Karl Rosenkranz: Briefe 1827 bis 1850 9783110867886, 3110143739, 9783110143737


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German Pages 539 [548] Year 1994

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Table of contents :
Vorbemerkung
1. Zur Herkunft der Quellen
a. Gedruckte und ungedruckte Briefe
b. Zur Familien- und Nachlaßgeschichte
c. Der Königsberger Nachlaß
2. Editorische Richtlinien
3. Briefverzeichnis
4. Briefe 1827 – 1850
Quellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
Personenregister
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Karl Rosenkranz: Briefe 1827 bis 1850
 9783110867886, 3110143739, 9783110143737

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Karl Rosenkranz Briefe 1827 bis 1850

w G DE

Quellen und Studien zur Philosophie Herausgegeben von Jürgen Mittelstraß, Günther Patzig, Wolfgang Wieland

Band 37

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1994

Karl Rosenkranz Briefe 1827 bis 1850 herausgegeben von

Joachim Butzlaff

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1994

© G e d r u c k t auf s ä u r e f r e i e m Papier, das die U S - A N S I - N o r m ü b e r Haltbarkeit erfüllt.

Die Deutsche Bibliothek



CIP-Einheitsaufnahme

Rosenkranz, Karl: Briefe 1827 bis 1850 / Karl R o s e n k r a n z . H r s g . v o n J o a c h i m Butzlaff. — Berlin ; N e w York : de G r u y t e r , 1994 (Quellen und Studien zur Philosophie ; Bd. 37) I S B N 3-11-014373-9 N E : Butzlaff, J o a c h i m [ H r s g . ] ; R o s e n k r a n z , Karl: [ S a m m l u n g ] ; G T

© C o p y r i g h t 1994 by Walter de G r u y t e r & Co., D - 1 0 7 8 5 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. J e d e V e r w e r t u n g a u ß e r h a l b der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Z u s t i m m u n g des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere f ü r V e r v i e l f ä l t i g u n g e n , Ü b e r s e t z u n g e n , M i k r o v e r f i l m u n g e n und die E i n s p e i c h e r u n g u n d V e r a r b e i t u n g in elektronischen Systemen. Printed in G e r m a n y D r u c k : A r t h u r C o l l i g n o n G m b H , Berlin B u c h b i n d e r i s c h e V e r a r b e i t u n g : L ü d e r i t z & B a u e r - G m b H , Berlin

Vorbemerkung Wichtige Hinweise zur Familiengeschichte Karl Rosenkranz' verdanke ich besonders Frau L. Reinhardt. Informationen zur Literatur- und Philosophiegeschichte bekam ich von dem Gutzkow-Spezialisten W. Rasch, dem Rosenkranz-Kenner K.-H. Boddin und dem Hegel-Experten St. Saur. Für Korrekturarbeiten danke ich Frau P. Schreiber, T. Beer und Daniela Falk. Joachim Butzlaff

Berlin, Mai 1994

Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung

V

1. Zur Herkunft der Quellen a. Gedruckte und ungedruckte Briefe b. Zur Familien- und Nachlaßgeschichte c. Der Königsberger Nachlaß

1 1 2 10

2. Editorische Richtlinien

13

3. Briefverzeichnis

15

4. Briefe 1827 - 1850

25

Quellenverzeichnis

477

Literaturverzeichnis

481

Personenregister

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1. Zur Herkunft der Quellen a. Gedruckte und ungedruckte

Briefe

Bei den hier wiedergegebenen 380 Briefen handelt es sich bei etwa der Hälfte um Erstveröffentlichungen. Die Briefe an Varnhagen und Th. v. Schön liegen jeweils in Buchform vor; sie sind in Berlin noch in einigen Exemplaren in Bibliotheken erhältlich. Das gleiche gilt von den an Schopenhauer und Ruge gerichteten Briefen. Alle weiteren Briefe sind verstreut in zumeist schwer zugänglichen Büchern und Zeitschriften abgedruckt, die nicht alle in Berliner Bibliotheken vorhanden sind. Die Zentralkartei der Autographen der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz in Berlin lieferte die ersten Hinweise auf noch nicht edierte Autographen Rosenkranz'. Darüber hinaus wurden Bibliotheken mit Handschriftenabteilungen angeschrieben, die noch nicht von der Zentralkartei erfaßt worden waren. Die Suche erstreckte sich auf die Bundesrepublik Deutschland, die ehemalige „DDR", Polen, Großbritannien, Italien, Schweiz, Österreich, Frankreich, Dänemark und die U.S.A. Außerdem wurden sowohl einschlägige Autographen-Auktionskataloge als auch die Handbücher über die auf den Auktionen erzielten Preise durchgesehen. In einigen Fällen konnten die Auktionshäuser positive Vermittlungsarbeit mit Autographensammlern leisten. Abstand genommen wurde von dem Abdruck einiger Schreiben des jungen Rosenkranz an seine Eltern, einem Brieffragment, Heidelberg, am 14. August 1827, zwei Gedichten, die Briefen an F. Kugler beilagen und einer Art Stammbucheintragung „Mein Lebenssymbolum" vom 29. Jan. 1850. Ebenfalls nicht mit aufgenommen in die Sammlung wurde ein „Brief des Prof. C. R. an den Herausgeber [Th. Rötscher] vom 28. Febr. 1847", der in den Jahrbüchern für dramatische Kunst und Literatur, Bd. 1, 1848, abgedruckt war, da es sich hierbei um einen reinen Aufsatz handelte, um eine „Korrespondenz", wie man sie in Journalen des 19. Jahrhunderts häufig antrifft. Die geringe Anzahl von Gegenbriefen an Rosenkranz warf unmittelbar die Frage nach der Existenz eines Nachlasses von Karl Rosenkranz auf, denn für den Zeitraum bis 1850 sind nur Antworten von Varnhagen v. Ense 1 , Th. v. Schön (insgesamt existieren hier noch etwa 120 Briefe, für den Zeitraum von 1838 bis 1850 sind über 80

Briefwechsel zwischen Karl Rosenkranz und Varnhagen v. Ense. Herausgegeben von Arthur Warda. Königsberg 1926.

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ι. Gedruckte und ungednickle Briefe

vorhanden, die meisten unveröffentlicht1), Schopenhauer2, Ruge3, Schönfließ 4 , Krüger, Prutz5, Gregorovius 6 , A. v. Humboldt7, Lehrs8, Rühle v. Lilienstern9, Rosenberger 10 und Schulze 11 (nur Auszüge) bekannt. Darüber hinaus besitzt die Württembergische Landesbibliothek Stuttgart kaum entzifferbare Briefentwürfe I. H. Fichtes an Rosenkranz, und Briefentwürfe von K. L. Michelet befinden sich in der Biblioteka Jagiellonska in Krakau. Da bekannt ist, daß Rosenkranz, wie übrigens alle Herausgeber von Hegels Werken, ihm von der Familie übergebenes handschriftliches Material nicht an diese zurückgab, wurde auch schon von Seiten der Hegelforschung (H. Nohl, H. Glockner, D. Henrich) die Frage nach den Erbgängen der Herausgeber Hegelscher Werke gestellt, in der Hoffnung, eventuell noch nicht bekannte Schriftstücke Hegels, in unserem Fall: bei heute noch lebenden Nachfahren Rosenkranz', zu entdecken bzw. wiederzuentdecken, da ja auch von zahlreichen, in ,Hegel's Leben' abgedruckten Schriften Hegels keine Manuskripte mehr vorhanden sind. Es wurde daher versucht, direkte Nachfahren der Familie K. Rosenkranz', der Familie Gruson, der Familie seiner Mutter bzw. seiner Frau und der Familie Genthe, der Familie seines Schwagers, genealogisch zu

1

Diese Briefe befinden sich im Geh. Staatsarchiv Berlin-Dahlem unter der Signatur I. HA Rep. 92 Schön, Nr. 2. Sie sollen im Rahmen einer Theodor v. Schön-Werkausgabe von Mitarbeitern des Archivs veröffentlicht werden. Paul Herre, der Herausgeber der Briefe Rosenkranz' an Schön, vermutete diese Briefe im Nachlaß Rosenkranz' bei Max Jacobson in Allenstein. Auf eine Anfrage bei Jacobson bekam er jedoch eine abschlägige Antwort. Die Briefe müssen wohl schon zu Lebzeiten Rosenkranz' an die Familie Schön oder Brünneck zurückgegeben worden sein. 2 Drei Briefe Schopenhauers an Karl Rosenkranz betr. die Gesamtausgabe von Kants Werken. Mitgetheilt von Rudolf Reicke, in: Altpreußische Monatsschrift, Bd. 25, S. 310-31. 1889. 3 In: Amold Ruges Briefwechsel und Tagebuchblätter aus den Jahren 1825 bis 1880. Hrsg. von Paul Nerrlich. 2 Bde. Berlin 1886. Sowohl die Briefe von Ruge an Rosenkranz als auch Rosenkranz' Briefe an Ruge erschienen nur in gekürzter Form. Es ist zu hoffen, daß in der von Hans-Martin Saß besorgten Neuausgabe der Briefe, Aalen 1984ff., wenigstens die im 3. Band neu hinzugefügten vollständig zum Abdruck kommen. 4 Briefe von Schönfließ und Krüger in: Rosalie Schönfliesz. Ein ostpreußisches Charakterbild mit einer Einleitung von Karl Rosenkranz. Herausgegeben von Theodor Krüger. Gumbinnen 1860. Büttner, Georg, Robert Prutz und Karl Rosenkranz, in: Altpreußische Monatsschrift, Bd. 54, S. 95-144. 1917. Ungedruckte Briefe von Ferdinand Gregorovius. II. Mitgeteilt von Max Jacobson, in: Deutsche Revue über das gesamte nationale Leben der Gegenwart, 19. Jg., S. 348ff. 1894. 7 Ein Brief A. v. Hs. befindet sich in der Bayerischen Staatsbibliothek, München. Sign.: Autogr. Q Cim. Humboldt,' Alexander von. Ausgewählte Briefe von und an Chr. A. Lobeck und K. Lehrs nebst Tagebuchnotizen. Im Auftrage des Vereins f. die Geschichte von Ost-Westpreußen hrsg. von Arthur Ludwich. 2 Bde. Leipzig 1894. 9 O. A. Rühle v. Lilienstem, Gedankenspäne. Berlin 1846. 10 S. Titel zu Anmerk. 8, diese Seite, dort S. 158. 11 Max Jacobson, Zur Geschichte der Hegeischen Philosophie und der preußischen Universitäten in derZeit von 1838 bis 1860, in: Deutsche Revue, Jg. 30, S. 118-123. 1905.

b. Zur Familien - und Nachlaßgeschichte

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ermitteln, um den Verbleib eines eventuell vorhandenen Rosenkranz-Nachlasses innerhalb der Familie 1 zu klären. b. Zur Familien- und Nachlaßgeschichte L Karl Rosenkranz hatte mit seiner Ehefrau, seiner Cousine, Laure Aspasie Adeline Cecile Rk„ geb. Gruson (1808-1873) drei Kinder: Otto Henri Rk. (1834-1868), Philipp Hermann Rk. (17. Febr. 1836-31. Aug. 1925) und Anna Maria Rk. (1837-1924). Der älteste Sohn Otto studierte Jura in Berlin, wurde Kreisrichter in Friedland, heiratete 1865 die älteste Tochter des Wasserbauingenieurs Wilhelm Schäffer, Anna Schäffer, geb. 1839 in Kaukehmen. Die Ehe blieb kinderlos, Otto Rosenkranz starb 1868, schon elf Jahre vor seinem Vater, an Tuberkulose. Als Erbnehmer schied er also aus. Sein Bruder Philipp Hermann Rosenkranz trat auch nicht in die Fußstapfen seines Vaters, sondern widmete sich den „Realien": Er studierte Instrumentenund Maschinenbau in Berlin und Magdeburg, verfaßte eine seinerzeit mehrfach aufgelegte Schrift über den Indikator und seine Anwendung, arbeitete zunächst als Oberingenieur bei Schäffer und Budenberg in Magdeburg und siedelte sich um 1870 in Hannover an, wo er die sehr erfolgreiche Firma Dreyer, Rosenkranz & Droop mitbegründete. Seine Ehefrau, Caroline Rosenkranz, geb. Stoy, wurde am 7. Dez. 1833 in Kirch-Dornberg/Westfalen geboren. Sie starb am 7. Juli 1926. Aus ihrer Ehe gingen drei Kinder hervor: Karl Paul Franz Theodor Rk. (5. Jan. 1866-8. Juni 1874), Otto Paul Hermann Ludwig Rk. (11. Juli 1869-?) und Ida Laura Caroline Rk., (12. April 1868-?). Ph. Hermann Rosenkranz scheint zumindest nicht in Besitz von Papieren Hegels gewesen zu sein: Auf eine Anfrage des Hegel-Forschers H. Nohl an Philipp Hermann Rosenkranz, wohl Hegeliana betreffend, antwortete dieser ihm, Hannover, 29. Juni 1906 (Cod. Ms. H. Nohl 815, 3, Bll. 49 in der Nieders. Staats- und Univers.bibliothek.): „ ... dieselbe Anfrage betr. der Correspondenz Hegel ging mir bereits durch meinen Vetter ... aus Berlin zu. Ich habe keine '

Auf die Möglichkeit, daß Teile des Nachlasses eventuell auch nicht innerhalb der Familie weitergegeben sein könnten, wies mich Frau Lotte Esaù, Lübeck, hin. Sie schrieb mir am 22. Mai 1983, daß, ihres Wissens nach, die Erben zerstritten waren. Auf eine Anfrage ihrerseits „nach im Nachlaß wahrscheinlich vorhandenen Briefen antwortete nicht der Eigentümer, Herr Dr. Jacobson in Allenstein, sondern der Schriftsteller H. H. Houben in gröbster Manier. Möglich, daß Houben Anteile am Nachlaß erworben hatte". Eine in Hamburg lebende Tochter Houbens, Frau Irmgard Quardt, wußte über den Verbleib des Nachlasses ihres Vaters leider nichts. Tatsache ist, daß Houben Abschriften von Briefen Rosenkranz' an Jung anfertigte, die um 1941, vgl. Frankfurter Wochenschau 1941, H. 3/4, S. 16, durch den Ankauf der Gutzkow-Sammlung des Schriftstellers, von der Universitätsbibliothek in Frankfurt erworben wurden. Auch L. Goldstein erwähnt in seinem Aufsatz, Karl Rosenkranz und Al. Jung, in: Königsberger Beiträge. Königsberg 1929, daß H. H. Houben Briefe von Rosenkranz an Jung aus Jungs Nachlaß besaß.

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b. Zur Familien- und Nachlaßgeschichte

Briefe derart." Nohl war sicherlich bei seiner Suche nur an Hegeliana interessiert. Ob Ph. H. Rosenkranz an Karl Rosenkranz gerichtete Briefe oder andere Schriftstücke aus dem Nachlaß seines Vaters besessen hat, war für Nohl wahrscheinlich auch nicht von Interesse. Da seine Söhne Otto P. H. L. und Karl P. F. Th. früh verstarben, war Ph. Hermann Rosenkranz der letzte Nachkomme Karl Rosenkranz', der den Namen Rosenkranz trug. Innerhalb dieses Familienzweiges befaßten sich erst eine Urenkelin von Karl Rosenkranz, Frau Erika Haupt und deren Cousine, Frau Lore Reinhard, wieder mit ihrem berühmten Vorfahren. Das, was sich im Besitz der heute in HessischLichtenau lebenden Familie Reinhard befindet, ist für die Forschung jedoch kaum von Belang. Frau Lore Reinhard besitzt von Rosenkranz' Hand fünf sogenannte „Dankschreiben an die Eltern" aus seiner Jugendzeit 1817, zwei Gymnasialzeugnisse (darunter das Abiturzeugnis), eine Urkunde zur Ernennung zum Vortragenden Rat 1848, eine Abschrift seines Taufscheins und zahlreiche Bilder. Dies ist das einzige Material von bzw. über Rosenkranz aus diesem Zweig der Familie. II. Rosenkranz' Tochter Anna heiratete den Gutsbesitzer Ernst Jacobson. Sie hatten mindestens zwei Kinder, Dorothea und Max. Von Max J. ist durch seine Veröffentlichungen von Briefen des Joh. Schulze und des Rosenkranz-Schülers Ferdinand Gregorovius an Karl R. bekannt, daß er Nachlaß-Teile besaß. Weitere Hinweise auf das Vorhandensein Rosenkranzschen Nachlasses gaben Hans Prutz in seiner Geschichte der Königsberger Universität,1 für deren Abfassung er sich Material bei Jacobson auslieh; u. a. zitierte er aus einem Tagebuch Rosenkranz und der Herausgeber der Briefe von und an Lehrs und Lobeck, Arthur Ludwich, der ebenfalls aus einem Tagebuch Rosenkranz' aus Jacobsons Besitz zitierte. Wiederum war es Hermann Nohl, der bei seiner Suche nach Hegeliana schriftlich bei Jacobson anfragte, ob er Hegeliana aus dem Nachlaß Rosenkranz besitze. Jacobson antwortete Nohl, Allenstein, 1. Juli 1906 (nach dem Brief in der Niedersächsischen Landes- u. Universitätsbibliothek Göttingen, Sign.: Cod. Ms. 815, 3, Bll. 11 u. 12): „Das wenige u. z. Th. sehr Persönliche des Rosenkranz-Nachlasses habe ich einer erneuten Durchsicht unterzogen u. dabei, wie ich auch wußte, nicht das geringste Hegelmanuscript gefunden. Es ist mir unerfindlich, worauf sich die betr. Notiz des Goethe-Jahrbuches 2 stützt. In den Jahren seiner Blindheit ist meinem Großvater vielleicht manches Wichtige abhanden gekommen." In einem weiteren Brief Max Jacobsons an H. Nohl, 1

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Prutz, Hans, Die königl. Albertus-Universität zu Königsberg in Preußen im 19. Jahrhundert. Zur Feier ihres 350-jährigen Bestehens. Königsberg 1894. Genthe, Arnold, Acht Briefe Hegels an Goethe, in: Goethe-Jahrbuch. Herausgegeben v. Ludwig Geiger. S. 56-79. Sechszehnter Band. Frankfurt a. M. 1895. S. 77: „Concepte zu den Briefen Nr. 5 und 6 (unvollständig), sowie zwei von einander bedeutend abweichende zu dem Brief vom 24. Febr. 1821 (H.-Br. Nr. 176) fanden sich unter einer größeren Anzahl Hegel-Manuscripte in dem Nachlasse meines Grossonkels Karl Rosenkranz ..."

b. Zur Familien - und Nachlaßgeschichte

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Allenstein, 3. 7. 1906, (Cod. Ms. H. Nohl, 815,3, Bl. 16 in der Nieders. Staatsu. Univers.bibliothek Göttingen) heißt es über vermutete Hegel-Papiere: „ ... bestätige im Auftrag meiner bei mir lebenden Mutter, ... daß wir keinerlei Hegelmanuscripte besitzen." Wiederum erfahren wir über den RosenkranzNachlaß sehr wenig, nämlich nur, daß er nicht sehr umfangreich und sehr persönlich war. Max Karl Heinrich Ernst J. wurde am 17. Dez. 1865 in Groß-Potavern, Kr. Gerdauen, geboren. Von 1884-1889 studierte er an der Albertina in Königsberg Latein, Griechisch und Französisch. Am 7. Juli 1888 promovierte er dort mit der Arbeit „De fabulis ad Iphigeniam pertinentibus" und war seit 1890 im preußischen Schuldienst beschäftigt. Kurz vor der Jahrhundertwende zog er mit seiner Mutter nach Alienstein. Bis zu ihrem Tode wohnte Anna J. bei ihrem Sohn, der seit 1900 als Studienrat in Allenstein tätig war. Max Jacobson blieb ledig und kinderlos, so daß diese Familienlinie erlosch. Auf eine Anzeige 1983 im „Ostpreußenblatt" antwortete mir Frau Alexandrine Heidenhain aus Hannover, die bestätigte, daß ihr Onkel, Max Jacobson, am 25. Januar 1945 in Allenstein verstorben ist. Im Mai 1945 hatte Frau Heidenhain noch die Wohnung Jacobsons aufgesucht, diese aber völlig ausgeplündert vorgefunden. Nachforschungen in Allensteiner (Olsztyn) Archiven nach dem Verbleib seiner Rosenkranz-Papiere blieben ohne Resultat. Es muß davon ausgegangen werden, daß das, was J. an Papieren aus dem Nachlaß besaß, nicht mehr vorhanden ist, bzw. aber auch zum Zeitpunkt seines Todes nicht mehr in seinem Besitz war. Im Februar 1991 schrieb mir Herr Dr. Herbert Jacob, Berlin, daß nach Auskunft eines seiner ehemaligen Mitarbeiter, Prof. Dr. Carl Diesch, dem letzten Direktor der Königsberger Universitätsbibliothek, sich der gesamte Nachlaß von Rosenkranz in der Königsberger UB befunden hätte, nicht aber in Allenstein. Es ist möglich, daß Max Jacobson seine Nachlaß-Teile dorthin verbracht hatte. Für diese These spricht u.a., daß sich ein Tagebuch [das von Hans Prutz und Ludwich erwähnte?] in der Königsberger Nachlaß-Masse befand (Vgl. Königsberger Nachlaß: Nr. 9). III. Die Familiengeschichte der Grusons wurde von Emst Gruson geschrieben: „Aus den Tagen unserer Vorfahren - und aus unserer Zeit. Geschichte der Familie Gruson." Quedlinburg Weihnachten 1924. Als Handschrift gedruckt bei Gebrüder Röhl. Aufgrund der hier beschriebenen Lebensläufe (als genealog. Tafeln auch im Bürgerlichen Geschlechterhandbuch vorhanden) konnte Frau Hertha Winkler als lebende Nachfahrin in Quedlinburg ausfindig gemacht werden. In ihrem Besitz (1985) befinden sich Ölgemälde, die Karl Rosenkranz zeigen, sowie Briefe des Vaters von Karl Rosenkranz. IV. Rosenkranz' Schwester Henriette (1803-1877) heiratete im Herbst 1830 den Schulfreund Rosenkranz', Friedrich Wilhelm Genthe (1805-1866), der nach seiner Promotion in Halle im Jahre 1828 als Probant am Pädagogium Unser Lieben Frauen in Magdeburg wirkte. Ab 1830 war er bis zu seinem Tode als

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b. Zur Familien- und Nachlaßgeschichte

Gymnasiallehrer in Eisleben tätig. Aus der Ehe von Fr. W. Genthe und Henriette gingen mindestens zwei Söhne hervor, der spätere Eislebener Kaufmann Carl Ludwig Genthe (1833-1915) und Franz Hermann G. (2. Apr. 1838-30. Juni 1886). Franz Hermann studierte Theologie, deutsche und klassische Philologie von 1855-1857 in Halle, 1857-1859 klassische Philologie und Archäologie in Berlin. Nach seiner Dissertation über Lucan im Jahre 1859 ging er als Hilfslehrer an das neugegründete städtische Gymnasium in Landsberg, ein Jahr später an das Gymnasium in Memel, wo er bis 1867 blieb. In demselben Jahr wechselte er an das Gymnasium am Grauen Kloster in Berlin. Nach dem Krieg war er in Frankfurt, Corbach, Duisburg und schließlich ab 1880 in Hamburg als Gymnasialdirektor am Wilhelm-Gymnasium tätig. 1867 heiratete er die mit Wolfgang Menzel verwandte Tochter des Architekten Hugo Zober, Louise Zober (7-1896). Aus dieser Ehe entstammten drei Söhne, Arnold (1869-1942), Siegfried (1871-1904) und Hugo (1874-1896). Hugo und Siegfried verstarben unter dramatischen Umständen: Hugo wurde bei der Jagd nach Elfenbein in Afrika von einem Elefanten zu Tode getrampelt, sein Bruder Siegfried wurde als Korrespondent für eine Kölner Zeitung in Fez, Marokko, ermordet. Beide Genthes waren unverheiratet, beide blieben kinderlos. Erdmute Henriette Katharina (Käthe) Versmann, geb. Genthe (1861-1935), eine Tochter des Carl Ludwig G. schrieb am 26. Juni 1906 an H. Nohl (Cod. Ms. H. Nohl 815, 3, Bll. 9 u. 10 in der Niedersächs. Staats- u. Universitätsbibliothek): „Soviel ich weiß, kam der größte Teil des RosenkranzNachlasses in die Hände meines Onkels, des Prof. Genthe [Hermann], der ein Sohn der einzigen Schwester Rosenkranz' u. sein besonderer Liebling war. Bei dem so früh erfolgten Tode Onkel Genthes, standen jahrelang die Bücher in Kisten verpackt bei mir und bei Freunden auf dem Boden, bis - wie schon gesagt - Arnold [Genthe] vor einiger Zeit nach flüchtiger Durchsicht der Sachen, das für ihn Wertvollste mit nach Drüben nahm." Auch einer weiteren Bitte Nohls kam sie nach, die Bücherkisten noch einmal durchzusehen. Die Suche blieb jedoch ohne Erfolg. Käthe Versmann schrieb an H. Nohl, Hamburg, 1. Juli 1906 (Cod. Ms. H. Nohl, 815, 3, Bll. 13): „Leider verlief unsere Kramerei resultatlos - in der Kiste befanden sich viele Schulbücher, lat. u. griechische Schmöker, allerhand v. Zschokke (auch ein Großonkel Genthes) u. ein einziges Buch von Rosenkranz „Handbuch einer allgemeinen Geschichte d. Poesie" vom Jahre 1832 ..." Was nun genau „der größte Teil des RosenkranzNachlasses" beinhaltete, sagte Käthe Versmann leider nicht. Der in dem Brief erwähnte Arnold Genthe war, wie wir seit dessen Aufsatz im Goethe-Jahrbuch wissen, zumindest im Besitz von Hegeliana. Arnold G 1 . studierte von 1888-1894 klassische Philologie, Archäologie und Philosophie in 1 Schriften von und über Genthe verzeichnet der Aufsatz von Paul Vanderbilt, The Arnold Genthe Collection, in: Quarterly journal of current aquisitions, Mai 1951, S. 13-18, der Library of Congress, Washington D. C.

b. Zur Familien - und Nachlaßgeschichte

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Jena, promovierte 1894 und ging auf Einladung des Baron Heinrich v. Schröder nach San Fancisco, um dort Schröders Sohn für drei Jahre zu unterrichten. Genthe blieb in San Francisco und wurde ein sehr erfolgreicher Fotograph, zu dessen Kundenkreis u. a. Jack London, Isadora Duncan und Greta Garbo gehörten. Wie die Hegel-Papiere in seinen Besitz kamen, darüber berichtet er in seiner Autobiographie „As I remember" 1 unter der Kapitelüberschrift „The Hegel Manuscripts" (S. 26): "Back in Jena, after a year in Berlin, a subject for my doctor's thesis became a great problem. The solution came from a chain of unexpected circumstances. After the death of my father, there had come into my possession a number of the unpublished manuscripts of the great Hegel, whose widow had given them to my granduncle, Karl Rosenkranz, who had been a disciple of Hegel and was preparing his biography. I had never given them thorough attention as they were harder to decipher than a Greek palimpsest. Going through them again, I came across the first drafts of three letters to Goethe, which so interested me that I set myself the task of deciphering them. They were concerned with Goethe's Theory of Color, and shed an entirely new light upon one phase of Hegelian philosophy. Through the courtesy of the Grand Duchess of Saxe-Weimar, who was the custodian of the Goethe und Schiller Archiv, I was permitted to search through Goethe's unpublished letters, finding not only the three of which I had first drafts, but five others of which no record had been made. Not long after I received an emphatic letter from Hegel's son, Professor Karl von Hegel, who occupied the chair of Medieval History at the University of Erlangen. He declared that whatever manuscripts I had of his father's belonged to him, as they had been entrusted by his mother to Professor Rosenkranz merely for use in the biography. With misgivings I journeyed to Erlangen, expecting to encounter a stem and imposing personage. Instead I was greeted by a genial old gentleman who invited me to lunch. "We can talk better after we have had a glass of wine," he said with a kindly smile. During the meal he did not mention my mission. When it was over he took me to his library. "Now, let us see what you have to show me." I had carefully arranged the manuscripts so that the most illegible were at the top of the pile. He looked them over for a few minutes, then turning to me, inquired, "Do you mean to say you can really read these?" Explaining that it had taken me several weeks, I added, "If it had not been for your colleague, Professor Wattenbach, with whom I studied paleography, I could never had done so."

1

Genthe, Arnold, As I remember. Rah way, N. J. Reprint Ν. Y. 1979. Da diese Schrift in Deutschland sehr selten ist, erlaube ich mir, den gesamten Abschnitt zu zitieren.

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b. Zur Familien- und Nachlaßgeschichte

"Well," he laughed, "since you can read them and I am sure I cannot, you may keep them," and he gave me permission to use them for publication. The eight letters to Goethe, with my notes, were published in the Goethe Jahrbuch. After coming to America, feeling that the manuscripts should be kept in a safe place where they would be accessible to students, I transferred most of them to Harvard Library". Diese Papiere wurden vor dem großen Erdbeben in San Francisco am 18. April 1906 an die Bibliothek in Harvard verkauft. J. Löwenberg bestätigte den Ankauf 1911 mit einer Notiz im „Journal of Philosophy, Psychology and scientific methods". An H. Nohl schrieb er am 29. Mai 1911, „ ... leider enthalten diese Manuscripte nichts aus der Frankfurter oder Jenaer Periode. Jedenfalls wissen wir jetzt, dass in San Franzisco nichts mehr zu suchen ist" (Cod. Ms. H. Nohl 815, 3, Bl. 36 in der Niedersächsischen Staats- und Univers.bibliothek Göttingen). Natürlich konnte er nicht wissen, daß Genthe nicht alle Papiere nach Harvard gebracht hatte, wie der Satz „I transferred most of them to Harvard Library" eindeutig zeigt. Ein Versuch, diese Papiere noch aufzuspüren wurde nicht unternommen, da es sich nicht um Schriftstücke Rosenkranz oder an ihn gerichtete Briefe handelte. Die von Käthe Versmann erwähnten Bücherkisten wurden, im Gegensatz zu den Hegel-Papieren, nicht gerettet. Arnold Genthe schreibt1: "To make my loss more complete, it happened that less than two years before, all my family possessions, including my brother Siegfried's, had been brought to San Francisco from Hamburg, the library of over three thousend volumes, some two hundred of which had been written by members of my family in the last century, several pieces of furniture designed by my architect grandfather, family portraits painted by Gruson in the eighteenth century ... I went to Germany in the summer of 1904 - 1 have never been back since - and had all his [Siegfried G.'s ] belonging shipped to my house ... Now all this had gone up in smoke." Als Arnold Genthe am 9. August 1942 in New Milford, Conn., unverheiratet und ohne Kinder zu besitzen, verstarb, endete hier die Familienlinie Friedrich Wilhelm Genthe... Arnold Genthe. Im Jahre 1955 sendete der Westdeutsche Rundfunk einen Beitrag der oben erwähnten Erika Haupt mit dem Titel „Königsberg vor 100 Jahren. Aus den Erinnerungen eines Philosophen". Anläßlich des 150 jährigen Geburtstages hatte Frau Erika Haupt versucht, Material über ihren Vorfahren zu sammeln und zu diesem Zweck Briefe an E. Metzke, H. Glockner, E. Erdmann, G. v. Selle, L. Esau etc. geschrieben, um Verschollenes ans Tageslicht zu bringen. Ihr war auch noch die Adresse eines Gerhard Genthes, eines Verwandten aus der Linie Carl Ludwig Genthe, bekannt, der ihr am 5. Februar brieflich mitteilte, daß er sich mit der „Familie" und Ahnenforschung befaßt hatte und auch „umfangreiches 1

Genthe, Arnold, As I remember, a.a.O. S. 95f. - Das im Briefteil erwähnte Heft Karl Schümms verzeichnet übrigens auch einen Brief A. Genthes an Karl Hegel aus dem Jahre 1891.

b. Zur Familien - und Nachlaßgeschichte

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Material über Siegfried und Arnold Genthe, Gruson, Rosenkranz u.s.w. erhalten" habe. Der noch heute in Berlin lebende Gerhard Genthe versicherte, daß er dieses Material auch jetzt noch besitze, es aber kurz nach dem Krieg in einem Schweizer Bankfach deponiert habe und es daher für ihn z. Zt. nicht verfügbar sei. Fest steht, daß nur ein geringer Teil Bücher aus der Bibliothek von Karl Rosenkranz nach Amerika gelangte und bei dem Erdbeben in San Francisco verbrannte. Es existierten drei Antiquariatskataloge, die Bibliotheksteile verzeichneten: 1. „Nr. 47. Verzeichnis des Antiquarischen Bücherlagers von Ferd. Raabe's Nachf. Eugen Heinrich ... in Königsberg i. Pr. Auswahl bedeutender Werke aus den Gebieten der Kunst-, Literär- und Culturgeschichte, Belletristik, Geschichte undNaturkunde. Anhang: Auswahl meist seltener Werke aus der Bibliothek des verstorbenen Geheimrath Prof. Dr. Rosenkranz. Philosophie. Kunst. Literatur. Königsberg 1880. 1 Bl., 54 S." Der Anhang erschien nochmals in der Nr. 48 des Antiquarischen Anzeigers der Firma. 2. Katalog „Nr. 49 & 50. Bibliothek Rosenkranz. Verzeichnis des Antiquarischen Bücherlagers von Ferd. Raabe's Nachf. Eugen Heinrich. Philosophie. Abth. 1. 2. Königsberg 1881.1 Bl. 38 S." 1 Beide Kataloge waren per Fernleihe nicht erhältlich. Ob die Bücher verkauft wurden, ist mir nicht bekannt. 3. Ein Antiquariatskatalog: Hegel und die Hegelianer. Eine Bibliothek. Dr. Hellersberg, Antiquariat und Verlag. Berlin-Charlottenburg, Knesebeckstr. 20/21. 1930, enthielt folgenden Vermerk: „Nach fünfjähriger Vorbereitung [also wurde mit der Vorbereitung etwa zum Zeitpunkt des Ablebens Philipp Hermann Rosenkranz begonnen. Sollten die Bücher aus seinem Besitz stammen? J. B.] versenden wir diesen Katalog einer Hegel-Bibliothek, wie sie in ähnlicher Vollständigkeit nie auf den Büchermarkt gekommen ist. Nur durch den Ankauf wesentlicher Teile der Bibliothek von Karl Rosenkranz, des Biographen Hegels und seines leidenschaftlichsten Schülers, dessen Namenszug viele Bücher tragen, war es uns möglich, eine Sammlung von dieser Geschlossenheit zusammenzustellen. ... Die Bibliothek wird nur geschlossen zum Preis von Goldmark 12000 verkauft" Wer die Bücher dem Antiquariat anbot bzw. wer sie gekauft oder ob sie überhaupt verkauft wurden, konnte leider bislang noch nicht ermittelt werden. Nach dem Berliner Buchhandelsadressbuch von 1933 war die Firma in Liquidation seit dem 6. Mai 1933. Inhaber war Dr. Georg Wendriner, der im September 1943 in Lake Placid, U.S.A. verstarb.

1

Die Hinweise auf diese beiden Kataloge verdanke ich Herrn Herbert Jacob, Berlin.

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c. Der Königsberger Nachlaß

c. Der Königsberger Nachlaß I. Der Handschriftenkatalog der Stadtbibliothek Königsberg, bearbeitet von Dr. A. Seraphim, Königsberg 1909, verzeichnet: „(S. 74.4°.) Vorlesungen des Prof. Rosenkranz gehalten in Königsberg im WS 1835/36 über Enzyklopädie der philos. Wissenschaften. 200 Blatt. (S. 75.4°) Geschichte der Philosophie von Kant bis auf Hegel. Vorlesungen. 154 Blatt. (S. 76.4°) Moral und Pädagogik. WS 1836/37. 179 Blatt. (S. 77.4°) Geschichte der Philosophie bis auf Kant. WS 1835/36. SS 1835.238 Blatt (S. 78.4°) Naturrecht, Vorlesungen von Prof. Rosenkranz. WS 1835/1836. Briefe im Nachlaß von F. W. Schubert (1835-61)." Darunter der Vermerk: „(Alle geschenkt vom Amtsrichter Arthur Warda 1905)" II. Lotte Esaù gibt in ihrer Dissertation „Karl Rosenkranz als Politiker. Studien über den Zusammenhang der geistigen und politischen Bewegungen in Ostpreußen. (Eine Preisarbeit)" Halle 1935, folgende ungedruckte Quellen an: „Aus der Königsberger Staats- und Universitätsbibliothek: Nr. 2992,3 Briefe an den Kanzler v. Wegenem. Nr. 2626 9 Briefe, darunter die an Daub. Nr. 2680 Nachlaß von Rosenkranz: 3. Enzykl. der Philos, als Propädeutik derselben. SS 1843. 9. Zur Geschichte der Philos. Tageb.-Aufz. und Bücherlisten 14. Mai 1845 bis Dez. 1860. 11. Zur Geschichte der neueren Philosophie nach Hegels Tod. SS 1848. 13. Geschichte der deutschen Philosophie seit Hegels Tod. SS 1848. 41. Moral und Pädagogik. Kolleg 1834. 42. Geschichte der Moral und Pädagogik. SS. 1838. 46. Ethik. WS 1846/47. 47. Agathologie und Moral. 1858. 48. Philosophie der Geschichte. WS 1841/42. 54. Naturrecht und Politik. WS 1835/36. 55. Wissenschaft des Rechts. WS 1842/43. 56. Rechts- und Staatsphilosophie. SS 1848. 67. Vermischtes. 1821-1822. 76. Philosophie der Geschichte. 1862/63. 90. Auszüge. 1826." Über den Verbleib dieser Papiere ist nichts bekannt. Wahrscheinlich stammten sie, wie oben erwähnt, aus dem Besitz von Max Jacobson. Lotte Esaù schrieb mir, daß sie kurz vor Kriegsende noch die Politik-Vorlesung

b. Zur Familien- und Nachlaßgeschichte

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Rosenkranz' sich angesehen habe. Sie ging davon aus, daß durch den Brand der Bibliothek alles zerstört wurde. Dieser Annahme steht die Tatsache gegenüber, daß Teile der Bibliothek sich heute in Olsztyn bzw. Torun befinden. Auf Anfragen meinerseits antwortete man sowohl aus Olsztyn als auch aus Torun bisher negativ. Auf dem Autographen-Markt angebotene Schriftstücke Kants, die aus der Königsberger Bibliothek stammen, lassen aber hoffen, daß einiges vor dem Brand der Bibliothek gerettet werden konnte1.

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Vgl. ,Zum Verbleib der Königsberger Kant-Handschriften: Funde und Desiderate', in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie, Heft 3, 1991, sowie den Artikel .Kantsachen' in der 'Frankfurter Allgemeinen Zeitung' vom 4. Dez. 1991.

2. Editorische Richtlinien Die Briefe wurden nach Kopien der Originalhandschriften transkribiert. Der Text folgt der Textgrundlage. Dort, wo aus technischen Gründen durch die Vervielfältigung noch Unklarheiten, ζ. B. hinsichtlich der Syntax, auftauchten, wurde versucht, durch Einsicht in die Originale, diese zu beseitigen. In den Fällen, in denen keine Originale mehr existieren, bzw. es nicht möglich war, in diese Einsicht zu erhalten, wurde für diese Ausgabe der Erstdruck zugrunde gelegt, bzw. die maschinenschriftliche Abschrift. Offensichtliche Fehler wurden stillschweigend verbessert. Um ein einheitliches Druckbild zu schaffen wurden bei maschinenschriftlichen Abschriften und den nur noch im Druck vorhandenen dort ,oe', ,ae\ ,ue\ in , ö \ ,ä' und ,ü' transkribiert, wo diese Zeichen durch die Schreib- bzw. Druckmaschine nicht dargestellt werden konnten. Das Gleiche gilt für das ,ss', wo es in moderner Schreibweise mit ,ß* geschrieben wird. Die Orthographie und Interpunktion wurden generell behutsam modernisiert. Aus der Endsilbe ,-iß' wurde -,is', aus ,-ir', ζ. B. .recensiren', wurde rezensieren., aus ,ci' ,zi' aus ,ce' ,ze' usw. Die Wiedergabe der Daten der Briefe erfolgt nach heutiger Interpunktion. Unterstreichungen im Original werden im Text kursiv gedruckt. Im Original mit lateinischen Lettern geschriebene Wörter werden durch g e s p e r r t e n D r u c k wiedergegeben. Mit lateinischen Lettern geschriebene Wörter, die von Rosenkranz unterstrichen worden sind, werden kursiv und gesperrt wiedergegeben. In den Fällen, in denen eine genaue Datierung nicht möglich war, wurden die möglichen Daten in eckige Klammern gesetzt. Es wurde versucht, aus Erwähnungen im Text auf eine Datierung zu schließen. Im Original abgekürztes ,u.' für ,und' wurde ohne besondere Kennzeichnung zum vollen Wortlaut ergänzt, ebenso ,t' zu ,mit' und ,f' zu ,auf' (oder ζ. B. .fgeklärt' zu .aufgeklärt'), ,ds' oder ,dß' zu ,das' , ,des' oder ,daß' ergänzt, ansonsten die Wortergänzung in eckige Klammern hinzugefügt. Die dreimal vorkommende Schreibweise ,gehn' wurde in .gehen' geändert. Eine nicht zu transkribierende Textstelle, sei es, weil das Original schadhaft oder unleserlich ist, wird mit [...] hervorgehoben. Bei schadhaften Stellen im Original, bei denen einzelne Buchstaben, Silben oder Wörter noch lesbar waren, wurde versucht, die fehlenden Buchstaben, Silben oder Wörter sinngemäß zu ergänzen. Die Ergänzungen stehen in eckigen Klammern. Unsichere Tanskriptionen werden mit [?] dargestellt. Randbemerkungen Rosenkranz', die von ihm am Rand mit Einfügungs-, im Text mit Auslassungszeichen gekennzeichnet waren, wurden in

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Editorische Richtlinien

den Text an die entsprechende Stelle eingearbeitet. Randbemerkungen von fremder Hand, wie sie bei den Schreiben an das Ministerium zu finden sind, wurden nicht bearbeitet. Dort, wo ein Briefumschlag mit Adresse vorhanden war, wurde diese an das Briefende gesetzt. Auf eine neue Seite im Original wird mit // hingewiesen. Eigennamen werden in der heutzutage gebräuchlichen Schreibweise wiedergegeben: ζ. B. Leibniz anstelle von Leibnitz. In das Briefverzeichnis wurden auch solche Briefe aufgenommen, von denen nur der Adressat und das Datum bekannt sind. Sie wurden typographisch durch Kursivdruck gekennzeichnet.

3. Briefverzeichnis 1. An F. Kugler, 26. Dez. 1827 2. An F. Kugler, 26. März 1828 3. An F. Kugler, 27. Dez. 1828 4. An M. H. E. Meier, 4. Jan. 1829 5. An M. H. E. Meier, 29. Mai 1829 6. An F. Kugler, 7. Sept 1829 7. An F. Kugler, 9. Jan. 1830 8. An M. H. E. Meier, 9. Jan. 1830 9. An Joh. Schulze, 13. März 1830 10. AnM. H.E.Meier, 5. Apr. 1830 11. An Joh. Schulze, 19. Mai 1830 12. An Ν. N., 20. Mai 1830 13. An F. Kugler, 17. Sept. 1830 14. An F. Kugler, 12. Okt. 1830 15. An A. Tholuck, 31. Okt. 1830 16. An F. Kugler, 27. Jan. 1831 17. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 15. Febr. 1831 18. An Joh. Wolfg. v. Goethe, 18. Marz 1831 19. An Joh. Schulze, 4. Mai 1831 20. A n M . H . E.Meier, 19. Mai 1831 21. An Joh. Schulze, 26. Juni 1831 22. An F. Kugler, 1. Juli 1831 23. An das Minist, f. geistl., Unterr.- u. Mediz.angel., 5. Juli 1831 24. An K. Preußker, 22. Dez. 1831 25. An F. Kugler, 28. Jan. 1832 26. An Ed. Anton, 15. Feb. 1832 27. An F. Kugler, 15. Feb. 1832 28. An F. Kugler, 4. Mai 1832 29. An Joh. Schulze, 8. Mai 1832 30. An M. H. E. Meier, 28. Mai 1832 31. An W. Dorow, 23. Juni 1832 32. A n N . N . , 2 3 . Juni 1832 33. An F. Kugler, 8. Juä 1832 34. An N. N„ 25. Okt. 1832 35. An F. Kugler, [etwa OktTNov.]

25 26 27 28 29 30 32 33 34 34 35 36 36 37 38 38 40 40 41 45 45 46 48 50 50 51 52 54 54 55 56 57 57 58 58

16 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 67. 68. 69. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 76. 77.

Briefverzeichnis

An L. Usteri, 24. Nov. 1832 An W. Grimm, 27. Nov. 1832 A n N . N . , 18. Jan. 1833 An Caro, 28. Apr. 1833 An Joh. Schulze, 26. Mai 1833 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 28. Mai 1833 An Joh. Schulze, 8. Juni 1833 An das Minist, f. geistl., Unterr.- u. Mediz.angel., 3. Juli 1833 An das Minist, f. geistl., Unterr.- u. Mediz.angel., 22. Juli 1833 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 5. Aug. 1833 An Κ. Α. V. v. Ense, 14. Aug. 1833 An das Minist, f. geistl., Unterr.- u. Mediz.angel., 4. Sept. 1833 An das Minist, f. geistl., Unterr.- u. Mediz.angel., 19. Sept. 1833 An K. Pfaff, 11. Okt. 1833 A n K . A. V.v.Ense, 7. Jan. 1834.. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 6. März 1834 An M. H. E. Meier, 3. Apr. 1834 An L. v. Henning, 7. Apr. 1834 An K. Daub, 28. Apr. 1834 An J. J. O. A. Rühle v. Lilienstem, 19. Juli 1834 An H. F. W. Hinrichs, [Sommer 1834] An H. F. W. Hinrichs, [Sommer 1834] ; AnK. Pfaff, [1834] AnK. Pfaff, [O.D.] An H. F. W. Hinrichs, Juli 1834 An L. v. Henning, 1. Aug. 1834 An Joh. Schulze, 7. Aug. 1834 An K. Pfaff, Herbst 1834 An Κ. Α. V. v. Ense, 11. Nov. 1834 An L. v. Henning, 20. Nov. 1834 An F. Kugler, 26. März 1835 An Th. Mündt, 25. Mai 1835 An Κ. Α. V. v. Ense, 30. Mai 1835 An Deichmann, 1. Juli 1835 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 2. Juli 1835 An K. Pfaff, Herbst 1835 An L. v. Henning, 17. Nov. 1835 An E. Salomon, 28. Dez. 1835 An A. Jung, o. D An A. Jung, o. D An L. v. Henning, 13. Jan. 1836 An A. Jung, o. D

58 59 60 61 61 62 63 67 69 69 70 70 70 71 71 73 74 74 75 75 79 79 80 80 81 82 85 87 89 91 92 93 94 96 97 97 99 99 100 100 101 102

Briefverzeichnis

78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88. 89. 90. 91. 92. 93. 94. 95. 96. 97. 98. 99. 100. 101. 102. 103. 104. 105. 106. 107. 108. 109. 110. 111. 112. 113. 114. 115. 116. 117. 118. 119.

An A. Jung, o. D An Κ. Pfaff, o. D An A. Jung, 14. Jan. 1836 An F. Kugler, 14. Jan. 1836 An A. Jung, 30. Jan. 1836 An A. Jung, 16. Febr. 1836 An L. v. Henning, 19. Febr. 1836 An Κ. Daub, 22. Febr. 1836 An die Verlagsbuchhandlung F. Α. Brockhaus, 22. Febr. 1836 An Joh. Schulze, 1. Apr. 1836 An Κ. Α. V. v. Ense, 19. Apr. 1836 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 26. Apr. 1836 An Μ. Η. E. Meier, 22. Mai 1836 An L. v. Henning, 14. Juni 1836 An W. Vatke, 20. Juni 1836 An A.Jung, 25. Juni 1836 An A. Jung, 26. Juni 1836 An L. v. Henning, 8. Juli 1836 An L. v. Henning, 13. Aug. 1836 An das Minist, f. geistl., Unterr.,- u. Mediz.angel., 16. Aug. 1836 An Κ. Α. V. v. Ense, 16. Aug. 1836 An A. Jung, 24. Aug. 1836 An L. v. Henning, 11. Sept. 1836 An L. v. Henning, 14. Okt. 1836 An L. v. Henning, 7. Nov. 1836 An L. v. Henning, 19. Nov. 1836 An K. Simrock, 3. Dez. 1836 An A. Kahlen, 7. Dez. 1836 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 19. Dez. 1836 An die Universitätsbibliothek Königsberg, 23. Dez. 1836 An Joh. Schulze, o. D An K. Gutzkow, 5. Febr. 1837 An L. v. Henning, 5. Febr. 1837 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 19. Febr. 1837 An L. v. Henning, 27. März 1837 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 24. Apr. 1837 AnL. v. Henning, 4. Mai 1837 An Κ. Α. V. v. Ense, 28. Mai 1837 An F. Kugler, 5. Juni 1837 An K. Gutzkow, 10. Juli 1837 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 3. Aug. 1837 An Κ. Α. V. v. Ense, im Aug. 1837

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103 103 103 104 104 104 105 106 106 108 110 112 112 113 114 116 117 117 119 120 121 122 123 125 126 128 128 129 130 131 131 131 132 134 134 135 136 137 140 142 145 146

18 120. 121. 122. 123. 124. 125. 126. 127. 128. 129. 130. 131. 132. 133. 134. 135. 136. 137. 138. 139. 140. 141. 142. 143. 144. 145. 146. 147. 148. 149. 150. 151. 152. 153. 154. 155. 156. 157. 158. 159. 160. 161.

Briefverzeichnis

An Joh. Schulze, 9. Aug. 1837 An A. Schopenhauer, 9. Sept. 1837 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 12. Okt. 1837 An K. Frh. v. Stein zum Altenstein, 14. Okt. 1837 An K. Gutzkow, 14. Okt. 1837 An K.A. V.v.Ense, 14. OkL 1837 An K.Gutzkow, 4. Nov. 1837 An Κ. Α. V. v. Ense, 19. Nov. 1837 An K. Gutzkow, 5. Jan. 1838 An A. Schopenhauer, 15. Feb". 1838 An F. Kugler, 28. Apr. 1838 An A. Ruge, Anfang Mai 1838 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 2. Mai 1838 An Joh. Schulze, 5. Mai 1838 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 29. Juni 1838 An L. v. Henning, 8. OkL 1838 An A. Ruge, 17. Okt. 1838 An K. Gutzkow, 24. OkL 1838 An A. Schopenhauer, 24. Okt. 1838 An L. v. Henning, 26. Okt. 1838 An Κ. Α. V. ν. Ense, 27. Nov. 1838 An A. Ruge, 30. Dez. 1838 An A. Ruge, 12. Jan. 1839 An Κ. Α. V. ν. Ense, 19. März 1839 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 21. März 1839 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 10. Apr. 1839 An M. Hegel, 15. Apr. 1839 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 27. Apr. 1839 An R. Schönfließ, 28. Mai 1839 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 29. Mai 1839 An M. Hegel, 30. Mai 1839 An M Hegel, 2. Juni 1839 An M. Hegel, 29. Juni 1839 An K. Grüneisen, 6. Juli 1839 An R. Schönfließ, 23. Aug. 1839 An L. Voß, 24. Aug. 1839 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 30. Aug. 1839 An L. v. Henning, 5. OkL 1839 An M. Hegel, 26. Okt. 1839 An A. Ruge, 3. Nov. 1839 An Joh. Schulze, 14. Nov. 1839 An A. Ruge, 27. Nov. 1839

148 149 151 152 153 155 157 158 160 162 163 164 165 165 166 166 167 168 170 172 173 175 177 177 179 180 181 184 184 185 185 187 189 192 194 195 196 197 200 201 202 203

Briefverzeichnis

162. 163. 164. 165. 166. 167. 168. 169. 170. 171. 172. 173. 174. 176. 177. 178. 179. 180. 181. 182. 183. 184. 185. 186. 187. 188. 189. 190. 191. 192. 193. 194. 195. 196. 197. 198. 199. 200. 201. 202. 203. 204.

An Α. Jung, o. O. u. o. D An L. ν. Henning, 27. Nov. 1839 An A. Ruge, letzter Nov. 1839 An die Verlagsbuchhandlung F. Α. Brockhaus, 28. Dez. 1839 An K. Hegel, 4. Jan. 1840 An K. Hegel, 7. Jan. 1840. An K. Hegel, 11. Jan. 1840 An K. Hegel, 23. Jan. 1840 An A. Ruge, 24. Jan. 1840 An K. Hegel, 27. Jan. 1840 An K. Hegel, 15. Fete. 1840 An R. Schönfließ, 26. Febr. 1840 An K. Ullmann, 15. März 1840 An Ν. N., 19. März 1840 An M. Hegel, 2. Apr. 1840 An K. Hegel, 2. Apr. 1840 An A. Ruge, 2. Apr. 1840 An A. Ruge, 2. Apr. 1840 An K. Hegel, 11. Apr. 1840 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 13. Apr. 1840 An K. Hegel, 14. Apr. 1840 An Κ. Α. V. v. Ense, 14. Apr. 1840 An K. Hegel, 20. Apr. 1840 An K. Ullmann, 20. Apr. 1840 An K. Hegel, 3. Mai 1840 An K. Hegel, im Mai 1840 An A. Ruge, ca. 10. Mai 1840 An K. Hegel, 16. Mai 1840 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 2. Juni 1840 An K. Hegel, 15. Juni 1840 An K. Hegel, 20. Juni 1840 An Joh. Schulze, 30. Juni 1840 An Ignaz Hub, 30. Juni 1840 An Joh. Schulze, 15. Juli 1840 An K. Hegel, 15. Juli 1840 An K. Bayer, 22. Juli 1840 An R. Schönfließ, 7. Aug. 1840 An K. Hegel, 31. Aug. 1840 An K. L. Michelet, 19. Sept. 1840 An K. Hegel, 29. Okt. 1840 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 30. Okt. 1840 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 17. Nov. 1840

19

208 208 210 211 211 212 213 213 215 218 218 219 221 223 223 224 224 226 227 227 227 228 230 230 231 231 231 232 233 233 235 235 237 237 238 238 240 242 242 244 245 246

20 205. 206. 207. 208. 209. 210. 211. 212. 213. 214. 215. 216. 217. 218. 219. 220. 221. 222. 223. 224. 225. 226. 227. 228. 229. 230. 231. 232. 233. 234. 235. 236. 237. 238. 239. 240. 241. 242. 243. 244. 245. 246.

Briefverzeichnis

An Fr. W. Schubert, 1. Dez. 1840 An M. Hegel, 2. Dez. 1840 An G. Binder, 13. Dez. 1840 An R.'Schönfließ, 18. Dez. 1840 An das kgl. Kurat. der Königsberger Univ., 20. Jan. 1841 An das kgl. Kurat. der Königsberger Univ., 24. Jan. 1841 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 27. Jan. 1841 An R. Schönfließ, 1. Apr. 1841 An Th. Goldstücker, 5. Apr. 1841 An A. Jung, Anfang/Mitte Juni 1841 An R. Prutz, 7. Juli 1841 An A. Jung, 28. Juli 1841 An R. Schönfließ, 16717. Sept. 1841 An I. H. Fichte, 20. Sept 1841 An das Minist, f. geistl., Unterr.- u. Mediz.angel„ 26. Sept. 1841 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 26. Sept. 1841 An R. Prutz, 4. Okt. 1841 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 20. Nov. 1841 An R. Schönfließ, 19. Dez. 1841 An den Regierungsrat Schulz, 19.Dez. 1841 An I. H. Fichte, 4. Jan. 1842 An K. L. Michelet, 6. Jan. 1842 An R. Prutz, letzter Jan. 1842 An R. Prutz, 20. Febr. 1842 An R. Schönfließ, 21. März 1842 An A. Ruge, 8. Apr. 1842 An R. Schönfließ, 11. Juni 1842 An Joh. Schulze, 7. Aug. 1842 An Joh. Schulze, 16. Aug. 1842 An R. Schönfließ, 19. Aug. 1842 An R. Prutz, 30. Aug. 1842 An G. E. Guhrauer, 9. Okt. 1842 An R. Prutz, 27. Okt. 1842 An R. Schönfließ, 19. Nov. 1842 An I. H. Fichte, 21. Dez. 1842 An Fr. W. Schubert, 22. Jan. 1843 An K. Ph. Marheineke, 13. Febr. 1843 An das Minist, f. geistl., Unterr.- u. Mediz.angel., 18. Febr. 1843 An F. L. A. Dorguth, 12. März 1843 An den Regierungsrat Schulz, 1. Apr. 1843 An K. A. V. v. Ense, 8. Apr. 1843 An R. Schönfließ, 13. Apr. 1843

246 246 247 249 252 252 254 254 257 257 257 258 259 260 263 264 265 266 266 268 268 270 271 272 273 275 277 279 280 280 282 283 285 286 288 289 289 290 291 292 292 294

Briefverzeichnis

247. 248. 249. 250. 251. 252. 253 254. 255. 256. 257. 258. 259. 260. 261. 262. 263. 264. 265. 266. 267. 268. 269. 270. 271. 272. 273. 274. 275. 276. 277. 278. 279. 280. 281. 282. 283. 284. 285. 286. 287. 288.

An Κ. Ph. Marheineke, 21. Apr. 1843 An R. Schönfließ, 10. Mai 1843 An R. Prutz, 23. Mai 1843 An R. Schönfließ, 7. Juni 1843 An Κ. Α. V. v. Ense, 9. Juni 1843 An R. Prutz, letzter Juni 1843 An R. Schönfließ, 13. Juli 1843 An Chr. Th. Schwab, 13. Juli 1843 An A. Jung, 25. Juli 1843 An R. Schönfließ, 12. Aug. 1843 An R. Schönfließ, 30. Aug. 1843 An H. F. W. Hinrichs, 8. Okt. 1843 An R. Schönfließ, letzter Okt. 1843 An Joh. Jacoby, 31. Okt. 1843 An R. Schönfließ, 13. Dez. 1843 An Th. v. Schön, 26. Dez. 1843 An L. v. Henning, 28. Dez. 1843 An R. Schönfließ, 14. Jan. 1844 An H. Zschokke, 19. Febr. 1844 An R. Schönfließ, vor demi. Märzl844 An I. H. Fichte, 2. April 1844 An Κ. Α. V. v. Ense, 2. Apr. 1844 An R. Schönfließ, vor dem 30. Apr. 1844 An Fr. W. Schubert, 14. Mai 1844 An K.A. V.v.Ense, 23. Juni 1844 An F. L. A. Dorguth, 16. Juli 1844 An I. H. Fichte, 19. Sept. 1844 An F. L. A. Dorguth, 14. Okt. 1844 An Κ. Α. V. v. Ense, 29. Okt. 1844 An R. Schönfließ, 7. Dez. 1844 An K. Duncker, 1. Febr. 1845 AnN.N., 5. Febr. 1845 An R. Schönfließ, 5. März 1845 An F. L. A. Dorguth, 5. März 1845 Ani. H.Fichte,9. März 1845 An A. Schwegler, 9. März 1845 An Κ. Α. V. v. Ense, 25. Apr. 1845 An den Regierungsrat Schulz, 28. Apr. 1845 An K. Th. E. v. Siebold, 4. Juli 1845 An K. Duncker, 12. Juli 1845 An F. L. A. Dorguth, 30. Juli 1845 An H. Zschokke, 7. Aug. 1845

21

295 296 298 300 302 303 304 304 306 306 309 309 310 312 313 315 318 318 320 321 321 323 325 325 326 327 330 332 334 336 336 337 337 338 339 340 341 343 344 346 347 348

22 289. 290. 291. 292. 293. 294. 295. 296. 297. 298. 299. 300. 301. 302. 303. 304. 305. 306. 307. 308. 309. 310. 311. 312. 313. 314. 315. 316. 317. 318. 319. 320. 321. 322. 323. 324. 325. 326. 327. 328. 329. 330.

Briefverzeichnis

An Κ. Α. V. ν. Ense, 20. Dez. 1845 An H. Zschokke, 12. Jan. 1846 An die Buchhdl. Tag und Koch, 17. Jan. 1846 An R. Prutz, 24. Jan. 1846 An E. Zeller, 8. Sept. 1846 An K. Hegel, 23. Okt. 1846 An A. Koberstein, 15. Nov. 1846 An A. Schwegler, 16. Febr. 1847 An Κ. Α. V. v. Ense, 14. März 1847 An Κ. Α. V. v. Ense, 5. Juni 1847 An K.A. V.v.Ense, 16. Juni 1847 An H. Th. Rötscher, 16. Juni 1847 An Th. v. Schön, 26. Juli 1847 An Joh. Schulze, 7. Juli 1847 An A. Schwegler, 10. Juli 1847 An Joh. Schulze, 1. Febr. 1848 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 26. Febr. 1848 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 20. März 1848 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 30. März 1848 An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, 2. April 1848 An Th. v. Schön, 7. Juli 1848 An A. Jung, 30. Juli 1848 An A. Jung, 15. Aug. 1848 An den Rektor der Königsberger Univ., 20. Aug. 1848 An Th. v. Schön 9. Sept 1848 An C. G. J. Jacobi, 10. Sept. 1848 An Ν. N„ 14. Sept. 1848 An K. Bayer, 15. Sept 1848 An Th. v. Schön 15. Sept. 1848 AnJ.Jacoby, 20. Sept. 1848 An Th. v. Schön, 22723. Sept 1848 An Th. v. Schön, 2. Okt. 1848 An A. Jung, 5. Okt. 1848 An Th. v. Schön, 7. Okt. 1848 An A. Jung, 17./18. Okt. 1848 An Th. v. Schön, 23. Okt. 1848 An das Minist, f. Kultus, Unterr.- u. Mediz.angel., 24. Okt. 1848 An Joh. Schulze, 26. OkL 1848 An Joh. Schulze, 30. Okt. 1848 An Th. v. Schön, 5. Nov. 1848 An Th. v. Schön, 23. Nov. 1848 An A. Jung, 2. Dez. 1848

349 351 352 352 353 355 355 356 356 357 359 360 362 363 364 366 367 368 368 369 371 372 373 374 374 376 376 377 377 379 379 382 384 385 386 387 388 390 391 392 396 398

Briefverzeichnis

331. 332. 333. 334. 335. 336. 337. 338. 339. 340. 341. 342. 343. 344. 345. 346. 347. 348. 349. 350. 351. 352. 353. 354. 355. 356. 357. 358. 359. 360. 361. 362. 363. 364. 365. 366. 367. 368. 369. 370. 371. 372.

An A. Jung, 7. Dez. 1848 An Th. ν. Schön, 8. Dez. 1848 An K. Lehrs, 16. Dez. 1848 An das Minist, f. Kultus, Unterr.- u. Mediz.angel., 19. Dez. 1848 An A. Jung, 23. Dez. 1848 An F. W. Graf v. Brandenburg, 28. Dez. 1848 An Th. v. Schön, 5. Jan. 1849 An Th. v. Schön, 23. Jan. 1849 An A. Jung, 30./31. Jan. 1849 An Th. v. Schön, 5. Febr. 1849 An Joh. Schulze, 9. Febr. 1849 An Joh. Schulze, 12. Febr. 1849 An A. Jung, 16. Febr. 1849 An Th. v. Schön, 17. Febr. 1849 An Κ. Α. V. v. Ense, 22. Febr. 1849 An Th. v. Schön, 7. März 1849 An Th.v. Schön, 23. März 1849 An A. Jung, 1. Apr. 1849 An Joh. Schulze, 5. Apr. 1849 An A. Jung, 2. Ostermorgen 1849 An Th. v. Schön, 11. Apr. 1849 An K. Lehrs, 14. Apr. 1849 An Th. v. Schön, 22./23. Apr. 1849 An A. Jung, 3. Mai 1849 An Th. v. Schön, 14715. Mai 1849 An Th. v. Schön, 24. Mai 1849 A n T h . v. Schön, 11. Juni 1849 An Th. v. Schön, 20. Juni 1849 An Th. v. Schön, 27. Juni 1849 An Th. v. Schön, 3. Juli 1849 An F. Chr. Schlosser, 19. Juli 1849 An Th. v. Schön, 25. Juli 1849 An A. Jung, 31. Juli 1849 An Th. v. Schön, 15. Aug. 1849 An A. Jung, 20. Aug. 1849 An Κ. Α. V. v. Ense, 24. Aug. 1849 An Joh. Schulze, 3. Sept. 1849 An das Minist, f. Kultus, Unterr.- u. Mediz.angel„ 1. Okt. 1849 An Th. v. Schön, 6. Okt. 1849 An "Πι. v. Schön, 7. Nov. 1849 An Th. v. Schön, 21. Nov. 1849 An die Verlagsbuchhdl. G. Stalling, 5. Jan. 1850

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402 403 405 406 407 407 409 411 413 415 417 417 418 420 422 423 424 426 428 428 431 432 432 435 437 440 441 443 445 446 448 449 451 453 456 458 458 459 460 461 462 463

24 373. 374. 375. 376. 377. 378. 379.

Briefverzeichnis

An Joh. Schulze, 10. Febr. 1850 An Th. v. Schön, 16. März 1850 An Κ. Α. V. v. Ense, 27. März 1850 An Joh. Schulze, 22. Apr. 1850 An Joh. Schulze, 12. Mai 1850 An K. Fischer, 13. Juli, 1850 An Joh. Schulze, 19. Juli. 1850

380. An Fr. W. Schubert, 31. Juti 1850

465 466 467 469 471 471 473 475

4. B r i e f e 1827 - 1 8 5 0 1. An Franz Kugler1 Am 26sL Dzbr. 1827 Bester Kugler, schon längst hätte ich Ihren freundlichen Brief beantworten sollen, doch wollte ich gern bestimmt schreiben können. Mit den lyrischen Gedichten usf. ist es nichts; die Verleger haben kein Gefühl für das Gefühl. Dagegen, was Sie vom Rolandliede haben, mit den Zeichnungen und das Gedicht von den 6 Farben, das findet eine Stätte; ich habe mich mit meinem Freunde Genthe zur Herausgabe von Beiträgen zur Literatur und Ästhetik verbunden, und es soll uns lieb sein, Sie als Teilnehmer zu wissen. Ich bin im Begriff, morgen nach Halle abzureisen, wo der Verleger wohnt und werde Ihnen von da noch genauere Auskunft geben. - Ich bin seit dem 11t. Oktober hier und habe mit Parow die Reise nach Köln hinauf gemacht, dann die Landstraße bis Göttingen, dann Osterode, Goslar, Werningerode usf. Genutzt hat mir die Reise wenig; ich verstehe das Beobachten nicht sonderlich und Parow auch nicht. - Lieber Kugler, Sie werden ein edler Baumeister, das ist scharmant; wie ist uns der Gedanke nicht im Heidelberger Schloß gekommen, wo wir so oft von den Gothen, von Goethe, von Baustilen, von Moller, von Boisserée u.a. geschwatzt haben! Ich denke oft daran. Ich werde kein Kandidat; ich will Dozent werden, da haben Sie die Bescherung. // Mein Faust und die Theologen 2 (olim die Offenbarung der Mysterien) ist in Göttingen, Hamburg, Quedlinburg usf. gewesen, findet aber kein Unterkommen, weil die Buchhändler teils Wasserscheu gegen dramatische Artikel haben, teils die Zensur fürchten. - Die Abhandlung über den Titurel nebst geordneten Stellen kontemplativen Inhaltes aus demselben ist fertig (120 S. 4 fo.) und soll ein Beitrag werden. - Was macht denn Kombst? Daß Sie mit Ihrer Familie so lau stehen, ist betrübt, ändert sich aber wahrscheinlich.

Über Kuglers wissenschaftl. Arbeit vgl. Treue, Wilhelm, .Franz Theodor Kugler, Kulturhistoriker und Kunstpolitiker' , in: .Historische Zeitschrift', Bd. 175, 1953, S. 483-526. Rosenkranz' .Geistlich Nachspiel zur Tragödie Faust' erschien erst 1831 in Leipzig.

2. März 1828

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Es ist leicht möglich, daß ich im nächsten Sommer einmal nach Berlin komme; mein Wunsch ist aber, nach Heidelberg zurückzugehen. Empfehlen Sie mich Ihren Freunden Droysen und Arndt, und leben Sie recht wohl. Ihr Freund (Ich habe Eile wegen meiner Reise.) K. Rosenkranz

2. An Franz Kugler Magdeburg, am 26st. März 1828 Bester Kugler, es tut mir nicht allein Ihret- sondern auch meinetwegen Leid, daß aus den Beiträgen e n q u e s t i o n nichts wird. Ich habe mich in dieser Hinsicht von meinem Freunde gänzlich separiert. Auch weiß der Himmel, ob meine Ware so schlecht ist, in Halle, wo ich doch am 2t. Febr. D o c t o r p h i l o s o p h i a e 1 geworden bin, wo ich mich zu habilitieren gedenke, will kein Mensch meine Bücher haben. Und doch ist mein schweres Geld in dem nichtswürdigen Halle verblieben, und wird dort ferner verbleiben, weil der Ort für einen armen Privatdozenten wohlfeil genug ist. Diese betrübte Nachricht wollt' ich Ihnen zum Osterfest schenken. Mich wundert übrigens, daß Sie in Berlin kein Unterkommen für Ihre Bücher finden; vielleicht gibt der ausbrechende Krieg unserer Literatur eine andere Wendung. - Haben Sie schon Stieglitz Geschichte der Baukunst (1827) gelesen? Ich habe viel daraus gelernt; besonders bin ich über Mones mystische Templersymbole und über die Konstruktion des Spitzbogens aufgeklärt Auch ist mir das Verhältnis der Grundzahl im Chor zum übrigen Bau viel deutlicher geworden, als aus Görres. Überdem hält Stieglitz die Verknüpfung mit Geschichte, Religion, Skulptur und Malerei in einem sehr schönen Maß fest. - Wenn Sie diesen Sommer durch das unglückselige Halle reisen sollten, so vergessen Sie ja nicht, mir einige Tage zu schenken. (Ich wohne Rathausgasse No. 232.) Sie können bei mir logieren. Leben Sie wohl! Ihr Freund K. Rosenkranz

Mit der Dissertation „De poesis nostrae historia". Die handschriftliche Fassung befindet sich im Universitätsarchiv in Halle.

3. Dezember 1828

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3. An Franz Kugler a. 27st. Dzbr. 1828 Teurer Freund, Sie werden durch Herrn Loof oder Richter davon unterrichtet sein, wie ich Sie zu sehen und zu sprechen unterbrochen worden. Nun, ich hoffe binnen Jahresfrist wohl einmal wieder in Berlin zu sein und mich mit der Zeit und der Lokalität dann besser vorzusehen. Lieber, bester Kugler, lachen Sie nicht über mich, wenn ich etwas zu schwärmen anfange. Ihr Andenken hat für mich so viel Rührendes - immer fällt mir Ihr Gedicht von den beiden Kameraden ein - Ihr Umgang ist für mich Quell so vieler vergnügter Stunden geworden - in einer Zeit, wo tief in meiner Brust alles im finstersten Kampf wühlte, wenn ich auch nach außen freundlich war Ihre ganze Persönlichkeit ist für mich so wohltuend gewesen - daß ich mich Ihrer nicht ohne die größte Wehmut und Sehnsucht erinnern kann. // Teurer Mensch, wir wollen Freunde bleiben. Als wir damals, wo auch Sie über Ihr künftiges Geschick so ungewiß waren, alle zwei Jahr einander Nachricht zu geben gelobten, es war etwas Heiliges in diesem Gelübde. Mein Schicksal hat sich im allgemeinen entschieden und, wie es scheint, auch das Ihrige. Wäre es uns doch vergönnt, noch einmal in jenen glücklichen Auen umzuschwärmen! Wissen Sie noch, wie Sie bei Leonhards Landhaus von uns schieden? Ich ließ mich mit Parow nach Ziegelhausen übersetzen. Doch solches Memorial gehört dem mündlichen Gespräch. Das Papier ist dafür zu ledern. Ich möchte wohl wissen, wie es dem „germanischen" Wunderlich und dem epikuräischen Wip//permann geht. Parow ist in Greifswald und studiert Philosophie. Wo aber ist Kombst geblieben? Ich erfahre trotz Jenas Nähe nichts von ihm. Ich bin unerwartet zum gründlicheren Studium der altdeutschen Literatur aufgefordert und gestehe, daß ich einen Teil, und den besten vielleicht, meines Inneren hätte unterdrücken und zum Absterben zwingen müssen, wenn ein vielgeschäftiges Predigerleben mich ihm entzogen hätte. Ich bin ganz glücklich in meinem jetzigen Beruf. Verzeihen Sie, daß Ihnen vom Titurel ein so schlechtes Exemplar zu Teil geworden. Wenn meine Abhandlung über den Tristan 1 herauskommt, will ich dies gutmachen. Daß meine Ansichten der alten Poesie einen anderen Weg // nehmen, dafür

In: Karl Rosenkranz, .Geschichte der Deutschen Poesie im Mittelalter'. Halle 1830. Über Rosenkranz als Literaturkritiker mittelalterlicher Literatur vgl. die Diss, von Eugen Japtok, ,Karl Rosenkranz als Literaturkritiker. Eine Studie über Hegelianismus und Dichtung'. Freiburg 1964.

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4. Januar 1829

kann ich am wenigsten und bin getrieben, ihn zu verfolgen, wenn er auch viel Mißbilligung zu erfahren hätte. Durch den Überbringer dieses Briefes, meinen Freund, d. D r . Genthe, von dem ich Ihnen sonst schon erzählt habe, können Sie Genaueres über mein Treiben erfahren und bitte ich Sie herzlich, ihm entweder mündlich oder schriftlich seine Mitteilungen zu vergelten. Leben Sie recht wohl. Ihr treuer Freund Karl Rosenkranz P. S. Bohtz ist im Sommer in Halle gewesen und viel mit mir umgegangen. Jetzt ist er wahrscheinlich in Göttingen.

4. An Moritz Hermann Eduard Meier Hochgeehrtester Herr Professor, ich lege Ihnen hier die Übersicht der Artikel vor, welche ich im Buchstaben O für mich gefunden und bemerke dabei, daß ich in demselben alles selbst übernehmen werde, da die vorkommenden Sachen mir bekannt sind und nur mit Ausnahme von Olearius und Opitz der neueren Periode angehören. I. Deutsche Literatur. v. Obernberg. s. Minnesänger. Octavia, ein Roman, s. Ulrich v. Braunschweig Octavianus, Kaiser. Volksroman. Ofterdingen (Heinr. v.) Ogier v. Dänemark. (Gedicht und Volksbuch.) Olearius. Omichius. Opitz. Orbent, Ruprecht v. s. Konrad Flecke. Oswald v. Wolkenstein. Otfrid. Otnit. // Otte. Ottinger. Ottokar v. Homeck. Otto v. Bodenlaube, s. Minnesänger. Otto v. Brandenburg, s. Minnesänger. Otto v. Passau. Ovids Verwandlungen, s. Albrecht v. Halberstadt Ouwe. s. Hartmann v. d. Aue.

5. Mai 1829

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Man gerät in Verlegenheit durch die Unbestimmtheit, welche noch in dem Vorzug des Zu- und Stammnamens stattfindet. Ich entscheide mich für die letzteren und mache daher auf Ofterdingen Anspruch, halte aber dafür, Ottokar nach Horneck zu delegieren. Ebenso bin ich in der Orthographie der alten Dichternamen für die neuere Schreibweise, ζ. B. bei Ouwe für Aue, weil diese einmal geläufig geworden.

II. Skandinavische Religion. Da der Herr Professor Leo den Artikel O t h i η übernehmen wird, so ist außerdem nur ein Artikel O d r, Freias Mann. III. Isländische Sage. O d d r u n a g r á t r (eine Sage im zweiten Teil der Edda.) Ich werde Ihnen meine Artikel bis O f t e r d i η g e n bis Ende Februar zustellen. Ihren gefälligen Bescheid über die obige Auswahl 1 und Nachweis etwaiger Vergeßlichkeiten werde ich mir nächstens von Ihnen mündlich einholen. Mit vollkommener und aufrichtiger Hochachtung Ew. Wohlgeboren Halle, ergebenster 4. 1. 29 K. Rosenkranz

5. An Moritz Hermann Eduard Meier Hochgeehrtester Herr Professor, sie wollen gütigst entschuldigen, daß ich länger, als ich versprach, mit meinem Bericht über die betreffenden Artikel unter O e gezögert habe. Nach einer genauen Durchsicht ist das Resultat nichts gewesen. Wollte man sich in das Geringe und Minutiöse verlieren, so hätte vielleicht dieser und jener Beiname einer Gottheit angegeben werden können. Bei bekannteren Mythologien ist diese Angabe notwendig. Bei der nordischen ein Überfluß. Die Insel O e s e 1, die einen Zusammenhang wahrscheinlich mit skandinavischem Kultus gehabt hat, ist in dieser Hinsicht doch zu unbedeutend, und von den deutschen Dichtern wird O e h l e n s c h l a e g e r wohl der einzig hierhin einschlagende bedeutende Diphtong sein, den ich glücklicherweise nicht auszu-

Rosenkranz übernahm die Artikel .Octavianus' (3.Sect., 1. Th., S. 311), .Opfer' (3. Sect., 4. Th., S. 74-76), .Orbent· (3. Sect., 4. Th., S. 413), .Oddronagràtr' (3. Sect., 1. Th., S. 383) u. .Omichius' (3. Sect., 3. Th., S. 370).

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6. September 1829

sprechen habe. Für meine Ordnung ist von hier ab das nächste O f t e r d i n g e n .welcher Artikel samt O t t o v o n P a s s a u u n d O t f r i t überhauptdas Wichtigste in O für mich ist. Ich bin Ihr Halle ergebenster 29. 5. 29 K. Rosenkranz

6. An Franz Kugler Halle, am 7t. September 1829 Innigst geliebter Freund, wie oft schon wollte ich Ihnen schreiben, Ihnen danken für Ihren mir unbeschreiblich lieben Brief, Ihnen sagen, wie oft ich Ihrer und Heidelbergs gedenke, bis über diesem ewigen Wollen das halbe Jahr zu Ende gegangen ist. O, bester Kugler, daß Sie so meiner in treuer Freundschaft gedenken, ich kann nicht sagen, welch großer Trost mir das ist, zumal hier in Halle, wo ich so allein bin. Hier sind nur zwei Menschen, mit denen ich so schwärmen kann, wie mit Ihnen in jenem für uns unvergeßlichen Sommer. Es ist der Professor Hinrichs und ein gewisser Doktor Besser, der zu seiner Zeit schon bekannt werden wird. Aber bei den vielen Arbeiten und bei dem knappen Leben fehlt ein phantastischer Zug jener lieben Zeit. Sie sind der Poet geblieben. Ihr Gedicht hat meine innerste Seele durchschüttelt. Macht er im Menschen den Gott offenbar, Künstler ist Priester am Weltenaltar! Wir verstehen uns, teurer Freund. Wo solche Klänge rauschen, wie in Ihren Versen: Glücklich, wes sterbliches Aug' sich erhellt, Ew'ges zu schau'n in dem Wechsel der Welt! Der hat empfunden und weiß, was Freiheit ist. Von Freiheit wollen die Norddeutschen noch nicht überall wissen und Mystik, Pietismus und halbes Philosophieren verdirbt oft die besten Keime. Sie haben mich an meinen Faust erinnert. Im Vertrauen sage ich Ihnen, daß seine Herausgabe jetzt ernstlich projektiert ist. Ich habe noch eine Zueignung an meine Freunde hinzugedichtet, wo Sie sich schon finden werden. Der Eingang von den Mystikern ist nicht mehr so weitschweifig. Vornan steht jetzt eine Parabase, welche Mephistopheles hält. // Kommt es zum Druck, soll Ihnen, der Pate des Kindleins war, ein Exemplar nicht fehlen. In der Parabase wird Ihnen besonders die Kritik der kleinen Geister gefallen. Geisterchen, Ihr seid zu sehr nichts, mein erhabenes Nichts zu fassen usw. Wegen Ihrer Komödien, besonders wegen der chinesischen, tut es mir sehr leid, nicht einmal einige Tage mit Ihnen bei Stepps oder in Schriesheim oder auf dem Schloß oder in Neckargemünd (Kombst = Ganz durchs Lammertal)

6. September 1829

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verleben zu können. Ich habe seit einem Jahr Bekanntschaft mit einem Mann, der unvergleichlich zum Helden eines solchen Luftspiels sich eignete; wie wollten wir dichten! - Wenn man jetzt die Franzosen ansieht, so sieht unsere Literatur im Augenblick armselig aus. Den Trinius habe ich noch nicht bekommen können. Daß die Komödie in dem gegenwärtigen Moment Aufgabe der dramatischen Kunst sei, zweifle ich keinen Augenblick 1 . Weil sie geboren sein will, mißglücken die Tragödien; Grabbes Friedrich 2 ist ein hohles Wesen; man merkt viel zu sehr, wie dieser Mann studiert hat; wie jämmerlich ist Herr v. Ofterdingen Figur, gerade wie Ottokar von Horneck in Ottokars Glück und Ende von Grillparzer. Den Bäuerle muß man studieren, da ist echte Komik, Erfindung, Einheit, leichte Phantasie; wenn auch noch oft in den Schranken der bürgerlichen Gesellschaft. Das liegt nun einmal im österreichischen Staat. Haben Sie Bérangers Lieder schon gelesen? Diese enthalten eigentlich Chöre zu großen politischen und andern Komödien. - Bohtz ist jetzt Privatdozent in Göttingen, wo er Solgersche Ästhetik vorträgt. Er wird in diesen Tagen hier durch nach Dre//sden gehen und erwarte ich ihn jegliche Minute. - Hätte ich noch ein Jahr hingehabt, so hätte ich wahrscheinlich durch Daubs Vermittlung eine Professur der Philosophie in Heidelberg bekommen können, da Erhardt, der uns noch immatrikulierte, gestorben ist. So aber bin ich noch nicht flügge genug. Daß ich Ihnen sagen soll, ob Ihre „Definition von Heimat" richtig sei, kann ich nur als einen freundschaftlichen Scherz, als ein sanftes Lächeln über mein Philosophieren ansehen. Aber der Gedanke ist meine Heimat, ihn zu erkennen mein Beruf. - Haben Sie schon gefunden, daß ein Poet von einem Philosophen gelernt hat, oder ist es nicht umgekehrt? - Das Skizzenbuch ist, meines Wissens, noch nicht da. Wenn Kombst noch in Ihrer Vaterstadt ist, so grüßen Sie ihn herzlich von mir. Bei Kombst fällt mir Maßmann ein. Ich habe vorgestern für die Berliner Jahrbücher eine Rezension über den zweiten [...] von Graffs Diutiska abgesendet, wo er oft [...] kommt. Sie sehen, daß ich dem Altdeutschen nicht ungetreu werde. Leider muß man so viele Zeit äußeren Dingen opfern - doch ich will meine Mißlaune verschließen und heiter den Tag feiern. Gotterfüllet ist der Tage jeder, Wenn der Geist im Geist zu leben weiß. Drum auch keine Klage über unsere Entfernung voneinander. Sie sind in mir, ich bin in Ihnen unsterblich, und mein Lebewohl wird sich warm an Ihre Brust legen und werden Sie nicht vergessen Ihren getreuen Karl Rosenkranz Dies entspricht genau der junghegelianischen Literaturtheorie, nach der die handelnde Person nicht mehr zu großen historischen Taten fähig ist (Ruge). Der 1. Band von Christian Dietrich Grabbes Tragödienzyklus ,Die Hohenstaufen' erschien a. u. d. T. .Kaiser Friedrich Barbarossa', Frankfurt 1829.

7. Januar 1830

32 Dem Kondukteur Herrn Franz Kugler Wohlgeboren zu frei

Stettin

7. An Franz Kugler Halle, am 9t. Januar 1830 Bester Kugler, herzlichen Gruß zum neuen Jahr zuvor und „Glück auf zum fröhlichen Jagen!" Ich war bei meinem Vater zum Besuch gewesen, hatte Sie auch von Magdeburg aus durch Herzfeld grüßen lassen und fand Ihren lieben hier Brief vor. Als ich den vorhergehenden empfing, war ich so beschäftigt, daß ich die genauere Lektüre auf die Ferien versparte, um Ihnen nach Kräften meine Meinung sagen zu können, der Sie übrigens nicht viel vertrauen dürfen, da ich bei Freunden nie ein recht unbefangenes Urteil habe und überhaupt oft ein lästiger Splitterrichter bin, der nicht selten gerade das Beste, die Anlage und den Ton des Ganzen, verkennt. Da ich nun mit vielen Ihrer Sachen noch gar nicht ins reine bin, so ist es wohl am geratensten, mein Urteil ganz zurückzuhalten. Ist die niedliche Ausgabe mit den Vignetten da, so will ich aber gewiß der erste sein, der Ihnen eine hieb- und stichfeste Rezension1 liefert. Jetzt würde Sie mein Urteil nur verwirren, da es selbst noch etwas chaotisch ist. Im ganzen hat das meiste mich angesprochen. Nur glaube ich, müssen Sie auf manches noch aufmerksam sein, was zu sehr an Heine erinnert und besonders mehre der weichen Töne schärfer ins Auge fassen, welche Sehnsucht nach besserem Leben aussprechen, ohne die Macht zu verraten, es auch schaffen zu können. Mir wenigstens sind die Gedichte dieses Inhalts bei Ihnen zu bescheiden gewesen und haben mich nicht // befriedigt. Manches ist auch zu sehr Reflexion und zu wenig Gefühl, ζ. B. die alten Lieder, der alte Grenadier, Feldmesser u. a. Die Darstellung ist fast immer zu loben und gemahnt mich beinahe malerisch; eine gewisse Nettigkeit zeichnet sie aus. Als Erinnerung an Sie, als Denkmale Ihres inneren Lebens sind mir diese Gedichte unschätzbar. Ich eile, Ihren Wunsch zu erfüllen, und wünsche Ihnen bald einen Verleger. Haben die Musen einen Almanach in Berlin verlegen können, so wird doch wohl ein Künstler dort auch sein Haupt betten können. Rosenkranz' Rez. des „Skizzenbuchs" erschien in der AllgLitZlg. 1831, Nr. 229, Sp. 548551.

8. Januar 1830

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Für die Nachrichten von Kombst bin ich Ihnen sehr dankbar, so wie auch Ihre Worte über unsere neueste Literatur nicht gerade auf einen steinigten Acker gefallen sind, wenn ich auch den Enthusiasmus nicht teilen kann, der Sie dafür zu beseelen scheint. Es ist zuviel Affektiertes darin, und selbst gute Wurzeln scheinen mir so auszuschlagen, ζ. B. Waiblingen Die Koketterie mit sich selbst duftet überhaupt stark auf unserem Pamaß und scheint mir ζ. B. Platen zu verderben usw. usw. - Der Gruß von v. d. Hagen hat mich sehr gefreuet, und ich bitte Sie, ihn herzlich zu erwidern, wenn Sie ihn sehen. Leben Sie recht wohl und lassen Sie mich bald hören, wie Ihr Unternehmen glückt. Ihr Karl Rosenkranz Dem Kondukteur Herrn Franz K u g l e r Wohlgeboren zu B e r l i n Jerusalemer Straße No. 8 Hierbei eine Rolle mit Gedrucktem in weißem Papier, gez. H. F. K. Fahrpost

8. An Moritz Hermann Eduard Meier Hochverehrtester Herr Professor, ich eile, nach meiner Zurückkunft von Magdeburg, Ihnen zuerst von Herzen ein fröhliches Neujahr zu wünschen, und sodann meinen Dank für Ihre gütige Vermittelung darzubringen, durch welche ich zum Mitgliede der Montagsgesellschaft erwählt bin. Meine Frequenz wird der beste Beweis sein, wie schmeichelhaft mir diese Auszeichnung ist. In der Hoffnung, Sie bald persönlich zu sprechen, Halle, Ihr ergebenster am 9t. Januar 1830 K. Rosenkranz Sr. Wohlgeboren dem ordentlichen Professor der Philosophie Herrn M e i e r hier

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9. März 1830 - 10. April 1830

9. An Johannes Schulze Hochwohlgeborener Herr, hochgeehrtester Herr Geheimer Rat, eine Aussicht, welche sich mir im vorigen Jahr eröffnete, eine Professur auf der Universität in Breslau zu erhalten, hatte ich nach dem Gespräch mit Ihnen um Michaelis, Ihrem wohlmeinenden Rat folgend, schon aufgegeben. Allein in der bedrängten Lage, worin ich mich jetzt befinde, wage ich, meine damalige Bitte zu erneuen, und Ihr Wohlwollen, was Sie mir immer bewiesen haben, wieder in Anspruch zu nehmen, indem mir mein guter Vater 1 , der bisher so viel für mich tat, gestorben ist und ich nun durchaus ohne Mittel meiner Subsistenz dastehe. Ist es möglich, daß Sie bei einem hohen Ministerium, - und ich bin Ihrer Energie gewiß, - zu meinen Gunsten etwas tun können, so hege ich das unbedingte Vertrauen, daß Sie sich meiner annehmen werden. Sie würden mich, indem Sie mich einem peinlichen und zuweilen recht entmutigenden Zustande entrissen, zum innigsten Dank für immer verpflichten. Mit vollkommenster Hochachtung und Ehrfurcht Ew. Hochwohlgeboren Halle, gehorsamst ergebener a. 13t. März 1830 Karl Rosenkranz

10. An Moritz Hermann Eduard Meier Hochgeehrtester Heir Professor, mannigfache Abhaltungen haben mir unmöglich gemacht, Ihnen beiliegenden kleinen Aufsatz über die Ode eher als jetzt zuzustellen. Warum ich über die altdeutsche Literatur in dieser Beziehung keinen besonderen Artikel liefern kann, habe ich in diesem Artikel selbst mit angegeben, indem sich mir bei genauerer Untersuchung ergab, daß die Ode als diese bestimmte Gattung bis zum sechzehnten Jahrhundert eigentlich nicht vorkommt, obschon ich recht wohl weiß, daß Koch in seinem Kompendium aus den Minnesängern Gedichte unter dieser Rubrik, ich kann nicht anders sagen als willkürlich und ohne einen festen Begriff der Ode zu haben, aufgeführt hat. Dies zu meiner Entschuldigung. Mit vollkommenster Hochachtung Ihr Halle, am 5t. April ergebenster Karl Rosenkranz 1830

Rosenkranz, Johann Heinrich (1757-7. Febr. 1830), Kreis-Accise- u. Steuersekretär in Magdeburg.

11. Mai 1830

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Dem ordentlichen Professor der Philosophie Herrn M e i e r Wohlgeboren hier

11. An Johannes Schulze 1 Hochwohlgeborener Herr, hochzuverehrender Herr Geheimer Regierungsrat, wie erfreulich mir das letzte Schreiben gewesen, welches ich von Ihnen empfing, werden Sie aus der Schilderung meiner traurigen Lage, welche ich einem hohen Ministerium zu machen gewagt hatte, selbst zur Genüge erraten können. Das Bewußtsein, daß Sie so rege Teilnahme für mich hegen, hat mich ungemein erquickt, beruhigt und ermutigt. Aus vollem und reinem Herzen sage ich Ihnen meinen Dank dafür. Endlich sende ich Ihnen anliegend meinen Versuch der Geschichte unserer Poesie im Mittelalter; lassen Sie mich ganz aufrichtig sein; ich freue mich, daß ich Ihnen doch endlich ein Buch zusenden kann nach den vielen kleinen Büchlein. Und doch gesellt sich zu dieser Freude sogleich wieder der Verdruß, abermals in jenen kleinen Maßstab verfallen zu sein, der mich aber zugleich zum Lachen reizt, weil er mich a d h o m i n e m überzeugt, daß man eine alte Krankheit schwer los wird. Ich nehme mir nämlich die Freiheit, Ihnen zugleich wieder eine kleine Schrift über die T r e s I m p o s t o r e s zuzusenden und wünsche, daß Ihr Urteil über dieselbe recht milde sein möge, weil sie etwas schnell entstanden ist und ich leider der Schnelligkeit auszuweichen nicht Umgang haben kann. Über meine nächste Zukunft kann ich im Augenblick, so gern ich es getan hätte, so sehr Ihr Schreiben mich dazu auffordert, nichts sagen. Denn nur zu sehr fühle ich die Anstrengung des vergangenen Jahres. Und doch kann ich mich noch nicht sammeln, denn gegen alle Erwartung nehmen mich die Vorlesungen sehr in Anspruch. Ich lese diesmal christliche Religionsphilosophie und allgemeine Mythologie und habe einen solchen Zuspruch, daß ich alles aufbieten werde, um die Leute durch die Sache selbst festzuhalten und den

Über Schulze s. Conrad Varrentrapp, ,Joh. Schulze und das höhere preussische Unterrichts· wesen in seiner Zeit'. Leipzig 1889; Peter Mast, .Johannes Schulze' in: Benno Schmoldl (Hrsg.), .Pädagogen in Berlin. Auswahl von Biographien zwischen Aufklärung und Gegenwart' (Materialien und Studien zur Geschichte der Berliner Schule; Bd. 9). Baltmannsweiler 1991, S. 69ff.

19. Mai 1831

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Wahn hinwegzuräumen, als wenn das, was Ihnen ungewöhnlich ist, e o i p s o Unsinn sei. Verzeihen Sie mir meine trübe Stimmung; sie wird vorübergehen, denn sie muß; erhalten Sie mir Ihre freundliche Teilnahme! Ew. Hochwohlgeboren gehorsamst ergebener Halle, am 19t. Mai 1830 D r . Karl Rosenkranz

12. An N. N. Hochzuverehrender Herr Geheimer Rat, ohne Ihre Poesie wäre das Buch, welches anliegend Ihnen zu übersenden ich mir die Freiheit nehme, gar nicht möglich gewesen. Wie oft haben Sie mir in voller Frische die Empfindung jener vergangenen Zeit mitgeteilt! Es ist daher nicht bloß ein äußeres Zeichen der Höflichkeit, sondern mein Wunsch geht dahin, daß Sie in diesem Buch zugleich einen kleinen Tribut des Dankes erblicken mögen, den ich Ihnen von Grund des Herzens schuldige. Dürfte ich hoffen, daß Ihr Urteil nicht so oft von dem meinigen abweicht, dürfte ich hoffen, daß meine Art und Weise der Entwicklung Ihnen nicht widersagt und endlich, dürfte meine Versicherung hinreichend sein, Sie von der tiefen Verehrung und Liebe zu überzeugen, mit welcher ich war, bin und sein werde Ihr Halle, innigst ergebener am 20sten Mai 1830 D r . Karl Rosenkranz

13. An Franz Kugler Berlin, d. 17. September 1830 Lieber, guter Kugler, mit Recht mögen Sie sich verwundern, daß wir noch nicht wieder zusammengekommen sind. Aber alles hat seine Ursach. Vor acht Tagen habe ich ganz vergessen, in Erinnerung an so viel Früheres, in Teilnehmung an Ihr jetziges wackeres Streben, Ihnen eine Hauptsache zu sagen, welche meine Freundschaft ihrer Lässigkeit wegen entschuldigen wird. Ich habe eine Braut hier, eine Tochter des Hofrat G r u s o n S c h o n als Student hatte ich sie geliebt. Vor zwei Jahren hier eine Woche mich verweilend, knüpfte ich die alten Bande wieder an, ein Briefwechsel folgte usw. usw. Genug, ich geriere mich als Bräutigam. In der nächsten Woche werde ich das Museum Tag vor Tag

Gruson, Laure Aspasie Adeline Cecile (1808-1873), Tochter des Johann Philipp Gruson (1768-1857), der ab 1817 als Prof. für Mathematik an der Berliner Universität tätig war.

14. Oktober 1830

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besuchen. Aber sehr lieb würde mir sein, wenn ich Sie morgen gegen 2 Uhr bei Stehely finden würde und dann den Nachmittag, bis Sie das Museum besuchen, in Ihrer Gesellschaft zubringen könnte. Bis dahin also leben Sie wohl. Ihr Berlin, alter Kamerad a. 17t. September 1830 Rosenkranz Entschuldigen Sie das schlechte Dekorum dieses Billets. Dem Kondukteur Herrn F. Κ u g 1 e r Wohlgeboren frei hier Kochstraße 14

14. An Franz Kugler Berlin, 12t. Oktb. 1830 Morgens 9 Uhr Wie gern, lieber Freund, würde ich den heutigen Abend in einem so schönen Kreise zubringen, wenn nicht schon ein anderer mich fesselte. Ich habe nach meiner Zurückkunft meine Hegeischen Freunde besucht und bin tagtäglich ausgebeten, was mir denn auch unmöglich gemacht hat, meinen Besuch bei Ihnen zu wiederholen, wie ich es auf Ihrer Schiefertafel versprach. Heute abend bin ich zu Herrn ν . H e n n i n g eingeladen. Morgen ist der letzte Tag, den ich in Berlin zubringe. Am Freitag muß ich abreisen. Wär' es nicht in r e r u m n a t u r a begründet, den letzten Abend meiner Braut zu widmen, so würd' ich Sie bitten, mir denselben zu schenken. Da dies nicht geht, so will ich morgen früh zwischen neun und zehn Uhr zu Ihnen kommen, damit wir uns doch noch einmal sprechen. - Beiläufig kann ich Ihnen zum Sporn Ihrer Tätigkeit sagen, daß man ungemein verlegen ist, Sie zu begreifen. Ich war am Montag bei dem Professor Hotho zu Tisch und habe hier ein großes Gespräch über Sie durchführen helfen. Sie können sich nur gratulieren, daß der Berliner Geist Sie nicht unter eine Rubrik bringen kann. „Er ist Dichter; er ist Komponist; er ist Architekt; er ist Maler; er ist sehr musikalisch", so ging es immerfort, und es war mir eine Lust, dies Schwanken zu sehen. Durch Ihre Gedichte wird jedoch das Publikum eine festere Handhabe zu Ihrer Beurteilung empfangen, und ich verspreche mir viel von ihrem Eindruck, besonders weil die allgemeine Aufmerksamkeit schon da ist. - Schmollen Sie mir nicht über meine unabsichtliche

15. Oktober 1830 - 16. Januar 1831

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Unsichtbarkeit; ich bin zu bedingt. Grüßen Sie unbekannterweise die Blumen Ihres Kränzchen von Ihrem Sie herzlich liebenden Karl Rosenkranz 15. An August Tholuck Halle, 31. Oktr. 1830 Ew. Hochwürden, so beweglich meine Natur ist, so hat sie doch eine eigene Hartnäckigkeit, wenn sie sich einmal in irgend etwas abschließt. Zu meinem Leidwesen habe ich das im Anfang meiner Geschichte der älteren deutschen Poesie erfahren. Immer sollte er anders werden und immer blieb er, wie er war. Ich habe den Aufsatz 1 über die Philosophie der Geschichte oft genug wieder durchgelesen und zu änderen versucht. Unmöglich. So toll es ist, er gefiel mir immer besser. Sie empfangen ihn also gegen meinen Willen fast unverändert zurück. Doch habe ich den Schluß erweitert und ganz verändert und hoffe, daß Sie der Darstellung jetzt Ihren Beifall geben werden. Mein Urteil über Herder ist sehr streng, es ist aber auch sehr gerecht - und sollte man in betreff meines Aufsatzes über manche Paradoxie zu klagen haben, so dürfte das doch wohl der Zeitschrift eher nützen als schaden. Herr Gebel sagte mir bei seinem Abschiede, daß er einige Bücher, die ich ihm geliehen, bei Ihnen niederlegen würde. Verhält sich dies so, so bitte ich, mir dieselben gelegentlich gütigst zukommen zu lassen. Ich bin jetzt, nach zwei schwelgerischen Monaten, in großer Arbeit. Leben Sie recht wohl! Ew. Hochwürden ergebenster Karl Rosenkranz 16. An Franz Kugler Halle, am 27st. Januar 1831 Wohl konnte ich mir vorstellen, mein bester Kugler, daß Sie im stillen sich verwundem möchten, von mir noch keinen Brief gesehen, noch keinen Dank empfangen zu haben, für ein Geschenk, was vielleicht nur wenigen auch individuell den Wert haben kann, wie mir, der ich so viele Momente darin finde (im ersten Teil nämlich), welche ich mit Ihnen selbst durchzugenießen so glücklich war. 1

Rez. Rosenkranz' von Friedrich Schlegels .Philosophie der Geschichte, in achtzehn Vorlesungen gehalten zu Wien im Jahre 1828'. 2 Bde. Wien 1829. Die Rez. erschien zuerst in Tholucks .Literar. Anzeiger' 1831, Nr. 49 u. 50.

16. Januar 1831

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Lassen Sie sich mit wenigem über diese Langsamkeit Aufschluß geben. Ich habe den pp. Faust drucken lassen. Er ist nach meinem Bedenken recht gut ausgefallen und wird Ihnen hoffentlich auch nicht mißfallen. Der Druck ist noch im vorigen Jahr beendet. Aber wunderlicherweise, trotz meines Ansuchens, bekomme ich keine Exemplare, und der Leipziger Drucker entschuldigt sich bei mir damit, daß der Verleger das Titelblatt nicht schicke. Nun hatte ich im Sinn, Ihnen vom Faust ein Exemplar mit einem von meiner Geschichte der deutschen] P[oesie] zusammen zu schicken; aus diesem einfachen Grunde habe ich so lange gezögert. Da ich aber aus Ihrem letzten Briefe sehe, daß Sie die pp. Geschichte gem jetzt zur Hand hätten, so sende ich Ihnen ungesäumt dieselbe. Sie wird Ihnen wenigstens den allgemeinen Gang der Kunstbildung unter den Deutschen etwas klarer machen können, als die abgelebten, ordinären Vorstellungen. Sehen Sie meinetwegen die Poesie als den Text an, welche jene zarte Malerei mit ihren Bildchen für die Anschauung zu erläutern und zu begleiten suchte. Ihr Skizzenbuch hat mir und meinen Freunden recht wohl gefallen. Sie sind gesund in Ihrem Gefühl, eine Gabe Gottes, welche Sie nicht bloß vor Berlinern voraushaben. Ich habe dem Professor Gruber sogleich davon Anzeige gemacht, mir die Beurteilung Ihrer Gedichte zu übergeben. Allein bei der enormen Langsamkeit, womit die Rezensionen ihrer Menge wegen einrücken, kann ich nicht davor stehen, ob der Abdruck meiner Rezension sich nicht bis zum Mai hinzieht. // Der Entwurf dazu ist schon fertig, und ich hoffe, sie binnen den nächsten vierzehn Tagen auszuführen und abzuliefern. Daß Sie von oben herab so wenig unterstützt werden, ist ein Mangel unserer Regierung, der jedem Strebenden höchst drückend wird. Die Armut unseres Staates ist wohl mehr Schuld daran, als der gute Wille. Aber gewiß ist, daß man jedem Kopisten, jedem Schulmeister, jedem Unteroffizier, jedem Visitator, jedem Kontrolleur das Dreifache dessen gibt, was man dem Künstler oder dem Gelehrten zollt und was man ihnen noch als eine Gnade anrechnet, die sie in deutschen oder lateinischen Oden besingen müßten. Ich will von mir gar nicht reden, als wenn ich vor anderen auf unserer Universität Ansprüche zu machen hätte. Ich habe hier unter den jüngeren Philosophen die stärkste Zuhörerschaft und bin Ostern dritthalb Jahr akademischer Lehrer, bin seit dem Tode meines Vaters ganz auf den Erwerb meiner Feder gewiesen - und habe bisher hundert Taler zur Unterstützung empfangen. Dies nur als paralleles Beispiel. - Wie dem auch sei. Man muß die Hoffnung nicht aufgeben. Wir Jüngeren wollen zusammenhalten und tun, was wir können. Wer weiß, was uns aufgehoben ist. Leben Sie recht wohl und gedenken Sie zuweilen Ihres treuen K. Rosenkranz (Die Winde 1 , wenn sie auch luftig sind, haben mir doch vielen Spaß gemacht.) ^ O. F. Gruppes Komödie

.Die Winde oder ganz absolute Konstruction der neuern

17. Oktober 1830 - 18. März 1831

40 Dem Kondukteur Herrn Franz Κ u g 1er frei Wohlgeboren zu Berlin K o c h s t r a ß e N . 14

Hierbei ein Buch in weißem Papiereinschlag gez. F. K . B e r l i n

17. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus 1 Ew. Wohlgeboren würden mich ungemein verpflichten, wenn Sie mir von der dritten Sektion der Allgemeinen Enzyklopädie, vom ersten Teil - aus irgendeinem Ausschußexemplar, das Sie ja wohl haben werden - die Bogen zusenden wollten, auf welchen sich die Artikel Ode (nämlich ihr ästhetischer Begriff) und Geschichte der deutschen Ode befinden. Mir ist das Manuskript gänzlich abhanden gekommen. Meiner Vorlesungen wegen wünschte ich aber gern im Besitz dieser Arbeit zu sein. Die betreffenden Kosten können Sie mirgelegentlich von dem mir für diese Artikel zustehenden Honorar abziehen. In Erwartung einer geneigten Erfüllung Ew. Wohlgeboren Halle, ergebenster a. 15ten Februar Karl Rosenkranz D r . 1831 Kleine Ulrichsstr. 101b

18. An Johann Wolfgang v. Goethe Ew. Exzellenz wollen die Kühnheit verzeihen, mit welcher ich Ihnen das beifolgende Büchlein zugeeignet 2 habe. Es ist geschehen, und ich schwebe in Erwartung, wie Sie damit zufrieden sind. Ich für meine Person habe natürlich die beste Meinung von dem Versuch, ohne mich indessen über seine zahllosen Mängel als Kunstwerk zu betrügen. Die materielle Seite, die Darstellung des theologischen Wirrwarrs, ist das eigentlich Gelungene. Die formale Seite ist zu undramatisch, als daß man nicht oft Anstoß nehmen müßte.

1

2

Weltgeschichte durch Obérons Horn, gedichtet von Absolutulus von Hegelingen'. Leipzig 1831. Nd. in .Hegel-Spiele', hrsg. v. Heiner Höfener, Donauwörth 1977. Da Briefumschläge mit Adressen fehlen, ist nicht auszumachen, ob Rosenkranz diesen und weitere Briefe an den Besitzer der Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus, Heinrich Brockhaus oder an die Verlagsbuchhandlung selbst gerichtet hat. Rosenkranz widmete das .Geistlich Nachspiel zur Tragödie Faust' Goethe.

19. Mai 1831

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Sie werden lachen, daß ich Ihnen sogleich eine Kritik mitsende. Aber es ist so lange her, daß ich dieses Gedicht schrieb, daß ich unwillkürlich, indem ich es Ihnen empfehlen möchte, anfange zu urteilen. Ich schrieb es 1827 bei meinem Aufenthalt in Heidelberg, woraus Sie auch das Lokal erklärlich finden werden; ζ. B. der Garten im holländischen Geschmack ist der Vossische an der Plöck; die Supernaturalisten (Resignierte) dachte ich mir auf der Spitze des Ölberges bei Schriesheim, woher die Schilderung der Ebene eingeflossen ist usw. Nur die Eingangsszenen habe ich im vorigen Herbst teils hier in Halle, teils bei meinem Aufenthalt in Berlin geschrieben. Wie wunderlich mir zu Mut ist, indem ich bedenke, // daß Sie diesen Brief lesen werden, wie möchte ich das sagen! Sie sind mir so bekannt, und ich bin Ihnen fremd, aus welcher Ungleichheit ich in ein Schwanken geraten bin, gegen welches ich nur durch die unbedingteste Offenheit Rat weiß. Seit Jahren hat es meine liebe Eitelkeit gequält, auf irgendeine Weise Ihnen, dem ich so unendlich viel verdanke, näher zu kommen; immer aber, wenn ich etwas geleistet hatte, schien es mir hinterher so geringfügig, daß ich nicht wagte, es vor Ihre Augen treten zu lassen. Ich hatte mich der Wahlverwandtschaften angenommen, über Spinoza, über Calderons1 Magus mit Beziehung auf Ihren Faust, in meiner Geschichte der deutschen Poesie im Mittelalter über dies und jenes aus Ihren Werken usw. geschrieben, niemals aber den Mut gehabt, Ihnen etwas davon zu senden. Nun endlich bin ich so weit, und nun endlich geht die Unruhe erst recht los, weil ich in der größten Spannung bin, ob ich Ihnen auch Ehre mache. Noch vieles hätte ich darüber zu sagen, allein ich will lieber schließen und leben und sterben als Ew. Exzellenz innigst ergebener Halle, Karl Rosenkranz am 18ten März Kleine Ulrichsstraße 101b 1831

19. An Johannes Schulze Hochwohlgeborener Herr, hochzuverehrender Herr Geheimer Rat, so viel Stoff, Ihnen zu schreiben, hat sich bei mir angesammelt, daß ich wahrscheinlich noch längere Zeit würde haben hingehen lassen, Ihnen Ihre Zeit zu rauben, wenn nicht ein außerordentlicher Fall mich plötzlich bestimmte. 1

Der spanische Dichter Calderón de la Barca (1600-1681) übte starken Einfluß auf die deutschen Romantiker (insbes. Tieck) aus. Auch Johannes Schulze fühlte sich stark von ihm geprägt. (Vgl. Varrentrapp, a. a. O. S. 92- 96, 108, 260.)

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19. Mai 1831

Ich habe ein kleines humoristisches Drama, Geistlich Nachspiel zur Tragödie Faust, eine poetische Kritik der weiland lebenden theologischen Parteien drucken und bei W. Langewiesche in Iserlohn, den ich im vorigen Herbst in Berlin zufällig kennenlemte, verlegen lassen. Wäre mir ein Exemplar zur Hand, so würde ich so frei sein, eines für Sie beizulegen. Allein die wenigen, die mir ausgeliefert wurden, sind zum Teil in Berlin und eines bei Goethe, dem ich das Ganze gewidmet habe; vielleicht kann Ihnen der Herr D r . Marheineke das seinige mitteilen. - Durch mir unerfaßlichen Mißverstand ist der Schrift bei der Regierung in Westfalen in erster und zweiter Instanz das I m p r i m a t u r versagt. Gestern habe ich dieselbe in Begleitung der betreffenden Zeugnisse von Herrn Oberkonsistorialrat Hasenclever und Sr. Exzellenz, dem Oberpräsidenten Herrn von Vincke, an ein hohes Oberzensur-Kollegium in Berlin abgesandt und dem Gesuch des Buchhändlers eine kleine Apologie hinzugefügt, in der ich wahrscheinlich gegen Sr. Hochwürden zu bitter gewesen bin; denn über den didaktischen Gehalt meiner Schrift, über ihre echt kirchliche Tendenz habe ich die völligste Gewißheit und kann mich desfalls auch auf das Zeugnis des Kirchenrats Daub berufen, unter dessen Augen vor fünf Jahren beinah ihr erstes Fundament entstand. Ein so lang und so liebevoll gepflegtes Werk durch die schiefste Ansicht mißhandelt zu sehen, regt natürlich einem Autor, zumal einem cholerischen, die Galle auf. Daher wage ich die dringende und gehorsamste Bitte, daß Ew. Hochwohlgeboren, wenn Sie irgend in dieser Angelegenheit etwas tun können, mich in Ihren gedeihlichen Schutz nehmen mögen. Um so mehr fühle ich mich zu dieser Bitte gedrungen, // als ich dem Verlag des pp. Langewiesche noch ein anderes Werk, eine philosophisch-historische Schrift über die Naturreligion, übergeben habe. Der Druck desselben ist längst beendet, und ich wartete täglich mit Sehnsucht, es in meinen Händen zu sehen, um Ihnen eine Probe von dieser Seite meiner Studien zu geben. Allein der Konsistorialrat zögert mit dem I m p r i m a t u r und wird das Buch allem Anschein nach als ein krasses Produkt des Hegeischen Pantheismus durchfallen lassen, zumal ich in der Vorrede über die Phänomenologie und die logische Methode mit einem abominabeln Fanatismus gesprochen habe. Würde nun der Faust freigegeben, so würde dies günstig auf die Naturreligion zurückwirken und sie ihrer Haft endlich erledigen. Dies ist die Bitte, die ich Ihnen zunächst an Ihr wohlwollendes Herz lege. Allein ich fühle die Verpflichtung, noch weiter zu bitten. Ich erklärte, als ich mich hier habilitierte, daß ich nach einem Kursus philosophischer Vorlesungen 1 1

In Halle hielt Rosenkranz folgende Vorlesungen: WS 28: Religionsphilosophie, Nibelungenlied; S S 29: Logik, Ethik; WS 29: Nibelungenlied, Religionsphilosophie; SS 30: Logik u. Metaphysik, Allg. Mythologie; WS 30: Allg. Geschichte der Philosophie; S S 31 : Ethik; WS 31: Religionsphilosophie; S S 32 Ethik, Allg. Geschichte der Poesie; WS 32: Geschichte der Philosophie, Religionsphilosophie; S S 33: Ästhetik, Ethik, Nibelungenlied.

19. Mai 1831

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in die theologische Fakultät überzugehen beabsichtige. Daß dies nicht ein bloßes Vorgeben sondern Emst war, beweisen meine Rezensionen, meine Schrift über die T r e s I m p o s t o r e s , meine Vorrede zur Rhetorik von Maaß und jenes Nachspiel wohl hinlänglich und wird durch den zweiten Teil meiner Rezension über Schleiermacher sowie durch eine seit sieben Jahren vorbereitete Enzyklopädie der theologischen Wissenschaften im Laufe dieses Jahres noch ferner bewiesen werden. Aber ebensosehr bin ich für die Geschichte der Kunst und Mythologie tätig gewesen, sollte auch der Wert meiner Geschichte der deutschen Poesie im Mittelalter erst nach einigen Jahren so anerkannt werden, wie sie es verdient; denn die wenigsten haben aus Unbekanntschaft mit dem Stoff eine Ahnung von den Schwierigkeiten, die ich zu überwinden hatte und von der GrimmLachmannschen Schule1 darf ich keine Gerechtigkeit erwarten, sie verliebt sich immer mehr in // den Buchstaben. Ew. Hochwohlgeboren entschuldigen diesen ungezogenen Ausdruck und Ausbruch meines Selbstgefühls; aber ich gestehe es, ich bin stolz auf dieses Buch und weiß, was ich für Deutschland und mittelbar für die Geschichte der Poesie überhaupt dadurch getan habe. Sonach stehe ich ganz zweideutig da. Kein Mensch weiß recht, was er aus mir machen soll. Ich selbst fühle nur zu sehr, wie viel äußerer Nachteil mir aus einer solchen Doppelrichtung erwachsen muß. Aber so fest ist bei mir die Anhänglichkeit an beide Richtungen, daß ich ohne einen Wechsel meiner Tätigkeit in beiden gänzlich unglücklich sein würde. Seit Neujahr arbeite ich z. B. fast ununterbrochen an der theologischen Enzyklopädie. Aber um Michaelis werde ich momentan so ersättigt sein, daß ich alle Theologie fliehen und mich wieder in die Geschichte der Kunst, namentlich der Poesie vergraben werde. So eingenommen bin ich dann von meinen Stimmungen, daß ich leider mit Innigkeit auf anderes während einer solchen Epoche nicht einzugehen vermag. Ohne gänzliche Hingebung bin ich aber nichts wert, besonders nicht in meinen Vorlesungen, wo ich denn aber auch Begeisterung zu erregen bisher das Glück hatte. Diesen Sommer kann ich als Dozent so gut wie nichts tun, weil mich die Enzyklopädie wie ein böser Geist verfolgt. Ich habe daher den Entschluß gefaßt, während der näc[hste]n Jahre, überhaupt auf unbestimmte Zeit, in der philosop[hisch]en Fakultät zu bleiben und mit dem Vortrag der Religi[onsp]hilosophie, Mythologie, Geschichte der Poesie, Geschichte der Philoso[phi]e und Ethik fortzufahren. Denn zu vieles gärt in mir und will seine gründliche Befriedigung, wenn ich nicht geistig 1

In einem Brief der Brüder Grimm an Emil Braun v. 25. Aug. 1830, in: E. Brauns, .Briefwechsel mit den Brüdern Grimm u. J. v. Laßberg', hrg. v. R. Ehwald, Gotha 1891, heißt es: „Das Buch von Rosenkranz [Geschichte der Deutschen Poesie im Mittelalter] hat mich nicht erbaut, ich habe es unmöglich lesen können, dergleichen unreife, mit Prätension vorgesetzte Früchte schaden jedermann."

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19. Mai 1831

untergehen und meine Freiheit verkommen soll. Ob ich mich falsch beurteile, ob mich Eitelkeit besticht - nun, davon werden meine Werke die besten Zeugen sein. Ein Vorgefühl, daß ich gewiß in kühleren Jahren ein guter Theologe werde, umschwebt mich immer; jetzt aber habe ich an dem Kreuz zu schleppen, was die Hegeische Philosophie der Theologie mir auferlegt hat und sehe recht wohl ein, wie die Durchkämpfung // dieses Widerspruchs mich zerrüttet und wie ich nur durch diese Arbeit, durch diese Teilnahme an dem allgemeinen Kampf etwas wert bin. Ich kann aber nicht bergen, daß meine äußere Lage die traurigste von der Welt ist, wenn ich auch Laune und Mut genug habe, mich darüber zu erheben. Auf die Länge wird es doch sauer. Ich hoffte - da die Buchhändler bekanntermaßen sehr karg sind und der Apparat meiner Studien auf hiesiger Bibliothek nur zum Drittel zu finden ist - ich hoffte ein hohes Ministerium würde mich im Lauf des Winters mit einer Gratifikation unterstützen; ich hoffte, man werde auch mir durch eine Titularprofessur wenigstens das Zeugnis geben, daß ich dem Heim Pr. Mußmann (vor dem ich mich habilitiert, den ich zur Disputation eingesprochen hatte) nicht nachstünde, daß ich auch so viel getan, wie unser Lorentz, aber keine dieser Hoffnungen hat sich erfüllt. Ja, ich will es Ew. Hochwohlgeboren nicht verhehlen, daß ich, im Unmut über eine solche gänzliche Unberücksichtigung - die ich doch, nachdem Herr Hoffman die mir dargebotene Professur in Breslau bekommen hatte, nicht erwarten konnte - bereits den Entschluß gefaßt hatte, die akademische Laufbahn gänzlich zu quittieren und Schulmann zu werden, wozu ich gerade gute Aspekten hatte. Die Empfindung, auf dem Katheder in meiner Heimat zu sein, die Liebe, deren ich mich in diesem Winter bei meinen Zuhörern erfreuete, die Erwartung, daß ich unter der Flut von Tönen, welche die Zeit durchkreischen, endlich durchdringen müsse, die Erwägung der schlechten Zeiten im allgemeinen, besonderen und einzelnen, und das Vertrauen auf Ihre Gerechtigkeit haben diesmal die Oberhand behalten. Ich habe noch einmal Atem geschöpft, will meine Amphibiennatur rücksichtslos, wie bisher, fortwalten lassen und mein B i v o n a q u e noch ein Jahr erdulden. Mögen Ew. Hochwohlgeboren alles Schroffe und Starre in diesem Brief mit dem Mantel der Liebe zudecken und mich die Überzeugung nicht verlieren lassen, daß Sie mir, trotz der Widersprüche, die mein Wesen konstituieren, doch gut sind. Halle, am 4t. Mai 1831 Ew. Hochwohlgeboren innigst ergebener Karl Rosenkranz

20. Mai 1831-21. Juni 1831

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20. An Moritz Hermann Eduard Meier Halle, a. 19ten Mai 1831 Hochverehrtester Herr Professor, beiliegend sende ich Ihnen den Artikel Ofterdingen und habe darin die Resultate des endlosen Hin- und Herredens (was nur an dem Gerede, ob es einen Homer oder keinen gegeben seinesgleichen hat) über ihn enzyklopädisch ohne alle kritische Verzierungen zusammengestellt. Weitläufiger zu werden, Stellen zu allegieren usw. wozu ich sehr in Versuchung geriet, schien mir weder der untergeordneten Bedeutung dieses Artikels noch dem Charakter einer Enzyklopädie (welche die Führung der Untersuchungen voraussetzt) angemessen zu sein. - Aus dieser Rücksicht ersuche ich Sie auch, den von mir selbst angegebenen Artikel - O gier - gefälligst zu streichen oder ihm die Verweisung S . R o m a n , hinzuzufügen, da ich doch hoffentlich den Artikel R o m a n zur Bearbeitung bekommen werde, wenn uns die Cholera nicht vorher zur Makulatur des Friedhofs verarbeitet. - Dürft' ich Sie wohl bitten, bei passender Gelegenheit das Oberbibliothekariat zur Komplettierung der Wiener Jahrbücher1, die für diese Literatur so reichhaltig sind, anzuspornen? Denn seitdem mein polygraphischer Nachbar zu seinen Vätern versammelt worden, wird mir gar nicht mehr zuteil, den bibliothekarischen Vollmond zu schauen. Im Namen der Enzyklopädie lege ich Ihnen meine Bitte an das Herz und bin Ihr innig ergebener Karl Rosenkranz

21. An Johannes Schulze Hochwohlgeborener Herr, hochzuverehrender Heir Geheimer Oberregierungsrat, höchst erfreulich ist mir die Teilnahme gewesen, welche ich abermals bei Ihnen gefunden habe und für die ich Ihnen meinen herzlichsten Dank sage. Die Gratifikation habe ich auch g r a t o a n i m o empfangen und bin durch sie auch in äußerer Hinsicht erleichtert. Am wichtigsten aber ist mir die Nachricht gewesen, in unsere theologische Fakultät einzurücken 2 , weil sie mir ganz 1

2

Wiener Jahrbücher (=Jb. der Literatur), Bd. 1-128, Wien 1818-1849. Bedeutendes österr. Rezensionsorgan, von Gentz u. Metternich mit staatlicher Unterstützung gegründet. Rosenkranz' Geschichte der deutschen Poesie (1831) u. sein Goethe-Buch (1847) wurden rez. Zur Geschichte der WJb. s. Lechner, Sylv., .Gelehrte Kritik u. Restauration. Metternichs Wissenschafts- und Pressepolitik und die Wiener „Jahrbücher der Literatur" (1818-1849)'. Tübingen 1977. Rosenkranz wurde am 18. Juli 1831 zum ao. Prof. mit 200 Talern Gehalt berufen.

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22. Juli 1831

unerwartet kam, obwohl ein solches Gerücht, dem ich keinen Glauben beimaß, schon seit längerer Zeit hier umlief. Einem von so vielerlei Neigungen und Leidenschaften zerspaltenen Menschen wie mir kann es am Ende nur im höchsten Grade wünschenswert sein, wenn andere, ruhiger und besonnener, ihm von außen zu Hilfe kommen und ihm eine Bestimmheit zu geben suchen, zu welcher er von selbst sobald nicht gelangen würde. Ich sehe diese wenigen Zeilen als für mein Leben und Wirken insofern entscheidend an, als ich zum ersten Mal, nach einer nochmaligen ernsten Selbstprüfung ausspreche, mich von nun an der Theologie ganz zu widmen. Was ich noch von Kunststudien seit einer Reihe von Jahren gesammelt habe, ist mir darum nicht verloren, und ich werde diesen Winter in Vorlesungen über die allgemeine Geschichte der Poesie mich deswegen ganz beruhigen, um von Ostern des nächsten Jahres ungeteilt der Theologie mich hinzugeben. Einen großen Ruck hat mir die Ausarbeitung meiner theologischen Enzyklopädie gegeben; ich habe durch sie eine organische Übersicht des ganzen Gebietes gewonnen und eine Gewißheit meiner Kraft erlangt, die ich zuvor nicht hatte, wo // ich zu verwirrt war. Ich denke, die Gärung soll von Zeit zu Zeit in festen Gebilden mehr und mehr sich niederschlagen. Von der Enzyklopädie wird schon der fünfte Bogen gedruckt und ich gestehe, daß ich für das Schicksal des Buches in äußerlicher Hinsicht nicht für unvorteilhaft halte, wenn ich auf dem Titel q u a Professor figurierte, indem dadurch das Jugendliche in den Augen des Publikums gemildert würde, was die Benennung Privatdozent mitsichführL Aus diesem Grund wäre mir lieb, wenn die Angelegenheit sich noch im Laufe des Sommers entschiede, da Arbeit und Druck bis Ende August vollendet sein werden. Mit größtem Dank und aufrichtigster Hochachtung Ew. Hochwohlgeboren Halle, innigst ergebener a. 26st. Juni 1831 Karl Rosenkranz

22. An Franz Kugler Mein bester Kugler, Sie glauben nicht, wie gem ich das Thema wiederhole von der Art und Weise, wie wir uns zueinander gefunden haben. Zehnmal schon habe ich Ihnen in meinen Briefen (wenn meine freundschaftlichen Sudeleien diesen Namen verdienen) davon gesagt, und immer kann ich nicht satt werden, diese Erinnerungen zu erneuen. Ein Brief von Ihnen ruft mir Ihr Wesen mit seiner heiteren Abgeschlossenheit und in stiller Tiefe keimenden Tätigkeit nie ohne Sehnsucht hervor. Doch genug.

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Meine Rezension Ihres Skizzenbuchs liegt schon seit Ende April bei unserer Redaktion; ich sagte Ihnen vorher, daß es sehr langsam mit dem Abdruck geht. Ich habe versucht, das innere Verhältnis anzugeben, in welchem Ihre poetische Richtung zu den anderen steht, welche von Goethe, Uhland und Heine entsprungen sind; mit Vorliebe bin ich bei dem Totentanz verweilt und habe Sie zu dessen Vollendung aufgefordert. Ich hatte gerade den Frenzeischen Stich des Holbeinschen Totentanzes zur Kritik, zu welchem ein Schmierer, August Bechstein, eine unverständige und saloppe Erklärung gereimschmiedet hat; so wuchs denn durch diese Folie meine Verehrung für Ihre Auffassung. Die Verse vom Studenten habe ich als Probe ausgeschrieben. Die Skizzen d. h. die Vignetten, habe ich geschildert und wünsche, recht gesehen zu haben. Sobald der Abdruck der Rezension erfolgt ist, werde ich es Ihnen melden. Daß das Ministerium auf Ihre Pläne einzugehen geneigt ist, hat mich sehr gefreuet. Doch denke ich, Sie im September wohl noch in Berlin wieder zu sehen, wo ich meine Braut zu besuchen hoffe. Denn, nach kleinen Exkursionen, werden Sie wahrscheinlich immer nach Berlin zurückkommen. Mit dem Kirchenbau habe ich mich indessen auch wieder etwas abgegeben, auf Veranlassung der christlichen Archäologie. Auch habe ich mir Mollers Denkmäler angeschafft (so wie zur Erinnerung an Heidelberg die drei großen Kupferstiche von Haldenwang). Am meisten beschäftigt mich in diesem Fach die Idee einer Kirche, wie sie dem jetzigen Geist der evangelischen Christenheit gemäß ist. Ich weiß, daß auch Sie schon lange damit um//gehen. Es wäre deshalb nicht ohne, wenn wir uns im September hierüber miteinander berieten, Sie von künstlerischer, ich von theologischer Seite, um vielleicht hierüber etwas zustande zu bringen, da doch das jetzige Schwanken zwischen byzantinischen, deutschen und ganz antiken Formen unerträglich ist. Ich werde meine Papiere mitbringen. Wegen der Promotion wünsche ich Ihnen den besten Sukzeß; es ist der leidige Doktortitel allerdings zur Repräsentation ein Vehikel; ein Wegweiser, für einen Soldaten aus dem Korps der Wissenschaftlichen gehalten zu werden; bei Reisen sehr brauchbar. Mein armer Faust ist abermals durch alle drei Instanzen der preußischen Zensur trotz meiner Remonstranzen als ein blasphemisches Buch durchgefallen. Daher habe ich mich mit ihm nach dem Auslande wenden müssen und den Titel umdrucken lassen. Noch ist die Sache nicht beendet. Nun gebe der Himmel, daß das Büchlein bald vergriffen wird; dann wäre es sehr schön, wenn wir die zweite Auflage mit Skizzen von Ihrer Hand schmücken könnten. Auch hierüber wollen wir mündlich konferieren, und ich werde Ihnen (wie schon früher gesagt) als dem Taufpaten ein Exemplar mitbringen. Was das Gedicht betrifft, zu dessen Beurteilung Sie mich auffordern, so muß ich gestehen, daß ich dem Urteil Ihrer Freunde beistimmen muß, welche sich mit der letzten Strophe nicht vertragen können. Mein Grund dafür ist, daß jedes lyrisches Gedicht, was eine zerrissene Stimmung schildert, unpoetisch wird,

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wenn am Schluß eine allgemeine moralische oder religiöse Wahrheit als Beruhigung eintritt. Denn viel poetischer ist die Kühnheit des Frevels; die Kraft, den Schmerz in sich auszuhalten; die Konsequenz der Verzweif//lung oder wie Sie es nennen wollen, als das Hinüberstellen des gebrochenen Herzens in die göttliche Gnade. Ν. B. wo nicht schon der Anfang des Gedichts auf eine solche Abschließung hindeutet Dies scheint mir bei Ihnen nicht (wie etwa in mehren Liedern von Novalis) der Fall zu sein, und ich würde daher am Ende lieber den Wunsch ausgesprochen finden, in das Nichts hin zu verschwinden. Doch gebe ich gern zu, daß es sehr schwierig ist, solche unbestimmte, allgemeine, nichtssagende Glosse zur Bestimmtheit und individuellen Lebendigkeit umzugestalten und einen deutlichen Sinn hineinzulegen, wie Sie versucht haben. H a e c hactenus. Also bis auf Wiedersehen (wenn indessen nichts Remarquables in Ihren Utopien und meinem Nirgendheim vorfallen sollte) leben Sie recht wohl und gedenken zuweilen

Halle, a. 1 sten Juli 1831

Ihres Freundes Karl Rosenkranz

P. S. Mit Stieglitz habe ich mich gewissermaßen versöhnen und einigen müssen. Er hat mir die artigsten Briefe von der Welt geschrieben und mir die Bilder des Orients zum Geschenk gemacht. - Noch muß ich auch bemerken, daß ich in Fr. Schlegels sämtlichen Werken, die ich mir vor einigen Monaten angeschafft habe, im 6t. u. 10t. Bde. sehr schöne Bemerkungen über die bildenden Künste getroffen habe, die ich früher nicht kannte, auch jetzt, bei anderen Arbeiten, erst flüchtig habe durchsehen können.

23. An das Ministerium für geistl., Unterrichts- u. Medizinalangelegenheiten Ew. Exzellenz haben mir bisher eine so ausgezeichnete Teilnahme bewiesen, daß ich durch sie mich erkühnt fühle, eine für mein Leben, wenn Sie erhört wird, entscheidende Bitte zu wagen. Seit drei Jahren bin ich Dozent in der hiesigen philosophischen Fakultät und darf mir, wenn mich nicht alles täuscht, damit schmeicheln, nicht ungünstig in ihr gewirkt zu haben. Allein meine Wirksamkeit war bis dahin noch keine recht bestimmte; ich habe Mythologie, allgemeine

23. Juli 1831

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und christliche Religionsphilosophie, Ethik, die Nibelungen und andere Gegenstände abwechselnd vorgetragen und jedesmal gleich guten Erfolg gehabt. Im Hintergrunde meiner Studien stand aber die Theologie, für welche ich literarisch wenigstens eben so tätig zu sein suchte, als für die Geschichte der Poesie. Indem ich nun aber durch ein hochlöbliches Kuratorium vernehme, wie ein hohes Ministerium nicht abgeneigt ist, mir in der hiesigen theologischen Fakultät eine Professur zu erteilen, so bekenne ich, daß damit meine Tätigkeit auf eine Weise fixiert werden würde, welche gerade meinem Charakter auf das höchste angemessen wäre, weil ich, offen gestanden, zu denjenigen Menschen gehöre, die, von unzähligen Widersprüchen gequält, ihre äußere Stellung mehr von außen zu entnehmen haben, da sie selbst zu wenig Sinn für das Praktische besitzen. Wie ich also vor zwei Jahren darum bat, mir die Professur der deutschen Sprache und Literatur in Breslau zu // erteilen, als zu welcher die dortige philosophische Fakultät mich in Vorschlag gebracht hatte, so wage ich jetzt um die Erteilung einer Professur in der hiesigen theologischen Fakultät zu bitten. Bitten aber muß ich um so mehr, als ich im Augenblick nicht im Stande bin, meine Qualifikation dafür durch größere Werke zu dokumentieren. Denn zwei von mir in Druck gegebene Schriften, ein philosophisch-historischer Versuch über die Naturreligion und ein anderes, worüber ich der größten Anstrengung mir bewußt bin, um dies Werk auf eine selbständige und würdige Weise zu gestalten, nämlich eine Enzyklopädie der theologischen Wissenschaften, werde ich Ew. Exzellenz erst im nächsten Monat vorlegen können, weshalb ich mich auf sie nur antizipierend berufen kann und mich einstweilen genötigt sehe, teils meine kleineren Arbeiten, wie ζ. B. über das Buch d e t r i b u s i m p o s t o r i b u s , teils meine weitläufigeren Kritiken, wie über Sacks Apologetik, über Schleiermachers Dogmatik, über Baaders Dogmatik usw. in Anschlag zu bringen. Hauptsächlich wünschte ich für spekulative Theologie zu wirken. Aber auch die bei uns vernachlässigte Geschichte des Kultus werde ich lesen, weil ich von der Kunst nicht lassen kann, auch, indem ich in der philosophischen Fakultät habilitiert bin, mit meinen Vorträgen über Mythologie und über manche Partien der Geschichte der Theologie und Philosophie fortfahren und sie als Ρ u b 1 i c a geben werde. Denn so gewiß auf unserer Universität eine wahr//haft spekulative Behandlung der Theologie mangelt, so sehr mangelt auch eine philosophische Behandlung der Geschichte der Religionen. Ew. Exzellenz würden mich daher zur höchsten Dankbarkeit verpflichten, wenn Sie mir gnädigst eine Professur für spekulative Theologie erteilen wollten, indem ich durch sie in die feste Richtung geleitet würde, welche ich als das eigentlich Wertvolle meines Daseins ansehe. - Inwieweit das Dürftige meiner äußeren Lage mit einer solchen Beförderung zusammenhängt und sie mir annehmlich macht, übergehe ich jetzt, um die Empfindung nicht zu trüben,

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24. Dezember 1831 - 25. Januar 1832

welche uns die Erkenntnis unseres Berufes, unabhängig von jeder endlichen Rücksicht gewährt, denn nur zu oft muß man ja von dieser Seite des Lebens mit sich und anderen reden. Ew. Exzellenz wollen die freimütige Darlegung meiner Wünsche gnädig anund aufnehmen. Mit tiefster Hochachtung und Ergebenheit Ew. Exzellenz Halle, gehorsamst untertäniger a. 5ten Juli 1831 Karl Rosenkranz D r .

24. An Karl Preußker Halle, a. 22sten Dzbr. 1831 Ew. Wohlgeboren entschuldigen die Verzögerung der Antwort auf Ihr geehrtes Schreiben v. 28st. v. M. Der Professor L o r e n t ζ , im Begriff, nach Petersburg abzugehen, war mit Geschäften überhäuft und hat mir hinterlassen, Ihnen Quittung (welche hierbei erfolgt) und Antwort zu geben. Er ist wirklich, wie vor mehren Jahren der Prof. Kruse, nach Rußland abgereist, und das hiesige Präsidium hat das Vertrauen zu mir gehabt, mich an seine Stelle zu setzen. Ich muß gestehen, daß ich Ihnen, wie Sie wünschen, über den S t a t u s q u o unseres Vereins eigentlich weiter nichts melden kann, als das immer noch eine übergroße Menge Restanten da sind, welche das Zirkularschreiben vom März unbeantwortet gelassen haben. Durch diesen Umstand, der in der Kriegs-, Aufruhr- und Cholerafurcht des laufenden Jahres seinen hinreichenden Erklärungsgrund findet, sind die Unternehmungen des .Vereins gänzlich gehemmt. Ich werde jedoch // auf Mittel denken, die Unschlüssigkeit und das Zögern dieser Mitglieder (es sind einige Hundert) zu beenden. Für die Herausgabe des Journals, was Ihnen so notwendig scheint, interessiere ich mich auf das lebhafteste, weil es das einzige Band ist, was die Glieder des Vereins zusammenhalten kann. Hier denke ich, mit dem bisherigen, saumseligen und unlustigen Verleger bei passender Gelegenheit auseinanderzukommen und noch zu Ostern das erste Heft des neuen Journals herauszugeben. An Arbeiten fehlt es nicht. Hochachtungsvoll Ew. Wohlgeboren ergebenster Professor hierselbst Karl Rosenkranz 25. An Franz Kugler Nur um Ihnen, lieber Freund, zu sagen, daß ich nicht aufhöre, Ihrer zu gedenken und Briefe wie Skizzenbuch zur Ergänzung der Erinnerung nehmend, richte ich

26. Februar 1832

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diese Zeilen an Sie. Möge es Ihnen mit Ihren Unternehmungen nach Wunsch gehen; als Bräutigam, wie Sie, kann man gar nicht schnell genug vorwärtskommen. Meine Rezension Ihres Skizzenbuches werden Sie in unserer L i t . Z e i t . 1831, N o . 221, Dzbr. endlich gefunden haben, und möge sie Ihnen recht gewesen sein. Ich bin seit vierzehn Tagen an einem gastrischen Fieber (was auf dem Sprung stand, in Cholera überzugehen) sehr krank und schwach. Leben Sie recht wohl! Ihr Freund Halle,am 28st. J a n u a r 1832 Karl Rosenkranz

26. An Eduard Anton Sie empfangen beiliegend zunächst mit allem Dank den L ο ν e 111 und das D e c a m e r o n e zurück. Sodann sende ich Ihnen eine Ankündigung unseres Journals 2 zu, wie es auftreten soll. Ich habe an Ruff geschrieben, sehr dringend geschrieben, sich zu erklären; er läßt mich seit zwei Wochen ohne Antwort. Nun habe ich die Sache mit L e o überlegt, und wir haben denn beschlossen, da die Herausgabe des bisherigen Journals so lange gerastet hat, da ferner der Verlag an Sie übergeht, da endlich die Zeitschrift einen freieren und allgemeineren Charakter empfangen soll (wofür ich nächsten Winter durch Abhandlungen über die Kunst des Mittelalters besonders zu sorgen denke), so ist es am zweckmäßigsten, der Sache einen ganz neuen Titel zu geben. Sie kommen auf solche Weise schlechthin mit Ruff außer Kollision, und ich hebe von meiner Seite ebenfalls jede Relation zu ihm auf; sobald Sie die Ankündigung genehmigt haben, erfolgt die definitive Lösung aller Bande. Daß ich in der Ankündigung die Arbeiten einiger Mitglieder speziell erwähnt habe, // glaubte ich vorteilhaft, um diese Männer ganz frisch zu interessieren und so die Aufmerksamkeit und Spannung in verschiedenen Kreisen auch durch den literarischen Egoismus zu erregen. Für eine baldige Verbreitung jener Ankündigung würden Sie nun allerdings Sorge zu tragen haben; ebenso für den Anfang vom Druck des Journals, dessen Äußeres ich ganz in Ihre Disposition stelle, Ihrem Takt und Geschmack sicher vertrauend. Zu diesem Behuf sende ich Ihnen den Aufsatz über das kevernburgische Gemälde e t c . Wie gesagt, wird vom Steindruck in diesem Jahr weiter nichts vorkommen, unser erstes Heft aber dadurch ein recht antikes und gelehrtes Aussehen erhalten.

1 Ludwig Tieck, ,Die Geschichte des Herrn William Lovell'. Briefroman. 1795/96. Neue Zeitschrift für die Geschichte der germanischen Völker. Von dem thüringisch-sächs. Verein für die Erforschung des vaterl. Altertums und die Erhaltung seiner Denkmale hrsg. durch K. Rosenkranz. Jg. 1, H. 1-4. Halle 1832 (Mitteilungen des thüringisch-sächs. Vereins im Jahr 1832).

2

27. Februar 1832

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Den Kontrakt können Sie ganz nach meinem früheren Anschreiben an Sie entwerfen; nur habe ich aus den Akten ersehen, daß zuweilen bei außerordentlichen Arbeiten, die viel Kosten durch Nachgrabungen e t c . forderten, den Verfassern ein Honorar // von vier Talern p r o Bogen als M a x i m u m bewilligt ist. Wie gesagt ist dies aber eine Ausnahme und als solche auch im Kontrakt aufzuführen; oder vielmehr Ihre Bereitwilligkeit zu einer solchen Honorierung. Am besten besprechen wir uns wohl in den nächsten Tagen über dies alles. Der Druck meines Buchs hat glücklicherweise seinen Fortgang, und der achte Bogen wird gesetzt. Leben Sie wohl! Hochachtungsvoll Ihr ergebenster Halle, a. 15t. Februar 1832 Karl Rosenkranz Ν. B. In das erste Heft kommt nichts als der Aufsatz von Hesse 1 , eine Rede von Professor Lorentz und eine Vorrede zur Entwicklung des neuen Plans von mir.

27. An Franz Kugler Halle, a. 15t. Februar 1832 Gerade an demselben Sonnabend, mein teurer Kugler, als ich nachmittags Ihren lieben Brief empfing, hatte ich vormittags als Beischluß eines größeren Briefs, den ich nach Berlin zu senden hatte, einige Zeilen zur Erinnerung an Sie beigelegt, aber nach der Kochstraße adressiert, und so haben Sie dieselben gewiß nicht empfangen. Ich hätte Ihnen viel zu erzählen, wenn ich alle Metamorphosen, äußerliche und innerliche, auftischen wollte, die ich seit unserem Scheiden beim N i b e l u n g e n h o r t erlebt habe. Die Hauptsache ist die letzte, daß ich unter dem für mich und meine Braut vom Arzt sehr beruhigend wirkenden Namen eines gastrischen Fiebers, vom 17t. J a n . an einen entsetzlichen Anfall der Cholera überstanden habe; jetzt hat es der Arzt selbst kein Hehl; aber Himmel, wie bin ich, von Natur schon ein Skelett, durch diese unnatürliche Krankheit zu einem potenzierten Skelett geworden! Und die Nervenschwäche, die mir zurückgeblieben! Das Schreiben wird mir noch recht sauer, so daß auch dieser Brief viel kürzer a c t u ausfallen wird, als er p o t e n t i a sein könnte. Vor allen Dingen muß ich meine Freude über die heitere, lebensfrohe und schöpfungslustige Stimmung aussprechen, die aus Ihrem Brief hervorleuchtet und sich recht reell durch die beigefügten Legenden, für die ich schönstens danke, dokumentiert. Ich bin eben - da ich größere Arbeiten aus Ohnmacht nicht vornehmen kann - dabei, Götzingers Deutsche 1

Ludwig Friedrich Hesse, .Über das sogenannte Kevemburgische Gemälde u. die Geschichte des Schlosses Kevemburg', in: a. a. O., Bd. 1, Heft 1, S. 1-65.

27. Februar 1832

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Dichter zu rezensieren, der sich auch // über die Legende ausläßL Hierbei werde ich die Gelegenheit vom Zaun brechen und mir die Freiheit nehmen, das, was ich von den Ihrigen Gutes und (bei der Magdalena p a s s i m und bei dem kranken Knaben t o t a l i t e r - denn es ist ganz gegen den heiligen Grundton aller Legende, solche Wünsche um ein Liebchen, präsentiere es sich auch als ein schmuckes Engelchen, vom Lieben Gott mit einer recht indischen Vorsorge erfüllt zu sehen - indessen Sie als ein im Meer der Liebe Versunkener werden dies zu streng finden) - Böse denke, sogleich gedruckt in die Welt zu plaudern. Daß Sie mit Schulz ein Verhältnis gewonnen haben, ist mir sehr lieb zu hören gewesen; dieser Mann wird immer mehr der Träger einer großen geistigen Verbrüderung. Auch daß Sie bei dem Museum fixiert werden, ist vortrefflich. Hierbei muß ich nun mein Herz ausschütten. Ich habe seit Neujahr das Sekretariat des Thüringisch-Sächsischen Vereines für Erforschung des deutschen Alter//tums übernommen. Vasen-, Waffen-, Statuen-, Münz- und Bücher- nebst Kupferstichsammlungen sind unter meinem Beschluß, und vierteljährlich soll ich ein Heft mit Abhandlungen herausgeben. Aber hier steckt der Knoten. Alles ist bei dem Verein auf Aufopferung berechnet; alles muß umsonst getan werden; denn das Geld, was durch die jährlichen Beiträge (jedes Mitglied hat einen Taler p r o Jahr zu entrichten) einkommt, geht für die Honorierung des Rechnungsführers, meines Kopisten, des Porto, der Nachgrabungen, des Boten e t c . darauf, und der Buchhändler hat bisher nur gerade so viel Absatz gehabt, als nötig war, ihm die Kosten zu decken. Ich glaube aber, die Organisation der Zeitschrift ist Schuld daran; sie hat sich zu sehr auf die individuellsten Angelegenheiten des Vereins eingelassen und nicht genug Nahrung für ein allgemeinwissenschaftliches Interesse dargeboten. Dies möchte ich herbeiführen; der Buchhändler wird auch bedeutendere Aufsätze der Art von jetzt an mit drei bis vier Talern (es ist doch etwas!) honorieren; ich fange jetzt das Journal mit einem // ganz neuen Titel an: Neue Zeitschrift für die Geschichte des deutschen Mittelalters; genug, ich will dies Journal ganz umwandeln; glückt es, so wird auch der Buchhändler mit dem Honorar steigern können; jedes Quartal kommt ein Heft von 8-9 Bg. heraus. Sollte nun bei Ihnen (z. B. bei Ihren mittelalterlichen Münzen, bei Ihrer Beschauung altdeutscher Gemälde, wenn Sie etwa à 1 a H e i n e eine Schilderung der Berliner Schätze gäben) dies oder jene abfallen, was mir tauglich wäre, so bitte ich dringend darum; vier Taler sollen Sie gewiß haben. Wollen Sie in den Verein treten, so würde ich mir ein Vergnügen daraus machen, Ihnen mit Erlaß des Entrittsgeldes, (ein beschwerlicher A p p e n d i x des 1 Ts. von 3 Talern), ein Diplom als ordentlichem Mitgliede mit Nächstem zu übersenden. Wenn man Schulz für die Sache interessieren könnte, daß das Ministerium das Journal durch einen extraordinären Zuschuß vielleicht unterstützte, so könnten wir (i η c 1. W a c k e r n a g e l , S i m r o c k , E c h t e r m e i e r e t c . ) mit der Zeit in einem bis anderthalb Jahr ein eigenes Blatt

28. Mai 1832-29. Mai 1832

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für unsere mittelalterlichen Studien haben. Doch mag Ihnen die allgemeine Geschichte der Architektur, auf die ich mich sehr freue, viel, wohl alle Zeit hinnehmen; denn was Sie außer den Studien haben, gehört gewiß der Braut und der Poesie. Dem Musenalmanach werden Sie unstreitig auch kräftig unter die Arme greifen. Leben Sie recht wohl! Ihr treuer Karl Rosenkranz

28. An Franz Kugler Halle, a. 4ten Mai 1832 Mein lieber, lieber Freund, ich kann nie ohne den Wunsch an Sie denken und schreiben, daß uns doch das sogenannte Schicksal einmal wieder zusammenführen möge; denn wir vertrügen uns, wie die Ρ ä 1 ζ e r sagen würden, doch zu n e t t miteinander. Sie verzeihen mir, wenn ich in einer Anwandlung von Schwermut Sie in die Vorrede des Buchs verflochten habe, was ich Ihnen beiliegend zuzusenden mir erlaube; im folgenden Band werden Sie auch einen Auszug aus Ihrem lobwürdigst zitierten Werinher1 finden; zu der Rezension, wo ich Ihre Legenden erwähnen wollte, bin ich noch nicht gekommen, weil ich immer noch recht schwach bin. Sie sind mir doch nicht griesgrämig wegen dessen, was ich über das Verfehlte in der letzten Legende gesagt habe? Sie Glücklicher, dessen Liebe in brillanten Tenzonen strahlt, werden doch einem Freimütigen nicht deshalb so lang auf einen Brief warten lassen? Leben Sie wohl! Ihr Rosenkranz

29. An Johannes Schulze Hochgeehrtester Herr, hochzuverehrender Herr Geheimer Rat, als ich vorige Michaelis bei Ihnen war, äußerten Sie, daß Sie den Professor Leo und mich als Ihre Pflegekinder hier betrachteten und wirklich haben Sie bisher so väterlich für uns gesorgt, daß ich in diesem unbedingten Vertrauen auch unbedingt zu reden mich erkühne. Vor einigen Tagen erst habe ich bei einem hohen Ministerium ein Gesuch um eine Gratifikation von 200 Talern eingereicht, was ich an die Bitte um den Heiratskonsensus und an die Kosten anknüpfte, welche mir durch die Cholera verursacht sind. Gestern nun ist der Franz Kugler, ,De Werinhero, saeculi XII Monacho Tegemseensi, et de picturis minutis, quibus carmen suum theotiscum de vita B.V. Mariae omavit'. Dissertât. Berolini 1831.

30. Mai 1832

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Hofrat Schütz gestorben, und ich bin überzeugt, daß von Halle aus wenigstens zwanzig Briefe einlaufen werden, welche von seinem hinterlassenen Nibelungenhort zu partizipieren beabsichtigen. Es muß für Sie ein wahrhaft komisches Schauspiel geben, zu beobachten, wie Misère, Egoismus, nimmersatte Habgier bei solchen Gelegenheiten hervortreten. Der alte Schütz war kein Herkules, aber sein Gehalt ist eine goldige Löwenhaut und nun kommen wir akademischen Mäuse und suchen uns jede ein Stückchen abzunagen. Ich wende mich an Sie, verehrter Mann, um Sie zu fragen, ob wohl Hoffnung für mich da ist, ein Stückchen des breiten Felles zu erwischen und ob ich ebenfalls eine Eingabe machen soll, denn ich muß gestehen, daß ich bei der Menge von An//sprüchen, die sich erheben werden, allen Mut dazu verloren habe. Sollte für mich etwas zu lukrieren sein, was mir bei meiner fortdauernden Schwäche sehr wohl tun würde, so bin ich überzeugt, daß Sie, ein andrer Jason, für mich einen Teil des goldenen Vlieses, nach dem die Halleschen Argonauten ausziehen, erretten werden. Als Motive dazu glaube ich anführen zu dürfen 1, daß ich bisher, wie aus den Listen hervorgeht, über 500 Zuhörer gehabt habe. 2, das Sekretariat des Thüringisch-Sächsischen Vereines, bei dem ich ganz demokratisch, nur für die Sache arbeite. 3, das angefangene Handbuch meiner allgemeinen Geschichte der Poesie, von welchem Ihnen unser Hotho das für Sie bestimmte Exemplar zugestellt haben wird. Ich glaube nicht (hier zeigt mein Egoismus die Zähne), daß, mit Ausnahme Leos, ein anderer eine solche Verdiensttafel einschicken kann; die Rezensionen, die Artikel für die Allgemeine Enzyklopädie übergehe ich mit Stillschweigen. Verzeihen Sie diesen Brief, aber erfreuen Sie mit einer baldigen Antwort gütigst Ihren Halle, innigst ergebenen a. 8t. Mai 1832 Rosenkranz

30. An Moritz Hermann Eduard Meier Hochgeehrtester Herr Professor, indem ich beikommend Ihnen das eine Heft des Philologischen Museums 1 mit herzlichem Dank zurücksende, erlaube ich mir eine Anfrage. Ich habe mich zu zwei Artikeln, O t h i n und O t t f r i d , verbindlich gemacht; aber der Wunsch, mich so viel ich kann zu schonen, und die Weise, wie Sie mich jüngsthin des Opitz entbunden haben, wofür ich Ihnen sehr dankbar bin, bewegt mich zu dem Vorschlag, ob es nicht möglich wäre, daß Sie 1

Rheinisches Museum f. Philologie. Hrsg. v. F. G. Welcker, A. F. Nähe. Bonn 1832ff.

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31. Juni 1832

1, für den 0 thin Mone zu Karlsruhe in Beschlag nähmen. Ich bin überzeugt, daß derselbe bei seinen jetzigen bedrängten Umständen, deren Not einen Zeitungsartikelfabrikanten (das nenn' ich doch ein echt Gräfiich-PlattenHaller neumodisches Wort!) aus ihm macht, den Artikel, wozu er gewiß Material in Menge liegen // hat, gern übernähme. 2. für den O ttf rid würde ich vorschlagen a, den Regierungsrat G r ä f f , der ihn herausgegeben hat oder b, den Professor H off mann v. Fallersleben in Breslau, der sich schon seit 1820 damit beschäftigt und erst jüngst in seinen Fundgruben einen recht hübschen Aufsatz darüber geschrieben hat. Eine Revision beider Artikel, um etwa, wenn es nötig wäre, bei Mone das Hypermetaphysische, bei Graff und Hoffmann das Hyperliterarische wegzuschneiden, wenigstens genießbarer zu machen, würde ich gern besorgen. Mir würde mit dieser Anordnung ein großer Gefallen geschehen. Der Artikel Opfer ist doch viel schwerer, als er erst sich anließ; ich bin immer noch nicht damit zu Rande, hoffe jedoch bis zur nächsten Woche damit fertig zu werden. Über die obigen Fragepunkte werde ich mir in diesen Tagen von Ihnen persönlich Bescheid holen. Leben Sie wohl! Ihr Halle, a. 28sten Mai treulichst ergebener 1832 Karl Rosenkranz

Dem ord. Professor der Philosophie Herrn M e y e r Wohlgeboren hier

31. An Wilhelm Dorow Halle, 23. Juni 1832 Hochwohlgeborener Herr, hochgeehrtester Herr Hofrat, mit großer Freude habe ich die Nachricht von der Vollendung Ihrer Arbeit vernommen und sehe deren Ankunft mit gespannter Erwartung entgegen. Ihrem Wunsch gemäß sende ich Ihnen beiliegend das Diplom nebst den Statuten des Vereins. Es scheint, als wenn doch seit einiger Zeit wieder ein höheres Interesse für denselben wach würde; Sr. Königl. Hoheit, der Kronprinz, hat uns in Bezug auf das erste Heft ein sehr verbindliches Schreiben zukommen lassen. - Von Römer und Blasius ist mir das Stillschweigen insofern erklärbar, als sie Ihre

32. Juni 1832-33. Juli 1832

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Ankunft hofften und durch die Ankunft eines kleinen Mägdleins seit einigen Wochen sehr angenehm unterhalten sind. - Ich selbst komme vor den ersten Tagen des Septembers nicht nach Berlin und dann auch nur, um mich dort zu verheiraten; so ist, ob ich Sie dann noch treffe, wohl sehr ungewiß. Für den Druck Ihrer Schrift werde ich alle Sorge tragen; ich habe in einem Kasten einen ganzen Stoß von den alten Steindrucken des Grabes gefunden; sie sind wirklich jämmerlich anzusehen, wenn man das Original kennengelemt hat. - Stammbücher und Miniaturzeichnungen haben wir nicht; es muß dies also ein Irrtum sein; ich habe alles genau durchgesucht und nur drei mit Wasserfarben in einer Art Q u a c k e [?] gemalte Festzüge, jeder mehren Ellen lang und 1/2 Fuß hoch aus dem Anfang des 17t. Jh. aufgefunden, die Lepsius damit könnte verwechselt haben. Bergleute, Jäger und Narrenmasken sind nicht übel darauf gemalt und die Farben besonders schön. Leben Sie wohl! Mit vollkomenster Hochachtung Ihr ergebenster K. Rosenkranz Sr. Hochwohlgeboren DemHofiratHeirDr. zuBerlin

Dorow

32. An N. N. Halle, 23. Juni 1832 Da Sie doch gewiß wöchentlich Gelegenheit nach Berlin haben, so erlaube ich mir, die beikommende Anlage für pp. Dorow Ihrer gütigen Besorgung zu übergeben. Der Brief desselben sowie Ihre Listen erfolgen hierbei mit Dank zurück. Ihr ergebenster K. Rosenkranz

33. An Franz Kugler 1 ,8. Juli 1832

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Dieser Brief befand sich in der Autographensammlung A. Meyer Cohn (1886).

34. Oktober 1832 - 36. November 1832

58 34. An Ν. N.

Ew. Wohlgeboren benachrichtige ich, daß Herr Stud, theol. V o l k m a n n das Kollegium über Geschichte der Philosophie nicht wohl nach seinen jetzigen Umständen bezahlen kann. Wenn nun die Gesetze unserer Quästur es erlauben, so bin ich, es frei zu geben, entschlossen; ich bitte daher um Ihre Entscheidung. Halle, Ew. Wohlgeboren a. 25st. Oktbr. ergebenster 1832 K. Rosenkranz 35. An Franz Kugler [etwa Okt. /Nov. 1832] Im Begriff, eben einen Brief an Prof. Hotho abgehen zu lassen, kommt mir, mein geliebter Kugler, der Ihre zu, der mir von Ihnen und Ihren Bestrebungen so freudige und erwartungsreiche Nachricht bringt. Ich eile, Ihnen dafür herzlich zu danken und erlaube mir, den zweiten Teil einer höchst prosaischen Geschichte beizufügen. Daß Ihr Museum1 auf unserem Leseinstitut gehalten werde, will ich Sorge tragen. Sollte ich irgend Passendes zur Mitteilung haben, so werde ich nicht ermangeln, es einzusenden. Mit dem Vorbehalt weiterer Briefsendung Ihr treuer Rosenkranz Mit unserer Lit. Zeit, geht es sehr langsam; es ist immer so viel theologischer Wust zu drucken, daß meine Anzeigen immer stets volle 9 Monate liegen. Meine Anzeige ζ. B. v. Simrock liegt nun seit J a n u a r in der Expedition.

36. An Leonhard Usteri Halle, a. 24sten Novbr. 1832 Hochgeehrtester Herr Professor, sie verzeihen mir, wenn ich erst jetzt, abgehalten durch hundertfältige Umstände, Ihnen für die Mitteilung der vierten Ausgabe Ihres Paulinischen Lehrbegriffs 2 auf das herzlichste danke. Ich bin Ihnen dabei nicht bloß für Ihre 1 2

Museum. Blätter für bildende Kunst. (Red. F. Kugler). Jg. 1-5 Berlin 1833-37. Leonhard Usteri, Entwicklung des Paulinischen Lehrbegriffes in seinem Verhältnisse zur biblischen Dogmatik des Neuen Testamentes. Ein exegetisch-dogmatischer Versuch. 4. durchaus verbesserte und großentheils umgearbeitete Ausgabe. Zürich 1832. Uber Rk. S. 216, 278,298,371, 375f., 417. - Die Rez. von Matthies in den JbbwissKrit., Febr 1835, S. 177ff.

37. November 1832

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Güte, ich bin Ihnen auch für die Berücksichtigung Dank schuldig, welche Sie darin von meinen Bestrebungen genommen haben. Es freuet nichts so sehr, als Gemeinschaft in solchen Dingen. Aufrichtig gesprochen, habe ich freilich jedesmal auch das Gefühl der großen Mangelhaftigkeit meiner Arbeiten, gerade indem ich bei anderen eine Anerkennung derselben finde. Wenn ich Ihnen für Ihre Studien einiges Brauchbare zu liefern so glücklich gewesen bin, so bedarf ich wohl noch mehr als Sie eines Aussprechens des großen Verdienstes, was Ihre Schrift für meine Studien gehabt hat. Dem ganzen Umriß der Paulinischen Lehre in meiner Enzyklopädie liegt sie zu Grunde. Da Ihre jetzige Bearbeitung eine für die Umgestaltung der Dogmatik so wichtige Ausdehnung erhalten hat und durch das Zusammentreten der Hegeischen Philosophie mit der Schleiermacherschen Theologie und dem Urtexte eine ganz andere geworden ist, so habe ich augenblicklich an die Redaktion der Berliner Jahrbücher geschrieben; sie hat auch sogleich meinem Antrage entsprochen und Herrn Matthäi in Göttingen die Rezension Ihrer Schrift übertragen. Unter Versicherung der reinsten Hochachtung Ihr ergebenster Karl Rosenkranz Sr. Wohlgeboren dem Professor Herrn D r .Us ter i Direktor des Gymnsiums frei Bern

37. An Wilhelm Grimm Hochwohlgeborener, hochzuvereehrender HOT Geheimer Rat, als ich im vorigen Sommer im Hessischen Gelehrtenlexikon Ihre und Ihres Bruders Biographie las, verwunderte ich mich höchlich, daß, da alle gelehrten Gesellschaften, wie billig, Ihnen Ihre Ergebenheit und Dankbarkeit bezeugt hatten, unser Verein allein zurückgeblieben war. In der jüngsthin abgehaltenen Generalversammlung brachte ich die Sache zur Sprache, worauf sogleich Ihnen ein Diplom zuzusenden beschlossen wurde. Indem ich nun diesen mir gewordenen Auftrag vollführe, indem ich im Namen unseres Präsidiums Sie anständig bitte, das Diplom wohlwollend aufzunehmen, kann ich nicht unterlassen, noch von mir selbst zu reden. Ich weiß recht gut, daß Sie meiner Betrachtungsweise unserer alten Poesie abgeneigt sind und nach dem ersten Anstürmen der jugendlichen Begeisterung sehe ich selbst die großen Mängel meiner Methode ein.

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38. Januar 1833

Allein ich glaube in meinem Sinn für die deutsche Poesie Ihnen nicht so fremd zu sein, als die äußere Darstellung meiner Ansichten es sich vielleicht mitzubringen scheint, denn Ihr Aufsatz in den Studien, Ihre Rezensionen in den Heidelberger Jahrbüchern sind es gewesen, die mich zuerst tiefer anregten, und ich habe seit jener Zeit von Ihnen zu lernen nicht aufgehört. Deswegen kann ich diese Gelegenheit nicht vorüberlassen, ohne Ihnen meinen aufrichtigen Dank dafür auszusprechen und mich zu unterzeichnen als einen Ihrer innigsten Verehrer. Halle, a. 27sten November 1832

Karl Rosenkranz

Ew. Hochwohlgeboren, habe die Ehre anliegend von Seiten des Präsidiums des ThüringischSächsischen Vereins für die Erforschung des Altertums ein Diplom nebst den Statuten mit der gehorsamsten Bitte zu übersenden, daß Ew. H. w. g. diesen geringen Ausdruck der Hochachtung und unbegrenzter Dankbarkeit des Vereins für die unendlichen Verdienste, welche Sie sich um unsere alte Sprache, Verfassung und Poesie erworben haben, gütigst an- und aufnehmen wollen. Im Auftrag ganz ergebenst Karl Rosenkranz Zeit. Sekretär des Vereins, Professor hiers. Ihr ergebenster K. Rosenkranz

38. An Ν. N. Hochgeehrtester Freund und Kollege, immer hoffte ich heute die Muße erübrigen zu können, Sie zu besuchen, um mich eines traulichen Schwatzens mit Ihnen und Ihrem Freunde, Herrn Professor Henke, erfreuen zu können. Es ist mir aber nicht so gut geworden - p e r c a s u s v a r i o s , p e r t o t d i s c r i m i n a r e r u m ! Indem ich mich Ihnen daher bestens empfehle, bitte ich Sie, mich Ihrem Freund gütigst entschuldigen zu wollen und ihn herzlich von mir zu grüßen. Ihr Halle, treuergebenster 18t. Jan. 33 Karl Rosenkranz

39. April 1833 - 40. Mai 1833

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39. An Caro Durch eine eigene Veranlassung, Verehrtester, bin ich unvorhergesehen genötigt, Sie dringend um die unverzügliche Zurücksendung des pp. Faust zu bitten. Sie verzeihen diese Bitte, deren Motivierung Sie später erfahren sollen. In Eil. Mit größter Hochachtung Ihr ganz ergebenster K. Rosenkranz Göschel ist leider ausgeblieben; wenn er nur noch vor den Kollegien kommt; sonst ist gar keine rechte Hingebung möglich. Halle, a. 28. April 1833 Sr. Wohlgeboren dem Regierungsreferendarius Herrn Caro frei zu Merseburg

40. An Johannes Schulze Hochwohlgeborener Herr, hochzuverehrender Herr Geheimer Oberregierungsrat, durch zufällige Bekanntschaft erfuhr ich den Entschluß des Professor Herbart, Preußen zu verlassen, schon sehr früh. Ich sagte dem Professor Hinrichs davon, der sogleich große Lust bezeugte, Halle mit Königsberg zu vertauschen. Ich gestehe offenherzig, daß dadurch mein eigener geheimer Wunsch, der Hegeischen Philosophie auf jener Universität Nachdruck, Publikum, Überzeugung zu schaffen, zurückgedrängt wurde, denn die Ansprüche von Hinrichs als dem Älteren schienen mir begründeter. Und doch kann ich mich nicht davon losmachen, das Bild einer solchen Wirksamkeit auszumalen, die Freude, einen solchen Sieg zu erringen. Sie verzeihen die Freiheit, mit der ich Ihrem väterlich sorgenden Sinn diesen Wunsch offenbare, wenn, an jenes Stelle zu kommen, nicht zu anspruchsvoll gewünscht ist und wenn irgendwie bei der Wahl auf mich reflektiert werden dürfte. Mit der innigsten Anerkenung Ihrer rastlosen Sorgsamkeit für mein Heil, mit Ehrfurcht und Liebe ewig Ew. Hochwohlgeboren Halle, vollkommen ergebenster a. 26st. Mai 1833 Karl Rosenkranz

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41. Mai 1833

41. An die Verlagsbuchhanlung F. A. Brockhaus Halle, a. 28st. Mai 1833 Ew. Wohlgeboren ehrenvoller Antrag, an den Blättern für literarische Unterhaltung1 Anteil zu nehmen, kann mir nur angenehm sein. Indessen bin ich während der nächsten drei bis vier Monate - außer den Vorlesungen - noch so sehr mit dem letzten Bande meiner allgemeinen Geschichte der Poesie beschäftigt, daß ich jetzt schon als tätiges Mitglied einzutreten mich leider verhindert sehe. Sie werden mir aber erlauben, mich selbst wieder bei Ihnen zu melden, wenn ich von diesem Hindernis frei geworden bin. Ew. Wohlgeboren wollen entschuldigen, wenn ich als Mitarbeiter an der III. S e k t i o n d e r E n ζ y k l o p ä d i e mir folgende Frage und Bitte erlaube: 1) könnte ich wohl von den Artikeln, die ich, seitdem Sie den Verlag übernommen, nämlich: O f t e r d i η g e η , O n t o l o g i e , Ο η t o 1 o g i s c h e r B e w e i s , O p f e r , O p t i m i s m u s , O p u s o p e r a t u m 2 - bis jetzt habe drucken lassen, einen Abdruck - und 2) für eben diese Artikel das betreffende Honorar bekommen? Die letztere fragende Bitte und bittende Frage ist jedoch nur unter der Bedingung gültig, daß der Geschäftsmechanismus der Enzyklopädie es gestattet. Mit vollkomenster Hochachtung Ew. Wohlgeboren ganz ergebenster Karl Rosenkranz

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Blätter für literarische Unterhaltung. Leipzig 1826-1898. Von Kotzebuc ursprünglich unter dem Namen „Literarisches Wochenblatt" (1817-1820) begründetes Rezensionsorgan, ab Dez. 1820 u. d. 'Γ. „Literar. Conversationsblatt". Als BllLitUnt. stets Nummemrezensenten; Auflage wenig über 1000 Exempl. Zur Frühgeschichte s. Hauke, Petra-Sybille, Literaturkritik in den Blättern für lit. Unterfi. 1818-35. Stuttgart 1972. Der Artikel .Ontologie' in 3. Sect., 4. Th., S. 15-21, .Ontol. Β.' ebd. S. 21-24, .Opfer' ebd. S. 74-76, .Opus op.' ebd. S. 297-299, .Optimismus' ebd. S. 270ff.

42. Juni 1833

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42. An Johannes Schulze Hochgeehrtester Herr, hochzuverehrender Herr Geheimer Obeiregierungsrat, da ein hiesiger Professor bereits am Montag aus Berlin das Gerücht mitgebracht hat, ich solle an die Stelle 1 des Professor Herbart nach Königsberg versetzt werden, so werden Sie sich nicht wundern, wenn ich schon jetzt die bei diesem wichtigen Schritt sich aufdringenden Bedenklichkeiten zu übersehen und durchzudenken, durchzuempfinden imstande war. Sie erlauben mir, Ihnen, der Sie für mich ein Wohlwollen hegen, das ich nie genug zu schätzen, nie dankbar genug anzuerkennen vermag, der Sie meine ganze bisherige Entwicklung mit so aufmunternder Teilnahme verfolgt haben, rücksichtslos mein Inneres zu eröffnen. - Wenn hier in Halle mein äußerliches Leben knapp und dürftig ist, so bietet mir die Wissenschaft für solche Beengung reichen Trost, und die Wahrnehmung, in so vielen Jünglingen die unsterbliche Flamme wissenschaftlichen Strebens und einer ernsten Bildung des Gemütes zu erwecken, ist mir höchste Wonne. Aber ich bin in diesem Wirken in einem gewissen Mißverhältnis; ich fühle mich als einen Überfluß, denn ich tue nicht bloß den Professoren Gerlach und Gruber, ich tue auch meinem Freunde Hinrichs damit einen unerfreulich - erfreulichen Abbruch, der mir sehr drückend ist. Statt aller Beispiele will ich nur einen Fall anführen. Ich habe zweimal Geschichte der Philosophie gelesen; die Folge ist gewesen, daß seitdem die nämlichen Kollegia bei Professor Gruber und Hinrichs leer geworden sind und daß ich jetzt schon eine Menge Meldungen für dies Kollegium auf künftigen Winter habe. Logik und Metaphysik habe ich zweimal auszuarbeiten an//gefangen und zweimal unterdrückt, weil ich die Gewißheit haben konnte, Hinrichs, der gerade auf die Metaphysik so vielen Fleiß wendet, sehr zu beschränken. Ich habe nun die Ästhetik von ihm übernommen, statt deren er meiner Logik lesen will und habe damit die Vorlesung des Professor Gruber verarmt, der sonst so vielen Zulauf wie Bouterweck in Göttingen darin hatte. Daß mir nun in den Vorlesungen alles so sehr glückt und daß mir die Studenten so zugetan sind, dessen kann ich mich nicht weiter rühmen; der Himmel hat mir einmal dies Talent des Lehrens gegeben, und ich habe nur das 1

Ernennung durch den Minister am 26. Juni 1833, Ankündigung bei der Univ. Königsberg am 12. Juli 1833, vereidigt und eingeführt am 11. Okt. 1833. (Vgl. Lotte Esaù, Karl Rosenkranz als Politiker. Studien über den Zusammenhang der geistigen und politischen Bewegungen in Ostpreußen. Halle 1935, S. 70.) - Herbarl, seit 1809 an der Albertina als Nachfolger des nach Leipzig gehenden Wilhelm Traugott Krug, hatte sich an der liberalen Königsberger Universität aufgrund zahlreicher Äußerungen zur Lehrfreiheit bei Studenten und Professoren nicht gerade beliebt gemacht und bat auch ständig die Regierung zur Durchsetzung seiner Ansichten um Beistand. Als von der preußischen Regierung nach Hegels Tod kein Ruf auf den Berliner Lehrstuhl an ihn erfolgte, fühlte er sich zurückgesetzt und nahm einen Ruf nach Göttingen an. Zu Rosenkranz' Königsberger Auftreten und universitärem Wirken aus der Sicht der in Königsberg verbliebenen Herbart-Schüler vgl. Herbarts Briefwechsel, 4 Bde.

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42. Juni 1833

Verdienst seiner fleißigen Bildung; habe ich daher in so kurzer Zeit so große Erfolge, so wundere ich mich selbst gewiß am meisten darüber. Habe ich nun allerdings einen gesegneten Wirkungskreis, so werden Sie doch auch zugeben, daß ich es unter den obwaltenden Umständen nie zu einer solchen Entschiedenheit bringen kann, als es mir in Königsberg möglich sein würde. Ein Glück ist, daß Professor Mußmann immer krank ist, sonst würden sich die Studenten noch mehr zersplittern. Von Königsberg habe ich aus Beschreibungen der Professoren Friedländer, Rosenberger 1 , Scherk u. a. eine sehr vorteilhafte Meinung bekommen. Die Novitäten kommen natürlich aus Leipzig etwas später hin, aber die Bornträgersche wie Unzersche Buchhandlung führen vortreffliche Lager und die Bibliothek ist besser als die hiesige. - Mein wissenschaftlicher Verkehr ist hier sehr beschränkt; die Wissenschaft läßt mir wenig Zeit übrig; komme ich dann mit// anderen zusammen, so ist das Gespräch exoterisch, politisierend, die Neugier befriedigend usw. wie überall, wo man sich nach herbster Anspannung erholen will. Professor Leo und Hinrichs sind die einzigen, die ich nennen kann, welche mich wissenschaftlich anregen, weil ich sie als Menschen kenne, die in ihren Sphären nach dem Höchsten streben. Mehr diese allgemeine Empfindung, als besondere in das Detail führende Entwicklung, macht das Wesen unseres Verkehrs aus. Die Freunde, mit denen ich so zusammenstrebend glückliche Jahre lebte, sind fort von hier, der treue Lorentz und der Hamletische Besser, die jetzt in Petersburg sind; namentlich war Besser für mich ein Mensch, wie ich so leicht keinen wiederfinde und wie es nur Hotho in Berlin für mich sein würde; ohne Besorgnis, mißverstanden zu werden, konnte ich ihm alles sagen. Wenn ich sonst noch über deutsche und allgemein - europäische Literatur hier mit anderen verkehre, so darf ich wohl sagen, daß das Verhältnis ein ziemlich einseitiges ist, weil ich gewöhnlich erzähle, reflektiere, kombiniere und damit die anderen belehre und ergötze. Ich glaube deswegen, daß ich in dieser Beziehung in Königsberg, wo Schubert, Jacobi, Hagen, Drumann, O p hausen, Lehnerdt, wo unter den gebildeten Geschäftsleuten Männer wie Bobrik sind, mich sehr wohl befinden werde. Was nun meine Kraft für jene Stelle betrifft, so zweifle ich nicht daran. Zwar sind wir oft Riesen im Wollen und Zwerge in der Ausführung; jedoch müßte ich mich selbst belügen, wenn ich glaubte, hinter meinen V e r s p r e chungen zurückzubleiben. Vielmehr hoffe ich dort so viel Zuhörer und Freunde wie hier zu erwerben. - Anspruchsvoll, ja anmaßend erschien es mir, mich um die Königsberger Professur zu bewerben, weil ich es allerdings nach dem Lauf der Welt für wunderbar halten mußte, wenn ein außerordentlicher Professor mit so geringem Gehalt in eine äußerlich so bedeutende Lage versetzt würde.

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Vgl. Arthur Ludwich, Ausgewählte Briefe von und an Chr. A. Lobeck und K. Lehrs. Nebst Tagebuchnotizen. Bd. 1, S. 158, 159. Leipzig 1894.

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Nachdem aber j e n e fabelhafte Möglichkeit sich der Wahrscheinlichkeit angenähert hat, so stehe ich nicht an, die Bewerbung zu wagen. Kant wurde am 22. April geboren und starb 1804. Ich bin am 23. April 1805 geboren und also chronologisch nach Jahr und Tag zu seinem Nachfolger prädestiniert. Doch ohne Scherz; glauben Sie nicht, daß ich durch das Andenken Kants dort zu noch ernsterem Bemühen hingerissen werden würde? Mit heiliger Weihe sollte es mich umschweben! Wahrlich, ich sehe keine Ruhe, wie man meine Bewerbung zunächst ansehen könnte, vielleicht auch darum, weil ich ein Weib genommen und weil ich etwa für diese den Ruhm und Glanz meines Lebens erhöhen möchte. Muße suche ich nur. Rastlos treibt mich der Geist zur Arbeit und nur, wenn das Gehirn in allen Nerven träge wird vom Denken, wenn vom Schreiben die Hände erstarren, wenn die Brust vom Sprechen rauh wird, dann gönne ich mir Ruhe. Sie werden // sich aus dem Winter her eines Briefes erinnern, worin ich das Vorgefühl größerer Arbeiten aussprach. Die Themata haben sich mir fixiert, nach meiner Doppelgängematur im Theologischen eine Kritik und dogmatische Entwicklung der Eschatologie, auf die es mir ganz besonders anzukommen scheint; im Philosophischen eine Psychologie, die dem bisherigen jämmerlichen Standpunkt dieser Wissenschaft ein Ende macht, die den Blick über die Welt erhebt und die verborgenen Schätze zu heben versteht, welche in Biographien, Kriminalgeschichten, in der besseren Kenntnis des sensiblen Systems, in Beschreibungen größerer Städte, wie M e r c i e r [ s ] b o n n e t d e P a r i s 1 , L e L i v r e Cent-et-Un und ähnlichen verborgen liegen. Gerade um Michaelis trete ich durch Beendigung des dritten Bandes meiner allgemeinen Geschichte der Poesie aus dieser im Halbdunkel schwebenden Tätigkeit, welche meine Talente, meine Neigungen nur zur Halbheit kommen ließ. Ich fühle, daß ich den jugendlichen Kampf mit den Reizen der Poesie beendigt habe, ohne ein Philister, sondern ein Philosoph geworden zu sein; ich fühle, daß ich allmählich zur Klarheit gereift bin. Nun hoffe ich, eben durch eine Versetzung nach Königsberg, Muße zu finden, endlich einmal ein allseitig durchgebildetes, ein klassisches Werk zu liefern, das nicht alsbald im Entstehen vom Rachen des Preßbengels verschlungen wird.// Hier könnten Sie nun einwenden, daß ich diese Muße auch in Halle haben würde, sobald man mein Gehalt zu verbessern imstande wäre, wozu jetzt gerade Aussicht vorhanden sei. Und hier erfolgt nun von meiner Seite ein Grund, der als ein sentimentaler erscheinen kann, für mein Gemüt indessen nicht unwichtig ist. Ich bin hier in Halle noch ein Jahr lang Student gewesen; Gruber, Gesenius, Hinrichs, Tholuck, Thilo waren noch meine Lehrer; von dem schwankenden Streben des Jünglings habe ich mich zur männlichen Bestimmtheit emporge-

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Offensichtlich ein Irrtum. Mercier verfaßte den „Bonncl de nuil" und ein „Tableaux de Paris".

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bracht; von dem verlegenen und armseligen Menschen, der den Buchhändlern seine Produkte um einen Spottpreis hingab, zu einem Schriftsteller, den sie von allen Seiten dringen, für sie zu schreiben. Könnte nun dieser Schauplatz meines aufsteigenden Lebenslaufes, meiner literarischen m i s è r e und f o r t u n e für mich zu einer wirklichen Vergangenheit werden, in welcher Absicht der Entfremdung ich mich schon längst nach einer Reise sehne, so müßten für meine Bildung und dadurch für andere, für die Welt, die wohltätigsten Folgen daraus entspringen. Was das Leben an Stoff hier darbietet, glaubte ich so ausgesogen zu haben, daß ich von der Seite hier eben kein aufregendes Rätsel mehr finden dürfte, Königsberg dagegen mir einen Reichtum von unbekannten Anschauungen gäbe, die mich elektrisierten, // beschäftigten, kräftig befruchteten. So, verehrtester Gönner, beurteile ich mich selbst. Mit dieser Kühnheit des Selbstvertrauens und mit solchen Tendenzen gehe ich der Zukunft entgegen. Wäre Kants Lehrstuhl unmittelbar zu besetzen, wäre also die Beziehung seines Nachfolgers auf ihn eine reelle, so würde ich gewiß bitten, in meiner Stellung bleiben zu dürfen. Aber nach Herbarts Interregnum? Mit ihm in Parallele zu treten, werfe ich dem Publikum in Königsberg den Handschuh hin. Ich muß es gänzlich einem hohen Ministerium überlassen, ob es nicht, trotz aller dieser Gründe, meine jetzigen Stellung für eine angemessenere hält. Denn wer kennt sich so genau, um sein Verhältnis zur Welt vollkommen richtig zu fassen? Das wissen andere im Durchschnitt besser, als wir selbst. Auf keinen Fall wird ein hohes Ministerium mich durch Eigennutz determiniert glauben. Es wäre Heuchelei, wenn ich sagen wollte, daß ich für meinen Wunsch nicht auch (siehe Hegels Phänomenologie e d . Schulze p. 91) die bequemere Lebensstellung, die großartigere Umgebung, die höhere Mannigfaltigkeit des Daseins in Anschlag gebracht hätte, aber dies allein, der Vorteil, ohne jene intensiven Motive, würde mich nicht bestimmen können. Was nun auch über mich verfügt werden möge, immer und ewig werde ich einem hohen Ministerium für die vielen Beweise seiner Gunst auf das Dankbarste ge//sinnt sein und in seinem Beschluß das Beste meines Schicksals zu finden wissen. Ihnen aber, verehrter Mann, bin ich mit reinster Hochachtung und Liebe ergeben; Ew. Hochwohlgeboren ehrerbietigst ergebener Halle, Karl Rosenkranz a. 8t. Juni 1833

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43. An das Ministerium für geistl., Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten Einem hohen königl. preuß. Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten, habe die Ehre, über den wissenschaftlichen Wert des Lehrbuchs der Psychologie von D r . Fr. Ed. BenekeBerlin, 1833, 8, das ich in der Anlage gehorsamst remittiere, ganz ergebenst folgendes gutachtliche Urteil vorzutragen: Herr Beneke arbeitet schon seit langer Zeit im Fach der Psychologie und hat sich eine schätzbare Kenntnis dieses Gebietes erworben. Es muß ihm Fleiß, äußere Gelehrsamkeit und Scharfsinn, der an haarspaltender Subtilität oft mit der Herbartschen wetteifert, unbedingt zugestanden werden. Soweit es sich mit solchen Gaben bringen läßt, hat es H. B. redlich gebracht; er möchte es aber gern weiter bringen, er möchte die ganze Philosophie verändern - durch bloße Psychologie. Das vorliegende Lehrbuch ist im Grunde nur eine leichte, übersichtlichere Anordnung der ausgeführteren Erfahrungen und Untersuchungen, welche uns H. B. 1825-27 in den beiden höchst dicken Bänden seiner psychologischen Skizzen mitgeteilt hat. - Er hat sich bemühet, seine vielfach zusammengelesenen Beobachtungen in ein gewisses System zu bringen, dessen Bau aber ganz prinziplos ist. // Denn H. B. weiß nicht recht, welche Voraussetzungen die Psychologie nach rückwärts und vorwärts hat, wie sich das Psychische vom Metaphysischen und Physischen einerseits, von dem freien, nicht mehr an das Psychische gebundene Leben des Geistes andererseits unterscheidet. Er meint, alles, wessen wir uns in unserem Selbstbewußtsein bewußt würden, gehöre in die Psychologie. Soll nun dies das Kriterium sein, was ist dann nicht alles psychisch, wo ist dann eine Grenze dieses Begriffs? Doch eben diese scheint auch H. B. nicht zu wollen, denn nicht ohne lebhafte Freude deutet er an, daß aus der Psychologie - versteht sich der empirischen - allen anderen Wissenschaften, der Moral, der Logik, der Ästhetik, ja der Religionsphilosophie und Metaphysik, erst das lebendige Heil entspringen werde, das ihnen bisher die Spekulation verkümmert habe. - Bei einem so unbestimmten Begriff der Seele, der sie zum alles absorbierenden Zentrum macht, ist es nun kein Wunder, wenn in dem, was H. B. Konstruktion der Erfahrung nennt, ein bloß mechanisches Verfahren, keine innere Ableitung des einen aus dem anderen stattfindet. H. B. ist belesen genug, um zu wissen, daß man den Begriff der Lockeschen t a b u l a r a s a sowohl als der i d e a / in der Leibnizisch-Wolffischen Philosophie, so wie die Vorstellung der Seele ^

Beneke erhielt im Jahre 1833 eine unbesoldete außerordentliche Professur an der Berliner Universität. Vgl. hierüber K. C. Köhnke, Enstehung und Aufstieg des Neukantianismus. Die deutsche Universitätsphilosophie zwischen Idealismus und Positivismus. Frankfurt 1986, insbes. S. 69ff. das Kapitel .Erkenntnistheorie, Kantianismus und Psychologismus bei Fr. Ed. Beneke' sowie Hegels Gutachten über die Habilit. Benekes in: G. W. F. Hegel, Berliner Schriften, 1818-1831, hrsg. v. Joh. Hoffmeister (=Sämtliche Werke Bd. XI), S. 612ff., Hamburg 1956.

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43. Juli 1833

als eines Aggregates von Kräften, gleichsam eines Klavieres, - um zu wissen, daß man solche Begriffe jetzt in der Psychologie nicht mehr mit Anstand vorbringen könne. Er bekämpft sie daher unaufhörlich. Was hat er aber an ihre Stelle gesetzt? Nichts als andere Namen, die nur Augenblicke hindurch täuschen: „Angelegtheiten, Anlagen, Bewußtseinswerdungen usf." So hat er auch erfahren, daß das Q u a n t u m und Q u a l e in notwendiger Beziehung aufeinander sind, und mehrfach spricht er von ihr. Aber er hat es nur erfahren, nicht selbst eingesehen, nicht selbst begriffen. Wir loben es, daß er diesen Punkt wenigstens herausgefühlt hat, aber bedauern es zugleich, daß keine Entwicklung dadurch angeregt worden ist, die auf Wert Anspruch machen könnte. Wie ganz anders hätte eine der schwierigsten aber auch interessantesten Partien der Psychologie, die Lehre von den sogenannten Seelenstörungen, durch die tiefere Erkenntnis der Qualität und Quantität ausfallen müssen, statt daß sie jetzt bei H. B. als ein dürftiger Anfang auftritt, der in keiner Weise befriedigt. Eben so ungenügend ist die Lehre von den Sinnen, für welche Troxler und Schubert, freilich Naturphilosophen, die H. B. wahrscheinlich gar nicht liest, so viel ge//tan haben; noch ungenügender aber die Lehre von dem praktischen Gefühl, das H. B. gegen alles Herkommen, das ihm doch so viel gilt, unter welchem H. B. individuelle Philosophie allerdings auch etwas anderes als die Welt versteht. Der wissenschaftliche Wert des Buches besteht in dem negativen Resultat, daß die Empirie, wenn ihr nicht der spekulative Takt unmittelbar einwohnt, wie bei Winckelmann und Goethe, zur Förderung der Wissenschaft unfähig ist. Neues Material wird wohl herbeigeschafft; aber daran ist doch eigentlich kein Mangel; der Verklärung des unendlich schwellenden empirischen Stoffes zur Freiheit des Begriffs, deren sind wir bedürftig. Dann werden wir auch in der Erfahrung, ζ. B. in der, welche aus der Selbstbeobachtung großer Städte, großer Kriege usf. hervorgeht, ganz neue Seiten entdecken und uns nicht mehr zu schämen haben, daß die Lehren von den natürlichen und künstlichen, einseitigen und gegenseitigen Begierden, Neigungen und Leidenschaften, den positiven wie den negativen, so schmal und kärglich, wie bei H. B. ausfallen. Die Darstellung Herrn B. ist übrigens, mit Ausnahme seiner krausen Selbstgeschöpfe, der Stichworte, gut stilisiert. Halle, gehorsamst untertänig a. 3ten Juli 1833

Karl Rosenkranz

44. Juli 1833 - 4 5 . August 1833

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44. An das Ministerium für geistl., Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten Einem königl. hohen Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten fühle ich mich zum innigsten Dank für meine Ernennung zur ordentlichen Professur der Philosophie an der königlichen Universität zu Königsberg verpflichtet. Je huldvoller ein hohes Ministerium bisher meine Bestrebungen beachtet hat, je weniger mir als einem der jüngeren Lehrer der Philosophie die Erwartung einer solchen Auszeichnung in den Sinn kommen konnte, um so tiefer fühle ich mich von ihr ergriffen. Meine zukünftigen Leistungen, so hoffe ich mit festem Mut, werden zeigen, daß ich ihrer nicht unwürdig gewesen bin. Die höhere Anforderung von außen wird die Energie meines Inneren verdoppeln und mich, der ich bisher mich nicht selten in die Breite verlor, immer mehr dem Heiligtum der Tiefe zuführen. Nach dem Willen eines hohen Ministeriums werde ich zur gehörigen Zeit mich in Königsberg einstellen. Halle, a. 22sten Juli 1833

gehorsamst untertänig Karl Rosenkranz

45. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Halle, a. 5t. Aug. 1833 Ew. Wohlgeboren bin ich noch meinen Dank für die Güte schuldig, mit welcher Sie mir letzthin das Honorar für meine in der 3t. Sektion der Enzyklopädie gelieferten Artikel Übermacht haben. - Da Sie, wie die vorige Verlagshandlung dies auch tat, die Gefälligkeit haben wollen, mir die größeren meiner Artikel in einem Abdruck (der ja von einem Ausschußexemplar entnommen werden kann) zugehen zu lassen, so bitte ich nur um die größeren: O n t o l o g i e , o n t o l . B e w e i s , O p f e r , O p t i m i s m u s u n d O p u s o p e r a t u m , die Sie mir innerhalb der nächsten 14 Tage vielleicht übermachen können. Ich bin nämlich im Begriff, nach Königsberg an Herbarts Stelle zu gehen, wohin ich nun für meine Privatstudien jene Artikel noch mitnehmen möchte. Sowie ich dort in Ordnung bin, werde ich auch wegen meiner beabsichtigten Teilnahme an den Blättern f. lit. Unt. an Sie schreiben, hoffentlich Anfang Oktober. Hochachtungsvoll Ew. Wohlgeboren ergebenster Karl Rosenkranz

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46. August 1833 - 48. September 1833

46. An Karl August Vamhagen von Ense Hochwohlgeborener Herr, hochzuverehrender Herr Geheimer Rat, schon in so manches Leben haben Sie uns hineinschauen lassen; die verschiedenartigsten Charaktere haben Sie uns in Ihren Denkmalen vorgeführt oder außerdem analysiert; durch Rahel haben Sie uns eines der geistreichsten, liebenswürdigsten Wesen zur bleibenden Erinnerung erhoben, wofür besonders diejenigen nicht genug danken können, die, wie ich, von der Verewigten nur durch die Sage ein mehr oder weniger unvollkomenes Bild besaßen. Aber nicht bloß für einen so hohen Genuß habe ich Ihnen zu danken, sondern auch dafür, daß Sie mich dadurch zu den Ihnen näher Befreundeten rechnen, eine Ehre, auf die ich sehr stolz bin. In dieser Gesinnung Ew. Hochwohlgeboren Halle, ganz ergebenster a.l4t. August 1833 Karl Rosenkranz

47. An das Ministerium für geistl., Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten Ew. Exzellenz hatten die Gnade, mir Reise- und Umzugsgelder bewilligen zu wollen, deren ich allerdings bei der Weite des Weges und bei der Einbuße, die ich durch den notwendigen Verkauf meiner Möbel in Halle erlitten habe, bedürftig bin. Ich erlaube mir gehorsamst anzufragen, ob es wohl möglich wäre, mir die desfallsige Anweisung entweder während meines Aufenthaltes hier in Berlin oder nach Königsberg hin auf die Zeit meiner Ankunft daselbst Ende September ausfertigen zu lassen? Ew. Exzellenz wollen diese Anfrage gütigst mit der Ungewißheit entschuldigen, in der ich mich über diese Angelegenheit befinde. Ew. Exzellenz Berlin, gehorsamst untertäniger 4t. September 1833 Karl Rosenkranz (Spittelbrücke No. 18 bei dem Geheimen Rat Gruson)

48. An das Ministerium für geistl., Unterrichts- und Medizinalangclegenheiten Ew. Exzellenz wollen geruhen, Ihnen beiliegend den zweiten und dritten Band meiner Geschichte der Poesie überreichen zu dürfen. Indem ich nochmals Ew. Exzellenz

49. Oktober 1833 - 50. Januar 1834

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für so viel Anteil an meinem Geschick, insbesondere auch für die huldreiche Unterredung danke, welche Sie mir als fruchtbare „ F e r m e n t a c o g n i t i o n e s " gewährten, verharre mit höchster Ehrerbietung und Dankbarkeit immer Ew. Exzellenz Berlin, gehorsamst untertänig 19ten September 1833 Karl Rosenkranz

49. An Karoline Pfaff Königsberg, d. 11. Oktober 1833 ... Die Stadt liegt in einer absoluten Ebene, ist unendlich groß und im Innern noch verwickelter als groß. Ich hatte viel Mühe, mich zu orientieren. Die Lage unseres Gasthofes, des Deutschen Hauses, war uns dazu günstig ... Die Warenpreise finden wir nicht so teuer, als man uns zuerst glauben machen wollte, und abermals sind es nur die weiten Wege in den schlecht gepflasterten Straßen, in denen noch dazu mit großer Hast gefahren wird, die beschwerlich fallen ... 50. An Karl August Varnhagen v. Ense Königsberg, a. 7t. Januar 1834 Erst gestern, verehrter Herr Geheimer Rat, habe ich Ihre Sendung bekommen und danke Ihnen nicht minder für das Buch, das mir so trefflichen Genuß noch einmal spendet und worin ich bis spät in die Nacht hin die mir schon bekannten Rezensionen wiedergelesen habe, als für die gütigen Zeilen, mit welchen Sie Ihr Geschenk begleitet haben. Mit Freude habe ich die neuen Mitteilungen von Rahel in Ihrem Buche gesehen; zum festlichen Genuß komme ich erst heute abend. Die Wirkung des Buchs ist überall die nämliche; ich habe Rahel hier schon mehrfach verliehen und überall denselben Segen bemerkt. Doch gibt es hier auch einen Kreis oder selbst zwei Kreise, wo die Organe für die Blüten eines so zarten und tiefen Geistes ganz zu fehlen scheinen und deren Glieder nur darin Vergnügen finden, „das Strahlende zu schwärzen", z. B. Witze der schlechtesten Art über die Vertretung der Kinder nur durch die Mütter zu machen und durch ähnliche Nichtswürdigkeiten sich von dem Bewußtsein zu befreien, daß wieder etwas Großes in der Welt ist, dem man sich in demütiger Liebe hingeben muß. Ich kann nicht unterlassen, Ihnen aus der Reihe der „wertvollen Ungenannten" von den Äußerungen der Hofrätin Pfaff in Halle einiges mitzuteilen. Schon am 2t. O k t b r. schrieb sie mir: „Daß Sie Varnhagen von mir gesagt haben, freut mich sehr; ich interessiere mich längst für ihn, jetzt aber besonders, weil er die herrlichen Briefe der Rahel herausgegeben hat. Wie dankbar bin ich Ihnen dafür, daß Sie mir diese Briefe

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50. Januar 1834

verschafft haben, denn sie einmal zu lesen ist nicht genug. Es ist so viel Vorzügliches darin, daß man sie recht oft lesen muß, darüber nachzudenken, und dann wieder lesen, wie eine Bibel, zur Ermutigung im Leiden, als ein Beispiel, wie sehr wir unseren Geist ausbilden können. Sie glauben gar nicht, wie viel ich aus dem Buch herauslese und in mich hinein. Alles, was mir dunkel in der Seele liegt, finde ich hier ausgesprochen - - Wenn Sie Gelegenheit finden, so versichern Sie doch Varnhagen meiner aufrichtigsten Dankbarkeit." Hier hat es besonders auf Lehnerdt gewirkt. Ich wünsche nichts sehnlicher, als daß eine umfassendere Mitteilung bald möglich sein möchte. In meiner Tätigkeit finde ich mich hier durch unerwarteten, fast glänzenden Erfolg sehr aufgemuntert. Was meine Ökonomie des Geistes betrifft, so halte ich es für meine Pflicht, in den nächsten Jahren in einer gewissen Zurückgezogenheit von dem Tumult der hiesigen großen Gesellschaft zuzubringen, um mich noch mehr in der Stille zu konsolidieren. Große Gesellschaft im gewöhnlichen Sinn ist ein großes Verflachungsmittel. Eine große Arbeit habe ich gar nicht vor; als eine neue Übung meiner Kraft habe ich eine polemische Schrift 1 unter Händen gegen Prof. Bachmann in Jena, der es zu unverschämt gemacht hat. Ich freue mich, in diesem Gebiet etwas zu tun bekommen zu haben. Jeden Tag lasse ich mir ein Q u a n t u m Galle gegen den Philister ab; Ihr Schreiben an Schlosser war dieser Stimmung halber das erste, was ich gestern wieder las. Ich hoffe den Manen unseres teuren Hegels mit meinem Sarkasmus ein schuldiges, und so Gott und die Musen verleihen, würdiges Opfer zu bringen. Die Stellung, die Sie meiner Zukunft in der deutschen Literatur geben, ist so hoch und herrlich, daß ich mit Schüchternheit daran denke; aber ich leugne nicht, daß es mir die größte Wonne wäre, Ihre Weissagung, von der ich jede Schmeichelei fem weiß, wahr zu machen. Äußerst wünschenswert würde es mir sein, wenn Sie mir über die „Verwaltung meiner Gaben" und über die Berücksichtigung „der großen Landsmannschaft" einiges Nähere sagen wollten. Jetzt ist es mir etwas dunkel; einige Winke von Ihnen würden mir mehr Bestimmtheit geben. Pläne habe ich unendlich viele. Ich bitte daher sehr, wenn Ihre Zeit es erlaubt, um weitere Aufklärung; für die Literatur im ganzen Umfang zu leben, ist gewiß mein ursprünglicher Trieb. Ich hoffe, daß Sie meine a l l g e m e i n e G e s c h i c h t e d e r P o e s i e schon durch die Antonsche Buchhandlung empfangen haben; da können Sie sehen, was für ein Zentaur ich bin von Unwissenheit, heißhungrigem Interesse, 1

B. antwortete auf Rk.' .Hegel. Sendschreiben an den Hofrath und Prof. der Philos., Herrn Dr. Carl Friedrich Bachmann in Jena', Königsberg 1834, mit der Schrift ,Anti-Hegel. Antwort an Herrn Prof. Rosenkranz in Königsberg auf dessen Sendschreiben; nebst Bemerkungen zu der Recension meiner Schrift über Hegel's System in den Berliner Jahrbüchern von Herrn Prof. Hinrichs [JbbwissKrit. Sp. 713ff., Mai 1834] in Halle. Ein unentbehrliches Aktenstück zu dem Processe gegen die Hegel'sche Schule'. Jena 1835. Rosenkranz' und Hinrichs Kritiken bezogen sich auf Bachmanns .Über Hegel's System und die Nothwendigkeit einer nochmaligen Umgestaltung der Philosophie'. Leipzig 1833.

51. März 1834

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Ungeduld der Gestaltung und glücklichem Treffen. Die Berliner Freunde (die S o c i e t a s 1 im Doppelsinn, im heutigen und im römischen) herzlich grüßend Hochzuverehrender Herr Geheimer Rat, hochachtungsvoll und innig ergeben Ihr Karl Rosenkranz 51. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Königsberg, a. 6t. März 1834 Ew. Wohlgeboren werden gütigst entschuldigen, wenn die vielen Störungen, die mit meinem ersten Aufenthalt hierselbst verbunden waren, mir unmöglich machten, eher als bis jetzt an eine Teilnahme für die literar. Blätter zu denken. Ich habe mich jetzt bestimmt für ein Fach entschieden, die französische Philosophie in aller Beziehung. Wenn Sie mir davon die Novitäten zusenden könnten (ich würde dieselben wahrscheinlich zum großen Teil behalten, so daß das Porto nicht zu teuer käme; auch wäre ich sogar zu einer Abrechnung vom Honorar bereit), so würde ich mit Vergnügen diese Branche übernehmen. Aber vielleicht ist dieselbe schon ein für allemal besetzt? Das letzte Werk, was ich erhalten habe ist L e r m i n i e r , s u r l ' i n f l u e n c e d e l a p h i l o s o p h i e e t c . Also das, was später ist, könnte an mich gelangen. Ich kann mich nicht erinnern, daß in Ihrem Blatt eine Darstellung von D i d e r o t s M é m o i r e e s e t C o r r e s p o n d e n c e s 2 enthalten gewesen wäre, oder irre ich mich? Sonst würde ich darum bitten. Sie gehören zu den Büchern, die nicht veralten und unerschöpflich sind. Hätten Sie wohl die Güte, mir H e i n e s Salon, Heines französische Zustände (nebst Vorrede) und Heines Deutsche Literatur Bd. 2 (den ersten habe ich französisch) bei einer solchen // Sendung zugehen zu lassen? Die Sachen sind hier verboten, und doch kann man nicht mit gutem literar. Gewissen leben, ohne sie gelesen zu haben. Den Kostenbetrag können wir uns bei den Blättern für liter. Unterhaltung oder bei der Enzyklopädie berechnen. Dabei fallen mir auch die Wiener Bilder von A l e x i s ein, die ich ebenfalls gerne hätte und die auch verboten sind. Mit vorzüglicher Hochachtung Ew. Wohlgeboren ergebenster K. Rosenkranz (Klapperwiese N. 4) ^ Die 1827 gegründete „Berliner Societät für wissenschaftliche Kritik". Zur Beziehung Diderot-Rosenkranz vgl. die Dissertation von Heinz Boddin, Karl Rosenkranz als Literaturhistoriker. Unter besonderer Berücksichtigung seiner Goethe- und Diderotstudien. Berlin 1981 (als Ms.).

2

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52. Aprili 834-53. April 1834

52. An Moritz Hermann Eduard Meier Herzlichen Dank für Ihre lieben Zeilen. In aller Eil sende ich, über die Mahnung erschrocken, den Artikel, damit ich in der Orthodoxie der Freundschaft beharre. Mit herzlichem Empfehl von uns an Ihre Frau Gemahlin. Ihr Königsberg, treuergebener 3t. April 34 K. R. [verblichene Randbemerkungen]

53. An Leopold v. Henning Königsberg, 7. April 1834 Für Ihren so ausführlichen und interessanten Brief, mein verehrter Freund, herzlichen Dank! Sie glauben nicht, wie gerade hierher Briefe viel notwendiger sind als Erregungsmittel der literarischen Muskelkraft. In Deutschland empfand ich oft ein wahres Gedränge solcher Sollizitationen. Hier ist's stiller, obschon ich mich im Markt und im Kurs zu erhalten bestrebe. Weiße vorzunehmen habe ich jetzt nicht die passende Stimmung. Sein Buch, die Idee der Gottheit, ist, wie ich denke, Hinrichs übertragen, für den es wohl gemacht ist, besser als Cousins Fragmente. Ich bin seit Dreivierteljahr mit Richter in Breslau wieder in Verkehr und suche ihm eine höhere Richtung zu geben; seine Kräfte sind frisch, sein Wille wach, aber die höhere Weihe und Bildung mangeln ihm. Da er nun ganz in r e b u s n o v i s s i m i s lebt, da dies Thema in einem Verhältnis zu ihm immer auftaucht, so bin ich zu sehr damit in Bewegung, als daß ich Weißes Eschatologie1 übernehmen möchte. Geben Sie dieselbe an Conradi oder A. Benary. Ich habe folgende Vorschläge: 1, Braniß Metaphysik 2, Matthias Idee der Freiheit

Diese beiden Schriften, wenn sie noch nicht vergeben sind, möchte ich gern rezensieren. Vorigen Sonnabend habe ich meine Anzeige von Atterbom an Sie abgeschickt und in ihr mit der Kürze einen löblichen Anfang gemacht. Also seien Sie deshalb ohne Sorge. Zu Ihrem Töchterlein gratuliere ich von Herzen und wünsche, daß es nicht, wie mein Junge, der übrigens stark ist, an der Schwämme, dieser peinlichen Kinderkrankheit, möge zu leiden haben. '

Chr. Herrn. W e i ß e , Die p h i l o s o p h i s c h e G e h e i m l e h r e von der Unsterblichkeit menschlichen Individuums. Dresden 1834.

des

54. April 1834-55. Juli 1834

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Darf ich wohl noch einmal um einen Abdruck meiner letzten beiden Rezensionen bitten? - Den Wechsel haben Borntraeger akzeptiert; Quittung brauche ich daher wohl nicht zu schicken? Was Sie über die Persönlichkeit Gottes schreiben, ist s e n s o s t r i c t o auch meine Meinung. Die Jacobische Sentenz: „Gott müsse ein Du für uns sein" (d. h. in der Hegeischen Terminologie, die Substanz muß Subjekt, [...] nicht bloß, wie bei Michelet, Subjekte sein. Auch Hinrichs ist in dieser Hinsicht völlig mit uns einverstanden.) ist hier völlig anwendbar. Sagen Sie, die Sozietät wird doch Stahls Rechtsphilosophie 1 nicht vergessen? Kennen Sie den Herausgeber des „Lebens im Leichentuch"? Wer 2 ist es? Er hat mir gestern sein Buch zugeschickt. Die Handschrift seiner Zueignung kommt mir bekannt vor. Ich habe meine Briefe verglichen, finde aber doch nicht dieselben. Übrigens geht es mit den Vorlesungen und der Gesundheit gut. Leben Sie wohl! Ihr getreuer Karl Rosenkranz

54. An Karl Daub 3 [Königsberg], 28. April 1834 [Rosenkranz berichtet, daß Zuhörer aus der Königsberger Gesellschaft in seinem Kolleg sitzen.]

55. An Joh. Jacob Otto August Rühle von Lilienstern Ew. Exzellenz, sehr geehrtes Schreiben vom 4ten d. M. finde ich jetzt erst einige Muße zu beantworten, bin aber von einer heftigen Anstrengung, zu welcher außerordentliche Veranlassungen in den vorigen Wochen nötigten, und von der übermäßigen Hitze so angegriffen, daß ich im voraus um Verzeihung bitten muß, wenn ich nur Ungenügendes zu Markt bringe. Um Ew. Exzellenz, wie es nötig wäre, zu antworten, müßte ich vor allen Dingen Ihre Schrift noch einmal durchlesen, mir alles wieder lebhaft zu vergegenwärtigen. Vielleicht ergreife ich ' 2

τ

L. Feuerbach rez. das Werfe in den JbbwissKrit. im Juli 1835, Nr. 1, Sp. 1-7; Nr. 2, Sp. 9-16; Nr. 3, Sp. 17-20. [Philipp Conrad Marheineke,] Das Leben im Leichentuch. Enthüllung eines argen Geheimnisses. In Briefen. Berlin 1834. Erwähnt in: Esaù, Lotte, Karl Rosenkranz als Politiker. Studien über den Zusammenhang der geistigen und politischen Bewegungen in Preußen. (Eine Preisarbeit), S. 17. Halle 1935.

