontrollinstrumente bei der kirchlichen Vermögensverwaltung Anwendung finden und welche Anstrengungen erforderlich sind, um Kontrolle und Transparenz der kirchlichen Vermögensverwaltung herzustellen. Die Beiträge des vorliegenden Sammelbandes sind hervorgegangen aus Vorträgen, die am 29. September 2014 vor der Rechtsund Staatswissenschaftlichen Sektion der Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft auf deren Generalversammlung in Fribourg (CH) gehalten worden sind. Für die Publikation wurden sie überarbeitet, mit Anmerkungen versehen sowie um eine Abhandlung ergänzt. Für die Unterstützung bei der Durchführung der Sektionssitzung wie auch bei der redaktionellen Bearbeitung der hier veröffentlichten Abhandlungen danke ich den Mitarbeitern meines Lehrstuhls, namentlich Herrn Ass. iur. Thomas Wolf und Herrn Markus Kohlmann (LL.M.), herzlich. Ein besonderer Dank für die freundliche Aufnahme des Bandes in die Reihe der „Wissenschaftlichen Abhandlungen und Reden zur Philosophie, Politik und Geistesgeschichte“ und für die hervorragende Zusammenarbeit gebührt darüber hinaus dem Geschäftsführer des Verlages Duncker & Humblot, Herrn Dr. Florian Simon (LL.M.). Dresden, im November 2014

Arnd Uhle

Inhaltsverzeichnis Modelle der Kirchenfinanzierung im Überblick Von Stephan Haering, München . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Die öffentliche Finanzierung der Religionsgemeinschaften in Deutschland – unter besonderer Berücksichtigung der Staatsleistungen Von Sebastian Müller-Franken, Marburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Die mitgliedschaftliche Finanzierung der kirchlichen Arbeit in Deutschland durch die Kirchensteuer. Grundlagen, aktuelle Änderungen, Fakten und Ausblick Von Jens Petersen, Hannover . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Kirchenrechtliche Vorgaben für Kirchenfinanzierung und kirchliche Vermögensverwaltung Von Matthias Pulte, Mainz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Öffentliche Finanzmittel im diözesanen Haushalt. Entwickelt und dargestellt am Beispiel des Erzbistums Freiburg Von Michael Himmelsbach, Freiburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Transparenz und Kontrolle der Kirchenfinanzen. Entwickelt und dargestellt am Beispiel des Erzbistums Köln Von Hermann J. Schon, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Autoren und Herausgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195

Modelle der Kirchenfinanzierung im Überblick Von Stephan Haering I.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

II.

Die Quellen der Kirchenfinanzierung im Allgemeinen . . . . . . . . 13

III. Gegenwärtig bestehende Modelle der Kirchenfinanzierung . . . . 1. Finanzierung durch obligatorische Mitgliederbeiträge . . . . . a) Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Finanzierung durch Steuerwidmung: Spanien, Italien, Ungarn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Staatsfinanzierung: Griechenland, Skandinavien, Luxemburg, Belgien, Liechtenstein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Finanzierung durch Spenden: Frankreich, USA . . . . . . . . . . . 5. Finanzierung aus Kirchenvermögen: Zypern, Großbritannien, Portugal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV.

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Bewertende Überlegungen und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

I. Einführung Die Kirchenkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) beschreibt die Kirche als eine komplexe Wirklichkeit, die sich aus göttlichen und menschlichen Elementen zusammensetzt.1 Die katholische Kirche versteht sich also nicht nur als eine geistliche Realität, sondern auch als eine weltlichsichtbare Größe. Sie ist zwar eine göttliche Stiftung und gründet im Übernatürlichen, aber sie lebt auch unter den Bedingungen 1 Vaticanum II, Const. Dogm. Lumen gentium, in: Acta Apostolicae Sedis 57 (1965), S. 5 ff.; lateinisch und deutsch (mit einem Kommentar von Aloys Grillmeier u. a.) auch in: Das Zweite Vatikanische Konzil. Konstitutionen, Dekrete und Erklärungen, T. 1, 1966, S. 156 ff. (Art. 8).

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dieser Welt und muss ihrer spezifischen Sendung in dieser Zeitlichkeit nachkommen. Zu den menschlichen Elementen in Bezug auf die Kirche gehört deren unabweisliches Bedürfnis nach einer materiellen Grundlage für ihre Existenz und ihr Wirken. Gottesdienst und Verkündigung des Glaubens, Bildung und Unterricht, die Sorge um Kranke, Alte und Notleidende – all dies kann nur dann verwirklicht werden, wenn die Kirche auch über die erforderlichen materiellen Mittel verfügt. Dies galt in jeder Phase der Geschichte der Kirche und es wird auch künftig stets so bleiben.2 Über materielle Güter will die Kirche niemals um deren selbst willen verfügen. Rücksichtlose Gewinnmaximierung und der Besitz eines möglichst großen Vermögens als Selbstzweck können keine legitimen Ziele der Kirche sein. Kirchliches Vermögen ist vielmehr stets zweckorientiert und zweckgebunden.3 Das Gesetzbuch der katholischen Kirche legt dementsprechend in can. 1254 § 2 CIC fest:

2 Überblicke zum kirchlichen Vermögen im Verlauf der Geschichte bieten: Peter Landau, Art. Kirchengut, in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 18, 1989, S. 560 ff. (Lit.); Georg Klingenberg, Art. Kirchengut, in: Reallexikon für Antike und Christentum, Bd. 20, 2004, Sp. 1023 ff. (Lit.); Hans-Jürgen Becker, Art. Kirchengut, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 2, 2. Aufl. 2012, Sp. 1796 ff. (Lit.). 3 Vgl. Hans Heimerl/Helmuth Pree, Handbuch des Vermögensrechts der katholischen Kirche unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsverhältnisse in Bayern und Österreich, 1993, S. 56 ff.; Helmuth Pree, Grundfragen kirchlichen Vermögensrechts, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), Handbuch des katholischen Kirchenrechts, 2. Aufl. 1999, § 99, S. 1041 (1060 ff.); Winfried Aymans/Klaus Mörsdorf/Ludger Müller, Kanonisches Recht. Lehrbuch aufgrund des Codex Iuris Canonici, Bd. IV, 13. Aufl. 2013, S. 11 f.; ferner Christoph Ohly, Eine arme Kirche für die Armen. Das kirchliche Vermögensrecht im Licht einer päpstlichen Herausforderung, in: Hastetter/Hettich (Hrsg.), An der Bruchlinie von Kirche und Welt. Pastoral im Heute. Festschrift für Hubert Windisch, 2014, S. 153 ff.; ders., Eine arme Kirche für die Armen. Eine kritische Anfrage an das kirchliche Vermögensrecht?, in: Müller/Rees/Krutzler (Hrsg.), Vermögen der Kirche – Vermögende Kirche? Beiträge zur Kirchenfinanzierung und kirchlichen Vermögensverwaltung, 2015, S. 213 ff.

Modelle der Kirchenfinanzierung im Überblick

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„Die eigenen Zwecke [der katholischen Kirche] aber sind vor allem: die geordnete Durchführung des Gottesdienstes, die Sicherstellung des angemessenen Unterhalts des Klerus und anderer Kirchenbediensteter, die Ausübung der Werke des Apostolats und der Caritas, vor allem gegenüber den Armen.“4

Die Ausrichtung des Kirchenvermögens, die in dieser gesetzlichen Norm für die katholische Kirche festgelegt ist, lässt sich in analoger Weise auch auf alle anderen christlichen Konfessionen anwenden. Selbst für nichtchristliche Religionsgemeinschaften können ähnliche Zweckbestimmungen ihres Vermögens angenommen werden. II. Die Quellen der Kirchenfinanzierung im Allgemeinen Wie kommt die Kirche zu jenen Mitteln, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nötig hat? Es sind grundsätzlich drei Möglichkeiten der Kirchenfinanzierung denkbar, die einander nicht ausschließen, sondern durchaus nebeneinander bestehen und sich ergänzen können; teilweise gibt es auch Überlappungen. Der erste Weg, wie die Kirche zu Geld kommen kann, besteht in den Gaben ihrer Mitglieder, also den Gaben der Gläubigen. Dabei kann es sich um freiwillige Spenden handeln, die mehr oder minder regelmäßig gegeben werden, aber auch um pflichtmäßige Abgaben, die als Beiträge periodisch eingehoben werden oder die in Form von vorgeschriebenen Gebühren bei bestimmten Anlässen, etwa als Verwaltungs- und Gerichtstaxen5 oder bei geistlichen Amtshandlungen als Stolgebühren6, anfallen. Die Gaben der Gläubigen sind an erster Stelle zu nennen, weil dieser 4 Can. 1254 § 2 CIC: „Fines vero proprii praecipue sunt: cultus divinus ordinandus, honesta cleri aliorumque ministrorum sustentatio procuranda, opera sacri apostolatus et caritatis, praesertim erga egenos, exercenda“. 5 Vgl. Francesco Grazian, Art. Tasa, in: Diccionario general de derecho canónico, Bd. VII, 2012, S. 539 ff. (Lit.). 6 Vgl. Jörg Müller-Volbehr/Michael Benz, Art. Stolgebühren, in: Lexikon für Kirchen- und Staatskirchenrecht, Bd. III, 2004, S. 616 f. (Lit.).

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Modus zum einen kirchenhistorisch gegenüber den anderen Formen die zeitliche Priorität besitzt und er zum anderen auch ganz allgemein gesehen der nächstliegende ist. Denn jede Gemeinschaft lebt nun einmal zuerst von den Leistungen ihrer eigenen Mitglieder. Neben den eigenen Gläubigen können natürlich auch andere Personen der Kirche freiwillige Spenden zuwenden. Der zweite Modus, die erforderlichen Mittel für die Erfüllung der genannten kirchlichen Zwecke bereitzustellen, ist die Bewirtschaftung des kirchlichen Vermögens, soweit solches vorhanden ist. Aus den Erträgen, die solches Vermögen bei entsprechender sachgerechter Nutzung abwirft, kann die Verwirklichung der kirchlichen Sendung ermöglicht und unterstützt werden. Hier ist sowohl an Zinserträge aus Kapitalvermögen zu denken als auch an Mieten und Pachten, die aus Immobilien erzielt werden, bis hin zu den Eintrittspreisen, die etwa von den Besuchern der Vatikanischen Museen oder bei der Besichtigung von Domschatzkammern und anderen kirchlichen Einrichtungen gefordert werden. Der dritte Modus, wie die Kirche materiell existieren kann, besteht darin, dass dauerhaft eine andere Institution bereit ist, ihr die erforderlichen Mittel verlässlich zur Verfügung zu stellen. Es geht hier vor allem um die direkte Kirchenfinanzierung durch den Staat oder die Kommunen. Geschichtlich betrachtet, ist dieser Modus nicht unbedeutend. Dabei fällt auf, dass er unter höchst unterschiedlichen staatlich-gesellschaftlichen Bedingungen auftritt. Es kann sich bei dem Gemeinwesen, das die Mittel für die Kirchenfinanzierung aufbringt, um den der Kirche durchaus wohlwollend und fördernd gegenüberstehenden Staat handeln, der als „Vater Staat“ für die Kirche bzw. für die Gläubigen, die zugleich seine Untertanen sind, sorgt. Aber auch der atheistische oder der durch eine nichtchristliche Religion geprägte, weltanschaulich der Kirche jedenfalls distanziert oder sogar feindlich gegenüberstehende Staat kann die finanziellen Bedürfnisse der Kirche abdecken und das Instrument der staatlichen Kirchenfinanzierung für sich nutzen, um die Kirche zu kontrollieren und sie in seiner Abhängigkeit zu halten.

Modelle der Kirchenfinanzierung im Überblick

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Die Kirchenfinanzierung durch Dritte kann sich aber darüber hinaus auf andere, nämlich private Rechtsträger, beziehen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn jemand aufgrund eines Patronatsverhältnisses die Verpflichtung trägt, für bestimmte kirchliche Bedürfnisse zu sorgen. Dieser Modus der Kirchenfinanzierung kann sich mit dem zuerst genannten Modus, der Finanzierung durch die Gläubigen, berühren, wenn etwa der Patronatsherr selbst der Kirche angehört oder das Patronat einst nicht zuletzt aus Gründen der Frömmigkeit begründet worden ist. III. Gegenwärtig bestehende Modelle der Kirchenfinanzierung Wie wird nun heute in verschiedenen Ländern der Bedarf der Kirche konkret finanziert? Es sollen im Folgenden einige Länder in den Blick genommen werden, in denen jeweils eine bestimmte Finanzierungsart als dominierend wahrgenommen werden kann.7 Die vorgestellten Beispiele stehen idealtypisch für 7 Das Thema wird in der Literatur häufig aufgegriffen; hier relevante, überwiegend deutschsprachige Veröffentlichungen aus dem vergangenen Jahrzehnt: Georg Fischer, Finanzierung der kirchlichen Sendung. Das kanonische Recht und die Kirchenfinanzierungssysteme in der Bundesrepublik Deutschland und den USA, 2005; Heiner Marré, Die Kirchenfinanzierung in Kirche und Staat der Gegenwart, 4. Aufl. 2006; Hartmut Böttcher, Typen der Kirchenfinanzierung in Europa, ZevKR 52 (2007), S. 400 ff.; Sebastian Müller-Franken, Kirchenfinanzierung im freiheitlichen Staat des Grundgesetzes, Bayerische Verwaltungsblätter 138 (2007), S. 33 ff.; Wilhelm Rees (Hrsg.), Katholische Kirche im neuen Europa. Religionsunterricht, Finanzierung und Ehe in kirchlichem und staatlichem Recht – mit einem Ausblick auf zwei afrikanische Länder, 2007; Wilhelm Rees, „Sie alle unterstützten Jesus und die Jünger mit dem, was sie besaßen“ (Lk 8,3). Kirchenfinanzierung im europäischen Vergleich. Rechtsgrundlagen, Traditionen und Tendenzen, in: Paarhammer/Katzinger (Hrsg.), Kirche und Staat im Horizont einer globalisierten Welt, 2009, S. 67 ff.; Stephan Haering, Kirchensteuer und ihre Alternativen. Ein internationaler Vergleich, Zur Debatte. Themen der Katholischen Akademie in Bayern 40 (2010) Nr. 7, S. 23 ff.; Dariusz Walencik/Marcin Worbs (Hrsg.), Finansowanie zwia˛zków wyznaniowych w krajach niemieckoje˛zycznych i w polsce – Die Finanzierung der Religionsgemeinschaften in den deutschsprachigen Ländern und in Polen, 2012; María J. Roca, Finan-

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die Systeme der Kirchenfinanzierung in zahlreichen weiteren Staaten; dabei treten die verschiedenen Finanzierungselemente teilweise in variierten Formen auf. 1. Finanzierung durch obligatorische Mitgliederbeiträge Im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich und in der Schweiz) besteht eine Form der Mitgliederfinanzierung, die auf regelmäßigen Zwangsbeiträgen der Gläubigen basiert und durch die staatliche Rechtsordnung mehr oder minder stark gestützt wird. In diesem Zusammenhang ist die Erfassung der Konfessionszugehörigkeit der einzelnen Bürger durch den Staat erforderlich. Um den Bürgern die Verwirklichung der negativen Religionsfreiheit und die Trennung von ihrer Religionsgemeinschaft für den staatlichen Bereich zu ermöglichen, gibt es in diesen Ländern das Rechtsinstitut des Kirchenaustritts vor der staatlichen Behörde.8 ciación de la Iglesia [sistemas de], in: Diccionario general de derecho canónico, Bd. IV, 2012, S. 50 ff. (Lit.); Arnd Uhle, Kirchenfinanzierung in Europa: Erscheinungsformen, Eignung, Zukunftsperspektiven, in: Rees/ Roca/Schanda (Hrsg.), Neuere Entwicklungen im Religionsrecht europäischer Staaten, 2013, S. 743 ff.; Rudolf K. Höfer (Hrsg.), Kirchenfinanzierung in Europa. Modelle und Trends, 2014; Müller/Rees/Krutzler (Hrsg.), Vermögen der Kirche – Vermögende Kirche? Beiträge zur Kirchenfinanzierung und kirchlichen Vermögensverwaltung, 2015, mit erneutem Abdruck des hier genannten Beitrags von Arnd Uhle, nun unter dem Titel: Kirchenfinanzierung in der Diskussion. Anmerkungen zu den Finanzierungsformen der Gegenwart, S. 89 ff. 8 Vgl. Libero Gerosa, „Kirchenaustritt“: Austritt aus der Kirche oder lediglich Austritt aus einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft?, in: ders./ Müller (Hrsg.), Katholische Kirche und Staat in der Schweiz, 2010, S. 147 ff.; Stephan Haering, Der Kirchenaustritt vor dem Staat und seine Konsequenzen im staatlichen und im kirchlichen Bereich. Zur Rechtslage in Deutschland, in: ders./Hirnsperger/Katzinger/Rees (Hrsg.), In mandatis meditari. Festschrift für Hans Paarhammer zum 65. Geburtstag, 2012, S. 1119 ff.; Burkhard J. Berkmann, Neue Fragen zum Kirchenaustritt in Österreich, in: Rees/Roca/Schanda (Hrsg.), Neuere Entwicklungen im Religionsrecht europäischer Staaten, 2013, S. 27 ff.; Georg Bier (Hrsg.), Der Kirchenaustritt. Rechtliches Problem und pastorale Herausforderung, 2013.

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a) Deutschland In Deutschland werden die Aktivitäten der Kirchen heute vornehmlich durch die Mittel finanziert, die direkt von den Gläubigen kommen, vor allem durch die Kirchensteuer.9 Aber auch Vermögenserträge und staatliche Zahlungen spielen eine Rolle für die Kirchenfinanzierung. Bei den direkten Staatsleistungen an die Kirchen handelt es sich regelmäßig um einen historisch begründeten Ausgleich für Säkularisationsverluste.10 Sie sollten seit der Weimarer Verfassung abgelöst werden, doch fehlt dafür bis heute die erforderliche gesetzliche Grundlage. Daneben gibt es weitere staatliche Zuschüsse an kirchliche Rechtsträger, die im Bereich von Bildung und Caritas tätig sind. Diese Zuschüsse werden aber nicht spezifisch den Kirchen gewährt, sondern allen 9 Vgl. allgemein zum Recht der deutschen Kirchensteuer Heiner Marré, Das kirchliche Besteuerungsrecht, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 34, S. 1101 ff.; Friedrich Fahr (Hrsg.), Kirchensteuer. Notwendigkeit und Problematik, 1996; Alexander Hollerbach, Kirchensteuer und Kirchenbeitrag, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), Handbuch des katholischen Kirchenrechts, 2. Aufl. 1999, § 101, S. 1078 ff.; Felix Hammer, Rechtsfragen der Kirchensteuer, 2002; Axel von Campenhausen/Heinrich de Wall, Staatskirchenrecht. Eine systematische Darstellung des Religionsverfassungsrechts in Deutschland und Europa, 4. Aufl. 2006, S. 226 ff.; Heiner Marré, Die Kirchenfinanzierung in Kirche und Staat der Gegenwart, 4. Aufl. 2006, S. 62 ff.; Ferdinand Kirchhof, Grundlagen und Legitimation der deutschen Kirchenfinanzierung, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 47 (2013), S. 7 (23 ff.); Gerhard Hartmann, Die Kirchensteuer in Deutschland – Vorbild oder Auslaufmodell?, in: Höfer (Hrsg.), Kirchenfinanzierung in Europa. Modelle und Trends, 2014, S. 31 ff.; Stephan Haering, Entstehung und Entwicklung der Kirchensteuer und des Kirchenbeitrags, in: Müller/Rees/Krutzler (Hrsg.), Vermögen der Kirche – Vermögende Kirche? Beiträge zur Kirchenfinanzierung und kirchlichen Vermögensverwaltung, 2015, S. 71 (72 ff.). 10 Vgl. Michael Droege, Staatsleistungen an Religionsgemeinschaften im säkularen Kultur- und Sozialstaat, 2004; Stephan Haering, Historische Begründung und Entwicklung der Staatsleistungen an die katholische Kirche in Deutschland bis 1919, in: Pulte/Hense (Hrsg.), Grund und Grenzen staatlicher Religionsförderung unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Staat und Katholischer Kirche in Deutschland, 2014, S. 27 ff.

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freien Trägern von schulischen und wohlfahrtspflegerischen Einrichtungen.11 Die Kirchensteuer bildet in Deutschland gegenwärtig die Hauptquelle für die Finanzierung des kirchlichen Bedarfs.12 Die Haushalte der katholischen Bistümer werden durchschnittlich zu rund 80% aus dieser Einnahmenquelle bestritten. Bei den Etats der evangelischen Landeskirchen dürfte der Kirchensteueranteil noch etwas höher liegen. Kirchensteuer wird übrigens auch von jüdischen Kultusgemeinden eingehoben. Die Kirchensteuer, wie wir sie heute kennen, ist zwar keine sehr alte Einrichtung; sie kann aber nur mit einem kurzen Blick auf ihren historischen Hintergrund ganz verstanden werden.13 Kirchensteuer wird in Deutschland erst seit dem 19. Jahrhundert erhoben. Bei den Säkularisationen von Kirchengut zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte der Staat, wie schon zur Reformationszeit, in weitem Umfang kirchliches Vermögen enteignet

11 Vgl. Vincenzo Pacillo, Kooperation des Staates mit den Religionsgemeinschaften und öffentliche Finanzierung, in: Gerosa/Müller (Hrsg.), Politik ohne Religion? Laizität des Staates, Religionszugehörigkeit und Rechtsordnung, 2014, S. 163 ff.; Arnd Uhle, Die öffentliche Finanzierung der Religionsgemeinschaften im säkularen Verfassungsstaat. Anmerkungen zu ihrer Legitimität und ihren Erscheinungsformen, ebd., S. 191 ff.; Stephan Haering, Kooperation zwischen Staat und Religionsgemeinschaften. Anmerkungen zur öffentlichen Finanzierung, ebd., S. 219 ff. 12 Vgl. dazu die aktuellen Berichte aus zwei Bistümern: Stefan Heße, Die Kirche und das liebe Geld. Der Umgang mit den Bistumsfinanzen, Lebendiges Zeugnis 68 (2014), S. 14 ff.; Dirk Wummel, Kirchliche Finanzströme konkret. Ein exemplarischer Blick auf die Finanzen im Erzbistum Paderborn, ebd., S. 25 ff. 13 Zur historischen Entwicklung der Kirchensteuer siehe die einschlägigen Beiträge bei Erwin Gatz (Hrsg.), Die Kirchenfinanzen, 2000; ferner: Heiner Marré, Die Kirchenfinanzierung in Deutschland vom Ausgang des 18. Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs, Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Kanonistische Abteilung 85 (1999), S. 448 ff.; Karl Eugen Schlief, Die Entwicklung der Kirchensteuer seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, ebd., S. 465 ff.; Stephan Haering, Kirchenzugehörigkeit und Kirchensteuer in Deutschland in ihrer geschichtlichen Entwicklung, in: Güthoff/Haering/Pree (Hrsg.), Kirchenaustritt im staatlichen und kirchlichen Recht, 2011, S. 21 (34 ff.).

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und an sich gezogen. Dadurch ergab sich für den Staat die Verpflichtung, die kirchliche Tätigkeit durch geeignete Maßnahmen weiterhin sicherzustellen und mit finanziellen Leistungen und Zuschüssen zu unterstützen. Parallel dazu brachte die Anerkennung der kirchlichen Gemeinden als Körperschaften eine wichtige Voraussetzung dafür, dass diese Umlagen erheben konnten. Die rasche Veränderung der gesellschaftlichen und ökonomischen Verhältnisse seit der Mitte des 19. Jahrhunderts (Industrialisierung, Bevölkerungswachstum, Preisanstieg) brachte einen erhöhten kirchlichen Finanzbedarf, z. B. für neue Gebäude und für die Besoldung der Geistlichen, mit sich. Dieser Bedarf war aus den Mitteln, die der Kirche zur Verfügung standen, nicht zu decken und der Staat konnte oder wollte nicht durch Erhöhung seiner Leistungen einen Ausgleich schaffen. Vielmehr sollten die Gläubigen der einzelnen Konfessionen selbst für die Bedürfnisse ihrer Religionsgemeinschaft aufkommen. So wurde zur Entlastung der staatlichen Haushalte in verschiedenen deutschen Staaten die Möglichkeit der Kirchensteuer eingeführt, zunächst vor allem in der Form einer Kirchenbausteuer. Diese Steuern sollten zunächst nur subsidiären und außerordentlichen Charakter haben und vorübergehend einen besonderen aktuellen Bedarf decken. Diese Zielsetzung war auch bei der Festsetzung der Höhe des Steuersatzes zu berücksichtigen. Die spätere Entwicklung des Kirchensteuersystems hat diese anfangs bestehenden Grundsätze hinter sich gelassen. Die erste gesetzliche Regelung zur Erhebung von Kirchensteuer wurde 1827 in Lippe erlassen; es folgten in den nächsten Jahrzehnten weitere deutsche Länder und zu Beginn des 20. Jahrhunderts, vor Beginn des Ersten Weltkriegs (1914–1918), war die Kirchensteuer im Deutschen Reich flächendeckend etabliert. Der Erlass entsprechender Gesetze war ein Ausdruck des Bewusstseins staatlicher Kirchenhoheit, also des Anspruchs, dass der Staat kirchliche Angelegenheiten regelt. Es wäre also historisch falsch, die Einführung der Kirchensteuer im Sinne einer wenigstens partiellen Freistellung der Kirchen in finanziellen Angelegenheiten zu sehen, wenngleich sie sich längerfristig als eine Einrichtung erwiesen hat, die erheblich zur Freiheit und

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Unabhängigkeit der Kirche beiträgt.14 Im Bereich der katholischen Kirche bestand übrigens zunächst eine Reserve gegenüber der neuen Möglichkeit, durch Erhebung einer Steuer einen Teil ihres Finanzbedarfs zu decken, weil damit auch weniger erwünschte Veränderungen ihrer Vermögensverwaltung erforderlich wurden. Nach dem Ersten Weltkrieg gab sich die neue deutsche Republik am 11. August 1919 in Weimar eine Verfassung.15 Darin wurde der Grundsatz der Trennung von Kirche und Staat festgeschrieben. Art. 137 Abs. 1 WRV lautet: „Es besteht keine Staatskirche.“ Diese Grundentscheidung der Weimarer Verfassungsgeber bedeutete vor allem ein Ende aller Tendenzen zu Staatskirchentum und Staatskirchenhoheit, also der (fürsorglichen) Bevormundung der Kirche durch den Staat. Gleichwohl war die Trennung keine feindlich-abwehrende, sondern bot die Möglichkeit zur Kooperation beider Partner.16 An der Möglichkeit der Kirchensteuer hielt die deutsche Republik fest und gab diesem Institut sogar in der Verfassung selbst ein Fundament. Die Weimarer Verfassung legte in Art. 137 Abs. 6 fest: „Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf

14 Vgl. Thomas Meckel, Die Kirchensteuer in Deutschland. Privileg oder Mittel zur Entflechtung von Staat und Kirche?, Lebendiges Zeugnis 68 (2014), S. 51 ff. 15 Vgl. Felix Hammer, Art. Weimarer Reichsverfassung, in: Lexikon für Kirchen- und Staatskirchenrecht, Bd. III, 2004, S. 873 f. (Lit.). 16 Zu dem durch die Weimarer Verfassung grundgelegten deutschen Trennungssystem siehe statt vieler: Joseph Listl/Alexander Hollerbach, Das Verhältnis von Kirche und Staat in der Bundesrepublik Deutschland, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), Handbuch des katholischen Kirchenrechts, 2. Aufl. 1999, § 118, S. 1268 ff.; Axel von Campenhausen/Heinrich de Wall, Staatskirchenrecht. Eine systematische Darstellung des Religionsverfassungsrechts in Deutschland und Europa, 4. Aufl. 2006, S. 90 ff.; Stefan Mückl, Trennung und Kooperation – das gegenwärtige Staat-Kirche-Verhältnis in der Bundesrepublik Deutschland, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 40 (2007), S. 41 ff.; ders., Grundlagen des Staatskirchenrechts, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, 3. Aufl. 2009, S. 711 ff.

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Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.“ Die Weimarer Verfassungsväter haben damit dem zuvor bereits in verschiedenen Landesgesetzen vorgesehenen kirchlichen Besteuerungsrecht die Verfassungsgarantie verliehen. Art. 140 des Bonner Grundgesetzes vom 23. Mai 1949 hat diese Bestimmung zusammen mit anderen Kirchenartikeln der Weimarer Verfassung übernommen und zum vollgültigen Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland gemacht. Die rahmenrechtliche Ausgestaltung des kirchlichen Besteuerungsrechtes kommt der Gesetzgebung der einzelnen Länder zu, die ihrerseits in der Regel eine Spezifizierung durch kirchlich erlassene Kirchensteuersatzungen vorsehen. Daher ist das Kirchensteuerrecht in Deutschland, bei aller Übereinstimmung in den Grundsätzen, nach Ländern und Konfessionen im Detail sehr vielfältig strukturiert.17 Der Einzug der Kirchensteuer erfolgt weitgehend durch die staatlichen Finanzbehörden, die als Entschädigung für ihre Leistung ca. 3% des Kirchensteueraufkommens selbst einbehalten. Diese Dienstleistung des Staates ist möglich, weil die Kircheneinkommen- und -lohnsteuer als Annexsteuer zu einer staatlichen Steuer erhoben wird. Die Höhe dieser Kirchensteuerarten beträgt 8 oder 9% der Einkommen- oder Lohnsteuer. Das deutsche Kirchensteuersystem ist in gewisser Weise beispielgebend für das ganze deutsche Sprachgebiet. In der Schweiz und in Österreich begegnet man Modellen der Kirchenfinanzierung, die der deutschen Kirchensteuer in mancher Hinsicht ähnlich sind. 17 Vgl. Alfred E. Hierold, Rechtliche Grundlagen des Kirchensteuersystems in Deutschland, in: Walencik/Worbs (Hrsg.), Finansowanie zwia˛zków wyznaniowych w krajach niemieckoje˛zycznych i w polsce – Die Finanzierung der Religionsgemeinschaften in den deutschsprachigen Ländern und in Polen, 2012, S. 33 ff.; Stephan Haering, Funktionsweise und Modalitäten des Finanzierungssystems der Kirchensteuer bei den als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften in Deutschland. Eine exemplarische Skizze anhand der katholischen Kirche im Freistaat Bayern, ebd., S. 41 ff.

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b) Schweiz In den meisten Kantonen der Schweiz gibt es eine Kirchensteuer.18 Sie wird allerdings nicht von der Kirche selbst, also von ihren eigenen Rechtsträgern wie der Diözese oder der Pfarrei erhoben, sondern von Parallelstrukturen, die nach staatlichem Recht eingerichtet sind und die Aufgabe haben, das kirchliche Leben zu finanzieren.19 Auf lokaler Ebene gibt es, neben der Pfarrei und rechtlich prinzipiell unabhängig von dieser, die Kirchgemeinde, die als Steuergläubiger auftritt, das materielle Vermögen verwaltet und die Amtsträger der Pfarrei anstellt und entlohnt. Über den Einsatz der Mittel entscheiden die Organe der Kirchgemeinde, nicht der Pfarrer. Die einzelnen Kirchgemeinden leisten Abgaben an eine regionale bzw. kantonale Organisation, die Landeskirche, die wiederum allein staatskirchenrechtlich organisiert ist und als finanzieller Träger von überpfarrlichen Einrichtungen und kategorialer Seelsorge fungiert. Die kantonalen Landeskir18 Vgl. Bernard Dafflon, Financing the Churches in Present-Day Switzerland, Studia canonica 31 (1997), S. 341 ff.; Heiner Marré, Die Kirchenfinanzierung in Kirche und Staat der Gegenwart, 4. Aufl. 2006, S. 31; Daniel Kosch, Kirchenfinanzierung im Spannungsfeld von katholischer Ekklesiologie und schweizerischer Demokratie, in: Gerosa/Müller (Hrsg.), Katholische Kirche und Staat in der Schweiz, 2010, S. 351 ff.; Martin Grichting, Die Besonderheiten der Finanzierung der Religionsgemeinschaften in der Schweiz, in: Walencik/Worbs (Hrsg.), Finansowanie zwia˛zków wyznaniowych w krajach niemieckoje˛zycznych i w polsce – Die Finanzierung der Religionsgemeinschaften in den deutschsprachigen Ländern und in Polen, 2012, S. 83 ff.; recht wohlwollend wird das Schweizer System betrachtet bei Claudius Luterbacher-Maineri, Libertas Ecclesiae und libertas episcopi. Kirchenfinanzierung in der Deutschschweiz aus kirchenrechtlicher Sicht, in: Müller/Rees (Hrsg.), Geist – Kirche – Recht. Festschrift für Libero Gerosa zur Vollendung des 65. Lebensjahres, 2014, S. 391 ff.; ders., Finanzierung der katholischen Kirche in der Schweiz, in: Müller/Rees/Krutzler (Hrsg.), Vermögen der Kirche – Vermögende Kirche? Beiträge zur Kirchenfinanzierung und kirchlichen Vermögensverwaltung, 2015, S. 130 (131 ff.). 19 Vgl. Ivo Fürer, Besonderheiten der Teilkirchen in der Schweiz, in: Gerosa/Müller (Hrsg.), Katholische Kirche und Staat in der Schweiz, 2010, S. 80 ff.

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chen sind ihrerseits als Verein in der „Römisch-katholischen Zentralkonferenz der Schweiz“ zusammengeschlossen. Dieses System der Kirchenfinanzierung ist insoweit nicht unproblematisch, als es die kirchlichen Amtsträger und Organe in beträchtliche Abhängigkeit von Einrichtungen bringt, die ihrer rechtlichen Natur nach nichtkirchlich sind. Die schweizerischen Doppelstrukturen sind dem Selbstverständnis und der Rechtsordnung der katholischen Kirche fremd und werden von manchen Fachleuten mit Recht als das „Staatskirchentum der Demokratie“ bezeichnet.20 Sie können Verkündigung und Seelsorge gegebenenfalls erheblich beeinträchtigen.21 c) Österreich In Österreich gibt es den so genannten Kirchenbeitrag, der sich von der Kirchensteuer dadurch unterscheidet, dass er zwar ein Zwangsbeitrag der Gläubigen ist, aber nicht auf dem Weg des staatlichen Verwaltungszwangs eingehoben wird.22 Wenn 20 So etwa Martin Grichting, Das Verfügungsrecht über das Kirchenvermögen auf den Ebenen von Diözese und Pfarrei, 2007, S. 576. 21 Siehe dazu den Bericht von Franz Xaver von Weber, Zwei unvereinbare Welten. Ein persönlicher Erfahrungsbericht, in: Gerosa/Müller (Hrsg.), Katholische Kirche und Staat in der Schweiz, 2010, S. 367 ff. 22 Vgl. Sebastian Ritter, Die kirchliche Vermögensverwaltung in Österreich. Von Patronat und Kongrua zum Kirchenbeitrag, 1954; Hans Paarhammer (Hrsg.), Kirchliches Finanzwesen in Österreich. Geld und Gut im Dienste der Seelsorge, 1989; Karl Schwarz, Zwischen Subvention, Mitgliedsbeitrag und Kultursteuer. Wege der Kirchenfinanzierung in Österreich, Österreichisches Archiv für Recht und Religion 51 (2004), S. 244 ff.; Heiner Marré, Die Kirchenfinanzierung in Kirche und Staat der Gegenwart, 4. Aufl. 2006, S. 33 f.; Johannes-Peter Schiestl, Republik Österreich, in: Rees (Hrsg.), Katholische Kirche im neuen Europa. Religionsunterricht, Finanzierung und Ehe in kirchlichem und staatlichem Recht – mit einem Ausblick auf zwei afrikanische Länder, 2007, S. 49 (67 ff.); Hans Paarhammer, Das System des Kirchenbeitrages als besondere Form der Finanzierung der Religionsgemeinschaften in Österreich, in: Walencik/Worbs (Hrsg.), Finansowanie zwia˛zków wyznaniowych w krajach niemieckoje˛zycznych i w polsce – Die Finanzierung der Religionsgemeinschaften in den deutschsprachigen Ländern und in Polen, 2012, S. 67 ff.; Wilhelm Rees, Kirchenrechtliche Aspekte der Kirchen-

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ein Gläubiger nicht zahlt, ist die Kirche genötigt, ihn auf dem Weg einer Privatklage zur Zahlung zu veranlassen. Die Höhe des Kirchenbeitrags beruht auf der Selbsteinschätzung der Gläubigen oder der Schätzung durch die Kirchenbeitragsstellen anhand vorgegebener Tabellen. Den Kirchenbeitrag hatten die Nationalsozialisten nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland 1939 eingeführt, in der Erwartung, dadurch die Gläubigen der Kirche zu entfremden und zum Kirchenaustritt zu bewegen.23 Das ist seinerzeit nicht gelungen; die Zahlung des Kirchenbeitrags wurde sogar zu einer Art Bekenntnisakt. Heute sehen das die Gläubigen weithin nicht mehr so. Der Kirchenbeitrag ist in ähnlicher Weise ein Stein des Anstoßes wie die Kirchensteuer. Erzbischof Mario Cagna24 (1911–1986), der langjährige Apostolische Nuntius in Österreich, hielt im Januar 1985 in der Schlussrelation über seine Tätigkeit in Wien (1976–1985) für Kardinalstaatssekretär Agostino Casaroli (1914–1998) in diesem Zusammenhang Folgendes fest: „Es gibt freilich auch das äußerst traurige Phänomen des Kirchenaustrittes, das sich auf eine Erklärung vor der weltlichen Behörde beschränkt, von der dann die Pfarrer als einem vollzogenen Akt erfahren. Das unmittelbare Motiv dieses überaus zahlreichen Abfalles ist die verhaßte Kirchensteuer, die in Wirklichkeit nicht besonders schwer ist, die aber für Menschen mit einem schwankenden Glauben unerträglich ist. Auch die Begleitumstände wirken in diese Richtung: direkte Zahlung an diözesane Finanzstellen, zivilgerichtliche Verfahren gegen Säumige etc.“25 finanzierung und das Kirchenbeitragssystem in Österreich, in: Müller/ ders./Krutzler (Hrsg.), Vermögen der Kirche – Vermögende Kirche? Beiträge zur Kirchenfinanzierung und kirchlichen Vermögensverwaltung, 2015, S. 17 (39 ff.); Wolfgang Paset, Der Kirchenbeitrag in der täglichen Praxis, ebd., S. 143 ff. 23 Vgl. Stephan Haering, Entstehung und Entwicklung der Kirchensteuer und des Kirchenbeitrags, in: Müller/Rees/Krutzler (Hrsg.), Vermögen der Kirche – Vermögende Kirche? Beiträge zur Kirchenfinanzierung und kirchlichen Vermögensverwaltung, 2015, S. 71 (79 ff.). 24 Vgl. Alberto Melloni/Maurilio Guasco (Hrsg.), Un diplomatico vaticano fra dopoguerra e dialogo. Mons. Mario Cagna (1911–1986), 2003.

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Erzbischof Cagna spricht hier zwei wichtige Merkmale des Kirchenbeitragssystems an, die es etwa vom deutschen Kirchensteuermodell unterscheiden. Das ist erstens die Tatsache, dass die Zahlung direkt an eine kirchliche Stelle erfolgt und die Kirche dadurch gezwungen ist, einen eigenen Kirchenbeitragsapparat aufrechtzuerhalten, der einen beträchtlichen Anteil des Beitragsaufkommens verschlingt. In der Literatur werden Zahlen um die 10% genannt, ein Sekretär der Österreichischen Bischofskonferenz sprach einmal gar von 10 bis 15%.26 Zum zweiten erweist es sich auch in einer anderen Hinsicht als problematisch, dass die Zahlung wie bei einem Vereinsbeitrag direkt gegenüber der Kirche geleistet werden muss. Denn die Kirche ist genötigt, die Gläubigen direkt zur Deklaration ihrer Vermögensverhältnisse aufzufordern, um den Beitrag gemäß der entsprechenden Staffelung festzulegen; und sie muss gegen säumige Zahler auf dem zivilen Rechtsweg vorgehen. Diese Umstände führen gegenwärtig dazu, dass anlässlich der ersten Vorschreibung des Kirchenbeitrags bis zu einem Viertel der jungen Katholiken den staatlichen Kirchenaustritt vollzieht und sich auf diese Weise vom Leben der Kirche distanziert.27

25 Abdruck der Schlussrelation im italienischen Original in: Melloni/ Guasco (Hrsg.), Un diplomatico vaticano fra dopoguerra e dialogo. Mons. Mario Cagna (1911–1986), 2003, S. 359 (360); deutsche Übersetzung von Werner Maleczek, Institut für Geschichte an der Universität Wien, abrufbar unter http://homepage.univie.ac.at/paul.zulehner/php/ Paul2/index.php?id=23&tx_mininews_pi1%5BshowUid%5D=78&cHash =c6ede4b9b9 (Zugriff: 2.10.2014). 26 Siehe Rudolf K. Höfer, Hat Österreichs Kirchenbeitragsgesetz aus der NS-Zeit Zukunft oder ist Steuerwidmung für Kirchen und Staat die Alternative?, in: ders. (Hrsg.), Kirchenfinanzierung in Europa. Modelle und Trends, 2014, S. 87 (108 ff.); vgl. auch ders., Ist Österreichs Kirchenbeitragseinhebung seit der NS-Zeit durch Steuerwidmung für Kirchen und Staat ersetzbar?, in: Müller/Rees/Krutzler (Hrsg.), Vermögen der Kirche – Vermögende Kirche? Beiträge zur Kirchenfinanzierung und kirchlichen Vermögensverwaltung, 2015, S. 155 ff. 27 So Rudolf K. Höfer, Hat Österreichs Kirchenbeitragsgesetz aus der NS-Zeit Zukunft oder ist Steuerwidmung für Kirchen und Staat die Alternative?, in: ders. (Hrsg.), Kirchenfinanzierung in Europa. Modelle und Trends, 2014, S. 87 (112).

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2. Finanzierung durch Steuerwidmung: Spanien, Italien, Ungarn Neue Systeme der Kirchenfinanzierung wurden in den 1980er Jahren in den traditionell stark katholisch geprägten Ländern Italien und Spanien geschaffen, wobei das neue System in Spanien an sich nur Übergangscharakter haben sollte. In diesen beiden Ländern wurde festgelegt, dass der Staat den dazu berechtigten Religionsgemeinschaften einen gewissen Prozentsatz einer Personalsteuer (z. B. Einkommensteuer) abtritt. Man spricht auch von Teilzweckbindung eines Steueranteils oder von einer Mandatssteuer.28 Der Steuerpflichtige muss in seiner Steuererklärung angeben, welcher berechtigten Kirche dieser Betrag zukommen soll. Die Zuordnung dieses Anteils an eine Kirche ergibt sich also nicht einfach aus der Konfessionszugehörigkeit des Steuerzahlers. In Spanien handelt es sich um 0,52% der Einkommensteuerschuld, die der Steuerzahler der Kirche oder anderen sozialen, kulturellen oder erzieherischen Zwecken widmen kann.29 Prak28 Vgl. Wilhelm Rees, „Sie alle unterstützten Jesus und die Jünger mit dem, was sie besaßen“ (Lk 8,3). Kirchenfinanzierung im europäischen Vergleich. Rechtsgrundlagen, Traditionen und Tendenzen, in: Paarhammer/Katzinger (Hrsg.), Kirche und Staat im Horizont einer globalisierten Welt, 2009, S. 104 ff.; Arnd Uhle, Kirchenfinanzierung in Europa: Erscheinungsformen, Eignung, Zukunftsperspektiven, in: Rees/Roca/Schanda (Hrsg.), Neuere Entwicklungen im Religionsrecht europäischer Staaten, 2013, S. 752 ff.; erneuter Abdruck unter dem Titel: Kirchenfinanzierung in der Diskussion. Anmerkungen zu den Finanzierungsformen der Gegenwart, in: Müller/Rees/Krutzler (Hrsg.), Vermögen der Kirche – Vermögende Kirche? Beiträge zur Kirchenfinanzierung und kirchlichen Vermögensverwaltung, 2015, S. 89 (97 ff.); Winfried Aymans/Klaus Mörsdorf/Ludger Müller, Kanonisches Recht. Lehrbuch aufgrund des Codex Iuris Canonici, Bd. IV, 13. Aufl. 2013, S. 37. 29 Vgl. Heiner Marré, Die Kirchenfinanzierung in Kirche und Staat der Gegenwart, 4. Aufl. 2006, S. 34 ff.; Walter Weinberger, Süd- und Westeuropäische Länder, in: Rees (Hrsg.), Katholische Kirche im neuen Europa. Religionsunterricht, Finanzierung und Ehe in kirchlichem und staatlichem Recht – mit einem Ausblick auf zwei afrikanische Länder, 2007, S. 254 (331 ff.); Fernando G. Barriocanal, Financiación eclesial: situación actual y perspectivas de futuro, Ius Canonicum 48 (2008),

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tisch ist das Aufkommen an Mitteln aufgrund dieses Prozentsatzes zu niedrig, um die subsidiär zugesicherten Staatsleistungen überflüssig zu machen. Deshalb erhält die katholische Kirche in Spanien nach wie vor staatliche Mittel zur Deckung ihres Bedarfs. In Italien liegt der Satz bei 0,8% des gesamten Einkommenoder Lohnsteueraufkommens, das den berechtigten Religionsgemeinschaften oder anderen berechtigten Organisationen zugewendet wird oder auch anderen, staatlichen Zwecken zukommt.30 Es verhält sich gemäß dem italienischen System aber nicht so, dass der einzelne Steuerpflichtige genau diesen Anteil seiner persönlichen Steuerschuld einer berechtigten Institution zuwendet. Vielmehr hat die entsprechende Angabe bei der Steuererklärung den Charakter einer Abstimmung. Die Gesamtheit der Steuerpflichtigen entscheidet also, welchen prozentualen Anteil an diesem Bruchteil des gesamten Einkommensteueraufkommens welcher Institution zukommen soll. Die katholische Kirche in Italien versucht insbesondere durch eine periodische „otto per mille“-Kampagne die Steuerpflichtigen dazu zu veranlassen, ihr diesen Betrag zuzuwenden. Dabei werden besonders die Aktivitäten der Kirche im Bereich von Erziehung und Caritas hervorgehoben. Auf diese Weise gelingt es teils auch, nichtkatholische Steuerpflichtige dazu zu führen, ihr Kreuz bei der katholischen Kirche zu machen. Ein rechtlich relevanter Zusammenhang zwischen Kirchenzugehörigkeit und S. 25 ff.; Antonio V. del Rey Villanueva, El sistema tributario y la financiación de la Iglesia en España, ebd., S. 69 ff. 30 Vgl. Heiner Marré, Die Kirchenfinanzierung in Kirche und Staat der Gegenwart, 4. Aufl. 2006, S. 36 ff.; Christoph Stragenegg/Walter Weinberger, Republik Italien, in: Rees (Hrsg.), Katholische Kirche im neuen Europa. Religionsunterricht, Finanzierung und Ehe in kirchlichem und staatlichem Recht – mit einem Ausblick auf zwei afrikanische Länder, 2007, S. 153 (180 ff.); Hartmut Böttcher, Typen der Kirchenfinanzierung in Europa, ZevKR 52 (2007), S. 400 (418); Mauro Rivella, Financiación de la Iglesia. El modelo italiano, Ius Canonicum 48 (2008), S. 13 ff.; Michael Mitterhofer, 8x1000 – ottopermille. Das System der Kirchenfinanzierung in Italien, in: Höfer (Hrsg.), Kirchenfinanzierung in Europa. Modelle und Trends, 2014, S. 121 ff.

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Steuerwidmung ist also nicht gegeben. Ein gewisser Anteil der Steuerpflichtigen beteiligt sich nicht an der Abstimmung über die Zuweisung der Mittel aus „otto per mille“. Dies führt jedoch nicht dazu, dass der entsprechende prozentuale Anteil beim Staat verbleibt, sondern die Vergabe der Mittel erfolgt anteilig gemäß den Voten der Abstimmenden. Ein System der Steuerwidmung wurde 1998 auch in Ungarn eingeführt.31 Es ersetzte frühere Modelle der Kirchenfinanzierung in diesem Land, die bis 1945 vor allem auf der Bewirtschaftung kirchlichen Immobilienbesitzes beruhte und in der kommunistischen Phase, nach weitgehender Enteignung der Kirche, durch Staatsfinanzierung ersetzt wurde; dies währte bis zur Wende 1990. Nach dem neuen System kann der Steuerpflichtige 1% seiner Einkommensteuer wohltätigen und kulturellen Organisationen einschließlich der Kirchen widmen und ein weiteres Prozent für soziale Dienstleitungen des Staates oder der Kirche. Damit kann der einzelne Steuerpflichtige also insgesamt 2% seiner Einkommensteuer der Kirche zukommen lassen. Die Kirchen und sonstigen berechtigten Institutionen werben bei den Steuerpflichtigen massiv dafür, eine entsprechende Widmung vorzunehmen, denn nur so fließt ihnen das Geld auch wirklich zu. Daneben gibt es in Ungarn auch regelmäßige Staatsleistungen an die Kirchen, die durch die Enteignungen nach dem Zweiten Weltkrieg begründet sind.

31 Vgl. Heiner Marré, Die Kirchenfinanzierung in Kirche und Staat der Gegenwart, 4. Aufl. 2006, S. 40 f.; Walter Weinberger, Osteuropäische Länder und zukünftige Beitrittsländer, in: Rees (Hrsg.), Katholische Kirche im neuen Europa. Religionsunterricht, Finanzierung und Ehe in kirchlichem und staatlichem Recht – mit einem Ausblick auf zwei afrikanische Länder, 2007, S. 374 (472 ff.); Hartmut Böttcher, Typen der Kirchenfinanzierung in Europa, ZevKR 52 (2007), S. 400 (420 f.); Annamária Schlosser, Staatliche Kirchenfinanzierung in Ungarn. Probleme und Entwicklungen seit der Wende, in: Höfer (Hrsg.), Kirchenfinanzierung in Europa. Modelle und Trends, 2014, S. 149 ff.; Balázs Schanda, Staatliche Religionsförderung in Ungarn, in: Pulte/Hense (Hrsg.), Grund und Grenzen staatlicher Religionsförderung unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Staat und Katholischer Kirche in Deutschland, 2014, S. 239 ff.

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3. Staatsfinanzierung: Griechenland, Skandinavien, Luxemburg, Belgien, Liechtenstein In einigen Ländern Europas bestehen noch überkommene staatskirchliche Strukturen, die sich besonders auch im Bereich der Kirchenfinanzierung auswirken. Hier zahlt der Staat für die Kirche, weil sie die Kirche des Staates ist. Kirche und Nation werden als weitgehend identisch angesehen. In dieser Perspektive kann es natürlich immer nur eine einzige Konfession sein, die diese Identitätsfunktion übernimmt, in exponierter Weise in das Ganze des Staates eingegliedert ist und damit auch bis zu einem gewissen Grad staatliche Stabilität garantiert. Die katholische Kirche nimmt heute in keinem europäischen Land mehr, sieht man einmal von dem Sonderfall des Staates der Vatikanstadt32 ab, eine derart rechtlich garantierte Vorrangstellung ein, dass sie Staatskirche wäre. Es gibt dieses Modell aber immer noch im Hinblick auf orthodoxe und reformatorische Kirchen. In Griechenland ist die orthodoxe Kirche seit 1833 Staatskirche. Ihr finanzieller Bedarf wird fast vollständig vom Staat bestritten.33 Alle übrigen Religionsgemeinschaften erhalten keine staatlichen Gelder, sondern müssen sich durch Spenden, Einkünfte aus Immobilien und anderen Quellen selbst erhalten. 32 Vgl. Stephan Haering, Art. Vatikan II. Rechtlich, in: Betz/Browning/Janowski/Jüngel (Hrsg.), Religion in Geschichte und Gegenwart, Bd. 8, 4. Aufl. 2005, Sp. 914 (Lit.). – Hartmut Böttcher, Typen der Kirchenfinanzierung in Europa, ZevKR 52 (2007), S. 400 (405), bezeichnet für das Fürstentum Liechtenstein die katholische Kirche als „Staatskirche“. Diese Bezeichnung wird trotz (noch) bestehender staatskirchlicher Elemente den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht; vgl. dazu Markus Walser, „Entflechtung“ von Kirche und Staat im Fürstentum Liechtenstein, in: Müller/Rees (Hrsg.), Geist – Kirche – Recht. Festschrift für Libero Gerosa zur Vollendung des 65. Lebensjahres, 2014, S. 451 (454). 33 Vgl. Heiner Marré, Die Kirchenfinanzierung in Kirche und Staat der Gegenwart, 4. Aufl. 2006, S. 22 f.; Walter Weinberger, Osteuropäische Länder und zukünftige Beitrittsländer, in: Rees (Hrsg.), Katholische Kirche im neuen Europa. Religionsunterricht, Finanzierung und Ehe in kirchlichem und staatlichem Recht – mit einem Ausblick auf zwei afrikanische Länder, 2007, S. 374 (394 f.); Hartmut Böttcher, Typen der Kirchenfinanzierung in Europa, ZevKR 52 (2007), S. 400 (403 f.).

