Kindergärten in kirchlicher Trägerschaft: Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Fragen, dargestellt vornehmlich am Beispiel des Landes Nordrhein-Westfalen [1 ed.] 9783428472413, 9783428072415


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Kindergärten in kirchlicher Trägerschaft: Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Fragen, dargestellt vornehmlich am Beispiel des Landes Nordrhein-Westfalen [1 ed.]
 9783428472413, 9783428072415

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BURKHARD KÄMPER

Kindergärten in kirchlicher Trägerschaft

Staatskirchenrechtliche Abhandlungen lIerausgegeben von Alexander lIollerbach . Josef Isensee . Joseph Listl Wolfgang Losehelder . lIans Maier . Paul Mikat . Wolfgang Rüfner

Band 20

Kindergärten in kirchlicher Trägerschaft Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Fragen, dargestellt vornehmlich am Beispiel des Landes Nordrhein-Westfalen

Von

Burkhard Kämper

Duncker & Humblot . Berlin

Schriftleitung der Reihe "Staatskirchenrechtliche Abhandlungen": Prof. Dr. Joseph List!, Lennestraße 15, D-5300 Bonn 1

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Kämper, Burkhard: Kindergärten in kirchlicher Trägerschaft : verfassungs- und verwaltungsrechtliche Fragen, dargestellt vornehmlich am Beispiel des Landes Nordrhein-Westfalen / von Burkhard Kämper. - Berlin: Duncker und Humblot, 1991 (Staatskirchenrechtliche Abhandlungen ; Bd. 20) Zug!.: Bochum, Univ., Diss., 1990 ISBN 3-428-07241-3 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten

© 1991 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41

Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0720-7247 ISBN 3-428-07241-3

Vorwort Der vorliegende Band ist die erweiterte Fassung einer Untersuchung, die unter dem Titel "Kirchliche Kindergärten in Nordrhein-Westfalen Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Probleme" im Sommersemester 1990 von der Juristischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum als Dissertation angenommen wurde. Einschlägige neuere Rechtsprechung und Literatur wurden eingearbeitet. Vor allem aber machte das am 1. Januar 1991 an die Stelle des Jugendwohlfahrtsgesetzes getretene Kinder- und Jugendhilfegesetz eine auch inhaltliche Überarbeitung erforderlich. Für wertvolle Anregungen und seine ständige Gesprächsbereitschaft richtet sich mein Dank zunächst an meinen Doktorvater, Professor Dr. Peter J. Tettinger, aber auch an den Zweitberichterstatter, Professor Dr. Wolfgang Loschelder. Besonderer Dank gebührt Rechtsanwalt und Notar Hans Zilles aus Essen. Nachdem er mir im Rahmen meiner mehrjährigen Referendartätigkeit in seiner Kanzlei gerade auch die Bearbeitung kindergartenrechtlicher Verfahren übertragen hatte, gab er den Anstoß zu der Arbeit und förderte ihre weitere Entwicklung durch kritisch-anregende Diskussionen. So konnte eine Arbeit entstehen, die praktische Fragen kirchlicher Träger aufgreift und diese wissenschaftlich begründeten Lösungen zuzuführen sucht. Für Materialien und Hintergrundinformationen gilt mein Dank zahlreichen Institutionen und Verbänden - hier seien Diakonische Werke und Caritasverbände stellvertretend genannt - sowie den evangelischen Landeskirchen und katholischen (Erz-)Bistümern in Nordrhein-Westfalen einschließlich ihrer Vertretungen in Düsseldorf. Als neuer Mitarbeiter des Bistums Essen habe ich besonders den Verantwortlichen dieses Bistums für vielfältige Unterstützung zu danken. So beließ mir Generalvikar Johannes Stüting die notwendige Zeit zur Überarbeitung der Ursprungsfassung, während sich vor allem Justitiar Dr. Heiner Marre durch weiterführende fachliche Gespräche um diese Arbeit verdient gemacht hat.

6

Vorwort

Bedanken möchte ich mich nicht zuletzt auch bei den Herausgebern der "Staatskirchenrechtlichen Abhandlungen" für die Aufnahme der Arbeit in diese Schriftenreihe. Insbesondere ihr Schriftleiter, Professor Dr. Joseph Listl, hat mit viel Geduld und Zuspruch zu ihrer jetzt vorliegenden Form beigetragen. Essen, im Juli 1991

Burkhard Kämper

Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

17

Einleitung

25

1. Teil

Rechtsquellen des Kindergartenrechts

27

A. Kinder- und Jugendhilfegesetz des Bundes ....................................

27

B. Landesrecht in Baden-Württemberg . .............. .......... ...................

30

c.

Landesrecht in Bayern ...........................................................

32

D. Landesrecht in Berlin .. .......... ...... .................... ......................

36

E. Landesrecht in Bremen ..........................................................

38

F. Landesrecht in Hamburg ... ..... ... ...... ............................. .... ......

41

G. Landesrecht in Hessen ...........................................................

43

H. Landesrecht in Niedersachsen ...................................................

45

I.

Landesrecht in Rheinland-Pfalz ...... .... ... ....................................

47

J.

Landesrecht im Saarland ........................................................

50

K. Landesrecht in Schleswig-Holstein .............................................

54

L. Landesrecht in den Ländern der ehemaligen DDR ............................

54

M. Resümee ..........................................................................

55

2. Teil

Standortbestimmung kirchlicher Kindergärten

57

A. Der Kindergarten im Beziehungsgefüge der Jugendhilfe ......................

57

B. Begriffsbestimmung "Kindergarten" ............................................

58

I. Tageseinrichtungen für Kinder als Abgrenzungskriterium ............... 1. Kinderheime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58 59

8

Inhaltsverzeichnis 2. Sonderkindergärten ..................................................... 3. Schulkindergärten .......................................................

59 59

11. Abgrenzung unter den Tageseinrichtungen für Kinder .................. 1. Kindertagesheime ....................................................... 2. Krippen .................................................................. 3. Krabbelstuben ........................................................... 4. Horte .................................................................... 5. Kindergärten ............................................................

59 60 60 60 60 61

C. Kirche als Träger der freien Jugendhilfe .......................................

61

I. Kirchengemeinden als unterste regionale Gliederungen der verfaßten

Kirchen .....................................................................

62

11. Orden und Kongregationen als Bestandteil der Kirche ..................

63

III. Verbände der freien Wohlfahrtspflege.................................... 1. Diakonische Werke der Evangelischen Landeskirchen ............... 2. Diözesan-Caritasverbände ..............................................

63 64 65

D. Vorrang freier Träger................. ...........................................

66

I. Vorrang als Ausfluß des Subsidiaritätsprinzips ..........................

67 67 67 68 69

1. Ursprung in der katholischen Soziallehre ............................. 2. Rechtliche Bedeutung .................................................. a) Allgemeiner Verfassungsgrundsatz ............... ................. aa) Konzentrische Kreise um den einzelnen Menschen .......... bb) Grundrechtsordnung als Verwirklichung des Subsidiaritätsprinzips ......................................................... cc) Subsidiarität im Rechtsstaatsprinzip ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ablehnung eines allgemeinen Verfassungsgrundsatzes ........... c) In Teilbereichen verwirklichter Rechtsgedanke ...................

70 70 72 74

11. Bedingter Vorrang unter kommunaler Gesamtverantwortung ...........

74

III. Konsequenzen für die Rechtsanwendung .................................

78

IV. Praxis in Nordrhein-Westfalen .............................. ..............

78

3. Teil

Fragen zur Kindergartentinanzierung

80

I. Abschnitt Bau- und Einrichtungskosten

80

A. Begriffsbestimmung "Bau- und Einrichtungskosten" ..........................

81

B. Finanzierung der Bau- und Einrichtungskosten ................................

81

Inhaltsverzeichnis

9

2. Abschnitt

Begriffsbestimmung "Betriebskosten"

82

A. Kostenrechtliche Vorüberlegungen .............................................

83

I. Betriebswirtschaftlicher Kostenbegriff ....................................

83

11. Kameralistischer Kostenbegriff ............................................

84

III. Einordnung der Betriebskosten eines Kindergartens .....................

84

B. Angemessene Personalkosten.................................... ...............

85

I. Allgemeiner Personalkostenbegriff ........................................

85

11. Personalkosten kirchlicher Träger ......................................... 1. Aufwendungen für weltliche Erzieherinnen nach kirchlichen Vergütungsregelungen ...................................................... a) Vergleichbarkeit mit dem BAT .................................... b) Beispiele kirchlicher Vergütungsregelungen ...................... aa) Evangelische Kirche ........................................... bb) Katholische Kirche ............................................. 2. Aufwendungen für Mitglieder einer religiösen Gemeinschaft ....... a) Kirchengemeinde als Träger........................................ b) Ordensgemeinschaft als Träger..................................... 3. Begriff der "pädagogisch tätigen Kräfte" ............................. a) Wortlaut ............................................................. b) Entstehungsgeschichte .............................................. c) Systematik ........................................................... aa) Art. 140 GG i. V.m. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV .......... bb) §§ 4 Abs. 2 KJHG, 8 Abs. 3 KgG ............................ d) Teleologie ........................................................... 4. Leistungsfortzahlung bei Abwesenheit ................................

86

111. Normative Voraussetzungen der "Angemessenheit" ..................... 1. Unbestimmter Rechtsbegriff ........................................... 2. Der Angemessenheitsbegriff in anderen Vorschriften................ a) Gesetzgeber als Adressat ........................................... aa) Angemessener Länderfinanzausgleich ........................ bb) Amtsangemessene Beamtenalimentierung .................... b) Verwaltung als Adressat ............................................ aa) Angemessene Kapitalverzinsung .............................. bb) Angemessenes Verhältnis zwischen Amtshandlung und Verwaltungsgebühr ................................................. cc) Angemessene Schüler-Unfallversicherung .................... dd) Angemessener Umfang zumutbarer Eigenbeteiligung ....... ee) Anderer angemessener Arbeitsplatz ...........................

87 87 89 89 90 90 91 91 91 92 93 94 94 95 96 97 99 100 101 102 102 102 103 103 103 104 104 105

Inhaltsverzeichnis

10

ff) Angemessene krankheitsbedingte Aufwendungen ............ gg) Angemessene Wahlkampfkosten .............................. c) Privatpersonen als Adressat ........................................ aa) Angemessener Unterhalt .............. .............. ...... ..... bb) Angemessenes haftendes Eigenkapital ........................ cc) Angemessene Beitragsbeteiligung des Nießbrauchers ....... dd) Angemessene Vergütung ...................................... d) Resümee ............................................................. 3. "Angemessene" Personalkosten .................... .................... a) Erforderlichkeit des Personals .... .............. .................... b) AufgabensteIlung des Kindergartens ............................... aa) Allgemein....................................................... bb) Kirchliche Kindergärten ....................................... (1) Evangelische Kirche ....................................... (2) Katholische Kirche ........................................ cc) Umfassende Zielsetzung............ ........................... c) Grundsätze einer wirtschaftlichen oder sparsamen Verwaltung.. aa) Unsichere Rechtslage .................. ................ ........ bb) Rechtmäßige Kündigung ....................................... d) Schlußfolgerung ..................................................... 4. Verwaltungsgerichtliche Nachprüfbarkeit und Beurteilungsermächtigung der Verwaltung ...................................................

106 106 107 107 107 108 109 109 109 110 111 111 111 111 112 112 114 114 114 115

C. Angemessene Sachkosten ................................'.......................

118

I. Sachkostenbegriff .......................................................... 1. Laufende Unterhaltung und Material .................................. 2. Ausgrenzung von Kapitaldienst und Abschreibungen ................

118 118 119

11. Pauschalierungssystem ..................................................... 1. Verminderung der anzuerkennenden Fläche .......... ................ 2. Erhöhung der Pauschalen bei Tagesstätten ............................

119 120 120

116

3. Abschnitt

Finanzierung der Betriebskosten A. Elternbeiträge I. Rechtsnatur ......... ........................................... ...... ....... 1. Abgrenzung Gebühren - Beiträge ...................................... 2. Rechtliche Einordnung der Elternbeiträge ................ ........ ..... a) Privatrechtliches Benutzungsverhältnis ............................ b) Öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis ....................... aa) § 14 KgG Ld.F. vom 21. Dezember 1971 ................... bb) § 14 KgG Ld.F. vom 21. Dezember 1982 ...................

121 122 122 122 123 123 124 124 125

Inhaltsverzeichnis

11

11. Fonn der Einziehung 1. Heranziehungsbescheid ................................................. a) § 14 KgG i.d.F. vom 21. Dezember 1971 ........................ b) § 14 KgG i.d.F. vom 21. Dezember 1982 ........................ aa) § 6 KAG i. V.m. einer Gebührensatzung .. ................... bb) § 14 Abs. 5 Satz 1 KgG ....................................... cc) Ergebnis ........................................................ 2. Geltendmachung aus Vertrag ................ ...... .... ................

126 126 126 127 127 128 128 128

III. Soziale Staffelung.......................................................... 1. Ausfluß eigener Organisationskompetenz ............................. a) Kommunale Kindergärten .. ... ..................................... b) Kirchliche Kindergärten ............................................ c) Schlußfolgerung ..................................................... 2. Gesetzmäßigkeit ........ ........ .... .............................. ...... a) § 6 Abs. 3 KAG .................................................... b) § 63 Abs. 2 Nr. 1 i. V.m. § 8 Satz 2 GO ......................... c) § 1 Abs. 1 RabattG ................................................. d) § 315 Abs. 3 BGB .. ........ .... ............................. ....... e) § 14 Abs. 2 und 3 KgG ............................................ 3. Verfassungsmäßigkeit ...... ................ ..... ....... ................ a) Fonnell .............................................................. b) Materiell ............................................................. aa) Wirtschaftliche Leistungsfahigkeit des Abgabenschuldners als Anknüpfungspunkt im Gebührenrecht ........................ (1) Gesetzgebung und Rechtsprechung in Preußen .......... (2) Soziale Staffelung als Subvention ........................ (3) Art. 3 Abs. 1 GG im Gebührenrecht: Abgaben- bzw. Gebührengerechtigkeit? ................................... (4) Art. 20 Abs. 1,28 Abs. 1 Satz 1 im Gebührenrecht .... (a) Staatszielbestimmung ................................. (b) Modifizierung des Gleichheitssatzes ................. bb) Umverteilung im Gebührenrecht ...................... ........ (1) Unzulässigkeit außerhalb des Steuerrechts............... (2) Keine Umverteilung durch Elternbeiträge ................

129 129 129 130 130 130 131 131 132 132 133 134 135 135

IV. Selbsteinschätzung der Erziehungsberechtigten .......................... 1. Kindergartenträger als Adressat ........................................ a) Fonn der Selbsteinschätzung .. ............................. ........ b) Befugnis zur Entgegennahme auf seiten des Trägers....... ...... 2. Datenschutz ............................................................. a) Datenerhebung ..... ......... ................................ ........ aa) Rechtsgrundlage ................................................

149 149 149 150 151 151 151

136 136 137 138 141 141 142 144 145 147

12

Inhaltsverzeichnis (1) Kommunale Kindergärten....... ............ .............. (2) Kirchliche Kindergärten................................... (a) Kirchen als öffentliche Stellen ....................... (b) Kirchen als nichtöffentliche Stellen.................. (c) Datenschutzgesetze als für alle geltende Gesetze i.S.d. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV .. bb) Rechtmäßigkeit ................................................. b) Datenübermittlung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kommunale Kindergärten ..................................... bb) Kirchliche Kindergärten ....................................... 3. Folgen einer verweigerten Selbsteinschätzung........................ a) Stufenklage .......................................................... aa) § 14 Abs. 5 Satz 2 KgG ....................................... bb) Kindergartenvertrag ............................................ b) Einstufung in die höchste Gruppe.................................. c) Kündigung durch den Träger... .......... ...... .......... .......... 4. Überprüfungsrecht der Bewilligungsbehörde .......................... a) Offensichtlich fehlerhafte Selbsteinschätzung als Voraussetzung b) Art der Überprüfung ................................................ aa) Auswertung der dem Träger gegenüber abgegebenen Erklärungen .......................................................... bb) Eigene Aufforderung zur Selbsteinschätzung ................ cc) Auskunft beim zuständigen Finanzamt ....................... c) Folge der Überprüfung . ............................................ 5. Ausblick................ ............. ....................................

152 152 152 153

B. Kostenverteilung nach Vorabzugsverfahren ....................................

163

I. Generell.....................................................................

163

11. Kindergärten in sozialen Brennpunkten................................... 1. Besondere Betreuung von Kindern aus sozialen Brennpunkten ..... 2. Entlastung des Trägers und der Erziehungsberechtigten ............. 3. Ermessen des Landesjugendamtes ................... ..................

164 164 165 165

"Arme-Träger-Klausel"..........................................................

166

I. Ministerielle Verhaltenslenkung ........................................... 1. Rechtsnatur und Bindungswirkung ........ ............................ 2. Vereinbarkeit mit dem Untersuchungsgrundsatz ...................... 3. Di~ferenzierung zwischen "bedürftigen" und "nicht bedürftigen" Tragern .................................................................. a) Unterstellte "Bedürftigkeit" und Vorrang des Gesetzes .......... b) Ausgangsposition kirchlicher Träger...............................

167 167 168

c.

154 155 155 156 156 157 157 158 158 158 159 160 160 160 160 161 161 161 162

169 169 169

Inhaltsverzeichnis

13

11. Regelmäßig keine "Bedürftigkeit" wegen verfügbarer Steuereinkünfte ...

170

1. Besteuerungsrecht und Steuergläubiger der Kommunen und Kirchen a) Kommunale Steuererhebung ........................................ b) Kirchliche Steuererhebung ..........................................

170 171 171

2. Verwendung des Steueraufkommens in den Kommunen und Kirchen

172

a) Gemeindliche Finanzhoheit und Aufgabenzuweisung im Kindergartenbereich ........................................................ b) Kirchliche Finanzhoheit und freiwillige karitative Betätigung im Kindergartenbereich ................................................. 3. Unsachgemäße Gleichsetzung von Kommunen und Kirchen 4. Bekenntnis- und Vereinigungsfreiheit "kirchlicher" Vereine ........

174 175 176

III. "Bedüftigkeit" als Ausnahme .............................................. 1. Ausschöpfung aller zumutbaren Finanzierungsmöglichkeiten ........

177 177

a) Ausnutzung und naheliegende Erschließung sonstiger Hilfsquellen in der Privatschulfmanzierung ......................................

177

173

aa) Sphärentheorie .................................................. bb) Einzelfallentscheidung unter Berücksichtigung kirchlicher Binnenstrukturen ...............................................

178

ce) Konsequenzen für die Kindergartenfinanzierung ............. b) Vermeidung unangemessener Ausgaben ........................... 2. Entscheidungsvorbehalt des Ministers und Vorrang des Gesetzes ...

181 181 182

180

4. Teil

Fragen zur Kindergartenaufsicht

184

A. Allgemeine Voraussetzungen ...................................................

185

I. Inhalte .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1. Kindeswohl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

185 185

2. Wirtschaftsführung der Einrichtung ................................... 3. Geeignete Kräfte........................................................

187 189

11. Rechtliche Zuordnung .... ......... ........................................ 1. Klassische Aufsichtsformen ............................................ a) Hierarchische Aufsicht.............................................. b) Fachaufsicht ......................................................... c) Rechtsaufsicht .......................................................

189 189 189 190 190

2. Staatliche Überwachungsverwaltung .................................. 3. Kooperative Aufsicht...................................................

191 191

111. Zuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Landesjugendamt mit Unterstützung des Jugendamtes............... 2. Oberste Landesjugendbehörde .........................................

193 193 194

14

Inhaltsverzeichnis IV. fustrumente 1. Aufsicht des Landesjugendamtes ...................................... a) Meldepflichten des Trägers......................................... b) Örtliche Prüfung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Tätigkeitsuntersagung ............................................... 2. Aufsicht der obersten Landesbehörde .................................

194 195 195 196 196 196

V. Umfang und Grenzen ......................................................

197

B. Betriebserlaubnis.................................................................

198

I. Grundsätzlicher Rechtsanspruch ...........................................

198

11. Anknüpfung an die Befreiungsverfügung des JWG .. ..... ...............

199

III. Einschränkbarkeit nach der Vereinbarung vom 1. März 1974 .......... 1. Rechtscharakter der Vereinbarung .......... ............ ............... a) Staatsvertrag/Verwaltungsabkommen . ......... ................... b) Öffentlich-rechtlicher Vertrag ...................................... 2. Bindungswirkung der Vereinbarung ....... .... .... .... ....... ......... 3. Ausnahme beim Vorliegen besonderer Umstände ........ ............ a) Besondere Umstände ...... ..... ........ ...... ... ... .......... ....... aa) Finanzierungsprobleme ........................................ bb) Arbeitsumfang .................................................. b) Ermessen

199 200 200 200 201 201 201 202 203 203

5. Teil

Das Verhältnis zwischen Kindergartenträgern und Eltern A. Aufnahmefragen .................................................................

205 205

I. Aus der Sicht der Eltern: Recht auf Aufnahme in einen bestimmten Kindergarten? ...... .... ........ .......... ............ ............ ...... .... 205 11. Aus der Sicht der Kirchen als Kindergartenträger: Aufnahmebeschränkung? .............................................................. 206 1. Rechtlicher Handlungsspielraum ....................................... 206 2. Praxis in Nordrhein-Westfalen ......... ... ......... .... ......... ....... 208 B. Elteinmitwirkung ................................................................

209

I. Inhalt der Elternmitwirkung ...............................................

210

11. fustrumente der Elternmitwirkung ........................................ 1. Elternversammlung ..................................................... 2. Elternrat ................................................................. 3. Kindergartenrat ......................................................... a) Vertreter kirchlicher Träger ........................................ b) Kompetenzrahmen ..................................................

211 211 212 213 213 214

Inhaltsverzeichnis

15

III. Eltemmitwirkung und kirchliches Selbstbestimmungsrecht 1. Reichweite des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts ................ 2. Modifizierung der Eltemmitwirkung

215 215 216

6. Teil

Rechtsfragen A. Grundsätzliche Differenzierung zwischen kirchlicher und staatlicher Gerichtsbarkeit ............................................................................

218 218

B. Bürgerliche Rechtsstreitigkeit nach § 13 GVG oder Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 VwGO? ...................................................... 219 I. Grundsätzliche Abgrenzung ...............................................

220

11. Einzelfragen ................................................................ 1. Nichtzulassung zu bzw. Entlassung aus einem kirchlichen Kindergarten .................................................................... 2. Hausverbot für einen kirchlichen Kindergarten....................... a) Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses ....................... b) Kirchen als Körperschaften öffentlichen Rechts .................. c) Zweck des Hausverbots ..... ... .......... ...... .......... .... ....... d) Ausübung privatrechtlichen Hausrechts ohne Hoheitsbefugnis ...

221 221 221 221 222 223 224

7. Teil

Perspektiven in Nordrhein-Westfalen nach dem Regierungsentwurf 225 einer gesetzlichen Neuregelung A. Änderungsvorhaben ..............................................................

226

I. Grundsätzliche Fragen .....................................................

Ausdehnung auf alle Tageseinrichtungen ............................. Betriebliche Plätze und Einrichtungen .................. . . . . . . . . . . . . . . Bedarfsdeckung ........ ................ ................ ...... ........... Öffnungszeiten/Öffnungsdauer ....... ....................... .... ......

226 226 226 226 227

11. Fragen zur Kindergartenfinanzierung ..................................... 1. Investitionskostenförderung ............................................ 2. Betriebskostenförderung ................................................ a) Elternbeiträge ........................................................ b) Aufteilung der Betriebskosten ...................................... c) "Arrne-Träger-Klausel" ............ ..... ............... .............

227 227 228 228 228 229

1. 2. 3. 4.

111. Elternmitwirkung ........................................................... 229 1. Personalfragen ........................................ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 2. Aufnahmekriterien ...................................................... 230

Inhaltsverzeichnis

16 B. Stellungnahme

230

I. Grundsätzliche Fragen .....................................................

230

11. Fragen zur Kindergartenfinanzierung ..................................... 1. Investitionskostenförderung ............................................ 2. Betriebskostenförderung ................................................ a) Elternbeiträge ........................................................ b) Aufteilung der Betriebskosten ...................................... c) "Arme-Träger-Klausel" ............... ..............................

231 227 228 228 228 229

111. Elternmitwirkung ........................................................... 1. Personalfragen .......................................................... 2. Aufnahmekriterien ......................................................

229 229 230

Zusammenfassung

235

Literaturverzeichnis

244

Personenregister

260

Sachwortregister

264

Abkürzungsverzeichnis aA.

anderer Ansicht

Abg.

Abgeordneter

abgedr.

abgedruckt

Abs.

Absatz

a.E.

am Ende

a.F.

alter Fassung

Afk

Archiv für Kommunalwissenschaften

AfkKR

Archiv für katholisches Kirchenrecht

AG

Amtsgericht, Ausführungsgesetz

AGJ

Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe

AktG

Aktiengesetz

AlIgVerwR

Allgemeines Verwaltungsrecht

Alt.

Alternative

Amtsbl.

Amtsblatt

Anm.

Anmerkung

AO 1977

Abgabenordnung v. 16.3.1976

AöR

Archiv des öffentlichen Rechts

APr

Ausschußprotokoll

ArbG

Arbeitsgericht

ArbGG

Arbeitsgerichtsgesetz

arg. e

argumentum e

Art.

Artikel

Aufl.

Auflage

BAG

Bundesarbeitsgericht

BAGE

Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts

BAT-KF, -VkA

Bundesangestelltentarifvertrag kirchlicher Fassung, Vereinigung kommunaler Arbeitgeber

BayKiG BayRS

Bayerisches Kindergartengesetz Bayerische Rechtssammlung

BayVBI.

Bayerische Verwaltungsblätter

2 ICImper

18

BayVfGH BayVGH BBiG BEFf begr. Begr. BesVerwR Bd. BDSG BetrVG BGB BGBI. BGH BK BKVO BR BReg. BremKgHG BSG BSHG BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE BVO BW CIC DB DemG ders. DGStZ d.h. dies.

AbkUrzungsverzeichnis

Bayerischer Verfassungsgerichtshof Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Berufsbildungsgesetz Bildung und Erziehung in freier Trägerschaft begründet Begründung Besonderes Verwaltungsrecht Band Bundesdatenschutzgesetz Betriebsverfassungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Bonner Kommentar zum Grundgesetz Betriebskostenverordnung Bundesrat Bundesregierung Bremisches Kindergarten- und Hortgesetz Bundessozialgericht Bundessozialhilfegesetz Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Beihilfeverordnung Baden-Württemberg Iuris Canonici Der Betrieb Die Demokratische Gemeinde derselbe

~odex

Deutsche Gemeindesteuerzeitung das heißt dieselbe, dieselben

Diss.

Dissertation

DÖV

Die öffentliche Verwaltung

Abkürzungsverzeichnis

19

Drucks. DSG DSDVO DVBl. ebd. 'EFG

Drucksache Datenschutzgesetz Datenschutzdurchführungsverordnung Deutsches Verwaltungsblatt ebenda Ersatzschulfinanzgesetz Evangelische Kirche Deutschlands

EntlG Erg. EvSozL EvStL (f)f. FEVS

Entlastungsgesetz Ergebnis Evangelisches Soziallexikon Evangelisches Staatslexikon (fort)folgende Fürsorgerechtliche Entscheidungen der Verwaltungsund Sozialgerichte Flurbereinigungsgesetz Festschrift Fußnote Gemeinsames Amtsblatt des Kultusministers und des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen Gebührengesetz Der Gemeindehaushalt Grundgesetz gegebenenfalls Gemeinsames Ministerialblatt Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes

EKD

FlurbG PS Fn. GABl. GebG Gemhlt. GG

ggf. GMBl. GmS-OGB GO GVNW Halbs. HdbStR HdbStKirchR Hdwb. Hess. HkWP

Gemeindeordnung Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land NordrheinWestfalen Halbsatz Handbuch des Staatsrechts Handbuch des Staatskirchenrechts Handwörterbuch Hessisch Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis

20

Abkürzungsverzeichnis

h.M.

herrschende Meinung

hrsg.

herausgegeben

Hrsg.

Herausgeber

i.d.P.

in der Passung

insbes.

insbesondere

i.S.d.

im Sinne des, der

i.V.m.

in Verbindung mit

JR

Juristische Rundschau

Jura JurA

Juristische Ausbildung

JuS

Juristische Schulung

JWG

Gesetz für Jugendwohlfahrt

JZ KAB

J uristenzeitung Katholische Arbeitnehmerbewegung

KABl.

Kirchliches Amtsblatt

KAG

Kommunalabgabengesetz

KAVO

Kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung

KDO

Anordnung über den kirchlichen Datenschutz

Juristische Analysen

KGaG

Kindergartengesetz Baden-Württembergs

KgG KirchE

Kindergartengesetz Nordrhein-Westfalen

KirchI. Anz.

Kirchlicher Anzeiger

KiStG KiStO

Kirchensteuergesetz Kirchensteuerordnung

KJHG

Kinder- und Jugendhilfegesetz

Komm.

Kommentar

KrO

Kreisordnung

KSchG

Kündigungsschutzgesetz

KStZ

Kommunale Steuerzeitung

KWG

Kreditwesengesetz

LG lit.

Landgericht littera

LKR

Landeskirchenrat

Losebl.

Loseblatt

LS

Leitsatz

Entscheidungen in Kirchensachen seit 1946

AbkUrzungsverzeichnis

LT LVerbO LVerf. MAGS MBl. m.E. m.w.N. Nds. n.F.

NJW

Nr., Nrn. NVwZ NVwZ-RR NW NWVBL

NZA

o.ä. o.g. OLG OVG OVGE

PrOVG RabattG RdErl. RdJ Rdschr. Richtl. Rn., Rnrn. Rspr.

S.

SchFG

21

Landtag Landschaftsverbandsordnung für das Land NordrheinWestfalen Landesverfassung Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales Ministerialblatt meines Erachtens mit weiteren Nachweisen Niedersächsisch neuer Fassung Neue Juristische Wochenschrift Nummer, Nummern Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NVwZ-Rechtsprechungs-Report Nordrhein-Westfalen Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht oder ähnlich oben genannt Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht Entscheidungen der OberverwaItungsgerichte Münster und Lüneburg; Entscheidungen des Oberwaltungsgerichts Berlin Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts Rabattgesetz Runderlaß Recht der Jugend und des Bildungswesens Rundschreiben Richtlinien Randnummer, Randnummern Rechtsprechung Seite Schulfinanzgesetz

22

Schl.-H. SchMG SchVG SchwbG SEDR SGB SGVNW SjE 5MBl.NW Sp. SpKG SSE StAnz. StL StVwR TVG u.a. Urt.

Abkürzungsverzeichnis

Schleswig-Holstein Schulmitwirkungsgesetz Schulverwaltungsgesetz Schwerbehindertengesetz Sammlung der Essener Diözesanrechts Sozialgesetzbuch Sammlung des bereinigten Gesetz- und Verordnungsblattes für das Land Nordrhein-Westfalen Sammlung jugendrechtlicher Entscheidungen Sammlung des bereinigten Ministerialblattes für das Land Nordrhein-Westfalen Spalte, Spalten Sparkassengesetz Synodalstatuten der Diözese Essen Staatsanzeiger Staatslexikon Staats- und Verwaltungsrecht Tarifvertragsgesetz und andere, unter anderem

VG VGH vgl. VO

Urteil vom Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg Vereinbarung über die Voraussetzungen der Eignung der in Tageseinrichtungen für Kinder und Kinderheimen der Träger der freien Jugendhilfe tätigen Erzieher und sonstigen Kräfte Verwaltungsarchiv Verwaltungsrecht Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche Verordnung

VODSG-EKD Vorbem.

Verordnung zum Kirchengesetz über den Datenschutz Vorbemerkung

VR

Verwaltungsrundschau

v. VBIBW Vereinbarung

VerwArch. VerwR

Abkürzungsverzeichnis

VwGO

Verwaltungsgerichtsordnung

VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz WablkampfKostG Wahlkampfkostengesetz WRV ZbIJugR z.B. ZevKR ZfF

zu

ZfSH zit.

ZKF ZRP

Weimarer Reichsverfassung Zentralblatt für Jugendrecht und Jugenwohlfahrt zum Beispiel Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht Zeitschrift für das Fürsorgewesen Zeitschrift für Jugendrecht Zeitschrift für Sozialhilfe zitiert Zeitschrift für Kommunalfmanzen Zeitschrift für Rechtspolitik

23

Einleitung Angesichts ständig wachsender Finanzierungsprobleme der öffentlichen Hand werden gerade auch im Sozialbereich Einsparungen vorgenommen. Davon sind auch die Kindergärten betroffen, l die sich in zunehmendem Maße einem Kräftemessen von pädagogischen Zielen und finanziellen Grenzvorgaben gegenüber sehen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege hat auf diese Situation eindringlich und zugleich plastisch hingewiesen: "Pädagogik kann ihr Mäntelchen nicht nach dem fiskalischen Wind hängen. An den Zielvorstellungen dürfen - auch wenn die Kassen leer sind - keine Abstriche gemacht werden".2 Die Auswirkungen dieser Misere bekommen insbesondere die kirchlichen Träger drastisch zu spüren: vor dem Hintergrund stagnierender Kirchensteuereinnahmen und stetig steigender Kosten gerät mancher Kindergartenträger an die Grenzen seiner finanziellen Belastbarkeit. Diese Entwicklung wird gerade in Nordrhein-Westfalen durch eine Verwaltungspraxis verschärft, die - zum Teil unter Berufung auf ministerielle Erlasse eine finanzielle Förderung kirchlicher Kindergartenarbeit nicht unerheblich erschwert. Dieser erste Befund rechtfertigt den Versuch, im Sinne einer Formulierung von Michael Stolleis einen zumindest partiellen Beitrag zum Abbau "eines erheblichen DeflZits im Bereich des staatskirchenrechtlichen Verwaltungsrechts"3 zu unternehmen. Am Beispiel der Verhältnisse in Nordrhein-Westfalen soll es Aufgabe der folgenden Untersuchung sein, die juristischen Grenzen einer unangemessenen Benachteiligung kirchlicher Kindergärten durch staatliche Organe herauszuarbeiten. Dabei ist zu überlegen, wie eine Gewährleistung des den Kirchen unmittelbar aus Art. 4 Abs. 2 GG Zu den negativen Auswirkungen von Sparmaßnahmen im Kindergartenbereich vgl. im einzelnen Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe (Hrsg.), Zur Situation gegenwärtiger Kindergartenerziehung, 3. Aufl. Bonn 1991, S. 29ff., S. 44ff. 2

In: Die Kindergartenreform hat erst begonnen, Bonn 1983, S. 18.

Diskussionsbeitrag, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche, begr. von Joseph Krautscheidt und Heiner Marre, ab dem 16. Bd. hrsg. v. Heiner Marre und Johannes Stüting, Bd. 17, Münster 1983, S. 60. Demgegenüber gebe es eine ausreichende Anzahl "scharfsinniger staatskirchenrechtlicher Überlegungen zur Abgrenzung der Art. 4, 140 GG, 137 Abs. 3 WRV". 3

26

Einleitung

erwachsenden Rechts auf karitative Betätigung4 gerade auch im Kindergartenbereich sichergestellt werden kann. Bevor unter diesen Maßgaben der begriffliche und rechtliche Standort kirchlicher Kindergärten zu erfassen ist, der den nachfolgenden Überlegungen zugrunde liegt (2. Teil), soll zunächst ein Überblick über die Rechtsquellen des Kindergartenrechts im Bund und in den übrigen Bundesländern erfolgen (1. Teil). Besonderen Stellenwert erlangt angesichts der bereits erwähnten Finanzierungsengpässe der anschließende Versuch, im Rahmen einer generellen Darstellung der Fragen zur Kindergartenfinanzierung den spezifischen Anliegen kirchlicher Träger Rechnung zu tragen (3. Teil). Dabei wird nach einer kurzen Übersicht über die Bau- und Einrichtungskosten (1. Abschnitt) und einer inhaltlichen Annäherung an den Betriebskostenbegriff (2. Abschnitt) vor allem auf die Fragen der Betriebskostenfinanzierung einzugehen sein (3. Abschnitt). Der notwendige Schutz von Kindern in Einrichtungen gibt Anlaß, sodann über Probleme der Kindergartenaufsicht nachzudenken (4. Teil). Nach einer Erörterung des Verhältnisses zwischen Kindergartenträgern und Eltern (5. Teil) sowie allgemeiner Fragen des zutreffenden Rechtsweges im Kindergartenrecht (6. Teil) ist schließlich noch auf den Gesetzentwurf der nordrhein-westfälischen Landesregierung hinsichtlich eines neuen Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder einzugehen (7. Teil).

4 Vgl. nur BVerfGE 24. 236 (248); Roman Herzog in: Theodor Maunz/Günter Dürig u.a., Grundgesetz, Kommentar, LosebI., München 1984ff., Stand: 28. Lieferung Dezember 1989, Art. 4 Rn. 102; Alexander Hollerbach, Freiheit kirchlichen Wirkens, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (HdbStR), Bd. VI, Heidelberg 1989, § 140 Rn. 20; Ulrich Scheuner, Die karitative Tätigkeit der Kirche im Sozialstaat. Vcrfassungsrechtliche und staatskirchenrechtliche Fragen, in: Essener Gespräche (Fn. 3), Bd. 8, Münster 1974, S. 43 (58ff.); Hermann von Mangoldt/Friedrich K1ein/Christian Starck, Das Bonner Grundgesetz, Kommentar, begr. von Hermann von Mangoldt, fortgeführt. von Friedrich Klein, neubearbeitet von Christian Starck, Bd. 1, 3. Aufl. München 1985, Art. 4 Abs. 1,2 Rn. 34.

1. Teil

Rechtsquellen des Kindergartenrechts Eine Übersicht über die Rechtsgrundlagen des Kindergartenwesens in der Bundesrepublik Deutschland hat auszugehen von der grundsätzlichen Verteilung der Gesetzgebungskompetenz auf den Bund und die Länder. So haben nach Art. 70 Abs. 1 GG die Länder das Recht der Gesetzgebung, soweit nicht das Grundgesetz dem Bund die Gesetzgebungsbefugnis ausdrücklich verleiht. Der Kindergartenbereich fällt unter den Begriff der "öffentlichen Fürsorge" in Art. 74 Nr. 7 GG und ist damit der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes zugewiesen. 1 Das bedeutet nach Art. 72 Abs. 2 GG, daß dem Bund bei einem Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung ein eigenes Gesetzgebungsrecht zusteht. Den Ländern fällt demgegenüber gem. Art. 70 Abs. 1 GG die Befugnis zur Gesetzgebung nur zu, solange und soweit der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht keinen Gebrauch macht. Auf dieser Grundlage basiert das Kindergartenwesen in der Bundesrepublik Deutschland auf einer sich ergänzenden Kumulation bundes- und landesrechtlicher Vorschriften, die im folgenden zumindest überblickartig darzustellen ist.

A. Kinder- und Jugendhilfegesetz des Bundes Der Hinweis auf die Inanspruchnahme der Gesetzgebungskompetenz durch den Bundesgesetzgeber steht ganz im Zeichen einer vollkommenen Neuregelung: Das am 1. Januar 1991 in Kraft getretene Gesetz zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts (Kinder- und Jugendhilfegesetz KJHG - z hat nicht nur nach seinem Art. 24 das bislang geltende Jugend-

y

1 Peter Pant, Gesetzliche Grundlagen bzw. Vorschriften und Richtlinien der Kindergartenarbeit, in: Der Kindergarten, Hrsg. von Heribert Mörsberger unter Mitarbeit von Ema Moskal und E1segret Pflug, Bd. 1, Freiburg-Basel-Wien 1978, S. 116 (119).

2 Vom 26. Juni 1990 (BGBI. 1 S. 1163). Vgl. dazu etwa Wolfgang Rüj'ner, Zum neuen Kinder- und Jugendhüfegesctz, NJW 1991, S. Iff. Im Gebiet der ehemaligen DDR ist das Gesetz mit bestimmten MaBgabcn lChon am 3. Oktober 1990 in Kraft getreten, vgI. dazu Anlage I,

28

1. Teil: Rcchlsquellen des Kindergarlenrcchls

wohlfahrtsgesetz außer Kraft treten lassen. Es ist auch Bestandteil einer kontinuierlich voranschreitenden Kodifikation des Sozialgesetzbuches: nach dem SGB V (Gesundheitsreformgesetz) und SGB VI (Rentenreformgesetz 1992) ist es durch Art. 1 als Achtes Buch in das Sozialgesetzbuch eingefügt worden.3 Aus einem umfangreichem Katalog gehören nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 KJHG zu den Leistungen der Jugendhilfe auch die Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege § 22-25:' Für Kindergärten, Horte und andere Tageseinrichtungen bestimmt § 22 Abs. 1 KJHG, daß die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit gefördert werden soll. § 22 Abs. 2 und 3 KJHG konkretisieren die Aufgaben und ihre Wahrnehmung. Ein individueller Rechtsanspruch auf Förderung in einem Kindergarten oder einer anderen Tageseinrichtung scheiterte im Gesetzgebungsverfahren am - finanziell motivierten - Widerspruch einiger Bundesländer, so daß für diesen Bereich lediglich die weit gefaßte Bestimmung des § 24 zustande kam. Nach dessen Satz 1 sollen alle Kinder eine entsprechende Hilfe erhalten, für deren Wohl eine Förderung erforderlich ist. Es wird also lediglich zugunsten sogenannter "Problemkinder" eine grundsätzliche Pflicht zur Beschaffung eines Förderungsplatzes statuiert.s Die nähere Ausgestaltung dieses Förderungsangebotes ist nach § 24 Satz 2 KJHG ebenso Angelegenheit der Länder wie nach dem generellen Landesrechtsvorbehalt des § 26 Satz 1 KJHG die Regelung des Näheren über Inhalt und Umfang der in diesem Abschnitt geregelten Aufgaben und Leistungen. Davon bleiben allerdings gemäß § 26 Satz 2 KJHG die am 31.12.1990 geltenden landesrechtlichen Regelungen unberührt, die das Kindergartenwesen dem Bildungsbereich zuweisen. 6

Kapitel X (Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit), Sachgebiet B (Jugend) zum Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die HersteUung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag - vom 31. August 1990 (BGBI. ß S. 889). 3 Gleichwohl soll im folgenden zur Kennzeichnung dieses Gesetzes ansteUe der möglichen Bezeichnung "SGB VIII" die Bezeichnung "KJHG" Anwendung finden. 4 Dazu Berthold TiUmann u.a., Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege (§§ 22-26 KJHG), in: Wolfgang Gernert (Hrsg.), Freie und öffentliche Jugendhilfe - Einführung in das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG), Stuttgart-München-Hannover 1990, S. 63ff.

S 6

RüJner, Zum neuen KJHG (pn 2), S. 3. Dazu unten unter C.

A. Kinder- und Jugendhilfegesetz des Bundes

29

Bevor sich nun die Betrachtungen notwendigerweise den landesrechtlichen Vorschriften zuwenden, sei bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß das KJHG u.a. auch Regelungen über die Träger der freien Jugendhilfe und ihr Verhältnis zu den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe (§§ 3 und 4 sowie §§ 74ffY sowie aufsichtsrechtliche Bestimmungen §§ 45ff.8 beinhaltet. Ganz unter dem Eindruck des neuen Kinder- und Jugendhilfegesetzes steht zwangsläufig auch das Vorhaben, die länderspezifischen Rechtsquellen im Kindergartenbereich überblickartig zusammenzustellen. Mit einer Ausnahme sind nämlich die derzeit bestehenden Kindergartengesetze der Länder als Ausführungsgesetze zum Jugendwohlfahrtsgesetz erlassen worden. Die zum Teil beträchtlichen Änderungen im Bundesrecht sowie der Umstand, daß der Bund hier lediglich als Rahmengesetzgeber tätig geworden ist, lassen bereits erahnen, daß die Länder nicht nur vor terminologischen Anpassungen stehen. So ist denn auch bundesweit im Kindergarten- und Tagesstättenbereich eine rege Betriebsamkeit der Landesparlamente und -ausschüsse zu verzeichnen. Bestehende Gesetze sollen novelliert und dem Vernehmen nach wenigstens teilweise völlige Neuregelungen geschaffen werden, wo Spezialgesetze bislang nicht vorhanden waren. Daß die zu erwartende Realisierung derartiger Intentionen entsprechende Veränderungen auch im untergesetzlichen Bereich nach sich ziehen wird, liegt auf der Hand. Unter dieser Prämisse kann ein Streifzug durch die kindergartenrechtlichen Regelungen der einzelnen Bundesländer9 naturgemäß nur Momentaufnahmen hervorbringen. Ergänzend wird jedoch - soweit verfügbar zumindest hingewiesen auf aktuelle Diskussionen oder gesetzgeberische Initiativen in den Ländern. Was die notwendige Auswahl der darzustellenden Bestimmungen anbelangt, so bietet sich aus Gründen der Vergleichbarkeit eine weitgehende Orientierung an den späteren Erörterungen an.

7

Dazu ausführlich im 2. Teil unter B.

8

Dazu eingehend im 4. Teil.

Wegen der dezidierten Behandlung kindergartenrechtlicher Fragen am Beispiel Nordrhein-Westfalens bleiben die dort geltenden Bestimmungen an dieser Stelle außer Betracht. 9

30

1. Teil: Rechtsquellen des Kindergartcnrechts

B. Landesrecht in Baden-Württemberg Gesetzliche Grundlage der Kindergartenarbeit in Baden-Württemberg ist das als Zweites Gesetz zur Ausführung des Gesetzes für Jugendwohlfahrt erlassene Kindergartengesetz (KGaG).lO Der diesem Gesetz zugrundeliegende Kindergartenbegriff ergibt sich aus

§ 1 KGaG. Als Kindergartenträger werden in § 3 Abs. 2 KGaG auch die Träger der freien Jugendhilfe angesprochen. Hier gelten nach § 11 Abs. 2

Satz 1 des Landesjugendwohlfahrtsgesetzes (UWG)l1 die Kirchen und sonstigen Religionsgemeinschaften öffentlichen Rechts, die dem Landesjugendring angehörenden Jugendverbände und die in der Liga der freien Wohlfahrtsverbände zusammengeschlossenen Verbände der freien Wohlfahrtspflege als anerkannt. Dies gilt nach § 11 Abs. 2 Satz 2 UWG auch für deren regionale Untergliederungen sowie für die ihnen angehörenden Mitgliedsverbände und -einrichtungen. Im Verhältnis zu den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe bekennt sich § 3 Abs. 2 KGaG durch die Bezugnahme auf § 5 Abs. 3 Satz 2 JWG zum dort statuierten Subsidiaritätsgrundsatz.

Wie aus §§ 6 und 8 Abs. 1 und 2 KGaG zu ersehen ist, werden die einem Kindergartenträger entstehenden Personalkosten durch Elternbeiträge, Landeszuschüsse in Höhe von 30%, kommunale Zuschüsse in mindestens gleicher Höhe und, notwendigerweise, durch entsprechend verbleibende Eigenleistungen erbracht. Besondere Regelungen über Sachkostenzuschüsse bestehen nicht, so daß sie allein aus Elternbeiträgen und Eigenleistungen der Träger aufzubringen sind. Bei der Bemessung der Elternbeiträge ist den jeweiligen Trägern nach

§ 6 KGaG ein weitgefaßter Ermessensspielraum eingeräumt, der eine flexi-

ble Orientierung an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Familien ermöglicht. Dieser Möglichkeit entspricht die seit dem Jahre 1979landesweit übliche Praxis, die Elternbeiträge nach der Zahl der Kinder in der Familie sowie nach dem Familieneinkommen zu staffeln. 12 Dabei kommt als Maßstab einer sozial motivierten Staffelung lediglich das bundesrechtIiche Äquivalenzprinzip in Betracht, das insoweit lediglich als Obergrenze anzusehen ist 10 In der Fassung vom 17. Januar 1983 (GOI. s. 30), geändert durch Art. 22 der Verordnung des Innenministeriums vom 19. März 1985 (GOI. S. 71).

11 Gesetz zur Ausführung des Gesetzes für Jugendwohlfahrt vom 9. Juli 1963 (GOI. S. 99), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Oktober 1987 (GOI. S.453). 12 Hartmut Engel/Wühelm Holfelder, Kindergartenrccht in Baden-Württemberg, S. Auß. Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz 1987, § 6 KGaG Rn. 2.

B. Landesrecht in Baden-Würuemberg

31

und darunter sachlich begründete, mit Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbarende Staffelungen zuläßt.13 Die öffentliche Bezuschussung der Personalkosten setzt gem. § 8 Abs. 1 Satz 2 KGaG deren generelle Anrechnungsfähigkeit sowie die ausschließliche Verwendung für Fachkräfte voraus. Welches Personal in diesem Sinne als Fachkraft anzusehen ist, ergibt sich aus § 8 Abs. 3 und 4 KGaG. Die näheren Voraussetzungen der Anrechnungsfähigkeit sind demgegenüber in Ausführung des § 8 Abs. 5 KGaG der Personalkostenzuschußverordnung'4 zu entnehmen. Nach Abs.l richten sich die Zuschüsse zu den Personalko.sten für die nach § 8 Abs. 3 und 4 KGaG zuschußfähigen Fachkräfte nach der Höhe des tatsächlichen Aufwands, jedoch höchstens bis zu den Beträgen, die sich bei Anwendung der im öffentlichen Dienst geltenden Bestimmungen oder vergleichbarer Regelungen der freien Träger ergeben würden (tarifliche Leistungen).lS Daran anknüpfend legt Abs. 2 konkretisierend fest, welche Einzelleistungen in diesem Sinne als Aufwand berücksichtigt werden. Weitere Einzelheiten des Antragsverfahrens und der konkreten Zuschußgewährung und -abrechnung ergeben sich aus §§ 2 und 3 Pkz-VO sowie aus den Richtlinien über Personalkostenzuschüsse.16 Der Wahrnehmung einer am Kindeswohl orientierten Aufsicht dient zunächst die Vorschrift des § 7 Abs. 1 und 2 KGaG über die Anforderungen an das zur Leitung eines Kindergartens oder einer Kindergartengruppe befugte Personal. Ergänzend ist insoweit ebenfalls auf entsprechende Richtlinien hinzuweisen. 17

13

VGH Mannheim, ZKF 1985, 109 (LS).

