Julius Sturm: Ein Gedenkblatt nebst einem Liederstrauß aus den Werken des Dichters [Reprint 2019 ed.] 9783111549224, 9783111180090


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German Pages 79 [80] Year 1896

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Vorwort
Julius Sturm. Ein Gedenkblatt nebst einem Lieberstrank aus den Werfen des Dichters zusammengestellt
Anhang. Vollständige Wiedergabe der in der Skizze über Julius Sturm angeführten Gedichte und Lieder
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Julius Sturm: Ein Gedenkblatt nebst einem Liederstrauß aus den Werken des Dichters [Reprint 2019 ed.]
 9783111549224, 9783111180090

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Ein Gedenkblatt nebst einem Liederstranst

ans den ZVcrfcii des Dichters znsanunengestellt

st c n - L i nd en.

Gießen 3- Ricker'sche Buchhandlung 1696.

Alle Rechte Vorbehalten.

Kem Aitöeirkett des

Geh. Rirchenraths Dr. Julius Sturm in Aöstritz

in Liebe und Verehrung gewidmet von dem Verfasser.

Vorwort. (ubfofflcnbe bestimmt

kleine Skizze

luar

für

eine Zeitschrift

und der Verfasser nnivbe erst durch den

liebenswürdigen Wat von Julius Sturm, dem die

Arbeit Vorgelegen, darauf aufmerksanl gemacht und aufgefordcrt,

sie in Buchform in die Lcffentlichkeit zu scuden. Zögernd entschloß

sich

der Verfasser

hierzu,

sich

tvohl

bewußt, daß fein, „mit Liebe" geschriebenes Dichterprofil keinen Anspruch aus Vollkommenheit machen kann. Zttm 80. (Geburtstage des hochverehrten Dichters sollte es nun herauogegebcn werden, und hatte noch vor kurzem derKöstrißer

Sänger die Güte, die Widmung freundlich anzunchmcn. in Gottes Ratschluß war es anders beschlossen.

seltene Fest nicht mehr erleben.

Doch

Gr sollte das

Während sich diese Blätter im

Drttck befanden, machte der Herr am Sainstag den 2. Mai dem schwerctt Leidell llnsrcs nnvergeßlichett Julius Sturm ein (bitte.

Unser greiser Dichter ist nicht mehr, doch seine Werke folgen ihm

nach!

Sein Andenken wird fortleben überall, wo man ihn

gekannt, geliebt und seine herrlichen Dichtungen gelesen hat. —

— 6 —

Mit Gottes Segen möge dies Büchlein nun doch hinaus­ ziehen und freundliche Ausnahme und nachsichtige Beurteilung finden. Es wird dann auch seinen Zweck erfüllen, in immer weiteren Kreisen das Interesse für die zahlreichen Werke geist­ licher iuib weltlicher Lyrik des Heimgegangenen Dichters zu erwecken und zu beleben.

Grosren-Linden in Hessen, Mai 1896.

d.

r>.

TaS sind die schönsten Lieder Für die tciii Wort genügt. Um deren zarte Glieder Kein Reimgcwand sich fügt, Tic tief in unS erklingen. Und still in uns vertvch'n. Und doch zu denen dringen, Tic liebend unS vcrstch'n. J. St.

„So alt ich bin, kann ich doch immer das Singen nicht ganz lassen, aber 511111 Druckenlassen kann ich mich immer schwer entschließen. Übrigens will die jetzige Welt von religiöser, ja von aller Lyrik wenig mehr wissen". So schrieb vor einem Jahre der Geh. Kirchenrat Dr. Julins Sturm in Köstritz dem Verfasser dieser Skizze in freundlicher Erwiderung eines Glück­ wunsches zum 79. Geburtstage des thüringischen Sängers. Seit­ dem ist ein Jahr vergangen, ein Jahr, reich an denkwürdigen, historischen Erinnerungen und unvergeßlichen patriotischen Festen und Gedenktagen. Im schönen Monat Akai loderte zumal in der alten Kaiserstadt Frankfurt a/M., wo die große Epoche von 1870/71 in dem Friedensschluß am 10. Mai 1871 ihren ruhm­ reichen Abschluß gefunden hat, noch einmal die Flamme der Begeisterung mächtig auf gelegentlich der in Gegenwart Sr. Maj. des deutschen Kaisers vollzogenen Enthüllung des Kaiser Wilhelm-Denkmals und der großen Burschenschaftsfeier am Friedensfest. Dann wird die laute, stürmische Begeisterung der

8 Jnbiläumszeit allmählich einem ruhigeren Fühlen und Denken wieder Platz machen. Aber die weitere ernste Arbeit, die fernere

treue Pflichterfüllung, an die uns das Gedächtnis der 25jährigen

Wiederkehr jener großen, ernsten Zeit eindringlich gemahnt hat, soll Zeugnis davon ablegen, das; unser deutsches Volk des widerfahrenen Heils und Segens wert und würdig ist. Es gilt zur Wahrung der heiligsten Güter ohne Ermüdung den Kampf mutig weiterzusühren gegen alles Unchristliche, Ungött­ liche, Sittenlose, gegen alles undelktsche Wesen, gegen alles Schlechte und Gemeine, das die gedeihliche Fortentwicklung unsres Volkes hindern konnte! Zu diesem Kampfe hat auch Se. Maj. unser deutscher KaiserWilhelm II. aufgcfordert, als er bei der Jubiläumsfeier des Deutschen Reiches in Berlin zu der Deputation der Studenten die Worte sprach: „Bewahren Sie sich den Idealismus, beim es giebt gerade heutzutage im Volke Mächte, die diesen Idealisinus dem Volke rauben wollen, Helsen Sie die idealen Güter dem Volke zu erhalten, die im Jahre 1813 unser Volk be­

geisterten und die im Jahre 1870 ihre Wirkung thaten". Wer sind aber die Männer, die diesen Idealismus im

Volke gepflanzt, gepflegt und erhalten haben? Waren itiib sind es nicht vor allem die begeisterten, gottbegnadeten Sänger und

Dichter, Männer wie Heinrich von Kleist, Ernst Moritz Arndt, Theodor Körner, Max von Schenkendorf, Friedrich Rückert, Emanuel Geibel, Ferdinand Freiligrath, Karl von Gervk, Julius Sturm und andere? Ist doch die Dichtkunst und derer; Ge­ staltung von jeher von dem größten Einfluß auf die geistige und sittliche Entwicklung der Völker gewesen.

Es kann und

darf uns darum durchaus nicht gleichgültig oder einerlei sein, welche Bahnen auf diesem Gebiete eingeschlageu und gewandelt

werden.

9 Vie betrübend muß es uns vielmehr erscheinen, das; man vielfach heute nicht wie früher das Wahre, Ohitc und Schöne, das Hohe und Edle dar,zustellen bestrebt ist, sondern mit Vor­

liebe das Häßliche und Widerwärtige, allerdings mit der Ent­ schuldigung, es sei wahr! Ein förmlicher Kultus wird mit der Sinnlichkeit getrieben und nur die traurigen Schalten- und Nachtseiten des menschlichen Lebens und der Menschen werden ans Licht gezogen und dargestellt, ohne, wie freilich beabsichtigt, helfen und läutern zu können. Die Vermählung von Sinnlich­ keit und Sittlichkeit nämlich, wie man sie in einen; Idealbild des (Griechentums verwirklicht wähnt, kann niemals im Leben erreicht, darf auch nicht erstrebt werden. Denn sagt der Dichter­ heros Schiller: „Zwischen Sinnenglück und Seelenfrieden bleibt dem Menschen nur die Wahl" und „Nur durch seine Sitte kann der Mensch frei und mächtig sein". Darin liegt seine Würde!