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55. Juli 1834

die Gelegenheit, bei einer Kritik von Braniß Metaphysik, die ich den Berliner Jahrbüchern einsenden will, auch Ihre Schrift gründlicher durchzugehen. Den Ernst derselben verkenne ich durchaus nicht; ebensowenig die Tiefe, mit welcher Ew. Exzellenz einige der schwierigsten logischen Kategorien (NichtsEtwas, Negieren-Ponieren, Abstrakt-Konkret, Relativ-Absolut, IndifferenzDifferenz, Diremtion u. a.) analysiert haben. Auch werden Ew. Exzellenz jene unmutig klingende Erwähnung zu entschuldigen wissen, wenn Sie die tiefe Entrüstung erwägen, zu welcher Bachmanns oberflächlich - anmaßendes Deklamieren mich gestimmt hatte; da bemeistert sich des ganzen Menschen die Bitterkeit. Was nun den dort angeregten Punkt betriffft, so scheint mir die Sache so zu stehen. Das Logische ist das Einfachste und Allgemeinste. Das Mathematische, sei es das Geometrische oder Arithmetische (Algebraische), ist dagegen schon ein Zusammengesetztes und Besonderes. Ohne sich das Logische vorauszusetzen, kann das Mathematische gar nicht entwickelt werden, denn die Gedanken des Allgemeinen, Besonderen und Einzelnen, der Einheit, des Unterschiedes, des Endlichen usf. sind im Mathematischen nicht bloß logisch, sondern in der Bestimmtheit räumlicher Konfiguration oder rein quantitativer Begrenzung und Bewegung in konkreten Zahlen (seien dies auch Buchstaben). Bezieht man also das Logische und das Mathematische aufeinander, so daß das Letztere für das Erstere erläuternd erscheinen soll, so kann es nur den Wert des Beispiels haben; es wird Symbol. Nun ist aber das Logische ein sich Bewegendes. Das Mathematische aber ist ein in seiner Bewegung auch von außen Bewegtes („ich lasse eine Linie sich verlängern; einen Kreis sich um sich selbst drehen usf.", ich nehme eine Zahl X an u. dgl. m.) Wenn nun unzweifelhaft das Mathematische zur Verdeutlichung einzelner Kategorien ganz vortrefflich dient, weil es, obschon im Räumlichen sich bewegend, dennoch sehr einfach ist und, aller anderweiten sinnlichen Anschaubarkeit, außer der schlichten Linearität, entbehrend, dem Gedanken in seiner nichtsinnlichen Reinheit den wenigsten Eintrag tut: so ist doch eine Grenze solcher Darstellungen eben in der Bewegung, welche sich der Fixierung durch Zeichnung absolut entzieht. Allerdings ist die Sprache auch nur Zeichen, aber mit dem Gedanken viel inniger verschwistert; um ein mathematisches Symbol, Punkt, Linie, Winkel, Sekante, Durchschnitt etc. zu verstehen, muß ich vermittelst der Sprache erklären, daß ich es so und so verstanden haben will. So ist es der Fall ζ. B. zweite Abt. S. 102,129, besonders aber 177 und 193ff. Wenn fast alle Philosophen (auch Hegel, wie ich sehe in der Geschichte der Philosophie ganz auffallend Bd.l, S.122) Punkt, Linie, Figur, Kreis zur

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Verdeutlichung ihrer Entwicklungen verwendet haben, so halte ich es doch für eine Klippe, die Bewegung der Idee ebenfalls so darstellen zu wollen, denn hier hört die Kongruenz auf. Der Schluß ζ. B. ist undarstellbar; ebenso die Wirklichkeit als Einheit des Wesens und seiner Erscheinung und Ähnliches. Aus diesem Grunde protestiere ich gegen ein solches Unternehmen und halte dafür, daß es nicht reüssieren kann. Seine Bestimmtheit wird zu bestimmt, wie ζ. B. wenn Winkel von 360e hervorgehoben werden. Indem die logische Grundlage in allem Konkreten vorhanden ist, wird man aus allem sie extrahieren können, also aus Funktionen und Konstruktionen aller Art. Werden nun aber solche Exegesen als Argumentationen gebraucht, das Logische Lügen zu strafen, so bestrafen sie sich selbst. Die Starrheit der Figur, das Willkürliche des Konstruierens wirkt unausbleiblich auf das Element des Gedankens - und man begreift nicht, daß Sein und Nichtsein, im Werden Simultaneität haben können. Von dieser Seite scheint mir die mathematische Symbolik eine gefährliche Hemmung für die volle Freiheit der logischen Entwicklung zu erzeugen. Statt das Allgemeinste in seiner Einfachheit und Dialektik zu fassen, schwebt gleichsam ein bald so sich gruppierender Nebel auf, der die „Durchsichtigkeit" des Logischen „trübt". Ew. Exzellenz, in Mythologie, in Kartenzeichnen, in Kriegswissenschaft, in allen mathematischen Disziplinen und nicht minder in der Philosophie wohlerfahren, verarge ich gar nicht, in solcher Symbolik sich zu ergehen. Selbst das Gleichnis mit dem Kruzifix will ich mir gefallen lassen. Soll ich aber sagen, was mir bei Ew. Exzellenz Schrift immer in den Sinn kam? Eine, ich will es so nennen, spekulative Darstellung der Mathematik. Hegel spricht Enzyklop. 2te Aufl. 232 von einer philosophischen Mathematik, scheint doch aber nichts anderes darunter zu verstehen. In einer stetigen Entfaltung der Geometrie, Stereometrie und Trigonometrie müßte Ihr Talent, das Logische im Mathematischen mit größter Schärfe zu ergreifen, auf eine für die Philosophie nicht minder als für die Mathematik erfreuliche und fruchtbare Weise zu dauerndem Gewinn sich glänzend beurkunden. Thibaut in Göttingen wollte etwas dem Ähnliches, besonders in seinen mündlichen Vorträgen; die sogenannten exakten Mathematiker pflegen ihn als einen eleganten Schönfärber zu verachten. Indessen etwas ist doch wohl an der Sache daran. Thibaut fehlte nur eben ein Begriff von spekulativer Methode. Ich will einen Vergleich machen. Die bisherige Geometrie und Stereometrie kommt mir in der Folge ihrer Bestimmungen und Theoreme wie ein Saal vor, in welchem chronologisch Statuen aufgestellt sind, von denen jede eine bestimmte Entwicklungsepoche der Kunst bezeichnet. Wir haben also an ihnen schon die ganze Kunstgeschichte und doch würden sie erst durch eine genetische (heuristische) Geschichte ganz lebendig und verständlich werden. Sie würden nicht bloß hingestellt erscheinen, sie würden sich selbst hinstellen. In Bezug auf die philosophische Behandlung der Mathematik bemerke ich noch, daß bei Hegel eine doppelte Seite berücksichtigt

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werden muß. 1) Er polemisiert gegen die mathematische Konstruktion, wenn sie die philosophische Methode (worin ihn noch kein Schüler, ich am wenigsten, erreicht hat) ersetzen oder gar mehr gelten soll. 2) Aber dann zeigt sich wieder das Bewußtsein, daß doch im Mathematischen so gut als in anderen Dingen das Spekulative sein müsse. Ich sehe auch nicht, warum es nicht so sein sollte, wenn's auch schwer sein mag, es zu entwickeln. Hegel scheint nach S. 233 oben hierüber nicht ganz entschieden zu sein. In der Differentialrechnung ist das spekulative Moment so hervorstehend, daß Hegel selbst sich viel damit abgemühet hat. In der Physik des Aristoteles finde ich in Bezug auf Raum und Zeit herrliche Deduktionen der Art, daß der bedingte (sozusagen anfangslose) Anfang, das Postulat des Raumes, in der Geometrie gewiß überwunden werden könnte. Man müßte nur Schritt vor Schritt gehen. Auch Grusons Vereinfachung des Euklid 1 leistet schon manches. Daß ich unter den „ephemeren Produkten" die Schrift von Ew. Exzellenz nicht gerechnet habe, geht schon daraus hervor, daß ich jene Worte im Herbst 1832 schrieb, wo Ew. Exzellenz Schrift noch gar nicht erschienen war. Aber Schubarth 2 , die Briefe über die Enzyklopädie 3 , die bei Kollmann 4 erschienene Schrift und eine Masse von 2-3 Bogen, elendes Flickwerk, habe ich gemeint. Doch wollen Ew. Exzellenz gütigst verzeihen, wenn ich Dinge gesagt haben sollte, die Sie längst dachten und Wünsche geäußert, die Sie vielleicht als unangemessen verwerfen müssen. Auf alle Fälle aber sein Sie versichert, daß ich mit vollkommenster Hochachtung bin Ew. Exzellenz Königsberg, den 19. Juli ganz ergebenster 1834

1 2

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4

Karl

Rosenkranz

J. Ph. Gruson, Simplification et extension de la géometrie d'Euclide. Berlin 1829. Zusammen mit L. A. Carganico verfaßte Karl Emst Schubarth die Schrift .Über Philosophie und Hegels Encyklopädie der philosophischen Wissenschaften insbesondere. Ein Beitrag zur Beurtheilung der letzteren', Berlin 1829. Hegel selbst rezensierte das Buch 1829 in den Jbbwiss.Krit. Nr. 10-11, 13-14, 37-40, 117-120, woraufhin Schubarth mit einer .Erklärung in Betreff der Rezension des Herrn Prof. Hegel in der letzten N u m m e r der „Jbb. für wiss. Kritik" vom vorigen Jahre' (Berlin 1830) antwortete. Im Rahmen der u. a. von Heinrich Leo und F. A. Diesterweg eingeleiteten Offensive gegen die Hegeische Philosophie wiederholte Schubarth 1839 seinen Angriff auf die Hegeische Rechtsphilosophie, die er als eine Revolutionslehre ansah, in dem Werk .Über die Unvereinbarkeit der Hegclschen Staatslehre mit dem obersten Lebens- und Entwicklungsprinzip des Preußischen Staates', Breslau 1839. Schubarths Schrift und Stellungnahmen gegen ihn sind abgedruckt bei M. Riedel, Materialien zur Hegeischen Rechtsphilosophie. 2 Bde., Frankfurt/M. 1975. Kaiisch, P., Briefe gegen die Hegel'sche Encyklopädie der philosophischen Wissenschaft. H. 1. 2., Berlin 1829-30. Anon. (Verm. Hülsemann), Über die H e g e l ' s c h e Lehre, oder: absolutes Wissen und modemer Pantheismus. Leipzig 1829.

56. [Sommer 1834] - 57. [Sommer 1834]

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56. An Hermann Friedrich Wilhelm Hinrichs [Königsberg, Sommer 1834] ... Die Studenten sind hier sehr faul, haben auch nicht den inneren Trieb wie in Deutschland. Wegen ihrer geselligen Fertigkeit, ihrer anstandsvollen Außenseite überschätzte ich sie anfangs, bin aber sehr davon zurückgekommen. Ein deutscher abgeschabter Rock birgt mehr als ein schwarzer Frack und blendend weiße Vatermörder. Dabei sind sie auf Biertrinken und Vergnügungen erpicht und doch so arm, daß ich seit Michaelis bis jetzt 20 Rtl. jedes Semester Honorar eingenommen habe ... An das Schreiben sind sie in den philosophischen Vorlesungen (durch Herbart) gar nicht gewöhnt; in der Geschichte der Philosophie habe ich es mit Mühe dahin gebracht ... Die Kantische und Herbartsche Philosophie sind hier in der ganzen Gesinnung Fleisch und Blut, hauptsächlich der erstere; der zweite nur in der Neigung, alles abstrakt und mit eigentümlich verschlungenen Wendungen zu behandeln. Der erstere ist aber ein wahrhafter Nationalphilosoph; der Dualismus des Diesseits und Jenseits ist hier der König des Bewußtseins - was, sehen wir uns einmal wieder, gehen wir wieder einmal auf der unvergeßlichen Wiese (nach Beuchlitz bei Halle) spazieren - durch hübsche Anekdoten erläutert werden soll. Unter Hegelianismus oder, wie Rühl von Lilienstern sagt, Hegelianik stellt man sich entweder Unsinn oder Katholizismus oder Pietismus vor; mein Stand ist daher nicht leicht, besonders da ältere Leute meine Vorlesungen frequentieren, die dann an Einzelheiten haften bleiben, ζ. B. letzhin hatte ich einen Memelschen Stadtrat, der hier seine Pension verzehrt, zur Reflexion über Gott gebracht, weil ich als Beispiel einer guten Definition: Gott ist der absolute Geist, aufgestellt hatte; dagegen hatte er nun die Definition gehalten, die er bei Kant gehört hatte usw. Lehnerdt ist es gelungen, eine Menge Theologen aufbessere Wege zu bringen, und ohne ihn würde es mir noch schwerer werden. Mit Naturwissenschaft denke ich mich mehr abzugeben; die empirische Physik steht hier in großem Ansehen...

57. An Hermann Friedrich Wilhelm Hinrichs [Königsberg, Sommer 1834] [Über die Königsberger Bauverhältnisse] ... Der feuchte Grund schlägt überall durch die Mauern und verursacht ein triefendes, widerwärtiges Ansehen. Nach dem Schlosse zu, dem Mittelpunkt der Stadt, sind die Häuser drei, vier Stock hoch, allein, mit einzelnen rühmlichen Ausnahmen, selten schön gebauet. Innere Bequemlichkeit, Ineinandergreifen der Gemächer, helle Küche, geräumig etc. ist eine Seltenheit der modernen Architektur. Die Börse ist das geschmackloseste Gebäude von Holz und Blech;

58. [1834] - 59. [o. D.]

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griechische Säulen tragen in schlechten Verhältnissen ein holländisches Mansardendach! Nur durch die Größe wirkt sie malerisch ... [Die neue Wohnung liegt außerhalb der Stadt auf der sogenannten Klapperwiese] idyllisch-ländlich.

58. An Karoline Pfaff [Königsberg, 1834] ... Das meiste Vergnügen genoß ich aber in der Gesindestube. Hier hatte sich ein alter Invalide eingefunden, um ein Puppenspiel, unterstützt von einigen Dorfmusikanten, aufzuführen. Es hieß: „Der Fürst von Frühlingsfelde oder die verliebte Heiratschaft". Ein Fürst kommt aus einem Feldzug verschuldet zurück. Seine Frau empfängt ihn mit Vorwürfen. Er hat seine Tochter Lisettchen einem alten General versprochen, der ihm Geld vorgeschossen. Sie hat aber einen Lieutnant Klapowsky zum Liebhaber, der durch den verschmitzten Bedienten begünstigt wird. Der Fürst entdeckt dies Verhältnis und tobt gewaltig. Aber Klapowsky ist ein wegen eines Duells aus Belgien geflüchteter Prinz, der jedoch wieder „pardonniert" worden, und so hat denn der Vater nichts dagegen, und es endigt mit einem lustigen Tanz à la cosaque, den die bloß von den Fingern regierten Marionetten sehr gut ausführten. Wär* es möglich, so würde ich Ihnen nun die drolligen Witze mitteilen, die sich besonders im Plattdeutschen sehr spaßhaft ausnahmen...

59. An Karoline Pfaff 1 [Königsberg, o. D.] ... An der sogenannten hohen Brücke sind einige Buden, wo ich das Volk in seinem Himmel beobachte, wie es gebratene Fische, Heringe, Speck, Wurst, Rauchfleisch etc. mit Brot und Semmel in riesenhaften Quantitäten verzehrt... [Über Gesellschaften] ... Diese sind hier äußerst glänzend. Vier bis fünf Zimmer sind brillant erleuchtet; Lohnbediente laufen umher; in besonderen Garderoben empfängt man, da oft anderthalb hundert Menschen zusammen sind, für Mäntel etc. eigene Marken; Tee, Punsch, Wein etc., Fleischwerk aller Art, Gelees, Kuchen wird auf ungeheuren Präsentiertellern umhergetragen, von denen man kleine Tellerchen herunternimmt.... 1

Es geht aus dem Aufsatz Max Jacobsons, der den Erstdruck dieses Briefes enthält, nicht genau hervor, ob K. Pfaff oder Hinrichs der Adressat ist.

60. [Juli 1834]

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[Über den Kneiphöfischen Junkerhof] ... Eine doppelte Garderobe, für die Damen mit großen Spiegeln etc; zwei Vorzimmer; ein ungeheurer Saal, von dem aus nach einem höher liegenden Seitenzimmer Fenster durchbrochen sind, von wo aus man bequem zusehen kann; eine Konditorei und ein Speisesaal, der so groß ist, daß sechs Kronleuchter darin brennen. Der Tanzsaal ist 1706 erbaut und hat eine Decke mit großen Stukkaturarbeiten; die Figuren sind aber schlecht und fallen sämtlich in das Wulstige; bei der Erleuchtung jedoch, wo die Goldverzierungen und grellen Farben hervortreten, macht es einen zum Tanzen ganz lustigen Eindruck....

60. An Hermann Friedrich Wilhelm Hinrichs [Königsberg, Juli 1834] ... Was nun schön ist, das ist der Pregelstrom, der gleich unterhalb der Stadt in das Haff tritt, das am Horizont wie ein Silberspiegel glänzt. Hier habe ich nun meine Freude an dem Schifferleben. Leider ist der lahme Handel schuld, daß es diesen Sommer etwas lau hergeht. Um so aufmerksamer bin ich auf alles. Ich habe Nordamerikaner aus Boston, Engländer aus London, Norweger aus Bergen, Dänen, Schweden (mit Heringen) und Holländer unterscheiden gelernt. Die Namen der Schiffe, die Nationalfarben der Flaggen, die sonntags aufgezogen werden, die Jacken der Matrosen und die Sprache sind, logisch zu reden, für mich die Hauptunterscheidungsmerkmale, denn von dem Bau der Schiffe verstehe ich noch nichts und vergesse auch immer die Namen der verschiedenen Masten. Da gedenke ich denn Ihrer so oft, wie Sie mir mit beredten Zügen das Meer und Ihre Heimat schilderten. Die friesischen Frauen sind immer recht schmuck. Es sieht rührend aus, eine solche Frau auf dem Deck zu sehen, Küchenarbeit verrichten, stricken, ein Kind abwarten etc. Meist tragen diese Frauen einen breiten, stark vergoldeten Reif um den ganzen Kopf herum, was eine königliche Stirn als Diademband recht hübsch kleidet, sonst aber die Haare zu sehr verdeckt. Außer diesen Nationen kommen Pommern, Danziger, Elbinger und Polen. Von diesen sind jetzt über 140 Schiffe nach und nach gekommen, die man Vitinnen nennt; die Leute selbst, ein gutmütiger, nicht häßlicher Menschenschlag, heißen Schimkis 1 . Sie führen unter der Leitung polnischer Juden Hanf, Flachs, Matten, Holz etc. Die Schiffe werden nach Löschung der Fracht zerlegt und als Nutzholz verkauft. Sie sind unten breit; auf dieser Basis sind Hütten gebauet. Vor vierzehn Tagen sah der Pregel wie ein polnisches Dorf aus. Diese Leute tragen selbstgeflochtene Schuhe von Bast, eine leinene Hose,

'

Eigentl. Dschimken. Vgl. Rosenkranz' Königsberger Skizzen, Bd. 1, S. 173ff. Königsberg 1842. Nachdruck Hannover 1972.

61. August 1834

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Hemd und darüber einen langen Flauschrock und einen kurzkrempigen Strohhut. Sie sind in ihrem Essen wie das liebe Vieh; essen alle zusammen aus hölzernen Mulden, um die sie herumliegen etc. Sie sind aber musikalisch. Vor einiger Zeit habe ich fünf in meinem Hausflur gehabt, von denen zwei Violine spielten; einer schlug das Tamburin; zwei tanzten äußerst zierlich gegeneinander. - Sie sehen, ich studiere die Anfänge der Kultur, d. h. die Barbarei. An das Polnischreden Hören (wo man denn einzelne Worte aufschnappt) und an den Judenjargon habe ich mich ganz gewöhnt, da hier in meiner Nähe eine Menge der größten Speicher sind, wo die Juden in Haufen von 20-40 sich zusammenfinden, oft sehr schöne Leute; an Christus und die Apostel muß ich oft zurückdenken. Wenn sie in Schuh und Strümpfen, im schwarzseidenen Kaftan, weißem Hemdkragen, gut gestutzten Bart, breitkrempigen Hut erscheinen, sind sie ein nobler Anblick. Aber auch nichts Zynischeres, als der gemeine Jude, wie sie hier auf den Brücken liegen, Nüsse zu verkaufen ... Jetzt im Sommer sieht sie [die Stadt, J. B.] ganz versüdlicht aus; überall, wo ein Balkon, ein Altan, eine Treppe ist, sind Leinwandzelte mit roten Einfassungen ausgespannt, worunter man sitzt, Kaffee trinkt, näht, die Zeitung liest usw. Namentlich die Kneiphöfische Langgasse sieht zu Zeiten wie ein großes Gesellschaftszimmer aus...

61. An Leopold v. Henning Königsberg, a. 1st. August 1834 Verehrter Freund, mein uralter Briefanfang lautet: Sie empfangen beiliegend meine Rezension - über Eschenmayer. Ich mag hart erscheinen, aber wer die Philosophie dieses Mannes näher kennt (Marheineke kennt ihn wohl von Tübingen her ganz genau?), der wird finden, daß ich noch zu milde gewesen bin. Manche meiner Wendungen, ζ. B. das Bedauern, daß Hegel noch nicht wiederlegt worden, sind absichtlich paradoxironisch. Über die Unsterblichkeit habe ich mich deshalb so weitläufig verbreiten müssen, weil man allenthalben davon spricht und weil Richter mich namentlich durch eine elende Schrift gegen mich 1 (zum Dank für die Belehrungen und Warnungen, die ich ihm seit jeher gegeben) in die Sache gezogen hat. - Eschenmayers Schrift ist in der Allgemeinen Zeitung als eine Schanze gepriesen, die wir noch nicht erstürmen würden. Ich hoffe, Sie schreiben mir bald, wie Ihnen und dem Frauchen die Rezension zusagt. Braniß werde ich ganz objektiv behandeln, ganz aus ihm selbst heraus zerstören, gar nicht die [?] Hegel machen; Aristoteles nur will ich einigemal '

Friedrich Richter, Der Prophet. Jg. 1. 2. Erster Band mit einem einleitenden Vorwort an Prof. Rosenkranz in Königsberg. Breslau 1833. Bd. 2. Breslau 1835.

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gegen ihn anziehen; das wird am meisten helfen. Ich denke, in seiner Kritik mein kritisches Meisterstück ( p r o t e m p o r e ) zu machen und habe guten, frischen Mut. Den muß ich hier aber auch haben. Die Hegeische Philosophie, die Berliner Jahrbücher sind durch Herbarts Reden, durch die Empfindlichkeit einiger, die darin gerade nicht gelobt wurden (ζ. B. Sachs ), gänzlich verhaßt. Ich habe einen schlimmen Stand, wie ich es erst jetzt mehr und mehr einsehe, nachdem mich die Neuheit der Menschen nicht mehr so beschäftigt Aber die Studenten fühlen sich angezogen; ich gebe mir Mühe so viel ich kann und sehe, daß es doch hier und da fruchtet. Wenigstens habe ich weit mehr Zuhörer als Herbart. Dabei fällt mir Göttingen ein. Hier hat Her[bart] außer der Logik, wo man seine rhetorischen Fähigkeiten bewundert, nie über 20 Zuhörer gehabt. Der arme Wendt ist nun ganz herunter. In der Geschichte der Philosophie hat er 6 gehabt. Bohtz, der mir dies schreibt, hat verhältnismäßig, d. h. als Privatdozent, was in Göttingen so viel ist als ein Infusorium im Tierreich, die meiste Wirksamkeit, aber man hat ihm von Hannover aus bestimmt gesagt: „da er sich zur Hegeischen Philosophie neige und diese vom Praktischen abführe, so habe er keine Anstellung zu erwarten." Ebenso geht es dem Theologen Matthäi, dem die hofrätliche Aristokratie aus Neid alles Brot wegbeißt. Beide können nun in Göttingen versteinern! Lehnerdt wird doch wohl festgehalten werden? v. Bohlen mag immerhin noch Halle. Ich habe hier den 12t. Juli disputiert Ich hatte eine Dissertation d e i n t e g r i t a t e n a t u r a e 1 geschrieben. Mein professorlicher Opponent war Olshausen. D r . Hendewerk 2 und Rupp hatten sich als Extraopponenten gemeldet und ersterer schon im Billet an mich erklärt, ich würde es natürlich finden, daß ein Herbartianer mit meiner spinozischen Dissertation sich nicht befreunden könne. Es war sehr heiß. Schlag 11 Uhr fing ich an. Olshausen, der auf die Studenten folgte, disputierte bis gegen 1 Uhr und benahm sich durchaus gut und liebenswürdig. Nun bat ich, da mir der Schweiß aus allen Gliedern rann, meine Extraopponenten mögen es kurz machen. D r . Hendewerk erklärte nun räuspernd meine Dissertation für ein miserables, zusammenhangloses Machwerk, wie man es von einem Manne, der für berühmt gelte, gar nicht erwarten sollte, zeigte mir, wie ich es hätte besser anlegen können und fing nun

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De integritate naturae dissertatio. Pro loco profess, ordin. Regimonti 1834. Karl Ludwig Hendewerk, Lizentiat in Königsberg, Pfarrer an der Heiligen-Kreuz Kirche bei Königsberg, vf. „Eine S c h r i f t zum Schutze des C h r i s t e n t u m s " gegen R o s e n k r a n z ' Habilitationsthesen, die er Herbart zur Begutachtung übersandte. Vgl. 14. Jahrbuch d. Vereins f. wissenschaftl. Pädagogik, Langensalza, S. 292. Die Schrift selbst konnte nicht nachgewiesen werden. Hendewerks und Tautes Sicht der Disputation und Herbarts Urteil über die Hendewerk-Schrift in: Briefe von und an J. F. Herbart. Urkunden und Regesten zu seinem Leben und seinen Werken. Langensalza 1912, Nachdruck Aalen 1964, Bd. 4, S. 258f., 269f; Bd. 3, S. 130.

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Widerspräche herzuzählen, in die ich mich verwickelt hätte: Freiheit und Notwendigkeit, Einheit und Unterschied e t c . Auf meine Auseinandersetzung hörte er fast gar nicht, sondern blätterte weiter und wiederholte, wenn ich aufhörte, seinen Refrain. [...] Gegen 2 Uhr inhibierte der Dekan. Nun wurde Hendewerk wütend, sagte, er höre auf, weil es ihm befohlen wäre, er könnte aber noch tagelang fortsprechen; meine und seine Philosophie wären so weit auseinander, daß meine Lügen und seine Wahrheit sein müßte oder umgekehrt usw. Der D r . Rupp betrug sich zum Glück höflich und machte es nicht zu lange, was ich auch bei meiner Erschöpfung kaum ausgehalten haben würde. - Nachher im Senatszimmer erklärte Hendewerk, da der Kampf um die Wahrheit (wer subsumiert wohl heutzutage die Hanswurstiade einer Disputation unter diese ehrwürdige Kategorie?) mit mir nicht ausgefochten, so werde er gegen mich schreiben. - Die Physiker hierselbst habe ich dadurch gegen mich erbittert, daß ich in einem Vortrag 1 , den ich hier im Mai auf dem Schloß gehalten, Schelling, Oken und Steffens sehr gelobt, Herbart aber gar nicht erwähnt habe, weil mir wirklich unbekannt ist, daß er für Naturwissenschaft etwas Erkleckliches geleistet hätte. Die Disputationskosten haben mir dies Jahr eine Erholung durch das Seebad unmöglich gemacht haben. Doch bin ich Gott sei Dank gesund und, je mehr ich arbeite, um so heiterer. Ich will für Hegel leben und sterben und denke, noch manches durchzusetzen. Darf ich wohl um einen Abdruck von Atterbom und Schi-King bitten? Freund Hotho bitte ich herzlich zu grüßen und ihm zu sagen, daß ich jetzt nicht gleich schreiben könnte. Er hätte aber nur gewissermaßen recht, wenn er unsere Literatur gerade jetzt für so öde hielte. In allem übrigen gäb' ich ihm nach vielen Bedenken Recht! Leben Sie wohl!

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Karl Rosenkranz, Über die Entwicklung der philosoph. Naturwiss. von Kant bis Hegel. Vorgelesen in der physik.-Ökonom. Gesell, zu Königsberg am 2. Mai 1834. Dieser Vortrag erschien zuerst in den PreuB. Prov. Blättern Bd. 12, 1834 und ist auch abgedruckt in Rosenkranz' .Studien', Th. 2, Leipzig 1844, S. 1-41. Über den Vortrag berichtet Gregor in einem Brief an Herbart vom 4. Mai 1834: „Ich selbst habe diesen Freitag in der physik. Gesellschaft eine Vorlesung von R. gehört, und zwar über die Fortschritte der Naturwissenschaft seit Kant und Hegel. R. führte Kants und Schellings Lehren zwar historisch ziemlich geschickt an, aber ohne alle genügende Kritik; nur bewaffnet mit großen Knüppeln gegen die arme Teleologie, die sich nicht bloß Zurückweisung von den Nat.wiss., was ja notwendig ist, sondern völlige Unterdrückung mußte gefallen lassen. Von Wolf ... ging die Rede ... diesmal zwar nur bis Steffens und seinen in allem Ernste empfohlenen Romanen, aber doch schon in solchem panegyrischen Schwünge, daß ich nicht absehe, wie Hegel soll zuletzt gefeiert werden. R. ist in Gesellschaft sehr gem gelitten. Seine Stimmung ist ästhetisch und in gewissem Sinne religiös, aber nicht speculativ." (Briefe von und an J. F. Herbart, a. a. O. Bd. 3, S. 63)

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62. An Johannes Schulze Königsberg, 7. August 1834 Hochwohlgeborener Herr, hochzuverehrender Herr Geheimer Oberregierungsrat, fast ein Jahr ist hingegangen, ohne daß ich Ihnen von mir Nachricht gegeben; ich hoffe aber, daß Freund Hotho Ihnen gesagt hat, wie ich mich im ganzen genommen hier recht wohl und an meinem Ort befinde, eine Stimmung, welche im Wachstum begriffen ist, seitdem ich sehe, wie unter den Studenten sich eine wirkliche Teilnahme zu regen anfängt, da im Anfang viel Neugier in den Besuch meiner Vorlesungen sich einmischen mochte. Es ist keine Frage, daß Professor Lehnerdt mir schon einen günstigen Boden unter den Theologen bereitet hatte, ohne welchen meine Stellung viel schwieriger für den Anfang gewesen wäre. Wie in der Wissenschaft haben wir uns auch persönlich auf das innigste befreundet und uns oft in dem Gedanken entzückt, den wissenschaftlichen Geist in gemeinsamer Anstrengung zu fördern. Wie bin ich daher niedergeschlagen, zu vernehmen, daß ein hohes Ministerium gesonnen ist, einen sächsischen Professor Fleck an Olshausens Stelle zu setzen! Lehnerdt hat in Dorpat zusammen 1600rx. Er fordert hier nur die Hälfte, 800, weil er seinem Vaterlande und einer Universität treu bleiben möchte, wo er so manches Gemüt schon zu höherem Leben erweckte. Auch für die Stadt ist er von Bedeutung, weil man ihn gern predigen hört; ich setze hinzu, daß er für die hiesigen Theologen das tüchtigste homiletische Muster ist; er ist gleichsam der akademische Prediger. Ich höre, daß man wie tadelnd bemerkt, er habe ja noch nichts geschrieben. Abgesehen davon, daß Lehnerdts gewiß klassischer Kommentar zur Apostelgeschichte gänzlich fertig ist und nur durch Zufälligkeiten am Druck gehindert wird, so hätte er mit Leichtigkeit vieles können drucken lassen; aber ein Streben nach höchster Vollendung hat ihn davon zurückgehalten und außerdem die viele Zeit und Mühe, welche er auf die mündliche Lehre verwandt hat, die doch für einen Dozenten die höchste Pflicht ist. Man // scheint hier von einer Seite her, die ich gleich näher charakterisieren muß, dem Ministerium wirklich die Kurzsichtigkeit zuzutrauen, den Wert eines Mannes nach dem Quantum von Papier zu beurteilen, das er hat bedrucken lassen. Ich hasse alles Delatorische, allen Schein desselben. Aber, n e q u i d r e s p u b l i c a d e t r i m e n t i c a p i a t , hier halte ich es für meine Pflicht, ganz ergebenst auf den Zustand der hiesigen theologischen Fakultät aufmerksam zu machen. Herr Konsistorialrat Kähler ist ein geistvoller Mann - allein so eingenommen von Amtsgeschäften und schon ergriffen von der Bequemlichkeit des Alters, daß er für die Universität wohl mit seinem Namen, aber durch Vorlesungen fast gar nicht mehr wirkt. Hr. Konsistorialrat Rhesa versteht Littauisch; das ist sein Feld; aber Theologie? Der ganze Mann, der noch dazu

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durch unglaubliche Pusillanimität das Ansehen verscherzt und sich zum Gespött der Studenten gemacht hat, ist wissenschaftlich charakterisiert, wenn man weiß, daß er öffentlich vorträgt, die Wolffische Philosophie sei die beste; was nachher gekommen, vertrage sich nicht gut mit dem Christentum, und die Studierenden möchten sich daher zu Wolff halten. Alle Kollegen wünschen diesen retardierenden Ungeist quiesziert. Hr. Superintendent Gebser hat sich in die fixe Idee von Jubelfesten, Anbringen von Toasten (um es recht gelind auszudrücken), in Beobachtung seiner Ehre, in Restauration der Domkirche, in Pflege seiner angenehmen Geselligkeit so verloren, daß ihm für die Wissenschaft einstweilen Zeit und Sinn ausgegangen sind; daraus hat sich aber bei ihm im stillen Haß gegen die Wissenschaft erzeugt. Was ich hier geschrieben habe, ist so faktisch, daß jeder gebildete Königsberger dasselbe referieren wird. Von den Jüngeren ist Lehnerdt intensiv und extensiv der Bedeutendste, was selbst seine Gegner eingestehen. Dann folgt Sieffert, der recht fleißig // ist und wohl eine Zulage bei jetziger Gelegenheit vollkommen verdient hätte. Dann v. Lengerke. Wie schwer es nun hält, gegen solche Hemmnisse zu wirken - da die Studierenden immer an diejenigen sich halten, welche sie examinieren - ist einleuchtend. Professor Olshausen, der unzweifelhaft christliches Leben und Achtung vor wahrhafter Wissenschaft hier gefördert hat, verläßt uns. Ich kenne Herrn Fleck nicht weiter als aus seinem Buche d e r e g n o d i v i n o , wer nach ich, falls mein Urteil etwas gilt, ihn der ebenso liefen als universellen Bildung Lehnerdts unparteiisch unterordnen muß. Eine Reise durch Italien kann doch nicht den Ausschlag geben! Aber was wollen Sie dazu sagen, daß Konsistorialrat Rhesa - von welchem aus auch auf die anderen zu schließen - mir am verwichenen Sonntag erzählte, Herr Fleck werde wohl herkommen; er habe auch für ihn gestimmt; daß aber am Ende herauskam, daß er die Titel seiner Bücher soeben erst i n d e r b i b l i o t h e c a t h e o l . nachgeschlagen, die er mir schon wieder nicht zu nennen wußte. Das heiße ich Berühmtheit und das ein Begutachten von Dingen, die man gar nicht kennt. Ebenso leicht ist das Verachten von Dingen, die man recht wohl kennt z. B. daß Lehnerdt auch Kirchengeschichte liest, was Herrn Rhesa sehr unangenehm ist, der da wünschte, daß zum Heil der Borniertheit jeder fein säuberlich in seinem Fach bliebe, d. h. ein abgetragenes Heft vom vorigen Säkulum immer noch einmal auffrischte. Ein neues zu arbeiten machen ihm ja seine wichtigen Geschäfte bei der Regierung unmöglich. Wenn Lehnerdt nun mit mir vereint wirken könnte wie bisher, so würden wir doch die Forderungen immer steigern können, weil wir uns in die Hände arbeiteten; ich lese z. B. diesen Sommer privatim Religionsphilosophie, wo ich einige vierzig Zuhörer habe, die sehr fleißig und aufmerksam sind. Behandelt man Lehnerdt aber unwürdig, will man ihm keine or//dentliche Professur geben, will man ihn mit einer kleinen Zulage abfertigen, will man ihn durch Flecks

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Berufung kränken, während er seit 5 Jahren seine heilsame Wirksamkeit mit gar manchen Aufopferungen uns gewidmet hat, also schon entschieden tüchtig ist, so wäre er ein Tor, wenn er unseren Staatsdienst nicht quittierte. Und doch, wie hängt er an Preußen! Wie hat er seit einigen Wochen sich bemühet, noch zurückzuhalten! Ich bin auch fest überzeugt, daß, wenn Sie in Berlin waren, es zu solchen Wendungen gar nicht gekommen wäre. Es ist klar, daß Prof. Gebser jeden wissenschaftlichen Antagonismus aus seiner Fakultät entfernt wünscht und an Herrn Fleck einen alten Bekannten erhofft, mit welchem er in sächsischer Oberflächlichkeit fraternisieren könne. Ist Lehnerdt erst nach Rußland exiliert, so wird das Verketzern des Hegeischen Pantheismus einstimmig von den theol. Kathedern erschallen, und ich werde ebenfalls eine Eisenrüstung anlegen müssen. Sie sind kaum von der Reise zurück, teuerster Herr Regierungsrat, und schon bestürme ich Sie. Aber soll hier der Geist nicht ganz versumpfen - v. Baer geht auch fort - suchen Sie Lehnerdt uns zu erhalten! -Verwechseln Sie meinen Freundschaftsegoismus nicht mit der Notwendigkeit der Sache. Ohne diese würde ich von jener gar nicht gesprochen haben. Ich, wie schon gesagt, habe hier ganz und gar eine Aufgabe nach meinem Sinn gefunden; in meiner Einsamkeit kann ich viel studieren, viel Lücken ausfüllen und meine Vorlesungen mit all der Sorgfalt und Liebe halten, die meine Seligkeit ist. Daß Sie in der Mühseligkeit Ihrer zahllosen Geschäfte wohlauf sind, hoffe und wünsche ich von ganzem Herzen und verharre, wie immer, mit inniger Hochachtung Ihr treuergebenster Karl Rosenkranz Hat Sr. Exzellenz, der Herr Minister, Herrn Fleck wirklich das Versprechen der Anstellung gemacht, so kann Sr. Exzellenz dreist erwidern, daß die hiesigen Verhältnisse es nicht gestatteten, weil es keine Kleingkeit ist, sich in die Köpfe der Masuren usf. hineindenken zu lernen. Dazu gehört Zeit.

63. An Karoline Pfaff [Königsberg, Herbst 1834] ... Ich kam mit einem Kreise von gebildeten Pietisten in so nahe Berührung und verletzte diese gutgesinnten Menschen durch mein Sprechen dermaßen, daß ich - es waren auch drei Damen beteiligt - momentan ganz irr ward, ob sie nicht recht und ich unrecht hätte. Namentlich bekämpfte mich die Tochter eines hiesigen fommen Superintendenten so mit Bibelsprüchen, daß ich, wollte ich nicht mephistophelisch werden, gar nicht dagegen aufkommen konnte. Als ich

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inne ward, welches Entsetzen meine weltliche Weisheit erregt hatte, bat ich, man möge meine in dem Eifer des Gesprächs oft grellen Worte nicht in aller Strenge nehmen. Sogleich fing man nun an, mir Vorsicht zu empfehlen; man schätzte meine Offenheit, allein meine Ausdrücke seien oft sehr anstößig für zarte Gemüter, die ganz im Heiligen leben wollten. Ich hatte ζ. B. geäußert, daß die Sprachverwirrung beim babylonischen Turmbau eine rechte Schalkheit Gottes gewesen sei - Gott und ein Schalk! Oder, sagte ich nun, auch ein gespenstischer Spuk zur Strafe der Torheit; die Menschen müssen wie aus einem Irrenhaus Entsprungene durcheinander gefaselt haben. Etwas besser fand man das schon. Nun, meinte ich, Gott sei doch unter anderem auch ein Künstler; er habe viel Phantasie; wie er sich auf liebliche Engelsköpfe verstehe, so auch auf Szenen des Grausens, wie so viele Gegenden bewiesen. Aber das war wieder nicht recht. Gott als einen Poeten zu behandeln, welch' ein Frevel! Wüsten aber, Eisberge, Tiger usf. hat der Teufel geschaffen. Mit den Männern zerfiel ich besonders deswegen, daß ich auch Geschichten, wie sie im Boccaz vorkommen, zu erzählen und darüber zu lachen Miene machte, besonders aber, daß ich für das französische Volk, ohne seine gefährlichen Extreme zu verleugnen, Begeisterung blicken ließ. Hier, gestehe ich, mag ich nun zuweilen wie ein Jacobiner gesprochen haben ... Als ich einst sagte, die Ruhe und Ordnung sei oft nichts als Trägheit, und diese sei auch eine Tat des Satans, fand der Gedanke wegen der Form Beifall, aber doch nicht lange. Man gab mir zu verstehen, ich sei wohl von der Religion bereits ergriffen, aber die letzte Stufe hätte ich lange noch nicht betreten und „meine ironische Witzader" verführe mich noch oft zu unheiligen Ansichten, Spöttereien usw. Auch die Philosophie mache mich denkstolz etc. - Solche Mahnung ließ ich denn nicht unerhört verklingen und revidierte mein Leben, mein Inneres, meine Philosophie. Allein ich bin nach ernstlichstem Erwägen doch wieder auf den alten Fleck angelangt, nur mit höherer Andacht. Der Pietismus ist eine engherzige Religion; für die Welt ist Christus gekommen; damit aber die Pietisten Religion haben, bleibt ihnen die Welt notwendig, sich von ihr im Selbstgefühl ihrer göttlichen Herrlichkeit auszuscheiden. Knien, Engelglaube, Bibellesen, Tischgebete, Versuchungsgeschichten, Fürbitten, Bitten um Fürbitten und wie der wohlfeile Apparat heißt, der dazu gehört. Ich las in diesem Sommer Religionsphilosophie, wodurch ich sehr erregt ward, auf diese Materie einzugehen. Ich habe in dieser Zeit 12 Gedichte gemacht, die aus meiner Seele gekommen sind und die ich gern Ihnen mitteilte, wäre es nicht so weit...

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64. An Karl August Varnhagen von Ense Königsberg, a. 11t. Nobr. 1834 Womit ich, Verehrtester, so viel Liebe von Ihnen verdient habe, ist mir zwar unbekannt; daß sie mir aber sehr wohl tut, kann ich mit aufrichtigem Herzen versichern. Daß ich aber - namentlich in betreff der neuen Raheischen Trias nicht undankbar bin, hoffe ich mit der Tat zu beweisen. Über unsere deutsche Literatur gehen mir allerhand Gedanken im Kopf herum, die doch einmal zur Reife kommen müssen. Es scheint übrigens jetzt in vielen etwas Ähnliches vorzugehen, auf einer Seite durch die grenzenlose Seichtigkeit einer großen Masse unserer Literatur und Kritik hervorgelockt, auf der anderen durch die Klassizität und nachhaltige Wirksamkeit einzelner, nach ihrem Ursprung zwar einsamer Erscheinungen, die aber doch unter sich ein Ganzes bilden. - Mir ist nämlich aufgefallen, daß trotz aller Verschiedenheit des Standpunktes Mündts Schriften in bunter Reihe sehr viel Koinzidenzpunkte haben mit den Jahrbüchern der Literatur, welche bei Engelmann in Leipzig erscheinen und deren erstes Heft heraus ist. Hinter diesen scheint mir Gervinusx als Redakteur zu stehen, und es wäre merkwürdig, wenn das nordöstliche und südwestliche Deutschland in Leipzig mit der Tendenz zusammenträfen 1) unser Verhältnis zum Auslande politisch und literarisch leidenschaftslos und gründlich auseinanderzusetzen, wobei Heine, Börne, Laube die südwestliche Auffassung mit der nordöstlichen stark kontrastieren dürfte; 2) die wirklich sehr heruntergekommene Darstellung wieder zu heben, denn wir haben uns in der Natürlichkeit oft sehr laufen lassen (Tholucks Weihe des Zweiflers ist in meiner Erinnerung das erste, Gruppes dickleibige Ariadne das letzte Beispiel einer so kruden Stillosigkeit). 3) die Kritik, der Gründlichkeit unbeschadet, allgemein zugänglich zu machen und durch sie auch die Wissenschaft mit dem Leben, das Leben mit der Wissenschaft zu versöhnen. - Bei Gervinus muß man sehen, ob er eine gewisse Altklugheit oder wie man es nennen soll, die er von Schlosser angeerbt hat, verschwinden wird. Die Büchnersche Literaturzeitung halte ich für eine der erfreulichsten Erscheinungen; vor dem Gersdorffschen Repertorium hat sie leichte Übersicht und innere Einheit (soweit das möglich ist) voraus. Sollten die Berliner Jahrbücher nicht dadurch in den Stand gesetzt werden, ihren früheren Standpunkt wieder einzunehmen? Ich wenigstens gestehe, daß mir schon die Mengung des kleineren und größeren Drucks ästhetisch unangenehm ist und halte es für eine schlimme Stellung der Kritik, um nur recht viel Bücher anzuzeigen, das eigentlich Kritische aufzugeben. Allerdings haben unsere Jahrbücher schlimme Erfahrungen einer redseligen Breite machen müssen; sollten aber die Lehrjahre nicht endlich überstanden sein? Die einzelnen ^ Rosenkranz' Vermutung ist zutreffend.

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Mitarbeiter können dies weniger wissen, als die Redaktion; bei dem Dringen auf Kürze muß man sich wundern, zuweilen Aufsätze ganz in jener Manier zu finden, die vom Publikum nicht mit Unrecht verübelt ist, ζ. B. was Gabler über Wessenberg 1 geschrieben hat, worin ich gar nichts Interessantes verspürt habe; im Gegenteil ennuierte mich der Päzepterton, der sich unter Redensarten der Höflichkeit versteckte, im höchsten Grade. Überließe man nun das Anzeigen der Büchnerschen Zeitung, hielte man in den Kritiken jedesmal einen strengen Mittelpunkt fest, so würde auch das überhäufige Abbrechen der Rezensionen aufhören. Es sieht aus, als ob man einem buchhändlerischen Interesse nachgäbe. Viele der kleingedruckten Anzeigen durften nur noch ein weniges ausgeführt werden, um vortrefflich zu sein. Unsere Jahrbücher sind, Gott sei Dank, immer noch das beste und umfassendste kritische Institut. Um so mehr müssen wir aber darauf denken, es in seiner Würde zu erhalten. Die Hallesche Literaturz. schien sich regenerieren zu wollen, ist aber mit ihren Gesamtübersichten nur einer bibliographischen Oberflächlichkeit und Unbehilflichkeit verfallen. Was haben Sie denn zu Schelling2 gesagt? Ist es nicht höchst schmerzlich, einen Mann, dem unsere Zeit und Bildung so viel verdankt, moralisch so klein, ja niedrig zu finden? Könnte sich Daub in Heidelberg entschließen, über dies Skandalon in unseren Jahrbüchern ein gediegenes Wort in aller Kürze zu sagen, da wir Jüngere vor dem Publikum wohl nicht mit der Energie auftreten könnten, wie Daub, der jene Entwicklung der Schellingschen und Hegeischen Philosophie selbst erlebt und gefördert hat. Ich lebe hier in inneren Bestrebungen so von Tag zu Tag hin und tue soviel ich kann für die Studenten, die mir denn auch mit großer Liebe zugetan sind. Ich habe diesen Winter nachmittags auch ein dreistündiges Publikum über Ästhetik angefangen, an welchem auch viel Offiziere und Referendare teilnehmen und will versuchen, den Leuten ihre nordisch beengte Weltanschauung unvermerkt durch das heitere Medium der Kunst zu verkehren.

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G. A. Gabler, (Rez.) Über Schwärmerei. Histor. philos. Betracht, mit Rücksicht auf die jetzige Zeit von I. H. v. Wessenberg, Heilbronn 1833, in: JbbwissKrit. 1834, Aug., Nr. 21-23. Schelling arbeitete für Victor Cousins .Über französische u. deutsche Philosophie", Stuttgart u. Tübingen 1834, eine zuerst in den Bairischen Annalen erschienene Anzeige von Cousins 1833 veröffentlichtem Werk .Fragments philosophiques' um und stellte sie dero. a. Schrift als Vorrede voran. In dieser ersten schriftliche Äußerung Schellings seit zwanzig Jahren, in der er von Hegel u. a. als „ein später Gekommener, den die Natur zu einem neuen Wolffianismus für unsere Zeit prädestiniert zu haben schien" sprach, polemisiert er im wesentlichen gegen den Hegeischen Terminus der Selbstbewegung des Begriffs. Hegel habe diese Entdeckung der Naturphilosophie, Schellings Philosophie, in einen dialektischen Prozeß des logischen Begriffs als solchen verwandelt und damit verfälscht. - Die Rezension in den JbbwissKrit. 1835, Nr. 33-35, verfaßte Hinrichs.

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Für Rahel hatte ich Ungezogener mich noch nicht einmal bedankt und schon senden Sie mir so freundlich Ihren Seydlitz ! Erhalten Sie mich in Ihrer mir höchst werten Freundschaft Ihr ganz ergebenster Karl Rosenkranz

65. An Leopold v. Henning Königsberg, a. 20st. Nobr. 1834 Mein verehrter Freund! Von Ihrer Reise sind Sie hoffentlich heiter und gestärkt zurückgekehrt, und haben in Ihrem Hause, wie ich wünsche, alles wohl auf. Um so inniger ist mein Wunsch, als Gott sei Dank, alles bei mir gerade wohl geht. Ich hatte in einer ganz eigentümlichen Lokalität auf der IÖnsel Venedig gewohnt, welche meiner Neigung, mich in mich selbst hineinzuspinnen, viel Vorschub leistete. Jetzt bin ich mitten in die Stadt gezogen, weil ich bemerkte, daß ich zeitweise ganz menschenscheu ward. Dazu kommt die fröhliche Aussicht, meinen Lehnerdt hier zu behalten und ein so guter Sukzeß der Vorlesungen, wie ich mir gar nicht träumen ließ. Einen harten Stoß erhielt mein Gemüt noch durch einen Brief von Freund Hotho aus, der mich an seiner herrlichen Reise teilnehmen ließ. Reisen ist seit jeher um so mehr meine Leidenschaft geworden, je weniger ich diesen Trieb befriedigte. Sagen Sie ihm, ich wäre jetzt auch darüber hinaus. Der Segen des Vorlesunghaltens ist für mich eine solche Wonne, daß ich ohne dem gar nicht mehr vergnügt lebe. Und jetzt ist alles in vollem Gange. Neid ist ein schlechtes Handwerk und eigentlich beneidete ich Hotho um die Reise, wie sehr ich sie ihm auch gönnte. Ich schicke hier über Daub1 etwas, das, wenn Lehnerdt recht hat und ich in meinem guten Gewissen mich irre, für die Anerkennung Daubs guttun muß. Ich habe 48 Stunden in einem Ruck bis zu Erschöpfung, c o m m e à l ' o r d i n a i r e , darangesessen, was mich sehr fröhlich gemacht hat. Ich wünschte das Referats von Marheineke q u o a d m a t e r i a m und Hotho q u o a d f o r m a m . Ein Exemplar des Abdrucks bitte ich mir, eins an den alten, treuen Daub zu schicken. Wie steht es denn mit Eschenmayer und Branißl Als ich letzteren kritisierte, hatte ich Weiße2 über dieses Buch noch nicht gelesen, sonst würde ich diesen immer zweideutiger werdenden, gegen Schelling schweifwedelnden, ' 2

Rez. von Daubs .Darstellung u. Beurteilung der Hypothesen in Betreff der Willensfreiheit', Altona 1834, in den JbbwissKrit. Jan. 1835, Bd. 1, Sp. 1-13. Chr. Herrn. Weiße, Über Braniß' System der Metaphysik, in: BllLilUnt. Nr. 229f. Leipzig 1834. W. vertritt hier u. a. die Ansicht, daß Hegel durch seine Logik die intellektuelle Anschauung Schellings nicht verleugnen, sondern ihre Wahrheit erweisen wollte.

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gegen Hegel ruchlos undankbaren Menschen etwas gefaßt [?] haben. Haben Sie gelesen, was Weiße1 über Schelling und Cousin in den Brockhausischen Blättern geschwatzt hat? Sollte in Deutschland über solche Immoralität nicht noch eine Indignation vorhanden sein? In Hoffnung, bald einmal von Ihnen und meinen Rezensionen zu hören Ihr treu ergebener Karl Rosenkranz 66. An Franz Kugler Königsberg, a. 26st. März 1835 Mein teurer Kugler, es ist einmal im Leben nicht anders, und so muß man sich fügen, sonst würden wir wohl fleißig miteinander verkehren. Wie dem aber auch sei, wir sind unserer einander sicher. Unsere Freundschaft hat einen guten Grund gelegt, so daß wir einer aus der Erinnerung des anderen gewiß im stillen manche Ermunterung empfangen. Wie oft finde ich meine Träume im Heidelberger Schloßgarten, wenn wir abends durch die dunkeln Gänge umherschweiften und Du Deine Stockflöte in das Rauschen der Brunnen, Flüstern der Bäume, Schwatzen der Menschen einmischtest. Gerade hier, in meiner windkalten Ebene, steigen alle diese Bilder mit einer Stärke auf, die mich zu einer solchen Sehnsucht nach Deutschland und meinen alten Freunden entflammt, daß ich mich durch eine verschwiegen geweinte Träne kühlen muß. Du hast mir Deinen Aufsatz über die Äneis geschenkt, was mich // herzlich gefreut hat. Er trägt Dein Gepräge durch und durch, was in einer zierlichen Klarheit besteht, die mich, der ich im Inneren wüst und trübe bin, von jeher so sehr an Dich gefesselt hat. Ich schicke Dir anbei ein Heft unserer Provinzialblätter, worin vornan eine Rede 2 von mir, welche Dich interessieren wird. Da wir hier in den Lesezirkeln mit der Journalistik immer ein Jahr nach der eigentlichen Weltgeschichte leben, so wird es Dich nicht wundern, wenn ich Deinen Aufsatz über die Geschichte der Kunst im Mittelalter, von dem ich viel Gutes gehört habe, noch nicht selbst gelesen habe. Doch hoffe ich, ihn nächstens zu erlangen. Es wäre gewiß nicht ohne, wenn Du ihn mit Deinen Reiseberichten und anderen Aufsätzen einmal zusammen drucken ließest. // '

Chr. Herrn. Weiße, Ueber Cousin .Lieber französische und deutsche Philosophie', übersetzt von Beckers, mit VorTede von Schelling, in: BllLitUnt. Nr. 260f., Sp. 1077-80; 1081-84. Leipzig 1834. K. Rosenkranz, Das Verhältniß des Protestantismus zur bildenden Kunst, mit besonderer Rücksicht auf Schnaase's Niederländische Briefe. Rede, geh. im Königsberger Kunstverein am 13. Dec. 1834, in: Preuß. Prov. Bl. Bd. 13, S. 113-32,1835.

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Ich lese jetzt immer in den Zeitungen, bei den schweizerischen Unruhen, den Namen Kombst. Sag', ist das unser K.? Etwas Demagogie steckte in ihm. Aber später, denk ich, schrieb er ein Büchlein über Mädchenschulen1, was mich denn seinetwegen ganz ruhig machte. Wenn Du kannst, so gib mir doch gelegentlich darüber Nachricht, denn Kombst ist mir auf unseren Wanderungen, namentlich bei der großen nach Neckargemünd, wert geworden. In Erinnerung an Menschen ist mein Herz zäh wie Gummi. War es nicht auch höchst denkwürdig, daß wir nach langer Trennung in den Nibelungen (im Theater) auf einer und derselben Bank, jeder mit seiner Liebsten, wieder finden mußten? Wie geht Dir's denn im Eheleben? Ich bin bereits mit Kin//dersegen, dessen Gedeihen üppig fortblüht, beschenkt. Da Deine Frau eine schöne und trefflich gesinnte Eva ist und Deine äußere Stellung Deinen Neigungen wohl zusagend ist, so hoff' ich, bist Du glücklich und wirst unter Deinen Redaktionsgeschäften Muße finden, Dich meiner, wie Du bisher so löblich getan, zu erinnern. Ich werde Dich nie vergessen, und Gott wird uns schon einmal wieder zusammenführen, vielleicht schon im Herbst 1836, wo ich gern nach Berlin und Halle will. Leb wohl! Dein Karl Rosenkranz

67. An Theodor Mündt Königsberg, a. 25st. Mai 1835 Hochgeehrtester Herr Doktor, Herr Geh. Legationsrat Varnhagen v. E. schreibt mir jüngsthin, Sie hätten mich zum Mitarbeiter an den Zodiakus 2 eingeladen. So schmeichelhaft mir das gewesen sein würde, so habe ich doch keine Zeile empfangen. Er bittet mich ferner auf eine für mich sehr ehrenvolle Weise, Ihnen Beiträge zu schicken, und, da mir seine Aufforderung viel gilt, bin ich so frei, Ihnen beiliegend eine meiner reifsten und, wie ich denke, nach Überwindung des Anfangs, amüsantesten Arbeiten 3 zur Insertion zu übersenden. Ich mache da//bei zur Bedingung 1, eine genaue Korrektur und 2, zwei Exemplare des betreffenden Heftes, die ich unmittelbar nach dessen Erscheinen (durch U n z e r und G r ä f e oder sonstwie) zu erhalten wünsche. Ich denke, meine Behandlung des Ehebruchs ist

1

3

Gustav Kombst, Über Mädchenschulen. Hin Versuch, den Mädchenunterricht wissenschaftlich zu begründen. Stettin 1832. Literarischer Zodiacus. Journal f. Zeit u. Leben, Wissenschaft u. Kunst. Leipzig 1835/36. K. Rosenkranz, Über die poetische Behandlung des Ehebruchs, in: Liter. Zodiakus. Juli 1835, S. 3-27.

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auch ein Beitrag zur Geschichte der „Berechtigung1 des Fleisches" und kommt noch immer nicht zu spät. Ich könnte Ihnen sehr vieles und mannigfaltiges liefern, denn ich habe im B r o u i l l o n viel gearbeitet. Aber das Ausführen wird mir schwer, weil ich jeden Augenblick durch zahlreiche Amtsgeschäfte oder auch durch - meine Faulheit unterbrochen werde. Was man Sitzfleisch nennt, habe ich wenig und // muß dem hiesigen Klima dankbar sein, das zum Studieren zwingt. Ich könnte Ihnen auch noch von hier einen überaus geistreichen Mitarbeiter zuführen, der freilich noch nichts hat drucken lassen. Ich habe bereits mit ihm gesprochen. Wenn Sie es erlauben, so soll sogleich ein Aufsatz von ihm erfolgen. Ich schicke unfrankiert, weil ich für die richtige Abgabe sorgen will, da ich Ihre Wohnung nicht weiß und da mir meine Manuskripte allerdings wert sind. Denn „ich habe keine zweiten zu verlieren". Ich habe keine Zeit. Also entschuldigen Sie meine Eil und antworten bald Ihrem ergebensten Karl Rosenkranz Wenn ich nicht irre, sprechen Sie Herrn v. Henning täglich. Geben Sie ihm doch gefälligst inliegendes Notizblättchen.

68. An Karl August Varnhagen v. Ense Königsberg, a.30st. Mai 1835 Hochverehrtester Herr Geheimer Rat, obschon ich erst in einer Stimmung Ihnen zu antworten beschlossen hatte, welche imstande wäre, auf alles das, was Ihr reichhaltiger Brief nebst seiner interessanten Beilage in mir angeregt hat, so zu antworten, wie Sie und Ihre warme Teilnahme an mir und meinem Treiben verdienen, so kann ich doch nicht umhin, Sie wenigstens mit einem paar Zeilen zu begrüßen und Ihnen, so flüchtig es sei, meinen aufrichtigen Dank auszusprechen. Ich sitze eben auf der Stube meines teuren Kollegen, des Professor v. Bohlen, der im Begriff ist, morgen nach Berlin abzureisen, und dessen Bekanntschaft zu machen Ihnen gewiß sehr angenehm sein wird. Er ist jetzt leider gänzlich verstimmt, weil sein natürlicher Trieb zu einer Wirksamkeit als Dozent auf die Jugend hier fast gar keinen Anklang findet. Er hat einzelne tüchtige Schüler gezogen, aber das sind 1

Schlagwort des Jungen Deutschland, insbes. bei Mündt (Madonna) u. Heine. Zur jungdt. Terminologie s. Wulf Wülfing, Schlagworte des Jungen Deutschlands. In: Ztschr. f. deutsche Sprache. Bd. 21-26. 1965-1970.

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seltene Vögel wie der junge Schultz in Berlin. Die meisten unserer Studierenden sind von den Bedürfnissen der Brotwissenschaft wie von einer Chinesischen Mauer umgrenzt. Dabei ist ihre Armut wirklich über alle Beschreibung. Man wird fortwährend mit Gesuchen bestürmt, bald dem, bald jenem Geld zu borgen. Tut man es, was man denn doch trotz aller negativen Vorsätze nicht über das Herz bringen kann, nicht zu tun, so ist das Darlehn immer ein Almosen. Man bekommt es nie wieder. Aber die geistige Unregsamkeit ist doch das Haupthindernis. Nun können Sie denken, daß ein Mann, der eines reichen literarischen Verkehrs bedarf, sich hier ganz abgeschnitten fühlen muß. Ich als Philosoph bin Gott sei Dank nicht an das Äußere gebunden; für mich strömt ein ewiger Quell aus dem ewigen Geist. Und doch vermisse ich oft sehr schmerzlich das frische Einwirken neuer literarischer Phänomene, den Wechseltausch unmittelbarer Ideenassoziation. Laubes Bücher sind hier als verbotene nicht zu haben. Heines Salon, F r a n c e e t c . habe ich mir vom Auslande müssen kommen lassen. Göscheis Unsterblichkeit, die Sie schon verdaut haben, habe ich erst gestern abend bekommen und so in allen Dingen. Für mich, der ich die rasendste Neigung habe, mich zu zersplittern, ist eine solche Entfernung in diesen Jahren des Studiums gewiß äußerst vorteilhaft, und ich bin der Vorsehung des preußischen Ministeriums nur Dank für meine Isolierung schuldig, die mich zur Selbständigkeit erzieht. Mit meinem Freunde ist das anders. Er bedarf, will er progressiv bleiben und nicht stehenbleiben, wo er ist, einer größeren (von hier wegen der Kosten unmöglichen) Korrespondenz, größerer literarischer Hilfsmittel, schnellerer Herbeischaffung derselben, lebendige Entwicklung e t c . Es wäre anders mit einem Sprachforscher wie Herrn Prof. Pott in Halle, der hier Gelegenheit haben würde, ihm entsprechende Dialekte, Estnisch, Finnisch, Lettisch, Slawisch zu studieren und so seine Wissenschaft zu erweitern. Sie werden daher Herrn v. Bohlen etwas niedergeschlagen und trübsinnig finden, ihn, der sonst ein kindlich froher Mensch ist. Ihre Bekanntschaft wird ihn, wie ich gewiß bin, nicht wenig erheitern und deshalb habe ich mir diese Zeilen zu schreiben erlaubt. Mündts Madonna 1 ist auch konfisziert. Ich sehe, daß wir endlich nur noch den Schund der Literatur bekommen werden. An Herrn D r . Mündt habe ich schon geschrieben. Ihnen, Verehrter, werde ich nächstens schreiben. Durch den Gedanken einer Teilnahme an solchen Zeitschriften sind tausend Ideen geharnischt aus meinem Haupte gesprungen, freilich keine Minerven, so wenig ich ein Zeus, sondern nur ein Professor und heimlicher Poet bin; indessen könnt' ich bequem einen ganzen Tierkreis damit als literarische Sonnenmaske

1

Mündts „ M a d o n n a " erschien im April 1835, nachdem das erste Kapitel, „PosthornSymphonie", bereits im Literar. Zodiacus, Febr. 1835, auf das Buch vorbereitet halte. Göschel rez. das Buch in der Hengstenberg. Kirchenztg. negativ, und Steffens, als Rektor der Berliner Universität, bewirkte, daß Mündt von seinen Vorlesungen suspendiert wurde.

69. Juli 1835

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durchlaufen. Ihnen zur Redaktion der Rahel und zu hundert andern Arbeiten Gesundheit und Jugendmut. Den Freunden herzlichen Gruß! Ihr ergebenster K. Rosenkranz

69. An Deichmann Königsberg, a. 1st. Juli 1835 Verehrter Herr Registrator, Sie sind unermüdet so gütig gewesen, mir Auktionskataloge zugehen zu lassen, für die ich als Dank weiter nichts habe tun können, als sie befördern, sie verbreiten. Diesmal hoffe ich Ihnen an Herrn Professor August Hagen einen guten Kunden verschafft zu haben. Von der diesmaligen Auktion wünsche ich folgende Bücher: a, b, c, d, e, f,

S.240 S. 260 S. 260 S. 267 S. 270 S.230

No.82.La g u e r r e des D i e u x - 70-72. Chinesische Erzählungen - 6500-44 Natürlichkeiten - - 54. Yorik - 96-99 Revolutionsalmanach - 48. H i e r o g r a p h i a —

(Parny)

1 rx 4 gr. 1 - 81 - 14 10 1 - 822-

Das Geld werde ich dankend nach Empfang der Bücher durch die Post senden, und bitte dem Herrn Schwetschke sagen zu wollen, daß ich gleichzeitig meine Quartalabzahlung einschicken würde. Hochachtungsvoll Ew. Wohlgeboren ergebenster K. Rosenkranz Sr. Wohlgeboren dem Registrator Herrn Deichmann Halle ( S w e t s c h k e s c h e Buchhandlung)

70. Juli 1835-71. [Herbst 1835]

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70. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Königsberg, a. 2t. Juli 1835 Ew. Wohlgeboren gefällige Zuschrift in betreff Lerminiers habe vorgestern erhalten und hoffe in einigen Wochen Ihrem Wunsch genügen zu können. Das Buch besitze ich in der Pariser Originalausgabe. - Sollte es ohne Umstände tunlich sein, so wünschte ich wohl einen Abdruckbogen 1) von der Rezension über Carové (Lit. Blätter 114 und 15) 2) aus der Enzyklopädie 1 a) vom Artikel Organon und b) vom Artikel Orthodoxie zu besitzen, da ich gern eine Übersicht von allem habe, was ich drucken lasse; man gerät sonst leicht in die Gefahr, gar manches mehr als einmal zu sagen, und das hasse ich. Sie würden mich sehr dadurch verbinden. Endlich wünschte ich zu wissen, ob ich noch wegen Heines Salon e t c . an Sie zu zahlen habe oder ob diese Summe durch Gegenrechnung an mich bereits getilgt ist? Noch eine Anfrage. Haben Sie schon die neueste Ausgabe von Damiron essai s u r l ' h i s t o i r e de la p h i l o s o p h i e en F r a n c e vergeben? Hochachtungsvoll Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

71. An Karoline Pfaff [Königsberg, Herbst 1835] ... Ich lebe hier in einer sehr weiten geselligen Bewegung. Ich will Ihnen nur einen ungefähren Umriß geben. Mit dem Prediger Detroit, unserm Verwandten, Professor Voigt, Dr. Rosenberger, Assessor Wartemberg, Oberlehrer Witt und Jung findet in der Weise ein Umgang statt, daß auch die Frauen sich besuchen. Ich verkehre außerdem mit den meisten meiner Kollegen, besonders mit Lehnerdt, Moser, Jacobi, Sachs, v. Bohlen, Hagen. Femer mit dem Superintendenten Wald, wo sich auch die Frauen zu nähern anfangen. Dann kommen eine Reihe von Studenten, Offizieren, Referendarien und Lehrern, mit denen ich in Verbindung bin, besonders mit einem Herrn v. Lossow, Sohn des Generallieutnants, dem Dr. Lehrs und dem Herrn Lobedan. Außerhalb der Stadt haben wir im Sommer mit dem Kaufmann Toussaint, unserm alten Wirt und ich noch mit dem Oberpräsidenten v. Schön in Arnau Umgang, freilich sparsam, weil es zu kostspielig ist. Dann habe ich auch eine Bekanntschaft mit dem Oberlandesgerichtsrat Förster, der bei den Juristen das philosophische Examen 1

Der Artikel .Organon' erschien in der 3. Sect., 5. Th., S. 149-150, der Artikel .Orthodoxie' in der 3. Sect., 6. Th., S. 146-149.

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71. [Herbst 1835]

hat und mit dem Landvogteigerichtsdirektor Olschewsky in Heilsberg, einem sehr interessanten Mann, der Werner und Hoffmann sehr gut gekannt hat und die intimste Freundschaft des Fürstbischofs von Hohenzollern besitzt. Mehrere befreundete Menschen sind schon, während ich hier bin, geschieden: Professor v. Baer und Baumeister Jacobi nach Rußland, Olshausen nach Erlangen, Sietze, ein Hegelscher Jurist, nach Treuenbrietzen. Während der Badezeit bin ich näher mit unserm Arzt, dem Dr. Hirsch, einem vortrefflichen, so geistreichen als gemütvollen Menschen, einem polnischen Pfarrer Gregor und einem Oberlehrer Muttrich, einem Witzbold, bekannt geworden, habe auch endlich an der Bekanntschaft eines jungen Mädchens Pauline Prin, Tochter des hiesigen Kaufmanns, vielen Genuß gehabt. - Dazu kommen noch entferntere Verhältnisse, ζ. B. zu meinem jetzigen Wirt, dem Apotheker Gamm, wo ich unter anderem einem splendiden Mittagsmahl beiwohnte, das mit allen Chikanen dem Komiker Gemsohn zu Ehren gegeben wurde und worin ich neben dem Theaterdirektor Hübsch zu sitzen kam. Rechnen Sie dazu, daß ich als Mitglied des Kantvereins, der Deutschen und Physikalischen Gesellschaft von Zeit zu Zeit in Anspruch genommen werde, daß ich weder Kirche, noch Theater und Konzerte versäume, daß ich bei dem Konditor Siegel französische Zeitungen, „Constitutionel", „Charivari", .Journal de Francfort" und „Messager des Chambres" lese, so werden Sie gestehen müssen, daß ich nicht isoliert bin. Königsberg ist in vieler Hinsicht unangenehm, aber doch schon durch seinen Umfang sehr beschäftigend. Es ist nichts Gedrücktes hier. Es kommen doch auch Künstler hierher, und manches Sehenswürdige gestaltet sich. Ich habe hier ein großes Lager gesehen, ein Schiff vom Stapel laufen, Illuminationen und Feuerwerk, herrliche Straßenbekränzungen, das Dampfschiff Ischora, Königs transparente Bilder, zwei Kunstausstellungen, einen Waffentanz bei der Jubelfeier eines Regiments, Bachs Passion, Grauns Tod Jesu, Händeis Samson, den Tambourmajor Kock (der auf 14 Trommeln zugleich, rückwärts und vorwärts Musik macht), die Bauchrednerin Schulz, Puppentheater und soeben einen Taschenspieler, Herrn v. Olivo, gesehen... ... Sie werden sich verwundern, wie ich Ihnen dies alles so trocken herschreiben kann. Der Grund ist, daß es vorgestern schon zwei Jahre sind, wo ich Halle verließ und daß mir in diesen Tagen nun alles durch den Kopf geht, was ich hier an geistigem Besitz unmittelbar durch die Stadt erlangt habe. Ich suche durch solche Betrachtungen mich zur Dankbarkeit gegen meine Verhältnisse zu stimmen, weil mir das stete Klagen, das ewige Unzufriedensein mit der jedesmaligen Lage, das ich mir auch angewöhnt hatte, je länger je mehr an mir selbst unausstehlich ist. Die Welt ist immer mehr als wir, und der einzelne wird immer aus dem Allgemeinen Nahrung schöpfen können. - Daß ich die See kennengelernt, auch einen furchtbaren Sturm erlebt habe, gehört ebenfalls zu dem dankbar zu Erwähnenden ...

72. Oktober 1835 - 73. Dezember 1835

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72. An Leopold v. Henning Königsberg, a. 17. Okbr. 1835 Mein teurer Freund, Herr Professor v. Bohlen ersuchte mich vor einiger Zeit, seine deutsche Bearbeitung der Sprüche des Bhartriharis in unseren Jahrbüchern anzuzeigen, welcher Bitte ich gern mit wenigen Worten gewillfahrt habe. Ich erlaube mir einer hochlöblichen Sozietät meine Zeilen ergebenst anheimzustellen, da ich ohne ihren Auftrag geschrieben habe. Von Gervinus ist nun schon der zweite Teil 1 heraus und, so lächerlich bei Ihrem e m b a r r a s d e r i c h e s s e eine solche Bitte sein mag, so wäre mir doch lieb, wenn meine Kritik des ersten noch in diesem Jahr erschiene, da sie, außer der Grimmschen 2 [?], immer noch die einzige ist. In den Ferien hoffe ich allerhand abzutun arbeiten, am liebsten Weißes Metaphysik 3 , allerdings ein schweres Stück Arbeit. Seine Tollheiten zu sehen, ist nicht gerade schwer, wohl aber sie darzustellen, besonders weil er es in der Kunst, sich vernünftig, selbst geistreich zu gebärden, so weit gebracht hat. Und doch ist das alles Larve des gediegensten Selbstbetrugs! Hinrichs Buch 4 habe ich nun schon vom Buchhandel. Dem verehrten Frauchen mich herzlich empfehlend und zum neuen Jahr das beste Heil wünschend Ihr getreuer K. Rosenkranz

73. An Elias Salomon Königsberg, den 28. Dezember 1835 Sie haben, mein Herr, mir am Heiligen Abend die Feststunde durch Ihr Geschenk auf eine Weise erhöht, für die ich nicht lebhaft genug danken kann. Teils haben mich die Gedichte an sich als Beweis (unter hiesigen Verhältnissen, wie Sie selbst fühlen, oft verkümmerten) poetischen Strebens, als Zeugnisse einer wackeren Gesinnung, als versprechende Knospen später zu hoffender Entfaltung erfreut. Teils aber hat mich die Gabe innigst gerührt, wenn ich 1

2 3

4

G. G. Gervinus, Geschichte der poetischen National-Literatur der Deutschen, 5 Bde. Leipzig 1835-42. Die Rez. erschien in den JbbwissKrit. Febr. 1836, No. 36, Sp. 281-288; No. 37, Sp. 289-293. Diese Rez. ist nicht erschienen. Christian Hermann Weiße, Grundzüge der Metaphysik. Hamburg 1835. Die Rez. erschien in den JbbwissKrit. Juni 1836, No. 110, Sp. 878-880; No. 111, Sp. 881-888; No. 112, Sp. 889-896; No. 113, Sp. 897-900. H. F. W. Hinrichs, Die Genesis des Wissens. 1. Metaphysischer Theil. Heidelberg 1835.

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74. [o. D.] - 75. [o. D.]

nämlich glauben darf, in ihr einen Ausdruck Ihrer Zuneigung zu mir zu erblicken. Ich meinerseits kenne gewiß kein größeres Glück als den Studierenden alles zu sein, was in meinen Kräften steht. Allein, ich weiß auch, das diese nicht gar weit reichen, ich weiß auch, welche Schwierigkeiten mir, welche ihnen entgegenstehen. Das Bewußtsein aber, in Ihrem Geist Anklang zu finden, Ihnen in irgendwelcher Beziehung wert zu sein, das ist der mächtigste Hebel der Begeisterung eines akademischen Lehrers, und dies Vertrauen glaube ich schöpfen zu dürfen. Sonst würden Sie einer so vertraulichen Mitteilung mich nicht gewürdigt haben. Die Gedichte selbst hätte ich mündlich noch näher mit Ihnen zu besprechen. Einstweilen ersuche ich Sie, den übrigen Verfassern meinen aufrichtigsten Dank zu sagen. Mit Hochachtung ergebenst Karl Rosenkranz Professor

74. An Alexander Jung [o. O. u. o. D.] Mein lieber Jung, die Wally habe ich nicht zu Hause. Von den Soiréerι1 schicke ich den zweiten Teil mit, der gewiß interessieren wird. Die öffentlichen Charaktere2 wage ich nach dem Gesetz der Bundesversammlung3, welches jede Verbreitungsweise verfolgt, jetzt nicht eher zu verborgen, als ich mit Ihnen das Nähere besprochen habe. Ich bin heute früh eine Stunde bei Siegel gewesen und habe dort mich recht trübe gelesen ...

75. An Alexander Jung [o. O. u. o. D.] Wegen Gutzkow 4 bin ich natürlich nicht im geringsten aufgebracht, nur das tut mir leid, daß er in diesem Bande so viele Blößen gibt. Er will über alles 1 2 3

4

K. Gutzkow, Soireen, 1., 2. Th. Frankfurt a.M. 1835. K. Gutzkow, öffentliche Charaktere. Hamburg 1835. Die Bundesversammlung beschloß 1835 die Verbreitung der Schriften der Autoren Heine, Gutzkow, Wienbarg, Mündt und Laube zu unterbinden. In Preußen war dies bereits seit 1833 der Fall. Zur Rezeptionsgeschichte der „Wally" und zur literar. Beziehung Gutzkow-Rosenkranz s. K. Gutzkow, .Wally, die Zweiflerin'. Studienausgabe mit Dokumenten zum zeitgenössischen Lileralurslreit. Hrsg. v. Günter Heintz. Stuttgart 1979, sowie Homberg, Walter, .Zeitgeist und Ideenschmuggel. Die Kommunikationsstrategie des Jungen Deutschland*. Stuttgart 1975. Über Jung als Schriftsteller vgl. Adolf Frisé, ,A. J. Eine monographische Studie zur

76.Januar 1836

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reden und widerspricht daher dem Faktischen aus mangelhafter Kenntnis oft aufs ärgste; ja er wird sogar trivial, wenn er einmal eine Entwicklung versucht, für die er gar nicht gemacht ist ...

76. An Leopold v. Henning Königsberg, a. 13t. Januar 1836 Soeben, mein Teuerster, empfange ich Ihren lang erhofften Brief nebst erwünschter Sendung. Ich danke Ihnen herzlich dafür, sowie für die Ehre, mich einen neuen Feldzug haben eröffnen zu lassen. Ich habe bei meinen vielen Geschäften und Vorlesungen wenig Zeit, muß aber sogleich wegen zweier Punkte schreiben. 1, die Rezension der Wally1 e t c . bitte ich ungedruckt zu lassen, selbst wenn die Zensur es erlaubte. Man hat sich nun schon hinreichend von allen Seiten ausgesprochen; ebenso über die Stieglitz2. Ich habe mir von Brockhaus einen ganzen Haufen verbotener Bücher schicken lassen, und nun gärt es in mir ideenschwanger, und ich sehe das Unzulängliche meiner dortigen Erörterung ein. Die Sache will von ihrer negativen wie (zu sehr übersehenen) positiven Seite noch ganz anders angefaßt sein. Mir scheint jetzt meine Kritik nicht reif genug, und ich muß noch vieles andere durchdenken und durchempfinden, bevor ich über den eigentlichen Stand des Zeitgeistes klar werde. Ich bitte aber um Rücksendung der Kritik, sobald sie wieder in Ihren Händen sein sollte. Für die Jahrbücher werde ich nichts über dies Thema schreiben, außer gelegentlich und indirekt. 2, wenn einige meiner Kollegen nicht günstig über mich urteilen, so ist das ganz natürlich. Einige sind alt und finden sich durch mein Feuer gewissermaßen beängstigt; andere sind Freunde Herbarts - also Feinde des Hegelianers, die jede Silbe aufstechen; andere sind in ihrer Haltung emsthaft wie Engländer, welche den Spleen haben, und suchen in affektierter Vornehmheit die Würde der Wissenschaft; ich bin populär, zugänglich, schlicht, wenn Sie wollen, einem gewissen Abandon ergeben, der hier ungewöhnlich ist. Ich gehe ζ. B. in Siegels

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Geschichte der idealistisch-eklektischen Philosophie in der Mitte des 19. Jh.' (Diss.) Köln 1932. Karl Gutzkow, Wally, die Zweiflerin. Mannheim 1835. Gutzkows Roman erschien am 12. Aug. 1835 und erregte ähnliches Aufsehen wie Strauß' .Leben Jesu'. Am 24. Sept. wurde er in Preußen verboten, am 27. Nov. begannen Untersuchungen gegen Gutzkow und den Verleger Löwenthal. Am 13. Jan. 36 wurde Gutzkow „wegen verächtlicher Darstellung des Glaubens der christlichen Religionsgemeinschaften" zu einem Monat Gefängnis verurteilt. Auch die 1852 erschienene 2. Ausgabe wurde in Preußen beschlagnahmt und vernichtet. Rosenkranz Rez. ist nie erschienen. Stieglitz, Charlotte (1806 - 1834), beging Selbstmord, um ihren Ehemann, Heinr. Wilh. Aug. St., zu großen dichterischen Leistungen zu inspirieren.

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77. [o. D.]

Konditorei, französische Zeitungen zu lesen, was von einem verheirateten Professor hier ein m e r ν e i 11 e ist. Endlich, und das ist die Hauptsache, sind einige neidisch, teils wegen meines Erfolges bei den Studenten, teils deshalb, weil die Notabilitäten Herrn v. Schön, Natzmer, Koehne v. Jaski e t c . , ohne daß ich Ihnen schmeichelte, meinen Umgang suchen und meine Vorlesungen ihnen besser gefallen, als die von gewissen anderen Leuten. Sieben Offiziere hören z. B. auch Naturrecht und Politik bei mir, was notwendig einen gewissen Kollegen ennuyiert und was ich besonders daran merke, daß er jetzt gräßlich freundlich gegen mich ist. Ich werde unaufhörlich zu Diners, Bällen etc. eingeladen. Ich gehe höchst selten hin. Item aber, man weiß es doch und ärgert sich darüber. Noch eine Sache ist, daß ich kein Haus mache. Mahlzeiten aber sind ein starker Kitt sozialer Verbindlichkeit. So ist es. Wollte ich mit meinen Verdiensten prahlen und sie immer gehörigen Orts notifizieren, so dürfte ich wohl gegen meine Herrn Kollegen die Probe bestehen. Man richte mich nach meinen Stärken und nicht nach dem Salongeschwätz. Ich würde kein Wort hierüber verlieren, läge mir nicht daran, dem Herrn Geheimen Rat Schulze, einen so unendlich um mein Geschick verdienten Mann, die Beruhigung zu schaffen, daß er sich in mir nicht geirrt haben soll. Ich hoffe, daß noch Dinge in mir stecken, die ich selber kaum ahne und nur erst wie Nebelflecke sehe, die unterm Tubus zu Sonnen aufglänzen. Ich arbeite nicht bloß wie eine Maschine der Gelehrsamkeit, ich fühle auch, was unser Jahrhundert bewegt. Und dies Fühlen will auch seine Zeit und seine Form. Lehnerdt werde ich gehörig den Text lesen. Weiße werde ich wohl erst in 67 Wochen schicken können. Meine Frau erwartet ihre Entbindung und bevor die nicht vorüber, kann ich soetwas nicht schreiben. Ihr treuer K. Rosenkranz

77. An Alexander Jung [o. O. u. o. D.] Ich kann nicht unterlassen zu melden, daß ich eben in Gervinus Gutzkow etc. als die Narren unseres Jahrhunderts charakterisiert gefunden habe...

78. [o. D.] - 80. Januar 1836

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78. An Alexander Jung [o. O. u. o. D.] Mein lieber Jung, hierbei Aquarelle II 1 , wobei ich bemerke, daß zwei Bogen fehlen. Auch den Marbach schicke ich, Menzel habe ich leider, wie so vieles verborgt und hätte ihn gern selbst im Hause, da ich eben Gutzkows niederschmetternde, einzig geschriebene, um nichts zahmer gewordene Kritik lese. (Mündt und Kühne hat er aber dankbar zu Gnaden genommen) (Unter meinem Fenstern rauscht die Volksmasse, einen zum Pranger Verurteilten ausstehen zu sehen, besonders Weiber).

79. An Karoline Pfaff [Königsberg, o. D.] ... Arnau ist darunter ein ganz himmlischer Punkt, wie ihn niemand ahnen kann. Ich war wie in einer Gegend des Jean Paulschen Titan, als ich von dem Berg des Dorfes den reizenden, vom Pregel durchschlängelten Wiesengrund, links kleine Berge, rechts in der Feme die Stadt erblickte ... 80. An Alexander Jung Königsberg, a. 14t. Jan. 36 ... Nur folgende Notizen: 1) Duller hat an mich geschrieben, mich zum Phönix engagieren, mit einem boshaften Seitenblick auf Gutzkow abgeschlagen2. 2) In Lewaids3 Theaterrevue, die ich bekommen habe, ist eine dramatische Skizze von Gutzkow: Hamlet in Wittenberg, wo er ihn mit Faust zusammenbringt und seine Verstimmtheit motiviert. - Die andern Sachen sind auch interessant, namentlich ein Artikel von Gust. Schlesier4 gegen Tieck, allein ich kann nicht dazu kommen, es zu lesen. 3) Meiner Kritik der Wally hat die Zensur den Druck verboten, weil das Buch verboten sei. Die Redaktion hat sich an Herrn v. Altenstein gewendet. Bei diesem liegt sie jetzt schon lange, wahrscheinlich, um in Kopie an den Bundes' 2

3

^

August Lewald, Aquarelle aus dem Leben. 4 Bde. Mannheim 1836ff. Im Streit um die .Wally' schlug Duller sich auf die Seite Menzels, vgl. den Brief Dullers an Menzel im Gutzkow-Nachlaß d. Stadt- u. Universitätsbibliothek Frankfurt a. M., Nr. 35, ca. 300. August Lewald gab die .Allgemeine Theater-Revue', 1. - 3. Jg. Stuttgart und Tübingen 18351837, heraus. Dort 1835, S. 97-118, .Hamlet in Wittenberg, Umrisse von K. Gutzkow'; L. gab 1835-46 in Leipzig auch die Ztschr. .Europa' heraus. Gustav Schlesier, a. a. O., S. 1-52, .Ludwig Tieck und das deutsche Theater'.

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81. Januar 1835 - 83. Februar 1836

tag zu gehen. Drucken lassen werde ich sie nun nicht. Es ist zu spät und für den jetzigen Ernst der Sache ist mein Aufsatz zu unreif. Doch mag er, nach Gottes Willen, im stillen auf die Regierung wirken. 4) Ich habe nun bestimmt Nachricht, daß ich von hier aus in Berlin verschwärzt werde. 5) Ihren Aufsatz habe ich 3/4 durch; bis jetzt erfreut er mich sehr durch seine strenge Haltung. Es wird nur einiger Retouchements im Äußeren bedürfen, worüber zu sprechen ist. Alles vom Standpunkt der Klugheit...

81. An Franz Kugler Königsberg, am 14. Januar 1836 [Über den Kunsthistoriker Heinrich Gustav Hotho (1802-1873) nach Erscheinen von dessen „Vorstudien für Leben und Kunst", Stuttgart u. Tübingen 1835, die er Karl Rosenkranz widmete.] ... In Hotho liegen schöne Talente der Beobachtung wie der Darstellung für das Gebiet der Kunst... Hotho ist ein herrlicher Mensch, dem nur die Kraft fehlt, sich preiszugeben. Es klebt ihm eine gewisse Aristokratie feiner Bildung an, aber das Zeitalter Wilhelm Meisters ist unter dem Donner der Napoleonischen Kanonen längst zu Grunde gegangen. Sauve qui peut! ... Du sprichst vom Denken, daß es Dir zuweilen sauer würde und meinst, mir würde es leicht. Ein dicker Irrtum. Gerade uns Philosophen wird es schwer, weil wir eine Ehe damit schließen und dadurch alle Capricen und Eigenheiten, bis unters Hemde hin, an demselben kennenlernen. Ihr Glücklichen dagegen steht zum Denken immer in einem schönen bräutlichen Verhältnis...

82. An Alexander Jung [Königsberg], d. 30. 1. 1836 ... Wir sind nur zu zwein ganz für uns; ein Dritter ist ein Mißton, weil wir zu sehr harmonisch sind, uns zu schnell verstehen und nur sprechen, was uns interessiert, nicht die Welt. Ich habe vor Ihnen eine ungeheure Aktivität voraus, Sie haben mir den Zaubergarten einer still schaffenden Phantasie voraus, die Ihnen zum Dämon geworden ...

83. An Alexander Jung ... Ich schicke inliegend einen eben empfangenen Brief von Mündt, wo Sie das Betreffende selbst nachlesen mögen und bitte, ihn morgen wieder mitzubringen,

85. Februar 1836 - 86. Februar 1836

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da ich auf den Nachmittag antworten will. - Ich bin durch die unseligste Zersplitterung in einer bodenlosen Stimmung. Kg. 16. 2. 36

84. An Leopold v. Henning Königsberg, a. 19t. Februar 1836 Mag ich endlich in unserem Kreise als der Enthusiast in Verruf kommen, immerhin; es muß auch solche Käuze geben! Ich habe angestanden, ob ich es schreiben soll oder nicht; aber was hilft's? Ich frage: Soll die Hegeische Schule die niederträchtige Behandlung dulden, welche sie 1, von Menzel in dessen Deutscher Literatur 1 , Neue Ausg. S. 314-320 erfahren hat? Welche Anmaßung und welche böswillige Dummheit! 2, von Hengstenberg in der Evangel. Kirchenzeitung 1836 S. 21 und schon vorher, wonach wir Hegelianer in Licht verkleidete Teufel sind, wo von der Übereinstimmung von Christus und Belial (i. e. Hegel) die Rede ist. Ich komme heute abend aus einer Gesellschaft, wo ich mich davon überzeugt habe, wie begierig man solche Kraßheiten verschluckt, um sie unverdaut, krude, in frommer Selbstgefälligkeit wieder von sich zu geben. Die Frömmigkeit vernagelt die Köpfe. Wenn das so fortgeht, so können wir die Philosophie nicht nur aufgeben: wir miissen's, um nicht durch Denken diesen seichten, grundlosen Mcnzelschen Tugendgeist und diese knöcherne Orthodoxie zu verwirren und ihre Bannflüche uns zuzuziehen. Aus Verzweiflung könnt* ich heut abend eine Satirc auf diese Frömmigkeit und den Stolz ihrer bornierten Überzeugung schreiben. Vatke, Strauß, Hegel, Marheineke, Daub - alles nichts, denn - es ist nicht die Bibel. Damit wird alles Denken totgeschlagen. Fragt sich: Kann man nicht diesem heillosen, verketzernden Unfug kräftig opponieren? Menzel ist so schwach, - tausend Fehler und hunderttausend Ignoranzen sind beim ersten Griff da - daß es zwar fast zu leicht scheine: Aber er hat doch auch sein großes Publikum, das ihn anbetet. - Wünschend, daß meine Kritik über Gervinus bald abgedruckt werde, muß ich bitten, unter dem Rande zu bemerken, daß sie im Oktober 1834 bei der Redaktion eingegangen ist, weil der zweite Teil schon manche Antwort auf von 1

Menzel, Wolfgang (1798-1873), Literaturhistoriker, war durch Kritiken in dem von ihm hrsg. .Litcraturblatt' (als Beilage des .Morgenblatt für gebildete Stände') maßgeblich an der Verfolgung der jungdt. Dichter (und Hegelianer) beteiligt, die zum Verbot ihrer Schriften durch die Bundesverslg. am 10. Dez. 1835 führte. Menzels .Die deutsche Literatur' (1. A. Stuttgart 1828) erschien 1836 in zweiter Auflage in Stuttgart. Vgl. die Angriffe auf die Hegeische Philosophie auch in seinen .Denkwürdigkeiten', hrsg. von dem Sohne Konrad Menzel. Bielefeld und Leipzig 1877, insbes. S. 316ff. unter der Überschrift .Mein Kampf gegen den Unglauben*.

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85. Februar 1836 - 86. Februar 1836

mir gemachte Ausstellungen enthält. - Auch Herr Professor Hagen wünscht baldigen Abdruck seiner eingesandten Kritiken. - Da nun so ungeheurer Vorrat dazusein scheint, so werden Sie meine Kritik über Weiße, Günther^ und [?] noch nicht vermissen, zumal ich, wenn es sein muß, schnell zur Hand bin. Ach, Ihr teuren Freunde, könnt' ich Euch doch bald einmal sprechen. Ich bin so voll von tausend Dingen und kann mich hier niemand recht mitteilen, weil Lehnerdt doch zu sehr Gelehrter ist, als daß er, wie ich, so unmittelbar alle Weltinteressen schlagfertig teilte. Euer treuer K. Rosenkranz P. S. Übrigens ist meine Frau von einem derben Jungen genesen und mein Gemüt zum Produzieren hoffentlich bald flott.

85. An Karl Daub 2 ,22. Februar 1836

86. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Königsberg, a. 22st. Februar 1836 Hochgeehrter Herr, ihr Brief vom 13t. Febr. ist für mich nur allzu schmeichelhaft gewesen, und ich muß höchlich bedauern, daß das große Vertrauen, welches Sie in mich zu setzen die Güte haben, durch mich nicht so bewährt zu werden vermag, wie Sie es vielleicht hoffen und ich selbst es wünschte. Erlauben Sie, daß ich punktweise antworte. 1, Von Gervinus habe ich schon vorige Michaelis eine Kritik in Berlin eingeschickt, welche die Redaktion bis jetzt auf eine unverantwortliche Weise hat liegenlassen. Ich kann also leider auf Ihr gefälliges Anerbieten nicht mehr eingehen. 2, Zum historischen Taschenbuch 3 würde ich augenblicklich wohl nichts haben; überhaupt würde ich dafür den Philosophen nicht verleugnen können. Ich muß also fragen, ob Sie Aufsätze aus der Philosophie der Geschichte ζ. B. über die Sklaverei, über die Entwicklung der Stände oder eine Charakteristik unserer Zeit dgl. aufnehmen würden? In diesem Fall dürfte ich wohl in angemessener Form manches arbeiten können. '

o 3

R. rez. Aug. 1831, Sp. 277ff. in den JbbwissKrit. Günthers „Vorschule zur specul. Theol. des positiven Christenlhums. In Briefen." Wien 1828. Eine weitere Rez. eines Werkes von Günther ist nicht erschienen Erwähnt in: Esaù, Lotte, a.a.O., S. 17. Historisches Taschenbuch. Hrg. v. Fr. Raumer u. a. Leipzig 1830-1892.

86. Februar 1836

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3, Was die Wissenschaftskunde betrifft, so ist der Plan an sich gar nicht übel. Ich setze voraus, daß Sie diskret gegen dessen Urheber sind und erlaube mir folgende Bemerkungen. Der ganze Zuschnitt scheint mir unter unserer Zeit zu stehen und, nur in geringeren Grenzen und mit einer organischeren Struktur, in den Standpunkt der Klügeischen Enzyklopädie 1 ziemlich zurückzufallen. So, wie die Sache dort geschildert wird (ich meine innerhalb der Gänsefüßchen), könnte man aus Ihrem Konversationslexikon 2 (woraus ja die Armut und Arroganz so viel Bücher machen, ohne die Quelle zu nennen) leicht ein solches Werk zusammenstellen und damit auch, bei dem Hunger unserer Zeit nach rapiden Übersichten, einiges Geld zu verdienen. Will man aber etwas mehr leisten und dadurch dem Werk eine Zukunft garanti//eren, so glaube ich, muß man warten. Für viele Leute ist gewiß Grubers Einleitung zur Enzyklopädie von Ersch und Gruber das höchste der Systematik. Und wie elend ist diese. Für andere Hegels Enzyklopädie. Aber wie lückenhaft ist dieselbe. Nun stehen wir gerade in einer Krisis: 1, daß Hegels, Schleiermachers und Krauses Werke herausgegeben werden, wodurch der Begriff einzelner Wissenschaften, wie die Verbindung aller eine ganz andere werden wird; 2, daß auf dem historischen Gebiet so bedeutende Arbeiten wie Leos Universalhistorie, Gervinus Geschichte (die ebenfalls viel Universelles enthält), Brandis Geschichte der alten Philosophie, Hegels Geschichte der Philosophie (von Schleiermacher ebenfalls) noch eben herauskommen und doch erst studiert sein wollen; 3, daß Burdach seine Physiologie umarbeitet, Vatke eine so bedeutende Arbeit über biblische Theologie angefangen hat, welche stark auf das Gebiet der Religionswissenschaft überhaupt einwirken wird usw. - Ich würde nicht fertig werden, wollte ich alle die großen Unternehmungen berühren, wodurch gerade jetzt eine so große Gärung der Wissenschaft vorhanden ist, daß der Moment zu einem enzyklopädischen Werk in der angegebenen Weise gewiß nicht günstig ist, soll nicht etwas Halbes, Unreifes, bald Antiquiertes geliefert werden. Ich verkenne die schöne Idee des Unternehmens gar nicht. Ich will nur bemerklich machen, daß in ein paar Jahren vielleicht ein besserer Zeit//punkt dafür dasein dürfte, weil dann hoffentlich vieles, was jetzt wirklich suspendiert ist, dessen Sturz schon hereinbricht oder dessen feierliche Anerkennung herannaht, festgestellt sein dürfte. - Noch bemerke ich, daß „eine Erklärung der allen Wissenschaften gemeinsamen Ausdrücke" nichts anderes als die Logik (in ihrer Einheit mit der Metaphysik) sein kann, wenn man nicht ganz hölzerne, in ihrer 1

2

Kliigel, Georg Simon, Verf. der „Encyklopädie oder Vortrag der gemeinnützigen Kenntnisse oder Hederichs bürgerlicher Wissenschaften". 3 Th. Berlin 1782-1784. Conversationslexikon der neuesten Zeit und Litteratur. 4 Bde. Leipzig 1832-1834. Die erweiterte Fassung erschien u. d. T. ,C.l. der Gegenwart', Hrsg. v. C. A. Espe, 4 Bde. in fünf Abth., Leipzig 1838-42.

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87. April 1836

Isolierung unverständliche Definitionen geben will und daß der zweite Abschnitt von dem Ineinandergreifen aller Wissenschaften unstreitig an Hegels Enzyklopädie die schönste Grundlage hätte. Ich kenne Enzyklop. genug, zu wissen, was ich sage.- Der methodische Teil (Material, Vorstudien, Ansprüche e t c . ) muß ganz wegfallen. Er liegt schon in der genetischen Behandlung der Wissenschaft und ihrer Geschichte von selbst. Es gibt nichts Unfruchtbareres und Langweiligeres als diese altklugen Maßregeln, diese wohlüberlegten Anforderungen, den hohen Zweck der Wissenschaft z[u] erreichen e t c . Ebenso muß die Literatur lebendig in [die] Geschichte der Wissenschaft eingeflochten werden, nicht davon ge[eson]dert und damit getötet werden. Nichts Leerers, als [die] Legionen der Büchertitel mit dem Aufputz von Sternchen e t c . Wie viele Bücher leben bloß noch in dieser Siechheit; gesehen, gelesen haben sie so wenige. Man macht immer große Anstalten zum Wissen und kommt darüber nicht zu ihm selbst. Erlauben Sie wohl, daß ich Ihnen eine Anzeige von San Martes Übersetzung des Parzival einschicke? - Die Arbeit über Göscheis zerstreute Blätter 1 kann ich erst [in] den Ferien vollenden, da meine Krankheit mich lange abgehalten hat. - Sie sind so gütig gewesen, mir Laube e t c . zu schicken. Ich danke sehr dafür. Schade, daß ich Sie um nichts der Art mehr ersuchen darf. Ich habe schon einmal den Salon und Alexis Wiener Bilder durch Sie empfangen. Wie stehen wir nun eigentlich miteinander in Rechnung, wenn ich nämlich die Aufsätze über Carové und Göschel in Anschlag bringen darf? Verzeihen Sie mein eiliges Geschreibe. In einigen Wochen mehr. Ihr ergebenster K. Rosenkranz

87. An Johannes Schulze Königsberg, a. 1st. April 1836 Hochwohlgeborener, hochverehrtester Herr Geheimer Oberregierungsrat, aus einem Brief, meines Freundes Hotho und aus einem anderem des Herrn v. Henning ersehe ich, daß man die Mitteilung, die ich an meinen Schwiegervater, den Hofrat Gruson, darüber gemacht habe, daß in einer freundschaftlichen Privatkorrespondenz von der Möglichkeit, mich jetzt nach Heidelberg zu rufen allerdings die Rede gewesen, bereits dahin ausgelegt hat, als sei von der Badenschen Regierung schon ein entschiedener Ruf an mich erfolgt. Dies ist nicht der Fall. Aufgeregt bin ich natürlich im höchsten Grade, denn ich habe auch in Heidelberg studiert, liebe Ort und Gegend überaus und dürfte hoffen, Diese Rez. ist nichl erschienen.

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mich noch im Abendrot der untergehenden Sonne Daub zu erquicken. Ich halte für meine Pflicht, Ihnen, höchst verehrter Mann, dem ich bisher mich unbedingt anvertraut habe, da Sie sich mir stets so väterlich freundlich zeigten, dies nicht zu verhehlen. Auch werden Sie mir es nicht ver//argen wollen, wenn ich von diesem Nebellande, wo die ganze Existenz eine etwas erfrorene Physiognomie hat, nach der üppigen, romantischen Pfalz mit einiger Sehnsucht hinüberschiele. Aber ich halte auch für Pflicht zu gestehen, daß mich die Pietät so fest an mein Vaterland, das mich über Verdienst mit so vieler Auszeichnung behandelt hat, ankettet, daß eine Trennung von ihm mir äußerst schwer werden dürfte. Ich bin in Preußen geboren und erzogen; der letzte geschichtliche Hintergrund meiner tiefsten politischen Gefühle und Kombinationen war immer Berlin; ich habe eine Stellung, in der Gott meine Wirksamkeit sichtbar segnet; das Widerstrebende der provinziellen Unkultur ist für meine stürmische Natur gerade recht; an dem fischblutigen Phlegma entzündet sich mein cholerisches Wesen desto heller und so tu' auch ich den Leuten wohl, weil sie sich, v o l e n t e s n o l e n t e s , durch mich in Bewegung gesetzt fühlen. Die Härte des Klimas, die freilich angreifender ist, als ich glaubte, werde ich hoffentlich immer mehr gewohnt werden, und das Bedürfnis, einmal durch eine Reise mich zu erfrischen, wird // sich späterhin schon befriedigen lassen. Jetzt, wo die größten wissenschaftlichen Forderungen mich in die gewaltigste Unruhe versetzen, kann ich nur im Inneren tätig sein. Ich würde gar keine Handhabe für den mannigfachen Stoff einer Reise haben. Aber in einem oder zwei Jahren möchte ich gern nach Wien, wo ich noch nicht war; auch nach München. Einstweilen labt mich die Aussicht. Über den Stand der Wissenschaft hätte ich allerdings vieles auf dem Herzen. Ich habe mir bereits in einer Druckschrift Luft gemacht, die ich in einigen Wochen Ihnen zuzusenden die Ehre haben dürfte. Zwar ist meine dortige Erklärung mehr ein p a r e r g o n , indes kann man mit Wenigem auch viel sagen. Wäre es nicht so weit, umständlich, kostspielig und, bei der Länge des langweiligen Weges, zeitraubend, so würde ich diese Ostern nach Berlin gekommen sein, um die dortigen Ansichten zu vernehmen und ein Bild der dortigen Zustände zu bekommen. Da unsere Jahrbücher der wissenschaftlichen Kritik gewidmet sind, so halte ich alle Entfernung dessen, was über kurz oder lang zum Persönlichen // führen kann, für zweckmäßig. Die evangelische Kirchenzeitung mag ein solches Gemisch wissenschaftlicher und persönlicher Kritik für sich zu schlechter Auszeichnung behalten. Ich hoffe zu Gott, daß die Anfechtung der Hegeischen Philosophie durch die begriffsscheuen Menschen, die nicht den Mut haben, gründlich zu sein, zum Besten der Wissenschaft und der christlichen Kirche ausschlagen soll. Insofern kann man für ihre Einseitigkeit nur dankbar sein; sie zwingt uns Hegelianer, bis auf die kleinsten Glaubensartikel Rede zu stehen. Ich bin so glücklich, einerseits genug von der Theologie, andererseits von der Literatur gelernt zu haben, daß ich bis jetzt

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wenigstens die Extreme noch unter mir fühle. Nur Menzels schändliches Betragen gegen die von ihm selbst erzogenen oder vielmehr verzogenen jungen Männer konnte mich bis zur Leidenschaftlichkeit affizieren, besonders als sich die Konsequenzen seines Verfahrens entwickelten. Auch der Geifer, mit dem dieser Ignorant, dieser Tugendheld und Pseudolessing, in der zweiten Ausgabe seiner Literatur, den edlen Hegel befleckt hat, konnte mich bis zum Krankwerden indignieren. Ich sehe aber, daß er durch Leute wie Gutzkow, Laube, Carové, Kottenkamp, Marbach und wie die Leute heißen, bereits so heruntergekommen ist, daß ich nicht noch den feierlichen Scharfrichter in den Jahrbüchern spielen mag. Wie immer, mit der aufrichtigsten Liebe und Hochachtung Ihr innigst ergebener Karl Rosenkranz

88. An Karl August Varnhagen v. Ense Königsberg, a. 19t. April 1836 Reichliche Kohlen haben Sie, verehrter Herr und Freund, auf meinem Haupte sammeln können, da ich so wenig Ihre Güte erwidert habe. Aber ich lebe beständig in einem solchen Gedränge mannigfaltig sich kreuzender Bestrebungen, daß ich die gesammelte Ruhe, mit der ich vor Ihnen erscheinen möchte, gar nicht recht erringen kann. Ihre Briefe sind mir, - wie auch die Hothoschen ein Wunder. Ich kann wohl andere Sachen schreiben, aber nimmermehr einen Brief. Der Hotho will mir das freilich ausreden, aber an der wilden Unordnung, die am Ende meiner Briefe gewiß zum Vorschein kommt, wenn sie nicht schon damit anfangen, sehe ich wohl, daß er mich nur aus Freundschaft für brieffähig erklärt. Erlauben Sie mir also, auch Ihnen gegenüber, mir keinen Zwang anzutun und Ihr ästhetisches Ordnungsgefühl im voraus um Nachsicht zu bitten. Ich habe recht oft an Sie gedacht und manche Stellen Ihrer Briefe durchdacht, als im Herbst jene so merkwürdige Krisis in unsere Literatur eintrat. Jetzt sind die Sachen zu veraltet, als daß ich sie von neuem durchsprechen möchte. Vieles Merkwürdige aber möchte ich eher mündlich erzählen, weil es schriftlich zu große Breite der Exposition fordern würde. Sie müssen doch eigentlich mit am besten unterrichtet gewesen sein, da Sie mit H. L. 1 und M. 2 schon länger in Verhältnis stehen. Ich wußte eigentlich gar nicht, was ich denken sollte, da ich keinen jener Schriftsteller persönlich kenne. Am tiefsten regte mich G. 3 auf. Aber die Teilnahme an seinen Produktionen war bei mir nicht frei von Leidenschaft, als er verfolgt wurde. Zuletzt erst bin ich mit L. '

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Heinrich Laube. Theodor Mündt. Karl Gutzkow.

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bekannt geworden und verdanke seinen Charakteristiken 1 die größten Genüsse, die mir seit lange zuteil geworden sind. Sie hatten mich schon vor mehr als einem Jahr auf ihn aufmerksam gemacht, ich hatte aber immer die interessante Bekanntschaft verabsäumt. Ich schicke Ihnen - der Vorrede und des Schlusses wegen - meine Kritk der Schleiermacherschen Glaubenslehre. Möchte es Ihnen, der Sie in solchen Dingen einen so bewährten und feinen Takt haben, doch gefallen, mir ein paar Worte darüber, so wie über meine Kritik der Göschelschen Unsterblichkeit, wenn sie Ihnen zu Gesicht gekommen, zu sagen. Ist Göschel nicht vielleicht schon etwas verzogen? Und will ihn eine gewisse Partei sich nicht zuziehen? Und wie ist's eigentlich mit Leo? Hr. v. Henning hat mir letzthin ein Büchlein mit dunklen Andeutungen, es nicht zu veröffentlichen, geschickt: Raheis Religiosität. Ich vermute aber, daß dies Geschenk von Ihnen kommt und sage daher meinen herzlichen Dank. Die Schrift wird ihren Zweck erreichen und ist als Perlenschnur der merkwürdigsten Reflexionen Raheis über himmlische Dinge sehr anziehend. Als Apologie betrachtet, ist es traurig, daß sie bei einer solchen Frau gegen die Borniertheit und Böswilligkeit notwendig geworden. Als ich vor Neujahr so krank war, habe ich mich an Neumanns2 gerade erschienenen Schriften und an Karls Versuchen recht erquickt. Übrigens habe ich diesen Winter der Gesellschaft zu viel Zeit geopfert. Die Leute wissen nicht, was ich alles zu tun habe und denken mir Wunder welche Liebe mit ihren ewigen Einladungen anzutun. Von Hause aus bin ich nun der geselligste Mensch von der Welt, so daß ich auf Mittel sinne, mich recht unliebenswürdig zu machen, denn unsere Zeit fordert eine unendliche Anstrengung, da man so viel Engel - wenn auch teuflisch verirrte - und Teufel, - wenn auch in Kleidern des Lichts - zu verdauen hat. Jetzt schließe ich, denn ich will eilen, den F a n d a n g o der spanischen Tänzer zu sehen. Mit innigster Hochachtung Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

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Heinrich Laube, Moderne Charakteristiken. 2 Bde. Mannheim 1835. Seine Schriften erschienen 1835 in 2 Teilen in Leipzig. Neumanns ,Die Versuche u. Hindemisse Karls. Eine deutsche Geschichte aus neuerer Zeit', Berlin u. Leipzig 1808, (Wiederabdr. im 2. Teil v. Neumanns Schriften.) waren ein gemeinsames Werk von Neumann u. Vamhagen. S. Vamhagens Denkwürdigkeiten II, S. 15ff.

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89. April 1836-90. Mai 1836

89. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Königsberg, a. 26t. April 1836 Ew. Wohlgeboren haben erlaubt, eine Anzeige von San-Martes Parzival einreichen zu dürfen, welche hierbei erfolgt. Für Ihren letzten Brief danke ich gehorsamst. Ich sehe, daß ich die Unternehmung der „Wissenschaftskunde" nicht aus dem gehörigen Standpunkt ansah und erlaube mir in Ihrem Interesse nur zwei Bemerkungen: 1, ob nicht die Bridgewaterbibliothek1 etwas Verwandtes sei? und 2, daß Sie bei der Redaktion vorsichtig sein mögen, weder einen zu jungen, noch einen zu alten Mann an die Spitze zu stellen. Ich glaube, daß Leute wie Herr Marbach, oder ähnliche am ersten dazu geeignet wären. Die Jugend arbeitet ein solches Werk mit Feuer, weil sie selbst noch dabei lernt, das Alter ermüdet zu leicht, hat Grillen usf. Mit vorzüglichster Hochachtung Ew. Wohlgeboren ergebenster Karl Rosenkranz

90. An Moritz Hermann Eduard Meier Königsberg, a. 22sten Mai 1836 Wenn ich, vereintester Freund, Ihr wertes Schreiben nicht sogleich beantwortete, wie Sie von mir forderten - ich erhielt es vorgestern - so ist der Grund der Zögerung meine aufrichtige Freundschaft für Sie. Ich bin Ihnen zu gut, ich habe in Ihrem Hause und in Ihrer Gesellschaft zu viel angenehme Stunden verlebt, ich möchte gern durch die Tat zeigen, wie hoch ich diese Erinnerungen und Ihre Zuneigung schätze, als daß es mir so leicht würde, Ihnen etwas abzuschlagen. Ich überlegte daher erst gewissenhaft, ob ich nicht wirklich Ihren Wunsch in betreff der Enzyklopädie erfüllen könnte, aber es geht nicht. Ich kann bei der Menge schon versprochener Arbeiten nicht darauf eingehen, ich müßte denn etwas Oberflächliches hinsudeln wollen, womit Ihnen nicht gedient sein kann und was ich ohne Lust tun würde. Der Artikel Pantheismus fordert große Weitläufigkeit und S a m u e l P a r k e r 2 Quellenkenntnis seiner bei uns seltenen Schriften. Den Artikel P a r t e i l i c h k e i t einem Hegelianer zuzumuten, halte ich für eine bloße Ironie von Ihnen. - Sollten Sie nicht den D r . Schaller3 herankriegen können? S . P a r k e r würde D r . Erdmann vielleicht am besten machen können, weil P a r k e r den Cartesius sehr bekämpfte und '

3

Engl. Schriftenreihe naturwissenschaftl. Inhalts. Erschien 1836-38 in Stuttgart in dt. Übersetzung. Rosenkranz schreibt .Sarker'. Er verf. den Artikel „Pantheismus", 3. Sect., Th. 10, S. 445-469.

91. Juni 1836

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Erdmann (in Berlin, früher Prediger bei Dorpat) in der lateinischen Philosophie sehr bewandert ist. Mit mir geht es so. Ich führe ein doppeltes Leben. Mein öffentliches, literarisches, akademisches, geselliges, hat, im ganzen, // einen guten Fortgang, besser als ich es verdiene. Mein häusliches, privates dagegen ist fast beständig durch die Kränklichkeit meiner Frau und damit verbundene Übel getrübt. Diesen Sommer wird sie mit den Kindern ganz auf dem Lande zubringen, weil die letzte Niederkunft sie in ihren Nerven leider ganz heruntergebracht hat. Die häufigen Stürme, die hier herrschen, die Rauhheit des Klimas überhaupt, scheinen sie sehr anzugreifen, und auch ich verliere manche Stunde, manchen halben, wenn nicht ganzen Tag, den mir der plötzliche Wetterwechsel, der hier an der Tagesordnung ist, durch das schnelle Übergehen entgegengesetzter Temperaturen an einer Art Schlafsucht kostet, die mich dann befällt. Meine Frau und ich empfehlen uns Ihnen und Ihrer teuren Frau Gemahlin aufs herzlichste. Ihr Karl Rosenkranz Sr. Hochwohlgeboren Herrn Professor D r .

Meier

Halle

a. d .

Saale

91. An Leopold v. Henning Königsberg, a. 14t. Juni 1836 Mein teurer Freund, seit ich Ihren letzten Brief bekommen, habe ich unausgesetzt alle Mußestunden auf das mich sehr ansprechende Thema verwandt und schicke hier eine Arbeit, die sich hoffentlich des Beifalls aller Sachverständigen, namentlich auch des Herrn Geheimen Rat Schulze und des Herrn Ministers erfreuen soll. Da ich in diesen Materien ziemlich bewandert bin, so wird auch die Darstellung wohl recht sein. Die Ausführlichkeit kann bei einer so wichtigen Materie so wenig schaden als die Freimütigkeit. Daß Sie wieder gesund sind, freut mich sehr. Meine Frau ist leider seit dem letzten Wochenbett sehr herunter und wohnt eine halbe Meile von hier auf dem Lande mit den Kindern, wo ich denn abends oft hinausgehe, aber auch, weil ich schon sehr früh lese, wieder zurückgehe, was mir denn viel Zeit nimmt, so daß ich an Schleiermacher nicht vor Ende Juli kommen werde. Anfang August sollen Sie ihn aber haben.

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92. Juni 1836

Marheineke und Varnhagen haben mich durch köstliche Briefe erfreuet. Es ist ja meine höchste Freude, wenn ich weiß, daß meine Freunde mich nicht vergessen, und mich zu lieben fortfahren. Hätte ich nicht so viel zu tun, so würde ich selbst öfter schreiben, aber ich bin mit Geschäften und Studien überhäuft. Dem Hotho bin ich schon längst einen Brief schuldig. Die kleine Schrift über Raheis Religiosität soll ich also anzeigen? Ich habe sie jetzt nicht hier. Eine Amtmännin Siegfried aus Karben bei Braunsberg, die sich leidenschaftlich für Rahel interessiert und, wie so viele, an der wunderbaren Frau eine Stütze ihres Gemütes gefunden hat, hat mir sie abgeborgt und ist damit vorläufig auf Reisen gegangen. Doch hoffe ich, da ich Varnhagen von Grund der Seele gern gefällig sein möchte, in einigen Wochen den Flüchtling zurückzubeschwören. Daß meine Schrift über Schleiermacher und das Vorwort derselben von Ihnen und, so viel ich bis jetzt weiß, von allen, die mir in Berlin befreundet sind, günstig aufgenommen wurden, freut mich sehr. Ich wußte es im voraus, denn die Wahrheit, wenn Sie ausgesprochen ist, erregt immer Freude und, wie mich auch royalistische und pietistische Ultras hier und in Berlin verleumden mögen, ich will nur Wahrheit und Gerechtigkeit. Immer Ihr Karl Rosenkranz Sprechen Sie wohl Karl Hegel? Könnte er mir wohl etwas Näheres über Herrn Baumstark in Heidelberg sagen, der mir seine Volkslieder geschickt hat? Wer ist es?

92. An Wilhelm Vatke [Königsberg], 20. Juni 1836 Es schmerzt mich sehr, daß es die Elendigkeit heuchlerischer, wenigstens in frommster Demut sich selbstbetrügender Schikane ist, welche mich veranlaßt, Ihnen ein paar Zeilen zu schreiben. Daß Freund Bohlen und ich, wenn Sie darauf bestehen, Ihren Wunsch wegen des D o c t o r p h i l o s o p h i a e , wenn auch unter leidigen, unumgänglichen Modifikationen, zu erfüllen suchen werden, dürfen Sie mit Zuversicht und mit Recht von uns erwarten. Aber ich bin nicht der Meinung unseres verehrten Freundes GansSind Sie aus der

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Vatkes Werk ,Die Religion des Alten Testaments', nach dessen Veröffentlichung er sich um eine Professur in der Theol. Fak. beworben hatte, stieß bei dem orthodoxen Theologen Hengstenberg auf scharfe Ablehnung, eine Karriere innerhalb der Berliner Theologischen Fakultät erschien für Vatke ausgeschlossen (tatsächlich blieb er zeit seines Lebens ao. Prof.). Gans riet V., in die Philos. Fakultät zu wechseln. Vgl. H. Benecke, a. a. O. S. 188ff. - Die

92. Juni 1836

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theologischen Fakultät heraus, so ist die spezifische Dignität Ihrer Wirksamkeit dahin, und wollten Sie in die Theologie eingreifen, so würde man Ihnen unter irgendeinem höchst legitimen Vorwande dieselbe bald beengen, so daß Sie sich in der peinlichen Lage fühlen würden, ein Kapital von Wissenschaft nicht verzinsen zu können, einen fruchtbaren Acker wüst werden zu lassen. Abgesehen von diesem Mißstande Ihrer Zukunft ist es aber, meiner Ansicht nach, eben wegen der „Menschheit und der Sache des Lichts" Ihre, wenn auch traurige Pflicht, nicht nachzugeben. L a g a r d e n e s e r e n d pas!muß jetzt unser Losungswort sein. Mündt ist exkludiert, Strauß removiert, Sie wären wenigstens metamorphosiert. So schaffen sich die Schlauen den Luzifer des Denkens gemächlich vom Halse und werden eine Zeit, wenn auch nur für eine Zeit, herbeiführen, die empörend ist. Unser Ministerium gewöhnt sich ans Nachgeben! Die Fakultät gewöhnt sich an den kategorischen Ton der Herren Pietisten; das Publikum gewöhnt sich, von solchen Schriften zu hören, und denkt endlich sogar: die Leute h a b e n ' s verdient, warum lassen sie s i c h ' s gefallen? - Ich muß einen delikaten Punkt berühren. Würde die Ernennung zur Professur Ihre pekuniären Umstände bedeutend verbessern, oder ist's nur die Ehre? Im ersteren Fall, wenn ein Notstand drängt, ist die Lage gräßlich; aber 1) um so teuflischer handeln die Kinder des Lichts und 2) um so energischer müßte das Ministerium Ihnen a u d é p i t , wenn es Sie nicht zum Professor zu machen die Kraft hat, durch reichliche Remunerationen unter die Arme greifen, um Ihre Verdienste um die Wissenschaft und die Jugendbildung gebührend anzuerkennen. Im letzteren Fall dagegen ist es Ihrer würdiger, noch etwas auszuharren und die reale Ehre, die Ihr treffliches Werk Ihnen in der Welt schafft, der formellen an der Universität einstweilen vorzuziehen. Stellen Sie sich nur den Jubel der pietistischen Zentaurenclique vor, wenn man Sie als einen Wolf von der Schafherde glücklich verscheucht hat. Können Sie, können unsere Freunde das ertragen? Wenn Sie ernst es bedenken, schwerlich. Und, mein trefflicher Freund, den ich freilich nur flüchtig bei Matthies'' Promotion gesehen und nun erst aus seinem Buch recht liebgewonnen habe, glauben Sie nicht, daß die Festigkeit des Beharrens ganz andere Resultate herbeiführen, die Leute vielleicht zur Besinnung über ihre Leidenschaft bringen kann? Doch hier muß ich abbrechen, denn von den Berliner Zuständen, wie sie dermalen sind, habe ich ein zu undeutliches Bild, als daß ich etwas anderes, als vage Hypothesen zu Markt bringen könnte. Wenn man aber den Baum aus seinen Früchten erkennt, so muß die größte Barbarei der Intelligenz und die ärgste Inhumanität jetzt dort hausen. Aus dem, was auch hier wohl vorgeht, aber doch in schwächerem Maße, schließe ich auch auf manches und glaube: ein von

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Jurist Eduard Gans - Ein Streiter für Hegel (22. 3. 1797-5. 5. 1839)', in: Kritische Justiz, Jg. 22, Heft 4, S. 433-439. Baden Baden 1989. Rosenkranz opponierte seinen Habilitationsthesen 1831 in Berlin. Vgl. K. R., Von Magdeburg bis Königsberg, Berlin 1873, S. 459.

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93. Juni 1836

Rußland ausgehender geheimer Plan liegt allen diesen Efferveszenzen zu Grunde. Die moralische Niederträchtigkeit so vieler Subjekte in unserer Zeit, die sich selbst verwüstet haben und darüber angst geworden sind, kommt dem Absolutismus entgegen. Lesen Sie Nr. 2 des Portofolio. Hier wird geradezu erklärt: t o u t e s l e s c r o y a n c e s d u m o n d e s o n t à p r é s e n t r i e n c o n t r e l e s m o t i f s d e l a ρ o 1 i t i q u e. So ungefähr heißt es. Herrn Liz. Bauer1 kriegen Sie doch gewiß zu sehen. Sie sagen ihm wohl gefälligst, daß ich alles aufbieten würde, um, so weit meine beschränkte, in vielerlei Amtsgeschäften zersplitterte Zeit und viele Abhaltungen durch das stete Kränkeln meiner Frau mir erlauben, ihm bald, etwa Mitte August, den Anfang einer großen Abhandlung über den Kultus 2 schicken zu können. Ich will darin 1) systematisch die Hauptformen des Kultus entwickeln, 2) die historischen Bildungen derselben in ihren hervorragendsten Typen analysieren. Ich werde das Ganze, dessen Plan fertig ist, in mehrere Sektionen zerlegen, so daß er es bequem durch einige Hefte kann durchgehen lassen. Grüßen Sie auch Gans, Marheineke, Hotho und die Benarys herzlich von mir und möge Gott Ihnen freudige Ausdauer zur Überwindung der Jämmerlichkeit Ihrer Gegner geben! Ihr aufrichtig ergebener K. Rosenkranz

93. An Alexander Jung [Königsberg], 25. 6. 36 Mein liebster Jung, fortdauernde Kränklichkeit in meiner Familie hat mich Sie zu sehen abgehalten. Zwei Tage, gestern und vorgestern, wo es möglich war, habe ich an Immermanns Epigonen in einem Strich verlesen; ein eigentümliches, klassisch stilisiertes Werk, eine Verschmelzung von Wilhelm Meister und Titan. Gutzkow über Goethe3 habe ich auch bekommen. Es ist kein Wisch, aber auch keine rechte Arbeit, sondern ein geistreich renommierendes Reflektieren im leichten, brillanten Stil. Die Aufsätze aus der Allgemeinen Zeitung machen die Grundlage. Alles, was nach Persönlichkeit aussehen könnte, ist bis auf weniges vermieden. Doch bin ich so, nachdem mir Immermann bis gestern abend 11 Uhr Zeit gekostet, heute mit Examen etc. besetzt, daß ich nur erst habe blättern, nicht lesen können. Dienstag aber sollen Sie ihn haben. Schreiben Sie mir doch wenigstens. Ihr Karl R. '

Bruno Bauer red. von 1836-38 die Ztschr. f. specul. Theol. Über B. s. E. Bamikol, ,B. B. Studien u. Materialien*. Aus dem Nachlaß ausgewählt u. zusammengestellt v. P. Reimer u. H.M. Saß. Assen 1972; Eßbach, Wolfgang, Die Junghegelianer. Soziologie einer Intellektuellengruppe. München 1988. Es erschien .Eine Parallele zur Religionsphilosophie', in: Ztschr. f. speculative Theologie, 2. Bd., 2. Heft, S. Iff. Berlin 1837. Eine längere Arbeit über den Kultus ist nicht abgedruckt. K. Gutzkow, Über Goethe im Wendepunkte zweier Jahrhunderte. Berlin 1836.

94. Juni 1836 - 95. Juli 1836

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94. An Alexander Jung [Königsberg], 26.6. 36 ... Hierbei Gutzkow, dem ich mein gestriges vorlautes Urteil abbitte...

95. An Leopold v. Henning Königsberg, a. 8t. Juli 1836 Ich schicke hierbei, verehrter Freund, eine Anzeige des Büchelchens über Raheis Religiosität, die ich heute morgen improvisiert habe. Sehen Sie zu, ob Sie dieselbe brauchen können. Ich wünschte, Herrn Varnhagen v. E[nse], der mir so viel unverdiente Freundlichkeit erweist, gern gefällig zu sein und dem verstorbenen Neumann ebenfalls. Sie schickten mir vor mehreren Monaten eine Anfrage wegen der Hegelschen Schüler in Bayern, auf welche die Ev. Kirchenzeitung den Herrn seinen Zorn ausschütten läßt. Ich habe vergessen zu antworten, daß Ihre Konjektur mit Feuerbach 1 wohl nur halb richtig ist. Unstreitig geht der Ausfall auf Professor Daumer2, der wegen der Cholera als eines Strafgerichts Gottes, wegen der Entwendung der ägyptischen Gefäße durch die Juden, wegen der Barbareien, die in der Bibel vorkommen e t c . sich mit den Pastoren Fikenscher und Höfling 3 (so hießen sie) heftig entzweite, von denen wohl nun wohl auch der eine jenen zelotischen Artikel zu seiner Herzenserleichterung geschrieben haben mag. Daß Daumer Hegels Schüler und doch kein Hegelianer im wahren Sinne des Wortes ist, geht natürlich über den Horizont der Herrn Pastöre. Freund Lehnrdt mahnte ich nach Kräften, weiß aber nicht, wie es nun mit ihm steht, da er aufs Land gezogen ist. Ich will in den Hundstagsferien einmal recht ordentlich studieren, besonders den Schleiermacher und Hegels Phänomenologie, ich weiß nicht zum 1834 erschienen in der Evang. Kirchenztg. die gegen die Hegeische Philos, gerichteten Aufsätze ,Die Schrift u. ihre Lehre von der Auferstehung und die Lehren der Schüler Hegels' (Sp. 73ff. u. 8Iff), .Das Hegeische System. Ein Bruchstück aus einer anderen Arbeit herausgenommen' (Sp. 545), sowie ,Der Hegeische Gott' (Sp. 550). Nach dem Erscheinen von Strauß' ,Leben Jesu' gab es auf Jahre hin kaum ein anderes Thema in der Evang. Kirchenztg. als die Vertcetzening der Hegeischen Philos. Die Choleraepidemie Anfang der dreißiger Jahre veranlaßte u. a. bayerische Theologen, die Cholera als Strafgericht Gottes anzusehen. D. verfaßte hiergegen die Schrift .Ist die Cholera Morbus ein Strafgericht Gottes? Sendschreiben an Herrn Pfarrer Kindler zu Nürnberg'. Leipzig 1832. Die Konfiszierung dieser Schrift und sein Werk .Über die Entwendung ägyptischen Eigenthums beim Auszug der Israeliten aus Ägypten. Als vorläufiges Bruchstück eines die durch das Sendschreiben an Kindler veranlaßten Gegenschriften der Herren Götz, Wild und Höfling betreffenden Werks über Bibel und Christenthum', Nürnberg 1833, bewirkten, daß Daumers Ruhegehalt von 560 Gulden auf 490 G. reduziert wurde. Beleuchtung des Daumerischen Sendschreibens an Pfarrer Kindler von Dr. Joh. Wilh. Friedr. Höfling. Nürnberg 1832.

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95. Juli 1836

wievielten Male. Auch möchte ich gern für Herrn Lizentiat Bauer einen Beitrag liefern, wenn meine Kraft ausreicht. - Wird die Kritik über Weiße bald erscheinen? Sie sind doch so gütig, mir einen Abdruck (wenn ich bitten darf, auch von der Anzeige der Sprüche des Bhartriharis) zu senden? Mit den besten Grüßen Ihr treuer Karl Rosenkranz P. S. Noch eins. Menzel hat in seinem Literaturblatt die Diesterwegsche 1 Schrift über die Universitäten ebenfalls angezeigt. Er bemerkt dabei, wie gefährlich es sei, Hegelianer auf Universitäten anzustellen, denn da ihre Philosophie dazu führe, sich als Gott zu betrachten, so erzeuge sie geistigen Schmutz, Unwissenheit und Verdummung, Menschen, die ,kein Gewissen, keine Pflicht und Amtstreue' kennten. Nun meine ich, müßten alle, die zur Hegeischen Phil[osophie] ehrlich sich halten, in der Allgemeinen Zeitung Herrn Menzel auffordern, entweder diese Beschuldigung von ihnen als Hegelianern durch feierlichen Widerruf wegzunehmen oder sich beim Gericht verklagen zu lassen. Freund Gans als Jurist hätte die Sache zu leiten. Mit Lehnerdt habe ich sie besprochen und unsere Namen können sogleich unter die Aufforderung gesetzt werden. Er soll uns beweisen, wo wir unserm Amt im geringsten untreu geworden sind. Und nur so ist dies Verleumden und Verklatschen zu sistieren. Ihr sagt zwar, es negiert sich selbst. Aber ich meine, wir haben auch die Pflicht, solche Beschuldigungen, die uns moralisch zu vernichten trachten, zu bekämpfen. Wenn uns ein Hund anpißt, so ist's freilich ein Hund; und wenn er uns anbellt, ist's ein Hund. Kann ich ihn aber dadurch abwehren, daß ich ihm zurufe: C o u c h e ! warum soll ich's nicht tun?

Diesterwegs Schrift .Über das Verdeiben auf deutschen Universitäten' rcz. Rosenkranz in den JbbwissKrit. 1836, Bd. 2. Sp. 365-75, 377-82. Diesterweg, ein Fries-Schüler, kritisierte, aus seiner Sichtweise ganz von liberalem Geist beseelt, das Übermaß an historischer Bildung - wie Fr. Nietzsche 35 Jahre später zuerst in den Vorträgen über die Z u k u n f t der Bildungsanstalten - Mangel der Professoren an Patriotismus, die um des bloßen Broterwerbs wegen ihre Heimat verlassen, zu große Zügellosigkeit etc. Diese Anklagen wurden natürlich von all denen begeistert aufgenommen, die die Hegeische Philosophie für diese Zustände verantwortlich machten, kamen sie nun aus dem bürgerlich-liberalen Lager wie seinerzeit Fries oder Hermann Scheidler, für den Hegels politische Lehre in seinem Artikel „Hegeische Philosophie und Schule" im Rotteck-Welckerschen Staatslexikon, auf einen Servilismus und unnatürlichen Quietismus hinführte oder aus dem konservativen Lager, wie der Herbartianer AUihn - von dem Dilthey behauptete, daß, wenn die Hegelianer erst einmal tot seien, er nichts mehr zu tun hätte - der in seiner Schrift „Das Grundübel der wissenschaftl. und sittl. Bildung in den gelehrten Anstalten des preuß. Staates", Halle 1849, ebenfalls Hegels Philosophie für „demokratische Barbarei" und „revolutionäres Einheitsstreben" verantwortlicht machte, die er aber als Fortsetzung, diese Sichtweise ist den Herbartianern gemeinsam, von Spinozas Philosophie ansah.

9 6 . August 1 8 3 6

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96. An Leopold v. Henning Königsberg, a. 13t. August 1836 Mein sehr verehrter Freund, ich beeile mich, Ihnen das Weißesche Inserat nebst Brief zurückzuschicken, und meinen Segen zu seinem unverzüglichen Abdruck zu geben. Es wäre sehr unfreundlich, dem Herrn Professor diesen kleinen Trost zu versagen. Ich hoffe auch, er wird sich noch fernerhin gegen mich entledigen, Fichte 1 desgleichen. Ich werde nichts dagegen sagen, so wenig als gegen Bachmann. Ich habe meine Pflicht getan und bin ganz ruhig über das Weitere. Ich habe mir schon genug Feinde gemacht, und in dieser Gewohnheit sehe ich dergleichen Anfechtungen aus einem höheren Standpunkt, zwar nicht unempfindlich gegen ihre Kränkungen, aber doch mit Gelassenheit an. Wenn übrigens Herr Weiße meint, Hegel habe nie vom Dünkel der Philosophierenden gesprochen - denn das ist doch das, was seine Kritik von moralischer Imputation enthält - so irrt er doch wohl sehr. In den Kritiken über Schubarth usf. sind in dieser Hinsicht sehr derbe Worte zu lesen. Übrigens zweifle ich nicht daran, daß Herr Weiße alles, was ich weiß und kann, hundertmal gründlicher weiß und vermag, und noch weniger bezweifle ich, daß er von seinem Wert eine viel gediegenere Überzeugung besitzt, als ich von dem meinigen. Er kann sich gar nicht darin finden, daß ein Mensch, wie ich, der bloß einen Tirailleursposten der Philosophie einnimmt und gar nicht Anspruch darauf macht, ein selbständiges System zu haben, es gewagt hat, ihn anzugreifen. Und merkwürdig genug ist es, wie Herr Weiße, als ein augenscheinlicher αλλοπρόσαλλο«;, zu einer solchen Autorität hat kommen können. Aber es ist die Zeit des Interregnums. Der rechte Kaiser ist tot und nun kreiert sich jeder Marschall dazu. Als Napoleon tot war, lebten in den Irrenhäusern viele Subjekte, die sich für ihn hielten. Daß ich Herrn Diesterweg so milde behandelt habe, ist allerdings Ihr Werk, mein teurer Freund. Ich werde den Aufsatz etwas umarbeiten. Über Leo ist eigentlich nur kurz zu sprechen, denn im Grunde verteidigt er sich2 und Halle gegen Diesterwegs Karrikaturen. Auch erlaubt der subjektive erzählende Ton keine große Ausführlichkeit des Besprechens. Ich schrieb Ihnen, daß ich in Angelegenheiten der Ebelschen 3 Muckerei mehrere Wochen lang an einem Gutachten habe arbeiten müssen. Jetzt fühle ich

D i e philos. A u s e i n a n d e r s e t z u n g mit F i c h t e drehte sich h a u p t s ä c h l i c h um den B e g r i f f der Persönlichkeit G o t t e s . Ü b e r Fichte s. Khrct, Hermann, ,1. H. Fichte. Ein D e n k e r gegen seine Z e i l ' . Stuttgart 1 9 8 6 . 2 3

H. I x o , Herr Dr. Diesterweg und die deutschen Universitäten. Leipzig 1 8 3 6 . Ebel, Johann Wilhelm

( 1 7 8 4 - 1 8 6 1 ) , K ö n i g s b e r g e r P r e d i g e r , A n h ä n g e r des

Theosophen

SchönherT, der als A n f ü h r e r der s o g . " M u c k e r " in K ö n i g s b e r g für A u f r e g u n g sorgte. E b e l wurde wegen V e r l e t z u n g s e i n e r geistlichen A m t s p f l i c h t verurteilt. R o s e n k r a n z wurde v o m K ö n i g s b e r g e r G e r i c h t aufgefordert, ein Fakullälsgulachlcn über den spekulativen G e h a l t der

97. August 1836

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erst, daß es mir nicht bloß Zeit, sondern auch bedeutende Kraft gekostet hat, denn die Verriicktheit und der Fanatismus haben etwas sehr Auszehrendes, das Gemüt Abstumpfendes. Doch will ich den morgigen Sonntag benutzen, den „düstem Weg", wie der Hamburger Korrespondent sagt, umzupflastern. Schleiermacher wird nun wohl erst im September vorgenommen werden können. Ich hatte die Schrift von Diesterweg für gar nicht so wichtig gehalten und war daher auch in meiner Entgegnung so ruhig. Aber sie macht viel Aufsehen. Ich hoffe, Sie sollen meine zweite Rezension noch vor Ihrer Abreise zum Druck befördern. Ihr glücklichen Leute, Ihr könnt doch noch reisen. Aber wir sind hier mit Wüsten umgürtet, denen man sich schwer entzieht. Eine wahre Angst befällt mich zuweilen, ich könne hier etwas von dem slavischen Wesen durch Ansteckung in mich aufnehmen und degenerieren. Ich kann das nicht so merken, aber Ihr müßt es mir sagen. Für die Notizen über Hotho danke ich bestens. Von Herzen Ihr Karl Rosenkranz Randbemerkungen: 1. Briefseite: Sie haben eine schwere Rolle, Freund zweier (wohl gar recht vieler) Feinde zu sein. Was aber die wirkliche Freundschaft, nicht bloß die der Redaktion betrifft, so hoffe ich doch wohl der Bevorzugte zu sein. 2. Briefseite: Noch erinnere ich, daß Herr Weiße wohl ganz vergessen hat, was er gegen den kleinen Hinrichs schrieb1 und wofür ich als Nemesis erschienen bin. 4. Briefseite : Wie ist's aber? Wollen Sie mir von meinem (h i c !) Weiße nicht einen Abdruck seiner Büste schicken? So ein Tier darf in meiner Menagerie nicht fehlen.

97. An das Ministerium für geistl., Medizinal- und Unterrichtsangelegenheiten Ew. Exzellenz wollen huldreichst vergönnen, beiliegende Beiträge zur deutschen Literatur 2 ergebenst überreichen zu dürfen. Ich habe seit den drei Jahren, welche ich nun schon hier bin, mich allerdings sehr in kleinen Arbeiten zersplittert. Indessen

1

2

Ebelschen Lehre anzufertigen. Das Gutachten vom 1. Aug. 1836 im Königsberger Staatsarchiv Dep. XXVII, 29. Bd. 1. Vgl. I: 78f. Chr. Herrn. Weiße, Ein Wort über philosophische Methode. Über Hinrichs „Die Genesis des Wissens", in: BULitUnt. Nr. 23f., Leipzig 1836. K. Rosenkranz, Zur Geschichte der Deutschen Literatur. Königsberg 1836.

98. August 1836

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wurden sie mir von meiner neuen Situation gleichsam abgefordert und haben hier im ganzen günstig gewirkt. Auch bedurfte ich nach den früheren erschöpfenden Anforderungen, die ich an mich gemacht hatte, einer Periode leichterer Leistungen, zumal sich meine persönliche Tätigkeit, das unmittelbare mündliche Einwirken auf andere, gewiß um mehr als das Doppelte gesteigert hat. Bleibe ich gesund, so hoffe ich, Exzellenz noch ordentliche, auf den Grund gehende Arbeiten präsentieren zu können, zu denen es weder an Neigung noch Ernst fehlt, die aber langwierige Vorarbeiten fordern, wenn sie nicht verpfuscht werden sollen. Um ihretwillen werden Exzellenz diese leichteren Blumen mit gnädiger Nachsicht aufnehmen. Königsberg, Mit reinster Hochachtung und Dankbarkeit a. 16t. August Ew. Exzellenz 1836 untertänigster Karl Rosenkranz

98. An Karl August Varnhagen v. Ense Königsberg, a. 16t. August 1836 Hochgeehrter Herr und Freund, welch' ein reiches Leben umschließt Ihre Erinnerung! Ich staune bei jeder neuen Mitteilung, wie so Verschiedenes Sie in sich beherbergen und mit wie sicherem Blick Sie alle Schichten der Gesellschaft durchschauen. Meine Zeit hat mir noch nicht erlaubt, die Galerie1 ganz zu lesen, aber was ich gelesen habe, hat mich entzückt, besonders Prinz Louis Ferdinand. Auch die Worte, welche Sie über Fr. Schlegel sprechen, scheinen mir höchst bedeutungsvoll. Welch* ein Stoff des Nachdenkens Sie mir durch Ihre Mitteilungen über Schleiermacher geschenkt haben, werden Sie selbst geahnt haben, sonst hätt* ich sie gar nicht erhalten. Nehmen Sie meinen aufrichtigen Dank dafür. Ich habe heute als Novität den ersten Band der Dioskuren empfangen. Sollte ein zweiter Band intendiert werden, so würde Herr D r . Mündt mich sehr verbinden, wenn er mir den Termin anzeigte, bis wann ich einen Beitrag schicken muß. Ich könnte ihm diesmal etwas recht Gutes geben und würde es auch sehr gern tun, da ich mich in die äußere Ausstattung der Dioskuren ganz verliebt habe und gleich ein ganzes Buch so elegant möchte drucken lassen. Darf ich Sie vielgeplagten Vermittler wohl ersuchen, Herrn D r . Mündt dies zu sagen? Ich bin so frei, Ihnen beiliegend auch ein Buch zu senden. Tolerieren Sie es wenigstens, denn es ist ja doch ein Buch. Und hätte es nur nicht so ent1

Κ. V. v. Ense, Galene ν. Bildnissen aus Rahel's Umgang u. Briefwechsel. 2 Theile. Leipzig 1836. Über Louis Ferd. s. Th. 1, S. 225ff. u. 241ff.

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setzliche Druckfehler und Inkonsequenzen der Orthographie durch das Schaf von Leipziger Korrektor, so ging es noch. Aber so ist selbst das Äußere entstellt. Der letzte Aufsatz Ν ο . Χ V 1 ist freilich gut. Ich habe schon lange nichts geschrieben, womit ich so zufrieden gewesen wäre. Leo schwebte mir dabei unaufhörlich vor, und deswegen ist ihm auch das Buch dediziert. Leo versteht sich auf das Volk für manche Seiten noch besser als ich; da ich aber freier von Vorurteilen und poetischer bin, so habe ich doch noch manches vor ihm voraus. Wie dem aber auch sei, so verdanke ich meinem Umgang mit Leo sehr viel in der Ausbildung meiner Erfassung des Volkslebens. Besonders ist mir ein Abend unvergeßlich, wo wir jüngeren Leute in Halle vor dem Tor in einem Gasthaus sommers zusammen waren und Leo einen Schneidergesellen meisterhaft spielte und unter den tollsten Kapriolen und Sprüngen immer den Refrain eines Liedes meckerte: Schneiderblut, Lustig Blut e t c . , so daß wir andern vor Lachen ersticken wollten. Möchten Sie doch sich wohler befinden, als Sie es bei dem letzten Brief, den ich von Ihnen empfangen das Glück hatte, waren! Sie haben noch so viel für unsere Literatur zu tun, daß Sie gar nicht krank sein dürften. Ich selbst bin körperlich zwar gesund, muß mich jedoch wegen der rasch wechselnden Temperatur sehr in acht nehmen, weil ich seit zwei Jahren an einem dumpfen Halsschmerz leide, der, wenn ich, wie das oft genug kommt, viel sprechen muß, in ein unerträgliches Stechen übergeht und, wie ich höre, leicht zur Halsschwindsucht führen kann. Sonst ist mit mir jetzt gar nichts Rechtes anzufangen. Es kommt mir immer vor, als brüte der Weltgeist selbst seine Eier in mir aus, und wenn ich recht zusehe, finde ich nicht einmal ein Windei, sondern bloßen Wind. Wär' es nicht frech, so würde ich Sie bitten, mir einmal wieder einen Brief zu schreiben, denn das gehört zu meinen größten Genüssen. Ein solcher Brief ist eine Begebenheit Mit den herzlichsten Wünschen Ihr ganz ergebenster Karl Rosenkranz 99. An Alexander Jung Königsberg, 24. Aug 1836 ... Die Dioskuren sind auch da. Hierüber mündlich. Wir wollen Ihre Briefe an mich dafür bearbeiten, denn es drückt mir das Herz ab, daß bei mir unwürdigem Menschen, den Sie unbegreiflicherweise immer so hochstellen

'

Die Bilderliteratur des deutschen Volkes.

100. September 1836

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wollen, solche Schätze, die der Zeit so viel werden könnten, so für meinen einsamen Genuß liegen sollen. Die Hauptsache ist jetzt Spanien. Ich bin höchst gespannt, ob nicht endlich der Liberalismus entschieden auftreten wird. Bis jetzt steht Christine1 zwischen ihm und den Carlisten. Könnte sich Christine mit ihm vereinigen, so wäre Don Carlos 2 geschlagen und wenigstens reine Bahn gewonnen. Stattdessen soll sie mit D. Carlos unterhandelt haben! Die Proklamation von Saragossa hat mir sehr gefallen. Sie war liberal und doch loyal. Sie können denken, welch' ein Schlag es für den ganzen europäischen Liberalismus (lassen Sie uns den guten und schlechten zusammennehmen) sein würde, wenn Don Carlos siegte. In Frankreich siegte das weltgeschichtliche Recht des Volksgeistes über das positive Recht der Thronfolge; in Spanien würde das positive Recht über den Geist des Volkes, der offenbar nach Emanzipation vom Mittelalter strebt und über ein, wenn auch nur gemachtes, positives Recht (die Abweichung Ferdinands vom Salischen Gesetz) den Sieg davontragen. Wie sehr ich mich darauf freue, Sie wieder hier zu besitzen, brauche ich wohl nicht zu sagen! Sie sind der einzige hier, der nicht bloß Geduld hat mich anzuhören, sondern der mich schöpferisch anregt, von dem ich so viel Keime des Geistes empfange und dessen edles Wesen mich immer von Neuem erquickt und zum Glauben an Gott und die Menschheit stärkt, zum Glauben, der uns oft so schwach zu werden droht...

100. An Leopold v. Henning Königsbergs, lit. Sept. 1836 Verehrter Freund, ein Brief unseres gemeinschaftlichen Freundes, des Herrn Prof. Marheineke, setzt einen andern von Ihnen an mich voraus, den nicht erhalten zu haben, ich bei der Größe Ihrer Korrespondenz und Nähe Ihrer Abreise nach Thüringen, ich mich nicht verwundere. Ehe diese Zeilen nach Berlin kommen, sind Sie vielleicht auch wieder dort. Ich ersehe nämlich, aber nur undeutlich, aus jenem Schreiben, daß man - wer, weiß ich nicht - gesonnen ist, der Weißeschen Erwiderung 3 gegen mich, einige Zeilen aus meinem Brief als Erklärung entgegenzusetzen.

2

3

Christine (=Maria Christina) (1806-1878), wurde 1829 Gemahlin des spanischen Königs Ferdinand VII. Don Carlos (1788-1855), Bruder Ferdinands V U Beanspruchte nach dem Tode Ferdinands 1833 als Karl V. selbst die Krone, unterlag aber im Bürgerkrieg 1834-40. Vgl. K. Rosenkranz, Hegel u. seine Schule, in: Krit. Erläuterungen des Hegel'schen Systems, S. XV. Königsberg 1840.

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100. September 1836

Ich kann dies nicht billigen und bitte also, daß es nicht geschieht, denn wollte ich entgegenen, so würde ich es auf ganz andere Weise tun, als in jenen flüchtigen, im harmlosesten Vertrauen an Sie geschriebenen Worten. Jede Entgegnung würde aber nur neuen Unmut und neue Gereiztheit hervorrufen, daran ich wahrlich bei der Menge von Antipathien, die ich mir schon zugezogen habe, recht müde bin. Die polemische Erhitzung stört die reine Sommerwärme der Produktion zu sehr, und ich sehne mich sehr danach, aus den kritischen Relativitäten, denen ich mich so sehr hingegeben, etwas herauszukommen. Es fragt sich aber, ob ich noch länger Mitarbeiter an den Jahrbüchern sein kann, ob die Ehre des Instituts es verträgt, daß zwei, die sich gegenseitig annullieren, zugleich daran schreiben? Ich sehe recht wohl ein, wie unentbehrlich ein so vielseitiger und prompter Mitarbeiter als Hr. Weiße dem Institut sein muß und würde daher, zumal mir seit einiger Zeit das Kritische so sehr mißglückt, die Initiative ergreifen und eine verehrte Sozietät mit dem aufrichtigsten Dank für das große Vertrauen, das sie mir immer geschenkt hat und die mühevolle Teilnahme, die ich ihr gekostet habe, gehorsamst ersuchen, mich von der Liste zu streichen. Wie sehen Sie die Sache an? Die Rezension über Schleiermacher1 und über Marheinekes Lehrbuch der Religion 2 würde ich noch liefern, weil ich es versprochen habe. Mein letztes Buch zur deutschen Literatur ist übrigens für die Wissenschaft zu unbedeutend, als daß es eine Anzeige verlohnte, welche in den Jahrbüchern stehen dürfte. Das Anregende, was es gewiß enthält, gehört für andere Blätter, wie Phönix, Mitternachtszeitung e t c . Mit Bedauern schicke ich hier die beiden schönen Artikel über Hegel aus d e r R e v u e d u p r o g r é s s o c i a l 3 wieder, welche Hr. v. Vamhagen einst durch Sie mir zur Anzeige mitteilte. Wollte der Himmel, die Hegeische Philosophie würde in Deutschland überall so gut wie von Herrn A. Prévost verstanden. Ich habe zu lange gesäumt und nun würde es zu auffallend sein, von einem Journalartikel, wie gut er auch sei, noch besonders zu sprechen. Ich kann aber nicht umhin, bei dieser Gelegenheit zu erwähnen, daß die Jahrbücher auf französische in die Philosophie einschlagende Werke zu wenig Rücksicht nehmen. Ich kann mich nicht erinnern, daß Damirons neueste so sehr erweiterte Geschichte der Philosophie, Lerminier, s u r l ' i n f l u e n c e d e l a p h i l o s o p h i e à l a l e g i s l a t i o n und ähnliche Schriften, wenn auch nur in der Kürze, zur Sprache gekommen wären. Wird man nicht auch Barchou de ' 2

3

Fr. Schleiermacher, Entwurf eines Systems der Sittenlehre. Hrsg. v. Alex. Schweizer. Rosenkranz' Rez. erschien in den JbbwissKrit. 1836, Bd. 2, Sp. 761-776. Ph. Martieineke, Lehrbuch des christl. Glaubens u. Lebens für denkende Christen u. zum Gebrauch in den obem Klassen an den Gymnasien u. f. d. obem Klassen überhaupt. Berlin 1823. 2. A. Berlin 1836. Rosenkranz' Rez. in den JbbwissKrit. 1837, Bd. 1, Sp. 25-32. Revue du progrès social. (Ι-ΙΠ), Paris 1834. Aufsätze über Hegel von A. Prévost im Sept., S. 429ff. und Okt. S. 16ff. (Philosophie allemande. - Hegel)

101. Oktober 1836

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Penhoën h i s t o i r e d e l a p h i l o s o p h i e a l l e m a n d e depuis L e i b n i t z j u s q u e à H e g e l 1 vergessen? Auch Michelets Bearbeitung des Vico wäre nicht zu übersehen. Es ist schade, daß Hinrichs bei seiner Anzeige der Cousinschen Vorrede jene Hefte der Revue nicht gehabt hat. Da wäre ihre Besprechung ganz am rechten Fleck gewesen. Nachdem Gans die Jahrbücher als von ihrer Idee vielfach abgefallen dargestellt hat, müssen sie sich um so mehr zusammennehmen und das Kleine und Zufällige vermeiden. Ihr K. Rosenkranz

101. An Leopold v. Henning Königsberg, a. 14t. Oktbr. 1836 Meinen Brief, verehrter Freund, worin ich den Wunsch vortrage, Herrn Weißes Antikritik nichts aus meinem Brief darüber entgegenzustellen, und meine Anfrage, ob ich nicht wegen der Ehre des Instituts von demselben auszutreten gezwungen bin - auch meiner eigenen Ehre wegen - werden Sie nun schon gelesen haben und sehe ich Ihrer desfallsigen Antwort begierig entgegen. Schleiermachers Ethik hat mir drei Wochen en s u i t e gekostet. So viel Mangelhaftes darin ist, so habe ich mich doch daran erbauet, wenn man ein solches Werk gegen die schwächlichen Produktionen unserer Tage hält und besonders erfreulich war mir, einmal ein wissenschaftliches Werk ohne alle Gereiztheit der hypertonischen Servilität oder Liberalität zu lesen. Ich erlaube mir nochmals, um Abdrucke der Rezensionen von Bohlen, Weiße, Diesterweg, Raheis Religiosität zu bitten. Marheinekes Lehrbuch der Religion werde ich gern anzeigen und dabei einmal gründlich auf den religiösen S t a t u s q u o unserer Jugend so wie auf das Wechselverhältnis der religiösen und wissenschaftlichen Bildung einzugehen. Der Antrag Marheinekes, das erste Heft von Bauers spekulativer Zeitschrift für Theologie anzuzeigen, muß ich ergebenst ablehnen, da ich selbst Mitarbeiter bin und auch überzeugt bin, daß aus diesem Grunde eine Anzeige von mir - und mit vollem Recht - nur Anstoß erregen könnte, denn ich könnte doch den Schein des Egoismus und der Parteilichkeit nicht von mir abwenden. Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

1

Die Rez. verfaßte Joh. Ed. Erdmann, JbbwissKrit. April 1838, Sp. 534ff.

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102. November 1836

102. An Leopold v. Henning Königsberg, a. 7t. Nov. 1836 Ich war in der Tat erstaunt, verehrter Freund, daß ich, nach Durchlesung Ihres letzten Briefes, Ihren Gründen gegen meinen beabsichtigten Austritt nichts Wesentliches entgegenzusetzen hatte. Sie müssen in Ihrer langjährigen Praxis schon mancherlei diplomatische Vermittlung geübt haben, und es ist billig, daß Sie auch eine Frucht davon genießen. Ich werde also der Sozietät treubleiben und gestehe gern, daß es auch mir sehr schmerzlich gewesen wäre, aus einem Verein zu scheiden, dem meine liebsten um mich so vielfach verdienten Freunde angehören und aus einer Tätigkeit mich zurückzuziehen, welche mir durch beinahe zehnjährige Gewohnheit zu einem Lebenselement geworden ist. Aber mein Bedenken so wenig als meinen Unmut werden Sie und die Freunde mir verargt haben. Mein Bedenken nicht, denn daß ich, ein so alter Mitarbeiter, für einen Scharlatan und Marktschreier erklärt werde, mußte der Sozietät doch höchst empfindlich sein; - meinen Unmut nicht, denn die Sozietät schien mir durch ihre Bereitwilligkeit, Herrn Weißes Erwiderung aufzunehmen, in eine fatale Zweideutigkeit hineinzugeraten. Doch ich will Sie nicht mit den Gedanken und Empfindungen plagen, die mir bei diesem Fall durch den Kopf gegangen sind. Aber wundern soll es mich, ob nicht ähnliche Urteile über Herrn Weiße, als das meinige, erwachsen. Freilich ist die Kompetenz der Kritik für diese Regionen zur Zeit äußerst dürftig und der dumpfe Respekt vor dem, was nicht zu verstehen ist, wieder sehr groß. Weil man nicht bis zu den letzten Tiefen hindurchgedrungen ist und der Metaphysik nicht im Schoß gesessen hat, so ängstigt man sich, sich zu kompromittieren, wenn man über Nonsens den Stab bricht. Es könnte doch etwas dahinterstecken, und man könnte sich eine Blöße geben, wie früher die Opposition des abstrakten Verstandes gegen die spekulativen Dogmen des Christentums und gegen die Spekulation. Aber hinter Weißes Unverstand steckt bei Gott keine Tiefe der Vernunft; sondern es ist bloße Quälerei eines in sich leeren Menschen, der eine große Bildung erworben hat, die aber nur zur Kritik, nicht zur Produktion ausreicht. Hier sieht man recht den Unterschied und wie leicht die Kritik, auch die gute, (denn Herr Weiße macht gute Kritiken), gegen eigenes Hervorbringen ist. Gott wolle mir nur noch zehn Jahr zum Leben schenken, um den Ausgang dieser hochmütigen jungen Leute zu erfahren. Und wie sie nun immer mehr mit dem Pietismus liebäugeln und koaleszieren! Wie alles in eine starre, gepreßte Andacht und in ein Splitterrichten verfällt, statt die wahre Freiheit der Kinder Gottes zu atmen. Hr. Hengstenberg versichert immer, die Kinder dieser Welt seien klüger als die Kinder des Lichts, aber ihn an Klugheit zu übertreffen, möchte doch schwer sein. So aufrichtig, wahrheitsliebend scheint er und hat doch den Schalk im Nacken. Marheineke hat mich gedauert, mit welch unsäglicher Mühe er in seinem Lehrbuch der Religion jeden

102. November 1836

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Stein des Anstoßes den lauernden Zionswächtern aus dem Wege zu räumen gesucht hat. Er kann sich darauf verlassen, daß es ihm doch nichts hilft; sie werden ihm schon Bibelstellen krachend an den Kopf zu werfen und eine pantheistische Hypokrisis über die andere herauszuziehen wissen, daß die Regierung ein Einsehen haben und solche Bücher aus den Schulen entfernen muß, damit Schmierer und andere die Jugend mit dem rechten geistlichen Salböl, mit der Kraft aus der Höhe weihen. Was ich durch meine Anzeige des Buchs dafür tun kann, soll gewiß geschehen. Sie verzeihen diese Expektorationen. Ich bin hier, da Lehnerdt ziemlich unzugänglich in der Burg seiner profunden Erudition und gottseligen Spekulation thront, geistig ziemlich einsam. Es mag das recht gut sein, und ich bin Gott dankbar für diese Isolierung, weil sie mich in mir selbst immer fester macht. Aber es hängt auch damit zusammen, daß ich manches schwärzer sehe, als es sein mag und daß ich in den Kämpfen, die ich äußerlich und innerlich zu bestehen habe, wo die Gelegenheit sich biete,t dem Freunde gern klage. Sie werden aber schon wissen, daß ich deshalb nicht weniger rüstig und tapfer bin. Ich stürze mich vor den Augen meiner Feinde, mit der Sehnsucht des ewigen Menschen in mir, in den Jungbrunnen der, Gott sei Dank, immer zugänglichen Ideen und schwimme, aus ihren Tiefen emportauchend, dann wieder mit keckem Mut ihnen dicht vor der Nase herum. Es ist einmal mein Schicksal, für alle Richtungen unserer Zeit (auch für die pietistische ist in mir allerdings ein bedeutender Anknüpfungspunkt) eine gewisse Wahlverwandtschaft zu haben. Je früher ich nun schon in die Öffentlichkeit des Lebens getreten bin, um so mehr habe ich zu tun, die wahrhafte Mitte zu halten, um, bei aller Diversität, doch nicht charakterlos zu werden. Wie viele, die mit Briefen und Geschenken freundlich zu mir kommen, habe ich daher hart von mir gestoßen, weil ich merkte, daß sie mich für sich gewinnen zu können wähnten. Auch Herr Weiße hat mich besucht in Halle, mir Briefe geschrieben und Bücher geschenkt. Aber ich habe mir nichts gegen ihn vergeben. Wie ganz anders würde er und viele andere mich preisen, wenn ich ihm entgegengekommen wäre! Noch bemerke ich, daß ich das Honorar meines Anteils für das erste Semester des laufenden Jahrgangs für Bücher, die ich zu bezahlen habe, an Herrn Graefe u. Unzer überwiesen habe. Da nun diese schon an Duncker u. Humblot Michaelis gezahlt haben, so sagen sie mir, daß es ihnen lieber wäre, wenn diese statt eines Wechsels diesmal bar Geld schickten. Sollte den Herrn Duncker u. Humblot dies gleich sein, so bitte ich darum. Mit herzlichem Gruß an die Freunde und neuer Freundschaft Ihr ergebener Karl Rosenkranz

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103. November 1836 - 104. Dezember 1836

103. An Leopold v. Henning Königsberg, a. 19. Nov. 1836 Sie empfangen, verehrter Freund, beikommend meine Anzeige des Marheinekeschen Lehrbuchs. Um Freimütigkeit hat er mich selbst gebeten. Ich werde recht fatal durch die Gerüchte über die nach Asien zurückwandernde Cholera geängstigt, der ich, nach Erfahrung des traurigen Zustandes, den sie bei mir hinterließ, jetzt eine große Apprehension davor habe. Doch habe ich auch in dieser Woche eine Freude gehabt. Die Universität Rostock hat seit 1831 eine Professur für Ästhetik und Literatur. Damals wurden Menzel (!) und ich in Vorschlag gebracht. Es entstanden zwei Parteien und um keinen zu kränken, berief man Huber. Nun geht dieser nach Marburg und so kam denn aufs neue durch den Regierungsrat Spitta die Anfrage an mich, mit 900 und anderweitem Einkommen nach Rostock zu gehen. Ich habe die Sache abgelehnt. Sie hat aber einen eigenen Reiz für mich, weil Rostock die Geburtsstadt meines Vaters ist. Mit den besten Wünschen Ihr getreuer K. Rosenkranz

104. An Karl Simrock Königsberg, 3t. Dezember 1836 Mein sehr verehrter Herr Assessor, wie lange schon habe ich meinen herzlichen Dank gegen Sie für die Wielandssage aussprechen wollen. Mich recht tief zu beschämen, schicken Sie mir auch noch die Rheinsagen. Wenn Sie wüßten, wie mich ein solches Buch bewegt! Ich bin ein poetischer Mensch, aber kein Poet; ein philosophischer, aber kein Philosoph, der wirklich des Namens wert wäre. Ich habe nur eine relative Bedeutung, dem Hegeischen System als Darsteller förderlich zu sein. Diese Arbeit scheint freilich nur formell, nimmt mich aber so in Anspruch, namentlich in meiner amtlichen Stellung, da ich hier ganz allein Fachprofessor der Philosophie bin, daß die Poesie und ihr Genuß mich nur selten besucht. Ich werde dadurch komplett angegriffen und eine gewisse Beklommenheit drückt mich während der Vertiefung und reißt mich wieder in die Spekulation zurück. Es wird das hoffentlich nur eine // Übergangsstufe sein, bis ich einmal mehr Zeit gewinne, mit der Philosophie mehr aufs Reine bin. Jetzt zittre ich, von Byron oder Shakespeare, meinen Lieblingen, etwas in die Hand zu nehmen, denn ich kann mich nicht, wie sonst, rücksichtslos darin verlieren. Und was ist Poesie, wenn nicht die ganze Seele dabei ist! Ihre Rheinsagen habe ich schon oft in die Hand genommen, zu lesen. Aber dann kam die Erinnerung an meine

105. Dezember 1836

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selige Zeit am Rhein, wo ich auch, statt in dieser Kellerluft zu atmen, auf klassischem deutschen Boden lebte, daß ich vor Wehmut und Sehnsucht gern selbst dichtete. Und aus philisterhafter Furcht, vom Geist in den Zaubergarten der Poeten entrückt zu werden, lege ich das Buch still wieder weg, wenn Sie wollen, aus pathologischer Ängstlichkeit, weil Unzufriedenheit, Verstimmung usf. die Folge solcher Anregungen sind.// Mein letztes Buch ist gleichsam der Abschied des letzten Minstreis von dem Zusammenleben mit der holden Dirne Poesie. Nun hat der Herr Professor sich auf den Katheder gesetzt und die Tür dem luftigen Elfenvolk, den Klängen aus alten Burgen, dem Flüstern der grünen Rheinwogen usf. verschlossen. Bleibe ich noch fünf Jahr hier, bin ich ein Ignorant in der schönen Literatur oder tot an meiner zwiespältigen Natur, die nichts als Halbheit ist. Und ich soll Sie noch re[zen]sieren? Schulzes Parzival habe ich a[n]gezeigt, mit Mühe und Not. Aber die Gegenwart mit ihren Fragen über Gott und Teufel, Herr und Knecht, Wahrheit und Irrtum wird immer zudringlicher. So bleibt denn nichts übrig, als Ihnen, mein Werter, Glück zu wünschen, daß Sie ein Poet sind, dessen Romanzen wir immer gern lauschen werden. Nochmals dankend Ihr ganz ergebenster Karl Rosenkranz Dem Herrn Assessor Κ a r i Simrock Wohlgeboren frei Bonn

105. An August Kahlert Königsberg, 7t. Dzbr. 1836 Hochgeehrtester Herr Doktor! Sie wollen verzeihen, daß ich erst so spät auf Ihre freundlichen Zeilen und die sie begleitende gründliche Dissertation über den Reim 1 , die ich bereits im Sommer empfing, meinen Dank abstatte und zwar den immer frisch erhaltenen. Wenn ich eine solche Zuspräche, wie die Ihrige erhalte, so erweckt es mir immer ein wehmütiges Gefühl, denn ich sehe voraus, daß es, wegen der Entlegenheit Königsbergs, doch zu keinem eigentlichen Verkehr, zu einem dauernden Nehmen und Geben kommen kann. Auch fühle ich schon, wie manche Freundschaften in ihren Äußerungen absterben und stehe der Literatur immer mehr ohne allen persönlichen Bezug gegenüber. Nach Breslau zu kommen, habe ich mir oft 1

De homoeoteleuti natura et indolae. Vratislaviae 1836.

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106. Dezember 1836

gewünscht, besonders wegen der Nähe des Ge//birges und der schönen Situation zum Reisen, während ich hier wie abgeschnitten bin. Vielleicht wird mir dieser Wunsch im Lauf der Zeit noch gewährt, denn sterben möcht' ich hier nicht. Ich habe in Breslau sogar einen Oheim, einen beklagenswerten Mann, aber von wackerem Sinn, der mir noch aus meiner Kindheit vorschwebt, den Maler Gruson 1 . Auch der Weltverbesserung dürstende, Prophetenpredigten, todesmutige, jenseitslose, Journale und Broschüren schleudernde Friedrich Richter ist ein Jugendfreund von mir, der sich freilich gegen mich zuletzt sehr malhonnett genommen hat, was mir den Gedanken an Breslau einige Zeit verleidete. Ich will wünschen, daß Richter nicht in ein Extrem umschlägt, denn er ist im Grunde ein Mensch, der // wirklich nur das Beste will; es fehlt ihm aber an Reife der Bildung. - Sie scheinen sich also ganz der Kunst, theoretisch als Historiker, praktisch als Poet zu widmen. Auch daß Sie den Breslauer Kunstverein repräsentieren, deutet darauf hin. Dazu ist Ihnen denn nur Glück zu wünschen, um der Trockenheit heutiger Politik und theologischer Bedrängtheit heutiger Philosophie, lächelnd mit verklärtem Schmerz, entfliehen und sich die Jugend des Geistes zu retten, die unserer Jugend entweder in Gefängnissen und unruhigem Umherirren oder in Grübeleien und orthodox zugeschnittenem Salbadern so oft verlorengeht. Grüßen Sie Herrn Professor Wachler und den Poeten-Professor Hoffmann bestens von mir, und behalten Sie mich auch fernerhin in gutem Andenken. Ihr ganz ergebenster Karl Rosenkranz Professor Sr. Wohlgeboren Dem Doktor Herrn Α. Κ ahi er t Privatdozent an der Universität zu frei Breslau

106. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Königsberg, 19t. Dzbr. 1836 Schon lange, mein bester Herr Brockhaus, wollte ich Ihnen einmal wieder etwas schicken. Es war mir aber unmöglich. Beikommender Aufsatz: über die Emanzipation des Weibes vom Standpunkt der Psychologie dürfte aber ganz 1

Über den Portrait- und Genremaler Jean David Gruson (1780-1848) vgl. Emst Gruson, ,Jean David Gruson. 1780-1848. 1. Ergänzung zur Geschichte der Farn. Gruson. Quedlinburg 1926. Als Manuskript gedruckt.' - Über die Familie Gruson s. ders., .Geschichte der Familie Gruson. Aus den Tagen unserer Vorfahren - und aus unserer Zeit'. Quedlinburg 1924 - Als Handschrift gedruckt.

107. Dezember 1836 - 109. Februar 1837

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für Ihre Blätter passen. Für eine gute Korrektur werden Sie Sorge tragen lassen, wie man das von Ihnen gewohnt ist. Von meiner Anzeige des Parzival v. San Marte, so wie auch von dem obigen Aufsatz, wenn es so weit ist, schicken Sie mir wohl gelegentlich einen Abdruck. - Das Porto ziehen Sie mir für die heutige Sendung nur vom Honorar ab. Da ich kein Brouillon // habe, sondern alles ins Reine schreibe, so wage ich nicht durch Büchhändlergelegenheit zu schicken. Hochachtungsvoll Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

107. An die Königsberger Universitätsbibliothek Einer Wohllöblichen Universitätsbibliothek empfehle durch Herrn B o r n t r a e g e r ganz gehorsamst: 1, v. Soltau: 100 deutsche historische Lieder. 2, Engelmanns (früher Enslins') höchst genaues und vollständiges Repertoire der deutschen schönen Literatur. (Durch meine Schuld ist der Umschlag etwas befleckt worden.) ergebenst Kg, 23/12. 36 Karl Rosenkranz

108. An Johannes Schulze [o. O. u. o. D.] Da nun schon so viel über Diesterweg geschrieben und gesprochen ist, so ist der schleunigste Abdruck meiner Anzeige notwendig, wenn unsere Jahrbücher nicht post festum kommen sollen. Rosenkranz

109. An Karl Gutzkow Königsberg, 5t. Fbr. 37 D r. Jung sitzt auf meiner Stube, und wir haben eben Ihren Brief mit großer Freude gelesen. Mein teurer Gutzkow! Wenn wir uns sprechen könnten, wie sollten alle verwirrenden Nebel zwischen uns hoffentlich in den reinsten Äther verdampfen! Von der Wally habe ich für die Berliner Jahrbücher eine Kritik geschrieben, welche jedoch von der Zensur

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110. Februar 1837

nicht durchgelassen wurde. Hierauf ließ sie Altenstein sich geben, und sie mag denn, wie ich vermute, weite Reisen gemacht haben und doch nicht, so bilde ich mir wenigstens gern ein, für Sie erfolglos gewesen sein. Sie verzeihen, wenn ich hinzufüge, daß diese Mitteilung natürlich nur für Sie ist. Es ist traurig, daß unsere ganze Produktivität durch die Stagnation gewisser dominierender Ansichten in ihrer Harmlosigkeit gebrochen ist. Aber man muß nicht verzagen. Wer sich bewußt ist, nur nach dem Ewigen und Rechten und Schönen zu streben, wird aus jedem Schiffbruch heraus an immer entzückendere Gestade geworfen werden. Ein Jahr des Mißtrauens, der Scheu, der Beobachtung, gegenseitiger Beurteilung ist uns Jüngeren eine recht gute Schule gewesen, daß jeder seine Kraft in sich selbst erfasse und sehe, wie viel Prometheisches und Epimetheisches (denn ohne dies letztere geht's in unserer Zeit nicht mehr) eigentlich in ihm steckt. Ich bin hier in etwas skythischen Umgebungen in großer Arbeit d. h. Schulmeisterei verwickelt. Aber mit Jung opfere ich den Musen und Grazien und - Ihnen! Karl Rosenkranz

110. An Leopold v. Henning Königsberg, 5t. Feb. 1837 Die Guhrauersche Schrift 1 nebst Ihren und Vamhagens begleitenden Worten habe ich empfangen und werde sehen, wie ich das Ding angreife. Ich habe mich mit Leibniz nie anhaltend, sondern seiner eigenen Produktionsweise parallel, nur unterbrochen, wenn gleich viel beschäftigt. Dabei geht immer viel verloren, was man erst wieder, um ein Wort mitsprechen zu können, anfrischen muß. Historisch und für den Begriff der Monadologie ist diese kleine Dissertation von höchster Wichtigkeit. Sie schreiben mir nicht, ob ich das Bayrhoffersche und Campesche Buch durch die Buchhandlung erwarten darf: Auf letzteres bin ich sehr neugierig, was es eigentlich enthält, da ich noch nirgends eine Erwähnung desselben gefunden habe. Von Görres Mystik 2 soll, laut der Allgemeinen Zeitung, soeben der zweite Teil herausgekommen sein. Das ist mir ganz recht. So nehme ich in den Osterferien beide zusammen. Ich habe unendlich viel über diese Materie auf dem Herzen und ersuche die wohllöbliche Sozietät ergebenst, mir etwas Raum zu gestatten, um einmal gründlich über diese Vermittelalterlichung mich aus1

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G. gab 1837 Leibniz' Dissert. ,De principio individui' (Berlin) heraus. Rosenkranz rez. die Schrift in den JbbwissKrit. Bd. 1, Juni 1837, Sp. 870-872. J. v. Görres, Die christliche Mystik. 4 Bde. (Bd. 2 1837) Regensburg u. Landshut 1836-42. Die Rez. erschien in den JbbwissKrit. Mai 1837, Sp. 761-81.

110. Februar 1837

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sprechen zu können. Was Hegel einst treffend über Herrn Görres sagte1, werde ich natürlich voraussetzen. Aber der Zusammenhang zwischen Görres und Schelling, die eigene Entwicklung von Görres, das Versinken der ganzen Richtung in das Phantastische und Mönchisch-Visionäre, die innere Totheit dieser Weltanschauung bei allem Aufputz mit Kraftphrasen und Prachtblumen, der fürchterliche Hochmut dieser Münchner Pfaffen - das alles muß einmal gehörig gesagt werden. Seien Sie übrigens unbesorgt wegen des Tons. Ich hoffe so würdig als, Sie erlauben das eitle Wort, schön über diese Materie zu schreiben, denn Görres gehört zu meinen Jugendgeliebten und ich stehe nicht ohne Wehmut gegen ihn auf. Ich weiß, was Deutschland ihm zu verdanken hat und kenne die Reize bemooster Burgtrümmer, verrosteter Harnische, greiser Mönchsbärte, englischer Nonnenköpfe aus eigener Erfahrung, die mich selbst an die tollsten Abgründe führte, nur zu gut Jetzt kann ich leider, so sehr ich darauf brenne, hierüber noch nichts schreiben. Denn ich habe amtlich zu viel zu tun. Sie müssen bedenken, daß ich in der Philosophie hier [?] bin. Der D r. Schaller, der ein so treffliches Buch herausgegeben2 hat, schrieb mir jüngst, daß er gem hierher ginge, wenn man ihn mit Gehalt anstellen wolle. Allein wo soll das Letztere herkommen? Es kann sich aber ein bloßer Privatdozent hier, wo es an reichen Studierenden und unabhängigen Ausländern fast ganz fehlt, gar nicht halten. - Nun haben wir auch die Hausausstellung 3 , die mich ziemlich in Anspruch nimmt und so wird denn vor den Ferien, wie gewöhnlich, nichts werden. Zu Ostern ist auch der 3. Teil des Gervinus4 versprochen, und ich werde den Jahrbüchern die Kritik des 2t. u. 3t. nicht schuldig bleiben. Der 2. Teil ist übrigens nicht so gut als der erste. Werden Sie es nicht als Defraudation zurückweisen werde, wenn ich anbei ein paar Zeilen an Herrn D r . Bauer wegen unserer Zeitschrift einschwärze? Endlich muß ich noch mit der Bitte kommen, mir doch gefälligst von meiner Anzeige 1. Bohlen Bhartriharis 2. Raheis Relig. 3. Marheinekes Lehrbuch einen Abdruck schicken zu wollen, denn ein Schriftsteller muß immer genau wissen, was und wie er etwas gesagt hat. Dazu bedarf ich dieser Sammlungen. Der Hotho hat mich, seit er sich in den Schlund der Pariser Weltstadt gestürzt hat, in meinem sibirischen und kleinstädtischen Königsberg, wie es '

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G. W. F. Hegel [Rez.], Görres, Joseph, Über Grundlage, Gliederung und Zeitenfolge der Weltgeschichte, Breslau 1831, in: JbbwissKrit. 1831, Nr. 55-58. Julius Schaller, Die Philosophie unserer Zeit. Zur Apologie und Erläuterung des Hegel'schen Systems. Leipzig 1837. 1837 fand in Königsberg eine Gemäldeausstellung statt, zu der Rosenkranz zahlreiche Bildbeschreibungen lieferte. Die Bildbesprechungen sind abgedruckt in: Emst August Hagen, Beschreibung der diesjährigen Gemäldeausstellung in Königsberg, Danzig, Stettin und Breslau. Königsberg 1837. Gervinus, G. G., Geschichte der poetischen National-Literatur der Deutschen. Rosenkranz' Rez. in den JbbwissKrit. 1836, Bd. 1, Sp. 281-293.

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111. Februar 1837 - 112. März 1837

scheint, ganz vergessen. Sie werden aber ihn wie Herrn Varnhagen und Marheineke doch herzlich von mir grüßen. Ihr getreuer Karl Rosenkranz 111. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Königsberg, 19t. Febr. 1837 Ew. Wohlgeboren ersuche ganz ergebenst, auf mein K o n t o Herrn D r . L. Puttrich in Leipzig sechs Taler Courant zahlen zu wollen. Sie werden mir diese mir sehr angenehme Gefälligkeit gewiß erzeigen, da ich von 1835 noch 2 1/2 Taler gut habe; ferner von 1836 das Honorar für die Rezension des Parzival von San Marte und ich um Weihnachten für 1837 einen Aufsatz über die Emanzipation des Weibes eingeschickt habe. Sollte, was freilich bei mir wegen Zeitmangel nicht häufig ist, mir für Ihre Blätter Angemessenes sich unter meinen Arbeiten darbieten, so werden Sie auch ferner dessen Einsendung erlauben. Hochachtungsvoll Ew. Wohlgeboren ganz ergebenster Karl Rosenkranz

112. An Leopold v. Henning Königsberg, 27t. März 1837 Endlich wieder eine Rezension! So können Sie sagen. Oder: Schon wieder eine Rezension! Wie Sie aber auch sagen mögen, ein gut Stück Arbeit schicke ich Ihnen. Schon das Lesen von mehr als tausend engen Seiten mit solchen Wundergeschichten ist eine heillose Arbeit. Und wie lange Zeit, wie eigene Stimmungen gebraucht man nicht, dergleichen recht in sich zu verdauen, bis sich das Urteil fixieren kann. Zu Guhrauers Leibniz habe ich immer noch nicht kommen können, was mir Varnhagen nicht übel nehmen möge. Wir armen Philosophen müssen jetzt in einer zu großen Vielseitigkeit leben und - g u 11 a c a v a t l a p i d e m , wieviel mehr ein Wasserfall. Sie werden mich aber mit der Bitte nicht los, mir doch von Bhatriharis, Raheis Religiosität und Marheinekes Lehrbuch (einen) Abdruck meiner Anzeigen zu schicken, wenigstens, wenn es mit der Rezension über Görres zum Abdruck gekommen ist.

113. April 1837

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Wenn ich meinem geliebten Görres, dessen Möncherei ich in den Tod hasse, den Vorwurf eines Zurückbleibens in der Zeit mache, so frage ich mich im stillen, wie es denn mit mir steht, denn dieser Norden, in welchem ich lebe, ist noch um dreißig Jahre zurück. Individuen sind wohl weiter, aber das Ganze hat noch immer in Kants Weltsicht seinen gütigsten Vertreter. So beschleicht mich denn öfter bei aller Strebsamkeit die Furcht des Zurückbleibens, und ich werfe mich aus Opposition momentan selbst in Extreme. Am wohlsten tut mir dann die Schriftstellerei, meinen engen, nebligen Horizont zu durchbrechen. Mit herzlichem Gruß Ihr getreuer Karl Rosenkranz

113. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Königsberg, 24t. April 1837 Ew. Wohlgeboren beehre mich, anliegend einen Aufsatz für Ihre Unterhaltungsblätter zu schicken, der hoffentlich nicht bloß mir, sondern auch vielen andern unterhaltend sein wird. Sobald der Aufsatz zum Abdruck gelangt ist, haben Sie wohl die Güte, mir von ihm sowie von dem im Frühjahr gedruckten über die Emanzipation des Weibes, ein Exemplar zugehen zu lassen. Das Porto bringen Sie mir wieder in Abzug. Wenn Sie zu der neuen Folge des Konversationslexikons die Artikel für mich genehmigen, die ich Ihnen geschrieben habe, so hätte ich 1) die Anfrage, ob Sie genehmigen, daß R a h e l , Bettina, Charl o 11 e 1 ein Artikel werden. Mir hat sich die Sache so am besten gestaltet. Es kann ja unter jedem Buch//staben der Artikel wieder genannt werden. Bettina könnte sogleich das ganze enthalten. 2) Wenn es Ihnen möglich wäre, so möchte ich wohl, um das Material zu meinen Artikeln vollständig zu besitzen, folgende Bücher haben, die herbeizuschaffen für mich die Weitläufigkeit haben würden, daß ich mich an Campe selbst nach Hamburg wenden müßte, was wegen des Porto und der Bezahlungsweise sehr umständlich für mich wäre: 1) Gutzkows Novellen. 2) Gutzkows Narrenbriefe (alle anderen Sachen besitze ich.) 3) Wienbargs ästhetische Feldzüge. 1

K. Rosenkranz, Rahel, Bettina und Charlotte Stieglitz, in: Conversationslexikon der Gegenwart. Bd. 4. Leipzig 1840.

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114. Mai 1837

Sollte ich mich noch zu einem Artikel entschließen, so wäre es der: Emanzipation des Fleisches, um diese Wirren des Materialismus und Spiritualismus ordnen // zu helfen. Sie können mir ja die Sachen als Privatmann schicken, im Notfall p e r p o s t , falls nämlich jene Bücher noch immer einem Verbot unterliegen sollten. Hochachtungsvoll Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

114. An Leopold v. Henning Königsberg, a. 4t. Mai 1837 Endlich, vereintester Freund, schicke ich eine Anzeige der Guhrauerschen Schrift. Nur daß ich nicht zum Lesen des Büchleins kommen konnte, ist Schuld der langen Verzögerung. Meine Kritik des Görresschen Buchs werden Sie hoffentlich richtig empfangen haben und meine in dem sie begleitenden Schreiben enthaltenen Bitten wegen Übersendung von Abdrucken früherer Rezensionen demnächst gefälligst berücksichtigen. Von den Büchern, welche ich Ihrer Nachricht gemäß, durch die Dunkersche Handlung erhalten sollte, habe ich noch immer keines erhalten. Einer Anzeige des Bauerschen Journals für spekulative Theologie in unseren Jahrbüchern kann ich mich nicht unterziehen, da ich selbst zu den Mitarbeitern gehöre und mir in dieser Stellung die Kritik nicht angemessen scheint. Meinetwegen sollte man sie, wenn so großer Mangel an Beurteilern ist, Professor Weiße geben. Aber warum sollte sie nicht auch der D r . Schaller machen können? Daß ich noch nichts wieder geschickt habe, liegt daran, daß ich seit sieben Monaten an einem philosophischen Werk ( t a n d e m a l i q u a n d o ! ) arbeite, das ich, so Gott will, in einigen Wochen zu vollenden hoffe, zur Ehre Hegels, der Philosophie und der Kunst der Darstellung. Ich habe einen jetzt durch die lange Anspannung fast fieberhaft gewordenen Enthusiasmus für die Sache und fürchte eine gewisse Erschöpfung, p e r a c t i s l a b o r i b u s . Doch hat mir Gott eine wundersam elastische Natur gegeben, die schnell und rüstig nebenher noch tausend Dinge abmacht. Wie steht es denn mit meinem Aufsatz über Daubl Sprechen Sie Marheineke? Sprechen Sie Dunker? Ich brenne vor Begierde, ihn gedruckt zu haben. Dunker soll ihn brochieren lassen, wie Göscheis siebenfältige Osterfragen, die ein Ideal von Broschü.ausstattung sind.

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Dann soll er mir per Fahrpost 12 Freiexemplare hierhersenden, denn sonst kann ich vierteljahrlang warten. Wegen des Honorars habe ich zu berichtigen, daß Dümmler den Bogen seiner Zeitschrift, für die ich jene Erinnerungen 1 zunächst selbst geschrieben hatte, mit zehn Talern, nicht mit acht honoriert, wie ich geglaubt und geschrieben hatte. Ich begreife nicht, warum man diese Sache, die in so vieler Hinsicht, namentlich aber für die Erregung des Interesses zur Subskription für Daubs Werke, so wichtig ist, so lässig betreibt. Ich lese schon wieder seit vierzehn Tagen. Doch will ich dies Jahr hindurch jedes Semester nur zwei Kollegia lesen, um auch einmal wieder etwas zu lemen. Mit herzlichem Gruß an die Freunde und mit den treuesten Wünschen für Sie Ihr alter Rosenkranz

115. An Karl August Vamhagen v. Ense Königsberg, 28st. Mai 1837 Hochgeehrtester Herr und Freund! Ich rechne schon fast auf Ihre Güte. So haben Sie mich bereits verwöhnt. Als ich vorige Woche die Denkwürdigkeiten 2 e t c . vom Buchhändler als Novität bekam, naschte ich zwar natürlich darin, behielt sie aber nicht aus Instinkt, weil das von Ihnen mir bestimmte Exemplar schon auf der Post war. Nun ich hoffe, daß Ihr guter Same, für den ich Ihnen aufrichtig danke, auch auf guten Acker fällt. Als ich vor nun bald vier Jahren das Glück hatte, Sie persönlich kennenzulernen, war ich in einer zu aufgeregten Stimmung, als daß ich ruhig hätte empfangen, ruhig mitteilen können. Was gäbe ich jetzt oft darum, auf Ihrem Sofa mit Ihnen mich zu besprechen und von Ihnen, dem Vielerfahrenen, Rat, Hilfe, Aufhellung zu erbitten. Was Sie von Lessing schreiben, hat mich im höchsten Grade erregt. Noch existiert keine Schilderung dessen, was er für Theologie und Philosophie in spekulativer Hinsicht getan hat. Wie wär' es, wofem es nicht über meine Kräfte geht, wenn ich für einen etwaigen dritten Teil der Dioskuren eine solche Zeichnung unternähme? - Daß übrigens, während soeben die bisherige Gesamt1

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K. Rosenkranz, Erinnerungen an Karl Daub. Berlin 1837. In Dümmlers Verlag erschien Bauers „Ztschr. für spekulative Theologie". Κ. Α. V. v. Ense, Denkwürdigkeiten u. vermischte Schriften. Mannheim, Leipzig 1837-1859.

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115. Mai 1837

ausgabe zu 8 Talern ausgeboten wird, dennoch an eine neue gedacht wird, faß' ich nicht recht. - Denken Sie, daß ich jetzt erst den Lessing auf hiesiger Bibliothek, weil er denn doch gerade zu wohlfeil, habe anschaffen lassen! Aber was meinen Sie dazu, daß mein Aufsatz über Kant1 schon wie ein Blitz in einen edlen Buchhändler eingeschlagen ist, der mich vor einigen Tagen befragt hat (brieflich - denn p r o p h e t a n i l v a l e t in p a t r i a p e n e s S o s i o s s c i 1 i c e t ! ), ob ich die Herausgabe unternehmen wolle? Wie freudig bin ich überrascht! Ich kann hier für die so notwendigen Äußerlichkeiten einen trefflichen Genossen finden, denn allein brächt' ich die Arbeit nicht durch, und so wird hoffentlich etwas aus der Sache werden. Sie sollen, sobald Bestimmteres vorliegt, sogleich Nachricht von mir haben. Vorläufig teilen Sie meinen Jubel! Nun werde ich mir auf jenen Aufsatz wirklich etwas einbilden können. Ich bin ein glücklich - unglücklicher Mensch. Ich strotze in der Tat von sogenannten Ideen, aber in der Ausführung bin ich momentan zu leicht befriedigt. - Jetzt wird von mir eine Psychologie gedruckt, für die ich schwärme. Aber - was wird Varnhagen, Hotho, Schulze, Gabler, Henning dazu sagen? Bei vielem und auch in der Ansehung der Totalität glaube ich aber müssen Sie sich freuen. Ich habe noch so vieles, das sich in mir drängt und doch bebe ich immer vor dem übervielen Druckenlassen zurück. Ein Umstand treibt mich jedoch immer wieder hinein. Meine Frau ist fast immer kränklich und in Folge dieses Zustandes verstimmt, stumm, verdrießlich. Das aime Weib dauert mich und zieht mich, wenn ich bei ihr bin, in ihr tristes, abgespanntes Wesen hinein, da auch die blühendste Rhetorik nichts bei ihr fruchtet, ich also auch das Bereden und Beschwören aufgegeben habe. So wie ich nun allein bin, bricht mein Feuer heraus. Und um mich aller Seelenqual zu entschlagen, schreibe ich. Da vergeß' ich momentan das häusliche Elend. Das Lesen beschäftigt mich nicht genug, und ich wundre mich eigentlich, daß mir noch immer mancherlei Kenntnis zu Gebote steht, da es mir oft vorkommt, als ob ich nur von einem früher gesammelten Kapital zehrte. Dies ist auch der geheime Grund, der mich in den Strom der hiesigen (innerlich oft sehr stagnierenden) Geselligkeit geworfen hat. Ich bedarf für meine Natur ein Außermirkommen, und zu Hause erdrückt mich oft die Umgebung, gerade weil ich sie unendlich liebe. Oft habe ich mich nach einer großen Reise gesehnt: Prag, Wien, Salzburg, München, Dresden, Berlin, zurück. Zwei Monate nur! Allein bei dem Kränkeln meiner Frau und meinem Bücherdrang, dem ich alles und mehr opfere, was ich durch Schriftstellerei verdiene, bei der Nullität der hiesigen Honorare (ich nehme jährlich etwa 60-70 Taler ein!) ist an so etwas nicht zu denken, und ich

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K. Rosenkranz, Die Gesammtausgabe der Kantischen Schriften, in: Die Dioskuren. Bd. 2, 1837, S. 18-35.

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bin zufrieden, wenn ich ohne Schulden durchkomme. Das Nichtreisen hat freilich die Folge, daß der Bücher als Surrogate immer mehr werden. Sie meinen, ich solle Berlin nicht aus den Augen verlieren. Diese Möglichkeit ist jedoch eine zu abstrakte, als daß sie einen echten Reiz für mich hätte, wenngleich ich, weil dergleichen höchst bildend ist, in meiner Phantasie die größeren Dimensionen Berlins, seine intelligente Atmosphäre und seine moquante Kritik, gern an mein Tun heranbringe. Sollte ich aber nicht, wenn Brandis1 in Hellas bliebe, aus diesem bärenhaften Norden nach Bonn kommen können? - Für Berlin gehört jetzt vor allen Dingen ein Mensch, der Charakter hat und doch Philosoph ist. Ließe man mich nun von diesem slavischen Osten nach dem französierenden Westen gehen, so würde ich, der ich früher im mitteldeutschen Halle war, eine leibhafte Vermittelung der Extreme werden, wenn ich dann nach fünf, sechs Jahren nach Berlin käme. Wie würde sich der selige Ancillon 2 freuen, wenn der Staat aus so hohen Gesichtspunkten mich zum nomadisierenden Philosophen machte, um alle Kraft der Extreme zu absorbieren! Ich hätte - so notwendig mir die Ehe war und ist, - rücksichtlich meiner unruhigen, weltumspannenden Natur gar nicht heiraten müssen. Meine Jungen nehmen mir auch immer mehr Zeit weg, und die Wissenschaft wird zur e c c l e s i a p r e s s a . Doch bin ich im innersten Jugendmut ein unnahbarer Achilleus - Herr Bachmann ist kein Paris und Hegel, der mich im Styx seiner Logik gebadet, glücklicherweise keine Thetis. Von Herzen Ihr ergebenster Karl Rosenkranz Herrn G. Schulze, Herrn P. Marheineke, Hotho und Benary meine besten Grüße! Gans küsse ich, sobald er fertig ist. Ich brenne auf das Buch. Wenn Sie mich lieb haben, schreiben Sie mir bald wieder, denn sie glauben nicht, was ich alles in mir, oft während ich à l a H e n r i I V mit meinen Jungen spiele, aus solchen Briefen, wie die Ihrigen, sauge. Haben Sie denn wohl durch Duncker u. H. ein Exemplar meiner Erinnerungen an Daub erhalten?

' 2

Chr. Aug. Brandis ging 1837 als Kabinettsrat König Ottos nach Griechenland. Nach Ancillons ,Zur Vermittlung der Extreme in den Meinungen'. 2 Bde. Berlin 1828-31.

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116. An Franz Kugler Königsberg, 5t. Juni 1837 Vor dem Tore in Ziegelhof Ich wohne jetzt auf dem Lande und marschiere morgens zu den Vorlesungen über eine gute Viertelmeile zur Stadt. Von Deinem Buche, mein teurer Freund, habe ich in voriger Woche den zweiten Teil1 nebst Deinem mir so erfreulichen Schreiben erhalten und sage Dir für die unveränderte Fortdauer Deiner Liebe und Freundschaft meinen innigsten Dank. Daß wir einst in Berlin zusammenkamen und noch eine gute Strecke Wegs als „gute Kameraden", so Gott will, in künftiger Wirksamkeit zusammenleben werden, scheint mir, nach vielen Aspekten, nicht unwahrscheinlich. Nur Geduld werden wir haben müssen. Ich stürze mich hier, um das Unerträgliche des Klimas, die Rohheit des Menschenschlages, die literarische Gesinnungslosigkeit und sonstige triste Elemente meiner Existenz zu verwinden, von Arbeit in Arbeit. Mein Hauptgenuß ist der Gedanke, daß ich meinen Freunden in Deutschland dadurch ein Lebenszeichen und vielleicht einigen Genuß gebe. Daß mein Aufsatz über die Bilderliteratur des Volkes Dir und auch andern Freude gemacht hat, ist mir eine große Genugtuung zu hören gewesen, denn ich habe ihn mit großer Liebe gearbeitet. Dein Buch ist für mich ein Werk, wie ich es mir lange gewünscht habe. Ich habe es mit auf das Land genommen, es recht ruhig auszuschmecken. Vollständig in der Über//sicht; deutlich, naturgemäß in der Anordnung; würdig in der Gesinnung, reinlich und demütig in der Darstellung; zuverlässig in den Kenntnissen; was kann man sich Besseres wünschen? Ich habe in meiner allgemeinen Geschichte der Poesie eine ähnliche Arbeit versucht und bis jetzt keinen Dank dafür gehabt (ein Herr Ficker 2 in Wien hat in einem Gesamtüberblick der schönen Künste mich soeben fast v e r b o t e n u s ausgeschrieben, ohne auch nur im allgemeinen mir zu danken e t c . ) . Auch Du wirst von gewissen hochmütigen Kunstkennern, deren Kunstkniff am Ende darin besteht, immer anderer Meinung zu sein, als die ganze Welt, und sich dadurch ein vornehmes a i r zu geben, auch Du wirst von solchen tatlosen Allesbesserwissern hören müssen, daß Deine Arbeit eine Kompilation ohne eigenes Urteil sei. Die Narren! Wenn man es verschwiege und nicht ehrlich sagte! Und nun das Urteil? Gehört kein Urteil dazu, das treffendste Urteil zu finden? Und warum soll denn das einmal Gelungene nicht fortgepflanzt werden? Warum soll man denn aus bloßer Eigenheitssucht das Gute immer noch besser machen wollen? Glauben die Elenden, es würde Menschen, wie Dir und mir, die wir '

F. Kugler, Handbuch der Geschichte der Malerei von Constantin dem Großen bis auf die neuere Zeit. 2 Th. Berlin 1837. Ficker, Franz, Geschichtlicher Überblick der gesammten schönen Kunst nach ihren einzelnen Sphären. Wien 1837.

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denn doch, gottlob, auch eine poetische Ader vom Weltpoeten erhalten haben, schwer, einen Ausdruck anders zu wenden, einen neuen zu erfinden? Und wie bedienen sie sich dessen, was sie öffent // lieh desavouieren, im stillen? Sie verdanken unserm Fleiß oft ihre Kenntnisse. Ich halte dies ohnmächtige, krittelnde Geschlecht für die Seuche unseres Jahrhunderts. Die moralische Undankbarkeit und Mißwilligkeit ekelt mich an. Doch Dir winken bessere Sterne. Dein Buch bezwingt das Vorurteil. Hagen, bevor er es gesehen, hielt dergleichen für ganz unmöglich und ist jetzt sehr davon erbaut. Man wolle nur nichts Überschwengliches, sondern das Rechte und Wahre. Die Transzendenz, der bengalische Verklärungsschimmer, kommt ganz von selbst. - Aber Dein Buch müßte noch viel mehr anerkannt werden, denn es ist das erste in dieser Totalität. Ganz vortrefflich ist es, daß Du die Beschreibung zur Substanz gemacht hast; für die Erinnerung ist das ebenso wohltätig, als sich der Geist der Malerei eben auch stofflich bedeutend darstellt. Ich hoffe, daß keiner meiner Briefe gedruckt wird und gehe daher in Ihnen in Négligés, was Deine saubere Natur mir zugute halten wird. Du kennst den Menschen in mir, und allmählich fange ich an zu glauben, daß vielleicht die Wirkung, die ich persönlich ausübe, meine größte ist. Wenn ich spreche, so bin ich ganz. Das Schreiben ist nur Halbheit für mich. Droysen freut mich sehr. Sein Alexander 1 ist eins meiner Hauptbücher. Grüß ihn unbekannter Weise, so wie auch den braven Chamisso, den ich kindlich verehre. Deiner schönen Frau meine Empfehlung. (Meine Familie wächst ins schlechte Unendliche und verendlicht dadurch meine Reisepläne auch ins Unendliche). Dir aber, mein teurer Freund, bleibe ich, wie immer, Dein getreuer Karl Rosenkranz. Noch eins. Hättest Du nicht in der mehrjährigen Redaktion Deines Blattes und in Deinen (jetzt auch ins Englische übersetzten) Forschungen über die Polychromie 2 und sonst die Selbständigkeit Deines Urteils gezeigt, so wäre mehr Schein der Polemik gegen Dich. Aber das ist eben der große Unterschied, ob, was wir Kompilation nennen, von einem harmlosen Schulmeister zusammengeflickt oder von einem liebenden und verständigen Geist zu einem Mosaikbild zusammengeschaffen wird.

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J. G. Droysens .Geschichte Alexanders des Großen' (Berlin 1833) zeigte die Überwindung der Kleinstaaterei und Schaffung eines einheitlichen Reiches auf und beabsichtigte natürlich auch, diesen Prozeß als Vorbild für eine zu schaffende deutsche Einheit darzustellen. F. Kugler, Über die Polychromie der griechischen Architektur u. Sculptur u. ihre Grenzen. Berlin 1835.

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117. An Karl Gutzkow Ziegelhof vor Königsberg, 10t. Jul. 37 Ich wohne jetzt meiner Frau und Kinder wegen vor dem Tor. Das einzige Journal, welches ich hier draußen mir aus der Stadt mitnehme, wenn ich nach beendigten Vorlesungen zu den Buchhandlungen gehe, die Novitäten zu perlustrieren, ist Ihr Telegraph. Ihre Gedichte sind mir auf meinen einsamen Gängen in Feld und Wald eine Begleitung, für die ich Ihnen großen Dank schulde. Eben habe ich Ihren Artikel über G. Büchner 1 gelesen. Ich hatte so etwas von Ihnen erwartet. Bei dieser Lektüre sind eine Masse Empfindungen und Gedanken in mir wieder rege geworden, die ich endlich gegen Sie ausströmen muß. Ich wollte Ihnen von meiner Psychologie, zu der ich eine merkwürdige Vorrede schreibe, ein Exemplar zugehen lassen und dann schicken, aber wer weiß, wie lange es noch dauert, ehe das Buch flott wird. Zuerst will ich bis auf den September 1835 zurückgehen, wo ich mit so reichen Hoffnungen den Prospektus der Revue 2 begrüßte. Sie müssen mich zu den Apostaten rechnen. Ich hoffe aber, daß die Art und Weise, wie ich in der Allg. Zeit.3, meiner amtlichen Verhältnisse halber einer leicht gereizten Jugend gegenüber und von einer der Politik halber grenzenlos mißtrauischen Regierung streng beaufsichtigt, mich ausdrückte, nichts Beleidigendes für Sie gehabt hat. Habe ich Sie verletzt? Sagen Sie es aufrichtig. Als man meinen Namen als Mitarbeiter in der Allg. Zeit, gelesen hatte, bekam ich erst von Halleschen Freunden nacheinander Beschwörungen um Gotteswillen, mich von einem moralischen u[nd] relig. Abgrunde zurückzuziehen. Dann erfolgte von Berlin aus der Antrag ( s u b r o s a natürlich), öffentlich zu erklären, daß ich Ihre Ansichten über Kirche und Ehe nicht teile, oder mich den unangenehmsten Maßregeln preisgegeben zu sehen. Da ich nun, wie meine theologische Enzyklopädie dokumentiert, über Christentum usf. in der Tat von Ihnen sehr differiere, so entschloß ich mich, um Aufsehen zu meiden und meine akademische mir so teure Wirksamkeit nicht zu suspendieren, dies zu tun, wodurch ich weder mich noch Sie kompromittierte. Ich kann in einer „Geschichte des Embryo" ganz ruhig mein Unterfutter herauskehren lassen. Ich bin hier Ihr a d ν o c a t u s d i a b o l i gewesen; gegen Präsidenten, Grafen, Baronessen, Superintendenten, spekulative Referendarien und Lieut'

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Der Nachruf auf Büchner zuerst im „Telegraphen", N. F., Juni 1837, No. 42-44. Dort auch fünf Briefe Büchners. Georg Büchner (1813-1837) wurde von Gutzkow unterstützt, indem er ihm Möglichkeiten zu Veröffentlichungen verschaffte. Nach Büchners Tod bemühte G. sich um den literar. Nachlaß. Büchners Drama „Dantons Tod" erschien bruchstückhafl im „Phönix" (26. März-7. April 1835), „Leonce u. Lena" 1838 u. „Lenz" 1839 im „Telegraphen". Deutsche Revue. Frankfurt 1835. Die erste Nummer dieser Zeitschrift wurde noch vor der Auslieferung vom Bundestag verboten. K. Rosenkranz, Erklärung. In: AllgZtg. 14. Dez. 1835, Außerordentl. Beilage, Nr. 515.

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nants, habe ich Sie nach Kräften zu verteidigen, Ihre Natur begreiflich zu machen, und Ihre Schriften, die man oft nur dem Namen nach kannte, zu verbreiten gesucht. Ihre Wally und Ihr Maha Guru haben eine große Zirkulation gehabt. Monatelang waren diese Bücher nicht bei mir zu Haus. Als ich in der Vorrede zur Kritik der Schleierm. Glaubenslehre auf Sie zu sprechen kam (ich weiß nicht, ob Sie das Büchlein kennen), mußte ich Ihren Namen unterdrücken. Die Zensur hatte den Auftrag damals, Ihr Gedächtnis zu exstirpieren. Ich habe dort über die Lucinde, // über die Schamhaftigkeit, über Ihre Auffassung Schleiermachers und über Strauß' Leben Jesu gesprochen. Eingekeilt in die „Tatsachen" bewege ich mich wie in einem Harnisch. Aber gestehen Sie nur, daß Sie auch oft tolle Dinge machen, so daß man momentan ganz irre werden kann, weshalb auch so viele in Ihnen nicht den Drang des werdenden Genius, sondern nur den nach Effekt, nach Ruhm und Geld haschenden talentvollen Schriftsteller sehen wollen. Ich bin weit entfernt, dies elende Urteil zu teilen. Aber warum denn von Christus in so schneidenden Ausdrücken sprechen? Warum die Apostel borniert nennen (Paulus borniert! Johannes borniert!)? Warum Gans 1 vorwerfen, daß er keinen Stil habe, da er doch Charakter hat und ihm also auch diesen absprechen? Warum Varnhagen, der so viel für Sie getan, was Sie nicht wissen, eines Witzes wegen sich entfremden? Sie haben oft immer etwas Richtiges im Hintergrunde, aber Sie sagen zu oft einer Lumperei wegen: va banque! Hinrichs haben Sie einen der borniertesten Hegelianer genannt. Zu schreiben ist nicht seine Kunst. Kennten Sie ihn aber persönlich, so würden Sie ihn sehr lieb haben und einen weltkundigen, vielgereisten Mann mit großem, jedoch sozusagen, unentfalteten Sinn in ihm finden. Warum so mutwillig ohne Aussicht auf Resultate reizen? Lange hat mich das abgehalten, Ihnen zum zweitenmal näher zu treten: Wird er nicht über den Strang schlagen, wird er nicht, bei der geringsten Veranlassung, Deine Briefe irgendwo abdrucken lassen? Zwei Briefe lagen schon

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Gutzkow hatte Gans schon in einem Aufsatz vom 11. Febr. 1835 angegriffen (,Gans und die Doktrinäre', in: Literatur-Blatt Nro. 6 des Phönix. Friihlings-Zeitung für Deutschland). Die Hegeische Konstruktionssucht, so Gutzkow, habe einen Geschichtsstupor erzeugt; vor lauter Objektivität habe man vergessen, objektiv zu leben. Der Staat, das Abgeschlossene, sei erstarrt; der Mensch sei vor dem Bürger in den Hintergrund getreten. - Gans wiederum hatte sich in seinem Artikel ,Ueber den Verfall des Theaters, und namentlich des deutschen. In Briefen an einen Freund' [in: Literarischer Zodiakus, Okt. 1835, S. 237ff.) dahin ausgesprochen, daß „die Richtung auf den Staat ... zu einem Hang f ü r das Allgemeine überhaupt [führe, J. B.]. Dampfmaschinen und Eisenbahnen, Zollvereine und Staatspapiere, sind der Ausdruck dessen, was der Zeil im Ganzen gemäßer und angemessener ist als die Tiefe, die sich in Partikularität und Individualität versenken muß, um poetische Gebilde zu schaffen". Gans sah, getreu der Hegeischen These vom Ende der Kunst, keine Möglichkeit für die historische Tragödie oder das Lustspiel. Vgl. auch G a n s ' Rez. zu .Kassius und Phantasus, oder der Paradiesvogel, eine erzromantische Komödie mit Schicksal, Tanz, Gesang u. Verwandlungen in drei großen u. drei kleinen Aufzügen von Ludwig Robert', Berlin 1824, abgedr. in: Ed. Gans, Vermischte Schriften, S. 345ff. Berlin 1834.