Verordnung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit, Familie und Sozialordnung nacb § 8 Abs. 5 des Kindergartengesetzes (Pkz-VO) vom 3. März 1983 (GBI. S. 154), zuletzt geändert durch die Verordnung zur Änderung der Personalkostenzuschuß-VO vom 12. Februar 1987 (GBI. S. 87). 14

15 Vgl. dazu VGH Mannheim, NVwZ 1990, 9Of. = ZevKR 36 (1991), 85ff. Dort wurden einer Kirchengemeinde, die einer Fachkraft erhöhte Vergütungen aufgrund einer eigenen Tarifordnung gewährte, die anrechnungsfähigen Personalkosten mangels Vergleichbarkeit i.S.d. § 1 Abs. 1 Plcz-VO auf der Grundlage der im öffentlichen Dienst geltenden Bestimmungen berechnet. Das Gericbt sah darin weder einen Eingriff in die kirchliche Bekenntnisfreibeit, Art. 4 GG, und Tarifautonomie, Art. 9 Abs. 3 GG, noch eine Beeinträchtigung des kircblicben Selbstbestimmungsrecbts nacb Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV. Dazu näher im 3. Teil, 1. Abschnitt unter B 11 1 a).

16 Riebtlinien des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit, Familie und Sozialordnung über Zuschüsse zu den Personalkosten der Kindergärten und für kleine Kindergartengruppen (RLPkz) vom 3. März 1983 (GABI. S. 578), zuletzt geändert durcb die Verwaltungsvorschrift vom 12. Februar 1987 (GABI. S. 261).

1. Teil: Rechtsquellen des Kindergartenrechts

32

Zur Zusammenarbeit zwischen Kindergartenträgern und Eltern werden nach § 5 KGaG Elternbeiräte gebildet. Konkretisierungen dazu ergeben sich in Ausführung der Ermächtigung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KGaG aus den Richtlinien über die Elternbeiräte. 18 Zum gegenwärtigen Stand der notwendigen Anpassungen an das veränderte Bundesrecht kann schließlich darauf hingewiesen werden, daß die Landesregierung am 24. Oktober 1990 den entsprechenden Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes eingebracht hat. 19 Dieser Gesetzentwurf beinhaltet in Art. 1 ein neues Landesjugendhilfegesetz (UHG), das gem. Art. 5 das bislang geltende Landesjugendwohlfahrtsgesetz ersetzen soll, sowie in Art. 2 einige Änderungen des Kindergartengesetzes. Hier ist vor allem die beabsichtigte Aufhebung des § 3 Abs. 2 zu nennen. Der zentrale Grundsatz der Subsidarität gelte nach § 60 Abs. 5 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 KJHG auch im Verhältnis zwischen kreisangehörigen Gemeinden, die nicht örtliche Träger sind, soweit sie Aufgaben der Jugendhilfe wahrnehmen, und freien Trägern. § 3 Abs. 2 KGaG werde deshalb als entbehrlich gestrichen. 20 Zum Verfahrensstand bleibt anzumerken, daß am 5. Dezember 1990 im Landtag zu diesem Gesetzentwurf eine gemeinsame Anhörung des Sozialausschusses und des Ausschusses für Schule, Jugend und Sport stattgefunden hat. Die parlamentarischen Beratungen des Entwurfs sind für die erste Jahreshälfte 1991 geplant.

C. Landesrecht in Bayern Eine Darstellung des bayerischen Kindergartenrechts hat zunächst zurückzukommen auf die bereits erwähnte Regelung des § 26 Satz 2 KJHG. Die dort normierte ausdrückliche Ausklammerung des Landesrechtsvorbehalts für die am 31.12.1990 geltenden Landesregelungen, die das Kindergartenwesen dem Bildungsbereich zuweisen, zielt nämlich ausschließlich auf 17 Richtlinien des Ministeriums für Arbeit, Gesunheit, Familie und Sozialordnung über die räumliche Ausstattung, die personelle Besetzung und den Betrieb der Kindergärten nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 des Kindergartengesetzes vom 17. Oktober 1988 (GAB!. S. 1143).

18 Richtlinien des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit, Familie und Sozialordnung über die Bildung und die Aufgaben der Elternbeiräte nach § 5 des Kindesgartengesetzes vom 20. Januar 1983 (GAB!. S. 463). 19

LT-Drucks. 10/4221.

20

So die Regierungsbegründung, LT-Drucks. 10/4221, S. 25.

C. Landesrecht in Bayern

33

das Bayerische Kindergartengesetz (BayKiG),21 das sich nicht auf die Gesetzgebungskompetenz "öffentliche Fürsorge", sondern auf das allein dem Landesgesetzgeber obliegende Bildungswesen stützt.22 Das Verständnis des Kindergartens als Einrichtung im vorschulischen Bereich ergibt sich aus Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayKiG. Gern. Art. 2 Abs. 1 BayKiG können Kindergärten u.a. auch von freigemeinnützigen Trägern, d.h. nach Art. 2 Abs. BayKiG von sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts und juristischen Personen des privaten Rechts errichtet und betrieben werden, deren Tätigkeit nicht auf Gewinnerzielung gerichtet ist. Danach gelten nach Art. 15 Abs. 3 und 4 des Jugendamtsgesetzes (JAG)23 diejenigen Träger als Träger der freien Jugendhilfe, die - wie z.B. die Kirchen - Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, und die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes in Bayern wirkenden Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege sowie die ihnen angehörigen oder angeschlossenen Träger einschließlich ihrer Untergliederungen. Die freien Träger werden in die staatliche Bedarfsplanung des Art. 4 BayKiG einbezogen und genießen nach dem sog. Subsidaritätsgrundsatz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Vorrang vor öffentlichen Trägern. Voraussetzung ist allerdings nach Art. 8 BayKiG die staatliche Anerkennung der Kindergärten, auf die jedoch bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ein Rechtsanspruch besteht.24 Dies gilt auch für freigemeinnützige Träger. Zwar bedarf ihre Anerkennung durch die Aufsichtsbehörde gern. Art. 8 Abs. 2 Satz 2 BayKiG eines zusätzlichen Einvernehmens mit der Gemeinde. Bei Ausübung dieses Mitwirkungsrechts ist die Gemeinde jedoch ebenfalls darauf beschränkt, das Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen zu überprüfen. Ein darüber hinausgehendes, etwa an den Bedarf oder Bedarfsplan anknüpfendes Ermessen steht der Gemeinde hingegen nicht zu. lS 21 Vom 25. Juli 1972, Bayerische Rechtssammlung (BayRS) 2231-1-K 22 BVerwG, VerwRspr. 30 (1979), 79 (82); BayVerfGH, BayVBI. 1977, 81 (84). Vgl. auch die Regierungsbegründung zu § 25 - Landesrechtsvorbehalt - (nunmehr § 26) des Entwurfs des KJHG. BR-Drucks. 503/89, S. 63. Kritisch dazu Reinhard Wiesner, Tageseinrichtungen für Kinder als Aufgabe der Jugendhilfe, in: Tageseinrichtungen für Kinder - eine Aufgabe der Jugendhilfe, hrsg. vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge, Frankfurt a.M. 1990, S. 11 (16f.).

23 Gesetz zur Ausführung des Gesetzes für Jugendwohlfahrt, des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit und des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften vom 23. Juli 1965 (BayRS 2162-1-A), geändert durch Gesetz vom 6. August 1986 (GVBI. S. 215). 24 BayVGH. VGH n.F. 42, 42 (43) unter Hinweis auf G/ldrnn Straßberger/Erich Schulke, Bayerisches Kindergartengesetz, Komm., 5. Auf). Köln 1987, Art. 8 Anm. 5 sowie m.w.N.

1. Teil: Rechtsquellen des Kindergartenrechts

34

Bei der Frage der Kostenfinanzierung ist zunächst davon auszugehen, daß die Eltern zu einem entsprechenden Beitrag herangezogen werden können. Dies erfolgt mangels spezialgesetzlicher Regelung auf der Grundlage des Art. 42 JAG. Dabei bietet das Zumutbarkeitskriterium des Satzes 2 eine hinreichende Möglichkeit, auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern einzugehen. Darüber hinaus ist hinsichtlich der Kostenautbringung zu differenzieren zwischen Bau- und Personalkosten. Von den Baukosten, d.h. den notwendigen Kosten der Neu-, Um- und Erweiterungsbauten, hat jeder Träger nach Art. 23 Abs. 1 BayKiG wenigstens ein Drittel aufzubringen. Für Kindergärten freigemeinnütziger Träger ist darüber hinaus in Art. 23 Abs. 3 Satz 1 BayKiG ausdrücklich bestimmt, daß die Kommune einen Baukostenzuschuß in Höhe von 66 2/3% zu leisten hat. Bei den Personalkosten leistet der Staat jedem Träger eines anerkannten Kindergartens Zuschüsse zu den förderungsfähigen Kosten des pädagogischen Fach- und Hilfspersonals in Höhe von 40%, Art. 24 Abs. 1 BayKiG. Welche Anforderungen in diesem Sinne an das pädagogische Fach- und Hilfspersonal zu stellen sind, ergibt sich für den Regelfall aus Art. 13 Abs. 1 BayKiG. Weitergehende Differenzierungen sind der Vereinbarung nach § 78 Abs. 3 des Gesetzes über Jugendwohlfahrt (JWG)26 zu entnehmen. Zulässige Ausnahmen, insbesondere für die Ausbildungen freigemeinnütziger Träger, ergeben sich aus Art. 13 Abs.2 BayKiG i.V.m. der Bekanntmachung zum Vollzug des Art. 13 Abs.2 des Bayerischen Kindergarten(Pädagogisches Fach- und Hilfspersonal an anerkannten Kindergärten).27 Bei freigemeinnützigen Trägern28 kommt zu dem staatlichen Zuschuß von 40% der Kosten nach Art. 24 Abs. 2 Satz 1 BayKiG ein kommunaler Zuschuß in mindestens der gleichen Höhe hinzu. Er ist gern. Art. 24 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 23 Abs. 3 Satz 2 BayKiG von den beteiligten Gemeinden gemeinsam aufzubringen, sofern sich das Einzugsgebiet des Kindergartens auf mehrere Gemeinden erstreckt. Dabei kommt es aber nicht darauf an, daß dieses Einzugsgebiet durch den Bedarfsplan bestimmt ist.29 Ein fakti-

25

BayVGH (Fn. 24), S. 44, 46f.; BayVGH, BayVBI. 1977,499 (500).

26 Anlage der Richtlinien für Heime und andere Einrichtungen nach § 78 des Gesetzes für Jugendwohlfahrt, Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien für Arbeit und Sozialordnung und für Unterricht und Kultus vom 5./14. August 1986 (KMBI. I S. 382).

27

Vom 16. April 1973 (KMBI. I S. 520).

28 Vgl. dazu Erich Czepanski, Bemessung des kommunalen Zuschusses nach Art. 23 BayKiG für Kindergärten freier Träger, KStZ 1986, 206ff.

29

So aber Straßberger/Schulke, BayKiG (Fn. 24), Art. 23 Rn. 6.

C. Landesrecht in Bayern

35

scher Einzugsbereich durch tatsächlichen Besuch aus mehreren Gemeinden reicht insoweit aus. 3O Nähere Einzelheiten über die Personalkostenbezuschussung sind der dritten Durchführungsverordnung31 zu entnehmen. Nach §§ 1 und 3 Abs. 1 dieser aufgrund des Art. 28 Abs. 1 Nr.5 BayKiG erlassenen 3. DVBayKiG wird die förderungsfähige Höhe des Personalaufwands im Regelfall nach Pauschalsätzen bemessen. Lediglich in bestimmten, in §§ 4 und 7 der 3. DVBayKiG festgelegten Ausnahmefällen ist der tatsächliche Aufwand maßgebend. Welche Aufwendungen den gewöhnlichen Pauschalsätzen zugrundeliegen, ergibt sich aus § 3 Abs. 2 der 3. DVBayKiG, wobei eine ausdrückliche Orientierung am Tarifrecht für den kommunalen Bereich erfolgt. Die konkrete Durchführung der Förderung erfolgt auf der Grundlage entsprechender Richtlinien. 32 Zur Ergänzung sei noch darauf hingewiesen, daß der Freistaat Bayern nach Nr. 5.3 der Richtlinien für Kinderhorte33 ohne Rechtspflicht im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel Zuwendungen für die Personalkosten von Kinderhorten in freigemeinnütziger Trägerschaft bis zu einer Höhe von 40% gewährt. Aus Art. 21 und 22 BayKiG ergibt sich die staatliche Aufsicht über Kindergärten. Die Durchführung der Aufsicht ist geregelt in Art. 39 JAG; die Zuständigkeiten ergeben sich in Ausführung des Art. 28 Abs. 2 BayKiG aus der ersten Durchführungsverordnung.34 Dem mit der Aufsicht bezweckten Schutz der Kinder dienen darüber hinaus die Regelungen über die personelle (§§ 11-13 der aufgrund des Art. 28 Abs.1 Nr. 1 BayKiG erlassenen vierten Durchführungsverordnung3S i.V.m. der Vereinbarung nach § 78 Abs. 3 JWG sowie Nrn. 12.1 bis 12.8 der Richtlinien für Heime und andere Einrichtungen nach § 78 JWG) sowie über die sächliche Ausstattung der 30

BayVGH (Fn. 24), S. 45; BayVGH, BayVBI. 1988,51f.

Verordnung über die Förderungsfähigkeit der Personalkosten anerkannter Kindergärten (3. DVBayKiG) vom 31. Juli 1978 (BayRS 2231-1-3-K). zuletzt geändert durch Verordnung vom 15. Dezember 1989 (GVBI. S. 727, ber. GVBI. 1990, S. 37). 31

32 Richtlinien zum Vollzug der Verordnung über die Förderungsfähigkeit der Personalkosten anerkannter Kindergärten (VR 3. DVBayKiG). Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 3. Oktober 1986 (KMBI. I S.

438).

33 Richtlinien zur Gewährung von Personalkostenzuschüssen für Kinderhorte, Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 26. Juni 1986 (KMBI. I S. 250). 34 Erste Verordnung zur Durchführung des Bayerischen Kindergartengesetzes (1. DVBayKiG) vom 15. Dezember 1972 (BayRS 2231-1-1-K).

3S Verordnung über die Rahmenpläne für anerkannte Kindergärten (4. DVBayKiG) vom 25. September 1973 (BayRS 2231-14-K).

1. Teil: Rechtsquellen des Kindergartenrechts

36

Kindergärten (§§ Hf. der aufgrund des Art. 28 Abs. 1 Nr.3 BayKiG erlassenen sechsten Durchführungsverordnung36 und Nrn. 32.1 bis 32.62 der Richtlinien für Heime und andere Einrichtungen). Die Zusammenarbeit zwischen Kindergartenträgern und Eltern erfolgt nach Art. 11 und 12 BayKiG durch den sog. Kindergartenbeirat. Einzelheiten seiner Wahl und seiner Arbeit sind in Ausführung des Art. 28 Abs. 1 Nr. 2 BayKiG der zweiten Durchführungsverordnung37 zu entnehmen.

D. Landesrecht in Berlin Ein Überblick über das Kindergartenrecht in Berlin hat mit dem Hinweis zu beginnen, daß das bislang für West-Berlin geltende Recht im Zuge der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten und damit auch der beiden Teile Berlins gern. § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Vereinheitlichung des Berliner Landesrechts38 auf den Ostteil der Stadt übergeleitet worden ist. Ein spezielles Kindergartengesetz besteht nicht. Hinsichtlich der übrigen Rechtsquellen ist vorauszuschicken, daß sich ihr Anwendungsbereich nicht auf Kindergärten beschränkt, sondern alle Kindertagesstätten erfaßt. Als Träger von Einrichtungen kommen nach §§ 25 und 26 des Ausführungsgesetzes zum Kinder- und Jugendhilfegeset? auch Träger der freien Jugendhilfe in Betracht. Sie genießen nach Maßgabe des § 26 AG KJHG eine besondere Förderung und unterliegen nach § 25 AG KJHG dem Gebot einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den Organen der öffentlichen Jugendhilfe unter kommunaler Gesamtverantwortung. Die Heranziehung der Eltern zu den Kosten der Kinderbetreuung erfolgt für städtische Kindertagesstätten auf der Grundlage des Kita36 Verordnung über Bau, Beschaffenheit und Ausstattung anerkannter Kindergärten (6. DVBayKiG) vom 7. März 1984 (BayRS 2231-1-6-K). 37 Verordnung über die Bildung und den Geschäftsgang der Kindergartenbeiräte bei den anerkannten Kindergärten (2. DVBayKiG) vom 14. Juni 1973 (BayRS 2231-1-2-K). 38

Vom 28. September 1990 (GVBI. S. 2119).

39 Durch Art. I Nr. 1 des Änderungsgesetzes vom 1. November 1990 (GVBI. S. 2226) ist das Gesetz zur Ausführung des Gesetzes für Jugendwohlfahrt und zur Regelung der öffentlichen Jugend- und Familienhilfe (AGJWG) i.d.F. vom 18. September 1m (GVBI. S. 1919) umbenannt worden in Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (AGKJHG).

D. Landesrecht in Bcrlin

37

Kostenbeteiligungsgesetzes4O i.V.m. den aufgrund des § 7 KTKBG erlassenen Ausführungsvorschriften des für die Jugend zuständigen Senators.41 Die Kostenbeteiligung ist eine Abgabe sui generis.42 Sie bemißt sich gem. § 2 KTKBG nach dem Einkommen der Eltern; die konkrete Höhe ergibt sich aus § 3 Abs. 1 KTKBG und der dazu ergangenen Anlage 1 sowie etwaige Ermäßigungen bei Mehrkinderfamilien aus § 3 Abs. 4 KTKBG und der dazu ergangenen Anlage 2. Auf freie Träger sind diese Regelungen nicht unmittelbar anwendbar. Bei Inanspruchnahme einer Landesförderung verpflichten sie sich jedoch gem. § 8 lit. m der Platzgeldvereinbarung43 zu einer Anwendung des KitaKostenbeteiligungsgesetzes und der Kita-Kostenbeteiligungsvorschriften in ihrer jeweils geltenden Fassung. Die Platzgeldvereinbarung regelt eine Beteiligung des Landes Berlin an den Kosten der Unterhaltung nicht landeseigener Kindertagesstätten in Form t-ines sog. "Platzgeldes" für jeden bereitgehaltenen und belegten Platz, § 3 Abs. 1. Sie ist ihrem Wesen nach ein einvernehmlicher Subventionsvertrag,44 der wie entsprechende Gesetze oder Verwaltungsvorschriften dazu dient, die Förderungsvoraussetzungen nach Grund und Höhe näher zu bestimmen. Beim Vorliegen der Voraussetzungen besteht dementsprechend ein Anspruch auf staatliche Zuwendungen, der beim Wegfall der Voraussetzungen ipso iure entfällt, ohne daß es einer Kündigung der Vereinbarung gem. § 9 bedarf.45 Die konkrete Berechnung des Platzgeldes erfolgt in den §§ 4 bis 6 der Vereinbarung, wobei es der Höhe nach gem. § 4 Abs. 2 mindestens ein Drittel der zugrunde gelegten Gesamtkosten beträgt. Voraussetzung einer Landesförderung ist allerdings neben einer Einhaltung der Verpflichtungen des § 8 der Platzgeldvereinbarung, die eine weitgehende Gleichstellung mit landeseigenen Kindertages40 Gesetz über die Beteiligung an den Kosten für die Betreuung von Kindern in städtischen Kindertagesstätten (Kita-Kostenbeteiligungsgesetz - KTKBG) in der Fassung vom 14. Mai 1987 (GVBI. S. 1686). 41 Ausführungsvorschriften des Senators für Jugend und Familie über die Beteiligung an den Kosten für die Betreuung von Kindern in städtischen Kindertagesstätten (Kita-Kostenbeteiligungsvorschriften - KTKBV) vom 27. Oktober 1987 (ABI. S. 1600/Dienstblatt des Senats von Berlin, Teil IV, S. 49).

42

VG Berlin, NVwZ 1984, 3%f.

43 Platzgeldvereinbarung zwischen den der "Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Berlin" angehörenden Spitzenverbänden, zugleich in Vertretung der ihnen angeschlossenen Träger von Kindertagesstätten, und dem Land Berlin, vertreten durc~ den Senator für Familie, Jugend und Sport, vom 15. Februar 1974, geändert durch die erste Anderung der Platzgeldvereinbarung vom 1. April 1982 und die zweite Änderung der Platzgeldvereinbarung vom 1. Januar 1986, nicht veröffentlicht.

....

OVG Berlin, OVGE 18, 33 (37).

4S

OVG Berlin (Fn. 44), S. 35f.

38

1. Teil: Rechtsqucllcn des Kindergarlcnrcchls

stätten bezweckt, eine vorherige Vollmachtserteilung des jeweiligen Trägers an die "Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Berlin", § 2 Abs. 1 der Platzgeldvereinbarung. Die bislang der Durchführung der Aufsicht dienende Vorschrift des

§§ 55 AGJWG ist durch Art. I Nr. 40 des Änderungsgesetzes ersatzlos ge-

strichen worden. Demgegenüber befinden sich die zum Zwecke des Kindeswohls vom Senator für Schulwesen, Jugend und Sport aufgrund des § 66 Abs. 1 AGJWG - § 66 AG KJHG hat lediglich terminologische Anpassungen erfahren - erlassenen Kindertagesstätten-Beraterpersonalvorschriften46 nach wie vor in Kraft. Die Elternmitwirkung in Kindertagesstätten ist nicht eigens geregelt. Sie wird allerdings vorausgesetzt in Nr.2 Iit. c KBPV, wonach das Beraterpersonal u.a. die Aufgabe hat, die Erzieher bei der Zusammenarbeit mit den Eltern zu unterstützen.

E. Landesrecht in Bremen Begriff und Aufgabe des Kindergartens in Bremen ergeben sich aus § 2 des Kindergarten- und Hortgesetzes.47 Als Träger kommen nach § 1 Abs. 2 Satz 1 BremKgHG auch die anerkannten freien Träger der Jugendhilfe in Betracht; § 1 Abs. 2 Satz 2 erklärt das Gesetz auch ihnen gegenüber für anwendbar. Ihre notwendige Zusammenarbeit mit öffentlichen Trägern bei der Bedarfsplanung ist in § 6 Abs. 1 und 4 BremKgHG geregelt. Die Kosten eines Kindergartens differenziert das Gesetz in Betriebskosten einerseits sowie Bau- und Einrichtungskosten andererseits. Betriebskosten sind nach § 18 Abs. 1 BremKgHG die durch den Betrieb eines Kindergartens entstehenden angemessenen Personal- und Sachkosten. Nach § 18 Abs. 2 BremKgHG sind Personalkosten die Aufwendungen des Trägers für die Vergütung der pädagogisch tätigen Mitarbeiter sowie der sonstigen Mitarbeiter nach den für den öffentlichen Dienst bestehenden Vergütungsregelungen einschließlich des Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung nach den gesetzlichen Bestimmungen und der zusätzlichen Altersversorgung so46 Ausführungsvorschriften für die Tätigkeit des Beraterpersonals in Kindertagesstätten (Kindertagesstätten-Beraterpersonalvorschriften - KBPV) vom 28. April 1984 (Auszug Amtsbi. Nr. 32 vom 15. Juni 1984).

47 Kindergarten- und Hortgesetz für das Land Bremen (BremKgHG) vom 16. Juli 1979 (GBI. S. 287). zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. Mai 1986 (GBI. S. 90).

E. Landesrecht in Bremen

39

wie die angemessenen Aufwendungen für die Fortbildung der Mitarbeiter. Welche Mitarbeiter in diesem Sinne als pädagogische Fachkräfte anzuerkennen sind, ist im Regelfall § 13 Abs. 1 BremKgHG zu entnehmen. Bei dieser Personalkostendefinition fällt auf, daß unterschiedslos für alle Träger die Vergütung nach den für den öffentlichen Dienst bestehenden Vergütungsregelungen zugrunde gelegt wird. Als Sachkosten schließlich werden nach § 18 Abs. 3 BremKgHG die Aufwendungen des Trägers für die laufende Unterhaltung der Einrichtung sowie für das Material angesehen, das für die Erfüllung der Aufgaben des Kindergartens notwendig ist. Die Finanzierung der Betriebskosten richtet sich nach §§ 19 und 20 BremKgHG. Nach § 19 Abs. 1 kommt zunächst eine Kostenbeteiligung der Eltern in Betracht. Hier ist gern. § 19 Abs. 2 Satz 1 BremKgHG am Maßstab des § 81 JWG48 eine Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern möglich.49 Die Leistungen der Jugendhilfe und der zumutbare Anteil der Eltern ist nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BremKgHG in von den Stadtgemeinden als örtlichen Trägem der Jugendhilfe zu erlassenden Grundsätzen festzulegen. Auf dieser Grundlage sind entsprechende Gebührengesetze für die Stadtgemeinden Bremenso und Bremerhaven'l erlassen worden. Auch in Bremen sind die freien Träger an diese Ortsgesetze der Stadtgemeinden nicht ausdrücklich gebunden. Nach § 19 Abs. 4 BremKgHG haben sie aber bei der Inanspruchnahme von Zuschüssen der Stadtgemeinden die Grundsätze nach Abs. 2 zu beachten und ihre Entgelte nach denen der Stadtgemeinden auszurichten. Über diese Kostenbeteiligung der Eltern hinaus haben freie Träger der Jugendhilfe gem. § 20 Abs. 1 BremKgHG zu den Betriebskosten Eigenmittei bis zu 50% zu erbringen. Durch Zuschüsse schließlich hat die Stadtgemeinde nach §§ 17 Abs. 1 Satz 1 und 20 Abs. 2 dafür Sorge zu tragen, daß die Betriebskosten einer im Bedarfsplan anerkannten Einrichtung gedeckt sind. Die konkrete Zuschußgewährung erfolgt 48 Hier wird vermutlich im Rahmen einer Anpassung an das Kinder- und Jugendhilfegesetz auf § 90 Abs. 1 KJHG Bezug genommen werden.

49 Nach Ansicht des OVG Bremen, DÖV 1988, 178 = DVBI. 1988,250 = NVwZ-RR 1989, 269 (270) ist eine soziale Staffelung der Gebührenhöhe nach dem Einkommen der Eltern nicht nur zulässig, sondern sogar geboten.

so Ortsgesetz über di~ Gebührenordnung für die Kindergärten und Horte der Stadtgemeinde Bremen und zur Anderung der Bekanntmachung der Pflegesätze für die Inanspruchnahme von Einrichtungen der Jugend- und Sozialhilfe vom 28. Juni 1982 (GBI. S. 169), zuletzt geändert durch Ortsgesetz vom 3. Mai 1988 (GBI. S. 133). 51 Ortsgesetz über die Gebührenordnung für die Kindergärten und Horte der Stadtgemeinde Bremerhaven vom 16. Juni 1982 (GBI. S. 231), zuletzt geändert durch Ortsgesetz vom 26. Juni 1986 (GBI. S. 133).

40

1. Teil: Rechtsquellen des Kindergartenrechts

aufgrund entsprechender RichtIinien zu § 17 BremKgHG, die wiederum je gesondert für die Stadtgemeinden BremenS2 und Bremerhaven53 ergangen sind. Bemerkenswert ist, daß nach Nr. 5.2 der in soweit übereinstimmenden RichtIinien der Eigenanteil der Träger, deren Finanzkraft nur begrenzte Eigenleistung zuläßt, mit 10% festgelegt wird. Die Bau- und Einrichtungskosten für Kindergärten werden in § 21 Abs. 3 BremKgHG als angemessene Aufwendungen für den Neu-, Um- und Erweiterungsbau sowie für die Ausstattung und Einrichtung definiert. Hierzu haben die freien Träger nach § 21 Abs. 1 einen Eigenanteil in Höhe von maximal50%, die Stadtgemeinden nach §§ 17 Abs.l und 20 Abs. 2 einen Zuschuß in Höhe von mindestens 50% zu erbringen. Die Aufsicht über Kindergärten wird durch die Spezialvorschrift des § 16 BremKgHG sowie generell durch die §§ 26 bis 28 des Gesetzes zur Ausführung des Jugendwohlfahrtgesetzessc bestimmt. Darüber hinaus wird der Schutzzweck der Aufsicht, das Wohl der Kinder, gewährleistet durch § 11 (Ausstattung und Einrichtung) und § 12 (Gruppengröße und personelle Ausstattung) BremKgHG sowie durch entsprechende RichtIinien.ss Die Grundsätze einer Zusammenarbeit mit den Eltern ergeben sich aus

§ 7 BremKgHG. Die organisierte Eltemmitwirkung ist in § 8 Abs. 2 (Gruppenelternversammlung und Gruppensprecher) sowie in § 8 Abs. 3

BremKgHG (Elternbeirat und Elternsprecher) geregelt. Kookretisierungen finden sich für den Bereich der Stadtgemeinde Bremen in der aufgrund des § 1 Nr. 2 des Ausführungsgesetzes zum Kindergarten- und HortgesetrS vom Senat verordneten Eltemmitwirkungsordnuni' sowie für die städtischen 52 Richtlinien des Senators für Soziales, Jugend und Sport zu § 17 des Bremischen Kindergarten- und Hortgesetzes für die Gewährung von Zuschüssen zu den Betriebskosten der Kindergärten und Horte für die Stadtgemeinde Bremen vom 18. August 1980 (ABI. S. 1236).

53 Richtlinien des Magistrats der Stadt Bremerhaven zu § 17 des Bremischen Kindergarten- und Hortgesetzes für die Gewährung von Zuschüssen zu den Betriebskosten der Kindergärten und Horte (Pörderungs-Richtlinien) für die Stadtgemeinde Bremerhaven vom 3. Dezember 1981 (ABI. 1982 S. 17).

sc Gesetz zur Ausführung des Gesetzes für Jugendwohlfahrt - AGJWG - vom 21. Dezember 1957 (GBI. S. 184), Neufassung aufgrund Art. 11 des Gesetzes vom 26. Juni 1962 (GBI. S. 159), zuletzt geändert am 24. März 1987. SS Richtlinien des Senators für Soziales, Jugend und Sport für den Betrieb von Einrichtungen gern. § 78 JWG in der Freien Hansestadt Bremen vom 22. Apri119T1 (ABI. S. 259). 56 Ortsgesetz zur Ausführung des Kindergarten- und Hortgesctzes für das Land Bremen vom 3. MIirz 1980 (OBI. S.61).

57 Ordnung über die organisierte Mitwirkung der Eltem in den Kindergiirten und Horten in der Stadtgemeinde Bremen vom 25. Oktober 1982 (OBI. S. 315).

F. Landesrecht in Hamburg

41

Kindertagesstätten in Bremerhaven in Richtlinien des Magistrats der Stadt Bremerhaven.S8 Für die Beziehung der Eltern zu den Kindergartenträgern ist schließlich hinzuweisen auf § 5 Abs.5 BremKgHG. Danach bestimmt eine Aufnahmeordnung, die die Stadtgemeinden nach Abstimmung mit den freien Trägern erlassen, das Nähere über die Aufnahme, ihre Voraussetzungen und ihren Zeitpunkt. Auf dieser Grundlage haben der Senat für den Bereich der Stadtgemeinde Bremen39 und der Magistrat für den Bereich der Stadtgemeinde Bremerhaven60 entsprechende Aufnahmeordnungen erlassen.

F. Landesrecht in Hamburg Das Landesrecht der Freien und Hansestadt Hamburg kennt weder ein spezifisches Kindergartengesetz noch generelle Vorschriften über Begriff und Aufgabe des Kindergartens sowie seine möglichen Träger. Gleichwohl werden auch in Hamburg Kindergärten von freien Trägern betrieben.61 Die Finanzierung der Kindergärten richtet sich nach dem Kindergartenförderungsgesetz. 62 Die grundsätzliche Zulässigkeit einer Heranziehung der Erziehungsberechtigten zu einem Kindergartenentgelt ergibt sich aus § 4 KGFG. Hinsichtlich der nach dem Einkommen der Erziehungsberechtigten gestaffelten Höhe enthält Abs. 1 eine Ermächtigung an den Senat zum Erlaß einer entsprechenden Rechtsverordnung einschließlich der Regelung des Verfahrens der Einkommensberechnung durch Selbsteinschätzung gegenüber dem Träger. Auf dieser Ermächtigungsgrundlage beruht die Verordnung über Kindergartenentgelte.63 Ein Überprüfungsrecht steht der Behörde bei Zweifeln an der Richtigkeit der Selbsteinschätzung gern. § 4 58 Richtlinien fur die Mitwirkung der Eltern in den städtischen Kindertagesstätten Bremerhavens vom 30. November 1m, nicht veröffentlicht. 39 Ordnung für die Aufnahme von Kindern in die Kindergärten und Horte der Stadtgemeinde Bremen vom 17. November 1980 i.d.P. vom 20. September 1982 (OBI. S. 283). 60 Ordnung für die Aufnahme von Kindern in die Kindergärten und Horte in der Stadtgemeinde Bremerhaven vom 4. Dezember 1980 (OBt. S. 303). 61 Daß auch hier zumindest de facta ihre Einbeziehung in die staatliche Bedarfsplanung stattfindet, kann einer Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft "Kindertagesstätten in Hamburg - Ausbau zu einem bedarfsgerechten integrativen Angebot - (Kindertagesstätten-Bedarfsplan 11)", Drucks. 12/492 vom 3. März 1987, S. 2 entnommen werden.

62 Hamburgisches Kindergartenförderungsgesetz (KOFO) vom 27. Juni 1984 (OVBt. S. 133), geändert durch Gesetz vom 6. Dezember 1989 (OVBl. S. 231). 63 Vom 7. August 1984 (OVBt. S. 172), geändert durch Verordnung vom 19. Dezember 1989 (OVBt. S. 299).

1. Teil: Rechtsquellen des Kindergartenrechts

42

Abs. 2 KGFG zu. Über die Kindergartenentgelte hinaus fördert die Freie und Hansestadt Hamburg gern. § 1 KGFG den Besuch in Hamburg gelegener Kindergärten von Trägern der freien Jugendhilfe bei Vorliegen der Förderungsvoraussetzungen des § 2 KGFG. Diese Vorschrift bezweckt einen den öffentlichen Trägern weitgehend gleichwertigen Standard der Kindergärten in freier Trägerschaft. Zum Umfang und Verfahren der Förderung schließlich besagt § 3 Abs. 1 Satz 1 KGFG, daß die Freie und Hansestadt Hamburg dem Träger für jedes in seinem Kindergarten betreute Kind einen monatlichen Förderungsbetrag zur Deckung der Differenz zwischem dem Pflegesatz nach Abs. 2 und dem von den Eltern zu fordernden Entgelt zahlt. Die hier in bezug genommenen Pflegesätze werden nach § 3 Abs. 2 KGFG zwischen der zuständigen Behörde und dem Träger vereinbart und umfassen die notwendigen und angemessenen Personal- und Sachkosten des Kindergartens. Hinsichtlich der Aufsicht über Kindergärten statuiert § 7 Abs. 3 des Ausführungsgesetzes zum Jugendwohlfahrtsgesetz64 die Pflichten der Träger und Leiter der Einrichtungen im Rahmen der Durchführung. Trotz ihrer Bezeichnung beanspruchen darüber hinaus die Richtlinien für Heime und andere Einrichtungen nach §§ 78, 79 JWG6S der Behörde für Arbeit, Jugend und Soziales - Amt für Jugend - gern. Nr. 1.1. (Geltungsbereich) eine Verbindlichkeit für sämtliche Heime und andere Einrichtungen, in denen minderjährige dauernd oder zeitweise, ganztägig oder für einen Teil des Tages, jedoch regelmäßig betreut werden oder Unterkunft erhalten (§ 78 Abs.l JWG).66

.

Die Elternmitwirkung ist in Hamburg zumindest für freie Träger ausdrücklich geregelt. Nach § 2 Nr. 6 KGFG muß der Träger des Kindergartens nämlich allen Eltern in gleicher Weise Mitwirkungs- und Mitentscheidungsrechte einräumen. Zu diesem Zweck sind regelmäßig Elternversammlungen durchzuführen.

64

Hamburgisches Ausführungsgesetz zum Jugendwohlfahrtsgesetz i.d.P. vom 2. Januar

6S

Vom 11. August 1961 i.d.P. vom 1. Juli 1983.

1980 (GVBI. S. 1).

66 Vgl. zur lediglich verwaltungsinternen Wirkung derartiger Richtlinien unten im 3. Teil, 3. Abschnitt unter eIL

G. Landesrecht in Hessen

43

G. Landesrecht in Hessen Begriff und Aufgaben des Kindergartens ergeben sich aus §§ 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 des Hessischen Kindergartengesetzes (Hess. KgG).67 Neben Gemeinden und öffentlichen Trägern der Jugendhilfe kommen nach § 3 Hess. KgG auch freie Träger der Jugendhilfe in Betracht. Sie sind nach § 5 Abs. 1 Hess. KgG in die kommunale Kindergartenplanung einbezogen; für ihr Verhältnis zu öffentlichen Trägern gilt der in § 5 Abs. 2 zum Ausdruck gebrachte Subsidiaritätsgrundsatz. Hinsichtlich der Kosten eines Kindergartens unterscheidet das Gesetz generell zwischen Bau- und Ausstattungskosten einerseits sowie Personalund Sachkosten andererseits. Eine Defmition der Bau- und Ausstattungskosten findet sich in § 6 Abs. 2 Hess. KgG. Hierzu erhalten die freien Träger der Jugendhilfe gem. § 6 Abs. 1 Hess. KgG nach Maßgabe des Haushaltes Zuwendungen in Höhe von bis zu 50% der angemessenen Kosten. Zur Ausführung des § 6 Hess. KgG verweist Nr. 2 der Verwaltungsvorschriften68 hinsichtlich der Angemessenheit der Kosten auf Teil A Nr. 4.3 und Nr. 7.6 der sog. Investitionsförderungsrichtlinien.6.1 Für die konkrete Gewährung von Zuwendungen zu den Bau- und Ausstattungskosten für Kindergärten freier Träger der Jugendhilfe gelten Teil A, Teil B Abschnitt I und Teil C der IFR in entsprechender Anwendung. Bei den Personal- und Sachkosten, die nicht näher umschrieben werden, ist die Erhebung eines Elternbeitrages zwar nicht gesetzlich geregelt. Sie wird aber zumindest vorausgesetzt in § 10 Hess. KgG sowie in den zu dieser Vorschrift erlassenen Ausführungsbestimmungen der Nrn. 1.1 bis 1.2.3 der Verwaltungsvorschriften. Nähere Einzelheiten finden sich lediglich unter Nr. V (Elternbeiträge) 1. bis 4. des Musters eines Eltern-Merkblattes in den Richtlinien für Kindertagesstätten im Lande Hessen.70 Neben den Elternbeiträgen erhalten die freie~ Träger der Jugendhilfe gem. § 7 Hess. KgG 67

Vom 14. Dezember 1989 (GVBI. s. 450).

Verwaltungsvorschriften des Hessischen Sozialministeriums nach § 12 des Hessischen Kindergartengesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren für die Gewährung von Zuwendungen und die Erstattung des Einnahmeausfalles nach §§ 6-10 des Hessischen Kindergartengesetzes (Az.: M - II C 1 b - 52 c 0807 -); im folgenden: Verwaltungsvorschriften. 68

6.1 Richtlinien für die Förderung sozialer Gemeinschaftseinrichtungen (Investitionsförderungsrichtlinien - IFR), Erlaß des Hessischen Sozialministers vom 19. Dezember 1973 (StAnz. 1974 S. 163) in der zweiten Neufassung vom 7. April 1989 (StAnz. S. 1026). 70 Erlaß des Hessischen Ministers für Arbeit, Volkswohlfahrt und Gesundheitswesen vom 28. November 1963 (StAnz. S. 1428); im folgenden: Richtlinien für Kindertagesstätten.

44

1. Teil: Rechtsquellen des Kindergartenrechts

Zuwendungen zu den Personal- und Sachkosten bis zu einer Höhe von 20 Millionen Deutsche Mark jährlich. Diese Zuwendungen können sich nach § 8 Abs. 1 Hess. KgG um bis zu 24 Millionen Deutsche Mark jährlich erhöhen für diejenigen Personal- und Sachkosten, die durch eine erweiterte Öffnungszeit bedingt sind. Nähere Einzelheiten zu §§ 7 und 8 Hess. KgG - wie etwa Förderungsvoraussetzungen, Berechnung und Höhe der Förderung oder Antragsverfahren - sind enthalten in Nrn. Hf. der Verwaltungsvorschriften sowie ergänzend im Teil A der unter Nr.1 der Verwaltungsvorschriften für entsprechend anwendbar erklärten Maßnahmenförderungsrichtlinien."/l Zusätzliche Zuwendungen können freie Träger der Jugendhilfe nach § 9 Hess. KgG i.V.m. Nrn. 1 und 2 der Verwaltungsvorschriften bei der Erfüllung besonderer Integrationsaufgaben (Ausländerund Aussiedlerkinder, behinderte Kinder) nach Maßgabe des Haushaltes erhalten. Schließlich erfolgt nach näherer Maßgabe des § 10 Hess. KgG sowie der Verwaltungsvorschriften für alle Träger eine pauschale Erstattung in Höhe von achtzig Deutsche Mark je Kind und Monat für einen den Träger entstehenden Einnahmeausfall durch unterschiedlich begründete Maßnahmen der Elternentlastung. Die Aufsicht über Kindergärten ist landesgesetzlich nicht näher geregelt. Ihre Durchführung erfolgt daher nach den Richtlinien für Kindertagesstätten. Hier ist insbesondere hinzuweisen auf Nr.5 (personelle Besetzung), Nr.6 (Lage und Beschaffenheit der Gebäude) sowie auf Nr.7 (Beschaffenheit der Räume). Die Elternmitwirkung in hessischen Kindergärten richtet sich nach § 4 Hess. KgG. Danach bilden die Erziehungsberechtigten eines Kindergartens die Elternversammlung (Abs. 1), die nach Abs. 2 einen Elternbeirat wählt. Nähere Verfahrensregelungen bleiben gern. § 4 Abs.3 Hess. KgG den einzelnen Trägern vorbehalten. Aus Sicht der Kirchen und Religionsgemeinschaften ist schließlich auf die hessische Besonderheit hinzuweisen, daß ihnen in § 12 Abs. 2 Hess. KgG - neben der Liga der freien Wohlfahrtspflege, den kommunalen Spitzenverbänden und dem Landesjugendamt - vor dem Erlaß von Verwaltungsvorschriften ein Anhörungsrecht zugestanden wird. Die gesetzgeberischen Initiativen zur notwendigen Anpassung an das Kinder- und Jugendhilfegesetz des Bundes beschränken sich derzeit auf 71 Richtlinien für die Förderung nicht investiver sozialer Maßnahmen (Maßnahmenförderungsrichtlinien - MFR), Erlaß des Hessischen Ministers für Arbeit, Umwelt und Soziales vom 8. Oktober 1984 (StAnz S. 21(0), in der zweiten Neufassung vom 11. Januar 1989 (StAnz. S. 519).

H. Landesrecht in Niedersachsen

45

einen entsprechenden Antrag der FDP-Fraktion,72 der dem Sozialpolitischen Ausschuß zur weiteren Befassung überwiesen worden ist. Dieser Antrag empfiehlt die Berücksichtigung gewisser Eckpunkte für ein neu zu verabschiedendes Hessisches Ausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz.

H. Landesrecht in Niedersachsen Gesetzliche Regelungen, insbesondere ein eigenes Kindergartengesetz, in dem Begriff und Aufgabe des Kindesgartens näher umschrieben werden, gibt es nicht. Die Einrichtung des Kindergartens wird aber in zahlreichen ministeriellen Erlassen vorausgesetzt. Wegen einer nicht ausreichenden Anzahl an Kindergartenplätzen können daneben in Niedersachsen für die gleiche Altersgruppe sog. Kinderspielkreise gebildet werden.73 Nach der Einleitung der Richtlinien können sie aber Kindergärten nicht ersetzen und sollen daher in solche umgewandelt werden, sobald die personellen und räumlichen Voraussetzungen dazu vorliegen. Hinsichtlich der Kostenfinanzierung ist zunächst auf die Elternbeiträge einzugehen. Sie sind nicht spezialgesetzlich geregelt und lassen sich daher rechtfertigen aus § 35 Abs.1 des Ausführungsgesetzes zum Jugendwohlfahrtsgesetz.'4 Nach Satz 1 werden der Hilfeempfänger und seine Eltern zu den Kosten einschließlich der Personalkosten herangezogen, soweit es ihnen zumutbar ist. Demgegenüber sieht Satz 2 in besonderen Härtefällen die Möglichkeit vor, von der Heranziehung abzusehen. Zu den Elternbeiträgen gewährt das Land gem. § 18 Abs.1 Nr.2 AGJWG Zuschüsse für Maßnahmen und Einrichtungen, die der Erziehungs- und Bildungshilfe für Minderjährige und ihre Familien dienen (§ 5 Abs.1 Nrn. 1 und 3 JWG), damit also auch für Kindergärten. Auf dieser Grundlage werden nach Maßgabe entsprechender Richtlinien Zuwendungen zu Ausgaben für Fachkräfte in Kindergärten und zur Herabsetzung der Elternbeiträge für Kindergarten- und Kinderspielkreisplätze gewährt. Die Gewährung von Zuwendungen an Kindergartenträger zu den Ausgaben für 72 Antrag für ein Hessisches Ausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) vom 26. Oktober 1990, LT-Drucks. 12/757. 73 Vgl. zu den näheren Einzelheiten die Richtlinien für Kinderspielkreise, RdEri. des Kultusminsters vom 10. Mai 1m (Nds. MBi. S. 835).

Gesetz zur Ausführung des Gesetzes für Jugendwohlfahrt (AGJWG) vom 10. April S. 211), zuletzt geändert durch Gesetz zur Änderung des AGJWG vom 9. November 1989 (GVBi. S. 369). 74

1m (GVBi.

46

1. Teil: Rechtsquellen des Kindcrgartenrechls

Fachpersonal setzt nach Nr. 3.2 der Richtlinien7s die personelle Besetzung des Kindergartens mit den dort im einzelnen genannten Fachkräften voraus. Art, Umfang und Höhe dieser Zuwendung ergeben sich aus Nr. 4, Einzelheiten zum Antragsverfahren aus Nr. 5 der Richtlinien. Neben diesen Personalkostenzuschüssen fördert das Land nach Nr.1 Abs.1 der entsprechenden Richtlinien76 den Besuch von Kindergärten und Kinderspielkreisen im letzten Jahr vor dem Eintritt in die Schule. Bei Vorliegen der Förderungsvoraussetzungen, die sich aus Nr. 4 der Richtlinien ergeben, gewährt das Land den Trägern Zuwendungen zur Herabsetzung der Elternbeiträge für Kindergarten- und Kinderspielkreisplätze von mindestens fünfjährigen Kindern vor ihrer Einschulung. Für jeden danach zuwendungsfähigen Platz beträgt die Zuwendung gern. Nr. 2 Abs.2 Nr.1 der Richtlinien DM 50,- monatlich für Kindergärten mit einer regelmäßigen Betreuungszeit von mindestens fünfzehn Stunden pro Kind und Woche, nach Nr. 2 Abs. 2 Nr. 2 der Richtlinien DM 25,- monatlich für Kinderspielkreise mit einer regelmäßigen Betreuungszeit von mindestens zwölf Stunden pro Kind und Woche und für Kindergärten mit einer regelmäßigen Betreuungszeit von weniger als fünf aber mindestens zwölf Stunden pro Kind und Woche. Darüber hinaus erhält der Träger für jeden zuwendungsfähigen Platz weitere DM 5,- als pauschale Abgeltung für den mit dieser Förderung verbundenen Verwaltungsaufwand. Die Verwendung der Zuwendung ist zweckgebunden: mit ihr ist nach näherer Maßgabe der Nr.3 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 der Richtlinien der Elternbeitrag für alle unter die Förderung fallenden Kinder herabzusetzen. Weitere Einzelheiten über das Zuwendungsverfahren - wie etwa Antragsverfahren, konkrete Auszahlung und Verwendungsnachweis - finden sich in Nrn. 5ff. der Richtlinien. Für bestimmte, im einzelnen aufgeführte Maßnahmen in Kindergärten mit einem bestimmten Anteil an Ausländerkindern können darüber hinaus Zuwendungen des Landes nach Maßgabe der dazu vom Kultusminster erlassenen Grundsätze gewährt werden. 77 Gesetzliche Grundlage der Durchführung der Aufsicht sind die §§ 32 und 33 AGJWG. Ihrer Konkretisierung dient vor allem Teil I (Nrn. 11 bis

7S Richtlinien für die Gewährung von Zuwendungen zu Ausgaben für Fachkräfte in Kindergärten, RdErl. des Kultusminsters vom 21. April 1986 (Nds. MBI. S. 430).

76 Richtlinien zur Förderung des Besuchs von Kindergärten und Kinderspielkreisen, RdErl. des Kultusminsters vom 4. Juli 1983 (Nds. MBI. S. 675), zuletzt geändert durch RdErl. vom 14. Juni 1985 (Nds. MBI. S.576). 77 Grundsätze zur Förderung von Ausländerkindem in Kindergärten, RdErI. des Kultusminsters vom 26. April 1983 (Nds. MBI. S. 562).

I. Landesrecht in Rhcinland-Pfalz

47

14) der sog. Heimrichtlinien.78 Zusätzlich dienen dem Schutz der Kinder die Anforderungen an die bauliche Gestaltung und Ausstattung (Teil 11, A. Nr.15) sowie an die Personalausstattung, Gruppengröße und Raumbedarf der Einrichtungen (Teil III, A. Nr. 21). Die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Kindergartenträgern dürfte zwar auch in Niedersachsen gewohnheitsrechtlich anerkannt sein; normiert hingegen ist sie nicht.