Wie wichtig und nötig ist es also, aus das Ideale ans den; Gebiete der Litteratur, besonders auch der geistlichen und welt­ lichen Lyrik hinzuweisen, deren Wert der bayrische Dichter Martin Greif so schön in den Liedcsworten ausgesprochen hat:

Wollt ihr wahre Sänger sein Auf des Lebens Höhen,

Schreibt uns Tramen nicht alleilt Lider Epopöen, Sondern übt euch im Versuch

Froher Jugend wieder, Denn des Dichters schönstes Buch

Bleiben seine Lieder.

Dieser Forderung entspricht unser Lyriker Sturm in hervor­ ragendem Maße. Sein Prinzip ist klar und deutlich ausge-

10 sprachen in der neuesten Sammlung feiner lyrischen Gedichte in dem Liede (Seite 73)*): „Was ich noch fingen mag?" Was ich noch singen mag in meinen alten Tagen? Nur das, wofür mein Herz in jungen schon geschlagen, Der Liebe gilt mein Lied, die, sich zu offenbaren,

Mir naht in der Gestalt des Schönen, Guten, Wahren. Das ewig Wahre ist zugleich das ewig Gute, Das Schönheit wählt zum Kleid, damit es uns anmute.

Ein solcher Dichter verdient es, in dieser allem Idealen, dem Glauben und der Frömmigkeit vielfach so abholden Zeit anerkannt und gewürdigt zu werden. Haben doch seine Gedicht­ sammlungen trotz der von ihm selbst betonten ablehnenden Haltung unserer Zeitgenossen der Lyrik, zumal der geistlichen gegenüber, bis zu 12 Auslagen erlebt. Wir schicken eine durch gütige Mitteilungen des Dichters erweiterte Schilderung seines Lebensganges voraus!

Julins Karl Neinhold Sturm ist am 21. Juli 1816 zu Köstritz im Fürstentum Neus; j. L. geboren. Der Lebensgang des mit reichen Gaben des Geistes und des Herzens ausge­

rüsteten Mannes war wie sein ganzes Wesen einfach, was in seinem Beruf als Pastor mitbegründet erscheint.

Er besuchte

das Gymnasium in dem nahen Gera, und nach Vollendung

seiner Studien in Jena hat er sich eine Zeit lang im Schwabenlande aufgehalten, dessen gemütvoller und tiefreligiöser Volkscharakter seinen dichterischen Genius vorteilhaft beeinflußt haben dürfte.

Eine Anerkennung seiner Persönlichkeit liegt in der Wahl zum Erzieher des Erb-Prinzen (Heinrich XIV.) von Neuß j. L. *) Sturm, Neue lyrische Gedichte. Leipzig, Janßen. 1894.

11 von selten des Negentenhauses seines Heimatlandes. Später wirkte er von 1850 an als Pastor in Göschitz bei Schleiz und tvurde 1857 in seine Vaterstadt Köstritz versetzt, tvo er 28 Jahre in großem Segeil wirkte und am 1. £ stöber 1885 in den wohl­

verdienten Ruhestand trat. Sein fürstlicher Schüler ernannte ihn zum Geh. Kirchenrat, und seine dankbare Gemeinde Köstritz erhob ihil zum Ehrenbürger. Seitdem lebte er daselbst als Emeritus, von allen, die i()ii kannten, geliebt und verehrt, leider schon seit vielen Jahren mit Krankheit und mannigfachem Kreuz schwer hcimgcsncht. Diese betrübende Thatsache dürfte vielen seiner ferner tvohnenden Verehrer und Leser seiner Gedichte völlig unbe­ kannt fein und um so mehr werden die nachfolgendell Mitteilungen aus derFeder des Dichters, die tvir hier machen dürfen, interessieren. Sie silld geeignet, uns den schwergeprüfteil Dulder nur noch lieber zu machen uild der Verehrung werter erscheinen zu lassen.

Doch hören wir feine eignen schlichten Worte:

„Ich habe seit

nun 30 Jahren wenig ganz gesunde Tage verlebt, mir aber durch Gottes Gnade die Heiterkeit des Geistes bewahrt. Nur mein Glaube hat mich in den vielen Trübsalen, durch die ich

hindurchgegangen, aufrecht erhalten. — Als Pfarrer von Köstritz lag ich mehrere Tage am Tod; Scharlachfieber hatte mich befallen.

Die Folge lvar ein fünf,

sage fünf Jahre lang dauernder heftiger Magenkatarrh.

Kein

Bad, kein Arzt brachte Hilfe. Endlich wllrde sie mir doch durch Gottes Gnade zu teil. Während dieser schtveren Zeit habe ich

immer mein umfangreiches Amt verwaltet, freilich oft unter Seufzen. Dann bekam ich infolge allzuvielcn Predigens eine Stinlmballd-Lähmung und Kehlkopfentzündung. Diese führte

mich einigeinalc nach Ems, tvo ich die Stimme wiedergewanil. Darnach überfiel mich ein schmerzhaftes Blasenleiden und an diesem leide ich noch. Seit 12 Wochen — so schrieb Sturm am

12 12. März d. I. — schwebt bei mir die Wage auf und ab zwischen Leben und sterben und oft habe ich den Tod als Er­

löser von unsagbareil Schmerzen ersehnt.

Vor wenigen Jahren

litt ich wochenlang an einer der schmerzlichstell Entzülldlmgen, so das; der Arzt uni mein Leben bangte". Aber auch sonst ist unser Meister nicht von 5tre 113 und

schweren Schicksalsschlägen in seiner Familie verschont geblieben. ES rührt zu Thränen, was er in dieser Hinsicht schreibt: „Ich war glücklich verheiratet als Pfarrer iu (Göschitz. Meine liebe Iran schenkte mir ein Söhnlein. Sie blühte wie eine Rose; noch 9 Tage, an unserem Hochzeitstage, pries sie unser CMiüf. Am Morgen stand ich an ihrer Leiche, ein Kind von 9 Tagen auf dem Arm. — Die Schwester meiner verstorbenen Frau reichte mir die Hand. Sie beschenkte mich mit einem Söhnlein. Das Kind gedieh und war ein selten schönes, geistig belebtes

Kind. Es wurde 2 Jahre. Eines Abends neigte es das Köpfchen. Als der Arzt kam, machten Krämpfe dem Leben unsres Lieblings ein Ende. — Meine liebe Tochter schenkte uns sechs Enkel, fünf haben wir in das Grab gelegt." —

Sonnenschein ist also nicht immer in dem Leben des Dichters gewesen und Tage reinen Glücks und ungetrübter Freude, wie

bei der Feier seines 79. Geburtstages, den er nach einer Mit­

teilung durch Gottes Gnade inmitten seiner Kinder, Enkel und Brüder mit seiner lieben Gattin ungetrübt feiern durfte, sind ihm leider wenige beschieden gewesen. Aber seinen Liedern hat er absichtlich alle Klagen möglichst ferngehalten. Er liebte es

nicht, andern etwas vorzuklagen.

schreibt er,

„Lieder, religiöse Lieder",

„sollen erbauen und trösten, sie sollen betrübte

Herzen fröhlich machen helfen, indem sie zum Vertrauen auf Gott anregen, der die Liebe ist und bleibt, trotz allen Elends

und allen Jammers in unserm Leben".