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Eine ähnliche Situation bestand bis in die jüngste Vergangenheit in den skandinavischen Ländern, wo die reformatorischen Kirchen als Staatskirchen etabliert waren.34 Hier hat zwar in den letzten Jahren eine Tendenz zur kirchlichen Ablösung vom Staat gegriffen, doch vollständig ist das Staatskirchenwesen noch nicht verschwunden. Im Königreich Schweden etwa wurde im Jahr 2000 das Staatskirchensystem aufgelöst und eine rechtliche Gleichstellung aller Religionsgemeinschaften eingeführt. Sie finanzieren sich aus einem örtlich erhobenen Kirchenbeitrag und aus Staatszuschüssen.35 In Dänemark hingegen ist gemäß der geltenden Verfassung (1953) die evangelisch-lutherische Kirche als die Dänische Volkskirche etabliert. Sie wird überwiegend aus dem Staatshaushalt finanziert; eine weitere wichtige Finanzquelle der Volkskirche ist eine Kirchensteuer.36 Die übrigen Religionsgemeinschaften hingegen besitzen kein Recht auf staatliche Unterstützung. Sie müssen sich durch Spenden oder anderweitig finanzieren. In Norwegen ist die lutherische Kirche die „nationale Kirche“. Bei einer Änderung des Staat-Kirche-Verhältnisses im Jahre 2012 verlor der König zwar seine Stellung als Oberhaupt der 34 Vgl. Yvonne M. Werner, Kirche, Staat und Kirchenfinanzierung in den nordischen Ländern, in: Höfer (Hrsg.), Kirchenfinanzierung in Europa. Modelle und Trends, 2014, S. 69 ff. 35 Vgl. Heiner Marré, Die Kirchenfinanzierung in Kirche und Staat der Gegenwart, 4. Aufl. 2006, S. 31 f.; Walter Weinberger, Nordeuropäische Länder, in: Rees (Hrsg.), Katholische Kirche im neuen Europa. Religionsunterricht, Finanzierung und Ehe in kirchlichem und staatlichem Recht – mit einem Ausblick auf zwei afrikanische Länder, 2007, S. 345 (359 f.); Yvonne M. Werner, Kirche, Staat und Kirchenfinanzierung in den nordischen Ländern, in: Höfer (Hrsg.), Kirchenfinanzierung in Europa. Modelle und Trends, 2014, S. 69 (79 ff.). 36 Vgl. Heiner Marré, Die Kirchenfinanzierung in Kirche und Staat der Gegenwart, 4. Aufl. 2006, S. 32; Walter Weinberger, Nordeuropäische Länder, in: Rees (Hrsg.), Katholische Kirche im neuen Europa. Religionsunterricht, Finanzierung und Ehe in kirchlichem und staatlichem Recht – mit einem Ausblick auf zwei afrikanische Länder, 2007, S. 345 (349); Yvonne M. Werner, Kirche, Staat und Kirchenfinanzierung in den nordischen Ländern, in: Höfer (Hrsg.), Kirchenfinanzierung in Europa. Modelle und Trends, 2014, S. 69 (83).

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Kirche, aber die Finanzierung dieser Kirche wird weiterhin vom Staat geleistet; das kirchliche Personal ist staatlich angestellt.37 Die Staatskirche besitzt eine gegenüber den übrigen Konfessionen privilegierte Stellung. In gewisser Weise stellt das Großherzogtum Luxemburg einen Sonderfall dar.38 Dort gibt es eine Finanzierung aller Religionsgemeinschaften durch den Staat. Aufgrund der konfessionellen Situation profitiert davon in absoluten Zahlen am meisten die katholische Kirche, die aber grundsätzlich nicht anders behandelt wird als die übrigen Kirchen. In jüngster Zeit bahnt sich allerdings eine Veränderung dieser Verhältnisse an. Im Januar 2015 wurden Grundsatzvereinbarungen zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften abgeschlossen, die eine schrittweise Reduktion der Staatsfinanzierung vorsehen und die Trennung von Staat und Kirche in Luxemburg begünstigen. Eine staatliche Besoldung der Geistlichen (und der Amtsträger von Weltanschauungsgemeinschaften) gibt es auch in Belgien.39 Die Kirche wird vom Staat auch durch die Bereitstellung 37 Vgl. Yvonne M. Werner, Kirche, Staat und Kirchenfinanzierung in den nordischen Ländern, in: Höfer (Hrsg.), Kirchenfinanzierung in Europa. Modelle und Trends, 2014, S. 69 (81 f.). 38 Vgl. Heiner Marré, Die Kirchenfinanzierung in Kirche und Staat der Gegenwart, 4. Aufl. 2006, S. 22; Walter Weinberger, Süd- und Westeuropäische Länder, in: Rees (Hrsg.), Katholische Kirche im neuen Europa. Religionsunterricht, Finanzierung und Ehe in kirchlichem und staatlichem Recht – mit einem Ausblick auf zwei afrikanische Länder, 2007, S. 254 (293 f.); Hartmut Böttcher, Typen der Kirchenfinanzierung in Europa, ZevKR 52 (2007), S. 400 (403); Mathias Schiltz, Kirche und Staat in Luxemburg: Jüngere und jüngste Entwicklungen im gegenseitigen Verhältnis, in: Rees/Roca/Schanda (Hrsg.), Neuere Entwicklungen im Religionsrecht europäischer Staaten, 2013, S. 587 ff. 39 Vgl. Heiner Marré, Die Kirchenfinanzierung in Kirche und Staat der Gegenwart, 4. Aufl. 2006, S. 21; Walter Weinberger, Süd- und Westeuropäische Länder, in: Rees (Hrsg.), Katholische Kirche im neuen Europa. Religionsunterricht, Finanzierung und Ehe in kirchlichem und staatlichem Recht – mit einem Ausblick auf zwei afrikanische Länder, 2007, S. 254 (259 f.); Hartmut Böttcher, Typen der Kirchenfinanzierung in Europa, ZevKR 52 (2007), S. 400 (403); Jan De Maeyer, Kirchenfinanzierung seit Napoleon in Belgien – zwischen direkter staatlicher Finanzie-

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und die Erhaltung von Immobilien unterstützt. Den weitaus größten Anteil des kirchlichen Bedarfs stellt der Staat zur Verfügung. Auch im Fürstentum Liechtenstein besteht für die katholische Kirche derzeit eine staatliche Kirchenfinanzierung. Veränderungen im rechtlichen Staat-Kirche-Verhältnis befinden sich im Stadium der Beratung.40 4. Finanzierung durch Spenden: Frankreich, USA Ein weiteres Modell der Kirchenfinanzierung ist die Beschaffung der erforderlichen Mittel durch ein Kollekten- und Spendensystem.41 Dieses Modell kommt bevorzugt in Ländern mit einer strikten Trennung von Kirche und Staat zur Geltung. Exemplarisch seien hier Frankreich und die USA genannt. In Frankreich42 erreichten die starken laizistischen Kräfte zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine strikte Trennung von Kirche rung und Subventionspolitik. Ein historischer und aktueller Überblick, in: Höfer (Hrsg.), Kirchenfinanzierung in Europa. Modelle und Trends, 2014, S. 9 ff. 40 Siehe dazu Markus Walser, „Entflechtung“ von Kirche und Staat im Fürstentum Liechtenstein, in: Müller/Rees (Hrsg.), Geist – Kirche – Recht. Festschrift für Libero Gerosa zur Vollendung des 65. Lebensjahres, 2014, S. 451 ff. 41 Vgl. Arnd Uhle, Kirchenfinanzierung in Europa: Erscheinungsformen, Eignung, Zukunftsperspektiven, in: Rees/Roca/Schanda (Hrsg.), Neuere Entwicklungen im Religionsrecht europäischer Staaten, 2013, S. 762 ff.; erneuter Abdruck unter dem Titel: Kirchenfinanzierung in der Diskussion. Anmerkungen zu den Finanzierungsformen der Gegenwart, in: Müller/Rees/Krutzler (Hrsg.), Vermögen der Kirche – Vermögende Kirche? Beiträge zur Kirchenfinanzierung und kirchlichen Vermögensverwaltung, 2015, S. 89 (106 ff.). 42 Vgl. Heiner Marré, Die Kirchenfinanzierung in Kirche und Staat der Gegenwart, 4. Aufl. 2006, S. 25 f.; Maria E. Leb, Französische Republik, in: Rees (Hrsg.), Katholische Kirche im neuen Europa. Religionsunterricht, Finanzierung und Ehe in kirchlichem und staatlichem Recht – mit einem Ausblick auf zwei afrikanische Länder, 2007, S. 211 (234 ff.); Jean-Pierre Moisset, Die Finanzierung religiöser Tätigkeiten in Frankreich von 1802 bis heute, in: Höfer (Hrsg.), Kirchenfinanzierung in Euro-

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und Staat. Das hatte zur Folge, dass etwa die bis dahin übliche staatliche Besoldung des Klerus wegfiel. Die Religionsgemeinschaften müssen sich selbst finanzieren, vor allem durch Spenden ihrer Mitglieder. Für die katholische Kirche gilt, dass etwa drei Viertel ihrer Einkünfte aus Sammlungen und Spenden stammen, ein Viertel aber aus einem freiwilligen „Kultbeitrag“ der Gläubigen, für den als Richtwert 1 bis 2% des Einkommens oder 2 bis 3 Tageslöhne angegeben werden. Es gibt allerdings daneben noch eine indirekte staatliche Hilfe, indem steuerrechtlich die Kult- und Diözesanvereine recht günstig behandelt werden. Außerdem gibt es staatliche Unterstützung für Schulen in kirchlicher Trägerschaft. Insgesamt aber ist in Frankreich das Modell der Finanzierung durch Spenden der Gläubigen und in bescheidenem Maß durch Bewirtschaftung eigenen Vermögens prägend. In den USA43 ist die Entwicklung des Kollekten- und Spendensystems vor dem Hintergrund der historischen Wurzeln des Staates zu sehen, der sein Entstehen nicht zuletzt dem Streben europäischer Emigranten nach religiöser Freiheit verdankt. Der Freiheits- und Freiwilligkeitsgedanke prägt das Land auch auf religiösem Gebiet nachhaltig. Auf diesem Boden konnte die große Einsatz- und Gebefreudigkeit der Amerikaner gegenüber ihren Kirchen wachsen. Die Kollekten machen in den USA mehr als die Hälfte der kirchlichen Einnahmen aus. Dazu kommen gezielt angelegte Spendenkampagnen zum Fundraising für bestimmte kirchliche Projekte. Jedenfalls kann man sagen, dass die Gläubigen in den USA bereit sind, freiwillig in substanzieller Weise ihre Kirche zu unterstützen. pa. Modelle und Trends, 2014, S. 183 ff.; Francis Messner, Die Finanzierung religiöser Gemeinden in Frankreich, in: Pulte/Hense (Hrsg.), Grund und Grenzen staatlicher Religionsförderung unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Staat und Katholischer Kirche in Deutschland, 2014, S. 165 ff. 43 Vgl. Georg Fischer, Finanzierung der kirchlichen Sendung. Das kanonische Recht und die Kirchenfinanzierungssysteme in der Bundesrepublik Deutschland und den USA, 2005, S. 310 ff.; Heiner Marré, Die Kirchenfinanzierung in Kirche und Staat der Gegenwart, 4. Aufl. 2006, S. 23 f.

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5. Finanzierung aus Kirchenvermögen: Zypern, Großbritannien, Portugal Die Anzahl der Länder, die idealtypisch als Beispiele für die Kirchenfinanzierung weit überwiegend aus eigenem Vermögen dienen können, ist begrenzt. Für die orthodoxe Kirche in Zypern kann man festhalten, dass sie vor allem aus der Bewirtschaftung ihrer eigenen Immobilien die Mittel für ihre Tätigkeit gewinnt.44 In diesem Staat sind alle Religionsgemeinschaften darauf angewiesen, sich eigene Quellen zur Deckung ihres finanziellen Bedarfs zu erschließen. Spenden spielen für die kleinen konfessionellen Gruppen, die in Zypern vertreten sind, eine wichtige Rolle. In Großbritannien liegen besondere, historisch gewachsene Verhältnisse vor.45 Die Church of England und die Church of Scotland sind Staatskirchen, werden aber nicht unmittelbar durch den Staat finanziert. Vielmehr werden ihre finanziellen Bedürfnisse neben Spenden durch die Erträge von einst staatlich dotierten Fonds und aus der Bewirtschaftung von Immobilienvermögen gedeckt. Insoweit erwirtschaften diese Staatskirchen die nötigen Mittel weithin aus eigenem Vermögen. Daneben leistet der Staat den Kirchen einen regelmäßigen Beitrag zur Erhaltung historischer Gebäude. Die übrigen Religionsgemeinschaften sind gehalten, ihren finanziellen Bedarf aus Spenden und eigenem Vermögen abzudecken. In Wales und Nordirland 44 Vgl. Walter Weinberger, Osteuropäische Länder und zukünftige Beitrittsländer, in: Rees (Hrsg.), Katholische Kirche im neuen Europa. Religionsunterricht, Finanzierung und Ehe in kirchlichem und staatlichem Recht – mit einem Ausblick auf zwei afrikanische Länder, 2007, S. 374 (483). 45 Vgl. Heiner Marré, Die Kirchenfinanzierung in Kirche und Staat der Gegenwart, 4. Aufl. 2006, S. 27; Walter Weinberger, Süd- und Westeuropäische Länder, in: Rees (Hrsg.), Katholische Kirche im neuen Europa. Religionsunterricht, Finanzierung und Ehe in kirchlichem und staatlichem Recht – mit einem Ausblick auf zwei afrikanische Länder, 2007, S. 254 (273 f.); Hartmut Böttcher, Typen der Kirchenfinanzierung in Europa, ZevKR 52 (2007), S. 400 (401 f.); David M. Thompson, Die Kirchenfinanzierung im Vereinigten Königreich, in: Höfer (Hrsg.), Kirchenfinanzierung in Europa. Modelle und Trends, 2014, S. 165 ff.

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besteht im Unterschied zu England und Schottland eine Trennung von Kirche und Staat. Die Finanzierung der Kirchen erfolgt hier aus deren eigenem Vermögen und aus Spenden. Auch in Portugal sind die Erträge aus dem eigenen Immobilienvermögen die hauptsächliche Einnahmequelle für die Kirche.46 Außerdem besteht für die registrierten Religionsgemeinschaften unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, sich von den Bürgern 0,5% der Einkommensteuer zuwenden zu lassen. Für die meisten europäischen Länder, in denen vor Jahrhunderten die Kirche noch weitgehend aus eigenem Vermögen existieren konnte, gilt, dass durch Säkularisationen, sei es im Zusammenhang mit der Reformation, sei es im historischen Gefolge der Französischen Revolution oder anderer politischer Umwälzungen, ein sehr großer Teil des kirchlichen Immobilienbesitzes verloren gegangen und eine weitgehende Bestreitung des Bedarfs aus dem eigenen Vermögen heraus nicht mehr möglich ist. Gleichwohl spielt fast überall auch die – mehr oder minder effiziente – Bewirtschaftung vorhandenen Vermögens eine bescheidene Rolle bei der Finanzierung des kirchlichen Bedarfs. IV. Bewertende Überlegungen und Ausblick Auf dem Gebiet der Kirchenfinanzierung hat sich, wenigstens in Europa, in den vergangenen drei Jahrzehnten viel verändert. Die direkte Staatsfinanzierung der Religionsgemeinschaften ist auf dem Rückzug, sei es wegen des Zusammenbruchs der kommunistischen Regime, sei es wegen einer Tendenz zur Entflechtung von Staat und Kirche in einigen traditionell staatskirchlich geprägten Ländern. Allerdings gibt es auch in manchen skandi-

46 Vgl. Walter Weinberger, Süd- und Westeuropäische Länder, in: Rees (Hrsg.), Katholische Kirche im neuen Europa. Religionsunterricht, Finanzierung und Ehe in kirchlichem und staatlichem Recht – mit einem Ausblick auf zwei afrikanische Länder, 2007, S. 254 (317 f.); Hartmut Böttcher, Typen der Kirchenfinanzierung in Europa, ZevKR 52 (2007), S. 400 (402 f.).

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navischen Staaten noch in erheblichem Umfang staatskirchliche Strukturen und dementsprechend die staatliche Finanzierung der jeweiligen Staatskonfession. Neu entwickelt hat sich das Modell der Steuerwidmung zugunsten von Kirchen und anderen Institutionen (Teilzweckbindung einer Personalsteuer), das in manchen Ländern an die Stelle herkömmlicher Staatsfinanzierung getreten ist. Es handelt sich dabei offensichtlich doch um ein Modell verkappter Staatsfinanzierung; denn die Mittel, welche die Kirche in diesem System erhält, werden von dem Steuerpflichtigen dem Staat geschuldet und von diesem der Kirche gegeben. Es fällt auf, dass Modelle der Steuerwidmung ausschließlich in solchen Ländern eingeführt worden sind, in denen bis zum Zeitpunkt der Umstellung die direkte Staatsfinanzierung der Kirche vorherrschte. Die Sympathien, die diesem Modell entgegengebracht werden, erklären sich wohl zum einen aus der Tatsache, dass dem einzelnen eine gewisse Möglichkeit in die Hand gegeben ist, auf die Verwendung von Steuermitteln lenkend einzuwirken; zum anderen findet der Gedanke, dass niemand durch den Kirchenaustritt vor der staatlichen Behörde einen finanziellen Vorteil erzielen kann, bei manchen Beobachtern, darunter auch kirchlichen Verantwortlichen, Gefallen. Nur am Rande sei an dieser Stelle vermerkt, dass sich, wenigstens bezüglich der katholischen Kirche, auch innerhalb des Systems der Kirchensteuer ein Element der Beitragssteuerung durch die einzelnen Gläubigen etablieren ließe. Man könnte den Gläubigen die Freiheit lassen, ihren Beitrag einer beliebigen Rechtsperson der katholischen Kirche zu übergeben, die als öffentliche juristische Person (persona iuridica publica) des kanonischen Rechts etabliert ist und folglich namens der Kirche handelt.47 Es könnte sich also beispielsweise um den Apostolischen

47 Vgl. can. 116 § 1 CIC: „Personae iuridicae publicae sunt universitates personarum seu rerum, quae ab ecclesiastica auctoritate competenti constituuntur ut intra fines sibi praestitutos nomine Ecclesiae, ad normam praescriptorum iuris, munus proprium intuitu boni publici ipsis commissum expleant; ceterae personae iuridicae sunt privatae.“

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Stuhl, eine Teilkirche, eine Pfarrei, einen Ordensverband oder eine mit öffentlicher Rechtspersönlichkeit ausgestattete Katholische Universität handeln. Die Beiträge an solche kirchlichen Institutionen wären auf die gegenüber dem Wohnsitzbistum entrichtete Kirchensteuer anzurechnen. Mit dieser Möglichkeit käme man dem allgemein gehaltenen kanonischen Grundsatz näher, dass die Gläubigen für die Bedürfnisse der Kirche beizutragen haben (can. 222 § 1 CIC). Denn das allgemeine kanonische Vermögensrecht kennt nur ein Recht des Bischofs zur Besteuerung der öffentlichen juristischen Personen, die seiner Leitung unterstellt sind, nicht aber der natürlichen Personen, also der Gläubigen. Diese dürfen allenfalls zu einer außerordentlichen Notabgabe herangezogen werden, nicht aber zu einer regelmäßigen Steuer; letztere kann nur partikularrechtlich legitimiert sein (can. 1263 CIC).48 Durch die Implantation eines derartigen Steuerungsmodells in das Kirchensteuersystem könnte man wohl auch die großen Bedenken, die bei vielen Verantwortlichen des Apostolischen Stuhls gegenüber den (kirchen-) rechtlichen Bestimmungen im Zusammenhang mit der deutschen Kirchensteuer bestehen49, wenigstens teilweise auffangen. In den letzten Jahren war zu erkennen, dass für die historisch begründeten Staatsleistungen an die Kirchen in der säkularen Öffentlichkeit immer weniger Verständnis aufgebracht wird. Die gewachsene Distanz gegenüber dem Institut der Staatsleistungen und die Unkenntnis der dahinter stehenden Zusammenhänge sind zwar zunächst ein Problem von historischer Bildung und fehlender Bereitschaft, sich seriös zu informieren. Nichts48 Vgl. Hans Heimerl/Helmuth Pree, Handbuch des Vermögensrechts der katholischen Kirche unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsverhältnisse in Bayern und Österreich, 1993, S. 179 f.; Richard Potz, Der Erwerb von Kirchenvermögen, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), Handbuch des katholischen Kirchenrechts, 2. Aufl. 1999, § 100, S. 1068 (1070 f.); Winfried Aymans/Klaus Mörsdorf/Ludger Müller, Kanonisches Recht. Lehrbuch aufgrund des Codex Iuris Canonici, Bd. IV, 13. Aufl. 2013, S. 30 f. 49 Vgl. etwa Francesco Coccopalmerio, Die kirchliche Communio. Was das Konzil sagt und worüber die Codices schweigen, in: Güthoff/Haering/Pree (Hrsg.), Kirchenaustritt im staatlichen und kirchlichen Recht, 2011, S. 90 ff.

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destotrotz muss man diese Entwicklungen zur Kenntnis nehmen und seine Schlüsse daraus ziehen. Es dürfte mittel- bis längerfristig zu empfehlen sein, diese Staatsleistungen abzulösen. In einzelnen Punkten ist dies schon geschehen, etwa bei den Wohnungen für die Mitglieder der Domkapitel in Bayern.50 Man hat auch viele Einzelleistungen pauschaliert und damit Kritikpunkte wie den empört vorgebrachten Vorwurf, dass der Staat das Gehalt der Bischöfe zahle, entschärft. Im Freistaat Bayern wurden beispielsweise die individuellen Zahlungen des bayerischen Staates für die Gehälter der Erzbischöfe, Bischöfe und Mitglieder der Domkapitel mit Wirkung vom 1. Januar 2013 in eine Pauschalzahlung an die katholische Kirche umgewandelt. Daraus bestreitet die Kirche eigenständig die Gehälter für die genannten Amtsträger.51 Auch wenn der Bund kein Ablösegesetz vorlegt, können Staatsleistungen jeweils einzeln durch Verhandlungen zur Ablösung geführt werden, wie es schon vielfach geschehen ist. Als das ideale Modell der Kirchenfinanzierung könnte man eine Spendenfinanzierung durch die Gläubigen der verschiedenen Religionsgemeinschaften oder wenigstens vor allem durch diese auf breiter Basis ansehen. Das würde übrigens auch gut dem Kirchenbild entsprechen, das vom Zweiten Vatikanischen Konzil präsentiert wurde: Alle Gläubigen tragen die Sendung der Kirche, und so kann man in der Deckung des Finanzbedarfs durch Gaben der Gläubigen die beste und auch ekklesiologisch höchst angemessene Variante der Kirchenfinanzierung sehen. Die Finanzierung der Kirche vor allem durch Spenden ist beispielsweise in den USA etabliert und erweist sich dort als insgesamt funktionsfähig. Dies hängt wohl nicht zuletzt damit zusammen, dass in den USA eine eigene Mentalität herrscht und viele Menschen, darunter auch sehr wohlhabende, daran 50 Vgl. Bernd Dennemarck, Staatsleistungen an die Domkapitel in Bayern, AfkKR 178 (2009), S. 483 ff. 51 Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Bezüge der Erzbischöfe, Bischöfe und Mitglieder der Domkapitel sowie über die Zuschüsse zum Personalaufwand des Landeskirchenrats vom 11. Dezember 2012 (GVBl. S. 641 ff.), Teilabdruck: AfkKR 181 (2012), S. 590 ff.

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gewöhnt sind, nicht nur für kirchliche Bedürfnisse erhebliche Spenden zu geben. Diese Art der Kirchenfinanzierung hat aber auch ihre Nachteile. Man darf nicht übersehen, dass die Abhängigkeit von Spenden die kirchlichen Amtsträger etwa in den USA zwingt, immer wieder über das nötige Geld zu reden und einen guten Teil ihrer Arbeitskraft für die Beschaffung der erforderlichen Mittel einzusetzen. Auch die Gefahr einer Abhängigkeit der Kirche von den Großspendern ist nicht zu verkennen. Dem gegenüber hat das System eines Pflichtbeitrags der Gläubigen, der nach der Leistungsfähigkeit der einzelnen gestaffelt wird, den Vorzug, dass alle Glieder der Kirche einigermaßen gerecht und gleichmäßig herangezogen werden, die anfallenden Lasten mitzutragen.52 Außerdem begünstigt es eine solide kirchliche Finanzplanung. Dieses Modell der Finanzierung ist in der Kirchensteuer und im Kirchenbeitrag verwirklicht. Arnd Uhle nennt dieses System mit Recht die „erleichterte Selbstfinanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften“.53 Die heutzutage in den meisten Ländern nur theoretische Möglichkeit, die Deckung des kirchlichen Bedarfs vor allem aus kirchlichen Vermögenswerten zu leisten, hat auf der einen Seite einen sympathischen Zug insoweit, als die Kirche finanziell unabhängig wäre und ihren Dienst tun könnte, ohne die eigenen Mitglieder durch Spendenaufrufe oder die Erhebung verpflichtender Beiträge zu belästigen. Diesen Vorzügen steht allerdings 52 Vgl. statt vieler Wilhelm Rees, „Sie alle unterstützten Jesus und die Jünger mit dem, was sie besaßen“ (Lk 8,3). Kirchenfinanzierung im europäischen Vergleich. Rechtsgrundlagen, Traditionen und Tendenzen, in: Paarhammer/Katzinger (Hrsg.), Kirche und Staat im Horizont einer globalisierten Welt, 2009, S. 67 (107 f.). 53 Arnd Uhle, Kirchenfinanzierung in Europa: Erscheinungsformen, Eignung, Zukunftsperspektiven, in: Rees/Roca/Schanda (Hrsg.), Neuere Entwicklungen im Religionsrecht europäischer Staaten, 2013, S. 779 (782); erneuter Abdruck unter dem Titel: Kirchenfinanzierung in der Diskussion. Anmerkungen zu den Finanzierungsformen der Gegenwart, in: Müller/Rees/Krutzler (Hrsg.), Vermögen der Kirche – Vermögende Kirche? Beiträge zur Kirchenfinanzierung und kirchlichen Vermögensverwaltung, 2015, S. 89 (122).

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nachteilig gegenüber, dass der Besitz der Kirche eine Quelle von Neid und Gehässigkeit wäre. Außerdem würde sich in gewisser Weise ein altes Kirchenbild widerspiegeln: Die Hierarchie leitet die Kirche und sorgt sich um alles, während die einfachen Gläubigen nur als Schutzgenossen der leitenden Amtsträger in Erscheinung treten dürfen. Unter den Voraussetzungen des religiös neutralen Staates und einer pluralistischen Gesellschaft kann man wenig Wohlwollen für eine direkte und vollständige Staatsfinanzierung der Kirchen aufbringen. Dieser Modus mag bequem sein und die Kirche von der Sorge um die materiellen Dinge entlasten. Er erscheint insoweit manchem Kirchenvertreter auf den ersten Blick vielleicht verlockend. Doch sollte eine derart starke Abhängigkeit der Kirche vom Staat unbedingt vermieden werden. Die Zeit der „Bündnisse von Thron und Altar“ sollte vorüber sein. Das Prinzip der Trennung von Staat und Kirche schließt freilich nicht aus, dass der Staat zugunsten der Kirche finanzielle Zahlungen leistet, die auf einem konkreten Rechtstitel beruhen. Auch die staatliche Refinanzierung von kirchlichen Aufwendungen, die der ganzen Gesellschaft zugutekommen, ist statthaft; die Kirche ist diesbezüglich genauso zu behandeln wie jede andere gesellschaftliche Gruppe, die entsprechende Aktivitäten trägt. Auch der Beitrag der Kirche zur Förderung der Kultur rechtfertigt eine angemessene staatliche Unterstützung.54 Trennung bedeutet also nicht berührungslose Distanz, denn im Interesse der Menschen, die zugleich Bürger und Gläubige sind, können Staat und Kirche auf jeden Fall miteinander kooperieren. Eine starke Sympathie ist immer wieder bei manchen kirchlichen Persönlichkeiten für ein Finanzierungssystem wahrzunehmen, wie es derzeit in Italien, Spanien oder Ungarn eingerichtet ist. Dort können die dem Staat gegenüber Steuerpflichtigen ei-

54 Vgl. Friedhelm Hufen, Kirche und Kulturförderung – Erscheinungsformen und Rechtsfragen, in: Pulte/Hense (Hrsg.), Grund und Grenzen staatlicher Religionsförderung unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Staat und Katholischer Kirche in Deutschland, 2014, S. 77 ff.

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nen geringen Teil der geleisteten Steuer der Kirche zuwenden (Spanien, Ungarn) oder über die Verteilung eines kleinen Steueranteils durch den Staat mitentscheiden (Italien). Als Vorteil dieses Systems wird von manchen Kirchenvertretern hervorgehoben, dass sich niemand mehr durch den Kirchenaustritt vor der staatlichen Behörde einen finanziellen Vorteil verschaffen könne. Man darf allerdings auch hier nicht übersehen, dass es – wie gesagt – eine staatliche Steuer ist, die der Kirche weitergereicht wird. Es kommt bei diesem System auch keine Mitgliedschaftskomponente rechtlich zum Tragen, denn der einzelne Steuerpflichtige entscheidet ganz unabhängig von seiner Konfessionszugehörigkeit, wem der fragliche Steueranteil zugewendet werden soll.55 Die Kirche muss also auch bei den eigenen Gläubigen werben, dass ihr dieser Anteil zugewiesen wird. Sie kann allerdings ebenso hoffen, dass ihr auch Nichtmitglieder den disponiblen Steueranteil zukommen lassen. Abschließend bleibt festzuhalten, dass kein Finanzierungsmodell sich in jeder Hinsicht als optimal erweist und jedes Modell jeweils Vor- und Nachteile besitzt. Bei der Beurteilung der Gegebenheiten in den verschiedenen Ländern ist es nicht zuletzt notwendig, jeweils den gesamten historisch-sozialen Kontext wahrzunehmen, aus dem ein konkretes System der Kirchenfinanzierung erwachsen ist. Deshalb lassen sich auf den ersten Blick attraktiv erscheinende Vorbilder auch nicht erfolgreich eins zu eins von dem einen Land in das andere übertragen. Gerade bei der Finanzierung des kirchlichen Bedarfs kommt es in erheblichem Maße darauf an, eine organische Fortentwicklung und Anpassung der bestehenden und vertrauten Systeme an neue Umstände und Gegebenheiten zu erreichen. Ganz gleich aber, aus welchen Quellen der kirchliche Finanzbedarf jeweils gespeist wird: Es ist von erheblicher Bedeutung, dass die Verantwortlichen der verschiedenen Konfessionen sorg55 Vgl. Wilhelm Rees, „Sie alle unterstützten Jesus und die Jünger mit dem, was sie besaßen“ (Lk 8,3). Kirchenfinanzierung im europäischen Vergleich. Rechtsgrundlagen, Traditionen und Tendenzen, in: Paarhammer/Katzinger (Hrsg.), Kirche und Staat im Horizont einer globalisierten Welt, 2009, S. 67 (109).

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sam und redlich mit den vorhandenen materiellen Ressourcen der Kirche umgehen und die Mittel nur für jene Zwecke erworben und eingesetzt werden, die der Sendung der Kirche vollständig entsprechen. Denn es besteht – wie gerade auch Vorgänge aus der jüngsten Vergangenheit gezeigt haben56 – eine besonders starke Sensibilität bezüglich des Umgangs der Kirche mit Geld und Gut, sowohl bei den Gläubigen als auch in der gesamten Öffentlichkeit. Auch wenn manche Kritik, die in einem solchen Zusammenhang an der Kirche geäußert wird, einer sachlichen Grundlage völlig entbehrt und die Uninformiertheit der Kritiker beweist oder sogar schlicht bösartig ist, scheint das wirtschaftliche und finanzielle Gebaren der Kirche doch auch in den Augen nicht weniger ernstzunehmender Zeitgenossen ein entscheidender Maßstab für deren Glaubwürdigkeit zu sein.57 Diese Beobachtung verstärkt die ohnedies bestehende Verpflichtung der Kirche, ihre Güter treu, klug und gerecht zu verwalten.

56 Vgl. etwa Joachim Valentin (Hrsg.), Der ,Fall‘ Tebartz-van Elst. Kirchenkrise unter dem Brennglas, 2014. 57 Vgl. dazu auch die aktuellen Überlegungen von Norbert Feldhoff, Wie reich ist die Kirche in Deutschland? Zur Zukunft der Kirchenfinanzen, Stimmen der Zeit 232 (2014), S. 657 (659 ff.).

Die öffentliche Finanzierung der Religionsgemeinschaften in Deutschland – unter besonderer Berücksichtigung der Staatsleistungen Von Sebastian Müller-Franken I.

Zeitlose und zeitgebundene Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

II.

Prinzipien der staatskirchenrechtlichen Ordnung des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

50 50 50 54 56 IV. Subventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 III. Öffentliche Finanzierung der gemeinsamen Angelegenheiten . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Theologische Fakultäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anstaltsseelsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1. Förderung des Engagements der Kirchen im kulturellen und sozialen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 2. Förderung der realen Voraussetzungen der Ausübung der grundrechtlich geschützten Religionsfreiheit und des religiösen Wirkens der Kirchen an sich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 V.

Abgrenzung: Kirchensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

VI. Staatsleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gehalt und Ursprung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Fortexistenz der Staatsleistungen – eine Frage von „untergeordneter Bedeutung“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verfassungsrechtliche Lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unveränderte Geltung des Weimarer Kompromisses . . . b) Verträglichkeit mit dem Grundrecht der Religionsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ablösung als Verbot einer weiteren Säkularisation . . . . . d) Zulässigkeit konsensualen Vorgehens ohne Gesetz . . . . . 4. Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63 63 65 67 67 69 70 72 74

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Sebastian Müller-Franken a) Bedeutung einer traditionalen Rechtfertigung . . . . . . . . . b) Pflege von Voraussetzungen des Grundrechts der Religionsfreiheit wie auch des freiheitliches Staates selbst . . c) Überholtheit des Böckenförde-Diktums? . . . . . . . . . . . . .

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75 76 VII. Bedingungen für Akzeptanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 I. Zeitlose und zeitgebundene Kritik „Kirche und Finanzen“ – die rechts- und staatswissenschaftliche Sektion der Görres-Gesellschaft hat sich für ihre diesjährige Sitzung einen Gegenstand gewählt, der stets die Blicke einer kritischen Öffentlichkeit auf sich zieht. Finanzen begründen für den, der über sie verfügen kann, Macht.1 Dementsprechend gewinnen ebenso die Kirchen durch ihre Finanzen eine hierauf gegründete Mächtigkeit. Diese Mächtigkeit der Kirchen erregt Anstoß, weil sie nicht aus ihrer Sendung erwächst und zum Ideal evangelischer Armut im Widerspruch zu stehen scheint.2 Weiter stellt sie auch deshalb ein Ärgernis dar, weil sie sich den Blicken der Öffentlichkeit und damit deren Kontrolle weitgehend entzieht.3 Ein besonders kritischer Blick fällt auf die Finanzen der Kirchen, wenn sie diese nicht selbst erwirtschaftet haben, sondern sie ihnen von der öffentlichen Hand überlassen worden sind. Es widerstrebt verbreiteten Vorstellungen von der Ordnung des Verhältnisses von Staat und Kirche eines säkularen Gemeinwesens wie des deutschen,4 wenn Staat und Kirche nicht nur part1 Paul Kirchhof, Die Steuern, in: Isensee/ders. (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 118 Rn. 70. 2 Thomas v. Aquin, STh II-II q. 19 a. 12 arg. 1; STh I-II q. 108 a. 4 c.; STh III q. 40 a. 3 c.; STh I-II q. 69 a. 1 S. c.; STh III q. 40 a. 3 c.; STh III q. 40 a. 3 ad 3. 3 Zur Intransparenz kirchlicher Finanzen und deren Ursachen: Claudia Leimkühler, Die Bedeutung von Aufsicht und Kontrolle in der kirchlichen Vermögens- und Finanzverwaltung, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 47 (2013), S. 129 (130). 4 Zur Säkularität des deutschen Staates: Josef Isensee, Staatsaufgaben, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 3. Aufl. 2004, § 73 Rn. 60.

Die Finanzierung der Religionsgemeinschaften

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nerschaftlich zusammenwirken, sondern der Staat den Kirchen auch noch Mittel zur Verfügung stellt, welche die Gemeinschaft der Steuerzahler aufgebracht hat. Gegenwärtig besitzt die Diskussion um die öffentliche Finanzierung der Religionsgemeinschaften gleich aus mehreren Gründen eine zusätzliche Brisanz: Bislang wurde die Forderung nach einer Abschaffung der Beteiligung der öffentlichen Hand am Finanzbedarf der Kirchen stets nur von außen an die Kirchen herangetragen. In seiner „Rede vor engagierten Katholiken aus Kirche und Gesellschaft“ hatte nun Papst Benedikt XVI. auf seiner Apostolischen Reise im Herbst des Jahres 2011 in Freiburg aus dem inneren Zentrum der Kirche der Debatte die Stichworte geliefert, in dem er positiv über die „Streichung von Privilegien“ im Sinne einer die Kirche zu sich selbst führenden „Entweltlichung“ gesprochen hatte.5 Da der Papst in seiner Rede in Freiburg nicht näher ausgeführt hat, was aus dieser Mahnung für die Kirche in Deutschland folgt, deuteten kirchenkritische Kommentatoren sie als Aufforderung, etwa die Kirchensteuer wie auch den schulischen Religionsunterricht abzuschaffen oder aus der Caritas auszusteigen – um nur einige Forderungen zu nennen.6 Die Debatte gipfelte in einem Antrag der Partei Die Linke im Deutschen Bundestag, das vom Grundgesetz geforderte Gesetz zur Ablösung der Staatsleistungen zu erlassen,7 der sich in seiner Begründung auf den Papst wie auf einen Kronzeugen berief; dass Papst Benedikt XVI. seine Freiburger Worte schon wenige Wochen später selbst klarstellend ergänzt und Forderungen nach einer 5 Papst Benedikt XVI., Ansprache an engagierte Katholiken aus Kirche und Gesellschaft, in: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.), Apostolische Reise seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. nach Berlin, Erfurt und Freiburg 22.–25. September 2011. Predigten, Ansprachen und Grußworte, Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls Nr. 189, 2011, S. 145 (151). 6 Darstellung: Thomas Söding, In der Welt, nicht von der Welt. Die Freiburger Rede im Fokus des Neuen Testaments. Drei Thesen und drei Fragen, zur debatte 3/2012, S. 11 (12). 7 BT-Drs. 17/8791, S. 1 ff.

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Abschaffung der genannten Einrichtungen eine Absage erteilt hatte, war nicht zur Kenntnis genommen worden.8 Zudem erreichten wenig später Meldungen über einen mit den Regeln der Kirche unvereinbaren9 und nach allgemeinen Vorstellungen geradezu abstoßenden Umgang kirchlicher Institutionen mit ihnen anvertrauten Mitteln die Öffentlichkeit, die auch der Kirche wohlgesonnene Beobachter teilweise sprachlos werden ließen und zu einer fast an den Rekordwert des „Missbrauchs-Jahrs 2010“ heranreichenden Zahl von Kirchenaustritten führen sollten.10 Im Mittelpunkt der aktuellen Debatte um die öffentliche Finanzierung der Religionsgemeinschaften stehen die Staatsleistungen. Gemeint sind hiermit die Zuwendungen, welche kirchlichen Stellen aufgrund Gesetzes, Vertrags oder eines anderen besonderen Rechtstitels11 seit schon mehreren Jahrhunderten zur Bestreitung ihres Unterhaltes gewährt werden und die nach der auch für das Grundgesetz maßgebenden Bestimmung der Weimarer Reichsverfassung abgelöst werden sollen (Art. 138 Abs. 1 Satz 1 WRV i. V. m. Art. 140 GG),12 dies aber bislang nicht sind.

8 Papst Benedikt XVI., Ansprache an den Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, Herrn Reinhard Schweppe, anlässlich der Überreichung seines Beglaubigungsschreibens, 7. November 2011, abrufbar unter: http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/speeches/2011/no vember/documents/hf_ben-xvi_spe_20111107_ambasciatore-germania_ge. html. 9 Abschlussbericht über die externe kirchliche Prüfung der Baumaßnahme auf dem Domberg in Limburg vom 14. Februar 2014, abrufbar unter: http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/pres se_2014/2014-050b-Abschlussbericht-Limburg.pdf, S. 23, 30 f., 33. 10 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19. Juli 2014, S. 4. 11 Zur Qualifikation des Gesetzes als „allgemeiner“ Rechtstitel und des in der Verfassung genannten Vertrages als bloßer Unterfall der Kategorie des „besonderen“ Rechtstitels: Josef Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 35, S. 1009 (1027). 12 Zum Charakter der Weimarer Kirchenartikel als vollgültiges Verfassungsrecht: BVerfGE 19, 206 (219 f.); 111, 10 (50).

Die Finanzierung der Religionsgemeinschaften

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Bei den Staatsleistungen handelt es sich nun allerdings nicht um die einzige Quelle der öffentlichen Finanzierung der Religionsgesellschaften, sondern andere Quellen kommen hinzu. Über Bedeutung und Legitimität der Staatsleistungen lassen sich damit keine Aussagen treffen, ohne auch diese anderen Finanzquellen mit in den Blick zu nehmen. Die verschiedenen Quellen der Finanzierung der Religionsgesellschaften wiederum sind eingebunden in die Ordnung des Verhältnisses von Staat und Kirche insgesamt, auf die sich der Verfassungsgeber verständigt hat.13 Deren Grundprinzipien sind zunächst in Erinnerung zu rufen, da nur von ihnen aus einzelne Fragen des Staat-KircheVerhältnisses verstanden werden können.14 II. Prinzipien der staatskirchenrechtlichen Ordnung des Grundgesetzes Grundlage der staatskirchenrechtlichen Ordnung des Grundgesetzes ist deren Absage an das Bestehen einer Staatskirche (Art. 137 Abs. 1 WRV i. V. m. Art. 140 GG).15 Die Bedeutung dieser Festlegung der Weimarer Nationalversammlung besteht weniger darin, das Staatskirchentum und landesherrliche Kirchenregiment abzuschaffen; mit der Einführung der Republik hatte das landesherrliche Kirchenregiment sein Subjekt verloren,16 das Staatskirchentum war bereits vor dem Ende des Ers13 Josef Isensee, Die Finanzquellen der Kirchen im deutschen Staatskirchenrecht, JuS 1980, S. 94 (95). 14 Peter Badura, Das Staatskirchenrecht als Gegenstand des Verfassungsrechts, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 6, S. 211 (249 ff.); Martin Morlok, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. III, 2. Aufl. 2004, Art. 140 Rn. 33; Paul Mikat, Staat, Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Benda/Maihofer/Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl. 1995, § 29 Rn. 6; Dirk Ehlers, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 7. Aufl. 2014, Art. 140 Rn. 7. 15 Joseph Listl/Alexander Hollerbach, Das Verhältnis von Kirche und Staat in der Bundesrepublik Deutschland, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), Handbuch des Katholischen Kirchenrechts, 1999, § 118, S. 1268 (1272 f.). 16 Martin Morlok, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. III, 2. Aufl. 2004, Art. 140 GG/Art. 137 WRV Rn. 18.

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ten Weltkriegs nahezu vollständig beseitigt.17 Sinn der Norm ist es vielmehr, das Gebot einer grundsätzlichen institutionellen und organisatorischen Trennung von Staat und Kirche unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen.18 Elemente der auf dieser Basis entfalteten Ordnung sind die strikte religiöse Neutralität des Staates, die Gewähr individueller und kollektiver Religionsfreiheit sowie die Parität aller Religionen und Weltanschauungen.19 Die von der Weimarer Reichsverfassung vorgenommene „Scheidung in der Wurzel“20 zielt dabei nicht auf eine Trennung von Staat und Kirche im Sinne eines Laizismus französischer Prägung.21 Das Grundgesetz lässt in seinem Grundrechtsteil mit der Gewährleistung von Religionsfreiheit als Grundrecht22 und von Religion als ordentlichem Lehrfach wie auch in seinem institutionellen, dem Staatskirchenrecht gewidmeten Abschnitt an zahlreichen Stellen – zu nennen sind hier vor allem der Status der Religionsgesellschaften als Körperschaft des öffentlichen Rechts, Art. 138 Abs. 5 WRV, die Kirchensteuer, Art. 138 Abs. 6 WRV, und die Anstaltsseelsorge, Art. 141 WRV, jeweils i. V. m. Art. 140 GG – erkennen, dass es von der Vorstellung einer offenen, positiven Neutralität getra-

17 Ulrich Scheuner, Artikel Staatskirche, in: Galling (Hrsg.), Die Religion in Geschichte und Gegenwart, Bd. 6, 3. Aufl. 1962, Sp. 314, 315. 18 Axel von Campenhausen/Heinrich de Wall, Staatskirchenrecht. Eine systematische Darstellung des Religionsverfassungsrechts in Deutschland und Europa, 4. Aufl. 2006, S. 94 f. 19 Joseph Listl/Alexander Hollerbach, Das Verhältnis von Kirche und Staat in der Bundesrepublik Deutschland, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), Handbuch des Katholischen Kirchenrechts, 1999, § 118, S. 1268 (1272). 20 Alexander Hollerbach, Die Kirchen unter dem Grundgesetz, VVDStRL 26 (1968), S. 57 (68). 21 Zum Verhältnis Staat und Kirche in Frankreich Stefan Mückl, Europäisierung des Staatskirchenrechts, 2005, S. 143 ff., insbesondere zum loi de la séparation (Trennungsgesetz) vom 9. Dezember 1905, abgedruckt in DZKR 16 (1906), S. 370 ff.; deutsche Übersetzung: Johannes B. Sägmüller, Die Trennung von Staat und Kirche: eine kanonistisch-dogmatische Studie, 1907, Beilage. 22 Martin Morlok, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. III, 2. Aufl. 2004, Art. 140 Rn. 34.

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gen ist.23 Es will das Religiöse nicht aus dem Bereich des Öffentlichen verbannen, sondern ihm dort Raum zur Entfaltung geben.24 Der Modus, in dem sich die Begegnungen von Staat und Kirche unter dem Grundgesetz ereignen, lässt sich beschreiben mit dem Begriff der Kooperation, der einvernehmlichen Zusammenarbeit von einander unabhängiger Partner.25 Auf dieser Grundlage kommt es in dem vom Grundgesetz verfassten Gemeinwesen zu zahlreichen Berührungen von staatlicher und kirchlicher Sphäre, die in der Verfassung entweder schon selbst vorgesehen oder in dieser zumindest angelegt sind. Die Unterstützung, welche die Kirchen hierbei vom Staat erfährt, erstreckt sich auch auf den Bereich der Finanzen. Denn Religionsgemeinschaften leben in dieser Welt. Sie bedürfen, nicht anders als andere Organisationen auch, einer finanziellen Grundlage, um ihre verschiedenen Aufgaben erfüllen zu können. Eine arme Kirche ist, anders als dies, wie erwähnt, in der Öffentlichkeit vielfach angenommen wird, also gerade kein

23 Ernst-Wolfgang Böckenförde, Der säkularisierte, religionsneutrale Staat als sittliche Idee – Die Reinigung des Glaubens durch die Vernunft, in: ders. (Hrsg.), Wissenschaft, Politik, Verfassungsgericht, 2011, S. 84 (87); Stefan Korioth, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand: 72. Erg.-Lfg. (Juli 2014), Art. 140 Rn. 31; Paul Mikat, Staat, Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Benda/Maihofer/Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl. 1995, § 29 Rn. 11; Martin Heckel, Zur Ordnungsproblematik des Staatskirchenrechts im säkularen Kultur- und Sozialstaat, JZ 1994, S. 425 (428 f.); Arnd Uhle, Staat – Kirche – Kultur, 2003, S. 61. 24 BVerfGE 41, 29 (50); Christian Hillgruber, Staat und Religion, DVBl. 1999, S. 1155 (1174 f.). 25 BVerwG, JZ 1997, 1114 (1115); Joseph Listl/Alexander Hollerbach, Das Verhältnis von Kirche und Staat in der Bundesrepublik Deutschland, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), Handbuch des Katholischen Kirchenrechts, 1999, § 118, S. 1268 (1273); zum Prinzip der Kooperation von Staat und Kirche als Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils siehe Art. 76 Abs. 3 Vaticanum II Gaudium et Spes, in: Hünermann (Hrsg.), Die Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils – Konstitutionen, Dekrete, Erklärungen, hier zit. nach der Lateinisch-Deutschen Studienausgabe, 3. Aufl. 2012, S. 721.

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Ideal, das sie anstreben sollte. Sie könnte dann ihre Sendung nicht erfüllen.26 III. Öffentliche Finanzierung der gemeinsamen Angelegenheiten 1. Allgemeines So arbeiten Staat und Kirche partnerschaftlich zusammen in den Bereichen, in denen sich die Wirkungsfelder von Staat und Kirche teilweise überschneiden, auf den Feldern der sogenannten gemeinsamen Angelegenheiten (res mixtae).27 Zu nennen sind hier der Religionsunterricht an öffentlichen Schulen, die theologischen Fakultäten an staatlichen Hochschulen sowie der Bereich der Anstaltspastoral, unter den so verschiedene Einrichtungen wie die Seelsorge in Krankenhäusern und Pflegeheimen, in Militär und Polizei wie auch in Gefängnissen zusammengefasst werden. Dem Zusammengehen von Staat und Kirche auf allen diesen Feldern ist gemeinsam, dass der Staat sich hier Angelegenheiten zu Eigen macht, die zugleich in einer Zweckbeziehung zum kirchlichen Wirkungskreis stehen.28 2. Religionsunterricht Das Grundgesetz erklärt den Religionsunterricht zum ordentlichen Lehrfach (Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG). Es verpflichtet den Staat, Unterricht in Religion, der für die Kirchen und ihren pastoralen Auftrag wesentliche Bedeutung besitzt,29 an öffentlichen

26 Gerhard Robbers, Förderung der Kirchen durch den Staat, in: Listl/ Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 31, S. 867 (889); siehe auch Stefan Haering, Modelle der Kirchenfinanzierung im Überblick, in diesem Band, S. 11. 27 Zur Kategorie: Dirk Ehlers, Die gemeinsamen Angelegenheiten von Staat und Kirche, ZevKR 32 (1987), S. 158 (171 ff.). 28 Axel von Campenhausen/Heinrich de Wall, Staatskirchenrecht. Eine systematische Darstellung des Religionsverfassungsrechts in Deutschland und Europa, 4. Aufl. 2006, S. 220.

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Schulen für alle Schüler nicht als Wahl-, sondern als Pflichtfach, frei von Diskriminierungen gegenüber anderen Fächern in der gesamten Schulzeit zu erteilen.30 Ist Religion damit aber ein Fach, das der Staat als „Unternehmer“ an seinen Schulen einrichten muss,31 so ist es zwingend, dass er für diesen Unterricht die persönlichen und sachlichen Kosten in vollem Umfang trägt.32 Die Zuweisung der finanziellen Last für die Erteilung des Religionsunterrichts an den öffentlichen Schulen an den Staat hat damit im Grundgesetz selbst ihre rechtliche Grundlage. Nun lässt sich einwenden, dass die positiv-rechtliche Statuierung des Religionsunterrichts und der sich daraus ergebenden Finanzierungslast noch nichts besagt über deren Legitimität. Die eigentliche Frage ist daher, warum das Grundgesetz Religion überhaupt in den Rang eines ordentlichen Lehrfachs erhoben hat und diese Entscheidung heute noch überzeugt. Die Antwort hierauf ergibt sich zum einen aus der Aufgabe der öffentlichen Schule. Wenn es Aufgabe der öffentlichen Schule ist, die heranwachsende Jugend in die Fragen ihrer Umwelt in einem umfassenden, die geistige, politische und soziale Dimension umspannenden Sinne einzuführen und ihr Fähigkeiten zur Bewältigung ihres Daseins auch in seiner sozialen Bestimmtheit zu vermitteln, wird Schule ein Unterrichtsfach Religion nicht aussparen können.33 Religion ist ein die Geschichte und Gegen-

29 Wilhelm Rees, Der Religionsunterricht, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), Handbuch des Katholischen Kirchenrechts, 2. Aufl. 1999, § 70, S. 734. 30 BVerfGE 74, 244 (251); BVerwGE 110, 326 (333); Michael German, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Onlinekommentar GG, Ed. 23 (Stand: 1. Dezember 2014), Art. 7 Rn. 48 f.; Peter Badura, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand: 72. Erg.-Lfg. (Juli 2014), Art. 7 Rn. 75 f. 31 Axel von Campenhausen/Heinrich de Wall, Staatskirchenrecht. Eine systematische Darstellung des Religionsverfassungsrechts in Deutschland und Europa, 4. Aufl. 2006, S. 220. 32 BVerwGE 110, 326 (333); Bernhard Schlink, Der Religionsunterricht in den neuen Ländern, NJW 1992, S. 1008 (1009). 33 Christoph Link, Religionsunterricht, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 2. Aufl. 1995, § 54, S. 439 (453).

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wart des Menschen prägender Faktor, mit Staat und Kultur gehört sie zu den „drei Potenzen“ im Sinne Jacob Burckhardts, welche die Geschicke der Welt bestimmen:34 „Bildung, die nicht das Christentum einschließt, ist in Europa nicht möglich“.35 Zum anderen entspricht die Entscheidung für den Religionsunterricht dem Neutralitätsgebot, denn mit einer Schule ohne Religionsunterricht würde der Staat Partei nehmen gegen Religion und sich nicht neutral verhalten.36 Schließlich fördert der Religionsunterricht die Grundrechtsentfaltung der Kinder, der Eltern wie auch der Religionsgemeinschaften und ist so von der positiven, die geschützte Freiheit ermöglichenden Funktion des Grundrechts unterfangen.37 Denn Grundrechte sind nicht nur Abwehrrechte gegen den Staat, sondern geben dem Staat das Recht, die Ausübung der in ihr geschützten Freiheit zu ermöglichen.38 Eine Rechtfertigung dafür, dem Grundrecht der Religionsfreiheit diese Funktion vorzuenthalten, gibt es nicht.39

34 Jacob Burckhardt, Weltgeschichtliche Betrachtungen, 1905, S. 29 ff. und passim. 35 Josef Isensee, Verfassungsstaatliche Erwartungen an die Kirche, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 25 (1991), S. 104 (106). 36 Gerhard Robbers, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, 6. Aufl. 2010, Art. 7 Rn. 115; Michael German, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Onlinekommentar GG, Ed. 23 (Stand: 1. Dezember 2014), Art. 7 Rn. 43. 37 Christoph Link, Religionsunterricht, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 2. Aufl. 1995, § 54, S. 439 (504 f.); Stefan Mückl, Freiheit kirchlichen Wirkens, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, 3. Aufl. 2009, § 161 Rn. 28; Michael German, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Onlinekommentar GG, Ed. 23 (Stand: 1. Dezember 2014), Art. 7 Rn. 44; Peter Badura, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand: 72. Erg.-Lfg. (Juli 2014), Art. 7 Rn. 65; Peter von Unruh, Religionsverfassungsrecht, 2. Aufl. 2012, § 12 Rn. 415. 38 Sebastian Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke (Hrsg.), Grundgesetz, 13. Aufl. 2014, Vorb. vor Art. 1 Rn. 14 m. w. N. 39 Zur Selbstverständlichkeit dieser Grundrechtsfunktion bei der Religionsfreiheit: Gerhard Robbers, Förderung der Kirchen durch den Staat, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 31, S. 867 (877, 888).