I. Landesrecht in Rheinland-Pfalz Begriff und Aufgabe des Kindergartens ergeben sich hier aus §§ 1 und 2 des Kindergartengesetzes.79 Nach § 6 Abs.1 KgG obliegt die Trägerschaft auch Trägern der freien Jugendhilfe. Dabei gelten als anerkannt nach § 7 Abs.2 des Ausführungsgesetzes zum JugendwohlfahrtsgesetzBO die Kirchen, die sonstigen Religionsgemeinschaften öffentlichen Rechts und die in der Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege im Lande zusammengeschlossenen Verbände sowie die ihnen angehörenden oder mitgliedschaftlich angeschlossenen Träger einschließlich ihrer Untergliederungen. Die Träger der freien Jugendhilfe sind nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KgG in die öffentliche Bedarfsplanung einbezogen und genießen nach dem Subsidiaritätsgrundsatz des § 6 Abs. 1 Satz 3 KgG81 Vorrang vor öffentlichen Trägern. Bei den Kosten wird zwischen Bau- und Ausstattungskosten, Personalkosten und Sachkosten differenziert. Die Aufbringung der Bau- und Ausstattungskosten fällt nach § 7 Abs. 2 Satz 1 KgG grundsätzlich in die Verantwortichkeit des jeweiligen Trägers. Entsprechend seiner Verantwortung für die Sicherstellung ausreichender und bedarfsgerechter Kindergärten hat sich gern. Satz 2 der Träger des Jugendamtes an den notwendigen Kosten angemessen zu beteiligen. § 7 Abs. 2 Satz 3 KgG sieht für Kindergärten freier Träger einen zusätzlichen Beitrag der Kommunen entsprechend ihrer Finanzkraft vor. 78 Richtlinien für Heime und andere Einrichtungen (§ 78 JWG und § 26 AGJWG) Heimrichtlinien -, RdErl. des Kultusministers vom 30. Dezember 1966 (Nds. MBI. S. 131). 79 Zweites Landesgesetz zur Ausführung des Gesetzes für Jugendwohlfahrt (Kindergartengesetz - KgG) vom 15. Juli 1970 (GVBI. S. 237), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. März 1988 (GVBI. S. 53).

80 Erstes Landesgesetz zur Ausführung des Gesetzes für Jugendwohlfahrt (AGJWG) vom 3. Dezember 1982 (GVBI. S. 431). 81

Vgl. dazu auch die allgemeine Vorschrift des § 1 Abs. 3 Satz 2 AGJWG.

48

1. Teil: Rcchtsquellen des Kindergartenrcchts

Einzelheiten der Personalkosten ergeben sich aus § 8 KgG. Dabei definiert Abs. 1 Satz 1 die Personalkosten zunächst als angemessen Aufwendungen und stellt sodann im einzelnen dar, welche Aufwendungen von diesem Begriff umfaßt werden. Bemerkenswert ist für die Kirchen und Religionsgemeinschaften insoweit, daß ihre Aufwendungen nicht lediglich auf der Grundlage fiktiver Zahlen des öffentlichen Dienstes akzeptiert werden, sondern daß neben dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) auch vergleichbare Vergütungsregelungen sowie ein Gestellungsgeld nach Einzelverträgen berücksichtigt wird. Zusätzlich werden nach § 8 Abs. 1 Satz 2 KgG bei Mitgliedern einer religiösen Gemeinschaft die ihrer Ausbildung und Tätigkeit entsprechenden Regelungen des BAT zugrunde gelegt. Die generelle Verteilung der Personalkostenfinanzierung ergibt sich aus

§ 8 Abs. 2 KgG. Danach werden sie aufgebracht durch Elternbeiträge, Ei-

genleistungen des Trägers und Zuschüsse des Landes, des Trägers des Jugendamtes und der Gemeinde. Die Elternbeiträge werden nach § 8 Abs. 3 Satz 1, 1. Halbs. KgG nach Anhörung der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege vom Jugendamt einheitlich festgelegt. Sie sollen nach Satz 2 so bemessen werden, daß sie 20% der durchschnittlichen Personalkosten eines personell ausreichend besetzten Kindergartens decken. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern wird insoweit berücksichtigt, als sich nach Abs. 3 Satz 1, 2. Halbs. der Beitragssatz für das jeweils zweite Kind einer Familie auf 50% ermäßigt und für jedes weitere Kind entfällt. Satz 3 schließlich sieht eine mögliche Ermäßigung unter den Voraussetzungen des § 81 Abs. 1 und 2 JWG 82 vor. Hinsichtlich der Eigenleistungen der Träger bestimmt § 8 Abs. 4 KgG, daß sie im Regelfa1l15% der Personalkosten decken sollen. Gem. Abs. 5 gewährt das Land Personalkostenzuschüsse in Höhe von 25%, wenn die Gruppengröße der Landesverordnung nach § 12 lit. b83 und die personelle Ausstattung den Verwaltungsvorschriften nach § 12 lit. c KgG 84 entsprechen. Nr. 1 dieser Verwaltungsvorschrift macht die Landeszuschüsse von der personellen Ausstattung nach Nr.2 der Verwaltungsvorschrift abhängig, die in Nr. 2.1 ihrerseits Bezug nimmt auf die Voraussetzungen der 1. Vereinbarung nach § 78 Abs.3 JWG.&S Der Jugend82 Auch hier wird vermutlich im Rahmen einer Anpassung an das Kinder- und Jugendhilfegesetz auf § 90 Abs. 1 KJHG Bezug genommen werden.

83 Zweite Landesverordnung zur Durchführung des Kindergartengesetzes (Kindergarten-Planungsverordnung) vom 19. Januar 1982 (GVBI. S. 67).

84 Gewährung von Landeszuschüssen zu den Personalkosten von Kindergärten, Verwaltungsvorschrift vom 19. Januar 1982 (MinBI. S. 93), zuletzt geändert am 16. September 1987 (MinBI. S. 382).

&S Erste Vereinbarung über die Voraussetzungen der Eignung von Betreuungspersonal in Heimen und anderen Einrichtungen der Jugendhilfe (1. Vereinbarung nach § 78 Abs. 3 JWO zwischen dem Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch das Ministerium für Soziales,

I. Landesrecht in Rhcinland-Pfalz

49

amtszuschuß schließlich hat sich nach § 8 Abs. 6 Satz 1 KgG an der Gesamtverantwortung des Jugendamtes für die Deckung der Personalkosten zu orientieren und soll nach Satz 2 40% betragen. Sein Anteil vermindert sich nach Satz 3 entsprechend, wenn die Gemeinde im Rahmen ihrer Finanzkraft zur Deckung der Personalkosten beiträgt. Die laufenden Sachkosten werden in § 9 Satz 2 als alle Aufwendungeh definiert, die nicht Personalkosten nach § 8 Abs. 1 sind. Sie sind nach Satz 1 vom jeweiligen Kindergartenträger aufzubringen. Die Zuständigkeit der Aufsichtsausübung ist in § 3 Abs. 2 Satz 1 AGJWG geregelt. Dem Zweck der Aufsicht - Wohl der Kinder - dient hinsichtlich der personellen Ausstattung von Kindergärten auch die 1. Vereinbarung nach § 78 Abs. 3 JWG. Gesetzliche Grundlage der Zusammenarbeit zwischen Eltern und Kindergartenträgern ist § 3 KgG. Danach bildet der Träger im Benehmen mit der Leiterin einen Elternausschuß, der die Erziehungsarbeit im Kindergarten und die Zusammenarbeit mit den Eltern fördern soll. In Ausführung des § 12lit. a KgG hat der Minister für Soziales, Gesundheit und Umwelt durch Rechtsverordnung die Zusammensetzung und Größe dieses Elternausschusses geregelt.86 In Ergänzung zu den derzeit geltenden Regelungen kann zumindest darauf hingewiesen werden, daß der Landtag bereits in erster Lesung die Gesetzentwürfe der SPD-Fraktion87, der CDU-Fraktion88 sowie der Fraktion der Grünen zu einem neuen Kindertagesstättengesetz beraten hat. Nach Durchführung einer öffentlichen Anhörung befmden sich die Gesetzentwürfe derzeit zur weiteren Erörterung in den zuständigen Landtagsausschüssen.

Gesundheit und Sport und den in der Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege vertretenen Träger der freien Jugendhilfe) i.d.F. vom 18. April 1973, veröffentlicht durch RdErl. des Ministers für Soziales, Gesundheit und Sport vom 18. April 1973 (MinBI. Sp. 226). 86 Erste Landesverordnung zur Durchführung des Kindergartengesetzes (Eltemausschuß-Verordnung) vom 30. November 1970 (GVBI. S. 457).

87

LT-Drucks. 11/4069.

88

LT-Drucks.11/4571.

4 KlImper

50

1. Teil: Rcchtsquellen des Kindergartenrcchts

J. Landesrecht im Saarland Eine auf den Kindergarten beschränkte Begriffs- und Aufgabenbestimmung besteht nicht. Unter dem umfassenden Begriff "vorschulische Einrichtung" werden Begriff und Aufgabe des Kindergartens aber inhaltlich erfaßt in §§ 1 und 2 des Gesetzes Nr. %9.1» Als Träger sieht § 10 Gesetz Nr. %9 auch Träger der freien Jugendhilfe vor, wobei Kirchen und sonstige Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts und die in der Liga der Freien Wohlfahrtspflege zusammengeschlossenen Verbände der freien Wohlfahrtspflege nach § 30 des Ausführungsgesetzes zum Jugendwohlfahrtsgesetz90 als anerkannt gelten. Sie sind nach § 8 Abs. 3 Gesetz Nr. %9 in die staatliche Entwicklungsplanung einbezogen und haben nach dem in § 10 Abs. 1 und 2 Satz 1 verankerten Subsidiaritätsgrundsatz Vorrang vor öffentlichen Trägern. Hinsichtlich der Kosten differenziert das Gesetz zwischen Bau- und Betriebskosten. Die Baukosten werden in § 11 Satz 1 Gesetz Nr. %9 als die angemessenen Aufwendungen für den Neubau, Ausbau und Erweiterungsbau sowie für die Ersteinrichtung definiert. Welche Kosten in diesem Sinne angemessen sind, ist nicht näher geregelt. Konkretisierungen können sich jedoch aus der Bestimmung der notwendigen Beschaffenheit von Gebäude, Räumlichkeiten und Ersteinrichtung in Nr. I. C. und D. der aufgrund des § 21 Gesetz Nr. %9 erlassenen Verwaltungsvorschriften91 ergeben. Die Grundsätze der Baukostenfinanzierung ergeben sich aus § 12 Abs. 2 Gesetz Nr. %9. Nach Satz 1 sind von freien Trägern mindestens 30% als Eigenleistung aufzubringen. Satz 2 legt einen Zuschuß der Gebietskörperschaft, bei der das Jugendamt eingerichtet ist, in Höhe von mindestens 20% fest, während sich nach Satz 3 die sog. Sitzgemeinde in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit angemessen, d.h. im Regelfall ebenfalls mit einem Zuschuß von 20% beteiligen soll. Nach Maßgabe des Landeshaushaltsplanes erhält der Träger schließlich gem. § 12 Abs.4 Gesetz Nr. %9 einen Landeszuschuß in Höhe von mindestens 30% der Baukosten. Voraussetzung jeglicher Zuschußgewährung und jeglichen Ausschlusses einer RückerstatI» Gesetz zur Förderung der vorschulischen Erziehung (Gesetz Nr. 9(9) vom 9. Mai 1973 (Amtsbl. S. 373) i.d.F. vom 18. Februar 1975 (Amtsbl. S. 368).

90 Saarländisches Ausführungsgesetz zum Gesetz für Jugendwohlfahrt (AGJWG) vom 22. April 1964 (AmtsbI. S. 389) i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. Mai 1m (Amtsbl. S. 330).

91 Verwaltungsvorschriften des Ministers für Kultus, Bildung und Wissenschaft zum Gesetz zur Förderung der vorschulischen Erziehung vom 6. Juli 1988 (GmBI. S. 174); im folgenden: Verwaltungsvorschriften.

J. Landesrecht im Saarland

51

tung sind allerdings nach § 12 Abs. 6 und 7 Gesetz Nr. 969, daß die Gesamtfinanzierung der Baumaßnahme gesichert ist, die in Übereinstimmung mit dem Entwicklungsplan erfolgt, und daß die geförderte Einrichtung über einen Zeitraum von zwanzig Jahren keinen anderen Zwecken als dem Betrieb einer vorschulischen oder schulischen Einrichtung zugeführt wird. Einzelheiten zum Verfahren der Baukostenfinanzierung ergeben sich aus Nr. I F der Verwaltungsvorschriften. In § 18 Abs. 1 Gesetz Nr. 969 werden die Betriebskosten als angemessene Personal- und Sachkosten umschrieben. Welche Aufwendungen dabei vom Personalkostenbegriff umfaßt sind, ergibt sich im einzelnen aus Abs. 2. Auch hier werden Vergütungen nach dem BAT vergleichbaren Vergütungsregelungen sowie aufgrund von Gestellungsverträgen ausdrücklich erfaßt. Die Maßstäbe für die Angemessenheit der Personalkosten ist Nr. 11 Ader Verwaitungsvorschriften zu entnehmen. Demgegenüber sind Sachkosten nach § 18 Abs. 3 alle Aufwendungen, die nicht Personalkosten oder Baukosten sind. Die Finanzierung der Betriebskosten ist in § 19 Gesetz Nr. 969 geregelt. Nach der allgemeinen Verteilung des Abs.1 werden die Personalkosten durch Beiträge der Erziehungsberechtigten, Eigenleistungen des Trägers sowie durch Zuschüsse der Gebietskörperschaft, bei der das Jugendamt errichtet ist, der Gemeinde und des Landes gedeckt. Nach Abs. 2 Satz 1 ist der Beitrag der Erziehungsberechtigten so zu bemessen, daß er zusammengenommen 25% der Personalkosten nicht überschreitet. Ermäßigungen sind vorgesehen in den Sätzen 2 und 3, und zwar um jeweils 25% für jedes weitere Kind einer Familie und davon unabhängig unter den Voraussetzungen des § 81 Abs. 1 und 2 JWG.92 Die Gebietskörperschaft, bei der das Jugendamt errichtet ist, hat dem Träger nach Satz 4 unbeschadet ihrer eigenen Zuschüsse entsprechende Ausfallbeträge zu erstatten. Abs. 3 sieht eine RegelEigenleistung freier Träger in Höhe von 15% der Personalkosten vor. Während darüber hinaus das Land bei einer personellen Ausstattung nach § 14 Gesetz Nr. 969 einen Zuschuß von 25% gewährt, § 19 Abs. 4 Gesetz Nr. 969, liegt die finanzielle Letztverantwortlichkeit bei der Kommune, bei der das Jugendamt eingerichtet ist. Sie hat dementsprechend gem. § 19 Abs. 5 Satz 1 Gesetz Nr. 969 durch eine eigene Zuwendung sicherzustellen, daß der verbleibende Restbetrag der Personalkosten gedeckt wird, wobei die Gemeinde nach Satz 2 im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit hierzu beiträgt. Das Verfahren der Zuschußgewährung richtet sich nach Nr. 11 B der Verwaltungsvorschriften.

92

vgl. Fn. 82.

52

1. Teil: RechtsquelIen des Kindcrgartenrcchts

Die Grundsätze der Aufsicht ergeben sich aus §§ 55 und 65 AGJWG. Hinsichtlich ihrer Durchführung hat der Minister für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung entsprechende Richtlinien93 erlassen. Teil 3 enthält unter Nr. 3.1 (Nm. 3.1.1 bis 3.1.5) allgemeine Regelungen für alle Kindertageseinrichtungen. Speziell für Kindergärten verweist Nr.3.3 auf das Gesetz Nr. 969 zur Förderung der vorschulischen Erziehung und die dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften. Die Zusammenarbeit mit den Eltern erfolgt nach §§ 3ff. Gesetz Nr. 969 in einem sog. Vorschulausschuß. Seine Aufgaben und Grundsätze für seine Arbeit ergeben sich aus §§ 3 und 6, Zusammensetzung und Wahl aus §§ 4 und 5 Gesetz Nr. 969. Ergänzend regelt § 7 seine Arbeitsfähigkeit. Die CDU-Landtagsfraktion hat am 7. November 1990 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der vorschulischen Erziehung eingebracht,94 mit dem u.a. der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz gesetzlich verankert und die Elternbeiträge nach Abkoppelung von den Personalkosten landesweit einheitlich festgeiet werden sollten. Dieser Gesetzentwurf ist von der SPD-Fraktion im saarländischen Landtag abgelehnt worden; sie hat angekündigt, im Frühjahr 1991 ein eigenes Kinderbetreuungsgesetz vorzulegen.

K. Landesrecht in Schleswig-Holstein Das Kindergartenrecht in Schleswig-Holstein ist nicht gesetzlich geregelt; einige speziell den Kindergarten betreffende Bestimmungen sind lediglich in ministeriellen Erlassen und Bekanntmachungen enthalten. So ergeben sich etwa Begriff, Aufgabe und Bedeutung aus dem Kindergartenbericht 197895 sowie aus Punkt A (Vorbemerkungen) der Planungsgrundsätze für das Kindergartenwesen.96 Daß auch Träger der freien Jugendhilfe als Kindergartenträger in Betracht kommen, ist zwar ebenfalls nicht ausdrücklich geregelt, erfährt aber 93 Richtlinien zur Durchführung der Heimaufsicht durch das Landesjugendamt des Saarlandes gemäß § 78 des Jugendwohlfahrtsgesetzes (JWG) vom 29. August 1989 (GMBI. S.

355).

94 LT-Drucks. 10/218. 95

Bekanntmachung des Sozialministers vom 17. Oktober 1978 (AmtsBI. Sehl.-H. S.

96

RdErl. des Sozialminsters vom 1. September 1971 (AmtsBI. Sehl.-H. S.644).

671).

K. Landesrecht in Schleswig-Holslein

53

zumindest eine Bestätigung unter D 3 dieser Planungsgrundsätze. Was ihr Verhältnis zu den öffentlichen Trägern anbelangt, so wird hier ausdrücklich auf den in § 5 Abs. 3 Satz 2 JWG enthaltenen Subsidiaritätsgrundsatz Bezug genommen. Auch für die Kosten eines Kindergartens sowie ihre Finanzierung enthält das schleswig-holsteinische Landesrecht keine gesetzlichen Spezialvorschriften. In § 24 Abs. 1 und 2 des Ausführungsgesetzes zum Jugendwohlfahrtsgesetz97 ist lediglich generell für Hilfen nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 6 JWG die Möglichkeit vorgesehen, den Minderjährigen und seine Eltern bei Zumutbarkeit gem. § 81 Abs. 2 JWG zu einem Kostenbeitrag heranzuziehen. Gesetzliche Grundlage zur Durchführung der Aufsicht sind die §§ 22 und 23 AGjJWG. Nähere Einzelheiten ergeben sich aus den Durchführungsbestimmungen für die Heimaufsicht (§§ 22 Abs. 4 und 23 Abs. 4 AGjJWG).98 Ergänzungen hinsichtlich des Personal- und Raumbedarfs sowie der Gruppengröße enthält Nr. 2.3 (2.3.1 bis 2.3.4) der Richtlinien für J ugendwohlfahrtseinrichtungen.99 Die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Kindergartenträgern ist auch auf untergesetzlicher Ebene nicht näher geregelt; sie dürfte gleichwohl zumindest gewohnheitsrechtlieh anerkannt sein. Zur Anpassung an das Kinder- und Jugendhilfegesetz sowie zum Zwecke einer generellen Neuregelung des Kindergarten- und Tagesstättenbereichs hat die CDU-Landtagsfraktion den Entwurf eines Kindertagesstättengesetzes100 vorgelegt.

97 Gesetz zur Ausführung des Gesetzes für Jugendwohlfahrt (AG/JWG) vom 7. Juli 1962 (GVBI. S. 277), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. November 1977 (GVBI. S. 490). 98

RdErI. des Kultusminsters vom 6. August 1964 (AmtsBI. Schl.-H. S. 433).

RdErI. des Kultusministers vom 28. November 1973 (Nachrichtenblatt des Kultusminsters [NBI. KM) S. 313), zuletzt geändert durch Erlaß des Kultusminsters vom 4. Mai 1987 (AmtsBI. Schl.-H. S. 234). 99

100 Entwurf eines Gesetzes über Kindertagesstätten und sonstige Tageseinrichtungen (Kindertagesstättengesetz), LT-Drucks. 12/1234.

54

1. Teil: Rechtsquellen des Kindergartenrechts

L. Landesrecht in den Ländern der ehemaligen DDR In eine Übersicht über das maßgebliche Landesrecht gehören nunmehr auch die nach dem LändereinführungsgesetzlOI neugebildeten Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, die nach Art. 1 Abs. 1 des Einigungsvertragesl02 mit dem Wirksamwerden des Beitritts der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland gern. Art. 23 GG am 3. Oktober 1990 Länder der Bundesrepublik Deutschland geworden sind. Hinsichtlich des Kindergarten- und Tagesstättenbereichs sind sie nach

§ 1 i.V .m. § 19 Abs. 4 einer Verordnung des Ministerrates der ehemaligen

DDR I03 bis auf weiteres gemeinsam zu behandeln. Danach gilt nämlich die Verordnung bis zum Erlaß anderweitiger landesgesetzlicher Regelungen in den besagten Ländern als Landesrecht. Die Fortgeltung dieser Verordnung, die nach Unterzeichnung des Einigungsvertrages erlassen wurde, bedurfte allerdings nach Art. 9 Abs. 3 Satz 1 des Einigungsvertrages einer entsprechenden Vereinbarung. Diesem Bedarf wird Art. 3 Nr.26 einer Vereinbarung zwischen den VertragsparteienlO4 gerecht. Nach der Begriffsbestimmung des § 2 der Verordnung werden von dem umfassenden Begriff der Tageseinrichtungen für Kinder u.a. auch die Kindergärten erfaßt. Grundsätze und Aufgaben der Tageseinrichtungen für Kinder ergeben sich aus §§ 3 und 6 der Verordnung. § 4 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung sieht für die Errichtung und Betreibung von Tageseinrichtungen auch freie Träger vor, denen nach Satz 2 bei entsprechender Eignung der Vorrang vor öffentlichen Trägern zu geben ist.

Bzgl. der Kosten sieht § 16 Abs. 1 der Verordnung vor, daß alle Träger von Tageseinrichtungen für Kinder für die Kosten zur Errichtung, zum Er-

101 Verfassungsgesetz zur Bildung von Ländern in der Deutschen Demokratischen Republik vom 22. Juli 1990 - Ländereinführungsgesetz - (GBI. I Nr. 51 S. 955). 102

Fn.2.

103 Verordnung über Tageseinrichtungen für Kinder vom 18. September 1990 (GBI. I Nr. 63S.1577).

104 Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Durchführung und Auslegung des am 31. August 1990 in BerUn unterzeichneten Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag vom 18. September 1990 (BGBI. II S. 1239).

M. Resümee

55

halt und Betrieb der Einrichtungen im Rahmen der vorhandenen Haushaltsmittel öffentliche Zuschüsse erhalten. § 16 Abs. 2 statuiert allerdings eine Verpflichtung freier Träger, eine an ihrer Finanzkraft orientierte angemessene Eigenleistung zu erbringen. Unabhängig davon können die Träger für die Inanspruchnahme ihrer Leistungsangebote gem. § 17 Abs. 1 der Verordnung Elternbeiträge festlegen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß die jeweils zuständigen Landesminister in den aufgrund von § 19 Abs. 3 i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 zu erlassenen Durchführungsbestimmungen für die Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen für Kinder pauschale Beträge festsetzen oder ihre Staffelung nach Einkommensgruppen bzw. Anzahl der Kinder der einzelnen Erziehungsberechtigten vornehmen können. Darüber hinaus sieht § 17 Abs.2 Satz 2 vor, daß die Elternbeiträge bei Unzumutbarkeit auf Antrag teilweise oder gänzlich zu erlassen oder zu übernehmen sind. Die notwendige Aufsicht ergibt sich aus den §§ 12ff. der Verordnung. So bedarf der Träger einer Tageseinrichtung zu ihrem Betreiben gem. § 13 Abs. 1 einer Erlaubnis, die lediglich nach näherer Maßgabe des Abs. 2 zu versagen bzw. zurückzunehmen ist. Eine entsprechende Meldepflicht für erlaubnispflichtige Einrichtungen ergibt sich aus § 15 der Verordnung. Zur Ermöglichung einer von bürokratischen Hemmnissen freien kontinuierlichen Betreuung gilt allerdings nach § 13 Abs. 4 der Verordnung den bei Inkrafttreten der Verordnung bestehenden Tageseinrichtungen für Kinder die erforderliche Erlaubnis als widerruflich erteilt. Der Intention der Erlaubnis dient die Regelung des örtlichen Prüfungsrechts der zuständigen obersten Landesbehörde in § 14 der Verordnung. Aus § 12 schließlich ergeben sich die Anforderungen an das in Tageseinrichtungen tätige Personal. Eine Zusammenarbeit zwischen Eltern und Trägern von Tageseinrichtungen ist bisher nicht näher geregelt.

M. Resümee Die vorstehende Zusammenstellung wesentlicher Rechtsquellen im Kindergartenrecht des Bundes und der Länder kann und will hinsichtlich der angesprochenen Regelungsbereiche keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Sie sollte nur aufzeigen, daß sich in nahezu allen Bundesländern trotz landesspezifischer Unterschiede nach entsprechender Begriffs- und Aufgabenbestimmung zumindest im Hinblick auf den Stellenwert kirchlicher Kindergärten, die besonderen Fragen ihrer Kosten und deren Aufbringung, die Aufsicht über Kindergärten sowie die Zusammenarbeit zwischen

56

1. Teil: Rechtsquellen des Kindergartenrechls

Trägern und Eltern vergleichbare rechtliche Konstanten finden. So können im folgenden ohne Einebnung der in den einzelnen Ländern vorgenommenen Akzentsetzungen die in allen Ländern - wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung - auftretenden Fragen gewissermaßen am Beispiel des Landes Nordrhein-Westfalen im einzelnen dargestellt werden.

2. Teil

Standortbestimmung kirchlicher Kindergärten Vor der Erörterung der spezifischen Rechtsfragen kirchlicher Kindergärten erscheint es zu einer ersten Orientierung angebracht, ihre begriffliche und rechtliche Position im Koordinatensystem des staatlichen Jugendhilfenetzes auszuloten. Zu diesem Zweck ist daher zunächst die Kindergartenerziehung aus dem umfassenden Beziehungsgefüge der Jugendhilfe herauszunehmen (A.) und der Kindergartenbegriff als solcher einzugrenzen (B.). Sodann ist darzustellen, in welcher Form die Kirchen als Träger der freien Jugendhilfe und damit als Kindergartenträger in Betracht kommen (C.). Der gesetzliche begründete Vorrang freier Träger schließlich legt es nahe, auf die Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips einzugehen (D.).

A. Der Kindergarten im Beziehungsgefüge der Jugendhilfe Eine übergreifende Zielbeschreibung der Jugendhilfe enthält § 1 Abs.3 KJHG, zu deren Realisierung der umfassende Leistungskatalog des § 2 Abs. 2 Nrn. 1 bis 13 KJHG zur Verfügung steht. In diesen Katalog sind unter Nr. 3 auch die Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege (§§ 22-25) eingebettet. Die Grundsätze der Förderung von Kindern in Kindergärten und anderen Tageseinrichtungen ergeben sich aus § 22 KJHG. Nach § 24 Satz 1 KJHG sollen alle Kinder, für deren Wohl eine Förderung erforderlich ist, eine entsprechende Hilfe erhalten. Die Verwirklichung dieses Grundsatzes sowie die Verantwortung für einen bedarfsgerechten Ausbau ist nach § 24 Satz 2 KJHG ebenso Angelegenheit der Länder wie nach § 26 Satz 1 KJHG die generelle Regelung des Näheren über Inhalt und Umfang der in diesem Abschnitt geregelten Aufgaben und Leistungen. Die Kindergartenerziehung ist also mit der Betreuung in anderen Tageseinrichtungen Bestandteil eines umfangreichen staatlichen Jugendhilfenetzes, wobei ihre nähere Ausgestaltung den Ländern vorbehalten bleibt.

58

2. Teil: Standortbestimmung kirchlicher Kindergärten

B. Begriffsbestimmung "Kindergarten" Ausgangspunkt für eine thematische Eingrenzung des Kindergartenbegriffs ist § 1 des nordrhein-westfälischen Kindergartengesetzes, I der weitgehend übereinstimmt mit dem Begriff des § 1 Nr. 1 des Entwurfs einer gesetzlichen Neuregelung: 2

J. Tageseinrichtungen mr Kinder als Abgrenzungskriterium Danach sind Kindergärten Tageseinrichtungen der Kommunen oder der Träger der freien Jugendhilfe, die Kinder vom vollendeten dritten Lebensjahr an bis zum Beginn der Schulpflicht betreuen, fördern, erziehen und bilden. Der dabei verwandte Begriff der Einrichtung entspricht dem des § 45 KJHG und setzt neben der Betreuung mehrerer Kinder eine räumliche, sachliche und personelle Organisation von gewisser Beständigkeit voraus.3 In Ergänzung zur gesetzlichen Begriffsbestimmung werden Tageseinrichtungen für Kinder nach Nr. 1.1 Satz 1 der Richtlinien für Tageseinrichtungen für Kinder4 als Einrichtungen der Jugendhilfe verstanden, in denen mindestens sechs Kinder dauernd oder zeitweise für einen Teil des Tages regelmäßig betreut werden. Diese übergreifende Definition schließt bestimmte Einrichtungen apriori vom dem Begriff des Kindergartens und damit von den folgenden Erörterungen aus: s I Zweites Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (Kindergartengesetz - KgG) vom 21. Dezember 1971 (GV NW S. 534), zuletzt geändert durch das Erste Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes - AG-KJHG - vom 12. Dezember 1990 (GV NW S. 664), im folgenden: KgG.

2 Zweites Gesetz zur Ausführung des Gesetzes zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechtes (Gesetz über Tageseinnchtungen für Kinder - GTK), Gesetzentwurf der Landesregierung vom 23. April 1991 (LT-Drucks. 11/1640).

3 Vgl. dazu - allerdings noch unter Bezugnahme auf § 78 JWG - Gerd Künzel/Ema MosIwl, Kindergartengesetz Nordrhein-Westfalen, Kommentar, begr. von Peter Pant, fortgeführt von Gerd Künzel und Erna Moskal, 13. Aufl. Köln 1989, § 1 Anm. 11. Im Ergebnis ähnlich Bemd Bender, Das Verhältnis der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu den Trägem der freien Jugendhilfe nach dem Gesetz für Jugendwohlfahrt vom 11. August 1961, DVBI. 1963,87 (91). 4 RdErl. des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) vom 30. Juni 1982 (MBI. NW S. 1102/SMBI. NW 2163); im folgenden: Richtlinien Tageseinrichtungen.

S Vgl. zu den Institutionalisierungen der Frühpädagogik - auch im internationalen Vergleich - Franz E. Weinen, Art. Früherziehung, in: Staatslexikon, hrsg. von der Görres-Gesellschaft, 2. Bd., 7. Aufl. Freiburg-Basel-Wien 1986, Sp. 768 (773f.).

B. Begriffsbestimmung "Kindergarten"

59

1. Kinderheime

Im Gegensatz zu Tageseinrichtungen werden Kinder in Kinderheimen Tag und Nacht betreut bzw. erhalten dort Unterkunft.6

2. Sonderkindergärten

Auch wenn die sog. Sonderkindergärten, in denen behinderte Kinder besonders gefördert werden, alle Voraussetzungen eines gewöhnlichen Kindergartens erfüllen, so unterliegen sie doch nach § 43 Abs. 1 BSHG der besonderen gesetzlichen Regelung des Bundessozialhilfegesetzes.7

3. Sc:hulkindergärten

Das gleiche gilt für Schulkindergärten, in denen bereits schulpflichtige, aber noch nicht schulfähige Kinder auf den Schulbesuch vorbereitet werden.s Sie sind nach § 4 Abs. 3 Satz 2 SchVG NW der Grundschule zugeordnet und damit schulische Einrichtungen.

11. Abgrenzung unter den Tageseinrichtungen rDr Kinder

Nach der Aussonderung der schon von vornherein ausscheidenden Einrichtungen ist nunmehr für den Anwendungsbereich des noch in Kraft befindlichen Kindergartengesetzes unter den verbleibenden Kindertageseinrichtungen der Kindergarten von den übrigen Einrichtungen abzugrenzen:

6 Statt vieler: Peter Miclulel MombaurjElisabeth Siebenmorgen. Kindergartengesetz Nordrhein-Westfalen. Kommentar. 6. Aufl. Köln 1978, § 1 Anm. 2; Peter-Christian Kunfrel, Kindertageseinrichtung, VR 1982, 105.

7 MombaurjSiebenmorgen, KgG (Fn. 6), § 1 Anm. 1 a.B.; Eva Marie von Münch, Kindergartenrecht, München 1975, S. 15.

s KJinzeljMoskal, KgG (Fn. 3), f 1 Anm. I 1; E.M. von Münch ebd.

2. Teil: Standortbestimmung kirchlicher Kindergärten

60

1. Kindertagesheime

Auch die Kindertagesheime, in denen Säuglinge, Kleinst- und Kleinkinder sowie Kinder im schulpflichtigen Alter betreut werden, deren Eltern erwerbstätig sind oder keine ungestörte Erziehung gewährleisten,9 werden vom Anwendungsbereich des Kindergartengesetzes nicht erfaßt und bleiben daher in den folgenden Überlegungen unberücksichtigt.

2. Krippen

In sog. Krippen werden jeweils Säuglinge, d.h. Kinder von vier Monaten bis zu einem Jahr, erzieherisch und pflegerisch betreut,I° Nr. 1.2.1 der Richtlinien Tageseinrichtungen.

3. Krabbelstuben

Die erzieherische Betreuung in Gruppen zu je acht Kindern zwischen einem und drei Jahren (Kleinstkinder) erfolgt nach Nr. 1.2.2 der Richtlinien Tageseinrichtungen in sog. Krabbelstuben. 11

4. Horte

Horte dagegen sind familien- oder schulergänzende Einrichtungen, in denen nach Nr. 1.2.5 der Richtlinien Tageseinrichtungen jeweils zwanzig schulpflichtige Kinder erzieherisch betreut werden. 12

9

Kunkel, Kindertageseinrichtung (Fn. 6), S. 105.

Karl-Wilhelm lans/Erika Müller, Kindergärten - Horte - Kindertagesstätten - Kinderspielplätze, 3. Auf!. Köln 1979, S. 22; E.M. von Münch, Kindergartenrecht (Fn. 7), S. 13. 10

11

lans/Müller ebd.; E.M. von Münch ebd.

12

lans/Müller, Kindergärten u.a. (Fn. 10), S. 24; E.M. von Münch ebd.

c. Kirche als Träger der freien Jugendhilfe

61

5. Kindergärten

In der Altersstufen zwischen Krabbelstuben und Horten schließlich ist die Kindergartenerziehung einzuordnen. Nach Nr. 1.2.4 der Richtlinien Tageseinrichtungen werden in einem Kindergarten Kleinkinder, d.h. Kinder vom dritten Lebensjahr an bis zum Beginn der Schulpflicht, in Gruppen zwischen fünfzehn und fünfundzwanzig Kindern l3 zum Zweck der Pflege, Erziehung und Bildung in Ergänzung der Betreuung durch die Familien, § 2 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbs. KgG, aufgenommen. 14 Dies soll nach § 20 Abs. 5 des Referentenentwurfs in Zukunft auch in sog. Betriebskindergärten möglich sein. Ausgehend von den nach § 1 KgG erforderlichen Trägern bleibt abschließend zur KlarsteIlung darauf hinzuweisen, daß die vereinzelt in Einkaufsmärkten oder Urlaubsorten anzutreffenden "Kindergärten" vom Anwendungsbereich des Kindergartengesetzes nicht erfaßt werden. Zum gleichen Ergebnis gelangt man unter Hinweis auf die gesetzlich begründete AufgabensteIlung des Kindergartens. Anstelle einer Betreuung, Förderung, Erziehung und Bildung bezwecken die genannten Einrichtungen nur Freizeit der Eltern; die Kinder werden - wenn auch irgendwie sinnvoll beschäftigt - lediglich verwahrt. IS

C. Kirche als Träger der freien Jugendhilfe Träger der Kindergärten sind gem. §§ 1 und 8 Abs. 1 KgG entweder die Gemeinden und Kreise oder die Träger der freien Jugendhilfe. Da die kommunalen Kindergärten bis auf zwangsläufig notwendige Vergleiche außer Betracht bleiben sollen, stellt sich die Frage nach Erschei-

13 lans/Müller, Kindergärten u.a. (Fn. 10), S. 23. Auf die speziellen Probleme - insbesondere der Aufsichtspflicht und der Unfallversicherung - bei der übergangsweisen Betreuung von jüngeren oder älteren sog. Besuchskindem weist Volker lacobi, Rechtsfragen im Kindergartenalltag, Donauwörth 1984, S. 20f., hin.

14 Vgl. zur geschichtlichen Entwicklung Rotraut BÜhrlen.Enderle/Beate Irslrens, Lebendige Geschichte des Kindergartens - Eine "Bildungsreise" zu Oberlin, Fröbel, Montessori und Steiner, Heft 19 der "Materialien für die sozialpädagogische Praxis", Frankfurt a.M. 1989; Günter Eming/Karl Neumann/lürgen Reyer (Hrsg.), Geschichte des Kindergartens, Bd. I: Entstehung und Entwicklung der Kleinkindererziehung in Deutschland von den Anfangen bis zur Gegenwart, Freiburg 1987.

1.5 E.M von Münch, Kindergartenrecht (Fn. 7), S. 14.

2. Teil: Standortbestimmung kirchlicher Kindergärten

62

nungsform und Stellenwert der Kirchen als Träger der freien Jugendhilfe l6 und speziell als Kindergartenträger.17 Eine Aufzählung der anerkannten Träger der freien Jugendhilfe erfolgt in

§ 75 Abs. 3 KJHG. Danach ergeben sich für die Kirche im weitesten Sinn

drei Möglichkeiten:

I. Kirchengemeinden als unterste regionale Gliederungen der verfaßten Kirchen Nach § 75 Abs. 3, 1. Alt. KJHG sind anerkannte Träger der freien Jugendhilfe die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts. 18 Zu den letztgenannten gehören etwa die jüdische Kultusgemeinde, die altkatholische Kirche sowie die verschiedenen evangelischen Freikirchen.19 Wegen ihrer herausgehobenen Bedeutung im Bereich der Kindergartenerziehungln ist jedoch das Hauptaugenmerk auf die regionalen Gliederungen der evangelischen und katholischen Kirche zu richten: Auf unterster Ebene kommen hier vor allem die Kirchengemeinden (auch Pfarr- bzw. kirchliche Ortsgemeinden) in Betracht. Als - mehr (reformiert) oder weniger (lutherisch) - selbständige evangelische Ortsgemein16 Dazu grundlegend Axel Freiherr von Campenhausen, Art. Freie Träger, in: Evangelisches Staatslexikon (EvStL), begr. von Hennann Kunst und Siegfried Grundmann, hrsg. von Roman Herzog, Hennann Kunst, Klaus Schlaich und Wilhelm Schneemelcher, Bd. 1, 3. Aufl. Stuttgart 1987. Sp. 959ff., der aufgrund unterschiedlich begründeten sozial-karitativen Engaments von Staat und Kirche das Verhältnis von öffentlicher und freier Wohlfahrtspflege im modemen Sozialstaat für ein Kemproblem des Staatskirchenrechts hält (Sp. 964f.). 17 Dazu einführend Alexander Hollerbach, Freiheit kirchlichen Wirkens, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (HdbStR), Bd. VI, Heidelberg 1989, § 140 Rn. 24. 18 Zum Unterschied zwischen (Groß-)Kirchen und sonstigen öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften vgI. Paul Mikat, Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Karl August Bettennann/Hans-Carl Nipperdey/Ulrich Scheuner, Die Grundrechte, Bd. IV/I, Berlin 1960, S.I66f. 19

Künzel/Moskal, KgG (Fn. 3), § 1 Anm. 11 2 a dd.

ln Nach der Anwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 4 der CDU-Fraktion (LT-Drucks. 10/1001 vom 30 März 1987), LT-Drucks. 10/1870, S. 3, beträgt der Anteil an allen nordrhein-westfälischen Kindergärten - Stand: 31. Dezember 1985 - bei der katholischen Kirche umgerechnet 43,79%, bei der evangelischen Kirche 24,51%. Bei den insgesamt zur Verfügung stehenden Plätzen besteht sogar ein Anteil von 47,81% bzw.24,67%.

63

C. Kirche als Träger der freien Jugendhilfe

den21 bzw. Teilverbände des jeweiligen Bistums22 sind die Kirchengemeinden mit eigenen Rechten ausgestattete Körperschaften des öffentlichen Rechts.23 Daher sind gerade sie in der Praxis die entscheidenden Träger der freien Jugendhilfe im Sinne des § 75 Abs. 3, 1. Alt. KJHG und damit auch Träger von Kindergärten. 24

11. Orden und Kongregationen als Bestandteil der Kirchen Bestandteil der Kirchen gem. § 75 Abs. 3, 1. Alt. KJHG sind auch die vereinzelt als Träger auftretenden rechtlich verselbständigten religiösen Orden und Kongregationen. 2S Nach Art. 13 Satz 1 des Reichskonkordats erlangen sie Rechtsfähigkeit nach den Vorschriften des staatlichen Rechts, so daß sie entweder wie die verfaßten Kirchen in der Rechtsform von Körperschaften öffentlichen Rechts26 oder von eingetragenen Vereinen am Rechtsleben teilhaben. v

III. Verbände der freien Wohlfahrtspflege Träger der freien Jugendhilfe sind gem. § 75 Abs. 3, 2. Alt. KJHG auch die Verbände der freien Wohlfahrtspflege. Dazu zählen in erster Linie die 21 Walter Hammer, Die Organisationsstruktur der evangelischen Kirche, in: Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland (HdbStKirchR), hrsg. von Ernst Friesenhahn und Ulrich Scheuner in Verbindung mit Joseph Listl, Erster Band, Berlin 1974, S. 327 (339).

22 Karl.Ellgen Schlief, Die Organisationsstruktur der HdbStKirchR I (Fn. 21), S. 299 (321).

katholischen

Kirche,

in:

23 Hammer, in: HdbStKirchR I (Fn. 21), S. 339; Schlief, in: HdbStKirchR I (Fn. 22), S. 322 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Art. 140 GG LV.m. Art. 137 Abs. 5 WRV und Art. 13 des Reichskonkordats; Ernst Friesenhahn, Die Kirchen und Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts, in: HdbStKirchR I (Fn. 21), S. 545 (567f.).

24 Dazu Friedrich-Wilhelm Bargheer, Art. Kindergarten, in: Evangelisches Soziallexikon (EvSozL), begr. von Friedrich Karrenberg, hrsg. von Theodor Schober, Martin Honecker und Horst Dahlhaus, 7. AuO. Stuttgart-Berlin 1980, Sp. 698ff. 2S Definitionen und Darstellung der rechtlichen Struktur des Ordenswesens in der katholischen Kirche bei Schlief, in: HdbStKirchR I (Fn. 22), S. 323ff. 26

VgJ. zu den Voraussetzungen Friesenhahn, in: HdbStKirchR I (Fn. 23), S. 567f.

v VgJ. dazu' die umfassende statistische Übersicht bei Karl Siepen, Vermögensrecht der klösterlichen Verbände, Paderborn 1963, S. 323ff.

64

2. Teil: Standortbestimmung kirchlicher Kindergärten

Spitzenverbände mit ihren jeweiligen Untergliederungen, hier also die Diakonischen Werke und die Caritasverbände.28 Sie treten aber trotz der rechtlichen Möglichkeit als Träger kaum in Erscheinung und nehmen stattdessen hauptsächlich Aufgaben der Fachberatung29 sowie der Vertretung aller kirchlichen Kindergärten - vor allem also auch derjenigen in der Trägerschaft von Kirchengemeinden - in der Bundesarbeitsgemeinschaft bzw. in den Landesarbeitsgemeinschaften der Freien Wohlfahrtspflege wahr.3O

1. DiakoniKhe Werke der EvangeliKhen Landeskirchen

Auf einer Fusion des Centralausschusses für die Innere Mission der Deutschen Evangelischen Kirche (gegründet 1848) mit dem Zentralbüro des Hilfswerkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (gegründet 1945) beruht das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland.31 In ihm vereinen sich eine Person des "privaten" (Innere Mission) und des "öffentlichen" Kirchenrechts (Recht der verfaßten Kirche: EKD mit ihrem Sondervermögen "Hilfswerk").32 Untergliederungen sind vor allem die diakonischen Werke der siebzehn Landeskirchen und der zehn Freikirchen, in Nordrhein-Westfalen also der Evangelischen Kirche im Rheinland und von Westfalen sowie der Lippischen Landeskirche.33 Sie bestehen in der 28 Vgl. nur - allerdings noch zur vergleichbaren Vorschrift des § 5 Abs.4 Nr.l .JWG Karl-Wilhelm Jans/Günter Happe, Jugendwohlfahrtsgesetz, Kommentar, LosebI., fortgeführt von Günter Happe und Helmut Saurbier, Köln 1971ff., Stand: 12. Lieferung August 1988, § 5 Anm. 17 B b, c. Das von Günter Happe, Helmut Saurbier u.a. herausgegebene Folgewerk, der Kommentar "Kinder- und Jugendhilferecht" zum KJHG, ist z.zt. noch nicht lieferbar. 29 Vgl. dazu Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe (Hrsg.), Zur Situation gegenwärtiger Kindergartenerziehung, 3. Aufl. Bonn 1991, S. 63ff.

30 Heribert Mörsberger, Der Kindergarten im Beziehungsgeflecht von Träger, Behörden und Verbänden, in: Der Kindergarten, hrsg. von Heribert Mörsberger unter Mitarbeit von Ema Moskal und Elsegret Pflug, Bd. 1, Freiburg-Basel-Wien 1978, S. 35 (4Of.). 31 Heribert Mörsberger, Einrichtungen und Strukturen in freier Trägerschaft, in: Tageseinrichtungen für Kinder - Eine Aufgabe der Jugendhilfe, hrsg. vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge, Frankfurt a.M. 1990, S. 43 (44). Zur Geschichte, Organisation und zu den Aufgaben des Diakonischen Werkes vgI. Rudolph Bauer, Wohlfahrtsverbände in der Bundesrepublik, Weinheim-BaseI1978, S. 304ff. und Hans Flierl, Freie und öffentliche Wohlfahrtspflege, München 1982, S. 282ff. Der Arbeit des Diakonischen Werkes liegt die Satzung vom 6. Juni 1975 zugrunde.

32 Hans Liermann, Recht und Rechtsstellung des Diakonischen Werkes - Innere Mission und Hilfswerk - der Evangelischen Kirche in Deutschland, ZevKR 16 (1971), 131 (137ff., insbes. bei Fn. 16). 33 Vgl. dazu die Verträge des Landes Nordrhein-Westfalen mit der Evangelischen Kirche im Rheinland und von Westfalen vom 9. September 1957 (GV NW S. 250) sowie mit der Lippischen Landeskirche vom 6. März 1958 (GV NW S. 205).

C. Kirche als Träger der freien Jugendhilfe

65

Rechtsform eingetragener Vereine. Mitglieder sind insbesondere die einzelnen diakonischen Einrichtungen sowie die kirchlichen Ortsgemeinden.34 Zur Koordination der Kindergartenarbeit haben sich die evangelischen Kindergärten zur "Bundesvereinigung evangelischer Kindertagesstätten e.V." zusammengeschlossen; in den Diakonischen Werken in Nordrhein-Westfalen wurden zudem der "Rheinische Verband evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder e.V." sowie der "Evangelische Fachverband der Tageseinrichtungen für Kinder in Westfalen und Lippe e.V." gegründet.

2. Diözesan-Caritasverbände

Im Wege eines Zusammenschlusses örtlicher Caritasvereine und schon bestehender Fachverbände wurde 1897 der Deutsche Caritasverband gegründet.3S Die regionale Gliederung in Diözesan-Caritasverbände beruht auf der Satzung des Deutschen Caritasverbandes.36 Danach bestehen in Nordrhein-Westfalen die Caritasverbände der Erzbistümer Köln und Paderborn sowie der Bistümer Aachen, Essen und Münster.37 Auch die Diözesan-Caritasverbände bestehen in der Rechtsform eingetragener Vereine. Als rechtsfähige Träger von Einrichtungen, die nach ihrem Selbstverständnis und ihrem Handeln Aufgaben der Caritas erfüllen und als gemeinnützig anerkannt sind, sind die Kirchengemeinden korporative Mitglieder der Caritasverbände.38

34 Peter von Tiling, Die karitativen Werke und Einrichtungen im Bereich der Evangelischen Kirche, in: HdbStKirchR (Fn. 21), Bd. 11, Berlin 1975, S. 401 (412).

3S Alfred Rinken, Die karitativen Werke und Einrichtungen im Bereich der katholischen Kirche, in: HdbStKirchR 11 (Fn. 34), S. 383 (389). Zur Geschichte, Organisation und zu den Aufgaben des Karitasverbandes vgI. Bauer, Wohlfahrtsverbände (Fn. 31), S. 203ff., Flier/, Wohlfahrtspflege (Fn. 31), S. 214ff. sowie zusammenfassend Mörsberger, Einrichtungen (Fn.

31), S.44. 36

Vom 9. November 1897 i.d.F. vom 18. September 1975.

Vgl. dazu etwa die Vereinbarung über die staatliche Mitwirkung bei der Bildung und Veränderung katholischer Kirchengemeinden zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und den Diözesen im Land Nordrhein-Westfalen, bekannt gemacht am 21. November 1960 (GV NWS.426). 37

38 Dies ergibt sich etwa aus Art. 644 der Synodalstatuten der Diözese Essen (SSE), in: Sammlung des Essener Diözesanrechts (SEDR), LosebI., hrsg. vom Bischöflichen Generalvikariat Essen, Essen 1981ff., Stand: 5. Ergänzungslieferung Februar 1988.