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geschrieben; die Unsicherheit meines Urteils über Ihre Persönlichkeit ließ sie mich nicht abschicken, und sie sind verbrannt. Ihre Briefe an Jung 1 haben mich ganz für Sie eingenommen; nicht weniger Ihr männliches unausgesetztes Streben. Jung, ein unglücklicher Mensch, in der Gefahr, zu erblinden, beinahe 40 Jahr alt, an eine elende Situation gefesselt, aus der ich ihn herauszureißen seit meiner Bekanntschaft mit ihm bemüht bin, lebt eigentlich nur noch in mir und in Ihnen. Sie sind der eine, ich der andere Pol, zwischen denen er oszilliert, doch halt - eine Dame gehört auch noch in diesen Verein, von der ich aber nichts sagen mag, da es indiskret wäre. Jung ist ein Riesengeist. Ohne seine Gesellschaft würde ich hier trotz der zahllosen Bekanntschaften und des weiten Umgangs, in dem ich // lebe, mich wie in einer Öde befinden. Er ist der einzige, der mein früheres Jugendfeuer fortglimmend erhält, mit dem ich produktive Gespräche habe, nicht bloß den Trödel schon ausgemachter Sachen durchkrame. Sie haben sich einen Gotteslohn an ihm verdient, wie an Büchner. Jeder Artikel im Telegraphen von Ihnen ist ein Manna, das Sie ihm senden. Letzthin hat mich hier ein Herr Kohn aufgesucht, der mit Ihnen in München studiert hat. Er erzählte mir von Ihnen. Als ich zuletzt um eine Beschreibung Ihrer Persönlichkeit bat, wurde er erst etwas verlegen und meinte dann, daß ich die größte Ähnlichkeit mit Ihnen hätte, nur daß ich viel größer, im Sprechen lebhafter sei und dunkelbraune, Sie aber bläuliche Augen hätten. Blonde deutsche Jünglinge sind wir alle beide. Möchten Sie doch fernerhin so viel [wie] möglich ungestört durch äußere Wirren Ihre Schwingen expandieren und immer mehr die hohe Schönheit Ihrer Seele, den zauberischen Reichtum Ihrer Phantasie, die durchdringende, unumflorte Kraft Ihres Geistes offenbaren können! Das ist mein innigster Wunsch. Auch das Christentum wird Ihnen aufgehen. Ich könnte ein Buch über Sie schreiben. Gesprochen über Sie habe ich schon Bücher. Ach, warum muß man auch Professor sein! Da hat man so viel zu tun, daß man oft das Beste unterwegs lassen muß. Und dann lebe ich hier in einer sehr nebligen Atmosphäre. Daß Kant hier das Licht der reinen Vernunft anzündete, erkläre ich mir so, wie die Holländer auch die besten Landschaftsmaler wurden. Im Dunkel sucht man nach Licht. Die Menschen haben den besten Willen, allein die noch herrschende Unkultur, das slavische Wesen der Provinzen, die geistige und moralische Indolenz, das düstere, windige Klima, die kahle Natur - es bedarf hier eines großen Apparates und vieler prophylaktischer Mittel, Mensch zu bleiben. Ihnen schulde ich zum Teil die Anfachung meines innersten Menschen, das Regelhalten meiner ursprünglichen, auch für Heidelberg geschaffenen Natur. Unter den entgegengesetztesten Bedingungen, in '

Briefe Gutzkows an Jung in: Das Magazin für die Litteralur des In- und Auslandes. 54. Jg. Bd. 107, Nr. 1 vom 3. Jan. 1885; Nr. 2 vom 10. Jan. 1885; Nr. 3 vom 17. Jan. 1885.

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den verschiedensten Überzeugungen und persönlichen Zusammenhängen lebend, sind wir doch vielleicht sehr ähnlich in unserm Wesen. Denn in betreff der Produktivität halte ich Sie für ein Genie, mich nur für ein Talent, und erkläre mir daraus auch Ihre dämonische Dreistigkeit, zu der ich nicht fähig wäre. Ich bin nicht zum Briefschreiben gemacht. Wollen Sie mir einmal antworten, so wird es mich freuen. Aber einen Briefwechsel dürfen Sie von mir kaum hoffen. Selbst die schändliche Entfernung verbietet es. Ihr Karl Rosenkranz Dem Herrn Dr. Karl Gutzkow frei Frankfurt a. Main

118. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Königsberg, 3t. August 37 Ich wohne jetzt vor dem Tor und habe daher weder meine Papiere noch das Konversationslexikon zur Hand, weshalb ich Ihr Schreiben nicht so vollkommen, als ich wünschte, beantworten kann. So ein großer Feind des Arbeitens für enzyklopädische Werke ich durch die Enzykl. v. Ersch und Gruber, für die ich auch manches lieferte, geworden bin, so ist es doch mit dieser Unternehmung, wodurch man so unmittelbar auf die Zeit einwirkt, etwas ganz anderes, und ich freue mich, durch sie eine Gelegenheit zu haben, so vieles, das ich sonst nirgends so aussprechen kann, gestalten zu können und bedaure nur abermals, daß mir durch mein Amt und laufend andere Dinge zu wenig Zeit übrig bleibt, mich den allgemeinen Interessen hinzugeben. Sie dürfen also immer nur weniges von mir erwarten. Ich bezeichne als bestimmt: 1) Ra hei, Stieglitz, Β e 11 i η a. (Eine Skizze liegt schon seit fast 2 Jahren fertig, aber ohne Ausführung.) 2) Gutzkow. Diesen Schriftsteller habe ich studiert und hoffe daher, im Guten und Bösen gerecht über ihn sein zu können. Auch über ihn ist ein Aufsatz schon längst entworfen, der aber vor seiner Gefangennehmung geschrieben ward. Dieser Artikel würde wohl einer der besten werden, deren ich fähig bin. 3) Philosophie der Geschichte. Was darin seit den letzten 10 Jahren etwa geschehen und jetzt darunter verstanden wird. 4) (Fortbildung der) Ästhetik. 5) Modern(Begriff des Modernen, was denn unter diesem Schlagwort '

Dieser Aufsatz ist nicht erschienen. Vgl. Brief Nr. 122.

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eigentlich zu verste//hen. Auch dieser Artikel soll gut, d. h. die Sache zur anschaulichen Klarheit bringend sein. 6) Hotho. ( q u a s i biographischer Artikel. Die Data seines Lebens, Geburtsjahr e t c . besitze ich.) Mehr will ich mir von der Hand mir nicht aufbürden. Schreiben Sie mir nur, was Sie mir etwa zudenken, denn mit R a h e 1 e t c . haben S ie es ganz und gar getroffen. Ob ich an der neuen Zeitung teilnehmen kann, muß ich erst, wenn ich sie gesehen habe, sagen. Für die liter. Unterhaltungsblätter werde ich Ihnen in zirka 14 Tagen, 3 Wochen einen humoristischen Aufsatz schicken: Das Plagiat1. Ein theoretisches Bedenken mit praktischer Nutzanwendung. Wer wird denn über Freund R u g e 2 schreiben? In Eil.

Hochachtungsvoll Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

119. An Karl August Vamhagen v. Ense [August 1837] Hochverehrter Herr und Freund! Da haben Sie beiliegend den Prospektus der Kantischen Werke! E n , a d s u m ! E s versteht sich, daß Sie auch durch mich ein Exemplar erhalten sollen. Seit acht Wochen und länger sind die Verhandlungen gepflogen, und ich habe mich recht diplomatisch hervortun müssen. Bei Ihren Denkwürdigkeiten ist mir eingefallen, ob Sie nicht die Briefe des Herrn v. Meyern 3 vollständig herausgeben könnten? Die in den Dioskuren mitgeteilten gehören zu dem schönsten, was unsere Literatur besitzt. Meyem u[nd] Herbert haben schon vor Byron auf deutsche Weise das ganze Stadium Byronschen Strebens und Leidens durchgemacht. Von Ihren Schilderungen ist mir unter den neu hinzugekommenen Ihre Kindheit in Düsseldorf, besonders aber der Aufenthalt in Halle ein Kleinod.

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In den Nrn. 286-289 vom 13. - 16. Okt. 1837 in den BllLitUnt. unter dem Titel ,Zur Charakteristik des literarischen Gewissens unserer Zeit' erschienen. K. Rosenkranz, Arnold Ruge, in: Conversationslexikon der Gegenwart. Bd. 4. 1. S. 658f. Leipzig 1840. Vgl. Bd. I, S. 304-12. Briefe von Meyem im 1. Bd. der Diosk. 1836, S. 124-169.

119. [August 1837]

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Also in der Egge hat Vamhagen gewohnt; also in der Schimmelpfennigei hat man so köstliche Bacchanalien gefeiert, wie Wolf mit Hoffbauer e t c . e t c . So sagte ich immer zu mir im Lesen und vertiefte mich ganz in das alte Nest, das ich doch unbeschreiblich liebe und wohin ich mich momentan oft zurücksehne, weil ich dort meine Genesis aus der Verborgenheit in die Öffentlichkeit durchlebt habe, was am Ende die schönste Epoche in jedem Männerleben ist. Da Sie mit so vielen einflußreichen Personen in Verbindung stehen und, was mehr ist, selbst eine sind, so hätte ich wohl auch eine Bitte. Mein Schwiegervater, der Hofrat und Professor Gruson, erlebt a. 14t. Oktober d. J. sein fünfzigjähriges Amtsjubiläum. Der alte Mann steht aber so abgeschnitten und moosüberwachsen da, daß ich alles Ernstes besorge, man könne ihn total vergessen. Dies könnte mich, gerade weil er ein höchst bescheidener Mann ist, außerordentlich schmerzen. Mit leichter Mühe würden Sie wohl, wo es passend ist, das Faktum dieses Futurums zur Sprache bringen können, da es sich ja nur darum handelt, daß der alte Mann durch einen Glückwunsch der Behörden des Kadettenhauses, des C o l l è g e f r a n ç a i s (wo er Hegels Söhne unterrichtet hat), der Bauakademie, der Akademie der Wissenschaften und der Universität, die Überzeugung empfängt, aus dem Gedächtnis der Jetztwelt noch nicht gestrichen zu sein. Von Brockhaus' neuem Unternehmen, das Konversationslexikon unserer Zeit und Literatur fortzusetzen, werden Sie wohl schon gehört haben: Ich habe vorläufig übernommen: R a h e l , C h . S t i e g l i t z , B e t t i n a , H o t h o , M o d e r n , P h i l o s o p h i e der G e s c h i c h t e , G u t z k o w , Ästhet i k . Natürlich gehört diese Nachricht, wie ich sie einem Priester der Literatur mitteile, zu den literarischen Mysterien. Es lebe die Literatur! Allen Freunden empfehle ich mich herzlich. Wäre ich nicht so fürchterlich mit Arbeit c u i u s v i s g e n e r i s bepackt, wäre ich nicht diesen Sommer in Folge der häuslichen Leiden, die mich philosophischen Laokoon wie Schlangen, in lieblichster Gestalt freilich, umwinden, so abgemattet, und hätte ich Geld genug, so würde ich doch zum Oktober auf ein paar Wochen nach Berlin gekommen sein, mich einmal wieder zu entkönigsbergisieren und meinem Geist frische Nahrung zu schaffen. Mit den besten Wünschen Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

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120. August 1837

120. An Johannes Schulze Hochverehrtester Herr Geheimer Rat, nach langem Schweigen müssen Sie mir schon erlauben, Sie mal wieder mit meinem Geschreibe heimzusuchen. Mein Schwiegervater, der Hofrat und Professor Gruson, erlebt, so Gott will, am 14. Oktober dieses Jahres sein fünfzigjähriges Amtsjubiläum. Ich weiß, daß er sich seit den letzten Jahren sehr zurückgezogen hat; ich weiß auch, daß seine Stellung in der westlichen Welt ihre Blüteperiode von etwa 1795 -1820 längst hinter sich hat; aber man wird sich auch erinnern, daß er in jener Zeit den Staat gar manchen tüchtigen Beamten hat bilden helfen, so wie seine Vereinfachung der Euklidischen Geometrie eine unsterbliche Zierde der Annalen der Berliner Akademie sein wird. Es würde mir schmerzhaft sein, wenn in unserer, mit Goethe zu reden, enkomiastischen Zeit, wo selbst ein Zollinspektor und Grenzjäger ihr Jubiläum feiern und der Staat ihnen einige Aufmerksamkeit widmet, der alte Mann zufällig (denn an der Intention der Anerkennung ist bei unserer so gerechten als wohlwollenden Regierung nicht zu zweifeln) übersehen würde. Ich bin daher so frei, Sie, verehrter Herr und Gönner, ergebenst zu bitten, geeigneten Ortes diese Sache in Anregung zu bringen, in der festen Überzeugung, daß es der Behörde nur Freude gewähren kann, eine solche Gelegenheit zu haben, ihren innigen Verband mit den einzelnen Staatsgliedern heiter und freundlich zu befestigen. Sie soll ja nichts geben (denn das ist aller//dings immer ein verzweifelter Punkt; sie soll nur aussprechen, daß sie auch ein historisches Bewußtsein hat, daß das Verdienst des Individuums, auch nachdem dasselbe sich im Dienst des Tages abgestumpft hat, ihr, d. h. für sie, Verdienst bleibt.) Die Akademie der Wissenschaften wie die Bauakademie hätten besondere Veranlassung zur Teilnahme; indessen kenne ich aus diesen Kreisen niemand. Ihnen dürfte es wohl ein leichtes sein, gesprächsweise, gelegentlich, den einen oder andern der dabei interessierten Herren einfach das Faktum mitzuteilen, denn auf etwas anderes kommt es ja nicht an, da alles andere ein Werk der Gesinnung sein muß. Was mich anbetrifft, so bin ich seit einiger Zeit total faul. Krankheit und daraus entspringende Verstimmtheit in meiner Familie sind der Grund dieser Abgespanntheit. Sonst bin ich eigentlich in einen Strom von Arbeiten fortgerissen und lege von einer derselben Ihnen den Prospektus bei, der Ihnen ein beifälliges Lächeln entlocken wird. Mit treuester Anhänglichkeit Ihr gehorsamster Königsberg, 9t. August 37 K. Rosenkranz

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121. An Arthur Schopenhauer Königsberg, 9t. September 1837 Hochgeehrtester Herr, Ihr Brief vom 24sten Aug. hat längere Zeit mich zu finden gebraucht, da ich jetzt auf dem Lande lebe und nur seilen zur Stadt komme. Und doch konnte ich nicht schreiben, ohne nicht zuvor meinen Kollegen Prof. Schubert gesprochen zu haben. Sie haben in der Hauptsache ganz recht. Die Varianten 1 würde ich natürlich auf keinen Fall weggelassen haben. Allein ich gestehe, daß ich willens war, die spätere Ausgabe, weil Kant sie als die orthodoxe autorisierte, zu Grunde zu legen und aus der ersteren die Abweichungen unter den Text drucken zu lassen. Ihre Auseinandersetzung hat mich jedoch überzeugt, daß das umgekehrte Verfahren das historischere als insonderheit, worauf es ankommt, das philosophischere sei. Ihnen gebührt also die Ehre dieser Ordnung, und Sie wollen die Güte haben, mir Ihre schon fertig liegende Arbeit mit der Fahrpost zu übersenden. Sie haben auch, in diesem Fall, von Ihrer Entwicklung in dem überschickten Brief Gebrauch zu machen erlaubt, und Sie können sich darauf verlassen, daß ich nur i i s d e m v e r b i s daraus zitieren werde. Nur den einen Perioden möcht* ich auslassen, wo Sie über den alten Kant etwas zu herbe und in einer Rücksicht auch nicht ganz gerecht urteilen. Kant ließ nämlich das Buch drucken (2te Ausg.) und schrieb die Vorrede, als von dem Wöllnerschen Edikt 2 noch nichts bekannt war. Von einer „Intimidation" kann also nicht wohl die Rede sein. Da er nun im Streit der Fakultäten seine alte Kühnheit doch genugsam bewies, so ist dies ein Grund mehr, jene verschlechternden Verbesserungen b o n a f i d e zu nehmen. Auch unter Kants nachgelassenen Papieren finden sich interessante Monologen und Geständnisse des Alten in Beziehung auf diese Angelegenheit. Zuweilen streift er wohl an die Sophisterei des „Leichtsinns", welchen Sie dem Alter nicht weniger als der Jugend zuerteilen, aber im ganzen sieht man denn doch den Mann, der es mit seinen Gedanken und Worten ernsthaft und heilig nahm. Die Ordnung der Kantischen Schriften scheint Ihnen gleichgültig. Ihnen kann sie es auch sein, denn Sie kennen dieselben. Aber etwas anderes ist es mit dem, der sie erst kennen lernen will. Ich hoffe, Sie sollen sich durch den Erfolg selbst überzeugen, daß auch hierin das Bestimmte dem Unbestimmten vorzuziehen ist. Daß Sie für Ihre Teilnahme an der Herausgabe jedes „Retribuieren" zurückweisen, finde ich bei Ihnen als einem honetten Manne in der Ordnung. 1 2

Bez. der ersten und zweiten Auflage der KrdrV. Durch das am 9. Juli 1788 erlassene Wöllnersche Religionsedikt versuchte man den Einfluß der Aufklärung zurückzudrängen. 1797 wurde Wöllner nach Aufhebung des Edikts entlassen.

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121. September 1837

Aber deshalb werden Sie es uns nicht abschlagen, wenn wir uns die Freiheit nehmen, Ihnen zum Dank ein Exemplar der Werke zu verehren, da Sie denn doch einmal samt Ihrem Namen darin verflochten werden. Aus den bitteren Anmerkungen zu Ihrer Schrift „Der Wille in der Natur" 1 weiß ich, wie Sie von der Hegeischen Philosophie und Schule, also auch von mir wahrscheinlich, denken. Das soll mich nicht abhalten, Ihre Kooperation freudig anzunehmen, denn Ihre Arbeit ist einmal gemacht. Nur das freut mich anführen zu können, daß von Seiten der Hegeischen Schule, in Michelets Geschichte der Philosophie von Kant bis Hegel, der hohe Wert der ersten Ausgabe der Kritik der reinen Vernunft ebenfalls sehr nachdrücklich hervorgehoben ist Ist nun aber die Hegeische Schule die einzige, der Sie das Ignorieren vorwerfen können? Was allerdings für einen strebenden und gewissenhaften Autor eine Sache zum Verzweifeln ist, zumal wenn man noch, wie Sie dies auch erfahren haben, von anderen schamlos ausgebeutet wird. Aber so ist unsere Zeit. Philosophie wird von ihr noch wenig begriffen, und ich hoffe immer von Olympiade zu Olympiade auf bessere Zeiten. Wenn man Professor ist, so wird man allerdings öfter erwähnt; es sind viele von uns abhängig; allein das ist nur eine Philosophenpresse, und so hat endlich d i e i u s t i t i a distributiva dafür gesorgt, daß es uns doch kein Haar besser geht, als dem Einsamen, der von seinem Zimmer aus die Gedankenblitze in die Welt schleudert. Wenn diese oft erst nach unserem Tode zünden, so macht das für die Sache nichts aus. Ist nur das Feuer da, so wird es an Zundersubstrat auch nicht fehlen. Ich bin gem aufrichtig (schlimm genug, daß ich in unserer verlogenen Welt dies ordentlich bemerke), und so will ich denn auch bekennen, daß ich seit 1826 Ihr Buch nicht in der Hand gehabt habe (ich meine Ihr Hauptbuch, worin die Kritik) und erst seit Ihrer letzten Schrift wieder daran dachte, aber nun erst dazu komme. Ich hoffe, in der Geschichte der Kantischen Philosophie ihm vielleicht seine Stelle richtiger anweisen zu können, als z. B. der schulmeisterliche Herr Rixner. Sie wollen außer dem i n d e x l o c o r u m uns noch einige auf Kant bezügliche Mitteilungen machen. Vergessen Sie dies nicht. Professor Schubert empfiehlt sich. Hochachtungsvoll Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

In der 1854 geschriebenen Vorrede zur 2. Auflage polemisiert Sch. übrigens gegen eine Äußerung Rosenkranz' aus dessen 1852 erschienener Schrift .Meine Reform der Hegel'schen Philosophie' , die das Verhältnis der Materie zum Raum betrifft. - Eine Kritik der Rosenkranzschen Naturphilosophie verfaßte Anton Bullinger: Hegels Naturphilosophie im vollen Recht gegenüber ihren Kritikastern. München 1903.

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Sr. Wohlgeboren dem Herrn Dr. Arthur Schopenhauer Frankfurt a. Main

122. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Königsberg, 12t. Oktober 1837 Ew. Wohlgeboren danke zunächst für die mir gütigst übersandten, mir in Abrechnung zu stellenden Bücher. Dagegen übersende ich, wie Sie es wünschen, unverzüglich den Artikel über Ästhetik. Das bestimmte Maß denke ich ungefähr getroffen zu haben, muß dies jedoch für die Zukunft erst aus dem Abdruck lernen. Den Artikel Bettina e t c . möchte ich jetzt gern erst unter R bringen. Herr v. Varnhagen schreibt mir nämlich, daß er diesen Sommer in Hamburg noch eine Reihe von Briefen entdeckt hat, welche den Charakter der Rahel abermals von einer neuen Seite zeigen. Vielleicht könnte ich diese schon benutzen. Sodann ist aber sichtbar eine Periode des Überdrusses an dieser ganzen Materie eingetreten, welche man wohl am besten tut, sich etwas entwickeln zu lassen. Die reifere Darstellung wird um so mehr das Echte festhalten können. Jetzt würde der Artikel, auch noch so sorgfältig gearbeitet, wahrscheinlich wenig wirken. - Endlich aber wäre es mir deshalb lieb, weil ich momentan mit der Herausgabe der Kantischen Schriften unendlich beschäftigt bin. Die Zusammenziehung verwandter Stoffe hat meinen größten Beifall. Ich bin entzückt von dem Gedanken, einen Artikel: junges Deutschland1 (unter D) nämlich das literarische, zu schreiben und dahin die Artikel Emanzipation des Fleisches und Modern, hineinzunehmen. So soll und kann alles aus einem Guß werden. Das Material denke ich so vollständig beisammen zu haben, als es nur einem preußischen Professor, dem die Trauben der Literatur oft hoch gehängt werden, möglich ist. Es müßte dieser Artikel, in welchem Gutzkow den // Mittelpunkt ausmachen würde, als ein Aktenstück für die deutsche Literaturgeschichte für alle Zukunft Wert haben. Sollte er am Ende auch 13 - 15 Seiten stark werden - ist er nur gut, so schadet das nicht. Den Artikel Frauen und Frauenleben muß ich ablehnen, da ich mir doch nicht eine so vielseitige Kenntnis dieses Elementes zutraue, als der Artikel sie fordert und der D r . Th. Mündt sie nach meiner Meinung besitzt, der durch einen längeren Aufenthalt in Paris und London, wo er vielfach mit Damen verkehrt hat, auch die heutigen Französinnen und Engländerinnen zu beurteilen 1

K. Rosenkranz, Junges Deutschland, in: Conversationslexikon der Gegenwart. Bd. 2, Leipzig 1839, S. 1179-1182.

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imstande ist. Von einer ritterlichen Extravaganz haben Sie, denke ich, nichts mehr bei ihm zu fürchten, er scheint viel ruhiger geworden zu sein. Den Artikel Universitäten muß ich aus vielen Gründen ablehnen, vorzüglich aber, weil ich doch zu lange einer unmittelbaren Anschauung der deutschen Zustände entzogen bin. Warum wollen Sie denselben nicht wieder No. 21 anvertrauen? Über alles andere sind wir einverstanden. Doch noch eines. Ich bin jetzt 4 Jahre ununterbrochen hier und habe ein bedeutendes Material gesammelt, Königsberg in der modernen Lewaldschen Genreweise (nur kürzer und ohne Anekdotenballast und Theaterfrakasserien) zu schildern. Von Königsberg weiß man in der übrigen Welt fast nur den Namen. Im Grunde ist das auch genug. Mich reizt es aber, das Interessante, was sich dennoch findet, das Unbeachtete, das, was [mi]t den Zuständen anderer großer Städte keine Ähnlichkeit hat, hervorzuheben. Von dieser Seite ist Königsberg als eine Odyssee deutscher Kultur unter finnischen und slavischen Stämmen einzig. Eine Reihe von Artikeln dürften daher vielleicht für die neue Zeitung passend sein. Sollte mein Aufsatz über das literarische Gewissen unserer Zeit zum Abdruck gekommen sein, so bitte ich ergebenst um ein Exemplar desselben sowie von dem Artikel über die Emanzipation der Frauen; denn in unserer Zeit muß ein Autor immer schwarz auf weiß sich überzeugen können, was und wie er etwas gesagt hat. Hochachtungsvoll Ew. Wohlgeboren ergebenster K. Rosenkranz

123. An Karl Frh. v. Stein zum Altenstein Ew. Exzellenz wollen das beikommende Buch mit der gewohnten Huld als ein geringes Zeichen der aufrichtigen und dankbaren Hochachtung an- und aufnehmen, mit der ich die Ehre habe zu verharren Königsberg, a. 14t. Oktober 1837

gehorsamst ergebener Karl Rosenkranz

[Von fremder Hand: „Psychologie oder die Wissenschaft vom subjektiven Geist".]

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124. An Karl Gutzkow Königsberg, 14t. Oktbr. 1837 Mein lieber Gutzkow! Wir sind uns durch die Bekanntschaft, welche Detroits mit Ihnen gemacht haben, um vieles näher getreten. Für meine Verwandten scheint jener Tag der epochemachendste der ganzen Reise gewesen zu sein; namentlich meiner Cousine Emma 1 kann ich nicht genug davon sprechen. Meinen Brief haben Sie musterhaft beantwortet; ich fühle wohl, daß Sie im Besitz einer literarischen Statistik sind, welche sich von der meinigen dadurch bedeutend unterscheidet, daß Sie auch über die Personen genau unterrichtet sind, während ich meist nur die Bücher kenne und nur Briefe besitze, wo das Ende vom Lied ist, daß ich die mir geschenkten Bücher rezensieren möchte, was dann aber gewöhnlich gar nicht geschieht, da es mich geniert. Mein Interesse muß es sein, Ihnen in meiner Schule die möglichste Anerkennung zu schaffen. Ich will diese nicht durch ein Nachgeben bloß passiv von Ihrer Seite haben: das wäre eine Beleidigung für Sie und für die Schule; aber jene kleinen Ausfälle, die Sie oft ohne Not auf Varnhagen 2 , Gans e t c . machten, wünschte ich vermieden. Solche nebenher geschleuderten Pfeile dringen oft sehr tief ein. Eine solche Polemik dagegen, wie Sie // in der Kritik des Löfflerschen 3 Buchs gegeben haben, muß auch den Gegner freuen. Es ist ein Meisterstück Ihrer Feder. Diese Zurückhaltung, diese Schonung - und dabei dieser Mut, diese Geradheit, dieses göttliche Streben nach Wahrheit und Freiheit! Ach, mein Freund, ich bitte Ihnen alles ab, was ich in Ansehung des Christentums gegen Sie hatte. Sie sind jetzt recht darin. Auch die Herausforderung, die Sie Steffens 4 hingeworfen haben, ist ein neuer Beweis, wie Ihre Gesinnung an Besonnenheit und Heiligung täglich wächst. Sie müssen endlich durchdringen. Unserem '

4

Filhés, Emma Julie, geb. Gruson (1797-1884). Gutzkow und Wienbarg hatten in Nr. 430 der außerordentl. Beilage zur Augs. Allg. Ztg. vom 29. Okt. 183S eine Reihe von Schriftstellemamen genannt, die die Mitarbeit an der Deutschen Revue in Aussicht gestellt hatten. Am 14. Nov. ließ Innenminister Rochow die Schriften des Jungen Deutschlands verbieten, am 16. Nov. erhielt Varnhagen die Aufforderung, seine Mitarbeit zu widerrufen, was noch am selben Tag, .Jedoch nur notgedrungen und möglichst milde, weil ich gegen den falschen Schein, dieser Seite anzugehören, durchaus nicht den ebenso falschen eintauschen wollte, als könnte ich mit ihrem Widerpart je gemeinsame Sache machen" (.Denkschrift an K. W. L. Fürst von Metternich über das junge Deutschland vom 6. April 1836') in der außerordentlichen Beilage zur Augs. Allg. Ztg. Nr. 476 geschah. Varnhagen war, nach H. Ulrici, der erste, der sich von einer Zusammenarbeit distanzierte. K. Gutzkow [Rez. zu]: F. A. Löffler, Über die Gesetzgebung der Presse, in: Beurmann's Telegraph, Neueste Folge, No. 12. Juli 1837, S. 89-93; No. 13. Juli 1837, S. 97-101. Gutzkows Rez. wiederabgedr. in: K. Gutzkow, Götter, Helden, Don-Quixote. Hamburg 1838. K. Gutzkow, Professor Steffens und die Revolution, in: Beurmann's Telegraph, Neueste Folge, No. 41, Sept. 1837, S. 321-324; No. 42, Sept. 1837, S. 329-333; No. 43, Sept. 1837, S. 340-344; No. 44, Sept. 1837, S. 345-348; No. 45, Sept. 1837, S. 353-358. Wiederabgedr. In: K. Gutzkow, Götter, Helden, Don-Quixote. Hamburg 1838.

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Oberpräsidenten, Herrn v. Schön, habe ich die Zeitgenossen mitgeschickt und er verschlingt sie. Freilich muß man den höheren Staatsbeamten oft sagen, was sie lesen sollen, da die Geschäfte, das Repräsentieren, die Gesellschaften, so viel Zeit nehmen, daß für die Literatur blutwenig übrigt. Doch ist Herr v. Schön, aus der alten Kantisch-Fichteschen Zeit, gern bereit, Neues in sich aufzunehmen. Auch Ihre öffentlichen Charaktere hat er mit dem größten Anteil gelesen. Ich habe Ihnen schon gesagt, daß ich kein Briefschreiber bin, mache mir auch insofern gar nichts daraus, als in unseren Tagen genug in diesem Genre existiert. Ich möchte am liebsten über vieles / / à l a G r a b b e mit einem Teufel oder Donnerwetter schreiben. Meine Natur drängt mich, etwas Reelles, die Sache Fördemdes zu tun. Daher die Bücher, die Kritiken, so schlecht sie auch oft sind. Anbei, mein lieber Autor, bekommen Sie endlich die Psychologie. Ich schicke sie mit Beschämung, denn so glücklich mich ihre Ausführung machte, so unzufrieden bin ich jetzt mit dem Ganzen. Nur stellenweise könnt* ich es nicht besser machen, und die Vorrede wird der Schule und Nichtschule hoffentlich ein Pfahl im Fleisch sein. Nächstes Jahr sehne ich mich, nach Paris zu gehen und würde natürlich hin oder her über Frankfurt kommen. Göttertage! Die Welt ist freilich so morsch und lappicht, daß man oft genug fürchtet, ob sie unter den donnernden Eisenwagen und schnaufenden Dampfschiffen noch lange halten wird. Gute alte Mutter, nur so lange strenge dich noch zum Dasein an, bis zwei Deiner Kinder aus Ost und West bei einer Flasche Rheinwein sich um den Hals gefallen sind und sich das volle Herz ausgeschüttet haben! // Ich freue mich wegen meines Feldzuges gegen Görres (in den Jahrbüchern über seine Mystik), denn es ist eine gewisse Analogie darin mit Ihrem gegen Steffens. Dieser hat mich fürchterlich revolutioniert. Er hat mir die Schuppen vollends von den Augen gerissen. Ist es mir nicht in so vielen Punkten, wie Ihnen, gegangen? Gehörte St. nicht auch zu meinen Heiligen? Und nun ergibt die biographische Sektion das Marklose, Schwammigte. Mich schaudert zusammen, und ich muß mich zusammennehmen, wieder Ankergrund [au]f dem trügerischen Meer der Bildung zu werfen, mir ein ungefähres Bild wenigstens von der Zukunft zu machen. Aber trotz aller Qualen, die mich oft zerreißen, hoffe ich auf bessere Tage und traue ich dem Gotte, der der Gott der Völker und der Welt ist. Nie ist vielleicht eine schwierigere Zeit durchlebt worden, als diese scheinbar so ruhige. Doch hol der Henker das kriechende Schreiben. Meine Stärke ist das Sprechen. Meine Lungen fordern Luft, meine Augen ein Gewimmel von Köpfen und blitzenden Augen. Unter meinen Studenten habe ich, wie Sie mir mit Recht vorhalten, selige genugtuende Stunden. - Das Löfflersche Buch habe ich immer noch nicht lesen können. Könnten Sie doch Ihren Aufsatz apart drucken lassen, als Sammelfahne! Ihr Karl Rk.

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125. An Varnhagen Karl August v. Ense Königsberg, 14t. Oktbr. 1837 Mein hochverehrter Freund! Ich weiß kaum, wo ich, Ihnen zu antworten, anfangen soll. - Zuerst muß ich abermals mich als Ihren Schuldner bekennen, indem Sie mich durch die Biographie unserer philosophischen Königin aufs neue lebhaft verpflichtet haben. So muß alles ineinandergreifen, denn dies Buch ist für mich wegen der Präzedenzen der Kantischen Philosophie von unschätzbarem Wert. Sie können leicht ermessen, daß ich die Geschichte derselben nicht in der plumpen Weise schreiben werde, wie dies seit einigen Jahren Mode geworden, indem man durch Exzerpieren der Kantischen Hauptschriften recht objektiv zu verfahren glaubt. Ich werde vielmehr zeigen, wie die Kantische Philosophie aus der Zeit heraus sich entwickelte und wie sie wiederum sich in die Zeit hinein verwickelte. Diese Höhe der Auffassung haben bis jetzt nur Schelling und Hegel gehabt; aber sollen wir nun zurückbleiben? Für mich ist also ein Erhard, ein Baggesen, die Revolution usf. tausendmal wichtiger, als das Heer abgestandener Kantianer. Sie haben dies auch sogleich gefühlt, indem Sie auf Herbert und ähnliche Phänomene zurückkommen. Für wie vieles haben Sie durch die Vertrautheit, mit der Sie die Zeit des achtzehnten Jahrhunderts wie des unsrigen beherrschen, den Boden geebnet! Ich werde oft genug darauf zurückkommen müssen. Die Schrift von Herbert1, von der Sie mir sagen, kann nur außerordentlich sein und, ist erst meine Geschichte geschrieben, wo ich auch Hamann, Hippel usf. berühren muß, so wird eine zweckmäßig bevorwortete Herausgabe derselben nicht unmöglich sein. Lessing ist durch Sie in mir zu frischer Erinnerung gebracht. Allein der Gegenstand ist so unermeßlich und schlingt in die jetzige Straußische Lebensfrage 2 so viel Fäden hinüber, daß ich, mit Kant vollauf beschäftigt, ganz ähnlich wie Sie selbst, vor der Größe der Sache scheu zurücktrete. Ich hoffe, nur momentan. Allein über Lessing3 möchte ich nichts Mittelmäßiges schreiben; ich möchte des Mannes würdig sein! Seine Theologie und Philosophie aber einmal im Zusammenhang darzustellen, soll mir eine Lust sein, denn je mehr ich, seit Sie diesen Gedanken in mir veranlaßt haben, darüber in unwillkürlichem 1

2 3

In Vamhagens Nachlaß befand sich Herberts Aufsatz .Mein Abtrag an die Welt'. Vgl. auch den Brief vom 19. März 1839 an K. A. Varnhagen v. Ense und den Aufsatz über F. P. v. Herbert von W. Sange in: Archiv f. Gesch. der Philosophie. Bd. 27, 1914. D. Fr. Strauß, Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. 2 Bde. Tübingen 1835/36. Karl Lachmann veranstaltete 1838-40 eine 13-bändige Ausgabe sämtlicher Schriften Lessings. Varnhagen nahm dies zum Anlaß, Rosenkranz aufzufordern, einen Aufsatz über Lessing für die Dioskuren zu schreiben, der aber nicht erschien. - Varnhagen stellte die Wolfenbüuler Fragmente in der Denkschrift an den Fürsten v. Metternich als einen weitaus gefährlicheren und in der Gegenwart noch wirksameren Angriff auf das Christentum dar, als es die Schriften Gutzkows gewesen waren.

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Nachsinnen mich treffe, sehe ich, daß man bis jetzt doch nur einseitig wegen der Wolfenbüttler Fragmente 1 , wegen Goeze, wegen Spinoza2, wegen des Nathan, allenfalls noch des Β e r e n g a r i u s 3 , über Lessing in dieser Hinsicht gesprochen hat. Für dies Jahr würde ich also den Dioskuren aus Gewissenhaftigkeit noch nichts über Lessing geben können. Sagen Sie aber Herrn D r . Mündt, daß er auf einen größeren Aufsatz von mir rechnen kann. Worüber, will ich noch nicht ausplaudern. Der Plan ist aber fertig und wartet nur auf recht niederträchtiges Wetter, wo der Geist alle Fühlfäden einzieht und sich ganz in sich zurückwirft. Und daran läßt es der hiesige Himmel oder vielmehr Unhimmel ja nicht fehlen. Die Anfrage wegen unserer Universität (Theolog. des Crusius) habe ich Professor Schubert, der alle Hilfsmittel dazu in Bewegung setzen kann, übergeben, weiß aber in der Tat noch nicht, was daraus geworden und muß mich der Vergessenheit hierüber anklagen, da ich erst gestern nachmittag bei ihm war. Wegen der kleinen Aufsätze4, die in Ihren Händen sind, werden wir so frei sein, den möglichen Gebrauch zu machen. Im Frühjahr komme ich bestimmt ( f a v e n t e D e o ) nach Berlin, sie selbst einzusehen und respektive mitzunehmen. - Ein solches Werk, wie das von Kant in den Briefen an Kiesewetter 5 bezeichnete, ist unter dem Nachlaß nicht vorhanden. Eine mündliche Tradition darüber ist auch hier noch vorhanden. - Die Abhandlung: m o n a d o l o g i a ρ h y s i c a ist gedruckt in einer bei Nicolovius 6 1807 erschienenen Sammlung von Schriften. - Sie werden Augen machen, wie wunderschön der erste Band, den ich gestern vollendet habe, sich ausnimmt. Morgen soll er zum Druck nach Leipzig. - Das Gleichnis, dessen Sie sich von einem entlaubt gewesenen, wieder ausschlagenden Baum bedienen, werde ich als höchst treffend mir anzuführen erlauben. Ich wüßte für das Unternehmen kein passenderes.

1

Durch die Wolfenbüttler .Fragmente eines Ungenannten' (1774ff.) geriet Lessing in einen langjährigen Streit mit der orthodoxen protest. Theologie, der seinen Höhepunkt in der Auseinandersetzung mit dem Hamburger Pastor Johann Melchior Goeze (1717-1786) hatte. Die 1778 erfolgte Entziehung der Zensurfreiheit bewog ihn zur Produktion des .Nathan'. 2 F. H. Jacobi erwähnte M. Mendelssohn gegenüber, der eine Biographie Lessings plante, daß Lessing Spinozist gewesen sei. (.Über die Lehre des Spinoza, in Briefen an Moses Mendelssohn'. 1785) 3 Berengarius v. Tours (um 1000-1088), Scholastiker, betonte das Primat der Vernunft gegenüber der Autorität, seine Abendmahllehre wurde von verschiedenen Synoden verurteilt. Lessing verfaßte über ihn die Schrift .Berengarius Turonensis, oder Ankündigung eines wichtigen Werkes aus der Herzogl. Bibliothek zu Wolfenbüttel'. Braunschweig 1770. 4 7 Aufsätze Kants, abgedr. in der Rosenkranz-Schubert Ausgabe Teil 11, Abt. 1, Leipzig 1842. Vgl. E. Adickes, Kants opus posthumum. Berlin 1920, insbes. Teil 1, Die bisherige Geschichte d. opus posth. ® In seinem Verlag erschien die .Sammlung einiger bisher unbekannt gebliebener kleiner Schriften v. Imm. Kant." Zweite sehr vermehrte Aufl. Königsberg 1807.

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Möchte doch Ihre Gesundheit sich wieder mehr befestigen! Vielleicht arbeiten Sie auch zu emsig, denn in mehren Ihrer Briefe finde ich schon, daß Sie im Bett arbeiten, was doch so höchst nervenschwächend ist. Mit der größten Hochachtung Ihr ganz ergebenster Karl Rosenkranz

126. An Karl Gutzkow Königsberg, 4t. Nobr. 1837 Sie können denken, geliebter Freund, wie sehr uns Ihre Nachricht von Ihrem Umzüge nach Hamburg, von Ihrem Aufenthalt in Berlin überrascht hat. Ich will vor allen Dingen schreiben, daß ich Ihnen nach Frankfurt ein Exemplar meiner Psychologie [au]f anständigem Velinpapier p e r p o s t gesendet habe. Ich habe ein bloßes Kuvert dazu gemacht. Der zärtlichste Brief an Sie liegt in dem Paket vor dem Titelblatt des Buchs. Ich weiß nicht, ob Ihre liebe Frau den Brief hervorsuchen und Ihnen nachschicken wird. Das Buch können Sie sich nun durch Büchhändlergelegenheit p e r C a m p e nach Hamburg nachtrödeln lassen. Ich bin vielleicht nur vier, fünf Jahr älter als Sie, aber weil ich q u a s e n a t o r und p r o f e s s o r viel mit jungen Leuten väterlich und zurechtweisend verkehren muß, so hat sich bei mir aus solcher Gewohnheit eine gewisse Altklugheit festgesetzt, mit der ich auch wohl meinen Freunden beschwerlich falle. Schieben Sie es [au]f diesen Umstand, wenn ich im folgenden auch Ihnen lächerlich erscheinen sollte. Aber es ist die aufrichtigste Liebe, die mich dazu treibt. Aus Ihrem Brief ersehe ich, daß Sie bei aller Tapferkeit Ihres Geistes doch vorsichtig und gemessen auftreten. Die Berliner lieben es, bestimmt zu werden. Ihre Liebenswürdigkeit wie ihre Schwäche liegt in ihrer universellen Passivität. Nicolai, Lessing, Schiller, Jean Paul, Goethe, Hegel, Tieck, Schleiermacher, Hengstenberg, Steffens, vielleicht nun He[...] L ö f f l e r e t c . Alles spielt seine Rolle. Sie haben sich von dieser absoluten Bestimmbarkeit emanzipiert. Aber Sie werden nun sollizitiert werden, eine solche Macht auszuüben. Hier seien Sie doch auch fernerhin klug, um nicht durch die geschwätzige Wirksamkeit vielleicht beengt zu werden. Ein Glück, daß Sie nach Hamburg gehen, denn rechtes Feuer, was aber die Gefeierten bald genug in schiefe Stellungen bringt, fangen die Berliner nur für Persönlichkeiten, die sie kleinstädtisch in ihren Mauern haben. Goethe machte durch den Ärger, den sie über sein verachtendes Fernbleiben hatten, eine Ausnahme. Nichtsdestoweniger aber liegt es mir am Herzen, wenn Sie mit meinen dortigen Bekannten in ein näheres Verhältnis träten. Hotho ist mir, ich sag' es geradezu, der liebste von allen. Bedenken Sie, was Sie in Ihrer Charakteristik Ancillons 1 '

Wiederabgedr. in: K. Gutzkow, Oeffentliche Charaktere. Erster Theil. Hamburg 1835.

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so schön über den Einfluß der franz. Kolonie [au]f d[ie] Erziehung gesagt haben: ziehen Sie diese gehaltene Formalität ab, und Sie werden ein tiefes Gemüt, eine reiche Weltanschauung hinter einer v. Rumohrschen Hülle finden. Er kennt von Ihnen fast nichts. Er weiß nur, daß ich Ihnen unendlich zugetan bin und daß Sie von „glückslüsternen Subjektivitäten" in unserer Tagesliteratur, wie er sich einmal ausdrückte, rühmlichst zu unterscheiden sind. Gehen Sie zu Hotho, machen Sie seine Bekanntschaft und insbesondere seiner Frau, die nach meiner Meinung zu den ersten der Welt gehört und mich durch ihren Geist, ihre Bescheidenheit, Sittlichkeit, Würde, Anmut immer entzückt hat. Und nun gehen Sie nach Hamburg, wo Lessing die Dramaturgie schrieb! Gott befohlen. Ihr K. Rosenkranz Wenn wir nun Hamburger Schiffe vor Anker liege sehen, können wir immer denken, die hat [...] unser Freund gesehen.

127. An Karl August Vamhagen v. Ense Königsberg, 19t. Nobr. 1837 Hochverehrtester Herr und Freund, Sie haben mir die mannigfaltigen, anmutreichen Erzeugnisse Ihrer literarischen Tätigkeit immer so gewissenhaft seit nun schon fünf Jahren mitgeteilt, daß ich nur aus dem Grunde Ihnen beikommende Broschüre1 sende, damit Sie, wenn Sie irgendwo den Titel zu sehen bekämen, nicht glaubten, ich sei nicht so exakt und es sei etwas dahinter. Meine Absicht ist also, nicht einen Stein bei Ihnen im Brett zu bekommen, sondern Sie zu enttäuschen. Die Rede ist ganz so entstanden und gehalten, wie der Vorbericht angibt. Ich habe noch ein paar Exemplare hinzugefügt, falls Sie glauben sollten, daß der Herr Geh. Rat Schulze und Freund Henning ein Interesse daran nähmen. An Gans habe ich Veranlassung gehabt, besonders zu schreiben und ersuche Sie um die Gefälligkeit, die Einlage für Ihn abgeben zu lassen. Wohnt er noch der Bibliothek gegenüber? Am Ende ist jedoch meine Gewissenhaftigkeit, Ihnen in dankbarer Vergeltung nichts von meinen Schreibereien verborgen zu halten, heute nur ein Vorwand, um einen Anknüpfungspunkt zu finden. Mag man doch sagen, was man will, Sie sind einmal der O'Connel unserer norddeutschen Literatur und wir Jüngeren werfen uns auf Ihre Erfahrungen unwillkürlich zurück, appellieren an Ihren Takt, verlassen uns auf Ihre Demonstrationen, hoffen Ihre Vermittelung, schöpfen Mut aus Ihrem Mut. Ich habe heute den ganzen Tag über, zum 1

K. Rosenkranz, Der Zweikampf auf unsern Universitäten. Eine Rede gehalten auf der Universität zu Königsberg am 2. Mai 1837. Königsberg 1837.

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Teil der Dunkelheit wegen, die ganz kimmerisch war, bei der Lampe gearbeitet. Ich bin stumpf. Theater haben wir jetzt nicht. Die Frau mit den Kindern ist längst zu Bette. Da sitz' ich nun in meiner Stube und fange Grillen und suche nach Entäußerung der beklemmten Empfindung und denke endlich, du schreibst an Varnhagen. Denn wenn du ihm eigentlich auch nichts schreibst, wenn dein Brief auch nur wie ein verschlissener Vagabund aufzieht, er wird dir dafür doch wohl einen schicken, an welchem du eine Zeitlang dich erbauen, erheben, zu neuen Aussichten und Kombinationen erweitem, Älteres mit schärferem Auge erfassen kannst. Nicht wahr, Sie sind großmütig und rechnen nicht nach, wieviel Sie ausgeben? Aber nun sagen Sie mir auch die Wahrheit. Bin ich durch meine Psychologie zurückgekommen, oder spüren Sie einen Fortschritt darin? Das nagt heute so in mir, und da ich hier eigentlich niemand habe, dem ich solch' heimlich Gebresten mitteilen kann, so sollen Sie endlich das Bad bezahlen. Ich habe in der Tat an meiner Schriftstellerei ein so harmloses Glück, daß ich die Sache vielleicht nicht ernst genug nehme. Ich bin während des Produzierens fast immer mit mir zufrieden. Erst hinterher, wenn's zu spät ist, kommt oft die mißtrauische Stimmung, die ich weislich früher hätte haben sollen. Ich sehe mein Elend darin, daß ich so wenig ein Philosoph bin, als Michelet, Gabler, Hinrichs, Fichte, Weiße, genug, die ganze jüngere Generation, es in dem Sinne sind, wie man dies von Schelling, Hegel, Fichte e t c . sagen muß. Das waren Originale, was wir nicht sind. Nun bin ich aber zugleich eine poetische Natur - und doch kein Poet. Ich mache Verse mit Leichtigkeit, Bilder stehen mir so zu Gebot, daß ich seit Jahren des lieben Kathedervortrags halber einen wahren Vernichtungskrieg mit der Brut führe, welche auf das Aschenfeld der Abstraktion immer bunten Blumenstaub wirft; ich trage mich noch jetzt (wie q u o n d a m Schleiermacher) mit einem Roman, dessen Plan ich mir selbst lächerlich mache und doch ganz im stillen sehr viel darauf halte - aber ich bin am Ende noch weniger Poet als Philosoph. Als Lehrer der Jugend mache ich gewiß durch diese doppelte Halbheit Glück. Aber wie schwer habe ich daran zu tragen, denn was kommt endlich heraus? Ich opfere der Kunstseite zu viel von dem streng Spekulativen, dessen wahrhafte Kunst - die immanente Dialektik - ich doch so selten erreiche. Und so muß ich denn schon gedruckt von meiner „bekannten leichten Manier" 1 lesen! Helft, ihr Mächte des Olymp und des Orkus! Ist's wirklich so? Gehöre ich in die Klasse der Schönfärber? 1

Vgl. BllLitUnt. Nr. 282-85 vom 9.-12. Okt. 1837, wo es anläßlich der Besprechung des 2. Bd. der .Dioskurcn' über Rosenkranz Ausatz, Ehe Gesammlausgabe der Kantischen Schriften, hieß: „ ... in der bekannten leichten und gefälligen Manier des Verfassers ..."

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Ich bin im Besitz einer Entwicklung, die so streng dialektisch ist, daß ich selbst darüber verwundert bin. Das ist eine Entwicklung des Häßlichen 1 und Komischen, wo ich den Begriff der Karrikatur als den Übergang vom Häßlichen zum Komischen stringent nachgewiesen habe. Seht, möcht' ich oft sagen, hier ist, was Ihr mir nicht zutraut und doch ohne Schulfuchserei. Es sind keine durch die Methode erpreßte künstlichen Gedanken; es ist ewige Natur, vom Gott in mir geboren. Aber dann fürchte ich mich wieder, einen Buchstaben drucken zu lassen, denn ich werde Vielschreiber. Ich habe Mündt leider einen Aufsatz versprochen; einen neuen Nagel zu meinem liter. Sarge, denn ich will ihn so modern schreiben, daß man glauben soll, ich lebe nicht in dem muffigen Königsberg, sondern käme eben von Vevy, wo ich mit Heine dejeuniert hätte. Ist Gutzkow noch da? Grüßen Sie Mündt und trösten Sie Ihren heute verzweifelnden K. Rosenkranz

128. An Karl Gutzkow Königsberg, 5 t. Januar 1838 Inliegend einige Zeilen von Jung Mein geliebter Gutzkow, möchte dieser Brief Sie doch schon wieder munterer und wohlgemuter treffen, als es nach Ihrem letzten Schreiben mit Ihnen aussah. Sie haben sich überarbeitet, es ist kein Wunder. O wäre doch in dieser Hinsicht das s i è c l e d e L o u i s X I V nicht verschwunden, wo die Großen und Reichen es sich zur Ehre schätzten, den talentvollen Mann durch Pfründen, Renten, Geschenke, Pensionen freie Entwicklung möglich zu machen! Kann es Ihnen ein Trost sein, wenn ich Sie meiner innigsten Achtung und Liebe versichere, so glauben Sie mir und tun mir nicht mit Zweifeln an der Redlichkeit meines Verhältnisses zu Ihnen weh. Ich weiß recht gut, was Sie denken. Liebt er mich so, warum zeigt er's nicht oder wenigstens nur gelegentlich, nur verstohlen, wie in der Angst, mit dem freien Bekenntnis seiner Liebe ertappt zu werden? Mündlich habe ich gegen die verschiedensten Menschen niemals mich in Ansehung Ihrer verleugnet, viele andern Sinns gemacht; auch schriftlich in Briefen sowohl als im Druck, werden Sie mir nichts der Art nachsagen können. Spreche ich einmal ausführlicher über Sie, so geschieht es in einer vollständigen Charakteristik. Gott im Himmel, ich habe so alle // Hände mit der lieben Wissenschaft voll zu

Vgl. den Brief an Kuno Fischer vom 13. Juli 1850, den Grundriß der Ästhetik im .System der Wissenschaft' (1850) u. Werner Jung, Schöner Schein der Häßlichkeit oder Häßlichkeit des schönen Scheins: Ästhetik u. Geschichtsphilos. im 19. Jh. Ff./M. 1987.

128. Janaur1838

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tun, daß ich wahrlich zur belletristischen Lektüre mir die Zeit recht abdarben muß. Monate vergehen, eh' ich einmal dies oder jenes lese. Nur Sie sind die Ausnahme. Kommt von Ihnen etwas, so wird rücksichtslos alles liegengelassen, es wird verschlungen und dann durch den Freundeskreis hindurchgesprochen. Ihr Blasedow 1 sticht hier den Münchhausen 2 aus, und die Ärzte besonders lesen ihn enthusiastisch. Wenn ich irgend kann, und es wird sich wohl tun lassen, so schreibe ich Ihre Charakteristik im Herbst und kann Ihnen vielleicht ein Weihnachts-, wenigstens ein Geburtstagsgeschenk damit machen. Von den Journalen wünsch' ich, unter uns gesagt, mich eigentlich ganz zurückzuziehen, weil mir alle Teilnahme durch das abscheuliche Parteiwesen verleidet wird. Dies habe ich schon länger gefühlt und mir endlich ein Mittel ersonnen, ohne Freihafen3 usw. durchzukommen. Von diesem Unternehmen, von dem Sie bald hören werden, soll der zweite Teil, so Gott will, Ihnen gewidmet sein. Der Verlag ist in Berlin. Den ersten Teil schicke ich Ihnen. Jetzt muß ich alte kritische Reste, um die man mich mahnt, besonders aber den Kant arbeiten, ein heilloses Werk. // Rötscher4 müßte Campe selbst schreiben und ihm Vorschläge machen, ζ. B. sich über das übersichtlich zu äußern, was durch die Hegeische Schule für Kunstkritik geschehen ist; es wäre das ein hübscher Aufsatz für das Jahrbuch. Schreiblustig ist Rötscher; auch offnen Sinns; aber man muß ihm gleich etwas Bestimmtes zeigen. Sie können ihm auch vorschlagen: die neuen Paralipomena5 Goethes in der großen Cottaschen Ausgabe (wunderbare Dinge darin, über welche noch kein Goetheaner das Maul [au]fgetan hat, Megaprazon, der ewige Jude e t c.) Er wird aber wohl erstere Arbeit nehmen, da er [au]f seinen Ruhm sehr eifersüchtig zu sein scheint, es bis dato am besten gemacht zu haben. Und, e [...] che Weitschweifigkeit und Varnhagensche Milde abgerechnet, hat er's auch sehr gut gemacht. Sehen Sie, so was könnt' ich alles auch machen, hätt' ich Zeit dazu im buchstäblichen Sinne. Noch eins! Sie deuten an, ich machte Ihnen den Vorwurf des Zynischen. Lesen Sie doch meinen Brief noch einmal. Ich mache ihn, weil ich Ihnen das Publikum darstellen will. Für mich, der ich als Student wochenlang über dem Aristophanes saß, war die Szene, wo Oskar [au]f dem Schlachtplan 6 sich den 1 2 3

4

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K. Gutzkow, Blasedow und seine Söhne. Komischer Roman. 3 Th. Stuttgart 1838. K. Immemiann, Münchhausen. Eine Geschichte in Arabesken. 4 Th. 1838/39. Der Freihafen. Galerie von Unterhaltungsbildem aus den Kreisen der Literatur, Gesellschaft u. Wissenschaft. Altona 1838. In Campes Verlag erschienen die Jahrbücher der Literatur (1839). Rötscher lieferte keinen Beitrag zum Jb. der Literatur. Rosenkranz selbst verfaßte einen Aufsatz mit dem Titel .Goethes neueste Paralipomena' , in: BllLitUnt. 17.1.1842, Nr. 17, S. 65-67; 18.1., Nr. 18, S. 69-71; 19.1., Nr. 19, S. 72-75; 20.1., Nr. 20, S. 77-78. In Gutzkows Roman .Blasedow und seine Söhne*.

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129. Februar 1838

Hintern wischt, eine Hekatombe wert. Ich bange nicht für Sie als Mensch, als Dichter, ach nein, nur, wie soll ich es sagen, für Ihre Stellung, denn ich möchte gern, daß es Ihnen wohl, recht wohl ginge! Nur deshalb tadle, warne ich und suche Ihnen Ruhe einzuflößen. Randbemerkungen: 1. Seite: Gegen Jungs weibliche Hingebung erscheine ich auch immer kalt, strenge. Sein herrlicher, tiefster Seele entquollener Enthusiasmus tut so wohl. Aber doch glaube ich daran, daß er mir nicht fehlt, nur habe ich mehr zu tun, als zu schwelgen und muß in dieser vertrakten Zeit mit meinem Gefühl gewissermaßen ökonomisieren. Über Byron, Goethe und die Sand 1 hat Jung recht schön geschrieben. Sie müssen Ihn aber geradezu kommandieren, sonst zögert und zögert er. Sie müssen ihm Fristen setzen. 2. Seite: Für die Notizen, biographische e t c . dank ich herzlich und bitte nur nochmals, daß Sie nicht in Ansehung meiner die amtliche Welt und so viele Verbindungen, in denen ich von früher stecke, vergessen mögen, um mir mein Tun nicht falsch auszulegen. 3. Seite: Mit Jung steht's übel: doch war's im Grunde nie viel besser. Er ist absoluter Hypochonder. Vom zweiten Heft hat er mir heute eine Abteilung wirklich geschickt. Er ist zu langsam und zu überschwenglich. Dem Doktor Herrn Karl Gutzkow frei Hamburg

129. An Arthur Schopenhauer Ew. Wohlgeboren verzeihen, wenn ich nur mit einigen Worten die hiermit erfolgende Übersendung des ersten Bandes der Kantischen Werke begleite, da ein hartnäckiges Augenübel mir das eigene Schreiben versagt. Ich hoffe, daß derselbe im allgemeinen Ihren Beifall haben wird, der 2te Band, die Kritik der reinen Vernunft, befindet sich schon unter der Presse. Die gütige Mitteilung Ihrer Variantensammlung erleichterte mir die Arbeit in hohem Grade, und ich sage Ihnen herzlichen Dank dafür. Dennoch war die Arbeit eine außerordentliche mühsame, und Sie werden sich selbst überzeugen, welche Massen von '

Jungs Aufsatz, ,Lord Byron und George Sand' erschien in: Telegraph für Deutschland, 1839, Nr. 197.

130. April 1838

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mühsame, und Sie werden sich selbst überzeugen, welche Massen von Inkohärenzen und Ungenauigkeiten mir noch aufgestoßen sind. Von Ihren Briefen werde ich gewissenhaft in der Vorrede, nach Ihren Bestimmungen, Gebrauch machen. Hochachtungsvoll Ew. Wohlgeboren Königsberg, d. 15ten Febr. ganz ergebenster 1838 Karl Rosenkranz

130. An Franz Kugler Mein lieber Kugler! Diese Zeilen überbringt Dir H e u Wilhelm Schmiedeberg, seinem Handwerk nach ein Jurist, im Stadium der Auskultatur; seiner Bildung nach, durch meine Wenigkeit und Hamanns, den er leidenschaftlich liebt und studiert, Großmächtigkeit, ein Philosoph; seiner Geburt nach - eigentlich ein Kupferstecher. Hin- und hergezerrt von weiterstrebenden Wünschen, von höheren Bedürfnissen des Geistes und von den zurückhaltenden Mahnungen des Vaters, gepreßt von eigener Ungewißheit, habe ich ihm geraten, in Berlin sich von der Kunst und einem gediegneren Geistesleben, als wir es hier haben, eine Anschauung zu schaffen. Er wird wohl Jurist bleiben, aber er ist es wert, das, was Gott ihm an Talent für Kunst und Wissenschaft gegeben, soweit als angesichts der Akten möglich ist, auszubilden. Er ist ein sehr lieber Mensch, dessen Ruhe und Bescheidenheit im // Äußeren bei innerer Lebhaftigkeit Dir sehr zusagen muß. Im Porträtieren hat er es schon ziemlich weit gebracht, was Dir Vergnügen machen wird. In der eigentlichen Kunst, Kunstgeschichte usf. hat er noch sehr viel zu lernen und wird Dein eifriger Schüler sein; ihr Berliner seid zwar entsetzlich okkupiert, aber ein Lehrer, der es redlich meint mit redlichen Schülern, erübrigt schon nach einem Augenblick zu näheren „Kulturinstruktionen", wie Herr E. Meyen etwa sagen würde. Mir ist es niederträchtig schlecht gegangen. Seit Januar laboriere ich an kranken Augen. Lesen und Schreiben sind mir nur wenig gestattet. Wie muß ich Gott danken, daß ich über ihn ohne solche „Kulturvermittlungen" philosophieren kann. Hundertmal habe ich mir Dein kleines Gedicht vorgesagt, von den Augen, die sich vom Schnee nach dem Grün des Frühlings sehnen! Ach, noch haben wir nicht ein grünes Blatt.// Du aber, mein alter (von Reinick so splendid verherrlichter) Franz, sitzest doch gewiß recht im Grünen und schneidest Pfeifen aus vollem Rohr. - Was meinst Du, ich junger Knabe von 33 Jahren habe schon 3 Kinder? Im Herbst komme ich von Wien und München, D e o v o l e n t e , m i n i s t e r i o p e r m i t i e n t e , über Berlin und h o f f e dann, auch Dich einmal wieder in meine Arme zu schließen und zu sehen, wie

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131. [Anfang Mai 1838]

weit Du in der „Generationskultur" fortgeschritten bist. Ich denke, Du mußt mit Deiner hübschen Frau und etlichen Kindlein eine sehr malerische „Naturgruppe" abgeben. Adio! Dein treuer Kg., 28. April 38 K. Rosenkranz Verzeih meinen Augen das Geschmiere. A. Hagen habe ich angekriegt, für die Halleschen Jahrbücher Deine Geschichte1 anzuzeigen. Er ist aber etwas faul dazu, weil er jetzt sehr viel tragödiert.

131. An Arnold Ruge [Anfang Mai 1838] Mein lieber Ruge, ich leide immer noch so sehr an den Augen und bin überhaupt so herunter, daß ich nur schwatzen, aber erst sehr wenig lesen und schreiben kann. Ich würde jetzt nach Paris gegangen sein, vertrüge mein Auge Sonnenschein, Wasserblinken, Chausseestaub, Zugluft. Bendemanns Jeremias auf unserer Kunstausstellung habe ich kaum gesehen, so heftige Tränen entlockte mir sein Anblick. Ach! Ich bin in allem gehemmt. Doch scheint es seit einer Woche besser werden zu wollen. Nun kommen aber gerade die Kollegia und nehmen wieder Zeit weg. - Um mich zu zerstreuen, habe ich hier vor einem gemischten Publikum 6 Vorlesungen über Ludwig Tieck und die romantische Schule 2 gehalten, die sehr gut ausgefallen sind und viele neue Entdeckungen gemacht haben, von denen ich am meisten und angenehmsten überrascht wurde. Ich habe diese Woche angefangen, den wesentlichen Inhalt derselben niederzuschreiben und will Dir für die Rubrik Charakteristik dadurch einen interessanten Beitrag zu geben suchen. Nur Augen, Augen! Da ich mit dem Denken allein auskommen kann, so habe ich mich vom Schreiben entsetzlich entwöhnt und möchte am liebsten à 1 a Goethe diktieren, ginge nicht dadurch zu viel Frische und Innigkeit zugrunde. Gott gebe, daß ich im Herbst wenigstens nach Halle kommen kann. Ich will nach Wien und München, wenn meine Augen es gestatten (Bilder zu sehen usw.), und rückreisend Euch besuchen. Dann wollen wir auch über Leo sprechen, aber uns jetzt nicht weiter schreiben ... Grüß' den treuen Hinrichs, Schaller, Leo und Echtermeyer bestens von mir! Leb wohl! Dein K. Rosenkranz 1

F. Kugler, Handbuch der Malerei von Constantin dem Großen bis auf die neuere Zeit. 2 Th. Berlin 1837. K. Rosenkranz, Ludwig Tieck und die romantische Schule, in: HallJbb. 1838, Sp. 1233-35, 1241-43, 1249-53,1257-60, 1273-78, 1281-1302.

132. Mai 1838- 133. Mai 1838

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132. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Kg., 2t. Mai 38 Ew. Wohlgeboren sehe mich leider genötigt, auf Ihren Antrag abschläglich zu antworten, da eine Augenkrankheit, die immer noch nicht ganz gehoben ist, mir seit mehren Monaten nur das Notdürftigste zu tun gestattet. Doch hoffe ich, Ihnen den Artikel Emanzipation des Fleisches 1 Ende Juli einzusenden. Übrigens würde ich zu dem betreff. Artikel Deutsche Lit. gar nicht die Belesenheit haben, da ich die meisten Helden und Heldinnen des Tages nur dem Namen nach kenne. Hochachtungsvoll Ihr ergebenster K. Rosenkranz 133. An Johannes Schulze Hochgeehrtester Herr Geheimer Oberregierungsrat! Der bedenkliche Zustand meiner Gesundheit, das nicht mehr wegzuscherzende Gefühl einer allgemeinen Erschlaffung, die sich mir namentlich in seiner mir selbst widrigen Zerstreuungssucht verrät, insbesondere aber die noch immer fortdauernde Schwäche meiner Augen machen, mir eine Reise zum sehnlichen Wunsch. Ich habe vor anderthalb Monaten bereits ein hohes Ministerium befragt, ob es mir wohl mit Eintritt unserer Sommerferien Urlaub und zugleich eine pekuniäre Unterstützung (zwischen 300-200 Taler) gönnen wolle, damit ich nach Wien, München und Dresden reisen könnte (in erstem beiden Städten war ich noch nicht), allein ich habe noch keine Antwort erhalten. Verargen Sie mir daher nicht, wenn ich es wage, Sie selbst, // verehrtester Herr Geheimer Rat, mit der Bitte zu belästigen, mein Gesuch, falls es Ihnen nicht unbillig erscheint, bei einem hohen Ministerio gütigst unterstützen zu wollen, damit ich der Unruhe entnommen werde, ob ich einen Reiseplan machen darf oder nicht? Unter den berührten Umständen verzeihen Sie mir mein gehorsamstes Anliegen gewiß und nehmen dasselbe mit an Ihnen gewohnter Milde und Freundlichkeit auf. Mit größter Hochachtung Königsberg, 5t. Mai 1838

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Ew. Wohlgeboren ganz ergebenster Karl Rosenkranz

K. Rosenkranz, Die Emanzipation des Fleisches, in: Conversations-Lexikon der Gegenwart. Bd. l . S . 1152-57. Leipzig 1838.

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134. [Juni 1838] - 135. Okiober 1838

134. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus [Königsberg, 29. Juni 1838]1 Mein lieber Herr Brockhaus! Es war eine intrikate und delikate Angelegenheit, die Emanzipation des Fleisches, einen Gegenstand, bei welchem man in alles mögliche abzuschweifen verlockt wird, in einen mäßigen, möglichst erschöpfenden, alles Unwesentliche fallenlassenden Artikel zusammenzufassen. Möge es gelungen sein! Beiligend eine Note von Herrn D r . Puttrich, die ich auf mein laufendes K o n t o sogleich an denselben gegen Quittung zu entrichten bitte.// Wegen der Korrespondenz bemerke ich noch, daß ich in den nächsten Monaten meiner Kränklichkeit wegen reisen werde. Doch hoffe ich, im September Sie selbst in Leipzig zu sprechen. Hochachtungsvoll Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

135. An Leopold von Henning Königsberg, d. 8t. Oktr. 38 Heute früh, verehrter Freund, habe ich von unserem Oberpräsidenten, Herrn v. Schön, einen Brief bekommen, aus welchem ich schließen muß, daß meine Anzeige des Buchs von Philadelphus 2 über die Kölner Angelegenheit 3 noch nicht gedruckt ist. Ich bitte dringend, falls der Druck durch die resp. Redaktion oder die Zensur irgend etwas beanstandet werden sollte, mir die Rezension sofort zurückschicken zu wollen zu anderweiter Beförderung im Auslande. In den Ferien hoffe ich an Hegels Ästhetik zu kommen. Ich stecke im Kant aber nicht im Kantianismus - bis über die Ohren. Die gewünschte Quittung auf der anderen Seite. Ihr K. Rosenkranz 1 Der Ort und das Datum befinden sich am Rand des Briefes, wahrscheinlich von Brockhaus' Hand. 2 Philadelphus (=Sachs, Ludwig Wilhelm), Rez. v. Rosenkranz über ,Der Staat, die Kirche u. die Kölner Angelegenheit', in: JbbwissKrit. Dez. 1838, Sp. 899-917. 3 Die durch Kabinettsordre v. Friedrich Wilhelm ΙΠ. eingeführte Praxis bez. der Mischehen, d. i. die Erziehung von Kindern aus Ehen gemischter Konfessionen nach der Konfession des Vaters, wurde vom Kölner Erzbischof C. L. von Droste zu Vischering (1773-1845) auf Geheiß Papst Gregors XVI. abgelehnt. Gleichzeitig lehnte er die Lehre des Bonner Theologen u. Universitätsprofessor Georg Hermes (1775-1831), die im Rheinland viele Anhänger besaß, ab. D. zu Vischering wurde 1837 abgesetzt und bis 1839 in Minden in Haft gehalten. Zu dem Mischehenstreit wurden weit über 200 Schriften verfaßt.. Wortführer der Katholiken war J. Görres mit seiner Schrft „Athanasius". Friedrich Wilhelm IV. versuchte im Streit zu schlichten. Die Entscheidung oblag letztendlich den Bischöfen. Vgl. u. a. E· R· Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 2, Stuttgart 1968.

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// Daß ich von der hochlöbl. Redaktion der Berliner Jahrbücher 1 für die Kritik v. Bayer Idee der Freiheit 1 2 v. Daubs Anthropologie 2 -

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7-1811 -- 6 -

S.18 sh 24 gr richtig erhalten habe, bescheinige hiermit. Königsberg, 9t. Oktr. 38" 136. An Arnold Ruge Königsberg, den 17. Oktober 38 Sehr unerwartet schicke ich Dir beifolgende Abhandlung 3 für die Jahrbücher. An sich betrachtet ist sie des Drucks wohl würdig und ein Versuch, die Hegeische Auffassung der Natur einem größeren Publikum einleuchtender zu machen. Sie wird daher nicht ohne Interesse sein. Allein ich habe noch einen besonderen Zweck im Auge. Ich bin hier von mehren Seiten gefragt worden, ob ich noch ferner für die Jahrbücher schreiben würde, da Leo, mein Freund, sich davon losgesagt habe usw. Nun wäre es mir allerdings unendlich lieb, mit Leo darin noch zusammenstehen zu können und überhaupt die Wissenschaft ohne alle persönliche Differenz zu betreiben. Da es aber nicht geht, so halte ich für das beste, gleich durch die Tat solchen Meinungen entgegenzutreten. Da ich nun zu den älteren Anhängern des Hegeischen Systems gehöre, so sind Aufsätze von mir und Hinrichs u. a. insofern wichtig, den Unterschied zwischen Hegelianern und Hegelingen zu „unterwühlen". Denn sowenig ich das Dasein wirklicher Hegelinge, die in alle 4 Anklagepunkte 4 Leos passen,

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Bayers Werk ,Die Idee der Freiheit und der Begriff des Gedankens', Nürnberg 1837, wurde v. Rosenkranz in den JbbwissKrit. 1838, Bd.l, Sp. 727-35, besprochen. K. Daub, Vorlesungen über die philosophische Anthropologie. Berlin 1838 (=Bd. 1. der philos, u. theol. Vorlesungen, hrg. v. Dittenberger u. Marheineke). Rosenkranz Rez. in den JbbwissKrit. 1838, Bd. 2, Sp. 294-302,305-08. K. Rosenkranz, Hegel's Eintheilung der Naturwissenschaften, in: HallJbb. 1838, Sp. 2137- 40, 2145-49, 2153-56, 2161-64. Die Hegelingen. Actenstücke u. Belege zu der s.g. Denunciation der ewigen Wahrheit zusammengestellt von Dr. Heinrich Leo. 1. A. Halle 1838. 2. (vermehrte) A. Halle 1839. Die Anklagepunkte Leos lauteten 1. Leugnung eines persönlichen Gottes. 2. Leugnung, daß die M e n s c h w e r d u n g Gottes in Christo seiner Natur nach verschieden von der täglich statthabenden Menschwerdung Gottes in jedem Menschen sei. 3. Leugnung der persönlichen Fortdauer des einzelnen Menschen nach dem Tode. 4. Dafürhalten, daß das Evangelium Mythologie sei. 4. Durch eine „Verhüllung" ihrer eigentlichen Absichten verschaffe sich diese Partei das Ansehen, eine christliche Partei zu sein und erhalle unberechligterweise die Möglichkeil, an den christlichen Sakramenten teilzunehmen.

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leugnen will, so sehr muß man sie doch als ein f e r m e n t um c o g n i t i o n i s mit der Schule selbst in Zusammenhang halten und darf sie nicht als einen Abfall gelten lassen, auch wenn sie (als linke Seite) sich selbst dazu konstituieren wollten. Hätte ich Besseres, so würde ich's schicken. Einstweilen wird Dir dieser Beitrag auch darum willkommen sein, weil er auf einem ganz neutralen Gebiete spielt und ich noch in Berlin hören mußte, daß die Jahrbücher ganz die Tendenz der Wissenschaftlichkeit aufgäben und sich in Persönlichkeiten (Warnkönig 1 e t c . ) und Eklat-Machen verlören. Deine Polemik von allem immer freier zu machen, was Dir in diesem heiligen Kampfe als subjektives Spiel, als Kitzel des Witzes, als Grausamkeit gegen Personen ausgelegt werden könnte, und Deine hierher gehörigen Aufsätze als Broschüre zu sammeln (wobei Dir ja manche Veränderung und Erweiterung frei steht), habe ich schon an Schaller geschrieben. Wie immer, so ist es auch hier so schwer, mit Enthusiasmus und doch ohne Leidenschaft zu schreiben... Dich herzlich grüßend, wie auch Schaller und Hinrichs, Dein Freund In Eil Karl Rosenkranz

137. An Karl Gutzkow Königsberg, d. 24t. Oktbr. 38 Nikodemus kam in der Nacht zum Herrn2 In diese Kategorien rechnen Sie mich doch, mein Freund, und ich kann nichts tun, dies zu wenden. Das wissen Sie selbst am besten, denn was Sie auch gegen mich haben mögen, so müssen Sie doch eingestehen, daß von allen „vornehmen Freunden" meine Lage eine der verwickeisten ist und daß ich nichtsdestoweniger bei keiner Gelegenheit mit dem Zeugnis für Sie, hinweisend, mildernd, verknüpfend, aufzutreten versäumt habe. Beispielsweise nehmen Sie nur den einen Aufsatz über Tieck3. 1

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L. A. W a m k ö n i g , schrieb f. die HallJbb. 1838, No. 70, den Artikel: .Die französ. Rechtsschulen und ihre Reform'. Jüd. Schriftgelehrter, nach Joh. 3, die Offenbarung vor Nikodemus. N. verkörpert zugleich die größtmögliche Nähe und bleibende Distanz des Judentums zu Jesus; einerseits ist er nicht bereit, Jesus als Offenbarung Gottes anzuerkennen, andererseits spendet er Blumen am Grab. Rosenkranz" Worte beziehen sich auf die .Erklärung' in der Allg. Zeitung. In seinem Aufsatz .Ludwig Tieck und die romantische Schule' erklärte Rk., daß die liter. Öffentlichkeit sich falsche Vorstellungen beziigl. des „priapeischen" Charakters der Wally

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Ich würde jetzt nicht schreiben, da ich, des Jahrbuchs wegen, mit leeren Händen komme, wenn ich nicht allen Ernstes glaubte, daß einige Zeilen von mir Sie in einem Moment aufzuheitern imstande wären, wo Sie, wie ich durch Jung höre, hart angegriffen werden. Ich bin erst seit einer Woche wieder hier, habe [au]f der Reise fast gar keine Journale gelesen und kann Ihnen deshalb [au]s dem Verkehr [mi]t Menschen am ersten sagen, wie Sie stehen, da ich überall aus meinem Herzen heraus Ihrer erwähnen mußte. Ich kam mir oft wie eine P r o p a g a n d a von Ihnen vor. Damen habe ich die Geschichte des Kanarienvogels u. dgl. erzählt. Dem Komponisten Schäffer 1 in Berlin (Emma v. Falkenstein, Oper v. Genée, die auch in Hamburg gegeben werden soll) habe ich den Prinzen v. Madagaskar als Sujet einer komischen Oper (mit schönen Ballets ν. Wilden und wegen des Kronprätendenten höchst zeitgemäß; P o l y g l o t t e ein himmlischer Hanswurst) auseinandergesetzt und würde sie ihm gedichtet haben, hätte ich Zeit dazu. Literaten habe ich die Beiträge, Diplomaten die öffentlichen Charaktere, gebildeten Juden die Narrenbriefe empfohlen; Göschel // das Studium der Zeitgenossen e t c . Hotho hat Ihre Seraphine gelesen und urteilt seitdem ganz anders über Sie. Ich bitte Sie, antworten Sie doch der Opposition gegen Sie gar nicht mehr. Daß Sie zehnmal witziger und tödlicher antworten können, weiß man. Ihre positiven Leistungen vernichten durch sich selbst all dies Geschrei, das natürlich um so heftiger wird, da „Blasedow" eine zu objektive Gewißheit Ihres Talentes gibt, während Mündts Komödie 2 (selbst bei Varnhagen) f i a s c o gemacht hat und Kühnes Klosternovellen (die ich auch nicht kenne) der schöpferischen Frische entbehren sollen, die bei Ihnen, auch wenn Sie sich verirren (und ζ. B. zu zynisch für Damenlektüre schreiben, was Ihnen vorleselustige Referendare und Kandidaten schwer vergeben), gerade so reizend ist. Ich kann Sie versichern, daß in Berlin und auch sonst Mündt keineswegs so unbedingt gehuldigt wird, als Sie zu glauben scheinen und daß Sie ein großes Publikum haben, das [mi]t Ihren eigenen Worten (Schreiben an Uffo) sagen kann: „Am Schönen erfreu' ich mich im stillen; nur das Häßliche tadl* ich laut." Mein Buch über Ihre Poesie e t c . verliert dadurch seinen Wert nicht, daß es erst in einiger Zeit möglich wird, da ich jetzt ganz durch Kantsche Philosophie verbarrikadiert bin. Zwischenher aber arbeite ich diesen Artikel für das Brockhaussche Konversationslexikon und bitte Sie, mir gelegentlich über Geburtsmache. Gleichzeitig verwies er auf Gutzkows treffende Charakteristik Eichendorfs in G.'s Beiträgen zur Geschichte der neuesten Literatur und pries die .Zeitgenossen', als ein Werk, „worin die Negation, die Verdrießlichkeit, die Zerstreutheit, die Sucht der Veränderung sich selbst zu überwinden versucht hat". 1 Emma von Falkenstein, Oper in 3 Akten (nach Kotzebue u. Genée), Premiere am 5. April 1839 in Berlin. 2 Th. Mündt, Die Komödie der Neigungen, in: Der Delphin, ein Almanach auf das Jahr 1839. Hrsg. von Th. Mündt. Altona 1839.

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jähr, Gymnasium, Thema Ihrer theol. Preisschrift 1 e t c . , genug über alle biographische Äußerlichkeiten // zu diesem Behuf einige Notizen zu schicken, da das, was Wolff in seiner Nationalenzykl. darüber sagt, mir zu ungenügend ist. Von dem Freihafen werde ich mich stillschweigend zurückziehen. Leo, Wilda, Damerow und andern habe ich in Halle eine schöne Nachtischunterhaltung durch Vortrag des literarischen Elfenmärchens gegeben, das sie nicht im Zusammenhang aufgefaßt hatten. Ich kann mir recht lebhaft Ihren Zustand vorstellen, wie Sie sich sehnen, etwa eine (Shelleysche2) Tragödie der Neigungen, genug, ein markerschütterndes Drama zu schreiben, nachdem Sie jetzt in der Romanform und in der komischen Auflösung des tiefsten Schmerzes (ein verfehltes Leben!) ihr Element gehabt haben. Mit Bedauern höre ich von Ihrer Kränklichkeit. Ich habe mich recht erholt und hoffe, wieder einen Puff Arbeit aushalten zu können. Also, mein Freund, nur Mut! Sehen Sie heiter den vergifteten Pfeilen zu, die gegen Sie gesandt werden, aber, wie bei jenen Heiligen, durch Gottes Wundermacht den Abschnellem selbst ins Fleisch fahren. Tun Sie immer mehr alle Sorge um Anerkennung von sich und widmen Sie Ihre gottgegebene Kraft, wie bisher, der Darstellung des Wahren, Guten und Schönen. Der Lorbeerkranz, und zwar kein Menzelscher, ist Ihnen gewiß. Ich aber trage Sie mit öfters banger und doch zuversichtlicher Liebe im Herzen. Karl Rosenkranz Wissen Sie niemand, der dem Komponisten Schäffer Bulwers letzte Tage von Pompeji zu einer großen Oper 3 bearbeiten könnte? Ich fiel eines abends darauf, und er war außer sich darüber, da dieser Stoff die Hugenotten und die Stumme [?]4 weit übertrifft.

138. An Arthur Schopenhauer Königsberg, d. 24sten Oktbr. 38 Hochgeehrter Herr Doktor, Ihr Brief vom 12ten Juli 1838 ist mir durch Herrn Bellavesne von Danzig aus richtig zugefertigt worden; ich habe ihn jedoch erst in voriger Woche gelesen, weil ich da erst von meiner Reise nach Prag, Wien, München e t c . zurückgekehrt bin. Zuvörderst freut mich, daß Ihnen die Ausgabe Kants im 1

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Karl Gutzkow, De diis fatalibus. Preisschrift der Philos. Fak. Berlin. Berlin 1830. G. promov. durch eine umgearbeitete Fassung mit dem Titel .Philosophorum Graecorum de Providentia divina placita' 1832 in Jena zum Dr. phil. Vgl. Gutzkow über Shelley in: Telegraph f. Deutschland. Frankfurt 1837, Nr. 6. Oper von V. de Joncières (1869). Oper von Giacomo Meyerbeer (1836).

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ganzen gefällt; sodann aber fürchte ich, daß Sie, aller angewandten Mühe unerachtet, doch gar manche Fehler finden werden, wie denn ζ. B. die von Ihnen gerügten z. B. u m u. dgl. von mir korrigiert und doch wieder hineingekommen sind; so ein Druckfehler ist auch mit dem „Fluch der bösen Tat" behaftet, daß er fortzeugend Unsinn muß gebären. Nach Beendigung der Revision der Kritik der reinen Vernunft, die nun auch schon in Ihren Händen sein wird, bekam ich, wie ich Ihnen schreiben ließ, ein hartnäckiges Augenübel. Was habe ich in dieser Zeit des Druckes wegen gelitten, da wir alles dem Leipziger Korrektor überlassen müssen und ich mit diesem erst immer durch die Post verhandeln sollte auf 100 Meilen Entfernung! Kommt man erst einmal in das kritische Reflektieren hinein, so findet man tausend Gründe, eine Lesart so oder so zu nehmen. Genug, die Hauptsache ist geschehen und wie richtig das eingeschlagene Verfahren ist, kann man am besten sehen, wenn man die Ausgabe von Modes und Baumann 1 vergleicht, die ein buntes Durcheinander der ersten und zweiten Ausgabe darbietet. - Daß man hier grimmig auf mich losgefahren ist, als hätte ich durch den Abdruck Ihres Briefes ein c r i m e n laesae pietatis begangen, werden Sie ganz natürlich finden und habe auch ich nicht anders erwartet. Wenn die Deutschen (was freilich lange dauert) jemand erst heilig gesprochen haben, so soll er auch gleich h o r s - l a - 1 o i d e l a c r i t i q u e stehen. Wegen der Naturgeschichte des Himmels 2 werden Sie in der Biographie und in der Geschichte der Kantischen Philosophie die von Ihnen gesuchte Genugtuung für den Kantischen Ruhm finden. Auf jeden Fall wissen wir Ihnen für Ihre speziellen Notizen Dank. Was ein Autographon Kants anbetrifft, so haben wir eine solche Masse Manuskript, daß es Ihnen an einem recht schönen nicht fehlen soll. Nun bitte ich Sie, noch einige Monate sich gedulden zu wollen, bis wir mit der Sichtung des Nachlasses ganz fertig sind; dann wollen wir Ihnen schon etwas aussuchen. Mit der Bitte um die Erhaltung Ihrer Zuneigung Hochachtungsvoll Ihr ergebenster K. Rosenkranz Dem Herrn Doktor A r t h u r F r a n k f u r t a. M a i n

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Schopenhauer

Modes, F. A. u. Baumann, Carl Otto (- 1861), Buchhändler. In Ihrem Verlag erschien die von G. Hartenstein herausgegebene Kant-Ausgabe. Imm. Kant, Allg. Naturgeschichte und Theorie des Himmels oder Versuch von der V e r f a s s u n g und dem m e c h a n i s c h e n U r s p r ü n g e des ganzen W e l t g e b ä u d e s , nach Newtonischen Grundsätzen abgehandelt. Königsberg/Leipzig 1755.

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139. An Leopold v. Henning Königsberg, d. 26. Oktbr. 38 Ganz unerwartet, mei teurer Freund, schicke ich etwas über die Kölner Angelegenheit, wozu ich teils durch längst aufgesummte Betrachtungen, teils durch ein Buch aufgeregt bin, daß ich bei meiner Zuriickkunft hier vorfand und das, bei manchen Schwächen, mir doch sehr wichtig scheint. Ich habe mich nicht streng daran gehalten, sondern vielfach meine eigene Meinung an die Relation angeknüpft, wie ich hoffe, auf eine Weise, die für Religion und Wissenschaft gleich förderlich ist. Das Buch 1 ist in den Händen Sr. Majestät, auch Sr. Exzellenz, unseres Herrn Ministers, und ich habe auf diesen Umstand Rücksicht genommen, besonders was die Nennung von Namen und die Färbung der Sprache anbetrifft. Mit jenen bin ich sparsam, mit dieser teils vorsichtig, teils so anschaulich und energisch gewesen, als Jahrbücher f ü r wissensch. Kritik gestatten. Meine Anzeige ist wichtig, wenigstens kann sie es werden. Gott gebe seinen Segen dazu. Im Eingang erwähne ich Marheinekes Schrift 2 . Ich höre, daß während meiner Reise in unsern Jahrbüchern noch ein Aufsatz von einem Juristen (von wem wußte man mir nicht zu sagen, vielleicht Heffter?) gestanden haben soll, der den Streitpunkt des formellen Rechts behandelt haben soll. Halten Siees für zweckmäßig, so flechten Sie dessen Erwähnung ein.] W o ich auf das der Luther. Kirche geschehene Unrecht sanft anspiele, werden Sie schon herausfühlen. Freundschaftsäußerungen unterdrück' ich jetzt, denn ich kann es nun doch nicht so schön hier finden, als ich mir's der Erinnerung vorstellte, sehne mich aber sehr nach Euch und würde nur sentimental werden, q u o d a b s i t . Fortiaque adversis opposita pectora rebus! Die Erde ist überall des Herrn Mit herzlichem Gruß an die Freunde (an Ihre Frau Gemahlin und M e Matthieu 3 ) Ihr getreuer Karl Rosenkranz P. S. Da ich den Wert des Buchs kenne, so bitte ich, nach geschehenem A b d r u c k mir f ü r diesen gefälligst ein E x e m p l a r schicken zu wollen.

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Der Staat, die Kirthe und die Kölner Angelegenheit, oder: zu welchem Ausgange wir die Kölner Angelegenheit führen? Nebst einer Beilage aus dem 12. Jahrhundert. Von Philadelphus. 1838. Außer der bereits erwähnten Rez. ist leein Aufsatz von Rk. in den Jbb. zu diesem Thema erschienen. Mit M.s Schrift wird ,Die Beleuchtung d. Athanasius v. J. Görres. Eine Rezension", Berlin 1838, gemeint sein. Matthieux-Mockel, Johanna (1810-1858), seit 1843 mit Gottfried Kinkel verheiratete Berliner Literatin. Briefe von ihr an die Familie Henning erschienen in den Preußischen Jahrbüchern Nr. 97, 1899.

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140. An Karl August Vamhagen v. Ense Königsberg, d. 27. Nobr. 38 Hochverehrtester Herr Geheimer Rat, Einmal blieb ich bei Ihnen im anziehenden Gespräch sitzen, als ich noch zu Hotho wollte und am letzten Tage meines Aufenthaltes in Berlin blieb ich dagegen bei Hotho von Viertelstunde zu Viertelstunde, bis es zu Ihnen zu gehen abermals zu spät war und ich nachmittags nur Herrn v. Henning einen Gruß an Sie auftragen konnte. Sie müssen diese infashionable m a n i è r e d e v i v r e schon nachsehen, denn meine Virtuosität in solchen Nachlässigkeiten ist groß. Ich wollte nur wegen des Herbertschen Aufsatzes berichten. Ich muß ihn selbst abschreiben, teils um ihn recht in seinen Wendungen verfolgen, teils um passende Absätze hineingliedern und ihn dadurch anfaßbarer machen zu können. Ich habe mich für einen besonderen Abdruck entschlossen, da meine Einleitung nicht kurz ausfallen dürfte und der Aufsatz so dornenvoll und - wegen Herberts eigentümlichen Begriffs der Theokratie - so intrikat ist, daß ich nicht wüßte, in welche der Zeitschriften ich ihn schicken sollte, ohne nicht entweder dieser oder ihm zu schaden, indem man die Tendenz der Zeitschrift dem Aufsatz oder, im erstem Fall, die des Aufsatzes der Zeitschrift imputiert. Der Freihafen aber hat von solchen Dingen wohl an Strauß* Konfessionen 1 schon genug zu tragen. Aber Sie müssen mir auch nachsehen, wenn die ganze Geschichte noch bis Ostern, vielleicht sogar darüber, liegen bleibt. Ich bin so auf den Kant versessen, daß ich zu andern Gedankenläufen nicht wohl fähig bin. Man kann historische Arbeiten nur unter der Ägide einer gewissen künstlichen Borniertheit vollbringen. Ich begreife z. B. den kategorischen Imperativ viel leichter an einem Menschen, der kurze Beinkleider, Schnallenschuhe, Schoßweste, Perücke, Spanisches Rohr und einen Dreimasthut trägt, als wenn ich diesen Inhalt in eine moderne Form legen sollte. Ich gehe zuweilen bloß nach dem Philosophendamm, um gewisse Kapitel der Kant. Philos, durchzudenken, weil ich weiß, hier lief Kant mit diesen Ideen umher. Ich habe mir meinen liter. Apparat ganz chronologisch im Bücherbrett geordnet, um durch solche Anschauung den Gestaltungsprozeß zu erleichtern. Doch Sie wissen schon, was ich noch alles von solchen Listen erzählen könnte, um eine vergangene Welt einzufangen. Einen großen Gewinn hat man in der Hinsicht von solchen Arbeiten, daß sie gegen den Tumult der Gegenwart außerordentlich abhärten. Man ist so historisch gestimmt, daß man das, was sich unmittelbar begibt, schon auch als ein Abgetanes anschaut. Die Streitigkeiten, die Kants Philosophie erregte; die Entzweiungen der Wölfischen und Kantschen Schule, die zur Stiftung eigener Oppositionsjournale fortging; die Erbitterung über

1 D. F. Strauß, Vergängliches und Bleibendes im Christenthum. Selbstgespräche, in: Der Freihafen. Heft 3. Altona 1838, S. 1-48.

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Rezensionen, die Gutachten über die Gefährlichkeit der neuen Philosophie, wie von Tiedemann 1 in Marburg; ihr Verbot auf andern Universitäten; die Absetzung von Theologen, welche zu ihr sich bekannten; und, solchen Infamierungen derselben gegenüber, die an sie sich anklammernde Hoffnung des jüngeren Geschlechts (Erhard weinte Tränen der Wonne beim Lesen der prakt. Vernunft) und der Drang der Begeisterung - das alles kommt mir wie gerufen in einem Augenblick unserer Geschichte, wo diese formell dasselbe Schauspiel auf die Spitze treibt. Wir stehen im Wöllnerschen Reaktionsstadium gegen die Philosophie, und es ist merkwürdig, daß Halle zum drittenmal (das erstemal unter Wolff 2 ) das Lokal der tragikomischen Handlung abgibt. Was mir am schwersten wird, ist, in dem Bemühen, bis zum Einzelnen durchzudringen, auf Einzelheiten doch nicht zu großes Gewicht zu legen; die Mühe zu verschmerzen, die ich aufgewandt, sie kennenzulernen und nur ihren Duft durchwirken zu lassen. - Ihre Sophie C h a r l o t t e 3 leistet mir gute Dienste; Sie werden schon sehen, wie. Ich habe nicht Kraft genug - da ich doch Vorlesungen und Examina halten muß, vielerlei zugleich zu tun, und so wird wohl der Winter ganz dem Kant gewidmet sein, ohne Journalartikel abzuwerfen. Zweierlei möchte ich aber doch, s i f i e r i p o t e s t Hegels Ästhetik 4 und Guhrauers Leibniz 5 für die Jahrbücher in den Weihnachtsferien anzeigen. Denn außerdem bin ich sozusagen e η t ê t i e r t , wie man es wohl ist, wenn man lange nur eine Sprache gesprochen hat, wo es denn immer etliche Sprachschnitzer, Dissonanzen und Wörtermanquements abgibt, bevor man sich wieder o r n a t e e t c o p i o s e ausquetscht, beim Französischen namentlich, ehe man wieder näselt und quirlt. Mit dem Wunsch, daß Sie sich wohler als zur Zeit meines Besuchs befinden mögen, und der Bitte, die uns gemeinsamen Freunde herzlich zu grüßen, Ihr ganz ergebenster Karl Rosenkranz

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Vgl. insbes. Tiedemanns .Theätet oder über das menschliche Wissen, ein Beitrag zur Vemunftkritik'. Frankfurt 1794 u. Kants gesam. Schriften hrg. v. d. Dt. Akademie d. Wiss. (Berlin 1900-55), Bd. 13, S. 182ff. Wolff wurde auf Grund der positiven Beurteilung der Ethik Konfuzius' in einer Rektoratsrede seit 1721 scharf angegriffen u. 1723 durch Kabinettsordre Friedrich Wilhelm I., unter Androhung der Todesstrafe, des Landes verwiesen. K. A. V. v. Ense, Das Leben der Königin v. Preußen Sophie Charlotte. Berlin 1837. Vgl. Gesch. d. Kant'sehen Philos., N.d. Berlin 1987, S. 40. K. Rosenkranz, Hegel's Vorlesungen über die Ästhetik, hrsg. v. G. Hotho, in: JbbwissKrit. 1839, Bd.l,Sp. 363-90. K. Rosenkranz, Leibnitz's deutsche Schriften. Hrsg. v. G. E. Guhrauer. In: JbbwissKrit. 1839, Bd. 2, Sp. 449-460.

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141. An Arnold Ruge Königsberg, d. 30st. Dzbr. 38 H[er]r Herbst, einer unserer Universitätslektoren, hat mich gebeten, beifolgende krit. Anzeigen der Redaktion der Hall. Jahrb. vorzulegen, was ich denn hiermit tue, da sie mir, soweit ich ein Urteil darüber haben kann, zur Aufnahme nicht ungeeignet scheinen. Ich bedaure, immer noch nichts schicken zu können, hoffe aber doch, zu dem Aufsatz über Schleiermacher in den nächsten Wochen vielleicht Zeit und Stimmung finden zu können. Der Handel mit Leo betrübt mich außerordentlich. Als Leo liebe ich ihn, q u a n d m ê m e ; dem Prinzip und der Form nach, wie er literarisch wirkt, kann ich ihn nicht mehr billigen. Die Erklärung, welche Du auf die Kongregation der XXIII 1 gabst, hatte meinen ganzen Beifall. Aber ich will es nicht verhehlen, daß, was darauf noch folgte, mir von beiden Seiten von Übel schien. Muß man denn immer das letzte Wort haben? In solchen Dingen ist es die wahre Klugheit zu schweigen. Man steht dann, weil die Phantasie des Publikums freien Spielraum hat, mächtiger da, als durch die bestimmten Äußerungen. Auf jene Anzeige mußtest Du antworten; auf die kleinlichen Beschuldigungen Leos nicht mehr. Die Distichen sind, geradheraus gesagt, matt und scheinen mehr der Erguß einer freien Erhebung über den Ärger, als daß sie es sind. Lieber [...]! Ich bin zu sehr von der Wichtigkeit unserer jetzigen Aufgabe und Deiner Stellung überzeugt, als daß ich nicht der Wahrheit, auch wenn sie zum Tadel werden muß, Folge leisten sollte. Der Mann aber, der wie ein Blitz daherfahren wollte, darf sich nicht in solche Verständeleien laufen lassen, wo nun alle Welt sagt: da sieht man, er hat Leo nicht rechts mehr zu antworten gehabt. Die Stimmung für Dich war hier sehr günstig bis zu der mehrerwähnten Erklärung, und Leos Patronatseitelkeit hätte sich selbst vernichtet. Bedenke nur, was gerade auf die Form ankommt. Gott hat Dir Mut und Witz und Glück gegeben, aber deswegen mußt Du Deinen Gegner nicht zu gering anschlagen. Es gibt eine Richtung in unserer Zeit, die fromm-aristokratische, in welcher Leo sehr viel gilt und welche auch seine wahren Verdienste immer wieder in Erinnerung bringen wird. Der Aufsatz: Zur Kritik der positiven Theologie 2 ( s i e ) , ist gewiß von Feuerbach. Er ist, wie sein Bayle mit vielem Geist geschrieben, aber geht in ein wüstes Extrem. Im Eifer für das Was zertrümmert er das Wie. Gott soll nicht an und für sich Subjekt sein; die Persönlichkeit soll ihn beschränken usf. In der 1

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Vgl. Leipziger Zeitung vom 19. November 1838, in der 23 Professoren eine Erklärung abgaben, daß Ruge ein Friedensstörer sei. Vgl. auch A. Ruge, Aus früherer Zeit, S. 480. Berlin 1862. L. Feuerbach, Zur Kritik der positiven Philosophie, in: HalUbb. 1838. Nr. 289ff.

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Tat, nach Feuerbach wird alles Verhalten unserer zu Gott zu einer Chimäre; er hat nur das θείον, das q u i d und verwechselt die Persönlichkeit mit der Individualität, die allerdings die Subjekte partikularisiert. Aber Eins, Ding, Individuum, Individualität, Subjekt, Person, Geist sind doch höchst unterschiedene Begriffe. Feuerbach verfällt ganz in den Ton der moralisierenden Aufklärung. Die ethische Vernunft, der Wunderhaß, die Tugend der Stoiker sind seine Gemeinplätze. Wo etwas über seinen Verstand geht, da ist gleich die s a n c t a s i m p l i c i t a s . Und doch ist er zu tief, um nicht wieder sich selbst zu korrigieren, wenn er ζ. B. alles Christliche aus der Liebe deduzieren will. Liebe ist ein abstrakter Begriff, der aber bei seiner Ausführung das Konkrete notwendig macht: Person und Person. Feuerbach, Daumer und Bayer sind in Bayern die polemische Trias gegen den Münchner Jesuitismus und diese Situation entschuldigt seine Verbissenheit, indem sie dieselbe begreiflich macht. Hinrichs Aufsatz 1 wird mit dem ersten Artikel in der Zeit spurlos vorübergehen, so fleißig er gearbeitet ist; alles wird auf den zweiten gespannt sein und hier kann Hinrichs zeigen, q u i d v a l e a n t n u m e r i , q u i d f e r r e r e c u s e η t ! Da Leo gerade aus Michelet das Hauptaktenstück entnommen, so kommt auf diese Kritik sehr viel an. Scharf, lebendig, dreist muß es darin hergehen. Nach Briefen aus Berlin wird in der kathol. Sache eine große Passivität eintreten, während im Jesuitenorden meiner Meinung nach jetzt eine, als solche genommen, entzückende Begeisterung herrschen muß, die viel junge Leute mitzureißen imstande ist. Welche Kränze scheinen ihnen nicht zu winken! Aber zum zweitenmal gelingt nicht die Ilias p o s t H o m e r u m und wie nach Hegel Napoleon und die Bourbonen das zweitemal rasch gestürzt wurden und die Völker erst aus solcher Wiederholung die Überzeugung gewinnen, daß die Sache unhaltbar sei, so wird's auch mit den Jesuiten gehen. Sie werden in zehn Jahren ihren eigenen Pflegern höchst unbequem sein und dann wirklich aufgehoben, nur hier und da, wie alles in der Weltgeschichte, als von der Landstraße seitab gelegene Ruine verwittern. Ich habe diese Ferien an einer Kritik von Hegels Ästhetik zu arbeiten, die ich den Berlinern seit langer Zeit schulde und welche auch die Pietät gegen Hegel von mir fordert. Das raubt, was der Kant übrigläßt ( s i e ) . Ich erscheine Dir vielleicht in meinen Briefen als der Tiecksche Besänftiger, als ein unentschiedener Vermittler. Aber ich hoffe doch in dem Ernst und Ausdauer des.Kampfs mich zu bewähren. Ich liebe Leo einmal, wie gesagt, q u a n d m ê m e , und es schmerzt mich doch sehr. Du wirst gesehen haben, wie ich in der Vorrede zum zehnten Band 2 der Kantschen Schriften die Sache der Hegelingen berührt habe, weil der Kronprinz 1

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H. F. W. Hinrichs [Rez.], K. L. Michelet, Geschichte der letzten Systeme der Philosophie in Deutschland von Kant bis Hegel, in: HallJbb. 1838, Nr. 299. Der 10. Bd. enthält ,Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft' und den .Streit der Fakultäten'.

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und der Minister Exemplare bekommen und doch vielleicht wenigstens die Vorrede lesen. Gott gebe nur, daß weder Du noch Leo Euch aneinander krank ärgert, denn schießen werdet Ihr Euch nicht, obschon es nach den Prämissen jetzt fast das beste wäre. Grüß Schallern und Hinrichs D. Rosenkranz

142. An Arnold Ruge 1 , 12. Januar 1839

143. An Karl August Vamhagen v. Ense Königsberg, d. 19t. März 39 Hochgeehrtester Herr Geheimer Rat, Ihrem Wunsch gemäß sende ich Ihnen beiliegend das Herbertsche Manuskript zurück. Ich füge eine Abschrift bei, welche ich durch einen Kandidaten, den ich beschäftigen wollte, um Weihnachten machen ließ. Jedoch habe ich noch nicht Muße gehabt, die Lücken, die er gelassen hat, auszufüllen. Die schauderhafte Orthographie wenigstens ist verschwunden. Vielleicht erlaubt Ihnen die Zeit, die betreffenden Ergänzungen zu machen. Auf jeden Fall bitte ich Sie, diese Abschrift zu bewahren. Bei Ihnen ist das beste Manuskriptenemporium. Ich schicke das M S. unfrankiert, der genauem Kontrolle halber auf diesem Wege. Lassen Sie jene Abschrift wenigstens meinen Dank für Ihre Mitteilung sein. Ich will Ihnen sagen, was ich damit im Sinn hatte. Ich wollte ein Büchlein schreiben - vielleicht würd's auch ein Buch - : Hypochondrie, Melancholie, Lebensüberdruß, Selbstmord und Unsterblichkeit wollte ich in ihrem Zusammenhang entwickeln und dabei eine Masse psychologischer komparativer Anatomie verarbeiten. Karl von Hohenhausen 2 , Herbert, Sonnenberg sollten als besondere Beispiele durchgenommen werden. In Herbert ist der Dualismus der Kantschen Philosophie inkarniert gewesen: Ideenwesen - Sinnenwesen; Begriff der Vernunft - approximative Darstellung derselben. Im höchsten Bedürfnis der Einheit griff er zur Pistole, nachdem er seinen Verstände logisch das Schauspiel

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Ruge erwähnt diesen Brief in seinem Antwortschreiben vom 19. Jan. 1839 Hohenhausen, Carl v. (1816-1834), verübte in Bonn als Student Selbstmord, ebenfalls der Dichter F. A. Joh. Fih. v. Sonnenberg. Elise Philippine Amalie Freifr. v. Hohenhausen (17901857) veröff. den Roman .Karl v. H. Untergang eines Jünglings von 18. Jahren. Zur Beherzigung f. Eltern, Erzieher Religionslehrer u. Ärzte". Braunschweig 1836. Verantwortlich für den Tod ihres Sohnes, so die Autorin, seien die Jungdeutschen, „die Repräsentanten der Gottlosigkeit, des cynischen Materialismus, der Rehabilitation des Fleisches".

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der Gegensätze mit rechter Lust noch einmal vorgeführt. Auch auf Meyerns Melancholie würde ich vielfach eingehen. Solche Entwürfe realisieren sich bei mir, wie die Frucht vom Baum fällt. In Erhards Denkwürdigkeiten1 ist übrigens schon Stoffs genug enthalten, Herbert zu zeichnen, so daß ich, wenn ich einmal daran komme, gar nicht verlegen sein weide. Überhaupt haben wir nur zu viel Stoff und können nicht genug bilden. Doch sollte ich nicht im Plural, sondern nur von mir sprechen. Ich habe wirklich eine Arbeit an der Geschichte der Kantschen Philosophie, die unendlich ist. Das erste Buch, die Präzedenzen derselben, und das zweite Buch, Kants Philosophie selbst, sind fertig. Das dritte ist vorigen Freitag angefangen und wird das weitläufigste. Es enthält die Konsequenzen der Philos. Kants: erstlich ihre Ausbreitung und Befestigung; zweitens ihre Bekämpfung; drittens ihre Überwindung. Das Material ist so groß, daß ich manches viel mehr, als ich glaubte, habe verengen müssen, um gehöriges Ebenmaß zu halten; ζ. B. nimmt Erhard lange nicht so viel Raum, als ich ihm erst bestimmt hatte. Eine ausführliche Note über Ihr Buch muß das Beste tun. Ich schreibe jetzt nur immer erst ins Wilde hin, um mir nicht das Prägnante der ersten Konzeption entgehen zu lassen, was immer unschätzbar ist. Im April, gegen Ende, hoffe ich, dies Brouillon beenden zu können, und dann soll die Reinschrift anfangen, die den Stil feilen und glätten soll, denn ich will einmal dem alten Kant zu Ehren ein klassisches Werk produzieren. Jetzt kann ich das schon mit leichterem Herzen sagen, denn es geht gut. Bis August werde ich wohl so fortarbeiten müssen und kann daher an wenig anderes denken, höchstens außer meinen Vorlesungen, die Ansprüche der hiesigen gelehrten Gesellschaften befriedigen. Es ist was Seliges um so eine Arbeit. Sie haben wohl recht, daß Sie mir bei der Unruhe meiner Natur unter den gegenwärtigen Umständen Glück dazu wünschen. Ich kann an nichts jetzt teilnehmen und muß alles aufschieben. Herr v. Yxküll 2 kommt im April vielleicht hieher. Dann wird sich auch die Frage mit den Briefen erledigen. Von Ihrer Replik an Schubarth 3 habe ich die erste 1

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Κ. Α. V. v. Ense (Hrg.), Denkwürdigkeiten des Philosophen und Arztes Joh. Benj. Erhard. Stuttgart u. Tübingen 1830. Yxküll, Boris Frh. v. (1793-1870), estländischer Gutsbesitzer und Offizier; studierte in Heidelberg, wo er mit Hegel in Verbindung trat. Er vermittelte die Bekanntschaft Hegels mit Baader. D. Tschizewski bezeichnet Yxküll als den erste russischen Schüler Hegels. (Siehe D. T., .Hegel in Rußland', S. 148ff, in: .Hegel bei den Slawen'. Hrsg. von D. T. Darmstadt 1961.) Κ. Α. V. v. Ense, Zur Charakteristik C. E. Schubarth's, in: HallJbb. Intell. Bl. 1839, Nr. 2 u. 3. Vgl. auch Denkwürdigkeiten Bd. V, S. 129-214 u. Tagebuchnotiz vom 9. Jan. 1840 in Vamh. Tagebüchern, Bd. 1, S. 161, den Aufsatz .Hegel und - Schubarth -', in: Der Freihafen, Jg. 1839, Heft 2, S. 245-250. Rez. d. Schubarthschen Schrift (Über die Unvereinbarkeit ...) auch durch Friedr. v. Florencourt in dem Literar. u. krit. Bl. der Börsenhalle 1840, E. Gans in den JbwissKrit., 1839, Nm. 25 u. 26, Friedr. Förster in den HaUJbb. 1839, Nr. 49 (Noch ein Denunciant der Hegeischen Philosophie).

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Hälfte gelesen. Den Aufsatz, auf den er sich bezieht, kenne ich nicht. Seine Broschüre ist eine Dummheit und Infamie. Carrières Aufsatz1 habe ich gelesen. Er macht uns Älteren den Vorwurf des Schweigens gegen Leo. Ach, weiß er denn nicht, was es kostet, sich gegen einen Menschen zu stellen, den man liebt! Ich liebe Leo und muß doch sein Treiben jetzt aufs höchste mißbilligen. Wäre die Philosophie emstlich angegriffen gewesen, so hoffe ich so viel Charakter zu besitzen, nicht einen Augenblick mit einer Protestation gezögert zu haben. Aber so haben die jungen Leute gegen einen Historiker Gelegenheit genug, an seiner Berühmtheit wohlfeilen Kaufs auch in Ruf zu kommen. Carrière hat entschiedenes Talent; Gott bewahre ihn nur vor belletristischer Zerstreutheit und Berliner Süffisance. Daß Mündt fleißig ist, freut mich. Wenn doch nur der Eitelkeitsteufel aus ihm, Gutzkow, Laube und Kühne herausfahren wollte, wenn das Parteimachen nur ein Ende nähme, was könnten diese jungen Männer nicht leisten! Den Berliner Jahrbüchern bin ich noch Bopps Nal und Damajanti, sie sind mir aber auch noch den Abdruck meiner Kritik Hegels schuldig. Doch da komm' ich ins Plaudern, Verehrtester, womit ich Sie schon in Berlin genug gelangweilt habe. Möchten Sie sich doch bald recht frisch befinden! Ihr K.R. Läßt mich Kant nur erst etwas Atem schöpfen, daß ich noch eine Strecke Brouillonfundament aufgemauert habe, so werde ich auch Guhrauers Leibniz endlich bringen. Gegen Vischer2 möchte ich mich des redlichen Mönchs Enk annehmen, den er wie einen b o n v i v a n t behandelt, während er auf dem Gymnasium zu Mölk sich abquält.

144. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Königsberg, d. 21. März 39 Ew. Wohlgeboren sende beikommend die Artikel Gutzkow und Hotho. Bei dem ersteren bin ich, wie ich hoffe, allem aus dem Wege gegangen, was auf der einen Seite gegen ihn, der so schwer hat büßen müssen und so allein dasteht, zu hart, auf der andern die Vergleichung mit Laube usf. zu herausfordernd gewesen wäre. Ich habe mich ganz an die Sache gehalten.

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Gemeint ist C.'s Aufsatz .Hegel und Leo' in: Augsbg. AUg. Zig. 1839, Bl. zu Nr. 57, 58. In Vischers Aufsatz, Die Litteratur über Göthe's Faust, HalUbb. 1839, Nr. 9ff. erfolgte auch eine Besprechung des Buches des Prof. a. Stiftsgymnasium in Mölk, Michael Leop. v. d. Burg Enk, Briefe über Göthe's Faust. Wien 1834.

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Wegen der Rechnungübersicht danke ich sehr, besonders auch Herrn D r . Puttrichs halber, an den ich selbst schreiben werde. Die 19 rx. 20 gr. habe ich hier durch den Buchhändler Theile, an den ich für französische Sachen von Avenarius zu zahlen // hatte, gezogen und fängt somit nun eine ganz neue Rechnung unter uns an. Die Artikel Mündt, Laube, Wienbarg, Kühne übernehme ich, schon um mehr Einheit in diese Materie zu bringen. Dennoch werden wir einen kurzen Artikel von etwa zwei Druckseiten über das junge Deutschland machen müssen, denn da dasselbe als eigentliche Ligue nie existiert hat, sondern mehr Idee, Zeitfarbe, literarische Gährung, gewesen ist, so kann man von allen jenen Schriftstellern, wie Sie schon bei Gutzkow sehen werden, reden, ohne es zu berühren. Für die Unterhaltungsblätter, wie für alle mir befreundete Journale, kann ich immer noch nichts schreiben, da ich mit der Geschichte der Kantschen Philosophie so unendlich viel zu tun habe, bis Juli aber ganz fertig zu sein hoffe. Ich möchte für Ihr Blatt so gern einen Artikel über das Leben und Wirken Sinclairs schreiben. Sollte auch dasselbe schon vergeben sein, so wird, wenn ich Ihnen später einen solchen schicken sollte, derselbe doch wohl, da ich besonders auf das Politische und Nationalökonomische eingehen werde, immer noch neben einem andern bestehen können. Die grauen Erbsen, versichert meine Frau, seien heuer zu schlecht geraten, als daß ihr // Verschicken lohne. Mit vielem Vergnügen erinnere ich mich immer an den heiteren Nachmittag, den ich bei Ihnen in so angenehmer Gesellschaft verlebte. Hochachtungsvoll Ew. Wohlgeboren ergebenster K. Rosenkranz

145. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Königsberg, d. 10t. April 39 Ew. Wohlgeboren erwidere auf Ihr geehrtes Schreiben, das ich gestern abend erhalten, daß mir die Nichtaufnahmefähigkeit des Artikels Gutzkow allerdings leid tut, daß ich jedoch während des Schreibens schon eine Ahnung davon hatte. Da ich vielleicht einer der wenigen bin, welche die Entwicklung dieses Schriftstellers in ihrer Totalität und möglichst unbefangen betrachten, so glaubte ich, durch meine faktische Darstellung der jetzigen Lesewelt doch einen großen Dienst zu leisten, namentlich dadurch, daß ich kurz den Inhalt der dem Titel nach so viel umgetragenen Schriften angab, übrigens, um alles für ein Lexikon Ungehörige

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abzuschneiden, auf Vergleichungen mit Mündt, Laube usf. gar nicht einging. Ich hoffte, das Interessante würde einige Gründlichkeit und Ausführlichkeit nicht übelnehmen lassen. Werde ich doch auch gegen die anderen gerecht sein. Im Druck würde der Artikel noch nicht ganz 5 Seiten einnehmen. Meinen Namen als Verfasser zu nennen scheue ich nicht, da ich nie etwas werde drucken lassen, was ich nicht als meine Überzeugung vertreten kann und nichts mehr mich anwidert, als unser jetziges künstliches Heraufloben und Heruntertadeln. Ich habe gegen Gutzkow, den ich persönlich nicht kenne, nur gerecht zu sein gesucht. Können Sie also den Artikel nicht in das Lexikon aufnehmen, so will ich eine Abbreviatur in allgemeineren Zügen daraus machen. Darin wird auch für die Redaktion die Furcht verschwinden, als sei Gutzkow mit Vorliebe behandelt. Der Vorschlag, den jetzigen Artikel in die Unterhaltungsblätter aufzunehmen, ist so übel nicht. Jedoch müßte ich für jetzt ihn zurückerbitten, da er mir bei einer kürzeren Darstellung eine bequeme Grundlage sein würde. Ich besitze nämlich kein Brouillon von ihm. Für einen Abdruck in den liter. Blätt. möchte ich aber wohl hin und wieder noch einige Erweiterungen vornehmen, damit ich das Registrierende, Zusammenquetschende des Lexikonstils etwas verwische. Schicken Sie mir also unter Kreuzkuvert auf meine Kosten perPost den resp. Artikel. Die neue Quintessenz aus ihm sollen Sie einige Tage nach Empfang desselben sogleich haben. Ebenso Anfang Juni das junge Deutschland. Ergebenst Rosenkranz 146. An Marie Hegel Königsberg, d. 15t. April 39 Hochgeehrteste Frau Professorin, Sie mögen denken, ich habe nur einige Reliquien des mir so teuren Mannes auf eine Zeitlang in die Nähe rücken wollen, mich daran zu erwärmen. Allein ich habe nicht Zeit gehabt und habe sie noch nicht recht, mich auf die Sache einzulassen. Kant macht mir so viel zu schaffen. Jedoch bin ich jetzt mit der genaueren Durchsicht und deren Resultat fertig. Ich müßte eine größere Abhandlung schreiben, in welcher ich, nach den Papieren und nach den Daten, die sich in Hegels vermischten Schriften finden (Schreiben an das Preuß. Ministerium und an Niethammer1), Hegels Auffassung und Anordnung des propädeutischen Unterrichts in der Philosophie schilderte. 1

Hegel, G. W. F., Über den Unterricht in der Philosophie auf Gymnasien (1822), in: Werke, Bd. XVn, S. 357ff. u. Über den Vortrag der Philosophie auf Gymnasien. Privatgutachten für den Königl. Bayrischen Oberschulrat Immanuel Niethammer (1812), in: Werke, Bd. XVII, S. 335ff.

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Sodann müßte ich aufmerksam machen, daß die betreffenden Papiere 1 allerdings überwiegend einen historischen Wert in Anspruch nähmen. Man sieht darin, welche Wendungen er in seinen erobernden Feldzügen gemacht, bevor er die Logik und Enzyklopädie in ihrer späteren buchlichen Gestalt gewonnen. Allein dies macht sie gerade sehr interessant und, da die strenge systematische Haltung der späteren Periode noch nicht da ist, in ihrer einfacheren Form auch jetzt noch für den Gebrauch des Unterrichts tauglich. Dann könnte eine Bearbeitung der Hefte folgen. Natürlich muß hierbei eine Ergänzung aller durch einander und Kontrollierung durch die // späteren, vollendeteren Schöpfungen Hegels unausgesetzt geübt werden, ohne jedoch die Originalität der ersten Fassung und oft jetzt noch überraschend frische und klare Ausdrucksweise im geringsten zu beeinträchtigen. Es würde zwei ganz verschiedene Abteilungen geben: 1, die besondem Wissenschaften a, Rechts-Pflichten- und Religionslehre b, Lehre vom Bewußtsein c, Logik 2, System der Wissenschaften od. Enzyklopädie a, Logik, b, Naturwissenschaft, c, Lehre vom Geist. Es würde mir außerordentlich wünschenswert sein, wenn ich der Korrektur halber den Druck hier haben könnte und, um nicht Mißverständnisse zu veranlassen, wäre es auch wohl zweckmäßig, den Verlag 2 nicht bei Duncker zu machen. Doch erwarte ich hierüber Ihre Wünsche. Sollten Sie geneigt sein, den Verlag hierher zu erlauben, so würde ich folgende Bedingungen machen. 1, Es soll eine Auflage von 1200 Exemplaren gemacht werden. 1

Manuskripte Hegels aus seiner Zeit als Professor u. Rektor am Nürnberger Ägidiengymnasium, die Rosenkranz im Herbst 1838 auf der Durchreise aus Berlin mit nach Königsberg genommen hatte. Rosenkranz' Bearbeitung dieser Texte erschien 1840 als Bd. XVin v. Hegels Werken u. d. T. .Philosophische Propädeutik'. Weiterführende Hinweise in: G. W. F. Hegel, Nürnberger u. Heidelberger Schriften 1808-1817. Werke Bd. 4. Frankfurt a. M. 1986. - Über das Schicksal einiger Manuskripte über die philos. Propädeutik, die bei Rosenkranz nicht abgedruckt sind, sich jedoch in seinem Besitz befanden vgl. J. Löwenberg, Hegels Entwürfe zur Enzyklopädie und Propädeutik nach den Handschriften der HarvardUniversity, in: Hegel-Archiv. Bd. I, Heft 1, Leipzig 1912, sowie Friedhelm Nicolin, Hegels propädeutische Logik für die Unterklasse des Gymnasiums, in: Hegel-Studien 3, Bonn 1965. Die Diskussion über die Herausgabe der Propädeutik innerhalb der Familie Hegel zeigen die untereinander gewechselten Briefe auf, über die Willi Ferdinand Becker in der Ztschr. für philos. Forschung, Bd. 35, Heft 3/4, S. 592ff., Meisenheim/Glan 1981, berichtet.

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Immanuel Hegel an seine Mutter, 27. April 1839: „Bei einem anderen als Duncker das Buch zu verlegen, halte ich für bedenklich; wir haben diesem zwar keineswegs dankbar zu sein oder uns um seine Gunst zu bewerben; aber wir müssen trachten, ein gutes Verhältnis zu erhalten. Die Entziehung des Vertrages würde ihn sehr beleidigen, und bei seinem eigennützigen Charakter müssen wir befürchten, mannigfachen Schikanen ausgesetzt zu sein. Nicht allein, daß er uns durch Ungefälligkeiten Verlegenheiten und Schaden bereiten kann, sondern er wird sich dann vor seinem Gewissen noch weniger scheuen, die vertraggemäße Anzahl der Exemplare zu überschreiten ..." (W. Becker, a.a.O. S. 603)

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2, Bei einer weiteren Auflage soll die Zahl 1500 stark sein dürfen. 3, Der Buchhändler zahlt das erste Mal für den Druckbogen 3 Louisdors. Hiervon, ich gesteh' es ein, kann ich in meinen Verhältnissen nicht umhin, 2 Louisdors 1 jetzt für mich in Anspruch zu nehmen. Der dritte fällt Ihnen und Ihrer Familie zu. 4, Bei der zweiten oder überhaupt jeder ferneren Auflage zahlt der Buchhändler an Sie oder Ihre Familie 2 Louisdors.// 5, Druck und Papier sollen denen der Gesamtausgabe analog sein. (Der Abwechslung wegen, was oft alte Dinge in ganz neuem Licht erscheinen läßt, könnte freilich auch einmal davon abgegangen und mit lateinischen Lettern gedruckt werden). In Berlin, glaube ich, würden die Stimmen über das Unternehmen vorher sehr geteilt sein und möchte ich Ihnen kaum raten, mit jemand darüber zu sprechen. Man wird dort, glaube ich, nicht von dem Gedanken loskommen können, daß wir dies alles in Hegels späteren Schriften viel vollkommener besitzen. Es kommt aber auf die Ausführung an. Es müßte dann auch uninteressant sein, Hegels Schriften vor der Logik zu besitzen! Die Stärke würde etwa, mit meiner projek[tier]ten Abhandlung als Einleitung, 15 Druckbogefn] betragen. Am Besten wär' es wohl, Sie s[chick]ten diesen Brief zur Begutachtung meiner Pläne an Emanuel, mit herzlichem Gruß von mir. Bis Ostern 1840 sollte, so Gott will, die Arbeit und der Druck vollendet sein. Mit den innigsten Grüßen meiner Frau, die an einem schweren Nervenleiden schon seit vier Wochen zu Bett liegt, wo ich denn an dem unvergeßlichen Hegel mich immer aufrichte zum Ewigen, und in der aufrichtigsten Hochachtung, Ihr ganz ergebenster Karl Rosenkranz Der Frau Professor Hegel frei Berlin K u p f e r g r a b e n 4b

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Karl Hegel an seine Mutter, 25. April 1840, einem Brief der Mutter an Immanuel beigefügt: „Rosenkranz hat folgenden Vorschlag an uns kommen lassen. Du weißt, er verlangte 2/3 des Honorars für die Propädeutik. Das erschien ihm hernach selbst zu viel, und er hat uns stattdessen für die Propädeutik u. für die Biographie, die er auf 30 Bogen berechnet, ein Pauschquantum vorgeschlagen um 200 Thaler, womit eine schon im Juni zu bezahlende Schuld f ü r Buchhändlerrechnungen hier bezahlt werden soll ... Das Honorar, das er verlangt, ist auffallend mäßig gegen die frühere Forderung, obgleich mit dem Risiko, daß man die Leistung bezahlt, ehe sie da ist." (W. Becker, a.a.O. S. 603)

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147. April 1839- 148. Mai 1839

147. An die Verlagsbuchhandlung F. Α. Brockhaus Ew. Wohlgeboren empfangen beikommend die Umarbeitung des Artikels Gutzkow; er wird nun passend sein. In den Pfingstferien schreibe und schicke ich wieder. In Eil ergebenst Kg., 27. April 39 K. Rosenkranz

148. An Rosalie Schönfließ 1 Königsberg, den 28. Mai 1839 Das vorliegende Drama fordert eine ganz andere Beurteilung, als sie einem Kunstwerke gegeben werden muß, das auf Bühnengerechtigkeit Anspruch macht und über die Bretter schreiten will. Man muß den Maßstab daran legen, daß es das Erzeugnis einer schönen Seele ist, die sich harmlos in Erschaffung desselben eine höhere Befriedigung zu geben gesucht hat. Es ist zu verwundem, wieviel richtiger Takt bei allem augenscheinlichen Naturalismus in der dramatischen Ökonomie sichtbar ist. Das Anschließen an Schiller ist der Sprache sehr günstig gewesen. Es hat sie immer in das Erhabene hinaufgezogen. Die Verse sind nur zufällig richtig; von Metrik ist eine bewußtlose Ahnung da; manche erinnern im Ausdruck zu stark an Schillers Vorgang. Ebenso dürfte eine genauere Analyse das Schwankende der Charakterzeichnung sowie das Verhältnislose des Inhalts der letzten zwei Akte zu den ersteren dartun. Der Verfasserin ist nur Glück zu wünschen, daß Gott ihr ein solches Talent geschenkt hat, sich eine so eigentümliche Welt bilden zu können, in der sich ihre Anschauung des wirklichen Lebens verklärt, und von dieser pädagogischpathologischen Seite aus ist gegen eine Fortsetzung solcher Versuche gewiß nichts einzuwenden. Professor Karl Rosenkranz

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Die körperlich schwerstbehinderte R.S. schickte Rosenkranz das von ihr verfaßte Drama .Johanna Gray" zur Begutachtung. Über ihre Biographie u. Beziehung zu Rosenkranz s. .Rosalie Schönfließ. Ein ostpreußisches Charakterbild mit e. Hinleitung von K. Rosenkranz'. Hrsg. v. Theodor Krüger. Gumbinnen 1860.

149. Mai 1839 - 150. Mai 1839

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149. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Königsberg, d. 29. Mai 1839 Ew. Wohlgeboren empfangen beikommend den versprochenen Artikel: Junges

Deutschland,

der, wie ich hoffe, untadelhaft und keiner Änderung benötigt sein wird. Zu weiteren Arbeiten für Sie hat mich mein dermaliges chronisches Leiden, Kant, und die plötzliche Wärme noch nicht kommen lassen. Hochachtungsvoll Ihr ergebenster K. Rosenkranz

150. An Marie Hegel Königsberg, d. 30st. Mai 39 Hochgeehrteste Frau, in großer Ungewißheit, wie Sie meinen Brief aufgenommen haben mögen, wage ich eine neue Zuschrift. Mich drückt der Gedanke, daß Sie mich für habsüchtig halten können, weil ich für die Ausarbeitung des vorliegenden Stoffs mir 2 Louisd. ausgemacht habe. Ich habe in jenem Brief nur gesagt, ich müsse dies tun. Ich bin nämlich, bei einer fast immer kranken Frau, drei Kindern und großen, durch meine Entfernung von Deutschland notwendig gemachten literarischen Bedürfnissen, so wie bei dem geringen Honorar, das ich von den Studierenden beziehe (jährlich etwas über 100 Taler) genötigt, meinen schriftstellerischen Erwerb in Anschlag zu bringen. Die Ausarbeitung der mir anvertrauten Papiere nimmt aber sehr viel Zeit hinweg. Ohne eine Einleitung und Zwischenreden würde eine Mitteilung ihren Zweck gewiß verfehlen. Soll ich nun mit Heiterkeit in die Sache mich vertiefen, so muß der Gedanke von mir fern sein, daß ich meiner Familie etwas entziehe. Und so habe ich denn die Sache als meine eigene in der Zuversicht behandelt, daß von meiner Seite ein anderes Verfahren nicht pflichtgemäß wäre. Für Ihr Interesse glaubte ich dadurch zu sorgen, daß die erste Auflage klein gemacht würde. Wir können auch statt 1200 - 1000 setzen. Rechnen wir 16 Druckbogen, so hätten Sie // bei der ersten Auflage 16 Louisd., bei einer zweiten aber, die gewiß nach einigen Jahren erwartet werden könnte, 32 Louisd., eine Summe, welche mitzunehmen doch so übel nicht wäre. Die zweite Ausgabe würde ich natürlich, wenn ich noch am Leben bin, ohne allen Entgelt machen.

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150. Juni 1839

Es kostet mich gar keine Überwindung, Ihnen dies alles zu sagen, weil ich von jeder a r r i è r e p e n s é e mich frei weiß. So ist mir auch noch eingefallen, daß ich gesagt habe, alte Dinge sähen in anderer Form sich auch oft neu an, womit ich sagen wollte, daß die schon im allgemeinen bekannten Gedanken Hegels, abgesehen von ihrer eigentümlichen Gestaltung in der Propädeutik, in anderm Format und Druck auch noch wieder anders erscheinen könnten, wie ein Mensch in einem andern Anzüge. Ebenso, wenn ich keine Besprechung mit den Berliner Freunden wünschte, so liegt der Grund darin, daß sie, meiner Meinung zufolge, nicht den Punkt gefaßt haben, von dem aus man diese Arbeiten ansehen muß; keineswegs aber in einer Scheu vor ihnen. Ist die Arbeit getan, so werden sie selbst sich verwundern, was ich alles ans Tageslicht bringe, was denn freilich mühsam, unbequem und langwierig ist.// Ich denke, wenn Sie im allgemeinen meine Vorschläge billigen und mir in betreff des Honorars die Zusicherung geben, mich nicht in Verdacht einer niedrigen Rolle zu haben, daß Sie mir, für Verlag und Druck unbedingte Vollmacht geben, um alles Hin- und Herschreiben abzubrechen. Ich hoffe dann, bis Ostern 1840 fertig werden zu können und würde dann, für den Vertrag, mir noch die Anzahl der Freiexemplare von Ihnen ausbitten, die Sie zu Ihrer Disposition zu haben wünschen. Wie schmerzlich der Tod unseres Freundes Gans mich betroffen hat, brauche ich wohl nicht zu sagen. Noch eine Bemerkung, wenn ich sie nicht schon im vorigen Brief gab: alle die kleinen Manöver, mit welchen Braniß, Fichte, Sengler, Weiße, Hegel kurieren wollen, ist er selbst, wie aus den mir übergebenen Papieren erhellt, selbst vor ihnen als Bildungsstufe durchlaufen. Antworten Sie bald! Mit aufrichtiger Hochachtung Ihr ganz ergebenster Karl Rosenkranz Der Frau Professor Hegel frei Β er lin Kupfergraben

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151. An Marie Hegel Königsberg, d. 2t. Juni 1839 Hochgeehrteste Frau, ein wahrer Stein ist mir vom Herzen. Sie haben mir geantwortet. Ich bin aufgeklärt und danke Ihnen von Grund der Seele dafür. Hätte ich doch eine Ahnung davon gehabt, daß die Papiere, die so lange in meinen Händen gewesen sind, von dem Verein1 als ihm zugehörig und dem Biographen2, das ist wohl Herrn Hofrat Förster, zuständig betrachtet werden! Ich würde nie daran gedacht haben, solche Schritte zu tun, als durch meine Briefe an Sie geschehen ist, ja, ich würde die Papiere nicht mitzunehmen gewagt haben. Glauben Sie mir, verehrte Frau, daß ich Ihr Benehmen vollkommen gerechtfertigt weiß. Sie konnten nicht anders, mitten in solchen Beziehungen stehend, und gern verzeihe ich nicht nur Ihr Schweigen, sondern muß selbst um Verzeihung bitten, Ihnen durch meine Unternehmungslust so manche Mühe und Sorge gemacht zu haben. Verzeihen Sie mir aber auch, wenn ich beikommend die Papiere mit dem wärmsten Dank für deren Mitteilung zurücksende. In solchen Dingen bin ich '

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Über die Gründung des Vereins u. die Herausgabe der Werke Hegels s. W. R. Beyer, ,Wie die Hegeische Freundesvereinsausgabe entstand. (Aus neu aufgefundenen Briefen der Witwe Hegels.)', in: Deutsche Ztschr. f. Philosophie. Heft 15, 1967, S. 563-569. Der Vertrag zur Gesamtausgabe von Hegels Werken zwischen den Herausgebern und den Verlegern ist abgedr. in: .Briefe von und an Hegel', Bd. IV, Teil 1, Dokumente u. Materialien zur Biographie, hrsg. v. Friedh. Nicolin, S. 132b, c, d. Hamburg 1977. In einem Brief V. v. Enses an Ludwig Robert vom 16. Nov. 1831, also nur zwei Tage nach Hegels Tod, heißt es: „Ich habe Gans aufgefordert, nun rasch den Schmerz in Thäligkeit überzuleiten, ein Leben Hegel's zu schreiben, und eine Sammlung seiner Werke zu veranstalten. Wenn nicht in den ersten sechs Monaten die Sache zu Stande kommt, so geschieht wie gewöhnlich nichts. ... Von Hegel kämen wohl, wenn man Rezensionen, Briefe und vermischte Aufsätze mitrechnet, gegen sechzehn Bände zusammen." Teilabdr. (die fehlende Passage bei A. Warda, .Briefwechsel Rosenkranz-Vamhagen v. Ense') bei W. Dorow, .Denkschriften und Briefe. Zur Charakteristik der Welt und Litteratur', Bd. 5, S. 13. Berlin 1840. (Teilabdruck auch bei Rk., ,Hegel's L e b e n ' , S. 426f.) Der erste Band der Hegeischen Werke erschien im Sept. 1832. - Karl Hegel, Göschel und Friedrich Förster waren, wie Briefe der Familie Hegel belegen, als Biographen auch im Gespräch. In einem Brief Imm. Hegels an seine Mutter vom 12. Aug. 1834 heißt es: „Er [Joh. Schulze] hat Karl [Hegel] sehr geladelt, daß er seine ganze Zeit der Biographie widmet, u. ihm gesagt, es sei nur von Martieineke im Brief so hingeworfen worden, aber im Verein gar nicht beschlossen; wenn er sie machen wolle, so hätte er zehn Jahre Zeit. ... Wenn die Arbeit von solcher Wichtigkeit wäre oder es hieße: in zwei Jahren muß es Förster oder Du gemacht haben, so wäre es allerdings ein Opfer wert; denn entweder muß die Biographie gut erscheinen oder gar nicht. Daß sie aber gar nicht erschiene, wäre zwar zu bedauern, aber auch nicht von so großem Schaden." Förster scheint in der Familie H. aber keinen guten Ruf genossen zu haben. Immamnuel H. spricht von ihm als „der elende, miserable Tropf u. Esel, ... den möchte man erst prügeln" und in einem weiteren Brief vom 4. Nov. 1834 bezeichnet er ihn als „Erzlump von Haus aus". In demselben Brief hält es Imm. Hegel für „wünschenswcrth", daß Göschel „Vaters [G.W.F. Hegels] Biographie bearbeite". (Alle Zitate bei W. F. Becker, a.a.O., S. 598f.)

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ein entschiedener Mensch. Ich habe so gut meinen Daimon als Sokrates. Wie sollte ich mit Lust eine Sache durchführen, wo ich von andern als ein gewalttätig handelnder angesehen werden könnte! Wie sollte ich den Schein auf mich laden, als drängte ich mich zu Ehren, die von andern nach Urkunden, die von einer moralischen Person, dem Verein, beansprucht, als die ursprünglich seinigen angesehen werden! Oder soll ich mich gar dem Verdacht der literarischen Betriebsamkeit da aussetzen, wo es Hegel und seiner Philosophie gilt, besonders da meine Lage mir nicht eine völlige Wegsicht von dem leidigen Geld gestattet, das kein Mensch // mehr braucht als ich und das zugleich niemand mehr verachtet! Nein, teure Frau, das werden Sie einsehen, daß kann ich nicht. Dergleichen würden aber gewisse Leute, die trotz aller Hegeischen Philosophie, die sie genossen und womit sie groß tun, am ehesten urteilen. Auch ohne daß ich die Propädeutik herausgebe, werde ich meines alten Hegels halber, wie ich ihn so gem nenne, Feindschaft und Not genug haben. Denn je inniger ich mit ihm zusammenlebe, um so freier werde ich durch ihn von ihm selbst und bin auch gegen die Zukunft seines Systems nicht blind, so daß ich von den einen ein fanatischer Anhänger, von den andern ein Apostat gescholten werde, in Wahrheit aber, so Gott will, weder das eine noch das andere, sondern wirklich die frische Fortsetzung seines Geistes bin. Ich finde so viel Arbeitsstoff in mir, daß ich niemals verlegen sein werde, etwas drucken zu lassen, also auch niemals nötig haben werde, auf die Manuskripte und Briefe anderer Jagd zu machen. Verzeihen Sie auch diese Äußerungen, die mir nur entschlüpfen, weil ich auf einmal aus einer einsamen Beschäftigung mit der Sache recht lebhaft in die Weltauffassung derselben geworfen bin. Vielleicht, daß in Berlin Herr Professor Gabler oder der designierte Biograph sich nach der gegebenen Anregung damit beschäftigten. Die Papiere sind von mir nach der in dem einen Brief gegebenen Übersicht geordnet. Hegels Autographa aber zur Revision der Nachschriften, die den eigentlich[en] Anhaltspunkt bilden, apart. Was es für ein Unglück gewesen // wäre, wenn unsere Gymnasialschulmeister die Hegeische Propädeutik wenn auch nicht gerade eingeführt, so doch sich zum Muster genommen hätten, sehe ich auch nicht ein. Ich kann wohl sagen, daß ich über Hegel in immer neues Erstaunen verfalle. Diese prägnanten, von Deutlichkeit strotzenden Paragraphen, diese Milde der Sprache, diese Auswahl des Stoffs, dieses Maßhalten, diese Anordnung der Unterrichtsgegenstände, - es ist eine unvergleichliche Meisterschaft. Mir scheint durch Entziehung der Propädeutik der Kenntnis Hegels eine wesentliche Lücke zu entstehen und besonders würde die Mühe, die ihm sichtbar einige Punkte gemacht haben, unendlich lehrreich zu besprechen sein. Doch genug. Ich sage diesem Unternehmen, dem ich gern ein bis anderthalb Jahr ununterbrochener Tätigkeit gewidmet hätte, für immer Lebewohl. Mögen

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Sie diese Entschiedenheit, die in mir dann unwankend ist, mir um des Himmelswillens nicht als ein kleinliches Beleidigtsein, als ein Verletzttun u. dgl. auslegen. Es ist nur die Besorgnis, anderer Rechte zu stören, die mir unüberwindlich ist. Und selbst wenn eine Erlaubnis des Vereins erfolgte, so würde ich mich doch immer geniert fühlen. Geniert aber bin ich zu nichts fähig. Für die Nachrichten von Ihrer Familie danke ich herzlich. Von der meinigen kann ich leider nur das Fortdauern der Kränk//lichheit meiner Frau melden, die sich Ihnen bestens empfiehlt und Ihnen für Ihre freundschaftliche Gesinnung nicht weniger dankbar ist als ich. Es scheint wirklich, als ob das Klima ihr hier sehr nachteilig sei. Rheumatismus und Gesichtsschmerz plagen sie oft bis zur Gedankenlosigkeit. Mich hat Gott glücklicherweise mit viel Geduld ausgerüstet Anfang Juli muß ich Frau und Kinder wieder an die See schicken. Mit dem Wunsch, mich Karl und Emanuel von Herzen zu empfehlen und mir Ihr gütiges Andenken, ja, Ihre Freundschaft zu erhalten, immer Ihr Grüßen Sie doch auch innigst ergebener meine geliebten Hothos, Karl Rosenkranz wenn ich darum bitten darf.

152. An Marie Hegel Königsberg, 29. Juni 39 Hochgeehrteste Frau Professorin, Freund Hotho wird Ihnen schon von meinem Entschluß Nachricht gegeben haben. Ich kann aber nicht umhin, heute abend noch, nachdem ich Ihren heutigen Brief und Sendung erhalten, mit einigen Worten mich dankend gegen Sie zu äußern. Jetzt, wo der Verein mich als sein Mitglied betrachtet, sind natürlich eine Menge außerdem mir unabweisbarer Bedenken gefallen. Ich bin nun im Rechte. Ich usurpiere nichts usw. Auch wegen des meinem Ehrgefühl sehr unangenehmen Geldpunktes habe ich mich entschlossen, nach Beendigung der Arbeit ein Überschlagsquantum zu setzen. Mit welchem Entzücken habe ich die Mission empfangen, Hegels Biograph zu werden, denn zu solchen Arbeiten bin ich in vorzüglichem Grade organisiert. Das Bild, was Sie mir von Hegel schicken, ist mir sehr erfreulich gewesen. Hinrichs besitzt es. Vor 11 Jahren habe ich 4 mal es mir abzuzeichnen versucht. Immer aber scheiterte ich an der Nase. Sie glauben nicht, in welchem Grade der Plan zu neuen Arbeiten mich in meiner hiesigen spekulativen (wie wohl gar nicht geselligen) Abgeschiedenheit spannt.

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Gegen den Verein als solchen habe ich gar nichts. Sollte in meinem Brief eine gewisse Bitterkeit herrschen, so müssen Sie sich dieselbe aus dem Schmerzgefühl erklären, eine Arbeit, die man schon im stillen liebgewonnen hat, aufgeben zu müssen, und sie vielleicht nie gemacht zu sehen. Ich bitte also, dem Verein vielmehr meine Hochachtung und meinen aufrichtigen Dank auszudrücken. Daß Duncker (der ja die Zahl der Exemplare 1 bestimmen kann) auf den Verlag eingeht, bezweifle ich schon nicht mehr.// Das Heft von Herrn Professor Gabler2 habe ich natürlich erst durchfliegen können, sehe aber bereits so viel, daß es von sehr wesentlichem Nutzen sein wird. Gabler ist mir in seiner stillen, soliden Manier wahrhaft erbaulich gewesen, besonders an dem zuletzt bei Marheineke verlebten Mittag, von wo ich mich wegen des französischen Theaters losriß. Der wackre Marheineke ist doch ein gar tüchtiger, immer strebsamer Mensch, den ich unendlich schätze und liebe. Von Henning kann ich das gleiche sagen. Von Hothos will ich schweigen, denn da bin ich förmlich drin vernarrt. Ich habe Bildung, Kenntnis, e s p r i t , m a l i c e , h u m o u r usw. genug, über den einen oder andern von diesen in einer beschränkten Beziehung kritisch hinauszugehen, aber meine innerste Überzeugung in Bezug auf diese seltenen Menschen, und meine reinste Herzensanhänglichkeit an sie steht fest. Leider bin ich selbst bei dem Drang der Zeit während meiner Berliner Aufenthalte immer zu erregt, zu zerstreut und stürmisch gewesen, als daß meine teuren Freunde auch von mir etwas hätten haben können, während ich an ihnen mich sonnte. Ach, es waren so schöne Tage! Die eine Mondscheinnacht, als ich von Hothos nach ein Uhr mich fortstahl, werde ich nie vergessen. Bei Marheinekes waren Sie meine Nachbarin. Es ist in Berlin doch ein ander Wesen als hier, wo ein unausbleibliches Phlegma drückt, wo die Natur so feindlich wird. Herrn D r . Schmidt habe ich leider noch // nicht geantwortet. Er hat auch mir sein Büchlein zugesandt. Will er nach Dorpat, so müßte ich doch von ihm selbst bestimmtere Auskunft haben, denn dann könnte ich ihm wohl noch ganz anders behilflich sein. Ich denke aber, man unterhandelt mit Braniß\ oder hat dieser es abgelehnt? Grüßen Sie doch Herrn D r . Schmidt von mir. Seine Briefe 3 sind richtig, aber wiederholen zu sehr Bekanntes. Er hat viel guten Willen, ein reines Herz und muß erst noch eine Zeitlang schreiben. Daß Hegel in der Religionslehre das spezifisch Christliche, wie man zu ' 2

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Die Auflage jeder Ausgabe der Freundeskreisausgabe war vertraglich auf 1500 Exemplare festgesetzt. Hierbei handelt es sich um ein „Heft mit Erläuterungen für die Logik in der Mittelklasse, dessen Mittheilung ich [K.R.] der Güte des Herrn Professor Gabler verdanke, aus welchem ich das, was nicht zu desultorisch war, aufzunehmen bemüht gewesen bin." (K. R. ,Philos. Propädeutik', S. 4, Berlin 1840.) Schmidt, Reinhold, Christliche Religion und Hegeische Philosophie. Eine Untersuchung in Briefen. Berlin 1839.

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sagen pflegt, läßlich behandelt hat, um es der mündlichen Ausführung zu überlassen, ist pädagogisch tief. Wegen der Religionsphilosophie1 kann ich natürlich gar nichts sagen. Ich habe in solchen Dingen ein[en] Glauben an Gott. Er wird schon dafür sorgen, daß so Wichtiges, wobei er selbst so interessiert ist, en[d]lich dem rechten Mann in die Hände kommt. Ich kann nur meine Bereitwilligkeit erklären, im Fall Marheineke nicht Zeit hätte und in mir nächst sich das geeignetste Organ fände, den Versuch einer Neubearbeitung zu machen. Hotho müßte sie aber revidieren, weil er den Ton Hegels am tiefsten inne hat. Merkwürdig ist es, wie ich erst die Geschichte der Kantschen Philosophie habe schreiben müssen, denn eine gründlichere und bessere Vorbereitung auf Hegel ist nicht denkbar. Mit den innigsten Grüßen an die Freunde, an Ihre Söhne und der Hoffnung, vielleicht bald wieder von Ihnen einen Brief zu erhalten, Ihr freundschaftlich ergebener Karl Rosenkranz Der Frau Professor M a r i e Hegel Wohlgeboren frei Berlin Kupfergraben 4

Immanuel Hegel bemerkte in einem Brief an seine Mutter vom 11. Juni 1838, daß die erste Ausgabe der Hegeischen Religionsphilosophie, die schon 1832, also gerade ein Jahr nach Hegels Tod, als Band 11 u. 12 erschien, „liederlich" zu nennen sei und eine zweite Ausgabe daher sehr wünschenswert sei. In der Familie dachte man wohl daran, Rosenkranz zur Herausgabe der Rel.phil. zu bewegen. I. Hegel schrieb an seine Mutter (27. April 1839): „Bei der Konkurrenz zwischen Bauer und Rosenkranz hinsichtlich der Religionsphilosophie gebe ich auch R o s e n k r a n z aus m e h r f a c h e m Grund den Vorzug. Bauer gehört zu einer theologischen Partei, und dies ist sowohl nachteilig für das Werk selbst als für das Zutrauen, welches die Welt für die zweite Ausgabe hegen soll. Ein Philosoph muß die zweite Ausgabe besorgen; noch dazu ist Bauer ein Stocktheolog, hört und sieht nichts außer der spekulativen Theologie und besitzt keine solche freiere Bildung als für die eigentümliche Aufgabe erforderlich ist: dagegen muß man solche dem Rosenkranz in hohem Grade zusprechen, der zugleich eine seltene Fähigkeit in der Auffasuung des Eigentümlichen und Individuellen anderer Menschen und Dinge besitzt". (W. Becker, a.a.O. S. 603) - Marheineke, mit Unterstützung Bauers, besorgte 1840 (Das Vorwort ist datiert mit .Januar 1840") dann doch, also auch wieder in großer Eile, die zweite Ausgabe unter Hinzuziehung Hegelscher Papiere und aufgefundener Nachschriften und bewirkte bei M. Hegel, daß B. Bauer die Hälfte des Honorars zugesprochen bekam (als einzigem Herausgeber). Vgl. auch den .Briefwechsel zwischen Bruno Bauer und. Edgar Bauer während der Jahre 1839-1842 aus Bonn u. Berlin'. Berlin-Charlottenburg 1844, insbes. S. 10, 12, 22f., 46ff. und den editorischen Bericht in G. W. F. Hegel, ,Ges. Werke", Bd. 17, hrsg. v. W. Jaeschke. Hamburg 1987. Hegel selbst plante die Herausgabe einer Schrift .Über das Dasein Gottes", ein Vertrag kam im Oktober 1831 zustande, der aber durch den plötzlichen Tod Hegels hinfällig wurde.

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153. An Carl Grüneisen Königsberg, d. 6t. Juli 39 Hochgeehrtester Herr, schon längst fühlte ich mich gedrungen, Ihnen auf Ihre freundliche Zuschrift und Zusendung des trefflichen Aufsatzes über die Gesangbuchreformation 1 meinen herzlichen Dank zu sagen. Es soll, wenn auch in aller Kürze, hiermit geschehen. Abgesehen von dem Bilde, was ich mir von Ihnen durch Ihre Schriften (von denen mich besonders die Abhandlung im Illgenschen Journal 2 über das Ethische in der griechischen Plastik im höchsten Grade angezogen hat), für ein Bild gemacht habe, ist es mir erfreulich gewesen, meinen alten Freund Kugler als ein gewisses Band annehmen zu können. Es ist mir sehr leid, Württemberg noch nicht bereist zu haben. Im vorigen Jahr war ich in Wien, Salzburg, München, also nicht zu weit ab; in früheren Jahren in Heidelberg, von wo ich oft den Neckar meilenweit aufwärts im Tal gestreift bin. Vorjährig erlaubte mir die Kürze meines Urlaubs den Abstecher nicht. Sie glauben nicht, wie oft ich mich in das Württembergische hinein versetzte. Seit Gans tot ist, hat sich dies noch gesteigert. Der Verein für die Herausgabe der Hegeischen Werke hat mich gewählt, an seiner Stelle Hegels Leben zu schreiben. Ich habe dies angenommen und fühle nun dringend das Bedürfnis, in Tübingen, im theologischen Seminar, in Stuttgart, mich umgesehen zu haben. Schlesiers Buch: Oberdeutsche Staaten und Stämme, gab mir zuerst eine geistigere, wenn auch, wie ich nicht mehr zweifle, einseitige // Auffassung Württembergs. Vischers Charakteristik 3 , in den Halleschen Jahrbüchern, brachte mir die nötigen Korrekturen. Die Köstlinsche Schilderung der Schwäbischen Dichterschule4, Strauß' Charakteristik Kerners5 und vieles andere gehört auch hierher. Den Koryphäen Ihrer Dichter, Uhland, war ich so glücklich, in Wien kennenzulernen. In der Literatur entgeht mir wohl so leicht nichts von Bedeutung, was bei Ihnen produziert wird. Rapps Student von

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C. Griineisen, Über Gesangbuchsreform. Stuttgart u. Tübingen 1839. Zeitschrift für die historische Theologie. Bd. 1-45. Leipzig 1832-1875. Die Ztschr. wurde hrsg. von Christian Friedrich Illgen (1786-1844), ao. Prof. für Philosophie in Leipzig, 1825 o. Prof. f. Theologie ebenda. Fr. Vischer, Dr. Strauß und die Wirtemberger, eine Charakteristik von Fr. V. In: HallJbb. 1838, No. 57-60 u. 63-69 vom 7. - 21. März. Eine Fortsetzung erschien u. d. T. .Doctor Strauß charakterisiert v. Fr. V.' . In: HallJbb. No. 136-140 vom 7. - 12. Juni 1838. Wiederabgedr. in: Fr. V., .Kritische Gänge'. Bd. 1, 1844. In: HallJbb. 1839 No. 6, Sp. 41-48, No. 7, Sp. 49-56, No. 8, Sp. 57-61, No. 18, Sp. 137-144, No. 19, Sp. 145-151. Der Aufsatz erschien unter seinem Pseudonym C. Reinhold. D. F. Strauß, Justinus Kemer. In: HallJbb. 1838. No. 1-5 u. 7. Wieder abgedr. in: D. F. Strauß, .Gesammelte Schriften'. Bd. 1. Hrg. v. E. Strauß. Bonn 1876. Vgl. auch H. Fischer, .Die Hallischen Jahrbücher u. die Schwaben', in: Württemb. Vjshefte für Landesgeschichte. N.F. Jg. 25, 1916.

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Counbra 1 (in seinen Atellanen), welcher die Lieblichkeit und Anmut der schwäbischen Haussitte und Sprache so schön darstellt, ist einer meiner größten Lieblinge. Der Neutralisationsprozeß, der von Strauß, Binder, Vischer und Fischer, zwischen Hegel und Schleiermacher, also zwischen den markiertesten und nobelsten Typen süd- und norddeutscher Bildung, welche unter den Dichtern von Schiller und Tieck früher dargestellt wurde (Goethe ist weder süd- noch norddeutsch, sondern eine wahrhafte Mitte, worin er sich auch dem Lokal nach gehalten hat und nur einmal verstohlen in Berlin, keinmal in Wien gewesen ist, sondern im Thüringischen, Fränkischen und am Mittelrhein sein Wesen hatte), bei Ihnen jetzt vollzogen wird, dieser Prozeß hat meinen größten Anteil, weil er auch in mir vorgeht, nur anders, indem ich meiner väterlichen Abstammung nach ein Mecklenburger, meiner mütterlichen nach ein Franzose, aber mitten in Deutschland, in Magdeburg geboren und sowohl mit Schleiermacherschen als Hegeischen Elementen infiziert bin. Wenn ich kann, komme ich bald einmal nach Schwaben. Es ist nur abscheulich, daß // die gar zu weite Entfernung von Deutschland, zumal ich drei noch sehr unerzogene Kinder und eine stets kränkelnde Frau habe, mir die Ausführung so guter Vorsätze oft sehr schwierig macht. Sie stehen gewiß mit der Redaktion der Cottaschen Vierteljahrsschrift 2 in einiger Verbindung. Ich bin zur Teilnahme eingeladen und habe dieselbe bisher weder abgelehnt noch zugesichert. Ich bin nicht abgeneigt, einen Beitrag zu geben, nur zweifle ich, ob's in diesem Jahr geschehen wird, weil ich an der Geschichte der Kantschen Philosophie eine Riesenarbeit zu vollbringen habe, die alle Kraft und Zeit, s i c u t i i u s ac f a s e s t , verschlingt. Mit der Versicherung der reinsten Hochachtung und dem lebhaften Wunsch, von Euch in Deutschland nicht vergessen zu werden, da mir hier das Slawen(und mitunter Sklaven-) tum schwer auf dem Nacken sitzt, Ihr ganz ergebenster Karl Rosenkranz Sr. Hochwürden dem Königl. Kapellan, Pfarrer Herrn Dr. Grüneisen frei Stuttgart

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Atellanen. Dramatische Arbeiten. Stuttgart u. Tübingen. 1. Slg. 1836. 2. Slg. 1842. Deutsche Vierteljahrsschrift. Jg. 1-33, (H. 1-132). Stuttgart u. Tübingen 1838-1870.

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154. August 1839

154. An Rosalie Schönfließ Königsberg, den 23. August 1839 Hochgeehrtestes Fräulein ! S i e verzeihen, wenn ich S i e so lange ohne Antwort gelassen habe und in diesen Zeilen eigentlich auch keine sende, weil ich mit meinem ganzen Wesen seit einem Jahr in Abgründe der Spekulation verloren bin, die mir das Reich der Kunst, den Genuß der Schönheit, sehr fern rücken und all' meine Kraft jeweilig ganz woanders konzentrieren. Soviel in einer solchen Stimmung ein Urteil in ästhetischen Dingen gefunden werden mag, kann ich wohl sagen, daß mir in der neuen Bearbeitung die ersten drei Akte an Straffheit im D i a l o g e und dramatischer Lebendigkeit, selbst durch die metrische Bestimmtheit, die Sie so schnell sich angeeignet haben, außerordentlich gewonnen zu haben scheinen. Ich gestehe Ihnen ganz aufrichtig, daß das Drama selbst mir nicht über den, seit ein paar Dezennien für solche S t o f f e üblich gewordenen Ton, auch nur im geringsten hinauszugehen scheint. Es werden sehr viele Dramen gedichtet, die nicht schlechter sind als das Ihre. Und dennoch bewundere ich Sie, wenn ich bedenke, daß ein weibliches Gemüt zu einer solchen Fertigkeit der Anschauung, als das Drama erfordert, sich hat erheben und zu einer solchen Mannigfaltigkeit der Charaktere hat entäußern können. Wollte ich in das einzelne gehen, so müßte man dies mündlich besprechen, man müßte es laut lesen, zum Teil wirklich spielen; das erst ist die wahre Probe dramatischer Wirklichkeit. S o im stillen Lesen wird man endlich beim Überlegen an seinem eigenen Urteil wieder irr. S o etwas läßt sich aber nur mit einem großen Zeitaufwande und freiem Sinn ausführen. Sie deuten in Ihrem Brief an, mein früheres Urteil sei auch ein pathologisches, nicht bloß ästhetisches gewesen. J a , Verehrteste, und ich muß wieder darauf zurückkommen, denn ohne alle diese Umstände, die Sie in Ihrem liebenswürdigen Schreiben an mich mit so vieler Selbstkenntnis und Zartheit darlegen, würde Ihr Drama nicht halb den Reiz für mich haben, den es hat. E s mag Ihnen hart vorkommen, wenn ich Ihnen sage, daß ich diese Johanna Gray, wäre sie mir gedruckt aufs Zimmer gelangt, ohne alles Bedenken so schnell als möglich beseitigt haben würde, dann würde ich gedacht haben, das ist immer noch das Wesen von Körner, Raupach, Michael Beer, selbst Charlotte BirchPfeiffer. Damit kommen wir aber nicht von der Stelle. Das sind nur Fortsetzungen und zwar untergehender, früher eingeschlagener Richtungen. Unser Drama bedarf ganz neuer Kräfte, Ideen, Formen, wie sie in exzentrischen Gestalten bei Grabbe, M. Rapp, im Melodrama, zum Teil usf. oft als Karrikatur sich ankündigen. So aber gewinnt jeder Vers für mich eine höhere Bedeutung, weil ich die edle, schöne, tapfere Seele daraus entnehme, die ihr Innerstes darin verbirgt. Ihre Gedichte haben mich in dieser Meinung bestärkt. Auch ihrer haben wir tausende, die auch nicht schlechter sind. Allein, daß ich mit den Ihrigen mir die

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Vorstellung eines bestimmten Wesens machen kann, das sein Ahnen, Glauben, Hoffen, Freuen darin austönt, gibt denselben für mich einen großen Reiz. Für das schlechteste halte ich: des Sängers Tod; ein abgehetztes T h e m a in abgerissenen Wendungen. Für das beste: an einen Jüngling, denn da kommt Ihr schönes, sittliches Wesen, das auch an der Johanna so erfreut, recht an den Tag. Sie fragen mich um eine Ästhetik. Ich empfehle Ihnen keine und rate Ihnen, lieber die kleinen Abhandlungen und Selbstkritiken von Schiller und Goethe, den Briefwechsel Goethes mit Schiller und Zelter, Tiecks Einleitungen 1 zu Lenz und Kleist u. dgl. zu lesen. Da werden Sie viel lernen und sich eher verständigen, als in den Ästhetiken, von denen nur zwei bis jetzt sich empfehlen lassen: 1) die von Solger (herausgegeben von Heyse), 2) die von Hegel, die Hotho herausgegeben hat, und die, drei Teile umfassend, etwas teuer ist. Sein Sie überzeugt, mein liebenswürdiges Fräulein, daß ich so flüchtig sein zu müssen wahrhaft bedaure, und schieben Sie es auf den bösen Männertick, wenn Sie mich in diesem Brief im Hintergrunde mehr mit Ihrer Person, als mit Ihren Gedichten, den Offenbarungen derselben, beschäftigt finden. Möchte doch Ihr Leiden, woran ich den herzlichen Anteil nehme, Ihnen Ihre Tage nicht zu sehr verkümmern! Der Genius der Poesie wird Sie nicht verlassen und Gott mit seinem Wundertrost noch weniger. Schreiben Sie nur immer dreist an mich, wenn solche Entgegnungen, wie diese, Sie nicht, was ich beinahe fürchte, erkälten. In aufrichtiger Hochachtung Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

155. An Leopold Voß Königsberg, d. 24 Aug. 39 Abends Immer, mein lieber Herr Voß, hatte ich noch geglaubt, einige Aushänge.bogen zu bekommen. Da ich aber fertig bin, so mag ich das M s . nicht länger im Hause haben, h o f f e jedoch, daß Ihnen die zweite Sendung richtig zugekommen ist und Sie also an M s . keinen Mangel gelitten haben. Ich habe auch Vorrede und Inhaltsanzeige sogleich mitgeschickt. In meiner Handschrift muß ein undeutliches e vorkommen. Ich habe gefunden, daß R a u s c h für R e u s c h , B a t t a u x (53) statt B a t t e u x , früher d ' A l a m b e r t statt d ' A l e m b e r t gedruckt ist. Lassen Sie die Setzer doch ja recht aufmerken, denn im dritten Buch sind sehr viel Namen und Zahlen. So wäre denn mit 1

Tieck gab die Werke H.v. Kleists (1821) u. R. Lenz' (1828) heraus.

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dieser dritten Sendung mein ganzes Werk am Kant beschlossen. Möchten Sie und die Nation mit mir zufrieden sein! Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

156. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Königsberg, d. 30t. Aug. 39 Mein verehrtester Herr Brockhaus, Sie empfangen beikommend nach Ihrem Wunsch die Artikel Kühne1 Laube2 Mündt3. Ich finde notwendig, mit ein paar Worten auszusprechen, welche Grundsätze mich dabei geleitet haben. 1, ich bin schonend gewesen und habe alles Geschäftige oder Harte wo nicht ganz vermieden, wenigstens bloß, oft indirekt und negativ, angedeutet; 2, ich habe alles Vergleichen derselben untereinander, diesen Erisapfel, diesen Quell so vieler Unwahrheiten und Übertreibungen im Guten und Bösen, beiseite gelassen; 3, ich habe alles Ableiten aus Börne, Heine, Goethe, II Jean Paul, Varnhagen, Woltmann, womit die gewöhnlichen Kritikaster die Zeit hinbringen, unterlassen, aus dem vorigen Grunde; 4, ich habe die politischen Meinungen dieser Schriftsteller unerwähnt gelassen, zu ihrem Wohl und weil es auch sonst unangebracht wäre, da die Sache zu emst ist. 5, Kürze.

Das Blättchen über Kühne erfolgt mit Dank anbei zurück.

Nun sprechen Sie sogleich vom Buchstaben R. Das ist aber gegen unsere Abrede. Ich wollte Ihnen einen Artikel schreiben:

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K. Rosenkranz, Kühne, in: Conversationslexikon der Gegenwart. Bd. 3, S. 145-147. Leipzig 1840. K. Rosenkranz, Laube, in: Conversationslexikon der Gegenwart. Bd. 3, S. 247-249. Leipzig 1840. K. Rosenkranz, Mündt, in: Conversationslexikon der Gegenwart. Bd. 3, S. 786-789, Leipzig 1840.

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Philosophie der Geschichte1 ähnlich wie der Artikel: Fortbildung der Ästhetik2, // der so sehr gefallen hat. Bitte also, mich hierüber zu bescheiden, ob ich diesen Artikel noch vornehmen soll oder nicht. Mir gilt's gleich.

Herrn D r .Espe bitte bestens zu grüßen und ihm für die übersandten Sachen herzlich Dank zu sagen.

Zu Ihren Blättern habe ich leider vor Kants eisern mich beherrschendem Szepter noch immer keine Zeit gefunden. Alle Journale sind seit einem Jahr von mir unangerührt geblieben. Dies zur Entschuldigung Ihres ergebensten Karl Rosenkranz

157. An Leopold v. Henning Königsberg, d. 5t. Okt. 39 Wie schnell ist mir in der Arbeit an Kant dies Jahr verflossen! Heut vor einem Jahr traf ich mit Ihnen auf der Post zusammen und wir gingen ein Stückchen durch die Straßen. Es war damals von Steffens Religionsphilosophie3 die Rede, deren Kritik ich zu übernehmen wünschte. Ist man noch dieser Meinung, so bitte ich um Nachricht, denn sie ist nun erschienen. Vielleicht hat sich in Berlin über dieselbe in gewissen Kreisen schon ein Urteil oder Vorurteil gebildet, auf welches Rücksicht zu nehmen wäre und das Sie mir mit einigen Worten andeuten könnten. Vor mehreren Monaten fragte ich auch an, ob man mir Gärtners4 Philosophie des Rechts überlassen wolle. Auch hierauf wünschte ich endlich eine Antwort. Ferner hatte ich gebeten, mir doch von meiner Kritik der Hegeischen Ästhetik einen Abdruck zugehen zu lassen. Auch darauf harre ich seit Monaten * K. Rosenkranz, Philosophie der Geschichte, in: Conversationslexikon der Gegenwart. Bd. 4, 1. S. 193-201. Leipzig 1840. K. Rosenkranz, Die Ästhetik in ihrer Fortbildung, in: Conversationslexikon der Gegenwart. Bd. 1, S. 251-255. Leipzig 1838. ^ H. Steffens, Christi. Religionsphilosophie. 2 Thle. Breslau 1839. Rosenkranz Rez. erschien in den JbbwissKrit. 1840, Bd. 2, Sp. 665-95. 4 Gustav Friedr. Gärtner, Die Rechts- und Staatslehre (1. Theil, a. u. d. T. .Die Philosophie des Lebens', 1. Theil), Bonn 1838. Rez. in den JbbwissKrit. 1840, Bd. 2, Sp. 918-926.

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157. Oktober 1839

umsonst. Herr Prof. Bayrhoffer 1 in den Hall. Jahrbüchern hat gemeint, ich hätte Hegel in nichts tadeln oder gleich etwas anderes schaffen sollen. Eine Kritik, welche sich nur in einer panegyrischen Reproduktion gehen ließe, scheint mir aber keine Kritik zu sein. Daß der Tadel, den ich vorbringe, gegen Hegels naturwüchsige Riesenwerke immer kleinlich aussieht, habe ich selbst ausgesprochen. Nur negativ zu verfahren, ist übrigens gar nicht meine Weise und es sind Andeutungen genug in meiner Kritik, welche einen positiven Hintergrund meines Tadels raten, der, so Gott will, mit der Zeit sich schon offenbaren wird, da ich vieles i n p e t t o habe, was ich aber ausreifen lassen will, da ich von mancher Überschnelligkeit mich bisher nicht freisprechen kann. Der Welt kann man's nie Recht machen, soll's auch nicht. Das sehe ich auch an meiner Psychologie. War erst immer eine Not um die Popularität. Ich nehme also die ganz vernachlässigte Psychologie vor, weil sie all dem gewöhnlichen Weltbewußtsein die Augen auftun kann, weil sie als Stoff schon populär ist. Siehe da, nun schilt man wieder die Trivialität; nun soll's wieder nichts sein mit der Popularität. Ich bin insofern gegen solche Angriffe ruhig, als ich in meinen Arbeiten Stufen meiner Entwicklung sehe. So verstecke ich mich nicht gegen ihre Fehler, ziehe aber unendlichen Gewinn daraus. Der Fortschritt ist der beste Trost." Meine Anzeige des Leibniz von Guhrauer ist Ihnen doch zugekommen? Daß man das Vertrauen gehabt hat, mich zum Biographen Hegels in die Sozietät der Herausgeber seiner Werke aufzunehmen, hat mich unendlich gefreut und werde ich alles daran setzen, dieser Ehre zu entsprechen, hoffe auch, durch meine Arbeit über Kant, welche im November in den Buchhandel kommt, den tatsächlichen Beweis zu liefern, daß die Wahl zweckmäßig gewesen ist. Ich habe nun schon nach meiner leidenschaftlichen Weise eine Menge von Reflexionen über dies Thema gemacht, die mir Anhaltspunkte zum Einsammeln des Stoffes werden. Die Städte, in denen Hegel lebte und deren Verhältnis zu den Arbeiten, die er darin vornahm; seine Stellung zur politischen Entwicklung seiner Zeit, die unendlich groß und bedeutend ist, von dem Aufsatz über das Naturrecht an bis zur Kritik der Englischen Reformbill hin; sein Verhältnis zur Kirche; zum Unterrichtswesen; seine Jugendfreundschaft zu Hölderlin u. Sinclair, deren Bücher ich in Bezug darauf durchgehe; sein Reiseleben; die Charakteristik seiner nicht genug zu bewundernden Sprache; Hegel als Geschäftsmann; als Freund; als Hausvater; als Kritiker; sein Verhältnis zu Kant, Fichte und Schelling einerseits, zu Klopstock und Lessing, Schiller und Goethe andrerseits; dies alles, sowie seine Werke, will ich schildern und zwar e x profundis. 1

In der Rez. Bayrhoffers in den HalUbb. No. 174ff, vom 22. - 25. Juli 1839 heißt es (Sp. 1408): „So finden wir auch in des Verf. Rezensionen von Hegel's Werken theilweise ... ihm gegenüber auch oft ein kleinliches Meistern oder vielmehr Bedenkenmachen, welches bei tieferem Durchdringen entweder wegfallen oder etwas Besseres schaffen würde."

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Die Ausarbeitung der Propädeutik, wo ich Manuskript von ihm selbst durchzunehmen habe, ist mir, um in die letzte Vertraulichkeit mit dem Herrlichen zu gelangen, unschätzbar. Sie glauben übrigens nicht, wie schade es gewesen wäre, wenn diese Papiere vermodert wären. Der Einwand, daß wir den ganzen Inhalt jetzt durch ihn selbst besser haben, ist nichtig, da es hier gerade auf die Form ankommt, die höchst merkwürdig, ein Muster von keuschem und präzisem und zugleich mildem Ausdruck ist. Die Abweichungen aber sind höchst lehrreich, weil sie uns 1, pädagogisch weise Modifikationen, nach den verschiedenen Klassen; 2, aber auch ein Werden der Sache selbst in Hegel zeigen, wiewohl die Grundbestimmungen schon 1808 bei ihm unerschütterlich fest sind. Ich will nicht behaupten, daß wir diese Propädeutik auf Gymnasien sofort gebrauchen können, was auch gar nicht der Zweck ihrer Mitteilung ist; allein Muster, wie man es anzufangen habe, die Jugend Philosophie zu lehren, werden sie sein und außerdem in Einzelheiten vielfach die strengste Spekulation anregen ζ. B. wenn Hegel mit der Idee des Lebens die der Schönheit zusammenfaßt usf. Zu Neujahr hoffe ich mit der Arbeit fertig zu sein und sie an Freund Hotho [zu] senden, der die Korrektur übernehmen wollte. Sie würde Bd. III der vermischten Schriften bilden; Bd. IV würde das Leben sein. In dieses werde ich auch eine Charakteristik 1, von Süddeutschland; 2, von Mitteldeutschland; 3, von Norddeutschland in Bezug auf die Philosophie bringen; denn Hegel ist in der Diagonale durch Deutschland gegangen. Ich habe mir auch eine Menge Bücher angeschafft, das Wesen der Schwaben recht zu durchdringen. Doch genug. Wes das Herz voll ist, stürzt der Mund über, zumal bei mir. Sollten Sie die Frau Professor Hegel sprechen, so bitte ich bestens mich zu empfehlen und zu sagen, daß ich die Papiere richtig erhalten habe und nächstens schreiben würde. Ich habe in diesen Tagen eine neue Wohnung bezogen, da bei dem steten Kinderzuwachs und Bücherzuwachs die alte zu eng wurde. Sollten Sie mir für meine neue Einrichtung das von meiner Kritik über die Kölner Angelegenheit an rückständige Honorar (der letzte gedruckte Aufsatz war die Anzeige von [?]) in diesem Monat vielleicht schicken können, so würde mir auch das sehr angenehm sein. Mit herzlichem Gruß Ihr ergebener Karl Rosenkranz [Anm. auf S. 2 des Ms.:] ζ. B. als ich in Nürnberg war, habe ich Tag und Nacht nur an die Logik gedacht, derem stillebigen und schön gegliederten Wesen die Stadt mit ihren Ringmauern und Türmen in einer abstrakten Ebene entspricht.

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158. Oktober 1839

158. An Marie Hegel Königsberg, d. 26st. Oktbr. 39 Hochgeehrteste Frau, Sie werden durch Herrn v. Henning wohl schon gehört haben, daß mir die letzten Papiere mittelst der Frau v. Yxkiill richtig zugekommen sind. Das dabei befindliche Autographon Hegels ist das Brouillon zu dem in den vermischten Schriften gedruckten Schreiben an Niethammer über das Baiersche Normativ. Sollte es Ihnen nicht möglich sein, mir von diesem, dem Normativ, ein Exemplar verschaffen zu können? Zur völligen Einsicht in Hegels Behandlung des Unterrichts würde es nicht unwichtig sein. Die Papiere, die ich von Herrn v. Yxkiill in Händen habe, werde ich in die Biographie als Episode hineinarbeiten und den Brief 1 über Rußland, der ihm bedenklich erscheint, nur auszugsweise und nicht als an ihn gerade geschrieben mitteilen, so daß er völlig ruhig sein kann. Sie haben wohl die Güte, ihm dies zu sagen, wenn er nach Berlin kommt. Die Propädeutik werde ich Weihnachten fertig schicken. Wegen Hegels Leben würde ich Sie auch noch ersuchen, mir von der Zeitung, die er in Bamberg2 redigierte (S. Gans' Vermischte Schriften II, 245), durch Ihre Verbindungen in Bayern ein Exemplar, wenn auch nur leihweise, verschaffen zu wollen. Bei einem so großen Menschen als Hegel darf man nichts unberücksichtigt lassen. Man muß in alle seine Taten sich Einsicht schaffen. Andere Papiere, Briefe, Notizen e t c . werde ich so frei sein, mir von Ihrer Gefälligkeit dann zu erbitten, wenn ich mit der Propädeutik fertig bin, da ich gem immer nur Eines tue. Wenn's geht, möchte ich im nächsten Sommer wohl nach Schwaben und der Schweiz reisen, wo ich noch nicht war, um den Lokalgeist, in welchem Hegel aufwuchs, noch näher kennenzulernen und auf der Durchreise durch Berlin tausend Dinge mit Ihnen und den Freunden zu besprechen. Im Winter 1840-41 würde ich dann die Arbeit selbst gewiß zu Ende bringen. Ängstigen Sie sich doch übrigens, teure Frau, nicht wegen Hegels Orthodoxie. Ich versichere Sie, daß Gott mit ihm tausendmal zufriedener sein wird, als mit den Maulchristen unserer Tage, mit diesen Christushelden, Sündengroßtuern, Philosophiehassern. Ich werde mir erlauben, in der Einleitung zur Propädeutik hierüber in allem Zorn der Liebe zur Sache ein energisches Wort zu sagen. Gerade Hegels Christentum tut uns not. - Herr 1 2

Vgl. Brief Nr. 406 der .Briefe von und an Hegel', a.a.O. Bd. 2, S. 297f, 491f. Über die Bamberger Ztg. und Hegels Tätigkeit als Redakteur s. Wilhelm Raimund Beyer, .Zwischen Phänomenologie und Logik. Hegel als Redakteur der Bamberger Zeitung'. Köln 1974. - Gans schrieb den Nekrolog von Hegel, der abgedr. ist in Gans' .Vermischte Schriften', Bd. Π, S. 242-252.

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Superintendent Wald wird von der Stadt für einen ehrsüchtigen Heuchler gehalten. Für so schlimm halte ich ihn nicht, sondern für einen gedankenschwachen Gefühlsmenschen, dem neben dem lieben Gott Würden, Gelder und Orden nicht unangenehm sind. Adelheid, ursprünglich ein gutes Mädchen, ist seit dem Tod der trefflichen Mutter auf dem Wege, eine kleine pietistische Heilige zu werden. Ihre Söhne sind wieder da. Herzlichen Gruß an sie. Mit reinster Anhänglichkeit Ihr innigst ergebener Karl Rosenkranz 159. An Arnold Ruge Kg., 3t. Nov. 39 Mein lieber [...] Du erhältst anbei: 1., einen schönen Aufsatz 1 von meinem intimsten Freunde hierselbst, D r . A l .Jung. Ich bitte dringend, denselben sobald als möglich abdrucken zu lassen, teils der Sache wegen, teils des Mannes wegen, der außerordentlich an Hypochondrie leidet und den eine solche Aufmerksamkeit wenigstens auf vier Wochen erheitern würde. Auch ein paar freundliche und baldige Worte an ihn wären mir sehr angenehm. Dieser Jung ist ein Riese an Gedanken, ein seltener Stilist und eine a n i m a c a n d i d a vom lautersten Enthusiasmus in einer äußerlich sehr drückenden Lage. Wir wollen alles tun, um ihn an den Jahrbüchern recht flott zu machen. So göttlich er schreibt und so viel Schätze er in sich birgt, so schwer ist er dazu zu kriegen, außer er wird sogleich gedruckt. 2. erhältst Du von mir einen wunderlichen Aufsatz, der zum Teil durch das, was ein Württemberger gegen Streckfuß 2 in den Hall. Jahrb. gesagt hat, mir in dieser Woche erwachsen ist. Es enthält viel Beiträge zur literarischen Statistik. Ich denke, er soll gut tun.

Über Immermanns vergeben?

Epigonen

möchte ich gern schreiben; ist er schon

Viel kann ich leider (oder auch nicht leider) nicht schreiben, da wohl kein 1 2

Alex. Jung, Gölhe's Briefe an die Gräfin Auguste zu Stolberg. In: HaUJbb. 1839, Nr. 290-291. Anón. (=Amold Ruge), Karl Sireckfuß und das Preußenthum. Von einem Württemberger. In: HallJbb 1839. Nr. 262-264. Rez. von Sireckfuß' Schrift, Über die Garanden der preuß. Zustände. Halle 1839. Rosenkranz Aufsalz wurde nicht gedruckt. Vgl. hierüber K. R., Studien Th. 5, S. Xf.

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160. November 1839

Hallescher Professor der Philosophie weiß, was es sagen will, ganz allein alles, was von Arbeiten in der Fakultät e t c . vorkommt, zu machen. In Halle sind 4 Ordinarien! Für die interessanten Nachweisungen aus Deinem Leben danke ich Dir sehr, wünschte jedoch, daß Du mir noch ein trockenes chronologisches Verzeichnis Deiner Schriften, von denen ich die frühesten nicht besitze, mit Angabe der Verlagsorte anfertigen möchtest. Wenn Du bedenkst, wie wichtig dieser Artikel im Konversationslexikon für Deine ganze Auffassung werden kann, wirst Du mir meine Bitte nicht abschlagen. Grüß Hinrichs, Echtermeyer und Schaller! Dein Karl Rosenkranz

160. An Johannes Schulze Hochgeehrtester Herr, damit Sie in Ansehung meiner nicht, wie schon einmal, durch schwankende Gerüchte behelligt werden, erlaube ich mir, Ihnen diese selbst zu schreiben. Es ist im August dieses Jahres von Heidelberg aus der Ruf an mich ergangen, mit 1800-2000 Fx. [?] Gehalt dorthin zu gehen. Aus tausend subund objektiven Gründen war ich schon entschlossen zu folgen, als der plötzliche Sturz des Herrn Geheimen Staatsrats Nebenius 1 , der mich in Vorschlag gebracht hatte, leider eine Zurücknahme meiner Vokation bewirkte. Besonders wegen der Kränklichkeit meiner Frau, wegen Hegels Leben, das ich zu schreiben übernommen, und des Reisens halber, das mit eigenen Mitteln von hier aus, wenn man kein Vermögen hat, doch schon schwer fällt, würde mir diese Versetzung sehr angenehm gewesen sein und mich mit tausend neuen Kräften belebt haben. Das habe ich nun der leidigen Politik zu danken. Dagegen erneuerte man mir vorigen Montag von Dorpat aus, auf Veranlassung des (durch meine Rede über den Zweikampf auf Universitäten dazu besonders bewogenen) Curatorii, aufs dringendste den Antrag, mit einem Gesamteinkommen von etwas über 2000 Talem dorthin zu kommen. Gleichzeitig mit diesem Brief an Sie geht auch mein Absagebrief an den zeit. Dekan der philos. Fakultät ab und habe ich darin an meiner Statt doch wieder Professor Schaller vorgeschlagen, weil sich die Hegelianer in Berlin und Halle fast zu sehr aufeinander drängen. Nächstdem habe ich Herrn v. Werder und D r . Schmidt in Vorschlag gebracht.

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N. trat am 6. Okt. 1839 als Badischer Innenminister nach Streitigkeiten mit Bittersdorf zurück.

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Können Sie aber, Verehrtester, mich nicht als Diplomat bei dem neuen Präsidenten des Badenser Ministeriums empfehlen? Ich würde dort recht an meiner Stelle // sein. Am ganzen Rhein ist jetzt kein energisch eingreifender Philosoph. Hier bleibt, bei dem dumpfen Lokalgeist der Provinz, wenn auch nicht der Stadt, meine größte Kraft, der mündliche Vortrag, immer nur halb, was er sein könnte, weil ich mich, bei dem beschränkten Horizont der meisten Studierenden, immer herunterstimmen muß, wozu ich nun wohl das Talent besitze, was aber auch gefährlich werden kann. Ich bin auch überzeugt, daß, wenn in Heidelberg gerade eine vernünftige Philosophie mit Ernst und Anmut gelehrt würde, dies einen sehr wohltätigen Einfluß auf die religiöse und politische Bildung haben würde, welche dort in so vielen Querköpfigkeiten pulluliert. Auch ist zu bedenken, daß viele Preußen jetzt nach Heidelberg gehen, ohne dort, wie mir ehemalige Zuhörer brieflich klagen, wissenschaftliche Befriedigung zu finden. Endlich wäre es Preußen auch ein Ruhm, den ersten Hegelianer über die Grenze zu lassen, da bisher die Anhänger der Hegeischen Philosophie immer nach Preußen strebten. Sie sprechen vielleicht mit dem Herrn Geheimen Rat Bökh und dem Legationsrat Varnhagen v. Ense und Herrn Oberkonsistorialrat Marheineke hierüber. Mit der aufrichtigsten Hochachtung Ihr Königsberg, innigst und dankbar d. 14t. November ergebener 1839 Karl Rosenkranz

161. An Arnold Ruge Königsberg, d. 27t. Nvbr. 39 Mein lieber [...] Solche Briefe, wie die Deinigen, namentlich wie Dein letzter, sind für mich von der größten Bedeutung. Sie versetzen mich immer in eine andere Welt, als meine Umgebung hier ist. Bedenke, daß 120 Meilen zwischen uns liegen, daß die Weichsel zwischen uns fließt, daß das Slavische hier sich überall bald offener, bald versteckter geltend macht. Ich gebe Dir zuvörderst Recht, daß mein Aufsatz: Deutschland und die Wissenschaft 1 unter den gegenwärtigen Umständen und Zuständen am besten gar nicht gedruckt wird. Aber dann mag er überhaupt ungedruckt bleiben, denn zu einem anderen Zeitpunkt würde er noch weniger passen. Ich bitte also, ihn mir durch Wigand retournieren zu lassen. Einzelheiten daraus werde ich ander-

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K. Rosenkranz, Deutschland, Preußen und die Wissenschaft, im Jahre 1839, in: Königsberger Literaturblau. Nov. 1844, Nr. 91-94, wiederabgedmekt in den Studien Th. 5.

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wärts gebrauchen können. Vieles habe ich konditionell und optativisch gesagt, nur um es durchbringen zu können. Sonst ist meine aufrichtige Überzeugung darin enthalten. Ich sehe zum zweiten Mal in meinem Leben, daß ich gar kein Talent zur Politik habe, daß ich dieselbe nur unter dem literarischen Gesichtspunkt verstehe und merke das recht, wenn ich einen Brief von Dir lese, welcher dergleichen berührt. Zum Politischen, worin es auf den Moment, auf bestimmtes Kontrebalancieren, auf ein katastrophierendes Wesen ankommt, habe ich nicht Einseitigkeit und nicht Fanatismus genug. Du wirst darin eben den Zopf finden. Gut. Seiner Natur muß man keine Gewalt antun, wenn man sie nicht verzerren will. Ich habe mich an den Tatsachen, die ich in jenem Aufsatz zusammenstellte, wirklich erbaut und kann nicht so schwarz sehen als Du, der Du immer in Erdmann, Altenstein, Schulze und Leo im Kreise umhergehst. Du scheinst mir in diesem Punkt von persönlicher Gereiztheit nicht frei. Du gibst Deine Wirksamkeit als Dozent 1 in einem Moment auf, wo sie recht floriert, weil der Minister Dich nicht anstellt. Ist das recht? Ist das eine Ausdauer objektiver Gesinnung, der es um die Sache zu tun ist? Handelst Du in ihnen damit nicht recht [nach] Gefallen? Du glaubst, sie Deinen Zorn empfinden zu lassen, und sie sind ganz froh dazu, den lästigen Gesellen los zu sein. Vor einem Jahr lobst Du Preußen, die Beamten e t c . Nun tu ich es auch, und zwar mit ganz bestimmten historischen Angaben - nun ist's nicht recht. Hat ein Jahr uns Preußen so verändert? S. 444 Deines Novellisten 2 erklärst Du 1) durch die Hegeische Philosophie oder 2) durch den Staatsdienst versöhne man sich mit der Gegenwart. Nun tadelst Du mich darüber, daß ich dies sage und nimmst Staatsdienst als etwas Lakaienhaftes, und es soll der Humor das Resultat Deines Novellisten sein, über welchen ich mich öffentlich nicht weiter aussprechen mag, weil ich ihn für kein Kunstwerk halten kann, sondern nur für ein Mosaik anmutig erzählter Geschichten und körniger Maximen des Kleinlebens unserer Welt. Du vermissest Preußen bei der Orientalischen Frage in der letzten Zeit. Ich bin froh dazu. Ich habe es immer für eine Torheit gehalten, dort das Werk aufzuführen. Was sollte Preußen denn auch in den beiden letzten Monaten tun, wo alles stagniert und nur Schiffe, die wir nicht im Mittelmeer haben, hin und her segeln? Biedermann wirft uns Mangel an Industrie, Assoziationen vor. Hier verlange ich wieder Tatsachen. Welche Assoziationen dürfen sich bei uns denn 1

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Vgl. hierüber Arnold Ruges .Briefwechsel u. Tagebuchblätter 1825-1880'. Hrsg. v. Paul Nerrlich. 2 Bde. Berlin 1886. In einem Brief an Rosenkranz vom 16. Dez. 1837 erwähnt Ruge, daß er nie über 10 Zuhörer hatte. Ruges zweimalige Bitte um eine ao. Professur wurde abgelehnt. A. Ruge, Der Novellist. Eine Geschichte in acht Dutzend Denkzetteln aus dem Taschenbuche des Helden. Leipzig 1839.

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nicht bilden? Welche fehlen uns? Welche Industrie vernachlässigt das Beuthsche 1 Insitut? Sind Eisenbahnen denn allein seligmachend dazu? Du meinst ich solle 1) den empirischen Christus fahren lassen. Mein Freund, ich kämpfe gewiß denselben Kampf wie Du, für Wahrheit und Freiheit, aber so schnell, durch einen Willensakt, lassen sich solche Dinge nicht abtun. Ich werde hier nur nach der reifsten wissenschaftlichen Durcharbeitung verfahren und kann bis jetzt die Absolutheit des historischen Christus nicht negieren, ohne zu heucheln, denn ich erkenne sie spekulativ als notwendig. 2) soll ich vor den Wirklichkeiten nicht solchen Respekt haben. Ich wüßte gar nicht, daß ich vor „aufgeblasenen" Wirklichkeiten einen solchen hätte. Daß ich mir aber Tatsachen suche, die mir die Empfindung geben, in einer Zeit zu leben, in welcher der Geist sich mächtig regt, scheint mir nichts weniger als falscher Respekt. Unter anderem rechne ich das tapfere, freiheitsdurstige Wesen meines Freundes Ruges selbst zu solchen schönen Tatsachen der Gegenwart. Du bist auf dem Wege, mit dem Ausdruck Romantik in eine ganz vage Verwerfung zu verfallen, wenn Du, wie ich ahne, auch Hegels Politik am Ende darunter subsumierst, welche Du schon, was mich geradezu geärgert hat, im Brief an mich eine abgeschmackte nennst. Nun, das muß ich sagen, ist bei einem Menschen, der sein ganzes Leben hindurch dem Staat so scharf nachgegangen ist, doch zu vorlaut abgeurteilt. Wenn jener Württemberger für Preußen das Dilemma stellt, mit oder ohne Konstitution, so ist das allerdings abgeschmackt, denn wie ein Staat, der noch nicht einmal arrondiert ist, der noch slavische und französierende Elemente in schroffen Kulturextremen in sich hegt, der noch wesentlich, um die provinziellen Differenzen] einerseits in ihrer stammtümlichen Partikularität zu erhalten, ihnen nicht abstrakt wehe zu tun und andererseits doch die Einheit der Regierung durchzusetzen, der

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Über P. Beuth vgl. den Aufsatz Wilhelm Treues in: .Wissenschaftspolitik in Berlin. Minister, Beamte, Ratgeber*. Hrsg. v. Wolfgang Treue u. Karlfried Gründer. Berlin 1987. - Angeregt durch Ruges Streckfuß-Artikel in den HallJbb. No. 262ff. vom 1. Nov. - 4. Nov. 1839, der tatsächlich einen Wendepunkt in der Stellung der Redaktion der HallJbb. zu Preußen darstellte, verfaßte Biedermann den Aufsatz „Das preuß. Staatsprinzip", HallJbb. No. 273ff. vom 14. Nov. - 19. Nov. 1839, in dem er für die industrielle Entwicklung größere Aktivität des Hinzeinen und größte Passivität der Regierung forderte. Als Vertreter des technisch-liberalen Fortschritts wandte er sich gegen die von der Verwaltung verordnete Synthese von Liberalismus und Merkantilismus und erfaßte damit die tatsächliche Entwicklung Preußens bis zum Jahr 1848, das Zurückdrängen des Einflusses der Verwaltung auf die Wirtschaft zugunsten einer Interessengemeinschaft der freien Unternehmer und des Adels, wobei der Unternehmer freilich ohne politischen Einfluß blieb, es sei denn, als „Vertretung des Grundbesitzes" (Kosellek). Die Redaktion der HallJbb. erklärte sogleich mit dem Abdruck des Biedermannschen Aufsatzes, daß sie „mit dem Princip der praktischen und industriellen Interessen als der vollen und genügenden Grundlage der Staatsfreiheit [nicht, J.B.] einverstanden" sei. Julius Frauenstädt, zu diesem Zeitpunkt noch ein Anhänger Hegels, rez. daraufhin (No. 279-285) Biedermanns .Fundamental-Philosophie' und dessen .Wissenschaft und Universität' und fragte den Vf., warum er sich den überhaupt mit Theorie beschäftige und nicht gleich ein „Dampfwerk angelegt oder eine neue Maschine erfunden" habe.

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mechanischen Administration bedarf, wie ein solcher eine Repräsentativverfassung haben könne, begreife ich nicht. 1 Wir brauchen bloß Preßfreiheit, weiter nichts. Da ich einmal im Raisonnieren bin, so wiederhole ich, was ich früher schon einmal andeutete, daß ich Feuerbachs Streben gewiß unendlich hoch achte sowie sein Talent bewundere, aber erstaune, wenn ich ihn ζ. B. gegen den Begriff des Nichts, der Spekulation e t c . loszieh[e]n, wenn ich ihn Schelling in den Orient, Hegel in den Okzident verweisen höre und überdem bemerke, wie bei ihm das Wohlgefallen an dem Witz der Paradoxie und die subjektive Schärfe der Kritik edlere Elemente, der einfachen Wahrheit nämlich, oft zurückdrängt. Er ist offenbar gereizt darüber, daß er keine Professur hat, wenn er auch in schönem Humor im Athenäum seine Landeinsamkeit preist. Er lebt nun in einem konstitutionellen Staat; Strauß 2 auch - und doch? Wenn Du sagst, Christus und Luther seien keine Staatsdiener gewesen, so hast Du recht in Ansehung ihrer welthistorischen Tat, welche man vollbringen kann, obschon man Staatsdiener ist. Luther war Professor in Wittenberg; Christus ein Rabbi. Ersterer hat dem Staat, wie die Historiker zeigen, nur zu viel sich hingegeben; letzterer hat denselben anerkannt: gebt dem Kaiser e t c . Er ist kein Rebell gewesen. Ich stelle mir oft vor, wie ich mich wohl im Gefängnis, auf dem Schafott, im Handgemenge e t c . benehmen würde, wenn Deutschland so unglücklich wäre, was ich aber nicht glaube, in eine Revolution hineinzugeraten. Allein ich werde niemals anders als öffentlich handeln und mich nie einer Partei hingeben, wenn sie nicht mit meiner lokalen geschichtlichen Stellung zusammenhängt: z. B. im gegebenen Fall nur vom Standpunkt meiner Fakultät und Universität aus. Hat einer keine solche Stellung, ist er völlig losgebunden, so ist das was anderes. So habe ich z. B. bei der Göttinger Septemvirngeschichte mich benommen; z. B. beim jungen Deutschland, gegen welches auch Du auftratst und nun ganz aus dem nämlichen Ton, ganz aus der Wally heraus (abgesehen von der Ehefrage) sprichst. Übrigens noch die Frage, wer hat denn von den angestellten Philosophen Deutschlands über die Kölner Frage sich so freimütig als ich im Dezember 1838 3 in den Berliner Jahrbüchern geäußert? Doch ich sage nichts mehr. Q u i s ' e x c u s e , s ' a c c u s e . Geht euren Weg, ich geh den meinigen. Ich werde Mitarbeiter an den Halleschen Jahrbüchern bleiben und auch baldmöglichst durch einen Beitrag dies betätigen. - Ich bin schon an vielen Punkten gewesen und durch sie hindurch, wo Ihr jetzt erst hinkommt und überrascht seid. Lies meine Geschichte der Kantschen 1 2

Vgl. auch S. 316f. von Rosenkranz' Leben Hegels. Strauß, ein Württemberger, wurde allgemein als Verfasser des Aufsatzes angesehen. In seiner Rez. ,Der Staat, die Kirche u. die Kölner Angelegenheit'. In: JbbwissKrit. 1838, Bd. 2, Sp. 899-917.

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Philosophie. Sie wird nun wohl in Deinen Händen sein. W o nicht, so mahne doch Voß mit einem paar Zeilen um Dein Exemplar. Jung empfiehlt sich bestens und wird zu Neujahr einen Aufsatz über die Mucker einschicken. Ich habe ihm, da ich von Seiten des Gerichts und der Fakultät über die Lehre ein philosophisches Gutachten habe arbeiten müssen, was mich eben selbst darüber zu sprechen verhindert, das Material dazu gegeben. Immer, [...], werde ich aber, kann ich auch Deinen Standpunkt und Deine Methode nicht teilen, welche mir immer das Kind mit dem Bade auszuschütten scheint, im Kampf für die Wahrheit und Freiheit Dein Freund bleiben. K. R. Im tiefsten Vertrauen kann ich Dir übrigens sagen, daß für die Halleschen Jahrbücher um N e u j a h r die günstigsten Verhältnisse sich e r ö f f n e n , auch buchhändlerisch, nicht bloß kritisch. Das Nähere darf ich noch nicht sagen. W a s Du damit sagen willst, ich solle mich aus meiner „alten Bequemlichkeit aufraffen", verstehe ich nicht. Ich wüßte nicht, worin ich bequem wäre. Seit 1828 lebe ich in der angespanntesten Arbeit nach allen Richtungen hin. 1829 in meiner Schrift: Der Zweifel am Glauben; dann in der Enzyklopädie; in der Vorrede zur Kritik Schleiermachers; in der Broschüre gegen Bachmann; in der Vorrede zur Psychologie XXXII habe ich dasselbe geäußert, was Ihr sagt, sofern es sich um das freie Aussprechen handelt. Aber daran denkt niemand. Strauß hat mir noch vor ein paar Wochen geschrieben, daß meine Schrift: Der Zweifel am Glauben 1830 sein theosophisches Taschenbuch gewesen sei. Ihr erlaßt ein Manifest gegen die Romantik 1 und nehmt eine Rezension auf, welche die schalste Romantik in Szene setzt, um die höchst alltäglichen mittelmäßigen Produkte eines Nathusius2 aufzulohen. Auch die Mathildenhöhle wird gelobt, weil Hr. Köstlin 3 über Rückert endlose Worte phänomenologisiert.

1

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Der Protestantismus und die Romantik, in: HalUbb. 1839, Nr. 245-51, 265-71, 301-310; 1840, Nr. 53-64. N. verfaßle 1839 .Fünfzig Gedichte'. Braunschweig 1839. Slahr hatte dieselben in den HallJbb. 1839 Nr. 254-259. angezeigt. Köstlins Novelle ,Die Mathildenhöhle' wurde in den HalUbb. 1839, Nr. 281 rezens. Seine Charakteristik Rückerts erschien HallJbb. 1838, Nr. 183-189. Die Rez. ist mit G. B. unterzeichnet.

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162. [o. D.] - 163. November 1839

162. An Alexander Jung [o. O. u. o. D.] ... Ich ahne schon, daß Sie auf die Fortsetzung des Schlegel nicht eingehen werden, da Sie es sonst mit einem Wort hätten andeuten können. Ich bekenne, mir auch schon allerhand Gedanken gemacht zu haben, insofern doch das Nachlesen von so vielen Sachen, an welche man im Augenblick, wo man en gros handelt, noch nicht denkt, Ihnen viel Mühe und Augen kosten und Ihre Gewissenhaftigkeit sehr belasten würde, da Sie immer etwas übersehen, vergessen zu haben glauben würden.... Der Aufsatz über Seraphine, der hierbei mit dem größten Dank zurückerfolgt, ist sehr schön und würde ich mir erlaubt haben, ihn hier zu behalten und nach Halle zu schicken, hätten nicht die Halleschen Jahrbücher bereits einen langen Artikel darüber gehabt und vermutete ich nicht, daß Sie ihn lieber nach Hamburg schickten, was mir auch insofern zweckmäßig scheint, als dadurch die Saumseligen wieder angetrieben würden. Ich schlage vor, unfrankiert den Aufsatz sogleich an Campe mit der Bitte zu schicken, diesen herrlichen psychologisch wie ästhetisch und ethisch so tiefen Aufsatz samt dem über das Vereintwirken in das Jahrbuch der Literatur aufzunehmen, so daß Sie fast allein es füllen würden.... Die Abweisung des Schlegel wird Ihnen auch die Konzentration für die Reden mehr gestatten, die, als Ihr Durchbruchswerk, erst fertig müssen.

163. An Leopold von Henning Königsberg, d. 27. Nobr. 39 Mein teurer Freund, es hat sich ein Brief von mir und Hotho gekreuzt. Durch letzteren ist mir mit einem Mal klar, warum ich von Ihnen gar keine Antwort bekomme. F u i t I l i u m ! F u i m u s Τ r o e s ! heißt's nun mit den kritischen Annalen 1 . Ich habe nichts dawider, seit Gans selbst, ein Mitstifter, durch einen ^

Mit den Worten „Fuimus" wurde auch in den HalUbb. auf die drohende Einstellung der JbbwissKrit. hingewiesen (1840, No. 1, Sp. 4). Die empirische Wissenschaft, heißt es dort, habe sich ohne Vermittlung mit dem Gedanken zu breit gemacht und der Versuch, die „Philosophie in dem von Hegel ihr gegebenen Bestand zu erhalten", habe zu verknöcherten Phrasen geführt. - Die Teilnehmer selbst hatten am 14. N o v e m b e r 1839 auf Antrag Varnhagens die Einstellung der Jahrbücher wegen Z e n s u r v e r s c h ä r f u n g beschlossen. Nachdem von Regierungsseite größere Freiheiten versprochen wurden, setzte man die Arbeit jedoch fort. - Zur Geschichte der Berliner Jahrbücher siehe Fritz Schlawe, Die Berliner Jahrbücher f ü r wissenschaftliche Kritik. Ein Beitrag zur Geschichte des Hegelianismus, in:

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eigenen Aufsatz 1 sie noch mehr herabdrückte als ihre Stellung sie schon beengte, worin man immer eine halbe offizielle Ansicht witterte. Ich habe immer mit Lust daran gearbeitet und auf jeden Fall wird die Welt nun merken, was wir wirklich wert gewesen sind. Ihnen muß ein Ausruhen von den so mühseligen Redaktionsgeschäften sehr erwünscht sein. Hotho schreibt mir viel von einer Beratung wegen meines Zutritts zum Verein für die Herausgabe der Hegeischen Werke. Mein lieber Freund, Sie wissen wohl, daß ich auf so etwas nie Anspruch gemacht habe. Mir kommt's auf die Sache, nicht auf äußerliche Ehren an. Ich renommiere zwar gern ein bißchen, aber ich ironisiere mich auch darin und entspringt eine solche Wendung: Siehe, es ist gut gemacht! bei mir hauptsächlich aus dem Streben nach dem Bessermachen. Hotho schreibt mir, Sie hätten mir Michelets Streit 2 mit Schelling angetragen, in den Jahrbüchern darüber zu sprechen. Nicht ein Wort haben Sie mir gesagt. Im Augenblick bin ich aber auch als die einzige reine philosophische p u i s s a n c e unserer philosoph. Fakultät so beschäftigt, daß ich alle 5 Sinne für Geschäfte und Vorlesungen, Examen e t c . zusammennehmen muß. Auch die Propädeutik muß warten. In den Weihnachtsferien mache ich aber das Ganze fertig und schicke es dem Hotho bis zum 9t. Januar bestimmt zu. In der Vorrede werde ich dann Michelets Streit in Anregung bringen, da von Schelling zu reden ich gar nicht Umgang haben kann. Dürfte ich Sie aber noch einmal ersuchen, mir doch von meiner Kritik des 2t. und 3t. Teils der Hegeischen Ästhetik einen Abdruck zugehen zu lassen? Ich habe kein Manuskript davon und lese jetzt Ästhetik. Dies soll meine letzte jahrbuchliche Bitte sein. Das Aufhören der Zeitschrift freut mich beinahe, weil wir durch einen Tod im rüstigen Alter, durch solch kräftigen Selbstmord den m a r a s m u s s e n i l i s vermeiden, der bei langlebigen Zeitschriften sich immer einstellt. Ein neues Blatt zu gründen lohnt sich nicht. Es existiert nach meiner Meinung jetzt weder für Religionswissenschaft noch für Philosophie ein absolutes, ernstes, bis zum Tod sich aufopferndes Interesse, wenn es nicht auch eine politische Richtung nehmen darf, was wieder die Verhältnisse nicht gestatten. Mit innigem Dank für alle treue Freundschaft, welche Sie mir bei den Jahrbüchern (und außerdem) seit 10 Jahren und länger erwiesen haben (Sie

Zeitschrift für Religion und Geistesgeschichte, S. 240-258, 343-356. 1959. - Vgl. auch Augs. Allg. Ztg. vom 1. Jan. 1840. 1 Ed. Gans. Die Stiftung der JbbwKrit., in: Die Dioskuren. Bd. 1., S. 310-340 (insbes. S. 338ff.), η 1836. C. L. Michelet, Schelling und Hegel, oder Beweis der Achtheit der Abhandlung „Uber das Verhältnis der Naturphilosophie zur Philosophie überhaupt". Als Darlegung der Stellung beider Männer gegen einander. Ein Beitrag zur Geschichte der Philosophie. Berlin 1839.

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164. November 1839

waren ja 1824 mein erster Lehrer in Hegels Philosophie), und herzlichen Abschiedsgruß an die c o m i 1 i t o η e s . Ihr getreuer Karl Rosenkranz Lassen Sie die Rezension über den armen Gärtner lieber ungedruckt, wenn sie nicht schon unter dem Preßbügel keucht. Es ist ein guter Mensch. Er hat mir so gut als sein Schwager Bayer seine Bücher selbst immer mit schönen Briefen geschenkt und ich zeige ihm nun so die bittre Wahrheit!

164. An Arnold Ruge Königsberg, d. letzten November 39 Mittemacht Mein teurer Freund, es ist mir unmöglich, zu Bett zu gehen, ohne zuvor an Dich geschrieben zu haben. Du wirst von mir einen Brief erhalten haben, den ich in einer sehr leidenschaftlichen Aufregung schrieb. Ich sehe jetzt recht gut, daß dieselbe Ihren Ursprung besonders darin hat, daß ich viel mehr unrecht habe, als ich in jenem Brief haben will. Ich bin in der höchsten Spannung. Ich fühle, daß in mir etwas vorgeht, aber ich muß es ruhig abwarten. Nur so viel sehe ich ein, daß ich jenen Aufsatz: Deutschland, Preußen und die Wissenschaft, jetzt um keinen Preis gedruckt haben möchte. Beruhige mich darüber durch baldige Zuräcksendung desselben. O Gott, was wühlt alles in uns! Auch von Feuerbach habe ich eine Broschüre heute früh gelesen, welche mich ganz für ihn umgestimmt hat. Es ist ein Kerl durch und durch. Du wirst Psychologie genug haben um Dir in einem Menschen, der in Entwicklung begriffen ist, solche Oszillationen zurechtzulegen. Nebenbei hast Du auch einzelne, ganz wahre Dinge von mir zu hören bekommen. Das Geheimnis der Halleschen Jahrbücher ist nun schon heraus. Man sollte sich gar nicht mehr genieren. Nur befahlen die Berliner Jahrbücher das tiefste Stillschweigen rücksichtlich ihrer Auflösung an - und nun steht's schon in den Zeitungen. Die Halleschen Jahrbücher sind fortan das einzige Organ der freien spekulativen Kritik. Kinder, macht nur kein Wesens von mir, als ob auf mich was ankäme. Wollt mich auch zu nichts bestimmen. Über meine Natur vermag ich nicht einmal was, geschweige ein anderer. Meinetwegen schimpft auf die Romantik in mir. Auf alle Fälle werde ich immer wahr sein und dem Guten nie wissentlich in den Weg treten.

165. Dezember 1839 - 166. Januar 1840

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Ach, ich leide entsetzlich an der Zeit, an der Philosophie, an Preußen, das ich so unendlich liebe, wenn ihr wollt auch an Hegel, der mich geistig gerettet hat. Es lebe die Freiheit. Rosenkranz

165. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Ew. Wohlgeboren, habe die Ehre, beikommend den Artikel: Philosophie der Geschichte zu übersenden, den ich so populär als möglich und mit Auslassung alles dessen geschrieben habe, was von dieser Materie bereits in andern Artikeln vorkommt. Ich habe durch Herrn Buchhändler Τ hei le hierselbst von Brockhaus und Avenarius eine Anzahl französischer Werke (L e s f r a n ç a i s p e i n t s p a r eux-mêmes; Leroux Dictionnaire; Aimé Martin: O e u v r e s d e D e s c a r t e s e t c . ) genommen und wünsche, daß Sie dem Kommissionär desselben zu Leipzig auf mein Konto: Vierzig Τ al er zahlen mögen, und zwar im Lauf des Januar. Herr Theile wird sich dann hier mit mir verrechnen. Hochachtungsvoll Ihr Königsberg, d. 28. Dzbr ergebenster 39 Karl Rosenkranz

166. An Karl Hegel1 Königsberg, d. 4. Jan. 1840 ... Himmlisch ist es nun freilich, daß ich von dem äußeren Leben Hegels gewiß weniger weiß, als der geringste unter den Berliner Hegelianern. Aber das kümmert mich nicht, das ist nicht die Sache. Hotho ausgenommen, habe ich doch in seinem Leben vielleicht am erschöpfendsten gelebt...

Die Exzerpte der Briefe an die Hegel-Familie folgen den Auszügen in dem Aufsatz von Karl S c h ü m m s , Briefe von Karl Rosenkranz über seine Hegel-Biographie, in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literatur- und Geistesgeschichtc, Jg. 11, 1933, S. 29-42.