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Doch beschränkt sich das Grundgesetz beim Fach Religion nicht auf eine schlichte Wissensvermittlung. Es verlangt, dass der Religionsunterricht in „Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften“ gehalten werden soll (Art. 7 Abs. 3 Satz 2 GG). Die hiermit geforderte Erteilung des Unterrichts in „konfessioneller Positivität und Gebundenheit“ 40 bedeutet keine irreguläre Abweichung vom Prinzip religiöser Neutralität, wie es nicht selten heißt,41 sondern vermag sich ihrerseits als legitim zu erweisen. Die Konfessionalität des Religionsunterrichts ist sachlich geboten, da die Schule die Schüler auch dazu befähigen soll, einen eigenen sittlichen Standort zu bestimmen.42 Dies gelingt aber am ehesten, wenn der Schüler den Beitrag seiner Konfession zum Ausgangspunkt nehmen kann. Mit der Festlegung auf Religion als ordentliches Lehrfach an den öffentlichen Schulen in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaft geht es dem Grundgesetz als der Verfassung eines Staates, dessen Bevölkerung ihre Maßstäbe für sittliches Verhalten in ihrer weit überwiegenden Mehrheit nach wie vor auch den Lehren der Kirchen entnimmt, nicht zuletzt darum, bei den Schülern die Grundlagen zu legen, damit diese ein gesittetes Leben führen können.43 Als freiheitlicher, re40 Gerhard Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reiches, 14. Aufl. 1933, Art. 149 Anm. 4. 41 Ludwig Renck, Über positive und negative Bekenntnisfreiheit, NVwZ 1994, S. 544 (546); Erwin Fischer, Volkskirche Ade! 4. Aufl. 1993, S. 119; siehe auch Janbernd Oebbecke, Reichweite und Voraussetzungen der grundgesetzlichen Garantie des Religionsunterrichts, DVBl. 1996, S. 336 (341); Widerlegung der These einer Durchbrechung des Prinzips der Bekenntnisneutralität durch das Institut des Religionsunterrichts: Arnd Uhle, Die Verfassungsgarantie des Religionsunterrichts und ihre territoriale Reichweite, DÖV 1997, S. 409 (411 ff.); Ulrich Scheuner, Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6.7.1973 (Az: VII C 36.71), BVerwGE 42, 346 = NJW 1973, 1815, NJW 1973, S. 2315. 42 Christoph Link, Religionsunterricht, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 2. Aufl. 1995, § 54, S. 439 (454). 43 Axel von Campenhausen/Heinrich de Wall, Staatskirchenrecht. Eine systematische Darstellung des Religionsverfassungsrechts in Deutschland und Europa, 4. Aufl. 2006, S. 242 (246); Martin Heckel, Der Rechtssta-

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ligiös und weltanschaulich neutraler Staat pflegt er im Sinne des Böckenförde-Diktums44 so die Voraussetzungen, auf denen seine Wirksamkeit ruht.45 3. Theologische Fakultäten Mit der Einrichtung und Finanzierung theologischer Fakultäten an den staatlichen Hochschulen, die ebenfalls bei den gemeinsamen Angelegenheiten zu nennen sind, beteiligt sich der Staat an der Erfüllung kirchlicher Aufgaben, da an den theologischen Fakultäten die „Diener des geistlichen Amtes“ ausgebildet46 und ihre Lehren entfaltet werden.47 Anders als der Religionsunterricht sind die theologischen Fakultäten und die staatliche Mitwirkung an diesen nicht im Text des Grundgesetzes, sondern nur in einigen Landesverfassungen48 und staatskirchenvertraglich ausdrücklich normiert.49 Gleichwohl sind die Verankerung von Theologie in eigenen Fakultäten an den staatlichen tus des Religionsunterrichts im pluralistischen Verfassungssystem des Grundgesetzes, ZThK 97 (2000), S. 128 (131 f.). 44 Ernst-Wolfgang Böckenförde, Die Entstehung des Staates als Vorgang der Säkularisation, in: Ernst Forsthoff zum 65. Geburtstag, 1967, S. 75 (93); zuletzt dazu Josef Isensee, Der lange Weg zu „Dignitas humanae“ – Konvergenzen und Divergenzen von kirchlichem Wahrheitsanspruch und verfassungsstaatlichem Freiheitsverständnis, in: Hillgruber (Hrsg.), Das Christentum und der Staat. Annäherungen an eine komplexe Beziehung und ihre Geschichte, 2014, S. 51 (69 ff.). 45 Christoph Link, Religionsunterricht, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 2. Aufl. 1995, § 54, S. 439 (508 f.); Stefan Mückl, Freiheit kirchlichen Wirkens, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, 3. Aufl. 2009, § 161 Rn. 28. 46 Axel von Campenhausen/Peter Unruh, in: von Mangoldt/Klein/ Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 WRV Rn. 120. 47 Bernd Jeand’Heur/Stefan Korioth, Grundzüge des Staatskirchenrechts, 2000, Rn. 326. 48 Siehe Art. 110 Abs. 1 SächsVerf. 49 Alexander Hollerbach, Theologische Fakultäten, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 2. Aufl. 1995, § 56, S. 549 (557 ff.).

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Hochschulen und die daran anknüpfende staatliche Kostentragung nicht minder gerechtfertigt als dies im Hinblick auf den Religionsunterricht der Fall gewesen ist – nicht etwa handelt es sich um ein „verfassungswidriges Zusammengehen“ von Kirche und Staat, wie es gelegentlich heißt.50 So erfahren die theologischen Fakultäten an den staatlichen Hochschulen ihre Rechtfertigung, was oft übersehen wird, zunächst einmal schon daraus, dass dort nicht nur Geistliche studieren, sondern auch die Lehrer ausgebildet werden, die den Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen halten.51 Wenn das Grundgesetz den von ihm verfassten Staat dazu verpflichtet, Religion an öffentlichen Schulen als ein ordentliches Lehrfach „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften“ zu erteilen, dann muss dieser Staat gewährleisten, dass es überhaupt hinreichend qualifizierte Lehrer gibt, die einen solchen Unterricht anbieten können. Zudem gehört Theologie jedoch auch zum Kanon der Wissenschaften,52 eine theologische Fakultät zum Vollbild einer Universität.53 Damit erwächst aber auch aus der grundrechtlichen Garantie der Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) für den Staat das Recht, die wissenschaftliche Erforschung der Theologie an seinen Hochschulen zu ermöglichen.54 Schließlich geht es mit der Entscheidung für Theologie an den Universitäten wiederum auch um die Förderung grundrechtlich geschützter Religionsfreiheit, denn 50 Erwin Fischer, Volkskirche Ade! 4. Aufl. 1993, S. 135; Ludwig Renck, Verfassungsprobleme der theologischen Fakultäten, NVwZ 1996, S. 333 ff. 51 Alexander Hollerbach, Theologische Fakultäten, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 2. Aufl. 1995, § 56, S. 549 (554). 52 Walter Kasper, Theologie, in: Staatslexikon der Görres-Gesellschaft, Bd. 5, 7. Aufl. 1989, Sp. 450, 454. 53 Alexander Hollerbach, Theologische Fakultäten, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 2. Aufl. 1995, § 56, S. 549. 54 Alexander Hollerbach, Theologische Fakultäten, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 2. Aufl. 1995, § 56, S. 549 (554 ff.).

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die wissenschaftliche Aufbereitung der Glaubensinhalte dient der Verwirklichung von Religion.55 4. Anstaltsseelsorge Zu den gemeinsamen Angelegenheiten gehört schließlich, wie erwähnt, die Anstaltsseelsorge.56 Das Grundgesetz gewährleistet den Religionsgemeinschaften ein Zutrittsrecht57 zu militärischen Einrichtungen, Krankenhäusern, Strafanstalten und sonstigen öffentlichen Anstalten, um in diesen religiöse Handlungen vornehmen zu können, soweit dort ein Bedürfnis nach Gottesdienst und Seelsorge besteht (Art. 141 WRV i. V. m. Art. 140 GG). Die Institution der Anstaltsseelsorge ist von dem Gedanken getragen, dass Menschen, die sich – freiwillig oder unfreiwillig – in einer der genannten institutionellen Gegebenheiten befinden, daran gehindert sind, ihr Grundrecht der Religionsfreiheit ungehindert auszuüben.58 Das Grundgesetz gibt dem Staat als dem 55 Alexander Hollerbach, Theologische Fakultäten, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 2. Aufl. 1995, § 56, S. 549 (556). 56 Zu dieser Qualifikation: Axel von Campenhausen/Heinrich de Wall, Staatskirchenrecht. Eine systematische Darstellung des Religionsverfassungsrechts in Deutschland und Europa, 4. Aufl. 2006, S. 220 f. 57 Zum Verständnis des Begriffs „zulassen“ als Recht auf Zutritt, dazu: Dietrich Pirson, Die Seelsorge in staatlichen Einrichtungen als Gegenstand des Staatskirchenrecht, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 23 (1989), S. 4 (11 ff.), und Vornahme religiöser Handlungen, Martin Morlok, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. III, 2. Aufl. 2004, Art. 140 GG/141 WRV Rn. 12, 14. 58 Rudolf Seiler, Seelsorge in Bundeswehr und Bundesgrenzschutz, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 2. Aufl. 1995, § 68, S. 961; Markus Heintzen, Polizeiseelsorge, ebd., § 69, S. 985 (988); Susanne Eick-Wildgans, Anstaltsseelsorge, ebd., § 70, S. 995; Martin Morlok, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. III, 2. Aufl. 2004, Art. 140 GG/141 WRV Rn. 5; Stefan Korioth, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand: 72. Erg.-Lfg. (Juli 2014), Art. 140 GG/141 WRV Rn. 1; Axel von Campenhausen/Heinrich de Wall, Staatskirchenrecht. Eine systematische Darstellung des Religionsverfassungsrechts in Deutschland und Europa, 4. Aufl. 2006, S. 221; jeweils auch zum Folgenden.

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Organisator dieser Einrichtungen auf, für die Verwirklichung der grundrechtlichen Freiheit seiner Bürger auch hier zu sorgen.59 Die Übernahme der Kosten der Anstaltsseelsorge im vertraglichen Wege durch den Staat ist dann nur eine folgerichtige Konsequenz dieser grundrechtlichen Funktion. IV. Subventionen 1. Förderung des Engagements der Kirchen im kulturellen und sozialen Bereich Auf einem anderen Blatt stehen die finanziellen Vergünstigungen, welche der Staat den Kirchen für ihr soziales und kulturelles Engagement gewährt. Der Staat beteiligt sich sowohl direkt durch Zahlungen als auch indirekt durch steuer- und andere abgabenrechtliche Besserstellungen an den Kosten der von den Kirchen getragenen Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen und Einrichtungen der Erwachsenenbildung, der von den Kirchen organisierten Pflege von Kulturdenkmalen oder der kirchlichen Entwicklungshilfe. Die Kirchen wenden sich hier Angelegenheiten zu, die der freiheitliche Staat als öffentliche Aufgabe ansieht, d.h. als Aufgabe, an deren Erfüllung er ein Interesse hat.60 Als Kultur- und Sozialstaat wäre der Staat ohne das Engagement der Kirchen sonst zu einem eigenen Handeln verpflichtet. Die Aktivität der Kirchen entlastet den Staat von eigenem Tun, seine Unterstützungsleistungen wirken so funktional als Entgelt für diese Befreiung, als Aufwendungsersatz.61 Rechtsdogmatisch sind diese Gewährungen Subventionen, bei denen die Kirchen nicht anders gefördert werden als andere gemeinnützige Träger auch. Die Unterstützung der Kirchen wie auch anderer freier Träger in diesem Bereich stärkt das Subsidiaritätsprinzips und führt zu einer Gewaltenteilung zwischen Staat und Gesellschaft. 59 Martin Morlok, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. III, 2. Aufl. 2004, Art. 140 GG/141 WRV Rn. 5. 60 Josef Isensee, Staatsaufgaben, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 3. Aufl. 2004, § 73 Rn. 12. 61 Josef Isensee, Die Finanzquellen der Kirchen im deutschen Staatskirchenrecht, JuS 1980, S. 94 (96 f.); auch zum Folgenden.

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Die Gefahren, die für die Kirchen mit derartigen Subventionen regelmäßig in Verbindung gebracht werden, wie die einer hierdurch ausgelösten Expansion der kirchlichen Tätigkeit, einer Zunahme ihrer Abhängigkeit von staatlichen Zuwendungen und des Verlusts ihres Eigenen durch Einbindung in das staatliche Leistungsprogramm,62 sind heute nicht mehr das zentrale Problem. Die Schwierigkeiten der Gegenwart liegen in etwas ganz anderem. Wenn es etwa im Bistum Essen nicht mehr möglich ist, die Stelle der hauptamtlichen Leiterin eines Kindergartens mit einer Katholikin zu besetzen,63 verliert die Subventionierung kirchlicher Kindergärten ihren Sinn. Das Problem ist mithin nicht der Ausbau, sondern der Rückbau kirchlicher Einrichtungen als Folge der fortschreitenden Abnahme kirchlicher Bindung. 2. Förderung der realen Voraussetzungen der Ausübung der grundrechtlich geschützten Religionsfreiheit und des religiösen Wirkens der Kirchen an sich Der Staat subventioniert die Kirchen jedoch nicht nur für ihre staatsentlastenden Tätigkeiten, sondern auch für ihr religiöses Wirken an sich. So gewährt er den Kirchen den Status der Gemeinnützigkeit nicht nur für deren wohltätiges Handeln, sondern ausdrücklich auch für die „Abhaltung von Gottesdiensten“ (§ 54 Abs. 2 AO); in gleicher Weise können andere Abgabenbefreiungen64 wie auch die Absetzbarkeit von Spenden im Einkommensteuerrecht (§ 10b EStG) dieser Dimension kirchlichen 62 Otto Depenheuer, Finanzierung und Organisation der kirchlichen Krankenhäuser, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 2. Aufl. 1995, § 60, S. 757 (759 f.); Wolfgang Rüfner, Die Expansion des Sozialstaats und die christliche Wohlfahrtspflege, in: Fiedler/Ress (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Wilhelm Karl Geck, 1989, S. 685 (690 ff.). 63 Franz-Josef Overbeck, Diskussionsbeitrag, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 45 (2012), S. 33 (34). 64 Darstellung: Gerhard Hammer, Steuer- und Gebührenbefreiungen der Kirchen, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 36, S. 1065 (1067 ff., 1086 ff.).

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Wirkens zugutekommen. Die staatliche Förderung der Kirchen richtet sich hier auf die Voraussetzungen der Ausübung des Grundrechts der Religionsfreiheit und zudem wiederum auf die Förderung der Voraussetzungen seiner selbst. V. Abgrenzung: Kirchensteuer Nicht zum Fragenkreis der Finanzierung der Religionsgemeinschaften durch die öffentliche Hand gehört die Kirchensteuer.65 Die Kirchensteuer wird gezahlt von den Kirchenmitgliedern, nicht vom Staat. Der Staat zieht die Steuer für die Kirchen zwar ein, lässt sich diese Hilfeleistung von diesen jedoch vergüten, und zwar in einem Maße, welches die ihm entstehenden Kosten regelmäßig übersteigt.66 Die Zurverfügungstellung des Rechtskleids der Kirchensteuer an sich in der Verfassung (Art. 137 Abs. 6 WRV i. V. m. Art. 140 GG) ist zwar eine rechtliche Besserstellung der Kirchen und so als Förderung anzusehen;67 einen Transfer öffentlicher Mittel auf die Kirchen verbindet sich hiermit indes nicht. Ihre Zurverfügungstellung findet ihre Rechtfertigung darin, dass der Staat mit ihr historisch einen ersten Schritt zur Lösung der Kirchen aus seiner Abhängigkeit und Fürsorge gegangen ist.68 Die Absetzbarkeit der Kirchensteuer als Sonderausgabe im Einkommensteuerrecht hat mit öffentlicher Finanzierung der Kirchen ebenfalls nichts zu tun. Sie ist ein Gebot der Besteuerung der Kirchenmitglieder nach ihrer 65 Josef Isensee, Gut aufgehoben, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. Dezember 2013, S. 7. 66 Christoph Link, Staat und Kirche im Rahmen des europäischen Einigungsprozesses, ZevKR 42 (1997), S. 130 (131, 150 f.). 67 Dietrich Pirson, Die Förderung der Kirche als Aufgabe des säkularen Staates, Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 28 (1984), S. 83 (88); Heiner Marré, Die Kirchensteuer als Paradigma staatlicher Kirchenförderung, KuR 1995, S. 33 (37 ff.). 68 Siegfried Grundmann, Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Kirchensteuersachen und das Bundesverfassungsgericht, JZ 1967, S. 193 (195); Axel von Campenhausen/Peter Unruh, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 140 GG i.V. m. Art. 137 WRV Rn. 264, 266.

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Leistungsfähigkeit69 unter dem Gesichtspunkt der Abziehbarkeit unvermeidbarer Privatausgaben.70 Die Kirchensteuer ist von allen denkbaren Formen, eine Religionsgemeinschaft zu finanzieren, die freiheitlichste Form, in der dies geschehen kann.71 Es besteht daher kein Grund, ihren Fortbestand in Frage zu stellen. Dies gilt auch für die Erstreckung der Kirchensteuer auf Kapitalerträge. Denn entscheiden sich die Kirchen dafür, die Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer zur erheben,72 knüpfen sie an deren Bemessungsgrundlage an.73 Anders als bei subventiven Steuerbefreiungen, bei denen der Nachvollzug der Einkommensteuer bei der Kirchensteuer häufig nicht zu erklären und die Anknüpfung an die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer daher schon immer in Frage gestellt worden 69 Felix Hammer, Rechtsfragen der Kirchensteuer, 2002, S. 416; Peter Axer, Die Steuervergünstigungen für die Kirchen im Staat des Grundgesetzes, ArchKathKR 156 (1987), S. 460 (484); Wolfgang Schön, Kirchliche Hoheitsbetriebe, DStZ 1997, S. 385 (390 f.); Sebastian Müller-Franken, Staatliche Religionsförderung und Europarecht, in: Pulte/Hense (Hrsg.), Grund und Grenzen staatlicher Religionsförderung unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Staat und Katholischer Kirche in Deutschland und Europa, 2014, S. 185 (202). 70 Dazu: BVerfGE 107, 27 (48); 110, 412 (433); Johanna Hey, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, 21. Aufl. 2013, § 8 Rn. 42, 70 ff. 71 Sebastian Müller-Franken, Kirchenfinanzierung im freiheitlichen Staat des Grundgesetzes, BayVBl. 2007, S. 33 (37); Arnd Uhle, Kirchenfinanzierung in Europa: Erscheinungsformen, Eignung, Zukunftsperspektiven, in: Rees/Roca/Schanda (Hrsg.), Neuere Entwicklungen im Religionsrecht europäischer Staaten, 2013, S. 743 (787); ders., Die öffentliche Finanzierung der Religionsgemeinschaften im säkularen Verfassungsstaat. Anmerkungen zu ihrer Legitimität und ihren Erscheinungsformen, in: Gerosa/Müller (Hrsg.), Politik ohne Religion? – Laizität des Staates, Religionszugehörigkeit und Rechtsordnung, 2014, S. 191 (208 f., 212 ff., 217 f.). 72 Zu den verschiedenen Möglichkeiten: Felix Hammer, Rechtsfragen der Kirchensteuer, 2002, S. 128 ff. 73 Alexander Hollerbach, Kirchensteuer und Kirchenbeitrag, in: Listl/ Schmitz (Hrsg.), Handbuch des Katholischen Kirchenrechts, 1999, § 101, S. 1078 (1087); Roman Seer, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, 21. Aufl. 2013, § 8 Rn. 962.

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ist,74 ist bei den Kapitalerträgen gegen die Anknüpfung der Kirchensteuer an die Einkommensteuer nichts zu erinnern; die Besteuerung der Kapitalerträge ist ein Gebot einer gleichmäßigen Besteuerung aller Steuerpflichtigen nach ihrer Leistungsfähigkeit.75 Die Umstellung des Einzugs der Kirchensteuer auf Kapitalerträge auf das Quellenabzugsverfahren, wie dies vom Jahr 2015 an vorgesehen ist,76 ist dabei rechtlich konsequent; das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Zinsurteil im Jahre 1991 für die Besteuerung von Kapitalerträgen klargestellt, dass aus Gründen der Gleichheit im Vollzug das Deklarations- durch das Verifikationsprinzip zu ergänzen ist,77 was zur Einführung einer Quellenbesteuerung bei Kapitalerträgen geführt hat. Die Kirchen, die bei der Ausübung der ihnen geliehenen Hoheitsgewalt an den Gleichheitssatz gebunden sind,78 können sich für ihre Entscheidung, die Kirchensteuer auf Kapitalerträge als Quellensteuer zu erheben, darauf berufen. Allerdings ist nicht zu übersehen, dass allein die Ankündigung dieser Form der Erhebung der Kirchensteuer auf Kapitalerträge zu einem sprunghaften Anstieg der Zahl der Kirchenaustritte geführt hat.79 Offensichtlich scheint hier finanzpsychologisch in Zeiten, in denen die Höhe der Sparzinsen unterhalb der

74 Dazu: Ferdinand Kirchhof, Verwerfungen der Kirchenzuschlagsteuern wegen des Maßstabs der Einkommensteuer, in: Kästner/Nörr/ Schlaich (Hrsg.), Festschrift für Martin Heckel zum siebzigsten Geburtstag, 1999, S. 373 (377 ff.). 75 Heike Jochum/Franz Wassermeyer, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), EStG, § 20 Rn. A 156. 76 Dazu: Roman Seer, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, 21. Aufl. 2013, § 8 Rn. 973. 77 BVerfGE 84, 239 (267 ff.). 78 BVerfG, NVwZ 2002, 1496 (1497 f.); Felix Hammer, Rechtsfragen der Kirchensteuer, 2002, S. 294 ff.; Heinrich de Wall, Der Gleichheitssatz im Kirchensteuerrecht – zum Kammerbeschluss des BVerfG vom 19.8. 2002, in: Muckel (Hrsg.), Kirche und Religion im sozialen Rechtsstaat. Festschrift für Wolfgang Rüfner zum 70. Geburtstag, 2003, S. 945 (950 ff.). 79 Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 3. August 2014, S. 15.

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Höhe der Inflationsrate liegt, die Grenze der Opferbereitschaft auch bei vielen grundsätzlich treuen Kirchenmitgliedern überschritten zu sein, was sich an den Austritten gerade älterer Kirchenmitglieder manifestiert – ein Phänomen, das es bei anderen Austrittswellen so bislang nicht gegeben hat.80 Die Frage, ob das verfassungsrechtlich den Kirchen gewährleistete Recht, ihre Angelegenheiten selbständig zu ordnen und zu verwalten (Art. 137 Abs. 3 WRV i. V. m. Art. 140 GG) wie auch der Gedanke, dass es sich bei Finanzierung der Kirchen durch ihre Mitglieder nach kanonischem Recht um einen Beitrag handelt,81 den Kirchen erlaubt hätten, auf das Empfinden ihrer Mitglieder Rücksicht zu nehmen82 und, anders als das staatliche Recht, von der Einführung einer Quellensteuer abzusehen – immerhin kennt die Kirchensteuer bei sehr hohen Einkommen zur Vermeidung eines Kirchenaustritts Kappungsgrenzen und damit eine Deckelung der Steuerhöhe,83 was im staatlichen Recht mit Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12. August 2014, S. 23. Peter Axer, Die Kirchensteuer als gemeinsame Angelegenheit von Staat und Kirche, in: Muckel (Hrsg.), Kirche und Religion im sozialen Rechtsstaat. Festschrift für Wolfgang Rüfner zum 70. Geburtstag, 2003, S. 13 (25 f.); Werner Heun, Das Gesetz in Staat und Kirche ZevKR 49 (2004), S. 443 (462); Christian Waldhoff, Zur Grundrechtsbindung bei der Erhebung von Kirchensteuern im Bundesstaat, StuW 2005, S. 37 (42, 44); zu erwähnen ist, dass kirchenrechtlich die Finanzierung der Kirchen durch eine Steuer Ausnahmecharakter trägt, während die erbetene Unterstützung den Normalfall darstellt. Diese ist zwar als regelmäßige Zuwendung mehr als eine bloße Spende aus Freigebigkeit, ihre tatsächliche Leistung hängt jedoch gleichwohl von der Freiwilligkeit des Verpflichteten ab und ist nicht sanktionsbewehrt, Alexander Hollerbach, Kirchensteuer und Kirchenbeitrag, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), Handbuch des Katholischen Kirchenrechts, 1999, § 101, S. 1078 (1080); Matthias Pulte, Kirchenrechtliche Vorgaben für Kirchenfinanzierung und kirchliche Vermögensverwaltung, in diesem Band, S. 127. 82 Zu den Bewegungsräumen der Kirchen, vom Leistungsfähigkeitsprinzip abzuweichen, Felix Hammer, Rechtsfragen der Kirchensteuer, 2002, S. 365 ff.; Heiner Marré, Das kirchliche Besteuerungsrecht, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 34, S. 1101 (1134 f.). 83 Jörg Giloy/Walter König, Kirchensteuerrecht in der Praxis, 1993, S. 91 f., 98. 80 81

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dem Gleichheitssatz nicht vereinbar wäre84 –, braucht nicht mehr beantwortet zu werden. Die für das Jahr 2015 angekündigte Umstellung des Erhebungsverfahrens kann aufgrund des dann drohenden Vertrauensverlusts jetzt nicht mehr abgesagt werden. Die Entwicklung hat jedoch gezeigt, dass es in jedem Falle von den Kirchen unüberlegt war, die Kommunikation dieser Umstellung allein den Banken zu überlassen und nicht von vornherein selbst ihren Mitgliedern die Neuerung zu erklären.85 Generell sollte diese Erfahrung den Kirchen Anlass geben, zukünftig in viel stärkerem Maße als bisher aktiv auf ihre Mitglieder zuzugehen und sie über die Kirchensteuer, ihre Grundlagen, ihre Erhebung und ihre Verwendung zu informieren.86 Für die in den Kirchen verbreitete Einstellung, die Kirchensteuer sei diskret zu vereinnahmen und mit Gläubigen über das unschickliche Thema Geld nicht zu sprechen, fehlt zunehmend auch bei treuen Mitgliedern die Akzeptanz. VI. Staatsleistungen 1. Gehalt und Ursprung Im Mittelpunkt der Debatte um die öffentliche Finanzierung der Religionsgemeinschaften stehen indes, wie erwähnt, die Staatsleistungen. Gemeint sind hiermit Leistungen des Staates an die Kirchen zu Lasten der allgemeinen Haushalte – sei es positiv als Dotation in Form direkter Transfers von Geld-, Sachoder Dienstleistungen, sei es negativ durch abgabenrechtliche Vergünstigungen87 –, welche diese in die Lage versetzen sollen,

Felix Hammer, Rechtsfragen der Kirchensteuer, 2002, S. 365. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 16. August 2014, S. 25. 86 Dazu: Michael Himmelsbach, Öffentliche Finanzmittel im diözesanen Haushalt. Entwickelt und dargestellt am Beispiel des Erzbistums Freiburg, in diesem Band, S. 153; Hermann J. Schon, Transparenz und Kontrolle der Kirchenfinanzen. Entwickelt und dargestellt am Beispiel des Erzbistums Köln, in diesem Band, S. 173. 87 Kategorie der positiven und negativen Staatsleistungen Josef Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Listl/ 84 85

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ihren Betrieb, den baulichen Unterhalt der Gotteshäuser, die Ausbildung sowie die Gehälter und Pensionen der Geistlichen sowie der Kirchenbediensteten bestreiten zu können.88 Die Gewährung dieser Leistungen begründet sich aus der Geschichte. Sie sind die Folge der verschiedenen Säkularisationen des Kirchengutes, die vor allem in der Reformation die evangelische, in der Folge der großflächigen Enteignungen durch den Reichsdeputationshauptschluß des Jahres 1803 die katholische Kirche getroffen haben.89 Es geht bei diesen Leistungen somit nicht um die Subventionierung zukünftigen Verhaltens, sondern um die Entschädigung90 eines in der Vergangenheit liegenden unrechtmäßigen Vermögensentzugs.91 Dementsprechend haben die Kirchen hier, anders als bei Subventionen, keine Verwendungsnachweise zu erbringen und unterliegt ihre Rechnung nicht staatlicher Aufsicht und Kontrolle.92

Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 35, S. 1009 (1024 ff.); Michael Droege, Staatsleistungen an Religionsgesellschaften im säkularen Kultur- und Sozialstaat, 2004, S. 194 ff. 88 Typologie der Verwendungszwecke von Staatsleistungen: Josef Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 35, S. 1009 (1022). 89 Eingehend zur Säkularisation: Michael Droege, Staatsleistungen an Religionsgesellschaften im säkularen Kultur- und Sozialstaat, 2004, S. 156 ff. 90 Josef Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 35, S. 1009 (1010); typisch, aber nicht konstitutiv; zu anderen Fällen historischer Rechtfertigung von Staatsleistungen siehe ders., ebd., S. 1009 (1012 mit Fn. 7). 91 Josef Isensee, Gut aufgehoben, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. Dezember 2013, S. 7. 92 Josef Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 35, S. 1009 (1021).

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2. Die Fortexistenz der Staatsleistungen – eine Frage von „untergeordneter Bedeutung“? In der heutigen Debatte über die Staatsleistungen möchten deren Gegner den Befürwortern der bestehenden Lage dadurch den Wind aus den Segeln nehmen, dass sie die Frage ihrer Fortexistenz zu einer solchen von „untergeordneter Bedeutung“ erklären.93 Der Anteil der Staatsleistungen an der gesamten Finanzausstattung der kirchensteuererhebungsberechtigten Religionsgemeinschaften falle mit ca. 3 bis 5 Prozentpunkten gering aus. Angesichts dessen bestehe ein Missverhältnis zwischen der Heftigkeit der Debatte über die Staatsleistungen und deren tatsächlichen Bedeutung für die Haushalte der Kirchen.94 Ihre von der Verfassung geforderte Ablösung habe mithin, so wird gesagt, gar keine so großen materiellen Folgen für die Haushalte der Religionsgemeinschaften, wie dies regelmäßig angenommen werde. Eine solche Betrachtung wird den Zusammenhängen nicht gerecht. Zunächst lässt sich eine belastbare Aussage über den Anteil, der auf die Staatsleistungen am Gesamtvolumen der Einnahmen der Religionsgemeinschaften entfällt, nicht treffen. Denn anders als bei den direkten, in Form von Geldzahlungen erfolgenden Leistungen ist es bei den negativen Staatsleistungen wie auch bei den nicht in einer Geldzahlung bestehenden Leistungen kaum möglich, diese auch nur annähernd zu beziffern. Bei den negativen Staatsleistungen ist schon unklar, welche Leistungen hierzu gezählt und wie diese sodann gegebenenfalls quan-

93 Michael Droege, Die verfassungsrechtliche Absicherung der Staatsleistungen und die Voraussetzung einer Ablösung, in: Pulte/Hense (Hrsg.), Grund und Grenzen staatlicher Religionsförderung unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Staat und Katholischer Kirche in Deutschland und Europa, 2014, S. 17. 94 Michael Droege, Die verfassungsrechtliche Absicherung der Staatsleistungen und die Voraussetzung einer Ablösung, in: Pulte/Hense (Hrsg.), Grund und Grenzen staatlicher Religionsförderung unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Staat und Katholischer Kirche in Deutschland und Europa, 2014, S. 17.

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tifiziert werden sollen.95 Bei den nicht in einer Geldzahlung bestehenden Leistungen wie etwa den Nutzungsüberlassungen an Kirchen- und anderen Gebäuden ist kaum zu ermessen, welches Ausmaß die ständig wiederkehrenden Instandhaltungskosten betragen.96 Aber selbst wenn man der These eines vergleichsweise geringfügigen Anteils der Staatsleistungen an den kirchlichen Haushalten zustimmen wollte,97 bliebe eine solche, nur am prozentualen Anteil der Staatsleistungen an der Gesamtheit der Einnahmen der Religionsgemeinschaften orientierte Betrachtung vordergründig. Das deutsche Verfassungsrecht, das sich weitgehend an westlichen Standards seiner Zeit orientiert, geht in der Ordnung des Verhältnisses von Staat und Kirche eigene Wege.98 Die Eigenart des grundgesetzlichen Staatskirchenrechts zeigt sich nun an keiner Stelle so deutlich wie in der Finanzfrage.99 Die Staatsleistungen sind heute das Symbol dieser als überkommen gelten95 Josef Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 35, S. 1009 (1024 ff.); insoweit auch Michael Droege, Staatsleistungen an Religionsgemeinschaften im säkularen Kultur- und Sozialstaat, 2004, S. 194 ff. 96 Josef Isensee, Gut aufgehoben, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. Dezember 2013, S. 7. 97 Für das Bistum Limburg machen die Staatsleistungen der Länder Hessen und Rheinland-Pfalz 1,6% des jährlichen Budgets aus, https:// www.bistumlimburg.de/fileadmin/redaktion/Portal/Meldungen/Down loads/Faltblatt_Nachtrag_Kirchensteuer_2014.pdf. Hauptfinanzierungsquelle der Religionsgemeinschaften ist die Kirchensteuer, die mit einem Anteil von oft über 80% der Einnahmen zu Buche schlägt; die restlichen 15% verteilen sich, neben Einnahmen aus Spenden und Vermögenserträgen, auf Subventionen und die Übernahme der Kosten für die gemeinsamen Angelegenheiten, siehe für das Bistum Limburg https://www.bis tumlimburg.de/fileadmin/redaktion/Portal/Meldungen/2014/Nachtrag_ Ansicht_01.pdf. 98 Josef Isensee, Die Zukunftsfähigkeit des deutschen Staatskirchenrechts, in: ders./Rees/Rüfner (Hrsg.), Dem Staate, was des Staates – der Kirche, was der Kirche ist. Festschrift für Joseph Listl zum 70. Geburtstag, 1999, S. 67, 72 ff. 99 Josef Isensee, Die Finanzquellen der Kirchen im deutschen Staatskirchenrecht, JuS 1980, S. 94 (95).

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den Ordnung. Ist dieses Symbol beseitigt, wird es dabei nicht bleiben.100 Vielmehr wird die ganze staatskirchenrechtliche Ordnung einer Prüfung unterzogen werden, an deren Ende es Regeln eines institutionellen Staatskirchenrechts nicht mehr geben und stattdessen für alle Religionsgemeinschaften einheitlich ein sich als Menschenrecht begreifendes Religionsverfassungsrecht treten wird.101 3. Verfassungsrechtliche Lage a) Unveränderte Geltung des Weimarer Kompromisses Die Öffentlichkeit reibt sich an den Staatsleistungen, weil sie für deren historische Rechtfertigung kein Verständnis aufbringen kann. In der Sache kann sie darauf verweisen, dass sie nach der maßgebenden Bestimmung der Weimarer Reichsverfassung, die in das Grundgesetz als vollgültiges Verfassungsrecht inkorporiert worden ist, nicht fortgeführt, sondern abgelöst werden sollen (Art. 138 Abs. 1 WRV i. V. m. Art. 140 GG), dies aber seit bald 100 Jahren nicht sind. Das hierfür notwendige Gesetz des Bundes, das die Grundsätze der Ablösung regelt, ist bislang nicht erlassen worden; in den Zwanziger-Jahren des vergangenen Jahrhunderts kam der Entwurf eines solchen Gesetzes über die Ministerialebene nicht hinaus,102 der erwähnte Antrag der Fraktion Die Linke fand im Deutschen Bundestag keine Mehrheit.103 Der Auftrag des Grundgesetzes, an den von ihm verfassten Staat, die vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen Staat und Kirche in der Frage der Staatsleistungen zu entflechten, ist also 100 Zum Ausgreifen der Thematik auf das ganze Gefüge: Ansgar Hense, Eine Frage von untergeordneter Bedeutung – Was sich hinter den Staatsleistungen an die Kirche verbirgt, Herder Korrespondenz 2010, S. 562. 101 Dazu: Hans Michal Heinig/Christian Walter (Hrsg.), Staatskirchenrecht oder Religionsverfassungsrecht?, 2007. 102 Michael Droege, Staatsleistungen an Religionsgesellschaften im säkularen Kultur- und Sozialstaat, 2004, S. 231. 103 BT-Drs. 17/13156, S. 1 ff.

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in diesem Punkt in der Tat „unerfüllt“. Der Ablösungsauftrag bezieht sich allerdings nur auf die Staatsleistungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Weimarer Reichsverfassung am 13. August 1919, dem sogenannten Normaljahr, bestanden, auf andere nicht.104 Selbst wenn also die Staatsleistungen abgeschafft würden, so bedeutete dies – entgegen verbreiteter Annahmen – nicht das Ende der finanziellen Förderung der Religionsgemeinschaften durch den Staat.105 In den rechtlichen Grundlagen der Staatsleistungen darf aufgrund ihres Alters und der Unerfülltheit des Auftrags der Verfassung jedoch nicht Recht minderen Ranges gesehen werden. Der Kompromiss in der Frage der Staatsleistungen, auf den sich der kirchenfreundliche und der laizistische Flügel in der Weimarer Nationalversammlung geeinigt haben und der dreißig Jahre später im Parlamentarischen Rat von den entsprechenden Kräften wiederum im Wege eines Kompromisses übernommen worden war,106 sah vor, dass die Länder die ihnen aufgegebene Ablösung erst dann vornehmen können, wenn das Reich bzw. heute der Bund ein Gesetz erlassen hat, das die Grundsätze der Ablösung regelt. Solange dieses Gesetz nicht vorhanden ist, sind die Länder an einer eigenmächtigen Ablösung gehindert und haben die Staatsleistungen eine verfassungsrechtliche Grundlage. Die Regelung begründet als „List einer konservativen Vernunft“ eine „Veränderungssperre“ des bestehenden Zustandes (Josef Isensee).107 Der schlichte Ablauf von Zeit kann dies rechtlich nicht in Frage stellen.108

104 Josef Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 35, S. 1009 (1034). 105 Ansgar Hense, Eine Frage von untergeordneter Bedeutung – Was sich hinter den Staatsleistungen an die Kirche verbirgt, Herder Korrespondenz 2010, S. 562 (566). 106 Dirk Ehlers, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 7. Aufl. 2014, Art. 140 Rn. 6. 107 Josef Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 35, S. 1009 (1049 f.).

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b) Verträglichkeit mit dem Grundrecht der Religionsfreiheit Neben den Ablösungsbefehl des institutionellen Staatskirchenrechts wird ein grundrechtliches Argument gestellt. Fehlt es bei den Staatsleistungen an einem sichtbaren gesellschaftlichen Ertrag, wie dies bei den Zahlungen für die res mixtae oder die sozial- und kulturstaatlich motivierten Subventionen der Fall ist, wird die Kirche also nur um ihrer selbst willen gefördert, sei die negative Religionsfreiheit tangiert:109 Das Grundgesetz habe zwar die staatskirchenrechtliche Ordnung der Weimarer Reichsverfassung übernommen, diese hierbei aber „grundrechtlich überformt“. Mit dem Grundrecht der Religionsfreiheit sei es aber unvereinbar, wenn jemand eine Religionsgemeinschaft finanzieren solle, der er nicht angehöre. Der Forderung nach Ablösung der Staatsleistungen kann der Gesichtspunkt der negativen Religionsfreiheit indes keine Schubkraft verleihen. Im Haushaltsrecht gilt das Prinzip der Gesamtdeckung (Non-Affektation).110 Es besagt, dass alle Einnahmen zur Deckung aller Ausgaben herangezogen werden.111 Damit ist es unmöglich, die Steuerzahlungen eines einzelnen Bürgers konkreten staatlichen Ausgaben zuzuordnen.112 Der die Kirchenfinanzierung ablehnende Steuerzahler kann diesen Einwand damit nicht erheben.113 Auf den Gesichtspunkt der Spezialität der staatskirchenrechtlichen Regeln gegenüber dem Grundrecht der 108 Josef Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 35, S. 1009 (1046 ff.). 109 Michael Droege, Die verfassungsrechtliche Absicherung der Staatsleistungen und die Voraussetzung einer Ablösung, in: Pulte/Hense (Hrsg.), Grund und Grenzen staatlicher Religionsförderung unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Staat und Katholischer Kirche in Deutschland und Europa, 2014, S. 15 (24). 110 § 8 Satz 1 BHO/LHO. 111 Christoph Gröpl, in: ders. (Hrsg.), BHO/LHO, 2011, § 8 Rn. 1, 6. 112 BVerfG, NJW 1993, 455. 113 BVerfG, NJW 1993, 455; Christoph Gröpl, in: ders. (Hrsg.), BHO/ LHO, 2011, § 8 Rn. 7.

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Religionsfreiheit, der die Staatsleistungen tragen soll, kommt es, entgegen anders lautender Bekundungen,114 damit nicht an. c) Ablösung als Verbot einer weiteren Säkularisation Vor allem aber, so wird gesagt, gebe es keinen Grund, von der Ablösung der Staatsleistungen wegen der mit ihr verbundenen Belastung der öffentlichen Haushalte zurückzuschrecken.115 Zwar, und hier besteht in der Diskussion, bis auf wenige Ausnahmen, Konsens, sei die Schuld des Staates gegenüber den Kirchen durch die bisherigen Zahlungen noch nicht abgegolten, sie bestehe immer noch fort.116 Die Ablösung müsse jedoch nicht den vollen Wert der Leistungen ersetzen, sondern könne auch darunter liegen.117 Im 19. Jahrhundert habe es etwa bei der Aufhebung der Gutsuntertänigkeit der unfreien Bauern oder der Einführung der Gewerbefreiheit mehrfach Ablösungen gegeben, deren Ausgleich unter Wert stattgefunden habe. Diese Fälle hätten auch Pate gestanden beim Sozialisierungsartikel 15 des Grundgesetzes, der ebenso einen Eigentumsentzug gegen Ent114 So aber Michael Droege, Die verfassungsrechtliche Absicherung der Staatsleistungen und die Voraussetzung einer Ablösung, in: Pulte/ Hense (Hrsg.), Grund und Grenzen staatlicher Religionsförderung unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Staat und Katholischer Kirche in Deutschland und Europa, 2014, S. 15 (24). 115 Michael Droege, Die verfassungsrechtliche Absicherung der Staatsleistungen und die Voraussetzung einer Ablösung, in: Pulte/Hense (Hrsg.), Grund und Grenzen staatlicher Religionsförderung unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Staat und Katholischer Kirche in Deutschland und Europa, 2014, S. 15 (25). 116 Michael Droege, Die verfassungsrechtliche Absicherung der Staatsleistungen und die Voraussetzung einer Ablösung, in: Pulte/Hense (Hrsg.), Grund und Grenzen staatlicher Religionsförderung unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Staat und Katholischer Kirche in Deutschland und Europa, 2014, S. 15 (22). 117 Michael Droege, Die verfassungsrechtliche Absicherung der Staatsleistungen und die Voraussetzung einer Ablösung, in: Pulte/Hense (Hrsg.), Grund und Grenzen staatlicher Religionsförderung unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Staat und Katholischer Kirche in Deutschland und Europa, 2014, S. 15 (21 f., 25); auch zum Folgenden.

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schädigung unter Wert erlauben würde. Das Grundgesetz eröffne eine solche Möglichkeit nun auch bei der Ablösung der Staatsleistungen. Es gehe um eine gerechte Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Interessen der bisherigen Leistungsempfänger. Die Ablösung müsse zudem nicht durch eine Einmalzahlung, sondern dürfe auch ratenweise erfolgen.118 In einer entsprechenden Anwendung der maßgeblichen Bestimmung des Bewertungsgesetzes auf die Berechnung der Höhe der Entschädigung sei bei einer auf dem heutigen Niveau bleibenden Zahlung von 460 Millionen Euro die Ablösung in 20 Jahren geleistet. Die These, eine Ablösung der Staatsleistungen ließe sich bewerkstelligen, ohne den Kirchen hierbei vollen Wertersatz leisten zu müssen, ist indes unzutreffend. Ablösung bedeutet nämlich nicht, die Rechtstitel, auf denen die Leistungen beruhen, ersatzlos aufzuheben, sondern, sie durch neue zu ersetzen.119 Es geht bei der Ablösung, also mit der Aufhebung der alten rechtlichen Grundlage für die Leistung und der Begründung der neuen rechtlichen Grundlage für die Ausgleichspflicht, um zwei rechtliche Akte. Der Ausgleich, der den Kirchen zu gewähren ist, hat den vollen Wert der ursprünglichen Leistung zu ersetzen, den Kirchen sollen keine erneuten Einbußen auferlegt werden. Es war der Wille des Verfassungsgebers, dass die Kirchen durch die Ablösung keine Schlechterstellung erfahren sollten.120 Hinweise 118 Michael Droege, Die verfassungsrechtliche Absicherung der Staatsleistungen und die Voraussetzung einer Ablösung, in: Pulte/Hense (Hrsg.), Grund und Grenzen staatlicher Religionsförderung unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Staat und Katholischer Kirche in Deutschland und Europa, 2014, S. 15 (25). 119 Josef Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 35, S. 1009 (1034 ff.). 120 Analyse der Beratungen der Nationalversammlung: Carl Israel, Geschichte des Reichskirchenrechts – Dargestellt aufgrund der stenographischen Berichte über die Verhandlungen der Verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Weimar, 1922, S. 33 ff.; gleiche Einschätzung der Quellenlage: Josef Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des

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auf Ablösungen, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit Entschädigungen unter Wert abgewickelt worden sind, können dies nicht in Frage stellen. Diese Ablösungen mussten sich nicht messen lassen an den Maßstäben einer rechtsstaatlichen Verfassung, da solche damals nicht in Geltung standen. Aus diesem Grunde ist auch eine Ablösung der Staatsleistungen durch Umwidmung von subventiven Steuervergünstigungen in Entschädigungsleistungen nicht möglich.121 Zwar ist es grundsätzlich zulässig, Subventionen pro futuro abzuschaffen.122 Als Instrument zur Ablösung von Staatsleistungen käme ein solches Vorgehen wegen seiner Wirkungen jedoch nicht in Betracht: sie käme einer erneuten, hier nun aber entschädigungslosen Enteignung gleich. d) Zulässigkeit konsensualen Vorgehens ohne Gesetz Das Fehlen des Gesetzes bedeutet indes nicht, dass Staat und Kirche sich nicht auf freiwilliger Grundlage konsensual über die Ablösung einigen könnten. Das Gesetz, das die Grundsätze der Ablösung regeln soll, ist kein Gestaltungsakt, der für die vermögensrechtliche Trennung unverzichtbar wäre.123 Die EinschalStaatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 35, S. 1009 (1035); die These von Michael Droege, Staatsleistungen an Religionsgesellschaften im säkularen Kultur- und Sozialstaat, 2004, S. 218 ff., in der Nationalversammlung habe es in der Frage einer werterhaltenden Ablösung einen Konsens nicht gegeben, misst dem Kompromisscharakter der Regelung nicht das hinreichende Gewicht bei. Vor die Alternative gestellt, Staatsleistungen entweder beizubehalten oder abzuschaffen, lässt sich der Kompromiss auf die Formel bringen: „Keine dauerhafte Beibehaltung der Staatsleistungen, sondern Aufhebung, dafür aber im Gegenzug werterhaltende Entschädigung“. 121 So aber der Vorschlag von Ferdinand Kirchhof, Grundlagen und Legitimation der deutschen Kirchenfinanzierung, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 47 (2013), S. 7 (16 f.). 122 BVerfGE 82, 60 (80); BVerwGE 126, 33 (49). 123 So aber Michael Droege, Die verfassungsrechtliche Absicherung der Staatsleistungen und die Voraussetzung einer Ablösung, in: Pulte/ Hense (Hrsg.), Grund und Grenzen staatlicher Religionsförderung unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Staat und Katholi-

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tung des Bundes, der nicht selbst zu Entschädigungsleistungen verpflichtet und deswegen für die Rolle des ehrlichen Maklers geeignet ist, dient lediglich dem Schutz der Kirchen. Wirken diese freiwillig an der Ablösung mit, bedürfen sie dieses Schutzes nicht.124 In dem Maße, in dem es zu solchen konsensualen Ablösungen kommt und die alten Rechtstitel auf neue überführt werden, wird die Frage des Erlasses eines Bundesgesetzes über die Grundsätze der Ablösung an Bedeutung, der Streit über das gesamte Thema Staatsleistungen seinen Gegenstand verlieren.125 Zu solchen Vereinbarungen ist den Kirchen durchaus zu raten. Denn eine Finanzierung der Kirchen aus öffentlichen Kassen liegt nicht nur in deren Interesse, sondern birgt für ihre Sendung auch Gefahren. Zwar kann der Staat seine Leistungen an die Kirchen nicht an die Bedingung kirchlichen Wohlverhaltens knüpfen. Vollends ist heute eine Temporaliensperre – wie in Zeiten des Kulturkampfs – nicht mehr möglich, wenn die Kirchen einem staatlichen Gesetz die Akzeptanz verweigern.126 Wohl aber besteht für die Kirchen die Gefahr eines vorauseilenden Gehorsams, ja kein Ärgernis zu erregen, nicht gegen den politischen und gesellschaftlichen Mainstream zu opponieren, um die Gunst des Staates nicht zu verlieren – erinnert sei etwa an die befürwortende Stellungnahme der katholischen Kirche in Sachen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes – wobei die Kirche es freilich nicht versäumt hatte, mit Erfolg für sich eine scher Kirche in Deutschland und Europa, 2014, S. 15 (22 f.); ders., Staatsleistungen an Religionsgesellschaften im säkularen Kultur- und Sozialstaat, 2004, S. 241 ff. m. w. N.; a. A. wie hier Josef Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 35, S. 1009 (1049). 124 Josef Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 35, S. 1009 (1050). 125 Josef Isensee, Gut aufgehoben, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. Dezember 2013, S. 7. 126 Josef Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 35, S. 1009 (1049).

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Freistellung von dem Gesetz zu erwirken.127 Die Kirchen sollen als „Sauerteig“ die Gesellschaft durchsäuern,128 sie sollen Zeugnis ablegen, um zu einem Stachel in ihrem Fleische zu werden.129 Damit verträgt es sich nicht, wenn sie sich vom Staat am goldenen Zügel führen lässt – Joseph Görres hat die Nachteile, die den Kirchen aus dieser Abhängigkeit entstehen, schon vor bald 150 Jahren hellsichtig beschrieben.130 4. Legitimation a) Bedeutung einer traditionalen Rechtfertigung Doch die rechtlichen Grundlagen, auf denen die Staatsleistungen ruhen und die durch den Zeitablauf nichts an ihrer Geltung eingebüßt haben, garantieren aus sich heraus nicht die reale Wirksamkeit der in ihnen enthaltenen Normen. Deren reale Wirksamkeit hängt ab von ihrer Akzeptanz bei den Bürgern.131 Diese können sie nur gewinnen, wenn sie sich als legitim erweisen lassen. Historische Gründe finden nicht mehr das Verständnis der Bürger;132 die Staatsleistungen sollen sich, wie jede Insti127 Josef Isensee, Tagungsbericht der Sektion für Rechts- und Staatswissenschaft in der Görres-Gesellschaft, in: Jahres- und Tagungsbericht der Görres-Gesellschaft 2005, S. 162 (165). 128 Mt 13, 33; Lk 13, 20 f.; Joseph Ratzinger. Benedikt XVI., Jesus von Nazareth, Bd. I, 2006, S. 88. 129 Erinnert sei etwa an die Stellungnahme des Generalsekretärs der Deutschen Bischofskonferenz, Pater H. Langendörfer SJ, zu den Protesten in Frankreich gegen die Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen: In Deutschland werde es seitens der Kirchen „niemals eine vergleichbare Mobilisierung“ von Gegnern homosexueller Partnerschaften geben. Dies sei auch kein Wunsch der Kirchen. „Wir würden das nicht wollen.“, abrufbar unter http://www.katholisch.de/de/katholisch/themen/kirche_2/ 130426_langendoerfer_kirche_deutschland.php. 130 Joseph von Görres, Athanasius, 2. Aufl. 1838, S. 51 f. 131 Josef Isensee, Die Zukunftsfähigkeit des deutschen Staatskirchenrechts, in: ders./Rees/Rüfner (Hrsg.), Dem Staate, was des Staates – der Kirche, was der Kirche ist. Festschrift für Joseph Listl zum 70. Geburtstag, 1999, S. 67 ff. 132 Josef Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der

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tution, vielmehr rechtfertigen aus ihrer „Leistung hier und jetzt“ (René Marcic).133 Das Bestreiten jedes rechtfertigenden Potentials der in der Vergangenheit liegenden Ursachen der Staatsleistungen wird den Gegebenheiten indes nicht gerecht. Es übersieht, dass der Tradition von Verhältnissen bereits für sich eine legitimatorische Kraft für die Gegenwart innewohnt. Das Bewusstsein über das geschichtliche Herkommen eines Gemeinwesens und seiner Institutionen vermittelt diesem Gemeinwesen Halt134 und Identität. Halt und Identität sind für das Gelingen eines Staates indes Faktoren, die nicht gering zu schätzen sind.135 b) Pflege von Voraussetzungen des Grundrechts der Religionsfreiheit wie auch des freiheitliches Staates selbst In der Debatte wird vor allem aber regelmäßig nicht gesehen, dass auch den Staatsleistungen, nicht anders den Leistungen des Staates an die Kirchen für deren Wirken auf den Feldern der res mixtae und den Subventionen für deren soziales und kulturelles Engagement, eine Rechtfertigung aus den Leistungen der Kirchen hier und jetzt zugesprochen werden kann: Das Vorhandensein der Kirchen, für das durch die Finanzierung ihres Unterhaltes mit den Staatsleistungen gesorgt wird, ermöglicht es, dass sie überhaupt ihre Wirksamkeit entfalten können. Die Wirksamkeit der Kirchen ist aber Voraussetzung dafür, dass die Bürger die ihnen im Grundrecht garantierte Religionsfreiheit gebrauchen Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 35, S. 1009 (1016); zur Ausnahme der Verantwortung der Deutschen für die Verbrechen des Nationalsozialismus siehe hier unter VI 5c. 133 René Marcic, Demokratie – Der Baustil des Wandels, 1970, S. 3. 134 Gerhard Robbers, Förderung der Kirchen durch den Staat, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 31, S. 867 (884). 135 Ferdinand A. Westphalen, Art. Tradition, in: Klose/Mantl/Zsifkovits (Hrsg.), Katholisches Soziallexikon, 2. Aufl. 1980, S. 3074 ff.; Walter Kasper, Art. Tradition, in: Staatslexikon der Görres-Gesellschaft, 7. Aufl. 1989, Sp. 494, 495.