S Dmper

2. Teil: Standortbestimmung kirchlicher Kindergärten

66

Auch die Diözesan-Caritasverbände sind damit i.S.d. § 75 Abs. 3, 2. Alt. KJHG Verbände der freien Wohlfahrtspflege und als solche Träger der freien Jugendhilfe. Auch hier bleibt abschließend darauf hinzuweisen, daß sich in der katholischen Kirche alle Einrichtungen innerhalb des Deutschen Caritasverbandes zu einem eigenen Fachverband, dem "Zentralverband katholischer Kindergärten und Kinderhorte Deutschlands e.V.", zusammengeschlossen haben.39

D. Vorrang freier Träger Unter der Voraussetzung entsprechender Eignung haben Einrichtungen in freier Trägerschaft gern. § 4 Abs. 2 KJHG Vorrang vor kommunalen Einrichtungen. Da das Kindergartengesetz als Ausführungsgesetz zum Kinderund Jugendhilfegesetz ergangen ist, wird diese generelle Priorität freier Träger für den Kindergartenbereich durch § 8 Abs. 3 KgG ergänzt.4O Probleme werfen diese Vorschriften in ihrer praktischen Umsetzung auf: - Geben sie den Jugendämtern eine Handlungsmaxime im Sinne des Subsidiaritätsgrundsatzes an die Hand? - Oder würde damit ihr Regelungsgehalt überschätzt? Beinhalten sie vielleicht nur eine sachlich abgrenzbare Aufgabenzuweisung an freie und öffentliche Träger? - Und schließlich: sind sie mit den materiellen Verfassungsrecht vereinbar? Im folgenden soll unter besonderer Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips diesen Fragen nachgegangen werden. Zugleich ist über Konsequenzen nachzudenken, die sich daraus für die Praxis ergeben.

39 Dazu Heribert Mörsberger, Tageseinrichtungen für Kinder, in: Handbuch der CaritasArbeit, hrsg. von Paul Nordhues in Verbindung mit Joseph Decker und Paul Bormann, Paderborn 1986, S. 363 (366).

40

Künzel/Moskal, KgG (Fn. 3), § 8 Anm. III2 - allerdings noch zur entsprechenden Re-

gelung des JWG -.

D. Vorrang freier Träger

67

I. Vorrang als Ausßuß des Subsidiaritätsprinzips In der Regel werden die zitierten Normen als spezialgesetzliche Konkretisierung des Subsidiaritätsprinzips angesehen.41

1. Ursprung in der katholischen Soziallehre

Grundlage des Subsidiaritätsgrundsatzes ist neben der liberalistischen Staatsidee einer möglichst dezentralen Gemeinwohlrealisierung vor allem die katholische Soziallehre.42 Maßgeblich ist insbesondere die Sozialenzyklika "Quadragesimo anno" Papst Pius' XI. vom 15. Mai 1931, in der es unter Nr. 79 heißt: "Wie dasjenige, was der Einzelmensch aus eigener Initiative und mit seinen eigenen Kräften leisten kann, ihm nicht entzogen werden und der Gesellschaftstätigkeit zugewiesen werden darf, so verstößt es gegen die Gerechtigkeit, das, was die kleineren und untergeordneten Gemeinwesen leisten und zum guten Ende führen können, für die weitere und übergeordnete Gemeinschaft in Anspruch zu nehmen; zugleich ist es überaus nachteilig und verwirrt die ganze Gesellschaftsordnung. Jede Gesellschaftstätigkeit ist ja ihrem Wesen und Begriff nach subsidIär; sIe soll die Ulie~er des Sozialkörpers unterstützten, darf sie aber niemals zerschlagen oder aufsaugen."4

2. Rechtliche Bedeutung

Während die geistige Herkunft des Subsidiaritätsprinzips noch weitgehend anerkannt wird, ist seine Bedeutung für die Interpretation von Rechtsnormen äußerst umstritten. Dabei ist Ausgangspunkt aller Überlegungen eine rechtliche Einordnung der Subsidiarität in dem Sinne, daß dem einzelnen und den gesellschaftlichen Gruppierungen unter der Voraussetzung entsprechender Bereitschaft und Befähigung bei der Wahrnehmung gemeinwohlorientierter Aufgaben grundsätzlich Vorrang zukommt und demgegenüber, wie lose! Isensee es formuliert hat, "die sozialstaatliehe Intervention erst Platz greift, wo die ge-

41

Vgl. dazu etwa [(jjnzel/Moskal, KgG (Fn. 3), § 8 Anm. 1111, 2.

42 Zu den Quellen des Subsidiaritätsgedankens vgI. loset Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, in: HdbStR (Fn. 17), Bd. III, Heidelberg 1988, § 57 Rn. 166.

43 Zitiert nach Bundesverband der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Deutschlands (Hrsg.), Texte zur katholischen Soziallehre, Kevelaer 1975, S. 121.



68

2. Teil: Standortbestimmung kirchlicher KindergärtCß

sellschaftliche Selbstregulierung den Erfordernissen sozialer Gerechtigkeit nicht Genüge tut und die Resultate der Marktprozesse der Korrektur bedürfen".44 Auf dieser Grundlage wurde und wird nach wie vor die Frage erörtert, ob dem Grundsatz der Subsidiarität Verfassungsrang beizumessen ist.

a) Allgemeiner Verfassungsgrundsatz Mit den unterschiedlichsten Begründungen wird das Subsidiaritätsprinzip als allgemeiner Verfassungsgrundsatz angesehen. Dabei wird die Tatsache, daß es keine normative Verankerung im Bonner Grundgesetz gefunden hat, mit Formulierungsschwierigkeiten im Verfassungskonvent von Herrenchiemsee begründet.4s Insoweit wird unter Bezugnahme etwa auf Art. 1, 2, 6, 8, 9, 28, 30 GG davon gesprochen, daß dem grundgesetzlichen Staat der Subsidiaritätsgedanke "mittelbar" zugrunde liege.46 Hauptargument der meisten Befürworter eines Subsidiaritätsgrundsatzes mit Verfassungsrang ist das in Art. 1 Abs. 1 GG zum Ausdruck kommende Menschenbild des Grundgesetzes: Die unantastbare Würde des Menschen bildet danach gewissermaßen das "Herzstück", den Mittelpunkt der grundgesetzlichen Wertordnung.47 44 In: HdbStR, Bd. III (Fn. 42), § 57 Rnm. 167f. Vgl. auch BVerfGE 10, 59 (93); Reinlwld Zippelius, Gesellschaft und Recht, München 1980, S. 149. Bender, Verhältnis der Träger (Fn. 3), S. 89, spricht von der primären Hilfe im Bereich freier mitbürgerlicher Solidarität, wohingegen behördliche "Liebestätigkeit" nur schwer vorstellbar sei.

4S Theodor Maunz, Deutsches Staatsrecht, 23. Aufl. München 1980, § 10 11 6 (S. 72); Adolf Siisterhenn, Subsidiaritätsprinzip und Grundgesetz, in: Wissenschaft - Ethos - Politik im Dienste gesellschaftlicher Ordnung, Festschrift zum 60. Geburtstag von Joseph Höffner am 24.12.1966, hrsg. von Wilhelm Weber, Münster 1966, S. 227 (232f.). 46 Maunz ebd. Zurückhaltender allerdings ab der 24. Aufl., 1982, Theodor Maunz/Reinlwld Zippelius, Deutsches Staatsrecht, § 10 III 1 d, wonach die Idee der Subsidiarität in den besagten Grundgesetz-Artikeln "einen Ausdruck findet". Ebenfalls unter Hinweis auf ein mittelbares Zugrunde liegen: Udo W. Babrowski, Die Steuerbefreiung als Rechtsform der Subvention, Diss. München 1976, S. 147; Alfred Wallenstätter, Das Subsidiaritätsprinzip und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Grundrechten, Diss. Würzburg 1979, S. 86; Günter Dürig, in: Theodor Maunz/Günter Dürig u.a., Grundgesetz, Kommentar, LosebI., München 1984ff., Stand: 28. Lieferung Dezember 1989, Art. 1 Abs. 1 Rn. 54.

47 Helmut Kalkbrenner, Die rechtliche Verbindlichkeit des Subsidiaritätsprinzips, in: Recht und Staat - Festschrift für Günther Küchenhoff zum 65. Geburtstag am 21.8.1m, hrsg. von Hans Hablitzel und Michael Wollenschläger, 2. Halbbd., Berlin 1m, S. 515 (529), der dieses Menschenbild darüber hinaus auf S. 525 als unbestreitbares und aIlgemein anerkanntes Naturrecht bezeichnet; Uwe Bernzen, Das Subsidiaritätsprinzip als Prinzip des Deutschen Staats-

D. Vorrang freier Träger

69

Daran anknüpfend wird zum Teil die Würde des Menschen im unmittelbaren Zusammenhang mit der in Art. 2 Abs. 1 GG garantierten Freiheit zur Entfaltung der Persönlichkeit als Kernstück eines verfassungsrechtlichen Subsidiaritätsprinzips angesehen.48 Diese gemeinsame Überzeugung ist Ausgangspunkt unterschiedlicher Schlußfolgerungen:

aa) Konzentrische Kreise um den einzelnen Menschen Kraft seiner in den Art. 1 Abs. 1 und 2 GG zum Ausdruck kommenden personalen Würde und Freiheit bildet der einzelne Mensch den Mittelpunkt, um den herum die verschiedenen Lebenskreise in einer natürlich-soziologischen Stufenfolge konzentrisch angeordnet sind: 49 Beginnend mit der Familie als der elementaren Lebensgemeinschaft (Art. 6 Abs. 1 GG) entwickeln sich die grundgesetzlichen Lebenskreise über private Vereine und Gesellschaften (Art. 9 Abs. 1 und 3 GG), juristische Personen (Art. 19 Abs. 3 GG), Gemeinden und Gemeindeverbände (Art. 28 Abs. 2 GG) sowie über die Länder (Art. 30, 70, 72, 83 GG) bis hin zum Bund und zu überstaatlichen Gemeinschaften (Art. 24 GG). In dieser Anordnung habe das Subsidiaritätsprinzip seinen Niederschlag gefunden.so

rechts, Düsseldorf 1966, S. 60; lngo von Münch, Staatliche Wirtschaftshilfe und Subsidiaritätsprinzip, JZ 1960, 303 (305); Heinz W. Karte, Die Aufgabenteilung zwischen Gemeinde und Staat unter besonderer Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips, VerwArch. 61 (1970), 3 (20); OltO Kimminich, Die Subsidiarität in der Verfassungsordnung des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats, in: ders. (Hrsg.), Subsidiarität und Demokratie, Düsseldorf 1981, S. 30 (35ff.); Rüdiger Zuck, Subsidiaritätsprinzip und Grundgesetz, München 1968, S. 133; lose[ lsensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, Berlin 1968, S. 271. 48 Süsterhenn, in: FS Höffner (Fn. 45), S. 23Of.; Bemzen, Subsidiaritätsprinzip (Fn. 47), S. 66; Wallenstätter, Subsidiaritätsprinzip (Fn. 46), S. 84ff., 107f.; Hans Peters, Die kommunale Selbstvetwaltung und das Subsidiaritätsprinzip, AfK 1967,5 (19f.), der jedoch auf S. 11f. vor einer oberflächlichen Verallgemeinerung warnt. 49 Karte, Aufgabenteilung (Fn. 47), S. 19; Adolf Süsterhenn, Das Subsidiaritätsprinzip als Grundlage der vertikalen Gewaltenteilung, in: Vom Bonner Grundgesetz zur gesamtdeutschen Verfassung. Festschrift zum 75. Geburtstag von Hans Nawiasky, hrsg. von Theodor Maunz, München 1956, S. 141 (145). Vgl. auch Günter Dürig, Verfassung und Vetwaltung im Wohlfahrtsstaat, JZ 1953, 193 (198).

so Dürig, ebd.; Günther Ki4chenhoff, Zuständigkeitsgrenzen in der Jugend- und Sozialhilfe, NJW 1968, 433 (435).

2. Teil: Standonbcstimmung kirchlicher Kindergärten

70

bb) Grundrechtsordnung als Verwirklichung des Subsidiaritätsprinzips Daneben steht die Erkenntnis, daß der Subsidiaritätsgedanke nicht neben, sondern unmittelbar in den einzelnen Grundrechten normative Wirkung eriangt.S1 Danach sind die Grundrechte im Licht der Subsidiarität zu verstehen und gegebenenfalls auszulegen.

ce) Subsidiarität im Rechtsstaatsprinzip Schließlich wird die Subsidiarität als Wesenselement der Rechtsstaatlichkeit angesehen.51 Ihr Leitgedanke finde sich immer dort, wo der Rechtsstaat in Erscheinung tritt.S3 Während der Begriff des Rechtsstaates in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG explizit verwendet wird, ist sein wesentlicher Inhalt in Art. 20 GG enthalten.54 Darüber hinaus äußert sich das rechtsstaatliche Prinzip in der Gesamtbetrachtung einer Vielzahl positiv normierter Einzelmerkmale:55 Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 GG), Grundrechte, Gesetzmäßigkeit von Justiz und Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG), Voraussehbarkeit und Berechenbarkeit staatlichen Handeins - folgt aus den genannten Merkmalen sowie die Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG). Die geschichtliche Entwicklung des Rechtsstaatsprinzips heutiger Ausprägung läßt sich - verkürzt gesagt - über die Staatsrechtslehre der Weimarer Republik, den Konstitutionalismus und den Liberalismus des frühen 19. Jahrhunderts bis hin zur abendländischen (griechischen) Staatsphilosophie zurückverfolgen.56 Obwohl die Impulse zu seiner Herausbildung von unter51

S.133.

Isensee, Subsidiaritätsprinzip (Fn. 47), S. 290; Zuck, Subsidiaritätsprinzip (Fn. 47),

51 Zuck. ebd.; Isensee, Subsidiaritätsprinzip (Fn. 47), S. 281; Ernst Friesenhahn, Kirchliche Wohlfahrtspflege unter dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, in: Auf dem Wege zur Menschenwürde und Gerechtigkeit, Festschrift für Hans R. K1ecatsky, hrsg. von Ludwig Adamovich und Peter Pemthaler, 1. Teilbd., Wien 1980, S. 247 (253). S3

Kimminich, Subsidiarität (Fn. 47), S. 56.

54 Nach Klalls Stern. Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland (StaatsR). Bd. I, 2. Aufl. München 1984. § 20 11 3 (S. 779). gehört dieser Umstand zu den unaufldärbaren Zufälligkeiten der Entstehung der Art. 20 und 28 GG.

55 Vgl. zum folgenden die Aufzählungen bei MaunzjZipellius, Staatsrecht (Fn. 46), 26. Aufl. 1985, § 12 III (S. 91ff.); Roman Herzog, in: Maunz/Dürig u.a., GG (Fn. 46), Art. 20, VII, Rnm. 22ff. sowie eingehend Stern, StaatsR I (Fn. 54), § 20 IV.

56 Vgl. dazu ausführlich Stern, StaatsR I (Fn. 54), § 20 I 2 (S. 768ff.) m.w.N.

D. Vorrang freier Träger

71

schiedlichen Kräften ausgegangen sind, ist allen Ansätzen die Tradition übereinstimmender Leitgedanken gemeinsam: Absage an die absolute Macht und Entwicklung zur Herrschaft des Rechts, Gewährung und Schutz persönlicher und politischer Freiheit sowie richterliche Kontrolle der Staatsgewalt.S7 Das aus diesen Vorstellungen entwickelte Rechtsstaatsprinzip ist so ein Garant der Individualrechte, aus denen sich letztlich jedes staatliche Handeln legitimiert. Diese subjektiven Freiheitsrechte verschmelzen in einer freiheitlich-demokratischen Staatsgemeinschaft zu objektivierten Gemeinschaftswerten,SB die ihrerseits gewissermaßen ein Imperativ staatlichen Handelns darstellen: Die Freiheit der Grundrechtsträger soll zur optimalen Entfaltung gebracht, nicht aber verdrängt werden.S9 Aus diesem Grunde, so wird gefolgtert, sei die öffentliche Gewalt gegenüber dem Menschen als dem ursprünglichen Freiheitsträger subsidiär: Nur ersatzweise dürfe sie zur Erfüllung der Anforderungen des Gemeinwohls tätig werden.60 In einer bildhaft anschaulichen Weise wird die so durch zahlreiche Verzahnungen entwickelte Absicherung der individuellen Freiheitsrechte im Rechtsstaatsprinzip zum tragenden Argument einer verfassungsrechtlichen Geltung des Subsidiaritätsprinzips gemacht: aus den verschiedenen, jeweils im Licht der Subsidiarität zu verstehenden, grundgesetzlichen Komponenten der Rechtsstaatlichkeit - Demokratie, Freiheit und Sozialstaatlichkeit - ergebe sich "eine eindrucksvolle Konstruktion, die mit zahlreichen Stützpfeilern, Querverbindungen und überwölbenden Bögen in den Gesamtbau der Verfassung eingefügt ist, ihn tragen hilft und gleichzeitig von ihm getragen wird".61 Nach diesen Ansätzen wäre der Subsidiaritätsgedanke mithin der grundgesetzlichen Ordnung immanent. Ohne ausdrückliche Erwähnung wäre er zum allgemeinen Verfassungsgrundsatz erhoben.

S7

Stern, StaatsR I (Fn. 54), § 20 I 1 (S. 765).

SB Isensee, Subsidiaritätsprinzip (Fn. 47), S. 27lf. S9

lsensee, Subsidiaritätsprinzip (Fn. 47), S. 272.

60

Isensee, Subsidiaritätsprinzip (Fn. 47), S. 272f.

61

Kimminich, Subsidiarität (Fn. 47), S. 57.

72

2. Teil: Standortbestimmung kirchlicher Kindergärten

b) Ablehnung eines allgemeinen Verfassungsgrundsatzes Gegen seine Qualifizierung als Verfassungsgrundsatz spricht zunächst die Tatsache, daß er im Grundgesetz keinen normativen Niederschlag gefunden hat.62 Angesichts einer Vielzahl von schwierigen und komplexen, gleichwohl aber positiv geregelten Sachbe..eichen - hier ist etwa an Art. 20 GG als Zentralvorschrift des Staatsorganisationsrechts, an die Vorschriften über Gesetzgebungszuständigkeiten und -verfahren, Art. 70ff. GG, oder auch an die Finanzverfassung der Art. 104aff. GG zu denken - erscheint der Versuch, die fehlende Kodifizierung des Subsidiaritätsprinzips auf Formulierungsschwierigkeiten zurückzuführen,63 wenig überzeugend. So wird dann auch diese Unterlassung folgerichtiger als "beredtes Schweigen" bzw. "bewußte und gewollte Versagung der Präzeption" interpretiert.64 Danach könnte der Subsidiaritätsgedanke allenfalls als ungeschriebener Verfassungsgrundsatz Rechtswirkung entfalten.6S Daneben wird seine durchaus anerkannte partielle Aufnahme in einzelnen Grundgesetz-Artikeln - vgl. etwa Art. 1, 2 Abs. 1, 6, 9, 19 Abs. 3, 28 Abs. 2 GG - nicht als ausreichend angesehen, um auf einen allgemeinen Verfassungsgrundsatz schließen zu können.66 Zwar gebe es entsprechende Ansätze wie z.B. Art. 6 Abs. 2 GG, die sich in diese Richtung deuten ließen. Ihnen stehe jedoch mit Art. 7 Abs. 467 bzw. Art. 7 Abs. ~ GG ein systematiSch 62 In diesem Sinne Ulrich Scheuner, Die karitative Tätigkeit der Kirchen im heutigen Sozialstaat. Verfassungsrechtliche und staatskirchenrechtliche Fragen, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche, begr. von Joseph Krautscheidt und Heiner Marre, ab dem 16. Bd. hrsg. von Heiner Marre und Johannes Stüting, Bd. 8, Münster 1974, S.43 (62) mit zahlreichen Nachweisen zu beiden Positionen.

63 Vgl. oben Fn. 45. 64 Edzard Schmidt-Jortzig, Subsidiaritätsprinzip und Grundgesetz, in: ders./Alexander Schink, Subsidiaritätsprinzip und Kommunalordnung, Köln 1982, S. 1 (8). 6S In diesem Sinne Manfred Zuleeg, Subsidiaritätsprinzip im Jugendhilferecht?, RdJB 1984,365(367).

66 BVerwGE 23,304 (306f.); 29, 329 (338); Hans I. Wolff/Otto Bachof, Verwaltungsrecht (VerwR) III, 4. Aufl., München 1978, § 138 IId; Wolfgang Roters, in: Ingo von Münch, Grundgesetz, Kommentar, Bd. 2, 2. Aufl. München 1983, Art. 28 Rn. 6; Schmidt-Iortzig, Subsidiaritätsprinzip und GG (Fn. 64), S. 8; Hans-Uwe Erichsen, Grundzüge des Kommunalrechts, in: Nordrhein-westfälisches Staats- und Verwaltungsrecht (StVwR NW), hrsg. von Dieter Grimm und Hans-Jürgen Papier, Frankfurt a.M. 1986, S. 105 (117). Im Ergebnis ebenso Ulrich Scheuner, Zur Neu6estimmung der kommunalen Selbstverwaltung, AfK 1973, 1 (25). Noch kritischer Roman Herzog, Subsidiaritätsprinzip und Staatsverfassung, Der Staat 2 (1963), 399 (412), der bereits die Rezeption des Subsidiaritätsgedankens in den zitierten Grundgesetz-Artikeln in Zweifel zieht.

67 Hans Barion, Die sozialethische Gleichschaltung der Länder und Gemeinden durch den Bund, Der Staat 3 (1964),1 (15ff.).

D. Vorrang freier Träger

73

und inhaltlich benachbartes Korrektiv gegenüber, das diese Ansätze neutralisiere. Mit dem Hinweis darauf, daß Art. 1 bis 17 GG dem Individuum nur in seltenen Ausnahmefällen Schutz gegen staatliche Konkurrenz gewähren, wird schließlich die Ableitung eines verfassungsrechtlichen Subsidiaritätsgrundsatzes auch aus der klassischen sozialen Stufenfolge(9 in Zweifel gezogen: Bei näherem Zusehen bleibe "nur wenig mehr als eine oberflächliche Verwandtschaft zum Subsidiaritätsprinzip" übrig.70 Noch weiter geht eine andere Auffassung, wonach das auf einer konzentrisch angeordneten Stufenfolge basierende Subsidiaritätsprinzip zu der im Grundgesetz angelegten Konzeption pluraler Ordnung in latentem Gegensatz steht.71 Gerade am Beispiel der Wohlfahrtspflege werde deutlich, daß unter veränderten Rahmenbedingungen ein hierarchisch angeordnetes Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen Staat und freien Verbänden nicht mehr bestehe. Im grundgesetzlichen Gemeinwesen seien Staat und freie Verbände bei der Bewältigung ihrer Aufgaben in vielerlei Hinsicht aufeinander zugeordnet. Vor diesem Hintergrund lasse sich die dem Subsidiaritätsprinzip zugrunde liegende Frage nach der jeweils kleineren bzw. größeren Organisationseinheit nicht mehr eindeutig beantworten.72 Gesellschafts- und rechtspolitische Überlegungen sind Ausgangspunkt einer letzten hier zu behandelnden Kritik: Auf der Grundlage von Art. 1 Abs. 1 GG als Kernstück eines staatsfundamentalen Personalismus wird beklagt, daß für die Gesellschaft nur noch eine schematiserte und zweckhafte Auffassung der Sozialität übrig bleibe. Die Gesellschaft sei auf die Funktion eines Instruments zu außer halb ihrer selbst liegendem Handeln beschränkt.73

68

SChmidt-Jortzig, Subsidiaritätsprinzip und GG (Fn. 64), S. 8.

(9

Dazu oben Fn. 49f.

70 Herzog. Subsidiaritätsprinzip (Fn. 66). S. 412. Im Zusammenhang mit der Gewährleistung kommunaler Selbstverwaltung sprechen Klaus Stern, in: Bonner Kommentar (BK), Kommentar zum Bonner Grundgesetz, LosebI., Heidelberg 1950ff., Stand: 60. Lieferung Mai 1990, Art. 28 (2. Bearb.) Rn. 2 und Barion, Gleichschaltung (Fn. 67), S. }5 von einem lediglich 'subsidiären Zug" des Grundgesetzes.

71

137.

Rolmrd Wegener, Staat und Verbände im Sachbereich Wohlfahrtspflege, Berlin 1978, S.

72 Wegener, Wohlfahrtspflege (Fn. 71), S. 138f., der in diesem Zusammenhang die provoziemde Frage aufwirft, ob etwa ein überregionaler. jedoch spezialisierter Wohlfahrtsverband persönlichkeitsnäher sei als kleine allzuständige Dorfgemeinde.

74

2. Teil: Standortbestimmung kirchlicher Kindergärten

So unterschiedlich all diese Ansätze auch sein mögen, gemeinsam ist ihnen jedenfalls, daß ihrer Argumente eher gegen die Annahme eines Subsidiaritätsgrundsatzes von Verfassungsrang sprechen.

c) In Teilbereichen verwirklichter Rechtsgedanke Trotz der zum Teil überzeugenden Darstellungen der naturgegebenen Würde und Freiheit des Menschen als der Quelle grundgesetzlicher Gesellschaftsordnung74 führt letztlich kein Weg an der Tatsache vorbei, daß die Väter des Grundgesetzes zwar entsprechende Überlegungen angestellt haben, eine positive Aufnahme des Subsidiaritätsprinzips ins Grundgesetz aber gleichwohl nicht stattgefunden hat. Es liegt daher nahe, ihm keinen allgemeinen Verfassungsrang beizumessen. Mit dieser Feststellung sind aber entsprechende Ansätze nicht für die Rechtsordnung schlechthin verworfen; das Subsidiaritätsprinzip ist nicht auf die Bedeutung eines überpositiven naturrechtlichen Rechtssatzes beschränkt. In verschiedenen Grundgesetz-Artikeln sowie in Teilbereichen des einfachen Rechts - wie eben auch im J ugendhilfe- und Kindergartenbereich (§ 4 Abs. 2 KJHG und § 8 Abs. 3 KgG) - hat es seinen Niederschlag gefunden.

11. Bedingter Vorrang unter kommunaler Gesamtverantwortung Hohe Erwartungen wurden in diesem Zusammenhang an eine Klärung von Grundsatzfragen durch das Bundesverfassungsgericht geknüpft, seitdem im Jahre 1%2 die Städte Dortmund, Darmstadt, Frankfurt a.M. und Herne Verfassungsbeschwerde gegen die Regelungen der §§ 5 Abs.315 und 8 Abs. 3 JWG erhoben hatten.

73 Trutz Rendtorff, Kritische Erwägungen zum Subsidiaritätsprinzip, Der Staat 1 (1962), 405 (423). Mit gleicher Tendenz Amold Köttgen, in: Ludwig August Freiherr von der HeydtejAmold Köttgen, Vorrang oder Subsidiarität der freien Jugendhilfe?, Hamburg 1961, der auf S. 41 beklagt, daß sich nach dem Jugendwohlfahrtsgesetz die Bedeutung öffentlicher Jugendhilfe auf die Ergänzung eines gesellschaftlichen Defizits beschränkt. 74

Vgl. dazu Fn. 47f.

15

§ 5 Abs. 3 Satz 2 JWO ist insoweit vergleichbar mit § 4 Abs. 2 KJHO.

D. Vorrang freier Träger

75

Auch wenn mit dieser Entscheidung76 - die Verfassungsbeschwerden wurden zurückgewiesen - ein langwieriger Streit um die Zuständigkeiten von öffentlicher und freier Jugendhilfe beendet wurde,77 so blieb doch eine mit Spannung erwartete Stellungnahme zur rechtlichen Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips aus. Es wurde nicht einmal mit auch nur einem Wort erwähnt. Nach der Feststellung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Erlaß u.a. dieser Vorschriften nach Art. 74 Nr. 7 GG78 hat das Gericht im Rahmen seiner Ausführungen zur materiellen Verfassungsmäßigkeit zunächst darauf hingewiesen, daß das Sozialstaatsprinzip nicht verletzt werde.19 Zwar verpflichte Art. 20 Abs. 1 GG ausschließlich die Träger der öffentlichen Jugendhilfe, in ihrem Bereich für einen Ausgleich der sozialen Gegensätze und damit für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen. Daraus folge jedoch kein staatliches Monopol; der Gesetzgeber dürfe für die Verwirklichung dieses Ziels nicht nur behördliche Maßnahmen vorsehen.so In diesem Sinne hält das Gericht die getroffenen Regelungen auch für vereinbar mit der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie und sieht demzufolge keinen Eingriff in den Kernbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG. Unter ausdrücklicher Bestätigung der kommunalen Gesamtverantwortung für die ausreichende Bereitstellung der erforderlichen und geeigneten Einrichtungen81 hat das Gericht § 5 Abs. 3 Satz 2 JWG lediglich die Bedeutung einer Abgrenzungsregelung zwischen gemeindlichen Aufgaben und denen privater Träger beigemessen.82 Auf diese Weise soll eine ver76

Urt. vom 18. Juli 1967, BVerfGE 22, 180ff.

78

BVerfGE (Fn. 76), S. 203.

19

BVerfGE (Fn. 76), S. 204.

= NJW 1967, 1795ff.

77 Vgl. Kiichenhoff, Zuständigkeitsgrenzen (Fn. 50), S. 433.

so BVerfG ebd. und - unter Bezugnahme darauf - Hans-Uwe Erichsen, Elternrecht - Kindeswohl - Staatsgewalt, Zur verfassungsmäßigkeit staatlicher Einwirkungsmöglichkeiten auf die Kindeserziehung durch und aufgrund von Normen des elterlichen Sorgerechts und des Jugendhilferechts, unter Mitarbeit von Heidrun Reuter, Berlin 1985, S. 110. 81 BVerfGE (Fn. 76), S. 20lf., 206. Für den Kindergartenbereich ergibt sich diese Gesamtverantwortung aus der auf § 4 Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 79, 80 KJHG Bezug nehmenden Spezialvorschrift des § 7 KgG. Wie diese Bezugnahme zeigt, hat der Gedanke der kommunalen Gesamtverantwortung auch Eingang gefunden in das neue Kinder- und Jugendhilfegesetz. In der Begründung zu § 70 des damaligen Gesetzentwurfs der Bundesregierung (§ 79 des nun vorliegenden KJHG), BR-Drucks: 503/89, S. 97, wird ausdrücklich auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Bezug genommen. Ebenso unter Einschluß der Planungsverantwortung Michael Heck, Gesamtverantwortung, Jugendhilfeplanung, in: Wolfgang Gernert (Hrsg.), Freie und öffentliche Jugendhilfe, Einführung in das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG), Stuttgart-München-Hannover 1990, S. 187 (189f.).

82

BVerfGE (Fn. 76), S. 206.

76

2. Teil: Standortbestimmung kirchlicher Kindergärten

nünftige Aufgabenverteilung bei einer möglichst wirtschaftlichen Verwendung der zur Verfügung stehenden öffentlichen und privaten Gelder sichergestellt werden. Bei allen Planungen sollen sich die Gemeinden vorher vergewissern, ob und in welchem Umfang anstehende Aufgaben von freien Trägern erfüllt werden können. 83 Dabei sind die Träger der freien Jugendhilfe zwar in die Erfüllung staatlicher Aufgaben eingebunden. Sie handeln gleichwohl nicht im staatlichen Auftrag oder gar als Beliehene, sondern aus eigenem missionarischen Antrieb.84 Das Gericht bringt damit zum Ausdruck, daß u.a. im Bereich der Jugendhilfe in einer pluralistischen Gesellschaft nur eine gegenseitige, von Toleranz getragene Rücksichtnahme zu einem Ausgleich zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen, weltanschaulichen und religiösen Interessen führen kann. 85 Ob und inwieweit nach Ansicht des Gerichts in § 5 Abs.3 Satz 2 JWG Subsidiaritätsgedanken enthalten sind, ist dem Urteil zumindest nicht eindeutig zu entnehmen. Schon gar nicht kann die Rede davon sein, daß das Subsidiaritätsprinzip in irgendeiner Form interpretiert86 oder sogar 83 BVerfG ebd. Ähnlich Michael Stol/eis, Sozialstaat und karitative Tätigkeit der Kirchen, ZevKR 18 (1973), 376 (394), der darauf hinweist, daß das Netz sozialer Einrichtungen nirgends doppelt geknüpft ist, und Günter Happe, Reform des Jugendhilferechts, ZRP 1979, 110 (112), der im Interesse einer optimalen Hilfeleistung einen "edlen Wettstreit" zwischen den Trägem ausschließen will und den Sinn von § 5 JWG in einer gegenseitigen Rollenfestlegung sieht. Nach Johannes Münder u.a., Frankfurter Kommentar zum Gesetz für Jugendwohlfahrt, 3. Aufl., Weinheim-Basel 1985, § 5 Anm. 4.5 hat sich das Bundesverfassungsgericht ausschließlich an wirtschaftlichen Faktoren orientiert. An der Letztzuständigkeit der Kommunen habe die Entscheidung nichts geändert. Nach Rainer Schmin·Wenkebach/Helgard Ulshoefer, Kindergartenrecht, Neuwied-Berlin 1974, S. 23, ist durch das Urteil nicht nur ein Wettbewerb zwischen öffentlichen und freien Trägem, sondern letztlich auch ein echter Vorrang freier Träger unmöglich geworden. 84 R. SChmitt-Wenkebach/Ulshoefer, Kindergartenrecht (Fn. 83), S. 24; Erichsen, Elternrecht - Kindeswohl - Staatsgewalt (Fn. 80), S. 109; Axel Elgeti, Rechtsprobleme bei Kindergärten in kirchlicher Trägerschaft, ZevKR 34 (1989), 144 (150); Ulrich Scheuner, Diskussionsbeitrag, in: Essener Gespräche (Fn. 62), Bd. 8, Münster 1974, S. 84; Klaus G. Meyer-TeSChendor[, Die Weitergabe von Meldedaten an die Kirchen. Verfassungskräftiger Anspruch der Kirchen auf meldebehördliche Informationshilfe'?, in: Essener Gespräche (Fn. 62), Bd. 15, Münster 1981, S. 9 (30).

85 Joseph Listl, Das Grundrecht der Religionsfreiheit in der Rechtssprechung der Gerichte in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1971, S. 433. 86 Unzutreffend daher die Deutung von Barbara und Rainer Schmitt-Wenkebach, Das Recht der Kindergärten in freier Trägerschaft, in: Bildung und Erziehung in freier Trägerschaft (BEPT) - Das Recht der Privatschulen, Kindergärten und Heime, LosebI., hrsg. von Johann Peter Vogel und Holger Knudsen, Neuwied-Darmstadt 1981ff., Stand: 35. Lieferung November 1990, S. 33.1 (33.4f.), wonach das Bundesverfassungsgericht in der besagten Entscheidung die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Trägem als Kemgedanken des Subsidiaritätsprinzips herausgestellt hat. Zumindest mißverständlich insoweit auch Hubertus Junge, Art. Jugendhilfe, in: Staatslexikon, hrsg. von der Görres-Gesellschaft, 3. Bd., 7. Aufl. Freiburg-Basel-Wien 1987, Sp. 248 (249), wenn er zu einer stärkeren

D. Vorrang freier Träger

77

völlig abgelehnt87 worden wäre. Allenfalls kann der Grundtenor des Urteils88 Maßstab eines eigenen Subsidiaritätsverständnisses sein.89 Trotz der insoweit betont zurückhaltenden Formulierungen ist nämlich zumindest eine Tendenz des Gerichts erkennbar: Im Rahmen kommunaler Letztverantwortlichkeit9O ist eine vorrangige Aufgabenerfüllung durch freie Träger zu berücksichtigen, sofern sie den ortsangemessenen Bedarf decken können,91 und wirtschaftliche Erwägungen nicht entgegenstehen.92 Über eine lediglich wirtschaftliche vernünftige Aufgabenverteilung hinaus hat der Gesetzgeber daher in diesen Grenzen den Subsidiaritätsgedanken im oben verstandenen Sinn" sowohl in § 5 Abs. 3 Satz 2 JWG bzw. § 4 Abs. 2 KJHG als auch in § 8 Abs. 3 KgG verankert.94

Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips im JWG anmerkt, sie sei vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsgemäß bezeichnet worden. 87

So aber Friedo Ribben, Jugendrecht - Jugendhilfe, Teil 1, Paderborn 1976, S. 135.

Er besteht nach von CampenlulUsen, in: BvStL, Bd. 1 (pn. 16), Sp. 964 und Heiner Geissler, Die Praxis des Zusammenwirkens von Staat und Kirchen auf dem Gebiet des Bundcssozialhilfe- und Jugendwohlfahrtsgesetzes, in: Essener Gespräche (pn. 62), Bd. 8, Münster 1974, S. 95, in einer organisatorischen Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit. 88

89

In diesem Sinne Hollerbach, in: HdbStR, Bd. VI (pn. 17), § 140 Rnm. 22, 24.

Mit Nachdruck hält daher lohannes Kessels, Diskussionsbeitrag, in: Essener Gespräche (pn. 62), Bd. 8, Münster 1974, S. 126, fest, daß es sich lediglich um einen bedingten Vorrang handelt. 90

91 Dies ist nach Ansicht des Gerichts (pn. 76), S. 201, etwa dann nicht der Fall, wenn die Einrichtung des freien Träges von einem Bekenntnis geprägt ist, dem im Einzugsbereich nur eine Minderheit angehört. 92 BVerfGE (pn. 76), S. 206. Bei diesem Subsidiaritätsverständnis braucht der öffentliche Träger nach Günter Happe, Zum Recht des Kindes und Jugendlichen auf Förderung und Erziehung (§§ 1-10 KJHG), in: Gernert (Hrsg.), Freie und öffentliche Jugendhilfe (pn. 81), S. 22 (28), nicht von eigenen Maßnahmen abzusehen, sofern ihm dies unter Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit und der sinnvollen Aufgabenverteilung nach sorgfaltiger Prüfung untunlich erscheint. Auch nach von Campenhausen, in: EvStL, Bd. 1 (Fn. 16), Sp. %5, besteht keine Bindung des sozialstaatlichen Auftrags an den Vorrang gesellschaftlicher Aktivitäten. Zwischen dem Subsidiaritätsprinzip und dem sozialstaatlichen Auftrag bestehe vielmehr ein Konkurrenzverhältnis.

113

Vgl. dazu oben Fn. 44.

Vgl. etwa Axel Freiherr von Campenllausen, Staatskirchenrecht, 2. Auß. München 1983, S. 128. Geissler, in: Essener Gespräche (pn. 62), S. 97, weist allerdings zu Recht darauf hin, daß das Bundesverfassungsgericht diese einfach gesetzlich normierte Priorität freier Träger lediglich als mit der Verfassung vereinbar erklärt habe. Da eine verfassungsrechtlich gebotene Priorität gerade nicht bestätigt worden sei, könne sie - ebenfalls in Übereinstimmung mit der Verfassung - durch den einfachen Gesetzgeber jederzeit wieder beseitigt werden. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die für kommunale öffentliche Einrichtungen geltenden Vorschriften der §§ 18 Abs. 1 GO NW bzw. 16 Abs. 1 KrO NW. 94

2. Teil: Standortbestimmung kirchlicher Kindergärten

78

Hf. Konsequenzen f"ür die Rechtsanwendung

Zu klären bleibt die Frage, welche Folgen sich aus diesen Überlegungen für die konkrete Rechtsanwendung ergeben: In Anbetracht einer lediglich partiellen Kodifizierung des Subsidiaritätsgedankens im Verfassungs- wie im einfachen Recht geht es sicher zu weit, ihm eine "wichtige Funktion als Ermächtigungsnorm" für die Legislative beizumessen.95 Wohl aber ist es Aufgabe der Exekutive - im Jugendhilfebereich also der gemeindlichen und der Landesjugendämter - sich bei der Arbeit an gemeinsamen Zielen an den Gedanken einer "Subsidiarität in der Solidarität,,96 zu orientieren. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, daß die konkreten Maßstäbe der Aufgabenverteilung zwischen öffentlichen und freien Trägern nicht mit pauschalen Formeln zu gewinnen sind, und daß gerade im Kindergartenbereich dem Wahlrecht der Eltern gem. § 8 Abs. 5 KgG Rechnung zu tragen ist.97

IV. Praxis in Nordrhein-Westfalen Wie sich der gesetzlich begründete Vorrang freier Träger in der nordrhein-westfälischen Kindergartenlandschaft auswirkt, läßt sich an den oben bereits zitierten Zahlen98 ablesen: Zusammengenommen befinden sich danach 68,3% aller Einrichtungen und sogar 72,48% aller Kindergartenplätze in kirchlichen Händen. Dem steht ein kommunaler Anteil von 20,92% bzw. 20,18% gegenüber.99

95 So aber Zuck, Subsidiaritätsprinzip (Fn. 47), S. 133, wonach der einfache Gesetzgeber die ihm übertragenen Aufgaben nach Maßgabe des Subsidiaritätsgrundsatzes erledigen soll.

96 Auf diese Kurzformel bringt Küchenhoff, Zuständigkeitsgrenzen (Fn. 50), S. 435, das Verhältnis von staatlichen öffentlich-rechtlichen Körperschaften zu privaten Verbänden in der sozialen Fürsorge und Jugendpflege. 97

Klaus Schlaich, Staatskirchenrecht,

98

Fn.20.

geti, Rechtsprobleme (Pn. 84), S. 154.

i!l:

StVwR NW (Fn. 66), S. 704 (740). Vgl. auch EI-

99 Vgl. dazu ebenfalls LT-Drucks. 10/1870, S. 3, sowie die Übersicht bei Johannes Münder, Familien- und Jugendrecht, Wein heim-Basel 1980, S. 156ff. Im Bundesdurchschnitt befanden

D. Vorrang fTeier Träger

79

Grund genug also, angesichts solcher Verhältnisse die speziellen Rechtsprobleme im Kindergartenbereich unter besonderer Berücksichtigung der kirchlichen Träger zu untersuchen.

sich am 31.12.1986 umgerechnet 68,09% aller Kindergärten in freier, 31,07% in öffentlicher Trägerschaft. Beschäftigt waren bei freien Trägern 67,67% der in Kindergärten tätigen Personen. Dem steht ein Anteil von 31,71% der insgesamt BeSChäftigten bei öffentlichen Trägern entgegen. Vgl. dazu Statistisches Jahrbuch 1988 für die Bundesrepublik Deutschland, hrsg. vom Statistischen Bundesamt, Stuttgart-Mainz 1988, S. 412. Bei den Kindergartenplätzen stellen die freien Träger nach von Campenhausen, in: EvStL, Bd. 1 (Pn. 16), Sp. 960, einen Anteil von 71%.

3. Teil

Fragen zur Kindergartenfinanzierung Wie bereits erwähnt, liegen die besonderen Probleme kirchlicher Kindergärten vor allem in ihrer Finanzierung. Neben den Bau- und Einrichtungskosten (1. Abschnitt) werfen insbesondere die Anerkennung, Bezuschussung sowie die generelle Finanzierung der Betriebskosten immer wieder rechtliche Fragen auf. Aus diesem Grund wird daher zunächst ihre begriffliche Reichweite (2. Abschnitt) und sodann ihre Finanzierung (3. Abschnitt) zu behandeln sein. In diesem Rahmen erscheint es angebracht, zumindest hinzuweisen auf die markantesten Änderungsvorhaben des Regierungsentwurfs einer gesetzlichen Neuregelung. 1

1. Abschnitt

Bau- und Einrichtungskosten Von den Gesamtkosten für die Errichtung eines Kindergartens sind, wie

§ 10 des nordrhein-westfälischen Kindergartengesetzes 2 zeigt, lediglich die

Bau- und Einrichtungskosten förderungsfähig. 3

1 Zweites Gesetz zur Ausführung des Gesetzes zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechtes (Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder - GTK), Gesetzentwurf der Landesregierung vom 23. April 1991 (LT-Drucks. 11/1640).

2 Zweites Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (Kindergartengesetz - KgG) vom 21. Dezember 1971 (GY NW S. 534), zuletzt geändert durch das Erste Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes - AG-KJHG - vom 12. Dezember 1990 (GY NW S. 664), im folgenden: KgG.

3 Nähere Einzelheiten zum Inhalt der Investitionskosten und ihrer möglichen Finanzierung bei lose! OberbergjHeinrich Bühlbecker, Investionskosten und Betriebskosten; Etatplanung und -durchführung, in: Der Kindergarten, Bd. 1, hrsg. von Heribert Mörsberger unter Mitarbeit von Ema Moskal und Elsegret Pflug, Freiburg-Basel-Wien 1978, S. 66ff.

B. Finanzierung der Bau- und Einrichtungskosten

81

A. Begriffsbestimmung "Bau- und Einrichtungskosten" Nach § 9 Satz 1 KgG sind Bau- und Einrichtungskosten für Kindergärten die angemessenen Aufwendungen für den Neubau, Umbau, Ausbau und Erweiterungsbau sowie für die Erstausstattung und Einrichtung. Keine Baukosten sind demgegenüber gern. Satz 2 Aufwendungen für den Erwerb und die Erschließung des Grundstücks.4 Die Angemessenheit der Aufwendungen bemißt sich nach der AufgabensteIlung des Kindergartens.5 Danach ist alles für den Betrieb eines Kindergarten Erforderliche auch angemessen.6 Wenn Nr. 4.1 der Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zu den Bau- und Einrichtungskosten von Tageseinrichtungen für Kinder7 Landeszuwendungen u.a. davon abhängig macht, daß die Maßnahme nach den Richtlinien für Tageseinrichtungen für Kinder8 erforderlich sind, so dürfte die Realisierung der dort unter den Nrn. 5 (Standort, Größe, bauliche Gestaltung und Ausstattung) und 6 (Richtwerte für Raumbedarf) zu findenden Maßstäbe auch im Sinne des § 9 Satz 1 KgG angemessene Aufwendungen verursachen.

B. Finanzierung der Bau- und Einrichtungskosten Der jeweilige Träger hat gern. § 10 Abs. 1 KgG mit Unterstützung des Jugendamtes einen Finanzierungsplan aufzustellen und nach Abs. 2 Sätze 1 und 2 eine Regel-Eigenleistung in Höhe von 25% der Bau- und Einrichtungskosten zu erbringen. Gern. Abs. 3 beteiligt sich das Jugendamt mit einem Zuschuß von mindestens 25%, während das Land nach Abs. 4 Satz 1 einen Zuschuß von 50% beisteuert. Voraussetzung jeglicher Zuschußgewährung ist allerdings gern. Abs. 5, daß die Gesamtfinanzierung gesichert ist und daß das Jugendamt und das Landesjugendamt die Unbedenklichkeit des Bauvorhabens bestätigen.

4 Vgl. im einzelnen zum Inhalt der Bau- und Einrichtungskosten Gerd Kiinzef/Ema Moskal, Kindergartengesetz Nordrhein-Westfalen, Kommentar, begr. von Peter Pant, fortgeführt von Gerd Künzel und Ema Moskal, 13. Aufl. Köln 1989, § 9 Anm. 11, 111. 5

Dazu eingehend im 2. Abschnitt unter B 111 3 b.

6

Kilnzel/Moskaf, KgG (Fn. 2), § 9 Anm. IV 1.

7 RdErI. des Minsters für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) vom 28. April 1983 (MB\. NW S. 769), geändert durch RdErI. vom 8. August 1986 (MB\. NW S. 1449) - 5MB\. NW2160.

8 RdEr\. des MAGS vom 30. Juni 1982 (MB\. NW S. l102/SMBI. NW 2163); im folgenden: Richtlinien Tageseinrichtungen.

(; KlImper

82

3. Teil: Kindergartenfinanzierung IBetriebskostcnbegriff

Eine Erhöhung des Landeszuschusses auf bis zu 65% der Aufwendungen kommt nach § 10 Abs. 4 Sätze 2 und 3 KgG zur Entlastung des Trägers für die Betreuung von Kindern aus sozialen Brennpunkten in Betracht.9 Sätze 4 und 5 sehen darüber hinaus eine mögliche Erhöhung des Landeszuschusses vor, wenn der Träger bei entsprechendem Nachweis ohne sie den Kindergarten nicht einrichten kann. 10 Eine völlige Umstrukturierung der Investitionskostenfinanzierung enthält

§ 13 des Gesetzentwurfs der Landesregierung. Dabei fällt zunächst auf, daß

der Eigenleistungs-Anteil nicht mehr festgeschrieben sein soll. Nach Abs. 2 ist vorgesehen, daß der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe dem Träger der Einrichtung einen - wie auch immer aussehenden - Zuschuß gewährt. Von diesem Zuschuß soll das Land der Kommune gern. Abs. 3 Satz 1 50% gewähren, wobei der Landeszuschuß nach Satz 2 je Platz höchstens 50% der im Landesdurchschnitt je Platz entstehenden Kosten einer entsprechenden Tageseinrichtung beträgt. 2. Abschnitt

Begriffsbestimmung "Betriebskosten" Der Begriff der Betriebskosten ergibt sich aus § 13 Abs. 1 KgG: Er umfaßt die angemessenen Personal- und Sachkosten, die durch den Betrieb eines Kindergartens entstehen, der nach § 88 Abs. 2 i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 1 KJHG der Erlaubnis für den Betrieb bedarf und die Voraussetzungen nach den vorstehenden §§ 1 und 2 erfüllt. Diese sog. Betriebserlaubnisll ist damit eine übergreifende gesetzliche Voraussetzung für die Anerkennung der betriebsbedingten Kosten eines Kindergartens als Betriebskosten. Jeweils gesondert finden sich in § 13 Abs. 2 und 3 die Merkmale der Personal- und Sachkosten sowie in §§ 1 und 2 der aufgrund der Ermächtigung des § 20 Abs. 1 Nr. 3 KgG vom Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales erlassenen Betriebskostenverordnung12 die Voraussetzungen der entsprechenden Angemessenheit.