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167. Januar 1840

167. An Karl Hegel Königsberg, d. 7. Jan. 1840 [Rosenkranz bittet mit folgenden Worten um die Übersendung der Bamberger Zeitung:] Sie wissen nicht, wie auf mich so etwas wirkt... [In anderem Zusammenhang heißt es im selben Brief weiter:] Ihr Vater ist einer der größten politischen Weisen gewesen, wie er dann auch sein selbstbewußtes produktives Leben gerade von der ersten Revolution bis zur Julirevolution hindurchgeführt und alle charakteristischen Entwicklungsmomente, Konstitution, Reformbill, Feier der Augsburger Konfession mit eigenen Arbeiten begleitet hat. Und was sollte man, als er in Bamberg war, anders tun, als durch die Zeitung berichten, was geschah; denn es geschah damals alle Tage etwas, wie jetzt nichts... [Von der Bamberger zur Nürberger Periode überleitend, fährt Rosenkranz fort:] Und was sollte man während der eisernen Suprematie Napoleons anders tun, als die Jugend durch Unterricht und Erziehung zu einem höheren Leben heranbilden? Es ist für mich ein wunderbares Schauspiel, Hegel, der das Christentum so innig erfaßt hatte, nicht weniger vom Geist griechischer Milde und Heiterkeit durchdrungen zu sehen. Er ist der konkret totale Mensch der neuen Zeit ... Ich habe das Leben Ihres Vaters, dem ich mein geistiges danke, zu schreiben übernommen, ganz instinktmäßig. Ich bin der Rechte dazu. So hat's an mich kommen müssen, denn ich bin in meiner ganzen Entwicklung formell der umgekehrte Hegel und so bin ich recht, ihn zu fassen, gemacht. Die Arbeit über Kant, die nun vorliegt, hat mir den Mut gegeben, es auch mit Hegel zu wagen, nur daß es sich von selbst versteht, daß die Darstellung seines Systems, insofern es als das Werk seines Lebens erscheint, hier das sekundäre Element wird, während mir dies bei Kant das primäre war. Ich werde daher zugleich Hegels Apologet sein, denn die Kritik seiner Philosophie liegt nicht nach der Seite hin in meiner Aufgabe, nach welcher sie selbst in der Schule sich fortentwickelt... [Aus Werken mit Hegel in Berührung stehender Zeitgenossen suchte Rosenkranz nach ergänzenden Zügen für die Biographie:] Den Cevennenkrieg von Crißalin, so nannte sich St. Clair, und Hölderlins Werke habe ich express mir angeschafft. Auch Waiblingers Werke, worin eine Biographie Hölderlins, in welcher aber Hegels keiner Erwähnung geschieht. Auch Paulus 1 Erinnerungen habe ich mir angeschafft und aus Schwaben ein eigenes Studium zu machen angefangen, denn es ist wahrhaftig nicht gleichgültig, daß Hegel von da in der Diagonale durch Deutschland sich fortbewegte, von einem urdeutschen Stamm bis zu germanisierten Slaven. Über die Tübinger Zeit besitze ich eine gute '

Paulus, H. E. G., Skizzen aus meiner Bildungs- und Lebensgcschichte. Heidelberg 1839.

168. Januar 1840 - 169. Januar 1840

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Korrespondenznachricht. Schelling könnte darüber viel sagen. Das Buch von Kapp 1 besitze ich schon lange. Über Hegel in Heidelberg bin ich durch Hinrichs sehr genau unterrichtet, teilweise auch durch Daub... Ganz kurze Memoiren (was Hegels Vater für Posten bekleidet, wer seine Hauslehrer gewesen, wann er getraut worden, welche Krankheiten er bestanden, welche Farben, Speisen, Gerüche, Kleidungen er geliebt und ähnliches) könnte die Mutter immer aufschreiben. Sie sollte doch bedenken, wie wir uns freuen, von den Alten so etwas zu wissen, z. B. Aristoteles. Zeigen Sie ihr einmal Stahrs2 Aristotelia... [Zum Plan einer Herausgabe des Hegeischen Briefwechsels führt Rosenkranz an:] Nach meiner Vorstellung muß derselbe immer integriert werden, wenn ein recht lebendiges Bild entstehen soll. Das kahle Abdrucken 1, 2, 3 usw. ist noch nicht die biographische Fassung.

168. An Karl Hegel Königsberg, d. 11. Jan. 1840 [Über Hegels Arbeit als Redakteur der Bamberger Zeitung:] Sie meinen, da dürft ich nur so hineinsehen, aber Sie irren sich. Sie wissen nicht, was man aus solchen Papieren herauslesen kann, wie es darauf ankommt, den Geist Hegels über den politischen Gewässern der Nachrichten schweben zu sehen ... Man sieht unter anderem daraus auch, daß der philosophische Mensch alles kann. Hegels Formenvirtuosität ist ungeheuer. Sein Geschick, die Gegenwart zu fassen, unendlich... Die Schriften, die mir nach der Übersendung zu Gebot stehen, haben mich durch ihren Reichtum überrascht...

169. An Karl Hegel Königsberg d. 23. Jan. 1840 [Rosenkranz ging darauf aus, bedeutende Exzerpte und kleinere Abhandlungen Hegels in die Biographie einzuarbeiten]: Wegen der Mitteilungen verhalte ich mich so. Alles Kleinere, Fragmentarische, Charakteristische arbeite ich in die Biographie hinein. Aber wie wird es mit den größeren Sachen? Von diesen gebe ich nur eine Beschreibung und Charakteristik mit einzelnen Belegstellen. ... Es handelt sich hier nur um die möglichste Aufhellung des Bildungsganges eines so gewaltigen Geistes, wobei die ganze Menschheit ' 2

Friedrich Kapp, G. W. F. Hegel als Gymnasialdirektor oder: die Höhe der Gymnasialbildung unserer Zeit. Minden 1835. A. Stahr, Aristotelia. 2 Bde. Halle 1830/32.

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169. Januar 1840

interessiert ist und da auf jeder Stufe originell, in jeder Äußerung der ganze Mensch war... [Indem Rosenkranz den] Wust der Papiere [aus Hegels Nachlaß zu ordnen versucht, bemerkt er:] Die Sendung der Eleusis kam recht à propos. Ich kann jetzt ordentlich schon nach dem Papier und der Handschrift Hegels Jahre und Lokalität unterscheiden ... Ich habe jetzt gemach eine solche Kenntnis der Papierarbeiten und Hegeischen Schriftzüge erlangt, daß es mir dadurch möglich wird, vieles zu vereinigen, was desultorisch auseinanderlag 1 ... [Über Hegels Schrift Über die Verfassung Deutschlands:] Hegel fürchtete, Deutschland würde Italiens Schicksal haben, in lauter kleine Staaten zerstückelt, die Beute und das Spiel fremder Mächte werden. Er geht daher sehr tief in die Geschichte von Siena, Modena, Pisa usf. ein, hat auch den Macchiavell viel gelesen. Seine Idee war, Deutschland eine Föderativverfassung für seine Souveränität nach außen zu geben; in Mainz sollte die Zentralregierung sein, jeder Fürst sollte geborener General seines Kontingentes werden; Religion, Sitte, Bildung sollten ganz frei gelassen, überhaupt dafür gesorgt werden, dem Einzelnen einen größeren Spielraum zu schaffen, damit er nicht ein Automat wäre usf.... Hegel hat eine republikanische Periode durchgemacht. Ich such ihre Darstellung sowie die seiner rationalistischen Periode immer von solchen Kauteln zu umgeben, daß die Zähne der Zensur nirgends was zu haften finden sollen, denn gerade um diese Manifestationen wäre es jammerschade. Traurig genug, daß man solche Diplomatie üben muß... Wenn es nur möglich wäre, was Sie einmal einer Reise (nach Berlin) wegen andeuteten, daß das Ministerium sich um die Sache annähme und mir nur ein paar Jahre oder doch für dies Jahr eine Remuneration geben wollte, damit ich ungestört mich diesem großen Werk widmen könnte. Seit acht Jahren habe ich niemals auch nur einen Pfennig außerordentlicher Unterstützung genossen, während andere, die wahrhaftig nicht mehr für die Universitäten tun, zum Reisen 3-400 Taler erhalten haben. Das Hofieren ist nicht meine Sache. Daran liegt's, und ich weiß überhaupt nicht, ob man nicht einen Menschen, der irgendeinen mittelalterlichen Kodexen wieder edieren will, jetzt unendlich höher schätzt, als einen Philosophen, der das Leben eines Philosophen schreibt! So etwas sollte Nationalsache sein! Aber es gibt nur Hofhistoriographen! Soviel weiß ich, daß, wenn der erste Band von Hegels Leben heraus ist, der eine ganz neue Welt aufhüllt, das Interesse lebhaft genug geworden sein wird, oder der Blödsinn, die Aphilosophie, die servile Afterdruckerei, die christianisierte Heuchelei, die katholisierende Kirchlichkeit, die Russomanie, die stupide

1

Die Sätze „Die Sendung ... auseinanderlag" werden auch in G. W. F. Hegel, Frühe Schriften I, hrsg. von Schüler und Nicolin, Hamburg 1989, zitiert. Die Herausgeber datieren den Brief auf den 23. Jan. 1841.

170. Januar 1840

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Historizität, die Vernunftkastration müßten denn uns schon ganz verdummt haben...

170. An Arnold Ruge Königsberg, d. 24st Jan. 40 Spät abends Mein lieber [...] Ich lese eben Deine Randglossen zu Hfeinrich] L[eo], zu Klappenborg 1 usw. Ich muß Dir denn doch sagen, woran ich seit Ende November, als ich so fürchterlich in Gärung geriet, kalmäusere. Ich habe in aristophanischer Manier eine Komödie gedichtet, Das Centrum der Speculation 2 . Der Chor besteht aus athenischen Eulen. Der Herold ist Strauß. Die Philosophen versammeln sich zum Scheibenschießen auf der Hasenheide bei Berlin. Schelling, Herbart schicken Boten, welche melden, daß sie nicht teilnehmen würden. Franz von Abdera kommt mit Madame Dudevant zum Zuschauen, welche letztere für ihren Spiridion 3 Studien bei dieser Gelegenheit zu machen hofft. Nun folgt eine spekulative Walpurgisnacht, in der es toll hergeht. Der Historiker, der, um in dem modern flachen Berlin einige, wenn auch gemachte Gotik auf dem Kreuzberg zu genießen, spazieren geht, hört den Lärmen und requiriert ein paar Gendarmen, welche dem Leo rugiens (mit Anspielung auf die bekannte Stelle im Brief Petri heißt der eine Redakteur der Halleschen Jahrbücher, den Du wohl kennen wirst, so) in eine begeisternde Rede fallen. Der Historiker hofft eine mittelaltrige Prügelsuppe, aber die Gensdarmen verständigen sich mit den Philosophen und fordern sie, da sie ihre Zusammenkunft nicht obrigkeitlich legitimieren können, auf, still auseinander zu gehen, was sie, als Männer von Erziehung, auch tun, worauf der Historiker allein übrigbleibt und nach einer naturwüchsigen Insel des Südmeers als Missionar gehen will. Der Schluß ist ein Eulenchor auf Berlin, der mit zwei früheren auf München und Wien korrespondiert.

1

2

3

A. Ruge, Romantik u. kein Ende! a) der Revenant, b) der Klappenborg'sche Standpunkt, in: HaLUbb. vom 21. Jan. 1840, Nr. 18. Sp. 139-143. K. Rosenkranz, Das Centrum der Speculation. Eine Komödie. Königsberg 1840. Neuauflage durch H. Höfener, in: Hegel-Spiele, S. 223ff. Donauwörth 1977. Vgl. Ruges Rez. in den HalUbb. 1840 (4. August), Sp. 1486-1488, sowie Rudolf Ungers Aufsatz „Karl Rosenkranz als Aristophanide. Interpretation einer lilerar. Episode aus den S c h u l k ä m p f e n des S p ä t h e g e l i a n i s m u s " , in: Deutsche Vierteljahrsschrift f ü r L i t e r a t u r w i s s e n s c h a f t und Geistesgeschichte, 11. Jg., Heft 1, S. Iff. Halle 1933. Der Roman G. Sands „Spiridion" erschien 1839 in deutscher Übersetzung. Vgl. Rez. in den HallJbb 1839, Nr. 289-292.

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170. Januar 1840

Ich habe nur noch in der Mitte eine Parabase vor der Walpurgisnacht anzubringen und alles abzuschreiben. Dann soll das Ding gedruckt werden. Ich habe es meinen hiesigen Freunden zu größtem Ergötzen stückweis vorgelesen. Hinrichs kommt als Heinrich, Fichte als Tamie 1 [?], ich als Güldenstern vor usw. Aber ich ärmster Mensch erliege fast meiner Arbeit. Die Kollegia, Examina, das Klima, häusliche Kalamitäten, das Bedürfnis der Erholung nach Vollendung der Arbeit über Kant (worüber ich ein Wort zu hören hoffe 2 ), die Ausarbeitung von Hegels philosophischer Propädeutik 3 , die bis Ostern heraus soll - es ist zum Umkommen. Ihr mögt oft denken, warum ich nicht rezensiere, aber es geht über Menschenkräfte. Studiert soll doch auch etwas werden. In den paar Wochen Ferien kann ich allein etwas machen. In einem Provinzialkirchenblatt, was hier in Königsberg herauskommt, ist Heft IV von einem Prediger v. Wegnem ein Aufsatz, Blicke in die Zukunft der Kirche, in welchem die Halleschen Jahrbücher mit dem Freihafen und Telegraphen als ein Organ des pantheistischen, paganischen, straußischen Zeitgeistes bezeichnet werden. Der Junghegelianismus, dem man bedeutende Talente zu besitzen nicht abspricht, wird als eine das Heilige, die Kirche zerfressende Richtung dargestellt. Es wird eine „allgemeine Schilderhebung des Volkes" dagegen prophezeiet, ja gefordert. Das Volk wird als an sich wahrhaft christlich gelobt. Die „Masse" ist die Zuversicht des Herrn Predigers. Die Kanzeln, die Lehrstühle sollen mit kräftiger Hand gesäubert werden. Die „Zürcher Revolution" wird gepriesen und auch das bescheidene Betragen des Volkes gegen die obschon vom „modernen Heidentum" infizierte Obrigkeit musterhaft gefunden. Die verschiedenen Nuancen der Orthodoxie, des Mystizismus, Supernaturalismus, Pietismus, der stabilen Theologie usw. werden alle unter die weite Kategorie des „alten" Christentums föderiert. Die Regierungen werden beängstet. Es wird das Mißtrauen insinuiert, daß der Junhegelianismus alle Sitte zerstören werde - dann möge man zusehen, was enstehen werde. Ein „ungeheurer Kampf der Verworfenheit" müsse gekämpft werden und wohin der Sieg sich neigen werde, könne eigentlich nicht zweifelhaft sein. Zur Insinuation der Verdächtigung und zur Provokation des massiven Dreinschlagens fehlt nur noch die Denunziation. Ohne meinen Namen ins Spiel zu mischen, hast Du vielleicht für das Wastebook hieraus etwas zur Statistik zu entnehmen. Du hast so viel Bekanntschaft, daß Du mir vielleicht Nachricht darüber geben kannst, ob etwa Kapp die Heidelberger Professur der Philosophie ambierL Nebenius wollte mich im September hinbringen. Die Unterhandlungen ^ I. H. Fichte bekam in der endgültigen Fassung den Namen Revenant. Eine Rez. erfolgte erst in den Deutschen Jbb. 1841, Bd. 2, Nr. 84, S. 333-336. 3 Vgl. die Rez. in den HalLTbb. 1840, Nr. 203, Sp. 1623f. 2

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standen in der schönsten Blüte, als der Sturz von Nebenius a. 6t. Oktbr. alles abbrach. Ich habe an dem Scheitern dieser Aussicht, die ihrer Erfüllung schon so nahe schien, schwer gelitten und leide noch daran. Meine Freunde in Heidelberg waren sehr betroffen und haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben (denn Fichte, Weiße, Sengler sind schon verworfen), mich hinzubringen. Ich glaube, daß ich dort recht am Ort wäre. Ich bin hier zu sehr in die Peripherie geworfen. Kannst Du mir zufällig und gelegentlich etwas darüber sagen, so tu' es. Echtermeyer habe ich für sein Buch recht herzlich zu danken. Tu' es in meinem Namen. Mit der Romantik seid Ihr zuletzt zu fanatisch geworden. Ihr verfahrt zu negativ, gerade wie Feuerbach durch seine Lavagüsse auch viel keimendes Leben wegsengen wird. Du wirst sagen, das sei mein altes Lied. Ja das ist's, denn mit solcher negativen Schärfe kann man im Umsehen aufs Bloße kommen. Feuerbach ist schon bei der „Gattung" angelangt. Doch ist alles, was aus freiem Forschungstriebe kommt, auch im Unmaß, eine ganz andere Sache als die totgeborenen Werke der verstockten Heuchelei. Grüß Hinrichs und Echtermeier (sie). Gott bessre Euch Rosenkranz Jung ist jetzt von unserer Bühne in Beschlag genommen, den Richard Savage 1 darauf zu bringen, und so ist sein Aufsatz ins Stocken geraten. Aber kommen wird er und gut wird er auch werden. Ich lasse ihm nicht Ruhe, als bis er fertig ist. Über den Münchhausen fing ich auch an, da ich aber Immermann persönlich von früher her kenne und er immer großen Einfluß auf mich gehabt hat, so entwarf ich den Plan zu einer Charakteristik desselben, für die ich freilich zur Ausführung die Ferien abwarten muß. Der Münchhausen von Laube 2 kann also immer kommen. Sind Dir wohl Theologische Briefe aus dem Nachlaß von Averdieck 3 (Bremen 1839) vorgekommen? Sie betreffen Schleiermacher auch.

2 3

K. Gutzkow, Richard Savage oder der Sohn einer Mutter. Trauerspiel in fünf Aufzügen. 1842. Laubes ,Münchhausen-Rez.' in den HaUJbb. 1840, Nr. 81-83. Averdieck, Johann (1806-1838), cand. theol., .Briefe an einen Theologie Studierenden. Mit Bezugnahme auf Schleiermacher's Monologen.'. Hrsg. aus dessen Nachlaß. Bremen 1839.

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171. Januar 1840 - 172. [Februar 1840]

171. An Karl Hegel [Königsberg, d.] 27. Jan. 1840 1 [Um Hegels Tübinger Zeit zu erhellen, wandte Rosenkranz sich an den Diakon Binder in Heidenheim und an] den alten Pfarrer Fink in Hohenmemmingen, Hegels besten Kameraden im Stift. Diesen Wink und manchen anderen verdanke ich einer Korrespondenz mit Strauß. Sie ahnen nicht, wie speziell ich jetzt für die Stiftszeit instruiert bin.

172. An Karl Hegel Hochgeehrtester Herr Doktor, die kostbaren Papiere habe ich richtig gestern abend erhalten, und sie haben mich bis tief in die Nacht hin gefesselt. Wolle Gott mich mit der Kraft stärken, das Unternehmen glorreich zu vollführen! Was ist Ihr Vater für ein Mensch gewesen! Wenn die Bamberger Zeitung usf. so voluminös sind, warum schließt Duncker sie nicht einem Ballen bei? Ich freue mich unendlich auf die neuen Bearbeitungen, auch der Philosophie der Geschichte 2 . Das übrige Manuskript werde ich binnen hier und vier Wochen nach Ihrer Weisung an Duncker senden. Hätte ich nicht so entsetzlich viel Amtsgeschäfte, so könnte ich mehr tun. Indessen muß es so schon gut sein. 1

2

Karl Schümm zeichnete in einem Schreibheft auf, was er aus dem Nachlaß Karl Hegels besaß. Auch die Briefe von Rosenkranz an die Familie Hegel wurden hier katalogisiert. Die Daten und Reihenfolge der Briefe lauten in seiner handschriftlichen Fassung wie folgt: 1. an K. Hegel (diktiert), o. D.; 2. 7. Jan. 1840; 3. 11. Jan. 1840; 4. 23. Jan. 1840; 5. 14. Apr. 1840; 6. 24. Apr. 1840 an M. Hegel; 7. 24. Apr. 1840 an K. Hegel; 8. 16. Mai 1840; 9. 3. Mai 1840 [41?, J. B.]; 10. 20. Juni 1840; 11. 15. Juli 1840; 12. 31. Aug. 1840; 13. 29. Okt.; 14. 20. Dez. 1840 an M. Hegel; 15. 23. Okt. 1846 [nicht im Aufsatz erwähnt]; 16. 13. Dez. 1869; 17. 5. Jan. 1870. Zu jedem Brief verfaßle er stichwortartig eine kurze Inhaltsangabe. Außerdem findet sich der Vermerk: 20. Nov. 1935 von Dr. Hoffmeister abgeschrieben zurück. Unschwer ist zu erkennen, daß die Daten der Briefe im gedruckten Aufsatz nicht mit denen im Schreibheft übereinstimmen. Hier sind die Briefe mit den Daten des Aufsatzes wiedergegeben. Dort, wo es sich im Aufsatz offensichtlich um einen Druck- oder Lesefehler (häufig schreibt Rosenkranz eine undeutliche ' Γ , die mit einer Ό' verwechselt werden kann) handelt, ist es angegeben. Genaueres wird sicherlich das schon vor mehr als einem Vierteljahrhundert angekündigte Buch Friedh. Nicolins, Karl Rosenkranz als Biograph Hegels und Herausgeber seiner Werke, Aufschluß geben. - Das Schreibheft wurde mir von der Witwe K. Schümms zur Verfügung gestellt. G. W. F. Hegel, Die Philosophie der Geschichte. Berlin 1840. 2. A. Hrsg. v. K. Hegel.

173. Februar 1840

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Diese flüchtigen Zeilen sollen nur die Ankunft der Papiere bestätigen. Mit den herzlichsten Wünschen für das Wohl Ihrer verehrten Mutter und mit der aufrichtigsten Hochachtung Ihr ergebenster K. Rosenkranz Sr. Wohlgeboren Herrn D r . Karl Hegel Abzugeben bei der Frau Professor Hegel

Kupfergraben 2 [Poststempel 15/2]

173. An Rosalie Schönfließ 26. Februar 1840 Hochgeehrtestes Fräulein! Glauben Sie nicht, von mir oder vielmehr von uns, nämlich auch meiner Frau, die den herzlichsten Anteil an Ihrem Geschick, Ihrem Kampf, Ihrer Bildung nimmt, vergessen zu sein. Da meine Frau seit Jahren kränkelt und drei sehr lebhafte Kinder ihr wenig Ruhe gönnen, so ist schon dies pathologische Moment öftere Veranlassung, uns das Bild Ihrer stillen Würde und schöpferischen Tätigkeit, ein grausames Leiden zu bezwingen, erquickend zurückzurufen. Es ist nur der Umstand, daß ich gerade in diesen Mannesjahren eine unendliche Arbeit in mir selbst durchzumachen habe, welche mich gegen so viele Beweise der Teilnahme und Zuneigung von den verschiedensten Seiten her, oft aus weiter Ferne, unempfindlich erscheinen läßt. Es regt mich dies sympathische Wesen immer so lyrisch auf, daß die ruhige, nur dem Gegenstand hingegebene Betrachtung mir dadurch zu sehr gehindert wird und ich daher, oft mit dem größten innem Schmerz, gewaltsam manches keimende Verhältnis niederdrücke, weil ich auf die Länge gegen die allgemeinen Interessen der Wissenschaft, gegen meine Öffentlichkeit, der ich mich einmal widmen muß, den persönlichen Erwartungen nicht entsprechen zu können fürchte. - Sie, mein teures Fräulein, sind, obgleich ich Sie nur aus Ihren Briefen kenne, ein so reines, liebenswürdiges Wesen, daß ich wahrhaftig alle Ursache habe, über die Berührung mit Ihnen mir Glück zu wünschen. Ich habe Ihren Brief vorigen Herbst wohl empfangen und nur aus jener Not der Zeit und Stimmung Ihnen noch nicht geantwortet. Sie scheinen sich, obwohl das Weib mehr für den Roman geschaffen ist, dem Drama mit Vorliebe zuzuwenden. Wegen der Abencerragen 1 , die schon viele '

Abencerragen, maurisches Geschlecht aus Granada.

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173. Februar 1840

zu poetischen Versuchen verlockten, ist es schwierig, an Schönheit die Darstellung einer alten spanischen Chronik ( g u e r r a s c i v i l e s ) zu übertreffen. Chateaubriand ist nichts dagegen. Von den mitgesandten Gedichten halte ich das auf Christus für das beste; für das schwächste den Sonnenstrahl. Solche Allegorien mit Blume und Geist scheinen mir etwas Unangemessenes zu bekommen, wenn man sie spezieller durchführen will. Der Sonntagsmorgen ist besser, aber nichts Hervorstechendes. Das andere Gedicht aber, das vierte, ist recht gut. Die Umarbeitung der Szene ist gewiß viel drastischer. Meine Ästhetik werde ich erst nach Jahren veröffentlichen. Es ist ein zu großes Unternehmen, als daß ich durch voreilige Mitteilung ihm die Wirkung, die es haben kann, verderben sollte. Ein gleiches gilt von meinem Werk über das Gemüt. Ich muß die Welt noch mehr studieren und selbst von Leidenschaft noch freier werden, noch ruhiger, geläuterter, fester sein. Aber es kann auch dies etwas Großes werden, denn was Begierde, Neigung, Leidenschaft sei, wissen wir wohl in den einzelnen Fällen, aber die dramatische Verwicklung derselben und die ungeheure Vielseitigkeit dieses Feldes, die Naturbedingtheit des Gemüts wie die Macht der Freiheit, die sich darin regt, scheint mir noch sehr der Darstellung zu bedürfen. Was Ihnen von dem Nichtunsterblichkeitsglauben der Hegeischen Philosophie gesagt worden ist, ist ein Gerede, von dem so viel wahr ist, daß in einer Epoche der Schule, als Entwicklungsmoment, und bei einigen Anhängern derselben, die Fortdauer des Einzelnen ganz geleugnet wurde. Gegenwärtig aber ist die selbstbewußte, persönliche Fortdauer von den meisten Schülern Hegels als das Richtige angenommen. Daß die Goethe sehe und Schillersche Kritik Sie so anspricht, freut mich sehr. Glauben Sie nur, im Ästhetischen, sofern es die Poetik betrifft, sind wir immer noch nicht viel weiter. Sie erwähnen der Gespräche Eckermanns mit Goethe nicht. Diese würden Ihnen besonders Stoff zuführen können. Mit der Bitte, mein liebes Fräulein, diese flüchtigen Zeilen zu entschuldigen und mit der Beichte, zu Ostern selbst ein Gedicht: das Centrum der Spekulation, eine Komödie in aristophanischer Manier, im Druck herauszugeben, an welche ich diesen Winter verbracht habe und das dumme Zeug gar nicht aus dem Sinn loswerden konnte, Ihr sehr ergebenster Verehrer Karl Rosenkranz

174. März 1840

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174. An Karl Ulimann Königsberg, d. 15. März 1840 Heute vor fünf Monaten empfing ich den Brief des Herrn Professor Dittenberger, der mir die Nachricht gab, daß vorderhand die Aussicht, mich nach Heidelberg zu ziehen, verschwunden sei, aber auch hinzufügte, daß man den Plan selbst noch nicht sogleich von Seiten der Universität aufgeben könne. Diese Unbestimmtheit hat mich den ganzen Winter hindurch gequält. Es dürfte vielleicht jetzt schon Zeit genug verflossen sein, eine festere Auffassung möglich zu machen: 1, ob man den Lehrstuhl der Philosophie zu Heidelberg, indem man nur die medizinischen, kameralistischen und juristischen Studien begünstigt, unbesetzt, und, wie bisher, durch Privatdozenten und Extraordinarien, in zufälliger Weise will vertreten lassen; 2, oder ob man Professor Kapp, der, als ein wohlhabender Mann, gewiß geringe Gehaltsansprüche macht und der Großherzogin ein Buch gewidmet hat, jetzt auch als ein hegelianischer Fichte an mehren Orten belobt wird; übrigens würde der Umgang mit Kapp immer ein sehr erwünschter für mich sein, so gut als mit Fortlage. 3, oder jemand anders anstellen will? Unter diese dritte Rubrik könnte ich dann fallen. Ich mag Professor Dittenberger nicht wieder lästig werden und rechne auf Ihre Freundschaft von Halle her, wenn ich mir erlaube, Sie zu bitten, mir, soweit Ihnen dies möglich ist, recht bald Ihre Ansicht über diese Angelegenheit mitteilen zu wollen. Sie können, verehrter Freund, diese Bitte vielleicht lächerlich finden, da man dergleichen eben abwarten muß. Ich gehöre auch selbst zu den Menschen, welche gerade // in solchen wichtigen Punkten zur Förderung eher zu wenig als zu viel tun, sondern ganz einfach auch Gott und seiner Vorsehung etwas zu tun überlassen wollen. Ich fasse den Mutwillen, der immer an seinem Schicksal rüttelt und habe gar keine Ursach, über das meinige zu klagen. Im Gegenteil geht es mir über Verdienst gut. Aber aus jener Unbestimmtheit möchte ich gern heraus. Ich hänge an Heidelberg mit einer fast fanatischen Vorliebe. Hier in Königsberg werde ich, sei ich noch so lange hier, wegen des Nordens und im Volk oft durchschimmernden Slaventums nie recht heimisch werden, so schön mein Verhältnis zur hiesigen gebildeten Welt ist, die ein recht bewegtes, literarisch angeregtes Leben führt. Ich würde aber glücklicher hier sein, könnte ich die Perspektive von Heidelberg ganz abscheiden. In den Briefen, die ich Herrn Professor Dittenberger schrieb, bin ich vielleicht als ein zu jugendlicher, rennommistisch aufschäumender Mensch erschienen, wie Sie mich auch von Halle her teilweise noch im Gedächtnis haben werden. Aber diese Erregtheit, diese Reflexion auf diese mir innewohnenede Kraft, ist nur ein Moment in meinem Wesen. Sieben

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174. März 1840

Jahre, die ich nun hier bin, haben mich, wie ich hoffe, bedeutend gereinigt und vertieft und mich immer mehr zur angemessenen Erfüllung meines Berufes geschickt gemacht, so daß ich wenigstens die Beruhigung habe, Heidelberg wahrhaft nützen zu können. // Allein nicht nur dies Allgemeine reizt mich, sondern es treten noch eigentümliche Umstände hinzu. Ich habe Hegels Leben zu schreiben übernommen und wüßte in der ganzen Welt dazu keinen besseren Ort als Heidelberg. - Auf jeden Fall müßte ich deshalb über kurz oder lang nach Berlin, mit der Witwe und dem ältesten Sohn manches zu besprechen. Nun setze ich den Fall, ich ginge Michaelis nach Heidelberg, so würde ich die Durchreise durch Berlin zu diesem Zweck benutzen. Ferner habe ich, da ich die Geschichte der Kantschen Philosophie geschrieben habe und jetzt Hegels Leben schreibe, den Entschluß gefaßt, auch noch die Geschichte der deutschen Philosophie und ihrer Sprache von den ältesten Zeiten bis Wolff zu arbeiten, so daß ich dann der Geschichtsschreiber der deutschen Philosophie überhaupt sein würde. Meine früheren Studien des Mittelalters und der Theologie werden mir dabei gute Dienste tun. Aber an welchem Ort ließe so etwas sich besser ausführen als in Heidelberg, als mit seiner Bibliothek? Ich besitze zwar einen großen Apparat als Privateigentum, allein wenn ich gründlich und vollständig sein will, gehören noch andere Kräfte dazu. Unsere hiesige Universitätsbibliothek ist sehr // schwach. Endlich stehe ich auf einem Wendepunkte meines Innern. Ich habe die Kritik satt und möchte mich von jetzt ab hauptsächlich positiven, systematischen Leistungen widmen, zu denen schon viel Vorbereitungen gemacht sind. Für solche Arbeiten ist Königsberg aber eine zu gesellig zerstreute, zu große Stadt und sehne ich mich nach einem kollegialischen, engeren und innigeren, aber nicht so weitläufigen Umgang. Eine Ortsveränderung, ja, das Herausgehen aus Nord in Süd, aus einem Staat in den andern, würde der gewaltigen Krisis, in der ich mich befinde, sehr günstig entgegenkommen und mir den Prozeß der Erkenntnis sehr erleichtem. D. h. so stelle ich es mir vor! Aber unsere Meinungen von uns sind oft das Verkehrteste, was wir haben und wir sehen meist hinterher ein, daß unser Geschick, wie es gegen unsere Wünsche sich gestaltete, das rechte für uns war. Ich bin also weit entfernt, verehrter Freund, Ihnen irgend die Zumutung zu machen, auch nur ein Wort oder eine Zeile für mich in Bewegung zu setzen, mich nach Heidelberg zu bringen, sondern ich wollte Ihnen nur die Gründe angeben, die mich bestimmen, immer noch daran zu denken und Sie ersuchen, mir, sobald es Ihnen tunlich ist, zu fragen, wie der S t a t u s q u o dieser Sache ist. Wenn ich weiß, daß gar keine Aussicht da ist, werde ich hier erst wieder ganz heiter sein, weil ich dann hier wieder eine Zukunft habe. Ihnen und den andern, die sich für mich interessieren, mich herzlich empfehlend,

175. März 1840 - 177. April 1840

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Ihr ergebenster

Karl Rosenkranz

175. An Julius Friedrich Abegg 1 ,19. März 1840

176. An N. N. 2 ,19. März 1840 177. An Marie Hegel Königsberg, d. 2. Apr. 1840 [Rosenkranz' Hegelbiographie enstand nicht zuletzt aus Ehrfucht demjenigen gegenüber,] dem man sein geistiges Leben [verdankt]... Ich glühe vor Enthusiasmus, das große Werk, Hegels Leben, zu schreiben, mit aller Kraft des Geistes und mit Gottes Hilfe zu vollbringen ... Ich fühle die ungeheure Verpflichtung, die ich für die Nachwelt habe, ich fühle, wie gerade diese Biographie Hegels Philosophie der Welt erst noch recht aufschließen kann; ich jauchze im stillen über die Kombinationen und Wendungen die sich mir auftun und wünschte, ein klassisches Werk zu liefern. Ach, es gibt nichts Seligeres als den Ruhm eines großen Menschen apostolisch zu verkünden, um andere zu seiner Nacheiferung, zur Erkenntnis ihres Lebens im seinigen zu entzünden... [Rosenkranz macht M. Hegel folgenden Vorschlag:] Ich fühle sehr wohl, welche Delikatesse jede Zeile durchdringen muß, die Hegels Privatleben betrifft und werde daher meine Arbeit so einrichten, daß Karl in Gemeinschaft mit Ihnen, an den Stellen, wo eine individuellere Charakteristik möglich und erfreulich erscheint, selbst solche Züge einflechten als einen genrebildenden Schmuck. Mir bleibt doch aus seiner Öffentlichkeit ein unendlicher Stoff, und Sie würden sich selbst wundern, was ich alles von dem herrlichen Manne daraus weiß... Das, was das Individuelle anbetrifft, werde ich nach Hegels eigener Ansicht (Enzyklopädie 3. Aufl. §. 551^ unten) behandeln müssen. Das Schwierigste ist, daß ich die ganze Entwicklung des Schellingschen Systems und der Schelling'

Dieser Brief wurde am 27./28. Nov. 1973 durch das Antiquariat Stargardt verauktioniert. Der Käufer konnte nicht ermittelt werden. 2 Dieser Brief wurde durch das Antiquariat Stargardt verauktioniert. Der Käufer konnte nicht ermittelt werden. 3 „Was sie [die Einzelnen] daher durch den individuellen Antheil, den sie an dem substantiellen von ihnen unabhängig bereiteten und bestimmten Geschäfte genommen, für sich erlangt haben, ist eine formelle Allgemeinheit subjektiver Vorstellung, - der Ruhm, der ihre Belohnung ist." Karl Schümm las hier „Seite 551".

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178. April 1840 - 179. April 1840

sehen Schule mit hineinziehen muß ... Ich will oft nicht glauben, daß Hegels Leben ein so harmonisches ist, als es sich darstellt; ich mache mir Skrupel, um nicht etwas hineinzukünsteln, was nicht darin liegt, aber am Ende trete ich voll Andacht vor diesen Menschen und seine Taten hin und bewundere die Notwendigkeit seiner Entwicklung ... Hegels Leben ist vorzüglich die Geschichte seiner Arbeit... [Über seine Schulden bei Buchhändlern schreibt er:] Ich laboriere beständig an Schulden bei den Herren Buchhändlern, weil ich unglaublich viel Literatur konsumiere...

178. An Karl Hegel Königsberg, d. 2. Apr. 1840 1 [Über die geschäftlichen Aspekte bei der Herausgabe der Biographie heißt es:] Ich habe erklärt, daß ich für meine Bemühungen ein Pauschalquantum anrechnen wolle, da meine Verhältnisse mir leider nicht gestatten, ohne alle Entschädigungen zu arbeiten.... Wenn mir nun die Sozietät zur Herausgabe der Hegeischen Werke für die Propädeutik und für Hegels Leben zusammen 200 Rt. verwilligen wollte, aber in der Weise, daß Sie sich anheischig machten, diese Summe im Monat Juli an die Herren Gräfe und Unzer hierselbst für mich zu zahlen, so würde ich bis zum November mit Hegels Leben ziemlich aufs Reine sein und könnte es bis Ostern 1841 gedruckt werden. - Kann dies nicht geschehen, so muß ich schon, wie so oft, auf eine andere Arbeit denken, welche mich schneller zu jenem Ziel gelangen läßt, was mir aus dem Grunde vorzüglich unangenehm wäre, weil ich danach dürste, Hegels Leben zu schreiben.

179. An Arnold Ruge Königsberg, d. 2t. April 1840 Mein lieber [...] Du zwingst mich wohl zur Vollendung des Aufsatzes über unsere Universität 2 , der hier alles in Bewegung gesetzt und sich bereits auf mich als dem einzig möglichen Verfasser zurückgeworfen hat. Ich wünsche, daß die Charak-

K. Schümm fügte in dem Salzteil „daß Sie sich anheischig machten" hinler dem „Sie" in eckige Klammem 'Karl Hegel' hinzu, so daß dieser als Adressat in Frage kommt. In dem o. a. Schreibheft wird ein Brief an K. Hegel mit diesem Dalum nicht verzeichnet. Anon., Vorläufiges über die Universität Königsberg. (Unterzeichnet: D. S.), in: HalUbb. 1840, Nr. 78, Sp. 621-623 u. Nr. 120, Sp. 953-959.

179. April 1840

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teristik 1 , die ich hier mitschicke, recht bald abgedruckt werden möge. Von D r . A. Jung schicke ich den ersten höchst interessanten Artikel über Königsberg, muß aber die Bedingung beifügen, daß Wigand ihm durch Deine Vermittlung sogleich dreißig Taler abschläglich sende. Er befindet sich in großer Not; er hat eine stets kranke Frau, drei Kinder und ein sparsames Einkommen durch Schulunterricht, während sein Geist doch in den höchsten Ideenkreisen lebt. Für den Aufsatz über die Briefe der Bernstorff 2 kann das Honorar mitberechnet werden. Je schneller die Hilfe kommt, je eher kann er den zweiten Artikel liefern. Eben bekomme ich die letzten Aushängebogen von meiner Komödie und schicke sie spaßeshalber mit. Stoff darin zu ergötzlichen Mitteilungen ins Wastebook. Wegen der Christologie habe ich einen Aufsatz geschrieben, der ein Buch, Kritische Erläuterungen des Hegeischen Systems, einleitet. Ich habe darin mich frank und frei über die Bedrängung der Wissenschaft ausgesprochen. Sartorius, mit dem ich letzthin ein ausführliches Gespräch über diese Angelegenheit hatte, meint zwar, es sei gar nicht so arg, war aber der Belletristik sehr böse, weil sie unter dem Namen Pietismus das wirkliche Christentum verfolge. Ein Redakteur wie Du will natürlich immer Beiträge haben. Ich habe schon öfter gesagt, daß ich sehr gern mehr geben wollte, wenn ich nicht amtlich hier gar zu viel mit Dozieren, Examinieren usf. zu tun hätte. Die schönsten kritischen Gedanken verfliegen mir wieder oder werden mir von andern weggenommen, weil es mir an Zeit fehlt, sie zu gestalten. Wann werde ich denn über den Kant ein Wort hören? Eine Arbeit, die mir zwei Jahre hindurch Tag und Nacht die Seele bewegt hat - und nun ist alles stumm, als wäre eben nichts geschehen. Man möchte auch stumm werden wenn nicht der heilige Geist der Wissenschaft einem immer wieder den Mund öffnete. Ein paar Briefe, die ich hier einschmuggle, hast Du wohl die Güte, an Ihre Adresse zu befördern. Wenn ich nur etwas mehr Muße hätte, so möchte ich gern einen Aufsatz über den Drang der Zeit zu einem neuen Symbol schreiben. Ich bin nämlich schon seit längerer Zeit von der Überzeugung begeistert, daß das Vaterunser zum Rang eines solchen erhoben werden muß, denn es enthält auf konkrete, nicht abstrakt historische (apostol. Symbol) oder abstrakt dialektische (athanasian. Symbol) oder dogmatisch-kritische Weise (nicän. Symbol), sondern ganz verständig und lebendig die ewige Wahrheit der Religion der Versöhnung des Geistes (Vergib uns unsere Schuld, wenn wir usi. führe uns nicht in Versuchung, sondern usf.) Wenn ich irgend kann, obwohl zu

1

Anon., Zur Charakteristik K. Fr. Burdach's, (Unterzeichnet: D.S.) in: HalUbb. 1840, Nr. 125, Sp. 995-998 Der Aufsatz ist in den HallJbb. nicht erschienen.

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180. April 180

versprechen ich mich ordentlich schäme, so sollst Du noch im La[uf] der Ferien wenigstens für das Wastebook einen Aufsatz darüber haben. Er scheint mir notwendiger als der Immermann. Vergiß den armen Jung nicht. Gott befohlen Dein K. Rosenkranz

180. An Arnold Ruge Königsberg, d. 9t. April 40 Mein lieber [...] Eben bekomme ich Deine wehmütigen Zeilen. Ich hoffe aber, Du wirst unterdessen schon meine Sendung mit Jungs Aufsatz und mit meinem über unsere Universität erhalten haben. Das wird Dich denn doch freuen. Je früher Du dem armen Jung durch Wigand ein dreißig Taler schickst, je eher kann er an die eigentliche Muckerei kommen, sonst muß er sich zu sehr mit Stundengeben usf. kümmerlich plagen. Vergiß dies also nicht. Ich schicke schon wieder einen Beitrag: Zur Charakteristik Burdachs, der mir hier durch eine Empörung der halben Stadt abgedrungen ist; denn die andere Hälfte, die mich versteht, ist sehr einverstanden mit dem, was ich gemeint habe. Es hat sich denn doch ausgeplaudert, daß ich der Verfasser bin (welcher es sei, war so lange die Frage, als man das D. S. für eine Namenschiffre nahm) und ich würde mit Burdach amtlich in die unangenehmsten Verhältnisse ohne diese Erklärung geraten, welche, denke ich, für das Wastebook einen schönen Beitrag ausmacht. Aber ν î t e , v i t e , s i f i e r i p o t e s t . Ich hoffe, Euch bald Proben meiner Tätigkeit schicken zu können. Geburt, Auferstehung und Himmelfahrt Christi nicht als heimliche Tatsachen gelten zu lassen und diese sogenannte symbolische Auffassung als die wahrhaft historische geltend zu machen, bin ich jetzt fest entschlossen. Nur die Person Christi selbst als des leibhaften Gottmenschen werde ich ewig festhalten, und wenn Du und Feuerbach und Michelet wegen solcher Altertümlichkeit mich noch so sehr verachten solltet. Ich weiß, daß nichts Serviles bei mir in diesem Bewußtsein liegt. Ich werde heute nachmittag zu Jung gehen, ihn zu treiben, den zweiten Artikel zu arbeiten. Daß ich nicht nach Heidelberg kann, ist abscheulich. Ich bin hier wirklich zu abgeschnitten und höre den Strom der Geschichte nur von ferne. Die Geschichte mit Kamptz 1 ist prächtig. '

Die Universität Halle lehnte eine Ehrenpromotion Kamptz', der von 1832-42 preuß. Justizminister war, ab. - K. war schon Zielscheibe des Spottes E. T. A. Hoffmanns, der eine

181. April 1840 - 183. April 1840

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Grüß den wackern Echtermeyer und behalt guten Mut. Gott ist mit uns, denn wir sind mit ihm. Grüß auch Hinrichs und Schaller von Deinem K. R.

181. An Karl Hegel Königsberg d. 11. Apr. 1840 1 ... Das wissenschaftlich Vollendetste der Propädeutik ist die Logik, denken Sie, 1809! Da war Hegel schon mit ihr im Grunde fertig.

182. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Ew. Wohlgeboren bitten mich um baldige Zusendung der von mir noch bis zum Schluß des Werkes restierenden Artikel. Ich werde sehen, dieselben baldmöglichst zu liefern. Sie haben mir nicht auf meine Bitte geantwortet, an Herrn Τ heile hierselbst auf mein Konto vierzig Taler zu zahlen. Sie führen die Berechnung für mich nur bis zum Artikel H ot ho, während ich dieselben schon bis zum Artikel Ρ hilosophie der Geschichte gegeben hatte. Sie schließen mein Konto mit 19 Taler, welche ich demnach durch Herrn Theile hierselbst mir habe zahlen lassen. Ich bemerke, daß ich Herrn Theile im voraus das auf mich fallende Honorar auch für alle folgenden Artikel übermachen werde. Hochachtungsvoll Königsberg, d. 13t. April 1840 Karl Rosenkranz

183. An Karl Hegel Königsberg, d. 14. Apr. 1840 [Über die Versuche, von seiten der kirchlichen Orthodoxie durch] tückische Pamphlete [gegen die Hegeische Philosophie zu agieren, Einfluß auf Marie Hegel zu gewinnen und auch gegen ihn selbst zu intrigieren, schreibt Rosenkranz:] Zutrauen müssen Sie zu mir haben, sonst kann ich bei meiner

'

Satire gegen Kamplz geschrieben hatte, die er in sein Märchen (1822) .Meister Floh' einarbeitete und die ein Gerichtsverfahren gegen ihn zur Folge hatte. Auch für dieses Briefdatum gibt es kein Pendant in Karl Schümms Schreibheft.

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184. April 1840

Arbeit nicht mit rechter Freudigkeit sein ... Möchte sie [i. e. Marie Hegel] sich doch von den geistlichen Herren in Ansehung Hegels keine Skrupel machen lassen! Es ist unverantwortlich von denselben, ein Frauengemüt so zu ängstigen. Aber solche Marterei zu erzeugen, heißen sie Seelsorge. Ich kenne das. Sagen Sie Ihrer lieben Mutter, die solle guten Muts sein. Ich will Hegels Leben schreiben und über seine Christlichkeit, wie man jetzt zu sagen beliebt, daß die Herren merken sollen, wie tief sie unter ihm stehen, wieviel sie in der Erkenntnis des Glaubens und in der rechten Führung eines christlichen Wandels (wie nämlich Christus wandelte, der auch in die Häuser der Zöllner und Pharisäer ging und nicht wie die Pietisten schlich) von Hegel lernen können. Das Herz kehrt sich mir bei solchen Geschichten um. ... Wegen des Materials wünschte ich nur gelegentlich ... die Gedichte an Hölderlin. 1

184. An Karl August Vamhagen v. Ense Königsberg, d. 14t. April 1840 Hochgeehrtester Herr Geheimer Rat, Sie haben sich zwar für mich in ein so tiefes Stillschweigen begraben, daß ich fast bange sein möchte, Ihre Gunst verloren zu haben, i r g e n d w i e , mit Schleiermacher zu reden. Dennoch wage ich, beiliegend Ihnen ein o p u s c u l u m , ich kann nicht sagen meiner Muße, denn ich weiß mich vor Arbeit nicht zu retten, sondern muß schon sagen, meiner Muse, wie abstrakt sie auch sei, zur Ergötzung, wie ich verhoffe, zu überreichen. Ein Liebhaber der Ironie wie Sie wird darin manches finden. Ein anderes Buch von mir wird Ihnen die Buchhandlung zugehen lassen. Hätte ich mehr Mut, so würde ich noch auf ein Kapitel zu reden kommen, welches für Sie wie gemacht ist, auf Hegels Biographie, die ich übernommen habe. Sie hätten vielleicht aus Denkblättern oder aus Ihrem vasten und scharfen Gedächtnis manches über Hegel mitzuteilen, was eigentlich nur ein so feiner Beobachter als Sie an ihm hat sehen können, was also nur in Ihnen fortlebt. Auf jeden Fall müssen Sie sich ein eigentümliches Bild von ihm erschaffen haben. Ich kann es nicht anders, als Ihrer auch in Verhältnis zu Hegel zu erwähnen. Ich weiß, daß Sie bis zur Dedikation 2 von Erhards Denkwürdigkeiten hin sich eigentlich oft mit ihm abgestoßen haben 3 und möchte wenigstens einigermaßen 1

2

α

Der letzte Satz ist zitiert nach: G. W. F. Hegel, Frühe Schriften I, hrsg. v. F. Nicotin und Gisela Schüler. Hamburg 1989. Varnhagen widmete die .Denkwürdigkeiten Erhardts' Hegel, vgl. Briefe von und an Hegel Bd. m , S. 303f., 454f. In einem Brief an H. Heine vom 16. Febr. 1832 sagt er, daß H. vor seinem Tode politisch „völlig Ultra" geworden sei. Auch zwanzig Jahre später bekennt er in einem Brief an Ignaz Troxler vom 26. Juni 1852, daß er „in keinem Fall sein Schüler oder Anhänger heißen kann".

184. April 1840

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von Ihnen selbst etwas Näheres wissen, um nicht entweder gegen Sie oder gegen Hegel ungerecht oder gar Sie beide mißverstehend zu sein. Auch wünschte ich zu wissen, ob Hegel mit Rahel und wie er sich eigentlich mit ihr hat stellen können. Ich muß schon die ganze Atmosphäre schildern, in welche Hegel 1818 in Berlin eintrat; ich muß schon von W . von Humboldt, von Schleiermacher, Bökh, Wolf, von Rahel, von Ihnen und andern reden, um so manches Sonderbare in der Entwicklung der späteren Beziehungen und Zustände begreiflich machen zu können. Als ein Sammler besitzen Sie vielleicht auch die Gedichte von 1826/27 zu Hegels Geburtstag, die im Gesellschafter standen 1 ; oder soll ich mich an Gubitz wenden? Sie ahnen schon, wie o f t ich Ihre Denkwürdigkeiten werde konsultieren müssen, um mir immer die Lokalfarbe der Dinge zu vergegenwärtigen. Möchte ich doch bald einmal erfahren, inwieweit ich Ihren sanguinischen Erwartungen in Rücksicht meiner Geschichte der Kantschen Philosophie genügt habe oder nicht; überhaupt einmal von Ihnen ein Lebenszeichen empfangen. Um so mehr sehne ich mich darnach, als ich binnen hier und Pfingsten Brockhaus den Artikel Rahel zu arbeiten versprochen habe und ein Brief von Ihnen mich abgearbeiteten Menschen wieder recht beleben würde. Mit größter Hochachtung Ihr ganz ergebenster Karl Rosenkranz Eben bekomme ich als Novität einen neuen Band Ihrer Denkwürdigkeiten und falle einfach darauf, in Hegels Leben Ihr Verhältnis zu ihm ganz zu übergehen, da Sie unstreitig es uns selbst in Ihren Memoiren schildern werden.

'

Försters Gedicht wieder abgedr. in .Hegels Leben', S. 560ff. Erstdruck in der Voss. Ztg. Am 26. und 27. Aug. 1826 wurden die Geburtstage Hegels und Goethes gefeiert. In der Presse, insbes. in der Voss. Ztg., wurde ausgiebig darüber berichtet. Einige Wochen später wurde die Oberzensurbehörde durch Kabinettsordre angewiesen, derartige Aufsätze über „Privatfeiem" nicht mehr zuzulassen. Vgl. auch Hegels eigenen Bericht in einem Brief an seine Frau Marie in: Hegel-Briefe ΙΠ, Nr. 524 vom 29. Aug. 1826, S. 134ff., Anmerk. S. 400ff. - Ein Jahr später bemerkte Friedrich Wilhelm III, daß mehr Goethe-Artikel in den Zeitungen ständen, als von irgendeinem Souverän. Er wies die Zensoren an, keine GoetheArtikel mehr durchzulassen. Diese Anweisung wurde erst anläßlich einer Ordensverleihung an Goethe durch Ludwig I. von Bayern aufgehoben.

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185. April 1840 - 186. April 1840

185. An Karl Hegel Königsberg, d. 20.Apr. 1840 1 [Um Papiere aus Hegels Nachlaß sicher verwahren zu können, berichtet Rosenkranz:] Ich habe mir einen netten Kasten mit einer messingnen Handhabe gekauft, den ich bei etwaiger Feuersnot sogleich forttragen kann.

186. An Karl Ulimann Königsberg, d. 20st. April 1840 Hochgeehrtester Herr und Freund, bald darauf, nachdem ich vor etwa 6 Wochen an Sie geschrieben, Sie um eine Auskunft wegen der philosophischen Professur in Heidelberg zu ersuchen, bekam ich einen Brief von Herrn Professor Dittenberger, der mir eine solche erteilte. Er erwähnt darin auch des Umstandes, daß Sie gegenwärtig Rektor der Universität sind, indem Sie in dieser einflußreichen Stellung geneigt sein könnten, etwas für meine Berufung zu tun; daß Sie für dieselbe nicht ungünstig gestimmt sind, weiß ich durch Professor Voigt, gegen welchen Sie im vergangenen Sommer über diesen Punkt sich sehr freundlich geäußert haben. Da Heidelberg mit dem Tode von Schwarz, Daub, Thibaut, welchen der von Tiedemann, Creuzer, Paulus, Zachariä doch über kurz oder lang auch einmal folgen wird, einer völligen Neugestaltung entgegengeht, so hat die Regierung eine schwierige Aufgabe zu lösen, so viele Berühmtheiten und Tüchtigkeiten durch andere zu ersetzen und in der Wahl der neuen Dozenten zugleich der Richtung der Zeit zu genügen. Sie kann nicht bloß auf die-Bedürfnisse Badens sehen, sondern muß auch wegen der starken Frequenz der Universität durch Ausländer das allgemeine Bedürfnis überhaupt, den Gang der gegenwärtigen Bildungsstufe berücksichtigen. Ich schmeichelte mir allerdings, in diese Phase energisch eintreten zu können. Allein ich habe, seit den Anstellungen der Professoren Kapp und Reichlin-Meldegg, jeden Gedanken an Heidelberg aufgegeben. Bewerben mag und kann ich mich nicht. Ein solcher Schritt wäre eine Undankbarkeit gegen meinen Staat, gegen diese Stadt, in deren Leben ich schon so tief verflochten bin. Die Spannung in mir ist vorüber. Ich wende mich meinen hiesigen Verhältnissen wieder mit völliger Heiterkeit zu, denn die Sehnsucht nach Heidelberg war krankhaft in mir geworden. Ich habe einen so festen Glauben an Gottes Vorsehung in solchen Dingen, daß, da es einmal nicht sein kann, ich auch vollkommen überzeugt bin, daß es nicht sein soll. Mit aufrichtiger Hochachtung Ihr ergebenster Karl Rosenkranz '

Das Schreibheft K. Schümms enthält keinen Brief dieses Datums.

187. Mai 1840 - 189. Mai 1840

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187. An Karl Hegel Königsberg, d. 3. Mai. 1840 Ich muß die ganze Jenenser Konfusion schildern ...

188. An Karl Hegel Königsberg, Mai 1840 [Über die Jenenser Arbeiten Hegels sagt Rosenkranz:] Unter dem Wust der Mathematika, welche allerdings zum größten Teil nur Auszüge und Bemerkungen enthalten, habe ich eine sehr schöne Arbeit über das Verhältnis Keplers und Newtons 1 gefunden. Hegel hat die Arbeit über das Gesetz der Planetenabstände offenbar dreimal gemacht, erstens im reinen Kalkül, den ich auch noch gefunden habe, zweitens in dieser Abhandlung, die eigentlich dasselbe Thema hat als Schellings Buch von der Weltseele, d. h. die Unterscheidung des Mechanischen und Organischen und vorzüglich der absoluten Mechanik von der endlichen. Drittens in der lateinischen Dissertation, die nur ein Drittel der deutschen umfaßt... Vor der Hand vermisse ich, Kleinigkeiten ausgenommen, weiter nichts als ein Verzeichnis der Vorlesungen, die Hegel in Tübingen gehört hat. 2

189. An Arnold Ruge [undatiert, ca. 10. Mai 1840] Mein lieber [...] Als Du mir vorigen Herbst meinen Aufsatz: Deutschland, Preußen und die Wissenschaft remittiertest, als Du mir dabei „chinesische Weitläufigkeit" vorwarfst, als Du meinen „historischen Zopfchristus" schmähtest, hab ich es alles als heilsamen Sauerteig hingenommen, ja ich bildete mir sogar ein, Wunder wie soviel zu sein. Aber nun gilt es einen andern, es gilt einen geistvollen aber unglücklichen, edlen Menschen. Kannst Du den Aufsatz in der Tat nicht gebrauchen, so sag es ihm selbst, ich habe das Herz nicht dazu. Du denkst, er liest die Jahrbücher

1

2

Vgl. G. W. F. Hegel, Disserlalio Philosophica de Orbitis Planetarum. Übersetzt, eingeleitet und kommentiert von Wolfgang Neuser. Weinheim 1986. - Vgl. Kimmerle, a.a.O., S. 139, Nr. 19. Den letzten Satz zitiere ich nach G. W. F. Hegel. Gesammelte Werke Bd. 1. Hamburg 1989, S. 519.

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190. Mai 1840

nicht, während er von Deiner Kritik Menzels 1 vor vierzehn Tagen noch ganz entzückt war. Daß er andere Ansichten hat als Du, ist kein Vorwurf. Daß er als geborener Preuße die harte Konsequenz des Hegeischen Urteils über Hamann 2 u. a. nicht teilt, ist ganz in der Ordnung. Daß er etwas schwerfällig schreibt ist wahr, aber er ist doch immer gedankenvoll und gebildet dabei. Daß er Honorar erwartet, ist denn doch auch keine Schande, da er so oft mit Not und Mangel kämpfen muß. Ich proponier Wigand den Aufsatz, wenn Du ihn wirklich nicht aufnimmst, mit dem 2ten, noch zu liefernden Teil, für ein mäßiges Honorar 5 Taler den Bogen, als Broschüre zu drucken, die hier in Ost- und Westpreußen, Litauen und Kurland gewiß mit der größten Begierde wegen der vielen Personalia gekauft werden würde. Auch Herbarts Charakteristik, die Euch kalt läßt und tausend andere Dinge würden hier sehr ansprechen. In Eil K. Rosenkranz Nur nicht remittieren und dem edlen Mann die Aussicht nehmen. Und um Gotteswillen nicht glauben, daß bei mir persönliche Illusion herrsche.

190. An Karl Hegel Königsberg, d. 16. Mai. 1840 3 [Unmittelbar vor der biographischen Arbeit über Hegel halte sich Rosenkranz mit dem Verhältnis Schelling-Hegel beschäftigt. Durch Schellings Berufung nach Berlin befürchtete er, die] Freunde [könnten sich in der Verteidigung Hegels gegen Schelling etwas in der Energie] vergeben [und wünscht deshalb größere Unabhängigkeit vom] Verein, aber es soll dies nur zur Bequemlichkeit desselben, nicht meinetwegen sein.... [Die] Jugendschriften [Hegels lobt er Karl Hegel gegenüber:] Was sagen Sie doch zu den Aufsätzen Ihres Vaters: Das Schicksal und seine Versöhnung 4 und das Abendmahl? Sind das nicht einzige Perlen? Es überrascht mich immer aufs höchste, wenn ich aus dem Papiergewirre so ein Ganzes zusammenfand. Ich werde in die Vorrede einen Dialog 5 zwischen zwei Juden im Zuge Moses durch 1 2 3

4 5

A. Ruge, Wolfgang Menzel „Europa im Jahre 1840", in: HallJbb. 1840, Nr. 85 - 93. Vgl. Hegels Rez. v. Hamanns Schriften, in: JbbwissKril. 1828, Nr. 77-80, 107-114. Die Berufung Schellings erfolgte erst anderthalb Jahre später. Ein Druck- oder Lesefehler ist denkbar. Vgl. K. Rosenkranz, G. W. F. Hegels Leben. S. 493ff. und 506ff. Berlin 1844. Dieser Dialog wurde nicht gedruckt. Ein Manuskript hierzu fehlt.

191. Juni 1840- 192. Juni 1840

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die Wüste bringen, ob die Rauchsäule eine Kohlenpfanne oder Gott selbst sei, der unsem (Herren) Rationalisten, wie Hypersuper-Naturalisten gleich am Eingang zum originellen Wegweiser dienen soll.... [Zu einer Edition von Hegels Briefen bemerkt Rosenkranz:] ich hoffe nämlich, daß noch ganz verborgene Quellen 1 über Hegel geöffnet werden könnten. Cousin in Paris, Windischmanns Erben, Creuzer in Heidelberg müssen gewiß noch Briefe haben, und uns ganz unbekannte Menschen würden vielleicht in den Journalen manches geben, sobald nur, wie ja immer in der Welt, erst der Impuls da ist.

191. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Königsberg, den 2ten Juni 1840 Ew. Wohlgeboren beehren mich anliegend die Artikel Rahel usw. Ruge 2 und Wienbarg 3 nach Ihrem Wunsch noch vor Pfingsten zu übersenden. Eine Augenkrankheit 4 , die mich auch jetzt vom eigenen Schreiben noch zurückhält, hat die Absendung verzögert und bringt überhaupt meine ganze literarische Existenz ins Stocken. Der Artikel Rahel war bei der Auswahl dessen, was darüber geschrieben worden, eine höchst schwierige Aufgabe, ich hoffe dadurch, daß ich mich vorzüglich an das Faktische gehalten habe, dem Zweck Ihres Unternehmen vollkommen zu entsprechen, lassen Sie mich bald etwas darüber wissen. Hochachtungsvoll Ihr ergebenster K. Rosenkranz

192. An Karl Hegel Königsberg, d. 15. Juni. 1840 [Rosenkranz versichert Karl Hegel, daß er die an Schelling gerichteten Briefe mit Diskretion benützen werde. Er hatte Hegel in seiner geistigen 1

2

o 4

Im Eingang zu seinem Aufsalz ,Aus Hegels Leben. 1. Hegel und Hölderlin. 2. Theol. und histor. Studien Hegels' in Prntz' .Literar.-histor. Taschenbuch', Jg. 1, 1843, S. 89-200, bat Rosenkranz die Leserschaft, ihm noch vorhandene Schriftstücke von und über Hegel zuzusenden. Er bekam jedoch nur Unterstützung von D. F. Strauß, Hinrichs, Joh. Fr. Heinr. Abegg, Sietze, Boris d'Yxküll und V. v. Ense. K. Rosenkranz, A. Ruge, in: Conversationslexikon der Gegenwart. Bd. 4. 1, S. 658f. Leipzig 1840. Κ. Rosenkranz, L. Wienbarg, in: Conversationslexikon der Gegenwart. Bd. 4. 2., S. 395f. Leipzig 1840. Der Brief wurde diktiert, nur die Unterschrift stammt von Rosenkranz' Hand.

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192.Juni 1840

Entwicklung als relativ unabhängig von Schelling angesehen,] ... in dem Brief von 1800 1 sagt Hegel ganz bestimmt, daß das Ideal seiner Jünglingsjahre sich in Reflexionsform als ein System habe niederschlagen müssen. - Dies System 2 ist da; es enthält: 1. Logik vom Begriff des Seins bis zum Begriff der Proportion, wie Hegel hier die Lehre von der Methode überschreibt, 2. die Metaphysik, worin das Erkennen, die Objektivität und die Subjektivität und in letzterer der theoretische, praktische und absolute Geist abgehandelt werden, 3. die Naturphilosophie. Nach einer Einleitung über den Begriff des Lebens folgt a) das System der Sonne, b) das System der Erde, in welchem eine ganz vollständige, spekulative Mineralogie enthalten, vornehmlich aber der elementarische Prozeß mit einer hinreißend schönen Dialektik entwickelt ist, die an Schärfe und Poesie alles, was ich von Schelling in dieser Hinsicht kenne, weit hinter sich schlägt. Man wird in das Weben des Erdgeistes entrückt. Bei dem Übergang zur organischen Natur bricht das Manuskript ab. Es ist aber kein Zweifel, daß die Geistesphilosophie teilweise durchgeführt gewesen sein muß, wenn auch mehr nur in praktischer und religiöser Beziehung, denn unter der Auseinandersetzung, welche die Religion enthält und auf einer merkwürdigen Wendung gegen Fichte schließt, steht das Datum 14. September, wo Hegel noch in Frankfurt war. Nun konnte er wohl in Jena sogleich die Differenz zwischen Fichte und Schelling schreiben ... nun konnte er über die Religion ... tiefere Gedanken äußern, nun konnte er die Abhandlung über das Naturrecht schreiben! (wovon ich einen halben Bogen Grundlage auch gefunden habe) Er hatte in einsamen Schlachten sich schon seine Welt erobert. Ganz unschätzbar ist das Tagebuch aus Jena von 1802-1806. Die Jahreszahlen unterscheide ich nach den literarischen Novitäten, die sich Hegel anmerkt; es sind diese Notizen oft gleichsam seine Xenien, das Brouillon zur Vorrede der Phänomenologie, auch die berühmte Stelle von den Kühen im Nachtschwarzen des Absoluten kommt 1

Vgl. Joh. Hoffmeister (Hrsg.), Briefe von und an Hegel. B d . l , S. 59. Hamburg 1969. - In seinem Ausatz ,Hegel's ursprüngliches System' im 2. Jg., 1844, S. 155, des lilcrar.-histor. Tb. wiederholt Rosenkranz diese Auffassung: „Eine so rasche Folge wichtiger Arbeiten aus den verschiedensten Theilen der Philosophie, wie Hegel im Kritischen Journal weiterhin veröffentlichte, konnte nur durch eine umfassende Vorarbeit bedingt sein. Dies würde erhellen, auch wenn wir nicht den Brief Hegel's an Schelling besäßen, in welchem er ihm ankündigt, daß das wissenschaftliche Ideal seiner Jünglingsjahre in Reflexionsform zu einem System sich hätte niederschlagen müssen."

2

Vgl. K. Rosenkranz, G. W. F. Hegels Leben. S. 95ff. u. 99ff. Berlin 1844. - Rosenkranz vermengt hier mehrere Arbeiten Hegels. Den Forschungsstand zur Chronologie der Hegeischen Schriften der Jenaer Zeit verzeichnet Gisela Schülers Aufsatz ,Zur Chronologie von Hegels Jugendschriften', in: Hegel-Studien. Bd. 2, S. 11 Iff. 1963. Vgl. auch Heinz Kimmerle über ,Die von Rosenkranz überlieferten Texte Hegels aus der Jenaer Zeit', in: Hegel-Studien. Bd. 5, S. 83ff. 1969.

194. Juni 1840

235

darin vor, sowie sehr entscheidende Äußerungen über Schelling. Hegel hat nie das Gefühl einer eigentlichen Schülerschaft desselben gehabt, auch seine Terminologie ist von Anfang an charakteristisch, z. B. Dialektik, Sichselbstgleichheit, Bestimmung, Nichtsein usf. gebraucht er schon 1800 wie 1830....

193. An Karl Hegel Königsberg, d. 20. Juni 1840 ... Ich schwanke jetzt nicht mehr, Hegels Leben nach folgender Einteilung zu behandeln: I. Lehrjahre: Stuttgart - Tübingen - Schweiz usw. II. Wanderjahre: Jena - Bamberg - Nürnberg - Heidelberg, III. Meisterjahre: Berlin...

194. An Johannes Schulze Königsberg, d. 30st. Juni 1840 Hochverehrtester Herr, aus einem schweren Augenübel, das mich, nachdem es schon seit Neujahr gedrohet, endlich im April recht heftig faßte, mich allmählich wieder dem Licht, dem Lesen und Schreiben zuwendend, hängt meine ganze Seele an der Arbeit, Hegels Leben zu schreiben. Ich höre, daß Sie über Hegels Verhältnis zu Sinclair näher unterrichtet sind und halte es für meine Pflicht, Sie, verehrtester Herr, um eine solche Auskunft zu bitten, da Hegels Briefwechsel mit dem schottischen Dichterphilosophen unbegreiflich verschwunden sein soll. Ferner möchte ich Sie gehorsamst ersuchen, in betreff Ihres eigenen Verhältnisses zu Hegel mir die wesentlichsten Züge desselben mitzuteilen, wann und wie Sie ihn kennengelernt und vielleicht Eigentümliches mit ihm erlebt haben. Endlich wage ich die Bitte, mir eben solche Notizen in Ansehung Sr. Exzellenz des Herrn v. Altenstein, soweit sie zur Sache gehören, geben zu wollen. Ich weiß wohl von allen diesen Dingen, allein sie sind zu wichtig, als daß ich nicht von Ihnen selbst eine Darstellung in aller Kürze, zu der Sie wohl die Muße finden, wünschen sollte. Sie, der Sie Hegel in seiner höchsten weitgreifendsten Energie so allseitig haben beobachten können; Sie, der Sie durch Ihre // amtliche Stellung eine so genaue Einsicht in seine Stellung erworben; Sie, der Sie ihm ein so reines und freundschaftliches Interesse widmeten, werden mir eine solche Belehrung nicht versagen. Ich halte diese Biographie für unendlich wichtig. Unendlich schwcr ist sie auch.

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194. Juni 1840

denn ich muß den ganzen Prozeß, den Hegel in seinem Denken individuell durchlebt hat, schildern. Von Begebenheiten, die nicht Gedanken wären, ist bei ihm nicht die Rede. Ich weiß, daß die biographische Entwicklung Hegels die immanente Parallele zu Goethes Leben bildet. Diese Auffassung verwarf ich erst als spielerisch, als affektiert, als schulfiichsige Aufstutzung; aber bei näherer Betrachtung bin ich sehr davon eingenommen. Wenn nämlich die Vergleichung Goethes mit Kant, die ich auch einmal gemacht habe, die Kontraste zeigt, welche die Reflexionsphilosophie mit Goethes Poesie hat und nur die allgemeine Einheit der Genialität übrig läßt, so hat Hegel die Goethesche Weltanschauung, welche Kant ewig fremd blieb, in sich aufgenommen, und sein Leben stellt uns von Stuttgart bis Berlin mit allen Zwischenphasen ein ebenso plastisches Bild der Bildung eines spekulativen Philosophen // auf, als Goethes von Frankfurt bis Weimar das eines unbedingten Dichters. Die Familie hat die Güte gehabt, mich mit den interessantesten Dokumenten zu unterstützen und mir noch auf fernere Mitteilungen Aussicht gemacht. Hätte ich auch den Briefwechsel Hegels mit Niethammer 1 , den dieser aber nie von sich lassen wird, so fehlte mir jetzt schon wenig Wesentliches. In Erwartung gütiger Antwort mit gewohnter Hochachtung Ihr ganz ergebenster Königsberg, 30. J. 40 Karl Rosenkranz

dem Geheimen Oberregierungsrat Herrn Ritter D r . J . S c h u l z e frei Berlin Kupfergraben 2

1

Diese Briefe waren Immanuel Hegel bekannt, der sie in München einsehen konnte, Vgl. W. F. Becker, a.a.O., S. 601f. Auch Rosenkranz könnte sie eingesehen haben, erwähnt er doch z. B. S. 227 von .Hegels Leben', daß „Hegel's zahlreiche Briefe an Niethammer aus dieser Zeil [der Jenaer, J.B.] mannigfaltigen Stoff liefern würden" ... Ein Nachfahre Niethammers, Dr. Döderlein in München, erwähnte mir gegenüber, daß sich in seinem Besitz noch zahlreiche Briefe Rosenkranz' befinden, die er leider aufgrund seiner zunehmenden Erblindung z. Zt. nicht auffinden kann.

195. Juni 1840 - 1 9 6 . Juü 1840

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195. An Ignaz Hub 1 ,30. Juni 1840

196. An Johannes Schulze Königsberg, d. 15t. Juli 40 Hochgeehrtester Herr Geheimer Oberregierungsrat, wenn ich letzthin so frei gewesen bin, Sie wegen des persönlichen Verhältnisses zwischen Sinclair und Hegel um einige nähere Auskunft zu bitten, so will ich nur bemerken, daß ich damit nicht das wissenschaftliche gemeint habe, inwiefern es aus Sinclairs Schriften, die ich sämtlich besitze, hervorgeht; allein ich kann nicht umhin, Ihnen ganz kurz meine Vorstellung darüber zu äußern, da Sie sogleich sehen werden können, ob etwas daran ist. Wenn nämlich Hegel auch zufällige Berührungen mit andern ohne Beziehung auf seine Philosophie gehabt hat, so ist doch die mit Sinclair wohl eine notwendige gewesen, welche mir so zu stehen scheint, daß sie diejenige Zwischengestalt zwischen der Fichte-Schellingschen und Hegeischen Philosophie nach der Naturseite ebenso ausdrückt, wie die Solgersche nach der Seite des Geistes; daher auch Solger wie Sinclair in dem Gedanken des Seins und Nichtseins, des Nichterschaffen- und Erschaffenseins so merkwürdig oft übereinstimmen und momentan an Hegels Dialektik anstreifen. Wie Sinclair eine auf Metaphysik begründete Physik gab, so finden wir im Solgerschen Nachlaß eine rationelle Staatslehre. - Indem Hegel mit Schelling das Verhältnis hatte, die Prinzipien der Spekulation durchzuarbeiten, waren also Sinclair und Solger auch chronologisch (Sinclair st. 1815, Solger 1819) diejenigen, welche in persönlichem Kontakt mit ihm die Besonderung der Natur- und Geistesphilosophie darstellen, wozu noch kommt, daß, während des Briefwechsels mit Sinclair Seebeck, später dagegen Daub, Marheineke usf., also Theologen, zu Hegel in persönlicher Relation waren. Den Nekrolog Sinclairs 2 Morgenblatt 1815, 146 kann ich hier nicht auftreiben und habe nur Varnhagens Notiz, Denkwürdigkeiten Bd. V 3 . Mit innigster Hochachtung Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

1

9

3

Dieser Brief wurde am 9. /10. Juni 1970 verauktioniert. Der Käufer konte nichl ermittelt werden. Dem Andenken meines Freundes Sinclair. [9 strophiges Gedicht, unterzeichnet „Schrbr."] sowie ein kurzer Auszug eines Berichts aus Wien, in: Morgenblatt für gebildete Stände. Stuttgart u. Tübingen, 20. Juni 1815, S. 581f. Vgl. Κ. Α. V. v. Ense, Werke in fünf Bde. Hrsg. v. Konrad Feilchenfeldt. Frankfurt/M. 1988. Über Sinclair Bd. 2, 33. Abschnitt, S. 604.

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197. Juli 1840- 198. Juli 1840

197. An Karl Hegel Königsberg, d. 15. 7. 1840 [Über seine Arbeit an der Biographie schreibt Rosenkranz:] ... Ich habe eine chronologische Liste seines Lebens von Jahr zu Jahr angelegt, worin ich immer eintrage, wenn mir etwas einfällt. Diese Annalistenmethode muß die Grundlage des biographischen Kunstwerks geben. ... [Über die nachgelassenen Papiere 1 Hegels äußert sich Rosenkranz:] ... Der Einblick in dasjenige, was von Hegel der Welt noch nicht bekannt ist, hat das Bild dieses Mannes in einem solchen Grade bei mir ins Erstaunenswürdige hin verändert, daß mir alles, was ich bisher über ihn gesagt habe, zu einem nur provisorischen [Urteil, J . B . ] zusammensinkt. ... Ich begreife nicht, wie die Papiere, die Sie mir übersandt haben, so lange unbenutzt haben liegen können. Durch eine seltene Gunst habe ich mich durch die Propädeutik ohne Ahnung derselben durcharbeiten müssen und sehe daher alles viel klarer.... ... Sie würden oft Ihren Spaß haben, wenn ich wieder eine Kombination gemacht habe, ζ. B. in der Bamberger Zeitung finde ich viele Hoffeierlichkeiten beschrieben. Die vorzüglichsten Werke der französischen Bühne sind dort aufgeführt, also hat Hegel hier Gelegenheit gehabt, das klassische Theater der Franzosen gründlich kennenzulemen....

198. An Karl Bayer Königsberg, d. 22. Juli 1840 Hochgeehrtester Herr Doktor, Sie mögen in betreff meiner schon oft gedacht haben, aus den Augen, aus dem Sinn, besonders, seit ich nicht auf die freundliche Mitteilung Ihres Buches: über den Begriff des sittlichen Geistes vorigen Sommer antwortete. Allein dem ist nicht so. Ich habe mich recht oft und innig Ihrer wie Ihrer lieben Frau und der schönen Stunden erinnert, welche ich in Ihrem Hause und in Nürnberg mit Ihnen zugebracht habe. Besonders hell schwebt mir immer der Moment vor, als wir auf dem Hof des Ägidiengymnasiums über den Begriff des Erkennens sprachen. Ihr Schwager Gärtner hat mir seine Schrift über Rechts- und Staatslehre ebenfalls zugesendet. Ich schrieb auch eine Kritik derselben im Herbst vorigen Jahres für die Berliner Jahrbücher. Ich hatte vieles tadeln müssen, denn Gärtner scheint mir zwischen Ihrer aphoristisch-energischen und hymnenartig nicht nur S . Zur Herkunft der Quellen. Eine restitutio ad integrum des Hegel-Nachlasses bleibt natürlich ohne eine Auflistung aller Papiere aus Hegels Besitz, die unmittelbar nach Hegels Tod hätte erfolgen müssen, ausgeschlossen.

198. Juli 1840

239

den Begriff, sondern auch die ganze Ergriffenheit des Geistes durch die Gewißheit seiner Wahrheit schildernden Manier und zwischen einer hegelianisierenden Pseudodialektik in einer fatalen Mitte zu schweben. Das Wackere seines Strebens, die Tüchtigkeit seiner Gesinnung hatte ich // gebührend anerkannt, aber wegen der Verschwemmung [?] der Idee des Guten in die des Lebens überhaupt und wegen mangelhafter Ausführung konnte ich ihm den Tadel nicht ersparen. Als ich aber hörte, daß er sich um Gans' Stelle bewürbe, nahm ich, um ihm nicht möglicherweise zu schaden, die Kritik zurück. Sie liegt noch in Berlin. Ihre Schriften las ich als spekulative Erbauungsschriftcn. Ich betrachte Sie innerhalb Bayerns als die antagonistische Ergänzung der sittlichen Schlaffheit, an welcher der Neu-Schellingianismus zu leiden scheint. Solche erregende Worte, solche ethische Weihe, solche Befreiung der tausendfach gehemmten, solche Reinigung der sophistisch verderbten Willenskraft tut uns überhaupt sehr not. Ihren Freund Feuerbach dagegen sehe ich als den Gegenpol der mystischen Verrücktheit an, in Schubert pietistisierend, in Baader sich selbst und alle Welt mit wortspielerischem Hokuspokus mystifizierend die Köpfe fanatisiert. Ich begreife hieraus vollkommen das Extreme in Feuerbachs Äußerungen, was mich passim abstößt, aber durch seine lokale Situation sich vollkommen rechtfertigt. Es gehört sein Mut, seine Lessingsche Wahrheitsliebe, seine Kraft // spräche, sein in Frage stellen gerade dahin. Daumer habe ich aufgegeben. Ich habe das Athenäum 1 mitgehalten, allein gerade Daumers Aufsätze scheinen mir sehr krankhaft und erfolglos; ob Othocheiti das Vaterland Abrahams gewesen oder ob das Land Ur Mesopotamien war, ist für unsere Kämpfe sehr gleichgültig. Warum haben Sie denn nicht für das Athenäum etwas getan? Ich habe wieder seit Ende März ein heftiges Augenleiden, so daß ich nur wenig tun kann. Ich spare alle Zeit und Kraft, die mir von meinen vielen Amtsgeschäften bleibt, für Hegels Leben, [in] welchem ich über sein Verhältnis] [zu] Schelling sehr merkwürdige, a[...]tische, nie geahnte Aufschlüsse ge[ben] werde. Empfehlen Sie mich Ihrer v[er]ehrten Frau, Ihrem lieben Schw[ager] [und] sonstigen guten Seelen und [lassen] Sie auch einmal ein paar Worte über Ihr sich Behaben und Treiben zukommen Ihrem freundschaftlich ergebenen Karl Rosenkranz 1

Athenäum f ü r Wissenschaft, Kunst und Leben. Nürnberg: Julius Merz. Verzeichnis der Aufsätze Daumers in: Kluncker, Karlhans, Georg Friedr. Daumer. Leben und Werk 18001875, S. 242. Bonn 1984.

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199. August 1840

199. An Rosalie Schönfließ Königsberg, den 7. August 1840 Höchst verehrtes Fräulein, der Zustand eines meiner Augen, das fast mit Erblindung bedroht war, hat mir erst in diesen Tagen erlaubt, Ihre Poesien durchzusehen. Ich muß bei dieser meiner Antwort jedoch alles das voraussetzen, was ich friiherhin bereits über meine dermalige relative Unfähigkeit, ein Gedicht zu würdigen, gesagt habe. Wer so wie ich in den Strom einer rastlos das Ufer ändernden Wissenschaft gestürzt ist, welche nur im Ozean der Ewigkeit münden darf; wem seine eigenen schlechten Verse nur zur Satire über das eitle Getue ausschlugen, was hierbei, wie in allem Menschlichen, mitunterläuft; wer so wie ich, mit Ausnahme der epochemachendsten Werke, der belletristischen Zeitliteratur entrückt ist: der taugt schlecht zum Beurteiler der Verse anderer. Ich habe das recht lebhaft erfahren, indem ich über ein Jahr lang die Verse von Studenten wie Exerzitien durchnahm und korrigierte, endlich sogar ein Vorwort 1 dazu zu schreiben mich bemüßigte und nun erfahren muß, wie wenig ich mit meiner Teilnahme ausgerichtet habe. Gewiß, Verehrteste, man kann vielleicht Ästhetik vortragen und doch ein unsicherer, von persönlichem Interesse befangener Kritiker sein. Ihre so liebenswürdigen Briefe ermuntern mich denn freilich, die allmählich in mir entstandene kritische Apathie, ja Antipathie zu überwinden. Ihr Streben zum Fortschritt ist zu rührend, Ihre Situation zu eigentümlich, Ihre Bescheidenheit, Zartsinnigkeit und Wahrheitsliebe zu groß, um nicht einige Worte mit Ihnen zu plaudern, ohne dabei gerade direkt auf Ihre Dichtung loszusteuern. Mein Urteil erkläre ich für vogelfrei. Sie selbst in Ihrer Persönlichkeit, wie dieselbe sowohl in den kleinen Gedichten als in den Briefen sich ausspricht, interessieren mich, ich gestehe es, am meisten. Ihre Dramen haben für mich weder Neuheit, noch Mannigfaltigkeit, noch Kraft genug. Sie sind mir wie verblaßte Pastellgemälde. Die Gray hatte im Pathos, so viel ich mich erinnere, unleugbare Vorzüge vor dem letzten Abenzerragen. Es war mehr Frische, mehr Inhalt darin. Dramatische Ökonomie und Sprache waren dagegen mangelhafter. In diesen Punkten ist der letzte Abenzerrage regelrechter. Es ist alles mit geschickter Umsicht gemacht, aber im ganzen sehr langweilig (für mich nämlich. Die eingestreuten Gedichte scheinen mir noch das Beste.) Die Personen gehören sämtlich den stereotypen Charakteren unseres im Abscheiden begriffenen Dramas an. Auch die Sprache ist die Schillersche tausendmal dagewesene Jambenphrase, die auf mich fast narkotisch wirkt, besonders mit den ebenfalls stehend gewordenen Adjektiven, welche in ihrer leeren 1

Poetische Perspektiven. Eingef. v. K. Rosenkranz. Königsberg 1840. Das Buch enthält Gedichte und dramatische Werke.

201. September 1840

241

Allgemeinheit so wenig sagen, so alltäglich geworden sind, (als Lessing, Schiller, Goethe damit Bahn brachen, war's natürlich anders) ζ. B. S.45. „Wie schnell, ach (das ist, namentlich bei ihrem Abenzerragen auch so ein verschwächendes Flickwort,) ist mein kurzes Glück zerstört! Hier hielt sie noch mein starker Arm umfangen;

Da trat der finstre Spanier herein, Und feindlich trafen seine Blicke mich, Und heimlich glühten seine dunklen Augen. Und wie verächtlich zuckt sein stolzer Mund, usw. Sehen Sie, Teuerste, das ist alles richtig; es ist nicht unschön, aber es läßt mich kalt. Ich ziehe Ihre lyrischen Gedichte hundertmal vor. Dieser Abenzerrage ist ein recht guter, schwärmerischer Junge; seine Blanka ist ein recht gefühlvolles, ihres Gefühls sich auch gehörig bewußtes, edles Mädchen und der Carlos eine recht ritterliche Brüderlichkeit; alle drei haben die Entsagungsmanie; genug, es ist (für mich) langweilig, interesselos. Ich habe darüber nachgedacht, wie es kommt, daß Sie so zum Drama neigen. Ich denke mir die Sache so, Sie sind eine immer tätige Seele, der aber die Krankheit unaufhörlich Schranken setzt und welche vom Bett aus dem Leben wie einem Schauspiel zusieht. So strömt denn Ihr Herz in diese dramatische Lebendigkeit über, und es gestaltet sich Ihre Phantasie unwillkürlich zur Schöpfung von Handlungen. Ihre Gedichte sprechen Ihr liebestarkes und freiheitsmündiges Wesen zu entschieden aus, um nicht so das merkwürdige Phänomen erklären zu dürfen. Kassieren Sie mein dummes Geschwätz, das mit so pedantischer Aufrichtigkeit gepaart ist. - Herr Stud. I., dessen Sie erwähnen, weiß ich nach Verdienst zu schätzen. Daß Sie den Eckermann gelesen haben, ist brav. Sie sollten sich doch von einer Leihbibliothek Gutzkows (des Verrufenen - der aber besser ist als sein Ruf) oder Immermanns Werke oder Platens kommen lassen, sich mehr mit der Gegenwart zu vermitteln. Für Ihre so herzliche Teilnahme danke ich Ihnen auf das innigste, auch im Namen meiner (stets kranken oder kränklichen) Frau. Wir haben 3 Kinder; einen Jungen von 7, einen von 4 und ein Mädchen von 2 l/2 Jahren. Mit der reinsten Hochachtung Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

Ρ . S c . Wenn Sie sich in eine ganz neue Welt versetzen wollen, so lesen Sie die Romane von dem Verfasser der Transatlantischen Reisebilder: Virey, der

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200. August 1840 - 201. September 1840

Legitime und Republikaner, Pflanzerleben, Lebensbilder in beiden Hemisphären. Er soll Sealsfield 1 heißen.

200. An Karl Hegel Königsberg, d. 31.8. 1840 [Über die ihm anvertrauten Papiere aus Hegels Nachlaß schreibt Rosenkranz:] ... Diese Papiere 2 sind unersetzlich, weshalb ich die mir schon überlieferten immer unter meinem Bett im Kasten habe. [Über sein Verhältnis zu Ruge] Die Vorlesungshefte v. Tübingen glaube ich entbehren zu können. 3

201. An Karl Ludwig Michelet Königsberg, d. 19t. Sept. 1840 Hochgeehrtester Herr Professor, ich habe diese Woche die Vorrede zu Ihrer Anthropologie 4 gelesen und finde mich dadurch so überrascht, daß es mich drängt, mich mit Ihnen persönlich in Verhältnis zu setzen. Es scheint mir nämlich aus derselben hervorzugehen, daß ich Ihnen nicht gleichgültig bin und daß Sie sogar eine gewisse Zuneigung für mich besitzen. Aufrichtig gestanden - das hatte ich nicht erwartet und fühle mich daher ganz beschämt, von meiner bisherigen Ansicht rücksichtlich Ihrer getäuscht zu sein. Ich hatte mir nämlich vorgestellt, daß Sie mich im Grunde beinahe verächtlich auffaßten. Sie erlassen mir, Ihnen die Einflüsterungen, Zuträgereien, Klatschereien zu nennen, denen man sich auch beim besten Willen nicht entziehen kann und aus welchen sich bei mir als Residuum jene Vorstellung allmählich bildete. Man sollte auf so etwas gar nicht hören, aber - s e m p e r aliquid haeret. Ich fand daher in der Art und Weise, wie Sie meiner in Ihrer Geschichte der neuesten Philosophie erwähnen, mehr eine Bestätigung als Widerlegung meiner Ansicht. Ich sagte mir: Michelet respektiert dich nur notgedrungen und

'

4

Über die Sealsfield-Rezeption vgl. Günther Schnitzler, Die dichterischen Wirklichkeiten des Charles Sealsfield. Freiburg 1988. Der Rosenkranz-Freund Alex. Jung war einer der ersten Deutschen, der auf den Bolzano-Schüler aufmerksam machte. „Hier unter meinem Bett steht auch ein Koffer mit einer Menge von Papieren aus Hegels Nachlaß, namentlich aus seinen jüngeren Jahren" ... in: K. R., Aus einem Tagebuch. Königsberg Herbst 1833 bis Frühjahr 1846. Leipzig 1854. Das Zitat stammt aus einem Eintrag aus dem Jahre 1840. Den letzten Salz zitiere ich nach G. W. F. Hegel. Gesammelte Werke. Bd. 1. Hamburg 1989, S. 519. C. L. Michelet, Anthropologie u. Psychologie oder die Philosophie des subjektiven Geistes. Berlin 1840.

201. September 1840

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widerwillig; nur die Vorreden deiner Bücher hat er gelesen; nur Straußens Urteil wiederholt er; kleine Versehen, wie den spitzen Winkel bei dem Kiefer der Negerrasse, hebt er pedantisch streng hervor; ein Bild für den Stil der Phänomenologie referiert er falsch, um dich lächerlich zu machen, und schweigt von der allgemeinen Charakteristik, die du vom Hegeischen Stil gegeben usf. Nicht der Mangel an Anerkennung - an dieser lassen Sie es ja auch nicht fehlen - sondern der Ton schmerzte mich. Namentlich konnte ich mir auch gar nicht erklären, wie Sie in meiner Psychologie eine zweideutige Darstellung an „Engel, Heilige" e t c . finden mochten, da ich gegen dergleichen ζ. B. in meiner Kritik des Bunsenschen Gesangbuches, immer entschieden erklärt habe und hier nur immer von dem Gesichtspunt der Visionaire aus sprach. // Die Worte von dem „niederträchtigen Grau" 1 vollendeten bei mir die Gewißheit, daß Sie mich eigentlich verachteten. Ich mußte diesen pikanten Ausdruck in den verschiedensten Schriften lesen, selbst in einer Verteidigungsschrift für den Erzbischof Dunin. In meiner Nähe selbst, wo der Herbartianismus mit geschäftiger Eile alles aufsucht und verbreitet, was mir nachteilig sein kann, hatte ich vielerlei Widriges infolge Ihres Vorschlages zu erfahren, zumal da ich hier, durch Sartorius (mit dem ich übrigens persönlich nicht feindlich stehe) auch eine sehr mächtige, in altgläubigen Gemeinden befestigte supernaturalistische Theologie mir dicht gegenüber habe. Sie wissen vielleicht nicht, welch* schwere Stellung ich gerade in religiöser Hinsicht hier habe. Zu solchen Vorstellungen und zum Teil bittern Empfindungen kamen noch briefliche Streitigkeiten mit Ruge über die Christologie und über die Katholizität der preußischen Politik vom September bis Dezember 1839. Aus allen diesen Trübungen mußte ich mich durch einen Gewaltschritt, durch ein momentanes Feststellen aller meiner persönlichen Beziehungen für die Wissenschaft befreien. So entstand meine Komödie, in welcher ich aber auch das Positive, z. B. des Neologen richtig und anerkennend gezeichnet zu haben glaube. So entstand meine Sammlung kritischer Arbeiten für das Hegeische System; so endlich jene Vorrede, durch welche ich Ihnen, wie ich sehe, weh getan und mir Ruges völligen Haß zugezogen habe. Ich lasse aber alles aus meiner Erinnerung fallen, sobald es der Sache gilt (auch bei Ruge, dessen politische Rezensionen ich oft meinen ganzen Beifall geben muß) und gebe Ihnen deshalb hiermit die Versicherung, mir gegenwärtig von Ihrer Gesinnung gegen mich ein ganz anderes, freundliches Bild zu machen. Was mir bei der ganzen Sache eigentlich recht komisch zu werden anfängt, ist die aufdämmernde Einsicht, im Grunde wohl jene von Ihnen projektierte Koalition des Zentrums mit der linken Seite unvermerkt crrcicht zu haben. Die Hauptsache ist mir, daß in 1

Vgl. auch Rosenkranz Äußerungen in den Kritischen Erläuterungen des Hegel'schen Systems, S. V i n f .

244

202. Oktober 1840

Jesus die Wahrheit und Freiheit des Geistes absolute Existenz gehabt haben, wogen die rechte Seite zu dieser Existenz noch eine thaumatische hinzufügt; die linke aber leugnet, daß in dem einzelnen Menschen die Absolutheit des Geistes subjektive Existenz gewinnen könne, was mir ein ungeheurer // Irrtum zu sein scheint, da es für die sozusagen absolute Absolutheit des Geistes auf die Realisierbarkeit der Heiligkeit durchaus ankommt. Strauß gibt nur relative Absolutheit zu, ästhetische, philosophische, militärische - aber in der Vernünftigkeit und Heiligkeit des Menschen handelt es sich um die absolute Absolutheit, welche über das Talent hinaus ist. Ich habe Hegels Leben zu bearbeiten übernommen. Ich erbange jetzt öfter vor der Lösung dieser Aufgabe, die mir immer bedeutender, aber auch immer schwieriger wird. Hegel ist ein grenzenlos reicher Mensch gewesen. Ein ganzes Leben Jesu, zum Teil eigene Übersetzung aus den Evangelien, findet sich auch im Nachlaß. Wenn ich den Winter über mit der Ausarbeitung des Lebens so weit komme, daß ich, wär' es auch nur im Groben, die Hauptsache als geschehen ansehen kann, so k o m m e ich damit nach Berlin. Es wäre dann wohl zweckmäßig, daß ich es den Freunden Hegels, den Herausgebern seiner Werke, teilweise vorläse, ihre Meinung, ihren Rat zu vernehmen. Auch der Familie wegen scheint mir dies Verfahren notwendig. Die Sache ist zu wichtig, um nicht alles für sie zu tun, was man kann. Daß ich jene Vorrede usf. natürlich nicht aus egoistischem Interesse geschrieben habe, auch das nicht, was Fichte und Weiße angeht, brauche ich Sie wohl nicht zu versichern. Vielleicht darf ich auf einige Zeilen von Ihnen hoffen. Hochachtungsvoll Ihr ergebenster Karl Rosenkranz Dem Professor Herrn D r . K . L . a. d. Universität frei Berlin

Michelet

202. An Karl Hegel Königsberg, d. 29. Okt. 1840 [Im Januar 1840 schickte Karl Hegel Rosenkranz Briefe 1 aus Hegels Nachlaß zu. Im Oktober 1840 beendete Rosenkranz die Durchsicht und schreibt an Karl Hegel:] Ich habe die Durchsicht der Briefe vollendet. Dabei bin ich so verfahren. Die Kouvertüren Ihrer Mutter habe ich abgeschnitten und aufgehoben, 1

In dem .Sendschreiben an Pierre Leroux' heißt es: „Ich habe sie [die Briefe] bereits benutzt und Herbst 1842 an die Frau Prof. Hegel zuriickgesandt."

203. Oktober 1840

245

damit Sie den Revers in Händen behalten, was Sie mir anvertraut haben. Dann aber habe ich die Briefe aufgefaltet, chronologisch geordnet, in Umschläge mit der Nameninschrift und schließlich in Mappen gebracht, so daß man sie jetzt sehr bequem und einladend vor sich hat. In der vorigen zusammengekrempelten Gestalt hätte ich nichts benützen können. Indessen sind dadurch Briefe derselben Personen, ζ. B. Creuzers, aus verschiedenen Paketen Ihrer Mutter in eine Lage gekommen... [Über die Arbeiten an der Biographie heißt es:] ... Das Schwerste, die Vorarbeit liegt hinter mir. Es kommt mir recht à propos, daß Hegel gerade jetzt so viel angegriffen wird, weil ich selbst dadurch wachgehalten werde, und meine Arbeit vielleicht, indem sie das ewige Werden Hegels zeigt, indessen er dem Wesen nach immer derselbe ist, am meisten geeignet sein dürfte, eine Menge schiefer, flacher, maliziöser Auffassungen zu entgegnen, - ohne böses Blut zu machen ...

203. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Königsberg, d. 30st. Oktbr. 1840 Ew. Wohlgeboren haben die Güte gehabt, mir die Abrechnung vom 3t. Bd. des neuen Konversationslexikons zu übersenden und habe ich die Zahlung wieder durch Herrn Theile abgemacht, dem ich über französische Werke, die ich von ihm nehme, mich stets zu verrechnen habe. Ich habe wieder, wie ich Ihnen im Frühjahr schreiben ließ, an einer heftigen Augenentzündung gelitten, die mich lange am Arbeiten gehemmt hat. Auf Ihre mehrfache Aufforderung sende ich hierbei den Blättern für literarische Unterhaltung 2 Aufsätze: 1, Schleiermacher als Ethiker und Politiker 1 . Eine Rede. 2, Deutschland, Preußen und die Wissenschaft. Bei letzterem Aufsatz wünsche ich meinen Namen nicht genannt, wiewohl man mich hinreichend erkennen wird. Wenn der Abdruck erfolgt ist, wünschte ich wohl von jedem Aufsatz 2 Exemplare zugesandt. Hochachtungsvoll Ihr ergebenster K. Rosenkranz

1

K. Rosenkranz, Schleiermacher als Ethiker und Politiker. Festrede vorgetragen am 15. Okt. 1840 v o r d e r Königlich Deutschen Gesellschaft in Königsberg. Abgedr. in: K. Rosenkranz, Königsberger Skizzen. 2. Abt. S. 211-242. Danzig 1842.

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204. November 1840 - 206. Dezember 1840

204. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Königsberg, d. 17t. November 1840 Ew. Wohlgeboren glaube ich durch mehrjährige Bekanntschaft nahe genug zu stehen, Ihnen die Ich befinde mich durch sonderbare Umstände, welche für Sie ohne das geringste Interesse sein würden, plötzlich in einer sogenannten dringendenVerlegenheit und glaube nicht zudringlich und unbescheiden zu sein, wenn ich in derselben mit meinem Vertrauen mich an Sie wende. Von den hiesigen Herrn Buchhändlern habe ich nichts zu fordern, sondern umgekehrt stets nur bedeutende Summen an sie zu zahlen. Bei Ihnen habe ich noch einiges zu fordern und würde für den Rest sofort mich anschicken, Ihnen für Ihre literarischen Blätter hinlänglichen Stoff zu schicken, uns wieder auszugleichen. Infolge einer Aufforderung von Ihnen sandte ich Ihnen letzthin schon einen Aufsatz über Preußen und eine Rede über Schleiermacher als Ethiker und Politiker; ähnliches könnte nachfolgen. Sollten Sie jetzt außerstande oder abgeneigt sein, mir meinen Wunsch zu erfüllen, so würde ich natürlich um schleunige Antwort bitten. Hochachtungsvoll Ew. Wohlgeboren ergebenster Karl Rosenkranz

205. An Friedrich Wilhelm Schubert 1 1. Dezember 1840 [Betr. Ehrenpromotionen für Moriz Lavergne-Peguilhen und K. Fr. Sietze]

206. An Marie Hegel Königsberg, d. 2. 12.1840 [Über die Arbeit an der Biographie schreibt Rosenkranz:] Ich bin mit meiner Arbeit schon bis auf 25 Folioseiten gekommen und hoffe, mit Gottes Hilfe diesen Winter recht viel zu leisten. ... Meine Arbeit wird im äußeren Zuschnitt viel Ähnlichkeit haben mit den Denkwürdigkeiten Sir Humphry Davys 2 , ins Deutsche übersetzt von Neubert. Kleinere, charakteristische Arbeiten Hegels

1 2

Erwähnt in: Esaù, Lotte, a.a.O. S. 17, 64. Denkwürdigkeiten aus dem Leben Sir H. D.'s. Hrsg. von seinem Bruder John Davy. Dt. bearbeitet von Karl Neubert u. Rud. Wagner. 4 Bde. Leipzig 1840. In die Biographie wurden zahlreiche Dokumente mit aufgenommen.

207. Dezember 1840

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nehme ich in die Biographie auf, ζ. B. den Aufsatz über das Exzipieren 1 . [Für Rosenkranz kommt es darauf an,] ... das Lebensbild mit so reichen Farben auszumalen, daß es bei dem einfachen Gange des äußeren Geschickes Hegels, durch die innere Vielseitigkeit auf das Lebhafteste fesseln wird...

207. An Gustav Binder Königsberg, d. 13t. Dezember 1840 Hochgeehrter Herr, wäre ich hier nicht im äußersten Winkel Deutschlands so weit von Schwaben entfernt, so würde ich jetzt jede Ferienzeit in ihm herumreisen, wie Strauß meint, als Anekdotensammler Papias. Ich arbeite nämlich an einer Biographie Hegels und verweile mit meinen Sinnen genugsam in Stuttgart, Tübingen usf. Die Quellen sind reichlicher und reichhaltiger als ich dachte, aber es kommen doch so manche aus Papieren allein nicht wohl enträtselbarer Dinge vor. Professor Strauß schreibt mir, daß Sie mir von dem alten Pfarrer Fink über die Tübinger Stiftlerzeit Hegels vielleicht manches würden mitteilen können, was Sie diesem homerisch blinden Rhapsoden abgelauscht haben. Ich besitze schon einen Bericht über jene Zeit, welcher in der Zeitung für die elegante W e l t 2 vor 2 Jahren stand; allein ein Biograph kann nicht zu viel wissen. Ich ersuche Sie daher ergebenst, mir, falls Sie können und mögen, freundlichst über Hegel, was Sie Charakteristisches erfahren können, mitteilen zu wollen. - Finks Stammbuchblatt ist erhalten 3 . Er läßt darauf für Hegel: la belle Augustine 4 leben! Weiß er noch, wer diese Schöne des jungen Philosophen war? - Auch ein Ball wird erwähnt. - Aus einer Zeichnung, welche einen alten Mann auf Krücken darstellt, mit den Beiworten: Seht doch den alten Mann an! werde ich nicht klug, ob sie auf Hegel gehen soll, da dieser sonst ein flotter Bursche gewesen zu sein scheint, wie denn ein Franzose ihn im Stammbuch daran erinnert, wie sie sich „chez le boulanger vin et budderbrêdsel" gut hätten schmecken lassen etc. Ferner: weiß der alte Fink noch etwas über die erste Annäherung zwischen Schelling und Hegel, denn dieser war schon Magister, als jener erst hinkam und Hegel muß deshalb anfänglich doch eine Art von Autorität für ihn gewesen sein.

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Vgl. K. Rosenkranz, G. W. F. Hegels Leben, S. 448ff. Berlin 1844. Ztg. für die elegante Welt, 1839, Nr. 35-37. Vgl. auch ,Hegel's Leben', a.a.O. S. 28ff. Den Aufsatz verfaßte Albert Schwegler. Vgl. K. Rosenkranz, G. W. F. Hegels Leben, S. 34., vgl. auch .Briefe von und an Hegel'. Bd. I V a . S . 135, 136 u. 343. Krippendorf, Auguste (gest. 1840). Über A. K. vgl. .Hegels Leben', a.a.O. S. 31 f.

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Ferner: Werden von den Stiftlern (außer den Predigten, deren von Hegel noch 3 übrig sind) auch deutsche Aufsätze ex officio geliefert? Es müssen damals viel Franzosen, Engländer und selbst Nordamerikaner in Tübingen gewesen sein. Der Enthusiasmus für die Politik war unendlich. Weiß Fink auch noch etwas über die Leküre der Hippeischen Lebensläufe1 in aufsteigender Linie, die zwischen Hegel und Schelling eine große Rolle gespielt zu haben scheinen? War sie vielleicht eine auf dem Stift allgemein grassierende

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Ich suche in meiner Darstellung meine Reflexion soviel es angeht auszuschließen, um so objektiv als möglich entweder Hegel urkundlich sich selbst darstellen zu lassen oder ihn für bestimmte Perioden in dem Spiegelbilde anderer aufzufangen. So haben mir Abegg über die Nürnberger, Gabler 2 über die Jenenser Periode Aufschlüsse geliefert. Daran könnten Sie sich mit dem alten Herrn, dem ich meinen herzlichen Gruß im Namen der Hegeischen Manen entbiete, anreihen. Je eher, je lieber, denn ich nahe mich schon dem Abgang Hegels vom Gymnasium. Natürlich unfrankiert per Post an mich hierher zu senden. Michaelis 1839 hatte ich die schönste Aussicht, nach Heidelberg als Professor zu kommen. Der Sturz von Nebenius machte sie zu Wasser, und nun friere ich hier in dem abstrakten Norden, in welchem nur Eis, Dreck, [?] und Mehlklöse höchst konkret sind. Mit der innigsten Hochachtung Ihr ganz ergebenster Karl Rosenkranz Ich habe Straußens Dognatik 3 für die Berliner Jahrbücher, die mir den Antrag machten, zur Kritik übernommen. Wenn ich nur nicht an dem Buch so lang studiere, als er daran geschrieben hat!

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Vgl. K. Rosenkranz, G. W. F. Hegels Leben, S. 40. Vgl. H. Kimmerle, Dokumente zu Hegels Jenaer Dozententätigkeit (1801-1807), 4. Bericht Gablers über Hegel, in: Hegel-Studien Bd. 4. Bonn 1967. D. F. Strauß, Die christliche Glaubenslehre in ihrer geschichtlichen Entwicklung u. im Kampfe mit der modernen Wissenschaft dargestellt. 2 Bde. Tübingen 1840. Die Rez. erschien in den JbbwissKrit. 1841, Bd. l , S p . 561-624.

208. Dezember 1840

Dem Diakonus Herrn Dr. Gustav Binder1 Württemberg

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zu Heidenheim im Königreich

208. An Rosalie Schönfließ Königsberg, den 18. Dezember 1840 Hochverehrtestes Fräulein! Welch ein Herz voll Güte besitzen Sie, mir auf meinen letzten ungezogenen Brief so nachsichtig zu antworten! Sie haben mir ein deutliches Bild von dem psychologisch wie ethisch so merkwürdigen Zustand gegeben, in welchem Sie sich perennierend befinden und worin Sie produzieren; was bei Ihnen der Krampf, gegen welchen Sie mit aller Kraft des Geistes, während er Sie zu vernichten scheint, mitten in der Gebrochenheit des Lebens kämpfen, das ist bei uns Werkmenschen der Andrang der Welt, die Zerstückelung durch das Amt usw. Und doch fragt sich, ob man ohne solche Unterbrechung, ohne solche Erregung gleichviel arbeiten würde? Auf das Arbeiten allein kommt es nun zwar noch nicht an, außer inwiefern die Arbeit einen sittlichen Wert an sich schon hat und der Mensch, weil er Mensch ist, nicht müßig sein will. Graf Reinhardt behauptete daher von den Franzosen, sie besäßen nur Activité, denn Fleiß sei etwas Sittliches und vorzugsweise den Deutschen eigen. - Aber wenn nun von dem Was und dem Wie der Arbeit die Rede ist, so muß ich gestehen, daß Sie Erstaunen erregen. Wie lange ist es her, daß ich die Ehre gehabt habe, Ihre Bekanntschaft zu machen? Wie mangelhaft war das erste Drama, was ich von Ihnen las und wie fortgeschritten erscheinen Sie nicht in Ihren mir zuletzt zugesandten Dichtungen! Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie Sie, auf Ihrem Stübchen zu idealer Muße, zu einem geistreich kontemplativen Leben eingefriedigt, in Ihrem Hercus

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Ein Urenkel Binders, Max Neunhöffer, gab 1975 im Auftrage des Wiirtt. Geschichts- und Altertumsvereins ein 1881/82 niedergeschriebenen Manuskript G. Binders mit dem Titel ,Ein liberaler Theologe und Schulmann in Württemberg. Erinnerungen von Dr. Gustav v. Binder 1807-1885', heraus. Dort heißt es (S. 93) „Den allen Pfarrer Fink in Söhnstetlen, der mit zwei ledigen Schwestern zurückgezogen lebte, suchte ich einmal auf, weil ich von ihm als Jugendfreund Hegels allerlei über diesen zu erfahren hoffte. Prof. Rosenkranz in Königsberg hatte mich brieflich gefragt, ob ich ihm nicht durch Fink Auskunft verschaffen könnte über eine gewisse Dame, welche auf mehreren Blättern von Hegels Stammbuch als seine Herzenskönigin gepriesen werde. Pfarrer Fink wußle sie auch sofort zu nennen; sie hatte später einen aus dem Stift ausgetretenen und zum Jus übergegangenen Kandidaten Krippendorf geheiratet, der seinerzeit als Präsident des badischen Hofgerichls in Mannheim gestorben ist. Eine der alten Schwestern Finks erzählte mir mit Lachen, Hegel, der mit ihrem Bruder manchmal in ihr elterliches Haus zu Königsbronn in die Vakanz kam, sei sehr küsselustig gewesen. Briefe von Hegel, welche Pfarrer Fink unter seinen Papieren zu suchen und mir zu schicken versprach, habe ich nicht erhalten. Er ist etwa ein halbes Jahr darnach gestorben".

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Monte 1 die Sommerzeit durchlebt haben, um so den großen, unvergeßlichen Moment unserer vaterländischen Geschichte zu teilen. Ich bin nicht Kenner der preußischen Geschichte genug, um Ihr Gedicht von Seiten der Verwendung des historischen Details zu beurteilen, aber ich finde es leicht und ansprechend erzählt und auch die Wahl des Nibelungenmetrums höchst glücklich. Ich bin überzeugt, daß diese Arbeit den allgemeinsten Beifall im Kreise derer ernten wird, welche an Ihren Bestrebungen teilnehmen. Ich Tor, der ich Ihnen für Ihre Lektüre Rat geben, der ich Ihnen Bücher empfehlen wollte! Was haben Sie nicht alles gelesen, was lesen Sie nicht! Wie dürftig ist dagegen meine eigene Leserei, denn mit den Namen Gutzkow, Immermann, Freiligrath, George Sand und Sealsfield ist sie seit mehren Jahren bereits erschöpft. Die Philosophie nimmt zu sehr alle Kräfte in Anspruch, als daß man anders als verstohlen zum Lesen käme. Am ehesten geht es noch, wenn ich zugleich ein weiteres Interesse damit verknüpfen kann, ζ. B. in Sealsfield meine Anschauung amerikanischer Zustände zu erweitern und zu berichtigen. Allerdings ist dies materielle, stoffliche Interesse eine Verunreinigung, die man nur der Not verzeihen kann. Auch weiß ich das ästhetische Moment von dem kulturhistorischen wohl zu sondern, aber ich leugne nicht, daß es mir angenehm ist, mich auch von Seiten des Inhalts gefördert zu sehen. Ich kann ζ. B. aus Sealsfieldischen Büchern mir ganze lange Listen der verschiedenartigsten Existenzen, die er schildert, exzerpieren; ich kann mir ihre eigentümlichen Interessen entwickeln, mir ihre Sprechweise systematisiere usf.; der Hinterwäldler, Trapper, Indianer, Neger, Radikale, Dandy usf. werden für mich Anhaltspunkte weitläufiger Betrachtungen, die ich auch gern einmal mitteilte, wenn ich zu ihrer Darstellung Zeit hätte. Wie Sie der George Sand einen unreinen, unweiblichen Geist zuschreiben können, begreife ich nicht. Nur in Leone Leoni 2 ist eine Übertreibung der männlichen Rohheit und weiblichen fatalistischen Ergebung. Vergebens aber sinne ich nach, wo ich im Simon, in der Valentine, Indiana, im André Unweiblichkeiten träfe, da hier vielmehr das Weib in einen ätherischen Lichthimmel hineingehoben und im Kampf mit dem Laster, der Schwäche, der irrenden Theorie usf. so zart und groß geschildert wird. Die George Sand kennt die Wirklichkeit und das Ideal. Ihre Sachen lesen sich wie scheinbar gewöhnliche, aber sie haben einen tieferen Kern und hängen als Entwicklung einer Idee auch unter sich zusammen, was ihrer Betrachtung einen neuen Reiz verleiht. Diese Idee ist: Der wahrhaften Liebe, die auf freier Hingebung beruht, als der Bedingung der wahrhaften Ehe, den Sieg zu schaffen und die lasterhaften, egoistischen ' 2

R. Schönfließ, Hercus Monte, oder der alten Preußen Freiheitskampf. Proben s. Kaiger a.a.O. S. 268-283. G. Sand, Leone Leoni. Roman. Zuerst pubi, in der .Revue des Deux Mondes,' 15. April-1. Mai 1834.

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Motive der Gesellschaft für die Schließung der Ehe, die frivole Ansicht der Liebe, zu bekämpfen. Daß sie daher auch diese negative Seite darstellt, daß sie die Entstellung des ethischen Ideals in dem jetzigen Frankreich zeigt, kann sie dabei nicht umgehen. Welch eine religiöse Tiefe, welch ein machtvolles Denken in ihr wohne, das kann man aus ihren 6 l e t t r e s d ' u n v o y a g e u r 1 und aus ihrem S ρ i r i d i o η ersehen. Freilich ist mein Urteil ein höchst beschränktes, da ich zu wenig solche Bücher lese, auch zu selten, und sie mir daher oft mehr als billig imponieren; von der Jameson, von Belani etc. kenne ich nur die Namen. Von der Assing sind Gedichte und Märchen erschienen, die ganz hübsch sind, aber das zieht mich nicht, das hat für mich nicht Kraft genug. Ich habe sogleich die verzweiflungsvollste Langeweile bei solchen Sachen. Es sind für mich passierte Existenzen: Ach, mein teures Fräulein, der heutige Mensch, den es in die Zukunft drängt, der mit der Gegenwart in so vielfachem Streit lebt, der an dem Geschick von Staat und Kirche mit ganzer Seele hängt, dem die Glaubens-, Gewissens- und Denkfreiheit am Herzen liegt, ach, diesem bedrängten Menschen, dem bald der Jesuit, bald der cidevant Edelmann, bald der Sophist, bald der Indifferentist, bald der Macchiavellist in den verschiedensten Vermummungen nahen, diesem ist es nachzusehen, wenn er von vielem, was gewiß an sich wertvoll ist, sich abwendet. Es ist nicht Stumpfheit, nicht Unempfänglichkeit, aber Verlegenheit. Sie haben mir, verehrtes Fräulein mit dem Briefhalter ein ebenso unerwartetes als schönes Geschenk gemacht und da ich Ihnen so wenig sein kann, so will ich mir wenigstens durch meine (freimütige) Korrespondenz mit Ihnen von Zeit zu Zeit das Mittel erhalten, Ihnen zu sagen, wie aufrichtig und unbegrenzt meine Hochachtung für Sie ist. Meine - immer kränkelnde - Frau empfiehlt sich Ihnen herzlich. Ihr innigst ergebener Karl Rosenkranz P . S c . Mit dem Hercus Monte sende ich dankend die kleinen Gedichte beiliegend zurück. Herrn I. schätze ich sehr. Er gibt uns schöne Hoffnungen.

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G. Sand, Lettres d ' u n voyageur. Bruxelles 1837.

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209. Dezember 1840 - 210. Januar 1841

209. An das königliche Kuratorium der Universität Königsberg Einem königl. hochlöblichen Kuratorium erlaubt sich die unterzeichnete Fakultät gehorsamst folgende Bitte vorzutragen. Der außerordentliche Professor Herr D r . Lehr s ist durch seine Stellung am Gymnasium behindert, seine Wirksamkeit, wie es wünschenswert wäre, ganz der Universität zu widmen. Nicht nur die Ehre derselben, einen Mann, dessen wissenschaftliche Tüchtigkeit von den ersten Autoritäten seines Fachs so rühmlich anerkannt worden, sich ganz zu gewinnen, nicht nur das Interesse der Philologie, einem solchen Gelehrten die für ihre Förderung angemessenste Stellung zu geben; sondern auch die Rücksicht, im Fall einer längeren Störung der Gesundheit unseres verehrten Geheimen Rats Herrn Professor D r . L o b e c k (der keine Erleichterung, aber doch eine [?] Aussicht auf eine etwa nötige Vertretung wünscht), die philologischen Vorlesungen nicht verwaist zu lassen; dies alles treibt dazu, ehrerbietigst ein hochlöbliches Kuratorium zu ersuchen, einem hohen Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten hochgeneigtest und baldigst die ergebenste Bitte vorzulegen: dem Herrn Professor Lehrs mit einem angemessen Gehalt, welches ihm seine Stellung am Gymnasium aufzugeben gestattet, // eine ordentliche Professur zu verleihen. Wir schweigen von den besonderen Ansprüchen, welche derselbe durch zweimalige Übergehung bei passenden Gelegenheiten, ihn zu befördern, in Bonn und Breslau, erworben hat; können aber nicht umhin, noch den günstigen Umstand hervorzuheben, daß angeblich eine Summe von mehren tausend Talern zur Verbesserung der Gehaltsdotation unserer Universität durch die Gnade Sr. Majestät bewilligt sein soll. Es dürfte daher gerade jetzt der geeignetste Zeitpunkt sein, für die Beförderung des Herrn Professor Lehrs einen erfolgreichen Schritt zu tun. Diesen empfehlen wir dem so oft erfahrenen Wohlwollen eines hochlöblichen Kuratoriums. Die philosophische Fakultät. Königsberg, Karl Rosenkranz d. 20st. Jan. 41 zeit. Dekan

210. An das königliche Kuratorium der Universität Königsberg Ein hochlöbliches Kuratorium hat die philosophische Fakultät unter dem 15t. Januar a. aufgefordert, sich über den wissenschaftlichen Wert des ersten Bandes der von Herrn D r . Taute hierselbst herausgegebenen Religionsphilosophie gutachtlich zu äußern.

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Dieser erste Band enthält vornehmlich eine Darstellung der Systeme anderer Philosophen von Cartesius an bis auf Herbart hin. Insofern wäre für eine gründlichere Beurteilung der wissenschaftlichen Tüchtigkeit des Verfassers der zweite Teil, in welchem er mehr Eigenes bringen muß, sehr wünschenswert. Indessen reicht auch dieser erste hin darzutun, daß der Verfasser sich das Herbartsche System auf eine durchdringende Weise vollkommen angeeignet hat. Daß er manche bekannten Ansichten Herbarts, ζ. B. dessen Polemik gegen Spinoza, Fichte, Schelling, Hegel, auf eine Spitze treibt, wo sie in eine, trotz des zitierten Buchstabens, unwahre Enstellung umschlagen, rührt daher, daß er über dem Einzelnen zu sehr das Ganze aus dem Auge läßt. Gegen das herausgehobene Fragment als solches hat nicht selten nicht Unrecht, aber im totalen Zusammenhange würde dasselbe eben nicht den ihm imputierten Sinn haben. Das stolze Selbstgefühl, mit welchem der Verfasser auf manche Leistungen von Spinoza, Hegel (von dem er die Psychologie „nicht der Rede wert" und die Kritik der Beweise für das Dasein Gottes „ohne alle wissenschaftliche Bedeutung" findet) u. a. herabblickt, ist zum Teil wohl eine Folge seines atomisierenden Auffassens der Philosophien anderer. Bei der Herbartschen kam ihm diese Manier zugute, denn es ist deren Eigentümlichkeit, die philosophischen Probleme und Wissenschaften zu isolieren. Die große Belesenheit des Herrn D r . T a u t e ist übrigens mit Lob anzuerkennen. In der Darstellung zeigt sich ein Dualismus von logischer Subtilität und pathetischer Beredsamkeit. Der Verfasser h a t / / auf die Darstellung einen rühmlichen Fleiß gewendet, nur gefällt er sich öfter in rednerischer Übertreibung und stellt eine Phalanx von Fragen und Ausrufungen hin, wo eine einfache sachliche Darlegung viel mehr an der Stelle gewesen wäre. Insbesondere begegnet ihm dies, wenn er gegen den Pantheismus zu Felde zieht, was zu seinen Lieblingsbeschäftigungen gehört. Hier wird er daher auch oft aus Eifer kurzsichtig, z. B. wenn er behauptet, daß im Christentum, namentlich in dessen symbolischer Theologie, gar keine pantheistischen Elemente lägen, während gerade die Johanneische Logoslehre, das Dogma von der Homousie des Logos mit dem Vater, von dem Gezeugt- aber nicht Geschaffenwerden des Sohnes usf. für pantheistische Spekulationen dadurch, daß der Begriff des Sohnes mit dem der Welt verbunden würde, stets Anknüpfungen darbot. Im allgemeinen aber ist der Eindruck, den das mit Kenntnis, Besonnenheit und Geschmack geschriebene Buch macht, ein für das würdige Streben und den schon erreichten Standpunkt des Verfassers sehr vorteilhafter. Die philosophische Fakultät Königsberg Karl Rosenkranz 24st. Januar Zeit. Dekan 1841 der phil. Fak.

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211. Januar 1841 - 2 1 2 . April 1841

211. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Kg., 27t. Jan. 41 Wenn Ew. Wohlgeboren die beiden von mir für die liter. Unterhaltungsblätter eingesandten Aufsätze: 1, Deutschland, Preußen und die Wissenschaft; und 2, Schleiermacher als Ethiker und Politiker, noch nicht zum Druck gegeben haben, so würde ich ergebenst darum bitten, mir selbige baldmöglichst durch Gelegenheit, mit Herrn Gräfe & Unzer, gefälligst remittieren zu wollen. Es scheint mir nämlich der Zeitpunkt zur Veröffentlichung dieser gelegenheitlichen Ergüsse schon zu lange vorüber, namentlich bei No. 1, als daß nicht diese Inkonvenierung der Aufnahme der Sachen zu hinderlich sein müßte. Wenn es Ihnen genehm ist, würde ich suchen, Ihnen andern Ersatz zu schaffen. Noch erlaube ich mir, für die auf Abrechnung mir von Herrn Stadtrat Härtung hierselbst für Sie (Konversationslexikon) in einer mich plötzlich beklemmenden peinlichen Situation, die außer aller meiner Berechnung lag, gezahlten 80 Taler meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Mit aufrichtiger Hochachtung Ihr ganz ergebener Karl Rosenkranz

212. An Rosalie Schönfließ Königsberg, den lsten April 1841 Mein teures Fräulein. Ich will zuerst von dem Wichtigsten reden. Unser Drama kann nur vorwärts, wenn es die Ideen unserer Gegenwart entwickelt. Da aber die Zensur dies nicht duldet, so ist davon die Folge, daß es bei Modifikationen der alten Formen und Stoffe bleibt und daß die Idee unserer Tage nur stückweise und abgebleicht hier und da eingewebt wird. Ich gehe zwar nicht viel in das Theater, aber doch so viel, um alle Neuigkeiten [zu] übersehen, um wissen zu können, was von der Bühne aus die Menschen in Bewegung setzen soll. Da sind es denn doch in den neuen Kleidern immer die alten Bekannten (der gute Ton usw.), Devrient (die Verirrungen), Amalie von Sachsen mit ihren Onkeln und Tanten, Bauernfeld (Bürgerlich und Romantisch usw.), Raupach (Schule des Lebens, Lebensmüden etc.), Nestroy mit den alten Wiener Spaßen usw. Erscheinungen, welche über das Iffland-Kotzebuesche Maß hinausgehen, sind selten und halten sich nicht auf der Bühne. Dahin rechne ich Immermanns Sachen. Auch von jüngeren Dichtern wäre hier manches zu

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bemerken, wie die Judith von Hebbel, Gutzkows Savage. Viele Dichter schreiben ihre Dramen auch nur für das Lesen. Ich bin mit mehren dramatischen Dichtern in persönlicher Berührung gewesen, z. B. mit dem, welcher unter dem Namen Otto v. Ravensberg schreibt und zuletzt eine Trilogie vom 30jährigen Kriege hat drucken lassen. Er hat mir nicht glauben wollen, daß er an theatralischer Macht Raupach noch nicht einmal gleich kommt. Aber die Zeit bestätigt mein Urteil. Kein Journal bekümmert sich um ihn, keine Bühne bringt ihn zur Aufführung, obwohl er in Berlin lebt, einen ansehnlichen Posten beim Kammergericht bekleidet und die Königin ihm persönlich wohl will. - Ebenso ist es mir mit dem Verfasser der Griseldis, Halm, ergangen. Es ist ein Baron v. Bellinghausen, auf dessen Gut an der ungarischen Grenze ich mit Uhland schöne Stunden verlebt habe, bis meine Offenheit ihn vielleicht erkältete. Er sprach immer nur von Bühnengerechtigkeit und davon, alle Jahr ein neues Stück zu bringen. Da er der Neffe des mächtigen Bundestagsgesandten ist, selbst bei der Kanzlei, d. h. Ministerium in Wien 1 fungiert, so wird ihm sehr geschmeichelt. Seine Griseldis, die er mir in der zweiten Auflage geschenkt hat, ist überall aufgeführt und ins Italienische und Französische übersetzt. Ja, sie ist in einen Romanzyklus umgearbeitet. Es ist ein ganz hübsches Stück, dessen Inhalt darin besteht, daß ein Mann die Liebe seiner Frau durch übergroße Prüfungen aus Eitelkeit auf ihre Treue mißhandelt. - Aber ein Genius ist Herr Halm nicht, und das bestätigt sich denn auch. Ein Hauptelement wird bei uns immer das Familienleben bleiben, welches selbst in Stücken, wie das bemooste Haupt von Benedix, im Richard Savage u. a. den Hintergrund ausmacht; Stücke, in denen historische Positionen ergreifend vorgeführt werden, sind für uns immer noch Goethe, Schiller, Shakespeare. Raupach hat hier einen flüchtigen Effekt unleugbar errungen. Sonst sind die französischen Spektakelstücke, ihren Fehlern zum Trotz, hierin nach meiner Meinung noch immer das beste. Der Mann mit der eisernen Maske, die Geschichte der Brinvillier, der Wagen des Emigranten, Marat und ähnliche haben einen stets sichern Erfolg, weil sie die Dialektik der Leidenschaften in einem bunten Szenenwechsel entfalten. Von der Oper, die so vielen Stoff, selbst politischen und kirchlichen, in sich hat aufnehmen müssen, schweige ich. Aber was will ich denn vom heutigen Drama? Das, mein liebes Fräulein, ist eher gefühlt, als gesagt. Ich bin zu wenig dichterisch produktiv, um selbst meine Idee zu realisieren. Ich bin selbst als Kritiker durch Zeitmangel unendlich gehemmt. Aber wenn ich aus einem Stücke nach Hause komme, so kann ich wohl angeben, wie ich es mit seinem Inhalt etwa gemacht haben würde. So ging es mir z. B. mit dem Stück von Blum im vorigen Winter: „Schwärmerei nach der Mode", das ich ganz in Gedanken umgearbeitet, denn der Pietismus ist noch nicht theatralisch gewürdigt, nur erst 1

In der Erstveröffentlichung heißt es „Wein".

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die religiöse Heuchelei à l a T a r t u f f e . Aber was ließe sich hier nicht schaffen! - So habe ich auch in meiner letzten Augenkrankheit in Gedanken eine Tragödie entworfen: „der letzte Papst", wovon ich Ihnen viel erzählen könnte. Untergang des Papsttums, Emanzipation des Weibes, Emanzipation der Sklaven (Isidor und Olga ζ. B. reizen nur durch den Leibeigenen Ossip), Kampf der Kirche mit dem Staat (Saul von Gutzkow), der Pauperismus (wie in dem Zugstück der Porte St. Martin, das im April und Mai vor 2 Jahren Abend für Abend gegeben ward, bis die Polizei es verbot), Emanzipation der Kinder von der elterlichen Gewalt, Kampf der Genialität mit der rohen egoistischen Industrie, Kampf der Industrie mit der Politik usw., sehen Sie, das sind Stoffe unserer Zeit. Allein es kommt alles auf das Wie der Ausführung an. So sind es trockene Namen, mit denen nichts anzufangen ist. Für die Hauptstücke, die in eine neue Zeit weisen, halte ich besonders Goethes natürliche Tochter und Byrons Sardanapal. - Um die Gefahr der Jambenschläfrigkeit und des mit ihr verknüpften Rückfalls in verlebte Bilder und Wendungen zu vermeiden, würde ich allerdings Prosa schreiben, wie man dies auch tun müßte, als man den Alexandriner los werden wollte. Ich bin schon so oft unterbrochen, daß ich nur mit wenigen Worten noch sagen will, welch herzlichen Anteil ich an der Trauer genommen habe, die Sie in Ihrer Familie gehabt haben. - Die religiösen Antiphonien 1 ließ ich drucken, um die Probe zu machen, ob die Pietisten wohl eine Rücksicht darauf nehmen würden, weil sie die Hegeische Philosophie immer für Pantheismus als unchristlich verschrieen. Allein sie sind klug genug gewesen, kein Wort zu sagen. - Mit dem Freihafen, wie mit allen Journalen, bin ich auseinander, weil ich zu große Arbeiten vor mir habe, wie jetzt Hegels Leben. - Ähnliche Gedichte als die Antiphonieen sind einmal unter dem Titel: Metamorphosen des Herzens 2 , in einer Breslauer Zeitschrift, und noch andere 1827 in einem konfusen Buch, welches ich zu Magdeburg herausgab: Ästhetische und poetische Mitteilungen 3 , gedruckt worden. - Ich hatte einmal den Plan, und habe ihn noch nicht ganz aufgegeben, ein Gesangbuch eines Philosophen herauszugeben. - Noch fällt mir ein, daß in einer Zeitschrift von Mündt: Zodiakus, ich weiß aber nicht mehr, in welchem Heft, ein Gedicht von mir steht, ohne meinen Namen: Am Bußtage 1835 4 . Wie sehr mich Ihre Freude an meinen kleinen Gedichten gerade in betreff der Religion entzückt hat, müßte ich Ihnen wegen der damit gerade verknüpften besondem Umstände mündlich erzählen. Die Worte, die ich der George Sand in ' 2

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K. Rosenkranz, Geistliche Antiphonieen (Gedichte), in: Der Freihafen 1838, Heft 1, S. 83103. K. Rosenkranz, Metamorphosen des Herzens, in: Der Prophet. Breslau 1834. Wiederabdr. in: K. R., Studien Th. 4. Leipzig 1847. K. Rosenkranz, Aesthetische u. Poetische Mittheilungen. Magdeburg 1827. K. Rosenkranz, Am Bußtage 1835, in: Literarischer Zodiacus Nov. 1835, S. 347-350.

213. April 1841 - 2 1 5 . Juü 1841

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den Mund gelegt habe als Glaubensbekenntnis sind übrigens das tiefste und schönste, was ich bisher gemacht zu haben glaube, nämlich p. 60-63. - Ich spreche mich selbst darin aus. Möchte doch Ihr Herr Schwager bald völlig genesen sein und auch Sie sich wieder ganz wohl und heiter befinden. Mit diesem Wunsche Ihr innigst ergebener Karl Rosenkranz. Ρ . S e r . Platens Werke bekommen Sie von mir.

213. An Theodor Goldstücker Ew. Wohlgeboren habe die Ehre, auf Ihre gefällige Anfrage an unsere Fakultät v. 31. März a.c. gehorsamst zu erwidern, daß dieselbe, falls Sr. Majestät Ihnen die Erlaubnis gewähren sollte, gegen das noch immer bestehende Gesetz, an unserer Universität sich als Privatdozent habilitieren zu dürfen, weder gegen Ihre Person noch gegen ihre Fähigkeiten die geringste Einwendung zu machen hat. Im Gegenteil würde dieselbe sich nur darüber zu freuen Veranlassung haben, wenn Ihnen eine solche Gewährung zu Teil würde. Die philosophische Fakultät hierselbst. Königsberg, Karl Rosenkranz d. 5t. April 1841 h. t. decanus

214. An Alexander Jung [Anfang oder Mitte Juni 1841] ... Ich lese Laubes Lustschlösser. Es ist eine nicht üble Geschichte Frankreichs.

215. An Robert Prutz Königsberg, d. 7t. Juli 41 Hochgeehrtester Herr Doktor, indem ich Ihnen für die Mitteilung Ihres Göttinger Hainbundes den herzlichsten Dank sage, bemerke ich, daß ich zur Betätigung desselben sogleich nach Berlin an die Redaktion der Jahrbücher geschrieben und mir selbst die Anzeige Ihre Buches ausgebeten habe. Ich habe jedoch noch keine Antwort, schließe aber eben daraus, daß meinem Gesuch nichts entgegensteht. Übrigens bin ich in der deutschen Literaturgeschichte allmählich etwas heruntergekommen. So geht es mit unsern Studien. Sie haben ihre Epoche. Wir lassen Ruinen unseres Bildungsweges zurück. Jetzt werde ich ζ. B. immer mehr in die Natur-

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216. Juli 1841

Wissenschaft gerissen, bis ich auch an ihr mich so weit ersättigt habe, als meine Natur fordert. Man hört zwar nicht auf, zu lernen, zu studieren, eine Sache überhaupt zu treiben, aber der Enthusiasmus kulminiert einmal in unserm Leben. So ist mir die Theologie ordentlich langweilig, obwohl ich diesen Sommer sogar zum ersten Mal ein ganz neues Kollegium darüber lese. So ist mir das Altdeutsche vergangen usw. Ich bekümmere mich wohl um alles, aber die ακμή des Studiums, die unser ganzes Wesen füllt, ist fort. Der Enthusiasmus für das Allgemeine, ζ. Β für die Philosophie überhaupt, solche chronischen Kulturkrankheiten, unterscheide ich natürlich von den ersten Bildungsversuchen, die in dem allgemeinen Prozeß Momente werden. Ihr Rheinlied ist hier viel gekauft, gelesen, abgeschrieben, vorgelesen, belobt, besprochen worden. Das Märchen hat auch großen Beifall gehabt, doch gestehe ich, daß ich die kleine Fabel von den Rechenpfennigen der Allegorie vorziehe. Ich schreibe seit einigen Monaten Königsberger Skizzen, worin ich die Schilderung unserer Stadt aus der Geschichte der Kantschen Philosophie, die auch Sie in Ihrem Buch zitieren, ganz ins Spezielle hin a u s f ü h r e . Königsberg hat jetzt auch seine Epoche, und ich freue mich, als Philosoph mit einem großen Teil meiner Umgebung sympathisieren zu können. Ich glaube einem allgemeinen Bedürfnis entgegenzukommen, wenn ich unser ganz eigentümliches Lebewesen veranschauliche. Doch jetzt will ich mit Frau und Kind auf einige Wochen an die See und von aller Arbeit feiern, sie nachher desto schärfer wieder, so Gott will, anzugreifen. Mit wahrer Hochachtung Karl Rosenkranz Herrn Dr. Prutz frei Stettin Kl. Domstraße 782 [?]

216. An Alexander Jung Lapöhnen d. 28. Juli 1841 ... Laubes Lustschlösser sind gar kein frivoles, sondern ein sehr ernst und angenehm unterrichtendes Buch. Ich werde suchen, sie Ihnen nächstens zu schicken. Von den Provinzen Frankreichs bekommt man ein gutes Bild. Die Darstellung ist sehr gehalten. Man sieht den tiefen Eindruck, den das reiche Land, die mächtige Nation auf ihn gemacht haben ...

217. September 1841

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217. An Rosalie Schönfließ Königsberg, den 16. September 1841 Meine hochverehrteste Freundin, denn so darf ich Sie wohl nennen, da Sie mir so lieb und teuer geworden sind, als hätte ich Sie schon längst gekannt. Schreibe ich auch nicht oft, so denke ich doch oft an Sie und frage mich im stillen, was würde wohl Rosalie Schönfließ dazu sagen, wenn sie über dies oder jenes urteilen müßte? Und meine Frau verehrt Sie nicht weniger als ich. Da sie so viel körperlich leidet, besonders an krampfhafter Auftreibung der rechten Seite, so hat der Gedanke an Ihren Leidensheroismus sie schon oft gestärkt. Ihren Brief vom 4. August habe [ich] aber erst Ende August bekommen, als ich sehr krank hier von der See anlangte. Das Bad ist mir, eines Zahnübels halber, sehr schlecht bekommen. Gegenwärtig befinde ich mich wieder besser. Meine Frau ist seit einigen Wochen nach Berlin gereist. Ihre Eltern feiern ihre goldene Hochzeit im Oktober. Tausenderlei Abhaltungen haben mir bisher die Antwort immer wieder unmöglich gemacht, sooft ich auch daran gehen wollte, und auch jetzt kann ich nur flüchtig antworten. Den 17. September Und richtig wurde ich wieder unterbrochen. Zuerst nun von Ihrem Drama. Der Grundgedanke ist gewiß ein sehr glücklicher, sehr zeitgemäßer. Gutzkows Werner hat bewiesen, wie sehr das bürgerliche Trauerspiel, wenn es solche Elemente in sich verarbeitet, jetzt eingreift. Nun kommt es in allen künstlerischen Dingen auf die Ausführung an. Soll ich daher dennoch über den Plan etwas sagen, so würde ich folgendes erinnern - wie sich von selbst versteht, ohne im geringsten recht haben zu wollen. 1) Es scheint mir, als wenn in der Struktur des Dramas die Ausbildung des pietistischen Elements den eigentlich drastischen Kern bildete, nicht aber die Un- und Hyperkultur der Frauen. - Feil ist eigentlich der Agitator des ganzen und Sie würden sich die Frage vorzulegen haben, ob Sie nicht das ganze Stück nach diesem Schwerpunkt hin müßten gravitieren lassen; da es Ihnen kaum möglich sein dürfte, diesen muckrigen Patron als den katastrophierenden Menschen mehr bei Seite zu drängen. 2) Die Unbildung und Überbildung finde ich zu sehr in bloßen Ungezogenheiten und Herzlosigkeiten, weniger in den feineren Krankheitsformen dargestellt, welche mit diesen Übeln vergesellschaftet sind. Und gewiß ist nur der wahrhaft gebildete Mensch auch der wahrhaft höfliche und herzliche, gemütliche, allein dieser Zusammenhang kann auch nur in der Entwicklung selbst recht erscheinen, und ich mich also irren. 3) Die Sitzung der Frauen zur Emanzipationskonstitution soll offenbar das N o n p l u s u l t r a der Verbildung sein; der theatralische Effekt dieser Szene, in welche der Tod hereinbricht, würde auch gewiß sehr groß, würde zweifellos

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sein, allein es ist diese Verbildung mehr nur theoretisch, es ist mehr die gelehrte, eitle Frau, während die Karikatur der Verbildung wohl noch viel energischer, praktischer (nicht bloß wie nachher in abstoßender Kälte) erscheinen mußte. 4) Clara als der Mittelpunkt des Ganzen scheint mir zu sehr in den Hintergrund gestellt. Sie mußte mit mehr Selbständigkeit auftreten, mehr in verwickelte Situationen gebracht werden, damit ihre echte Weiblichkeit sich vielseitiger, machtvoller an widersprechenden Gestalten äußern konnte. Das Buch, Briefe an eine Dame über Strauß 1 , mag eben für Damen ganz gut sein. Was Strauß' Christus anbetrifft, so ist er nicht der meine. Ich halte an der Einheit der göttlichen und menschlichen Natur in ihm, auch als Jesus von Nazareth fest, wenn ich auch gegen das Wunderbare in seinem Leben höchst gleichgültig bin, denn ich kann nicht einsehen, was für Religion in dem Glauben an Dinge liegen soll, die über alles Verständnis nicht nur hinausgehen, - da könnte die Ahnung eintreten - sondern die allem Verstehenwollen widersprechen. Für diese Punkte halte ich mich allerdings an den Mythus. Die wunderbaren Heilungen Christi aber sind eben keine Wunder für mich. Die Vittoria Accorombona 2 kenne ich nicht, wie ich denn überhaupt wenig, sehr wenig Belletristik lesen kann. - Meine Metamorphosen des Herzens besitze ich selbst nicht einmal. Die Zeitschrift hieß der Prophet, kam in Breslau heraus und wurde verboten. Aber glauben Sie, daß, welche Metamorphosen mein Herz auch noch durchgehe, es gewiß niemals aufhören wird, Ihnen mein verehrtes Fräulein, mit reinster Hochachtung ergeben zu sein. Karl Rosenkranz Entschuldigen Sie gütigst meine flüchtige Eile. Ich schreibe seit Mitte Mai: Königsberger Skizzen, eine Schilderung der sozialen Zustände etc.

218. An Immanuel Hermann Fichte Königsberg d. 20st. September 1841 Ew. Wohlgeboren haben ganz recht gehabt zu vermuten, daß ein Schreiben von Ihnen mich sehr überraschen würde. Ich hätte es schon früher beantwortet, allein ich bin fast immer so mit Amtsgeschäften überladen, daß ich mir zu allem, was nicht direkt damit zusammenhängt, die Zeit abstehlen muß. 1 2

C. W. E. Mager, Briefe an eine Dame über die Hegel' sehe Philosophie. Berlin 1837. Accoramboni, Vittoria (1557-1585), Herzogin v. Bracciano. - Roman von Ludwig Tieck (1840).

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Was persönlich-literarische Verhältnisse angeht, so hoffe ich, durch das Zentrum der Spekulation wie durch das Vorwort zu den Erläuterungen einmal für allemal auf dem Standpunkt der Resignation angelangt zu sein. I l f a u t s a v o i r f i n i r . Ich arbeite so viel ich kann für die Sache; was daraus wird, sehe ich mit Ergebenheit kommen. Es versteht sich aber von selbst, daß freundliche Verhältnisse mir immer angenehmer sein werden, als feindliche. Allein alle Verhältnisse, welche einen Parteicharakter anzunehmen drohen, sind mir verhaßt, denn die Leidenschaft[s]losigkeit, die zum Erkennen notwendig ist, worin das a u d i a t u r e t a l t e r a p a r s nie verloren gehen darf, ist dann sogleich ausgesetzt. Ich freue mich daher zwar daher aufrichtig, daß meine Kritik von Strauß in vielen Punkten Ihre Zustimmung hat, denn der Geist gibt Zeugnis dem Geist - allein ich kann in die Wendung nicht eingehen, die Sie in Ihrem Schreiben nehmen, nämlich „gegen unsere Widersacher, unsere Gegner" uns // gleichsam zu verbünden. Sie irren sich, Gott sei Dank, nicht in mir, wenn Sie voraussetzen, daß ich alle Bitterkeit, welche Sie mir mannigfach bereitet haben, alles Antipathische, was ich gegen Sie empfand, sofort nach Lesung Ihres Briefes noch tiefer in die Lethe meines Herzens senken würde, als ich ohnedem darnach trachte. Wenn Sie aber von solcher Versöhnung die Möglichkeit begründeten Kampfes ausschließen wollten, so müßte ich für uns beide Protest einlegen. Sie lieben zwar, mich sich als jung vorzustellen; auch seh' ich sehr jugendlich aus, bin aber von den Vierzigern nicht weit und da ist es immer angenehmer, mit anderen Männern ruhig für die Wissenschaft zu wirken, als sich in polemischen Turnieren jünglingshaft zu ergehen. Sie in Bonn, ich in Königsberg; lassen Sie uns von den Polen einen guten Geist zum Zentrum hin arbeiten, damit dasselbe nicht zu sehr Indifferenz sei. Ich will Ihnen gestehen, daß ich vorigen Januar nach Lesung Ihrer Berichtigung 1 schon eine Broschüre, den Manen Ihres hochverehrten Vaters gewidmet, gegen Sie angefangen hatte, aber wieder verwarf, um nicht unsere Wissenschaft immer mehr in Streitigkeiten aufzulösen. Und so ist es denn um so besser gekommen, und um Ihres Vaters willen schon hätt' ich verdient, von Ihnen anders genommen zu werden. Eine Leidenschaft habe ich, eine Partei nehme ich, für den alten Hegel. Ich bin nicht blind gegen seine Mängel. In der Kritik seiner Ästhetik, seiner Geschichtsphilosophie habe ich dies gezeigt; besonders aber macht mir die Naturphilosophie zu schaffen. Aber die hinterlassenen Papiere Hegels, die sich zum Behuf der Ausar//beitung seiner Biographie seit anderthalb Jahren in 1

I. H. Fichte, Berichtigung, in: Ztschr. für philos, und philos. Kritik. 18, S. 151 ff. In der Vorrede (S. XV) zu den .Kritischen Erläuterungen des Hegel'schen Systems' zitierte Rk. I. H. Fichte, der ihn in in seiner Zeitschrift, Heft 2, S. 230, einen .jungen, spaßhaften Professor" nannte, dessen „Einfalt" von andern irrig zuweilen für Witz genommen würde. Diese vermeindliche Beleidigung, so Fichte, beruhe auf einem Druckfehler: statt Einfalt hätte es Einfall heißen müssen.

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meinem Besitz befinden, haben mir in so vieles erst den rechten Einblick gegeben, haben mir seine Fehler, aber auch seine Tugenden klarer gemacht und meine Begeisterung durch richtigere Einsicht in die Wahrheit und relative Falschheit seines Systems gereinigt und gesteigert. Unter diesen Papieren ist auch sein ursprüngliches System, worin ein ganz von Schelling abweichende vollständige, ins Detail geführte Naturphilosophie (das ganze 104 Bogen stark; die Metaphysik und Logik sind noch gelrennt); ferner ein Leben Jesuu, eine Arbeit über das Verhältnis der Kirche zum Staat; ein Entwurf zu einer Verfassung Deutschlands (zwischen 1806 und 8 geschrieben) usw. Leider hat mich seit dem 10. September vorigen Jahrs 2 die politische Bewegtheit der Zeit nur zu sehr von dem Studium dieser Sachen fortgerissen - ich schreibe seit Mai Königsberger Skizzen - aber doch bin ich in der Ausarbeitung der Biographie bis dahin, wo [Hegel] den Entschluß faßt, nach Jena zu gehen [und] an Schelling schreibt 3 , daß, wenn er ein eigentümliches System der Philosophie mitbringe, dies ihr altes freundschaftliches Verhältnis hoffentlich nicht stören werde. Für die elenden Zänkereien der Tagesblätter hätte ich eine rechte m a t e r i a p e c c a n s in Händen, ehrte ich nicht Hegel und Schelling zu sehr, als daß ich auch nur den geringsten Knochen diesen hirnlosen Zeitungsscriblern gönnte. An Strauß' zweiten (etwas langweiligen) Teil der Dogmatik werde ich wohl erst in den Weihnachtsferien kommen. Aus meiner Geschichte der Kantschen Philosophie konnten Sie wohl schon sehen, wie ich mich zu ihm stellen mußte. Mit der Bitte, alles zu vergessen, was ich jemals gegen - und dafür alles in gutem Andenken zu behalten, was ich, Ihr Streben nie verkennend, für Sie gesagt habe, in aufrichtiger Hochachtung Ihr ganz ergebenster Karl Rosenkranz Herrn Professor D r . frei Bonn

1

3

Fichte

Bei H. Nohl, Hegels theolog. Jugendschriften, Tübingen 1907, S. 65-136, datiert auf den 9. Mai - 24. Juli 1795. Die Arbeit über das Verhältnis der Kirche zum Staat dort u. d. T. ,Die Positivität der christl. Religion", S. 152-213. Der größte Teil dieser Schrift wurde von G. Schüler auf den 2. Nov. 1795, der Neuansatz und Schluß auf den 29. April 1796 datiert. Den .Entwurf zu einer Verfassung Deutschlands' legen Kimmerle und Schüler in die Zeit des Überganges von Frankfurt nach Jena, 1. Halbjahr 1801 und Herbst 1802. Vorarbeiten gehen auf das Jahr 1799 zurück. Schon R. Haym wies in seinem Werk .Hegel und seine Zeit' (1857) auf diesen Datierungsfehler Rosenkranz' hin. Seit dem Huldigungstag in Königsberg. Brief Hegels vom 2. Nov. 1800. Vgl. K. Rosenkranz, Hegels Leben, S. 142ff.

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219. An das Ministerium für geistl., Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten Ew. Exzellenz haben die Huld gehabt, mir eine Gehaltszulage von hundert Talern zu bewilligen. Ich kann nicht unterlassen, meinen herzlichen Dank dafür zu sagen. Ein Philosoph soll in unsern Tagen alles mögliche und um alles mögliche wissen, was ohne einen vielseitigen literarischen Apparat und ohne mannigfachen Verkehr sich nicht bewerkstelligen läßt. Dies aber geht wieder nicht ohne Geld. Ich habe nun hier nicht bloß einen solchen Allerweltsposten - große Städte möchten aus ihren Philosophen gern eine Art von Orakeln für Wind und Wetter, Krieg und Frieden machen - , sondern ich habe auch Lieblingsstudien, die mir ungeheuer viel Geld kosten - ungeheuer, nach meinen Verhältnissen. Ich arbeite seit Jahren an einer Ästhetik des Häßlichen}, wünsche aber alle Begriffe

darin aus der Kunstgeschichte durch alle ihre Fächer zu belegen, um Festigkeit in die Sache zu bringen. Ich habe mir daher ζ. B . Karikatursammlungen anlegen müssen usw. Ein anderes Studium, was ich stark für mich treibe ist die

Geographie in ihrer Beziehung auf die Geschichte, weshalb ich die Bücher von

Ritter, Mendelssohn, Pöppig, Kriegk, Kohl usw. gar nicht entbehren kann. Da ich nun eine fast // immer kränkelnde Frau und drei Kinder habe, so muß ich mich schon zusammennehmen, und niemand ist daher über die Zulage erfreuter als meine Frau. Als ich vor acht Jahren hierherging, machte mir Sr. Exzellenz, Herr v. Altenstein, persönlich und später brieflich die größten Versprechungen, hatte mir aber, als ich einmal um Reisegeld bat, um nach einer schweren Augenkrankheit mich zu erholen, nichts geben können, weshalb dieser endliche Zuwachs als ein Beweis Ihrer Gewogenheit mir doppelt wert ist. D i e Situation der Philosophie in der W e l t scheint im A u g e n b l i c k schwieriger als j e , was seinen Grund darin haben [...], daß viele von ihr etwas anderes als Wissenschaft zum Resultat erwarten und wiederum viele, wie die Franzosen sagen, eine q u e s t i o n de f a i t mit einer q u e s t i o n de principe unklar und ungeschickt vermischen. Ich werde wie bisher, mich bemühen p r o v i r i l i p a r t e . d i e Würde meiner Wissenschaft zu erhalten. Entschuldigen Ew. Exzellenz gütigst diese beiläufigen Äußerungen mit dem Vertrauen, das ich zu Ihnen habe und genehmigen S i e die Versicherung der aufrichtigen Hochachtung, mit der ich verharre Ew. Exzellenz Königsberg, a. 26st. September 1841

'

Vgl. auch den Brief an Vamhagen v. Ense vom 19. Nov. 1837.

gehorsamster Karl Rosenkranz

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220. September 1841

220. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Königsberg, d. 26st. September 1841 Hochgeehrtester Herr und Freund, ich bin noch von vorigem Winter in Ihrer Schu[ld] mit einigen zwanzig Talern. Ich erlaube [mir] anliegend zur Tilgung derselben einen [Bei]trag für die liter. Unterhaltungsblä[tter] zu schicken. Unterhallenderes dürfte im Augenblick kaum zu finden sein, als ich [hier] aus Goethe zusammengelesen habe. Durch eigentümliche Verhältnisse ist es geschehen, daß jemand, der mich leidenschaftlich verehrt, mir ein Geschen[k ge]macht hat, das ich bei mir nicht so tot liegen lassen kann und an dessen Ver[öf]fentlichung er nun mehr gewilligt h[at,] ohne daß ich seinen Namen nennen darf. Es ist dies nämlich die Übersetzung eines der merkwürdigsten indischen Dramen Ρ rabo dhachodroyas1 (oder Mondesaufgang der Erkenntnis) aus dem Original zum erstenmal ins Deutsche übersetzt. Bisher war nichts weiter davon bekannt, als der Auszug, den Rhode 2 aus der nur in wenigen Exemplaren abgedruckten englischen Übersetzung Taylor s^ gemacht und den v. Bohlen4 seinem alten Indien wieder einverleibt hatte. Mich interessierte dieser Kampf der indischen Philosophie mit dem (indischen) Offenbarungsglauben gewal//tig, weil er formell alle Elemente in sich birgt, die auch bei uns spielen. Ich wurde durch meine Sehnsucht nach einer genaueren Kenntnis der Sache Veranlassung, daß jemand, der das Sanskrit aus dem Grunde versteht, und sich zugleich für Philosophie interessiert, mir eine Übersetzung machte, in welcher aber der Deutlichkeit wegen die Verse in Prosa gegeben, jedoch, was auch im Druck beibehalten werden muß, zur Kenntlichmachung etwas eingerückt sind. Die Stärke würde etwa, nach Höfers5 Indischen Gedichten berechnet, 6 bis 8 Druckbogen betragen. Ich würde eine kurze Abhandlung voranschicken, um das Interesse des Stücks auseinanderzusetzen, denn sagt man es den Leuten nicht, so merken sie es nicht, und es kommen wohl gar so absurde Urteile, wie die

'

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So im Original. Es m u ß Prabodhacandrodaya (Mondaufgang der Erkenntnis) heißen. Es handelt sich um das 1100 entstandene Drama des Inders Krishna-Miçra. Veröff. u. d. T. .Prabodha-Chandrodaya oder die Geburt des B e g r i f f s ' . Ein theol.-philos. Drama von Krishan-Miçra. Zum Erstenmal aus d. Sanskrit ins Deutsche übersetzt [von Th. Goldstücker]. Mit einem Vorwort eingef. ν. K. Rosenkranz. Königsberg 1842. - Edilio princeps von H. Brockhaus, Leipzig 1835. In dem Stück treten abstrakte Begriffe (Illusion, Geist, Egoismus etc.) als „Personen" auf. Es nimmt Partei für die Vedanta-Philosophie. Rhodes Auszug in: ,Die heilige Sage u. das gesammte Religionssystem der alten Baktrer, Meder u. Perser u. des Zendvolkes". 1820. Taylor, John (-1821), engl. Ubersetzer des .Prabodhacandrodaya'. London 1812 (4. A. Bombay 1916). Peter v. Bohlen, Das alte Indien. Mit besonderer Rücksicht auf Ägypten. T. 1 . 2 . Königsberg 1830-1831. Höfer, Albert, Indische Gedichte. In deutschen Nachbildungen von A. II. 2 Theile. 1841 1844 (Ausgewählte Bibliothek der Classiker des Auslandes Bd. 34 u. 35. Leipzig).

221. Oktober 1841

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Kritik über Höfer in den Halleschen Jahrbüchern, welche meinte, das Indische läge uns gar so weit ab, wir müßten uns mehr mit der Gegenwart beschäftigen. Bei jenem theologisch allegorischen Drama ist es nun allerdings der Fall, daß es auch sehr die Tagesinteressën berührt. Ich sowohl als der Übersetzer wissen recht gut, daß bei dem Ver//lag Indischer Gedichte nicht viel herauskommt und überlassen Ihnen daher, was Sie an Honorar dafür zahlen wollen. Ganz umsonst freilich wollten wir es auch nicht geben, da die Anschaffung des Originals, die Abschrift des Manuskripts usf. manche Kosten gemacht hat. Auf alle Fälle würden wir 16 Freiexemplare bedingen, die Stärke der Auflage aber gänzlich Ihrem Ermessen anheimstellen. Ihr Herr Bruder 1 , der Sanskritomar, würde Ihnen am besten sagen können, welchen Wert die Sache hat, und vielleicht auch die Güte haben, eine Revision der Korrektur zu lesen, wenn der Druck in Leipzig, nicht hier, ausgeführt werden sollte. Unser Wunsch wäre, ganz wie Höfers Gedichte. Haben Sie Lust zu dieser Unternehmung, so kann ich das schön mit Goldschnitt gebundene Manuskript sogleich schicken. - Von meinem Aufsatz 2 über Goethe schicken Sie mir gelegentlich einen Abdruck, und das Porto setzen Sie mir nach alter Weise in Rechnung. Herrn D r . E s p e bitte mich zu empfehlen. - Mit großem Vergnügen denke ich noch oft an den schönen Sonntag, den ich bei Ihnen im Kreise Ihrer Familie verlebte, namentlich des Spaziergangs nach dem Dorfe. Ergebenst Karl Rosenkranz

221. An Robert Prutz Königsberg d. 4t. Oktober 1841 Hochgeehrtester Herr Doktor, auch ich war sechs Wochen an der See zu genesen und verschlimmerte durch das Bad ein Halsübel so entsetzlich, daß ich Mühe gehabt habe, wieder in Ordnung zu kommen. Ich würde schon an Sie geschrieben haben, schämte ich mich nicht zu gestehen, daß ich, von Vorlesungen, Prüfungen, Sitzungen und sonstigen -ungen von Morgen bis Abend geplagt, zur Anzeige Ihres Dichterbundes noch nicht habe kommen können. In diesen 4 Wochen Ferien, die nun vor der Hand sind, soll es hoffentlich geschehen. - Was meinen Zutritt zu Ihrem neuen sehr interessanten Unternehmen betrifft, so mag ich nichts versprechen, 1

2

Brockhaus, Hermann (1806-1877), Sanskritist; 1839 ao. Prof. in Jena, 1841 o. Prof. in Leipzig, 1860 Mitglied der AdW. in München. K. Rosenkranz, Goethes neueste Paralipomena. In: BULitUnt. 17. Jan. 1842, Nr. 17, S. 65-67; 18. Jan. S. 69-71; 19. Jan., Nr. 19, S. 72-75; 20. Jan., Nr. 20, S. 77-78.

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222. November 1841 - 223. Dezember 1841

weil ich jetzt noch an den Königsberger Skizzen schreibe, sind diese aber fertig, Hegels Leben weiterführen muß, womit ich denn allerdings wesentlich Literarhistoriker bin; ζ. B. habe ich weitläufig schon Hegels und Hölderlins Verhältnis auseinandergesetzt. Ist es mir möglich, ohne mich zu forcieren und in der Tat zugrunde zu richten, so schicke ich Ihnen einen Aufsatz: Grundlinien zu einer Geschichte der Terminologie der deutschen Philosophie^. Aber vor März bekommen Sie ihn nicht, weil die Weihnachtsferien der Kritik vom zweiten Teil der Straußschen Dogmatik gewidmet werden müssen. Mit aufrichtiger Hochachtung Ihr ergebenster Karl Rosenkranz Herrn Doktor Prut ζ Stettin Kleine [r] Domplatz 78

222. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Ew. Wohlgeboren, beeile mich anzuzeigen, daß ich den Verlag der Übersetzung von P r a b o d h a c h o n d r o d a y a , d a i c h keine Antwort von Ihnen erhalten, einer anderen Buchhandlung übergeben habe. Hochachtungsvoll Ihr Königsberg, ergebenster d. 20. Nobr. 41 K. Rosenkranz

223. An Rosalie Schönfließ Königsberg, den 19. Dezember 1841 Mein hochverehrtestes Fräulein! Den ersten Ferientag benutze ich sogleich, Ihnen für Ihre letzte reiche Sendung meinen innigsten Dank zu sagen. Wir würden, an einem Ort lebend, gewiß die schönsten Stunden miteinander verleben. Wie Sie mich in Ihr Inneres, in die Geschichte Ihres Herzens blicken lassen, so würde auch ich nichts vor Ihnen zurückzuhalten wissen. Wenn meine Dieser Aufsatz ist nicht erschienen. Vgl. jedoch die Ausführungen hierüber in Hegel's a.a.O. S. 179ff. und den Brief an G. E. Guhrauer.

Leben,

223. Dezember 1841

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kargen Briefe dies Vertrauen nicht so erscheinen lassen, so liegt das in der Tat darin, daß ich mit der Zeit kargen muß und deshalb auch nicht so ausführliche Mitteilungen mache. Auch liegen meine allgemeinen Interessen in einer Ihnen zu fernen Region, als daß wir uns darin berühren könnten, wie wohl wir in der Sympathie für die freie Entwicklung unser's Vaterlandes in Staat und Kirche zur Freiheit und in dem Geschmack uns begegnen. Also auch Sie will unser moderner Pietismus zu sich hinüberziehen! O ja, wo nur irgend ein geistig bedeutender Mensch ist, dann muß er dafür auf Feindschaft, selbst Verleumdung gefaßt sein. Fingen sie es nur oft nicht gar zu täppisch an! Das Dogma, wie es in den symbolischen Büchern geschrieben steht, das ist ihnen die Sache. Wer darin Bescheid weiß, damit übereinzustimmen versichert, falls er auch nichts von der Sache versteht, das ist ein Mann Gottes, das ist eine treue Magd usw. Alle Freiheit, alle Freimütigkeit, alle Forschungslust, aller Humor, alle Poesie werden uns diese Übergläubigen noch ertöten und einlullende Langeweile, Geistessklaverei, Heuchelei, Sittenpedantismus, Sonntagsfeiertümlichkeiten, Mißtrauen, Splitterrichterei, geistliche Verdammungssucht ins Land bringen. Halten Sie wacker Widerpart, mein Fräulein. - Was soll ich aber sagen? Indem man Sie auch entrationalisieren will, lasse ich zwei Gedichte von Ihnen, - mein Stern und Religion 1 - versteht sich, ohne Sie zu nennen, in meinen Skizzen zum Druck befördern, weil sie mir sehr schön das auszusprechen scheinen, was ein gebildetes Gemüt jetzt mit wahrhafter Frömmigkeit aus den Kämpfen der Wissenschaft sich aneignen kann. Werden Sie nun nicht dazu schelten, daß ich so dreist gewesen bin, über Gedichte von Ihnen zu disponieren? Ich habe nur gesagt, daß dieselben von einer Dame herrühren. Herrn I. habe ich schon seit Wochen nicht gesehen. Entweder arbeitet er tüchtig oder ist wohl verreist. Ich lese diesen Winter ein Kollegium: Philosophie der Geschichte, das mir das größte Vergnügen macht, freilich mich aber auch in den ausgedehntesten Studien absorbiert. Für heute, teuerste Freundin, muß ich schließen, damit dies Brieflein noch vor dem Heiligen Abend in Ihre liebe Hand komme, behalte mir aber auf nächstens weitere Mitteilungen vor. Mit den herzlichsten Festwünschen, Ihr Karl Rosenkranz

'

In: K. Rosenkranz, Königsberger Skizzen. Erste Abth. S. 317ff. Danzig 1842.

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224. Dezember 1841 - 225. Januar 1842

224. An Schulz 1 Königsberg, 19. Dez. 1841 [Rosenkranz gibt bibliographische und philologische Auskünfte zu wissenschaftlichen Arbeiten. Bermerkungen über Faust und die Faustsage.] ... Italien kommt in den älteren Faustsagen immer vor. Noch jetzt im Puppenspiel wird das Turnier in Parma nicht vergessen ...

225. An Immanuel Hermann Fichte Königsberg, 4t. Januar 1842 Hochgeehrtester Herr Professor, Ihr letzter Brief, den ich gestern empfangen, nötigt mich, sogleich, wenn auch nur flüchtig, zu antworten. Es ist eine tief schmerzliche, aber selige Empfindung, einer engen, trüben, schiefen Vorstellung von Menschen sich entrückt zu sehen, denen man zwar immer Achtung gewidmet, zu welchen man aber doch nicht so recht von Herzen hat Zutrauen fassen können. Mein voriger Brief an Sie muß den Dualismus spiegeln, Ihnen mich hingeben zu wollen und es doch, weil noch immer eine mir zur Gewohnheit gewordene Vorstellung Ihres persönlichen Wesens mich hemmte, noch nicht so zu können, wie ich wünschte. Daher sein verzwicktes, bedingendes Wesen. Aber dieser Brief, den Sie mir jetzt geschrieben, macht mir die Brust gegen Sie frei. Er läßt mich in Ihnen einen offe//nen Mann sehen, der es wert ist, gegen ihn alle Rücksicht fallen zu lassen. Ich schäme mich, gerade herausgesagt, gegen Sie so heiklig gewesen zu sein. Und, wenn Sie Weiße wahrhaft schildern (d. h. wenn Ihre Freundschaft für denselben Sie nicht täuscht), so habe ich auch diesem Unrecht getan und bitte es ihm gem ab. Weiß der Henker, wie es zugeht, ich werde hier seit mehren Jahren düster. Königsberg ist in lauter religiöse, politische und philosophische Parteien zerrissen. Die Parteiung selbst ist ein Fortschritt, weil sie ein Beweis vom Denken, weil sie die Tatsache des Fortschritts, se[?] der lebendigen Entwicklung ist; allein wir müssen uns erst gewöhnen, einen solchen Zustand zu ertragen. Vorher, d. h. bis zum Kölner Ereignis, hatten wir zwar verschiedene Richtungen, aber nicht Parteien, was ein großer Unterschied. Ich bin nun mit der ganzen Stadt und Provinz tausendfach verflochten; // Mitglied aller Vereine, 1

Nach dem Regest im Auktionskatalog LXXIII, S. 123 des Antiquariats Karl Emst Henrici, Berlin. Unter der Nr. 740 werden zwei Briefe, 19. Dez. 1841 und 1. Apr. 1843, von Rosenkranz an den Regierungsrat Schulz in Bromberg angeboten. Es ist nicht ersichtlich auf welchen Brief sich die kurze Inhaltsangabe bezieht.

2 2 7 . J a n u a r 1842

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Berater aller literarischen Unternehmungen usw., was mir oft ein Greuel, weil es mir Zeit und Kraft raubt, und doch steckt auch wieder diese aufreibende Gemeinnützigkeit in mir drin und macht es mir schwer, mich dem Ansinnen zur Beteiligung an allem Öffentlichen zu entziehen. Philosophisch aber stehe ich hier ganz allein; über die Schicksale der Philosophie im allgemeinen, zeitungsmäßig, über die literarische Stellung derselben wie ihrer Vertreter, j a darüber kann ich wohl mit Bekannten reden; mit D r . Jung und Brockhaus 1 auch von den Mysterien der Spekulation, in g e n e r e platonisierend, allein für die systematische Architektonik bin ich ganz auf mich selbst gewiesen. So kommt es denn, daß ich des Parteiwesens halber oft gereizt, verstimmt bin, wiewohl ich im ganzen gottergebener Heiterkeit zuneige; so kommt es, daß ich größere Arbeiten, auf die ich allerdings hinsteuere, immer noch aufschiebe und nur erst in die Form von Vorlesungen bringe, die druckfähige Vollendung der Zukunft // aufsparend; so kommt es, daß ich, zumal ich eine fast stets kranke Frau zu pflegen und um die Erziehung meiner Kinder mich aus diesem Grunde viel zu bekümmern habe, in Grübelei verfalle. Dies alles sage ich, damit Sie mich bei sich entschuldigen und nichts mehr Sie in Ihrer Freundlichkeit gegen mich störe. Sie sind mir übrigens persönlich noch in der Erinnerung. 1818 oder 1819 waren Sie mit Zeune in Magdeburg. Eine Familie Favreau2 wurde von Ihnen besucht. Sie ließen sich zur Nicolaikirche, zur Domkirche usf. führen. Der Knabe, der Sie führte, war ich. Sie hatten blondes Haar, trugen eine Brille, bloßen Hals, weißen Hemdkragen, schwarzen Leibrock und man sagte mir, daß Sie auch Philosoph seien, wie Ihr Vater. Zeune verdeutschte mich immer. Ich zeigte z. B. Tillys Kommandostab, worauf er heftig einfiel: Feldhermstab usw. Die Herausgabe der Werke Ihres Vaters 3 begrüße ich mit Jubel. Auch Schelling will die seinigen herausgeben. Mit dem Leben Hegels stocke ich noch immer, weil nun Schelling doch erst abzuhören ist. Bis jetzt gemahnt er mich, als trüge er einen eleganten, protestantischen, zusammenhängenderen Franz-Baaderianismus vor, ohne es zu ahnen. Aber ich danke Gott auf den Knien, daß Schelling in Berlin ist, in Berlin liest und als eine königliche Autorität die Rechte der Vernunft, des freien Denkens gegen die pietistische Denkscheu vertritt; denn so wenig ich mit der Ruge-Feuerbachschen Theologie übereinstimmen kann, so wenig Philosophie nach meiner Meinung jemals die Religion überflüssig zu machen imstande ist, so scheint mir doch von solchen Exzentrizitäten, wenn sie, wie namentlich bei Feuerbach, aus kraftvollem Denken entspringen, für die Philosophie weniger Gefahr als von der gedankenlosen Glaubensfaselei zu drohen.

' ^ 3

Wahrscheinlich der Königsberger Schriftsteller H. Brockhaus. Vgl. K. R., Von Magdeburg bis Königsberg, Fichtes Besuch dort S. 98. I. H. Fichte (Hrsg.), J. G. Fichte. Sämmtliche Werke (in 8 Bde.) Berlin 1845.

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226. Janaur 1842

Hochachtungsvoll Ihr ergebenster Κ. Rosenkranz [Randbemerkungen : ] [1. Briefseite:] Darf ich Sie um die Gefälligkeit ersuchen, beiliegendes Briefchen an Prof. Ritsehl gelangen zu lassen? [3. Briefseite:] Einer meiner Kollegen, der Medizinalrat Sachs, ist noch ein warm anhänglicher Schüler Ihres Vaters.

226. An Karl Ludwig Michelet Königsberg d. 6t. Januar 1842 Hochgeehrtester Herr Professor, soeben ist Ihre Bearbeitung der Hegeischen Naturphilosophie 1 hier angelangt. Ich bin so vor Freuden darüber außer mir, daß ich in der Eile nichts Besseres zu tun weiß, als Ihnen für diese neue Erweiterung der Einsicht in Hegels Philosophie den herzlichsten Dank auszusprechen. Wie oft habe ich, wenn unter meinen naturwissenschaftlichen Kollegen die Rede darauf kam, daß die Hegeische Philosophie nichts für die Natur getan habe, gefragt, wo denn eine Arbeit von Schelling existiere, die mit dem Grundriß in der Enzyklopädie verglichen werden könne? Von Schelling ist hier natürlich alles voll und unsere Frommen drehen alle die Augen zu seiner Offenbarung. Einer hatte die Sache in seiner adligen Ignoranz sogar so verstanden, als werde Schelling Philosophie der Johannischen Apokalypse lesen! Ich habe daher beschlossen, im nächsten Semester über Schellings Philosophie zu lesen. Mit den besten Wünschen zum neuen Jahr Ihr ergebenster In Eil

K. Rosenkranz

Werden Sie auch die Philosophie des Geistes 2 edieren?

2

G. W. F. Hegel, Vorlesungen über die Naturphilosophie als der Encyklopädie der philos. Wissenschaften im Grundrisse 2. Th. Hrsg. von K. L. Michelet. Berlin 1842. Eine kurze Kritik der Edition lieferte Rosenkranz in seinem Aufsatz .Schriften zur Naturphilosophie. 1832-42. Eine Übersicht'. Zuerst abgedr. im Königsberger Literaturblatt, dann im 5. Tl. der Studien, S. 270-283, Leipzig 1848. Die Philosophie des Geistes (= Werke, Bd. 10) edierte 1845 L. Boumann.

227.Januar 1842

Herrn Professor D r frei Berlin

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.Michelet

227. An Robert Prutz Königsberg, d. letzten Januar 1842 1 Hochgeehrtester Herr Doktor, ich eile, Ihnen das versprochene Manuskript zu übersenden. Mein Wunsch ist allerdings, daß alles gedruckt werde, denn Hölderlin2 allein wäre zu dürftig und ich möchte gern diese [?] schönen rationalistisch-mystischen Sachen der Theologie, vis-à-vis von Schellings Offenbarungen zuführen. Ich schlage folgendes vor: ich verlange nur für 4 Bogen Honorar; für jeden Bogen mehr soll mir Wigand nur ein Exemplar des Taschenbuchs geben. Geht das? Für das nächste Jahr liefere ich Ihnen entweder die versprochene Arbeit über die Terminologie oder die Bearbeitung der Epoche Hegels von 1803-7, als Schelling nach Würzburg gegangen war und Hegel sich wieder ganz in seine Eigentümlichkeit zurückwandte, aus der er in den zwei Jahren, daß er mit Schelling verkehrte, etwas herausgegangen war, // wie auch Schelling in dieser Zeit Hegels Präzision sich anzueignen suchte, aber in Würzburg, namentlich in den Aphorismen in den Jahrbüchern der Medizin 3 , bald wieder seiner Zerflossenheit zufiel. Es existiert eine Art Tagebuch 4 Hegels aus dieser Zeit, welche über Schelling, Schlegel, Tieck, genug über die ganze Romantik, die furchtbarste Geißel schwingt, das Unwesen, was man mit Jakob Böhme trieb, à fond zerstört, aber auch die Politik der Deutschen mit kolossaler Kritik angreift. Was Hegel überhaupt für ein politischer Genius gewesen, ist merkwürdig. '

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Rosenkranz schreibt 1841, offensichtlich ein Versehen. - Offenbar war Rosenkranz zur goldenen Hochzeit seiner Schwiegereltern am 19. Okt. 1841 in Berlin und hat sich dort auch mit den Hegeischen Freunden über die Biographie unterhalten; zahlreiche Briefstellen sprechen dafür. In einem Brief von Karl an Adolf Stahr vom 30. 12. 1841 heißt es: „Prutz hat aus Jena wiederum geschrieben. Aus seinem Briefe habe ich erfahren, daß Rosenkranz bei seiner Anwesenheit in Berlin sich mit den Althegeliancm überworfen hat, und seines Geschäfts als officieller Biograph Hegels entbunden ist!" In einem Brief Prutzens an Arnold Ruge vom 11. Febr. 1842 heißt es ähnlich: „Rosenkranz hat mir einen höchst interessanten Beitrag gegeben, Fragmente aus seiner Biographie Hegels und noch [...] Fragmente Hegelscher Jugendstudien selbst, zum Teil sehr bedeutend. Übrigens ist R. sehr tapfer gesinnt; er hat sich (schreibt er mir), mit den Berliner Althegeliancm völlig überworfen, hält Collegia gegen Schelling ..." (Brief im Besitz der Landesbibliothek Dortmund) K. Rosenkranz, Aus Hegels Leben. 1. Hegel u. Hölderlin. 2. Theolog. u. histor. Studien Hegels, in: Literarhist. Taschenbuch., Jg. 1, 1843, S. 89-200. Hannover 1843. F. W . J. Schelling, Aphorismen über die Naturphilosophie, in: Jahrb. der Medizin als Wissenschaft. 1. Bd., 2. Heft. Tübingen 1806. Das von Rosenkranz, nach einer Rubrik in den HallJbb., sogenannte „Wastebook" Vgl. Hegel's Leben, a.a.O. S. 198ff.

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228. Februar 1842

Sagen Sie mir doch, nur in ein paar Zeilen, wenn Sie mein Manuskript gelesen haben, ob es einigermaßen Ihren Beifall, Ihr Interesse hat? Sie sind außer den Berlinern der erste, der es liest, der erste aber auch, der nicht glaubt, daß man nur den Ber // liner Hegel vergöttern dürfe, denn weil die Berliner ihn in Berlin gekannt, gehört und ediert haben, sind sie für alles andere verschlossen. Alles Unberlinsche ist Ihnen B a g a t e l l e . In betreff der Parade, die Schelling jetzt in Berlin macht, habe ich schon öfter gedacht, wie zweckmäßig es wäre, in den kleinen Journalen aus meinem Zentrum der Spekulation, das Ruge 1 (der doch selbst einst eine Literaturkomödie gegen das junge Deutschland schrieb) sogleich für durchgefallen erklärte, die Schelling betreffende Stelle, den Chor von München abdrucken zu lassen. Ich wohne aber so weit von allen solchen Möglichkeiten, daß alle solche Einfälle bei mir eben nur Einfalle bleiben. Herr D r . Jung2 wird sich Ihrem Unternehmen mit dem größten Vergnügen anschließen. In Erwartung geneigeter Antwort, ob das Ms. Ihnen glücklich zugekommen, Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

228. An Robert Prutz Königsberg, 20. Fbr. 42 Hochgeehrtester Herr Doktor, ich beeile mich, Ihnen auf Ihre mir in diesen Tagen zugegangene Anfrage wegen Auslassung der Glossen zu Schillers 30jährigem Krieg 3 zu erwidern, daß ich natürlich gegen die Auslassung derselben nichts einzuwenden habe. In dem größeren, ganzen Werk sind sie notwendig, um Hegels Hartnäckigkeit auch in scheinbar so untergeordneten Dingen zu zeigen, wie Sie selbst dies sagen. Ich freue mich, daß die Sachen Ihren Beifall haben. Von mir selbst will ich dabei abstrahieren und die Lobsprüche, die Sie mir erteilen, zu verdienen suchen. In dem Ihnen mitgeteilten Abschnitt besteht meine Arbeit vorzüglich darin, aus einem gräßlichen Papierwust diese Perlen hervorgelesen und aus ihrer schmutzigen Schale herausgewaschen zu haben. Ich versichere aber heilig, daß nicht ein Wort von mir hinzugesetzt ist. Nur war oft etwas ausgestrichen, oft waren mehre Lesarten der Verbesserungen etc. wo ich denn wählen mußte. Damit nun aber das Publikum auch von meiner Bearbeitung selbst eine Vorstellung bekäme, wünschte ich eben das Kapitel von Hölderlin auch mit1

Die Rez. von A. Ruge, .Ein Brief an den Herausgeber", in den HallJbb. 1840, Nr. 186, Sp. 1486-1488. ^ Jung stand zwar auf der Teilnehmerliste, ein Aufsatz von ihm wurde jedoch nicht gedruckt. 3 In: K. Rosenkranz, Hegels Leben, S. 530ff. Berlin 1844.

229. März 1842

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geteilt. Daß ich für Hegel gerade theologische und politische Fragmente gewählt habe, ist, glaube ich, durch die Lage seiner Philosophie in jetziger Zeit hinreichend motiviert. Was wird man für Augen machen, wenn ich später an ein Manuskript komme: Deutschlands Verfassung 1 , nämlich ein Plan zu einer solchen, 1806-8 geschrieben. Es ist riesenhaft, was dieser Mensch gearbeitet hat. Was Schelling gemacht hat, erscheint dagegen immer mehr dilettantisch. Sehr angenehm würde es mir sein, wenn Sie in dem kleinen Vorwort, das ich den Fragmenten der Biographie vorangesetzt habe, zu den Namen von Gabler, Abegg, Hinrichs noch den des Professor Sietze fügen wollten, der mir in dieser Zeit einen schätzbaren Beitrag geschickt hat. Eine Kritik Ihres G. Dichterbundes von mir ist schon lange in Berlin - aber, Gott weiß warum, immer noch nicht gedruckt. Ich habe auch Gervinus übernommen. Daß das von Hegel über Liebe und Scham Gesagte Ihnen so gefallen, freuet mich sehr. Mir ist außerdem das über das Schicksal 2 Gesagte „groß" erschienen. Wenn ich erst die Vorlesungen dieses Semesters und seinen Examenplack im Rücken habe, hoffe ich wieder an die Biographie zu gehen und danke Ihnen für die Ermutigung, welche mir Ihre Zustimmung gewährt. Ihr ergebenster Karl Rosenkranz Das Manuskript bitte ich nach geschehenem Abdruck mir nur durch Gelegenheit oder als Gedrucktes zu remittieren, denn ich habe an 3 Taler Porto dafür zahlen müssen. Herrn Doktor E. R. Ρ rut ζ frei Jena

229. An Rosalie Schönfließ Königsberg, den 21 sten März 1842 Frühlingsanfang! Meine teure Freundin! Das schönste Frühlingswetter lacht uns draußen entgegen, und ich muß schon wieder einsitzen, nicht des Auges, aber des Ohres 1 2

In: K. Rosenkranz, Hegels Leben, S. 235ff. Berlin 1844. Die Liebe und die Schaam, in: In: K. Rosenkranz, Hegels Leben, S. 498-500. Berlin 1844. Das Schicksal und seine Versöhnung, ebd. S. 493ff.

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229. März 1842

wegen, woran mich eine katarrhalische Entzündung plagt. Es ist ordentlich komisch, wie die Natur bei mir, dem Philosophen, immer den Kopf belagert! Nun, wenn nur das Gehirn frei bleibt. Meine nicht nur verehrte, meine mit der reinsten Hochachtung geliebte Freundin, Sie müssen schon Nachsicht haben, wenn Ihren Gefühlsergüssen, Ihren traulichen persönlichen Mitteilungen, Ihren kritischen Berichten über Gelesenes, Ihren Andeutungen neuer Arbeiten, die Sie unternehmen, Ihren Gedichten, die Sie zeitweise senden, Ihren Tagebuchkonfessionen, die mir auch Ihr Innerstes erschließen, - wenn diesem Reichtum von meiner Seite so dürre, dürftige Zeilen entgegenkommen. Ich zweifle nicht daran, daß ich Sie auch noch persönlich kennenlernen werde und dann wird sich in einigen Stunden unter uns vieles zurechtlegen. Einstweilen dulden sie mich. Ich bin auf den Gedanken gekommen, daß Sie Ihre treffenden Urteile über die neueste belletristische Literatur für das Königsberger Literaturblatt 1 einmal in einem Artikel übersichtlich zusammenstellen könnten als eine kritische Revue der neuesten Belletristik (neuesten d. h. seit 3-4 Jahren). Haben Sie Neigung dazu, so könnte ich Ihnen Ihre Briefe, welche solche Urteile enthalten, zum Exzerpieren zustellen. Sie durften in der Tat nur die Sache gerade ebenso, nur ein bißehen geordnet, aufzeichnen. Ich finde Ihr Urteil immer milde und doch sehr charakteristisch und mit anmutiger Verständlichkeit ausgesprochen. Der Winter ist mir diesmal rein über dem Kollegicnlesen, das mir alle Zeit und Kraft nahm, so ganz unvermerkt entschlüpft. Ich bin übrigens, da wenigstens mit der Philosophie der Geschichte wieder ein Fortschritt gemacht ist, so weit zufrieden, muß nun aber ernstlich daran denken, an Hegels Leben zu arbeiten. Meine Frau ist an ihren Krämpfen kranker als jeden Winter gewesen. Wir galvanisieren Sie nun - bis jetzt auch ohne Erfolg. Und doch, meine teure Rosalie, ist dies die beste Welt, und an diesem Glauben sollen mich nicht zehntausend Teufel in und außer mir irre machen. Ein Tragelaph ist ein Bockhirsch, eine persische Tierverschmelzung, welche durch die orientalische Teppichweberei weit verbreitet war. Das Wort ist griechisch. Tropisch bedeuted es eine Zweideutigkeit, doppelte Halbheit. Mit inniger Hochachtung Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

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R. Schönfließ verfaßte zahlreiche Artikel für das Königsberger Literaturblatt, die sie mit H. unterzeichnete, so 1842 in Nr. 43; 1843 in den N m . 22, 23, 26, 30, 40, 52, 54, 55, 57, 58; 1844 in den Nrn. 3, 4, 6, 1 3 , 3 9 , 9 3 , 9 4 .

230. April 1842

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230. An Arnold Ruge Königsberg d. 8t. April 1842 Lieber [...] Erst gestern habe ich die Zeilen empfangen, welche Du dem Oberamtmann Siegfried für mich mitgegeben und kann nicht umhin, Dir sogleich wieder zu schreiben. Es mögen wohl zwei Jahr sein, daß unser Briefwechsel ganz unterbrochen ist. Ich bin seit dieser Zeit mehrfach sehr leidend gewesen, und auch jetzt schon wieder seit dem Schluß der Vorlesungen aufs Zimmer gebannt. Das Klima ist doch gar zu rauh für mich. Ich eile, Dir den Brief Dunckers 1 (sie) wieder zuzustellen, der mir sehr merkwürdig gewesen ist. Ich lebe hier in einer verteufelten Unschuld in betreff der Personalien und kann nur aus Zeitungen meine Statistik der Wissenschaft zusammensetzen. Sollte man die Deutschen Jahrbücher im Ernst stürzen wollen, so würde man dadurch der Regierung selbst einen der empfindlichsten Schläge bereiten. Es ist wahr, die Jahrbücher sind seit dem Sommer 1840 in Doktrinen hineingeraten, welche mir eben so unhaltbar als in der Form, wie sie gegeben wurden, oft ohne Not Ärgernis erregend erschienen sind. Es scheinen mir dies folgende Punkte: 1) daß die Göttlichkeit des Menschen oft als subjektiver Autotheismus, als Gottheit des einzelnen Subjekts vorgetragen wurde. Ich begreife nicht, warum die Existenz der absoluten Geistigkeit als des absoluten Subjekts, das die Absolutheit der Subjekte ja nicht ausschließt, der alte Theismus sein soll; 2) daß in betreff der Geschichte Christi durch Bauers2 Theorie die Straußische verdrängt wurde, so daß die Idee, an welche sich Strauß noch hält, in der Tat einem bloßen psychologischen Pragmatismus verfiel; 3) daß ganz ohne Not - und zugleich furchtsam - eine Entkirchlichung angekündigt wurde. Gott sei Dank, noch steht es ja jedem Protestanten frei, ob er zur Kirche, zum Abendmahl usf. gehen will oder nicht. Religion und Philosophie sind doch wirklich verschiedene Formen der Existenz der absoluten Geistigkeit und spekulativ ist doch notwendig, daß die Form der Religion ebenfalls als selbstständige Gestalt, somit irgendwie als Kultus, als Gemeinde existiere; 4) daß die Theorie der konstitutionellen Monarchie verlassen und zum Republikanismus übergegangen wurde. Dieser Punkt ist natürlich der

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Ruge legte in einem Brief an Rosenkranz vom 15. März 1842 einen Brief Dunckers bei, den Rk. bei Gelegenheil zurücksenden sollte. Vgl. B. Bauers ,Die Posaune des Jüngsten Gerichts über Hegel, den Atheisten u. Antichristen'. Leipzig 1841 (erschien anonym) u. seine Schrift .Kritik der evangelischen Geschichte der Synoptiker'. Bd. 1-3. Leipzig 1841.

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230. April 1842

wichtigste. Erinnere Dich einmal an Deine Kritik des Hegclschen Naturrechts 1 , Sommer 1840, worin Du so vortrefflich die Monarchie des Staats nicht nur, sondern auch die Notwendigkeit der Primogenitur für die Sukzession entwickeltest. Erstaunst Du dann nicht selbst darüber, wenn im Februar 1842 der Konstitutionalismus verworfen und die Wahl nur zwischen Republik oder Monarchie gelassen wird? Alle diese Punkte sind extreme Negationen anderer Extreme: 1) der geistlosen Jesusliebhaberei und Gottverknechtung; 2) der absoluten, geschworenen Kritiklosigkeit in Ansehung der Bibel; 3) der katholisierenden Richtung auf Kirchenzwang, Kirchenzucht, Sonntagsfeier, Exkommunikation; 4) der aristokratischen Richtung, welche die Monarchen durch Schmeichelei gewinnt, um durch sie ihre alte Unabhängigkeit wiederzugewinnen (Patrimonialgerichte; adlige Erziehungsinstitute; Autonomie, soziale Isolierung, Wiederankauf von Grundbesitz; Erwerb aller höchsten Staatsstellen - selbst Magistraturen wie Oberbürgermeister e t c . ) Ich begreife sehr wohl, wie in der Hitze der Debatte es zu solchen Extremen kommen kann. Ich selbst habe mit mir fortwährend zu kämpfen, wenn ich von einem solchen Extrem mich mißbilligend, bedauernd abwende, denn ich würde mich verachten, wenn ich mir das geheime Geständnis machen müßte, daß ich im Herzen der Meinung von Feuerbach, Bauer usf. wäre, aber aus Furcht vor Amtsentsetzung, Quieszierung mit dem öffentlichen Zugeständnis zurückhielte. Nein, ich hoffe zu Gott, daß ich immer Kraft erringen werde, der erkannten Wahrheit auch mit Verleugnung aller persönlichen Interessen die Ehre zu geben. Ich habe nicht einen Pfennig Vermögen, habe Frau und Kinder, aber ich habe die Gewißheit, daß nur Krankheit oder Gefängnis die Meinigen zu ernähren mir unmöglich machen würde. Freilich, was sind das für Zeiten, worin man zu solchen Reflexionen gezwungen wird. Wenn der Deutsche Bund die Deutschen Jahrbücher 2 vernichtete, würde er dem Mißtrauen gegen sich wieder eine große Nahrung gegeben haben. Campe 3 verbietet er, Manz 4 Verlag, worin Görres, gibt Preußen frei; die Berliner literar. Zeitung verteidigt den Liberalismus - und die Deutschen Jahrbücher hebt man auf. Solltest Du nicht geradezu an unseren 1

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A. Ruge, Zur Kritik des gegenwärtigen Staats- und Völkerrechts. In: HallJbb. 1840, Nr. 151156. Seit dem 1. Juli 1841 erschienen die .Hallischen Jahrbücher für deutsche Wissenschaft u. K u n s t ' unter dem Titel . D e u t s c h e J a h r b ü c h e r f ü r W i s s e n s c h a f t u. K u n s t ' . Durch Kabinettsordre wurde Ruge am 11. März 1841 aufgefordert, den Druckort von Leipzig nach Halle zu verlegen, um sie so der preuß. Zensur zu unterstellen, anderenfalls würde man die Jb. in Preußen verbieten. - Am 3. Januar 1843 wurden die Jb. endgültig verboten. Im Dez. 1841 wurde die gesamte Produktion des Verlages verboten. Manz, Georg Joseph (1808-1894), kalhol. Buchhändler in Würzburg.

231.Juni 1842

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König gehen? Ich traue seiner Empfänglichkeit noch immer das meiste zu. Du mußt ihm nur die Perspektive der „großen Ansicht" (das ist jetzt das Schlagwort) eröffnen, daß Deutschland doch eine linke Seite haben müsse und daß eine Vertretung derselben wenigstens bildend wirke, selbst durch Veranlassung ihrer Widerlegung, was immer besser sei, als wenn die Nation sich in sich hineingrollen und heimlich eifern müsse. Ich habe diesen Winter zum erstenmal Philosophie der Gcschichte mit gutem Erfolg gelesen, obwohl alle Zeit von diesem Studium hingenommen wurde. Jetzt muß ich darauf denken, endlich wieder an Hegels Leben zu gehen. Für Deine Anekdota habe ich augenblicklich nichts. Du wirst auch über Schelling Mitteilungen machen. Leider erfahre ich über diesen so gut wie gar nichts, da die Berliner Freunde entweder nichts über ihn sagen können oder wollen. Fast fürchte ich das erstere. Könnte ich vielleicht durch Dich erfahren, ob es wahr ist, was man hier herumträgt, daß er die c o n c e p t i o immaculata, r e s u r r e c t i o e t a s c e n s i o physiologisch er - wiesen habe? Hast Du Zeit, so schreibe mir (auf Kosten natürlich meines Portos) einiges über diese materia peccans. K. R. Sonst lache ich über Krugs 1 Jesuitenriecherei - aber jetzt Für Vatkes 2 Buch, das in seiner abstrusen Manier und dem Streben nach auch sonst zu Feuerbachs Wesen den Gegensatz bildet, habe ich zu tun gesucht., was ich konnte und Müllers und Ulricis Angriffe auf ihn abgeschlagen. Hinrichs grüße bestens. Schaller ist also ein Philister! God dam.

231. An Rosalie Schönfließ Königsberg, den I l t e n Juni 1842 Meine hochverehrteste Freundin, Sie werden sich gewundert haben, daß die Skizzen so ohne Brief kamen. Ich muß Ihnen das erklären. Ich wurde vor mehren Wochen, während ich einen Besuch beim Konsul Touissant machte, plötzlich ganz krank, lag vier Tage im heftigsten Fieber, bin aber rasch wieder genesen. Der Arzt hielt für mich wie für meine leidende Frau die Luft für das beste, und so zogen wir denn, so bald es tunlich war, hierher nach unserm geliebten Ziegelhof. Dadurch ist aber vieles in Aufschub gekommen und der Zusammenhang mit der Stadt sehr dünne geworden. Ich mußte deshalb die Absendung des Buchs besorgen lassen. ' 2

Krag setzte sich für einen politischen Liberalismus ein. W. Vatke, Die menschliche Freiheit in ihrem Verhältnis zur Sünde und zur göttlichen Gnade wissenschaftlich dargestellt. Berlin 1841. Eine Rez. Rosenkranz' erschien in den JbbwissKrit. 1842, Bd. 1, Sp. 321-334 u. 337-350.

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231. Juni 1842

Wie ich das meine, wenn ich Sie eine Straußianerin nenne, hoffe ich deutlich genug gesagt zu haben, indem ich das Bekenntnis auf das „Bleibende und Vergängliche des Christentums" begründe und ausdrücklich hinzufüge, daß weder das Leben Jesu noch die Unsterblichkeit preisgegeben werde. In der Feuerbachschen Selbstgöttlichkeit sehe ich die Spitze der Polemik gegen den Egoismus in der Religion, der von Gott ewig nur aufs trefflichste und schnellste bedient zu sein wünscht, der vor seiner Anhänglichkeit an sich gar nicht zu dem Gedanken kommt, daß Gott mindestens ebenso frei ist wie er. Erst der Mensch liebt Gott wahrhaft, der nicht der Nützlichkeit halber sich mit ihm in Verkehr setzt, der ihn nicht zum absoluten Mittel machen will, das im Notfall sogar Wunder tun muß, seinen Klienten zu helfen. Feuerbach hat die Sittlichkeit des Christentums und seiner Formen so wenig begriffen, als die Notwendigkeit seiner Vorstellungen: ζ. B. Taufe und Abendmahl braucht man gar nicht als Zaubermittel zu verehren und kann doch in ihnen die angemessensten Formen der Initiation, bei der Taufe des Menschen für die Menschheit, des Natürlichen ins Geistige, des einzelnen in die Gemeinschaft sehen - und beim Abendmahl die absolute Form der Versöhnung mit dem Schicksal, die Anerkenntnis der Welt als der wahrhaften, die Erfahrung der Gleichheit aller Menschen vor Gott und deshalb untereinander usw. Warum soll eine so schöne Symbolik verschwinden? Glaubt Herr D r . Feuerbach, daß alle Menschen philosophieren werden? Und ebenso sind die Vorstellungen des Christentums von Vater und Sohn wahr und schön. Feuerbach hat das selbst indirekt bewiesen, wenn er den Gedanken deduziert, daß in der Trinität auch das weibliche Prinzip vertreten sein müsse. Für die Katholiken ist die Mutter Maria, für uns der Geist, der mit uns zagt, ringt, jauchzt, betet, kämpft und siegt. Lucas ist eine etwas zum Sentimentalen neigende, für alles Biographische, Provinzielle, sich interessierende Natur, und ich glaube, Sie haben ganz recht gehandelt. Mit der lieben Schriftstellerei hat man seine Not. Ich schildere nordische Sitten, worin auch Derbes, selbst Zynisches vorkommt (woran der Süden übrigens, wie jede Reisebeschreibung dartut, ungleich reicher und prägnanter ist) - und da beurteilt mich nun das feine Völkchen, als hätte ich meine Sachen geschrieben, von achtzehnjährigen Damen beim Tectisch vorgelesen zu werden. Ich habe mit Herrn J. recht viel von Ihnen gesprochen. Ob ich in diesem Jahr nach Inster- oder Georgenburg komme, weiß ich nicht; aber kommen werde ich einmal. Wir werden nicht sterben, ohne uns ins Auge gesehen und die Hand gedrückt zu haben. - Ihre Romankritik wird immer angenehm sein. Leider sind Ihre Briefe in der Stadt. - Leben Sie recht wohl, siegreiche Dulderin! K. R.

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232. An Johannes Schulze Hochverehrtester Herr Geheimrat, wie lange ist's - fast ein Jahr - , daß ich das letzte Mal von Ihnen Abschied nahm und wie vieles hat sich seitdem noch der Welt Lauf verschlimmert und verbessert, wodurch denn die Geschichte im ganzen doch vorwärts kommt. Aber Ihre Liebe zur Literatur ist dieselbe geblieben, und so erlaube ich mir denn Ihnen in der beikommenden Übersetzung v o n P r a b o d h a c h a n d r o d a y a ein interessantes Büchlein zuzuführen, dem Sie in Ihren Studien gewiß auch einen Augenblick gönnen werden. Der Übersetzer ist der Ihnen schon bekannte D r . Goldstücker. Mit Bedauern verlieren wir ihn hier. Er geht nun nach Paris. Je mehr die Juden solche Erfahrungen 1 machen werden und je höher sich in ihnen das an sich ehrenwerte Gefühl steigern wird, nicht um den Preis ihres Glaubens solche Konzessionen zu erkaufen, um so mehr werden Sie alles daransetzen, sich eine eigene Universität zu gründen. Wenn eine exklusive Christlichkeit den schönsten Weg, die Juden zu christianisieren, die mildeste Behandlung, die Zumutung der Humanität als auch bei den Juden sich von selbst verstehend, zu verlassen droht, so werden auch die Juden immer enragierter werden. Wenn wir bedenken, welche Kluft zwischen Katholizismus und Protestantismus befestigt ist, so scheint es mir unbedenklich, da wir Katholiken zum Lehramt als Privatdozenten zulassen, auch den Juden dies zu gestatten. Nur von der // Verwaltung der Universitätsangelegenheiten müßten sie ausgeschlossen bleiben, nach dem allgemeinen Gesetz bei uns, daß Juden über Christen keine polizeiliche und richterliche Gewalt haben dürfen. Seit Abschluß des Kant, den Sie erhalten haben werden, bin ich, Nebenarbeiten abgerechnet wie die Königsberger Skizzen, fast beständig an Hegels Biographie beschäftigt gewesen und bin eben jetzt recht darin. Die Arbeit erfordert so viel große und kleine Kombinationen, so viel Überwindung von Äußerlichkeiten und hält zugleich durch den Riesengcist, dem sie gilt, so in der Tiefe fest, daß man nur langsam darin vorrücken kann. Ist Schelling jetzt schon in der öffentlichen Meinung unterlegen oder vielmehr nie wirklich Hegels Bekämpfer gewesen, so wird die Biographie vollends alle Illusion, alle Sophistik, und sei sie noch so mystisch, in dieser Hinsicht unmöglich machen. Mit herzlichen Wünschen für Ihr Wohlergehen, mit der Bitte, mich an Freund Marheineke und Frau Professor Hegel bestens zu empfehlen, immer in aufrichtiger Hochachtung Ihr Königsberg, treu ergebener d. 7t. August 1842 Karl Rosenkranz Goldstücker wurde die Habilitation verweigert.

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233. August 1842 - 234. August 1842

233. An Johannes Schulze Königsberg d. 16t. Aug. 42 Hochverehrtester Herr Geheimer Oberregierungsrat, Sie werden, hoffe ich, - mich selbst ausgenommen, dem Sie stets ein so huldvoller Gönner waren - nicht sagen dürfen, daß ich Ihnen mit Fürbitten für andere lästig gefallen. Ich hasse eigentlich dies Wesen, weil es unsäglich Genierendes mit sich führt, wie ich tausendfach an mir selbst erfahren, wenn man auf meinen sogenannten Einfluß gerechnet hatte. Auch jetzt will ich nicht mit diesem Druck Ihnen beschwerlich fallen, sondern mir nur erlauben, Ihnen einen D r . Kleiber, der eine Anstellung an der Königsstädter Stadtschule erhalten wird, zu geneigter Berücksichtigung für etwaige Vakanzen auf Gymnasien, namentlich für den Religionsunterricht, zu empfehlen. Herr D r . Kleiber hat früherhin bei mir einen vollständigen Kursus gemacht, einen Preis gewonnen, als Theologe die besten Zeugnisse erhalten und ist schon seit fünf Jahren Lehrer an der Marienburger Stadtschule, wo er einige Programme geschrieben und sich stets ausgezeichnet hat. Er hat ein sehr gutes Oberlehrerexamen gemacht, und ich halte ihn unbedingt für einen unserer kenntnisreichsten und strebsamsten Kandidaten. In Marienburg wird es ihm nach gerade zu enge und ein weiterer Wirkungskreis für ihn wünschenswert, um ihn nicht zu einem falschen Selbstgefühl kommen zu lassen, das ihm gefährlich werden könnte. Mit großem Schmerz habe ich vernommen, daß Sie sehr unwohl sind. Möchte ich doch bald andere Nachricht haben! Sie mögen auch zuweilen an den Zeitgeburten von der Linken, wie von der Rechten her, wie wir alle, zu verdauen haben; aber es wird schon offenbar werden, daß unser seliger Freund Hegel weder zu den Schafen noch zu den Böcken gehörte, sondern wirklich die Mitte war und ist. Mit den herzlichsten Wünschen für Ihr Wohl in unveränderter Anhänglichkeit und Dankbarkeit Ihr innigst ergebener Karl Rosenkranz

234. An Rosalie Schönfließ Ziegelhof, den 19ten August 1842 Meine liebe bekanntest-unbekannte Freundin. Verzeihen Sie, wie gewöhnlich, den langen Aufschub meiner Antwort. Ihr letztes Briefchen empfing ich noch zur rechten Zeit, die von Ihnen gewünschte Änderung in der Druckerei zu bewirken. Ich habe die ganzen Ferien über an Hegels Biographie gearbeitet und bin im groben jetzt bis 1818. Nun heißt's, sich wieder zu den Vorlesungen heraus-

234. August 1842

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machen. - Ich habe regelmäßig die Nachmittage gefaulenzt, weite Gänge gemacht, auch wohl geschlafen, wie's kam, und befinde mich so weit vortrefflich. Wenn ich sehe, wie die Stubenhockerei so manches Talent verdummt, wie die Hypochondrie als spekulative Hypothese oder sonstige gelehrte Grille erscheint, so rufe ich mir immer zu: frische Luft, Gesundheit! An meiner armen Frau sehe ich täglich die Not vor Augen, durch Kränklichkeit physisch und moralisch gehemmt zu sein. Sie sind uns darin eine wunderbare Erscheinung, mit welcher Tapferkeit Sie aushalten und mit welcher Kraft Sie alle Verhältnisse, kleinste wie größte, persönlichste wie allgemeinste, hegen und pflegen; im Mittelalter hätte man Sie gewiß als Heilige ausgerufen. Ihre Gedichte, welche Sie mir mitgeteilt haben, sind größtenteils echt weibliche Gelegenheitsproduktionen und bewegen sich zum Teil in einem Verwandtschafts- und Freundschaftskreise. Es hat mich aber sehr gefreut, wie durch diese Sphäre hin Ihr Blick für das große Weltleben beständig offen bleibt, wie Antwerpen 1 , Kapodistrias, Ludwig von Bayern usw. hindurchbrechen. Ich danke Ihnen für diesen Einblick in Ihre liebenswürdige Seele und remittiere die Gedichte anliegend. Das Glaubensbekenntnis, das ebenfalls zurück erfolgt, dürfte so ziemlich das umfassen, was gegenwärtig die Religion der gebildeten, wahrhaft aufgeklärten Menschheit ausmacht. Der Punkt, der Sie so sehr darin beschäftigt, die Existenz der Materie, ist in der Tat der schwerste. Er ist der, in welchem die Realität aller Endlichkeit liegt. Raum und Zeit, Materie, sinnliche Bewegung usw. sind für den Geist an und für sich nichts; er kann von ihnen abstrahieren. Allein einerseits ist die Materie für Gott selbst das absolute Mittel, den Geist als endlichen zu schaffen; der Erscheinung, dem äußerlichen Werden nach, geht der Mensch aus der Natur hervor. Andererseits muß der Mensch, der Geist, sich als Zweck festhalten und so gegen seine Mutter, die Natur, gleichsam undankbar sein, um zum Vater zu gelangen. Unsere jungen Spekulanten sind so in die sinnliche Erscheinung verloren, daß sie in der Tat immer noch in der Vorstellung befangen sind, so viel sie auch vom reinen Denken schwatzen. Die Breite und Weite des Universums, die vielen und so großen Gestirne, das imponiert ihnen noch; das sollte ein Geist in sich als Nichts zusammenfassen? Das sollte ewig gesetzt und ewig zurückgenommen werden? Ein Wesen sollte existieren, dem ideell, alles gegenwärtig ist? Nein, sagen sie, der Geist existiert nur als der endliche, der aber sich als absoluten weiß, insofern er seiner Notwendigkeit im Denken und Handeln, seiner Freiheit von der Natur, bewußt wird. Fragt man nun: wie sie sich die der Natur inwohnende Vernunft erklären? so antworten sie: es sei dieselbe ihr immanent. Ganz schön, aber wie? 1

Franz. Truppen unter Marschall Gerard belagerten 1832 die von Holländern besetzte Antwerpener Zitadelle und zwangen diese nach vier Wochcn zur Aufgabe.

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235. August 1842

So ist es auch mit der Unsterblichkeit, die allerdings fordert, daß man über die Äußerlichkeit von Raum und Zeit sich erhoben habe. Vorgestern abend war ich mit meinen Kindern nach Conradshof gegangen, wo ein kleiner Luftballon aufsteigen sollte. Es wimmelte von Kindern, von Menschen aus allen Ständen und Altern; wie nun so Zuschauer sich an Zuschauer preßte und ich meine Kinder mit Not vor dem Erdrücktwerden schützte, hatte ich nur den einen Gedanken, wie man in solcher Menschenmaterie, in solcher Wohlfeilheit des Lebens, wohl an der Unsterblichkeit des einzelnen zweifeln könnte, je mehr einem die der zeugungslustigen Gattung entgegen tritt. Aber dann brauche ich mir nur vorzustellen, daß wirklich einer dieser Menschen sterben sollte, wie die ganze Menge sich aus ihrer Zerstreutheit, wenn auch nur momentan, sammeln und jeder, auch der ärgste Lump, in sich eine Macht über die Zeit spüren würde. Die Göschelschen Aphorismen 1 besitze ich nicht. Das Hoffbauersche Buch 2 , eine moderne ganz hübsch geschriebene Theologie der Natur, habe ich in der Stadt und kann es Michaelis Herrn Stud. Theodor Krüger zur Beförderung an Sie gegeben. Schicken Sie Ihren Neffen nur dreist zu mir. Die Evangelische Kirchenzeitung 3 hat aus meinen Skizzen gefolgert, daß ich philosophisch und sittlich auf die meiner Bildung anvertraute Jugend einen üblen Einfluß übte! Diese Frommen sind es, welche unsere freieren, jugendlichen Geister zum Atheismus und Naturalismus treiben, dieses Resultat ihres Obskurantismus dann aber jesuitisch den Philosophen zuschiebcn, die, wie die arme Eva, endlich an allem schuld sein sollen. Leben Sie wohl! Ihr ergebenster K. Rosenkranz

235. An Robert Prutz Ew. Wohlgeboren würden mich sehr verpflichten, wenn Sie mir baldmöglichst Nachricht wollten zukommen lassen, wie es eigentlich mit dem Literarischen Taschenbuch, das im Mai erscheinen sollte, steht, weil ich meine Sommcrvorlcsungen über, und das

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K. F. Göschel, Aphorismen über Nichtwissen und absolutes Wissen im Verhältnis zur christlichen Glaubenserkenntnis. Ein Beitrag zum Verständnis der Philosophie unserer Zeit. Berlin 1829. Rosenkranz schreibt: das .Hoffmannsche Buch'. In der Evang. Kirchenztg. vom 27. Juli 1842, Sp. 477 (unter der Rubrik .Nachrichten') wurde gesagt, daß Rosenkranz sich selbst u. die Anhänger des „Zeitgeistes" in den .Königsberger Skizzen* skizziere und dadurch der Jugend, „ein eben so wenig in philosophischer als in sittlicher Hinsicht zu billigendes Beispiel gegeben hat". Eine weitere Kurzkritik der Skizzen in der Evang. Kirchenztg. erfolgte in einer Sammelrez. unter dem Titel .Königsberger Zustände' (Von einem Süddeutschen) in Nr. 88 vom 2. Nov. 1842, Sp. 701f.