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können.136 Zugleich pflegt der Staat mit der Unterstützung der Kirchen wiederum die sittlichen Voraussetzungen seiner selbst. c) Überholtheit des Böckenförde-Diktums? Allerdings wird der These einer gemeinwohldienlichen Funktion von Religion und damit der Überlegung, auf der das deutsche Staatskirchenrecht insgesamt ruht, eine Relevanz für die Gegenwart abgesprochen.137 Dem Gedanken lägen nämlich zwei Annahmen zugrunde, die heute nicht mehr selbstverständlich seien: zum einen die relative religiöse Homogenität in der Gesellschaft und zum anderen eine positive Verhältnisbestimmung der dominanten Religionen zu den Prinzipien des freiheitlichen Verfassungsstaates. Die religiöse Homogenität sei in den vergangenen vierzig Jahren verloren gegangen, der 11. September 2001 habe in Erinnerung gebracht, dass Religion eine destruktive Seite kenne. Es besteht kein Zweifel, dass Religion nur dann dem Gemeinwohl eines freiheitlichen Staates dienlich sein kann, wenn sie diesem gegenüber positiv eingestellt ist. Ebenso ist es nicht zweifelhaft, dass sich dies nicht für jede Religion sagen lässt. Dabei bedarf es im Hinblick auf den Islam nicht eines Hinweises auf die in seinem Namen begangenen unvorstellbaren Verheerungen unserer heutigen Welt, um seine mangelnde Verträglichkeit mit den Prinzipien des freiheitlichen Staates zu belegen. Es genügt sich zu vergegenwärtigen, dass der Islam in seinen zentralen, in der Vorstellungswelt der Gläubigen wirksamen Lehren – keine Trennung von Staat und Religion, keine Scheidung von Recht und Moral, keine Anerkennung von Religionsfreiheit, um nur einige zu nennen – und damit in seinem Kern mit dem freiheitlichen Verfassungsstaat inkompatibel ist.138

136 Josef Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 35, S. 1009 (1060 f.). 137 Hans M. Heinig, Oh Gott, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. August 2014, S. 6.

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Allerdings stellt diese Einsicht nicht das gegenwärtig bestehende, auf die christlichen Großkirchen bezogene Staatskirchenrecht in Frage. Sie richtet sich allein gegen die Bemühungen, diese Verbindung zu lösen und die staatskirchenrechtliche Ordnung auszudehnen auf andere Religionen, speziell auf den Islam,139 für den sie nicht geschaffen wurde, für den sie nicht passt und der sich ihr auch nicht anpassen will – und dies aus Sicht des freiheitlichen Verfassungsstaates auch nicht muss:140 solange eine Religionsgemeinschaft sich an die allgemeinen Gesetze hält – dies ist freilich Voraussetzung –, ordnet und verwaltet sie ihre Angelegenheiten selbst (Art. 137 Abs. 3 WRV i.V. m. Art. 140 GG), mischt sich der Staat also nicht ein.141 Insbesondere besteht auch für eine Ausdehnung des Kreises der Empfänger der Staatsleistungen von den christlichen Kirchen auf andere Religionsgemeinschaften aus Gründen der Neutralität und Parität grundsätzlich kein Anlass. Die Staatsleistungen finden ihre Rechtfertigung in den Vermögensverlusten der Vergangenheit.142 Wem solche Verluste nicht zugefügt worden 138 Josef Isensee, Die Zukunftsfähigkeit des deutschen Staatskirchenrechts, in: ders./Rees/Rüfner (Hrsg.), Dem Staate, was des Staates – der Kirche, was der Kirche ist. Festschrift für Joseph Listl zum 70. Geburtstag, 1999, S. 67 (86); ders., Integration mit Migrationshintergrund, JZ 2012, S. 317 (320); eingehende Analyse: Arnd Uhle, Die Integration des Islam in das Staatskirchenrecht der Gegenwart, in: Heinig/Walter (Hrsg.), Staatskirchenrecht oder Religionsverfassungsrecht?, 2007, S. 299 ff.; Wolfgang Loschelder, Der Islam und die religionsrechtliche Ordnung des Grundgesetzes, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 20 (1986), S. 149 ff. Diese Gegebenheiten schließen eine Integration des Islam in eine freiheitliche Gesellschaft nicht aus, sondern machen allein die Komplexität des hier notwendigen Veränderungsprozesses deutlich, Josef Isensee, Solidarität wofür?, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22. Januar 2015, S. 6. 139 Für viele: Ute Sacksofsky, Religiöse Freiheit als Gefahr?, VVDStRL 68 (2009), S. 7 (24 ff.). 140 Josef Isensee, Integration mit Migrationshintergrund, JZ 2012, S. 317 (320). 141 Josef Isensee, Integration mit Migrationshintergrund, JZ 2012, S. 317 (318, 321). 142 Siehe oben unter VI 1.

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sind, braucht auch nicht entschädigt zu werden. Aufgrund des Leids, das den jüdischen Gemeinden in der Zeit des Nationalsozialismus zugefügt worden ist, war es zulässig, für diese im Vertragswege einen Anspruch auf Staatsleistungen zu begründen;143 zur Eingehung vergleichbarer Regelungen mit islamischen Verbänden besteht dagegen keinerlei Grund. Ebenso wenig stellt die Auflösung der religiösen Homogenität in der deutschen Bevölkerung die Gemeinwohldienlichkeit der christlichen Religion in Frage. Die Abnahme kirchlicher Bindung in Deutschland ist eine Entwicklung, deren kontinuierliches Fortschreiten nicht zu bestreiten ist. Religiosität ist indes keine Frage der Quantität.144 Die Kirchen müssen auch nicht 143 Wolfgang Clement, Politische Dimension und Praxis der staatlichen Förderung der Kirche, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 28 (1994), S. 41 (47). Die Neubegründung von Staatsleistungen zugunsten der jüdischen Kultusgemeinden war rechtlich zulässig, Art. 138 Abs. 1 WRV i. V. m. Art. 140 GG bedeutet keine „Institutsliquidation“, Ernst R. Huber, Die Garantie der kirchlichen Vermögensrechte in der Weimarer Verfassung, 1927, S. 5 f., 96 f.; Carl Schmitt, Verfassungslehre, 1928, S. 33; Gerhard Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919, 14. Aufl. 1933, Art. 138, Anh. 2, Ulrich Scheuner, Der Bestand staatlicher und kommunaler Leistungspflichten an die Kirchen (Art. 138 Abs. 2 WRV), in: Heinemann/Herrmann/Mikat (Hrsg.), Diaconia et Ius. Festgabe für Heinrich Flatten zum 65. Geburtstag, dargebracht von seinen Freunden und Schülern, 1973, S. 381 (384 f.); Josef Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 35, S. 1009 (1057 f.); Paul Mikat, Staat, Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Benda/Maihofer/Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl. 1995, § 29 Rn. 31; Axel von Campenhausen/Peter Unruh, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 140 GG i. V. m. Art. 138 WRV Rn. 19; a. A. Hans-Jochen Brauns, Staatsleistungen an die Kirchen und ihre Ablösung, 1970, S. 64 ff., 82 ff., 114 ff.; Michael Droege, Die verfassungsrechtliche Absicherung der Staatsleistungen und die Voraussetzung einer Ablösung, in: Pulte/Hense (Hrsg.), Grund und Grenzen staatlicher Religionsförderung unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Staat und Katholischer Kirche in Deutschland und Europa, 2014, S. 15 (23). 144 Josef Isensee, Verfassungsstaatliche Erwartungen an die Kirche, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 25 (1991), S. 104 (143).

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unbedingt Volkskirche sein, um der Gesellschaft jene Werte vor Augen zu halten, die ihr Gewissen bilden und Grundlage ihrer staatlichen Existenz sein sollen.145 Das Bild vom Sauerteig, der die Gesellschaft durchsäuert, ist geradezu zugeschnitten auf eine kleine Kirche, vorausgesetzt freilich, dass sie sich für das Ganze verantwortlich fühlt.146 VII. Bedingungen für Akzeptanz Die öffentliche Finanzierung von Kirchen – sei es durch Staatsleistungen für ihren Unterhalt, sei es durch Zuwendungen für ihr Wirken auf den Feldern der gemeinsamen Angelegenheiten oder durch Subventionen für ihr sozial- und kulturstaatliches Engagement – lässt sich, wie gesehen, rechtfertigen. Leistungen des Staates an die Kirchen zur Bestreitung ihres Unterhalts, sei es aufgrund alter Rechtstitel, sei es für eine Übergangszeit aufgrund von im Konsens vereinbarten neuen Rechtsgrundlagen, kann es jedoch nur geben, wenn sie die Akzeptanz der Gesellschaft finden; die unterschiedlichen rechtlichen Verbürgungen garantieren dies nicht, da sie sich gegen den Staat richten, nicht die Gesellschaft in Pflicht nehmen.147 Akzeptanz fällt nicht vom Himmel. Sie muss, auch von den Religionsgemeinschaften, eingeworben werden. So ist zunächst das Gebot zu befolgen, sich an seine eigenen Regeln zu halten.148 Es zerstört die Bereitschaft der Gesellschaft, Zuwendungen an die ihrer Sphäre zuzuordnenden Reli145 Joseph Ratzinger. Papst Benedikt XVI., Gott und die Welt, 2000, hier zitiert nach der Neuausgabe 2005, S. 477. 146 Joseph Ratzinger. Papst Benedikt XVI., Gott und die Welt, 2000, hier zitiert nach der Neuausgabe 2005, S. 478. 147 Josef Isensee, Gut aufgehoben, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. Dezember 2013, S. 7. 148 Siehe zu der Regel „Patere legem, quam tu ipse tuleris“, Decretalium D. Gregorii Papae IX. Liber Primus Titulus II De Constitutionibus Capitulum VI, in: Friedberg (Hrsg.), Corpus Iuris Canonici, Pars Secunda Decretalium Collectiones, hier zitiert nach dem 1955 erschienenen unveränderten Nachdruck der Ausgabe des Jahres 1879, S. 9.

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gionsgemeinschaften anzuerkennen, wenn diese sich nicht an die Regeln hält, die sie sich selbst gegeben hat und deretwegen sie unter anderem gerade auch die Zuwendungen empfängt. Es sollte sogar ein Sicherheitsabstand zur Normübertretung eingehalten werden – der böse Schein ist zu vermeiden („ut scandalum evitetur“).149 Angesichts des in der Öffentlichkeit verbreiteten Misstrauens gegenüber den Kirchen und ihren Finanzen bedarf es der Transparenz,150 einer Beendigung der oft noch obwaltenden Geheimniskrämerei und eines Übergangs zu allgemeinen Standards entsprechender Rechenschaft und Kontrolle.151 Die Kirchen sollten schließlich ihre Fehleinschätzung, die ihnen bei der Umstellung der Kirchensteuer auf Kapitalerträge auf das Quellenabzugsverfahren im Hinblick auf deren Kommunikation unterlaufen ist, zum Anlass nehmen, nicht nur, wie erwähnt, die Kirchensteuer, sondern alle ihre Finanzquellen, öffentliche wie private, ihren Mitgliedern wie auch der Öffentlichkeit von sich aus zu erklären.152 Mit alledem können sie das Ihre dazu beitragen, die bestehende Ordnung der öffentlichen Finanzierung der Religionsgesellschaften auch für die Zukunft zu bewahren. Denn diese Ordnung, die dem freiheitlichen Staat gemäß ist und sich bewährt hat, ist es wert, erhalten zu werden.

149 Josef Isensee, Gemeinwohl im Verfassungsstaat, in: ders./Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, 3. Aufl. 2006, § 71 Rn. 133; vgl. auch can. 285 § 2 CIC 1983. 150 Claudia Leimkühler, Die Bedeutung von Aufsicht und Kontrolle in der kirchlichen Vermögens- und Finanzverwaltung, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 47 (2013), S. 129 (147 ff.); siehe auch Ferdinand Kirchhof, Grundlagen und Legitimation der deutschen Kirchenfinanzierung, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 47 (2013), S. 7 (10 f.). 151 Josef Isensee, Gut aufgehoben, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. Dezember 2013, S. 7. 152 Zu entsprechenden Beschlüssen der Deutschen Bischofskonferenz aus dem Jahre 2013 siehe Hermann J. Schon, Transparenz und Kontrolle der Kirchenfinanzen. Entwickelt und dargestellt am Beispiel des Erzbistums Köln, in diesem Band, S. 173 (193 f.).

Die mitgliedschaftliche Finanzierung der kirchlichen Arbeit in Deutschland durch die Kirchensteuer Grundlagen, aktuelle Änderungen, Fakten und Ausblick Von Jens Petersen 82 82 83 84 85 86 88 89 92 93 93 94

I.

Grundlagen der Kirchensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Steuerberechtigte Körperschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kirchensteuerarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Entwicklung und Akzessorietät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ausnahmen von der strikten Akzessorietät . . . . . . . . . . . . . . . 5. Abzug als Sonderausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Vermittlung des Gerechtigkeitsaspektes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Verwaltung der Kirchensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Mitgliedschaftscharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Zukunftsorientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Andere Finanzierungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Austritt aus der Religionsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . .

II.

Änderung der Erhebung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 1. Notwendigkeit der Änderung des Erhebungsverfahrens . . . 97 2. Abzugsverpflichteter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 3. Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 4. Identifizierung des Steuerpflichtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 5. Abfrage des Religionsmerkmals und Hinweispflicht . . . . . . . 104 6. Widerspruch – Sperrvermerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 7. Erhebung und Abführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 8. Personenmehrheiten und Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 9. Veranlagungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 10. Sonderausgabenabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

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Jens Petersen 11. Keine Regelungsalternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 12. Folgen der Änderung des Erhebungsverfahrens . . . . . . . . . . 112

III. Ausgewählte Fakten zur Kirchensteuer und Ausblick . . . . . . . . 1. Finanzielle Leistungskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mitgliedschaftsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Änderungen des Einkommensteuertarifs . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Auskömmlichkeit des Aufkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Quo vadis ecclesia? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

113 113 117 120 122 125

I. Grundlagen der Kirchensteuer Die Kirchensteuer ist dem Grunde nach der Beitrag der Kirchenmitglieder zur Finanzierung der kirchlichen Arbeit in der Rechtsform einer echten Steuer nach § 3 der Abgabenordnung. Der nachfolgende Beitrag gibt zunächst einen Überblick1 über ihre Grundlagen, untersucht sodann die aktuelle Änderung bei der Erhebung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer und schließt mit einer Reihe von Fakten, die die Grundlage für einen Ausblick bilden. 1. Steuerberechtigte Körperschaften Steuern können von Religionsgemeinschaften in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erhoben werden nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 6 WRV). Ob eine kirchliche Körperschaft dem Grunde nach berechtigt ist, Steuern zu erheben, richtet sich nach der Verfassung. Die landesrechtlichen Bestimmungen, die Kirchensteuergesetze der 16 Bundesländer, legen die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Steuererhebung i. E. fest. Die Kirchensteuergesetze der Länder sind dabei i. d. R. Rahmengesetze, die durch kircheneigene Steuerordnungen und

1 Siehe i. Ü. Jens Petersen, Kirchensteuer kompakt. Strukturierte Darstellung mit Berechnungsbeispielen, 2. Aufl. 2015, passim; Felix Hammer, Rechtsfragen der Kirchensteuer, 2002, passim.

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Steuerbeschlüsse2, welche von den dazu bestimmten kirchlichen Gremien (z. B. evangelische Synoden, Diözesan-Kirchensteuerrat, Gemeindeversammlungen) beschlossen werden, ausgefüllt werden. 2. Kirchensteuerarten Der allgemein übliche Gebrauch des Begriffs „Kirchensteuer“ ist differenziert zu betrachten. Nach den Kirchensteuergesetzen der Länder können die steuererhebenden Religionsgemeinschaften folgende Steuern erheben:  Steuern vom Einkommen in einem Vomhundertsatz der Einkommensteuer oder nach Maßgabe des Einkommens (= kircheneigene Tarifgestaltung),  Steuern vom Vermögen in einem Vomhundertsatz der Vermögensteuer oder nach Maßgabe des Vermögens (aktuell ohne praktische Relevanz),  Steuern vom Grundbesitz in einem Vomhundertsatz der Messbeträge der Grundsteuer oder nach Maßgabe des Einheitswerts des Grundbesitzes,  Kirchgeld (Gemeindebeitrag; allgemeines Kirchgeld) sowie  ein besonderes Kirchgeld von Kirchensteuerpflichtigen, deren Ehegatte oder Lebenspartner nicht kirchensteuerpflichtig ist.3 Die wichtigste, weil ertragsreichste Form der Kirchensteuer ist diejenige in einem Vomhundertsatz der Einkommensteuer. In Deutschland wird die Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer erhoben, d.h. auf die i. R. d. Einkommensteuerveranlagung festgesetzte staatliche Einkommensteuer. Ihre Höhe beträgt 9% (in den Bundesländern Baden-Württemberg und

2 Übersicht und Sammlung abrufbar unter http://steuer-forum-kirche. de/kistg-frame.htm. 3 Zum besonderen Kirchgeld als Kirchensteuer siehe Jens Petersen, Kirchensteuer kompakt. Strukturierte Darstellung mit Berechnungsbeispielen, 2. Aufl. 2015, Kap. 11.3.4.

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Bayern 8%). Der Einkommensteuer unterliegen dabei die sieben gesetzlich definierten Einkunftsarten (§ 2 EStG) aus Landund Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit, nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG. 3. Entwicklung und Akzessorietät Die Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer bildet seit mehr als 100 Jahren eine zuverlässige, planbare, ergiebige und an den Grundsätzen der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ausgerichtete Finanzierungsgrundlage für die kirchliche Arbeit. Damit hat sich die seit Mitte des 19. Jahrhunderts zunächst vereinzelt als Ergänzung zur staatlichen Finanzierung getroffene – und endgültig Anfang des 20. Jahrhunderts etablierte – Entscheidung für dieses Finanzierungsmodell trotz zwischenzeitlicher Steuerreformen und Konjunktureinflüsse bewährt. Gleichwohl ist nicht zu verkennen, dass sich die kirchlichen Körperschaften mit der Entscheidung, die Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer zu erheben, in eine Abhängigkeit vom Staat begeben haben. Denn der staatliche Gesetzgeber ist in der Ausgestaltung der Einkommensteuer frei und nicht verpflichtet, auf Belange gerade der kirchlichen Körperschaften Rücksicht zu nehmen. Allerdings muss er gewährleisten, dass den steuererhebenden Religionsgemeinschaften, die sich für die Einkommensteuer als Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer entschieden haben, eine ordnungsgemäße Besteuerungsgrundlage zur Verfügung steht. Er darf also die Einkommensteuer nicht aushöhlen.4 Vor diesem Hintergrund vollzieht die Kirchensteuer de facto alle steuerdogmatischen und steuerpolitischen Entwicklungen des Einkommensteuerrechts nach, ob sie mit kirchlichen Ziel-

4 BVerfGE 19, 206 (127 f.). Der von Paul Kirchhof, Die Einkommensteuer als Maßstab der Kirchensteuer, DStZ 1986, S. 25 (28) geforderte Mitgestaltungsanspruch der Kirchen bei der Ausgestaltung der kirchensteuererheblichen Maßstabsteuer dürfte aber zu weit gehen.

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setzungen übereinstimmen und kirchlichen Wünschen korrespondieren oder nicht. Beispielhaft benannt werden können die tariflichen Besonderheiten bei der Tonnagebesteuerung, der Besteuerung der Landwirte nach Durchschnittssätzen oder auch die Investitionsvergünstigungen zu Anfang der 90er Jahre im Zuge der Wirtschaftsförderung in den östlichen Bundesländern. Letztere haben in Sonderfällen zu einer sehr geringen oder gar keinen Steuerbelastung bei Einkommensmillionären geführt. Schließlich folgt die Kirchensteuer aufgrund ihrer Akzessorietät zur Einkommensteuer auch den konjunkturellen Entwicklungen sowie den Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt. 4. Ausnahmen von der strikten Akzessorietät Die unbedingte und strikte Akzessorietät zwischen der Einkommensteuer und der Kirchensteuer erfährt in einigen Fällen eine Korrektur zu den im Einkommensteuergesetz normierten Vorgaben (§ 51a Abs. 2, 2a EStG). Aus kirchenpolitischen Gründen bzw. aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung werden in allen Fällen, in denen beim Steuerpflichtigen Kinder zu berücksichtigen sind, die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG für Zwecke der Berechnung der Kirchensteuer einbezogen. Begünstigt werden damit die Fälle, in denen von staatlicher Seite nur ein Kindergeld gezahlt wird (§ 31 EStG) und die Freibeträge i. R. d. Veranlagung nicht zum Zuge kommen. Ferner werden die dem Teileinkünfteverfahren unterliegenden Einkünfte um die steuerfreien Teile erhöht und die Anrechnung des Gewerbesteuermessbetrages wird ausgeschlossen.5

5 I. E. Jens Petersen, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), Einkommensteuergesetz, § 51a Rn. C 11 ff., 51 ff.

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Jens Petersen Tabelle 1 Beispiel zur Berechnung der Kirchensteuer mit § 51a EStG ohne § 51a EStG (in Euro) (in Euro)

zu versteuerndes Einkommen

40.000

40.000

Kinderfreibetrag (2 x 4.368 Euro)

./. 8.736



Betreuungsfreibetrag (2 x 2.640 Euro)

./. 5.280



25.984

40.000

1.716

5.268

154,44

474,12

zu versteuerndes Einkommen (fiktiv) Einkommensteuer (Splittingtabelle, fiktiv) Kirchensteuer 9%

5. Abzug als Sonderausgabe Die im Kalenderjahr tatsächlich gezahlte6 Kirchensteuer ist – abzüglich eventueller Erstattungen – in voller Höhe als Sonderausgabe bei der Einkommensteuerveranlagung abziehbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 1 EStG).7 Abzugsfähig sind sämtliche Geldleistungen – auch i. d. F. des besonderen Kirchgelds8 –, die von den

6 Dies gilt auch bei von der Finanzkasse vorgenommenen Umbuchungen. Sofern die dadurch gezahlte Kirchensteuer nicht mehr geltend gemacht werden kann, weil im Jahr der Umbuchung keine den Grundfreibetrag übersteigenden Einkünfte mehr anfallen (z. B. wegen abgeltend besteuerter Kapitaleinkünfte), verstößt dies nicht gegen höherrangiges Recht; FG Berlin-Brandenburg, EFG 2013, 1028 m. w. N. 7 Zum Abzug der Kirchensteuer als Sonderausgabe bei Einkünften aus Kapitalvermögen siehe Jens Petersen, Kirchensteuer kompakt. Strukturierte Darstellung mit Berechnungsbeispielen, 2. Aufl. 2015, Kap. 7.4.1, 16.4. 8 Zum besonderen Kirchgeld als Kirchensteuer siehe Jens Petersen, Kirchensteuer kompakt. Strukturierte Darstellung mit Berechnungsbeispielen, 2. Aufl. 2015, Kap. 11.3.4.

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als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften von ihren Mitgliedern auf Grund gesetzlicher Bestimmungen erhoben werden.9 Auch die Kirchensteuer, die an eine Religionsgemeinschaft mit Sitz in einem anderen EU-/EWR-Staat geleistet wird, ist als Sonderausgabe abziehbar.10 Mit dieser Abwendung vom Inlandsbezug folgt die Finanzverwaltung der Entwicklung im übrigen Gemeinnützigkeitsrecht, wonach Spenden auch bei Körperschaften außerhalb Deutschlands abgezogen werden dürfen, sofern diese Körperschaften den Gemeinnützigkeitsanforderungen entsprechen. Voraussetzung für den Abzug der Kirchensteuer ist, dass die ausländischen Religionsgemeinschaften bei Inlandsansässigkeit als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt sein müssten. Freiwillige Kirchenbeiträge, die anders als die Kirchensteuer nicht als Sonderausgaben abgezogen werden, können als Zuwendungen im Rahmen des § 10b EStG (Spende) steuerlich berücksichtigt werden.11 Bei alledem steht die Abzugsmöglichkeit der Kirchensteuer als Sonderausgabe, die weder betrieblich noch beruflich veran-

9 Ausweislich des 24. Subventionsberichts der Bundesregierung beträgt die Steuerwirkung des Sonderausgabenabzugs der Kirchensteuer aller steuererhebenden Religionsgemeinschaften im Jahr 2013 3,29 Mrd. Euro. Die Wirkung kam 11,7 Mio. Steuerpflichtigen zugute, Bundesministerium der Finanzen, 24. Subventionsbericht. Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der Finanzhilfen des Bundes und der Steuervergünstigungen für die Jahre 2011 bis 2014, abrufbar unter www.bundesfinanz ministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Oeffentliche_Fi nanzen/Subventionspolitik/2013_08_13_24-subventionsbericht-der-bun desregierung.html, S. 9, 91 f., lfd. Nr. 5 der Anlage 3; der Sonderausgabenabzug der Kirchensteuer ist keine Subvention, ebd., S. 9, Ziff. 7 Abs. 4. 10 Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 16. November 2010, BStBl. I S. 1311; aktuell für: Evangelisch-lutherische Staatskirche – Folkekirken in Dänemark und Evangelisch-lutherische und orthodoxe Staatskirche in Finnland. Zum Sonderausgabenabzug einer Spende zur Errichtung einer russisch-orthodoxen Kathedrale an einen Verein in Rom siehe BFHE 243, 319; BStBl. II 2014 S. 440. 11 R 10.7 EStR 2014; Wolfgang Heinicke, in: Schmidt, Einkommensteuergesetz, 33. Aufl. 2014, § 10 Rn. 102.

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lasst ist, nicht zur Disposition des Gesetzgebers. Vielmehr ist der Abzug der Kirchensteuer zur Vermeidung einer unzulässigen Doppelbelastung des Einkommens gerechtfertigt und geboten. Da die nach Maßgabe der Einkommensteuer erhobene Kirchensteuer auf das Maß des disponiblen Einkommens bezogen ist, würde eine nicht abziehbare Kirchensteuer das nicht mehr disponible Einkommen in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise belasten. Die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft und damit die Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch die Zahlung der Kirchensteuer sind für den überwiegenden Teil der Bevölkerung indisponibel („kulturelles/ religiöses12 Existenzminimum“). 6. Vermittlung des Gerechtigkeitsaspektes Mit der Anbindung der Kirchensteuer an die Einkommensteuer werden auch die der Einkommensbesteuerung zugrunde liegenden Gerechtigkeitserwägungen nachvollzogen. Es ist allgemein anerkannt, dass der Besteuerung des Einkommens die verfassungsrechtlich erforderlichen Kriterien der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit13 insbesondere auch in der Ausprägung des subjektiven Nettoprinzips zugrunde liegen. Diese im Einkommensteuergesetz umgesetzten Wertentscheidungen setzen sich für die Kirchensteuer fort. Auf diese Weise werden die steuererhebenden Religionsgemeinschaften von einer innerkirchlichen Gerechtigkeitsdebatte entbunden, die bei der Festlegung eines kircheneigenen Tarifs zu erwarten wären.

12 Ferdinand Kirchhof, Grundlagen und Legitimation der deutschen Kirchenfinanzierung, Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 47 (2013), S. 7 (22, Ziff. 9). 13 A.A. Ferdinand Kirchhof, Grundlagen und Legitimation der deutschen Kirchenfinanzierung, Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 47 (2013), S. 7 (25 f., 29). Diese Auffassung ist in sich folgerichtig, da Kirchhof die Kirchensteuer nicht als Steuer i. e. S. sondern als Verbandsbeitrag definiert, S. 23 ff. Zur Grundrechtsbindung der Kirchensteuer BVerfG, NVwZ 2002, 1496 m. w. N.

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Mit der Verbindung von Kirchensteuer und Einkommensteuer sind die (progressiven) Tarifregelungen des Einkommensteuergesetzes für die Kirchensteuer maßgebend. In Konsequenz lässt sich für die Kirchensteuer damit eine absolute Beitragsgerechtigkeit, eine Beitragsbelastung für (nahezu) jedes Mitglied nicht erreichen. Allein die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG und das in der Tarifformel verankerte Existenzminimum führen dazu, dass sich das sogenannte Scherflein der Witwe14 im Aufkommen so gut wie nicht wiederfindet. Dafür tragen die breiteren Schultern einen entsprechend höheren Anteil (siehe III. 1.). Gleichwohl und gerade deshalb ist die Kirchensteuer gerecht bemessen. Insgesamt betrachtet stellt sie einen Solidarbeitrag dar. 7. Verwaltung der Kirchensteuer Da sich alle der rund 750 steuererhebenden Religionsgemeinschaften in Deutschland diesem System angeschlossen haben, erleichtert dies auch die Übernahme der Verwaltung der Kirchensteuer durch die staatlichen Finanzämter. Als eine kirchliche, d.h. eine der Kirche zustehende und grundsätzlich auch von kirchlichen Stellen zu erhebende Abgabe, unterliegt die Kirchensteuer zwar zunächst der kirchlichen Verwaltung. Die Kirchensteuergesetze aller Bundesländer eröffnen den Kirchen jedoch die Möglichkeit, die Verwaltung der Kirchensteuer auf die Landesfinanzbehörden (Finanzämter) zu übertragen.15 Von dieser Möglichkeit ist für die Verwaltung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommen-, Lohn- und Kapitalertragsteuer in allen Bundesländern von den evangelischen Landeskirchen, den römisch-katholischen Diözesen, der Alt-katholischen Kirche sowie einigen jüdischen und freireligiösen Gemeinden Gebrauch gemacht worden.

Lk 21, 1. Siehe z. B. § 16 Kirchensteuergesetz der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Kirchensteuerordnung – KiStO) vom 25. September 2013 (KABl. S. 438). 14 15

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Die Verwaltung der Kirchensteuer durch die Finanzämter ist nahezu umfassend. Sie reicht von der Festsetzung und Erhebung bis zur Beitreibung16 sowie zum Einzug der von den Abzugsverpflichteten (Arbeitgeber bzw. Kapitalgesellschaften, Banken etc.) abzuführenden Kirchensteuer als Zuschlag zur Lohn- bzw. Kapitalertragsteuer. Einschränkungen für die Finanzämter bestehen hinsichtlich der Entscheidung über – kirchenspezifische – Stundungs- und Erlassanträge und über außergerichtliche Rechtsbehelfe. Hier haben sich die Kirchen die allein die Kirchensteuer betreffenden Entscheidungen vorbehalten.17 In Bayern18 allerdings erfolgt die Verwaltung der Kirchensteuern nicht durch die Finanzämter, sondern durch die bereits 1942 eingerichteten evangelischen und katholischen Kirchensteuerämter. Lediglich der Einzug der Kirchensteuer als Zuschlag zur Lohn- bzw. Kapitalertragsteuer obliegt der Finanzverwaltung. Für die Verwaltung der Kirchensteuer durch die Finanzämter entrichten die Religionsgemeinschaften eine Verwaltungskostenentschädigung19 in Höhe der nachstehenden Sätze. Dies ist für die Finanzverwaltung ein auskömmlicher Ertrag.20 Die Verwaltungskosten beliefen sich für die evangelischen Landeskirchen und die römisch-katholischen Diözesen im Jahr 2013 insgesamt auf rund 316 Mio. Euro (entspricht rund 3% des Gesamtaufkommens).21

16 Auch Beitreibung in den Staaten der EU, siehe Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 23. Januar 2014, BStBl. I S. 188. 17 Z. B. R 4 ff. der Richtlinien gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 4 Finanzausgleichsgesetz für die Arbeit der Gemeinsamen Kirchensteuerstelle (RiLi GemKiStStelle) [der Evangelischen Kirche von Westfalen] vom 23. Juni 2005 (KiABl. S. 178). 18 Vgl. Gerhard Grethlein/Hartmut Böttcher/Werner Hofmann/Hans P. Hübner, Evangelisches Kirchenrecht in Bayern, S. 536 ff., 556 f. 19 Kein Verfassungsverstoß: FG Münster, KirchE 12, 57. 20 Siehe Landtag NRW-Drs. 16/506, Ziff. 4. 21 Eigene Berechnungen.

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Tabelle 2 Verwaltungskostenentschädigung in den einzelnen Bundesländern Bundesland/Bundesländer

Satz

Bayern

2%

Berlin

2,5%

Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen

3%

Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland

4%

Die Verwaltung der Kirchensteuer durch die Finanzämter ist keine unzulässige Verbindung mit dem Staat. Die in Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 WRV statuierte Trennung von Staat und Kirche wird nicht tangiert.22 Dafür, dass sich alle steuererhebenden Religionsgemeinschaften zur Übertragung der Kirchensteuerverwaltung auf den Staat entschlossen haben, waren verwaltungsökonomische und finanzpolitische Überlegungen maßgeblich. Denn der Staat hält die notwendigen Daten vor („bürgerliche Steuerlisten“ i. S. v. Art. 137 Abs. 6 WRV) und verfügt über eine effizient arbeitende Steuerverwaltung. Demgegenüber erscheint die Annahme, die Verwaltung der Kirchensteuer könne vollständig und ohne Mehrkosten von den steuererhebenden Körperschaften übernommen werden,23 um

BVerfGE 19, 206; 44, 103. So offenbar Katrin Göring-Eckhardt: Kircheneigene Steuerverwaltung nicht teurer als staatliche. EKD-Synodenpräses widerspricht anderslautenden Behauptungen, veröffentlicht vom Dietrich-Bonhoeffer-Verein, abrufbar unter www.dietrich-bonhoeffer-verein.de/index.php?id=637. Die dort propagierte Übernahme der Verwaltung bezieht sich aber auf ein innerkirchliches Beitragsverfahren. Dies ist allerdings ein Aliud gegenüber der Kirchensteuer. Die Religionsgemeinschaften in Österreich finanzieren sich über ein Beitragssystem, siehe Medienreferat der Österreichischen Bischofskonferenz, Warum Kirchenbeitrag?, abrufbar unter 22 23

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auf diese Weise eine größere Nähe zum Kirchensteuerzahler herzustellen und eine absolute Trennung von Staat und Kirche herbeizuführen, illusorisch sowie partiell undurchführbar. Zwar stünde die Finanzverwaltung in der Pflicht, den Religionsgemeinschaften die für eine Steuererhebung notwendigen Daten der Steuerpflichtigen zu liefern.24 Indessen müsste zunächst die Bereitschaft der Arbeitgeber, die Kirchensteuer als Zuschlag zur Lohnsteuer an eine Vielzahl von Religionsgemeinschaften überweisen zu müssen statt – wie derzeit – nur an sein Betriebsstättenfinanzamt, eingeworben werden. Sodann wären kircheneigene Steuererklärungen abzugeben und eine Prüfinstanz aufzubauen. Bei alledem bliebe indessen für die Erhebung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer die Einbindung der Finanzverwaltung unverzichtbar. Denn nur auf der Ebene der Finanzverwaltung sind die für die Steuererhebung notwendigen Informationen (exklusiv) verfügbar.25 Nur hier kann daher der einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft angehörende Steuerpflichtige – unter Beachtung datenschutzrechtlicher Anforderungen – konkret identifiziert werden. 8. Mitgliedschaftscharakter Die Kirchensteuer in Deutschland kann nur von denjenigen erhoben werden, die einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft angehören, mithin von natürlichen Personen.26 Denn nur diese können sich durch die Taufe (bei den christlichen Religionsgemeinschaften) zu ihrer Kirche bekennen. Die Erhebung einer kirchlichen Abgabe von juristischen Personen ist in Deutsch-

http: / / kirchenfinanzierung.katholisch.at / pages / kirchenfinanzierung / be grifflichkeiten. 24 Z. B. § 9 Abs. 1 Gesetz über die Erhebung von Kirchensteuer im Land Mecklenburg-Vorpommern (Kirchensteuergesetz MecklenburgVorpommern – KiStG M-V) vom 30. Oktober 2014 (GVOBl. S. 586). 25 Jens Petersen, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), Einkommensteuergesetz, § 51a Rn. G 5. 26 U. a. BVerfGE 19, 226 (235 ff.).

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land vom Bundesverfassungsgericht verworfen worden,27 in einigen Kantonen der Schweiz28 allerdings möglich und dort erst kürzlich wieder bestätigt worden. 9. Zukunftsorientierung Vom steuerdogmatischen Ansatz her eignet sich die Kirchensteuer, um in die Zukunft fortgeführt zu werden, solange es die Einkommensteuer in Deutschland gibt. Denn die Anbindung der Kirchensteuer an die Einkommensteuer bietet ein grundsätzlich stabiles, in sich geschlossenes, folgerichtig ausgerichtetes und ertragsreiches System. Es ermöglicht die Arbeit der Kirchen in einem sehr erheblichen und wohl auch grundsätzlich von der Mehrheit der Gesellschaft anerkannten, zumindest aber stillschweigend akzeptierten Umfang. 10. Andere Finanzierungsmodelle Bei alledem ist zutreffend, dass die Entscheidung für ein Modell der Finanzierung kirchlicher Arbeit auch anders hätte ausfallen können. Ein Blick in die Staaten der Europäischen Union zeigt durchaus unterschiedliche Finanzierungssysteme, die alle – mehr oder weniger – das Ergebnis eines gesellschaftlichen Entwicklungsprozesses sind und grosso modo von den Steuer- und Beitragspflichtigen bzw. den Kirchenmitgliedern akzeptiert werden. So existieren in Europa neben der Kirchensteuer Finanzierungen durch direkte Staatsleistungen, aus einem Teil der Einkommensteuer (Zweckbindung der ESt), aus eigenem Vermögen, aus Beiträgen und Spenden sowie Mischformen.29 Alternativlos ist die Kirchensteuer daher nicht. BVerfGE 19, 206. Siehe z. B. Daniel Kosch, Die öffentliche Finanzierung der katholischen Kirche in der Schweiz. Zahlen, Zusammenhänge und Zukunftsperspektiven, 2013, S. 33 ff. 29 Überblick bei Jens Petersen, Kirchensteuer kompakt. Strukturierte Darstellung mit Berechnungsbeispielen, 2. Aufl. 2015, Kap. 29 m. w. N.; Arnd Uhle, Kirchenfinanzierung in Europa: Erscheinungsformen, Eig27 28

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11. Austritt aus der Religionsgemeinschaft Der Kirchenaustritt bedeutet die Aufgabe der kirchlichen Mitgliedschaft mit Wirkung für das staatliche Recht und entbindet von der Verpflichtung zur Zahlung der Kirchensteuer. Der religiös und weltanschaulich neutrale Staat ist Garant sowohl für die positive als auch für die negative Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4 GG). Er muss daher den in seinem Staatsgebiet lebenden Kirchenmitgliedern die Möglichkeit eines Kirchenaustritts mit Wirkung für den staatlichen Bereich, d.h. auch mit Wirkung für die Kirchensteuer, verbürgen. Der Kirchenaustritt kann allerdings nur unbedingt, also nicht modifiziert30 erklärt werden. Die Förmlichkeit der Austrittserklärung rechtfertigt sich aus dem Bedürfnis nach eindeutigen und nachprüfbaren Tatbeständen als Grundlage der in den weltlichen Bereich hineinreichenden Rechts- und Pflichtenstellung des Betroffenen,31 was einen Austritt durch schlüssiges Verhalten, wie z. B. Nichtteilnahme an kirchlichen Veranstaltungen, ausschließt. Eine Austrittserklärung allein hinsichtlich der Kirchensteuerpflicht ist nicht zulässig.32 Die Erklärung, aus der „römisch-katholischen Kirche, Körperschaft des öffentlichen

nung, Zukunftsperspektiven, in: Rees/Roca/Schanda (Hrsg.), Neuere Entwicklungen im Religionsrecht europäischer Staaten, 2013, S. 743; näher speziell zur öffentlichen Kirchenfinanzierung ders., Die öffentliche Finanzierung der Religionsgemeinschaften im säkularen Verfassungsstaat. Anmerkungen zu ihrer Legitimität und ihren Erscheinungsformen, in: Gerosa/Müller (Hrsg.), Politik ohne Religion? Laizität des Staates, Religionszugehörigkeit und Rechtsordnung, 2014, S. 191 ff. 30 Ausführlich Ute Suhrbier-Hahn, Das Kirchensteuerrecht. Eine Systematische Darstellung, S. 72 ff. m. w. N.; Felix Hammer, Kirchenmitgliedschaft und Kirchensteuerpflicht, in: Seer/Kämper (Hrsg.), Bochumer Kirchensteuertag. Grundlagen, Gestaltung und Zukunft der Kirchensteuer, 2004, S. 77 (87 f.) m. w. N. 31 BVerfGE 30, 415 (426) m. w. N. 32 Vgl. BVerwG, NJW 1979, 2322 m. w. N.; Axel von Campenhausen/ Heinrich de Wall, Staatskirchenrecht. Eine systematische Darstellung des Religionsverfassungsrechts in Deutschland und Europa, 4. Aufl. 2006, S. 161.

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Rechts“, auszutreten, ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts33 nicht zu beanstanden, da der Zusatz „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ keine Bedingung oder gar Beschränkung auf eine Körperschaft des öffentlichen Rechts darstellt, die der Austritt nach § 26 Abs. 1 Satz 2 KiStG Baden-Württemberg nicht enthalten darf. Für die Austrittserklärung sind in den verschiedenen Bundesländern unterschiedliche staatliche Stellen nach Landesrecht zuständig (Standesamt oder Amtsgericht); nur im Bundesland Bremen kann der Austritt auch bei der Kirche erklärt werden. Die Kirchensteuerpflicht endet mit dem Monat, in dem der Austritt wirksam geworden ist. Eine für den Kirchenaustritt erhobene staatliche Gebühr (zwischen 10 und 30 Euro) verletzt nicht die Grundrechte des 33 BVerwGE 144, 171; dazu Stefan Muckel, KuR 2012, S. 209 m. w. N.; Martin Löhnig/Mareike Preisner, Verhältnis von Kirchenaustritt zur Kirchensteuerpflicht, NVwZ 2013, S. 39; Stefan Muckel, Nochmals: Verhältnis von Kirchenaustritt und Kirchensteuerpflicht [Entgegnung zu Löhnig/Preisner], NVwZ 2013, S. 260; Philipp Reimer, Der Kirchenaustritt zwischen Landesrecht, Bundesrecht und Kirchenrecht, JZ 2013, S. 136; Hammer, KuR 2011, S. 108. In der Schweiz ist ein Austritt aus der staatskirchlichen Organisation katholische Kirche gültig, siehe Schweizerisches Bundesgericht (BGE) vom 9. Juli 2012 – 2 C 406/2011; diese Entscheidung lässt sich allerdings nicht auf die deutsche Rechtslage übertragen, weil in der Schweiz in vielen Kantonen noch Restbestände eines Staatskirchentums existieren, d.h. Kirchgemeinden und Kantonalkirchen, die auf staatlicher Rechtsgrundlage verfasste Körperschaften sind. Für die evangelischen Religionsgemeinschaften gilt nach § 10 Nr. 3 KMG EKD unmissverständlich: „Die Kirchenmitgliedschaft endet [. . .] mit dem Wirksamwerden der nach staatlichem Recht zulässigen Austrittserklärung.“ Der Austritt hat den Verlust der mit der Mitgliedschaft verbundenen Rechte (z. B. Anspruch auf kirchliche Amtshandlungen, Zulassung zu kirchlichen Ämtern) sowie den Wegfall der Kirchensteuerpflicht zur Folge. Gültig bleiben die Taufe und auch die Einladung, über Gottesdienstbesuche und seelsorgerliche Gespräche wieder zur Gemeinschaft in der evangelischen Kirche und der Wiederherstellung der Mitgliedschaft zurückzufinden (vgl. Evangelische Kirche in Deutschland, Theologische Erwägungen der Kammer für Theologie zum Dienst der evangelischen Kirche an den aus ihr Ausgetreten, EKD Text Nr. 66, abrufbar unter www. ekd.de/EKD-Texte/taufe/start.html).

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Austretenden aus Art. 4 Abs. 1 GG.34 Jeder darf über sein Bekenntnis und seine Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft selbst und frei von staatlichem Einfluss entscheiden. Dies schließt die Freiheit ein, jederzeit die kirchliche Mitgliedschaft mit Wirkung für das staatliche Recht durch Austritt zu beenden. Dabei kann die Wirksamkeit des Austritts mit Wirkung für das staatliche Recht an ein förmliches Verfahren gebunden werden.35 Diese Förmlichkeit folgt dem Bedürfnis nach eindeutigen und nachprüfbaren Tatbeständen als Grundlage der Rechts- und Pflichtenstellung des Betroffenen, soweit sie in den weltlichen Bereich hineinreichen. Die – angemessene – Austrittsgebühr als öffentlich-rechtliche Geldleistung für eine individuell zurechenbare öffentliche Leistung ist auch in Ansehung der Glaubensfreiheit des Art. 4 Abs. 1 GG legitim.36 Die Gründe für den Austritt aus einer Religionsgemeinschaft sind vielschichtig. Vielfach bedarf es nur eines geringen Anlasses, um diesen Schritt zu gehen. Dabei ist die Hemmschwelle umso geringer, je weniger intensiv die Bindung zur Religionsgemeinschaft geworden ist.37 Die Kirchensteuer selbst kann hierbei zwar das auslösende Moment sein. Vielfach wird sie indessen lediglich den Anlass für einen kritischen Reflex auf die persönliche Beziehung zur Kirche bilden. Dabei dürften die beiden Substantive „Kirche“ und „Steuer“ einer der maßgebenden psychologisch wirkenden Auslöser sein. So löst bereits die Erwähnung von „Kirche“ leicht die Assoziation zu jüngeren negativen Vorkommnissen aus („Limburg“, Missbrauchsfälle, Fehlverwendungen bei der Kapitalanlage), wobei im Zweifel zwischen den Religionsgemeinschaften nicht differenziert wird. Zudem ist der Begriff „Steuer“ ein negativ besetzter Terminus, da er mit einem Eingriff in die privaten Vermögensverhältnisse verbunden wird.

BVerfGE 14, 60; BayVerfGH, KirchE 51, 250. BVerfGE 30, 415 (426). 36 BVerfG, NJW 2008, 2978; VerfGHE BY 61, 125. 37 Jan Hermelink, Kirchenaustritt: Bedingungen, Begründungen, Handlungsoptionen in: ders./Latzel (Hrsg.), Kirche empirisch. Ein Werkbuch, 2008, S. 95. 34 35

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Veranschaulichen lässt sich dies am Beispiel der Änderung des Erhebungsverfahrens zur Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer: Denn hier sorgte die schlichte – wenn auch technisch nicht einfache – Neuausrichtung der Erhebung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer (von der Veranlagung zum abgeltenden Quellenabzug) im Verbund mit einer suboptimalen kirchlichen Information in der Einführungsphase bei zahlreichen Steuerpflichtigen für Verunsicherung und führte in nicht wenigen Fällen auch zum Kirchenaustritt. II. Änderung der Erhebung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer 1. Notwendigkeit der Änderung des Erhebungsverfahrens Mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 200838 ist die Besteuerung der im Privatvermögen erzielten Kapitaleinkünfte ab 2009 durch Einführung der Kapitalertragsteuer neu geregelt worden. Die Kapitalertragsteuer ist weiterhin Einkommensteuer. Sie wird auf Kapitalerträge in der Form einer Abgeltungsteuer erhoben, und zwar anonym und i. d. R. abgeltend an der Quelle. Im Gegensatz zur „normalen“ Einkommensteuer ist für die Kapitalertragsteuer ein gesondertes Erhebungs- und Tarifregime eingeführt worden. Diese Änderung im staatlichen Recht wirkt sich auch auf die Kirchensteuer als Zuschlagsteuer zur staatlichen Steuer aus (§ 51a Abs. 2c ff. EStG).39 Da die Kirchensteuer nur von den Mitgliedern einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft erhoben werden darf, musste ein Verfahrensweg gefunden werden, das persönliche Merkmal „Religionszugehörigkeit“ in das anonyme Erhebungsverfahren der Kapitalertragsteuer einzubinden.

Gesetz vom 14. August 2007 (BGBl. I S. 1912 = BStBl. I S. 630). Zur grundsätzlichen Bedeutung des § 51a EStG als Mustervorschrift für die Kirchensteuergesetze der Länder siehe Jens Petersen, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), Einkommensteuergesetz, § 51a Rn. G 1 ff.; André Pospischil, Kirchensteuer im 21. Jahrhundert. Rechtliche Grundlagen verschiedener Erhebungsverfahren, 2014, S. 46 ff. 38 39

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Wie bisher sind die Kapitalerträge Einkünfte, die der Einkommensteuer40 und damit der Kirchensteuer unterliegen. Sie vermitteln dem Kirchenmitglied – wie andere Einkunftsarten auch – Leistungsfähigkeit.41 Auch handelt es sich bei den Kapitalerträgen weiterhin um durch Marktteilhabe innerhalb einer Periode erwirtschafteten Vermögenszuwachs, auf den der Staat durch die Einkommensteuer i. d. F. der Kapitalertragsteuer zugreift. Insofern ändert sich nichts, da die Kapitalertragsteuer nur eine besondere Form der Erhebung der Einkommensteuer ist (§ 51a Abs. 2c EStG). Wurde bisher die Einkommensteuer auf Kapitalerträge durch Angabe in der Einkommensteuererklärung erst im Rahmen der Veranlagung durch das Finanzamt erhoben, wird sie nunmehr bereits an der Quelle, d.h. bei der die Kapitalerträge (z. B. Zinsen oder Dividenden) auszahlenden Stelle (z. B. bei einer Bank) einbehalten und an die Finanzverwaltung abgeführt. Es handelt sich somit um keine neue Steuer. Zudem beträgt der Steuersatz nunmehr höchstens 25%. Die Philosophie der Kapitalertragsteuer besteht in der anonymen Erhebung der Steuer an der Quelle mit abgeltender Wirkung. Für die Kirchensteuer als personenbezogene Abgabe waren im Zeitpunkt der Einführung der Kapitalertragsteuer im Jahr 2009 aber noch nicht die technischen Voraussetzungen gegeben, um die Religionszugehörigkeit auf automatisiertem Wege dem Abzugsverpflichteten – der auszahlenden Stelle – zur Kenntnis zu bringen. Als „Übergangslösung“42 wurde die Kirchensteuer bei der Kapitalertragsteuer daher zunächst zur Sicherstellung der

40 Kapitalerträge unterliegen seit dem Preußischen Einkommensteuergesetz vom 24. Juni 1891 (PGS S. 175) der Einkommensteuer. 41 Einzelheiten siehe Jens Petersen, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), Einkommensteuergesetz, § 51a Rn. C 81 ff., C 91; siehe auch Martina Baumgärtel/Ulf Lange, in: Herrmann/Heuer/Raupach (Hrsg.), Kurzkommentar Unternehmensteuerreform 2008, 2008, § 51a Anm. J 073 a. E. 42 Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD vom 27. März 2007, BT-Drs. 16/4841, S. 121.

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Besteuerung in zweifacher Weise berücksichtigt:43 Entweder behielt die auszahlenden Stelle von den Kapitalerträgen 25% Kapitalertragsteuer sowie auf Antrag des Gläubigers der Kapitalerträge auch die Kirchensteuer ein (§ 51a Abs. 2c EStG i. d. F. bis 31. Dezember 2014) oder der Kirchensteuerpflichtige deklarierte die Kapitaleinkünfte für Zwecke der Festsetzung der Kirchensteuer im Rahmen der Veranlagung (§ 51a Abs. 2d EStG i. d. F. bis 31. Dezember 2014). Zum 1. Januar 2015 ist die Einbindung der Kirchensteuer in die Philosophie der Kapitalertragsteuer, der – i. d. R. – abgeltenden Erhebung an der Quelle, abgeschlossen.44 Dem Abzugsverpflichteten wird nunmehr die Zugehörigkeit des Kapitalertragsteuerschuldners zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft als Kennziffer elektronisch vom Bundeszentralamt für Steuern mitgeteilt. Der in § 51a Abs. 2e EStG45 (i. d. F. bis 31. Dezember 2014) formulierte Gesetzgebungsauftrag ist damit umgesetzt.46 Die Erhebung der Kirchensteuer durch den Abzugsverpflichteten ist nunmehr der Regelfall.47 Auch mit dieser Form des Erhebungsverfahrens wird sichergestellt, dass die Steuerpflichtigen entsprechend ihrer Leistungs-

43 Jens Petersen, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), Einkommensteuergesetz, § 51a Rn. C 95 ff. 44 Gesetz vom 7. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2592 = BStBl. I S. 1171); Gesetz vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1809 = BStBl. I S. 802). 45 I. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl. I S. 1912 = BStBl. I S. 630). 46 Jens Petersen, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), Einkommensteuergesetz, § 51a Rn. C 81 ff., 95 ff., 177 ff. m. w. N.; ders., Die Einbindung der Erhebung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer in die Philosophie der Abgeltungsteuer, npor 2012, S. 108 und npor 2013, S. 125, je passim. 47 Siehe auch Informationen des Bundesministeriums für Finanzen und des Bundeszentralamtes für Steuern, abrufbar unter www.bundesfinanz ministerium.de/Content/DE/Monatsberichte/2014/02/Downloads/mo natsbericht_2014_02_deutsch.pdf?__blob=publicationFile&v=6, S. 19 ff. sowie www.bzst.de/DE/Steuern_National/Kirchensteuer/kirchensteuer_ node.html; Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen, Kurzinfo 6/2014 vom 14. Februar 2014, DB 2014, S. 627.

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fähigkeit und folgerichtig besteuert werden. Ferner wird gewährleistet, dass alle Steuerpflichtigen im Sinne der horizontalen Belastungsgerechtigkeit – unabhängig von der Art der erzielten Einkünfte – ihren angemessenen Beitrag zur Finanzierung der kirchlichen Arbeit leisten. 2. Abzugsverpflichteter Abzugsverpflichtet ist jeder zur Vornahme des Steuerabzugs vom Kapitalertrag Verpflichtete (§ 51a Abs. 2c Satz 1 EStG).48 Auch die ausschüttende Kapitalgesellschaft49 ist daher nunmehr unmittelbar zum Abzug verpflichtet, da ihr die persönlichen Besteuerungsmerkmale ihrer Anteilseigner bekannt sind. Dem Abzugsverpflichteten wird, wie dargestellt, die konkrete Konfessionszugehörigkeit elektronisch vom Bundeszentralamt für Steuern auf Abfrage zur Verfügung gestellt. Ihm wird hierdurch ermöglicht, den Kirchensteuerabzug gezielt für die derzeit 6750 Kirchensteuer erhebenden Religionsgemeinschaften durchzuführen. Den hohen Anforderungen des Datenschutzes ist es geschuldet, dass nur derjenige die Kirchensteuermerkmale abrufen darf, der hierzu auch berechtigt ist. Daher haben sich die das Kirchensteuermerkmal abrufenden Kapitalgesellschaften beim Bun48 Einzelheiten siehe Jens Petersen, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), Einkommensteuergesetz, § 51a Rn. C 99. 49 Hierzu Sascha Spieker, Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer: Dringender Handlungsbedarf bei Kapitalgesellschaften, DB 2014, S. 1892. Zur Anmeldung/Zertifizierung der Kapitalgesellschaften beim BZSt u. a. formeller Pflichten siehe Bundeszentralamt für Steuern, Fragen und Antworten, abrufbar unter www.bzst.de/DE/Steuern_National/Kirchen steuer/Fragen_und_Antworten/Fragen_und_Antworten_node.html. Bei börsennotierten Kapitalgesellschaften wird die Kirchensteuer von der depotführenden Bank einbehalten. 50 Diese Angabe stellt keinen Widerspruch zu in I. 7. genannten 750 steuererhebenden Religionsgemeinschaften dar, da die rund 700 selbständigen steuererhebenden Kirchengemeinden der Evangelischen Kirche im Rheinland für dieses Erhebungsverfahren auf der Ebene der Landeskirche zusammengeführt werden.