9 Dazu im einzelnen im 3. Abschnitt unter B 11 sowie bei Künzel/Moskal, KgG (Fn. 4), § 10 Anm. IV 2. 10

Sog. Arme-Träger-Klausel; dazu eingehend im 3. Abschnitt unter C.

U

Vgl. dazu näher im 4. Teil unter B.

Verordnung über die Betriebskosten nach dem Kindergartengesetz (Betriebskostenverordnung - BKVO) vom 11. Februar 1983 (GV NW S. 54), zuletzt geändert durch Verordnung vom 25. Februar 1986 (GV NW S. ISI/SGV NW 216). 12

A. Kostcnrcchtlichc Vorübcrlcgungcn

83

Danach ist jedenfalls nicht erforderlich, daß ausschließlich innerhalb des Jugendamtsbezirkes oder gar des Wohnbereichs ansässige Kinder betreut werden. Die besagten Regelungen lassen nämlich nicht erkennen, daß sich die Aufnahme "Wohnbereichsfremder" oder außerhalb des Jugendamtsbezirks wohnender Kinder - ggf. in dem anteiligen Umfang - auf den Begriff der Betriebskosten einschränkend auswirken und damit als "zuschußschädlich" erweisen würden. 13 Nach diesen begrifflichen Eckwerten soll nun unter besonderer Berücksichtigung der vorgegebenen Differenzierungen versucht werden, die einzelnen Bestandteile des gesetzlichen Betriebskostenbegriffs inhaltlich festzuschreiben und dabei vor allem die spezifischen Anliegen kirchlicher Träger im Visier zu haben.

A. Kostenrechtliche Vorüberlegungen Da es keinen bundesrechtlich einheitlichen Kostenbegriff gibt,14 erscheint es allerdings zum besseren Verständnis der besonderen Fragen im Personalund Sachkostenbereich zunächst angebracht, einige kostenrechtliche Grundgedanken gleichsam vor die Klammer zu ziehen. Eine Orientierungshilfe können dabei die unterschiedlichen Kostenbegriffe sein:

I. Betriebswirtschaftlicher Kostenbegriff Unabhängig von konkreten Zahlungsvorgängen erfaßt der betriebswirtschaftliche Kostenbegriff - z.B. in § 6 Abs. 2 des nordrhein-westfälischen Kommunalabgabengesetzes lS - den in einer bestimmten Periode wie etwa einem Kalenderjahr erfolgenden wertmäßigen Verzehr von Gütern und Dienstleistungen für die Erstellung und den Absatz betrieblicher Leistungen. 16 13 OVG Münster, OVGE 38, 239 (243f.). 14 Vgl. nur BVerwG, KStZ 1984, 11 sowie Alois Dahmen, in: Hans-Joachim Driehaus

(Hrsg.), Kommunalabgabenrecht, Kommentar, LosebI., Heme-Berlin 1989ff., Stand: 3. Ergänzungslieferung September 1990, § 6 KAG NW Rn. 88. 1S Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) vom 21. Oktober 1969 (GV NW S. 712/SGV NW 610), zuletzt geändert am 6. Oktober 1987 (GV NW S. 342).

16 Allg. Meinung, vgl. nur Dahmen, in: Driehaus: Kommunalabgabenrecht (Fn. 14), § 6 KAG NW Rn. 93 m.w.N. Dazu auch ders., Betriebswirtschaftlicher Kostenbegriff im Kommu-

84

3. Teil: Kindergartenfinanzierung/Betriebskostenbcgriff

Zwar gibt es auch in diesem Sinne gewichtige sog. aufwandgleiche Kosten wie z.B. Löhne und Fremdkapitalzinsen, denen gleich hohe Ausgaben bzw. Aufwendungen entsprechen. Betriebswirtschaftliche Kosten sind daneben aber die sog. kalkulatorischen Kosten: die aufwandlose Verzinsung des Eigenkapitals sowie die aufwandungleichen Abschreibungen. 17 Die Ansatzfähigkeit der Eigenkapitalzinsen beruht auf dem Gedanken, daß der öffentlichen Hand bei Bindung des Kapitals an die jeweilige Einrichtung oder Anlage ein anderweitiger Zinsgewinn entgeht oder sie zumindest andere öffentliche Vorhaben nur aufgrund einer verzinslichen Fremdfmanzierung verwirklichen kann. 18 Demgegenüber steht bei der möglichen Berücksichtigung von Abschreibungen im Vordergrund, daß eine Investition wirtschaftlieh nicht nur in die laufende Rechnungsperiode ihrer Entstehung gehört, sondern entsprechend ihrem tatsächlichen Nutzen anteilmäßig auf mehrere Jahre zu verteilen ist. 19

11. Kameralistischer KostenbegritT Im Gegensatz zur betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise läßt der kameralistische Kostenbegriff den zur Leistungserbringung notwendigen Werteverzehr außer Acht und beschränkt sich stattdessen streng periodenbezogen auf die tatsächlich in dem maßgeblichen Rechnungszeitraum getätigten kassenwirksamen Aufwendungen. 20

111. Einordnung der Betriebskosten eines Kindergartens Zwar hat der Landesgesetzgeber durch die konkrete Benennung der Bestandteile von Personal- und Sachkosten für das Kindergartengesetz einen nalabgabenrecht der Benutzungsgebühren, KStZ 1990, 25ff. und ders., Zum betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff und zur Kalkulation des Gebührensatzes kommunaler Benutzungsgebühren, KStZ 1990, 141ff. 17 Vgl. etwa Peter EichJuJrn, Kosten und Ausgaben in der öffentlichen Verwaltung. Das neue Kommunalabgabenrecht aus der Sicht der Betriebswirtschaft, VerwArch. 62 (1971), 39 (42); Franz Zimmermann, Abschied von der Anschlußgebühr, KStZ 1968, 229. 18

BVerwG (Fn. 14), S. 11.

19 Wolfgang Honsdorf, Das Kostendeckungsprinzip im Gemeindeabgabenrecht und im Gemeindefinanzrecht - Zur Einbeziehung von Fehlbeträgen und Überschüssen in die Gebührenkalkulation, KStZ 1984, 6 (7).

20 Honsdorf ebd. und Dahmen, in: Driehaus Kommunalabgabenrecht (Fn. 14), § 6 KAG NW Rn. 89.

ß. Angemessene Personalkosten

85

eigenen normativen Betriebskostenbegriff geschaffen. Die dortige Anknüpfung an die jeweiligen Aufwendungen des Trägers21 sowie die ausdrückliche Ausklammerung der Aufwendungen für den Kapitaldienst und Abschreibungen aus dem Bereich der Sachkosten in § 13 Abs. 3 Satz 2 KgG lassen jedoch erkennen, daß auch der kindergartenrechtliche Betriebskostenbegriff auf kameralistischen Ansätzen beruht und ihm betriebswirtschaftliehe Gedanken fremd sind. Im Gegensatz aber zu den Benutzungsgebühren, die allein gern. § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG im Regelfall die voraussichtlichen Kosten einer Einrichtung oder Anlage decken sollen, und die daher bei einer Berücksichtigung abschreibungsfähiger Investitionen lediglich im Entstehungszeitraum zu einer völlig unausgewogenen Belastung der Gebührenschuldner führen würde, greifen derartige Überlegungen bei der Kindergartenfinanzierung nicht Platz. Da sich die Eltern - unabhängig von tatsächlichen Aufwendungen des Trägers - mit gesetzlich fIXierten Festbeträgen an der Betriebskostenfinanzierung beteiligen und die verbleibenden Betriebskosten nach bestimmten Vomhundertsätzen auf den Träger, das Land und die Kommune aufgeteilt werden,22 besteht für eine Verteilung derartiger Aufwendungen auf mehrere Jahre kein Bedarf.

B. Angemessene Personalkosten I. Allgemeiner Personalkostenbegrifl' Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 KgG sind Personalkosten die Aufwendungen des Kindergartenträgers für die Vergütung der pädagogisch tätigen Kräfte nach den Bestimmungen des BAT oder vergleichbarer Vergütungsregelungen einschließlich des gesetzlichen Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung sowie der zusätzlichen Altersversorgung. Ergänzend sind in § 13 Abs. 2 Satz 3 KgG auch die angemessenen Aufwendungen für die regelmäßige Fortbildung der pädagogisch tätigen Kräfte genannt. Die konkreten Bestandteile der Personalkosten sind in Ausführung des

§ 20 Abs. 1 Satz 3 KgG der Vorschrift des § 1 Abs. 3 BKVO zu entnehmen.

Gem. Satz 1 sind Personalkosten nach Abs. 1 und 2 - hier wird unter An21 Nach Zimmermann, Anschlußgebühr (Fn. 17), steht der Begriff der "Aufwendungen" im Gegensatz zum Kostenbegriff der Betriebswirtschaftslehre.

22 Dazu näher im 3. Abschnitt unter B I.

86

3. Teil: Kindergartcnfinan7Jerung/BClTicbskostenbegriff

knüpfung an die "Aufwendungen für die Vergütung des im Kindergarten pädagogisch tätigen Personals" die Angemessenheit von Personalkosten konkretisiert - die Grundvergütung und der Ortszuschlag, tarifliche Zulagen, Zuwendungen und Zuschläge aufgrund des BAT einschließlich ergänzender Tarifverträge oder einer vergleichbaren Vergütungsregelung sowie Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung und zur betrieblichen Altersversorgung. § 1 Abs. 3 Satz 2 BKVO zählt zu den Personalkosten auch Leistungen nach Satz 1, die aufgrund eines Gesetzes oder eines Tarifvertrages bei Abwesenheit des Arbeitnehmers fortzuzahlen sind. Schließlich werden nach § 1 Abs. 3 Satz 3 BKVO in Kindergärten, die der besonderen Betreuung von Kindern aus sozialen Brennpunkten dienen, auch Honorare erfaßt, die für besonders ausgebildete Fachkräfte für Heilgymnastik, Rhythmik, Musik oder Spracherziehung aufzuwenden sind.

Der in § 13 Abs. 2 Satz 1 KgG wie in § 1 Abs. 1 Satz 1 BKVO enthaltene Begriff der "pädagogisch tätigen Kräfte" bzw. des "pädagogisch tätigen Personals" dient dabei zunächst der Abgrenzung der allein anerkennungsfähigen Personalkosten für das Fachpersonal einschließlich der pädgogischen Hilfskräfte zu den Kosten für hauswirtschaftliches Kindergartenpersonal. Die Aufwendungen für Reinigungskräfte, Hausmeister etc. finden lediglich in einer zusätzlichen Sachkostenpauschale Berücksichtigung.23

11. Personalkosten kirchlicher Träger Personalkostenrechtliche Fragen kirchlicher Kindergartenträger ergeben sich vor allem in den Fällen, in denen einer Mitarbeiterin wegen eines Verstoßes gegen kirchliche Grundsätze gekündigt wird, und sie ohne weitere Arbeitsleistung - aus welchen Gründen auch immer - noch bestimmte Zahlungen zu erhalten hat. Eine ausdrückliche Regelung besteht für derartige Konstellationen nicht. Vor einer näheren Untersuchung, inwieweit auch solche Aufwendungen Personalkosten sein können, sind jedoch auch für kirchliche Träger zunächst generell die normativen Voraussetzungen ihrer Personalkosten darzustellen. Dabei ist vor allem die unterschiedliche Behandlung weltlicher und ordensangehöriger Erzieherinnen zu berücksichtigen. 23 OVG Münster, NVwZ-RR 1990, TI (78) = Gemhlt. 1989, 186 (187) (1990),204 (206). Vgl. auch Künzel/Moskal, KgG (Fn. 4), § 13 Anm. 11 3.

= ZevKR 35

B. Angemessene Personalkosten

87

1. Aufwendungen für weltlithe Erzieherinnen nath kirrhlichen Vergiitungsregelungen

Vergütungsleistungen an weltliche Erzieherinnen im kirchlichen Dienst werden nach § 13 Abs. 2 Satz 1 KgG nur dann als Personalkosten anerkannt, wenn sie auf der Grundlage von Vergütungsregelungen erfolgen, die dem BAT vergleichbar sind.

a) Vergleichbarkeit mit dem BAT Auch wenn die Praxis kirchlicher Arbeitsverhältnisse aus Sicherheitsgründen einzelvertragliche Einbeziehungsabreden vorsieht, erstreben kirchliche Dienstvertrags- oder Vergütungsordnungen die gleiche unmittelbare Rechtswirkung, die der tariflichen Normwirkung des § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG entspricht. Da das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen, Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV, auch eine eigene Normsetzungskompetenz beinhaltet, erscheint es folgerichtig, den Dienstvertrags- bzw. Vergütungsregelungen des Dritten Weges2A die gleiche Rechtsqualität und die gleichen Rechtswirkungen zuzugestehen wie den Tarifvereinbarungen.25 Eine grundsätzliche Vergleichbarkeit mit dem BAT ist daher in jedem Fall gegeben. Daß sie dem gleichen Zweck dienen, nämlich Arbeitsverhältnisse mit normativer Wirkung zu gestalten, reicht aber in diesem Zusammenhang für ihre Vergleichbarkeit nicht aus. Vergleichbare Vergütungsregelungen i.S.d. § 13 Abs. 2 Satz 1 KgG müssen darüber hinaus vor allem hinsichtlich der Einstufung des Erziehungspersonals insgesamt vergleichbar sein.26 Da sich, soweit ersichtlich, dem nordrhein-westfä1ischen Oberverwaltungsgericht bislang noch keine Gelegenheit geboten hat, diese Voraussetzung näher zu konkretisieren, bietet sich - bei der gebotenen Berücksichtigung landesspezifischer Besonderheiten - ein Blick nach Baden-Württem-

2A VgJ. dazu Alexonder Hollerbach, Der verfassungsrechtliche Schutz kirchlicher Organisationen, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (HdbStR), Bd. VI, Heidelberg 1989, § 139 Rn. 48 m.w.N.

25 Axel von Campenhausen, Die Verantwortung der Kirche und des Staates für die Regelung von Arbeitsverhältnissen im kirchlichen Bereich, in: Essener Gespräche ZIlm Thema Staat und Kirche, begr. von Joseph Krautscheidt und Heiner Mam, ab dem 16. Bd. hrsg. von Heiner Mam und Johannes Stüting, Bd. 18, Münster 1984, S. 9 (31). VgJ. auchArmin PDhl&, Der "Dritte Wej' der Kirchen im Arbeitsrecht, NJW 1986, 3SO (155f.). 26

KJJnzel/MosktIl, KgG (PD. 4), § 13 Anm. n 3 b.

88

3. Teil: Kindergartenfinanzierung/ßctriebskostenbcgriff

berg an. In einem etwas anders gelagerten Normenzusamme~ hatte der dortige Verwaltungsgerichtshof u.a. die Frage zu entscheiden, ob eine kirchliche Tarifordnung"" den im öffentlichen Dienst geltenden Bestimmungen vergleichbar ist, wenn eine als Gruppenleiterin tätige Erzieherin wegen eines deutlich großzügiger geregelten Bewährungsaufstiegs anstelle einer Vergütung nach BAT VIb eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe Vc (Kindergartenleiterin) erhält,29 Auch der Verwaltungsgerichtshof stellt nicht in Abrede, daß es den Kirchen aus ihrem Selbstbestimmungsrecht, Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV, freisteht, die Rechtsverhältnisse auch zu den Mitarbeitern ihrer Kindergärten frei von Bindungen an die für den öffentlichen Dienst maßgeblichen Regelungen zu gestalten. So weise auch die KAO die Merkmale kollektiven verbindlichen Arbeitsrechts auf und stehe als kirchliches Recht gleichberechtigt und gleichwertig neben dem Tarifvertragsrecht.30 Davon völlig unabhängig sei jedoch die Frage, inwieweit sich das Land an den dadurch entstehenden Personalkosten beteilige. Insoweit stehe den Kirchen kein aus Art. 137 Abs. 3 WRV abzuleitender Rechtsanspruch darauf zu, die förderungsfähigen Personalkosten ohne jegliche Rückkoppelung an die im öffentlichen Dienst geltenden Bestimmungen bezuschußt zu erhalten.31 Dabei schließen Abweichungen von den im öffentlichen Dienst geltenden Bestimmungen die Vergleichbarkeit kirchlicher Vergütungsregelungen nicht generell, sondern nur dann aus, wenn ihre konkrete Anwendung trotz Anerkennung einer gewissen Variationsspanne zu einem nicht mehr vergleichbaren Vergütungsaufwand führt. 32 Diese Grenze sei im Fall der KAO überschritten, weil eine Fachkraft auf ihrer Grundlage Bezüge in einer Höhe erhält, die nach den im öffentlichen Dienst geltenden Bestimmungen bei sonst gleichen Voraussetzungen einer Fachkraft mit höherer Qualifikation und höher bewerteter Tätigkeit vorbehalten sind.33 Wie sich bereits aus den Entscheidungsgründen ergibt, stellt dieses Urteil das eigenständig kollektive Arbeitsrecht der Kirchen nicht in Frage. Ein darr1 Dazu im 1. Teil unter B. 28 Kirchliche Anstellungs- und Vergütungsordnung der Evangelischen Landeskirche von Württemberg (KAO).

29

VOH Mannheim, ZevKR 36 (1991), 8Sff. = NVwZ 1990, 9Of. (auszugsweise).

30

VOH Mannheim (Fn. 29), S. 90

31

VOH Mannheim (Fn. 29), S. 90

32

VOH Mannheim (Fn. 29), S. 87f.

33

VOH Mannheim, (Fn. 29), S. 88f.

= S. 90. = S. 9Of.

B. Angemessene Personalkosten

89

über hinausgehender Verstoß gegen das in Art. 140 GG LV.m. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV verankerte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen wäre nur dann anzunehmen, wenn es durch die Bestätigung einer personalkostenrechtlichen Zugrundelegung der für den öffentlichen Dienst geltenden Vergütungsbestimmung unter Übergehung der KAO in unzulässiger Weise eingeschränkt würde. Hinsichtlich der Betreibung eines Kindergartens sind von diesem Selbstbestimmungsrecht alle Maßnahmen umfaßt, die in Verfolgung der vom kirchlichen Grundauftrag her bestimmten diakonischen Aufgaben zu treffen sind.34 Dazu gehört es sicher nicht, wenn die KAO bei ansonsten weitgehender Übereinstimmung mit dem entsprechenden Tarifvertrag ihm gegenüber in merklich großzügigerem Maße einen Bewährungsaufstieg zuläßt. Solche Bestimmungen führen dazu, daß das gesamte Regelungswerk gerade hinsichtlich der Einstufung des Erziehungspersonals nicht mehr vergleichbar ist. In diesem Fall ist es daher ohne Eingriff in das proprium kirchlichen Organisationsrechts sachgerecht, an die für den öffentlichen Dienst geltenden Bestimmungen anzuknüpfen. Auch wenn dieser Entscheidung ausschließlich baden-württembergisches Landesrecht zugrunde liegt, so lassen sich gleichwohl die zur Vergleichbarkeit kirchlicher Vergütungsregelungen angestellten Erwägungen für das nordrhein-westfälische Landesrecht nutzbar machen und auch als Maßstab einer vergleichbaren Vergütungsregelung LS.d. § 13 Abs.2 Satz 1 KgG heranziehen.

b) Beispiele kirchlicher Vergütungsregelungen

aa) Evangelische Kirche Für den Bereich der Evangelischen Kirche in Nordrhein-Westfalen ist einem dem BAT vergleichbare Regelung der Bundes-Angestelltentarifvertrag in kirchlicher Fassung (BAT-KF).3S Er gilt nach seinem § 1 für alle Mitarbeiter, die im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Lippischen Landeskirche sowie ihrer Diakonischen Werke tätig sind.36 34

VGH Mannheim (Fn. 29), S. 89

= S. 90.

3S Vom 23. Februar 1961, abgedruckt in: Kirchliches Arbeitsrecht in Westfalen, Bd. I, hrsg. vom Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche von Westfalen - Landesverband der Inneren Mission e.V. - in Zusammenarbeit mit dem Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche von Westfalen, LosebI., Münster 1965ff., Stand: 73. Lieferung Juli 1990, IA 2 a.

90

3. Teil: Kindergartcnfinanzicrung/ßclricbskostcnbegriff

bb) Katholische Kirche

Im katholischen Bereich liegt allen Arbeitsverträgen mit hauptamtlichen kirchlichen Arbeitnehmern in Nordrhein-Westfalen die Kirchliche Arbeitsund Vergütungsordnung (KAVO) für die (Erz-)Bistümer Aachen, Essen, Köln, Münster (rheinisch-westfälischer Teil) und Paderborn37 zugrunde. Sie entspricht nach Satz 2 ihrer Präambel den wesentlichen Bestimmungen des BAT-VkA und wird nach Satz 3 bei Übereinstimmung in gleicher Weise ausgelegt.38

2. Aufwendungen für Mitglieder einer religiösen Gemeinschaft

Bei Mitgliedern einer religiösen (Ordens-)Gemeinschaft, die im Regelfall von ihrer Gemeinschaft unterhalten und nur im Ausnahmefall ihrer Freistellung selbst vergütet werden, scheint allein § 13 Abs. 2 Satz 2 KgG einschlägig zu sein. Danach werden die ihrer Ausbildung und Tätigkeit entsprechenden Regelungen des BATzugrundegelegt. Zwar ist nach wie vor dogmatisch umstritten, ob durch diese Vorschrift nur erreicht werden soll, daß auch ohne unmittelbare Anwendung des BAT oder vergleichbarer Vergütungsregelungen Aufwendungen des Trägers für die Vergütung von Mitgliedern religiöser Gemeinschaften als Personalkosten anerkannt werden können,39 oder ob religiöse Träger unabhängig von etwaigen vergütungsrechtlichen Besonderheiten in jedem Fall die dem BAT entsprechenden Regelungen einsetzen können.4o Angesichts einer inzwischen gängigen und rechtlich unumstrittenen Verwaltungspraxis, die zwischen den unterschiedlichen Trägern differenziert, hat dieser Meinungsstreit allerdings an praktischer Bedeutung verloren. 36 Vgl. zur Vergleichbarkeit mit dem BAT lohann Frank, Grundsätze des Dienst- und Arbeitsrechts in der evangelischen Kirche, in: Essener Gespräche (Fn. 25), Bd. 10, Münster 1976, S. 9 (15, 30). .

37 Vom 15. Dezember 1971, erschienen im Ludgerus-Verlag Essen: Kirchliche Arbeitsund Vergütungsordnung (KAVO) sowie andere einschlägige Verordnungen und Bekanntmachungen der Diözesen im Lande Nordrhein-Westfalen, LosebI., 1972ff., Stand: 18. Lieferung November 1990. 38 Vgl. zur Vergleichbarkeit mit dem BAT lose! lurina, Dienst- und Arbeitsrecht in der katholischen Kirche, in: Essener Gespräche (Fn. 25), Bd. 10, Münster 1976, S. 57 (77) sowie ders., Diskussionsbeitrag, ebd. S. 174f.

39

KünzeljMoskal, KgG (Fn. 4), § 13 Anm. 11 3 b.

40 Peter Michael Mombaur/Elisabeth Siebenmorgen, Kindergartengesetz Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 6. Autl. Köln 1978, § 13 Anm. 7.

B. Angemessene Personalkosten

91

a) Kirchengemeinde als Träger Wenn eine Ordensschwester ihren erzieherischen Dienst im Kindergarten einer Kirchengemeinde versieht, bestehen gewöhnlich zwischen Kirchengemeinde und Ordensgemeinschaft sog. Gestellungsverträge, die von der Praxis ebenfalls als vergleichbare Vergütungsregelungen i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 1 KgG behandelt werden. Bestandteil dieser Verträge sind u.a. die Gestellungsleistungen, die der Träger für die jeweilige Schwester an die Ordensgemeinschaft abzuführen hat. Diese Leistungen werden entweder frei ausgehandelt oder richten sich nach den bundeseinheitlich zu beschließenden Sätzen:41 Da die Träger in diesen Fällen also konkret zu beziffernde Aufwendungen haben, können auch nur diese Beträge als Personalkosten in Ansatz gebracht werden. b) Ordensgemeinschaft als Träger Sofern die Ordensgemeinschaft selbst Träger des Kindergartens ist, kommt ein solcher Gestellungsvertrag naturgemäß nicht in Betracht. In diesen Fällen endlich kommt § 13 Abs. 2 Satz 2 KgG zur Anwendung: Da die Ordensschwestern ohne Berücksichtigung ihrer Ausbildung und Tätigkeit von ihrer Gemeinschaft versorgt werden, fehlt dem Träger in diesen Fällen ein Pendant zu den bisher genannten Vergütungsregelungen. Um ihn aber wegen seiner gleichwohl erbrachten Leistungen gegenüber den anderen Trägern nicht schlechter zu stellen, kann er ohne konkreten Ausgabennachweis dem Wortlaut des § 13 Abs. 2 Satz 2 KgG entsprechend die der Ausbildung und Tätigkeit der Schwestern entsprechenden Regelungen des BAT zugrundelegen.

J. Begriff der ·pädagogiS('h tätigen Kräfte·

Hinsichtlich des Begriffs der "pädagogisch tätigen Kräfte" b~. des "pädagogisch tätigen Personals" ist in Anbetracht der bereits angesprochenen Fallgestaltungen zu überlegen, ob zumindest dem Begriff des § 13 Abs. 2 41 Nach der zum 1. Januar 1991 in Kraft getretenen Neuregelung beispielsweise, die die Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands auf ihrer Sitzung am 2. Juli 1990 beS('hlossen hat, betragen diese Gestellungsleistungen DM 1600,- Mutterhausabgabe, DM 440,- Sozialbeitrag und DM 160,- Verfügungsgeld, insgesamt also DM 2200,- vgl. z.B. KABI. für das Bistum Essen 1990, S. 104.

92

3. Teil: Kindergartenfinanzicrung/ßctriebskostenbcgriff

Satz 1 KgG über seine Abgrenzungsfunktion42 hinaus eine weitergehende Bedeutung beizumessen ist. Das Verwaltungsgericht Aachen43 hatte sich mit der Klage einer katholischen Kirchengemeinde zu befassen, mit der die betriebskostenrechtliche Bezuschussung einer Abfindungssumme aus einem arbeitsgerichtlichen Vergleich44 begehrt wurde. Das Gericht hielt sich jedoch nicht lange bei der Frage auf, ob es sich überhaupt um Personalkosten handelt. Ohne eine exakte normative Anknüpfung ging es von dieser Voraussetzung aus und kam sogleich auf die Frage der Angemessenheit zu sprechen. Demgegenüber nahm das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen45 einen ähnlich gelagerten Fall zum Anlaß, diese Zweiteilung vorzunehmen: Es untersuchte zunächst, ob die Vergütungsleistungen Personalkosten sind, die eine katholische Kirchengemeinde nach einer in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich46 bewirkten Änderungen einer fristlosen in eine fristgemäße Kündigung an eine frühere Mitarbeiterin unter Freistellung von der Erbringung weiterer Arbeitsleistungen zu zahlen hatte.

a) Wortlaut In seiner ablehnenden Urteilsbegründung stützt sich das Gericht vor allem auf den Wortlaut des § 13 Abs. 2 Satz 1 KgG: Dort werde die Vergütung pädagogisch "tätiger" Kräfte vorausgesetzt; in dem streitigen Zeitraum sei die Erzieherin aber gerade nicht tätig gewesen. Dieser Auffassung ist zuzugestehen, daß in der Tat eine allein am Wortlaut orientierte Auslegung des Tätigkeitsbegriffs dieses Ergebnis nahelegt. Ihr ist jedoch entgegenzuhalten, daß die semantische nur eine von mehreren, in Zweifelsfällen jedoch keinesfalls ausreichende Auslegungsmethode ist.47 Da die wortlautorientierte Auslegung allein der Problematik derartiger

42

Dazu Fn. 23.

43

Urt. v. 24. Mai 1984 - 1 K 991/83 -.

44

ArbG Aachen - 1 Ca 1198/78-.

45

Urt. v. 12. November 1986 - 7 K 1868/85 -.

46

ArbG Gelsenkirchen - 4 Ca 1080/83 -.

Vgl. statt vieler: Karl Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl. BerlinHeidelberg-New York-Tokio 1983, S. 309f. 47

ß. Angemessene Personalkosten

93

Fallkonstellationen nicht gerecht wird, ist im folgenden auch auf andere Auslegungsmethoden einzugehen.

b) Entstehungsgeschichte Bei einem Blick in die Entstehungsgeschichte des § 13 Abs. 2 KgG fällt auf, daß der Tätigkeitsbegriff zunächst überhaupt nicht vorgekommen ist: Im ersten Entwurf für ein Kindergartengesetz Nordrhein-Westfalen eingebracht von der CDU-Fraktion48 - heißt es im entsprechenden § 7 Abs.l: ·Personalkosten des Kindergartens im Sinne dieses Gesetzes sind die angemessenen Aufwendungen des Kindergartenträgers für u.a. Vergütungen der Fach- und Hilfskräfte im Erziehungs- und Wirtschaftsdienst. "

Die Fraktionen der SPD und der FDP sprechen in ihrem gemeinsamen Gesetzentwurf9 in § 12 Abs. 1 davon, daß "Personalkosten die durch den Betrieb des Kindergartens entstehenden angemessenen Aufwendungen für die Vergütung der pädagogischen Fach- und Hilfskräfte sind."

Ohne nähere Begründung ist dann zum erstenmal in § 12 Abs. 2 einer Änderungsvorlage50 die Rede von pädagogisch "tätigen" Kräften. Nach diesem Entwurf haben im weiteren Gesetzgebungsverfahren alle Vorlagen, Ausschußprotokolle, Zuschriften und dergleichen den Tätigkeitsbegriff stillschweigend übernommen;SI eine Begründung ist nicht erfolgt. Die historische Auslegung zeigt daher im Ergebnis, daß eine restriktive Interpretation des Tätigkeitsmerkmals im Sinne der verwaltungsgerichtli-

48

Vom 9. November 1970, LT-Drucks. 7/176.

49

Vom 17. Dezember 1970, LT-Drucks. 7/279.

50 Entwurf eines Kindergartengesetzes - Änderungsvorschläge der Mitglieder des Arbeitskreises 10 und entsprechen~~n POP-Abgeordneten nach der ersten Sitzung am 19./20. August 1971 und redaktionellen Anderungen am 27. August und 15. September 1971, in: Gesetzesdokumentation des Landtags-Archivs, S. 611.

SI Vgl. z.B. die Anlage zum Ausschußprotokoll (APr 7/495) des Ausschusses für Jugend, Familie und politische Bildung (45. Sitzung) vom 20. Oktober 1971, Gesetzesdokumentation S. 725 sowie die Vorlage 7/447, Gesetzesdokumentation S. 1777.

94

3. Teil: Kindcrgartcnfinanzierung/Bclricbskostenbegriff

chen Argumentation zumindest nach der Intention des Gesetzgebers nicht geboten ist.

c) Systematik Von besonderer Bedeutung ist der systematische Zusammenhang des

§ 13 Abs. 2 Satz 1 KgG zu anderen Vorschriften.

oa) Art. 140 GG i. v.m. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV Nach den obigen Ausführungen ist die KAVO im Sinne des § 13 Abs. 2 Satz 1 KgG eine dem BAT entsprechende Vergütungsregelung. Nach deren § 42 Abs. 1 Satz 2 kann bei einem groben Verstoß gegen kirchliche Grundsätze eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden.52 Dadurch ist die Verbindung hergestellt zur Verfassungsgarantie des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts, Art. 140 GG i.V.m. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV. Dieses Recht ist wesentlich für die Gestaltung kirchlicher Arbeitsverhältnisse.53 Die Kirche kann als Arbeitgeber um ihrer Glaubwürdigkeit willen in dem Sinne davon Gebrauch machen, daß sie ihren Arbeitnehmern spezifische Obliegenheiten einer kirchlichen Lebensführung auferlegt,S4 d.h. sie kann von den bei ihr beschäftigten Mitarbeitern zumindest die Beachtung elementarer Grundsätze kirchlicher Glaubens- und Sittenlehre verlangen. Was hierunter im Einzelfall zu verstehen ist, richtet sich nach den von der verfaßten Kirche anerkannten Maßstäben:ss 52 Entsprechendes gilt nach § 54 Abs. 1 BAT-KF beim Vorliegen eines wichtigen Grundes wie etwa einem Austritt Evangelischen Kirche.

53 Hierzu grundlegend loset Isensee, Kirchliche Loyalität im Rahmen des staatlichen Arbeitsrechts. Verfasssungsrechtliche Aspekte des kirchlichen Arbeitsverhältnisses, in: Rechtsstaat. Kirche, Sinnverantwortung, Festschrift für Klaus Obermayer zum 70. Geburtstag, hrsg. von Richard Bartlsperger, Dirk Ehlers, Werner Hofmann und Dietrich Pirson, München 1986, S.203ff.

S4 BVerfGE 70,138 (l65f.); Reinhard Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, München 1984, S. 43. Vgl. auch Axel von Campenhausen, Kirchliches Selbstbestimmungsrecht und Arbeitsrecht, in: Verantwortlichkeit und Freiheit - Die Verfassung als wertbestimmte Ordnung, Festschrift für Willi Geiger zum 80. Geburtstag, hrsg. von Hans Joachim Faller, Paul Kirchhof und Ernst Träger, Tübingen 1989, S. 580 (593ff.); Axel Eigeti, Rechtsprobleme bei Kindergärten in kirchlicher Trägerschaft, ZevKR 34 (1989), 144 (156f.) sowie Winfried Mummenhojf, Loyalität im kirchlichen Arbeitsverhältnis, NZA 1990, S. 585ff. . ss BVerfGE (Fn. 54), S. 166; Richardi, Arbeitsrecht (Fn. 54), S. 45f.

B. Angemessene Personalkosten

95

Für die katholische Kirche gehört dazu die Unauflöslichkeit einer vor Gott gültig geschlossenen und vollzogenen Ehe, CIC canones 1056,1140. Im Fall einer zivilrechtlichen Wiederverheiratung Geschiedener liegt daher ein Ehebruch und somit ein "grober äußerer Verstoß" gegen dieses Unauflöslichkeitsgebot vor. Er gibt dem Arbeitgeber - niedergelegt in § 42 Abs. 1 Satz 2 KA VO - das Recht der außerordentlichen Kündigung, die vor diesem Hintergrund auch i.S.d. § 1 KSchG sozial gerechtfertigt ist.S6 Das gleiche gilt in der evangelischen Kirche etwa beim Zusammenleben einer Kindergartenpflegerin mit einem noch verheirateten Mann.57 Wenn danach aber sogar die für den Arbeitnehmer empfindlichste Maßnahme rechtmäßig ist, so kann - argumentum a maiore ad minus - unter besonderer Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des Betroffenen einem vergleichsweisen Entgegenkommen des kirchlichen Arbeitgebers die betriebskostenrechliehe Anerkennung nicht versagt bleiben. Dies muß umso mehr gelten, wenn man bedenkt, daß das kirchliche Nachgeben auf staatlicher, nämlich arbeitsgerichtlicher Einflußnahme beruht. Eine Auslegung des Begriffs der pädagogisch tätigen Kräfte in § 13 Abs. 2 Satz 2 KgG, die dem kirchlichen Arbeitgeber die alleinigen finanziellen Folgen seiner Vergleichsbereitschaft auferlegen würde, wird daher der anerkannten Bedeutung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts im Arbeitsvertrags- und Kündigungsrecht nicht gerecht.

bb) §§ 4 Abs. 2 KJHG, 8Abs. 3 KgG

Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man bei einer Auslegung des § 13 Abs. 2 Satz 1 KgG im Lichte der §§ 4 Abs. 2 KJHG und 8 Abs. 3 KgG. S6 Vgl. mit ausführlicher Begründung BAG, NJW 1978, 2216ff. = DB 1978, 2175ff., wo die Leiterin eines katholischen Kindergartens in weltlicher Ehe einen geschiedenen Mann heiratet, sowie zur gleichen Problematik Bernd Riithers, Kirchenautonomie und gesetzlicher Kündigungsschutz - Zur Arbeitgeberkündigung wegen tendenzwidrigen Verhaltens kirchlicher Arbeitnehmer, N.JW 1976, 1918 (1920f.) und Richardi, Arbeitsrecht (Fn. 54), S. 55f. Im Ergebnis ebenso BAGE 33, 14ff. = NJW 1980, 2211ff., wo die Leiterin eines katholischen Kindergartens mit einem nicht laiisierten Kapuzinerpater zivilrechtlich die Ehe schließt. Zum ganzen auch Heiner Ma"~, Zur Loyalität im Dienst der Kirche, in: Theologie und Glaube 1988,397 (400f.).

57 lAG Köln, ZevKR 31 (1986), 46ff. Vgl. auch lAG Düsseldorf, KirchE 5, 186f., wo die Leiterin eines evangelischen Gemeindekindergartens ihrem katholischen Verlobten die katholische Erziehung der zukünftigen gemeinsamen Kinder versprochen hatte. Dazu bestätigend Theo Mayer-Maly, Das staatliche Arbeitsrecht und die Kirchen, in: Essener Gespräche (Fn. 25), Bd. 10, Münster 1976, S. 127 (136).

96

3. Teil: Kindergartenfinanzierullg/ ßetricbskostenbcgriff

Danach ist der Vorrang freier Träger gesetzlich fIXiert, wobei angesichts der bereits angesprochenen Zahlenverhältnisse58 gerade kirchliche Kindergartenträger einen herausgehobenen Stellenwert haben. Gleichwohl sind sie im Rahmen kommunaler Gesamtverantwortung in die staatliche Bedarfsplanung eingebunden - §§ 6 Satz 1 und 7 KgG sowie §§ 79 und 80 KJHG und so trotz ihres Gewichts Bestandteil eines öffentlich bereitgestellten Angebots sozialer Daseinsvorsorge. Auf diese Weise bewirken die Kirchen durch ihre Eigenleistungen59 eine erhebliche Entlastung der öffentliche Haushalte, indem sie dem Staat eigene Veranstaltungen ersparen.60 Bei seiner daraus resultierenden finanziellen Förderungspflicht kirchlicher Träger61 kann sich der Staat einer eventuell erforderlichen Mitfinanzierung religiöser Leitvorstellungen nicht verschließen,62 weil andernfalls der in § 4 Abs. 2 KJHG sowie in § 8 Abs. 3 KgG zum Ausdruck kommende Subsidiaritätsgrundsatz mit seinen Konsequenzen für die Rechtsanwendung leerlaufen würde. d) Teleologie Im Licht des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts führen auch Sinn und Zweck des § 13 Abs. 2 Satz 1 KgG zu keinem anderen Ergebnis. 58

Dazu im 2. Teil Fn. 20 und 99.

59 Da sich das Verhältnis von staatlichen und kircheneigenen Mitteln zur Finanzierung kirchlicher Kindergärten in jedem Bundesland anders darstellt, läßt sich die Frage 23 "Wie ist das Verhältnis zwischen staatlicher und kirchlicher Finanzierung der Kindergärten in der Bundesrepublik Deutschland?" der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Frau Kelly und der Fraktion DIE GRÜNEN, BT-Drucks. 11/7894, nach der entsprechenden Antwort der Bundesregierung, BT-Drucks. 11/8102, S. 7, nicht pauschal beantworten. Unter Hinweis auf die in Nordrhein-Westfalen geltende Regelung wird aber festgehalten, daß die Kirchen in allen Bundesländern einen beträchtlichen Teil der Kosten für die Kindergärten selbst tragen. 60 losef Isensee, Verfassungsstaatliche Erwartungen an die Kirche, in: Essener Gespräche (Fn. 25), Bd. 25, Münster 1991, S. 104 (124), unter Hinweis (Fn. 48) auf Franz Spiegelholter, Was die Frei Wohlfahrtspflege dem Staat erspart, Caritas 91 (1990) S. 245ff., dens., Der dritte Sozialpartner. Die freie Wohlfahrtspflege - ihr finanzieller und ideeler Beitrag zum Sozialstaat, 1990, und Wolfgang Kirberger, Staatsentlastung durch private Verbände, 1978. Vgl. dort insbes. S. 29lf.

61 Ernst Friesenhahn, Kirchliche Wohlfahrtspflege unter dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, in: Auf dem Wege zur Menschenwürde und Gerechtigkeit, Festschrift für Hans R. K1ecatsky, hrsg. von Ludwig Adamovich und Peter Pernthaler, 1. Teilbd., Wien 1980, S. 247 (253); Heiner Geissler, Die Praxis des Zusammenwirkens von Staat und Kirchen auf dem Gebiet des Bundessozialhilfe- und Jugendwohlfahrtsgesetzes, in: Essener Gespräche (Fn. 25), Bd. 8, Münster 1974, S. 95 (104); Wilhelm Kewenig, Das Grundgesetz und die staatliche Förderung der Religionsgemeinschaften, in: Essener Gespräche (Fn. 25), S. 9 (19ff.) sowie Heiner Marre, Die Kirchenfinanzierung in Kirche und Staat der Gegenwart, 2. Auf). Essen 1990, S. 35f. 62

VG Aachen (Fn. 43), S. 9.

B. Angemessene Personalkoslen

97

Eine verfassungskonforme Auslegung gebietet es vielmehr, alle diesbezüglichen Aufwendungen, die aus kirchlichen Glaubwürdigkeitsgründen erforderlich und nicht willkürlich sind, als "Vergütung pädagogisch tätiger Kräfte" anzusehen. Insbesondere wenn die Leistungspflicht in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich ihren Ursprung hat, ist dieser Begriff weit auszulegen: Von ihm sind alle Aufwendungen - welcher Art auch immer - erfaßt, die im Dienstverhältnis begründet sind und mit der Person des Beschäftigten in Zusammenhang stehen.63 Das Oberverwaltungsgericht teilt diese Auffassung, insbesondere die Subsumtionsmöglichkeit derartiger Aufwendungen unter dem Begriff der Vergütung "pädagogisch tätiger Kräfte" zwar nicht. Immerhin stellt es aber fest, daß die Betonung des Begriffs - entgegen der erstinstanzlichen Ansicht des Verwaltungsgerichts64 - auf pädagogisch tätig und nicht auf tätig liegt.6S Dem Gericht ist dabei insoweit zu folgen, als der Personalkostenbegriff des § 1 Abs. 1 Satz 1 BKVO - Aufwendungen für die Vergütung des im Kindergarten tätigen Personals - wegen einer Spezialregelung66 nicht zur Anwendung gelangt. Ohne nähere Differenzierung darf jedoch die gesetzliche Regelung des § 13 Abs. 2 Satz 1 KgG in diesen Sog nicht mit hineingezogen werden. Ihr steht nämlich für Fälle der vorliegenden Art keine Spezialvorschrift zur Seite. Trotz seines fast gleichen Wortlauts geht der Anwendungsbereich des § 13 Abs. 2 Satz 1 KgG weiter als der des § 1 Abs. 1 Satz 1 BKVO, der gemeinsam mit der im folgenden zu untersuchenden Spezialvorschrift dem Regelungsbereich des § 13 Abs. 2 Satz 1 KgG zuzuordnen ist.

4. Leistungsfortzahlung bei Abwesenheit

Eine weitere Konkretisierung erfährt der Personalkostenbegriff des § 13 Abs. 2 Satz 1 KgG durch § 1 Abs. 3 Satz 2 BKVO. Danach sind ausnahmsweise auch solche Aufwendungen anerkennungsfähige Personalkosten, die 63 vgl. zu dieser Abgrenzung Hennann Meyerhoff/Hans-Joachim SChäfer/Tilmann Pünder/Hans Hintzen unter Mitwirkung von Siegfried Tiebel, Schulvetwaltungsgesetz und Schulfinanzgesetz Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 2. Aufl. Stuttgart 1968, § 1 Anm. III 2 a. 64

VG Gelsenkirchen (Pn. 45), S. 7.

6S

OVG Münster (Pn. 23), S. 78

66

Dazu unten unter 4.

7 Klmper

= S. 187 = S. 206.

98

3. Teil: Kindergartenfinanzierung I ßetriebskostenbegri ff

aufgrund eines Gesetzes oder Tarifvertrages bei Abwesenheit des Arbeitnehmers fortzuzahlen sind. Zwar ist hier in erster Linie an Krankenbezüge (§ 37 BAT), Urlaubsvergütungen (§ 47 BAT), Übergangsgeld (§ 62 BAT), Leistungen nach dem Mutterschutzgesetz67 oder das Erziehungsgeld nach dem Erziehungsgeldgesetz zu denken. Gleichwohl werden aber auch diejenigen Leistungen eines kirchlichen Kindergartenträgers vom Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3 Satz 2 BKVO erfaßt, die er aufgrund eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs fortzuzahlen hat: Zumindest die Zahlungen, die vergleichsbedingt infolge der Änderung einer fristlosen in eine fristgemäße Kündigung zu erfolgen hatten,68 sind Aufwendungen, die aufgrund des Tarifvertrages bei Abwesenheit der Arbeitnehmerin fortzuzahlen sind. Der Vergleich begründet nämlich die arbeits- und tarifvertragliche Verpflichtung der Kirchengemeinde, den Lohn bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzuzahlen. 69 In der Kommentarliteratur wird diese Einordnung unter ausdrücklicher Kritik an dem Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen abgelehnt und eine vergleichsbedingte Zahlungsverpflichtung nur im Fall einer rechtswidrigen Kündigung anerkannt. 70 Bei einer rechtmäßigen Kündigung habe der Arbeitnehmer keinerlei Ansprüche. Wenn sich der Arbeitgeber gleichwohl auf einen kostenverursachenden Vergleich einlasse, so verstoße er gegen das Gebot einer sparsamen Wirtschaftsführung, § 1 Abs. 6 BKVO. Dieser Auffassung ist im Ansatz - wenn auch aus anderen Gründen - zuzugestehen, daß die personalkostenrechtliche Anerkennung der dem Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen71 zugrundeliegenden einmaligen Zahlungen 67 KiinzellMoskal, KgG (Fn. 4), § 13 Anm. 11 3 c bb. Vgl. speziell zum Übergangsgeld OVG Koblenz, ZevKR 35 (1990),461 (463). Danach sind Personalkosten i.S.d. § 8 Abs. 1 Satz 1 Iit. ades rheinland-pfälzischen Kindergartengesetzes - die Vorschrift entspricht weitgehend § 13 Abs. 2 Satz 1 KgG - in Höhe des nach § 62 Abs. 1 BAT zu entrichtenden Übergangsgeldes auch die Aufwendung eines (hier evangelischen) Kindergartenträgers, die einem aufgrund eines Vergleichs ausgeschiedenen Angestellten ohne Arbeitsleistung gezahlt worden sind. Voraussetzung ist allerdings, daß kein anderer Ausschlußgrund nach § 62 Abs. 2 BAT als derjenige des Abs. 2 Iit. e dieser Bestimmung vorliegt.

68 Vgl. das Urteil des VG Gelsenkirchen (Fn. 45) und das entsprechende Berufungsurteil des OVG Münster (Fn. 23). 69

OVG Münster (Fn. 23), S. 78 = S. 187 = S. 206f.

70 So auch noch in der neuesten Auflage Kiinzel/Moskal, KgG (Fn. 4), § 13 Anm. 11 3 c bb, ohne allerdings auf die Urteile des VG Gelsenkirchen (Fn. 45) und vor allem des OVG Münster (Fn. 23) einzugehen.

71

Fn.43.

B. Angemessene Personalkosten

99

einer Vergleichsabfindung in der Tat zweifelhaft sein kann. Ein Abfindungsvergleich begründet nämlich im Sinne der neuen Rechtssprechung des Oberverwaltungsgerichts keinen tarifvertraglichen Verpflichtung zur Lohnfortzahlung, so daß § 1 Abs. 3 Satz 2 BKVO auf einen derartigen Vergleich nicht anwendbar ist. Wegen einer fehlenden Spezialregelung kommt in diesem Fall aber wieder der weit zu fassende Begriff der pädagogisch tätigen Kräfte72 gern. § 13 Abs. 2 Satz 1 KgG zur Anwendung. Dieses Ergebnis rechtfertigt sich schon dadurch, daß die erwähnten unterschiedlichen Vergleichsabschlüsse rechtlich und wirtschaftlich gleichwertig sind, und in Zukunft die Unabhängigkeit der Prozeßparteien bei der Ausgestaltung von Vergleichen in ähnlichen Fällen nicht durch verschiedene Anerkennungspraktiken beeinflußt werden darf. Der Ansicht ist weiter entgegenzuhalten, daß sie wegen der ausschließlichen Bezuschussungsfähigkeit den rechtswidrig Kündigenden ungerechtfertigterweise besser stellt. In diesem Zusammenhang allein auf Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit abzustellen, wird zudem dem Institut des Vergleichs nicht gerecht: Wie sich aus § 54 Abs. 1 und 3 ArbGG ergibt, ist ein gegenseitiges Nachgeben gesetzlich bezweckt und daher in jedem Fall vorzugswürdig. Andernfalls könnte eine Vergleichsbereitschaft kirchlicher Träger kaum noch erwartet werden. Die seit langem anerkannten Auswirkungen des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts im staatlichen Arbeitsrecht sind damit konsequent in einen Spezialbereich des Verwaltungsrechts übertragen worden. Im Interesse einer einheitlichen Rechtsordnung konnte ihren finanziellen Folgen auch die betriebskostenrechtliche Anerkennung nicht länger versagt bleiben, so daß eine aktuelle Erweiterung des Personalkostenbegriffs geboten war. III. Normative Voraussetzungen der "Angemessenheit" Für die rechtliche Qualifizierung als Betriebskosten müssen die Personalkosten zudem angemessen sein. Voraussetzung dazu ist in Ausführung des § 20 Abs. 2 Satz 3 KgG nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BKVO die Erforderlichkeit des vergüteten Personals nach der Vereinbarung über die Voraussetzungen der Eignung der in Tageseinrichtungen für Kinder und Kinderheimen der Träger der freien Jugendhilfe tätigen Erzieher und sonstigen Kräfte.73 Zudem kann aus der Negativabgrenzung des § 1 Abs. 6 BKVO ge72

Dazu oben unter 3 d.