236. Oktober 1842

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ist jetzt so viel als gegen Schelling 1 , im Oktober drucken lassen will und deshalb gern auf jene Aufsätze über Hegel mich in der Einleitung beziehen möchte. Sie schrieben mir, daß Sie die Honorarzahlung selbst übernommen haben. Ich bemerke daher, daß Sie das mir zuständige Honorar entweder in Papiergeld direkt unfrankiert an mich oder in Wechsel an die Herrn Graefe & Unzer zahlen können. Wie geht es Ihnen denn eigentlich? Sie sind ganz still geworden? Haben Sie eine größere Arbeit vor? Sie sind doch nicht krank? Ihr ergebenster Kg. 30. Aug. 42 K. Rosenkranz

236. An Gottschalk Eduard Guhrauer Königsberg, d. 9. Oktober 1842 Hochgeehrtester Herr und Freund! Nichts, wahrlich, hätte mir angenehmer sein können, als Ihr mir durch Herrn D r . Kosch zugegangenes Geschenk. Ich erstaune über Ihren Fleiß. Ihr Buch trifft mich noch immer in der Situation, das Leben auch eines Philosophen schreiben zu wollen. Ach, wenn die Welt wüßte, wieviel schwerer das ist, als das Leben eines in äußerlichen Tatsachen sich ausbreitenden Charakters zu schildern! Sie besitzen ungemein viel Technik, eine Nettigkeit, eine Eleganz, die auch da, wo man zum Widerspruch geneigt ist, gewinnend für sich einnimmt. W i e schön haben Sie sich von den ersten an Schwulst und Verworrenheit laborierenden Aphorismen im Zodiakus aufgearbeitet! Frankreich, glaube ich, hat viel für Sie getan, und Sie haben das Ihrige getan, indem Sie diese anmutige Klarheit der Franzosen sich aneigneten und mit deutschem Ernst und deutscher Kritik vereinten. Erst will ich aber mein Herz ausschütten. Sie trafen mich vor zwei Jahren krank, vom Stubensitzen, Augenschmerzen fieberhaft erregt. Sie wünschten sich bei uns anzusiedeln. Das Ministerium war so indiskret, Ihr Werbegesuch der hiesigen Fakultät mitzuteilen: Als diese die Worte las: „ich selbst hätte Ihnen die und die Gründe an die Hand gegeben," legte man mir diese als eine Art Intrige aus. Ich mußte harte Worte hören. Ich leugnete das Faktum keineswegs, erklärte aber, daß diese Gründe so allgemeine seien, daß ich sie jedem, der sich um eine außerordentliche Professur bewerben würde, mitteilen müßte. Hierauf erklärte die Fakultät, daß durch mich alle Bedürfnisse der Philosophie

K. Rosenkranz, Schelling. Vorlesungen gehalten im Sommer 1842 an der Universität zu Königsberg. Danzig 1843.

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236. Okiober 1842

hierselbst hinreichend ausgefüllt seien, urteilte also anders als ich über die Philosophie - und fand auch nichts einzuwenden, als D r . Taute ein halb Jahr später zum Extraordinarius gemacht wurde. Sie haben sich vielleicht gewundert, weshalb ich Ihnen nicht geantwortet, allein ich war damals verstimmt und meiner Augen wegen schreibfaul. Aber ich habe oft an Sie gedacht. D r . Frauenstädt, der auch an die Habilitation bei uns dachte, mußte ich Ihr Schicksal andeuten, um ihm keine falsche Hoffnung zu machen. - In Ihrer Schrift über Lessing glaube ich, daß Sie den Nerv meiner Anerkennung Lessings mißverstanden haben; ich nenne ihn den großen Popularphilosophen. Sie haben dies nun mehr so genommen, daß ich ihm die Philosophie halb und halb abspräche; ich halte aber Lessing wirklich für einen Philosophen. - Dann habe ich recht an Sie gedacht, als ich meine Königsberger Skizzen, besonders das Kapitel Volksküche schrieb, weil wir uns viel über die Sozialisten unterhielten und Sie der Meinung waren, ich müßte für die Nation zu schreiben anfangen. E h b i e n , q u e ditesvous à p r é s e n t ? Endlich habe ich bei einem Druckfehler an Sie gedacht. Ich schrieb zur Übersetzung des indischen Prabodhachandrodaya einem Freunde ein Vorwort, sprach darin von Ihrem Bodin und fand dann der statt das H e p t a p l o m e r e s gedruckt. Jeder läuft endlich in den Hafen ein, der sein Schiff am besten bergen kann. Sie haben wirklich für die Literaturwissenschaft ein ausgezeichnetes Talent. Leibnizens Leben interessiert mich ungemein. Wir werden nun, wenn ich mit Hegel fertig bin, bis auf diesen alle unsere Philosophen abkonterfeit haben. Leibniz: Guhrauer 1 , Wolff: Wuttke, Kant: Schubert, Fichte: Fichte, Schelling: - - ich lasse als Surrogat einstweilen meine in diesem Sommer über ihn gehaltene Vorlesungen drucken. Herbart: Hartenstein, Hegel: Rosenkranz. '

Christian Wolffs eigene Lebensbeschreibung, hrsg. v. H. Wuuke, Leipzig 1841. - G. E. Guhrauer, G. W. Freiherr v. Leibnitz. 2 Th. Breslau [1842]. - G. Hartenstein, Über die neuesten Darstellungen der Herbart'schen Philosophie. Leipzig 1838. - Fr. W. Schubert, Imm. Kants Biographie, (=Kants sämmtliche Werke, hrsg. v. K. Rosenkranz und Fr. Wilh. Schubert, Bd. XI, Abt. II, Leipzig 1842. - Colerus, Johann, Das Leben des Bened. von Spinoza, aus denen Schriften dieses beruffenen Welt-Weisens und aus dem Zeugnisz vieler glaubwürdigen Personen, die ihn besonders gekannt haben, gezogen und beschrieben von Johann Colero. Ehemaligen Prediger der Evangelischen Gemeinde im Haag. Nunmehro aber aus dem F r a n t z ö s i s c h e n ins H o c h - T e u t s c h e ü b e r s e t z e t , und mit v e r s c h i e d e n e n Anmerckungen vermehret. Franckfurt und Leipzig, 1733 [Erstausgabe Utrecht 1698]. - J. G. Ludovici, Ausführlicher Entwurff einer vollständigen Historie der Leibnitzischen Philosophie. 2 Bde. Leipzig 1737. - Fichte's Leben und literarischer Briefwechsel, hrsg. von seinem Sohne I. H. Fichte. l.Th., die Lebensgeschichte enthaltend. Sulzbach 1830.

237. Oktober 1842

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Spinoza ist noch zurück. Der alte Colerus über ihn ist mir noch immer der Liebste. Aber mit Benutzung von Spinozas Briefen ließe sich wohl ein ganz anderes Leben desselben schreiben. Wäre das Königsberger Literaturblatt nicht soeben unbegreiflicherweise verboten, würde ich Ihr Buch darin anzeigen, N u n c a l i a s - in den Berliner Jahrbüchern aber schwerlich, denn die vertodten 1 alles, was man darin drucken läßt. Es liest sie schon niemand mehr. Braniß' weltgeschichtlicher Umlauf von 500 Seiten, bis auf die Kantsche Philosophie zu kommen, ist an sich ein recht gewandtes Buch; doch habe ich eigentlich gelesen nur den Abschnitt über Piaton, der wohl am meisten auf Selbststudium beruht, während er anderwärts oft, wie mir scheint, sehr von anderen abhängig ist, obwohl seine fließende Schreibart ihm stets den Habitus der Freiheit gibt. Grüßen Sie Braniß, D r . Sachs und Ihren ehemals juristischen Ästhetikus Kahlert. Mit aufrichtiger Hochachtung Ihr ergebenster K. Rosenkranz Ihre Habilitationsschrift, welche Sie dem Exemplar Ihres Buches beigelegt haben wollen, finde ich nicht. Haben Sie dieselbe wieder zurückgenommen? Oder war das Exemplar für D r . Kosch, mir zur Leihe bestimmt. Ich muß Ihnen doch noch von meinem Plan sagen, den Ihre deutschen Schriften Leibnizens bei mir geweckt haben, nämlich einmal die Geschichte der Terminologie der deutschen Philosophie von der ältesten Zeit, den Übersetzungen des Boëthius an, bis auf Kant hin zu untersuchen. Ist Ihnen, dem Vielkundigen, schon eine solche Untersuchung bekannt? Schreiben Sie mir doch darüber, wenn Sie etwas wissen. - Ob wir Deutsche fortgeschritten sind, fiel mir gestern abend ein. Hundert Jahre und nun halte man Ludovicis und Guhrauers Leibniz zusammen!

237. An Robert Prutz Hochgeehrtester Herr Doktor, verzeihen Sie, wenn meine letzten sorglichen Zeilen Sie belästigt haben. Einige Wochen nach deren Absendung habe ich Bücher und Honorar nebst Ihrem werten Brief richtig empfangen und danke ergebenst. Von dem Taschenbuch waren schon 3 Wochen zuvor, ehe die für mich bestimmten Exemplare ankamen, Exemplare hier. Das Buch wird hier stark gelesen, d. h. Ihr Aufsatz und der meinige. Die anderen Aufsätze finden weniger Anklang, was leicht begreiflich, da sie speziellere Themata haben. Bei meinem Aufsatz ist es natürlich auch nicht, was darin von mir, sondern was von Hegel herrührt, das ein so großes '

Der Verleger der Jahrbücher für wiss. Kritik hieß Todt.

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238. November 1842

Interesse erzeugt hat. Wie Sie hier akkreditiert sind, werden Sie aus erfreulichen Demonstrationen wissen. In Eil Kg. 27. Oktbr. 42

Ihr ergebenster K. Rosenkranz

238. An Rosalie Schönfiieß Königsberg, den 19. November 1842 Meine teure Rosalie. Sie sind mir nun schon eine so vertraute Freundin, daß ich Sie wie mit Augen zu sehen glaube und Ihnen rückhaltlos alle meine Empfindungen und Gedanken offenbare. Den D r . J. 1 wird die Gefahr, in der er geschwebt, vorsichtiger machen. Wie ich höre, will er ein Königsberger Taschenbuch herausgeben. Ich soll Ihnen lesenswürdige Journale vorschlagen? Ich weiß keine. Die Brockhausischen Blätter für liter. Unterhaltung, das Morgenblatt 2 , die deutschen Jahrbücher und die Augsburger Allgemeine Zeitung 3 halte ich für die interessantesten, lese aber auch das Morgenblatt schon seit Jahren nicht mehr, weil ich keine Zeit dazu habe und hätte ich sie auch, weil es denn doch Besseres zu tun gibt. Ich lese überhaupt zu wenig, weil ich zu viel zu tun habe und diese nach tausend Seiten hingerissene Erregtheit mir nicht die notwendige Ruhe der Passivität gönnt, die zum Lesen gehört. Ich lese eigentlich immer nur in dem Augenblick, in welchem ich etwas „gebrauche". Die Bedürftigkeit des Nichtwissens gibt mir das Buch in die Hand. Hätte ich nun freilich nicht die mir nötigen Bücher, so würde diese Methode nicht ausführbar sein. Ich teile Ihre Kämpfe, in unserer Zeit die Würde, die Heiterkeit des göttlichen Wesens des Menschen zu erhalten, vollkommen. Oft möchte man sich verzweifelnd auf das Faulbett ausstrecken, aber der Geist Gottes ermutigt uns wieder, nicht abzulassen, unseren Verirrungen, unseren Schwächen, unsern Vergangenheiten zum Trotz, aus ihm ewiges, neues Leben zu schöpfen.

' 2 3

Johann Jacoby wurde im April 1842 zu zweieinhalb Jahren Festungshaft verurteilt, später jedoch freigesprochen. - Ein .Königsberger Taschenbuch' gab sein Freund L. Walesrode heraus. Morgenblatl für gebildete Stände. Stuttgart - Tübingen 1807-1865. Allgemeine Zeitung. 1798 v. Cotta begründete Tageszeitung, Druckort erst Tübingen, dann Ulm, Stuttgart und Augsburg, 1807ff. Zur Geschichte der A A Z vgl. Ed Hcyck, ,Die AAZ. 1798-1898. Beiträge zur Geschichte der deutschen Presse'. München 1898. Koszyk, Kurt, Deutsche Presse im 19. Jahrh. Geschichte der deutschen Presse, Teil Π. Berlin 1966.

238. November 1842

287

Wegen der Evangelischen Kirchenzeitung 1 beunruhigen Sie sich nicht. Der boshafte Angriff auf die (Nro. 76, S. 606) „als eine sich mit H. u n t e r zeichnende D a m e " wird in das Nichts, aus dem er hervorgegangen, wieder zurückfallen. Das Verbot des Jungschen Literaturblatts 2 ist eine faktisch ganz unberechtigte Maßregel. Hätte man dem Armen doch auch nur den kleinsten Wink gegeben, aber nein, am 1. Oktober, morgens 8 Uhr, als schon die Fortsetzung, die neue Nummer, ausgegeben werden soll, trifft ihn die Vernichtung. Es ist einmal so in der Welt - oder: anderwärts kommt so was auch vor - oder: Manche sind unter Altenstein nicht besser behandelt - diese Redensarten, dieser Trost, ist er ein Trost? Nein, der Trost ist nur der Glaube an die Gerechtigkeit Gottes und an die Zukunft. Preußen wird immer schöner, größer, besser werden und immer herrlicher überwinden lernen. Die Geschichte eines Volkes geht langsam, weil dieselben Ideen erst in Tausenden, in Millionen als deren eigenstes Selbst existieren müssen, ehe die auch in der Form entsprechende Wirklichkeit möglich wird. Von meiner Psychologie 3 soll ich jetzt eine zweite Ausgabe veranstalten wobei ich recht an Sie denken - und Ihnen auch Ostern ein Exemplar überschicken werde. Da wir jetzt so viel schwache Männer auf dem Theater haben (Wemer, Oskar usw.), so würde ein starkes Weib uns recht wohl tun. Dies in Bezug auf Ihr Emanzipationsstück. Wir empfehlen uns Ihnen und Ihrem Herrn Schwagcr, dessen biederes Wesen meine Frau wie mich recht erwärmt hat, von Herzen. Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

3

H.=Schönfließ sprach Rosenkranz ihre „innigste Verehrung" aus. Gleichzeitig erschienen .Kritische Xenien Hegels aus der Jcnenscr Periode von 1803-6' von denen einige von der evang. Kirchenztg. als frauenfeindlich eingestuft wurden. - Hegels .Xcnicn' über die griech. Knabenliebe wurden in den Brockhausischen Blättern für liter. Unterhaltung, Jg. 1842, Nr. 147 vom 27. Mai angegriffen, Rosenkranz selbst ließ eine .Erklärung eines Hegel'schen Paradoxons' im Königsberger Literaturblatt Nr. 39, Sp. 306-306, vom 29. Juni 1842 folgen. Vgl. auch Fr. Nicolin, .Unbekannte Aphorismen Hegels aus der Jenaer Periode,' in: HegelStudien, Bd. 4, S. 9ff. Bonn 1967. Das Jungsche Literaturblau wurde am 28. Sept. 1842 verboten und am 1. April 1843 fortgeführt. Rosenkranz' „Psychologie" erlebte 1843 eine 2. Auflage.

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239. Dezember 1842

239. An Immanuel Hermann Fichte Königsberg, d. 21. Dzbr. 1842 Hochgeehrtester Herr Professor, Für Ihren Brief, den Sie mir kurz vor Ihrem Weggang aus dem - wie mir scheint - philosophisch nun ganz verwaisten Bonn schrieben, bin ich Ihnen noch die Antwort schuldig. Der Gedanke an Ihren Umzug, zahllose Amtsgeschäfte, Krankheit der Frau, die Masern bei den Kindern - haben mich kaum zu mir selbst kommen lassen und müssen meine Saumseligkeit bei Ihnen entschuldigen. Zuvörderst wünsche ich Ihnen zu Ihrem neuen Wirkungskreise herzlich Glück. Es ist interessant genug, Fichtes Sohn auf dem Katheder in Tübingen zu sehen. Was nun die Herausgabe der sämtlichen Werke Ihres hcrrlichen Vaters betrifft, so soll ich Ihnen sagen, wie ich es mit der Herausgabe Kants gehalten habe. Ich habe in dieser Sache alle E x t e r n a dem Professor Schubert überlassen, der mit Voß folgende Abmachung getroffen hat. Voß zahlte für jeden Druckbogen ohne Unterschied, mochte er nun Kants Schriften oder unsere Einleitungen, Biographie und Geschichte der Kantschen Philosophie betreffen, 5 Taler Honorar. Mit den früheren Verlegern war teils kci//ne Abmachung mehr nötig, weil sie nicht mehr existierten; teils war ihr Vcrlagsrccht, da Kant seit 1804 tot, gesetzmäßig erloschen. Um aber billig zu sein, bot Voß den jetzigen Inhabern des ehemals Hartknochschen und Nicoloviusschcn Verlags in Leipzig, den Herrn Modes und Baumann, 800 Taler Entschädigung an. Diese Billigkeit machte sie aber trotzig. Sie forderten 1500 Taler, welche Voß verweigerte. Hierauf verklagten sie ihn. Er gewann den Prozeß, da das Gesetz ihn zur Gesamtausgabe berechtigte. Nun veranstalteten Modes und Baumann selbst 1 eine solche und eröffneten dieselbe, ehe noch von der unseren der erste Band heraus war, mit einer Lieferung und mit einem aus unserem Prospekt so gut wie entlehnten Prospekt, was mich zu meiner damaligen „ R ü g e " 2 empörte, so ein verträglicher Mensch ich sonst bin. Sollte ich Ihnen sonst in dieser Sache mit Rat dienen können, bin ich gern dazu bereit. - Unser Minister v. Schön ist ein großer Ver//ehrer Fichtes und sagte mir noch vorigen Donnerstag abend, daß er von Fichte noch 10 Briefe besitze. Auch der Medizinalrat Prof. Sachs ist ein Anhänger Fichtcs und weiß viel kaustische Anekdoten von ihm zu erzählen. Er war sein Zuhörer in Berlin. -

' ^

I. Kant, Werke. Hrsg. v. Gustav Hartenstein. 10 Bde. Leipzig 1838. K. Rosenkranz, Rüge, in: Zeitung f. die elegante Well, 6. Jan. 1838, Int. Bl. Nr. 1. Gez.: Rosenkranz, Schubert, Voß.

240. Januar 1 8 4 2 - 2 4 1 . Februar 1842

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Übrigens kann ich Ihnen schwerlich etwas von Königsberg sagen, was Sie nicht durch die Zeitungen wüßten. Wie schwer ich es habe, mitten in so vielen Konflikten, bei meiner nach allen Seiten hin eingreifenden Stellung (nämlich auch [...] den hiesigen wissenschaftlichen Gesellschaften, den Kunstverein usf.), mit allen Extremen und besonders extremen Individuen fertig zu werden, können Sie leicht ermessen. Aber c o r d a s u r s u m ! Wahrheit ist die beste Klugheit. Hochachtungsvoll Ihr ergebenster Karl Rosenkranz Dem Professor der Philosophie Herrn Dr. Fichte frei Tübingen Württemberg

240. An Friedrich Wilhelm Schubert 22. Januar 1843 [Rosenkranz bittet Schubert um ein Werk über Polizeiwissenschaft, da er verlegen ist) wegen des Begriffs der Polizei und ihrer Stellung im System ...

241. An Konrad Philipp Marheineke Königsberg, d. 13. Februar 1843 ... Sie haben also eine Art Bund für den philosophischen Christus gestiftet 1 . Ich wünsche demselben fröhliches Gedeihen, bedaure jedoch, aus dem mir Mitgeteilten nur eine unklare Vorstellung von dem Journal entnehmen zu können ... Ein frisches Organ bringt oft auch frische Luft [?] zur Produktion. Ich würde daher auch ganz neue Formen der Ausstattung, Octav, deutsche Lettern etc. vorschlagen. Alle Steifheit, alles, was einen Sozietätspcdantismus, alles, was auch nur entfernt ein Bündlertum begründen könnte, würde ich vermeiden. Zwei trockene Zusammenkünfte die Woche scheinen mir nicht so

1843 wurde die Philosophische Gesellschaft gegründet. Zur Geschichte der Gesellschaft vgl. W. Kühne, a.a.O. und das Manuskript zu einem ungcdruckten Aufsatz Max. Runzes im Nachlaß der Philos. Gesellschaft, der sich im Archiv der Humboldt-Universität befindet.

242. Februar 1843

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gut zu sein, als eine einzige bei einem Glase Wein, bei der es gleichgültig bleibt, ob jemand etwas Lesenswertes vorzutragen hat oder nicht. Das Vorherankündigen des Themas und das Nachbeurteilcn über die Ausnahmefähigkeit des Gelesenen ist, meinem Gefühl nach, eine gene, welche die fröhliche Produktion hemmt. Es kommt darauf an, daß man den Baum der Hegeischen Philosophie auch fürder an seinen Früchten erkenne. Ob dieselben auf dem Gartenboden einer geschlossenen Gesellschaft oder in freier Waldluft aufwachsen, - nil interest. D. h., das ist so meine Meinung ...

242. An das Ministerium für geistl., Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten Hochgebietender Herr, hochzuverehrender Herr Geheimer Staatsminister, hätte ich nicht von früheren Jahren her eine Anzahl größerer positiven Leistungen im Rücken, so würde es mir allerdings sehr sauer ankommen, Ew. Exzellenz beifolgende Broschüre zum Beweise meiner Hochachtung zu übersenden. Es ist eine wunderbare Zeit. Mein eigentliches wissenschaftliches Herz hängt an dem systematischen Ausbau der Philosophie - aber der Drang des Tages, die unmittelbaren Anforderungen meiner Stellung reißen mich immer noch wieder in die kritisch-historische Bewegung hinein. So bin ich auch zur neuen // Behandlung Schellings geführt. Ich würde diese Betrachtung nicht in die Öffentlichkeit haben treten lassen, hoffte ich nicht, zwischen dem Tumult der parteisch Erhitzten als ein Vertreter der besonnenen Gerechtigkeit zu erscheinen. Sollte Schelling, wie er versprochen, das Publikum mit einer Gesamtausgabe seiner Werke beschenken, so darf ich hoffen, ihm dazu eine nicht unbrauchbare Vorarbeit geliefert zu haben. Freilich müßte ich wünschen, dieser Darstellung Schellings sobald als möglich Hegels Leben hinzufügen zu können. Hiezu habe ich aber wenig Aussicht, da ich nur in den Ferien solche Arbeiten vorzunehmen vermag un man denn doch nicht bloß zu lehren, zu prüfen, zu schriftsteller, sondern auch zu - lernen hat, will man einigermaßen mit dem Fortschritt der Wissenschaften in Übereinstimmung bleiben. Sollte ich einmal nach Berlin zum Besuch kommen, so würde es mir die größte Genugtuung gewähren, mit Ew. Exzellenz persönlich mich // unterhalten, um so vieles mündlich äußern zu können, was schriftlich eine unendliche Weitläufigkeit erfordert und doch zu einem nur zweifelhaften Verständnis führt. Ew. Exzellenz wollen verzeihen, wenn ich mit diesen Zeilen Ihnen von Ihrer kostbaren Zeit vielleicht schon zu viel raube. Ich wünsche aber, stets mit meiner obersten Behörde in einem Verhältnis des rückhaltlosesten Vertrauens zu stehen und ihr ganz so zu erscheinen, wie ich bin. Mit der Bitte, daß Ew. Exzellenz mir Ihr bisher bewiesenes Wohlwollen

243. März 1843

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auch fernerhin huldreich bewahren möge und mit der Versicherung vollkommenster Hochachtung verharre Ew. Exzellenz Königsberg gehorsamster d. 18t. Februar Karl Rosenkranz 1843 Professor

243. An Friedrich Ludwig Andreas Dorguth Königsberg, d. 12. März 1843 Hochgeehrtester Herr und Freund, Sie sind ein rechter Schalk und ein juristischer Praktikus, der einem Philosophen Daumenschrauben aufzusetzen versteht. Ich bin es eigentlich nicht würdig, daß Sie mir noch immer eine so große Teilnahme schenken, da ich Ihnen auf Ihre beiden letzten Sendungen vor einigen Jahren, übigens gegen meinen Vorsatz, die Antwort schuldig blieb. Vor einigen Stunden habe ich Ihr an mich gerichtetes Sendschreiben 1 empfangen, worin Sie wahrlich kein Blatt vor den Mund nehmen. Es trifft mich merkwürdigerweise, indem ich gerade mit der Revision meiner Psychologie zum Behuf einer neuen Ausgabe beschäftigt bin. Ich will mich bemühen, bei derselben, so viel mir möglich, das, was Sie die falsche Wurzel des Idealismus nennen, zu verteidigen, denn so rasch kann ich mich dem Naturalismus nicht ergeben. Es hat mich aber gewundert, daß Sie Feuerbachs Kritik 2 Ihres Idealrealismus in dem Sendschreiben an mich gar nicht erwähnen. Diese Kritik in den Halleschen Jahrbüchern ist doch ein Beweis, daß man nicht so ganz geschwiegen hat. Wie ich über Schopenhauer denke, würden Sie aus dem ersehen können, was ich in meiner Geschichte der Kantschen Philosophie ausführlich über ihn gesagt habe, gegen das Ende hin. Mit aufrichtiger Hochachtung Ihr ergebenster Freund u Landsmann K. Rosenkranz

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Friedrich Ludwig Andreas Dorgulh, Die f a l s c h e Wurzel des Idealrealismus. Ein Sendschreiben an Professor Rosenkranz. Magdeburg 1843. L. Feuerbach (Rez.), Zur Kritik des Empirismus. .Kritik des Idealismus u. Materialien zur Grundlage des apodiktischen Realrationalismus'. Von F. Dorguth. Magdeburg 1837, in: HallJbb. 1838, Nr. 73, Sp. 582-584; Nr. 74. Sp. 588-592; Nr. 75, Sp. 597-600.

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244

· April 1843 - 245. April 1843

244. An Schulz, 1. Apr. 1843 1

245. An Karl August Vamhagen v. Ense Königsberg, d. 8. April 1843 Hochgeehrtester Herr und Freund, mit dem Briefschreiben haben Sie aufgehört, was wahrscheinlich eine Folge Ihrer Badeaufenthalte gewesen und woraus ich auch, da ich fortwährend durch Brockhaus die Folge Ihrer Memoiren erhielt, für Ihre Gesinnung in betreff meiner keine üblen Schlüsse zog. Meine Bücher werden Ihnen, wie ich hoffe, in ähnlicher Weise durch die Verleger zugegangen sein und schmachtete ich eigentlich recht nach einem Lobbrief von Ihnen über meine Königsberger Skizzen, denn Sie gehören zu den wenigen, die über so komplizierte Dinge ein reifes und weltmännisch vielseitig gebildetes Urteil haben. Den Schelling habe ich Ihnen nicht zugeschickt. Nehmen Sie dies nicht übel. Weil das Buch ein rein philosophisches, so waren meine Freiexemplare vergeben, ehe ich's mich versah. Dagegen frage ich an, ob Sie meine Rede über die politische Partei 2 schon erhalten haben? Sie sammeln Handschriften. Ich kann mich eigentlich wundem, daß Sie dies erst jetzt anfangen, weil es bei Ihnen viel natürlicher, als bei andern ist. Ich schicke Ihnen hier beiliegend eine kleine Probe: Schön Der Mathematiker Jacobi Der Mediziner Sachs Der Philologe Lobeck. Ich besitze Briefe und Billette von sehr vielen berühmten Personen, die an mich gerichtet sind und die ich, weil ich den Wert solchcr Dinge nach leichtfertiger Jugend Art noch nicht recht schätze, zum Teil verbracht, verloren oder auch an Sammler verschenkt habe. So habe ich von Ihnen nach Wien hin dem Herrn Münch-Bellinghausen ( H a i m ) , nach Mölk hin an E n k . h i e r an Professor Simson kleine Billette von Ihnen für Handschriftensammlungen verschenkt, weil ich dachte, daß ich dadurch der Welt mehr nützte, als wenn ich sie in meinem Kasten behielte.

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Vgl. Anmerkung zu Brief 224, S. 269. K. Rosenkranz, Über den Begriff der politischen Partei. Rede zum 18. Jan. 1843, dem Krönungsfeste Preußens. Geh. in der königl. deutschen Gesellschaft. Königsberg 1843.

245. April 1843

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Von H a m a n n ist hier nichts mehr aufzutreiben. Seine einzige noch übrige Tochter, die Mutter des Astronomen Professor Rosenberger in Halle, lebt jetzt daselbst, und nur sie würde Ihnen von Hamann etwas geben können. Berufen Sie sich auf mich. Sie ist nämlich meine sehr verehrte altwürdige Freundin. Für Ihre Denkwürdigkeiten danke ich im voraus, d. h. ehe ich sie noch gelesen, und werde Jung zu einer Anzeige derselben in seinem Journal veranlassen. Schade, daß, nach Ihrer brieflichen Andeutung, Sie noch manches haben unterdrücken müssen. Während meines Arbeitens denke ich oft an Sie, weil Ihre Beruhigung, Ihre Abrundung mir so sehr fehlen und, gegen die besten Vorsätze, immer der Rand überläuft. Ich bin zum mündlichen Improvisieren geschaffen. Die Vorlesungen über Schelling sind vorher nicht aufgeschrieben, nur meditiert gewesen. Sie sind aus einer Nachschrift ν e r b o t e n u s und ich finde nun selber den Stil darin besser, als in meinen sonstigen Druckschriften. Es ist eine tolle Zeit. A v e c W a l e s r o d e j e s u i s à p r é s e n t a u x ρ r i s e s . Er hat in einer seiner Vorlesungen 1 m ich wegen meiner Politik hart angegriffen, und darüber ist nun die ganze Stadt in Aufruhr. Doch werden wir uns nicht duellieren. Ich habe diesen Winter nichts eigentlich als Metaphysik und namentlich Politik getrieben. Wenn ich einmal nach Paris könnte, wenn ich Muße gewänne, ordentlich zu studieren und zu produzieren, und die Not mit meiner armen kranken Frau nicht so heillos wäre, die ich jetzt nach D r i b u r g ins Bad schicken soll, so würde ich in der systematischen Politik etwas leisten könen. In der praktischen j a m a i s . Ich bin gar keine praktische Natur und habe alle Versuchungen dazu abzuweisen. Mit alter Hochachtung Ihr ergebenster K. Rosenkranz

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Walesrode, Ludwig (eig. Ludwig Isaak Cohn) (1810-1889), Königsberger Schriftsteller, W . hatte am 29. März eine Vorlesung mit dem Titel ,Dcs Freihcrm v. Münchhausen allemeueste Abentheuer' gehalten (abgedr. in: L. Walesrode, .Untcrthänige Reden. 4 Vorlesungen, öffentlich gehalten zu Königsberg im Winter 1843'. Zürich u. Winterthur 1843). Rosenkranz tritt hier, als Prof. aus Salamanca, als Helfeshclfcr des Polizeiagenten Münchhausen auf. Zwei Artikel in der Königsberger Hartungschcn Ztg. nahmen daraufhin für Rosenkranz Stellung: .Einige Bemerkungen über die neuesten Collegia eines quasi-liberalen Buffo' (Nr. 80, vom 4. April 1843) u. ,Das war keine Heldentat, Octavio' (Nr. 87, vom 12. April 1843). Walesrode gab in derselben Ztg. am 7. April 1843 (Nr. 83) eine .Erklärung' ab, in der er die Verbindung Münchhausen-Rosenkranz als reine dichterische Fiktion bezeichnete.

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246. April 1843

246. An Rosalie Schönfließ Königsberg, den 13. April 1843 Meine liebe, gute Rosalie! Ach, es ist abscheulich, daß ich so lange nicht an Sie, meine edle Dulderin und mich so liebevoll hegende Freundin, geschrieben habe. Daß ich fast täglich an Sie denke, häufig mit meiner Frau von Ihnen rede, kann ich aufrichtig versichern. Aber der Geist ist willig und das Fleisch ist schwach, und je älter ich werde, um so weniger Zeit scheine ich zu haben, so daß ich oft ganz ingrimmig werde und mich nach einer völlig geschichtlosen Abgeschiedenheit auf dem Lande sehne. Die Gewohnheit tut zwar viel, allein oft komme ich mir wie ein Turm vor, auf welchen Mauerbrecher von allen Seiten losrücken und der nun standhalten muß. Wenn ich in meiner Stube mich an ein Buch setzen will zu lesen, fällt mir ein, von welcher Straße her wohl schon wieder jemand auf mein Haus loswandert und bald höflichst in meine Stube mit den Worten tritt: „Ich störe doch nicht, Herr Professor?" Durch die Landtage bin ich seit 6 Wochen förmlich absorbiert. Ich bin bei dem Minister v. Schön, dem Oberpräsidenten Bötticher, dem kommandierenden General und in vielen Privatgesellschaften mit den meisten Abgeordneten, mindestens den wichtigem, v. Auerswald, v. Peguilhcn, v. Hennig, v. Sauken, Sabarth usw. persönlich in Berührung gekommen und gestern auch auf dem Ständefest in der deutschen Ressource gewesen. Nach meiner Ansicht, welche sich auf sehr genauer Kenntnis der Verhandlungen begründet, hat unser Landtag sich mit vieler Klugheit, aber auch tüchtig und ehrenwert im Sinn eines möglichen Fortschritts benommen. Ich habe diese Ansicht, denn der revolutionäre Ton würde unsem König nur immer mehr erbittern und die Spannung zwischen ihm und uns bis zum Unheilbaren vergrößern. Die Radikalen wünschen dies. Eine Revolution würde sie entzücken. Wenn man aber ohne eine solche weiter kommen kann, so halte ich es mit der Bewegung in der Ruhe. Das „stille Reich", um mit Ihnen zu reden, ist die Zuflucht aus den Zersplitterungen der Geschichte heraus. Mit der Revision der Psychologie bin ich fertig, habe aber noch die Vorrede zu schreiben. Ich bin entsetzlich abgemüdet und habe seit einer Woche etwas zu lesen angefangen: Horace und l a d e r n i è r e Aldini 1 , beide von der George Sand. Meine größte Sehnsucht geht auf systematische Arbeiten. Allein erst muß Hegels Leben fertig. Seit vorigem August ist nicht ein Schlag daran geschehen und werde ich vor Mitte Juli nicht wieder daran kommen, so daß, gegen mein '

George Sand, La Dernière Aldini. In: Œuvre de G. S. 'Γ. XIX. Paris 1838. - Horace. Paris 1842.

247. April 1843

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Erwarten, die Sache sich noch bis Ostern 1844 hinziehen wird. Die Arbeit ist zu wichtig, als daß ich sie übereilen könnte. Nun, meine innigst verehrte, liebe, gute Rosalie, muß ich schließen, weil ich die Culmer Schulakten noch heute expedieren muß. Grüßen Sie Ihren Herrn Schwager bestens von mir und bleiben Sie gewogen Ihrem schreibfaulen Karl Rz.

247. An Konrad Philipp Marheineke Königsberg, d. 21. April 1843 Hochverehrtester Freund! Mit dem größten Erstaunen habe ich einen Brief 1 des Professors Michelet gelesen, worin derselbe erklärt, daß er von mir des Atheismus angeklagt sei und es leugnet, daß er und die linke Seite Atheisten seien. Was den ersten Punkt betrifft, so finde ich in meinem Sendschreiben an Leroux auf das er sich bezieht, nur S. 60 eine Erwähnung Michelets. Ich mußte ihn erwähnen, weil Leroux aus den Relationen geschöpft hat, welche D r . Groos aus dem Buch Michelets über Gott und Unsterblichkeit 2 gemacht hat. Sonst würd' ich ihn aus dem Spiel gelassen haben. Sodann erwähne ich der Polemik Cieskowskys3(sie!) gegen ihn und seinen Atheismus, was also historisch ist. Daß ich eine Anklage in jenem elenden Sinne, wie es oft genug vorgekommen, gegen Michelet hätte machen wollen - ich schaudere und sehe mich vergeblich nach dem F a k t u m um. Daß aber die linke Seite, deren Zentrum Michelet sein will, sich zum Atheismus bekennt, ist, denke ich, hinlänglich konstatiertes F a k t u m . Atheist nennt sich Feuerbach, Bruno Bauer (die gute Sache), Ruge, Hr. Stirner, Oswald4, Edgar Bauer usf. und zwar offen und mit Stolz. Michelet leugnet die Persönlichkeit Gottes. Gott ist für ihn nicht an und für sich Subjekt, das denke ich, ist Atheismus. Wenn Sie auf der Kanzel zu Gott beten: Vater unser - so reden Sie, nach diesen Herren, nicht den absoluten sich wissenden Geist an. Meine Meinung ist das nicht. Ich verstehe unter Gott den Geist, der schon, ehe noch ein Mensch

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Briefentwürfe Michelets an Rosenkranz befinden sich z.Zt. in der Bibliotcka Jagiellonska, Krakau. - Über den Streit um den Begriff der Persönlichkeit Gottes bei Rosenkranz und Michelet vgl. Falk Wagner, ,Zur Pseudoproduktivität von Mißverständnissen in der HegelSchule: der Gedanke der Persönlichkeit bei K. Rosenkranz und K. L. Michelet', in: Neue Ztschr. f. systematische Theol. u. Religionsphilos. 12 (1970), S. 313-37. K. L. Michelet, Vorlesungen über die Persönlichkeit Gottes und Unsterblichkeit der Seele oder die ewige Persönlichkeit des Geistes. Berlin 1841. A. v. Cieszkowski, Gott und die Palingenesie. 1. kritischer Thcil. Berlin 1842. Pseudonym von Friedrich Engels

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ihn ahnte, als nur erst Mammute in riesigen Farnkräutern umhertrampelten, absolutes Wissen seiner selbst war, weil er es ewig ist. Verachtet mich darum in Gottes Namen! Scheltet mich einen Theisten, Neoschellingianer! Immerhin, ich ringe mit dem Mystizismus, wie wohl alle meine Schriften beweisen; ich scheue ihn nicht; aber eben deshalb würde ich gern zum Atheismus mich bekennen, wenn ich durch ihn weiter, als zu einer oberflächlichen, bequemeren, bei der Erscheinung slehenbleibenden Weltansicht gelangte und gar keine Rätsel mehr übrig hätte. Ich bedaure, der philosophischen Gesellschaft unter diesen Umständen nicht angehören zu können, denn eine Gesellschaft, welche ein solches Schreiben, wie das von Michelet, [...] mir zugestellt und beantwortet wünscht, kann mich nur verachten, ein [...] aber kann nicht Genösse sein. Antwort werde ich dem Herrn Professor Dr. Michelet nicht schuldig bleiben. Sie soll in einer Broschüre, auch mit Beziehung auf sein Buch, erfolgen. Ich bin in der Schule hier jetzt das milde Öl auf den Wellen gewesen, habe immer zu pazifizieren gesucht. Man zwingt mich, diese Stellung zu verlassen. Sie, liebster Marheineke, wissen, wie wenig dergleichen meiner Gesinnung anhat, die ich für die Profanie hege. (Was Michelet in seinem Buch aus Ihrer Dogmatik exzerpiert hat, unterschreibe ich übrigens vollkommen. Ebenso Ihre gehaltene Polemik gegen Schellingwelche hier vielen Beifall hat.) Ich stehe hier in einer sehr schwierigen Lage ganz allein, von extremen Parteien umringt, Ihr seid Eurer viele, und nun nötigt Ihr mich zu einer noch größeren Isolierung. Meine Hochachtung für Sie, meine Liebe zu Ihnen, nie werden sie sich verändern, - können Sie auch ferner nicht mein philosophischer Präsident sein. Ihr getreuer Karl Rosenkranz

248. An Rosalie Schönfließ Königsberg, am Büß- und Beltag, [10. Mai] 1843 Hochverehrteste Freundin, Sie wissen sich recht listig in mein Herz zu stehlen. Auch eine Rosalie Schönfließ versteht sich auf j e n e allerliebsten Manieren, die uns Männern so Wohlgefallen. Da steht nun der Fidibusbecher neben meinem Tintenfaß und seitab liegt der mahnungsvolle Briefhalter. Und die Pfeifenquasten sehen so rosa aus, wie ein Röschen, und sind so samten anzufühlen wie eine weiche Frauenhand. Sie haben ein solchcs Herz voll Liebe, daß ich mir ganz arm dagegen vorkomme. Aber wir Männer sind auch schlimm

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Als Buch erschienen u. d. T. ,Zur Kritik der Schcllingschen Offenbarungsphilosophie. Schluß der öffentl. Vorlesungen über die Bedeutung der Hegelschen Philosophie in der Theologie." Berlin 1843.

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daran, weil wir mit gar zu vielen Menschen verkehren müssen und zur Einkehr in uns kaum Zeit behalten. Von der George Sand send' ich Ihnen das Gewünschte und noch einiges aufs Geratewohl. Daß Sie Schleiermacher wünschen, sah ich auch aus dem Lesen des Briefes erst, als Ihr Neffe schon fort war. Ich werde dafür sorgen. Ich besitze mehre Bände seiner Predigten. Es ist merkwürdig, wie platt unsere Zeit ist. Nachdenken, Kombinieren, Studieren ist - mit Ausnahme der Naturwissenschaften und der Technik - eine Seltenheit geworden. Die Forderung geht daher auch nur darauf, sich einer Partei zu enrollieren, damit unsere Auffassung keine M ü h e mache. Die Kühnheit, auf eigenen Füßen zu stehen, wird nicht verziehen, so viel man von Mannesmut sagt. Man will Autoritäten nur verbrauchen ( u s e r ) , wie die Ultras der Liberalen in öder Gemütlosigkeit Herrn v. Schön jetzt als „abgedankt" fallen lassen und behaupten, sie hätten ihn berühmt gemacht. Miserabel! Wenn man nicht mit Fraktur von sich drucken läßt, daß man Atheist und Republikaner sei, so ist man jetzt ein Lump, ein Feigling. Noch einmal, miserabel! Ich erfahre aus Ihrem Brief, daß man auch in religiöser Beziehung mich klarer, entschiedener wünscht. Mein Gott, wissen die Herren nicht, daß ich 1831 eine Enzyklopädie aller theologischen Wissenschaften und 1830 eine damals viel gelesene Schrift, der Zweifel am Glauben, geschrieben habe, worin des Weitläufigen zu lesen ist, was ich glaube? J. geht weg. Herr G. darf es nicht und verscherzt sich durch seine ganz nutzlose, rein verschwendete Keckheit vielleicht die Zukunft. Ich begreife nicht, was mit diesem Prickeln, Schimpfen, Witzeln, Verdächtigen, Mäckeln für den Fortschritt der Freiheit zu erzielen hofft. Ich weiß nicht, der Übermut scheint mir oft sehr kurzsichtig und leichtsinnig. - An den andern Landtagen hat man nun einen Maßstab für den unsrigen. Herrn von Fahrenheid, einen der edlsten Menschen, kenne ich sehr wohl, und der Sohn hat sich mir als Zuhörer genähert. Sein Freund Twardowsky hört diesen Winter Politik bei mir. Die Kritiken für Herrn D r . Jung bitte ich nur gelegentlich zu senden. Sie werden willkommen sein. Daß ich aus meinen vier Pfählen könnte, ist leider ganz unmöglich, so sehr ich mich nach einer solchen Reiseerquickung sehne. Zschokke ist ein naher Verwandter und Landsmann von mir. Sein Sohn Emil wohnte bei meinem Vater in Magdeburg eine Zeitlang. Mein Schwager, D r . Genthe, in Eisleben ist sein Neffe etc. Aber ich habe die Selbstschau 1 noch nicht gelesen und wundere mich überhaupt, wovon ich eigentlich noch Vorstellungen und Gedanken im Kopf habe, da ich im wahrsten Sinn des Worts jetzt nur für andere existiere, von den '

H. Zschokke, Eine Selbstschau. 2 Tie. Aarau 1842.

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höchsten und weitesten Sphären an bis zu den engsten und niedrigsten, bis zu meinem Gesinde herab. Ein anderer würde sich in einer solcher Mannigfaltigkeit der „Bezüge" vielleicht nicht ohne Wohlgefallen, ohne Eitelkeit erblicken. Ich erbange aber immer darüber, weil die Zerstreuung zur Flachheit führt und leicht eine Unzahl Scheinverhältnisse erzeugt, die im Nu zu Un- und Mißverhältnissen werden können. Unser literarischer Zustand ist im Augenblick durch den Zensurdruck gräßlich. Überhaupt: Es werden zwar keine Ketzer verbrannt, keine Staatsgefangene hingerichtet -, aber es ist ein geistig moralischer Druck, ein malkontentes Wesen vorhanden, das man sich umsonst ableugnen möchte. Aber - der alte Gott lebt noch!

249. An Robert Prutz Königsberg, d. 23. Mai 1843 Hochgeehrtester Herr Doktor, nachsinnend, wie ich Ihrer gütigen Aufforderung zur Teilnahme an dem zweiten Band des Taschenbuchs (das ich schon gar aufgegeben fürchtete) entsprechen könne, wüßte ich aus Hegels Leben nur einen Punkt, den wichtigsten, den es enthält, nämlich: Hegels ursprüngliches System 1 , der zu einer solchen isolierten Mitteilung sich eignete und auch wegen des Kampfes der Hegeischen Schule mit Schelling gerade von allgemeinstem Interesse wäre. Ich habe denselben aber erst im Brouillon gearbeitet und müßte ihn notwendig abschreiben, wozu ich, da die nächsten 14 Tage schon mit Arbeit aller Art überhäuft sind, erst Mitte Juni kommen könnte. Doch wollte ich als bestimmt annehmen, daß der Aufsatz in der ersten Woche des Juli in Wigands Händen - (denn an diesen schicke ich ihn wohl Ihres Umzugs halber am besten) - sein sollte. Er würde hoffentlich nicht mehr als 5 Bogen höchstens einnehmen. Er macht ein in sich abgerundetes kompaktes Ganze aus und läuft in dieser Abteilung meines Brouillons p. 33-80 engcschriebene Seiten, wornach Sie ungefähr abschätzen können. Vorigen Sommer habe ich fleißig an der Biographie gearbeitet, aber von da ab noch keinen Schlag wieder daran getan, weil die Arbeit mit Schelling und die unvermeidliche Beschäftigung mit der Politik mir alle Zeit und Kraft nahm. Nun will ich Ende Juli bis Ende August in den Sommerferien mich wieder daran- machen, wenigstens im Brouillon bis zu Ende zu kommen und so ist 1

K. Rosenkranz, Hegel's ursprüngliches System. 1798-1806. Aus Hegel's Nachlaß. In: Literarhist. Taschenbuch. Jg. 2, S. 153-242, Hannover 1844.

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noch immer nicht abzusehen, wenn ich mit diesem mühsamen Werke Zustandekommen werde. Auf Ihre Geschichte des D. Journalismus 1 bin ich sehr gespannt. Als ich die Geschichte der Kantschen Philosophie schrieb, habe ich einen Vorgeschmack bekommen, welche Schätze der geheimsten Geschichten des deutschen Geistes eigentlich darin liegen. Beurmann 2 fing einmal mit Göttingen an, es erschienen aber nur zwei Hefte. - Ihre neuen Gedichte haben Ihnen hier Ihre alten Freunde erneuet und neue hinzuerworben. - Der Ostrakismus der deutschen Fürsten und Regierungen scheint mir doch zuletzt immer von einer hierarchischen Propaganda geleitet, der ich einen unermeßlichen Einfluß, die umfassendste Berechnung, die reichlichsten Geldmittel und kühnsten wie teuflischsten Organe zutraue. Es ist kurios, wenn man älter wird, sich doch noch zu wundern, Dinge zu erleben, die man, in andern Formen und Zeiten als Geschichte schon auf dem Gymnasium gelernt hat. Möchte Ihre Frau die Krisis, die ihr bevorsteht, erst glücklich hinter sich haben! Finden Sie Ruge noch in Dresden? Als Bedingung setze ich dieselbe, wie das vorige Mal, 60 Taler Kourant, aber nur 3 Freiexemplare. Da ich ewig den Buchhändlern verknechtet bin (ich bin, da Honorareinnahmen fast = 0 hier sind, lediglich auf mein Gehalt gewiesen und habe eine stets kranke Frau, die ich jetzt nach Driburg schicken soll), weil ich mir die Luxuriosität in den literarischen Bedürfnissen nicht abgewöhnen kann, so erlaube ich mir noch die Frage, ob Wigand, falls Sie meinen Aufsatz annehmen, dies betreffende Honorar wohl im Lauf des Okiobers dieses Jahrs für mich an Graefe & Unzer zahlen könnte, was mich auch von einer Sorge quitt machen würde. Ich ersuche Sie, mir, unfrankiert, auf die Frage, ob jener Aufsatz in der angegebenen Frist Ihnen willkommen sein würde, baldigst Auskunft geben zu wollen, damit ich meinen Geschäften mich dazu einrichten kann und bleibe mit aufrichtiger Hochachtung Ihr ergebenster K. Rosenkranz Den Plan einer Geschichte der Terminologie der deutschen Philosophie habe ich keineswegs aufgegeben. Aber der Teufel weiß, woher die Zeit nehmen! Der bücher-stöberische Guhrauer hat mir hübsche Materialien dazu nachgewiesen.

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R. Prutz, Geschichte des deutschçn Journalismus. Zum ersten Male vollständig aus den Quellen gearbeitet. 1. Th. [einziger] Hannover 1845. Der Schriftsteller Eduard Beurmann, Mithrsg. des .Telegraphen', verfaßte die Schrift .Deutschland und die Deutschen'. 4 Bde. Altona 1838-1840. -

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300 Herrn Doktor R .Prut Wohlgeboren frei Jena

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250. An Rosalie Schönfließ Königsberg, den 7ten Juni 1843 Hochverehrtestes Fräulein! Mit wahrer Ehrfurcht vor Ihrem heroischen Leidenskampf und Siegermute schreibe ich an Sie. Ich habe am ersten Pfingsttag nachmittag in unserem Garten Ihre Biographie gelesen, welche sehr dazu gedient hat, mir Ihre Seele noch klarer zu machen, als sie es schon war. Was haben Sie geduldet, was dulden Sie noch! zu welcher Uneigcnnützigkeit der Liebe, zu welcher Entsagungsreinheit hat der Schmerz, der Geist, die Religion Sie geläutert. Was sind für Abgründe doch im Leben! Die Erzählung von Ihrem kritischen Todeskampf, wie Sie mit Gott sich allein in der Welt fühlen, dann auch dies Bewußtsein unterging, hat mich tief erschüttert. Dies Gefühl habe ich auch gehabt, als ein heftiger, von mir im Entstehen übersehener Cholcraanfall Januar 1832 mich fast vernichtete. - Ich hatte mein Gedächtnis als Namengedächtnis auf Wochen hinterher eingebüßt. Aber wie oft habe ich dies Gefühl gehabt und habe es noch, wenn ich nachts öfter in meinem Zimmer erwache, oder auch spät nachts, wenn die Erde so ruhig und alles M e n s c h e n l e b e n scheinbar verschwunden ist, mich hinlege und das Licht auslösche und im Finstern, in der Einsamkeit mit Gott sozusagen, mich unterhalte - und nun alles so stumm, so antwortlos, so ungastlich ist und das Gespenst des Atheismus den nach Gott ringenden, seinen Namen seufzenden Menschen angrinst. Aber wir sollen Gott „im Geist und in der Wahrheit" anbeten. Sehen, hören werden wir ihn, den Allgegenwärtigen, nie, durch alle Ewigkeiten, durch alle Universen nicht. Und dieser nach sinnlicher Offenbarheit lechzende schwache Mensch scheint mir eben der zu sein, der jetzt in unseren jungen Atheisten rumort, welche trunken von der Welt, deren Erfahrung sie erst machen, gar keines Gottes bedürfen. Ach, sie kennen noch nicht die Not, die Schuld, das Schicksal, die Qual des Alleinseins mitten im Menschengewühl! Nach dem Vertrauen, was Sie mir bewiesen, hätte ich eigentlich das größte Bedürfnis, durch eine Skizze meines Lebens es Ihnen tatsächlich zu erwidern. Aber mein Leben ist so in die Breite ausgegossen. Es sind so viel Orte, Menschen, Handlungen darin verwickelt, daß schriftliche Andeutungen dazu nicht ausreichen, wenn sie nicht mündlich erläutert werden. Mein Leben erzähle ich Ihnen einmal, wenn ich Sie nach Rückkehr meiner Frau, die jetzt schon fort ist, zu besuchen das Glück haben sollte.

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Ach, meine gute Rosalie! Weil Sie ein so liebevolles Wesen sind, werfen Sie diesen Rosenschimmer auch auf andere. Aber von mir wenigstens haben Sie eine viel zu hohe Vorstellung. Da mir aber Wahrheit über alles geht, so scheue ich mich gar nicht, selbst diesen Quasinimbus, in dem Sie mich erblicken, zu zerstören. Sie haben mit Schwächen, mit Körperleiden, eine Zeitlang mit Dürftigkeit, dann mit Verkennung zu kämpfen gehabt. Aber Sie sind von allen höllischen Leidenschaften frei geblieben. In mir dagegen sind nicht bloß überirdische - nein auch wahrhaft unterirdische Gewalten. Nur die gräßlichsten Enttäuschungen, die zerreißendsten Seelenleiden, nur die Macht der Wissenschaft, die Kraft der Arbeit, haben mich vor den Folgen des verirrungvollsten Leichtsinns gerettet. Ich bin so glücklich gewesen, oft auf der Schwelle der Abscheulichkeit stehen zu bleiben, aber die Versuchungen sind mir durch Mark und Bein gegangen. Die Flucht ist meine größte Stärke geworden. Ich erkenne daher in meinem Leben eine Gnade Gottes, wie ich sie nicht verdiene. Ach, verehrte Dulderin, wie wunderlich mögen Ihnen diese Konfessionen lauten! Aber Sie glauben nicht, wie ich nur durch die größte Strenge gegen mich (die natürlich oft genug nachläßt) verhüte, daß nicht die friedlosen Dämonen sich aus mir zerstörend entfesseln. Man braucht keine groben Verbrechen zu begehen; man kann nach dem Urteil der Welt ein sehr guter Mensch sein, und man kann doch mit sich Kämpfe auf Leben und Tod zu bestehen haben. Allerdings bin ich jetzt ruhiger, gleichmäßiger, weil ich die Torheiten, die Liebe, den Ruhm, alle Verhältnisse der Menschen bis in die dunkelsten Lose hinein, alle Zustände der Seele, alle Wunder der Kunst im allgemeinen kennengelernt habe. Ich bin von dem, was man Illusion nennt, frei geworden. Ich habe die Vorstellung meiner Zukunft abgeschlossen. Ich will mich gänzlich der systematischen Philosophie widmen und hoffe, bis nächste Ostern endlich mit der Hegeischen Biographie meine kritisch-historische Bildungsepoche zu absolvieren. Von der Welt sehne ich mich immer mehr zu einer stillen Zurückgezogenheit. Wenn ich vergangenen Winter einmal wieder in den großen Zirkeln auftauchte, so tat ich es nur, wie ich Ihnen schrieb, um die Philosophie nicht ganz unrepräsentiert zu lassen, denn die Welt ist schwach in Ihren Urteilen, und gegen sie muß man das Gute auch oft äußerlich schützen. Es ist eine gewitterschwangere Zeit. In Staat und Kirche ahne ich die größten Veränderungen. Es kann aber lange dauern und wir können schon längst unter dem Rasen ruhn, bevor recht klar wird, worauf die Völker jetzt hinsteuern. Es hat mich verwundert, mit welchem scharfen Auge Sie, die Sie immer ans Zimmer gefesselt sind, den Weltgang verfolgen und wie Sie in einem Ihrer Briefe auch des Kommunismus erwähnten. Der jetzige ist noch exzentrisch, aber man müßte blind sein, nicht zu sehen, daß er die Keime einer Sozialreform enthält, die alles, was seit der Reformation ähnliches dagewesen, riesengroß

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übertreffen muß. Sein Sie meinetwegen nicht ängstlich. Es sind in mir Vorräte von Stoff, von Kraft, daß ich, so oft ich auch momentan abgespannt bin, auch öfter leidend aussehe, doch eine Stunde drauf nicht bloß andere, sondern mich selbst mit meiner Produktivität überrasche. Ich reproduziere mich immer schnell und habe daher auch noch im Aussehen, im Erscheinen sogar, trotz daß die Vierzig nahe sind, eine e s p è c e von Jünglinghaftigkeit. Mit herzlichen Grüßen an die werten Ihrigen in aufrichtiger Verehrung Ihr treuer Rosenkranz

251. An Karl August Varnhagen v. Ense Königsberg d. 9t. Juni 1843 Hochgeehrtester Herr und Freund, ich habe erst wieder schreiben wollen, wenn ich Ihnen abermals eine Suite von Handschriften schicken könnte. Ich muß aber dazu meine Papiere durchkramen, wozu jetzt keine Zeit ist. Da ich nun vermute, daß Sie bald ins Bad gehen, so beeile ich mich, Ihnen wenigstens zu sagen, daß ich Ihr Interesse nicht vergessen habe. D r . Jacoby wird mir auch für Sie eine Handschriftenprobe geben. Aber ich habe auch das Bedürfnis, Ihnen für Ihre unausgesetzte Güte gegen mich herzlich zu danken. Ach, welch' ein Gewinn wär' es für mich, mit Ihnen in kritischen Momenten meiner Bildung mich mündlich beraten zu können! Sie glauben nicht, wie viel Fehler ich mache, und nur eine unverwüstliche Naivität meiner Natur oder wie ich es sonst nennen soll, hilft mir über die Lähmung fort, die unausbleiblich aller Entdeckung von Fehlern bei uns folgt. Die Zuversicht, daß ich, die Hand aufs Herz, wirklich die Wissenschaft und das Wohl der Menschheit fördern will, erhebt mich wieder über meine eigenen Elendigkeiten. Das Schwierigste in unserer Zeit für einen öffentlich lebenden Menschen, wie ich es bin, für einen Menschen, der das Unglück einer schnellen Rede, eines faktisch scharfen Urteils und zugleich eines wcichcn Herzens hat, das keinem einzelnen direkt wehzutun mag, das Schwierigste für einen solchen Menschen scheint mir jetzt immer die Gefahr der Zweideutigkeit zu scin.Wenn ich mir abends oft überdenke, nach wie vielen Seiten hin ich über dasselbe Thema, dieselbe Person mit sehr verschiedenen Menschen gesprochen habe, so muß ich mir oft gestehen, daß ein Nebeneinander dieser Äußerungen kurios genug aussehen dürfte. Und doch, des ist der Teufel, bin ich dabei gar nicht unwahr gewesen, sondern habe nur nach dem individuellen Horizont meines ν i s - à V i s mein Urteil modifiziert.

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Ihre Denkwürdigkeiten reizen mich an, sorgsamer mich und meine Zeitgenossen zu beobachten, weil man doch einmal ohne Reflexion nicht mehr auskommt. - Das Buch ist durch den Zusammendruck eigentlich ein ganz neues geworden. Die Abschnitte über Stein hat auch v. Schön, dem ich sie alsbald mitteilte, mit lebhaftem Anteil gelesen. - Meine Frau, durch welche Sie diesen Brief erhalten, reist jetzt nach Ihrem Vaterlande, nach Westfalen, von dem Ihre Denkwürdigkeiten so interessante Züge enthalten. Sie soll nach D r i b u r g ins Bad. Aber sagen Sie, Verehrtester, darf ich nicht wissen, wer die englische Philosophin ist? Wahrhaftig, ich bin ganz vernarrt in die Worte, welche Sie mir von ihr zu meinem Lobe geschrieben haben! Also eine feine Engländerin schreibt meinen Namen, liest meine Sachen! Es ist in dieser Vorstellung für mich eine e s p è c e von Romantik der ausgesuchtesten Art. Daß Sie dieser Dame meine Skizzen nicht geschickt haben, ist nicht recht. Sie würde vielleicht an einzelnen Derbheiten sich mit aristokratischer Delikatesse gestoßen haben, aber mich auch als Menschen kennengclernt haben. Mündt hat gemeint, ich könnte vielleicht Moser nachahmen. Dazu fehlt es mir nun wohl an gründlichen Kenntnissen der Provinzialrechte e t c . , aber darin hat er recht, daß in mir ein gewaltiger Zug ist, das Praktische, das Ethische in den Massen zu ergreifen; der Kommunismus ist, noch exzentrisch, die größte Tendenz des Jahrhunderts. Man muß ihn als Reformmittel der verklärenden Kritik unterwerfen. Mit unwandelbarer Hochachtung Ihr K. Rosenkranz Inliegende Zeilen sollen an D r . Julius, den Gefängnisjulius. Ich kann meiner Frau seine Adresse oder Titulatur nicht angeben. Sic kennen ihn wohl und überschicken ihm den Brief. D r . Julius, den ich hier kcnnenlernte, ist einer der liebenswürdigsten Menschen und gegen mich (wie so viele andere!) von einer Güte, die ich gar nicht verdiene.

252. An Robert Prutz Königsberg, d. letzten Juni 1843 Sie sehen, ich halte Wort. Beikommend die versprochene Arbeit. Sic ist in Ansehung des Systems und seiner Differenz von Schelling geradezu das Wichtigste, was ich mitzuteilen habe, wenn auch anderes biographisch interessanter ist. Die Abschnitte über die Logik und Naturphilosophie werden nur Leser vom Fach zu erwarten haben; der größere Abschnitt aber, das System der Sittlichkeit und die Religion betreffend, muß jedermann ansprechen - und die Rheinische Zeitung würde nun einsehen können, daß Ihr Urteil sich nicht

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bestätigt, als wenn ich nämlich im vorigen Jahre schon das Fett oben abgeschöpft. Lassen Sie mich bald vernehmen, daß das Manuskript glücklich in Ihren Händen ist. - Hier ist es jetzt sehr still, melancholisch tot. Ihr ergebenster K. R.

253. An Rosalie Schönfließ Königsberg, den 13. Juli 1843 Meine liebe, gute Rosalie! Nur flüchtig will ich Ihnen 1) für Ihre schönen Briefe danken, worin Sie mit so viel beichlmütterlicher Milde mich zu liebevollem Verständnis zurechtlegen; 2) Sie ermuntern, für das Literaturblatt tapfer mit den Kritiken fortzufahren und 3) den Schleiermacher als ein kleines Andenken von mir (was die Inschrift vor dem einen Bande besagen soll) geneigtetst unter Ihre Bücher aufzunehmen. In den Ferien sollen Sie Ausführlicheres hören von Ihrem ergebensten Karl Rosenkranz

254. An Christoph Th. Schwab Königsberg, d. 13. Juli 43 Hochgeehrtester Herr, Ihr wertes Schreiben nebst Beilage habe ich richtig und mit großem Dank empfangen. Wenn mein kleiner Aufsatz über Hölderlin Ihnen Vergnügen gemacht hat, so ist das ein schöner Lohn für diese von mir wenigstens mit größter Liebe gemachte Arbeit. - Daß Sic das Gedieht Eleusis1 seinem Ursprung nach aus Frankfurt datieren wollen, scheint mir nicht richtig. Ich glaube, Hegel schrieb es noch in der Schweiz sehnsuchtsvoll, nachdem Hölderlin ihm die Stelle in Frankfurt 2 angetragen. - Wegen des cv και παν haben Sie recht. Ich habe nachgesehen. Es war auf Waiblingers Zimmer, wo Hölderlin in solches Hinbrüten darüber verfiel. Sie fragen mich wegen des Nachlasses von Sinclair. Derselbe war in den Händen des Geheimen Oberregierungsrates D r . Johannes Schulze zu Berlin. Auch Hegels Briefe an Sinclair waren darunter. Hr. Schulze zu Wetzlar geht

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Gedicht Hegels (August 1796). Erstdruck in K. R. , Hegels Ixbcn, S. 78ff. Berlin 1844. Vgl. Brief Hölderlins an Hegel vom 25. Nov. 1795. In: Briefe von u. an Hegel. Bd. 1. S. 33f. Hamburg 1969.

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eines Tags aus, läßt die Papiere auf einem Stuhl p é l e m ê l e liegen (so ungefähr) und seine Haushälterin (er war noch, als dies geschah, g a r ç o n ) hat sie wirtschaftlich verbraucht, ob verbrannt oder verputzt kann ich so genau nicht sagen. Aber vernichtet sind sie 1 . Ich hatte mir Hegels Bio//graphie halber viel Mühe gegeben, die Sachen zu bekommen und habe mit Not, noch dazu mit dem Versprechen, diesen Untergang nicht durch den Druck veröffentlichen zu wollen, endlich das obige erfahren. Doch müssen von Sinclair noch viele Briefe zerstreut existieren. Seine Briefe an Hegel sind noch fast sämtlich erhalten. Ich habe sie bereits benutzt und Herbst 1842 nach Berlin an die Frau Prof. Hegel zurückgesandt. Sinclair gibt darin von Hölderlin fast immer Nachricht, aber sehr kurz, da, seit er bei dem Tischler 2 untergebracht war, wie Sie auch selbst sagen, sein Zustand sich nicht mehr entwickelte, sondern stagnierte. Hegel hat ihn unendlich geliebt. Wenn Sie die Meinung aussprechen, als ob Schelling auf Hölderlin so großen Einfluß geübt, so muß ich dem widersprechen; obwohl mir das Umgekehrte eher der Fall scheint. Schon a. 12t. Februar 1791 schrieb Hölderlin in Hegels Stammbuch Goethes Worte: Lust und Liebe sind die Fittige zu großen Taten, und als sein s y m b o l um "Εν και παν 3 Daher diese Worte ihm bei Waiblinger sogleich auffallen mußten.// Hinterher hat Fichte in Jena ihn besonders angezogen, wie dies aus den Briefen Hegels an Schelling hervorgeht, dem er immer von Hölderlins Briefen an ihn (Hegel in der Schweiz) referiert. Ich bedauere, daß meine vielen Amtsgeschäfte und die sonstige Vieltuerei, die mit meiner Stellung in der Königsberger Gesellschaft einmal verknüpft ist, mich die Biographie Hegels noch immer nicht haben vollenden lassen - und bin doch, da mir vieles noch klarer wird und zuwächst, wie jetzt von Ihnen, auch nicht so ganz unzufrieden damit. Wie gern kam' ich einmal Tübingen! Seit mehren Jahren ist es mein Wunsch. Statt dessen aber lebt meine Frau jetzt in Deutschland, nachdem das hiesige Klima ihre Gesundheit äußerst heruntergebracht hat. Vgl. den .Überblick über die Geschichte des Sinclair-Nachlasses', in: Hannelore Hegel, Isaak v. Sinclair zwischen Fichte, Hölderlin u. Hegel. Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte der idealistischen Philosophie. S. 289ff. Frankfurt a. M. 1971. - Otto Pöggeler, .Sinclair Hölderlin - Hegel. Ein Brief von Karl Rosenkranz an Christoph Th. Schwab', in: HegelStudien Bd. 8, S. 9ff. Bonn 1973. Dort auch der Erstdruck dieses Briefes. ^ 1798 siedelte Hölderlin nach Homburg über, um in der Nähe Suselte Gontards zu bleiben. Isaak v. Sinclair nahm sich seiner an; seit 1804/5 geistig umnachtel, wurde er ab Friihsommer 1807 von dem Schreinermeister Emst Friedrich Zimmer (1772-1838) in Tübingen gepflegt. 3 Ob diese Worte von Fr. Hölderlin stammen, ist ungewiß. Vgl. Hegel-Briefe IV/1, S. 136. Rosenkranz setzt beide Male auf das hen den Akut statt des Gravis.

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255. Juli 1843 [?] - 256. August 1843

Mit der Bitte, Ihrem verehrten Herrn Vater 1 , so wie den Herrn Fichte und Schwegler und Baur mich bestens empfehlen zu wollen, mit nochmaligem Dank für Ihre gütige Mitteilungen Ihr ergebenster Karl Rosenkranz Herrn stud, theol. C hristoph frei Tübingen

Schwab

255. An Alexander Jung Lieber Jung, Sie flöten mich mit süßem Nachtigallton an, Ihnen zu schreiben. Ich habe leider den Kopf so voll von Realitäten, guten und schlcchten, daß ich mich mit dem Idealismus Ihrer Epistolarlyrik nicht einlassen kann. Ich sage also nur, daß der Brief an Meyen heute mittag zur Post geht und Sic von mir einen Aufsatz 2 über Gutzkow bis Montag erhalten werden, denn da die Laube sich immer noch nicht in Ihre Wertschätzung dieses Autors finden können und bei Ihren Vorlesungen 3 grade hieran sich so stießen, ist es ganz gut, wenn Sie noch andere Belehrung empfangen. Auch laufen dabei so viel politische und andere zeitgemäße Reflexionen unter, daß ich in der Eil, von andern Arbeiten gedrängt, nichts Besseres zu geben weiß. Kg. 25. Juli 1843 4 [?]

IhrK.R.

256. An Rosalie Schön fließ Königsberg, den 12. August 1843 Verehrteste Freundin, Ihr Zustand in jenem furchtbaren Vernichtungsgefühl war unstreitig ein körperlicher, insofern Ihr Geist ohne allen Anteil einer beabsichtigten Hervorbringung desselben war. Denn Geist ist doch nur da, wo wir selbstbewußt tätig sind. Ich verstehe Ihre Frage wenigstens so, ob Sie sich '

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Schwab, Gustav (1792-1850), Schriftsteller, Oberkonsistorialrat, Oberstudienrat; gehörte zur Schwäbischen Dichterschule, gab mit Chamisso den .Deutschen Musenalmanach' heraus (1833-1838). Möglicherweise ,Karl Gutzkow bis zu seinem theatralischen Auftreten'. In: Königsberger Literatur-Blatt, Nr. 5 v. 3. Nov. 1841 u. Nr. 6 vom 10. Nov. 1841. Alex. Jung, Vorlesungen über die moderne Literatur der Deutschen. Danzig 1842. Datum nach der Abschrift von H. H. Houben. Wahrscheinlicher ist 1841 als Datum anzunehmen.

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aus dem Zustand abnehmen könnten, daß das Nichts, welches Sie empfanden, und worin alles, Sie, Welt und Gott zusammenschwand, ein Nichts Ihres Selbstes gewesen sei? Aber gerade, daß das Nichts mit seiner graunvollen Öde von Ihnen empfunden ward, bis Ihr Selbst scheinbar auch verging, ist ja der tatsächliche Beweis, daß Sie sich von Ihrem Zustande unterschieden, daß Sie sich über ihm noch erhielten. Gegen völlige Ohnmacht vermag man natürlich das Bewußtsein nicht für sich als in sich reflektiertes Bewußtsein zu erhalten, aber daraus folgt nicht, daß es nicht an sich da ist, weil der Geist Wissen ist. Nehmen Sie das Element der Intelligenz weg, so nehmen Sie den Geist weg. Ich habe die ganze Woche lang recht an Sie gedacht, und Sie sollen mir selbst weiter denken helfen. Ich geriet am Dienstag zufällig in eine Reflexion über die Wanderjahre Goethes nach ihrer spätem Gestalt hinein. Ich habe mich über dieselben einmal in den Studien geäußert und bin darüber getadelt worden. Ich hatte nämlich gemeint, daß Goethe darin auf positive Weise zu zeigen versucht habe, wie er sich die soziale Umgestaltung der Welt denke. Nun bin ich durch das viele Gerede über den Sozialismus und Kommunismus wieder darauf gebracht. Die Kommunisten lassen mir ganz unbegreiflich, wie sich noch eine Individualität bei ihren Klostergasthauskasernenwirtschaften erhalten kann, wie ohne Zwang, ohne Not, Bestimmung des einzelnen zu Arbeiten, welche unmittelbar in Todesgefahr bringen (Arsenik- Blei- Quecksilbcrfabrikation, Bergwerke usw.) oder ekelhaft sind (Kloakenreinigungcn, Düngungen etc.) und welche nicht bloß durch Maschinen beseitigt werden können (Chirurgie, Krankenwärtertum), soll eintreten können. Sic wollen jedem die größte Freiheit in der Wahl seines Berufes lassen. Das Arbeiten soll selbst der Genuß sein. Kein Mensch soll mehr vor physischen Übeln (Hunger, Blöße etc.) oder vor Zwangherrschaft anderer Menschen sich zu ängstigen haben. Wohnung, Kleidung, Nahrung, Bildungsmittel soll jeder ganz gleich und vollauf mit allen andern haben und der Unterschied von Herrschaft, Regierung und Regierten soll ganz wegfallen, weil in diesen beiden Elementen die Wurzeln aller anderen Übel liegen. Und doch, versichern sie, sollen die Menschen keineswegs Engel zu sein brauchen, sondern jeder soll dadurch sich und alle glücklich machen, daß er tut, was ihm gemäß ist. Aber eben, wie findet er dies? Bleibt nicht der Unterschied von Erwachsenen und Kindern, von Wissenden und Nichtwissenden, Wollenden und Nichtwollenden usw.? Auf keinen Fall kann der Kommunismus verhüten, daß die Leidenschaften verschwinden, ζ. B. Liebe; daß Liebe unglücklich macht, wenn sie nicht erwidert wird usw. Nun finde ich bei Goethe merkwürdigerweise kein Wort von Staat und Kirche, als welche bei den Kommunisten auch nicht existieren. Er nimmt einerseits den Grundbesitz an (der alte Oheim auf seinen Gütern), anderseits das Industrieleben im weitesten Sinn (der Bund), und für die Jugend ordnet er eine Erziehung an, welche die Individualitäten scharf sondert und ihrer Eigen-

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tümlichkeit allen Vorschub leistet. Für die sittliche Entwicklung bestimmter persönlicher Verhältnisse nimmt er die freiwillige Konfession an freiwillig gewählte Vertraute an, als deren höchste Form er die kranke Makarie aufstellt und als Heilungsmittel entweder Entsagen und Wandern oder Wandern auf eine Zeitlang oder Vertiefung, Absorbtion und Arbeit. Ich finde bei Goethe sehr viel Befriedigendes in Ansehung des Wie, weil 1) die Familie 2) das Eigentum überhaupt 3) der Grundbesitz 4) der Handel anerkannt werden, welche Elemente die Kommunisten leugnen. „La p r o p r i é t é , c ' e s t l e ν o 1". Außerdem finde ich bei Goethe die Religion erhalten, als Ehrfurcht vor der Natur, vor dem Menschen und dem Schmerz und vor dem, was über uns ist. (Da ich das Buch seit zehn, zwölf Jahren nicht wieder gelesen habe, so kann ich mich hier im einzelnen irren.) Die christliche Religion wird als höchstes Symbol gefeiert. Nun kann man sich wohl in abstrakto einen Zustand der Gesellschaft denken, in welchem das Nützliche, Schöne, Wahre und Gute allein ohne andere Autorität als die der Einsicht in ihre Notwendigkeit herrschten. Einen solchen Zustand scheint aber der Kommunismus zu fordern: 1) die Negation der Nationalitäten, weil diese durch ihren Egoismus die Quelle der Kriege seien; 2) die Negation der Offenbarungsreligionen, weil diese durch ihren Ursprung als einen unbegreiflichen und durch ihre Wunderautorität mit der auf Erkenntnis und Selbsteinsicht gerichteten Erziehung in Widerspruch stünden und Priesterherrschaft begründeten. Daß bei Goethe die Fürsten und Priester, sofern sie exklusive Einzigkeiten sein wollen, mit dem Untergang der Nationalstaaten und Konfessionskirchen, also mit dem positiven Eintritt freier Bundesformen und einer ethischen allgemeinen Religionslehre (im Unterschied der jetzigen dogmatischen auf das Diesseits, auf die wirklich mögliche Freiheit gerichtete, von Engeln und Teufeln, Wundem und magischen Gebräuchen emanzipierte) fortfallen müssen, scheint sich bei ihm von selbst zu verstehen. Goethe war ein kosmopolitischer Sozialist. Meine Bitte, liebe Rosalie, ist nun, ob Sie wohl der Meinung sind, daß Goethe Staat und Kirche nicht bloß beiseite gestellt, sondern für den Fortschritt der Menschheit als überflüssig weggelassen habe? Ich habe jetzt nicht Zeit, das Buch zu lesen, aber Sie haben entweder die Zeit oder es ist Ihnen die Sache gegenwärtiger. Mir scheint die Frage interessant, wie nämlich der 2te Teil des Faust, auch mit ein[em] Gesellschaftsleben ohne Staat und Kirche, wiewohl nicht ohne Religion, endet und auch hier (wie dort Makarie) das Ewigweibliche als das im Sittlichen Entscheidende gepriesen wird. Wenn ich nur erst den Hegel im Rücken hätte! Er hemmt mich ordentlich, ich selbst zu sein. Mit bester Empfehlung an die Ihrigen, meine liebe Makarie (zu deutsch Selige), immer Ihr Rosenkranz

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2 5 7 . An Rosalie Schönfließ Königsberg, den 30. August 1843 Liebste Rosalie! Sie sind ein ebenso verständiges als zartfühlendes und tapferes Frauenzimmer, daß es eine wahre Freude ist. Was Sie den alten Goethe gehörig vornehmen! Ich habe mich recht daran erbauet und danke herzlich. W i e es so zu gehen pflegt. Als ich den Brief an Sie abgeschickt hatte, war das erste, daß ich doch die Zeit fand, die Wanderjahre zu lesen. Und ich finde Ihre Bemerkungen sehr treffend. Auch den Schluß vom Faust las ich wieder nach und fand dasselbe in bezug auf Staat und Kirche, was Sie mir schrieben. Das Goldmacherdorf 1 kenne ich noch nicht, danke aber ebenfalls für diese schätzbare Notiz. Ich werde es nicht versäumen. Das Wichtige des Kommunismus liegt darin, daß er eine moralische Umwandlung, nicht eine blutige Revolution will. Mit einem solchen Feinde haben die Regierungen seit dem Christentum nicht zu kämpfen gehabt. Die Kritiken von Ihnen sind dem Herrn D r . Jung höchst angenehm, und er läßt Ihnen seinen besten Dank sagen. Meine Frau, die in Bad Driburg war, reist noch in Deutschland bei Verwandten umher. Kann ich es möglich machen, meine gute Rosalie, so komme ich in den Osterferien auf ein paar Tage zum Besuch zu Ihnen. Die Geschichte mit dem Felsen und dem Stabilismus hat mir und meinen Freunden viel Humor gemacht...

258. An Hermann Friedrich Wilhelm Hinrichs Königsberg, d. 8. Oktober 1843 ... Die Kritik der reinen Vernunft wird hier nie ganz ausgehen. Königsberg ist für den Fremden eine düstere, ungenießbare, abschreckcnde Stadt, aber wenn man die trübe, schroffe Außenseite der Stadt und den E g o i s m u s der Königsberger, Königsberger zu sein, überwunden hat, so gewinnt man Respekt vor so viel Bildung und Charakter in solcher ungastlichen Natur. Ich sehne mich oft weg, weil Leben und Klima hart, rauh, genußlos, künstlich sind, und doch fürchte ich, von anderwärts mich wieder hcrzuschncn ...

1

H. Zschokke, Das Goldmacherdorf. Aarau 1817.

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259. Oktober 1843

259. An Rosalie Schönfließ Königsberg, den letzten Oktober 1843 Mir soll doch, meine verehrte Freundin, dieser Monat nicht zu Ende gehen, ohne Ihnen ein paar Worte geschrieben zu haben, wie es mir ergangen, seit ich von dem gastlichen und freundlichen Georgenburg geschieden. Ich kam in einem entsetzlichen Wetter hier wieder an und mußte mich zunächst an die Ausarbeitung einer Abhandlung machen, welche ich zum Besten der Kleinkinderbewahranstalten hiesiger S ladt zu lesen versprochen habe. Denn ich bin so organisiert, wie ich Ihnen schon mündlich sagte, daß ich nicht wohl mehres zugleich betreiben kann. Im Lauf der Vorlesungen vermag ich daher so gut wie gar nichts anderes tun. Alle meine Gedanken sind dann aufs höchste vereinseitigt. Gestern bin ich nun mit meiner Abhandlung fertig geworden, jedoch ohne recht damit zufrieden zu sein. Es ist gar kein rechter Strom drin. Der trocknere Kathederton streitet sich darin mit einem leichteren, eleganteren, wie man ihn gemischten Versammlungen schuldig ist. Auch bin ich geistig doch im allgemeinen auch abgemüdet von dem unaufhörlichen Arbeiten und fühlte es recht in Georgenburg, wo fast alle meine Gespräche nur einen reproduktiven Charakter hatten, wie es immer geht, wenn man sich zu erholen anfängt. Die kleine Fahrt ist eine sehr angenehme und interessante gewesen. Außer, daß ich das Glück gehabt habe, Sie, den Herrn Pfarrer und seine Töchter persönlich näher kennenzulernen, ist mir besonders das Bild einer so großartigen Pfarre wichtig geworden und es ist mir lieb, gerade zu solchen Dezemtagen sie gesehen zu haben. Nächstdem ist mir die Anschauung des Zusammenhangs der Strafanstalt und des Observatenvereins, so wie die Bekanntschaft mit den Herrn Jablonowski und Gillct von bleibendem Wert. Angenehme Randglossen, wie das Rebhuhnfrühstück bei Herrn Eckert und die naturbewunderungssüchtigen Spaziergänge mit den Herrn Studiosen werden auch nicht vergessen werden. Es beschäftigt mich jetzt ein Buch in hohem Grade: die „ekstatischen Jungfrauen von Tyrol" 1 . Der Verfasser ist offenbar ein Protestant, der aber auf katholischem Boden steht und an die Wunder der Klöster glaubt. Wenn ein Mensch erst einmal die Vernunft aufgibt, dann ist kein Halt mehr. Der Wunderglaube zieht allen möglichen Aberglauben nach sich. Er verteidigt den Katholizismus, das Mönchtum, das Zölibat, den Exorzismus, die Reliquien und sieht in dem Somnambulismus und in den Wunden des Fräulein Maria v. Mörll in Tyrol Offenbarungen Gottes. Er glaubt daran, daß sie Nadeln, Haare, Nägel aus sich herausgeschworen, herausgebrochen, ohne sie vorher zu sich gesteckt 1

[Volk, Wilhelm], Die ekstatischen Jungfrauen v. Tyrol. Leitsterne in die dunklen Gebiete der Mystik. Regensburg 1843,

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zu haben. Wenn also Gott, wie denn doch zu schließen, ihr diese Nadeln, Haare etc. durch ein Wunder beigebracht, - welch' ein Gott, der mit solchen Albernheiten sich beschäftigt! - Sie ist immer in Ekstase - außer wenn ihr Beichtvater, ein schöner Mann, ihr daraus zu erwachen und wie andere Menschen zu sein befiehlt. Der Verfasser hat sie nur eine Stunde lang gesehen, ist von ihrer Lieblichkeit, ihren schönen Haaren, glänzenden Augen, reizender Tracht etc. entzückt und schimpft nun auf die Ungläubigkeit der Protestanten, auf Mangel an Beobachtung etc. Er wirft den Hegelianern eine Erklärungswut vor und endet damit zu erklären, wie durch Fasten, durch die Macht des Geistes über den Leib, durch die bestimmte Richtung der Phantasie eine Mimik und Plastik entstehen könne, welche die Gestalt und die Wundenmale Christi hervorbringe. Bei solchen Dingen habe ich nun lebhaft an Sie gedacht, denn in katholischer Umgebung, in Verbindung mit Mönchen, in der phantastischen Atmosphäre von Klöstern würden Sie hundertmal zur Heiligen geworden sein. Aber da sieht man doch den Segen des Protestantismus. Statt so einer prunkenden Kunstausstellung körperlicher Leiden, Krämpfc etc. als göttlicher Wunder, sind Sie die gute Tante Rosalie im Kreise Ihrer Familie. Statt der geistlichen Faulheit, worin jenes Fräulein vegetiert, lesen, schreiben, arbeiten Sie, nehmen Teil an der Welt, haben Sinn und Herz für alles. Statt in den Alfanzereien einer (nach meinem Bedünken halbfrivolen) Kopierung von Christi Wundenmalen (die Sie bei Ihrem Leiden gewiß bald hervorbringen könnten) sich zu gefallen, lesen Sie lieber Strauß' Leben Jesu und haben Gedanken darüber. Statt 500 Gulden als Stiftsfräulein zu beziehen, wie jene Maria, sind Sie mit Ihrem bescheidenen Glück zufrieden. Statt einen Beichtiger und 2 Gewissensräte (bei einem tatlosen Leben) zu haben, sind Sie selbst für andere ein geistlicher Anhalt. Man möchte öfter rasend über unsere Zeit werden. Görres wird von dem Bewunderer der ekstatischen Jungfrau natürlich in den Himmel gehoben, und der König soll Görres nach Berlin als Professor rufen wollen, damit doch ganz Bayern, der ganze Katholizismus, herüberkommt. Görres ist ein Koblenzer. Sein Athanasius 1 war gegen Altenstein gerichtet! Ich erlebe in den öffentlichen Blättern, Schriften etc. jetzt einen Angriff nach dem andern. Da ich aber ein gutfes] Gewissen habe, so beunruhigt mich dies nicht zu sehr. Der Unzuänglichkeit seiner Bildung, der sittlichen Mängel durch die Kritik anderer sich bewußt zu werden, ist immer ein Gewinn. - Soeben kommt Theodor und bringt mir Ihren lieben Brief. Die Bücher habe ich ihm übergeben. - Sie sind zu dankbar gegen mich. Als ob Sie nicht '

J. v. Görres, Athanasius. Regensburg 1838. Die 2. A. trägt den Zusatz .Für den Erzbischoff v. Droste-Vischering in dem bekannten Kölner Streite mit der Preuß. Regierung'.

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260. Oktober 1843

auch mich zum Dank verpflichteten? Als ob nicht auch ich in Gedanken gern daran dächte, vor Ihnen und Ihrem klaren Gcistesblick und sittlich energischem Wesen zu erscheinen? Der Umgang mit guten Menschen hat besonders auch die Folge, daß eine stille Unruhe in uns entsteht, irgend etwas zu tun, was die Achtung der andern gegen uns vermindern könnte. Daß Sie den Gedanken, für die armen Dienstboten und die oft verblendeten Herrschaften einen Helfer, Tröster, Wegbesserer, Führer zu schreiben, in einer aus dem Herzen kommenden Liebe, daß Sie diesen Gedanken so lebhaft aufgegriffen haben und auch von dieser Seite an der Versittlichung unserer Zeit mitarbeiten wollen, ist vortrefflich. Da früherhin zu Insterburg auch weibliche Gefangene waren, werden Sie Gelegenheit haben, viele Lebensläufe solcher Dienstbotinnen, den Mechanismus ihrer Verirrungen, kennenzulernen. Sie werden uns das Dienstmädchen auf dem Dorf, Landgut, in der kleinen und großen Stadt, das Dienstmädchen in der Pfarrwohnung, bei dem Kaufmann, Beamten, Garçon, der Einzeldame, das Dienstmädchcn in den Gasthäusern etc. und die Leiden und Kämpfe, Versuchungen, Rettungen derselben und Mittel und Wege zum Besserwerden (den Teufel der Putzsucht) vorführen. - Dem Herrn Pfarrer, dem Fräulein Hannchen und Emilien herzlichen Gruß; Ihnen aber die innigsten Wünsche K. Rz.

260. An Johann Jacoby 31. Oktober 1843 ... Dieses Buch 1 ist als Kulturmesser für einige Kreise unseres ostpreußischen Adels statistisch nicht unwichtig: in anmutiger, frischduftender Sprache zeichnet es ein lebhaftes Bild der eigentümlichen Ritterlichkeit desselben. Wir sehen allerdings den Aristokraten vor uns, der von dem Bündel irdischer Sorge entlastet ist, welches nach Schiller der Majorität der Sterblichen zuteil wird ... [Über Bildungsbestrebungen, Jagd, Pferdclicbhabcrei usw.] ... Aber der ostpreußische Landedelmann geht nicht darin auf. Die politische Bildung gibt bei ihm allen diesen Genüssen erst den rechten Zusammenhalt, die selbstbewußte Weihe. Und in dieser Bildung hört er auf, Aristokrat zu sein. Er will die Selbständigkeit und Freiheit aller Bürger des Staats. Er ist teils durch die Beschränktheit seiner Mittel, teils durch die weite Entfernung von Berlin in der glücklichen Lage, sich nicht zur Kammer dienlichkeit des gewöhnlichen Hofadels verbilden zu können. Er bleibt mit den übrigen Ständen in lebendigerer Berührung und verarbeitet in der gedankenvollen Muße seiner '

R. v. Keudell, Laetitia. Eine Novelle mit einer Parabel als Nachwort. Königsberg 1843. Die in den eckigen Klammem gegebenen Zusammenfassungen stammen von Lolle Esau.

261. D e z e m b e r 1843

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Landsitze die Erfahrungen, die er auf Reisen usw. macht; denn die Isoliertheit Ostpreußens zwingt ihn gewissermaßen zum Reisen, und der Erfolg solcher Wanderjahre durch Deutschland oder einen Teil des südlichen und westlichen Europas ist die stete Neubelebung der ganzen Existenz. Sie schützt durch ihre geistige Verjüngung vor dem Versinken in rohen Materialismus, dessen man den Landadel oft bezichtigt hat. Jedoch ist der ostprcußische Landedelmann nicht bloß w a h r h a f t patriotisch in dem Sinne, daß er ein mächtiges, freies Preußentum anstrebt; er ist es auch in dem Sinn, als Preuße Deutscher zu sein. Ohne das übrige Deutschland möchte er allein nicht fortschreiten, selbst wenn er es vermöchte, was übrigens von seinem kühnen Selbstvertrauen im tiefsten Grunde nicht bezweifelt wird ... [Literarisches Urteil über die Novelle] ... Was aber unbefriedigt läßt, wenn man es trennt, gewinnt im Zusammenhang des Ganzen eine vorteilhafte Beleuchtung und selbst die Koketterie der Reflexion, die über dem Selbstgenuß der reiterlich-rittcrlichcn, musikalischen und konversationeilen Kultur schwebt, wird dann als wesentlicher Zug in dem Lebcnsbilde eines ostpreußischen Edelmanncs erkannt werden; denn diese behagliche Sclbstbeschaulichkcit hängt zuletzt sehr genau mit dem Element zusammen, welches Ostpreußen in Vcrglcich mit anderen östlichen Provinzen als ein vorzugsweise charakterisierendes besitzt, mit der Tendenz, nicht bloß, wie Molieres Geiziger sagt, zu essen, um zu leben, sondern, wie wir hinzusetzen, auch zu leben, um zu denken - und dann aus der Wahrheit des Gedankens ohne Menschenfurcht recht zu handeln.

261. An Rosalie Schönfließ Königsberg, den 13tcn Dezember 1843 Meine verehrte Freundin. Zürnen Sie nicht, wenn ich wieder habe warten lassen. Allein der Novembermonat ist in geschäftlicher Hinsicht beinah einer der schwersten für mich. Und nun will ich auch erst von unseren Geschäften reden. Die Dienstmädchenangelcgenheitcn haben Sic richtiger als ich aufgefaßt, namentlich praktischer. Ich finde Ihre Erzählungen sehr passend und möchte nur eines bemerken, ob nicht in derselben schlichten Sprache die psychologischethische Vermittelung, der Prozeß im Gemüt eines solchen Mädchens, etwas vertiefter ausgemalt, aneinandergelegt werden müßte, damit die Mädchen sich selbst in ihren verschiedenen Lagen begreiflicher werden. Und dann müßte im Ton vielleicht etwas mehr Lebhaftigkeit, etwas sozusagen, Dramatisches, namentlich bei den Katastrophen eintreten. In den m y s t è r e s d e P a r i s v o n S u e 1 kommt eine Geschichte von Griegolet und C o u ρ e e n D e u x , Sue, lïugcnc,

,l,cs M y s t è r e s de Paris'. 1842-43 als sozialkrilischcr F o r t s e t z u n g s r o m a n im

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261. Dezember 1843

die mir darin ein Ideal des Volkstones scheint. Für den Druck werde ich sorgen in der Weise, daß nach Abzug der Kosten die Hälfte des Reingewinnes an Sie kommt, welche Sie dann nach Belieben verwenden können. - Das Drama könnte unter denselben Bedingungen gedruckt werden. Aber der Titel müßte anders sein. E r müßte heißen: Clara oder die Frauenemanzipation. Dies muß auf den Titel. Frauenbildung ist zu nüchtern, zu unbestimmt. Es ist wahr, daß das Drama große Schwächcn hat, mitunter sogar eine gewisse Hölzernheit, wo Sie nicht gerade mit Lust gearbeitet haben, allein es ist doch Gehalt genug darin, vielen eine bestimmtere Vorstellung von der Sache zu schaffen. Ja, man kann nicht wissen, ob es nicht, gehörig von einem Regisseur in Szene gesetzt, auf dem Theater sich besser macht als beim Lesen. Ich erwarte also Ordre, ob ich es nach Leipzig schicken soll. - Die Erzählungen kommen anbei zurück. Mit meiner Vorlesung über die Theologie der Kunst 1 habe ich einen Mißgriff gemacht. Sie war für die Frauen in der Tat zu ungenießbar. Ich halle zuviel vorausgesetzt. Die Sache selbst aber ist sehr wichtig, und ich möchte sie gerne weiter verfolgen. Diese Tapferkeit und Frische gebrauche ich auch, da das Intrigieren gegen mich immer zunimmt. Ich werde meine Reise nach Paris für nächsten Sommer wahrscheinlich aufgeben, denn ich kann mein Katheder gerade jelzt nicht leer lassen, was ich müßte, denn ich würde doch für das Universitätsfest 2 keinen Urlaub bekommen, müßte also Ende Mai bis Ende August reisen. Ich bin munter, arbeitslustig, hoffnungsreich, lese die Kollegia mit Entzücken und schreibe Hegels Leben ins reine, das diesen Winter gedruckt werden soll. Möchten S i e doch sich anhaltend wohlcr befinden und ein heiteres Fest feiern. Dies wünscht von Herzen Ihr ergebenster Karl Rosenkranz P . S c . Noch einmal, liebe R o s a l i e , auf die Proteges Ihres Herzens zurückzukommen, so kommt es nicht sowohl auf die Masse der Tatsachen als auf die Manier, sie hinzustellen, auf die Beleuchtung an. Übereilen Sie sich also nicht; sind doch alle Anfänge schwer. Aber die Kraft dazu haben S i c gewiß, weil Sie den Sinn dafür haben und in so kurzer Zeit schon so viel mit Ihrem Eifer geleistet haben. Doch ist das nur meine - einseitige Meinung.

' 2

.Journal des D c b a t s ' erschienen. In den J b b G c g w . erschien 1 8 4 5 , l l e f l 6 , S . 4 4 9 - 4 7 1 R o s e n k r a n / , ' A u f s a l z . l i n t w u r f e i n e r T h e o l o g i e der K u n s t ' . D i e Universität K ö n i g s b e r g feierte 1 8 4 4 ihr 3 0 0 j ä h r i g e s Gründungsfest. Hierüber u. a. A l e x . J u n g , D i e g r o ß e N a t i o n a l f e i c r des dritten Univcrsitätsjubiläums zu K ö n i g s b e r g . K ö n i g s b e r g 1844.

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262. An Theodor v. Schön Ew. Exzellenz verzeihen, wenn ich, geteilt zwischen dringender Arbeit und Festlichkeiten, den Bericht über die pp. Grundzüge einer Ethik, immer verschoben habe. Sie erlauben, daß ich zuvörderst ganz kurz das Charakteristische des Buches hervorhebe, um sodann einige Bemerkungen daran anzuschließen. Der Verfasser 1 geht von dem Begriff des Seins als Einheit aus. Ethisch wird dadurch das Insichsein der Einzelheit das negative, das Sein in andern das positive Moment. Die absolute Einheit (S. 39) wird zu relativen Einheiten (S. 21), woraus sich (S. 19-21) die Gesetze für die Ausbildung des Strebens zur Einheit, welches die Sittlichkeit ist, ergeben, teils als Erhöhung der besonderen Einheit, teils als Eintritt in eine höhere Einheit. Der Mensch soll teils in der absoluten Einheit, teils in anderen Menschen leben (S. 50). Die wichtigsten Konsequenzen, welche aus dem Begriff der Einheit für die Ethik gezogen werden, sind einmal (S. 43) die Notwendigkeit, daß die Natur, also der Körper, sich gegen den absoluten Zweck nicht negativ verhalten kann; ferner (S. 98), daß die Tugend nicht nur abstrakt das Wollen und Handeln, sondern ebensosehr das Erkennen und Vorstellen angehe; - endlich, was (S. 122) über die Entbehrlichkeit der Leidenschaften für die Entwicklung der Sittlichkeit gefordert wird. Diese Gedanken sind von dem Verfasser, was die Darstellung anbetrifft, in einer musterhaften Ordnung und Deutlichkeit und in geschmackvoller Sprache dargelegt. // Nun fragt sich aber, wie der Verfasser zur Wissenschaft steht, und Andeutungen hierüber sind das einzige, was ich ihm leisten kann. Nun liegt die Schwäche eines Systems immer in dem, was auch seine Stärke ausmacht. Die Stärke des Verfassers ist der Begriff der Einheit; seine Schwäche aber die Entwicklung der Einheit zu Unterschieden, welche nur die Selbstbestimmung der Einheit wären. Er hat daher sehr recht in aller Polemik gegen eine atomistische Behandlung der Ethik, welche ein Aggregat von Maximen, Pflichten, Tugenden darbietet. Er hat sehr recht gegen die falsche Asketik, wclche in dem leiblichen Organismus nur ein nichtseinsollendes Dasein, statt ein der Sittlichkeit absolut kongruentes Werkzeug zu finden. Er hat endlich sehr recht gegen die schiefe Auffassung einzelner Begriffe, ζ. B. der Undankbarkeit, des Wohlwollens u. dgl., weil er durch die Weite seines Standpunktes über die Befangenheit hinaus ist, mit welcher viele Moralisten kasuistisch dieses Gebiet behandelt haben. Allein die spekulative Richtigkeit seines Prinzips hat ihn noch nicht davor geschützt, nicht selbst in die (alte trostlose) Manier der Herzählung vereinzelter 1

D e r V e r f a s s e r ist w a h r s c h e i n l i c h F. L. F ü l l c b o m , d e r O b c r l a n d c s g c r i c h t s p r ä s i d c n l Marienwerder.

von

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Bestimmungen zu verfallen, welche unter ihm liegen sollten. Siehe S. 71ff. die Aufzählung der Mittel zur Sittlichung, worunter S. 83 sogar die Heiterkeit vorkommt, die als ein Zustand doch nur Resultat des wahren Erkennens und Handelns, nicht an und für sich ein Mittel sein kann (Il f a u t faire b o n n e m i n e à m a u v a i s j e u als Karikatur der echten Heiterkeit ist sogar eine oft sittlich verderbliche Maxime). - Ferner rechne ich dahin das S. 9 I f f . erfolgende Tugendregister, welches überdem in seiner Anordnung mancherlei aussetzen ließe und für welches die antike Lehre Piatons gründlicher ist; das ζ. Β. N. 5 und 7, Mäßigkeit und Selbstbeherrschung, und wiederum N o . 2 und 8, Gerechtigkeit und Eintracht, wesentlich zusammengehören, ist auf den ersten Blick klar. - Dies unorganische Anhäufen isolier//ter Begriffe kommt noch weiter S. 109ff. vor. Es ist ganz natürlich, daß auf solchen Wegen (wie der Verf. S. 74 selbst sagt) Vollständigkeit nicht erreicht werden kann; denn hier gilt immer, was S. 95 sehr gut so gesagt wird: „Einheit umfaßt hiernach zugleich alles, was nach den bisherigen Lehrbüchern als erstrebungswert irgend angesehen werden kann. Allein eben deshalb läßt sich auch eine Mehrheit einzelner mannigfaltiger Tugenden nicht annehmen, sondern die sogenannten verschiedenen Tugenden treten in die Stelle von Rücksichten zurück, deren Beachtung in einer oder der andern Beziehung die Erreichung des einen und alleinigen Zieles fördert usf." Ich würde daher, wenn ich den Verfasser kritisch so weit gekommen sehe, kaum zweifeln, daß er nicht auch positiv aus der subjektiven Beengtheit, die ihn noch drückt und die mit seinem Prinzip in völligem Widerspruch steht, sollte herausgehen können, sobald er nur seiner eigenen Idee (108) sich gründlich bemächtigt. Nämlich der Verfasser, um es paradox auszudrücken, ist ein stoischer Epikuräer. Er will die Einzelheit bekämpft wissen, das ist stoisch, und die Strenge der Stoa geht durch das ganze Buch mit wohltätiger Anregung hindurch; er will aber auch das Wohlwollen, die Teilnahme, das Sein in Andern, wodurch wir zugleich uns selbst fördern, und nach dieser milden, menschenfreundlichen Seite hin wird er, bis zu seiner schönen Begeisterung für Freundschaft, epikuräisch (insofern nämlich die alten Epikuräer gar nicht solche Zyniker waren, als man heut zu Tage euphemistisch mit dem Titel Epikuräer zu beehren pflegt.) Allein die Sittlichkeit ist nicht bloß (wie er S. 97 will) subjektiv, nicht bloß als Gesinnung zu fassen, sondern ebensosehr objektiv und als ein System von Einrichlltungen, als ein sozialer Organismus (Schulc-Staat-Kirche). Die Ethik muß die Einheit des Willens auch als eine reale Welt entwickeln, weil sonst die Elastizität des vereinzelten Willens immer an den Kollisionen zwischen seinem Postulat der Einheit und zwischen den objektiven Widersprüchen gegen dieselbe zu würgen hat. Dann kann sie freilich immer in ihre Gesinnung sich zurückziehen. Aber sagen Sie, Exzellenz, ist es nicht traurig, sich mit dem: i η m a g n i s v o l u i s s e s a t e s t u.dgl. trösten zu sollen?

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Oder gar mit einer e s p è c e von Pharisäismus, daß man in einer so pessimistischen Welt doch wenigstens gestrebt habe, keiner ihrer Teufel zu sein? Nein, nein, die Ethik muß politisch, der Staat muß zum gegenständlichen Abbilde der Idee der Sittlichkeit werden. Nicht eine öde Legalität meine ich, in welcher der einzelne von dem Wesen sich getrennt fühlt, weil er in den Gesetzen sich nicht wiedererkennt, sondern ein Ganzes von Gesetzen, welche selbst moralisch sind, also mit uns in Einheit sein müssen. Ich gebe sehr gern zu, was S.102 gesagt wird: „Objektive Sittengesetze sind als Richtschnur für die einzelnen Handlungen unfruchtbar", sobald darunter die Modalität des singulären Falles in seiner unendlichen Variation verstanden wird. Aber Objektivität, welche dem einzelnen das Sittlichsein möglich und weiterhin notwendig macht, ist etwas anderes. Ζ. B. sagt der Verfasser S.104: „Darin, daß zu viel den Meinungen anderer blind gefolgt wird, finde ich überhaupt ein großes Übel." Sehr wahr. Wenn nun aber ein Staat keine Preßfreiheit hat, wenn er nicht bloß eine allgemeine Zensur, sondern dogmatische Instruktionen für die Zensoren hat, damit sie 1812 etwas anderes wahr sein lassen als 1843, so ist ganz sonnenklar, daß eine solche objektive Einrichtung zur notwendigen Folge haben muß, daß viele Irrtümer usf. bestehen bleiben müssen, nicht geprüft werden können. Ein Staat ohne Preßfreiheit will, daß man den Meinungen anderer sklavisch folge. So ungefähr würde ich mich an einem Beispiel deutlich machen, was ich mit der objektiven Ethik meine.// Ich könnte natürlich noch vieles an ein Buch anknüpfen, welches aus einer der edelsten Seelen hervorgegangen ist, wie man auf jeder Seite, in jedem Satze fühlt. Namentlich könnte man kritisch noch auf Ilerbarts und Schleiermachers Ethiken, sowie auf die ethischen Grundsätze der heutigen Sozialisten eingehen, welche alle Tugenden und Laster physiologisch als Gesundheit und Krankheit behandeln und ζ. B. dem Begriff der Armut und der Strafe dadurch ganz neue Beleuchtungen gegeben haben. (Der Verfasser steht solchen Ansichten oft ganz nahe, S. 75) Allein ich fürchte, schon zu weitläufig gewesen zu sein. Aber ich bin schon gewohnt, daß Sie, Hochverehrtester, mir vieles nachsehen. Mit innigster Ergebenheit Ew. Exzellenz gehorsamer Königsberg, d. 26. Dzbr. 1843 Karl Rosenkranz

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263. Dezember 1843 - 264. Januar 1844

263. An Leopold v. Henning Königsberg, d. 28.Dzbr. 1843 Hochgeehrtester Herr und Freund, aus Büchern, welche mir von Verlegern und Autoren noch immer mit der Bitte, von Zeit zu Zeit, zugeschickt werden, in den Berliner Jahrbüchern für w. Kritik eine Anzeige davon zu machen, schließe ich, daß mein Name noch immer auf dem Umschlagsblatt der Monatshefte als Mitarbeiter genannt sein mag. Da ich aber für kein Blatt mehr Kritiken schreibe, nicht einmal für das Königsberger Literaturblatt, - obwohl mir noch immer viel Kritiken, sogar andere Aufsätze auch in Zeitungen, zugeschrieben werden, die ich, der ich ein so absoluter Feind der Anonymität bin, geschrieben haben soll - so setzen mich solche Zumutungen immer mehr in Verlegenheit. Ich bitte Sie daher sehr, meinen Namen von der Liste der Mitarbeiter der Jahrbücher gefälligst streichen zu lassen. Mit herzlichen Wünschen zum neuen Jahr Ihr getreuer Karl Rosenkranz

264. An Rosalie Schönfließ Königsberg, den 14ten Januar 1844 (abends) Meine liebe Rosalie. Obwohl ich mir der - schuldlosen - Schuld bewußt war, durch Nichtantworten einen Brief von Ihnen noch nicht wieder erhalten zu haben, so bin ich doch durch Ihre Güte schon so verwöhnt, daß ich mich ordentlich verwunderte, wenn ein Tag hingegangen und kein Brief von Ihnen gekommen war. Denn ich denke täglich an Sie. Nur täglich? - nein, es scheint mir beinah', wenn ich zu Ihrem leidensvoll lieben Bilde zurückkomme, mir Ihr Lächeln vergegenwärtige, Ihre feine Stimme, Ihre Regsamkeit, Ihre Güte, sittliche Energie in mir vernehme - als dächte ich stündlich an Sie. Sie sind meine verborgene Nichtphilosophie. Wissen Sie aber, warum ich eigentlich nicht schrieb, obwohl ich auch hübsch zum neuen Jahre hätte gratulieren sollen? Ich bin in großer Verlegenheit wegen Ihres Dramas. Als ich Ihren letzten Brief empfing, war es den Tag zuvor schon nach Leipzig an einen Buchhändler abgegangen. Ich hatte einen andern Titel geschrieben: „Clara 1 oder die Frauenemanzipation." Clara ist zwar, Ihnen zufolge, nicht wichtig, das schadet aber gar nichts; es kommt bloß auf einen '

R. Schönfließ, Clara oder die Frauenemancipalion (1843/44). Proben in: Krüger, a. a. O. S. 585-91.

264. Januar 1844

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hübschen Namen an. Nun denke ich, lassen wir es auf das Urteil des Buchhändlers als auf eine Art Gottesgericht ankommen. Druckt er es, gut; tut er's nicht, grämen wir uns auch nicht. Daß Sie die Verfasserin sind, weiß er natürlich nicht. - Ich schreibe diesen Brief gewiß ganz konfus, weil ich jeden Augenblick unterbrochen werde und kaum zu Hause gekommen bin. Ich habe entsetzlich zu tun, um mit der Biographic wörtlich ins reine zu kommen; die Finsternis nahm auch mehr Zeit hinweg, da man doch nicht schon um 3 Uhr Licht anstecken wollte. Was den Somnambulismus betrifft, so ist mir seine Existenz nicht zweifelhaft, wenn man darunter einen Schlaf versteht, in welchem ein Kranker sich auf sich hinrichtet und seine Träume über sich etwa auch für andere ausspricht. Was aber die tiefe Weisheit des Somnambulismus angeht, so bezweifle ich sie. Vorhersagen von Krisen kommen in allen Nervenkrankheiten vor. Das Heilende im Somnambulismus ist hauptsächlich der Schlaf selbst. Die Mittel sind gewöhnlich der Art, daß man sagen kann: hilft es nichts, so schadet's nicht. In den Behandlungen durch den Magneteisenstein, dessen Sie sich bedient haben, so wie der Manipulation, ist das Wirksame teils die Polarität des Unorganischen, teils die organische Entgegensetzung des gesunden und kranken Menschen, die psychische Ansteckung des einen vom andern. Das Streichen aber hat immer etwas Beruhigendes, weil es eine periodische Wiederholung ist und eine jede solche etwas Kalmierendes enthält: das Schaukeln der kleinen Kinder, das Streicheln, jemand zu besänftigen, das Reiben der Stirn im Nachsinnen etc., sogar das Kämmen. Daß in Paris jemand bis nach Danzig hin soll eine Wirkung ausüben können, ist unmöglich; ebenso unmöglich, daß ein Somnambuler für die Krankheit eines anderen, der ihm nicht persönlich, sozusagen fleischlich nahe kommt, ein richtiges Mittel soll angeben können. So etwas ist ein Spiel der Phantasie. Gerade solchcr Geschichten werden freilich tausende erzählt; ein polnischer Baron besuchte mich vor ein paar Monaten, mir von einer Griseldis Narkowietsch in Grodno Wunderdinge zu erzählen, gegen welche der Umsturz der Mauern Jerichos durch Trompctenhall Kleinigkeit. Wäre dem Fräulein H. nicht der Zopf abgeschnitten und dadurch der Herd der Krankheit zerstört, so würden die Pariser nichts ausgerichtet haben. So aber hat sich nun sukzessiv der Organismus umgebildet. Die Berührung mit dem Arzt, der den Zopf abschnitt, war schon das erste Heraustreten aus der sozialen Vereinseitigung, sozusagen, aus dem hypcrindividuellcn Dunstkreise des langen Krankenlagers. Ihnen, teure Rosalie, würde wahrscheinlich, so sehr ich es natürlich wünsche, der Somnambulismus gar nichts helfen. Sie leiden weder an einer Muskulär- noch Zerebralirritation; der Krampf ist bei Ihnen sozusagen lokal durch die Plethora des Bluts.-

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265. Februar 1844

Ich habe einen großen Genuß gehabt. In den Ferien habe ich abends von 9 Uhr bis 11-12 Uhr Consuelo 1 von der George Sand gelesen und bin sittlich dadurch ungemein erhoben worden. Wegen der Geschichten für die Dienstmädchen übereilen Sie sich nur nicht; es kommt bei solchen Dingen nicht auf Jahre an. Ihrem wackern Herrn Schwager und seiner lieben Familie bitte ich mich bestens zu empfehlen. Ich muß leider nun abbrechen. Denn ich muß noch einmal weg - in Gesellschaft, wie man es nennt. Ach, wie ungern mache ich dies Wesen mit! Von den meisten Kreisen habe ich mich auch schon zurückgezogen, aber alles läßt sich doch nicht ablehnen und wäre auch nicht menschlich. Leben Sie wohl! Rosenkranz

265. An Heinrich Zschokke Königsberg d. 19. Februar 1844 Hochverehrtester Mann, mein alter Genthe hat mir eine unsägliche Freude gemacht. Er hat mir einen Gruß von Ihnen geschrieben. Ich bin so gerührt, so entzückt darüber, daß Sie so an mich denken, daß ich nicht umhin kann, Ihnen meinen innigsten Dank dafür zu sagen. Welchen Dank schulde ich nicht Ihnen mit Tausenden. Ihre grauen (oder schwarzen) Brüder 2 sind ein Hauptbuch meiner Knabejünglingszeit gewesen; Abällino 3 ; der Flüchtling von Jura 4 ; die Übersicht des Christentums auf dem Erdball 5 usw. usw. Bis zuletzt, noch diesen Winter, Ihr Goldmacherdorf, zwischen mir und einem hier in der Provinz lebenden Schriftsteller eine Diskussion angesponnen hat, speziell für die Dienstmägde und für die bei uns sogenannten Observaten (aus dem Gefängnis Entlassenen, unter die Aufsicht nicht bloß der Polizei, sondern eines Vereines Gestellten) ein ähnliches Buch zu schreiben. Aber Ihre schön einfache Volksmanier ist schwer zu erreichen, und wir haben bisher die gemachten Versuche immer verworfen. In der Spinnstube des Dorfes Dombrowken in Littauen ist das Goldmachcrdorf 29 mal gelesen und hat gute Früchte getragen. Früher reiste ich in den Ferien oft auf Landgüter um Königsberg: überall habe ich Ihre Schriften gefunden. Wie stolz war ich ' 2

3 4 5

G. Sand, Consuèto. Roman. Paris 1843. [Zschokke, Heinrich,] Die schwarzen Brüder. Eine abenteuerliche Geschichte von M. I. R. Erstes Bändchen Berlin und Frankfurt, o. J. [1791]. Zweites Bändchcn o. O. 1793. Drittes und leztes Bändchen Leipzig und Frankfurt/O. 1795. H. Zschokke, Abällino der große Bandit. Von Ihdz. Frankfurt und Leipzig 1794. H. Zschokke, Der Flüchtling im Jura, in: Bilder aus der Schweiz. Th. 1 [von 3]. Aarau 1825. H. Zschokke, Darstellung der gegenwärtigen Ausbreitung des Christenlhums auf dem Erdball. Aarau 1819.

266. [vor dem 1. März 1844] - 267. April 1844

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dann, mich auch als Ihren Verwandten nennen und wenigstens Theodor und Emil als solche nennen zu können, die ich gesehen! Ach, warum bin ich hier so abgesperrt, sonst würde ich eilen, Ihnen persönlich meine Hochachtung, Dankbarkeit, Liebe zu bringen. Gott erhalte Sie der Welt noch lange zum Segen! Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

266. An Rosalie Schönfiieß, o. D. [vor dem 1. März 1844] 1

267. An Immanuel Hermann Fichte Königsberg d. 2. April 1844 Hochgeehrtester Herr Kollege, der Minister Th. v. Schön ist eigentlich die Veranlassung, daß ich Ihnen schreibe. Er ist jetzt beschäftigt, seine Memoiren zu schreiben; bei dieser Arbeit hat er sein Verhältnis zu Ihrem Vater berühren müssen, mit dem er innigst befreundet gewesen. Er hat, was noch von Briefen übrig, gesammelt. Ich habe diese Briefe gelesen. Sie legen für Fichte das herrlichste Zeugnis ab, aber auch für Schön sind sie ein ruhmwürdiges Denkmal. Fichte erkannte in ihm sogleich den bedeutenden Menschen „von großem Talent, nicht gewöhnlichen Kenntnissen und reinen Sitten, von dem einst alles zu erwarten". Die Briefe betreffen vorzüglich Königsberg und den Hauslehreraufenthalt zu Krockow 2 bei Danzig. Nachher sind die Briefe teilweise verloren. Der letzte betrifft Fichtes Weggang von Jena nach Osmannstädt 3 bei den Studentenunruhen. Späterhin ha[ben] Fichte und Schön sich hier in Preußen wieder persönlich gesehen und gesprochen. Ich habe Schön um die Erlaubnis gebeten, Sie, den Biographen Ihres von ihm mit Inbrunst verehrten Vaters, von diesem Verhältnis in Kenntnis zu setzen und zugleich anzufragen, ob Sie vielleicht in Fichtes Nachlaß Schöns Antworten vorgefunden haben, was Schön bezweifelt, indem er meint, Fichte hätte die Briefe verbrannt. Fichtes Briefe an ihn will er in den Urkunden zu seinen Memoiren drucken lassen. Sollten Sie Schöns Briefe vorfinden, so würde eine Mitteilung derselben s u b l e g e r e m i s s i o n i s dem Minister sehr willkommen sein, sich diese Entwicklungsepoche seiner Jugend noch deutlicher vorzuführen und habe ich den Auftrag, Sie in seinem Namen 1 fy 3

Erwähnt in: Krüger, Theodor [Hrsg.], R. S. Ein ostpreuß. Charakterbild mit einer Einleitung v. Karl Rosenkranz. Gumbinnen 1860, S. 600. J. G. Fichte war 1791-92 Hauslehrer in Krakow bei Danzig. In Jena versuchte Fichte die Studenlenorden aufzulösen, was zu Protesten gegen ihn führte und er 1795 das Sommersemester in Oßmanstedt verbrachte.

322

267. April 1844

ergebenst um eine Auskunft zu ersuchen. Damit Sie aber ungefähr sehen, auf wel//chem Fuß die Freundschaft beider Männer (welche sich ganz zufällig an der t a b l e d ' h ô t e eines Speisehauses kennenlernten) sich ursprünglich etablierte, gebe ich Ihnen hier die Abschrift des ersten Briefs von Fichte an Schön, als er nach Danzig abzureisen im Begriff war Guter, Lieber, Teurer, Sie merkten es nicht, wie mir mein Herz diesen Morgen schwer ward, und ich es unterdrückte. Sie merkten nicht, daß es Abschied auf lange Zeit vielleicht war. Aber Abschiednehmen von wirklich geliebten Personen ist mir das traurigste Geschäft; drum umgeh* ich's, wo ich kann. Sie wurden mir sehr lieb, und ich betrachte Ihre Bekanntschaft, und ich darf - ich kenne Ihre Gesinnung gegen mich recht wohl - hinzusetzen, Ihre Freundschaft als eine der merkwürdigsten und glücklichsten Begebenheiten meines Lebens. Seien Sie meines Andenkens und meiner Liebe gegenwärtig und schenken Sie mir die Ihrige. Ich setze die Korrespondenz mit dem Hause des Herrn Hofpredigers fort. Mittelbar können Sie durch Herrn Bräunlich alles an mich bringen. Auch Sie sollen von mir nächstens Nachricht haben. Grüßen Sie bei Böhn, wer sich meiner erinnert. Leben Sie wohl, recht wohl. Kgbg. d. 26. Dezember 1791

Ihr inniger Freund Fichte

Lassen Sie mich noch meinen Dank für die tapfern, edlen Worte aussprechen, welche ich in dem letzten Heft Ihrer Zeitschrift über die Freiheit und Rücksichtslosigkeit der philosophischen Forschung gelesen habe. Solche Stimmen tun uns not, denn es ist sichtbar genug, daß die retrograde Partei gar keine Philosophie, nur Dogmen und Kritiklo//sigkeit will. Auch was Sie über die sozialen Probleme sagen, ist ganz meine Ansicht. Der Dualismus der Meinungen, mehr aber noch der offenen und heuchlerischen, der uneigennützigen und eigensüchtigen Gesinnung hierselbst ist sehr drückend. Aber - nähmest Du Flügel der Morgenröte und flögest an Europas äußersten End, wo fändest Du ihn nicht! Sie werden auch keinen Mangel daran haben. Mit aufrichtiger Hochachtung Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

268. April 1844

323

Herrn Professor Or .Fichte frei Tübingen

268. An Karl August Varnhagen v. Ense Königsberg, d. 2. April 1844 Hochgeehrtester Herr und Freund, es hat mir unendlich wohlgetan, von Ihnen ein so freundliches Lebenszeichen zu erhalten. Der pp. Keith 1 ist zwar noch nicht angelangt, aber zum voraus sei Ihnen mein bester Dank dafür gesagt. Wie erfreuet mich Ihre warme Teilnahme für meine Biographie Hegels! Möchte ich doch Ihre Erwartung nicht ganz täuschen. Sie und Rahel kommen auch mehrfach in dem Buche vor, von welchem Sie gleich nach seiner Vollendung ein Exemplar erhalten werden. Sie, Varnhagen, Sie sind dann der Mann, auf dessen Urteil ich als das zuverlässigste in dieser Ihnen so heimischen Sphäre der Biographik besonders rechne! Möchten Sie dabei zur Entschuldigung meiner Mängel im Auge behalten, daß ich ein Leben ohne Schicksale und Taten zu beschreiben gehabt habe. An D r . Jungs Blatt kann auch ich leider mich nicht recht beteiligen, weil mir die Zeit dazu fehlt und ich überhaupt die kritischen Arbeiten satt habe. Ich lechze nach Systematik und habe diesen Winter, nun zum zweiten Mal, mit großer G e n u g t u u n g für mich und zum Teil auch für m e i n e Zuhörer, Naturphilosophie gelesen, von welchen Vorträgen ich einige aus der Einleitung dem Jungschen 2 Blatt, f a u t e d e m i e u x , habe einverleiben lassen. Wie vorteilhaft zum Arbeiten Königsberg sei, so ist es doch für einen unbemittelten Gelehrten sehr ungünstig gelegen, Reisen zu machen. Ich sehne mich nach 6 Jahren ununterbrochener Anstrengung sehr nach einer Erholung aber umsonst; meine Frau, die ganz von Ihnen bezaubert ist, geht mir in dem hiesigen Klima zugrunde, und es ist ein entsetzliches Gefühl für mich, dies kaum ändern zu können, wenn ich sie auch diesen Sommer wieder in ein Bad nach Böhmen oder Schlesien schicke. Wir haben den ganzen Winter keine Gesellschaft gegeben. Wir sollen dies Jahr das dreihundertjährige Jubiläum 3 der Universität feiern. Da der König und Eichhorn 4 zu demselben herkommen, so wird es sehr dumm 1 2

3

4

K. A. Varnhagen von Ense, Das Leben des Feldmarschalls Jacob Keilh. Berlin 1844. K. Rosenkranz, Eine Einleitung in die Naturphilosophie. Aus den Vorlesungen von K. R. an der Albert-Univ. im Winter 1843, in: Königsberger Literaturblatt 1844, Nr. 14, 16, 17, 19. Die Jubiläumsfeiern wurden vom 28. Aug. - 31. Aug. 1844 abgehalten. - Am 10. Sept. 1840 fand in Königsberg das Huldigungsfest anläßlich der Inthronisicrung Königs Friedrich Wilhelm IV. statt. Anläßlich der Universitätsfeierlichkeiten hielt Eichhorn am 25. August 1844 eine Rede, in der er u. a. erklärte, daß die individuelle Lehrfreiheit, insbes. der Lehrvortrag in der Philosophie

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268. April 1844

und stumm dabei - wenn auch mit großem äußerem Getue und heuchlerischer Ostentation hergehen. Den König als unsern Rektor und als einen Mann von generösen Impulsen, von Phantasie, gutem Willen hätten sie schon gern - aber der Minister hat sich hier gar keiner a u r a p o p u l a r i s zu erfreuen, denn die Begeisterung der Pfaffen für ihn ist ein Werk berechnender Eigensucht. Man scheint auswärts, auch in Berlin, die Vorstellung zu haben, als würde Königsberg 1844 eine neue Auflage von dem Jahr 1840 - irgendwie - machen. G r a n d e i l l u s i o n ! Es wird gewiß nicht der Mühe wert sein herzukommen. Die Regierung fürchtet den Zusammenfluß so vieler Menschen und scheint absichtlich das Fest zu vernachlässigen, denn direkt hat der König uns bis jetzt nicht einmal die Erlaubnis dazu erteilt, so daß wir noch keine Einladungen haben können ergehen lassen. Nur an das Generalkommando ist die Nachricht gekommen, daß er an einem der Festtage hier sein werde. Ich stehe seit einigen Monaten mit Paris in lebhaftem Briefwechsel wegen eines großartigen eigentümlichen Unternehmens, die Philosophie Deutschlands und Frankreichs zu nähern und auszugleichen, und oft wandelt mich die Versuchung an, ob ich nicht auf nächsten Winter ganz nach Paris bis Frühjahr 1845 gehen sollte, da ich hier ganz zu kleinstädtisch werde. Glauben Sie, daß ich Urlaub erhalten würde? Ich habe 11 Jahr hindurch niemals ein Semster verabsäumt, sondern regelmäßig zwei bis drei Vorlesungen gehalten. - Sobald jene e n t r e p r i s e völlig konstituiert und das P r o g r a m m e gedruckt ist, sollen Sie näher unterrichtet werden. Es ist ein M r . I c h é und M r . Α ν r i 1, ein sehr liebenswürdiger Mann, und vor allem der D r . G o l d s t ü c k e r , welche jenen Riesenplan gefaßt haben. I c h é und A v r i l werden sich als die r é d a c t e u r s e n c h e f nennen. Diese A n n a l e s philosophiques d e l ' A l l e m a g n e & d e l a F r a n c e 1 sollen absolut versöhnend, über allen Parteistreit erhaben, Arbeiten der verschiedensten Richtungen aufnehmen. Die Geldkräfte sind bedeutend. Ihre mild-piquanten Urteile über die neuesten Vorgänge in Berlin unterschreibe ich gern - oder, wie Sie wollen - auch sehr, sehr ungern, denn wer wünschte nicht, daß die Regierung mehr Vertrauen und Offenheit zeigte. Wenn Sie nach England schreiben, so würde es mich beglücken, wenn Sie der verehrten Fräulein M i s s C h a r l o t t e W y n n 2 meine Hochachtung und Ergebenheit bezeigen wollten. Vielleicht auch meine Dankbarkeit. Mein Buch über Schelling ist in dem einen R e v i e w sehr günstig beurteilt. Ein in ihrer Anwendung auf das Leben auf Grenzen stoße. Teilabdruck der Rede in: Wigand's Vierteljahrsschrift, 4. Bd., S. 294ff. Leipzig 1844. 1 Der Plan ist nicht verwirklicht worden. 2 Wynn, Charlotte Henriette Williams (1807-1869), Tochter des englischen Ministers Charles W. W. Wynn (1775-1850). Ch. Wynn stand mit Varnhagen in brieflichem Kontakt und zeigte sich sehr interessiert an den Arbeiten Rosenkranz', insbesondere an der Biographie Hegels und an Arbeiten über Schelling. Vgl. ihre .Extracts from letters and diaries of Ch. W. W.' London 1871.

2 6 9 . [vordem 30. April 1844] - 270. Mai 1844

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Freund in Paris hat mir eine Abschrift des Urteils geschickt, daß ich nicht sogleich finden kann, Titel und Nummer bestimmt anzugeben. Ich dachte aber mit süßem Herzklopfen daran, ob ich eine so schmeichelhafte Behandlung nicht meiner philosophischen Gönnerin schuldete. Seit ich C ο η s u e 1 o und das Königsbuch Bettinas 1 gelesen, habe ich mir für meine näheren Bekannten die Abschiedsworte angewöhnt: Der Teufel sei mit Ihnen! Vielleicht hilft das nach dem Glauben der Hussiten zur Erlösung. Mit treuer Ergebenheit Ihr Karl Rosenkranz Mündt 2 hat sich j a eine ganz neue imposante Stellung gegeben; der Geist fängt an, die Universitätseinpferchung zu fliehen und dem allgemeinen Publikum sich zu widmen. (Haben Sie schon mein Bild mit dem verkrümmten Arm irgendwo in Berlin hängen sehen? Sehr fatal - das - ) Noch eine Frage: wer ist denn eigentlich der Herr Merz 3 , der als Vorkämpfer Schellings in der Augsburger mich so schändlich angegriffen? Wo lebt er? Und wie hat man in Berlin dies Schimpfen aufgenommen?

269. An Rosalie Schönfließ, o. D. [vor dem 30. April 1844] 4

270. An Friedrich Wilhelm Schubert 14. Mai 1844 [Anläßlich der Universitätsfeiern befürchtete man Spannungen zwischen der Universität und der Regierung. Rosenkranz bat Schubert, den Prorektor Burdach davon abzuhalten, an Friedrich Wilhelm IV. zu schreiben, da er im Kollegium öffentlich erklärt habe, ein Schreiben sei zu empörend, darauf zu antworten. Anders würde seine Amtsführung, bei der vorhandenen Spaltung unter den Professoren, zu stark mit dem Odium der Zweideutigkeit, Furcht und Liebedienerei belastet sein.]

1 2 3

Bettina v. Arnim, Dies Buch gehört dem König. 2 Bde. Berlin 1843. Mündt hielt Vorlesungen über die sozialistischen Systeme. Merz, Julius ( - 1 8 6 3 ) , Buchhändler u. Schriftsteller. M e r z ' Aufsatz .Rosenkranz und Schelling' erschien in der Beilage zu den Nr. 10, 11 u. 12 der Augsburger Allg. Ztg 1844. I: 118ff. Erwähnt in: Krüger, Theodor [Hrsg.], R. S. Ein ostpreuß. Charakterbild mit einer Einleitung v. Karl Rosenkranz. Gumbinnen 1860.

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271. Juni 1844

271. An Karl August Varnhagen v. Ense Königsberg, d. 23. Juni 1844 Wie wär' es möglich, eine so freundliche Teilnahme als die Ihrige an meinem Werk, nicht sogleich mit dem fürwahr aufrichtigsten Dank zu erwidern. Lassen Sie mich zugleich noch einmal für alles danken, was durch Sie mir für dasselbe mitgeteilt worden. Sie werden an Ort und Stelle im Buch es finden. Wenn ich im letzten Brief mein Verlangen nach Ihrem Urteil aussprach, so meinte ich damit nur zunächst ein privates. Ein öffentliches von Ihnen, und zumal in der Augsburger, wird mir unschätzbar sein. Ich hatte mir nicht Hoffnung darauf gemacht, da Sie seit einiger Zeit zu meinem Leidwesen so angegriffen. Die Inskription bitte ich zu entschuldigen 1 . Dem Könige gebe ich kein Exemplar, da er mir für die Widmung und Übersendung Kants nicht einmal gedankt hat. Für den Minister habe ich ein Schreiben schon vor Wochen e v e n t u a l i t e r anDunckergeschickt. Ihr Universitätsjubelkuriosum 2 wird sich vielleicht schicklich einbringen lassen. Auch dafür meinen Dank. Hegel schreibt Eisner3. Sie haben aber ganz Recht, es kann nur Ölsncr sein ( v i d e Zschokkes Selbstschau), ist mir aber nicht ein[ge]fallcn. Über Sinclair kann Geh. Rat Schulze viel mitteilen. Bei ihm verbrannten Hegels Briefe an Sinclair. Wie oft habe ich bei meiner Arbeit Ihrer gedacht, wie nach Ihrem Urteil als nach einer meiner besten Belohnungen hingeschielt! Möge auch des Buches fernere Lektüre Sie nicht unbefriedigt lassen, damit Sie von Ihrer günstigen Meinung nicht zurückkommen Ursach haben, sondern sich eher darin befestigen. Nachdem ich voriges Jahr in einer eigenen Schrift mich über Schelling ganz bestimmt erklärt, durfte ich ihn hier wohl so nehmen, wie Hegel selbst ihn immer genommen. Mit den herzlichsten Wünschen Ihr ergebenster K. Rosenkranz Die Vorrede glaubte ich der augenblicklichen Situation der Schule schuldig zu sein. 1 2

3

Auf dem Titelblatt standen die Worte „Im Namen des Verfassers die Verleger". Varnhagen übersandte Rosenkranz ein Blatt in franz. u. deutscher Sprache zum 200jährigen Universitätsjubiläum. Der Publizist u. Legationsrat Konrad Engelbert Oelsner. Ros. druckte einen Brief Hegels an Schelling vom 24. Dez. 1794 in der Biographie ab (S. 65), in dem Hegel auf ein Werk Oelsners und ein Treffen mit ihm zu sprechen kommt. - Zschokke, der ihn in der Schweiz kennenlemte, ging mit ihm 1796 nach Paris. Er erwähnt Oelsner in seiner .Selbstschau' Bd. 1, S. 6 7 , 6 8 , 7 0 .

272. Juli 1844

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272. An Friedrich Ludwig Andreas Dorguth Königsberg, d. 16. Juli 1844 Hochgeehrtester Herr und Freund! Ich lese seit mehren Tagen den zweiten Teil des Schopenhauer 1 , den Sie, nach Ihrem letzten Brief zu urteilen, in Magdeburg weit früher gehabt haben. Ich habe den größten Genuß von diesem Buche, worin so viel Geist, Erkenntnis, Witz eigenartiges Anschauen ist. Das Schimpfen auf Fichte, Schelling und Hegel irrt mich so wenig, als die Hypostasierung des Begriffs Wille. Auf einer gewissen Höhe der philosophischen Bildung wird man gegen alle solche Streitigkeiten ganz gleichgültig, wiewohl das Zusammentreffen des Philosophierens in einem Menschen mit dem Umstand, daß er zugleich Beamter der Philosophie, daß er Professor an einer Universität ist, die Reizbarkeit länger wach erhält. Es entsteht eine Gewohnheit der literarischen Berücksichtigung, weil die ganze Atmosphäre, worin man lebt, mit solchen Bezüglichkeiten erfüllt ist. Aber ich habe es mir geschworen, alle nominelle Polemik, überhaupt alle Kritik einmal ein Dezennium hindurch ganz ruhen zu lassen und nur positive Arbeiten zu machen. Wie bereue ich meine Entgegnung an Herrn Exner 2 ! Hätte ich diesen Aufwand doch ganz unterlassen, besonders (was auch Ihnen die Aufnahme schwieriger macht) den Witz, denn das müssen Sie doch sagen, daß die Majorität der Leser heutzutage den Witz in der Philosophie gar nicht goutieren kann 3 . Auch meine Vorrede zu Hegels Leben verwünsche ich bereits. Aus dem Persönlichen kommt wieder nur Persönliches, nichts für die Sache heraus. Was nun Schopenhauer angeht, so ist mir klar, daß Sie wie ich, da wir aller Schulfuchserei gram sind und den Witz lieben, ihm in den meisten // Einzelheiten, in den Detailbegriffen, beistimmen werden. Hier ist er scharf, treffend und schreibt auch vorzüglich, so daß mir sein Buch unter dem heutigen Jargon der philosophischen Broschüren und Journale, die ich freilich kaum noch umblättere, eine wahre Erquickung ist. Aber ich finde mich doch nicht befriedigt, denn so wahr seine Charakteristik des Lebens von ihrer negativen Seite her ist, so scheint mir doch die affirmative gegen sie unlogisch

2

3

1844 erschien eine zweite vermehrte Auflage von Schopenhauers ,Die Welt als Wille und Vorstellung'. Zum Verhältnis Rosenkranz-Schopenhauer vgl. den Aufsatz R k . ' ,Zur Charakteristik Schopenhauer's,' in: Deutsche Wochenschrift, 1854, Heft 22, S. 673-84 und seine Äußerungen über Schopenh. in .Hegel als deutscher Nationalphilosoph' (1870). Nach dem Erscheinen der .Charakteristik' äußert sich Schopenhauer nur noch negativ über Rosenkranz. Der Herbartianer Franz Exner, 1832 o. Prof. in Prag, 1848 Ministerialrat in Wien, Anhänger der Herbartschen Philosophie, schrieb eine Kritik der .Psychologie der Hegeischen Schule' (1842), in der er u. a. die Psychologien Erdmanns und Rosenkranz' scharf verurteilte. Rosenkranz' Entgegnung in der 2. Auflage seiner „Psychologie" S. 365-430 u. d. T. .Widerlegung der von Herrn Dr. Exner gegebenen vermeintlichen Widerlegung der Hegel'schen Psychologie'. Rosenkranz schreibt „können".

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herabgesetzt. Er bringt ein Plus der Negation der Weltexistenz heraus, oder vielmehr er beruft sich auf eines jeden Erfahrung, daß es so sei. Das nenne ich unlogisch, denn das Negative und Positive müssen Korrelate sein und ich halte dafür, daß Leiden und Tun, Leben und Tod, Entbehren und Genießen, Erzeugen und Zerstören, Wehe und Wohl usf. an und für sich in der Welt proportioniert sind, was die Franzosen die Lehre von der Kompensation nennen. Nur nehme ich an, daß schon innerhalb eines jeden Individuums (zu Mensch, Familie, Gemeinde, Staat, Volk) dieses Gleichgewicht sich realisiert, nicht aber erst eines Jenseits' bedarf. Denn existiert ein solches für den Menschen, so müssen ja alle Bedingungen des Daseins darin so total verändert sein, daß sein bisheriges Dasein zu demselben der Empfindung nach verhältnislos ist. Ferner finde ich, daß Schopenhauer den Willen zum Leben doch immer nur von Subjekten aussagen kann, meinetwegen bis zum Kristall herunter. Aber die unorganische, elementarische Natur - wie ist es mit dieser? Was macht die Astronomie mit dem Willen zum Leben? Ferner finde ich es ungeheuer bequem, Wille und Intellekt so zu sondern, daß man sie wie zwei Ehegatten agieren läßt, von denen der eine // im Hauswesen die konstante, der andre die variable Seite repräsentiert. Mir kommt es vor, als ob Schopenhauer hierdurch in alle die Gemeinplätze zurückgesunken wäre, welche uns das vorige Jahrhundert über Herz und Kopf, Gemüt und Verstand, Wärme und Licht aufgetischt hat. Sch. hat diese Gemeinplätze geistreich aufgefrischt, aber das benimmt ihnen nichts von ihrer Plattheit. Auf die Einheit des Theoretischen und Praktischen, auf die Realwurzel, aus denen beide entspringen, muß zurückgegangen werden. Sch. nennt einmal selbst das Ich als das r h i ζ o m a , allein weil er Fichte gar nichts zugestehen will, springt er bald ab. Nun verfällt er in die grellsten Widersprüche, indem er, obwohl der Wille zum Leben das sich stets Gleiche sein soll, doch die Erkenntnis des Elends des Lebens zum Medium macht, den Willen zum Leben nicht mehr zu wollen. Ist dies möglich - und an der Sache zweifle ich gar nicht - so ist dieser negative Wille, als vom Denken ausgehend, unstreitig stärker als der unmittelbar positive Wille zum Leben; folglich ist das Denken, da es den Willen zur Antithese gegen sich, zur Selbstnegation zu bestimmen vermag, dem Begriffe nach das Ρ r i u s des Willens. Ja, S. 68 sagt Sch. selbst, daß Gedanken dem Menschen eingeimpft werden können, die nachher so fest und durch keine Belehrung zu erschüttern, haften, als wären sie angeboren - und leitet nachher selbst die kolossalsten Phänomene der Weltgeschichte aus diesen Vorstellungen ab; d. h. er gibt zu, daß Abstraktionen den Willen bestimmen können, daß er nicht schlechthin nur unmittelbar determiniert ist. Für ganz vorzüglich halte ich, was er über den Geschlcchtstrieb sagt, dem die // Ethik noch immer vorbeischleicht! Auch Sie haben schon darauf hingewiesen. Daß er bei seiner Freisinnigkeit mit seiner Lehre vom P e s s i mi s -

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m u s der Welt und von seinem indischen Büßertum dem hierarchischen Kirchenwesen bis zum Zölibat hin Vorschub leistet, tut mir ordentlich leid.

Der Verfasser der Ethik nach dem Einheitsprinzip ist der Präsident zu Marienwerder.

Fälleborn1

Ich selbst, verehrter Freund, befinde mich in einer kritischen Lage. Meine Biographie Hegels hat mich dermaßen mit seinem System einstweilen fertig werden lassen, daß ich mehr als je das innigste Bedürfnis fühle, einmal die Probleme ganz nackt und unhistorisch, ohne alle Relation zu gegebenen Philosophien durchzudenken. Aber dazu möchte ich auch gern eine andre Umgebung haben und besonders das Dozieren eine Zeitlang unterlassen können. Ich bin fest überzeugt, eine Menge Verschrobenheiten in der Philosophie werden durch die Kathederwirtschaft erzeugt und fortgepflanzt. Die Stunde schlägt, die Studenten sitzen da, der Herr Professor soll den Vortrag halten; er soll für Stipendien, Prüfungen usf. sich einrichten e t c . Da wird dann die Trivialität, die Breite, die Anmaßung, die Rechthaberei genährt, und besonders wird zu viel von den bei den Regierungen, bei den Höfen gerade beliebten Ansichten eingemischt. Habe ich doch erlebt, daß mein Kollege, der Herbartianer Taute, vorigen Sommer meine Philosophie dem Ministerium förmlich denunzierte und ihm seine Philosophie als eine für die christliche Theologie höchst ersprießliche anbot. Meine Stärke ist die Richtung auf das Systematische und natürlich liegt hier auch meine Schwäche: Erschleichungen, falsche Übergänge, sanguinische Kombinationen. Hilft aber alles nichts. Ich muß mein architektonisches Talent in seiner Einseitigkeit sich allmählich versuchen lassen. Es ist die Art, wie ich etwas tun kann. Leben Sie wohl, Sie, der in Magdeburg wohl alleine mit der Philosophie sich beschäftigt. Ihr ergebenster K. Rosenkranz

'

Fülleborn, F. L., Grundzüge einer Ethik nach der Einheilsichre. Diese Schrift konnte bibliographisch nicht nachgewiesen werden.

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273. September 1844

273. An Immanuel Hermann Fichte Königsberg, d. 19. September 1844 Hochgeehrtester Herr und Freund! Ihr werter Herr Kollege, Professor Mohl, ist mit einem Mal wieder verschwunden gewesen, nachdem wir Professoren, nach dem großen Wirrsal der öffentlichen Feierlichkeiten, ihn noch p r i v a t i m zu genießen hofften. Als ich ihn zu mir einladen ließ, war er schon mit dem Dampfboot fort und tags zuvor fand ich ihn nicht zu Hause, so daß ich ihn immer nur im t r o u b i e gesehen habe. Er hat bei uns, wie auch der Philosoph Hoffmann aus Würzburg und Bobrik aus Zürich, einen sehr angenehmen Eindruck hinterlassen und werden wir uns der Ehre, diese Männer als Gäste gehabt zu haben, stets mit Dank und Freude erinnern. Sie haben die Güte gehabt, mir durch Herrn Mohl das neueste Heft Ihrer Zeitschrift 1 zu übersenden, worin Sie bereits mit Ihrem unablässigen Fleiß meines Lebens Hegels gedenken und wieder einen Beweis Ihrer aufrichtigen Wahrheitsliebe gegeben haben, indem Sie zugestehen, daß doch in Hegel eine primitiv von Schelling spezifische Auffassung des Idealismus sichtbar sei. Was Sie sonst noch bemerken, finde im ganzen richtig. Was mich selbst aber anbetrifft, so halte ich es für einen Irrtum, wenn Sie glauben, ich lebte so in aller Unschuld über die philosophische Debatte des Tages dahin. Innerhalb der Biographie habe ich den apologetischen Standpunkt festhalten zu müssen geglaubt; doch habe ich ihm wenig Raum gegönnt; die Kontroverse über die Probleme schien mir für die Biographie nicht geeignet. Was ich in der Vorrede sage, ist allerdings eristisch, aber auch mit Bedacht ganz vom Hegeischen Standpunkt aus. Doch scheine ich einem Ungenannten in Schweglers Jahrbüchern 2 auch mit meinen wenigen Reflexionen noch zu viel getan zu haben, und er wirft mir sogar in der Schreibart Mangel an Einfachheit vor, während ich wirklich nicht weiß, wie ich mich schlichter, sachlicher hätte ausdrücken können. Simplizität - und Trivialität sind freilich noch zweierlei. Mitunter sollte man aber fast auf den Argwohn kommen, daß nur die letztere gegenwärtig auf Anerkennung rechnen dürfe. Die Tagesfragen oder, wie Sie sagen, die Streitphilosophie ist von mir früherhin nicht nur in den Kritiken über Strauß u. a. begleitet worden, sondern ich habe ihr noch in den Vorlesungen über Schelling und in der Entgegnung an Herrn Exner, in der zweiten Auflage meiner Psychologie, ein Opfer gebracht. Aber ich bin diese Art des Kampfes müde. 1

2

I. H. Fichte, Zur Charakteristik Hegels. [Rez.] G. W. F. Hegel's Leben, beschrieben von K. Rosenkranz. Supplement zu Hegel's Werken. Berlin 1844, in: Zschr. f. Philosophie u. speculative Theologie. Bd. 12, Tübingen 1844, S. 295-311. Anon. [Alb. Schwegler] [Rez.], H e g e l ' s Leben von Rosenkranz, in: Jahrbücher der Gegenwart. Heft 5, S. 674-688. 1844.

273. September 1844

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Mein ganzes Sinnen und Trachten ist jetzt auf positive, wo möglich systematische Leistungen gerichtet. Mit der Biographie Hegels glaube ich eine zweite Periode meiner Bildung beschlossen zu haben. Meine erste war eine produktive, aber auch sehr leichtsinnige, wie ich nicht leugnen will. Meine Produktion war wesentlich konstruktiv (deutsche Poesie im Mittelalter, Naturreligion, theologische Enzyklopädie), oft höchst glücklich, neu, tiefgreifend, allein hasardierend, überschnell befriedigt e t c / / Durch meine Teilnahme an den Berliner Jahrbüchern entwickelte sich in mudas Talent der Kritik, namentlich für die Gebiete der Kunst und Religion. Die hiesige kritische Atmosphäre, die Notwendigkeit, mich auf meiner isolierten Kulturscholle im bestimmten Bewußtsein über die Entwicklung Deutschlands zu erhalten, steigerte meine kritische Tätigkeit. In den Arbeiten über Kant, Schelling, Hegel hat sich diese nun ersättigt. Inzwischen habe ich teils in meinen mündlichen Vorlesungen, teils in einzelnen kleinen Abhandlungen (in den Studien) angefangen, die Philosophie weiter zu bringen, allein ganz positiv. Ich wundere mich daher, wenn man mich für einen Hegelianer vom Jfahre] 1830 ausgibt, denn ich kenne wohl, gerade als der Biograph, die wunden Stellen des Hegeischen Systems am meisten und habe übrigens schon früher in den Kritiken über Hegels Ästhetik, Weltgeschichte usw. gezeigt, daß ich nichts weniger als ein Blindgläubiger bin, was mir damals von Hotho und Bayrhoffer sehr übel genommen wurde. Aber jetzt erst spüre ich, daß ich eine größere Freiheit gewonnen habe, die mir das bestimmtere Bewußtsein meiner philosophischen Bedürfnisse möglich machte. Namentlich habe ich eine ganz andere und doch, wie ich hoffe, der Methode nach echt Hegeische Naturphilosophie i n p e t t o . Doch mit solchen Arbeiten ist nur nach jahrelangem Umwerfen, Umschreiben, Prüfen herauszurücken, und so sehe ich denn nach außen hin einer gewissen Stockung entgegen, während welcher ich in der Fortsetzung meiner Studien nur kleine, peripherische Nebenarbeiten, Ausläufer der zentralen Massenerhebung meiner Ideen veröffentlichen werde. I η t u s v e r o f e r v e t o p u s . - Diese Situation, verehrter Freund, ist auch der Grund, warum ich Ihrer Zeitschrift noch keinen Beitrag habe schicken können. Ihr Vertrauen zu mir aber ist mir höchst ehrenvoll. D r . Jung wird Ihnen selbst schreiben und geht, glaube ich, damit um, Ihnen eine Abhandlung zu schicken. Über Schelling und Hegel noch ein Wort zu schreiben, möchte man übrigens verwünschen. Der unselige Rechtshandel über Mein und Dein mischt sich wie ein schadenfroher K o b o l d in alles. Da lese ich in der A u g s b u r g e r Z e i t u n g 1 , daß eine deutsche Zeitung, es wird aber nicht gesagt welche, 1

Zur Schelling'schen Philosophie, in: Beil. Nr. 343 vom 29. Aug. 1844 der Augsb. AUg. Ztg. Tatsächlich hatte Hegel die Magister-Dissertation ,de limite officiorum humanorum seposita animorum immortalitate seclioncm priorem' nur in der Disputation im August 1790 verteidigt. Sie stammte aus der Feder von August Friedrich Bökh ( 1 7 3 9 - 1 8 1 5 ) , der seit 1767 ao. Prof. u.

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274. Oktober 1844

bewiesen habe, wie die Abhandlung über die Pflichten des Menschen, s e p o s i t a a n i m a r u m i m m o r t a l i t a t e , gar nicht von Hegel, sondern von Professor Bökh, dem Präses der Disputation, sei. Das habe ich aus dem Titel nicht entnehmen können. In Tübingen muß man das ja ganz genau wissen, und wenn der 2te Teil etwa in einer andern Dissertation, e o d e m B o e k h i o ρ r a e s i d e , vorhanden ist, so wäre das der beste Beweis. Oder es müßte auch bewiesen werden können, daß bei Erlangung des Magisteriums die Promovenden nicht selbst Abhandlungen geschrieben hätten, was aber ζ. B. bei Schelling bestimmt nicht der Fall war. Mir scheint die Abhandlung ganz gut mit dem zu stimmen, was in dem urkundlichen Anhang unter der Kategorie: Szene des Todes 1 , mitgeteilt worden. Natürlich, - ist diese Abhandlung authentisch nicht von Hegel, so fällt mein ganzes Raisonnement darüber zusammen. Bitte, lieber Kollege, sehen Sie doch einmal in den Akten der Fakultät nach und geben Sie entweder mir brieflich (versteht sich auf meine Kosten) Nachricht oder machen Sie einen kleinen Artikel für Ihr Journal daraus. Sie allein sind hier kompetent. - Empfehlen Sie mich dem Herrn Prof. Mohl und erhalten Sie Ihre Freundschaft Ihrem ergebensten Karl Rosenkranz Ein glorioser Moment bei dem Feste war es, als wir vor Kants Haus im Zug durchgingen und auch die Pfaffen den Hut abnehmen und v i v a t rufen mußten!

274. An Friedrich Ludwig Andreas Dorguth Königsberg, d. 14. Oktbr. 1844 Hochgeehrtester Herr und Freund, so geht es mit der Kritik! Ich sehe, daß je länger Sie den Schopenhauer sezieren, Sie immer mehr mit ihm disharmonisieren werden, so große Befriedigung er Ihnen anfangs gewährte. Nichtsdestoweniger werden Sie oft von neuem nach dem Buche greifen. Es ist ein echt philosophischer Untersuchungstrieb und so viel Gründlichkeit und Bildung darin, daß ich ganze Bibliotheken heutiger schulgerechter, auf die Ansicht der „Oberen" berechneter Broschüren und Bücher dafür hingebe.

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seit 1775 o. Prof. in Tübingen war. Vgl. Rosenkranz, Hegel's Leben S. 35ff. (Die Dissertation pro magisterio 1790) u. I. H. Fichtes Aufsatz ,Hegel's philos. Magister-Dissertation und sein Verhältniß zu Schelling', in: Ztschr. f. Philosophie u. spek. Theologie. - Schelling verfaßle die Dissertation ,Antiquissimi de prima maloram humanorum origine phüosophemalis Genes. ΙΠ.' selbst. K. Rosenkranz, Hegel' s Leben, S. 463ff.

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Gewiß liegt, wie ich Sie auch verstehe, Schopenhauers Grundfehler darin, daß er weder einen Anfang noch ein Ende außer dem Nichts hat. Er spricht vom Leben, vom Willen zum Leben, von der Negation dieses Willens. Aber das Leben verlangt ein Lebendiges, ein Subjekt des Lebens, und die Negation des Willens zum Leben hebt das negierende Subjekt selbst nicht auf, affirmiert es nur erst völlig, weil mit dieser Negation alle Beschränkung und Entzweiung negiert wird. Sie spotten immer über meinen „Geist", der mir keine Ruhe lasse. Ja, es ist bald gesagt, wenn ich mich beruhigen will, d. h. wenn ich bei gewissen Bestimmungen abbrechen und mit Absicht nicht fragen will, was jenseits derselben liegt. Aber das ist es ja eben, denn sobald ich imstande bin, etwas als eine Grenze zu erkennen, ist mir damit auch schon eine Antizipation der Bestimmungen gegeben, welche dem auf der andern Seite Vorhandenen zukommen müssen.// Sie meinen ζ. B., man könne die Religion im besonderen ignorieren, und klüglich - müsse man es auch. Da denke ich wieder ganz anders. Denn ich sehe nicht ein, warum ich nicht die Tatsachen und die Tatsache, welche wir Religion nennen, gerade ebenso zum Gegenstand der Untersuchung machen soll wie die Naturwissenschaft die Kristalle, Pflanzen usw. oder die Logik die verschiedenen Formen des Urteilens, Schließens usw. Das werden wir doch zugeben müssen, daß die Religion die merkwürdigste aller uns bekannten Tatsachen ist und daß von ihr ebensowohl, auch nach allen Einzelheiten, eine Wissenschaft möglich sein muß als von irgend sonst einer Tatsache. Daß Menschen sich ein Wesen vorstellen, das, von ihnen selbständig unterschieden, die Welt hervorbringt, von ihrem Schicksal weiß, von dem sie, wenn ihr Witz zu Ende ist, Hilfe erwarten und dem es bekannt ist, ob wir im Tode absolut untergehen oder uns in eine andere Existenz hinüberlebten - das ist doch gewiß eine ebenso unzweifelhafte Tatsache als daß wir wachsen, verdauen e t c . Diese Tatsache untersuche ich ebenso ruhig wie jede andere. Sie hat denselben Grad der Realität. Der Gegensatz des Optimismus und Pessimismus, auf welchen Schopenhauer ein so großes Gewicht legt, ist nach meiner Meinung hierbei untergeordnet und, wenn ich Sie recht verstehe, machen Sie ihn auch nur zu etwas Relativen. Für uns Philosophierende, für unsere Kaltblütigkeit, existiert nur die Notwendigkeit, nicht aber eine absolut gute, eine absolut schlechte Welt. Nur insofern unter dem Pessimismus eine // Weltansicht verstanden wird, welche die Welt betrachtet, als etwas, das nicht so ist, wie es sein sollte, vielmehr umgekehrt ist, als es sein sollte, nur insofern kann man von uns Philosophen sagen, daß wir

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275. Oktober 1844

Optimisten sind. Ich leugne nicht, daß die immer mehr bei mir wachsende Einsicht in das Weltgetriebe, wo ich Gegensatz gegen Gegensatz entstehen, die Extreme in einander umschlagen sehe usf., meine Neigung zu einer praktischen Beteiligung, außer durch das reine Erkennen, immer mehr schwächt. Was für Dinge habe ich nicht seit Monaten hier dicht vor meinen Augen vorgehen sehen! Ich bin glücklich genug, nur die negative Seite davon durch Komik, durch Auffindung des die Dummheit, die Eitelkeit, die Habsucht, die Genußgier selbstvernichtenden ironischen Wendepunkts herauszustellen und mich so von solcher M i s è r e frei zu erhalten. Aber doch bleibt ein Punkt der Irrationalitäten liegen, - den sich der Teufel unverdaut als seinen Anteil holen mag. Ihre das j u s betreffenden Aufsätze werde ich durch Herrn Justizrat M a n n erhalten. Mit den besten Wünschen voll inniger Hochachtung Ihr ergebenster K. Rosenkranz Heim Geheimen Oberjustizrat Dor gut h Hochwohlgeboren frei Magdeburg

275. An Karl August Vamhagen v. Ense Königsberg, d. 29. Oktbr. 1844 Hochgeehrtester Herr und Freund, Sie bleiben sich in Ihrer Güte gegen mich immer gleich. Immer kultivieren Sie meine Interessen, und immer wissen Sie mir ein wohlwollend ermunterndes Wort zu sagen. Sein Sie meines herzlichsten Dankes gewiß. Ein Brief von Ihnen ist mir immer eine große Freude, welche ich auch, so weit es zulässig, meine Freunde teilen lasse. Ach, ich bedarf des Trostes recht sehr! Seit sechs Jahren in rastlosester Arbeit, bin ich nicht nur seit dem Jahr 1840 fast unaufhörlich verfeindet und mißgünstig beurteilt, sondern auch meine häusliche Lage wird fast von Monat zu Monat qualvoller. Die nervöse Exaltation meiner Frau wirft sich in einer Verdrießlichkeit, Lebenssattheit, Widerwilligkeit gegen Königsberg herum, daß die ganze Umgebung in eine ähnliche Stagnation übergeht, welche nur noch für den Schmerz Sinn hat. Jedes andere Interesse, außer dem der Gesundheit, wird annulliert; kein anderes Gespräch kommt auf.

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Sie können sich mein Leiden denken, ein ursprünglich so reich und schön begabtes, adelstolzes Wesen wie meine Frau, so zerrüttet zu sehen. Und nun die Kosten! Ich arbeite unmenschlich, aber es reicht kaum hin, uns mit drei heranwachsenden Kindern durchzubringen. Ich habe meine Frau nun wieder in ein Bad geschickt, nach Franzesbrunn und sie ist kränker zurückgekommen. Seit elf Jahren hat das Ministerium, obwohl es meine Lage kennt, mir nie einen Pfennig außerordentlicher Hilfe gegeben, während andere, die sogar Vermögen besitzen, verschwenderisch bedacht werden. Doch verzeihen Sie, wenn ich klage. Aber ich fühle mich zu vernichtet und rettungslos. Meine Frau geht hier zugrunde. Ich, der ich sonst eine so schöne Stellung hier habe, am Ende auch; mein Haar ist dies Jahr grau geworden. Alle Gedanken auf eine Reise, die mir so not täte, muß ich niederdrücken und flüchte mich misanthropisch, wie ich werde, in die Bücherwelt, in die Arbeit. Da ermanne ich mich denn wieder und staune dann oft selbst über die ungeheure Reproduktionskraft, die mir inwohnt, über meinen Fond von Seligkeit. Herr v. Schön schreibt seine Memoiren 1 wirklich. Jeden Morgen von 7 - 12 diktiert er daran. Gelesen habe ich nichts davon. Sehr interessante Briefe von Fichte an ihn hat er mir einmal mitgeteilt. Die B e r i c h t i g u n g 2 d e s Herrn v . H e n n i n g in der Staatszeitung,

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Th. v. Schön, Aus den Papieren des Ministers und Burggrafen von Marienburg, Th. v. Schön. Theil 1-3. Bd. 1-6. Halle, (ab Bd. 2 Berlin). Theil 1 (Bd. 1): Selbstbiographie I (1773-1827) mit Anlagen. 1875. Bd. 2: Anhang zum 1. Theil. 1875. Theil 2 Bd. 3: Selbstbiographie Π (1813-40) mit Anlagen (1840-42). 1876. Bd. 4: Anlagen zum 2. Theil (1813-40). 1876. L. v. Henning, Berichtigung, in: Allg. Preuß. Zeitung Nr. 203 vom 23. Juli 1844. H. bezieht seine .Berichtigung' auf die Worte Rosenkranz' in der Vorrede zu Hegels Leben, S. ΧΠ, daß er (Rk.) durch Vermittlung Hennings Briefe Schellings an Hegel zum vollständigen Abdruck angeboten bekommen habe, jedoch bedaure, daß er diese nur im urkundlichen Anhange abdrucken lassen könne, da die Arbeit an der Biographie selbst beendet sei. Auf dieses Angebot sei jedoch keine Antwort erfolgt. - H. berichtet, daß Schelling ihm gegenüber gesagt habe, daß er die Verantwortung zu einem Abdruck der Briefe wegen ihrer geringfügigen Bedeutung, sie sollten in den .Vermischten S c h r i f t e n ' erscheinen, seinerzeit nicht übernommen habe. Sollte die Familie Hegel aber die Verantwortung übernehmen, hätte er gegen einen Abdruck nichts einzuwenden. Marie Hegel bat nun Henning, sich an Prof. Hotho zu wenden, der mit Rosenkranz in Briefkontakt stand, damit dieser - an Rosenkranz Schellings Erklärung übermittele. H. erledigte diese Bitte, ohne sich nochmals mit Schelling unterredet zu haben, und erhielt am 21. Nov. 1843 einen Brief von Rosenkranz, in dem dieser das Angebot dankbar annahm und mitteilte, daß er den Abdruck im urkundlichen Anhang plane. Diesen Brief erwähnte H. Schelling gegenüber nicht. Inzwischen erschienen Rosenkranz' Vorlesungen über Schelling, in denen dieser behauptete, daß der Aufsatz .Über das Verhältniß der Naturphilosophie zur Philosophie überhaupt' unzweifelhaft von Hegel stamme. Henning könne sich nun nach Bekanntwerden der Vorlesungen nicht mehr wundern, wenn Schelling die Herausgabe durch Rosenkranz' Vermittlung ablehne. Unter diesen Umständen habe er den Brief nicht erwidert. - Ein Brief Marie Hegels an ihren Sohn Immanuel vom 10. Nov. o. J., wohl 1843, (Vgl. W. Becker, Zum 150. Todestag von G. F. W. Hegel. Π. Hegels hinterlassene Schriften im Briefwechsel seines Sohnes Immanuel, in: Zeitschrift für philosoph. Forschung, Band 35, Heft 3/4, S. 592ff.) bestätigt, daß Henning bei ihr war und ihr Schellings Einverständnis zum Abdruck kundgab. Am 14. Nov. 1843 antwortet Immanuel Hegel seiner Mutter und drängt darauf, daß „Rosenkranz Schellings Briefe im

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276. Dezember 1844 - 277. Febraar 1845

die uns beiden galt, ist in der Tat ein trauriges Denkmal seiner Unselbständigkeit und seines Dienstbeflissenheitsbedürfnisses. Ich konnte wohl darauf antworten, verachtete es aber. Ihre Schilderung von Paris hat mich recht tief empfinden lassen, daß ich an der Nichtkenntnis dieser Stadt durch Autopsie eine ungeheure Lücke besitze. Gebe Gott, daß ich sie bald einmal ausfüllen kann. Ich kenne Paris der Darstellung nach gewiß besser als Königsberg, aber es ist doch eine andere Sache, selbst gesehen zu haben, was Sie so meisterhaft verstehen. Daß ein Mensch wie Schelling 5000 r. Gehalt haben und nicht vor seinem Ende, statt nach Schulpforta zu gehen, nach Paris reisen kann, ist mir ein absolutes Rätsel. Ich glaube, er hat noch nicht einmal das Meer gesehen. Meiner verehrten Engländerin bitte ich doch ja mich gütigst zu empfehlen. Also Gräfin d ' A g o u 11 1 auch eine Philosophin? Vorigen Winter hatte ich hier einen recht interessanten Umgang mit einer Gräfin A n a s t a s i e de C i r c o u r t 2 , einer liebenswürdig geistreichen Frau - aber geborenen Russin. Bonstetten und Zschokke halten sie aber auch sehr hoch. - Die Kollegientretmühle fängt wieder an. Ich wollte aber doch ein Wort des Dankes und der Erinnerung sagen. Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

276. An Rosalie Schönfließ 7. Dez. 1844 [Kritik Rosenkranz' an dem übersandten Stück über Frauenemanzipation]

277. An Karl Duncker Königsberg, den 1. Febr. 1845 ... das Königsberger Literaturblatt in Deutschland wohl nicht viel verbreitet ist

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Original zugesandt werden". Er bittet sie, ein Duplikat ihres Schreiben anzufertigen und keine persönliche Verbindung mit Schelling über Henning anzuknüpfen. Vgl. auch Rosenkranz' .Schelling-Vorlesungen' S. 190ff. sowie den editorischen Bericht bez. der Frage der Autorschaft der Aufsätze des krit. Journals in: Hegel, Gesammelte Werke. Bd. 4: Jenaer kritische Schriften. Hrsg. v. H. Bucherund O. Pöggeler. Hamburg 1968. Varnhagen berichtete Rosenkranz in einem Brief vom 24. Sept. 1844, daß Marie de Agoult (1805-1876), geb. Gräfin Flavigny, die Idee haue, über Rosenkranz' Hegelbiographie einen Aufsatz zu schreiben. Circourt, A n a s t a s i a Semenova de (1808-1863). Zschokke erwähnt in seiner .Selbstschau' S. 279 die Freundschaft „mit der von Bonstetten [Karl Victor, (1745-1832), schweizerischer Staatsmann u. Reiseschriftsteller] als zweite Corinna [Ovid nannte seine Geliebte Corinna nach der griech. Lyrikerin Korinna v. Tanagra] gepriesenen Gräfin A. de C."

278. Februar 1845 - 279. März 1845

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278. An Ν. N.,5.Febr. 18451

279. An Rosalie Schönfließ 5. März 1845 Liebe Rosalie, ich wollte zwar erst nach Beendigung der Vorlesungen schreiben, kann aber doch dem Drange des Herzens nicht widerstehen, ein paar Worte zu sagen. Ich bin noch einmal recht krank gewesen, wenn auch nur einige Tage und wünsche die Kälte zu allen Teufeln. Sie ist wahrlich nicht gemacht, die Wissenschaft zu fördern. Ihre Erzählungen werden Sie inzwischen empfangen haben und wünsche ich, daß Sie damit zufrieden sein mögen. Was ich über ihr Schicksal in Erfahrung bringe, werde ich Ihnen zur Zeit melden. Sie wünschen von mir über die kirchlichen Vorgänge ein ausführliches Urteil. Ich hoffe, daß ich Ihnen nach Ostern ein Exemplar der zweiten Auflage meiner theologischen Enzyklopädie 2 werde zuschicken können und daß Sie in dieser eine genügende Auskunft über meine Gedanken finden werden. Über die Persönlichkeiten, die dabei im Spiel sind (Czerski, Ronge, Kayser, Regenbrecht u. a.) können wir hier nicht wohl urteilen, da wir ihnen zu fern stehen. Wenn nur nicht die Zeit solche Menschen durch übertriebene und überschnelle Vergötterung ihrer Kraft abnutzte, bevor sie noch sich recht erprobt haben. Die Buchhändler und die Geldmenschen machen alles, auch die Religion, gleich zum Geschäft. Den ewigen Juden von Eugene Sue 3 wollte ich erst nicht lesen, eben weil man so viel Lärm von ihm schlug. In meiner Krankheit habe ich ihn aber doch, und zwar mit größtem Vergnügen gelesen, so daß ich ihn in der Reinheit der Komposition noch den m y s t è r e s d e P a r i s vorziehe. Die Not kümmert mich furchtbar. Die Regierung bietet Geld statt Brot und Arbeit, wenn man auf dem Felde die Arbeiter brauchen wird. Wir sehen jetzt recht, wie ein Beamtenstaat die Menschen zur Selbsthilfe unfähig macht. Die Kunstausstellung schleicht diesmal so hin. Die Kälte hält den Besuch zurück. Auch wohl der Mangel an Geld. Auch sind die Motive der Bilder und die Manier dem Publikum nun schon bekannt, so daß es nicht mehr so wie vor Jahren davon getroffen und elektrisiert wird. Vor acht Jahren wäre man über eine solche Ausstellung außer sich vor Entzücken gewesen. Es ist ein Fortschritt, daß dies nicht mehr möglich und daß die fade Melancholie und der '

Dieser Brief wurde 1962 versteigert. Der Käufer könnt nicht ausfindig gemacht werden. K. Rosenkranz, Enzyklopädie der theol. Wissenschaften. 2., gänzl. umgearbeitete Aufl. Halle 1845. Aufgrund dieser Arbeit wurde Rosenkranz von der theologischen Fakultät der Universität Leipzig die theolog. Ehrendoktorwürde verliehen. 3 E. Sue, Le Juif errant. Roman. Paris 1845-47. 2

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280. März 1845

schwächliche Humor der dermaligen Düsseldorfer, die religiöse Forciertheit der Berliner, die glatte Pinselei der Dresdner (von München ist wenig hier) keinen Eindruck mehr machen. Auch die Landschaft ist zu trist, zu sentimental geworden. Keine Kraft, keine Heiterkeit, keine Größe, wenn es auch an Felsen, Seen und Wäldern nicht fehlt. Herr D r . Jung läßt vielmals danken. Er stößt auf manche Hindernisse für sein Blatt. Mit der Bitte, den Ihrigen mich bestens zu empfehlen, und mit dem Wunsche, daß Ihre Gesundheit ziemlich sein möge! immer Ihr ergebenster K. Rz.

280. An Friedrich Ludwig Andreas Dorguth Königsberg, d. 5. März 1845 Hochgeehrtester Herr und Freund, glauben Sie doch nur ja nicht, daß es ein Mangel an Achtung und Zuneigung für Sie ist, wenn ich so selten schreibe. Ich mache mir im stillen wohl Vorwürfe, aber in einem so vollgepfropften Leben, wie das meinige an Arbeit und Plage ist, fehlt wirklich die Minute, wo man zwar nicht gerade der Zeit, aber der gemütlichen Kraft entbehrt, zu schreiben. Auch bin ich krank gewesen und noch immer nicht wieder recht frisch. Wegen unserer philosophischen Differenz tröste ich mich dann folgendermaßen. Ich denke, Sie lesen meine früheren Briefe wieder durch - ich die Ihren, denn bekehren werden wir uns doch nicht. Es interessiert aber jeden im andern die Punkte zu entdecken, wo er ihm so nah als möglich kommt, und darum muß man sich doch Mitteilungen machen. Dann dachte ich auch, es wäre Ihnen vielleicht mein Leben Hegels zu Gesicht gekommen, und Sie hätten daraus vielleicht èrsehen, wie ich diese und jene Bestimmung nehme. Nun scheint aber ein anderes Interesse Sie mächtig ergriffen zu haben, die kirchliche Bewegung. Erlauben Sie, daß ich darüber Ihnen mit zwei Worten meine Meinung sage. Es wird die deutschkatholische Kirche sich konstituieren wollen. Sie kann // es aber nicht, ohne nicht Verbesserungen in sich aufzunehmen, welche auch der protestantischen Kirche Not tun. Eine bloße Reproduktion des Protestantismus wie er bisher war, ist unmöglich. Daher sehen wir Schneidemühl 1 das nicänische Symbolum aufstellen, um nur nicht mit dem apostolischen die Höllenfahrt, mit dem athanasi [ani]sehen die Dreipersönlichkeit Gottes zu bekommen. Daher sehen wir die Stolgebühren aufheben, die Presbyterialverfassung begründen usf. Was wird die Folge sein? Die Protestanten werden die katholische 1

Czerski hatte in Schneidemühl eine deutsch-katholische Gemeinde gegründet.

281. März 1845

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Bewegung in ihre eigene Kirche sich fortpflanzen sehen und erst durch die Union der von Rom abgefallenen Katholiken und der von dem Protestantismus des 16. Jahrhunderts abgefallenen Protestanten kann die wahre deutschkatholische (katholisch in seinem Ursinn, wo es allgemein bedeutet) Kirche, die Kirche des Vernunftchristentums entstehen. Daher werden die Römlinge so gut als die protestantischen Reaktionen diesen Prozeß die Formation des Pseudoprotestantismus nennen, was aber nicht irre machen darf. Sie schreiben mir von Schopenhauer, daß er, der doch nicht wie ich mit Kollegien, Prüfungen, Sitzungen, Studentenbesuchen den größten Teil seiner Zeit hinzubringen braucht, Ihnen nicht antwortet. Er soll aber ein närrischer Kauz sein, und ich denke mir, daß er darüber verstimmt ist, sein Buch so we//nig öffentlich besprochen zu sehen. Denn was auch, wie Sie schon vielfach getan haben, gegen dasselbe gesagt werden kann, den Geist und eine reiche gesättigte Bildung wird man ihm nicht absprechen können. Für seine Liebe zum Leiden fände Herr Schopenhauer jetzt hier in seiner Heimat den schönsten Stoff, denn die Hungersnot ist hier grenzenlos. Mir ist unsere Belagerung und Verproviantierung 1813 in Magdeburg nicht so schlimm vorgekommen. Leben Sie wohl! Hochachtungsvoll Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

281. An Immanuel Hermann Fichte Königsberg, d. 9. März 1845 Hochgeehrtester Herr und Freund, herzlichen Dank für die baldige und genaue Erledigung meiner Anfrage wegen der Hegeischen Dissertationen. Ich war düpiert, weil ich sie von der Familie als o p e r a H e g e i i i erhalten hatte. Die vielen Namen auf der zweiten schob ich auf die mir nicht geläufige Einrichtung der schwäbischen Promotionen. Und dazu kam nun, daß Schelling selbst seine Dissertation geschrieben, ich also diese Analogie für mich hatte. Prof. Dorner hierselbst wußte mir nichts bestimmtes darüber zu sagen. So machte ich denn, was ich daraus machen konnte. Haben Sie denn schon Michelets Epiphanie 1 der ewigen Persönlichkeit des 1

K. L. Michelet, Die Epiphanie der ewigen Persönlichkeil des Geistes. Eine philos. Trilogie. 1. Gespräch. Über die Persönlichkeit des Absoluten. Nürnberg 1844. 2. Gespräch. Der historische Christus u. das neue Christenthum. Darmstadt 1847. 3. Gespräch. Die Zukunft der Menschheit u. die Unsterblichkeit der menschlichen Seele oder die Lehre von den letzten Dingen. Berlin 1852.

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282. März 1845

Geistes gesehen, die Protokolle der Berliner philos. Gesellschaft? Mone [?] hat sie eine Profanie genannt. Das ist nun freilich zu viel, allein sonderlich erbaut bin ich nicht von diesem Tragelaphen, der die platonische Maske vornimmt, um den Aktenstil eines preußischen Verhörs zu verbergen, in welchem die Spekulation beschuldigt wird, Gott seine Existenz gestohlen zu haben. Diese Dialoge machen meine Komödie vom Zentrum der Spekulation wahr. Daß Michelet zwei Seiten lang als Teleophanes mich der Barbarei usf. beschuldigt und auf meine Nachbarschaft der Russen so verdächtelnd herabblickt und daß (Hotho als Kallilogos ausgenommen, der in der Sache mir später beitritt) keiner mich gegen ihn auch nur mit einem Wort verteidigt, nötigt mich, mich von den Berlinern so gut als geschieden zu betrachten. So ist Herr Michelet. Er tut erst groß mit einem unpersönlichen Absoluten, und nennt man das (wie seine eigener Freund Cieskowsky 1 ) Atheismus, so schilt er das eine Rohheit. Vischers Rede 2 habe ich nun gelesen und begreife nicht, wie man deswegen jemand suspendieren kann. Da sind wir in Preußen doch freier. Mit aufrichtigster Hochachtung Ihr ergebenster K. Rosenkranz

282. An Albert Schwegler Königsberg, d. 9. März 1845 Hochgeehrtester Herr, zu lebhaft beschäftigt mich seit einigen Tagen das Schicksal des Professor Vischer, als daß ich nicht auf irgendeine Weise dem Kreise Tübingens, der die Philosophie vertritt, ein kleines Zeichen meiner innigen Teilnahme sollte zu geben wünschen. Hier ist, mit Ausnahme natürlich derer, denen Vischer die „Krätze des Geistes" angetan, nur eine Stimme über die Unbegreiflichkeit, einer solchen ganz unverfänglichen Rede halber einen Professor zu suspendieren. Nein, da ist unser Eichhorn doch tausendmal liberaler und hält lieber selbst Reden, die, wenigstens der Form nach, ganz anständig und liberal sind. Was müssen bei Ihnen für Zeloten auf den Kanzeln rasen!

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Cieszkowski, August v. (1814-1892), Geschichtsphilosoph, 1838 Dr. phil. in Heidelberg, Mitglied der Berliner philos. Gesellschaft, 1849 Mitglied der ersten Kammer, Propagierte eine zukunftsorientierte „Philosophie der Tat". Vgl. Horst Stuke, Philosophie der Tat. Studien zur Verwirklichung der Philosophie bei den Junghegelianem und den Wahren Sozialisten. Stuttgart 1963. Walter Kühne, Graf A. C. ein Schüler Hegels u. des deutschen Geistes. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Geisleinflusses auf die Polen. 1938 Leipzig. Ders., Die Polen u. die Philosophie Hegels. In: Dmitrij Tschizewskij, Hegel bei den Slawen. 2. A. Darmstadt 1961. Friedrich Theod. Vischer, Akademische Rede zum Antritt des Ordinariats am 21. 11. 1844 zu Tübingen. Tübingen 1845. Aufgrund dieser Rede wurde V. für zwei Jahre vom Dienst suspendiert.

283. April 1845

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Ich erlaube mir Ihnen, da bei Vischers Schicksal die Kunst mit der Theologie in Konflikt geraten, anliegend für Ihre Jahrbücher der Gegenwart eine schon vor längerer Zeit geschriebene Abhandlung zu übersenden, an der ich nur die ersten vier Seiten noch einmal umgeschrieben. Sie bezweckt die Begründung einer Theologie der Kunst. Sollten Sie dieselbe aufnehmen, so bitte ich um zwei Exemplare Ihres Abdruckes für mich. Sollte sie sich für Ihr Blatt nicht eignen, so bitte ich Sie, nach Ihrem // Ermessen dieselbe Herrn Prof. Zeller für seine theologischen Jahrbücher oder Prof. Fichte für sein Journal zu geben, falls Sie nicht vorziehen, sie mir zurückzusenden. Ich hoffe aber, daß meine Abhandlung zur Beseitigung mancher Mißverständnisse für Vischer dienlich sein kann. Sehr erwünscht ist mir die Aufklärung gewesen, welche Herr Prof. Zeller in Ihrer Zeitschrift über Heinr. Merz 1 gegeben. Ich lebe so fern von aller persönlichen Beziehung der Literatur, daß ich gar keine bestimmtere Vorstellung von diesem M a u v a i s s u j e t hatte. Wahrscheinlich ist [er] derselbe, der in den Grenzboten sich [...] Apostaten Hegels genannt hat. Wenigstens sagt Hr. Zeller, daß er auch an diesem Journal mitarbeite. Darauf ist von einem hiesigen Literaten eine derbe Antwort erfolgt, die ich zu Ihrer Belustigung hier beilege. Für die Genugtuung Vischers reicht die Aufhebung seiner Suspension nicht aus; die Pfaffen, die gegen ihn, ohne seine Rede gehört zu haben, gegeifert hatten, müssen als Iniurivanten und Volksaufwiegler in Anklagestand versetzt werden. Mit der Bitte, die Herrn Zeller, Vischer und Reiff als meine verehrten Kollegen (an Fichte lege ich ein Briefchen ein) zu grüßen Hochachtungsvoll Ihr ergebenster K. Rosenkranz

283. An Karl August Vamhagen v. Ense Königsberg, d. 25. April 1845 Hochgeehrtester Herr und Freund, längst schon hätte ich Ihnen für das neue Geschenk der zwei neuesten Bände2 Ihrer Schriften meinen Dank sagen sollen. Aber erst war ich krank, dann '

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Ed. Zeller, Die freie Wissenschaft u. ihre neuesten Ankläger. Mit Beziehungen auf die Vischer'sche Sache. In: Jbb der Gegenwart, 1845, S. 184-200. Heinrich Merz (1816-1893) verfaßte daraufhin die Schrift ,Die Jahrbücher der Gegenwart und ihre Helden. Wider die Herren D. Schwegler, Vischer u. Zeller in Tübingen*. Stuttgart 1845. Schwegler antwortete mit dem .Wanderbuch für Herrn Dr. H. Merz'. Als Antwort auf die Schmähschrift ,Die Jbb. d. Gegenwart u. ihre Helden'. Tübingen 1845. Vamhagens .Biographische Denkmale' erschienen 1845/46 in 2. Auflage.

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283. April 1845

wollte ich Mitte März nach Paris und hoffte Sie auf der Durchreise durch Berlin zu sprechen; dann wurde ich ganz unerwartet zum Prorektor der hiesigen Universität in einer so ehrenvollen Weise erwählt, daß ich den Reiseplan, der schon bis zum Tage der Abreise bei mir alles fertig hatte, wieder aufgab; dann sind nun seit einigen Wochen die neuen, mir ungewohnten Geschäfte meines Amts selbst gefolgt - Sie sehen, ich bin nur zu reich, wenn ich mich entschuldigen wollte. Als ich bei einem jetzt gemachten Umzüge meine Bibliothek nach einem ganz neuen Plan ordnete, hat sich gefunden, daß Sie und Rahel eine ganze stattliche Reihe von einem Stück einnehmen und habe ich mit Beschämung so viel Güte auf einem Reck beisammen geschaut. Damit ich denn bei Ihnen nicht gar zu sehr in Abgang komme, werden Sie nächstens von Halle aus die zweite Auflage meiner theologischen Enzyklopädie erhalten. Wenn auch der erste Abschnitt des Buchs Sie weniger interessieren wird, obschon von einem im A n g e l u s S i l e s i u s ' s o Einheimischen als Sie dies nicht so genau vorher gewußt werden kann, so wird doch manches im zweiten, alles aber im dritten Abschnitt, der praktischen Theologie, Ihre Aufmerksamkeit erregen. Diesen habe ich ganz neu und mit dem Gefühl eines Menschen gearbeitet, der seinen letzten Willen aufsetzt. Ich möchte gern das Panier dazu darin erhoben haben, welches in der kirchlichen Gärung unserer Zeit eine festere Richtschnur gewährt. Um mich herum bewegen sich im Augenblick die heftigsten kirchlichen und theologischen Parteikämpfe und speien fast täglich frische Broschüren aus. Kaum mag ich noch in eine Gesellschaft gehen, denn man soll für oder gegen Rupp, für oder gegen das athanasi[ani]sehe Symbol, für oder gegen die Presbyterialverfassung, für oder gegen die Lichtfreunde 2 usw. sein. Lange anhaltende theologische Dispute haben aber auch für mich etwas Verdummendes, Geisterstickendes. Königsberg ist eine in vieler Hinsicht höchst langweilige Stadt, ohne rechte Heiterkeit, ohne rechten Genuß, aber eine merkwürdige, geistig tief erregende Stadt ist es. Die hiesige Bürgergesellschaft hat wieder einen glänzenden Beweis dafür geliefert. Sie besteht seit Ende Dezember, steigert sich in ihrer Begeisterung, zählt 700 Mitglieder, wird eine kolossale Halle erbauen und hat bisher eine Folge interessanter Vorträge über die Städteverordnung, Gesindeverfassung, den Kredit, die Pflicht des Mißtrauens, die Dampfmaschinen, das Bier als Gift, die Jesuiten in Preußen usf. gehabt, daß man über die Vielseitigkeit der Bildung unserer Bürger erstaunen muß. Jungs Blatt ist schlafen gegangen. Ihr letzter Brief an ihn und Ihre Worte in der Augsburger Allgemeinen über sein Buch 3 sind ihm sehr tröstlich gewesen. ' 2

Vamhagen v. E., Angelus Silesius u. Saint Martin. Auszüge. Berlin 1834. Freie, radikale, rationalistische Protestanten. Wortführer waren u. a. der Hallenser Pfarrer Wislicenus, in Königsberg Julius Rupp u. Louis Detroit. Alex. Jung, Die große National-Feier des dritten Universitäts-Jubiläum zu Königsberg.

284. April 1845

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Ich bin in einer seltsamen Stimmung. Ich habe viele große Arbeiten im Rücken und habe doch schon wieder ein gewisses Bedürfen nach neuer Arbeit, ohne doch es rätlich zu finden, schon wieder daran zu gehen. Es muß auch eine Brache des Geistes geben, den späteren Früchten desto mehr Nahrung zu schaffen. Meine Wahl zum Prorektor ist für mich ebenso überraschend gewesen, wie alle anderen derartigen Akte meines Lebens, und fast könnte ich mir einbilden, daß ich ein providentieller, noch einmal zu einer großen, weitumfassenden Stellung bestimmter Mensch sei, denn ich bin nun Sekretär des Sächsischen Altertumsverein, 2 Jahr Sekretär der hiesigen Deutschen Gesellschaft, 5 Jahr Mitvorstand des hiesigen Kunst- und Gewerbevereins usf. gewesen, als sollte ich durchaus auch eine praktisch administrative Bildung bekommen. Ich habe seit mehren Jahren wenig Journale gelesen und empfinde jetzt doch den Nachteil, gar nicht recht zu wissen, wie ich eigentlich in dem literarischen Kurs stehe. Denn Königsberg liegt in dieser Beziehung so fern von aller Berührung, daß man von seinen Schriften Wirkungen fast gar nicht beobachten kann. Die Berliner, Heidelberger, Wiener Jahrbücher, Hallesche, Jenaer Literaturzeitung aber lese ich gar nicht mehr. Ich war diesen Winter auch einmal krank. Möchten Sie doch sich wieder ganz wohl befinden und ich das Glück haben, in Ihrer mir so werten Erinnerung noch immer so freundlich als sonst fortzuleben; ich meinerseits bin stets, mit aufrichtigem Dank für so viel Ihnen schuldigen Genuß, Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

284. An Schulz 28. Apr. 1845 [Über literarische Dinge] ... Ich denke ähnlich wie Sie über die kirchliche Bewegung. Von einer Seite wird man Pseudokatholizismus, von der andern Pseudoprotestantismus schimpfen - aber [man] wird hindurchgehen und dann wird die freie evangelische, die deutsche Kirche da sein, welche denn auch allen reformatorischen Strebungen bei den romanischen Völkern einen neuen Anstoß geben wird.

Königsberg 1844. Varnhagens Rez. in der Augs. Allg. Zig. Nr. 98 vom 8. April 1845.

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285. Juli 1845

285. An Karl Theodor Ernst v. Siebold Königsberg, d. 4. Juli 1845 Hochgeehrtester Herr Kollege, seit Empfang Ihres Schreibens v. 31. Mai geht mir es immer im Kopf herum (noch mehr aber im Herzen), in Schweglers Jahrbüchern der Gegenwart ein Wort über Herrn v. Schaden zu sagen. Allein ich komme immer nicht dazu. Teils habe ich Krankheit im Hause - (es rast hier jetzt unter den Kindern eine Scharlachepidemie) - teils bin ich durch die Rektoratsgeschäfte sehr nach außen hin zerstreuet. Doch hoffte ich Sammlung zu gewinnen, allein unser Kurator, Geh. Rat Reusch, verreist auf einige Monate und ich habe nun noch dessen Stellvertretung übernehmen müssen. Somit kann ich gar nichts versprechen, will aber auch nichts schlechthin abgeschlagen haben. Sollte ein Wort von mir gerade Herrn v. Schaden in Bayern auch eher schaden als nützen, so habe ich doch selbst ein gewisses Bedürfnis, mich im Zusammenhang über Sch. auszulassen. Wenn ich ihn bisher bei verschiedenen Gelegenheiten des neueren Schellings geistreichsten Schüler genannt habe, so ist dies mein Ernst gewesen. Woran ich mich aber stieß, waren die phantastischen Auswüchse, wie Sie es nennen. So sind auch die jetzigen Vorlesungen 1 höchst geistvoll und im Detail oft ganz originell. Allein der ethische erste Abschnitt derselben sticht sehr vorteilhaft von dem zweiten ab, der an der unseligen Bemühung laboriert, zwei Schematismen ganz in der Weise der alten Naturphilosophie durchzuführen: 1. Den Anthropomorphismus des Makrokosmos. Ich bewundere es, daß ein Mann, der so scharf denken kann und der in den Naturwissenschaften offenbar nicht gewöhnliche Kenntnisse besitzt, nicht einsieht, daß die menschliche Gestalt eben als die des Geistes außer ihr nicht ihresgleichen haben kann; daß die Quadrumanen zwar eine Analogie besitzen, überhaupt alle Säuger (also auch der Seelöwe, von dem Sch. so entzückt ist); daß aber die Form der Pflanzen, Mineralien, die Konfiguration der Erdoberfläche, die Schichtung der Sternmassen ihre Endbeziehung auf den Menschen nicht darin besitzen, ein Vor=Nachbild seiner Gestalt zu sein. Schon Paracelsus, der die Lehre vom Mikrokosmos in die deutsche Naturwissenschaft einführte, warnte vor solchem Parallelisieren. 2. Es soll eine Südostostnord west- und Südwestnordostlinie existieren, welche, sich als Diagonalen schneidend, den Schnittpunkt im Jordantale, wo es in das Tote Meer mündet, als dem Maximum der Erdoberflächenvertiefung haben sollen, und die erste Linie soll sich zur zweiten wie die positive zur negativen verhalten. Schade um den Aufwand von Phantasie, die Hypothese plausibel zu machen! Ε. A. Schaden, Vorlesungen über akademisches Leben und Studium. Marburg und Leipzig 1845.

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Was mir immer noch große Hoffnung gibt, daß Schaden sich zur zwar phantasievollen und gefühldurchdrungenen aber unphantastischen Klarheit emporarbeiten werde, ist der große Formen Wechsel, in dem er sich bisher umgeworfen und der einen künstlerisch-wissenschaftlichen Trieb verrät. Auch freute mich seine aufrichtige Verehrung für Goethe, Byron, Diderot, der Respekt vor ihrem Gesitte, ihrer Bildung, obwohl er sonst im Punkt des Glaubens, namentlich in seiner Kegelschnittlogik, sehr heiklig ist. Entschuldigen Sie also, verehrter Herr Kollege, wenn ich sogleich auf Ihren Wunsch einzugehen verhindert bin und es in der Tat von der Zeit muß abhängen lassen, mir die nötige Sammlung zu gewähren. Schelling hat sich gegen v. Schaden sehr unväterlich benommen, Herr vo. Henning, als er noch nicht [mit] mir gebrochen hatte, schrieb mir als v e r b a ipsissima Schellings, v. Sch. sei gar nicht sein echter Schüler, sondern ein Narr auf eigene Hand. Er desavouierte ihn, wie er Stahl desavouierte 1 und von den Hegelianern den toten Gans anerkannte. Sollten Sie vielleicht mit Herrn v. Herder und D r. Bayer sich berühren, so bitte ich, mich bestens zu empfehlen. Von der liebenswürdigen Persönlichkeit Schadens hatte mir Professor [Hoffmann au]s Würzburg im August hierselbst erzählt 1

In der Nr. 294 der Augsb. Allg. Zeitung vom 21. Okt. 1841 erklärte Schelling sich in dem anonym erschienenen Artikel ,Der Streit der Weltweisen' gegen Stahls Äußerung, daß die Philosophie Schellings eine „alle Vernunft und Notwendigkeit ausschließende, alles allein aus Freiheit erklären wollende Philosophie" sei. Vgl. auch die folgenden Zitate aus Briefen Schellings (Abgedr. in: Aus Schellings Leben. In Briefen. Hrsg. von G. L. Plitt. 3 Bde. Leipzig 1869.) Schelling an Bunsen (Konzept), Bd. 3, S. 157 „Mit Stahl möchte ich auch eben nicht zusammentreffen. Er hat sich, wie Sie selbst finden werden, einem ganz beschränkten Orthodoxismus ergeben" ... „Stahl, den Sie als meinen Schüler ansehen, ist durch meine Vorlesungen nur eben hindurchgegangen und hat, zu eitel, um für sein übrigens unleugbares Talent mehr nölhig zu hallen, blos Allgemeinheiten daraus benutzt; die Philosophie der Offenbarung hat er nie gehört und er kennt meinen letzten Sinn durchaus nicht." (12. Aug. 1840) - Schelling an Dorfmüller, Plitt, a.a.O. Bd. 3, S. 161, (München, d. 3 Dec. 1840.) „Sie würden nicht wie Stahl auftreten wollen, der sich einbildete, mit so schwächlichen Mitteln als aus einigen Vorlesungen aufgeschnappte, nur willkürlich adoptierte Ideen, gegen die große Macht der Verfinsterung, die nicht blos in Berlin, sondern auf allen preußischen Universitäten ist, wirken zu können, und der sich nebenbei noch für einen Schellingianer halten läßt, ob ich ihm gleich noch vor Herausgabe des ersten Theils seiner Rechtsphilosophie, deren philos. Capitel er mir zuschickte, um für den Gebrauch meiner Ideen meine Einwilligung zu erhalten, aufs Bestimmteste geschrieben, daß ich m i t dieser alle Vernunft und alle Notwendigkeit des Denkens wie des Geschehens ausschließenden Anwendung derselben nichts zu thun haben wolle. Er hätte dieses Billet mit seiner Schrift abdrucken lassen sollen." In der Vorlesung über die Philosophie der Offenbarung 1841/42 griff Schelling einen Satz. E. Gans' aus dessen Vorrede zu Hegels Rechtsphilosophie, Berlin 1833, auf, der eine positive Stellung zu diesem erahnen ließ. Wie Schelling zur Hegeischen Philosophie nach Hegels Tod stand, zeigen die Worte an Chr. Weiße: „Die sogenannte Hegeische Philosophie kann ich in dem, was ihr eigen ist, nur als eine Episode in der Geschichte der neueren Philosophie betrachten, und zwar nur als eine traurige. Nicht sie fortsetzen, sondern ganz von ihr abbrechen, sie als nicht vorhanden betrachten muß man, um wieder in die Linie des wahren Fortschritts zu kommen." (Plitt, a.a.O. Bd. 3, S. 63)

286. Juli 1845

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Mit aufrichtiger Hochachtung Ihr ergebenster Karl Rosenkranz Herrn Professor D r . v. Hochwohlgeboren Erlangen

Siebold

286. An Karl Duncker Königsberg, d. 12. Juli 1845 Ew. Wohlgeboren habe die Ehre, auf Ihre Anfrage d e d a t o 8. Juli ergebcnst zu erwidern, daß ich erst durch Ihr Schreiben von der Existenz eines solchcn durch Herrn Wigand veranstalteten Separatabdrucks1 meines Aufsatzes in Prutz' Taschenbuch etwas erfahre. Weder hab ich denselben jetzt noch früher dazu autorisiert. Ich habe damals nur mit Herrn D r . Prutz wenige Zeilen über die Sache gewechselt. Er wünschte dringend von mir Beiträge. Ich fiel darauf, einige Mitteilungen aus Hegel zu machen, um das Interesse für die Biographie, deren nahes Erscheinen ich Herrn D r . Prutz ankündigte, vorzubereiten und zu erhöhen. Herr D r . Prutz hat mir nach geschehenem Abdruck für alles bei Wigand im Taschenbuch Gedruckte 120 Taler gezahlt, ohne daß irgendeine Verbindlichkeit weiter von meiner Seite stipuliert wäre. Haben Sie eine Ahnung, wer wohl hinter dem neuesten hämischen // Aufsatz der Augsburger Allgemeinen Zeitung2 gegen Hegels Leben stecken mag? Nicht ein Irrtum, nicht ein Fehler wird mir nachgewiesen; Fleiß, Gewissenhaftigkeit, Geschick zugeständen, aber das Ganze soll eitel und würdelos sein und eine beschränkte Professoren- und Literatenatmosphäre atmen. Als ob ich, der ich mit allen Klassen der Gesellschaft im mannigfaltigsten Verkehr lebe, und in meinen Königsberger Skizzen wohl bewiesen habe, einen freien, für die Poesie der Welt empfänglichen Sinn zu besitzen, ein c i - d e ν a η t verhockter Leipziger Magister wäre! Recht sehr gewundert habe ich mich auch, daß Herr Prof. Biese 3 in seiner 1

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K. Rosenkranz, Aus Hegels Leben. Verlag Otto Wigand. Leipzig 1845. Es handelt sich hierbei um einen reinen Nachdruck des Rosenkranz' Aufsatz ,Aus Hegel's Leben", bei dem selbst die Seitenzahlen des Aufsatzes nicht geändert wurden. Hermann Franck, Zur deutschen Literatur. Ein nachträgliches Wort über das Leben Hegels von Rosenkranz. In: Beil. zur Augb. Allg. Ztg. Nr. 174 vom 23. Juni 1845. Der Aufsatz erschien anonym. H. Franck ( 1 8 0 2 - 1 8 5 5 ) , Schriftsteller, redigierte bis 1842 die Leipziger Allg. Ztg. Biese, Franz, Philosophische Propädeutik für Gymnasien und höhere Bildungsanslalten. Berlin 1845.

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philosophischen Propädeutik, obschon er sich zur Hegeischen Philosophie bekennt, auch mit keinem Wort der Hegeischen Propädeutik gedenkt. Sollte er sie nicht kennen? Mit herzlichem Empfehl an die Hegeische Familie und den besten Wünschen für Sie Hochachtungsvoll ergebenst K. Rosenkranz

287. An Friedrich Ludwig Andreas Dorguth Sie haben die Güte gehabt, mir Ihre neueste Schrift, Schopenhauer in seiner Wahrheit 1 , zugehen zu lassen. Indem ich Ihnen meinen herzlichen Dank dafür sage, bin ich lebhaft an die Briefschuld erinnert, in welcher ich bei Ihnen stehe. Sie haben mich aber - und in Beziehung auf unsere spekulative Differenz wohl mit Recht - schon als inkurabel aufgegeben und könnten daher nur eine Wiederholung dessen erwarten, was ich in früheren Jahren ausführlich einigemal gegen Sie ausgesprochen habe. Ich habe alle prinzipiellen Streitigkeiten herzlich satt. Ich will zufrieden sein, wenn es mir gelingen sollte, einigen Wissenschaften eine höhere Gestaltung, eine festere Begründung und naturgemäßeren Zusammenhang zu schaffen. Mag man sich darum streiten, ob ich das nur mit „abstraktem Geist" gedacht oder ob es eine geistverlassene „Zerebralbewegung" gewesen - in Gottes Namen, wenn's nur wahr ist. Sie spotten S. 3 auf mich, daß ich ein „ganz neues Denken" wählen wür//de. Welch'ein Schwächling müßt' ich sein, wenn ich auf „Neuheit" im Denken und zwar e x a r b i t r i o ausginge! S. 12 sprechen Sie einmal von der Rosenkranzschen Kritik, wünschend, daß Schopenhauer sich auch darüber ausließe. Soll das heißen: Ihre Kritik in dem an mich gerichteten Sendschreiben, oder soll es, die Kritik, welche ich vor fünf Jahren über Schopenhauer in der Geschichte der Kantischen Philosophie gegeben habe, und von welcher Sie wahrscheinlich gar nichts wissen. Schopenhauer wird natürlich nicht wenig sich darauf zugute tun, eine solche Anerkennung von Ihnen zu erleben. Diese Freude gönne ich ihm recht sehr, da er viel weniger, als er verdiente, gelesen und gewürdigt ist. Mit vollkommenster Hochachtung Ihr ergebenster Kg., 30. Juli 45 K. Rosenkranz

F. L. A. Dorguth, Schopenhauer in seiner Wahrheit. Mit einem Anhang über das abstracte Recht und die Dialektik des Ethischen und des Rechtsbegriffes. Magdeburg 1845.

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288. August 1845

Heim Geheimen Justizrat Dorguth Hochwohlgeboren frei Magdeburg

288. An Heinrich Zschokke Königsberg, d. 7. August 1845 Hochgeehrtester Herr und Freund! Seit vierzehn Tagen beglückt mich unser Genthe mit seinem Besuch, und Sie können ermessen, wie oft und wie unwillkürlich Ihr teurer Name sich über unsere Lippen drängt und wie Genthe mir Ihr ganzes Sein und Wirken noch anschaulicher zu schildern versucht, als ich es aus der Selbstschau, aus Ihren sonstigen Schriften und den Traditonen Ihrer von mir hochverehrten seligen Schwester, Genthes Mutter, kannte. Möge Gott Sie unserer Familie, unserem Vaterlande, der Menschheit noch lange zu Nutz frommen und - da Sie das [?] wie selten einer verstanden - zum [?] erhalten und möchte es mir in meinem Leben noch einmal vergönnt sein, Ihnen persönlich meine Hochachtung und Liebe bezeugen zu können. Ich schulde Ihnen noch meinen herzlichen Dank für Ihre [?] welche Sie die Güte gehabt haben, mir zugehen zu lassen und welche so viele schöne Denkmale Ihres echten Philanthropismus enthält. Nach Ihrem Begleitschreiben tun Sie mir aber zu viel Ehre an, mich für einen abstrakten Schulphilosophen zu halten, da ich vielmehr nach sokratischen Lorbeeren ringe (übrigens, f i e r i s i p o t e s t , ohne Giftbecher). Ich habe mir erlaubt, Ihnen ein Exemplar meiner theologischen Enzyklopädie im Frühjahr zuzuschicken. Es wird hoffentlich in Ihre Hände gelangt sein und Sie werden daraus vielleicht ersehen haben, daß ich zwar für die tieferen Fragen mich einer gewissen spekulativen Mystik nicht entschlagen kann, im Praktischen aber ein ehrlicher Rationalist und Liberaler bin. Mit der liebenswürdigen Gräfin Anastasie de Circourt habe ich mich vor einem Jahr auch viel von Ihnen unterhalten. Die Blumenhalde Zschokkes blüht bei allen Nationen und in allen Zonen! Meine Frau empfiehlt sich unbekannt bestens und ich verbleibe mit herzlichem Gruß an Sie und die Ihren Ihr treu ergebener Vetter K. Rosenkranz

289. Dezember 1845

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289. An Karl August Vamhagen v. Ense Königsberg, d. 20. Dezember 1845 Kaum wage ich es noch, hochverehrter Freund, wieder an Sie zu schreiben, nachdem ich mich eines so langen Säumens schuldig gemacht. Aber in welch' ein Heer kleinlicher, ideenloser und darum mühseliger Geschäfte bin ich auch geraten! Dazu kam noch, daß ich ein Vierteljahr hindurch die Geschäfte des Kurators der Universität, der eine größere Reise machte, mitversah; - ein wahrer akademischer Papst mit der dreifachen Tiara des Professors, Rektors und Regierungsbevollmächtigten. So ein Rektorat hat jetzt nur noch polizeiliche und figurative Bedeutung; ein positives und produktives Element liegt gar nicht darin. Es ist eine Scheinmacht. Die eigentliche Verwaltung hat der Kurator - der aber wiederum nur ein Werkzeug des Ministers ist; - ob dieser selbständig handelt oder auch nur wieder Organ ist - kann er vielleicht selbst nicht klar übersehen. Mit dem größten Anteil, mit tiefem Schmerz freilich, habe ich Ihr meisterhaftes Charakterbild: Hans v. Held 1 , gelesen. Welch' eine edle Natur, welch' eine Begabung, welch' ein Schicksal! In solchem Alter noch sich zu erschießen, weil ihm die Kasse bestohlen worden. Menschheit, Menschheit, es ist entsetzlich, welche Opfer dir noch fallen, deiner Beschränktheit, deiner Unbarmherzigkeit! O dies Beamtenunwesen mit seiner Spionerie, seinem Hofieren gegen „Höhergestellte", seiner Jagd nach Gehalten, Zulagen, Remunerationen, Orden, mit seiner Gewissenlosigkeit, Zweideutigkeit, mit seinen loyalen Verbrechen, mit seiner grenzenlosen Selbstsucht, als ob die ganze Welt nur seinetwegen da wäre, wie überaus treffend, mit welcher tiefgefühlten Ironie und doch mit welcher Ihnen einmal eigenen, Sie auch nicht bei den häßlichen Katastrophen verlassenden Anmut haben Sie es geschildert. Die Erzählung von dem Diebstahl des Manuskripts durch den Postmeister und von der perfiden Gefangennehmung Heids hat mich tief erschüttert. Traurig genug, daß wir in Zeiten leben, welche uns so viel verwandten Stoff darbieten. Hier in Königsberg herrscht eine unheimliche Atmosphäre. Die Regierung gefällt mir eigentlich der Form nach jetzt recht gut. Sie tritt entschlossen auf, macht Gewaltschritte und enttäuscht dadurch die liberale, oder genauer gesprochen, radikale Partei über ihre eingebildete Macht. Allein in ihrem Selbstgefühl geht die Regierung nun vielleicht zu weit. Sie hat Rupp vom Amt entsetzt - und schon hat sich eine neue Gemeinde konstituiert. Sie hat die Versammlungen der protestantischen Freunde und der Bürger polizeilich

1

Vamhagens Werk über den Politiker u. Publizisten Hans v. Held (1764-1842) erschien 1845 in Leipzig.

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aufgehoben - aber sie macht auch Versammlungen, welche als Privatgesellschaften auftreten, unmöglich, und das kann nicht gut wirken. Die Gemüter sind leidenschaftlich ergriffen. Die Regierung täusche sich nicht, weil heute, weil morgen noch keine gewaltsame Reaktion eintritt, so folgt daraus nichts für Jahre. Die Universität wird im Augenblick moralisch desorganisiert, indem man gegen alle, welche für die Auszeichnung des Präsidenten Abegg 1 durch eine Inskription gestimmt haben, eine Untersuchung eröffnet hat, zu dem Ende aber alle ordentlichen Professoren einzeln verhören läßt durch den Oberlandesgerichtsrat. Mich, den Prorektor, der den Antrag machte, wird man wohl zuletzt verhören. Gott sei Dank, ich habe das beste Gewissen bei der Sache, aber die Aufregung ist ungeheuer; der geheimen Denunziation in der Form der gerichtlichen Auskunft ist Tor und Tür geöffnet; jahrelange Feindschaften, das trostloseste Mißtrauen und ein Ekel, an akademischen Angelegenheiten sich zu beteiligen, begründen sich. Und doch ist auch diese Krisis gut. So viele Unklarheit und Halbheit muß dabei zugrunde gehen, und das ist auch für den Staat ein Gewinn. Ich habe zu tun, der ruhige, selbstbewußte, besonnene Chef dieser terroristisch angezitterten Beamten zu bleiben. Aber ich sehe jetzt, wie enorm praktisch die Philosophie m i t i h r e m s u b s p e c i e a e t e r n i ist. In der Stadt meint man, in Erinnerung des schnöden Artikels der Augsburgerin gegen mich: noch ein Wort über Hegels Leben 2 Schelling stecke eigentlich gegen mich dahinter. Allein ernstlich erwogen kann ich doch weder ihm noch Eichhorn eine solche Niedrigkeit zutrauen und halte mich jetzt mehr überzeugt, daß man überhaupt einmal uns Professoren fühlbar machen will, welchen Ungelegenheiten wir uns aussetzen, wenn wir mehr als Kathederredner sein wollen. Ach und Professoren sind so unendlich bequeme Menschen, das weiß Eichhorn recht gut - und wird seinen Zweck erreichen. D r . Jung 3 schreibt jetzt ein großes Werk über Königsberg. Mein Freund Brockhaus, der Sie gesprochen, sagte mir, daß Sie nicht ganz wohl gewesen, trotz Homburg. Ende 1845 wurde Α., Polizeipräsident in Königsberg, als Eisenbahnkommissar nach Breslau strafversetzt. Aus diesem Anlaß beantragte Rosenkranz als Prorektor eine Inskription für A. Nach Protest zweier Senatoren u. dem Eingreifen des Regierungsbevollmächtigten kam die Angelegenheit vor das Generalkonzil, das zunächst für die Inskription stimmte, auf die Bedenklichkeit der Sache aber hinwies, d. i. Einmischung in politische Angelegenheiten. Da der Vorgang nun durch die Presse ging, wurde der Regierungsbevollmächtigte angewiesen, die Angelegenheit zu untersuchen. Dies Verfahren wurde vom Oberlandesgerichtsrat Jarke geführt. Eine eingehende Disziplinaruntersuchung unterblieb jedoch. In einer Kabinettsordre vom April 1846 hieß es, daß Rosenkranz u. Burdach so lange nicht Prorektoren werden sollten, bis sie bessere Gesinnung gezeigt hätten. 2

Hermann Franck, Zur deutschen Literatur. Ein nachträgliches Wort über das Leben Hegels von Rosenkranz, in: Beilage zur Augsburger Allg. Ztg. Nro. 174 vom 23. Juni 1845. Franck wirft R. parteibeflissene Eitelkeit und Würdelosigkeit vor. Alex. Jung, Königsberg und die Königsberger. Leipzig 1846.