13 Fein und treffend sagt Sturm in seinem (Gedichte

Lieder der Lust und Lieder des Leids*): Mein Vogel singt in grüner Waldesnacht

Voll Leid und Schmerz; er tragt sie stimmt allein: Nur Liebe ist es, die ihn singen macht, Und Blütenduft und Sonnenschein. „Einem" mit seinen Leidenswegen

offenbar unbekannten

„Kritiker" gegenüber, der von ihm geschrieben, er würde gröffer sein als Dichter, wenn er des Lebens Not erfahren ?c., legt er mit Betonung seines Leidens, Sorgens, Ningens und Streitens

die Frage vor: „Weshalb auch zeigen unverbunden neugieriger Welt der Seele Wunden?" Mit Jammern und mit Klagen werde nie des Schmerzes Bann gebrochen, ans Mitleid habe er

nie hoffen gelernt, Winseln sei ihm zuwider und er habe seine Lieder nicht eher gesungen, als bis die Wunden nicht mehr offen waren. Doch fehlt es in seinen Gedichten nicht ganz

an mehr oder weniger deutlichen feinen und leisen Andeutungen seiner traurigen Erlebnisse und schlimmen Erfahrungen, die uns freilich erst im Bewusstsein des Dunkels auf seiner Lebensbahn mehr ins Auge fallen und verständlicher werden. Es sei nur hingewiesen auf die Gedichte in der neuesten Sammlung „Neue lyrische Gedichte": „Im Frühling am Grabe" (S. 15), „Ferne rauschen die Wogen" (S. 54), „Am Sarge meines Enkels" (S. 129), „Menschengeschick" (S. 195), von welchen nur das lcytc ganz kurze hier eine Stelle finden soll:

Heute wie morgen Bringen die Tage Leiden und Sorgen. *) Sturm, Nene lyrische Gedichte. Leipzig, Janbcn. 1894. S. 71.

14

Ach, und oft schmerzen Tiefer verborgen Wunden im Herzen.

Aber gerade unter dem still und geduldig getragenen schweren Llreuz und bei der Einfachheit seines Lcbcnsganges hat sein rastlos thätiger Geist sich wunderbar reich entfaltet und goldene Früchte in Hülle und Fülle zum herzerquickenden Genusse dargeboten.

Seine wahrhaft bienenartige Emsigkeit ist staunens- und be­ wundernswert. Sein Pult verbirgt noch allerlei Schätze, so eine Anthologie: „Der christliche Glaube in Bild und Gleichnis" von über 200 Aussprüchen aus dem Munde vieler frommer Männer, eines H. Müller, H. W. Beecher, Schottin re., auch des Sammlers selbst. — Im Jahre 1894 erst hatte er seine Freunde und Verehrer mit der Sammlung „Neue lyrische Gedichte" (Leipzig, Verlag von Alfred Janßen, 200 S.) überrascht, in welchem Liederstrauß man ben thüringischen Sänger wiedererkennt und freudig be­

grüßt. In diesem Jahr erscheint bei Brockhaus in Leipzig ein neuer Band religiöser Gedichte mit deut Titel „In Freud' und

Leid", den gedruckt zu sehetl ihm leider nicht mehr vergönnt war. Der Sangesmeister ist so bis in sein hohes Atter pro­

duktiv geblieben.*) ♦) Voraus gingen

(Lpzg., Alad. Buchh.).

im Jahre 1891

„Neue Harfenllänge für Israel"

Früher sind nachstehende Gedichte religiösen Inhalts

erschienen: „Fromme Lieder" (Lpzg., BrockhauS, 1. Tl. 1852; 12. Ausl. 1893; 2. ZI. 1858; 4. Anfl. 1892 ; 3. Tl. 1892).

„Zwei Rosen" oder „Das hohe

Lied der Liebe" (ebd. 1854; 2. Ausl. 1892).

„Israel. Lieder" (3. Ausl. 1881).

„Boil der Pilgerfahrt" (Halle 1868). „Gott grüße dich". Religiöse Gedichte (Lpzg., Brockhaus, 1876; 4. Ausl. 1892). „Aufwärts!" Neue religiöse Gedichte (ebd. 1881).

„Ich bau' auf Gott!" (Bremen, HeiirsiuS, 1883).

„Dem Herrn

mein Lied" (ebd. 1884). „Palme und Krone" (ebd. 1888). Weltlichen Inhalts sind:

„Gedichte" (Lpzg., BrockhauS, 1850 ; 6. Aufl. 1892).

„Neue Gedichte"

15

Sturm ist eigentlich nur Lyriker, während sein begabter Sohn August, z. Z. Rechtsanwalt in Naumburg, sich auch schon auf dramatischem und epischem Gebiete mit Erfolg versucht hat.

Aber gerade in der Beschränkung hat sich unser Dichter als Meister bewiesen. Man kann ihn nach Geroks Tod als einen der bedeutendsten, wenn nicht als den bedeutendsten Dichter auf dem Gebiete der geistlichen Lyrik bezeichnen, doch darf man ihn auch in

der weltlichen anderen hervorragenden Poeten der Gegenwart ge­ trost an die Seite stellen. An Reinheit und Ernst der Gesinnung

steht er hoch über gar manchen vielgepriesenen Modedichtern unsrer Zeit, die in Nachahmung französischer Muster, eines Emile Zola und anderer, des Norwegers Henrik Ibsen, beson­ ders auch auf dramatischem Gebiet nach unserem Dafürhalten

falsche Bahnen eingeschlagen haben und derer: Geistesprodukte für unser Volk Don keinem Segen sein können. Ben hohem Interesse ist eine Vergleichung von Professor

Dr. W. Beyschlags Vortrag unter dem Titel „Ein Blick in das jnngdeutsche naturalistische Drama vom Standpunkte der inneren Mission" (Halte a/S., E. Strien, 50 Pfg.) mit dem von anderen Anschauungen und Auffassungen ausgehenden Aufsatz von O. N.

„Der Naturalismus auf der deutschen Bühne" in den Fliegen­ den Blättern aus dem Rauhen Hause (Novemberhest 1895), welch letzterer mit den Worten schließt: „Wie vermessen auch (ebb. 2. Aufl. 1880).

„Für das HauS", Liebergabe (ebb. 1861).

Bilber" (2 Tle., ebb. 1870 ; 2. Aufl. 1892). (Halle 1870).

„Spiegel

der Zeit in

Fabeln"

„Märchen" (Lpzg., Breitkopf & Härtel, 1881). (Lpzg, Amelang, 1880 ; 2. Aufl. 1888).

„Lieber nnb

„Kampf- unb Siegesgebichte" (Lpzg., BrockhauS,

„Immergrün.

1872).

Neue Lieber"

„Neues Fabelbuch" (Lpzg., Dürr,

1881). „Buch für meine Kinber" (ebb. 2. Aufl. 188 ). „Natur, Liebe, Baterlanb" (Lpzg., BrockhauS, 1884).