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deszentralamt für Steuern vor dem ersten Abruf anzumelden.51 Dieses Verfahren ist recht formalistisch und damit arbeitsaufwendig strukturiert und vom Abzugsverpflichteten selbst vorzunehmen. Eine Übertragung an die steuerberatenden Berufe ist derzeit nicht vorgesehen. Um insbesondere kleinen Kapitalgesellschaften entgegenzukommen, hat die Finanzverwaltung (extra legem) Erleichterungen eingeräumt,52 namentlich bei der Regelabfrage. Eine Registrierung und Abfrage kann zunächst unterbleiben, wenn im Einzelfall eine Ausschüttung zwar nicht ausgeschlossen, jedoch sehr unwahrscheinlich ist. Unwahrscheinlich ist eine Ausschüttung z. B. dann, wenn die aktuelle Ertragslage, Verlustvorträge oder das Auskehrungsverhalten der Vorjahre nach normalem Geschäftsverlauf eine Ausschüttung im Folgejahr nicht erwarten lassen. Ferner ist eine Abfrage der Identifikations-Nummer und des Kirchensteuerabzugsmerkmals nicht erforderlich, sofern zum Zeitpunkt der Regelabfrage mit Sicherheit feststeht, dass im Folgejahr keine Ausschüttung vorgenommen wird. Dies betrifft Fälle, in denen aufgrund des Gesellschaftsvertrages oder eines Gesellschafterbeschlusses die Ausschüttung von Gewinnen ausgeschlossen ist. Außerdem sind Fälle betroffen, in denen eine GmbH Komplementärin einer GmbH & Co. KG ist, und die GmbH keine Gewinne ausschüttet. 3. Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft Die eindeutige, konkrete Bezeichnung der steuererhebenden Religionsgemeinschaften (sogenannter „trennscharfer Religions51 Bundeszentralamt für Steuern, Informationen für Abzugsverpflichtete, abrufbar unter www.bzst.de/DE/Steuern_National/Kirchensteuer/ Info_Abzugverpflichtete/Informationen_fuer_Abzugsverpflichtete_node. html. 52 Bundeszentralamt für Steuern, Fragen & Antworten, abrufbar unter www.bzst.de/DE/Steuern_National/Kirchensteuer/Fragen_und_Antwor ten/Fragen_und_Antworten_node.html (unter Einzelfragen zu Kapitalgesellschaften).

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merker“) als Gläubiger der Kirchensteuer ist für die Erhebung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer unabdingbar notwendig, um sie der Religionsgemeinschaft zuzuleiten, der der Kirchensteuerpflichtige angehört.53 Da ein grundsätzlich anonym ausgestaltetes Erhebungsverfahren sonst keine Möglichkeit der gläubigergenauen Zuordnung gewährt, bedarf es hier der partiellen Ausnahme. Mit dem trennscharfen Religionsmerker wird der Steuergläubiger unverwechselbar benannt. Das ermöglicht dem Abzugsverpflichteten eine direkte, genaue und endgültige Abführung (über die Finanzverwaltung), die für die steuererhebenden Religionsgemeinschaften unmittelbar haushaltswirksam verfügbar ist. Zu diesem Zwecke wird vom Bundeszentralamt für Steuern – in Zusammenarbeit mit den Religionsgemeinschaften54 – für jede steuererhebende Religionsgemeinschaft55 eine Kennziffer gebildet und dem Abzugsverpflichteten nebst einer Hebesatztabelle zur Verfügung gestellt (§ 51a Abs. 2c Satz 1 Nr. 1 EStG). Diese Schlüsseldaten werden mit den Daten nach § 139b Abs. 3 AO und § 39e EStG in einer gesonderten Datenbank (Kirchensteuerabzugsmerkmal – KISTAM) verknüpft, auf die der Abzugsverpflichtete zugreifen kann.

53 Die Kirchensteuer steht der Religionsgemeinschaft zu, zu der der Steuerpflichtige ein Mitgliedschaftsverhältnis begründet hat, mithin der Religionsgemeinschaft, in deren Gebiet der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, siehe z. B. § 3 KiStG Niedersachsen i. d. F. vom 10. Juli 1986 (Nds. GVBl. S. 281), zuletzt geändert durch Gesetz zur Änderung des KiStRG vom 10. Dezember 2008 (Nds. GVBl. S. 396). 54 Bericht des Finanzausschusses vom 26. Oktober 2011, BT-Drs. 17/ 7524, S. 18. 55 BT-Drs. 17/2865, S. 13; Jens Petersen, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), Einkommensteuergesetz, § 51a Rn. C 171 ff.

Die mitgliedschaftliche Finanzierung

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Tabelle 3 Beispiel Kennziffernbildung56 steuererhebende Religionsgemeinschaft

Merker bisher

Merker neu

Hebesatz

ev.-luth. Landeskirche Bayern

ev

011100

8%

ev.-luth. Landeskirche Hannover

lt

012200

9%

röm.-kath. Bistum Hildesheim

rk

023300

9%

jüdische Gemeinde Hamburg

jh

034400

9%

keine Zugehörigkeit



000000

0%

4. Identifizierung des Steuerpflichtigen Der Abzugsverpflichtete verwendet zur Identifizierung des Kirchensteuerpflichtigen beim Bundeszentralamt für Steuern als zentrales Abfragemerkmal die Identifikationsnummer (§ 139b AO) und das Geburtsdatum, gleichsam als Prüfziffer (§ 51a Abs. 2c Satz 1 Nr. 2 EStG). Mit ihr kann der Steuerpflichtige und seine Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft unverwechselbar identifiziert werden. Den Abzugsverpflichteten liegen die Identifikationsnummern zu Kontoverbindungen vor, die aus anderen Gründen erhoben worden sind.57 Eine Abfrage der Steueridentifikationsnummer beim Bundeszentralamt für Steuern ist deshalb nur bei jenen Konteninhabern notwendig, für die sie noch nicht vorliegt. Die Ver-

56 Zusammensetzung der Kennziffer: Stellen 1 und 2: Konfession; Stellen 2 und 3: Steuergläubiger; Stellen 5 und 6: unbesetzt. Siehe Muster Kapitalertragsteueranmeldung 2015, abrufbar unter www.bundessteuer blatt.de. 57 Siehe z. B. für Kreditinstitute die Stellungnahme der Deutschen Kreditwirtschaft, abrufbar unter http://webarchiv.bundestag.de/archive/2013/ 1212/bundestag/ausschuesse17/a07/anhoerungen/2011/060/Stellungnah men/34-Die_Dt__Kreditwirtschaft.pdf, S. 10.

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wendung einer bereits gespeicherten Identifikationsnummer ist vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen worden.58 5. Abfrage des Religionsmerkmals und Hinweispflicht Die Abfrage der Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft erfolgt entweder durch die Regel- oder die Anlassabfrage (§ 51a Abs. 2c Satz 1 Nr. 3 EStG). Der Abzugsverpflichtete hat im Zeitraum vom 1. September bis 31. Oktober beim Bundeszentralamt für Steuern abzufragen, ob der Schuldner der Kapitalertragsteuer zum Stichtag 31. August kirchensteuerpflichtig ist (Regelabfrage). Ist der Kunde Angehöriger einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft, mithin kirchensteuerpflichtig, wird dem Abzugsverpflichteten das Religionsmerkmal (die Kennziffer) und der Hebesatz auf elektronischem Weg mitgeteilt (§ 51a Abs. 2c Satz 1 Nr. 1 EStG). Der gewählte Zeitraum für die Regelabfrage ist dem Umstand geschuldet, dass in diesem zeitlichen Korridor die technischen Kapazitäten beim Bundeszentralamt für Steuern für dieses Massenverfahren (am ehesten) verfügbar sein sollen.59 Abgefragt wird die Kirchenzugehörigkeit und damit Kirchensteuerpflicht zum Stichtag 31. August des Abfragejahres. Dieses Datum hat dann Gültigkeit für den Einbehalt der Kirchensteuer im darauffolgenden Kalenderjahr (§ 51a Abs. 2c Satz 1 Nr. 4 EStG). Eine auf den Zuflusszeitpunkt bezogene Abfrage (Anlassabfrage) erfolgt für Kapitalerträge i. S. v. § 43 Abs. 1 Nr. 4 EStG aus Versicherungsverträgen sowie bei Neubegründung einer Geschäftsbeziehung oder auf Veranlassung des Kunden. Bei Kapitalerträgen i. S. v. § 43 Abs. 1 Nr. 4 EStG aus Versicherungsver58 Siehe z. B. Stellungnahme der Deutschen Kreditwirtschaft, abrufbar unter http://webarchiv.bundestag.de/archive/2013/1212/bundestag/aus schuesse17/a07/anhoerungen/2011/060/Stellungnahmen/34-Die_Dt__Kre ditwirtschaft.pdf, Nr. 5; Stellungnahme der Spitzenverbände der Deutschen Wirtschaft, abrufbar unter http://webarchiv.bundestag.de/archive/ 2013/1212/bundestag/ausschuesse17/a07/anhoerungen/2011/060/Stellung nahmen/06-Spitzenverb__d__dt__Wirtschaft.pdf, Nr. 5. 59 Bericht des Finanzausschusses vom 26. Oktober 2011, BT-Drs. 17/ 7524, S. 18.

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trägen dient sie für einmalige oder unregelmäßig entstehende Kapitalerträge aus Versicherungsleistungen, da sich die Bezugsberechtigung nach den Erfahrungen der Versicherungswirtschaft kurz vor dem Zeitpunkt der Auszahlung ändern kann.60 Der Abzugsverpflichtete hat – rechtzeitig vor den Abfragen – den Kirchensteuerpflichtigen auf die Datenabfrage und die Widerspruchsmöglichkeit (§ 51a Abs. 2e EStG) miteinander verbunden schriftlich oder in anderer geeigneter Form individuell hinzuweisen. Die Hinweispflicht ist – neben dem Widerspruchsrecht (Abs. 2e; siehe II. 6.) – mit den Anforderungen des Datenschutzes begründbar.61 Die Gesetzesbegründung62 nennt als Beispiele den Hinweis auf Kontoauszügen, Begleitschreiben oder im E-Banking-Verfahren. Ein nur allgemeiner Hinweis z. B. in Form eines Aushangs Allgemeiner Geschäftsbedingungen genügt hingegen nicht. Rechtzeitig ist der Hinweis dann erfolgt, wenn eine vom Steuerpflichtigen ggfs. veranlasste Sperre (hierzu sogleich) in die Datenverarbeitung des Bundeszentralamtes für Steuer eingepflegt werden kann. Der Hinweis ist bei der einmal jährlich durchzuführenden Regelabfrage jedes Jahr zu erteilen (arg.: „Rechtzeitig vor Regel- oder Anlassabfrage [. . .]“). Angesichts des hohen Aufwandes für die Abzugsverpflichteten insbesondere in jenen Fällen, in denen hierfür nicht der Kontoauszug verfügbar ist, wäre freilich eine Hinweispflicht in den Folgejahren beschränkt auf neu begründete Geschäftsbeziehungen überlegenswert gewesen. Ergibt die Abfrage, dass der Schuldner der Kapitalertragsteuer keiner steuererhebenden Religionsgemeinschaft angehört oder ist durch einen Widerspruch ein Sperrvermerk (Abs. 2e) gesetzt, 60 Bericht des Finanzausschusses vom 26. Oktober 2011, BT-Drs. 17/ 7524, S. 18. 61 Jens Petersen, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), Einkommensteuergesetz, § 51a Rn. C 183 ff. Hierzu auch BFH, BStBl. 2012 II, 168 (Rn. 123 ff.); BFH/NV 2012, 381 (Rn. 100 ff.); Allgemeinverfügung des BMF vom 22. Juli 2013, BStBl. I S. 862; siehe auch BayVerfGH, NVwZ 2011, 40 62 Bericht des Finanzausschusses vom 26. Oktober 2011, BT-Drs. 17/ 7524, S. 18.

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wird dem Abzugsverpflichteten ein neutraler Wert (Nullwert) übermittelt. Bei Übermittlung eines Nullwertes sind eventuell beim Abzugsverpflichteten gespeicherte Daten zur Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft unverzüglich zu löschen. 6. Widerspruch – Sperrvermerk Nach § 51a Abs. 2e Satz 1 EStG kann der Schuldner der Kapitalertragsteuer schriftlich nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck63 oder durch ein anderes sicheres Verfahren (Satz 2; etwa über ein Online-Portal64) beim Bundeszentralamt für Steuern bis auf schriftlichen Widerruf beantragen, dass der automatisierte Datenabruf seiner rechtlichen Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft unterbleibt (Sperrvermerk). Dieser bei einer zentralen Stelle – dem Bundeszentralamt für Steuern – gesetzte Sperrvermerk verhindert die Weitergabe der Religionszugehörigkeit an alle die Daten abrufenden Abzugsverpflichteten. Der Sperrvermerk wirkt solange, bis er widerrufen wird. Ist der Widerruf erklärt und der Sperrvermerk gesetzt, wird die Kirchensteuer nicht im automatisierten Abzugsverfahren vom Abzugsverpflichteten einbehalten. Der kirchensteuerpflichtige Gläubiger der Kapitalerträge ist daher verpflichtet, die Kirchensteuer im Rahmen der Veranlagung zu erklären (§ 51a Abs. 2e Satz 3 f. EStG). Hierzu dient der Verweis auf den nicht geänderten Abs. 2d als in der Verwaltungspraxis etabliertes Verfahren, wobei die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Kirchensteuer ausschließlich die von den Abzugsverpflichteten einbehaltene Kapitalertragsteuer ist.65 Will der Steuerpflichtige auch die Sonderausgabenabzugswirkung (§ 32d Abs. 1 Satz 3, 4 63 Erhältlich bei dem Bundeszentralamt für Steuern (www.bzst.de, Formularcenter) oder dem Finanzamt. 64 Bericht des Finanzausschusses vom 26. Oktober 2011, BT-Drs. 17/ 7524, S. 19; siehe auch Bundeszentralamt für Steuern, www.elsteronline. de/bportal/bop/Leistungen.tax. 65 Bericht des Finanzausschusses vom 26. Oktober 2011, BT-Drs. 17/ 7524, S. 19.

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EStG) in Anspruch nehmen, verbleibt ihm der Veranlagungsweg nach § 32d Abs. 3, 4, 6 EStG. Wird der Steuerpflicht nicht im automatisierten Verfahren nachgekommen, sondern in der nachgelagerten Veranlagung, informiert das Bundeszentralamt für Steuern das Wohnsitzfinanzamt über die Abzugsverpflichteten, die den Sperrvermerk abgerufen haben. Das Finanzamt fordert den Steuerpflichtigen dann zur Abgabe einer Steuererklärung auf (§ 51a Abs. 2e EStG). Die Übermittlung des Sperrvermerkes an das zuständige Wohnsitzfinanzamt des Kirchensteuerpflichtigen ist die notwendige Ergänzung des Deklarationsgrundsatzes um das Verifikationsprinzip.66 7. Erhebung und Abführung Ist die Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft beim Abzugsverpflichteten hinterlegt, hat dieser die Kirchensteuer im Zeitpunkt des Zuflusses der Kapitalerträge einzubehalten und an sein Betriebsstättenfinanzamt abzuführen. In der Steueranmeldung67 sind hierbei die Kirchensteuern für jede der steuererhebenden Religionsgemeinschaften gesondert in einer Summe aufzuführen. Die Anmeldung erfolgt nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck auf elektronischem Weg in entsprechender Anwendung der Regelungen für die Kapitalertragsteuer nach § 45a Abs. 1 EStG (§ 51a Abs. 2c Satz 1 Nr. 4 EStG). Das abgerufene Kirchensteuermerkmal hat – beim Regelabfrageverfahren – Gültigkeit für den Kirchensteuerabzug des auf den Abruf folgenden Kalenderjahres. Dies scheint im Widerspruch zu stehen mit den Regelungen beim unterjährigen Wechsel der Kirchensteuerpflicht. Die Kirchensteuerpflicht beginnt mit dem auf den Eintritt folgenden Monat und endet mit dem Monat des Austritts. Da die Kirchensteuer nur von Mitgliedern erhoben werden darf, ist die Erhebung ab dem Zeitpunkt des Kirchenaustritts grundsätzlich unzulässig. Der Arbeitgeber beBVerfGE 84, 239. Siehe Muster Kapitalertragsteueranmeldung 2015, abrufbar unter www.bundesfinanzministerium.de. 66 67

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hält daher Kirchensteuer ein bzw. nicht mehr ein, sobald er vom steuerrelevanten Sachverhalt Kenntnis erlangt hat. Im Rahmen der Veranlagung wird durch die sogenannte Zwölftelung die für das Veranlagungsjahr endgültig zu entrichtende Kirchensteuer festgesetzt. Ein unterjähriger Wechsel der Religionszugehörigkeit wird vom Abzugsverpflichteten allerdings nicht zeitnah berücksichtigt. Das erscheint nur dann gerechtfertigt, wenn es zur Gewährleistung einer geordneten Besteuerung technisch und organisatorisch im Rahmen eines Massenverfahrens plausibel begründet werden kann. Durch die den Abzugsverpflichteten gesetzgeberisch eröffnete Möglichkeit der permanenten unterjährigen Kontensaldierung und Kontenverrechnung zwischen Ehegatten am Ende des Geschäftsjahres sowie der fehlenden Differenzierungsmöglichkeit bei den Hebesätzen der Kapitalertragsteuer dürfte eine fehlende Berücksichtigung der unterjährigen Änderung der Kirchenmitgliedschaft für das Jahr der Änderung hinnehmbar sein, da eine Korrektur durch das Veranlagungsverfahren möglich ist. 8. Personenmehrheiten und Datenschutz Bei der Erhebung der Kirchensteuer von Personenmehrheiten ist zu unterscheiden zwischen Ehegatten bzw. Lebenspartnern und sonstigen Personenmehrheiten. Bei Ehegatten bzw. Lebenspartnern erfolgt eine typisierte hälftige Aufteilung, da dies „[. . .] die gängige Praxis bei den Freistellungsaufträgen von Ehegatten wider[spiegelt]“68 und der Erleichterung im Rahmen eines Massenverfahrens dient, zumal auch die Anteile der Ehegatten bzw. Lebenspartner am Kapitalvermögen bei den Abzugsverpflichteten nicht hinterlegt sind. Weichen die Anteile von der unterstellten Halbteilung ab, verbleibt den Ehegatten bzw. Lebenspartnern die Korrektur im Rahmen der Veranlagung. Dies ist zumutbar.69 Andere Perso68 Bericht des Finanzausschusses vom 26. Oktober 2011, BT-Drs. 17/ 7524, S. 19. 69 Stephan Meyerding/Johanna Serocka, Abgeltungsteuer nach dem BeitrRLUmsG: Automatisiertes Verfahren für den Kirchensteuerabzug,

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nenmehrheiten sind dem automatisierten Verfahren nicht zugänglich, da Beteiligte und Aufteilungsmaßstäbe darin nicht hinterlegt sind (Treuhandkonten, Notaranderkonten, Wohnungseigentümergemeinschaften etc.).70 Daher unterbleibt der Kirchensteuerabzug durch den Abzugsverpflichteten bei anderen Personenmehrheiten. Die Erhebung der Kirchensteuer ist hier dem Veranlagungsverfahren vorbehalten. Der Abzugsverpflichtete darf die Daten nur für die Kirchensteuererhebung nutzen und muss sie organisatorisch abschotten (§ 51a Abs. 2c Satz 8–10 EStG). Dies entspricht den bisherigen Regelungen und ist Ausdruck der hohen Anforderungen des Datenschutzes.71 Auch wenn das Merkmal der Religionszugehörigkeit nunmehr nur aus einer Kennziffer besteht, und nicht wie bisher als Klarbezeichnung (z. B. „ev“) mitgeteilt wird, unterliegen diese Daten dem besonderen Schutzerfordernis.72 Daher müssen die Abzugsverpflichteten bei diesem elektronischen Verfahren zusätzlich organisatorisch und technisch für eine abgeschirmte Verarbeitungsumgebung Sorge tragen.

DStR 2012, S. 1378, geben den Hinweis, wegen eines möglichen Zinsvorteils der hälftigen Aufteilung durch den Sperrvermerk zu entgehen. Sie selbst erachten ihn allerdings als nur gering und der Sperrvermerk würde nicht gerade zur Effizienz der Besteuerung beitragen. 70 Bericht des Finanzausschusses vom 26. Oktober 2011, BT-Drs. 17/ 7524, S. 19. 71 Stellungnahme des Bundesdatenschutzbeauftragten, abrufbar unter http://webarchiv.bundestag.de/archive/2013/1212/bundestag/ausschues se17/a07/anhoerungen/2011/060/Stellungnahmen/04-BfDI.pdf; gleichwohl wird auf der Steuerbescheinigung die Religionsgemeinschaft, an die die Kirchensteuer abgeführt wurde, als Klarbezeichnung benannt, siehe Bundeszentralamt für Steuern, Kommunikationshandbuch Teil I, Anlage 10: Religionsschlüsselverzeichnis (Stand: 13. August 2014), abrufbar unter http://www.bzst.de/DE/Steuern_National/Kirchensteuer/Formulare_und _Links/KISTA_KommHandB_Teil_1.html?nn=456266. Kritisch André Pospischil, Kirchensteuer im 21. Jahrhundert. Rechtliche Grundlagen verschiedener Erhebungsverfahren, 2014, S. 14 ff. 72 Bericht des Finanzausschusses vom 26. Oktober 2011, BT-Drs. 17/ 7524, S. 19; BFHE 235, 151 (Rn. 123 ff.); BFH/NV 2012, 381 (Rn. 100 ff.); siehe auch BayVerfGH, NVwZ 2011, 40.

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9. Veranlagungsverfahren Wird die Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer nicht vom Abzugsverpflichteten einbehalten, hat der Steuerpflichtige sie i. R. d. Veranlagung zu erklären (§ 51a Abs. 2d, e; § 32d Abs. 3, 4, 6 EStG). 10. Sonderausgabenabzug Die steuermindernde Wirkung des Sonderausgabenabzugs für die Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer wird im Rahmen der Erhebung der Kapitalertragsteuer mit berücksichtigt. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 1 EStG kann der Steuerpflichtige die im Kalenderjahr tatsächlich gezahlte Kirchensteuer im Rahmen der Veranlagung als Sonderausgabe geltend machen. Die Kapitalertragsteuer wird grundsätzlich abgeltend an der Quelle mit einem Steuersatz von 25% erhoben (§ 32d Abs. 1 EStG). Nach § 32d Abs. 1 Satz 3, 4 EStG wird der Sonderausgabenabzug in die Kapitalertragsteuer „eingepreist“, d.h. der steuermindernde Effekt bei der Einkommensteuer und Kirchensteuer wird – durch die nachstehende Formel – rechnerisch ermittelt und berücksichtigt. Die Kapitalertragsteuer ermäßigt sich dabei um 25% der auf die Kapitalerträge entfallenden Kirchensteuer. Der bereinigte Kapitalertragsteuerhebesatz (als Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer) beträgt somit 24,45% bei 9% Kirchensteuer und 24,5% bei 8% Kirchensteuer. Die Geltendmachung i. R. d. Veranlagung ist damit nicht mehr nötig und ausgeschlossen (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 EStG). e 4q 4000 A 4  0 4000 A ˆ ˆ ˆ 978 A 4‡k 4 ‡ 0;09 4;09 (e = Einkünfte nach § 20 EStG, in diesem Beispiel 4.000 Euro; q = anrechenbare ausländische Steuer; k = Kirchensteuersatz)

Im vorstehenden Beispiel ergeben sich auf diese Weise 978,00 Euro Einkommensteuer sowie 88,02 Euro Kirchensteuer (9% von 978,00 Euro). Eine weitere Beispielsrechnung weist die nachfolgende Tabelle aus.

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Tabelle 4 Beispiel Kapitalerträge und Kirchensteuer ESt allg. Tarif (in Euro)

KapErtSt 25% (in Euro)

100.000

100.000

Einkommensteuer

33.761

24.450

Kirchensteuer 9%

3.038

2.200

Kapitalerträge

Liegt der persönliche Steuersatz des Steuerpflichtigen unter 25%, wird zu viel einbehaltene Steuer vom Finanzamt im Rahmen der Veranlagung (§ 32d Abs. 6 EStG – Günstigerprüfung) erstattet. Die bisher mögliche Steuerfreistellung von Kapitalerträgen (Sparerpauschbetrag, NV-Bescheinigung) bleibt erhalten. Von Einkünften, die nicht dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen, wird die Kirchensteuer im Rahmen der Veranlagung erhoben. 11. Keine Regelungsalternativen Die Einbindung der Kirchensteuer in das geänderte Erhebungs- und Tarifregime ist grundsätzlich in sich schlüssig. Es gab keine Alternative, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Gleichmäßigkeit und Folgerichtigkeit der Besteuerung genügt hätte. So musste zunächst eine pauschale Erhebung der Kirchensteuer ausscheiden: Denn eine vergleichbare Handhabung wie die Erhebung der Kirchensteuer als Zuschlag zur pauschalen Lohnsteuer wäre zum einen daran gescheitert, dass eine Pauschalierung als Erhebung bei der Kapitalertragsteuer im Unterschied zur Lohnsteuer (§§ 40 ff. EStG) gesetzlich nicht vorgesehen ist. Ferner wären Schuldner der Kapitalertragsteuer betroffen gewesen, die keiner steuererhebenden Religionsgemeinschaft angehören und diese Steuer wäre vom Schuldner der Kapitalerträge zu übernehmen gewesen. Zudem fehlten und fehlen – im Unterschied zur Lohnsteuerpauschalie-

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rung – nachvollziehbare Abgrenzungskriterien, in welchen Fällen eine Pauschalierung zulässig wäre. Auch eine Veranlagung der Kirchensteuer kam nicht in Betracht, da die Erhebung der Kapitalertragsteuer in einem anonymen System erfolgt. Da dem Deklarationsprinzip das Verifikationsprinzip folgt, hätte keine Möglichkeit bestanden, die Vollständigkeit einer Steuererklärung zur Festsetzung der Kirchensteuer zu verifizieren. Erst recht musste schließlich auch die Begründung von Entschädigungsleistungen des Staates für entgangene Kirchensteuer ausscheiden, weil spätestens seit den Regelungen in der WRV kirchliche Aufgaben nicht mehr als Staatsaufgaben durch den Staat finanziert werden. Die Kirchen hätten sich hier in eine Abhängigkeit begeben. Selbst wenn solche Zahlungen als „Schadensersatz“ tituliert worden wären, hätte sich die Frage ihrer verfassungsrechtlichen Statthaftigkeit gestellt. Schließlich hätte es einer Grundlage bedurft, die Höhe etwaiger Zahlungen zu ermitteln; eine solche Grundlage war nicht – auch nicht im Ansatz – erkennbar. 12. Folgen der Änderung des Erhebungsverfahrens Die Änderung des Erhebungsverfahrens hat zu vermehrten Kirchenaustritten geführt (siehe I. 11. a. E.). Die unzureichende Informationspolitik der steuererhebenden Religionsgemeinschaften, die nicht immer verständliche Information durch die Abzugsverpflichteten, die wohl (nachvollziehbare) Unkenntnis der Gesamtzusammenhänge, die bereits fehlende engere Bindung an die Kirche, die psychologische Wirkung der Substantive „Kirche“ und „Steuer“, die Befürchtung, die Kirche wolle auch noch das Ersparte besteuern sowie vermutlich die Tatsache, dass in einigen Fällen bisher keine Kirchensteuer auf Kapitalerträge entrichtet wurde, dürfte hierfür die Auslöser gewesen sein. Vermutlich hätte das Absehen von der Änderung des Erhebungsverfahrens nicht zu den erhöhten Austritten geführt („never change a running system“). Empirisch ist dies bisher aber nicht belegt. Fest steht demgegenüber, dass eine solche Vorgehensweise nicht verfassungsfest gewesen wäre.

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Im Ergebnis wird grundsätzlich angenommen werden können, dass die Kirchensteuer nicht nur eine gerechte Form der Erhebung eines Kirchenbeitrages ist, sondern auch eine höchst effiziente, mit moderater Belastung, die i. d. R. als gegeben akzeptiert wird. Schlussfolgernd muss aber konstatiert werden, dass eine Änderung – sei es auch nur im Erhebungsverfahren ohne effektive Mehrbelastung und zumal bei einer sensiblen Einkunftsart – der intensiven Vermittlung bedarf. III. Ausgewählte Fakten zur Kirchensteuer und Ausblick Die Kirchensteuer ist – wie bereits angedeutet – aus steuerdogmatischer Perspektive grundsätzlich zukunftsfest73. Mit der Einkommensteuer hat sie eine Bemessungsgrundlage, die den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt und grundsätzlich auch eine auskömmliche Finanzierung kirchlicher Arbeit ermöglicht. 1. Finanzielle Leistungskraft Das Aufkommen ist nominal ergiebig. Trotz Steuerreformen, der Abhängigkeit von der Konjunktur und den Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt stieg das nominelle Aufkommen (evangelisch) im Zeitraum zwischen 1991 und 2013 von 3,9 Mrd. Euro auf 4,8 Mrd. Euro (netto), mithin um 23%. Betrachtet man freilich die Entwicklung der finanziellen Leistungskraft, bereinigt man also das Aufkommen um Inflationsfaktoren, liegt das heutige Aufkommen real unterhalb des Niveaus am Beginn der 90er Jahre.74

73 Zweifelnd Ferdinand Kirchhof, Grundlagen und Legitimation der deutschen Kirchenfinanzierung, Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 47 (2013), S. 7 (30 ff.). 74 Mittelfristige Finanzentwicklung und Haushaltsplan 2014 der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland – Finanzbericht, DS 7.1/1, S. 9, abrufbar unter www.ekmd.de. Vgl. auch Finanzbericht der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland zur Landessynode 2012, S. 5, abrufbar unter www.ekir.de.

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Abbildung 1: Finanzielle Leistungskraft (nominal und preisbereinigt), Quelle: Mittelfristige Finanzentwicklung und Haushaltsplan 2014 der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland – Finanzbericht, DS 7.1/1, abrufbar unter www.ekmd.de, S. 10

Der Jahresbericht 2012/2013 der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau weist für die Kaufkraft des Kirchensteueraufkommens einen langfristigen Trend von rund –0,9% aus.75 Bezogen auf das Basisjahr 1990 ist die Leistungskraft des Steueraufkommens somit um rund 28% gesunken. Für andere steuererhebende Religionsgemeinschaften dürfte Entsprechendes gelten. Die langfristigen Konsequenzen sind abstrakt bekannt: Nicht alle Aufgaben, denen sich die Kirche früher gewidmet und mithin auch finanziert hat, werden sich in die Zukunft fortschreiben lassen. Schon seit geraumer Zeit wird die Frage nach dem Umfang des unverzichtbaren Kernbereichs kirchlicher Aufgaben diskutiert: Wie soll die Kirche zukünftig in der Fläche aufgestellt sein soll, um ihr Proprium zu erfüllen, von welchen Aufgabenfeldern kann sie sich trennen, ohne dieses zu gefährden? 75 Jahresbericht der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, abrufbar unter www.ekhn.de/fileadmin/content/ekhn.de/download/ekhn_ jahresbericht/2012_13_Jahresbericht_gesamt.pdf, S. 9 f.

Die mitgliedschaftliche Finanzierung

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Das durchschnittliche Aufkommen pro (evangelischem) Mitglied hat im Jahr 2013 mit 206 Euro p.a. einen Höchststand erreicht, obgleich viele Mitglieder (z. B. Bezieher von Alterseinkünften, Auszubildende) zum Aufkommen nicht beitragen. So zahlt etwa eine Familie mit zwei Kindern wegen der Berücksichtigung des Existenzminimums (§§ 32a Abs. 1; 32 Abs. 6 EStG) Kirchensteuer erst bei einem monatlichen Einkommen von rund 3.087 Euro (LSt-Klasse III/2). Vor diesem Hintergrund zeigt eine differenzierte Betrachtung, dass eine Minderheit der Steuerpflichtigen signifikant zum Kirchensteueraufkommen beitragen. Dies ist aus steuersystematischer Sicht durchaus systemkonform, da nach dem progressiven Einkommensteuertarif „breitere Schultern“ mehr tragen. Aus der Datensammlung zur Steuerpolitik des Bundesfinanzministeriums76 ergibt sich für den staatlichen Bereich, mit welchem Anteil die Steuerpflichtigen zum Einkommensteueraufkommen beitragen. Unter der Annahme, dass die Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft auf die Steuerpflichtigen relativ gleichmäßig verteilt ist, sind diese Angaben auch auf die Kirchensteuerzahler übertragbar. Der Beitrag der Steuerpflichtigen zum Steueraufkommen stellt sich demnach wie in den Tabellen 5 und 6 skizziert dar. Die Hochverdiener sind i. d. R. durchaus „kirchenfest“. Allerdings handelt es sich bei ihnen bereits um eine langsam herauswachsende Generation (siehe Abb. 2 in III. 2.) und ein Austritt wäre finanziell unmittelbar spürbar.

76 Bundesministerium der Finanzen, Datensammlung zur Steuerpolitik, Ausgabe 2013, abrufbar unter www.bundesfinanzministerium.de/ Content/DE/Downloads/Broschueren_Bestellservice/2014-01-31-datensammlung-zur-steuerpolitik-2013.html, S. 24.

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Jens Petersen Tabelle 5 Anteil der Steuerpflichtigen am Einkommensteueraufkommen

obere . . .% der Steuerpflichtigen77

Einkünfte78 ab . . . Euro kumulierter Anteil an der Einkommensteuer in%

1

195.073

21,5

5

98.403

41,2

10

74.455

54,5

15

61.780

64,0

20

53.281

71,3

25

46.883

77,4

30

41.737

82,2

35

37.569

86,3

40

33.894

89,7

45

30.472

92,6

50

27.246

94,9

Tabelle 6 Anteil der Steuerpflichtigen am Einkommensteueraufkommen untere . . .% der Steuerpflichtigen79

77 78 79 80

Einkünfte80 ab . . . Euro kumulierter Anteil an der Einkommensteuer in%

20

8.479

0,1

25

11.347

0,2

30

14.246

0,5

35

17.340

1,0

40

20.649

1,9

45

23.934

3,3

50

27.246

5,1

Zusammenveranlagte = ein Steuerpflichtiger. Einnahmen abzüglich Werbungskosten/Betriebsausgaben. Zusammenveranlagte = ein Steuerpflichtiger. Einnahmen abzüglich Werbungskosten/Betriebsausgaben.

Die mitgliedschaftliche Finanzierung

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2. Mitgliedschaftsentwicklung Die Entwicklung der Kirchenmitgliedszahlen ist – von Austritten abgesehen – strukturell rückläufig. Es versterben mehr Mitglieder, als durch Taufe neu hinzukommen. Ferner ist die Taufe im Kindesalter – auch bei Kirchenmitgliedern – keine Selbstverständlichkeit mehr. Eine Taufunterlassung führt aber in Konsequenz dazu, dass auch spätere Kinder nicht mehr getauft werden und so das „Kirchliche“ aus dem Bewusstsein und Leben dieser Familie verdrängt wird. Aus der 2014 vorgelegten und nachfolgend wiedergegebenen Statistik der Evangelischen Kirche zur Mitgliedschaftsentwicklung ergibt sich ein Saldo von –253.790 Mitgliedern oder 1,1% des Mitgliedsbestandes insgesamt. Auch ohne eine Berücksichtigung der Austritte verbleibt immer noch ein negativer Saldo von –115.595 Mitgliedern oder 0,5%. Die aus der 12. koordinierten Bevölkerungsentwicklung hergeleitete und in der nachstehenden Abbildung verdeutlichte Alterspyramide für den kirchlichen Bereich81 zeigt die soziodemographischen Auswirkungen deutlich. Die Leistungsträger („Mittelstandsbauch“) wachsen stetig aus dem aktiven Erwerbsleben heraus, ohne dass die jüngere Generation entsprechend nachfolgt. Mit dieser allgemeinen soziodemographischen Entwicklung und der zurückgehenden Taufzahl treffen die Kirche damit

81 Christiane Kayser, Die Gestaltung kirchlicher Arbeit unter sich ändernden demografischen Bedingungen, 2011, abrufbar unter www.bestage-conference.com/Archiv-Kongresse/Kongress-2010/Vortraege; Heinzpeter Hempelmann, Bericht zur Milieustudie Baden und Württemberg, abrufbar unter http://www.elk-wue.de/fileadmin/mediapool/elkwue/do kumente/landessynode/12_herbsttagung/berichte-reden/TOP20_Bericht _OKR_Hempelmann.pdf; Joachim Eicken/Ansgar Schmitz-Veltin, Die Entwicklung der Kirchenmitglieder in Deutschland. Statistische Anmerkungen zu Umfang und Ursachen des Mitgliederrückgangs in den beiden christlichen Volkskirchen, abrufbar unter www.destatis.de/DE/Publikationen/WirtschaftStatistik/Gastbeitraege/EntwicklungKirchenmitglieder. pdf?__blob=publicationFile. Für die römisch-katholischen Bistümer dürfte sich die Entwicklung – wenn auch durch Zuwanderungen katholischer Konfessionsangehöriger abgemilderter – vergleichbar darstellen.

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Jens Petersen Tabelle 7 Mitgliedschaftsentwicklung, Stand: 31. Dezember 2012 Quelle: Evangelische Kirche in Deutschland, Statistik 2014, abrufbar unter http://www.ekd.de/download/ statistik_kurz_und_buendig_2014.pdf

Evangelische Kindertaufen Verstorben Austritte Kirchenmitglieder 23,4 Mio.

168.048

335.570

138.195

Aufnahmen/ Erwachsenentaufen 51.927

zwei Faktoren mit Einfluss auf die mittel- bis langfristige Leistungsfähigkeit. Hinzu kommen die Kirchenaustritte, für die es nur geringer Anlässe bedarf. Auch wenn sie vielfach vordergründig mit der Kirchensteuer begründet werden, liegen ihre Ursachen i. d. R. in einer schon längeren inneren Trennung von der Kirche. Bei besonderen Vorkommnissen in den einen oder anderen Religionsgemeinschaften ermangelt es dann auch der spezifischen Zuordnung. Auch die monetären Auswirkungen eines Kirchenaustritts sollten nicht als quantité négligeable gewertet werden. Bezogen auf das durchschnittliche Aufkommen pro (evangelischem) Kirchenmitglied in Höhe von 195 Euro (im Jahr 2012) belaufen sie sich bei 138.195 Austritten auf rund 26,9 Mio. Euro oder 0,6% des Gesamtaufkommens.82 In der Konsequenz der genannten Entwicklungen wird nicht ausgeschlossen, dass bis 2030 bei einem Rückgang der Mitglieder um ein Drittel das Kirchensteueraufkommen um die Hälfte zurückgehen wird.83 Da die Kirchensteuer nach Maßgabe der 82 Das rund 2,5- bis 3-fache des durchschnittlichen Pro-Kopf-Aufkommens dürfte bei der Mehrheit der Fälle realistisch sein. Siehe Jens Petersen, Kirchensteuer kompakt. Strukturierte Darstellung mit Berechnungsbeispielen, 2. Aufl. 2015, Kap 5.3, 36. 83 Evangelische Kirche in Deutschland, Kirche der Freiheit. Perspektiven für die Evangelische Kirche im 21. Jahrhundert, abrufbar unter http://kirche-im-aufbruch.ekd.de/images/kirche-der-freiheit.pdf, S. 7; Die Welt vom 13. Januar 2015, abrufbar unter www.welt.de/136328126.

Abbildung 2: Bevölkerungsentwicklung im kirchlichen Bereich, Quelle: Christiane Kayser, Die Gestaltung kirchlicher Arbeit unter sich ändernden demografischen Bedingungen, 2011, abrufbar unter www.best-age-conference.com/Archiv-Kongresse/Kongress-2010/Vortraege, S. 8

Die mitgliedschaftliche Finanzierung 119

120

Jens Petersen

Einkommensteuer erhoben wird, ist nicht ausgeschlossen, dass grundlegende systematische Änderungen bei der Einkommensteuer (hierzu nachfolgend) diesen Trend beeinflussen könnten.84 Dies ist durch die Abhängigkeit von politischen Vorgaben indes nicht verlässlich vorhersehbar. 3. Änderungen des Einkommensteuertarifs Ein unschätzbarer Vorteil des gegenwärtigen Kirchenfinanzierungssystems durch die Kirchensteuer ist die prinzipiell relativ einfache Verwaltungshandhabung: Auf eine bundesweit einheitliche Bemessungsgrundlage wird die Kirchensteuer als Zuschlag erhoben. Die Einbindung der Abzugsverpflichteten (Arbeitgeber; Schuldner der Kapitalerträge) und der Finanzverwaltung ermöglichen einen durchgängigen Mittelfluss und eine einfache Verwaltung „aus einer Hand“. Bisherige Änderungen der Einkommensteuer bzw. des Einkommensteuertarifs wurden von den Religionsgemeinschaften mitgetragen; in begründeten Fällen wurden Korrekturen durchgeführt (§ 51a EStG; siehe z. B. I. 4.). Eine im politischen Umfeld wiederholt geführte Diskussion um die Umgestaltung des Einkommensteuertarifs (Splittingtarif, Familiensplitting, Stufentarif) würde auch im Falle ihrer Realisierung grundsätzlich zu keiner systembedingten Änderung bei der Kirchensteuer als Zuschlagsteuer führen. Vielmehr würde es auch dann mit der Einkommen-, Lohn- und Kapitalertragsteuer nach wie vor eine einheitliche Bemessungsgrundlage geben, an die die Kirchensteuer anknüpfen könnte. Wesentlich interessanter dürfte die daraus resultierende Frage für die Aufkommensentwicklung sein. So wurden mögliche Änderungen beim Einkommensteuertarif im letzten Bundestagswahlkampf politisch mit dem Argument der „gerechteren“ Besteuerung insbesondere der höher Verdienenden und der ausreichenden Berücksichtigung von Kindern begründet.85 Hinzu 84 Hierzu: Jens Petersen, Kirchensteuer kompakt. Strukturierte Darstellung mit Berechnungsbeispielen, 2. Aufl. 2015, Kap. 28. 85 Zuletzt insbesondere von der SPD und Bündnis90/Die Grünen im Wahlkampf 2013: SPD, Das Wir entscheidet. Das Regierungsprogramm

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kommt, dass im Zuge der Diskussion um die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen den Ländern sowie zwischen dem Bund und den Ländern gegenwärtig die Implementierung des Solidaritätszuschlages in den Einkommensteuertarif ins Spiel gebracht wird;86 eine absolute Mehrbelastung mit staatlichen Steuern wäre damit nicht verbunden. Der Solidaritätszuschlag ist ein Zuschlag zur Einkommensteuer in Höhe von 5,5%. Dem Grunde nach ist er allerdings eine Erweiterung des Einkommensteuertarifes. Die Ausgestaltung als Bundessteuer zur Erfüllung eines konkreten Zweckes erforderte freilich die Regelung in einem gesonderten Gesetz. Als gesonderter Zuschlag zur Einkommensteuer wird er bei der Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer nicht berücksichtigt. Ein Zuwachs an staatlicher Ertragsteuer (z. B. durch die vorgenannten Tarifänderungen) würde aber ein Anwachsen der Kirchensteuer bedeuten. Da die Kirchensteuer indessen der auskömmlichen Finanzierung der kirchlichen Aufgaben dient, könnte die Rechtfertigung einer Zunahme des Kirchensteueraufkommens hinterfragt werden. Sollte dies nicht gewünscht sein, könnte eine Neujustierung in Erwägung gezogen werden, um die absolute Belastung gegenüber der Vorregelung nicht zu ändern. Auf der anderen Seite würde sich eine Abnahme der Ertragsteuer ebenfalls auf das Kirchensteueraufkommen auswirken. Auch diese Folge wäre von den steuererhebenden Religionsgemeinschaften grundsätzlich mitzutragen und in den Haushalten abzubilden. Eine Anhebung des Hebesatzes müsste jedenfalls intensiv vermittelt werden. Von Staats wegen wäre aber auf jeden Fall sicherzustellen, dass den steuererhebenden Religionsgemeinschaften eine ordnungsgemäße Besteuerungsgrundlage verbleibt.87 2013–2017, abrufbar unter http://www.spd.de/linkableblob/96686/data/; Bündnis90/Die Grünen, Zeit für den grünen Wandel. Teilhaben. Einmischen. Zukunft schaffen. Bundestagswahlprogramm 2013, abrufbar unter www.gruene.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Wahlprogramm/ Wahlprogramm-barrierefrei.pdf. 86 Z. B. Handelsblatt vom 11. September 2014, S. 8. 87 BVerfGE 19, 206 (127 f.).

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4. Auskömmlichkeit des Aufkommens Insgesamt kann festgestellt werden, dass das Kirchensteueraufkommen derzeit und in naher Zukunft ausreicht, um die „Kirche“ in der Fläche vertreten zu sehen. Dies gilt freilich nur deshalb, weil die oben vorgetragenen Entwicklungen seit längerem bekannt sind und das kirchliche Ausgabenverhalten einer Strukturanalyse unterzogen wurde.88 Es ist nach diesseitiger Ansicht aber unverzichtbar, andere Ergänzungssysteme89 – namentlich Kirchgeld und Fundraising – (wieder-)zubeleben, um kirchliche Angebote „on top“ erbringen zu können. Dies dürfte am besten im Rahmen von Projekten auf ortskirchlicher Ebene gelingen. Das gilt zunächst für das Kirchgeld, das von der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommen-, Lohn- und Kapitalertragsteuer (Einkommensteuer) zu unterscheiden ist. Aufgrund der Akzessorietät zur staatlichen Steuer entrichten Kirchensteuer nur diejenigen Kirchenmitglieder, die auch mit Einkommensteuer belastet sind. Das Kirchgeld (Ortskirchensteuer, Ortskirchgeld, Gemeindebeitrag) hingegen dient grundsätzlich der Finanzierung kirchlicher Aufgaben auf kirchengemeindlicher Ebene und soll im Sinne einer horizontalen Beitragsgerechtigkeit auch diejenigen mit einbeziehen, die sonst keine Kirchensteuer entrichten. Es wird von den Kirchgemeinden90 nach Maßgabe der kirchlichen Steuerordnungen bzw. Kirchgeldordnungen tatbestandlich geregelt. I.d.R. ist zur Vermeidung von Doppelbelastungen eine Anrechnung auf die Kirchensteuer vorgesehen.91 Das Kirchgeld kann als einheitlicher Betrag oder gestaffelt nach 88 Evangelische Kirche in Deutschland, Kirche der Freiheit. Perspektiven für die Evangelische Kirche im 21. Jahrhundert, abrufbar unter http://kirche-im-aufbruch.ekd.de/images/kirche-der-freiheit.pdf, passim. 89 Jens Petersen, Die Zukunft der Finanzierung der kirchlichen Arbeit durch die Kirchensteuer, in: Walz/von Auer/von Hippel (Hrsg.), Spenden- und Gemeinnützigkeitsrecht in Europa, 2007, S. 715. 90 OVG Lüneburg, KirchE 15, 403; 15, 406; OVG Koblenz, KirchE 6, 347. 91 Eine Ortskirchensteuer wird von der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern erhoben, eine Anrechnung auf die Kirchensteuer

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wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und Einkommen des Steuerpflichtigen erhoben werden. Die Beträge liegen je nach Religionsgemeinschaft zwischen 1,50 Euro und bis zu 150 Euro92 pro Jahr. Überwiegend wird es als allgemeines Kirchgeld oder Gemeindebeitrag erhoben. Dabei handelt es sich um keine Steuer i. S. v. § 3 AO. Einige Kirchgeldordnungen93 geben in einer Tabelle Richtgrößen für die Selbsteinschätzung vor. Obwohl das Kirchgeld in nahezu allen Kirchensteuerordnungen vorgesehen ist, wird es verbindlich nur von den evangelischen Landeskirchen in den Bundesländern Bayern und Sachsen erhoben. In den übrigen Bundesländern wird es i. d. R. als freiwilliges Kirchgeld eingeworben. Als besonders „erfolgreich“ kann dabei die Evangelisch-lutherische Landeskirche Sachsens benannt werden, deren Kirchgeldaufkommen rund 13,8% des regulären Kirchensteueraufkommens beträgt. In der Evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern sind es noch rund 2,4%. Im Übrigen wurde die reguläre Erhebung des Kirchgeldes Anfang der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts eingestellt unter Hinweis auf den seinerzeitigen Anstieg der regulären Kirchensteuereinnahmen. Eine Reaktivierung als zusätzliche Finanzierungsquelle kirchlicher Arbeit neben der Kirchensteuer bedürfte der intensiven Vermittlung. Das Sammeln von Geldern in Form des Fundraising wird bisher von wenigen Kirchen strukturiert durchgeführt. Die Erfahrungen mit diesem Finanzierungsinstrument sind indessen grundsätzlich positiv. Es wird angestrebt, durch ein professionelles Fundraising – insbesondere auf der Gemeindeebene – eine Fundraisingkultur zu schaffen, das Spendensammeln zu systematisieren, Mitglieder sowie der Kirche nahestehende Personen

von der Einkommensteuer findet nicht statt; vgl. u. a. BVerwG, BB 1977, 1752. 92 Beim Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein bis 250 Euro. 93 Z. B. Verordnung zum Kirchensteuergesetz über die Erhebung von Kirchgeld in der Evangelisch Lutherischen Landeskirche Sachsens (Kirchgeldordnung KiGO) vom 27. Mai 2003 (ABl. A S. 205).

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an die Kirche zu binden und so eine weitere (zweite) Finanzierungssäule aufzubauen.94 Erzielbare Einnahmen scheinen das Gemeindekirchgeld zu übertreffen, weshalb teilweise dessen Substitution durch das Fundraising erwogen wird.95 Angesichts dessen können die ersten Ansätze Mut machen, Fundraising als haushaltsrelevanten Faktor zu begreifen. Dies erfordert allerdings ein strategisches Fundraising, d.h. eine zentrale, mittel- und langfristig geplante und umgesetzte Strategie zur Sicherstellung kontinuierlicher, haushaltsrelevanter Erträge durch qualifizierte Fundraiser. Fundraising in der Form des haushaltsrelevanten Einwerbens von Mitteln erfordert zudem ein neues Denken, einen teilweisen Paradigmenwechsel. Die Kirchensteuer bleibt ein wichtiges Finanzierungsinstrument. Die zweite Säule ist aber darauf angelegt, aktiv zu werden, auf die „Kunden“ zuzugehen, sie zu pflegen, ihnen umfassend und verständlich Rechenschaft zu legen, langfristige Bindungen aufzubauen und zu erhalten, sich von der passiven Finanzierung durch die Kirchensteuer (Einzug über Finanzverwaltung) der aktiven Rolle als einwerbende Organisation zuzuwenden. Es bedarf hierzu professioneller Instrumente in der Analyse- und Planungsphase, dem Marketing einschließlich Controlling, Etablierungsstrategien in der Kirche etc. Unterstellt, dass sich ein solches Fundraising als haushaltsrelevantes Finanzierungsinstrument neben der Kirchensteuer dauerhaft zentral etablieren ließe, dürfte sich ein nicht nur unbedeutendes, ergänzendes Finanzierungsinstrument einrichten lassen, wobei ein Kirchenbeitrag integraler Bestandteil sein könnte. Die Kirche könnte sich in einer solch neuen Rolle und mit diesem neuen Verständnis als aktiv handelnde Einrichtung positionieren.

94 Claudia Andrews, Eine vergleichende Studie zur Positionierung von Fundraising in den Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Abschlussarbeit zum berufsbegleitenden Studiengang Fundraising (Kurs 10) an der Fundraising Akademie in Frankfurt am Main, 2005, S. 13 f., 23. 95 Evangelischer Pressedienst (epd), Mitteilung Nr. 029008 vom 16. März 2005.

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5. Quo vadis ecclesia? Die inhaltliche Arbeit der Kirche von morgen ist auf der Basis eines in sich schlüssigen Finanzierungssystems gegenwärtig als gesichert zu bewerten;96 gleichwohl sind Finanzierungsergänzungssysteme zweifelsohne hilfreich und zukünftig unverzichtbar. Allerdings ist das System – wie andere Systeme auch – abhängig von den Mitgliedern, die es tragen. Die vereinzelt aufgestellte Forderung97, die Kirchensteuer durch ein anderes Finanzierungssystem zu ersetzen, dürfte eher im kirchenkritisch eingestellten Raum zu verorten sein. Ein anderes System wird zwar mit der Vermutung verknüpft, Mitglieder und Kirche würden damit wieder zusammenfinden, das kirchliche Leben intensiver. Doch mehr als eine Vermutung ist dies nicht; empirische Fakten fehlen. Zudem basiert jedes System der Finanzierung der kirchlichen Arbeit in Europa auf einer langen Entwicklung im gesamtgesellschaftlichen Bereich, auf die sich die Strukturen eingerichtet haben und auf die die kirchliche Arbeit langfristig ausgerichtet ist. Die Auswirkungen einer grundlegenden Änderung lassen sich nach diesseitiger Ansicht nur sehr bedingt einschätzen. Hinzu kommt, dass auch ein anderes Finanzierungssystem keine Gewähr für eine andere, mitgliedernähere, „bessere“ Kirche bieten kann. Schließlich bleibt es auch bei anderen Finanzierungssystemen nach wie vor bei der Mitgliederorientierung. Eine Staatsfinanzierung der Religionsgemeinschaften ist in Deutschland nicht vermittelbar. Angesichts dessen stellt sich die Frage, wie die Kirche ihre Mitglieder wieder an sich binden, zumindest vom Austritt ab96 Zu Überlegungen, an eine andere Bemessungsgrundlage anzuknüpfen: Jens Petersen, Kirchensteuer kompakt. Strukturierte Darstellung mit Berechnungsbeispielen, 2. Aufl. 2015, Kap. 27; ders., Die Zukunft der Finanzierung der kirchlichen Arbeit durch die Kirchensteuer, in: Walz/von Auer/von Hippel (Hrsg.), Spenden- und Gemeinnützigkeitsrecht in Europa, 2007, S. 715. 97 Z. B. Karl Martin (Hrsg.), Abschied von der Kirchensteuer, 2002, passim; Jörg Meuthen, Die Kirchensteuer als Einnahmequelle von Religionsgemeinschaften, 1993.