BekanntmaChung der Neufassung der Vereinbarung vom 1. Juli 1964 vom 1. März 1974 (MB!. NW S. 382); im folgenden: Vereinbarung. Dazu näher im 4. Teil unter B III. 73



100

3. Teil: Kindcrgartenfinanzierung/Betriebskostcnbcgriff

schlossen werden, daß Aufwendungen, die den Auftrag des Kindergartens nach § 2 KgG nicht fördern oder den Grundsätzen einer wirtschaftlichen oder sparsamen Verwaltung widersprechen und demzufolge nicht berücksichtigt werden, unangemessen sind.74 Allgemein ergibt sich der Maßstab der Angemessenheit aus der AufgabensteIlung des Kindergartens: Angemessen ist danach alles, was für den Betrieb eines Kindergartens erforderlich ist,7S der den fachlichen Auftrag nach § 2 KgG erfüllt. Mit diesem Ansatz wird jedoch der ausfüllungsbedürftige unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit lediglich durch den der Erforderlichkeit ersetzt, so daß er zur InhaItsbestimmung im Kindergartenrecht zuvor einer grundlegenden Auslegung zu unterziehen ist. Bevor daher die Frage der Angemessenheit von Personalkosten im Kindergartenrecht und damit vor allem die Frage zu untersuchen ist, ob sich die oben dargestellten Kosten in diesem Rahmen halten (3.), soll zunächst eine kurze Besinnung auf die Rechtsfigur des unbestimmten Rechtsbegriffs (1.) und eine vergleichende Übersicht über den Angemessenheitsbegriff in anderen Vorschriften (2.) erfolgen. Schließlich ist noch auf den Aspekt der gerichtlichen Nachprütbarkeit einzugehen (4.).

1. Unbestimmter Rechtsbegriff

Im Gegensatz zu empirischen bzw. deskriptiven Begriffen,76 die sich auf wahrnehmbare oder sonst erfahrbare Gegenstände oder Begebenheiten der Wirklichkeit beziehen, fehlt normativen bzw. wertausfüllungsbedürftigen Begriffen - wie etwa Treu und Glauben oder auch angemessen - dieser Tatsachenbezug. Ihnen ist gemeinsam, daß einerseits ihre Bedeutung zwar nicht eindeutig feststeht, sie andererseits aber der Verwaltung kein Ermessen einräumen.77

= S. 187 = S. 207, aus.

74

Davon geht auch das OVG Münster (Fn. 23), S. 78

7S

So im Ergebnis Künze/jMoskal (Fn. 4), § 13 Anm. 11 LV.m. § 9 Anm. IV 1.

76

V g1. zu der folgenden Differenzierung Karl Engisch, Einführung in das juristische Denken, 8. Aufl. Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz 1983, S. 100ff.; Hans-Uwe Erichsen, Unbestimmter Rechtsbegriff und Beurteilungsspielraum, VeIWArch 63 (1m), 337 (340) sowie ders., in: Hans-Uwe ErichsenjWolfgang Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht (A1lgVeIWR), 8. Aufl. Berlin-New York 1988, § 12 11 1 b. 77 Klaus Stern, Verwaltungsprozessuale Probleme in der öffentlich-rechtlichen Arbeit, 6. Aufl. München 1987, S. 187.

ß. Angemessene Personalkosten

101

Unbestimmte Rechtsbegriffe sind regelmäßig dort zu finden, wo eine einmalige oder endgültige Normierung kaum möglich ist. Sie enthalten jeweils spezifische Rechtsgedanken, die zwar einer begrifflichen Definition nicht zugänglich sind, ihre inhaltliche Ausprägung aber durch ein zeitabhängiges, wertorientiertes Rechtsbewußtsein der Rechtsgemeinschaft erfahren.78 Damit garantiert der Gesetzgeber dem Rechtsanwender eine gewisse Flexibilität, indem die praktische Umsetzung der Gesetze den jeweiligen Zeitumständen angepaßt werden kann. Enthält daher ein Gesetzestext einen unbestimmten Rechtsbegriff, so muß er vor der Subsumtion des zu beurteilenden Sachverhaltes unter die betreffende Vorschrift zunächst inhaltlich konkretisiert werden. Hilfreich ist dabei - soweit vorhanden - eine umfängliche höchstrichterliche Rechtsprechung. Durch ihre regelmäßig differenzierende Aufgliederung in Subkategorien und Herausarbeitung von Zwischennormen lassen sich die gesetzgeberischen Grundintentionen interpretatorisch weiterentwickeln.79 Ähnlich dem anglo-amerikanischen case-Iaw entsteht so durch Fallvergleichung ein immer dichter werdendes Netz von Anhaltspunkten, das die Anzahl der unsicheren Fallgestaltungen ständig verringert und so zur zunehmenden Klärung des jeweiligen Begriffs beiträgt.

2. Der Angemessenheitsbegriff in anderen VorKhriften

Ausgangspunkt der nachfolgenden Erörterungen ist die grundsätzliche Erkenntnis, daß der Angemessenheitsbegriff in den Kontext des staatsrechtlichen Übermaßverbotes gehört.80 Auf dieser Grundlage erhebt sich die Frage, wie der Begriff inhaltlich eingegrenzt werden kann. Bei der beispielhaften Untersuchung, in welchem Zusammenhang er in anderen Rechtssätzen vorkommt,8l fällt ganz allgemein auf, daß die Angemessenheit meist als nach zwei Seiten elastische Pufferzone eingesetzt wird, um kontradiktorischen wirtschaftliche Interessen zum Ausgleich zu bringen. Je nach Verpflichtungsadressat ist dabei zu differenzieren:

78

Larenz, Methodenlehre (Fn. 47), S. 214.

79 Vgl. dazu im einzelnen Peter J. Tettinger, Einführung in die juristiKhe Arbeitstechnik, München 1982, S. 117f. m.w.N. 80 Dazu etwa Peter Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht - Zur Bindung des Gesetzgebers an die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Erforderlichkeit, Köln 1%1, S. 19. 81 Vgl. dazu auch die Nachweise bei Peter J. Tettinger, Rechtsanwendung und geriChtliche Kontrolle im WirtKhaftsverwaltungsrecht, München 1980, S. 488 Fn. 147.

102

3. Teil: Kindergartcnfinanzicrung/ßcLricbskostenbegriff

a) Gesetzgeber als Adressat

aa) Angemessener LänderJinanzausgleich Durch Art. 107 Abs. 2 Satz 1 GG wird der Gesetzgeber verpflichtet, die unterschiedliche Finanzkraft der Länder "angemessen" auszugleichen (horizontaler Finanzausgleich). Zwischen den beiden Grenzwerten - Unterlassen jeglichen Ausgleichs als Unter- sowie hundertprozentiger Ausgleich als Obergrenze82 besteht ein gesetzlicher Beurteilungsspielraum.83 Die Verpflichtung zum angemessenen Ausgleich beinhaltet somit gleichermaßen die Absage an eine finanzielle Nivellierung der Länder sowie das Gebot einer Harmonisierung unter ständig aktualisierter Einbeziehung der jeweiligen steuerpolitischen Verhältnisse und Interessengegensätze zwischen ausgleichsberechtigten und ausgleichspflichtigen Ländern.84

bb) Amtsangemessene Beamtenalimentierung Einer der hergebrachten und vom Gesetzgeber zu konkretisierenden Grundsätze des Berufsbeamtenturns (Art. 33 Abs. 5 GG) ist der einer amtsangemessenen Alimentierung der Beamten.8S In diesem Zusammenhang kann mit dem Begriff der Angemessenheit vermittelt werden zwischen den Interessen der Beamten an der Gewährung von Dienstbezügen entsprechend ihrem Dienstrang, Verantwortungsbereich und der Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse86 einerseits sowie den Bestrebungen des Dienstherrn nach einer möglichst sparsamen Haushaltsführung andererseits. In diesem Interessengegensatz liefert das Alimentationsprinzip einen Maß-

82 Theodor Maunz, in: Theodor Maunz/Günter Dürig u.a., Grundgesetz, Kommentar, Lasebl., 6. Aufl. München 1984ff., Stand: 28. Lieferung Dezember 1989, Art. 107 Rnm. 63f.; Klaus Vogel/Paul Kirchhof, in: Bonner Kommentar, Kommentar zum Bonner Grundgesetz, LosebI., Heidelberg 1950ff., Stand: 60. Lieferung Mai 1990, Art. 107 Rnm. 162, 164. 83 Vgl. nur Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland (StaatsR), Bd. 11, München 19n, S. 1171. 84 Hans Pagenkopf, Harmonisierungsgebote und Nivellierungsverbote im bundesstaatlichen Finanzausgleich, DÖV 1979, 613 (617f.); Peter Lerche, Finanzausgleich und Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse, in: Festschrift für Friedrich Berber zum 75. Geburtstag, hrsg. von Dieter Blumenwitz und Albrecht Randelzhofer, München 1973, S. 299 (304f.) unter besonderer Bezugnahme auf eine Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet.

8S

BVerfGE 44,249 (266).

Vgl. dazu Norben Günther, Anpassung der Beamtenbesoldung an die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse, Berlin 1987. 86

B. Angemessene Pc.rsonalkosten

103

stabsbegriff, der den jeweiligen Zeitverhältnissen entsprechend zu konkretisieren ist.1n b) Verwaltung als Adressat Hauptadressat für die Ausfüllung des Angemessenheitsbegriffs ist die Verwaltung.

aa) Angemessene Kapitalverzinsung Zu den Kosten einer Einrichtung, an denen sich die Verwaltung nach dem Kostendeckungsprinzip88 bei der Bemessung der Benutzungsgebühren zu orientieren hat, gehört nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NW u.a. eine "angemessene" Verzinsung des aufgewandten Kapitals. Auch hier ist festzustellen, daß mit Hilfe des Angemessenheitsbegriffs zum einen die unterschiedlichen Interessen der Gemeinden als der Gebührengläubiger sowie der Benutzer als Gebührenschuldner in Einklang gebracht werden können. Auch dieser Interessenausgleich kann jedoch nicht auf einen noch so ausgewogenen starren Kompromiß ftxiert werden; er ist vielmehr abhängig von der Art der Einrichtung sowie vom jeweils aktuellen Zinsniveau. Vor diesem Hintergrund wird ein Durchschnittszinssatz für eine Verzinsung langfristiger Anlagen am freien Kapitalmarkt als angemessen angesehen.89

bb) Angemessenes Verhältnis zwischen Amtshandlung und Verwaltungsgebühr Besonders anschaulich kommt die Ausgleichsfunktion des Angemessenheitsbegriffs in § 3 GebG NW zum Ausdruck: Hier soll die Höhe der Verwaltungsgebühr zum wirtschaftlichen Nutzen der Amtshandlung für den Gebührenschuldner in ein "angemessenes" Verhältnis gesetzt werden.

In

BVerfGE (Fn. 85), S. 265.

88 Vgt. dazu Elisabeth BauernfeindjFranz Zimmermann, Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 2. Aufl. Köln 1979, § 6 Rnm. 11ff.; Johann Schotz, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht (Fn. 14), § 6 KAG NW Rnm.548ff. 89 Bauernfeind/Zimmermann, KAG NW (Fn. 88), § 6 Rn. 31; Dahmen, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht (Fn. 14), § 6 KAG NW Rn. 187.

104

3. Teil: Kindcrgar'lcnfinanzicrung/ßctricbskoslcnbegriff

Auch in diesem Fall wird der Verwaltung ein Anpassungsspielraum an die Hand gegeben. Auf der einen Seite ist der Verwaltungsaufwand für eine bestimmte Amtshandlung eine unveränderliche Größe. Andererseits kann sich aber auch ihr wirtschaftlicher Wert unter geänderten gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen nach oben oder unten bewegen.

cc) Angemessene Schüler-Unfallversicherung Zu den amtlichen Sachausgaben einer öffentlichen Schule gehören nach

§ 1 Abs. 3 Satz 2 SchFG NW u.a. die Kosten für eine angemessene Schüler-

Unfallversicherung.

Hier sind die finanziellen Interessen des Schulträgers und das Interesse der Schüler an einem möglichst umfassenden Versicherungsschutz gegeneinander abzuwägen. Durch die Angemessenheits-Variable können hier unterschiedliche Unfallrisiken - Z.B. je nach Schultyp oder Belegenheit der Schule - berücksichtigt werden.

dd) Angemessener Umfang zumutbarer Eigenbetei/igung Die Hilfe in besonderen Lebenslagen - §§ 27ff. BSHG - geht nach § 79 Abs.l BSHG von der Grundüberlegung aus, daß dem Hilfesuchenden und seinem nicht getrenntlebenden Ehegatten die eigene Aufbringung der Mittel nur dann nicht zuzumuten ist, wenn ihr gemeinsames Monatseinkommen während der Dauer des Bedarfs eine bestimmte, in §§ 79 und 81 BSHG spezifizierte Einkommensgrenze nicht übersteigt. Nur soweit das zu berücksichtigende Einkommen über der danach maßgeblichen Einkommensgrenze liegt, ist dem Hilfesuchenden nach § 84 Abs. 1 Satz 1 BSHG die Aufbringung der Mittel in angemessenem Umfang zuzumuten. Unabhängig von der Frage, ob der Sozialhilfeträger über den Umfang der Angemessenheit gem. § 4 Abs.2 BSHG nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet,9O oder ob die Angemessenheit auch hier als unbestimmter Rechtsbegriff dem Sozialhilfeträger einen Beurteilungsspielraum eröffnet, 90 In diesem Sinne Hermann Gottschick/Dieter Giese, Bundessozialhilfegesetz, Kommentar, 9. Aufl., von Dieter Giese, Köln-Berlin-Bonn-München 1985, § 84 Rn. 5 und Otto Fichtner, in: Anton Knoop/Otto Fichtner (Hrsg.), Bundessozialhilfegesetz, Kommentar, unter Mitarbeit von Karl-Heinz Biederbick, Ernst Bräutigam und Hartmut Schubert, 6. Aufl. München 1988, § 84 Rn. 3 jeweils m.w.N.

B. Angemessene Personalkosten

105

der das Ermessen gern. § 4 Abs. 2 BSHG ausschließt,91 liegt jedenfalls auf der Hand, das Hilfesuchender und Sozialhilfeträger den Maßstab des angemessenen Umfangs aus je entgegengesetzten Interessenlagen unterschiedlich ansetzen würden. Einen Anhaltspunkt enthält § 84 Abs. 1 Satz 2 BSHG: Danach sind bei der Prüfung des angemessenen Umfangs vor allem die Art des Bedarfs, Dauer und Höhe der erforderlichen Aufwendungen sowie besondere Belastungen des Hilfesuchenden und seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen zu berücksichtigen. Angemessen wird letztlich diejenige Eigenbeteiligung sein, die bei Abwägung der Ziele des Bundessozialhilfegesetzes und der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Hilfesuchenden den Besonderheiten des Einzelfalls am ehesten gerecht wird.92

ee) Anderer angemessener Arbeitsplatz Um den Schwerbehinderten vor den besonderen Gefahren zu schützen, denen er wegen seiner Beeinträchtigung auf dem Arbeitsmarkt ausgesetzt ist, und zur Verhinderung einer Benachteiligung gegenüber dem gesunden Arbeitnehmer93 ist eine Kündigung seines Arbeitsverhältnisses gern. § 15 SchwbG von der Zustimmung der zuständigen HauptfürsorgesteIle - in Nordrhein-Westfalen also gern. § 5 Abs. 1 lit. a Nr. 2 LVerbO NW der Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe - abhängig. Diese Zustimmung soll die HauptfürsorgesteIlen nach § 19 Abs. 2 SchwbG erteilen, wenn dem Schwerbehinderten ein anderer angemessener Arbeitsplatz gesichert ist. Auch hier wird der Schwerbehinderte selbst im Regelfall höhere Anforderungen an die Angemessenheit stellen als die HauptfürsorgesteIle oder gar der Arbeitgeber. Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß der Schwerbehindertenschutz nicht zur Unkündbarkeit des Schwerbehinderten führen soll, sondern ausschließlich dem Ausgleich seiner naturbedingten Nachteile dient.94 Vor diesem Hintergrund wird bei Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls ein anderer Arbeitsplatz ange-

91

So etwa OVG Lüneburg, DVBI. 1970, 182 (183).

92

Fichtner, in: Knoop/Pichtner, BSHG (Pn. 90), § 84 Rn. 4.

93 Vgl. zu diesem Schutzzweck BVerwGE 23, 123 (127), allerdings noch zu § 18 SchwbG aP sowie Hans-Dietrich Rewolle (Begr.)/Hans-lürgen Dömer, Schwerbehindertengesetz, Kommentar, LosebI., Percha und Kempfenhausen 1985ff., Stand: 47. Ergänzungslieferung August 1989, § 19 Anm. 2. 94

BVerwG ebd.

106

3. Teil: Kindergartcnfinanzicrung/Bcbicbskostcnbegriff

messen sein, der im Vergleich zum bisherigen Arbeitsplatz nach Entgelt und Art der Tätigkeit den Fähigkeiten, den eingeschränkten Einsatzmöglichkeiten und der Vorbildung des Schwerbehinderten entspricht.95

ff) Angemessene krankheitsbedingte Aufwendungen § 3 Abs.l der Beihilfeverordnung (BVO) stellt für die Behilfefähigkeit auf die "Angemessenheit" der Aufwendungen im Krankheitsfall ab.

In dem breiten Spektrum zwischen offensichtlich überflüssigen und unumgänglichen Aufwendungen dient auch in diesem Zusammenhang der Angemessenheitsbegriff dazu, die verschiedenen Interessen jeweils zeitlich aktualisiert auszubalancieren.

gg) Angemessene Wahlkampjkosten Die Erstattung der Kosten für einen "angemessenen" Landtags-Wahlkampf wird den Parteien nach § 1 Abs. 1 Satz 1 desnordrhein-westfälischen Wahlkampfkostengesetzes garantiert. Gerade in diesem gesellschaftspolitisch sehr sensiblen Bereich treten die Interessengegensätze deutlich zutage: Auf der einen Seite stehen ein ohnehin erheblich angeschlagener LandeshaushaIt sowie ein beträchtlicher Teil der Wählerschaft, der in den üblichen "Materialschlachten" eine Verschwendung von Steuergeldern sieht. Demgegenüber ist den Parteien fast kein Mittel zu kostspielig, mit dem um wertvolle Wählerstimmen gerungen werden könnte. Auch hier obliegt es der Verwaltung, durch das Korrektiv der Angemessenheit veränderte Umstände in ihre Überlegungen einzubeziehen und jeweils neu zwischen den Interessengegensätzen zu vermitteln.

95 Vgl. BVerwG (Fn. 93), S. 126; Hermann Wilrodt/Otfried Gotzen (Begr.)jDirk Neumann, Schwerbehindertengesetz, Kommentar, 6. Aufl. München 1984, § 16 a.F. Rn. 24; Carl IlIng/Horst H. Cramer, Schwerbehindertengesetz, Kommentar, 2. Aufl., von Horst H. eramer, München 1980, § 16 a.F. Rn. 7.

B. Angemessene Personalkosten

107

c) Privatperson als Adressat Durch den Angemessenheitsbegriff können schließlich auch Privatpersonen - natürliche wie juristische - angesprochen sein:

aa) Angemessener Unterhalt Nach § 1601 i.V.m. § 1610 Abs.1 BGB sind Verwandte in gerader Linie zu gegenseitiger Gewährung eines angemessenen Unterhalts verpflichtet. Auch hier wird es - trotz Bedarfstabellen und Unterhaltsrichtlinien96 - in Zweifelsfällen zwischen Unterhaltsberechtigten und -verpflichteten zu unterschiedlichen Auffassungen darüber kommen, wann ein Unterhalt angemessen ist.

bb) Angemessenes haftendes Eigenkapital Im Interesse ihrer Einlagegläubiger müssen die Kreditinstitute nach § 10 Abs. 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes (KWG) über ein angemessenes haftendes Eigenkapital verfügen. Auch im Kreditwesenbereich ließ man sich von dem Gedanken leiten, daß die unterschiedlichen Geschäftsstrukturen der Banken und Sparkassen sowie die ständig veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine flexible und anpassungsfähige Regelung erforderlich machen.97 Unabhängig von den nach § 10 Abs. 1 Satz 2 KWG aufgestellten Grundsätzen I und I a, die nur den Maßstab für eine widerlegliche Vermutung darstellen,98 bzw. eine norminterpretierende Konkretisierung generalklauselartig formulierter Maßstäbe beinhalten,99 sind' die Kreditinstitute nicht von ihrer Verantwortung entbunden, daß angemessene haftende Eigenkapital selbst zu bestim-

96 VgJ. dazu die Nachweise bei Uwe Diederichsen, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 50. Aufl. München 1991, § 1610 Rnm. Hf. 97 Ludwig Schork, Gesetz über das Kreditwesen, Kommentar, LosebI., 2. Aufl. Köln-BerIin-Bonn-München 1977ff., Sta~: 5. Lieferung März 1983, § 10 Rn. 4.

98

Inge Lore Bähre/Manfred Schneider, Kreditwesengesetz, Kommentar, 3. Aufl. München

99

Tettinger, Rechtsanwendung und gerichtliche Kontrolle (Fn. 81), S. 453.

1986, § 10 Anm. 9.

108

3. Teil: Kindcrgartcnfinanzicrung /Bctricbskostenbcgriff

men. lOO Daß es auch dabei zu Interessenkollisionen zwischen den Instituten und ihren Gläubigern kommen kann, liegt auf der Hand.

cc) Angemessene Beitragsbeteiligung des Nießbrauchers Schließlich hat im Rahmen der Flurbereinigung der Nießbraucher nach

§ 69 Satz 1 des Flurbereinigungsgesetzes (FlurbG) einen angemessenen Teil

der dem Grundstückseigentümer zur Last fallenden Beiträge an die Teilnehmergemeinschaft zu leisten und dem Eigentümer die darüber hinaus gehenden Beiträge zum angemessenen Zinssatz zu verzinsen.

Zwar bringt die Flurbereinigung im Regelfall eine über die Dauer des Nießbrauchs hinausgehende Verbesserung der Grundstücke mit sich. Die Vorschrift des § 69 Satz 1 FlurbG geht jedoch von der Erwägung aus, daß die Beiträge zu den Verfahrenskosten nur aus den laufenden Nutzungen der Grundstücke aufzubringen sind. IOI Da das Gesetz keine Anhaltspunkte dafür enthält, nach welchen Gesichtspunkten sich die Angemessenheit richten soll, stoßen einmal mehr entgegengesetzte wirtschaftliche Interessen aufeinander: Während der Grundstückseigentümer naturgemäß an einer möglichst umfänglichen Kostenbeteiligung des Nießbrauchers interessiert ist, wird dieser versuchen, seinen finanziellen Anteil so gering wie möglich zu halten. Ausgehend von den Charakter des Nießbrauchs, der nach § 1030 BGB eine dingliche Belastung des Grundeigentums ist, wird sich die Höhe des angemessenen Anteils an der Dauer des Nießbrauchs l02 sowie an dem Verhältnis von Eigentum und Nießbrauch nach dem BewertungsgesetzlO3 orientieren.

100 Volkhard Szagunn/Walter Neumann/Kar/ Wohischieß, Gesetz über das Kreditwesen, Kommentar, 3. Auf!. Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz 1976, § 10 Rn. 3. 101 Roben Steuer, Flurbereinigungsgesetz, Kommentar, 2. Auf!. München-Berlin 1967, § 69 Anm.3. 102

BVerwGE 34, 205 (206); Steuer ebd.

103

BVerwG (Pn. 102), S. 207.

B. Angemessene Personalkosten

109

dd) Angemessene Vergütung

Zur finanziellen Unterstützung sowie zur Entlohnung für die zu erbringende Leistung hat der Ausbilder dem Auszubildenden gem. § 10 Abs. 1 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) eine angemessene Vergütung zu gewähren. Auch hier werden die Vorstellungen darüber, welche Vergütung angemessen ist, gewöhnlich einander widersprechen. Da sich diese Frage jedoch für jeden Ort und Gewerbezweig eindeutig beantworten läßt, gilt eine Vergütung stets dann als angemessen, wenn sie das örtlich bestimmbare Mindestmaß einer Hilfe zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten gewährleistet und zugleich einen Mindestentlohnung für die im jeweiligen Gewerbezweig bestimmbare Leistung eines Auszubildenden darstellt. 104

d) Resümee Als Resümee aus den vorstehenden Überlegungen, die lediglich exemplarischen und keineswegs repräsentativen Charakter haben, kann festgehalten werden, daß der Begriff der "Angemessenheit" - zumindest in den genannten Beispielen - immer in einem finanziellen Kontext verwendet wird. Er kann zwar nirgendwo mit letzter Verbindlichkeit definiert werden, bietet aber den einzelnen Normadressaten einen Handlungsspielraum, um einen Interessenausgleich zwischen verschiedenen Standpunkten unter jeweils aktualisierter Anpassung an veränderte Begleitumstände herbeizuführen. Aus diesen Ergebnissen vorschnelle Schlüsse für den Sinngehalt des Angemessenheitsbegriffs in § 13 Abs. 1 KgG zu ziehen, wäre sicherlich ebenso verfehlt, wie der Versuch, jeglichen Zusammenhang der vorstehenden Überlegungen zum kindergartenrechtlichen Betriebskostenbereich zu leugnen.

3. "Angemessene" Personalkosten

Auch in § 13 Abs. 1 KgG steht das Regulativ der Angemessenheit in unmittelbarem Kostenzusammenhang. Wirtschaftliche Interessengegensätze sind ebenfalls auszumachen: Da die Finanzierung der angemessenen Perso104

AnIon Knopp/Wolfgang Kraegeloh, Berufsbildungsgesetz, Kommentar, 2. Auf). Köln-

Berlin-Bonn-München 1982, § 10 Rn. 2.

110

3. Teil: Kindergartcnfinanzierung/Bctricbskostcnbcgriff

nalkosten nach dem Schlüssel des § 14 Abs. 6 Satz 1 KgG zu annähernd zwei Dritteln der öffentlichen Hand obliegt, haben kirchliche Träger im Gegensatz zu den kommunalen und den Landesjugendämtern ein besonderes Interesse an der Anerkennung möglichst aller personalbedingten Kosten als "angemessen". Schließlich ermöglicht auch im Kindergartenbereich der Angemessenheitsbegriff eine jeweils erforderliche Anpassung an veränderte wirtschaftliche oder gesellschaftliche Vorzeichen.

a) Erforderlichkeit des Personals Erstes Kriterium angemessener Personalkosten ist gern. § 1 Abs. 1 Satz 1 BKVO die Erforderlichkeit des vergüteten Personals nach der Vereinbarung, lOS wo der Personalbedarf je nach Art und Größe der Einrichtung sowie nach unterschiedlichen Ausbildungen im einzelnen festgelegt ist. Selbst bei pädagogischer Befürwortung ist daher eine über den dortigen Rahmen hinaus beschäftigte Mitarbeiterin in diesem Sinne nicht erforderlich, so daß die Aufwendungen für ihre Vergütung dementsprechend unangemessen sind. 106 Das gleiche gilt für eine pädagogisch tätige Kraft, die zwar grundsätzlich erforderlich, hinsichtlich ihrer Ausbildung und ihrer konkret ausgeübten Tätigkeit aber am Maßstab der Vereinbarung gleichsam überqualifiziert lO7 oder aber schlicht zu hoch bewerteeOS ist. lOS

Vgl. dazu Fn. 73.

106 So haben das VG Düsseldorf, Urt. v. 24. November 1976 - 7 K 2070/74 -, und, gem. § 6 EntlG ohne eigene Ausführungen allgemein bestätigend, das OVG Münster, Urt. v. 25. September 1979 - VIII A 657/77 -, in einem zweigruppigen Kindergarten unter Hinweis auf §§ 3 und 4 der Vereinbarung lediglich eine ganztägig (Leiterin) und eine halbtags beschäftigte Kindergärtnerin sowie eine ganztags tätige Kindergartenhelferin für erforderlich gehalten. Trotz Nützlichkeit wurde einer darüber hinaus halbtags beschäftigten Kindergartenhelferin diese Erforderlichkeit und damit den Aufwendungen für ihre Vergütung die Angemessenheit abgesprochen. 107 Daher haben das VG Minden, Gerichtsbescheid v. 24. September 1987 - 10 K 448/87 -, und in der Berufungsinstanz das OVG Münster, Urt. v. 28. August 1989 - 8 A 2501/87 -, den Differenzbetrag für unangemessen gehalten, den ein privater Träger einer eingruppigen Einrichtung neben der Vergütung einer sozialpädagogischen Fachkraft anstelle einer Zweitkraft ohne sozialpädagogische Ausbildung für die Vergütung einer zweiten Fachkraft aufgewendet hatte. Nach Auffassung des OVG Münster, S. 15, widersprechen diese erhöhten Aufwendungen zudem den nach § 1 Abs. 6 BKVO zu beachtenden Grundsätzen einer wirtschaftlichen oder sparsamen Verwaltung.

lOS Aus diesem Grund hat der VGH Mannheim (Fn. 29; die "Anrechnungsfähigkeit" der Personalkosten in Baden-Württemberg kann insoweit mit der "Angemessenheit" in Nord-

ß. Angemessene Personalkosten

111

b) Aufgabenstellung des Kindergartens Daneben orientiert sich die Angemessenheit der Personalkosten vor allem an der Aufgabenstellung des jeweiligen Kindergartens. Diese Aufgabenstellung kann je nach Träger sehr unterschiedlich sein.

aa) Allgemein Gemeinsame Zweckrichtung aller Kindergärten ist die in § 1 KgG normierte und durch § 2 KgG im einzelnen konkretisierte Betreuung, Förderung, Erziehung und Bildung der Kinder. Diese Ziele haben jedoch nur die Funktion eines kleinsten gemeinsamen Nenners. Seine spezifische Aufgabenstellung bestimmt jeder Träger selbst.

bb) Kirchliche Kindergärten Auch hier ist angesichts der hohen Zahl kirchlicher Kindergärten dem Selbstverständnis ihrer Träger eine besondere Bedeutung beizumessen. 109

(1) Evangelische Kirche Die Konzeption der Rheinischen Landeskirche findet sich in den "Empfehlungen der Leitung der Evangelischen Kirche im Rheinland zur Kindergartenarbeit".1I0 Dort heißt es unter Nr. 11.4. u.a.: rhein-Westfalen verglichen werden) die bloße personalkosten rechtliche Bezuschussung einer bei einer evangelischen Kirchengemeinde angestellten Gruppenleiterin nach der im öffentlichen Dienst üblichen Vergütungsgruppe BAT VIb bestätigt. Der Träger hatte sie demgegenüber nach der für ihn maßgeblichen Vergütungsregelung infolge eines großzügiger gehandhabten Bewährungsaufstiegs nach BAT Vc - einer im öffentlichen Dienst den Kindergartenleiterinnen vorbehaltenen Vergütungsgruppe - bezahlt. 109 Vgl. zum folgenden Heriben Mörsberger, Der Kindergarten im Beziehungsgeflecht von Träger, Behörden und Verbänden, in: Der Kindergarten, Bd. 1 (Fn. 3), S. 35 (47); ders., Einrichtungen und Strukturen in freier Trägerschaft, in: Tageseinrichtungen für Kinder - Eine Aufgabe der Jugendhilfe, hrsg. vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge, Frankfurt a.M. 1990, S. 43 (47ff.) sowie - allerdings unter exemplarischer Beschränkung auf den Bereich der evangelischen Kirche - Elgeti, Rechtsprobleme (Pn. 54), S. 148f. m.w.N. 110 Vom 23. März: 1979 unter Bezugnahme auf die Empfehlungen vom 12. April 1973, in: Rheinischer Verband Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder e.V. (Hrsg.), Information

112

3. Teil: Kindergartcnfinanzicrung/Bctricbskoslcnbegriff "Der Beitrag der Kirche in unserer Gesellschaft profiliert sich im Elementarbereich im Angebot einer christlichen Erziehung. Die Kirche ist den Kindern und ihren Eltern Orientierung schuldig, damit sie das Leben im Glauben bestehen und Antworten auf die Fragen nach Wahrheit und Sinn, Liebe und Gerechtigkeit, Leid und Tod vom Evangelium her finden können."

Nach Nr. 11.3., letzter Satz, wird dieser Dienst als Zeugnis der Liebe und Barmherzigkeit Gottes angeboten. Ähnlich liest es sich in der entsprechenden Aufgabenbeschreibung der Westfälischen Landeskirche unter der Überschrift "2. Begründung und Ziele evangelischer Kindergartenarbeit" in These 2 ihrer "Evangelischen Kindergartenarbeit in Westfalen".111 Danach "ist die Kirchengemeinde zur Trägerschaft ihres Kindergartens durch das Evangelium von Jesus Christus beauftragt. Der evangelische Kindergarten hat die Aufgabe, Kindern und Eltern christliche Lebenshaltungen und Werte zu vermitteln. Auf dieser Grundlage fördert er die Kinder bei der Entwicklung ihrer Persönlichkeit, ihrer Gemeinschaftsfahigkeit und ihrer Fähigkeit zum Umgang mit der Umwelt."

Nach § 1 Abs. 3 Satz 3 der Richtlinien für Tageseinrichtungen für Kinder in der Evangelischen Kirche von Westfalen (TfK_RL)1l2 helfen evangelische Tageseinrichtungen für Kinder Kindern und Eltern, christlichen Glauben gemeinsam zu leben und in die Kirchengemeinde hineinzuwachsen.

(2) Katholische Kirche Katholische Pfarrgemeinden können als Kindergartenträger in Nordrhein-Westfalen die für sie verbindliche Geltung eines in allen Diözesen annähernd gleichlautenden Statuts für Kindergärten und andere Tageseinrichtungen für Kinder 1l3 für sich reklamieren. für Träger - Kindergarten, Tagesstätte, Hort von A - Z, LosebI., Düsseldorf 1982ff., Stand: 2. Lieferung 1986, Stichwort "Stellungnahmen", S. Hf.

111 In: Materialien für den Dienst in der Evangelischen Kirche von Westfalen. Hrsg. im Auftrag des Landeskirchenamtes von Landeskirchenrat Karl-Heinz Potthast, Reihe B, Gemeindearbeit, Heft 4, Bielefeld 1981, S. 5f. m Vom 12. März 1986 (KABI. S. 22). Aachen, Statut vom 21. August 1986 (KirchI. Anz. S. 209); Köln, Statut vom 15. Dezember 1988 (KirchI. Anz. S. 5); Münster (nordrhein-westfalischer Teil), Statut vom 2. März 1988 (KABI. S. 91). Im Bistum Essen gilt noch das Statut für die Kindergärten im Bistum Essen vom 27. Juli 1972 (KABI. S. 71), dessen § 1 Abs. 1 aber im wesentlichen mit der Fassung der neuen Statuten übereinstimmt. Im Erzbistum Paderborn ergibt sich die Zielsetzung aus der Präambel der am 1. September 1989 in Kraft getretenen Ordnung für die Mitwirkung aller Beteiligten bei der Gestaltung von Katholischen Kindergärten im Erzbistum Paderborn (KABI. S. 91). 113

B. Angemessene Personalkosten

113

Die Zielsetzung katholischer Kindergartenarbeit ergibt sich aus § 1 Abs. 1 des Statuts. Danach erfüllen kirchliche Träger von pfarreigenen Kindergärten (Bistümer Aachen und Essen) bzw. Träger von katholischen Tageseinrichtungen für Kinder (Erzbistum Köln und nordrhein-westfälischer Teil des Bistums Münster) im jeweiligen Bistum "im Zusammenwirken mit ihren pädagogisch tätigen Kräften ihre Erziehungs- und Bildungsaufgaben auf der Grundlage des katholischen Glaubens. Den Erziehungsberechtigten, die dasselbe Ziel anstreben, bieten Kirche und Pfarrgemeinde Hilfe bei der Entfaltung der (geistigen) Fähigkeiten des Kindes und der Entwicklung seiner Persönlichkeit zu einem vom christlichen Geiste erfüllten und seiner Verantwortung in Kirche und Gesellschaft bewußten Menschen."

Auf dieser Grundlage versucht der katholische Kindergarten, seinen Auftrag letztendlich vom Evangelium her auszulegen und alles erzieherische Handeln von ihm her zu bestimmen. 114

ce) Umfassende Zielsetzung Kirchliche Kindergärten erheben somit einen doppelten Anspruch: Über die in den §§ 1 und 2 KgG fixierten pädagogischen Ziele hinaus zeichnen sie für eine Pädagogik aus dem proprium kirchlichen Glaubens verantwortlich, oder, um mit Johaml Frank zu sprechen: In einem kirchlichen Kindergarten geschieht nicht nur soziale Bewahrung, sondern eben auch - im weitesten Sinne - christliche Unterweisung. llS Neben der Erfüllung grundsätzlicher erzieherischer Ziele wollen die Träger kirchlicher Kindergärten mithin ein von einem spezifisch christlichen Menschenbild ausgehendes Klima schaffen. Ein Gesetzgeber, der den Vorrang freier Träger normativ verankert, und eine Verwaltung, die dies in der Praxis zu beachten hat, müssen angesichts der Bedeutung kirchlicher Träger deren religöse Leitvorstellungen akzeptieren. 116 Nur auf diesem Weg kann § 8 Abs.3 KgG seine volle Bedeutung entfalten.

114 Zentralverband katholischer Kindergärten und Kinderhorte Deutschlands e.V. (Hrsg.), Zur bedarfsgerechten Angebotsgestaitung katholischer Kindergärten, Freiburg 1988, S. 5.

115

Diskussionsbeitrag, in: Essener Gespräche (Fn. 25), Bd. 10, Münster 1976, S. 43.

116

VG Aachen (Fn. 43), S. 9.

8 KlImpec

114

3. Teil: Kindergartenfinanzicrung/BeLTiebskostenbegriff

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, daß das Kindergartengesetz über die allgemeinen Ziele seiner §§ 1 und 2 hinaus auch eine im einzelnen unterschiedlich ausgestaltete religiöse Erziehung und Betreuung fördern will. 117 Garanten einer so definierten AufgabensteIlung des Kindergartens sind vor allem seine pädagogischen Kräfte. Ohne finanzielle Nachteile muß dann aber eine arbeitsrechtlich korrekte Trennung von einer Erzieherin möglich sein, durch deren Lebensführung ihrem kirchlichen Arbeitgeber die Verwirklichung seines Konzeptes erschwert oder gar unmöglich gemacht wird.

c) Grundsätze einer wirtschaftlichen oder sparsamen Verwaltung Die mit der Kündigung einer Mitarbeiterin verbundenen Kosten könnten nach der bisherigen Erörterungen allenfalls dann unangemessen sein, wenn sie gern. § 1 Abs. 6 BKVO den Grundsätzen einer wirtschaftlichen oder sparsamen Verwaltung widersprechen würden. Das wäre eventuell dann anzunehmen, wenn es sich bei derartigen Personalkosten um freiwillige Leistungen des Trägers118 handeln würde.

aa) Unsichere Rechtslage Davon kann zumindest dann keine Rede sein, wenn Zweifel über die Berechtigung gerade einer außerordentlichen Kündigung bestehen. In einer solchen arbeitsrechtlich ungeklärten Situation entspricht es nämlich vernünftigem wirtschaftlichem Verhalten eines Arbeitgebers, zur Ausräumung rechtlicher Unwägbarkeiten im Wege gegenseitigen Nachgebens einem begründeten Vergleichsvorschlag des Arbeitsgerichts zu folgen. 119

bb) Rechtmäßige Kündigung Aber auch in den Fällen, in denen sich der kirchliche Arbeitgeber trotz eindeutigen Vorliegens der Voraussetzungen etwa des § 42 Abs. 1 Satz 2 117

VG Aachen ebd.

118

So das VG Gelsenkirchen (Fn. 45), S. 8, allerdings ohne Bezugnahme auf § 1 Abs. 6

It9

OVG MÜnster (Fn. 23), S. 78f. = S. 187f. = S. 208.

BKVO.

ß. Angemessene Personalkosten

115

KAVO I20 auf einen kostenverursachenden Vergleich einläßt, sind Abfmdungs- oder Vergütungszahlungen bis zum Ablauf der Kündigungsfrist keinen freiwilligen oder unwirtschaftlichen Leistungen. Dies würde nämlich zu unerträglichen Widersprüchen im geltenden Recht führen: Wie sich aus § 54 Abs. 1 und 3 ArbGG ergibt, ist die gütliche Beilegung des Rechtsstreits - insbesondere im Wege des Vergleichs - das zuförderst anzustrebende Ziel eines Arbeitsgerichtsprozesses, 121 der zu diesem Zweck mit dem ihm eigentümlichen Institut der Güteverhandlung beginnt. Diese oberste Verhaltensmaxime richtet sich sowohl an das Gericht als auch an die Prozeßparteien. Wenn sich danach ein Arbeitgeber in Befolgung dieses Grundsatzes und auf Vorschlag des Gerichts im Wege gegenseitigen Nachgebens zu bestimmten Zahlungen an seine ehemaligen Mitarbeiterin verpflichtet, kann die Verwaltung dieses Verhalten nicht als unwirtschaftlich sanktionieren und von der Bezuschussung ausschließen. Andernfalls müßte ein kirchlicher Träger, um seine Chance auf einen Betriebskostenzuschuß zu wahren, das Kündigungsschutzverfahren - ggf. über mehrere Instanzen - bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung durchführen: 22 Daß dadurch je nach Ausgang des Verfahrens erheblich höhere Kosten entstehen können, liegt auf der Hand. Alternativ dürfte der Träger zur Umgehung des Anerkennungsrisikos ggf. nur noch fristgemäß kündigen, was aber seine Arbeitgeberrechte unter Berücksichtigung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts unzulässig einschränken würde. l23

d) Schlußfolgerung Nach diesen Überlegungen gehören somit vergleichsbedingte Personalaufwendungen ebenso zur AufgabensteIlung des Kindergartens wie ihnen andererseits im Interesse einer Einheit der Rechtsordnung die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit i.S.d. § 1 Abs. 6 BKVO nicht abgesprochen werden können.

120 Vgl. dazu die Beispiele in Pn. 56 und 57. Hierher hätte m.E. auch der dem OVG Münster zugrundeliegende Sachverhalt gehört, den das Gericht stattdessen als "zweifelhaft" bzw. "arbeitsrechtlich ungeklärt" bezeichnet. 121

Vgl. dazu nur Wolfgang Grunsky, Arbeitsgerichtsgesetz, Kommentar, 5. Aufl. München

1987, § 54 Rn. 10.

~: VG Aac~en (Pn. 43), S. 8; OVG Münster (Pn. 23), S. 79 = S. 188 = S. 209. OVG Munster (Pn. 23), S. 79

••

= S. 188 = S. 209.

116

3. Teil: Kindergartenfinanzierung/ßecriebskostenbcgriff

Sie sind daher - zumindest für den Betrieb eines kirchlichen Kindergartens - erforderlich und damit angemessen i.S.d. §§ 13 Abs. 1 KgG und 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 6 BKVO.

4. Verwaltungsgerichtliche Nachpriitbarkeit und Beurteilungsennächtigung der Verwaltung

Abschließend bleibt noch zu klären, inwieweit Auslegung und Anwendung des Angemessenheitsbegriffs durch die Verwaltung von den Gerichten überprüft werden können. Hier geht es um die Funktionenverteilung zwischen Exekutive und Judikative, um die Frage also, wem im Zweifelsfall die Letztentscheidungskompetenz über die Auslegung auch dieses unbestimmten Rechtsbegriffs zusteht. Mit Blick auf die Eigenständigkeit der Verwaltung als einer der drei Staatsgewalten wird in der Literatur unter verschiedenen Aspekten eine Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte erörtert. l24 Am weitesten geht dabei der Ansatz von Otto Bachof. Er räumt der Verwaltung bei der Subsumtion eines Sachverhalts unter einem unbestimmten Rechtsbegriff einen sog. Beurteilungsspielraum ein, innerhalb dessen Grenzen die Verwaltungsgerichte die behördliche Entscheidung zu akzeptieren haben. Lediglich in Grenzfällen, wenn also mehrere Lösungen möglich sind, ist nach der von Carl Hennann Ule entwickelten Vertretbarkeitslehre die Funktion der Verwaltungsgerichtsbarkeit auf die Prüfung der Frage beschränkt, ob sich die Subsumtionsentscheidung im Rahmen des Vertretbaren hält. In die gleiche Richtung gehen die Überlegungen von Hans J. Wolf! bei einer gesetzlich erforderlichen Abschätzung zukünftiger Entwicklungen. In diesen Fällen habe das Gericht innerhalb einer zu ermittelnden Toleranzgrenze eine unwiderlegbare Einschätzungsprärogative der Verwaltung hinzunehmen. Die Rechtsprechung geht nach anfänglichen Zugeständnissen an die Lehre vom Beurteilungsspielraum heute in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre davon aus, daß der in Art. 19 Abs. 4 GG garantierte umfassende Rechtsschutz eine grundsätzlich volle gerichtliche Überprüfung unbestimmter Rechtsbegriffe erfordere.

124 Vgl. zum folgenden die Nachweise bei Stern, Verwaltungsprozessuale Probleme (Fn.71), S. 188f. und bei Hanmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht (AUgVelWR), 6. Aufl. München 1988, § 7 Rn. 20.

B. Angemessene Personalkosten

117

Wegen Höchstpersönlichkeit oder fehlender Nachvollziehbarkeit mancher Exekutiventscheidung wird aber eingeräumt, daß den gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeiten natürliche Grenzen gesetzt sind. Aus diesem Grund haben sich bestimmte Fallgruppen herausgebildet, bei deren Vorliegen der Verwaltung in Abweichung von der grundsätzlich vollen Überprüfbarkeit ein Beurteilungsspielraum zugestanden wird: bei Entscheidungen von weisungsunabhängigen Kollegialorganen mit spezifischen Fachkenntnissen und Erfahrungen wie z.B. von Prüfungsausschüssen oder Sachverständigengremien ist es den Verwaltungsgerichten ebensowenig möglich, die behördliche Entscheidung durch eine eigene zu ersetzen, wie bei dienstrechtlichen Beurteilungen von Beamten, die eine genaue Kenntnis des Betroffenen voraussetzen. Das gleiche gilt auch für wertende und prognostische Entscheidungen, wenn die Prognose auf allgemeinen politischen, wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Gesamtzusammenhängen beruht. In diesen Fällen ist nach der neueren Rechtsprechung davon auszugehen, daß der Gesetzgeber der Verwaltung eine "Beurteilungsermächtigung" einräumen wollte, die der gerichtlichen Nachprüfbarkeit entzogen ist. Auch in diesen Fällen verbleibt den Verwaltungsgerichten jedoch die Prüfung, ob Verfahrensvorschriften nicht eingehalten wurden, ob die Behörde von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, ob sie sich evtl. von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen, ob sie allgemein anerkannte Bewertungsmaßstäbe mißachtet oder sonst willkürlich gehandelt hat. l25 Die Entscheidung über die Angemessenheit der Personalkosten eines Kindergartens erfordert keine wertende Prognose und ist auch jederzeit problemlos nachvollziehbar. Zwar setzt sie eine gewisse Sachkenntnis der Bewilligungsbehörde voraus, der jedoch in § 1 Abs. 1 BKVO objektivierbare Entscheidungskriterien an die Hand gegeben sind. Die Frage ist daher keiner der dargestellten Ausnahmekategorien zuzuordnen, so daß Auslegung und Anwendung dieses Angemessenheitsbegriffs der vollen verwaltungsgerichtlichen Überprüfbarkeit unterliegen.

125 Vgl. zur jüngeren Entwicklung und zum gegenwärtigen Meinungsstand Erich Eyermann/Ludwig FröhlerjJoachim Kormann, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar. 9. Aufl. München 1988, § 114 Rnrn. 9 d ff.; Konrad Redeker/Hans-Joachim von Oertzen. Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 9. Aufl. Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz 1988, § 114 Rnrn. 14ff.; Ferdinand O. Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 8. Aufl. München 1989, § 114 Rnrn. 24ff.; Maurer, AlIgVerwR (Fn. 124), § 7 Rnrn. 22f. und Stern, Verwaltungsprozessuale Probleme (Fn. 77), S. 189f., jeweils m.w.N.

118

3. Teil: Kindcrgartenfinanzicrung/ßetricbskoslenbegriff

C. Angemessene Sachkosten Bestandteile der Betriebskosten eines Kindergartens sind gern. § 13 Abs. 1 KgG neben den angemessenen Personal- auch die angemessenen Sachkosten. Auch hier ist zunächst auf den Begriff der Sachkosten (I.) und sodann auf die Frage ihrer Angemessenheit (11.) einzugehen.

I. SachkostenbegritT

Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 KgG sind Sachkosten die Aufwendungen des Kindergartenträgers für die laufende Unterhaltung der Einrichtung sowie für das Material, das für die Aufgabenerfüllung nach § 2 KgG erforderlich ist. Aufwendungen für den Kapitaldienst und Abschreibungen sind demgegenüber gern. § 13 Abs. 3 Satz 2 KgG keine Sachkosten im Sinne des Kindergartengesetzes. Trägerspezifische Probleme, die auch hier ein gesondertes Eingehen auf die Sachkosten kirchlicher Kindergärten erforderlich machen würden, sind bislang - soweit bekannt - nicht aufgetreten.

1. Laufende Unterhaltung und Material

Ausgehend von der gesetzlichen Begriffsbestimmung der Aufwendungen

für die laufende Unterhaltung und das Material ergibt sich der konkretisierte Inhalt der Sachkosten aus der abschließenden Aufzählung in § 2

Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 BKVO,I26 die begriffliche Einordnungsschwierigkeiten kaum aufkommen läßt.

Danach sind Sachkosten die Aufwendungen für die pädagogische Arbeit, die Elternarbeit, Getränke für Kinder, Büroaufwand und Beiträge an Fachverbände (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BKVO), Aufwendungen für die Reinigung einschließlich Wäschereinigung und Sanitärbedarf (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BKVO), Aufwendungen für Wasser, Energie und öffentliche Abgaben (§ 2 Abs. 1 und ggf. Gebäudeversicherung, je nachdem, ob der Träger Eigentümer oder eigentumsähnlicher Nutzer (§ 2 Abs. 1 Satz 4 BKVO) oder aber Mieter oder sonstiger Nutzungsberechtigter (§ 2 Abs. 1 Satz 5 BKVO) ist.