„Kinberlieber" ^Nürudg. 1894).

„Bunte Blätter" (Mittend, HerrofS, 1885).

16 die zuchtlose Schar sich ihrer Herrschaft rühmt und wähnt, sie habe die Kunst der Zukunft in Händen, sie können nicht um­ stoßen, was nun schon seit zwei Jahrtausenden als das Wesen der Kunst erkannt ist: Wahrheit und Schönheit. Die Wahrheit

hat der Naturalismus uns wiedergebracht, aber sie zu einseitig auf den Thron erhoben, möge er sich jetzt auch wieder zur Schönheit wenden, die nun doch einmal, gleichviel ob man sie nun als Schönheit der Form oder des Inhalts faßt, zur Hervor­ bringung dessen unumgänglich ist, was auf den Namen eines Kunstwerks im höchsten Sinne Anspruch machen will.

Wo aber

Wahrheit und Schönheit vorhanden sind, da stellt sich die Sitt­ lichkeit von selber ein. Hoffen wir, daß diese unsre frohen Er­

wartungen für die Zukunft der deutschen Bühne nicht getäuscht werden". „In der Verurteilung der naturalistischen Weltanschau­ ung und Moral", schreibt der Herausgeber in seinem angefügten Nachwort, „in der Sehnsucht nach einer Kunst, die, von den

Mächten des Evangeliums durchdrungen, das deutsche Volk er­ hebt und läutert, besteht bei beiden Herren kein Unterschied".

Und was vom Drama gilt, gilt auch von der Lyrik.

Mit Recht hat Dr. Fr. Kirchner in seinem „Streifzug durch die jüngste Dichtung" sich als Gegner der „Naturalisten", der Modernen und der Modernsten bekannt. Es liegt nämlich» eine

tiefe Wahrheit in den Worten Geibels: Mag die Welt vom Einfach-Schönen Sich auf kurze Zeit entwöhnen,

Nicht genügt ihr auf die Dauer Schnöder Unnatur zu fröhnen.

Man muß freilich mit einer ganz anderen Gesinnung an Männer wie Geibel, Gerok und unsern Sturm herantreten als

ein Conrad, der den erstgenannten zu den „guten, alten Schafen"

17 zählt, oder als ein Bleibtreu, der ihn in seinem „Größenwahn" als „wohlschmeckendes Brechpulver für Backfische" bezeichnet. Bor solcher Kritik würde unser thüringischer Sänger allerdings auch wohl kaum bestehen. Wir lassen ihm aber, wie auch den beiden anderen den wohlverdienten Lorbeer nicht entreißen.

Seit 50 Jahren arbeitete er unermüdlich an der eigenen dichterischen Vervollkommnung und erscheint so als ein durch­

gebildeter Geist von hoher Begabung, innerlich tiefem, reichem Gemütsleben, als ein feiner Kenner und Beobachter der Welt, der Natur und des Menschenherzens. Wiewohl der süddeutsche Gerok dem norddeutschen Sturm an Reichtum und Schwung der Phantasie unfraglich überlegen

ist, zeichnet sich der letztes durch Schlichtheit und Einfachheit aus, wie ein ähnliches Verhältnis zwischen den beiden Dichter­

heroen Schiller

und

Goethe

besteht.

An

Gemütstiefe

und

Glaubenskraft steht unser Meister sicher Gerok nicht nach.

In seiner Eigenart macht Sturm einen tiefen Eindruck auf das gereifte Lebensalter, auf ernst angelegte Gemüter. Die Schlichtheit seiner Dichtungsweise hat etwas so Gewinnendes,

Anziehendes für empfängliche, allem Ungesunden abholde Leser, daß sich daraus schon die langjährige treue Mitarbeit an der

Monatsschrift „Pfarrhaus" und seine Beliebtheit im Kreise der Abonnenten dieses Blattes erklärt. Durch diese Veröffentlichungen ist unser thüringischer Sänger besonders in Pfarrkreisen bekannt geworden und hat man sich da infolgedessen für seine reichen Gedichtsammlungen interessiert.

Doch beschränkt sich die Würdigung keineswegs auf den geistlichen Stand, sondern sein Dichtergenius hat auch sonst wiederholt verdiente Anerkennung gefunden. In G. Scherers Dichterwald sind z. B. acht seiner Gedichte ausgenommen. Sehr

2

18 viele seiner Lieder sind in Volkslesebüchcr übergegangen, in dem „Bremer" finden sich allein gegen 20. Das deutsche Lesebuch für höhere Unterrichtsanstalten von Dr. Hermann Masius ent­ hält außer dem nachher crtvähntcn (Gedicht: „Der Bauer und sein Kind" sein schönes „Schwalbenlied". Ein dem Dichter in Karlsbad in die Hand gekommenes Lesebüchlein brachte als

erstes Gedicht: „Gott grüße dich". Auch wurden sehr viele seiner Lieder komponiert und noch immer treffen neue Kompo­ sitionen in Köstriß ein. Manche wohlverdiente Auszeichnungen sind ihm geworden. Für seine Lieder, die während der großen Zeit 1870/71 entstanden, hat den patriotischen Sänger der verstorbene Großherzog von Mecklenburg mit der goldenen Me­ daille für Kunst und Wissenschaft geehrt. Als der Friede ge­ schlossen tvar, ließ Sturm in Gemeinschaft mit dem Kapellmeister Fr. W. Kücken eine Fricdenshymne erscheinen, deren Widmung Se. Maj. Kaiser Wilhelm I. noch in Versailles gnädig annahm. Bei dem. Besuch des Kaisers in Schwerin begrüßten ihn 400 Sänger mit diesem Hymnus. Im März 1893 überraschte die theologische Fakultät in Halle den alten Emeritus mit dem Toktordiplom, obschon er in der Stadt an der Saale nicht studiert hat. „Die Ehre tvurde mir ungelehrten Theologen als Dichter religiöser Lieder zu teil" schreibt der Dichter. Wohl ein

seltenes Vorkommnis! — Für das Militärgesangbuch dichtete er das „Kaisergeburtstagslicd", das in verschiedene Gesangbücher übergcgangen ist. Über die Entstehung berichtete er: „Ich hatte 6 Verse gemacht, aber Seine Majestät wünschte nur 4, damit das Lied ganz gesungen werden könne. Ta habe ich,

wenn auch seufzend, die hydraulische Presse angewendet. Ge­ wonnen hat das Lied wohl nicht. Überhaupt bin ich zum

Gelegenheitsdichter nicht beanlagt und dichte nicht gern nach

Vorschrift."

19 Außer in beut Militärgesangbuch finden sich fast in alten neueren (Gesangbüchern Lieder Von I. Sturm, die bleibenden Wert haben. Das badische (Gesangbuch hat nicht weniger als

13, das hessische freilich nur 2 ausgenommen und zwar: unter der Abteilung: Gnadenmittel, Wort Gottes No. 183 „Nun geh

uns auf, du Morgenstern" und unter der Abteilung: Friede und Freude No. 324 „Herz, mein Herz nicht in der Weite". Jeden­

falls sonn sich der evangelische Pfarrstand mir geehrt fühlen, daß ein solcher Mann aus seiner Mitte hervorgegangen ist, dessen Wort und That noch unsern Nachkommen wiederklingen wird. Wenn Von irgend einem Dichter oder Schriftsteller gesagt werden kann, seine Werke seien der getreue Abdruck seiner Persön­ lichkeit und es spiegele sich in ihnen sein inneres Leben, so ist dies bei Sturm der Fall. Wie der Mann, so seine Werke, seine

Poesieen: einfach, edel, innig, frisch und fromm. Große Bescheidenheit, freundliches, anspruchsloses Wesen,

innige Anteilnahme an dem Wohl und Wehe der Mitmenschen sind wohlthuende, charakteristische Züge in dem Bilde des Ver­ ehrten Mannes, Züge, die wir unschwer aus seinen Dichtungen heransfühlen und -finden können. Welche Herzlichkeit spricht aus dem wohl am meisten be­

kannten Gedicht:

Gott grüße dich!

Gott grüße dich! kein andrer Gruß

Gleicht dem an Innigkeit, Gott grüße dich! kein andrer Gruß

Paßt so zu aller Zeit. Gott grüße dich! wenn dieser Gruß

So recht Von Herzen geht, Gilt bei dem lieben Gott der Gruß

Soviel wie ein Gebet.

L0 Ein Muster poetischer Kleinmalerei und

der liebevollen

Teilnahme an dem Leide der Rebenmenschen dürfte sein Gedicht:

„Die alte Jungfer" sein, in dem uns der angeschlagene herzliche Ton so sehr sympathisch berührt.

Reizend ist auch „Der Bauer

und sein Kind", wo in feiner Weise das auf den ersten Blick

Unverständliche in der Natur auf Gottes Weisheit und Güte zurückgeführt und der Mißmut und Zweifel des Bauern durch

den Mund seines Kindes gestraft wird.

Ebenso sind die Gedichte: „Abcndlied", „Willkommene Ruhe",

„Ruhe" und „Warnung",

die

auch

wie das eben mitgeteilte

„Gott grüße dich" in G. Scherers „Dichtertvald" Aufnahme ge­ funden haben, kostbare Perlen an Inhalt und Form.

In

letzterer

ist Sturm überhaupt Meister,

nichts Ge­

zwungenes, Manieriertes, Gesuchtes ist zu entdecken, und ein Gleiches gilt von den Gedanken, die sich wie Glieder einer Kette ineinander schließen und einzeln, wie auch in ihrer Gesamtheit

ansprechen und gefallen. Dieser Vorzug tritt uns auch in den geistlichen Liedern wohlthuend

entgegen,

die

uns besonders

interessieren.

AlS

frommer Christ und Pastor vertieft sich Sturm mit Vorliebe

immer von neuem in „den unaufhörlich rauschenden, nicht zu leerenden Bronnen" der heiligen Schrift, der er vorwiegend den Stoff oder doch das Motiv zu seinen geistlichen Liedern ent­

nimmt.

Meisterhaft ist er in der gründlichen Auffassung und

freien dichterischen Verwendung biblischer Gedanken und Aus­

sprüche zu seinem Zwecke, so in den „Psalmentönen" über den 17., 23., 90., 123. und 143. Psalm. Überall berührt unS angenehm und befriedigend die Stille

und Ruhe eines in Gott lebenden und tief im Glauben wur­ zelnden wahrhaft frommen Gemüts, so, um nur eins hier an­

zuführen, in denl Lied zu dem 23. Psalm.

21 Du bist mein Hirt, führst mich auf deine Weide,

Und sichern Schutz hab' ich bei dir gewonnen, Du tränkest mich, daß ich vom Durst nicht leide, An deinem klaren und lebendigen Bronnen, Und bin ich müd', führst du zur Ruh' mich ein.

Wie ergreifend ist durch seine Schlichtheit das Morgengebet zu Psalm 143: „Mein Gott und Vater, ich befehle vertrauend mich in deine Hand!" Die kleine Sammlung „Altes Gold in neuer Fassung" zeigt uns den Schatzgräber, der mit Lust und Verständnis aus den Werken und Aussprüchen von Kirchen­ vätern und anderer frommen Denker und Gelehrten sinnige, tiefe Gedanken zu schöpfen und abzuleiten versteht und dieselben dann in neue Form gegossen, „in neuer Fassung", wie sich der Dichter ausdrückt, uns zum herzerquickenden Genusse darbietet. Es sei nur das eine Gedicht als Probe mitgeteilt:

Ruhe in Gott (nach Arnold). Gott, meine Seele freuet sich in dir, Fühlt sich in sel'ger Liebe dir verbunden,

Und alle Wünsche sind verstummt in ihr,

Weil sie Genüge hat in dir gefunden. Eine innige Liebe zu Jesus, als dem-Menschen- und Gottes­

sohn, ist in vielen seiner Lieder ausgesprochen, so in dem „Jesus" überschriebenen, von dem wir nur den ersten Vers hier bringen: Mein Jesus» du Bist meine Ruh',

Und dir eilt meine Seele zu, Denn du bist mein

Und ich bin dein Und kann bei dir nur selig sein.

22 Überhaupt erfreut uns in Sturms geistlicher Lyrik der von allem Überspannten sich freihaltende gesunde frische Glaube, der nicht in Worten stehet, sondern in Kraft, der in der Liebe sich zeigt und thätig erweist. Am klarsten und deutlichsten tritt uns das in der Sammlung „Fromme Lieder"*) entgegen, aus der hier nllr das eine Gedicht Seite 66 mitgeteilt sei, während auf die Gedichte Seite 27, 29, 51, 80, 87 und 148 als besonders kostbare Perlen hingewiesen und aufmerksam gemacht wird.

Tie Liebe nur bleibet, Und sie nur allein Führt uns in die Wohnung

Ter Seligen ein. Und wäre die Liebe Nicht mit uns gereist,

Wir ständen inmitten

Tes Himmels Venvaist. Togmatisches Element findet sich nicht in seinen Gedichten,

dagegen ist die Verklärung des ganzen Lebens und all seiner Pflichtenkreise durch Christi und seiner Jünger Wort, Vorbild und Geist der verborgene Zweck, den der Dichter im Auge be­ hält. Die Person Christi in ihrer ganzen Heils- und Heiligkeits­

fülle steht im Mittelpunkt seines Lebens. Tiefe Demut, das Bewußtsein der Gnade und der Gotteskindschaft und daraus

entspringende echt natürliche Lebensfreude, aber auch auf der andern Seite stille, gläubige Ergebung in Gottes oft so dunkelen Führungen und Wege — diese Äußerungen seines tiefreligiösen Herzens sind der stille Grund seines geistigen Lebens und aus *) Sturm, Fromme Lieder. L Teil. 12. Aufl. Leipzig, BrockhauS, 1893.

23 ihm entspringen seine Lieder in ihren verschiedenen religiösen Tönen und. Stimmungen.

Besonders charakteristisch erscheinen

in dieser Hinsicht die neueren geistlichen Lieder: „Bitte", „Heim­ suchung", „Neugestärkt", „(Glaube, Hoffnung, Liebe", „Gnade", „311 Jes. 41, 10" ?c., von denen mir das erste mitgeteilt sei.

„Bitte". Herr, las; mich nicht verzagen

In dieser trüben Zeit, Mich kühn zu hoffen wagen Trotz allem Widerstreit.

Ach, in Parteien zerspalten Ist mein Volk allerwärts, Durch deiner Gnade Walten Schafs' ihm ein einig Herz.

Bei aller Einfachheit und Anspruchslosigkeit hat Sturms keusche Muse einen vornehmen, edlen Eharakter. Allem Las-

eiven und Frivolen abhold, verschmäht der Dichter jeden ge­ wöhnlichen, niederen Gedanken, jeden unfeinen Ausdruck, jede unschöne Wendung. Seine Geistcsprodukte sind von seltener Anmut und Reinheit. Wer Reizung der Sinnlichkeit sucht, wird seine Sammlungen bald enttäuscht weglegen und nach anderer Kost greisen, wer aber an Edlem, Hohem und Idealem Gefallen findet, der wird bei längerem gesteigerten Genus;, den ihm seine

Werke bieten, den liebenswürdigen thüringischen Sänger immer mehr schätzen und lieben lernen, zumal sich der Dichtergreis eine seltene jugendliche Begeisterung für alles Wahre, Gute, und Schone bis in sein hohes Alter bewahrt hatte und noch in seiner letzten Sammlung von Gedichten (Neue lyrische Gedichte, Leipzig, Janßen, 1894) von Lenz und Liebe, — köstlich ist: „Sie war

24 ein Kind noch gestern", S. 118 — von Ehe und Hausstand, von Wellvorgängen und persönlichen Erlebnissen und Erfahrnngen in so frischer, anziehender Art zu singen versteht, daß man nicht recht weiß, ob man mehr die produktive Kraft des alten Emeritus oder die Elastizität dieses Dichtergeistes be­

wundern soll. Kennzeichnend ist das als Motto vorausgestellte ganz kurze, aber herrliche Gedicht:

Mein Lied. Nie hab' ich ein Gefühl erlogen, Ich singe nur, was ich erlebt,

WaS müd' nicht wird in mir zu wogen, Vis es im Lied sich ausgelebt. Die meisten seiner Lieder, besonders auch die in der letzten Sammlung sind kurz, ein Vorzug, den bekanntlich der große Goethe rühmt, wenn er sagt: „Nur ein Hauch sei dein Gedicht". Diesen Ausspruch hat Sturm in abgekürzter Form einem Lied in derselben Sammlung (S. 39) als Überschrift vorausgestellt, daS seiner zarten Schönheit wegen hier einen Platz finden soll:

„Nur ein Hauch".

Nur ein Hauch ist oft mein Lied,

Leicht vom Wind getragen; Worin seine Macht besteht,

Wer vermag's zu sagen? Ob es süße Lust erweckt, Schmerz in Schlaf gesungen, Lang' im Herzen hallt es nach,

Wenn es längst verklungen.

25 Ferner äußert er sich in demselben Sinne in dem Gedicht „Kritik" (S. 84), wo er betont, nicht weil es dem Dichter an

Gedanken fehle, seien seine Lieder klein, sondern weil es sein Bestreben sein müsse, das, was sein Herz bewegt, in begrenzte Formen hineinzudrängen.

Tie Meisterschaft bewähre sich darin,

daß mit wenig Worten die Herzen gefangen werden.

Denn

heißt es in dem erwähnten Gedicht:

„Gar mancher spinnt dem Seiler gleich, Ist erst das Rad im Gang, Den Faden aus Gedankcnwcrg Unendlich dünn und lang."

So entspricht unser Sturm der Forderung des Altmeisters und daß er es thut, ist ein neues Zeugnis für seine glänzende Begabung. Diese zeigt sich in allen Gattungen der Lyrik. Wie wundervoll sind seine Gedichte, die den eignen Hausstand be­ treffen, die uns den ehrwürdigen Dichterpastor in fernem Ehe­ glück, in dem Kreise seiner Lieben, in der Freude an seinen Kindern und Enkeln, als glücklichen Gatten, Bater und Groß­

vater zeigen: wie etlvci in „Eigner Herd ist Goldes wert", „Am verlassenen Neste", „Im stillen Haus" (S. 78—80 in den N. lyr. Gedichten)! Von diesen drei köstlichen Liedern sei nur das erste hier mitgeteilt: „Ich habe gespeist auf Silber und Gold

Gerichte wunderbar feine, Und habe getrunken aus lichtem Kristall Die köstlichsten aller Weine. Doch besser schmeckt mir tausendmal,

Was als Ersatz mir bot Der Herr an meinem eignen Herd, Das selbstverdiente Brot."

26 Dasselbe gilt von seinen vielen herrlichen Natürlichern, die, voller Stimmung in melodischem Flusse dahingleitend, ihre

tiefe Wirkung aus unser Herz und Gemüt nicht verfehlen.

Tas Auge des Dichters schweift zuweilen in die weite Ferne, zumeist ruht es aber mit Vorliebe auf dem Schönen und Herr­ lichen, das in der engeren Heimat in Gottes großer Schöpfung, „stuf der freundlichen Erde" sich zur Bewunderung und zum

Genusse darbeut. Eine«! Paul Gerhard gleich rühmt er der schönen Gärten

Zier, der Bäume Pracht, er hat seine helle Freude an den holden Blümelein, an der „einsamen Rose", an den „leichtbeschwingten" Vögeln und deren süßen Gesang, an Feld uiib Wald, er liebt seine schöne Heimat, sein Thüringerland mit seinen alten Burgen und Schlössern, mit seinen anmutigen, grünen Thälern, mit seinen dunkeln bewaldeten Bergen. Wir heben aus der großen Zahl dieser Gattung nur fol­ gende vier Lieder der neuesten Sammlung „Neue lyrische Ge­ dichte" hervor: „Frühling" (S. 10), „Mein deutscher Wald" (S. 19), „Im Sonnenschein" (S. 34) und eins der schönen Herbstlieder (S. 74), von denen wir nur das letzte hier auf­

nehmen können:

„Herbstlied". Mit ihren Liedern flogen Die Vögel übers Meer, Und weite Nebel wogen Durch Fluren öd' und leer. Leis rieseln von den Bäumen Dem Staub die Blätter zu,

Die Sonne mag nicht säumen,

Geht hinterm Berg zur Ruh',

27 Kühl weht der Wind aus Norden,

Kein Laut mehr weit und breit,

Es ist so still geworden, Als wär' es Schlafenszeit. Tiefem schwermütigen, stimmungsvollen Hcrbstlied möge sein

nicht minder gelungenes fröhliches, crweckliches Frühlingslicd, ein echtes, geistlichem Volkmlied, gegenüberstehen:

O schau dich um in Wald und Feld, Lieh, wie Erstorb'nes anfersteht, Wohin der Strahl der Sonne sollt, Tie segnend ihre Bahnen geht-.

Ten Baum bekleidet dust'ges Wriiii, Ter dürr den Zweig gestreckt empor, Es sproßt die Saat und Blumen blüh'», Wo nichts als Schnee und Eis zuvor.

Ter Käser steigt ans dunkler Gruft Empor, die winterlang ihn barg,

Ter Falter schwingt sich in die Lust Und läßt zurück den leeren Sarg. Und mit der Vöglein Lobgesang

Und Blütcnduft, der dich umweht,

Vermischt sich frommer Glockenklang Und stimmt die Seele zum Gebet. Doch, was du immer siehst gescheh'», Und lvas dabei dein Herz empfand, Des Frühlings Sprache lvird versteh'»

Nur, wer mit Christo auserstand!

SS Welche Melodik in der Sprache, welche Reinhet und Schön­ heit in Ausdruck und Form! Unser Dichter hat in für alles Schöne und Erhabene empfängliches und begeisterts Herz. Wir finden es so selbstverständlich, daß ein Mann wie

Sturm gleich einem Geibel, Gerok und anderen qi den großen Ereignissen in 1870/71 lebhaften Anteil nahm und seinen edlen patriotischen Gefühlen im Liede Ausdruck verlieh. Er begleitet im Geiste die deutschen Heere von Kampf zu Kanns, von Sieg zu Sieg und schenkt unserm deutschen Volke in jner großen,

ernsten Zeit in seinen „Kampf- und Siegesliedrn" manche Gabe von bleibendem Wert, wenn auch keiner seinerpatnotlschkN Gesänge so bekannt und berühmt geworden, wie.'twa Freiligraths „Hurra Germania" oder Geibels „am 3.Septmber 1870", Nun laßt die Glocken re., oder Geroks längeres Gdicht „Zum Friedensfest": „Nun laßt durchs Land die Fredensglocken schallen" 2C. Edler Patriotismus atmet z. B. auS dem deutchen GebetSlied: „Wir sind, Herr Zebaoth, vor deinen Thron getreten" rc. Sein tiefes Gemüt offenbart sich in Gesängen wie In Deutsch­

lands Frauen", „An die Mütter, deren Söhne im kampf für'S Vaterland gefallen sind" und vielen anderen. Blondere Erwähnung und Hervorhebung verdient das „Lied un:rer Krieger beim Friedensschluß" (aus: Dichterklänge aus Deutschlands großer Zeit. Langensalza, Beyer u. S. 3. Aufl. 1893):

Du warfest auf, Herr, dein Panier Für unser Volk und Vaterland, Und deinem Rufe folgten wir, Und nach dem Schwerte griff die Hand, Und bei des Herzens bangem Schlag Sah weinend uns die Liebe nach.

29

Mit dem schönen Gebetswunsch am Schluß:

Erhöre gnädig unser Fleh'n, Vertrauend sind wir dir genaht: Las; die ersehnte Frucht ersteh'n

Aus blutiger, thänenreicher Saat, Daß Deutschland einig, stark und frei, Ein Hort des Völkerfriedens sei!

Gott hat diesen heißen Wunsch des patriotischen Sängers gnädig in Erfüllung gehen lassen. Schon 25 Jahre lang ge­

nießen wir die Segnungen des Friedens. Groß und mächtig ist unsre deutsche Nation geworden, das deutsche Reich steht ge­ einigt und festgcgründet da, unter der thatkräftigen, zielbewußten, treuen Regierung Sr. Maj. des Kaisers Wilhelm II., der als Friedenskaiser die Ehre und das Ansehen unsrer Nation nach innen und außen energisch zu wahren weiß und unsrem Volke

wie den übrigen Völkern mahnend zuruft: „Wahret eure heiligsten Güter!" und bei seinem Schwur gelegentlich der Jubiläumsfeier

des deutschen Reiches

in Berlin in edler Begeisterung

aus­

gerufen hat: „Ein Reich, Ein Volk, Ein Gott!" Mit dieser schönen Losung will ich mein Dichterprofil be­

enden, es einer berufeneren Feder überlassend, ein volles Bild

dieser Skizze nachfolgen zu lassen. Wir haben einen Blick thun dürfen in die Werkstatt eines rastlos thätigen Geistes, in das Herz eines großen imb edlen

Menschen und Dichters, der am Ziele seines Lebens im Gefühl

der täglichen Erschlaffung seiner Kräfte sich auf das „einzige Geschäft — lieben" glaubte beschränken zu sollen und in stiller

Zurückgezogenheit mit Dank zu seinem Gott und in tvehmütiger

30 Freude zugleich rückwärtsblicken konnte auf ein gesegnetes arbcits- und liedcrrciches Leben Volt Rosen und Dornen, auf

„entschwundenes, froh genossenes Glück". Diese Beschränkung ist ihm aber bei seinem Eifer recht schwer geworden, er glaubte

keine Zeit zu haben, müde zu jein, und erst ganz zuletzt in seiner schweren Krankheit entsank die rastlose Feder seiner im höchsten Alter noch so festen und gewandten Hand. Zärtliche Liebe, die er so reichlich gab und nahm, erleichterte ihm die Schmerzenstage seiner letzten Lcidenszcit, von der er trotz der hingehendsten Pflege nach (Lottes Rat nicht mehr gcnesen sollte. Durch die Liebenswürdigkeit seiner treuen Lebens­ gefährtin Clara, geborenen Schottin, ist cs mir ermöglicht, noch zum Schluffe einige Mitteilungen über die letzten Tage unseres

greisen Dichters hinzuzusügcn. Als Mitte April seine Leiden den höchsten Grad erreicht hatten, wurde seiner besorgten Familie aus dem Munde eines bedeutenden Arztes die Mitteilung gemacht, das; es eine neue, bis jetzt ungenannte kleine Operation gäbe, die diese Art Schmerzen nicht nur lindern, sondern im günstigen Falle sogar­

heilen könne, und wurde ihr hierauf aus eine Anfrage auch von einem Professor aus Leipzig dieselbe trostvolle Aussicht eröffnet. So wurde denn mit unsäglicher Mühe dre schwere Reise nach Leipzig imtcrnoinmcn, die bei dem Gesunkcnscin der Kräfte des Patienten fast schon unmöglich schien.

Die Operation gelang,

die Wunde war geheilt; trotzdem besserte sich der Zustand nicht, die Kräfte sanken täglich und die Schmerzen halten eine andere, aber ebenso schwere Gestalt angenommen. Die geliebte Gattin

nebst Schwiegertochter aus Gera pflegten ihren teuren Kranken aufs zärtlichste und hofften von einem Tag zum andern. Am Sonnabend den 2. Mai kamen voller Hoffnung der älteste Sohn

und seine Frau aus Naumburg zum Besuche, gerade noch recht,

31 um imrf) einem abermaligen Schmerzansalle den teuren Vater

in den Armen ihrer Mutter sterben zu sehen. — So erlöste zuletzt ein sanfter Tod unseren großen Dichter von seinen unsagbaren Schmerze!:, von seinem schweren Leiden, von den Sorgen, Mühen und Beschwerden seines langen Lebens,

er machte freu unermüdlichen Greis zu einem stillen Mann, wie

er das selbst so ergreifend im Jahre 1890 ausgesprochen in dem schönen Gedichte:

Wie lange nod)?*) Wie lange noch? Ein letzter Hauch, und dann?

Die Meinen stehen trauernd um mich her, Die Augen feucht, das Herz von Kummer schwer, Ich aber liege da, ein stiller Mann.

Vergessen ist, was ich an Glück gewann, Doch fühl' id) and) von Schmerz und Leid nichts mehr lind nichts von Sorge, Mühen und Beschwer; Des slücht'gen Lebens flücht'ger Traum zerrann.

Man trägt mich fort.

Der braune Sarg siel zu.

£, wie man doch so leicht zum Grabe reift! Ich bin am Ziel. Man senkt mich ein zur Nuh.

Die Schollen rollen auf den Sarg hinab. Der Staub zum Staub! Zu Gott zurück der Geist! Still neben andern Gräbern liegt mein Grab. —

Den Angehörigen blieb nun die schwere Ausgabe, die gegeliebte Hülle in- die alte, liebe Heimat zu bringen, für die er so geschwärmt, die er so oft und schön besungen, nach seinem geliebten, rosenduftenden Köstritz, wo er auch seine letzte Ruhe*) Neue lyrische Gedichte.

Leipzig, Janßen.

1894.

S. 70.

32

stätte finden wollte.

In liebevollster Pietät suchte ihm seine

alte, liebe Gemeinde das schönste Plätzchen auf ihrem Gottesacker aus, wo er unter zwei großen malerischen Trauerweiden, zu

denen die nahen hohen Bäume des Parks ihre Trauermelodieen hcrüberrauschcn und die Vöglein, die er so sehr liebte, ihre „alten lieben Lieder" herübertönen lassen, unter unzähligen Blumen und Palmen sanft gebettet. ruht. Im lieblichen Lenz, dem so

viele seiner herrlichen Lieder gelten, ist er heimgegangen, in der schönen Frühlingszeit wurde er ins Grab gelegt, im Frühling, der überall Erstorbenes erstehen läßt, nur „aus den Gräbern die Toten nicht herausführen" kann. — Bei der erhebenden Totenfeier, an der Tausende, unter ihnen auch sein ehemaliger Zögling, der durchlauchtigste Fürst und Landesherr, sowie der Erbprinz und Gefolge ticfergriffen teilnahmen, wurden viele hochehrende Worte geredet, von denen die des Ortsgcistlichen über Evang. Joh. 21. 23: „Dieser Jünger stirbt nicht" wohl die ergreifendsten und für die Angehörigen trostreichsten gewesen sein mochten. Mit seiner Witwe, 3 Kindern und allen Angehörigen trauern über seinen Heimgang alle, die an echter Poesie wahre Freude haben. Er ist es wert, daß wir ihm ein treues, liebevolles Andenken bewahren. Wir verlieren in ihm einen Sänger von Gottes

Gnaden, wie schon oben gesagt, den bedeutendsten der seither

lebenden specifisch christlichen Dichter. — Nun ist das Abendrot dieses vergänglichen,

mühseligen

Lebens für ihn zum Morgenrot eines ewigen und seligen Lebens geworden, nun ist er heimgegangen ins Reich der Vollendung zu seinem Gott, dem wir dafür danken, daß er diesen herrlichen Mann bis ins hohe Alter hinein geistig und körperlich so selten frisch und rüstig erhalten hatte, und will ich mit Sturms eigenen gläubigen Worten, die er noch vor wenigen Wochen in seinem

33 lieben, letzten Briefe an mich schrieb, schließen: „— und wo es

für mich Abend geworden und die Nacht immer näher ruckt, sehe ich hoffend dem Tag entgegen, der meinen Lauf hier­ beendet und an dem mich Gott aus der Welt trügerischen

Scheines einsührt in das Reich der Vollendung."

Denn sagt unser Dichter — und das mag auch von dieser Skizze gelten: Alles ist Stückwerk An rlns auf Erden, Aber vollendet Soll es einst werden.

Gott als dem Meister Muß es gelingen, Hohes zu bilden Aus dem Geringen!

Anhang. Vollständige Wiedergabe der in der Skizze über Julius Sturm

angeführten Gedichte und Lieder.

Geistliche Lieder. Airchenliedcr. Nr. 183 im Hess. Gesangbuch. 1. (Gwjritn geh' uns auf, du Morgeustern, Du seligmachend Wort deS Herrn, Du Pfaud des Heils, das uns im Sohn Ter Vater gab von seinem Thron. 2.

Bereitet ist für dich die Bahn, Die Herzen sind dir aufgethan; Wir sehnen uns nach deinem Licht Und seufzen auf: Versäum' uns nicht.

3. Du Wort der Wahrheit, laut'rer Quell,

Mach' unsre dunkeln Augen hell, Daß wir die Wege Gottes seh'n,

Nicht in der Wahrheit irre geh'n.

38



4. Tu Wort der Buße, füll' das Herz Uns an mit tiefem Neueschmerz, Das; unser Flehn und Seufzen sei: Gott steh' uns armen Sündern bei!

5. Du. Wort der Gnade, tröstend Wort, O bring' uns Botschaft fort und fort Von ihm, der für uns litt und starb, Und uns Gerechtigkeit erwarb. 6. Du Wort des Glaubens, gieb uns Kraft, Daß wir, der Eitelkeit entrafft, Im gnädig dargebot'nen Heil Ergreifen unser ew'ges Teil. 7. So geh' uns auf, du Gottesglanz, Durchdring' uns und verklär' uns ganz, Du Wort, das noch in Kraft besteht, Wenn Erd' und Himmel untergeht.

39

Nr. 324 im Hess. Gesangbuch.

1.

erz, mein Herz, nicht in der Weite,

In der Nähe wvhnt das (Wiirf! Glaube, liebe, hoffe, leide,

Und kehr' in dich selbst zurück. 2. Wuchsen über Nacht dir Flügel,

Schneller als der Sonne Strahl, Trügst doch über Berg und Hügel Rastlos deiner Sehnsucht Qual.

3. Denn die Welt kann dir nicht bieten

DaS, wonach du Heist verlangst; Denn die Welt hat keinen Frieden, Hat nur Streit und 9?ot und Angst. 4. Ewig wechselnd ist ihr Streben,

Ewig wechselnd ist ihr Ziel; Was ihr heute Rast gegeben, Morgen ist's der Winde Spiel. 5. Drum, mein Herz, nicht in der Weite, In der Nähe such' das Glück!

Glaube, liebe, hoffe, leide, Und kehr' in dich selbst zurück.

40

Sonstige geistliche Lieder (aus dem „Pfarrhaus").

(psafmenfone. Ausblick. Nach Psalm 17.

b sich dein Antlitz mir verhülle, Du thust mir kund den Weg zum Leben; Vor dir, Herr, ist der Freuden Fülle Und lieblich Wesen und Vergeben.

Lehr' mich bedenken, daß ich sterben must. Nach Psalm 90.

Icidj einem Strom fährt meine Zeit dahin, Und meine Tage schwinden wie ein Traum. Wie Gras verwelk' ich, und ich blühte kaum. Was blieb mir wohl als dauernder Gewinn? Wie ein Geschwätz hab' id) die Zeit verbracht, Nicht an den Tag der Rechenschaft gedacht. Ach lehr' mich, Herr, bedenken, was mir droht, Und mich erstreben, was mir einzig not: Last' Deines heil'gen Sohnes Jüngern gleich Auch mid) Gewalt anthun dem Himmelreich.

41 Geburt. Nach Psalm 121.

er Herr läßt deinen Fuß nicht gleiten,

Der Dich behütet, schlunlmert nicht, Wird über dich die Hände breiten,

Daß Sonne nicht, noch Mond dich sticht. Er lasse dir, Tag aus und ein, Gesegnet Aus- und Eingang sein.

Morgengebet. Nach Psalm 143.