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halten und das Taufverhalten steigern kann. Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Ausgangslage dadurch gekennzeichnet ist, dass die Kirche nicht mehr Teil des täglichen Lebens ist. Vielmehr machen es ihr das gewandelte Bewusstsein und die Vielfalt anderer gesellschaftlicher und kommerzieller Angebote zur Orientierung in der Welt schwer, die Notwendigkeit der Zugehörigkeit zur Kirche zu vermitteln. Zwar gibt es eine Reihe von Ansatzpunkten wie „Kirche der Zukunft“98 oder das 500-jährige Reformationsjubiläum im Jahr 201799. Diese „Großprojekte“ sind sicherlich hilfreich und unverzichtbar. Allerdings müssen sie für die breite Ortsebene so transkribiert werden, dass auch das nur beiläufig interessierte Kirchenmitglied sich angesprochen und mitgenommen fühlt. Denn die Kirche kann letztlich nur durch den Inhalt ihres Wirkens überzeugen100 und dies muss bei der Basis ankommen. Die Finanzierung kirchlicher Arbeit durch die Kirchensteuer ist bei alledem nur ein Hilfsmittel. Mit steuerlichen Normen (allein) lassen sich die Menschen nicht überzeugen. Immerhin folgt aus der Bibel, dass dort, „wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind“, Jesus mitten unter ihnen ist (Mt 18, 20). Anders gewendet, besteht Kirche daher dort, wo Menschen sind – und Menschen sind in der Gemeinde. Daher ist es unverzichtbar, die kirchliche Arbeit auf der Gemeindeebene in all ihren Facetten zu erhalten und zu stärken. Der grundsätzlichen soziodemographischen Entwicklung kann sich aber auch die Kirche nicht entziehen. Hinzu kommt, dass das kirchliche Aufgabenspektrum der Vergangenheit auf seine Zukunftstauglichkeit hin zu überprüfen ist. Schließlich muss sich die Kirche einer noch direkteren Ansprache auch mit Mitteln des modernen Marketings bedienen. Sie hat hier eine Bringschuld.

98 Vgl. Manfred Kock, Zukunft der Kirche – Kirche der Zukunft, abrufbar unter http://www.ekd.de/vortraege/kock/pmcottbus.html. 99 Siehe Evangelische Kirche in Deutschland, Am Anfang war das Wort. Luther 2017. 500 Jahre Reformation, weitere Informationen abrufbar unter http://www.ekd.de/themen/luther2017.html. 100 Evangelische Kirche in Deutschland, Kirche der Freiheit. Perspektiven für die Evangelische Kirche im 21. Jahrhundert, abrufbar unter http://kirche-im-aufbruch.ekd.de/images/kirche-der-freiheit.pdf, passim.

Kirchenrechtliche Vorgaben für Kirchenfinanzierung und kirchliche Vermögensverwaltung Von Matthias Pulte I.

Historische und theologiegeschichtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . 127

II.

Rechte und Pflichten der Gläubigen im Bereich der Kirchenfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

III. Theologische Aspekte zu Kirchenfinanzierung und kirchlicher Vermögensverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 IV.

Kanonisch-rechtliche Grundlagen zur kirchlichen Vermögensverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

I. Historische und theologiegeschichtliche Aspekte Die Finanzierung der Religionsgemeinschaften durch ihre Angehörigen ist keine Erfindung des Christentums. Bereits im Alten Testament finden sich Hinweise auf eine Leistungspflicht der Angehörigen des Volkes Israel an König (1 Sam 8, 15) und Tempel (Num 18, 21 ff., Dtn 12, 6. 11; 14, 22). Die Abgabe hat ihren theologischen Grund in dem Bekenntnis Israels, dass das dem Volk von JHWH1 übergebene Land und seine Erträgnisse eigentlich Lehen sind und das Volk Gott für all das zu danken hat, was daraus hervorgeht.2 Dennoch haben die frühen Christen diese Praxis nicht übernommen. Ihre Gaben an die Kirche waren freiwillige Oblationen, die jedoch nicht gesetzlich fixiert waren, weil es beispielgebend war und sein sollte, dass ein Eigenname des Gottes Israels im Tanach. Vgl. Renate Brandscheidt, Zehnt. Biblisch, in: Kasper et al. (Hrsg.), Lexikon für Theologie und Kirche (LThK), Bd. 10, 3. Aufl. 2009, S. 1394 f. 1 2

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Christ mehr für die Gemeinde tat als der Jude aufgrund seiner Gesetzespflicht. Eines der frühesten Zeugnisse der kirchlichen Rechtsgeschichte über die Abgabenpflicht aller Gläubigen findet sich in den Beschlüssen der 1. Synode von Tours (567). Das Konzil mahnt, die Gläubigen sollen an ihre Zehntpflicht erinnert werden. Wenig später schließt die Synode von Macon (585) mit ihrem can. 5 an diesen Beschluss mit der Forderung an, dass omni populo, also nicht nur die Grundbesitzer, den Zehnt zu leisten hätten.3 Diese Forderung ließ sich allerding erst durchsetzen, als sie mit can. 7 des 2. Kapitulars von Herstal (779) reichgesetzlich und damit sanktionsbehaftet verankert wurde.4 Allerdings wird in dieser Vorschrift bereits festgeschrieben, dass nur die Besitzenden nach Maßgabe ihres Besitzes abgabepflichtig sind.5 Die weitere Rechtsentwicklung des Mittelalters darf hier vernachlässigt werden, weil sie an diese fundamentalen Vorschriften anschloss, keine neuen theologischen Begründungen hervorbrachte und diese Rechtspflicht für die jeweilige Zeit neu zur Geltung brachte, bis der Zehnt durch die napoleonische Gesetzgebung 1790 endgültig abgeschafft wurde.6 Damit ist die Frage über die Beaufsichtigung der kirchlichen Zehnt- und Vermögensverwaltung jedoch noch nicht geklärt. Das 5. Laterankonzil (1512–1517) bestimmte in der Konstitution Leos X. „Supernae dispositionis“, dass der Ortsordinarius von Amts wegen die Aufgabe habe, die Verwaltung des Kirchguts zu beaufsichtigen.7 Eine der Zeit entsprechende innerkirch3 1. Synode von Tours (567), MGH Conc. 1, 137, S. 23 ff.; 2. Synode von Macon (585), can. 5, MGH Conc. 1, 167, S. 1 ff. 4 Kapitular von Herstal (779), MGH Cap. 1, 1, 48, S. 11 ff. 5 Vgl. Hubert Mordek, Karls des Großen zweites Kapitular von Herstal und die Hungersnot der Jahre 778/779, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters, Bd. 61 (2005), S. 1 (13). 6 Weiterführend: Gunter Zimmermann, Zehnt. III. Kirchengeschichtlich, in: Gerhard Müller et al. (Hrsg.), Theologische Realenzyklopädie (TRE), Bd. 36 (2004), S. 495 ff. 7 Leo X (in Conc Laternanen. V.), Const. „Supernae dispositionis“ vom 5. Mai 1514, in: Codicis Iuris Canonici Fontes cura emi. Petri Card.

Kirchenrechtliche Vorgaben für Kirchenfinanzierung

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liche Aufsicht über die kirchliche Vermögensverwaltung kann z. B. für das Kölner Metropolitan- und Domkapitel bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgt werden.8 Gleichwohl hat es aber auch immer ein beachtliches Autonomiestreben kirchlicher Vermögensträger gegeben, das sich auch auf die Vigilanz über die kirchliche Vermögensverwaltung bezogen hat. Der kirchliche Gesetzgeber hat bereits in den Dekretalen des Mittelalters die Aufsichtsrechte der Bischöfe über das Kirchgut verteidigt.9 Davon weitestgehend ausgenommen und der römischen Vigilanz unterworfen war seit jeher das Eigentum exemter Religiosen (cann. 1519, 615, 344 § 1 CIC/1917).10 Dementsprechende Garantien finden sich etwas verklausuliert auch im geltenden CIC (cann. 591, 635 § 1, 636 § 2, 397 § 2). Vor allem die Festlegung, dass nur Ordensinstitute päpstlichen Rechts gemäß can. 397 § 2 CIC von der bischöflichen Vigilanz ausgenommen sind, spricht für die Zuständigkeit des Ortsbischofs über die Vermögensaufsicht jedweder anderer kirchlicher juristischer Personen. Das Hin und Her um die Ausmaße einer berechtigten Autonomie von kirchlichen Vermögensträgern lässt sich durch die ganze Kirchengeschichte hindurch verfolgen. Oft ist es nicht eine Frage des Rechts oder der Rechtsinterpretation, sondern eine Frage der Macht gewesen, zu welcher Seite das Pendel gerade ausGasparri editi, vol. I, Typis Polyglottis Vaticanis 1923, no. 65, § 39, S. 101 ff. 8 Vgl. Matthias Pulte, Im Spannungsfeld zwischen Autonomie und oberhirtlicher Vigilanz. Die Vermögensverwaltung durch das Domkapitel in vorkodikarischer Zeit unter besonderer Berücksichtigung der Kölner Rechtsentwicklung, in: Marschler/Ohly (Hrsg.): Spes nostra firma. Festschrift für Joachim Kardinal Meisner zum 75. Geburtstag, 2009, S. 395 ff.; Statuta Ecclesiae Coloniensis von 1391, Diözesanbibliothek Köln, Miszelle AD 174, als Manuskript hrsg. von Hermann V. von Wied, Köln 1545. 9 Vgl. die adnotierte Ausgabe des CIC/1917 mit ihren reichen Quellenverweisen bei can. 1519 Fn. 3. Codex Iuris Canonici. Pii X Pontificis Maximi iussu digestus Benedicti Papae XV auctoritate promulgates, praefatione fontium annotatione et indice analytico-alphabetico emo. Petri Card. Gasparri auctus, Typis Polyglottis Vaticanis, 1948. 10 Vgl. Heribert Jone, Gesetzbuch der lateinischen Kirche, Bd. 2, 2. Aufl. 1952, S. 686.

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schlug. Im Zeitalter des säkularen Verfassungsstaates hat sich im Bürgertum die Auffassung weitgehend durchgesetzt, dass jegliche Vermögensverwaltung einer wie auch immer zu definierenden obrigkeitlichen Aufsicht bedarf, um die Rechtmäßigkeit des diesbezüglichen Verwaltungshandelns zu sichern. Diese Grundauffassung ist auch dem Rechtsbereich der Kirche nicht fremd. Nicht erst mit der Inkraftsetzung des CIC/1917 wurden Kirchenfinanzierung und kirchliche Vermögensverwaltung rechtlich geordnet, auch wenn dieses erste einheitliche Gesetzbuch der lateinischen Kirche den Weg zu einer Systematisierung dieses Rechtsgebiets ebnete.11 Das Corpus Iuris Canonici (1582 amtlich veröffentlicht) befasste sich unter dem Leitbegriff der Temporalia ausführlich mit dem Kirchenvermögen und seiner Verwaltung. Dabei wurde die Zuständigkeit für die Vermögensverwaltung bis ins 19. Jahrhundert als der kirchlichen Amtsgewalt innewohnende Pflicht und zukommendes Recht angesehen, die dem alten Amtsverständnis folgend als potestas ecclesiatica, von Christus verliehen, nur dem Kleriker zukommen könne.12 Das schloss allerdings die Beteiligung von Laien an der kirchlichen Vermögensverwaltung nicht aus. Ob das geschah, hing z. B. im Falle des Diözesanvermögensrates gemäß can. 1520 § 1 CIC/1917 vom Willen des Ortsordinarius ab, der diesem Rat auch vorstand. In der Literatur wird die Restriktivität der Berufung von Laien u. a. dadurch deutlich, dass die in can. 1520 § 1 erwähnten viri idonei auch Laien sein können, keinesfalls aber Frauen rechtmäßig berufen werden dürften.13 Der alte can. 1520 § 3 zeigt an, dass der Rat lediglich ein beratendes Stimmrecht hat, soweit das Recht oder die Satzung nicht etwas anderes vorschreibt. Bei dieser kleruszentrierten Sichtweise blieb es für die Weltkirche zumindest im kanonischen Recht bis 1983. Can. 1520 CIC/1917 ist im Kontext der Neukonzeption des kirch11 Vgl. Hans Heimerl/Helmuth Pree, Handbuch des Vermögensrechts der katholischen Kirche, 1993, S. 47. 12 Vgl. Hermann Gerlach, Lehrbuch des katholischen Kirchenrechts, 4. Aufl. 1885, S. 351 ff. 13 Vgl. Heribert Jone, Gesetzbuch der lateinischen Kirche, Bd. 3, 2. Aufl. 1952, S. 687.

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lichen Vermögensrechts ersatzlos gestrichen worden. Erst der seither geltende CIC hat auf kanonistischer Seite mit can. 145 über die Träger eines Kirchenamtes und can. 129 § 2 über die Teilhabe bzw. Teilnahme von Laien an der kirchlichen Leitungsgewalt eine Tür geöffnet, die es prinzipiell auch Laien ermöglicht, Kirchenvermögen zu verwalten. Die etwas gestelzte Formulierung deutet aber schon darauf hin, dass der kirchliche Gesetzgeber sich nach jahrhundertelanger Kleruszentrierung bei der Kompetenzzuweisung nicht leicht tut, Laien Verantwortung und Vollmachten selbst in Bereichen zu übertragen, die nicht vorrangig eine sakramentale Handlungsvollmacht voraussetzen. Diese Einsicht verdanken wir vor allem dem Zweiten Vatikanischen Konzil.14 II. Rechte und Pflichten der Gläubigen im Bereich der Kirchenfinanzierung Seit der Säkularisierung und Säkularisation wurde die Kirchensteuer als stärkste Säule der Kirchenfinanzierung in Deutschland sukzessive eingeführt, obschon ein erster Versuch 1808 in Preußen gescheitert war. Als erstes Land etablierte 1827 das Herzogtum Lippe-Detmold die Kirchensteuer. Es folgten 1831 Oldenburg, 1835 die preußischen Provinzen Rheinland und Westfalen durch Einführung der rheinisch-westfälischen Kirchenordnung, 1838 Sachsen, 1875 Hessen, 1888 Baden, 1892 Bayern und 1905/ 1906 Preußen.15 Es wäre jedoch unzutreffend, in der Kirchensteuer ein staatliches Privileg an die Kirchen zu erkennen.16 In seiner deutschen Realisierung ist sie eine klassische res mixta. Auch heute noch finanziert die Kirchensteuer rund 70% der

14 Vgl. Georg Fischer, Die Finanzierung der kirchlichen Sendung, KStKR 5 (2008), S. 58 ff. 15 Weiterführend: Simon Kempny, Die Staatsfinanzierung nach der Paulskirchenverfassung, Studien und Beiträge zum Öffentlichen Recht 9 (2011), S. 212 f. 16 Vgl. Thomas Meckel, Die Kirchensteuer in Deutschland. Privileg oder Mittel zur Entflechtung von Staat und Kirche?, in: Lebendiges Zeugnis 68 (2014), S. 51 (54 f.).

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Aufwendungen in den deutschen Diözesen.17 Dennoch, die Kirchensteuer war zu keiner Zeit unumstritten. Sie blieb letztlich weitgehend unhinterfragt, solange in Deutschland ein volkskirchliches System bestand. Davon kann aber seit der deutschen Wiedervereinigung, sowie der fortschreitenden Entkonfessionalisierung und Entkirchlichung der hiesigen Gesellschaft keine Rede mehr sein.18 Die Kirchen in Deutschland sind schon statistisch betrachtet keine Volkskirchen mehr, aber immerhin noch Kirchen im Volk. Ändert das ggf. auch den kirchenrechtlichen Blick auf die Systematik der Kirchenfinanzierung? Für den Bereich der katholischen Kirche kann man geneigt sein, diese Frage nach wie vor mit Blick auf can. 222 CIC über die Beitragspflicht der Gläubigen zu verneinen. Der Gesetzgeber von 1917 hatte bereits in can. 1496 (cann. 1260, 1263 CIC/ 1983) festgehalten, dass es das eigenberechtigte Recht der Kirche sei, Steuern und Gebühren von den Gläubigen für ihre Zwecke zu erheben.19 Dennoch wird man mit Blick auf die beiden herangezogenen Rechtsgrundlagen erkennen müssen, dass es sich dabei um ganz unterschiedliche Normtypen handelt, einerseits eine verfassungsrechtliche Grundpflicht und andererseits ein vermögensrechtliches Forderungsrecht. Der Grund für die Beitrags- und Unterhaltspflicht der Gläubigen liegt in beiden Fällen in dem Rechtsgedanken, dass jeder Gläubige zur Beitragsleistung verpflichtet ist. Handelt es sich dabei aber um eine moralische oder eine rechtliche Pflicht? Wie zwingend sind die Vorschriften des CIC/1983? Sie enthalten keine Sanktionen für den Fall der Missachtung.20 In der Mehrheit der Länder dieser 17 Vgl. Stefan Heße, Die Kirche und das liebe Geld. Der Umgang mit den Bistumsfinanzen, in: Lebendiges Zeugnis 68 (2014), S. 14 (15). 18 Vgl. Vera Bücker, Niedergang der Volkskirchen – was kommt danach? Kirchlichkeit und Image der Kirchen in einer Ruhrgebietsstadt, in: Forum Religion & Sozialkultur 20 (2005), S. 12 ff. 19 Vgl. Joseph Wenner, Kirchliches Vermögensrecht. Mit besonderer Berücksichtigung des Paderborner Diözesanrechts, 1936, S. 176. 20 Vgl. Hubert Windisch, Kirchensteuer wird ein Thema werden. Anmerkungen zur Verknüpfung von Kirchenzugehörigkeit und Kirchensteuer, in: AnzSS 116/3 (2007), S. 34 f.; Hartmut Zapp, „Kirchenaustritt“

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Erde sind die Katholiken überdies nicht zu einer Abgabe verpflichtet, die erzwingbar durchgesetzt werden kann. Warum sollten für die deutschen Katholiken kirchenrechtlich also andere Gesetze gelten? Allgemeine Aussagen des katholischen Kirchenrechts zur Beitragspflicht aller Gläubigen finden sich in mehreren Vorschriften des CIC. Die Streuung der Normen verdeutlicht sowohl die kirchenverfassungsrechtlichen als auch die sakramentenrechtlichen Zusammenhänge von Kirchengliedschaft und Beitragspflicht. Ein kurzer Blick in diese Zusammenhänge ist erforderlich, weil eine selektivistische Exegese der Einzelbestimmungen zu unsachgemäßen Ergebnissen führt.21 Durch die Taufe wird der Mensch gemäß can. 849 CIC Christ und dem Volk Gottes in der konkreten Wirklichkeit der jeweiligen Konfession und Kirche eingegliedert. Dieses sakramentale Grundverständnis wird von den christlichen Kirchen und den meisten reformatorischen Bekenntnissen geteilt. Mit Blick auf die katholische Rechtsordnung ergibt sich dann aus can. 96 CIC die Rechtsstellung des Getauften als Person in der Kirche mit Rechten und Pflichten. Die erste und grundlegende Pflicht des Gläubigen besteht darin, auf seine je spezifische Weise an der

zur Vermeidung von Kirchensteuern – nun ohne kirchenrechtliche Konsequenzen, in: Egler/Rees (Hrsg.), Dienst an Glaube und Recht. Festschrift für Georg May zum 80. Geburtstag, 2006 (= KStT; 52), S. 673 ff.; Reinhold Sebott, Rezension zu: René Löffler, Ungestraft aus der Kirche austreten? Der staatliche Kirchenaustritt in kanonistischer Sicht, FKRW 38 (2007), in: ThPh 82 (2007), S. 479 f. 21 Vgl. zur abweichenden Ansicht: Georg Bier, Abfall von der Kirche – „Kirchenaustritt“ – Schisma. Ein Rundschreiben des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte und seine rechtlichen Konsequenzen, in: Althaus/Lüdicke/Pulte (Hrsg.), Kirchenrecht und Theologie im Leben der Kirche, Festschrift für Heinrich J. F. Reinhardt zur Vollendung seines 65. Lebensjahres, BzMKCIC 50 (2007), S. 73 ff.; Norbert Lüdecke/Georg Bier, Das römisch-katholische Kirchenrecht. Eine Einführung, 2012, S. 50. Sicher trifft es zu, dass der Kirchenaustritt eine Rechtshandlung nach staatlichem Recht ist. Sie stellt jedoch zugleich einen Verstoß gegen kirchliches Recht dar und zwar in einem größeren Umfang, als das nur unter Berücksichtigung von cann. 222 und 1263 angesehen werden kann.

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Sendung der Kirche teilzunehmen. Das wiederum bedeutet gemäß can. 210 CIC den Glauben zu leben und das Wachstum der Kirche zu fördern, sowie gemäß can. 209 § 1 CIC die Einheit in und mit der Kirche zu wahren sowie gemäß § 2 die aus der Kirchengliedschaft hervorgehenden Pflichten sorgfältig zu erfüllen. In diesem Kontext sind nun für die volljährigen Katholiken gemäß can. 97 § 1 CIC die Bestimmungen von can. 222 und can. 1263 CIC einzuordnen und auszulegen. Can. 222 § 1 CIC behandelt im Rahmen des kirchlichen Verfassungsrechts im Abschnitt über die Grundrechte und Grundpflichten der Christgläubigen die Beitragspflicht, die Sorge für soziale Gerechtigkeit und die Sorge für die Unterstützung der Armen. Mit dieser rechtlichen Einordnung wird bereits deutlich, welch eine hohe Bedeutung der kirchliche Gesetzgeber der Kirchenfinanzierung durch die eigenen Mitglieder zuspricht. Es geht dabei im Letzten darum, dass die Kirche die Finanzierung ihres Bedarfs aus eigener Kraft leistet, unabhängig von außerhalb ihres Rechtskreises stehenden Personen oder Institutionen.22 Auch wenn can. 222 CIC nicht direkt sanktionsbewehrt ist, so spricht gerade die verfassungsrechtliche Einordung dieser Verpflichtung dafür, dass ein Nichtbeachten der Norm nicht einfach unbeachtet bleiben kann. Das hat zwei Gründe: erstens handelt es sich um eine Verletzung der Solidargemeinschaft der Gläubigen, also ein Verstoß gegen das Einheitsgebot in der Communio, zweitens verstößt jener, der seiner Beitragspflicht nicht nachkommt, gegen die von den Bischöfen gemäß can. 1263 CIC rechtmäßig festgelegte Ordnung des entsprechenden Einzugs der Obligation aus can. 222 § 1 CIC. Die innerkirchliche Zulässigkeit des deutschen Kirchensteuersystems ist in der Schlussformel von can. 1263 CIC (siehe Hervorhebung) festgehalten (clausula teutonica):

22 Vgl. Heribert Hallermann, Förderung der Kirche durch den Staat, Grundpositionen der katholischen Kirche, in: Pulte/Hense (Hrsg.), Grund und Grenzen staatlicher Religionsförderung unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Staat und Katholischer Kirche in Deutschland, KStKR 17 (2014), S. 45 (57).

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„Der Diözesanbischof hat das Recht, nach Anhören des Vermögensverwaltungsrats und des Priesterrats, für die notwendigen Bedürfnisse der Diözese den seiner Leitung unterstellten öffentlichen juristischen Personen eine maßvolle, ihren Einkünften entsprechende Steuer aufzuerlegen; den übrigen natürlichen und juristischen Personen darf er nur im Falle großen Notstands und unter denselben Bedingungen eine außerordentliche und maßvolle Abgabe auferlegen, unbeschadet der partikularen Gesetze und Gewohnheiten, die ihm weitergehende Rechte einräumen.“

Demgegenüber schreibt der kirchliche Gesetzgeber für alle Gebiete, in denen diese Klausel nicht zutrifft gemäß can. 1262 CIC gemeinrechtlich die Schaffung von Kirchenbeitragsordnungen vor.23 Da die Gläubigen an dieser Stelle aber keinem Rechtszwang unterworfen werden, bleibt es bei der moralischen Verpflichtung, deren Zuwiderhandlung rechtlich nicht geahndet wird. Zwischen dem freiwilligen Kirchenbeitrag aus can. 1262 CIC und der Kirchensteuer aus der clausula teutonica des can. 1263 CIC besteht jedoch ein rechtlicher Unterschied. Denn in diesem Fall handelt es sich um ein sogenanntes weitergehendes Recht, dem rechtliche Verpflichtungskraft nach dem Willen des teilkirchlichen Gesetzgebers zukommt. Der Legitimationsgrund ist die Notwendigkeit der Steuer für die Aufwendungen der Kirche24 nach Maßgabe ihrer Sendung im Kontext der rechtlichen Rahmenbedingungen des Gemeinwesens. Es handelt sich also um eine kirchliche Steuer im buchstäblichen Sinne des Wortes. Insofern bleibt es auch nach dem beachtlichen Hin und Her in der Diskussion um die Rechtsfolgen des Kirchenaustritts in Deutschland angemessen, wenn die Bischöfe dieses nach kanonischem Recht rechtswidrige Verhalten von Gläubigen sanktionieren, so wie es durch das Dekret der Deutschen Bischofskonfe23 Vgl. Richard Potz, Der Erwerb von Kirchenvermögen, in: Listl/ Schmitz (Hrsg.), Handbuch des katholischen Kirchenrechts, 2. Aufl. 1999, § 100, S. 1068 (1070). 24 Vgl. Alexander Hollerbach, Kirchensteuer und Kirchenbeitrag, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), Handbuch des katholischen Kirchenrechts, 2. Aufl. 1999, § 101, S. 1078 (1082). Hollerbach verweist in Fn. 17 auf einen nicht veröffentlichten Beitrag von Josef Jurina, der diesen Gedanken bereits 1996 zur Sprache gebracht hat.

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renz vom 28. August 2012 zuletzt bestimmt worden ist.25 Letztlich bleibt zu diesem Thema in unserem Zusammenhang festzuhalten: Kirchengliedschaft nach katholischem Verständnis lässt sich nicht in eine weltliche und eine kirchliche Zugehörigkeit zur Kirche splitten. Das Zweite Vatikanische Konzil hat die Lehre über die Kirche als einer realitas complexa bekräftigt, die schon im Hier und Jetzt begonnen hat und sich in der Ewigkeit vollendet (LG 3, 1 und 8). Von diesem theologischen Konzept her muss die Kirche verstanden und die Beziehung der Glieder zu ihr angesehen werden. Der Austritt führt zur Beendigung aller gliedschaftlichen Rechte, die sich aus der Zugehörigkeit ergeben, hebt aber nicht die der Zugehörigkeit selbst auf.26 Der Kirchenaustritt ist damit kein „Kavaliersdelikt“27 und auch nicht nur etwas, das mit einer Ordnungswidrigkeit nach weltlichem Recht vergleichbar wäre, wie manche Kirchenrechtler glauben machen.28 Die Beitragspflicht aus can. 222 § 1 CIC ist demnach 25 Vgl. zum Stand der jüngsten Diskussion: Stephan Haering, Die neue gesetzliche Ordnung der Deutschen Bischofskonferenz zum Austritt aus der katholischen Kirche vor der staatlichen Behörde: KlBl 92 (2012), S. 249 ff.; Karl Kardinal Lehmann, Was bedeutet „Kirchenaustritt“? Hirtenwort des Bischofs von Mainz zur österlichen Bußzeit 2011, 2011, bes. S. 10; Sabine Demel, Handbuch Kirchenrecht. Grundbegriffe für Studium und Praxis, 2010, S. 315 ff. 26 Vgl. María J. Roca, Der Kirchenaustritt aus der Sicht von Staat, Kirche und Individuum, in: AKathKR 159 (1990), S. 427 ff. 27 Vgl. Peter Krämer, Kirchenaustritt – Beweggründe und Rechtsfolgen, in: StZ 225 (2007), S. 44 ff.; Joseph Listl, Die Rechtsfolgen des Kirchenaustritts in der staatlichen und kirchlichen Rechtsordnung, in: Isensee/Rüfner/Rees (Hrsg.), Kirche im freiheitlichen Staat. Schriften zum Staatskirchenrecht und Kirchenrecht von Joseph Listl, 1996 (= SKRA; 25, 2), S. 648 ff. 28 Vgl. z. B. zuerst: Klaus Lüdicke, Die Kirchengliedschaft und die plena communio. Eine Anfrage an die dogmatische Theologie aus der Perspektive des Kirchenrechts, in: ders./Paarhammer/Binder (Hrsg.), Recht im Dienst des Menschen. Festschrift für Hugo Schwendenwein zum 60. Geburtstag, 1986, S. 377 (385 ff.); ders., Wirtschaftsstrafrecht in der Kirche? Kanonistische Anmerkungen zu einem Kirchenaustritt, in: Hans Paarhammer (Hrsg.), Administrator bonorum. Festschrift für Sebastian Ritter, 1987, S. 275 ff.; Georg Bier, Der Kirchenaustritt – ein Akt des Schismas?, ThPQ 156 (2008), S. 38 ff.

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eine zentrale Pflicht der dazu verpflichteten Gläubigen. Wer verpflichtet wird, bestimmt sich nach Maßgabe des Teilkirchenrechts. Und da kann es je nach Situation der Teil-Kirchen in den säkularen Gesellschaften rechtliche Unterschiede geben. Diese sind auch kirchenverfassungsrechtlich dadurch gerechtfertigt, dass die katholische Kirche gemäß can. 368 § 2 CIC in und aus (in et ex quibusdam) Teilkirchen besteht.29 Die Beitragspflicht ist zudem ekklesiologisch zentral, weil die Bereitstellung der finanziellen Mittel für die Dienste der Sakramentenspendung, der Caritas und für den Unterhalt der Amtsträger erforderlich sind, der schon nach apostolischem Zeugnis ex natura rei den Gemeinden zukommt (Lk 10, 1–9). III. Theologische Aspekte zu Kirchenfinanzierung und kirchlicher Vermögensverwaltung Wer an dieser Stelle einen Abriss über die Entwicklung einer theologischen Grundlegung des kanonischen Vermögensrechts erwartet, muss enttäuscht werden. Theologisch anmutende Begründungen in der Literatur erweisen sich bei näherer Betrachtung als juristische Begründungen, wenn die Kirchenfinanzierung, insbesondere durch die Kirchensteuern, als Mittelbeschaffung beschrieben wird, die für alle Formen des konkreten Glaubenszeugnisses eingesetzt werden.30 Zur Begründung des 29 Rezeption des ekklesiologischen Gedankens aus LG 23 I („Die kollegiale Einheit tritt auch in den wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Bischöfe zu den Teilkirchen wie zur Gesamtkirche in Erscheinung. Der Bischof von Rom ist als Nachfolger Petri das immerwährende, sichtbare Prinzip und Fundament für die Einheit der Vielheit von Bischöfen und Gläubigen. Die Einzelbischöfe hinwiederum sind sichtbares Prinzip und Fundament der Einheit in ihren Teilkirchen, die nach dem Bild der Gesamtkirche gestaltet sind. In ihnen und aus ihnen besteht die eine und einzige katholische Kirche.“) und LG 26 I („Die Kirche Christi ist wahrhaft anwesend in allen rechtmäßigen Ortsgemeinschaften, die in der Verbundenheit mit ihren Hirten im NT selbst Kirchen heißen.“). 30 Vgl. Alexander Hollerbach, Kirchensteuer und Kirchenbeitrag, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), Handbuch des katholischen Kirchenrechts, 2. Aufl. 1999, § 101, S. 1078 (1092).

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Rechts der Kirche auf Vermögen wurde unter Bezugnahme auf can. 1495 § 1 CIC/1917 bzw. can. 1254 CIC/1983 stets auf das der Institution oder Körperschaft innewohnende ius nativum abgestellt, das seinen Grund in der Rechtsnatur der Kirche als societas perfecta habe.31 Gleiches gilt für Gesetzestexte aus der Zeit kurz vor der Promulgation des CIC/1917.32 Die Kirche und der Apostolische Stuhl besitzen de iure divino Rechtspersönlichkeit und daher auch Vermögensfähigkeit, weil sich die Existenz der Kirche (ekklhsßa)33 aus dem Stifterwillen Jesu ableitet (Mt 16, 18), selbst wenn zu konzedieren ist, dass er die Kirche in ihrer realen Existenz nicht durch einen spezifischen Willensakt gegründet hat. Der frühere Salzburger Kanonist Carl Holböck resümierte eher knapp, dass sich die Berechtigung der Kirche auf Kirchenvermögen bereits auf die Praxis Jesu stütze, der die Zweckbindung des Vermögens zugunsten des Dienstes an den Armen betont habe (Mt 10, 10). Zugleich hätten aber schon die Apostel Gaben der Menschen angenommen und verwaltet, um sie gemeinwohlförderlich zu verwenden (Lk 10, 7).34 31 Vgl. Pars pro toto: George Vromant, De bonis Ecclesiae temporalibus, 3. Aufl. 1953, S. 1 ff.; Joseph Wenner, Kirchliches Vermögensrecht. Mit besonderer Berücksichtigung des Paderborner Diözesanrechts, 1936, S. 12 ff. (dort im Kontext des geschichtlichen Überblicks auch eine Bezugnahme zu neutestamentlichen Stellen); Joseph Vogt, Kirchen-Vermögensrecht mit Zustimmung Sr. Erzbischöflichen Gnaden des Hochwürdigsten Erzbischofs gedruckt zum Gebrauche beim Unterrichte im Erzbischöflichen Priesterseminar zu Cöln, 1903, S. 5 ff.; Johann B. Haring, Grundzüge des Katholischen Kirchenrechts, 2. Aufl. 1916, S. 672. 32 Vgl. Conc. Balt. III. n. 264, in: Acta et Decreta Concilii plenarii Baltimorensis tertii a.d. 1884, 1886, S. 149; Conc. Plen. Americae latinae n. 824, in: Acta et Decreta Concilii plenarii Americae Latinae in urebe clelebrati anno Domini 1899, Typis Vaticanis, Romae 1900, S. 363. 33 Mt 16, 18: „Tu es Petrus, et super hanc petram aedificabo Ecclesiam meam, et portae inferi non praevalebunt adversus eam: et tibi dabo claves regni coelorum.“ Der Begriff ecclesia (ekklhsßa) lässt mehrere Übersetzungen zu: Plinius verstand darunter die griechische Volksversammlung. Kirchlich wurde darunter stets die christliche Gemeinde bzw. die verfassungsrechtlich umschriebene Kirche bezeichnet. Vgl. Pons Wörterbuch für Schule und Studium Latein–Deutsch, 3. Aufl. 2003 (Nachdruck 2006), S. 286; Rudolf Köstler, Wörterbuch zum Codex Iuris Canonici, 1927, S. 133 ff.

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Das Zweite Vatikanische Konzil stellt unter Heranziehung einer Reihe neutestamentlicher Belege und Bildworte fest, dass die Kirche von den Aposteln errichtet worden ist.35 Legt man das durch das letzte Konzil erneuerte und hier schon zur Sprache gebrachte Kirchenverständnis der katholischen Kirche zur Rechtfertigung von Kirchenfinanzierung und kirchlicher Vermögensverwaltung zugrunde, kommt man nicht umhin, sich der Frage einer theologischen Begründung der betreffenden rechtlichen Ordnung neu zuzuwenden, denn die katholische Kirche hat sich zumindest sukzessiv von der überkommenen societas perfecta-Lehre verabschiedet.36 Gleichwohl stellen namhafte Autoren zur Rechtfertigung des kirchlichen Vermögensrechts immer noch darauf ab, dass sich das Recht auf Vermögen aus dem soziologischen Grundprinzip ergebe, dass einer Gemeinschaft jene Mittel zur Verfügung stehen müssen, damit sie existieren und ihre Ziele verfolgen können.37 Die Richtigkeit dieser Aussage wird hier nicht in Zweifel gezogen. Die Frage ist nur, ob sie im Lichte der Theologie ausreicht. Es scheint angebracht, hier grundlegender anzusetzen und vom Kirchenverständnis des Zweiten Vatikanischen Konzils auszugehen, auch wenn sich das Konzil nicht speziell mit den Fragen der Kirchenfinanzierung befasst hat. Dennoch gab es im Vorfeld des Konzils Desiderate, das bisher geltende Recht grundlegend zu reformieren, ohne dass die Votanden wirklich konkrete Vorstellungen formuliert hätten.38 Kirche ist Volk Gottes, communio sanctorum, zu der 34 Vgl. Carl Holböck, Handbuch des Kirchenrechts, Bd. 2, 1951, S. 892. 35 Vgl. LG 6. 36 Vgl. Matthias Pulte, Von der Societas-perfecta Lehre zur wechselseitigen Anerkennung der Autonomie von Kirche und Staat. Das Verhältnis von Kirche und Staat aus katholischer Sicht im 19. und 20. Jahrhundert, in: Holzner/Ludyga (Hrsg.), Vom Staatskirchenrecht des 19. zum Religionsverfassungsrecht des 21. Jahrhunderts, 2013, S. 143 (149 f.). 37 Vgl. Rüdiger Althaus, in: Lüdicke (Hrsg.), Münsterischer Kommentar zum Codex Iuris Canonici, Loseblatt, Stand: 25. Erg.-Lfg. (1996), Einleitung vor 1254 Rn. 1. 38 Vgl. Matthias Pulte, Das Missionsrecht ein Vorreiter des universalen Kirchenrechts, Studia Instituti Missiologici SVD 87 (2006), S. 296 ff.

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alle Getauften und Gefirmten gehören, die, von dieser sakramentalen Basis ausgehend, ihren Sendungsauftrag aus Mt 28, 16–20 erfüllen.39 Zur theologischen Begründung von Kirchenfinanzierung und kirchlichem Vermögensrecht ist also beim Sendungsauftrag der Kirche anzusetzen. Die Kirche ist nach dem Willen und dem Beispiel Christi nicht eine selbstgenügsame Gemeinschaft von Erlösten, die einzig auf die Wiederkunft ihres Erlösers warten. Die Kirche hat einen zutiefst in ihrem Selbstverständnis innewohnenden Weltauftrag, wie es die Pastoralkonstitution Gaudium et spes des Konzils feststellt (GS 3, 2). Ein solcher lässt sich nur realisieren, wenn die Gemeinschaft auch in die real existierende Gesellschaft hineinzuwirken vermag. Mit Worten allein und einem dementsprechenden Beispiel ist es nicht getan. Wenn es dann um die Finanzierung dieser Sendung geht, stellt sich die Frage, ob das biblische Zeugnis, dass Christus und die Apostel auf freiwillige Gaben allein angewiesen waren, in irgendeiner Weise die Kirchenfinanzierung präjudiziert. Eine solche Option wird gelegentlich von jenen bevorzugt, die sich gegen das in Deutschland bestehende System des staatlichen Kirchensteuereinzugs und der aktiven und passiven Gewährung von Staatsleistungen an die Kirchen wenden.40 Allerdings wird man aus theologischer Perspektive in den einschlägigen Bezugsstellen aus dem Lukasevangelium (8, 3) und der Apostelgeschichte (2, 45; 4, 34 f.) eine abschließende Ordnung für die Kirchenfinanzierung nicht ableiten können, da diese Stellen keine spezifische Mahnung zum Umgang mit dem Geld beinhalten. Freilich mangelt es im Neuen Testament nicht an anderen Stellen, wo ein materialistischer und egoistischer Umgang mit Geld harscher Kritik unterzogen wird.41 Dabei geht es aber eher da39 Vgl. LG 2, LG 4, 2; Georg Fischer, Die Finanzierung der kirchlichen Sendung, KStKR 5 (2008), S. 57 ff. 40 Vgl. Carsten Frerk, Violettbuch Kirchenfinanzen, 2010, S. 23 ff.; Gabriele Pauli, Die rote Rebellin: Fortschritt braucht Provokation, 2014, o. S. Teil 3: Das Kreuz mit der Kirche – Die wankenden Riesen. 41 Vgl. Thomas Söding, Das Geld im Blickwinkel Jesu. Thesen zur Sozialethik der Evangelien (Manuskript), abrufbar unter: http://www.ruhr-

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rum, dass ein zu einseitiger Blick auf Geld und Vermögen den Blick für das verstellen kann, was die befreiende Botschaft des Christentums zu bieten hat. Insofern stellen diese Jesusworte an die Kirche selbst einen besonderen Anspruch, „sozialpflichtig“ 42 mit den eigenen finanziellen Mitteln umzugehen und entsprechende Wege zu finden, wie nach diesen Maßstäben die kirchliche Sendung finanziell ermöglicht werden kann. Es geht also um Gerechtigkeit, nicht um finanzielle Macht. Diese macht auch nicht wirklich frei, sondern eher unfrei. So fährt das Zweite Vatikanische Konzil fort, dass die Kirche zwar der finanziellen Mittel bedarf, um ihre Sendung zu erfüllen, diese jedoch nicht zu eitler Selbstdarstellung missbrauchen darf.43 Sendung bedeutet Apostolat und dieses ist nicht nur eine Sache der Amtsträger, sondern aller Glieder des Volkes Gottes. Allerdings handeln die Amtsträger nomine ecclesiae. Die Mittel die dafür zum Einsatz kommen sind folgerichtig Mittel der Kirche. Über diese muss die Institution ihren Mitgliedern Rechenschaft ablegen. IV. Kanonisch-rechtliche Grundlagen zur kirchlichen Vermögensverwaltung Die katholische Kirche spricht sich auch in ihrem geltenden Gesetzbuch in can. 1254 § 1 CIC, dessen rechtsphilosophische Grundlage nach wie vor und trotz aller philosophischen Infragestellungen44 Naturrecht darstellt, das ius nativum auf Vermögen uni-bochum.de/imperia/md/content/nt/nt/forschungsprojekte/gottund geld/das_geld_im_blickwinkel_jesu.pdf (Zugriff: 26.8.2014). 42 Was die Kirche von der Zivilgesellschaft verlangt, muss sie auch für und gegen sich gelten lassen, auch wenn die Soziallehre der Kirche sich in erster Linie an die Gesellschaft wendet. Zur Sozialpflichtigkeit des Eigentums, grundlegend schon Leo XIII., Enzyklika Rerum Novarum vom 15. Mai 1891, ASS 23 (1890–1891), S. 641 ff., bes. Ziff. 7; zuletzt: Johannes Paul II., Enzyklika Centesimus Annus vom 1. Mai 1991, AAS 83 (1991), S. 793 ff., Ziff. 30 ff., 43. 43 Vgl. LG 8, 3. 44 Vgl. zur Verbindlichkeit des Naturrechts für die kirchliche Lehre zuletzt: Papst Benedikt XVI., Ansprache im Deutschen Bundestag am 22. September 2011, in: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz

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zu. Dieses grundlegende Recht der Kirche wird in Deutschland gegenwärtig auch nicht von kirchenkritischen Kreisen in Abrede gestellt. Diese wenden sich eher gegen die von der Mehrheit der Staatskirchenrechtler juristischer und kirchenrechtlicher Provenienz noch als bewährt angesehenen Formen der deutschen Kirchenfinanzierung.45 Mit can. 1254 § 1 CIC formuliert der Gesetzgeber für das kirchliche Vermögensrecht das Prinzip der Unabhängigkeit der Kirche vom Staat.46 Der CIC/1983 unterscheidet anders als das vorhergehende Gesetzbuch in can. 1257 grundsätzlich zwischen Kirchenvermögen (§ 1) und Privatvermögen (§ 2). Kirchenvermögen ist die Gesamtheit der einer öffentlichen juristischen Person in der Kirche gehörenden oder zugeordneten geldwerten Rechte, die der Deckung des Finanzbedarfs der Kirche in einem umfassenden Sinne dienen. Dabei ist nach der Zweckbindung zwischen gottesdienstlichen und wirtschaftlichen Zwecken zu unterscheiden.47 Kirchenvermögen dient nach der Legaldefinition von can. 1254 § 2 CIC vor allem der Bestreitung der Aufwendungen für die geordnete Durchführung des Gottesdienstes, die Sicherstellung des angemessenen Unterhalts des Klerus und anderer Kirchenbediensteter sowie zur Finanzierung der Werke des Apostolats und der Caritas, vor allem jener, die den Armen zukommen. Diese Aufzählung ist

(Hrsg.), Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 189 (2011), S. 30 ff., bes. 35 f. 45 Vgl. z. B. Gerhard Cermak, Ablösung historischer Staatsleistungen an die Kirchen oder Ewigkeitsrente?, FOWID Textarchiv 2003-6, abrufbar unter: http://fowid.de/fileadmin/textarchiv/Czermak_Gerhard/Staats leistungen_Abloesung_o_Ewigkeitsrente_TA2003_6.pdf (Zugriff: 2.9.2014). 46 Vgl. Heribert Hallermann, Förderung der Kirche durch den Staat, Grundpositionen der katholischen Kirche, in: Pulte/Hense (Hrsg.), Grund und Grenzen staatlicher Religionsförderung unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Staat und Katholischer Kirche in Deutschland, KStKR 17 (2014), S. 55. 47 Vgl. Winfried Aymans/Klaus Mörsdorf/Ludger Müller, Kanonisches Recht. Lehrbuch aufgrund des Codex Iuris Canonici Bd. IV, 13. Aufl. 2013, S. 8 f.; Ansgar Hense, Hinweise zur aktuellen Lage über die Staatsleistungen an die Kirchen, Pressemitteilung der Deutschen Bischofskonferenz Nr. 150 vom 22. September 2010, S. 5.

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nicht taxativ zu verstehen. Das wird an dem Wort praecipuae (vor allem) deutlich. Vergleichbare nicht abschließende Aufzählungen finden sich im CIC an verschiedenen Stellen (cann. 215, 222 § 1, 114 § 2). Die Aufzählung in can. 1254 § 2 CIC kann als eine Selbstbindung des Gesetzgebers verstanden werden, die in innerem Zusammenhang mit der Zweckbindung der Sendung der Kirche steht. Damit sind kirchliche Zwecke im Sinne des Vermögensrechts all jene, die zumindest in einem weiteren Sinne der Verwirklichung der Ziele der Kirche dienen, alles also, was letztlich dem pastoralen Heilsauftrag der Kirche nach Maßgabe der Zeit, des Ortes und der Umstände dient. Neben dem geldlichen Vermögen wird mit Blick auf die gottesdienstlichen Zwecke zudem zwischen heiligen Sachen (res sacrae) und kostbaren Sachen (res pretiosae) unterschieden, die entweder der Feier der Liturgie oder der Verehrung durch die Gläubigen dienen.48 Auch das den wirtschaftlichen Zwecken der Kirche dienende Vermögen aus Liegenschaften und anderen Kapitalanlagen kann berechtigterweise als Kirchenvermögen bezeichnet werden, weil es seiner Intention nach zumindest mittelbar auf die primären Zwecke der Kirche, also die Sicherstellung von Gottesdienst, Glaubensverbreitung und Caritas, ausgerichtet ist.49 Can. 1255 CIC benennt die Vermögensfähigkeit verschiedener juristischer Personen genauer. Hier wird unter indirekter Bezugnahme auf can. 116 CIC zwischen öffentlichen und privaten juristischen Personen des kanonischen Rechts unterschieden. Während can. 1254 § 1 CIC nur ganz allgemein von der katholischen Kirche gesprochen hat, spezifiziert der CIC an dieser Stelle die einzelnen Rechtsträger, wobei sich der Gesetzgeber an die in den Allgemeinen Normen und im Verfassungsrecht des CIC vorgegebenen Kategorien hält: Gesamtkirche und Apostolischer Stuhl: can. 113 § 1, Teilkirchen: can. 386, öffentliche

48 Vgl. Norbert Ruf, das Recht der katholischen Kirche nach dem Codex Iuris Canonici für die Praxis erläutert, 5. Aufl. 1989, S. 317. 49 Vgl. Winfried Aymans/Klaus Mörsdorf/Ludger Müller, Kanonisches Recht. Lehrbuch aufgrund des Codex Iuris Canonici, Bd. IV, 13. Aufl. 2013, S. 9.

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juristische Personen: can. 116 § 1 und schließlich private Rechtspersonen in der Kirche: can. 116 § 2. Dabei handelt es sich um Anstalts-, Stiftungs- oder Treuhandvermögen. Die nähere Zuordnung nach can. 116 CIC ergibt sich aus den jeweiligen Errichtungsurkunden oder Satzungen. Diese Spezifikationen sind erforderlich, da vor allem die Pfarrei bis 1983 keine rechtsfähige Person des kanonischen Rechts gewesen ist. Daher waren die der Pfarrei zugeordneten Vermögen bis dahin notwendig eigens errichteten juristischen Personen zugeordnet, die freilich in der Pfarrei Sitz und Funktion hatten. Die geltende Rechtslage ist damit als Überleitung des aus dem Mittelalter überkommenen Benefizialrechts zu erkennen, die deshalb nicht vollständig abgelöst werden kann, weil die seit alters her bestehenden Rechtspersönlichkeiten (insbesondere die Fonds) auch vom staatlichen Recht anerkannt und bisher nicht in ein pfarrliches Gesamtvermögen überführt worden sind.50 Bei neu errichteten Pfarreien seit dem 25. November 1983 gibt es allerdings diese alte Aufteilung der Vermögensträger nicht mehr, sondern wegen der Rechtspersönlichkeit der Pfarrei gemäß can. 515 § 3 CIC ein pfarrliches Gesamtvermögen. Freilich muss man für Deutschland konzedieren, dass die Zahl der seit 1983 errichteten Pfarreien sehr gering ist. Auf diözesaner Ebene ist festzustellen, dass auch die nach der deutschen Wiedervereinigung errichteten Bistümer nicht nur über Bistumsvermögen verfügen. Aufgrund der bestehenden Traditionen und Funktionen fungieren auch dort die Bischöflichen Stühle und Domkapitel als Vermögensträger. Vermögensfähig sind die Gesamtkirche, der Apostolische Stuhl und die öffentlichen wie privaten juristischen Personen. Das sind von Gesetzes wegen die Pfarrei (can. 513 § 3 CIC), die Teilkirchen (can. 373 CIC), die Kirchenprovinz (can. 432 § 2 CIC), die Bischofskonferenz (can. 449 § 2 CIC), die Seminare (can. 238 § 1 CIC), die Religiosenverbände (can. 634 § 1 CIC)

50 Vgl. Ansgar Hense, Hinweise zur aktuellen Lage über die Staatsleistungen an die Kirchen, Pressemitteilung der Deutschen Bischofskonferenz Nr. 150 vom 22. September 2010, S. 5.

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und die Gesellschaften des Apostolischen Lebens (can. 741 § 1 CIC). Fakultative Rechtsfähigkeit haben Institutionen, denen diese verliehen worden ist (ex speciale concessione), die aber auch als Institution ohne Vermögensfähigkeit existieren könnten, wie z. B. die Superiorenkonferenz der Religioseninstitute, gemäß can. 709 CIC. Der Gesetzgeber hat mit den cann. 289–329 im Vereinigungsrecht des CIC eine Vielzahl von Regelungen geschaffen, die im Einzelfall zu prüfen sind. Rechtsgrundlage für Stiftungen und Anstalten bilden rudimentär die cann. 114 und 115 § 3 CIC und definitorisch can. 1303 CIC über die selbständige und unselbständige pia fundatio. Dabei besteht die Spezialität des kirchlichen Stiftungsrechts darin, dass nicht nur materielle Sachgesamtheiten, sondern auch geistliche diesen Rechtsstatus erlangen können. Unter materiellen Sachgesamtheiten werden hier alle materiellen Güter und finanziellen Werte verstanden, die unter den Vermögensbegriff der cann. 1254– 1257 fallen.51 Wenn das Geistliche für das kirchliche Recht eine überaus wichtige Rolle spielt, so fällt doch auf, dass die einschlägigen Kommentare keine Beispiele für rein geistliche Stiftungen aufführen.52 Für dieses spezielle Rechtsgebiet ist der teilkirchliche Gesetzgeber gerufen, möglichst unter Berücksichtigung des weltlichen Anstalts- und Stiftungsrechts, geeignete Spezialnormen bereitzustellen. Das Aufblühen der kirchlichen Stiftungslandschaft in Deutschland im Zuge der Strukturwandelprozesse in den deutschen Diözesen zeigt, dass hier noch nicht immer optimale Lösungen gefunden worden sind, oder aber die Einhaltung kirchlicher Maßstäbe nicht immer konsequent eingefordert wird.

51 Vgl. Helmuth Pree, in: Lüdicke (Hrsg.), Münsterischer Kommentar zum Codex Iuris Canonici, Loseblatt, Stand: 33. Erg.-Lfg. (2000), can. 115 Rn. 3. 52 Vgl. ebd. sowie Beal/Coriden/Green (Hrsg.), New Commentary on the Code of Canon Law, 2000, S. 159 ff.; Winfried Aymans/Klaus Mörsdorf, Kanonisches Recht. Lehrbuch aufgrund des Codex Iuris Canonici, Bd. I, 13. Aufl. 1991, S. 309 f.

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Gemäß can. 1273 CIC kommt die oberste Aufsicht über die Vermögensverwaltung dem Apostolischen Stuhl zu. Damit sind gemäß can. 360 und 361 CIC alle Einrichtungen der Römischen Kurie gemeint, die dem Papst zur Leitung der Gesamtkirche dienen. In diesem Zusammenhang ist auf Art. 75 PastBon.53 zu verweisen, wonach der Kongregation für die Bischöfe alle Vollmachten zukommen, die den Dienst der Bischöfe der lateinischen Kirche betreffen. Dazu gehört unstreitig die Vermögensverwaltung. Can. 1276 § 1 CIC schreibt dem Ortsordinarius eine gewissenhafte Überwachung der Vermögensverwaltung der ihm unterstellten kirchlichen juristischen Personen zu. Diese sind zwar Eigentümer des Vermögens, aber kraft der Zuschreibung in der Verwaltung nicht autonom, weil es sich eben um res spiritualia annexa54 handelt. Bei den in can. 1276 CIC benannten Rechten handelt es sich vor allem um Eingriffsrechte (can. 1279 § 1 CIC), Erlaubnisrechte (cann. 1281 § 1, 1304 § 1 CIC), Zustimmungsrechte (cann. 1284 § 2, 1305 CIC) und haushälterische Überprüfungsrechte (can. 1287 § 1 CIC).55 Die Verwaltung des ortskirchlichen Vermögens bestimmt sich nach den cann. 492– 494 CIC. Darin geht es um die Rechte und Pflichten von Vermögensverwaltungsrat und Ökonom, der die konkrete Vermögensverwaltung nach Maßgabe der Beschlüsse des Vermögensverwaltungsrates durchführt. Letztem steht der Oberhirte oder sein Beauftragter vor, von dem nicht gesagt wird, dass er Kleriker sein muss. Wenn also der Ortsordinarius der erstberechtigte und erstverpflichtete Aufseher über die Vermögensverwaltung ist, bedeutet das, dass die in can. 1273 CIC angesprochene Kompetenz des Apostolischen Stuhls subsidiär ist. Der Rechtsgrund dafür liegt

53 Johannes Paul II., Apostolische Konstitution Pastor Bonus. Über die Römische Kurie vom 28. Juni 1988, in: AAS 80 (1988), S. 841 ff. 54 C.1 q.3 a.c.1: „non solum qui spiritualia set etiam qui temporalia eis annexa“. 55 Vgl. Georg Fischer, Die Finanzierung der kirchlichen Sendung, KStKR 5 (2008), S. 132 f.