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Möge dieser Brief Sie bei besserer Gesundheit finden und Sie versichert sein, daß ich stets mit wahrer Hochachtung sein werde Ihr ergebenster K. Rosenkranz

290. An Heinrich Zschokke Königsberg, d. 12. Januar 1846 12 Uhr nachts Mein teuerster Vetter, absichtlich habe ich meine Antwort auf Ihren lieben Brief bis heute verschoben, weil ich Ihnen gern über die Pestalozzifeier 1 einen Bericht abstatten wollte. Ich habe den Inhalt Ihres Schreibens nebst Exemplaren zur Teilnahme an der Pestalozzistiftung dem Herrn Oberlehrer Fatscheck hiersclbst mitgeteilt, der an der Spitze des hiesigen Vereins der Pestalozzifreunde steht, die sich alle vier Wochen im Lokal der städtischen Armenschule versammeln. Eine Anzahl Exemplare ist im Land umhergeschickt. Die Pestalozzifeier ist bei uns heute in allen Schulen begangen worden. Im Kneiphöfischen Junkerhof war heut früh die Hauptfeier. Herr Steeger, Direktor des hiesigen Waisenhauses, ein Schüler Pestalozzis, hielt die biographische, ich selbst, wenn ich es so nennen soll, die prophetische Rede. Außerdem wurden schöne Lieder und passende Choräle von der sehr zahlreichen Versammlung gesungen. Heute abend war eine freie Versammlung aller, die sich // für die Sache interessieren. Weil ich, tief ergriffen von Pestalozzis aufopferndem Liebessinn, so recht aus dem Herzen gesprochen habe, ist mir viel unverdiente Ehre widerfahren. Ich schreibe sie dem alten Vater Pestalozzi zugut. Auch sein Porträt in goldenem Rahmen haben Sie mir geschenkt. Meine Rede habe ich versprechen müssen, drucken zu lassen - zum Besten des Deutschen Pestalozzivereins. Ach, mein innigst verehrter Freund, welche Kämpfe bestehen wir jetzt hier! Ich hoffe aber, daß die Regierung binnen kurzem zur Einsicht kommen muß, daß es so nicht mehr geht. Die stille Trübheit, die sich der Gemüter bemächtigt, nährt den Fanatismus, namentlich den religiösen, und gegen dessen vulkanische Gewalt hält keine Regierung aus. Dieser Fanatismus aber, fürchte ich, ist jetzt in der schönsten Blüte, wie Sie vielleicht auch aus den Zeitungen // ersehen.

K. Rosenkranz, Pestalozzi. Rede zur Feier seines hundertjährigen Geburtstages am 12. Jan. 1846, zu Königsberg im Saale des Kneiphöf'sehen Junkerhofes. Zum Besten der Deutschen Pestalozzistiftung. Königsberg 1846.

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291. Janauar 1846 - 292. Januar 1846

Erst im April geht mein Rektorat zu Ende. Ich sehne mich nach diesem Ende, weil ich gar nicht mehr zu wissenschaftlichen Arbeiten komme. Wenn Sie bedenken, daß ich von hier bis Berlin 80 Meilen durch ein ganz interesseloses Land zu fahren habe, so wird es Sie nicht wundern, daß ich schwer von hier zum Reisen komme. Sollt* ich aber nach Paris gehen, so h o f f ich auch nach der Blumenhalde zu kommen. Meine Frau liest schon den ganzen Winter fast nur die Stunden der Andacht 1 . Leben Sie wohl, liebster Vetter, und grüßen Sie Frau und Kinder herzlich von dem Königsberger Philosophen, der Ihnen so innig zugetan ist. Leben Sie wohl! Ihr Karl Rosenkranz Heim Forstratusw. D r . H e i n r i c h Hochwohlgeboren frei Aar au Kanton Aargau

Zschokke

291. An die Buchhandlung Tag und Koch Herrn T a g und K o c h Wohlgeb. Könnt' ich wohl für dies Jahr ein Exemplar der Pariser illustrierten Zeitung 2 ( L ' i l l u s t r a t i o n ) durch Sie beziehen? ergebenst Kgb. 17/1. 46

K. Rosenkranz

292. An Robert Prutz Königsberg, d. 24. Jan. 46 Hochgehrtester Herr Doktor, wie schäme ich mich, daß mein Name noch immer unter den Mitarbeitern am literarischen Taschenbuch, von mir selbst aber nichts mehr darin steht.

1

2

H. Zschokke, Stunden der Andacht. Zur Beförderung wahren Christenthums u. häusl. Gottesverehrung. Th. 1-10. Aarau L'Illustration. Journal universel. Paris 1843ff.

293. September 1846

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Den Vortrag über Pestalozzi hatte ich Ihnen schon zugedacht, als ich dem Bitten nachgab, ihn zum Besten der Deutschen Pestalozzistiftung dem hiesigen Pestalozziverein zum Eigentum zu machen. Packt mich nicht irgendein äußerer Zwang, so ist es jetzt mit meinem Produzieren nichts. Seitdem ich das Rektorat der Universität führe, sind Geschäftsbriefe, Rechnungen, Akten, Sitzungen, Vernehmungen (auch passiv, als ich selbst zur Untersuchung gezogen ward von Rat Jarke wegen der für Abegg intendierten Inskription) // so sehr meine tägliche Nahrung, daß die Musen sich scheu zurückziehen. Ostern schüttle ich endlich diesen Purpur von den Schultern, ihn wieder mit dem geliebten Arbeitskittel, mit dem spekulativen Schlafrock zu vertauschen. Auf den zweiten Teil Ihrer Geschichte des Deutschen Journalismus 1 bin ich im höchsten Grade gespannt; dagegen bin ich sehr unzufrieden mit Ihnen, wie Sie den Karl v. Bourbon 2 an Gift mattherzig sterben lassen, ihn, den eine welthistorische Kugel, Benvenutos Cellinis, erst vier oder fünf Jahr später erschoß. Wenn Schiller die J e a n n e d ' A r c nicht als Hexe sterben läßt, so ist das eine idealisierende Verfälschung der Geschichte, aber Ihre Entfernung von der Geschichte scheint mir ein Heruntergehen ins Pro//saische. Komm'ich auch, r e b u s s i c s t a n t i b u s , wieder mit leeren Händen, so hoff' ich doch auf ein freundliches Andenken bei Ihnen und scheide mit den innigsten Wünschen, voll reinster Hochachtung Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

293. An Eduard Zeller Königsberg, d. 8. September 1846 Hochgeehrtester Herr und Freund, von einer Reise von Paris 3 und Hamburg soeben zurückgekehrt, beeile ich mich, Ihr schon vom 15t. Juli datiertes Schreiben zu beantworten. Sie können wohl denken, daß ich den Schmerz um Marheinekes Verlust 4 auf das innigste teile, da ich in früheren Jahren in so manchem Verkehr mit ihm stand, der mir Gelegenheit gab, auch sein Herz, seinen Charakter kennenzulemen. Durch meine Situation hier in Königsberg, wo ich nun schon in das vierzehnte Jahr hier lebe, bin ich jedoch Marheineke, überhaupt den Berlinern,

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Ein zweiter Teil ist nicht erschienen. R. Prutz, Karl v. Bourbon. Historische Tragödie in 5 Akten. Hannover 1845. - Der Konnetable Karl Bourbon (1489-1527) starb durch die Kugel des Bildhauers Benvenuto Cellini (1500-1571). Rosenkranz besuchte im Juli und August 1846 Paris. Marheineke starb am 31. Mai 1846.

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293. September 1846

allmählich sehr entfremdet und nur, wo es eine gemeinsame Entschiedenheit galt, ζ. B. bei dem Austrittaus den Β e r i i η er J a h r b ü c h e r n u. dgl., traten wir wieder zusammen. Die Anschauung gerade der letzten zehn Jahre in Marheinekes Leben, wo er sich so recht bewährte, ist deshalb bei mir nur eine ganz allgemeine, auf seinen Schriften und Zeitungsnachrichten beruhende. Hier würde notwendig ein den Berliner Vorgängen Vertrauter eintreten müssen. Dies ist auch geschehen, indem // Vatkex in einigen Nummern der Vossischen Berliner Zeitung in der zweiten Woche des Juli eine sehr ausführliche Übersicht des Lebens und Wirkens Marheinekes gegeben hat, welche wohl eine weitere Verbreitung verdiente. Es käme darauf an, ob er selbst zu einer größeren Ausführung geneigt wäre. Daß er der rechte Mann dazu, bezweifeln Sie gewiß so wenig als ich. Wo aber nicht, so würde ich Matthies in Greifswald nennen, welcher auch den Nachlaß Marheinekes herauszugeben übernommen hat und, schon als Verwandter und durch häufigen Aufenthalt in Berlin und langen Verkehr, einer der über Marh. Bestunterrichteten ist. H a e c h a c t e n u s . I c h verfolge hier alle Entwicklungen Tübingens mit der gespanntesten Aufmerksamkeit und bedaure nur, teils durch die lokale Abgeschiedenheit von Deutschland, teils durch meine gegenwärtige geistige Disposition, von der Teilnahme an dem journalistischen Kampf zu entfernt zu sein. Ich muß mich nämlich durchaus, nachdem ich so viele Jahre kritisch und historisch beschäftigt gewesen, zu systematischen // Arbeiten entschließen, wenn noch irgend etwas aus mir werden soll. Dies innere Bedürfnis konzentriert mich so in mir selber, daß ich meine sonstige, bald polemische, bald apologetische Unruhe sehr verloren habe und in dem positiven Arbeiten als solchem zu sehr Genüge finde. Mein Interesse an der Gegenwart und Zukunft der Nation ist deshalb freilich kein geringeres, nur wage ich nicht, Journalartikel zu versprechen, da es mit dem Worthalten seit Jahren mißlich aussieht. Die Schweglerschen Jahrbücher sind der Anlage nach vortrefflich und haben bereits viel Gutes gewirkt, nur, glaube ich, nehmen seit einiger Zeit die kleinlichen, so oft resultatlosen und auf das übrige Europa so wenig einwirkenden Schweizer Wirren einen verhältnißmäßig zu großen Raum ein. Nachdem nun Hr. D r . N o a c k 2 der Philosophie eine eigene Zeitschrift eröffnet, werden auch dadurch wieder Kräfte entzogen, was auch Sie sogar bei Ihren theo//logischen Jahrbüchern empfinden werden. Es ist ein Unglück, daß bei uns 1

W . Valke, Marheinekes Lebensgang. Wieder abgedr. im ersten Band der theol. Vorlesungen, Bd. 1, S . I X - X X I V , Berlin 1847. Neuere Literatur über M. verzeichnet Klaus Krüger, Der Gottesbegriff der spekulativen Theologie. Berlin 1970. Ludwig Noack gab die .Jahrbücher für speculative Philosophie und die philosophische Bearbeitung der empirischen Wissenschaften' heraus.

294. Oktober 1846 - 295. November 1846

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die Journale sich so schwer zentralisieren und dieselben Arbeiten nach so verschiedenen Seiten hingerissen werden. Indem ich Ihnen noch schließlich meinen Dank für so manchen Genuß und Belehrung sage, den ich aus Ihren Schriften geschöpft, bitte ich, mich den übrigen Absoluten (wie mir Herr D r . Bressel, einer Ihrer Freunde, im Trierschen Hof zu Bonn erzählte, daß man Sie in Tübingen so bespitzname) Reiff, Schwegler und dem unermüdlichen Vischer herzlich zu empfehlen. Mit wahrer Hochachtung Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

294. An Karl Hegel, 23. Okt. 1846 1

295. An August Koberstein Königsberg, d. 15. November 1846 Hochgeehrtester Herr, in der Β e r i i n e r L i t e r a r i s c h e n Z e i t u n g habe ich vor einigen Tagen eine Anzeige von dem Album des Naumburger V er eines2 für Kunst und Wissenschaft gelesen, welche von einem Aufsatz von Ihnen über das Naturgefühl der Deutschen mit Beziehung auf Goethe und einen andern von Prof. S teinhart3 über Hegel und sein W e r k Meldung gibt. Beide interessieren mich außerordentlich, da sie von zwei so gründlichen Forschern kommen. Bei Goethe wirkt noch der Umstand, daß ich diesen Winter ein großes P u b l i k u m 4 über ihn lese. Da nun das Album, als Manuskript für Freunde gedruckt, nicht im Buchhandel zu haben ist, so erlaube ich mir die dringende Bitte, mir geneigtest ein Exemplar schenken und baldmöglichst, auf meine Kosten versteht sich, durch die Post wollen zugehen zu lassen. Sie werden mich Ihnen für solchen // Liebesdienst dankbarlichst verpflichten. Ihrer verehrten Frau Gemahlin mich bestens empfehlend und heißhungrig das Album erwartend, schließlich auch noch der Ihnen so befreundet geworde^ 2

^ 4

Diesen Brief verzeichnete Karl Schümm in dem a.a.O. erwähnten Schreibheft. Album des literarischen Vereins in Naumburg a. S. zur Feier seines 25 jährigen Bestehens. Naumburg 1846. Dort K.'s Aufsatz .Über das gemütliche Naturgefühl der Deutschen und dessen Behandlung im Liebesliede. Mit besonderer Bez. auf Goethe'. S. 43-78. Karl Heinrich August Steinharts Aufsatz .Hegel und sein Werk' a. a. O. S. 79-136. Im W S 1846/47 hielt Rosenkranz ein vierstündiges Publikum .Über Goethe und dessen W e r k e ' . Die Vorlesungen veröffentlichte er als Buch u. d. T. ,Gölhe und seine W e r k e ' . Königsberg 1847. 2., verbesserte u. vermehrte A. Königsberg 1856.

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296. Februar 1847 - 297. März 1847

nen Frau Assesor L o b e d a n auf gut Glück durch Sie einen herzlichen Gruß sendend, mit vollkommenster Hochachtung Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

296. An Albert Schwegler Königsberg, 16. Februar 1847 Hochgeehrtester Herr und Freund, als ich das erste Heft des diesjährigen Bandes der Jahrbücher erhielt und meinen Namen in der Liste der Mitarbeiter sah, dachte ich daran, ob ich nicht etwas hätte, diese Titularwürde doch wieder auch zu einer reellen Funktion umzuwandeln. So fiel ich darauf, Ihnen beifolgenden Aufsatz über die Topographie des heutigen Paris1 zugehen zu lassen, der sich für Jahrbücher der Gegenwart wohl eignete. Sollten Sie ihn aufnehmen, so würde ich nur bitten, mir von dem Heft, worin er stehen wird, 2 Exemplare durch den Buchhandel zukommen oder durch die Post (auf meine Kosten) zuschicken und den Betrag dafür vom Honorar abziehen zu lassen. - Daß in meinen Darstellungen sich immer ein Lokalton mit einschleicht, müssen Sie schon der eigentümlichen Stellung, die ich hier einnehme, zugute halten. Mit den herzlichsten Grüßen an Vischer, Zeller und Reiff Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

297. An Karl August Vamhagen v. Ense Königsberg, d. 14. März 1847 Mein hochverehrter Freund, wie sehr habe ich bedauert, Sie in Berlin auf meiner Durchreise nach Paris nicht in Ihrer Wohnung getroffen zu haben. Sie waren schon verreist. Auch Hotho traf ich nicht. Mit unserem teuern Joh. Schulze verlebte ich einige genußreiche Stunden. Ich dachte nicht, daß meine Berliner Freunde schon so früh weggeeilt sein würden, eilte nun aber nach zwei Tagen selbst wieder fort.

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Erschien erst 1850 in Königsberg u. d. T. .Die Topographie des heutigen Paris und Berlin. Zwei Vorträge'.

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Auch A. v. Humboldt traf ich nicht. Er war gerade eine Stunde zuvor nach Tegel gefahren. Diesen flüchtigen Brief bringt Ihnen der D r . m e d . Thiel, der vier Jahre mein Amanuensis war und, falls Sie darnach gelüstet, Ihnen über Königsbergiana reichen Aufschluß geben kann, da er auch mit Burdach lange Zeit in traulichem Umgang lebte. Er sehnt sich, Sie, den er aus Ihren Schriften schon lange kennt und verehrt, einmal von Angesicht zu sehen. Gönnen Sie ihm eine freundliche Viertelstunde. Diesen Winter bin ich Ihnen zu unendlichem Dank verpflichtet. Ich habe nämlich vier Stunden jede Woche ein Collegium über Goethe gelesen und stecke noch darin. Wie oft habe ich da nicht Ihrer erwähnen müssen, denn Sie haben für die Würdigung Goethes mit das meiste und Beste getan. Die Vorlesungen haben hier ein großes, allgemeines Interesse erregt. Haben Ihnen also oft die Ohren geklungen, so wissen Sie nun warum. Ich werde die Vorlesungen in der Weise von V i 11 e m a i η C o u r s d e littératur1 drucken lassen, und Sie sollen Ihre Herzensfreude daran haben. Sind Ihnen schon die Studien, Heft IV 2 zugekommen, die eine Art V i t a n u o v a , eine poetische Geschichte meines Gemüts enthalten und eigentlich nur für meine Freunde ein biographisches Interesse haben? Daß Sie Ihre treffliche Beurteilung meines Lebens Hegels in den letzten Band Ihrer vermischten Schriften 3 aufgenommen haben, hat mich sehr erfreuet. Was bin ich Ihnen nicht alles schon schuldig geworden! Jeder Brief, jede Schrift von Ihnen ist mir ein Fest! Seien Sie immer meines innigsten Dankes gewiß und daß ich stets sein werde Ihr innigst ergebener Karl Rosenkranz

298. An Karl August Vamhagen v. Ense Königsberg, d. 5. Juni 1847 Hochgeehrtester Herr und Freund! Wie hat mich Ihr Brief vom 2t. Mai erfreuet! Es war fast ein Jahr, daß ich keine Nachricht von Ihnen hatte. Leider ersehe ich aus Ihrem Bericht, daß Sie

1 Abel François Villemain, Cours de littérature franç. 2 ed. 4 torn. Paris 1840. Κ. Rosenkranz, Studien. Vierter Theil. Metamorphosen des Herzens. Eine Confession. Gedichte. Leipzig 1847. 3 Vgl. Κ. A. Vamhagen v. Ense, Denkwürdigkeiten u. vermischte Schriften. Bd. VII, S. 464471. 2

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wieder viel gekränkelt haben und auch sonst durch die neueste Weltgeschichte mißgestimmt sind. Was den ersten Punkt anbetrifft, so hoffe ich wieder auf Homburg; was den zweiten, so gestehe ich, Ihre Ansicht nicht teilen zu können. Noch als das Patent1 erschienen war, würde ich Ihnen beigestimmt haben. Nachdem aber die Einberufung der Stände so rasch darauf erfolgte, faßte ich guten Mut. Und dieser ist im Verfolg gewachsen. Der Durchbruch ist einmal geschehen. Alle Interessen sind offen zur Sprache gekommen, selbst so heikliche wie die polnische Nationalität, wie Krakaus Einverleibung in Österreich, Spaniens Nichtanerkennung, die Soldatenehre (in einem Militärstaat!), der Staatskredit usw. Wir haben Europa unsere Karten aufgedeckt. Ich bin überzeugt, daß Preußen dazu berufen ist, die Individualität mit der Notwendigkeit der rationellen Freiheit auf nationale Weise zu vereinigen. Aus diesen Faktoren erkläre ich mir Erscheinungen, in denen pure Historiker, die keine Phantasie für die Zukunft haben, und Philosophanten, die nicht die Zähigkeit der Rassendifferenzen begreifen, nur monströse Dinge erblicken. Sie, Verehrtester, gehören weder zu jenen noch zu diesen. Wenn Sie aber mißlaunig sind, so erkläre ich mir das aus einem Grunde, der Ihnen vielleicht kurios klingt, den ich aber für richtig halte. Ich glaube nämlich, daß Sie zu viel wissen. Sie sind so sehr in das Detail eingeweihet, daß Ihnen, auch wenn Sie gern den Fortschritt sehen möchten, alle die verdammten Kleingeschichtcn, die fatalen Persönlichkeiten, die Unzahl der Beamtenniederträchtigkeiten beifallcn - wie Sie in Ihrem herrlichen Charaktergemälde Hans v. Held diesen Unwillen haben eklatieren lassen. Dann sagen Sie sich, was kann aus solcher M i s e r e Großes kommen? So begreife ich Ihre Verstimmung, die nun obenein durch Kränklichkeit gesteigert wird. Ich möchte Sie dann an ein treffendes Wort erinnern, was Sie mir einmal gesprächsweise sagten, daß ein Beichtvater endlich so viel Abscheuliches zu hören bekomme, daß er ganz tolerant werde. Seien Sie auch gegen unsern Staat tolerant, vergeben Sie Ihm seine Sünden, helfen Sie ihm durch Ermutigung zum Glauben an eine schöne Zukunft! - Doch genug hiervon. Seien Sie auch, Sie, der literarische Beichtvater zahlloser Menschen, seien Sie nun auch gegen mich tolerant! Scherz bei Seite, '

Am 3. Februar 1847 ließ Friedrich Wilhelm I V . ein Paient veröffentlichen, das „ständische Einrichtungen" zum Ausbau des Staatsschuldengesetzes u. des Provinzialständegesetzes ankündigte. Er vermied dabei bewußt demokratische Begriffe wie Volksvertreter, Kammer etc. für die neuen Institutionen. Varnhagen hatte sich in einem Brief vom 2 . Mai 1847 an Rosenkranz sehr kritisch zu diesem Patent geäußert: „Warum ein Leben hervorrufen, das doch nicht leben soll, dem alle Organe dazu versagt oder verkümmert sind?" - Der Vereinigte Landtag sollte sich nach dem Willen Friedrich Wilhem IV. nur mit inneren Angelegenheiten befassen. Die Einverleibung Krakaus ( 1 8 4 6 ) in Österreich und der unterbrochene Handelsverkehr mit dem revolut. Spanien bewirkten eine schwere Schädigung des Handels in den preuß. Provinzen, so daß auch außenpolitische Diskussionen geführt werden mußten.

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teuerster Freund, das Herz schlägt mir etwas, wenn ich mir Ihr Zimmer, Sofa, den bûcher- und schriftbeladenen Tisch vor demselben vorstelle und den Moment, wo Sie mein Buch über Goethe mit heißer Erwartung in die Hand nehmen - - j u d e x ergo cum s e d e b i t , Nil inultum remanebit, Quidquid latet, apparebit! Was werden Sie dazu sagen? Werde ich Ihren Erwartungen nur einigermaßen entsprochen haben? Ach! ich fühle wohl das unermcßliche Talent, womit ich von Hause aus begabt bin, allein ich fühle auch, wie ich immer noch nicht das daraus mache, was ich daraus machen könnte. Ich bin oft zu leichtsinnig und behandle meine schönsten Eigenschaften e n c a n a i l l e , während ich an andere, aus denen nie etwas Ordentliches werden wird, umsonst ganze Zentner von steriler Kultur verschwende. Wenn ich noch einmal in eine ganz andere Situation hinein könnte, nach Deutschland zurück, in eine neue Umgebung, zu einem andern Publikum, so glaube ich, würde ich mich noch einmal umarbeiten und dürfte ich vielleicht hoffen, daß aus mir noch etwas werden möchte, was andern Menschen zu Trost und Freude gereichte. So aber kann ich dem Gewirr der Prosazustände, in denen ich lebe, zu wenig zur idealen Vertiefung kommen. Verzeihen Sie diese Klagen! Möchten Sie mir nächstens nur mit einigen Zeilen sagen, ob ich den alten Goethe würdig herausgearbeitet habe. Ich schließe, indem ich Ihnen zugleich für so vielfache Belehrung über Goethe, die ich stets an Ort und Stelle erwähnt habe, nochmals herzlich danke. Leben Sie wohl! Ihr ergebenster K. Rosenkranz Werden Sie nicht schelten (so sagt man hier, wenn man mit Höflichkeit recht unbequem werden will), wenn ich Sie bitte, beikommendes Exemplar an Herrn Professor H o t h o gelangen zu lassen?

299. An Karl August Varnhagen v. Ense Königsberg, d. 16. Juni 1847 Es lebe die Post! Ein göttliches Institut! So dachte, so empfand ich gestern abend, als ich Ihren herrlichen Brief bekam, der mich ungemein erquickt, ermuntert, aufgerichtet, der mir Beruhigung gegeben, der mich noch eine Zukunft hat hoffen lassen, denn wie jeder strebsame Mensch fühl' ich unmittelbar nach Vollendung einer Arbeit mich gewöhnlich verschüchtert und melancholisch schwankend, bis ich wieder in eine andere Arbeit mich hinübergelebt habe. Ich schreibe nur, Ihnen herzlichst

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für Ihre Teilnahme zu danken. Wenn Sie mit dem Buch nicht unzufrieden sind, so ist mir das eine ungeheure Garantie für sein weiteres Schicksal. Wenn Sie weiter lesen, hoffe ich, soll Ihr Interesse sich noch steigern. Auch wegen der Politik verstehe ich Sie nun ganz klar. Verzeihen Sie meine Auffassung! Ich muß aber offen bekennen, daß Ihre Worte im vorigen Brief so änigmatisch waren, daß ich aus denselben mehr Unzufriedenheit als nötig mit der Gegenwart herauslas. Im Gefühl meiner Dankbarkeit möcht' ich Ihnen nun gern etwas recht Liebes tun. Lachen Sie daher nicht, wenn ich Ihnen ein Blättchen von R u ρ ρ für Ihre Autographensammlung schicke, und schreiben Sie mir gelegentlich, von welchen mir abreichbaren Notabilitäten (ζ. B. Auerswald) ich Ihnen schicken soll. Immer Ihr dankbar ergebener K. Rosenkranz

300. An Heinrich Theodor Rötscher Königsberg, d. 16. Juni 1847 Verehrtester Freund, beikommend empfangen Sie ein Exemplar eines Buchs von mir über Goethe und dessen Werke, das mir gleichsam in meinem Rücken entstanden ist, indem ich es post den Stenographen meiner wintersemestrigen Kathederinspirationen machte. Das Buch hat daher den oratorischen Numerus behalten und eignet sich deshalb auch wohl am besten, wieder im Winter in geselligen Zirkeln vorgelesen zu werden. Ich habe Ihrer, wie sich von selbst versteht, mit Dankbarkeit nicht zu selten Erwähnung tun müssen und würde noch öfter und noch mehr Veranlassung dazu gehabt haben, wäre mir Zeit geblieben, Ihre Schriften noch einmal für meinen Zweck durchzulesen. Allein zu solcher Vertiefung läßt leider meine hiesige Stellung mich nicht kommen, die im Amt wie in der Gesellschaft und Familie wegen einer stets kranken Frau - mich in unaufhörliche Zerstreuung reißt, so daß ich mich selbst oft // verwundere, wie ich noch ein notdürftiges Wissen friste. Seien Sie; lieber Freund, daher mit meinem o p u s c u l u m nachsichtig. Für Ihre Jahrbücher 1 würde ich so frei sein, in betreff meines Buchs einen Vorschlag zu machen, nämlich die Vorlesung über Egmont und die über die natürliche Tochter abdrucken zu lassen, weil ich glaube, daß der Inhalt gerade

Rötscher gab die .Jahrbücher für dramatische Kunst und Literatur' heraus. Die erwähnten Aufsätze sind nicht in den Jahrbüchern erschienen.

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dieser beiden Tragödien, so wie ich ihn entwickelt habe, im Augenblick ein sehr großes und allgemeines Interesse in Anspruch nehmen und damit den Jahrbüchern sehr förderlich werden müßte. Politik ist doch einmal unsere Tagesordnung. Das Theater bei uns ist eben im Absterben begriffen. Die Oper, wo erst die Marra, nun die Tuczeck fesselte, ist noch hier; auch noch das Vaudeville und die Liederposse, letztere von Brüning getragen; das rezitierende Schauspiel aber ist schon in die Provinz nach Memel gegangen; wenn ihm die Oper folgt, wandert es nach Tilsit usw. Hier in Königsberg ist dann vom // 1st. Juli bis 1st. Oktober gar kein Theater. Dann haben wir nur bei Nebel, Kälte, Regen, chinesischen Laternen, obligaten Mondschein, bayerischem Bier und Grog Gartenkonzerte - P o l k a , P o l k a ! Ich habe ein Exemplar für Alexander v. Humboldt beigelegt, dem Sie ja auch wohl befreundet sind. Ich stehe seit 1840 in sehr angenehmen Verhältnissen zu ihm - versteht sich nur wissenschaftlichen. Er hat sich einmal sogar die Mühe genommen, die neue Ausgabe meiner theologischen Enzyklopädie Seite vor Seite durchzulesen und mir eine sehr merkwürdige, genau eingehende Kritik darüber zu schreiben. Die Nachrichten über seinen Zustand lauten hier verschieden. Ich hoffe, daß er mein Buch noch genießen kann. Sie verzeihen mir wohl, wenn ich Ihnen die Mühe aufbürde, ihm dasselbe zuzuschicken. Ich erinnere mich nicht genau seiner Hausnummer; ich glaube es ist 49. Nun, lieber Rötscher, habe ich aber auch für mich selber noch die Bitte, daß Sie mir, wo möglich, recht bald schreiben, was mein Wagnis, den ganzen // Goethe so keck und strack ohne viel Federlesens hinzustellen und dabei den spekulativen, zugrundeliegenden Begriff nur in der Form einer dichterisch anklingenden Reproduktion erscheinen zu lassen, für einen Eindruck macht. Vielleicht tun Sie es auch öffentlich in Ihren Jahrbüchern, was ich Ihrer Güte anheimstellen muß. Wie steht es denn eigentlich mit Hotho? Ist er schon verreist, oder wie ist's mit ihm? Helfen Sie durch ein paar Nachrichten meiner Berliner Freundesstatistik auf. Mit unserer politischen Konstellation bin ich ganz zufrieden. Die Regierung erzieht - vielleicht c o n t r e c o e u r , - ja wahrscheinlich in purer Naivität - das intensivste politische Selbstbewußtsein. Preußen wird sich zum Staat der freien Individualität durchbilden. Doch dies Kapitel darf ich gar nicht anfangen, ohne endlos zu werden. Leben Sie wohl und lassen Sie bald einige Worte zukommen Ihrem ergebensten K. Rosenkranz

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301. Juni 1847

301. An Theodor v. Schön Königsberg, d. 26. Juni 1847 Hochverehrtester! Da die Fenster meiner Studierstube über Gärten, Wiesen und Holländerbaum fort gerade auf Arnau losgehen, so stehe ich nicht selten daran, Ihrer gedenkend, namentlich aber seit Eröffnung des Landtags, so oft ich morgens die Zeitungen lese. Auch der notgedrungene Bericht von Arndt (worin auch ein Brief von Ihnen) läßt mich mehr als je in Gedanken mit Ihnen leben. Anfangs Juli bekommen wir wieder Ferien. Da komm' ich auf einen Sonntag oder Wochentag hinaus, wenn's sich früher nicht machen sollte, da ich jetzt teils alle Hände voll zu tun habe, teils meine Frau seit 14 Tagen sehr krank war und erst seit Montag sich etwas besserte: Ich danke Ihnen, daß Sie ein Exemplar des Goethe von mir annehmen zu wollen die Güte gehabt haben. Wenn Sie das Buch gelesen haben, so würde ich bitten, mir nur mit zwei Worten in einem Billet zu sagen, ob Sie mit dem Wagnis zufrieden sind, denn ein Wagnis ist es, den ganzen Goethe so ohne viel Federlesens, wie ich getan, hinzustellen. Wegen des Landtags will ich nur so viel sagen, daß ich mit ihm ganz zufrieden bin und daß er mich in der Auffassung unserer Zukunft sehr bestärkt und ermutigt hat. Die Bürokratie ist gestürzt; der Durchbruch des Nationalbewußtseins ist erfolgt; Absolutismus im schlechter Sinn ist fortan unmöglich. Varnhagen schreibt// mir gestern 1 : „Die Abgeordneten aus dem eigentlichen Preußen zeigen die edelste Gesinnung und Haltung, das wird allgemein anerkannt; auch an Talent stehen sie in erster Reihe, und wenn die Rheinländer meine Landsleute - in einigem Betracht noch klüger und gewandter scheinen, so möcht' ich dies nicht als einen besonderen Vorzug anschlagen." Unser armer Sachs vegetiert immer in demselben - sprachlosen - Zustande! Verzeihen Sie dies Durcheinander. Ich mußte aber meinem Herzen einmal wieder Luft machen. Empfehlen Sie mich den lieben Ihrigen und behalten Sie lieb Ihren getreuen K. Rosenkranz

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In einem Brief an Rosenkranz vom 12. Juni 1847.

302. Juli 1847

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302. An Johannes Schulze Königsberg, d. 7. Juli 1847 Hochverehrtester Heu Geheimer Rat, wenn dies Blättchen und die beigefügte kleine Gelegenheitsrede 1 - die zunächst nur eine provinzielle Bedeutung hat und daher auch nur in unsern Provinzialblättern abgedruckt ist - in Ihren Händen sein werden, so ist es gerade ein Jahr seit dem Tage, an welchem Sie mich mit so herzlicher Freundschaft aufnahmen und wo wir im zoologischen Garten besonders so schöne Stunden miteinander verlebten, deren ich immer gern eingedenk sein werde. Dieser Nachmittag ist mir so wert geworden und und hat Ihr Bild mir wieder so in der Seele befestigt, daß ich eben nicht umhin kann, denselben auch Ihnen zurückzurufen. Wie ich meinen Aufenthalt in Paris benutzt und ob ich in der mir gebotenen Kürze gut ge//sehen habe, können Sie aus einem Aufsatz von mir über die Topographie von Paris im Juniheft der Schweglerschen Jahrbücher entnehmen, falls Ihnen dasselbe vor die Augen kommt. Bei Morelli war leider alles mit Engländern überfüllt. Ich habe jedoch ganz leidlich in dem H ô t e 1 R o u s s e a u in derselben Stube logiert, wo zwei Jahr zuvor auch ein deutscher Professor, der Münchener Naturforscher Martius, längere Zeit gewohnt hatte. Professor Dulk hat mir erzählt, Sie wohlauf und in gewohnter rastloser Lebendigkeit gesehen zu haben. Mögen Sie auch fernerhin Preußen und der Wissenschaft zum Segen so rüstig fortwirken! Der Minister hat versprochen, mich wegen des trau//rigen Gesundheitszustandes meiner Frau, die im hiesigen Klima zugrunde geht, bei nächster Vakanz (Delbrück oder Calker) nach Bonn zu versetzen. Eher werde ich denn wohl kaum auch wieder nach Berlin kommen und Sie Wiedersehen. Mit der Bitte, Ihrem Herrn Sohn und Herrn Professor Böhm mich bestens zu empfehlen, verharre ich mit innigster Liebe Ihr dankbar ergebener Karl Rosenkranz

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Wahrscheinlich ,Kant in Frankreich. Am 22. April 1847, zu Kant's Geburtstagsfeier' in: Neue Preuß. Provinzialblätter. Bd. 4, 1847, S. 12-29.

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303. Juli 1847

303. An Albert Schwegler Königsberg, d. 10. Juli 1847 Hochgeehrtester Herr Doktor, lange schon schulde ich Ihnen eine Antwort auf Ihre letzten freundlichen Zeilen. Es würde ebenso langweilig für uns beide als vergeblich sein, wollte ich Ihnen meine Entschuldigung des breitern vortragen. Gehen wir also darüber hinweg. Ich enträtsele Ihnen zunächst, wie Sie zu dem Aufsatz von Brandis gekommen sind, den nicht aufzunehmen Sie den richtigen Takt gehabt haben. Sie hatten mich gebeten, Ihnen hier einen Korrespondenten zu schaffen, der Ihnen zeitweise eine Rundschau unserer hiesigen Zustände lieferte und dabei zunächst an D r . Witt gedacht. Weil derselbe aber schon mit einer auswärtigen Zeitung in einem solchen Verhältnis steht, so lehnte er ab; ebenso ein anderer zuverlässiger, ruhig beobachtender Mann, dessen Name nicht genannt sein will. Hr. Brandis dagegen suchte solche Beschäftigung und schricb bereits für die Neue Hamburger Zeitung 1 und den Biedermannschen Herold 2 . Er bat mich, ihm eine Erweiterung seiner Korrespondenztätigkeit zu erwirken, und so dachte ich, könnten Sie es einmal mit ihm versuchen, be//daure aber, daß er Ihren Erwartungen so wenig entsprochen hat. Sie erneuen jetzt Ihre Bitte und meinen, es seien doch hier so manche junge Kräfte. Das ist wohl war, allein hier komme ich auf den Punkt, der uns drückt und über welchen ich auch in meinem letzten Brief an Sie schon in Beziehung auf mich selbst eine Andeutung gab. Wir sind zu isoliert. Der Provinzialismus absorbiert uns zu stark. Königsberg ist eine geistig rege Stadt, wo immer irgendein Interesse kulminiert und die ephemere Aufmerksamkeit fesselt; die einzelnen aber gehen oft darin unter; der in den freigemeindlichen, der in den bürgergesellschaftlichen, jener in den turnerischen, dieser in den pietistischen Angelegenheiten, ein fünfter im Konzert-, ein sechster im Theater-, ein siebenter im Parade- oder Salon- oder Kaffehausleben usw. Geister, die alle diese Elemente und Bewegungen übersehen, sind selten. Arbeitet sich von den jüngern einer zu einiger enzyklopädischen Zusammcnschau, so gibt er seine Übersichten gewöhnlich in einem Provinzialblatt wochenweise, ζ. B. Gottschall im Elbinger. Anzeiger. Eine a c t i o i n d i s t a n s von // hier zu ermöglichen, ist daher sehr schwer. Von hier bis Tübingen - und von da zurück - das ist weit, das geht langsam. Bei Berlin und Leipzig hört der literarische Horizont der

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Neue Hamburgische Blätter. Hamburg 1841-1848. Der Herold. Eine Wochenschrift für Litteratur und öffentl. Gerichtsverfahren. Hrsg. v. Karl Biedermann. Jg. 1-4. Leipzig 1844-47.

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Hiesigen schon wieder auf, was nämlich die Produktion betrifft. Sie verzeihen daher, wenn ich auch jetzt Ihnen niemand stellen kann. Der nebenliegende Aufsatz: Kant in Frankreich, ist auch ein Opfer des Provinzialismus, der an mein allerdings zur Geselligkeit geneigtes Talent unaufhörlich Forderungen macht, so daß ich nun schon bei den verschiedensten Gelegenheiten hier öffentliche Reden gehalten habe, von denen nur einige, wie die über Herder 1 und Pestalozzi, etwa auch noch die über den Begriff der politischen Partei, in weiteren Kreisen bekannt geworden ist. Ich schicke Ihnen den Aufsatz, weil es möglich wäre, daß ein Auszug daraus, der mit Hilfe des streichenden Rotstiftes leicht zu machen wäre, für Ihre Jahrbücher ein Interesse haben dürfte, da ich den Stand der Sache in den Hauptpunkten übersichtlicher und genauer, als es sonstwo geschehen, zusammengefaßt habe. Vergessen Sie nicht, verehrter Herr, daß jedoch das Ganze nur eine Tischrede bei einem Festessen war! // Mit Zeller scheint es ja ganz gut zu gehen, und diese Erfahrung dünkt mich doch für die Stellung der spekulativen Theologie zur Welt von großer Wichtigkeit. Vischer läßt uns mit dem zweiten Teil seiner so anziehenden Ästhetik 2 ein bißchen warten; ich bin auf die Fortsetzung noch begieriger, weil die Hauptsachen des ersten Teils aus der früheren Monographie schon geläufig waren. Reiff bitte ich schönstens zu grüßen und ihm doch zu sagen, daß er in einem kleinen Aufsatz von mir über die Literatur der Metaphysik seit 1830 3 in Noacks Zeitschrift die Worte, welche die Auffassung der logischen Kategorien als Hypostasen nennt, nicht auf sich zu beziehen hat, sondern daß sie so gut als die den ganzen Abschnitt einleitenden Worte von mir allgemein gesagt sind. Was ich bei ihm habe urgieren wollen, ist die gänzliche Versubjektivierung der logischen und metaphysischen Idee. Ich habe eine zu große Hochachtung vor Reiffs Talent, Streben, Charakter, als daß ich nicht mit ihm gern auch im Gemüt freundlich zu ihm stehen möchte, bei sonstigen Differenzen in der Wissenschaft, wo wir uns als Männer offen und ehrlich und fest gegeneinander aussprechen werden. Mit dem Wunsch, daß auch Ihren Verdiensten bald die gerechte öffentliche Anerkennung von Staats wegen zuteil werden möge, ergebenst Rosenkranz 1

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K. Rosenkranz, Rede zur Säkularfeier Herder's am 15. August 1844 f ü r die deutsche Gesellschaft zu Königsberg gehalten im Auditorium maximum des Albertinums. Königsberg 1844. Fr. Th. Vischer, Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Zum Gebrauch für Vorlesungen. Bd. 1-3, Teil 1.2., H. 1-5. Reutlingen (Stuttgart) 1846-57. Die Metaphysik in Deutschland seit 1831, in: Jbb. für speculative Philosophie. Jg. 1, 1846, S. 174: „ [...] so gesteht er ganz consequent keiner Kategorie eine freie Selbstständigkeit zu, denn eine solche schiene ihm die Kategorien sofort in gnostische Wesen zu hypostasieren, was allerdings die schiefste Auffassung ist, die man davon haben kann."

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304. Februar 1848

304. An Johannes Schulze Hochgeehrtester Herr Geheimer Rat! Die freundlichen Worte, mit denen Sie im Sommer des vorigen Jahres eine Zuschrift von mir beantworteten, ermutigen mich, Ihnen im Augenblick mein Herz zu erschließen; Sie, in Ihrer gegen mich stets väterlichen Güte, werden auch jetzt mir Gönner und Helfer sein. Delbrück in Bonn ist gestorben, und ich habe unter heutigem Datum den Herrn Minister an seine Zusage, die er mir unter dem 8t. Februar a . ρ . gegeben, erinnert, bei vorkommender Vakanz mich dorthin zu versetzen. Zugleich unterwerfe ich mich natürlich der Einsicht einer hohen Regierung, wo ich besser am Platz sei. Ich jedoch für meine Person muß mich hier wegsehnen: 1, weil mir die Frau im hiesigen harten Klima zugrunde geht und ich dadurch ein unsägliches häusliches, auch meine wissenschaftliche Tätigkeit oft grenzenlos hemmendes Leiden zu überwinden habe. 2, weil ich mich aus der hiesigen oasenhaften Existenz an der russischen Grenze gern wieder in einen Kreis versetzt sähe, der mir eine vielseitigere Anregung von außen gewährte. 3, weil ich glaube, daß es mir tausendfach nützen würde, von diesem östlichen protestantischem und abstrakt liberalem Extrem in das westliche katholische und konkret liberale zu kommen; 4, weil es für meine Bildung von größtem Erfolge sein könnte, wenn ich jetzt, im kräftigsten Mannesalter durch eine neue Umgebung und anderes, größeres studentisches Publikum gleichsam gezwungen würde, noch einmal von vorn anzufangen, alle meine Arbeiten zu revidieren (und ich habe im stillen viel gearbeitet, die Öde der langen Winter hin [un] terzu würgen) und einen höheren, universelleren Ton zu gewinnen, wogegen ich hier im Provinzialismus zu werden drohe 1 ; 5, weil es mir scheint, als ob ein Mensch, wie ich, der einen gewissen naturwüchsigen Fond mit einer umfassenden historischen Bildung und mit Reflexionsgewandtheit vereinigt, für die Rheinuniversität sehr wohl tätig wirken könnte. Ist mir's doch hier gelungen, und welche Vorurteile traf ich hier gegen mich als einen Hegelianer vor fünfzehn Jahren? Die Herbartianer verfolgten mich selbst mit Epigrammen in den Wochenblättern - und nun liebt mich alles hier mehr, als ich es verdiene. Diese Liebe aber und die unsterbliche Ehre, auf Kants Lehrstuhl zu sitzen, darf mich nicht hindern, noch einen Ruck in meiner Bildung zu tun und dadurch, mich umgestaltend und verjüngend, auch der Wissenschaft und dem Vaterlande neu zu nützen. So erlaube ich mir denn, Ihnen, Verehrtester, meinen // Wunsch zu geneigter Berücksichtigung ans Herz zu legen. 1

So im Original.

305. Februar 1848

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Der König hat nun eine Gelegenheit, zu zeigen, daß er mir (dem in der Tat Unschuldigen) wieder gnädig sei; ich habe ihm die Ehre erzeigt, ihm Kants Werk zu widmen und niemals einen weiteren Dank dafür erhalten, als daß er diese Ehre angenommen. Ich will mit diesen Scherzworten nur sagen, daß ich von seiner Seite keine Hemmung sehe. Aus den Zeitungen habe ich ersehen, daß Sie arg bestohlen sind, allein noch nicht, daß das Geld sich wieder gefunden hat; q u o d M e r c u r i u s bene vertat ! Ihren Herrn Söhnen mich bestens empfehlend, verharre ich mit unveränderter Hochachtung und Liebe Ihr treu ergebener Karl Rosenkranz Königsberg, d. 1. Februar 1848

305. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Ew. Wohlgeboren, habe die Ehre, auf Ihre freundliche Einladung zur neuen Fortsetzung des Konversationslexikons ergebenst zu erwidern, daß ich freilich meiner vielen Amtsgeschäfte und sonstigen Arbeiten halber nicht gerade viel dafür werde tun können, jedoch folgende Artikel zu übernehmen bereit bin: 1) Statistische Geschichte der Deutschen Philosophie von Hegels Tod bis zur ersten Philosophenversammlung in Gotha . 2) Die Philosophie der Geschichte von 1838-1848. (Ich habe früher für Sie denselben Artikel bis 1837 bearbeitet. ) 3) Der Ideenprozeß des Deutschen Dramas von Gutzkows bis Freytags Auftreten. Der erste und dritte dieser Artikel dürften jeder einen Bogen, der zweite einen halben stark werden. Daß die Wahrheit zu sagen, sie aber auch interessant zu sagen, mein Zweck ist, wissen Sie; dennoch würde es mir angenehm sein, wenn ich vor der Hand als Verfasser dieser Artikel nicht bekannt würde. Sie haben wohl die Güte, mich deshalb zu bescheiden, ob Sie auf diese Artikel eingehen. Ich würde mich freuen, wenn Sie daraus den Beweis entnähmen, wie gern ich mit Ihnen in älterer Weise verkehren möchte und daß nur meine Entfernung von Deutschland, Stellung und Amt mir es versagen, Ihnen zuweilen ein Lebenszeichen zu geben. Mit vorzüglicher Hochachtung Königsberg, 26. Fbr. 48 Ihr ergebenster K. Rosenkranz

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306. März 1848 - 307. März 1848

306. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Hochgeehrtester Herr, die Aufgabe, welche Sie mir stellen, den Geist der Geschichte von der Julirevolution bis zur Proklamierung der Republik zu entwickeln, ist an und für sich höchst interessant, aber auch sehr schwer. Es ist dies ein Thema, welches die Herren bearbeiten sollten, die jetzt den Mut haben, Premierminister zu werden. Ich lasse es dahingestellt, ob Sie nicht in mir sich irren, wenn Sie mich für den philosophischen Herkules halten, den Augiasstall der Tatsachen der letzten achtzehn Jahre zu säubern und den Prozeß der sie bewegenden Ideen klar aufzudecken. Der Reiz der Arbeit ist aber groß, und ich will sie wenigstens versuchen, und zwar sobald als möglich. Die Zeit drängt. Statt des Artikels, der die Literärgeschichte der Philosophie der Geschichte fortführen sollte, werde ich also diese philosophische Ge//schichte der neuesten Zeit schreiben. Gelänge mir's, so wäre dies zugleich das motivierte Manifest der Gegenwart für die nächste Zukunft. Bei der großen Schwierigkeit der Sache, die mir viel Zeit und Arbeit kosten wird, erlaube ich mir die Frage, ob Sie mir für diesen Artikel, wenn Sie ihn zum Druck als Ihren Erwartungen entsprechend annehmen, statt Vierzig fünfzig Taler für den Bogen zahlen würden? Denn Sie werden mir zugeben, daß, wollte ich einen solchen Artikel als Broschüre drucken lassen, ich einen viel größeren Nutzen davon ziehen könnte. In der Hoffnung, daß Sie diese Forderung nicht unbillig finden werden, sehe ich baldi//gem Bescheid entgegen, damit ich an die Ausführung gehen könne. Welchen Titel wir dem Artikel geben, das erledigt sich am besten, wenn er fertig ist. Hochachtungsvoll Königsberg, Ihr d. 20. März ergebenster 1848 K. Rosenkranz

307. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Hochgeehrtester Herr und Freund, als ich am 20st. März Ihnen meine Zusage wegen eines Artikels über die welthistorische Bedeutung der letzten achtzehn Jahre, des L. Phillippismus, Guizotismus, Metternichismus, Eichhornianismus usw. gab, hatte ich keine

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Ahnung von den grauenhaften Vorgängen in Berlin 1 und ihren schnellen, ungeheuren Konsequenzen. Jetzt fühle ich mich unfähig, mein Versprechen zu halten: Ich bin in ein Meer von Kombinationen gestürzt und je tiefer ich den Kampf der Zeit auch in der eigenen Brust durchstreite, je gewissenhafter ich in meinem Urteil zu sein suche, um so labyrinthischer verstricke ich mich. Es wird geraume Zeit dauern, bevor ich mich werde sammeln und orientieren können, zumal jeder Tag, vielleicht auf Monate hin, den vorigen zu widerlegen drohet. Ich bitte daher, mich von meinem Wort freundlichst zu entbinden. Ich würde es für Ihre „Gegenwart" nicht lösen können. Sie erlauben, daß ich mich auf die beiden Artikel: 1) Geschichte (statistische) der deutschen Philosophie von 1831-47 2 und 2) Ideenprozeß des jüngsten deutschen Dramas^ beschränken darf. Bei diesen Artikeln fühle ich noch sichern Boden und werde, was ich über die Zeit im allgemeinen denke, i m p l i z i t e darin mit zur Sprache bringen. In Hoffnung gütiger Nachsicht mit meiner innern Unmöglichkeit Königsberg, d. 30. März 1848

Hochachtungsvoll Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

308. An die Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus Königsberg, 2. April 1848 Sie werden, verehrtester Freund, nun schon meinen Absagebrief, den ich Freitag zur Post gab, empfangen haben. Ihr freundliches Schreiben ist mir heute früh zugekommen. Ich muß, so gern ich wollt[e], das Manuskript der Gegenwart einem andern überlassen. Selbst wenn ich mir die Fähigkeit zutrauete, würde ich keine Zeit dazu haben.

Dieser Tag gilt als Beginn der deutschen Revolution. Am 18. März kam es in Berlin zu einem Barrikadenaufstand, in dessen Verlauf es zu 231 Toten kam. Friedrich Wilhelm IV. berief das liberale Ministerium Camphausen und versprach die Einberaumung einer Nationalversammlung zwecks Beratung einer Verfassung. 2 In: Die Gegenwart. Bd. 6, Leipzig 1851, S. 292ff. u. d. T. .Die deutsche Philosophie seit Hegels Tode". Rudolf Gottschall bekannte in der Vorrede zu seiner ,Die deutsche Nationalliteratur des 19. Jahrhunderst' (1854), daß er der Verfasser der Aufsätze zur Literatur- und Philosophiegeschichte, die seinerzeit anonym erschienen waren, gewesen sei. ^ In: Die Gegenwart. Bd. 7, Leipzig 1852, S. 1-45 u. d. T. .Das neue deutsche Drama'.

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308. April 1848

Die Bewaffnung der Bürger und Studenten 1 ; die Aufregung der Arbeiter und Bettler; die Spannung, mit welcher wir auf die russische Grenze blicken; die Erwartung wegen der Kriegserklärung, die unsere Schiffe sofort der russischen Marine preisgeben würde, da wir keine eigene haben und die englische fem ist; dazu Feuerbrünste - soeben mitten unter der Kirche wieder ein Lärm -; die ganz republikanisch gesinnte und organisierte Ruppsche Gemeinde; gestern abend ein großer öffentlicher Studentenkommers, den wir Professoren und // viele Bürgergardisten auch mitmachtcn; - dazu in nächster Woche noch für mich die Übernahme des Dekanats meiner Fakultät; - der Kampf über die Urwahlen usw. usw.; es ist unglaublich, wie es hier an der russischen Grenze gärt, ja oft schwindelt. Lengerke hat eine Antirussenmarseillaise gedichtet, die wir gestern auch gesungen haben und deren Refrain lautet: Rückt an, dem Russen gilts, ihm gilt das Todesblei, herbei, herbei! Dem Russen Tod und Tod der Tyrannei! Sein Sie versichert, daß ich die beiden von mir übernommenen Artikel so gut und sobald als möglich zu liefern suchen werde, nur über die Zeit kann ich nicht so schnell, als // etwa Julian Schmidt oder Th. Mündt oder Ruge u. a. fertig werden, weil ich das konstitutionelle Königtum für Deutschland bis d a t o weder theoretisch noch praktisch aufgeben kann und in einer Zerstückelung Preußens in 8 Republiken die größte Gefahr nicht nur für Preußen, sondern auch für Deutschlands Freiheit erblicke. Aber die jüdische Abstraktion 2 , die keine rechte Heimatsliebe und - die Familie ausgenommen - keine rechte Pietät kennt, überschwemmt jetzt alles und arbeitet mit der französisch-polnischen Revolutionspropaganda an demselben Nivellement. Sie schwärmt ganz sentimental für die brave Einheit lauter atomistischer Subjekte. Doch genug! Verzeihen Sie mir, mein lieber, alter Freund und nehmen Sie für Ihre wackern Kämpfe zum Wohl Deutschlands auch // meinen herzlichen Dank! Sie sind eine Art bibliographischer Fürst und haben als solcher große Macht. Leben Sie wohl! Ihr ergebenster K. Rosenkranz 1

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Am 21. März bewilligte Oberpräsident Bötticher eine bewaffnete Bürgergarde und die Bewaffnung der Studenten. Die Studenten bildeten einen „Schutzvercin". Am 22. März wählten die Studenten Rosenkranz zu ihrem Vorsitzenden. Diese Wahl lehnte er ab. Der Führer der Königsberger Demokraten, Johann Jacoby, war Jude.

309. Juli 1848

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309. An Theodor v. Schön Königsberg, den 7. Juli 1848 Ew. Exzellenz habe ich die Ehre, auf Ihre lieben Zeilen zu erwidern, daß ich zu einer Redaktion Ihrer Ansicht über die Revolution mich nicht habe entschließen können; 1. aus dem formalen Grunde, daß sie so, wie sie von Ihnen niedergeschrieben, allerdings nicht zeitungsgemäß gewesen wäre; ich hätte also das Ganze umschmelzen, dann aber Ihre Originalität zerstören müssen, wozu ich mich nicht entschließen konnte; 2. aus dem materialen Grunde, daß ich Ihre Auffassung nicht ganz zu teilen vermag. Wenn der König einst behaupten wollte, er habe gezwungen gehandelt und deshalb die Anerkennung der Demokratie zu verweigern sich in den Sinn kommen ließe, so würde er damit unfehlbar die Revolution aus dem Boden stampfen. Sodann aber wäre eine solche Wendung allen Tatsachen widersprechend, indem der König allerdings a) bis nachmittags 2 Uhr, Sonnabend den 18. März, schon entschieden in den Konstitutionalismus eingetreten war, die qualitative Änderung unserer Verfassung also keineswegs ein Resultat der blutigen Nacht vom 18. auf den 19. gewesen ist, und b) die Truppen am 19. morgens alle Barrikaden genommen hatten und nur auf Befehl des Königs abzogen, worauf er freiwillig den Bürgern die Schloßwache übergab. Es ist daher meiner Meinung nach unmöglich, die fiktive Vorstellung des Gegenteils reaktionär auszubeuten. Nur auf den Grund jenes Tatbestandes konnte Hansemann den Ausdruck Transaktion formulieren. Auf Ihre Kritik des französischen Verfassungsentwurfes bin ich sehr gespannt. Die Berliner Verfassungskommission sollte doch nur in Gottes Namen immer abschreiben, was die Frankfurter vorschreibt. Ich wenigstens finde die legislativen Entwürfe derselben, namentlich die 12 Artikel der Grundrechte deutscher Nation, vortrefflich. Die größere Einheit der preußischen und österreichischen Verfassung mit der allgemein deutschen ist vielleicht die glücklichste Frucht des langen Zögems 1 . Sie, Verehrtester, sind als echter Staatsmann in Ihrem Element. Ich fühle dagegen recht, wie mich der lange Friede in das Stilleben der Wissenschaft hineinvertieft hat. Die zarte Erregsamkeit meines Gemütes läßt mich die Riesenereignisse der Gegenwart nur mit den heftigsten Erschütterungen durchleben. Furcht und Hoffnung wechseln mächtig in mir, wenn ich auch natürlich, den ewigen Gesetzen der Natur und des Geistes vertrauend, des endlichen Sieges der Vernunft gewiß bin. Aber ich fühle, daß ich ohne alles

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Ein am 10. März 1848 von der Bundesversammlung eingesetzter Siebzehnerausschuß von „Männern des öffentlichen Vertrauens" wurde mit der Ausarbeitung eines Verfassungsentwurfs beauftragt. Ihm gehörten u. a. Dahlmann, Bassermann, Somaruga, Jordan, Gervinus, v. Schmerling, Droysen, L. Uhland an.

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310. Juli 1848

praktische Talent für diese Epoche bin, daß meine Praxis immer nur die Praxis der Theorie sein wird. Aber es muß auch solche kontemplative, beobachtende, auf der Hochwart der Idee stehende Naturen geben, wie ich einmal bin, und wie breit die Grundlagen der Demokratie - bis zur Plattheit - gedehnt werden mögen, so wird der Priester des Gedankens sich doch wohl eine bescheidene Einsamkeit erbitten dürfen, an deren erhabener Schwelle der Tumult der Tagesleidenschaften sich brechen muß. Der Genius Preußens, der so lang mit Ihnen war, sei es auch fürder zum Heile unseres Staates, den man so gern republikanisch zersplittern möchte! Vorgestern war ich in Amau. Ihre Felder stehen herrlich! Mit innigster Hochachtung Ihr treu ergebener Karl Rosenkranz

310. An Alexander Jung Berlin, sonntags 30. Juli 48, morgens 8 Uhr 1 Mein teurer Jung! Gestern abend vor 3 Wochen saß ich mit Ihnen so vergnügt in Sanssouci, und wir lauschten den Fabelreden unseres Goltz - und nun habe ich Dinge durchgemacht, die mir die Londoner blauen Wunder fast zu übertreffen scheinen! Mein Glück ist vorläufig hin. Aus Pflichtgefühl arbeite ich und habe seit 8 Tagen schon zwei wichtige und schwere Arbeiten gemacht. Aber meine Sehnsucht bleibt die Wissenschaft, und ich habe mir den Rücktritt aus meinem Staatsrattum in eine Honorarprofessur ausbedungen. Ich gehe nun mit Ministem, Diplomaten, Hofleuten usw. als meiner täglichen Nahrung um - eine Nahrung, die sehr gehaltlos werden kann! Ich finde mich auch zurecht und hoffe nützlich werden zu können; aber so viel steht fest, Königsberg gefällt mir besser als Berlin. Ich stimme hierin Brockhaus bei, und ich weiß daher nicht, ob ich nicht nach einiger Zeit zu Euch zurückkomme. Freilich mag auch das Öde meiner Existenz mir jetzt die Stadt verleiden, da ich meine Familie nicht hier habe. Staatsgeheimnisse, die ich nun zu Dutzenden besitze, darf ich nicht ausplaudern, und so kann ich Ihnen weiter nichts Besonderes sagen. Um 9 Uhr muß ich auch schon wieder in eine Sitzung des Ministeriums. Aber ich wollte Ihnen doch ausdrücken, lieber Jung, daß unser einsames Leben mit seinen 1

Am 11. Juli 1848 verließ Rosenkranz Königsberg, um in Berlin im Ministerium v. R. v. Auerswald das Kultusministerium zu übernehmen. Dieser Plan scheiterte. Am 24. Juli 1848 wurde er jedoch zum vortragenden Rat im Staatsministerium ernannt. Er unterstand nur R. v. Auerswald.

311. August 1848

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stillen Spaziergängen ein viel vorzüglicheres, geistdurchquickteres ist, als dies Ministerwesen. Grüßen Sie Frau und Kinder, Brockhaus und Nedden und schreiben Sie bald Ihrem treuen Karl Rosenkranz Unter den Linden 13 Das Ministerium habe ich nicht angenommen, aus vielerlei Gründen. In den Zeitungen ist viel Unsinn darüber geschwatzt. Ich stehe direkt nur unter dem Ministerpräsidenten.

311. An Alexander Jung Berlin, 15. August 48 Mein ewig geliebter Freund! Auf Ihre Zeilen hatte ich recht geschmachtet. Welche tiefen Rührungen mir dabei durch die Seele gegangen, können Sie leicht ermessen. Mit Ihnen nicht mehr allwöchentlich verkehren zu können, ist geradezu für mich der härteste Verlust, der herbste Schmerz meines Scheidens von Königsberg. Weiß ich doch aber selbst kaum, wie ich in diese neue Lage hinübergestürzt bin! Man packte mir, acht Tage, nachdem ich hier war, sogleich Arbeit auf, und so stecke ich bereits in einem Wust von Geschäften, daß ich gar nicht Zeit habe, an Vergangenheit und Zukunft zu denken. Ich betrachte dies als ein Opfer, denn meine persönliche Neigung geht auf die Wissenschaft. Der Staatsmann ist bei mir eine Episode, von welcher ich, wie Goethe, nur den Titel des Geheimbdenrats übrigbehalten werde. Innigst gefreut hat mich die Wendung der Dinge mit Cotta. Wollen Sie in der Tat mir die Ehre der Widmung des Buches, die ich nur als Anstifter der Sache verdient habe, erzeigen, so schreiben Sie bloß hinein: Seinem Freunde, Karl Rosenkranz. Das sagt alles, was mein Freund Jung mir zu sagen hat. Diese Widmung ist bloß eine Effulguration unseres elektrischen Freundschaftsstroms überhaupt. Meine kleine Frau macht mir Sorge. Sie scheint ganz ratlos geworden zu sein und sich zu übereilen. Möge sie doch erst etwas erstarken, bevor sie die Reise antritt! Den Großeltem, die erst so viel Last von Schäffers gehabt haben, mit den Kindem beschwerlich zu fallen, geht nicht. Nun muß man doch aber bedenken, daß man eine passende Wohnung vielleicht erst zum 1. Oktober bekommt. Sollten wir nun so lange ein Gasthausleben führen, so wäre das schlimm. Ich glaube daher, das beste würde sein, wenn meine Frau mit den Kindern Mitte September, heute, morgen über 4 Wochen oder da herum, ankäme. Bis dahin würde auch ich meine persönlichen Verhältnisse, die noch in der Sturm- und Drangperiode sich befinden, mehr geordnet haben, während ich jetzt

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312. August 1848 - 313. September 1848

kaum für mich da zu sein vermag, geschweige für meine Familie. Sprechen Sie meine Frau, so suchen Sie wohl dahin zu wirken, daß sie sich erst recht kräftig fühlt, bevor sie die Reise unternimmt, da sie, hier angekommen, sogleich wieder sich tummeln muß. Ich dachte eben, sie würde bis Ende August an der See bleiben. Meine Bücher und Schriften müssen ohne Unterschied eingepackt werden. Arbeiten muß ich über alle Begriffe. Vorige Woche haben wir dreimal noch abends von 7-11 Uhr Sitzung des Ministerrats gehabt. Varnhagen hat mir jüngst, Hr. v. Schön, mit dem ich auf einem Flur wohne, jetzt einen Gruß an Sie aufgetragen. Grüßen Sie die lieben Ihrigen sowie Dr. Brockhaus, der mir sehr humoristisch geschrieben, Dr. Nedden, dem ich heute antworte, Dr. Lowositz 1 , dessen Broschüre eben bei mir eingelaufen und Dr. Seemann 2 herzlichst von Ihrem getreuen K. Rosenkranz

312. An den Rektor der Königsberger Universität, 20. August 1848 3

313. An Theodor v. Schön Berlin, den 9. September 1848 Ew. Exzellenz sind leider in einem Augenblick nicht hier, wo die größte Ratlosigkeit am Hofe herrscht. Noch sind es nicht 8 Tage, daß Sie schieden, und schon ist wieder eine kleine Weltgeschichte abgelaufen. Vorigen Sonntag waren zwei Ministerialsitzungen, denen ich leider nicht habe beiwohnen können. Am Montag richteten sich die Minister in der Nationalversammlung ihren Sarg ein - am Donnerstag legte dieselbe sie mit einer Majorität von 67 Stimmen als Tote hinein. Es sind die kollossalsten Fehler gemacht 4

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1848 veröffentl. Lowositz .Der Adel und sein Verhältnis zur Gegenwart. Gegen dessen beantragte Abschaffung'. Königsberg 1848. Seemann, Otto (1825-1901), Schriftsteller; veröffentlichte ,Die Wände. Eine politische Komödie in einem Acte'. Königsberg 1848. Erwähnt in: Lotte Esaù, a.a.O. S. 114. Am 9. August 1848 hatte der Abgeordnete Stein den Antrag gestellt, daß Offiziere sich reaktionären Bestrebungen fernzuhalten hätten, anderenfalls sie ihren Abschied nehmen sollten. Die Mehrfieit stimmte für diesen Antrag. In Sitzungen am 4. Sept. und 9. Sept. wandte sich das Ministerium Auerswald gegen diesen Beschluß und trat schließlich (am 7. Sept.) zurück, nachdem die Mehrheit weiterhin den Antrag Steins unterstützte.

313. September 1848

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Nun haben wir eine Ministerkrise in einem Augenblick, in welchem in Frankfurt das Ministerium abgetreten ist und eine Majorität von 14 Stimmen die Annullierung des von uns ratifizierten Waffenstillstandes 1 beschlossen hat! Ew. Exzellenz sind von vielen als Chefpräsident 2 zur Bildung eines neuen Kabinetts gewünscht; man blickt auf Sie als auf den Retter in der Not, freilich immer unter der Voraussetzung, daß Sie Waldeck als denjenigen, der das Ministerium Auerswald gestürzt hat, in die Zahl der Minister aufnehmen. Aus den Zeitungen werden Sie ersehen haben, daß der zuerst gewiß nur moralisch gemeinte, harmlose Beschluß der Nationalversammlung vom 9. August durch das unverantwortliche Zaudern und halbe Benehmen des Ministeriums zu einer großen politischen und prinzipiellen Bedeutung gesteigert ist. Sie werden wissen, wie Sie als Ministerpräsident sich zu ihm zu stellen haben. Sodann aber mache ich aufmerksam, wie die Linke nicht verfehlen wird, die Schleswig-Holsteinsche Frage zu benutzen, um die Fortsetzung des Krieges mit Dänemark zu erlangen. Hiergegen habe ich einzuwenden, daß wir Preußen unmöglich unsern ausgewechselten Waffenstillstand annullieren können. Er mag sein, wie er will, so können wir doch in so ernsten Dingen nicht spielen. Der Bruch mit Deutschland kann bevorstehen - aber auch aufgrund der lieben Deutschheit der Bürgerkrieg im eigenen Lande, denn alle Republikaner werden mit einem Male die Frankfurter Nationalversammlung wieder in den Himmel heben und dahin arbeiten, die Verwicklung zur Republikanisierung Holsteins zu benutzen. In demselben Augenblick ist der Krieg mit England und Rußland da. Sie sind also jetzt der Mann des linken Zentrums und der Linken. Am Hof soll man auf Beckerath denken, wie mir Rudolf v. Auerswald gestern nachmittag selber sagte. Soeben kommt mir das Gerücht zu, der König wolle eine Botschaft an die Versammlung richten, daß sein Ministerium ihren Beschluß ausführen solle, er jedoch dasselbe nicht entlassen könne. Ich bezweifle die Richtigkeit dieses ο η dit. Exzellenz sind hoffentlich glücklich in dem glücklichen Arnau angelangt. Schiene mir es nicht zu inkonsequent, so möcht' ich auch am liebsten wieder auf meinem Katheder sitzen. Nun ist es zu spät und ich strudle im Wogensturm mit fort! Mit meiner Gesundheit steht es seit Mittwoch besser, und ich gehe wieder aus. '

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In Frankfurt trat das Kabinett v. Leiningen zurück, nachdem das Parlament mit 238 zu 221 beschlossen hatte, den am 26. August 1848 eigenmächtig von Preußen mit Dänemark beschlossenen Waffenstillstand von Malmö nicht einzuhaken und alle eingeleiteten Pläne zur Ausführung zu stoppen. Im Mai 1848 bekundete der Friedrich Wilhelm IV. Interesse daran, Schön an die Spitze des Ministeriums zu bringen, falls das Ministerium Camphhausen-Hansemann zurücktreten müßte. Auf Grund seines hohen Alters lehnte S. ab, trug dem König aber seine Idee vor, als Vorsitzender eines zu bildenden Staatsrates zu fungieren. Dieser Plan wurde jedoch nicht ausgeführt.

314. September 1848 -315. September 1848

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Seit Sie fort sind, ist es mir recht ungastlich, die einzig lebende Seele in diesem Oberhause zu sein und der Zwiesprache mit Ihnen zu entbehren. Sollt' ich einmal mein Leben beschreiben, so würden die vorigen acht Wochen zu vielen anmutigen Genrebildern von uns beiden Quasigarçons in diesem C h a m b r e g a r n i e führen. Ihrer verehrten Familie mich herzlich empfehlend, in Erwartung Ihrer Antwort, was Sie zu tun gedenken, Ew. Exzellenz ergebenster K. Rosenkranz

314. An Carl Gustav Jacob Jacobi Lieber Jacobi, So ein Ministerialrat ist doch zu etwas gut. Ich habe die Auerswälder bearbeitet. Der eine Wald war darauf heute morgen bei mir und spricht durch meinen Mund: Die Sache sei noch r e s i n t e g r a ; der König werde solche Unwürde nicht zugeben; Ladenberg sei instruiert; die Budgetkommission sei Schuld usw. Genug, die Herrn würden im Fortgenuß bleiben. In Eil Berlin, Ihr getreuer d. 10. September 1848 Κ. Rosenkranz

315. An Ν. N. Ew. Wohlgeboren sage ich für die Mitteilung Ihrer Schrift über den Reformkongreß zu Jena 1 meinen verbindlichsten Dank, indem ich zugleich bemerke, daß ich im wesentlichen mit Ihnen derselben Meinung bin und dieselbe - leider zu spät auch gegen Herrn v. Ladenberg ausgesprochen habe. Gegen eine Beschickung Jenas von Seiten der Universitäten als Assoziation - im Unterschiede des korporativen Charakters derselben - hätte er übrigens nichts einzuwenden gehabt. Mit vollkommenster Hochachtung Berlin, Ihr d. 14. September ergebenster 1848 K. Rosenkranz

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Vom 21. - 24. Sept. 1848 fand in Jena ein Kongreß unter Teilnahme von über 120 Hochschullehrern über eine Universitätsreform statt.

316. September 1848 - 317. September 1848

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316. An Karl Bayer Berlin, 15. Septbr. 1848 Hochverehrter Herr und Freund, immer hab' ich im stillen an Sie gedacht, immer hab' ich Ihr sittlich ernstes Streben und Ihren reinen wissenschaftlichen Sinn hochgeachtet; immer gewünscht, daß Sie eine Ihnen zusagende Stellung einnehmen möchten. So begegnen sich unsere Gedanken. Indessen habe ich gegenwärtig keinen unmittelbaren Einfluß auf das Unterrichtswesen und dessen Personal, da ich dem Ministerpräsidenten als Rat erster Klasse zugeordnet bin und nur universelle Politik treibe, welche jedoch in legislatorischer Hinsicht Schule und Kirche nicht ausschließt und mancherlei Berührungen möglich macht. Sollte sich mir daher Gelegenheit bieten, Ihnen förderlich zu werden, so seien Sie von meinem Eifer für Sie überzeugt. Die Stelle Delbrücks in Bonn wird nicht wieder besetzt; sie war eine rein persönliche. Die Stelle in Breslau ist schon durch Mündt besetzt und Hoffmann v. Fallersleben wird auch wohl dahin zurückgehen. Ihre Schrift, für die ich meinen besten Dank sage, muß ich mir noch zurücklegen. Diese Sturmzeit raubt alle Zeit. Eben brüllen die Demokraten vor meinen Fenstern durch wieder die von einem Juden Löwinsohn 1 gemachte Berliner Marseillaise „Vorwärts". Mit wahrer Hochachtung Ihr ergebenster K. Rosenkranz

317. An Theodor v. Schön Berlin, den 15. September 1848 Ew. Exzellenz haben mir eine unsägliche Freude mit Ihrem lieben Brief gemacht. Sie glauben nicht, in welch miserablem Zustande sich hier die Regierung befindet. Ich vermisse Sie unendlich. Wäre nicht D r . Goldstücker, Herr v. Hasemann 2 , Herr v. Keudell, die mich besuchen, ich wüßte gar nicht, gegen wen ich mich aussprechen könnte.

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Löwinsohn, (Lövinson), Dr. Moritz, Arzt; Volksführer, Mitglied des Volksklub, Teilnehmer am 2. Demokratenkongreß. Die Berliner Marseillaise .Vorwärts' ist abgedr. in: Hans Blum, Die deutsche Revolution 1848-49, S. 342. Florenz und Leipzig 1898, sie erschien zuerst in Berlin 1848 als .Berliner Demokratenmarsch. Volkslied für ächte Patrioten'. Komponiert von H. Hauer. Wahrscheinlich ein Schreibfehler Rosenkranz. Es könnte H. v. Hasencamp gemeint sein. Hugo v. Hasencamp (1817-1859), ursprünglich Offizier, war 1848 als Publizist im

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317. September 1848

Die Ministerkrisis dauert fort. Beckerath ist erst gestern abend gekommen. Er ist in Potsdam und bis diesen Augenblick, nachmittags 3 Uhr, verlautet noch nichts von der Bildung des neuen Kabinetts. Gestern herrschte noch der größte Zwiespalt unter den Ministern, wen sie vorschlagen sollten; v. d. Heydt, Fürst v. Lynar, Schnaase, Rodbertus, Oberstleutnant Fischer, Rat Mätzke, Mevissen u. a. sind auch auf die wechselnden Listen gekommen. Man scheint nicht übel Neigung zu haben, den Straßenkampf zu riskieren. Man hofft diesmal gescheiter zu sein, fürchterlicher aufzutreten, Berlin zu zernieren, auszuhungern usw. Ich weiß nur noch nicht, wo die Leute den Berliner Cavaignac1 hernehmen wollen. Exzellenz werden es begreiflich finden, daß ich dem letzten Experiment eines Belagerungszustandes, eines Kampfes auf Leben und Tod, im Interesse des Königs und des Staates mich so lange widersetze, als ich noch die Möglichkeit sehe, durch moralische Mittel das Volk mit dem König zu versöhnen und die Regierung durch die Macht der Idee zu stärken. Ich habe daher gestern früh ein Memorandum an den Premierminister in diesem Sinne gerichtet und folgendes vorgeschlagen: 1. Sanktion der von der Nationalversammlung beschlossenen Gesetze (Todesstrafe, H a b e a s c o r p u s a c t e ) , damit das Volk sieht, daß der König die legislative Tätigkeit der Kammer anerkennt. 2. Sofortiger Erlaß der Amnestie, vornehmlich für Posen, welche der König aus Eitelkeit bis zu seinem Geburtstag vertrödeln will. 3. Hieherkunft des Königs, wenn auch noch nicht bleibend, aber doch insoweit, d a ß das Volk ihn nicht

vergißt.

Aber ich bekomme auf alle meine Eingaben von R. v. Auerswald nie ein Urteil. Auch über die große Arbeit 2 wegen des Verhältnisses von Preußen zu Deutschland, die Sie noch gelesen haben, schweigt er. Wenigstens tadeln sollte er mich denn doch. Ich wollte schon austreten aus dem Kabinett, allein dagegen sträubte er sich doch aus Leibeskräften. Gern wär ich wieder in dem lieben Königsberg, nur ist es auch gar zu unpatriotisch, jetzt sein Wohl ins Auge zu fassen, und so will ich denn mein Martyrium weiter dulden - bis es gar nicht mehr geht In Frankfurt ist gestern vielleicht die entscheidende Abstimmung gewesen 3 . Statt durch die Kraft der Dinge zu wirken, hat die Regierung noch säumige Ministerium Auerswald tätig. Seit dem 1. Okt. 1849 war er Redakteur der Königsberger Hartungschen Zeitung. Später wurde er Chefredakteur der .Neuen Königsberger Zeitung*. Der franz. General Louis Eugene Cavaignac (1802-1857) war berüchtigt wegen seines brutalen Vorgehens bei den Pariser Straßenkämpfen im Juni 1848. K. Rosenkranz, Zur deutschen Verfassungsfrage im Sommer 1848. Wieder abgedr. in: K. R., Neue Studien Bd. 3, S. 291ff. Am 14. Sept. wurden die Verhandlungen über den Malmöer Waffenstillstand wieder aufgenommen und endeten am 16. Sept. mit der Ablehnung des Antrages von Dahlmann-

318. September 1848 - 319. September 1848

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Abgeordnete hingeschleudert, ein paar Stimmchen zur Majorität zuzubringen. „Die weiße Salbe, die weiße Salbe!" wie Sie immer sagten. Gestern habe ich wegen der Militäremeute in Potsdam Herrn v. Brandt beschworen, die Reform der Garden usw. nicht länger zu verschieben und nicht bloß in einigen Wühlern und verteiltem Branntwein die c a u s a m o v e n s zu sehen, daß Barrikaden im loyalen Potsdam gebaut wurden. Ihren Gründen, nicht gleich zu kommen, außer der König riefe Sie, kann ich meine Zustimmung nicht versagen, aber jammerschade ist es doch, daß Sie nicht hier waren und sind. Beckeraths Ministerium 1 dauert vielleicht - wenn er eins zustande bringt - vierzehn Tage, dann wird Potsdam b o n g r é , m a l gré doch seines wahren Freundes in Arnau sich erinnern müssen. Unter Ihrer Ägide werde ich sogar Kultusminister, so sehr ich diesen Posten jetzt von mir abzuhalten suche, obwohl man auch wieder an mich gedacht hat. Der Frau Ministerin und Fräulein Malwine mich gehorsamst empfehlend und baldige Besserung des Halsübels wünschend mit inniger Verehrung Ew. Exzellenz ergebenster K. Rosenkranz

318. An Johann Jacoby 20. September 1848 [In Rosenkranz' Warnung vor den Parteijournalisten, die] plötzlich ihr Herz für die Arbeiter entdeckt haben, um diese als Mittel zur Erreichung ihres politischen Zweckes zu brauchen, [ steckt eine Spitze gegen Walesrode].

319. An Theodor v. Schön Berlin, den 22. September 1848 E s ist mir ein wahrer Trost, Ihnen Schritt vor Schritt Bericht meiner Erlebnisse, soweit sie politischen Inhalts sind, geben zu können. Ich habe soeben Ihre letzten Zeilen empfangen und kann nur Amen sagen. Die Herren in Potsdam beten vom Vaterunser immer nur: unser Wille geschehe auf Erden! statt wie unser aller Meister zu sagen: Dein Wille geschehe im Himmel, also auch auf Erden. Der Idealismus, der in Ihnen, hochverehrter Herr und Freund, durch eignen Schwung und durch philosophische Bildung lebt, existiert nicht in dem Beamtenmenschen. - Sie ermahnen mich, auszuhalten. Ich

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Wurm, 258 zu 237 Stimmen, den Waffenstillstand nicht zu genehmigen und die Fortsetzung des Krieges zu veranlassen. Beckerath wurde von Friedrich Wilhelm IV. nach Berlin gerufen; die Verhandlungen scheiterten endgültig am 17. Sept. 1848.

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319. September 1848

tu' es, obschon ich fühle, daß von A zu B, von Auerswald zu Beckerath nun zum harten P, zu Pfuel 1 , ein Sprung ist. Montag hatte ich auf eigne Faust ein Programm - provisorisch - für ein mögliches Ministerium Beckerath vorgearbeitet. Es ist nicht dazu gekommen. Das neue Ministerium ist plötzlich aus der Erde gewachsen, und ich bin zu der Sitzung, in welcher sein Programm mittwochs abend beraten worden, sei es durch Absicht, sei es durch Zufall, gar nicht eingeladen. Gestern abend habe ich der ersten Sitzung beigewohnt. Sie fordern von mir keine Charakteristik der spielenden Personen, da sie dieselben kennen. Sonnabend, den 23. September Ich wurde gestern unterbrochen. Es war für mich einer der schwülsten Tage meines Lebens. Meine Familie war den 21. abends gekommen. Ich freute mich unendlich, sie hier zu haben, ohne daß sie durch die Schrecken eines Belagerungszustandes hindurch mußte. Von früh ab arbeiteten gestern Maueranschläge der Demokraten darauf hin, es zur Revolution zu bringen. Sie erinnerten, daß Pfuel am 18. März 2 hier kommandiert habe; sie fragten, ob nicht Wrangel 3 zum Direktor ernannt sei; sie erklärten, heute müßten die Würfel fallen; sie forderten auf, die Linke, wenn sie in der Majorität bliebe, möchte aus dem Sitzungssaal auf die Straße treten, wo das Volk sie unterstützen würde usw. Genug, man predigte offenen Aufruhr. Gegen diese Anschläge erschienen von 2 Uhr ab andere, welche auf die Greuel in Frankfurt 4 hinwiesen und was man von der roten Republik zu erwarten habe. Sie berichteten, daß die Demokraten die Stadt in Sektionen geteilt, sich mit Munition versehen und die Revolte organisiert hätten. Auf dem Gendarmenmarkt am Schauspielhause standen fortwährend große Menschenmassen. Ich bin überzeugt, daß nur die Frankfurter Schauergeschichte gestern die Linke und ihren Anhang innerlich herabgestimmt und die Rechté vorsichtiger gemacht hat. Sonst bezweifle ich keinen Augenblick, daß der Straßenkampf gestern mit aller Wut losgebrochen wäre und unberechenbare Folgen hätte haben können. Insofern hat der Tod Auerwalds und Lichnowskys die Krone gerettet, denn ohne daß zwei solche Notabilitäten und gerade so ermordert 1

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P f u e l , E m s t Heinrich Adolf v. (1780-1866), General; Pfuel wurde am 21. Sept. Ministerpräsident und Kriegsminister, v. Eichmann wurde Innenminister, v. Bonin Finanzmin., Kisker Justizmin., Außenmin. v. Dönhoff. Das Kultus,- Handels- u. Ackerbauminist, wurden nicht besetzt. - Pfuel war Mitglied der Berliner Wissenschaft]. Sozietät. Pfuel, der schon am 16. März als General nicht auf die Menge halle schießen lassen und dadurch in Konflikt mit dem Prinzen v. Preußen geriet, der wiederum v. Friedrich Wilhelm IV. einen Verweis erhielt, hatte sich am 18. März kurz von der Truppe entfernt. Dieser Augenblick wurde dazu benutzt, General v. Prittwitz das Oberkommando zu übergeben. Unter seinem Kommando kam es zu Schüssen: Ein „Mißversländnis", wie es später hieß. Wrangel, Friedrich Graf v. (1784-1877), General; am 13. Sept. wurde er zum Kommandeur sämtlicher Truppen in den Marken ernannt. Am 18. Sept. wurden Fürst Felix Lichnowsky (1814-1848) u. General Hans Adolf Erdmann v. Auerswald (1792-1848) in Frankfurt ermordet.

319. September 1848

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wären, würde der Eindruck des bloßen Barrikadenkampfes zu gering gewesen sein, da man schon zu sehr an dergleichen gewöhnt ist. Aber dieser Kannibalismus hat stutzen gemacht. Es war das schönste Wetter; alle Welt aber war ernst und schweigsam, und ich hatte kaum Lust, der Neugier der Kinder Rede zu stehen, weil meine Erwartung zu groß war. Die namentlichen Abstimmungen verzögerten die Sitzung bis 4 Uhr. Es enstand sichtbar eine Erleichterung in der Stadt. Alle Welt wurde freier - aber nur halb, denn der parlamentarische Kampf ist nicht ausgefochten; die Frage, wie das Ministerium zum Beschluß des 7. Septembers1 sich stellen werde, ist vertagt. Ich sehe nun keine andere Möglichkeit, als den Beschluß wenigstens nach der Fassung des Tamnauschen Amendements 2 , das Schreckenstein ja angenommen hat, auszuführen. Das Ministerium hat gehofft, mit dem Erlaß vom 19. an die kommandierenden Generale davonzukommen. Allein dies ist eine Täuschung, weil die Linke die Frage gegenwärtig ja nur zu einem Sturzmittel für das neue Ministerium gemacht hat. In dieser Lage, Exzellenz, habe ich mich abermals unaufgefordert vergangene Nacht hingesetzt und einen Erlaß an die Armee warm, aufrichtig, volksfreundlich und in dem Sinne geschrieben, daß von dem preußischen Heere das Eingehen auf die konstitutionelle Verfassung deshalb durchaus zu erwarten sei, weil dasselbe schon längst auf demokratischer Grundlage, auf der Gleichberechtigung aller Bürger und Verschmelzung aller Stände beruhe. Offen gestehe ich aber, daß ich fürchte, man verhunzt mir diesen Erlaß, wie den Armeebefehl in betreff des 6. August 3 , den ich auch geschrieben hatte, der aber in fünf Redaktionen bis zu seiner Jetztgestalt abgeschwächt wurde; - oder man ignoriert ihn. Heute ist die Stadt ruhig. Die Besorgung der Plakate habe ich jetzt seit gestern übernommen. Gestern habe ich jedoch von den zehn bis zwölf Anschlägen keinen zu kaufen Gelegenheit gehabt und tröste mich heute, indem ich sehe, daß die Nationalzeitung Auszüge gibt. In einigen Tagen werde ich mehr berichten. Mit unwandelbarer Treue Ew. Exzellenz ergebenster K. Rosenkranz

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Die Nationalversammlung erklärte sich für den Antrag vom 9. Aug. Tamnau, Johann Friedrich (1824-1868), Justizkommissar, Abgeordneter f. die Stadt Königsberg. Der Antrag Tamnaus, der eine Abschwächung des am 9. Aug. gestellten Antrags Steins auf Ermahnung der Offiziere durch den Kriegsminisler, reaktionären Bestrebungen fernzubleiben, darstellte, wurde abgelehnt. Es muß 9. Aug. heißen.

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320. Okiober 1848

320. An Theodor v. Schön Berlin, den 2. Oktober 1848, abends 8 Uhr Ew. Exzellenz machen mir mit jedem Brief eine große Freude; mit dem, welchen ich soeben empfangen habe, aber auch eine große Unruhe, denn Sie fordern mich auf, Ihnen zu sagen, was ich über Ihr Hicherkommen denke. Das ist, bei dem schnellen Wechsel der Berliner Weltgeschichte, nicht leicht! Sie ist so reich an Dummheiten, an spitzfindigen Interpellationen, an anbrüchigen Subjekten, an Halbtaten; und ist so arm an Einsicht, an redlicher Selbstbescheidung, an wetterfesten Charakteren, an durchgreifenden Handlungen, daß auch ein wirklich denkender Mensch, wofür ich mich noch immer zu halten anmaßend genug bin, nichts voraussagen kann. Bin ich doch vom Ministerium Pfuel über Nacht überrascht worden und habe so gut als gar kein Verhältnis zu seinen Trägern. Ich fühle mich gänzlich isoliert. Nur mit Dönhoff 1 habe ich seit gestern angeknüpft. Er hat eine feine Bildung, die dem bloßen Beamtentum gegenüber sehr wohltätig in unseren Sitzungen sich fühlbar macht. Gegen Sie, teurer Mann, muß ich ganz ohne Rückhalt sprechen. So sage ich denn: daß Sie jetzt nicht hier waren, ist gut gewesen, denn ich glaube zu erkennen, daß die Linke den Glanz Ihres Namens hat verbrauchen wollen, um durch Sie Waldeck erst ins Ministerium überhaupt, später ihn an die Spitze desselben zu bringen und die Monarchie mit republikanischen Institutionen zu umgeben. D r . Goldstücker ist durch seine Begeisterung für Sie und durch sein Vertrauen einigen Mitgliedern der Linken hierin wohl nicht völlig klar gewesen. So sehe ich die Sache an. Nun aber steht alles wieder anders. Das jetzige Ministerium stürzt sich, um nicht reaktionär zu scheinen, in den Radikalismus, d. h. zunächst, mit dem wahrscheinlichen Hintergedanken, späterhin, wenn seine Macht befestigt, desto mehr auf anderen Gebieten und unter anderen Formen zurückerobern zu können. Vermag es aber zu berechnen, wohin die innere Folgerichtigkeit der Dinge es führt? Die Linke arbeitet an seinem Sturz und ist schon gleichgültig gegen die Mittel, die sie anwendet. Verlegenheit, Verleumdung, Verdächtigung, physische Abmürbung durch die Tortur von sieben- bis achtstündigen Kammersitzungen u. dgl. Alles gilt ihr gleich. Heute interpelliert sie über Köln, morgen über Breslau, übermorgen über Dänemark usw. ins Unendliche. Mit wahrhaft sündlicher, landesverräterischer Verschwendung vergeudet sie die edle Zeit mit namentlichen Abstimmungen, nur damit es ja nicht zur Befestigung des Staates durch endliche Vereinbarung der Verfassung komme. Nur zu bald wird sie bei 1

Dönhoff-Friedrichslein, August Graf v. (1797-1874), Geheimrat, Außenminister (interim.) im Pfuelschen Kabinett.

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Pfuels altersschwacher Zerstreutheit irgendeine Prinzipienfrage zum Richtschwert des Ministeriums gemacht haben und sich die Freude bereiten, das Land in die fieberhafte Unruhe eines neuen Ministerwechsels zu werfen. Dann, Exzellenz, war* es allerdings gut, wenn Sie schon hier wären, denn rufen wird man Sie schwerlich, und zwar wird man es nicht tun, je mehr man Ihrer bedarf; nicht tun, je mehr man es vielleicht empfindet. Die Gründe dieses meines Urteils könnte ich des weiteren entwickeln; es tut nicht not. Nur eines erlaube ich mir dem übrigen frageweise hinzuzufügen: Glauben Sie nicht, daß Mitglieder des abgetretenen Kabinetts sich für eine neue Kombination für möglich, vielleicht für unentbehrlich halten und daß gerade diese Mitglieder des Exministeriums Sie von sich und dem Könige abhalten werden? Wenn der König, was doch endlich notwendig wird, wieder hier in Berlin lebt, müßte aber Ihr persönliches Verhältnis zu ihm sich leichter und sozusagen unvermeidlicher machen, was Sie selbst am besten zu beurteilen vermögen. Außer der Votierung in den Plenarsitzungen des Ministeriums habe ich jetzt so gut wie gar keine besonderen Arbeiten. Ich lebe als Chorus der Ministergeschichte, als Volkstribun am grünen Tisch, als patriotische Warnstimme. Möchten Exzellenz mir doch gütigst Ihre Meinung darüber mitteilen, ob nicht ein - wenn auch nur provisorisches - Gesetz über politische Verbrechen mit Schwurgerichten, wie Österreich sogar vor uns bereits eingerichtet hat, in Bälde vom Justizministerium der Nationalversammlung vorgelegt werden müßte? Die Mehrzahl der wegen solcher Vergehen Inhaftierten wird nach 6 bis 8 Wochen Haft, wenn es zum Spruch kommt, gewöhnlich freigesprochen, weil die faktischen Zustände mit der ebenfalls noch bestehenden Gesetzgebung sich in zu großem Widerspruch befinden. Nach der tatsächlichen Lage der Dinge sind eine Menge Äußerungen, ja Handlungen nicht mehr unter die alten Kategorien zu subsumieren. Ich halte jeden, auch den kleinsten Schritt, es wieder zu einer Gesetzlichkeit zu bringen, für unendlichen Gewinn. Schlesien ist noch immer in großer, systematisch unterhaltener Gärung; es wäre gut, wenn es zwischen den Bauern, die in republikanische Illusionen geworfen sind, und zwischen der Regierung zu einem offenen, entscheidenden Kampf käme. Daß der König das mit so großer Majorität beschlossene Gesetz über die Abschaffung der Todesstrafe 1 sanktionieren müsse, scheint auch Ihre Ansicht zu sein. Noch sträubt er sich. Gegen die Anwendung des königl. Veto in dieser Sache machte ich besonders auf die Gefahr aufmerksam, daß es nutzlos verbraucht sein würde, wenn in Frankfurt, wie vorauszusehen, der definitive

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Die Nationalversammlung haue die Abschaffung der Todesstrafe am 4. Aug. mit 294 von 331 Stimmen beschlossen. Im Falle des Krieges oder eines Belagerungszustandes wurde die Todesstrafe am 8. Aug. mit 165 gegen 160 Stimmen für zulässig erklärt.

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Beschluß sie aufhebt und der König dann zu ihrer Sanktion gezwungen wäre. Besser zuvorkommen. Mit der Bitte, den verehrten Ihrigen mich herzlich zu empfehlen, und mit dem Wunsche, vor Ihrem prüfenden Blick stets korrekt zu erscheinen Ihr ergebenster K. Rosenkranz, Leipziger Platz Nr. 13 Die Personalkritiken, voll scharfer Lauge, haben besonders D r . Goldstücker zugesagt und überrascht, als er Sie nicht in solcher tiefen Opposition begriffen glaubte. Plakate sind seit Freitag gar keine neuen erschienen.

321. An Alexander Jung Berlin, 5. Oktober 1848, 3 Uhr Nachmittag Mein teuerster Jung! Oft scheint es mir, als dächte ich unaufhörlich an Sie. Zum Schreiben aber komm' ich schwer. Heute wollt' ich von 8 Uhr an schreiben - immer kamen Leute dazwischen, zuletzt Vamhagen, der zwei Stunden blieb. Aber ich will wenigstens sagen, daß ich stets an Sie, stets an Königsberg denke. Vielleicht kehre ich zu ihm zurück. Glauben Sie mir, Königsberg ist eine einzige Stadt! Ich gebe jetzt Brockhaus ganz recht mit seiner Polemik gegen das flache und anmaßende Berlin, das die personifizierte Langeweile und Geistlosigkeit selber ist. Ich möchte gern an Brockhaus schreiben; können Sie mir nicht sagen, ob er schon in Potsdam ist, oder bleibt er noch in Königsberg, was das Gescheiteste ist, das er tun kann? Mein lieber Jung, sonnabends blutet mir das Herz, nicht mit Ihnen gehen und schwatzen zu können. Ich komme geistig ganz herunter, denn von Bildung ist hier gar nicht die Rede. Und obendrein ist man ewig dem Losbruch der Revolution ausgesetzt. Ich hoffe doch wieder mit Ihnen zu leben - - wir gehören einmal zusammen! Jetzt kann ich nicht mehr schreiben. Grüßen Sie die lieben Obskuranten Brockhaus, Nedden und Lowositz, so wie die teuren Ihrigen und seien Sie versichert, daß ich Sie herzaubern möchte, herzaubern werde oder mich zu Ihnen zurückversetzen, - so bald es möglich ist. Ihr getreuer Karl Rz.

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322. An Theodor v. Schön Berlin, den 7. Oktober 1848 Ew. Exzellenz werden meinen Brief erhalten haben, worin ich das Urteil, ob Sie jetzt herkommen möchten, schließlich doch Ihrem eignen Ermessen anheimstellen mußte. Es hat sich seitdem nichts verändert. Vielleicht, daß es Waldeck gelingt, das Ministerium in einen Streit über das Verhältnis zu Frankfurt zu verwickeln, indem die demokratische Partei über den Erlaß Mohls 1 außer sich ist, daß die Ordnung wieder strenger gehandhabt und die Presse wie die Volksversammlungen strenger überwacht werden sollen. Ihre Meinung, daß die Frau von Arnim 2 für Sie agitiert habe, ist ganz richtig. Auf sehr geheimnisvoll-künstlichen Wegen hat sie zweimal direkt an den König geschrieben, Ihre Hierherberufung zu betreiben - aber auf keinen dieser Briefe Antwort erhalten. Noch immer habe ich ihr meinen Besuch nicht gemacht, weil die Synthese von Ultraaristokratie und Ultrademokratie mir kein rechtes Vetrauen einflößt. Pfuel selbst soll sich wundern, daß sein Ministerium noch existiert. Inliegend ein Brief Varnhagens. Plakate waren seit 4 Tagen nur solche der demokratischen Klubs, die man nicht feilbot und ein sehr mattes von Buddelmeyer an das Reichsverwesertum. Buddelmeyer (Cohnfeld) hat sich schon ausgeschrieben und wird jetzt ordinär. Vorgestern abend fürchtete man wegen Verbrennung des Bürgerwehrgesetzes 3 auf dem Gendarmenmarkt große Unruhen; die Straßen wogten schwarz von Menschen, aber die Bürgerwehr war zeitig alarmiert. In Erwartung Ihres Entschlusses Ihr treu ergebener K. Rosenkranz

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Ein Rundschreiben des Justizministers R. v. Mohls im Namen der provisorischen Zentralgewalt forderte die Ahndung u. Verfolgung jeglicher Art von Preßvergehen gegen Beamte und Behörden. Die Schriftst. B. v. Arnim (1785-1859). Über ihre Beziehung zu Friedrich Wilhelm IV. vgl. Ludwig Geiger, .Bettina v. Arnim u. Friedrich Wilhelm IV. Ungedruckte Briefe und Aktenstücke'. Frankfurt a. M. 1902. Insbes. den Brief vom 10. Sept. 1848, S. 126-133. Das Bürgerwehrgesetz sah vor, daß nur unbescholtene Bürger, die das 24. Lebensjahr vollendet hatten, Mitglied der Bürgerwehr werden konnten. Am 6. Okt. kam es zu Unruhen in Berlin und zu einer Konfrontation mit dem Militär. Am 13. Okt. wurde das Gesetz angenommen.

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323. An Alexander Jung Berlin, 17. Oktbr. 48 Teuerster Freund! Seit einigen Tagen fühle ich mich infolge meiner vielen Anstrengungen so erschöpft, daß ich kaum die Feder zu halten vermag. Ich bin nicht krank, aber so aufgerieben, daß selbst die blutigen Ereignisse, die gestern Berlin wieder entsetzlich aufregten, mich nicht so tief erregt haben, als das Maß meiner Empfänglichkeit es forderte. In welchen Abgrund blick* ich beständig hinein! Die einzelnen Menschen verschwinden darin wie Zwerge. Von heute auf morgen sind die stärksten Persönlichkeiten durch die noch stärkeren Tatsachen verbraucht, vernichtet Wie viel ich zwischendurch an Königsberg, an meine dortigen Freunde, vor allem an Sie denke, brauche ich kaum zu sagen. Oft schwanke ich, ob ich nicht nach Königsberg, ob ich nicht in die noch nicht wieder besetzte Professur zurückkehren solle? Die nächste Zeit wird d. 18. Oktbr. darüber entscheiden. Mein Herz hat schon entschieden. Ich sehne mich nach meinem Katheder, nach meinen Studenten, meinen Kollegen! Ich sehne mich nach dem Waldduft der Wilkie, nach dem Rauchstübchen von Sprechan, nach unserm gemütlichen Theater, nach unsern gesprächigen Konditoreien! Hier ist alles geräuschvoll, glänzend von außen, innerlich leer und tot. - Ich werde schon wieder durch Geschäfte vom Schreiben abgehalten. Also nur noch die Bitte, ob Sie nicht in einer Epistel an mich vor dem Hölderlin1 unserm Zusammenleben, das wir mit Gottes Willen um Ostern 1849 fortsetzen werden, ein Denkmal setzen wollen? Hölderlin hätte immerhin der Dritte in unserm Bunde sein können. Brockhaus habe ich schon gesprochen. Dr. Lowositz bin ich noch eine Antwort auf seine sinnige Schrift über den Adel 2 schuldig. Dr. Nedden hätte auch Anspruch auf einen Brief. Varnhagen hat mir viele Grüße an Sie aufgetragen. Detroit soll um den Besitz seiner Pfarre unbesorgt sein! Wenn ich in einigen aus dem Herzen gepreßten Zeilen letzthin sagte, daß hier alle Bildung zugrunde gehe, so ist das bei mir buchstäblich der Fall, da ich seit drei Monaten nur Briefe, Akten und Zeitungen, kein einziges Buch gelesen habe. Das geht nicht für immer so! Ich muß der Wissenschaft wiedergegeben weiden.

Alexander Jung, Friedrich Hölderlin und seine Werke. Mit besonderer Beziehung auf die Gegenwart. Stuttgart 1848. I. Lowositz, Der Adel und sein Verhältnis zur Gegenwart. Gegen dessen beantragte Abschaffung. Königsberg 1848.

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Meiner Frau sagt das Klima hier entschieden besser zu. Sie hat eine große Tätigkeit entwickelt, ist viel gelaufen, das Hauswesen einzurichten, und befindet sich leidlich. Dieser Umstand wird mir es recht schwer machen, mich in einiger Zeit, denn einmal muß es doch geschehen, fest für Königsberg oder Berlin zu entscheiden. Natürlich graut uns auch vor der Last des Rückumzuges. Ich hätte nicht geglaubt, daß ich für meine Person so sehr an Königsberg hänge! Die Isoliertheit, die wir so oft beklagt haben, ist gerade eine nicht genug zu schätzende Seite der Stadt, wenigstens für den Philosophen. Sie befördert, wie ich jetzt einsehe, die Konzentration. Grüßen Sie Ihre liebe Frau und die Freunde herzlich und schreiben Sie bald Ihrem K. Rosenkranz

324. An Theodor v. Schön Berlin, den 23. Oktober 1848, früh Ew. Exzellenz bitte ich um Entschuldigung, noch nicht auf Ihre beiden werten Schreiben vom 7. und 8. h u j u s geantwortet zu haben. Es ist mir aber physisch unmöglich gewesen, denn obwohl ich jetzt nicht eine einzige interessante Arbeit zu machen habe, obwohl man mich geflissentlich von den intimeren Beratungen femhält, so waren doch die letzten vierzehn Tage sehr unruhige, seit der Blitz der Wiener Revolution1 hier eingeschlagen. Gestern früh 8 Uhr kam Humboldt zu mir und überraschte mich mit der Nachricht, daß Pfuel definitiv den Abend vorher abgetreten2 sei, daß der König den General Brandenburg3 zum Ministerpräsidenten berufen habe, diesem aber eine andere Partei Eichmann4 als Kandidaten entgegenstelle! So stehen die Dinge! In einem so entscheidenden Augenblick, wo man den Gang der Dinge weniger als je berechnen kann; in der Woche, in welcher hier der Demokratenkongreß 5 und der Kongreß der Linken aller Parlamente zur

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Die Wiener Revolution brach am 6. Okt. 1848 aus. Schon am 7. Okt. hatte P. um seine Entlassung durch den König, der ablehnte, gebeten. Am 16. Okt. demissionierte das Kabinett Pfuel. Nach schweren Tumulten am 31. Okt. trat Pfuel endgültig zuriiek. Friedrich Wilhelm Graf v. Brandenburg, Sohn Friedrich Wilhelms Π., wurde am 8. Nov. 1848 Ministerpräsident. Franz August v. Eichmann, Oberpräsident der Rheinprovinz, Innenminister unter Pfuel. Er hatte zuvor eine Übernahme des Ministeriums abgelehnt. Das neue Ministerium sah Otto v. Manteuffel als interimistischen Innenminister, Kisker verblieb als Justizminister und wurde am 11. Nov. durch den Obertribunalrat Rintelen abgelöst, Ladenberg wurde Kultusminister (bis zum 19. Dez. 1850), v. Strotha, der Kommandant v. Saarlouis, Kriegsminister (bis zum 27. Febr. 1850), Brandenburg übernahm interimistisch das Außenministerium. Vom 26. Okt. - 31. Okt. fand in Berlin der zweite Demokratenkongreß s u i t , an dem u. a. Bayrhoffer, Ruge, Weitling, Wiscelinus, Bamberger, Bom, Schasler u. Kinkel teilnahmen.

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Berufung eines neuen Vorparlamentes zusammentritt; in einem Moment, in welchem Pfuel anfing, Vertrauen zu gewinnen, da man sah, daß er konstitutionell zu handeln sich wenigstens bemühte: da macht der König eine Ministerkrisis! Denn vom Könige geht diesmal die Entzweiung aus. Er hatte Sonnabend den 14. den Minstern versprochen, sonntags keine Reden zu halten, nur einfach zu danken. Und doch redete er wieder und erregte böses Blut! Darüber kam es denn Montag zu Erörterungen, zu Streitgkeiten, was konstitutionell, was inkonstitutionell sei - und endlich zum Bruch mit Pfuel, der nun sehr populär werden wird. Sie sind wieder nicht hier, im kritischen Moment. Auch ist Berlin, das barrikadenzeugende und die rechten Abgeordneten mit dem Strick bedrohende, kein angenehmer Aufenthalt. Sollten Sie aber nicht, wenn Sie nicht persönlich zurückkehrten, dem Könige einmal s p o n t e schreiben und ihm die Gefahr vorhalten können, worin er Staat und Thron stürzt, wenn er nicht von der Militäraristokratie abläßt, den Pietismus aus seinen Umgebungen entfernt und der Romantik des deutschen Kaisertums den Rücken kehrt? Seit gestern hat sich hier die Vorstellung verbreitet, daß auch wir ein geheimes Bündnis mit Rußland hätten, das Übermaß demokratischer Bestrebungen nötigenfalls mit der Knute niederzuhalten. Hierdurch ist eine große Aufregung entstanden, welche die Anarchisten trefflich ausbeuten. Sie haben mich durch Herrn v. Hasencamp zur stoischen Gleichmütigkeit ermahnen lassen. Sie haben recht! Ich bedarf Ihrer in hohem Grade. Allein ich gestehe, daß ich doch meine politische Stellung für eine verfehlte halte und mich unendlich nach Königsberg, nach meinen Studenten, nach unserer ostpreußischen Gediegenheit zurücksehne. Werden Sie mir es verdenken, daß der Lehrstuhl Kants mir alle Staatsrätlichkeit aufwiegt? Gewiß nicht. Vorläufig bin ich hier und muß aushalten aber, so Gott will, nicht für immer, wenn man nicht gelegentlich hier bei einer Emeute zugrunde geht. Mit herzlichem Empfehl an die verehrten Ihrigen immer Ew. Exzellenz treu ergebener K. Rosenkranz 325. An das Minist, für Kultus-, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten Einem königl. Ministerium des Kultus-, des Unterrichts- und der Medizinalangelegenheiten. Gesuch des Ministerialrates, Professor D r. Rosenkranz, ihn in die Professur der Philosophie nach Königsberg zurückversetzen zu wollen. In dem Abschiedsschreiben, welches meine verehrten Kollegen zu Königsberg an mich gerichtet haben, erklärt die philosophische Fakultät, daß sie bei

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einem hohem Ministerio eingekommen sei, für die Wiederbesetzung des philosophischen Lehrstuhls daselbst mein Gutachten einzufordern und dasselbe als das der Fakultät selber zu berücksichtigen. Seitdem ich dies gelesen, ist in mir die im stillen immer gehegte Sehnsucht unwiderstehlich aufgestiegen, selber in die Königsberger Professur zurückzukehren, da für dieselbe - mit freudigem Stolz darf ich es sagen - gewiß niemand geeigneter ist als ich. Provinz, Stadt und Universität stimmen in diesem Urteil mit mir überein. In Ansehung des Gesundheitszustandes meiner Frau als einer geborenen Berlinerin ist es freilich keinem Zweifel unterworfen, daß derselbe sich hier wesentlich verbessern, meine häusliche Lage sich dadurch erheitern, auch von vielen Kosten, welche mir durch jenes Kranken entstehen, sich befreien würde. Eine ordentliche Professur hierselbst würde von dieser Seite, ich gestehe es, für mich den größten Reiz haben müssen. Eine solche Aussicht ist jedoch gegenwärtig nicht vorhanden. Nunmehr würde es aber in // einer Lage, welche mich der Wissenschaft zu sehr entfremdet und mein vielleicht größtes Talent, das der mündlichen Lehrgabe, verrosten läßt, auf die Länge nicht aushalten und also, da ich ohne den geringsten politischen Ehrgeiz bin, verkümmern, was meine Frau einsieht und daher zu jedem Opfer bereit ist. Mein Leben habe ich immer nur auf die Wissenschaft zugerichtet; für eine Menge Probleme habe ich Voruntersuchungen gemacht, Bücherapparate mit vielen Kosten angehäuft und die Ausarbeitung systematischer Werke angebahnt, von denen mein System der Pädagogik den ersten Vorläufer bildet. Mein einziges Vermögen ist meine Bibliothek. Aus Patriotismus habe ich mich in meine dermalige außerordentliche, von mir selbst, der ich gem spinozisch verborgen lebe, niemals gesuchte Stellung begeben, allein sogleich im Vorgefühl, daß sie mich nicht dauernd befriedigen könnte, mir den Rücktritt in eine Honorarprofessur ausbedungen. Mir ist für eine solche ein Verlust von 1000 rtl. meines dermaligen Gehaltes festgesetzt, so daß ich als Honorarprofessor an einer der preuß. Universitäten 2000 [rtl] erhalten soll. Träte ich nun wieder in das Königsberger Ordinariat zurück, so setze ich voraus, daß der Staat mir dieses Gehalt auch als Ordinarius belassen muß, widrigenfalls ich natürlich auf dem Recht bestehen würde, an einer der preußischen Universitäten mit jenem Gehalt als Professor angestellt zu werden. Wer es weiß, daß ich in Königsberg, bei der geringen Frequenz der Universität, bei der Armut der meisten Studieren//den, und bei der Bedingung meiner Vokation, ein Hauptkollegium immer p u b l i c e zu lesen, als Maximum jährlichen Honorareinkommens durchschnittlich hundert Taler gehabt; wer es weiß, daß ich 15 Jahr hindurch, auch bei schweren Bedrängnissen, niemals eine außerordentliche Unterstützung genossen habe; wer es weiß, daß ich zu zwei

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größeren Reisen und zu einigen Badekuren meiner Frau mir das Geld mühsam erschriftstellert habe; wer es endlich weiß, welche Geldopfer die Isoliertheit und Entferntheit Königsbergs für die Korrespondenz nach Westen hin und für den bei der Universalität meiner Studien notwendigen literarischen Komfort erheischt: der wird begreifen, daß dies höhere Gehalt, welches mir der seltsame Umschwung der Dinge ungesucht gewährt hat, gar nicht eine übermäßige Gunst, vielmehr im Grunde nur eine meinen Anstrengungen und ihren Erfolgen entsprechende Gerechtigkeit ist. Dennoch bin ich sehr dankbar dafür, weil ich mich dadurch in den Stand gesetzt sehe, für Frau und Kinder besser zu sorgen und meine großen Arbeiten ohne Rücksicht auf ihre buchhändlerische Verwertung auszuführen. Unter der Voraussetzung also, daß ein hohes Ministerium mir den Gehalt von 2000 Talern, der mir als Professor h o n o r a r i u s bewilligt worden, auch als O r d i n a r i u s gewährleistet, bitte ich dasselbe ergebenst, mich in meine Königsberger Professur (auf Ostern) zurückversetzen zu wollen. Die Erfahrungen, die ich inzwischen hier im Mittelpunkt // der politischen Bewegungen mache, werden für die Wissenschaft nicht verloren sein. Der Bescheidung eines hohen Ministerii entgegensehend, damit ich ihr gemäß, weitere Schritte tun könne, verharre Berlin, 24. Oktober 1848

ehrerbietigst Karl Rosenkranz

326. An Johannes Schulze Hochgeehrtester Herr und Freund, am 8t. September hatten Sie die Güte, mich zu besuchen und mich auf die Eventualitäten meiner Lage aufmerksam zu machen. Sie waren oft hart gegen mich. Sie übersahen zu sehr, daß ich nicht meine jetzige Stellung gesucht, daß ich sie aus einem Pflichtgefühl, mich der Mitbetätigung an der jetzigen politischen Arbeit nicht zu entziehen, übernommen hatte. Sie äußerten sich sogar zuweilen über meine Bildung und mein Talent in einer Weise, die mir, nach einem zwanzigjährigen öffentlichen literarischen und akademischen fleckenlosen und von steigenden Erfolgen begleiteten Leben, sehr schmerzlich sein mußte und mit brieflichen Anerkennungen, die Sie mir gezollt, kontrastierte. Dennoch war ich Ihnen dankbar und bin es noch, weil ich auch in dem Bitteren, das Sie mir sagten, Ihre Freundschaft für mich zu erkennen glaubte, ja aus derselben mir Ihre Schonungslosigkeit erklärte. Ich ging denselben Nachmittag zu Herr v. Auerswald, meine Entlassung aus dem Staatsministerium und meine Rückkehr nach Königsberg zu erbitten.

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Allein er ging schlechterdings nicht darauf ein, weil er behauptete, ich würde mit Beckerath mich gut stellen und demselben sehr nützlich sein. Die gewinnende Persönlichkeit Auerswald triumphierte wieder über meine Bedenken, und ich setzte mich Sonntag und Montag hin, das Programm für das Ministerium Beckerath vorzuarbeiten. Plötzlich reiste dieser Mittwoch früh ab und Donnerstag 8 1 I2 Uhr ward ich schon auf 10 durch ein Zirkular zu einer Plenarsitzung des neuen Ministeriums aufgefordert. Mein Austritt wäre nun ein Mißtrauensvotum gegen dasselbe geworden. Nachdem nun aber meine Kollegen in Königsberg mein Gutachten für die Wiederbesetzung der Professur der Philosophie als das der Fakultät selbst anzusehen erklärt haben, ist mein Entschluß zur Rückkehr nach Königsberg fest geworden. Ich habe von jenem Wunsche Veranlassung genommen, vorgestern eine Eingabe bei dem Ministerium des Unterrichts zu machen, mich auf Ostern nach meinem geliebten Königsberg zurückzuversetzen. Diesen Winter über dürfte wegen der dort grassierenden Cholera wenig aus den Vorlesungen werden, indem aus der Provinz viele Eltem ihre Söhne zur Universität zu schicken Anstand nehmen. Mit diesem Entschluß hoffe ich, Ihnen gezeigt zu haben, daß ich als Mensch unverändert bin und daß ich Ihre Liebe und Achtung, die mir stets so teuer gewesen, wieder ohne alle säuerliche Beimischung genießen werde. Genehmigen Sie, verehrter Mann, den Ausdruck der Hochachtung und Dankbarkeit, mit der ich stets sein werde Ihr Berlin, ergebenster Κ. Rosenkranz d. 26. Oktober 1848

327. An Johannes Schulze Hochgeehrtester Freund und Gönner! Haben Sie herzlichen Dank für Ihre Freundeszeilen! Ihre Achtung und Liebe steht mir so hoch, daß die Empfindung, die mich am 8t. Septbr. anwandelte, als könnt' ich desselben nicht mehr so rein und ganz wie sonst genießen, mich schwärzer hat sehen lassen, als ich Ursach hatte. Ich habe j a auch von vornherein gesagt, daß ich aus Ihrer Freundschaft für mich heraus mir Ihre allerdings oft herben Worte zurechtlegte und sie insofern vollkommen gerechtfertigt fand. Wie sehr freu' ich mich um Ihrer schriftlichen Bestätigung, mir der alte, geliebte Freund zu sein, den ich stets so innig verehrt habe und dessen Donnerworte eben dafür ein so großes Gewicht für mich haben mußten. Ich kann auch von mir sagen: Ό μή δαρείς άνΟροττος ού παιδεύεται.

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So still hatt' ich mich gehalten, hatte drei Wahlen nach Frankfurt 1 hin abgelehnt, nicht in das politische Drama mich zu verwickeln: Da reißt man mich p a r o r d r e d e M u f t i aus meiner kontemplativen Teilnahme und überstürzt mich mit raschem Dringen in meine jetzige Lage. Ich protestierte; ich erklärte das Ansinnen an mich für einen Irrtum. Man meinte, ich könne in solchen Dingen über mich noch kein Urteil haben; andere müßten mich und meine Fähigkeiten besser kennen. Um in der außerordentlichen Zeit nicht feige zurückzutreten, gab ich nach. Aber ich fühle, wie richtig ich selbst mich aufgefaßt habe. Meine ganze Seele hängt einmal an der Wissenschaft und ich bin schon zu lange in sie vertieft, um die Leichtigkeit der politischen Modernität zu erreichen. Es ist ein // radikaler Mißgriff, von mir andere Taten als theoretische zu erwarten. Ich sehne mich nach dem Katheder zurück und wär' am liebsten, war* es ausführbar gewesen, schon jetzt nach Königsberg zurückgegangen. Doch wird es für meine Bildung überhaupt sehr nützlich sein, dies politische p u r g a t o r i o hier in Berlin durchlebt zu haben. Die philosophische Fakultät in Königsberg hat kein Gutachten gegeben, sondern gewünscht, daß ich eines für sie geben solle, was dann als ihr eigenes anzusehen wäre. Dies hat mich eben zu der Erkenntnis gebracht, daß doch kein Menschso gut als ich nach Königsberg paßt. Was nun die Mitgliedschaft der Prüfungskommission betrifft, so gesteh' ich, daß ich sie aus dem objektiven Grunde, wenn man sie durch mich besser als durch einen andern, versehen glaubt, wieder übernehmen würde. Insofern muß ich das Urteil ganz Ihnen überlassen und wünsche nur niemand zu kränken, wenn mir dies Amt wieder übertragen wird, das ich schon in Halle geübt habe. Seit Jahren habe ich in dem Bewußtsein, daß Sie mir gut sind, eine heitere Genugtuung gefunden. Lassen Sie mich dasselbe auch fernerhin als einen köstlichen Schatz bewahren! Immer Ihr Berlin, treu und dankbar ergebener 30. Okt. 48 Karl Rosenkranz

328. An Theodor v. Schön Berlin, den 5. November 1848 Hochverehrtester Herr und Freund! Wohl hätt' ich schon eher schreiben sollen, allein der Umschwung der Dinge ist so reißend, daß man Mühe hat, sich die rechte Besinnung zu erobern, und Mühe, Zeit zum Schreiben zu finden, denn nichts treibt die Menschen in einer Hauptstadt mehr umher, als eine Ministerkrisis; seltsamerweise haben 1

Vgl. Lotte Esaù, Κ. R. als Politiker, Halle 1935, S. 155.

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immer noch viele Leute, und natürlich gerade die Unberufensten, die größte Lust zu der ephemeren Herrlichkeit des Ministeriums. Wer den Gang unserer Entwicklung einigermaßen mit Aufmerksamkeit verfolgt hat, der wird finden, daß wir von seiten der Revolution wie der Reaktion jetzt bis dicht an das äußerste gelangt sind. Die Revolutionspartei hat innerhalb der Nationalversammlung die Verknüpfung des Königtums mit dem Gedanken an die göttliche Weisheit und Macht durch Streichen des Prädikats von Gottes Gnaden 1 zerrissen; hat alle Ansprüche der Polen wieder aufgeregt; hat den Adel abgeschafft; die Ordensverleihung aufgehoben; das Verhältnis Berlins zu Frankfurt und Wien verwirrt; - außerhalb der Nationalversammlung hat sie durch das Mittelglied Ruge und Konsorten den Terrorismus der Massen erregt, der Dienstag in der grauenerregendsten Weise auftrat; hat sie durch stetes Alarmieren der Bürgerwehr mittels verschiedener Veranstaltungen eine unbestimmte Kampfbegier sowohl in den Bürgern als in den Arbeitern und dem Proletariat erregt, die jeden Augenblick zum größten Fanatismus durch irgendwelche Vorspiegelung fortgerissen werden kann; heute will sie sogar ein bewaffnetes Freikorps für „den entscheidenden Augenblick" konstituieren. Die Reaktionspartei hat innerhalb der Nationalversammlung wie außerhalb derselben so gut wie nichts getan. Nur in Potsdam, nur im Militär hat sie operiert, dem Könige eine Macht, die er faktisch nicht mehr hat, vorgelogen und Windischgrätz 2 als ein Idol angebetet. Beide Parteien folgten dem Schicksal Wiens Schritt vor Schritt mit der ängstlichsten Spannung. Wenn man abends über die Straße ging, hörte man nichts ausrufen als: Die neuesten Nachrichten von Wien. Der Zweifel über den Ausgang des dortigen Kampfes dauerte bis Freitag. Hätte die terroristische Partei in Wien gesiegt, so wurde hier der Versuch gemacht, die Republik zu erklären; 2000 Rehberger Arbeiter, die Kanalarbeiter, der Bürgerwehrklub, der Handwerkerverein, der demokratische Klub und die Masse des Gesindels wären unter der Leitung der Linken dafür aufgetreten. Hätte der Kaiser in Wien so gesiegt, wie man sich träumte, d. h. ohne blutigen Kampf, so würde die Reaktion sehr geneigt gewesen sein, Berlin auf irgendeine Veranlassung in Belagerungszustand zu erklären. Nun ist es anders gekommen. Die rote Republik hat zwar in Wien nicht triumphiert, allein der kaiserliche Sieg ist auch nicht so wohlfeil gewesen, als die Reaktion meinte, welche von der bloßen Zernierung der Stadt schon ihre 1

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Der Antrag des Abgeordneten Schneider auf Streichung der Formel „Von Gottes Gnaden" wurde am 12. Okt. mit 217 gegen 134 angenommen. Am 31. Okt. wurde der Antrag Berends' auf Abschaffung des Adels angenommen. Außerdem wurde die Abschaffung der Führung adeliger Prädikate und Titel, sowie der Orden beschlossen. Alfred Fürst zu Windischgrätz unterdrückte im Juni 1848 den Prager Aufstand, eroberte am 31. Okt. Wien und am 5. Jan. Budapest.

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Unterwerfung und die Kompromittierung der Revolutionäre durch Feigheit mit sichtlicher Schadenfreude erwartete. Was sollte nun geschehen? Die Revolutionspartei hatte mit dem Antrag am Dienstag, Wien zu Hilfe zu kommen und mit Frankfurt zu brechen, ihre letzte Kraft verausgabt. Da tritt plötzlich Pfuel wirklich ab und Graf Brandenburg wird als Ministerpräsident verkündet. Unseliger Eigensinn des Königs! Das Ministerium hatte, mit Ausnahme Eichmanns, sich doch ein gewisses Vertrauen erworben; Pfuel namentlich halte sich durch seine Konzessionen in Ansehung des Militärs und der militärischen Maßregeln populär gemacht. Wäre er auch nach einigen Wochen ausgeschieden, so war er doch jetzt, nach meinem Ermessen, unschätzbar. Man bricht mit ihm - Wiens halber, weil er für den Antrag von RodbertusBerg 1 mitgestimmt. Auerswald und Kühlwetter 2 waren am Morgen desselben Tages nach Potsdam hinausbeschieden gewesen, woraus ich sogleich auf eine Ministerkrisis Schloß. Die Linke mußte hocherfreut über dies Ereignis sein. Sie benutzte es sofort: 1. den Versuch zur Permanenzerklärung zu machen, d. h. sich zum Konvent zu gestalten; 2. derkönigl. Entschließung ein Mißtrauensvotum zu geben; 3. einen Sicherheitsausschuß zu ernennen. Das ist die Geschichte des Donnertags, Freitags, Sonnabends. Es ist damit nur teilweise geglückt, weil bei uns denn doch in der Wirklichkeit die Freiheit nicht so gefährdet ist, als die Linke in solchen Momenten ausschreiet. Auch ist die Sucht, endlich Minister zu werden, bei Waldeck, Temme, Jung usw. zu augenscheinlich, als daß nicht das Publikum doch durchsehen sollte, wie der Kampf jetzt in der Tat mehr ein persönlicher, ein egoistischer ist. Die Linke hat nun allerdings den Zusammenstoß Jacobys mit dem Könige3 auszubeuten gesucht, um den König in den Augen des Volkes als ein ungezogenes Kind darzustellen, das sich gegen die Wahrheit in albernem Trotz verhärte. Gestern

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Rodbertus forderte am 31. Okt. den König auf, bei der Zentralgewalt Schritte einzuleiten, um die „in den deutschen Ländern Österreichs gefährdete Volksfreiheit u. die bedrohte Existenz des Reichstages" zu schützen. Der Antrag wurde mit 261 zu 52 Stimmen angenommen. Pfuel, auch Mitglied der Nationalverslg., stimmte für den Antrag. Philipp v. Berg, (1815-1866), Kaplan, demokral. Abgeordneter f. Jülich, unterstützte den Antrag. Der Aachener Regierungspräsident Friedrich Christian Hubert v. Kühlwetter (1809-1882) war im Ministerium Auerswald-Hansemann Innennminister vom 25. Juni 1848 bis zum 21. Sept. 1848 (Linke Fraktion). Am 3. Nov. reiste eine Deputation von 25 Abgeordneten aller Parteien unter der Führung V. v. Unruhs nach Potsdam, um dem König eine Adresse zu übermitteln, in der vor der Einsetzung des Ministeriums Brandenburg gewarnt werden sollte. Als der König nach Überreichung der Adresse nicht gewillt war, mit den Deputierten zu sprechen und den Saal verließ, rief ihm Johann Jacoby die Worte nach: „Das eben ist das Unglück der Könige, daß sie die Wahrheit nicht hören wollen". - Der Berliner Demokratische Klub druckte ein Plakat mit den Worten „Der Abgeordnete Jacoby hat sich den Dank des Vaterlandes verdient".

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war ein Riesenplakat, worin das Ν e i η des Königs mit ellenlangen Buchstaben abgedruckt war und der Bürgerwehrklub für Jacoby, dem der Dank des Vaterlandes gebühre, mit Gut und Blut einstehen zu wollen erklärt. Exzellenz, ich gestehe, daß ich nach meinem Gefühl Jacobys Benehmen nicht billigen kann. Ich gestehe, daß ich die Mißgriffe des Königs zwar entschieden, ja bitter, schmerzlich bewegt zu tadeln vermag, allein daß ich auch im Innersten noch immer eine tiefe Ehrfurcht, eine mir von meinem väterlichen Hause, von den Leidensjahren 1806-13 usw. angeerbte, anerzogene, geschichtlich eingeimpfte Zuneigung zu unserem königlichen Hause besitze. Meine Mitempfindung mit dem Schicksal des Königs macht mich oft ganz melancholisch. Nun denken Sie sich ihn, wie er eben das Jagdgesetz 1 zum Ärger der Aristokratie doch sanktioniert hat; denken Sie sich ihn, wie ihm die Gnade Gottes und die Ordensverleihung eben genommen; denken Sie sich ihn, wie das Schicksal Wiens ihn doch erschüttert hat - da greift man auch in das Recht, ein Ministerium zu ernennen; da tritt ihm der Mann schroff entgegen und will ihn belehren, von dem er weiß, daß er schon sieben Jahr hindurch sein unerbittlicher Feind ist - ach, man müßte nicht Mensch sein, das Demütigende dieses Augenblicks in der Seele des Königs nicht nachzufühlen! Jenes ihm so verargte Nein war gewiß schon bei seiner Geneigtheit zu Zornaufwallungen, ein Resultat gewaltiger Mäßigung. So weit reicht nun die königl. preußische Geschichte. Der Mann der „Vier Fragen" steht als der Volksmann dem unverbesserlichen Könige direkt gegenüber. Wären Sie nun hier gewesen, so bin ich überzeugt, war' es doch anders gekommen. Sie wären unstreitig Mitglied der Deputation gewesen. Mit Ihnen hätte der König gesprochen. Sie wären dann gewiß an Brandenburgs Stelle getreten. Aber nun sind Sie in Arnau. Ich habe hin und her gesonnen, was zu tun sei, denn bevor Sie herkämen, würde die Krisis doch wieder vorüber sein. Sie müßten also berufen werden. Alle Mittel, die in meiner und in Goldstückers Macht liegen, dies zu bewirken, haben wir bei dem Abgang des Ministeriums Auerswald abgenutzt. Ich bin daher so ratlos wie der Hof, der in den buntesten Kombinationen umhertaumelt. Sie glauben, nach Ihrem letzten Schreiben, Ihre Zeit sei noch nicht gekommen, weil der Kampf noch nicht zum Extrem gelangt sei. Dieser Meinung bin ich nicht. Ruft Sie der König nicht jetzt, so ruft er Sie nie, denn kommt es wieder zu einem Konflikt, so siegt die Linke, überhaupt die Revolution und es kommen d' Ester, Eisner, Reichenbach, Waldeck usf. an die Reihe.

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Die Jagdrechte auf fremden Grund und Boden wurden ohne Entschädigung aufgehoben. Am 31. Okt. wurde durch den Ministerpräsidenten der Nationalversammlung eröffnet, daß dieses Gesetz vom König sanktioniert sei.

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Wer kann freilich etwas vorhersagen? Es ist töricht, jetzt Meinungen zu haben. So erwartete ich zwei Tage in dieser Woche, den Kampf vor meinen Fenstern am Potsdamer Bahnhof entbrennen zu sehen, weil dieser wegen des Verkehrs mit Potsdam und Magdeburg von dem Volk (d. h. hier zunächst den Rehbergern) in Beschlag genommen werden sollte. In dem sogenannten Wiedeckschen Schanklokal waren zu diesem Zweck immer Arbeiter stationiert, sogleich auf ein Zeichen, das vom Gendarmenmarkt her ihnen zukommen sollte, weitere Signale zu geben. Nach meiner Übersicht der Dinge glaube ich, trotz aller Widersprüche, die ich erfahre, daß Bonin - oder ein Auerswald Ministerpräsident wird. Verzeihen Sie, Exzellenz, meine diesmalige Breite, allein ich wünschte, Ihnen die Lage der Dinge so klar als nur möglich hinzustellen. Unser Haus Unter den Linden ist jetzt ganz einsam und dunkel und Herr Hänisch erkundigt sich oft, ob Sie nicht bald kämen? Leider kann ich ihm keine Hoffnung machen. Mit herzlichem Empfehl an die verehrten Ihrigen immer Ihr getreuer K. Rosenkranz 329. An Theodor v. Schön Berlin, den 23. November 1848 Ew. Exzellenz habe ich fast täglich schreiben wollen, allein die rasche Entwicklung oder vielmehr Verwicklung der letzten Wochen hemmte mir stets die schon zum Schreiben bewaffnete Hand. Infolge Ihrer gestern empfangenen gütigen Zeilen sehe ich mich aber doch veranlaßt, wenigstens einige Worte in der kürze zu erwidern. Sie sind nicht zufrieden damit, daß ich in meine Professur zurückstrebe. Allein dieser Schritt ist für mich notwendig, nach innen wie nach außen. Nach innen, denn ich tauge wohl für die Wissenschaft, allein nicht für das Regieren. Aus Pflichtgefühl hätt' ich im Juli, da man meine Hilfe beansprucht, das Ministerium übernommen; aus Pflichtgefühl trat ich wenigstens in einer konsultativen Rolle auf. Zwei Ministerien habe ich durchgemacht. Aber auch das dritte, aber auch das vierte usw.? Für den Beamten, der nicht in Ideen lebt, ist es möglich, in solchem Wechsel doch zu beharren. Ich fühle mich unglücklich darin. Die Hoffnung, Sie berufen zu sehen, hege ich nicht mehr. Hat der König am 9. von Ihnen gesprochen, so war ich selbst vielleicht die Veranlassung, indem ich vom 6./ 7. November an Humboldt Ihretwegen schrieb, ihm, wie Sie sich letzthin ausdrückten, das Gewissen zu rühren. Da man Sie aber jetzt nicht berufen, jetzt wo alles auf dem Spiele steht, so entsage ich allen Erwartungen. Nach außen ist mir der Schritt auch notwendig. Die Professur in Königsberg ist noch unbesetzt. Wenn ich aber jetzt nicht einkäme, mich in sie zurück-

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zusetzen, so müßte man doch endlich an einen andern denken. Ich würde sie also verlieren. Nun könnten Sie sagen, daß die Professur mir ja auch in Berlin gegeben werden könnte. Ganz wohl, und meiner Frau würde das auch sehr angenehm sein. Aber da ein Wirkungskreis wie zu Königsberg, in welchem die Erfahrung mich erprobt hat, noch offen steht und ich doch der Stadt und Provinz sehr anhänge, so halt' ich es für wohlgetan, in der lieben Pregelstadt fortzudozieren. Ich bin noch ohne Antwort auf mein Gesuch, habe jedoch seit Antritt dieses Ministeriums zu keiner Sitzung weiter eine Aufforderung, auch keine Arbeit erhalten und schließe daraus, daß man mir meine Bitte erfüllen werde. Ich bin, sozusagen, vorläufig faktisch entlassen. Eine Art Zeitchronik führe ich, denn die Zustände sind hier zu merkwürdig. Da es schon Ende November ist, so wird es nicht mehr lohnen, noch im Winter nach Königsberg zurückzukehren. Für meine Bildung, für die konkrete Anschauung dessen, was Geschichte eigentlich ist, wird mir der Aufenthalt hierselbst immer interessant und förderlich sein. Sollte die Nationalversammlung, woran heute wieder stark gezweifelt wird, wirklich nach Brandenburg verlegt werden 1 , so würde ich Ruhe gewinnen, manches zu arbeiten. Vor drei Wochen entwarf ich den Plan 2 zu einer Flugschrift: Müssen wir Preußen durch ein neues Blutvergießen zur Freiheit? Allein Sie begreifen, daß man in einem „Belagerungszustande"3 alle Lust verliert, dergleichen drucken zu lassen. Simson 4 - denn ohne Königsberg geht einmal nichts - soll nun Preußen durch das sogenannte Deutschland retten und zankt sich darüber mit zwei andern Königsbergern, mit Jacoby und Kosch, herum, wo denn die jüdische Scharfsinnigkeit und Hartnäckigkeit eine verzweifelte Diplomatie oder richtiger Sophistik zum Vorschein kommen läßt Daß Frankfurt uns, während es mit Österreich liebäugelt, unsere Ministerien zurechtmachen, unserm Könige sagen will, was er zu tun habe, Ordnung bei uns zu schaffen, ach, das ist für mich ein Schmerz, der mich einige Tage ganz paralysiert hat. Vinckes Rede ist ganz nach meinem Sinn und wär' ich Friedrich Wilhelm IV., so hält' ich diese schöne Gelegenheit benutzt, Preußen vom Am 9. Nov. erklärte v. Brandenburg in der preuß. Nationalverslg., daß der König den Sitz der Nationalverslg. nach Brandenburg verlegt hatte. Dies wurde mit den allg. Unruhen, die die Freiheit beschränke und den Schutz der Abgeordneten gefährde, begründet. Die Mitglieder der Nationalverslg. stimmten gegen diesen Beschluß und erklärten, ihre Sitzungen dort abzuhalten, wohin sie der Präsident rufe. |f Diese Schrift ist nicht erschienen. Am 12. November wurde in Berlin der Belagerungszustand verkündet. Die Abgeordneten Eduard Simson und August Hergenhahn wurden am 18. Nov. aus Frankfurt als Reichskommissare nach Berlin geschickt, „die friedliche Lösung des dortigen Konfliktes zu bewirken". Auf einer Konferenz am 21. Nov. mit dem Ministerpräsidenten v. Brandenburg eröffnete dieser den Reichskommissaren, daß die Regierung die Oktroyierung einer Verfassung plane. Die Reichsregierung beschloß daraufhin, daß Hergenhahn bei der preuß. Krone darauf dringen sollte, von diesen Plänen Abstand zu nehmen.

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Frankfurter Joch zu erlösen. Aber das Kokettieren mit der deutschen Einheit gehört einmal zu den Dogmen des Königs. Zum Schluß stell' ich mich in Ansehung meiner Sehnsucht, aus der Staatsrätlichkeit herauszukommen, unter den Schutz Ihrer verehrten Frau Gemahlin, die schon Ende Juli in einem Brief an Sie mich ganz richtig beurteilte, wenn Sie fragte, was der einfache, kindliche Mensch, der ich einmal bin, in einer solchen Stellung solle? Man kann sagen, ich sei sehr einseitig. Dagegen werde ich nicht streiten, denn ich habe mich immer nur innerhalb der Philosophie für universell ausgegeben, nie außerhalb. Meine Stärke ist in den Ideen. Nur durch Ihre Manifestation bin ich praktisch. Mit dem herzlichen Wunsch, daß Ihr Fußleiden sich gebessert haben möge, verharre ich wie immer Ew. Exzellenz treulichst ergebener K. Rosenkranz

330. An Alexander Jung Berlin, d. 2. Dezember 1848 Mein teurer Jung, Sie werden von Tag zu Tag einen Brief von mir erwartet haben. Endlich kommt nun einer, und es ist doch noch nicht der rechte, denn bis diesen Augenblick ist der ersehnte „Hölderlin" nicht in meinen Händen. Das stete Warten darauf ist der Grund, weshalb ich Ihren herrlichen, lebensvollen Brief mit dem schönen Gedicht an mich zu beantworten bis jetzt zögerte. In den Buchhandlungen hierselbst ist das Buch noch nicht zu haben; noch gestern abend hab* ich nachgefragt. Varnhagen, der es vielleicht einzig hier besitzt, habe ich noch nicht wieder seit etwa fünf Wochen gesehen, weil ich ihn nicht zu Hause getroffen. So muß ich mich denn noch gedulden. Heute, lieber, teurer Freund, ist Sonnabend, und dieser uns heilige Tag soll durch diese stroherne Epistel gefeiert werden. Wie schön haben Sie unsern Freundschaftskultus in Ihren Versen verherrlicht! Ja, es ist wahr; in unsem stillen, fast verschwiegenen Gängen nach der Wilkie, nach Maraunen, Holstein, insonderheit winters nach unserm heimlichen Stübchen in Sprechan, lag eine Welt unendlicher Seligkeit, absoluter - so weit Menschen Menschen zu beglükken vermögen - absoluter Befriedigung unseres Geistes und Herzens. Alle Qualen, alle Wonnen unserer Seele durften da laut werden. Alle Interessen, persönliche, wissenschaftliche, ästhetische, durften sich regen. Alle Geheimnisse wurden offenbar, und das Reich der Welt, der Literatur, wie es die Woche über jedem sich weiter gestaltet, suchte sich zu ordnen und die etwaigen neuen Erscheinungen einzugliedern.

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Ich versichere Sie, lieber Jung, mein Leben hier in Berlin ist gegen das Königsberger viel gehaltloser. Die Politik, der man sich hier einmal unter den jetzigen Umständen nicht entschlagen kann, hat auf die Länge für mich etwas Geistausmergelndes. Ich halte dafür, daß dieser Konstitutionalismus, der sich in einen Kampf ehrgeiziger und herrschsüchtiger Persönlichkeiten auflöst, uns Preußen nicht lange befriedigen kann. Er ist kein eigentümliches Produkt des preußischen Geistes, und nur eine aus diesem entspringende Verfassung kann uns auf der Höhe der Bildung erscheinen lassen, auf welcher wir - in den alten Provinzen wenigstens - stehen, denn der Schaum der jüdischen und kommunistischen Verwirrung, die Brandung französisch-polnischen Ungestüms wird sich wieder verlaufen. Doch ich will nicht politisieren und Ihnen von mir erzählen. Ich habe bei dem Minsterium ein Gesuch eingereicht, mich Ostern unter den mir [am] 26sten Juli gestellten Bedingungen zurückzuversetzen. Hierauf bin ich bis jetzt ohne Antwort. Da ich aber keine Arbeiten mehr zu machen erhalte, auch nicht nach Brandenburg beordert bin, auch zu den Plenarsitzungen dieses Ministeriums nicht mehr eingeladen werde, so vermute ich, daß man mir meine Bitte bewilligen werde. Seit drei Wochen habe ich daher Ruhe erhalten und fange an, aus der fieberhaften Spannung, in die ich geraten war, allmählich zu mir selbst zurückzukehren. Sollte man mir die Ruhe ferner gönnen, so würde ich sie benutzen, einen Plan auszuführen, den ich lange gehegt habe, allein aus Zeitmangel nicht ausführen konnte, nämlich die Hauptmomente aller philosophischen Wissenschaften 1 aus den monographischen Heftbearbeitungen mir als ein Ganzes einmal zusammenzuschreiben und mich so zum Bewußtsein über meine bisherigen Resultate zu bringen. Meinen historisch-kritischen Bildungsprozeß seh* ich als relativ abgeschlossen an. Schelling war erst in Pyrmont und Kassel. Als ich Unter den Linden wohnte, war seine Wohnung mir schräg gegenüber. Gesehen hab' ich ihn noch nicht, und an ein Besuchen ist, nach unsem Präzedcnzcn 2 , nicht zu denken. Braniß, Carrière haben mich besucht; letzterer ist ein recht frischer, stämmiger, guter Mensch. Hotho besuche ich alle drei bis vier Wochen. Er lebt viel in seiner Häuslichkeit und zahlreichen Verwandtschaft. Er ist - wie auch seine Frau - ganz demokratisch geworden; auch in die Bürgerwehr getreten, trotz seiner Kränklichkeit, und hat z. B. den Kampf am 16. Oktober auf dem Köpenicker Felde mitgemacht. Hotho ist ein herrlicher Mensch von unendlicher Liebenswürdigkeit, ein großer Gelehrter auf dem Gebiet der Malerei, höchst elastisch und von großer passiver Tiefe.

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Karl Rosenkranz, System der Wissenschaft. Ein philosophisches Encheiridion. Königsberg 1850. D. h. nach Rosenkranz* Buch über Schelling von 1843.

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Ruge hat mich im August ein paarmal besucht; er ist persönlich eigentlich harmlos - aber fanatisch und wird, glaube ich, von andern gemißbraucht. Er verdirbt Ihnen dafür durch seine Hitze und Aufrichtigkeit ihre feineren Pläne, und das geschieht den Herren recht. Ich selbst bin, außer zu Varnhagen und Hotho, hier noch zu niemand von den Gelehrten hingekommen. Erst hielt mich meine Stellung und Tätigkeit im Ministerium ab; nunmehr hemmt mich die Unentschiedenheit meiner Stellung. Überdem ist, eine Visite in dem öden Berlin zu machen, eine trostlose Unternehmung an sich schon; das Umirren in den großen Häusern auf den Treppen, das Klingeln, Warten, Nichtdaheimfinden - dies traurige Unwesen bei den langen Wegen hält mich innerlich zurück. Gabler, Werder, Rötscher, Michelet habe ich jeden einmal gesprochen; sie ziehen mich innerlich nicht an, so wenig als sie mich abstoßen. Dagegen verkehre ich viel mit Dr. Frantz, einem sehr guten Menschen, der auf einer Dachstube ein bescheidenes Leben mühsam hinfristet. Er kommt alle Sonnabend nachmittag zu mir und, Ihrer gedenkend, gehen wir dann irgendwo Kaffee trinken und eine Zigarre rauchen. Aber natürlich bleibt es doch nur eine Silhouette unseres vieljährigen Vereintlebens. Frantz müßte in ein Ministerium als Rat. Er ist ganz Politiker und schreibt jetzt auch: Preußische Blätter, schon drei Hefte. Direktor Riemer hat mich einigemal besucht. Er spricht zwar immer, wie gesund und vernünftig er sei, allein er ist offenbar noch verrückt. Er glaubt nämlich an einen geheimen Bund der Regierungen, durch den Somnambulismus die Menschen zu beherrschen. Schon im Anfang des vorigen Jahrhunderts habe das Kardinalkollegium dies getan. Die Charité in Berlin (wo er war) sei eine preußische Bastille. Man habe ihn dort durch den Somnambulismus schrecklich gemartert, ihn wollüstig aufgeregt (er hat sekundäre Syphilis gehabt!) usw. Häufig kommt auch ein moderner Sozialphilosoph Kuhlmann zu mir, der eine Art Fourierismus lehrt und mich gern zum Proselytcn machen möchte. Ferner ein junger Mann namens Wiesner, der jetzt Stenograph ist, nebenher aber ein Anhänger Sallets und für diesen Propaganda macht. Die politischen Interessen spreche ich besonders mit Goldstücker durch, der leider den Fehler französischer Präokkupationen hat, sonst aber ein edler, zu jeder Aufopferung bereiter Mann ist, dessen Hauptidee darin besteht, daß der Mensch sich vom Schicksal befreien müsse. In meiner Krankheit hat mich Goldstücker wie ein Bruder gepflegt und beweist mir überhaupt die freundschaftlichste Hingebung. Nur über zwei Punkte geraten wir stets in unlösbare Streitigkeiten, einmal darüber, daß er mich stets überzeugen will, ich müßte das Ministerium übernehmen; und sodann darüber, daß ich die konstitutionelle Monarchie für eine höhere Staatsform als die Republik halte. Dieser letzte Streit, der nun schon oft und heftig unter uns gefochten ist, wird von ihm sehr

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konsequent aus dem moralischen Gesichtspunkt geführt, daß die Unverantwortlichkeit des Fürsten den Staat in eine Unsittlichkeit ausmünden lasse, weil jeder Mensch seine Handlungen selbst rechtfertigen müsse; auch hält er es für ein sittliches Unrecht, welches den Prinzen angetan werde, daß sie schon durch die Geburt, also durch die Natur zu einer Funktion bestimmt würden, statt durch ihre Geschichte, Bildung, Tätigkeit (wie ein Präsident) sich die Herrscherstellung zu erringen. Sein Grundgedanke schimmert überall durch, daß die Freiheit kein Schicksal dulden dürfe. Freiheit sei nur im Freien. Übrigens erkennt Goldstücker für die Preußen die Notwendigkeit der Monarchie an und stellt die Republik, wie so viele, nur als sein Ideal hin. Wenn ich Berlin recht beurteile, so scheint es mir zur sozialen Politik viel Anlage zu haben, und ich verwundere mich oft über die Methode, mit welcher Leute aus dem Mittelstande, ja tiefer herunter, Themata wie Hypothekenbanken u.dgl. behandeln. So lang ich hier bin, hab' ich noch nicht ein einziges ordentliches Buch, ewig nur Zeitungen und Broschüren, Akten und Briefe gelesen. Dabei kommt aber der Geist ganz herunter. Ihr „Hölderlin" soll das erste Buch sein, mit welchem ich aus dem Gewirr der Tageserscheinungen mich wieder einer idealen Sphäre zuwende. Die Königsberger Härtung. Zeitung lese ich jeden Nachmittag in der Konditorei von Josty an der Stechbahn, wo es mir am besten gefallt. Letzthin besuchte mich Brockhaus von Potsdam ganz früh. Es war am 20. Nobr., als Wrangel 1 einrückte. Wir gingen zu Josty frühstücken. Es gefiel ihm außerordentlich. Sollte Brockhaus nicht auch nach Königsberg zurückkehren? Er ist ein trefflicher Mensch, der jetzt an der preußischen Armee zwar mit Übertreibung hängt, dem man aber einen feinen welthistorischen Blick nicht absprechen kann. Sollte die sanfte Hand des liebenden Weltvaters mir zu der oben angedeuteten Arbeit wirklich bis Ostern Muße schenken, so würde ich für solche Gnade die innigste Dankbarkeit empfinden. Ich würde alles aufbieten, mich solcher Huld wert zu machen. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die aus ihrer Vergangenheit, aus dem, was sie schon getan und gelitten, eine Berechtigung für ein Wohlergehen herzunehmen vermögen (wie die Beamten mit ihren Dienstjahren usf. groß zu tun pflegen), aber aus meiner Zukunft heraus wage ich zuweilen einen Anspruch zu machen. - Auch dafür empfinde ich schon jetzt den größten Dank gegen Gott, daß er mir zur Anschauung von Dingen verholfen hat, die ich zuvor nur in der Vorstellung hegte, ζ. B. die Volksversammlung unter den Zelten, Lindenklub, Nationalversammlung, Ministerien, Volksaufruhr usw. Unheimlich war der Zustand hier im September und Oktober allerdings außerordentlich. Der Belagerungszustand ist dagegen die Heiterkeit selbst. '

Wrangel rückte schon am 10. Nov. 1848 mit 13000 Soldaten in Berlin ein.

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Grüßen Sie doch die lieben Ihrigen, das gute Lottchen, den immer tätigen, hochsinnenden Nedden, den edlen Lowositz und den mit der demokratischen Freiheit liebäugelnden Detroit bestens von mir! In dem Befinden meiner Frau zwischen jetzt und sonst, hier und Königsberg, kann ich in der Tat keinen sonderlichen Unterschied entdecken. Sie ist durchschnittlich leidend, mitunter sehr - und sehnt sich auch hier zu sterben. Die alten Eltern dagegen sind noch sehr rüstig und lebensfroh. Den Herren Tag & Koch, sowie Gräfe und Unzer sagen Sie wohl, lieber Jung, daß Sie alle Fortsetzungen bis Ende Dezember 1848 ruhig für mich hinlegen möchten, da ich Ende März zurückzukehren hoffe, jedoch ließe ich bitten, die Journale nicht aufs neue für 1849 zu bestellen. Ich will abbrechen, da offenbar auch in der Literatur ein neuer Abschnitt beginnen wird. Leben Sie tausendmal wohl! Ihr getreuer Karl Rz. An v. Schön habe ich viele politische Briefe geschrieben, - falls Sie den Alten einmal besuchen!

331. An Alexander Jung Berlin, d. 7t. Dezember 1848 Lieber Jung! Am vorigen Sonnabend kam ich endlich dazu, Ihnen ausführlich zu schreiben. Ich hoffe, daß Sie diesen Brief nun schon in Händen haben. Ich hatte Sie darin gebeten, doch gefälligst den Buchhandlungen Gräfe & Unzer, Tag & Koch zu sagen, daß sie die für mich angelangten Fortsetzungen ruhig hinlegen, aber keine Neubestellungen (Illustration universelle bei Koch, Schweglersche Jahrbücher, Fichte-Ulricische philosophische Zeitschrift bei Gräfe & Unzer) machen möchten. Ich denke, wir werden mit 1849 neue Journale erhalten. Da ich Ende März oder Anfang April zurückzukommen hoffe, so werde ich dann selbst bestellen. Noch bin ich freilich Mitglied des Ministeriums insofern, als ich noch nicht schriftlich über meine Zukunft angewiesen bin. Das Ministerium hat jetzt zu viel andere Dinge zu tun, zu Neujahr aber wird die Entscheidung über meine Wenigkeit wohl erfolgen. Der Mensch bleibt sich gleich. Ich sehne mich unaufhörlich nach einem stillen, der Wissenschaft und ihrer künstlerischen Darstellung gewidmeten Leben. Dies politische Treiben, so wichtig es ist, befriedigt mich nicht. Wenn ich richtig beobachte, so ist Berlin äußerst zufrieden, daß der König die Verfassung gegeben hat, daß die Unsicherheit beendet ist, und daß wir mit unserer Armee jedem äußeren wie inneren Feinde uns gewachsen zeigen. Ich habe nur noch die Furcht, daß der König sich beschwatzen läßt, die

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Dornenkrone eines chimärischen deutschen Kaisertums auf sein Haupt zu drücken. Ihr „Hölderlin" ist leider noch nicht hier. Die Buchhändler meinen, Cotta werde ihn wohl mit einer größeren Versendung verpacken, die er zu Weihnachten schickt. Ich fühle mich nun erst, da ich einige Ruhe habe, recht angegriffen, glaube aber, daß ich nur durch eine geistige Erneuerung, durch wissenschaftliches Arbeiten, wozu ich mich zusammenraffen muß, auch körperlich zu neuer Frische gelangen kann. In Menschen, die sich einmal dem Idealismus so sehr ergeben haben, geht endlich alles vom Geist aus; mens agitat molcm, bis ins kleinste hinein. Mit herzlichem Gruß an die Ihren und der Bitte, mich bald einmal wieder durch einige Zeilen zu erquicken Ihr getreuer Karl Rz.

332. An Theodor v. Schön Berlin, den 8. Dezember 1848 Ew. Exzellenz ermüden nicht in idealen Kombinationen. Während Sie aber in dem glücklseligen Amau als ein staatsmännischer Poet auf der Warte liegen fällt hier die Realität einer Verfassung 1 aus dem Himmel Potsdams hernieder und sechzehn Millionen sind diesmal wirklich überrascht. Was man auch sagen möge, Mut und Konsequenz zeigt diesmal das Ministerium wie der König. Die Berliner Radikalen wissen nicht, ob sie lachen oder weinen sollen. Die Mehrheit der Preußen aber fühlt sich von einem Alpdruck erlöst. Das, wie es schien, Unmögliche, die Verfassung, sie ist mit einem Mal wirklich. Und die Minister, die erst als volks- und freiheitsfeindlich verschrien wurden, werden bereits als Retter des Vaterlandes, als politische Heroen gepriesen. Die Macht eines F a i t a c c o m p l i ist ungeheuer. Nach den Szenen in Brandenburg hatte die Regierung wirklich kaum einen anderen Ausweg, und die Gunst der patriotischen Stimmung, welche durch die Verweigerung der Steuer 2 und durch die Einberufung der Landwehr hervorgerufen worden, durfte sie nicht sich entschlüpfen lassen. „Den entschwundenen Augenblick gibt keine Ewigkeit zurück." Ich werde mich am Ende noch zum Historiographen dieses denkwürdigen Jahres machen, da ich Muße zum Beobachten und von Natur Neigung dazu habe. Dieser theoretische, begreifende Standpunkt ist der mir gemäße, nicht der

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Am 5. Dezember wurde die Verfassung durch Friedrich Wilhelm IV. oktroyiert. Die Nationalversammlung hatte am 15. Nov. beschlossen, das Volk zur Sleuerverweigerung aufzufordern. Dieser Beschluß, der die rechtliche Kompetenz der Nationalverslg. überstieg, hatte einen Umschwung in der Stimmung der Behörden u. vieler Bürger zur Folge.

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praktische. Bis Ende März bin ich auf jeden Fall hier und werde also die Wahlagitation und die Eröffnung der neuen Kammern hier erleben. Daß ich nach Königsberg zurückstrebe, daran, Exzellenz, sind Sie selbst schuld. Wenn ich zuweilen mit Ihnen über meine Zukunft sprach, so waren Sie immer derjenige, der mir Königsberg als den günstigsten Boden für die Spekulation schilderte. Ζ. B. als ich einmal Lust nach Bonn bezeigte - vorigen Winter nach Delbrücks Tode - wußten Sie mir deutlich zu machen, daß Bonn gegen Königsberg unendlich zurückstehe. Wär' ich hierher gerufen, weil man mich hier als Mann der Wissenschaft notwendig gehabt hätte, so würd' ich vielleicht meine Berliner Situation anders ansehen, allein jetzt würde der Antrag, mich hier bei der Universität als Honorarprofessor zu fixieren, bei den Herren Trendelenburg, Beneke, Michelet, Schelling usw. mir nur einen üblen Empfang bereiten. Es sehe darnach aus, als wollte ich die Konjunktur nur benutzen, mich hier einzuschmuggeln. Wäre die Professur in Königsberg schon wieder besetzt, so wäre die Sache auch anders. So aber ist es Raison, zurückzugehen, so gut als beide Auerswalde 1 wieder in Königsberg ankern müssen. Kosch hat sich im ganzen recht brav benommen. Er hat aus allen Kräften gegen die Steuerverweigerung gekämpft, nachher sich der Majorität angeschlossen. Dem Protest vom 27sten 2 sowie dem Protest in Brandenburg ist er nicht beigetreten und hat im Dom noch recht würdig und ergreifend gesprochen. Jacoby dagegen ist ganz in Parteileidenschaft versunken. D r . Goldstücker ist ein sehr edler Mann. Da er aber reich, garçon, parisisch geschult ist, so gesteh' ich, daß er mir zu sehr mit den momentanen Eventualitäten spielt. Er ist in steter Tätigkeit. Er liest, schreibt, läuft umher, empfängt viel Besuch - aber er ist nicht produktiv im wahren Sinne des Worts. Er ist Kritiker und zwar mit einem Hang zur Negativität. Ich bin viel untätiger, aber ich traue mir doch mehr gesunden historischen Takt zu, weil ich mein Vaterland liebe. D r . Goldstücker macht ewig Projekte, oft utopische, und läßt ebenso rasch davon ab. Da er sehr liebenswürdig, sehr scharfsinnig, kenntnisreich und immer mit allen neuesten Neuigkeiten vollgestopft ist, so hat er über mich oft große Vorteile. Wenn er mir mit der dem jüdischen Geschlecht eignen Zuversichtlichkeit etwas vorredet, so vermag ich ihm sogleich oft nichts als ein Kopfschütteln entgegenzusetzen - worauf er dann von mir geht und mich in

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Alfred v. Auerswald nahm seine Tätigkeit als Landschaftsrat wieder auf, Rudolf v. Auerswald übernahm das Oberpräsidium der Provinz Preußen. Am 27. Nov. sollte die erste Sitzung der Nationalverslg. im Dom von Brandenburg stattfinden. Die Linke und viele Liberale blieben jedoch aus Protest fern, so daß die Rechte beschlußunfähig war.

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bester Harmonie mit sich wähnt. Daß er selbst von D r . Virchow1 in vielen Stücken beherrscht wird, habe ich allmählich eingesehen. Vamhagen ist unwohl; ich habe ihn in letzter Zeit nicht gesprochen. Könnt' ich doch mit Rat Düring eines Sonntags zu Ihnen hinauskutschen und mit Ihnen plaudern, wie wohl würde mir das tun! Einstweilen empfehle ich mich Ihnen und den verehrten Ihrigen mit unveränderlicher Liebe und Freundschaft Karl Rosenkranz

333. An Karl Lehrs Mein teurer Lehrs! Glauben Sie nicht, daß wir Sie vergessen haben! Oft sprechen wir von Ihnen. Längst hätt' ich Ihnen jetzt einen ausführlichen Brief geschrieben, hoffte ich nicht, nach Königsberg im März zurückzukehren und Ihnen dann zu erzählen. Noch bin ich nicht entlassen, nehme aber nicht an den Plenarsitzungen weiter teil, seit ich mit dem Eintritt dieses Ministeriums um meine Versetzung einkam. Ich konnte nicht wohl solche Kontraste so rasch in mir ausgleichen, als die beiden letzten Ministerien darbieten. Überhaupt aber fühle ich mich auf die Länge zur politischen Tätigkeit, wo man handeln muß, nicht geeignet. - Ich bin schon zu tief und zu einseitig in die Wissenschaft hinein. Immer will ich über alles reflektieren, will kombinieren, bin bald zu sehr Optimist, bald zu sehr Pessimist, bin gegen Personen leicht schwach und in dem Drang der Situationen bald zur Tollkühnheit geneigt, bald zur listigen Vorsicht, wenn mich die Schwäche anwandelt, was sehr menschlich war, so lange hier der Terrorismus der Massen herrschte. Simson soll jetzt durchaus dem Könige die Kaiserkrone aufs Haupt drücken. Überhaupt sind die Ostpreußen und Königsberger hier sehr wichtig: Auerswald I und II, Schön, Kosch (der ein herrlicher, edler Mensch ist, den ich unendlich hochachte und der auf alle Fälle wieder in die erste Kammer gewählt werden muß - besonnen, entschieden, mutig, würdevoll, einsichtig, genug, ein Kapitalmensch), Oldenberg, Aegidi, Simson usw.

Der Arzt und Pathologe Rudolf Virchow, seinerzeit Privatdozent an der Universität, leitete in Berlin einen demokratischen Bürgerklub; V. schrieb in einem Brief vom 29. Sept. 1848 an seine Eltern „[...] ich habe manche Bekanntschaft dabei gewonnen ... Dahin zähle ich namentlich zwei der edelsten u. liebenswürdigsten Leute aus Königsberg, Dr. Goldstücker, einen Philologen (Sanskritist) u. Prof. Rosenkranz, der jetzt vortragender Rath im Staatsministerium ist, und dem zu wiederholten Malen das Cultusministerium angeboten worden ist. Ich hoffe, dass diese Freundschaften lange halten sollen", in: R. Virchow, Briefe an seine Eltern 1839-1864. 2. A. Leipzig 1907.

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Mein lieber, teurer Lehrs, meine Frau ist hier elender als in Königsberg. Mög* es Ihnen besser als sonst Winterszeit, ergehen, das wünschen wir beide von Herzen. Ich sehne mich unbeschreiblich nach meinen Königsberger Freunden und Studenten. Es ist doch bei uns noch viel Gemüt und inneres Leben. Grüßen Sie Adelsons, Frau Dr. Herz und Lobeck nebst Frau bestens von uns und bleiben Sie uns gewogen! Immer Ihr innigst ergebener Karl Rosenkranz (Die Maschinerie des Regierens habe ich nun à f o n d kennengelemt, und das ist mir sehr interessant gewesen.) Berlin, den 16. Dezember 1848

334. An das Minist, für Kultus-, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten ... Da überraschte mich der fünfte Dezember. Meine Broschüre hatte nun keinen Sinn mehr. Allmählich kehrte Zuversicht in mein Gemüt, und seit voriger Woche habe ich mich in eine wissenschaftliche Arbeit gestürzt, die für mich von größter Wichtigkeit ist. Seit 20 Jahren habe ich sukzessiv in verschiedenem Umfang, in verschiedener Form, in mannigfachen Abweichungen alle philosophischen Disziplinen vorgetragen. Niemals aber konnte ich die Zeit gewinnen, diese monographischen Behandlungen kritisch im Zusammenhang zu revidieren und als ein Ganzes zu überblicken. Wenn Exzellenz mir die Muße gönnen wollen, bis Ende März, wo ich nach K ö n i g s b e r g zurück muß, in tiefster Zurückgezogenheit diese Verfassung der M a g n a C h a r t a meiner spekulativen Bildung abschließen zu können, so würd' ich Ihnen immer und aufs innigste dankbar dafür sein. Durch jene Zusammenstellung der Resultate meiner bisherigen Forschung würde ich in der Aufklärung über mich selbst, über den Standpunkt, den ich eigentlich einnehme, einen großen Schritt tun. In dieser Arbeit würde ich den schönsten Trost für die Entfernung von meiner Königsberger Wirksamkeit finden und mit neuer Kraft gerüstet auf meinen Katheder gehen. Berlin, den 19ten Dezember 1848

gez. Rosenkranz

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335. An Alexander Jung Sonnabend, d. 23. Dzbr. 48 Seit wie viel Jahren unser heiliger Abend! Mein viel geliebter Jung! Ihr „Hölderlin" ist hier. Gestern h a b ' ich ihn gekauft. Er soll meine Festspeise sein. Varnhagen hält ihn - und wohl mit Recht - für Ihr bestes Buch. Ich habe schwere Leidenstage gehabt. Meine Frau war sehr krank und lag sechs Tage zu Bett, wozu sie immer nur ungern sich entschließt. Dr. Nedden würde einen tausendmal besseren Staatsrat abgeben. Ihm würde Lust sein, was mir teils Langeweile, teils Pein verursacht. Die Götter seien mit Ihnen und den Ihrigen! Ihr Karl Rz.

336. An Friedrich Wilhelm Graf v. Brandenburg Sr. Exzellenz dem Ministerpräsidenten Herrn General Grafen v. Brandenburg Gesuch des Ministerialrates Professor Karl Rosenkranz, ihn seiner Funktion im Staatsministerium zu entbinden. Hochwohlgeborener Herr, hochzuverehrender Heir Ministerpräsident! E w . Exzellenz wollen huldreichst gestatten, Ihnen folgenden Antrag gehorsamst vorzulegen und zu verzeihen, wenn die Motivierung desselben a b o v o anzufangen scheint. Soll aber mein Entschluß Ihnen, der Sie mich gar nicht kennen, klarwerden, so bedarf ich einiger Weitläufigkeit. Stets habe ich als ein Mensch gelebt, der in stiller Zurückgezogenheit mit reinster Liebe die Wissenschaft gehegt und gepflegt hat. Gemeinnützigen Zwecken habe ich allerdings stets eine hilfreiche Hand geboten und bin, von meinen Mitbürgern aufgefordert, bei Kunst - und Altcrtumsvereinen, bei Hilfsvereinen, bei Festreden usw. vielfach tätig gewesen. Eine politische Laufbahn aber zu betreten ist mir nie in den Sinn gekommen. Im Gegenteil. Erfüllt von wissenschaftlichen Problemen, die meine ganze Kraft herausfordern, habe ich mich, trotz glänzender Verlockungen, von allen Gelegenheiten fern gehalten, wo ich in eine solche verwickelt werden konnte. Ich bin, von meinen Mitbürgern erwählt, Mitglied eines WahIko//mitees für Ostund Westpreußen, bin Vorsitzender der Vorwahlen, bin Wahlmann für Frankfurt und Berlin gewesen, allein ich habe keine Wahl angenommen. Nach Frankfurt bin ich an drei verschiedenen Orten gewählt, zuletzt im Juni vom Wahlbezirk

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Goldapp-Oletzko. Für Berlin wurde mir die Wahl noch im Oktober von Aschersleben angetragen. Nicht aus Eitelkeit führ' ich diese Tatsachen an, nur um zu zeigen, daß ich konsequent geblieben war. Und doch würde ich inkonsequent und wäre nahe daran, mein Leben in eine falsche Richtung zu bringen, wenn ich jetzt nicht einlenkte. Es gehört nicht hierher zu erzählen, wie es gekommen, daß ich im Juli eine Woche lang entschlossen war, das Kultus- und Unterrichtsministerium oder wenigstens das letztere zu übernehmen; wie es gekommen, daß ich es nicht übernahm, sondern als Rat in das Staatsministerium eintrat. Aufgeregt von der Zeit, bestürmt von meinen Freunden, die gegen mein Sträuben behaupteten, ich kenne meine Fähigkeiten selber nicht, aus meinem Stilleben plötzlich in den Wirbel der Welt geworfen, gab ich dem Dringen des Herrn v. Auerswald nach. Doch fühlte ich das für meine Individualität und Bildung Heterogene meiner Stellung dunkel durch, bat daher, mir die Möglichkeit eines Rücktritts in die wissenschaftliche Sphäre offenzuhalten und dankte, als dies gewährt wurde, Sr. Majestät in einigen Zeilen auf das innigste für diese Perspektive. Die große Tätigkeit, in die ich sogleich versetzt wurde, ließ mich den August über meine Zukunft ganz vergessen. Als aber Herr v. Auerswald am 7. September fiel, // bat ich ihn am 8ten mündlich, mich nach Königsberg zurückgehen zu lassen und mich so aus einer Stellung zu befreien, die eine schiefe werden müßte und auf die Länge mich nicht befriedigen könnte. Damals hatte ich meine Familie und Bibliothek noch nicht nachkommen lassen, so daß mein Rückgang sich leicht gemacht hätte. Herr v. Auerswald nahm jedoch mein Gesuch nicht an, sondern meinte, daß ich zu Beckeralh, der damals hier war, ein mir zusagendes Verhältnis gewinnen würde. Herr v. Auerswald hat eine so liebenswürdige, für mich bezaubernde Weise, daß es ihm gelang, meine Bedenken zu beschwichtigen. Sein Bruder, den ich gerade bei ihm traf und der mir seit vielen Jahren befreundet ist, half diese Überredung vollenden. Statt Beckerath kam Pfuel. In diesem Ministerium entwickelte sich meine Mißlage deutlich, eine nur im individuellen Vertrauen des Herrn v. Auerswald begründete Stellung gehabt zu haben. Ich wurde daher trübsinnig und ganz in mich zurückgescheucht. In dieser Stimmung, welche durch die Teilnahme an dem drohenden Unglück unseres Vaterlandes oft zur Verzweiflung sich steigerte, mußte ich erkennen, daß nur die Wissenschaft und ihre Lehre mein wahrhafter Beruf sei. Ich mußte dem Irrtum, in den ich gerissen war, entsagen und trug, noch bevor Exzellenz die Zügel der Regierung ergriffen hatten, Herrn Minister v. Ladenberg meinen Wunsch vor, mich zum lsten April nach Königsberg zurückzuversetzen. Auf dies Gesuch habe ich // gegenwärtig einen bejahenden Bescheid erhalten. In der Zwischenzeit hatte ich, seit der Belagerungszustand allmählich Beruhigung in das Gemüt zurückkehren ließ, eine größere wissenschaftliche

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Arbeit angefangen und dem Herrn Minister v. Ladenberg am 19ten h u j u s Bericht davon gemacht. Für diese wichtige Arbeit bedarf ich eines seit Jahren ersehnten Kontinuums Zeit, welches mir meine vielfachen Amtsgeschäfte nie gegönnt haben und welches ich zu gewähren ich Ew. Exzellenz, in Übereinstimmung mit dem Herrn Kultusminister, anflehe, so daß ich die nächsten drei Monate in Ansehung des öffentlichen Staatsdienstes als ein zu solcher Mission Beurlaubter betrachtet würde. Nach diesem allen ersuche ich daher Ew. Exzellenz, mich unter den mir in meiner Bestallung vom 26sten Juli gestellten Bedingungen aus meinem Verhältnis zum Staatsministerium ausscheiden zu lassen. Als Mann der Wissenschaft, als Jugendlehrer, als Schriftsteller, habe ich mich seit zwanzig Jahren erprobt. Gewiß werde ich dem Staat in dieser Tätigkeit nützlicher sein, als in einer dem Gehalt nach reicheren, dem Range nach höheren und glänzenderen Stellung, die mich aber dem Betrieb der Wissenschaften zu sehr entfremden würde, ohne doch dem Vaterlande in gleichem Maße ersprießlich zu werden. Aus solchen Gründen die gütige Gewähr meiner ergebensten Bitte hoffend, verharre mit Ehrerbietung Ew. Exzellenz gehorsamster Berlin, Karl Rosenkranz d. 28. Dezember D r . und Professor der Philosophie, D r . der Theologie 1848 derzeit Rat im Staatsministerium

337. An Theodor v. Schön Berlin, den 5. Januar 1849 Hochgeehrtester Herr und Freund! Am 1. Januar hab' ich viel an Sie gedacht, kam aber nicht vor Besuchtwerden und Besuchen - Sie wissen, daß wir hier viel Verwandte haben - zum Schreiben. Nun sollen Sie mich beschämen, denn ich bin Ihnen, außer dem heut' empfangenen Brief, noch auf einen andern Antwort schuldig. Zunächst die Beruhigung. Die Schachtel an General Schöler ist aufs pünktlichste durch D r . Goldstücker befördert. Seine Liebe zu Ihnen ist dieselbe. O f t hat er schreiben wollen, ist aber, wie ich aus Ihren Zeilen sehe, nicht dazu gekommen. Der Grund ist unstreitig seine große Geschäftigkeit in anderen Dingen. Ich sehe ihn jetzt auch selten und kann auch politisch nicht mehr mit ihm zusammengehen. Er hat sich mit anderen zusammengetan, ein volkstümliches Wahlkomitee zu bilden, d. h. der Form nach auf dem Boden des gesetzlichen Buchstabens, gegen die oktroyierte Charte die entschiedenste Opposition zu machen.

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Er wandte alle Redekunst an, mich mit an die Spitze zu bringen; ich habe standfest abgelehnt. Es sind Fehler gemacht von oben und von unten; die Verfassung ist nun aber einmal da; ist ziemlich so gut als dergleichen überhaupt sein kann, was nur die abstrakten Konturen für die Fülle des konkreten Lebens zeichnet; und so muß man, nach meiner Meinung, zwar allen Fleiß auf ihre Revision wenden, nicht aber alles wieder in Frage stellen. Prof. Hotho und Varnhagen, die er auch werben wollte, lehnten ebenfalls ab. Seitdem ist D r . Goldstücker mit Sitzungen des Komitees, mit Abfassung von Proklamationen, mit Studium der Verfassung und des Finanzetats usw. beschäftigt. Teuerster, verehrtester Herr und Freund, ich fürchte, man düpiert ihn. Man bringt ihm die Meinung bei, als sei er der Schöpfer dieser Agitation, während er nur das Werkzeug ist. Man schmeichelt ihm, seine Tätigkeit und sein Geld zu benutzen. Er macht bis dato die Auslagen für Schreib-, Druck- und Portogebühren, schießt Reisegelder vor usw.: sehr angenehm das für die Herren Demokraten. Der Verein hat eine doppelte Seele. Die eine ist der schlaue Rodbertus, der gern Minister werden möchte, die andere D r . Virchow, den ich jetzt für einen feinen, radikalen Republikaner halte. Dieser letztere besonders beherrscht den D r . Goldstücker völlig. Angeborenes Judentum, angclcbtes Franzosentum und die Ungebundenheit der Lebensstellung vollenden Goldstückers Absturz. Wie bedauere ich ihn! Er würde tausendmal gescheiter tun, Sanskrit zu studieren, als mit Rodbertus Wahlintrigen zu spinnen. Ich hasse alle solche Parteiwühlerei. Ihre Charakteristik Manteuffels trifft zu. Er ist der gebildetste unter den Ministem und wird den Idealismus nicht ganz untergehen lassen. Sogar D r . Ruge ist bei ihm gewesen und sehr zufrieden von ihm geschieden. Wegen meiner Zukunft laß ich die Minister sorgen. Ihr Vorschlag, mir ein Kapital zahlen zu lassen, scheint mir für die jetzigen Zeitläufte zu verwickelt. Beneiden werden mich doch nur die hündischen Seelen - und dazu lächle ich! Hätt' ich diese Lage gesucht, erbeten - dann wär' es etwas anderes. Aber sie ist mir angeboten. Und selbst wenn ich sie erhalte, verliere ich ja immer von meinem jetzigen Gehalt 1000 Taler. Ich opfere also auf, denn das ist doch wohl keine Frage, daß ich Talent und Gewandtheit genug habe, mich im Ministerium zu erhalten, falls ich auf Ehre im Sinne der Eintagsmenschen und auf Vermögen lossteuerte. Aber ich will einmal mich nicht moralisch abnutzen und der Wissenschaft zu sehr entfremden. Gott hat mich einmal zu einem ordentlichen Professor gemacht. Wie hat sich hier alles verändert, seit Sie fort sind! Nur unser kleines Haus Unter den Linden ist und bleibt dunkel. Mit meiner Frau führ* ich Krieg über Berlin und Königsberg. Sie lobt jenes, ich dieses. Ich weiß nicht, wie es mir wieder gefallen wird, aber meine Sehnsucht nach der alten, schlechtgebauten Stadt ist groß, weil ich da meine schönste Heimat bisher auf diesem Wandelstern gefunden habe.

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Unter mir wohnt ein Obrist Prione. Sie kennen alle Welt. Würden Sie nicht die Güte haben, mir über diesen Zündnadelgewehreinschießer einige Worte zur Orientierung zu schreiben? Ihrer verehrten Familie, sowie Ihnen selbst zum neuen Jahr Freude, Friede, Wohlsein, glückliches Gebaren in allen Dingen wünschend und mit der Hoffnung, Sie in einigen Monaten wieder persönlich zu begrüßen, verharre wie immer Ew. Exzellenz getreuer Karl Rosenkranz Heute war ein Akademiker bei mir, der mir erzählte, daß Lamartine an des verstorbenen Chateaubriands Stelle den Orden P o u r l e m é r i t e erhalten soll. Bitte, empfehlen Sie mich doch gelegentlich dem Herrn Minister Auerswald! Es war doch das lustigste Ministerium trotz der Konstabier! Es wäre sehr interessant, wenn ich einmal meine Memoiren aus dem Juli, August und September schriebe.

338. An Theodor v. Schön Berlin, den 23. Januar 1849 Ew. Exzellenz wissen, wie in diesem nichtstuerischen Berlin ein Tag nach dem anderen hingeht, man weiß selbst nicht wie. Dies möge mich entschuldigen, wenn auch ich nicht so prompt antworte, als ich es so gem tue wenn es gilt, Ihnen zu erwidern. Daß D r . Goldstücker immer noch nicht geschrieben hat, liegt in der Not, in welcher er sich seit vierzehn Tagen befindet. Er soll die Stadt verlassen. Das erste Mal verwendete ich mich für ihn bei Manteuffel, und es wurde dem Wrangeischen Zwangspaß weiter keine Folge gegeben. Vorgestern aber - einen Tag vor den Wahlen! - sollte er durchaus fort. Ich verwendete mich wieder für ihn bei Ladenberg, der es bestätigen solle, daß D r . Goldstücker in Berlin sein müsse, um seine Sanskritarbeiten zu machen. Sein Aufenthalt ist also genügend gerechtfertigt. Ein Grund für seine Ausweisung ist auf dem Zwangspaß nicht angegeben. Daß er Mitglied des Komitees für volkstümliche Wahlen ist, kann der Regierung unangenehm sein. Wäre dies aber allein der Grund der Ausweisung, dann müßten alle Mitglieder ausgewiesen und das Komitee aufgehoben werden. Ich habe Ihnen schon geschrieben, daß ich den Standpunkt Goldstückers nicht teilen kann und daß ich die Besorgnis hege, seinen edlen Willen, sein an sich herrliches Ringen nach Freiheit, sein Talent, seine Unermüdlichkeit - und sein Geld gemißbraucht zu sehen, allein einer offenbar ungesetzlichen Handlung

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halte ich ihn nicht für fähig und deshalb seine Ausweisung für eine Barbarei. Wenn die Regierung mit solchen Wrangeleien sich eine feste Zukunft glaubt begründen zu können, so irrt sie sich sehr. Einstweilen, sich nicht verhaften zu lassen, will Goldstücker, falls Ladenberg für ihn nicht einsteht, nach Potsdam. Der Belagerungszustand kann doch nicht ewig dauern. Gestern, am Wahltag für die zweite Kammer, hat er den Erfolg gehabt, daß die Wahlen überwiegend demokratisch ausgefallen sind. Wenn in den Vorversammlungen ein Redner als Demokrat Effekt machen wollte, so brauchte er immer nur zu bedauern, daß man einen so wichtigen Akt unter dem „Druck" des Belagerungszustandes ausüben müsse. Von Druck ist nun wenig zu spüren, aber der Drucker half - und selbst Louis Drucker 1 ist Wahlmann geworden. Während Sie mir vom Königsberger Jacoby schreiben, daß derselbe ganz still geworden, ist der Berliner Professor Jacobi 2 desto lauter. Er hat sehr radikale und witzige Reden gehalten; hat die Begeisterung, die lachende, des ganzen Bezirks an sich gerissen - und ist zum ersten Wahlmann nicht nur gewählt, sondern hat auch gestern abend ein Vivat bekommen! Jacobi - der einstige Royalist! R u g e will sich auch wählen lassen. Seine letzte Schrift, die Contrerevolution 3 , hat mich auch gar nicht befriedigt. Als Tagebuch ist es nicht individuell, nicht biographisch genug; als Sammelschrift der Hauptschriftstücke zu einseitig und unvollständig. Da sind z. B. Heines französische Zustände, in denen er die erste Phase der Julirevolution schilderte, ein ganz ander Werk voll prägnanter Schilderungen und großer Gedanken. Daß Sie mit meiner Pädagogik 4 zufrieden sind - m u t a t i s m u t a n d i s hat mich sehr gefreut. Da ich für ein öffentliches Auftreten als Minister oder Kammermitglied so sehr des nötigen Selbstvertrauens ermangele lind immer in die Hände einer Partei zu fallen fürchte, so habe ich schon gedacht, um doch auf meine Weise mein Scherflein beizusteuern, ob ich nicht ein Handbuch der Politik in ähnlicher Weise wie dies System der Pädagogik herausgeben sollte, denn es fehlt doch ganz an einem solchen Anhalt. Was meinen Sie dazu? Herr v. Hasencamp wäre ein tüchtiger Kämpe für die Kammern. Leider steht er so isoliert, daß ich fürchte, er werde nirgends gewählt werden. Dürfen wir nicht hoffen, Sie in den Kammern zu sehen? Ihre Wohnung ist unvermietet, und Sie können sogleich einziehen.

1

o 4

Der Berliner Weinhändler Louis Drucker ging nach der Revolution nach England, gab dort 1851 die Wochenzeitschrift ,How do you d o ' heraus. Über ihn vgl. auch Ludwig Geiger, Berlin 1688-1840. Geschichte des geistigen Lebens der preußischen Hauptstadt. 2. Band 1786-1840, Berlin 1895, S. 525. Carl Gustav Jacob Jacobi Arnold R u g e , Die p r e u ß i s c h e Revolution seit dem siebenten S e p t e m b e r und die Contrerevolution seit dem zehnten November. Tagebuch. Leipzig 1848. K. Rosenkranz, Die Pädagogik als System. Ein Grundriß. Königsberg 1848.

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Mit dieser Hoffnung, mit Dank für die Parabel vom Pastor und Küster (die aber auf G. gar keinen Eindruck machte) und mit herzlichem Empfehl an die verehrten Ihrigen Ew. Exzellenz ergebenster Karl Rosenkranz

339. An Alexander Jung Berlin, d. 30. Januar 1849 Lieber Jung! Ich muß noch einmal auf Ihren „Hölderlin" zurückkommen. Glauben Sie mir, ich bin stolz, daß Sie ihn mir gewidmet haben, und bin ordentlich besorgt, daß nicht alle Welt es erfährt und die Widmung nachgeliefert bekommt. Ihr Tiefsinn hat sich so noch in keinem Ihrer Produkte ausgesprochen. Ihr spekulatives Talent hat sich noch niemals in so ausgchaltenen Orgeltönen wie hier, über die Immanenz und Transzendenz, das Jenseits und das Diesseits geäußert. Besonders aber ist Ihnen die Schilderung des Ahnungsvollen gelungen. In allen solchen Momenten hat sich die unendliche Zartfühligkeit Ihrer Natur und die prophetische Kraft Ihrer Phantasie herrlich bewährt. Ihr Nachweis, daß Hölderlin dem Wahnsinn verfallen mußte, ist psychologisch richtig und die Schilderung seines Dämmerungszustandes außerordentlich gelungen. Vor allem aber sind ihre erklärenden Worte über das Rälselgedicht „Patmos" ausgezeichnet. Wie sehr bedauere ich noch einmal, daß Ihr Eigensinn diese trefflichen Darstellungen dadurch beeinträchtigt hat, daß sie statt der natürlichen Folge sich an die künstliche gehalten haben! Hätten Sie die notwendige Genesis der zufälligen Gruppierung des Herrn Schwab vorgezogen, denken Sie, lieber Jung, wie das Ihre Kombination befruchtet, wie das Ihre Penetration geschärft, wie das den Pomp Ihres Stils erst recht entfaltet hätte! Es ist zu verwundern, was Sie jetzt geleistet haben. Aber gerade, weil es dies ist, kann man ermessen, was Ihnen, bei einiger Organisation, möglich wäre und hier es mit Leichtigkeit gewesen wäre. Auch bin ich überzeugt, daß bei einer organischen Steigerung die Expositionen gewonnen hätten und die Exkursionen auf verwandte Momente unserer Tagesgeschichte sich gar nicht in der störenden Weise wie jetzt hätten hervordrängen können. d. 31. Jan. Das allmähliche Entstehen des Hyperion und Empedokles wäre klarer geworden, während jetzt die verschiedenen Gestalten an ganz verschiedenen Orten besprochen werden.

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Eben mit diesem Zusammenhang würde auch die Schönheit der Darstellung noch gehoben sein, weil die oft trefflichen und originellen Verbildlichungen, welche Sie einstreuen, dann eine ganz andere Wirkung getan hätten, wie eine Statue auf der Mitte eines Giebelfeldes einen ganz anderen Eindruck macht als in der Dämmerung eines Korridors. Ich muß mich auch noch näher erklären, wie ich das von mir über die aufgebauschten Perioden und die Übergänge Gesagte verstehe. Sie schreiben sehr gut; Sie schreiben sorgfältig. Aber Sie vermischen die Stilarten öfter auf unrichtige Weise. Sie führen die Untersuchung öfter in einem dithyrambischen Stil und sind umgekehrt imstande, da, wo das tiefste Pathos auch der Redekunst walten dürfte, mit einem fast anmerkungshaft trockenen Ausdruck sich zu begnügen. Weil Sie aber durchschnittlich einen Reichtum von Kombinationen zu bewältigen haben und nichts wollen verloren gehen lassen, so schwellen Sie die Perioden öfter zu stark an. Sie überfrachten sie. Wenn Sie wollten, das merkt man, so könnten Sie eine Betrachtung noch immer fortsetzen; eine Vergleichung noch immer weiter ausspinnen. Sie wollen nur nicht mehr und brechen daher mit einem „Doch" - oder „Aber" - ab, wie jemand, den nur eine äußere Rücksicht nötigt, sei es der Mangel an Zeit, sei es die Knappheit des Raums. Es liegt darin eine gewisse Willkür zutage. Manche wichtige objektive Fermente sind Ihnen daher entgangen, oder wenn nicht entgangen, doch von Ihnen nur gestreift. Sie sprechen ζ. B. wunderschön über den Homer; allein Sie vergessen, die tiefe Einwirkung des Sophokles, namentlich der ödipodie, auf Hölderlin auseinanderzusetzen. Im allgemeinen überwiegt bei Ihnen die theosophische und ethische Ausdeutung die ästhetische, welche die Plastik des Musikalischen und die Musik des Plastischen bei Hölderlin nicht genugsam spezifiziert. Doch was hätte ich Ihnen nicht noch alles zu sagen! So Gott will, wird es mündlich im April geschehen. Noch einmal meinen herzlichen Dank für das geistvolle Buch! Ihr Karl Rz. Meine Frau ist auch fast immer leidend, und wir beide sollen einmal im Innern des Hauses zu keiner vergnüglichen Existenz gelangen. Wie ist es denn mit den Buchhändlern? Sind Sie so gütig gewesen, meine Wünsche wegen der Kontinuationen auszurichten? - Dr. Neddens Lage bedauere ich. Allein er wird endlich doch auch etwas tun müssen, herauszukommen.

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340. An Theodor v. Schön Berlin, den 5. Februar 1849, 7 Uhr abends Vor einer Stunde habe ich Ihren lieben Brief empfangen und muß, indem ich herzlich für ihn danke, nur gleich wieder schreiben, denn mein Herz ist gepreßt, und ich habe niemand mehr hier, mit dem ich mich so ganz c o n a m o r e aussprechen könnte. Vor allen Dingen die Nachricht 1 , daß die Haupt- und Residenzstadt Berlin Jacoby zweimal, außerdem Waldeck, Rodbertus, Berends, Temme, Phillips und Simon 2 gewählt hat! (Soeben höre ich, daß nicht Simon, sondern Waldeck und Rodbertus auch zweimal gewählt sind.) Ob das nun ein Morgenrot wahrhafter Freiheit oder das aufflammende Rot einer republikanischen Feuersbrunst ist - die in letzter Instanz vielleicht sogar von Jesuiten geschürt wird - wer kann es wissen! Ich fürchte das letztere. Für die weißbierseligen Berliner ist es wahrlich charakteristisch, daß sie, mit kaum der einen Ausnahme von Berends, lauter Fremde aus Westfalen, Pommern, Ostpreußen, Schlesien gewählt haben. Berlin hat also aus seinen Hunderttausenden nicht ein halb Dutzend Männer hervorgebracht, welche das Vertrauen und die Hingebung der Mehrzahl seiner Bürger besäßen. D r . Goldstücker sitzt ausgewrangelt in Potsdam und scheint nach einem Brief, den ich heute von ihm bekam, sich immer mehr zu vergrollen. Wär' er nicht persönlich ein so nobler, trefflicher Mensch, wüßt' ich nicht, wie ernst er es mit der Sittlichkeit nimmt, so könnt' ich zuweilen, mittels der Kombination mancher Data, auf Vorstellungen von ihm kommen, die ihr Ende erst in Paris und Warschau finden dürften. Doch sind das nur Anwandlungen meiner Phantasie, wenn ich für seine Zukunft bangen werde, namentlich für den Mißbrauch, den schlaue Parteihäupter mit seinem Geld, seinem Talent und Eifer treiben könnten! Meinen Vorwürfen, meinen Ermahnungen ist er, seit er ausgewiesen worden, völlig unzugänglich. Vamhagen hab' ich vorigen Donnerstag zuletzt besucht. Er ist der Mann der geistreichen Plauderei und der psychologisch-pathologischen Personalcharakteristik, aber auf Ideen läßt er sich nicht ein, auch nicht auf ergründende Gespräche. Er flattert gern von Zweig zu Zweig, die Früchte bis zum Kern anpickend, aber ohne den Kern zu öffnen. Auch dieser Mann, verehrtester Freund, gibt mir viel zu denken. Es ist in der Tat ungeheuer, was Varnhagen alles weiß. Die Genealogien, die Personen, die Lebensläufe der Notabilitäten ' 2

Die .Deutsche R e f o r m ' brachte am 5. Febr. in ihrer Abendausgabe das falsche Ergebnis, das sie in der Morgenausgabe vom 6. Febr. korrigierte. Die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus war für die Berliner Demokraten ein großer Wahlerfolg. Sie brachten alle neun Kandidaten durch. Johann Jacoby z. B. wurde im 3. u. 4. Bezirk gewählt, nahm die Wahl des 4. Bezirks an u. forderte die Wahlmänner des 3. B. auf, an Stelle seiner, Heinrich Simon zu wählen.

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nicht nur, sondern auch der untergeordneteren Kreise der Gesellschaft sind ihm wie einem Polizeirat und besser bekannt. Seine Sprachenkunde umfaßt auch das Russische, und er hat viel, zunächst literarische, Freunde in Rußland, die ihm auch Bücher schenken usw. Er ist ferner Katholik und hat eine gewisse Neigung zum mystischen Separatismus. Die Zahl der Manuskripte über die er verfügt ist sehr groß; sein Briefwechsel bis nach Indien ausgedehnt. (Er hatte soeben aus Indien von einer Dame ein köstliches Visitennotizbuch geschenkt erhalten.) In fast allen Zeitblättern hat er durch einen Artikel, mindestens ein Artikelchen, Sitz und Stimme, so daß vermöge solcher Abhängigkeit der Redaktionen selten ein Wort gegen ihn laut wird. Sein Hauptorgan aber ist die Allg. Augsburger Zeitung, also ein katholisierendes Blatt. Seit mehr als zwanzig Jahren bezieht dieser Mann, ohne Amt, ein Wartegeld von 1800 Talern und bereist jedes Jahr - nur nicht vorigen Schreckenssommer - ein Bad, wo Diplomaten zusammenkommen, früher Kissingen, dann Homburg, wo Alfred v. Auerswald einmal eine sehr ergötzliche Szene mit ihm erlebt hat. Nun summieren Sie einmal das alles und nehmen Sie die Tatsache hinzu, daß er das Ministerium des Auswärtigen, das Pfuel ihm wirklich anbot, ausschlug, so bleibt zweierlei möglich: 1. er ist im Dienst, wenigstens im Zusammenhang mit einer großen Partei, oder 2. er ist wirklich ein allein dastehender politischer Schöngeist. Das letztere zu glauben würde mir das Angenehmste sein. Zu mir hat Varnhagen sich immer mit einem Anflug von beinah großartiger Gesinnung ausgesprochen, so daß er mich zuweilen, gegen das mechanische Getriebe des Kabinetts, ordentlich erquickt hat. In der Richtung kenn' ich ihn nur als liberal. Des Radikalismus möcht' ich ihn weder im guten noch im bösen bezichtigen, weil Varnhagen zu ästhetisch verwöhnt ist, um mit Leidenschaft auf dem einen oder anderen Wege vorzugehen. Von Ihnen spricht er stets mit der größten Hochachtung und hat mir auch Donnerstag wieder die besten Grüße an Sie aufgetragen. Mehr wüßt' ich augenblicklich nicht zu sagen. Lesen Sie doch die Broschüre: Franz und Metternich. Sie ist vom verstorbenen Hormayr; öfters breit, aber voll pikanter und neuer Details. Meine Wohnung werd' ich hier nicht los, lasse also die Meinigen noch hier und komme anfangs April zunächst allein zurück. Leben Sie wohl. Immer Ihr getreuer Karl R. Als Berliner Gegengabe für Ihre Arnauer Parabel erlaube ich mir, Ihnen zum Amüsement das neueste Buddelmeyersche Produkt zu senden.

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341. An Johannes Schulze Hochverehrtester Herr und Freund! Wenn ich Sie nicht zu Haus treffe, so sollen diese Zeilen Ihnen nur sagen, daß ich nichts gewollt habe, als Ihnen mich als wiedergeborenen Professor vorzustellen. Drei trübe Monate habe ich, zurückgescheucht in mein Inneres, verbracht. Die Früchte aller der Prozesse, die unterdessen in mir vorgegangen, werden, so Gott will, der Wissenschaft und dem Vaterlande zugute kommen. Vorige Woche habe ich endlich meine Wiederanstellung in Königsberg vom Ministerium erhalten. Sie sind es gewesen, der mit seiner energischen Ansprache mir die rechte Selbsterkenntnis mitten in der leidenschaftlichen Zeitaufregung wieder möglich machte, und daher drängt es mich, Ihnen heute zu sagen, daß ich stets sein werde in reinster Hochachtung und Liebe Ihr Berlin, dankbar ergebener d. 9. Februar 1849 Karl Rosenkranz

342. An Johannes Schulze Hochverehrtester Herr Geheimer Rat! Indem ich von Herzen wünsche, daß Ihr Zustand sich gebessert haben möge (auch ich habe mich einige Wochen mit diesem Grippeungetüm, diesem langweiligen Mittelding aller ausgesprochenen Krankheiten, dieser dunklen Konspiration des Lebens gegen sich selbst, umhergeschlagen und daher doppeltes Mitgefühl) - erlaube ich mir heute ein quasi geschäftliches Wort - für jemand, falls er sich bei Ihnen wieder melden sollte und Sie ihn annehmen könnten, ein Fürwort einzulegen. D r . Friedrich Richter, genannt von Magdeburg, ein Schulkamerad von mir, durch seine Polemik gegen die Unsterblichkeit berühmt berüchtigt, will solide werden und in Breslau sich fixieren. E r hat dort Vorträge gehalten, die sich einer großen Teilnahme der Gebildeten (ζ. B. Braniß, Heineken, David Schulz u. a.) erfreut haben. Er muß aber für den Saal jeden Abend fünf Taler Miete zahlen und möchte daher, zu leichterer und wohlfeilerer Praxis, mit der Universität sich in Verbindung setzen. Wie, wünschte er dringend, Ihnen mündlich vortragen zu dürfen. Er war bei Ihnen, hat Sie natürlich nicht sprechen können, kam zu mir und hat mich gebeten, Ihnen sein Gesuch um Gewährung einer Audienz vorzutragen.

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Er ist hier durch nach Magdeburg gereist und wird im Verlauf der W o c h e wahrscheinlich zurückkehren. Ihr Urteil über sein Projekt wird f ü r ihn entscheidend sein. Mögen Sie, Verehrtester, unsern Universitäten und Gymnasien noch lange zum Segen erhalten // bleiben und möge ich Sie, wenn ich wieder meine Aufwartung mache, in Ihrer gewohnten Frische finden! Immer Ihr Berlin, dankbar ergebener d. 12. Februar 1849 Karl Rosenkranz P. S. Indem ich diesen Brief envellopieren will, b e k o m m e ich aus Königsberg einen Brief, worin mir die Bewerbungsgeschichte des Prof. Merleker um die Schulratsstelle in Danzig mit Beifügung aller Zeugnisse weitläufig vorgetragen wird. Es ist natürlich ein durch meine schiefe Stellung veranlaßter Irrtum, zu meinen, daß ich in der Sache etwas tun könnte. Vcrtraulicherweise aber darf ich mich gegen Sie wohl dahin äußern, wie ich glaube, daß eine Versetzung Merlekers nach Danzig für diesen Mann, für Königsberg und Danzig ein Gewinn wäre. An Merlekers Tüchtigkeit zweifle ich nicht. Er hat aber in Königsberg immer höher hinausgewollt, als seine Kenntnisse und Fähigkeiten reichen. Er hat immer auch bei der Universität eine Rolle spielen wollen, ist damit wiederholt durchgefallen und lebt nun in lauter persönlichen Antipathien, die ihm das Dasein verbittern und ihn weniger sein lassen, als er sein kann. In Danzig würde er von frischem aufleben und mit seiner Schärfe auf das dortige Phlegma günstig wirken.

343. An Alexander Jung Berlin, d. 16. Februar 1849 Soeben, teuerster Jung, bekomme ich Ihren lieben Brief - und fühle die innigste, schmerzlichste Sehnsucht nach Ihnen. Es versteht Sie kein Mensch so wie ich, und vieles sage ich nicht aus Besorgnis, daß ich Sie hypochondrisch damit machen könnte. Glauben Sie mir, ich denke ganz wie W. v. Humboldt, dessen Briefe an Charlotte Diede 1 für mich oft wie aus meinem Innersten abgeschrieben waren. Aber wie Humboldt doch Minister geworden wäre, so oft der König ihn rief und wie er es eine Zeitlang war und wie er als Gesandter immer wieder, bei aller Leidenschaft für die Einsamkeit, doch in den Weltstrudel sich stürzte, so geht 1

Briefe an eine Freundin. Hrsg. v. Therese v. Bacheracht. Leipzig 1847.

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es auch mir. Ich liebe die Stille, die Seligkeit der Betrachtung, die Entdeckungen des einsam um die Weltachse kreisenden Geistes zu sehr, als daß ich jemals dem Hofleben oder der formalen Politik mich sollte ausschließlich hingeben können. Wer aber so wie ich geartet ist, hat auch wieder einen Trieb, das Leben allseitig zu erfahren, sich in alle seine Regionen mit Gefahr des Untergangs zu begeben, selbst zu sehen und zu hören. Dieser Realismus ist für mich nur der Sklave, mir den universellsten Stoff zu bereiten, mit der die Erscheinungsweise der Idee in immer größerer Klarheit zu entfalten, mir alle Illusionen zu nehmen und mich doch mit der Poesie des Daseins, die ihm gar nicht mangelt, zu erfüllen. Glauben Sie mir, lieber Jung, wenn ich erst wieder bei Ihnen bin, wenn wir erst wieder am Landgraben unsern himmlischen Gang nach der Wilkie machen, wenn ich Ihnen dann erzähle und das Füllhorn meiner Blumen und Früchte ausschütte, die ich jetzt hier sammle, dann werden auch Sie einen großen Gewinn haben, dann werden Sie tausend Dinge anders ansehen lernen und Ihre Phantasie, Ihre Vernunft mit neuen Anschauungen befruchten. Und gerade Sie werden mir dann Dank für mein Märtyrertum in Berlin wissen, denn ein Märtyrertum ist es, da ich aus eigener Macht von Königsberg nicht fortgegangen wäre, wie mein Ablehnen der Frankfurter Wahlen hinreichend gezeigt hat. So habe ich die Ministerien, die Nationalversammlung, die Straßenpolitik, den Volkssturm hier kennengelernt. So habe ich aber auch das Berliner Treiben überhaupt mit seiner Scheinsucht beobachtet; so viele Gebäude - das Gefängnis bei Moabit, das neue Museum u. dgl. - besehen und durchdacht, wovon ich Ihnen Berge hoch, ein zweiter Goltz, erzählen werde. Und so habe ich die Wahl für die erste Kammer angenommen 1 mit dem stillen Vorbehalt, daß ich, wenn ich mit dem politischen Unwesen nicht durchkomme, im April mein Mandat niederlege und nach Königsberg zu meinen Vorlesungen eile. Aber den Versuch werde ich machen. Dann bin ich auch durch diese Schule hindurchgegangen. Dann imponiert mir dies Repräsentationswesen nicht mehr. Dann kann ich für künftige Zeiten mich zurückziehen, weil ich meine Bereitwilligkeit zum patriotischen Schildwachtdienst kundgegeben. Ich sehe ganz davon ab, daß ich von meiner Familie im Sommer in Königsberg wieder getrennt leben muß, was eben so kostspielig als für mich unbequem, für meine Frau aufregend ist. Solche Opfer bin ich schon gewohnt. Versetzen Sie sich einmal in meine Lage, so werden Sie mir zugeben müssen, daß ich mich wahrlich nicht geschont habe. Unter dem Ministerium Auerswald habe ich kaum f ü n f S t u n d e n des N a c h t s g e s c h l a f e n und m u ß t e Essen und Rosenkranz wurde vom Wahlkreis Friedland-Gerdauen-Labiau-Memel-Wehlau zusammen mit Neitzschiilz in die 1. Kammer des preuß. Landtages gewählt. In Königsberg verlor er gegen den Demokraten v. Unruh, der gemeinsam mit Oberbürgermeister Sperling gewählt wurde.

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344. Februar 1849

Trinken im Fluge, nach Gelegenheit, zu erhäschen suchen. Sie werden lachen, wenn ich Ihnen diese Abenteuer erzähle. Kommt es mir doch jetzt öfter wie ein Märchen vor, wenn ich mich erinnere, daß mein Bedienter, Friedrich, einige Mal, ahnungsvoll, mir etwas Essen und eine Flasche Bier auf den Tisch gestellt hatte, über die ich heißhungrig und saharadurstig herfiel, wenn ich gegen Mittemacht aus den Sitzungen nach Haus kam. Dr. Frantz hat sich leider hier nicht halten können und hat aus Not eine Zeit in seine Heimat gehen müssen. Traurig! Dr. Friedrich Richter von Magdeburg war eine Woche lang hier und wollte eine Honorarprofessur mit Gehalt in Breslau haben - in Gnaden abgeschlagen worden. Nun droht er, ein protestantischer Ronge zu werden. Die Philosophen Braniß, Weissenborn, Carové, M. Carrière, Frauenstädt, Rötscher usw. werden auch viel Gesprächsstoff liefern. Ich speichere in Gedanken immer schon für Sie auf. Ihre Vorlesungen vom vorigen Frühjahr sollten Sie ganz drucken lassen. Geht es nicht als Broschüre, so tilgen Sie davon mit einigen Federstrichen das direkt zum vorausgesetzten Publikum Gerichtete und geben Sie dieselben an Brockhaus für seine „Gegenwart" 1 , wenn er sie Ihnen nach dem Abdruck bezahlen will. Diese Vorlesungen enthalten ein Gemälde der Zeit, worin sie als in einem treuen (und doch schönen) Spiegel sich selbst erkennen könnte. Ich bewundere immer, wo Sie, wie Meister Ariosto, alles hernehmen! Diese Zeilen, lieber Jung, sollen Ihnen nur sagen, daß ich nicht komme und doch komme. Ich und meine Frau und meine Kinder grüßen Sie, Ihre liebe Frau, Lottchen und die Kinder auf das herzlichste. Gott, lieber Jung, der in den Schwachen mächtig ist, wird Sie nicht verlassen und uns wieder zu nimmer endender Zwiesprache zusammenführen. Sein Geist sei mit uns! Ihr Karl Rz. Dr. Nedden müßte, nach meiner Meinung, durch seine umfassende Bildung und Geheimnisvirtuosität ganz zum diplomatischen Dienst gemacht, sich doch wohl eine Stellung geben können, falls er nur wollte.

344. An Theodor v. Schön Berlin, den 17. Februar 1849 Exzellenz werden zu erfahren begierig sein, ob ich Ihrer Gutsage, die Wahl zum Deputierten anzunehmen, entsprechen werde? 1

Die Gegenwart. Eine encyklopädische Darstellung der neuesten Zeitgeschichte f ü r alle Stände. 12 Bde. Leipzig 1848ff.

344. Februar 1849

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Ich bin im höchsten Grade davon überrascht gewesen, aber ich muß sagen: freudig überrascht, weil mir diese Wahl den Beweis liefert, daß die Preußen mir noch, wie als Professor so als Geheimem Rate, mit Vertrauen zugetan sind. Ich habe die Wahl, von welcher der Wahlkommissarius Landrat Pfeiffer, der hieher hatte reisen müssen, mich persönlich benachrichtigte, sofort angenommen und hatte schon nach Wehlau geschrieben, als ich Ihren Freudenbrief bekam. So eine Wahl ist ein Los, und die Annahme ist es auch. Ich selbst würde mich nie als Kandidaten aufstellen, weil ich mir zwar in den Ideen Entschiedenheit zutraue, den Personen gegenüber hingegen mir mehr durch ein Vermeiden die nötige Selbständigkeit sichere als durch einen persönlichen Anschluß. Da ich nun noch niemals Abgeordneter war, so kann ich nicht wissen, wie geschickt oder ungeschickt, wie groß oder klein, wie mutig oder zaghaft, wie fest oder schwankend ich mich benehmen werde. Ich muß also die Probe mit mir machen und besonders meine Schüchternheit zu überwinden suchen. Auf jeden Fall hat mich die Zeit vom Juli her reifer und vorsichtiger gemacht, so daß ich mich nicht, wie Hansemann dies sehr gut verstand, durch moralische Sentenzen zu leicht düpieren lasse. Exzellenz wollen gestatten, daß ich, da Sie nicht selbst herkommen, in wichtigen Dingen, soweit die Ferne es erlaubt, mir Ihren Rat einholen darf, wie Sie mir denn überhaupt als mein ebenso wohlwollender wie unbestechlicher Richter vorschweben. Ich habe hier im Dezember und Januar mit einer philosophischen Arbeit mich beschäftigt; diese geriet mit dem Anfang der Wahlagitation ins Stocken, bei welcher ich mich der gemäßigt konservativen Partei anschloß, die mich zuerst zum Beitritt aufforderte. Doch entzog ich mich, weil ich die Personen (ζ. B. Graf v. Schlieffen, Präs. v. Bassewitz, Kaufmann Siegmundt usw.) zu wenig kenne, den konstituierenden Versammlungen und beschränkte mich auf die Wahlversammlungen, bei denen es einige Male fast zu Prügeln kam. Hieraufkamen ein paar zerstreute Wochen, wo ich Besuch von älteren Freunden hatte, mit meinen Jungen zum Friedrichshain, nach Schöneberg u. dgl. herumlief. Dann ergriff mich vor beinah anderthalb Wochen der Gedanke, eine Broschüre 1 unter dem Titel: Unsere Widersprüche herauszugeben. Ich schrieb neun Tage daran, konnte aber mit zwei Punkten nicht fertig werden, mit der Religion und mit der Deutschen Frage. Mit anderen Punkten kam ich eher aufs reine. Ich habe sie genannt: Die Weltgesetze und die Anarchie; das Proletariat und der Mittelstand des Deutschen Volkes; die Gefahr der Barbarei von unten und oben; das S e l f g o v e r n m e n t und die Bürokratie; die Öffentlichkeit und die Heimlichkeit; Demokratie und Mono1

Diese Schrift wurde nicht veröffentlicht.

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345. Februar 1849

kratie. Nun liegt die Ruine da. Als die österreichische Note kam 1 , wurde ich in dem Kapitel, das ich Preußen und Deutschland halte widmen wollen, absolut skeptisch - und bin es noch. Ich kann mich einmal mit dieser Kaiserherrlichkeit nicht vertragen und bin noch immer für einen verständigen, freien, elastischen Föderalismus der größeren deutschen Staaten für Krieg, Handel und auswärtige Politik. Alles übrige sollte man doch der freien, unvcrkümmerten Lebendigkeit jedes Einzelstaates überlassen; dann würde es weder an einem freien noch an einem starken und einigen Deutschland fehlen. Ist denn der Zollverein von Frankfurt dekretiert worden? Ihre Notizen und Charakterzüge in betreff Varnhagens sind mir sehr interessant gewesen und danke ich bestens dafür. - Hascncamp hat nur 2 ,[...] ich habe ihm Ihren Brief mitgeteilt. Hasencamp ist ein sehr tüchtiger, unermüdlicher Mensch, der mehr politische Einsicht besitzt als manche heutige Minister. Goldstücker zankt sich noch immer mit Herrn v. Hinckeldey umher. Er studiert jetzt den Tocqueville über die amerikanische Demokratie 3 und hat mich durch sein Lob bewogen, mich auch um dies Buch zu bekümmern. Wäre nur der Tag hier in Berlin nicht immer im Umsehen fort. Er bröckelt sich hin, man weiß nicht wie. Zeitunglesen, Bcsuche, Briefe schreiben, ein Spaziergang durch die Straßen, wieder Zeitungen in einem Café - und der Abend ist da. Zu Besuchen der Herren Professoren bin ich noch nicht gelangt. Übrigens herrscht hier seit mehr als drei Wochcn ein weiches, faules Wetter, das mir gar nicht bekommt und mich grippeartig belästigt. Das Blut tobt in mir ganz revolutionär. Mit dem herzlichsten Empfehl an die verehrten Ihrigen stets Ihr getreuer Leipz. Platz 13 Karl Rosenkranz

345. An Karl August Vamhagen v. Ense Hochgeehrtester Herr und Freund! Nebenliegender Brief des Ministers v. Schön ist zwar an mich gerichtet, allein offenbar für Sie bestimmt. Nehmen Sie ihn daher als Ihr Eigentum zu Ihren sonstigen Schätzen. Bei Ihnen wuchert alles, was man niederlegt. Ich wollte Ihnen den Brief selber bringen. Sie haben aber wohl gelesen, daß ich - gegen alle Erwartung, ohne mein geringstes Zutun, ja gegen meinen 1

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Österr. Note vom 4. Febr. 1849, in der es hieß, „ [...] die Gestalt eines unitarischen Staats erschiene für Österreich nicht ausführbar ... niemals würde sich Österreichs Kaiser unter die von einem andern deutschen Fürsten gehandhabte Centraigewalt unterordnen". So im Original. Alexis Clérel de Tocqueville, La démocratie en Amérique. 4 Bde. 1835/40.