126 Vgl. dazu auch die Ausführungen von KJinzeljMoskal, KgG (Pn. 4), § 13 Anm. 11 4.

c.

Angemessene Sachkosten

119

Was in diesem Sinne als Erhaltungsaufwand anzusehen ist, ergibt sich aus der Legaldefinition des § 2 Abs. 4 BKVO. Sie erfaßt in Satz 1 regelmäßig in ungefähr gleicher Höhe wiederkehrende Aufwendungen zur wesensart- und ordnungsgemäßen Erhaltung des Grundstücks einschließlich des Gebäudes und des Inventars. Exemplarisch werden in § 2 Abs. 4 Satz 2 BKVO Aufwendungen für die laufende Instandhaltung und Wartung, den Ersatz und die Ergänzung von Einrichtungsgegenständen und die Beschaffung geringwertiger und kurzlebiger Wirtschaftsgüter benannt.

2. Ausgrenzung von Kapitaldienst und Abschreibungen

Im Gegensatz etwa zum betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff des § 6 Abs. 2 KAG weist § 13 Abs. 3 Satz 2 KgG ausdrücklich darauf hin, daß Aufwendungen für den Kapitaldienst und Abschreibungen keine Sachkosten im Sinne des Kindergartengesetzes sind. Die Regelung beruht auf dem Gedanken, daß die Errichtung eines Kindergartens gem. § 10 Abs. 2 Satz 1 KgG ohnehin zu mindestens 75% aus öffentlichen Mitteln finanziert wird. Die danach verbleibenden Eigenleistungen sollen nicht auf dem Umweg über die Betriebskosten noch weiter zu Lasten der öffentlichen Hand vermindert werden. l27 Da der systematische Zusammenhang der §§ 9, 10, 13 und 14 KgG eine strikte Trennung von Bau- und Einrichtungskosten einerseits sowie Betriebskosten andererseits erkennen läßt, und daher bereits der Begriff "laufende Unterhaltung" in § 13 Abs. 3 Satz 1 KgG alle betriebsfremden Kosten ausgrenzt, zählen aber z.B. Zinsaufwendungen für die Vorfinanzierung öffentlicher Sachkostenzuschüsse durchaus als Erhaltungsaufwand i.S.d. § 2 Abs. 4 BKVO zur laufenden Unterhaltung. § 13 Abs. 3 Satz 2 KgG bezieht sich nämlich nach der gesetzlichen Systematik sowie nach Sinn und Zweck ausschließlich auf den Kapitaldienst für Baumaßnahmen. l28

11. Pauschalierungssystem Anwendungsprobleme treten im Regelfall auch für die Frage der Angemessenheit der Sachkosten selten auf. Hier hat nämlich der Minster für Ar127 KünzeljMoskal,

128

KgG (Fn. 4), § 13 ~m. 11 4 a.

KünzeljMoskal, KgG (Fn. 4), § 13 Anm. 11 4 c bb.

120

3. Teil: Kindcrgartenfinanzierung/Betricbskostenbegriff

beit, Gesundheit und Soziales in Ausführung der Ermächtigung des § 20 Abs. 1 Nr. 3 KgG in § 2 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 BKVO entsprechende Pauschalen festgesetzt. Schwierigkeiten können hier in den Fällen entstehen, in denen von diesen Pauschalen nach unten oder oben abgewichen werden soll.

1. Verminderung der anzuerkennenden Fläche

Da sich die meisten Pauschalen - § 2 Abs. 1 Nrn. 2 bis 5 BKVO - nach Quadratmetern bemessen, bestimmt § 2 Abs. 3 Satz 1 BKVO zur anzuerkennenden Fläche die Neuogrundrißflächel29 der allseitig umschlossenen und überdeckten Bauteile mit Ausnahme der als solche genutzten Keller und Speicher. Diese anzuerkennende Fläche vermindert sich nach § 2 Abs. 3 Satz 2 BKVO um die für die Funktion des Kindergartens nicht erforderlichen Räume. Dabei dürfen jedoch nur solche Räume zu einem Flächenabzug führen, die überhaupt nicht für den Kindergartenbetrieb genutzt werden. Eine Kürzung etwa deshalb, weil eine Kindergartengruppe nur halbtags betreut wird, ist unzulässig.13O Dies ergibt sich daraus, daß weder das Kindergartengesetz noch die Betriebskostenverordnung Anhaltspunkte dafür enthalten, daß der Bildungsauftrag des § 2 KgG nur mit einer ganztägigen Betreuung zu verwirklichen sei.

2. Erhöhung der Pauschalen bei Tagesstätten

Nach § 2 Abs. 5 Satz 3 BKVO kann die Bewilligungsbehörde bei Tagesstätten die Pauschalen des Abs. 1 Nrn. 2 bis 5 um bis zu 20% erhöhen. Wegen Unvereinbarkeit mit dem Pauschalierungssystem soll zwar die Entscheidung der Behörde nicht auf einer jährlichen Spitzabrechnung, sondern auf typischen kostenerhöhenden Merkmalen, wie etwa Länge der Öffnungszeit oder Zahl der TagesstäUenkinder, beruhen.l3l Danach wäre eine Tagesstätte ausschließlich mit entsprechenden Einrichtungen ohne Tages-

129

Vgl. zu diesem Begriff Künzel/Moskal, KgG (Fn. 4), § 13 Anm. 11 4 d.

130

VG Minden, Urt. v. 17. Dezember 1985 - 6 K 1680/84 -, S. 7ff. Vgl. auch Kün-

131

KünzeljMosI«Jl, KgG (Fn. 4), § 13 Anm. 11 4 e.

zeljMosI«Jl, KgG (Fn. 4), § 13 Anm. 11 4 d ce.

C. Angemessene Sachkosten

121

stättenbetrieb zu vergleichen, wobei sich ohne weiteres ein Sachkostenmehrbedarf ergeben würde. Dann aber müßte einer Tagesstätte grundsätzlich eine Erhöhung gewährt werden. Dies würde jedoch der Vorschrift des § 2 Abs. 5 Satz 3 BKVO zuwiderlaufen, die der Bewilligungsbehörde ein umfassendes Ermessen einräumt, das auch die Möglichkeit einer Ablehnung beinhaltet. Es ist daher nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Behörde ohne Vornahme einer Spitzabrechnung eine konkrete Betrachtung anstellt. So kann sie etwa einem Kindergartenträger eine Erhöhung der Pauschale versagen, wenn ein Blick auf den Vorjahresverbrauch die Annahme rechtfertigt, daß im konkreten Bezuschussungsjahr die normalen Pauschalen ohne Erhöhung auch den Sachkostenmehrbedarf abdecken. 132 Dabei muß allerdings in Kauf genommen werden, daß diese Praxis bei den Trägern zu einem mißbräuchlichen Ausgabeverhalten führen kann,133 während eine sparsame Wirtschaftsführung in gewisser Weise sanktioniert wird. Nach diesem Urteil wird nämlich jeder Träger den Eindruch zu vermeiden suchen, mit den Vorjahrespauschalen gut ausgekommen zu sein. Hier wird es Aufgabe des Verordnungsgebers sein, entweder das Pauschlierungssystem durch ebenfalls pauschale Erhöhungen generell auf die Einrichtungen des § 2 Abs. 5 Satz 3 BKVO - dazu gehören neben den Tagesstätten auch die Kindergärten in sozialen Brennpunkten - auszudehnen oder aber anderweitig zumindest finanzielle Anreize für eine wirtschaftliche Mittelverwendung zu schaffen.

3. Abschnitt

Finanzierung der Betriebskosten Wie sich aus § 14 Abs. 1 KgG ergibt, werden die Betriebskosten durch Eigenleistung des Trägers, Kommunal- und Landeszuschüsse sowie durch Elternbeiträge gedeckt. Konkretisiert wird diese allgemeine Kostentragungszuweisung durch § 14 Abs. 6 Satz 1 KgG: Danach werden nach einem bestimmten Schlüssel nur noch die Kosten auf den Träger, daß Land und 132 VG Amsberg, Urt. v. 14. Dezember 1988 - 7 K 528/88 -, S. 8f. Dieser Gesichtspunkt wie auch das Urteil des VG Amsberg selbst finden auch in der neuesten Auflage der Kommentierung von J(jJnzellMoskol keine BerüCksichtigung. 133

Dies wird auch vom VG Amsberg (Fn. 132), S. 9, eingeräumt.

122

3. Teil: Kindergartcnfinanzierung/Finanzierung der Betriebskosten

die Kommune verteilt, die nach Abzug der Elternbeiträge übrigbleiben, sog. Vorabzugsverfahren. Davon unberührt bleibt die grundsätzliche Möglichkeit, den Landeszuschuß nach § 14 Abs. 6 Sätze 2 und 3 KgG zu erhöhen. Sollte der von der Landesregierung vorlegte Entwurf eines neuen Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder in seinen Grundintentionen das bevorstehende Gesetzgebungsverfahren halbwegs unbeschadet überstehen, so wird es zu einer Neukonzeption der Betriebskostenfinanzierung kommen. Auf einige Einzelaspekte wird im jeweiligen Zusammenhang einzugehen sem.

A. Elternbeiträge Als Ausgangspunkt der Betriebskostenfinanzierung bieten sich zunächst die Elternbeiträge für eine nähere Betrachtung an.

J. Rechtsnatur Die gesetzliche Bezeichnung des Kindergartenentgeltes als "Beitrag" gibt Anlaß zu einer Besinnung auf Abgabenkategorien mit besonderem Blick auf eine Abgrenzung zwischen Gebühren und Beiträgen (1.) sowie zu einer entsprechenden rechtlichen Einordnung der Elternbeiträge (2.).

1. Abgrenzung Gebühren - Beiträge

Beiden Abgabearten l34 ist zunächst gemeinsam, daß es sich bei ihnen um einseitig auferlegte öffentlich-rechtliche Geldleistungen handelt, die zur Deckung des Finanzbedarfs von juristischen Personen des öffentlichen Rechts erhoben werden. Dabei soll die oft zumindest ungenaue l3S oder

134 Vgl. zum folgenden nur Klaus TipkejJoachim Lang, Steuerrecht (SteuerR), 12. Aufl. Köln 1989, § 4, A 2 und 3 (S. 74f.); Edzard SChmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Stuttgart-BerlinKöln-Mainz 1982, Rn. 796; Dieter Wi/ke, Gebühren, in: Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis (HkWP), hrsg. in Verbindung mit den kommunalen Spitzenverbänden von Günter Püttner, Bd. 6 (Kommunale Finanzen), 2. Aufl. Berlin-Heidelberg-New York-Tokio 1985, S. 246ff. und Matthias Lehmann, Beiträge, in: HkWP, Bd. 6, S. 26Off. 13S

So BVerwGE 42,210 (217).

A. Elternbeiträge

123

fälschliche136 Bezeichnung von monetären Verbandslasten oder Umlagen, d.h. von Ge1dleistungen der Mitglieder eines öffentlichen Sonderverbandes, als "Beiträge" in den folgenden Überlegungen außer Betracht bleiben. Gebühren und Beiträge sind monetäre Vorzugslasten, also Geld1eistungen als Ausgleich für besondere Vorteile. 137 Während es sich bei den Beiträgen um Aufwendungsersatzleistungen für die mögliche Inanspruchnahme wirtschaftlicher Vorteile handelt, vgl. § 8 Abs. 2 KAG, sind die Gebühren Gegenleistungen entweder für einen besonderen Dienst der Verwaltung (Verwaltungsgebühr) oder für die tatsächliche Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen oder Anlagen gern. § 18 GO bzw. § 16 Kr0 138 (Benutzungsgebühr), vgl. § 4 Abs. 2 KAG.

2. Rechtliche Einordnung der Eltembeiträge

Entscheidendes Kriterium für die Einordnung des Elternbeitrages ist die rechtliche Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses.139

a) Privatrechtliches Benutzungsverhältnis Vor allem kirchliche Träger gestalten ihre Rechtsbeziehungen zu Kindern und ihren Eltern im Rege1fall durch sog. Kindergarten- oder Aufnahmeverträge, 140 auf die zumindest Elemente des Dienstvertragsrechts Anwendung finden. 141 136 In diesem Sinne Heinrich Wilhelm Kruse, Steuerrecht (SteuerR) I. Allgemeiner Teil, 3. Auf!. München 1973, § 3 I 2 c. 137

Kruse, SteuerR I, § 3 I 2 b, 11;3.

138 Gemeindeordnung bzw. Kreisordnung für das Land Nordrhein-Westfalen i.d.F. der Bekanntmachung vom 13. August 1984 (GV NW S. 475 bzw. S. 497/SGV NW 2023 bzw. 2021), im folgenden: GO bzw. KrO.

139

KünzeljMoska/, KgG (Fn. 4), § 14 Anm. 11 1 b.

140 Nähere Einzelheiten - wie etwa möglicher Inhalt und Vertragsparteien - bei Volker Jacobi, Rechtsfragen im Kindergartenalltag, Donauwörth 1984, S. 12. Vgl. dazu beispielswiese die von den Kirchengemeinden verwendeten Vertragsformulare, in: Rheinischer Verband Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder e.V. (Hrsg.), Lebensräume für Kinder - Evangelische Kindergärten und Horte, Düsseldorf 1985, S. 13ff.; Bischöfliches Generalvikariat Aachen (Hrsg.), Handreichung für die Kindergartenarbeit im Bistum Aachen, 3. Auf!. Aachen 1986, S. 24ff.; Bischöfliches Generalvikariat Essen/Caritasverband für das Bistum Essen e.V. (Hrsg.), Für Ihr Kind die katholische Tageseinrichtung, 3. Auf!. Essen 1990, S. 27ff.

124

3. Teil: Kindergartenfinanzierung/Finanzierung der Betriebskosten

In diesen Fällen ist der Elternbeitrag ein privatrechtliches Entgelt, dessen Höhe jedoch vom Gesetzgeber vorgegeben ist und demzufolge nicht der Vertragsautonomie der beteiligten Partner unterliegt.

b) Öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis Kommunale Kindergärten werden demgegenüber vereinzelt noch als öffentliche Einrichtungen gern. § 18 Abs. 2 GO bzw. § 16 Abs. 2 KrO betrieben. 142 Welche Möglichkeiten sich danach für die rechliche Einordnung des Elternbeitrages ergeben, hängt neben der Regelung des Betriebsverhältnisses, d.h. des "Wie" der Benutzung, vor allem von der Form seiner gesetzlichen Regelung ab. Die Neufassung des Kindergartengesetzes vom 21. Dezember 1982 stellt insoweit eine bedeutsame Zäsur dar:

aa) § 14 KgG i.d.F. vom 21. Dezember 1971

In der Ursprungsfassung des Kindergartengesetzes war in § 14 Abs. 2 und 3 lediglich der Anteil an den Betriebskosten geregelt, den die Erziehungsberechtigten zu tragen hatten. Ihre Leistungen, die damals noch nicht als "EIternbeiträge" bezeichnet wurden, konnten auf dieser Grundlage bei einer öffentlich-rechtlichen Regelung des Betriebsverhältnisses als Benutzungsgebühren nach § 6 KAG angesehen werden. 143

141 Vgl. etwa LG Mannheim, NJW 1982, 1335f., das die Kündigungsmöglichkeiten eines Trägers am Maßstab des § 626 BGB untersucht. 142 Auch die Kirchen könnten kraft ihres verfassungsrechtlichen geschützten Selbstbestimmungsrechts die Benutzung ihrer Kindergärten öffentlich-rechtlich regeln, vgl. nur OVG Lüneburg, OVGE 37, 453 (457) = NVwZ 1987, 708 (710) = ZevKR 30 (1985), 426 (430) sowie Elgeti, Rechtsprobleme (Fn. 54), S. 152. 143 OVG Münster, Gemhlt. 1979, 184 (185) = SjE, E I 3, 550 g (550 i). Vgl. auch Bernd Kummer, in: Dankwart Breithaupt/Bemd KummerjWolfgang RawerjWolfgang Teufel, Ver-

waltungsrecht, Reihe "Praxis der Juristenausbildung" , Bd. III, hrsg. von Dieter Schmidt, Kar! Stephan und Bemd Kummer, Königstein/Ts. 1980, S. 281 und Christian-Friedrich Menger, Zur Zulässigkeit des Staffelung von Gebühren für die Benutzung kommunaler Kindergärten nach dem Eltemeinkommen, VerwArch. 68 (1977), 389 (390).

A. Elternbeiträge

125

bb) § 14 KgG i.d.F. vom 21. Dezember 1982

In der Neufassung des Kindergartengesetzes ist jedoch in § 14 Abs. 2 und 3 die konkrete Höhe des Entgeltes nach dem Einkommen der Eltern stufenweise festgelegt. Der Elternbeitrag kann danach entgegen dem Erfordernis des § 6 Abs. 3 Satz 1 KAG - Grundsatz der spezieUen Entgeltlichkeit nicht mehr nach der Inanspruchnahme des Kindergartens bemessen werden. Seine Qualifizierung als Benutzungsgebühr kommt daher zumindest im streng abgabenrechtlichen l44 oder besser: im abgabengesetzlichen Sinn nicht mehr in Betracht. Bei der Frage, ob der Elternbeitrag stattdessen etwa als "sonstige Gebühr", als "Beitrag sui generis" oder schlicht als "Entgelt" zu bezeichnen ist,145 muß aber berücksichtigt werden, daß sich die Wirkung des in § 6 Abs. 3 Satz 1 KAG enthaltenen Gebührengrundsatzes - vorbehaltlich eines etwaigen Verfassungsrangs - auf den Anwendungsbereich des Kommunalabgabengesetzes beschränkt. Nach dessen § 1 Abs. 1 erfolgt die Abgabenerhebung nämlich nur dann nach Maßgabe des KAG, soweit nicht Bundes- oder Landesgesetze etwas anderes bestimmen. Ohne seine grundsätzlich mögliche Qualifizierung als Abgabe infrage zu stellen, kann also auch das Kindergartengesetz mit seinem pauschaliert abgestuften Elternbeitrag eine abweichende Regelung treffen. 146 Der Elternbeitrag könnte daher als "pauschalierte Benutzungsgebühr sui generis,,147 bezeichnet werden, wenn die Kommunen ihre Rechtsbeziehung zu den Kindergartenbenutzern nicht ebenfalls vertraglich regeln. l48 In diesem Fall wäre entweder von einem öffentlich-rechtlichen Vertrag149 gern. §§ 53ff. SGB X - diese Vorschriften gelten nach § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB X 144 OVG Münster, KStZ 1984, 78 (79) = OÖV 1984, 638 (LS); NWVBL 1988, 377 (379) = NVwZ-RR 1989, 273 (276) = KStZ 1989, 111 (114) = Gemhlt. 1989, 132 (135) = ZevKR 35 (1990),338 (345). So auch in der Vorinstanz VG Gelsenkirchen, Urt. v. 22. Mai 1986 - 7 K 2119/84 -, S. 20.

145

Vgl. dazu OVG Münster ebd., das jedoch eine Entscheidung offen läßt.

146 In diesem Sinne für das bremische Recht OVG Bremen, OÖV 1988, 178 (179) NVwZ-RR 1989, 269 (270) = OVBI. 1988, 250 (251) sowie Menger, Staffelung von Gebühren (Fn. 143), S. 392.

147 Oie Existenz sonstiger Abgaben "eigner Art" ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt, vgl. nur BVerfGE 13,167 (170) und VG Berlin, NVwZ 1984, 396. 148 Nach den vorliegenden Erkenntnissen hat die Rechtsprechung des OVG Münster dazu geführt, daß auch die Kommunen in Nordrhein-Westfalen inzwischen nahezu einhellig dazu übergegangen sind, mit den Benutzern ihrer Kindergärten Verträge abzuschließen.

149 OVG Berlin, FEVS 31 (1982),323 (324); JR 1976, 216 (217).

126

3. Teil: Kinderganenfinanzierung/Finanzierung der Betriebskosten

auch für das als Achtes Buch zum Sozialgesetzbuch erlassene Kinder- und Jugendhilfegesetz und mithin auch für die zu seiner Ausführung erlassenen Landesgesetze - und damit von einem öffentlich-rechtlichen Entgelt oder ebenfalls von einem privatrechtlichen Vertrag und einem privatrechtlichen Entgelt auszugehen. Trotz dieser Einordnung wird aber in den folgenden Erörterungen mit Rücksicht auf den Gesetzeswortlaut in § 14 Abs. 2 und 3 KgG am Terminus "Elternbeitrag" festgehalten.

11. Form der Einziehung In unmittelbarem Zusammenhang mit der Rechtsnatur der Elternbeiträge stellt sich die Frage, in welcher Form Kindergartenträger ihrem gesetzlichen Auftrag nach § 14 Abs. 5 Satz 1 KgG gerecht werden können, wonach ihnen der Einzug der Elternbeiträge obliegt. Auch dabei ist der veränderten Rechtslage seit dem 21. Dezember 1982 besondere Bedeutung beizumessen.

1. Heranziehungsbescheid

Bei der Überlegung, ob der Elternbeitrag ggf. durch Leistungsbescheid festgesetzt werden kann, ist zu differenzieren:

a) § 14 KgG i.d.F. vom 21. Dezember 1971 Für kommunale Kindergärten bestand nach altem Recht die Möglichkeit, Elternbeiträge als Benutzungsgebühr nach §§ 6, 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 KAG auf der Grundlage einer entsprechenden Gebührensatzung durch Verwaltungsakt ("Gebührenbescheid", "Kostenbeitragsbescheid" o.ä.) festzusetzen. lSO Demgegenüber waren kirchliche Träger schon damals nicht in der Lage, den Eltern einseitig öffentlich-rechtliche Geldleistungen aufzuerlegen. 151

ISO

OVG Münster (Fn. 143), S. 185

= S. 550 h f.; KStZ 1984, 78 (79).

Vgl. etwa Theodor Maunz, Der öffentliche Charakter der kirchlichen Aufgaben, in: Festschrift für Ernst Forsthoff zum 70. Geburtstag, hrsg. von Roman Schnur, München 1972, 151

A. Elternbeiträge

127

b) § 14 KgG i.d.F. vom 21. Dezember 1982 Seit der Gesetzesänderung ist aber auch für kommunale Träger im Hinblick auf Art. 20 Abs. 3 GG der Handlungsspielraum deutlich eingeengt. Voraussetzung eines Heranziehungsbescheides ist nämlich eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage.

aa) § 6 KA G i. v.m. einer Gebührensatzung Die sozial gestaffelte Tarifgestaltung in der Neufassung des § 14 KgG ist mit dem in § 6 Abs. 3 KAG enthaltenen Grundsatz der speziellen EntgeltIichkeit nicht zu vereinbaren. 152 Da Maßstab einer Abgabenerhebung i.S.d. §§ 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 KAG aber ausschließlich die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes sind, ist eine Beitreibung des Elternbeitrags durch Heranziehungsbescheid nach derzeit geltendem Recht nicht möglich; eine dem § 14 Abs. 3 KgG entsprechende Gebührensatzung wäre danach unwirksam. lS3 Dies schließt allerdings eine zukünftige Harmonisierung beider Gesetze nicht aus: Da der Elternbeitrag bei öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung der Benutzungsverhältnisse als "pauschalierte Benutzungsgebühr sui generis" anzusehen ist, könnte der Landesgesetzgeber - vorbehaltlich der bundesund verfassungsrechtlichen Zulässigkeit - den Anwendungsbereich des § 6 KAG auf den Regelungsgehalt des § 14 Abs. 2 und 3 KgG ausdehnen. l54

S. 229 (240). Dies gilt jedoch nur für die Auferlegung staatlicher Geldleistungen; zur innerkirchlichen Abgabenerhebung vgI. unter III 1 b. 152

••

VGH Kassel, NJW 19n, 452 (453) = DOV 1977, 672; OVG Lüneburg, OVGE 35, 455ff.; Bauern/eind/Zimmennann, KAG NW (Fn. 88), § 2 Rn. 16; Hans-Uwe Erichsen, Kommunalrecht des Landes Nordrhein-Westfalen, Siegburg 1988, S. 149; Harald Ho/mann/Michael Mllth/Rol/-Diettr Theisen, Kommunalrecht in Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. Witten 1986, S. 456. Im Ergebnis ebenso - allerdings für gestaffelte Friedhofsgebühren - VG Frankfurt, NJW 19n, 455. lS3 OVG Münster, KStZ 1984,78 (79); Dietmar Kottmann, Nach dem Einkommen gestaffelte Eltembeiträge gemäß § 14 Abs. 3 Kindergartengesetz Nordrhein-Westfalen, KStZ 1985, 41 (42f.). 154 OVG Münster ebd.; VG Gelsenkirchen (Fn. 144), S. 20; Kottmann ebd. Auch das OVG Bremen (Pn. 146), S. 178 = S. 270 = S. 250, spricht nur von einer Unvereinbarkeit mit allgemeinem Gebührenrecht "heutiger gesetzlicher Ausprägung". Vgl. auch Hofmann/MlIth/ Theisen, KommunaiR NW (Pn. 152), S. 456, die dies jedoch für verfassungsrechtlich bedenklich halten.

128

3. Teil: Kindergartenfinanzierung/Finanzierung der Betriebskosten

bb) § 14 Abs. 5 Satz 1 KgG

Nach § 14 Abs. 5 Satz 1 KgG obliegt dem Kindergartenträger der Einzug der Elternbeiträge. Es ist daher zu überlegen, ob sich aus dieser Vorschrift eine rechtliche Grundlage für einen Leistungsbescheid herleiten läßt. Die Regelung ist jedoch im Gesamtzusammenhang des § 14 Abs. 5 KgG zu sehen, nach dessen Satz 3 die Bewilligungsbehörde die Richtigkeit der Selbsteinschätzung überprüfen kann. § 14 Abs. 5 KgG beinhaltet also eine Kompetenzverteilung zwischen Trägern und Bewilligungsbehörde. Dabei beschränkt sich der Gehalt des § 14 Abs. 5 Satz 1 KgG auf eine Aufgabenzuweisung an die Kindergartenträger, die Erziehungsberechtigten in der in § 14 Abs. 2 und 3 KgG festgelegten Höhe in Anspruch zu nehmen, ohne zu regeln, wie dies im einzelnen geschehen soll. ISS Eine Ermächtigung zu hoheitlichen Eingriffen läge darin selbst dann nicht, wenn dies zur Erfüllung der Aufgabe erforderlich wäre. lS6

ce) Ergebnis

Weder kirchlichen noch kommunalen Kindergartenträgern steht damit nach derzeit geltendem Recht eine den Anforderungen des Art. 20 Abs. 3 GG genügende Ermächtigungsgrundlage zur Seite, um die Erziehungsberechtigten mittels Leistungsbescheides zu den nach § 14 Abs. 2 und 3 KgG zu zahlenden Elternbeiträgen heranzuziehen.

2. Geltendmachung aus Vertrag

Davon unabhängig besteht jedoch für alle Träger die Möglichkeit, die in

§ 14 Abs. 2 und 3 KgG festgelegten Elternbeiträge je nach Ausgestaltung

des Benutzungsverhältnisses in privat- oder öffentlich-rechtliche Verträge aufzunehmen und aus diesen Verträgen geltend zu machen. l57 Bei rückstän-

ISS OVG Münster (Fn. 153), S. 78; (Fn. 144), S. 377 '" S. 274 '" S. 112 '" S. 133 '" S. 340; VG Gelsenkirchen (Fn. 144), S. 12ff.; VG Aachen, Urt. v. 6. Dezember 1984 - 1 K 2253/83 -, S. 7f.; Kottmann, Elternbeiträge (Fn. 153), S. 43. 1S6 VG Aachen ebd. unter Bezugnahme auf Hans J. Wollt/Otto Bache!, Verwaltungsrecht 1,9. Auf). München 1974, § 30 III a 3.

157 OVG Münster (Fn. 153), S. 79; (Fn. 144), S. 379 '" S. 275f. '" S. 114 '" S. 135 '" S. 345. Vgl. dazu etwa die kirchlichen Vertragsformulare (Fn. 140), die von dieser Möglichkeit Gebrauch machen (Fn. 177 bis 179).

A. EltcmbciLTäge

129

digen Zahlungen können Kindergartenträger der ihnen nach § 14 Abs. 5 Satz 1 KgG obliegenden Aufgabe ggf. durch zivil- oder öffentlich-rechtliche Leistungsklage gerecht werden. Auch dies würde jedoch nicht mehr möglich sein, wenn die Elternbeiträge entsprechend § 17 Abs. 4 des Gesetzentwurfs der Landesregierung in Zukunft zentral für alle Kindergärten von den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe erhoben würden. Wenn bei Realisierung dieses Vorhabens auch diese Vorschrift nicht als ausreichende Ermächtigungsgrundlage für einen Heranziehungsbescheid anzusehen wäre - wofür vieles spricht -, so bliebe die Möglichkeit, entsprechende Betreuungsverträge in Zukunft als Verträge zugunsten Dritter i.S.d. § 328 Abs. 1 BGB auszugestalten. In diesem Fall würden die örtlichen Jugendämter unmittelbar das Recht erwerben, aus den einzelnen Verträgen die Zahlung der Elternbeiträge zu fordern.

III. Soziale StatTelung

Rechtlich umstritten ist nach wie vor die soziale Staffelung der Elternbeiträge. 1. Ausfluß eigener Organisationskompetenz

Dabei ist zunächst zu überlegen, ob sich ihre Möglichkeit nicht bereits aus einer eigenen Organisationskompetenz der jeweiligen Träger ergibt.

a) Kommunale Kindergärten Bei kommunalen Trägern ist darauf hinzuweisen, daß die Satzungsgewalt als Bestandteil kommunaler SeibstverwaitunglS8 eigene originäre Rechtsquellen hervorbringt, die keiner gesonderten gesetzlichen Ermächtigung bedürfen. lS9 Das bedeutet jedoch nicht, daß Satzungen unabhängig von höher158 Vgl. nur Maunz, in: Maunz/Dürig u.a., GG (Fn. 82), Art. 28 Rn. 44; Volker Oerter, in: Friedrich Wilhelm von Locbell (Begr.), Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 4. Aufl. Wiesbaden 1985, § 1 Anm. 2.5. 1S9 Peter J. Tettinger, Besonderes Verwaltungsrecht (BesVerwR), 2. Aufl. Heidelberg 1990, Rn. lOS.

9 Klml*

130

3. Teil: Kindergartenfmanzierung/Finanzierung der Betriebskosten

rangigem Recht ergehen können. Nach der Rangordnung der Rechtsquellen haben sie vielmehr vorrangiges Recht zu beachten. l60

b) Kirchliche Kindergärten Grundsätzlich ist die innerkirchliche Gebührenerhebung161 wie auch der Abschluß privatrechtlicher Verträge Bestandteil des Selbstbestimmungsrechts nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV. Da die Elternbeiträge aber nur den finanziellen Sockel bilden, auf dessen Grundlage die verbleibenden Kosten zwischen Träger, Land und Kommune aufgeteilt werden, erscheint hier bereits das Merkmal der "innerkirchlichen Angelegenheit" zweifelhaft. Abgesehen davon gilt das kirchliche Selbstbestimmungsrecht seinem Wortlaut nach nur im Rahmen der für alle geltenden Gesetze. c) Schlußfolgerung Damit zeigt sich, daß die Möglichkeit sozial gestaffelter Elternbeiträge aus der eigenen Organisationskompetenz kirchlicher wie kommunaler Träger nicht abzuleiten ist. Ihre Rechtmäßigkeit richtet sich daher nach ihrer Vereinbarkeit mit marteriellem Recht.

2. Gesetzmäßigkeit

Im folgenden ist daher zu untersuchen, ob sozial gestaffelte Elternbeiträge mit den gesetzlichen Maßstäben vereinbar sind.

160

Tettinger ebd.

161 BVerfGE 19, 206 (217); Ulfried Hemmrich, in: Ingo von Münch (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. 3, 2. Auf). München 1983, Art. 140 Rn. 19; Gerhard Leibhalz/Hans-Justus Rinck/Dieter Hesse/berger, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Kommentar anhand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, LosebI., ~. Auf). Köln 1982ff., Stand: 17. Lieferung Oktober 1989, Art. 140 Rn. 8.

A. Eltembeiträge

131

a) § 6 Abs. 3 KAG Dabei ist zunächst noch einmal auf den in § 6 Abs. 3 KAG enthaltenen Grundsatz der speziellen Entgeltlichkeit zurückzukommen. Zwar verstößt die soziale Staffelung der Elternbeiträge gegen das dort normierte Gebot, die Gebühr nach der Inanspruchnahme der jeweiligen Einrichtung zu bemessen. l62 Wegen ihrer Spezialregelung in § 14 Abs. 2 und 3 KgG sind die Elternbeiträge jedoch zumindest auf der Ebene des einfachen Gesetzesrechts nicht mehr an den streng kommunalabgabenrechtliehen Prinzipien zu messen. l63

b) § 63 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 8 Satz 2 GO Für kommunale Träger könnte sich eine Befugnis zur Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte bei der Gebührengestaltung aus § 63 Abs. 2 Nr. 1 GO - diese Vorschrift gilt gern. § 42 Abs. 1 KrO auch für die Haushaltsführung der Kreise - ergeben. l64 Danach hat die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Einnahmen "soweit vertretbar und geboten" aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen zu beschaffen. Diese Vorschrift ist im Zusammenhang mit § 8 Satz 2 GO zu sehen, wonach auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Abgabepflichtigen Rücksicht zu nehmen ist. Aus der zwingenden Vorschrift des § 63 Abs. 2 Nr. 1 GO folgt zunächst, daß die Gemeinden - im Rahmen der Vertretbarkeit und Gebotenheit nicht auf die Erhebung spezieller Leistungsentgelte verzichten dürfen. l65 Bei der Festsetzung der Höhe ist die Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte möglich,l66 wobei jedoch spezialgesetzliche Sonderregelungen Vorrang haben. 167 162 Vgl. dazu die Nachweise in Fn. 152. 163 Dazu oben Fn. 144, 146. 164 loset Konrad Rogosch, Verfassungsrechtliche Bindungen des Staates bei der Erhebung von Benutzungsgebühren und privatrechtlichen Entgelten, Frankfurt a.M. 1985, S. 136f.; Hansdieter Schmid, Soziale Staffelung von Kindergartengebühren? , ZKF 1985, 26 (28). 165 lohannes Rauball, in: Johannes Rauball/Reinhard RauballjWerner Rauball/Ernst PappermannjWolfgang Roters, Gemeindeordnung für Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 3. Aufl. München 1981, § 63 Rn. 2.

166 Hans Körner, Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 4. Aufl. Köln-BerIin-Hannover-Kiel-Mainz-München 1985, § 63 Anm. 2; Erich RehnjUlrich Cronauge, Gemein-

,.

132

3. Teil: Kindergartenfinanzierung/Finanzierung der Betriebskosten

Angesicht der eindeutigen Bestimmungen in § 14 KgG bleibt daher für eine Herieitung sozial gestaffelter Kindergartenentgelte aus § 63 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 8 Satz 2 GO kein Raum.

c) § 1 Abs. 1 RabattG Bei einer Auslegung der beiden untersten Beitragsstufen als Preisnachlässe bzw. Rabatte - das sind nach § 1 Abs. 2 RabattG u.a. Sonderpreise wegen Zugehörigkeit zu bestimmten Verbraucherkreisen - könnten Kindergartenverträge mit Sozialtarifen gegen § 1 Abs. 1 RabattG verstoßen. In der privatrechtlichen Betreibung eines Kindergartens könnte nämlich die Ausführung einer gewerblichen Leistung des täglichen Bedarfs für den Endverbraucher zu sehen sein, die nur nach einheitlichen Preisen erfolgen darf. l68 Allerdings steht dieses Ergebnis unter dem Vorbehalt, daß nicht eine gesetzliche Gebührenregelung etwas anderes bestimmt.l e> Eine solche Bestimmung ist aber in den Vorschriften des § 14 Abs. 2 und 3 KgG zu erblikken, so daß im Ergebnis ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 RabattG nicht in Betracht kommt. l70 d) § 315 Abs. 3 BGB Schließlich könnte die privatrechtliche Vereinbarung sozial gestaffelter Elternbeiträge unter Verstoß gegen § 315 Abs. 3 BGB unbillig sein. Dazu müßten die Entgelte von den Kindergartenträgern i.S.d. § 315 Abs. 1 BGB bestimmt werden und zudem über das Verkehrsübliche hinausgehen. 171 deordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Kommentar, LösebI., Siegburg 1972 ff., Stand: 14. Lieferung November 1990, § 63 Anm. III 2. 167

Körner, GO NW (Fn. 166), Anm. 1; Rehn/Cronauge ebd.

168

So VG Wiesbaden, KStZ 1974,178 (179).

le>

VG Wiesbaden ebd.

170 So auch im Ergebnis Kottmann, Elternbeiträge (Fn. 153), S. 43 und WOlfgang BöPI, Gebühren für Kindertagesstätten nach dem Elterneinkommen?, KStZ 1975, 84f., der jedoch von der unzutreffenden Prämisse ausgeht, daß bereits die geringst möglichen Entgelte aller Eltern eines Kindergartens kostendeckend und Sozialtarife daher kein Preisnachlaß, sondern ein zulässiger Preisaufschlag sind. 171 In diesem Sinne OLG Celle, NJW 19n, 1295 (1296), wonach im Privatrechtsverkehr jedenfalls überwiegend bei gleichen Leistungen nicht nach der Finanzkraft eines Vertragspartners differenziert wird.

A. Eltembeiträge

133

Bei privatrechtlicher Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses haben aber die Träger kein einseitiges Bestimmungsrecht i.S.d. § 315 Abs. 1 BGB, weil sie im Regelfall mit den Eltern die in § 14 KgG normierten Tarife vereinbaren. 172 Darüber hinaus ist der deutschen Privatrechtsordnung kein Grundsatz zu entnehmen, demzufolge nicht auch die Forderung unterschiedlicher Entgelte für dieselbe Leistungen verkehrsüblich und damit i.S.d. § 315 Abs. 3 BGB billig wäre.173 Schließlich würde auch mit der Zeit die an § 14 KgG orientierte Praxis in Nordrhein-Westfalen dazu führen, sozial gestaffelte Elternbeiträge als verkehrsüblich anzusehen. Ein Verstoß gegen § 315 Abs. 3 BGB liegt darin jedenfalls nicht.

e) § 14 Abs. 2 und 3 KgG Im Ergebnis zeigt sich daher, daß kommunale wie kirchliche Kindergartenträger ihre Legitimation zur Erhebung sozial abgestufter Elternbeiträge in Nordrhein-Westfalen ausschließlich aus den Spezialregelungen des § 14 Abs. 2 und 3 KgG beziehen, ohne daß es auf die Vereinbarkeit mit gleichrangigen sonstigen Vorschriften des öffentlichen oder privaten Rechts ankäme. Aus Gründen der Vollständigkeit ist jedoch hinzuzufügen, daß diese Bestimmungen seit dem InkrafUreten des neuen Kinder- und Jugendhilfegesetzes mit § 90 Abs. 1 und 2 KJHG eine völlige Entsprechung im Bundesrecht haben.174 Ob im Hinblick auf die Formulierungen in § 14 Abs. 2, 3 und 5 KgG entsprechend der regierungsamtlichen Auffassung die Höhe der Elternbeiträge

171 In diesem Sinne OLG Celle, NJW 1m, 1295 (1296), wonach im Privatrechtsverkehr jedenfalls überwiegend bei gleichen Leistungen nicht nach der Finanzkraft eines Vertragspartners differenziert wird. 172 LG Aachen, Urt. v. 27. April 1984 - 5 S 81/84 -, S. 10. Vgl. auch LG Braunschweig, ZevKR 24 (1979), 407, wonach die inhaltliche Gestaltungsfreiheit der Verträge ihre Grenze lediglich in §§ 134 und 138 BGB, den sonstigen Vorschriften zwingenden Rechts und in den öffentlich-rechtlichen Genehmigungsvorbehalten findet.

173 Günter Raacke, NJW 19TI, 2166, in seiner Anmerkung zum Urteil des OLG Celle (Fn. 171), der beispielhaft auf besondere Studentenabonnements für Tages- und Fachzeitschriften hinweist. Vgl. auch Kottmann, Elternbeiträge (Fn. 153), S. 42, der Bezug nimmt auf Sozialtarife an Volkshochschulen, in Badeanstalten und bei Verkehrsbetrieben. 174 Darauf weist auch Christian Jung, Heranziehung zu den Kosten, Kostenerstattung, in: Wolfgang Gemert (Hrsg.), Freie und öffentliche Jugendhilfe - Einführung in das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG), Stuttgart-München-Hannover 1990, S. 201 (202) hin.

134

3. Teil: Kindergartenfinanzierung/Finanzierung der Betricbskostcn

unmittelbar Vertragsbestandteil wirdl7s oder nicht/ 76 kann zumindest für kirchliche Träger dahinstehen: Während z.B. in der Rheinischen Landeskirche den Verträgen Allgemeine Geschäftsbedingungen in Form einer Kindergarten-Ordnung zugrunde liegen, die auf § 14 KgG Bezug nimmt,177 erklären Eltern etwa in den Vertragsformularen der Bistümer Aachen und Essen, daß ihnen der Inhalt der Elterninformation - beide beinhalten entsprechende Hinweise auf § 14 KgG I78 - bekannt ist und sie sich damit einverstanden erklären. l19 Die gesetzlichen Regelungen über die Höhe der Elternbeiträge werden damit gewöhnlich Vertragsbestandteil. Da also im Ergebnis keine Gesetzmäßigkeitsprobleme bestehen, bleibt lediglich die Frage nach der Vereinbarkeit derartiger Sozialtarife mit verfassungsrechtlichen Maßstäben. IBO

3. Verfassungsmäßigkeit

Wenn somit unterschiedlich bemessene Elternbeiträge nicht nur rechtlich zulässig, sondern sogar gesetzlich geboten sind, so ergibt sich fast zwangsläufig die Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelungen. In direktem Zusammenhang damit ist der bereits aufgeworfenen Frage nachzugehen, ob verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Ausdehnung der in § 6 KAG enthaltenen Gebührengrundsätze auf den sozialstaatlichen Gedanken der Leistungsfähigkeit des Gebührenschuldners bestehen. Dabei läßt bereits eine summarische Vorüberlegung erahnen, daß es hier neben einer entsprechenden Gesetzgebungskompetenz einer ausgewogenen Abwägung verschiedener Verfassungsprinzipien bedarf: Während etwa sozi17S Vgl. S. 2 des Rundschreibens des MAGS vom 17. Mai 1983 (IV/2 - 6001.2, - 6001.5, 6001.7) an die Teilnehmer der Einführungsveranstaltung zum Kindergartengesetz im Februar 1983 unter I 1 b sowie KünzeljMoskal, KgG (Fn. 4), § 14 Anm. 11 1 c (in weiten Teilen identisch). 176 So LG Köln, Urt. v. 14. November 1984 - 9 S 104/84 -, S.3 und in der Vorinstanz AG Bergisch Gladbach, Urt. v. 26 Januar 1984 - 25 C 233/83 -, S. 6 sowie Kottmann, Eltembeiträge (Fn. 153), S. 44.

177 Lebensräume für Kinder (Fn. 140), S. 8. 178 Für das Bistum Aachen. Handreichung (Fn. 140), S. 22f.; für das Bistum Essen, Katholische Tageseinrichtung (Fn. 140), S. 6ff. 119

Aachen, ebd. S. 24 Nr. 1.1.; Essen, ebd. S. 25.

Auf diese Frage konzentieren auch das OVG Münster (Fn. 144) und Tettinger, BesVerwR (Fn. 159), Rn. 120 die entsprechende Prüfung. 180

A. Ehembcilräge

135

alstaatliche Überlegungen für eine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz sprechen, lassen der Gleichheitssatz oder auch bestimmte Grundsätze des Abgabenrechts eher den gegenteiligen Schluß zu.

a) Formell Der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber müßte zunächst zum Erlaß des § 14 KgG wie auch einer möglichen Änderung des § 6 KAG befugt sein. Da nach derzeitigem Recht eine Erhebung der Elternbeiträge als Benutzungsgebühr nicht in Betracht kommt, ergibt sich die Zuiässigkeit einer gesetzlich normierten Beitragsstaffelung bereits aus dem entsprechenden Landesrechtsvorbehalt des § 90 Abs. 1 Satz 2 KJHG, einer Vorschrift also, die nach Art. 74 Nr. 7 GG zur konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes gehört. Hinsichtlich einer eventuellen Einziehung als Benutzungsgebühr und einer damit erforderlichen Änderung von § 6 KAG ist auf die allgemeine Kompetenz-Verteilungsnorm des Art. 70 GG hinzuweisen, die auch im Gebührenrecht Anwendung findet. 181 Danach steht den Ländern das Recht zur Gesetzgebung zu unter dem Vorbehalt einer ausdrücklich normierten Bundes-Gesetzgebungskompetenz. Da das Grundgesetz einen in sich abgeschlossenen Gesetzgebungskomplex "Gebührenrecht" oder "Abgabenrecht" nicht kennt,l82 und anderweitige Anhaltspunkte für einen Gesetzgebungsbefugnis des Bundes im Bereich des Kommunalabgabenrechts nicht ersichtlich sind, ist aber auch von der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers zur Änderung des § 6 KAG auszugehen.

b) Materiell Problematischer wird es sein, auch die materielle Vereinbarkeit sozial gestaffelter Elternbeiträge und ihre ggf. de lege ferenda mögliche Einziehung durch Leistungsbescheid mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen fest-

181

Dieter Wilke, Gebührenrecht und

1112

BVerfGE 50,217 (225f.).

G~ndgesetz, München 1973, S. 16Of.

136

3. Teil: Kindergartenfmanzierung/Finanzierung der Belriebskosten

zustellen. Vor diesem Hintergrund ist die bereits aufgeworfene Frage nach einer möglichen Harmonisierung von § 6 KAG und der sozial gestaffelten Elternbeiträge in § 14 Abs. 2 und 3 KgG wieder aufzugreifen. § 6 KAG müßte also ohne verfassungsrechtliche Bedenken um die Möglichkeit von Sozialtarifen erweitert werden können. So ist im folgenden zu untersuchen, ob neben dem in § 6 Abs. 3 KAG verankerten Äquivalenz- l83 und dem in § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG normierten Kostendeckungsprinzip auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Gebührenschuldners mit Blick auf soziale Gesichtspunkte als drittes Gebührenprinzipl84 anzuerkennen ist, oder ob eventuelle Umverteilungen allein dem Steuerrecht vorbehalten sind, während im Gebührenrecht ausschließlich die konkreten Leistungsbeziehungen als Anknüpfungspunkt in Betracht kommen. l &5

aa) Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Abgabenschuldners als Anknüpfungspunkt im Gebültrenrecltt Um den Anwendungsbereich von § 6 KAG auf die mögliche Berücksichtigung sozialer Belange ausdehnen zu können, müßte die Beachtung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Abgabenschuldners mit verfassungsund gebührenrechtlichen Grundsätzen vereinbar sein.

(1) Gesetzgebung und Rechtsprechung in Preußen Zu deren Rechtfertigung werden zum Teil Gesetzgebung und Rechtsprechung in Preußen bemüht. l86 183 Dabei handelt es sich um eine besondere Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Abgabenrecht, vgI. etwa BVerwGE 12,162 (l66f.); 26, 305 (308ff.). 184 Auch wenn bereits festgestellt wurde, daß die Elternbeiträge nach derzeitigem Recht im streng abgabenrechtlichen Sinn nicht als "Benutzungsgebühren" qualifiziert werden können, so orientieren sich die nachfolgenden Erörterungen wegen des Gegenleistungscharakters der Eltembeiträge gleichwohl an den bekannten Gebührenprinzipien

ISS

Vgl. zu diesen Prüfungsansätzen Tettillger, BesVerwR (Fn. 159), Rn. 120.

186 Vgl. etwa BößI, Gebühren (Fn. 170), S. 85; Joachim Stolterfoht, Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu den kommunalen Gebühren, VBIBW 1981, 209 (215) und Mellger, Staffelung von Gebühren (Fn. 143), S. 395, der dies als ersten Schritt zur Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und einer sozialen Staffelung im Gebührenrecht ansieht.

A. Elternbeiträge

137

Tatsächlich war es nach § 7 Satz 2 des preußischen KAG vom 14. Juli 1893 i.V.m. dem Deklarationsgesetz vom 24. Juli 1906 möglich, nach Maßgabe der geminderten Leistungsfähigkeit Abstufungen nach unten bis hin zur gänzlichen Freistellung vorzunehmen.1S7 Eine derartige Degression war jedoch nur dann zulässig, wenn die gewöhnliche Gebühreneinheit in einem Verhältnis zur Benutzungseinheit blieb, und sich nur die Größe der Gebühreneinheit nach der Leistungsfähigkeit richtete. l88 Da aber in die neuen Kommunalabgabengesetze und damit auch in das nordrhein-westfälische KAG eine entsprechende Regelung nicht aufgenommen wurde,l39 ist aus der damaligen Rechtslage angesichts der eindeutigen Formulierung in § 14 KgG weder für die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift noch einer entsprechenden Erweiterung des § 6 KAG etwas herzuleiten.

(2) Soziale Staffelung als Subvention

Ein anderer Ansatz stellt den Gedanken der fehlenden Kostendeckung eines jeden Kindergartens l90 in den Vordergrund: Vor diesem Hintergrund sei jede Einrichtung ein Zuschußbetrieb, die Differenz zwischen Einnahmen aus Elternbeiträgen und den tatsächlichen Kosten mithin eine unentgeltliche Leistung der Kindergartenträger, eine Subvention. l9l Nach dieser Auffassung darf der Umfang der Subvention durchaus vom Maß der Bedürftigkeit abhängig gemacht werden. Dabei wird allerdings eingeräumt, daß das Einkommen nicht der einzige Maßstab der Bedürftigkeit ist. In die gleiche Richtung geht ein ähnlicher Gedanke, der die Differenz zwischen einem kostendeckenden und dem tatsächlich erhobenen privat-

,1S7 PrOVG 50. 55 (60); Friedrich-Karl Suren, Gemeindeabgabenrecht der ehemaligen preußischen Gebiete, Berlin 1950, § 7 Anm. 7.

188 PrOVG 58, 108 (110). 189

Darauf weist Bößl, Gebühren (Pn. 170), S. 85, zu Recht hin.

190 Zu entsprechenden Zahlen unten bei Pn. 238. 191

VG Wiesbaden, DVBI. 1974, 243 (245). In diesem Zusammenhang stellt Hans F. Za-

cher, Zur Rechtsdogmatik sozialer Umverteilung, DÖV 1970, 3 (12) ausdrücklich klar, daß

Subventionen sowohl durch direkte Zuwendungen als auch durch die Verschonung von Abgaben gewährt werden können.

138

3. Teil: Kinderganenfinanzierung/Finanzierung der Betriebskosten

rechtlichen Entgelt schlicht als "Geschenk" bezeichnet.192 Danach entspreche es billigem Ermessen nach § 315 BGB, wenn vor allem kirchliche Kindergartenträger nach ihrem Selbstverständnis das Maß dieser Geschenke nach den Einkommensverhältnissen der Eltern differenzieren. Der Vergleich mit Subventionen geht insoweit in die richtige Richtung, als ihre grundsätzliche Vergabe unbestritten zulässig ist. l93 Schwierigkeiten ergeben sich jedoch hinsichtlich der konkreten Leistungsgewährung. Zumindest kommunale Träger können hier nicht nach Belieben verfahren; unter Berücksichtigung des jeweiligen Subventionszwecks ist vielmehr in besonderem Maße das Gleichheitsgebot zu beachten:94 Bedenkt man zudem, daß Subventionen zu den typischen Erscheinungsformen des Sozialstaates zählen,195 so erweist sich ihr Vergleich mit den Elternbeiträgen keineswegs als Lösung der Frage nach der Verfassungsmäßigkeit einer sozialen Staffelung im Gebührenrecht, sondern allenfalls als Zubringer zu ihrem Kernproblem, der Frage nämlich, in welchem Verhältnis hier das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 und der Sozialstaatsgedanke des Art. 20 Abs. 1 GG zueinander stehen.

(3) Art. 3 Abs. 1 GG im Gebührenrecht: Abgaben- bzw. Gebührengerechtigkeit? Als allgemein anerkannt gilt die Tatsache, daß im Abgabenrecht Art. 3 Abs. 1 GG in Gestalt des Grundsatzes der Abgabengleichheit zu berücksichtigen ist. l96 Unterschiede ergeben sich jedoch bereits im Hinblick auf die zu vergleichenden Sachverhalte. Nach einer Variante ist unter den "Vermögenden" danach zu differenzieren, ob sie einen Kindergartenplatz in Anspruch nehmen oder nicht. Neben die progressiv gestaltete Einkommensteuer trete al192

Raacke, Anm. (Fn. 173), S. 2166, in Ablehnung der Entscheidung des OLG Celle (Pn.

193

Vgl. nur Fritz Ossenbiih/, in: Erichsen/Martens, AllgVerwR (Pn. 76), § 511 m.w.N.

171).

194 Vgl. dazu etwa Manfred Gube/t, in: I. von Münch, GG (Pn. 161), Bd. 1, 3. Auf!. 1985, Art. 3 Rn. 65.

195 Statt vieler: Friedrich E. Schnapp, in: I. von Münch, GG (Pn. 194), Bd. 1, Art. 20 Rn. 17. 196 Vgl. nur Bauemfeind/Zimmermann, KAG (Pn. 88), § 2 Rn. 16; Harry von Rosen-von Hoewel, Gebühren, Beiträge, Hand- und Spanndienste, in: HkWP (Pn. 134), hrsg. in Verbindung mit den kommunalen Spitzenverbänden von Hans Peters, Bd. 3, 1. Auf!. 1959, S. 454 (462).

A. Elternbciträge

139

lein für die Kindergarteneltern eine zusätzliche einkommensabhängige Belastung, was mit dem Grundsatz der horizontalen Lastengerechtigkeit nicht zu vereinbaren sei. l97 Hier wird jedoch verkannt, daß Art. 3 Abs. 1 GG vor allem eine positiv handelnde Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte verhindern soll.198 Die vergleichende Einbeziehung völlig Unbeteiligter scheint daher nicht der richtige Anknüpfungspunkt zu sein. Eine andere Sichtweise stellt darauf ab, ob dem Gleichheitsgebot im Hinblick auf die Belastung der Gebührenpflichtigen Rechnung getragen wird. l99 Dabei wird die Belastung als das jeweilige Verhältnis der Abgabe zum verfügbaren Einkommen definiert. Bei dieser Vorgabe scheidet eine ziffernmäßig gleiche Gebührenerhebung apriori aus. Das allein scheint dieser Auffassung jedoch nicht auszureichen: bei einer lediglich proportionalen Gebührenstaffelung nähme die Belastung in diesem Sinn mit steigendem Einkommen ab. Eine relativ gleiche Belastung aller Gebührenpflichtigen erfordere daher eine progressive Tarifgestaltung.200 Abgesehen davon, daß diese Betrachtung dem hergebrachten Verständnis des Belastungsbegriffs im Sinne des jeweiligen Nennwertes einer geschuldeten Leistung201 wenig zuträglich ist, führt aber auch sie noch nicht zur eigentlichen Kernfrage. Anstatt das faktische Verhalten des Staates einer gleichheitsorientierten Prüfung zu unterziehen, wird lediglich dessen unterschiedliche Wirkung auf die Gebührenschuldner zum Gegenstand der Erörterung gemacht. So kommt es schließlich darauf an, ob die differenzierte Gebührenerhebung trotz der jeweils gleichen Inanspruchnahme des Kindergartens mit Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren ist. 197 Klaus Vogel, NJW 1977, 454f., in seiner Anmerkung zum Beschluß des VGH Kassel (Fn. 152); ders., Berücksichtigungen des Einkommens bei der Bemessung kommunaler Abgaben, DVBI. 1980, 822. In die gleiche Richtung gehen die Überlegungen von Ferdinand Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, Berlin 1981, S. 147f., Erwin Schieberger, In Sachen Privatisierung, Der Städtetag 1976, 690 (692) und Stolterfoth, Rspr. des VGH BW (Fn. 186), S. 214.

198 Dazu nur Gubelt, in: I. von Münch, GG (Fn. 194), Rn. 9. 199 Karl-Heinrich HansmeyerjDietrich Fürst, Die Gebühren - Zur Theorie des Instrumentariums der Nachfragelenkung bei öffentlichen Leistungen, Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz 1968, S. 120. 200

Hansmeyer/Fürst ebd.

201 Davon geht offensichtlich auch von Rosen-von Hoewel, Gebühren u.a. (Fn. 196), S. 462,

aus.

140

3. Teil: Kindergartcnfinanzicrung/Finanzierung der Betriebskosten

Nach einer Auffassung besteht bei einer derartigen Handhabung kein innerer Zusammenhang zu der gewährten Leistung, die für jeden Benutzer gleich ist.202 Unter Berücksichtigung der allgemeinen Gebührengrundsätze sei das Einkommen der Eltern203 und damit ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit kein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung. Demgegenüber wird die provokatorische Frage aufgeworfen, ob sich die Kindergartenbetreuung am Leitbild der nach dem Kubikmeterverbrauch bemessenen Wasser- oder Abwassergebühr orientieren und wie andere gebührenpflichtige Verwaltungsleistungen in Leistungseinheiten zerlegt werden könne.204 Zu Recht wird darauf hingewiesen, daß es dem Ermessen des Gesetzgebers überlassen bleibe, in welcher Weise den Gedanken der Angemessenheit, Billigkeit und Zweckmäßigkeit Rechnung zu tragen ist,20S und daß nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts206 staatliches und damit auch gesetzgeberisches Handeln am Maßstab des Gleichheitssatzes nur auf Willkür überprüft werden kann.207 Danach verstößt eine Gebührenregelung nur dann gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn sich für die differenzierende Verknüpfung zwischen den Kosten der erbrachten Leistung und den

202 OVG Münster, JZ 1985, 47; VG Schleswig, KStZ 1989, 57; Alois Dahmen, Kein Ortsfremdenzuschlag auf kommunale Friedhofsgebühren? - Anmerkung zum Urteil - 9 K 2494/77 - des VG Köln vom 8.3.1978, KStZ 1978,228 (229); Reinhart Windemuth, Soziale Staffelung von Benutzungsgebühren und -entgelten bei kommunalen Einrichtungen, KStZ 1978, 103 (l04f.). Vgl. auch OVG Lüneburg (Fn. 142), S.463f. = S. 711 = S. 434f., das jedoch in einer neueren Entscheidung. NVwZ 1990, 91ff., diese frühere Auffassung ausdrücklich aufgibt. Wenig überzeugend in diesem Zusammenhang Michael Webersinn, Die Staffelung von Kindergartengebühren nach dem Eltemeinkommen, DÖV 1978, 165 (167), der wegen der besonderen Herstellung von Chancengleichheit den individuellen Nutzen eines Kindergartenplatzes umso höher einschätzt, je geringer das Einkommen ist. Nach seiner Auffassung müßten deshalb eigentlich die Einkommensschwächeren höhere Entgelte zahlen. 203 So auch Egon Barocka, Die Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte bei der Erhebung von Gebühren und Beiträgen für kommunale Abwasseranlagen, ihre Möglichkeiten, Problematik und Grenzen, DVBI. 1960, 825 (828), der jedoch Mißverständnisse auslöst, wenn er unabhängig von Einkommen, Umsatz oder Vermögen gleichwohl soziale Belange und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Pflichtigen berücksichtigen will.

204 OVG Bremen (Fn 146), S. 180 = S. 272 = S. 251, im Anschluß an Menger, StaffelUl1g von Gebühren (Fn. 143), S. 389f. In diesem Sinne auch OVG Münster (pn. 144), S. 380 • S. 276 ~ S. 115 = S.I35 = S.346.

20S BayVfGH, BayVBI. 1963, 183 (185). 206

Vgl. etwa BVerfGE 1, 14j 9,201j 17, 381.

Statt vieler: BVerwGE 26, 30S (312) sowie Hansmeyer/FiJrst, Die Gebühren (Po. 199), S. 118 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf staatliche Gebührenregelungcn. Vgl. auch MßI, 207

Gebühren (pn. 170), S. 86.

A. Elternbeiträge

141

dafür ZU erhebenden Gebühren unter keinem Aspekt ein sachlich einleuchtender Grund finden läßt.208 Im folgenden ist daher zu untersuchen, ob sozialstaatliche Motive einen hinreichenden Differenzierungsgrund darstellen.

(4) Art. 20 Abs. 1,28 Abs. 1 Satz 1 GO im Gebührenrecht

(a) Staatszie/bestimmung Als Staatszielbestimmung ist das in Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 GG normierte Sozialstaatsprinzip zunächst als eine Abkehr vom bürgerlich-liberalen Rechtsstaat zu verstehen: Über seine traditonelle Bedeutung als bloßer Garant einer bestehender) Güterverteilung hinaus gehört es heute zu den staatlichen Aufgaben, mit dem Ziel der Herstellung sozialer Gerechtigkeit und Sicherheit lenkend und gestaltend auf die gesellschaftlichen Verhältnisse einzuwirken.209 Dazu ist es vor allem Aufgabe des Gesetzgebers, im Interesse der wirtschaftlich Bedürftigeren auf einen Abbau sozialer Ungleichheiten im Lebens- und Bildungsbereich hinzuwirken. 2lO Für derartige Aspekte darf trotz der genannten Grundsätze auch das Gebührenrecht keine Tabu-Zone sein.211

208 BVerfOE so, 217 (227); BayVfOH (pn. 205), S. 185, unter Hinweis auf PrOvo 95, 33 (40); OVO Münster (Pn. 144), S. 379 =S. 276 =S. 114 =S. 135 =S.345. 209 Statt vieler: Schnapp, in: I. von Münch, GG (Pn. 194), Art. 20 Rn. 17; Christoph Gusy, Die soziale Staffelung der "Eltembeiträge" für die Kindergartenbenutzung, ZfSH 1979, 68 (7lf.) sowie eingehend Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland (StaatsR), Bd. 1,2. Aufl. München)984; § 2111 4 (S. 910ff.). Vgl. aus der endlosen .~iteratur zum Sozialstaatsprinzip etwa die Ubersicht von Peter Badura, Der Sozialstaat, DOV 1989, 49lff.

210 BVerfGE 8, 329; 18, 257 (273f.); Schnapp und Gusy ebd. sowie Robert Brehm, Benutzungsregelungen gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen - Rechtsstellung der Benutzer und ihre öffentlich-rechtliche Regelung, Bem-Frankfurt 3.M. 1975, S. 241.

211 Rogosch, Verfassungsrechtliche Bindungen (Fn. 164), S. 133. Wie sonst wäre es möglich, worauf das LG Aachen (Fn. 172), S. 13 und Kottmann, Eltembeiträge (Pn. 153), S. 42, zu Recht hinweisen, daß anderweitige Sozialtarife im Bereich der Daseinsvorsorge diskussionslos angenommen werden?

142

3. Teil: Kindergartenfinanzierung/Finanzierung der Betriebskosten

(b) Modijizienmg des Gleichheitssatzes Eine Ansicht stellt darauf ab, daß dem Sozialstaatsprinzip im Grundgesetz kein Vollzugsinstrumentarium beigegeben sei und es nicht um die Herstellung formaler Gleichheit gehe. 212 Aus diesem Grunde können beim Aufeinandertreffen von Gleichheitssatz und Sozialstaatsprinzip nicht dem Grundsatz der Vorrang gegeben werden, der inhaltlich nur schwer faßbar sei.213 Bei diesem Ansatz wird jedoch übersehen, daß Gleichheits- und Sozialstaatsgrundsatz einander nicht zwangsläufig widersprechen. Wie bereits angedeutet, könnten sich hier beide Grundsätze gegenseitig ergänzen und Art. 3 Abs. 1 GG verfassungskonform im Lichte sozialstaatlicher Überlegungen zu modifizieren sein. 214 Dies setzt jedoch wegen des besonderen Gewichts der betroffenen Gebührengrundsätze voraus, daß es sich um die Gebühr für eine sozialen Zwecken dienende Einrichtung handelt.21s Als bedeutsame familien ergänzende Institution ist der Kindergarten ein unverzichtbarer Bestandteil der Jugendhilfe und einem Lebensbereich zugeordnet, der den Sozialstaatsgedanken "geradezu auf der Stirn trägt".216 Wenn daher gerade im Elementarbereich das Sozialstaatsprinzip als verfassungsmäßige Handlungsmaxime die Herstellung von Chancengleichheit erfordert,217 so ist die einkommensabhängige Erhebung von Elternbeiträgen 212

Webersinn, Kindergartengebühren (Fn. 202), S. 167.

213 Webersinn, Kindergartengebühren (Fn. 202), S. 168. Ablehnend auch VGH Kassel (Fn. 152), S. 454 = S. 673 und OVG Lüneburg (Fn. 142), S. 464 = S. 711 = S. 435, das jedoch - wie gesagt (Fn. 202) - diese Auffassung inzwischen aufgegeben hat. 214 Stern, StaatsR I (Fn. 209), S. 9~9f.; Hermann von Mangoldt/Friedrich Klein/Christian Starck. Das Bonner Grundgesetz, Kommentar, begr. von Hermann von Mangoldt, fortgeführt von Friedrich Klein, neubearbeitet von Christian Starck, Bd. 1, 3. Auf!. München 1985, Art. 3 Abs. 1 Rnm. 23 und 84; Gubelt, in: I. von Münch, GG (Fn. 194), Art. 3 Rn. 62; Rogosch, Verfassungsrechtliche Bindungen (Fn. 164), S. 135; Schmid, Soziale Staffelung (Fn. 164), S. 28 sowie Elisabeth Bauernfeind, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht (Fn. 14), § 2 KAG NW Rn. 54. Zur Wechselwirkung zwischen Sozialstaats- und Gleichheitsgrundsatz vgl. auch Rupen Scholz/Rainer Pitschas, Sozialstaat und Gleichheit, in: Deutscher Sozialgerichtsverband e.V. (Hrsg.), Sozialrechtsprechung - Verantwortung für den sozialen Rechtsstaat, Festschrift zum 25-jährigen Bestehen des Bundessozialgerichts, Bd. 2, Köln-Berlin-Bonn-München 1979, S. 627 (655ff.).

215 OVG Lüneburg, NVwZ 1990, 91 (93). 216 OVG Lüneburg ebd. Vgl. auch OVG Bremen (Fn. 146), S. 180 = S.272 = S. 251 unter

Hinweis auf BVerfGE 22, 180 (200ff.) und OVG Münster (Fn. 144), S. 380 = S. 135 = S. 346.

= S.276 = S. 115

217 BößI, Gebühren (Fn. 170), S. 86 und Gusy, Soziale Staffelung (Fn. 209), S. 71f. Nach Stern, StaatsR I (Fn. 209), S. 930, verlangt das Sozialstaatsprinzip jedoch nicht die Herstellung

A. Elternbciträge

143

ein konsequenter Schritt in die richtige Richtung.218 Im Hinblick auf den Gleichheitssatz kann also nicht von Willkür gesprochen werden. Vielmehr stellen sozialstaatliche Gesichtspunkte einen sachgerechten Grund dar zur differenzierten Heranziehung für die jeweils gleiche Inanspruchnahme eines Kindergartenplatzes. 219 Voraussetzung ist allerdings, daß ein daraus resultierender Einnahmeausfall nicht zu einer entsprechenden Mehrbelastung der übrigen, nicht begünstigten Leistungsempfänger führt. Das Defizit muß vielmehr aus allgemeinen Deckungsmitteln bestritten werden; soziale Gesichtspunkte dürfen vom Standpunkt der Kostendeckung aus gesehen - nur gebührenmindernd in Form einer Degression berücksichtigt werden.220 einer egalitären Gesellschaft, sondern nur die Gleichheit der Entwicklungsmöglichkeiten in der Gesellschaft. 218 Riidiger Voigt, DÖV 1977, 673f., in seiner Anmerkung zum Beschluß des VGH Kassel (Fn. 152). loachim Wittmann, Kindergartenbeiträge nach Elterneinkommen, Die Demokratische Gemeinde 1977, 309 (311) geht dies noch nicht weit genug: nach seiner Auffassung ist die pauschale Gebührenermäßigung um die Hälfte für das zweite Kind - in Nordrhein-Westfalen geregelt in § 14 Abs. 2 Satz 1 KgG - bei vermögenden Eltern sozialstaatlich nicht zu rechtfertigen. 219 Umkehrschluß aus BVerfGE 28, 66 (87): danach verstößt eine Gebührenerhöhung im Fernmeldewesen nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, obwohl sie für alle Teilnehmer ziffernmäßig gleich ist und nicht nach Einkommen oder sozialer Stellung differenziert. Das sei "bei Gebühren dieser Art sachgerecht". Ebenso OVG Münster (Fn. 144), S. 379f. = S. 276 = S. 114f. = S. 135 = S. 346; OVG Bremen (Fn. 146), S. 180 = S. 272 = S. 251f.; OVG Lüneburg (Fn. 215), S.93; LG Aachen (Fn. 172), S. 12ff.; von MangoldtlKleinlStarck, GG (Fn. 214), Art. 3 Abs. 1 Rnrn. 23, 84. Vgl. auch VGH Mannheim, ZKF 1985, 109; Bauernteind/Zimmennann, KAG NW (Fn. 88), § 2 Rn. 16; SClunid, Soziale Staffelung (Fn. 164), S. 28; Bößl, Gebühren (Fn. 170), S. 86; Brehm, Benutzungsregelungen (Fn. 210), S. 242; Altons Gern, Sozialtarife im Kommunalabgabenrecht, DVBI. 1984, 1164 (1166); loset Konrad Rogosch, Sozialstaatsprinzip und Staffelung von Benutzungsgebühren und verwaltungsprivatrechtlichen Entgelten, KStZ 1987, S. 121f. sowie lörg Holger Behrens, ZevKR 24 (1979), 409 (410), in seiner Anmerkung zu den Urteilen des AG Braunschweig und des LG Braunschweig, ZevKR 24 (1979), 405ff., der für kirchliche Träger zusätzlich auf den Diakoniegedanken "einer trage des anderen Last" hinweist. Vgl. auch für die Verhältnisse in Schleswig-Holstein, wo es eine dem § 14 Abs. 2 und 3 KgG entsprechende Regelungen nicht gibt, VG Schleswig, KStZ 1989, 57. Danach kann zwar der landesgesetzlich in § 6 KAG geregelte Grundsatz der speziellen Entgeltlichkeit von der Verwaltung nicht allein unter Berufung auf das Sozialstaatsprinzip im Sinne einer Gebührenstaffelung modifiziert werden. Wie in den Kindergartengesetzen von Bremen oder NordrheinWestfalen könne aber Art. 20 Abs. 1 GG durch den Gesetzgeber konkretisiert werden. AA. Fritz W. Sclunidt, Rechtliches Durcheinander um Kindergartenentgelte, Kommunalpolitische Blätter 1977,168 (170), der umgekehrt vor dem Hintergrund des Gleichheitssatzes eine sozialstaatlich bedingte Gebührenstaffelung für problematisch hält.

220 Unter den grundsätzlichen Befürwortern allg. Meinung, vgl. nur PrOVG (Fn. 18'ry, S. 60; OVG Münster (Fn. 144), S. 380 = S. 276 = S. 115 = S. 135 = S. 346; Kurt Ballerstedt, Uber Tarifgerechtigkeit, in: Festschrift zum 70. Geburtstag von Paul Gieseke, Karlsruhe 1958, S. 311 (317); Barocka, Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte (Fn. 203), S. 826; Ballernfeind/Zimmennann, ebd.; Günter Benne, Ist eine sozial gestaffelte Benutzungsgebühren-Erhebung zulässig? - Zu den Auswirkungen des Äquivalenzprinzips auf die kommunale Gebüh-

144

3. Teil: Kindergartenfinanzierung/Finanzierung der Belriebskosten

Damit aber zeigt sich, daß bei einer sozialstaatlich relativierten Betrachtungsweise des Gleichheitssatzes die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Abgabenschuldners unter bestimmten Umständen im Gebührenrecht berücksichtigt werden kann, ohne daß das Grundgesetz dies verhindern würde.221 bb) Umverteilung im Gebührenrecht

Eine Erweiterung des Anwendungsbereiches von § 6 KAG auf die Möglichkeit einer sozial abgestuften Gebührenbemessung könnte jedoch am Maßstab einer möglichen Umverteilung von Einkommen verfassungswidrig sein. Von einer Umverteilung in diesem Sinne ist auszugehen, wenn eine Gebühr aus sozialen Gründen nach Maßgabe finanzieller Leistungsfähigkeit nicht nur ermäßigt, sondern auch erhöht wird. Dabei dient die Gebühr dem Staat zur Umschichtung von Finanzmitteln, wobei letztlich der Finanzstärkere gezwungen wird, den Finanzschwächeren aus eigener Tasche zu subventionieren. 222 renerhebung -, DGStZ 1976, 3 (5); Ernst Pappermann/Ro/f-Peter Löhr, Grundfälle zum öffentlichen Sachenrecht - 6. Teil: Öffentliche Sachen im "Anstaltsgebrauch", JuS 1981, 269 (271); Rogosch, Verfassungsrechtliche Bindungen (Fn. 164), S. 140f.; Schmid ebd.; RkhllTd Seeger, Das Sozialprinzip im Gebührenrecht, Gemhlt. 1976, 271 (273) sowie Bauernfeind, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht (Fn. 14), § 2 KAG NW Rn. 54. AA. nur - soweit ersichtlich - Michael Kloepfer, Die lenkende Gebühr, AöR 97 (1972), 232 (258), der im Sinne belastungspolitischer Intentionen auch Steigerungen nach oben zulassen will. 221 Den Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit erkennen auch Otto Bachof, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht, Verfahrensrecht in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 2. Aufl. Tübingen 1964, S. 305; Gerhard Feigenbutz, Die Bindungen des Postund Fernmeldewesens an und durch das Rechtsinstitut der Gebühr, Diss. Berlin 1977, S. 193ff. sowie Manfred Zuleeg, Gesetz- und Vertragsentwürfe in juristischen Übungsarbeiten, Fall 5: Die Badeordnung, JuS 1973, 34 (37) an. Auch Tipke/Lang, SteuerR (Fn. 134), § 4, A 2 b (S. 74), halten die Vermischung von Sozial- und Fiskalzwecken und damit die nach Leistungsfähigkeit abgestuften (interventionistischen) Gebühren für zulässig. Kritisch dagegen von Rosenvon Hoewel, Gebühren u.a. (Fn. 196), S. 459. AA. Bodo Stephan, Verwaltungsgebühr, verkappte Steuer und der Rechtsstaat, JurA 1970, 867 (877) und Walter Leisner, Verwaltungspreis - Verwaltungssteuer - Betrachtung zu den Gebührensätzen, in: Gedächtnisschrift für Hans Peters, hrsg. von H. Conrad, H. Jarreiß, P. Mikat, H. Mosler, H.C. Nipperdey, J. Salzwedel, Berlin-Heidelberg-New York 1976, S. 730 (745), die die Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit im Gebührenrecht für eine verdeckte Subventionierung oder Besteuerung und demzufolge für verfassungswidrig halten.

222 F. Kirchhof, Höhe der Gebühr (Fn. 197), S. 147. Ähnlich Zacher, Umverteilung (Fn. 191), S. 4. Nach der finanzwissenschaftlichen Betrachtungsweise von Friedel Brückmann, Die verteilungspolitische Staffelung gemeindlicher Gebühren - Eine finanzwissenschaftliche Sicht -, KStZ 1988, 21 (24), entsteht der erste Umverteilungseffekt bereits dadurch, daß die Kindergartenplätze zu etwa zwei Dritteln aus allgemeinen Steuermitteln finanziert werden. Dabei entstehe sogar ein "negativer Verteilungseffekt", wenn der durchschnittliche Steuerzahler ein niedrigeres Einkommen habe als die Eltern der Kindergartenbenutzer.

A. EllCmbcilrägc

145

(1) Unzulässigkeit außerhalb des Steuerrechts Es stellt sich die Frage, ob eine solche Umverteilung außerhalb des Steuerrechts - hier ist sie als Nebenzweck gestattee23 - zulässig ist. Während die besondere Zweckbestimmung der Gebühren in der Erzielung von Einnahmen zur vollkommenen oder zumindest teilweisen Kostendeckung öffentlicher Leistungen besteht, vgl. § 6 Abs. 1 KAG, handelt es sich bei den Steuern nach § 3 Abs. 1 AO 1977 um Geldleistungen, die keine Gegenleistung für eine öffentliche Leistung darstellen und zur Erzielung von Einnahmen beim Erfüllen der Tatbestände erhoben werden, an die die Gesetze die Leistungspflicht knüpfen. Daraus folgt jedoch von Verfassungs wegen nicht, daß eine Gebührenregelung neben der Erzielung von Einnahmen zur Kostendeckung nicht noch weitere Zwecke verfolgen dürfte. 22A Angesichts der Tatsache, daß das Grundgesetz einen einheitlichen Gebührenbegriff nicht kennt und insofern jegliche gebührenbegriffliche Argumentation unter Berufung auf die Verfassung ohne Überzeugungskraft sei, wird eine lenkende Gebühr für zulässig erachtet.22S Das ergebe sich bereits mittelbar aus Art. 109 Abs. 2 GG, da Bund und Länder auch mit ihrem Gebührenaufkommen den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen haben. 226 Weil das Gebührenwesen dem jeweiligen Verwaltungsverfahren i.S.d. Art. 84 Abs. 1 GG akzessorisch sei, müsse jede Gebühr nicht nur die Einnahmeerzielung, sondern auch die mit dem jeweiligen Gesetz verfolgten Ziele im Auge haben. 227 Sinn und Zweck der Jugendhilfe- und Bildungseinrichtungen, wozu im Elementarbereich auch die Kindergärten gehören, ist u.a. eine gleichmäßige Nutzungsmöglichkeit für alle Bevölkerungsgruppen. So seien diese Einrichtungen über das Instrument sozial gestaffelter Tarife zu legalen Trägern der 2Z3 Karl Heinrich Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung durch Steuergesetze, Tübingen 1966, S. 10f., 16; Peter Seimer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, Frankfurt a.M. 1972, 118; Dieter Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuerformen, Köln 1983, S. 78f., 103; Hans-Wolfgang Amdt, Gleichheit im Steuerrecht, NVwZ 1988, 787 (790f.). Vgl. auch TipkelLang, SteuerR (Fn. 134), § 4, A 1.2 (S. 71f.), § 19, 1 (S. 618).

22A BVerfGE50, 217 (226). 22S KJoepfer, lenkende Gebühr (Fn. 220), S. 239, 245f.; Rudolf Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, Hamburg 1975, S. 65ff. Mit gleichem Ergebnis Brehm, Benutzungsregelungen (Fn. 210), S. 24lf. und Wilke, Gebührenrecht u. GG (Fn. 181), S. 304f. 226 KJoepfer, lenkende Gebühr (Fn. 220), S. 247 und Wendt, Gebühr als Lenkungsmittcl (Fn. 225), S. 67.

227

KJoepfer, lenkende Gebühr (Fn. 220), S. 243 m.w.N., S. 246.

10 KlImper

146

3. Teil: Kindergartenfinanzierung/Finanzierung der Betriebskosten

Umverteilung geworden.228 Dabei wird sogar - entgegen der oben aufgestellten Voraussetzungen229 - eine belastungs politisch intendierte Progression für zulässig gehalten. 23O Eine gegenteilige Auffassung weist demgegenüber auf die Differenz zwischen Steuern und Gebühren hin. Als Vorzugslasten würden letztere persönliche Vorteile, nicht soziale Unterschiede ausgleichen.231 Im Gegensatz zur Steuer seien die Gebühren kein Instrument der Intervention; durch Gebührenpolitik dürften keine allgemeinen sozialpolitischen Zielsetzungen verfolgt werden. 232 .Darüber hinaus wird mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG die Frage aufgeworfen, ob es bei einer Umverteilung einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung der Leistungsfähigen im Vergleich zur nicht gebührenpflichtigen Allgemeinheit sowie zu den sozial schwächeren Abgabeschuldnern gibt. Das sei nur dann der Fall, wenn es eine spezifische soziale Verantwortlichkeit der Gruppe von stärker belasteten Gebührenschuldnern gerade gegenüber der Gruppe der Bedürftigeren gebe.233 Davon kann aber keine Rede sein: Eine eher zufällige Verbindung zwischen den unterschiedlich finanzstarken Kindergarteneltern besteht nur insofern, als alle die gleiche soziale Leistung begehren. Da aber die "vermögenden" Eltern durch die Inanspruchnahme eines Kindergartenplatzes nicht die Bedürftigkeit der anderen verursachen, erweisen sich letztlich umverteilende Gebühren am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG als unsachlich.234 In Übereinstimmung mit der oben gewonnenen Erkenntnis, das Leistungsfähigkeitsgesichtspunkte nur auf Kosten der Allgemeinheit, nicht aber über kostendeckende Gebühren hinaus auf Kosten der Leistungsstärkeren berücksichtigt werden können, ist deshalb festzuhalten: Außer halb des Steuerrechts und insbesondere im Gebührenrecht haben Umverteilungstendenzen - auch unter Berücksichtigung der Sozialstaats228

Zacher, Umverteilung (Fn. 191), S. 6.

229

Vgl. dazu Fn. 220.

230

Kloep!er, lenkende Gebühr (Fn. 220), S. 258.

231

lose! lsensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, Berlin 1973, S. 34f.

232 Leisner, Gebührensätze (Fn. 221), S. 732, 746. Kloep!er, lenkende Gebühr (Fn. 220), würde dieser Argumentation wiederum entgegenhalten, daß sie jeglicher verfassungsrechtlichen Grundlage entbehre.

233

F. Kirchhof, Höhe der Gebühr (Fn. 197), S. 148; Isensee, Umverteilung (Fn. 231), S. 63.

234

F. Kirchhof, ebd.

A. Elternbciträge

147

klausel - keinen Platz.23S Zwar wird das Sozialstaatsprinzip wegen seiner vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten leicht und gern zur Rechtfertigung verschiedenartigster Interessen gewissermaßen "wie ein Räumgerät vor sich her geschoben".236 Eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage, um von finanzstärkeren Gebührenschuldnern mehr als ein kostendeckendes Entgelt zu erheben, beinhaltet es dennoch nicht.

(2) Keine Umverteilung durch Elternbeiträge Aus den bisherigen Überlegungen ergibt sich für den Kindergartenbereich, daß auch hier eine gebührenrechtliche Umverteilung unzulässig wäre. Wenn der Sozialstaat verbilligte Kindergartenplätze anbieten will, ist die Finanzierung dieses Vorhabens eine Angelegenhe~t der Gemeinschaft aller Steuerzahler.237 Damit stellt sich die Frage, ob mit den Regelungen des § 14 Abs. 2 und 3

KgG eine Umverteilung im oben genannten Sinn stattfindet. Dieses scheint

auf den ersten Blick der Fall zu sein: ausgehend von einem Sockelbetrag von DM 420,- jährlich erhöht sich der Elternbeitrag bei einem Jahreseinkommen von über DM 50.000,- auf DM 720,-, bei über DM 100.000,- auf DM 1.200,-. Das Gleiche gilt für die in der Anlage zu § 17 Abs. 3 des Gesetzentwurfs der Landesregierung vorgesehenen neuen Beitragsgruppen. Danach soll der Kindergartenbesuch bis zu einem Jahreseinkommen von DM 24.000,- beitragsfrei sein, während er bis DM 48.000,- DM 420,-, bis DM 72.000,- DM 720,-, bis DM 96.000,- DM 1.200,-, bis DM 120.000,- DM 1.920,- und bei über DM 120.000,- DM 2.880,- betragen soll. Von einer sozialstaatlich motivierten Ermäßigung ist hingegegen keine Rede. Es hat also zumindest den Anschein, als würden die besserverdienenden Kindergarteneltetn durch ihren erhöhten Beitrag die Kosten mitfinanzieren, die durch den Kindergartenbesuch der Kinder weniger gut verdienender Eltern entstehen.

23S VGH Kassel (Fn. 152), S. 453 = S. 673; Seeger. Sozialprinzip (Fn. 220), S. 272; F. Kirchhof, Höhe der Gebühr (Fn. 197), S. 148; Paul KirChhof, Die Finanzierung des Leistungstaates, Jura 1983, 505 (513). Im Ergebnis wohl auch Dietrich Ehle, Die verfassungsrechtliche Bedeutung des Kostendeckungsprinzips im Gebührenrecht, DÖV 1962,45 (47). 236 Werner Weber, Die verfassungsrechtlichen Grenzen sozialstaatlicher Forderungen, Der Staat 4 (1965), 409 (417).

m P. Kirchhof, Finanzierung (Fn. 235), S. 513. 10*

148

3. Teil: Kindergartenfinanzierung/Finanzierung der Betriebskosten

Rechnerische Voraussetzung dahingegehender Überlegungen ist jedoch, daß die erhöhten Elternbeiträge die jährlichen Kosten eines Kindergartenplatzes übersteigen, während allein der Grundbeitrag nicht kostendeckend ist. Dies trifft jedoch nur hinsichtlich der zweiten Voraussetzung zu: so betrugen z.B. im Bistum Münster im Haushaltsjahr 1981 die durchschnittlichen Betriebskosten einer Kindergartengruppe DM 73.690,-. Bei einer üblichen Gruppenstärke von 25 Kindern entspricht dies einem Betrag von DM 2.947,60 jährlich für einen Kindergartenplatz, wobei für die Jahre 1982 und 1983 von einer je 5%-igen und für die Folgejahre von einer 4%-igen Steigerung ausgegangen wurde. 238 Damit wird deutlich, daß weder durch den Sockel- noch durch den Höchstbetrag eine auch nur annähernde Kostendeckung erreicht werden kann. 239 In bezug auf den jeweils zu zahlenden Kostenbeitrag wird der einzelne Kindergartenplatz lediglich in unterschiedlicher Höhe bezuschußt. Das aber ist - abgesehen von dem finanzwissenschaftlichen Ansatz Brückmanns240 - keine Einkommensumverteilung, sondern eine sozialstaatliche begründete Differenzierung gleicher Sachverhalte, die verfassungskonform als Gestattung einer sozialen Ermäßigung zu deuten ist. 241 Eine solche Vergünstigung aber gehört zum legislativen Gestaltungsspielraum; innerhalb seiner jeweiligen Regelungskompetenz bleibt es dem Befmden des Gebührengesetzgebers überlassen, soziale Belange der Abgabeschuldner zu berücksichtigen.242 Äußerste Grenze der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit ist dabei die Belastbarkeit der Gemeinschaft der Steuerzahler sowie eine gleichheitskonforme GebÜhrenstaffelung. 243

238 Bischöfliches Generalvikariat Münster/Caritasverband für die Diözese Münster e.V., Unserer Kindergärten, Münster 1982, S. 21. Allgemein bestätigend Karl-Wilhelm lans/Erika Müller, Kindergärten, Horte, Kindertagesstätten, Kinderspielplätze, 3. Aufl. Köln 1979, S. 93ff. Auch nach Künzel/Moskal, KgG (Fn. 4), § 14 Anm. 11 2 c aa, betragen die durchschnittlichen Kosten eines Kindergartenplatzes über DM 3.000,-.

239 Darauf weist - wenn auch für vorn Stadtrat beschlossene Elternbeiträge für Kindertagesstätten einer kreisfreien Stadt in Rheinland-Pfalz - das OVG Koblenz, KStZ 1989, 38 (40) = FEVS 38 (1989), 29 (34) zu Recht hin. 240

Dazu oben Fn. 222.

241

F. Kirchhof, Höhe der Gebühr (Fn. 197), S. 149.

BVerfGE 50,217 (226); W. Weber, Grenzen sozialstaatlicher Forderungen (Fn. 236), S. 433; F. Kirchhof, Höhe der Gebühr (Fn. 197), S. 43; Hansmeyer/Fürst, Gebühren (Fn. 199), S. 121; Wilke, Gebühren (Fn. 181), S. 256f. Im Ergebnis ebenso LG Aachen (Fn. 172), das jedoch 242

auf S. 12ff. darauf hinweist, daß es nicht nur um die Gestaltungsfreiheit des Gebührengesetzgebers, sondern auch des Gesetzgebers im Bereich der Daseinsvorsorge gehe. 243

P. [(jrchhof, Finanzierung (Fn. 235), S. 513.

A. Ellcmbeiträge

149

Innerhalb dieser Grenzen bestehen daher im Ergebnis verfassungsrechtliche Bedenken weder gegen die sozial gestaffelten Elternbeiträge in § 14 Abs. 2 und 3 KgG noch gegen eine Übertragung des dort pauschalierten Leistungsfähigkeitsprinzips auf § 6 KAG.

IV. Selbsteinschätzung der Erziehungsberechtigten Die richtige Einordnung der Erziehungsberechtigten in eine der gesetzlichen Beitragsstufen setzt ihre Mitwirkung voraus, die derzeit im Wege der sog. Selbsteinschätzung erfolgt.244

1. Kindergartenträger als Adressat

Die Selbsteinschätzung kommt zustande, indem die Eltern gem. § 14 Abs. 5 Satz 2 KgG gegenüber dem jeweiligen Kindergartenträger erklären, welcher Stufe sie zuzuordnen sind.

a) Form der Selbsteinschätzung In welcher Form die Selbsteinschätzung zu erfolgen hat, ist im Kindergartengesetz nicht geregelt. Zweckmäßig wird jedoch aus verwaltungspraktischen Gründen das Ausfüllen eines entsprechenden Fragebogens sein.:1AS So haben die Eltern, deren Kinder eine kirchliche Einrichtung besuchen, eine "Erklärung zum Elternbeitrag (gem. § 14 Abs. 5 KgG)" auszufüllen und dabei die Selbsteinschätzung durch Ankreuzen des Jahreseinkommens:1A6 oder des zu zahlenden J ahresbeitrages:1A7 vorzunehmen. Da auf die Selbsteinschätzung als geschäftsähnliche Handlung die zivilrechtlichen Auslegungsmethoden für Willenserklärungen entsprechend an244 Zu möglichen Änderungen unten unter 5. :lAS

Künzel/Moskal, KgG (Fn. 4), § 14 Anm. 11 4 a.

Vgl. beispielsweise für den Bereich der Rheinischen Landeskirche, Lebensräume für Kinder (Fn. 140), S. 25ff. und für den Bereich des Bistums Aachen, Handreichung (Fn. 140), S.28f. 246

:1A7 Vgl. für den Bereich des Bistums Essen, Katholische Tageseinrichtung (Fn. 140), S.

19ff.

150

3. Teil: Kindergartcnfinanzierung/Finanzierung der Betriebskosten

wendbar sind/All genügt aber auch jede andere eindeutige, mit entsprechendem Erklärungsbewußtsein oder durch konkludentes Verhalten abgegebene Erklärung. Als solche kommen etwa eine Erklärung zu Protokoll des Trägers oder die Überweisung eines bestimmten Betrages mit einem entsprechenden Vermerk im Verwendungszweck des Überweisungsträgers in Betracht.2A9 Trotz solcher Anzeichen kann jedoch nicht von einer schlüssigen Selbsteinschätzung ausgegangen werden, wenn sich der Erziehungsberechtigte rechtzeitig gegen eine entsprechende Deutung seine Verhaltens verwahrt hat und diese Verwahrung nicht ausnahmsweise unbeachtlich ist.2S0

b) Befugnis zur Entgegennahme auf seiten des Trägers Wer auf seiten des Kindergartenträgers die Erklärung der Selbsteinschätzung entgegennimmt, ist ebenfalls nicht gesetzlich bestimmt. Grundsätzlich wird es aber der Organisationshoheit der Träger überlassen bleiben, wen sie mit dieser Aufgabe betrauen. 251 Da die Kindergartenleiterin durch ihre Elternkontakte über die familiären Verhältnisse im Regelfall ohnehin informiert ist, liegt es aber nahe, sie insoweit als richtigen Ansprechpartner anzusehen.252 Demgegenüber hält es der Landesbeauftragte für den Datenschutz im Hinblick auf Art. 4 Abs. 2 der Landesverfassung und auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz für geboten, daß die Erklärung gegenüber der Verwaltung des Trägers - bei Kirchengemeinden also gegenüber dem Kirchenvorstand oder Presbyterium - abgegeben wird. 2S3 Zur Vermeidung rechtlicher Auseinandersetzungen hat daher der zuständige Minister darum gebeten, diese Auffassung zu beachten.2S4

1.411

VG Düsseldorf, Urt. v. 1. Oktober 1984 - 19 K 4204/83 -, S. 11 m.w.N.

1.49

Künzel/Moskal, KgG (Fn. 4), § 14 Anm. 11 4 a.

2SO VG Düsseldorf (Fn. 248), S. 10 m.w.N. unter Bezugnahme auf das Rechtsinstitut der sog. ·protestatio facto contraria".

251

Künzel/Moskal, KgG (Fn. 4), § 14 Anm. 11 4 e aa.

252

Künzel/Moskal ebd.

253

APr. 9/844, S. 15, zit. nach Künzel/Moskal, KgG (Fn. 4), § 14 Anm. 11 4 e.

Rdschr. v. 10. Februar 1983 (IV D 4 - 6001.2) an die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege und die Kommunalen Spitzenverbände NW sowie an die Landesjugendämter bei den Landschaftsverbänden Rheinland und Westfalen-Lippe, S. 3. 2S4

A. Eltcmbcilräge

151

1. Datenschutz

Wie bereits die soeben zitierte Ansicht des Landesbeauftragten für den Datenschutz erkennen läßt, könnte die Durchführung der Selbsteinschätzung unter Datenschutzgesichtspunkten problematisch sein. Nach Art. 4 Abs. 2 LVerf. NW hat nämlich jeder Anspruch auf den Schutz seiner personenbezogenen Daten. Eingriffe in dieses Recht stehen unter Gesetzesvorbehalt und sind nur im überwiegenden allgemeinen Interesse zulässig. Rechtsgrundlage der Selbsteinschätzung ist § 14 Abs. 5 KgG.2SS Nach dessen Satz 2 erklären die Erziehungsberechtigten dem Träger gegenüber, weicher Beitragsstufe sie zuzuordnen sind, während nach Satz 3 der Bewilligungsbehörde in begründeten Ausnahmefällen ein Überprüfungsrecht zusteht. Damit werden zunächst personenbezogene Daten der Eltern erhoben und sodann ggf. an die Bewilligungsbehörde weitergeleitet. Beide Vorgänge müssen sich im Rahmen der datenschutzrechtlichen Regelungen halten.

a) Datenerhebung In der Entgegennahme der elterlichen Selbsteinschätzung liegt die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 des nordrhein-westfälischen Datenschutzgesetzes,2S6 die im RegelfaU in einer Akte i.S.d. § 3 Abs. 5 DSG aufbewahrt werden.

aa) RechtsgrulJdlage

Rechtsgrundlage der Datenerhebung könnte § 12 DSG sein. Dann müßte das Datenschutzgesetz auf nordrhein-westfälische Kindergartenträger anwendbar sein.

2SS

So der MAGS auf S. 2 seines Rdschr. (Fn. 254).

2S6 Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen) in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Datenschutzes vom 15. März 1988 (GV NW S. If1J/SGV NW 20061), im folgenden: DSG.

152

3. Teil: Kindergartenfmanzierung/Finanzierung der Betriebskosten

(1) Kommunale Kindergärten Für kommunale Kindergärten ergibt sich dies aus § 2 Abs. 1 Satz 1 DSG. Danach gilt das Gesetz u.a. für Gemeinden und Gemeindeverbände, soweit sie personebezogene Daten in oder aus Akten verarbeiten.

(2) Kirchliche Kindergärten Kirchliche Kindergärten könnten nach dem Spezialitätsgrundsatz des § 2 Abs. 2 DSG an ihre eigenen Datenschutzregelungen gebunden sein, die jedoch weder im evangelischen2S7 noch im katholischen2S8 Bereich Bestimmungen über die Datenerhebung erhalten. Damit erhebt sich die Frage, ob hier für kirchliche Träger ergänzend das Datenschutzgesetz Anwendung finden kann. 2S9

(a) Kirchen als öffentliche Stellen

Dies richtet sich nach § 2 Abs. 1 DSG, wonach die Kirchen sonstige öffentliche Stellen des Landes sein müssen. Zwar ergibt sich aus der systematischen Stellung der §§ 2 Abs. 1 und 15 DSG, daß die Kirchen grundsätzlich als "öffentliche Stellen" im Sinne des Datenschutzgesetzes anzusehen sind.260 Da sie aber bei der Entgegennahme 2S7 Vgl. das Kirchengesetz über den Datenschutz i.d.F. vom 13. November 1984 (ABI. EKD S. 507), die Verordnung zum Kirchengesetz über den Datenschutz (VO DSG-EKD) vom 21. März 1986 (KABI. der Evangelischen Kirche von Westfalen S. 77 = KABI. der Evangelischen Kirche im Rheinland S. 240) sowie die landeskirchlichen Durchführungsverordnungen zum Kirchengesetz über den Datenschutz (Datenschutzdurchführungsverordnung - DSDVO): Rheinland, DSDVO vom 3. Dezember 1987 (KADI. S. 270) und Westfalen, DSDVO vom 15. März 1988 (KABI. S. 58). 2S8 Vgl. die gleichlautenden Anordnungen über den kirchlichen Datenschutz - KDO - in den nordrhein-westfälischen Diözesen: Aachen, KDO vom 1. Juni 1979 (KirchI. Anz. S. 43); Essen, KDO vom 7. Februar 1979 (KADI. S. 35); Köln, KDO vom 25. März 1979 (ABI. S. 127); Münster (nordrhein-westfälischer Teil), KDO vom 10. Januar 1979 (KABI. S. 49) und Paderborn, KDO vom 23. März 1979 (KADI. S. 59). 2S9 Vgl. zur möglichen Einbeziehung der Kirchen und ihrer Einrichtungen in ein neues Bundesdatenschutzgesetz Wollgang Heyde, Einbeziehung der Kirchen und ihrer Einrichtungen in ein neues Bundesdatenschutzgesetz? in: FS Geiger (Fn. 54), S. 635ff. 260 Vgl. etwa für die entsprechenden Regelungen der §§ 7 Abs. 1 und 10 Abs. 2 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) Ulrich Dammann, in: Spiras Simitis/Ulrich Dammann/Otto

A. Elternbciträge

153

der Selbsteinschätzung - wie überall im Kultur- und Sozialbereich - als Kindergartenträger eigene und keine übertragenen staatlichen Aufgaben wahrnehmen,261 läßt sich aus der Rechtsfolge des § 15 DSG schließen, daß die Kirchen nicht zu dem in § 2 DSG bestimmten Adressatenkreis gehören, weil andernfalls eine entsprechende Anwendung der für öffentliche Stellen geltenden Vorschriften keinen Sinn machen würde. 262 Die fehlende ausdrückliche Ausklammerung der Kirche kann dabei als "beredtes Schweigen" interpretiert werden. 263 Im Ergebnis sind daher die Vorschriften des zweiten Abschnitts des Datenschutzgesetzes (Rechtsgrundlagen der Datenverarbeitung) und damit auch § 12 DSG auf kirchliche Kindergartenträger nicht anwendbar.

(b) Kirchen als nichtöffentliche Stellen Vereinzelt wird versucht, die Datenschutzgesetze im Wege einer Qualifizierung bestimmter kirchlicher Aufgaben als privat über die §§ 22ff. und Mallmann/Hans-Joachim Reh, Kommentar zum Bundesdatenschutzgesetz, 3. Aufl. BadenBaden 1981, § 7 Rn. 9. 261 Klaus G. Meyer-Teschendor{, Die Weitergabe von Meldedaten an die Kirchen. Verfassungskräftiger Anspruch der Kirchen auf meldebehördliche Informationshilfe?, in: Essener Gespräche (Fn. 25), Bd. 15, Münster 1981, S. 9 (30). Sonst müßte ihnen hier auch ein hoheitliches Tätigwerden m