Kirchenrechtliche Vorgaben für Kirchenfinanzierung

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in der eigenberechtigten Amtsführung des Diözesanbischofs (can. 381 § 1 CIC) und der ihm rechtlich Gleichgestellten (can. 381 § 2 CIC). Eine Sonderrolle nimmt der Diözesanadministrator (can. 427 § 1 CIC) im Falle der Vakanz des bischöflichen Stuhls pro tempore ein. Anders verhält es sich bei Apostolischen Administratoren oder Vikaren. Ihre Vollmachten leiten sich gemäß can. 371 § 2 CIC vom Apostolischen Stuhl her, sodass sie auch in ihrer Vermögensverwaltung oder der Wahrnehmung der diesbezüglichen Vigilanz direkt dem Apostolischen Stuhl zugeordnet sind. Bei der Vermögensverwaltung und der Beaufsichtigung der ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung werden die Ortsoberhirten von Vermögensverwaltungsräten und den Konsultorenkollegien unterstützt. In Deutschland sind das auf der Basis von can. 502 § 3 CIC regelmäßig die Domkapitel. Dem Konsultorenkollegium kommen bei vermögensrechtlichen Rechtsgeschäften Zustimmungsrechte zu, wenn es sich dabei um Veräußerungs- (can. 1292 CIC) oder vermögensbelastende (can. 1295 CIC) Rechtsgeschäfte handelt.56 Die Vermögensverwaltungsräte sind gemäß can. 492 § 2 CIC verpflichtend in allen Diözesen einzurichten.57 Der Rat beaufsichtigt gemäß can. 493 CIC die Haushaltsplanung und Rechnungslegung. Inwieweit sich der Bischof an die Beschlüsse des Rates bindet, hängt von den partikularrechtlichen und ggf. auch staatskirchenrechtlichen Bestimmungen in diesem Bereich ab.58 Aufgrund der verfassungsrechtlichen Stellung des Bischofs in der Diözese gemäß can. 381 § 1 CIC, der ihm eine „ganze, ordentliche, eigenberech-

56 Vgl. Martin Hülskamp, Konsultorenkollegium, in: LKStKR 2, 2002, S. 634 (634). 57 Vgl. Richard Puza, Die Verwaltung des Kirchenvermögens, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), Handbuch des katholischen Kirchenrechts, 2. Aufl. 1999, § 102, S. 1093 (1101). 58 Vgl. Richard Puza, Rechtsgeschäfte über das Kirchenvermögen, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), Handbuch des katholischen Kirchenrechts, 2. Aufl. 1999, § 103, S. 1103 (1107 f.); Zu den unterschiedlichen Regelungen im deutschen Partikularrecht vgl. aktuell: Winfried Aymans/Klaus Mörsdorf/Ludger Müller, Kanonisches Recht. Lehrbuch aufgrund des Codex Iuris Canonici, Bd. IV, 13. Aufl. 2013, S. 63 ff.

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tigte und unmittelbare Gewalt“ zuweist, obliegt es seinem klugen Ermessen, im Wege der diözesan- oder satzungsrechtlichen Selbstbindung, dem Vermögensverwaltungsrat über die rein beratenden auch beschließende Rechte zuzuweisen. Der Sache nach leitet can. 1273 CIC die oberste Vigilanz aus dem Leitungsprimat des römischen Pontifex her, der in can. 331 CIC seinen verfassungsrechtlichen Anker findet. Das bedeutet freilich nicht, dass der Vatikan in die ortskirchliche Vermögensverwaltung willkürlich eingreifen kann. Ihm obliegt es aber zu prüfen, ob die übrigen Vermögensträger in der Kirche ihr Vermögen nach Maßgabe des Rechts und hier genauer gemäß can. 1284 § 1 CIC nach Maßgabe der Grundsätze eines pater familias verwalten. Dieser Begriff wird in den anschließenden §§ 2 und 3 näher bestimmt. Daraus lassen sich die Abgrenzungskriterien bestimmen, die eine gute von einer mangelhaften Vermögensverwaltung unterscheiden. In letzterem Fall ergeben sich die Rechtfertigung und bisweilen auch die Notwendigkeit des Eingreifens der zuständigen Vermögensaufsichtsinstitution. Ein Eingriff des Papstes oder der römischen Kurie als Oberaufsicht ist dann gerechtfertigt, wenn die niedere hierarchische Ebene in der Vermögensverwaltung versagt. Diese subsidiäre Eingriffsmöglichkeit dürfte allerdings rechtlich klarer geregelt sein, als dies der CIC tatsächlich vornimmt. Im Falle der Verwaltung des Vermögens des Bischöflichen Stuhls zu Limburg ist ein solcher Fall mit erheblicher Öffentlichkeitswirkung für jedermann zu verfolgen gewesen.59 Summarisch ist dazu festzustellen, dass der Eingriff des Apostolischen Stuhls in die Vermögensaufsicht des

59 Vgl. dazu final: Abschlussbericht über die externe kirchliche Prüfung der Baumaßnahme auf dem Domberg in Limburg für den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Erzbischof Dr. Robert Zollitsch vorgelegt von der Prüfungskommission, Stand: 14. Februar 2014, abrufbar unter: http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_down loads/presse_2014/2014-050b-Abschlussbericht-Limburg.pdf (Zugriff: 15.7.2014). Nicht erfasst ist dort allerdings, dass der Auftrag zur Prüfung der vorgängigen Beauftragung durch den Papst bedurfte. Die Rechtsgrundlage ist hier can. 1273, der die Vigilanz und Verfügungsgewalt des Papstes in dessen Leitungsprimat (can. 331) verankert.

Kirchenrechtliche Vorgaben für Kirchenfinanzierung

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Bischofs über das Vermögen des Bischöflichen Stuhls erfolgte, als ein dringender Tatverdacht sowohl hinsichtlich der bischöflichen Vigilanz, als auch hinsichtlich einer Verschleierung von Vermögensverfügungen entstand, in die der Bischof selbst verwickelt war. Ein Sonderproblem stellt sich mit der Frage, wer nun die Vigilanz über die Vermögensverwaltung des Apostolischen Stuhls ausübt. Der Papst wäre hier eigentlich die letzte Instanz, dürfte aber ad personam damit wohl überfordert sein. Ein Parlament gibt es nicht, das ggf. die verfassungsrechtliche Überprüfung der gesetzmäßigen Vermögensverwaltung einklagen könnte. Der Papst kann schließlich auch gemäß can. 333 § 3 CIC von niemandem vor Gericht gezogen werden. Hier haben wir also einen nicht lösbaren hierarchischen Konflikt in der Kirche, der nur durch eine Selbstbindung des Gesetzgebers gelöst werden könnte. Diese findet sich aber nicht im CIC. Die neuen Gesetze des Vatikanstaates zur Vermögensverwaltung bieten jedoch eine systemtreue Problembehandlung.60 Can. 1258 CIC führt den Rechtsgedanken des can. 1275 CIC konsequent weiter, indem sich dort eine vermögensrechtliche Sonderdefinition dessen vorfindet, was mit Kirche gemeint ist. Kirche ist hier nicht nur die Gesamtkirche oder die Ortskirche, sondern jedwede öffentliche juristische Person in der Kirche, soweit sich aus der jeweiligen Wortbedeutung der Spezialnorm oder dem Sachzusammenhang nicht eine andere Interpretation ergibt. Hier geht es nicht, wie im Verfassungsrecht, um eine We-

60 Franziskus, Apostolisches Schreiben in Form eines „Motu Proprio“ Fidelis dispensator et prudens über die Einrichtung einer neuen Aufsichtsbehörde für die wirtschaftlichen und administrativen Angelegenheiten des Heiligen Stuhls und des Staates der Vatikanstadt, vom 24. Februar 2014, abrufbar unter: http://w2.vatican.va/content/francesco/de/motu_ proprio/documents/papa-francesco-motu-proprio_20140224_fidelis-dis pensator-et-prudens.html (Zugriff: 4.9.2014). Ders., Als Motu proprio erlassenes Apostolisches Schreiben, mit dem das neue Statut der Finanzaufsichtsbehörde approbiert wird, vom 15. November 2013, abrufbar unter: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/motu_proprio/documents/pa pa-francesco-motu-proprio_20131115_statuto-aif.html (Zugriff: 4.9.2014).

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sensbestimmung der Kirche, sondern lediglich nach Maßgabe dieses vorausgesetzten Begriffs um eine greifbare Formulierung der Rechtsträger und Adressaten des Vermögensrechts. Die Kirche beansprucht das angeborene Recht (ius nativum), unabhängig von der staatlichen Gewalt zeitliche Güter zu erwerben, zu besitzen, zu verwalten und zu veräußern. Ius nativum meint nicht mehr und nicht weniger, als dass die Kirche dieses Recht von ihrem Wesen her besitzt, ihr also nicht erst zugestanden oder verliehen werden muss.61 Dieses Recht kommt ihr zu als dem neuen Gottesvolk, das auf dieser Welt Gottes Herrschaft errichten soll und sich dabei auch der Mittel dieser Welt bedienen muss. Dazu gehören materielle Güter, aber nur insoweit sie den der Kirche eigenen Zwecken dienen und zu deren Erreichung nötig sind. Schließlich gibt das so arg knappe Vermögensrecht des CIC dem Gesetzesanwender noch auf, eine weitere Kategorie in den Blick zu nehmen, nämlich jene, die sich aus der Natur der Sache ergibt. Wir sprechen hier von Vermögensfähigkeit aufgrund einer zu erschließenden Rechtspersönlichkeit, die sich aus Indizien ergibt, wie z. B. dem historischen Herkommen der Institution und ihrem bisherigen Auftreten im Geschäftsverkehr. Ein weiteres Indiz ist die Inkardinationsfähigkeit eines Verbandes, d.h. ob die Fähigkeit besteht, eigene Kleriker zu haben. Andere Jurisdiktionsbefugnisse können auch eine Rolle spielen. Jedoch will die Kanonistik dieses Kriterium nicht solitär, sondern allenfalls im Zusammenhang mit den beiden vorgenannten als Indikator für Vermögensfähigkeit gelten lassen. Zum Kirchenvermögen im eigentlichen Sinne gehören freilich die Güter privater juristischer Personen nicht. Sie unterfallen daher in der Regel auch nicht dem allgemeinen Recht, sondern werden nach den jeweiligen Statuten verwaltet. Was eine juristische Person rechtmäßig erwirbt, gehört ihr und wird auch von ihr verwaltet. Die Verfügungsgewalt wird durch den gesetzli61 Vgl. Thomas Meckel, Die Kirchensteuer in Deutschland. Privileg oder Mittel zur Entflechtung von Staat und Kirche?, in: Lebendiges Zeugnis 68 (2014), S. 53.

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chen Vertreter ausgeübt, der der obersten Autorität des Papstes untersteht; dieser hat die oberste Aufsicht über das gesamte Kirchenvermögen. Die alte Streitfrage, wem das Kirchengut gehört (Gott, Kirchenpatron, Papst, Pfründeninhaber, Gesamt-, Einzelkirche), ist schon im CIC von 1917 zugunsten der sogenannten Institutentheorie entschieden worden. Der neue CIC hat daran nichts geändert, denn die juristischen Personen sind zweifelsfrei die Rechtssubjekte des ihnen eigenen Vermögens. Dem Papst wird nur die ihm eigene oberste Hoheit in der Verwaltung des Kirchenvermögens zugesprochen, wie bereits angesprochen. Greift er in der Vermögensverwaltung auf eine andere Ebene durch, so verwaltet er hier fremdes Vermögen. Abschließend sei hier eine Übersicht über die kanonischrechtlichen Vorgaben gegeben, die für die Kirchenfinanzierung und die kirchliche Vermögensverwaltung universalrechtlich vorgegeben sind. Dabei hat der kirchliche Gesetzgeber von 1983 in can. 1274 § 5 eingeschärft, dass die kirchliche Vermögensverwaltung so rechtlich organisiert werden soll, dass sie auch nach weltlichem Recht Wirksamkeit entfaltet. Das dürfte daran liegen, dass der CIC keine spezifischen Strafen für Vermögensdelikte kennt. Das ist auch realistisch, weil es andernfalls an der Durchsetzbarkeit weithin mangelt, wie der Fall in Limburg öffentlichkeitswirksam deutlich macht.

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Übersicht über die kanonisch-rechtlichen Vorgaben zur Kirchenfinanzierung und kirchlichen Vermögensverwaltung Regelungsgegenstand

Bezugsnorm im CIC (can.)

Beitragspflicht aller Gläubigen  fundamentum iuris: cann. 849, 204, 96

222

Besteuerungsrecht kraft Teilkirchenrecht  Kirchensteuergesetze der Diözesen

1260, 1263 (clausula teutonica)

Vermögensaufsicht des Apostolischen Stuhls kraft Leitungsprimat

1273

Vermögensaufsicht des Ortsordinarius

1276

Gemeinschaftliche Vermögensverwaltung von Gesamthandseigentum

1275

Ortskirchliche Vermögensverwaltung  Vermögensverwaltungsrat: cann. 492, 493  Ökonom: can. 494

492–494

Vermögensverwalter von Rechts wegen

118, 1279

Vermögensverwaltungsrechte und Pflichten des Verwalters

1284–1289

Öffentliche Finanzmittel im diözesanen Haushalt Entwickelt und dargestellt am Beispiel des Erzbistums Freiburg Von Michael Himmelsbach I.

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

II.

Staatsleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 1. Exkurs: Freistaat Bayern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 2. Pauschalisierte Staatsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 3. Ablösung der Staatsleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

III. Baupflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 1. Baupflichten des Landes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 2. Baupflichten der Kommunen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 IV.

Privatschulförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 1. Zuschüsse zum Betrieb kirchlicher freier Schulen . . . . . . . . . 163 2. Baukostenzuschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

V.

Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

VI. Sonstige Zuschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 1. Katholische Akademie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 2. Sprachenkolleg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 3. Jugendarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 4. Gesetz zur Förderung der Weiterbildung und des Bibliothekswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 5. Exkurs: Kinderbetreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 VII. Negative Staatsleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 1. Gebührenfreiheit bei Gerichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 2. Gebührenfreiheit von Verwaltungsakten . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 3. Grundsteuerfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 VIII. Staatliche Leistungen zugunsten „der Kirche“ außerhalb des Haushalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 1. Seelsorge im besonderen Gewaltverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . 170

154

Michael Himmelsbach 2. Diözesancaritasverband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

IX. Zusammenfassung und Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

I. Einleitung Die Haushalte der einzelnen (Erz-)Diözesen in der Bundesrepublik sind unterschiedlich. Verschiedene Formen kameraler oder doppischer1 Haushaltsdarstellungen sind Realität, es gibt also keinen typischen oder gar idealtypischen Bistumshaushalt; eine Reihe von (Erz-)Bistümern befindet sich zudem in einer Phase der Umstellung von der klassischen kameralen auf die doppische Haushaltsführung.2 Allgemeingültige Aussagen, die überall zutreffen, sind daher äußerst schwer zu formulieren. Daher beschränkt sich der vorliegende Beitrag darauf, an Hand des Haushalts des Erzbistums Freiburg die öffentlichen Finanzmittel im diözesanen Haushalt aufzeigen, um mit Exkursen in mögliche andere Konstellationen abweichende, gleichwohl aber typische Konstellationen zu behandeln. Zunächst ist auf einige Rahmendaten des Haushalts des Erzbistums Freiburg für das 2014 hinzuweisen:  Das etatisierte Volumen der Einnahmen des Erzbistums beträgt 550,9 Mio. Euro, das der Ausgaben 548,2 Mio. Euro.  Hiervon sind 439,2 Mio. Euro laufende Kirchensteuereinnahmen, die nach weiteren Erträgen und nach Abzug der Hebegebühren 428,7 Mio. Euro netto ergeben.  Das Aufkommen aus der einheitlichen Orts- und Landeskirchensteuer wird im Erzbistum Freiburg von vornherein aufgeteilt (45% für die Kirchengemeinden und 55% für das Erz1 Das Erzbistum Hamburg hat ein sehr stark an das HGB angelehntes Rechnungswesen; siehe Geschäftsbericht des Erzbistums Hamburg, Mittel und Wege, Haushalt 2012, S. 21 ff.; Haushaltsordnung des Erzbistums Freiburg vom 11. Juli 2011 (ABl. S. 287), zuletzt geändert im Dezember 2013 (ABl. S. 240). 2 Das Bistum Hildesheim ist in der Phase der Einführung einer kaufmännischen Buchführung auch in den Kirchengemeinden, Das Bistum Hildesheim in Zahlen und Fakten, Geschäftsbericht 2013, S. 27.

Öffentliche Finanzmittel im diözesanen Haushalt

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bistum im engeren Sinne). So sind aus den vorgenannten Einnahmen von 550,9 Mio. Euro 45% der „netto-Kirchensteuer“, also 195,9 Mio. Euro, für den Kirchengemeindeteil abzuziehen, um das Volumen der etatisierten Einnahmen des Erzbistums selbst mit 355 Mio. Euro zu ermitteln. Eine solche Aufteilung ist in den meisten (Erz-)Diözesen nicht vorzufinden. Deshalb muss bei der Bewertung von Verhältniszahlen über diözesane Grenzen hinweg diese Systematik oft hinterfragt werden.  Von diesen Einnahmen können u. a. die geschätzten 207 Mio. Euro für die diözesanen Personalkosten aufgewendet werden. Der diözesane Haushalt ist für sich betrachtet der größte kirchliche Haushalt innerhalb des Erzbistums Freiburg. Einen Haushalt hat aber jeder rechtlich selbständige kirchliche Rechtsträger, ohne dass dieser Teil des Diözesanhaushalts wäre. Nicht eingeschlossen sind in der vorliegenden Betrachtung also die Haushalte der Dekanatsverbände (im Erzbistum Freiburg 27) oder der Kirchengemeinden im Erzbistum Freiburg (im Jahr 2014 noch etwa 1.100); diese sind jeweils Körperschaften des öffentlichen Recht. Es sind rechtlich selbständige Rechtsträger mit eigenen Organen, die zwar einer Rechtsaufsicht des Erzbistums unterliegen, deren Haushalte aber nicht in einer Art „Konzernrechnung“ konsolidiert werden könnten; sie unterliegen keiner gemeinsamen weisungsbefugten Leitung und sind wirtschaftlich sowie finanziell unabhängig. Dass die Kirchengemeinden der rechtlich geregelten Aufsicht des Erzbistums unterliegen, ändert hieran nichts. Beides – also einheitliche Leitung eines Mutterunternehmens und finanzielle sowie wirtschaftliche Abhängigkeit der Tochterunternehmen – wären umgekehrt formuliert begriffliche Voraussetzungen für das Vorliegen eines Konzerns. In der öffentlichen Wahrnehmung ist das einer der Grundfehler, die häufig gemacht werden; entgegen aller rechtlichen (in der Regel satzungsrechtlichen) Verfassungen der einzelnen Rechtsträger werden diese beiden Faktoren schlicht behauptet, in der Regel aber weder belegt noch auch nur diskutiert. Hinzuweisen ist ferner darauf, dass die einzelnen caritativen (in der Regel zivilrechtlich verfassten) Rechtsträger ebenfalls

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über eigene Haushalte verfügen und deshalb ebenso von vornherein nicht Teil der vorliegenden Betrachtung sind. Bei ihnen fehlt eine konzernmäßige Abhängigkeit vom Erzbistum noch viel deutlicher als bei den Rechtsträgern im sogenannten „verfasst-kirchlichen Bereich“. Zwischen diesem „verfasst-kirchlichen Bereich“ und den vielen zivilrechtlich verfassten Rechtsträgern gibt es noch die Stiftungen, die aber – ob öffentlichrechtlich oder privatrechtlich verfasst – eigene Organe haben und daher auch über ein eigenes Rechnungswesen verfügen. Auch sie sind mangels einer einheitlichen Leitung und einer wirtschaftlichen und finanziellen Abhängigkeit nicht konsolidierungsfähig im diözesanen Haushalt. Dies vorangestellt, sollen die nachfolgend im Einzelnen dargestellten Leistungen der öffentlichen Hand nicht nach ihrer finanziellen Relevanz, sondern nach ihrer „Öffentlichkeitswirksamkeit“ betrachtet werden. II. Staatsleistungen Das Erzbistum Freiburg erhält im Jahr 2014 pauschale Staatsleistungen des Landes Baden-Württemberg in Höhe von 26,8 Mio. Euro. Dieser Anspruch ergibt sich aus dem zuletzt durch die Staatskirchenvereinbarung vom 31. Oktober 2007 modifizierten Badischen Konkordat.3 Diese letzte Modifikation war die Konsequenz von Verhandlungen der Evangelischen Landeskirche Württemberg mit dem Land über einen Staatskirchenvertrag. Bestandteil dieser Verhandlungen war auch die Frage der Höhe der Staatsleistungen. Im Verhältnis zur früheren Höhe wurden sie gekürzt, aber mit einer Regelung über die Dynamisierung entsprechend der Entwicklung der Landesbeamtenbesoldung versehen.

3 Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhle und dem Freistaate Baden (Badisches Konkordat) vom 12. Oktober 1932 (GVBl. 1933 S. 20) sowie Gesetz zu dem Evangelischen Kirchenvertrag Baden-Württemberg und zu der Römisch-katholischen Kirchenvereinbarung Baden-Württemberg vom 8. Januar 2008 (GBl. S. 1, 56).

Öffentliche Finanzmittel im diözesanen Haushalt

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Historisch liegt der Grund der Staatsleistungen im vorletzten Jahrhundert;4 nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 WRV bleiben die Ansprüche gewährleistet,5 die Regelung des Badischen Konkordats haben sie ergänzt bzw. modifiziert. Art. 1 Abs. 3 der Staatskirchenvereinbarung6 hat die Zahlung eines pauschalen Betrages in der oben erwähnten Höhe fixiert und dynamisiert. 1. Exkurs: Freistaat Bayern Die jeweiligen Konkordate können entweder Staatsleistungen regeln7 oder hierauf verzichten8. Mit Blick auf das in Bayern 4 Vgl. dazu Sebastian Müller-Franken, Die öffentliche Finanzierung der Religionsgemeinschaften. Unter besonderer Berücksichtigung der Staatsleistungen, in diesem Band, S. 43 (63 f.); Michael Droege, Staatsleistungen an Religionsgemeinschaften im säkularen Kultur- und Sozialstaat, 2004; Josef Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1, 2. Aufl. 2005, § 35, S. 1009; Stephan Haering, Historische Begründung und Entwicklung der Staatsleistungen an die katholische Kirche in Deutschland bis 1919, in: Pulte/Hense (Hrsg.), Grund und Grenzen staatlicher Religionsförderung unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Staat und Katholischer Kirche in Deutschland, 2014, S. 27 ff.; ders., Modelle der Kirchenfinanzierung im Überblick, in diesem Band, S. 11 (17); Arnd Uhle, Kirchenfinanzierung in Europa: Erscheinungsformen, Eignung, Zukunftsperspektiven, in: Rees/Roca/Schanda (Hrsg.), Neuere Entwicklungen im Religionsrecht europäischer Staaten, 2013, S. 743 (749 ff., 775 f.); ders., Die öffentliche Finanzierung der Religionsgemeinschaften im säkularen Verfassungsstaat. Anmerkungen zu ihrer Legitimität und ihren Erscheinungsformen, in: Gerosa/Müller (Hrsg.), Politik ohne Religion? Laizität des Staates, Religionszugehörigkeit und Rechtsordnung, 2014, S. 191 (198, 200 f.). 5 So auch Art. 7 Abs. 1 Landesverfassung Baden-Württemberg. 6 Gesetz zu dem Evangelischen Kirchenvertrag Baden-Württemberg und zu der Römisch-katholischen Kirchenvereinbarung Baden-Württemberg vom 8. Januar 2008 (GBl. S. 1, 56). 7 Der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Mecklenburg-Vorpommern vom 15. September 1997 (GVOBl. M-V S. 2) z. B. regelt in Art. 20 eine in dessen Abs. 3 auf 750.000 Euro festgesetzte und in Abs. 4 dynamisierte Staatsleistung. Beispielhaft aus früheren Jahren regelt das Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhle und dem Lande Niedersachsen vom 26. Februar 1965 (Nieders. GVBl. S. 192), zuletzt geändert

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geltende Konkordat9 ergibt sich, konkretisiert durch das Gesetz zur Ausführung konkordats- und staatskirchenvertraglicher Verpflichtungen Bayerns (AGKStV)10, in Art. 10 § 1 ein Anspruch auf differenziert bemessene Leistungen für die (Erz-)Bischöfe und Weihbischöfe, für weitere Dignitäre, Kanoniker, Domvikare, Generalvikare und Bischöfliche Sekretäre. Die dortigen Regelungen sahen früher auch die direkte Besoldung von Bischöfen durch den Freistaat vor. Diese Regelungen indessen sind durch das AGKStV auf die genannte pauschalierte Leistung an die (Erz-)Diözesen umgestellt. Die in der Öffentlichkeit häufig kritisierte Bezahlung von (Erz-)Bischöfen aus allgemeinen Steuermitteln gibt es daher nicht mehr. 2. Pauschalisierte Staatsleistung Das Erzbistum Freiburg bekommt keinen bestimmten (Teil-) Betrag der Staatsleistungen für die Besoldung des Erzbischofs; der Erzbischof von Freiburg erhält ebenso wie der Erzbischof emeritus und alle anderen Kleriker ihre Besoldung aus dem Haushalt des Erzbistums. Die pauschalierte Leistung des Landes ist daher eine allgemeine Einnahme11, die in der Rechnung des Erzbistums Freiburg nicht (mehr) aufgeteilt werden kann. In früheren Haushalten des Erzbistums, die – zeitlich betrachtet – vor der Regelung in der Staatskirchenvereinbarung über die Pauschalierung aufgestellt worden sind, ist eine solche Aufteilung noch vorgenommen worden; da die Haushalte schon seit Jahrzehnten in vollem Umfang veröffentlicht werden, ist dies durch Vertrag vom 8. Mai 2012 (Nieders. GVBl. S. 245), in Art. 15 eine Zahlung von 250.000 Deutsche Mark, die gemäß der Beamtenbesoldung dynamisiert ist. 8 Der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Freien und Hansestadt Hamburg vom 22. September 1994 (HH GVBl. 1995 I S. 31) z. B. regelt in Art. 9 explizit keine Staatsleistungen. 9 Gesetz zu dem Konkordate mit dem Heiligen Stuhle und den Verträgen mit den Evangelischen Kirchen vom 15. Januar 1925 (GVBl. S. 53). 10 Zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. Dezember 2012 (GVBl. S. 641). 11 Kostenstelle 772 des Bistumshaushalts.

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zurückverfolgbar. Dort sind auch Leistungen an einzelne Kirchengemeinden für Messner- oder Organistendienste, für anteilige Heizungskosten etc. verzeichnet. Diese Kosten werden vom Erzbistum noch heute aus den pauschalen Staatsleistungen weiter an die Kirchengemeinden erbracht; dies entspricht im laufenden Haushalt einem Volumen von 1,65 Mio. Euro. Das Erzbistum hat trotz der Kürzung der Staatsleistung in der letzten Pauschalierung diese Leistungen nicht anteilig verringert, sondern den Kürzungsbetrag voll auf den diözesanen Teil übernommen. 3. Ablösung der Staatsleistungen Die Ablösung der Staatsleistungen spielt in der Diskussion in der Öffentlichkeit eine große Rolle. Verfassungsrechtlich sind die Staatsleistungen nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 WRV gesicherte Ansprüche der Kirchen. Die Gewährleistung ergibt sich reflexhaft aus dem Auftrag zur Ablösung dieser (gewährleisteten) Ansprüche. Die Ablösung durch die Gesetze der Länder bzw. die Schaffung der diesbezüglichen gesetzlichen Voraussetzungen durch den Bund ist bislang nicht erfolgt. Die Kirchen haben hier kein Initiativrecht – dazu aber auch noch keine informelle Initiative ergriffen. Bedeutsam erscheint, dass eine „Ablösung“ etwas anderes als die „Abschaffung“ ist. Diese beiden Begriffe werden nach eigener Wahrnehmung in der öffentlichen Diskussion nicht selten synonym und damit falsch gebraucht.12 In dem Unterschied zwischen ihnen gründet im Übrigen nicht zuletzt auch die bisherige staatliche Untätigkeit auf dem Feld der Ablösung. Denn angesichts der drückenden Schuldenlast der öffentlichen Hand erscheint namentlich den Ländern die Übernahme zusätzlicher Verbindlichkeiten zur Ablösung entsprechender Leistungen problematisch. Die kontinuierliche, dafür indessen „ratenweise“ erfolgende Erfüllung von Staatsleistungen ist für sie eher zu 12 Näher dazu Sebastian Müller-Franken, Die öffentliche Finanzierung der Religionsgemeinschaften in Deutschland – unter besonderer Berücksichtigung der Staatsleistungen, in diesem Band, S. 43 (63 ff.).

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bewältigen als die punktuelle Zusammenführung in einer Ablösungsvereinbarung. Soweit gleichwohl zukünftig für die Ablösung der in Geld erbrachten Staatsleistungen allgemeine Rahmenbedingungen festgelegt werden sollten, würde dazu die Festlegung des Zinsfußes oder eines Vervielfältigers genügen. Wenn also ähnlich wie im Bewertungsgesetz für immerwährende Leistungen ein Vervielfältiger von 18,6 zu Grunde gelegt würde, wäre die Ablösungsleistung leicht errechnet. Zwischen dem jeweiligen Land und dem jeweiligen (Erz-)Bistum bzw. der jeweiligen Landeskirche wären dann nur noch die konkreten Zahlungsmodalitäten festzulegen. III. Baupflichten Baupflichten des Staates bestehen in mehreren Varianten, als Baupflichten des Landes gegenüber der Erzdiözese oder gegenüber den örtlichen Kirchengemeinden ebenso wie als Baupflichten von Kommunen gegenüber örtlichen Kirchengemeinden. Die Baupflichten des Landes führen zu keinen finanziellen Leistungen an das Erzbistum, da sie in natura erbracht werden. Ausnahmen können sich bei den Baupflichten der Kommunen ergeben, wenn im Einzelfall ein an die Kirchengemeinde geleisteter Zuschuss einer Kommune für ein bestimmtes Bauprojekt an die Stelle der Erfüllung der Baupflicht tritt. Auch wenn sich Baupflichten nur auf einzelne Gebäudeteile beziehen, ist denkbar, dass hier Geldbeträge an die jeweilige kirchliche Körperschaft geleistet werden, soweit im Zuge größerer Baumaßnahmen auch Arbeiten erledigt werden, auf die sich eine Baupflicht erstreckt. Auch hier handelt es sich meist um Fälle, die in Kirchengemeinden auftreten, beispielsweise dann, wenn zwar eine Turmuhr von der politischen Gemeinde zu unterhalten ist, nicht aber der gesamte Turm. 1. Baupflichten des Landes Zu Geldleistungen des Landes an eine Kirchengemeinde kann es auch kommen, wenn trotz einer Baupflicht sogenannte „neu-

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artige Baubedürfnisse“ auftreten; der Katholische Kirchenfiskus hat mit dem Land Baden-Württemberg dafür vereinbart, dass das Land 60% der Kosten eines solchen neuartigen Baubedürfnisses übernimmt. Ein Beispiel für ein solches, neuartiges Baubedürfnis ist etwa die Heizungsanlage einer Kirche, sofern diese zum Schutze der Gesundheit der Teilnehmer am Gottesdienst erforderlich ist (was heute flächendeckend anzunehmen ist). Dies gilt indessen nicht bei „neuartigen Mitteln“, die zur Befriedigung „altvorhandener Baubedürfnisse“ notwendig sind – dort bleibt das Land zu 100% leistungspflichtig; exemplarisch gilt dies etwa für die Stromversorgungsanlage einer Kirche, für den elektrischen Motor der Kirchenorgel etc.13 Die Baupflichten des Landes gründen häufig in der Säkularisation, in der kirchliche Vermögen zur Entschädigung der durch den Krieg geschädigten Fürstenhäuser dienten, auf denen aber Lasten zum Unterhalt von kirchlichen Gebäuden ruhten. Letzteres können Kirchengebäude, Pfarrhäuser oder andere Gebäude14 sein. Die jeweilige Bauverwaltung des Landes muss diese Lasten aus dem Etat des Landes in natura erfüllen. Daher führen derartige Pflichten nicht zu Zahlungen des Landes an die Kirchen. Ein aktuelles Beispiel ist St. Blasien, weil dort von den Vertretern der staatlichen Hochbauverwaltung ein Schaden an der Aufhängung der Glocken im Glockenstuhl festgestellt, gesichert und behoben werden muss.15 Baupflichten können durch Verhandlungen des Landes mit dem Erzbistum abgelöst werden; das würde dann entweder zu Vermögensübertragungen oder zu Zahlungen des Landes an das Erzbistum führen. Auch hier gilt das zur Ablösung der Staats13 Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Katholischen Kirchenfiskus vom 28. Januar 1956 zur Klärung von Zweifelsfragen, die bezüglich der Verpflichtungen des Landes aus der Innehabung von säkularisiertem Kirchengut entstanden sind. 14 In St. Blasien etwa besteht eine staatliche Baulast für das gesamte frühere Klosteranwesen, in dem heute größtenteils die Schule „Kolleg St. Blasien“ untergebracht ist. 15 Domglocken läuten heute, Experte testet Glockenstuhl, Badische Zeitung vom 22. August 2014.

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leistungen Gesagte: für das Land bzw. für die Länder sind ihre Schuldenlasten so drückend, dass zusätzliche einmalige Verbindlichkeiten zur Ablösung laufender Baupflichten problematisch sind. Die „ratenweise“, aber dafür fortlaufende Erfüllung der Baupflicht in natura ist punktuell weniger aufwändig, als die Zusammenballung aller Baupflichten durch eine Ablösungsvereinbarung. In anderen Bundesländern bestehen zusätzliche konkordatäre Verpflichtungen der Länder etwa zum Unterhalt von (erz-)diözesanen Verwaltungsgebäuden, die dann als vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen sind.16 Auch hier erfolgt diese Erfüllung in der Regel als Naturalleistung, also nicht über finanzielle Zuwendungen. 2. Baupflichten der Kommunen Kommunale Baupflichten zu kirchlichen Gebäuden werden von den Gemeinden zunehmend hinterfragt. Sie wurden vertraglich vielfach im vorletzten Jahrhundert begründet, als Gemeinden den Willen zeigten, für ihre Bürger eine Kirche im eigenen Ort vorzuhalten, die sich die jeweilige Kirchengemeinde zu bauen nicht leisten konnte. Auch hier gilt bis zu einer Änderung der alte Grundsatz „pacta sunt servanda“. Solange diese Verpflichtungen daher nicht aufgehoben werden, können sie geltend gemacht werden; einseitig kann keine Gemeinde, kann kein Gemeinderat diese Verpflichtungen aufheben.17 Im Rahmen von Vereinbarungen über die Ablösung solcher Baupflichten werden in nicht wenigen Fällen Geldleistungen an Kirchengemeinden geleistet. Das sind dann zivilrechtliche Ansprüche, die zu außerordentlichen Erträgen im Haushalt der jeweiligen Kirchengemeinde führen.

Bayerisches Konkordat, Art. 10 § 1 lit. e). Einer der jüngsten Prozesse zu diesem Thema war die Klage des Kirchen- und Pfarrhausbaufonds Bühl gegen die Gemeinde Bühl, BVerwG, NVwZ-RR 2009, 590. 16 17

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IV. Privatschulförderung 1. Zuschüsse zum Betrieb kirchlicher freier Schulen Eine klassische staatliche Zahlung an die Kirchen sind Zuschüsse zum Betrieb kirchlicher freier Schulen. Die Kirchen können – wie jeder andere auch – Träger von freien Schulen sein. Häufig sind Träger (noch) Ordensgemeinschaften, sodass Zuschüsse an diese geleistet werden und nicht an die (Erz-)Diözesen. Nicht selten haben zudem die (Erz-)Diözesen andere Träger für Schulen eingerichtet. So ist es auch im Erzbistum Freiburg. 1989 wurde eine „Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg“ errichtet, die Trägerin von allgemeinbildenden Schulen an fünfzehn Standorten mit ca. 12.500 Schülerinnen und Schülern ist. Diese Schülerinnen und Schüler sind übrigens nicht nur katholisch, sondern gehören auch anderen christlichen Konfessionen oder anderen Religionen an. Auf die genannte Schulstiftung wird an dieser Stelle deshalb eingegangen, weil in anderen (Erz-)Diözesen, die die Schulen in direkter Trägerschaft führen, die entsprechenden Zuschüsse des Staates in den diözesanen Haushalt einfließen. Im Haushalt der Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg von 78 Mio. Euro belaufen sich die staatlichen Zuschüsse gegenwärtig auf rund 57 Mio. Euro, die diözesanen Zuschüsse auf 11 Mio. Euro. Im Haushalt des Erzbistums werden zudem drei Fachschulen für Sozialpädagogik in Buchen, Karlsruhe und Freiburg geführt. Bei einem Aufwand für den Betrieb von 5,2 Mio. Euro liegt der staatliche Zuschuss bei 2,5 Mio. Euro. Das Bildungswerk der Erzdiözese betreibt eine Reihe von schulischen Einrichtungen des Zweiten Bildungswegs (Kollegs, Abendgymnasien, Abendrealschulen). Diese befinden sich an sieben Orten. Nach dem Privatschulgesetz fließen dafür 4,6 Mio. Euro in die dortigen Einnahmen ein. Zum schulischen Bereich gehören zudem außerhalb des Privatschulgesetzes bezuschusste Kurse zur Vorbereitung auf die Schulfremdenprüfung der Hauptschulen, die ebenfalls das Bildungswerk in drei Justizvollzugsanstalten durchführt. Dafür werden 28.100 Euro Zuschüsse geleistet.

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2. Baukostenzuschüsse Baukostenzuschüsse zu Schulbauten spielen in der Praxis faktisch keine Rolle – sie sind zu gering, um effektiv zu helfen. Im staatlichen Bereich liegt die Baulast bei den Kommunen, also bei den Gemeinden oder Kreisen. V. Religionsunterricht Der Religionsunterricht ist ordentliches Lehrfach an den Schulen in Baden-Württemberg.18 Als ordentliches Lehrfach sind die Kosten von den auf Seiten der Schulträger beteiligten staatlichen Instanzen zu tragen: der Sachaufwand vom kommunalen Schulträger, der Personalaufwand vom Land. Tatsächlich wird ein Anteil von ca. 50% von kirchlich angestellten Personen (Pfarrern auf evangelischer Seite, Priestern, Pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie speziell für den Religionsunterricht angestellten Pädagogen auf der katholischen Seite) erteilt. Dies geschieht im Konsens mit dem Land und in Abstimmung mit den einzelnen Schulen, für deren Stundenpläne diese kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oft essenziell notwendig sind. Da in Baden-Württemberg anders als in anderen Ländern keine Vereinbarungen über diese Zusammenarbeit bestehen, haben die Kirchen einen zivilrechtlichen Aufwendungsersatzanspruch gegen das Land. Das gilt auch für das Erzbistum Freiburg. Dieser Aufwendungsersatzanspruch (aller vier Kirchen in Baden-Württemberg) wird vom Land bislang nur pauschal abgegolten, indem die haushaltsmäßig dort zur Verfügung stehende Gesamtsumme zwischen den vier Kirchen im Verhältnis der Zahl der erteilten Religionsunterrichtsstunden aufgeteilt wird. Dieser Betrag deckt die Kosten der Kirchen indessen nur anteilig. Im vorliegenden Beitrag kann nicht auf weitere Details ein18 Art. 18 Landesverfassung Baden-Württemberg: „Der Religionsunterricht ist an den öffentlichen Schulen ordentliches Lehrfach. Er wird nach den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften und unbeschadet des allgemeinen Aufsichtsrechts des Staates von deren Beauftragten erteilt und beaufsichtigt.“

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gegangen werden, weil diese zwischen Land und Kirchen derzeit aktuell verhandelt werden und strittig sind. Von Gesamtaufwendungen von 25 Mio. Euro erhält das Erzbistum Freiburg Ersatzleistungen von 7,8 Mio. Euro. Das soll als Kommentierung ausreichen. Soweit in einzelnen Ländern diese Personalgestellung von kirchlichen Mitarbeitern zur Unterrichtserteilung an staatlichen Schulen durch Gestellungsverträge geregelt ist, ergeben sich daraus die Zahlungen des jeweiligen Landes an die jeweilige (Erz-)Diözese. VI. Sonstige Zuschüsse 1. Katholische Akademie Für die Arbeit der Katholischen Akademie in Freiburg erhält das Erzbistum einen institutionellen Zuschuss von 66.700 Euro.19 Der Zuschuss wird gewährt zur Teilfinanzierung der Arbeit der Akademie und soll damit den Fehlbetrag der Einrichtung für den Träger verringern. Die Katholische Akademie hat insgesamt Erträge von 684.000 Euro, dagegen Kosten von 1,6 Mio. Euro. Diese Förderung macht bezogen auf die gesamten Erträge knapp 10% aus, aber nur 4% der gesamten Kosten des Betriebs der Katholischen Akademie. Bei der Höhe der Kosten ist zu berücksichtigen, dass diese vorliegend ohne Gebäudekosten dargestellt sind – weder der Wertverlust des Gebäudes (Abschreibung bzw. die kirchliche Gebäudeinstandhaltungsrückstellung) noch die tatsächlichen Investitionen in das Gebäude sind berücksichtigt. Das entspricht aber der Logik der Förderung, die für die laufende Arbeit der Akademie gewährt wird. 2. Sprachenkolleg Das Sprachenkolleg des Erzbistums Freiburg ist eine Einrichtung, an der seit über 50 Jahren Deutsch für ausländische Stu19

Für das Jahr 2014.

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dienbewerber unterrichtet wird. In fünf Kursstufen werden hier pro Kurs etwa 150 Studentinnen und Studenten aus 40 bis 50 Ländern auf die Aufnahmeprüfung an den Studienkollegs oder die Sprachprüfung an den Universitäten (DSH/TestDaF) vorbereitet. Es ist also eine Einrichtung zwischen weltkirchlichem Engagement, sozialer Arbeit und Bildungsarbeit. Für das Sprachenkolleg erhält das Erzbistum einen Zuschuss von 105.000 Euro jährlich. 3. Jugendarbeit Die Jugendarbeit fördert das Land durch einen Zuschuss an den Landesjugendring Baden-Württemberg. Dieser wiederum leitet die Mittel an seine Mitgliedsverbände weiter. Darüber werden 1,5 Stellen beim Bund der Deutschen Katholischen Jugend in der Erzdiözese Freiburg sowie jeweils eine Teilzeitstelle bei der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG), bei den Pfadfinderinnen St. Georg (PSG) und bei der Katholischen Jungen Gemeinde (KJG) mit insgesamt 125.000 Euro unterstützt. Hinzu kommt die Förderung der Jugendarbeit der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB) durch einen Personalkostenzuschuss für zwei Stellen, jeweils teilweise mit insgesamt ca. 56.000 Euro. Hier treffen das Förderinteresse zugunsten der Jugendarbeit und das zugunsten des ländlichen Raumes aufeinander. 4. Gesetz zur Förderung der Weiterbildung und des Bibliothekswesens Durch das Gesetz zur Förderung der Weiterbildung und des Bibliothekswesens (Weiterbildungsförderungsgesetz)20 in Verbindung mit der dazu erlassenen Durchführungsverordnung21 20 Gesetz zur Förderung der Weiterbildung und des Bibliothekswesens (Weiterbildungsförderungsgesetz) vom 20. März 1980 (GBl. S. 249), zuletzt geändert durch Art. 57 des Gesetzes vom 1. Juli 2004 (GBl. S. 469). 21 Verordnung der Landesregierung zur Durchführung des Gesetzes zur Förderung der Weiterbildung und des Bibliothekswesens (Weiterbil-

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fördert das Land konkrete Bildungsmaßnahmen. Nach § 14 der Durchführungsverordnung werden Zuwendungen zu den Kosten für die haupt- und nebenberuflichen Leiter, Fach-, Verwaltungs- und leitenden Wirtschaftskräfte auf Grund der geleisteten Unterrichtseinheiten beziehungsweise Teilnehmertage im Jahr vor dem laufenden Rechnungsjahr geleistet. Daraus erhalten alle Verbände und Einrichtungen des Erzbistums Zuwendungen. An die im Erzbischöflichen Seelsorgeamt tätigen Einrichtungen und Verbände im Jugendbereich gehen ca. 50.000 Euro, im Bereich der Erwachsenenverbände sind es ca. 6.000 Euro, der Bereich Sozialpastoral erhält daraus ca. 11.000 Euro. Organisiert im Bildungswerk der Erzdiözese Freiburg erhalten die örtlichen Bildungswerke zusammen mit dem Bildungswerk selbst für alle dort stattfindenden „Unterrichtseinheiten“ ca. 634.000 Euro und damit naturgemäß den größten Teil. Da diese Zuwendungen abhängig sind von der jeweils geleisteten Zahl dieser „Unterrichtseinheiten“, sind diese Zahlen in absoluten Größen nicht stabil. 5. Exkurs: Kinderbetreuung Ein bedeutendes Thema in der öffentlichen Diskussion sind die kirchlichen Kindergärten. Die Erzdiözese Freiburg unterhält selbst keinen Kindergarten – die Kindertagesstätten werden von den örtlichen Kirchengemeinden (im Einzelfall von caritativen Rechtsträgern) betrieben. Deshalb sei an dieser Stelle nur ein knapper Exkurs zur Thematik erlaubt. Die Kirchengemeinden erhalten in Baden-Württemberg Betriebskostenzuschüsse von den jeweiligen Kommunen, denen gesetzlich die Aufgabe der Kindertagesbetreuung obliegt. Dabei leisten die Kommunen solche Zuschüsse ganz überwiegend aus eigenen kommunalen Mitteln, zu geringeren Teilen aus besonderen zweckgebundenen Zuschüssen des Landes, z. B. zur Sprachförderung. dungsdurchführungsverordnung) vom 19. Dezember 1978 (GBl. 1979 S. 66), zuletzt geändert durch Art. 21 der Verordnung vom 18. Dezember 1995 (GBl. 1996 S. 29).

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Mit den verlängerten bzw. flexiblen Öffnungszeiten der Einrichtungen, mit der Errichtung von vielen Plätzen für die Betreuung unterdreijähriger Kinder und mit den Anforderungen an die individuelle Förderung der Kinder sind die Kosten der Einrichtungen stark gestiegen. Die Kirchengemeinden verwenden – über alle gerechnet – zwischen einem Viertel und einem Drittel ihrer Finanzmittel für diese Aufgabe.22 Das ist eine starke Leistung der Kirchengemeinden, denen diese Mittel dann für ihre eigenen Gebäude, für ihre pastoralen Aufgaben sowie für ihre Einrichtungen und Verbände nicht mehr zur Verfügung stehen. Darin drückt sich der hohe Wert aus, den diese pastorale Aufgabe für die Kirchengemeinde hat. Um ein gelegentliches Missverständnis auszuräumen: in den Kindertageseinrichtungen werden unterschiedslos Kinder aller Konfessionen und Religionen und auch ohne Religionszugehörigkeit betreut. VII. Negative Staatsleistungen Die sogenannten „negativen Staatsleistungen“ führen zu keinen Zahlungen des Staates an die Kirchen; man könnte geneigt sein, sie hier also einfach zu übergehen. Es sind dennoch geldwerte Leistungen, weil ohne diese Regelungen bei den Kirchen Aufwendungen anfallen würden, die nicht entstehen. 1. Gebührenfreiheit bei Gerichten Die Gebührenfreiheit bei Gerichten ist landesrechtlich zu regeln; sie ergibt sich nicht direkt aus dem Staatskirchenrecht der Weimarer Reichsverfassung. § 7 Abs. 1 Landesjustizkostengesetz Baden-Württemberg regelt die Gebührenbefreiung für Kirchen; befreit sind danach das Erzbistum selbst, als „Unterverbände“ die Dekanatsverbände, die Kirchengemeinden und Gesamtkirchengemeinden, die Anstalten und die kirchlichen Stiftungen,

22 Dies ist eine Durchschnittsberechnung auf der Basis der für Kindertageseinrichtungen den Kirchengemeinden zugewiesenen Mittel im Verhältnis zum gesamten Kirchensteueranteil der Kirchengemeinden.

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jeweils soweit sie juristische Personen des öffentlichen Rechts sind. Diese Gebührenbefreiung ist zwar eine staatliche Leistung, wird aber nicht als (ablösungsfähige bzw. -pflichtige) Staatsleistung i. S. v. Art. 138 Abs. 1 WRV angesehen, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.23 Insoweit ist die Gerichtskostenfreiheit keine verfassungsrechtlich gewährleistete Leistung des Staates. Diese Gebührenfreiheit bezieht sich zudem, da landesrechtlich geregelt, nicht auf Bundesgerichte.24 Es gibt keinen Ansatz für und keine Buchhaltung über nicht zu zahlende bzw. nicht bezahlte Gerichtsgebühren. Es finden sich wegen der Gerichtskostenfreiheit des Erzbistums keine Zahlungen des Staates in unseren Kassen. Deshalb liegt diese „Leistung“ des Staates außerhalb des Themas dieses Beitrages. Fiskalisch ist dies – und das kann auch ohne Versuch einer statistischen Erhebung behauptet werden – kein allzu relevanter Posten. In einzelnen Jahren, in denen das Erzbistum einen kostenintensiven Prozess führt, kann das bedeutsam sein, nachhaltig ist es das nicht. 2. Gebührenfreiheit von Verwaltungsakten Ebenso sind die Kirchen – im persönlichen Geltungsumfang wie oben bei der Gerichtsgebührenfreiheit definiert – von Verwaltungsgebühren befreit. Das ist z. B. bei Baugenehmigungen relevant. 3. Grundsteuerfreiheit Grundstücke des Erzbistums sind, soweit sie für kirchliche Zwecke oder für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke verwendet werden, von der Grundsteuer nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 3 GrStG befreit; das betrifft etwa die Grundstücke des Erzbischöflichen Ordinariats oder der Studentenwohnheime. 23 BFH, NVwZ 1998, 882 = KirchE 35 (2001), 477 in Übereinstimmung mit dort weiterführend genannter Rechtsprechung. 24 BFH, NVwZ 1998, 882 = KirchE 35 (2001), 477 (Orientierungssatz 1 Satz 2).

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Zudem sind die Dienstwohnungsgrundstücke von Geistlichen nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 GrStG von der Grundsteuer befreit. Gleiches gilt auch für Grundstücke, die einem Stellenfonds gehören, also Pfründegrundstücke; ihre Befreiung folgt aus § 3 Abs. 1 Nr. 6 GrStG. Auch der Effekt dieser Steuerbefreiung ist nicht beziffert; denn auch hier werden nicht geschuldete Leistungen weder verbucht noch etatisiert. Die zurückgehende Zahl von Pfarrern, damit die zurückgehende Zahl besetzter Pfarrhäuser verringert diese „Leistung“. VIII. Staatliche Leistungen zugunsten „der Kirche“ außerhalb des Haushalts 1. Seelsorge im besonderen Gewaltverhältnis Der Staat ermöglicht im früher sogenannten „besonderen Gewaltverhältnis“ Seelsorge, indem er Seelsorger anstellt, Räume und Ausstattung (Besprechungs- und Verwaltungsräume, Kapellen) zur Verfügung stellt und deren Nebenkosten trägt. Diese Seelsorge gehört auch zum Selbstverständnis der Kirche; es sei an die Stelle im Neuen Testament über die zu besuchenden Gefangenen oder Kranken erinnert.25 Andererseits fördert der Staat hier verfassungsrechtlich nicht das Interesse der Kirche, er gewährleistet seinen Bürgern die Ausübung ihrer Religionsfreiheit26 – als Reflex dieser Gewährleistung könnte man von einem Vorteil der Kirchen sprechen, die rechtlich in den Einrichtungen

Mt 25, 36. Dazu zuletzt näher Arnd Uhle, Kirchenfinanzierung in Europa: Erscheinungsformen, Eignung, Zukunftsperspektiven, in: Rees/Roca/ Schanda (Hrsg.), Neuere Entwicklungen im Religionsrecht europäischer Staaten, 2013, S. 743 (748 f., 774); ders., Die öffentliche Finanzierung der Religionsgemeinschaften im säkularen Verfassungsstaat. Anmerkungen zu ihrer Legitimität und ihren Erscheinungsformen, in: Gerosa/Müller (Hrsg.), Politik ohne Religion? Laizität des Staates, Religionszugehörigkeit und Rechtsordnung, 2014, S. 191 (202 f., 212). 25 26

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sonst nicht (oder nur erschwert) tätig sein könnten, da diese nicht allgemein zugänglich sind. Das führt zu keinen finanziellen Leistungen staatlicher Körperschaften an die Kirche. In Krankenhäusern stellt der Krankenhausträger mit Kapelle und Räumen Sachleistungen zur Verfügung. In Gefängnissen erlaubt der Staat aus Sicherheitsgründen fremden Mitarbeitern keinen Zutritt, sodass er selbst die Gefängnisseelsorger anstellt; er legt hier Wert auf einen eigenen disziplinarischen Zugriff auf die Mitarbeiter/innen. Die Bezahlung der Gefängnisseelsorger wird direkt an die dafür vom Land angestellten Priester oder Mitarbeiter/innen geleistet. Sicherheitsgründe dürften schließlich auch für die Soldatenseelsorge Geltung beanspruchen, die von Priestern als Soldaten ausgeübt wird. 2. Diözesancaritasverband Der Diözesancaritasverband erhält Zuwendungen des Landes; er ist ein eigener Rechtsträger und erhält auch aus dem diözesanen Haushalt Zuschüsse. Hierin liegen keine Leistungen des Landes an die Erzdiözese. Vielmehr erkennt das Land mit seinen Leistungen an den Diözesancaritasverband dessen Leistung in der konzeptionellen Entwicklung caritativer Arbeit an und honoriert die anwaltschaftliche Rolle der Caritas für die Armen. IX. Zusammenfassung und Fazit Zusammenfassend seien die eben beschriebenen Leistungen klassifiziert, damit ihre Einordnung klarer wird. So finden sich im diözesanen Haushalt Leistungen

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für eine konkrete Gegenleistung  Ersatzleistungen Religionsunterricht  Zuschüsse für Bildungseinheiten  Zuschuss für katholische Akademie  Zuschuss für Sprachenkolleg

ohne (aktuelle) Gegenleistung, aber historisch und rechtlich begründet  Pauschale Staatsleistung  Baulasten

In andere kirchliche Haushalte fließen:  Betriebskostenzuschüsse für Kindertageseinrichtungen  Privatschulzuschüsse die kirchenspezifisch sind  Pauschale Staatsleistung  Ersatzleistungen Religionsunterricht  Baulasten

die jeder Dritte auch erhält  Privatschulzuschüsse  Zuschüsse für Bildungseinheiten  Betriebskostenzuschüsse für Kindertageseinrichtungen  Zuschuss für Katholische Akademie  Zuschuss für Sprachenkolleg

In der Gesamtschau dieser Zusammenstellung sind keine Privilegien der Kirchen zu erkennen, wenn der Staat entweder konkrete Leistungen finanziert, weil er sie für finanzierungswürdig hält, oder wenn er ihm obliegende Rechtsverpflichtungen erfüllt. Auch ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot der Verfassung kann in diesen Leistungen nicht gesehen werden. Keine der staatlichen Zuwendungen erfolgt ohne konkreten Rechtsgrund oder ohne entsprechende Gegenleistung des Erzbistums.