346. März 1849

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Wunsch, da ich selbst mich nie zu einer Kandidatur melden würde - in die erste Kammer gewählt bin. Wie die Sachen liegen, mußte ich die Wahl annehmen. Da fängt nun die Zerstreutheit wieder an. Ich raffe in dieser Woche alle Zeit zusammen, die mir bleibt, um noch wenigstens ein Hauptstück der großen systematischen Arbeit, von der ich Ihnen erzählte, zu vollenden. Da ich nun hier bleibe, müssen Sie mir schon erlauben, Sie bald einmal wieder zu besuchen. Die auf Ihrem Zimmer durchlebten Stunden gehören zu meinen schönsten „Berliner Errungenschaften." Mit den besten Wünschen für Ihr Wohl Ihr Berlin, ergebenster 22. Febr. 49 Karl Rosenkranz

346. An Theodor v. Schön Berlin, den 7. März 1849 Ew. Exzellenz wollen verzeihen, wenn ich noch nicht wieder geschrieben habe. Ich habe jedoch nicht Zeit finden können, zumal ich in die Adreßentwurfkommission 1 gewählt bin. Ich benutze einen Augenblick der Muße, Ihnen beiliegenden Brief Varnhagens an mich, mit seiner Zustimmung zu übersenden. Er enthält mehrere interessante Äußerungen und nimmt mich für Varnhagen noch günstiger ein. In der Kammer fühle ich mich, wie Sie ganz richtig ahnen, sehr isoliert. Man findet, in den Vorversammlungen bei Mielentz, meine Sprache noch zu hoch. Das macht meine natürliche Schüchternheit noch schüchterner. Doch vertraue ich meinem Wahrheitssinn, meinem Rechtsgefühl und meinem Patriotismus, mir in wichtigen Debatten das Wort auf die Zunge zu legen, so gering auch die Erwartung ist, die ich selbst von meiner parlamentarischen Zukunft hege. Saucken und Vincke wühlen hier für die deutsche Einheit und Kaiserherrlichkeit und hierüber bin ich Sonntag - zum großen Erstaunen vieler - mit Herrn v. Vincke zusammengeraten. Es sind in der ersten Kammer wieder zu viel Juristen 2 , welche die Unterschiede wieder in Unterschiede spalten und, mit einer i n c o n t i n e n t i a v e r b o r u m , ihr Steckenpferd des Paragraphenzitierens reiten. Über diesem

1 In der Sitzung der ersten Kammer vom 1. März wurde eine Adresse an den König b e schlossen, die im wesentlichen in einer Paraphrase der Thronrede vom 26. Jan. 1849 bestand, die Friedrich Wilhelm IV. anläßlich der Eröffnung der Kammern hielt. Mitglieder der Adreßkommission waren v. Katte, Bergmann, v. Hclldorf, Kupfer, Simons, Itzenplilz, Walter, Leue, v. Keltsch u. Rosenkranz. Die Adresse ist abgedr. in: Deutsche Reform. Nr. 174 vom 6. März 1849. 2 In der ersten Kammer waren 19% der Abgeordneten Juristen, in der zweiten sogar 26%.

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347. März 1849

Nummerwesen § 19, § 25 usw. geht denn gewöhnlich der Gedanke ganz zugrunde. D r . Goldstücker wird Ihnen nunmehr geschrieben haben. Ich habe ihn letzthin besucht. Er schwärmt jetzt für die Römisch-Toskanische Republik 1 und verlangt, daß Preußen sie gegen die Intervention der katholischen Mächte in Schutz nehmen soll. Das würde ihm die Sympathien aller Edlen erwecken! Ich sollte, ginge es nach ihm, eine hierauf bezügliche Interpellation an das Ministerium richten! Die Stelle im Kant, welche Sie mir empfehlen, ist ein Ideal, dem ich wohl entsprechen möchte, aber dessen Schwierigkeit, zumal jetzt, ich auch nicht verkenne. Die Demokratie scheint eine neue gewaltsame Erhebung vorzubereiten. Ihr Fürstenhaß befriedigt den Ehrgeiz ihrer Führer erst in einer deutschen Foderati vrepublik. Wichtiges ist bis jetzt noch nicht vorgekommen. Der Himmel gebe, daß wir den 18. März ohne blutige Konflikte überleben. Wie immer Ihr treu ergebener Rosenkranz

347. An Theodor v. Schön Berlin, den 23. März 1849 Erst heute früh gelangte ich dazu, den Auftrag für Varnhagen v. E[nse] auszuführen - und nicht auszuführen. Ich ging, da wir keine Kammersitzung hatten, zu ihm, brachte ihm Ihren Gruß, präludierte für das historische Dokument, griff in die Tasche - aber er entschuldigte sich, daß er an Auffassen durch Vorlesen nicht gewöhnt sei und dankte für die Mitteilung mit sehr artigen Worten. Demnach müßt' ich Ihnen nun das Manuskript zurückschicken. Ich halte aber noch damit zurück, denn ich meine, Varnhagen hat die Lektüre nur abgelehnt, weil sie ihm ein Mißtrauensvotum zu erhalten schien, während sie ihm doch Vertrauen beweisen soll. Er soll hören, was Sie Schlosser 2 , doch offenbar zur Benutzung für seine Geschichte, zum Druck und mir handschriftlich mitgeteilt haben. Ich müßte mich sehr irren, wenn die Mischung von Vertrauen und Mißtrauen, die in meinem Antrage lag, nicht der Grund seines Ablehnens gewesen wäre. Ich frage daher an, ob ich b r e ν i m a n u die Handschrift 1

2

Im Februar 1849 wurde in Rom die Republik ausgerufen. Der Papst rief ein franz. Hilfscorps zu Hilfe, u. Rom fiel am 4. Juni 1849. Friedrich Christoph Schlosser, Geschichte des 18. u. 19. Jahrhunderts bis zum Sturz des französischen Kaisertums. 6 Bde. Heidelberg 1836-50. Schlosser erhielt Akten von Th. v. Schön.

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zurückgehen lasse, oder ob Sie anders beschließen und Varnhagen die Lesung einräumen wollen, um ihm wirkliches Vertrauen zu bezeigen. Was nun meine parlamentarische Laufbahn angeht, so bin ich immer noch sehr schüchtern, mache aber nichtsdestoweniger, auch gegen meinen Willen, Fortschritte. Ich bin Mitglied der Adreßkommission gewesen. In meiner Abteilung war ich fast einstimmig dazu miterwählt. Ich hatte in ihr einen Entwurf vorgelesen, der ziemlich allgemeinen Anklang fand - mit Ausnahme einiger Stellen über die Finanzen, das Heer und soziale Zustände. Wenn es in öffentlichen Blättern heißt, daß ich der Kammer eine Vorlage gemacht, die wegen ihres liberalen Inhaltes mit Indignation zurückgewiesen sei, so kann ich mir nur vorstellen, daß jene Kontroverse in der Abteilung zu solcher Übertreibung den Anlaß gegeben hat. In der Kommission selbst fand ich allerdings zuweilen Gelegenheit zu stärkerem Widerspruch, namentlich für die Deutsche Frage. Ich habe dann den Entwurf der Kommission zweimal verteidigt; einmal war ich vorbereitet, die Notwendigkeit der Anerkennung der Verfassung darzutun. Von Seiten der Regierung hob ich die traurige Notwendigkeit der Umstände hervor; von Seiten des Volkes die Wahlen. Dies scheinen mir die beiden Faktoren zu sein, welche die Anerkennung rechtfertigen. Ich war anfänglich sehr beklommen, da ich seit Juli mich des öffentlichen Redens entwöhnt hatte und war ganz erstaunt, soviel Beifall zu ernten. - Das zweite Mal improvisierte ich eine Verteidigung des Paragraphen über die Deutsche Frage, weil Herr Leue, der sie nach einer Vorbesprechung übernommen, nicht da war und erst anderthalb Stunden später kam. Ich kündigte gleich von Anfang an, daß ich nur aus Rücksicht für die Kommission spräche. Diese Rücksicht verdarb mir meine Rede, wie alle Rücksichtelei tut. Ich machte zwar auch so noch gegen die Deutschtümelei des Grafen Dyhrn einigen Eindruck, jedoch lange nicht den, als wenn ich nur für mich gesprochen hätte. Gegen Dyhrns Phrasen mußte ich sogar Österreich verteidigen und bin dabei zuweilen ungeschickt im Ausdruck gewesen. Unglaublich für mich, aber faktisch habe ich durch beide Reden in der Kammer nun schon ein solches Ansehen, daß ich auch zum Vorstand einer Fraktion gewählt bin, die zwischen unserer Linken und der Rechten, die noch verdeckt operiert, als Zentrum sich konstituieren will (ich habe Brünneck, Wittgenstein, Baumstark und Bergmann neben mir). Die Rechte ist nun durch Stahl und Gerlach herausgetreten. Das Frankfurter Kartenhaus ist nun schon zusammengestürzt; der Erbkaiser 1 ist „futsch"! Hierüber schreibe ich also nicht mehr.

1

Am 12. März hatte Welcker einen Antrag gestellt auf Annahme der Reichsverfassung durch einen Gesamtbeschluß, u. die erbliche Kaiserwürde dem König v. Preußen zu übertragen. Dieser Antrag wurde am 21. März mit 283 gegen 252 Stimmen abgelehnt.

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348. April 1849

Morgen wird aber in unserer Kammer ein Angriff auf Arnim wegen der Note vom 10. März gemacht, unser Ministerium zu stürzen, das sich die Woche über so unparlamentarisch als möglich benommen und immer an Grabows Gewalt appelliert hat. In unserer Kammer hat Rintelen mit der größten Bonhomie sich gestern zu Tode geredet. Können Sie nicht ein neues Kabinett vorschlagen Ihrem getreuen K. Rosenkranz? Eben rücken die Sachsen 1 ein. Es ist alles schwarz vor meinem Fenster am Potsdamer Tor. - v. Hasencamp war nachmittags bei mir und läßt herzlich grüßen.

348. An Alexander Jung Berlin, d. 1st. April 1849 Ja, so Gott will, k o m m ' ich wieder nach Königsberg. Sie werden meinen Brief von vorigem Dienstag erhalten haben, die Antwort auf Ihren großen, mich teils erbauenden, teils, was die Details Ihrer Notgeschichte betrifft, tief angreifenden Brief. Hoffen wir, lieber Jung, auf Gott, uns wieder zusammenzuführen. Herr v. Below ist so gütig gewesen, mich zu besuchen und mir Ihren Brief zu bringen. Ich erwartete ihn gestern früh bis nach zehn Uhr, wo ich fort mußte. Er hatte noch einmal kommen wollen, mag aber verhindert gewesen sein. Heute hat mir Direktor Skrezka Ihre letzten lieben Zeilen gebracht. In Ansehung der Wohnung erwidere ich, daß ich vor Michaelis sie nicht würde mieten, d. h. beziehen können. So lange habe ich hier gemietet, und bis so lange dürfte sich doch auch wohl die Kammersitzung hinziehen, da so viel organische Gesetze zu beraten sind. Ich hatte eigentlich erst im Juni meinen ganz festen Entschluß über diese opera ad extra fassen wollen, weil bis dahin klar sein muß, ob wir einer neuen, noch entsetzlicheren Revolution entgegengehen; oder sie bis dahin schon im Rücken haben (und dann wird sich finden, ob man am Leben geblieben ist); oder ob wir in einen großen europäischen Krieg verwickelt werden; oder ob ein volkstümlich reformierter Bundestag mit alternierendem Präsidium von Österreich, Bayern und Preußen zustande kommt, die Grundrechte im wesentlichen 1

Sächsische Truppen, die auf dem Durchmarsch nach Schleswig-Holstein waren.

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überall angenommen, die administrativen Bestimmungen aber in ihrem dermaligen mechanischen Unitarismus verworfen werden und demnach die wirkliche Autonomie und Autarkie der Einzelstaaten erhalten bleibt. Ich finde die Menschen kindisch rasend und hysterisch-wankelmütig. Dr. Goldstücker ist auf einmal ein enragé für das preußische Kaisertum - erst die andern Fürsten durch den Kaiser, dann den Kaiser durch die Verfassung zu ruinieren. Ich kann mich einmal für kein Parteiwesen begeistern, sondern behalte mir vor, in jedem bestimmten Fall nach bester Einsicht und Gewissen zu handeln. Doch um auf die Wohnung zurückzukommen, so bin ich gar nicht abgeneigt, darauf einzugehen, falls ich sie zu Michaelis mieten kann, etwa auch - sollte sie leer sein, nach Umständen, etwas früher, wo ich dann monatweise bezahlen würde. Ich streite mit meiner Frau, die beiliegend einige Zeilen an Sie richtet, über die Lage. Meine Frau behauptet, die Fenster gingen auf die Landhofmeistergasse, ich, auf den Platz vor der Kirche. Die Politik macht den Menschen zum Barbaren. Man hat nicht Zeit mehr, sich zu sammeln. Die Tautologie der Phrasen in den Abteilungen usw. macht wüst, und ich wenigstens komme nachts immer in trauriger und ganz ausgenüchterter Stimmung nach Hause. Dabei ist die Sucht, Parteien zu bilden, wahrhaft beleidigend. Jeder möchte gern einen Schweif hinter sich haben. Erst habe ich drei Wochen lang große Reden über die Erhaltung der Einheit in unserer Kammer hören müssen. Nun sind schon fünf bis sechs Häufchen, ohne Not, vorhanden. Der Ehrgeiz macht eben seine Rechnung. Detroit, den ich schönstens zu grüßen bitte, schrieb mir, ich möchte mich mehr antiministeriell halten, um die Gunst der Studenten nicht zu verlieren; Dr. Goldstücker beschwor mich letzthin, doch einmal jetzt recht energisch gegen die Regierung bei irgendeinem Anlaß aufzutreten: ich würde sonst in Königsberg den Boden des Vertrauens verlieren. Sagen Sie, hat mein bisheriges Benehmen in der Tat dort - wie Goldstücker gehört haben wollte - einen solchen Eindruck gemacht - oder existiert dieser Eindruck nur in den jüdisch-radikalen Kreisen? In der Kammer hier geht es mir wenigstens wie Ihnen mit der Schule. Wie für Sie der Unterricht ein Rennen mit Hindernissen ist, wie Sie ihn sich abringen, wie Sie deshalb von Ihrer Tätigkeit eine sehr bescheidene Meinung haben und Ihre Erfolge Sie doch mit glücklichem Gedeihen überraschen: so geht es auch mir in dem politischen Treiben. Ich dränge mich nun vor. Ich tue, wo die Sache es fordert, oft mit Beklommenheit, meine Pflicht - und erlebe, daß man mich zu allen wichtigen Dingen wählt, mir das größte Vertrauen schenkt. So bin ich auch jetzt für die Titel von den allgemeinen Rechten (I. II. IV.) in den Zentralausschuß für die Verfassungsrevision gewählt. Schreiben Sie mir, lieber Jung, so oft Sie der Geist rührt. Schreiben Sie, wie einst, Briefe zu einem Buch.

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349. April 1849 - 350. April 1849

Grüßen Sie die Ihrigen, auch Lottchen 1 , herzlich und bleiben Sie treu Ihrem treuen Karl Rosenkranz Auch dem sehr welthistorisch eingreifenden Dr. Nedden bitt' ich mich zu empfehlen.

349. An Johannes Schulze Ich bin in die Kommission für die Deutsche Frage 2 gewählt und sogar von der Kommission wieder zum Berichterstatter. Daher bin ich selbst heute nicht zu Haus gewesen und habe sehr bedauert, daß Sie mich nicht gefunden haben. Sonnabend um 12 haben wir wieder Konferenz und ich werde hoffentlich nach derselben Ihr Gast sein können. Es würde mir sehr unangenehm sein, wenn irgend etwas mich zwingen würde, Ihrer freundlichen Einladung nicht Folge leisten zu können. In dieser frohen Erwartung, Sie Sonnabend zu sehen und zu sprechen, mit treuer Liebe und Hochachtung Ihr Berlin, ergebenster d. 5. April 1849 Karl Rosenkranz

350. An Alexander Jung Berlin, am zweiten Ostermorgen 1849 Mein teurer Jung! Lang' hatt' ich einen Brief von Ihnen ersehnt, lang' hatt' ich selbst einen schreiben wollen - aber mir werden die Tage, so langweilig sie in ihren einzelnen Stunden oft werden, im Fluge fortgenommen! Selbst diese Feiertage hab' ich keine Ruhe, da ich in die Kommission für die Deutsche Frage gewählt bin. Glauben Sie mir, ich bin nicht eher wieder glücklich, als bis ich wieder in Königsberg meinen Studien leben kann! Oft ergreift mich eine unbestimmte Angst, als könnte etwas dazwischenkommen, als sei es unmöglich, mit Frau und ' 1

Lotte Herzog, eine Verwandte Jungs. Zum Zeitpunkt der Erblindung Rosenkranz' las sie ihm vor. Nachdem Friedrich Wilhelm IV. am 28. März 1849 in Frankfurt zum Kaiser gewählt worden war, beschlossen beide Kammern, Adressen an den König zu richten, in denen sie dem König die A n n a h m e der Kaiserkrone e m p f a h l e n . Nach Ablehnung der K r o n e sollte eine Kommission die neue Lage beraten u. eine Adresse entwerfen.

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Kind, Möbeln und Büchern den großen Raum, der uns trennt, zurückzulegen. Oft denk' ich daran, daß ich hier plötzlich sterben könnte. Oft steigen die trüben Bilder neuer revolutionärer Zustände vor meinen Augen empor - heftige Konflikte zwischen den Kammern, zwischen Fürst und Volk, Staatsstreiche von oben und von unten - und ich bin auf alles gefaßt! Was für einen Wechsel des Geschicks habe ich nicht seit dreiviertel Jahren durchlebt! Denk' ich aber nach Königsberg zurück, so setz' ich immer voraus, Sie dort zu finden, Ihnen zu erzählen, was ich erfahren, mit Ihnen dies seltsame Menschenleben durchzudenken und dem Walten der Idee in ihm auf die Spur zu kommen. Ohne Sie, ohne unser kontemplatives Stilleben - ich allein am Landgraben - ich ohne Sie in Sprechan, in der Wilkie - oh Gott vom Gnadenthron, sieh darein! Nein, nein, diesen Schmerz wird er uns, die wir ihn so unendlich lieben, doch nicht auferlegen! In meinem letzten Brief schon deutet' ich Ihnen an, wie ich im Innersten all mein Leben Ihnen immer zum Genuß zurichten möchte, und suchte Sie durch die Vorstellung zu erheitern, daß ich einen unermeßlichen Stoff zur Verarbeitung mitbringe, der auch Ihren Gesichtskreis in neue Unermeßlichkeiten erweitern muß. Daß ich jetzt in der ersten Kammer bin, muß ich doch auch als eine große Huld Gottes anerkennen! Ich lerne doch dadurch die konstitutionelle Regierungsform gründlich kennen. Ich lerne alle die Männer kennen, die gegenwärtig in die Geschichte unseres Staates eingreifen. Ich lerne mich immer mehr über mein eigenes kleines Schicksal erheben und werde, in Ansehung meiner Selbstschätzung, noch demütiger, noch uneitler; lerne immer mehr nur der Wahrheit, Freiheit, Uneigennützigkeit die Ehre geben. Nemesis - im Guten, im Bösen, durch Glück und Unglück, durch Heben und Stürzen, durch Leben und Tod - sie läßt ihrer nicht spotten und geht als die Providentia specialissima bis durch die kleinsten Zufälle der Biographien hindurch! Meine gottesfürchtige Bewunderung der Geschichte wächst täglich. Das Treiben ist sehr anstrengend für mich, fast noch mehr als im Ministerium, wo es tageweise, wochenweise, allerdings mich fast vernichtete. Die Sitzungen der Kammern, der Abteilungen, der Kommissionen, der Fraktionen nehmen den ganzen Tag von morgens 10 bis abends 10 Uhr, und ich lese kaum noch die Zeitung. Ein Buch zu lesen ist unmöglich, denn die etwa noch freie Zeit leidet man entweder an Abspannung oder muß Briefe schreiben oder hat Besuch. Ich gestehe, daß Königsberg doch schon viel Sammlung und Muße wiedergewonnen haben muß, wenn es Ihren Vorlesungen über die Woltmann so viel Aufmerksamkeit hat schenken können. Daran wäre hier gar nicht zu denken! Alle Weltmenschen finden es unbegreiflich, aus einer Stellung zu gehen, wie ich sie hatte, und tausend Taler zu opfern; allein daran kehre ich mich nicht und weiß, was ich will. Die Universität ist etwas viel Solideres als ein heutiges Ministerium.

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350. April 1849

Von Goltz weiß ich nichts. Eilers 1 in einem Buch über das Ministerium Eichhorn hat ihn sehr anerkannt. Schreiben Sie mir doch die Nummern des Morgenblattes, worin Ihr Aufsatz abgedruckt wird; eben so die Brockhausischen Blätter 2 , worin der Aufsatz über die Woltmann. Ich werde sie mir kommen lassen, denn zu Gesicht bekomme ich nicht ein einziges literarisches Blatt, nur politische. Über Dr. Nedden behalt ich mir mündlich die merkwürdigsten, mysteriösesten Anmerkungen vor! Den ersten Teil meines Systems, Metaphysik, Logik und Dialektik enthaltend, habe ich richtig von Anfang Dezember bis Anfang Februar ins reine geschrieben. Da traf mich die Wahl zum Abgeordneten. In den beiden Wochen vor Eröffnung der Kammern schrieb ich zu meiner Herzenserleichterung drei Aufsätze 3 , Republik und konstitutionelle Monarchie; die Öffentlichkeit und die Geheimgesellschaften; das Proletariat und die Barbarei. Den ersteren habe ich vor einiger Zeit ins reine geschrieben und in die „Deutsche Reform" zum Abdruck geschickt. Für die beiden andern hab' ich noch keine Zeit finden können, sie druckfähig zu gestalten. Man sieht sich hier sehr wenig. Varnhagen, Hotho, Kugler könnten jetzt ebensowohl in Amerika leben. Durch meine Abgeordnetenschaft bin ich mit vielen neuen Bekanntschaften überhäuft - und sogar Mitvorstand der Fraktion des linken Zentrums (Rheinländer, Westfalen und Ost- und Westpreußen) geworden, v. Wittgenstein ist der Präsident meiner Abteilung. - Mit der Frau will es immer noch nicht recht fort. Annchen 4 hat das kalte Fieber gehabt. Die Schulen sind hier viel schlechter als in Königsberg. Ich kann mich jetzt leider um die Kinder wenig kümmern. Sie brauchen an mich nicht zu frankieren, nur müssen Sie schreiben: dem Abgeordneten zur ersten Kammer. - Das Mißbenehmen des Hofs 5 gegen die Frankfurter hat sehr verstimmt. Meine Frau samt den Kindern grüßen wie ich die Ihrigen herzlich, und ich sage Ihnen innigst Lebewohl. Ihr Karl Rz.

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Der Vortragende Rat im Kultusministerium, Gerd Eilers, griff in seinem Buch ,Zur Beurteilung des Ministeriums Eichhorn. Von einem Mitglied desselben', Berlin 1849, Rosenkranz scharf an. Alex. Jung, Zur Erinnerung an Karoline v. Woltmann, in: BllLitUnt. Leipzig 1849. 1. Artikel Nr. 177-180, 2. Artikel Nr. 256-261. Nur der erstgenannte Aufsatz, Republik u. constitutionelle Monarchie, wurde in Oldenbergs .Deutsche Reform', 29. M ä r z . - l l . April 1848, veröffentlicht. Anna Maria Rosenkranz, Rk.' Tochter. In seiner die K a i s e r k r o n e a b l e h n e n d e n A n t w o r t beim E m p f a n g der F r a n k f u r t e r Kaiserdeputation am 3. April 1849 klang die Verachtung gegen das Angebot der Kaiserkrone u. die Reichsverfassung deutlich durch. Obwohl die Deputation dem König 14 Tage Bedenkzeit eingeräumt hatte, reiste sie nach seiner Antwort sofort ab.

351. April 1849

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351. An Theodor v. Schön Berlin, den 11. April 1849 Ich bin in die Kommission erwählt gewesen, welche die Dringlichkeit einer neuen Adresse in der Deutschen Frage beurteilen sollte, und in der Kommission wieder zum Berichterstatter. So habe ich denn die Festtage über gar keine Ruhe gehabt und fühle mich heute, wo die Kammer ihre Sitzungen wieder aufgenommen hat, ganz abgespannt. Heute früh 8 Uhr haben wir auch einen Katholiken, Präsidenten v. Forckenbeck, begraben, den Führer der Linken in unserer Kammer. Nun wird wohl Bürgermeister Sperling an ihre Spitze treten. Ich schreibe nur in der Eile, teils um mich zu entschuldigen, noch nicht geschrieben zu haben, teils um das Manuskript zurückzuschicken. Ich bin vor Wust aller Art noch nicht wieder zu Varnhagen gekommen, und so mag die Sache am zweckmäßigsten, Ihrem Wunsch nach, der Vergessenheit anheimfallen. Aus dem Kommissionsbericht werden Sie ersehen, daß ich in der Deutschen Frage dem Prinzip des Föderalismus treu bleibe. Den König aber tadle ich nicht weniger als das Ministerium wegen ihres Benehmens gegen die Frankfurter. Man mußte diese Männer freundlich behandeln, nicht imponieren wollen, nicht ironisieren. Sie hatten doch immerhin für den König gekämpft und glaubten ihm etwas Großes zu bringen. Diesen Männern also wär' ich freundlich und herzlich entgegengekommen. Ganz Deutschland konnte der König jetzt gewinnen, die Fürsten hätten nachgeben müssen, und es wäre das Prinzip der Volkssouveränität mit dem des dynastischen versöhnt worden, während der Riß jetzt drohend auseinanderklafft. Meinen Aufsatz über die Republik habe ich noch nicht gelesen, da mir die Reform nicht zu Gesicht kommt. Der Redakteur Oldenberg, ein Königsberger, einst auch mein Zuhörer, wollte gern etwas von mir haben. Daß Sie die Republik für die der Theorie nach vollkommenste Staatsform halten, wie ich jetzt erfahre, hatte ich nicht geglaubt. Republikanische Institutionen muß allerdings der Staat haben. Kant nannte im Ewigen Frieden jede Staatsform republikanisch, in welcher die legislative und exekutive Gewalt getrennt sind. Um das englische Buch werde ich mich kümmern. Für heute muß ich mich empfehlen, da ich in Wittgensteins Abwesenheit in der Fraktionssitzung zu präsidieren habe und jetzt gehen muß. Immer Ihr getreuer K. Rosenkranz Saucken hat heute sein Mandat bei uns niedergelegt und geht wieder ganz nach Frankfurt.

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352. April 1849 - 353. April 1849

352. An Karl Lehrs Lieber Lehrs, da ich als Berichterstatter in der Deutschen Frage auch in den Feiertagen nicht einen Augenblick für mich gehabt habe, so nehmen Sie, in beifolgendem Denkblatt, den guten Willen für die Tat. Grüßen Sie Hirsch, Neumann, Dulk, Moser und v. Schön und lieben Sie mich, wie ich Sie zu lieben nie aufhören werde! Mein Herz ist bei Euch in Königsberg. Berlin, den 14. April 1849

Karl Rosenkranz

353. An Theodor v. Schön An Kants Geburtstag, mittags 12 Uhr [22. April 1849] Hochverehrtester Herr und Freund! Soeben langt Ihre „Herzensergießung" bei mir an. Erlauben Sie mir das gleiche. Ich bin in der höchsten Aufregung. Der Wirrwarr ist hier grenzenlos seit gestern abend. Seit der Frankfurter Abordnung war er zwar schon immer groß, nun aber existiert das Chaos. Sie werden den Bericht nun gelesen haben, den ich in der Deutschen Sache Mittwoch vor 8 Tagen erstattet habe. Seit dieser Zeit hat sich die Deutsche Partei in beiden Kammern im Wachstum befunden. Die Linke der ersten Kammer ist bis auf etwa fünfzig gestiegen, und in der zweiten Kammer ist die Rechtsgültigkeit der deutschen Verfassung gestern mit einer ansehnlichen Mehrheit, an der auch die Zentren teilgenommen, beschlossen worden. Montags, den 23. April, morgens 8 Uhr weiter Gestern wurde ich unterbrochen. Der ganze Tag zog sich mit Besuchen hin, die alle auf die Kaiserfrage sich bezogen, und heute soll auch die erste Kammer um 12 Uhr deshalb zusammentreten. Die Sache ist meines Erachtens durch den bloß passiven Widerstand des Herrn Camphausen 1 und durch das Ungeschick unseres Ministeriums in diese schwierige Lage gebracht. Hätte ersterer seine Schuldigkeit getan, so mußte er auf die Preußen in Frankfurt den nötigen Einfluß üben. Allein Herr Camphausen ist der Mann der absoluten Tatlosigkeit. Wenn etwas durchaus geschehen muß, kommt er nach Berlin, sich Instruktionen zu holen. Von unserer preußisch-brandenburgischen Geschichte weiß er, glaub' ich, wenig und sieht die Dinge nur als Rheinländer an. Das Ministerium aber hat auch '

Am 22. April 1849 bat Camphausen um seine Entlassung.

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unverantwortlich gehandelt. Die erste Kammer hat sich aufopferungsvoll bemüht, ihm freien Spielraum zu schaffen. Es hat nichts getan. Arnim und Manteuffel haben die fadesten und unbesonnensten Auslassungen über unsere Politik gemacht, gegen welche die - obwohl auch inhaltlosen - des alten Brandenburg noch in glänzendem Licht erscheinen. Preußen hat die Kleinstaaten verleitet, sich über die Verfassung und Kaiserwürde auszusprechen. Diese tun es auch und erklären sich dafür 1 . Preußen hat sich hierdurch, statt die Ereignisse zu beherrschen, statt die Initiative zu ergreifen, von dem Strom des Geschehens fortreißen lassen. Nun kann es nicht mehr sagen: ich will diese Verfassung, diese Würde gar nicht; ich will, wie Österreich, den alten, bloß etwas reformierten Bundestag. Nun muß es an die Spitze treten. Aber auch jetzt ist die Politik des Ministeriums unsicher, unoffen, zaudernd. Die Kammern werden dadurch gedrängt, seine v i c e s zu übernehmen, und es regnet heute bei uns dringliche Anträge. Wahrscheinlich wird der Ausgang der sein, daß der König die Verfassung und die Oberhauptswürde sogleich annimmt; sofort die Frankfurter Versammlung auflöst; sodann den Reichstag auf Grund des jetzigen Wahlgesetzes beruft; diesem die Revision der Verfassung überträgt, der Verfassung aber erst durch seine Zustimmung Gültigkeit verleiht und dann erst, nach vollendeter Revision, sie beschwört und den Kaisertitel annimmt. Ich hoffe, daß die Frankfurter auf diese Bedingungen eingehen. Was sonst werden soll, nachdem 29 Regierungen sich bereits gebunden haben, ist nicht abzusehen. Daß wir der roten Republik sofort verfallen würden, glaube ich zwar nicht. Allein eine oktroyierte Verfassung für Deutschland ist auch nicht mehr möglich. Der König, die Regierungen, die Kammern, die Magistrate haben sich zu tief in die Deutschheit hineingeredet. Es muß etwas Außerordentliches geschehen. Der neue Inhalt muß auch eine neue Form gewinnen. Zwar bezweifle ich nicht, daß die Linke und die Demokratie die Verkaiserung Preußens nur wünscht, um die Fürsten der kleinen Deutschländerchen tatsächlich und moralisch zu mediatisieren und so der Republik einen Schritt näher zu kommen, in der Berechnung, mit der einen monarchische Spitze, die noch übrig, sei es auf dem Wege der Gesetzgebung selber, sei es durch einen Putsch, durch eine neue Barrikadenrevolution, in einigen Legislaturen fertig zu werden. Gerade aber wenn man dies bedenkt, so scheint mir in der Annahme der Erbmonarchie Deutschlands durch Preußen noch die einzige Möglichkeit zu liegen, das Prinzip der Volkssouveränität mit dem monarchischen dauernd zu 1

Am 14. April erließen 28 Kleinstaaten eine Kollektivnote, in der sie die Reichsverfassung anerkannten u. die Kaiserwahl forderten. Am 21. April erkannte auch die preuß. 2. Kammer die Verfassung an.

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vereinigen. Ich ersehe aus Ihren letzten Mitteilungen, daß Sie die Republik für das Ideal der Staatsverfassung und die Erblichkeit des Souveräns für überflüssig, für eine von dem wechselnden Exponenten der Kulturverhältnisse abhängige Bestimmung erachten. Sie wissen, wie hoch ich Ihre Ansichten ehre. Es beschäftigt mich daher die Frage auf das lebhafteste. In der Deutschen Reform sind von mir zusammen 5 Artikel 1 darüber erschienen, worin ich nachzuweisen bemüht bin, daß die Republik auf dem atomistischen Menschen, die konstitutionelle (Erb-)Monarchie auf der Familie, diesem Heiligtum aller substantiellen Sittlichkeit, beruht. Kant hat, seiner Zeit gemäß, allerdings auch nur den Rousseauschen Einzelmenschen ins Auge gefaßt und nicht daran gedacht, den natürlichen Anfang alles Staatslebens auch auf dem Gipfel seiner Vollendung durch die Geschichte wiedererscheinen zu lassen. Der Staat, dies Kunstwerk der Freiheit, muß gegen die unbedingt freigelassene Vereinzelung und Beweglichkeit der Staatsbürger, die als solche für sich nur an die Gesetze und ihr Gewissen gebunden sind, in der ausdrücklichen Erhebung der fürstlichen Familie die Einheit des Ganzen, die Einheit der Geschichte mit der Natur, die Kontinuität der Geschichte, den Wert der traditionellen Kultur, die Sanktionierung der Pietät usw. aussprechen. Wenn Deutschland ein Einheitsstaat wird - und auf einen solchen, nicht auf einen Bundesstaat ist die Frankfurter Verfassung angelegt -, so bleibt dies hohe Prinzip der Familie, und mit ihr das der Kultur, durch die Erbmonarchie gerettet. Die vielen einzelnen Fürstenhäuser sinken freilich zu erblichen Satrapien herab. Ich sehe nicht ein, was die Kammern der Einzelstaaten noch großes zu tun haben sollen. Das Zweikammersystem kann im Einzelstaat ganz wegfallen, da er nur noch einen provinziellen Charakter behaupten kann. Ich würde daher den Fürsten den Rat geben, Sozialisten zu werden und sich der Hebung der Kultur, also des Ackerbaues und der Industrie, der Kunst und Wissenschaft, in ihrem quantitativ beschränkten Wirkungskreise aufs intensivste anzunehmen. Die Farce des diplomatischen Spiels von Hessen, Nassau usw. hat ein Ende. Die eigentliche Politik gehört dann nur noch der Zentralgewalt. Graf Dyhrn kämpft bei uns für den Einheitsstaat; Hansemann (der freilich auch in Heppenheim 2 und Heidelberg war) für den Bundesstaat; Graf Itzenplitz für ein Kaisertum, welches die Selbständigkeit Preußens nicht voreilig aufgibt und daher bestimmte Bedingungen für die Annahme stellen will. - In der zweiten Kammer haben Rodbertus und v. Vincke sich auf den Standpunkt Frankfurts gestellt, letzterer mit Anerkennung des ursprünglichen Rechts der Regierungen auf Vereinbarung. - Die parlamentarisch notwendige Entlassung 1 2

Rosenkranz' Aufsatz .Republik und konstitutionelle Monarchie'. Im Oktober 1847 fand in Heppenheim ein Treffen von Mitgliedern der badischen, württembergischen u. hessischen Kammeropposition statt, bei dem aber auch Preußen Teilnehmer waren, u. a. H. v. Gagern, Hansemann, Itzstein, Mathy, Römer.

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des Ministeriums hat der König - dieser ewige Sündenbock seiner Minister nicht angenommen. Nach gewissen Anzeichen beginnt nun, wo die politischen Formen sich etwas ersättigt und befestigt haben, die kirchliche Bewegung aufs neue und sehnt sich auch nach einem Vorparlament und einer Konstituante der neuen Religion (d. h. derjenigen, worin jeder glauben kann, was er will). Hier wird der Skandal erst recht groß werden. Der heilige Geist wird noch mehr Mühe haben als in Frankfurt, die Herren zu erleuchten. Am Tage des heiligen Georg, des Lindwurmtöters, meinem 44sten Geburtstag, Ihr treuer Karl Rosenkranz

354. An Alexander Jung Berlin, d. 3. Mai 1849 Lieber Jung! Sie schreiben mir gar nicht, und ich ängstige mich deshalb. Ich hätte so viel zu schreiben und werde doch nur wenig zu sagen wissen, denn mein Herz ist wie eingeschnürt. Welch' seltsames Labyrinth wird mein Leben! Wie schwer straft sich die erste Untreue gegen meine Professur, die ich nie eine Sekunde lang, allem Drängen zum Trotz, hätte aufgeben sollen! Nun ist die Kammer vertagt 1 . Spätestens innerhalb sechzig Tagen muß sie wieder, sie kann aber auch eher wieder berufen werden. Gern hätt* ich indessen einen Besuch in Königsberg gemacht. Allein bei mir löst eine Arbeit die andere, ein Leiden das andere ab. Heut vor acht Tagen abends 6 Uhr hat sich meine Frau an einem kalten Fieber niedergelegt, das, bei ihrer sonstigen Gebrechlichkeit und Reizbarkeit, einen überaus schwierigen Charakter anzunehmen droht, und ich kann mich daher nicht von der Stelle regen.

1

Am 27. April wurde die 2. Kammer aufgelöst und die 1. Kammer vertagt. Am 28. April erklärte die Regierung, daß der König sich mit dem Rate seines Staatsministeriums entschlossen habe, die auf Grund der in Frankfurt beschlossenen Verfassung ihm dargebotene Kaiserwürde abzulehnen. Am selben Tag wurde eine Zirkularnote gleichen Inhalts an die preuß. Vertreter bei den deutschen Regierungen erlassen. - In einem Schreiben an den aus Frankfurt gekommenen Reichskommissar Bassermann vom 3. Mai erklärte Graf v. Brandenburg, daß die Auflösung der Kammern eine innere preußische Angelegenheit seien, in die sich die Zentralgewalt nicht einzumischen habe. Gleichzeitig wurde betont, daß eine Reichsverfassung zustande kommen müsse. Sollte die Nationalverslg. nicht daran mitwirken, sei es Aufgabe der deutschen Regierungen, der Nation eine Verfassung darzubieten, die dem Begriff des Bundesstaates entspräche.

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Sie, der Lebens- und Leidensgefährte, wissen, wie solche Zustände veröden, hemmen, kleinmütig und verzagt machen. Das Wetter ist entzückend geworden die Blüten lächeln -, und meine Frau liegt da in einem finstern Zimmer, jeden Lichtstrahl als eine Verwundung ihres Hirns empfindend. Und ich aus dem geräuschvollen Kammerleben in diese Engheit und Totenstille der Krankenstube gebannt, frage im stillen immer: was will Gott mit dir? Was die Wohnung bei Herrn Pred. Schmidt anbetrifft, worauf meine Frau mit ihrer Lebendigkeit so rasch einging, so muß ich unter diesen Doppelumständen der Vertagung der Kammer und der Schwererkrankung der Frau ergebenst bitten, noch keinen weitern Schritt zu tun. Mein Schicksal ist zunächst unübersehbar. Im Herzen trage ich freilich den Entschluß, bis Michaelis mein Mandat niederzulegen und Ende September mit den Meinigen von hier nach dem geliebten Königsberg zurückzureisen. Aber - Allah ist groß! Wer solche Dinge, wie ich, seit dreiviertel Jahren, erlebt hat, verliert endlich den Mut, sich eine bestimmte Zukunft vorzudenken. Es ist hier einige Tage recht unruhig gewesen. Die Regierung weiß, daß, so wie sie den Belagerungszustand aufhebt, ein republikanischer Aufstand losbricht. Da die Republikaner dies jetzt natürlich leugnen und die eiserne Idylle Wrangeis auch nicht ewig dauern kann, so wird die Regierung in der nächsten Woche den Belagerungszustand wahrscheinlich aufheben. Ein paar Tage wird es dann musterhaft ruhig sein, bis die Organisation zum Kampf bei den demokratischen Sektionen ganz fertig ist. Dann wird es zu einer Straßenschlacht kommen, und dann wird schließlich der Belagerungszustand wieder eingeführt weiden. Die moralische Unterhöhlung der Jetztwelt, die Abenteuer des Fanatismus, die offenbare Verkehrtheit der Stellung vieler Personen lassen mich, der ich ursprünglich Optimist bin, jetzt oft das Äußerste fürchten. Möchte ich immer diejenige Würde behaupten, die mit Ehrfurcht vor dem Schicksal den Freimut und die Selbständigkeit behauptet! Wenn Gott mir die Wohltat erzeigte, einst recht bald, mit Ihnen alles, was ich seit dem 11. Juli 1848 erlebt, im Spiegel der Idee durchzudenken und recht zu erkennen - welche Wonne würde mir das sein! Grüßen Sie die Ihrigen herzlich, auch Detroit, Nedden, Lowositz und schreiben Sie bald Ihrem K. Rosenkranz

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355. An Theodor ν. Schön Berlin, den 14. Mai 1849 Ew. Exzellenz haben mir mit Ihrem letzten Brief eine große Freude gemacht. Ich fürchtete schon, daß Sie unwohl wären. Aus Ihren Zeilen strahlt aber eine Kraft, wie sie nur der Mut der unsterblichen Jugend des Geistes besitzt, und bekundet das frischeste Wohlsein. Ich ärgerte mich so sehr über die Halbheit des Ministeriums bei der Auflösung und Vertagung der Kammer, daß ich zuerst mein Mandat mit dem Ausspruch eines Mißtrauensvotums niederlegen wollte. Indem ich aber hoffte, daß mit mir ein Vierzig oder Fünfzig gleichen Sinnes sein würden und deshalb in einer Versammlung bei Mielentz meinen Entschluß mitteilte, fand ich mich mit demselben ganz allein. Man brachte Gründe über Gründe dagegen und wollte ihn sogar für feige erklären, da man den nächsten Verlauf der Begebenheiten nicht zu übersehen vermöge und jeder dann auf seinem Posten sein müsse. Da nun mein vereinzelter Austritt ohne größeren Erfolg geblieben wäre (wie sich dies bei Sauckens Austritt früher schon gezeigt), so gab ich mein Vorhaben wieder auf. Nun fragte es sich, ob ich nach Königsberg gehen sollte. Ich will von meinen häuslichen Umständen hierbei absehen, die unverbesserlich sehr trauriger Art sind. Meine Frau, eine Virtuosin im Kranksein, hatte am 25. April sich wieder am kalten Fieber gelegt und leidet bis diesen Augenblick heftig. Allein alle stellten mir vor, daß ich das Geld für die Reise hin und her so gut wie umsonst ausgeben würde, da ich, der Pfingstferien halber, nur vier, höchstens fünf Wochen würde dozieren können und während dieser Zeit doch in der peinlichsten Unruhe leben würde. Nun kam auch erst das Gefühl der Abspannung recht über mich. Ich hatte Tag vor Tag arbeiten müssen, da ich für alle wichtigeren Fragen immer in die Ausschüsse und in der Fraktion zum Vorstand gewählt war. So blieb ich hier. Zunächst wollte ich bei Duncker über die Deutsche Frage eine kleine Schrift drucken lassen; Duncker meinte aber, die Ereignisse stünden so auf der Spitze, daß das Wort jetzt den Ereignissen nur nachhinken würde. Frankfurt, Stuttgart, Dresden berechtigten zu diesem Urteil. Ich gab auch diesen Vorsatz auf und nahm das Manuskript zurück. Dagegen richtete ich an meine Wahlmänner einen Bericht über meine bisherige Wirksamkeit in der Kammer. Ich habe denselben an den Herrn Landrat Pfeiffer in Wehlau geschickt und denselben gebeten, ihn in dem Kreisblatt oder sonst zu veröffentlichen 1 . Hier habe ich mich auch kurz über die Deutsche Angelegenheit ausgelassen. Noch weiß ich aber nicht, ob der Herr Landrat meine Bitte erfüllt hat. 1

Über eine Veröffentlichung eines solchen Artikels ist nichts bekannt.

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Meine Auffassung der Deutschen Frage habe ich in den Privatversammlungen der ersten Kammer entschieden ausgesprochen. Das Gebaren des Ministeriums, die Kleinstaaten, nachdem es sie erst in Versuchung geführt, zu verleugnen, empörte mich jedoch so, daß ich in den letzten beiden Wochen schon Neigung spürte, meine Politik zu ändern. Ich sah keinen anderen Weg, diese Regierung zu einem großen, würdigen Entschluß zu zwingen, als ihm, dem Ministerium, das Resultat seiner Widersprüche, die Nullität Preußens, in einer recht positiven Forderung fühlbar zu machen. Wie klar würde der König dagestanden haben, wenn die Antwort vom 28. April am 3ten gegeben wurde, wenn man überhaupt der Frankfurter Abordnung ihr Kommen durch eine kategorische Erklärung erspart hätte! Ich habe D r. Goldstücker, als er Abschied nahm, nach Königsberg zu gehen, das Geständnis abgelegt, daß Ihre letzteren Briefe über den Begriff des Staates mir viel zu schaffen machten; besonders der eine mit der Überschrift: „Republik-Moralität" hat mir viel zu denken gegeben. Doch schreibe ich hierüber entweder später ausführlicher - oder noch lieber sprach' ich mit Ihnen. Was nun Ihre Meinung betrifft, daß mit dem Aufhören der Kammer auch die Existenz dieses Ministeriums hätte aufhören müssen, so ist sie gewiß richtig. Auch wenn man nur den Premierminister gewechselt hätte, wäre der Bitterkeit der persönlichen Empfindung die Spitze genommen gewesen.

Am 15. Mai Hier in Berlin rückt mir jeden Augenblick jemand auf die Stube, die Lage der Dinge, die immer drohender wird, zu durchsprechen. Ich konnte daher diesen Brief gestern nicht vollenden. Ich wollte Ew. Exzellenz noch ersuchen, doch den Gedanken, die Sie jetzt bewegen, selbst in einem neuen Woher und Wohin 1 einen kurzen, aber energischen, öffentlichen Ausdruck zu geben. Ich bin überzeugt, daß ein solches Wort von Ihnen jetzt gewaltig eingreifen und dem Hof und Ministerium imponieren würde. Auerswald (Rudolf) hat jetzt die nächste Aussicht, wieder in das Ministerium zu treten. Flottwell soll an seine Spitze (zunächst provisorisch) kommen. Auerswald reiste nach Karlsbad. Ich habe in wichtigen Angelegenheiten bereits zweimal an ihn geschrieben. Das Ministerium hat an ihn geschrieben. Wir

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Die kurze (6 Seiten) Schrift .Woher und Wohin' sandte Th. Schön zunächst anonym an Friedrich Wilhelm IV. In Anlehnung an Ruges Streckfuß-Aufsatz, von dem er glaubte, daß Strauß ihn verfaßt habe, forderte er in ihr die Einsetzung von General-Ständen, da die alte Städteordnung u. Provinzialstände dem Volk entfremdet seien. Diese Schrift erschien 1842 in Straßburg mit einem Nachwort Georg Feins. Da Schön sich nicht von den Gedankçn des Nachwortes distanzierte, wurde er dazu gedrängt, seine Entlassung einzureichen.

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bekommen aber keine Antwort. Die sächsischen Wirren mögen daran schuld sein. Ich bin gegen Veränderung des Wahlgesetzes 1 ; - für Berufung eines Deutschen Reichstags; - gegen eine Fortsetzung der preußischen Verfassungsrevision in aller Breite der Diskussion, indem ich nur Amendements eingebracht und einfach abgestimmt wissen will. Die Fraktionen entscheiden doch bei den Abstimmungen; worauf es eigentlich ankommt, ist ja mehr als sonnenklar. Herr v. Gerlach soll in seiner Abteilung die Beratung fast jedes Paragraphen mit dem Urteil angefangen haben, daß er denselben für überflüssig halte, namentlich bei den Grundrechten. Die erste Kammer dauert, der Form nach, fort. Das Büro besteht. Das Lesezimmer ist eröffnet; zwischen 12 und 2 Uhr ist allgemeine Versammlung, wo Briefe vorgelesen werden u.dgl.; selbst die Restauration vegetiert. Im Westen Deutschlands wird es wohl zu einer Reichsarmee kommen. Fenneberg soll ihr General werden. Diese Woche kann sich unser Ministerium noch halten, länger bezweifle ich es. Empfehlen Sie mich der Frau Ministerin und Fräulein Malwina und bleiben Sie der Freund Ihres Sie innig verehrenden Karl Rosenkranz Soeben geht mir noch Ihr Schreiben vom 10./11. Mai zu. Diesen Plan, Deutschland zu einer Hexarchie oder Heptarchie zu gestalten und die kleinen Staaten (die Deutschländerkens, wie Buddelmeyer sagt) zu größeren Einheiten zusammenzulegen, habe ich schon vorigen Sommer für das Ministerium Auerswald ausgearbeitet und vollständig motiviert 2 . Kaum aber mußten diese Kleinstaaten Witterung davon haben, als sie aufs Eiligste nach Frankfurt - r i d i c u l e d i c t u - „Staatenbevollmächtigte" schickten. Diese haben es denn im stillen dahin gebracht, daß die Frankfurter Versammlung alle diese Duodezstaaten im „Staatenhause" wohlkonserviert hat. Ich besitze noch das Brouillon meiner Arbeit. Gestern sind die preußischen Abgeordneten von Frankfurt abberufen 3 .

Die Auflösung der 2. Kammer geschah auch aus der Absicht heraus, ein neues Wahlgesetz zu erlassen. Nach Artikel 48 der Verfassung mußten die Wähler innerhalb 40 Tagen versammelt werden. Um das Volk auf ein neues Wahlgesetz vorzubereiten, veröffentlichte die Regierung in der Deutschen Reform einen Artikel, in dem es u. a. hieß, daß „die Wahl nach Köpfen ein communistisches Wahlgesetz sei". - Am 30. Mai wurde das neue Dreiklassenwahlrecht oktroyiert. ^

3

K. Rosenkranz, Die organische Gestaltung der Einheit Deutschlands. Enthalten in: Zur deutschen Verfassungsfrage im Sommer 1848. In: K. R., Neue Studien Bd. 3. Studien zur Literatur- und Cullurgeschichte. Leipzig 1877, S. 291 ff. Am 14. Mai erklärte Preußen, daß das Mandat ihrer Abgeordneten erloschen sei.

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Die teutonische Berserkerwut, das Nationalitätsfieber, scheint und erscheint bei niemand stärker, als bei den Juden. Daß ein Israel entstammender Germane, Simson, dem Könige die Kaiserkrone zu offerieren die Huld hatte, ist für unsere Zeit gewiß charakteristisch. Könnten Sie denn nicht dem Prinzen von Preußen einmal einen solchen Brief schreiben? Der König ist zu schwankend. Ihr K. R. 356. An Theodor v. Schön Berlin, den 24. Mai 1849 Ew. Exzellenz beehre ich mich, auf den E m p f a n g Ihres gestrigen und heutigen Schreibens jetzt nur in der Eile zu erwidern, daß ich im Begriff bin, nach Thüringen zu reisen; zunächst nach Erfurt. Ich kann noch nicht voraussagen, wie lang' ich fortbleiben werde. Doch wird es nicht sonderlich lange sein. Ich bitte jedoch um Entschuldigung, wenn unterdes hier eingehende Briefe unbeantwortet bleiben. Die Sachen stehen hier sehr schlecht. Im Ministerium absolute Ratlosigkeit bei größter Einbildung, „rettende Taten" zu vollbringen. Der König durchläuft einen chamäleontischen Wechsel von russischösterreichisch-deutsch-preußischen Wallungen. Das Wahlgesetz arbeitet man zum dritten Mal um. Wenn man hier in Berlin lebt und etwas Verstand und guten Willen hat, muß man ein Pessimist werden. Brünneck ist ein trefflicher Mann, mit dem ich in Sachen des Ultragermanismus zusammengehalten habe, wo wir beide gemeinschaftliche Sache im Räsonieren machten, uns das Herz zu erleichtern; ebenso, wenn es galt, windige Patrone, die gar groß einherstolzierten, zurückzuweisen. Sonst glaube ich, daß er royalistischer, ich demokratischer den konstitutionellen Staat auffasse. D r . Goldstücker ist und bleibt das große Futurum. Er wird Zeit und Geld in Unternehmungen verbringen, die zuletzt sogar, bei allem Anstand, der Konspiration nicht zu fern stehen. Vielleicht schreibe ich von Erfurt, dem Sitz der Reichsgewalt, wie einige wünschen. Einstweilen empfehle ich mich herzlich als Ihr Karl Rosenkranz

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357. An Theodor v. Schön Berlin, den 11. Juni 1849 Ew. Exzellenz haben gewiß schon eher eine Antwort auf Ihre letzteren so reichhaltigen Schreiben von mir erwartet. Ich bin jedoch erst seit einigen Tagen von meiner Reise zurück und gelange erst heute zu einiger Sammlung. Vorweg bemerke ich, daß Ihr scharfes, kaustisches Votum über die Frankfurter Versammlung in keine hiesige Zeitung Eingang finden kann und daß selbst Herr v. Hasencamp, dem ich es gestern früh mitteilte, es nicht wagt, dasselbe in die Aachener zu schicken, überzeugt, daß sie es nicht aufnehmen würde. Das lassen Sie sich das größte Lob sein! Varnhagen, zu dem ich Sonnabend früh ging, traf ich nicht zu Hause, und steht ihm also der Genuß noch bevor. Es ist eine harte Zeit. Es sind so viele, so blutige, so inhaltschwere Ereignisse seit noch nicht anderthalb Jahren sich einander gefolgt, daß die bloß historische Memorie die neuen noch immer sich drängenden Tatsachen aufzunehmen fast ermüdet. Eine allgemeine Abstumpfung muß nächstens eintreten. Und nun gar die Verfassungen! Erst las man einen solchen Entwurf mit Andacht. Aber nachdem wir die Plurale der französischen, preußischen, dessauischen, österreichischen, römischen, deutschen und anderer Verfassungen erhalten haben, nehmen wir eine neueste „Verfassung mit Gähnen in die Hand". Ich war auf dem Halleschen Bahnhof, als die oktroyierte preußische Verfassung für Deutschland1 angelangt war. Kein Mensch kümmert sich drum. Ich allein las sie! Nachher fragten mich die Leute, ob sie gut sei? Ich antwortete: nur sich selbst vergleichbar. Damit waren sie zufrieden. Unsere ungeheure Militärmacht dauert mich, keiner Idee, keinem klaren, großen Zwecke zu dienen! Ich habe in Erfurt die blauen, in Weimar die roten Husaren (über die Mauer von Goethes Garten) und ein Regiment Musketiere und Füsiliere durchmarschieren sehen. Prachtvolle Menschen! So ein Staatchen, wie Weimar, erbebt in seinen Grundfesten vor dem ehernen Tritt der preußischen Soldaten, aber die Soldaten wissen nicht recht, was sie sollen. Sie sollen die Empörung 2 niederwerfen, Ordnung halten. Das Negative ist klar. Aber die Rückseite, das Positive, ist mangelhaft, willkürlich, zum Teil ein Vakuum.

Gemeint ist der am 26. M a i vorgelegte Verfassungsentwurf Preußens, der zahlreiche Grundrechte nicht mehr berücksichtigte, so daß u. a. der Adelsstand, Titel, Todesstrafe wieder eingeführt werden konnten. Der Entwurf wurde am 26. Mai 1849 von einer aus Preußen, Sachsen u. Hannover bestehenden Union unterzeichnet. Preuß. Soldaten wurden seit Mai 1849 eingesetzt, um Volkserhebungen in den mittel- und süddeutschen Kleinstaaten, vor allem Baden u. Pfalz, niederzuwerfen.

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Zu Erfurt logiert' ich im Hotel Zum Kaiser. Da wimmelte es von Offizieren und mittags bei Tisch könnt' ich zuweilen glauben, ich wäre mitten im Kriege drin, denn ich hörte von nichts als den Etappen, den Kolonnen, den Fourieren, den guten Quartieren (in Altenburg, die sie gar nicht vergessen konnten), den Nachrichten aus Ungarn usw. Ich habe mir Erfurt 1 darauf angesehen, ob es wohl Sitz der Zentralgewalt und des Parlamentes werden könnte, und muß gestehen, daß, wenn man eine regelrechte Mitte Deutschlands sucht, wo Nord und Süd, Ost und West, Hügel und Ebene, Katholizismus und Protestantismus sich ausgleichen und selbst die verschiedenen Stämme (Thüringer, Westfalen, Franken) fast zusammengrenzen, Erfurt klassisch ist. Nur ist die Stadt sehr herunter. Die Reichsdiäten kämen recht gelegen, ihr auszuhelfen. An Wein- und Bierkneipen, diesen wesentlichsten Bedingung deutscher Klubbildungen, fehlt es nicht. Ich verwinde den Ärger über Bayern 2 nicht. Unser König hat sich von Radowitz zu seiner neuesten Politik bewegen lassen und diese ist ganz zugunsten des Ultramontanismus. Wir werden, fürcht' ich, noch erleben, daß, nachdem alle Elemente (Nationalität, Besitz usw.) als Kampfsignale abgenutzt sind, die Leidenschaft endlich doch den religiösen Fanatismus anschürt und das „Gotteskind Staat", wie Sie ihn nennen, vorerst ganz darauf geht. D r . Goldstücker hat mir heute einen recht hübschen Brief geschrieben, nach welchem er Sie doch mehrmals besucht hat und sich in Königsberg nur mit Sanskrit, gar nicht mit Politik beschäftigt. Mit mir, schreibt er, wäre man sehr unzufrieden; - worüber aber, sagt er nicht. Ich denke aber, wenn die Königsberger nur erst wieder in mein Gesicht blicken, wird ihnen das agitierte Mißtrauen schon vergehen. Sie, Exzellenz, kennen die geheimsten meiner politischen Gedanken und wissen am besten zu beurteilen, wie ich und aus welchen Motiven ich gehandelt habe. Ihnen und den Ihrigen, hochverehrter Herr und Freund, unwandelbar ergebener Karl Rosenkranz Kanzler Müller aus Weimar läßt Sie durch mich ergebenst grüßen!

'

1850 tagte in Erfurt das preuß.-kleindt. Parlament. Neben Hessen-Homburg und Württemberg war auch Bayern nicht dem Bündnis vom 26. Mai 1849 beigetreten. Am 4. Juni 1849 verkündete die bayerische Regierung, daß sie nicht imstande sei, ihre volle Übereinstimmung mit dem Entwurf vom 26. Mai zu erklären. Gleichzeitig hatte Bayern aber um preuß. Truppenunterstützung gebeten, um den Aufstand in der Rheinpfalz niederzuschlagen. Diese Hilfe wurde gewährt u. die Truppen in Bewegung gesetzt. Von bayerischer ultramontaner Seite hieß es nun aber, daß die Hilfestellung im Grunde nur preuß. Eroberungssucht sei.

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358. An Theodor v. Schön Berlin, den 20. Juni 1849 Innigstverehrter Herr und Freund! Sie sagen zwar, daß Sie so viel älter seien als ich, aber Ihre Briefe sprühen immer jugendlicheres Feuer, so daß ich mich zuweilen, Ihrem rastlosen Geist gegenüber, hier in Berlin recht alt geworden finde. Wenn ich einmal die Briefe, die wir uns seit dreiviertel Jahren geschrieben haben, etwas ordnete, säuberte, vom Zufälligen reinigte, wie es der ganz privaten Beziehung oder der ganz momentanen Stimmung angehört, so müßte das eine ganz interessante politische Lektüre geben, bei welcher aber aller Vorteil auf Ihrer Seite sein und mir nur das Verdienst der Anregung und der reinen Liebe bleiben würde. Es liegt an dem sonderbar zerstreuenden Wesen Berlins, daß ich hier zu gar nichts Rechtem gelange. Sie, auf Ihrem glückseligen Tuskulum, sitzen wie ein Gott in der Region der Heiterkeit und schleudern von da Ihre Briefblitze in die abendlichen Provinzen! Was nun den mit dem deutschen Parlament - einem der treffendsten - angeht, so habe ich es anzustellen gesucht, daß er durch Vermittlung des jungen Aegidi gerade in die Deutsche Zeitung 1 kommen soll - versteht sich, mit aller Diskretion und nicht ohne die Enveloppe eines gewissen Dissentierens, ohne welche diese Zeitung ihn nicht aufnehmen kann, ohne sich das Todesurteil zu sprechen. Wissen Sie, daß jetzt hier ein Leben Steins2 gedruckt wird? Durch Zufall sind mir Sonntag vier Druckbogen davon in die Hände gekommen. Wenn Sie wünschen, erkundige ich mich näher darnach. Wie zerklüftet unsere Meinungen jetzt sind, können Sie aus folgender Tatsache ermessen. Sie schreiben mir: Kosch sei verwildert und wüte mit der Predigt von Republik und Revolution im Börsengarten. D r . Goldstücker dagegen schreibt mir: wie verzweifelt unsere politischen Zustände seien, könnte ich daraus ermessen, daß D r. Kosch, ein Mann von äußerster Mäßigung, erkläre, sich um die Politik gar nicht mehr kümmern zu wollen. Kosch aber ist, wie ich genau weiß, nur ein Sprachrohr Goldstückers. Goldstücker hat Ihnen wieder zugesetzt, wie mir auch so oft schon, indem er sich auf den moralischen Standpunkt stellt. Ich habe mich durch ihn im vorigen Jahr nur zu oft so bestimmen lassen. Er hat dann eine solche intensiv leidenschaftliche Erregtheit; er geht dann von so unbestreitbaren allgemeinen Vordersätzen aus; er versteht dann die Gefahren des Augenblicks so lebendig zu schildern; er hat dann soviel Logik in die Tatsachen zu legen und soviel jüdische Hartnäckigkeit, bei ihm mit so viel Liebenswürdigkeit verbunden, daß 1 2

Deutsche Zeitung. Frankfurt/M., Mannheim, Leipzig. 1847-1850. Georg Heinrich Pertz, Das Leben des Ministers Frh. v. Stein. 6 Bde. Berlin 1849-1851.

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er einem recht heiß machen kann. Aber ich bin doch schon kalt geblieben, seit ich gewisse Einblicke getan habe, die mich immer auf einen geheimnisvollen Hintergrund führen - den er zwar leugnet und den positiv zu behaupten ich kein Recht habe. Es ist bei mir nur Kombination, die aber doch weiter reicht, als er ahnt und als ich ihm sagen kann. Seinen Edelsinn werde ich nie bezweifeln, und seine bittere Kritik der Gegenwart ist leider in so vielen Stücken nur zu wahr. Allein, daß man das Gewicht eines berühmten Namens, wie wir beide ihn nach der Weltordnung und nach Gottes Gnade einmal besitzen, für eine seiner Meinungen sofort in die Waagschale legen solle, das seh ich nicht ein. Was der Mensch nicht mit freiem Triebe aus sich selbst vollbringt, das nutzt nicht. Man kann einem andern einen Rat, eine Weisung geben, aber man muß ihm die Freiheit lassen, seinem Gott zu stehen und zu fallen. Warum spricht D r . Goldstücker denn nicht selber sich aus und setzt seinen Namen darunter, der sogar in England und Frankreich und in Deutschland wenigstens bei allen Radikalen, die er persönlich kennt (Fröbel, Ruge, Bakunin, Hexamer, Waldeck, Born usw. gingen sämtlich mit ihm um) hinreichend bekannt ist? Warum hält er dies nicht für Pflicht? Ihrer Ansicht über Deutschland und die Stellung unseres Königs zu demselben kann ich doch insofern nicht beitreten, als der König durch eine solche Aufforderung zur Bildung eines südwestlichen Deutschlands offenbar revolutionär erscheinen müßte. Es scheint mir hier ein Moment gekommen zu sein, wo die Kleinstaaten sich selbst - wie unser preußischer Adel 1840 seine Privilegien 1 - auf den Altar des Vaterlands niederlegen müßten. Alle diese Deutschländerkens müßten eines guten Morgens erklären, daß sie zu existieren nämlich als Souveräne zu existieren aufgehört hätten. Mit dem Ultramontanismus habe ich diesmal nicht das religiöse Element gemeint, sondern das politische: die Unterordnung unter die Rheinländer, unter Bayern, unter Österreich; die Hingebung an Radowitz; die extreme Schonung Johanns ohne Land; die Sympathien für den Papst. Man weiß hier - dies habe ich gestern aus guter Quelle -, daß ProkeschOsten hiesige Publizisten unterhält, gegen Preußen zu schreiben - und duldet diesen Gesandten! Das sollte dem Alten Fritz begegnet sein! Ich glaube, der hätte einen solchen Herrn s a n s f a c o n ausweisen lassen. Von Neitschütz 2 Krankheit erfuhr ich erst durch Herrn v. Keudell bei einem Diner in Kolls Garten - und von seinem Tod erst durch die Zeitungen! Neitschütz und Abegg!

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Auf dem Huldigungstag in Königsberg. Der Jurist Wilhelm v. Neitschütz, ein Neffe Th. v. Schöns, 1835 Land- und Stadtgerichtsdirektorin Tapiau, seit 1845 Inquisilorialsdirektor in Königsberg, starb 1849. - B. E. Abegg starb 1848.

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Der verehrten Frau Ministerin und dem holdseligen Fräulein Malwina mich bestens empfehlend immer Ihr K. Rosenkranz Wie spurlos ist doch Camphausen1 in den Sand verlaufen.

359. An Theodor v. Schön Berlin, den 27. Juni 1849 Ew. Exzellenz sehe ich mich genötigt, die Anzeige zu machen, daß ich heute mein Mandat als Abgeordneter niederlege; heut' als an dem Tage, an welchem die Kammern2 gesetzlich hätten zusammentreten sollen. Außer politischen Gründen, außer Ursachen, die in meiner Stellung liegen, ist es meine Gesundheit, die mich bestimmt. Diese politischen Aufregungen - weil ich als Abgeordneter (wie früher im Ministerium) mich doch für alles moralisch mitverantwortlich fühle, haben einen heftigen Herzschlag hervorgebracht. Die ganze linke Seite leidet bei mir. Die Halsadern klopfen empfindlich. Tritt nicht nach Niederlegung des Mandats eine Beruhigung ein auf psychischem Wege, so werde ich wohl den physischen wandeln und auf ein paar Wochen in ein Bad (Kösen oder Freienwalde) gehen müssen. Ich wünsche dies nicht, aber was soll ich machen? Am liebsten packt' ich gleich auf und käme nach Königsberg. Eine Wohnung zu suchen hab' ich schon den Auftrag gegeben. Leider ist eine Familie und ein Hauswesen nicht so rasch forteskamotiert. Oft ergreift mich eine wahre Angst, ob ich auch Königsberg und Arnau Wiedersehen werde. Der Verfasser der Steinschen Biographie heißt Pertz, der bekannte Oberbibliothekar. Heut bin ich von vielen Redereien und Schreibereien in diesen Tagen erschöpft und behalte daher die weitere Darlegung meiner Ansichten dem nächsten - freilich nicht mehr portofreien Brief vor. Die Götter seien mit Ihnen! Ihr ergebenster K. Rosenkranz

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Camphausen war aus dem preuß. Staatsdienst ausgeschieden. Der Landtag sollte am 27. Juni 1849 wieder zusammentreten, um den Verfassungsentwurf zu Ende zu führen.

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360. An Theodor v. Schön Berlin, den 3. Juli 1849 Ew. Exzellenz wollen erlauben, daß ich Ihren mir so wohltuenden Freundesbrief von heute sogleich mit einigen Worten erwidern darf. Ja, ich leide, ich leide sehr in diesem Berlin, wo alles so schön, so äußerlich anmutig, so leicht, aber nichts so gemütlich, so innerlich tüchtig, so charaktervoll ist als bei uns in Ostpreußen. Ich habe meine Frau, die allmählich wieder genas, jetzt aufs Land zu einem Prediger, einem Verwandten von uns, geschickt, damit sie zum Überstehen der Reise und der Umzugsanstrengungen sich gründlich erhole, und dann werde ich wohl noch einen kleinen Ausflug machen. Nun kommt mir, da unser lustiges Annchen auch mit ist und ich mit den beiden Jungens allein bin, Berlin erst recht trist vor. Und wie läuft die Zeit! Das Ministerium pumpt aus dem Brunnen des unerschöpflichen § 105 1 immer neues Gesetzwasser herauf! Die Presse, das Vereins- und Versammlungsrecht sind soeben mit einem Gesetz beschenkt. Die Stellung der Beamten wird nächstens darankommen. Für die Gemeindeordnung geben die Klassen, nach denen die Kammerwahlen reguliert werden sollen, au. Bei alledem aber steht unser Ministerium, wenn wir es mit den übrigen in Europa vergleichen, wirklich noch als eines der besten da. Man sagt im Französischen: l ' a p p é t i t v i e n t e n m a n g e a n t ; so kann man auch von diesem Ministerium sagen: l e c o u r a g e e t m ê m e l'intellig e n c e l u i s o n t v e n u en g o u v e r n a n t . Alle Ministerien von Camphausen bis Pfuel waren daran untergegangen, daß sie zu Lokalbehörden hatten herabsinken müssen. Weil man den Rechtsstaat so verstand wie D r . Rupp, nämlich als wenn er ohne alle Polizei bestehen könnte, hatte man endlich gar keinen „Rechtsboden" mehr und die Existenz des Staates hing wirklich oft vom guten Willen des süßen Pöbels ab. Diese Minister, mit gewiß nicht zu großen Fähigkeiten, haben wenigstens etwas regieren gelernt, weil sie einige Zeit gehabt haben, über das Mechanische und über die Illusionen hinauszukommen. Wenn sie sich nicht überheben, können sie, von den Erfolgen unserer Waffen in Baden unterstützt, vor die neuen Kammern sogar nicht ohne einen gewissen Nimbus hintreten. Ob freilich die Kammern am 7. August zusammentreten werden, ist die Frage. Schon vor vierzehn Tagen war dies problematisch. Daß Auerswald, der Präsident der ersten Kammer, nachdem er in Deutschland zwei Monate umhergereist ist, noch auf 4 Wochen bis zum 7. August (und er müßte denn schon eine Woche zuvor hier sein) wieder nach Königsberg geht, kann ich mir nur aus diesem Zweifel erklären. Oder ich müßte die Konjektur machen, daß er unter ^ Der §105 gab der Regierung das Recht, bei Nichtbestehen der Kammern, Verordnungen und Gesetze selbst zu erlasssen.

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irgendwelchem Vorwand, sich aus dem Präsidium der Kammer herausziehen will, da dasselbe, dem Ministerium der rettenden Taten gegenüber, einer zur Reaktion geneigten Kammer gegenüber, einer noch unbekannten zweiten Kammer gegenüber, aber auch der Geschichte seiner eigenen Ministerherrlichkeit von vorigem Sommer gegenüber, einen schweren Stand haben wird. Auerswald war Freitag früh ein paar Stunden bei mir. Wir haben viel gesprochen. Er ist ein sehr liebenswürdiger Mann, und es bedurfte der ganzen Klarheit und Festigkeit meines Entschlusses, sonst hätte er mich fast wieder beredet gehabt, mein Mandat nicht niederzulegen. Ich tröstete ihn über meinen Verlust mit der Aussicht, daß ich von nun ab, durch keine Fraktionsrücksichtelei mehr gebunden, wieder als Publizist tätiger sein würde. Und das wird auch geschehen! Sowie ich wieder als reiner Philosoph, als absoluter Denker, lediglich der Idee huldigen darf, so gewinn ich wieder innere Ruhe und nach außen freudiges Leben. Was nun Ihr gesalzenes Votum über die Frankfurter betrifft, so ist dasselbe bis jetzt noch nicht gedruckt. Ich hatte es abschriftlich an D r . Kruse schicken lassen, weil ich Ihnen einen Gefallen zu tun glaubte, wenn diese Handgranate den Herren in Gotha unter die Nase zischte. Allein ich sehe, daß auch die Deutsche Zeitung nicht den Mut haben wird, es mitzuteilen. Ich habe sogleich Order erteilt, den Abdruck zu unterlassen. Von den mir zugesandten 3 Exemplaren habe ich das für Herrn von Hasencamp bestimmte, da er unterdessen zu Ihnen gereist war, an R. v. Auerswald geschenkt, dem ich damit eine Freude machte und den ich doch wohl als Ihren Freund ansehen darf. Das für Vamhagen bestimmte besitz ich noch, weil ich es ihm selber überreichen wollte. Er ist jetzt aber in einem Komitee für das Goethefest und daher schwer zu treffen. Was ferner das Manuskript für Schlosser anbetrifft, so muß ich Ihnen mitteilen, daß Neitschütz Ihre Order nicht so pünktlich als ich befolgt hat. Er hat es, wie er mir in der Kammer selber erzählt hat, Arndt nicht vorgelesen, sondern mit nach Hause gegeben. Ich bin erbötig, an Arndt oder Schlosser zu schreiben, da ich sie beide kenne und Schlosser mir sehr zugetan ist. Sollten Sie dies wünschen, so bitte ich nur noch um Angabe der Zeit, wann dies geschehen, daß Sie das Manuskript abgesandt haben. Der Artikel im Zuschauer der Kreuzzeitung sollte Ihnen aber keine Sorge machen. Er ist nichts als eine sogenannte „Lesefrucht" von irgendeinem pensionierten Rat aus dem Eilersschen Buch über das Ministerium Eichhorn, das Sie kennen werden. Mit dem Hof hat dieser Artikel, der aus Versehen sogar zweimal abgedruckt sein soll, gar keinen Zusammenhang. Ihr Artikel über die Frankfurter ist ganz aus der Kantisch-Fichteschen Weltanschauung heraus geschrieben. Die Unterscheidung von Verstand, Urteilskraft und Vernunft, die hindurchgeht und den Staat als das Werk der Vernunft im Auge hat; die Urteilskraft das Ideal des reinen Gedankens mit der geschieht-

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lichen Wirklichkeit kritisch vergleichen läßt, um nicht bloß eine blaue Möglichkeit zu träumen, sondern die reale Möglichkeit zu finden; den Verstand endlich die Tatsachen sammeln und nach Kategorien sichten läßt - diese Unterscheidung ist den heutigen Nationalversammelten zu mühsam. Der Ausdruck: politische Sündhaftigkeit würde Herrn von Ladenberg gewiß erschrecken; ich zweifle jedoch, ob er weiß, daß derselbe bei Ihnen nicht eine Reminiszenz pietistischer Sprachübungen, sondern eine Anspielung auf Fichtes Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters ist, in welchem das neunzehnte Jahrhundert als das des vollendeten Pessimismus konstruiert ist. Und wahr ist es, der Teufel der Schwäche, der von Wollust in Grausamkeit, von Hochmut in Niederträchtigkeit überspringt, ist selten so im Flor gewesen als in unserem Dezennium. Flottwell1 tut mir leid. Könnte A. denn nicht nach Münster gehen? Soviel, teuerster Herr und Freund, für heute. Ich habe nur meinen guten Willen zeigen wollen und bleibe Ew. Exzellenz ergebenster Karl Rosenkranz 361. An Friedrich Christoph Schlosser Hochwohlgeborener Herr, hochverehrtester Herr Hofrat! Der Herr Staatsminister v. S c h ö η , mein vieljähriger Freund, hatte im März d. J. einen Brief an Sie abgesendet, der von Frankfurt aus durch Herrn v. Neitschütz, eines der Parlamentsmitglieder, an Sie befördert werden sollte. Herr v. Neitschütz ist vor einigen Monaten hier verstorben. Der Brief hat sich in seiner Nachlassenschaft zwar nicht vorgefunden, allein es ist wahrscheinlich, daß Sie denselben gar nicht erhalten haben. In dieser Voraussetzung sendet Ihnen Herr v. S c h ö n beiliegende Abschrift durch mich, da es ihm sehr darum zu tun ist, daß Sie die Wahrheit, die ganze Wahrheit erfahren, namentlich wegen Stiftung der Landwehr. Vor einigen zwanzig Jahren bin auch ich Ihr Zuhörer in // Heidelberg gewesen und so erlauben Sie mir, vereintester Herr, daß ich mich unterzeichnen darf als Ihren dankbar ergebenen Karl Rosenkranz Berlin, Geh. Rat und Professor d. 19. Juli 1849 Leipziger Platz 13 1

Als Oberpräsident der Provinz Westfalen kam es zu Streitigkeiten mit Katholiken in Münster, Flottwell wurde abberufen u. nahm die Oberpräsidialgeschäfte f. Ostpreußen wahr.

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362. An Theodor v. Schön Berlin, den 25. Juli 1849 Ew. Exzellenz werden mit Recht schon auf ein Schreiben von mir gewartet haben. Ich zögerte und zögerte, weil ich auf Antwort von Hofrat Schlosser wartete. Aber dieser alte Herr scheint die Gewohnheit, Briefe zu erwidern, verlernt zu haben. Wenn Sie es für angemessen erachten, so werde ich eigens noch einmal schreiben, ihn zu veranlassen, den Empfang des Schreibens wenigstens zu quittieren, damit doch wisse, ob das so wichtige Aktenstück richtig in seine Hände gelangt ist. Sodann wartete ich, um über meine Rückkunft Bestimmteres sagen zu können. Prof. Richelot, der mich auf seiner Durchreise nach Töplitz besuchte, erzählte mir, daß man mich zum Abgeordneten der Universität wahrscheinlich wählen würde. Da mir nun alles schrecklich ist, was mich länger als notwendig an dies Berlin, das eine gewisse Euthanasie des Geistes in sich involviert, fesselt, so wollte ich zuvorkommen und bat in einem Schreiben den Herrn Prorektor, mich bei der Wahl nicht zu berücksichtigen. Aber gerade fast den Tag, wo ich schrieb, haben sie mich in Königsberg gewählt 1 , und heut' vor acht Tagen erhielt ich das Mandat. Hierauf erklärte ich mich zur Annahme bereit, würde aber abwarten, ob man etwa meine frühere Äußerung schon berücksichtigt und eine andere Wahl veranstaltet habe. Es wäre nicht unmöglich, daß ich durch Teilnahme an diesem Kongreß noch vor meinem Abgang doch noch zum Schluß recht viel Gutes stiftete, zumal ich vorigen Herbst manche tiefere Blicke gerade in diese Sache habe tun können. Noch aber weiß ich nicht, woran ich bin. Was den jungen Aegidi anbetrifft, so müssen Exzellenz wegen seiner sanguinischen Schreiberei nicht ängstlich sein. Sie fällt nicht ins Gewicht. Er aber übt sich im Stil, und das ist gut. Da ich Ihren Aufsatz zur rechten Zeit noch dem Druck in der Deutschen Zeitung entzogen habe, so werden viele gar nicht wissen, auf wen sie den „Nestor" mit Bestimmtheit beziehen sollen. - Den anderen Aufsatz habe ich ihm nicht gegeben; ich wollte ihn mit nötiger Einleitung in die Reform bringen, als auch D r . Graßmann von der Redaktion abtrat und ich der neuen mich nicht anvertrauen mag. Erlauben mir Exzellenz, bei dieser Gelegenheit ein Wort über Ihren Stil zu sagen, über den Sie sich selber nicht selten beschweren. Sie sind wesentlich ein Mann des Handelns. Sie denken. Wenn Sie aber gedacht haben, wenn Sie zu

Gemeinsam mit F. W. Schubert wurde Rosenkranz von der Königsberger Universität als Vertreter auf die „Konferenz zur Beratung von Reformen der Verfassung u. Verwaltung der preußischen Universitäten", die unter dem Vorsitz von Johannes Schulze in der Zeit vom 24 Sept. 1849 - 12. Okt. 1849 in Berlin stattfand, geschickt. Es wurden drei Kommissionen gebildet, denen Böckh, Rosenkranz u. Lachmann vorstanden. Über die Inhalte der Konferenz s. „Verhandlungen der Conferenz zur Berathung von Reformen der Verfassung und Verwaltung der preußischen Universitäten, December 1849". Berlin 1849.

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einem Resultat des Seinsollens gelangt sind, dann möchten Sie das Werde! sofort aussprechen und die Schöpfung vor sich erstehen sehen. Daher finde ich in Ihrem Stil 1. die ganz reinliche Gedankenkonstruktion, scharfe Entgegensetzungen, klare Subsumtionen u. dgl. Aber 2. bricht Ihre Konstruktion ab, sowie Sie das Allgemeine ins Besondere hineindenken sollen. Das ist Ihnen langweilig und da behelfen Sie sich denn mit Bildern als einer Abbreviatur. Namentlich lieben Sie alle energischen Bilder aus dem Reiche des Lichts und der Finsternis. Das Allgemeine ins Besondere, die Idee ins Leben hineinhandeln, hineinwirken, das wäre Ihnen schon recht, das war' Ihnen nicht langweilig. Hieraus, gleichsam aus dem Zorn Ihrer tatlustigen Seele, schreiben zu müssen, wo Sie unmittelbar ins Leben greifen möchten, entspringt die eigentliche Dissonanz in Ihrem Stil, die aber Ihr Stil nie auflösen kann, sondern nur Sie selber als schaffender Mann. Aber deshalb ist es auch so schwer, etwas umzuschreiben, das Sie geschrieben haben. Es ist dann nicht mehr, was es ist, wenn es glühend aus Ihrer Feder strömt. Ich habe es mehrfach versucht, mache dann aber etwas anderes, Mattes daraus, weil ich eine rein kontemplative Natur bin. Aus gleichem Grunde sind Sie ein Meister in der Kritik der Personen, obwohl, eben als praktische Natur, nicht ganz ohne Vorurteil im guten wie im bösen, und als ein sehr guter Mensch, der jedem als Einzelnen wohl will, nicht ohne bedeutende Schwankungen. Sie erwähnen heute Fichtes. Exzellenz wollen bemerken, daß Fichte nur im ersten und zweiten Jahr seines Auftretens in Berlin etwas tat, daß er aber von 1806 ab schon von der eigentümlichen Zerstreutheit, die in Berlin herrscht, zu leiden hatte. Fichte würde jetzt vielleicht auch tun, was ich jetzt tue. Ich studiere jetzt des Morgens - Naturphilosophie. Es klingt vielleicht unpatriotisch, aber ich wüßte mir keinen anderen Rat, als, nachdem ich die Morgenzeitung gelesen und geschichtskrank geworden, mich auf den neutralen Boden der Natur zu begeben. Was sollte jetzt wohl eine Vorlesung über den Staat hier in Berlin? Ich glaube, man würde mich ausweisen lassen, weil ich nur in Königsberg zu vernünfteln kathedermäßig berechtigt sei. Vorige Woche habe ich auf der Universität in einem Kollegium von Michelet über das Staatsrecht hospitiert, wo derselbe sehr gut über das Staatsrecht sprach - und hatte sieben Zuhörer! Diese sieben schienen begeistert, also ein Beweis, daß er mehr zu haben verdient. Aber so groß ist der Umschlag in diesem Berlin. Was Prittwitz 1 und Bonin 2 angeht, so freuet es mich, versichern zu können, daß sie von dem Anmarsch Ryes 3 wirklich zu spät unterrichtet gewesen sein sollen. 1

Prittwitz, Karl Ludwig Wilhelm Emst v. (1790-1871), preuß. Offizier, 1818 Adjutant Prinz Wilhelms, 1829 Oberst, 1838 Generalmajor, 1844 Generalleutnant, 1848 Kommandeur des

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Morgens gehe ich nicht aus, wenigstens nicht gern, und gegen Abend trifft man die Herren nicht. Doch will ich versuchen, einige Morgenvisiten zu machen. So die langen, uniformen Straßen zu wandern, dem Portier zu klingeln, die Treppen zu steigen, wieder zu klingeln und dann in seinen Busen zu greifen, die Visitenkarte in dem leeren Nest abzugeben - es verleidet einem das Besuchen. Varnhagen ist jetzt in die Goethefeier1 vertieft, deren Verein sogar Portofreiheit bis zu 40 Pfund hat. Meine Frau ist noch auf dem Lande. Glauben Sie mir, Exzellenz, bevor ich nicht wieder in Ostpreußen bin, wird nichts Rechts aus mir. Meine Stimmung und meine Gesundheit sind übrigens, seit ich das Gefühl habe, nur der Wissenschaft wieder anzugehören, um zehn Prozent verbessert. Sobald ich etwas Näheres über die Sie interessierenden Personen erfahre, schreibe ich wieder. Den verehrten Ihrigen mich herzlich empfehlend und Professor Moser beneidend, daß er im schönen Arnau lustwandeln konnte, während ich den Berliner Staub schlucke. Ihr getreuer Karl Rosenkranz

363. An Alexander Jung Berlin, d. 31. Juli 1849 Lieber Jung! Nun soll doch dieser Monat nicht zu Ende gehen, ohne daß ich Ihnen Ihren letzten Brief vom 4ten, den mir Detroit überbrachte, beantworte. Meine Frau ist seit vier Wochen in Wanzleben, mit Annchen, und wird erst diesen Donnerstag zurückkehren. Ich habe in dieser Zeit viel und vielerlei gearbeitet, bin mit den Jungens in der Umgegend von Berlin, inklusive Potsdam, viel umhergewandert und außerdem mit Hotho seit drei Sonntagen in einen intimeren Verkehr getreten. Eine Wohnung haben wir glücklich in Königsberg, bei Herrn Pfarrer Schmidt, die von Ihnen zuerst vorgeschlagene. Da ist mir in Gedanken nun

Gardekorps. Ihm oblag am 18. März 1848 der Befehl, die Barrikaden in Berlin zu stürmen. 1849 hatte er den Oberbefehl über das Reichsheer in Schleswig. 2 Bonin, Eduard v. (1793-1865), preuß. Offizier, 1841 Oberstleutnant, 1842 Oberst, seit 1848 am Dänemark-Feldzug als Kommandeur beteiligt, erstürmte 1849 Kolding, 1852-54 u. 1858/59 Kriegsminister. ^ Rye, Olaf (1791-1848), dänischer General, er fiel bei der Schlacht um Fredericia. - Die deutschen Truppen erlitten am 5/6. Juli bei der Belagerung Fredericias durch das dänische Heer unter der Führung der Generäle Bülow u. Rye eine empfindliche Niederlage, die in der deutschen Presse, ζ. B. von Bunsen, der Sorglosigkeit Prillwitz' angelastet wurde, die einem Verrat gleichgekommen wäre. Auch Bonin warf man Versäumnisse vor. 1 Anläßlich Goethes 100jährigen Geburtstags.

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Bin ich im System der Königsberger Kulturgeschichte noch ferner eine Notwendigkeit, so wird der Weltgeist mir auch diese Gunst - zu so viel andern unverdienten Gnadenbezeugungen - gewähren. Zum Universitätskongreß werde ich wohl noch hier bleiben und wünsche, unserer Albertina noch recht nützlich dabei zu sein. Meine Abreise, die ich schon festgesetzt hatte, erleidet dadurch eine Umänderung, indessen füge ich mich gern darin. Glauben Sie mir, lieber teurer Jung, in der Geschichte walten Mysterien, welche das blöde Auge der ephemeren Menge nicht sieht. Und so ist es auch mit meinem Aufenthalt in Berlin, der für meine Bildung und dadurch wieder für die Bildung, die ich andern als Lehrer und Schriftsteller bereite, von so wesentlicher Bedeutung sein kann. Es ist recht gut, daß ich dem ostpreußischen Provinzialismus, dem Königsberger Parteiegoismus ein Jahr entrückt und auf eine universelle, an mannigfache Anschauungen reiche Situation versetzt gewesen bin. Ich bin dadurch für Königsberg selbst der schärferen Auffasung wieder fähig geworden, und meine Liebe zu dieser Stadt und ihren Bewohnern ist noch gewachsen. Sie schreiben mir, daß Sie für Brockhaus wieder einen Artikel 1 über Königsberg vorhaben. Wie bedauere ich, nicht mit Ihnen am Landgraben, in Maraunen usw. die Linien zu einem solchen in übersichtlichen Besprechungen ziehen oder sonstige Hilfsmittel geben zu können, ζ. B. meine Schilderung 2 der Königsberger philos, und mediz. Fakultät in den Halleschen Jahrbüchern, die viel Data enthält. Was Sie mir von Herrn Sehring schreiben, ist mir recht merkwürdig gewesen. Die Biographie vieler Menschen erlebt in diesem Jahr ihren Wendepunkt. Viele sind im blutigen Kampf untergegangen; viele sind ausgewandert; viele sind durch ihre öfters infernale Konsequenz, viele durch ihren Wechselservilismus erst nach oben, dann nach unten und nun wieder nach oben abgenutzt, konfisziert. Nur den reinen, uneigennützigen Menschen bleibt die Zukunft offen. Sie können, sie dürfen fortleben, fortwirken, weil sie immerdar, auch in ihren Verirrungen, dem Gott der Wahrheit und Freiheit und - Vernunft zu dienen strebten. Ich komme jetzt immer mehr, nachdem die Illusionen des Tages schwinden, die auch mir imponiert haben, wie wohl jedem (und mir eine Zeitlang um so mehr, als ich persönlich in die Krisen der Geschichte bis zur Gefahr des Todes

Alexander Jung, Königsberg in seiner politisch-socialen Entwicklung des letzten Jahrzehnds in: Die Gegenwart. Eine encyklopädische Darstellung der neuesten Zeitgeschichte für alle Stände. Bd. 4., S. 480ff. Leipzig 1850. In R.' anonym erschienenem Aufsatz, .Vorläufiges über die Universität Königsberg", in: HallJbb. 1840, Sp. 621-23, 953-59.

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hin verwickelt war), ich sage, ich komme jetzt immer mehr auf meine frühere Ansicht zurück, daß Preußen eine ganz eigentümliche, neue, gründlichere Verfassungsform erzeugen wird als den gewöhnlichen Konstitutionalismus, und das fundamentale Element dazu sehe ich immer wieder in seiner Städteordnung in Verbindung mit unserer Kreis- und Provinzialverfassung. Sie ist unser archimedischer Punkt, den Sozialismus zu organisieren, was Frankreich mit bloß atomistischen Sozietäten vergeblich versucht. Sie wünschen ein Verzeichnis meiner Schriften. Sollten Sie ein solches bedürfen? Ich sollte glauben, Sie besäßen die meisten. Nur die Geschichte der deutschen Poesie im Mittelalter, das Handbuch einer allgemeinen Geschichte der Poesie in 3 Bänden, die Kritik der Schriften de tribus impostoribus und die Naturreligion dürften Ihnen fehlen. Das Konversationslexikon enthält eine vollständige Aufzählung. Die Cholera wütet hier. Ich bin, ewigen mir unerklärlichen Schnupfen abgerechnet, gesund und fühle mich auch, seit ich der Politik feierlich entsagt habe, wieder frischer und heiterer. Ich bin einmal für Wissenschaft und Kunst organisiert, wenn auch natürlich ein Mensch wie ich auch auf dem Felde der Politik, sobald er nicht ausweichen kann, immer noch mehr Gedanken hat und größere Tätigkeit entwickelt hat als die gewöhnlichen Geschäftsleute. In der Kammer liebten sie mich schon förmlich und freuten sich immer, mit mir sich zu berühren, so wie ich auch ich mich freute, so vielen ehrenfesten, tüchtigen Männern zu begegnen. Ist Dr. Nedden nicht irgendwo zum Deputierten gewählt? Er muß aus Königsberg heraus; er müßte hier sein, und ich bedauere nur, keinen Weg zu wissen, dies zu ermöglichen. Berlin wäre für seinen großen Trieb wohl günstiger. Grüßen Sie die lieben Ihrigen, mein teurer Jung, und leben Sie wohl! Ihr Karl Rz.

364. An Theodor v. Schön Berlin, den 15. August 1849 Ew. Exzellenz wollen gestatten, daß ich Ihnen in Ansehung des M é m o i r e über den Unterrhein einige Bedenken mitteilen darf. Es fragt sich zunächst um die geographische Bestimmung. Rechnen Sie den Unterlauf schon von Bonn oder von Köln oder erst von Düsseldorf ab? Rechnen Sie, wie doch billig ist, die holländischen Deltaausflüsse mit zum Unterrhein? Dann kommt z. B. Rotterdam in Betracht. Die Entwicklung ist, nach meiner Meinung, dort gerade nur ebensoviel als anderwärts gehemmt. Sie führen Ramler, Prutz und Hertzberg für Pommern an. Dagegen muß ich bemerken, daß Beethoven aus Bonn, Heine aus Düsseldorf, Vamhagen ebendaher ist. Auch Freiligrath.

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Die Rheinländer stehen als Stromanwohner durch den Rhein von Basel bis Rotterdam im engsten Verkehr. Überall wartet man auf die Nachrichten, Waren und Menschen, die von Süden nach Norden (à v a l ) und von Norden nach Süden (à m o n t ) gehen. Alle Interessen, alle Geschichten haben sie gemeinsam. Sie bilden gleichsam einen Rheinstaat sozialer Art. Schon was seitwärts liegt, wenn es auch ziemlich nahe ist, fällt sehr außer den Gesichtskreis des eigentlichen Rheinländers. Nur wo Seitenflüsse zuströmen, ist der Verkehr, die Mitteilung, die Einheit lebhafter, und die Mosel wie der Neckar sind in dieser Beziehung sehr wichtig. Die Odenwälder Bauern z. B. kommen auf großen Kähnen nach Mannheim, Geflügel, Obst usw. zu verkaufen und bringen von Mannheim alle Gerüchte, Ansichten usf. mit nach Haus. Auf solchen Kähnen bin ich als Student selber gefahren und spreche daher aus Eigenkenntnis. Ferner, wenn Sie sagen, der Katholizismus sei am Unterrhein ohne Poesie, ein [gemeiner] Mechanismus, so gestehe ich aufrichtig, in dieser Beziehung fast gar keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Rheingegenden bemerkt zu haben. Der Katholizismus ist an sich wesentlich Mechanismus. Was innerhalb desselben durch die Kunst sich als Poesie entwickeln läßt, hängt von besonderen Bedingungen ab. Da muß ich aber sagen, daß die Architektur am Niederrhein doch auch sehr ansehnlich und daß die Augen der Bonnenser Mädchen, wenn sie im Beichstuhl knien, höchst verführerisch sind. Von der Stimme will ich nicht reden, denn daß dieselbe sehr sangreich ist, ist bekannt. Zwischen Rhein, Mosel und Scheide sind daher auch die nationalen Gesangkämpfe und Sangfeste in schönster Blüte. Als Philosophen führen Sie Jacobi an; warum nicht aber auch Hemsterhuis? Metternich vindizieren Sie dem Unterrhein; ich denke, er gehört dem Mittelrhein an. (Mit solchen vereinzelten Griffen ist es immer schlimm; denn die Erziehung, das Schicksal, die anderweiten Lokale außer dem Geburtsort, modifizieren doch die Rassebestimmtheit außerordentlich. Gentz z. B. ist ein Ostpreuße - und wie war er verwienert und vermetternicht! Gentz hat sogar Kantische Philosophie gehört - und doch. Der Jude Joël Jacoby, der Katholik wurde und nachdem er in Liberalismen gewütet, servile Psalmen auf Friedrich Wilhem III. sang, war ein geborener Königsberger. Wollen Sie deshalb Königsberg für ihn verantwortlich machen?) Ferner. Das bessere Klima, das leichtere Leben, das Sie als eine Kulturbegünstigung anführen, bringt die Menschen auch wieder zu reichlicherem, bequemerem Genießen, und sie haben nicht Not, so große Talente und Charaktere zu entwickeln, als wir an der russischen Grenze. Sie schelten das industrielle und merkantile Leben der Rheinländer Krämerhaftigkeit. Ich glaube, in allem Gewerbs- und Handelswesen steckt etwas von Krämerei, nur daß sie mit Tausenden nicht so ersichtlich ist, als mit Hunderten. Sonst aber sollten Sie einmal sehen, wie diese Leute eingerichtet sind. In dem kleinen Krefeld finden Sie so viel Ölgemälde in den Zimmern der

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Kaufleute, daß man erstaunt. Die schönsten Gewächshäuser, geschmackvolle Bibliotheken fehlen nicht. Der Kölner Klüngel freilich hat keine andere Poesie als seinen Karneval. Die Hemmung des Geistes hat gewiß einerseits in der territorialen Zerstückelung ihren Grund, woran die Rheinlande so lange gelitten haben. Es ist daher für sie und für Deutschland eine Wohltat, daß Preußens mächtiger Arm sie zwingt, sich mit einem großen Staat in Verbindung zu denken und von einem höheren Mittelpunkt aus regieren zu lassen. Jetzt ist die Epoche des Überganges zu einem höheren politischen Leben. Anderseits hat jene Hemmung ihren Grund unstreitig im Katholizismus, der nur durch Aufklärung bezwungen werden kann, am Rhein aber noch, wie in Frankreich, sehr fest steht. Hier wird der Gegenstoß gegen die priesterliche Sklaverei endlich von der Freiheit des politischen und juridischen Bewußtseins erfolgen. Diese Bemerkungen wollte ich nur machen, um Exzellenz zu fragen, ob ich dennoch Ihr M é m o i r e Herrn ν. Brünneck mitteilen soll? Ich fürchte, Ihre Äußerungen, die bei Ihnen aus philosophischer Bildung, protestantischem Eifer und staatsmännischer Praxis entspringen, könnten Ihnen sehr mißdeutet werden und mancherlei Unangenehmes bereiten. Was ich gesagt habe, soll nicht eine Negation Ihrer These überhaupt, nur eine relative Apologie der Rheinländer in Betracht Ihrer Motivierung sein. Mit Vorlesungen von meiner Seite wird es hier nichts mehr. Wenn man schon daran denkt, die Bücher wieder einzupacken, so läßt die Zugvogelstimmung eine große aggressive Tat nicht aufkommen. Meine ganze Stellung in Berlin ist von Anfang an schief gewesen, weil man Sophisterei, die man immer treibt, mit wirklicher Philosophie verwechselte. Nun liegt im Philosophieren das Bedürfnis, sich, wie Sie in Ihrem letzten Brief sagen, jede Existenz aus der Weltordnung zu erklären. In diesem Streben kann er, indem er die Berechtigung des einzelnen aufsucht, allerdings ins Sophistische geraten, aber die Erkenntnis des Allgemeinen, an und für sich Notwendigen, wird ihm immer wieder die nötigen Korrekturen geben. Was Sie über die dänische Affäre sagen, ist so schrecklich, daß ich immer noch nicht den Glauben gewinnen kann, obwohl die Ordensbelohnung 1 des „Feldherrn" auf geleistete „Unteroffizierdienste" könnte schließen lassen. Ihre baldige Antwort erwartend Ew. Exzellenz ergebenster K. Rosenkranz

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Nach Rückzug der Truppen wurden Prittwitz, Bonin u. der Kommandeur der Marine, Schröder, mit Orden ausgezeichnet. Dies stieß in der Presse auf scharfe Kritik.

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Berlin, d. 20. Aug. 49 Mein lieber Jung! Eben erhalte ich Ihren Brief vom 17. Aug., der mich recht traurig macht. Sie schreiben nicht, ob Sie meinen letzten Brief vom 31. Juli erhalten haben, der die Ursach, daß ich Detroit an Sie nicht schon wieder einen mitgegeben. O mein lieber Jung, Sie sind in der Tat ein rechter Kreuzträger! Oft, wenn ich mit meinen beiden Knaben, meinen steten Begleitern auf meinen Gängen, in eine Bierhalle einkehre, erwähne ich Ihrer, weil Sie mir immer fehlen. Und bei den vielen neuen Anschauungen, die ich hier sammle, denke ich unaufhörlich daran, sie Ihnen mitzuteilen und Ihre so empfängliche und fruchtbare Phantasie damit zu bevölkern. Wie beklagen wir, daß Sie gar keine Rast haben, daß der Stecken des Treibers immer gegen Sie aufgehoben ist, daß auch das Leiden Ihrer Frau immer von neuem seinen Abgrund eröffnet! Gott muß doch seine ganz besondem Wege mit Ihnen gehen wollen. Ich schreibe jetzt nur in Sorge um Sie einige Zeilen, Sie zu veranlassen, mir eiligst, ohne Rückhalt, zu sagen, was und wer Sie so schmerzlich berührt hat. Glauben Sie mir, lieber Jung, dann vermag ich Sie viel besser zu trösten als jetzt, wo ich darüber im dunkeln bin. Frankieren Sie doch nur nicht! Das ängstigt mich. Und schreiben Sie doch nur einfach: dem Geheimen Rat Professor Rosenkranz. Ministerialrat bin ich nicht mehr, wohl aber habe ich den Rang eines Rats erster Klasse, wie Goethe, erhalten, nur ohne das Prädikat der Exzellenz. Also ganz einfach: Geheimbder Rat! Wunderlich genug, daß ich mich so muß betiteln lassen! Was die Literatur angeht, namentlich die Literaturblätter, so weiß ich wenig davon. Ich lebe fast nur in Menschen, Dingen, Handlungen, lese fast nur Politik, zuweilen ein Buch, und arbeite seit dem Juni vormittags, wenn es irgend geht, Naturphilosophie, die Isis. Ich bin daher mit dem Schicksal Ihres „Hölderlin" unbekannt, glaube aber, Sie dürfen ganz ruhig darüber sein, weil eben jetzt die Zeit für solche Studien zu ungünstig ist und weil Ihr Buch zu den schwierigen gehört, die man doch nicht so leicht fortlesen kann, die man vielmehr studieren muß. Sonnabend mittag habe ich alle Ihre Bücher mir chronologisch geordnet, wieder durchgesehen und auf Eigentümlichkeit und Fortschritt darin geachtet. Da hätt' ich denn große Begierde gehabt, mit Ihnen ausführlich zu sprechen. Weil das nun nicht anging, bin ich mit Otto nachmittags zum Halleschen Kirchhof gewallfahrtet, habe die Gräber von Schleiermacher,

Steffens und Marheineke

besucht und Sie zu mir gewünscht.

Ich könnte einen Folianten über Sie schreiben. Gestern war ich bei Hothos; da haben wir viel von Ihrem „Hölderlin" - und lobend - gesprochen. Königsberg erscheint mir aus der Ferne augenblicklich etwas verarmt an geistigen Größen. Viele, die ihm einen Namen gaben, sind tot oder, wie Kähler,

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wie Schön, räumlich entrückt, und die Jüngeren, wie Falkson, A. Dulk, Gottschall u. a. sind auswärts teils wenig, teils zweifelhaft bekannt. A. Hagens Kunstnovellen sind dagegen in der hiesigen Gesellschaft in gutem Andenken und Ansehen. Sie, lieber Jung, werden meistenteils für einen jungen Autor gehalten, der ziemlich radikal sei, was durch Ihre Elixiere und durch Ihr Buch über Königsberg und mehr noch durch das einstige Verbot Ihres Literaturblatts veranlaßt zu sein scheint. Doch gibt man Ihnen dunkel immer eine nicht unrichtige, einsame Stellung und vermengt Sie nie mit der gewöhnlichen Opposition. Varnhagen habe ich seit drei Monaten nicht gesprochen. Er war immer nicht zu Hause. Das ist das Leiden in Berlin! Er ist mit der Augsburger Zeitung auseinander und schreibt überhaupt nicht mehr in Zeitungen. Sein letztes Blatt, worin er anonym schrieb, war Ruges Reform 1 ! Incredible - und doch wahr! Mündt und Prutz 2 sind Schildträger Ladenbergs geworden: dafür hat jeder eine Professur mit 400 rt. erhalten. Ihr Werk über die Wanderjahre 3 kommt also nicht zur Festfeier. Schade! Werden Sie es nicht der Prinzess von Preußen widmen? Ich glaube, es wäre das gut für sie und für Sie. Dann wäre das Verlegt- und Gelesenwerden Ihres Buchs garantiert. Ich kenne die Prinzess nicht. Sie soll aber eine geistreiche Dame sein, die doch auch sonst etwas für Sie und Ihre Familie tun könnte. Daß Sie den Artikel über Königsberg für Brockhaus schreiben, ist schön. Sie sind der Mann dazu. Den Schluß würde ich mit der Bemerkung machen, daß das Jahr 1848 eine Epoche der Königsberger Literatur abgeschlossen hat und eine neue kommen muß, soll die Stadt nicht in Nullität versinken. Können Sie mir eine Nachricht über Guth zukommen lassen, so bitte ich darum. Goltz ist dem Ministerium durch fromm-aristokratische Vermittlung als ein Kämpe gegen die rote Republik empfohlen. Mit den besten Wünschen für Sie und Ihre gute Frau sowie mit herzlichem Gruß an Lottchen und die Kinder und in großer Sehnsucht, endlich wieder in Königsberg zu sein, Ihr Karl Rosenkranz

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Die Reform. Redaktion A. Ruge u. H. B. Oppenheim. Leipzig 1848. Durch A. v. Humboldts Vermittlung erhielt Prutz im Frühjahr 1849 eine ao. Prof. in Halle f. Literaturgeschichte. Th. Mündt wurde 1848 ao. Prof. f. Literaturgeschichte u. Geschichte in -ï Breslau. Jungs .Goethes Wanderjahre u. die wichtigsten Fragen des 19. Jahrhunderts' erschien erst 1854 in Mainz. 2

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366. An Karl August Varnhagen v. Ense Hochverehrtester, das nebenliegende gedruckte Blatt (des Herr v. Schön) habe ich Ihnen bereits zweimal persönlich übergeben wollen, Sie jedoch immer verfehlt. Es erfolgt daher anbei mit der gehorsamsten Entschuldigung um diese Verspätung. Das von D r . Gottschall mit einem Sonett auf Bettina 1 beschriebene Blatt ist 1843 auf meine Veranlassung für Ihre Autographensammlung bestimmt worden und hat sich ebenfalls - unendlich - verspätet, weil es von mir verlegt war und erst jetzt, wo ich wieder an das Einpacken denke, sich entdeckt hat. Bei dem Goethe-, vielleicht auch bei dem Hegelfest 2 , hofft Sie wieder begrüßen zu können Ihr Berlin, getreuer Verehrer Karl Rosenkranz a. 24. Aug. 1849

367. An Johannes Schulze Hochverehrtester Herr und Freund! Indem ich sehnlichst wünsche, daß Sie der Verdruß wegen des Hundes, da er mit Ihrem Herrn Sohn glücklich nach Hause gekommen, sanft verschlafen haben mögen, erlaube ich mir, angeregt durch unsere gestrige Unterredung, ein Exemplar meines Abrisses der Pädagogik ergebenst zu überreichen. Sie bedürfen keiner pädagogischen Lektüre, allein es dürfte Ihnen nicht unwichtig und uninteressant sein, zu sehen, was ich, ein Hegelianer, dem Herbartschen System und dem Herbartianismus gegenüber, die ein Privilegium für Pädagogik affektieren, als ein Handbuch gegeben habe. Blättern Sie in dem Buch und lesen Sie die Vorrede! Ihre Zufriedenheit auch auf diesem Gebiet zu erwerben, würde mir eine große Genugtuung sein. Mit innigster Hochachtung Berlin, d. 3. September 1849

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immer Ihr treu ergebener Karl Rosenkranz

Ein Sonett Gollschalls vom 15. Juni 1843 befand sich in der Varnhagen sehen Sammlung. Anläßlich Hegels Geburtstag am 27. August.

368. Oktober 1849

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368. An das Ministerium für Kultus-, Unterrichts- u. Medizinalangelegenheiten Einem hohen königl. Ministerio beehre ich mich, folgende gehorsamste Vorstellung zu machen. Im vergangenem Jahre plötzlich zum vortragenden Rat im Staatsministerium ernannt, bekam ich doch keine Umzugsgelder von Königsberg in Preußen hieher, weil ich, wie man meinem Antrag darauf entgegnete, in ein höheres Gehalt eingetreten sei; und ich machte umsonst aufmerksam, daß man mich berufen habe, in welchem Fall ich glaubte, daß Zuggelder gewährt werden müßten. Ich war aus meiner Professur geschieden. Später trug ich selbst auf meine Entlassung aus dem Staatsministerium an und schlug vor, mich wieder in die noch unbesetzt gebliebene Professur nach Königsberg zu setzen. Im Januar gewährte Sr. Majestät mir die Erfüllung dieser Bitte, die für mich mit dem Verlust eines Aversionalquantums von 1000 Talern jährlichen Gehaltes verknüpft war. Mein Rückgang nach Königsberg war demnach eine Neuanstellung, und ich hielt mich daher zu Umzuggeldem nach dem Reglement berechtigt. Allein man beschied mich aus dem hohen Staatsministerio, daß ich keinen Anspruch darauf hätte, weil ich selber meine Versetzung beantragt hätte. Ich hätte nur auf eine Reisevergütung für meine Person nach Extrapostsätzen (als Rat erster Klasse) Anspruch, die etwa 120 Taler betragen würde. Die Kammerverhandlungen und andere Verwicklungen hielten mich dann den Sommer über bis jetzt fest. Nunmehr, da ich dem Möbelfuhrherm Dümke 300 Taler bezahlen soll, wären mir wenigstens jene 120 Taler unendlich viel wert, und ich erlaube mir daher die gehorsamste Bitte, mich ihretwegen mit einer Anweisung zu versehen, damit ich sie, wenn nicht mehr hier, was mir das Willkommenste wäre, doch bal//digst in Königsberg, wohin ich nach Beendigung des akademischen Reformkongresses sofort abreisen werde, erheben zu können. Der geneigten Antwort eines hohen Ministerii mit dem Wunsch und der Hoffnung entgegensehend, daß es ihm gefallen möge, mir das Geld noch hier zahlen zu lassen, da ich mit meiner ganzen Familie zurückreisen muß, in ehrerbietigster Ergebenheit Berlin, d. 1. Oktober 1849

gehorsamst Karl Rosenkranz Geh. Rat und Professor Tiergartenstraße 17, bei Herrn F i 1 h é s

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369. Oktober 1849

369. An Theodor v. Schön Berlin, den 6. Oktober 1849 Ew. Exzellenz werden vielleicht verwundert gewesen sein, warum ich noch nicht wieder geschrieben. Ich wollte aber gern meinen letzten Brief von hier an Sie abgehen lassen, und das hat sich denn von Woche zu Woche verschoben. Erst sollte die Konferenz den 17. anfangen. Dann wurde sie auf den 24. vertagt, und nun tagen wir schon 14 Tage und sind noch nicht am Ende. Doch hoffe ich, daß wir vor des Königs Geburtstag endlich im reinen sind. Gerade die unbedeutendsten, gleichgültigen Dinge, ζ. B. ob eine Altersgrenze für die Berechtigung und Verpflichtung zur Immatrikulation bestehen soll, oder die Frage, ob und wie testiert werden soll, haben eine kostbare Zeit hingenommen. Die Gründlichkeit des Pedantismus im Unwesentlichen ist erschrecklich! D r . Goldstücker habe ich veranlaßt, selbst an Sie zu schreiben. Ich hoffe, daß er Wort gehalten. Gestern ging ich zu ihm vor, fand ihn aber nicht zu Hause. Varnhagen habe ich auch seit 6 Wochen nicht gesehen. Er räsonniert inwendig. Für sich radikal, ist er nach außen sehr vorsichtig. Das Alter plagt ihn bereits und verhindert ihn an der Teilnahme der heftigeren sozialen Strömungen. Die Kammern gehen ihren Weg so hin. Einzelne Kühnheiten bereuen sie schnell und nehmen in Zusätzen wieder zurück, was sie tags zuvor in freisinniger Aufwallung gegeben haben. Rudolf v. Auerswald ist ein großes Glück für die erste Kammer. Er präsidierte mit seltener Meisterschaft und erwirbt sich die größten Verdienste. Ohne ihn würde die Reaktion alles überfluten. Die Partei Gerlach haßt ihn daher auch auf das Erbittertste. Glauben Sie mir Exzellenz, was man auch gegen das Ministerium Brandenburg-Manteuffel habe, so muß man es doch unterstützen. Fiele es, so würden wir in eine schlimme Lage kommen. Es ist durchaus notwendig, daß wir erst irgendetwas Festes haben. Der Inhalt ist im Augenblick gleichgültiger. Der Weg der Änderung in gesetzlicher Weise steht ja offen. Was ich fürchte, ist, wie ich schon in meinem letzten Brief andeutete, die Übermacht, welche die Hierarchie bei der Erschlaffung und Zerrissenheit unserer Zustände gewinnen kann. Die Verhandlungen in unserer ersten Kammer haben dies deutlich bewiesen. Der moderne Staat kann seinem Wesen nach nur ein christlicher sein, allein eben deswegen kann er die Christlichkeit nicht zu einem Verfassungsparagraphen machen, weil er die nähere Bestimmung der christlichen Religion gerade aus Christlichkeit den besonderen Konfessionen freigeben muß. Legt er sich aber das Prädikat christlich feierlichst bei, dann sind wir nicht weit von der Staatskirche, nicht weit vom apostolischen Symbolum, nicht weit vom Eichhornschen System.

370. November 1849

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Daß Herr von Hasencamp die Redaktion der Hartungschen übernommen, hat mich seinet- und ihretwegen sehr gefreut. Recht sehr lachen mußt' ich, als ich las, wie der Papst einen Staatsrat eingerichtet hat, den Staat unmöglich und nur die Kirche wirklich zu machen, und habe dabei viel an unser Projekt gedacht, wovon, wie ich schon schrieb, hier auch nicht eine Spur zu sehen. Der Reichstag 1 (wie l u c u s a n o n l u c e n d o ) soll in Erfurt auf den 15. Dezember zusammentreten. Platz genug wird wohl für das Reich da sein. Ich bin aber auch hier zufrieden, wenn es nur wenigstens zu einem preußischen Bunde kommt, die Kleinstaaten verfassungsmäßig nicht bloß faktisch zu mediatisieren. Das nächste Mal hoffe ich also nicht mehr schreiben zu müssen, sondern sprechen zu können. Sie glauben nicht, wie ich mich danach sehne! Ihrer verehrten Frau Gemahlin und Fräulein Malwina mich gehorsamst empfehlend Ew. Exzellenz ergebenster Karl Rosenkranz, Tiergartenstr. 17 bei Herrn Filhés

370. An Theodor v. Schön Königsberg, den 7. November 1849 Ew. Exzellenz treffliche Apologie gegen Stahrs irrige und leichtfertige Worte 2 (die schon Varnhagen in einer Zeitung widerlegen wollte, wie er mir beim Abschied entrüstet über Stahr mitteilte) habe ich erst Montag früh erhalten und heute Herrn Oberpräsidenten Flottwell zugesandt. Ich bin leider mit Besuchen und Besuchempfangen, mit Herrichtung der häuslichen Ordnung und mit dem Wiederbeginn meiner Amtstätigkeit noch so überbeschäftigt, daß ich den Kopf noch nicht wieder recht frei habe. Ich frage jedoch Ew. Exzellenz an, ob Sie Ihr D e p o s i t u m c o n t r a Stahr gedruckt wünschen oder ob es mir zu sonstigem Gebrauch als Baustein zu Ihrer Charakteristik, die ich vielleicht einmal schreibe, aufbewahrt bleiben soll? Übrigens ist Stahrs Schrift recht lebendig, interessant und bei einzelnen und groben Verstößen doch wahrheitsgemäß. Prutz3 hat Sie sehr anerkennend

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Der Reichstag trat erst am 20. März 1850 in Erfurt zusammen. In seinem Werte .Die preußische Revolution', Oldenburg 1849/50, hatte Adolf Stahr Schöns Tätigkeit als Alterspräsident kritisiert. Auch in der 2. A. 1851, bezeichnete S. Schön als „ehrenreichen, aber altersschwachen Greis" (S. 295). Robert Prutz, Zehn Jahre. Geschichte der neuesten Zeit. Leipzig 1848-1850. Die 1.-6. Lieferung erschien unter dem Titel .Sieben Jahre, 1840-47. Geschichte der neuesten Zeit'.

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371. November 1849

behandelt, namentlich das Woher und Wohin - in der 5. Lieferung seiner Sieben Jahre. Er prädiziert mit Recht von Ihnen „volle Jugendfrische". Leben Sie wohl! Ihr getreuer Philosoph K. Rosenkranz

371. An Theodor v. Schön Königsberg, den 21. November 1849 Ew. Exzellenz erlaube ich mir die ergebenste Anfrage, ob Sie mir vielleicht auf Sonnabend gegen 2 Uhr einen Wagen schicken können. Ich habe den Nachmittag frei. Ladenberg hat denn doch, nach meiner Meinung, sich ziemlich gehalten. Ich gebe zu, daß er (wie Rupp) Kirche und Religion verwechselt und, nach oben hin kokettierend, die Christlichkeit des Staats auffallend zu premieren bemühet ist, allein er hat doch die Selbständigkeit der Schule und ihren Zusammenhang mit dem Staat gegen die Übergriffslust der katholischen und evangelischen Hierarchen erhalten. Wenn Exzellenz glauben, daß ein Philosoph den Kammern die Wahrheit predigen müsse, so scheinen Sie vorauszusetzen, daß dieselben den Philosophen nicht bloß anhören, sondern auch nach seinen Begriffsbestimmungen sich richten würden. Ich gestehe, daß ich in dieser Ansicht von Ihrer Seite die höchste Achtung für die Wissenschaft finde, aber auch, daß ich an dieser Achtung bei unseren Politikern zweifle. Gerade wenn ein Philosoph ihnen etwas sagt, glauben sie es nicht. Übrigens ist jene Wahrheit, daß die Schule und Kirche dem Staat gegenüber, wenn dieser wirklich der lebendige Organismus der Sittlichkeit sein soll, ihre alte Stellung verändern müssen, glücklicherweise so sehr verbreitet, daß es der Stimme eines Philosophen gar nicht mehr bedarf, sie der Welt mitzuteilen; was aber mich selbst hierbei anbetrifft, so habe ich nicht nur in meiner Pädagogik, sondern auch und vorzüglich in der zweiten Ausgabe meiner theologischen Enzyklopädie im dritten Abschnitt, der die ganze praktische Theologie unter dem Gesichtspunkt der heutigen Kultur entwickelt, meine Ansichten über diese Fragen ausführlich dargelegt. Pertz' Stein, in Rankes Manier ziseliert, habe ich vorgestern erst erhalten und finde auch bis jetzt zu viel ein-, aber nicht durchgearbeites Material, was, irre ich nicht, in Steins Denkwürdigkeiten größtenteils schon einmal gedruckt war. Zur Erheiterung empfehle ich Exzellenz ein Buch: Emanuel Schall von Faustinus Lux, eine ergötzliche Konterfeiung der ganzen letzten Zeit, des großen Jahrs der gründlichen Veruneinigung der Deutschen.

372. Januar 1850

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Wenn ich Sonnabend kommen darf, bringe ich den „Stahr" wieder mit. Ihm den Star zu stechen, was Sie angeht, habe ich an D r . Goldstücker geschrieben und ihm das Material zu einem Zeitungsartikel mitgeschickt. Bis jetzt jedoch habe ich noch keine Antwort. Vielleicht hat er endlich an Sie geschrieben. Ich vermute, daß die Spannung über den Prozeß von Waldeck 1 und Jacoby ihn absorbiert. Mit bestem Empfehl Ew. Exzellenz ergebenster K. Rosenkranz, Sackheimer Kirchstraße 18

372. An die Verlagsbuchhandlung Gerhard Stalling Königsberg, d. 5. Januar 1850 Hochgeehrtester Herr, in Ihrem Verlag ist Stahrs Preußische Revolution erschienen. Im ersten Heft desselben wird der ehemalige Oberpräsident von Ost- und Westpreußen, Herr v. Schön, als ein zwar ehrenreicher, aber „kindischgewordener" Greis eingeführt, der als Alterspräsident der Berliner Nationalversammlung es nicht vermocht habe, dieselbe zu leiten. Wüßte ich, wo mein alter Freund Stahr sich gegenwärtig aufhält, so würd' ich mich längst an ihn selber gewendet haben, ihn zu ersuchen, in einer Anmerkung oder Vorrede eines der nächsten Hefte jenes Urteil als einen groben Irrtum zu berichtigen. Nach längerem Warten bin ich auf den Ausweg gekommen, mich an Sie selber zu wenden und Sie ergebenst zu ersuchen, diese meine Zeilen Herrn D r . Stahr mit der Bitte zu überhändigen, sie selber oder // ihren Inhalt in eines der folgenden Hefte aufzunehmen. Herr v. Schön ist nicht nur ein ehrenreicher, sonder auch ein noch höchst rüstiger, jünglingsfrischer Greis. Er liest, schreibt, spricht mit einer Lebendigkeit, die sein graues Haar gänzlich vergessen läßt. Er begleitet alle Veränderungen des öffentlichen wie des literarischen Lebens mit dem regsten Interesse nicht nur, sondern auch mit dem schärfsten Urteil. Er hat seine großen Vorurteile, seine Einseitigkeiten, seine Schroffheiten und, wie wir alle, wenn 1

Benedikt Waldeck wurde im Mai 1849 in Berlin wegen Hochverrats verhaftet (Vgl.. H. B. Oppenheim, B. F. L. Waldeck, der Führer der deutschen Demokratie. Berlin 1873). In dem Prozeß vom 28. Nov. bis 3. Dez. 1849 wurde er freigesprochen. - Joh. Jacoby wurde wegen Teilnahme an den Sitzungen des Stuttgarter Rumpfparlament am 20. Okt. wegen Hochverrats angeklagt. Vom 20. Okt. - 8. Dez. 1849 saß er in Königsberg in Untersuchungshaft und wurde am 8. Dezember freigesprochen. (Vgl. B. Engelmann, Die Freiheit! Das Recht! J. Jacoby und die Anfänge unserer Demokratie. Berlin u. Bonn 1984.)

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372. Januar 1850

wir alt werden, seine stereotypen Vergleichungen der Gegenwart mit der Vergangenheit. Allein er ist nichts weniger als kindisch. Obwohl ich durch meinen langen persönlichen und brieflichen Verkehr mit ihm in meiner Auffassung völlig kompetent bin, so darf ich mich doch auch wohl darauf berufen, daß Männer wie Flottwell, v. Brünneck, Varnhagen, v. Saucken Tarputschen, die Herrn v. Auerswald, Simson u. a. hierin mit mir völlig // übereinstimmen. Was aber die Leitung der Nationalversammlung betrifft, so versichere ich nach einer Denkschrift, die Herr v. Schön über seine Alterspräsident abgefaßt und mir als Manuskript mitgeteilt hat, daß er dabei völlig mit Bewußtsein und nach Prinzipien verfahren ist. Ich deute hier nur an, daß er als Sprecher im englischen Sinn nur Ordnung zu halten und möglichste Beschleunigung der Wahlprüfungen und des wirklichen Präsidents zu bewirken hatte. In jener Hinsicht hatte er grobe Verstöße gegen die Sitte und Ungehörigkeiten zu verhüten, in dieser Zeitverlust zu vermeiden. Beides hat er geleistet. Vergleichen Sie die Berliner Nationalversammlung mit der Pariser oder Frankfurter und fragen Sie sich, ob dieselben mehr Anstand gezeigt, ob sie schneller zum Ziel gelangt sind? Herr v. Schön hat das Prinzip befolgt, das Leben der Versammlung möglichst frei walten zu lassen, damit die einander völlig unbekannten Abgeordneten sich persönlich etwas nähern konnten. Hier handelte es sich um bloßen Formalismus·, eine Leitung der Versammlung durch Ideen war Sache des Staats//ministeriums; eine strengere Zensur der einzelnen erst Sache des wirklichen Präsidenten nach einer von der Versammlung geschaffenen Geschäftsordnung. In drei Tagen hat Herr v. Schön sein tadiöses Geschäft beendet gehabt; daß er nicht schreien konnte, lag daran, daß er schon vom ersten Morgen ab an einer Halsentzündlichkeit litt. Empfehlen Sie mich Herrn D r . Stahr, dem ich vom Studium des Aristoteles ab, um das er sich so sehr verdient gemacht hat, in seinen Theaterstudien 1 , in seinem Werk über Italien und nun auch in seiner Geschichtsschreibung der preußischen Revolution stets mit größtem Interesse gefolgt bin und von dessen Gesundheitszustand ich herzlich wünsche, daß er ihn mehr als bisher in seinem unablässigen Streben unterstützen möge. Mit vollkommenster Hochachtung Ew. Wohlgeboren ergebenster Karl Rosenkranz

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A. Stahr, Oldenburgische Theaterschau. 2 Bde. Oldenburg 1845. - Ein Jahr in Italien. 3 Bde. Oldenburg 1847,1848, 1850.

373. Februar 1850

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373. An Johannes Schulze Hochgeehrtester Herr und Freund! Wie oft ich Ihrer hier gedenke und Sie im stillen segne, daß Sie mich dem politisch-praktischen Element entrissen und der Wissenschaft wiedergegeben haben, das werden Sie nach der Liebe und Verehrung, die ich für Sie hege, gewiß glauben. Zuerst, ich gestehe es, war mir der Wiederaufenthalt hier, nach so langer Abwesenheit, sehr drückend. Berlin ist doch eine schöne Stadt, ist doch das geistige Zentrum Deutschlands und erzeugt unbewußt in dem, der dort lebt, höhere Maßstäbe. Königsberg ist wirklich ein schrecklicher Aufenthalt; schmutzig, düster, schlechte Wohnungen, teuer, mühselig und an der Grenze Rußlands. Ich war einige Monate hindurch sehr traurig und sehnte mich immer nach Berlin und bereute es fast, nicht den Versuch gemacht zu gaben, dort geblieben oder nach Bonn gegangen zu sein. Allein nachdem ich wieder in das Dozieren hineingekommen, nachdem ich mit Kollegen und Studenten wieder warm geworden bin, nachdem ich mich entschlossen habe, wieder etwas drucken zu lassen und Korrekturbogen zu lesen, siehe, da bin ich wieder heiter und zukunftsvoll geworden und lebe mit ganzer Freudigkeit in meinem Dozenten- und Schriftstellertum. Jetzt lasse ich zunächst meine Topographie des heutigen Berlin1 drucken, von der ich Ihnen in einigen Wochen ein Exemplar zusenden werde. Ich hoffe, daß Sie bei der Lektüre sich gut unterhalten. Ich begründe mit diesen Arbeiten über Berlin und Paris eine Art Physiologie der Hauptstädte. Die Berliner werden sehen, daß ich nicht umsonst unter ihren Akazien gewandelt bin. Ich würde daher, Ihnen diese Topographie zu schicken, noch einige Wochen gewartet haben, zugleich zu schreiben, wenn nicht ein besonderer Umstand mir jetzt // schon die Feder in die Hand drückte. D r . Saalschütz 2 nämlich, dem Sie ein alter Gönner sind, war eben bei mir und erregte in mir die Besorgnis, daß die neue Eingabe unserer Fakultät für ihn erfolglos sein könnte, weil die theologische Fakultät einen Professor zur

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K. Rosenkranz, Die Topographie des heutigen Paris und Berlin. Zwei Vorträge. Königsberg 1850. Saalschütz, Joseph Lewin (1801-1863), Theologe; 1824 Dr. phU in Königsberg, 1848 habil., 1853 ao. Prof. Saalschütz war einer von wenigen Bürgern jüdischen Glaubens, die sich habilitieren durften. Die Königsberger Albertina-Universität war gemäß ihrer Stiftungsurkunde eine protestantische Universität. In einigen Fällen (Goldstücker, Jacobson, Siebold) wurde Nicht-Protestanten, also auch Katholiken, die Habilitation verweigert. Im Januar 1848 wurde vom Generalkonzil mit 18 zu 5 Stimmen die „Aufhebung der Ausschließung der Nichtevangelischen" beantragt. Am 14. Jan. 1848 sprach sich das Generalkonzil dafür aus, daß das Prorektorat und und das Amt des Stipendiencurators nur von Protestanten bekleidet werden dürfte. Das Dekanat sollte allen Ordinarien zugänglich sein. Vgl. Hans Pnitz, Die königliche Albertus-Universität zu Königsberg i. Pr. im neunzehnten Jahrhundert. Zur Feier ihres 350 jährigen Bestehens. Königsberg 1894, S. 222ff, 281ff.

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Anstellung in Vorschlag bringen wolle, der die Archäologie ebenfalls vertreten solle und daher seine Anstellung als überflüssig könnte erscheinen lassen. Ich tröstete ihn, so gut ich vermochte, wurde aber doch ängstlich und erlaube mir die gehorsamste Bitte, daß doch der treffliche Mann, wenn irgend möglich, unserer Fakultät erhalten werden möge. Wir wissen doch, was wir an ihm haben. Besonders aber war' es schade, wenn das Studium der Ägyptologie, für welche doch auch der König sich interessiert, bei uns wieder ohne Vertretung bliebe. Auf ein Gehalt würde Saalschütz sogar zunächst verzichten, wenn er nur die Anerkennung der Regierung genösse. Sie werden mir diese Bitte nicht übelnehmen. Für einen andern gerecht zu bitten ist so schön. Meine Frau, die Sie durch Ihre Liebenswürdigkeit ganz für sich eingenommen haben, empfiehlt sich Ihnen durch mich bestens. Sie hat auch hart zu kämpfen gehabt, das reizende, leichtlebige Berlin und die Verwandten zu verschmerzen. Ich habe sie etwas jesuitisch damit getröstet, daß ich ihr sagte, sie solle sich gedulden. Ich sei jetzt allerdings wieder hier, aber es könnte / / j a doch wohl sein, daß ich einmal als Professor nach Berlin gerufen würde. Das wäre der ordentliche Weg; der von 1848 sei der tumultarische, unordentliche der Revolution gewesen. Diese Hoffnung hat sie sehr ermutigt, das hiesige Ungemach durchzudulden und so bin ich denn augenblicklich ein recht zufriedener Mensch. Ich lebe übrigens sehr zurückgezogen, da die scharfe und anhaltende Kälte mein rechtes Auge entzündete, so daß ich die großen Gesellschaften meiden muß. Um so mehr habe ich denken können. Daß meine Kollegen mich wieder zum Prorektor gewählt haben, hat mich natürlich auch sehr gerührt und erfreuet. Empfehlen Sie mich Ihren Herrn Söhnen und bleiben Sie mir freundgesinnt. So viele Jahre schon ist es mir ein Sporn, immer dahin zu wirken, daß Sie mit mir, wo möglich progressiv, zufrieden sein können. Leben Sie wohl! Ihr Königsberg, treu ergebener 10. Februar Karl Rosenkranz 1850 Sackheimer Kirchstr. 18

374. An Theodor v. Schön Königsberg, den 16. März 1850 Ew. Exzellenz erlaube ich mir, anliegend eine kleine Broschüre zur Erheiterung in einer freien Stunde mitzuteilen. Seit wir uns nicht gesehen haben, hat in mir ein Wort von Ihnen aus dem letzten Gespräch rumort und große Tätigkeit hervorgerufen.

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Sie machen mir den Vorwurf, daß ich den Studenten keine „Tabulatur" 1 gäbe, und wünschten von meiner „Dialektik" eine nähere Vorstellung. Indem ich mich nun mit dem Heft beschäftigte, das ich Ihnen schicken wollte, sah ich dessen große Mängel, suchte sie zu tilgen und kam so zu einer Revision der ganzen Arbeit, die größtenteils vollendet ist und die ich drucken lasse, sie Ihnen als „Tabulatur" zur Zeit zu überreichen. Noch drei bis vier Wochen tüchtige Arbeit und das Schwerste ist überstanden. Dann werden Sie Ihren Philosophen hoffentlich mit freundlichem Gesicht empfangen, denn Sie werden ihm bezeugen müssen, daß Ihre Worte in ihm nicht auf unfruchtbaren Boden gefallen sind. Das an sich nicht bösartige aber schikanierende Augenleiden, einer P u s t u l a c o n j u n c t i v a im Auge, hat mich über zwei Monate der Gesellschaft entzogen - und das war gut! So habe ich desto mehr denken und mich recht im Innersten sammeln und wieder erbauen können. Der Frau Ministerin und Fräulein Malwina sowie Ihnen mich gehorsamst empfehlend Ew. Exzellenz treu ergebenster Karl Rosenkranz Die Angelegenheit wegen Stahr habe ich in der besprochenen Weise noch im Dezember beendet - und direkt nach Oldenburg geschrieben - aber bis jetzt keine Nachricht erhalten.

375. An Karl August Varnhagen v. Ense Königsberg, d. 27. März 1850 Hochverehrtester Herr und Freund! Nicht wundern sollt' es mich, wenn Sie mir etwas zürnten, so lange nicht geschrieben zu haben. Aber ich kann versichern, daß ich im Geist mich oft genug zu Ihnen versetzt und Ihnen von meinen dermaligen Metamorphosen immer Rechenschaft gegeben habe. Lassen Sie jedoch vor allen Dingen mich meinen Dank gegen Sie aussprechen, daß Sie mir in Berlin stets eine so freundliche und trauliche Aufnahme gewährt haben. Wie oft flüchtete ich auf Ihr Zimmer, Ihnen meine Unruhe auszuschütten und mich im Gespräch mit Ihnen, dem weitsehenden, klaren, entschiedenen und doch milden Geist, wieder zu orientieren. Ich hatte in Berlin schwer zu tragen, weil ich doch eigentlich in eine schiefe Stellung mich hatte hinein überreden lassen und es mir nun Mühe und Opfer genug kostete, aus ihr wieder in die Sphäre zurückzugehen, für welche der Genius mich einmal Diese „Tabulatur" ist nicht erschienen. Das angesprochene Werk ist Rosenkranz .System der Wissenschaft'.

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375. März 1850

bestimmt hat. Ich fühlte mich daher in Berlin immer etwas gedrückt und entbehrte der vollen Kraft meines Geistes. Der Rückgang hieher entsprach meinen Erinnerungen an Königsberg zuerst gar nicht. Ich war zu lange abwesend gewesen; die Trennung war schon einmal proklamiert; genug, ich hatte recht unerquickliche Tage und Momente zu bestehen. Die ewige Verwunderungsphrase, mich wieder zu sehen und die Frage, ob und wie es mir denn wieder gefalle, wurden mir höchst lästig. Die Stadt erschien mir zumal im Winterschmutz und in der Winterkälte, greulich; Menschen und Verhältnisse kamen mir sehr klein und provinziell vor; mitunter erschien ich mir wie ein aus der Mitte der Kultur Verbannter, namentlich wenn ich das rohe Plattdeutsch auf der Straße hörte und die Unmanieren des hiesigen Pöbels. Allmählich indessen hat Königsberg auch seine guten Seiten mir wieder zugekehrt. Die Liebe, welche mir die Menschen beweisen, muß mich rühren und die Tätigkeit, die ich übe, ist eine bestimmte, selbstbewußte, sichere. Ich bin in etwas eine künstlerische Natur, und dies Tendieren zum Kunstwerk, selbst in der einzelnen Vorlesung, kann ich in der Stellung eines Professors am freiesten befriedigen. Die v i t a u m b r a t i l i s enthält die Unabhängigkeit, die zu großen Geistesprodukten notwendig ist. Kohls 1 Buch: Aus meinen Hütten, erquickte mich um Weihnachten sehr und munterte mich auf, die Schriftstellerei wieder zu versuchen, und das Mittel hat sich als probat bewährt. Ich lasse ein großes, streng wissenschaftliches Werk drucken, das ich im Juni Ihnen hoffe zusenden zu können. Eine kleine Broschüre über Paris und Berlin (worin ich Raheis als eines echten Berliner Idealtypus erwähnt habe) wird Ihnen mein Verleger haben zugehen lassen. So bin ich denn wieder rüstig und schwelle wieder mit allen Segeln einher, zumal man auch sonst mich m i t e x t e r n i s reichlich genug bedacht hat, die ich nun aber leichter abzutun gelernt habe. Wie geht es aber Ihnen, teuerster Freund? Wie haben Sie sich durch Natur und Geschichte durchgewintert? Schreiben Sie mir bald ein paar Zeilen über Ihr Befinden. D r . Jung wollte immer schreiben und mir eine Einlage für Sie mitgeben. Ich kann nun aber, da die Ferien gekommen sind, dem Drang nicht wiederstehen, Ihnen sofort zuzurufen, daß ich stets sein werde in aufrichtiger Verehrung Ihr treu ergebener Karl Rosenkranz Herr v. Schön ist wohl auf und räsoniert c o m m e i l f a u t . 1

J . G. Kohl, Aus meinen Hütten. Oder Geständnisse und Träume eines deutschen Geistersehers. 3 Bde. Leipzig 1850.

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376. An Johannes Schulze Hochgeehrtester Herr und Freund, als ich mir erlaubte, Ihnen letzthin ein Exemplar meiner Topographie von Paris und Berlin zu schicken, konnte ich nur in einigen Grußworten auf dem Umschlag schreiben, da ich gerade von allen Seiten hin unsäglich in Anspruch genommen war. R. v. Auerswald, Graf Dönhoff, Simson waren damals hier und fügten dem geschäftlichen Leben die soziale Zerstreuung hinzu. Nunmehr aber will ich Ihnen herzlich für Ihren lieben Brief danken. Mehr noch als die Worte, durch welche Sie in Betreff Berlins meiner Frau viel Sonnenschein der Hoffnung gegeben haben, hat mich Ihr Urteil über „Goethe und seine Werke", erfreut. Wenn ein Kenner wie Sie so damit zufrieden ist, kann ich ruhig sein. In England gewinnt das Buch, wie es scheint, einen immer größeren Leserkreis. Noch dieser Tage hat mir zum Dank dafür ein Mr. Tomlinson eine Übersetzung von Hermann und Dorothea in englischen Hexametern zum Geschenk gemacht. Ich gestehe, daß ich bei seiner Publikation die Nebenabsicht hatte, meiner Vortragsweise ein Denkmal zu setzen. Zugleich fühlte ich, daß man solche Vorträge nur einmal halten kann und darf, weil sie etwas von der Einzigkeit poetischer Produktion im Nachschaffen der Dichter annehmen. Ich begreife nicht, wie ich diese Entwicklung sollte wiederholen können. Eine Wiederholung würde mir wieder ein ganz anderes Resultat bringen. In der Art meines Arbeitens steckt etwas vom Künstler in mir. Ich strebe unwillkürlich nach Abrundung, nach Klarheit der Organisation, nach Anschaulichkeit des Ausdrucks. Selbst die Stunden des einzelnen Kathedervortrags suche ich zu einer kleinen Totalität in sich abzuschließen. Jetzt, verehrtester Freund, bin ich seit drei Monaten mit einer Arbeit beschäftigt, die, streng wissenschaftlicher Natur, eines der großartigsten Werke der Wissenschaft werden kann. Ich arbeite mit dem ganzen Bewußtsein der Größe meiner Aufgabe, mit der ganzen souveränen Verachtung eigener früherer Irrfahrten, mit der ganzen Keuschheit der Gesinnung, die dazu nötig ist. Gelingt das Werk, so hoff' ich im Lauf des Jahres Ihnen dasselbe vorzulegen. Meine ganze Zukunft als Mann der Wissenschaft scheint mir jetzt daran zu hängen; wenn ich schon ein Vierteljahrhundert schriftstellere, so fühle ich doch alle Leiden und Freuden eines Erstlingsautors dabei. Da ich das Prorektorat und Kuratorium jetzt zu verwalten habe, so muß ich gegen den Mechanismus des Geschäftsbetriebes so einen idealen Gegensatz in meiner Seele haben. Sie werden in diesen Tagen den Bericht über die Bibliotheksangelegenheit erhalten. Ich habe einer Konferenz darüber beigewohnt und den von Prof. Meyer entworfenen Brief mitunterzeichnet. Ich stimme den darin ausgesprochenen Ansichten bei. D r . Lobeck muß in der angegebenen Weise Sekretär, Herr Hoffmann, der soeben mit einer trefflichen paläontologischen Untersuchung

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376. April 1850

promovieren will, muß Amanuensis werden. Vor das Generalkonzil darf die Sache nicht kommen. Es würde unnütze Wortfechterei geben. Was die Reorganisation der Bibliothek 1 betrifft, so bedaure ich, daß die ganze Sache voreilig und so behandelt worden ist, daß sie nicht dem jetzigen Herrn Bibliothekaren offen vorgelegt werden kann. Drumann würde der Schlag schon jetzt rühren, wenn er läse, daß nach dem natürlichen Lauf der Dinge, bei seiner schwankenden Gesundheit und schwächlichen Konstitution, sein Ableben in nicht ferner Zeit zu erwarten sei. Lobeck würde es auch sehr affiziieren, zumal er wirklich jetzt sehr hinfällig geworden ist. Ich muß auch sagen, daß Prof. Meyer, der ein wahres bibliothekarisches Genie hat, manches zu schwarz sieht. Unsere Bibliothek wird noch nicht lange genug benutzt, und wir haben uns in unseren patriarchalischen, für Berlin und Göttingen freilich ganz unerhörten Zuständen nicht ganz so schlecht befunden, als die elende Einrichtung es vermuten läßt. Sie steht a l p a r i mit unserem sonstigen Elende nie allein, was hier den äußeren Komfort anbetrifft. Das Gräßlichste ist das Amt des Amanuensis. Dies ist hier so mühsam, daß viel Überwindung dazu gehört, darum zu ambieren. Sie haben uns Geld zum Bau eines anatomischen Theaters angewiesen. Aber gerade im Bauen sind wir recht unglücklich. Alles kostet viel, ist innerlich unzweckmäßig und sieht außen schlecht aus. Ich bedaure hier, daß der frühere Plan nicht (intrigenhalber) zur Ausführung gekommen ist, das jetzige zoologische Museum zur Anatomie zu machen und, meinetwegen auf der einen noch ganz unbebauten Seite vom Königsgarten, für das bereits Mangel an Raum leidende Museum ein neues, schönes Gebäude aufzuziehen, das mehr im Mittelpunkt der Stadt läge und eine Zierde derselben wäre. Nun will Uhrich ein Fundament bauen, das allein 1000 Taler kosten wird, da der Boden 17 Fuß Dammerde enthält, bevor man, nach gemachten Bohrversuchen - worauf kommt? Auf Sand! Auf einer Bergleh[?] soll gebaut werden, wo von oben aller Regen, aller schmelzender Schnee auf die Anatomie stürzt. Auf den Pfahlrost und das Tonnengewölbe des Fundaments sollen erst die Keller kommen! Ich werde mir alle Mühe geben, mich auf das genaueste zu informieren, bevor ich dem hohen Ministerio den Bauplan zugehen lasse. Doch verzeihen Sie, daß ein Brief, der erst nur danken, dann einen Musenrapport abstatten sollte, Sie unversehens von Geschäften unterhält. Leben Sie wohl, teurer, verehrter Freund und möge Gott Sie uns noch lang' erhalten! Königsberg, Ihr treu ergebener an Kants Geburtstag 1850 Karl Rosenkranz Schon 1844 wurde der Grundslein zu einem neuen Universitätsgebäude gelegt. Der Bau wurde jedoch ständig verzögert und begann erst 1858. Vgl. Prutz a.a.o. S. 245ff.

377. Mai 1850 - 378. Juli 1850

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377. An Johannes Schulze Hochgeehrtester Herr und Freund, heute früh habe ich die Resolution eines hohen Ministerii wegen der Bibliotheksangelegenheit empfangen und kann nicht umhin, Ihnen meinen herzlichen Dank auszusprechen, daß die Sache so geordnet ist, da sonst die ärgerlichsten Szenen sicher vorauszusehen waren. Zugleich erlaube ich mir Ihnen zu sagen, daß die Bauangelegenheit der Anatomie eine sehr glückliche Wendung genommen hat. Die ferneren Bohrversuche haben endlich ein glückliches Terrain ermittelt, eine starke, nicht sehr tief liegende Lehmlage, so daß wir nun nicht einmal einen Pfahlrost brauchen und Uhrich dies Jahr noch über das Fundament hinauszukommen hofft, wenn die Ratifikation seines Plans, der noch ins reine ausgezeichnet werden muß, in Berlin nicht zu lange aufhält. Mir sind zwei Steine vom Herzen! Den Universitätsrichter Becker werden Sie uns hoffentlich belassen. Appellationsräte können Sie genug finden, aber so eingeweihete und eingeschulte Universitätsrichter wohl wenige. Und so hoff' ich denn, wird unsere Akademie sich nicht bloß konservieren, sondern das c r e s c a t und f l o r e a t des akademischen Segenswortes allmählich wieder wahr machen. Einige alte Herren werden wir freilich verlieren. Der alte Geheimrat Hagen // ist nach heftigen Delirien nun völlig und ohne Aussicht auf Besserung blödsinnig, und Dulk ist auch recht krank gewesen. Doch immer zirkuliert ein junges, frisches Blut!

Königsberg, d. 12. Mai 1850

Also mit nochmaligem Dank Ihr innigster Verehrer K. Rosenkranz

378. An Kuno Fischer 1 Königsberg, 13. Juli 1850 Schon lange, hochgeehrtester Herr, mögen Sie auf eine endliche Antwort von mir geharrt haben. Aber da ich jetzt nicht bloß Professor bin, sondern auch das Prorektorat und interimistisch das Kuratorium hiesiger Universität verwalte, so ist mir die Zeit sehr kurz gemessen. Auf Ihre Diotima war ich soeben durch einen Artikel in der Leipziger illustrierten Ztg. aufmerksam geworden und hatte sie bei dem Buchhändler '

Über K. F. vgl. Reiner Wiehl, Die Heidelberger Tradition der Philosophie zwischen Kantianismus und Hegelianismus. K. Fischer, W. Windelband, H. Ricken. In: Semper aperlus 2, 1985, S. 409-431; R. Hiilsewiesche, System und Geschichte, Leben und Werke Kuno Fischers. Heidelberg 1982 (Diss, unveröffentl.). Fischers .Diotima, die Idee de Schönen' erschien 1849.

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bestellt, als Ihr Brief und Geschenk ankamen, wofür ich denn herzlich danke. Sie sind ein wohl unterrichteter, aufrichtig strebender, begeisterter junger Mann, der mir zuerst in Wigands Epigonen 1 bekannt wurde. Auch haben Sie eine treffliche Anlage, philosophische Materien geschmackvoll, ja glänzend zu schreiben. Warum aber haben Sie die Briefform gewählt, da doch von einer eigentlich epistolarischen Form durchschnittlich ganz abstrahiert wird? Vergleichen Ihre Briefe ζ. B. mit Schillers philos. Briefen 2 (Raphael und Julius e t c . ) , und Sie werden den Unterschied der Behandlung merken. Ich bedauere dies bei Ihnen so gut, als bei Schallers Briefen über den Kosmos3, denn Ihr hättet Euch ein viel // größeres Publikum erworben, wenn Ihr ohne jene Fiktion im einfachen systematischen Aufbau - natürlich ohne alle Paragraphenpolizeiordnung aufgetreten wärt. Ihr Buch, lieber Doktor, enthält sehr schöne Sachen, namentlich über das Komische. Sie haben hier gesucht, über Ruges Subjektivismus und künstliche Zurechtmachung hinauszukommen. Ich möchte mir erlauben, Ihnen b r e v i m a n u als Gedankenstoff meine Einteilung der Metaphysik des Schönen kurz hieher zu setzen, weil ich glaube, daß mich dies Verfahren überheben wird, viel Worte zu machen, da ich sonst in vielem Einzelnen mit Ihnen harmoniere. Ich denke mir den Gang so: I. Das Schöne an sich. 1, Das Erhabenschöne 2, Das Gefälligschöne 3, Das Absolutschöne (worin die Erhabenheit als Würde, das Gefällige als Anmut sich reproduzieren) II. Das Häßliche 1, Das Gemeine 2, Das Widrige 3, Die Karrikatur (hier wird das Häßliche durch Selbstübertreibung lächerlich) III. Das Komische 1, Das Naive 2, Das Scherzhafte (das Launigste, Drolligste, Groteske, Burleske, Barocke) 3, Das Witzige (satirisch, ironisch, humoristisch) '

2 3

Der vierte Band (1847) von Wigands Ztschr. ,Die Epigonen', ein Nachfolgeorgan von .Wigand's Vierteljahrsschrift', Leipzig 1844-46, enthielt unter der Uberschrift .Die philosophischen Reaktionäre' den Aufsatz Max Slirners, unter dem Pseudonym G. Edward, .Die modernen Sophisten von Kuno Fischer' und gleichzeitig schon die Entgegnung Kuno Fischers .Ein Apologet der Sophistik und ein philosophischer Reactionär'. Fischer hatte in der .Leipziger Revue' in seinem Aufsatz .Moderne Sophisten', der auf Wunsch Wigands in den fünften Band der .Epigonen' übernommen wurde, insbesondere Max Stirners .Der Einzige und sein Eigentum' als „moderne Sophistik", „absoluten Egoismus" bezeichnet und dessen Individualismus ins „geistige Tierreich" verwiesen. Fr. Schüler. Philosophische Briefe. In: Thalia, 3. Heft. Leipzig 1786 u. 7. Heft, Leipzig 1787. Julius Schaller, u. Bernhard Cotta, Briefe über Alexander v. Humboldt's Kosmos. Ein Commentar zu diesem Werke für gebildete Laien. Theil 1-3, 1.2. Leipzig 1847-52.

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Rückgang des Humors ins Erhabene.// Seit elf Jahren hatte ich nicht Ästhetik gelesen und - nach so viel praktischer und unpraktischer Politik, als ich durchgemacht, habe ich mich einmal wieder mit diesem Studium erquicken wollen und erfreue mich daher Ihres lebendig anregenden Buches doppelt, weil recht à p r o p o s . Aber ich muß sagen, daß mir jetzt die Ästhetik viel schwerer wird als sonst, wie ich sie überhaupt für eine der geheimnisvollsten Wissenschaften halte. So plagt mich denn jetzt der Gedanke, ob man nicht einmal die Dialektik so durchführen sollte, daß die drei Hauptunterschiede auch in ihrem Zusammenhange so zur Erscheinung kämen, wie jede Bestimmung ihre Extreme an sich hat, ähnlich der aristotelischen μεσάτης in der Ethik. Doch ich lasse diese Fragen, um noch Ihren persönlichen Angelegenheiten ein Wort zu widmen, da Sie meinen Rat darüber wünschen. Von unsern Universitäten würde ich Ihnen nur B o n n empfehlen können. Da Sie am Rhein wohnen, könnten Sie wohl auf ein paar Tage dorthin reisen, die Verhältnisse, die ich in ihrer gegenwärtigen Gestalt nicht kenne, (ich war 1846 zuletzt in Bonn und seitdem ist viel verändert) persönlich zu erkunden. Ein Privatdozent spekulativer Philosophie existiert dort meines Wissens nicht. Kann ich Ihnen dann weiter oder sonst was tun, so werde ich es mit Vergnügen und wirklichem Interesse tun. Leben Sie wohl! Hochachtungsvoll Ihr ergebenster Karl Rosenkranz

379. An Johannes Schulze Hochgeehrtester Herr und Freund, anliegend erlaube ich mir, Ihnen ein Exemplar des verkündeten Buches als ein öffentliches Geheimnis zuzuschicken, denn es kommt erst im September in den Buchhandel, weil im Juli und August sich niemand um Bücher kümmert. Möchten Sie mit diesem Buche 1 , worin vieljährige und reiflich erwogene Forschungen zusammengedrängt sind, nur halb so wie mit meinem Goethe zufrieden sein, so wär' ich sehr glücklich! Mein Verdienst, die Mühe, die Sorge, das vielseitige Studium, die Akribie der Darstellung, sind hier viel größer, aber dies alles ist nicht so sichtbar, weil hier nur der tiefere Blick diese Arbeit wahrzunehmen imstande ist. Auf den Abschnitt vom System, auf die ganze Naturphilosophie, namentlich die Organik, auf die Moral, die Philosophie der Geschichte und auf die Skizze vom absoluten Geist bin ich so kühn, einiges Gewicht zu legen. Es sieht Das System der Wissenschaft.

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es keiner so leicht diesen Paragraphen an, was für Studium und Nachdenken darin steckt. Sie, Verehrtester, kennen die Schwierigkeit nicht bloß solcher Unternehmungen, sondern auch solcher Darstellungen und Sie werden daher auch, wie schon so oft, mit meinen Fehlern und Mängeln gütige und billige Nachsicht haben. Ich bin im Augenblick mit Prof. Meyer // fast allein von allen Dozenten in der Stadt. Alles ist am Strande oder verreist. Ich beschäftige mich jetzt in den Ferien damit, meine Bibliothek in Ordnung zu bringen, die durch den Hin- und Herzug nach Berlin und bisherigen Mangel eines passenden Lokals sehr gelitten hat. Das verdammte Heftwesen und elende Broschüren macht es jetzt schwer, Übersicht und Ordnung zu halten und mir sind von dem großen G ai 1 h a b au d sehen Architekturwerk 1 , Gott weiß wie, über zwanzig Lieferungen von 140-165 abhanden gekommen. Nie hätte ich geglaubt, daß ich in meinem Alter und nach meinen Erlebnissen noch solchen Ärgers fähig wäre, als dieser Verlust mir macht, so oft ich daran denke. Sonst wüßt* ich, Gott sei Dank, nichts zu schreiben. Assessor Härtung findet sich ganz gut in sein neues Amt bei der Universität hinein. Nur eine Bitte hätt* ich noch, die aber gar nicht mit Königsberg, sondern mit Merseburg zusammenhängt, wo eine Vakanz am Gymnasium ist. Herr Geh. Rat Böckh hat Ihnen dorthin den Philologen Rudolf Lehmann empfohlen und ich erlaube mir, mich seiner Empfehlung anzuschließen, da ich zufällig den pp. Lehmann als einen sehr ordentlichen und tüchtigen Mann kenne, der besonders im Griechischen und in der Geschichte trefflich zu Hause ist. // Oft denke ich jetzt daran, daß Sie als unser Direktor jetzt noch mehr als sonst zu tun haben, und daß Sie sich zu sehr angreifen möchten. Allein zu meiner Freude hör' ich, daß Sie grünen und blühen, wie ein c o m m e i l f a u t . Sie brauchen daher auch gar nicht in ein Bad zu gehen, sondern baden sich, wie ein rechtschaffener Sohn Adams, durch die Arbeit im ehrenvollen Schweiß derselben. Gott sei mit Ihnen! Die mit Ihnen namentlich auf der Bierhalle vor dem Halleschen Tor verlebten Stunden werden mir unvergeßlich sein. Immer Königsberg, Ihr treu gesinnter d. 19. Juli 1850 Karl Rosenkranz

'

Jules Gailhabaud, Denkmäler der Baukunst aller Zeiten und Länder. Nach Zeichnungen der vorzügl. Künstler gestochen von Lemaitre, Bury, Olivier u.a. mit erläuterndem Text von du Caumont, Champollion-Figeac, L. Dubeux, Jomard, Kugler, Langlois, Alb. Lenoir, Girault de Prangey, Raol Röchelte, L. Vandoyer etc. Für Deutschland bearbeitet unter der Leitung von F. Kugler. Hrg. v. L. Lohde. Hamburg 1842ff.

380. Juli 1850

380. An Friedrich Wilhelm Schubert 1 ,31. Juli 1850

1

Erwähnt in: Esaù, Lotte, a.a.O. S. 143.

Quellen- und Briefempfängerverzeichnis Anton, Eduard: Nr. 26: nach der Handschrift in der Handschriftenabt. der Humboldt-Universität, Berlin. Bayer, Karl: Nrn. 198, 316: nach den Handschriften in der Handschriftenabt. der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg, Sign.: Ms 2560/28. Binder, Gustav: Nr. 207,:nach dem Erstdruck in: Th. Ziegler, Zu Hegels Jugendgeschichte. Ein Brief von Karl Rosenkranz, in: Kant-Studien Bd. 14, 1909, S. 342f. F.A. Brockhaus, Verlagsbuchhandlung: Nrn. 17, 4 1 , 4 5 , 5 1 , 7 0 , 86, 89, 106, 111, 113, 118, 122, 132, 134, 144, 145, 147, 149, 156, 165, 182, 191 (diktiert), 203, 204, 211, 220, 222, 305, 306, 307, 308: nach Fotokopien der Handschriften. Caro: Nr. 38: nach der in Privatbesitz sich befindenen Handschrift. Deichmann: Nr. 69: nach der Handschrift im Nachlaß H. Glockners im Glockner-Archiv des Stadt-Archiv Fürth. Dorguth, Friedrich Ludwig Andreas: Nrn. 243, 272, 274, 280, 287: nach den Handschriften, die sich z. Zt. in der Biblioteka Jagiellonska in Krakau, Polen, befinden. Erstdruck von W. Sange, Fünf Briefe von Karl Rosenkranz an Dorguth über Schopenhauer, in: Zeitschrift für Philos, und philos. Kritik, 152,1913, S. 93-103. Dorow, Wilhelm: Nr. 31: nach der Handschrift in der Handschriftenabt. der Universität Leipzig. Duncker, Karl: Nr. 286: nach der Handschrift aus der Handschriftenabt. der HumboldtUniversität, Berlin. Duncker, Karl (Auszug): Nr. 277: nach dem Teilabdruck in dem Aufsatz Fr. Nicolins, Unbekannte Aphorismen Hegels aus der Jenaer Periode, in: Hegel-Studien 4. Bonn 1967, S. 10. Fichte, Immanuel Hermann: Nm. 218, 225, 239, 267, 273, 281: nach den Handschriften des Fichte-Nachlasses in der Handschriftenabt. der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart. Fischer, Kuno: Nr. 378: nach der Handschrift in der Heidelberger Universitätsbibliothek Goethe, Johann Wolfgang von: Nr. 18: nach der Handschrift des Goethe- und Schillerarchivs der nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen dt. Literatur in Weimar, Sign.: Nr. 75 Goethe egg. Briefe. Goldstücker, Theodor: Nr. 213: nach dem Erstdruck in: Th. v. Bemhardi und Th. Goldstücker. Idolatrie und Idealismus. Betrachtungen eines Achtundvierzigers von Wilhelm Tobias. Berlin 1901, S. 430. Grimm, Wilhelm: Nr. 37: nach der Handschrift in der Handschriftenabt. der Staatsbibliothek Preuß. Kulturbesitz in Berlin. Grüneisen, Carl: Nr. 153: nach der Handschrift im Schiller-Nationalmuseum, Deutsches Literaturarchiv, Handschriftenabt., Marbach am Neckar. Guhrauer, Gottschalk Eduard: Nr. 236: nach der Handschrift, Sign.: Archiv der Philosophischen Gesellschaft, im Universitätsarchiv der Humboldt-Universität Berlin. Erstdruck mit dem Titel „Ein Brief von Karl Rosenkranz" in: Königsberger Hartung'sche Zeitung, 1903, Nr. 375. Gutzkow, Karl: Nr. 117: Nachl. K. Gutzkow A 2 I, Sign.: 37, 190 (Erstdruck in: Joh. Proelß, Das junge Deutschland. Ein Buch deutscher Geistesgeschichte. Stuttgart 1892, S. 648f.); Nr. 124: Sign.: 37, 284; Nr. 126: Sign.: 37, 304; Nr. 128: Sign.: 39, 5; Nr. 137: Sign.: 38, 294: nach den Handschriften aus der Handschriftenabt. der Frankfurter Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt a. M. Hegel, Karl: Nr. 172: Sign.: Nachlaß Hegel, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabt. der Staatsbibliothek Berlin. - (Auszüge): Nrn. 166, 167,168, 169, 171, 172, 178, 181, 183,185, 187, 188, 190, 192, 193, 197, 200, 202: nach dem Teilerstdruck in: Schümm, Karl, Briefe von Karl Rosenkranz über seine

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Quellen- und Briefempfängerverzeichnis

Hegel-Biographie, in: Deutsche Vierteljahrsschrifl für Literatur- und Geistesgeschichte. Jg. 11, 1933, S. 29-42. Hegel, Marie: Nrn. 146, 150, 151, 152, 158: nach den Handschriften. Sign.: Nachlaß Hegel, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Handschriflenabt. der Staatsbibliothek Berlin. - (Auszüge): Nm. 177, 206: nach dem Teilerstdruck in: Schümm, Karl, Briefe von Karl Rosenkranz über seine Hegel-Biographie, in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literatur- und Geistesgeschichte. Jg. 11, 1933, S. 29-42. Henning, Leopold von: Nm. 53, 61, 65,72, 76, 84, 91, 95, 96, 100, 101, 102, 103, 110, 112, 114, 135, 139, 157, 163: Nach Abschriften der Originale, die sich in Privatbesitz befinden. - Nr. 263: nach der Handschrift in der Sammlung Autographa, die sich z.Zt. in der Biblioteka Jagiellonska in Krakau, Polen, befinden. Hinrichs, Heinrich Friedrich Wilhelm (Auszüge): Nm. 56, 57, 60, 258: nach dem Teilerstdruck von Max Jacobson, Erinnerungen an Alt-Königsberg, in: Festschrift zum 50 jährigen Doctoijubiläum Ludwig Friedländer dargebracht. Leipzig 1895, S. 139-48. Jacobi, Carl Gustav: Nr. 314: nach der Handschrift in der Handschriftenabt. der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt a. M., Sign.: Autogr. K. Rosenkranz. Jacoby, Johann: Nr. 260: nach dem Erstdruck in: Esaù, Lotte, Karl Rosenkranz als Politiker. Studien über den Zusammenhang der geistigen und politischen Bewegungen in Ostpreußen. Halle 1935, Anlage 1. Jung, Alexander (Auszüge): Nm. 74, 75, 77, 78, 78, 80, 83, 99. 162, 214, 216, 255: Sign.: Nachlaß K. Gutzkow A 21. Nm. 36.14a; 36,40; 36,46; 37,175; 36,234; 36,250; 36,300; 39, 270; 41, 208; 42x; 45, 201: nach Briefabschriften von H. H. Houben aus der Handschriftenabt. der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt a. M. - Nm. 82. 310, 311, 321, 323, 330, 331, 335, 339, 343, 348, 350. 354. 363, 365, 344: nach dem Erstdruck durch: Goldstein, Ludwig, Karl Rosenkranz und Alexander Jung, in: Königsberger Beiträge. Königsberg 1929, S. 132-158. Kahlerl, August:: Nr. 105, Sign.: 80.5088: nach der Handschrift des Heinrich Heine-Instituts in Düsseldorf. Koberstein, August: Nr. 295: nach der Handschrift der Handschriftenabt. der Staatsbibliothek Preuß. Kulturbesitz Berlin, Sign.: Dokumenlenslg. Darmstaedler 2 a 1830 (5). Kugler, Franz: Nm. 1, 2, 3, 6, 22, 25, 27, 35, 66, 116, 130:nach den Handschriften in dem Archiv der BBAW (Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften), Abt. Nachlässe, Allg. Sammlung, Briefe von K. Rosenkranz an F. Kugler. - Nr. 28: nach der Handschrift in der Houghton Library, Cambridge, Mass. U.S.A. Ein Briefentwurf befindet sich in der Biblioteka Jagiellonska, Krakau, Polen. - Nr. 16: nach der Handschrift, die sich z. Zt. in der Biblioteka Jagiellonska, Krakau, Polen, befindet. - Nr. 14: nach der Handschrift des Germanischen National-Museums in Nürnberg, Sign.: Archiv Autographen. - Nr. 13: nach der in Privatbesitz sich befindenden Handschrift. - Nr. 7: nach der Handschrift in der Württemberg. Landesbibliothek Stuttgart. - Nr. 81: nach einem Teilabdruck in dem Auktionskatalog Nr. LXXIII, S. 123 des Auktionshauses Karl Emst Henrici, Berlin 1921. Κ gl. Kurtorium der Königsberger Universität: Nm. 209, 210: nach den Handschriften im GStA Merseburg, Rep. 76 Va. Sekt. 11. Tit 4, IV. Abt. No. 2, Bd. 3, Bl. 231ff. u. 242ff. Lehrs, Karl: Nm. 333, 352: nach dem Erstdruck in: Ludwich, Arthur, Ausgewählte Briefe von und an Chr. Lobeck und K. Lehrs. Nebst Tagebuchnotizen. Leipzig 1894. Marheineke, Konrad Philipp: Nr. 241: nach dem Teilabdruck in: Der Gedanke. Philosophische Zeitschrift. Organ der Philosophischen Gesellschaft zu Berlin. 1861, S. 241 f. - Nr. 247: nach der Handschrift im Archiv der Philosophischen Gesellschaft im Universitätsarchiv der Humboldt-Universität Berlin. Meier, Moritz Hermann Eduard: Nm. 4, 5, 10, 20, 30, 52, 90: nach den Handschriften, die sich z. Zt. in der Biblioteka Jagiellonska in Krakau, Polen, befinden. - Nr. 8: Sign.: Campe-Sammlung 10, nach der Handschrift in der Handschriftenabt. der Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek. Michelet, Karl Ludwig: Nm. 201, 226: nach den Handschriften, die sich z. Zt. in der Biblioteka

Quellen- und Briefempfängerverzeichnis

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Jagiellonska in Krakau, Polen, befinden. Ministerium für geistl. Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten: Nr. 23, 42 (an Joh. Schulze), 43, 325: nach den Handschriften in der Dokumentensammlung Darmstaedter, Sign.: 2 a 1830

(5). - Nr. 44: nach der Handschrift im GStA Merseburg, Rep. 76 Va, Sekt. 11 Tit. 4, IV. Abt. No. 1, Bd. 14, Bl. 10. - Nr. 47: nach der Handschrift im GStA Merseburg, Rep. 76 Va, Sekt. 11, Tit. 4, IV. Abt. No. 1 Bd. 14, Bl. 28. - Nr. 48: nach der Handschrift im GStA Merseburg, Rep. 76 Va, Sekt. 11, Tit. 4, IV. Abt. No. 1 Bd. 14, Bl. 31. - Nr. 97: nach der Handschrift im GStA Merseburg, Rep. 76 Va, Sekt. 11, Tit. 4, IV. Abt. No. 2, Bd. 2, Bl. 144. - Nr. 123: (K. Fr. v. Stein zum Altenstein), nach der Handschrift im GStA Merseburg, Rep. 76 Va, Sekt. 11, Tit. 4, IV. Abt. No. 2, Bd. 3, Bl. 3. - (Johannes Schulze): Nr. 133, nach der Handschrift im GStA Merseburg, Rep. 76 Va, Sekt. 11, Tit. 4, IV. Abi. No. 2. Bd. 3, Bl. 60. - Nr. 219: (an J. A. F. Eichhorn), nach der Handschrift im GStA Merseburg, Rep. 76 Va, Sekt. 11, Tit. 4, IV. Abt. No. 2. Bd. 4, Bl. 18. - Nr. 242: nach der Handschrift im GStA Merseburg, Rep. 76 Va, Sekt. 11 Tit. 4, No. 2, Bd. 4, Bl. 125 f. - (Abschrift), Nr. 334: nach der Handschrift im GStA Merseburg, Rep. 76 Va, Sekt. 11, Tit. 4, No. 2 Bd. 4, Bl. 19 Mündt, Theodor·. Nr. 67: nach der Handschrift in der Universitätsbibliothek der Friedrich Schiller-Universität Jena, Sign.: Aut. Slg. W.M.v. Goethe, 448 a . Ν. Ν.: Nr. 38: nach der Handschrift im Niedersächsischen Staatsarchiv in Wolfenbüttel, Sign.: 298 Ν 263. Ν. Ν.: Nr. 34: nach der Handschrift der Handschriftenabt. der Universität Leipzig. Ν. Ν.: (möglicherweise Ludwig Tieck) Nr. 12: nach der Handschrift aus der Handschriftenabt. der Marlin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Ν. Ν.: Nr. 33: nach der Handschrift in der Veste Coburg. Ν. N.: Nr. 315: nach der Handschrift des Hebbel-Museum in Wesselburen. Ρ f a f f , Karoline (Auszüge): Nr. 49, 58, 59, 63, 71, 79: nach dem Teilerstdruck von Max Jacobson, Erinnerungen an Alt-Königsberg, in: Festschrift zum 50 jährigen Doctoijubiläum Ludwig Friedländer dargebracht. Leipzig 1895, S. 139-48. Preußker, Karl: Nr. 24: nach der Handschrift in der Handschriftenabt. der Sächsischen Landesbibliothek Dresden. Prutz, Robert: Nr. 215: Mscr. Dresd. App. 497 ΠΙ 399; Nr. 221: Mscr. Dresd. App. 497 ΠΙ 402; Nr. 228: Mscr. Dresd. App. 497 ΠΙ 404; Nr. 235: Mscr. Dresd. 497 App. ΠΙ 407; Nr. 237: Mscr. Dresd. App. 497 ΙΠ 409; Nr. 249: Mscr. Dred. App. 497 ΠΙ 411; Nr. 252: Mscr. Dresd. App. 497 ΠΙ 414; Nr. 292: Mscr. Dred. 497 ΙΠ 417, nach den Handschriften der Sächsischen Landesbibliothek Dresden. Erstdruck bei: Büttner, Georg, Robert Prutz und Karl Rosenkranz, in: Altpreußische Monatsschrift, Bd. 54, 1917, S. 95-144. - Nr. 227: nach der Handschrift aus der Handschriftenabt. der Deutschen Staatsbibliothek, Berlin. Rötscher, Heinrich Theodor: Nr. 300: Sign.: Autogr. Rosenkranz, Karl, nach der Handschrift in der Bayerischen Staatsbibliothek. Rühle von Lilienstern, Johann Jakob Otto August: Nr. 55: nach dem Erstdruck in: Joh. J. Otto A. Rühle v. Lilienstem, Gedankenspäne. (Als Ms. gedruckt) Berlin 1846. Ruge, Arnold: Nr. 131, 136: nach dem Erstdruck in: A. Ruges Briefwechsel und Tagebuchblätter aus den Jahren 1825 bis 1880. Hrsg. v. P. Nerrlich. Bd. 1, Berlin 1886, S. 127 und S. 146f. - Nr. 141, 159, 161, 164, 170, 179, 180, 189, 230: nach Kopirn der Handschriften in der Sächsischen Landesbibliothek Dresden. Erstdruck in: Boddin, Heinz, Karl Rosenkranz als Literaturhistoriker. Unter besonderer Berücksichtigung seiner Goethe- und Diderotstudien. Diss. Dresden (Typoskript.) 1981. Salomon, Elias: Nr. 73: nach dem Erstdruck in: Ludwig Stieda: Elias Salomon. Ein Erinnerungsblatt. Altpreußische Monatsschrift Bd. 52, 1916, S. 319.

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Quellen- und Briefempfängerverzeichnis

Schlosser, Friedrich Christoph: Nr. 361, nach der Handschrift in der Handschriftenabt. der Universitätsbibliothek Heidelberg. Schön, Theodor von: Nr. 262 und 301: nach den Handschriften im Nachlaß Th. v. Schöns, Sign.: XX. HA. StA. Königsberg, Rep. 300 v. Brünneck I. Briefe Nr. 309, 313, 317, 319, 320, 322, 324, 328, 329, 332, 337, 338, 340, 344, 346, 347, 351, 353, 355, 356, 357, 3 5 8 , 3 5 9 , 3 6 0 , 3 6 2 , 364, 369, 370, 371, 374 unter Hinzuziehung der Handschriften (Sgn. s. Brief 262 u. 301) nach: Paul Herre (Hrsg.), Karl Rosenkranz, Politische Briefe und Aufsätze 1848-1856, Leipzig 1919. Schönfließ, Rosalie: Nr. 148, 154, 173, 1 9 9 , 2 0 8 , 2 1 2 , 2 1 7 , 2 2 3 , 2 2 9 , 2 3 1 , 2 3 4 , 2 3 8 , 2 4 6 , 2 4 8 , 2 5 0 , 253, 256, 257, 259, 261, 264, 279: nach dem Erstdruck in: Rosalie Schönfließ. Ein ostpreuß. Charakterbild mit einer Einleitung von Karl Rosenkranz. Hrsg. von T h e o d o r Krüger. Gumbinnen 1860. Schopenhauer, Arthur: Nr. 121, 129, 138: nach dem Erstdruck in: Schopenhauerbriefe. Sammlung meist ungedr. oder schwer zugänglicher Briefe von, an und über Schopenhauer. Mit Anmerkungen und biogr. Analekten von Ludwig Schemann, S. 186-209. Leipzig 1893. Schulze, Johannes: Nr. 62, 160, 232, 233: nach den Handschriften der Sammlung Vamhagen, die sich z.Zl. in der Biblioteka Jagiellonska in Krakau, Polen, befindet. - Nr. 87, 194: nach den Handschriften der Slg. Autographe von J. v. Radowitz, z. Zt. in der Biblioteka Jagiellonska, Krakau, Polen. - Nr. 9, 11, 19, 21, 2 9 , 4 0 , 108, 194, 302, 304, 326, 327, 341, 342, 349, 3 6 7 , 3 7 3 , 376, 377, 379: nach den Handschriften im Briefnachlaß Joh. Schulze im GStA Merseburg, Rep. 92, Schulze, No. 31, LittRo-Rn, Bl. 126-186. Schwab, Christoph Theodor: Nr. 254: nach der Handschrift in der Handschriftenabt. der Universitätsbibliothek Tübingen. Sign.: Mi XVII 23. Erstdruck in dem Aufsatz Otto Pöggelers, Sinclair, Hölderlin, Hegel, in: Hegel-Studien. Bonn 1973, S. 32f. Schwegler, Albert: Nr. 282, 296, 303: Sign.: Md 753, I 307. Π 114, ΙΠ 45, nach der Handschriften in der Handschriftenabt. der Tübinger Universitätsbibliothek. Siebold, Karl Theodor Ernst von: Nr. 285: nach der in Privatbesitz sich befindenden Handschrift. Simrock, Karl: Nr. 104: nach der Handschrift des Goethe- und Schillerarchivs der nati. Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen dt. Literatur in Weimar, Sign.: Simrock, 174, 4. Gerhard Stalling, Verlagsbuchhandlung: Nr. 372: nach der Handschrift in der Handschriftenabt. der Universität Leipzig. Tag und Koch, Verlagsbuchhandlung: Nr. 291: nach der Handschrift aus der Sammlung Radowitz, z. Zt. in der Biblioteka Jagiellonska, Krakau. Tholuck, August: Nr. 15: Sign.: Thol. Β. ΙΠ 1126a., nach der Handschrift in der Bibliothek der Evangelischen Kirche der K i r c h e n p r o v i n z Sachsen, Katechetisches O b e r s e m i n a r in Naumburg. Ulimann, Karl: Nr. 174, 186: nach den Handschriften in der Heidelberger Universitätsbibliothek, Sign.: Heid. Hs. 1135, 2617,2808. Universitätsbibliothek Königsberg: Nr. 107: nach der Handschrift aus dem Nachlaß H. Glockners in Fürth. Usteri, Leonhard: Nr. 36: nach der Handschrift in der Zentralbibliothek Zürich, Schweiz. Vamhagen von Ense, Karl August: N m . 46, 50, 64, 68, 88, 98, 115, 119, 125, 127, 140, 143, 184, 245, 251, 268, 271, 275, 283, 289, 297, 298, 299, 345, 366, 375: unter Hinzuziehung der Handschriften nach: Briefwechsel zwischen Karl Rosenkranz und Vamhagen v. Ense, hrsg. von Arthur Warda. Königsberg 1926. Die Handschriften befinden sich zur Zeit in der Biblioteka Jagiellonska in Krakau, Polen. Erstdruck des Briefes Nr. 138 in: Archiv f. d. Geschichte der Philosophie, Bd. 27, 1914, S. 339/40. Vatke, Wilhelm: Nr. 92, nach dem Erstdruck in: Benecke, Heinrich, Wilhelm Vatke in seinem Leben und seinen Schriften. Bonn 1883. Voß, Leopold: Nr. 155, Sign.: Autogr. Rosenkranz, Karl, nach der Handschrift in der Bayerischen Staatsbibliothek. Zeller, Eduard: Nr. 293, Sign.: Md 747 619. nach der Handschrift in der Universitätsbibliothek Tübingen. Zschokke, Heinrich: Nr. 265, 288, 290, nach den Handschriften im Zschokke-Nachlaß des Staatsarchivs des Kontons Aargau, Schweiz.

Literaturverzeichnis Das Verzeichnis enthält alle von Karl Rosenkranz erwähnten selbständig erschienenen Schriften, Aufsätze, Rezensionen und Periodica in alphabetischer Reihenfolge, geordnet nach Autoren bzw. Sachtiteln. Mehrere Veröffentlichungen eines Autors sind nach dem Erscheinungsdatum geordnet. Zugrunde gelegt wurde die von Rosenkranz erwähnte Ausgabe eines Werkes. Wenn die A u s g a b e durch seine Angaben nicht genau festzustellen war, wurde versucht, die Erstausgabe zu crmiucln. Von wichtigen Werken wurde eine aktuelle Ausgabe angegeben.

Abkürzungen: AllgLitZlg.: Allgemeine Literatur-Zeitung Allg. Ztg.: Allgemeine Zeitung (Augsburg) BllLitUnt.: Blätter für literarische Unterhaltung HallJbb.: Hallische Jahrbücher für deutsche Wissenschaft und Kunst JbbwissKrit.: Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik Album des litterarischen Vereins in Naumburg a. S. zur Feier seines 25jährigen Bestehens. Naumburg 1846. 355 Alexis, Willibald [Iläring, Wilhelm], Wiener Büder. Leipzig 1833. 7 3 , 1 0 8 Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste in alphabetischer Folge von genannten Künstlern bearbeitet und herausgegeben von J. S. Ersch und J. G. Gruber. 3 Sect. 1. Sect.: A G. Bd. 1 - 99. 2. Sect. H - Ν [- Liga]. Bd. 1 - 43. 3. Sect. O - Ζ [- Pfit] Bd. 1 - 20. Leipzig 1818 - 1889. Reprint Graz 1969ff. 40, 45, 55, 62, 73, 97, 107, 112 Ancillon, [Johann P.] Friedrich, Zur Vermittlung der Extreme in den Meinungen. 2 Th. 1. Th. Berlin 1828,2. Th. Berlin 1831. Dem Andenken meines Freundes Sinclair [unterzeichnet: Schibr.], in: Morgenblatt f ü r gebildete Stände, Nr. 146 vom 20. Juni 1815, S. 581f. Stuttgart u. Tübingen 1815. 237 [Anton Ulrich Herzog von Braunschweig-Lüneburg], Octavia R ö m i s c h e Geschichte der hochlöblichen Nymfen-Gcsellschaft an der Donau gewidmet. Nürnberg 1685. 28 Aristoteles, Physik. Übersetzt v. Chr. H. Weiße. Leipzig 1829. Neue Ausgabe übersetzt v. Hans Wagner. Darmstadl 1979. 78 Assing, David A. [Hrsg.], Rosa Maria's poetischer Nachlaß. Altona 1841. 251 [Arnim, Bettina v.,] Dies Buch gehört dem König. 2 Teile. Berlin 1843. Neue Ausgabe hrsg. v. Ilse Staff. Frankfurt/M. 1982. 325 A v e r d i e c k , J o h a n n , B r i e f e an einen T h e o l o g i e S t u d i e r e n d e n . Mit B e z u g n a h m e auf Schleiermacher's Monologen. Hrsg. aus dessen Nachlaß. Bremen 1839. 217 Barchou de Penhocn, baron [Auguste-Théodore-Hilaire] Histoire de la philosophie allemande depuis Leibnilz jusqu' a Hegel. Tome prim., tome second. Paris 1836. 125 Bauemfeld, Eduard, Bürgerlich und Romantisch. Lustspiel in vier Acten, in: Zedlilz's Dramat. Almanach fürs Lustspiel. Stuttgart 1839. 254 Baumstark, Eduard, u. Waldbrühl, W. v., Bardale. Sammlung auserlesener Volkslieder der verschiedenen Völker der Erde, alter u. neuer Zeiten, mit deutschem Texte u. begleitet durch Pianoforte u. Guitarre. Ixipzig 1836. 114 Bayer, Karl, Über den Begriff des sittlichen Geistes und über das Wesen der Tugend. Erlangen 1839. 238 Beneke, Friedrich Eduard, Psychologische Skizzen. 1. Bd.: Skizzen zur Naturlehre der Gefühle, in Verbindung mit einer erläuternden Abhandlung über die Bewußtwerdung der Seelen-

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Literaturverzeichnis

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483 Diderot, Denis, Mémoires, correspondance et ouvrages inédits de Diderot, publiés d'après les manuscrits confiés, en mourant, par l'auteur à Grimm. 4 Bde. Paris 1830 - 1831. 7 3 Dorguth, Friedrich Ludwig Andreas, Die falsche Wurzel des Idealrealismus. Ein Sendschreiben an Professor Rosenkranz. Magdeburg 1843. 2 9 1 , 347 -, Schopenhauer in seiner Wahrheil. Mit einem Anhang über das abstracte Recht und die Dialektik des Ethischen und des Rechlsbegriffes. Magdeburg 1845. 347 Droysen, Johann Gustav, Die Geschichte Alexanders des Großen v. Macédonien. Mit Karten und Plänen. Berlin 1833/34. 141 Eckermann, Johann Peter, Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. 1823 - 32. Bd. 1 und 2 Leipzig 1836, Bd. 3 1848. Neue Ausgabe Berlin und Weimar 1987. 2 2 0 , 241 Eilers, Gerd, Zur Beurteilung des Ministeriums Eichhorn. Von einem Mitglied desselben. Berlin 1849. 4 3 0 , 4 4 7 E n g e l m a n n , W i l h e l m , B i b l i o t h e k der schönen W i s s e n s c h a f t e n oder V e r z e i c h n i ß der vorzüglichsten, in älterer und neuerer Zeit, bis zur Mitte des Jahres 1836 in Deutschland erschienenen Romane, Gedichte, Schauspiele und anderer zur schönen Literatur gehörigen Werke, so wie der besten deutschen Übersetzungen poetischer Werke aus lebenden fremden Sprachen. Zuerst hrg. v. Th. Chr. Fr. Enslin. Gänzlich umgearbeitet u. neu hrg. v. W . Engelmann. Leipzig 1837. 131 Exner, Franz, Die Psychologie der Hegeischen Schule beurtheilt von Dr. F. Exner. Leipzig 1842. 2. Heft: Die Erwiderungen der Herren K. Rosenkranz und J. E. Erdmann. Leipzig 1844. 3 2 7 Feuerbach, Ludwig, (Rez. zu:] Die Philosophie des Rechts nach geschichtlicher Ansicht. Von Friedr. Jul. Stahl. Erster Band: Die Genesis der gegenwärtigen Rechtsphilosophie. Heidelberg 1830. Zweiter Band: Christliche Rechts- und Staatslehre. Erste Abtheilung. Heidelberg 1833, in: JbbwissKril. Juli 1835, No. 1, Sp. 1-7; No. 2, Sp. 9-16; No. 3, Sp. 17-20. Neue Ausgabe in: L. Feuerbach, Gesammelte Werke. Hrsg. v. Werner Schuffenhauer. Bd. 8. Bearbeitet von W . Harich. Berlin 1982. 7 5 -, Zur Kritik des Empirismus. [Rez. zu:] Kritik des Idealismus und Materialien zur Grundlage des apodiktischen Realrationalismus. Von F. Dorguth. Magdeburg 1837, in: HallJbb. No. 73 vom 26. März 1838, Sp. 5 8 2 - 584; No. 7 4 vom 27. März 1838, Sp. 5 8 8 - 592; No. 7 5 vom 28. März 1838, Sp. 5 9 7 - 600. Neue Ausgabe in: L. Feuerbach, Gesammelte Werke. Hrsg. v. Werner Schuffenhauer. Bd. 8. Bearbeitet von W . Harich. Berlin 1982. 291 [Feuerbach, Ludwig], Zur Kritik der „positiven Philosophie". [Rez. zu:] Über das Wesen und die Bedeutung der spekulativen Philosophie und Theologie in der gegenwärtigen Zeit, mit besonderer Rücksicht auf die Religionsphilosophie. Spezielle Einleitung in die Philosophie und spekulative Theologie. Von Dr. Sengler, ord. Prof. der Philos., Heidelberg 1837, in: HallJbb. 1838, No. 2 8 9 vom 3. Dec., Sp. 2 3 0 5 - 2311; No. 2 9 0 vom 4. Dec., Sp. 2313 - 2 3 1 6 ; No. 291 vom 5. Dec., Sp. 2321 - 2324; No. 2 9 2 vom 6. Dec., Sp. 2 3 2 9 - 2333; No. 293 vom 7. Dec., Sp. 2 3 3 7 - 2 3 3 3 . Neue Ausgabe in: L. Feuerbach, Gesammelte W e r k e . Hrsg. v. Werner Schuffenhauer. Bd. 8. Bearbeitet von W. Harich. Berlin 1982. 175 Feuerbach, Ludwig, Pierre Bayle. Ein Beitrag zur Geschichte der Philosophie und Menschheit [Innenlilel: Pierre Bayle nach seinen für die Geschichte der Philosophie und Menschheit interessantesten Momenten dargestellt und gewürdigt von L. Feuerbach]. Ansbach 1838 [Tatsächl. Erscheinungsdatum März 1839]. Neue Ausgabe in: L. Feuerbach, Gesammelte Werke. Hrsg. v. Werner Schuffenhauer. Bd. 4. Bearbeitet von W. Harich. Berlin 1967. 175 -, Das Wesen des Christentums. Leipzig 1841. Neue Ausgabe in: L. Feuerbach, Gesammelte Werke. Hrsg. v. Werner Schuffenhauer. Bd. 5. Bearbeitet von W . Schuffenhauer und W . Harich. Berlin 1974. 277 Fichte, Johann Gottlieb, Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters. Dargestellt von Johann Gottlieb Fichte, in Vorlesungen, gehalten zu Berlin, im Jahre 1804-5. Berlin 1806. Neue Ausgabe in: J . G. Fichte Gesamtausgabe der bayerischen Akademie der Wissenschaften. Hrsg. von R. Lauth und II. Guwitzky. Werkband 8. Stuttgart-Bad Cannstatt 1991. 4 4 8 -, Sämmtliche Werke. Hrsg. von I. H. Fichte. 8 Bde. Berlin 1845f. Reprint Berlin 1971. 2 6 9 Fichte, Immanuel Hermann, Fichte's Leben und literar. Briefwechsel, hrsg. von seinem Sohne I. H. Fichte. Sulzbach 1830. 284

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491 zu begründen. Stellin 1832. 93 Krause, Karl Christian, Handschriftlicher Nachlaß. Hrsg. von Freunden und Schülern desselben. 1. Abih. 1. Reihe. Leonhardi, H. K. v. [Hrsg.], Die Lehre vom Erkennen und von der Erkennlniß als erste Einleitung in die Wissenschaft. Göttingen 1836. 107 Krishan-Miçra, Prabodha-Chandrodaya oder die Geburt des Begriffs. Ein theol.- philosophisches Drama von Krishan- Miçra. Zum Erstenmal aus dem Sanskrit ins Deutsche übersetzt [von Th. Goldstücker]. Mit einem Vorwort eingeführt von K. Rosenkranz. Königsberg 1842. 264ff., 279,284 Kugler, Franz, Skizzenbuch. Gedichte - Nebst einem musikal. Anhang: Frauen, Liebe u. Leben, v. A. v. Chamisso. Berlin 1830. 39, 47, 50f. -, Legenden. Berlin o. J. [1831], 54 -, De Werinhcro, saeculi XII Monacho Tegemseensi, et de picturis minutis, quibus carmen suum theotiscum de vita B.V. Mariae omavit. Dissertât. Berolini 1831. 54 -, Die Bilderhandschrifl der Eneidt, in der Königl. Bibliothek zu Berlin befindlich. Ein Beitrag zur Kunstgeschichte des zwölften Jahrhunderts. Berlin 1835. 92 -, Über die Polychromie der griechischen Architektur und Skulptur und ihre Grenzen. Berlin 1835. 141 -, Handbuch der Malerei von Constantin dem Großen bis auf die neuere Zeit. 2 Th. Berlin 1837. 140, 164 Kühne, Gustav, Kloslemovellen. 2 Bde. Leipzig 1838. 169 Laube, Heinrich, Moderne Charakteristiken. 2 Bde. Mannheim 1835. 111 -, [Rez. zu:] Münchhausen. Eine Geschichte in Arabesken, von Karl Immermann. 4 Th. Düsseldorf, 1839, in: HaUJbb. 1840, No. 81 vom 2. Apr., Sp. 644 - 648; No. 82 vom 4. Apr., Sp. 654 - 656; No. 83 vom 6. Apr., Sp. 661 - 664. 217 -, Französische Luftschlösser. 3 Bde. Mannheim 1840. 257f. Leo, Heinrich, Lehrbuch der Universalgeschichte. 6 Bde. Halle 1835 - 1844. 107 -, Herr Dr. Diesterweg und die deutschen Universitäten. Leipzig 1836. 119 -, Die Hegelingen. Aclcnstücke und Belege zu der sogenannten Denunciation der ewigen Wahrheit. 1. A. Halle 1838. 2. [vermehrte] A. Halle 1839. 167 Lerminier, Jean Louis Eugène, De l'influence de la philosophie du X V I I I e siècle sur la législation et la sociabilité du X I X e . Paris 1833. 73, 124 Leroux, Pierre-Henri, Encyclopédie nouvelle, ou Dictionnaire philosophique, scientifique, littéraire et industriel, offrant le tableau des connaissances humaines aux X I X e siècle, par une société de savans et de littérateurs, publiée sous la direction des M M P. Leroux et J . Reynaud. Paris 1835 - 1841. 211 Lessing, Gotthold Ephraim, Hamburgische Dramaturgie. Erster, Zweyter Band. Hamburg 1769. Neue Ausgabe in: G. E. Lessings sämtliche Schriften. Hrsg. v. Karl Lachmann. Dritte, auf's neue durchgesehene und vermehrte Auflage, besorgt durch Franz Mucker. Bd. 9 und 10. Stuttgart 1893f. 158 -, Berengarius Turonensis, oder Ankündigung eines wichtigen Werkes desselben aus der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel, wovon ein Manuscript befindlich, welches bisher völlig unbekannt geblieben. Braunschweig 1770. Neue Ausgabe in: G. E. Lessings sämtliche Schriften. Hrsg. v. Karl Lachmann. Dritte, auf's neue durchgesehene und vermehrte Auflage, besorgt durch Franz Mucker. 11. Bd. Stuttgart 1895. 156 - (Hrsg.), Zur Geschichte und Litleratur. Aus den Schätzen der Herzogl. Bibliothek zu Wolfenbüttel. [Rcimams, Hermann Samuel], Vierter Beytrag. Ein Mehreres aus den Papieren des Ungenannten, die Offenbarung betreffend. Braunschweig 1777. Neue Ausgabe in: G. E. Lessings sämtliche Schriften. Hrsg. v. Karl Lachmann. Dritte, auf's neue durchgesehene und vermehrte Auflage, besorgt durch Franz Mucker Bd. 12. Stuttgart 1897. 156 -, Nathan der Weise. Ein Dramatisches Gedicht, in fünf Aufzügen, o. O. 1779 [Berlin: C. F. Voß]. Neue Ausgabe in: G. F.. Lessings sämtliche Schriften. Hrsg. v. Karl Lachmann. Dritte, auf's neue durchgesehene und vermehrte Auflage, besorgt durch Franz Mucker. Bd. 3. Stuttgart 1897. 156 -, G. E. Lessings sämmlliche Schriften. Hrsg. von Joh. Friedrich Schink. 32. Bde. Berlin (und Stettin) 1825-1828.

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Literaturverzeichnis

No. 6 vom 7. Jan., Sp. 41 - 48; No. 7 vom 8. Jan., Sp. 49 - 56; No. 8 vom 9. Jan., Sp. 57 - 61; No. 18 vom 21. Jan., Sp. 137 - 144; No. 19 vom 22. Jan., Sp. 145 - 151. 192 Rhode, Johann Gottlieb, Die heilige Sage und das gesammte Religionssystem der alten Baktrer, Meder und Perser und des Zendvolkes. Frankfurt a. M. 1820. 264 Rosenkranz, Johann Karl Friedrich, Aesthetische und Poetische Mittheilungen. Magdeburg 1827. 256 -, De poesis nostrae historia [Handschrifd. Fassung der Diss, vom 2. Febr. 1828. Halle], 26 - De Spinozae philosophia dissertaüo. Halae et Lipsiae 1828. 41 -, lieber den Titurel und Dante's Komödie. Mit einer Vorerinnemng über die Bildung des geisdichen Ritterordens und Beilagen contemplaliven Inhalts aus der größeren Heidelberger Handschrift. Halle und Leipzig 1829. 25, 27 -, Ueber Calderon's Tragödie vom wunderthätigen Magus. Ein Beitrag zum Verständniß der Faustischen Fabel. Halle und Leipzig 1829. 41 -, Vorwort zu: Maaß, J. G. E., Grundriß der Rhetorik, 4. Aufl. Halle 1829. 43 -, [Rez. zu:] Chrisdiche Apologetik. Versuch eines Handbuchs von Dr. Karl Heinrich Sack, ordenti. Profesor der Thcol. an der Rheinischen Universität u. s. f. Hamburg 1829, in: JbbwissKrit. Juni 1829, Nro. 110, Sp. 874 - 880; Nro. 111 u. 112, Sp. 881 - 894. 49 -, [Rez. zu:] Diuüska, Denkmäler deutscher Sprache und Literatur aus alten Handschriften zum ersten Male theils herausgegeben, theils nachgewiesen und beschrieben. Den Freunden deutscher Vorzeit gewidmet, von E. G. Graff. Zweiter Band. Stuttgardt und Tübingen 1827. Der erste Band erschien ebendaselbst 1826, in: JbbwissKrit. Dec. 1829, Nro. 102, Sp. 816; Nro. 103, Sp. 817 - 824. Wieder abgedr. in: K. R., Zur Geschichte der deutschen Literatur, S. Iff. Königsberg 1836. 31 -, Geschichte der Deutschen Poesie im Mitlelalter. Halle 1830. 27, 35, 39, 41, 43, 331, 453 -, Der Zweifel am Glauben. Kritik der Schriften: De tribus impostoribus. Halle und Leipzig 1830. 35,43,49,207, 297, 453 -, Octavianus, in: Allg. Encyclopädie der Wissenschaft und Künste, 3. Sect., 1. Th., S. 311. Leipzig 1830. 28 -, Odrunagátr, in: Allg. Encyclopädie der Wissenschaft und Künste, 3. Sect., 1. Th., S. 383. Leipzig 1830. 29 -, Ode, in: Allg. Encyclopädie der Wissenschaft und Künste, 3. Sect., 1. Th., S. 318-320. Leipzig 1830.31,40, -, [Rez. zu:] Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der ev. Kirche im Zusammenhange dargestellt von Dr. Schleiermacher. Zweite umgearbeitete Ausgabe. Erster Band. Berlin 1830 [Zweiter Band 1831], in: JbbwissKrit. Dec. 1830, Nro. 106, Sp. 841 - 48;'Nro. 107, Sp. 849 856; Nro. 108, Sp. 857 - 859; Nro. 109, Sp. 865 - 672; Nro. 110, Sp. 873 - 880; Nro. 111, Sp. 881 -887. 43,49 -, Geisdich Nachspiel zur Tragödie Faust. Leipzig 1831. 25,30,39,41, 42, 47 -, Die Naturreligion. Ein philosophisch-historischer Versuch. Iserlohn 1831. 42, 49,331, 453 -, Enzyklopädie der theologischen Wissenschaften. Halle 1831. 2., gänzlich umgearbeitete Auflage HaUe 1845 . 43,46, 49,59,142,207,297,331,337,342,348,361,462 -, [Rez. zu:] Vorlesungen über speculative Dogmaük von Franz Baader. Erstes Heft. Stuttgard und Tübingen 1828, zweites Heft Münster 1830, in: JbbwissKrit. März 1831, Nro. 48, Sp. 382 - 384; Nro. 49, Sp. 385 - 392. 49 [Rosenkranz, Karl,] [Rez. zu:] F. Schlegel, Philosophie der Geschichte, in achtzehn Vorlesungen gehalten zu Wien im Jahre 1828. 2 Bde. Wien 1829, in: Literar. Anzeiger Nr. 49 vom 9. Aug. 1831, Sp. 385 - 392; Nr. 50 vom 14. Aug., Sp. 393 - 397. Wieder abgedr. in: K. R., Das Verdienst der Deutschen um die Philosophie der Geschichte..., S. 63. Königsberg 1835. 38 Rosenkanz, Karl, [Rez. zu:] Skizzenbuch v. Franz Kugler. 1830. Mit Kupfern und vielen Musikbeylagen, in: AllgLitZtg. Dec. 1831, No. 229, Sp. 548 - 551. Wieder abgedr. in: K. R., Zur Geschichte der deutschen Literatur, S. 174ff. Königsberg 1836. 32, 39, 47, 51 -, [Rez. zu:] Ludwig Bechstein, Die Haimons-Kinder, ein Gedicht aus dem Sagenkreise Karls des Grossen in vier Sängen. Mit fünf Vignetten. Leipzig 1830. - Der Todtentanz. Ein Gedicht v. L. Bechstein. Mit 48 Kupfern in treuen Conturen nach H. Holbein. Leipzig 1831, in: AllgLitZtg. März 1832, No. 45, Sp. 353 - 360; No. 46, Sp. 361 - 363. Wieder abgedr. in: K. R., Zur Geschichte der deutschen Literatur, S. 20ff. Königsberg 1836. 47

495 [Rez. zu:] Bibliothek der Novellen, Mährchen und Sagen. Hrsg. v. Th. Echtermeyer, Ludwig Henschel u. Karl Simrock. 3 Th. Auch unter dem Titel: Quellen des Shakespeare in Novellen und Sagen u. s. w. 3 Th. 1831, in: AUgLitZtg. Dec. 1832, Nr. 238, Sp. 617 - 21. Wieder abgedr. in: K. R., Zur Geschichte der deutschen Literatur, S. 67ff. Königsberg 1836. 58 Handbuch einer allgemeinen Geschichte der Poesie. Th. 1 - 3. Halle 1832 - 1833. 55, 62, 65, 70, 72, 140 [Rez. zu]: Versuch eines allg. ev. G e s a n g - und G e b e t b u c h s z u m Kirchen- und Hausgebrauch, in: JbbwissKrit. 1833, Bd. 2, Sp. 881-886, 889-892, 897-902, 905-910. Wiederabgedruckt in: Zur Geschichte der deutschen Literatur. Königsberg 1836. 243 Omichius, in: Allg. Encyclopädie der Wissenschaft und Künste, 3. Sect., 3. Th., S. 370. Leipzig 1832. 28 Optimismus, in: Allg. Encyclopädie der Wissenschaft, und Künste, 3. Sect., 4. Th., S. 270ff. Leipzig 1833. 62. 69 Ontologie, in: Allg. Encyclopädie der Wissenschaft und Künste, 3. Sect., 4. Th., S. 1 5 - 2 1 . Leipzig 1833. 6 2 , 6 9 Ontologischer Beweis, in: AUg. Encyclopädie der Wissenschaft und Künste, 3. Sect., 4. Th., S. 21 - 2 4 . Leipzig 1 8 3 3 . 6 2 , 6 9 Opfer, in: Allg. Encyclopädie der Wissenschaft und Künste, 3. Sect., 4. Th., S. 74 - 76. Leipzig 1833. 56 Opus operalum, in: Allg. Encyclopädie der Wissenschaft, und Künste, 3. Sect., 4. Th., S. 297 - 2 9 9 . Leipzig 1833. 6 2 , 6 9 Oibent, in: Allg. Encyclopädie der Wissenschaft und Künste, 3. Sect., 4.Th., S. 413. Leipzig 1833. 28 [Rez. zu:] Deutsche Dichter, erläutert von M. W. Götzinger. Für Freunde der Dichtkunst überhaupt und für Lehrer der deutschen Sprache insbesondere. 1. Th. Leipzig u. Zürich 1831, 2. Th. 1832, in: AllgLitZtg. 1833, Erg. Bl. Bd.l, Num. 51, Juni 1833, Sp. 404 - 408. [Rez. zu:] Die Insel der Glückseligkeit von D. A. Atterbom. Hin Sagenspiegel in 5 Abth. Aus dem Schwedischen übersetzt von H. Nens. Leipzig 1833 in: JbbwissKrit. Juni 1834, No. 104, Sp. 878 - 880. Wieder abgedr. in: K. R., Zur Geschichte der deutschen Literatur, S. 186ff. Königsberg 1836. 74, 84 [Rez. zu:] Schi-King, Chinesisches Liederbuch, gesammelt von Confuzius, dem Deutschen angeeignet von Friedrich Rücken. Altona 1833. - [Rez. zu:] Bilder des Orients von Heinrich Stieglitz. Vierter Band. Leipzig 1833, in: JbbwissKrit. Juni 1834, No. 118, Sp. 1006 - 1008; No. 119, Sp. 1009- 1014; No. 120, Sp. 1017 - 1019. Wieder abgedr. in: K. R., Zur Geschichte der deutschen Literatur, S. 196ff. Königsberg 1836. 84 De integritate naturae dissertatio. Pro loco profess, ordin. Regimonti 1834. 83 Metamorphosen des Herzens, in: Der Prophet, ein Sonntagsblatt für gebildete Maenner und Frauen, Breslau 1834, Nr. 21 vom 23. Febr., S. 330f.; Nr. 22 vom 2. März, S. 344f.; Nr. 23 vom 9. Märe, S. 359f. 256, 260 Organon, in: Allg. Encyclopädie der Wissenschaft und Künste, 3. Sect., 5.Th., S. 149 - 150. Leipzig 1834. 97 Hegel. Sendschreiben an den Ilofrath u. Prof. der Philosophie, Herrn Dr. Carl F. Bachmann in Jena. Königsberg 1834. 72, 207 [Rez. zu:] Die Hegel'sche Rcligionsphilosophie verglichen mit dem christlichen Princip von C. A. Eschenmayer, Prof. in Tübingen. Tübingen 1834, in: JbbwissKrit. Nov. 1834, No. 98, Sp. 833-40; No. 99, Sp. 841 - 45; No. 100, Sp. 849 - 855. Wieder abgedr. in: K. R., Kritische Erläuterungen des Hcgel'schcn Systems, S. 267ff. Königsberg 1840. 82, 91 Über die Entwicklung der philosoph. Naturwiss. von Kant bis Hegel. Vorgelesen in der physik.- Ökonom. Gesell, zu Königsberg am 2. Mai 1834, in: Preuß. Prov. Blätter Bd. 12, 1834. Wieder abgedruckt in K. R., Studien, Th. 2, S. 1 - 41. Leipzig 1844. 84 [Rez. zu:] Uebcr Sein, Werden und Nichts. Eine Excursion ueber vier Paragraphen in Hegels Encyklopädie von J. J. O. A. Rühle v. Lilienstem. Erste Abth. Zweite Abth. mit einer lithogr. Tafel. Berlin 1833, in: JbbwissKrit. Juni 1835, No. 108, Sp. 877 - 880. Wieder abgedr. in: K. R., Kritische Erläuterungen des Hegel'schen Systems, S. 19ff. Königsberg 1840. Am Bußtage, in: Literarischer Zodiakus, Nov. 1835, S. 347 - 350. 256 [Rez. zu:] Chr. J. Braniß, System der Metaphysik. Breslau 1834, in: JbbwissKrit. März 1835,

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Literaturverzeichnis

No. 57, Sp. 469 - 472; No. 58, Sp. 473 - 479; No. 59, Sp. 481 - 488. Wieder abgedr. in: K. R., Kritische Erläuterungen des Hegel'schen Systems, S. 32ff. Königsberg 1840. 74, 76, 82, 91 -, [Rez. zu:] Des Herrn Geh. Kirchenraths u. Prof. Dr. C. Daub Darstellung u. Beurteilung der Hypothesen in Betreff der Willensfreiheit. - Mit Zustimmung des Verfassers aus dessen Vorlesungen herausgeg. und mit einigen Zusätzen über die Lehre vom Gewissen, von der Todesstrafe u. s. f. begleitet von Dr. J. C. Kröger, Katecheten am Waisenhause in Hamburg. Altona 1834, in: JbbwissKrit. Jan. 1835, No. 1, Sp. 1 - 13. 91, 136 -, Orthodoxie, in: 3. Sect. 6 Th. S. 146 - 149, in: Allg. Encyclopädie der Wissenschaft und Künste. Leipzig 1835. 97 -, Über die poetische Behandlung des Ehebruchs, in: Literarischer Zodiakus. Juli 1835, S. 3 - 27. Wieder abgedr. in: K. R., Studien. Th. 1, S. 56ff. Berlin 1839. 93 [Rosenkranz, Karl] [Rcz. zu:] Der Messianismus, die neuen Templer und einige andere merkwürdige Erscheinungen auf dem Gebiet der Religion und Philosophie in Frankreich, nebst einer Uebersicht des gegenwärtigen Zustandes der Philosophie in Italien. Von Fr. Wilh. Carove. Leipzig 1834, in: BllLitUnt. 1835, Nr. 114 vom 24. April, S. 469 - 471; Nr. 115 vom 25. April, S. 473 - 475. Wieder abgedr. in: K. R., Studien. Th. 5, S. 55ff. 97, 108 Rosenkranz, Karl, Das Verhältniß des Protestantismus zur bildenden Kunst, mit besonderer Rücksicht auf Schnaasc's Niederländische Briefe. Rede, geh. im Königsberger Kunstverein am 13. Dec. 1834, in: Preuß. Prov. Bl. Bd. 13, 1835, S. 113 - 132. Wieder abgedr. in: K. R., Studien. Th. 1, S. Iff. Berlin 1839. 92 -, Erklärung, in: AUgZtg. (Augsburg) 1835, Außerord. Beilage zu Nr. 515 vom 14. Dec. 142 -, [Rez. zu:] Von den Beweisen für die Unsterblichkeit der menschlichen Seele im Lichte der speculativen Philosophie. Von Karl Friedrich Göschel. Eine Ostergabe. Berlin 1835, in: BllLitUnt. 1835, Nr. 351 vom 17. Dec., S. 1449 - 1451; Nr. 352 vom 18. Dec., S. 1453 - 1455; Nr. 353 vom 19. Dec., S. 1457 - 1458; Nr. 354 vom 20. Dec., S. 1461 - 1462. 108, 111 -, [Rez. zu:] Geschichte der poetischen National-Literatur der Deutschen von Dr. G. G. Gervinus. Erster Theil. Von den ersten Spuren der deutschen Dichtung bis gegen das Ende des 13ten Jahrhunderts. Leipzig 1835, in: JbbwissKrit. Febr. 1836, No. 36, Sp. 281 - 288; No. 37, Sp. 289 - 293. Wieder abgedr. in: K. R., Studien. Th. 5, S. 163ff. 105f. -, Zur Geschichte der Deutschen Literatur. Königsberg 1836. 120, 453 -, Die Bilderliteratur des deutschen Volkes, in: Zur Geschichte der Deutschen Literatur. Königsberg 1836. 122, 144 -, [Rez. zu:] Bohlen, P. v., Ucbersetzung der Sprüche Bhartriharis aus dem Sanskrit metrisch übertragen von P. v. Bohlen. Hamburg 1836, in: JbbwissKrit. April 1836, No. 65, Sp. 518. 99 -, Kritik der Schleiermachcrschen Glaubenslehre. Königsberg 1836. 111, 114, 118, 125, 133, 134,143,207 -, [Rez. zu:] Grundzüge der Metaphysik. Von C. H. Weiße, Hamburg 1835, in: JbbwissKrit. Juni 1836, No. 110, Sp. 878 - 880; No. I l l , Sp. 881 - 888; No. 112, Sp. 889 - 896; No. 113, Sp. 897-900. Wieder abgedr. in: K. R., Kritische Erläuterungen des Hegel'schen Systems, S. 49ff. Königsberg 1840. 106, 118f., 125 -, [Rez. zu:] Parcival. Riltergedicht von W. v. Eschenbach. Aus dem Mittelhochdeutschen zum ersten Male übersetzt von San Marte. Magdeburg, Creutz. 1836, in: BllLitUnt. Nr. 166 vom 14. Juni 1836, S. 705 - 707. Wieder abgedr. in: K. R „ Studien. Th. 5, S. 180ff. Leipzig 1848. 108,112, 129, 131,134 -, [Rez. zu:] Ucbcr das Verderben auf den deutschen Universitäten von Dr. F. A. Diesterweg [Die Lebensfrage der Civilisation. Dritter Beitrag]. Essen 1836, in: JbbwissKrit. Sept. 1836, No. 46, Sp. 365 - 368; No. 47, Sp., 369 - 375; No. 48, Sp. 377 - 382 [Gemeinsam mit der Rez. zu: Hr. Dr. Diesterweg und die deutschen Univ. Eine Streitschrift von H. Leo. Leipzig 1836]. Wieder abgedr. in: K. R., Studien. Th. 5, S. 31ff. Leipzig 1848. 108, 118f., 125, 131 -, [Rez. zu:] [K. A. Varnhagen v. Ense,] Ueber Raheis Religiosität. Von einem ihrer älteren Freunde. Leipzig, 1836, in: JbbwissKrit. Okt. 1836, No. 75, Sp. 598 - 600. 125,133f. -, [Rez. zu:] F. D. Schleiermacher, Entwurf eines S y s t e m s der Sittenlehre. Aus S c h l e i e r m a c h e r ' s handschriftlichem N a c h l a s s e hrsg. v. Prof. Alex. S c h w e i z e r . [Schleiermacher's sämmtliche Werke. Abth. ΠΙ. Bd. V]. Berlin, 1835, in: JbbwissKrit. Nov. 1836, No. 96, Sp. 761 - 768; No. 97, Sp. 769 - 776. Wieder abgedr. in: K. R., Neue Studien. Bd. 4, S. 32ff. 120,125

497 Die Emancipation des Weibes. Aus dem Standpunkt der Psychologie betrachtet, in: BULitUnt. Nr. 64 vom 5. März 1837, S. 257 - 59; Nr. 65 vom 6. März 1837, S. 261 - 262; Nr. 66 vom 7. März 1837, S. 265 - 267. Wieder abgedr. in: K. R., Studien. 1. Th., S. 91ff. Berlin 1839. 130, 133,135, 152 Der Zweikampf auf unsern Universitäten. Eine Rede, gehalten auf der Universität zu Königsberg am 2. Mai 1837. Königsberg 1837. 202 Erinnerungen an Karl Daub. Berlin 1837. 137, 139 [Rez. zu:] Die christliche Mystik von J. v. Görres, Prof. der Geschichte an der Univ. München. Bd. I. Π. Regensburg [und Landshul], 1836, in: JbbwissKrit. Mai 1837, No. 96, Sp. 761 - 768; No. 97, Sp. 769 - 776; No. 98, Sp. 777 - 781. 134,136,154 Die Psychologie oder die Wissenschaft vom subjektiven Geiste. Königsberg 1837. 2. A. Königsberg 1843. 142, 152, 154,157, 159,198,207,243,287, 291,294,330 Die Gesammtausgabe der Kantischen Schriften, in: Die Dioskuren. Bd. 2, 1837, S. 18 - 35. Wieder abgedr. in: K. R., Studien. 1. Th, S. 232ff. 138 Über das literarische Gewissen unserer Zeit, in: BULitUnt. Nr. 286 vom 13. Okt. 1837, S. 1157 - 59; Nr. 287 vom 14. Okt., S. 1161f.; Nr. 288 vom 15. Okt., S. 1165f.; Nr. 289 vom 16. Okt., S. 1169f. Wieder abgedr. in: K. R.. Studien. 1. Th, S. 206ff. Berlin 1839. 146, 152 [Rez. zu:] Lehrbuch des chrisll. Glaubens u. Lebens für denkende Christen u. zum Gebrauch in den oberen Klassen an den Gymnasien von Dr. Ph. Marheineke. Zweite, verbesserte Aufl. Berlin 1836, in: JbbwissKrit. Jan. 1837, No. 4, Sp. 25 - 32. 125, 127,133f. [Rez. zu:] Leibnitz's Dissertation de principio individuae hrsg. und kritisch eingeleitet von Dr. G. E. Guhraucr. Berlin 1837, in: JbbwissKrit. Juni 1837, No. 109, Sp. 870 - 872. Wieder abgedr. in: K. R., Neue Studien. Bd. 4, S. 65ff. Leipzig 1878. 136 Rüge [Uber die Kantausgabc der Buch. Modes und Baumann, Leipzig], in: Zeitung für die elegante Welt vom 6. Jan. 1838, Intelligenz-Blatt Nr. 1 [Gez. Rosenkranz, Schubert, Voß]. 288 [Rez. zu:] G. W. F. Hegel's Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. Hrsg. v. Dr. E. Gans. Motto: die Weltgeschichte ist nicht ohne eine Weltregierung verständlich. Berlin 1837. (Sämmtliche Werke Hegel's Bd. K ) , in: HallJbb. 1838, No. 17. vom 19. Jan., Sp. 136; No. 18 vom 20. Jan., Sp. 137 - 144; No. 19 vom 22. Jan., Sp. 145 - 152; No. 20 vom 23. Jan., Sp. 153 156. Wieder abgedr. in: K. R., Kritische Erläuterungen des Hegei'schen Systems, S. 149ff. Königsberg 1840. 261 [Rez. zu:] Die Idee der Freiheit und der Begriff des Gedankens. Von Dr. Karl Bayer. Nürnberg 1837, in: JbbwissKrit. Mai 1838, No. 89, Sp. 727 - 728; No. 90, Sp. 729 - 735. Wieder abgedr. in: K. R., Neue Studien. Bd. 4, S. 48ff. 167 Geistliche Antiphonicen, in: Der Freihafen. Heft 1, S. 83 - 103. 1838. 256 Ludwig Tieck und die romantische Schule, in: HallJbb. 1838, No. 155 vom 29. Juni, Sp. 123335; No. 156 vom 30. Juni, Sp. 1241 - 1243; No. 157 vom 2. Juli, Sp. 1249 - 1253; No. 158 vom 3. Juli, Sp. 1257 - 1260; No. 160 vom 5. Juli, Sp. 1273 - 1278; No. 161 vom 6. Juli, Sp. 1281 1288; No. 162 vom 7. Juli, Sp. 1289 - 1296; No. 163 vom 9. Juli, Sp. 1297 - 1302. Wieder abgedr. in: K. R., Studien. Th. 1, S. 277ff. Berlin 1839. 164, 168 Die Emancipation des Fleisches, in: Conversationslexikon der Gegenwart. Bd. 1, S. 1152 - 57. Leipzig 1838. Wieder abgedr. in: K. R., Neue Studien. Bd. 1, S. Iff. Leipzig 1875. 136, 151, 165 [Rez zu:] D. Carl Daub's Vorlesungen über die philosophische Anthropologie. Hrsg. von Marheineke und Dittcnberger. Berlin 1838, in: JbbwissKrit. Aug. 1838, No. 37, Sp. 294 - 296; No. 38, Sp. 297 - 302; No. 39. Sp. 305 - 308. 167 Ueber Hegel's Eintheilung der Naturwissenschaften, in: HallJbb. 1838, No. 268 vom 8. Nov., Sp. 2137 - 2140; No. 269 vom 9. Nov., Sp. 2145 - 2149; No. 270 vom 10. Nov., Sp. 2153 2156; No. 271 vom 12. Nov., Sp. 2161 - 2164. Wieder abgedr. in: K. R., Kritische Erläuterungen des Hegel'schcn Systems, S. 91 ff. Königsberg 1840. 167 [Rez. zu:] Der Staat, die Kirche und die Kölner Angelegenheit, oder: zu welchem Ausgange wird die Kölner Angelegenheit führen? Nebst einer Beilage aus dem 12. Jahrhundert. Von Philadelphus. Braunschweig 1838, in: JbbwissKrit. Dec. 1838, No. 113, Sp. 899 - 904; No. 114, Sp. 905 - 912, No. 115, Sp. 913 - 917. Wieder abgedr. in: K. R., Neue Studien. Bd. 3, S. 273ff. Leipzig 1877. 166, 172, 199,206

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Literalurverzeichnis

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Die Ästhetik in ihrer Forlbildung, in: Conversationslexikon der Gegenwart. Bd. 1, S . 251 - 255. Leipzig 1838. 1 4 5 , 1 4 7 , 1 5 1 , 1 9 7 -, H. G. Hotho, in: Conversationslcxikon der Gegenwart. Bd. 2, S. 9 8 0 - 81. Leipzig 1839. 146f., 179,227 -, K. Gutzkow, in: Conversationslcxikon der Gegenwart. Bd. 2, S. 597 - 6 0 0 . Leipzig 1839. 145, 147, 169, 179f., 184 -, Junges Deutschland, in: Conversationslexikon der Gegenwart. Bd. 2, S . 1179 - 1182. Leipzig 1839. 151, 180f., 185 -, [Rez. zu:] G. W. F. Hegel's Vorlesungen über die Aesthetik. Herausgegeben von Dr. H. G. Hotho. Zweiter Band 1837. 4 6 5 S. Dritter Band. 1838. 581 S. (Auch sämmüiche Werke Bd. X . 2te u. 3te AbthcUung, in: JbbwissKrit. März 1839, No. 4 6 , Sp. 363 - 3 6 8 ; No. 4 7 , Sp. 3 6 9 376; No. 48, Sp. 377 - 384; No. 49, Sp. 385 - 390. 166, 1 7 4 , 1 7 6 , 1 7 9 , 1 9 7 , 2 0 9 , 2 6 1 -, [Rez. zu:] Nalas und Damajanti, eine Indische Dichtung, aus dem Sanskrit übersetzt von Franz Bopp. Berlin. 1838, in: JbbwissKrit. Juni 1839, No. 110, Sp. 878 -880. 179 [Rez. zu:] Leibnitz's deutsche Schriften. Herausgegeben von Dr. G. E. Guhrauer. Erster Band. Berlin, 1838. X X . 4 8 6 und ein Anhang in Beilagen in 4 6 S., in: JbbwissKrit. Sept. 1839, No. 57, Sp. 449 - 456; No. 58, Sp. 457 - 460. Wieder abgedr. in: K. R., Neue Studien. Bd. 4, S. 69ff. Leipzig 1878. 174, 198 -, Studien. Erster Theil: Reden und Abhandlungen: Zur Philosophie und Literatur. Berlin 1839; Zweiter Theil: Reden und Abhandlungen. Zur Philosophie und Literatur. N. F. Leipzig 1844; Dritter Theil: Die Modificalionen der Logik, abgeleitet aus dem Begriff des Denkens, ebd. 1846; Vierter Theil: Gedichte, ebd. 1847; Fünfter Theil: Reden und Abhandlungen. Zur Philosophie und Literatur. 3. F., ebd. 1848. 3 5 7 -, Rahel, Bettina und Charlotte Stieglitz, in: Conversationslexikon der Gegenwart. Bd. 4. 1, S . 4 7 3 - 4 8 5 . Leipzig 1840. Wieder abgedr. in: K. R . , Neue Studien. Bd. 2, S . 102ff. Leipzig 1875. 135, 145ff., 1 5 1 , 2 2 9 , 2 3 3 -, F. G. Kühne, in: Conversationslexikon der Gegenwart. Bd. 3, S . 145 - 147. Leipzig 1840. 180, 196 -,

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H. Laube, in: Conversationslexikon der Gegenwart. Bd. 3, S . 2 4 7 - 249. Leipzig 1840. 180, 196 Th. Mündt, In: Conversationslexikon der Gegenwart. Bd. 3, S. 7 8 6 - 7 8 9 , Leipzig 1840. 180, 196 Philosophie der Geschichte, in: Conversationslexikon der Gegenwart. Bd. 4. 1, S . 193 - 2 0 1 . Leipzig 1840. 145, 147, 197, 211, 2 2 7 , 2 3 3 Arnold Ruge, in: Conversationslexikon der Gegenwart. Bd. 4. 1, S. 6 5 8 - 6 5 9 . Leipzig 1840. 146,202 Geschichte der Kant'schcn Philosophie. Leipzig 1840. [I. Kant's Sämmtliche Weike. Hrsg. v. Karl Rosenkranz u. Friedr. Wilh. Schubert. Zwölfter Theil.] Neue Ausgabe. Berlin 1987, hrsg. v. Steffen Dietzsch. 150, 155, 171, 178, 180, 191, 193, 195, 198, 2 0 6 , 2 1 2 , 2 1 6 , 2 2 2 , 225, 229,258, 291,299,347

-,

Kritische Erläuterungen des Hegel'schen Systems. Königsberg 1840. Nachdruck Hildesheim 1963. 225, 243f. -, Das Centrum der Speculation. Eine Komödie. Herausgegeben von Karl Rosenkranz. Königsberg 1840. Nachdruck in: Höfener, Heiner (Hrsg.), Hegel-Spiele. Donauwörth 1977. 215, 2 2 0 , 2 2 5 f „ 243, 257, 2 7 2 , 3 4 0 [Rosenkranz, Karl], Vorläufiges über die Universität Königsberg. [Unterzeichnet: D. S . ] , in: HallJbb. 1840, No. 78 vom 31. März, Sp. 621 - 6 2 3 ; No. 120 vom 19. Mai , Sp. 9 5 3 - 9 5 9 . 224,452 [Rosenkranz, Karl], Zur Charakteristik Karl Friedrich Burdach's, in: HallJbb. 1840, No. 125 vom 25. Mai, Sp. 995 - 9 9 8 [Unterzeichnet: D. S.]. 2 2 6 Rosenkranz, Karl, [Rez. zu], Christliche Religionsphilosophie von Heinrich Steffens. Th. I. Teleologie. 4 9 2 S. Thl. II. Ethik. 433 S. Breslau, 1839, in: JbbwissKrit. Nov. 1840, No. 81, Sp. 6 6 5 - 672; No. 82, Sp. 673 - 680; No. 83, Sp. 681 - 688; No. 84, Sp. 6 8 9 - 695. Wieder abgedr. in: K. R., Studien. Th. 5, S. 284ff. Leipzig 1848. 197 -, [Rez. zu:] Gustav Gärtner, die Philosophie des Lebens. Erster Theil: die Rechts- und Staatslehre. Bonn, 1839. X I V u. 130 S. 8. in: JbbwissKrit. Dec. 1840, No. 110, Sp. 9 1 8 - 9 2 0 ;

499 No. 111, Sp. 921 - 926. Wieder abgedr. in: Κ. R., Neue Studien. Bd. 4, S. 56ff. Leipzig 1878. 210,238 [Rez. zu:] Die christliche Glaubenslehre in ihrer geschichtlichen Entwicklung und im Kampfe mit der modernen Wissenschaft dargestellt von Dr. David Friedrich Strauß. Erster Bd. Tübingen u. Stuttgart, 1840, in: JbbwissKrit. April 1841, No. 71, Sp. 561 - 576; No. 72, Sp. 577 - 592; No. 73, Sp. 593 - 600; No. 74, Sp. 601 - 608; No. 75, Sp. 609 - 616; No. 76, Sp. 617 -624. 262,266 Goethes neueste Paralipomena, in: BllLitUnt. Nr. 17 vom 17. Jan. 1842, S. 65 - 67; Nr. 18 vom 18. Jan., S. 69 - 71; Nr. 19 vom 19. Jan., S. 72 - 75; Nr. 20 vom 20. Jan., S. 77f. Wieder abgedr. in: K. R., Studien. Th. 2, S. 187ff. Leipzig 1844. 264f. L. Wienbarg, in: Conversationslexikon der Gegenwart. Bd. 4. 2, S. 395-96. Leipzig 1841. 180, 233 Karl Gutzkow bis zu seinem theatralischen Auftreten, in: Königsberger Literaturblatt 1841, No. 5 vom 3. Nov., Sp. 33 - 37; No. 6 vom 10. Nov., Sp. 41 - 47. Wieder abgedr. in: K. R., Studien. Th. 5, S. 212ff. Leipzig 1848. 306 Königsberger Skizzen. 2 Abth. Danzig 1842. Nachdruck Hannover 1972. Neue Ausgabe [gekürzt] hrsg. von Hermann Dembowski. Berlin 1991. 258, 260, 262, 266f., 279, 282, 284, 293,346 Schelling. Vorlesungen gehalten im Sommer 1842 an der Universität zu Königsberg. Danzig 1843. Nachdruck Aalen 1969. 283f., 290, 293 , Über Schelling und Hegel. Ein Sendschreiben an Pierre Leroux. Königsberg 1843. Wieder abgedr. in: K. R., Neue Studien. Bd. 4, S. 173ff. 295 Schleiermachcr als Ethiker und Politiker. Festrede vorgetragen am 15. Okt. 1840 vor der Königlich Dcutschcn Gesellschaft in Königsberg. Abgedr, in: K. R., Königsberger Skizzen. 2. Abth., S. 211 - 242. Danzig 1842. 245f., 254 Kritische Xcnicn Hegel's aus der Jenenser Periode 1805 - 06, mitgetheilt, in: KbgLitbl. Nr. 31 vom 4. Mai 1842, Sp. 241 - 246; Nr. 32 vom 11. Mai, Sp. 249 - 254; Nr. 38 vom 22. Juni, Sp. 297 - 302; Nr. 42 vom 20. Juli, Sp. 332 - 335; Nr. 43 vom 27. Juli, Sp. 337 - 340. 234 [Rez. zu:] Der Göuinger Dichterbund. Zur Geschichte der deutschen Literatur von R. E. Pmtz. Leipzig 1841, in: JbbwissKrit., Febr. 1842, No. 28, Sp. 217 - 223. Wieder abgedr. in: K. R., Studien. Th. 5, S. 203ff. Leipzig 1848. 257,265, 273 [Rez. zu:] Die menschliche Freiheit in ihrem Verhältnis zur Sünde und zur göttlichen Gnade wissenschaftlich dargestellt. Von Wilhelm Vatke. Berlin 1841, in: JbbwissKrit. März 1842, No. 41, Sp. 321 - 328; No. 42, Sp. 329 - 334; No. 43, Sp. 337 - 344; No. 44, Sp. 345 - 350. Wieder abgedr. in: K. R., Neue Studien. Bd. 4, S. 81ff. Leipzig 1878. 277 Aus Hegels Ixben. 1. Hegel und Hölderlin. 2. Theolog. und historische Studien Hegels, in: Literarhistorisches Taschenbuch. Jg. 1, S. 89 - 200. Hannover 1843. 271f., 285, 304 Über den Begriff der politischen Partei. Rede zum 18. Jan. 1843, dem Krönungsfesle Preußens. Gehalten in der königl. deutschen Gesellschaft. Königsberg 1843. Wieder abgedr. in: K. R., Neue Studien. Bd. 1, S. 48ff. Leipzig 1875. 293 Deutschland, Preußen und die Wissenschaft, im Jahre 1839, in: Königsberger Literaturblatt 1844, No. 91 vom 13. Nov., Sp. 721 - 726; No. 92 vom 16. Nov., Sp. 729 - 732; No. 93 vom 20. Nov., Sp. 737 - 743; No. 94 vom 23. Nov., Sp. 745 - 749. Wieder abgedr. in: K. R., Studien. Th. 5, S. 3ff. Leipzig 1848. 203, 210, 231,245f., 254 Widerlegung der von Herrn Dr. Exner gegebenen vermeintlichen Widerlegung der Hegeischen Psychologie, in: K. R., Psychologie , a. a. O., S. 365 - 430. Wieder abgedr. in: K. R., Neue Studien. Bd. 4, S. 112ff. Leipzig 1878. 327, 330 Eine Einleitung in die Naturphilosophie. Aus den Vorlesungen von K. R. an der AlbertinaUniversitäl im Winter 1843, in: Königsberger Literaturblatt Nr. 14 vom 17. Febr. 1844, Sp. 105 - 111; Nr. 16 vom 24. Febr., Sp. 121 - 127; Nr. 17 vom 28. Febr., Sp. 129 - 134; Nr. 19 vom 6. März, Sp. 145 - 151. Wieder abgedr. in: K. R., Studien. Th. 5, S. 233ff. Leipzig 1848. 323 Hegel's ursprüngliches System. 1798-1806. Aus Hegel's Nachlaß, in: Literarhistorisches Taschenbuch. Jg. 2, S. 153 - 242. Hannover 1844. 298, 303 G. W. F. Hegel's Leben. Beschrieben durch K. R. Supplement zu Hegel's Werken. Berlin 1844. Nachdruck mit einem Nachwort von Otto Pöggeler. Darmstadt 1988. 200, 202, 212ff.,

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Literaturverzeichnis

222ÍÍ., 228-248, 256, 261, 266, 269, 274, 277, 279f., 283f., 290, 294, 298, 301, 305, 308, 314, 319,323,326f„ 329ff., 338, 346, 357 -, Rede zur Säkularfeier Herder's am 15. August 1844 für die deutsche Gesellschaft zu Königsberg gehalten im Auditorium maximum des Albertinums. Königsberg 1844. Wieder abgedr. in: K. R., Neue Studien. Bd. 1, S. 77ff. Leipzig 1875. -, Aus Hegel's Leben [Nachdruck aus dem literarhistor. Tb. Jg. 1, S. 89 - 200], Leipzig 1845. 346 -, Entwurf einer Theologie der Kunst, in: JbbGegw. 1845, Heft 6, S. 449 - 471. Wieder abgedr. in: K. R., Studien. 5. Th., S. 127ff. Leipzig 1848. 314,341 -, Pestalozzi. Rede zur Feier seines hundertjährigen Geburtstages am 12. Jan. 1846, zu Königsberg im Saal des Kneiphöf'schen Junkerhofes. Zum Besten der Deutschen Pestalozzistiftung. Königsberg 1846. Wieder abgedr. in: K. R., Neue Studien. Bd. 1, S. 98ff. Leipzig 1875. 351,365 -, Die Metaphysik in Deutschland seit 1831, in: Jbb. f. spec. Philos., Jg. 1, Heft 4, S. 167 - 183. Darmstadt 1846. Wieder abgedr. in: K. R., Neue Studien. Bd. 2, S. 124ff. Leipzig 1875. -, Studien. Vierter Theil: Metamorphosen des Herzens. Eine Confession. Gedichte. Leipzig 1847. 365 -, Kant in Frankreich. Am 22. April 1847, zu Kant's Geburtstagsfeier, in: Neue Preuß. Provinzialblättcr, Bd. 4, S. 12 - 29, 1847. Wieder abgedr. in: K. R., Neue Studien. Bd. 2, S. 15ff. Leipzig 1875. 363,365 -, Die Topographie des heutigen Paris. Vortrag in der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg am 22. Januar 1847, in: JbbGegw., Juni 1847, S. 554 - 579. Wieder abgedr. und erweitert u. d. 'Γ.: Die Topographie des heutigen Paris und Berlin. Zwei Vorträge. Königsberg 1850. 356,465,468 -, Gölhe und seine Werke. Königsberg 1847. 2., verbesserte und vermehrte A. Königsberg 1856. 359f., 362,469 -, Die Pädagogik als System. Ein Gnindriß. Königsberg 1848. 412, 458, 462 -, Republik und constilulionelle Monarchie, in: Deutsche Reform, 29. März - 11. April 1849. Wieder abgedruckt in: K. R., Neue Studien, S. 136ff. Leipzig 1875. 430f. -, Das System der Wissenschaft. Ein philosophisches Encheiridion. Königsberg 1850. 399, 406, 430,467,473 -, Die mögliche Verfassung Deutschlands und Preußens Verhältniß zu derselben im Sommer 1848, in: Neue Studien, Bd. 3, S. 291ff. Leipzig 1877. 439 -, Aesthetik des Häßlichen. Königsberg 1853. 263 Ruge, Arnold, Der Novellist. Eine Geschichte in acht dutzend Denkzetteln aus dem Taschenbuche des Helden. Leipzig 1839. 204 [Ruge, Amold], Karl Streckfuß und das Preußenthum. Von einem Württemberger. [Rez. zu:] Über die Garanticen der preußischen Zustände von Karl Streckfuß, Königl. Preußischer OberTegierungsrath. Halle 1839, in: HallJbb. 1839, Nr. 262 vom 1. Nov., Sp. 2089 - 2094; Nr. 263 vom 2. Nov., Sp. 2097 - 2103; Nr. 264 vom 4. Nov., Sp. 2105 - 2107. 201 Ruge, Arnold u. Echtermeyer, Theodor, Der Protestantismus und die Romantik. Zur Verständigung über die Zeil und ihre Gegensätze. Ein Manifest, in: HallJbb. 1839, No. 245 vom 12. Okt., Sp. 1953 - 1955; No. 246 vom 14. Okt., Sp. 1961 - 1968; No. 247 vom 15. Okt., Sp. 1969 - 1976; No. 248 vom 16. Okt., Sp. 1977 - 1984; No. 249 vom 17. Okt., Sp. 1985 1992; No. 250 vom 18. Okt., Sp. 1993 - 2000; No. 251 vom 19. Okt., Sp. 2001 - 2004; No. 265, vom 5. Nov., Sp. 2113 - 2118; No. 266 vom 6. Nov., Sp.2121 - 2128; No. 267 vom 7. Nov., Sp. 2129 - 2136; No. 268 vom 8. Nov., Sp. 2137 - 2144; No. 269 vom 9. Nov., Sp. 2145 - 2152; No. 270 vom 11. Nov., Sp. 2153 - 2159; No. 271 vom 12. Nov., Sp. 2161 - 2164; No. 301 vom 17. Dec., Sp. 2401 - 2403; No. 302 vom 18. Dec., Sp. 2409 - 2413; No. 303 vom 19. Dec., Sp. 2417 - 2420; No. 304 vom 20. Dec., Sp. 2425 - 2428; No. 305 vom 21. Dec., Sp. 2433 - 2435; No. 306 vom 23. Dec., Sp. 2441 - 2444; No. 307 vom 24. Dec., Sp. 2449 - 2456; No. 308 vom 25. Dec., Sp. 2457 - 2464; No. 309 vom 26. Dec., Sp. 2465 - 2472; No. 310 vom 27. Dec., Sp. 2473 - 2480; 1840, No. 53 vom 2. März, Sp. 417 - 424; No. 54 vom 3. März, Sp. 425 - 428; No. 55 vom 4. März, Sp. 433 - 440; No. 56 vom 5. März, Sp. 441 - 446; No. 63 vom 13. März, Sp. 497 - 502; No. 64 vom 14. März, Sp. 505 - 512. 207 -, Romantik und kein Ende! a) der Revenant, b) der Klappenborg'sche Standpunkt, in: HallJbb.

501 No. 18 vom 21. Jan. 1840, Sp. 139 - 143. 215 -, [Rez. zu:] Das Centrum der Speculation. Eine Komödie. Herausgegeben von Karl Rosenkranz. Königsberg, 1840. Ein Brief an den Herausgeber, in: HallJbb. No. 186 vom 4. Aug. 1840, Sp. 1486 - 1488. 272 -, [Rez. zu:] Europa im Jahre 1840. Von Wolfgang Menzel. Stuttgart 1839, in: HallJbb. 1840, No. 85 vom 8. Apr., Sp. 673 - 676; No. 86 vom 9. Apr., Sp. 681 - 685; No. 87 vom 10. Apr., Sp. 689 - 691; No. 88 vom 11. Apr., Sp. 697 - 704; No. 89 vom 13. Apr., Sp. 705 - 709; No. 90 vom 14. Apr., Sp. 713 - 717; No. 91 vom 15. Apr., Sp. 721 - 724; No. 92 vom 16. Apr., Sp. 729 - 732; No. 93 vom 17. Apr., Sp. 737 - 741. 232 -, Zur Kritik des gegenwärtigen Staats- und Völkerrechts. [Rez. zu:] 1. Kritik des Völkerrechts. Mit praktischer Anwendung auf unsere Zeit. Von H. Ch. Freiherm von Gagem. Leipzig 1840. 2. Rechtsphilosophie von Hegel. Neue Ausgabe. Berlin 1840, in: HallJbb. 1840, No. 151 vom 24. Juni, Sp. 1201 - 1204; No. 152 vom 25. Juni, Sp. 1209 - 1212; No. 153 vom 26. Juni, Sp. 1217 - 1221; No. 154 vom 27. Juni, Sp. 1225 - 1230; No. 155 vom 29. Juni, Sp. 1233 - 1240; No. 156 vom 30. Juni, Sp. 1241 - 1 2 4 8 . 276 -, Die preußische Revolution seit dem siebenten September und die Contrerevolution seit dem zehnten November. Tagebuch. Leipzig 1848. 412 Salzmann, Wilhelm (Übers.), Eine schöne und kurzweilige Hystori, von Kayser Octaviano, seinem Weib und zweien Söhnen, wie die in das Ellend geschickt, und wunderbarlich in Frankreich bei dem frommen Kuenig Dagoberto wiederumb zusammen gekommen seind. Newlich aus französische sprach in Teutsch verdoUmetscht. Straßburg 1548 [Erste Ed. 1535. Beide von Rosenkranz in der Allg. Encycl. genannten Ausgaben konnten nicht nachgewiesen werden], 28 Sand, George, Leone Leoni. Roman. Erstveröffentl, in: Revue des Deux Mondes, 15. April - 1. Mai 1834. Paris. Neue franz. Ausgabe in: G. Sand, Œuvres complètes. 114 vols, in 32 vols. Vol. 32. Genève 1980. 250 -, Lettres d'un voyageur. Bruxelles 1837. Neue Ausgabe in: G. Sand, Œuvres complètes. 114 vols, in 32 vols. Vol. 22. Genève 1980. 251 -, La Dernière Aldini, in: Œuvre de George Sand. T. X I X . Paris 1838. Neue franz. Ausgabe in: G. Sand, Œuvres complètes. 114 vols, in 32 vols. Vol. 8. Genève 1980. 294 -, Spiridion. Ein Roman von G. S. Aus dem Französischen übersetzt von Dr. Emst Susemihl. 2 Bde. Leipzig 1839. Neue franz. Ausgabe in: G. Sand, Œuvres complètes. 114 vols, in 32 vols. Vol. 16. Genève 1980. 215, 251 -, Horace. Paris 1842. Neue franz. Ausgabe in: G. Sand, Œuvres complètes. 114 vols, in 32 vols. Vol. 16. Genève 1980. 294 -, Consuelo. Roman. Paris 1843. Neue franz. Ausgabe in: G. Sand, Œuvres complètes. 114 vols. in 32 vols. Vol. 7. Genève 1980. 320, 325 Schaden, Emil August v., Vorlesungen über akademisches Leben und Studium. Marburg und Leipzig 1845. 344 Schaller, Julius, Pantheismus, in: Allg. Encyclopädie, 3. Sekt., Th. 10, S. 445 - 469. 112 -, Die Philosophie unserer Zeit. Zur Apologie und Erläuterung des Hegel'schen Systems. Leipzig 1837. 133 -, u. Cotta, Bernhard, Briefe über Alexander von Humboldt's Kosmos. Ein Commentar zu diesem Werke für gebildete Laien. Teil 1 - 3, 1. 2. Leipzig 1848 - 60 [Teil 2 bearbeitet von J. Schaller]. 472 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph, Antiquissimi de prima malorum humanorum origine philosophematis Genes. ΠΙ. explicandi tentamen criticum et philosophicum. Tubingae mense Sept. M D C C X C n . Wieder abgedruckt in: Fr. W. J. Schelling, Histor.-krit. Ausgabe. Werke 1. Hrsg. von W. G. Jacobs, Jörg Jantzen und Walter Schieche. Unter Mitwirkung von G. Kuebart, R. Mokrosch und Annemarie Pieper. Stuttgart 1976. 332, 339 -, Von der Weltseele. Eine Hypothese der höhern Physik zur Erklärung des allgemeinen Organismus. Hamburg 1798. Neue Ausgabe in: Schellings Werke. Nach der Originalausgabe in neuer Anordnung hrsg. von Manfred Schröter. 1. Hauptband. München 1927. 231 -, Aphorismen über die Naturphilosophie, in: Jahrb. der Medizin. 1. Bd. 2. Heft. Tübingen 1806. Neue Ausgabe in: Schellings Werke. Nach der Originalausgabe in neuer Anordnung hrsg.

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Literaturverzeichnis

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Literaturverzeichnis

Aachener Zeitung. Aachcn 1849. 441 Allgemeine Literatur-Zeitung. Hrsg. v. Christian Gottfried Schütz u. Gottlieb Hufeland, Jena [ab 1804 Halle] - Leipzig 1785 - 1849. 51, 58 Allgemeine Theater- Revue. Hrsg. von August Lewald. 1.- 3. Jg. Stuttgart und Tübingen 1835 1837. 103 Allgemeine Zeitung. Tübingen 1798. Ulm, Stuttgart, Augsburg 1807ff. 82, 116, 118, 132, 142, 286,331,342,346,416, 457 Athenaeum für Wissenschaft, Kunst und Leben. Eine Monatsschrift für das gebildete Deutschland. Nürnberg 1. 1838 - 2. 1839. 206, 239 Bamberger Zeitung. Bamberg 1796 - 1849. 200, 212, 218, 238 Blätter für literarische Unterhaltung. Leipzig 1826 - 1898. 62, 69, 73, 92, 131, 134, 146, 180f., •197,245f., 254,286,430 Le Charivari. Publiant chaque jour un noveau dessin. Paris 1832ff. 98 Le Constitutionel. Journal politique et littéraire. Paris 1815 - 1817, 1819-1914. 98 Deutsche Jahrbüchcr zur Aufnahme und Förderung eines gemeinnützigen Zusammenwirkens in Wissenschaft, Kunst u. Leben. Herausgegeben v. einer Gesellschaft deutscher Gelehrter. Band 1 [3 Hefte] Ix.ipzig 1835. 89 Deutsche Jahrbücher für Wissenschaft und Kunst. Leipzig 1841 - 1843. 275f. Deutsche Reform. Politische Zeitung für das constitutionelle Deutschland. Berlin 1849 - 1851. 431,434, 449 Deutsche Revue. Hrsg. von Karl Gutzkow und Ludwig Wienbarg. Heft 1 (Probenr.) Mannheim 1835. 142 Deutsche Vierteljahrsschrift. Jg. 1 - 33 [Heft 1 - 132]. Stuttgart und Tübingen 1838 - 1870. 193 Deutsche Zeitung. Frankfurt a. M., Mannheim, Leipzig 1847 - 1850. 443,449 Dioskuren. Für Wissenschaft und Kunst. Schriften in bunter Reihe. Hrsg. v. Th. Mündt. 2 Bde. Berlin 1836/37. 121f., 137, 146 Elbinger Anzeiger [konnte für die von Rosenkranz erwähnte Zeit nicht nachgewiesen werden]. 364 Die Epigonen. Bd. 1. 1846 -5. 1848. Leipzig. 472 Evangelische Kirchenzeitung. Berlin 1. 1827 - 109. 1930. 105, 109, 117,282,287 Der Freihafen. Galerie von Unterhaltungsbildern aus den Kreisen der Litteratur, Gesellschaft und Wissenschaft. Mit Beiträgen von C. G. Carus, E. Gans, Κ. König, Dr. Mises, Varnhagen v. Ense, dem Fürsten Pückler, Karl Rosenkranz, Dr. D. F. Strauß, Theodor Mündt, F. G. Kühne und And. Erstes bis viertes Heft. Altona 1838. 161, 170, 173,216 Die Gegenwart . Eine encyklopädische Darstellung der neuesten Zeitgeschichte für alle Stände. Leipzig 1. 1848 - 12. 1856. 369ff.,420 Der Gesellschafter oder Blätter für Geist und Herz. Berlin 1. 1817 - 32. 1848. 229 Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik und Literatur. Berlin 1841ff. 341 Hallische Jahrbüchcr für deutsche Wissenschaft und Kunst. Hrsg. v. Dr. Amold Ruge und Dr. Th. Echtermeyer. Halle 1838 - 1841. 164, 167f„ 175, 198, 201, 207f„ 210, 215f., 231, 291, 343 Heidelbergische Jahrbücher der Literatur. Jg. 1 - 65. Heidelberg 1808 - 1872. 60, 343 Der Herold. Eine Wochcnschrifl für Litteratur und öffentl. Gerichtsverfahren. Hrsg. von Karl Biedermann. Jg. 1 - 4. Leipzig 1844 - 1847. 364 Historisches Taschenbuch. Hrg. v. Fr. Raumer u. A. Leipzig 1830 - 1892. 106 L'Illustration. Journal universel. Paris 1843ff. 352, 402 Illustrine Zeitung [Leipziger illustr. Ztg.] Leipzig Bd. 1., 1. Juli 1843 - Bd. 182, 1934 [Untertitel: Wöchentliche Nachrichten über alle wesentlichen Zeitereignisse, Zustände und

507 Persönlichkeiten d. Gegenwart, öffentl. u. gesellschaftl. Leben, Wissenschaft und Kunst], 471 Isis. Encyclopädische Zeitschrift, vorzüglich für Naturgeschichte, vergleichende Anatomie und Physiologie. Jena 1817 - 26. Leipzig 1827 - 48. Leipzig. 456 Jahrbücher für dramatische Kunst und Literatur. Leipzig u. Frankfurt O., 1. 1847 - 3. 1849. 360f. Jahrbücher der Gegenwart. Herausgegeben von Dr. A. Schwegler. Stuttgart-Tübingen 1843 1847. 330, 3 4 4 , 3 5 4 , 3 6 5 , 4 0 2 Jahrbuch der Literatur. Erster [einziger] Jg. Hamburg 1839. 161, 208 Jahrbücher der Medizin als Wissenschaft. Verfaßt von einer Gesellschaft von Gelehrten und herausgegeben durch A. Marcus und F. W. J. Schelling. Tübingen 1805ff. 271 Jahrbücher für speculative Philosophie und die philosophische Bearbeitung der empirischen Wissenschaften. Hrsg. von Ludwig Noack. Darmstadt 1. 1846 - 2. 1847, 6. 354, 365 Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik. Hrsg. v. d. Societät f ü r wissenschaftliche Kritik zu Berlin. Stuttgart u. Tübingen [später Berlin] 1827 - 1846. 31, 59, 83, 89f., 109, 124f., 131, 133, 167, 179,206,208ff., 2 3 8 , 2 4 8 , 2 5 7 , 285, 3 1 8 , 3 3 1 , 3 4 3 , 3 5 4 Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung. Jena 1804 - 1841. 343 Journal de Francfort politique et littéraire. Francfort 1814ff. 98 Königlich-privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen [Vossische Zeitung], Berlin 1785 - 1906. 354 Königliche Preußische Staats-, Kriegs- und Friedenszeitung, [unter verschied. Titeln] Königsberg 1661 ff. [Ab 1850 u. d. T.:] Königsberger Hartung'sche Zeitung. 401, 461 Königsberger Literaturblatt. Hrsg. v. Alexander Jung. Jg. 1, 1841/42 Königsberg; Danzig Jg. 2 4 , 1 8 4 3 - 1845. 274, 285, 2 8 7 , 2 9 3 , 3 1 8 , 323, 336,342 Literarische Zeitung. In Verbindung mit mehr. Gelehrten hrsg. v. Karl Büchner, E. Meyen, u. K. Brandes. Berlin 1834 ff. 89f., 276 Literarhistorisches Taschenbuch. Hrsg. v. R. Protz. Leipzig 1843 - 1848. 282, 285, 298, 346, 352 Literarischer Zodiacus. Journal f. Zeit u. Leben, Wissenschaft u. Kunst. Redigirt v. Dr. Theodor Mündt in Berlin. l-eip/.ig 1835/36. 93, 283 Le Messager des Chambres. Journal des villes et des campagnes. Paris 1828 - 1846. 98 Mittemachtszeitung für die gebildeten Stände. Hrsg. v. H. Laube. Braunschweig 1836ff. 124 Morgenblau für gebildete Stände. Stuttgart- Tübingen 1807 - 1865. 118, 286, 430 Museum. Blätter für bildende Kunst. [Red. F. Kugler], Jg.l - 5 Berlin 1833 - 37. 58, 141 Nationalzeitung. Berlin 1848 - 1938. 381 Neue Hamburgische Blätter. Hamburg 1841 - 1848. 364 Neue Preußische Zeitung IKreuzzcitung]. Berlin 30. Juni 1848 - 1939. 447 Neue Zeitschrift für die Geschichte der germanischen Völker. Von dem thüringisch- sächs. Verein für die Erforschung des vaterl. Altertums und die Erhaltung seiner Denkmale hrsg. durch K. Rosenkranz. Jg. 1, H. 1 - 4 . Halle 1832 [Mitteilungen des thüringisch- sächs. Vereins im Jahr 1832], 5 0 , 5 3 Phönix. Frühlingszcitung für Deutschland. Hrsg. v. Eduard Duller. Jg. 1 - 4. Frankfurt a. M. 1835 - 3 8 . 124 Der Prophet, ein Sonntagsblatt für gebildete Maenner und Frauen, herausgegeben von Dr. Friedrich Richter, von Magdeburg. 1. Breslau 1833/34 - 2. 1834/35. 82, 256, 260 Die Reform. Redaktion Arnold Ruge und H. B. Oppenheim. Leipzig 1848. 457 Repertorium der gesammlen dl. Literatur. Hrsg. v. E. G. Gersdorff. Bd. 1 - 34. Leipzig 1834 1842. 89 Revue du progrès social . I. - III. Paris 1834. 124 Rheinische Zeitung für Politik, Handel und Gewerbe. Köln 1. Jan. 1842 - 31. März 1843. 303 Rheinisches Museum f. Philologie. Hrsg. v. F. G. Welcker, A. F. Nähe. Bonn 1832ff.

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Literaturverzeichnis

Schriften in bunter Reihe, zur Anregung und Unterhaltung. Hrsg. v. Theodor Mündt. Mit Beiträgen v. d. Verf. der T u t t i F r u t t i , Leopold Schefer, Johann Schön, Heinrich Stieglitz, F. G. Kühne u. A. 1. Heft Lpz. 1834. 89 Telegraph f ü r Deutschland. Hamburg 1838 - 1843 [Vorher unter dem Titel: Frankfurter Telegraph. Blätter für Leben, Kunst und Wissenschaft]. Frankfurt 1837. 142, 144, 216 Theologische Jahrbücher. In Verbindung mit mehreren Gelehrten. Hrsg. von Eduard Zeller. Tübingen 1. 1842 - 3. 1844. 341 Vaterländisches Archiv f ü r W i s s e n s c h a f t , Kunst, Industrie und Agrikultur [Nebentitel: Preußische Provmzialblätter]. 13. 1835 - 2 7 . 1842. 364 Wiener Jahrbücher [Jbb. der Literatur). Bd. 1 - 128. Wien 1818 - 1849. 45, 343 Zeitschrift für die historische Theologie. Bd. 1 - 45. Hrsg. v. C. F. Dlgen. Leipzig 1832 - 1875. 192 Zeitschrift für Philosophie und spekulative Theologie. Bonn [u. a.] 1. 1837-16. 1846. [Fortsetzung u. d. Titel:] Zeilschrift für Philosophie und phüos. Kritik. HaUe 17. 1847 - 165. 1918]. 322, 331,341,402 Zeitschrift für speculative Theologie. In Gemeinschaft mit einem Verein von Gelehrten hrsg. von Lic. Β. Bauer. Berlin 1836 - 1838. 116, 125, 133, 136 Zeitung für die elegante Welt. Jg. 1-43 (Fortsetzung bis Jg. 59 1859 unter verschiedenen Titeln und Druckorten). Leipzig 1801-1843. 247

Personenregister Es wurden nur Namen von Personen registriert, die Rosenkranz in seinen Briefen erwähnt. Abkürzungen: ao. Prof.: außerordentlicher Professor o. Prof.: ordentlicher Professor MdN: Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung MdR: Mitglied des Reichstages HH: Mitglied d. Herrenhauses HA: Mitglied des Abgeordnetenhauses AdW: Akademie der Wissenschaften

Abegg, Julius Friedrich (1796-1868), Strafrechtler, Schüler Hegels in Nürnberg, 1821 ao. Prof. f. Kriminalrecht in Königsberg, 1824 dort o. Prof., 1826 in Breslau. 223, 248,273 Abegg, Bruno Erhard (1803-1848), 1835-45 Polizeipräsident in Königsberg. Ende 1845 wurde A. als Eisenbahnkommissar nach Breslau strafversetzt. 1848 Mitglied des Vorparlaments und Mitglied der preuß. Nationalverslg. 350,353,444 Accoramboni, Vittoria (1557-1585), Herzogin v. Bracciano. - Vorbild für den Roman „Vittoria Accorombona" von Ludwig Tieck (1840). 260 Adelson, Jacob Ludwig (1798-1861), russ. Konsul in Königsberg u. Adelson, Fanny (1801-1869). Beide waren eng mit Johann Jacoby befreundet. 406 Aegidi, Ludwig Karl (1825-1901), Jurist; Stud, iur. in Berlin, Prof. der Rechte in Erlangen (1857-59), Bonn (1868), seit 1877 in Berlin. Mitbegründer des Nationalvereins. 405, 443,449 Agoult, Marie de (1805-1876), geb. Gräfin Flavigny, franz. Schriftstellerin (veröffentl. unter dem Pseud. Daniel Stern); Mutter der Cosima Wagner, geb. Liszt. Bekannte Vamhagens. 336 Albrecht v. Halberstadt (etwa 1180-nach 1251), dt. Dichter, verfaßte als Scholasticus im Stift Jechaburg um 1210 eine Nachdichtung von Ovids Metamorphosen. 28 Alembert, Jean Baptist le Rond d' (1717-

1783), franz. Aufklärer. 195 Alexis, Willibald (Pseud. für Wilhelm Häring) (1798-1871), dt. Schriftsteller. 73, 108 Altenstein, Karl Siegmund Franz Frh. vom Stein zum (1770-1840), preuß. Politiker; seit 1817 Minister des Minist, der geistl., Unterrichts- u Medizinalangel. Zusammen mit Joh. Schulze förderte er maßgeblich die Verbreitung der Hegeischen Philosophie in Preußen. 10, 132, 152, 204, 235, 263, 287, 311 Amalie, Marie Friederike Auguste Herzogin zu Sachsen (1794-1870), Verfasserin zahlreicher Dramen. 254 Ancillon, Johann Peter Friedrich (1767-1837), preuß. Staatsmann; 1832 Außenminister, Erzieher des Kronprinzen Friedrich Wilhelm. 139,157 Anton, Hermann Eduard (1794-1872), Hallenser Buchhändler u. Verleger. 51,72 Anton Ulrich Herzog v. Braunschweig (16331714), verfaßte Kirchenlieder, Singspiele, Mitglied der literar. Fruchtbringenden Gesellschaft. 28 Aristophanes (vor 445- ca. 380 v. Chr), griech. Komödienschreiber. 161 Aristoteles (384-322 v. Chr.), griech. Philosoph. 78, 82,213,464 Arndt, Bekannter Franz Kuglers um 1830 in Berlin. 26 Arndt, Ernst Moritz (1769-1860), polit. Schriftsteller; 1818 Prof. f ü r neuere Geschichte in Bonn, 1820 Amtsenthebung,Wiedereinsetzung 1840 (-1854).

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Personenregister

447 Arnim, Betuna v. (1785-1859), dt. Schriftstellerin. 135, 145ff., 151, 229, 233, 325, 385,458 Amim-Heinrichsdorf, Heinrich Friedrich Graf v. (1791-1859), wurde am 24. Febr. 1849 preuß. Außenminister als Nachfolger Graf Biilows. A.-H. war zuvor Gesandter in Wien. 426,433 Aueibom, Pehr Daniel Amadeus (1790-1855), schwed. Schriftsteller; Hauptvertreter der schwedischen Romantik. 74, 84 Auerswald, Alfred Erwin Leonhard (17971870), preuß. Staatsmann; 1830-44 Landrat im Kreis Rosenberg, seit 1837 Mitglied des preuß. Provinziallandtages, 1845 Generallandschaftsdirekor, 1847 Mitglied im Vereinigten Landtag, März-Juni 1848 Minister des Innern. 294, 376, 396, 404f., 408, 416,464 Auerswald, Hans Adolf Erdmann v. (17921848), preuß. General; A. wurde am 18. Sept. 1848 in Frankfurt/M. ermordet. 360, 380 Auerswald, Rudolf Ludwig Cäsar (1795-1866), preuß. Staatsmann; 1838-42 Oberbürgermeister in Königsberg, 1842-48 Regierungspräsident in Trier, März 1848 Oberpräsident, Juni 1848 Verwaltungspräsident, Außenminister bis Sept. 1848, wiederum Oberpräsident u. 1850 Oberpräsident der Rheinprovinz. 1849-53 Mitglied der preuß. 1. Kammer. 375f., 378, 380, 390f., 394ff., 404f., 408, 411, 419, 438, 446f., 460, 464, 469 Avenarius, Eduard Ludwig Friedrich (18091885), Buchhändler. Mitbegründer der Firma Brockhaus & Α., leitete 1837-1844 die Pariser Filiale. 180,211 Averdieck, Johann (1806-1838), stud, theol. in Bremen. 217 Avril, [möglicherweise] Felix, französ. Publizist. 324 Baader, Franz Xaver (1765-1841), von Böhme und der deutschen Mystik beeinflußter kathol. Philosoph, enge Freundschaft zu Schelling, 1808 Mitglied der Bayer. AdW, 1826 Honorarprof. der Theologie u. Philosophie in München. 49, 215,239,269 Bach, Johann Sebastian (1685-1750), dt. Komponist. 98 Bachmann, Karl Friedrich (1785-1855), Philosoph; Schüler Hegels in Jena, dort seit 1812 Prof. der Philos.; nach 1820 ent-

wickelte er sich zum entschiedenen Antihegelianer. Er promovierte u. a. Karl Marx. 72, 119,139,207 Baer, Karl Emst Ritter v. (1792-1876), Anatom u. Zoologe; 1819 ao. Prof. der Anatomie, 1821 o. Prof. der Zoologie in Königsberg, ging 1834 an die AdW in St. Petersburg. 87,98 Baggesen. Jens Peter (1764-1826), dänischer Schriftsteller. 155 Bakunin, Michail Alexandrowitsch (18141876), niss. Revolutionär, Begründer des Individualanarchismus; Hörer Schellings in Berlin, lernte R. Wagner 1849 in Dresden kennen, überwarf sich später mit Marx u. wurde 1872 aus der I. Internationale gedrängt. 444 Barchou de Penhoën, Auguste-ThéodoreHilaire baron de (1801-1855), franz. Philosoph. Redakteur der „Revue des DeuxMondes". 124 Bassewitz, Friedrich Magnus v. (1773-1858), Chefpräsident des Regierongskollegiums zu Potsdam u. Oberpräsident der Provinz Brandenburg, Mitglied des Staatsrates. 421 Batteux, Charles (1713-1780), franz. Prof. der Philos, und Pädagogik am Collège de France. 195 Bauer, Bruno (1809-1882), Theologe, Schriftsteller; 1834 habil. in Berlin, 1839 Privatdoz. in Bonn, 1842 Entziehung der venia legendi; red. von 1836-38 die Ztschr. f. specul. Theol., veröff. zahlreiche Schriften zur Geschichte des 18. u. 19. Jh.; in den 60er u. 70er Jahren schrieb er u.a. für Wageners Staatslexikon. 116, 118, 125, 133, 136,275f., 295 Bauer, Edgar (1820-1886), Publizist u. Verleger, Broder B. Bauers. 295 Bäuerle, Adolf (1786-1859), österr. Dichter; Verfasser zahlreicher Lustspiele. 31 Bauemfeld, Eduard v. (1802-1890), österr. Lustspielautor. 254 Baumstark, Eduard (1807-1889), 1838 ao. Prof. u. 1842 o. Prof. der Staats- und Kameralwissenschaften in Greifswald, Direktor der landwirtschaftl. Akademie in Eldena, 1859 Mitglied des Herrenhauses auf Lebenszeit, MdR von Febr. 1867 - August 1867. 114,425 Baur, Ferdinand Christian (1792-1860), Theologe; 1817-1826 Prof. in Blaubeuren, ab 1826 in Tübingen, verfaßte zahlreiche Studien zur Kirchengeschichte. 306 Bayer, Karl (1806-1883), Gymnasiallehrer u.

Personenregister

philos. Schriftsteller in Erlangen, Nürnberg, Hersbrack, Hof u. Schweinfurt, 1849-1855 Mitglied des bayerischen Landtages. 167, 176,238, 345,377 Bayle, Pierre (1647-1706), franz. aufklär. Philosoph. 175 Bayrhoffer, Karl Theodor (1812-1888), Philosoph u. Politiker, 1834 Dr. phil. und habil., 1838 ao. Prof., seit 1845 o. Prof. in Marburg, 1846 wegen Gotteslästerung u. Hetze gegen die Regierung angeklagt u. vom Dienst suspendiert (1848 aufgehoben), 1848-50 Mitglied des Hessischen Landtages. B. wanderte 1852 nach Amerika aus. 132,198,331 Bechstein, Ludwig (1801-1860), dt. Schriftsteller, Archivar. 47 Becker, Albert Franz Heinrich (1809-1877), Jurist; 1843 Königsberger Universitätsrichter, 1849 Stadtgerichtsrat, 1868 - 1874 Präsident des Appellationsgerichts in Insterburg. 471 Beckerath, Hermann v. (1801-1870), Bankier, Politiker; von Aug. 1848 - Mai 1849 Reichsfinanzminster, in Gotha u. Erfurt Führer der Erbkaiserlichen. MdN vom 18. Mai 1848 bis zum 4. Mai 1849. 375, 378ff., 391,408 Beer, Michael (1800-1833), dt. Schriftsteller. 194 Beethoven, Ludwig van (1770-1827), dt. Komponist. 453 Belani (Pseud. für Häberlin, Karl Ludwig) (1784-1858), dt. Schriftsteller, Tribunalrichter. 251 Bellavesne, franz. Bekannter A. Schopenhauers. 170 Below, Gustav Friedrich Eugen v. (17911852), Flügeladjutant Friedrich Wilhelm IV., 1849-1853 Mitglied der preuß. 1. Kammer. 426 Benary, Albert Agathon (1807-1861), Altphilologe; Lehrer am Cölnischen Gymnasium in Berlin, Mitglied der hegelianischen „Philosophischen Gesellschaft". 74, 116,139 Bendemann, Eduard Julius Friedrich (18111889), Maler; Schadow-Schüler, Historienmaler der Düsseldorfer Schule, dort 1859-1867 Direktor d. Akademie. 164 Beneke, Friedrich Eduard (1798-1854), Philosoph, Empiriker; 1824-27 Doz. in Göttingen, seit 1832 ao. Prof. Berlin. 67f„ 404 Béranger, Pierre Jean de (1780-1857), franz.

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Liederdichter. 31 Berends, Julius (1817-unbek.), Buchdruckereibesitzer; demokrat. Abgeordneter in der preuß. Nationalverslg., 1848 Führer des Berliner Handwerkervereins, 1849 Mitglied der preuß. 2. Kammer; emigrierte 1853 nach Amerika u. wurde Buchhändler in San Antonio, Texas. 415 Berengarius v. Tours (um 1000-1088), Scholastiker; betonte das Primat der Vernunft gegenüber der Autorität, seine Abendmahllehre wurde von verschiedenen Synoden verurteilt. 156 Berg, Philipp v. (1815-1866), Theologe, Kaplan; 1848 demokrat. preuß. Abgeordneter f. Jülich in der Nationalversammlung, 1849 Mitglied der preuß. 2. Kammer. 394 Bergmann, Jurist u. Politiker; 1849 Abgeordneter der 1. Kammer für die Bezirke Mühlhausen, Worbis u. Nordhausen, Landu. Stadtgerichtsdirektor in Nordhausen. 425 Besser, Konrad Moritz, (1806-nach 1868), Dr. phil. in Halle am 29.12.1827 mit der Diss. „De risu", habil. sich am 27. Sept. 1828 mit der Arbeit „De animo" für Naturrecht und Nationalökonomie in Halle, dort Priv.doz.; wechselte Anfang der dreißiger Jahre an das Pädagogische Hauptinstitut in St. Petersburg, wurde dort 1838 o. Prof., ging später (vor 1868) nach Dresden. 30,64 Beurmann, Eduard (1804-1883), dt. Schriftsteller, Publizist; Mithrsg. des „Telegraphen", 1840 Redakt. der Frankfurter „Oberpostamtsztg.", 1841 Redakt. des .Journal de Frankfurt". Verfaßte Konfidentenberichte für die österr. Regierung. 299 Beuth, Christian Peter Wilhelm (1781-1853), Beamter im preuß. Finanzministerium, begründete 1821 das Gewerbeinstitut; förderte das preuß. Realschulwesen. 205 Bhartrihari, indischer Dichter um 650. 99, 118 Biedermann, Friedrich Carl (1812-1901), Politiker u. Schriftsteller, 1838 Prof. in Leipzig, vom 18. Mai 1848 bis zum 26. Mai 1849 MdN, 1853 Verlust d. Professur wg. Verwicklung in einen Presseprozeß, 1865 Wiedereinsetzung, März 1871- Jan. 74 MdR. 204 Biese, Franz (1803-1895), 1829 Lehrer am Joachimsthaler Gymnasium in Berlin, ab 1836 Oberlehrer in Putbus; verf. Studien zur antiken Philos. 346 Binder, Gustav (1807-1885), Theologe; gehörte mit Strauß (dessen Grabrede er 1872

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Personenregister

hielt) u. Vischer zu einem Promotions jahrgang, 1844-48 Landtagsabgeordneter, 1844 Gymnasialprof. in Ulm, 1857 Rat im Kultusministerium in Stuttgart, 1866-1880 dort Ministerialdirektor f. die Gelehrtenund Realschulen. 193, 2 1 8 , 2 4 7 , 2 4 9 Birch-Pfeiffer, Charlotte (1800-1868), dt Schauspielerin u. Dichterin; 1837-42 Direktorin des Stadttheaters in Zürich, ab 1844 am Hoftheater in Berlin beschäftigt. 194 Blasius, Emst (1802-1875), Chirurg; 1830 ao. Prof. in Halle, 1834 dort o. Prof., Direktor d. chirurg.-ophthalmolog. Klinik. 56 Blum, Carl Wilhelm August (1786-1844), dt. Schriftsteller u. Komponist; 1822 (-27?) u. seit 1834 Regisseur an der königl. Berliner Oper. 255 Bobrik, Johann Friedrich Eduard (1802-1870), Philosoph; Schüler Herbarts in Königsberg, 1832 ao. Prof. in Bonn, seit 1833 Prof. in Zürich, 1840-42 Rektor der Universität, 1848 Präs. des dt. Nationalvereins in Zürich, 1857 Direktor der Handelsakademie in Danzig. 330 Bobrik, Johann Friedrich Ludwig (1781-1848), Jurist; 1810 Oberlandesgerichtsrat in Königsberg, verfaßte romant. Gedichte. 64 Boccaccio, Giovanni (1313-1375), italien. Dichter u. Humanist, Verf. der Novellensammlung „Decamerone". 88 Bodin, Jean (1530-1596), franz. Staatsrechtler. Böckh, August (1785-1867), Altphilologe; 1807 ao. Prof. der Philologie in Heidelberg, 1809 o. Prof., 1811 Prof. in Berlin. 474 Böckh, Christian Friedrich v. (1777-1855), 1810 Finanzrat in Baden, 1821-44 Finanzminister, 1844-46 Präsident des Staatsministeriums. 2 0 3 , 2 2 9 Böhm, Ludwig (1811-1869), Arzt; 1841 Privatdozent an der Berliner Univ. u. Assistent an der Dieffenbachschen Klinik in Berlin, 1845 ao. Prof. 363 Böhme, Jakob (1575-1624), deutscher Mystiker. 271 Böhn, [möglicherweise] Emst Gottlieb B., der sich am 29. 11. 1787 in der med. Fak. in Halle und im S S 1788 in Königsberg immatrikulierte. 322 Bökh, August Friedrich (1739-1815), Philosoph; seit 1767 ao. Prof. u. seit 1775 o. Prof. in Tübingen. Verfasser der von Hegel verteidigten Magisterdiss. 332 Börne, Ludwig (seit 1818, urspr. Juda Löb Baruch) (1786-1837), dt. Schriftsteller; übte durch die Vermittlung des franz. Libera-

lismus Einfluß auf die jungdt. Generation aus. 9 8 , 1 9 6 Boethius (ca. 480-524), röm. Staatsmann und Philosoph. 285 Bötticher, Karl Wilhelm v. (1791-1868), Rat im Ministerium unter J. A. F. v. Eichhorn, Oberpräsident Ostpreußens v. 1842-1848, 1849 Vertreter d. äußersten Rechten in der preuß. 1. Kammer. 294 Bohlen, Peter v. (1796-1840), Orientalist; 1825 Dr. h.c., 1826 ao. Prof., 1828 o. Prof. in Königsberg, 1839 aus Krankheitsgriinden pensioniert. 83, 94f., 97, 99, 114, 125, 133, 264 Bohtz, August Wilhelm (1799-1880), Philologe; 1828 Privatdozent, 1837 ao. Prof., 1842 o. Prof. in Göttingen. 28, 31, 83 Boisserée, Sulpiz (1783-1854) und Melchior (1786-1851), Kunstsammler, betrieben den Weiterbau des Kölner Doms. Die Brüder Boisserée unterstützten Hegel in seinem Bemühen, eine Professur in Heidelberg zu erlangen. 25 Bonin, Eduard Wilhelm Ludwig v. (17931865), preuß. General; 1841 Oberstleutnant, 1842 Oberst, seit 1848 am DänemarkF e l d z u g als K o m m a n d e u r beteiligt, erstürmte 1849 Kolding, 1852 u. 1858/59 Kriegsminister, 1859 kommandierender General in Koblenz. 450 Bonin, Gustav v. (1797-1878), preuß. Staatsmann; 1845 Oberpräsident in Magdeburg, Sept. 1848 Finanzminister im Kabinett Pfuel, 1851 Oberpräsident v. Posen. 396 Bonstetten, Karl Victor v. ( 1 7 4 5 - 1 8 3 2 ) , schweizer. Schriftsteller u. Philosoph. 336 Bopp, Franz (1791-1867), Philologe; 1821 ao. Prof. in Berlin, ab 1822 Mitglied der preuß. AdW. 179 Born, Stephan (1824-1898), Schriftsetzer, Redakteur; kämpfte 1849 mit Wagner u. Bakunin in Dresden, emigrierte in die Schweiz u. erhielt eine Professur f. dt. Sprache u. Literatur an der Neuenburger Industrieschule, 1878 Redakteur der Basler Nachrichten, habilitierte sich 1878 dort u. wurde 1879 ao. Prof. 444 Bomträger, Georg Martin Ludwig (1804-1888) u. Bornträger, Johann Friedrich Wilhelm (1787-1866), Königsberger Verlagsbuchhändler, Nachfolger der Kochschen Buchhandlung. 6 4 , 7 5 Bourbon, Karl v. (1489-1527), Konnetabel. 353 Bouterweck, Friedrich Ludewig (1766-1828),

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Philosoph, Literaturhistoriker; Prof. der Beredsamkeit in Göttingen (seit 1796). 63 Bräunlich, Hofmeister beim Grafen v. Döhnhof Ende des 18. Jh. 322 Brandenburg, Friedrich Wilhelm Graf v. (1792-1850), preuß. Staatsmann; Sohn Friedrich Wilhelms II., wurde im Nov. 1848 preuß. Ministerpräsident. 387, 394f., 407,433,460 Brandis, Christian August (1790-1867), Philosoph; 1812 habil. in Kopenhagen, später auch habil. in Berlin, ging 1816 an die preuß. Gesandtschaft in Rom, 1823 ao. Prof. der Philos, in Bonn, 1837 als Begleiter König Ottos in Griechenland. 107, 139, 364 Brandt, August Heinrich v. (1789-1868), Infanteriegeneral, preuß. Politiker; MdN vom 9. Juni 1848 bis zum 18. Juni 1848, 1848 Unterstaatssekretär im Kriegsministerium unter Pfuel, 1849 Mitglied der preuß. 1. Kammer, 1849 Kommandant v. Posen. 379 Braniß, Christlieb Julius (1792-1873), Philosoph; promov. 1823 in Göttingen, habil. 1826 in Breslau, dort 1826 ao. Prof. und 1833-1870 o. Prof. 74, 76, 82, 91, 186, 190,285,399,417,420 Bressel, Bekannter Eduard Zellers. 355 Brockhaus, Heinrich (1804-1874), Buchhändler und Verleger, Leiter der Verlagsbuchhandlung F. A. Brockhaus. Mitglied des Frankfurter Vorparlamentes. 40, 62, 69, 7 3 , 9 7 , 1 0 1 , 1 0 6 , 1 1 2 , 1 3 0 , 1 3 4 f . , 145,147, 151, 165f., 169,179f., 184f., 2 1 1 , 2 2 7 , 2 2 9 , 233,245f., 2 6 4 , 2 9 2 , 3 6 7 f f . , 4 2 0 , 4 5 2 , 4 5 7 Brockhaus, Heimann (1806-1877), Indologe und Iranist; 1839 ao. Prof. in Jena, 1841 o. Prof. in Leipzig, 1846 Mitglied d. sächsischen AdW, 1860 Mitglied der bayerischen AdW in München. 265 Brockhaus, H., Königsberger Schriftsteller, Bekannter Rosenkranz' und Alex. Jungs. 269,350,372ff., 384,386,401 Brünneck, Karl Otto Magnus v. (1786-1866), preuß. Politiker, Oberburggraf d. Königsreiches Preußen, Schwager Th. v. Schöns; Führer der adligen preuß. Liberalen, wirkte 1850 an der Abfassung der Verfassung mit. Mitglied der preuß. Nationalverslg., der preuß. 1. Kammer von 1849-1853, des HH von 1854-1862. 4 2 5 , 4 4 0 , 4 5 5 , 4 6 4 Büchner, Georg (1813-1837), dt. Schriftsteller, Dramatiker. 142 Büchner, Karl Eduard, (1806-1837), Publizist,

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Buchhändler; Buchhalter und später Prokurist bei Duncker & Humblot, ab 1834 Hrsg. der „Literar. Ztg." 89 Bulwer-Lytton, Edward George (1803-1873), englischer Schriftsteller. 170 Bunsen, Christian Karl Josias (1791-1860), Diplomat u. Theologe; 1818 preuß. Gesandtschaftssekretär, 1824 Geschäftsträger in Rom, 1842-54 in London, MdN von Mai 1848 bis zum 11. Jan 1849. 243 Burdach, Karl Friedrich (1776-1847), Anatom; 1811 Prof. d. Anatomie u. Physiologie in Dorpat, seit 1814 o. Prof. d. Anatomie in Königsberg. Mitglied der preuß. 2. Kammer 1852-1855. 1 0 7 , 2 2 6 , 3 2 5 Byron, George Noel Gordon (1788-1824), englischer Dichter, nahm am Freiheitskampf der Griechen gegen die Türken teil. 128,146,162,345 Calderón de la Barca, Pedro (1600-1681), span. Dichter, beeinflußte die deutsche Romantik. 41 Calker, Friedrich (1790-1870), Philosoph; Fries-Schüler, seit 1818 ao. Prof. d. Philos, in Bonn, 1826 o. Prof. 363 Campe, Julius (1792-1867), Hamburger Verlagsbuchhändler. 132, 135, 157, 161, 208, 276 Camphausen, Gottfried Ludolf (1803-1890), Wirtschaftsführer u. Staatsmann, Bankier in K ö l n ; M ä r z bis Juni 1848 preuß. Ministerpräsident, seit Mitte Juli 1848 bis April 1849 preuß. Bevollmächtigter bei der provisor. Zentralgewalt, 1849 Mitglied der preuß. 1. Kammer. 432, 445f. Carlos, Don (1788-1855), Bruder Ferdinands VII. v. Spanien. Beanspruchte nach dem Tode Ferdinands 1833 als Karl V. selbst die Krone, unterlag aber im Bürgerkrieg 183440. 123 Caro, Regierangsreferendar in Merseburg um 1830.61 Carové, Friedrich (1789-1852), Religionsphilosoph u. Jurist; stud, bei Hegel in Heidelberg, habil. in Breslau, mußte wegen seiner burschenschafll. Verbindungen die Univ. verlassen, privatisiert in Heidelberg u. Frankfurt, engagierter Katholik. 97, 108, 110,420 Carrière, Philipp Moriz (1817-1895), Philosoph; 1847 ao. Prof. ohne Gehalt in Gießen, 1853 Honorarprof. in München, 1887 Prof. d. Ästhetik, 1889 Mitglied der bayerischen AdW. 1 7 9 , 3 9 9 , 4 2 0 ,

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Cavaignac, Louis Eugène (1802-1857), franz. General, im Mai 1848 Kriegsminister. 378 Cellini, Benvenuto (1500-1571), italien. Bildhauer u. Goldschmied. 353 Chamisso de Boncourt, Louis Charles Adelaide (genannt Adelbert v. Ch.), (1781-1838), deutschsprachiger Dichter. 141 Chateaubriand, François René, Vicomte de (1768-1848), franz. Dichter u. Staatsmann. 220,411 Christine (=Maria Christina) (1806-1878), Tochter Franz I. von Neapel-Sizilien, wurde 1829 Gemahlin des spanischen Königs Ferdinand VII. Sie setzte die Erhebung ihrer Tochter Isabella an Stelle Don Carlos' zur Throneibin durch. 123 Cieszkowski, August v. (1814-1894), Philosoph; Mitglied der Berliner philos. Gesellschaft, 1849-1866 Abgeord. der preuß. 2. Kammer für Posen. 295, 340 Circourt, Anastasija Semenova de (18081863), russ. Literatin. 336, 348 Cohnfeld, Adalbert Dorotheus Salomo (18091868), Arzt, Berliner Satiriker, veröffentl. unter dem Pseudonym „Buddelmeyer". 385,439 Coleras, Johann (1647-1707), dt. Prediger in der evang. Gemeinde in Den Haag. Biograph Spinozas. 285 Conradi, Kasimir (1784-1849), Theologe; Pfarrer in Dexheim, Anhänger der Hegelschen Philos. 74 Cotta v. Cottendorf, Johann Friedrich Frh. (1764-1832), Verlagsbuchhändler; Begr. der Augsburger AUg. Zeitung. 161, 193, 373,403 Cousin, Victor (1792-1867), Philosoph; ab 1815 Prof. an der École normale, später Mitglied des Königl. Rats für den öffentl. Unterricht. Bekannt mit Hegel, Schelling und anderen führenden deutschen Philosophen. 74,125,233 Creuzer, Georg Friedrich (1771-1858), Altphilologe; 1800 ao. Prof. d. griech. Sprache u. Eloquenz in Marburg, 1802 o. Prof. doits., 1804 o. Prof. Heidelberg d. Philologie u. alten Geschichte, 1818 Geh. Hofrat. 230,233,245 Crusius, Christian August (1715-1775), Philosoph; 1744 ao. Prof. in Leipzig, 1750 o. Prof., 1757 erster Prof. d. theol. Fakultät, Gegner der Leibniz-Wolff sehen Philosophie. 156 Czerski, Johann (1813-1893), Theologe; führender Vertreter der deulsch-kathol.

Bewegung um Ronge, 1844 Vikar in Schneidemühl, Kirchenaustritt, 1845 exkommuniziert. 337 Damerow, Heinrich Philipp August (17981866), Irrenarzt u. Psychiater, stud. u. a. bei Hegel in Berlin, ab 1836 in Halle, 1838 Leiter der dortigen Irrenanstalt. Damiron, Jean Philibert (1794-1862), franz. Philosoph, Pädagoge; Schüler Cousins, 1836 Mitglied der franz. Akademie. 97,124 Daub, Carl (1765-1836), Theologe. Studierte Philologie, Philosophie, Geschichte u. Theologie in Marburg und wurde dort 1790 Privatdozent, 1794 Prof. an der Hohen Landesschule in Hanau, ab Nov. 1795 Prof. der theol. Fak. in Heidelberg, 1805 Kirchenrat, 1810 Geh. Kirchenrat. 31, 42, 75,90f., 109,136f., 167,213, 230,237 Daumer, Georg Friedrich (1800-1875), Religionsphilosoph; Schüler Hegels am Aegidiengymnasium in Nürnberg. 18231828 am Gymnasium in Nürnberg tätig, 1825 dort Prof. für Unterklassen, ab 1832 im Ruhesund. 117,176,239 Davy, Humphry (1778-1829), englischer Physiker u. Chemiker; 1801 Prof. in London. 246 Deichmann, Registrator der Schwetschkeschen Buchhandlung in Halle. 96 Delbrück, Johann Friedrich Ferdinand (17721848), Philosoph; 1809 ao. Prof. in Königsberg f. Literatur, 1816 Regierungsu. Schulrat in Düsseldorf, ab 1818 Prof. der Philosophie in Bonn. 363, 366, 377,404 Descartes, René (Renatus Cartesius) (15961650), franz. Philosoph u. Mathematiker. 112,211,253 Detroit, Louis (1801-1882), Theologe; PfarTer der franz.-reform. Kirche in Königsberg. Er gehörte in den vierziger Jahren zu den Befürwortern der sog. freien Gemeinden. 97,153, 386, 427,436,451,456 Devrient, Eduard Philipp (1801-1877), Schriftsteller u. Regisseur; 1844 in Dresden, 1852 Leiter des Karlsruher Hoftheaters. 254 Diderot, Denis (1713-1784), franz. Schriftsteller u. Philosoph. 73 Diede, Charlotte (1769-1846), seit 1788 mit W. v. Humboldt bekannt. Therese v. Bacheracht gab 1847 den Briefwechsel Diedes mit Humboldt heraus. 418 Diesterweg, Friedrich Adolph Wilhelm (17901866), Pädagoge; 1820 Begründer des Lehrerseminars in Moers, von 1832-1847

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Direktor des Seminars f. Stadtschulen in Berlin, 1847 vom Dienst suspendiert, 1850 zwangsweise pensioniert 118ff., 125,131 Dittenberger, Theophor Wilhelm (1807-1872), Theologe; Hörer Rosenkranz' in Halle, 1838 ao. Prof. am Predigerseminar in Heidelberg, 1847 o. Prof., 1852-72 Oberhofprediger in Weimar; Schwiegersohn Carl Daubs. 221, 230 Dönhoff-Friedrichstein, August Heinrich Hermann Graf v. (1797-1874), preuß. Diplomat; 1821 Eintritt in den preuß. diplomat. Dienst, 1828 bei der Gesandtschaft in London, 1833 bei der Gesandtschaft in München tätig, 1842 Bundestagsgesandter in Frankfurt/M., vom 21. Sept. 1. Nov. 1848 Außenminister im Pfuelschen Kabinett, 1849-1853 Mitglied der preuß. 1. Kammer, HH 1854-1862. 382,469 Dorguth, Friedrich Ludwig Andreas (17761854), Jurist; Geheimer Justizrat u. Oberlandesgerichtsrat in Magdeburg; veröffentl. Schriften zur Schopenhauerschen Philosophie. 291,327,332,334,338,347f. Domer, Isaak August (1809-1884), Theologe; 1834 Repetent in Tübingen, 1838 doit ao. Prof. mit Lehrauftrag für Dogmatik u. alttestament. Theol., 1839-43 Kiel, 1843-47 Königsberg, 1847 Bonn, 1853 Göttingen, ab 1862 Prof. u. Oberkonsistorialrat in Berlin. 339 Dorow, Wilhelm (1790-1846), Altertumsforscher, Publizist. 56f. Droysen, Johann Gustav Bernhard (18081884), Historiker u. Politiker, 1840 o. Prof. in Kiel, 1851 Jena, 1859 Berlin. MdN vom 18. Mai 1848 bis zum 20. Mai 1849. 26, 141 Drucker, Louis, Berliner Weinhändler, emigr. nach der Revolution nach England, gab dort wahrscheinl. 1851 die Wochenzeitschrift „How do you do" heraus. 412 Drumann, Wilhelm Carl August (1786-1861), Historiker, habil. 1812 in Halle, ao. Prof. 1817 in Königsberg, 1821 o. Prof. 64, 470 Diimke, Berliner Spediteur um 1849. 459 Dümmler, Ferdinand (1777-1846), Buchhändler; Inhaber der gleichnamigen Berliner Verlagsbuchhandlung. 137 Düring, Rechnungsrat in Königsberg (um 1848). Bekannter Th. v. Schöns. 405 Dulk, Albert Friedrich Benno (1819-1884), Arzt; 1837-40 Studium der Medizin, Naturwissenschaft, Philosophie, promovierte 1846 in Breslau; lebte im Sinai u. in

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der Schweiz, kehrte 1858 nach Deutschland zurück. Gründete mit L. Büchner 1881 den „allg. deutschen Freidenkerbund"; er war für die sozialdemokr. Partei tätig. 457 Dulk, Friedrich Phüipp (1788-1852), Apotheker, seit 1833 o. Prof. für Chemie in Königsberg. 1847/48 Mitglied des Vereinigten Landtages. 363,432, 471 Duller, Eduard (1809-1853), dt. Schriftsteller; gab gemeinsam mit Karl Gutzkow den „Phönix" heraus (1835-38). 1841 - 1844 Hrsg. von „Das Vaterland". Vorkämpfer des Rongeschen Deutsch-Katholizismus. 103 Duncker, Karl (1781-1869) u. Humblot, Peter (1779-1828), gründeten 1809 die gleichnamige Berliner Verlagsbuchhandlung. 136, 139,182,190,218,326,336,346,437 Duncker, Maximilian (1811-1886), Historiker u. Politiker; stud, in Berlin (bei Hegel) u. Bonn, promov. 1834 in Berlin, habil. sich 1839 in Halle, wurde 1842 dort ao. Prof. in Halle u.1857 o. Prof. in Tübingen. MdN vom 18. Mai 1848 bis zum 20. Mai 1849, MdR Febr. 1867 bis Aug. 1867, 1867-74 Direktor der preuß. Staatsarchive. 275 Dunin, Martin v. (1774-1842), Erzbischof von Posen-Gnesen. D. wurde aufgrund seiner Haltung in der Mischehenfrage am 22. Febr. 1839 zu sechs Monaten Festungshaft verurteilt, jedoch begnadigt. Am 3. Okt. 1839 wurde er in Posen verhaftet und für zehn Monate in die Festung Kolberg gebracht. 243 Dyhrn, Konrad Adolf Graf (1803-1869), liberaler schlesischer Rittergutsbesitzer; begann 1823 in Berlin Jura zu studieren, hörte u. a. bei Hegel. 1849 Abg. der preuß. 1. Kammer f. Brieg. Abgeord. der 2. Kammer von 1849-51 (Linke). Mitglied des Staatenhauses in Erfurt, Mitglied des Reichstages 1867. 425,434 Ebel, Johann Wilhelm (1784-1861), Königsberger Prediger, Anhänger des Theosophen Schönherr, der als Anführer der sog. „Mucker" in Königsberg für Aufregung sorgte. Ebel wurde 1841 im Muckerprozeß zwar freigesprochen, jedoch wegen Verletzung seiner geistlichen Amtspflicht amtsentsetzt.. 119 Echtermeyer, Theodor (1805-1844), dt. Schriftsteller u. Literaturkritiker, Lehrer am Pädagogium in Halle; Mitherausgeber der Halleschen Jahrbücher. 53, 164, 202, 217,

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227 Eckermann, Johann Peter (1792-1854), Schriftsteller, Literaturwissenschaftler, seit 1823 Sekretär Goethes, und nach dessen Tod Herausgeber des Goethe-Nachlasses. 220, 241 Eckert, Bekannter R. Schönfließ' (um 1840) aus Georgenburg. 310 Eichhorn, Johann Albrecht Friedrich (17791856), preuß. Staatsmann, Jurist; maßgeblich an der Begründung des Zollvereins beteiligt; als Nachfolger Altensteins vom 8. Okt. 1840 bis März 1849 Minister für die geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten. Anhänger der pietistischen Partei und scharfer Gegner der Hegeischen Philosophie; mitverantwortlich für die Entlassungen zahlreicher Hegelianer aus dem Staatsdienst; durch die Heirat seines Sohnes Hermann mit Schellings Tochters Julie mit dem nach Berlin berufenen Philosophen verschwägert. 323f„ 326, 340, 350, 430, 447 Eichmann, Franz August v. (1793-1879), 1845 Oberpräsident der Rheinprovinz, Innenminister unter Pfuel vom 21. Sept. 1848-1. Nov. 1848. 1850 Oberpräsident der Prov. Preußen. 387 Eilers, Gerd (1788-1863), 1843-1848 Vortragender Rat im Eichhomschen Kultusministerium. 430 Eisner, Moritz (1809-1894), Publizist in Breslau, 1848 demokrat. Abgeordneter in der preuß. Nationalverslg., 1849 Mitglied der preuß. 2. Kammer f. Hirschberg (Schlesien). 395 Engelmann, Wilhelm (1808-1878), Verlagsbuchhändler u. Bibliograph in Leipzig. 89,131 Enk, Michael Leopold v. d. Burg (1788-1843), Prof. am Stiftsgymnasium in Melk, Schriftsteller. 179,292 Enslin, Theodor Christian Friedrich (17871851), Verlagsbuchhändler. Begründete 1817 die gleichnamige Berliner Buchhandlung. 131 Erdmann, Johann Eduard (1805-1892), Philosoph, Theologe; stud, in Berlin bei Hegel, Gans, Schleiermacher, Marheineke u. Henning, 1829 als Pastor ordiniert; promov. 1830 in Kiel, 1834 habil. in Berlin, 1836 ao. Prof. in Halle, 1839 o. Prof., verfaßte zahlreiche Studien zur Geschichte der Philosophie. 112f., 204 Erhard, Johann Benjamin (1766-1827), Arzt u.

Philosoph; Anhänger Kants. 155,174,178, 228 Erhardt, Johann Simon (1776-1829), 1812 Prof. der Philosophie in Erlangen, 1817 in Freiburg und 1823 Heidelberg. 31 Ersch, Johann Samuel (1766-1828), 1800 Mithrsg. d. Jenaer Lit.ztg., 1802 Prof. f. Statistik in Halle, 1808 Oberbibliothekar. Mithrsg. der „Allg. Enzyklopädie". 107, 145 Eschenmayer, Adolph Karl August (17681852), Arzt, Philosoph; 1811 ao. Prof. der Philos, u. Med. in Tübingen, 1818 o. Prof., dort Lehrer Vischers u. Strauß'; Schellingianer. 82,91 Espe, Karl August (1804-1850), Lexikograph des Brockhaus-Verlags in Leipzig. Hrsg. des Conversalionslexikons der Gegenwart. 197,265 d' Ester, Karl Ludwig Johann (1811-1859), Arzt; 1849 demokr. Abgeordneter der preuß. 1. Kammer f. Mayen, Andernach (Rheinland). 395 Euklid, griech. Mathematiker, wirkte um 300 v. Chr. in Alexandria. 78 Exner, Franz (1802-1853), Philosoph; 1832 o. Prof. in Prag, 1848 Ministerialrat in Wien. Anhänger der Herbartschen Philosophie. 327, 330 Fahrenheid, Friedrich (1815-1888), Kunstsammler, Rittergutsbesitzer auf Beynuhnen, Schüler Karl Lehrs. HH 1854-62. 297 Falkson, Ferdinand (1820-1900), Arzt; 183842 Studium der Medizin in Königsberg u. Berlin, 1843 Arzt in Königsberg, 1861-67 Vorsitzender des Königsberger Handwerkervereins, 1861 Stadtverordneter. 457 Fatschek, Rudolf (1820-1863), Lehrer am Altstädtischen Gymnasium in Königsberg. Mitbegründer des Diniervereins. 351 Favreau, mit Rosenkranz verwandte Magdeburger Familie. 269 Fenner v. Fenneberg, Daniel (1820-1863), österr. revolut. Publizist, wanderte 1851 nach New York aus. 439 Ferdinand V U (1784-1833), span. König von 1814-1833. 123 Feuerbach, Ludwig Andreas (1804-1872), Philosoph; stud, in Heidelberg (1823) u. Berlin (ab 1824). 1828 Promotion u. Habil. in Erlangen, dort 1828 Privatdoz. Aufgrund der anonym herausgegebenen Schrift „Gedanken über Tod und

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Unsterblichkeit", Nürnberg 1830, Verbot der Lehrtätigkeit. 117, 175f., 206, 210, 217, 2 2 6 , 2 3 9 , 2 6 9 , 2 7 6 f f . , 291 Fichte, Immanuel Hermann (1796-1879), Philosoph, Sohn des Johann Gottlieb Fichte; 1836 ao. Prof., 1840 o. Prof. in Bonn, von 1842-1862 Prof. in Tübingen. 119, 159, 186, 216f., 244, 260, 262, 268, 284,288f., 3 0 5 , 3 2 1 , 3 2 3 , 3 3 0 , 339 Fichte, Johann Gottlieb (1762-1814), Philosoph; Juli 1791 in Königsberg, 1792 in Danzig, 1794 Prof. in Jena, 1805 in Erlangen, 1810 Prof. in Berlin. 1811/12 erster Rektor der Universität. 159,198,234, 253, 269, 284, 288, 306, 321f., 327f., 448, 450 Ficker, Franz (1782-1849), ab 1823 Literaturprof. in Wien. 140 Fikenscher, Karl Christian Christoph (17981857), Pastor in Nürnberg. 117 Filhés, Emma Julie geb. Gnison (1797-1884), Cousine Karl Rosenkranz'. 153 Filhés, Jean François (-1862), Schönfärber u. Gutsbesitzer in Berlin, Schwiegersohn Johann Philipp Grusons. 459, 461 Fink, Johann Christoph Friedrich (1770-1844), Pfarrer in Söhnstetten bei Heidenheim; er gehörte im Tübinger Stift zu Hegels Jahrgang. 218, 247f. Fischer, Emst Kuno Berthold (1824-1907), Philosoph; stud, in Halle u. Leipzig, 1847 Dr. phil., 1850 habil. in Heidelberg, 1853 Entzug der venia legendi, WS 1856/57 Hon.prof in Jena, 1857 o. Prof., seil 1872 Prof. in Heidelberg als Nachfolger Eduard Zellers. 471 Fischer, Friedrich Leopold (1798-1857), preuß. General; 1848 Direktor des Mililärökonomiedepartements, Berater L. Camphausens. 378 Fischer, Karl Philipp (1807-1885), von Baader beeinflußler Philosoph, Anhänger der Hegeischen Philosophie; 1837 ao. Prof. in Tübingen, 1841 o. Prof. in Erlangen. 193 F l e c k , Ferdinand Florens ( 1 8 0 0 - 1 8 4 9 ) , Theologe; 1823 Dr. phil. in Halle, 1826 habil. in Leipzig, 1831-34 Reise nach Italien, Frankreich u. die Schweiz, 1834 ao. Prof. u. 1847 o. Prof. in Gießen. 85ff. Fleck, Konrad, mittelhochdt. Dichter, der um 1270 die Geschichte von Flore und Blancheflor verfaßte. 28 Flottwell, Eduard Heinrich v. (1786-1865), Jurist, Politiker; 1841-44 Oberpräs. der Prov. Sachsen, Finanzminister bis 1846,

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1849 Oberpräsident der Provinz Preußen u. 1850-58 der Prov. Brandenburg, MdN vom 18. Mai 1848 bis zum 8. März 1849, 1849/50 Mitglied der preuß. 1. Kammer, Mitglied der 2. Kammer 1859 für den Wahl bez. Potsdam. 438, 448, 4 6 1 , 4 6 4 Förster, Friedrich Christoph (1791-1868), Publizist; seit 1829 Kustos am Berliner M u s e u m , Mitherausgeber der Werke Hegels. 187 Förster, Karl ( 1 7 9 7 - 1 8 7 4 ) , Oberlandesgerichtsrat in Königsberg. Forckenbeck, Franz v. (1796/7-1849), Oberlandesgerichts-Vizepräsident in Glogau, 1849 Mitglied der preuß. 1. Kammer als Abgeordneter für den Kreis Freystadt. Mitarbeiter am Verfassungsentwurf. 431 Fortlage, Arnold Rudolph Karl (1806-1881), Philosoph, Musikforscher; Priv.-doz. in Heidelberg 1829-42 und Berlin 1842-46, 1846 ao. Prof. in J e n a , ab 1860 Honorarprof., 1873 o. Prof. (als Nachfolger Kuno Fischers) 211 Frantz, Konstantin (1817-1891), Publizist, polit. Schriftsteller, 1869-71 MdR. Philos. Werke zu Hegel u. Schelling. 400, 420 Franz 1.(1768-1835), Kaiser von Österreich von 1804-1835.416 Frauenstädt, Julius ( 1 8 1 3 - 1 8 7 9 ) , philos. Schriftsteller; Rosenkranz rechnete seine frühen Schriften noch zum weiteren Umkreis der Hegeischen Philosophie; seine späteren Werke weisen ihn als Anhänger Schopenhauers aus, dessen Nachlaß er erbte. Hrsg. der ersten SchopenhauerGesamtausgabe. 284, 420 Freiligrath, Ferdinand (1810-1876), dt. Dichter. 250, 453 Frenzel, Gottlieb Abraham ( 1 7 8 2 - 1 8 5 5 ) , Kupferstecher in Dresden. 47 Freytag, Gustav (1816-1895), dt. Schriftsteller. 367 Friedländer, Ludwig Hermann (1790-1851), Mediziner, 1817 habü. in Halle, 1819 ao. Prof. in Halle, 1823 o. Prof. f. theoret. Medizin. 64 Friedrich II., der Große (1712-1786), preuß. König seit 1740. 444 Friedrich Wilhelm ΙΠ. v. Preußen (1770-1840), preuß. König seit 1797. 454 Friedrich Wilhelm IV. v. Preußen (1795-1861), preuß. König seit 1840. 56, 257, 311, 323ff., 367, 375, 378, 383ff., 387f., 394ff., 4 0 2 , 4 3 1 , 4 3 3 f . , 4 3 8 , 4 4 0 , 4 4 2 , 459f., 466 Fröbel, Julius (1805-1893), Schriftsteller u.

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Politiker, 1833 Dr. phil. in Jena, Begründer des Literar. Comptoirs in Winterthur (Schweiz), MdN vom 6. Okt. 1848 bis zum 30. Mai 1849, 1848 wurde er gemeinsam mit Robert Blum verhaftet u. zum Tode verurteilt, jedoch begnadigt; emigrierte im Sept. 1849 in die USA, 1850 nach Nicaragua u. wieder zurück in die USA, 18S7 kam er nach Deutschland zurück, 1867-1873 Leiter der „Süddt. Presse", 1873-1876 im konsular. Dienst in Smyrna, später in Algier. 444 Fülleborn, F. L. (1833-1854), Oberlandesgerichtspräsident in Marienwerder, dort 1847 Ehrenbürger, Verfasser zahlreicher philos. Schriften zur sogen. „Einheitslehre". 315,329 Gabler, Georg Andreas (1786-1853), Philosoph; Hörer Hegels in Jena (1804-1807), 1811 Gymnasiallehrer in Ansbach, 1817 Lyzealprof. in Bayreuth, 1821 Studienrektor, 1830 Kreisschulinspektor, 1835 o. Prof. der Philos, als Nachfolger Hegels in Berlin. 90, 138, 159, 188, 190, 248, 273, 400 Gärtner, Gustav Friedrich (1807-1841), Jurist; 1834 Kammergerichtsassessor, er bewarb sich vergeblich um den Lehrstuhl, der durch Gans' Tod vakant wurde und den Friedrich Julius Stahl erhielt. 197, 210, 238 Gamm, Johann Samuel Ludwig (1789-1849), gründete 1812 in Königsberg eine Seifenund Lichtfabrik. Seine Tochter Marie Gamm war Taufpatin von Rosenkranz' Tochter Anna Maria Emma. 98 Gans, Eduard (1798-1839), Jurist; 1825 ao. Prof. in Berlin, 1828 o. Prof., Mitbegründer der Jahrbücher f. wissenschaftl. Kritik, Mitherausgeber von Hegels Werken. 114, 116, 118, 125, 139, 143, 153, 158, 1 8 6 , 1 9 2 , 2 0 0 , 2 0 8 , 2 3 9 , 345 Gebel, Gustav, stud, theol. um 1830 in Halle. G. wohnte bei Tholuck im Haus. 38 Gebser, August Rudolf (1801-1874), Theologe; 1826 ao. Prof. in Jena, 1829 ao. Prof. in Königsberg u. dort seil 1830 o. Prof. 86f. Genée, Friedrich (1795-1856), Regisseur u. Sänger; 1830 am Königsstädter Theater in Berlin, 1841-55 Direktorin Danzig. 169 Genthe, Friedrich Wilhelm ( 1 8 0 5 - 1 8 6 6 ) , Pädagoge und Schriftsteller, promov. 1829 in Halle. Oberlehrer am Gymnasium in Eisleben; zu seinen Hauptwerken gehört die

„Geschichte der macaronischen Poesie". Halle 1829. 1831 bearbeitete er einen von Rosenkranz begonnenen Roman und veröffentlichte ihn unter dem Titel „Graf G u n d o l f ; heiratete Karl Rosenkranz' Schwester Henriette (1803-1877). 25, 28, 297,320,348 Gentz, Friedrich ( 1 7 6 4 - 1 8 3 2 ) , polit. Schriftsteller; seit 1786 im preuß. Staatsdienst. G. gilt als der Inspirator der Karlsbader Beschlüsse. 454 Gerlach, Emst Ludwig v. (1795-1877), Jurist u. Politiker, 1844 Oberlandesgerichtspräsident in Magdeburg, einer der Führer der preuß. Hochkonservativen, begründete am 10. April 1848 die „Kreuzzeitung". 425, 439, 460 Gerlach, Gottlieb Wilhelm ( 1 7 8 6 - 1 8 6 4 ) , Philosoph; seit 1819 o. Prof. in Halle, lehnte einen Ruf auf den nach Hegels Weggang nach Berlin freigewordenen Lehrstuhl in Heidelberg ab. 63 Gem, Albert Leopold (1789-1869), Schauspieler, Komiker in Berlin. 98 Gersdorf, Karl Gouhelf (1804-1874), 1833-69 Oberbibliothekard. UB Leipzig. 89 Gervinus, Georg Gottfried ( 1 8 0 5 - 1 8 7 1 ) , Historiker, 1835 Prof. in Heidelberg, 1836 Prof. in Göttingen, 1837 als einer der sog. „Göttinger Sieben" des Landes verwiesen. 1844 Prof. in Heidelberg. MdN vom 18. Mai 1848 bis zum 31. Juli 1848. 89, 99, 102,105ff., 133 Gesenius, Heinrich Friedrich Wilhelm (17861842), Theologe; 1810 ao. Prof. in Halle, 1811o. Prof., wurde 1830 in den Hallenser Rationalismus-Streit verwickelt. Rosenkranz hörte bei ihm Exegese des Jesaias. 65 Gillet, Bekannter Rosal. Schönfließ'. 310 Görres, Joseph (1776-1848), Publizist, Historiker; hervorragender Vertreter des polit. Katholizismus, Hrg. des „Rheinischen Merkur"; 1827 Prof. der Geschichte in München. 26,132ff., 1 5 4 , 2 7 6 , 3 1 1 Göschel, Karl Friedrich (1784-1862), Jurist; 1818 Oberlandesgerichtsrat in Naumburg, 1837 Geh. Justizrat, 1845-48 Konsistorialpräs. der Prov. Sachsen. Verfaßle zahlreiche Werke zur Hegeischen Rel.philos. 61,95,108,111,136,169,282 Goethe, Johann Wolfgang v. (1749-1832), dt. Dichter. 25, 41f., 47, 68, 116, 148, 157, 161 f., 164, 193, 195f„ 198, 220, 236, 241, 2 5 4 , 2 5 6 , 2 6 4 f . , 305, 307ff., 345, 355, 357, 359, 361f., 441, 4 5 6 , 4 6 9 , 4 7 3

Personenregister

Götzinger, Max Wilhelm (1799-1856), Literaturhistoriker; ab 1827 Gymnasiallehrer f. Sprache und Literatur in Schaff hausen. 52 Goeze, Johann Melchior (1717-1786), Theologe; 1741 Adjunkt des Ministeriums in Aschersleben, 1750 Pastor in Magdeburg, 1755 Pastor an der Katharinenkirche in Hamburg. 156 Goldstücker, Theodor (1821-1872), Sanskritist; Schüler Rosenkranz', 1847-50 in Berlin lebend, Prof. in London seit 1852. 257, 279, 324, 377, 382, 384, 395, 400f., 404, 409ff., 415,424,427,440,442ff„ 460,463 Goltz, Bogumil (1801-1870), Schriftsteller, Reisender. 372,419,457 Gottschall, Karl Rudolf (1823-1909), dt. Schriftsteller; studierte in Königsberg bei Rosenkranz, dort Dramaturg; leitete von 1865-1888 die „Blätter für literarische Unterhaltung". 457f. Grabbe, Christian Dietrich (1801-1836), dt. Dichter. 31,154,194 Grabow, Wilhelm (1802-1874), 1838 Oberbürgermeister in Prenzlau, gemäßigter Liberaler, 1847 Mitglied des Vereinigten Landtages, Präsident der preuß. Nationalversig. vom 27. Juni bis zum 27. Okt. 1848, Präs. des Preuß. Abgeordnetenhauses in der 1., 6., 7., 8. Legislaturperiode. 426 Graff, Eberhard Gotüieb (1780-1841), 1810 Reg.rat u. Schulrat in Marienwerder, 1824 Prof. in Kgbg. f. althochdt. Sprache, 1829 wegen Krankheit beurlaubt. 1830 Mitglied der Berliner Akademie. Gilt als einer der Begründer der Germanistik. 31, 56 Graßmann, Robert (1815-1901), Druckereibesitzer u. Zeitungsverleger aus Stettin, philos. Schriftsteller. 449 Graun, Karl Heinrich (1701-1759), Komponist; 1725 Tenor an der Braunschweiger Oper, 1740 Direktor der königl. Oper in Berlin. 98 Gregor, Martin (1794-1863), Theologe; 1821 Pfarrer an der Steindammer Kirche in Königsberg; Direktor des polnischen Seminars der Albertina. Anhänger Herbarts. 98 Grillparzer, Franz (1791-1872), österr. Dichter. 31 Grimm, Wühelm Karl (1786-1859) u. Grimm, J a c o b Ludwig Karl (1785-1863), Germanisten; Begründer der deutschen Altertumswissenschaft. J. Grimm war auch politisch tätig, Mitglied des Vorparlaments und MdN vom 25. Mai. 1848-2. Okt. 1848.

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59 Gross, Friedrich (1768-1852), Arzt; 1814 Chefarzt d. Irrenanstalt in Pforzheim, später in Heidelberg lebend. Vf. zahlreicher Beiträge zur Naturphilosophie. 295 Gruber, Johann Gottfried (1774-1851), 1803 Dozent f. Philosophie u. Ästhetik in Jena, 1815 Prof. der Geschichte in Halle, ab 1834 Prof. in Stralsund. Gab seit 1812 die „Allg. Enzyklop." heraus. 39,63, 65, 107 Grüneisen, Carl (1802-1878), Schüler Hegels in Berlin (1824). Oberkonsistorialrat u. Hofprediger in Stuttgart. 192f. Gruppe, Otto Friedrich (1804-1876) dt. Schriftsteller, Gruppe war Hörer Hegels in Berlin. Er leitete das Feuilleton der preuß. Staatsztg. ab 1835. 1844 Prof. f. Philos, und Geschichte in Berlin. 89 Gruson, Jean David (1780-1848), Portrait- und Genremaler in Breslau. 130 Gruson, Johann Philipp (1768-1857), Mathematiker; 1794 Prof. an der Kadettenschule in Berlin, 1817 Prof. an der Berliner Univ. 36,70,78, 108, 147f. Gubitz, Friedrich Wilhelm (1786-1870), dt. Schriftsteller. 1817-1848 Hrsg. des „Gesellschafter oder Blätter für Geist und Herz". 229 Günther, Anton (1783-1863), Jurist u. kathol. Theologe in Wien, 1857 wurde seine Lehre durch päpstliche Indexcongregation verurteilt. 106 Guhrauer, Gottschalk Eduard (1809-1854), Philosoph; Hrg. der Werke Leibniz'; 1841 Kustos der Breslauer Bibliothek, 1842 habil. und ao. Prof. f. allgemeine Literaturgeschichte. Veröffentl. zahlreiche Studien zu Leibniz, Lessing und Goethe. 132, 134, 136,174,179,198,283ff.,299 Guth, Eduard, Königsberger Schriftsteller, Mitarbeiter des Jungschen Literaturblatts. 160, 457 Gutzkow, Karl (1811-1878), dt. Schriftsteller; 1847-49 Dramaturg am Dresdener Theater, 1861-64 Generalsekretär der Dt. Schillerstiftung in Weimar. 100, 102f., 110, 116f., 131, 142, 145, 151, 153, 157, 162, 168, 173, 179ff., 184,241,255,259, 306, 367 Händel, Georg Friedrich (1685-1759), dt. Komponist. 98 Hänisch, Hauswirt Rosenkranz' u. Schöns in Berlin. Hagen, Ernst August v. (1797-1880), Kunsthistoriker; 1825 ao. Prof. in

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Königsberg, 1830 o. Prof. für Kunstgeschichte und Ästhetik. 64, 96f., 105, 141,164,457 Hagen, Friedrich Heinrich v. d. (1780-1856), Germanist; Schüler F. A. Wolfs, Herausgeber mittelalterl Texte, 1810 ao. Prof. in Berlin, 1811 in Breslau, 1824 o. Prof. in Berlin; seit 1841 Mitglied der AdW. Rosenkranz besuchte bei ihm ein Publikum über gothische Grammatik. 33 Hagen, Karl Heinrich (1785-1856), 1811 ao. Prof. der Staatswissenschaft und Geweibekunde in Königsberg, bis 1835 auch Regierungsrat im Verwaltungsdienst. Verfechter der Handelsfreiheit. 471 Haldenwang, Christian (1770-1831), Kupferstecher. 47 Halm, Friedrich (Pseud. f. v. Münch-Bellinghausen, Eligius Franz Josef Frh.) (18061871), österr. Bühnenautor. 255,292 Hamann, Johann Georg (1730-1788), Pachthofverwalter in Königsberg, philosophisch- theol. Schriftsteller. 155, 163, 232, 293 Hansemann, David (1790-1864), Rheinischer Industrieller, gründete 1824 die Aachener Feuerversicherungsgesellschaft u. 1851 die Disconto-Gesellschaft. Finanzminister der Ministerien Camphausen u. R. v. Auerswald. 434 Hartenstein, Gustav (1808-1890), Prof. der prakt. Philos, in Leipzig (1836), Mitglied der Sachs. Gesellschaft der Wissenschaften, 1859 emerit., dann in Jena lebend. Hrsg. der Weike Kants und Heibarts. 284 Hartknoch, Johann Friedrich (1740-1789), Buchhändler u. Verleger in Riga u. Mitau. Sein Sohn siedelte mit der Fiima nach Leipzig über. 288 Hartmann v. Aue (gest. zwischen 1210 u. 1220), höfischer Epiker. 28 Haltung, (1817-1890), Jurist; 1853 Sudtrat in Königsberg. 254, 474 Hasencamp, Ludwig Heimann Friedrich Hugo v. (1817-1859), ursprünglich Offizier, war 1848 als Publizist im Ministerium Auerswald tätig. Seit dem 1. Okt. 1849 Redakteur der Königsberger Hartung'schen Zeitung. Später wurde er Chefredakteur der Neuen Königsberger Zeitung u. Direktor der Berliner Diskontogesellschaft. 377, 388, 412,422,426,441,447,461 Hasenclever, Ferdinand (1769-1831), seit 1817 Pfarrer in Arnsberg, zugleich Regierungsrat (mit dem Titel Konsistorialrat). 42

Hebbel, Friedrich (1813-1863), dt. Dichter, Dramatiker. 255 Heffter, August Wilhelm (1796-1880), Jurist; 1823 o. Prof. in Bonn, 1830 in Halle, 1832 Prof. in Berlin; 1849-52 Mitglied der preuß. 1. Kammer. 172 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770-1831), Philosoph; 1805 ao. Prof. in Jena, 1807 Redakteur der Bamberger Zeitung, 18081816 Rektor des Gymnasiums in Nürnberg, 1816-18 Prof. in Heidelberg, ab 1818 Prof. in Berlin. 66, 72, 75ff., 82ff., 87, 90, 92, 105, 107f., 110, 117, 119, 124f., 133, 136, 139, 147, 150, 155, 157, 159, 166f„ 174, 176, 179, 181ff., 186, 188f., 191ff., 195, 198ff., 202, 205, 210ff., 216, 218, 220, 222ff., 227ff., 242, 244ff., 253, 256, 261f., 266, 269f., 277, 279f., 283ff., 290, 294, 298, 304f., 308, 314, 323, 326f., 329,331f., 338f., 341,355, 357,367 Hegel, Immanuel Thomas Christian (18141891), Theologe, Sohn G. W. F. Hegels; 1858 Kurator des Staatsschatzes, 1865 Präsident des Konsistoriums der Provinz Brandenburg. 183, 189 Hegel, Karl Friedrich Wilhelm (1813-1901), Historiker, Sohn G. W. F. Hegels; 1841 ao. Prof. in Rostock, 1843 dort o. Prof., ab 1856 in Erlangen. 114, 189, 21 Iff., 218f., 222ff., 227,23Off., 235,238,244,355 Hegel, Marie Helena Susanne (1791-1855), geb. v. Tucher, seit 1811 Gattin G. W. F. Hegels. 181, 183, 185ff., 189, 191, 199f., 219,222f., 227f., 246,279, 305 Heine, Heinrich (1797-1856), dt. Dichter. 47, 53,73,89,95,97,160, 196,412,453 Heineken, [Heinke?] Gelehrter in Breslau. 417 Held, Hans v. (1764-1842), Jurist, Publizist u. Politiker. 349,358 Hemsteihuis, Franz, (1721-1790), niederländ. Philosoph: gebürtiger Groninger, beeinflußte Jacobi, Herder u. die deutsche Romantik. 454 Hendewerk, Karl Ludwig (1806-1872), Lizcntiat in Königsberg, Pfarrer an der Heiligen-Kreuz-Kirche bei Königsberg. 83f. Hengstenberg, Ernst Wilhelm (1802-1869), Theologe; seit 1826 Prof. der Theol. in Berlin, Begründer der ab 1827 erscheinenden „Evangelischen Kirchenzeitung". War mit W. Menzel u. H. Leo der schärfste Gegner der Hegeischen Philosophie. 105, 126, 157 Henke, Hermann Wilhelm Eduard (1783-

Personenregister

1869), Jurist; 1814 Prof. in Bern, 1833 Justizrat u. o. Prof. in Halle. 60 Hennig, Friedrich Gottlob (1779-1845), Jurist, Politiker; 1842 Geh. Justizrat, Rittergutsbesitzer, 1833-43 Mitglied des preuß. Prov. Landtages. 294 Henning, Leopold Dorotheus v. (1791-1866), Philosoph; studierte in Heidelberg u. Jena, ab 1818 in Berlin, wo er sich 1821 habilitierte, 1825 ao. Prof, 1835 o. Prof. für Philosophie; Rosenkranz hörte bei ihm Hegeische Logik; er war an der Herausgabe der Werke Hegels beteiligt und Generalsekretär der .Jahrbücher für wissensch. Kritik". 37, 74, 82, 91, 94, 99, 101, 105, 108, 111, 113, 117, 119, 123, 125ff., 132, 134, 136, 138, 158, 166, 172, 190, 200, 208,318,335 Henri IV. v. Navarra (1553-1610), ab 1589 König v. Frankreich. Gewährte 1598 den Hugenotten das Edikt v. Nantes. 139 Herbart, Johann Friedrich (1776-1841), Philosoph und Pädagoge; 1805 ao. Prof. in Göltingen, seit 1809 o. Prof. in Königsberg, ging 1833 nach Göttingen. Große Anhängerschaft in den fünfziger u. sechziger Jahren. 61, 63, 66, 69, 79, 83f., 101, 215,232,253,284,317 Herbert, Franz Paul Frh. (1759-1811), Chemiker; Anhänger der Kantischen Philosophie. 146,155, 173, 177f. Herbst, Theophil (1806-1868), 1838 Privatdoz. in Königsberg, 1865 ao. Prof., Lektor f. neuere Sprachen an der Königsberger Universität. 175 Herder, Johann Gottfried (1744-1803), Dichter u. Theologe; 1764 Lehrer in Riga, wurde 1776 durch Goethes Vermittlung Generalsuperintendent in Weimar, später dort Oberkonsistorialrat. 38, 365 Herder, Bartholomäus (1774-1839), Begründer der gleichnamigen Freiburger Buchhandlung, die von seinen Söhnen Benjamin (1818-1888) u. Raphael (18161865) fortgeführt wurde. 345 Herrenburg-Tuczeck, Leopoldine (1821-1883), Kammersängerin. 361 Hertzberg, Ewald Friedrich Graf v. (17251795), preuß. Staatsmann; geboren in Lottin bei Neuslettin. 453 Herz, Frau Dr., Königsberger Bekannte von Karl Rosenkranz u. Alex. Jung. 406 Herzfeld, [möglicherweise] Adolph (18001874), Schauspieler und Dichter. Vf. von Liedtexten in Franz Kuglers „Liederbuch".

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32 Herzog, Lotte, eine Verwandte Alexander Jungs. Zum Zeitpunkt der Erblindung Rosenkranz' las sie ihm vor. 402, 420, 428, 457 Hesse, Ludwig Friedrich (1783-1867), 18191837 Gymnasialdireklor, Archivar u. Bibliothekar in Rudolfstadt. 52 Hexamer, Adolf (1824-1859), Arzt, Revolutionär; emigrierte nach der Revolution in die USA u. wurde Arzt in New York. 444 Heydt, August Freiherr v. der (1801-1874), Politiker, Bankier in Elberfeld; 1847 Mitglied des preuß. Vereinigten Landtages, preuß. Handelsminister vom 5. Dez. 1848 bis 1862 und 1862 u. 1866-1869 Finanzminister. 378 Heyse, Karl Wilhelm Ludwig (1797-1855), Philologe; 1827 habil. in Berlin, 1829 ao. Prof. in Berlin. 195 Hinckeldey, Karl Ludwig Friedrich v. (18051856), Jurist; seit Nov. 1848 Polizeipräsident v. Berlin. 422 Hinrichs, Heinrich Friedrich Wilhelm (17941861), Philosoph; besuchte die Jeversche Lateinschule, wo u. a. Fr. Chr. Schlosser als Lehrer tätig war, begann 1812 sein Studium in Straßburg, ging dann von 1814-1818 nach Heidelberg, studierte erst Recht, dann Philosophie bei Hegel, wurde 1822 ao. Prof. in Breslau, 1824 o. Prof. in Halle. 30, 61, 63ff., 74f., 79, 81, 99, 120, 125, 143, 159,164,167f., 176f., 189, 202,213,216f., 221,273,277,309 Hippel, Theodor Gottlieb (1741-1796), Schriftsteller u. Königsberger Politiker, 1780 dirigierender Bürgermeister in Königsberg. 155, 248 Hirsch, Georg Heinrich (1799-1885), Königsberger Arzt; seit 1843 o. Prof. der Medizin. 98, 432 Höfer, Albert (1812-1883), Philologe; 1837 Promotion in Königsberg, 1840 dort ao. Prof., 1847 o. Prof. in Greifswald. 264f. Höfling, Johann Wilhelm Friedrich (18021853), Theologe; seit 1833 Prof. in Erlangen. 117 Hölderlin, Friedrich (1770-1843), dt. Dichter; Kommilitone Hegels im Tübinger Stift, 1798 bei Sinclair in Homburg, 1800 in der Schweiz, 1801 in Bordeaux, seit 1804/5 dem Wahnsinn verfallen. 198, 212, 228, 266,271f., 304f., 386, 398,401, 403, 413f., 456 Hoffbauer, Johann Christoph (1766-1827),

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Personenregister

Philosoph; 1 7 9 4 ao. Prof. in Halle, 1799 o. Prof. 147 Hoffbauer, Johann Heinrich, Arzt, theol.philos. Schriftsteller. 2 8 2 H o f f m a n n , Paläontologe in Königsberg um 1850. 4 6 9 H o f f m a n n , A u g u s t Heinrich ( 1 7 9 8 - 1 8 7 4 ) , Germanist u. Dichter, wurde 1830 Prof. in Breslau, 1835 o. Prof., 1 8 4 2 auf Grund seiner „Unpolitischen Lieder" entlassen, 1848 rehabilitiert. 1860 Bibliothekar des Herzogs v. Ratibor in Corvey. 44, 56, 130, 377 H o f f m a n n , Ernst Theodor W i l h e l m ( 1 7 7 6 1822), Jurist, Komponist u. romant. Schriftsteller, zuerst in Ostpreußen u. Polen tätig, 1807 in Berlin, 1808 in Bamberg, 1813/14 in Leipzig u. Dresden Kapellmeister, ab 1816 Richter am Kammergericht in Berlin. 98 H o f f m a n n , Franz ( 1 8 0 4 - 1 8 8 1 ) , Philosoph; 1 8 3 4 Prof. am L y z e u m in Bamberg, ab 1835 o. Prof für theoret. u. prakt. Philosophie in Würzburg. Hrsg. der Werke Franz v. Baaders ( 1 8 5 1 - 6 0 ) . 1873 Hofrat. 3 3 0 , 345 Hohenhausen, Carl v. (1816-1834), verübte als Bonner Student Selbstmord. 177 Holbein, Hans der Jüngere ( 1 4 9 7 / 9 8 - 1 5 4 3 ) , Maler; seit 1 5 3 2 in L o n d o n , ab 1 5 3 6 Hofmaler Heinrichs VIH. 47 H o m e r (Ende des 8. Jahrh. v. Chr.), griech. Dichter. 176 Hormayr, Josef Freih. v. ( 1 7 8 1 - 1 8 4 8 ) , österT. Staatsmann u. Publizist; 1803 Leiter des Hof- und Staatsarchivs in Wien, trat 1828 in bayerische Dienste. 4 1 6 Horn, U f f o Daniel ( 1 8 1 7 - 1 8 6 0 ) , stud. iur. in Prag, verfaßte dramat. D i c h t u n g e n , mit Gutzkow bekannt. 169 Hotho, Heinrich Gustav (1802-1873), Kunsthistoriker; p r o m o v i e r t e 1 8 2 6 in Berlin, w o er sich 1827 auch habilitierte, 1829 ao. Prof., 1 8 3 0 Direktorialassistent der G e m ä l d e g a l e r i e , 1859 Direktor des Kupferstichkabinetts. Widmete seine „Vorstudien für Leben und Kunst", Stuttgart u. Tübingen 1835, Karl Rosenkranz. Herausgeber v. Hegels „Ästhetik". 37, 55, 58, 64, 84f., 91, 108, 10, 116, 120, 133, 138f., 157f., 169, 173, 179, 1 8 9 f f . , 195, 199, 2 0 8 f . , 2 1 1 , 2 2 7 , 3 3 1 , 340, 3 5 6 , 359, 361, 399f., 4 1 0 , 4 3 0 , 451 Hub, Ignaz (1810-1880), dt. Literat. 237 Huber, V i c t o r A i m é ( 1 8 0 0 - 1 8 6 9 ) , Litera-

turhistoriker u. Sozialpolitiker; 1833 ao. Prof. in Rostock, 1836 in Marburg, 1843 in Berlin. 128 Hübsch, Anton (1801-1851), Theaterdirektor in Königsberg. 98 Humboldt, Alexander Freiherr v. (1769-1859), dt. Naturforscher. 3 5 7 , 3 6 1 , 387, 3 9 6 Humboldt, W i l h e l m Freiherr ν . ( 1 7 6 7 - 1 8 3 5 ) , Wissenschaftler u. Politiker, 1801-8 Ministerresident in R o m , 1 8 0 9 / 1 0 Leiter d e s K u l t u s - und U n t e r r i c h t s w e s e n s , 1 8 1 0 Staatsminister. Begründer des humanist. G y m n a s i u m s in P r e u ß e n ; z a h l r e i c h e Studien zur Sprach- u. Rechtsphilosophie. 229,418 Iché, [ m ö g l i c h e r w e i s e ] Prosper, franz. Publizist. 3 2 4 Iffland, August W i l h e l m ( 1 7 5 9 - 1 8 1 4 ) , Schauspieler u. Bühnenautor, 1796 Direktor des Berliner Nationaltheaters. S e i n e Bühnenstücke gehörten mit denen August Kotzebues ( 1 7 6 1 - 1 8 1 9 ) zu den meistgespielten seiner Zeit. 2 5 4 Dlgen, Christian Friedrich ( 1 7 8 6 - 1 8 4 4 ) , Theol o g e u. P h i l o s o p h ; 1818 ao. Prof. für Philosophie in Leipzig, 1823 ao. Prof. f. T h e o l o g i e , 1 8 2 5 o. Prof. f. T h e o l o g i e ebenda. 192 Immermann, Karl Leberecht ( 1 7 9 6 - 1 8 4 0 ) , Jurist, dt. Schriftsteller. 1834-1838 Theaterleiter in Düsseldorf. 116, 2 0 1 , 2 1 7 , 2 4 1 , 250, 2 5 4 Itzenplitz, Heinrich August Friedrich Graf v. ( 1 7 9 9 - 1 8 8 3 ) , Jurist u. Politiker; 1843 Regierungspräsident in P o s e n , 1 8 4 5 in Arnsberg, 1849 Abgeordneter der preuß. 1. Kammer für den Kreis Angermünde, Oberund Nieder-Bamim. 1862 Landwirtschaftsminister, 1863 Handelsminister. 4 3 4 Jablonowski, Bekannter R. Schönfließ'. Jacobi, Carl G u s t a v J a c o b ( 1 8 0 4 - 1 8 5 1 ) , Mathematiker, 1826 Privatdoz., 1827 ao. Prof. in Königsberg, 1828 o. Prof., siedelte 1844 nach Berlin über. 64, 97f., 292, 376, 412 J a c o b i , Friedrich H e i n r i c h ( 1 7 4 3 - 1 8 1 9 ) , Philosoph; 1 8 0 7 - 1 9 Präsident der Akademie der Wissenschaften in München. 75, 454 Jacobi, Moritz Hermann ( 1 8 0 1 - 1 8 7 4 ) , 1835 Prof. der Civilbaukunst in Dorpat, 1837 in Petersburg. 1 8 3 9 A d j u n k t , 1 8 4 2 ao. Mitglied und 1847 o. Mitglied d. kaiserl.

Personenregister

Akademie. Bruder v. C. G. J. Jacobi. Jacoby, Joel (Maria Joseph) (1807/10-1863), Schriftsteller aus Königsberg, Polizeispitzel. 454 Jacoby, Johann (1805-1877), Arzt u. Politiker, 1827 Dr. med. in Königsberg, 1841 Verf. (anonym) der „Vier Fragen beantwortet von einem Ostpreußen". Die Schrift zog eine Kriminaluntersuchung nach sich, in der J. freigesprochen wurde; vom 25. Apr. 1849 bis zum 30. Mai 1849 MdN, 1861-68 Mitglied der Deutschen Fortschrittspartei. 286, 302, 312, 379, 394f., 397, 404, 412, 415,463 Jameson, Anna Brownell (1794-1860), irische Schriftstellerin. 251 Jarke, Georg Ferdinand (1797-1873), Jurist; seit Mitte der 30er Jahre Tribunalsrat in Königsberg. 1863 Geheimer Justizrat. 353 Jeanne d'Arc (zwischen 1410 und 1412-1431), führte die entscheidende Wende bei der Belagerung Orléans durch die Engländer herbei. 353 Jean Paul (=Jean Paul Friedrich Richter) (1763-1825), dt. Dichter. 157,196 Johann, Erzherzog v. Österreich (1782-1859), war von Juni 1848-Dezember 1849 deutscher Reichsverweser. 444 Julius, Nikolaus Heinrich (=Julius Heymann) (1783-1862), Arzt; Reformator des Gefängniswesens. 303 Jung, Alexander (1799-1884), Königsberger Schriftsteller, enger Freund Karl Rosenkranz'. 97, 100, 102ff., 116f., 122, 131f., 144, 160, 162, 169, 201, 207f., 217, 225f., 257f., 269, 272, 293, 297, 306, 309, 323, 331, 338, 342, 350, 372f., 384, 386f., 402, 407, 413, 418ff., 426ff., 435, 451f., 456, 468 Jung, Georg (1814-1886), Jurist u. Publizist, Landgerichtsassessor; 1848 Abgeordneter d. preuß. National versig., 1849 Mitglied der preuß. 2. Kammer. 1866-1877 MdR. 394, 398 Kähler, Ludwig August (1775-1855), Theologe; ab 1819 Konsistorialrat u. o. Prof. in Königsberg. 85, 456 Kahlert, Karl August Timotheus (1807-1864), Hörer Hegels in Berlin, Vf. lileraturgeschichtl. u. musikkritischer Schriften, 1840 ao. Prof. in Breslau. 129f., 285 Kamptz, Karl Christoph Albert Heinrich v. (1769-1849), 1817 Direktor des Polizeiminist. u. Mitglied des Staatsrates, 1832-42

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preuß. Justizminister. 226 Kant, Immanuel (1724-1804), Philosoph; seit 1770 Prof. für Logik und Metaphysik in Königsberg. 65f., 79, 135, 138, 144, 149f., 155f„ 170f„ 173f„ 176, 178f., 181, 185, 196ff., 212, 216,225,236,279,284f., 288, 33 lf., 365ff., 388,424,431,434,470 Kapodistrias, Johannes, Graf (1776-1831), 1816-22 Außenminister des niss. Zaren Alexanders I., unterstützte den griech. Freiheitskampf und wurde 1827 Regent des griech. Staates. 281 Kapp, Friedrich Christian (1792-1866), Pädagoge; 1824-52 Gymnasialdirektor in Hamm. 213 Kapp, Johann Georg Christian (1798-1874), Philosoph; 1819 Dr. phil. Erlangen, 1823 Habilitation dorts., 1824 ao. Prof. in Erlangen, Mai 1839 Honorarprof. in Heidelberg, März 1840 o. Prof. dorts., verließ 1844 aus politischen Gründen auf eigenen Antrag hin die Univ. MdN vom 22. Mai 1848 bis zum 28. Juni 1848. 216, 221,230 Kayser, Georg Friedrich (1817-1857), Theologe; Schüler Daubs u. Creuzers, später Tholucks, ab 1844 Diakon in Gernsbach. 337 Keith, Jacob (1696-1758), schottischer Adliger; kam 1747 an den Hof Friedrichs des Großen, fiel als preuß. Feldmarschall in der Schlacht bei Hochkirch. 323 Kepler, Johannes (1571-1630), Begründer der modernen Astronomie. Kerner, Justinus (1786-1862), Arzt u. Schriftsteller (schwäbische Dichterschule); ab 1818 in Weinsberg lebend. 192 Keudell, Otto v. (1810-1853), Oberleutnant in Berlin; vom 5. Jan. 1849 bis zum 20. Mai 1849 MdN. 1849-1853 Mitglied der preuß. 1. Kammer. 377,444 Keudell, Robert v. (1824-1903) stud, in Königsberg, Heidelberg u. Berlin, 1862 Regierungsrat, 1870 Geh. Legationsrat, MdR 1871/72 u. 1890-93; stand mit Bismarck in Verbindung. 312 Kiesewetter, Johann Gottfried Karl Christian (1766-1819), seit 1793 Prof. der Mathematik u. Philos, am medizinisch-chirurg. Kollegium in Berlin, ab 1810 an der Univ.; Kantianer. 156 Kleiber, [möglicherweise der] Direktor der Dorotheenstädtischen Realschule in Berlin, Lehrer an der Königsstädter Stadtschule. 280

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Personenregister

Kleist, Heinrich v. (1777-1811), dt. Dichter. 195 Klopstock, Friedrich Gottlieb (1724-1803), dt. Dichter. 198 Klügel, Georg Simon (1739-1812), 1767 o. Prof. der Mathematik in Helmstedt, 1788 o. Prof. der Mathem. u. Physik in Halle. 106 Koberstein, August (1797-1870), Literaturhistoriker; ab 1816 Studium in Berlin u.a. bei F. A. Wolf, Böckh u. Hegel; 1820 Adjunkt und 1824 Prof. an der Landesschule in Pforta. 355 Koch, Erduin Julius (1764-1834), 1793 Prediger in Berlin u. als Lehrer tätig, Literaturhistoriker, später Bibliothekar in Breslau. 34 Koch, Wilhelm (-1875) und Tag übernahmen 1843 die Bornträgersche Buchhandlung in Königsberg. 352, 402 Kock, Königsberger Kleinkünstler. 98 Koehne v. Jaski, Andreas Ernst (1768-1846), 1831 preuß. Generalleutnant, 1835 Gouverneur in Königsberg, 1844 Dr. h. c. der philos. Fakultät der Univ. Königsberg. 102 König, Franz Nikolaus (1765-1832), Schweiz. Maler. 98 Kömer, Theodor (1791-1813), dt. Dichter. 194 Köstlin, Christian Reinhold (1813-1856), Rechtwissenschaftler; 1839 habil. in Tübingen, 1841 ao. Prof., 1851 o. Prof., veröffentl. literar. Arbeiten unter dem Ps. C. Reinhold. 192,207 Kohl, Johann Georg (1808-1878), Reiseschriftsteller, Bibliothekar in Bremen. 263,468 Kohn, Kommilitone Gutzkows in München. 144 Kollmann, Chr. E., Leipziger Verlagsbuchhandlung. 78 Kombst, Gustav (1806-1846), dt. Schriftsteller; war politisch in der Schweiz aktiv; Verf. einer Autobiographie: „Erinnerungen aus meinem Leben", Leipzig 1848 (postum ersch.). Bekannter K. Rosenkranz'. 25, 27, 30f., 33, 93 Kosch, Raphael Jacob (1803-1872), Arzt in Königsberg; Vorkämpfer der Judenemanzipation in Preußen, Mitbegründer der Königsberger Bürgergesellschaft, Abgeordneter Königsbergs in der preuß. National verslg. 1849 Mitglied der preuß. 2. Kammer. Ab 1862 Abgeordneter der Fortschrittspartei für Königsberg. 283, 285, 397,404f., 443 Kottenkamp, Franz Justus (1806-1858),

Journalist u. Schriftsteller; verteidigte die jungdt. Dichter in seinem Werk „AntiMenzel oder W. Menzel vom Standpunkt der historischen Kritik betrachtet", Stuttgart 1835, gegen W.Menzel. 110 Kotzebue, August v. (1761-1819), dt. Dichter. 254 Krause, Karl Christian (1781-1832), Philosoph; 1802 Priv.doz. in Jena, 1805 Lehrer an der Ingenieurakademie in Dresden, 1814 habil. in Berlin, 1823 habil. in Göttingen, 1831 München. 1836 gab H. K. v. Leonhardi K.s „Die Lehre vom Erkennen und von der Erkenntnis" heraus. 107 Kriegk, Georg Ludwig (1805-1878), Geograph u. Historiker; 1848 Gymnasialprof. f. Geschichte in Frankfurt, 1863 dort Stadtarchivar. 263 Krippendorf, Auguste (-1840), Bekannte G. W. F. Hegels. 247 Krüger, Theodor (1821-1881), Theologe; 1842-45 stud, theol. in Königsberg, nach dem Studium zunächst Prediger, dann Lehrer am Blindeninstitut. 282, 311 Krug, Wilhelm Traugott (1770-1842), Philosoph; 1801 Prof. in Frankfurt a. d. O., 1804 Prof. in Königsberg als Nachfolger Kants, 1809 Prof. in Leipzig. Während der sächs. Revolution politisch aktiv, Abgeordneter der Stadt Leipzig. 277 Kruse, Friedrich Karl Hermann (1790-1866), Historiker; 1821 Prof. der alten u. mittleren Geschichte in Halle, 1828 Prof. in Dorpat f. Welt- u. russische Geschichte; Hrsg. (ab 1824) des „Archiv f. alte u. mittl. Geschichte, Geographie u. Altertümer, insonderheit. der german. Volksstämme". 50 Kruse, Heinrich (1815-1902), Publizist; 1847 Redakteur der Kölnischen Zeitung, 1848-49 Redakt. bei der Deutschen Zeitung (als Nachfolger von Gervinus), 1855 Chefredakteur der Kölnischen Zeitung. Vf. dramatischer Werke. 447 Kühlwetter, Friedrich Christian Hubert v. (1809-1882), 1848 Aachener Regierungspräsident, war im Ministerium Auerswald-Hansemann Innenminister vom 25. Juni 1848 bis 21. Sept. 1848. 1866 Reg.präs. in Düsseldorf, 1871 Oberpräs. v. Westfalen. 394 Kühne, Gustav (1806-1888), Publizist u. Schriftsteller; stud, in Berlin Literaturgeschichte u. Philosophie, von 1832 Redaktionssekretär der JbbwissKrit. in

Personenregister

Leipzig, 1835-42 Redakteur der „Zeitung f. die elegante Welt", von 1846-59 Hrsg. der Ztschr. „Europa". 103, 169,179f., 195 Kugler, Franz (1808-1858), Kunsthistoriker; studierte mit Rosenkranz im SS 1827 in Heidelberg; seit 1835 Prof. an der Berliner Akademie der Künste, 1849 Geh. Regierungsrat, 1857 Oberregierungsrat. 25ff., 30, 32f„ 36ff., 40, 46, 50. 52, 54, 57f., 92,140, 163,430 Kuhlmann, Johannes Georg (1812-unbek.), utopischer Sozialist, agitierte längere Zeit in der Schweiz. Vf. v. „Zweck u. Nutzen der allg. Weltgeschichte für das menschl. Leben. Zur Beherzigung fürs gesamte deutsche Volk. Mit Bezug auf die allgemeine Weltgeschichte" (Leipzig, Hamburg, Itzehoe 1835.). „Die neue Welt oder das Reich des Geistes auf Erden. Verkündigung" (Genf 1845). 400 Lachmann, Karl (1793-1851), Altphilologe u. Germanist; 1818 ao. Prof. in Königsberg u. 1827 o. Prof. in Berlin. 43 Ladenberg, Adalbert (1798-1855), Jurist u. Politiker; 1829 Oberrcg.rat in Königsberg, 1834 Reg.präsident in Trier, 1839 Wirkl. Geh. Reg.rat u. Direktor im preuß. Kultusministerium, Kultusminister im Ministerium Brandenburg. 376, 408f., 41 lf., 448, 457,462 Lamartine, Alphonse de (1790-1869), franz. Schriftsteller. 411 Langewiesche, Wilhelm (1807-1884), Buchhändler u. Schriftsteller; begründete 1830 die L. Buchhandlung in Iserlohn, die er 1837 nach Bremen verlegte. 42 Laube, Heinrich (1806-1884), dt. Schriftsteller, 1833/34 u. 1840-42 Redakteur der „Zeitung für die elegante Welt", MdN vom 23. Juli 1848 bis zum 27. März 1849, von 1850-1867 Leiter des Hofburgtheaters in Wien, dort 1871 Leiter des Stadttheaters. 89, 95,108,110,179ff„ 195,217,257f. Lavergne-Peguilhen, Moritz v. (1801-1870), preuß. Politiker, Landrat in Rössel.; 1843 u. 1845 Abgeordneter des preuß. Provinziallandtages u. der Provinz Preußen, 1847 Abgeordneter des vereinigten Landtages, 1849-53 Mitglied der preuß. 1. Kammer. 246,294 Lehmann, Rudolph, Philologe; Schüler K. Rosenkranz'. 474 Lehnerdt, Johann Karl Ludwig (1803-1866), Theologe; 1835 o. Prof. der prakt.

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Theologie in Königsberg, 1851 Prof. in Berlin, 1858 Generalsuperintendent in Magdeburg. 64, 72, 79, 83, 85ff., 91, 97, 102, 117f., 127 Lehrs, Karl (1802-1878), Altphilologe; seit 1825 Lehrer am Friedrichscollegium in Königsberg, 1835 ao. Prof. Erst 1845 wurde er zum o. Prof. ernannt. 97, 252, 405f., 432 Leibniz, Gottfried Wilhelm Frh. v. (16461716), Philosoph u. Naturwissenschaftler. Mitbegründer der Akademien in Berlin (1700) u. Petersburg (1711). 67, 125, 132, 174,179, 198,284f. Lengerke, Cäsar v. (1803-1855), Theologe u. Orientalist; 1829 Priv.-doz. in Königsberg, 1832 ao. Prof., 1835 o. Prof. der Theologie, trat 1843 zur philos. Fak. über. 370 Lenz, Jakob Michael Reinhold (1751-1792), dt. Dramatiker. 195 Leo, Heinrich (1799-1878), Historiker, 1825 ao. Prof. in Berlin, 1828 ao. Prof. in Halle, 1830 dort o. Prof., wandelte sich vom Anhänger der Hegeischen Philosophie über die Kritik am Linkshegelianismus zum konservativen Vertreter der Weltanschauung der „Kamarilla" um Friedrich Wühelm IV. 51,54,64,107, 11, 119,122, 164,167,175,177,179,204,215 Lepsius, Carl Peter (1775-1853), Jurist; 1810 Stadtrichter in Naumburg, 1812 sächs. Finanzprokurator, 1815 Landrat in Naumburg; Begründer des thüring.-sächs.-. Altertumsvereins. 57 Lerminier, Jean-Louis-Eugène (1803-1857) franz. Publizist, 1831 Prof. der Rechte am Collège de France. 73, 97, 124 Leroux, Pierre (1797-1871), franz. Philosoph und Publizist; Redakteur des „Globe", der „Revue indépedante", der „Revue sociale". 1848/49 Abgeordneter. Anhänger des Saint-Simonismus. 211, 295 Lessing, Gotthold Ephraim (1729-1781), dt. Dichter. 137f., 155ff„ 198, 241, 284 Leue, Friedrich Gottfried (1802-1872), Jurist; 1849 Abg. der preuß. 1. Kammer, Mitglied des Vorparlaments u. MdN vom 18. Mai 1848 - 30. Apr. 1849. 425 Lewald, Johann Karl August (1792-1871), Schauspieler u. Dichter; Hrg. der „Allgemeinen Theater-Revue". L. gab 1835-46 in Leipzig auch die Ztschr. „Europa" heraus. 103 Lichnowsky, Fürst Felix v. (1814-1848) General; kämpfte im span. Bürgerkrieg

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1834-40 auf Seiten Don Carlos', in der Frankfurter Nationalverslg. - Mitglied vom 18. Mai 1848 bis zum 18. Sept. 1848 - war er der Führer der Rechten, wurde während des Frankfutter Septemberaufstandes ermordet. 380 Lobeck, Christian August (1781-1860), Philologe; 1809 ao. Prof. in Wittenberg, seit 1814 o. Prof. der Beredsamkeit und Altertumswissenschaft in Königsberg. 252, 292,406,469f. Lobedan, Amtmann in Königsberg. Lobedan, vermutl. Ehefrau des Amtmanns Lobedan. 97 Locke, John (1632-1704), engl. Philosoph. 67 Löffler, Franz Adam (1810-unbek.), Hilfsarbeiter im preuß. Kultus- und Innenministerium. Vf. 1837 die antisemitische Schrift „Über die Gesetzgebung der Presse". 153f„ 157 Löwinsohn (Lövinson), Moritz, Arzt; Volksführer, Mitglied des Volksklubs, Teilnehmer am 2. Demokratenkongreß im Okt. 1848. 377 Loof (auch Looff), Friedrich Wilhelm (18081889), Pädagoge; wie Rosenkranz Schüler am Pädagogikum in Magdeburg; studierte in Halle und Berlin Physik und Mathematik. Lehrer in Aschersleben und sächsisch-gothaischer Schulrat. 27 Lorentz, Friedrich (1803-1861), Historiker; sein Vater war Hauslehrer bei Joh. Schulze. Friedr. L. habil sich 1828 in Halle, dort 1830 ao. Prof., 1832-57 Prof. am pädagog. Institut in St. Petersburg, 1857 Hon. Prof. in Bonn. 44, 50, 52, 64 Lossow (=Lossau), Sohn des Generalleut-nants Johann Friedrich Constantin Lossau (17671848). Jurist; Berichterstatter der Geheimpolizei Rochows, stand in Verbindung mit dem Geheimagenten Eusebius Wedecke u. dem Prinzen Karl. 97 Louis Ferdinand (=Friedrich Ludwig Christian Prinz v. Preußen) (1772-1806). 121 Louis XIV. (1638-1715), ab 1643 franz. König. 160 Lowositz, Isaak, Königsberger Schriftsteller. 374,384,386,402,436 Ludovici, Karl Günther (1707-1778), Philosoph; 1734 Prof. in Leipzig, dort auch Archivar, 1769 Mitglied des kleinen Fürstencollegiums; Leibniz-Biograph. 285 Ludwig I. v. Bayern (1786-1868), 1825-1848 bayr. König; unterstützte den griech. Freiheitskampf. Sein Sohn Otto wurde 1832

König von Griechenland. 281 Luther, Martin (1483-1546), Theologe; Begr. des Protestantismus. 206 Lux, Faustinus (Pseud. f. Emanuel Schall), dt. Schriftsteller. 462 Lynar, Hermann Rochus Emst Graf zu (17971869), Rittmeister a. D., Königl. Kammerherr, Mitglied der preuß. 1. Kammer. 378 Maaß, Johann Gebhard Ehrenreich (17661823), 1791 ao. Prof., 1798 o. Prof. für Philosophie, Mathematik u. Rhetorik. Rosenkranz gab dessen 4. Aufl. des „Grundriß der Rhetorik", Halle 1829, heraus. 43 Machiavelli, Niccolo (1469-1527), italien. Historiker und Politiker; berühmt durch sein Werk „II principe" (1513). 214 Mätzke, Oberregierungsrat in Adlershof, Mitglied der preuß. Nationalverslg. für den Kreis Teltow. 378 Mann, Heinrich Wilhelm Ernst, Oberappellationsrat in Zerbst, promovierte 1817 in Leipzig. 334 Manteuffel, Otto Freiherr v. (1805-1882), Ministerialdirektor; im Kabinett Brandenburg zunächst Innenminister, nach dem Tode Brandenburgs Ministerpräsident und Außenminister vom 19. Dez. 1850 bis zum 11. Okt. 1858. 410f., 433,460 Manz, Georg Joseph (1808-1894), Inhaber der 1830 begründeten gleichnamigen kathol. Buchhandlung in Würzburg. 276 Marbach, Oswald (1810-1890), stud. Mathematik, Philos, u. Naturwiss., 1833 habil. in Leipzig, 1848 Leiter der Leipziger Ztg., 1851 Hofrat. 10, 112 Marheineke, Philipp Konrad (1780-1846), Theologe; 1803 Dr. phil. in Erlangen, 1805 ao. Prof. dortselbst, 1807 ao. Prof.in Heidelberg, 1809 o. in Heidelberg, wurde 1811 an die neu gegründete Univers. Berlin berufen, wo er auch ab 1820, neben Schleiermacher, an der Dreifaltigkeitskirche als Prediger wirkte. 1835 O he rie onsistorialrat. 42, 82, 91, 105, 114, 116, 123 ff., 128, 133f., 136, 139, 172, 190f., 237,279, 289,295, 353f., 456 Marra-Vollmer, Maria (eig. Marie Baronin v. Hack) (1822-1878), Sängerin. 361 Martin, Louis-Aimé (1786-1847), franz. Schriftsteller. 211 Martius, Karl Friedrich Philipp v. (1794-1868), 1814 Dr. med in Erlangen, 1826-64 Prof. der Botanik in München. 363

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Maßmann, Hans Ferdinand (1797-1874), Germanist; 1829 ao. Prof. der dt. Sprache u. Lit. in München, 1835 o. Prof., 1846 Prof. in Berlin. 31 Matthäi, Georg Christian Rudolph (17981872), Theologe; 1823 Dr. phil. in Göttingen, 1823-47 Priv.doz, 1848-1851 Priv.-doz. in Halle, 1851-72 ao. Prof. in Göttingen. 83 Matthias, Conrad, 1829 Dr. phil. in Marburg, 1832-1835 Privatdozent für Philosophie in Marburg. 74 Matthies, Konrad Stephan (1807-1856), Theologe u. Philosoph; 1832 ao. Prof. der Theologie in Greifswald, 1844 o. Prof. der Philosophie; MdN vom 24. Jan. 1849 bis zum 20. Mai 1849; gab mit W. Vatke die „Theolog. Vorlesungen" (1847-49) von Marheineke heraus. - Rosenkranz opponierte seinen Habilitationsthesen 1831 in Berlin. 354 Matthieux-Mockel, Johanna (1810-1858), Literatin, Musikerin; seit 1843 mit Gottfried Kinkel verheiratet. 172 Meier, Moritz Hermann Eduard (1796-1855), Philologe; 1820 ao. Prof. in Greifswald, 1824 o. Prof. in Halle und dort Direktor des philologischen Seminars; redigierte seit 1830 die Herausgabe der Ersch-Gruber Enzyklopädie. 28f., 33ff., 45, 55f., 74, 112f. Mendelssohn, Joseph (1817-1856), dt. Belletrist u. Publizist. 263 Menzel, Wolfgang (1798-1873), Literaturhistoriker; war durch Kritiken in dem von ihm hrsg. „Literaturblatt" (als Beilage des „Morgenblau für gebildete Stände") maßgeblich an der Verfolgung der jungdt. Dichter und Linkshegelianer beteiligt, die zum Verbot ihrer Schriften durch die Bundesverslg. im Dez. 1835 führte. 103, 105,110, 118,128 Mercier, Louis Sébastien (1740-1814), franz. Schriftsteller u. Historiker. 65 Merleker, Karl Friedrich (1803-1872), stud. Theol., Philol. u. Geschichte in Königsberg, von 1830-1866 Oberlehrer am Friedrichskollegium in Königsberg, 1839 Privatdoz. an der Universität. Merz, Heinrich (1816-1893), dt. Publizist. 341 Merz, Julius (1810-1863), Buchhändler u. Schriftstellerin Nürnberg. 325 Metternich, Klemens Wenzel Lothar Fürst v. (1773-1859), österr. Staatsmann. 416

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Mevissen, Gustav v. (1815-1899), Großindustrieller u. Politiker, MdN vom 18. Mai 1848 bis zum 20. Mai 1849 f. d. Wahlkreis Rheinprovinz, 1853 Begr. der Bank f. Handel u. Industrie (später Darmstädter Bank). 378 Meyen, Eduard (1812-1870), Berliner Literat. Mitarbeiter an den HallJbb., der „Rheinischen Ztg.", der „Trierschen Ztg", Mitglied des Berliner „Doktorenklubs", gehörte mit M. Stimer etc. um 1840 zu den „Freien", die sich in der Berliner Weinstube „Hippel" trafen. 163,306 Meyer, Emst Heinrich Friedrich (1791-1858), Arzt, Botaniker, 1819 Dr. med. u. Priv.doz. in Göttingen, 1826 durch Goethes Vermittlung Prof. f. Botanik und Direktor des botan. Gartens in Königsberg. Meyer war 1846 u. 1849 Prorektor. 469f., 474 Meyern, Wilhelm Friedrich (1759-1829), preuß. Offizier, Schriftsteller. 146, 178 Michelet, Jules (1798-1874), franz. Historiker. 12 Michelet, Karl Ludwig (1801-1893), Philosoph u. Jurist; seit 1829 ao. Prof. für Philosophie in Berlin, vom 15. April 1847 - 8. Juü 1848 vom Dienst aus polit. Gründen suspendiert. Schüler Hegels, Mitherausgeber von Hegels Werken. 75 ,150, 159, 176,209, 226,242, 244, 270f., 295f., 339f., 400,404, 450 Modes, F. A. und Baumann, Carl Otto (-1861), Buchhändler. In ihrem Verlag erschien die von G. Hartenstein herausgegebene KantAusgabe. 171 Morl, Maria v. (1812-1868), Seherin aus Kaltem. 31 Of. Moser, Justus (1720-1794), dt. Staatsmann u. Schriftsteller. 303 Mohl, Robert v. (1799-1875), Jurist, Staatsrechtler; 1827 Prof. in Tübingen u. 1847 in Heidelberg. Führer des südwestdl. Liberalismus, von 18. Mai. 1848 bis zum 30. Mai 1849 MdN u. von Aug. 1848 bis zum 17. Mai 1849 Reichsjustizminister. MdR Jan. 1874-5. Nov. 1875. 330, 332, 385 Molière, Jean Baptiste (1622-1673) (eig. J. B. Poquelin), franz. Schauspieler, Theaterdirektor u. Bühnenautor. 313 Moller, Georg (1784-1852), Architekt; 1812 Oberbaurat in Darmstadt. 25, 47 Mone, Franz Josef (1796-1871), Philologe; 1819 ao. Prof, 1822 o. Prof. in Heidelberg für altdt. Sprache u. Literatur, 1827 Prof. in Löwen, 1835-68 Direktor des General-

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landesarchivs in Karlsruhe. 26, 56, 340 Moser, Ludwig (1805-1880), Mediziner u. Physiker, promov. 1828 in Berlin zum Dr. med., 1831 Priv.doz, 1832 ao. Prof. u. 1839 o. Prof. für Experimentalphysik in Königsberg. 97,432 Müller, Friedrich v. (1779-1849), Jurist; seit 1815 Justizkanzler in Weimar. Vf. der „Unterhaltungen mit Goethe". 442 Müller, Julius (1801-1878), Theologe; 1825 Pfarrer in Schönbrunn, 1831 Univ.prediger in Göttingen, 1835 ao. Prof in Marburg, 1839 o. Prof. f. Dogmatik in Halle. 277 Mültrich, Johann August (1799-1858), seit 1828 Oberlehrer am Altstädtischen Gymnasium in Königsberg f. Mathematik u. Physik, seit 1840 Professor. 98 Mündt, Theodor (1808-1861), dt. Schriftsteller, wurde durch Schellings Vermittlung 1842 Privatdoz. in Berlin, 1848 ao. Prof. in Breslau, 1850 Bibliothekar in Berlin. 89, 93,95,103f., 110, 115, 120,151, 156, 160, 169,179ff., 196,303,325, 370,457 Mußmann, Johann Georg (1798-1833), Philosoph; promov. 1826 zum Dr. phil. in Berlin, 1828 Privatdoz. in Halle, habil. sich dort mit der Arbeit „de logicae et dialecticae notione histórica", 1829 ao. Prof. in Halle. 44,64 Napoleon I. Bonaparte (1769-1821), französ. Kaiser, v. 1804-1814/15.19,176,212 Naikowietsch, Griseldis, Seherin aus Grodno. 319 Nathusius, Philipp Engelhard (1815-1872), Großindustrieller, dt. Schriftsteller, ab 1848 Mitarbeiter der „Kreuzzeitung" u. Redakteur des „Volksblattes f. Stadt und Land". Natzmer, Leopold Anton Oldwig (1782-1871), preuß. General seit 1840. 102 Nebenius, Karl Friedrich (1784-1857), Badischer Finanzrat; er trat am 6. Okt. 1839 nach Streitigkeiten mit Bittersdorf zurück. Von 1844-1849 war er Präsident des Staatsrats., 1845/46 bad. Innenminister. 202,216f., 248 Nedden, Karl zu der (1798-1865), Schriftsteller, promov. 1828 in Göttingen. Regte Rosenkranz zur Neuausgabe der Hegelsehen Enzyklopädie (1845) an. 373f., 384, 386,402,407,414,420,428,430,436, 453 Neitschütz, Wilhelm v. (1801-1849), Jurist; 1835 Land- und Stadtgerichtsdirektor in Tapiau, seit 1845 Inquisitoriatsdirektor in

Königsberg, MdN vom 8. Dez. 1848 bis zum 30. Mai 1849, Mitglied der preuß 1. Kammer; ein Neffe Th. v. Schöns. 444, 447f. Nestroy, Johann (1801-1862), österr. Bühnendichter u. Schauspieler; leitete von 1854-1860 das Carl-Theater in Wien. 254 Neubert, Karl (1799-1845), Arzt u. ao. Prof. in Leipzig. 246 Neumann, Franz (1798-1895), Mathematiker u. Physiker, 1828 ao. Prof. in Königsberg u. 1829 o. Prof. 432 Neumann, Friedrich Wilhelm (1781-1834), 1813 Expedient beim Feldkriegskommissariat, 1822 Intendanturrat. Seine Schriften erschienen 1835 in 2 Teilen in Leipzig. 111,117 Newton, Isaac (1643-1727), Mathematiker u. Physiker, 1669-1701 Prof. in Cambridge, ab 1703 Präs. der Royal Society. 231 Nicolai, Christoph Friedrich (1733-1811), Buchhändler, aufklär. Schriftsteller, Begr. der „Allg. Deutschen Bibliothek". 157 Nicolovius, Matthias Friedrich (1768-1836), Königsberger Buchhändler; Seine 1790 begr. Buchhandlung ging 1818 an Bornträger über. 156,288 Niethammer, Friedrich Immanuel (1766-1848), Pädagoge; Stipendiat in Tübingen, 1792 habil in Jena, 1793 ao. Prof. der Philos, in Jena, 1803 Prof. der Theol. in Würzburg, 1806 Landesdirektionsrat f. Schul- u. Kirchenwesen in München, 1808 Zentralschulrat und Oberkirchenrat; Begründer des bayer. Neuhumanismus; enger Freund Hegels. 181,200,236 Noack, Ludwig (1819-1885), Philosoph, Theologe; promov. 1844 zum Dr. phil. in Freiburg, 1847 Lehrer in Oppenheim, 1849 Repet. f. Philos, in Gießen, 1855 ao. Prof, dort 1873 Honorarprof. und erster Bibliothekar, veröffentl. zahlreiche Schriften zur Hegeischen Religionsphilosophie. Hrg. der „Jahrbücher für speculative Philosophie". 354 Novalis (eig. Friedrich v. Hardenberg) (17721801), dt. Dichter. 48 O'Connell, Daniel (1775-1847), irischer Politiker, der sich für die Beseitigung der Union zwischen Irland und Großbritannien einsetzte, 1841 Lord Mayor von Dublin. 158 Octavianus (Gaius Octavius, ab 27 v. Chr. den verliehenen Ehrennamen Augustus

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führend) (63 ν. Chr. - 14. η. Chr.), röm. Kaiser. 28 Oehlenschlaeger, Adam Gottlieb (1779-1850), dänischer Dicher; 1810 ao. Prof. für Ästhetik in Kopenhagen, 1827 o. Prof., befreundet u. a. mit Henrik Steffens. 29 Oelsner, Konrad Engelhart (1764-1828), Publizist, 1818-1825 Legationsrat an der preuß. Gesandtschaft in Paris. Ofterdingen, Heinrich v., sagenhafter Dichter und Sänger der 2. Hälfte des 13. Jahrh. 28ff., 62 Oken, Lorenz (1779-1851) (eig. Ockenfuß), Naturforscher u. Philosoph; 1807 Prof. in Jena, 1828 in München 1832 in Zürich, wo er der erste Rektor wurde. Gründete 1822 die Gesellschaft dt. Naturforscher u. Ärzte; hatte bedeutenden Einfluß innerhalb der romani. Naturphilosophie. 84 Oldenberg, Carl M., 1849 Redakteur der „Dt. Reform", von 1850 bis 1892 Korrespondent der Allgemeinen Zeitung (Augsburg). 405, 431 Olearius, Adam (1599-1671), dt. Schriftsteller, studierte Theologie in Leipzig und wirkte dort bis 1633 als Lehrer. Lebte später als Hofbibliothekar in Gottorp. Verfaßte u. a. Reisebeschreibungen und Übersetzungen. 28 Olivo, Königsberger Kleinkünstler. 98 Olshausen, Hermann (1796-1839), Theologe; 1820 Privatdoz. Berlin; 1821 ao. Prof. 1827 o. Prof. f. neutest. Exegese in Königsberg, ging 1834 nach Erlangen. 64, 83, 85f., 98 Olszewski, Adolf (1782-1853), Jurist; 1805 Oberlandesgerichtsassessor u. Land vog teigerichtsrat, 1810 Oberlandesgerichtsrat in Königsberg, 1840 Geh. Justizrat. Omichius, Franciscus (1535- um 1591), Magister d. Philosophie u. Rektor zu Güstrow. 28 Opitz, Martin (1597-1639), dt. Dichter. 28 Orbent, Ruprecht v., franz. Dichter des 13. Jh. 28 Oswald (Pseud. f. Engels, Friedrich) (18201895), Industrieller, philos. Schriftsteller. 295 Oswald v. Wolkenstein (um 1377-1445), dt. spätmittelalt. Dichter. 28 Otfrit (-884), Mönch und Dichter in Weißenburg. 28, 30, 55f. Otte, Meister (um 1200), angebl. Verfasser der mhd. Legende vom Kaiser Eraclius. 28 Ottinger, wirkte in der 1. Hälfte des 15. Jh. in Schwaben als Zahnarzt. 28

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Otto v. Botenlauben, Graf v. Henneberg (etwa 1180-1244/45), Minnesänger. 28 Otto IV. v. Brandenburg, Markgraf mit dem Pfeile (um 1238-1309), Förderer der Dichtkunst. 28 Otto v. Passau, Franziskanermönch der 2. Hälfte des 15. Jahrh. 28,30 Ottokar v. Steiermark (fälschlicherweise v. Homeck) (um 1265-1319/21), steirischer Geschichtsschreiber. 28f. Ovid (Publius Ovidius Naso) (43 v. Chr.17/18), röm. Dichter. 28 Papias (um 130), Bischof v. Hierapol is. Sammelte und edierte Aussagen von Bekannten der Herrenjünger. 247 Paracelsus Theophrastus (=Bombast v. Hohenheim, Philippus Theophrastus) (1493-1541), Arzt u. Naturphilosoph. 344 Parker, Samuel (1640-1688), engl. Philosoph u. Theologe; 1686 königl. Rat u. Präsident des Magdalenen-Kollegs in Oxford. Gegner Descartes. 112 Parny, Evarisle Désiré de Forges, Vicomte de (1753-1814), franz. Dichter. 96 Parow, Theodor Gottlieb (1808-1838), 1834 Gymnasiallehrer in Greifswald; Kommilitone Rosenkranz*. 25,27 Paulus, Heinrich Eberhard Gottlob (17611851), Theologe; 1789 Prof. f. oriental. Sprachen in Jena, 1793 o. Prof. f. Dogmatik u. Exegese d. evang. Theol. in Jena, 1803 o. Prof. in Würzburg, Schulrat in Bamberg, Nürnberg, Ansbach, von 1811-44 Prof. und Kirchenrat in Heidelberg; setzte sich f ü r die Berufung Hegels nach Heidelberg ein. 230 Pertz, Georg Heinrich (1795-1876), Historiker; leitete von 1823-1873 die „Monumenta Germaniae histórica". 445, 462 Pestalozzi, Johann Heinrich (1746-1827), Schweizer Pädagoge und Sozialreformer; gilt als Anreger des Volksschulgedankens. 351,353,365 Pfaff, Karoline, geb. Brandt, Schwester des Generals Heinr. v. Brandt, Witwe des 1825 verstorbenen Hallenser Mathematikprofessors Johann Friedrich Pfaff (geb. 1765), 1788 Prof. in Helmstedt, ab 1810 in Halle. 71,80,87,97,103 Pfeiffer, Johann Leopold Karl (1787-1862), Landrat in Wehlau; vom 25.9.184914.10.1850 Mitglied der preuß. 2. Kammer. 421,437 Pfuel, Ernst Heinrich Adolf v. (1780-1866),

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Personenregister

General; wurde am 21. Sept. 1848 preuß. Ministerpräsident und Kriegsminister. Mitglied der Berliner wissenschaftl. Sozietät. 380, 382f., 385, 387f., 394, 408, 416,446 Phillips, Adolph (1813-1877), Abgeordneter für Elbing (dort 1843 Bürgermeister) in der preuß. Nationalverslg., Vizepräsident der Nationalverslg (er unterlag v. Unruh), 1849 Mitglied der preuß. 1. Kammer, später Geschäftsmann in Elbing. 415 Platen, August Graf v. (1796-1835), dt. Dichter; stand u. a. in Beziehung zu Schelling, Rückert, Jean Paul. 33, 241, 257 Piaton (428-348 v. Chr.), griech. Philosoph. 285,316 Pöppig, Eduard Friedrich (1798-1868), Reisender, Naturforscher; seit 1833 ao. Prof. f. Zoologie in Leipzig, 1846 o. Prof. 263 Pou, August Friedrich (1802-1887), Phüologe; 1830 Privatdoz. in Berlin, 1833 ao Prof. in Halle, 1839 o. Prof. 95 Preußker, Karl Benjamin (1786-1852), Begründer der Volksbibliotheksbewegung. Rentamtmann in Großenhain. 50 Prévost, Amédée franz. Philosoph. 124 Prin, Pauline, Tochter des Königsberger Kommerzienrates Marquard Gottfried Prin (1759-1834). 98 Prione, Oberst in Berlin (um 1849). 411 Prittwitz, Karl Ludwig Wilhelm Ernst v. (1790-1871), preuß. Offizier; 1818 Adjutant Prinz Wilhelms, 1829 Oberst, 1836 Generalmajor, 1844 Generalleutnant, 1848 Kommandeur des Gardekorps. Ihm oblag am 18. März 1848 der Befehl, die Barrikaden in Berlin zu stürmen. 1849 hatte er den Oberbefehl über das Reichsheer in Schleswig. 450 Prokesch-Osten, Anton Graf v. (1795-1876), österr. Offizier u. Diplomat; 1834 Gesandter in Athen, 1835 Oberst, 1845 Generalmajor, 1848 FeldmarschallLeutnant, seit März 1849 österr. Gesandter in Berlin, 1867 Botschafter in Konstantinopel. 444Pnitz, Robert (1816-1872), dt. Schriftsteller u. Literaturhistoriker, 1834-38 stud. Philos., Lit., Geschichte in Berlin, Breslau u. Halle. 1838 Dr. phil; der Versuch, sich in Jena zu habilitieren scheiterte am Widerstand der Professoren Bachmann u. Reinhold, 183841 Mitarbeiter der HalUbb., 1843-48 Hrg. des Literaturhistorischen Taschenbuchs,

1849 ao. Prof. in Halle mit 500 T. Gehalt, reicht 1857 seine Entlassung ein, 1851-67 Hrg. des Deutschen Museums, lebt ab 1857 in Stettin. 257,265f., 270,272f., 282, 298, 300,303,346,352,453,457,461 Puttrich, Ludwig (1783-1856), Kunsthistoriker u. Rechtsanwalt in Leipzig. 134, 166, 180 Radowitz, Josef Maria v. (1797-1853), preuß. General u. Minister, 1826 Major u. Chef des Generalstabs der Artillerie; schlug Droste-Vischering zum Erzbischoff v. Köln vor, wurde 1836-1848 Militärbevollmächtigter am Bundestag; MdN vom 20. Mai 1848 bis zum 30. Mai 1849. R. war maßgeblich am Zustandekommen des Verfassungsentwurfs beteiligt. Nov.-Dez. 1850 preuß. Außenminister. 444 Ramler, Karl Wilhelm (1725-1798), dt. Schriftsteller, 1748-90 Prof. an der Berliner Kadettenanstalt; gebürtiger Kolberger. 453 Ranke, Leopold v. (1795-1886), Historiker; 1825-1871 Prof. in Berlin, 1841 Historiograph Preußens. 462 Rapp, Moritz (1803-1883) (Ps. Jovialis), 1832 Privatdoz. in Tübingen, 1846 Prof. f. ausländische Sprachen u. Lit. dorts. Stand in enger Beziehung zu Vischer u. Strauß. 192, 194 Raupach, Emst (1784-1852), Dramatiker; 1816-1822 Prof. f. Geschichte u. Ut. in St. Petersburg; von Kotzebue u. Schiller beeinflußt. 194, 254f. Ravensberg, Otto v. (Pseud. f. Otto Jacobi) (1803-1855), Jurist; Stadtgerichtsrat in Berlin. Vf. dramatischer Werke. 255 Regenbrecht, Michael Eduard (1792-1849). Jurist, Kirchenrechtler, 1821 ao. Prof. in Breslau, 1826 o. Prof., 1845/46 Anhänger Ronges. 337 Reichenbach, Eduard Graf v. (1812-1869), schlesischer Demokrat, Mitglied des Vorparlaments, Abgeordneter der preuß. Nationalverslg. 395 Reichlin-Meldegg, Carl Alexander Frh. v. (1801-1877), Philosoph, Theologe; 1828 ao. Prof. in Freiburg, 1830 dort o. Prof., 1839 ao. Prof. in Heidelberg, seit 1840 dort o. Prof. 230 Reiff, Jacob Friedrich v. (1810-1879), Theologe u. Philosoph; 1840 Dr. phil., Priv.doz., 1844 ao. Prof. in Tübingen, o. Prof. 1855 f. Philosophie, Rektor der Univ. 1863/64. 341,355f., 365

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Reinhardt, Karl Friedrich Graf v. (1761-1837), Rixner, Thadeus Anselm (1766-1838), 1807-13 französ. Gesandter in Kassel, Pair Philosophiehistoriker, 1803-1805 u. 1809von Frankreich. 249 1834 Prof. f. Philos, am Lyzeum in Reinick, Robert (1805-1852), Maler u. Dichter, Amberg. 150 Spätromantiker; gab gemeinsam mit Kugler Rodbertus, Johann Karl (1805-1875), Volksdas „Liederbuch für deutsche Künstler" wirtschaftler (Schriften zum wissenschaftl. heraus. 163 Sozialismus) u. Politiker; leitete im Reusch, Carl Daniel (1735-1806), 1772 Prof. Ministerium Auerswald vom 25. Juni bis der Naturlehre in Königsberg, Bibliothekar zum 6. Juli 1848 das Kultusministerium. der Schloßbibliothek. 378,394,415,434 Reusch, Christian Friedrich (1778-1848), ' Römer, Georg Wilhelm (1778-1833), Jurist; 1820 Reg.rat in Königsberg, 1824 Reg.präsidialsekretär u. Hofrat (seit 1806) Kurator der Univ. 344 in Merseburg. Seit 1819 Mitglied des Rhesa, Ludwig Jedemin (1776-1840), thüringisch-sächsischen Altertumsvereins. Theologe;1813 Brigadeprediger, 1810 ao. Rötscher, Heinrich Theodor (1803-1871), Prof., 1818 o. Prof., Leiter des litauischen Ästhetiker u. Literaturkritiker; Hrg. der Seminars der Albertina. 1829 Konsist.rat. „Jahrbücher f. dramatische Kunst und 85f. Literatur". 161, 400, 420 Ronge, Johannes (1813-1887), kathol. TheoRhode, Johann Gottlieb (1762-1827), dt. loge; 1843 wegen Angriffe auf das Schriftsteller, 1809 Prof. f. Geographie u. Papsttum suspendiert, 1844 exkommunidt. Sprache in Brelau, Mithrg. der Ztschr. ziert. Mitbegründer des Deutsch-Katholi„Eunomia, Ztschr. f. das 19. Jh.", zismus. 337 Redakteur der Vossischen Ztg. 264 Rosenberger, Otto August (1800-1890), Richelot, Friedrich Julius (1808-1875), Astronom u. Mathematiker, seit 1831 o. Mathematiker; promov. 1831, 1832 ao. Prof. in HaUe. 64, 97, 293 Prof. in Königsberg, 1844 o. Prof. als Rosenkranz, Johann Heinrich (1757-1830), Nachfolger Jacobis. 449 Kreis-Accise- u. Steuersekretär in MagRichter, Gottlob Christian Friedrich (1807deburg. Vater v. Karl Rosenkranz. 32, 34, 1884), Philosoph, Buchhändler, Mit schüler 39, 128 Rosenkranz' in Magdeburg; studierte Rosenkranz, Laure Aspasie Adeline Cecile Theologie und Philosophie in Berlin, Halle (1808-1873), geb. Gmson. Tochter des Joh. und Breslau, promovierte 1830 in Jena zum Philipp Grüson, Ehefrau Karl Rosenkranz', Dr. phil. mit der Dissertation „de (indirekte Erwähnungen) Augustana confessione". Leitete mit seinen Rückert, Friedrich (1788-1866), 1826 ao. Prof. Schriften den Angriff auf die sog. der orientalischen Sprachen in Erlangen Hegeische Unsterblichkeitslehre ein. Lebte und 1841 o. Prof. in Berlin. Erschloß durch seit 1860 in Hamburg, dort Redakteur bei d. seine Übertragungen die persisch-arabische im Verlag seines Bruders erscheinenden Dichtung. 207 Ztg. „Reform", stirbt in Breslau. 27, 74, Rühle v. Liüenstem, Johann Jacob Otto August 82,130,417, 420 (1780-1847), preuß. General; Gegner der Riemer, Direktor des Taubstummeninstituts in Hegeischen Philosophie. Mitglied der Königsberg. 400 philos. Sozietät in Berlin. 75,79 Rintelen, Heinrich Wilhelm (1797-1869), Ruff, Johann Heinrich (1782-1838), Priwurde im Nov. 1848 (bis April 1849) vatgelehrter, Naturforscher, Ökonom. 51 Nachfolger Kiskers als preuß. JustizRuge, Arnold (1802-1880), dt. Schriftsteller u. minister. 426 Politiker, 1825-29 in Festungshaft, promov. Ritsehl, Friedrich Wilhelm (1806-1876), 1831 in Jena, 1832 habil., acht Jahre Altphilologe; 1829 Dr. phil. in Halle, 1832 Pivatdozent in Halle, ohne je ao. Prof. zu ao. Prof. in Halle, später o. Prof. in Breslau, werden, danach freier Schriftsteller, Hrsg. 1839 in Bonn, 1865 in Leipzig. Zu seinen der „Halleschen Jahrb.", MdN vom 18. Mai bekanntesten Schülern zählen Fr. Nietzsche 1848 bis zum 10. Nov. 1848, emigr. 1849 u. E. Rohde. 270 nach England. 164, 167, 175, 177, 201, Ritter, Karl (1779-1859), Geograph; seit 1820 203, 205, 210, 215, 224, 226, 231, 233, Prof. in Berlin, Inhaber des ersten Lehr243, 269, 272, 275, 295, 299, 370, 393, stuhls für Geographie in Deutschland. 263

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400,410,412,444,457,472 Rupp, Julius Friedrich Leopold August (18091884), Theologe; 1842 Divisionspfarrer in Königsberg, 1845 Amtsenthebung; 1846 Begründer einer freien protestant. Gemeinde. 1849 Mitglied der preuß. 2. Kammer. 83f., 342, 349, 360, 370, 446, 462 Rye, Olaf (1791-1849), dänischer General; fiel bei der Schlacht um Fredericia. 450 Saalschütz, Joseph Lewin (1801-1863), Theologe; 1824 Dr. phil in Königsberg, 1848 habil., 1853 ao. Prof. Saalschütz war einer von wenigen Bürgern jüdischen Glaubens, die sich habilitieren durften. 465f. Sabarth, Alexander, preuß. Abgeordneter des Provinziallandtages. 294 Sachs, Ludwig Wilhelm (1787-1848), Mediziner; 1818 ao. Prof., 1826 o. Prof. in Königsberg. 1840 Geh. Medizinalrat. 83, 97, 166,362 Sachs, Dr. aus Breslau 285 Sack, Karl Heinrich (1789-1875), Theologe; 1818 Prof. in Bonn, 1847-60 Konsist.rat in Magdeburg. 49 Sallet, Friedrich v. (1812-1843), dt. Schriftsteller; Verf. von politischer Lyrik. 400 Salomon, Elias (1814-1885), Arzt u. Schriftsteller. Er dichtete 1835 das Lied „Es hatten drei Gesellen". 99 San Marte (Pseud, f. Schulz, Albert) (18021893), Jurist; Vf. zahlreicher Studien über mitlelalterl. Literatur, 1850 Abgeordneter im Erfurter Parlament. Reg.rat in Magdeburg, Bromberg und wieder Magdeburg. 108,112,129,131,134 Sand, George (Pseud. für Amadine-AuroreLucie Baronne de Dudevant) (1804-1876), sozial engagierte franz. Schriftstellerin. 162,215, 250,257,294, 297, 320 Sartorius, Ernst Wilhelm (1797-1859), Theologe; 1821 ao. Prof. in Göttingen, dort 1823 o. Prof., 1835 Hofprediger an der Schloßkirche in Königsberg u. Generalsuperintendent für Preußen. 225, 243 Saucken, Ernst Friedrich Fabian (1791-1854), liberaler preuß. Landtagsabgeordneter, Mai 1848 bis 20. Mai 1849 MdN. Mitglied der preuß. 2. Kammer von 1849-1852, der preuß. 1. Kammer 1849. 294, 423, 431, 437,464 Schaden, Emü August (1814-1852), Philosoph; habil. 1839 in Erlangen f. Philosophie,

1846 ao. Prof., 1849 o. Prof. f. Ästhetik u. Psychologie. 344f. Schaff er, August (1814-1879), dt. Komponist. 169f. Schäffer, Verwandte der Familie Rosenkranz aus Kaukehmen. 373 Schaller, Julius (1810-1868), Philosoph; stud, bei Rosenkranz in Halle, dort Dr. phil. 1833 mit der Arbeit „De Leibnitii Philosophia", 1834 habil., seit 1838 ao. Prof. in Halle, seit 1861 o. Prof. Vf. zahlreicher Studien zur Hegeischen Philosophie, insbes. zur Relig.phil. u. Psychologie. 112, 133, 136, 164, 168,177,202,227,277,472 Schardt, Sophie v. geb. v. Bemstorff (17551819), Schriftstellerin. Schelling, Friedrich Wilhelm Josef (17751854), Philosoph; 1798 ao. Prof. in Jena, 1803 o. Prof. in Würzburg, 1806 Mitglied der Akademie in München, bis 1820 keine Lehrtätigkeit, 1820-27 Honorarprof. in Erlangen, 1827-41 in München. 1841 von Friedrich Wilhelm IV. nach Berlin berufen. 84, 90, 92, 155, 159, 209, 213, 215, 223, 23Iff., 237, 239, 247f., 253, 262, 269ff., 277, 283f., 290, 293, 296, 298, 303, 305, 324ff., 326f., 330ff., 336, 339, 344f., 399, 404 Scherk, Heinrich Ferdinand (1798-1884), Mathematiker u. Astronom; 1823 promov. in Berlin, 1825 Priv.doz. in Königsberg, 1826 ao. Prof. u. 1831-33 o. Prof. in Halle, 1833 bis 1852 in Kiel, aus polit. Gründen entlassen; ab 1863 Lehrerin Bremen. 64 Schiller, Johann Christoph Friedrich v. (17591805), dt. Dichter. 157, 184, 193, 195, 198, 220,241,255,272,353,472 Schlegel, Friedrich v. (1772-1829), dt. Dichter, Philosoph; 1801 Priv.doz. in Jena, 1808 Hof Sekretär in der Wiener Staalskanzlei; führender Denker der poetischen u. politischen Romantik. 48, 121, 207, 271 Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst (17681834), Theologe; 1804 Prof. d. Theologie u. Philosophie in Halle, 1809 Prediger an der Dreifaltigkeitskirche in Berlin, 1810 Prof. der Theologie in Berlin. Rosenkranz hörte bei ihm in Berlin Exegese der Paulinischen Briefe, Ästhetik, Ethik, Dogmatik, Apostelund Kirchengeschichte. 43, 49, 107, 113f., 117, 120f., 124f., 143, 157, 159, 175, 193, 207,229,245,297,304,317,456 Schlesier, Gustav (1810-nach 1854), Publizist; Mitarbeiter der „Zeitung f. die elegante Welt". Veröffentl. gemeinsam mit H. W.

Personenregister

Grabau unter dem Pseud. Maximin. Jos. Stephani 1834 die Broschüre „Heinr. Heine und ein Blick auf unsere Zeit", die ihn als bezahlten preuß. Agenten auswies. 103, 192 Schlieffen, Friedrich Magnus Graf v. (17961864), Abgeordn. der preuß. 1. Kammer für die Bezirke Bunzlau-Goldberg-HaynauLöwenberg (1849-1852), Abgeordn. der 2. Kammer(1852-1855); Majora. D. 421 Schlosser, Friedrich Christoph (1776-1861), Historiker, seit 1817 Prof. in Heidelberg. 72, 424,447ff. Schmidt, Julian (1818-1886), Publizist u. Literaturhistoriker; Schüler Rosenkranz'. Von 1848-1861 Mithrgs. der Ztschr. „Die Grenzboten". Lebte seit Anfang der sechziger Jahre als freier Schriftsteller in Berlin. 1862/63 Chefredakteur der „Berliner Allg. Ztg." 370 Schmidt, Pfarrer in Königsberg um 1849. 436, 451 Schmidt, Reinhold, Philosoph; veröffentl. „Christliche Religion und Hegeische Philosophie. Eine Untersuchung in Briefen." Berlin 1839. 190,202 Schmiedeberg, Gerichtsreferendar um 1835. 163 Schnaase, Karl (1798-1875), Jurist, Kunsthistoriker; studierte bei Hegel u. Savigny, bis 1866 Obertribunalrat in Berlin. 378 Schöler, August v. ( 1 7 9 8 - 1 8 6 6 ) , preuß. General. 409 Schön, Amalie v. (geb. v. Langenau) (-1851), Gattin Th. v. Schöns. 379, 439, 445, 461, 467 Schön, Malwine (1810-1851), Tochter Th. v. Schöns. 3 7 9 , 4 3 9 , 4 4 5 , 4 6 1 , 4 6 7 Schön, Theodor v. ( 1 7 7 3 - 1 8 5 6 ) , preuß. Politiker; Schüler Kants, Mitarbeiter an den Reformen Steins, 1816 Oberpräsident v. Westpreußen, 1824 v. West- und Ostpreußen. 1840 Staatsminister, 1842 entlassen. 1848 Mitglied der preuß. Nationalversammlung und deren Präsident. 97, 102, 154, 166, 288, 292, 294, 2 9 7 , 3 0 3 , 315, 321f„ 335, 362, 371, 374, 379, 382, 385, 387, 392, 396, 402f., 405, 411, 415, 420, 422ff., 43lf., 437, 440f., 443, 445f., 448f., 453,457f., 460ff., 466,468 Schönfließ, Rosalie (1799-1845), Königsberger Schriftstellerin. 184, 194, 219, 240, 249, 254, 259, 266, 273, 277, 280, 286, 294, 296, 300, 304, 306, 309, 313, 318, 321,325,336f.,

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Schopenhauer, Arthur (1788-1860), Philosoph; 1820 habil. in Berlin, seit 1832 in Frankfurt als Privatgelehrter lebend. 149, 151, 170f., 291,327f., 332f., 339,347 Schrecken stein, Ludwig Frh. Roth v. (17891858), Generallieutnant; ab 18. Juni 1848 Kriegsminister im Ministerium AuerswaldCamphausen. 381 Schubarth, Karl Ernst (1796-1861), philos. Schriftsteller, 1820 Lehrer in Hirschberg, 1841 Prof. für Geschichte in Breslau. Gegner der Hegeischen Philosophie. 119, 178 Schubert, Friedrich Wilhelm (1799-1868), Historiker; 1820 Priv.doz. in Kgbg, 1821 ao. Prof, 1826 o. Prof.; gab mit Rosenkranz „Immanuel Kant's sämmtliche Werke", Leipzig 1838-1842, heraus. MdN vom 18. Mai 1848 bis zum 20. Mai 1849, Mitglied der preuß. 2. Kammer 1850-1852, HA 1862. 64, 149f., 156, 246, 284, 288f., 325, 475 Schubert, Gotthüf Heinrich v. (1780-1860), Arzt u. Naturphilosoph; Hörer Hegels u. Schellings in Jena, 1819 Prof. für Naturgeschichte in Erlangen, 1827 in München, Mitglied der bayer. Akademie der Wissenschaften. 68 Schütz, Christian Gottfried ( 1 7 4 7 - 1 8 3 2 ) , Philologe; 1773 ao. Prof. in Halle, 1778 o. Prof., 1779 o. Prof. in Jena für Poesie u. Beredsamkeit, 1785 Mitbegründer der Allg. Literaturzeitung, ab 1804 in Halle. 55 Schultz, Ernst Gustav (1811-1851), Philologe; 1838 habil. in Königsberg, Priv.doz. f. orient. Sprachen, 1 8 4 2 - 1 8 4 4 preuß. Vizekonsul in Jerusalem, 1845 Konsul, 1847/48 Generalkonsul in Beirut. 95 Schulz [?], möglicherweise Johannes Schulze. 53 Schulz, Königsberger Kleinkünstier. 98 Schulz, Regierungsrat in Bromberg 268, 292, 343. Schulz, David (1779-1854), Theologe; 1809 Prof. in Halle u. Frankfurt/O., ab 1811 in Breslau, 1819 Konsistorialrat. 417 Schulze, Johannes ( 1 7 8 6 - 1 8 6 9 ) , Gymnasiallehrer u. polit. Beamter; 1816 Konsistorialrat und Schulrat in Koblenz, ab 1818 Ministerialrat in Berlin; stand in enger Verbindung zu Hegel, dessen Werke er mit herausgab, sowie zu den Schülern Hegels, deren Laufbahn er förderte. 34f., 42, 45, 54, 61, 63, 66, 85, 102, 108, 113, 131, 138f., 148, 158, 165, 202, 204, 235ff.,

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Personenregister

279f., 304, 326, 356, 363, 366, 417, 428, 458,465,469,471,473 Schuselka-Briining, Ida (1817-1903), Sängerin. 361 Schwab, Christoph Theodor (1821-1883), Literaturhistoriker, Hrsg. von Hölderlins Werken, Lehrer am Stuttgarter Katharinenstift. 304,306,390f. Schwab, Gustav (1792- 1850), dt. Dichter der Schwäbischen Schule, Oberkonsistorialrat und Oberstudienrat in Stuttgart. 306 Schwarz, Friedrich Heinrich Christian (17661837), Theologe; seit 1804 o. Prof. in Heidelberg, 1807 Mitbegründer des philol.pädagog. Seminars in Heidelberg. 230 Schwegler, Albert (1819-1857), Theologe; studierte 1836-40 Theol. in Tübingen, habil. 1843, 1847 Bibliothekar, 1848 ao. Prof. in Tübingen für römische Literatur u. Altertümer. Hrsg. der „Jahrbücher der Gegenwart", Stuttgart-Tübingen 18431848. 306,330,340,344,354,356,364 Schwetschke, Karl Gustav (1804-1881), Verleger u. Buchhändler in Halle. MdN von Mai 1848 bis zum 20. Mai 1849. 96 Sealsfield, Charles (Pseud. f. Carl Posti) (17931864), Schriftsteller, Bolzano-Schüler, floh 1823 als Ordensgeistlicher aus Prag, lebte bis 1831 in Nordamerika, danach in der Schweiz. 242,250 Seebeck, Thomas Johann (1770-1831), Physiker; 1810 in Bayreuth, 1812 in Nürnberg, 1818 Mitglied der preuß. Akademie der Wiss., zahlreiche Entdeckungen auf dem Gebiet der Farbenlehre. Seemann, Ouo (1825-1901), dt. Schriftsteller, veröffentlichte „Die Wände. Eine politische Komödie in einem Acte" (Königsberg 1848). 374 Sehring, Wilhelm (1816-1900), dt. Schriftsteller; 1846-55 als Privatgelehrter in Stuttgart, ab 1864 in Karlsruhe lebend. 452 Sengler, Jacob (1799-1878), Theologe u. Philosoph; 1831 Prof. an der kathol.-theol. Fak. in Marburg, 1833-1842 o. Prof. f. Philosophie in Marburg, dann o. Prof. in Freiburg; er vertrat einen spekulativenchristl. Theismus in Anlehnung an Schelling. 186,217 Shakespeare, William (1564-1616), engl. Dichter. 128,255 Shelley, Percy Bysshe (1792-1822), engl. Schriftsteller. 170 Siebold, Karl Theodor Emst v. (1804-1885),

1831 Kreisphysikus in Heilsberg, 1834 Stadtphysikus in Königsberg, 1840 Prof. in Erlangen, 1845 in Freiburg, 1850 in Breslau u. 1853 in München für Zoologie. 344, 346 Sieffert, Friedrich Ludwig (1803-1877), Theologe; 1828 ao. Prof. in Königsberg, 1829 Leiter des theolog. Seminars, 1834 o. Prof., 1839 Hofprediger u. PfarTer an der Burgkirche, 1842 Konsistorialrat. 86 Siegfried, Henriette, Taufzeugin bei der Taufe v. Anna Rosenkranz. 114 Siegfried, Oberamtmann in Königsberg um 1840. 275 Siegmundt, [möglicherweise] Johann Gottfried (-1865), Berliner Kaufmann. 421 Sietze, Karl Friedrich Ferdinand (ca. 17981847), Jurist; Hörer Hegels in Heidelberg, Priv.doz 1830, ab 1832 ao. Prof. in Königsberg, siedelte nach Berlin über. 98, 246, 273 Simon, Heinrich August (1805-1860), Stadtgerichtsrat in Breslau (schied 1844 aus dem Staatsdienst aus), MdN vom 18. Mai 1848 bis zum 30. Mai 1849 f. d. Wahlkreis Prov. Sachsen, 1848 auch Mitglied der preuß. National versig. 415 Simrock, Karl (1802-1876), zunächst Privatgelehrter, ab 1850 Prof. der deutschen Sprache u. Literatur in Bonn, veröffentlichte zahlreiche Studien zur mittelalt. Literatur. 53, 58, 128 Simson, Eduard v. (1810-1899), Jurist u. Politiker; Prof. in Königsberg, MdN vom 18. Mai 1848 bis zum 20. Mai 1849 für den Wahlkreis Prov. Sachsen,Präsident der Nationalverslg. vom 18. Dez. 1848 bis zum 20. Mai 1849, 1859-67 Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses, dessen Präsident er von 1867-73 war, 1879-91 Präs. des Reichsgerichts. 292, 397, 405, 440, 464, 469 Sinclair, Isaak v. (1775-1815), Schriftsteller u. Diplomat, Bekannter Hegels, Hölderlins u. ScheUings. 180, 198, 212, 235, 237, 304f., 326 Skrzeczka, Rudolf Ferdinand Leopold (18081874), Pädagoge; von 1844-1870 Direktor des Kneiphöfischen Stadtgymnasiums in Königsberg. Teilnehmer für Königsberg an der Konferenz zur Beratung über die Reorganisation des höheren Schulwesens vom 16. April bis 14. Mai 1849 in Berlin. 426 Sokrates (469-399 v. Chr.), griech. Philosoph. 188

Personenregister

Solger, Karl Wilhelm Ferdinand (1780-1819), Philosoph; 1809 Prof. d. Ästhetik in Frankfurt/O., 1811 Prof. der Philos, in Berlin. 195 Soltau, Friedrich Leonhard (1800-1846), Volksliedsammler. 131 Sonnenberg, Franz Anton Joseph. Ignaz Maria Frh. v. (1779-1805), dt. Dichter. 177 Sophie Charlotte (1668-1705), Königin von Preußen. Gemeinsam mit Leibniz bewog sie ihren Mann, Friedrich I., zur Gründung der Berliner Sozietät der Wissenschaften (1700). 175 Sophokles, (ca. 497/6-406/5 v. Chr.) griech. Tragiker. 414 Sperling, Karl Gottfried (1802-1864), Jurist; 1839 Bürgermeister v. Königsberg, 18491853 Mitglied der preuß. 1. Kammer, ab 1854 Oberbürgermeister in Königsberg, HH 1854-1856. 431 Spinoza, Baruch de (1632-1677), niederländischer Philosoph. 156,253,285 Spitta, Heinrich (1799-1860), Mediziner; promov. 1819 in Göttigen, seit 1825 o. Prof. der Medizin in Rostock, 1834 Obermedizinalrat. 18 Stahl, Friedrich Julius (vorh. Jolson) (18021861), Jurist; Prof. in Würzburg, Erlangen u. 1840 als Nachfolger Gans' Prof. in Berlin, schuf mit seinem Werk „Die Philosophie des Rechts", 2 Bde., 18301837, die, von Schelling inspirierte, reformkonservative Staatslehre der Nach-HegelZeit. Gehörte zum Umkreis der „Kamarilla". 1849 Mitglied der preuß. 1. Kammer für den Kreis Ober- und NiederBarnim, ab 1854 Mitglied des Herrenhauses. 75,345,425 Stahr, Adolph (1805-1876), dt. Schriftsteller u. Philosoph; 1826 Lehrer am Pädagogium in Halle, 1836 Konrektor in Oldenburg. 213, 461,463f., 467 Stalling, Gerhard, Verlagsbuchhandlung in Oldenburg. 463 Steeger, Johann Abraham (1789-1858), Direktor des Königsberger Waisenhauses von 1839-1852. 351 Steffens, Henrik (1773-1845), Naturforscher u. Philosoph; 1804 Prof. in Halle, 1811 in Breslau u. 1831 in Berlin, einer der Hauptvertreter der romant. Naturphilosophie. 84, 153,157, 197,456 Stein, Heinrich Friedrich Karl Reichsfrh. vom und zum (1757-1831), preuß. Staatsmann; seit 1780 in preuß. Diensten, 1804-1807

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preuß. Staatsminister, entlassen u. von Napoleon wieder eingesetzt; gilt als Mitbegründer des modernen preuß. Staates. 303,443 Steinhart, Karl Heinrich August (1801-1872), Philologe u. Pädagoge; Schüler Boeckhs und Hegels, 1824 Lehrer in Pfoita, 1831 Prof. 355 Stieglitz, Charlotte (1806-1834), beging Selbstmord, um ihren Ehemann, Heinr. Wilh. Aug. St., zu großen dichterischen Leistungen zu inspirieren. 101, 135, 145ff., 151,229,233 Stieglitz, Christian (1756-1836), Kunstwissenschaftler. 26 Stieglitz, Heinrich (1801-1849), dt. Dichter. 48 Stimer, Max (Pseud. f. Johann Kaspar Schmidt) (1806-1856), Pädagoge, Philosoph; zählte zu den sogen. Berliner „Freien". Gilt als einer der Begründer des Individualanarchismus. 295 Strauß, David Friedrich (1808-1874), Theologe; 1832 Repetent am Tübinger Stift, wurde am 26. Jan. 1839 zum Prof. f. Dogmatik u. Kirchengeschichte in Zürich ernannt, nach Unruhen der Züricher Bürger jedoch, ohne je sein Amt angetreten zu haben, am 19. März 1839 in den Ruhestand versetzt. Lebte als freier Schriftsteller wissenschaftl. Werke. 105, 115, 143, 155, 173, 192f., 206f., 215, 218, 243f., 248, 260,262,275,311,330 Streckfuß, Karl (1778-1844), seit 1815 in preuß. Diensten, 1823 Oberreg.rat im preuß. Innenministerium, 1840 Mitglied des preuß. Staatsrates, auch als Ubersetzer tätig. 201 Sue, Eugène (1804-1857), franz. Schriftsteller. 313,337 Tamnau, Johann Friedrich (1824-1868), Justizkommissar; 1848 stellvertr. Abgeordneter der Stadt Königsberg f. die Frankfurter Nationalverslg., Mitglied der preuß. Nationalverslg. 1859 Justizrat. 381 Taute, Gottfried Friedrich (1794-1862), Philosoph und Theologe; 1825 habil, seit 1841 ao. Prof. in Königsberg. Anhänger Herbarts, entschiedener Gegner der Hegeischen Philosophie. 252f., 284, 329 Taylor, John (-1821), engl. Übersetzer des Prabodhacandrodaya. London 1812 (4. A. Bombay 1916). 264 Temme, Jodocus Deodatus Hubertus (17981881), Jurist, Oberlandesgerichtsdirektor in

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Personenregister

Münster; MdN vom 5. Febr. bis zum 30. Mai 1849, 1849 Abgeordneter in der preuß. 2. Kammer f. Gumbinnen (Äußerste Linke), 1863/64 für den Wahlbezirk Berlin. 394, 415 Theile, Theodor (1803-1881), Königsberger Buchhändler. 180,227,245 Thibaut, Anton Friedrich Justus (1772-1840), Jurist; 1796 Priv.doz. Kiel, 1798 ao. Prof. Kiel, 1801 o. Prof. Kiel, 1802 o. Prof. Jena, 1805 o. Prof. Heidelberg, 1818 Geh. Hofrat. 230 Thibaut, Bernhard Friedrich (1775-1832), Mathematiker, 1797-1802 Priv.doz., 1802 ao., 1805 o. Prof. in Göttingen. 1826/27 Prorektor. 77 Thiel, Emst (-1892), prakt. Arzt in Königsberg. 357 Thilo, Karl Johann (1794-1853), Theologe; 1819 habil. in Halle, dort 1822 ao. Prof. u. 1825 o. Prof., 1833 Konsistorialrat. Rosenkranz hörte bei ihm in Halle Kirchengeschichte. 65 Tholuck, Friedrich August Gottreu (17991877), Theologe; 1823 ao. Prof. derTheol. in Berlin, 1826 o. Prof. in Halle, 1868 Oberkonsistorialrat. 38, 65, 89 Tieck, Ludwig (1773-1853), dt. Dichter, 182530 am Dresdner Theater tätig, kam 1842 durch Vermittlung Schellings nach Berlin. 103,157,164,168,193,195,271 Tiedemann, Dietrich (1748-1803), Philosoph u. Philologe; seit 1776 Prof f. klass. Philologie in Kassel, seit 1786 o. Prof. in Marburg. T. gilt als Begründer der Kinderpsychologie. Gegner Kants. 174 Tiedemann, Friedrich (1781-1861), Mediziner; 1806 Prof. der Medizin in Landshut, 1816 in Heidelberg. 230 Tilly, Johann Tserclaes, Graf v. (1559-1632), Feldherr im 30 jährig. Krieg. 269 Tocqueville, Alexis Clérel Graf v. (18051859), franz. Historiker u. Staatsmann; 1831/32 in den USA. 1841 Mitglied der Académie Française, nach der Februarrevolution Mitglied der Rechten in der Nationalverslg., Juni-Okt. 1849 Außenminister. 422 Tomlinson, Charles (1808-1897), engl. Schriftsteller u. Begründer der „Physical Society". 469 Touissant, Friedrich (1788-1863), Königsberger Kaufmann, franz. Konsul. 97, 277 Trendelenburg, Friedrich Adolf (1802-1872), Philosoph; 1833 Priv.doz. in Berlin, 1837

ao. Prof. f. Philosophie u. Pädagogik, 1854 o. Prof. (als Nachfolger Gablers); herausragender Aristoteles-Forscher, der durch seine Kritik der Hegeischen Logik, insbes. in seinem Werk „Logische Untersuchungen", 1840, der wissenschaftstheoretisch ausgerichteten Philosophie zum Durchbruch verhalf. Mitglied der 2. Kammer 1849 - 11. Jan. 1851 (Centrum). 404 Trinius, Karl Bernhard (1778-1844), Botaniker und Dichter; 1824 Arzt in St.Petersburg. 31 Troxler, Ignaz Paul Vitalis (1780-1866), Arzt u. Naturphilosoph; Hörer Hegels u. Schellings in Jena, 1830 Prof. der Philos, in Basel, 1834 in Bern. 68 Twardowsky, Bekannter R. Schönfließ'. 297 Uhland, Ludwig (1787-1862), dt. Dichter u. Politiker, 1829 Prof. f. dt. Sprache u. Ut. in Tübingen, vom 18. Mai 1848 bis zum 30. Mai 1849 MdN; gemeinsam mit J. Kemer Mittelpunkt der Schwäbischen Dichterschule. 47,192, 255 Uhrich, Königsberger Schloßbaumeister um 1850. 470f. Ullmann, Karl (1796-1865), Theologe; 1819 Dr. phil. in Heidelberg, 1820 Habil., dort 1821 ao. Prof., 1826 o. Prof., 1829 o. Prof. in Halle, 1836-53 o. Prof. in Heidelberg. 1853-55 Prälat, 1856-61 Direktor des Oberkirchenrates Karlsruhe. 221,230 Ulrici, Hermann (1806-1884), Philosoph; stud, zunächst Jura und war Gerichtsreferendar in Frankfurt/O., 1834 ao. Prof. f. Philos, in Halle, 1871 o. Prof., 1867/68 Rektor der Univ. 277 Unzer, August Wilhelm (1770-1847), Begründer der Königsberger Unzerschen Buchhandlung, die ab 1832 gemeinsam von Otto Unzer u. Heinrich Eduard Gräfe (17991867) geführt wurde. 64, 93, 127, 224, 254,283,299,402 Usteri, Leonhard (1799-1833), Theologe; stud. 1820-1823 in Berlin u.a. bei Schleiermacher u. Böckh. Gymnasiallehrer in Bern. 58f. Vamhagen v. Ense, Karl August (1785-1858), Publizist u. Historiker; 1817 Ministerresident in Karlsruhe, 1819 abberufen, 1824 endgültig in den Ruhestand versetzt, Mitglied der Berliner wissenschaftlichen Sozietät. 70ff., 89, 93f., 110, 114, 117, 121,

Personenregister

124, 132, 134, 137f., 143, 146f., 151, 153, 158f., 169, 173, 177, 196, 203, 228, 237, 292, 302, 323, 326, 334, 341, 349, 356f., 359, 362, 384ff., 400, 410, 415, 422ff„ 430f., 441,451,453,457f„ 460,464,467 Varnhagen, Rahel Antonie Friederike, geb. Levin (1771-1833), seit 1814 mit V. v. E. verheiratet, unterhielt in Berlin einen literarischen Salon, in dem die führenden Vertreter der deutschen Intelligenz verkehrten. 70f., 111, 114, 117, 125, 135, 145ff., 151,229,233,342,468 Vatke, Johann Karl Wilhelm (1806-1882), Theologe; stud, in Halle, Göllingen u. ab 1828 in Berlin, habil. 1830, 1837 ao. Prof. in Berlin. 105,107,114,277,354 Vico, Giovanni Battista (1668-1744), italien. Geschichtsphilosoph. 125 Villemain, Abel François (1790-1870), franz. Politiker und Literaturhistoriker, 1840-1844 Unterrichtsminister. 357 Vincke, Friedrich Ludwig Wilhelm Frh. v. (1774-1844), Geheimrat u. Oberpräsident der Prov. Westphalen. 42 Vincke, Georg Emst Friedrich Freiherr v. (1811-1875), Landrat, Rittergutsbesitzer, preuß. Politiker, MdN. 397, 423,434 Virchow, Rudolf (1821-1902), Arzt, Politiker, leitete 1848 in Berlin einen demokratischen Bürgerklub; Mitbegründer der Deutschen Fortschrittspartei (Th. Mommsen, SchulzeDelitzsch, V. v. Unruh), Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses, MdR von 1880-1893.405,410 Vischer, Friedrich Theodor (1807-1887), Philosoph; stud. 1825-30 am Tübinger Stift, 1831 Repetent in Maulbronn, habil. 1836 in Tübingen, doit 1837 ao. Prof., 1844 o. Prof, ihm wird jedoch für 2 Jahr die Lehrerlaubnis entzogen. MdN vom 18. Mai 1848 bis zum 30. Mai 1849. 1855 Prof. am Polytechnikum in Zürich, 1866 o. Prof. der Ästhetik u. dt. Literatur in Tübingen u. am Polytechnikum in Stuttgart, 1869 o. Prof. in Stuttgart. 179,192f., 340f., 354,356,365 Voigt, Johannes (1786-1863), Historiker, 1812 Priv.doz. in Halle, 1817 ao. Prof. der histor. Hilfswissenschaften u. Archivdirektor in Königsberg. 1823 o. Prof. 97,230 Volkmann, stud, theol. in Halle um 1830. 58 Voß, Leopold (1793-1868), Buchhändler, seit 1818 Leiter der gleichnamigen Verlgasbuchhandlung in Leipzig. 195,207,288 Wachler, Johann Friedrich Ludwig (1767-

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1838), Historiker, Theologe; 1788 ao. Prof., 1794 Prof. in Rinteln, 1801 Prof. f. Geschichte, in Marburg, 1802 f. Theol., 1815 Prof. f. Geschichte in Breslau, 1824 Oberbibliothekar in Breslau. 130 Wackernagel, Wilhelm (1806-1869), Philologe; Schüler Lachmanns, 1833 Prof. f. Germanistik in Basel. 53 Waiblingen Wilhelm Friedrich (1804-1830), dt. Dichter; Tübinger Stiftler, stand unter dem Einfluß Hölderlins. 33, 212, 304f. Wald, Wilhelm Johann August Hartmann (1795-1879), Theologe; 1822 Superintendent, 1821-27 Priv.doz. in Königsberg, ab 1826 Pfarrer an der Haberberger Kirche. 97,201, Waldeck, Franz Leo Benedikt (1802-1870), Obertribunalrat in Berlin, Politiker, Führer der Linken in der preuß. Nationalverslg. Vizepräsident der preuß. Nationalverslg., Vorsitzender des Verfassungsausschusses. 1849 Mitglied der preuß. 1. Kammer. 375, 382, 385, 394f., 415,444,463 Walesrode, Ludwig (= Ludwig Isaak Cohn) (1810-1889), dt. Schriftsteller. 293, 379 Wamkönig, Leopold August (1794-1866), Jurist; 1817 Prof. in Lüttich, seit 1836 Prof. iur. in Freiburg, später in Tübingen. 168 Wartemberg, Assessor in Königsberg um 1833. 97 Wegnem, Pfarrer in Königsberg um 1840. 216 Weissenborn, Georg (1816-1874), Philosoph; studierte in Halle bei Erdmann u. Schaller, promov. zum Dr. phil. 1841, 1843 habil., ab 1853 o. Prof. in Marburg, 1863 Lehrauftrag f. Pädagogik. 420 Weiße, Christian Hermann (1801-1866), Philosoph; Prof. der Philosophie in Leipzig von 1828-37 und wieder ab 1844. 74, 91f., 92, 98,102,105,118ff., 123f., 125ff., 136,159, 186,217,244,268 Wendt, Amadeus (1783-1836), Philosoph; 1810 Prof. in Leipzig, seit 1829 Prof. in Göttingen. 83 Werder, Karl Friedrich (1806-1893), Philosoph; Schüler Hegels in Berlin, ao. Prof. in Berlin ab 1838. 202,400 Werner, Zacharias (1768-1823), dt. Dramatiker, später auch Prediger in Wien. 98 Wessenberg, Ignaz Heinrich Karl Frh. v. (1774-1860), Theologe; 1802-1815, Koadjutor (bis 1817), Kapitularvikar (bis 1827) des Bistums Konstanz. Ab 1833 als Schriftsteller tätig. 90 Wienbarg, Ludwig (1802-1872), Schrift-

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Personenregister

steller; 1829 Dr. phil., 1833 habil. in Kiel. 1835 Mitbegründer der „Deutschen Revue". 180,233 Wiesner, [möglicherweise] Adolph (vor seiner Konvertierung Wiener) (1807-1867), Publizist; MdN vom 18. Mai 1848 bis zum 30. Mai 1849, Mitarbeiter der „Grenzboten", wanderte nach Amerika aus, dort Hrsg. einer Ztg. in Dlinois. 400 Wigand, Otto (1795-1870), Lpz. Buchhändler u. Verleger; in seinem Verlag erschienen die Hallischen Jahrbücher. 225f., 232, 298f., 346,472 Wilda, Wilhelm Eduard (1800-1856), Germanist u. Kriminalist; 1831 ao. Prof. in Halle, später in Breslau und Kiel. Winckelmann, Johann Joachim (1717-1768), Begründer der neueren Archäologie, 1763 Generalkustos der klass. Altertümer im Vatikan. 68 Windischgrätz, Alfred Fürst zu (1787-1862), österr. Feldmarschall; unterdrückte im Juni 1848 den Präger Aufsund, eroberte am 31. Okt. Wien und am 5. Jan. 1849 Budapest. 393 Windischmann, Karl Joseph Hieronymus (1775-1839), kath. Philosoph u. Arzt; 1803 Prof. d. Philos. u. Geschichte in Aschaffen bürg, 1818 Prof. d. Philosophie in Bonn. 233 Wippermann, Friedrich (1790-), seit WS 1820 in Heidelberg in der jurist. Fak. immatrikuliert. Promov. am 30. Juli 1828 in Gießen mit der Diss. „Abhandlung über Seyn und Geschehen" zum Dr. phil. 27 Witt, Friedrich August, Oberlehrer am Kneiphöfischen Gymnasium in Königsberg, als Redakteur für die „Königsberger Zeitung" tätig; wurde wegen seiner Tätigkeit als Redakteur 1841 vom Dienst suspendiert. 97, 364 Wittgenstein, Heinrich Karl Frh. v. (17971869), Regierungspräsident in Köln (1848), Mitglied der preuß. 1. Kammer 1849/50. 425,430f. Wöllner, Johann Christoph (1732-1800), Theologe, Politiker; ab 1788 Justizminister. Durch das am 9. Juli 1788 von ihm erlassene Religionsedikt versuchte man den Einfluß der Aufklärung zurückzudrängen. 1797 wurde W. nach Aufhebung des Edikts entlassen. 149, 174 Wolf, Friedrich August (1759-1824), klass. Philologe; 1783 Prof. in Halle, ab 1810 Prof. in Berlin. Gehört mit zu den

Begründern einer umfassenden Altertumswissenschaft. Wolff, Christian (1679-1754), Philosoph u. Mathematiker; seit 1706 Prof. in Halle, 1723 in Marburg, ab 1740 wieder in Halle. Wolf wurde aufgrund der positiven Beurteilung der Ethik Konfuzius' in einer Rektoratsrede seit 1721 scharf angegriffen u. 1723 durch Kabinettsordre Friedrich Wilhelm I. unter Androhung der Todesstrafe des Landes verwiesen. 67, 86 , 174,222,284 Wolff, Oskar Ludwig Bernhard (1799-1851), Schriftsteller, 1826 Gymnasialprof. in Weimar (durch Goethes Vermittlung), für neuere Sprachen u. Literaturen, seit 1829 Prof. f. neuere Spachen u. Literaturen in Jena. 147 Woltmann, Karoline v. (1782-1847), dt. Schriftstellerin. 196, 429f. Wrangel, Friedrich Graf v. (1784-1877), preuß. General; vertrieb im April 1848 die dänischen Truppen aus Schleswig, am 13. Sept. 1848 wurde er zum Kommandeur sämtlicher Truppen in den Marken ernannt, besetzte am 10. Nov. 1848 Berlin. 380, 401 Wunderlich, Martin Nicolaus Christian (1803?), immatrik. sich Mai 1824 in der jurist. Fak. in Heidelberg; Mitarbeiter der „Neue Pariser Zeitung" (Paris 1865-1870). 27 Wuttke, Heinrich (1818-1876), Historiker; 1841 habil. in Leipzig, 1848 dort Prof., 1848 Mitglied des Vorparlaments, MdN vom 23. Nov. 1848 bis zum 30. Mai 1849 als Nachfolger R. Blums. 284 Wynn, Charlotte Henriette Williams (18071869), Tochter des englischen Ministers Charles W. W. Wynn (1775-1850). Ch. Wynn stand seit 1836 mit Varnhagen in Kontakt und zeigte sich sehr interessiert an den Arbeiten Rosenkranz', besonders an der Biographie Hegels. 303, 324 Yxküll, Boris Frh. v. (1793-1870), estländischer Gutsbesitzer und Offizier, studierte in Heidelberg, wo er mit Hegel in Verbindung trat. Er vermittelte die Bekanntschaft Hegels mit Baader. 178, 200 Zachariae, Karl Salomo (1769-1843), Jurist; 1802 Prof. in Wittenberg, 1807 o. Prof. in Heidelberg. 230 Zeller, Eduard (1814-1908), Theologe u. Philosophiehistoriker; promov. 1836 in Tübingen, 1839 Repetent am theol. Sem. in

Personenregister

Tübingen, hábil, f. Theol. 1840, 1847 ao. Prof. theol. in Bern, 1849 dort o. Prof., WS 1849/50 o. Prof. Phüos. in Marburg, 1862 in Heidelberg, ab 1872 in Berlin. 1894 emerit. Hrsg. der „Theol. Jbb". 341, 353, 356, 365 Zelter, Karl Friedrich (1758-1832), Komponist, Musiker; gründete 1809 die erste Berliner Liedertafel, ab 1811 Prof. an der Berliner Univ; stand mit Goethe in langjährigem Briefwechsel. Zeune, Johann August (1778-1853), begründe-

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te 1806 die erste deutsche Blindenanstalt. 1810 Prof. f. Geographie in Berlin. 269 Zschokke, Jakob Friedrich Emil (1808-1889), Pfarrer, Sohn Heinrich Z. 297,321 Zschokke, Heinrich (1771-1848), Schweizer Schriftsteller u. Pastor; in Magdeburg geboren, ging 1796 in die Schweiz u. wurde dort einer der Wortführer des Liberalismus. 297, 3 2 0 , 3 3 6 , 3 4 8 , 3 5 1 f. Zschokke, Theodor Joseph Karl (1806-1866), Arzt in Aarau, dort auch Lehrer an der Kantonsschule, Sohn H. Zschokkes. 321

Q U E L L E N UND STUDIEN ZUR PHILOSOPHIE Groß-Oktav. Ganzleinen

WERNER SCHÜSSLER

Leibniz' Auffassung des menschlichen Verstandes (intellectus) Eine Untersuchung zum Standpunktwechsel zwischen „système c o m m u n " und „système nouveau" und dem Versuch ihrer Vermittlung X V I I I , 256 Seiten. 1992. I S B N 3-11-013645-7 (Band 32)

DOMINIK PERLER

Der propositionale Wahrheitsbegriff im 14. Jahrhundert X , 387 Seiten. 1992. I S B N 3-11-013415-2 (Band 33)

GEERT KEIL Kritik des Naturalismus VIII, 430 Seiten. 1993. I S B N 3-11-013865-4 (Band 34)

MICHAEL K O B E R

Gewißheit als Norm

Wittgensteins erkenntnistheoretische Untersuchungen in Über Gewißheit IV, 429 Seiten. 1993. I S B N 3-11-014026-8 (Band 35)

PETER K Ö N I G

Autonomie und Autokratie Über Kants Metaphysik der Sitten

X I I , 243 Seiten. 1994. I S B N 3-11-014302-X (Band 36)

Walter de Gruyter

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Berlin · New York