Transparenz und Kontrolle der Kirchenfinanzen Entwickelt und dargestellt am Beispiel des Erzbistums Köln Von Hermann J. Schon I.

Die Kirche und das (liebe) Geld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

II.

Vermögen und dessen Verwaltung in der katholischen Kirche . . 177 1. Die katholische Kirche als Konzern? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 2. Organe der kirchlichen Vermögensverwaltung . . . . . . . . . . . . 180

III. Kontrollinstrumente für die Gremien im Erzbistum Köln . . . . . 182 1. Wirtschaftsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 2. Jahresabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 3. Laufende Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 IV.

Transparenz der Finanzen im Erzbistum Köln . . . . . . . . . . . . . . . 187 1. Standard der Bilanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 2. Wirtschaftsprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 3. Breite der Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

V.

Schlussbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

I. Die Kirche und das (liebe) Geld Kirche und Geld stehen seit jeher in einem Spannungsverhältnis. Während sich die öffentliche und innerkirchliche Diskussion über Jahrzehnte in erster Linie mit der Kirchensteuer befasste, brachten die Vorgänge um den Bau der Limburger Bischofsresidenz das Finanzgebaren der katholischen Kirche insgesamt in Misskredit. Seither stehen folgende Fragen im Fokus: Wie hoch ist das Vermögen der Kirche? Wird mit dem Geld verantwortungsvoll umgegangen? Gibt es eine effiziente Kontrolle und eine wirksame Begleitung durch extern besetzte Gremien? Sind die Staatsleistungen noch angemessen?

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Die Staatsleistungen selbst stehen nicht im Fokus des vorliegenden Beitrages.1 Insoweit seien hierzu nur schlagwortartig einige Gedanken vorgestellt: Die Staatsleistungen sind rechtlich weitestgehend unangreifbar; politisch vermittelbar sind sie seit geraumer Zeit nicht mehr. Formal ist seit Bestehen des Grundgesetzes der Staat in der Verpflichtung, die Grundsätze für eine Ablösung der Staatsleistungen festzulegen, was er bisher nicht getan hat.2 Die regional großen materiellen Unterschiede, so etwa auch zwischen den Bistümern in Nordrhein-Westfalen und denen in den neuen Bundesländern zeigen, dass in dieser Frage ausschließlich regional ausgestaltete Vereinbarungen weiterhelfen können. In einigen Bundesländern ist dies angesichts der Volumina ausgesprochen schwierig. In Nordrhein-Westfalen ist das Thema dagegen überschaubar. Im Erzbistum Köln machen die Staatsleistungen knapp 3 Mio. Euro oder 0,3% des Jahres-

1 Vgl. dazu Sebastian Müller-Franken, Die öffentliche Finanzierung der Religionsgemeinschaften. Unter besonderer Berücksichtigung der Staatsleistungen, in diesem Band, S. 43; Michael Droege, Staatsleistungen an Religionsgemeinschaften im säkularen Kultur- und Sozialstaat, 2004; Josef Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1, 2. Aufl. 2005, § 35, S. 1009; Stephan Haering, Historische Begründung und Entwicklung der Staatsleistungen an die katholische Kirche in Deutschland bis 1919, in: Pulte/Hense (Hrsg.), Grund und Grenzen staatlicher Religionsförderung unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Staat und Katholischer Kirche in Deutschland, 2014, S. 27 ff.; ders., Modelle der Kirchenfinanzierung im Überblick, in diesem Band, S. 11; Arnd Uhle, Kirchenfinanzierung in Europa: Erscheinungsformen, Eignung, Zukunftsperspektiven, in: Rees/Roca/Schanda (Hrsg.), Neuere Entwicklungen im Religionsrecht europäischer Staaten, 2013, S. 743 (749 ff., 775 f.); ders., Die öffentliche Finanzierung der Religionsgemeinschaften im säkularen Verfassungsstaat. Anmerkungen zu ihrer Legitimität und ihren Erscheinungsformen, in: Gerosa/Müller (Hrsg.), Politik ohne Religion? Laizität des Staates, Religionszugehörigkeit und Rechtsordnung, 2014, S. 191 (198, 200 f.). 2 Michael Droege, Staatsleistungen an Religionsgesellschaften im säkularen Kultur- und Sozialstaat, 2004, S. 231; Sebastian Müller-Franken, Die öffentliche Finanzierung der Religionsgemeinschaften. Unter besonderer Berücksichtigung der Staatsleistungen, in diesem Band, S. 43 (67).

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etats aus.3 Wo immer möglich, sollten mit Nachdruck regionale Vereinbarungen angestrebt werden; hierbei scheinen auch andere Lösungen als ein schlichter Kapitaltransfer denkbar. Diese können z. B. in zeitlich gestaffelt aufgebrachten Ablösebeiträgen bestehen, die in eine Stiftung einfließen, deren Zielsetzung von Staat und Kirche gemeinsam getragen wird. Zu denken wäre an neu zu gründende Stiftungen etwa für kirchlichen Denkmalschutz, für Bildungs- oder Armutsprojekte.4 Die aktuelle Medienberichterstattung geht über die Fragen nach Vermögen und den damit verbundenen Entscheidungsund Kontrollprozessen, d.h. über die reinen Finanzthemen, hinaus. Vielfach und sehr gezielt wird die Rolle der katholischen Kirche in der Gesellschaft hinterfragt. Dabei wird die Kirche als Machtfaktor dargestellt, die ihre Dienste gerne aus öffentlichen Kassen refinanzieren lässt, aber zugleich von seinen Mitarbeitern kaum mehr nachvollziehbare Loyalitätsobliegenheiten einfordert. Für Kirche und Caritas wird es immer wichtiger, ihre staatlich mitfinanzierten Einrichtungen (Schulen, Kindertagesstätten etc.) subsidiär zu anderen Trägern vorzuhalten. In den ländlichen Gebieten vielfach vorhandene Monopolstrukturen werden öffentlich zunehmend nicht mehr akzeptiert. Der Vorsitzende der Landtagsfraktion der Grünen im Düsseldorfer Landtag erklärt ganz offen, dass er für seine Geschäftsstelle keine Mitarbeiter einstellen würde, die Mitglied der CDU seien. Die Kirchen hingegen dürfen ihre Eigenschaft als Tendenzunternehmen5 offensichtlich nicht protestfrei für sich in Anspruch nehmen. Die Rheinische Post in Düsseldorf bringt es mit einfachen Worten auf den Punkt: 3 Hermann J. Schon, Interview vom 2. Oktober 2014, abrufbar unter http://www.domradio.de/themen/bistuemer/2014-10-02/finanzdirektorschon-warnt-vor-aus-der-kirchensteuer. 4 Norbert Feldhoff, Wie reich ist die Kirche in Deutschland, Stimmen der Zeit 232 (2014), S. 665. 5 Michael Werner, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching (Hrsg.), Beck’scher Onlinekommentar Arbeitsrecht, Stand: 34 Ed. (1. Dezember 2014), § 118 BetrVG Rn. 3 ff.

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„[. . .] die Diskrepanz zwischen dem, was die Kirchen tun, und dem, wie sie wahrgenommen werden, ist inzwischen sehr groß geworden. Derzeit können die Kirchen eigentlich tun, was sie wollen, sie werden aus der Ecke, in die man sie hineingestellt hat, wohl kaum herauskommen. Dies obwohl sie in ihrer täglichen Arbeit eigentlich das Richtige tun“.6

Beispielhaft hierfür sei aus jüngerer Zeit der ARD-Beitrag „Vergelt’s Gott“7 genannt, in dem in tendenziöser und zudem schlecht recherchierter Form alle Vorurteile und Klischees bedient wurden. Die ARD bezeichnet den Kölner Dom (die Hohe Domkirche ist ein eigener Rechtsträger) als „eigenartigen Betrieb“, da dieser „eine ausgelagerte Immobilie [darstelle, die] staatlich gefördert [wird und] unter kirchlicher Kontrolle [steht]“.8 Die öffentliche und mediale Debatte über die Rolle der Kirche und die Finanzierung ihrer Arbeit ist trotz intensiver Öffentlichkeitsarbeit von großer Unkenntnis über die kirchliche Aufgabenerfüllung, über kirchliche Strukturen und deren – zugegeben komplexen – Zusammenhängen geprägt. So bedienen sich die Medien immer häufiger des Begriffes „Konzern“.9 Vor diesem Hintergrund beleuchtet der vorliegende Beitrag im Folgenden einige Aspekte des kirchlichen Vermögens und dessen Verwaltung und geht der Behauptung nach, dass die katholische Kirche ein Konzern sei. In den weiteren Abschnitten werden anhand der konkreten Situation im Erzbistum Köln herDetlef Pollack, Rheinische Post Düsseldorf vom 31. Dezember 2013. Stefan Tiyavorabun, Vergelt’s Gott. Der verborgene Reichtum der katholischen Kirche, 8. September 2014, abrufbar in der ARD-Mediathek unter http://www.ardmediathek.de/tv/Reportage-Dokumentation/Ver gelts-Gott-Der-verborgene-Reichtum/Das-Erste/Video?documentId=23 370618. 8 Stefan Tiyavorabun, Vergelt’s Gott. Der verborgene Reichtum der katholischen Kirche, 8. September 2014, abrufbar in der ARD-Mediathek unter http://www.ardmediathek.de/tv/Reportage-Dokumentation/Ver gelts-Gott-Der-verborgene-Reichtum/Das-Erste/Video?documentId=23 370618, ab Minute 8:22. 9 Exemplarisch Katja Köllen, Finanz-Riese. Großkonzern Kirche, Wirtschaftswoche vom 25. Dezember 2011 und Marianna Deinyan, So wohlhabend ist der Konzern Kirche. Das irdische Milliardenreich der Gottesmänner, Focus Online vom 17. Oktober 2013. 6 7

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nach die Themenkomplexe der Kontrolle und Transparenz erläutert. II. Vermögen und dessen Verwaltung in der katholischen Kirche 1. Die katholische Kirche als Konzern? Die öffentliche Debatte um das Vermögen der Kirche ist bedauerlicher Weise nicht hinreichend differenziert; sie ist vielfach rein politisch, bisweilen emotional. In den Medien wird stets von der Kirche gesprochen. Aus der Sicht des kanonischen Vermögensrechtes ist zunächst nüchtern festzustellen, dass es die Kirche gar nicht gibt. Denn can. 1258 CIC besagt, dass der Begriff „Kirche“ (in vermögensrechtlicher Hinsicht)10 jedwede juristische Person mit öffentlicher Rechtspersönlichkeit in der Kirche bezeichnet, also den einzelnen Rechtsträger.11 Derer gibt es bekanntermaßen sehr viele. Es sind dies u. a. die Diözesen und Pfarreien, die in Deutschland als Körperschaften des öffentlichen Rechts verfasst sind. Das Vermögen der Kirchengemeinden wurde in der geschichtlichen Entwicklung auf eine Vielzahl von Vermögensträgern verteilt, die wiederum – sowohl im kirchlichen als auch im weltlichen Recht – eigenständige Vermögensträger darstellen.12 Im Erzbistum Köln mit seinen ca. 530 10 Vgl. allgemein zum Begriff der Kirche Joseph Listl, Die Aussagen des Codex Iuris Canonici vom 25. Januar 1983 zum Verhältnis von Kirche und Staat, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 19 (1985), S. 9 (12 ff.). 11 Rüdiger Althaus, Strukturen kirchlicher Vermögen und kirchliche Vermögensverwaltung in der katholischen Kirche, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 47 (2013), S. 99; Winfried Schulz, in: Lüdicke (Hrsg.), Münsterischer Kommentar zum Codex Iuris Canonici, Stand: 49. Erg.-Lfg. (Dezember 2013), can. 1258 Rn. 1; Matthias Pulte, Kirchenrechtliche Vorgaben für Kirchenfinanzierung und kirchliche Vermögensverwaltung, in diesem Band, S. 127 (149); zu den einzelnen Rechtsträgern und den Finanzquelle nach dem CIC Eugen Kleindienst/ Josef Binder, Das Finanzwesen der katholischen Kirche in den Mitgliedstaaten der europäischen Union, BayVBl. 1999, S. 197 (197 ff.). 12 Vgl. hierzu Eugen Kleindienst/Josef Binder, Das Finanzwesen der katholischen Kirche in den Mitgliedstaaten der europäischen Union,

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Kirchengemeinden dürfte es allein auf der pfarrlichen Ebene mindestens 3.000 eigenständige Rechtsträger geben.13 In jeder Pfarrgemeinde gibt es den Fabrikfonds, der in der Regel Eigentümer des Kirchengebäudes, des Pfarrheimes und des Kindergartens ist. Davon zu unterscheiden sind der Pfarrfonds und weitere sogenannte Stellenfonds. Das Erzbistum Köln legt größten Wert auf eine saubere Abgrenzung dieser einzelnen Vermögensmassen. Im Grundbuch steht als Eigentümer nicht die Pfarrgemeinde, sondern der jeweilige Fonds der Gemeinde. Das Vermögen wird als Stammoder Substanzvermögen bezeichnet, welches in seinem Wert zu erhalten ist. Hieraus folgen strenge Regeln für die Verwaltung dieser Fondsvermögen. Zwischen den Vermögensträgern bestehen vielfach rechtliche Beziehungen, indem etwa der Pfarrfonds dem Fabrikfonds ein verzinsliches Darlehen zur Finanzierung von Bauinvestitionen gewährt. Auf der Ebene der Diözese sind ebenso mehrere selbständige Rechtspersonen existent: das Bistum, der Bischöfliche Stuhl, die Hohe Domkirche, das Domkapitel und das Priesterseminar, um die wesentlichen zu nennen. Sowohl auf pfarrlicher als auch auf diözesaner Ebene sind in den letzten Jahren zudem viele rechtlich selbständige kirchliche Stiftungen gegründet worden. Zugegeben, sind diese rechtlichen Strukturen nicht gerade dazu geeignet, dass sich Jedermann ohne Erläuterungen einen schnellen Überblick verschaffen kann. Transparenz bedingt eine umfassende, verständliche Darstellung. In der öffentlichen Debatte wird die Kirche gerne und oft als Konzern dargestellt. Ein Konzern ist definiert als Zusammenschluss eines herrschenden und eines oder mehrerer abhängiger Unternehmen zu einer wirtschaftlichen Einheit unter der LeiBayVBl. 1999, S. 197 (197 ff.) sowie Matthias Pulte, Kirchenrechtliche Vorgaben für Kirchenfinanzierung und kirchliche Vermögensverwaltung, in diesem Band, S. 127 (149). 13 Erzbistum Köln, Auf dem Weg. Finanzplan 2014, abrufbar unter http://www.erzbistum-koeln.de/erzbistum/generalvikariat/abteilungen/fi nanzen/finanzbericht, S. 10.

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tung des herrschenden Unternehmens.14 Indessen führt eine solche Analogie zum Wirtschaftskonzern unvermeidlich in die Irre15, da die Kirche und die ihr zuzurechnenden Träger keine Wirtschaftsunternehmen unter einheitlicher Leitung sind. Die Kirche ist eine Glaubensgemeinschaft. Die Einheit im Glauben kann nicht dazu führen, dass die Vermögen einzelner Rechtsträger zusammengefasst werden.16 Dem Bischof wäre es nicht erlaubt, eine Überschuldung des Bischöflichen Stuhls durch Heranziehung von pfarrgemeindlichem Vermögen auszugleichen. Umgekehrt hat das Ortskirchenvermögen keinen Anspruch auf eine finanzielle Unterstützung, wenngleich sich der Bischof im Fall der faktischen Insolvenz einer Gemeinde ohne Zweifel um eine Problemlösung bemühen muss. Zweifelsohne hat der Bischof ein Leitungsamt. Er definiert in wirtschaftlichen Angelegenheiten jedoch nur den Rahmen, ohne unmittelbar Einfluss nehmen zu können. Die ihm vorzulegenden Genehmigungstatbestände entspringen aus seiner Verpflichtung als Ordnungsgeber; dies hat weder rechtlich noch praktisch etwas mit Leitung im Sinne der Führung und Steuerung eines Konzerns zu tun. Entgegen dem Vermögen in einem wirtschaftlichen bzw. gewerblichen Kontext hat kirchliches Vermögen keinen Selbstzweck im Sinne einer Ertragsgenerierung, sondern ausnahmslos eine funktionale Aufgabe in der Finanzierung kirchlicher Aufgaben.17 Wenn man überhaupt einen Vergleich mit dem säkularen

14 Vgl. § 18 Abs. 1 Satz 1 AktG sowie für Einzelheiten Jens Koch, in: Hüffer (Begr.), Aktiengesetz, 11. Aufl. 2014, § 18 Rn. 2 f.; Volker Emmerich, in: ders./Habersack (Hrsg.), Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 7. Aufl. 2013, Rn. 1 ff. 15 So auch Michael Himmelsbach, Öffentliche Finanzmittel im diözesanen Haushalt. Entwickelt und dargestellt am Beispiel des Erzbistums Freiburg, in diesem Band, S. 153 (155 f.). 16 Norbert Feldhoff, Wie reich ist die Kirche in Deutschland, Stimmen der Zeit 232 (2014), S. 665 (658). 17 Vgl. hierzu Joseph Listl, Die Aussagen des Codex Iuris Canonici vom 25. Januar 1983 zum Verhältnis von Kirche und Staat, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 19 (1985), S. 9 (25 ff.); Hel-

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Sektor anstellen möchte, so sind die kirchlichen Strukturen wohl am ehestens mit denjenigen im staatlichen Bereich, d.h. mit den Ländern und Kommunen vergleichbar. Bislang sind keine Forderungen laut geworden, wonach die Vermögenswerte von Städten, etwa von Köln und Düsseldorf, zusammengefasst betrachtet werden müssten. Die vorstehenden Klarstellungen erscheinen umso notwendiger, als viele Kirchenkritiker das von ihnen unzulässig addierte Vermögen der kirchlichen Rechtsträger nicht nur für die pauschalierende Behauptung eines vermeintlichen Reichtums der Kirche zu nutzen suchen. Vielmehr dient ihnen der Verweis auf das angebliche Vermögen „der“ Kirche vielfach auch dazu, ihre Kritik an der Kirchensteuer vorzutragen und die Erforderlichkeit dieses Mitgliedsbeitrages zu bestreiten. 2. Organe der kirchlichen Vermögensverwaltung Die kirchliche Vermögensverwaltung ist entsprechend der im CIC gesetzten Normen ein geordnetes Zueinander von Vertretungs- und Aufsichtsorganen mit je eigener Zuständigkeit und Kompetenz.18 Auf der Ebene der Kirchengemeinden ist der von muth Pree, Grundfragen kirchlichen Vermögensrechts, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), Handbuch des katholischen Kirchenrechts, 2. Aufl. 1999, § 99, S. 1041 (1060 ff.); Winfried Aymans/Klaus Mörsdorf/Ludger Müller, Kanonisches Recht. Lehrbuch aufgrund des Codex Iuris Canonici, Bd. IV, 13. Aufl. 2013, S. 11 f.; Christoph Ohly, Eine arme Kirche für die Armen. Das kirchliche Vermögensrecht im Licht einer päpstlichen Herausforderung, in: Hastetter/Hettich (Hrsg.), An der Bruchlinie von Kirche und Welt. Pastoral im Heute. Festschrift für Hubert Windisch, 2014, S. 153 ff.; ders., Eine arme Kirche für die Armen. Eine kritische Anfrage an das kirchliche Vermögensrecht?, in: Müller/Rees/Krutzler (Hrsg.), Vermögen der Kirche – Vermögende Kirche? Beiträge zur Kirchenfinanzierung und kirchlichen Vermögensverwaltung, 2015, S. 213 ff. 18 Siehe Claudia Leimkühler, Die Bedeutung von Aufsicht und Kontrolle in der kirchlichen Vermögens- und Finanzverwaltung, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 47 (2013), S. 129; Richard Puza, Die Verwaltung des Kirchenvermögens, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), Handbuch des katholischen Kirchenrechts, 2. Aufl. 1999, § 102, S. 1093 ff.; Matthias Pulte, Kirchenrechtliche Vorgaben für Kirchenfinanzierung und

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den Gemeindemitgliedern gewählte Kirchenvorstand verantwortlich für Verwaltung des Vermögens und des jährlichen Etats. Letzteren hat er dem Bischof zur Genehmigung vorzulegen; ebenso alle Vorgänge der außerordentlichen Vermögensverwaltung, wie etwa Baumaßnahmen, Kreditaufnahmen, Veräußerungen etc. Vorzulegen ist ebenfalls die Jahresrechnung, die zudem in der Gemeinde öffentlich auszulegen ist. Der Pfarrer kann ohne entsprechende Beschlüsse des Kirchenvorstandes nicht handeln. Auf Diözesanebene hat der Bischof mehrere Gremien vorzusehen. Dies sind der Diözesanvermögensverwaltungsrat und das Konsultorenkollegium, welches in der Praxis weitgehend aus den Domkapiteln besteht. Eine Reihe von Bistümern ist derzeit mit der Weiterentwicklung ihrer Gremien- und Kompetenzstruktur befasst. Korrekturbedarf ergibt sich etwa dort, wo stimmberechtigte Mitglieder des Domkapitels zugleich Mitglieder des Diözesanverwaltungsrates sind. Die Besetzung des Diözesanvermögensverwaltungsrates ist zwar vielfach und CICkonform mit Laien erfolgt. Hier ist allerdings zu prüfen, inwieweit diese abhängig Beschäftigte sein sollen. Jedwede Reformüberlegung muss den – zwar nicht im CIC, aber in den Kirchensteuergesetzen vorgesehenen – Kirchensteuerrat19 berücksichtigen. Auch hier gibt es ernsthafte Forderungen und klug abzuwägende Argumente, die dieses Gremium in Richtung eines Aufsichts-

kirchliche Vermögensverwaltung, in diesem Band, S. 127 (141 ff.); Rüdiger Althaus, Strukturen kirchlicher Vermögen und kirchliche Vermögensverwaltung in der katholischen Kirche, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 47 (2013), S. 99; Christoph Ohly, Eine arme Kirche für die Armen. Das kirchliche Vermögensrecht im Licht einer päpstlichen Herausforderung, in: Hastetter/Hettich (Hrsg.), An der Bruchlinie von Kirche und Welt. Pastoral im Heute. Festschrift für Hubert Windisch, 2014, S. 153 ff.; ders., Eine arme Kirche für die Armen. Eine kritische Anfrage an das kirchliche Vermögensrecht?, in: Müller/Rees/Krutzler (Hrsg.), Vermögen der Kirche – Vermögende Kirche? Beiträge zur Kirchenfinanzierung und kirchlichen Vermögensverwaltung, 2015, S. 213 ff. 19 Vgl. hierzu Josef Jurina, Die Kirchensteuerräte der deutschen Diözesen, in: Rees (Hrsg.), Recht in Kirche und Staat. Joseph Listl zum 75. Geburtstag, 2004, S. 683 ff.

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rates einer Kapitalgesellschaft entwickelt sehen möchten. Die ureigenen Kompetenzen des Kirchensteuerrates bestehen in der Beschlussfassung über den Hebesatz und in der Mitwirkung bei der Verteilung der Kirchensteuer im Jahresbudget des Bistums. Es dürfte politisch klug und sogleich notwendig sein, den Kompetenzrahmen deutlich auszuweiten20 und die Funktion als Beratungsgremium hin zu einem Entscheidungsgremium weiterzuentwickeln. Hierbei gilt es, die ureigenen Rechte des Bischofs bezogen auf die politischen Vorgaben für einen Wirtschaftsplan und die Entlastung seines Generalvikars zu bedenken. III. Kontrollinstrumente für die Gremien im Erzbistum Köln Im Folgenden werden anhand der relevanten Beratungs- und Entscheidungsgremien die wesentlichen Kontrollinstrumente im Erzbistum Köln aufgezeigt. Gemäß can. 1276 CIC hat der Ordinarius gewissenhaft die Verwaltung des gesamten Vermögens zu überwachen und für die Regelung der gesamten kirchlichen Vermögensverwaltung zu sorgen.21 Er bedient sich hierbei im Wesentlichen dreier Gremien: dem Vermögensverwaltungsrat, dem Konsultorenkollegium und dem Kirchensteuerrat. 20 Vgl. zu weiteren Ansätzen auch Thomas Suermann, Unabhängige und fachliche Kompetenz. Möglichkeiten effektiver Finanzaufsicht in der Kirche, 2012 sowie Sabine Demel, Demokratisch kontrolliert, transparent verwaltet. Ist das Kirchensteuersystem der Schweiz auch ein Modell für Deutschland?, Herder Korrespondenz 65 (2011), S. 73 (76 f.); Christoph Ohly, Eine arme Kirche für die Armen. Das kirchliche Vermögensrecht im Licht einer päpstlichen Herausforderung, in: Hastetter/Hettich (Hrsg.), An der Bruchlinie von Kirche und Welt. Pastoral im Heute. Festschrift für Hubert Windisch, 2014, S. 153 ff.; ders., Eine arme Kirche für die Armen. Eine kritische Anfrage an das kirchliche Vermögensrecht?, in: Müller/Rees/Krutzler (Hrsg.), Vermögen der Kirche – Vermögende Kirche? Beiträge zur Kirchenfinanzierung und kirchlichen Vermögensverwaltung, 2015, S. 213 ff. 21 Vgl. zu Einzelheiten Rüdiger Althaus, in: Lüdicke (Hrsg.), Münsterischer Kommentar zum Codex Iuris Canonici, Stand: 49. Erg.-Lfg. (Dezember 2013), can. 1276 Rn. 1 ff.; Georg Fischer, Die Finanzierung der kirchlichen Sendung, KStKR 5 (2008), S. 132 (132 f.).

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Der Kirchensteuerrat im Erzbistum Köln besteht mehrheitlich aus von örtlichen Kirchenvorständen gewählten Mitgliedern. Unter dem Vorsitz des Generalvikars sind dies 21 gewählte Laien, die nicht hauptberuflich im kirchlichen Dienst stehen dürfen. Zwei Mitglieder werden durch den Priesterrat entsandt, bis zu fünf weitere vom Erzbischof berufen. Darüber hinaus sind der Finanzdirektor und ein Volljurist aus der Bistumsverwaltung geborene Mitglieder. Von den insgesamt 31 Mitgliedern sind somit gut zwei Drittel von der Gemeindebasis gewählt. Nach der derzeit geltenden Satzung hat der Kirchensteuerrat im Erzbistum Köln folgende Aufgaben:  Die Aufstellung von Richtlinien über die Verteilung der Kirchensteuer und deren Überwachung,  Mitwirkung bei Investitionszuschüssen für kirchengemeindliche Bauinvestitionen,  die Beratung und Empfehlung des Wirtschaftsplans,  die Empfehlung gegenüber dem Erzbischof hinsichtlich der Entlastung des Generalvikars,  die Entscheidung über Anträge auf Erlass und Stundung der Kirchensteuer,  die Beauftragung des Wirtschaftsprüfers und die Festlegung von Prüfungsschwerpunkten. Gängige Praxis ist es bereits heute, dass der Kirchensteuerrat durch die Vorlage diverser Berichte sehr detailliert über die finanzpolitische Situation informiert wird. Damit ist in wesentlichen Elementen eine Gleichschaltung von Kirchensteuerrat und Diözesanverwaltungsrat gegeben, sodass das System der Überwachung in einem arbeitsteiligen Prozess von Aufsicht, Kontrolle und Mitentscheidung mit Leben erfüllt wird. Interne und externe Überwachungsträger werden in unterschiedlicher Detailtiefe beteiligt. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass eine reine ex-post Kontrolle durch die prozessuale Beteiligung an den Entscheidungen ergänzt wird. Das Kirchenrecht legt dem Vermögensverwalter klar definierte Sorgfaltspflichten auf. Im Interesse einer wirkungsvollen Kon-

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trolle müssen diese Sorgfaltspflichten in entsprechender Weise zum Maßstab der Verantwortung aller relevanten Gremien werden, insbesondere auch der des überwiegend extern besetzten Kirchensteuerrates. Die wesentlichen Kontrollinstrumente können in drei Kategorien unterteilt werden:  der Wirtschaftsplan,  der Jahresabschluss nebst Prüfungs- und Risikobericht sowie  das laufende Berichtswesen. 1. Wirtschaftsplan Der Wirtschaftsplan des Erzbistums Köln, bestehend aus Ergebnisplan (Gewinn- und Verlustrechnung) und Investitionsplan, hat im Jahr 2014 ein Volumen von 1.030 Mio. Euro.22 Der insgesamt 273 Seiten umfassende Wirtschaftsplan orientiert sich in seiner Struktur an der Aufbauorganisation des Generalvikariates, welches über die einzelnen Hauptabteilungen und Abteilungen die abgebildete Kostenstellenstruktur vorgibt. Jede Organisationseinheit hat eine Beschreibung des Aufgabengebietes, der strategischen Zielsetzung und der konkret geplanten Maßnahmen zur Zielerreichung im laufenden Wirtschaftsjahr zu erstellen. Mit diesen inhaltlichen Erläuterungen werden die nach Kostenarten gegliederten Budgetpositionen des Planjahres und der beiden vorangegangenen Jahre wiedergegeben, wobei einzelne Planwerte und insbesondere Budgetveränderungen ausführlich erläutert sind. Die abteilungs- bzw. einrichtungsbezogenen Kostenstellenbudgets werden in einen Ergebnisplan aggregiert, der in der Struktur mit der Gewinn- und Verlustrechnung im Jahresabschluss übereinstimmt. Separat dargestellt werden sogenannte

22 Amtsblatt des Erzbistums Köln vom 1. März 2014, S. 52 sowie Erzbistum Köln, Auf dem Weg. Finanzplan 2014, abrufbar unter http:// www.erzbistum-koeln.de/erzbistum/generalvikariat/abteilungen/finan zen/finanzbericht, S. 18.

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Projekte, unter denen diejenigen Budgets verstanden werden, die ggf. auch mehrjährig nicht Bestandteil des üblichen Liniengeschäftes sind. Die Unterlagen werden ergänzt durch die erläuternde Auflistung aller Baumaßnahmen, die hinsichtlich ihres instandhaltungs- und aktivierungspflichtigen Charakters differenziert werden. Der Wirtschaftsplan geht für die Fachbereiche mit einem enormen Arbeitsaufwand einher, da die zwingende Angabe strategischer Zielsetzungen und daraus abgeleiteter operativer Maßnahmen eine intensive Befassung mit der Gesamtmaterie erfordert. Die strategischen Zielsetzungen resultieren aus einer Klausurtagung mit der Bistumsleitung, dessen Ergebnisse dem Kirchensteuerrat im Vorfeld der eigentlichen Haushaltsdebatte zur Diskussion vorgestellt werden. Nach hiesigem aktuellen Kenntnisstand sind mittlerweile alle Wirtschaftspläne der Bistümer in einem ähnlichen Detaillierungsgrad aufgebaut. Die Zeiten kameraler Wirtschaftspläne, die als Zahlenfriedhof bestenfalls von demjenigen beurteilt werden konnten, der sie aufgestellt hat, sind seit vielen Jahren vorüber. 2. Jahresabschluss Darüber hinaus ist zur Beurteilung der Vermögens-, Ertragsund Finanzlage die Vorlage eines Jahresabschlusses erforderlich, der im Erzbistum Köln seit dem Jahr 2008 nach den Vorschriften des HGB aufgestellt wird. Seither wird der Jahresabschluss nach den Vorschriften für große Kapitalgesellschaften geprüft und mittlerweile mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versehen. Jahresabschluss mit Lagebericht und Anhang sowie der vom Wirtschaftsprüfer erstellte Prüfbericht werden dem Prüfungsausschuss des Kirchensteuerrates zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt. Der Prüfungsausschuss erhält darüber hinaus den Jahresbericht der Abteilung Revision des Bistums. Seit 2014 erhalten sämtliche Mitglieder des Kirchensteuerrates ein Exemplar des Prüfungsberichtes des Wirtschaftsprüfers, dessen Ergebnis vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses (einer der gewählten Mitglieder) dem Kirchensteuerrat vorgestellt wird.

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Auf der Grundlage dieser Informationen erteilt der Kirchensteuerrat das Mandat für die nächstjährige Prüfung und hat darüber hinaus das Recht, Sonderprüfungsthemen festzulegen. In den letzten Jahren wurde intensiv die Frage einer Risikoanalyse für das Erzbistum Köln diskutiert. Sie hat das Ziel, alle relevanten Risiken zu identifizieren und zu quantifizieren sowie das Instrument eines Risikomanagements zu entwickeln. Hiermit lassen sich anstehende Entscheidungen unter dem Gesichtspunkt ihres Risikogehaltes bewerten. Ein wesentliches Kernelement dieses Risikoberichtes existiert seit Jahren bezogen auf den Bereich der Geld- und Wertpapieranlagen. Diese sind bekanntermaßen generell mit Risiken behaftet. Anhand allgemein üblicher, anerkannter Verfahren werden die Risiken (auf wöchentlicher Basis) gemessen und in Relation zu den Bewertungsreserven gesetzt. Die so ermittelte Relation beschreibt die Risikoauslastung und gilt als Maßzahl für die Risikotragfähigkeit.23 Ausgehend von diesem Verfahren wurden Modelle entwickelt, die jede einzelne Position von Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung auf ihren Risikogehalt hin untersuchen und mittels mathematisch statistischer Verfahren quantifizierbar machen. Dies umfasst etwa die Frage möglicher Abweichungen bei den Kirchensteuereinnahmen oder Risiken aus dem Beteiligungsportfolio. Auf diese Weise lassen sich verschiedenste Risikoarten abbilden, seien es Marktpreis- und Bewertungsrisiken, Adressausfallrisiken, operationelle Risiken oder strategische Risiken wie etwa die Demographie, Änderungen im Steuerrecht, rechtliche Risiken oder auch Reputationsrisiken, die letztlich in Kirchenaustritten münden können. Aus den Risikoarten abgeleitet ergeben sich verschiedene Instrumente des Risikomanagements, sei es die eben angesprochene Analyse der Risikotragfähigkeit, organisatorische Anforderungen, Anforderungen an die Interne Revision sowie an Steuerungs- und Controllingprozesse, die darauf ausgerichtet sind, Risiken möglichst frühzeitig zu er23 Vgl. zum Begriff Fred Wagner (Hrsg.), Gabler Versicherungslexikon, 2011, Stichwort: Risikotragfähigkeit.

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kennen, diese in einen systematischen Risikobericht aufzunehmen und damit Risikoüberwachung zu betreiben. Ein solcher Risikobericht wird dem Kirchensteuerrat seit 2014 regelmäßig zur Verfügung gestellt. Zusätzlich erhält der Kirchensteuerrat einen Beteiligungsbericht. 3. Laufende Berichte Seit Einführung der Doppik im Jahre 2008 ist das Erzbistum in der Lage, qualifizierte Monats- bzw. Quartalsabschlüsse zu erstellen. Der Quartalsabschluss wird mit entsprechenden Abweichungsanalysen den Mitgliedern des Kirchensteuerrates zugeleitet. Hiermit einher geht die Vorlage eines Projektcontrollings der größeren Baumaßnahmen, welches maßnahmenindividuell alle relevanten Daten und das identifizierte Risikopotenzial wiedergibt. Zusammenfassend können für das Erzbistum Köln die bisher erarbeiteten Kontrollinstrumentarien als mittlerweile solide und mit denjenigen in Wirtschaftsunternehmen vergleichbar beschrieben werden. IV. Transparenz der Finanzen im Erzbistum Köln Die aktuelle Berichterstattung in den Medien möchte den Eindruck vermitteln, dass es in der Kirche in Finanzfragen eine nur unzureichende Kontrolle und faktisch keine Transparenz gibt. Dieser Behauptung ist in vollem Umfang zu widersprechen. Selbstverständlich haben alle Verantwortlichen in der katholischen Kirche ein uneingeschränktes Verständnis dafür, dass die Forderung nach Transparenz infolge der Limburger Ereignisse mit Nachdruck erhoben wird. Im Nachgang zu der hohen Zahl von Missbrauchsfällen sieht sich die Kirche einem weiteren Kollateralschaden gegenüber, der das Vertrauen in die Institution nachhaltig und massiv beschädigt hat. Viele Bistümer reagierten hierauf durch eine mehr oder weniger spontane Bekanntmachung der Vermögen der bischöflichen Stühle und gaben hierbei zugleich zu erkennen, dass es für diese

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Veröffentlichungen keine einheitliche, inhaltliche Systematik gibt. Die Ursache liegt insbesondere darin, dass auch die bischöflichen Stühle als Körperschaften des öffentlichen Rechts vielfach über ein rein kamerales Rechnungswesen verfügen und die vorhandenen Vermögenswerte entweder gar nicht oder nicht nach einheitlichen Kriterien bewertet sind. Es ist schlicht eine Tatsache, dass alle Körperschaften des öffentlichen Rechts in Deutschland ihr Rechnungswesen seit jeher in einer kameralen Systematik führen und somit lediglich Einnahmen und Ausgaben planen und diesbezüglich in einer sogenannten Jahresrechnung nur einen Plan-Ist-Vergleich anstellen. Bekannt sind derartige Haushaltspläne vom Bund, bis heute von nahezu allen Bundesländern und im Wesentlichen auch von den Städten und Kommunen. Erst vor einigen Jahren und auch nicht flächendeckend wurden die Städte und Kommunen von den Landesgesetzgebern angehalten, auf die sogenannte kaufmännische Buchführung umzustellen.24 Erst dadurch wird die Aufstellung einer Bilanz erforderlich, zu deren Wesen eine Erfassung und Bewertung des Vermögens und der Schulden gehören. Wenn die Kirchen, d.h. insbesondere die Bistümer und Bischöflichen Stühle bis heute, von einigen Ausnahme abgesehen, noch keine Bilanzen aufgestellt und veröffentlicht haben, liegt dies schlicht und ergreifend daran, dass eine Umstellung auf die kaufmännische Buchführung noch nicht flächendeckend stattgefunden hat. Bis dato wurden daher geplante Einnahmen und Ausgaben veröffentlicht. Auf diese Weise wurde die Mittelverwendung transparent gemacht.

24 Z. B. durch das Gesetz über ein Neues Kommunales Finanzmanagement für Gemeinden im Land Nordrhein-Westfalen (Kommunales Finanzmanagementgesetz NRW – NKFG NRW) vom 16. November 2004 (GV. NRW. S. 644), zuletzt geändert durch Art. VI des Gesetzes vom 9. Oktober 2007 (GV. NRW. S. 380), oder zuletzt in Baden-Württemberg durch das Gesetz zur Reform des Gemeindehaushaltsrechts vom 4. Mai 2009 (GBl. S. 185), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 16. April 2013 (GBl. S. 55). In einigen Bundesländern bestehen jedoch noch Wahlmöglichkeiten für die Gemeinden.

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Für das Erzbistum Köln werden diese Veröffentlichungen seit mehreren Jahrzehnten lückenlos zur Verfügung gestellt. Behauptungen, dass bereits diese Fakten nicht bekannt seien, entbehren jeder Grundlage. Aufgrund der Arbeit des Verfassers in Gremien der Bischofskonferenz kann dieser bestätigen, dass alle Bistümer um Transparenz bemüht sind und nur einige von ihnen den Umstellungsprozess von der kameralen Rechnungslegung auf die sogenannte Doppik noch vollziehen müssen. Diese Umstellung eines Rechnungswesens ist ein äußerst komplexer Vorgang, zumal wenn dieser mit der erstmaligen Erfassung sämtlicher Vermögenswerte einhergeht. Wie bilanziert man ein Gotteshaus? Zur Bewertung von Immobilien gibt es zwei anerkannte und übliche Verfahren: Das Sachwertverfahren und das Ertragswertverfahren.25 Das Ertragswertverfahren scheidet für alle jene Immobilien aus, wenn diese keinen Ertrag erzielen; der Ertragswert wäre negativ. Das Sachwertverfahren stellt hingegen ab auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die insbesondere bei älteren Immobilien vielfach nicht mehr ermittelbar sind. Das Erzbistum Köln entschied sich für ein differenziertes Vorgehen. Die Kirchen und Kapellen des Bistums wurden aufgrund ihres Alters und der fehlenden wirtschaftlichen Erträge lediglich mit einem sogenannten Erinnerungswert von einem Euro bewertet. Einen Wertansatz hat natürlich das Grundstück, bei dem von dem jeweiligen Grundstücksrichtwert auszugehen und von diesem einen Abschlag aufgrund der Gemeinnutzungsorientierung vorzunehmen ist. Die Einbuchung des Immobilienwertes, in diesem Fall des Kirchengebäudes mit einem Euro, löst in der Gewinn- und Verlustrechnung keine Abschreibung aus. Insoweit wird der an dieser Immobilie entstehende Werteverzehr bilanziell bzw. in der Gewinn- und Verlustrechnung nicht ausgewiesen. Um aber dennoch Mittel für eine spätere Gebäudesanierung anzusammeln, ist die Bildung von Bauerneue25 Vgl. hierzu Raymond Halaczinsky, in: Rössler/Troll (Begr.), Bewertungsgesetz, Stand: 20. Erg.-Lfg. (Mai 2014), § 182 Rn. 1 ff.

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rungsrücklagen notwendig. An dieser Stelle sei auf eine Problematik im Bilanzausweis der Bistümer hingewiesen. Die strenge Orientierung am HGB erlaubt im Beispielsfall des genannten Kirchengebäudes keine Möglichkeit zur Bildung einer Rückstellung (bekanntermaßen ist eine Rückstellung als Verbindlichkeit anzusehen, wohingegen sich die Rücklage bilanziell im Eigenkapital darstellt)26. Es bedarf somit eines hohen Erklärungsaufwandes, um dem Bilanzleser zu verdeutlichen, dass Eigenmittel, sprich Eigenkapital, kein freies Vermögen darstellen, um etwa teure Fischteiche zu finanzieren, sondern dass es zwingend Finanzreserven erfordert, um erhaltenswerte Immobilien für nächste Generationen sichern zu können. Dies macht den wesentlichen Unterschied zu einer Unternehmensbilanz aus: Kirchliche Immobilien erwirtschaften im Allgemeinen kein Geld, sie bedürfen vielmehr des Geldes. Zurück zu der Immobilienbewertung: Für die übrigen kirchlich genutzten Immobilien des Bistums, nämlich die 32 Schulen, die Tagungshäuser, das Priesterseminar, die Hochschulgemeinden und das Museum Kolumba, fand eine Bewertung nach dem Sachwertverfahren statt, in dem die Herstellungskosten anhand der Baukostentabelle aus der Wertermittlungsverordnung herangezogen wurden. Hierauf waren notwendige Abschläge aufgrund des Gebäudealters oder der geschätzten Restnutzungsdauer vorzunehmen. Alle übrigen Immobilien des Bistums, seien es Mietobjekte oder Erbbaugrundstücke, wurden nach dem Ertragswertverfahren ermittelt. Für das Erzbistum und den Erzbischöflichen Stuhl ergibt sich bei den dargestellten Bewertungsverfahren ein bilanzieller Immobilienwert von 612 Mio. Euro.27 Hiervon entfällt ungefähr

26 Näher hierzu Dirk Eisele, in: Rössler/Troll (Begr.), Bewertungsgesetz, Stand: 20. Erg.-Lfg. (Mai 2014), § 103 Rn. 30 ff.; Jürgen Hottmann, in: Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, 3. Aufl. 2014, Stichwort: Rücklagen. 27 Erzbistum Köln, Auf dem Weg. Finanzplan 2014, abrufbar unter http://www.erzbistum-koeln.de/erzbistum/generalvikariat/abteilungen/fi nanzen/finanzbericht, S. 32.

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die Hälfte auf die vom Erzbistum betriebenen Schulen und ein Drittel auf sonstige kirchliche Gebäude. Wohn- und Geschäftsimmobilien sowie Erbpachtgrundstücke, d.h. Immobilien mit denen ein Ertrag erwirtschaftet wird, machen lediglich ein Sechstel des Immobilienvermögens aus. Das Erzbistum Köln hat im Mai 2014 in einer ersten Transparenzstufe die Immobilienwerte nach der soeben vorgestellten Systematik offengelegt. Darüber hinaus sollen Anfang 2015 alle Vermögenswerte per 31. Dezember 2013 veröffentlicht werden, sobald diese im Kirchensteuerrat des Bistums behandelt wurden. Ganz entscheidend ist: 1. Nach welchen Kriterien bzw. Standards sind die zur Veröffentlichung anstehenden Zahlen entstanden? 2. Welche Qualität haben der Prüfauftrag und das Testat des Wirtschaftsprüfers? 3. In welcher Breite, d.h. über welche Rechtsträger, wird Transparenz geschaffen? 1. Standard der Bilanzierung Die Glaubwürdigkeit des Zahlenmaterials wird angesichts der übergroßen Skepsis maßgeblich dafür sein, ob die Transparenzanstrengungen auch hinreichend honoriert werden. Dies bedeutet, dass die der Bilanzierung zugrunde liegenden Regelungen einem allgemein anerkannten Standard folgen müssen. Die Entwicklung eigener kirchlicher Bilanzierungsregeln dürfte kritisch begleitet werden. Deshalb wird die Anwendung eines allgemein anerkannten Standards, nämlich des HGB, als sinnvoll und notwendig erachtet. Es ist eine Herausforderung, die Zahlen sachlich zu interpretieren und den Blick von der Aktivseite auf die Passivseite zu lenken. Die Öffentlichkeit kennt ausschließlich zerrüttete öffentliche Finanzen. Es sollte gelingen, deutlich zu machen, dass ein Bistum keine Schulden machen sollte und angesichts seiner hohen Verpflichtungen deshalb über Vermögen verfügen muss. Insbesondere zu nennen sind die Vermögens-

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werte, denen Bauerneuerungsrücklagen oder Pensionsverpflichtungen gegenüber stehen. 2. Wirtschaftsprüfer Die inhaltliche Prüfung des Wirtschaftsprüfers muss neben der Ordnungsmäßigkeit des Rechnungswesens, insbesondere die inhaltliche Übereinstimmung mit allgemein gültigen Bewertungs- und Bilanzierungsregeln, testieren. Eine Bestätigung des Wirtschaftsprüfers, dass selbst gesetzte Regeln korrekt angewendet wurden, dürfte die allgemein vorhandene Skepsis nicht ausräumen. Deshalb ist ein sogenanntes Volltestat unumgänglich, selbst wenn sich ein Bistum über mehrere Jahre zu diesem Standard hin entwickelt. 3. Breite der Berichterstattung Selbstverständlich haben Transparenzberichte die Eigenständigkeit der relevanten Rechtsträger zu respektieren, sodass sich die Aggregation oder Konsolidierung verschiedener Vermögen verbietet. Die Berichte sind deshalb als Konvolut diverser Einzelberichte zu strukturieren. Welche Rechtsträger gehören nun in diesen Bericht hinein und welche nicht? Dies hängt ganz wesentlich von den lokalen Besonderheiten ab, die nun einmal verschieden sind. Der Transparenzbericht des Erzbistums Köln wird all diejenigen Rechtsträger enthalten, die sich im unmittelbaren Einflussbereich des Bischofs befinden. Dazu zählen: Das Erzbistum mit dem Erzbischöflichen Stuhl, alle vom Bistum verwalteten selbständigen Stiftungen, das Domkapitel, die hohen Domkirche, die Körperschaft Priesterseminar. Bisher arbeiten allerdings nur das Erzbistum mit dem Erzbischöflichen Stuhl und die selbständigen Stiftungen nach kaufmännischen Grundsätzen. Für das Domkapitel, den Dom und die Körperschaft Priesterseminar wird deshalb eine kamerale Jahresrechnung sowie ein Vermögensverzeichnis dargestellt. Selbstverständlich befinden sich die Kirchengemeinden des Bistums im Einflussbereich des Erzbischofs. Sie werden jedoch

Transparenz und Kontrolle der Kirchenfinanzen

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vertreten von den Kirchenvorständen und insoweit ist es deren Entscheidung, ob und wann eine Veröffentlichung erfolgt. Wie bereits erwähnt, legen die Kirchengemeinden seit jeher ihre Jahresabschlussunterlagen öffentlich aus. Bislang war das öffentliche Interesse hieran sehr gering. Die Kirchengemeinden des Bistums wurden bereits vor Jahren auf kaufmännische Buchführung umgestellt, sind aber aufgrund der hohen Komplexität dieses Projektes noch nicht alle und insbesondere nicht zeitnah in der Erstellung der Jahresabschlüsse vorangeschritten. V. Schlussbemerkungen Geeignete Kontrollmechanismen sind unerlässlich, um angemessene Verwaltungsstrukturen mit Leben zu erfüllen und verantwortbare Entscheidungen zu treffen. Dies gilt vor allem dann, wenn die finanziellen Mittel zurückgehen, was schon alleine demographiebedingt der Fall sein wird. Es muss erkannt werden, dass Transparenz nach außen, aber insbesondere auch nach innen ein unverzichtbares Element der Teilhabe am kirchlichen Leben und den erforderlichen Entscheidungsprozessen ist. Dies zum Vorteil und nicht zum Schaden der Kirche umzusetzen, erfordert einen klugen und sehr zeitintensiven Kommunikationsprozess. Zum Abschluss sei aus der Presseerklärung vom 26. September 2014 von Kardinal Marx als Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz 2014 in Fulda zitiert: „Wir tragen dem wachsenden Bedürfnis nach mehr Transparenz in finanziellen Fragen Rechnung. Wir spüren und verstehen das wachsende Bedürfnis der Menschen zu wissen, über welche Vermögen die deutschen Bistümer verfügen und wofür diese Mittel eingesetzt werden. Deshalb hat die Deutsche Bischofskonferenz im November 2013 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die empfehlen soll, in welchem Umfang und in welchem Zeitraum die Bistumsvermögen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können. Bereits im Juni dieses Jahres haben die Bischöfe sodann beschlossen, die Bistümer schrittweise an eine vollständige Veröffentlichung der ihnen zuzurechnenden Vermögen heranzuführen. Vereinbart ist, dass die Bistümer bis

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zum Jahr 2016 vorsehen, dass sie jährlich über den Stand des Vermögens nach anerkannten Regeln berichten. 2014 legen bereits gut die Hälfte der Bistümer ihre Zahlen vor, 2015 werden es etwa zwei Drittel sein. Das ist der richtige Weg. Der gemeinsame Nenner der Berichte aus den Bistümern ist eine langfristig solide Finanzierung und die Ausrichtung der Vermögen auf den Menschen hin. Entscheidend ist, dass wir uns immer fragen, wie das Geld der Kirche den Menschen dienen kann und zwar nachhaltig und das heißt über Jahrzehnte hinweg.“28

28 Deutsche Bischofskonferenz, Pressemitteilung Nr. 165 vom. 26. September 2014, abrufbar unter http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/di verse_downloads/presse_2014/2014-165-Herbst-VV-Fulda-Pressebericht. pdf, S. 19.

Autoren und Herausgeber Stephan Haering, Prof. Dr. theol., Dr. iur. can., Studium der Theologie, Geschichte, Germanistik und des kanonischen Rechts an den Universitäten Salzburg, München und Washington, Promotion an der Universität Salzburg und Habilitation an der Universität München. Inhaber des Lehrstuhls für Kirchenrecht, insbesondere Verwaltungsrecht sowie Kirchliche Rechtsgeschichte an der Universität München. Richter am Erzbischöflichen Konsistorium und Metropolitangericht München. Michael Himmelsbach, Ass. iur., Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Freiburg. Oberrechtsdirektor, Leiter der Abteilung Finanzen und Allgemeines Recht im Erzbischöflichen Ordinariat Freiburg. Sebastian Müller-Franken, Prof. Dr. iur., Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Heidelberg, Promotion an der Universität Mainz und Habilitation an der Universität Passau. Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht an der Universität Marburg. Jens Petersen, Dr. iur., Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Hamburg, Promotion an der Universität Osnabrück. Oberkirchenrat, Leiter des Referats kirchliches und staatliches Abgabenrecht im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland. Matthias Pulte, Prof. Dr. phil., Lic. iur. can., Studium der katholischen Theologie und Rechtswissenschaft an der Hochschule St. Georgen und den Universitäten Frankfurt a. M., Bonn und Münster, Promotion an der Universität Osnabrück und Habilitation an der Universität Bochum. Inhaber des Lehrstuhls für Kirchenrecht, Kirchliche Rechtsgeschichte und Staatskirchenrecht an der Universität Mainz. Hermann Josef Schon, Dipl.-Kfm., Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Köln. Erzbischöflicher Finanzdirektor, Leiter der Hauptabteilung Finanzen im Generalvikariat des Erzbistums Köln. Arnd Uhle, Prof. Dr. iur., Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Bonn, Promotion und Habilitation an der Universität München. Geschäftsführender Direktor des Instituts für Staatsrecht sowie Leiter der Forschungsstelle „Recht und Religion“ an der Universität Dresden. Leiter der Sektion für Rechts- und Staatswissenschaft der Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft.