Johann Craig’s Grundzüge der Politik: Untersuchungen über die wichtigsten bürgerlichen Angelegenheiten, nach der Erfahrung [Reprint 2018 ed.] 9783111687971, 9783111300610


178 99 47MB

German Pages 1009 [1028] Year 1816

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Vorrede
Inhalt des ersten Bandes
Einleitung. Vorläufige Untersuchung über die Grundsätze der moralischen Billigung
1. Kapitel
2. Kapitel
I. Buch. Von der Regierungöverfassung
1. Kapitel. Don dem Wesen und den Gränzen der Regrungsrechte
2. Kapitel. Von der Bertheilung der politischen Gewalt
II. Buch. Von den Pflichten der Regierung
Einleitung
1. Kapitel. Von der Verwaltung des bürgerlichen Gesetzes
2. Kapitel. Don der Verwaltung des peinlichen Gesetze
Johann Craig's Grundjüge der Politik. Auf dem Englischen
Inhalt des zweiten Bandes
Fortsetzung des zweiten Buchs
3. Kapitel
4. Kapitel. und Leitung des Kapitalvermögens und der Industrie
5. Kapitel. Betrachtungen über die Bertbeilung des Vermögen unter die verschiedenen Klassen der Einwohner
Sechstes Kapitel. Gesetzliche Versorg««- der Armen
Siebentes Kapitel. Oeffentltch« Anstalten zur Bildung der Jugend
Johann Craig's Grundzüge der Politik
Inhalt des dritten Bandes
Einleitung
Erster Theil. Von direkten Steuern
Erstes Kapitel. Don allgemeiner Steuersepung
Zweites Kapitel. Von Landsieuern
Drittes Kapitel. Don Steuern von dem Ata« de« Geldes
Viertes Kapitel. Don unmittelbaren Steuern auf die Uebertragung de« Eigenthums
Fünftes Kapitel. Don Steuern auf Wohnhäuser
Sechstes Kapitel. Von Schatzungen und DerwtlligungSabgaben (ttc «nce Dutie«) auf desonderr Gattungen des Aufwand« «
Siebentes Kapitel. Don Steuern auf gerichtlichs Verfahren
Zweiter Theil. Von indirekten Steuern
Erstes Kapitel. Allgemeine Bemerkungen über indirekte Steuern
Zweites Kapitel. Don Steuern auf Lebensbedürfnisse.
Drittes Kapitel. Don.Steuern auf Handelsverkehrgen
Viertes Kapitel. Don Steuern auf die Erwerbvortheile besonderer Gewerbe und Professionen
Fünftes Kapitel. Don Steuern, die vermittelst Monopolien erhoben werden
Dritter Theil. Don Nationalschuld
Einleitung
Erstes Kapitel. Von dem StaatSsckuldcnwescn, betrachtet in Beziehung auf die Fortschrertung des Nationalvermögens
Zweites Kapitel. Von dem Staatsschuldensystem, in Beziehung auf die auswärtige Politik und die innere Verwaltung des Staates
Drittes Kapitel. Don dem Staatsschuldensystem, in Verbindung mit der Einrichtung eines Tilgungsfonds
Nachtrag
Einleitung
Zergliederte Inhaltsanzeige
Recommend Papers

Johann Craig’s Grundzüge der Politik: Untersuchungen über die wichtigsten bürgerlichen Angelegenheiten, nach der Erfahrung [Reprint 2018 ed.]
 9783111687971, 9783111300610

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Johann Craig'S

Grundzüge -er Politik. Aus dem Englischen.

In

drei

Bänden.

Erster Band.

Johann Craig's

Grundzüge der Politik. Untersuchungen übe» die

wichtigsten bürgerlichen Angelegenheiten, nach der Erfahrung.

Aus dem

Englischen.

Erster Band. Leipzig bei Georg Joachim Göschen

18*6.

Vorrede.

Alle gute Männer stimmen überein in dem Wun» sehe, daß nach Erlangung einiger Sicherheit vor äuß« ren Feinden, durch Aufopferung edlen Plutes, zwerkr mäßige Mittel gewählt werden mögen, die Sicherheit des Rechts im Innern festzustellen; und weil sie alle übereinstimmen, haben sie gegründete Hoffnung. Unser Wünschen muß aber nicht blöd im Allgemeinen bleu den, sondern auf bestimmte Punkte gerichtet werden. Allgemeine Wünsche und Klagen werden mit allgemein neu Dersicherungen und leeren Trostsprüchen beantwor, tet. An uns ist es, unfern Wünschen bestimmte Gestalten ju geben. Mit dem Eisen ist gearbeitet worden; die Zeit des Säend scheint da zu seyn. O, daß guter Saame ausgestreuet werde! Oie Deutschen scheinen vor andern zu verdienen, daß ihnen der Weg zu politischer Freiheit eriffuet werde; denn sie haben unjahlizcd Unrecht erduldet, sie haben Sklavenbehandlung erfahren, und dennoch den Sinn für Recht und Unrecht unverdorben erhalten; sie pflegen, wie tapfer sie sind, am längsten mit Grün» den und Gegengründen zu streiten, am spatesten an

IV

Vorrede.

die Gewalt zu appelliren. Die Gefahr der Trennung der Moral von der Politik, sowohl der äußern als der innern, scheint geringer zu seyn in Deutschland, als anderswo; sogar ein Talleyrand, rotnn es ihm nützlich dünkt, die Rolle eines Moralisten zu spielen, findet Aufmerksamkeit der Deutschen, statt Unwillen; und die Würlembergischen Stände «eigen sich durch genaueste Beobachtung des Rect.lö würdig, die Beob­ achtung beschwornen Rechts zu verlangen. Allgemein war es bekannt, daß die meisten Processe beim Reichs» kammergericht unentschieden bleiben mußten, weil die Zahl der Richter zu unverhältnißmaßig war zur Arbeit; aber die Idee der bloßen Möglichkeit der Rechteerhal» hing durch einen obersten Gerichtshof gab allen Deut» fchen eia wohlthätiges Gefühl, das ihnen unzählige wirkliche Uebel erträglich machte. Das alte deutsche StaatSgebäude ist gestürzt. Die Minister der meisten deutschen Höfe haben nicht nur früher die Reichever» fassung laut getadelt, und sich bemüht zu zerstören, anstatt zu bauen auf dem festen Grunde, sondern sie verlangen jetzt sogar, daß all« Erinnerung des Alten ausgelöscht seyn solle. Als wenn das Gute so schnell vergessen werben könnte von deutschen Gemüthern! Diese verlangen, baß die Bruchstück« des zerbrochenen deutschen Reichescepters eben so verehrt werden sollen, als einst das Ganze verehrt ward. -— Ein Wunsch, Ein Verlangen des Volkes ist gehört worden: daß Volksvertretung sei; in der Wiener Akte des Bundes deutscher Fürsten wird verheißen, daß ständische Verfassung in allen deutschen Landen seyn

Vorrede. soll.

v

Der Anfang öffentlichen männlichen Lebens wird

werden in Deutschland. Zur Zeit, wo ständische Verfassung ln ganz Deutsch­ land eingerichtet werden soll,

und durch

Eröffnung

einiger politischer Einheit der bisher allemal ungewisse Besitz der bürgerlichen Freiheit den Deutschen gesichert werben wird, welche wahrhaftig würdig sind, daß sie vom

Gesetz

und nicht von Willkühr regiert werden,

scheint es von großer Wichtigkeit ju

seyn,

daß die

ausgemachten Wahrheiten der politischen Wissenschaft, daß die

Lehren der guten

und

nicht

der

schlechten

Politiker ausgebreitet werden. Die Politik aber

ist

eine Erfahrungswissenschaft,

eben sowohl als die kandwirthschaft oder die Medizin. Oie Erfahrung lehrt,

und

nur die

Erfahrung kann

lehren, daß es besser ist, baß die Kronen erblich find, als za

unternehmen,

finden.

durch Wahl den Würdigsten zu

Jeder würde, wenn er die Stimme der Ersah«

rung nicht

gehört hätte,

Wahlreiche für

vernunftge,

mäßer, für wahrscheinlicher beglückend halten, als Erb« reiche, wo der Zufall bestimmt, ob ein Unmündiger oder ein Starker, ein Guter oder ein Böser auf dem Throne fitzt.

Und doch hat die bitterste Erfahrung das Gegen*

iheil gelehrt, und alle Völker Europas find jetzt von der politischen Wahrheit überzeugt, als Wahlreich.

daß Erbreich besser ist,

Dieser eine Erfahrungssatz muß schon

überzeugen, daß reine Dernunftschlüffe nicht hinreichen, aas Deisammenseyn brvdeffeader Menschen glücklich zu ordnen.

Es giebt ähnlicher Erfahrungöfätze aber noch

manche andere.

Auf den ersten Anblick wird jeder ur«

Vorrede.

VI

theilen , daß in dem Lande, wo die Trennung der Ehe, im Fall beide Hälften klagen, daß sie nicht ju einander paffen, daß sie sich unglücklich machen, möglich nnt» leicht ist, unglückliche Ehen seltener seyn müssen,

als in dem«

jenigen, wo der oft leichtsinnig geschloffene Bund der Ehe schwerer oder nie gelöst werden kann; daß die Anwen» düng der besetze sicherer da seyn müffe, wo bas Gericht nur aue Männern besteht,

die ihr Leben der Gesetzkunde

gewidmet haben, als da, wo das Gericht jum Theil besetzt wird mit Bürgern anderer Berufeart, auö allen Klassen; daß eine legislative Versammlung besser für sorgen

das Volk

werde, wenn die Glieder derselben durch Jnstruk,

tivn ihrer Kommittenten angewiesen und gebunden wen den, als wo dies nicht geschieht; baß die Entscheidung über Krieg und Frieden besser gesichert schaft und Uebereilnilg,

wenn

sei vor Leidem

di« Entscheidung einer

großen Gesellschaft erwählter Männer des Landes zustehe, als wenn ein einzelner Mensch das Recht hat, das Wort Krieg a»ez»fprechen, daS Tausenden das Leben kostet, ehe es zurückgerufen wird; daß es eben so wenig nützlich seyn könne, als es nothwendig ist, erbliche Senatoren zu er« nennen; daß die Steuern da, wo Bewilligung von Ab» geordnete» des Volke nothwendige Bedingung »st, weniger hoch seyn werden, als da, wo allein die Willkühr des Fürsten sie bfimnmt.

Ader von allem diesem lehrt die Er«

fahrung das Gegentheil.

Die Politik, deren Gegenstand

der Mensch ist, wie er ist, muß ihre Satze schöpfe» aus der Beobachtung der Menschen, wie sic sind; die einzige Schlußakt, wodurch sie zu nützlichen Wahrheiten gelange» kann, ist ex juvantibus et iiocenlibns.

Weder der

V ollcd c.

vn

Verstand allein, noch die Einbildungskraft, noch das Gefühl ist fähig, in der Politik, noch in der Religion, Wahres und Gutes zu finden. Durch reine Schlüffe ist man gelangt auf den Satz, der noch jetzt zum Glaubensbekenntniß vieler trefflicher Männer gehört, daß der Staat und bas Verhältniß der Regierenden und Regierten auf einem Vertrage beruhe; der lebhafte Wunsch, daß alle Menschen glücklich seien, hat zu der Behauptung geführt, daß alle Bürger gleich seien, in noch ande­ rer Btjiehung, als im Angesicht der verbietenden Gesetze; die Einbildungskraft kann in einer Atlantis oder einem Utopien die Menschen, die sterblichen Menschen, im Lichte reiner Freude schwimmen lassen. Aber alles bas nützt zu nichts. Wer den Staat ;u stützen meint durch einen imaginären Grundvertcag, leistet schwerlich mehr, als der Bramin, welcher die Erde, damit sie nicht falle, von einer großen Schildkröte getragen werden läßt. Rousseau, der diese Meinung mit der größten unmännlichen Bered­ samkeit vortrug, lehrte zugleich: Stifter alles Unglücks unter den Menschen sei der, welcher zuerst ein Feld um­ zäunt und gesagt habe: dies ist mein. So weit kann sich verirren, wer über menschliche Dinge urtheilt nach einseitigen Ansichten, wer nicht den ganzen Menschen, seine Fähigkeiten und Bedürfnisse des Kopfes, des Her­ zens und des Leibes betrachtet, wer mit dem Verstände allein fortrechnet, oder mit der Einbildungskraft malt. Um Wahrheit, um nützliche Wahrheit ist es zu thun in der Politik, wie in allen anderen, aus dem Lebe» genom­ menen, und auf das Leben gerichteten Wissenschaften. Die Politik hat Wahrheiten, große Wahrheiten, deren

VIII

Vorrede.

jede 9.

und die Glückseligkeit Aller zu befördern, weniger zahlreich und wichtig sind, al- man sich gewtbnlick, eingebildet hat. I. DaS natürliche Recht, welches jeder Mensch besitzt, nach seiner eignen Wtlikühr zu handeln, muß offenbar in einiger Maße gekürzt werden, damit eine Anzahl von Indivtduen, oder vielleicht eine aanze Gesammtheit, sich zu» sammen für einen gemeinschaftlichen Endzweck verbinden können. Wenn öffentliche Beamte bestellt, öffentliche Werke ausgeführt, und öffentliche Maßregeln, sowohl in Beziehung auf die äußeren als inneren Staats» Verhältnisse ergriffen werden müssen, damit irgend eine Art von Uebereinstimmung statt finden könne, so ist es für einen jeden Einzelnen nothwendig, etwas von feinem natürlichen Recht über fein Eigenthum, seine Arbeit und Talente nachzu­ lassen. Die besondern Fälle, ln denen solche Aufopferungen durch das vereinigte Interesse des Gemeinwesens gefordert werden, sind durch positive Gesihe tn Gewißheit gescht» indem diese die nofürhehni Rechte dcS Menschen ausdrück, lich einschränken, und so In der That thr voriges Daseyn anerkennen; und in allen Fällen, wo solche Gesetze nicht ver­ hängt sind, behaupten die natürlichen Rechte ihre angkborne Kraft. Auf der andern Sette, wenn neue Vorrechte erschaf­ fen werden sollen, wird die Sprache des Gesetzes verändert; anstatt verbietend zu seyn, wird eS erlaubend, indem eS solche Rechte entspringen läßt und ertheilt, die früher nicht da waren. Wären alle Rechte der Individuen, durch die Errichtung der Gesellschaft, dem Gemeinwesen übertragen, so würde sich für beschränkende Gesetze tn keinem Fall Gele­ genheit finden; denn alles, was nicht gradezu erlaubt wäre, würde dann der That nach verboten seyn. Man könnte frei­ lich sich so ausdrücken, daß alle Privatrechte, nachdem sie erst dem Oeffentlichen überliefert worden sind, nachher zurück, gegeben werden, außer in so wett die Besitze eS anders be­ stimmen. Eine solche Hypothese kann unschuldig siyn, aber sie ist überflüssig. Bleiben die Rechte genau dieselben, so ist diese erdichtete Ueberlieferung und Zurücknahme aufS

i. Kapitel.

5- Abschnitt.

höchste nur, waS bi« Anwendung

einer

ii?

sehr verwickelten

Maschinerie da ist, wo der einfachste Hebel der Wirkung vollkommen angemessen seyn würde. Wenn wir bedenken, daß dt« natürlichen Rechte des Men« schen sich sowohl auf eine jede Handlung,

welche derselbe

verrichten kann, ohne seinen Nebenmenschen Unrecht zuzufü­ gen, als auch auf die freie Schaltung über das Eigenthum erstrecken, welches er erlangt hat;

und wenn wir mit der

unendlichen

Handlungen,

Mannigfaltigkeit von

zu

deren

Vollbringung ihn sein Interesse, oder seine Leidenschaften ver­ leiten mögen, die wenigen Fälle in Vergleichung sehen, in wel­ chen der Umkreis seiner Wtlltühr durch beschränkt, wir

oder bei Sette gesetzt

überzeugt

«erden,

daß

verbietende Gesetze

worden ist; so

sogar unter

«erden

den willtühr-

lichsten Regierungen der größer« Theil der Rechte des Men­ schen gewöhnlich gen

muß

der

geachtet wird. Besitz

dieser

Unter solchen Regierun­ oder

jener

Rechte

noth­

wendig unsicher seyn; aber ihr Daseyn wird durch die Er­ mangelung von Verboten, und durch das Gefühl des Un­ willens oder des Entsetzens,

das durch ihre etwanige Ver­

letzung erweckt wird, anerkannt. Hier nun scheint sich «ine Richtschnur zu finden,

ganz

außer Verbindung mit der Vertheilung der politischen Macht, nach der dle konstitutionellen Gesetze der verschiedenen Län­ der

gewürdigt

werden

können.

Diejenigen

wie auch immer ihre Formen seyn

mögen,

Regierungen, sind mit den

Grundsätzen der Gerechtigkeit die übereinstimmendsten, welche daS größte Maaß der Sicherheit und Glückseligkeit verbrei­ ten, die höchsten Krastäußerunqen des Verstandes entwickeln, und

zu

gleicher Zeit die individuelle Freiheit am weniqsten

beeinträchtigen. verschiedene Billigung

Aus

dem letztem Gesichtspunkte machen

Regierungen Anspruch.

auf

sehr verschiedene Grade der

Don einigen wird

der Mensch in

den gewöhnlichen Fällen sich selbst überlassen, um seine eigene Wohlfahrt auf eine jede Weise zu befördern,

die ihm die

ersprießlichste dünken maa; von andern werden die drückend-

H8

r. D u ch.

sten Verbote, und die verdrießlichsten Einmischungen so ver­ vielfältigt, daß der Mensch kaum in irgend einer wichtigen Handlung seines Lebens der Leitung seiner eigenen Wtllkühr überlassen bleibt. Auch hängt diese Verschiedenheit in der bürgerlichen Freiheit nicht gänzlich von der Errichtung ir­ gend einer besondern Regterungssorm ab. ES mag schwierig seyn, sich einen Despotismus vorzustellen, unter welchem die Rechte deS Menschen unabänderlich, oder auch nur im allgemeinen geachtet werden sollten; aber dagegen liefern Sparta und Venedig Beispiele von vergleichung-weise freien Regierungen, welche jene mit Füßen traten. II. Die Rechte, dem Unrecht Widerstand zu leisten und es zu bestrafen, können auf einen flüchtigen Blick das An­ sehen gewinnen, als seyen sie von den Individuen bet der Bildung einer regelmäßigen Regierung aufgegeben worden; aber eine genauere Untersuchung wird unö überzeugen, daß diese wichtigen Rechte keineswegs überantwortet worben sind, obgleich die Art sie auszuüben wesentlich verändert ist. Der Mensch kann nicht lange in der Gesellschaft leben, ohne sich von seiner Unfähigkeit zu überzeugen, in manchen Fällen sich selbst zu beschützen, und von der höhcrn Sicher­ heit, die er unter dem Schirm der öffentlichen Macht genifsien könnte. Auch ist nicht viel Erfahrung erforderlich, um zu beweisen, daß wa- seinen Ursprung in dem Recht der Selbstvertheidigung nimmt, wegen der reizbaren Natur der Menschen leicht mit Angriffen endigen kann, welche den Frieden der Gesellschaft stören. Da- in die Augen sprin­ gende Hülfsmittel gegen diese beiden Uebel, gegen die Unfä­ higkeit brr Einzelnen, sich selbst zu beschützen, und gegen die Ungerechtigkeit, zu welcher die Selbstvcnheidiqnng so leicht führt, besteht darin, einige Glieder der Gesammtheit mit einer Gerichtsbarkeit zu bekleiden, welche die Partheten um Hülse anrufen können, und den Entscheidungen dieser Obern durch die Macht de6 Staates den grhörigcn Nach­ druck zu geben. Durch eine solche Einrichtung wird daR?cht des Einzelnen, da- Unrecht abzuwehren, unparthett,

5.

i. Kapitel. scheren Richtern

Abschnitt.

119

und mächtigeren Beschützern übertragen;

aber dessen Recht auf Sicherheit wird in keiner Rücksicht vermindert.

Würde ihm Schutz von den Richtern verwet-

gert, während das Gesetz ihm verbietet sich selbst zu ver­ theidigen, so erlitte er «ine so offenbare Ungerechtigkeit, daß, wenn er irgend ein anwendbares Mittel zu

seiner Hülfe

finden kann, er nicht verpflichtet ist, sich dem Unrecht zu unterwerfen.

Zu jeder Zeit bleibt sein Recht auf Sicher­

heit in seiner Person, seinem Eigenthum und Charakter ungeschwächt,

obgleich er seine eigenthümlichen und unsichern

Mittel, dieses Recht auszuüben, gegen eine weit regelmäßi­ gere und

bequemere

tauscht hat.

Es

Art es wirksam zq machen, ausge­

ist

in Uebereinstimmung hiermit,

baß,

wenn der Angriff entweder auf jemandes Person oder Ei­ genthum so plthllch ist,

daß die Obrigkeit keinen zeitigen

Schutz verleihen kann, da« Recht der Selbstvertheidigung, nach dem Gesetze Englands, und fast eines jeden Landes, zu dem Individuum zurückkehrt, welches berechtigt ist, Ge­ walt mit Gewalt zu vertreiben, uyd sogar den Angrc'.fenden ums Leben zu bringen, wen» kein anderer Weg da ist, dt« Begehung et»es Kapitalverbrechen« zu verhindern. *) Das natürliche

Recht der Bestrafung

der Verbrechen,

oder vielmehr die naturgemäße Weise der Ausübung dieses Rechts wird bis zu einer größer« Ausdehnung aufgegeben, als

das Recht der Selbstvertheidigung.

der ' Bestrafung

ist

gerecht,

Gefühl derer übereinstimmt, sind,

ohne

Grad

werdrn sie

ihrer

es persönlich

der

mit

daß

dem

sittlichen

die Zuschauer des Unrechts

zu empfinden.

sowohl vermöge ihres

Ueberzeugung,

Derjenige Grad

Dis auf diesen Unwillens,

als

llngerechtigkeit unterdrückt wer­

drn müsse, geneigt seyn, ihren Beistand zu leisten, um ir­ gend rin gleichmäßiges Leiden dem Verbrecher zuzufügen. Si« werden aber

ein Verlangen

der Rache verdammen,

*) Blackfione'e Eomment. 3. Tuch, 1. Kap. «nd 4. T»ch, 14. Kap.

j. Buch.

120

welche« di« Beleidigung übersteigt, und fie werben et zu verhüthen suchen, daß nicht, unter dem Vorwand der AuS» Übung de< Recht- der Strafe, «in neues Verbrechen begangen werde.

Geblendet

durch unser« selbstsüchtigen Leiden»

schasicn, sind wir geneigt einen Grad des Rachgesühi- auf» zufasse»,

der mit dem Unrecht,

da- wir erlitten haben,

durch«»- im Mißverhältniß steht, und so würden dt« Stra­ fen, welche wir unter dem Einfluß solcher Gefühle geneigt sind, zuzufügen, wirkliche und schwere Beleidigungen wer» den.

Zu gleicher Zelt ist unser Vermögen zur Rache eben

so unzureichend, al- unsere Begierde darnach ausschweifend ist. Ein kühner und mächtiger Unterdrücker kann unser« unmächtigr Wuth verspotten, und die Freunde und Nach» baren verschüchtern, die au« Unwillen über da- Unrecht ge­ neigt sind,

zu dessen Bestrafung Beistand zu leisten.

jede« Verbrechen ferner würde,

Ein

während sich der Angrei­

fende unter dem Schutze seiner Freund« und Anhänger be­ fände, endlos« Unordnung verursachen, würde bisweilen mit Straflosigkeit, und bisweilen mit übermäßiger Bestrafung endigen,

würde aber allemal den Frieden der Gesellschaft

zerstören.

Daher entspringt die Nothwendigkeit, da- Recht

der Strafe gänzlich dem Gemeinwesen zu übertragen. Aber durch die Anordnung von Richtern, deren Aussprüche durch die ganze Macht de- Staate- ihre Wirksamkeit erhalten, wird diese- Recht, anstatt aufgegeben zu werden, vollstän­ diger genossen.

Der hauptsächliche Unterschied besteht darin,

daß man eine unvollkommne Art, e- auszuüben, gegen eine wirksamer« au-tauscht, indem man bewirkt, daß der Grad der Strafe, der gerecht ist (und kein Mensch kann da« Recht haben, einen größer» zu verhängen) ruhiger, regel­ mäßiger und unvermeidlicher auf die Begehung eine« Ver­ brechen« folge- Die durch die Richter verhängten Strafen würden ungerecht gegen die gekränkte Parlhei seyn, wenn sie eine solche Befriedigung des Verlangen- nach Rache ver­ fehlten, mit der da« ganze Menschengeschlecht sich gleichge­ stimmt fühlt; da aber diese Bestrafungen gewöhnlich noch

i. Kapitel.

5. Abschnitt.

121

«inen entfernter» Gegenstand haben, nämlich dir Gewährung der Vergeltung für die Störung btd allgemeinen Friedens und der Sicherhelt, so pflegen sie, öfter in der Strenge, als in der Milde zu irren. Wenn jedoch die Gesetze die Strafe verweigern sollten, welche gerecht ist, so würde das Recht zu dem Einzelnen zu» rückkehrrn, und feine Ausübung desselben würde durch de« Beifall der Menschheit geheiligt «erben. Wenn Sklaven ohne Schuh gegen die Grausamkeit ihrer Herrn gelassen wur« den, wie dies unter der Römischen Republik, und bt< gang neuerlich noch im Drlitischen Westindien *) der Fall war, so hatlm sie »in unbkjweiseltrS Recht, wegen solcher Rechtsver­ letzung Selbstrache zu üben, obgleich sie dabei dir Gränzet» der gleichmäßigen Gerechtigkeit zu überschreiten pflegten. Auf gleiche Weije ist der Tyrannenmord, so oft, als dessen Folgen, der Wahrscheinlichkeit nach, für den Staat keine Recht-verletzung mit sich führen, rechtmäßig, und Falls dlefe Folgen wohlthätig sind, sogar loben-werrh. Der, welcher die Freiheiten seine- Vaterlandes über den Haufen wirft, oder durch feine zügellosen Leidenschaften, di« von der wtllkührllchea Macht unzertrennlichen Uebel erschwert, begeht da- abscheu­ lichste Verbrechen, während er durch seine eigene Anmaßung, oder durch die Praktik der angeordneten Regierung gegen ge­ setzliche Bestrafung geschützt ist. Zn einem solchen Fall nimmt jeder Einzelne sein natürliche- Recht wieder auf, dem er bloß entsagt hatte, damit e< regelmäßiger au-geübt, nicht damit «S aus Feigheit aufgegeben, oder durch Bestechlichkeit veräußert werden sollte. Wohl wahr, daß «S oft für den Einzelnen ge­ fährlich , und für da« Vaterland unersprießlich seyn kann, daß die- Recht in Anspruch genommen werd«; aber da- Recht *) E« ist zu befürchten, daß dieser Schutz, so lange da« Zeug» nlß von Sklaven verworfen wird, und die Geschwornen gänzlich au« Sklavencigenthümern genommen werden, mehr scheinbar, al« wirklich seyn wird. Einige höchst auffallende gerichtliche Un­ tersuchungen in Westindien scheinen diesen Zweifel zu bestätige».

i.

122

Buch.

bleibt dessenungeachtet vollständig, bl- die Ausübung desselben mit Privatsicherheit und zum öffentlichen Vortheil eintreten kann. *) Der vorwaltende Gebrauch de- Zweikampf- ist eine andere Bestätigung de- Rechts auf Peivatrache, wenn keine hinrei­ chende Bestrafung durch das Gesetz verhängt ist.

AuS was

für Umständen der Gebrauch de- Zweikampf- auch feinen Ur­ sprung genommen, so wird derselbe jetzt gänzlich bei Seite ge­ setzt, so oft entweder da- besondere oder gemeine Gesetz eine genugthuende Strafbarkeit an die Beleidigung geknüpft hat.

*) Man sehe Milton von der Belohnung der Könige und Obngketten. Der diesem Gegenstände, der durch die natürlichen Gefühle der Gerechtigkeit entschieden werden muß, mag cs nicht unpas­ send seyn, sich auf eine der glänzendsten Stellen Englischer Dichtkunst zu beziehen. «Go steh' dich draußen um in der Natur, hinauf zur Ord­ nung der Planeten, Sonnen und diamantnen Sphären, die un­ erschüttert durch das leere Weltall steifen; und sprich, o Mensch! erfüllt dies große Bild zur Hälfte nur mit der flammenden Er­ habenheit der Gefühle die lebend'ge Phantasie deiner Seele, at< da Brutus sich erhob, leuchtend von dem Streich auf Ca­ sars Schicksal, in der Patrioten dichtgedrängtem Kreise; und seinen Arm aufwärts streckend, gleich dem ewigen Dater Jevs, wenn die Schuld den Blitz vom Himmel bringt, laut auf Tultius Namen rief, und den Stahl, den blutgefarbten, schwang, und Heil! bot dem Dater seines Vaterlands. Denn ha! in den Staub gestreckt liegt der Tyrann, und Rom ist wieder frei! Die Vergnügungen der Einbildungskraft, i. Buch. Ware Rom wieder frei gewesen, so giebt es wahr­ scheinlich kein Gemüth, das so erniedrigt wäre, seine Theilnahme an dieser großen Entzückung des Dichters zu verweigern. ..Die traurigen Hefen dieser jüngern Zeiten, dieser unrühm­ liche Trank der Sklaverei und Thorheit haben noch nicht, ge­ segnet sei der ewige Weltenlenker, erniedrigt zu solch einer Tiefe schmutziger Schande, die angcborne Ehre der menschlichen Seele, noch so verwischt das Bild ihres Vaters." Vergnügungen der Einbildungskraft. 2. Buck.

X. jv.U'itcl.

j. Abschnitt.

Sogar wenn jemandes Glückseligkeit durch

123

dt« Verführung

des Gegenstandes seiner zärtlichsten Zuneigungen gänzlich zrr« flirt worden ist, haben die von den geschworncn Gerichten er» kannten schweren Schadensersehungen (obgleich «ine Geldaus» gietchung dem Verbrechen nur schlecht angemessen scheint) eine Zuflucht zu den Waffen außer Gebrauch, ja sogar aus der Mode gebracht-

Aber manche Kränkungen wider Ehr«, die

ihren Ursprung in besondern, bloß von den höher» Rangord» nungen der Tefellschasr ausgebildeten Gefühlen haben, sind

zu

unbestimmt in ihrer Natur, und erscheinen gewöhnlichen Ge» schwornen zu unerhebltch, um durch Gerichtshöfe geahnet werden.

Es werden folglich keine Bestrafungen,

zu

ober nur

sehr gering«, an solche Beleidigungen geknüpft, und deswegen wird der Beleidigte durch sei« eigenes Gefühl und durch die Stimme seiner ganzen Dekanntschast aufgefordert, in der Wieberergreifung des Rechtes der Privatrache das Hülfsmittel zu suchen, welches ihm durch di« gewöhnlichen Gericht« versagt wird.

So abgeschmackt eine Art der Hülfe auch seyn

muß,

di« keinen Unterschied zwischen geringfügigen Beleidigungen und schändlichen Verbrechen, noch sogar zwischen Unschuld und Schuld macht, so haben sich doch all« Gesetze

zu

ihrer Unter»

drückung als unwirksam bewährt; und es ist wahrscheinlich, daß ein Ehrengericht, wie es mit so viel Laune im Tarier be­ schrieben wird, wenn es mit hinreichender Macht ausgerüstet wäre, di» einzige wirksame Weise seyn würde, um dem unsin­ nigen und eingewurzelten Gebrauch des Zweikampfs rin Ende zu machen. *)

*) „Und doch erfordert es «inen solchen Grad des leidende» Miithr«, die Bedrohung selbst der unverdienten Verachtung zu bekämpfen, welche au« den falschen, zu allgemein in Europa an­ genommenen Begriffen der Ehre entspringt, dab dir strengste» Verbote und Strafen de« Gesetze«, niemal« vollkommen wirksam seyn werden, um diesen unseligen Gebrauch auizurottrn, bi« eine Methode ausfindig gemacht wird, de» ursprünglichen Angreifer »u zwingen, der beleidigten Parthei irgend eine andere Genug» rhuung ,» geben, welche in den Augen der Welt eben so ehren»

12;

I.

D u ch.

So zeigt « Volk- nach dem Interesse,

der

Habsucht und dem Ehrgeiz einiger stolzen Herren beugen. So­ gar in Demokratien wird Gleichheit der bürgerlichen Rechte oft zwischen

widerstrebenden Facttonen

unbeachtet gelassen.

»oll sey» wird, al« die, welche er so eben, nicht weniger auf Gefahr de« Leben« und de« tö tuest« de« Beleidigten, al« de» Be­ leidiger« gegeben hat." — Blickn. Cumm. 4. B. 14. Kap.

i. Kapitel.

5- Abschnitt.

135

Doch

bloß da, wo da- Volk nen. Wenn der Vorsatz gefaßt wird, irgend ein gemeinsames Unternehmen auszuführen, so verbinden alle Bürger ihre Rathschläge und Anstrengungen; die Weisesten haben natür­ lich den größten Einfluß bet der Leitung, die Kühnsten oder Thätigsten bei der Ausführung

Zn diesem Zustande der Ge­

sellschaft findet kaum irgend eine Ungleichheit statt, außer der, welche aus der den Fähigkeiten und der Tugend erzeigten Ach« hing herrührt; eine Ungleichheit, die, in der Natur gegrün­ det, kaum ic unter Umständen zum Mißbrauch führen kann. ©0 oft der jedesmalige Vorwurf vollbracht worden ist, nimmt die zeitige Gewalt ein Ende, indem ein jedes Individuum in seinem Betragen wieder unabhängig wird, btS irgend eine neue Unternehmung eine neue Verabredung unter den Bürgern her­ vorruft. Aber wenn eS nothwendig geworben ist, sehr häufig wegen öffentlicher Geschäfte zusammen zu kommen, besonders noch, wenn irgend eine Frage aufstößt, die bet einer einzelnen Derathschlagung nicht entschieden werden kann, oder irgend ein Werk unternommen wird, das mehr eine fortdauernde, als eine sehr mächtige Anstrengung erfordernd, besser durch einige wenige Individuen in einem gewissen Zeitraum,

alS durch

die ganze Gesammtheit auf einmal ausgeführt werden kann; in solchen Fällen wird die Nothwendigkeit offenbar, einem Gl

d

i. B » ch.

I3u

Theil der Gesammtheit die Macht zu ertheilen, tm Namen und zum Behuf deS Ganzen zu handeln. ger bet einer jeden

Seilten alle Bür­

unbedeutenden Geleaenheit zusammen­

kommen, so würde ihre Zeit unnöthig mit öffentlichen Ver­ richtungen verbracht werden,

die eben so gut, oder besser

durch einige wenige ausgeführt werden könnten. Einer der Hauptzwecke der Gesellschaft würde gänzlich verfehlt wer­ den, indem eine solche Art der Verwaltung die Wirkungen der natürlichen Kräfte bet Menschen, anstatt sie zu vemehten, wesentlich vermindern würde.

Daher werden in einem

jeden Lande, das aus dem Zustande

der bloßen Rohheit

vorgeschritten ist, Oberherrn angeordnet, um die Geschäfte deS Gemeinwesens zu leiten; und da diese Oberherrn noth­ wendig mit größerer Macht, als die übrigen Bürger bekleidet, sind, so wird einige Ungleichheit der politischen Rechte einge­ führtdes

Diese Ungleichheit wird

allgemeinen Nutzens

durch dieselben Grundsätze

gerechtfertigt,

auf welchen die

Rechte der Negierung sich gründen. Aehnliche Ansichten werden häufig eine Uebertragunq der Macht an die Hand geben, durch welche die Obern

friejcnigen Gesetze zu erlassen,

bei der Ausübung ihrer Machtha-

bung geleitet werden müssen.

Zn einem ausgedehnten Lande

müssen Zusammenkünfte der Einwohner, so oft neue innere Anordnungen, oder neue VertheidigungSmaßregeln erfordert werden, häufige, lange und ermüdende Reifen veranlassen, und alle gewöhnliche Beschäftigungen deS Volks unterbre­ chen. werden,

Solche

Zusammenkünfte würden auch so zahlreich

daß sie ruhige Dcrathschlagung ausschließen, und

die Entscheidungen eher das Resultat der Unordnung und Gewaltthätigkeit,

als der Vernunft werden lassen würden.

Das beste Hülfsmittel gegen diese Unzutiäglichkelten ist, einige wenige von den achtbarsten Einwohnern der verschie­ denen Distrikte auszusuchen, imb ihnen die Bestimmung der für daö gestimmte Gemeinwesen übertragen.

verbindlichen

Gesetze

zu

Durch eine solche Bevollmächtigung der gesetz­

gebenden Gewalt, wird nicht allein dem großen Körper des

r Kapitel.

1.

Abschnitt.

131

Volk- viel Mähe erspart, sondern zugleich die wirksamsten Mittel werden ergriffen, um gegen unordentliche Gewalt zu verwahren, um der Weisheit und Erfahrung daö gehörige Uebcrgewtcht zu ertheilen, und so dem allgemeinen Besten zuträgliche Gesetze aufzurichten. Zwischen diesen Gesehgebern und dem übrigen Volt findet ohne Zweifel eine Un­ gleichheit der politischen Macht statt; ober eö ist eine Um gletchhcit, die aus denselben Absichten dcS gemeinsamen Vor­ theils herrührt, welche zur Einrichtung der Gesellschaft füh­ ren, und ist deswegen vernünftig und gerecht. *) Zm Fortgange der Gesellschaft wird eine mehr fort­ dauernde Gewalt durch einige Mitglieder deö Gemeinwe­ sens erworben, vermöge der ihren Geschicklichkeiten, Tugern den, oder ihrem Mckthe erwiesenen Hochachtung, oder vielleicht vermöge des Besitzes von Reichthümern, welche sie in den Stand sehen, sich eine Menge von Anhängern zu verschaf, fm, die von ihrer Freigebigkeit abhängig, und ihren Be­ fehlen zu gehorchen bereit find. Bisweilen haben religiöse Betrügereien, oder der erworbene Besitz nützlicher Kenntniß, der gegen die Forschungen des großen Haufens eifersüchtig verwahrt wurde, Ansprüche auf bürgerliche Gewalt verlie­ hen, und ein einmal errichtetes Ansehen wird, besonders unter unwissenden Nationen, gar leicht als etwas verehrt, das zu heilig ist, um durch Forschungen über dessen Ur­ sprung oder Rechte entweihet zu werben. Hieraus entsprin­ gen manche Formen der Regierung, welche gar sehr von einander abweichen, in dem Grade der den öffentlichen Machthabern anvertrauten Gewalt, in der allgemeinen AmrSwahlfähtgkett der Bürger, und in der Maße, wie da­ durch Privatglückftligkeit und öffentliche Wohlfahrt beför­ dert wird. Line jede von diesen Regierungöformen im *) Rousseau macht Einwendung gegen eine jede Uebertragung der gesetzgebenden Macht; aber er erkennt selbst an, daß sein Raisonncment nur auf einen sehr kleinen Staat anwendbar ist. M. s. Gesellschaftlicher Vertrag. 3 Buch, 15. Karmel.

1. B u ch. Einzelnen zu untersuchen, würde zu einer eben so schwiertgen, als wettläuftigen Auseinandersetzung führen. Der ganze Vorwurf bei der gegenwärtigen Abhandlung ist, ei­ nige leitende Grundsätze aufzustellen, welche die Untersuchung erleichtern können. Es giebt keine Regierunasform, die einzig und allein allen

den mannichfalttgen und entgegengesetzten

Zuständen der menschlichen Gattung angemessen wäre; aber cs giebt doch allgemeine Grundsätze, die unter nähern Be­ stimmungen auf den Menschen anwendbar

scheinen,

wo,

oder in was für einem Zustande der Rohheit oder der Ver­ feinerung er sich finden mag. Die kenntlichste Unterscheidung

zwischen den verschiede­

nen Regierungen liegt in der Dauer der Ungleichheiten der politischen Gewalt, welche fie erschaffen. chen die übertragenen Gewalten,

sie

In einige» errei­ inögut nun gesetzge­

bende oder verwaltende seyn, zu gewissen Zeitpunkten ihre Endschaft, indem

sie entweder in Folge einer neuen Be­

stimmung in derselben Person fortdauern, oder andern Glie­ dern deS Gemeinwesens übertragen werden: in andern ist das Ansehen

einem

Einzigen

Menschen

für eine unbe­

schränkte Zeit, oder wie cs abgeschmackt genug ausgedrückt wird, für immer verliehen.

Jene Regierungen erzeugen

wechselnde, diese fortdauernde Ungleichheiten der politischen Rechte.

Welche von diesen Formen in irgend einem beson­

dern Lande angenommen werden sollte, daö muß der Wille der Mehrheit, wie in allen andern Fällen, entscheiden. Im­ mer jedoch bleibt die Wahrheit unabhängig von der Anzahl ihrer Geweihten, und deswegen wollen wir zu der Untersu­ chung fortschreiten, ob im Allgemeinen feste und fortdauernde politische

Ungleichheiten

tu einem wohlgeordneten Staate

geduldet werden müßten. Da alle Bürger dieselben natürlichen Rechte haben, da sie alle dieselben Vortheile von regelmäßiger Regierung ent­ nehmen, und auf gleiche Weise bei dem öffentlichen Wohlsiyn tnteressirt sind,

so scheint cS nur zwei Gründe zu ge-

2. Kapitel, i. Abschnitt.

133

ben, auS denen solche Ungleichheiten sich rechtfertigen lassen. ES muß entweder bewiesen werden, daß die Individuen, welche fortdauernd inS Amt gestellt sind, besser, als ihre Mitbürger geeignet sind, die öffentlichen Angelegenheiten zu leiten, oder daß irgend wesentliche Nachtheile auö einer mehr gleichen Derthetlung der. Gewalt fließen würden.*) Wofern nicht einer von diesen Sätzen genügend dargethan werden kann, wird eS unmöglich seyn, die Mehrheit durch Dernunstgründe zu überzeugen, daß irgend eine Ursache da ist, warum sie einen Zustand fortdauernder Unterlegenheit und Unterwerfung gegen wenige Individuen oder Familien, die weder besser, noch weiser als sie selbst sind, fortsetzen sollten. Auch wird eS nicht genügen, den Rechtsanspruch auf eine solche Ueberlegenheit auf die geistigen Vorzüge zu begründen, welche nur zu offenbar grade auS dem Ansehen herrühren, welches besondere Klaffen gewöhnt worden sind, auszuüben. Wohl wahr, baß ein eigens zum Herrschen erzogener Mensch eine Schnelligkeit und Kräftigkeit deS Geistes erlangt, welche von der Unentschiedenheit dessen sehr verschieden ist, der immer gezwungen gewesen ist, zu gehor­ chen. Ein Haussklave muß fast nothwendig einen jeden Vorzug seiner Natur einbüßen, und der Unterthan einer despotischen Regierung muß nach Verhältniß, wie er seiner *) ..Wenn sie nun aber das Naturgesetz noch gelten taffen wollen, so muffen sie uns bemessen, einmal, daß die Natur die Menschen mit ungleicher Freiheit ausgestattet habe, zum andern, daß sie einen solchen Menschen zum Herrschen bildete; da es doch im Gegentheil scheint, daß alle Menschen von Natur gleich sind: denn obgleich die Natur mit einer edlen Mannichfaltigkeit die Züge und Bildungen des menschlichen Antlitzes verschieden gestaltete, so hat sie doch, was die Freiheit betrifft, bis diese durch irgend ein Mittel von außen her verloren ging, einen jeden Menschen gleich geschaffen, und ihnen dieselben Wunsche gegeben." Harrington'S Grund und Ursache der Monarchie, r. Theil.

i. D u ch.

>34 Freiheit beraubt wird, Sklaven annehmen. Tyrannei, werden.

den erniedrigten

Charakter eines

Aber dies, die schlimmste Folge der

kann niemals zu ihrer Rechtfertigung angezogen DteS mag Vorsicht anralhen bei Wiedereinsetzung

des Volks in die Gewalt, zu deren Ausübung frühere Er­ niedrigung cS untauglich gemacht hat; aber zu gleicher Zeit beweist

es

ausS

vollkommenste die

Regierung zu ändern, geführt

hat.

Nothwendigkeit, eine

welche so unerträgliche Uebel herbei­

Durch Beschränkung

der

politischen Gewalt

auf besondere Klaffen werden Ungleichheiten erschaffen, welche in

der Natur ihre Begründung nicht finden, werden den­

jenigen Vorrechte ertheilt,

Oie in keiner Hinsicht dazu be­

rechtigt sind, und dies geschieht, indem dcr große Körper deS Volks der wirksamsten Mittel der Vervollkommnung beraubt wird.

Sind

so

es

ist

dies

die Folgen fortdauernder Ungleichheiten,

eitel Streben diese aus Ansichten des öffentlichen

Vortheils rechtfertigen zu wollen. Politische Gewalt, abgesehen von Vervollkommnung, die sie in unsern Charakteren bewirken, oder von sonstigen Vor­ zügen, ist

die sie unS in den Stand scheu kann, zu erreichen,

ihrem

eigenen Wesen nach geeignet, sehr lebhafte Wün­

sche zu erregen. nens

zu seyn,

Der Gegenstand des öffentlichen Anstanschmeichelt, so sehr der Philosoph dies ver­

achten mag, einer der stärksten Leidenschaften im menschlichen Herzen: dies grade ist häufig der geheime Quell, so aut der Habfnu't, welche Reichthümer anhäuft, als der Verschwendung, welche diese in prunkhaster Thorheit verschleudert; und sogar manche unserer verfeinmsren Vergnügungen, grade diejenigen, welche aus den höhern Vollkommenheiten, Geschicklichkeiten, oder dem

Geschmack

hergeleitet werden,

würde,l viel von

ihrem Werthe verlieren, wenn sie Im Geheimen, fern von der Kenntniß und der Bewunderung der Menschheit genos­ sen werden sollten. -»Nicht wollt' ich Gold mir wünschen, nicht wollt' ich eine Stimme wünschen, dre in dcr Melodien Zauber selbst den Ge-

2.

Kapitel. i. Abschnitt.

135

sang deS Orpheus überträft, wenn das Schicksal nicht mich dahin stellte, wo ich hoch und sichtbar glänzte. ‘ *) Don der Art ist das allgemeine Vcrlanqen nach Rang und Auszeichnung» nach allem, was uns von dem Hausen der ge» wöhnlichen Menschen trenne», die öffentliche Aufmerksamkeit auf unser« Personen, Sitten und Fertigkeiten lenken, oder unS auch nur di« äußern Zeichen der Achtung und Ehrerbietung verschaffen kann. Aber von allen Quellen der Auszeichnung ist politische Gewalt dem allgemeinen Geschmack am besten an» gemessen, indem der Besitz derselben durch Umstände bezeich­ net wird, die allen in die Augen fallend sind, und indem di« Bewunderung, welche sie erregt, den Glanz hat, welcher nie verfehlt die Menge zu blenden. Auch sind die Vortheile der politischen Gewalt nicht auf das Vergnügen beschränkt, das aus allgemeiner Bewunderung entspringt- Der Besitz derselben scheint in einiger Maße er» forderlich zur Sicherheit einet jeden bürgerlichen Rechts. Wo dauernde Ungleichheiten eingeführt sind, wo das ganze Ansetzn des Staate« sich bei bevorrechtigten Individuen oder Klaffen von Menschen niedergelegt befindet, (indem die andern Bür­ ger nicht allein der direkten Aussicht über öffentliche Maßre­ geln beraubt sind, sondern sich sogar von der Möglichkeit, >emaiS eine solche Aufsicht zu erlangen, abgeschnitten sehen,) da muß bürgerliche Freiheit, wenn sie überhaupt vorhanden ist, ihre Duldung der Weisheit und Furcht der Regierenden verdanken. Aber diese Weisheit kann vorübergehend seyn, diese Furcht kann gerade durch die Gewohnheit de« Volk« zur Unterwerfung entfernt, oder sie können durch den höher stre­ benden Ehrgeiz der Regierung verachtet werden. Da« Ver­ langen nach fernerer Auszeichnung und unumschränkterer Ge­ walt, die unersättlichste der menschlichen Leidenschaften, kann Eingriffe auf die Gleichheit der bürgerlichen Rechte eingeben, während Habsucht den Regierenden unaufhörlich eine unbillige *) F.urij.idis Modea. Im Englischen Original nach der Potterschcn Ucbcrsetzimq.

l.

io'-)

B u d>.

Dertheilung der öffentlichen

Lasten anrathen wird.

Gegen

solche Beeinträchtigungen können diejenigen, die von der Re­ gierung ausgeschlossen find, keinen wirksamen Schutz haben, sondern bleiben der Gerechtigkeit und der Gnade der bevorrechß tigten Klassen überliefert. ES ist nicht wahrscheinlich, daß irgend öffentliche Vortheile das Uebel überwiegen sollten, das darin liegt, die Bürger in einem großen Verhältniß der Bedeutsamkeit,

auf welche fie

mit Andern gleichen Anspruch haben, zu berauben, und die einzige sichere Schutzwehr nichten.

Da

das

der bürgerlichen Rechte zu ver­

öffentliche Wohl

der einzelnen Bürger,

waS

man als eine regelmäßigere und

die Vorzüge

dessen,

RcgterungSform

Körper

sollten,

welche durch

erforderlich nach

der

deS Volts

angesehen die

wissen will,

Aufopferungen

dem

aufwiegen

fortdauernde politische Ungleichheiten

werden.

Wir sollten niemals vergessen,

Schätzung

des

ist eS sehr unwahrscheinlich, daß

ordentlichere großen

der Inbegriff ist

so

der Gerechtigkeit,

jeden Individuums,

deS

daß

der Vortheil eine-

höchsten und deS niedrigsten,

zu

gleicher Aufmerksamkeit berechtigt ist, und daß in Verglei­ chung mit dem Volk, die bevorrechtigten Klassen, d. h. die, welche sich selbst alle

Ehrenstellen,

alles Ansehen und alle

Vortheile anmaßen, so gut als nichts sind. Aber sogar wenn wir unsere Aufmerksamkeit von dem abgesonderten Wohl der Bürger abziehen, und nur auf die öffentlichen

Handlungen deS

Staates

beschränken,

scheint

wenig Grund vorhanden zu seyn, die Schlußfolge zu ziehen, daß fortdauernde Ungleichheiten der

politischen Gewalt

die

große Maschiene der Regierung, sei eS mit mehr Schönheit, Wirksamkeit oder Ordnung ausrüsten können. Dastehen dte Anstellungen auf Lebenslänqe, sunt) dies ist wahrscheinlich

die am

wenigsten

fortdauernden Ungleichheit) so ist

verwerfliche Gattung eS

der

nicht wahrscheinlich,

daß die Stellen durch diejenigen werden beseht werden, die am fAbtqsmi daß Verdienst

sind,

ihre Pflichten

zu erfüllen.

die einzige Empfehlung

bei

der

Zugegeben, Besetzung

2. Kapltel.

i. Abschnitt.

13"

einer Stelle wäre, und baß die Macht keine ungünstige Veränderung auf den Charakter deS glücklichen Bewerberhervorbringen sollte, so kann doch immer noch sich eine taug­ lichere Person für die Anstellung nachher finden, und der Staat sollte nicht von dem Vortheil ausgeschlossen bleiben, der

au-

könnte.

seinen

überlegenen

Die Tauglichkeit

Talenten

eines

hergeleitet

werden

Bewerbers für ein Amt

ist bloß ein Gegenstand der Muthmaßung, welche dem Irr­ thum einen wetten Spielraum gewährt.

In Privatangele­

genheiten, wo der eigene Vortheil zu den ängstlichsten Nach, forfchunqen auffordert, wie häufig sehen wrr da Personen mit Zutrauen bekleidet, dessen sie sich in kurzer Zeit unwerth bezeigen?

Und wie viel häufiger werden solche Mißgriffe bet

Anstellungen

in öffentlichen Diensten vorkommen,

wöhnlich ohne

denselben Grad

die ge­

vorgängiger Untersuchung,

und unter dem Einfluß des ParthetgetstcS, mächtiger Ver­ bindungen,

kurzzeitiger Volksgunst

Umstände getroffen werden?

und anderer zufälliger

Es kann kein Grund angege­

ben werden, warum das Volt allen Mitteln entsagen müßte, wodurch könnte.

e-

den

etwa

begangenen Irrthümern

Wenn eS so unglücklich gewesen ist,

abhelfen

eine schlechte

Wahl zu treffen, ist eS da vernünftig, daß anstatt dieselbe durch die Einsetzung einer tauglicheren Person wieder gut zu machen, es den Dienst schlecht auSrtckten läßt?

Wenn

Erfahrung gezeigt hätte, daß die Verdienste des Dewerberüberschäht,

oder

seine

Fehler

übersehen

worden

wären,

dürfte dann billig da- öffentliche Interesse während einer Folge von Jahren durch eine Bestimmung de- Irrthumoder der Täuschung leiden? Selbst wenn die Person erwählt worden ist, die zu der Zeit die würdigste war, kann nie­ mand für ihr künftige- Betragen stehen.

Bet einem solchen

gewährt die Tugend seines vergangenen Lebens keine Sicher­ heit für seine künftige Redlichkeit;

viel weniger ist feine

vorige Thätigkeit ein Unterpfand seiner fortgesetzten Anstren­ gungen.

Er kann frühern Verführungen de- Müssiggan-

geS und des Vergnügens widerstanden haben, bloß um bet

I.

138

D it ch.

einer größer« Versuchung zu fallen;

in einem unbewachten

Augenblick kann er zu irgend einem Irrthum oder Verbre­ chen verleitet werden, welche, andere in ihrem Gefolge füh­ rend, die Grundlage seiner Sittlichkeit untergraben, und allen Widerstand von Setten ferner tugendhaften Grundsätze und

Gewohnheiten

überwältigen;

er kann durch

Genuß

verführt werden; kann in Trägheit versinken; kann seine Seele betn Ehrgeiz öffnen;

er kann durch

derbt, oder die Stärke seines Körpers

Habsucht ver­

und die Kräftlgkeit

feines Geistes kann durch Krankheit verzehrt werden.

Ist

e6 gerecht oder klug, daß der Staat in die Lage gebracht werden sollte, durch die Laster, die Schwachheiten und selbst die Unglücksfalle seiner Bürger zu leiden? Dis jetzt haben wir diejenigen, die über ihre Mitbürger durch Bestellungen zu Aemtern während ihres Lebens erho­ ben werden, bloß in so fern betrachtet, als sie den gewöhn­ lichen Gebrechen der Menschen

unterworfen sind.

Aber

gerade dieses Hervorragen über Andere äußert eine starke Wirksamkeit dahin, ihre Thätigkeit zu erschlaffen, ihren Pa­ triotismus zu ertödten, und ihre Redlichkeit zu bestechen. Die Thätigkeit, welche durch die Aussicht auf Erhöhung er­ weckt wurde, wird oft ermatten, wenn der Gegenstand er­ reicht worden ist, und derjenige, dessen Anstrengungen von der Art zu seyn schienen, alö könnten sie durch keine Ver­ gnügung unterbrochen,

durch keine Ermüdung bezwungen

werden, wird, wenn er fürs Leben auf einem einträglichen und ehrenvollen Posten aufgestellt ist, sich häufig einer sei­ nem Charakter anscheinend fremdartigen Trägheit hingeben. Auch ist dies nicht das schlimmste Uebel, daS man zu befürch­ ten hat.

Eine Person, die mit fortdauernder Gewalt be­

traut ist, befindet sich in einer von der ihrer Mitbürger sehr verschiedenen Lage. allgemeinen dasselbe.

Ihr Interesse ist nicht mehr

mit dem

Das waS dem Staate schädlich ist,

kann einer solchen vortheilhafr seyn,

ober die Gewalt und

den Glanz des Amtes, welches er tnne hat, vermehren. Sein Durst nach Reichthum, sein Verlangen nach Anseben, frnf

L. Kapitel.

i. Abschnitt.

139

Anhänglichkeit an die Vorrechte seines Amtes, können alle mit der allgemeinen Wohlfahrt in Widerspruch gerathen, und wenn die Furcht, das öffentliche Zutrauen zu verwirken, und seiner Ehrenstellen entsetzt zu werden, beseitigt ist, so werden btt Eingebungen des Eigennutzes die Ermahnungen der Pflicht ersticken. Wir sönnen das Buch der Geschichte nicht aufschlagen, wir können unS nicht umsehen nach dem, waS in der Welt geschieht, ohne den widrigen Eindruck von Ver­ brechen zu empfangen, btc in den Motiven der Selbstsucht der Machthaber ihren Ursprung nehmen. Bisweilen wird der sauer eingeärndete Lohn beS Fleißes dem Landbauer vor dem Munde weggenommen, um die Ausschweifungen schwel­ gerischess Trägheit zu sättigen; bisweilen wird das Volk in Unwissenheit verseht, oder in Verbrechen gestürzt, oder in feindselige Panhetungen zertrennt, damit eS nicht, mit seinen Rechten und Pflichten bekannt werdend, die Mißbräuche der Verwaltung entdecken möge. Kriege sind häufig auf die Ein­ gebung deS Prtvattnteresse, des Ehrgeizes oder der Rach­ sucht unternommen worden: Ströme von Blut sind geflos­ sen, und das schlimmste Elend ist der Menschheit Übermacht worden, für den nichtswürdigcn Endzweck, einen Namen mit buhlerischem Glanze zu schmücken. Sind schon von der Art die Nachtheile, welche die fort­ dauernde Ungleichheit in ihrer am wenigsten verwerflichen Gestalt begleiten, so können wir erwarten, daß die Folgen noch weit verderblicher seyn werden, wenn die Gewalt nicht denjenigen anvertraut wird, deren früherer Charakter bekannt und gebilligt ist, sondern Klaffen von Menschen, die noch gar nicht ihr Daseyn haben, den Eigenthümern einer gewis­ sen Ausdehnung Landes, ohne Beziehung auf ihre an­ dern Fähigkeiten, oder besondern Familien, bei denen sich nach Gelegenheit alle Verschiedenheiten der Einsicht und des Willens finden müssen. Würden auch die Glieder der bevorrechtigten Klaffen mit ihren Mitbürgern exogen, derselben Zucht unterweisen und durch dieselben Mo-

140

I. Buch.

live angespornt, so würde doch die Wahrscheinlichkeit, daß sie die Erfordernisse deS Amtes erlangen möchten, nicht größer seyn Die vermöge ihrer cdeln Geburt zur Anstel­ lung Vorgezogenen könnten dann mindestens nur als durchs Loos gewählte betrachtet werden, eine Art der Erwählung, die kein Mensch thöricht genug ist, in seinen Privatangelegen­ heiten anzunehmen. Aber ee ist noch wett schlimmer, als so. Geboren von reichen Aeltern, seit ihrer Kindheit von Abhängigen umgeben, mit der Aussicht auf Ehrenstellen und Macht, die schon ihr Mannsalter zu schmücken vorbereitet werden, sind sie der stärksten Aufforderungen zum Fleiß und zur Unternehmung beraubt, während sie vermöge ihrer Lage im Leben mir einer jeden Verführung zur Verweichlichung und zum Laster umstrickt sind. Einige wenige mögen zur Thätigkeit durch ein heißes Verlangen der ehrenvollen Aus­ zeichnung angetrieben, und Andere mögen durch Patriotismus bewogen werden, sich für die Dienste tauglich zu machen, von deren gehöriger Verrichtung so viel von der öffentlichen Glückseligkeit abhängen muß; aber dte große Mehrheit, be­ friedigt mit dem Range, der von ihren Vorfahren ab­ stammt, und den Verführungen der Trägheit und des Ver­ gnügens nachgebend, wird sich genügen, ein Leben des Leicht­ sinns, höchstens eines geschmackvcllen Genusses zuzubringen, und wird vor den ernsthaften Studien zurückfahren, die sie allein fähig machen können, die Wohlthäter des Landes zu werden. Von allen Erfindungen ist die Erblichkett des Dien­ stes vielleicht die wirksamste, um die öffentliche Verwaltung ausschließlich in die Hände derer zu legen, die durch ihre vorhergehende Erziehung und Gewöhnung am wenigsten ge­ eignet sind, das wahre Interesse des Landes zu verstehen, oder dasselbe mit Fleiß, Kraft und Geschicklichkeit zu ver­ folgen. Auch wird eine Verringerung der Talente nicht die schlimmste Folge der Errichtung erblicher Vorrechte seyn. Personen, die so besonders für die Ausübung der Gewalt aufgestellt, dem Dienst gelvidmet und gelehrt werden, ft*

2 Kapitel,

i. Abschnitt.

141

all höhere Naturen zu betrachten, müssen gewohnt werden, die Glückseligkeit ihrer Untergebenen unbeachtet zu lassen, wenn dieselbe ihrer eigenen Bequemlichkeit und dem 'In­ teresse ihres Standes widerstreitet. Wir können und nicht wundern, baß die, deren Erziehung, anstatt sie mit ihren Mitbürgern in Verbindung zu sehen, ausschweifende Vor­ stellungen der eignen Wichtigkeit eingeprägt bat, die ihnen anvertraute Gewalt zu ihrem persönlichen Vortheil, oder zur Vergrößerung der bevorrechtigten Klasse, zu welcher sie gehören, anwenden werden. Wir stellen da ein Interesse auf, das von dem Wohl der Nation abgesondert, und bis­ weilen ihm entgegenqeseht ist, und wir vertrauen die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten denjenigen an, dle ihr abge­ sondertes Interesse als von der obersten Wichtigkeit betrach­ ten müssen. ES ist dies ein Interesse, das ihnen näher ver­ wandt ist, und an dem eine kleinere Zabl Theil nimmt; sie sind vielmehr als Glieder eines bevorrechtigten Standes denn als Bürger des Staats erzogen worden; und sollten dieser Umstände ungeachtet einige von ihnen ein Widerstre­ ben fühlen, die öffentliche Freiheit zu untergraben, so wird diese der Ungestüm ihrer Freunde anfallen, und sie tperden zugleich in der Menge der in derselben Unternehmung be­ griffenen einen Schutz gegen die Schande finden, welche, ihr Betragen mit Recht verdient. Daher entspringt die von allen Zeitaltern und Nationen bestätigte Erfahrung, daß das, was man esprit de corps genannt hat, auf keine Gerech­ tigkeit, und selbst nicht auf den äußern Schein achtet, den Individuen, sie mögen noch so verdorben seyn, begierig sind zu bewahren. ES wird zu jeder Zeit ein regelmäßiges und in Verbindung stehendes System für die Vergrößerung der höher« Klassen statt finden, während der Widerstand gegen ihre Eingriffe nur gelegentlich und außer Verbindung eintreten kann. Es tst daher höchst wahrscheinlich, daß diese Eingriffe, wenn auch bisweilen abgewehrt, doch endlich ihren Zweck erreichen werden, und die Folgen davon werden unfehlbar der Verfall der allgemeinen Freiheit und die Verletzung der

i.

142

D u ch.

Gleichhclt der bürgerlichen Rechte seyn.

Die wahren End­

zwecke der Regierung werden mit der Zeit ganz unbeachtet bleiben; e6 wird vergessen werden, daß alle politische Gewalt eine Uebertragung ist, herrührend auS dem Vertrauen der Volke-; wir werden dann bald von den unbedingten Rechten der bevorrechtigten Stände auf jene Aemter hören, an deren Genuß sie gewödnt worden sind, bis c6 zuletzt mit der kühnsten Unverschämtheit behauptet werden wird, daß Herrschaft über ihre Mitbürger ein Theil des auf sie von ihren Vorfahren vererbten Eigenthums ist.*) Fortdauernde politische Unqleichheiten scheinen also nicht wohl aeeignet, die Hauptzwecke der Regierung zu sichern, nämlich die gleichmäßige Deschützung der bürgerlichen Rechte aller Bürger und die Annahme solcher Maßregeln, die der Wohlfahrt deS Staates am zuträglichsten sind.

Wenn wir

dieselben aus einem andern Gesichtspunkte betrachten, und Ihre Wirkungen auf den Nationalcharakter zu erforschen fu« chen, so werden wir neue Gründe finden, uns ihre Einfüh­ rung zu verbittenEiner der Hauptvorzüge einer wohlgeordneten Regierung besteht in der Vervollkommnung des öffentlichen Geistes und in der weiten Verbreitung des Wohlstandes und der Glück­ seligkeit unter dem Volk. Diese Segnungen fließen freilich tu großer Maße schon aus der bloßen Deschützung der bürgerlichen Rechte und aus der Erlaubniß eines jeden Individuums, in Frieden und Sicherheit die Maßregeln zu verfolgen, die er

*) Pitt's Vorschlag im Jahr 1785/ die Eigenthümer der in Verfall gerathenen Flecken zu entschädigen, und die wirklich ihnen durch das irländische Parlament im Jahr ißoo bestimmte Entschädigung, scheinen aus der Vorstellung hervorgegangen zu seyn, daß politische (Gewalt Privatergenrhum sei, welches mit Recht nicht zu öffentlichen, sondern zu Hauptzwecken angewandt werden könne. Dieselbe Vorstellung m Rücksicht des unbedingten Rechts auf Privilegien kommt häufig tn Humes Versuchen und m ferner Geschtchte der Stuarts vor.

j.

Kappet.

i. Abschnitt.

143

auf die Beförderung seiner eignen Wohlfahrt am besten berechnet glaubt. Aber auf waS für einem Wege auch diese wesentlichen Pflichten der Verwaltung vollzogen wer­ den mögen, so wird das öffentliche Gedeihen großentheilS von dem Grade abhängen, in welchem das Volk an den öffent­ lichen Angelegenheiten Theil nimmt, und durch die HegierungSform zu thätigen Anstrengungen vermocht wird. Der Mensch wird gebildet durch die Umstände, in die er verseht wirb. Ein Sklave ist einer jeglichen Art von gei­ stiger Thätigkeit entnommen; der freie Mann, der keine Aussicht hat, seine Lage durch Fleiß oder Unternehmung zu verbessern, versinkt in Unthattgkeit, beinahe so groß, als die eines Sklaven; da wir dagegen von dem Bürger, dem die Früchte seines Fleißes zugesichert sind, vernunftgemäß immer größeren Scharfsinn in Erfindung der Mittel, die Annehm­ lichkeiten feines Lebens zu vermehren, und mehr Ausdauer und Thätigkeit bet ihrer Ausführung erwarten können. Aber wenn der Thätigkeit ein größeres Feld geöffnet wird, wenn jegliches Glied des Staates eine Gelegenheit hat, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, zu welcher cS durch feine Talente berechtigt ist, und auf der Leiter des Ranges und der Macht zu dem ihm gebührenden Platz aufzusteigen; so werden unter so günstigen Umständen die kräftigsten Anstren­ gungen eines jeden Individuums gesichert seyn, und eS wer­ den Talente aus der Verborgenheit hervorbrechen, um die Welt in Erstaunen zu sehen, und zu erleuchten. Der Ehr­ geiz, vielleicht die allgemeinste und mächtigste unter den menschlichen Leidenschaften, würde, durch öffentliche Einrich­ tungen in die jugendliche Seele gepflanzt, und durch öffent­ lichen Beifall, öffentliches Vertrauen und öffentliche Ehren­ stetten genährt, sich wuchernd unter dem Volk verbreiten, würde Fleiß, Scharfsinn und tugendhafte Unternehmung er­ zeugen: aber er wird geknickt, ehe er seine Blätter entfal­ tete, er wirb versengt im Augenblick, da er zu sprossen be­ gann. Ein junger Mann übersieht beim (Eintritt inö Leben die mannigfaltigen Wege, die zum Ruhme führen; der.

i.

144 welker dem gemessen

Eifer einer jugendlichen Seele am

ist,

Nutzens,

D u ch.

der Weg

der Fähigkeiten,

der Dienste gegen den

besten au

des allgemeinen

Staat,

wird

versperrt

durch die Errichtung erblichen Ranges und der Vorrechte, die mit persönlichem Verdienst außer Verbindung stehen; er verläßt ihn in Verzweiflung, und verliert die beste Kraft seines Wesens. Wohl wahr,

daß

nicht alle Gesetzgeber oder Obrigkei­

ten seyn können, aber manche könnten gelegentlich irgend ei­ nen Dienst in der Gesellschaft zum Vortheil

de6

zu

ihrer

eigenen Ehre und

Oeffentlichen verwalten;

während dazu

noch die Nacheiferung die Geisteskräfte selbst bet denjenigen Bewerbern, die ihren Zweck nicht erreichten, erweitern, und daS allgemeine Interesse an den öffentlichen

Angelegenheiten

einen Geist der Untersuchung, eine Kraft der Einsicht und einen feurigen würde.

Patriotismus durch

die

Nation verbreiten

Don allen Vortheilen, welche freie Regierungen be­

sitzen, ist dieser

bet

weitem der wichtigste,

daß

mächtige

Triebfedern zu einer kräftigen und standhaften Anstrengung in Bewegung gesetzt, daß überlegener Fähigkeit und Tugend angemessene Belohnungen

ertheilt werden:

eine allgemeine

Spannung und Kraft der Seele sind die unfehlbaren Folgen und

der Mensch steigt zu dem Range, den er in der Schö,

pfung einzunehmen geeignet ist. Für diese

Bemerkungen ließen

sich

auS

der Geschichte

einer jeden Nation der Erde Belege entnehmen. chen nicht auf Griechenland und deren

Nom

Wir brau­

zurückzugehen, und

Unternehmungsgeist und Gedeihen

mit

der

Einfalt

und Erniedrigung des sie umgebenden Despotismus in Kon­ trast zu stellen.

Dieselben Wahrheiten werden durch den Zu­

stand eines jeden Theils deö neuern Europa verkündet. Auf welches Land

wir auch Beziehung nehmen, so scheinen die

allgemeine Glückseligkeit und das Gedeihen allemal nach der Maße

abgewogen zu

seyn,

in

welcher öffentlicher

und Ehre dem Volk eröffnet worden Umstand könnte Drittanien zu dem

sind.

Dienst

Welcher andere

Range erhoben haben,

2. Kapitel,

i. Abschnitt.

14"»

welchen es jetzt unter den Nationen einnimmt? Was könnte die Marschen von Holland ausgetrocknet, und einige wenige Ftscherleute in einen der reichsten und mächtigsten Staaten Europas umgestaltet haben? Was könnte die Schweiz, wel che durch die Hand der Natur zur Unfruchtbarkeit bezeichnet schien, so volkreich, so glücklich und so blühend gemacht ha­ ben ? Die Ursachen dieses Gedeihens muffen in den thätigen Bestrebungen des Volks gesucht werden, und diese Bestrebungen können nur dem lebhaften Interesse, das ein jeder Bürger an den öffentlichen Angelegenheiten zu nehmen vermocht wurde, zugeschrieben werden. Ans der andern Seite ist überall, wo das Volk von al­ lem Antheil an der Regierung ausgeschlossen war, dasselbe träge, unredlich und lasterhaft geworden, und dem stigsten Kl ma,

gtiiv

dem reichsten Boden zum Trotz, sind die

Künste des Lebens der Vervollkommnung nicht naher ge­ bracht, die Einwohner arm, unwissend und elend, der Staat ohne Würde und ohne Kraft geblieben. Wie hat Spanien an Kunstfl.'if;, Unternehmungsgeist und Bedeutung abgenom­ men, feit der Zeit, da die kleinen Staaten, welche es ent­ hielt, und deren räuberische Kriege wohl geeignet waren, die Kraft des Volkes hervorzurufen,

von einem Despotismus

verschlungen wurden, der sogar die Grandezzen zur Dedeutungelostgkeit herabsetzte?

Aber in Italien ist es, wo der

vom Verlust der Freiheit unzertrennliche Vetfall durch

den

Kontrast früheren Glanzes am stärksten bezeichnet wird. Das ausgedehnte Thal um die alte

Stadt Pästum

ist gänz­

lich von Bäumen, Anbau und Einwohnern entblößt, indem die. Ruinen der Tempel das einzige Anzeichen vergangenen Wohlstandes stnd.

Die einst fruchtbare unb volkreiche Ge­

gend von Dajä,

dem

Suftovt der schwelgerischen Römer,

ist verödet unb ungesund geworden, obgleich die

Tyrannei

dessen

köstlichen

malerische

Hügel,

schöne

Eilande

und

Meerbusen nicht zcriiören kann; und die Campagna von Rom ist eine öde und ungesunde Duste, rn welcher kein Gegenstand das Auge trifft, ate die Gräber seiner vonge»£•1. tev -}M

1.

I

146

i. B u ch.

Herrn, und die Ruinen der Wasserleitungen, die in glück­ lichern Zelrcn die Gebieterin der Welt mit Ihrem Bedarf »ersahen. Es Ist wohl wahr, daß die größere Sicherheit bet Eigen­ thums sich mit der richtigen Vertheilung der Ehrenst-llen und Dienste vereinigt, um das Gedeihen eines freien Landes zu befördern. Wenn wir den Gegenstand unpartheiifch be­ trachten, so werden wir die öffentliche Wohlfahrt nicht einer von diesen Quellen ausschließlich zuschreiben Wir sollen iveder die Segnungen der Sicherheit und deS Schuhes, noch die desjenigen Grades der politischen Gleichheit, der mit die­ ser Sicherheit bestehen kann, zu niedrig anschlagen. Wir werden nicht mit Jonmc sagen, daß in einer civilisinen euro­ päischen Monarchie Gefahr für Prwateiqcnthum nicht mehr von der Gewaltthätigkeit des SouvcrainS zu fürchten ist, alS vom Gewitter, Erdbeben, oder soyst irgend einem höchst ungewöhnlichen und außerordentlichen Unfall;*; auch wer*) Hume'S Meinung über die Ursachen, warum unumschränkte Regierungen an Industrie und Reichthum nachstehen, ist in fol­ gender Stelle enthalten: ..Dürfte ich meine Meinung über eine Sacke von so vieler Un­ gewißheit äußern, so möchte ich behaupten, daß, ungeachtet alles Bestrebens der Franzosen, m der Narur einer unumschränkten Regierung selbst, und unzertrennlich von ihr, etwas für den Han­ del schädliches liegt: obwohl der Grund, welchen ich für diese Meinung angeben würde, etwas verschieden von dem ist, auf den man sich gewöhnlich beruft. Privateigenthum scheint bei­ nahe eben so sicher m einer gesitteten europäischen Monarchie, als in einer Republik zu seyn; auch wird unter einer solchen Regicrnng an Gefahr, die von der Gewaltthätigkeit des Beherr­ schers bevorstehen sollte, eben so wenig gedacht, als etwa Scha­ den von Gewittern, Erdbeben, oder sogst irgend einem höchst ungewöhnlichen und außerordentlichen Unfall besorgt zu werden pflegt. Habsucht, der Sporn der Gewcrbsamkeit, ist eine so hartnäckige Leidenschaft, und bahnt sich ihren Weg durch so manche wirkliche Gefahren und Schwierigkeiten, daß sie sich nicht leicht durch eine eingebildete Gefahr, welche so klein ist, daß sie kaum eine Berechnung zuläßt, verscheuchen läßt. Handel pflegt

L. Kapitel.

I. Abschnitt.

14“

den wir nicht daS Urtheil des Dichters zu dem unfrfgen machen: „Um der Negierung Formen

lass' ich Thoren streiten,

immer ist die bestverwaltete die beste." Wenn wir unS zu denjenigen Perioden in der Weltge­ schichte wenden, wo Philosophie und Geschmack ihre höchste Vollkommenheit erreichten, so werden wir alle die Zeitpunkte, bei deren Betrachtung tut menschliche Natur mit Recht froh­ lockt, durch Begebenheiten eingeführt finden, die bisweilen glücklich, bisweilen unglücklich, aber durchgängig geeignet sind, den Menschen zur äußersten Anstrengung aufzu­ muntern. Griechenland hatte durch seine Tapferkeit einen Angriff zurückgetrieben, der ihm Zerstörung drohte, und batte alle seine Kolonien von bim persischen Joche befreit.

Aber sein

Glück bahnte häuslicher Zwietracht den Weg; und eS war unter den innerlichen Kriegen seiner verschiedenen Staaten,

daher nach meiner Meinung unter unumschränkten Regierungen in Verfall -u gerathen, mdu weil er da weniger sicher ist, son­ dern weil er da weniger geehrt ist. Eine Unterordnung des Ranges ist zur 2Uifred)tbaltunq der Monarchie durchaus noth­ wendig. Geburt, Titel und Amt muffen höher als Gewerbsamfcit und Reichthum geehrt werden. Und so lange diese Vor­ stellungen vorwalten, werden alle ansehnliche Handelsleute in Versuchung gerathen, ihren Handel aufzugeben, um sich einige von jenen Aemtern und Würden zu verschaffen, an welche Vor­ rechte und Ehre geknüpft sind." (Versuche 1. Th. 12. Vers. Von diesen Versuchen, in so rotit sie politischen Inhalts smd, ist eine vortreffliche neuere Uebccfeyung erschienen von dem verstorbenen Kraus. Königsberg bei Friedrich NUolovmS. 1513. Anmerk. d. Hebers.) Bis auf einen gewissen Grad ist diese Meinung richtig. Dovurtheile gegen die nützlichen Gewerbe tragen ohne Zwe'fel dazu bei, das Fortschreiten der Nationen zu verhindern, die ihre Frei» heit verloren haben, und diese Vorurtbeilc rühren m großer Maße von der Einführung bevorrechtigter Stande im Staate hcr.

i.

i-lLL

B u ch.

unter VolkSpartheiungen und Kämpfen seiner Städte,

in der unruhigsten

wo Philosophie angebaut, wo

Dichtkunst,

Materey, Bildhauerkunst und Baukunst zu ihrer Vollkommenheit

gebracht

wurden,

höchsten

und wo der richtigste

und feinste Geschmack allgemein unter dem Volt verbreitet war. *) Das Zeitalter Augusts, dem bürgerliche Kriege voran­ gingen, während welcher kein Bürger Noms unthätig biet» den konnte, schloß eine Reihe blutiger Kämpfe ab, in wel­ chen dem Ehrgeiz eine weite Laufbahn geöffnet worden war. Auch kann Augusts Deschühung, so wohlthätig ste unzweifel« haft war, nicht als die hauptsächliche Ursache des plötzlichen Aufstetgenö der Künste betrachtet werden;

denn in einer

nachfolgenden Zeit konnte eine Reihe von

Fürsten, denen

an Tugend und Geschmack keiner gleich gekommen war, weder durch Belohnungen noch Auszeichnungen, auch Funken des Geistes wieder erwecken,

nur einen

den die Natur der

Regierung für immer erstickt harte. **) Der Zustand des neuern Italiens,

zur Zeit dc6 Wie­

derauflebens der Wissenschaften, entsprach in manchen beson­ dern Umständen dem von Griechenland.

Getheilt in kleine

*) Die allgemeine Verbreitung des guten Geschmacks unter dem griechischen Volk wird hinlänglich bewiesen durch Die Formen ihrer gewöhnlichen Gerälhschaften sowohl, als durch Den Geist, die Eleganz und die Grazie der Figuren, die auf ihren Vasen und Wänden durch gemeine Handwerker gemahlt wurden, die zu wenig geschickt waren, um im Stande zu seyn, Die zartern Theile der menschlichen Figur zu zeichtlen. **) Die Behauptung in dem Text ist hauptsächlich auf Dicht funst und Philosophie anwendbar. Die bildenden Künste sind weit mehr von dem Grade des Rationalreichthums sowohl, als von den besondern Gewohnheiten, Launen und Moden abhängig, dre unter Den Großen vorherrschet,. Auch lassen sich diese Künste, wenn sie einmal zur Vollkom­ menheit gebracht sind, leichter mit ihren ersten Vorbildern m

2. Kapitel, unabhängige

Staaten,

l

Abschnitt.

zerrissen

in

149

innerliche

DolkSpar-

theiungen, und in beständige Kriege verwickelt, bietet es eine Scene der unordentlichsten Verwirrung, der größten Unsicher« heit des

Eigenthums und

der verworfensten Politik dar,

in demselben Augenblick, da e6 im Begriff stand, feintn An­ spruch auf die Dankbarkeit und Europa zu begründen.

Bewunderung bet übrigen

Die Deschützung Franz deS Ersten war kaum im Stande, in Frankreich einen Strahl des Glanzes der Talente zu entzünden, wie er nach einer Folge von religiösen Streitig­ keiten, Fakttonen, Gemetzel und bürgerlichen Kriegen her­ vorbrach, um die Regierung Ludwig deS Vierzehnten zu er« leuchten und zu schmücken. In England riefen die Verhandlungen, die au- der Re­ ligionsveränderung entsprangen, belebt durch eine vergebliche und unwirksame Verfolgung, plötzlich eine Stärke deS Talen­ tes hervor, die selten übertreffen worden ist.

Bald nachher

verschlangen die Streitigkeiten zwischen dem König und dem Volk so gänzlich die Aufmerksamkeit der Nation, daß we­ niger

wichtige Gegenstände dadurch alles ihres Interesses

beraubt wurden; aber weder konnte die Strenge der Purita, ncr, noch die herabwürdigende Lasterhaftigkeit bet Hofes Karls IT., noch die Frömmelet seines Nachfolgers, eS der durch die bürgerlichen Kriege erweckten Energie der Seele wehren, ihre gewöhnliche Wirkung auf

Nationalliterarur

und Geschmack hervorzubringen; und dem zu Folge sind die

der Natur vergleichen, und sind daher einem schnellen Verfall weniger leicht ausgesetzt. — Daher war die Bcschützung von Eerten des Trajan, Hadrian und der Antorune glücklicher darin, Die Bildhauerkunst und Malerey vom Verfall abzuhalten, als den Geist der Dichtkunst, Beredsamkeit oder Philosophie wieder zu beleben. „Der Name des Dichters, “ sagt Gibbon, (Hist. 2. K.ip.) „war brinahe vcrgeffen, den des Redner» hatten sich So­ phisten angemaßt. Ern Haufen von Kritikern, Kompilatoren und Kommentatoren verfinsterte das Angesicht der Gelehrsamkeit, mt& brm Verfall des Geistes folgte bald der des Geschmacks.'

i. D u ch.

130

Regierungen Wilhelms und Annens, durch welche diese pell» tischen Kämpfe beendigt wurden,

allgemein als daö Augu-

siifche Zeitalter Drittamens betrachtet worden. Zn allen diesen glänzenden Epochen erzeugten die Um­ stände der Zetten Talente, und waren der Sporn für An­ strengungen, die sich von den Feldern der Politik und deS Krieges

auf einen jeden

Kunst erstreckten.

Zwerg

der Wissenschaft und der

Bisweilen ohne Zweifel waren die Reitze

der Litteratur, der Kunst und der Philosophie nur ein unbe­ deutender Ersah der Uebel, die ihnen vorangingen; -nicht

selten

war

ihr Verfall die

und

schleunige Folge dieser

Kampfe, denen sie ihren Ursprung verdankten.

Zn diesen

beiden Rücksichten ist die Aufmunterung, die den Talenten durch die Einrichtungen einer freien, aber regelmäßigen Re­ gierung zu

Theil wird,

Gährung weit überlegen.

den Anregungen der bürgerlichen Die dadurch

dem öffentltchcn

Geist mitgetheilte Bewegung ist freilich nicht so stark, aber, indem dieselbe kein Prtvarclend verursacht, keine eingeführte Ordnung stört, und in ihrem Eifolge zu keiner Tyrannei führt, so ist sie, ihrem eignen Wesen nach, weit heilsamer und dauernder. Zenes kann mit einem Blitze verglichen werden, der blendet und verschwindet; dieses ist ein ruhiges und stätes Licht, das allmählig in seinem Glanze zunimmt, und fein Princip der Zerstörung in sich selbst führt. Wenn demnach fortdauernde Ungleichheiten

der pollti-

schen Gewalt nicht auf natürlicher Gerechtigkeit begründet sind, wenn bivfelbm die tauglichsten Personen daran verhin­ dern, in dem öffentlichen Dienst angestellt zu werden, wenn sie die Gleichheit der bürgerlichen Reckte gefährden, und die Anregungen der geistigen Thätigkeit beschränken, so muß ihre allgemeine Wuksamkett ungünstig für die Würde und Glücksetigkeit des Menschen seyn. Bet Würdigung jeder besondern StaatScinrtcktunq müßte diese Wahrheit niemals außer Acht gelassen werden, obalerch

die allgemeine R.'gel, zu der sie

führt, unter Umstanden gezwungen seyn kann, irgend einem großen und besondern Vortheil,

der die Einführung eines

2. Kapitel-

2. Abschnitt.

I3i

gewissen Grades fortdauernder Ungleichheit begleitet, oder vielleicht irgend einer Gefahr, oder einem Uebel, welche die zu plötzliche Einführung einer Regierung von vollkommner Freiheit befürchten ließe, zu weichen.

Zweiter Abschnitt. Don fortwährenden politischen Ungleichheiten, die sich auf Verdienst, Reichthum und Geburt begründen. Der Grad der Gleichheit, den wir in dem letzten Ab­ schnitt auf der Grundlage deS allgemeinen Nutzens sowohl alS der Gerechtigkeit festzustellen versucht haben, einer Gleichheit, die alle fortwährende Bestallungen zu Staats­ diensten, und alle Errichtung von Vorrechten, die besondern Ständen der Bürger angehören, verwirft, ist nicht allein als schimärisch, sondern, als unvereinbar mit den allgemeinen sittlichen Gefühlen der Menschheit, die man als das Prüfung-mittel der Gerechtigkeit betrachten kann, dargestellt worden. Zn dem rohesten Zustande der Gesellschaft erzeugen überlegene Stärke, Tapferkeit und Erfahrung allemal Ein­ fluß und Gewalt. Derjenige, der einen Pfeil mit der sicher­ sten Hand abdrücken, oder mit Standhaftigkeit die größten Entbehrungen oder Martern erdulden, oder die beste KrtegHltst erfinden kann, um den Feind zu hintergehen, erlangt eine unbestrittene Herrschaft im Rath und tm Felde. So wie die Vcrfittlichung fortschreitet, verlieren körperliche Stärke und Behendigkeit ihren Einfluß, aber blos um dresen den Eigenschaften deS Geistes zu übertragen. Die Unterschei­ dungen zwischen den Fähigkeiten der Individuen werden merklicher, und der Platz einer jeden Person auf der Leiter der @ctwtlt wird genauer bestimmt. Ein Mensch bringt

i ji

i. B u ch.

seine Zeit in Sorglosigkeit oder Zerstreuung hin; ein An­ derer erwirbt glänzende Vollkommenheiten oder nützliche Kenntnisse; die Fähigkeiten des Emen scheinen unvermögend zu irgend einem zusammenhängenden Denken; die eines An­ dern ergreifen mit einer Kraft und Klarheit, die der An­ schauung nahe kommt, die vcrwtckeltsten und verborgensten Be­ ziehungen; der Eine, ganz mtt dem eignen Treiben beschäf­ tigt, scheint gefühllos gegen die Noth seiner Mitgelchöpfe; ein Anderer, belebt von den schönsten Gefühlen der Mensch­ heit, verbreitet Gedeihen und Glückseligkeit um sich her. Diese verschiedenen Menschen können durch keine Elsindung der Regierung an Gewalt gleich gemacht werden. Die Aeußerungen der Weisen und Tugendhaften werden mit Auf­ merksamkeit und Achtung ausgenommen werden, ihre Wünsche werden dte Kraft von Gesetzen haben, ihr Rath wird die öffentlichen Derathschlagungen beherrschen, und dte Machthabung wird freudig in ihre Hände gelegt werden, während die Meinungen der Unwissenden, der Selbstsüchtigen und Lasterhaften vernachlässiget, sie selbst verachtet und unberück­ sichtigt bleiben werden. Selbst wenn eS auch möglich wäre, die politische Machthabung von Menschen, dte emander so ungleich sind, gleich zu machen, ließe eS sich dann wohl denken, das; irgend etwas Gutes aus einer solchen Gleichmachung entspringen könnte? Würde eS nicht unendlich besser seyn, die einem jeden Bürger anvertraute Gewalt zu dem Grade der Achtung, in der er steht, in Verhältniß zu bringen, und eine Ungleichheit einzuführen dte so fortdauernd wäre, als Dte Unterscheidungen, auf welchen sie begründet ist? ES giebt andere, gleichfalls durch die allgemeine Ueber­ einstimmung der Menschheit anerkannte Ungleichheiten, welche weit genauer bestimmt sind, als b?v ans dem Verdienst her­ geleiteten: dte Ungleichheiten des Reichthums und der Ge­ burt. 2», Zeiten der Rohheit und Regellosigkeit, ist Rerchrhum dadurch, daß er einem abhängigen Anhang Unterhalt verschafft, eine unmittelbare Quelle der Gewalt. Wenn dte Regierung fc wohl begründet ist, daß sie Prlvatkriege vcr-

2. Kapitel.

2. Abschnitt.

153

hindert, und einen jeden Bürger in dem Genusse seiner Rechte schützet, so

muß seine unmittelbare Gewalt aufhören; aber

die Unterscheidungen zwischen dem Neichen und dem Armen sind dadurch nicht vernichtet.

Der, welcher jährlich ein

großes Einkommen auSgtebt, kann noch immer Manche durch Wohlthaten,

und Mehrere noch durch Hoffnungen an fein

Interesse fesseln;

und so kann ihm ein Einfluß zu

Gebote

stehen, von einer verschiedenen Natur zwar, aber eben so unumschränkt, als der, den er unter andern Umständen über seine Anhänger ausgeübt haben möchte.

Auch ist sein Ein­

fluß ntcht auf diejenigen beschränkt, die Erwartungen hegen, aus seinem Reichthum Vortheil zu ziehen:

er erstreckt sich

auf eine Menge, die nichts von seiner Freigebigkeit zu hoffen haben.

Die Menschen werden durch den Glanz deS Reich­

thums geblendet: quemlichkeit,

sie bewundern die

deS Geschmacks,

Gegenstände der Be­

der llcppiqfcu, welche den

Reichen umgeben; sie stellen mit Ergötzen Betrachtungen an, über die Macht, welche jene haben, Glückseligkeit zu verbreiten, über die Gelegenheiten,

um sich

welche ihnen zu Ge­

bote stehen, Dankbarkeit zu erwecken; und durch eine natür­ liche Verbindung übertragen sie auf deren Charakter den Ein­ druck, der durch äußerliche Zeichen deS Reichthums hervor­ gebracht wird, und bildungskraft ist.

eigentlich die Geburt ihrer eignen Ein­ Wenn Reichthum

lange in derselben Fa­

milie bestanden hat, zumal wenn derselbe von Auszeichnun­ gen begleitet wird, die ursprünglich durch

Verdienst erwor­

ben und durch eine Reihe achtbarer Menschen fortgepflanzt wurden, so verknüpfen wir sogar den Glanz und die Würde seiner Vorfahren mit dem gegenwärtigen

Eigenthümer, und

eS wird uns schwer, und zu denken, daß der, weicher durch eine glorreiche Abkunft begünstigt wurde, den übrigen Men­ schen nicht übcrlcacn seyn sollte. anstatt nach einer gemeine

Achtung für

Reichthum

sichersten Führer nehmen? gel zu folgen, deren

Müßten wir daher nicht,

Gleichheit zu streben, die all­ und Geburt

zu

unserm

Ist es nicht vernünftig, der Re­

Nichtigkeit

die Menschheit

durch ihr

154

l

Du ch.

SußereS Betragen, und durch ihre gewohnte Hochschähung anerkennt, und die politische Gewalt zu den Eigenschaften in ein Verhältniß zu bringen,

die,

während

sie der ge-

nauesten Bestimmung fähig sind, alS die natürlichen Quellen der Machthabung betrachtet werden sönnen ? *) Die Bemerkung, welche sich in Rücksicht der so eben aufgestellten Meinungen ganz unwillkührlich aufdrängt, ist, daß sie Einfluß mit Gewalt verwechseln, obgleich zwei Begriffe nicht verschiedener seyn können.

Politische Gewalt ist in kei­

ner Hinsicht von dem Willen derer abhängig über welche sie ausgeübt wird, und wirkt daher in allen Fällen nach der Maße, wie sie durch ihren Inhaber in Ausübung gebracht wird; Einfluß wirkt durchaus nur auf die Gemüther An­ derer, indem er ihren Willen bloß als ein Beweggrund be­ stimmt, der allemal dem ausgesetzt ist, daß andere Beweg­ gründe sich ihm widersetzen

und ihn überwältigen: das An­

sehen der unmittelbaren Gewalt ist auf die Weise von den Bürgern unabhängig;

dagegen gründet daS auS dem Ein-

stuß entspringende sein Daseyn blos in dem wtllkührlichen Gutheißen der Bürger.

Der Gewalt, wenn sie auf die

*) ,>Oie Gesetze des Servins Tullius scheinen gerecht und ver­ nünftig, indem sie d»e Gewalt nach Verhältniß des Eigenthums bestimmen." Hume'S Vers. 2. Th. 11. Vers. Daß Eigenthum und mehr noch Geburt nach Hume'S Mei­ nung gerechte Gründe der politischen Ungleichheit waren, ist aus verschiedenen seiner Versuche ersichtlich, so wie auch aus der all­ gemeinen Haltung feiner Geschichte. Mächtig verschieden war die Meinung des Harrington. Der große Grundsatz fernes Systems ist zwar, daß Landergenthum die Quelle aller Herrschaft ist, und daß kerne Regierung, in welcher die Wagschaale der Gewalt und die Wagschaale des Eigenthums in verschiedenen Händen sind, fortdauernd seyn kann; aber er be­ trachtet dieser» nothwendigen Einfluß des E'.genthums als einen Grund, urcht für die Ungleichheit der politischen Gewalt, sondern für die Einführung einer Art Agrarischen Gesetzes. Man sehe hierüber seine Werke und bcfvnbfrt feine Ocean.i

2. Kapitel.

2. Abschnitt.

155

rechtliche Weise errichtet ist, kann nicht ohne Schuld wider­ standen werden, Gehorsam gegen dieselbe kann mit Recht erzwungen und Widerstand mit Recht bestraft werden; der Einstuft, so vernunftgemäß er auch seyn mag, hat keine solche Heiligkeit; eS darf demselben widerstanden werden, obwohl Nicht ohne Tadel, so doch ohne ein Verbrechen; Unterwerfung gegen ihn kann nicht mit Recht erzwungen, noch kann die gänzliche Nichtbeachtung desselben bestraft werden. So un­ ähnliche Begriffe zu verwechseln, kann niemals zu irgend einer genügenden Folgerung führen. Die Wirksamkeit gar mancher Gattungen des Einflusses kann heilsam, und da­ gegen unmittelbare und fortdauernde Machthabung, selbst wenn sie sich auf das beschränkte, was die öffentliche Mei­ nung willig einräumte, so ungerecht als unersprießlich seyn. Der Einfluß, der auS körperlicher Stärke herrührt, be­ schränkt sich auf den rohesten Zustand der Gesellschaft, und kann selbst dann keinen Anspruch aus regelmäßige Gewalt ge­ ben. Sollte eS einem Individuum durch überlegene Stärke oder List gelingen, eine Macht aufzurichten, die nicht von dem Willen seiner Landsleute abhängig wäre, so würde diebloß eine Regierung der Gewalt, eine unrechtmäßige An­ maßung seyn, welche abgeschafft werden müßte. Auch der Einfluß der Fähigkeiten und derTugend, obgleich er sich auf alle Lände.' und Zeiten erstreckt, bildet keine Grund­ lage, auf der ein Bau der rcchtmalzigen Machthabung aufge­ führt werden kann. Freilich wenn eS möglich wäre, durch äußere Zeichen diejenigen Bürger kenntlich zu machen, die sich durch sittliche und geistige Vorzüge auszeichneten, so würde sowohl Gerechtigkeit gegen ihr Verdienst, als Rücksicht auf das Interesse des Ocffentlichen, deren Anspruch aus die Regie­ rung ihrer Mitbürger begründen. Aber wie kann in Erman­ gelung solcher Kennzeichen das verhältnißmäßtge Verdienst verschiedener Bewerber bestimmt werden? Nach welchem Kriterion anders, als dem der öffentlichen Meikmng, kann der würdigste Bürger ausgewählt, und wie kann diese Wahl durch irgend ein ausschließliches Vorrecht erleichtert werden? Um

156

l.

Buch.

sich gegen die Befiederung von Menschen zu verwahren, die notorisch zum Amt untauglich sind, mag eS ganz vernünftig seyn, irgend einen Beweis der Tüchtigkeit, irgend ein Zeug­ niß darüber zu fordern, daß der Charakter eines Bewerbers vorwurfsfrei sei, und daß seine Fähigkeiten von der Art sind, daß sie ihn in den Stand sehen, die Pflichten, die er auf sich nimmt, zu verrichten. Doch scheint eS zu gleicher Zeit sehr zweifelhaft, ob jemals irgend ein beträchtlicher Vortheil auS Anordnungen dieser Art entsprungen ist. Solche Abweisun­ gen weqen Unfähigkeit können nur Sicherheit gewahren ge­ gen Anstellungen, die auS irgend einer besondern Verkehrtheit deS Urtheils entspringen; denn sie können bloß solche aus­ schließen, die so offenbar für den Dienst unfähig sind, daß sie schon ohne irgend eine Anordnung durch den gemeinen Men­ schenverstand verworfen werden würden. Man mag allerdings die Vorkehrung treffen, daß ein überführter Verbrecher nicht auf einen Plah des öffentlichen Vertrauens befördert werden soll; oder daß diejenigen, welche ohne gewöhnliche Erziehung geblieben sind, nicht da angestellt werden sollen, wo Gelehr­ samkeit unerläßlich ist. Aber solche Beschränkungen sind ge­ wöhnlich unnüh, und können bisweilen unvortheilhaft seyn, indem sie die Nation der Dienste eines Mannes berauben, dessen natürliche Kräftigkeit des Geistes die Mängel seiner frü­ hern Erziehung mehr als aufwieqt. Wenn die Macht, zu Aem­ tern zu bestellen, redlicher Weise ausgeübt wird, so werden jene vorgängtgen Bezeichnungen zur Untaugllchkeit nicht nö­ thig seyn: und wenn die Quelle der Ehrenstellen und der Machrhabung verdorben ist, so werden beschränkende Anordnungen vergeblich seyn. Aber obgleich solche Anordnungen wenig Anspruch aus Billigung Huben, so scheinen sie nicht un­ gerecht zu seyn, so lange sie keinen Menschen vom Amte aus­ schließen, von dem sich annehmen läßt, daß er tüchtig sei, seine Pflichten zu erfüllen. ES ist anders mit Vorrechten, die an Reichthum oder Fa­ milie geknüpft sind. Indem diese annehmen, waS notorisch falsch tft, daß Fähigkeiten, Weisheit und Tugend die ?sn*.

schämen ftd) ihrer Schwachheit, trenn fit bei einer Musterung ihres Betragens, sich der Unwürdlgkeiten erinnern, zu denen sie sich herabgelassen haben. Weit mehr erweckt ein ähnliches Betragen bet Andern ihren Widerwillen, und keine Menschen sind lauter in ihrer Verdammnis; der Willfährigkeit und tfrtc, cheret, als dirienigcn, welche fUbft als Schmeichler der Großen in Verachtung stehen. Gar anders, wie bet einem tugendhaften Gefühl, welches bei tnhfqcm Nachdenken cebilligt wird, erscheint übermäßige Bewunderung dcS Reichthums und des Ranges der übrigen Welt und dem Schmeichler selbst, sobald er sich außer dem Bereich ihres zauberischen Ein­ flusses befindet, verächtlich und erniedrigend. Kein Schriftsteller hat die natürliche Bewunderung, welche die Großen begleitet, auf eine schönere Weise ausgemalt, als Adam Smith, aber keiner ist auch werter davon entfernt, dieses Gefühl, als der Tugend verwandt, zu betrachten. ,, Diese Geneigtheit/' sagt er, die Reichen und Mächtiger; zu bewundern, und beinahe anzubeten, Personen in einer ar­ men und niedrigen Lage dagegen zu verachten, oder wenig­ stens zu vernachlässigen, obgleich beides erfbrdcrltch, um die Unterschiede deö Ranges und der Stande der Gesellschaft fest, zustellen und aufrecht zu erhalten, ist zu gleicher Zeit die große und allgemeinste Ursache der Verderbntß unseres sittlichen Ge fühlS. Daß Reichthum und Vornehmheit oft mit der Ehr erbietung und Bewunderung betrachtet werden, meldte bloß der Weisheit und Tugend gebühren, und daß die Verachtung, deren angemessener Gegenstand ctr.zig Laster und Thorheit feim sollte, oft höchst ungerechter Weise der ?(r-nuth und Schwache zu Theil wird, ist die Klage der Stttenlehrcr allerZetrcn gerne sen. " Er fügt hinzu: ,,E6 ist kaum mit Ritten Grundsätzen der Sittlichkeit, oder vtclktdu auch nur der Sprache verein bar, zu sagen, deß Reichthum und Vornchmhett an sich schon, abgesehen von Verdienst und Tugend, unsere Hochachtung ivr dienen. Wir müssen jebodt bekennen, daß sie dtcsilbe bc(nal) beständig erlangen, und daß sic daher, in gewisser Rücksich: als der natürliche Gegenstand derselben betrachtet werden fön

2. Kapitel.

2. Abschmtr.

1J9

tien.“]*) Möchten tust denn auf Ueberzeugungen, die so ge­ brandmarkt sind, den Bau der gesetzlichen Machthabung aufrichten? Ist eS ein bereits mit den Grundsätzen der Sittlichkeit unverträglicher Einfluß, dem wir eine neue Gewalt ertheilen möchten? Selbst wenn jener Grundsatz der Tugend sowohl als der Natur gemäß wäre, wenn derselbe von jedem Menschen und zu allen Zeiten gebilligt würde, in dem Innern deS Hauses, so wie im Geräusch der Welt, in Andern, so rote in und selbst, so möchte doch immer die unmit­ telbare Gewalt eben so nachlhctltg seyn, wie der geistige Ein­ fluß heilsam war: aber wenn der Grundsatz selbst, außer auf sehr enge Gränzen beschränkt, unsittlich und herabwürdigend ist, so müssen Regierungen, die sich auf denselben gründen, offenbar ungerecht seyn. Der Grundsatz jedoch ist nicht unrichtiger, als dessen An­ wendung unausführbar seyn würde. Der Einfluß deS Ran­ ges und des Reichthumes, weit davon entfernt unbedingtzu seyn, ist von so manchen zusammentreffenden Umständen ab­ hängig, daß derselbe sich weder nach der Ausdehnung der Be­ sitzungen, noch nach dem Alterthum der Familie abmessen läßt. Er ist das Resultat deS Eigenthums und deS Stamm­ baums, die nicht für sich bestehen, sondern mit den persönlichen Eigenschaften deS Inhabers verknüpft sind. Befinden sie sich in Begleitung von Leutseligkeit, Edelmuth und Weisheit, so üben Rang und Reichthum eine fast unbegränzte Herrschaft über die Gemüther der Menschen auS; stehen sie in Verbin­ dung mit Thorheit, Gemeinheit, Lasterhaftigkeit oder Raub­ gierde, so bezeichnen sie ihre Inhaber nur für eine desto all­ gemeinere Verachtung, oder eine desto bittrere Verwünschung. Keine Nation ist bis jetzt noch so verdorben, daß bloßer Reich­ thum der Maßstab des Einflusses der Individuen seyn kann, und die Grundsätze, welche vornehme Geburt selbst an den lasterhaftesten Menschen hochschätzten, sind auf dem Wege, bald verschwunden zu seyn. Alle Versuche daher, durch allge') riieorv of Moi. S#*nt. Part. I. 6.

Hinv.

ito

i.

B u ch.

meine Anordnungen, politische Gewalt in Verhältnis zu dem natürlichen Einfluß zu bringen, werden immer ihres Zweckes verfehlen.

Zn einigen Fällen wird Machthabung denjenigen

anvertraut werden, die ungeachtet der Ausdehnung ihrer De» sihunqen, und der glanzenden Reihe ihrer Ahnherrn, kaum den Willen ihrer eigenen Hausgenossen lenken tonnen: wäh­ rend Menschen, die durchs Glück weniger begünstigt wuroen, aber der Reinheit und Kräftigkeit threö Geistes einen beinahe unumschränkten Einfluß auf ihre Bekannte und Freunde ver­ danken, gänzlich von einem jeden Antheil nn dcr Regierung des Landes ausgeschlossen seyn werden.

Eine solche Verthei-

lnng der Macht must die Zerstörung grade desjenigen Einflus­ ses herbeiführen, auf dem sie begründet zu seyn vorgebt; noch könnte jene zu diesem in irgend einer Rücksicht in ein richtiges Verhältniß gebracht werden, ohne in einem jeden Fall eine Untersuchung anzustellen über den wahren Charakter deS De» Werbers, oder wenigstens über die Meinung, die diejentgeu über seinen Charakter hcg,n, welche Gelegenheiten hatten, seine Verdienste und Mangel zu würdigen.

Eine solche Untersu­

chung aber stößt alle die politischen Ungleichheiten völlig übe' den Haufen, die blos; auf Reichthum oder Geburt gegründet sind: üe bezieht sich auf einen durchaus verschiedenen Maß stab, den der Fähigkeiten und Tugend, in Rücksicht dessen keine Auszeichnungen des Ranges unsere Forschungen in irgend etwas unterstützen können. Auch ist es nicht möglich, ausschließliches Vorrecht an die Stelle von natürlichem Emflust zu setzen, selbst wenn dieser Einfluß unabhängig von persönlichem Charakter wäre.

Was

auch immer für Macht dem Reichen und Vornehmen ertheilt werden möchte, so würde sie, anstatt des Einflusses zu über» heben, dessen Stelle sie der Absicht nach verirrten sollte, in der Wahrheit denselben nur noch vergrößern, und daher m der allgemeinen Gesinnung der Welt keine Stütze sinden. Da­ durch, daß man unmittelbare Macht mit Reichthum und Rang verknüpft, wird gewiß die Bewunderung der Menschheit nickt gemäßigt,

oder ihre Nachgiebigkeit gegen die Wünsche der

2. Kapitel. Großen Im Zaum gehalten.

3- Abschnitt.

161

Die Vorstellung der Macht Ist

«, welche die blendendste Eigenschaft de« Reichthum« au« macht; die durch eine lange Reih« von Vorfadren überlieferte Machthabunq ist «S,

welche da« glänzendste Angebinde der

vornehmen Abkunft ist: das Vermögen Gunstbezeuqungen zu ertheilen, ein Vermögen, da« durch eine jede Vermehrung der politischen Gewalt vergrößert wird, ist e«, dem die Dienste und die Unterstützung eine« Anhange« zu Gebote steht

Soll»

ten wir daher auch Vorrechte aufVorrechte häufen, so würd« es un« niemals gelingen, unmittelbare Gewalt nach dem mittelbare» Einfluß abzumessen, viel weniger, die eine an dir Stell» der andern zu setzen.

Eine

jede neue Ungleichheit würd« «ine»

Grad der Machthabunq ertheilen, -er über da«, «a« da« na» türliche Gefühl der Menschheit dem Reichthum und der Ge» burt betmäße, hinau«girng«, während dieselbe zu gleicher Zelt «in Grund für fernere Ungleichheit werden würde, bl« sich zu» letzt durch di, Wirkung und Rückwirkung de« Einfluss,«.und der Gewalt bttr vollständigste Despotismus begründet fände. Der Einfluß der Geburt und de« Reichthum« ist, sie wie der» selbe von geistigen Eigenschaften abhängig ist, vom wesent» ltchsten Dienst für die Gesellschaft; aber all« Versuche, dtesea Einfluß in politische« Recht zu verwandeln, indem man ihn zur Grundlage eine« ausschließlichen Vorrecht« macht, finde« eben so wenig Unterstützung in den unverdorbenen Gefühle» der Menschheit, als sie ungünstig für di, Vervollkommnung der Bürger, und beeinträchtigend für dir Wohlfahrt de« Staa» ttf sind.

Dritter Abschnitt. Don

der

Volksvertretung.

Grundsätze der Regierung,

so richtig sie auch an sich

selbst seyn mögen, müssen in der Ausübung vorsichtlg ange» wandt werden. (Sr. der Pol. I.

Nicht, daß hier irgend mehr,

als in der II

i. Buch.

1Ö2

Mechanik, das was in de^ Theorie wahr ist, in btt Anwen­ dung falsch seyn kann; aber allgemeine Regeln rühren noth­ wendig von allgemeinen Bemerkungen und auoqfbrcitttm An­ sichten her, indem sie kleine oder zufällige Umstände unbe­ achtet lassen, durch welche jene Regeln in besondern Fällen geändert und bisweilen ganz und gar bet Seile gesetzt wer­ den müssen. sätze,

Doch sind die Anwendungen allgemeiner Grund­

welche als da- Erzeugruß incnfchlid er Enahrunq be­

trachtet werden können, höchst wichiU. thümlichkeit da ist

Wenn keine Eigen­

so mu|l die Regel angewandt werden:

wenn eine Eigenthümlichkeit da ist,

so müssen die eigens

thümttchen Umstände strenge untersucht, genau bestimmt werben. „ Zn allen

und ihre Folaen

Fällen erleichtern Re­

geln, die vorläufig durch ausgedehnte Beobachtung aufge­ stellt sind, unsere Forschungen sehr, indem sie unö an die Hand geben, was gewöhnlich recht und gut ist, und so bas Feld der Forschung wesentlich einengen. Von dieser Natur ist der Grundsatz, der in dem ersten Abschnitt dieses Kapitels untersucht wurde, daß fortwährende Ungleichheiten der politischen Gewalt

beeinträchtigend sind.

Wollten wir blindlings dieser Regel folgen, so würden wir auf einmal zu dem Schlüsse kommen, daß eine jede Gattung der erblichen Gewalt, und ein jedes an den D sitz von Ei­ genthum geknüpfte Vorrecht abgeschafft, alle Wahlen durch die Sttmmgebung der Gesammtheit der Einwohner, und alle Aemter mir denjenigen beseht werden müßten, welche ihre Mitbürger, ohne baß Rang oder Reichthum eine Aus­ nahme machten, als die Fähigsten betrachteten, deren Pflich­ ten zu verrichten. Aber da die Charaktere der Menschen durch ihre Lagen gebildet werden, und da ein gewisser Grad der Unterrichtung und Tugend zur gehörigen Vollbringung der Verrichtungen eines Wähler- erforderlich ist, so ist es nothwendig, ehe wir diese Regel auf die Regierung irgend eines besondern Lande- anwenden, die Folgen zu untersuchen, welche sich bei dem dermallgen Zustande des Volk- erwarten lassen, und den Grundsatz näher zu bestimmen,

so oft es

2. Kapitel.

3. Abschnitt.

163

wahrscheinlich scheint, daß dessen praktische Anwendung irgend einem der Hauptzwecke der Regierung,

der Glückseligkeit

der Bürger, ober dem Wohlstände d«S Staats ngchtheiiig seyn würde. Von der Einführung de- allgemeinen Stimmrechts, d. h. des Rechts eines jeden Einwohners, der zu etnem gewissen Alter gelangt ist,

bei der Wahl

der reprrsentativen Der»

sammlung seine Stimme zu geben, hat man die gröbst» Ungerechtigkeit und die furchrbarste Anarchie zu befürchten gehabt; und wenn solche Besorgnisse wohl gegründet sind, so müßte der rin starrköpfiger Verfechter allgemeiner Grund« sähe seyn, der behaupten wollte, daß eine, solche Regel, dt» allein Im Nutzen ihren Ursprung hat, auf eine solche Ge­ fahr hin,

aufrecht

erhalten

werden sollte.

Zwischen den

Reichen und den Armen, hat man gesagt, findet eine bestän­ dige und endlose Befehdung statt; indem sene di« Vortheile, welche sie besitzen, zu behaupten und zu vermehren, und dies» an denjenigen Annehmlichkeiten und dem Wohlleben, weichs ihrem Neide zur Schau gestellt, aber ihren Begierden versagt wrrden, Theil zu nehmen suchen.

Zwischen diesen natürlichen

Feinden sind die natürlichen Mittel be< Angriffs und der Ver­ theidigung keineswegs gleich; aber indem die politische Gewalt auf den schwächer» Theil beschränkt wird, «ährend die groß» Maschine der Regierung hauptsächlich, wenn nicht ausschließe llch, durch Leut« von Eigenthum geleitet wird, kann allen un­ gerechten Angriffen von Seiten der niedrigern Klaffen mit Er­ folg Widerstand geleistet,, und di« Begierde, Reichthum auf einem kürzern Wege, als dem des Fleiße» zu erlangen, wirk­ sam unterdrückt werden.

Würden diese Waffen der Reichen

ihnen au< den Händen gerungen, und die Armen ohne Unter­ schied zu dem Recht der Wahl zugelassen,

so würden dt«

Schranken de» Eigenthums auf einmal niedergebrochen seyn, die Gesetzgebung würde sich gänzlich in den Händen der niedri­ gern Klaffen befinden, die ihren Obern at\ Zahl weit überlegen seyn müssen, und die Gesetze, anstatt die Stühe und der Schutz deS Fleißes und des Reichthums zu seyn, würden

IÖ4

i. Buch.

bald In Werkzeug« de- Raubes und der Verwüstung ver­ wandelt werden. Diese Besorgnisse würden, wenn sie geqründrt wären, für die Krage entscheidend seyn; aber fit scheinen a»S einem sehr unrichtigen Uebrrblick deS geqenwärtigen Zustande« der Gesellschaft zu entspringen. D>e Menschen find keineswegs in zwei große Klaffen getberlt, die Reichen und die Armen, die fortwährend gegen einander kampjserlig stehen. Zn, Gegen­ theil besteht die Gesellschaft au« unmrrklichen Abfinsungeu die sich vom niedrigsten bis zum höchsten Siantonnkre er­ heben, und auf eine solche Weise zusamtm» x'etfi.ilvft sind» daß, indem di» Meinung einen leichten und ra'cNei, Un.tauf durch da- Ganze hat, da- wirkliche und gewöbnuch in die Augen springende Interesse der Mehrdeit mit dem des Skaaterinerlei ist. Tdeile de- Volk« freilich, die unter irgend einem schweren, obgleich vielleicht unvermeidlichen Eiende leiden, oder durch unerträgliche Bedrückung empört werden, können gelegentlich die Gerechtigkeit mit Füßen treten, und in ihrer Wuth eben die Uebel noch erschweren, über welche sie sich beklagen. Während ihre Familien um sie her Hunger« sterben, mögen sie sich durch ungerechte Gewalt der Mittel ihres Unterhalttemächtigen; oder indem sie die Bande der Ordnung und de- Gesetze- abwerfen, e- sei nun in Folge wirklicher oder eingebildeter Rettzungen, mögen sie da- Eigentdum derer, welche ihrer Wuth ausgesetzt sind, plündern oder zerstören. Aber weit verschieden sind doch solche kurzzeitige Stürme von irgend einem überlegten und berechneten Plan, Maßre­ geln zu erzwingen, die mit den einfachsten Grundsätzen der Gerechtigkeit und dem in die Augen springenden Zntcreffr eine- jeden Stande- in dem Staate gleich unverträglich sind. Selbst wenn da- Volk zu irgend einer Zeit so weit irre geleitet «erden sollte, daß e- feindliche Anschläge faßte ge­ gen den Gewerbfletß, und also zugleich auch ge'tn da-, wa< dessen Gegenstand und Folge ist, die Anhäufung von Reichthum, so ist e- überhaupt nicht wahrscheinlich. daß «< am Ende gegen da- bessere Urtheil und da- Privatim

3. Kapitel.

«reife einet

jeden

5. Abschnitt.

einsichtsvollen

Bürgert

165 durchdringen

sönnt«. Die niedrigsten Klassen der Gesellschaft, von denen

sich

allein Angriff« auf Eigenthum befürchten lassen, werden, ob« gleich sie gelegentlich Unruhe stiften können, durch ihre Strl« hing im Leben davon ausgeschlossen, irgend eine fortgesetzte oder

berechnete

Aufsicht

Regierung auszuüben.

über

die

Maßregeln

der

Zerstreut über das Land; beschäf­

tigt vom Morgen bi< zum Abend mit der Sorg«, für sich selbst und ihre Familien Unterhalt zu erwerben; gleich ent­ blöß« von Kenntniß der Menschen und von der für die ge­ schickte Behandlung einer schlecht verbundenen Dolk-parthei erforderlichen Praktik; in jedem Augenblick dem ausgesetzt, betrogen zu werden, und ihre Anhänger durch die Anlockun­ gen det unmittelbaren Dorthells, oder dle Hoffnung künf­ tiger Belohnung abgezogen zu sehen: mit solchen Schwierig­ keiten, denen fl« zu begegnen haben, können sie niemals denen furchtbar werden, dir, mit der Gerechtigkeit zur Sette, sich in einer Lage befinden, in der sie Zeit, Kenntniß, Geschick­ lichkeit, Schmeichelet,

Bestechung und

Schrecken zu ihrer

eigenen Vertheidigung anwenden können. Auch würde die Anzahl derjenigen, selbst in den unter­ geordneten Ständen de< Lebens, die bei irgend einem Eretgnlß Vortheil von Unordnung und Ungerechtigkeit erwarten möchten, nicht so groß seyn, um wohlgegründete Desorgniß zu erwecken.

Der betriebsam« Arbeiter würde leicht bemer­

ken, daß der Umsturz de« Eigenthum«, obgleich er für ihn mit irgend einem unmittelbaren Vortheil vereinigt seyn möchte, am End« doch seine Lebensgenüsse vermindern, und die Ruhe und Sicherhelt de« Landes

zu Grunde richten

muß; daß derselbe etnrn sehr ungewissen Besitz einiger Ge­ genstände der Ueppigkeit an die Stelle für regelmäßige Be­ schäftigung sehen würde, durch welche er mit Sparsamkeit und Fleiß sich allmällg zum Wohlstände und zur Achtbarkeit erheben könnt».

Er würde nicht leicht bewogen werden.

166

l.

Buch.

feine Grundsätze bet sowohl, al« seine sri,blichen Gewohnheiten, so wenig anlockenden Aussichten aufzuopfern; sonder« er würde seinen Einfluß bei seinen weniger lügend» haften Nachbaren und nöthigenfall« seine persönliche De» strebupg anwenden, um Maßregeln zu bekämpfen, die grau» sam gegen dir Reichen, verderblich für den Staat, und Im besten Kali von sehr zeikwetsem und ungewissem Vortheil für die Armen seyn würden. Nur durch dir Müsslqsten und Lasterhaftesten au« der arbeitenden Klasse könnten Anschläge, die mit der Sicherheit dt« Eigenthum« unverträglich wären, gefaßt werden, und gewiß könnten weder ihre Talente noch ihre Anzahl sehr furchtbar für einen wohlregierten Staat werden, Diejenigen, welche solche Besorgnisse «egen der Zulassung aller Bürger ohne Unterschied zur Wahlfreiheit empfunden ha> den, müssen die mannigfache» Quellen de« Einflusses übersehen haben, welche, au« dem Reichthum entspringend, eine jede Klasse der Einwohner dnrchdringen. Die Geneigtheit de« Volk« geht nicht dahin, die Vorzüge de« Reichthums zu ge» ringe anzuschlagen, sondern vielmehr zu den Reichen, al« zu einer höher» Ordnung von Wesen htnauszublicken, sich in ihrer Gegenwart erniedrigt zu fühlen, und ihre Wünsche al« Befehle zu betrachten, die r« anmaßend seyn würde, unbe« achtel zu lassen. Jedermann hat ferner Bekanntschaften von einem Range, der seinem eigenen in etwa« überlegen ist, deren Umgang er für eine Ehre schätzet, deren Sitten, Ausdrücke und DenkungSwetsen er geneigt ist nachzuahmen, und für deren Meinungen er die höchste Ehrerbietung empfindet. Sernerseit« ist er wieder ein Muster für seine Unterge» benen; und so verbreiten sich die Maximen der Großen und Mächtigen durch ein« Nation und werden blindlings von Allen angenommen, die den sehr gemeinen Ehrgeiz haben, für modisch und geschliffen angesehen zu werden. „La prdvention du peuple en faveur des grands,“ sagt ein sehr genauer Beobachter de« menschlichen Cha-

2. Kapitel. tofttti,*)

est si aveugle,

3. Abschnitt.

167

et l’entftement pour leur

geste, leur visage, leur ton et leuis manieres si general, que s’ils s’avisoient d’etre bons, cela iioit ä l'idolatHe.“ Zu allem tiefen must man noch

den unmittelbaren Einfluß

hinzufügen, den der Brotherr über seine Albeiter hat, ein Einfluß, ohne Zweifel qrbßer oder geringer, nach der Anfrage um Arbeit, aber zu allen Zetten sehr mächtig, wenn der Charakter dr< Herrn Achtung verdient,

oder

wenn seit«

Wohlwollen seinen Unteraebenen Dankbarkeit rlnflißt. Wenn wir ferner in Betracht ziehen, baß die Bolksvrr« tretet, auf wa< für ein« Weis, sie auch erwählt seyn mich« »en, im Allgemeinen Leute von Eigenthum seyn werden, die ungeachtet aller Versprechungen, die sie während der Zeit ihrer Bewerbung gegchen haben, als Gesetzgeber auf ihren eignen Vortheil hinreichend aufmerksam seyn werden, und daß in einer jeden gut eingerichteten Regierung der Uebereilung «in hinlänglicher Zaum angelegt seyn muß, um die Ausführung irgend einer wichtige» Maßregel durch Ueberrafchung zu vrr« hindern, so werden wir wenig Grund finden, zu befürchten, daß allgemeine« Stimmrecht zu Anarchie, oder zu irgend einem Angriff auf da« Recht des Eigenchum« führen mich»«. Aber e« ist nicht eben so klar, baß dasselbe nicht zu Uebeln von einer

ganz

verschiedenen

Gestaltung führen würd»;

zur Bestechung, zu allgemeiner Derderbniß der Sitten und hierdurch zum ausschließlichen Besitz der Aemter durch die Reichen und zu einem ungebührlichen Uebergewicht de« an!» übenden Zweig« der Regierung. Für einen Menschen, der seinen Unterhalt von Tage zu Tage durch di« Arbeit seiner Hände verdient, muß eine ge­ ringe Summe Gelde«, durch welch» er sich entweder für eine

*) La Bnntre. Da« Dorurthell des Volk» zu Gunsten der Großen ist so blind und dir Eingenommenheit für ihre Haltung, ihr Gesicht, ihren Ton und ihre Sitte» so allgemein, baß wenn sie e« sich einmal einfallen ließen, gut zu seyn, die« bi» zur Ab­ götterei gehen würde.

I.

16g

Buch,

kurze Zeit im Mäsflggang versorgen, oder irgend eine Be­ friedigung verschaffen sann, die sonst außer seinen Bereich gestellt ist, muß eine sedr schwer zu widerstehende Versu­ chung seyn.

In großer Maße unwissend über die Verdienste

der verschiedenen Bewerber, unvollkommen, wenn überhaupt unterrichtet über die Absichren und Grundsätze der politischen Partheien. mit welchen |cne verbunden sind, ununtei wiesen in seinen Pflichten als Bürger, kaum gewahr der Uebel der Bestechung und bestärkt durch das Beispiel mancher unter seinen Nachbarn, seinen Freunden und Vornehmern, als er, kann er wenig Beweggründe der Pflicht oder der Ehre ha­ ben, die hinreichten, um die Versuchung deS unnnitrlbaren Wohlseyns und dessen, was in Vergleich mit seiner gegen­ wärtigen Dürftigkeit, als unmittelbarer Ueberfluß erscheinen wird, zu überwältigen. Unter solchen Umständen wird seine Sittlichkeit wahrscheinlich nur bis zur Treue gegen seine Verbindlichkeiten reichen, in so fern diese Verbindlichkeiten

aus

pekuniären Rücksichten eingegangen seyn werden.

Zur Unterstützung untmtt (barer Bestechung wird noch Sttmmbeiverbung, Trinken und Schwelgerei angewandt wer­ den; und damit es ia nicht möqiich sei, daß einem Bewerber bloß nach der Rücksicht auf seinen Charakter vergolten werde, wird man zu tausend Betrügereien Zuflucht nehme«, die eS wegen der Verborgenheit der

Wähler allemal kost­

spielig. osr unmöglich seyn wird, zu entdecken.

Einige, bic

eS verachten würden, ihre Stimmen zu verkaufen, können vielleicht durch eine thätige Stimmenbewerbung, durch fort» gesetzte Schwelgerei, oder durch dae Geräusch und das Ge­ schrei eines Pöbels fortgerissen werden: dre Zeit einer Watl wird eine Periode der Trunkenheit, Schwelgerei und Ver­ wirrung werden, von der die

ruht t terhändlern und Beauftragten der verschiedenen Bewerber an die Hand giebt. Der Gegenstand freilich würde nicht hinreichend seyn, um irgend jemand von unabhängigen Grundsätzen und uneigennützigen Absichten zu vermögen, nach dem Amte eine- Abgeordneten zu streben, indem er sich zu dem Zweck der Unruhe und der Bemühung einer Bewerbung um die Dolkssttmme unterzöge; viel weniger noch würde er ihn verleiten, sein Vermögen im Ankauf von Stim­ men zu verschleudern; aber diejenigen, die entweder die Un­ terhändler der Bewerber zur Stellvertretung wären, oder die die Absicht hätten, nachher ihre Unterstützung dem Meistbietenden zu verkaufen, möchten sich bereitwillig der Arbeit und den Kosten unterziehen, für die sie aewiß wä­ ren, eine große Entschädigung zu erhalten. Wenn die Ab­ gesandten sich zum Endzweck einer Wahl versammelten, so würde eS sich im Allgemeinen offenbaren, daß sie nicht we­ gen ihrer Weisheit oder Tugend gewählt wurden, sondem entweder in Folge einer thätigen Stimmbewerbung, die zur Absicht hatte, an dem einen Orte zu verkaufen, was sie an einem andern einkaufte, oder ils die erklärten Anhänger bestimmter Bewerber, durch deren Einfluß sie ernannt wor­ den, und deren Interesse sie zu unterstützen verpflichtet Wären. Wenn allgemeines Stimmrecht eingeführt wäre, so würde der einzige Einhalt der Bestechlichkeit in der Anzahl der Wäh­ ler zu sinden seyn, die bisweilen die Kosten der Bestechung einer Mehrheit zu hoch hinauftreiben könnte. Aber ein System der doppelten Volksvertretung würde diesen Einhalt

2. Kapitel, z. Abschnitt. «atsernen,

173

indem dasselbe »S nothwendig machte, sich eine

Mehrheit nur in einer Abtheilung mehr, a« der Hälfte zu sichern. Wenn »um Beispiel sich in einem Kreise 5000 @tim* men und 10 Abtheilungen befänden, so würde ein Bewerber, anstatt daß er nöthig hätte, sich 2301 Stimmen »u sichern, seine Wahl durch die Bestechung von 251 in sechs der Abthei­ lungen, d- h.' von 1506 Stimmen in Allem durchsehen; und so könnte der An-gang einer Wahl geradezu in Widerspruch mit dem erklärten Wille» einer großen Mehrheit der Wähler stehen. Die Vervollkommnung, entspränge,

die au< einer doppelten Wahl

würde daher nicht sehr wesentlich seyn.

Sie

könnte »um Theil den Aufruhr und die Unordnung de< Sttm« mensammeln« abstellen, aber sie würbe vielleicht die Beste­ chung vermehren, und indem sie in gewisser Hinsicht dir Ver­ bindung zwischen den Volksvertretern und ihren Bestellern ver­ minderte, könnte sie fr-1 Gelegenheit di« Wahl eine« Manne« durchsehen, der, ohne daß man noch von ihm, al< einem Be­ werber, gehört hätte, e< am besten verstände, wie ein» Summe Gelde« am Morgen der Wahl unter die Abgeordneten zu ver­ wenden sei. Wenn diese Betrachtungen richtig sind, so scheint es un­ möglich , die Nothwendigkeit einer solchen Beschränkung de« Stimmrechte« in Frage zu ziehen, wodurch biqentgen, die ganz von all m Eigenthum entblößt sind, von einer jeden Gat­ tung der politischen Gewalt ausgeschlossen werden.

Sogar

für sie selbst ist diese Beschränkung vortheilhaft. Don den durch ein« Dahl hervorgebrachten Gewohnheiten läßt sich nicht erwarten, daß sie mit der Verhandlung der Wahl ein End« nehmen werden. Derjenige, welcher einige Wochen in Müffig, gang, Zerstreuung und Schwelgerei zugebracht hat, muß ,« hart finden,

zu grober Kost, vollkommener Nüchternheit

und unablässiger

Arbeit zurückzukehren.

Der Preis seiner

Stimme könnte ihn vielleicht für eine

kurze Zeit in dem

Genusse jener Gewährungen erhalten, zu denen er sich hatte verleiten

lassen: aber wenn dieser aufgegangen wäre, so

i. 5 a ch.

174

müßte ihm seine Arbeit verdrießlich, fein müßige- Mahl inv schmackhaft werden; er würde sich gewöhnen, einen Theil seine- Lohne- im Dierhause zu verthun, und seine Familie ohne Unterhalt zu lassen.

Kein Arbeit-mann. der aufrichtig

über sein Interesse urtheilt, wird die Verweigerung einer Eigenschaft bedauern, durch welche er solcher Versuchungen überhoben wird, besonder- wenn er weiß, daß er durch Fleiß Und Sparsamkeit sich in wenigen Jahren zu dem Range eine- Wähler- erheben kann. rechte-,

Eme Einschränkung des Wahl­

die nicht weiter getrieben würde, als daß sie die­

jenigen ausschlösse, die wegen ihres täglichen Unterhalt- von ihrer tätlichen Arbeit abhängen, kann kaum als irgend eine fortwährende

Ungleichheit verursachend

betrachtet

werden.

Obgleich sie einen gesetzlichen Unterschied des Range- ein­ führt, so verschwindet sie doch mit Rücksicht auf ein redes Zndtvtduum, so bald dieses Beweise von seiner Nüchtern­ heit, seinem Fleiße und seinen Tale.-ten gegeben hat; sie besteht nur so lange sie ihm selbst und dem Staate nützlich ist, und verschwindet in dem Augenblick, da er bewiesen hat, daß zu seinem eigenen Besten, und zum Vortheil de- Landeihm ein gewisser Antheil an der politischen Gewalt anver­ traut werden kann. Damit jedoch die Beschränkung der Wahlsttmme den krwerbfletß muß

da-

vielmehr

anspornen

vorgeschriebene

al-

Erforderntß

entmutigen mäßig

möge,

seyn.

E-

muß von der Art seyn, daß e- den Stlmminhaber über die Versuchung einer sehr kleinen Bestechung erhebt, und beweiset, daß wenn er auch nicht für den Desttz von Reich­ thum geboren wurde,

er doch an Mäßigkeit, Fleiß

Sparsamkeit gewöhnt sei;

und

aber c- muß nicht so hoch ge­

stellt werdey, daß es auch nur den Niedrigsten verhindere, nach dessen Besitz, ner Bestrebungen

als nach der ehrenvollen Belohnung sei­ auszusehen.

Dte Vorschrift gewisser Er­

fordernisse zur Wahlstimme scheint, so lange dieselbe als eine sichere Folge der Betriebsamkeit aufgestellt wird, obgleich sie al- eine Ausnahme von der allgemeinen Regel der Gleich-

2. Kapitel.

3. Abschnitt.

175

heit erscheinen mag, für Thätigkeit, Nüchternheit und Klug» Herr, die großen Tugenden der niedern Stände, beförderlich; und sie kann daher als strenge vereinbar mit den Grund» sähen der Nützlichkeit, die die Grundlage dieser und einer jeden andern heilsamen Regel der politischen Wissenschaft sind, betrachtet werden. *) *) Ohne Anspruch darauf machen zu wollen, die Erfordernisse zur Wahlstimme ganz genau nach den im Texte erläuterten Grundsätzen festzusetzen, so ist doch vielleicht der folgende E nt» murf eines Systems der Volksvertretung für die gegenwärtige Lage von ©roßbrittanim nicht sehr unpassend: 1. Jedermann, der Eigenthümer von Land ist, das zu i; L. jährlichen Einkommens geschätzt wird, oder ein auf 25 L. ge» schaytes jährliches Einkommen von Ländereien hat, oder der als Pachter einen Pacht von 100 L. bezahlt, soll befugt seyn, für die Vertreter der Grafschaft seine Stimme zu geben. 2. Jedermann, der Eigenthümer von Häusern ist, die auf 20 L. oder ein Wohnhaus innt hat, das auf 10 L. jährlichen Einkommens geschätzt wird, oder der einen Laden, ein Waarenhaus oder Werkstätte inne hat, die auf 25 L. jährlichen Einkom­ mens geschätzt wird, soll befugt seyn, in Städten seine Stimme -u geben.. 3. Eine jede Stadt, die aus 300 Stimminhabern besteht, soll einen Stellvertreter senden, die von 500 Stimmen sollen zwei, und die Hauptstadt vier senden. Die beugten Stimmin­ haber kleinerer Städte und Dörfer sollen berechtigt seyn, ihre Summen für die Vertreter der Grafschaften zu geben. 4. Eine jede Grafschaft soll zwei Repräsentanten senden, und einige Der großem und volkreichem sollen in zwei oder mehr Distrikte getheilt werden, von denen je&er zwei schicken soll. 5. Die Glimmen sollen an demselben Tage in den verschie­ denen Kirchspielen und untergeordneten Abtheilungen aufgenom­ men, und nachdem sie da beglaubigt sind, an die Sradt der Grafschaft, oder das Rathhaus der Stadt eingesandt werden. 6. Niemand soll erlaubt seyn, ferne Summe zu geben, ehe sein Name ein Jahr in die Rolle des Kirchspiels, wo er wohnt, oder wo fern Eigenthum belegen ist, eingetragen morsen. Der Verfasser hofft, daß es unnöthig seyn werde, hinzuzufü­ gen, daß er d,e praktische Schwierigkeit einer solchen Reform gehörig erkennt, die von dem 3ntmffc mächtiger Familien auf der einen

176

l. D u ch. Die Verrichtungen, die den Mäklern anvertraut werden

scheinen in keiner Rücksicht über die Belehrung hinauszugehen, welche sich bet der unmittelbar über den Handarbeitern stehen« beit Klasse annehmen läßt.

Ginge der Vorschlag dabin, wie

in d.rn alten Freistaaten, alle öffentliche Maßregeln ihrer Beur­ theilung zu überlassen, so möchte beträchtliche Gefahr von Ent­ scheidungen der Ueberetlung, der Unwissenheit und des Vorurtheils vorhanden seyn. gar sehr verschieden;

Aber die Pflichten der Mäkler sind sie erfordern kein abstraktes Denken,

keine genaue Kenntniß des Einzelnen, keine sehr verfeinerten Ansichten der Politik, sondern nur eine solche Bekanntschaft mit den Charakteren der verschiedenen Bewerber, wie em Aufenthalt in oer Nähe, oder die Erfahrung ihres frühern Dekra» gemi im Amte unfehlbar ertheilen muß; eine solche Meinung in betreff öffentlicher Maßregeln, wie der gemeine Menschen­ verstand vollkommen qeetgnct ist zu fassen, und eine solche allgiinetne Aufmerksamkeit auf daS, was in der Welt vorgeht, und auf die Grundsätze der streitenden Pmheien, wie sie mit den gewöhnlichen DcrufSgcschäftcn des Lebens sich recht wohl verträgt. Es würde Thorheit seyn zu behaupten, daß irgend eine Klasse von Menschen unter Umständen nicht betrogen und irre geleitet werden könnte. Gegen dieses Unglück kann keine Vorschrift von Wahierforderniffen Schuh gewähren, indem die höher» Stände nicht freier von Irrthum sind, als dcr große Haufe des Volks.

Aber wo eine freie Verhandlung

erlaubt ist, da läßt eS sich mit Fug annehmen, daß eben so viel Geschicklichkeit auf Setten der Wahrheit, als des Irr­ thums dargelegt werden, und daß folglich keine Täuschung deS Volks von langer Dauer seyn wird.

Frei von allem Privat,

interesse, welche- ihre Urtheile irre führen könnte, müssen die Absichten der mittlern Klassen wenigstens redlich seyn,

und

Seite, und von den eingebildeten Vorrechten erbärmlicher Flcckci (toi >v:.l,opmg Xopt fieDcvbir) und kleiner ^cbnesafferi (tum -Shil­ ling tficeholdcrs) auf ö« andern herrühren würden.

3. Kapitel.

3- Abschnitt.

177

««NN

das der Fall ist. so wird das gesunde Urtheil am Ende Ueberzeugung derdetführen. Es darf hier auch bemerkt

werden, daß in Verhältniß, wir die Meinung der Nation in den Bestimmungen der Gesetzgebung und in der allge« meinen Verwaltung Gewicht hat, die Versuche, den öffent» lichen Geist aufzuklären, fortwährender und tauglicher qelei« tet seyn werden; und daß dir Gewohnheit, entgegengesetzt« Ansichten und Meinungen zu vergleichen, unter den Bewoh­ nern unfehlbar mehr richtige Belehrung, größere Klarheit des Urtheils,

und genauere Vorsicht gegen den Eindruck

parthritscher Behauptungen verbreiten muß. Daß ein System der Volksvertretung, welches eine jede Klaffe von Einwohnern oberhalb de» Ranges von Tageiöh» nern umfaßte, oder irgend rin anderes System,

bas der

Scharfsinn de- Menschen erfände, gegen «ine jede Gattung der Bestechung verwahren würde, mächte voreilig seyn z« behaupten; aber wenn man die Anzahl von Stimmgebrr» in einer jeden Stadt, oder einem jeden Landdtstrtkt«, und ihre Umstände betrachtet, welche sie über die Versuchung erheben, ihre Meinungen und Ueberzeugungen für eine un» bedeutende Summe Geldes aufzuopfern, so kann man mit Sicherheit behaupten, baß Bestechung, wenn auch nicht gänzlich verhindert, beträchtlich im Zaum gehalten werdetr würde.

Der Vortheil, einen Sitz in di, der Pol. I.

13

i. Buch.

176

den und Talenten eröffnen.

Derjenige, der ln seiner Nach,

barschaft geachtet wäre, würd« wenigsten- manche Vortheil« über einen weniger bekannten und geachteten Nebenbuhler haben, und obgleich der Reichthum bisweilen ein Ueberg«, wicht zu Gunsten de- weniger verdienstvolle» Bewerbergeben möchte, so würbe doch anerkannte- und vorragrndeDerdtenst immer eine ehrenvolle Stühe, und gewöhnlich den schmeichelhaftesten

Erfolg

erlangen.

Nach einer

größer»

praktischen Vollkommenheit zu streben, würde wahrscheinlich vergeben- seyn. E- «st kelne-weg- gewiß, baß wir «ine G sehgebung, die weiser oder tugendhafter wäre,

dadurch hervorbringen

würden, daß wir die Erfordernisse der Wahliähigken derge­ stalt erhöhten, daß wir Alle, Hi- aus die WoKbrzoacnen und Reichen, auoschl-ssen.

Es würbe dann freilich nicht

für denselben Prei- die Bestechlichkeit einer

Stimme zu

Gebote stehen; aber da die Anzahl der 31 ählec gar sehr vermindert, und folglich eine jede Stimme weit wichtiger seyn würde, so könnt« auch ein höherer Preis der Beste­ chung, ohne daß dieser über den gewöhnlichen Preis eineSitze- hinausginge, gewährt werden. Selbst da, wo Geld keinen

Eingang fände,

EinstuffeS in

würden noch manche Quellen de-

dem ausschließlichen Besitze der ausübenden

Regierung übrig bleiben.

Ein Amt für sie selbst, «hre Ver­

wandten oder Anhänger würde für einige rin lockender Kö­ der

seyn:

da« Merkmal einer

ehrenvoll n

Aue,«tchnu»g

würd« di« Serie Anderer unterwerfen; und sogar die Auf­ merksamkeit der Großen, oder die Schnieichelei eine« Höf, ling-, möchte oft die achtbareren Motive der öffentlichen Pflicht überwiegen.

Dir Versammlung der Nation würde

sich gegen die glänzendsten Fäki.keilen verschließen, wenn diese nicht durch Geburt und Reichthum begleitet würden, oder aus eine unnatürliche Weise mit Knecht-sinn, der sich zur Abhängigkeit herablassen kann, oder mit der blinden Anhänglichkeit, die alle Dorurtdeile und Leidenschaften einer Parthri annimmt, verbunden wäre.

So würde dem Der»

2. Kapitel.

3. Abschnitt.

179

dienst fein schönster und bester Lohn versagt werden, so wär» den bis Hindernisse der Beförderung dir nützlichste und edelst« Art de« Ehrgeize« ersticken, und so würde der Vortheil aus» gezeichneter Talente dem Lande verloren gehen.

Die Ge­

setze, die qänzlich durch die hihern Stände de« Staats ge» boten würden, würden gar leicht geneigt fron, eine Richtung zu nehmen,

die andere Ungleichheiten de« Ranges und der

Vorrechte begünstigte-

Au« Unwissenheit könnten sie unpv»

»tisch, und nicht seiten durch ihre Dienstbarkeit gegen Pri» vatinteresse bedrückend und ungerecht «erden.

Die Regie­

rung würd« nicht weiter ihre gänzliche Abhängigkeit von dem großen Körper de« Volks empfinden, noch würde das Volk länger denselben lebhaften Antheil an den Maßregel» der Regierung fühlen. Nation abnehmen;

Der Patriotismus würde in der

und mit ihm würde dt« einzige wirk»

ferne Beschränkung der wiilkührltchen Gewalt, und die beste Anreihung

des Unternehmungsgeistes,

des Anbaues aller geistigen

der Forschung und

und sittlichen Fähigkeiten des

Menschen verloren gehen. Es haben in der Weit so wenig Detsptei« von Regte» rungen durch Volksvertretung statt gesunden,

baß

unsere

Muthmaßungen über die Ertorderniff« zur Wahistimme sich vielmehr aus allgemeine Folgerungen aus den anerkannte» Grundgesetzen

der menschlichen Natur,

Erfahrung stützen müssen.

düng solcher Schlußfolgerungen vorsichtig sie vielleicht eben

als geradezu aus

Wenn wir indessen bet der Btt» sind, so köune»

so wohl aus Beifall Anspruch machm,

als wenn sie das Resultat btr Erfahrung individueller Na­ tionen wären, unter wrlchen tausend unbeachtete Umstände, wie Lage, Gebräuche, Charakter, und vor allem

di» Art

und Weise, aus welchr Reichthum unter die verschiedene« Klassen der Gesellschaft vertheilt wäre, Wirkungen hervor­ bringen könnten,

die in andern Theilen der Welt, in an­

dern Zeiten, oder bet andern Sitten nicht eintreffen würden. Zn Amerika, wo wenig von der außerordentlichen Ar­ muth statt findet, welche die geringern Klaffen der Europäi«

180

i. Buch.

schm Staaten heimsucht, wo übermäßige Glück-güter beinahe eben so unbekannt sind, und wo die zr, streute Bevölkerung der Stimmbewrrbung und der Bestechung manche Sckwierlgkcit entgegenseht, da kann die Freiheit der Wahlstimme vielleicht mit Sicherheit auf die Gesammtheit der Einwoh­ ner aulgedehnt werben. Dem ju Fsige sind in einigen der Staaten keine, all die milde Gaben annehmen müssen, aulge­ schlossen, während ln fast allen andern da- Erfordernis; zur Wahlstimwe, obgleich es unl beträchtlich erscheinen mag. doch «egen de« hohen Preises der Arbeit, und wegen de« nie­ drigen Preises de« Lande«, der Wirklichkeit nach, nur mit dem Lohne eines gemeinen Arbeit-manne- für wenige Wo­ chen oder Monathe von gleichem Werthe ist. Der Versuch in der französischen Konstitution vom Jahr 1791, etwa- zu errichten, was dem allgemeinen Stimm­ recht« sehr nahe kam, indem e« durch eine doppelte Wahl wirkte, kann kaum einige passende Gründe an die Hand ge­ ben, um über di« Wirkungen einer solchen Einrichtung in der Mitte einer gedrängten Bevölkerung und einer außeror­ dentlichen Ungleichheit de« Eigenthums zu urtheilen Zn dem gereihten Zustande der öffentlichen Stimmung, der auf eine unordentliche, obgleich damals noch nicht blutige Staat-um­ wälzung folgt«, durch welche manche veraltete Mißbräuche und einige nützliche Einrichtungen weggefegt worden waren, und in einem Zeitpunkt, da fast eln jeder Mann von Range, oder von Vermögen entweder sein Land verlassen hatte, oder mit etnem eifersüchtigen Auge betrachtet wurde; unter Um­ ständen ferner etner besondern Gefahr wegen der Feindschaft feindlicher Mächte, die mit innerlichen Mißvergnügten ver­ bündet waren, und an einer Verwaltung schwachen Wider­ stand fanden, die im Verdacht stand, jeglichen Plan einer Gegenrevolution zu begünstigen; in der Kindheit einer neuen Regierung, da da- Volk natürlich von der Gewalt berauscht war, welche el niemals auch nur im Ideal zu betrachten gewagt hatte; unter solchen besonder» Umständen können wir uns nicht wundern, dap die Volk-wahl auf Männer

2. Kapitel, 3. Abschnitt.

i8i

fiel, di« sich viel mehr durch ihren Eifer, al< durch ihr Ur­ theil auszeichneten, die mit dem Pöbel dessen Vorurthrtle, Eifersucht und Heftigkeit theilten, und deren Ansehen unauf­ löslich mit der Machthabung der niedrigern Stände deA»lks verknüpft mar. Hätte dieses System die Heftigkeit der Revolution überlebt, so «bürde dasselbe wahrscheinlich in friedlicher» Zeiten sehr entgegengesetzte Erscheinungen darge­ boten haben: beträchtlichen Aufruhr und Unordnung während der Wahlen, sehr allgemeine Bestechlichkeit, unwiderstehlichen Einfluß mit dem Reichthum verknüpft, und die unfehlbare Folg« dieses Einflusses und der Bestechlichkeit, eine indirekte, aber fast unumschränkt« Machthabung der Krone. Wie sollen wir die Volksvertretung TroßbrittanitnS charakteristrrn? An dem «inen Orte etwa-, was dem allge­ meinen Stimmrecht nahe kommt; an einem andern eine Wahl durch «ine vereinte Zahl, an «tnem dritten eine Er­ nennung durch «inen Einzelnen; hier eine ungeheure Bevilkerung ohne Vertreter, und dort eine Zahl von Vertretern ohn« einige Bevölkerung. So fruchtlos ble Arbeit auch fcheinrn möchte, so ist doch «in solches System nicht ohne Vertheidiger und sogar nicht ohne viele beredte Empfehlung geblieben. Die Mannigfaltigkeit der Freiheit der Wahlstimmen ist al< der Gleichheit der Gesetze zuträglich vertheidigt worden, indem sie einer jeden Klaffe und jedem Inbegriff der Einwohner «inen Antheil an der Volksvertretung zu­ sicherte ; und selbst die offene Feilheit der Flecken ist darge­ stellt worden, als bürgte sie denjenigen die Zulassung zur Na, tlonalverfammlung, die, obgleich ihre Famtlienverbindungen oder ihr ererbter Einfluß zu unbedeutend seyn möchten, um ihnen einen Sitz anders als durch Kauf zu gewähren, hin­ längliches Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten fühlten, um «inen Theil ihres Eigenthums auf diese Art der Beförderung zu verwenden. Was auch immer für Scharfsinn in dieser und andern Vertheidigungen befindlich seyn mag, so rührt er von einer sehr oberflächlichen Ansicht der wahren Felgen des Systems her: bet einer nähern Einsicht ver-

182

i. Buch.

schwind«» manch« btt anschttntnd«» Mannigfaltigkeiten, und die Wirkungen derer, welche nachbleiben, werden al« weit einförmiger und überetnsttmmenber befunden, als hätte er­ wartet Verden können. Ein hundert Parlamentsmitglieder werden auf mannig­ fach« Weise durch ungefähr 500 Pairs und reiche Gemeinen ernannt: eine entschiedene Mehrheit der englischen Glieder (und gewiß haben die Schott« und Irländischen ihre Sitz» nicht vermöge einer mehr unabhängigen Belehnung inne) werden durch ungefähr 5000 Wähler *) erkoren, deren Wahl — das kann man ohne Verletzung der Pflicht der Menschen­ liebe sagen — bisweilen wohl durch Beweggründe, di« von der Liebe ihres Vaterlandes sehr verschieden sind, bestimmt wird; was man die topfsiedenden (pot-walloping) Flecken zu nennen pflegt, kann man als theils durch den alterthüm» ltchen Gebrauch der Akklamation, theils durch dir mehr moderne Erfindung der öffentlichen Versteigerung abgesetzt, betrachten; die Sitze, die Individuen angehören, und die ganz ehrlich zum Verkauf auSgebotcn werden, sind entweder mit der Verbindlichkeit belastet, nach gewissen Anweisungen ihre Skimine zu geben, oder sie werden für einen Preis ab­ gesetzt, der mäßigen Glücksumständen unangemessen ist; und eine Wahlbewerbung in einer Grafschaft ist sogar für ein fürstli­ che-Vermögen zu Grunde richtend. Die ganze Macht des Par­ laments beruhet daher durchaus auf dem Reichen, dem Vor­ nehmen, und auf wenigen Unternehmenden, dir erwarten, mit ihren Sitzen in der Gesetzgebung einen einträglichen Verkehr zu treiben; während Talente, sie mögen noch so *) Man sehe die Petition an da« Hau« der Gemeinen» ein­ gereicht durch die Gesellschaft der Freunde de« Volk» im Jahr 1793 und de» Zustand der Volksvertrerung, w»e er dieser Gesell­ schaft berichtet und von ihr bekannt gemacht ist. Dieser Staru«, der die verschiedenen Patronen und die Sitze, zu denen sie er­ nenne, und empfehlen, nahmhaft macht, scheint nach genauer Be­ lehrung aufgenommen zu seyn, und ist, glaube ich, niemal« geradezu bestritten »vorden.

2. Kapitel.

3

Abschnitt.

183

ausgezeichnet seyn. wenn st« mit Unabhängigkeit des Geistes verbunden sind. und baqeqcn von keinem Reichthum begleitet werden, von jedem Antheil an öffentlicher licher Gewalt ausgeschlossen sind.

Ehre und öffent­

Die Folgen sind von

brr Art gewesen, wie sie sich erwarten ließen.

Eine Mehr­

heit besteht in Männern, denen Kenntniß, Fähigkeiten und Fleiß mangeln, und die ihre Sitze bloß als «ln Anhängsel ihres Range»,

und ihre Amtspflicht, als eine

betrachten, durch welche sie dir waltung etnärndten; und die

Plackerei

Gunstbezeigungen der Ver­

Vertreter der Gemeinen, an­

statt wachsame Dewahrer der Freiheit und ausgeklärtr De« förderer der öffentlichen Wohlfahrt zu seyn, arten zu Hasan» Hängern aus, die ohne Unterschied einen jeden Minister, den Se Majestät zu eknennen für gut findet, unterstützen, und dienstfertig jegllche Maßregeln, die der Minister vorzuschla­ gen für gut findet, billigen. Daß aus «lner Versammlung, die so bestellt ist, irgend ein Vortheil entspringen kann, könnte auf den ersten Blick un­ wahrscheinlich erscheinen;

und

wir möchten sogar gen«i-t

seyn, den Verdacht aufzufassen, daß dieser öffentlicher Prüfung

äußere Schein

und Billigung, indem er die Verwal­

tung gegen Verachtung

und Unwillen schützt, dem Staate

geradezu nachtheilig seyn müsse.

Aber «in« nähere Betrach­

tung wird uns befriedigend darthun, daß manche und wich­ tige Vortheil«

von Volksrepräsentatiyn, selbst wenn

höchst unvollkommen ist, unzertrenniich sind.

dies«

Für die Ent­

faltung der Fähigkeiten und Talente der höhern Stände «inen Schauplatz eröffnen, heißt diese abhalten, in die Schwäch« und Erschlaffung zu versinken, denen diejenigen, die an Ge­ währung

aller

Art

gewöhnt sind, wofern sie nicht durch

einen rühmlichen Ehrgeiz angespornt werden, so sehr ausge­ setzt sind.

All« vorgeschlagenen Gesetze der Kritik der Wider­

sacher des Hofes zu unterwerfen, kann oft das Mittel seyn, in den aufgestellten Gedanken oder Thatumständen Irrthümer zu entdecken, waren.

die der Kenntniß der Verwaltung entgangen

Die Bestätigung einer zahiretchen Versammlung

184

I.

Buch.

für neue Gesehe-verfügunqen und für alle wichtige Maß­ regeln der R gterung erforderlich machen, heißt die Nation gegen solche Angriffe auf bürgerliche Frechett sichern, für die den Vertretern, die unter ihren Mitbürgern erzogen, aus dem Volke ausgewählt und allen Gesehen, welche sie geneh, wtgen, selbst untr. morsen, und in so fern ihnen an der öffentlichen Achtung gelegen seyn muß, einigermaßen von der Haltung idreS öffentlichen Betragens abhängig sind, nicht wohl ein Ersah angeboten werden kann. Vor allen Dingen muß die Erörterung einet jeden Grundsahes der Regierung und einer jeden Handlung der Verwaltung, in einer öffentlichen Versammlung, den Bürgern Interesse und Aufklärung gewähren, indem sie diejenigen Begriffe von Freiheit lebendig erhält, die, sie seyen auch noch so trügerisch, doch in so weit, als politische Rechte in Betracht kommen, eine allgemeine Aufmerksamkeit auf öffentliche Angeleaenhetten, eine heiße Anhä 'gltchkeit an die Wohlfahrt und den Ruhm deS Landes und eine Erhebung des Geistes hervor­ bringen, die sich weder persönlichen Kränkungen, noch irgend einer offenbaren Beeinträchtigung der Sicherheit der Bür­ ger, der Nationalehre, oder der Verfassung deS Staates un­ terwerfen wird. Diese Vortheile könnten offenbar in einem weit höhern Grade genossen werden, wenn die Ungleichheiten in dem System der Volksvertretung berichtigt und dadurch der Ein­ fluß des Reichthums vermindert würde. Es ist um so mehr Nothwendig, dem großen Körper des Volks eine wirkliche, nicht eine trügerische Gewalt in der Ernennung von Vertre­ tern zu geben da dies die einzige Weise ist, in welcher eS thuen mit Sicherheit erlaubt seyn kann, eine wirkliche Auf­ sicht über die Maßregeln der Regierung auszuüben. Zn dem Augenblick, da d»e Wahlen vorüber sind, sollte ihre Gewalt zu Ende siyn. Nachdem sie diejenigen Glieder für die Gesehgebung gewählt haben, in welche sie Zutrauen sehen, müßte eine jede Einmischung von ihrer Seite nur durch Pe­ titionen, nicht durch Unterweisungen oder Befehle statt finden.

2. Kaptel.

A. Abschnitt.

185

Die Volksvertreter zu nöthigen, daß sie gelegentlichen Wei­ sungen, die von ihren Devollmächtigern ausgingen, gehorch­ ten, würde heißen, den Hauptvortheil der ständischen Regie­ rung ausgeben, dir Weisheit der Thorheit unterwerfen; Ge­ setze vervielfältigen, dt« auf parlhettschen und vielleicht mit einander nicht bestehenden Ansichten gegründet wären; den Weg zu unaufhtriichen und zwecklosen Neuerungen bahnen; und endlich aus dem großen Rathe der Nat on alle Männer von unabhängigem Geiste vertreiben, dt« sich weder herab­ lassen könnten, ihre Meinungen nach den vorübergehenden Weifen de« Tage« zu modeln, noch sich dazu hergeben, die bloße« Kanäle für Ueberzeugungen zu seyn, die unter Um­ ständen kindisch und bisweilen für da« öffentliche Wohl nachthetlig seyn möchten. Würbe da« Recht, die Gesetzgeber durch Jnstroktlonen zu binden, durch die Verfassung anerkannt, so würde man von einem solchen Recht vergeblich erwarten, daß e« in gewöhnllchen Fällen unthätig daliegen sollte, um bloß bet großen >nd ausgezeichneten Ereignissen in Anwendung zu kommen. Ein jeder Neuerer, dessen Pläne durch die Gesetzgebung ver­ worfen wurden, «ine jede Person, die begierig wär«, irgend einen Zweig de« bürgerlichen, oder peinlichen Gesetzbuch«« abzuschaffen, oder ihn zu vermehren, würde sich geradezu an da« Volk wenden, und den Versuch machen, durch einseitige Vorstellungen, Instruktionen über Gegenstände auszuwirken, »eiche sie niemals völlig würden verstehen können. Die Lolttverteter würden zu bloßen Derichterstattern der Met« aunqen Anderer verschwinden, indem sie keine Veranlassung tänden, eine Sache zu erörtern, die ihnen nicht erlaubt wär«, ;u entscheiden; die Häufigkeit von Volk-zusammenkünfte» »ürde den gewöhnlichen Beschäftigungen de« Leben« im Wege seyn, und vermöge des Einflüsse« der Dolksführer würden zerstörende Maßregeln übereilt angenommen wer­ den, wäbrend noch wett häufiger da«, wa« der öffentlichen Wohlfahrt wirklich zuträglich wäre, au« bloßer Unruhe, oder

186

l. Buch.

aus einer durch die ersten Schwierigkeiten erschreckten Furcht­ samkeit schleunig im Stich gelassen werden möchte. Le ist ohne Zweifel wahr, das; Volksvertreter auf eine Weise handeln können, die sich zugleich mit der öffentlichen Meinung tin Widerspruch befindet, und für den Staat nachtheiitg »st. Sie können sich unter der Fahne einer Parthelung anwerben lassen, und eine jede Maßregel durch ein entstellendes Medium betrachten, sie können unrechtmäßige Verfahlungsweisen sich etnschletchen lassen, in der (Erwartung sich nachher derselben zu erwehren; oder sie können Miß­ bräuche in Schutz nehmen, von denen ihre Freunde Vor­ theile ziehen; sie können einen ungerechten Krieg unter­ stützen aus Nachgiebigkeit gegen die Leidenschaften deS Lan­ desherrn; sie können d»e Augen über einen Einfluß zu­ drücken, der die Freiheit über den Haufen wirft, oder sie können sich sogar zu einem offenbaren Versuch, die Freiheiten des Volks zu kürzen, vereinigen. Aber die wahre Beschrän­ kung aller solcher Irrthümer, Verderbtheiten und Miß­ bräuche »st in der Häufigkeit der Wahlen, nicht in den machthaberrschen Instruktionen von Setten der Besteller aufzu­ finden. Da6 Volk, obgleich der Verleitung ausgesetzt und un­ fähig, alle die mannigfaltigen Wirkungen besonderer Gesetze zu begreifen, ist in den meisten Fällen hinlänglicher Richter de6 allgemeinen Geistes der Gesetzgebung, und der allgemei­ nen Tendenz öffentlicher Maßregeln. Man räume ihnen häu­ fige Gelegenheiten ein, ihre Vertreter zu wechseln, und sie «erden eine Aufsicht über die öffentlichen Berathungen be­ haupten, mächtig genug, um ihre Freiheiten gegen heimlichen Verrath und offenbaren Angriff zu schützen. Keine andere Mittel sind unter allen Umständen dieser Wirkung ange­ messen; aber eine jede dem Volke feindselige Unternehmung würde, so oft ihre schlimme Richtung entdeckt wäre, durch einen Wechsel der Vertreter vereitelt werden; und die Hoff­ nungslosigkeit des Erfolges würde das rastlose Feuer des Ehrgeizes, wenn Nicht heilen, so doch mäßiaen. Es läßt

2. Kapitel.

187

3. Abschnitt.

sich nicht annehmen, daß wegen bloßer Verschiedenheit der Meinung über einige wenige Grqenstände, die Wählenden einem Vertreter Redlichkeit

seinen

Platz nehmen würden, ans dessen

und Weisheit sie sich verlassen filmten; aber die

Adi.tziing würde gewöhnlich auf eine jede Uneinigkeit in Be» trrff

der herrschenden

Maßregeln der Verwaltung folgen,

während sie dir gewisse und angemessene Bestrafung der Ge» ständiqkeit von Grundsätzen, bie mit stehen könnten,

der Freiheit nicht be»

und insbesondere eine«

jeglichen Anschein-,

oder auch nur Verdacht- der persönlichen Bestechlichkeit seyn würde. Häufigkeit der Wahl wäre allerdings di« beste, und ist vielleicht die einzige wirksame Sicherheit gegen di« Bestech­ lichkeit sowohl der Wähler, al- ihrer Vertreter.

Der Sitz,

dessen kurze Dauer bekannt wäre, könnte weder für einen hohen Preis gekauft, noch die darau- entspringende Gewalt zu großem Prtvatvortheil verwandt werdrn.

Kein Minister

könnte hinlängliche Aemter haben, um sie unter die auf «tu» ander folgenden Vertreter, zu vertheilen; noch

die vom Volke erwählt würden,

könnt« irgend ein Bewerber, bloß um

eine Ehr« von sehr vorübergehender Natur zu genießen, auf seine Wahlbewerbung

eine große Summ« Gelde- wegwer»

fen, für welche bie Regierung ihm keinen Ersah anbieten könnte. Diejenigen, welche di« Schlußfolg« aufgestellt haben, baß, so wie da- Verhältniß de- Verkauf-preise-, in allen Fällen, sich nach der Nachfrage richte, auch di«

Bestechungen, so­

wohl für die Vertreter, al- deren Besteller, der Dauer der Zeit angemessen seyn würden, (indem der einzige Unterschied darin läge, daß bet mehreren Ernennungen, statt sonst einmal für alle bezahlt werden müßte) scheinen vergessen zu haben, daß sich «in Grundsatz der Ehre und de- Patriotismus im Menschen befindet, welcher,

obgleich er nicht immer gegen

eine große Versuchung Probe hält, doch eine ärmliche Beste­ chung mit

Verachtung

wegwerfen

würde.

Damit

da-

Gewtssrn eingeschläfert werde, muß da- große Opiat der De»

l. Buch.

188

stechung nicht in kleinen und auf einander folgenden Dosen dargereicht werden, sondern mit einer solchen Freigebigkeit, die auf einmal entschieden auf die Seele wirten könne, in­ dem sie das Schamgefühl überwältigt und die Spuren tu­ gendhafter Entschließungen verwischt. ES giebt jedoch eine Häufigkeit der Wahl

Gränze,

innerhalb

eingeschränkt werden

welcher die

müßte.

Dem

Volksvertreter muß, bevor seine Besteller oder sein Vater­ land über seine Fähigkeiten für das hohe Amt, zu dem er erhoben worden ist, urtheilen können, hinreichende Zeit ver­ gönnt seyn, Kenntniß vom Geschäft zu erlanqen, von seiner Ausdauer und Unabhängigkeit des Geistes Proben zu ge­ ben, und die Furchtsamkeit zu besiegen, durch welche, obgleich sie eine fast unzertrennliche Begleiterin deS Verdienstes ist, die glänzendsten Fähigkeiten derer, die nicht daran gewöhnt sind, eine zahlreiche Versammlung anzureden, gar leicht ver­ dunkelt werden. Er muß seinen Sitz für einen beträchtlichen Zeitraum sich zugesichert wissen, damit er im Stande sei, solche Gesetze zur Reife und zum Dortrag zu bringen, wie er sie für da- allgemeine Beste zuträglich hält, damit er auf der einen Seite von der Nothwendigkeit der Uebereilung, und auf der anbetn von der

Nothwendigkeit frei bleibe,

da-

Schicksal seiner Maßregeln denen zu überlassen, die an ihrem Erfolge weniger Antheil nehmen.

Zu diesen Zwecken sind

3 Jahre, wie sie in England bei der Revolution bestimmt wurden, wahrscheinlich etne hinlänglich kurze Zelt; auch ist eS nicht leicht möglich, daß eine weit häufigere Wiederholung der Wahlen eine bessere Sicherheit gegen die verderblichen Folgen der Bestechlichkeit darbieten würde.

Ein sehr kurz­

dauernder Sitz in der Gesetzgebung würde kaum ein Gegen­ stand deS EhrgethcS seyn, und folglich würde der, welcher sich einmal im Besitz fände, wenig Gefahr laufen, von einem neuen Bewerber verdrängt zu werden. Die Wahlsttmme würde sogar in der Achtung deS Volks ihren Werth verlieren; denn das, waö sehr häufig vorkommt, geht als ein Gegenstand deS natürlichen Laufes der Dinge, weniq beachtet nnd sehr

«i. Kapitel. 4. Abschnitt.

189

selten ein lebhafte« Interesse erzeugend, vorüber. Dem zu Folge pflegen Wahlen, wenn sie jährlich statt finden, gar leicht ln einen Schlendrian zu fallen, und die Armier werden, sehr außerordentliche Veranlassungen ausgenommen, der Wirklich» kelt nach, lebenslänglich.*)

Vierter Abschnitt. Do» einem Senat. Auf wa< für eine Welse die große gesehgebende Ver­ sammlung auch bestellt seyn mag, so scheint e« höchst ersprieß, lich zu seyn, daß eS eine zweite Rathsversammlung gebe, kleiner an Zahl, aber gleich an Machthabung, «0 Gesetze-» Veränderungen eine zweite Erörterung untergehen müßten, ehe sie Zugang ln da< Gesetzbuch fänden. Zahlreiche Versamm­ lungen sind der Übereilung, der Unachtsamkeit, der Täu­ schung und dem zeitwelsen Enthusiasmus unterworfen; und Volksvertreter; die wegen ihrer Wtedererwählung vom Volk abhängig sind, stehen nicht allein unter dem Einfluß ihrer eigenen Dorurtheile und Leidenschaften, sondern auch, in großer Maße, derer ihrer Devollmächtiger. Daher ist immer Gefahr vorhanden, daß Gesetze angenommen werden, die entweder in ihren eignen Folgen schädlich, oder mit andern Gesetze«» Verfügungen unverträglich sind; und daher auch eine Gefahr »er Unbeständigkeit in öffentlichen Maßregeln, beständiger Neuerung in politischen Einrichtungen und verwirrender Un­ verträglichkeiten in dem gemeinrechtlichen Gesetzbuch. Daß *) I» Zürich und einigen andern Schweltzerkantonen waren »ie Wahlen jährlich; aber es wurde so sehr zum Lauf der Din­ ge, dieselbe Person wieder zu erwählen, daß di« Äemter der That »ach, al« lebenslänglich betrachtet werden konnten.

190

l.

Buch.

alle Gesetze mit der Meinung de- Volks in Uebereinstim­ mung stehen sollten, ist eine unbezwetfelte Wahrheit, indem cs kein besseres Kennzeichen ihrer Gerechtigkeit und Erspricß. lichkeit giebt; aber sie müßten der nüchternen, aufgeklärten, wohlüberlegten Meinung des Volks genehm seyn, nicht dessen unwissenden Vorurtheilen, nicht seinen übereilten Schlußfol» gerungen aus einer unvollkommnen Delebrung, nickt der zu­ fälligen Dolksgunst derer, die sie in Vorschlag bringen, oder einem Enthusiasmus, der durch Beredsamkeit erweckt und häufig zum Werkzeug deS Ehrgeizes gemacht wird. Es ist freilich behauptet worden, daß alle diese Vortheile eines Senats in einer einzigen gesetzgebenden Versammlung durch besonnenes Verfahren und wiederholte Erörterung er­ reicht werden können. *) Das; diese angemessen und nützlich seien, wiewohl auch ein Senat vorhanden seyn sollte, ist um bezweifelt; aber an sich selbst sind sie keine hinlängliche Wehr gegen Uebercilunq und Unachtsamkeit. Auch ist es nicht wahrscheinlich, daß Anordnungen, die zu diesem Zweck ein» geführt wären, gewissenhaft beobachtet werden würden, wo» fern es nicht in die Augen fiele, daß ihre Vernachlässigung in einer Kammer ein verdächtiger Umstand seyn würde, der die Maßregel anderSwo einer desto strengern Untersuchung aussetzte. Da nothwendig der gesetzgebende Körper keiner hödern Aufsicht unterwerfbar ist, so kann keine Sicherheit gewährt werden, daß eS schützenden Beschränkungen, die gänzlich von dem Willen einer einzigen Versammlung abhän­ gen^ und die, wenn.man ihre Unbequemlichkeit und Hinder­ lichkeit erfährt, in Gefahr stehen, durch einen Beschluß abge­ schafft zu werden, in jedem Fall gestattet seyn wird, ihre Wirkung zu äußern. ES müssen Umstände vorkommen, un­ ter denen der Aufschub selbst einiger wenigen Tage gefährlich oder n.rchtheilig, und eS daher Thorheit seyn würde, den Vortheil oder die Sicherheit des Ganzen bloßen Formen auf*) Godwin' s Untersuchung über politische Gerechtigkeit. 5. Buch. 21. Kapitel.

2. Kapitel. zuopfern.

4. Abschnitt.

191

Zn solchen Fällen wird eine Gewalt, dle der wie­

derholten Erörterungen und de- gewöhnlichen Aufschub- über­ hebt und zur unmittelbaren Entscheidung fortschrettet, bet der Gesetzgebung Annahme und bei dem Volt Beifall finden. Ein­ geführt bet wirtlich dringenden Gelegenheiten wird dieselbe überhebende Gewalt allmälig auch da zugelassen werden, wo Auf­ schub weniger nachtheilig seyn würde; sie wird Eingang finden, um der Ungeduld des Volk- zu entsprechen, wenn der öffent­ liche Geist

lebhaft aufgeregt ist; da- Beispiel wird in Be­

treff solcher Maßregeln, die so einstimmig gebilligt werden, daß fernere Erörterung derselben überflüssig scheint, Nachfolge finden; bi- endlich ein Befehl der Beschleunigung, wie er im französischen Konvent seine Anwendung fand, regelmäßig fast einer jeden Verfügung

vorangehen wird, und die Be­

schränkungen der Uebereilung werden, obgleich

sie in

der

Theorie vorhanden zu seyn fortfahren, in der Praxis unbe­ achtet bleiben. Selbst wenn man gegen diese Erschlaffung der Forme» sich mit Wirksamkeit verwahren könnte, ohne zur selbigen Zeit da- öffentliche Wohl in Gefahr zu bringen, so gewäh­ ren doch wiederholte Verhandlungen in derselben Versamm­ lung

nicht eine gleiche Sicherheit für besonnene Forschung

und unbessochene- Urtheil, wie eine Etntheilung der Gesetz­ gebung in zwei getrennte Kammern.

Der Einfluß, den der

allgemeine Charakter de- Urheber- eine-

Geschvorschlages

sich erworben hat, kann demselben eine günstige Ausnahme zusichern; eine glänzende Entfaltung der Beredsamkeit kann dessen Mängel übertünchen; oder ein unverständiger Wider­ stand kann, indem er ihn mit falschen und albernen Einwür­ fen angreift, ihm eine neue Stühe leihen.

Die erste Auf­

nahme einer Maßregel giebt häufig allen nachfolgenden Derathschlagungen eine Färbung.

Die Verhandlung nimmt oft

eine Gestalt an, dtej e- schwer ist nachher zu verändern; die­ jenigen, welche auf einer von beiden Setten gesprochen haben, fassen einen Grad der Anhänglichkeit an die Meinungen auf, die sie vielleicht ohne viele Ueberlegung geäußert haben; und

i*

192

Buch.

diejenigen Glieder, die bloß ihre Stimme gegeben fühlen ihr künftigenetgtheit ihre

Betragen

Irrthümer zu

gebunden, durch widerrufen

und

haben,

die Unge-

dadurch ein

Zeuantss chreö eigenen Mangels an Scharfsinn oder Kennt­ niß abzulesen

Daher wird die bloße Wiederholung der Ver­

handlung, so nützlich sie auch ohne Zweifel ist, nicht so mit Gewißheit den Irrthum entdecken, al- wenn die Maßregel durch neue Sprecher, von verschiedenen Fähigkeiten und An. sichten, einer neuen Versammlung vorgelegt werden sollte, die frei wäre von einer zur Gewohnheit gewordenen Ehrer. bletung gegen dieselben Individuen, die außer dem Einflüsse derselben Entfaltung der Beredsamkeit stände, unb die durch keine vvrgängtqe Erklärung ihrer Meinung qefess.lt würbe. Wenn wir zu allen diesen Umständen. die an sich selbst schon der unpanhciischen Erörterung so günstig sind, noch den hin­ zufügen, daß ein Senat unabhängiger gemacht werden kann von den irrigen Dorurihetlen und zeitweisen Täuschungen des Volks, so wird es vss nbar seyn, daß eine Trennung des gcsch. gebenden Körpers, mehr oder weniger fortdauernd und voll­ ständig, hie wirksamste Schutzwehr gegen übereilte und unbe­ sonnene Rathschläge und

daher das

sicherste Mittel ist, zu

Weisheit, Klugheit und Gerechtigkeit in der Aufrichtung der Gesetze zu gelangen. Der größere Theil dieser Nicht in so vollkommner,

Vortheile scheint, wenn auch

doch

in

beträchtlicher Maße da-

durch erreichbar, daß man die gewöhnlichen Volksvertreter in zwei fortdauernde Abtheilungen absonderte.

Ein jeder Vor­

schlag würde dann in einer jeden gesichtet werden; und Nach­ eiferung zwischen

den abgesonderten Kammern

könnte viel­

leicht hinreichende Sicherheit gewähren, daß Maßregeln, die in der einen ihren Ursprung fänden, in der andern durch und durch geprüft werden würden.

Es

giebt jedoch

Gefahren,

denen eine solche Einrichtung

nicht begegnen könnte

Umständen kann irgend ein

tief eingewurzeltes Dorunheil

den Fortschritt der Wahrheit

verhindern,

Unter

oder überlegener

Scharfsinn und Beredsamkeit kann eine Zeitlang sich zu Gun-

2. Kapitel.

4. Abschnitt.

sten des Irrthums entwickeln. die Absonderung

193

Gegen solche Uebel gewährt

btt gewöhnlichen

Volksvertreter in zwei

Abtheilungen keinen hinlänglichen Schutz.

Dieselben Mei­

nungen werden in beiden obsiegen, und in einem Augenblick brd Volksentdusiasmus kann ein Unheil angerichtet werdm, |u dessen Abstellung große Weisheit und viel Ausdauer er« forderlich seyn wird. Zn dieser Rücksicht ist es wünschenswerth, daß der Senat ohne ein von dem des Volks getrenntes Interesse zu haben, so viel als möglich von dem zeitwetsen Geschrei und Miß« vergnügen

des Volks unabhängig seyn sollte.

Dies

kann

wahrscheinlich auf die am wenigsten verwerfliche Weise be» wirkt werden, indem man denselben aus Gliedern zusammen­ setzt, die wegen ihrer frühern Dienste Anspruch auf allgemel« ne« Vertrauen machen körnen, und wegen ihre- Alters «e» Niger dem Enthusiasmus oder der Ueberetlung unterworfen sind. Es möchte nach dieser Ansicht eine paffende Anordnung seyn, daß Niemand in den Senat wählbar seyn sollte, bis er sein vierzigste« Zahr erreicht, und in dem niedern Hause während zweier Parlamente gesessen hätte.

Eine selche Verfassung des

Senat- würde iilcht allein gegen das Eindrängen unerfahrner und zu hitziger Geister verwahren, sondern auck den würde­ vollern Rang eine« Senator« haften

als einen Gegenstand lugende

Ehrgeize« für die Volksvertreter aufstellen.

Abstufung aus der

Diese

Leiter der öffentlichen Ehrenstellen und

des öffentlichen Zutrauens könnte die Anspornung zu vermehr­ ter • Thätigkeit

ersehen,

welche

bisweilen

einem

jungen

Mann» fehlen möcht«, nachdem er Glied der voiksverireten« den Versammlung geworden wäre,

insbesondere dann noch,

wenn dieser keinen Wunsch hegte, in die Verwaltung zu tre­ ten und es für wahrscheinlich hielte, baß sein Einfluß, ver­ knüpft mit einer mäßigen Aufmerksamkeit auf seine Pflich­ ten, ihn in der ehrenvollen Lage sichern könnte, die er bereits erlangt hätte. Zu dem Endzweck, um noch mehr gegen die Wirkungen brr Täuschung zu verwahren, Pv. t»i P-l. I.

und zu gleicher Zeit dem 13

194

i. Buch.

Amte eine höhere Würde zu ertheiltn, möchte es vielleicht ersprießlich seyn, die Erfordernisse eine- StimmgeberS zu den Senat-wahlen etwas Höher zu bestimmen, als die zu den Wahlen der Dolksverrreter,

und die Vcranstaltunq zu

treffen, daß, wie in Amerika, ein Drittheil des Senat- bei einer leben Wahl erneuert würde.

Die Senatoren würben

so unabhängiger von der z.'itwctsen Volkskunst seyn, obgleich sie noch immer hmiäualich sich unter dem Einfluß ihrer Devollmächtiger befinden würden, um die Annahme einer jeden Maßregel zu sichern, zu deren Gunsten dir öffentliche Stimme, nach gehöriger Ueberiegung, sich fest ausgesprochen hätte: und sogar, wenn sie durch einen überwiegenden Einfluß verleitet werden sollten, sich der erklärten Ueberzeugung der Nation

zu

widersetzen, so könnte ihre äußerste Hartnäckigkeit, ohne für immer die Wünsche de- Volke zu vereiteln, bloß einen der Forschung und der noch allgemeinern Verbreitung der politi­ schen Wahrheit günstigen Aufschub verursachen.

Solche Miß-

helligkeiten zwischen dem Senat und dem niederen Hause würden jedoch selten vorkommen.

Zn Rücksicht arff ihre frü­

heren Dienste durch eine Klasse ihrer Mitbürger erwählt, die wohl geeignet wären über ihre Verdienste zu urtheilen, wür­ den die Senatoren im Allgemeinen die Hochachtung von der Nation verdienen und erlangen, welche ne in den Stand sehte, die öffentliche Meinung eher zu letten, als ihr zu folgen; und wenn zu irgend einer Zeit eine Mehrheit aus Furchtsamkeit irren, ja was mehr ist, wenn sie nur irgend ein Verlangen beweisen sollte, ein von dem des Staates getrenntes Interesse aufzustellen, oder nur den geringsten Anschein, daß sie durch verderbte Motive sich beherrschen ließe, so würde die Erneue­ rung eines Drittheilö des Körpers dadurch, daß sic den wei­ sem und redlichern Gliedern der Versammlung ein Uebergewicht gäbe, die Forrschreirung des Mißbrauchs verhindern. Würbe ein Senat auf diese Weise bestallt, so scheint kein Grund vorhanden zu seyn, dessen Berathungen auf solche Ge­ setzesentwürfe zu beschränken, die bereits durch die andere Ver­ sammlung gebilligt worden wären.

Line solche Beschränkung

a. Kapitel-

4.

Abschnitt.

195

«2rb« viel von der Nacheiferung zwischen den beiden Kam» mern verhindern, von der sich manche wohlthätige Folgen er­ warten ließen,

und dir stillschweigende Vcrtheilunq der ver­

schiedenen Gegenstände der Gesetzgebung auoschkteßen, durch welche der öffentliche Dienst wesentlich befördert werden könnt». Zn Fällen, die beträchtliche Aufmerksamkeit auf das Detail, oder die Erforschung widersprechender Erschetnunaen erforder­ ten , möchte wohl ein« Maßregel paffender da ihren Ursprung finden, wo die Mitglieder wentarr an brr Zahl, erfahrner im Ge­ schäft, und wegen «hrrS Alter« dem Einfluß plötzlicher Eindrücke weniger ausgesetzt wären.

Die Macht eine« Senat« auf ein«

verneinende Stimm« in Rücksicht auf die Beschlüsse de« nie­ dern Hause« zu beschränken, hieße nicht allein auf manch« der Wohlthaten dieser Einrichtung Verzicht leisten, sondern auch von der Achtbarkeit de« Amte« etwa« vergeben, durch welche diese« zum Gegenstand eine« ehrenvollen Edrgeizr« gemacht wurde, und hieße verhindern,

daß Maßregeln,

die, wen«

gleich dem Staate sehr nützlich, den leitenden Gliedern de< niebern Hause« unangenehm, oder dessen besondern Vorrechte» oder Interessen widersprechend seyn möchten, auf eine nach­ drücklich« Weise vor die Nation gebracht würden. Weit weniger noch würde e« ersprießlich, seyn, die Macht, Maßregeln von sich ausgehen zu lassen, ausschlteßltch dem Se­ nate zu übertragen. *)

Zn einigen alten Freistaaten, ln wel­

chen da« Recht «int# jeden Bürger« persönlich über öffentliche Maßregeln zu entscheiden anerkannt, und wo dt« Volksver­ sammlung häufig der Unordnung, Gewaltthätigkeit und dem Parthetgrlste ausgesetzt war, mochte schon der bloß« Vorschlag

*) In der Hceana ist nicht allein die Macht, Gesetze in Vor­ schlag zu bringen, sondern auch die Macht, sie zu debattiren, «»«schließlich dem Senat übertragen, inOtpi da« Hau» der Volksvertreter, ober wie Harrington e« nennt, die Prärogative Lribu», dieselben bloß durch eine Stimme annimmt oder ver­ wirft. Die Uebel einer fcAcn Einrichtung sind von Spinnt tu seinem Ideal eine« vollkommnen Gemein wesen« bemerklich gemacht.

iz6

i. Buch.

«bitt Gesetzes häufig mit Gefahr begleitet, und dl« Derhlnde» rtmg der Berathung ddrüber schon eine nothwendige Schutz« wehr gegen Neuerung oder bürgerliche Zwietracht seyn. Aber wo die Macht deö Volk« dessen Vertretern anvertraut ist, scheint wenig Ursache, in gewöhnlichen Fällen, ein Uebermaß der Rastlosigkeit unter den Gesetzqebrrn, oder des Enthusia-, muS unter ihren Bevollmächtig«« zu befürchten. Es ist »mH: zu befürchten, daß wirkliche Beschwerden ohn« Abstellung bleibe», ai< daß eingebildet« sollten aufgesucht werden, tim heftige Maßregeln empfehlen zu können. Sollte dessenun« geachtet irgend eine übelberathene Maßregel durch den mehr von dem Volke ausgehenden Zweig der Gesetzgebung angenom­ men werden, so könnte dieselbe, ohne Gefahr für den öffent­ lichen Frieden, durch dir Verneinung des Senats vernichtet werden. Die Gewalt, Gesetze in Vorschlag zu bringen, aus­ schließlich dem weniger vom Volk ausgehenden Zweige der Ge­ setzgebung, dem, der seiner Verfassung nach am meisten der Furchtsamkeit, dem Dorurtheil gegen all« Neuerungen und einem Kastengeiste ausgesetzt ist, übertragen, hieße beinah« eine jede Möglichkeit aufgeben, die Verfassung zu verbessern, und die Mißbräuche abzustellen, welche der Verlauf der Zeit uuvermtidlich herbeiführen muß. Auch müßte dies unfehlbar all« wirklich« Gewalt in dem Senate festsetzen, und auf fineungebührliche Weise dir Oberaufsicht der Nation über öffent­ liche Maßregeln schwächen, wo nicht gar vernichten, welche di« beste Sicherheit für Gleichheit der Gesetze, und zugleich die festest« Grundlage der patriotischen Tugenden eines Vol­ kes ist. Aber während freilich keiner der Zweige der Gesetzgebung davon ausgeschlossen wäre, Gesetze in Vorschlag zu bringen, so ließe sich doch erwarten, daß diese Pflicht größtentheildem niedern Hause, das aus jünger» und von dem Volk mehr unmittelbar abhängigen Männern bestände, zufallen würde. Dem Senat ließen sich demnach andere Pflichten anvertrauen, außer Verbindung mit der innern Gesetzgebung. Zn verschiedenen Zweigen der ausübenden Gewalt, zu wich«

2. Kapitel. 4. Abschnitt.

197

Hg, um gänzlich btt Willkühr der Minister anvttttant zu werden, kann die Oberaufsicht einer solchen Versammlung sür die öffentliche Wohlfahrt sehr zuträglich seyn. Von dieser Statut sind die Ratifikation von Allianz- und Han­ delsverträgen, die großen Fragen über Krieg oder Fried«, und die allgemeine Leitung der äußern Politik d«< Staates. Wenn es gänzlich der ausübenden Regierung überlass« wird, die auswärtigen Verhältnisse zu ordüen und zu lei» t«, so kann durch eine übereilte oder furchtsame Vermat­ tung unwiederbringliches Unheil angerichtet werden, welches in keiner Bestrafung, die der Unwissenheit ob#t Thorheit zugefügt werden kann. Ersah findet. Solche Fragen dem allgemeinen Körper der Volksvertreter zu unterwerfen, möchte Aufschub, Unentschlossenheit und Mangel an Zu­ trauen auf Seiten fremder Mächte zur Folg« haben; wäh­ rend eS zur Offenkundigkeit von Anschlägen führ«, könnte, deren Ausgang gänzlich von dem Geheimniß, womit sie ge­ leitet würden, abhtnge. Aber ein Senat, oder vielmehr «ln StaatSrath, der durch den Senat aüs seinen eigen« Gliedern angeordnet würde, könnte auf der einen Sette solch« Irrthümer verhindern, wie die Verwaltung ln Gefahr seyn möchte zu begeh«, und auf der andern das Geheim« «iß bewahr«, welches nicht unhäufig für die glüeklich« Handhabung öffentlicher Angelegenhtit« wesentlich ist. Ein großer und umfassender Plan der Politik würde standhafter unter solchen Einrichtungen verfolgt werd«, als wenn das ganze System der Bündnisse auf einmal durch den Wechsel eines Ministers, die Laune eines Günstlings, oder den Miß­ verstand einer vom Volk ausgehenden Versammlung über den Haufen geworfen werden könnte; und diese Stätigkeit in den Rathschlägen müßte unfehlbar das Vertrauen, die Anhänglichkeit und die Achtung auswärtiger Nutloilen ver­ bürgen. *) ", Die größten und erläuterndsten Beispiele der Verschwie­ genheit, der Kraft und de« systematischen Betragen« der Senate 'äßt sich in der Geschichte Rom«, Venedig« uno Holland« finden.

198

i. Buch.

giftigen mag es scheinen, als wenn die Vortheile eines Senats mit größerer Sicherheit dadurch erreicht werden könnten, daß man das Amt lebenslänglich fortdauern ließe. Da alsdann die Glieder, könnte man denken, in giößcrm Umfang von der Voltsgunst iinobbdnqtg wären, so würden sie desto stätiqer einem liberalen System, sowohl der imtsrn, als äußern Politik folgen, als wenn sie durch den Wider­ stand gegen den jähen, obgleich stets anders gerichteten Strom der öffentlichen Meinung, dem Verlust von Ehren­ stellen und Macht ausgesetzt wären. Aber die von der Be­ stallung zu lebenslänglichen Aemtern unzertrennlichen Uebel, halten diesen Betrachtungen weit mehr, als das Gleichge­ wicht. D'e Seltenheit erledigter Sitze und die Menge der Bewerber um einen jeden, obgleich die Ehre des Erfol­ ges erhöhend, würde die Erwartung der Beförderung zum Senat, zu schwach und zu fern machen, um im Allgemei­ nen den Bestrebungen der Volksvertreter zum Sporn zu dienen; niemand könnte hoffen, eine so hohe Stelle zu erlam gen, bis er «dt In Zähren vorgeschritten wäre; und eine große Mehrheit der Senatoren, angelangt in der Zelt des Lebens, wo Tdätlgkett, Talente, und vtclleicht die Urtheils­ kraft nothwendig geschwächt sind, müßten ihre männliche Energie der Seele bereits gegen die kleinliche Furcht vor Neue­ rung vertauscht haben, weiche die Formen der Vcflassung fest­ zuhalten pflegt, indem sic deren G ist aufgiebt. En, Senat, der auS üb.-rjahrten Gliedern bestände, oder solchen, die sich bereits mit Schnelligkeit diesem beklaqenöwerthen Zustande näherten, würde selbst mit den reinsten Absichten der gehörtqen Erfüllung se n.r wichtigen Pflichten nicht gewachsen seyn: aber auch feine Absichten würden nicht lange rein verbleiben, und getrenntes Interesse und Abhängigkeit vom Hofe würden bald zn seinen andern Untauglichkeiten noch die schamloseste Knechtschaft hinzufügen. Von Senatoren, die lebenslänglich erwählt wären, wür­ den wohl einige ursprünglich ml)t reich seyn; mehrere noch möchten durch Unglücksfälle, Verschwendung, oder durch bat

2. Kapitel.

4. Abschnitt.

199

Mißverhaltrv ihrer Familien vom Reichthum zurückgekommen seyn; verschiedene würde» aus Alter geitzig werden; manche würden ihrem Charakter nach ihre ganze Glückseligkeit von der Aufmerksamkeit brr Großen auf sie abhängen lassen; wäh­ rend alle von Verwandten und Freunden umgeben seyn wür­ den. dt« wegen einträglicher Aemter und Beförderung im Staate nach ihrem Einfluß aussähen. So ließe sich von einer Mehrheit, die von solchen Versuchungen Umlagen wäre, und ihre Aemter unabhängig von bffentlicher Meinung inne hätte, erwarten, daß sie der Gunst der Minister jene Volks« liebe und Tugend aufopfern würde, der sie ursprünglich ihr« Sitz« verdankte. Ein solcher Senat würde, anstatt ein Hin­ derniß für die Ueberetliing der Volksvertreter zu seyn, die Schuhwehr werden für Mißbräuche, würde sich zum scham­ losen Beschützer der Bestechlichkeit, und zum eigensinnigen Widersacher einer jeden Verbesserung in der Regierung machen. Auch ist dies nicht da« schlimmste Uebel, da< sich befürch­ ten ließe. Wäre ein solcher Senat unbestechlich, so würd« er einer jeden andern Gewalt de« Staate- gefährlich «erden. Kein erblicher Adel hat jemals größere Anhänglichkeit an aus­ schließlich« Vorrechte, größer« Beharrlichkeit bet der Ausdeh­ nung seiner Machthabung, mehr Geschicklichkeit bei der Be­ förderung seines besondern Interesse bezeigt, als diejenigen Stände, deren Ehrenstellen und Freiheiten, indem sie bloß lebenslänglich waren, weniger natürlich« Gegenstände eines ungeordneten Ehrgeihc« scheinen mochten. Der Eifer, mit welchem die Geistlichkeit mancher Länder «ine jede Gelegenheit ergriffen hat, dir Gewalt und den Einfluß der Kirche zu beför­ dern , und der Geist, der durch die Parlamente Frankreichs, durch den Senat Venedigs, die Bürgermeister Hollands, und sogar durch die Stabträrh«, die Universitäten und andere Korporationen Englands zu Tage gelegt worden ist, mag «in B-wels davon seyn, wie stark die Anhänglichkeit der Glieder solcher Körper an alle- ist, was sie von dem übrigen Volk un, »«scheidet, und wie geneigt sic sind, das Interesse ihres Stan­ ds dem de- Staates vorzuzlehen. Ein ähnlicher Geist würde

j. Buch

?oo

Senatorm tut Abringen,

die auf Lebenszeit bestellt wären;

und bei ihren Gelegenheiten, stillschweigend um sich zu grei­ fen, und ihren Mitteln, nicht allein die Regierung in Verle­ genheit zu bringen, sondern auch, wenn ihren Anmaßungen Widerstand geleistet würde, allen öffentlichen Maßregeln Ein­ halt zu thun, würde eS ihnen kaum fehlen können, manche unaercchte Vorrechte für ihren Stand zu erlangen, und einen gefährlichen Anthell der polittschen Gewalt an sich zu reißen. So würden diejenigen, die der Bestechung widerständen, und die, welche ihr nachgäben, auf gleiche Weise die Freiheit ihres Lande- in Gefahr bringen; jene würden sie der Vergrößerung ihres Standes aufopfern, diese würden sie dem Ehrgeitze deHofes verkaufen. Das Englische HauS der Lords, von allen Senaten viel­ leicht derjenige, der die schlechteste Verfassung hat, ist aus Bi­ schöfen zusammengesetzt, die ihre Aemter fürs Leben inneha­ ben, und aus erblichem Adel,

dessen Zahl der König nach

Wohlgefallen vermehren kann.

Manche der Bischöfe,

die

durch die auf einander folgenden Abstufungen der Kirche mit­ telst einer nicht allemal sich nach ihrer Frömmigkeit oder Ge­ lehrsamkeit richtenden Gönnerschaft in die Höhe geführt sind,' und ihre Aemter durch die Bestimmung der Krone inne haben, und eben dahin «egen weiterer Beförderung aussehen, sind bereit, alle Maßregeln, die ihrer Beurtheilung unterworfen werden,

in Uebereinstimmung mit den Wünschen de- Hofes

anzunehmen oder zu verwerfen.

Die PairS durch erbliches

Recht zeichnen sich, wie sich erwarten läßt, wo Geburt, niAt Verdienst den Weg zum Amte öffnet, nicht allgemein durch Kenntniß, Fleiß oder Talente auS; und während manche von ihnen, nachdem sie ihre angestammten Güter heruntergebracht oder verschleudert haben, ihres täglichen Unterhalts wegen von der Freigebigkeit der Krone abhängig sind, haben fast alle Fa­ milien zu versorgen,

die in dem verschwenderischen Genusse

einer jeden Schwelgerei, und in einer Verachtung der Beschäf­ tigungen des Erwerbfleißes

auferzogen

sind.

Außer tem

allen zst nun noch, damit nicht etwa die PairS zu irgend einer

2. Kapitel.

4. Abschnitt.

201

Zeit ihre Unabhängigkeit in Anspruch nehmen möchten, der König mit einem Recht bekleidet, nach Wohlgefallen ihre Zahl zu vermehren, und diese Gewalt ist bisweilen in ihrer vollen Ausdehnung ausgeübt worden.

Vermöge des Vorrechts der

Erwählung wird jedoch ein gewisser Grad der Fähigkeit von Zeit zu Zeit in die Pairschast gebracht, und ein Senat, selbst in dieser Verfassung, ist nicht ohne seinen Nutzen bei Beför­ derung des Forschung-geistes,

bei Durchsetzung der Regel­

mäßigkeit des Verfahrens, und bei Abstellung von Irrthü­ mern in der Sprache, oder dem Detail, welche der Beobach­ tung des Unterhauses entgangen sind. llnttt der Regierung Georg des Ersten wurde ein Versuch, der von Einigen den Beweggründen des Partheigeistes und von Andern dem reinsten Patriotismus zugeschrieben wird, von der Regierung gemacht, .dem Haufe der Lords seine Unab­ hängigkeit dadurch zuzusichern, daß das Vorrecht der Erwäh­ lung, außer im Falle der Erlöschung einer bis dahin vorhan­ denen Pairschast, abgeschafft werden sollte.*) ES scheint jedoch nicht wahrscheinlich, daß diese Veränderung der Verfassung die gewünschte Wirkung zur Folge gehabt haben würde.

Zu

allen Zeiten würden so viele der PairS wegen des Einkom­ mens, dessen sie, obgleich ihrem Range unentbehrlich, durch ihre eigene oder

ihrer

Vorfahren Verschwendung entblößt

worden wären, von der Krone abhängig gewesen seyn, baß der ausübenden

Regierung,

welche der Bischöfe und der

kürzlich an die Stelle der Erloschenen erwählten Pairs gewiß gewesen wäre, beinahe eben so sicher als gegenwärtig, eine Mehrheit zu Gebote gestanden haben würde. Selbst die fidelkommiffarische Eigenschaft eines zur Auf­ rechthaltung ihres Glanzes hinreichenden Bern.ögens, in der­ selben Ltnie mit einem jeden Inhaber des Ran es, könnte eine erbliche Pairschast nicht von der Dienstbarkeit befreien, welche

*) Sechs neue Pairs sollten unmittelbar nach Annahme der Bill erwählt werden; aber der Umstand ist nicht wesentlich M Beurtheilung der mehr entfernten Folgen der Maßregel.

j. Buch.

202

von ihrem Daseyn unzertrennlich scheint. Familienvermögen

Denn gleich das

dem Range seines Besitzer- angemessen

wäre, so könnte eS ihn doch, ohne eine strenge Sparsamkeit, die mit seinen Gewöhnungen unverträglich,

und für seinen

erhabenen Standpunkt, wie er dächte, erniedrigend seyn würde, niemals in den Stand sehen, auch nur eine mästiqe Versor­ gung für seine jöngern Kinder zu treffen.

Daö Vermögen

des Adels vermehren, hieße bloß die Pracht und Verschwen­ dung vermehren, welche daö Beispiel von ihres Gleichen, in der Meinung der Welt, für die Aufrechthaltung ihrer Würde nothwendig machen würde.

Es erfordert beträchtliche Klug­

heit und Selbstbeherrschung in einer jeden INtge des Lebens, sich an einen solchen Grad der Sparsamkeit zu bilden, der durch die jährlichen Ersparnisse von einem festgesetzten Ein­ kommen die Versorgung einer Familte bewirken kann;

und

solche Tugenden ließen sich kaum von denjenigen erwarten, die ln der Gewißheit, ein großes Vermögen zu besitzen, erzogen, und dem ansteckenden Beispiel der Verschwendung bet ihren Bekannten ausgesetzt, leicht überredet werden könnten, baß Ihr hoher Rang einen verhältnismäßigen Glanz erforderte, tun die Würde der edlen Geburt dagegen zu verwahren, daß sie nicht durch die unverschämte Pracht des plötzlich emporgekommenen Reichthums versinstcrt würde. Aber selbst, wenn die Unabhängigkeit eines erblichen Adelerreichbar wäre, so ist eS sehr zweifelhaft, ob dieselbe öffent­ liches Hell hervorbringen würde. Denen, die zum Amte geboren werden, die m Vorrechte eintreten, ohne Rücksicht auf ihre eigenen Talente oder Fädigkeiten, muß im Allgemeinen eine jede Eigenschaft ermangeln, weiche sie in den Stand setzen könnte, ihre Obliegenheiten zum Vortheil des Lande- in Aus­ übung zu bringen

Ungeachtet glänzender Ausnahmen, die

bet Gelegenheit vorkommen, müssen erbliche Rathsverfammlungcn sich durch Unwissenheit und Dummheit auszeichnen. Und dennoch müßte es einem unabhängigen Adel, ungeachtet feines Mangels an Talenten, kaum fehlen können, das ge­ trennte Interesse feines Standes zu befördern, und durch all-

2- Kapitel.

4. Abschnitt.

203

mäliges Umsichgreifen ein entschiedenes Uebergewicht in der Regierung zu erlangen.

Der erste Srrebcpuntr eines Hauses

des Adels, baS sich von dem Einfluß, der jetzt dessen Ent­ schlüsse überwiegt, befreit fände, würde die Vermehrung der Vorrechte des Adel- seyn; der zweite, eine Aufsicht über die Ernennung der Minister, und die Maßregeln der Verwaltung festzusetzen.

Zn diesen Bestrebungen, die ein solcher Adel mit

systematischer Beharrlichkeit verfolgen würde, könnte er nicht ander-, als glücklich seyn; und in einem solchen Kampf fän­ den vielleicht die vernünftigsten Wünsche der Nation Wider­ stand, und die ganze Macht der Regierung könnte dadurch außer Wirksamkeit gesetzt werden.

Es könnte in der That

keine verfassungsmäßige Weise geben,

einen Widerstand zu

überwältigen, der noch so grundlos, bloß die Ausübung eines anerkannten Rechte- wäre.

E- könnte niemals an PairS von

hinlänglichen Talenten und Ehrgeth fehlen, um das HäuS in Kämpfe des Partheigeistes zu verwickeln. Ein Adel, bewaff­ net mir der Gewalt, ein jede- neue, für den öffentlichen Dienst noch so dringende Gesetz zu verwerfen, könnte zu allen Zeiten die vereinten Wünsche des Landesherrn und des Volks verei­ teln, und bet großen Ereignissen, dadurch, daß er die Regie­ rung in Verwirrung zu stürzen drohte,

eine Unterwerfung

gegen die anmaßendsten Forderungen erzwingen.

Es scheint

daher, daß zwischen einem bestechlichen und einem unabhän­ gigen Hause der LordS, angenommen, daß daS letztere mög­ licherweise vorhanden seyn könnte, die Gemeinen im Z. 1719 das kleinste von zwei Uebeln erwählten. Ob eine Einrichtung, die bloß eine solche Alternative dar­ bietet, beibehalten werden sollte, da,

wo sie Menschenalter

hindurch einen Theil der Verfassung deö Staat- ausgemacht har, da- muß von den Umständen de- OrtS und der Zeit ab­ hängen,

die

dem

Gegenstände

der

gegenwärtigen

For­

schungen durchaus fremd sind: aber wenn ein HauS der PairS weder mit den andern Zwergen der Regierung ver­ webt, noch durch fein Alterthum in der Achtung des Volkehrwürdig gemacht worden ist, so kann kein Zweifel darüber

l. D u ch.

204

seyn,

baß dessen Verrichtungen mit weniger Gefahr für

die Freiheit und grtßerm Vortheil für

daS Gemeinwesen

durch einen Senat ausgeübt werden würden, den man aus den verdienstvollsten Gliedern der volksvertretenden Versamm­ lung erwählte, und durch die Weise der Erwählung gegen die

ungebührliche

Abhängigkeit

von DolkSvorurtheil

oder

von den flüchtigen Leidenschaften deS TageS verwahrte.

Fünfter Abschnitt. Don

der

ausübenden

Gewalt.

Unter den verschiedenen Theilen deS Inbegriffs von Gewalten, bekannt unter dem Nnnen einer Regierung, bie­ tet der ausübende Zweig demjenigen die größten Schwierig­ keiten dar, der, die Verfassungen der verschiedenen Staaten überschauend, einen Versuch macht, die allgemeinen Grund­ sätze der politischen Anordnung in Gewißheit

zu bringen,

die dem öffentlichen Wohl am zuträglichsten wären.

Die

Obliegenheiten der ausübenden Macht, bet Durchsetzung der Beschlüsse der Gesetzgebung, bet Aufrechthaltung deS Frie­ dens und der Ordnung der Gesellschaft, der auswärtigen Politik

des Staats,

und bet Leitung

erfordern einfache,

kräftige, und in dem Augenblick der Handlung unumschränkte Gewalten.

Aber Gewalten dieser Art sind, wem sie auch

immer übertragen ausgesetzt.

seyn

mögen,

allemal dem

Mißbrauch

Anstatt der Gesetzgebung untergeordnet zu seyn,

sind sie in Gefahr, die obersten zu werden: unter dem Vorwände, die innere Ruhe zu sichern, können sie die Ver­ fassung und die Gesetze untergraben, oder mit Gewalt über den Haufen stoßen. Die gänzliche Trennung deS gesetzgebenden Zweige- der Regierung von dem ausübenden, ist in neuern Zeiten als

2, Kapitel.

5. A bsch 11 itt.

205

eine unerläßliche, obgleich nicht vollständige Sicherheit gegen solche Anmaßungen betrachtet worden.

„Loisque, “ sagt

Montesquieu, *) „dans la meine personne ou dans le

ineme coips de magistraturc, la puissance legislative est reu nie ä la puissance executi ice, il u’y a point de libertv; parcequ’on peut creindre, que le meme Monaique ou le meine Senat ne fasse des loix tyranniques, pour le» executer tyranniquenient.“ Diese Meinung ist angenommen und in gewissem Grabe erläutert worden vonWilliam Dlackstone.**) ,,Zn allen tyran­ nischen Regierungen ist di» «berste Machthabung, oder da- Recht die Gesetze sowol zu geben, al< durchzusehen, einem und demselben Menschen, oder einem und demselben Körper von Men­ schen übertragen, und überall, wo diesezwei Gewalten mit ein­ ander vereinigt sind, kann keine öffentliche Freiheit bestehen. Der Oberherr kann tyrannische Gesetz« »erhängen, und sie auf eine tyrannische Weise ausüben, weil er in der Eigenschaft eines Ausspenders der Gerechtigkeit sich im Besitze aller der Gewalt befindet, die er als Gesetzgeber für angemessen hält sich zu geben.

Aber wenn die gesetzgebende und ausübende

Gewalt in abgesonderten Händen sind, so wird jene Sorge «ragen, dieser keine Gewalt von einem so «eiten Umfange an­ zuvertrauen, daß sie aus den Umsturz ihrer eigenen Unab­ hängigkeit und somit der Freiheit de« Unterthans hinwirken könnte. “ Diese Schlußfolgert scheinen, ungeachtet de« hohen Anlahm« derer, welche sie ausgestellt haben, nicht aus eine ,ede

') Dom Keift der Gesetze. 11. Buch. 6 Kapitel. Wenn in der­ selben Person oder in demselben machthabenden Körper, die ge­ setzgebende Gewalt mit der ausübenden Gewalt vereinigt «st, so ist keine Freiheit vorhanden,

weil

man befürchten kann, daß. der­

selbe Monarch, oder derselbe (Senat tyrannische Gesetze gebe, um >>« tyrannischer Weise auszuüben. “) Kommentarien 1. Kapitel.

über die

Gesetze

Englands.

1.

Buch.

i.

206

Buch.

RegierungSform anwendbar, noch vielleicht in Rücksicht auf Irgend eine sehr folgerecht.

Was auch immer für Gefahren

von der Niederlegung sowohl der gesetzgebenden, als der aus­ übenden Gewalten in die Hände desselben Monarchen oder derselben Aristokratie befürchtet werden mögen, (und man wrrd gewiß gern einräumen, daß unter solchen Regierungen eine jede Art von Schuhwehr gegen Mißbräuche, zur Deschühung des Volt- angenommen werden sollte) so scheint doch wenig Ursache anzunehmen, daß Volksvertreter, deren Mackthabung zeitweise ist, und die bald in den Stand der Privatleute zurücktreten «erden, irgend solche Gewalten erft ffrn sollten,

die, wenn gleich für eine Zeitlang ihren

eigenen Prsonen, oder Beamten, die von ihnen selbst ange­ stellt wären, anvertraut, nachher in andere Hände übergehen, und das Werkzeug ihrer eigenen Bestrafung werden könnten. Wenn, ungeachtet dieses in der Natur ihrer Anstellung lie­ genden Hindernisses ihres MlßverhaltenS, die Volksvertreter verleitet werden sollten, eine die Freiheit über den Haufen weifende Machthabunq,

entweder ihren Nachfolgern, oder

den von ihnen ernannten.Oberherrn zu übertragen, so ist eS wahrscheinlich, baß eben diese Beweggründe, die in aus­ nehmender Thorheit oder grober Destechltchkeir ihren

Ur­

sprung haben müßten, sie verleiten würden, mit gleicher Ge­ walt die ausübende Regierung zu bekleiden, auf was für eine Wesse diese auch bestellt seyn möchte. Aber die Gefahr, daß tyrannische Gesetze verhängt wer­ den , um sie auf eine tyrannische Weise ausüben zu können, scheint sich vielmehr auf die Vereinigung der gesetzgebenden mit den richterlichen als auf die mit den ausübenden Gewal­ ten zu beziehen.

Wenn die richterliche Gewalt unverdorben

ist, so wird Abhülfe

gegen elue

jede unermächtigte Be­

drückung, die durch die Regierung begangen würde,

statt

finden; aber, ohne die zerstör,»,dste Anarchie einzuführen, kann in dem Staate keine Machlhabung seyn, döher alS die der Gesetzgebung; und folglich auch kein Mittel, durch Unterabthetlung der Gewalten

die Ausübung

de- tyran-

2. Kapitel.

5. Abschnitt.

nlschsten Gesetze- zu hemmen.

207

ES bleibt den Gerichtshöfen

überlassen, zu entscheiden, ob die an den Einzelnen von der Regierung gemachten Ansprüche durch da- Gesetz ihre Er­ mächtigung erhalten; und so lange diese Gerichtshöfe ihre Pflicht thun, kann keine über die bestimmte» Ausdrücke dcrGefehvcrfügung hinausgehende Unterdrückung, in Folge der Verbindung Der gesetzgebenden und ausübenden Gewalten ausgeführt wer­ den: und eS ist nicht leicht zu begreifen, wie aus ihrer voll­ ständigen Trennung irgend eine weitere Sicherheit für die Freiheit entspringen könnte. Daß nach allen möglichen Vorbeugungen

tyrannische

unbezwetfelt; und daß

Gesetze durchgehen können, ist

solche Gesetze,

von wem sie auch

ausgeübt werden, in ihrer Wirkung tyrannisch seyn müssen, ist eben so gewiß; aber da die ausübende Regierung

keine

wittkührliche Aufsicht über die Gesetze haben müßte, so kann die Trennung der beiden Gewalten dem Volk keine wirksame Dcschühung gewähren.

Der Fehler liegt in der gesetzgeben­

den Macht, und kann bloß durch eine bessere Wahl der Volks­ vertreter, oder durch eine verständigere Verfassung der höch­ sten Gewalt de- Staate- abgestellt werden. Es entspringen jedoch

manche Nachtheile von anderer

Beschaffenheit daraus, daß man der gesetzgebenden Versamm­ lung erlaubt, die Oberherrn zu bestimmen.

E- führt dieß

Partheigeist von der schlimmsten und niedrigsten Art rin; nicht etwa jene Trennung in Parcheten, welche daraus ent­ springt, daß über die Rechte der Menschheit und über die zur Regierung nothwendigen Gewalten verschiedene Meinun­ gen obwalten; nicht etwa jene Verschiedenheit der Ueberzeu­ gung in Betreff öffentlicher Maßregeln, welche, au- der Bcsorgntß um die Wohlfahrt deö Staat- entspringend, leicht in politischen Aberglauben au-arret; sondern Kabalen, die sich im besten Fall auf persönliche Anhänglichkeit, und wett häu­ figer auf persönliche Vortheile begründen.

Volksvertreter,

die durch eine wirksame Srimmenbewerbung erwählt wären, würden da- Ansehen haben, zu keinem andern Endzweck er­ wählt zu seyn, al- um eine ähnliche Bewerbung um höhere

i.

2orL

Buch.

Anstellung fortzusetzen; ein jedes Amt in dem Staate, von dem höchsten bis zu dem niedrigsten herab, würde durch Destech. ltchkett oder Panheigeist erlangt, und diejenigen Mittel wür» den nicht für erniedrigend geachtet werden, die zu Vortheil, Gönnerschaft und öffentlichen Ehrenstellen führten.

Die ge­

setzgebende Versammlung, in ihren Pflichten vergeblich, und eine Schaubühne verworfener Ränkesucht darbietend, würde bald das Zurrauen der Nation verlieren, und während den Talenten, außer wenn sie im Kampf um einen Antheil an der allgemeinen Plünderung zur Einwendung kämen, alle Beför­ derung versagt würde, müßte das Volk, voll Abscheu gegen das, was man dessen Freiheiten nannte, zum Despotismus fliehen, als einem Zufluchtsort gegen solche schimpfliche und verwickelte tVbcl. Selbst Anstellungen, welche die ges hqebende Derlamm. lunq auS den remsten Motiven träfe, würden in manchen Fällen dem öffentlichen Dienst wenig Vortheil zu Wege brin­ gen.

Alle Zweige der Verwaltung erfordern, da sie mehr

oder weniger genau mir einander verbunden sind, die Leitung derjenigen, die gegenseitiges Zutrauen besitzen,

und

deren

Handlungsweise sich nach gleichen Ansichten der Politik richtet. Ohne eine aufrichtige Zusammenwirkung

müssen die öffent­

lichen Beamten, so sehr es ihnen am Herzen liegen

mag,

ihre Pflicht zu thun, häufige Verzögerungen und den ver­ drießlichsten Widerspruch antreffen.

Ein

sorgt. seine eignen Anschläge auszuführen,

jeder ängstlich be­ wird gar leicht

die Pläne seiner AmtSgenoffen unberücksichtigt

lassen

oder

durchkreuhen; Streit und Eifersucht werden sich erheben; und zwischen persönlichen Zänkereien und gegenseitigen feindungen wird der öffentliche Dienst gänzlich sigt werden.

An­

vernachläs­

Es ist daher von der äußersten Wichtigkeit,

daß die Haupt-Staatsbeamten dieselben allgemeinen

Mei­

nungen, sowohl in Betracht innerer, als auswärtiger Po­ litik hegen, und vor allen Dingen, daß sie geneigt seyn mö­ gen, zutrauensvoll mit einander zu handeln, als wie mir Män­ nern, von deren guten Absichten sie völlig überzeugt sind, und deren

2.

Kapitel.

5.

Abschnitt.

2c 9

Meinungen, Charaktere und Talente sie gegenseitig achten. ES wäre vergeblich, eine solche Herzlichkeit, oder auch nur eine 6mheu der Absichten unter Ministern zu erwarten, die von Zeit zu Zeit von der gesetzgebenden Versammlung angeordnet wurden. Ein Kandidat von der einen Parthci könnte durch seinen persönlichen (Einfluß heute glücklich seyn; einer von einer entgegengesetzten Parthei morgen, und die RathStafel könnte sich füllen mit Fremden, oder gar mit persönlichen Feinden, die geneigt wären, einer des andern Anschläge zu durchkreuzen, und sich wegen öffentlicher Unalückofälle in dem Schimpf zu trösten, den Mangel an glücklichem Lisolg über ihre Amtsgenossen bringen möchte. *) Auch ist cs nU>t wahrscheinlich, dasi dieselbe Versamm­ lung, welche die Minister berufen Hätte, wirksam über ihr Betragen wachen würde. Derselbe Elnsiusi, der ihre An­ stellung bewirkt hätte, müßte, wenn er noch durch die aus ihren Aemtern aucflresienden Gelegenheiten, ihre Anbanger zu belohnen, verstärkt würde, bet allen gewöhnlichen Veran­ lassungen, sie in ihrer Gwalt erhalten, und einen jeden Versuch, ihr Betragen zur Verantwortung zu ziehen, vtr» *) Burke bat eine eben so lustige, als richtige Beschreibung von der Verwaltung gemacht, Die VcrD Chat Ham bildete. „Cr bildete eine Verwaltung so gesprenkelt und buntscheckig; er setzte ein 0iücf (^d)remcraibm zusammen, so in Die krcutz und quer qeschmtten und so pesflrlich gefugt; cm Kadinet, so buht eingelegt; solch ein Stück verschiedenartigen Mesaiks; solchen ge­ täfelten Fußboden ohne Bmduugsuuttcl; hier cm bischen schwar­ zen Stein und Dort ein bischen weißen; Patrioten und Hofleute; Komgsdiener und Republikaner; Whigs nnd Tories; ver räthertsche Freunde und offene Feinde; so daß es in Der That eine wahre Merkwürdigkeit anzuschauen, aber durchaus ungewiß anzufallen, und unsicher Darauf zu sichen war. Ich erdreiste mich zu sagen, es traf sich so, daß Personen cm einzelnes Amt unter sich getheilt erhielten, Die niemals mit einander m ihrem Leben sprachen, Vie sie sich fanden, sie wußten selbst nicht tute, zusam­ mengekauert, m demselben Rollbetle liegend.- — Parlamentsreden. 19. April 1774. Or Kr 1V. I.

1J[

210

2. Kapitel.

2. Abschnitt.

titeln. 3*i allen Fällen freilich eines sehr schreienden Miß» verhaltene, oder ttncr sehr groben Unfähigkeit, möchte der öffentliche Unwille die Gesetzgebung zwingen, die Minister zur Verantwortung zu ziehen, die Unwürdigen zu entlassen, und die Schuldigen zu bestrafen; aber solche Einmischungen würden außerordentlich selten und allemal zu spat seyn, um Uebel zu verhindern, deren Abhülfe unmöglich wäre. Wäh­ rend keine unmittelbare Schmach drohte, könnten Miß­ bräuche vervielfältigt, die innere Verwaltung vernachlässigt und d»e auswärtige Politik ungeschickt geleitet werden, indem diejenigen, deren Pflicht eS wäie, ein wachsames Auge über das Betragen der Minister zu halten, ihre Freunde, ihre Bevollmächtiget und sehr häufig ihre Ergebenen wären. Wenn der gesetzgebende Körper unbefugt ist, zur Aus­ wahl passender P.rsonen, um den verschiedenen Verwaltungszwciqen des Staats vorzustehen, so muß das Volk noch wert untauglicher seyn, eine solche Gewalt auszuüben. Die für eilten jeden Zweig der Verwaltung erforderlichen Fähigkeiten könnten kaum in den Bereich des Verstandes der Menge gebracht werden; um es zu entscheiden, in wel­ cher Maße die verschiedenen Bewerber solche Fähigkeiten besäßen, würde eine genaue Bekanntschaft mit ihrem Cha­ rakter und ihrer Bildung erfordert, die für keine irgend beträchtliche Anzahl von Wählern, die über das Reich zer­ streut wären, und dem Betragen der Staatsmänner nur ge» gelegentlich ihre Aufmerksamkeit schenken könnten, erreichbar wäre. Selbst wenn die äußerste Reinheit der Wahl, bic ängstlichste Begierde, den würdigsten Bewerbern den Vorzug zu geben obwaltete, so würde doch alles, was sich hoffen ließe, das seyn, daß die Aemter des Staats mit würdigen und einsichtsvollen, aber oft deren Verhältnissen nicht gewachsenen Männern beseht würden; während dennoch, wegen ihres Verhältnisses zu einander, als Fremde, oder gar als Feinde, alles Vertrauen aus ihren Deraihschlagungen und aller Z»' sammenhang aus ihren Plänen verbannt bliebe.

2.*Kaptrel.

5. Abschnitt.

jii

Wenn demnach die Haupt-Staatsbeamten weder durch den gefrfcqcbcnben Körper, noch durch das

Volk angeordnet

werden müssen, und wenn dieselben Einwürfe, wie das offen­ bar

der

Fall ist, auf dre Anordnung eines StaatsratheS,

nuf jegliche von beiden Weisen ihre Anwendung finden,

so

nmv Me Macht, Minister zu ernennen, irgend einem Indi­ viduum, daS für einen Zeitraum von Zähren, ober fürs Le­ ben erwählt ist, anvertraut, oder wenn auch das unpassend ist. einer bestimmten Familie übertragen werden, deren Mit­ glieder durch

Erbrecht in das würdevolle und wichtige Amt

eines Monarchen eintreten mögen. ®n;en

eine jede Art der Erwählung des Haupt-Ober-

berrn erscheint dieser E-nwurf: daß wenn irgend ein Zwei­ fel über die Redlichkeit oder Gültigkeit der Wahl entstehen sollte, kein Gerichtshof vorhanden sei, dem eine so

wichtige

Amtsverrichtunq, als die Entscheidung zwischen den Ansprü­ chen der Mitbewerber ausmacht, mit Sicherheit anvertraut werden könnte.*)

Diese Gewalt der gesetzgebenden Ver­

sammlung oder dem Senate anzuvertrauen, so viel,

als

hieße ungefähr

ihnen das Recht der Ernennung zu ertheilen; die

Recht­

lichkeit der Wahl ihrer Entscheidung zu unterwerfen.

beim es könnte niemals an Vorwänden fehlen,

Auf

der andern Sette, den Fall gewöhnlichen Richtern oder Ge­ schwornen zu unterwerfen, hieße Anzahl

der

Einwohner

an

die Wünsche einer

die

Stelle der

kleinen

allgemeinen

Stimme des Volts sehen, und einen beinahe unvermeidlichen und noch dazu feiten, wenn ja, ungegründeten Verdacht ver­ ursachen, daß die Entscheidung durch Parrhcigetst stechlichkeit eingegeben wurde. der Gesetzgebung

ein

Zwar könnte

oder Be­

das Ansehen

Gutsepnlaffen bei ihrer eigenen Ent­

scheidung gewähren, wenn auch nur durch Einführung einer sehr allgemeinen Verderdntß in einem jeden Zweig

der Re-

*) In der Verfassung der vereinigten Staaten Amerika'- ist feine Veranstaltung auf den Fall einer streitigen Präsidentenwahl getroffen.

i. Buch.

212

gierunq; aber wenn die Nation durch einen hartnäckigen Wettkampf um das höchste Amt des Staates crhtfct,

und

eine jde Parlhet eifersüchtig auf bit Abstchten, und unwil­ lig über die wirtlichen oder angeschuldigten 23vrfohnmqörcci? fcn ihrer Widersacher wäre, funq unter den Auespruch kaum

erwarten.

so

liesse sich

eincö

Unordnung,

ruhige Ur terwer-

bürgerlichen Gerichtshofes Aufruhr

und

bürgeuicher

Krieg möchten die Folgen wirklicher oder eingebildeter

Un­

regelmäßigkeiten seyn; und selbst wenn die Wettkämpfe nicht so cutfe Aeußerste getrieben würden, so gierung von einem großen trügerische Anmaßung

möchte doch die Re­

Tneil der Bürger,

als »me be­

angesehen werden, der feine andern

Gefühle, als die deö JpnfTvd und der F. indfchafr gebührten. Die Unzufriedenheit eines

Theils

der

Simon und die

daraus folgende Schwache der Regierung; die Dcforgniß vor von außen her drohenden Gefahren, oder innerlichen Zerrüttun­ gen; die glänzenden Talente deö Hauptoberherrn, oder derer, die sich seiner Regierung widersetzten; alle diese und manche andere Umstände würden dem Ehrgeiz Sporn unti Gelegen­ heit bieten, um die Aufrichtung willkührlicher Gewalt zu ver­ suchen.

Ern Königreich

ist ein zu

um nicht Abcntheurer anzulocken, spiele der Vereitlung

und

verführerischer

Preis,

ungeachtet mancher Bet-

der strengsten B.strasung;

der

öffentliche Friede würde daher zu allen Zeiten unsicher seyn; und wenn das lich

der

Fall

höchste Amt im Staate, wie dick gelegent­ seyn

schwachem Verstände weit mehr

noch,

muß, oder

wenn

ausgezeichnete Fähigkeiten Volt

durch

einen

bestrittenem es

durch

und

Siecht

Mann

von

beseht;

und

anerkannt»-

durch

die Kunst,

gefällig zu machen, innegehabt würde, so

Verdienst, sich dem könnte die

öffentliche Freiheit nicht anders, als tu der augenscheinlichsten Gef hr seyn.

Zwar manche Versuche, willkührliche Gewalt

aufzurichten, möchten vereitelt werden; aber wenn unter gün­ stigeren Umstanden ein solcher seinen Zweck crr»id)ie, so könn­ ten

ie Siechte des Volts für immer über

stoßen werden.

den Haufen ge­

Wohl gewahr, daß seine auf zettweiser Tau-

2- Kapitel. schung begründete von Seiten deS

Z. Abschnitt.

Machtbabung

213

unaufhörlichen Angriffen

SoruitheUd und der Gewohnheit sowohl,

als der Vernunft und der männlichen Unabhängigkeit deS Geistes ausgesetzt ist, kann ein Usurpator kaum mit mäßiger Gewalt zufrieden seyn. sondern muß seine eigene Sicherheit in allgemeiner Verderbtheit, im Schrecken, in der Erstickung eines leben greßgestnnten Gefühls, in Beschränkung der Ge­ dankenmittheilung, in käuflichen Senaten und in militärischen Sklaven suchen. Um sich gegen Tyrannei zu sichern, mag es daher klug seyn, etwas von dem politischen Recht nachzulas­ sen : als die beste Schuhwchr gegen RegterungSanmaßung, (Usurpation) mag eS weise seyn, einen erblicken Monarchen

mit einer mäßigen und genau begränzten Machthabung ein­ zusetzen. Die so eben aufgezählten Uebel scheinen von einer jeden Art, den höchsten Oberherrn zu erwählen, unzertrennlich, ob­ gleich sie ihre Anwendung nicht in gleicher Maße auf alle finden mögen.

Die Schwierigkeiten, eine gehörige Ernen­

nung, es sei nun durch die Gesetzgebung, ober durch das Dolk zu gewähren, der Mangel einer Gerichtsbarkeit, auf welche bestrittene Wahlen mit Sicherheit verwiesen werden können, die Gefahr des bürgerlichen Krieges, der Regierung-anmaßung und der Uebel, die auS einem bestrittenen Rechte entspringen, dieß alles ist zu befürchten, es mag nun die Be­ stallung für einen Zeitraum von Zähren, oder fürs Leben seyn; aber alS Zugabe dieser Uebel wird noch, wenn wir der ersten Art den Vorzug geben, die Regierung schwankend und unwirksam, bet der lehtern raubgierig und verderbt seyn. Sowohl in der innern als äußern Politik eines Staate­ ist eS sehr zu wünschen, daß die Regierung standhaft solche Maßregeln beobachten möge, die sie vor der Annahme wohl erwogen hat. chend,

um

zu erlangen, und legen

Der Lauf weniger Zahre ist kaum hinrei­ eine

solche

wohlgeordnete kann;

genaue

Kenntniß

deS

Details

die eine sichere Grundlage für ausgedehnte und

Pläne

der

auf

daß

Nationalvervollkommnung die

am

besten

verarm

^4

I. Buch.

betteten Anschläge für ein Land ersprießlich seyn mögen, muß ihnen eine allmählige Vorbereitung dcs 6ff:mltd>en iScitlee vorangehen, die mit manchen Rü ^sichten auf be­ stehende Meinungen, Gewohnheiten und Einrichtungen ein­ geleitet, und mit Beharrlichkeit, Wachsamkeit und Vorsicht au6mi, imo sii si ausschwei­ fenden Urtheilen unterwerfen; Echaarcn von Rrci iSgelehiten verschlingen sie; und mit der thörichten Vi-rüdln, g, all s voraus­ sehen zu wellen, haben sie ans ihren Geselln cm un jchtures Labyrinth gewacht, wo das Gedachciub und die Vernunft sich bei:; gleich sehr verlieren. —

i. Kapitel.

2. Abschnitt.

261

und Meinungen ein. Diese müssen Platz ergriffen haben, lange bevor sie von den Rechtselehrten bemerkt werden; und sie müssen lange bemerkt worden seyn,

ehe irgend eine Verän­

derung tu den Gesetzen gemacht werden wird.

Die Gewöh­

nungen der Recht-kund'gen machen sie geneigt, daö Alte auf­ recht zu erhalten, und sich dem Neuen zu widersetzen; ge­ wöhnt an die dunkle Ansicht deS Alterrhümlichen, können sie dar Licht nicht ertragen, welches um sie her verbreitet wird. Ein noch so vernünftiger Gebrauch muß

die Heiligung des

Alters erreicht haben, che er nach ihrer Schätzung ehrwürdig wird;

er muß eine

solche Zeit hindurch

bestanden

haben,

„daß Menschengedenken das Gegentheil nicht erreicht," be­ vor er auf Gewicht und Ansehen Anspruch machen kann.*) Systeme der Gesetzgebung müssen demnach in mancher Rück­ sicht mit dem wirklichen Geschäft der Gesellschaft unverträg­ lich seyn, indem sie sehr langsam den Umwälzungen in Sitten und

Meinungen folgen,

Lebens in so starker

die

Maße

auf die Angelegenheiten

Einfluß

und Leitung

deS

ausüben.

Demjenigen, der diese vis incrtiac deS Rechtes nicht in Detracht zieht, müssen manche der Vorschriften, und vieles U?4 Verfahren de- Recht- eben so sehr einet Motiv- entblöß: er­ scheinen, als solche- in der Wirklichkeit unbequem und unge­ recht ist. Gerechtigkeit ist nicht,

wie

die RechtSlysicme behaupten

möchten, eine abstrakte Wissenschaft, schwierige Erziehung erfordert.

welche eine lange und

Sie ist in die Brust de-

Menschen gepflanzt; und mit dem Menschen geboren, würde sie mit ihm

zur Reife

aufwachsen, würde sie nicht durch

schäditche- Unkraut erstickt.

Zerstört jene Begriffe des Rech­

te-, als eine- Gegensatze- der Rechtlichkeit, und die Gerech­ tigkeit wird von selbst erstehen und aufblühen.

Zn

dem

Augenblick, da die wirkliche Beschaffenheit des Vorganges in Gewißheit

gebracht

ist, geben

die

sittlichen

*) Black id.ui mcuts genannt wird, aber diesen! M >nge! ist durch da« Gesetz der Beschränknuge» (32. Hc.in

35$

st. Buch.

DebnMtlVbe RechtSkändel yi verbind»» und das Eigen» tbumrrccht zu sicher», füllt d-e Gesetzgebung diesen Mangel kn den B.üimmungen der Gerechtigkeit ans, indem sie de» genauen Zeitraum der Berjä-.rung durck) ein allgemeines De« fetz vesiimmr. W-'n» ein Kankmann uirvermögend wird, zu bezahlen, f, ist es rffe-rbar ger..l»t, daß teru Eigenthum unter feine Gläu« Otflff in dem V-rbettniß der verschiedenen Schulden getheilt werde und damit dreS auf «me redliche Werfe geschehe, und dan.lt dir Gläubiger in dem Versuch, vor einander de» Vorzug zu «mv neu, nicht das Eigenthum zu Grunde rkch» len. rst es erforderlich, daß Güterpfleger bestellt werden, um für das Ganze zu bandeln. Aber manche Streitigkeiten könnten über das Daseyn des ZahlungSunvermögrns, wie auch über die Verwaltung der Geschäfte entstehen, und daher ist ein Gesetz nothwendig, um m Gewißheit zu fetzen, was den Akt eines Banqurrvt« ausmache, und die Welfe zu bestim« men, auf welche die Güterpfleger erwählt, ihre Verwaltung unter Aufsicht gestillt, »nd das Eigenthum unter die Gläu» btger getheilt werden soll. Diese Bersplele mögen Belege seyn zu dem Satze, wie nothwendig es fek, die Mangelhaftigkeiten des natürlichen Ge» füblS der Gerechtigkeit durch positives Gesetz zu ergänzen, und von solchen Gef tzeSverfügungen fek hier nur noch be­ merkt, daß sie nicht erlassen werden sollten, außer wenn die sittlichen Gefühle so sehr der Bestimmtheit ermangeln, daß die Entbehrung einer festen Rrgel beträchtliche Uubequemlichkelt \ III. e. S.) abgeholfen, nach welchem alle Klage» aus Wiederer­ langung des Besiges» toofern sie fick auf de» Befiy des Klagen­ dei» f-lbst bog» linde», m dreißig Jahren» ober wofern auf einen Btsiy seiner Vorgänger i» kunfzrg Jahren erlöschen, und d«e Klage rn Folge erner tlrtunbe über E»qe«>th»nnrrecht, durch welche Klage das Eigemhiiin selbst sogleich in Anspruch genommen wer­ den könnte, wird durch einen Zeitraum von sechzig Jahre» aus­ geschlossen. —> BLttlsiouc’s Cumin. S. Buch. >7. Kap. und 3. Buch. 10. Kap.

x. Kapitel. g. Abschnitt.

»6»

|iie Folge haben möchte; noch müßten sie jemals, weder in der Zahl noch der Ausdehnung ihrer Bestimmungen, die Nothwendigkeit überschreiten, durch welche sie gerechtfertigt werden. Die Vervielfältigung der LandeSgrsetze verursacht bei» nahe alle dieselben Unzuträglichkeiten, dir von dem G-wokm, heiksrecht unzertrennlich sind: dieselbe Sckwiertgk.tt in ihrer Auslegung,' und in Vereinbarung ihrer Widersprüche, die» selbe Unmöglichkeit, sie dem Volke völlig vcrirä -tu* zu ma­ chen, dieselbe Nothwendigkeit, die Geschwornen u:itur die Leitung eines GertchtSyofeS zu stellen, und dasselbe U.ilerschkben der Begriffe der Gesetz,rckkeit, statt der Richisch! ur der Srttlichkcir. Aber so lange sie sich darauf beschränk»n, nur durch Bestimmtheit die G^rrchtigkelt noch zu v.rstärken, werden st« so einfach und klar in ihren Bersügui»'>en s-yn, daß weder die Partheien, noch die Geschwornen Schwierigkeit bei ihrer Anwendung finden können Dre Destimlnung des Alcers der Bolljätrrrgkeit, oder des Zeitraums der W.riahr»ng, würde nur «men einzelnen Satz «tfortmi; auch würde'» mchr viele Worte nothwendig seyn, um die Ordnung der Eivtolge r» fast jedem möglichen Fall zu bezeichne». Die Anordnungen in Betreff des BanqucrotS müssen natürlich eine Mannigfaltig« keir von Gegenstäiide» umfassen; aber di« Erfadriing Schott­ lands mag, obgleich dessen gegenwärtiges Gantgei-tz nicht ohne Mängel ist, darthun, daß selbst solche Gesetze derjenigen Klarheit in ihren Bestimmungen fähig seien, welche sie den Ungelehrten verständlich macht, und von den Perfah» runqSwetsen, welche sie vorschreiben, gemeiniglich alle Rechtostrettigkeiten abwehrt. Er ist hauptsächlich dadur , daß man über die angemessenen Gränze» deü LandcSgefetzrS hinausgeht, und den Versuch macht, für Fälle Veranstaltun­ gen zu treffen, die befriedigender nach rhrrnr ti,}etuhfimlitl)«n Werth entschieden werden könnten, daß Schwierigkeit, Ver­ wirrung und Widerspruch in das bürgerliche Gesetzbuch eingejährt werden. H. Einer der großen und ursprünglichen Endzweck-- der G.fellschast ist, durch Verbindung die Kräfte des Menjche»

. Buch.

2

270

zu vermehren; ein Vortheil, der

selten ohne einige Vermin­

derung seiner natürlichen Rechte gewährt werden kann. muf; sich ln

6r

einem jeden Dinge, das nicht mit den großen

Forderungen der Gerechtigkeit im Widerspruch Ist, den An« ordnunqcn einer Mehrheit, oder der gesetzgebenden Gewalt, welche tm Namen der Nation handelt, unterwerftn. Er muß olle- ausführen, was sie vorschreiben; er muß sich alle- dessen enthalten, was sie verbieten. tischen Verbindung

Dieser Gehorsam ist zur poli­

wesentlich,

und werd einem jeden Zn»

divtduum vollfommen durch die mancherlei und wichtigen an­ der gesellschaftlichen Vereinigung hergeleiteten Vortheile ver­ golten. *) Diese Beschränkungen

der natürlichen Rechte der Indi­

viduen haben zur Absicht, das öffentliche Wohl zu befördern: aber da

sie durch umfassende und bt-weilen sehr entfernte

Ansichten des Nutzen- an die Hand gegeben werden, so kön­ nen widerstreitende Meinungen in B.tteff der Anaemeffenhelt ihrer Anordnung obiraiten;

und

ihr Dasiyn läßt sich

mit

Gewißheit weder durch Me sittlichen noch geistigen Kräfte deS Menschen entdecken.

Sie

sind nicht in

allen Fällen

der

natürlichen Gerechtigkeit wtde» sprechend, ober sie werden nie­ mals bloß au- Ansichten der Rechtlichkeit verfügt. den in dem einen Lande geboten, und in nachlässig; nicht weil die eine Nation

Sie wer­

einem andern ver­ sie für gerecht hält,

und die andere für mtgctfd)t, sondern weil n.ich ihren beson­ dern Umstanden

die eine

sie als

nützlich,

die andere als

unnörhtg oder schädlich betrachtet. Anordnungen, die durch da- Gemeinwesen, au- Absichten des öffentlichen Vortheils geboten werden, sind sehr mannig­ faltig uub wichtig.

Hieher gehören alle PoltzetqeseHe; Ge­

setze wegen Anlegung und Herstellung der Wege, Drücken und Kanäle, durch welche gewisse Bürger gezwungen werden, ihr Etgenthum für eine gewisse Vergeltung aufzugeben; Arord, nungen für den Handel; eine jede Art von Prüfung, oder

•) 1. Buch. 1. .fop. 4. Abschnitt.

i. Kapitel.

3. Abschnitt.

371

Ausschließung vom Amt, wegen Meinungen, die für die allge­ meine Wohlfahrt gefährlich gehalten werden; die Einsammiung der Staatseinkünfte, die Uebertragunq des erforderlichen Ansehens und der Gewalt auf öffentliche Beamte; und im Allgemeinen alle Einrichtungen oder Anordnungen, die durch die Bedürfnisse des Staats erfordert werden. Da in diesen Fällen das Gewissen schwelgt, und die Mei­ nungen abweichend sind, so müssen Gesetze ergehen, die aus­ drücklich erklären, was für da- Wohl der Nation als noth­ wendig betrachtet wird; und überall, wo das Gesetz nicht offenbar seine Anwendung

findet, bleiben die natürlichen

Rechte der Bürger unbeschrankt.

6m

Gütz, das einem

Geschwornengertchl nicht verständlich wäre, könnte gerechrerweise nicht in Kraft treten. Da es unmöglich ist, die Regel anders, als durch die Gesetzesbestimmung zu vernehmen, so kann keine andere Verbindlichkeit da seyn, als die au- dieser entspringt; und wenn dieses Gesetz so zweideutig ausgedrückt ist, daß ein Mensch von schtichlem Verstaube sich in Ver­ legenheit befiiidet, dessen Bedeutung zu entdecken, so kann er schtckltcherweise nicht zu dessen Beobachtung verbunden seyn. Die Behauptung, daß eine P rion von gewöhnlicher Fähig­ keit des Verstandes und gewöhnlicher Bildung ihr Betragen nach dem anordnen soll, was bloß ein

Rechtsgelehrter ver­

stehen kann, ist vollkommen abgeschmackt.

Ader wenn das

Gesetz ausdrücklich und klar ist, so können die Bürger mit Recht zu dessen Beobachtung angehalten werden, und ein ge­ wöhnliches Geschwornengertchl muß sich vollkommen zu der Entscheidung eines jeden Rechtshandeis berufen fühlen, auf den die gesetzlichen Bestimmungen anwendbar sind.

L72

j.

2.

D u ch.

K a p i r e l.

Don der Verwaltung des peinlichen Gesetze«.

Erster Abschnitt. Do» dem Recht der Bestrafung. Die Häufigkeit der D.strafung ist einer drr auffallendsten Züge der gesitteten Ges-Lschaft. Zn einem jcbrn Distrikt werden imatbnitc Gebäude aufgeführt um die elenden Opfer der Gereedttakeit aufzunehmen, und kern Tag geht vorüber ohne ein Beispiel der geschlichen Verhängung von Ein'perrunq, Schimpf, Schmerz oder Tod zu liefern. Manche kom­ men in diesen Behältnissen des Elends, verlassen und verläuqnek von Ihren Aug» hörigen, um; wahrend Andere dein Publikum zur Schau gestellt werden, unter Leiden, weiche die Menschlichkeit betrüben. Nickis kann von größerem Interesse seh», als eine Unter« sucknilg »'lber de» Ursprung eines so oft von der Gesellschaft in Ausübung gebrachten Rechts; nichts von größerem Nutze», «iS in Gewißheit zu bringen, in welchem Grade dasselbe durch die Grmrdgesetze drr Gerechtigkeit aufrecht gehalten wird. DaS Reckt drr Strafe ist anaenscheuil'ch kein Zweig des der Selbstverkhridignnq. Ein Individuum und, in dessen Namen, der Staat kann wohl ein Recht hab»», die Begehrrnq von Verbreche» zu. verhüte», ohne darum das Recht zu haben, |w zu bestrafen, nachdem sie begangen worden find, und nun Nicht mehr zurückgerufen werden können. Wollte man sagen, daß dir von dem Verbrecher z» T'.ge aeiegten Neigungen ein« Wahrscheinlichkeit künftig r Uebette»i.iirg>-» erzeugen, und daß es day.r v,n.!.. j::: a;:g ff.t d.'c'.G.nun tinfiti fei, gegen

r. Kapitel,

i

Abschnitt.

diese Vorkehrung zu treffen, so würde das

a?3

die Bestrafuüz

schlechter Neigungen, aus waS für eine Weise sie auch entfol; tet worden seyn möchten, rechtfertigen; oder vielmehr eS würbe gänzlich verfehlen, die Bestrafung deS Vergangenen zu recht­ fertigen, obgleich eS die Begründung eines Anspruchs aus Sicherung in Rücksicht aufs Künftige abgeben möchte. *) Dieses Recht der Regierung ist, gleich allen andern, von einigen Schriftstellern aus einem angenommenen Vertrage ab­ geleitet worden.

Ein Mensch gehe, har man gesagt, dadurch,

daß er in der Gesellschaft lebe, und den Schutz argen die Ver­ brechen Anderer annehme, eine stillschweigende Verbindlichkeit ein, sich der Bestrafung zu unterwerfen, wenn er selbst ein Verbrechen begehen sollte. Die Regierung übt diesemnach bloß die Gewalt aus, weiche jeder Mensch von Natur über sich selbst befaß, und ihrem Wesen nach an Den Staat über­ antwortet hatte.**) Es würde eine hinreichende Diderleaung dieser Meinung feyli, auf die Einwürfe hinzuweisen, weiche wir bereirs gegen die angenommenen Verträge zwischen den Bürgern und dem Staate aufgestellt haben. Aber in diesem Fall giebt es noch besondere Einwürfe. Von dem größer» Theil derjenigen, dis sich wegen Verletzung des Etgenrdums Bestrafung zuziehen, läßt sich kaum sagen, daß sie die Vor theile des Schutzes er­ fahren haben, aus dem einfachen Grunde, weil sie niemals irgend ein Eigenthum zu beschützen hatten. Auf der andern Seite sind diejenigen, denen die Deschühung ihrer großen Vesihthümer zu Theil wird, in geringer Gefahr,

sich die­

jenige Rache zuzuziehen, die wider Räuberet und Diebstahl verkündigt wird.

Durch die Gesetze zu Gunsten des Eigen-

*) Der Friedensfchwur m England ist eine Weife, sich gegen befürchtete Gewaltthätigkeit zu sichern; aber so wenig in Diesem lau De als in irgend einem andern wird die schändlichste Bc Shell bestraft, so stark sie auch mag dargelegt worden seyir, wofern sie Nicht geradezu eine Rechtsverletzung herbeigeführt hat. **) Rousseuu Ju CüiiLiat »ecLtl. ]. iv\ ii Ch.iy. V. Sr

‘?r V:l

I

I*

274

L. Buch

thums werben die Reichen beschützt, anb bloß die Xntiett bestraft. DaS ist gewiß ein sonderbarer Vertrag, durch weit chen sich der eine zur Strafbarkeit verbindlich macht, während ein Anderer alle die Vortheile der Vereinbarung einärndtet Derselbe Schriftsteller, der das Strafrecht aus der Einwilligunq des Verbrechers herleitete, hat demselben noch einen andern Ursprung in betn Recht der Eroberung ange­ wiesen. *) Aber die Annahme, daß ein Verbrechen eine Kriegserklärung gegen die Gesammtheit eines Gemeinwesens fei, ist eine künstliche und grundlose Erdichtung. Der Dieb denkt an nichts mehr, als daran, sich einige, einem Fremden gehörende Bequemlichkeit zuzueignen, die ihn im Mülsig» gange erhalten, und ihm einen unmittelbaren Genuß ver­ schaffen kann. Die Vorstellung, daß er ein öffentlicher Feind sei, der durch Anzettelung eines Krieges gegen das Lund, sich einer solchen Behandlung ausseht, als der Besiegte von seinem Sieger erwarten kann, das kommt weder ihm, noch dem, den er beleidigt hat, in den Sinn. Uebeibirt rücken wir durch diese Erdichtung nicht um einen Schritt weiter in unsern Untersuchungen. Die Frage stößt wieder auf, nach welchem Grundsatz wir denn berechtigt sind, einem besiegten Feinde Strafe zuzufügen; und wollte man antworten, dies geschehe durch daS Gesetz der Eroberung, so hieße das, Ge­ walt für Gerechtigkeit unterschieben, und jeden sittlichen Un­ terschied zwischen Recht und Unrecht aufheben. So wollen wir denn diese muthmaßlichen Absichten des Verbrechers fahren lassen, und auf die wirklichen Endzwecke sehen, um welcher willen die Strafe zugefügt werden kann. In allen Fällen muß sie zur Absicht haben, einem dieser drei Zwecke zu dienen, entweder den Beleidiger zu bessern, oder dem Unwillen bet Menschheit Genüge zu leisten, oder das allgemeine Wahl zu befördern. Eine Untersuchung dieser verschiedenen Zwecke wird uns wahrscheinlich zu den Grund*)

Rousseau du Contrat social. Liv. II. Chap. V.

a. Kapitel,

i. Abschnitt»

»75

gesehen führen, nach «eichen die Straf» al« gerecht -v billigt wird. I. Don der Strafe »um Zweck der Besserung. Die Besserung de« Verbrecher« scheint nicht di« Ursprünge ilchr Begründung de« Strafrecht« zu seyn, oder in den Ab» sichten der frühzeitigen Gesetzgeber gelegen zu haben. Za Zeiten der Rohheit werden die Strafen sowohl erkannt al« auch zugefügt durch den beleidigten Theil. von. dem sich nicht annehmen läßt, daß er da« Wohl seine« Feinde« beabsichtige. Wilde sind hal-starrig und heftig; sie hassen ihren Widersacher ohne Maß, und suchen ihre Wuth auf die lrtchleste und wirk« fernste Weise zu sättigen, ohne irgend Rücksicht auf den end» lichtn Vortheil dessen zu nehmen, der sie beleidigt har. Za der That sollt« Nachdenken sie auf diese zufällige Wtrkung der Züchtigung bringen, so würd« ein« solche Vorstellung sie eher dahin führen, ihre Rach« al« unvollständig zu be» trachtm. E« ist nur erst in gesittetem Zeiten, daß Erbarmen den Durst nach Rach, mildert, und daß selbst bei Bestrafung der Schuld ein Wunsch, den Verbrecher zu bessern, empfunden «trd. E« läßt sich jedoch bezweifeln, ob dieser Wunsch an sich selbst die Zufügung der Straf« rechtfertigen kann. Elend ist ohne Zweifel der unzertrennliche Gefährte btt Schuld, und alle«, »fl« dahin strebt, lasterhafte Grundsätze au«zurot» ten, muß in demselben Verhältniß da« Elend de« Verbrecher« vermindern. Und e« kann nicht geläugnet werden, daß dt« Strafe diese Wirkung haben, und folglich da« beste Znterrsse de« Schuldigen bestrdern kann. E« scheint jedoch umnbzlich, irgend rin Recht au« dieser zufälligen Wirkung herzu­ leiten. Da eine« jeden Menschen Glückseligkeit feiner eignen Fürsorge anvertraut ist, so kann kein Anderer, bloß mit einet Ansicht zu seinem Vortheil, sein Betrag«, einem Zwange unterwerfen. Wenn wir unsern Nachbar jähling« in« Der» derben rennen sehen, so sinnen wir ihn vor seiner Gefahr »erntn, und ihm rathen, senirn lleb.iwlauf zu andern; aber

276

L. B u ch>

wir sönnen keinen Vorwand haben, ihn zu zwinaen, unsre Meinungen anzunehmen, und den Weg einzuschlagen, der nach unserer Lehre ihn zur ©tficffcUqfeit führt. Sollte eS tu die Augen fallend fetm, das; er darin begriffen ist, mit Schnelle sein Vermögen zu verschwenden, und feine Gesund­ heit zu Grunde zu richten, so haben ivtr um d ßwillen kein Recht, seinen Gütern Pfl.aer bestellen, und ihn ln ein Hospital zu sehen. Dies möd)te vtette'cht zu seinem endlichen Heil gereichen; aber so lange er seine Vernunft behält, muff eS ihm erlaubt seyn, für sich selbst zu band. ln, und feine Wohlfahrt auf jegliche Weise zu befördern, die er für tut hält. Zwang anwenden emzig und allem zu einem Zweck der Besserung, heißt für einen Andern entscheiden, wo Glückse­ ligkeit zu finden ist, heißt ihn zwingen, unsere Begriffe an­ zunehmen, und ihn nöthigen, unser Urtheil seinem eignen vorzuziehen. Es ist selbst mehr, als dies, denn unsere Un­ terweisung beginnt damit, daß wir seine Glückseligkeit ver­ mindern, ihn dem gegenwärtigen Schmerz unterwerfen, als einer Einleitung zu dem, was er kaum als zukünftiges Vergnügen betrachten wird. Woher kann ein Mensch, oder irgend eine Anzahl von Menschen das Recht ableiten, ein Mttqefchöpf zu zwingen, seine Grundsätze und seinen Charakter auf eine Weise zu verlassen, die, obgleich am Ende zu seinem Besten gereichend, über alle andere hinaus seiner Natur am meisten widerstrebt? Auch können wir nicht gewiß seyn, dass die Strafe die gewünschte Wirkung auf den Verbrecher hervorbringen «erde. Einige mag sie zum Nachdenken und zur Besserung führen, während sie andere nur in ihrer Schuld verhärten wird. Selbst bet Kindern, so biegsam gewöhnlich ihre Gemüther sind, finden wir die größeste Verschiedenheit der 9t; tgungen, denen wir sorgfältig unsere Erzichungöwetsen anpassen müs­ sen. Einige müssen mit Freundlichkeit behandelt, andere durch Strenge unterworfen; manche durch Neugierde angelockt und durch zur rechten Zeit angebrachtes Lob zur Ausdauer an­ gefeuert werden, während bei einigen wenigen ihre Trägheit

3. Kapitel,

i. Abschnitt.

377

durch Furcht besiegt. oder ihr Eigensinn durch Züchtigung zurechtgesetzt werden muß. Wenn die Gemüth-verfassung des Kinde- durch die Gewöhnungen

und die Rücksichten

de«

Manne» Befestigung, oftt zum Theil Gegenwirkung erfahren hat, wenn neue

N.igungen entsprungen sind, und tausend

zufällige Umstände tcese

nnd dauernde

Eindrücke

in der

Seele zurückgelassen haben, so wird diese Verschiedenheit de» Charakter» von der Art seyn, daß ohn» eine lange und vertraute

Bekanntschaft

mit dem Individuum, e» unmöglich

seyn muß, die Wirkung, die wahrscheinlich au- dem Zwang« sich ergeben muß, vorauszusehen.

Sollen Strafen Besserung

bewirken, so ist e< erforderlich, daß sie dem besondern Eharak» ter und den Neigungen «Int» jeden Verbrecher» angepaßt, und deßfall» nur durch seine vertrautesten Freund« zugefügt «erden.

Aber diejenigen, mit denen er so genau verbunden

ist, werden wahrscheinlich ähnlichen

Lastern

ergeben seyn,

oder durch ihre Gefühle davon abgehalten werden, mit hin» länglicher Entschlossenheit, «in so strenge» Hülfsmittel in An» Wendung zu bringen. Gesetze»

Werden die Strafverhängungen de»

der Wtllkühr von Fremden, di« an dem Schicksal

de» Verbrecher» wenig Theil nehmen, überlassen, so «erden sie dessen Gemüth eher reizen, al» ihn zur Dereuung seiner Fehler aufwecken.

Wenn «< aber der Strafe nicht gelingt,

Besserung hervorzubringen, so muß sie da» Elend d«»jentgen vermehren, dessen endlich» Glückseligkeit, dem lauten Bekennt» niß nach, ihr Endzweck war; denn zu den Quaalen eine» ver­ letzten Gewissen», von welchen jener nicht befreit wird, fügte sie irgend einen positiven Schmerz «der Schimpf hinzu; da« Gift schwärt noch immer in seinem Herzen, während da» Gegengift seine Euigeweide zernagt.

Oder sollte der Fall tim

treten, daß der Verbrecher stürbe, ehe seine Besserung vollen­ det wäre, so haben wir bloß einen Theil seiner Tag« verbit­ tert, ohne ihm di« Tröstungen der Unschuld und der Seelen­ ruhe zu Theil werden zu lassen. Die Dcstrafunq

der Kinder beruht zwar gänzlich auf

Ntftt Gcuudiag«; wollen wie gerecht seyn, so müssen wir ein»

2-78

3.

Puch.

t Junten, baß bU Absicht dabei fei, ihren bisen Neigungen entgegenzuarbeiten, und ihr künftiges Wohl zu befördern. Aber di« beiden Fälle sind einander nicht gleich. Die Erziehuug wird denjenigen anvertraut, die am besten geeignet find, Bestrafungen auf eine solche Weif« zu verhängen, daß dadurch ihre künftig« Wohlfahrt brfbrdrr» «erd«; denen, dir den kräftigsten Antheil an ihrer Glückseligkeit nehmen, die von ihrer Geburt au ihnen nah« gewesen sind, und die es in ihrer Macht hatten, eine jede kindische Leidenschaft bei ihrem Urfprunge zu bewachen. Diese Gewalt bleibt bloß so lang« gewährt, als die Vernunft des Kindes nicht hinlänglich reif für die Leitung feines Betragens ist, wenn noch die Laster in der menschlichen Brust sich am leichtesten ausrotten, und die Tugenden am leichtesten einpflanzen lassen; und wenn die« jenigen Verbindungen geschloffen werden, und diejenigen Ge» «ohiiheitrn ihren Anfang nehmen, die ihrer ganzen Gesin» nung und ihren Handlungen einen Anstrich geben können. Sobald als das Kind zur Vernunft gelangt, wird dir Gewalt des Vater« beschränkt. Er kann sich immer noch ins Mittel legen durch Rath, der durch feine Erfahrung empfohlen, und durch Gewöhnungen der Unterwürfigkeit gegen feinen Willen verstärk« wird; aber Zwang zu üben, oder Schmerz zuzu­ fügen, bloß um die Glückseligkeit feines Kindes zu beför» dern, ist dann nicht länger gerecht oder vernünftig. Der Zeitpunkt der Mannbarkeit ist daher in gesitteten Staaten der Endpunkt der väterlichen Gewalt; und ihre lebensläng­ liche Fortdauer in Rom laßt sich nur aus der Anhänglichkeit an alte Gebräuche erklären, die unter den Römern merkbar war, und die wahrscheinlich au« ihrer langsamen Fortschreilung in der Verfeinerung herrührte. *) Eine starke Einsicht in die Schwierigkeit, Besserung durch Straf« hervorzubringen, mit andern Einwürfen verbunden, *) korke von der bürgerlichen Regierung, s. Buch. 6. Kap. Millar'« Ursprung b« Unterschiedes der Stände, a. Kap. *• Abschnitt.

2. Kapitel.

bk

wir nachher betrachten

I. Abschnitt.

279

«erbe«, scheint einen neuern

Schriftsteller dahin geführt zu hoben, daß er jede Art des Zwanges mißbilliget, und an dessen Statt rin, kräftige Unter­ richtung empfiehlt.*)

Eine schwierigere Aufgabe ließe sich

vielleicht dem Menschen nicht aufgeben.

L« würd« die sel-

trnste Bereinigung von Klugheit. Lanqmuth, Einsicht.

Ver­

nunft und Deredsamkeit erfordern; und der. welcher so hohe Eigenschaften und Vollkommenheiten

besäße,

könnte gewiß

bess.r, als mit Dem Versuch beschäftigt werben, rin einzelnes Individuum vom Laster zurückzurufen. So scheint die Besserung des Verbrechers kein irgend ge­ rechter Grund Zwanges

der -Bestrafung zu seyn.

muß aus

andern Grundsätzen

Das

Recht des

abgeleitet werden;

aber wenn das Verbrechen begangen, und der gehörige Grad der Bestrafung auf andere Weise in Gewißheit gebracht wor­ den ist, so müßten Menschlichkeit und

gesunde Politik uns

eingeben, dieselbe auf «ine solche Weise zuzufügen, dir, indem sie den Verbrecher besserte, am Ausgange ihm den Schmerz nnd Schimpf aufwige, die durch seine Schuld über ihn ge­ bracht worden sind. U. Don der Strafe, um dem Unwillen der Mensch­ heit »u genügen. Durch die Begehung riner Rechtsverletzung wird unmit­ telbar in der Brust des Leidenden Rachgefühl erweckt. wird dadurch nicht allein irgend

eines

Er

Guts, das er besaß,

beraubt, oder mit irgend einem unverdienten Uebel beladen; sondern die Würde

seine« Charakters wird erniedrigt, und

das Gefühl der Sicherheit, das zu seinem Wohlseyn wesent­ lich ist, wird geschwächt oder zerstört. Sein Gegner hat be­ wiesen, daß er ihn zu sehr verachtet, um gegen ihn die ge­ wöhnlichen Regeln der Gerechtigkeit zu beobachten;

•)

Godwin's

7. Buch.

Untersuchung

über

politische

er hat

Gerechtigkeit.

2

289

Buch.

sine 9t;rlaffen bleiben. Man könnte daher irgend ein unbedeutende« Mißverhalten benutzen, »»> durch die Bestechung der Richter jede Person, die der Verwaltung mißfällig war,, z» Grunde zu richten. Auf der andern Seite könnten vielleicht die­ jenigen, di« in Gunst standen, oder die durch Reichthum oder Verbindungen auf die Richter wirken könnten, vermittelst einer unredlichen Auslegung der Gesetze, den gebührenden Strafen ihrer Verbrechen entgehen, und so möchten die *) Blacksioi'e'r .'leimn. 4. Buch. 27. Jtup.

2. Kapitel,

r. Abschnitt.

So-

Armen der Autübung na* unbescküht gegen die Deletdigun» gen imb Bedrückungen der Reichen verbleiben.

Wenn dem­

nach die Einrichtung von Geschwornen für die Dertheidtgung der bürgerlichen Freiheit erforderlich ist, so scheint e« wesent­ lich, daß nicht die Thatsache allein, sondern auch 61t Anwen­ dung de« G.sehe« auf dir Thatsache ihrer Entscheidung über­ lasse» bleiben sollte. Nachdem da« Verbrechen

durch den Ausspruch der Ge­

schwornen in Gewißheit gebracht

worden ist.

bleibt übrig,

dt« Gattung und da« Maß der Strafe zu bestimmen. Die« kan» entweder dadurch geschehen, dqß man die verschiedenen Grade de«

Verbrechen« beschreibt, und an >rben eine eigen­

thümliche

Strafe knüpft;

oder

daß

man

den

gehörigen

Grad der Züchtigung der

Entscheidung derer

mit allen

individuellen Falle« bekannt sind.

Uinstjnden de«

überläßt, die

Sollen dl« Richter die Strafe bestimmen, so wird e« erfor­ derlich seyn, ihre Willkühr so viel «16 möglich durch positiv« Grsrhekverfügung zu lest,ln,

indem

gegen Individuen ein geringere«

einige Ungerechtigkeit

Uebel ist,

Ungewißheit oder «illkührliche Gewalt;*)

ol« allgemeine aber wenn t«

den Geschwornen erlaubt wäre,

nicht allein die Schuld in

Gewißheit

auch

zu

bringen, sondern

die Ausdehnung

der

Straf, zu bestimmen, sie ist e< wahrscheinlich, daß au« dieser Verweisung

de« ganzen Falle«

Unzuirägltchkeit, sondern

an

ihren

Ausspruch keine

im Gegentheil

manche Vortheile

Gefühle der

Rechtlichkeit eine»

entspringen würden. Wenn die natürlichen jeden

Menschen

eigenen

in den

bürgerlichen

Stand

Rechte,

sehen,

sowohl über sein«

alt auch über die Ansprüche

*) Da« englische Gesetz, in gänzlicher Achtlosigkeit diese» Grundsätze«, verkündigt schwere Strafen, selbst den Tod, für sehr »indedculknde Ucbertreiungen, indem e» dem Richter die Ermä­ ßigung der (Binse übenäßr; b- h. die Ausdehnung der Straf«, welche tPitflid) zugefügt werken soll, durchaus auf feine Willkühr verweiset.

2. Buch.

3io

Anderer gegen ihn zu urtheilen, so wird fein Gewissen ihn noch weit mehr betehren, wenn er im Begriff ist, ein wirt­ liches Verbrechen zu begehen.

Ueber diesen Gegenstand hat

Niemand jemals die geringste Bedenklichkeit

gehabt

oder

haben können, wofern nicht durch den Einfluß positive^ Ein­ richtungen, und durch die Gewohnheit, die Gesetzlichkeit an die Stelle der Gerechtigkeit zu sehen, seine sittlichen Gefühle verschlechtert

worden

sind.

Em Zeder muß wissen, daß er

durch die absichtliche Kränkung ctnctf Andern an seinem Ei­ genthum, seinem Charakter oder seiner Person sich zum Gegen­ stand einer gerechten und gebilligten Rache und Wtedervergeltung macht.

Ec

muß

e6 fühlen, daß

Menschheit ihn verfolgt,

der Unwille der

daß er in seinen eigenen Augen

verabfcheuungSwürdtg geworden ist,

und daß sein Gewissen

niemals aufhört, ihn an die ewige Regel der Bestrafung zu erinnern,

welche in sein Herz geprägt tst.

zur Entschuldigung

oder Verkleinerung

Unwissenheit für sich anführen, war,

eine

welche niemals vorhanden

noch Vorhäuten seyn kaun.

Veranlassung da,

Niemand kann

seiner Schuld

Es ist demnach keine

ihn durch Strafgesetze über ferne Pflicht

zu belehren, ihn durch Verkündigung der Absicht, die Ver­ brechen zu bestrafen, vor ihrer Begehung zu warnen.

Da

Jedermann durch den Eiiunerer in seiner eigenen Brust hin­ reichend gewarnt wird, so ist, so oft ein Verbrechen began­ gen worden ist, das Recht cs zu bestrafen, vollständig. Eine Angst vor dem, was man Gesetze ex po»t facto nennt,

kann nur dann vernünftig seyn, wenn an sich selbst

unschuldige Handlungen Strafen,

größer

in

Verbrechen

verwandelt,

chenen, den Verbrechern zugefügt werden sollen. die

Strafe

mit den

übercinsttmmt, welches

selbst fället, seyn.

wenn

sie nicht

härter tst, als das Urtheil,

seinem eigenen Herzen über sich

so scheint keine Veranlassung zu derselben

Verlaumdung,

Aber wenn

allgemeinen Gefühlen der Menschheit

der Verbrecher in

Ankündigungen

oder

als die durch die Gerechtigkett ausgespro­

durch bas

vorgäirglqen

Gesetz vorhanden

Raub, Uebcrsall,

zu

Mord, sind einem

2. Kapitel.

2

Jeden Alt Verbrechen bekannt,

Abschnitt.

3Ii

die Strafe verdienen;

und

keine Form der Gesetzgebung kann diese Offenkundigkeit ver­ stärken. Sie werden durch ein allgemeine«, unwandelbare«, ewige« Gesetz verkündigt; und da« Maß ihrer anklebenden Schuld kann durch die Einrichtungen de« Menicheu weder vermehrt, noch vermindert werden

Wir haben bereit« gese­

hen, daß alle Versuche, die durch den Unwille» der Mensch­ heit ausgesprochenen Strafen durch da« positive Gesetz strenger zu machen, in der Absicht, die Verbrechen zu un­ terdrücken, eben so ungerecht, al« unwirksam sind.

D«e Ge­

schichte liefert weniger Beispiele einer ungebührlichen Gelin­ digkeit; aber wenn sie vorkommen, so sind sie nicht weniger ungerecht. Wo der Mürber vor der seinem Verbrechen ge­ bührenden Strafe durch «ine Freistätte, durch den geistlichen Charakter, durch die Nachsicht de« Gesetze«, oder durch die Unwirksamkeit der Polizei gerettet wird, da dürften die An­ verwandten de« Verstorbenen, wenn sie nicht durch Detrach» tnngen der öffentliche» Zuträglichkeit oder der persönlichen Gefahr abgehalten würben, mit vollem Recht ihr ursprüng­ liche« Recht der Bestrafung wieder aufnehmen. *)

Auch

könnte ein positive« Gesetz, da« eine zu geringe Strafe an ein Verbrechen knüpfte, da« Gemeinwesen nicht gegen den Verbrecher verbindlich mache». Er kann von der Schuld seiner Handlungen durch keine Erklärung, kein Gesetz oder Vertrag entbunden werden, sondern bleibt immer noch der durch bi« gerechten Gefühle der Menschheit auSgesprochenrn Bestrafung unterworfen.

Gleich in dem ersten Fall, der

einträfe, dürfte da« Gemeinwesen sich nicht an ihr« eigene Anordnung binden, ohne sich selbst der Ungerechtigkeit schul­ dig zu machen. Allerdings könnten sie bewogen werden, diese Ungerechtigkeit zu begehen, au« einem Gefühl dessen,

*) r Buch, i. Kap. 5. Abschnitt. Diese» R>cht in Betreff de« Morde« wird noch immerfort durch d>e Klage der Felonie nach englischen Gesetzen anerkannt. M f. Blac's Komm. 4. Buch, 2z. Kap.

2.

312

D u ch.

«a< sich für blc Gleichmäßigkeit ihre« eigenen Betragens gebühl re. oder aus ber Besorgniß, burch einen Anschein bei Leichtsinn« uub ter Laune bie wohlthätigen Wirkungen an­ derer und weiserer Gesetze zu zerstören;

sollten sie aber,

biese Betrachtungen an« de» Augen setzend, den Entschluß fassen, tiadi de» ewigen Regeln der ausgleichenden Gerech­ tigkeit zu verfahren, so könnte der Schuldige keine Ursache zur Klage haben.

Er würde keiner größer» Strafbarkeit

unterworfen seyn, alr sein Verbrechen verdiente, und seine Erwartungen der Straslostgkeit könnten gewiß nicht als eine Erleichterung seiner Schuld betrachtet werden. Wenn demnach teilte positive Einnchtung ba< richtige, von der Natur zwischen Verbrechen und Strafe festgesetzte Verhältniß abandern kann, so kann keine Erlassung von Ge­ sehen erforderlich seyn, um da« Verhältniß, worin eine zum andern stehen sollte, in Gewißheit zu setzen.

Die großen

Gesetze der Gerechtigkeit sind mit größerer Gewißheit bekannt, und ans eine dauerhaftere Weise festgestellt, ai« wenn sie durch Gesetzgeber verkündigt, etngrgraben wären.

und in diamantene Tafeln

Nach diesen unwandelbaren Gesehen

uns zu richte», ist unsere Pflicht, und wir haben bloß zu nntersuchen, ob der beste Inbegriff diese« allgemeinen Gesetzbuche« hervorgehen wird au« allgemeinen aus eine Mannichfaltigkeit von Fällen anwendbare» Regeln, oder wenn wir alle die Umstände einer >eden besondern Uebertretung der um partheiischen Beurtheilung eines GeschwornengerichtS unter­ werfen. Peinliche Gesetze müssen nothwendig, so wie die bürger­ lichen, Inden, sie bloß auf die hervorragenden Züge der Handlungen sehen, die genaueren Schaitirungen der Unterschei­ dung auS den Augen

verlieren.

3» der That sind die

Schwierigkeiten, Regeln zu bilden, die mit erträglicher Ge­ nauigkeit auf peinliche Fälle ihre Anwendung finden können, weit größer, als die, welche mit bürgerlichen Anordnungen verknüpft sind.

So viel ist abhängig von der Manntchfal-

tigkeit zusammenwirkender Umstände, von der Stärke der

s. Kapitel. Versuchung,

betn

Ausdehnung

s »derlei SiSotie

313

dem Grade de« Vorbedacht-, der Rechtsverletzung,

Beschwerungen beschreiben

Regeln,

Abschnitt.

vorgängigen Betragen beider Theile, der

Absiebt de- Handelnden, UMttlidxn

2.

und

können,

Erleichterungen,

daß

die

der

und den tau» di«

Bildung

keine

allgemeiner

die nicht in manchen Fällen handgreiflich ungerecht

wären, bet weitem den Scharssinn de- Menschen übersteigen würde.

Nach

Erschöpfung der ganzen Genauigkeit,

die Sprache fähig ist, lassen bleiben, l.gkcit

da-

deren

muß viele- den Geschwornen über­

oder es muß unter dem Namen der Gerech»

offenkundigste

Unrecht

läumdung

erstreckt sich

von

der

Erzählung

eine- Schwäher- bi-

begangen werden. albernen

Der»

unbedachtsamen

zu einem besonnenen und

tief gelegten Plan, einem Manne seinen

guten Namen zu

entwenden, ihn seiner Freunde zu berauben, ihn zur Schande seiner Verwandten zu machen, alle seine Freuden zu vrrgtf» ren, und auf allen Fall seinen Glück-stand zu kränken, oder zu Grund« zu richten.

Eben so mit dem persönlichen An­

griff, der, mit einem halb im Scherz, halb im Zorn -ege» Venen

Schlag

Anschlag,

Wegelagerung begehen,

beginnend,

sich bi- zu einem wohlbedachte»

Jemand zum Krüppel zu wachen, und einem Anfall,

erstreckt.

Welche Sprache kann alle die Schatti»

rangen dieser Recht-kränkungen unterscheidrn? i» dem Gesetzbuch sene Strafe. Abstufungen

Da-

Gesetz

England-

hat sieben

zwischen rechtmäßigem Tvdschlag beschrreben. *)

obgleich die besten, nicht

die

Und doch ist

der Gerechtigkeit für jede eine angemes­

schwertcstcn Mord

leicht

oder zu einer

in der Absicht Mord zu

und

oder acht dem be»

Seine Unterscheidungen,

die die Erfahrung antliescrk, sind viel­

genauesten,

die ersönne» werde» könnten;

aber jene unzähligen Mannichfalrigkeite», die in diesem Ver­ brechen der Wirklichkeit nach vorkommen, könnte dre frucht­ barste Einbildungskraft nicht nicht beschreiben,

da-

fass»,

die genaueste Sprache

umfassendste Gedächtniß nicht brhal-

') Blacksione'r Komm. 4. Buch, 14. Kap.

3U

2.

Buch.

tcn. Auf der ganzen ©mfrnfolqe der Strafe, von dem gelindesten Verweise btö zum schmachvollsten Tode, ist wihr. schetnlich keine Stufe, der nicht irgend ein besonderer Fall genau entspricht. D»e gest glichen Verfügungen in Betreff der Tödtung, müssen, wenn ste gerecht seyn sollen. Bände anfüllen, und, sie völlig zu retstehen, muß die Arbeit von Zähren seyn. Wie sollen wir denn verfahren? Sollen wir Gesetze erlassen, welche, obgleich im Allgemeinen weise, unter Unständen die Quelle größerer Kränkungen seyn können, als die, auf deren Unterdrückung ste ausgehen? Sollten wir nicht vielmehr den ganzen AuSganq den Geschwornen überlassen, die, alle die besondern Umstände eines jeden Fal­ les erwägend, einen gerechten Auespruch thun werden? ES ist wenigstens eben so schwer, das Mast der Strafe, das unter den mancherlei llmständen der Verbrecher das angemessene ist, zu begränzen, a!S die Abstufungen ihrer Verbrechen zu beschreiben. Bei einer flüchtigen Ansicht scheint nichts gerechter, als dast das Gesetz für Alle gleich seyn sollte, und daß folglich, ohne Rücksicht auf die Umstände oder die Lage der P.rson, durch die eine Rechtsverletzung vorgenommen worden ist, die Strafe durch die Natur des Verbrechens bestimmt werden müstte. Durch Befolgung dieser Regel würden wir jedoch nicht eine wirkliche, son­ dern eine trügerische Gleichheit aufstellen. Die Strafe be­ steht in dem wirklichen Leiten, es fei dieses körperlich oder geistig, welches zur Folge der Decehunq eines Verbrechens gemacht wird, nicht in der bloßen äußeren Handlung, durch weiche dicst-ü Leiden zugefügt wird. Nicht die Emspcrrung, das Auspeitschen, das Aiikst.llen an dem Schandpfabl, son­ dern die Unbequemlichkeit und daS Gefühl deS Zwanges, der Schmerz oder die Schmach, welche über den Verbrecher gebracht werden, find die gebührende Wiedervergcltung für feine Schuld. Dieselbe Äußere Behandlung kann vermöge einer Verschiedenheit der Umstände sehr verschiedene Grade der Pein für verschiedene Individuen verursachen, und kann daher als sehr verschiedene Grade der Strafe ausmachend

2. Kapitel. betrachtet werden. gen würde,

2. Abschnitt.

315

Was den Linen zur Verzweiflung brin­

wird vielleicht von einem Andern als eine un­

bedeutende Ungemächlichkett

behandelt.

Solche Verschieden­

können entitviur von Eigenthümlichkeit in der Orga­

heiten

nisation, den Anlagen

und Gewöhnungen der Individuen

entspltngen, ober sie können von Umständen abhängig seyn, die ganze Klaffen duelle so

von Einwohnern berühren.

Eigenthümlichkeiten

würden

Versuche,

kaum

sie zu

Da indivi­

des Beweises fähig

würdigen,

einer höchst verwickelten Untersuchung,

sind,

unvermeidlich zu

zu

mancherlei Be­

trug, und zu häufiger und gefährlicher Straflosigkeit führen. Aber in so fern, als die Verschiedenheiten von äußeren Um­ ständen herrühren, und

dieselben ganzen Klaffen und Gat­

tungen von Bürgern gemein Beweises fchtg, werden.

So

und dürfen

sind, mit

sind sie geradezu Recht

nicht

des

übersehen

dürste nicht dasselbe Maß deö körperlichen

Schmerzes einem Weibe oder einem Kinde, wie einem star­ ken Manne zugefügt werden,

ohne deren Gesundheit

zu

Grunde zu richten, oder vielleicht ihren unmittelbaren Tod in verursachen.

Unterschiede des Geschlechts und des Alter-

können freilich in peinlichen Gesehen leicht beachtet werden, aber eS giebt andere eben so wichtige, obgleich der Beschrei­ bung weniger fähige llmstände, welche, wofern nicht die Gewalt, die Strafe nach denselben zu bestimmen, der Willkühr, fei es nun des Richters oder der Geschwornen, über­ lassen wird, ganz und gar übersehen werden müßten. Von Leben

diesen ist

de- Verbrechers Rang

der wichtigste.

und

Lage

im

Daß dieser beständig beachtet werden

mußte, nicht zum Zweck der Einführung ungerechter Privi­ legien, sondern um eine richtige Gleichheit im peinlichen Ge­ setze zu

erreichen,

kann kaum

Zweifel zulassen.

Dieselbe

Geldstrafe, welche den Armen zu Grunde richten, und den Mann von mäßigen Glücksumständen in Verlegenheit sehen würde, könnte dem Reichen keine merkliche Entbehrung ver­ ursachen: werden,

der Schandpfahi könnte von demjenigen verachtet der seinen Charakter bereits eingebüßt hätte, währ

316

2.

B u ch.

mb «r ben Mann, btt fräherhin einen achtbaren Rang in bet Gesellschaft eingenommen Mtte, mit Beschämung über« wältigen, unv vielleicht der Mittel des Unterhalts berauben würde: der Staubbesen wird für den Einen bloß eine kür« perliche Züchtigung» für «inen Andern die größte Erinedri» gung seyn, welche der menschliche Schärfst»» erfinden könnt«: ein Zuchthaus möchte dem Einen bessere Nabrung und Wohnung gewähren, mit einer Arbeit, die kaum härter wäre, als an dir er täglich gewöhnt ist, während einem Andern die Lebensweise die elendeste, und die Arbeit, an welche er nicht gewöhnt ist, die bedrückendste erscheinen wird. Zn alten diesen Fällen würde die Zufügung dersel­ ben namhaften Strafe für Menschen, deren Umstände und Lagen so sehr verschieden sind, außerordentlich ungerecht fey». Das Gesetz muß, wenn es auch in Worten für All« dasselbe ist, in der 9Biifltdtfeit den Emen höchst strenge stra­ fen, «ährend es thun Ander» beinahe ganz entschlüpfen läßt. *) *) »Lee niemes Peines, dit-on, ponr les memet JDclits. Cct acl«ge a une apparcncc che Ünterda'kU' g «littet brtdx» und verhindern föiu'UM. Der Ckntr>llihurin des Panvpncon würde anßerordriillid» img'id» n‘ir D:e Ob.raufsickt Dieser Aiisseber sitmt. Dies waren Me K-undsäye, >.ack welche» brr verstorbene Stark zu Edinbnrr de» diir, eints Auch:ha»s>s für die Graischaik iStiilmu zu zeichnen be.gr.sse« war, als der Tod ihn ablief.

2. Kapitel. Zn den durch

meisten

3. Abschnitt.

329

Ländern sind die gesetzlichen Strafen

herkömmliches 9vd)t bestimmt

worden.

Diejenigen

Arren der Züchtigung, welche in entfernten und vergleichung-mviff rohen

und unwissenden P noden der ©ffvllfd afc an­

gewandt wurden, werden fortwährend beibehalten, ohne alle Forschung

über

ihren Werth

und ohne Abänderung, selbst

nachdem ihre Mängel sehr allqemeln anerkannt worden sind. Weit unsere Vorfahren Missethäter einkerkerten, wo sie dem Müssiggang waren;

und

der

Ansteckung

böser Gesellen

ausgesetzt

weil sie Martern zur Schau stellten, empörend für

die Menschlichkeit;

weil sie

schmachvolle

Strafen zufügten,

welche alle Rückkehr zur Tugend abschnitten; und ihre Verbrecher von einer Stadt oder Landschaft zur andern sandten, als ob sie durch den Wechsel des Ortet gebessert werden sollten; so fahren wir fort, demselben Schlendrian nachzugehen, und beharren, der Vernunft und Erfahrung zpm Trotz, bet eben so grausamen als unwirksamen Arten der Züchtigung.

Selbst wenn es sich

zugeben ließe, daß ketn Fortschritt im sittlichen und politischen Wissen gemacht worden

sei, so kann eS

kaum geläugnet

werden, daß nach den Wechseln in Sitten und Meinungen auch die Art der Bestrafung gewechselt werden müßte; noch kann eS vernünftigerweise behauptet werden, daß unsere Vor­ fahren, mit waS für einer Ehrfurcht auch immer wir sie be­ trachten mögen, bessere Richter dessen, waS

unter unvorher­

gesehenen'Umständen ersprießlich seyn würde, waren, als mir, die in

der Lage besindlich,

um alle Motive unserer Zeit­

genossen zu unterscheiden, deren Einfluß in Beziehung auf den Willen richtig beurtheilen können. Wenn demnach die Art der Züchtigung weder durch bloßeHerkommcn bestimmt werden darf, noch durch Geschworne, denen es häufig an btr vorgängigen Kenntniß und an den gehörigen laLiiten fehlen muß, noch durch Richter, die über diesen Gegenstand vielleicht eben so unwissend als Geschworne sind; so kann sie bloß durch die Gesehacbung bestimmt wer­ den, welche den vereinten Willen und die vereinte Weisheit >:r

darstellt.

Auncr Verbindung mit den narür-

lichen Gefühlen der Gerechtigkeit, aber abhängig von Absich, ren des

Slufcritt,

an welchem alle Glieder der Gesellschaft

nahen Antheil nehmen, ist die vorzugsweise Anordnung

bv

sonderet Arten der Strafe der eigenthümliche Gegenstand des LandeSgesehev, obgleich die Anwendung des Grades derselben auf eine jede Uebertretung,

und selbst die Wahl zwischen

denjenigen Gattungen der Züchtigung, welche gesetzlich geworden sind, uneingeschränkt der Willkühr der Geschwornen überlassen bleiben müßte.

Diese Klasse der Gesetze könnte weder weit»

schwetfig noch verwickelt seyn. Was auch immer für Vorberettum gen erforderlich seyn möchten, um die Gesetzgebung zu ihrer Abfassung in den Stand zu sehen, so müssen sie selbst doch auS sehr wenigen, kaum der Mißdeutung bestehen.

fähigen Verfügungen

Aber obgleich solche Gesetze einfach seyn würden,

so müßten sie doch häufige Durchsicht erfordern. Die Sitten und Meinungen der Menschheit sind in einem fortwährenden Zustande de- Wechsels,

und wofern

nicht die gesetzlichen

Strafen entsprechenden Aenderungen untergehen, werden sie bald aufhören, in dem dermaligen Zustande

der Gesellschaft

dem Zweck der Besserung des Verbrechers, oder der Unter­ drückung der Verbrechen angemessen zu seyn. ES

ist

Anordnungen

II.

in

sich

nicht

auf

bereits der die

Durch den bloßen

bemerkt Gesellschaft

Ansichten

worden,

daß

erforderlich

manche

sind,

der Gerechtigkeit

die

gründen.

Willen der Gesetzgebung werden manche

Regeln niedergelegt, manche Rechte eingeschränkt, manche Pflichten

erschaffen.

Da solche

Anordnungen

sich nicht

auf die natürliche Gerechtigkeit, sondern auf den

Nutzen

gründen, in Hinsicht dessen immer Verschiedenheit der Mei­ nung Raum finden muß, so leiten sie ihre Gültigkeit haupt­ sächlich, wo nicht gänzlich, von ihrer gesetzlichen Erlassung ab, »nb finden an den natürlichen Gefühlen der Menschheit nur eine sehr unvollkommene Unterstützung. ES ist ohne Zweifel wahr, daß es die Pflicht eines jeden Bürgers ist, den Gesetzen seines Landes einen bereitwilligen Gehorsam

zu leisten,

und daß eine jede Verlesung

dieser

r. Kapitel.

3. Abschnitt.

331

Pflicht eine Vergehung «tder die Sittlichkeit ist.

Der, wel­

cher vorsätzlich sich weigert, sich dteiemgen Maßregeln zur Richtschnur zu nehmen, welche eine Mehrheit seiner Lands­ leute,

oder die Gesetzgebung,

welche

den

darstellt, angenommen har, während doch

Nationalwtllen

solche Maßregeln

mit den obersten Vorschriften der Gerechtigkeit nicht unver­ träglich sind, der hat die nothwendigen Bande der Gesellschaft gebrochen,

und dürste

mit Recht von den Vortheilen der

gesellschaftlichen Verbindung, für welche er die Vergeltung zu entrichten, sich geweigert hat, ausgeschlossen werben.

Al­

lein nach dieser Ansicht sind alle Ueberiretungen des positiven Besetze- gleich

strafwürdig;

ordnungen müßten dann, da

die geringfügigsten Polizetansie gleichfalls eine

Erklärung

des allgemeinen Willens sind, durch dieselben Strafen, wie die wichtigsten Pflichten gegen den Staat geschützt «erben; und so würden entweder jene bet Strafen geboten werden gegen welche sich die allgemeinen Gefühle der Menschheit empör­ ten, oder diese würden ohne irgend eine wirksame Sanktion bleiben.

Zn gewöhnlichen Fällen

würden die

Geschwornen

bet Ueberrrerungen, deren üble Folgen sie nicht im ganzen Um­ fange verständen, gelinde seyn, und gelegentlich wieder könn­ ten sie harte Srrafm auf Handlungen von sehr geringfügiger Wichtigkeit setzen. Wenn man den Grad der Strafe bestimmen will, der dle Verletzung einer künstlichen Anordnung der Gesellschaft treffen müßte, so ist eS der Suche angemessen, daß man eines Theils die Wichtigkeit der

erschaffenen Pflicht, und andern Theils

die Versuchung, sie aus den Augen zu setzen, in Erwägung ziehe.

Wenn die Anordnung nur in einem geringen Grade

auf die allgemeine Wohlfahrt gerichtet ist, so muß sie nicht zur großen und offenbaren Unbequemlichkeit der Individuen erzwungen werben; und daher muß die Strafe von der Art seyn, daß sie den Bürgern, so zu sagen, einen Grad der Wahl übrig läßt.

Wenn sie aber sehr wesentlich sür die allgemeine

Woblfadrt ist. so kann keine solche Dahl gestattet werden, and

2.

332

B ii ch.

daher muß alsdann die Strafe von einer Beschaffenheit seyn, die ihre regelmäßige Beobachtung verbürgt.

Eben so wird,

wenn sie eine Pflicht erschafft, die dem Individuum weder unangenehm noch unvvrthellhaft ist, eine geringe Strafver­ hängung hinreichend seyn; wenn sie aber beträchtliche Unruhe, Anstrengung, oder An-gaben verursacht, so muß ihre Ver­ letzung durch höhere Strafen unaemächltcher oder kostbarer, als ihre Beobachtung gemacht werden. Uebcr diese Umstände

ist die Gesetzgebung

die ange­

messene Richterin. Diejenigen, durch die das Gesetz verfügt worden

ist, sind am besten

im Stande zu bestimmen, in

wie fern es für die allgemeine Wohlfahrt wichtig fei,

und

ihre vorrangigen Forschungen über den Gegenstand werden sie in den Stand sehen, die oud Trägheit oder Habsucht herrührenden Versuchungen zur Hintansetzung deS Gesetzerichtig in Anschlag zu bringen. Wäre da- Straserkenntniß von Geschwornen abzugeben, so würde c- nothwendig fcim, ihnen die wohlthätigen Folgen de- Gesetze- darzuthun, auwelchen da-

Paffende seine-

Gebots verrührt.

Da

die-

augenscheinlich ein Gegenstand der Spekulation ist, der nicht von natürlichen sittlichen Gefühlen, sondern von Belehrung und Nachdenken abhängt, so könnten verschiedene Eeschwornengertchte leicht sehr widerstreitende Ansichten darüber hegen, und zum gänzlichen llmsiurz eine- jeden Anschein- der Ge­ rechtigkeit könnte gar leicht die Strafe für den Ungehorsam gegen da- Gesetz, in ganz ähnlichen Fällen, bi-weilen bloß dem Namen nach bestehen, zu andern Zeiten außerordent­ lich hart seyn. Nicht- in der That könnte mehr mit allen Grundsätzen der Regierung widerstreiten, al- die lieben tragung einer solchen Gewalt auf die Geschwornen.

Da-

hieße die Zweckmäßigkeit einer gesetzlichen Maßregel,

nach­

dem

sie von der höchsten Machthabung im Staate geheiligt

worden wäre,

dem

Urtheil

gewöhnlicher

Belehrung

unterwerfen,

und so

von

und

einer

zwölf Männern

gewöhnlichen

sehr

von

Fähigkeiten

unbedeutenden

Partbei

2 SUpittl.

A. Abschnitt.

333

beS Volks, der That nach, eine Aufsicht über die Be­ schlüsse der Versammlung übertragen, welche die ver­ einte Weisheit und Erfahrung der Nation darstellt. Gesetze demnach, welche sich bloß auf den Nutzen gründen, welche verbieten, was an sich selbst unschuldig ist, oder vorschrei­ ben, waö von Natur keine Pflicht ist, müßten billig, während sie die Anordnung auseinandersetzen, welche zum allgemeinen Besten geboten werden soll, zu gleicher Z.'it die an ihre Nichlbeobachtung geknüpfte Strafe namhaft machen; und der Beruf der Geschwornen ist hier bloß, zu untersuchen, ob das Gesetz übertreten worden ist, und die Zufügung der Strafe anzuordnen- welche durch die Gesetzgebung angekün­ digt worden ist. So auffallend in der That ist die Nothwendigkeit einer Strafbestimmung ln allen solchen Gesehen, daß vielleicht kein Beispiel ihrer Uebcrgehung jemals vorgekommen ist. Ehe das Gesetz öffentlich bekannt, und die Strafe namhaft gemacht ist, kann keiner der Bürger weder von dem Dascnn der Ver­ bindlichkeit, noch von den Folgen, welche ihre Hmtansehung treffen werden, unterrichtet seyn. Demnach ist es bloß in dieser Klaffe von Uebertretungen der Fall, wie berettS bemerkt worden ist,- daß sogenannte Gesetze ex post facto ungerecht sind. Wenn Strafgesetze bekannt gemacht worden sind, so folgt die Verbindlichkeit, sich nach ihnen zu richten, oder sich der Strafe zu unterwerfen, aus den ersten Grundgesetzen der Regierung. Diejenigen, welche so viele Wohlthaten aus der gesellschaftlichen Verbindung herleiten, müssen den Anordnungen einer Mehrheit der Nation, oder der Gesetz­ gebung, der die Gewalt der Mehrheit anvertraut ist, gehor­ chen, well auf andere Weise keine gesellschaftliche Verbindung bestehen könnte.*) Aber alles, was obliegt, ist, entweder die Anordnung zu beobachten, oder sich der Strafe zu unter­ werfen: das Gesetz läßt eine Wahl übrig, und bloß, wer den E'skes Buch. i. Kap.

4.

Abschnitt,

334

. Buch.

9

Versuch macht, beiden Alternativen zu entgehen, macht sich eines Verbrechens schuldig. ,.WaS diejenigen Gesetze betrifft," sagt William Black st one, „welche bloß positive Pflichten gebieten, und bloß solche Dinge verbieten, welche nicht mala in se, sondern bloß mala prohibita sind, ohne die geringste Beimischung von sittlicher Schuld; was, sage ich, Gesetze betrifft, die unter solchen Umständen eine Strafe an die Nichtbeobachtung knüpfen, so fürchte tch, baß dabet das Gewissen sich nicht weiter rührt, als aß eS, auf den Fall, daß wir sie verletzen, eine Unterwerfung unter die verhängte Strafe gebietet. In diesen Fällen wird zedermann die Alternative angeboren, entweder sich einer gewissen Sache zu enthalten, oder sich der bestimmten Strafe zu unterwerfen; und sein Gewissen wird tret seyn, was für eine der beiden Alternativen er auch zu ergreifen für gut finden mag. “ *) III. Berbrechen gegen die Regierung werden von beson­ dern Umständen begleitet, welche die willküdrliche Gewalt, die in Rücksicht auf andere Verbrechen den Geschwornen mit Sicherheit anvertraut werden sann, wenn sie auch auf diese ausgedehnt würde, sehr gefährlich machen könnten. Diele der niedern Staatsverbrechen, wie z. D. unvorsähltcher Aufruhr, Verachtung der gesetzlichen Machthabunq, oder auffallende Unehrerbtetigkelt gegen öffentliche Beamte, verursachen wenig Unwillen, müssen aber geahndet werden, weit sie den öffent­ lichen Dienst verhindern, die Ruhe der Gesellschaft stören, und, wenn man ihren Fortgang gestattet, wahrscheinlich zu größeren Ausschweifungen führen werben. Solche Verbrechen gehören eigentlich zur vorigen Klaffe, well sie hauptsächlich auS den Ansichten des Nutzens gestraft werden. Es muß mit denselben eine Strafbarkeit verknüpft werden, bte hinrei­ chend ist, um öffentliche Unordnung zu verhindern, und der gehörige Grad der Strafe, der durch sittliches Gefühl sich *) Blacksione's Komm. Einleitung. 2. Abschnitt.

r. Kapitel.

3

Abschnitt.

nicht entdecken läßt, sondern nur durch Erfahrung, durch Gesetzeskraft bestimmt werden.*)

335

muß

Bei den hihern Staatsverbrechen entspringt dieselbe Nothwendigkeit au- sehr entgegengesetzten Betrachtungen. Hier findet kein Mangel der Theilnahme bet den Zuschauern, keine Unzulänglichkeit de-

Unwillen- statt, welchen sie bet

jeglichem Versuch, ihr Vaterland zu betrügen, zu plündern, oder zu unterjochen fühlen sollten.

Zm Gegentheil läßt es

sich befürchten, daß tiefer Unwille gewöhnlich zu stark, daß er bet seinem Verlangen nach Genugthuung, geneigt seyn werde, den Angeklagten im voraus zu vcrurtheilen; und daß er bet Würdigung de- Verbrechen- die Gränzen der Gerech­ tigkeit wett überschreiten werde.

Da da- Verbrechen gerade­

zu gegen da- Gemeinwesen gerichtet ist, so ist jeder Bürger Parrhet; seine Ruhe, sein Wohlseyn und feine Glückseligkeit sind mit denen de- Staate- ein und dieselben; und wenn alle-, wa- er am theuersten hält, angegriffen worden ist, so ist e- vergeblich, von

ihm zu erwarten, daß er sein Ver­

langen nach Rache unterdrücken

werde.

Einen Verbrecher

vor einem solchen Geschwornengericht seiner Prüfung zu un­ terwerfen/ ohne ihm jeglichen Schuh zu gewähren, den er au-

Gesetzen herleiten könnte, die nach einem richtigeren

und barmherzigeren Maßstabe verfertigt wären, hieße ihn den Händen seiner wüthenden und unversöhnlichen Feinde

*) Unter allen Klaffen der Rechtsverletzungen bieten Staats­ verbrechen einem verderbten und von Panheigeist beseelten Rich­ ter bie stärksten Versuchungen dar, übermäßige Strafen zuzu­ fügen. Die Strafe muß daher nicht seiner Willkühr überlaffen bleiben, sondern, so weit möglich, durchs Gesetz bestimmt werden. So könnten die Schmähungen wrder den Staat in verschiedene Klaffen getheilt werden, an deren jede eine namhafte Strafbar­ keit geknüpft wäre, und der Ausspruch der Geschwornen möchte entscheiden, zu welcher Klasse die zur Frage stehende Schmähung gehörte. Es mag nicht durchaus sicher seyn, diese Gewalt den Geschwornen zu überlassen; aber cs muß noch weit gefährlicher seyn, fie einem Richter anzuvertrauen.

2.

33*

Buch.

überliefern; hiesse ihn bestrafen, nicht nach'dem Unwillen des uiibcfou cnvn Zuschauers, sondern nach betn Rachgefühl deS Mannes, den er beleidigt har. Staatsverbrechen

werden ferner sehr

häufig begangen

und qeargwöhnt, wenn das Land durch Sirtrfpolt der Mei» nung getrennt und durch den Widerstreik des PartheigeisteS zerrissen wird.

Zu einer solchen Zeit ist eS gar nicht mög»

lief), ein vorurteilsfrei.s Geschwornengericht zu finden Die­ selbe Handlung

erscheint dem

Einen

harmlos,

oder selbst

lobenswert!), wUche einen Andern mit E.m'ehcn trifft; und die ehrenvolle Lossprechung, die Schmach, des

A:.^klagten weiden fast

©rum'f^en hiijeniiicn

einzig von

alho nvq

oder der den

Tod

politischen

seyn, die der Zufall für

bis P, üsung dics.r Sache best t in mm mag.

Will man daö

Qs’ilsc oimeomvii, so wird die Entscheidung vom Zufall ab» bangen, weit öfter aber vom der

Thatiokcit, welche durch

die verschiedenen Volkepartheien dargelegt

und dem Einstuss,

der durch sic bei der Ernennung der Geschwornen aufaeübt wnd. Die U bi-rsühiung oder Flcisprechunq wird in grosser Masse von wirklicher Schuld unabhängig seyn, und es lässt sich befürchten, dass, um einer Parthei den Tliumph zu ver­ schaffen,

oder um ihren Gegner in Schimpf zu bringen,

selbst diciemgen, deren Unschuld besonnt den verurteilt werden. fönmlid^c

ist, bisweilen wer­

@.gcn solche Uebel könnte da- her»

Recht nur einen schwachen

Schuh gewähren.

Während .ine frühere Entscheidung der andern cntaeaenstände, und eine Analogie Me andere über den Hausen stiessc, koi.nte ketue 23oxttipiml)ci um Gründe verlegen seyn, die Dedrüchung zu bv.mtiMn, und btcjentqen Panhemehmer zu tau'chen, d».en Leidenschaften

b.nus in Au fr ihr wären.

Positive

Gesei-eeverfügunacn scheinen in solchen Fällen unerlässlich, und damit Hc wirksam fiun nöqen, die Unschuld zu bestimmen, und mächtige oder dem Volk gefällige Uebertteter zu errei­ ch n, müssen solche GrscHe in ihren Bestimmungen genau seyn.

3. Kapitel. Die Handlungen,

3. A 6 fd>n(11.

welche

337

Staatsverbrechen ausmachen,

und ihre mancherlei Grade der Strafbarkeit müssen nomhoft gemacht

»verden,

damit

bloße

Uubcsonnenbeit

Schuld qedeuret werden könne, »nährend den öffentlichen

nicht

zur

Verbrechen, welche

Frieden, den Wohlstand oder die Freiheit

ausreifen, als schuldlos übergangen, oder gar als verdienstlich belohnt werden. Gemeinwesen

Ein jedes mögliche Verbrechen gegen das

zu

beschreiben, ist in der Thar

allein alle diejenigen, »velche

dem Wesen

liehen Nachtheil gereichen, lassen erlernen, und sollte daS

sich

unthuniich;

nach

aus

zum

der

öffenl-

Geschichte

Derzetchniß unvollständig seyn, so

ist gelegentliche Straflosigkeit weniger gefährlich, als allge­ meine Unsicherheit und häufige Bedrückung. Gleichfalls müssen Beweises Grad

und

deS

die Beschaffenheit des

sogar

Beweises

der Unschuldige,

der

zur

Ueberführung

besonders

aufgeführt

haben könne.

einige

Gesinnungen,

etngeaeben, sind geeignet, daS Urtheil, Männer zu

ihrer

Aussicht auf

vom

Partheigeist

selbst sehr achtbarer

verblenden; sie eine jede Derläumdung gegen

ihre Widersacher Meinungen

erforderliche

werden, damit

wenn er vor vorurtheilSvolle Geschworne

und bestochene Richter gebracht wird, Rettung

zuzulassenden

glauben zu machen, und insbesondre ihre

in allen für daS

Partheien

wichtigen

Ansehen

Fragen

zu

und

den

Einfluß

befangen.

Wenn

man ferner erwägt, daß Geschworne von irgend einem öffent­ lichen Beamten Männer von

bestellt werden müssen,

der wahrscheinlich

seiner eignen Denkungrwetse erwählen wird,

und daß in Zetten deS ParthctgelsteS sogar wöhnlich

von

wird man

dem

herrschenden

zugeben müssen, daß,

deS Beweises

genau

bestimmt

die Richter ge­

G ifte angesteckt sind, so wofern

sind,

die

nickt die Regeln schwächsten Ver­

muthungen alS unbestleitbare Beweisführungen werden an­ gesehen

werden;

überführten

das Zeugniß der lasterhaftesten und sogar

Missethäter

wird das' achtbarer

Bürger über­

wiegen, und ehe er noch zur Prüfung kommt, wird schon (Vt frer

f

22

338

r. D u ch.

Me Schuld ober Unschuld de- Angeklagten in den Gemüthern derjenigen, welche die Schiedsrichter seines Schicksals fmb, bestimmt seyn. Endlich müßte die genaue Bestrafung eines jeden GradeS deS Verbrechens wider den Staat, so weil als möglich durchs Gesetz bestimmt seyn. Dies Geschwornen überlassen, hieße lebe andere Vorsichtsmaßregel zur bloßen Posse machen, und e< dem Richter anvertrauen, hieße die Freiheiten des Volks zu den Füßen deS Thrones hinwerfen. Geringe llebertrc» tungcn könnten so bisweilen als die größten Abscheulich, ketten bestraft werden, und gelegentlich könnten Verbrechen, die gegen öffentliche Freiheit gerichtet wären, Nachsicht oder gar Belohnung erlangen. Ohne Zweifel ist es wahr, daß aus genau bestimmten Strafgesetzen bisweilen Ungerechtigkeit gegen Einzelne entspringen muß. Keine menschliche Weisheit kann gegen diese Folge von Regeln verwahren, die ans allgemeiner Erfahrung und nach allgemeinen Dcrnunftschlüssen, unabhängig von den genaueren Unterscheidungen deS individuellen Falles, ge­ bildet worden sind; und ed kann nicht geläugnet werden, daß der Partheigeist bisweilen unter dem Schuh der weisesten Vorsichtsmaßregeln deS Gesetzes Ungerechtigkeit be hen wird. Aber dieses Uebel scheint kein Gegenmittel zuzulassen; denn legend einem Obcrherrn eine begnadigende Macht übertragen, hieße denjenigen Verbrechen Schutz gewähren, welche dem Staate bet weitem die gefährlichsten sind. So sehr man auch die zufälligen Ungemächltchkelten, die von der Beobachtung allgemeiner Regelt, unzertrennlich sind, beklagen muß, so können sie doch immer old ein wohl­ feiler Kaufpreis einer Befreiung von häufiger Bedrückung und beständiger Unsicherheit betrachtet werden. Wären Me Gesetze hi Betreff der Staatsverbrechen hinlänglich bestimmt gewcf n, so hätten in Frankreich Hausen von Schlachtopfern nicht hingeopsetl werden können, ohne trgend eines twmi? haften oder begreiflichen Verbrechens angeklagt zu seyn; so

2. Kapitel. hätt««

Abschnitt.

339

In Irland dir Unlchuidiqen nicht auf das Zeugniß

verworfener Zeugen dann

3

bestraft

Männer von edler

Wandel, wegen

werden

können;

noch

hätten

Erziehung und tadellosem Lebens»

bloßer Unbesonnenheit von Schottland weg-

gesandt werben können, um den Unwürdigsten der Mensch­ heit zugesellt zu «erden.

Ende des ersten Daube«.

Johann Craig's

Grundjügc der Politik. Au< dem Englischen.

Zn drei Binden.

Zweiter Band.

Johann Craig'6

Grundzüge der Politik. Untersuchungen über Oie

wichtigsten bürgerlichen Angelegenheiten, nach der Erfahrung.

AuS

dem

Englischen.

Zweiter Band. Leipzig bei Georg Joachim Göschen

i s r 6.

Inhalt des zweiten Bandes.

Fortsetzung des zweiten Buchs. 3.

Kapitel.

Lande-vertheidigung. Sritcr Abschnitt. Zweiter Abschnitt.

Landwehr.

Seite

Stehendes Heer.

4

3 25

Kapitel

Aufsicht und Leitung de- Kapitalvermögen-. Erster Abschnitt.

Natur und Anhäufung des Kapitalver­

mögens. Zweiter Abschnitt.

-

laufendem Kapital. Dritter Abschnitt.

49

Unterschied zwischen festem und um­ -

61

Don dem Unterschiede, welchen Smith

und die französischen Oekonomrsten machen zwischen produktiver und nicht produktiver Arbert. Vierter Abschnitt.

-

74

Grundsätze für die Bestimmungen der

Regierung über Kapital und

Gewerbeder Burger.

-

9-

Znhalt. Fünfte, Abschnitt. Prämie« euf Einfuhr und Auesuhr von Getreide. Veit« lag

5.

Kapitel.

Betrachtung über die Berthetlung des Der«-» gens unter bi« »rrschtedene» Klassen der Einwohner. Erster Abschnitt. Ueble Folgen einer unmäßige« Ungleich» heit »e« Eigenthum«. « Zweiter Abschnitt. Wehn gleicher Drrtheilung alle« Eigen» thum». » Dritter Abschnitt. Gesetze wider den Luxus. , Vierter Abschnitt. Anordnungen, welche der Vermögen»««, gleichhen entgegenwirken. »

150 167 194 190

6. Kapitel. Gesetzlich« Versorgung der Armen. «

7.

»23

Kapitel.

Sesfentlich« Unterricht»««stalten für die Jugend.

» »7» Da« achte und letzt« Kapitol de« »weite« Bande« de« Mgi-nal« enthält Betrachtungen über da« Verhältniß der Kirche »um Staat.

Grundzüge der Politik. Zweiter Band.

*r tti Vvl. II.

ft

Fortsetzung des zweiten Buchs. 3.

Kapitel.

Lanbe«verth«tdig»ng. Vertheidigung gegen äußere Feinde ist «in« brr allererste« Ursachen

de«

gesellschaftlichen Verein«, muß aber auch tm

gebildeten Zustand« der Menschen ein Haupkgegenstand der Aufmerksamkeit >rdrr Regierung seyn.

Di« Völker «ie die

Individuen lassen sich von Leidenschaften unaufhörlich hin« reißen zu ungerechten Handlungen; die Begierde nach Reich« thum, Macht, Auszeichnung giebt beständig«

Anreizung,

heimlich« Ungerechtigkeiten oder offene Gewaltthätigkeiten zu begehen; um gegen >ene zu schirmen, und diese mit Kraft zurückzuweisen, muß eine HeerrSmachr aufrecht erhalten «er» den, welche den Feinden de« Lande« Ruhr gebieten könne. Mit wachsamem Aug« werden di« Schritt« jeder Regierung verfolgt, bi« au« Eigennutz oder Ehrgeiz un« feindlich tvrrden könnte;

Bündnisse werden

geschlossen mit anderen Regte»

rungen, welche die gleiche Gefahr oder di« nämliche Ansicht und Furcht theilen ; aber alle solche Vorsicht würd« vergeben« seyn, wenn nicht eine bewaffnete Macht da stände, stark genug, die Rechte de« Lande« zu behaupten, den Verbündeten zu helfen, und die Ehr« de« Volk« zu wahren. Zur Vertheidigung de« Lande« hat der Staat dg« Recht, all« Bürger zu de» Waffen zn rufen.

Die Vertheidigung

de« Ganzen darf nicht den zusälttge» Ausbrüchen de« Gr«

2.

4 Weingeistes

Buch.

überlassen bleiben,

sondern kann

nur in

der

Vereinigung aller Kräfte sicheren Grund haben, nach voraus bestimmter und allgemein befolgter Ordnung.

Hart ist es

gewiß nicht, von jedem Bürger zu fordern, daß er zur Wehr des Landes das Setntge thue. Die Sicherheit, die au- dem gesellschaftlichen Verein entspringt, verbreitet

sich über alle

Glieder, also muß zur Ausführung solcher A.oßregeln, die nothwendig sind, die Sicherheit zu erhalten, jeder Bürger mitwirken. gerpflicht zu

Wer sich weigern wollte, diese wesentlrche Bür­ erfüllen, könnte keinen Anspruch machen auf

die Vortheile, welche durch die Anstrengungen der Andern errungen worden; wer nicht mitwirkt zur gemeinen Sicher­ heit, hat kein Recht auf Schuh von der Obrigkeit.

Zede

Befreiung vom Waffendienst, ausgenommen da, wo derselbe unverträglich ist mit anderen Amrsgeschäfren, ist ein Versuch, die Vortheile der Gesellschaft zu genießen, ohne ihre Lasten zu tragen, ist also den Grundsähen der bürgerlichen Gleich­ heit zuwider; mithin sann der Waffendienst jedes Einzelnen keine andern Gränzen haben, als der Dienst der anderen Bürger und da- Bedürfniß des Staat-. Aber obwohl jeder verbunden ist, zur allgemeinen Ver­ theidigung thätig zu seyn, so giebt e6 doch eine doppelte Art, wie diese Pflicht erfüllt werden sann.

Entweder durch eigne

Uebung in den Waffen und Sichselbststellen, ober durch solchen Geldbeitrag, wofür der Regent einen Stellvertreter miethen kann.

Wenn jeder Bürger nach der Reihe dient, so ist die

bewaffnete Macht Nattonalmiliz, Landwehr;

wenn Krieg--

Männer vom Staate gedungen werben, so sind e- Söldner, und wenn sie regelmäßig Sold erhalten, so ist es ein stehen­ des Krieg-heer.

Die eine Art von Landesvertheidigung, so

gut wie die andere, kann mit vollkommener Gerechtigkeit durch­ geführt werden; jede scheint mit besonderen Vortheilen und Nachtheilen verbunden zu seyn, und vielleicht wird eS sich zeigen, daß durch Vereinigung von beiden Anen der Zweck am sichersten erreicht wird.

3. Kapitel.

i. Abschnitt.

J

Erster Abschnitt. Landwehr. Wäre die größere Sicherung gegen Unterjochung durch fremde Gewalt die einzige Aufgabe, so würden mir höchst wahrscheinlich einer wohl eingerichteten Landwehr den entschredrnsten Vorzug geben vor jeder andern Art von bewaffneter Macht. Diejenigen, die sich dem Kriegs* stände als Beruf widmen, gehen fast alle, wenigstens nach der bisher üblichen Art die stehenden Heere zu ergänzen, aus dem verdorbenen und zur Arbeit unlusttgen unteren Theil des Volkes hervor; sie haben keine Familie, für die sie fechten, oder haben oft Weib und Kinder schändlich ver­ lassen; sie bestehen vielleicht der Mehrzahl nach auS Men­ schen, in denen die wichtigsten Tugenden erstickt, die ver­ derblichsten Laster eingewurzelt sind. Nachdem sie der Armee einverleibt sind, werden die Soldaten immer mehr abgeson­ dert von ihren vorigen Freunden, von den Bürgern über­ haupt, man wechselt oft ihre Standquartiere, man will, daß sie sich und ihren Vortheil von dem ihrer Mitbürger trennen sollen. Don solchen Menschen darf man in der Thar keine Anstrengungen der Vaterlandsliebe erwarten. Ihr natür­ licher Muth, an sich thierischer Trieb, wird erhalten nur durch Dertrautwerden mit Gefahren, durch Furcht vor Be­ strafung, oder in besonderen schon ausgezeichneten Regimen­ tern durch das Verlangen, den Ruhm der Tapferkeit zu behaupten, an weichem jeder Soldat Theil haben will. Don solchen Beweggründen läßt sich ein gewisser Grad von An­ strengung mit ziemlicher Sicherheit erwarten. Ein solches Heer, vorzüglich, wenn es schon in früheren Feldzügen Gefahren bestanden hat, wird ln der Regel thun, waS man für seine Schuldigkeit hält; aber wenn die Gefahr in einer ungeheuern Gestalt andrängt, wenn ei Sieg oder Tod g.lt, wenn das Heil des Vaterlandes fordert, daß das Leben nicht

6

2.

B a ch.

nur gewagt, sondern hingegeben werde, dann muß der danke an ein Höheres, dann muß ein erhebendes Gefühl de» Helden zum ernsten Kampfe stärken. Selche edle Hingebung sann mit Fug von einer Land« wehr erwartet werden, die da kämpft für alles, waö dem Menschen theuer ist, für Eigenthum, für Weib und Kind, für Freiheit und Vaterland. die Landwehr das

Ungewohnt an Gefahr maz

erstemal sich übermannen lassen; fremd

dem Getümmel des Kriegs, zuerst sich verwirren lassen; ohne das Vertrauen zu sich selbst, das nur Erfahrung giebt, zu Zeiten plötzlichem und lähmendem Schreck unterworfen seyn; aber bald wird

der Wehrmann sich wieder sammeln

und seiner heiligen Sache erinnern,

mit frischem Muthe

den Feind angreifen, und frühere Unfälle durch verdienten Ruhm bedecken. In aresien und entscheidenden Augenblicken, wo gewöhnliche Kraftanstrengung und gemeine Tapferkeit unzureichend wären, wird der Eifer fürs Vaterland den Wehrmann schützen vor der geringsten Furcht um sein selbst willen, und der Krieger wird Sieger seyn,

dessen Muth

durch Tugend entstammt ist. Die Geschichte der Griechen und Römer — denn eS ist gewty erlaubt, die vergangenen Völker zu fragen, um die Macht der Gefühle, die zu allen Zetten und aller Orten seyn können — sind reich an Beweisen der Kraft,

mir welcher

freie Bürger zum Schutz ihres Gemeinwesens fechten. Wie viel auch abgerechnet wird für den besseren Waffendienst der Gviechen, und die Vergrößerungen ihrer Geschichtschreiber; doch bleibt Bewunderungswürdiges genug in ihrem schweren Kampfe gegen die Perser; und die blutigen und hartnäckigen Kriege der Bürger Roms gegen die italischen Nachbarstaaten müssen die Ueberzeugung geben, wie schwach dagegen der Schuh ist durch gemiethete Truppen. ES kann nicht bezweifelt werden, daß in neueren Zeiten die Erfindung des Schießpulvers, die Fortschritte der Defestigungskunst und andere Zweige deS

Kriegswesens die

Vorzüge vermindert haben, welche einer Landwehr die fester

Z. Kapitel.

>. Abschnitt.

7

begründete Tapferkeit, und die bi- zur Aufopferung steigend« Vaterlandsliebe geben können; jrpennoch geschah e« unlängst und geschieht et Gottlob zu

unsern Tagen,

daß der Geist

der Wehrmänner die Berechnungen und die Künste der ersten Generale überwältigt und zu Schande» macht.

Morgarten,

Stäffels und St. Zacques bezeugen die ruhmvolle Tapfer« keil der alten Schweizer; und der ausdauernde und gelun­ gene Widerstand

der Niederländer gegen

Monarchen tn Europa, gegen

den mächtigsten

die Waffen der

geübtesten

Heere und die Kunst der ersten Feldherrn ihrer Zeit beweiset unwidersprechltch, daß trotz dem Mangel an Krieg-erfahrung und Ordnung die Vertheidigung eine- Landes mit Sicherheit der unermüdlichen Tgpferkeit der freien Bewohner überlassen werden sonn. Betrachten wir erhellet,

da- neuer» Krieg-wesen

daß, wie sehr die Kunst de- Krieges

genauer, so ausgebildet

und schwieriger geworden, wie viel mehr Talent zum Feld­ herrn, wie viel mehr Kunst und Uebung zum Ingenieur und beim Geschütz erfordert wird, doch für dt« Meng« im Heer die Sache einfacher geworden ist. Zn alten Zeiten war eine Schlacht gewtssermaßrn ein

vielfacher

Zweikampf,

dessen

Ausgang von der Kraft und Gewandheit der Streitenden abhing, die jeder nur durch lauge vorgängige Uebung hatt« erlangen und vermehren können.

Heutzutage aber wird vom

Soldaten nur gefordert, daß er einige wenige Bewegungen machen könne, die in sehr Kurzem zu lernen sind, außerdem und vor allem» Gehorsam.

Wer sein Gewehr zu laden und

abzufeuern, Schritt zu halten und einige wenige Stellungen weiß, der hat alle- gelernt, was im Felde von ihm verlangt werden kann.

Alles

Uebrige ist entweder zusammengesetzt

au- diesen einfachen Bewegungen, oder dient nur zum Prunk. Der Soldat bei uns braucht nicht, wie bet den Alten, tu beständiger Bewegung und Uebung erhalten zu werdrn, da­ mit er die Last seiner Waffen auszuhalten und sie tüchtig zu führen lerne; alles was nöthig ist, damit er in Reih und Glied treten könne, läßt sich leicht einüben, so daß er da>

r. Vach-

6

durch eigentlich nicht am Arbeiten gestört wird. Daher ist zu seiner Waffenüdung nur wenig Zeit nöthig. Zn Friedrnszelten besteht der Dienst de« Soldaten hauptsächlich darin, daß er auf di« Wache zte'.r, daß er täglich zweimal zum Aufruf kommt, und auf all sein Zeug mit einer Genauigkeit paßt» die fast nur gefordert zu werden scheint, weil man dadurch den Mangel anderer Thätigkeit ersehen will-

Dergleichen

hat aber mit dem Dienst im Felde nichts zu thun, oder nur insofern, als der Soldat dadurch im Gehorsam geübt wird, auch gegen solch« Befehle der Oberen, dt« unbedeutend oder eigensinnig scheinen. Ob

die niedrige Unterwürfigkeit, die

von regulairen

Truppen gefordert wird, so durchaus nützlich fei zur Kriegs« zucht, als man oft behaupten hört, kann billig bezweifelt werden. E< ist nicht sehr wahrscheinlich, daß Gewöhnung zu skla« vischer Unterwerfung der sicherste Weg zum Muthe sei, noch daß Streng« in langweiligen Kleinigkeiten die besten Kräfte des Gemüths aufrege. Der höchste Stolz eines unabhän« gigen Bürgers und Landbesitzers ist ketnesweges unverträglich mit dem vollkommensten Gehorsam gegen Offiziere, die durchs Gesetz verordnet sind; und es kann nicht schwer seyn, durch augenblickliche Bestrafung jede Unruhe und Widerspenstigkeit

zu

erdrücken« deren Folgen den Soldatno selbst allgemein verderblich erscheinen müssen. Daß die Gewohnheit, auch in den gleichgültigsten Dinge« der Willkühr der Obern unter» worfrn zu seyn, keine nothwendige Bedingung eines wohl« geordneten Heeres sei, daß es keiner so kleinlichen Zucht be­ dürfe, damit der Soldat im Felde seine Schuldigkelt schnell und tüchtig thue, wird bewiesen durch das, was uns von dem Preußischen Heere unter Friedrich dem Zweiten berichtet wird. Di« Soldaten wurden aus den Dauern ausgehoben, und nach« dem st« hinlänglich eingeübt waren, nach Hause entlassen auf 3 »der 9 Monat« (m Zahr.

Während dieser Zelt trieben sie

ihr« »origen Arbeiten und lebten wie die anderen Dauern, sie wurden nicht in fortwährender Unterwürfigkeit gehalten, und doch übertraf das Preußisch« Heer in Ordnung und Schnei«

s

Kapitel,

i. Abschnitt.

g

figfrit bet Dienstes alle anderen Armeen in Europa.*) So ist uns auch berichtet, daß zur Zeit der ßanzösischen Repu­ blik di« Offiziere und Soldaten sich außer dem eigentlichen Dienstverhältnisse mit einer Freiheit begegneten, die nach den Begriffen mancher

orthodoxer Milikairpersonen die ge­

priesene Subordination hätte vernichten müssen.

Aber im

Felde bewiesen eben diese Truppen aller Weit, baß sie tüch­ tige und gehorsame Krieger waren. Es ist wahr, daß eine Landwehr, die zum erstmmal gegen den Feind eilt, in einem und zwar wesentlichen Punkte der militatrischrn Bildung schwach seyn muß.

Der Wehr­

mann, der noch nie einem Feinde gegenüberstand, ist der Ge­ fahr ausgesetzt, vom pl-hltchrn Schreck ergriffen zu werden, der kriegverfuchten Truppen fremd ist.

Es wäre zu viel

»erlangt, baß alle Wehrmänner gleich das erstemal, da sie in Gefahr und Getümmel kommen, kalten und festen Muth erweisen sollten. Aber in eben dieser Rücksicht hat eine stehende Arme« nach einem länger« Frieden nicht viel vor­ aus vor einer Landwehr.

Nach geendigtem Kriege nehmen

viel« der gedienten Soldaten ihren Abschied, manch« Regi­ menter werben ganz aufgribset, bei den übrigen wird die Manns­ zahl verringert, und nach und nach werden die kampfgeübten Soldaten durch jüngere erseht. Beim Ausbruch eines Krieges wird der Bestand der Truppen pibhlich verwehrt, und wenn auch viel« alt« Osfiziere im Dienste sind, so sind doch dir Gemeinen aller neuen Regimenter und die meisten der alten, Neuling«, hauptsächlich aus der Handarbettenden Klasse ge­ nommen, alle unerfahren im Gebrauch der Waffen und entbiißt von kriegerisch«! Geist, grbßlenthe'is auch »«gewöhnt an Mühseligkeiten und Märsche. wahrscheinlich ist,

daß

eine

Gesetzt auch, was ««»

Landwehr

zu Anfang

noch

weniger kriegstüchtig wäre, als solche Trupp««, so wird sie doch gewiß bald den Vorzug gewinnen. Uebung im Feld« wird

*) V. Moore vom gesellschaftlichen Zustande in Frankreich und £>cutfd>1 mb. 72

2.

IO

Buch.

der Landwehr bald ein festeres Zusammenhalten geben, und hierzu wird eine Erhebung dcS Gemüths kommen, welche Söldnern immer fremd bleiben muß.

Der jetzige Stand

der Kriegskunst macht es einem verständigen und

thätigen

Führer, vorzüglich da, wo Festungen sind, nicht schwer, seine Leute nach und nach an die feindliche Gegenwart zu ge­ wöhnen, ehe eine wichtige Schlacht gewagt wird, und in wiederholten Scharmützeln und Märschen jlernt der Wehrmann bald die Kälte, Schnelligkeit und Ausdauer, die einem guten Krieger geziemen.

Zuerst mag eine Landwehr genö­

thigt seyn, den Krieg vertheidigungswetse und unregelmäßig zu führen; aber eS kann nicht lange dauern, bis sie im Stande ist, dem Feinde die Stirn zu bieten und ihn audem Lande zu treiben.*) Es find noch manche,

welche die Dortrefflichkeit einer

Miliz zur LandeSvertheidtgung läugnen, dagegen wird eS genug seyn, auf die Zahl von Bewaffneten und zum gemei­ nen

Kriegsdienst

hinlänglich

Eingeübten

aufmerksam

zu

machen, welche die Einrichtung einer Landwehr herbeischafft. Dr. Smith sagt: ,,Es ist berechnet, daß unter den gefitteten Völkern des neueren Europa'6 nicht mehr Soldaten seyn dürfen, als von

hundert Einwohnern einer, wenn nicht

der Staat, der die Kriegsanstalten bezahlt, fich zu Grunde #) Dr. Smith betrachtet eine wohlgeordnete Miliz als ein stehendes Heer, und ein flehendes Heer, wenn es in unvollkommner Zucht gehalten wird, als Miliz, und will demzufolge beweisen, daß Miliz oder Landwehr nur ein schwacher Schutz gegen flreng gezogene flehende Truppen seyn kann. Jedoch hat er selbst mit hinreichender Genauigkeit den Unterschied zwischen beiden Arten von bewaffneter Macht angegeben. Die kriegerischen Uebungen find die einzige oder hauptsächliche Beschäftigung der Soldaten in einer flehenden Armee, und der Sold, den der Staat ihnen giebt, ist das wichtigste und ordentliche Mittel zu ihrer Subsistenz; für die Miliz oder Landwehr find die krie­ gerischen Uebungen Nebeiisache bei ihren Hauptbeschäftigungen, durch welche sie allem oder größtentheils ihren Unterhalt finden.' Nationalreichthum. 5. Band. 1. Kapitel. 1. Abtheilung.

g. Kapitel, i. Abschnitt.

ll

richten soll. “*) Zur Zeit de» Kriege», einige Zahre hin» durch, mag da» Verhältniß der besoldeten Truppen größer seyn, aber wahrscheinlich hat noch kein Land einen so großen Theil seiner Devtlkerung al» stehende» Heer besoldet. Wo die Verlhetdigung de» Lande» ausschließlich Söldnern an» vertraut ist, da «lrd der Sinn de» übrigen Volt» sehr bald ganz unkriegerisch; wer die Waffen nicht zu gebrauchen versteht, wem alle» Waffengrräusch und aller Waffenglanz fremd ist, der wird scheu vor jeder Waffe und jeder Gefahr; wer bloß sitzende Arbeit thut, wird Schwächling, wer nie seinen Leib anstrengte, wird die Beschwerde de» Krieg» und noch mehr die Gefahr fürchten. Man verläßt sich allein auf da» stehende Heer, ist diese» aber geschlagen, so weiß man nicht, wo Rettung zu suchen. Da» stehende Heer muß aber doch durch zahlreiche Gefechte verringert werden, oder kann durch einen großen Schlag beinahe auf» gerieben werden. Wird der allmählige Abgang de» Heere» »llmählig durch neue ersetzt, so können diese allerdlng» vom kriegerischen Geiste ihrer ältern Gesellen etwa» mitgetheilt erhalten; wenn aber mit rinemmale eine große Verstärkung eine» Heere» mit Rekruten nöthig ist, so muß unfehlbar der Charakter de» Heere» leiden. Die Rekruten, die in großer Menge au» dem Volke gezogen sind, in welchem alle männlichen Tugenden erloschen oder gedämpft sind, wer» den leicht die tüchtigsten Soldaten anstecken mit ihrer Muth» losigkeit. Die Neuau-gehobetten haben noch die ersten Bewegungen zu lernen, sind ganz ungewöhnt an Zucht und Strapazen, und sollen alle» in der Nähe der Gefahr ler­ nen. Manche haben früher ein sitzende» Leben geführt, andere ihre Kräfte in Ausschweifungen vergeudet, wenige sind an heftige Anstrengungen gewöhnt, und noch wenigere an den Gedanken de» nahest Tode». Sie sollen in Kurzem innerlich und äußerlich für ihren neuen Beruf geschickt seyn; aber einfache Uebungen, die in der Ruhe leicht zu machen *)

Rationalreickthum. 5. Band. 1. Kap. 1. Abtheilung.

12

2.

Buch.

sind, werden schwierig für Leute, die jum erstenmal sich in Gefahr sehen Für rin Volk, das fid> allein auf ein stehen» des Herr »erläßt, kann daher «ine Reche von Siegen viel­ leicht nicht- anders als rin glänzendes Unglück seyn, und der Verlust einer bedeutenden Schlacht oder di« Ucbergabe einer beträchtlichen Heeresabtheilung kann ein unersetzlicher und durchaus verderblicher Schade seyn. Die gewohnte Schuh« mauer ist vernichtet, das Volk vertraute immer den fremden Kräften, sinkt also Md)t in Muthlosigkeit. So ward der glorreiche Friedrich durch die glänzendsten Siege geschwächt und fast ohnmächtig. So geschah es, daß Oestreich zum schmachvollen Frieden gezwungen ward durch die Schlachten bet Marengo und Hohenlinden, und zu Boden sank nach der Niederlage bei Austerlitz, und daß die unglückliche Jenaer Schlacht Preußen« und ganz Norddeutschlands Unterwer­ fung zur Folge hatte. Nach solchen Erfahrungen von der Unzulänglichkeit stehender Heere, zur Vertheidigung auch der Völker, di« durch und durch kriegerischer Art sind, kann man di« Frage vom Werthe der stehenden Heere als durch Thatsachen entschieden ansehen. Ander« ist eS, wenn alle Bürger in den Waffen geübt, und fertig sind, für ihr Vaterland zu schlagen. Dann hängt dir Sicherheit de» Volke« nicht von einem Hunbertthetl ab, sondern e« kann beinahe ein SechStheil aller Seelen ins Feld ziehen. Was vor dem Feinde steht, mag durch stete« Hand­ gemenge aufgerieben werden, oder rin ganz« Heer mag durch einen UngiückSfall verloren gehn, solcher Verlust ist doch immer nur der Verlust ein« Theil« der Srreitkrast und kann leichtmieder ergänzt werden; wie sehr da« Schwert de- Feinde« wüthet, immer wieder stehen neue Reihen da. Solch ein Volk ist stark, sich zu vertheidigen. Da« Heer kann vernichtet werden, aber so lange jeder Mann im Lande in die Waffen treten kann, ist da« Volk so gut wie unbe­ siegbar. Wie groß auch der Unterschied seyn kann zwischen der Krieg-zucht eine« stehenden Heer« und einer Landwehr, läßt sich denken. Niji dadurch da» Uebetgewicht der Zahl auf»

3. Äeplttl.

i. Abschnitt.

13

-«Wogen «erden sinne, das gewiß wie fünften |u eins anzunehmen ist? Fällt der Feind in« Land, so ist der dienlichste Gebrauch der Landwehr ohne Zweifel der, aus ihr die Lücken in den Ziethen der fechtenden Truppen auszufüllen. Außerdem aber tbnnen die übrigen Wchrmänner zu großem Nutzen gebraucht «erden ol» Besatzung, als Schuhwache bei Fuhren, ferner um die feindlichen Streifer zu nehmen, und beständig Rückm und Seiten de« Feindes zu beunruhigen, so daß sie in steten Scharmützeln, bei denen sie jede große Niederlage vermeiden, die Kraft des Feindes brechen, und sich selbst zum regele mäßigen Kampf vorbereiten.*) Und dazu können alle erwach« srne Männer im Lande genug In den Waffen geübt seyn. Haben sie dir nöthige Fertigkeit, so werde» sie bald von den ordentlichen Truppen, denen sie einverleibt werden, Haltung und Festigkeit bekommen, »nd diesen dafür etwas von ihrem ächten Kriegsetfrr mittheilen; bis sie In die Reihen gefor­ dert «erden, können sie dir Bewegungen und dir Sicherheit des Heeres unterstützen, das Vorrücken des Feinde»- verzö« gern, sein« Rast stören, und >edcs Mißlingen des Feindes zur völligen Niederlage machen. Fehlte es brr Geschichte früherer Zelten an Beweisen, daß eine bewaffnete Nation schwerlich unterjocht wird, so könnten die letzten Zahre Zeugnisse genug geben für dies« groß« Wahrheit. Zn der Mitte des vorigen Zahrhundrrts konnte Frankreich mit Oestreich und dem größten Theil des deutschen Reichs, mit Rußland und zuletzt mit Spanien, Preußen nicht unterdrücken, weiches der Genius Friedrichs und der Beistand Großbrittaniens schützte. Derselbe Friedrich war später durch Volksbewaffnung im Stande, Allen Trotz zu bieten, alle Heere Europas zu vernichten, alle Schatz» tammern versiegen zu machen. Zu großem Erstaunen »er» *) Was der kleine Krieg und eifrig« Volkebewaffnung ohn« die Regeln der Kunst vermag, haben die Guerilla» und dir fbanischrn Ela die gegen die Franzose» gezeigt.

. D u ch.

14

theidtgten dl« Franzosen sich, während Verrath und Bürger­ krieg Im Innern wüthete, dadurch, ssaß alle Bürger wehr­ haft gemacht wurden, und dies System

der Volksbewaff­

nung von den französischen.Regierungen sorgfältig erhalten, und mit eben so viel Geschicklichkeit al< Ungerechtigkeit de« nutzt, hat die wichtigsten Reiche zu Boden geworfen, und droht Europa allgemeine Unterjochung.*) Hätte Frankreich sich auf «ine stehende Armee verlassen, «l< «< von der furchtbarsten Coalttion» die die neuere Ge­ schichte kennt, angegriffen ward, so würde e- in Einem Feldzuge zerstückelt oder unterjocht worden seyn. Es waren sogar Zeiten, wo eigentlich gar keine regelmäßige» französischen Truppen im Feld« standen.

AIS Dümourtez den Oberbefehl

erhielt, war das Heer klein, ohne Ordnung und Muth, zur Zeit feine« Abfalles ging das von ihm gebildete Herr wieder zu Grunde, die Truppen, ohne KriegSzeug, ohne Verstärkung gelassen, schmolzen zusammen, Zucht und Muth verloren sich. So oft die Gefahr nahe rückte, erging ein Ausruf ans Volk, und nie umsonst.

Dle Schlacht von Iemappcö) die von

Pichegrü errungenen Vortheile und dle entscheidende Schlacht «on Marrngo, alles von ncuauSgezogenrn und uncrfahrnen Soldaten gefochten, erhoben Frankreich allzuhoch aus dem Abgrund, worin eS zu sinken schien. Auf der andern Seite haben fast ohne Ausnahme alle Regierungen der Völker, welche den französischen Waffen unterlagen, ein ganz entgegengesetzte- System befolgt; mit hartnäckigem Vertrauen in die stehenden Heere haben sie nur für diese Sorge getragen, und a»S schlechter Furcht oder Nachlässigkeit die VolkSkrast nicht ausgerufen, die allein der Damm deS verheerenden Stroms seyn konnte. Die Schweiz jedoch verließ sich allezeit auf den Muth und Eifer einer Landwehr, und

obwohl die Militaireinrichrungen während

eine- sehr langen Friedens verfallen waren, obwohl ein großer Theil des Volkes, aufgebracht durch di« ungerechte AuS-

')

Geschrieben isto.

3. Kapitel,

i.

Absch»ilt.

13

schlleßung von allen obrigkeitlichen Würden, durch falsche und tückische Versprechungen de« Feindes irregeleitet war, so ist doch die tapfer« Gegenwehr der Schweizer ein lichter Punkt in der traurigen Geschichte deü eienden Untergang« so man­ cher mächtigerer Staaten. Ein« kleine Schaar guter Schwei j«r, allein gelassen, kämpfte gegen die verheerende Macht, dt« sich über Europa ergoß, und nicht eher wichen sie, als bl«

die Apathie aller Nachbarstaaten und da« ungeheure

Mißverhältntß der Kräfte zur Hoffnung de« Erfolg« durch­ aus keinen Raum mehr ließ. Seitdem sind die Spanier zum Erstaunen Europa'« auf­ gestanden gegen ihre Dränger, mit einer Kraft, die, wenn auch vielleicht der Schwierigkeit de« Unternehmen« nicht ge­ wachsen, doch nicht zu erwarten war, nach ihrem früheren lässigen Leben.

Mehr gefürchtet von ihren Königen, al< ihr

Vertrauen habend,

und völlig ungeübt in den Waffen, schie­

nen sie allen kriegerischen Geist verloren zu haben.

Die un­

wissenden, abergläubischen, trägen und unterdrückten hielt man gleich unfähig zu edlen Entschlüssen und tapferer Vvllführnng. Auch der höheren Klassen Zustand konnt« weder Vaterlands­ liebe noch irgend «ine Tugend begünstigen. Erzogen von ab­ geschmackten Priestern, verschwenderisch fast »och mehr al< die Großen in andern Ländern, auSgrschloffen von Führung der öffentiichen Geschäfte, die mit Vorsah den minder Vor­ nehmen anvertraut zu werden schienen, im Besitz unge­ heurer Güter, die durch mißlungenen Widerstand der Krone verfallen würden,

ließ

Ihre Lag«

und

ihr

Cha­

rakter noch weniger Kraftäußerung von ihnen hoffen, al« von der Masse de« Volk«. nebst den

Ueberdieß war die Hauptstadt

wichtigsten Festungen in

den Händen

de« ver«

rätherischrn Feinde«, die wenigen Oberbeamte, deren Talent Zutrauen verdiente, waren in der Gewalt oder im Dienst« der Fremden, nnd die frischen Niederlagen der Oestreicher, Russen und Preußen ließen kaum di« Hoffnung eine« ablei­ tenden Kampf:» -egen die Herrrsmacht, die schon Europa unter Frankreich« Joch gebeugt hakte, linker so niederdrücken-

2.

10

Buch.

den Umständen erwachte ein grosser Theil der Nation mit flnmmole auö der schmählichen Apathie; die edelste Vater» land-liebe befeuerte die Spanier, sie weihten ihr Leben für dl» Unabhängigkeit ihre- Lande-. Bisher ist die Bewegung de- Volk- nicht befördert wvrden von denen, welchen di« Regierung anvertraut worden war; keine Belohnung ist dem kämpfenden Volke gelobt worden, außer einem unbestimmten und allgemeinen

Versprechen einer Art von Reform nach

Beendigung de- Kriege-; da-'Derdienst, unerträgliche Miß» bräuch« abgeschafft zu haben, ist dem Feinde geblieben, und die Energie der Bürget ist gehemmt worden durch die Furcht der Begüterten und den Verrath der Habgierigen.

Zu «nt»

scheiden, ob Spanien über diese vielfachen Uebel siegen wird, kann sich keiner vermessen;' aber ein französische- Herr hat sich ergeben müssen, ein andere- ist bi- nahe an die Grän» zen getrieben, und Saragossa, da- mit regelmäßigen Truppen nicht einen Tag lang haltbar gewesen wäre, hat eine unübrr» treffliche au-dauernd« Tapferkeit erwiesen.

Und wenn auch

Spanien fallen wird, so ist doch schon mehr für die Unabhängigkeit da gethan, al- in den Reichen, die durch die berühmtesten stehenden Herr« vertheidigt worden sind, und die männlichen Thaten der Spanier, unter den ungün» stigsten häu-ltchrn Umständen sind der stärkste Beweis von dem, wa< unter günstigeren eine Landwehr thun muß, di« für bürgerliche Freiheit und heimathlichen Boden streitet.*) Wenn also eine Landwehr den besten und in der That einzigen Schuh gewährt, für die Unabhängigkeit einer Na« tion, so können die Einwürfe, hergrnonunen von etwa- Zeit» vertust und Störung de- Fleiße-, men.

Damit di«

nicht in Betracht kom»

Einrichtung einer

Landwehr

durchaus

zweckmäßig fei, ist «< nicht nothwendig, daß durch die Waf» fevübungen

dm gewöhnlichen

trächtlicher Abbruch geschehe.

Geschäften der Bürger

be«

Folgende- wäre wahrschcin»

llch genug: jeder junge Mann nach erreichtem achtzehnte» *)

Gcsschrtkben im Jahr rgio.

3. Kapitel.

l. Abschnitt.

17

Zahre müsse drei Monate lang in den Waffen geübt wer­ den, unter Aussicht von passenden Offnu-mi; die nächsten sechs Zahre, wenn er verheirathet, oder die nächsten zwölf Zahre, wenn er während der Zeit unverhetratbet bleibt, müsse er jede- Zahr drei Wochen Im Lager mit Waffenübungen zubringen; nach diesem Alter müsse er biS zum vierzigsten Zahre jährlich eine Woche lang sich einfindcn zur WaffenÜbung mit den Einwohnern so vieler Gkmtinbcn, als ein Regiment von fünf bis sechshundert Mann ausmachen.*) Zn einer so eingerichteten Landwehr wohner des Landes genöthigt seyn,

muß jeder Ein­

persönlich zu dienen.

Würden Stellvertreter verstattet, so würde persönlicher Dienst bald als ein Zeichen

von Armuth angesehen werden, und

jeder würde sich dem Dimste entziehen, der reich genug wäre, einen Stellvertreter zu miethen, ober in einen Verein, nach Art der Versicherungsgesellschaften gebildet, zu treten.

Aus

diese Welse würden alle Vortheile, die die Landwehreinrich­ tung gewähren soll, verloren gehen.

Es würde bald tm

eignes Gewerbe werden, als Stellvertreter zu dienen, nur diese Leute würden Waffenserngkett haben; die

geringere

Zahl von geübten Leuten würde nicht einmal durch mehrere Tüchtigkeit vergütet werden.

Die Stellvertreter würden zum

eigentlichen Kriegsdienst eben so wenig abgehärtet seyn, als die übrigen Bürger; die

Offiziere entblößt von Erfahrung,

und die Söldner weder vom Eifer einer eigentlichen Land­ wehr beseelt seyn, noch durch Erinnerung voriger Ehrenthalen. Nimmt man hierzu noch, baß die Ausgabe, welche die Anschaffung eines Stellvertreters verursacht, im Grunde eine Taxe ist, die ohne alle Rücksicht auf da- Vermögen der Dür-

*) Dieser Entwurf ist von dem Plane, welchen der Lord Selkirk ausführlich vorgelegt hat, nur dann verschieden, daß der Landwehrdienst bis 311m vierzigsten Jahre verlangt wird, statt daß der Lord denselben mir dis zum fünfundzwanzigsten Jahre fordert. 9tian sehe seine lobenöwenhe (£d)rift unter dem Titel: Don der Nothwendigkeit eines wuftamtn Systems der National Vertheidigung. fc-r. Ovf

lol.

sl

2.

18

D U cf).

ger, jeden gleich trifft, und daß sie daher, gleich jeder andern Ungerechtigkeit, den Unwillen des Volks erregen, und es um willig gegen fcit Regierung macken muß, so ist es offenbar, daß eine Landwehr mir Stellvcnretunq mchrs anders ist, als eine stehende Armee in der drückendsten und unkräftigsten Gestalt. Die Zeit, die ein junger Mann daran wenden muß, um sich rüstig zu machen, zur Vertheidigung seines Landes, vornämlich, wenn der größte Theil des Dienstes von ihm ver­ langt wird in einem Alter, wo ihm Beruf-geschäfte

obliegen,

kann

noch

feiten wickttge

nicht als schwierige Auf­

opferung der Einzelnen oder bedeutende Störung des producirenden

Nattonalfleißes

Lager, welches das

geachtet werden.

Sitzen mancher

Ein

jährliches

Arbeiter unterbräche,

könnte selbst sehr nützlich seyn zur Abwendung oder Vermin­ derung der Krankheiten, zu welchen diese Lebensart geneigt macht; und in moralischer Hmsickt könnte ein solches Zusammenfeyn durch zweckmäßige Anordnungen gctrtf; nützlich ge­ macht werden.

Die zu einem Bataillon gehören, und sich

unter den Augen ihrer Verwandten und Freunde sammeln, würden m.unfern in Nemlickkelt und Ordnung des Auszugs und in Geschicklichkeit der Bewegungen; und durch passende Belohnungen und Ehren würde es gewiß nicht schwer wer­ den, die Waffenübunqen zu einer beliebten Erholung des DolkS von den täglichen Arbeiten zu

machen.

Ware das

erlangt, so würde viel Zeit gespart, die jetzt durch Müfsiggang und Ausschweifung verloren geht,

während alle

Bürger

inniger vereint würden durch gemeinen Eiser für den offni» baren Zweck, Ehre, Heil und Freiheit des Landes. Die Vereinigung von Gewerben mit kriegcrtschcn Uebun­ gen kann nicht mit Reckt getadelt werden, als wäre sie Im Widerspruch mir dem Grundsatz der Theilung der liebelt, auf welchem der Wohlstand der Bürger ganz vorzüglich beruht. In

en allermeisten Fällen beschafft ein Mann, wenn er ein

einziges Geschäft treibt, mehr, und macht es besser, als mehrere Arbeiter, deren Aufmerksamkeit und Zeit auf verschiedene

3- K a pucl.

l. Abschnitt.

i

Geschäfte zersplittert wird. Dies paßt aber nicht auf die Waffenübungen; denn alles, was ftir einen Gemeinen nöthig ist, um in Reih' und Glied fechten zu können, ist leicht zu erlangen, und auch d,e größte Hebung und Fertigkeit kann ein großes Mißverhälrniß der Anzahl nicht gut machen. Gegen die Furcht, von der andern Seite, daß Waffen­ übungen der Geschicklichkeit unserer Handwerker schaden wür­ den, wird e6 hinreichen, nufnmffam zu machen auf die Art und Weise, wie die 'Arbeit durch Theilung einträglicher wird. Die große Vermehrung dec Anifacten, weiche sich bet glei­ cher Anzahl von Arbeitern au6 Theilung der Geschäfte ergiebt, beruht nach Di. Smith ..auf drei Dingen, erstlich, daß jeder einzelne Arbeiter an Geschicklichkeit gewinnt; zwei­ tens: der ersparten Zeit, die sonst durch öfteren Wechsel der Arbeit verloren geht; drittens: der Erfindung manntchfacher Werkzeuge, welche die Arbeit abkürzen und erleichtern, und einen Werkmann in Stand sehen, die Arbeit von mehreren zu liefern.“ Zn keiner von den genannten Rücksichten kann eine Land­ wehr nachtheilig werden. Die kurze Zeit der Waffcnübung, wenn sie gleich andern Werktagen mit Geschäften und An­ strengung ausgefüllt wäre, könnte den Handwerker weder an Müssiggang gewöhnen, noch die Gewohnheiten merklich stören, durch die er sich die nöthige Kunstfertigkeit erwerben soll; die Waffenübung ist nicht untermischt mit den gewöhn­ lichen Arbeiten, also geht keine Zeit durch öfteren Wechsel verloren; und die Erfindung mechanischer Hülfsmittel würds nickt gehindert werden, da der Eifer des Arbeiters für sein Geschäft weniger Gefahr läuft, durch die oesunde Dewegung im Freien, als durch anderen weniger unschuldigen Zeitver­ treib. Gewänne daS Vo'k überhaupt an Gesundheit und Stärke, oder würde eS von Zerstreuungen abgehalten, so würde die Nationalindusirie wahrsckelulrch mehr zunehmen als verlieren durch diesen einen Acistop gegen bas Princip der Theilung der Aibeit.

2.

20

D U vf».

Diese Betrachtungen sind vielleicht hinreichend, um bnt Scklup zu rechtfertigen, bof; eine Nationolmiltz nicht nur wesentlich nothwendig i|t zur Sicherheit des Staats, sondern auch so eingerichtet werden kann, daß sie die gnvöhnhcheti Geschäfte des Volks wenig oder gor nicht stöit.

Wir wür­

den uns jedoch täuschen, wenn wir annähmen, daß diese be­ waffnete Macht

allein Hinreichen könnte,

Rechte zu schützen,

und

die öffenrl'chen

den Vot theil und die Ehre deö

Staats zu behaupten. Ohne noch andere CEinrithtuttorn würde eine National­ miliz unzulänglich seyn, das Ganze zu vertheidigen.

Der

Dienst eines Offiziers kann nickt wie der eines Gemeinen erlernt

werden in kurzer unterbrochener Uebungezeit. Da­

mit die Bewegungen etneS Regiments ist erforderlich,

ordentlich geschehen,

daß jeder Führer einer Kompagnie

einen

deutlichen Begriff habe von dem, was geschehen soll, damit er unverzüglich seinen könne.

Leuten

den

nöthigen Beschl geben

Es ist kaum möglich, daß er schnell genug sti, vor-

zügilch zur Zeit der Gefahr, wenn er nicht so viel Uebung hat,

daß ihm jeder Theil des Dienstes fast mechanisch ge­

worden ist; das geringste Versehen aber oder Zandern, im Angesichte des Feindes, kann daö Regiment in verderbliche Verwirrung bringen.

Eben so nothwendig ist Genauigkeit

der Führer der Bataillone, dan^t Me Brigade sieh schnell und richtig bewege.

Der Brigadechef hat zugleich auf die aü-

gemeinen Bewegungen der Linie und darauf zu sehen, daß er feine Truppen auf die sicherste und wirksamste Weise iuS Gefecht bringt. Und bedenkt man Me vielen Talente, die tm Oberbefehlshaber vereinigt seyn sollen, Me schnellen und ausgedehnten Kombinationen, die zu machen sind. Me klare Ansicht, die er von den verwickclistcn Verhältnissen muß, Me nöthige XtWte des

haben

Urtheil* in Augenblicken, von

denen so manche Lebe 1, das Heil de? Vaterlandes, der eigene Ruhm abhängen, der Gewinn, welchen Me Erfahrung ge­ währen kann, und die Anschauung, welcke Me Erfahrung freilich nur dem Geweihten gewahrt, der mit einem Blick

i. Kapitel.

1. Abschnitt.

2i

fine Kette von Folqen erkennt, bedenkt man alle diele Erforberniffe, so laßt sich kaum Idugucn, dag die hochwichtige Kunst des Krieges unerreichbar bleibt, wenn die Offiziere sie nicht als das Geschäft ihres Lebens ansehen, dem sie alle Zeit und Kraft widmen.

Die beiden Theile der Kriegskunst,

welche das Geschütz- und Festung-wesen begreifen, müssen durchaus besonders gelernt werden, und zwat müssen nicht nur die Offiziere, sondern auch die Gemeinen hierzu beson­ der- angeleitet und fortwährend geübt werden. Eme stehende Schaar von Offizieren, Ingenieurs und Artilleristen bleibt also nothwendig, auch zur Vertheidigung; ohne ihren Bei­ stand könnte eine unermüdliche patriotische Miliz aiy Ende wohl den Sieg gewinnen, aber gewiß nur nach .'schweren Unfällen, welche bei vorsichtigen

Einrichtungen vermieden

wären. Wenn eine Landwehr ohne Beihülfe von stehenden Trup­ pen unzulänglich ist zur Vertheidigung, so muß sie noch weniger tüchtig seyn, um auswärtige Besitzungen zu schützen, oder den Krieg

auf feindlichem Boden zu führen.

Das

eigene Land zu vertheidigen gegen feindlichen Einfall, ist die klarste Pflicht jedes Bürgers, die gewiß allenthatben mit Lust und Eifer ausgeübt wird, wo nicht der Patriori-mubcs Volks erstickt ist durch despotische Regierung, und der kriegerische Geist erloschen durch alleinigen Dertaß aus Söld­ ner.

Aber weit von Hau- und Hof zu ziehen, die gewohnte

Lebensweise und Beschäftigung ganz zu verlassen, alle Mühe, Mangel und Gefahr zu tragen,

um etwa- .zu erringen,

dessen Nutzen weder unmittelbar, noch überhaupt deutlich ist, dazu gehört ein Grad von Hingebung für die Regierung, der kaum von der großen Menge des Volks erwartet wer­ den sann.

Als daher in Frankreich das Vaterland Krieger

zu seinem Schuh gebrauchte, geschah die

Ergänzung der

Heere ohne Starren und die Konskription war nicht sowohl der Schrecken unwilliger Rckruten,

als sie

vielmehr dazu

diente, den aufgeregten K äste» de- Volks die nützlichste Richtung zu geben, und den großen D darf der Armee zur

Zeit der Noth herbeizuschaffen.

Jetzt aber, da die Heere

verbraucht werden zu fernen Eroberungen, wird die Kon­ skription allgemein gehaßt, als die unerträglichste Art der Bedrückung, ungeachtet die glänzenden und fast ununterbro­ chenen Stege der Begier nach AriegSruhm schmeicheln müs­ sen, welche allezeit die Franken erfüllt hat; und die Fort­ dauer der Konskription trotz des allgemeinen Hasses, der sie mit Recht trifft,

ist der stärkste Beweis der Despotie der

jetzigen Regierung und der Armee. ES kann aber nützlich seyn, einige auswärtige Besitzun­ gen zu haben, zur Eröffnung oder Sicherung von Handels­ verbindungen mit entfernten Ländern; auch wird e6 zweck­ mäßig seyn, deutlichen Kriegürüstungen feindlich gesinnter Nachbarcn durch kühnen wohl zu rechtfertigenden Angriff zu begegnen. Wollte man geduldig warten, biS der Feind Alles wohl gerüstet hätte, und nun wirklich eingefallen wäre, so würden die Rechte dcS Volks vergeben und der Krieg würde auf die verderblichste Weife fürs Vaterland geführt werden. Auch kann ein Volk, das ungerecht angegriffen worden, sich nicht damit begnügen, sein Land vom Feinde gereinigt zu haben. Der Fetnd muß verfolgt werden, das angreifende Volk muß zu Haufe einen Theil des Uebel* erfahren, daS es andern bereitet hatte; Ungestraftheit und vielleicht der ungestörte Besitz ge­ raubter Güter würden stet* zu neuen Angriffen spornen. Eö giebt auch noch andere gerechte Gründe zum Kriege, außer bloßer Selbstvertheidigung.

Die Völker sind nicht so

abgeschieden

von einander, daß sie nicht Ansprüche hätten auf gegenseitige Hilfeleistung. Sie müssen angesehen werden als Individuen, freilich ohne das Band einer allgemeinen Obrigkeit, aber unt.r t>ir Obliegenheit, sich gegenseitig vor Unrecht zu schützet!. Wrrd ein Volt von einem mächtigeren angegriffen, so muffen alle Völker sich angegriffen halten, sie müssen alle­ zeit rüstig seyn, dem angegriffenen betzustehen,

und ist eine

Ungerechtigkeit gelungen, so müssen die Völker nicht leiden, baß das Unrecht belohnt werde, sondern sich verbinden, den Angreifer zu strafen. Dre edelsten Gefühle der menschlichen

3. Kapitel,

i

Abschnitt.

23

Trust forbem, daß ein Volk daS andere schütze, und dem Verstände ist eS klar, und jfbcm Volke muß eS klar seyn, daß durch Handeln nach diesen Gefühlen der Vortheil und die Sicher^?: von Nationen sowohl als Individuen am besten besorgt wird.

Geschieht es, daß schwächere Staaten unter­

drückt werden, ohne Widersehung von andern, so erwächst bald eine Macht, die allen gefährlich wird, und nach und nach die anderen Regierungen angreift, weiche in thörichtem. Vertrauen auf ihre egoistische Politik

an ferne Gefahr für

sich dachten, als sie ihre Nachbarn fallen ließen. Die-fieber­ hafte und oft übertriebene Desorgniß für das Gleichgewicht der Staaten, welche durch Ludwigs des Vierzehnten Ehrgeiz veranlaßt ward, hielt Europa in großer Unruhe und in stetem Schwanken, war allerdings Schuld an unnützen Kriegen und noch

mehr unnützen Rüstungen, und brachte

Grundsatz der allgemeinen Wachsamkeit, braucht war, fast in üblen Ruf.

zuletzt den

der freilich gemiß­

Aber aller Wahrscheinlich­

keit nach bleiben eine vernünftige Aufmerksamkeit auf die Macht sowohl, als die Gerechtigkeit benachbarter Staaten, Bündnisse der minder Mächtigen zu gegenseitigem Schutze und schnelles Vordringen, um feindliche Angriffe gegen irgend eine europäische Macht zurückzudrängen, die sichersten Grundlagen

des

Friedens

und

des

Glücks

in

unserm

Welttheii. Nicht, daß ein Staat das Aufblühn eines andern für einen zu rechtfertigenden Grund zum Kriege ansehen dürste, bloß, weil mir dem inneren Wachsthum auch verhälmtßmäfitg mehr Kriegsmittel gegeben werden. Das zu lehren, ist eben so falsch als unmoralisch. Die einzige erlaubte und würdige Art, der so wachsenden Macht das Gegengewicht zu halten, ist, daS gute Beispiel nachzuahmen, durch guten Haushalt, Schutzmittel für die Zeit der Gefahr zu sammeln, alle Kräfte nach innen und außen in die fruchtbarste Anwendung zu bringen, und so der steigenden Macht nachzueifern, welche Anlaß zur Desorgnlß geworden ist.

Und wenn auch, nach der Erfahrung

der fast untrennbaren Verbindung zwischen Macht und Ehr-

2.

24

$ ii ch.

geiz. Me zunehmende Macht eines Staat-, obwohl erlangt durch gerechte Mittel,

dennoch Eifersucht erregt, so darf

diese Eifersucht doch nicht weiter

gehen, als daß sie die

strengste Wachsamkeit veranlaßt, zu ausgedehnterLN Bünd­ nissen anregt, und

den geringsten feindlichen Bewegungen

rasch zu widerstreben lehn.

Wetter darf sie nicht führen,

ohne daß sie selbst die Quelle von Ungerechtigkeiten wird, und gerade die Uebel hervorbringt, die sie sich rühmt, verhüten zu wollen. Zu allen Kriegen, die weit von Hause sollen, sei es zur Selbstvertheidigung, z. von Jjtdonicen,

oder au- Pflicht,

dem

geführt werden D. zum Schutz

El-rgetz und dem

Mißbrauch der Macht anderer Staaten entgegenzuwirken, ist Landwehr offenbar nicht tauglich.

Die bloße Drohung des

Feinde-, ins Land zu fallen, wird dem Volke meistens ein geringeres liebet scheinen,

als das Ausmarfchtren in die

Fremde, und Unwille über Unrecht, welches entlegene Staa. ten sich einander zufügen, wird allein die Motive von eigener Ruhe, Wohlfahrt und Sicherheit nicht überwiegen. Jedoch ist auch bei solcher Gelegenheit eine Lmdwehr von großem Vortheil. Es wird dadurch beim Volke ein gewisses Maaß von kriegerischem Eifer bewahrt, und so die Ergänzung der rtgulalrm Truppen erleichtert; es sind die Bürger dadurch an eine gewisse KrtegSzucht gewöhnt, und so die Nenausgehobenen viel schneller zu guten Liniensoldaten zu bilden; und in UttgiücksfäUen ist Me Landwehr ein sicherer Damm gegen die Rache und Ehrsucht deS Feindes, so daß auch nach gänz­ lich fchlqeschlaaenen Unternehmungen die Nationalunabhängigkett nicht gefährdet wird.*)

*) Nimmermehr kann künftig die Rede seyn vom Nutzen einer Landwehr, ohne deß Musters der Preußen zu gedenken. Wir alle sind chm T'anf und Vertrauen schuldig. Nie ist achtere Tapferkeit gewesen, als die der Preußen, denn sie waren sich Der Gefahr eben so deutlich

bewußt, als des hohen Ziels. Anmerk. d. Ucbersetzers.

3 Kapitel.

2.

Abschn i t t.

25

Zweiter Abschnitt. Stehendes Heer. Cln stehendes Heer kann gebildet seyn au- Elngeborne« oder Ausländern. Wenn es auS Fremden besteht, so läßt sich erwarten, daß Offiziere und Soldaten, die kein Interesse am öffentlichen Wohl haben, ihr eigene- Leben und ihre Sicherheit dem Dorthelle ihrer Bezahlet vorziehn, und also nicht- mehr thun werden, al- nöthig ist, um nicht gestraft zu werden. So kann es dahin kommen, das; *on Söldlingen nur Scheinge­ fechte gehalten werden, kostbare Waffcnspiele, die nur durch Erschöpfung der Kassen beendigt werden. Die Schlachten der Condottieri in Italien waren bt-wetlen ganz unblutige Kämpfe. *) Und außerdem kann kein Verlaß feint auf die Treue sol­ cher Truppen gegen ihren Miethsherrn. Bietet der Feind höheren Sold, so ist e- leicht möglich, daß sich bet erster Ge­ legenheit ihre Unzufriedenheit äußert, daß sie von einer Har, thet zur andern übergehen, und diejenigen angreifen, denen sie sich erst al- Beschützer vermlethet hatten. Sie treten den Krieg al- ein Gewerbe, und wie überhaupt im Handel, so läßt sich auch von ihnen erwarten, daß sie ihre Arme, ihre *) ,,Quen langne iu Ttaln, perche inanzi a quosta moiivano poclüstimi uomini In un fatto-d'aime." Gtiicciardini Lib. II. „Macchiavel rapporre, que dans inie bataille de ces tem* la, il n'y eut de luort, qu’un cavalier etouffu dans la. presse.'4 Voltaire essai siir l’histoire genrr. ebap. T.XXXVT.

2.

26

Dach.

einzige Waare, für den höchsten Preis weggeben, ohne frü­ heren Vortheils oder Schadens zu gedenken.

Unter solchen

Umständen ist Geld wirklich der Nerv des Krieges und wer dte Einkünfte der kriegführenden Mächte berechnen sann, der weiß ziemlich sicher voraus,

wem zulehr der

Sieg bleiben

wird. Ein solches Heer aber, wie verächtlich auch als Vertheldigungsmittel, ist doch immer furchtbar für das Land, von dem es unterhalten wird. Ein Volk, das die Sorge für feine Nationalchre und Unabhängigkeit Fremden anvertraut, muß bald

allen

krlegerischen Geist

Beute derjenigen

verlieren, und

werden, welchen

eine leichte

eS der eigenen

Erfüllung kletnmüthtg aufgetragen hatte.

Pflicht

Im gewöhnlichen

Laufe der Dinge werden fremde Söldlinge den Despotismus des Fürsten unterstützen, der sie bezahlt; es wird aber auch nicht an

Gelegenheiten fehlen,

wo sie

lassen, den rechtmäßigen Fürsten des und einen Usurpator zu

erheben,

sich

dazu bestechen

Throns zu entsetzen,

der ihnen höheren Sold

oder mehr Unaebundenheit verspricht,

und

wenn

sie

sich

start genug fühlen, so setzen sie wohl gar ihren eigenen An­ führer auf den Thron, und treiben, gleich den Mamelucken in Aegypten für eigene

Rechnung die Räubereien und D.-

drückungen, denen nicht

selten

lec

erborgte Name

einer

ordentlichen Regierung gegeben wird. Wenn eine stehende Armee nur auS Eingebornen errich­ tet ist, so sind dte damit verbundenen Gefahren allerdings geringer, aber auch dann ist es nicht leicht, diese Art von bewaffneter Macht so

zu beordnen, daß

alle gegründeten

Besorgnisse für die Sitten und Freiheiten deS Volks weg­ fallen. Stehende Heere sind nach der Art, wie sie bisher ergänzt wurden, größtentheilS zusammengesetzt auS

verlornen Men,

schen, die entweder zu träge sind zum Arbeiten, oder, weil sie ihren guten Ruf eingebüßt

haben, nicht leicht eine Stelle

unter ordentlichen Arbeitern finden konnten.

Man muß gcsie-

*vn, daß die Sitten solcher Menschen im Waffendienst kaum

3- Kapitel.

2. Abschnitt.

27

verschlechtert werden können, vielmehr kann ihnen die streng« Kriegszucht, die unmittelbar freilich nur darauf geht, den Solda­ ten von solchen Vergehungen abzuhalten, die ihn zum Dienst un­ tauglich machen, überhaupt nützlich seyn. Aber e< finden fich unter den geworbenen Truppen auch Knaben, die noch nicht im Stande find, ihr eigenes Interesse zu beurtheilen, leichl sinnige junge Leute, die der Prunk der Kleider und Waffen reizte, oder ein Augenblick ungewöhnlicher Ausschweifung ver­ führte, und fleißige Handwerker, di« während eines Still­ standes der Manufakturen gezwungen wurden, diese letzte Zuflucht vor drückendem Mangel zu suchen.

Indem sie den

Soldatenrock anziehen, verändert sich nicht nur ihr Aeußeres, sondern auch ihre Sitten und Gewohnheiten bleiben nicht mehr dieselben.

Im

Feld«

sind ihre Beschwerden

und

Mühen freilich größer, als in ihrem vorigen Stand«, aber in FriedenSzeiten oder im Kanto.inement sind ihre Geschäft« Schildwachstehn, zweimal täglich sich dem Hauptmann zur Schau stellen, und dann und wann einige Waffcnübung, eigentlich nicht- als Müssiggang. Die übrige Zeit haben sie nichts zu thun, als ihre Kleider zu putzen, wenn sie nicht etwa zur Werbung gebraucht werden,

und junge Leute zur

Ausschweifung verführen und einsangen.

Solche Lebensart

muß bet Vielen die Neigung zum Müssiggang vermehren, der für Viele das Anlockende zum

Militatr war, bet denen,

dir fleißig waren, sie hervorbringen. Und es ist nicht wahr­ scheinlich, daß dieser Müssiggang frei sollte, wo so viel« Reizungen dazu Mensch kann nicht

von Lastern bleiben

zusammentreffen.

Der

ganz leer und gleichgültig bleiben, und

hat er keine andere Arbeit, so sucht er seine Lust zu befrie­ digen, und thut Schlechtes, ehe er nichts thut.

Wer auch

eine Zeitlang widerstand, wird doch durch die Lockung oder den Spott seiner Gesellen zu Ausschweifungen hingerissen. Da« Bkisammenscyn auf der Wache, und die viele unbeschäf­ tigte Zeit macht,

daß die Soldaten von einer Kompagnie

sich bald genau und die meisten von demselben Regiment sich mv'ie kenn.»; wo aber schon viele verderbt sind,

>nd alle

2.

2L

wüssiq

gehen,

vermeidlicb.

da

ist

Buch.

Sittenverderbnlß

Aller

fast up«

Daker ist es selten, das; em Soldat zu ntlcfoltt»

nrm fleißigem Leben zurückkehrt, und wenn ein Regiment rerringert

wird,

so

sind

die

meisten

Verabschiede­

ten, verwöhnt durch das muffige Soldatenleben, nicht mehr Im Stande, Tag für Tag fleißig zu seyn, sondern fallen ihren arbeitsamen Verwandten zur Last, oder lassen sich ver­ leiten zu Verbrechen gegen die allgemeine Sicherheit, und sehen sich der Rache des Gesetzes aus. Und

dieser Sittenverderb verbreitet sich leicht von der

Armee unter die übrigen Einwohner.

Die Soldaten durch

ihre prunkende Kleidung, ihr keckes Auftreten, ihre Erzäh­ lungen von dem, was sic thaten und nicht thaten, reizen die Bewunderung und die Nachahmung der Jugend. Man sucht ihre Bekanntschaft, um ihr* Geschichten zu hören, um ihre Vergnügungen zn theilen, man sieht, wie sie feiern, während der Handwerker den ganzen Tag arbeiten muß, wie sie lose und locker leben, während ihm ein Tag ernst ist, wie der andere.

So lassen sich manche verführen, den Fahnen zu

während andere, abgehalten von der Furcht vor den ©türmen des Soldatenlebens oder von ihren Freunden, sich dennoch anstecken lassen von den Fehlern der Soldaten, und unnütze oder schädliche Glieder der Gesellschaft werden. Eben der Prunk der Soldaten,

ihr unterhaltenderes Gespräch,

ihre größere Gewandheit sind gefährlich für die Frauenzim­ mer, die daS Unglück haben, ihnen zu gefallen, und so oft ein Quartier verändert wird, bleibt eme Menge von solchen unglücklichen oft getäuschten Personen der Schande und dem Laster überlassen.

Daher die gegründete Meinung, daß ein

Jüngling oder ein Mädchen, die mit Soldaten in näherer Verbindung stehn, auf der Dahn des Verderbens gehn, daß die Sitten der Garntsonplähe in der Reget sehr verdorben sind, und daß eine stehende Armee als eine Einrichtung an­ gesehen werden muß, welche die Gefängnisse

und liederlichen

Häuser bevölkert. Die Geschichte aller Völker, indem sie zeigt, daß der

3- Jtapucl.

Abschütte.

Verfall oder die Dcrilichtung der Freiheit

2g

die säst

unver«

weibliche Folge der Errichtung einer stehenden Armee gewe« sen, ist Beweis genug, daß eine stehende Armee nicht weniger Gefahr bringt für eine freie Verfassung als für die Sitten des Volks. Fürst selbst

Aber es ist behauptet worden: „daß, wo der Oberfeldherr sei, wo die

LorbS und die Ver­

mögendsten überhaupt die erstm.Offlzierestellen bekleiden, wo die bewaffnete Macht unter dem Befehl derer steht, welche das größte Interesse haben, die obrigkeitliche Macht aufrecht zu erhalten, weil sie selbst den metsten Theil daran nehmen, ein stehende- Heer, der Freiheit nimmermehr gefährlich wer­ den, Im Gegentheil, in einigen Fällen derselben günstig seyn könne.

Die

Sicherheit,

die

der Fürst

dadurch

erhält,

macht die unruhige Eifersucht uniiöthia, die in einigen neueren Republiken zu bewachen

die

geringfügigsten

scheint, und alle

Handlungen Augenblicke

der

Krone

die Ruhe der

Bürger stören möchte/) Diese Meinung verdient beleuchtet zu wetden, weniger vielleicht

wegen

thr-6

GehaltS,

als

wegen

der

großen

Autorität dessen, der sie auewrtchr. Der Fürst ist nur dem Namen nach Oberfeldherr, ausge­ nommen in den ersten Zeiten der Rohheit, oder wenn die Lage des Landes ganz eigenthümlich ist, oder die Talente des Für­ sten besonders ausgezeichnet sind, und eS scheint, daß für den Staat so wenig

aie für den Fürsten bedeutende Sicherheit

daraus erwachsen kann, daß dieser ein Amt har, dem er nicht selbst vorzustehen vermag. Die römischen Kaiser eigneten sich die Triumphe aller ihrer Feldherrn zu, aber das schützte sie doch

nicht davor, von ihren

Truppen vom Throne ge­

stoßen zu werden. Zn neueren Zeiten pflegt jedoch die Macht der Feldherrn geringer und auf kürzere Zeit beschränkt zu sonn.

Der Fürst kann, so lauge allein von ihm die Beför-

buung in der Armee abhängt, dieselbe leicht fo zujammen-

)

Von Nationalrctch'hnm. 5. Buch.

t.

Kap. 1 Ablhett.



2. B u ch.

fetzen, baß der Ehrgeiz der Befehlshaber, die er selbst er­ nannt, und nach Willtühr absehen kann, nicht sehr zu fürch­ ten ist. WeniqstenS ist dadurch für die Sicherheit der Für­ sten in der Regel hinlänglich gesorgt; für das Volk in etwas; denn obwohl, wenn tyrannisch regiert wird, ziem­ lich gleichgültig ist, unter welchem Namen, so ist doch der Wechsel der Herrscher allezeit mit grosser Verwirrung und häufig mit Verbannung, Aechtunq und Blutvergiessen verbunden. DieS ist also einige Sicherung gegen Empörung und Usur­ pation, aber nicht zu Gunsten der Freiheit; es wird da» durch nur der Besitz der Macht, rechtmäßiger oder ungerechrer, auf festen Grund gestellt. Wichtiger ist, was zur öffentlichen Sicherheit die persön­ lichen Verhältnisse und daS Vermögen der Offiziere beitragen, obwohl auch dieses von Smith zu hoch angeschlagen zu wer­ den scheint. Kein Fürst kann sich der bewaffneten Macht gradezu gegen das Volk, ohne Dcistiminung oder Zuthun der Offiziere bedienen, und wenn er Plane har gegen dieFretheiten deS Lande-, so wird eS ihm gewiß schwerer, begüterte und angesehene Männer zu seinen Helfershelfern zu machen, als blosse Glücksritter. Aber, wenn er klug genug ist, Handgrejfiiche und empörende Unterdrückung zu vermeiden, und mit Geschicklichkeit seinen Truppen Ersatz giebt für den all­ gemeinen Umsturz der Freiheit; so kann er zuversichtlich auf ihren Beistand rechnen, und der Preis für diesen Beistand seiner bewaffneten Diener, welcher Art er auch seyn mag, wird zuletzt vom Volke bezahlt werden müssen. Offiziere, die zu reich sind, alS daß Geld sic reizen könnte, werden durch Aussicht auf.höheren Rang oder vielleicht durch Schmeichelei aus dem Munde des Monarchen gewonnen werden, und ander«, die solchen Lockungen widerstehen, lassen sich vielleicht verführen, durch neue Vorrechte und Ehren, die den KorpS versprochen werden, denen sie angehören, oder durch Erbrecht angehören können. Wie verhasst auch der Despotismus der Fürsten den Grossen seyn mag, so kann cv ihnen doch errräg« itch und annehmlich gemacht werden durch Gewährung ähn-

3» Kapitel.

2. Abschnitt.

3*

licher Gewalt über da- Volk; und durch Verschmelzung der Vortheile der Aristokraten mit denen deS Fürsten kann eint K eS wohl erlaubt, zu schließen, daß diese Einmischung eine für den Manufakturisten

und Kaufmann minder vorth-il-

hafte Anwendung veranlassen wird, die ebendeswegen auch für die ganze Nation eine weniger günstige ist. Dem Einzelnen kann ein Verlust der Art vergütet wer­ den. Die Negierung wählt nie besondere Kaufleute und Manufakturisten auS, imi) bestehlt ihnen nie namentlich, ihr Kapital in einem besondern Geschäft anzulegen.

D:e lltigc*

rechlizkeit solcher Einmischung würde zu auffallend und die daraus einspringende Unsicherheit des Eigenthums zu drückend und tyrannisch seyn. kann, ist oft mittelbar

Aber was nicht unmittelbar geschehen ausgeführt worden, auf eine Weise,

die, wenn auch überhaupt nachthcilig für andere Klassen der Gesellschaft, und nicht selten den Foilschrilten des NationalWohlstandes entgegenwirkend, dennoch den geradezu durch die neue

Anordnung

getroffenen

Personen

keine

Uisache

zu

klagen giebt. Bisweilen wird der Ausfall am Vortheil, den ein ge­ wisser Handelszweig verursacht, welchen die Regierung zu befördern wünscht, erseht durch eine Prämie auf die Erzeu­ gung oder Ausfuhr einer gewissen Waare.

Hierdurch wird

offenbar ein Theil des Nattoi»alvermögenS auf einen minder einträglichen Weg gewiesen, als den cS im sonstigen Lauf der Dinge eingeschlagen haben würde.

Ein Jeder Ist durch sein

Privatinteresse hinlänglich angetrieben, sein Kapital auf die Art anzulegen, bic ihm den meisten Vortheil verspricht, und wer für seinen eignen Vortheil zu sorgen har, irrt sich feite», wenn er unter mehreren ihm offenstehenden Wegen den vorthetlhaftestcn wählen soll.

Ohne alle Einmischung der Negie­

rung wird alles Kapital der Kaufleute auf die Art angelegt werden, welche nach vorhandenen Umständen den größtmög­ lichsten jährlichen Ertrag liefert. Wenn aber der Staat, aus Anmaßung der obersten Behörden oder auS besondern poli­ tischen Absichten, wünfcht, daß ein Theil des Kapitals so angelegt werde, daß es geringeren ZinS bringt, so ist eS billig, daß dieser Auesall am Einkommen dem Eigner deS

4 Kapital-

Kapitel.

vergütet «erbe

4. Abschnitt.

99

durch eine Abgabe bcr* übrigen

Einwohner. E- darf jedoch nie vergessen «erden,

daß eine solche

Abgabe vom Volke erhoben wird, ohne einigen unmittelbaren Vortheil dafür zu erhalten.

Da- Einkommen aller derer,

von welchen die Abgabe zur Auszahlung der Prämie erho» den wird, wird um so viel verringert.

Für sie ist es gerade

dasselbe, als ob ihr Grundstück oder Kapital uui so viel gertnaeren Ertrag gegeben hätte; es mag die Schmälerung ihres Einkommens noch so

sehr versteckt werden durch ein

künstlich zusammengesetztes Adgabensystem. Die Beförderung eines Handelszweiges oder Gewerbes durch Prämien ist also eine Methode, wodurch die Nation grade um so viel ärmer wirb,

als die Summe der Prämien und

die Kosten der

Hebung der dazu nöthigen Auflage betragen. Zn andern Fällen wird ein besonderer Handelszweig auf­ gemuntert, indem man schweren Zoll legt auf die auS der Fremde eingehenden ähnlichen Waaren, gänzlich verbietet. die üblichen Zinsen

oder ihre Einfuhr

Dadurch wird eine Manufaktur, welche de- angewandten Kapital- nicht hätte

liefern können bet freier Konkurrenz, vor dieser geschützt; in» dem diejenigen, welche zu wohlfeileren

Preisen verkaufen

möchten, vom Markte ausgeschlossen werden, muß der Preis der Waare steigen, und der begünstigte Manufakturtst kann nun mit demselben Vortheile arbeiten wie andere Arbeiter. Diese Begünstigung aber geschieht, wie die vorige, durchaus auf Unkosten aller übrigen Glieder der Gesellschaft. Obwohl in diesem Fall keine allgemeine Abgabe eingefordert wird, deren Betrag sich genau berechnen ließe, so ist die Wirkung davon doch keine andre, als daß in Wahrheit eine Auflage, und zwar eine ganz unbestimmte, auf alle die gelegt wird, welche die Waare, deren Verfertigung begünstigt wird, kaufen. Ein Verbot fremder Setdenwaaren oder ein hoher ZoÜ auf ihre Einfuhr seht den einheimischen Manufaktmtsten in den Stand, seinen Preis so zu steigern, daß er den üblichen Ertrag von der Anwendung-art feine- Kapital- gewinnt. Aber diesen

ICO

2.

Buch.

gesteigerten Preis betakle» die Käufer, ohne daß sie dafür im geringsten wehr Genuß härten. Wäre der Handel frei gewesen, so wäre das Kapital, das nun in Seibenmanuffttturtn angelegt worden, auf andere Weife angewandt, so baß eS den üblichen Zins geliefert hätte, und alle, welche Setdenzeug brauchen, könnten die nämliche Menge um wohl» feileren Preis kaufen, behielten also noch überdies so viel zurück, als die künstliche Erhöhung des Preises beträgt, zur Vermehrung der Genüsse oder zum Aussparen. Unterweilen wird ein Vertrag geschloffen zwischen zwei Nationen, wodurch sie sich gegenseitig für ihre Produkte gewisse Erleichterungen und Vortheile auf den beiderseitigen Marktplätzen versprechen. Die Folge eines solchen Bundes ist, daß die Konkurrenz vermindert wird, daß die Einwoh' ner beider Länder gezwungen werden, gewisse Waaren theurer zu bezahlen, als bet freiem Verkehr nöthig wäre; also, wenn Treue von beiden Seiten statt findet, daß beide Theile ver­ lieren. Und dieser Verlust wird ketneöwegeS in pekuniärer Hinsicht gut gemacht. Der Vortheil der Kaufleute, welche solche besonders von der Regierung begünstigte Handels» zweige treiben, kann nie das im Lande gewöhnliche Maaß deS von Handelskapitalien eingehenden Gewinnes überstet: gen, ohne daß nicht sogleich mehr Kapital diesem Handels­ geschäft zufließt, btS wieder durch Konkurrenz dieser Vortheil zum gewöhnlichen Grabe gemäßigt ist. Der Vortheil also von diesen begünstigten Handelsgeschäften wird nicht höher seyn alS von andern, nicht höher als der Vortheil, den ohne Einmischung der Regierung dasselbe Kapital, auf andre Weise angewandt, eingebracht haben würde; und die ganze Wir­ kung solcher Handelsverträge wird darin bestehen, daß in dem einen wie dem andern Lande Kapitalien zu an sich minder einträglichen Geschäften verwandt werden. Ein Dedürsniß, kraft dessen eine Nation der andern eine Abgabe bezahlt, unter der Bedingung, daß ein Theil deS Handelskapitals unvortheilhaft angewandt werde, und daß zu demselben Zweck ihr eine ähnliche Abgabe entrichtet werde, kann weder dem

4. Kapitel.

4 Abschnitt.

101

einen noch dem andern Theil erspießlick seyn. Beide wollen gewinnen, aber eS kann kaum anders seyn, al- daß auf diese Weise beide verlieren. Die Gerechtigkeit solcher staat-künstlicher Maaßregeln ist nicht weniger zweifelhaft, al» ihr politischer Nutzen. Aller» dlng< ist jeder Bürger verbunden, zu den Staat-bedürfnissen beizutragen nach seinem Vermögen; denn durch die Staat«» ausgaben genießt er Vortheile, «eiche dle Last seiner Abga» brn wett überwiegen. Aber e- würde wenigsten- sehr schwer seyn, zu zeigen, baß derjenige, welcher «lne Anflage bezahlen muß, wovon »ine Prämie auf gewisse Waaren bestritten werden soll, irgend einen unmittelbaren oder mittelbaren Vor» theil genießt von den Zweigen de« GewerbfletßrS, dle er auf solch« Art zu unterstützen gezwungen wird. Dle Kaufleute selbst und die Manufakturtsten, deren Geschäft da< von der Regierung durch Prämien begünstigt« ist, ziehen von ihrem dazu angewandten Kapital nicht mehr al- den gewöhnlichen Zins; e« müßten sehr sonderbare Umstände seyn, unter wel» chen ein Verfahren, da- eine Klaffe von Einwohnern offen­ bar um etwa- ärmer macht, ohne irgend einen andern zu bereichern, den Reichthum, die Macht, oder die Sicherheit de- Staate- vermehren könnt«. Wenn also Zin«, der jährliche Gewinn vom angewandten Kapital, der Hauptzweck wäre» so wäre «- ohne allen Zweifel da« Zweckmäßigste, dem Handel vollkommne Freiheit zu lassen, indem wir sicher seyn könnten, daß in dieser Hinsicht dat Interesse aller Einzelnen übereinstimmt, oder vlelmehr ein- und dasselbe ist mit dem Interesse de« Gemeinwesens. Aber ein so allgemeiner Grund ist nicht für alle einzelnen Fäll« ohne Au-nahme bündig.*) •) Nicht selten redet Smith so, al« ob der Dortheil de« Kaufmann« da« Maaß de« Dortheil« wäre, der au« seinem be­ sonderen Geschäft für den Staat erwächst, obwohl er früher deutlich gezeigt hatte, (Wealth of N*t. 2. B. 5. Cap.) daß der Dortheil de» Einzelnen und der de« Publikum» entgegengeseyt seyn könne.

2.

1C2

Buch.

Es kann andere Gesichtspunkte, es kann besondere Zwecke geben, denen zufolge das Interesse des Einzelnen von dem deS Gemeinwesenstreitend ist.

verschieden oder demselben gar wider»

ES sind also besondere Falle möglich, in wel­

chen die Regierung berechtigt ist, zur Förderung eines großen und wichtigen politischen Zwecks, in das besondere Interesse der Kaufleute einzugreifen, und die Anlegung von Kapital in einem Geschäft zu begünstigen oder zu erzwingen, weiches dem Staate nützlich ist, aber doch nicht ohne Unterstützung der Regierung von einzelnen Unternehmern mir Dorrherl ge­ trieben werden könnte. I.

L- ist schon bemerkt worden,*) daß festes Kapital

unproduktiv ist, wenn e- nicht unterstützt wird durch einen Theil des umlaufenden Kapitals, daß also, wenn das letztere einer besonderen Manufaktur entzogen wird, zugleich auch der Werth des ersteren vernichtet wird.

Umlaufende- Kapi­

tal tu besonderen Geschäften angewandt, sann betrachtet wer­ den al- doppelten Ertrag verursachend, einmal den

eignen

Zins, und dann den Gewinn vom festen Kapital, welches ohne die Mitwirkung de- umlaufenden Kapitale völlig un­ produktiv seyn würde.

Hieraus darf man, wie es scheint,

schließen, daß, wenn ein Theil deS

Nationalvermögens in

Wcrkmafchinen besteht, die Erhaltung

ihres Werths, des

darin steckenden Kapitals von Wichtigkeit ist; da dieses aber nur geschehen kann durch Sicherung

der Mitwirkung von

umlaufendem Kapital, so scheint es zweckdienlich, einige Prä­ mien auf die Erzeugung gewisser Waaren zu setzen, und die Einfuhr wetteifernder Waaren zu erschweren. Es läßt sich denken, daß der durch die unvortheilhaste Anwendung deS umlaufenden Kapitals verursachte Derlust werden kann durch die Kapitals. Dagegen ist folgendes zu bedenken:

l)

reichlich

vergütet

beförderte Einträglichkeit des festen

Im *. Abschnitt dieses Kapitels.

4 Kapitel.

4. Abschnitt.

103

Wenn der Vortheil von beiden so angelegten Kapitalien, dem feste» und umlaufenden zusammen, etwa- mehr beträgt, als der übliche Zins vom umlaufenden Kapital, so Ist keine Gefahr, daß die Manufaktur ln Stillstand gerärh. Wie sehr auch der Ertrag von dem ln den Wrrkmaschinrn steckenden Kapital vermindert seyn mag, so ist es doch das Interesse des Eigner«, die Wirkmaschinen ln Thätlgkrlt zu

unterhalten,

lieber, als daß er lenen wenn auch kleinen Ertrag ganz ent« behrt, oder aber seine Maschinen an andre zu vcrmiethen, wenn auch um eine geringe Vergütung. Sind dir Umstände dem ganzen Geschäft so widrig,

daß das dazu verwand»

umlaufende Kapital nichts mehr als seinen üblichen Zins rin» bringt, daß aber von dem dazu verwandten festen Kapital gar kein Einkommen ist, so hat das letzte wirklich schon sei» ncn ganzen Werth verloren, und in sofern es auf jährlichen Ertrag ankommt, schon aufgehört z» seyn. Wollte man nun einen erböhelen Preis der Fabrikate von den Käufern bo» zahlen lassen, oder durch «ine Auflage auf alle Einwohner dem Eigner des in den Werkmaschinen steckenden Käpitals den gewöhnlichen Zins desselben herbeischaffen, so würde da­ durch nichts ander« bewirkt, als daß, was einigen genommen würde, in den Deutel andrer flösse; die Summe des Einkom­ mens aller würd« keinrswege« dadurch vermehrt werden. Der Eigner einer Werkmaschine büßt an seinem Eigenthum «in, wenn jene an Werth verliert, aber er hat kein Recht, von Andern Ersatz zu fordern, «eil seine Unternehmung unrlch» tig berechnet oder unglücklich grwesen ist. Der Belauf des Nationalvermögens ist verringert dadurch, daß rin Theil desselben so angelegt worden, daß daraus kein Ertrag er­ wächst ; aber der Verlust an festem Kapital kann nichr wie­ der ersetzt werden dadurch, daß man jemand das Recht giebt, einen Antheil vom Einkommen seines Nachbarn zw fordern. Freilich, wenn einzelne Unternehmer unmittelbar von der Regierung aufgefordert worden sind, ihr Vermögen in eine bssondere Art von Wertmaschinen zu stecken, so haben sie

2.

104

D. u ch.

gerechten Anspruch auf die ihnen ursprünglich bewilligten Vorrechte oder auf vollständigen Ersatz für die Zurücknahme derselben. Da sie verleitet worden, ihr Kapital in solchen Sachen anzulegen, aus denen sie es hernach nicht wieder lösen können, so würde es ungerecht seyn, zu verlangen, baß sie einen Schaden tragen sollen,

der durch allgemeine poli­

tische Maaßregeln verursacht worden. Wenn man in solchen Fällen wünscht, eine besondere Art von Manufak­ turen nicht ferner zu unterstützen, (und es muß bald ein Ende damit gemacht werden, damit nicht noch mehr Ka­ pital auf dieselbe

unfruchtbare Weise

ist es billig, denen,

angelegt

die darunter leiden,

werde) so

Ersatz zu geben

durch eine Prämie auf Waaren, die mittelst der schon vor­ handenen Maschinen verfertigt sind, oder besser durch Auszah­ lung einer Summe ein für allemal, die dem wahrscheinlichen Schaden angemessen ist. Diese Betrachtung muß die Regierung äußerst vorsichtig machen im Versprechen von Prämien, zu dem Zweck, die Anlegung der einen oder der andern Art festen Kapitals zu befördern.

Diejenigen Geschäfte, welche allein durch umlau­

fendes Kapital betrieben

«erden, können mit viel gerin­

gerer Schwierigkeit, obwohl selten mit einigem wahren Vor­ theil, nach

den politischen Ansichten oder Handel-theorien

eines Ministers bevrdnet werden. Die Geschicklichkeit der Arbeiter, welche ihr festes Kapital ausmacht, kann unstreitig einen vollen Ersatz fordern, wenn dieselbe durch veränderte Maaßregeln der Regierung weniger einträglich wird; aber das umlaufende Kapitol, welche- allemal leicht au- einem Geschäfte in ein andres übergeführt werden kann, erleidet keinen

Schaden durch die Zurücknahme von Monopolten,

Prämien, und andern besonderen Aufmunterung-mitteln, es kann für dasselbe nichts mehr verlangt werden, als daß ein gewisser Zeitraum gelassen wird, um ohne Uebereilung das Kapital aus dem einen Geschäft jurückzuztehn, andre Handelstanäle fließen zu lassen.

und es in

4- JteplKl. t.

4. Abschnitt.

105

Obwohl der jährliche Vortheil oder Zins der einzig«

Gewinn ist, welchen der Eigner von der Anwendung deffelden hat, so ist dieses doch nicht der einzige, noch der Haupt» sächliche Gewinn, der sät den Staat daraus erwachsen kann. Einige Anwendung-arten des Kapitals, wodurch es als Ar­ beitslohn

vertheilt wird, gewähren arbeitenden Menschen

Unterhalt und einige Annehmlichkeit; andere Anwendung-» arten giebt es, welche dem Eigner des Kapitals gleichviel Zins abwerfen können, außerdem aber keinem andern Gliede der Gesellschaft irgend ein Einkommen, irgend einen Vortheil gewähren. Hundert Pfund, im Manusakturwefen angelegt, (Simm hinreichen, den Lohn von zwei oder drei Arbeitern das Jahr hindurch zu bezahlen Diese Arbeiter bringen, die Wahrheit zu sagen, alles an sie Ausgegebene und mehr als das wir» der ein; aber «ährend des Fortgangs ihrer Arbeit und bis dahin, daß diese verkauft ist, zehren und leben sie mit ihrer Familie von diesen hundert Pfund Wäre kein zu ihrem Un» »erhalt anzuwendendes Kapital da gewrsen, so wäreq sie ent­ weder aus Mangel umgekommen, oder sie hätten in «in fremdes Land auswandern, «dro sie hätten in irgend einem andern Zweige des Fabrikwrfens aobeitrn müssen, durch welche «nverhältnißmäßige Menge der Arbeitbegehrenben der Lohn gesunken, mithin ihr eigner und andrer Arbeiter Zustand ver» schlechtert worden wär«.

Das im Manufakturwesr« ange­

legte Kapital giebt also nicht nur seinem Eigner jährlichen Zins, sondern gewährt auch Unterhalt-mittel für seinen gan» zen Belauf, vermehrt durchaus die Summe des Lebens, und, wenn Leben wünschen-werth ist, des Glütks. Wären dieselben hundert Pfund im Handel angelegt, so hätten sie denselben «0 nicht größeren Zwo geliefert; aber rS wäre möglich, daß sie unmittelbar nicht einem einzigen Einwohner des Landes

Unterhalt geschafft

hätten.

Di«

Waarm, in welchen da« Kapital angelegt ist, konnten «ln Jahr lang gelagert seyn im Speicher, und konnten mittler­ weile im Preise gestiegen seyn, oder

das Kapital konnte

3

io 6

Buch.

Ungewandt «erden, um die Kosten des Transports gewisser Waaren von einem Ort in der Fremde nach einem andern zu bestreiten.

In keinem von beiden Fällen gewährt das

Kapital, «ährend eS so angewandt ist, der Nation, wel­ cher eS angehört, Unterhalt oder Genußmtttel. Einige Arten von Handel indeß dienen mittelbar dazu, Arbeitern Lohn zu verschaffen.

Der Kaufmann, welcher

einen Vorrath von rohen Stoffen hält, und der Kleinhänd­ ler, welcher die verarbeiteten Sachen an Einzelne verkauft, sehen den Fabrlkherrn in Stand, sein ganzes Kapital auf den Unterhalt seiner Arbeiter zu verwenden.

Wenn jene

Geschäfte nicht von andern getrieben würden, so müßte der Fabrtkherr selbst sie treiben, und ein Theil seines Kapitals müßte dann gerade so angewandt werden,

wie das Kapital

beS Kaufmanns und des Kleinhändlers, indem er einen Dorrath von rohen Stoffen und von fertigen Sachen liegen haben müßte.

Auf gleiche Weise nützt der inländische Han­

del, wodurch eine Waare nach einer Gegend gebracht wird, wo große Nachfrage darnach ist, und eine andere dort überslüsstge zurückgebracht wird, indem er das Kapital zweier Fabriken in verschiedenen Theilen deS Landes den Fabrik­ herrn zurückschafft, und den einen wie den andern in Stand seht, mehr Arbeiter zu unterhalten, als wenn sie selbst die Waaren verschicken, und gegen solche

Sachen, die Bedürf­

nisse der nächsten Gegend sind, vertauschen, und daS ver­ spätete Zurückkommen ihres Kapitals erwarten sollten. Ein Kaufmann bcr mit der Fremde handelt, wenn er Inländische Fabrikate versendet und fremde Waaren einführt, giebt einem einheimischen Fabrtkhcrrn und einem ausländi­ schen sein angewandtes Kapital zurück; sein HandlunqSkapttal dient nur zur Hälfte, die Arbeiter seines Landes zu unterhalten. Wenn er sich bloß darauf beschränkt, den Tausch­ verkehr fremder Länder zu unterhalten, und sich noch dazu fremder Schiffe bedient, so erseht sein Geschäft kein auf stnheimische Arbeiter verwandtes Kapital, so wlrd der ein­ her mische Gewerbfleiß durch ihn nicht im geringsten unter»

4- Kapitel. halten.

4. Abschnitt.

i->7

Ein englischer Kaufmann, der ln amerikanischen

Schiffen

Tabak

nach Spanien und Drin nach Aaierika

schicke, trägt, ausgenommen die Kosten seines eigenen Hau«« halt-,

nichts bet zur Werkthätigkeit,

Lebensgenuß

seiner Landsleute.

zum Unterhalt und

Es ist möglich, daß er

großen Gewinn zieht von seinen llnternehmungen, und die» ser Gewinn kann, wenn er ausgegeben wird, eine vermehrte Nachfrage nach einheimischen Arbeiten veranlassen, wenn er gespart wird,

ober,

das Nationalvermögen vermehren;

aber da« Kapital gehört im Grunde, für die Zeit des Ge» brauch«,

Spanten

und Amerika

Würden hundert Pfund

mehr an als England.

dem Manufakturwesen

entzogen,

und auf eine der erwähnten ähnliche Weise zur Betreibung eines ausländischen Handels verwandt, so würde, wie ein­ träglich auch die Unternehmung für den Kaufmann sey« möcht«, der Summe aller Unterhalt» und Genußmittei des Landes doch gewiß so viel entzogen seyn, als vorher hinge­ reicht hatte, zwei ober drei Arbeiter mit ihren Famlllen z» ernähren und bisweilen zu erfreuen. Es ist daher Irrthum, wenn man annimmt, daß der Bor« »heil Einzelner und der Dortheil des Staats allemal nothwen­ dig «ins und dasselbe find; oder in andern Worten, daß die Anwendungsart eines Kapitals, «elche dem Eigner die höch­ sten Zinsen bringt, ganze Land.

allemal die vortheiihaftest» sei für bas

Es ist nicht unmöglich, daß «ln Dolt sich

verführen läßt, seinen ausländischen Handel zu wett auszu­ dehnen, zum Nachtheil des Ackerbaus und zum Derderb der einheimischen Manufakturen.

Ein reicher,

Schlffarth trei­

bender Staat, wie Holland, umgebe» von Nationen, die vergleichsweise arm sind, scheint in der Lage zu seyn, wo solche Gefahr nicht unmöglich ist; und vielleicht wäre «in Eingreifen der gesehgebenden Gewalt,

um zu verhindern,

daß nicht zu viel Kapital solchen Geschäften entzogen werde, welch« für das Ganze die vortheilhaflesten sind, wenn dieses Eingreifen mit der Gerechtigkeit übereinstimmen kann, in sol­ chem Kall nicht unpolitisch.

2. Buch.

10$

Zm X0$em«inm aber Ist dir Art bet Dertheiluüg M Kapitals,

Welche ganz von selbst geschieht,

thrllhaftrste für alle Klaffen der Gesellschaft.

auch die vorLegt man der

Ausfuhr Hindernisse in den Weg, so wird dadurch offenbar die Produktion verhindert und vermindert; und legt man der Einfuhr Hindernisse in den Weg, so ist die Wirkung die nämliche, wenn gleich mittelbarer; denn die Sachen, die ««-geführt werden,

kinnen nur durch eingeführte bezahlt

werden. Und Im gewthniichen Lauf der Dinge ist die Ge» fahr nicht groß, daß «in zu beträchtlicher Theil des Kapi­ tal- auf den Zwischenhandel zwischm fremden Ländern ver­ wandt werde; denn für de» entfernten Kaufmann, der sich auf Agenten verlassen sott, der immer Gefahr läuft, un­ vollkommen benachrichtiget zu werben von den Veränderun­ gen auf fremden Handelsplätzen,

und nich

mehr, falsch

unterrichtet zu «erden über die VcrmbgenSumstände derer, mit denen er Geschäfte machen sott, bleibt der ausländische Handel immer «ine unsicher« Sache, so baß der Kaufmann an Ort und Stelle in eben diesen Rücksichten einen Vorzug vor ihm voraus hat, anzusehen ist. gemischt

der gewissermaßen als ein« Prämie

Hätten die Regierungen

sich nicht hinein­

durch Handelsverbote und Prämien,

wahrscheinlich das Kapital,

so

würde

das auf diese wenigst vvrthril-

haft« Weise im fremden Zwischenhandel angelegt ist, nicht mehr betragen,

als gerade das, was wegen überschneller

Anhäufung oder anderer unvermeidlicher Ursachen nicht leicht zu nützlicheren Geschäftszweigen angewandt werden konnte. Aber die verkehrte Handelspolitik der neuern Zelt hat dahin gearbeitet, ändern

und

die natürliche Vertheiiung de< Kapitals zu ver­ zu verwirren;

künstlicherweife hat sie einen

großen Theil des Handelskapitals zu solchen Unternehmun­ gen hingedrängt, «veiche dem Volke überhaupt keinen Vor­ theil bringen und

keine andern Früchte tragen,

al« dm

Zins, der dem Kaufmann zukommt.

3 Ein andrer Umstand ist der, wie schnell daS Kapital

an-

einem

Geschäft

wieder

dem

Eigner zurückkommt;

4. dtapitcl.

4. Abschnitt.

109

dieser Umstand Ist een großer Wichtigkeit für bi« Nation, aber nicht geradezu mit dem Maaß bei Gewinns, dm ein Geschäft gewährt, verbunden, wornach allein di« Privat« den Vortheil elneS Geschäft« vor dem andern fit sich beur­ theile». Wenn das angewandte Kapital schnell wieder zurück» fließt in dt« Kaffe des Eigners, so wirb es eine stärkere Triebfeder der Industrie, und gewährt folglich einer grüße« ren Anzahl von Einwohnern Unterhalt und Freude,

als

wenn es verwandt wird zu Unternehmungen, derm Ge­ winn, wie groß er auch am Ende seyn mag, doch noth­ wendig spät kommt.

Der Fabrikherr,

der seine hundert

Pfund so anwendet, daß et nach Verlauf eines, halben Jah­ re« sie baar wieder hat, kann noch einmal so viele Arbeiter unterhalten, als er mit der nämlichen Summ« zu unterhal­ ten im Stand« wäre,

wenn sie ihm erst am Silbe des

Jahres wieder eingebracht würde.

Sein jährlicher Gewinn

wird wahrscheinlich nicht vermehrt werdm, sondern im Ge­ gentheil «her vermindert, durch di« Kompetenz einer Menge kleiner Kapitalien; aber es wird auf klese Weise ein« größer« Meng« Sache« gea,bellet und verbraucht werden, uud das Volt wird «ine größere Summe von Unterhalts« und Gonußmitteln haben.

In dieser Rücksicht kann «ine schnellrre

Rückkehr des Kapitals zu dem Eigner betrachtet werdm als von gleichem Nutzen, wle di« wirkliche Vermehrung. Di« Langsamkeit der Zurückbezahlung kan» veranlaßt werdm durch das Liegenlassen von Waaren in Erwartung höherer Preise, durch die Entfernung des Orts, wo die Waare verbraucht wird, von dem» wo sie gearbeitet ward, durch die indirekte Art des Handel« oder durch den Kredit, den der Fabrtkherr dem Kaufmann und dieser dem Abneh­ mer giebt.

Die erste Ursache kann durch neue Umstände

in jedem Geschäftszweige eintreten, obivol im Allgemeinen der Vortheil jede« Handelnden verlangt, so schnell als möglich abgesetzt werde.

daß die Waare

Dl« Entfernung des

Martlpiahes, und der Umschweif, wozu man oft genöthiget

2. D u ch.

II»

ist, machen einige Zweige M ausländischen Handel- wo Niger vorthetlhafe als den Handel tm Innern; der Unter» schied des Termins aber,

wann

da- ausgelegte Kapital

wieder in der Kaffe de- Kaufmann- zurückfließt, hängt vor.' züglich ab von der üblichen Dauer des Kredits, die in vtr$ schiedencn Landern und Geschäften verschieden ist. Wnfern nun der Verbrauch im Innern

in Betracht

kommt,

ist die Länge de- Kredit- für die Nation gleich,

gültig.

Würde er verkürzt,

so würden ohne Zweifel die.

jenigen, welche die Produkte ihre- Grunde- oder die Arte­ fakten

ihrer Arbeiter verkaufen,

schneller

bezahlt werden;

aber der Großhändler wäre dann gezwungen, sein Kapital um eben so

viel schneller von den Kleinhändlern wieder

einzuziehen, und diese müßten ebenfalls von den Käufern schnellere Bezahlung verlangen.

Diese Käufer aber müßten

wiederum schnellere Anstalt zur Bezahlung wachen; wäre r- ein Pächter, Fabnkherr oder Kaufmann, so

müßte er

den Preis der gekauften Waare um so baider herausziehen an- dem in feinem Geweibe angelegten Kapital; wäre eS ein Gutsbesitzer, so müßte er seinen Pacht früher vom Päch. tcr begehren; wäre cs ein Kapitalist, so müßte er sich in kürzeren Terminen von seinen Schuldnern bezahlen lassen, oder früher als sonst auf seinen Bankier zieh», von dem das Geld auf verschiedene

Weise unter Pächter, Fabrikherren

und Kaufleute vertheilt worden.

Die Verminderung de-

Kapitals in einem Geschäft würde also grade so viel betra­ gen, aiS die Vermehrung desselben in einem andern. ist nichts ander-, Gläubiger.

Kredit

als eine Anleihe de- Schuldners vom

So lange diese Anleihe von einem Einheimi­

schen an einen Einheimischen gemacht wird, wird die Summe de- i n Lande befindlichen Kapital- keineswege- vermehrt oder vermindert; cs wird nur vermöge solcher Anleihen daKapital bcmjcutgen übertragen, welcher den höchsten ZlnS für den Gebrauch desselben zahlen will, eS wird also da, durch

tm gew-h' liehen Lauf das Kapital gerichtet auf die

einträglichsten Geschäftszweige.

4- SttplltU 4. Absch» itt.

III

Ein andre« ist ««, wenn der jtre&l sich auf daS Au«land erstreckt.

Hier findet auch «ine Anleihe statt, aber

diese Anleihe wirb von einer Nation an «ine andre gemacht, wodurch diejenige, welcher geliehen wird, den Nießbrauch de« Kapitals erhält-

Dieser gewährte Vortheil wird ohn«

Zweifel vollständig vergolten durch den htheren ZtnS, wel­ chen der borgende Kaufmann erhält, aber eS wirb kein Ersah gegeben für den Verlust, Wenn «in Kapital,

welchen die Nation leidet.

daS im ausländischen Handel angelegt

ist, alle halbe Zahre wieder zurückfließt,

so kann damit

«ine eben so beträchtlich« Aus. und Einfuhr beschafft wer­ den, als mit einem viermal größeren Kapital, welches tn Unternehmungen gebraucht wird, dir wegen der Entfernung des Marktplatzes, wegen des UmschwetfS, den der Handel nehmen muß,

oder des langen Kredits an Ausländer, erst

nach zwei Zähren Frucht bringe». Zm ersten Fall werden in demselben Zeitraum viermal Ankäufe gemacht werden auf ein­ heimischen Märkten; viermal wird da« zur Landwirthschaft oder zum Fabrikwesen verwandt« Kapital wieder eingenom­ men seyn, und eben so oft wird der ganze Betrag de< Kapi­ tals angewandt worden seyn, Unterhalt«« und Genußmittel für Arbeitende und ihr« Familien zu taufen; während bet der weitläuftigeren Spekulation oder bei nachtheiiiger Ver­ längerung de« Kredit« an fremde Kaufleute

tn derselb«

Zeit nur ein Umlauf, nur «tn Geschäft vollendet wäre. Zn diesem Falle ist e« offenbar, daß der Vortheil de« Kaufmann« nicht ganz mit dem Vortheil de« Staat« zu­ sammenfällt.

Der «liiere bemüht fich, sein Kapital zu sol­

chen Unternehmungen zn verwenden, welche ihm die ein­ träglichsten sind, wenn auch der Ztn« erst später in seine Kaffe fließt.

Er nimmt lieber dreißig Prozent Vortheil

am Ende de« zweiten Zahrc«, al« fünf Prozent viermal wteberhohlt während desselben Zeitraum«. Der Vortheil de« Staat« aber ist rin andrer, und fordert, daß da-Kapi­ tal tn solchen Geschäften

angelegt werde,

welche e« am

schnellsten dem Lande wieder zurückltefern; daß Untrrneh,

. Buch.

2

Ul

mutigen in die Ferne seltener geschehen,

und vorzüglich,

daß der Handel geführt werde mit reichen Ländern, wo der niedrige Zinsfuß keinen Rech abgicbt zu verlängertem Ter­ min des Kredits.

Sehr unweise also ist da- Bestreben der

meisten Handeleverordnungen bisher gewesen, weitläufigeren Verkehr

mit

solchen Ländern

welche den zu

befördern

suchten, die gerne hohen Zins geben für längeren Kredit. Wenn ein Handelsverkehr dieser Art zugelassen wird,

so

har er doch zuverlässig keine Ansprüche auf Begünstigung von Seiten der Regierung. ES möchte gefährlich sowol als ungerecht seyn, ein ent» gegengesetztes System zu befolgen,

und solchen Unterneh»

tnungen Hindernisse in den Weg zu legen, welche,

obmal

weniger vortheilhaft für das Allgemeine, die einträglichsten für den Kaufmann sind. ist, als seine Nachbarn,

Wenn ein Land reicher geworden und der gewöhnliche Zms und

Gewinn vom Kapital geringer geworden ist, so würde es ungerecht und wahrscheinlich auch vergeblich seyn, bemühen,

sich zu

allcS Kapital ln den Geschäften einzuzwängen,

welche, wie vortheilhaft sie auch fürs Ganze seyn mögen, nicht länger die einträglichsten sind für die einzelnen Unter» nehmer.

Dies wäre nichts andres, als von einer Klasse

der Einwohner eine Abgabe fordern zum Vortheil der übri­ gen, ais ein störendes Einmischen in die Privatangelegen­ heiten der Bürger, und am Ende ein Mittel den Kapi­ talisten zum Auswandern zu zwingen in ein andres Land, wo es ihm frei stände feine Geschäfte zu seinem Vortheil zu treiben, i|c

und nach seinem Gefallen zu handeln.

Auch

S schwerlich möglich, durch Prämien oder andere direkte

DesörderunoS'.uittel die natürliche Vertheilung des Handels­ kapitale m verschiedene Kanäle zu hindern.

Wollte man

vergüten, was die Geschäfte, welche man zu begünstigen wünscht, weniger eintragen, so würde dazu eine so bedeu­ tende Summe verwandt, also die öffentlichen Lasten ver­ mehrt werden, und andere gemeinnützige Endzwecke deßwegen unerreicht bleiben müssen, daß auf jeden Fall das E.ustro.r mäßig werden. Fabriken der Art können entweder für Rechnung der Regierung oder von einzelnen Unternehmern getrieben «er» den, welche aus der Staatskasse die nöthige Aufmunterung erhalten.

Die erste Art ist allemal dt« kostspieligste, denn in

2.

124

Buch.

einer öffentlichen Anstalt läßt sich nicht dieselbe Sparsamkeit erwarten, als in einer Privatmanufaktur, unter beständiger Aufsicht dessen, dem jede Verbesserung und jtt Gute kommt; noch ist lieferten Sachen von

jede Ersparung

es wahrscheinlich,

daß die qe-

mehrerer Güte sind als die, welche

durch Abmessung der Belohnung nach dem Grade der Treff» lichkeit der Arbeit erhalten werden. Mir dem, was in großen und schlechtverwalteten Anstalten vergeudet wird, oder wahr» fchemlich mir noch wenigerem, könnte bei angemessener Aus» theilung die

Anstrengung

von

Privatunternehmern gereizt,

und zu allen Zeiten eine gehörige Lieferung von gleich guter oder besserer Arbeit erhalte

werden.

Es giebt zwei Arten, wodurch Privatmanufaktureu, die zur öffentlichen Wohlfahrt nothwendig sind, von der Regte» rung befördert werden können;

einmal durch direkte Prä­

mien, dann durch Zoll von eingeführten wetteifernden Waa­ ren ober gänzliches Verbot derselben.

Im ersteren Falle

fließt die Ausgabe auS der allgemeinen Staatskasse, im letz­ teren fällt sie den Einzelnen zur Last, welche die Waare kau­ fen.

Prämien also

sind in diesem Fall gerechter, als be­

schützende Einfuhrzölle, weit Vertheidigung ctn Zweck der alle Einwohner gleich samer.

Sie können

g lieferten Sachen

angeht, und sie sind auch

der Menge sowvl als

angepaßt werden, und

ist,

wirk­

der Güte der die Regierung,

welche genau den Betrag der bezahlten Prämien weiß, kann sicher urtheilen, ob ein den Unkosten angemessener Vortheil erlangt wird.

Hingegen bet den Monopolien

wird

den

schlecht gearbeiteten Sachen dasselbe Vorrecht, dieselbe Auf­ munterung gegeben,

als den gutgearbelteten, und eS bleibt

immer dunkel, wie theuer dem Publikum die Aufmunterung de- Gewerbes zu stehen kommt, well daS darauf Verwandte mit im Preise steckt;

also ist

kein sicheres Abwiegen

Unfclten gegen die gewährten Schutzmittel möglich. dieser

letzte

Umstand

ist aber

wahrscheinlich

der Eben

blr Ursache,

warum man meistens beschützende Einfuhrzölle und Einfuhrv-rbote vorgezogen

hat, wodurch die Last,

die dem Laude

4-

Kapitel.

4. Abschnitt.

125

wirklich aufgelegt wird, verborgen bleibt, und es dm eigen­ nützigen Männern vom Gewerbe leichter wird, bi« Regie­ rung und die Nation zu übervortheilrn. Die Engländer betrachten mit Recht ihre bewaffneten Schiffe al- das beste Bollwerk; daher ist die Aufmerksam­ keit des Gesetzgebers ganz vorzüglich auf alles gerichtet ge­ wesen. wodurch Bau, Rüstung und vornämltch Bemannung der Schiffe mit etngcbornen Seeleuten gefichrrt wird.

Eine

große Flotte in beständigem Dienst zu halten während de< Friedens, zur Uebung der Seeleute, würde ungeheure Kosten verursachen. Aber derselbe Zweck kann erreicht werden, wenn das Kapital der Nation die Richtung bekommt, dm



auswärtigen Handelsverkehr mittelst Englischer Seeleute unterhalten. Um hierin sicher zu sepn, hat man die Navtgationsakte, welche ursprünglich in felndseliger Absicht gegen

dle Holländer gegeben ward, heilig gehalten, weil man fast einstimmig sic als die Quelle unsers Handelsglücks und un­ serer Seemacht betrachtet hat.

Ob diese Akte aber wirklich

alle dir guten Folgen gehabt hat, geschrieben werden,

dt« ihr gewöhnlich zu­

dar läßt sich nicht ohne

Grund be­

zweifeln. *) Wenn die Navigationsakte beträchtlich wirksam gewesm ist zur Erhebung der brttttfchen Handel-schiffahrt, so kann sie nur dadurch so gewirkt haben, daß rin größerer Theil de- Nationalkapttals auf Schiffbau und Schiffahrt gerichtet worden ist, als freiwillig geschehen wäre. Dieß ist auf keine andre Weise möglich gewesen, als durch Erhöhung der Fracht. Jede Vermehrung der Transportkosten aber ist eben so viel, al- eine mittelbar erhobene Taxe von allen Käufern einge­ führter Waaren, und eine Verringerung d«S Gewinn- an allen zur Ausfuhr verarbeiteten Sachen. Auf dem fremdm Markte «erden die ausgeführten Fabrikat« mit Waaren der­ selben Art au- anderen Ländern zusammenstoßen, wodurch

•) Eine kurze und deutlich« Nachricht von der Navigationeakt« siche in Emiths Nationalreichthum. 4. B. 2. Kap.

136

2. Buch.

verhindert wird, daß die Verthrurung der Fracht auf die­ jenigen Ausländer fallen kann, welche entweder den rohen Stoff liefern, oder die verarbeiteten Sachen kaufen.

Und

obwohl am End« der Dortheil in allen verschiedenen G«, schäften in demselben Lande sich gleich werden, und ein Maaß des Vortheils durch alle Zweige der Geschäfte, wie ein Zinsfuß herrschend werden muß, so werden doch einige Unternehmungen, die sonst vorkheilhaft seyn würden, unter­ lassen und andere beschränkt und der Durchschntrtevortheil wird überhaupt etwa« verringert. Erstlich also käme e» dar­ auf an, zu untersuchen, wir theuer der Nation die so be­ schützende Maaßregel dadurch kommt, daß alle ausländisch« Waaren um etwas theurer werden, und der Ertrag vom Kapital durchgehendS etwas verringert wird.

ES ist auch wahrscheinlich,

daß

die Vermehrung der

Schiffahrt «inen größeren Theil des Kapitals dem auslän­ dischen und weitläuftigen Handel zugewandt hat, als sonst von selbst geschehen wäre. Brittische Schiffe, erbaut zu dein Zweck, unmittelbar Waaren elnzuführen, werden ohne Zwclfrl nicht selten von fremden Kaufleuten befrachtet,

die ihre

Waare nach England zu senden wünschen, obwohl diese Kauf­ leute gemeiniglich Schiffe ihres eigenen Landes vorziehen, deren Tüchtigkeit und Trächtigkeit ihnen besser bekannt ist. Wenn nun durch veränderte Umstände die Nachfrage ver­ mindert wird, so werden die Schiffseigner lieber, als daß sie ihre Schiffe unthätig liegen lassen, oder sich mit einem ganz unverhältnißmäßigen Pacht begnügen, selbst einen Ver­ such machen, im Handel eine Ladung auf eigene Rechnung «in- oder ausführen, und mit einem kleinen Vortheil zufrie­ den seyn, oder sie werden bloße Frachlschiffer zwischen zwcr fremden Nationen.

So wird der Rheder natürlich leicht

Handelsmann, und wenn Kapital künstlich zur Rhederci ge, wandt wird, so ist die Folge, daß auch mehr in den Han­ del gezogen wirk.

ES ist aber schon gezeigt, baß auslän­

discher Handel weniger vorkheilhaft ist, als Ackerbau, Manu­ fakturen oder innerer Handelsverkehr; daß, i« weiter entfernt

4. Kapitel. 4. Abschnitt.

117

das Land ist, und je später das Kapital zurückfließt, desto weniger Vortheilhaft der Handel für das Gemeinwesen ist, und daß, wenn ein Kapital nur zum Zwischenhandel frew» der Staaten unter einander dient, es nicht ander- als »et# loten auf eine Zeitlang für die Heimath betrachtet werden muß. In so weit also die Navtgationsakte die Wirkung gehabt hat, übermäßig viel Kapital zu solchen Geschäften anzuziehen, muß sie die jährliche Einnahme des Volt« »er» mindert und folglich die Zunahme des Nationalvermögens gehindert haben. Es ist jedoch wahrscheinlich, daß in dieser Rücksicht die Navigationsakte viel unschuldiger gewesen ist, als die Lob» redner derselben uns Glauben machen möchten. Die obrigkeitlichen Verordnungen, deren Absicht gewe» fen ist, englischen Seeleuten und Schiffen die alleinige Küstenschiffahrt zu sichern, sind zuverlässig nur Scheinver» ordnungen. Ein englischer Schiffseigner hat so viel voraus, wenn er unter eigner Aussicht sein Schiff baut, ausbessert, bemannt, und mit Lebensmitteln versieht» daß durchaus kein Zu­ sammentreffen mit Fremden in diesem Gewerbzweige zu befürch­ ten ist. Eben so wenig ist es möglich, daß ein englischer Kapital«» der von einem englischen Hafen nach dem» ander« segelt, aus der Fremde gelockte Matrosen seinen eignen Landsleuten vor­ ziehen sollte, deren Sprache ihm fremd ist, deren Gewohnhei­ ten in manchen Stücken den seinigen widersprechen, für beten gutes Betragen er nicht die Sicherheit hat, die aus der Sorgfalt für guten Ruf und Achtung der Bekannten entspringt. Die Beispiele sind gewiß selten, daß ein Handel längst der Küste oder überhaupt ein inländischer Handel von Fremden ge­ führt wird, und schwerlich ist dieses je der Fall gewesen bet einer Nation, weiche reicher ist, als die sie umqebenden. Nicht besserer Grund ist da, zu alauben, daß mehr Kapi­ tal angelockt worden sei zu weitiäustigen Honbelssoekula» honen, oder daß unser Zwischenhandel zuqenvmmen habe, vermöge dieser öffentlichen Verordnungen. Solche Geschäfts passen nur für sehr reiche Länder, in welchen große Kapi»»«

2.

128

Buch.

tim angehäuft sind, und wo der Ertrag derselben sehr ver­ ringert worden ist durch Wetteifer vermögender Unternehmer

in jedem Geschäftszweig. Nächst Holland befindet sich Eng, land offenbar von allen Nationen EmopaS am meisten in diesem Zustande, daher darf man mit Zuverlässigkeit schließen, daß, wenn auch die englischen Verordnungen über Scktffahrt gar nicht existieren, der englische Antheil am ausländischen Handel doch sehr beträchtlich seyn würde.

Wenn auch ein

paar Geschäftszweige genannt werden können, in welchen ohne beschützende Einfuhrzölle

und

Monopolten dle

Engländer

nrcht Preis halten könnten mit den Fremden, so sind sie doch

gewisi nicht

bettächtlich im Verhältniß

zur ganzen

Masse von Geschäften im Landbau, Manufakturwesen und Handel. Aber wenn die Navigationsakte unschuldig gewesen ist, so muß sie auch in demselben Maaß unwirksam gewesen seyn zur Erhebung der Handclsschiffahrt und Macht GroßbrittanienS. Der inländische Handel, die Küstenschiffahrt, m der wir steine Mitbewerber zu fürchten haben, ist es, welche

die größere

Zahl unserer Seeleute beschäftigt, sie übt in schwierigen stür­ mischen Gewässern, und sie gleich für den öffentlichen Dienst bereit hält. In Virgletch mit dem Handelsverkehr in unserer Heimath ist all unser auswärtiger Handel in dieser Rücksicht von viel geringerer Wichtigkeit. Von diesem Handel mit dem AuSlande mußte unö aber, vermöge unsers Kapitals, auf jeden Fall ein.sehr großer Theil zufallen, und die wenigen Handelswege, die vielleicht durch Begünstigung obrigkeitlicher Verordnungen eröffnet werden, beschäftigen keine große Zahl von Seeleuten,

und

sind bei

großen Nachtheilen verbunden;

genauerer Betrachtung

mit

diese Reisen dauern oft so

lange, daß im Fall der Noth die Seeleute in geraumer Z"atte, ein Gesetz zu geben, auch das Gesetz aufheben könne. N"ch jenem vorausgeschickten Grundsätze ließe sich also behaupten, daß jede Bestimmung des Erbrecht-, wodurch Vermögensgletchhett befördert würde, ohne baß jedoch Fleiß und Wettelfnr gemindert würden, eben so gerecht als nützlich seyn müßte. Aber auch beim flüchtigsten Blick ans die menschlichen Gesetze muß sich uns die Ueberzeugung aufdrängen, daß die Regeln der Erbfolge, wie sehr sie auch in den mtnder wich­ tigen Umständen von einander abweichen, doch alle darin übereinkommen, daß das Vermögen des Erblassers übergehen soll an diejenigen, mit welchen er, wie man annimmt, wäh­ rend de- Lebens in her genauesten Verbindung stand. Ein solches Zusammentreffen kann schwerlich herrühren von Unter­ suchungen und Schlußfolgen, das allgemeine Wohl betref­ fend. Diel wahrschetnlicher ist es unmittelbare Folge einer mächtigen Ursache, Folge de- UrgesetzeS, das tief eingeprägt ist In das menschliche Herz, und wol vcrdunkelt, aber schwerlich ganz vertilgt werden sann durch Oie Leidenschaften, Dorurtheile und Thorheiten der Menjchcn. Zn rohen Zeiten pflegt Eigenthum von allen Gliedern einer Familie gemeinschaftlich besessen zu werden, und das Haupt der Familie nur die Verwaltung zu leiten. Wenn der Vater stirbt, so wird der Aelteste der Familie Vor­ steher, aber die ganze Familie behalt das Eigenthums» recht. *) Demzufolge finden wir in den frühesten Geietzeit mancher Völker, daß Kmder, bre des VarerS Haus ')

Kames's historisch-jurrst. Abhandl. 3. Abtheilung.

5. Kapitel. 4. Abschnitt.

193

»erlassen haben, die elf» aufgehört habe», da« gemein« fchaftlich« ^amilifnrlgcntljum zu nutzen, keinen Theil an dem Nachlaß bekommen; während Fremde, wenn sie als Aahiktnder aufgmommen wordm, gleich den wirklichen Nachkommen rheilnthmea. So lange solche Ideen herrschen, geschieht eigentlich keine Uebertragung M Eigenthum« nach dem Tode, sondern die schon begonnenen Recht« bauern fort, ungeachtet de« Abgang« eine« der Miteigenthümer; aber e« entspringt kein neue« RechtIm gebildeten Zustand der Gesellschaft, wenn Der« äußerung de« Eigenthum« nicht« seltene« mehr ist. und »Lg. ltch Handlungen der unbeschrLnkten Macht über Eigenthum von den Hausvätern ausgeübt «erden, geht die Vorstellung vom gemeinsamen Besitz verloren; der Vater wird angesehen als der alleinige Besitzer, mithin jede Erbfolge als der Am fang, nicht als dt« Fortsetzung «Int# Rechts. Diese Berfa« derung tritt aber sehr allmLhitg «in, und dt« Regel, daß bis Glieder der Familie, nemltch in gewöhnlichen Fällen, die nächsten Verwandten, da« Eigenthum der Verstorbenen erben, bleibt in Kraft,' ohne wettere Nachforschung ihres Ur» sprungs, als bestehender Gebrauch. Die so «ingeführre Regel wird unterstützt durch manch« natürlich« Gefühle. Zn den meisten Fällen würden dt« näch« sten Verwandten, «eich« ihren Unterhalt zum Theil aus dem Vermögen de« Verstorbenen erhalten haben, geradezu ärmer «erden, wenn die Nachlaffenschaft an Fremde überginge. Zhr Verhältniß ist in dieser Rücksicht verschieben von dem aller Andern. Dadurch, daß die Verwandten erben, wird kein Fremder an seinem Eigenthum beschädigt, niemand «erden seine Mittel zum Genuß im Geringsten gemindert; würden sie aber ausgeschlossen von der Nachlaffenschaft, so würben sie zuverlässig «in eingeschränkteres Leben führen müssen, und vielleicht gar Mangel leiden. Sie haben auch ln häufiger Verbindung gestanden mit dem Drrstor« denen, sie sind gewohnt gewrsen, Beweis« von Zuneigung zu geben und zu empfangen, "sie haben Vortheil und Schaden, Pv. r.e P»l II 13

».Buch.

194

Freunde und Feind« gemeinschaftlich gehabt. Durch all« diese Berührungen sind sie mit dem Erdlaffrr in der Vorstellung der Nachbaren so genau verbunden, daß die Üebertragung de< Etgenlhum« an diese Verwandt« ferne

Veränderung

andern siele.

scheint,

Hierzu

at« wenn

kommt

ein«

weniger gftvalr«



an irgend einen

noch der Umstand,

daß die

Verwandten gewöhnlich um da- Belke de« Sterbenden sind, elfe gleich nach erfolgtem

Absterben Besitz vom Eigenthum

ergreifen können, selbst ehe noch der Todesfall denen bekannt ist, die etwa sich der Güter zu bemächtigen wünschen. Au» allen diesen Ursachen wird es üblich, daß die näch» sten Verwandten

die Erbnehmer sind, ai» etwa»,

von selbst versteht, wenn

auch

nicht

allemal

da» sich

ai»

strenge»

Recht; und je länger diese Regel herrschend ist, desto fester gründet sich die Ueberzeugung ihrer Gerechtigkeit in den Grniü» thrrn der Menschen. Eine Zdernverbinbung, weiche in sehr vitlttt und mannigfaltigen Fällen durch oft erneuerte« Mitgefühl un­ terstützt worden ist, erhält zuletzt dir Macht einer allgemei­ nen Regel,

ohne daß die besondern Umstände

Fall» genau untersucht zu werden brauchen;

jede» neuen

und oft wird

die Herrschaft einer solchen Regel anerkannt, im Widerspruch mit Gefühlen, die denen ganz ähnlich sind, welche früheren Urtheile den meisten Einfluß hatten.

auf die

Daher wird

denn auch, wenn es bekannt ist, daß die nächsten Verwand­ ten keine nähere Verbindung mit dem Verstorbenen hatten, daß sie nicht vorher schon an dem Vermögen desselben Theil »ahmen,

daß

sie in

Feindschaft

mit ihm

standen,

den­

noch die Erbfolge beobachtet, welche die gewöhnliche Der« btndung zwischen nahen Verwandten eingeführt hat. Die bestehenden Regeln der Erbfolge werden ferner auf­ recht erhalten, wenigsten» unter gesiiteten Völker», durch die Erwägung

und

Ueberzeugung

de»

öffentlichen

Nutzen»,

welche manche Schriftsteller sür die Quelle der ersteren hal­ ten.

Nicht» würd« so viel Störung

und

Verwirrung der

Gesellschaft verursachen, al< die Einrichtung, daß jede Nach, laffrnschaft demjenigen eigenthümlich gehören solle,

der zu-

5. äkapitel. 4. Abfchnlst.

195

erst Besitz davon ergriffe; und eS ist vielleicht unmöglich, irgend eine Regel aufzufinden, die so einfach und allgemein anwendbar ist, als die auf Verwandschaft gegründete, mit welcher in den allermeisten Fällen daS unwillkührliche Befühl übereinstimmt, und die aller Orten durch Gewohnheit von Alters her geheiligt zu seyn scheint *) Daß bcre Eigenthum des Verstorbenen an feine nächste« Verwandten komme, ist also daS lobenswertdeste Gesetz, web d)?6 ruht auf der Billigung unseres Gefühls und der Erfahr rung des allgemeinen Nutzens für alle Einwohner. Der Grund desselben ist demientgen ähnlich, worauf das EigenthumSrechr selbst berühr, wenn auch nicht völlig so klar und in die Augen springend. Besondere Umstände haben aber UnregelMäßigkeiten in den Gesetzbüchern mancher Völker veranlaßt und diejenigen Grundsätze verletzt, welche aus dem ursprüng­ lichen Recht der Erbfolge von selbst fließen. Es kann gewiß nicht angesehen werden als eine Abweichung von der Ge­ rechtigkeit, und auch nicht als ein sehr gewagter Versuch, diejenigen von den Unrcgelmäsitgkaiten zu verbessern, dis durch keine wichtigen Gründe des Nutzens zur Gesetzeskraft gelangt sind, und so die Gesetze mit den allgemeinen Gefüh­ len der Menschheit wieder in Uebereinstimmung zu bringen. Wenn eben dadurch der Ungleichheit des Vermögens entgegengewirkt wird, welche zum Theil die Folge unserer gesetz­ lichen Einrichtungen ist, so wird eine solche Berichtigung unseres Gesetzbuches nicht weniger nützlich seyn, als sie gerecht wäre. Die Gesetze, welche die Erstgebornen vor den Nachge, dornen und die Söhne vor den Töchtern begünstigen, machen die haupisachlichsten Ausnahmen von den naturgemäßen Regeln der Ervfolge nach Verwandschaft. Sie entspringen leicht in dem rohen und unordentlichen Zustande der Gesellschaft, wo jeder Staiym, jede Horde mit den Nachbarn ln *) Hier muß ich wieder meine Verbindlichkeit gegen meinen Lehrer Millar dankbar anerkennen.

19Ö

2.

B li ch.

Fehde verwickelt ist, wib «Ines kriegerischen Anführer- de» darf, der seine Verwandte «inb Angehörige im Streite de« fehitgt, wo jeder Grundeigemhümer wie ein unabhängiger Fürst ist. und

«0

die Zertheilung des Grundeigenthums die

ganz« Familie der

Bosheit und Ungerechtigkeit erbitterter

und raubgieriger Feinde aussehen könnte. So weit also kann der Ursprung des Gesetzes befriedigend erklärt werden, und die Rechtsgrlrhrtrn, »mn sie dir Umstände aufzeigen können, derentwegen «in Gesetz gegeben wurde, sind geneigt zu glauben, daß sie die Gerechtigkeit desselben erwiesen haben. Daß der älteste Sohn

da- ganze Gut erbe,

Tages eben so unnöthig zu

ist aber heutigen

dem Zweck der Detthetdigung

als handgreiflich ungerecht, und da dir Umstände des Landes völlig verändert sind, so sollte das Gesetz der Erbfolge, wenn et nicht auf andrrc Gründe gestützt werden kann, als dir bis» her angeführten, dem gegenwärtigen und nicht dem ehemals gewesenen Verhältniß der Einwohner angepaßt werden. Kein vernünftiger Grund kann jetzt angegeben werden, warum der älteste Sohn zu einem größeren Erbthrll berech» tigt seyn sollte, als seine Brüder und-Schwrstern, noch weni­ ger, warum er sie ganz ausschließen sollte von der Erbschaft liegender Gründe.

Das Dtthältniß der Kinder zum Vater

ist für alle das nämliche; ihr Antheil an seiner Liebe ist auch gleich, ausgenommen wiefern dieses verändert wird durch den Umstand, daß eins von ihm betrachtet wird als der künf­ tige Vorstand der Familie; sie haben alle ihren Unterhalt vom Vermögen des Vaters, so lange er lebte, erhalten; und nach seinem Tod» sind die jüngeren Kinder und die Töchter zum mindesten eben so unfähig, für sich selbst zu sorgen; als die älteren und die Söhne.

Es scheint nicht »in einziges

natürliches Gefühl zu seyn, worauf die Vorzüge sich stützen können, welche die gegenwärtigen Gesetze über Erbfolge ge» währen;

aber der

Glanz einer Familie würde verdunkelt

«erden durch Zertheilung des Guts, und Famtltrnstolz ist mächtiger als Vernunft und Herz. Das was

den Großen und Mächtigen

das ausschließ-

5.

Kapitel.

4. Abschnitt.

197

itche Recht bt« Erstgebornen eigentlich empfiehlt, seine Dirk« famkett die Ungleichheit drS Vermögen« zu befördern und zu befestigen, ist der stärkste Grund, die Aufhebung deffelbm an» zurachen.

Dem einen Bruder werden ungeheure Besitzungen

verliehen, der Ueberfluß giebt ihm nicht Glück und nimmt ihm die Gelegenheit, fich durch Anstrengung zu entwickeln, die Güter werden schlecht bewirthschaftet, und bringen «entg rin; den >üng«rn Brüdern wird nicht einmal so viel gegeben, daß sie ein Gewerbe in Gang sehen können, sie sind aufge­ wachsen im Genuß von Bequemlichkeiten, für die sie hinge­ ben, was ihre ersten

Bedürfnisse decken sollte,

sie saugen

frühe gegen nützlich« Beschäftigungen Dorurchrile rin, dir es ihnen fast unmöglich machen, künftig nützliche Glieder der Gesellschaft zu werden. ,,E« dient nicht zur Fördern»- de« Handel«," sagt Harrtngtvn, „daß Einig« sind, die nicht nöthig haben, zu arbeiten, und Andere, die nicht die Au«« lagen machen können "

(Oceana, 13. Ort.)

Die Begünstigung der Primogenitur hat noch

Wetter«

üble Folgen, da« Band der Geschwistrritebe wird geschwächt; statt Bruderliebe, die nicht ander« al< gegenseitig und gleich» artig seyn kann, wird

hochmüthige Gunst von der einen

Seite und sklavische Abhängigkeit von der andern schoben.

unterge«

Haben die jüngeren Brüder zu viel Selbstgefühl

tim solche Abhängigkeit zu tragen, so sind sie genöthigt, ihr« Leben-weise so viel schmaler einzurichten; ihre Bekanntschaf­ ten, Beschäftigungen und Vergnügungen werden nothwendig

so sehr verschieden, daß ihr« Berührung mit ihren Brüdern zu bloßen feierlichen Besuchen wird, »der daß sie ganz ohne

Di» Lage der Töchter ist noch übler.

Berührung bleiben. Aufgewachsen im

Glanz,

Genuß

aller Leben-güter und in

den da- Vermögen und der Rang

ti'ähttt, werden

sie plötzlich durch seinen Tod in

versitzt, den sie zu ertragen nicht fähig eigener Anstrengung

abzuwehren

herrschende Meinungen.

sind,

verhindert

allem

de- Vater« ge« Mangel

den sie mit

«erden

Sie werdrn abhängig,

durch

abhängig

von Gunst, und unzufrieden 11116 gequält durch ungcmrffcne

198

2. Buch

Ansprüche nn den Bruder. Bekommt dieser selbst gdmiflt, so glaubt er ihnen weniger Unterstützung geben zu können, als ste erwarten, und ihrem Range gemäß ist, daher ohne Ende Klagen, Neid und Zank. Do werben die besten Ge­ fühle des Herzens aufgeopfert einem falschen Prunk, einer verächtlichen Eitelkeit.*) Zn einigen Ländern kommt man den jüngern Kindern etwas zu Hülfe durch Theilung des beweglichen Nachlasses unter sie, mir Ausschluß deS Bruders; aber eS ist selten, daß nicht die Schulden emeS großen Gutsbesitzers alles andere Eigenthum außer dem Gute auswteqen. Auf jeden Fall ist diese- nur ein zufälliges und sehr unzulängliches Mittel, einer durchgreifenden großen Ungerechtigkctt abzuhelfen. Die gänzliche Ausschließung der Halbgcschwtster nach dem englischen Gesetz ist eine Härte, für welche die feinsten Gesehkundtgen noch kernen entschuldigenden Vorwand haben finden können.**) Eben so wenig ist der Vorzug der Agna­ ten oder Verwandten von väterlicher Seite vor den Cognaten oder Verwandten von mütterlicher Seile naturrechtlich begrün­ det. Kein natürliches Gefühl dient dieser Anordnung zur Stütze, sie ist daher ganz ungerecht; und da sie darauf ge­ richtet ist, eine wettere Derthetlung des Vermögens nach Absterben eines Rerchen zu verhüten, so ist sie ganz und gar nicht politisch. Dle völlige Ausschließung aller Aecendenten, zufolge dem englischen Gesetz, die völlige Ausschließung #) Wahrlich, wenn ich bedenke, daß meine Landsleute nicht am schlimmsten geartet sind, so muß ich gestehen, daß ich mich wundre, wie es zugeht, daß wir unsre Kinder behandeln wie junge Hunde; einen nehmen mir auf die Kniee, geben ihm Nahrung die Fülle, und fünf werden ertrankt; ja cs ist noch arger, denn die Hunde werden cm für allemal ertrankt, die Kinder aber muffen sich lange quälen, bis sie umkommen. Es ist wahrhaftig eine arge ^Gewohnheit. Harrmgtvns Oceans. 13. Ord. @. auch A. Smith 3. Band. 2. Kapitel. **)

Blakstone's Komment. 2. Buch. 14 Kapitel.

5. Kapitel. 4. Abschnitt'

199

derer, die uns das Leben geben, unsre Kindheit und Jugend pflegten, und dm Grund unserer spätern Wohlfahrt iegtm, ist s» handgreiflich unrecht, daß es unnöthtg ist, dt« Sophis­ men der Vertheidiger zu widerlegen.*) Wiedereinführung gleicher Theilung des Vermögens unter all« Verwandte des ersten Grades, und im Fall Seitenver­ wandte da sind, Zulassung der «inen Grad Entfernteren zur gemeinsamen Theilung mit dmen Im nächsten Grade Ver­ wandten (jedoch nach geringerem Maaßstab) würde das so einfach« als wirksame Mittel seyn, der Ungleichheit des Vermögens abzuhelfen, welche nicht in der Natur, sondern in den fehlerhaften Bestimmungen unserer Gesetze ihren Grund hat. Reichthümer, dir durch ungewöhnliche Erwerb« samkett und Sparsamkeit gesammelt wären, würden gemei­ niglich zerstückelt «erden in kleiner« Loos« nach dem Tode der Eigner; und während hinretchrnd« Derschirdmhetten fortdauern würden, um den Ehrgeiz und Wetteifer zu spor­ nen, würde da« Dermögm der Nation, in unzählig« befruch­ tende Bäche vertheilt, deren jeder mit äußerster Sorgfalt geleitet wäre, da- Land zieren, bereichern und belebm. E< giebt allerdings «ine Gränze, über «elche hinaus die Zerstückelung des Landeigmthums nicht gehm darf, ohne daß der Landbau und dt« Emtm darunter leiden. Ist «in Stück Acker nicht hinreichend, den Landmann nebst seinem Vieh und seinem Ackergeräth zu unterhalten, so geht zuorr« lässig viel Arbeit und Zeit »erloren. Es ist aber Grund zu glauben, daß man schwerlich solche allzukletne Besitzungen behalten würd». Die gegenwär­ tige Abneigung, Land zu veräußern, rührt nur her von der mehkerrn Achtung, welche mir dem Besitz großen Landeigen« *) „Descendit itnque jui,” sagen Bracton und Hoke, ,,qnisi pundei osnm quid cadens deorsum recta linea ct nunquam 1 cascendit. "

Blakftonc's Grund, obwol weniger einfältig, hat schwerlich wehr Beweiskraft.

2''A Erblasser hat nickt einmal über sein bewegliches Eigenthum unbeschränkte Mackt, ausgenommen wenn er stirbt ohn« Weib oder Kinder zu blnfcrlaflm.**) DaS alte Gesetz in England war ungefähr wie in Schott« land- Ueberhauvt war keine letztwillige Bestimmung über liegendes Eigenthum erlaubt bis zur Regierung Heinrichs des Achten, und auch dann nur ward erlaubt, über einen ge» wissen Theil zu schalten. Denn erst seit der Restauration ist die Macht liegende Gründe zu vermachen, so allgemein geworden, wie sie jetzt Ist***) Die Macht, bewegliche Sacken durch letzten Wlllen zu vergeben, war auch, wie in Schott­ land, auf ein Drttthetl beschränkt; der Antheit der Frau und der Kinder hieß ihr Pflickttheil. Dies blieb das übliche Gesetz in England während der Regierung Karls des Ersten; aber es wurden viele Ausnahmen gemacht, so daß eS zur Zeit der Revolution nur noch in Dort, in Wales und in der Stadt London gültig war. Es ward aber nicht eher gänz­ lich abgeschafft, und die Macht zu testtren ward nicht eher durchaus anerkannt, als durch Verordnungen von Wilhelm und Üßarte und Georg dem Ersten.'s) „Diese Verschiedenheit also," dies sind Sir Wilhelm Dlackstone'S Worte, ff) „kann dienen zum Beweis, dag das Recht, Testamente zu machen, und über das Eigenthum nach dem Todesfall zu verordnen, bloß ein Erzengniß des bürger­ lichen Zustandes ist, kraft dessen dies Recht in einigen Län­ dern gegeben, in andern nicht gewährt wird. Da aus dem Gesagten erhellt, daß Testamente nicht be­ ruhen auf den natürlichen Gefühlen der Gerechtigkeit, so ist V EnetinS Inst. 3. B. y. Tit. 15. Abschütte. **) Derselbe 3. B 8- Tit. 20. Abschnitt. *") Blackstone'- Komment. 2. B. r. Kapitel, t) Derselbe 2 B. 32. Kapttel. ft) Derselbe 2. B. 32. Kapttel.

2.

204

Buch.

nun }u untersuchen, in wie ytli da- Recht )tt testtren zum Wohl des Gemeinwesens dient. Die Bemerkung, die sich zuerst aufdrängt, und die viel­ leicht die Frage entscheiden sollte, ist diese, daß

Testamente

zu den häufigsten und wichtigsten Ursachen großer Ungleich­ heit de- Vermögen- gehören.

Der, dem e- gelang, Reich­

thümer zu erwerben, hat oft keinen lebhafteren Wunsch, al­ ben. der Stifter einer großen Familie zu werden.

Diesem

Wunsche gemäß wählt er eins seiner Kinder au-, oder einen feiner Verwandten oder Freunde, vermacht dem Einen alle­ gesammelte Gut, und täuscht Andern.

die

gerechte Erwartung

der

ES schmeichelt seiner Eitelkeit, wenn er sich selbst

denkt alS den Urheber künftiger Größe und Glanze-; er ge­ nießt mit Selbstzufriedenheit

im voraus die

Achtung und

Dankbarkeit, die er sich thörichterwcise von seinen Nachkom­ men verspricht; er verbindet in seinen Vorstellungen immer fester seine eigne Person und die Bewunderung, welche die Pracht anbefiehlt, die aber immer nur Desiher der Schätze gezollt wird.

dem

unmittelbaren

Solchen kindischen Eitel­

keiten opfert er die Zärtlichkeit de- Vater-, die Neigung für seine Verwandte, und selbst da- Beste derer, die er liebt. Andere sind geneigt, ihr ganzes Vermögen einem finztgen Erben zu hinterlassen, zum Verderb der gerechten Hoffnun­ gen der Angehörigen, nicht aus Famtlienstolz, sondern auzäreltchem Hange zu

einem Einzelnen.

man finden, daß Testamente der Art zu

Selten

abtt' wird

Gunsten der Be­

dürftigsten oder der Verdientesten gemacht sind. Solche Parthetlichkett entsteht oft zufällig oder von

grundlosen vorge­

faßten Meinungen, und wird genährt durch

Nachgiebigkeit

und Geschmeidigkeit oder durch unwürdige Verstellung; nicht selten auch ist sie die Folge geringer Zeichen von Aufmerk­ samkeit und Artigkeit eine-

oder des andern

Vornehmen;

denn wa- von den Vornehmen kommt, schmeichelt meistens der Eitelkeit, und macht daher allzuoft einen tieferen Sin* druck auf das Gemüth, als die wärmste Anhänglichkeit drr Aermeren.

Diese gelegentlichen Befriedigungen der Eitelkeit

2-

Kapitel.

4. Abschnitt.

fjafcm für manche Menschen

205

«ehr Gewicht, als wirklich«

Hülslrtstungrn und jahrelang«

«anachläjpge

Sorgfalt;

so

geschieht e«, daß durch Dermüchtntss« dt« unmäßigen Reich­ thümer Einzelner

noch mehr

anschmrlen, die i»m Besten

Aller vermindert «erden sollten. Da« Beispiel von Holland, letztwillige Theilung

de«

«» dt« Defugnlß ungleiche

Vermögen« zu

machen, so selten

ausgeübt ward, daß sie so gut al« gänzlich trachtet «erden konnte, dient al«

abgeschafft be»

Gegenantwort auf den

Etnwurf, der gewöhnlich gegen dt« Drschränkung de« Recht« zu testiern gemacht «lrd, baß nemlich dadurch

dt« Antriebe

zur Erwrrbsamkett und Sparsamkeit geschwächt würden. E« mag

in

rlnzetnrn

Fälle»

Familie zu stiften,

dt«

Brglerd«,

der Beweggrund

«in«

ansehnliche

seyn Reichthümer

sammeln; aber allermeisten« wird diese Drgterb«

zu

erst durch

die Erlangung großen Reichthum« erzeugt, «der es wird dt«» ser Beweggrund

vorgeschoben al« Versuch,

andere zu täusche«,

und

sich selbst und

den allzuhäßllchen Setz zu

stecken. Ein erwrrbsamer Mann

ist in der

vrr»

Jugend thätig,

um sich die unmittelbaren Bedürfnisse zu verschaffen; ln der Folg« sammelt er, um sich künftig «in angenehme« Leben «nd Hülse gegen «twantgr Unglückofäll« zu sichern; tst

«* ihm

so wett gelungen, so fährt er fort, au« Verlangen nach Ach» tung und Ansehen, di« mit

größerem Reichthum »erbunden

find, und zdletzt «lrd er «in Gerzhal« au« lange fortgesetzter Gewohnheit za sparen, ohne rin bestimmte« Ziel zu haben, warum er zu Vielem noch Mehrere« sammelt. Dies« Trieb» federn werdea immer hinlänglich stark seyn, um verständig« Anstrengung «nd Sparsamkeit



bewirke«, ohne

durch «in« thörichte Eltrlkeit vermehrt zu werd«» die, wenn verleite«.

sie

sie

Etnaang findet, leicht zum ntedrtgsten Geiz

Selten wird drr>entqe der Stifter einer reichen

Familie, der ein

mäßige« Vermögen von Haus« hat, und

eben daher vernünftigerweise Nachkommen rin solcher

baß

brauchen,

daran denken

«in beträchtlichere« zu

wird e«

oft,

der

könnte,

hinterlassen;

unter brückenden

seinen sondern

Umständen

2.

20b

Buch.

aufwuchs, der lange Zeit hindurch strenge gegen flch selbst seyn mußte, und auch späterhin von der langen Gewohnheit des Kargens nicht ablofiVti kann. seine deabslchtigten

Ueberlebt er vielleicht

Erben, so seht er doch seine Lebensart

fort, nnd vermacht am

Ende sein Vermögen

irgend einer

Person, mit der er vielleicht wenig Verbindung halte, so lange er lebte, oder einer milden Stillung, für die er vor­ her keine Theilnahme zeigte.

Die

Triebfeder seines Han­

delns ist, wenn auch vielleicht ihm unbewußt, nicht Eitelkeit sondern schmutziger Geiz gewesen. Eine gänzliche Abschaffung des Rechte letztwllliqer Ver­ fügungen

würde

aber

allerdings

verschiedene

Nachtheile

haben. Einige Glieder der Familie können körperlich unfähig seyn, ihr

Auskommen zu gewinnen;

den meisten

einträglichen

nnd Töchter sind von

Geschäften

ausgeschlossen

durch

Mangel an Körperkraft, oder durch Meinungen und Ordnung der Gesellschaft.

Unter solchen Umständen ist eine ungleiche

Vertheilunq des Eigenthums vielleicht das einzige

Mittel,

die verschiedenen Glieder einer Familie auf derselben Stufe des bürgerlichen Lebens zu erhalten, und wie weit diese un­ gleiche Theilung gehen müsse, kann der Vater besser bestim­ men, als irgend ein allgemeines Gesetz. mand

Es kann auch nie­

gleichgültig seyn gegen die verschiedene Begegnung,

die er von seinen Verwandten erfahrt; also muß

der

Erb­

lasser die billige Freude haben können,

denen, die sich ihm

freundschaftlich bewährten, ein Zeichen

der Dankbarkeit zu

hinterlassen, und eben

so wohl muß er die Macht zu ent­

erbet» haben, um dadurch ein passendes

Betragen

chen

seyn

zu

erlangen,

die

sonst

geneigt

von sol­

mögten,

keck

zu seyn. Diese Rücksichten sind so wichtig, daß, wenn das Gefühl der meisten Menschen nicht eine falsche Richtung bekommen hätte

durch

Einführung

des

Rechts

der

Primogenitur,

wahrscheinlich für das allgemeine Beste am sichersten gesorgt seyn würde

durch die Erlaubniß

über das Eigenthum zu machen.

lctznvilltge

Verfügungen

Wo aber das Gesetz seit

2- Kapitel.

4, Abschnitt.

L07

Menschenaltrra dem Erstgebornen vor dm Züngem, und den Sthnen vor dm Tbchtern «tarn ungerechrm Vorzug gegeben har,

»0

Familie

eben

deßwegen

die

Begierde,

«ine

zu stiften und fortzusetzen, «ine der

ansehnliche

stärksten und

herrschendsten Leidenschaften gewordm ist, da giebt die unbe­ schränkte Macht zu testiren ein leichte- Mittel, die ten einer billigeren Gesetzgebung dies«

Macht,

beschränk»

statt ganz

würde,

zu

täuschen.

aufgehoben

so ließ«

sich

die

zu

Absich­

Aber wenn

werden,

Erreichung

gehörig

fast jedes

wünschenswerrhen Endzwecks erwarten. Sri es erlaubt, daß der Vater die gesetzmäßige Theilung de- Eigenthum« ändere zu Gunsten eines Sohns, der wegen körperlicher oder geistiger Schwäch« unfähig

ist, sich AuSe

kommen zu »erschaffen, und zu Gunsten der Töchter.

Set

er auch ermächtigt, dir Versorgung für da« eine oder andre feiner Kinder, das er nicht im Stande glaub», eigenes Ver­ mögen zu verwalten, zu deschräntm auf «in Zahrgehalt, und da« Eigenthum den Nachkommen solcher Kinder vorzubehal­ ten.

Diese Macht, damit sie wirksam sei, muß unbesthränkt

seyn; sie könnte aber nicht dazu dienen, mittelbar dm Vor­ zug der Erstgeburt wieder herzustellen. Um der Dankbarkeit für Freundschaft Drittel zu laffm, würde es hinlänglich seyn, zu erlauben, daß «in Drtitheil des Eigenthum« zur freien Schaltung eines kinderlosen Erblassers sei, und ein Sechstheil für den, der Nachkommen hinterläßt. Solch« Freundschaftsäußerungen, klingender Bezahlung

die

entspringen,

aus Erwartung von verdienen

keinen Lohn

weiter, als gehörige Entschädigung für Zeit und Arbeit; für die Dienst« aber, die aus besserer Quell« stoffen, wird jedes Zeichen dankbarer Anerkennung

der Verpflichtung reichliche

Delohtiung seyn. Aber um Dernachläfflgungen «der Vergehungen zu be­ strafen,

muß mehrere

Macht eingeräumt wttdeo.

Es ist

nicht genug, daß in dem letzten Willen das Mißfallen über da« Betragen der Erben ausgedrückt worde, es muß der Testator im Stande seyn, wirksam zn strafen.

auch

Zn den»

208

».Buch.

Zweck muß e< ihm freistehen, den Theil tedes seiner Erben durch den letzten Willen zu vermindern, und ihn auch gänzlich von der Erbschaft auszuschließen. Es ist gewiß keine Gefahr da, daß dirs« Macht gemißbraucht werd« zu dem Zweck, Un» gleichhett de« Eigenthums hervorzubringen; denn eine Aus» schiießung, dir nothwendig ein Vergehen voraussetzt, würde sicher nur in solchen Fällen statt finden, wo sie offenbar durch üble« Betragen von der andern Sette gerechtfertigt wäre. Niemand würde in seinem letzten Willen vorsätzlich und vor aller Welt Augen sich einer schweren Derltumdung eines Verwandten, dessen Beleidigung geringfügig wäre, schuldig machen, zu dem bestimmten Zweck, ihn d»S Eigen, thums zu berauben, das ihm gesetzmäßig zukäme, ausge» nommen wenn er es durch schiechtes Betragen verwirkt hätte. Dle Gesetze mancher Länder, statt dt« Macht zu letzt» willigen Verfügungen einzuschränken, haben sie ausgedehnt bis zu einem Grade, wo sie in Widerspruch steht mit der Vernunft und den wesentlichen Grundsätzen brr Rechtslehrer- Nicht zufrieden, die Erbfolge in Gütern noch ihrem Ab» sterben zu bestimmen, haben manche Landrtgenthümer gestrebt, ihre Herrschaft dadurch zu verewigen, daß sie ihre Nach« folgn verhindern, bas Gur zu veräußern, oder bas Min­ deste zu ändern an einer langen Erbordnung, die ihnen einzusetzen gutdünkte. Nichts kann ungereimter seyn, als solche Fideikommisse. Der Verstorbene kann nicht für immer Rechte behalten zum Nachtheil der Lebenden. Die vor uns gelebt haben waren freie Herren ihres Eigenthums so lange sie in dieser Weit waren, und dieselben Rechte müssen nach ihrem Abgänge ihren Erbm zukommen. Da« Recht, «ei« ches rin Eigenthümer hatte, «in Ftdeikommiß zu errichten, gerade dasselbe Recht muß auf seinen Nachfolger übergehen, an welchen das Eigenthunisrecht eben so unversehrt gelangen muß, das Recht, die Bestimmungen des Vorgängers zu ändern oder aufzuhkben. Fideikommisse sind außerdem mit manchen «ind großen

L. Kapitel.

4. Abschnitt.

209

-Nachtheilen verbunden, sowol für Einzelne, als für da6tomelnroffcn. Es wird dadurch die heilsame Macht eint* Detters über feine Kinder zerstört, indem tuffvm die Hände gebunden werden, den nnßrathenen ältesten Sobn zu stra­ fet,, oder die Tugenden der übrigen Kinder zu belohnen; e- wird dadurch eine Verschiedenheit des Ranges und deS Vermögens begründet, die tu manchen Fällen der Bruder­ liebe verderblich seyn must; der Kultur deS Bodens sind Fideikommisse schädlich, weil der Besitzer deS Gutes nur bei, Nießbrauch hat, well er n»cht ein Stück Land so ver­ wenden darf, daß er Mittel erhält, das übrige zu verbes­ sern, weil er verleitet wird zu solchen Verträgen, wodurch er sich eines Theils des Vermögens seiner Pächter bemäch­ tigt; sie sind schädlich, weil daS liegende Eigenthum auf­ hört, feil zu seyn, also in gewissem Grade der Gebrauch deS Vermögens gehindert wird; *) weil sie Kredit erzeugen, der dem Einkommen und nicht dem Eigenthum entspricht; daher denn nach dem Tode deS Gutsherrn so oft Verwir­ rung und ZahlunqSunsähizkett; endlich, um Alles kurz zu fassen, weil sie ein mächtiges Werkzeug sind zur Beförderung der Ungleichheit bcS Vermögens. **) 3. Daß bas Verhältniß der Abgaben zum Vermögen der Steuernden ein fortschreitendes seyn müsse, ist ein *) In Schottland ist vermuthlich jetzt mehr als ein Fünftheil , vielleicht mehr als ein Drittbeil alles legenden Grundes ÜiDfifommifi." Dam Rationalreichthum. 3. B. 2. Kap. Seit Dr. Smith dieß schrieb, hat das Uebel noch sehr zugenommen. **) „Fideikommisse gelten noch im größer», Theil von Europa, vorzüglich in den Landern, wo hohe Abkunft nothwendige Bedin­ gung »ft zur Bekleidung von bürgerlichen ooer milnairischeu Ehienfiellen. Fideikommisse werden für nothwendig erachtet zur Erhaltung des ausschließenden Vorrechts des Adels zu hohen Aemtern und Ehrenstetten ihres Vaterlandes; und da diese Klaffe einen ungerechten Vorzug über ihre anderen Mitbürger erlangt hat, so hat man es hir zweckmäßig gehalten, damit ein solches Vorrecht nicht durch Armuth lächerlich werd?, noch ein zweiter hlrizuzufügcn. ' Rativnaireichthum. 3. B. 2. Kap. e*r tir ii ch.

Vaterlandsliebe gegründet ist auf dem Gefühl des Glücks, das sie aenießen, deren Geisteskräfte lebendig erkalten wer­ ben durch die Anstrengungen, tkren Zustand zu verbessern, deren Körper stark find durch mäßige Bewegung, und nicht ausgeartet durch Schwelgerei oder Mangel an Nahrung. Ein Volk, wo diese wtchti '.sten mittleren Klaffen verringert werden, um die Zahl der Großen oder der ganz Liqei» lhumf'lot>n zu vermehren, wird eine leichte und anlockende Deute b:r ftttiUiihYmcvm Nachbarn, und gezwungen, seine Der» thei^iqunq Söldnern anzuvertrauen, tae um bohen Lohu gedungen sind, und oft dw Werkzeuge werden zum Umsturz der Freid.eit, die den Grund zu seinem Reichthum legte. Ebenfalls wird Streit über HandclSanqeleqenhelten, der oft Anlaß gegeben hat zu blutigen und kostspieligen Kriegen, häufiger durch Ungleichheit des Vermögens. Wäre Reich­ thum gleichmäßiger verbreitet, so würde kerne Klaffe der Ein­ wohner weder Vortheil haben von ausschließenden Handelseinrtchtungen, noch im Stande seyn, ihren b. sonderen Geiritni, mit Erfolg, als Wohlfahrt des Gemeinwesens darzu­ stellen. Mltbcwerbung in Handelszweigen, die, weil sie mit mäßigen Kapitalien betrieben werden können, vielen Einwoh­ nern jedes Landes offen stehen, veranlassen selten ernsthafte Streitigkeiten. Zeder Kaufmann findet die Zerrüttung des Handels während des Krieges einen zu hohen Preis für den Vortheil, dm er am Ende zu erlangen hoffen kann. Gesetzt auch, daß ein Monopol zu Gunsten seines Landes errichtet werden sollte, so sieht er doch klar, daß das Kapital andrer Kaufleute von weniger einträglichen Geschäften herbei­ gezogen «erden wirb, und daß sein Gewinn bald wieder auf bas vorige mtulere Maaß zurückgebracht werden muß. Er hat nichts zu gewinnen und viel zu verlieren durch den Krieg, also statt zweifelhafte oder ungerechte Ansprüche zu unter­ stützen , wird er um seines Vortheils willen eher geneigt seyn zu jeder vernünftigen und billigen Nachgiebigkeit, wenn sie mit dem wahren Wohl seines Landes nur nicht unverträg­ lich ist'

2« Kapitel. 4. A b s ch n itt.

217

Ein Andre- tst es mit einem großen Kapitalisten,

der

einige Jahre von seinen Zinsen leben, oder auch von seinem Kapital etwa- abbrechen kann,

sobald er Ursache hat *»

glauben, daß der gegenwärtige Verlust durch künstizen Ge­ winn vergütet werden wird.

Wie groß dieser Gewinn sey«

mag, so weiß er, baß, wenn dieser durch weitläufige Unter­ nehmungen erlangt werden soll, zu deren Führung unge­ heure Kapitalien erfordert werden, in langer Zeit keine Mit­ bewerbung von Inländern ihn schmälern wird; er wünscht daher eifrig durch ein Monopol zu QiHiften seine- Landes die Mitdewerbung abzuwehren, die er von großen Kapita­ listen de- Auslandes fürchtet.

Er tst hartnäckig In Behaup­

tung ungerechter schon bestehender Vorzüge, und unermüd­ lich, neue Monopole zu schaffen, die nicht minder unbillig sind.

Die Kenntniß de- Handel-,

die man ihm zutraut,

giebt seinen Meinungen Gewicht und Umlauf, es gelingt ihm, seinen eigenen Vortheil als den de- Staate- vorzu­ stellen, er gebraucht allen Einfluß auf die höchsten Beamten, benutzt Nationalvorurtheile, Einen oder de-

und wo nur um Gewinn des

Andern Streit tst, erregt er ein falsches

Gefühi von Nationalchre.

Nicht bedenkend,

er herbeiführt über Unzählige,

welch Eiend

verfolgt er seinen eigene«

Vortheil mit einem Elfer, den Menschenliebe nicht hemmt, und allzu oft gelingt e- ihm,

durch Geschrei, Trug und

heimliche Verbindungen sein Vaterland in Krieg zu stürzen. In diesem Versuche hat er mächtige Gehülfen an an­ dern Klaffen von Einwohnern, deren Zustand wegen großer Unglcichhett de- Vermögens so tst, daß sie beständig Krieg wünschen, wa- auch der Zweck desselben seyn

mag.

Allo

jüngeren Brüder sind enterbt, damit die eingebildete Wich­ tigkeit, und der lässige Stolz einer ihrer Brüder an Reich­ thum eine Stühe habe;

ihre Erziehung hat ihnen unüber­

windliche Vornrtheile gegen dle nützlichen Gewerbe gegeben; umer

diesen Umständen

iir das Jpm* ihre Hauptzusiucht

gegen

den Müfftggang,

Armuth und Abhängigkeit,

die

ihnen fidclkommtffarlsch durch die Ungerechtigkeit de- Gesetzes

2.

216

auferlegt scheinen.

B u ch.

Diejenigen,

welche auS Eitelkeit,

mit

den Ausgaben ihrer reichen Nachbarn zu wetteifern, ihr Erbgut verschleudert haben, ren Lage. |u stolz,

sind in einer noch schlimme­

Zu alt, um ein nützliches Geschäft zu erlernen, um aufmerksam zu seyn, zu verschwenderisch, um

in zufriedener Dürftigkeit zu leben, haben sie

die Aussicht

auf langes Elend vor sich, verbittert durch den Vorwurf, ES selbst verschuldet zu

haben.

Für solche Menschen ist

Krieg willkommen, sie werden dann nicht mehr von ihren täglichen unangenehmen Gedanken gequält, sie hoben wieder Gelegenheit, die Augen der Menschen auf sich zu ziehen, sie finden Unterhalt, und für einige ist die wahrscheinliche Hoffnung da,

ihr

verschuldetes Vermögen wieder aufzu­

richten. Zugleich gewährt der Kriegszustand den

qrofren Kapi­

talisten, deren Einfluß immer bedeutend seyn muß im Staate, manche Gelegenheit

zu einträglichen Spekulationen.

Die

Anleihen, die nothwendig werden, geben einen großen nnd fast sicheren Gewinn; bcS Preises der

zugleich wird durch das Schwanken

öffentlichen Schuldscheine eine ungeheure

Lotterie eröffnet, deren Gewinne den Glücklichen, den Klugen,

den Listigen

nnd Reichen zufallen.

Eine andre zahl­

reiche Klaffe von Kapitalisten,

die als Kommissarien

Bevollmächtigte

qebrauebt werden,

zu

Ankäufern

ebenfalls das Unglück

und

benutzt

des Gemeinwesens zur Anschwellung

ihres eigenen Vermögens,

theils durch eine Art von Mo­

nopol, das sie sich durch ihr Kapital verschaffen,

bisweilen

aber auch, wie wol zu argwöhnen ist, durch Mittel, die in andern Handelsgeschäften sie aller Ehre berauben würden. Diese verschiedenen Klaffen, jüngere Brüder und Schuld­ ner, Kapitalisten, Stockmäkler und Unterhändler mit ihrem Schwarm von Dienern, Verwandten und Freunden machen eine große und mächtige Gemeine;

sie haben alle immimh

bares Interesse, Kriege zu befördern, sie sind unzufrieden, während ihr Vaterland in Ruhe gedeiht, und finden ihr Glück im allgemeinen Elend.

Die Freunde des Fnedens

5. Kap tret. find

4. Jf V!

n i 11.

219

ohne Zusammenhang, man schimpft sie, daß sie um

empfindlich

seien gegen die Ehre und den Ruhm ihres Va­

terlands; die KriegSparthet könnte also mit Ersolg nur von reiner

und

uneigennütziger

Vaterlandsliebe

zurückgedrängt

werden; aber dieselbe Ungleichheit des Vermögens, welche dre Wünsche für den Krieg veranlaßt, verbreitet immer weiter durch das Volt moralisches Verderben, bis reiner Elfer fürs

allgemeine Beste

verschwindet.

Daher

findet

kein ernsthafter Widerspruch statt gegen daS Geschrei, obgleich

veranlaßt

durch

Eigennutz,

patriotischen Eifers verhüllt wird.

mit dem

das,

Vorwände

Das Volk wird künstlich

argwöhnisch gemacht; unbedeutende Verletzungen des Rechts werden zu unverzeihlichen

Beleidigungen

vergrößert;

ein

anmaßender Ton wird in den amtlichen Mittheilungen an­ genommen, und in Folge geringfügiger Streitigkeiten, für welche es nie an Stoff fehlen kann, zählen wir eben so viele schreckliche Kriegejahre, als ruhige, fleißige und glück­ liche Jahre des Friedens. Nächst dem Kriege ist die Deschützung der Bürger vor Ungerechtigkeiten unter einander die Hauptveranlaffung öffentlichen Ausgaben.

zu

Nachdem wir sahen, daß Ungleich­

heit deS Vermögens alle Arten von Laster erzeugt, ist es unnöthig,

zu

beweisen,

daß

dadurch

die Ausgaben für

Handhabung der Sicherheit gegen Verbrechen erhöht werden müssen. Während die sorglose Verschwendung der Rei­ chen

der Uebervorryeilung,

dem Betrüge,

der Dieberei

tausend Thüren öffnet, werden die Armen, denen es an Er­ ziehung und an den tugendhaften Gefühlen gebricht, dle am besten auf Einsicht gegründet werden, verführt durch Lüste, die sie auf keine andre Weise befriedigen können, oder getrie­ ben durch den Stachel mehrerer Noth, ringer Unredlichkeltcn,

zur Begehung ge­

die allmählig ihre Sittlichkeit ver­

derben, und sie zu Lastern vorbereiten.

Daher die Noth­

wendigkeit mehrerer Schutzmittel für das Eigenthum, um­ fassendere Anstalten zur Entdeckung, Ueberführung und Be­ strafung von Uebelthärern, daher die Vermehrung der Polizei-

2.

220

Buch.

und Iustizbeamten, die Errichtung

ungeheurer Gefängnisse

und Zuchthäuser in jedem Winkel des Landes. Die

Ausgaben für bit oberste Regierung werden nicht

weniger vermehrt durch

Ungleichheit des Vermögens.

jeder Sraatsgefellschaft ist es nothwendig, von

öffentlichen Beamten

beständig

obersten Leitung der Geschäfte.

In

daß eine Zahl

in Thätigkeit

fvt

zur

Zhre Pflichten bestehen in

der Ober-Aussicht der unteren Beamten

und

Richter; in

Dorschiagung und Bewachung solcher Gesetze,

btc

nützlich

fürs Land find; in Deordnung des politischen und HandclSVerkehrs mit fremden Völkern,

und überhaupt in Abwen­

dung der Uebel, die das Gemeinwesen bedrohen, und Erlan­ gung der möglichen Vortheile.

Diese wichtigsten Aemter mit

Fug zu bekleiden, dazu find ungemeine Geisteskräfte, Ueber­ sicht dcS Gwzen, und ins Einzelne gehende Kenntnis;, un­ ermüdliche Aufmerksamkeit,

und

eine 9wölid>Mt

erfordert,

über die uxbct persönliche Verführungen etwas vermögen, noch

auch die List und Habgier derer,

nmgeben.

welche die Minister

Em solcher Verein der besten Eigenschaften deS

Kopfeö und widmen,

des HerzenS,

verdient

Seltenheit

und

die

Belohnung,

sich dem öffentlichen Dienst verhältmßmäßtg

unschätzbaren Wichtigkeit.

zu

Die

ihrer

Unkosten,

welche die obersten Aemter verursachen, müssen daher immer beträchtlich seyn;

sie werden aber noch sehr vermehrt durch

große Ungleichheit der Glücksumstände. Damit die Minister auch durch ihre äußeren Umgebun­ gen die Achtung allgemein gebieten, gehörigen

die nothwendig ist zur

Ausübung threr Amtspflichten,

bannt

Männer

von Talent, oder in mäßiger Wohlhabenheit zu den höheren Staatsämtern streben,

und damit die Reicheren entschädigt

werden für die Sorge, die sie, statt eignen Angelegenheiten, den öffentlichen widmen, daß

die Besoldungen

stehn

zu

f' afk. fitzthum

dem

der

Reichthum

Gehalte,

ist eS fotvol gerecht als nützlich, höheren

Aemter

in

Verhältniß

der höheren Klassen der Gesell-

welche hinreichend wären, wenn das De-

gleichmäßiger

vertheilt wäre,

werden

velächUlch

5- Kapitel.

4. Abschnitt.

221

umb unzulänglich in einem Lande, wo fürstliche Reichthümer gesammelt worden find; und jeder Versuch den Zustand der öffentlichen Beamten unter den der wohlhabenderen Bürger herabzusehen, muß den Besitz der Aemter beschränken auf diejenigen, welche die nothwendigen Ausgaben auS eigenem Vermögen bestreiten können, oder die Regierung de< heil» famen Einflusses berauben, den Wohlstand und Glanz auf die Gemüther des Volts haben. Ganz vorzüglich aber ist eS darch Verminderung bet reinen, vaterländischen Eifers, des puhlic Spirit und durch allgemeine Beförderung der Destechltchkeit, daß Ungleichheit des Vermögens die Staatsausgaben vermehrt. Wenn Hab» gier vorherrschend wird im ganzen Volte, wenn Nerschwen» düng, die aus dem Wetteifer im Glanz entspringt, allent­ halben Geidverlcaenbeit hervorbringt, wenn die jüngeren Brüder unversorgt von ihren Eitern, für ihren Unterhalt abhängig sind von einem Bruder, der nichte mehr wünscht, als diese Last von sich auf den Staat zu wälzen, wenn das unverhohlene Feilbieten unter den höheren Ständen den Abscheu vermindert hat, den Bestechlichkeit, ihrer Natur nach, einflößt, unter solchen Umständen kann ein Minister kaum im Amte bleiben, oder nicht einmal die Maaßregeln durchsetzen, welche anerkannt nützlich sind, wenn er nicht, wie man kunstmäßtg gesagt hat, die Räder der politischen Maschine schmiert. Zu diesem Zweck werden P.nsionen gegeben, Scheinämtcr ohne G-scbäste, Sinekuren werden erfunden, Stellen, deren Obliegenheiten durch Dcvollmäch. tigte erfüllt werden können, «erden ohne Ende vermehrt; und -bamit Käuflichkeit noch weiter sich erstrecke, ist man sinnreich in Ercheilung von Anwartschaften und Beschwerung NeuangesteUter mit Lebensgehalten an Andre. Ist das alles geschehen, so findet Me Staatsmafchine weiter kein Hmdermß, sondern geht rasch vorwärts auf den rauhesten Wegen, und selbst ourd) Moräste, die durchaus unwegsam schienen; aber eS kann nicht geleugnet werden, auch nicht von den kecksten Vertheidigern der Bestechungen, daß die

2.

222

Buch.

Hülfsmittel, womit der Gang der Maschine befördert wird, in nichts anderem bestehe, als in dem Blut und Mark deDolkS. So vergrößert Ungleichheit des Vermögens auf verschie­ dene Weise den Belauf der öffentlichen Ausgaben, kann schwerlich

bestritten

werden,

und eS

daß solche hmzugeköm-

mene Ausgab, n getragen werden müssen von den unu äßigeri Reichthümern, vernünftig,

daß

Fähigkeit, einen meinen

welche dieselben veranlaßt haben. alle Klassen der

je

Es

nach

ist

ihrer

Theil der Auflagen tragen, die zur allge­

Sicherstellun.;

des

Eigenthums

aber es ist durchaus nicht gerecht, den,

Bürger,

erfordert werden;

daß fie gezwungen wer­

beizutragen zu den neu hinzu gekommenen Ausgaben,

die allein von dem unmäßigen Reichthum und dem Hervor­ ragen Einiger veranlaßt werden.

Wenn wir hieran noch

die früheren Betrachtungen knüpfen, losen Uebel bedenken,

wenn

wir

die zahl­

die von Ungleichheit des Vermögens

herrühren, nnb wenn wir sehen, daß Abgaben, die in gradem Verhältniß zum Vermögen erhoben werden, den Armen viel drückendere Entbehrungen veranlassen, so der

sind wir befugt

zu

dem Schluß,

öffentlichen Lasten zu

ein fortschreitendes seyn,

als den Reichen,

daß

das Dcrhäliiuß

dem Eigenthum

des Steuernden

und bei hohem @;abe deS Reich­

thums schneller steigen müsse. Ohne Zweifel werden sich Schwierigkeiten finden bei der Anwendung dieses Grundsatzes

im

wirklichen Leben;

aber

ein Gesetzgeber, weicher die Gerechtigkeit fest im Auge hält, wild doch annähernde Wege einschlagen. die jetzt m England erhoben werden

Wiefern die Taxen,

mit dieser Regel über­

einstimmen, und wiefern sie in dieser Rücksicht verbesserungsfähig (ino,

wird erhellen, wenn wir von den verschiedenen

Arten der Desteurung handeln.

Sechstes Kapitel. Gesetzliche Versorg««- der Armen. Zn jedem Zustand« der Gesellschaft «erden Einzelne qesun» den, welche unfähig sind fit ihren Unterhalt selbst zn sor­ gen. Einige sind geboren, mit beschränkten Geisteskräften, so daß sie keiner anhaltenden Aufmerksamkeit und Vorsicht fähig sind; andere mit Mängeln de- Leibe-, wodurch sie untüchtig zu jeder Arbeit werden; und alle können da- kraft» tose Alter erreichen, und diejenigen überleben, auf deren Hülfe sie durch Verwandtschaft oder frühere Dienste An» spräche hatten. Zu diesen unvermeidlichen Ursachen der Armuth müssen noch hinzugefügt werden dir Gewohnheiten des Müsftqgang-, der Vergeudung und Ausschweifung die au- Unwissenheit, Charakterschwäche und üblem Beispiel entspringen, und bet weitem den größten Theil de- Elendverursachen, da« überall in den untern Klaffen der gebll» drtesttn und reichsten Nationen angetroffen wirb. Da« zunächst liegende und nach brr Meinung mancher hochzuschätzender Schriftsteller einzige Hülf-miltei diese« Uebel- besteht in freiwilligen Beiträgen derer, welche in der Nachbarschaft leben, und sich leicht bekannt machen können mit der Quelle und dem Grade desselben. E- ist wahr, daß die Last der Unterhaltung der Armen auf diese Weife den Mildthätigen aufgebürdet wird, mir Au-nahme der Selbstsüchtigen und Gefühllosen; aber «er freiwillig eine Ausgabe übernimmt, hat keine Ursache, über Ungerechtigkeit zu klagen; und die so gemacht« Au«lag» Ist nicht ohn« gute Früchte. Wahre freiwillige Mlidthätigkeit findet in der Zusrlcdenhett mit sich selbst eine so reichliche Belohnung, daß da« Geld, weiche- au-gegebea wird zur Unterstützung Hüls-bkdürstigrr mehr wahre und bleibende Freude gewährt, al« was zu irgend einem andern Genuß verwandt wird. ES klage» daher die menschenfreundlta» gesinnten Bürger nicht über die Unkosten, weiche die Ausübung einer Tugend

2.

224 ihnen veranlaßt,

Buch.

wenn sie gleich die Selbstsucht der nicht

zur Unterstützung Beitragenden radeln müden; aber sie müs­ sen unzufrieden werden,

weit

sie aus

Erfahrung lernen,

dass in einer großen und verderbten Gesellschaft ihre Bemü­ hungen unzureichend sind

zur Hebung de-

manntchfachen

Elend-, welches sie umgiebt. Manche, die willig sind zum Unterhalt der Armen etwas zu geben, haben nicht Muße oder Geduld genug, um die wahre Lage der vielen Bittenden, die sich an sie wenden, zu untersuchen.

Die schmutzigen Wohnungen oder vielmehr

Schlupfwinkel der Unglücklichen

erregen Widerwillen,

die

Schwierigkeit, künstlichen Betrug zu entdecken, ist eine Ent­ schuldigung der Gleichgültigkeit;

und wer den letzten Grad

von Armuth zur Schau trägt,

erpresst Allmosen,

Nachforschende besser angewandt frdttt.

Die

die der

Gelegenheit

häufiger Belohnung für Trug macht, daß Bettelei ein Geschäft wird.

Da werden Erzählungen von Unglücksfällen vorge­

bracht, mit so vielen rührenden Umständen listig geschmückt, dass

die einfache Leidensgeschichte derer,

schmähn,

alltäglich scheint,

die

die Lüge ver­

und keine Hörer findet.

Die,

welche die Kunst des DettelnS nicht verstehen, erlangen wenig Aufmerksamkeit mehr,

und während die Verschmthten die

Abende von reichlichen Allmosen zechen, werden die schuldlos Unglücklichen mit Kälte angehört und ohne Hülfe entlassen. Die häufige Entdeckung von Erdichtung und Trug verhärtet nllmädltg das Herz gegen jede Erzählung von Elend;

der

erste Eindruck ist fast immer der, daß die Erzählung falsch sei oder doch übertrieben, und wenn diese unvermeidlichen vorgefaßten Meinungen auch nur wenig Schutz geben tjcdm die Hartnäckigkeit verschlagener Bettler, so sinv sie doch ab­ schreckend für den ungeübten nnd blöden Bittenden. Mildthätigkeit,

Me liebenswürdigste Tugend,

zum AufmunterungSmittei des Lasters.

Manche,

wird so die Im

Stande wären, sich durch Aibeit ihren Unterhalt zu schaffen, ziehen cd vor, von der Ltichlnläublgkeit der Menschen Zoll zu heben, und mancher feine Verstand,

der,

wenn er richtig

6. Kapitel.

225

magewandt würde, Wohlstand sichern könnte, wird verwandt, um einen erbärmlichen Unterhalt von solchen, die durch unan­ genehme Erfahrungen leicht Truq argwöhnen, zu erpressen. Z« gleicher Zeit geschieht die Unterstützung der Armen, die wirklich werth sind unterstützt zu «erden, unregelmäßig, und ist unsicher. Bisweilen werden ihre Bitten erhört, und sie erhalten vielleicht reichliche Hülfe; andre Male werben sie abgewiesen, und sind der äußersten Noth bloß gegeben. Die Unsicherheit deS künftigen Unterhalts muß jedes gegenwärtige Vergnügen vergiften, wenn nicht Gewohnheit alles Gefühl dieser eienden Abhängigkeit auslöscht. Zn diesem Falle wird ihnen aber auch kein Funke von Sparsamkeit und Vorsicht übrig bleiben; was sie mehr erhalten, als zur Nochdurft dient, ve-zeuden sie zu augenblicklichem Genuß, in thörich­ tem Vertrauen, daß morgen wieder eine fremde Hand sie spei­ sen werbe. Die Erfahrung von den vielfachen Uebeln, die mit dem öffentlichen Betteln verbunden sind, muß fast nothwendig den Gedanken an eine verbesserte Einrichtung erregen, nach wel­ cher die Beiträge der Mildthätigen gesammelt werden in eine allgemeine Kasse, verwaltet von eigenen Vorstehern. Es läßt sich vernünftigerweise erwarten, daß hierdurch der betrügeri­ schen Kunst deS Betteln- gesteuert, und einige Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse der schuldlos Verarmten gesichert werde. Die Vorsteher sind auf der Hut gegen die Gefühle de- Augen­ blicks; sie bemühen sich ernstlich, die Wahrheit der vorge­ brachten Klagen zu untersuchen; sie werden in der Ausübung ihrer Pflicht bald bekannt mit den Sitten und Umständen der ihrer Pflege Untergebenen. Die Dürftigen können mit Zu­ trauen ansuchen, da sie wissen, daß ihre Klagen, wie beschei­ den sie auch vorgetragen werden, Aufmerksamkeit finden, und die Müssiqgänger und Taugntchtse müssen lernen, daß ihr Trug entdeckt wird, und werden nicht länger ihren Unterhalt suchen durch erdichtete Erzählungen von Unglücksfällen.

2.

22Ö

Buch.

Es sonn freilich dieser Unterstützung-weife mehr noch als der Prtvarmildthätigkeit vorgeworfen werden,

baß da­

durch die Last der Unterhaltung der Armen ungleich auf die Einwohner worden, macht.

vertheilt

da

werde.

Wo

eingefüllt

Daher sind die Summen, die die niedre und mim'

lere Klaffe beigetragen haben, gene,

diese Weise

sind die Hauptsammlungev in den Kirchen qc> nach Verhältniß de- Dermö-

wett beträchtlicher gewesen,

Reichen.

Auch

der Aerwste

al-

die Beiträge der

giebt etwa- in den Klingbeu-

tel,

während der Reichste wenig mehr giebt,

eben

über dem Arbettsmann

im Verhältniß

zum

steht.

als der, der

Der Beitrag ist mehr

regelmäßigen Kirchenbesuch,

und im

Allgemeinen sind es keine-wege- die Reichsten, die am häu­ figsten

in

der Kirche gefunden werden.

hat auch nicht die Belohnung

von seinem

Der Beitragende eigenen Befühl,

die dem gewiß ist, der den Armen selbst mit Freuden gilbt. Er sann auf diese Werse eine größere Gabe geben, fctnm Nebcnmenschcn mehr Gutes thun; aber da- Gute wird ihm nicht

augenscheinlich,

Einbildungskraft.

und

Er

macht kernen Cinbruif auf seine

kann

nicht

der Anwendung

jeder

kleinen Summe, die er giebt, folgen, und das Glück, was dadurch bewirkt wird, theilen.

Aus Nachfolge und Gewöhn»

heit giebt er einen wöchentlichen Beitrag, ohne fast zu den­ ken an das Elend,

dem fern Schärflern zukommt; und da

kein Beweggrund zur Handlung in seinem Innern ist, erregt

Folgen auch seine Einbildungskraft nicht. danken überhaupt bei der Sache, in

so

die allgemeine und unbestimmte Vorstellung von den

Verdruß,

daß er

bei dieser Art der Einsammlung zu

einem öffentlichen Zweck Wohlhabendere. gewohnt rst,

Sind seine Ge­

so bestehn diese vielleicht

mehr

beitragen soll,

al- andere

Er sieht es an als eine Taxe, die

man

von ihm zu erwarten, so oft er dem öffent­

lichen Gottesdienst beiwohnt, und er ist der Meinung, daß diese Taxe, gleich andern Taxen, nicht nach der Religiosität, sondern dem Vermögen der ^Einwohner abzumessen sei. Auch ist zu fürchten, daß der Ertrag freiwilliger Gaben

6. Kapitel.

237

sehr schwankend seyn «erd«, und zu Zelten ganz unzuläng» iich für den Bedarf der Armen. Kommt man zu kurz mit den Sammlungen in der K>cch«. so solle» die Vorsteher da« Den-lhiqte durch Ansprechen ihrer Mitbürger herbei» schaffen, dessen Erfolg aber immrr unsicher «st. Bisweilen wird durch thätige und beliebte Vorsteher mehr eingesammelt als zum bloßen Unterhalt der Dürftigen nöthig ist. und der Ueberschuß, wenn er unter fle vertheil» wirb, begünstigt für den Augenblick Unmäßigkeit; «in andermal ist durch Unthä» tust« der Vorsteher die Kasse leer, und di« Armen -«rathen durch Unthütigkrit Anderer in dt« äußerste Noth. Unglücklicherweise tritt der Fall, daß di« Beiträge abneh» men, gerade bann «in, wenn die Klagen und Bitten um Hülfe vermehrt werden. Wenn Theurung »der Krankheit herrscht, oder rin großer Lrwerbzweig darniederiiegt, habe» manche, die ihren w-chentlichen kleinen Beitrag gaben, genug zu thun, sich selbst zu erhalten, und andere, die reich» llcher gaben, werben jetzt bestürmt von dringenden Bitten solcher, deren Unglück ihnen persönlich bekannt ist. Die Vor­ steher der Armenkasse find daher vielleicht grzwnngen, da« gewtbniich« Allmosrn zu vermindern eben bann, wenn da« Bedürfniß am größten ist, und di« Aufnahm« neuer Armen auf die Dersorgunq»l«ste zu vrrwrigern, di« nicht weniger elend und schuidio« sind, ai« diejenigen, weiche blöder Unter­ stützung «rhieitr». Wird die Noth ganz ungewöhnlich groß, so wird die Freiqeblgkelt der Reicheren in der Gemeinde wahrscheinlich mtht noch ai« Ersatz geben für da« was den tbiichen Sammlungen an dem gewöknlichen Einkomme» fehlt; aber eh« die Ueberzeugung von grgetiwärti-em unge­ meinen Elend der Dürftigen herrschend wird, kann schon mancher der Notd unterlege» haben, und wenn zuletzt, wir oft der Fall ist, zu reichliche Gaben gezeichnet werden, so wird gewissermaßen eine Prüm« aut Müsslgqanq gesetzt, zu einer Zeit, wo der angestrengteste Fleiß sich kaum de« Mangel« erwehren kann, und der Geist der Unabhängigkeit, -er Der.

22U

2. Tuch.

laß auf Selbstthätigkett wird im Volke geschwächt durch blinde Au-theilurig von Allmosen. Ein fernerer Einwurf gegen jeden Plan, bloß auS frei­ willigen Detträgen eine Armenkasse zu errichten, ist der, das; sie, obmol zur Minderung des öffentlichen DettelnS doch nicht zur gänzlichen Beseitigung desselben wirksam smd. Manche Mildthätige werden ihrem eignen Urtheil in Der. thetlung der Gaben mehr trauen, al- dem der Vorsteher, die fle, der Narur der Einrichtung zufolge, nicht zur Rechen­ schaft ziehen können. ES ist zu fürchten, daß nicht wenige die Freude an der Dankbarkeit derer, die unmittelbar von ihnen Gutes empfangen, der Zufriedenheit de- Bewußtseynvorziehen werden, daß sie, in Gemeinschaft mit andern, un­ bekannter Weise, aber viel nachdrücklicher, daS Wohl der Armen, die würdig sind unterstützt zu werden, befördern; und noch mehrere werden schwach genug seyn, um unauS. gesetzt Bittenden und listig Täuschenden Geld hinzugeben, was, statt Elend zu vermindern, nur dazu bient, Müffiqgang und Betrug zu befördern. Auf diese vielfache Weise mischt sich Privatmildthätigkett in die öffentliche durch frei­ willige Beiträge bestehende Wohlthätigkeit-anstalt; die Kasse wird einen beträchtlichen Theil de- Einkommen-, wa- sich erwarten ließe, entbehren, und Bettelei mit allen ihren Uebeln wird fortdauernd herrschen. ES würde die ärgste Unmenschltchkett seyn, diejenigen wegen Ansprache um Hülfe zu strafen, für deren Unterhalt nicht hinlänglich vom Staate gersorgr worden, und e- würde die gröbste Ungerechtigkeit seyn, diejenigen mit Geldbuße zu belegen, die durch AuStheihing von Allmosen ein anerkannte- Recht über ihr Eigen­ thum ausübten. Gesetze der Art, wie genau und grausam ihre Bestimmungen auch wären, müßten doch unkräftig blei­ ben, im unverhältnißmäßigen Kampf gegen die Noth der Armen, den guten Willen der Reichen und da- moralische Gefühl aller derer, die sie ausüben sollten. In Holland ist e- allerdings wirklich geschehen, daß frei­ willige Beiträge ein völlig hinreichende- Einkommen gaben

6. Kapitel.

22

)um Unterhalt der Armen, und Bettelei fand dort weniger starr, als in irgend einem andern Theil von Europa *) Man muss aber bedenken, daß die herrschende ©müqfamfcu und Spar­ samkeit dieses Volks die Zahl der Armen sehr geringe machte, und dass der Wohlstand der andern Einwohner in Verhältniß zu ihrer Lebensart ganz ungewöhnlich war. Der einer weniger haushälterischen Natron, wo üppige Lebensart weif verbret« leres Elend unter den niedern Klaffen, und vielfache Verlegen» heit unter den höheren veranlaßt, wäre gewiss ganz unzulänglich.

dieselbe Methode

Unter solchen Umständen ist ti

wahrscheinlich, baß eine Unterstützung der Dürftigen entweder erzwungen werden muß durch

Mitgefühl, bet Anstcht

ihres Elends, oder gesichert durch eine allgemeine Veranftaitung der Obrigkeit.

Daher fand es fich

In England, daß

alle die Gesetze, welche die Geistlichen und Friedensrichter bevollmächtigen, einzelne Bürger zu ermahnen, zu einer all­ gemeinen Kaffe beizutragen, bu unmenschlichen den Bettlern angedrohten Strafen, und die über die Ausübung der Prtvatmtldthätigkelt verhängten Geldbußen ganz und gar un­ wirksam waren, und man nahm zuletzt, wiewohl ungern, ferne

Zuflucht

zu

einer

erzwungenen

Versorgung

der

Armen.**) ES kann aber der Regierung das Recht, Taxen zu erheben zum Unterhalt der Armen, nicht ander- als unter sehr großen Elnschränkungen zugestanden werden.

Mtldlhäitgketr,

obwol eine moralische Pflicht für alle, gehört zu den Pflich­ ten, kann.

deren Ausübung nicht mit Recht erzwungen werden Die Weigerung, den Leiden unserer Mitmenschen zu

Hülfe zu kommen, setzt uns allerdings der Verachtung und dem Abscheu Aller out; da aber die Rechte Anderer nicht

*) M. Farlan'S Untersuchung über die Armen. 8- Kapitel. 3. Abschnitt. ••) Emen sehr deutlichen Auszug der englischen Gesetze über diesen Gegenstand mit manchen 'nichtigen Bemerkungen findet man in S»r Friedrich Eden s Instand der Armen, i. Band.

2. Buch.

230

verletzt werden durch unsere Hartherzigkeit, da Ihr Zustand in keiner Rücksicht gerung kein

unerträglicher wird,

Grund zu

unserer

so kann

Bestrafung

unsere Wei­ werden;

und

wenn die Unterlassung einer Handlung nicht bestraft werden kann, so ist eS offenbar, daß die Aueübung

derselben nicht

durch Gewalt bezweckt werben darf.*) Hier ist nicht das Gebiet des Gesetzes. Gefühl und dem

Ls muß dem

Gewissen eines Jeden überlassen

wie viel er sich selbst von

bleiben,

seinem Ueberfluss entziehen will,

um die Hungrigen zu speisen und die Nackenden zu kleiden. Ls ist eben so ungerecht, tdn hierzu durch Androhung

von

Strafe zu zwingen, als thm fein Eigenthum zu diesem End­ zweck zu nehmen wider seinen Willen wie man eingesteht,

erhoben

Line Auflaqe, welche,

wird, nicht

zum

Besten der

Beitragenden, sondern zum Besten Anderer, die keinen recht­ lichen Anspruch auf sein Eiqenthum haben, scheint den ersten Grundsätzen einer gerechten Regierung zuwider zu seyn, und es ist wahrscheinlich ein solches dunkles rechtigkeit, welches

Gefühl

von Unge­

veranlasst, daß Armentaxen, auch wenn

sie nicht beträchtlich sind, wie offenbar der Fall in manchen Theilen Schottlands, mehr Unzufriedenheit erregen,

als die

schwersten Auflagen zum Dienst des Staats. Aber wenn wir die Sache von einer andern Seite be­ trachten, so wird eme mäßige Versorgung der Armen weniger tadeinswerth scheinen. Der Trieb zur Erkaltung des eigenen Lebens und unserer hülflosen Kinder ist so start, daß weder em Gefühl von Pflicht noch die Furcht vor Strafe, denjenigen, der im Elend vergeht, abschrecken kann vom Angriff auf fremdes Eigenthum.

Die

menschlichen Gesetze haben au-begreiflichen Ursachen keine Aus­ nahmen gemacht für den Fall solcher unwiderstehlichen Ver­ suchung, aber noch niemals ist die Strafe wirklich angewandt worden, wo bewetsltch der äußerste Grad der Noth, wo die Gefahr des Hungertodes da gewesen war. ES bedarf wenig

*)

Einleitende Untersuchungen. 2. Kapitel.

2. Abschnitt.

6. Kapitel.

231

Beobachtung, um überzeugt zu seyn, daß wenige die Stärk« huben, um durch Andrang der äußersten Noth nicfti vom Weg« b«< Recht« abgebracht zu werden, und wenig Philoso­ phie, um zu schließen, daß die Handlung, die unter beson­ deren Umständen

säst unvermeidlich ist, nicht mit Fug ge­

straft «erden kann-

Also, wenn die Armen nicht unterstützt

werden, so muß Diebstahl und Räuberei oft ungestraft blei­ ben.

Die Folge würbe seyn, daß die Entschuldigung wegen

äußersten Mangel« auch da, wo kein Grund dazu vorhanden wäre, vorgebracht und wahrscheinlich gemacht würbe;

>ede

Verletzung de« Ligenthum«recht«, die ungestraft bliebe, würbe dre Macht der Gründe, die vom Uebeilhun abhalten, schwä­ chen, nicht nur bet dem, der sich schon einmal verging, son­ dern auch bet allen Zuschauern, die, ohne die Umstände ganz genau zu kennen, di« Verletzung

de« Gesetze«

ungestraft

sähen. Damit Verbrechen verhindert «erhen, ist nothwendig, daß die Strafen nach fester Regel und gewiß

treffen,

und

damit wir in jedem Fall ei» Recht haben zu strafen, muß di«

unwiderstehlich«

Versuchung

durch

äußersten

Mangel

entfernt werden. Wenn freiwillig« Beiträge nicht de» nöthi­ gen

Unterhalt

htrbeischaffrn

können,

wodurch

verhindert

wird, daß ganz Hülflos« au« Selbsterhaltungu Einnahme de« Krankenhause« au« einer unbegränzten Laxe fließt, wahrscheinlicher etnreißen. E« werden wehr Officianten angestellt al« nöthig, dir Gehalte werden zu >'ehr erhöht, Verschwendung herrscht in allen Zweigen der Haushaltung, die Lässigkeit der Wärterinnen und Unterärzte oermindert di« Bequemlichkeit, und verspätet die Genesung

2.

250 der Kranken, weniger

und

regelmäßig

nach

Buch.

und nach werden

in Erfüllung

die Oberärzte

ihrer Pflicht.

NtchtS

kann diesen Mißbräuchen so sicher entgegenwirken,

als das

beständige Dewußtleyn,

daß die Einnahme der HofpitalS-

kaffe von der Meinung des Publikums abhängt; das ist die Ursache, worum die Krankenhäuser, die in allen größe­ ren Städten Englands durch Subscrlptlonen bestehen, auf die erfreulichste Weise abstechen gegen den Schmutz, das Elend und die Nachlässigkeit,

die nach Vieler Zeugniß in

den prächtigen öffentlichen Hospitälern Frankreichs herrschen. ES kann zweckmäßig seyn, da- Gebäude durch eine auf die Gemeinde ausgeschriebene Steuer zu errichten, und auf dieselbe Weise eine Nothkaffe zu

haben für dringende Fälle

von Hülfsbedürstigkeit; aber wenigstens muß ein großer Theil der jährlichen Ausgaben durch jährliche freiwillige Bei­ träge bestritten werden. Außer der Unterstützung dieser wohlthätigen Anstalten, welche nach richtiger Anordnung dem Staate nicht lästig werden müssen, haben die Gesetze mancher Länder,

nicht

zufrieden, die wirklich gewordene Armuth zu lindern, auch noch den Versuch gemacht,

durch mancherlei Einrichtungen

die Trägheit und den Müssiggang auszurotten, von welchen die Armuth häusig entspringt.

Zu diesem Ende sind manche

strenge Verordnungen ergangen, sowol m England als in Schottland, wodurch die, welche, ohne daß es erhellt wo­ von sie ihren Lebensunterhalt ztehn, zu arbeiten versäumen, oder sich weigern, mit den grausamsten Strafen bedroht werden, mit Sklaverei, Gefängniß, Schlägen oder gar nur dem Tode. #)

Die

übertriebene

Barbarei

dieser Gesetze

verhinderte natürlich ihre Ausführung; aber wenn sie auch milder gewesen wären, Grundsatzes,

so hätte doch dle Aufstellung des

aus dem sie stießen, schwerlich gerechtscrtlgr

•) Die englischen Verordnungen dieser Art siehe bei Eden, r. Buch. i. und 2. Kap. und die schottischen bei M. Farlan im r. Kap. deß 2. Hauptftücks.

(>. .$dpitel

231

mcrbdt finnm. Die unmltttlbate Folge bet Müsflggang« ist Noth für den, der sich chm htngiebt, und nicht Abbruch de« Glücks Anderer. E« ist ein Laster, da« seine eigene Strafe nach sich zieh», und nicht geradezu Unrecht zufügt, mithin ist e« kein paffender Gegenstand für ZwangSgesehe. Daß dadurch der Weg zu Lastern gebahn» wird, ist unzwei­ felhaft ; aber wenn da« Gebiet der Gesetz« so erweitert «er­ ben sollte, daß auch den vorbereitenden Ursachen der Ver­ gehungen entgegen gearbeitet würde, so wäre »«wahrschein­ lich gleich zweckmäßig, di« Unthätigkett, Unmtßtgkett und die Au«schwetfungen der Reichen zu bestrafen, al« die Träg­ heit und Sorgtosigkei» der Armen. Aber diese dürfen nie der Gegenstand menschlicher Gesetze seyn. Emen Neben« menschen zu bestrafen, mit der Behauptung seine Wohl­ fahrt dadurch zu fbrdern, ist Anmaßung und Ungerechtig­ keit; Buße auferlegen al« Derbannungsmtttel möglicher oder auch wahrscheinlicher Fehltritte, da« heißt benienigen strafen, der noch unschuldig ist, weil wir in unserer Wetthett vor­ aussehen, daß er eine« Tage« schuldig «erden kann. Da« Recht zu Zwang«gesetztn, wiefern «« begründet ist in der Natur de« Menschen, wird nur aufgefordert durch wirklich begangene« Unrecht, und kann nicht existiern, bevor ein Verbrechen existir». *) Auch ist e< nicht wahrscheinlich, daß die Bestrafung de« Mü'siggang« sehr wirksam seyn «erde zur Beschränkung der unordentliche» Lebensart und der Vergehungen. Dadurch, daß man Zemand zwingt, schwere Arbeit zu verrichten für Andere, wird man ihm schwerlich den Fleiß angenehm wachen; tvmn man einen Menschen peitscht oder beschimpft, wie einen Missethäter, so wird er in der Folge nothwendig unempfindlich seyn gegen Tadel und Dorwurf; und wenn man ihn einsperrt zusammen mit wirklich schlechten Men­ schen, so ist e« wahrscheinlich, daß er all« Schlechtigkeiten am schnellsten lernt. Der Versuch, den Müssiggang aus) S. 2 Buch. a.Lap. i. Abschnitt.

2,32

z.

D u ch.

zurotten, würde, wenn man die dazu nöthigen Gesetze wirk­ lich anwenden wollte, die Gesetze zu einer reid>en Quelle der Unordnung und des Uebel* für die Gesellschaft machen; und die Todesstrafe, wie barbarisch sie allerdings wäre, ist wahrscheinlich von allen in den erwähnten Verordnungen angedrohten Strafen die einzige, weiche einigermassen den vorgesetzten Zweck zu erreichen verspricht. Verordnungen, welche Strafe des MüssigganqS gebieten, fetzen nothwendig voraus, das; für jeden, der arbeiten will, auch Arbeit vorhanden ist. Ohne diese gleichzeitige D.din» gung wären solche Gesetze eben so ungereimt, r.lc ungerecht. Aber Arbeit zu schaffen für das ganze Volk, für unbestimmt Viele, zu allen Zeiten, das liegt ganz ausser der Macht der Regierung. Die Nachfrage nach Arbeit, das ist es, wo, von abhängt, wie viele Arbeiter Beschäftigung finden kön­ nen, daS ist das oberste Stmiiativ, und jeder Versuch, durch obrigkeitliche Gewalt den Arbettwchenden ©escbAfiUung zu geben, wenn keine Nachfrage nach solcher Arbeit ist, muss allemal vergeblich, und oft nachtheillg ausfallen. Wenn die Einwohner gezwungen werden, nach der Reibe die Leute als Tagiöhner anzunehmen, die Arbeit verlangen, so muss man jenen auch das Recht einräumen, nach Gutdünken die trägen Arbeiter zu bestrafen, weiches ganz und gar den allgemeinen Menschenrechten widerstreitet; und gesetzt auch, man befugte sie dazu, so würden sie doch bald finden, baß die durch Strenge erzwungene Arbeit in keinem Verhältniß steht zu dem Tagelohn, das sie genöthigt werden zu zahlen. Giebt eine öffentliche Anstalt denen, die Arbeit suchen. De» schästtgung, so ist die Wirkung davon höchst nachtbeilig für den gewerbsamen Armen. Denn die Errichtung von Manu» fafturrn auf öffentliche Kosten kann ketneSweqeS die Nach» frage nach den verfertigten Sachen vermehren. Diejenigen, welche in solcher Arbeiteanstalt Arbeit suchen, werden allen dinqs Beschäftigung finden; aber genau in demselben Maaß wird andern Arbeitern der Abgang ihrer Arbeiten gehemmt, also die Gelegenheit zur Arbeit genommen. Für jeden Men»

6. Kapitel-

256

schm, der ln einer öffentlichen Arbeit-anstalt Arbeit findet, muß ein Anderer in die Verlegenheit kommen,

daß er keine

Abnehmer seiner Arbeit findet, also entsteht die Nothwendig­ keit,

daß auch ein zweiter sich an die Arbeit-anstalt wen­

den muß.

Folglich werden dtejenlgen, deren widerstrebende-

Gefühl sie hindert,

sich in die Liste der Armen aufnehmen

zu lassen, das ist, der bessere Theil de- Volke-, am meisten den Druck der Noth fühlen, und eS werden in den Maga­ zinen der tffentiichen Arbeitsanstalten Waaren, für die sich keine Abnehmer finden, aufgehäuft werden.

Weiterhin wird

allerdings die Nachfrage nach eben diesm Waaren wieder zunehmen; aber auch dann wird der Vortheil der veränderten günstigen Zeitläufte den Fleißigen entgehen,

«eil durch die

Menge der aufgehäuften Waaren, die mit einem Male feil ist,

der Lohn der Arbeiter

fortwährend

niedrig

erhalten

wird. .Jeder Plan, Arbeiter zu beschäftigen, deren Arbeit nicht verlangt wird, emhält eine irrige Anwendung des National­ vermögen-.

Wäre da- Geschäft einträglich, wäre eS selbst

nur mit einem mäßigen Verlust auf kurze Zeit verknüpft, so würde eS gewiß noch fortgefeht werden von denen, dis eS unangenehm oder unpassend fänden, ihr Kapital in einem andern

Erwerbzweig

anzulegen.

E- kann kem stärkerer

Beweis seyn, wie unvortheilhafr ein Geschäft für ein Land ist, al- eben dieß, daß alle die, welche dasselbe bisher mit Gewinn trieben,

es

liegen

lassen.

ihren Händen nicht mehr einträglich,

Ist da- Geschäft in so

darf man sicher

clauben, daß eS nur Schaden bringen «erde, wenn es unter ten unvorrheilhaften Bedingungen, womit Fabrikunternehaiungen auf öffentliche Kosten zu kämpfen haben, mit Gefahr der Nachlässigkeit,

deö Trugs

und kostbarer Geschäft-füh­

rung fortgesetzt wird. Der unmittelbare Verlust, den solche Plane, Arbeit für die Armen zu schaffen, herbeiführen, ist bei meliern nicht der kin;ige Nachtheil.

Mittelbar lahmen sie die Lebendigkeit und

He.Ria|tai.(tmiguii9 der Arbeitn-, Ne sonst durch die 2chivie/

2. Dich.

354

rtgkeit ihrer Sagt, wenn gleich vielleicht mühsamere Beschäf­ tigung gebucht und gefunden hätten. Außerdem würden FabrikHerrn, deren Kapital unfruchtbar wäre, sich eifrig umsehen nach einem neuen Gewerbzweta, und ihrer Bemühung würdj das einstweilige Sinken deS TagelohnS behülflich seyn.

Alle

diese Thätigkeit fällt weg, wenn öffentliche ArbettSanstalten dazwischen treten.

Ein Arbeiter wird schwerlich daran denken,

seine Gewohnheiten zu ändern, so lange er in seinem alten Fach, wenn gleich mit einiger Aufopferung, zu arbeiten fin­ det; und eS läßt sich nicht erwarten, daß die Vorsteher einer durch öffentliche Gelder betriebenen Fabrik, dle den Vortheil oder Schaden derselben nicht theilen,

sehr eifrig oder glücklich

seyn werden in Veränderung derselben je nach den wechselnden Umständen dcS Landes. Wahrscheinlich also wird in einer öffentlichen ArbeitSanstalt dasselbe Verfahren unverändert fort­ dauern;

wahifcheinltch wird eine durch öffentliche Gelder

erhaltene Manufaktur noch fortfahren zu arbeiten, lange nach­ dem dasselbe Geschäft von Privatunternehmern verlassen wor­ den, zum Schaden sowol der Anstalt, als derer, die bann arbeiten. Soll denn der Staat sich ganz unthätig verhalten, auch dann, wenn die fleißigsten Arbettsleute wegen Zusammenfluß von Umständen, die nicht von ihnen abhängen, vor Mangel vergehn?

Gewißlich nicht.

Dieß ist der schickliche Zeitpunkt

öffentliche Arbeiten zu unternehmen, Wege, Kanäle und Häffti zu bauen.

Dadurch kann zugleich die öffentliche Kaffe

sparen und wohlthun; Arbeiten, die fürt Ganze nützlich sind, werden, während die gewöhnliche Nachfrage nach Arbnt ver­ mindert ist, für einen mrat wohlfeileren PceiS ausgeführt, und indem auf neue Weife ein Theil der zu vielen Hände, die sich anbieten, beschäftigt wird, muß das Verhältniß der Ar, bettsuchenden und der Nachfrage m andern Geschäften wieder daS richtige werden. Selten jedoch gelingt eS durch solche Mittel, ohne sich auf sehr gewagte und unersprießliche Unternehmungen einzu­ lassen, die Noth dco Volks beträchtlich zu mildern.

Es muß

6. Kapiteldaher denen,

dt« ohne Beschäftigung sind,

Unterstützung gegeben werdrn;

235 außerordentlich«

und allem Ansehen nach ist

keine andere untadelhaste Weise dieß auszuführen, alS ein« vernünftige Derthetlung von Geld und Mundvorraih.

Di«

Grundsätze, nach «eichen diese Wohitharen zu spenden find, können leicht au- den Umständen abgenommen werden, welche die Noth veranlaßt haben.

Da die Unterstützung gegeben

wird wegen des Mangels an Beschäftigung, so muß fi« nicht mehr betragen,

als der unvermeidlich« Au« Aufmerksamkeit auch der am wenigsten unterrichteten Eltern auf die Fortschritte ihrer Kin­ der wird anhaltender und wirksamer seyn, als die, welche wahrscheinlich ist von solchen, die, ohne Liebe für ihre Zög­ linge, bloß aus Pflichtgefühl handeln; auch ist höchst wich­ tig zu bemerken, daß diese regelmäßige Aussicht und Besor­ gung die Liebe der Eltern und die Achtung der Kinder sehr vermehrt, von welchen Gefühlen das Glück und die Tugend eines Volks immer in großem Maaß abhängen wird. Auch ist keine Gefahr, wenn.die Leitung der Erziehung den Fami­ lien überlassen ist, daß sie zurückbleibe hinter dem Geist deZeitalters im Wissen und Wollen; denn lebet Lehrer, der nicht mit fortschreitet, wird durch die Abnahme der Zahl seiner Lehrlinge bald erinnert werden an die Nothwendigkeit sich anzustrengen. Die Erziehung der Jugend ist also kein Gegenstand, der den Befehlen der Obrigkeit unterzuordnen ist; dies ist keiner von den Fällen, wo das, was nützlich ist für alle.

7. Kapitel.

277

nicht anders al- durch einen allgemeinen Verein ausführbar ist.

Zm Gegevtheil, eS scheint eine von den Emricheungen

zu seyn, wo die Einmischung der Obrigkeit geradezu schäd­ lich ist; aber wenn diese auch nur nicht nothwendig ist, so ziemt e< uns, zu bedenken, daß nutzlos« ZwangSgrsehe gegen die Bürger eine der ärgsten Formen ist,

unter dmen die

Tyrannei ausgeübt werden kann. Mi«

Deiseittsrhung

aller öffentlichen

Erziehung

unter

Oberaufsicht deS Staate», wir sehr diese auch von den Be­ wunderern der Spartanischen Zucht gerühmt worden, wollen wir nur untersuchen, in wie «eit dir Regierung durch mit­ telbare Einwirkung licher Kenntnisse.

ausmunrern soll«

zur Erlangung nütz­

Hierher gehörige Anstalten beabsichtigen

entweder die Unterweisung aller Bürger in den einfachsten, nothwendigsten Kenntnissen, oder e» soll durch st« das Fortschreiten und die Erlernung der höheren Wissenschaften be­ günstigt und erleichtert werden. i.

E« haben manche «in sehr unvernünftig«« und un-

großmüthlge« Borurtheil gegen die Ausdehnung der Wohl­ that guten Unterricht« auf die niederen DolkSklaffen biswei­ len unverholen ausgesprochen.

Sogar da« Lesenkönnen hat

man beschuldigt, daß «S da« Volk unwillig mache zum Arbei­ unzufrieden mit feiner Lage, baß dadurch die Moral b,
lf.

büß der Untüchtige dem Talent,

IO

2.

290

Buch.

die Halbwisserei dem gründlichen Wissen,

«in knechtischer

Sinn dem freie« vorgezogen wird. Gesetzt auch, der beste Kandidat erhielt« in der Regel den Vorzug,

so ist doch

keine Sicherheit da,

daß er mit

Geschick und Eifer die Pflichten seine« Amt« erfüllen wird. Lernen und Lehren flnd so ganz verschieden, daß besten gelernt har, dennoch Lebren.

wer am

ganz untüchtig seyn kann zum

Täglich sieht man, baß e« einem,

der unläugdar

die aründlichsten Kenntnisse erworben hat, gar nicht gelingt, sie andern deutlich

und eindringend zu wach,»;

während

ander», stolz auf ihr« Gelehrsamkeit, da« Geschäft eine« Leh­ rer« leicht unter ihrer Würd« halten. Wer ungemeine Kraft in sich fühlt, den langweilt oft die bescheidene aber nützliche Arbeit, zu lehren, wa« schon bekannt ist, den reizt da« Der» gnüaen, weiter vorzudringen,

und dem Ehrgeizigen scheint

der Ruf «ine« tüchtigen Lehrer« rin zu niedrige« ZtrI. Die Siunben, die den Zöglingen gewidmet werden

sollten, wer­

den leicht zu eignen Studien angewandt, und die Erwrtke» rung de- schon gegründeten Ruf« wird mehr durch Bekannt­ machung von Schriften at« durch Vorlesungen gesucht. So daß ungeachtet ihrer Talente manche Professoren untüchtig, ander« unlustig sind, ihr Amt gehörig zu verwalten. Meisten« sieht man, daß die« Uebel in gradem Verhält­ niß steht mit den den Lehrstellen beigelegten Gehalten. Sind diese unbeträchtlich, so

ist

die beste Gewähr da, so ist da«

Interesse de« Lehrer«, baß der Unterricht der Zugend nicht ver­ nachlässigt werde.

Ein untüchtiger Kandidat kann kein Ver­

langt» haben nach einem

Amt, da- ihm wenig einbringen

würde; und wenn jemand ungeachtet seiner Kenntnisse nicht da« Talent der Mittheilung hätte, so würd« er nicht eine Stelle behalten, die weder Ehr« noch Vortheil für ihn haben könnte.

L« ist wahrscheinlich, daß die Lehrer einer mäßig

ausgestatteten Universität, wett »kr Einkommen hauptsächlich in Honoraren bestehen muß, di« meiste Aufmerksamkeit auf ihre Lesestunden richten, e« ist wahrscheinlich, daß sie, um di« Zahl ihrer Zögling« zu vermehren, sich möglichst anstren»

gen, bl« Achtung der ihrer Sorgfalt anvertrauten jungen Stute |u gewinnen, dir Aufmerksamkeit derselben festzuhalten und sie wirklich auszubilden. Dahingegen müssen Gehalt«, wenn sie die Hauptquelle des Unterhalts sind für dt« Lehrer, statt bloße Prämien für Geschicklichkeiten und Zeichen des öffentlichen Zutrauens zu seyn, in den meisten Fällen dt« Anstrengung schwächen. Wer «us üffentltcher Kaffe hinreichendes Einkommen hat, wird geneigt «seyn, theils aus Bequemlichkeit, theils weil es ver­ drießen kann, Zahr für Zahr denselben Weg mit den Schü­ lern Schritt vor Schritt zu gehen, seinen Gehalt so leicht als möglich zu verdien«. Er wird entweder sein Amt in eine Sinekure verwandeln, und sich durch schriftstellerische Arbeiten Ruhm suchen, «der wenn die Ttskhe der Univer­ sität und dt« Aufsicht höherer Behörde« dies nicht verstatt«», so läßt sich erwarten, daß er schwache und unin­ teressant« Vorlesungen halt« wird, welche w«tg unterrich­ tend und wenig anziehend für die Studtrendm sind. Universität«, wenn auch nur mäßige Koste« an sie ge­ wandt «erde», können aber doch den Smdtrenden sehr nütz­ lich seyn. Allerdings werden sich immer Lehrer «tnfind«, wo man ihrer bedarf; aber ohne besondere Vortheile des Aufenthalts an gewiss« Ort« würden die Lehrer der ver­ schiedenen Wissmschaft« zerstreut seyn im ganzen Laad«, statt in den Univrrfitätsstädt« im Kreise versammeit zu seyn. Ein junger Mann, der einen Zweig des Wissens erlernt hätt«, müßte vielleicht, um sich in einem andern aus­ zubilden, an einen «ntfernttn Ort reisen, und seine ganze Aufmertsamkett würbe zur Zeit «inseitig gerichtet «erden. Es ist ausgemacht, daß ein Studirender seine Kräfte schnel­ ler mtwickelt, wenn er sie an mehreren Gegenständen zu­ gleich übt, als w«n er sich prrtodenwrtse ausschließlich mit einem beschäftigt. Allerdings wird dieses in manchen Lehr­ anstalten zu wett gettieben, so daß rm junger Mann durch das Vielerlei verwirrt wird, aber innerhalb gewisser Grän­ zen «st es zeitsparend und anspornend, wen» der Studirenbe

3.

292

Buch.

zugleich Vorlesungen über »erschteden« Zweige der Wissen» schäften hört. rerer

Auch darf man von dem Zusammrnseyn meh­

Gelehrter

erwarten.

wohlthätige Wirkunßlm

auf ihr Gemüth

Anreizung zum Fleiß und zur

Erweiterung

der

Ansichten und Entfernung der beschränkten und unedlen Vor» urtheile, die leicht aut «inseitigem Eifer für sein Fach ent» springen. Wenn die Universitäten gehört-

eingerichtet wären, so

würde kein Zwang da seyn für dt« Studirenden, uninteres­ sante Vorlesungen zu besuchen.

Der Staat sollte bloß solche

Prämie» aussehen, welche die Universität für einrn Gelehr­ ten zum wünschen-werthen Aufenthalt machen,

aber keines»

weg» «in Monopol bewirken könnten, oder auch nicht einmal einen sehr -roßen rern.

Vorzug der Professoren vor andern Leh»

Wenn dem so wär«, so würde jede Lücke in der Uni«

versität sehr bald von Prtvatlehrern ausgefüllt werden, dl« durch wären.

die

vorhanden«

Zahl

von

Stubirenden

angezogen

Fände dies Gegenmittel kein Hinderniß, so würde

da» Uebel, dat aut einer trrlgen Wahl der Professoren ent» steh», nicht sehr sitäten

groß

seyn.

Auf den schottischen Univer­

ist et so, daß, wenn ein Professor träge ist, oder

sonst Unzufriedenheit erregt,

ober wenn dir Zahl der Stu­

denten so groß ist, daß sie nicht wohl all« an demselben Un­ terrichte Theil nehmen können, gleich Prlvatlehrer auftreten, bi«

der

Sache gewachsen sind;

und

dt« Gewißheit, daß

dlct die Folge der geringsten Pfltchtversäumniß seyn werde, und daß durch den Ausfall de» Honorars da« Einkommen geschmälert werden wird, macht, daß in der Regel jeder Pro» seffvr sich ernstlich anstrengt. Solche Privatlehrer

an

«lner Universität

immer mit Schwierigkeiten zu kämpfen.

haben

doch

Wie groß auch der

Beifall ist, mit dem sie lesen, so können sie doch nie dt« Aussicht haben, daß der, mit dem sie wetteifern, vom Kampf abstehn, und sie ruhig im Besitz

de» Siege« lassen wird, eben f»

wenig können sie, wenn «S nicht ein außerordentlicher Fall ist, hoffen,

dem

bestellten

Lehrer die Mehrzahl seiner Zu»

7- Kapitel. Hörer zu entzlrhn.

*93

Manche lange Leute, die von entferntea

Gegenden ankommen, und dt« Lehrer

nicht au« Erfahrung

kennen, werden nicht anstehn, denjenigen vorzuziehn, dessen Talent« anerkannt scheinen durch öffentliche Anstellung, und bte andern Professoren, die man etwa fragt, werden im Allgemeinen geneigt seyn, die Würde de« Kollegen zu bewah» ren

gegen den, der ihnen als Mitbewerber gefährlich oder

zudringlich und keck erscheint. E« ist zuverläsfig

unnithig

ein Wort zu sagen über

ausschließlich« Privilegien, deren Folg« seyn kann, Un tüchtig kett der Vorrang gegeben

daß der

wird vor dem Talent,

daß die allerbesten Privatlehrer vertrieben, oder die ©tu» direnden gezwungen «erden, zweimal Vorlesungen über den» selben Gegenstand zu hören,

einmal de« Scheine«

da« andremal um zu lernen.

halber,

Ein« akademisch« Laufbahn

vorzuschreiben, al« Dedingung, ohn« welch« keine Anstellung t» den gelehrten Aemtern

erlangt «erden kaun,

bewirkt

offenbar ein übelberechnete« Monopol zu Gunsten der vcrfitäten.

Da« ist völlig ungereimt, wenn,

weilen geschieht,

di«

Uni»

wie e« zu»

Wissenschaften, die für dt« gelehrten

Aemter erforderlich flnd, entweder gar nicht auf der Uni» versität gelehrt werden, oder so unvollkommen, daß niemand, ohn« noch

anderswo

Unterricht zu

suchen, fähig «erden

kann, einem solchen Amte vorzustehn.

Wie gut aber auch

die zweckdienlichen Wissenschaften gelehrt «erden mögen,. so ist der Aufenthalt an einer hohen Schule oder da« Zeugniß, öffentlichen Vorlesungen beigewohnt zu haben, doch immer noch ein sehr ungültiger Bewrt« von dlrender erlernt hat.

dem, «a< «in Stu»

Da« kräftigste» Mittel,

unwissende

Bewerber abzuhalten, ist wol, daß sie nicht angestellt wer» den.

Wenn aber noch ein andrer Dewei« von den Kennt»

Nissen eine« RechtSgrlehrten, eine« Arzte« »der Theologen Bedürfniß scheint,

so tonn dazu nur eine streng« Prüfun­

dienen, welche ausweiset, wie viel jemand wirklich in sich aufgenommen hat, und nicht rin bloßer Schein, daß jemand die Gelegenheit gehabt habe zu lernen.

294

2. Buch.

3s»mcrfun$. Die Uebersehung M folgend«« Kapitel-, welcheda- letzt« ist im zwetten Theile de- Original« und die Meinung de- Verfassers über da- Verhältniß der Kirche zum Staat enthält, ist unterlassen worden. Craig will, baß dir Obrigkeit auf keine Weise in da« Gebiet der religtisen Meinungen und Handlungen eingreifen solle, und sucht vornäwlich zu beweisen, baß es ungerecht ist. bttt|tnl« gen, welcher nicht überzeugt ist von dem Vorzug« der herr­ schenden Kirche, zu zwingen, Steuern zu ihrem Besten zu geben. Aber zugestanden, daß es allerding« ein Uebel ist, gezwungen zu werden, zur Herrschaft einer Kirche Mittel zu liefern, der man nicht durch Glauben angehört, so fragt sich doch, ob dieß da- grüßte Uebel ist. Auch wenn man auf dem Standpunkt bleibt, von welchem Craig die groß« Angelegenheit betrachtet, so lassen sich dennoch Thatsachen entdecken, welche seiner Meinung zu widerstreiten, und die Gültigkeit de- Satze-: nrque toram t>, Ivituteni, ueqoe totatn libertatem pati possumus für alle menschlich« An­ gelegenheiten wiederum zu bewähren schiene. Die Erfah­ rung lehrt, daß die Gefahr de- Fanatismus am größten ist für werbende Sekten, diese aber am meisten da entsprin­ gen, wo bU obrigkeitliche Macht entweder zu heftig oder zu schwach wirkt für die von der Mehrzahl heilig geachtete» Ding«. Die Vermehrung und da« Betragen der Metho­ disten ln England ist, meines Erachten«, ganz ungünstig für Craig- Meinung. E- war zu fürchten, baß da- Kapitel, worin Cralg gegen alle- Eingreifen der Regierung in kirchliche Angelegen­ heiten streitet, in den meisten deutschen Lesern ein nach» »heilige- Gefühl erregen würde, da- sich auch wohl ausbreiten und dem Eindruck früherer Kapitel schädlich werden könnt«. Was In dem vorhergehenden von Einrichtung der Universitäten gesagt ist, hat meist besonder« Beziehung auf dir englischen, deren aiterthümliche Form freilich der offnen.

7> Kapitel. Hellern Gestalt der

schottischen

295

Universitäten sehr

nachzu­

stehen scheint. Don medizinischer Polizei geschieht ln Eratg« Werk keine Erwähnung..

Wahrscheinlich

würde er nicht wenig

erstau­

ne», wenn ihm dt« vielerlei abentheurrlichrn Vorschläge kannt würden, welche in den

be­

Schriften mancher berühmter

deutscher Aerzte enthalten sind, die, »»eingedenk der Warnung de-

ehrwürdigen Rrtmaru-,

da« Heil

der Tyrannei der medizinischen

der Menschen von

Polizei erwarten

Wahr­

scheinlich auch wird jeder Engländer, gebildet oder «ngebtlbet. da«

Gefühl

de«

Mitleid« nicht

nur,

sondern

auch

der

Sicherheit, der Selbstständigkeit, der Würd« haben, wenn er hi« von Ländern, «0 dt« Mensche» gezwungen «er­ den,

sich

rin« Krankheit impfen zu lassen, wo die Eltern,

wenn ihr« nicht vakcintrten Kinder von den Blattern getbdtet werden, nach Unterschied M Stande«, bestraft werden len.

Dir Herrschsucht hat mehr Uebel in der

sacht als di« Diattrkn. Blattern besiegende un«,

empfangen

Da« Land, von dem

Schutzmittel,

obgleich

sol­

Welt verur­ wir da« die

einheimisch bet

haben, hat auch dir Mittel entdeckt und

erprobt, welch« dem Mißbrauch der »bersten

Gewalt, der

Menschen verderbenden Herrschsucht, der Pest Mt Tyrannei, wie der allesverttl-ende» Anarchie, glücklich entgegenwirken, und die Gesundheit und dt« Entwickelung de« menschlichen Geiste« beschütze« und befördern.

Ende de« zweiten Bande«.

Johann Craig's

Grundzüge der Politik. Untersuchungen über die

wichtigsten bürgerlichen Angelegenheiten, nach der Erfahrung.

AuS

dem

Englischen.

Dritter Band. Leipzig V e i Georg Joachim Göschen

18

r 6.

) » halt des dritten Bandes.

Drittes Buch.

Don den Einkünften der Regierung. Einleitung.

Seite 3

Erster Theil. Don direkten Steuern.

Erste« Kapitel. Don allgemeiner Steuerse-ung



*3



»4

Zweites Kapitel. Don Landsteuern.

Erster Abschnitt. Landsteuer.

Allgemein« Bemerkungen über

— —

Zweiter Abschnitt. Don Landsteuer, dir nach einem

festen Schayungewerthr erhoben wird. Dritter Abschnitt.



39



47

Don Landsteuer, die nach dem

irirfliAcii Laiidziu« erhoben wird.

IV

Inhalt.

Vierter Abschnitt.

Don einer Landsteuer, die nach

dem rohen Ertrage des Boden- erhoben wird.

Seite

57



67

Dritte- Kapitel. Don Steuern von dem Zins des Geldes.

Viertes Kapitel. Don unmittelbaren Steuern auf Die Uebertragung des Eigenthums.



Erster Abschnitt.

Zweiter

Von Steuern auf den Erblaß.

Abschnitt.

8i



8*

Don direkten Verkauf-steuern. —

92

Fünftes Kapitel. Von Steuern auf Wohnhäuser. Erster Abschnitt.

Allgemeine Bemerkungen

Haussteuern.



99

über —



Zweiter Abschnitt. Don einer Hausficuer nach Maaß­ gabe des Hauszinses.



109



ns

Dritter Abschnitt. Don einer Haussteuer nach Maaß­ gabe der Zahl der Fenster. Vierter Abschnitt. Don einer Haussteuer nach Maaß­ gabe der Zahl der Feuerstätten.



125

Sechstes Kapitel. Don Schatzungen und DerwUligungsabgaben auf beson­ dere Gattungen des Aufwandes.



127



147

Siebentes Kapitel. Don Steuern auf gerichtliches Verfahren.

v

Inhalt.

Zweiter Theil. Don indirekten

Steuern.

Erstes Kapitel. Allgemeine Bemerkungen über

indirekteSteuern.

Seite

154

Zweites Kapitel. Don Steuern auf verbrauchbare Lebensbedürfnisse. Erster Abschn itt.

— 162

Don Steuern auf die Nothwen­

digkeiten des Lebens. Zweiter Abschnitt.

— — Don Steuern auf Luxusgegen— 178

stande. Dritter Abschnitt.

Don den verschiedenen Arten,

Steuern auf Gegenstände des Verbrauchs zu erhe­ ben.

— 193

Drittes Kapitel. Don Steuern auf Handclsverkehrungen.

— 205

Viertes Kapitel. Don Steuern auf dieLrwerbvortheile besonderer Gewerbe und Professionen.

— 2x7

Erster Abschnitt. Don allgemeinen DerwilligungSabgaben zur Ausübung gewisser Gewerbe und Profes­ — 218

sionen. Zweiter Abschnitt.

Don Steuern auf besondere

Gewerbe, in Verhältniß zu dem von einem jeden Inhaber betriebenen Geschäft.

— 226

Fünftes Kapitel. Don Steuern, die vermittelst Monopolien erhoben wer­ den.

— *38

VI

Inhalt Dritter Theil. Don Nationalschur d.

Einleitung.

Seite 248 Erstes Kapitel.

Don dem StaatSsckuldcnwescn, betrachtet in Beziehung auf die Fortschrertung des Nationalvermögens. — 250

Zweites Kapitel. Don dem Staatsschuldensystem, in Beziehung auf die auswärtige Politik und die innere Verwaltung des Staates. — 277

Drittes Kapitel. Don dem Staatsschuldensystem, in Verbindung mit der Einrichtung emes Tilgungsfonds.

Srundzüge der Politik. Dritter

Band.

Drittes Bnch. Don den Einkünften der Regierung.

Einleitung. 2» den frühsten Zetten der Regierung werden die wenigen öff«ntltchen Maaßregeln, welche erforderlich sind, durch bl« gesammlen Mitglieder des Staats sowol beschlossen, als auch ausgeführt. Soll ein Feind zurückgetrieben, ein Verbrechen bestraft, oder durch dir Zagd Unterhalt herbeigeschafft werben, so fmb auch Alle» welche von der allgemeinen Krasranstrcn« gung Vortheil erwarten, willig und bereit ihren Beistand bei« zutragen. So lange öffentliche Maaßregeln sich In kckner Rück« sicht mit Privatrntwürfen de« Ehrgethe« ober Vergnügen« in Widerstreit befinden, geschieht dadurch Individuen kein Ein» trag. Im Gegentheil ist man so wett enifernt, öffentliche Dienstverrtchlunqen . da fit von der verdrießlichen Langeweile eint« im Müssigqang zugebrachten Leben« erlösen, da sie Man» chen ein« Gelegenheit, sich Bewunderung und Macht zu er« werben, verschaffen, und Allen, dre mit >eaer kräftigen Tdar« Äußerung verbundenen Vergnügungen gewähren, al« Beschwer« lichkeiten zu betrachten, dir einer Vergeltung bedürfen, daß «an sie vielmehr mit Frohsinn und Vergnügen verrichtet. Da nun unter solchen Umständen Abgaben, oder Zwang«!«,stun« gen von Arbeit oder von Eigenthum, um damir Arbeit zu bezahlen, «nnöthig sind, so sind sie alSbann auch gänzlich

unbekannt.

3.

4

Buch.

Allein f»6alb da« Eigenthum sich vermehrt hat, und di« Eintheilung der Arbeit eingeführt worden ist,

so wird jeg­

licher Augenblick von einem jeden Bürger zur Verfolgung seiner eigenen Anschläge gebraucht, so kommen nothwendig di« öffentlichen Dienste mit dem Privatgenuß oder Vortheil in Widerstreit,

und e« wird daher gerecht, daß diejenigen,

welche ihre Zeit und Arbeit dem Wohl de« Staat« widmen, durch «inen Beitrag von Seiten der übrigen Bürger «nt» schädigt werden müssen.

Ohne eine solche Entschädigung

würden wenig« vermocht werden können, ihr« Aufmerksam­ keit von ihren privaten Angelegenheiten abzuzlehen; auch würd« e« ungerecht seyn, die ganze Last der öffentlichen Ge» schift-führung denen aufzubürden, dir sich durch ihr« Großmuth dahin bringm ließen, sich ausschließlich Gegenständen zu widme«, an welchen ihr Vortheil nicht mehr vrrknüpst ist, als der Anderer. Wenn der iffenrliche Dienst aufhört, freiwillig und um entgeltlich zu seyn, so wird die natürlichste und rinleuch» trndste Weise,

da«, wa« zum allgemeinen Wohl gereicht,

in Ausführung zu bringen, die seyn, dir Arbeit unter den Bürgern zu verthrtlen, nach Dethällniß der Vortheile, welch« für einen jeden au« den gemeinsamen Maaßregeln entsprin­ gen.

Allein in dem Maaße, wie Trennung der Geschäft«

vorherrschend wird, vermehrt sich für einen irden da« Schwie­ rige sowol,

als da« Unangenehme, wa« mit der Richtung

fttner Aufmerksamkeit auf irgend eine ungewöhnlich« Drfchäftigung verknüpft ist; und so macht man am Ende die Entdeckung, daß e« vortheilhaftrr sei, Personen, die in dem besondern zu verrichtenden Geschäft geschickt sind,

an­

zustellen, und sie für ihre Mühe durch einen von den an­ dern Glieder« der Gemeinheit erhobenen Beitrag zu bezahlen. Dieser Dritraq bildet da«, wa« man da« Einkommen de« Staate« nennt. *)

*) Der Theil de« öffentlichen Einkommen«, der in dem wei­ ter vorgeschrittenen Zustande der Gesellschaft au« andern Üuel-

Einleitung

O

Wenn wir dl« Art und Welse ln Betrachtung ziehen, wie dies« Eloküufte sich vo« Volk« aufbringen lassen, so können mit entweder allgemeine Grundsätze aufstelle«, nach denen sich die Gerechtigkeit und der Nutze» aller Steuern bestimmen läßt; oder wir können «ine« jeden Zweig de- Ei», kommen« für sich selbst in Untersuchung ziehen, dergestalt, daß wir seine besondern Vorzüge und Mängel bezeichnen. Die erst« dieser Uiitersuchungsarten stimmte vielleicht besser mit derjenigen überein, die in dm bisherigen For» schungen statt gefunden hat, indem in diesen auf die Ber» fahrung-weise besonderer Regierungen, außer zur Erlänte» rung allgemeiner Grundsätze, seiten Bezug genommen wor­ den ist. Allein in der Desteurungt«Wissenschaft liegt di« Schwierigkeit nicht so sehr darin, die Gesichtspunkt« zu bestimmen, welch« der Gesetzgebung zur Leitung dtenm müssen, als vielmehr di« wirklichen, »ft von den anschei­ nenden gar sehr abweichenden Wirkungen der verschiedenen Zweige de« öffentlichen Einkommen« zu zergliedern, und zu zeigen, auf welche Weise sie in ihren verschiedenen Brzte« hungm auf den Wohlstand der mannichfaltigen Klasse« der Einwohner einwirken. Unser Vorsatz ist demnach, di« Steurm, welch« der Scharfsinn der Finanzier« erfunden hat, i« die gehörige Eintheilung zu bringm, und di« Vortheile und Nachtheil« welch« für eine jede besondere Klasse eintreten, zu unter­ suchen. Zm Verfolg dieser Untersuchung wird unsere Auf« merksawkeit hauptsächlich auf da« Staatseinkommen Eng­ land« gerichtet seyn, «inen Theil«, «eil die größere Offen» tundtgketi der Vorgänge im Parlammt un« in den Stand sehet, eine genauere Unterrichtung von dessen finaneicllrm System zu erlangen, und andern Theil«, well eben diese« System, darum, daß e« mehr ein Gegenstand der allgelen, al« dem Beitrag der Einwohner entspringt, ist so unbe­ deutend, daß die Ausnahmen, welche der Besitz von Kronländrreirn, da« Finden von Schätzen u. dergl. davon machen, kaum Beachtung verdienen.

6

3

Buch

weinen Aufmerksamkeit gewesen ist, sich «och mehr, al< vielleicht in irgend einem anbetn Lande den Grundsätzen der Gerechtigkeit und Zweckmäßigkeit nähert. Er hat der Doktor Smith, «he er sich auf ein« ähn­ liche Untersuchung einließ, es für nothwendig erachtet, vier Grundsätze von anerkannter Wahrheit, in Rücksicht auf Steuern im Allgemeinen, voranzuschicken.*) i. „Die Unterthanen eine« jeden Staates müssen zu dem Bedürfniß der Regierunq, so genau als möglich in dem Verhältniß ihrer Fädigkeit beitragen, d. h. in dem Der« hältniß desjenigen Einkommens, welche« sie unter dem Schutze de« Staate- genießen. “ Durch die Untersuchun­ gen, die wir bereits angestellt haben, scheint eine bedeu­ tende Beschränkung diese« Grundsatzes herbeigeführt zu seyn, indem dadurch bewiesen ward, daß sowol Gerechtigkeit, als Zweckdienlichkeit e« erfordern, daß da« Verhältniß, worin di, Abaaben zu dem Eigenthum eines jeden Steuerpflich­ tigen stehen, ein in Gemäßheit seines Wohlstandes fort­ schreitende« seyn müsse. **) II. . Die Abgabe, weiche jedes Individuum zu bezahlen pflichtig ist, muß gewiß und nicht willküdrltch seyn." III. .Eine jede Abgabe muß zu der Zeit, oder auf die Art tingthoben werden, wir sie wahrscheinlich für den Steuer» pflichtigen am bequemsten zu bezahlen ist. “ IX. Eine >rd» Steuer muß so ersonnen seyn, baß sie den Taschen der Leute so wenig als möglich über dasjentgr hinaus nimmt und vorentbält, was sie in den öffentlichen Schah bringt. Eine Steuer kann,“ fährt der Doktor Smith fort, .der Tasche des Volks «inen großen Theil mehr, als. sie in den öffentlichen Schah bringt, nehmen und vorenthal­ ten, auf folgende vier Weisen. Erstens kann dt« Hebung derselben eine große Anzahl von Beamten erfordern, derm Gehalte leicht den größeren Theil des Steuerertrages verschlin» *) National - Reickthum. z. Buch. ».Kap. 2. Theil. ") 2. Buch. 5. Kap. 4. Abschnitt.

^Einleitung. gen, und bereit unrechtmäßige Forderungen betn Volke noch eine zweite vermehrte Steuer auflegen (innen. ZIvettens kann die Steuer dem Erwerbfleiße des Volke- hinderlich werden, und diesem die Lust benehmen, sich auf gewisse Geschäftszweige zu legen, die einet großen Menfchenzahi Unterhalt und Be­ schäftigung verschaffen könnten. Drittens kann sie durch Kon­ fiskationen und andere Strafverhängungen, weiche durch die­ jenigen unglücklichen Individuen verwirkt werden, die ohne günstigen Erfolg die Steuer zu umgehen suchen, diese gar oft zu Grunde richten, und dadurch dem Nutzen ein Ende machen, den das Gemeinwesen aus der Anlegung ihres Kapital« ferner­ hin hätte ziehen können. Viertens dadurch, daß die Steuer das Volk häufigen Heimsuchungen und Nachforschungen der Steuereinnehmer unterwirft, kann sie diesem gar mancherlei unnithige Beunruhigung, Plackerei und Bedrückung zu­ ziehen, und obgleich dergleichen Quälereien im eigentlichen Sinne des Worts, keinen Kostenaufwand ausmachen, so sind sie doch gewiß einer solchen Ausgabe gleich zu schätzen, als für «eiche jedermann bereit seyn würde, sich von ihnen loszukaufen. “ Zu diesen Grundsätzen des Doktor Smith mag es paf, fmb seyn, einen Sah hinzuzufügen, auf den wir uns oft zu beziehen Gelegenheit haben werden, baß nämlich Steuern dergestalt ausgehoben «erden müßten, baß sie von den mei­ sten Steuernden nicht ans ihrem Kapital, sondern aus dem, was sie sonst ausgegeben haben würden, bezahlt werden. Dieser Grundsatz, der weniger in die Augen springend ist, als die andern, mag wol einiget Erläuterung bedürfen. Wenn jemand auf eine solche Art besteuert wird, daß er »rdentlicherweise den Ertrag bet Steuer von seinem ge­ wöhnlichen Aufwand erübrigt, so werden alsdann die Geaüffe» denen er entsagt, einen genauen Maaßstab seines Steuerbeitrages abgeben. Er wird freilich eine« Theils seiner gewöhnlichen Gewährungen beraubt, und die Summe, welche er auf die Weise erübrigt, wird von der Regierung

8

3.

Buch.

ausgegeben; allein die Steuer verursacht den Bürgern keine Einbuße über die unmittelbare Entbehrung hinaus. Anders verhält es sich mit Steuern, weiche das Kapital verrtnqern, und dadurch, daß sie den zukünftigen Ertrag verhindern, die Quellen des künftigen Genusses verstopfen. Solche Steuern berauben dir Individuen nicht allein so vieler Gewährungen, als dem öffentlichen Steurrbeitrag gleich kommen, sondern auch aller derjenigen Vortheile, «eich« in einer Reihe von Jahren aus der Verwendung des Kapitals gezogen seyn würden. Sie haben sogar «in« noch nachchetligere .Wirkung; den« da der Eigenthümer wahrscheinlich einen Theil dieser Ucberfchüffe jährlich zu sei» nem Kapital hinzugefügt haben würde, so verhindern sie ihn auch da- vermehrte Einkommen zu 'erlangen, welches sein angehäuftes Kapital hervorgebracht haben würbe. Zn eini» gen Fällen kann auch, wie bereits oben erläutert worden ist, die Verringerung seine» umlaufenden Kapitals, einen Theil seines festen Kapitals unfruchtbar machen. *) Steuern, die das Kapital treffen, sind folglich bebrük» Imber, als Steuern gleichen Belauf», die vom Aufwand bezahlt werden. Zn der Sprache des Doktor Smith zu reden, entziehen sie den Taschen der Leute einen großen Theil mehr, als sie in den öffentlichen Schatz des Staate» bringen. Sie sind auch untauglich dazu, auf ein« gerecht« Weise unter die verschirdenen Steuerpflichtigen »ertheilt zu werden. Für diejenigen, welche in einem sehr vonheiihaften Handel begriffen sind, oder deren umlaufendes Kapital nur nothdürftig zur vollständigen Betreibung des Gewerkes, welches sie errichtet haben, oder des Landbesitzes, in «ei» chem sie ihr Geld angelegt haben, hinreichet, für di« ist eine Steuer auf Kapital »ine «eit drückendere Auflage, als für Kapitalisten, die nur fünf vom hundert aus ihrem ver­ mögen ziehen. Bevor man die wirklich« Entbehrung richtig schätzen kann, die für «inen jeden Steuerpflichtigen aus r. Buch. 4. Kap. 2. Abschnitt.

(Einleitung.

9

einet Steuer dieser Art erwächst, muß men feine Klugheit, feine Erfahrung, feine bestehenden Unternehmungen und seine Genügsamkeit in Anschlag -ringen. Bey der Schätzung von Steuern, die den Aufwand besessen, treten keine von diesen Schwierigkeiten ein. Läßt man den Unterschied, der el< zwischen den reichern und ärmern Klaffen der Einwoh­ ner bestehend, bereits oben angedeutet worden ist, gehörig gelten, so kann man annehmen, daß eine gewisse verhält» nlßmäßige Beraubung ihrer Genüsse alle Bürger des Staa­ tes in einem gleichen Grade treffen «erde. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf die Macht und dir Hülssmittei der Regierung richten, so werden wir uns noch mehr von den verderblichen Folgen der auf Kapital gerichteten Steuern überzeugen. So lange die für den Staat erforderlichen Zuschüsse aus demjenigen gezogen werden, was sonst durch die Eigenthümer verzehrt worden seyn würde, wird der Fortgang des Natio­ nalreichthums in keiner Hinsicht verhindert. Das Kapital hört nicht auf, feinen jährlichen Zuwachs zn gewähren, und dieser Zuwachs kann eben so auf neue Spekulationen in Acker­ bau, in Manufakturen oder in Handel verwandt «erden, als wenn keine Steuern, irgend einer Art, erhoben wären. Ein Theil des allgemeinen Volkseinkommens wird ans eine Weise verzehrt, die von der in etwas verschieden ist, welche statt gefunden haben würde, wenn dasselbe in den Händen feiner Eigenthümer geblieben wäre, und wahrscheinlich auf eine weniger Glück bringende Weife; allein die Hülfsquellen der Nation, weiche in der Fähigkeit bestehen, den öffentlichen Aufwand fortzusetze», oder sogar zu vergrößern, erleiden keine Verringerung. Da der Grsammtverbrauch dadurch nicht vermehrt worben ist, so wird auch der Gesammtwohlstand nicht vermindert. Es können noch eben so viel Einwohner ihren Unterhalt finden, nach eben so viel Arbeit gebraucht, noch eben so viel Gewerke aufgerichtet werden, als vor Ein­ richtung der Steuer der Fall war; und da alle Quellen des Einkommens der Individuen unverringert bleiben, so kann

3.

10

Buch.

immer noch ein gleiches Einkommen vom Seife erhoben und zum Dienst« de« Staate« verwandt werden. Wenn dagegen durch die Wirksamkeit einer Steuer da« Kapital der Nation vermindert wird, so muß Verschleuderung der früherhin zu Ackerbau, stimmten

Mittel,

Manufakturen und Handel be­

eine verhäitnißmässige Verringerung des

jährlichen Ertrage« von Land und Arbeit zur Folge haben. Solche Steuern verwandeln einen Tdeil des Nationalvermö­ gen« au« Kapital in unmittelbaren Aufwand, aus fruchtbarer Anwendung in unfruchtbare Verzehrung; und indem sie der­ gestalt die Grundlagen des Wohlstandes untergraben, erschwe­ ren sie es, die künftigen Bedürfnisse auszubringen.

So lange

die öffentlichen Ausgaben aut dem>eniqen gezoaen werden, was die Individuen sonst verbraucht Kraftanstrengungen

haben würden,

kann den

de« Staates kein anderes Ziel der Be­

schränkung vorgesteckt «erden, als die Weigerung de« Volks sich ferneren Entbehrungen zu unterwerfen; allein wenn da« Kapital angerührt wird, so führt das finanzielle System jäh­ lings zu,privater Armuth und öffentlicher Schwäche.

Eine

Nation, die den Aufwand mit schweren Steuern belegt, kann mit einem eitel» Mann verglichen werden,

der sparsam zu

Hause lebt, um draußen eine glänzende Figur zu machen: eine Nation, die das Kapital mit Steuern belegt, mit dem Verschwender,

der, weil er jährlich mehr als fein Einkom­

men verbraucht, gar bald in« Verderben geräth.

Jener kann

feine Lebensweise von Jahr zu Zahr fortsetzen, und bet seinem Tode seinen Kindern ein unverrtngerte« Vermögen htnrerlas. fen:

dieser verwirrt seine Angelegenheiten täglich mehr und

mehr, und versinkt mit beschleunigter Schnelligkeit in Schwie­ rigkeiten, Armuth und Mangel. Zwar «erden Manche, wenn die öffentlichen Lasten sich sehr schleunig vermehren,

anfangs versäumen, die gehörige

Einschränkung ihrer Ausgaben zu machen, und wie auch das Staatseinkommen aufgebracht «erden mag, so wird die >ährliche Anhäufung

des Vermögens verzögert

ganz verhindert werden.

oder

vielleicht

Dieß ist jedoch nur ein zeitwetses

Einleitung. Uebel,

wwi

bfl# Steurungssystem

«in richtiges ist.

Die

(Erfahrung bewährt bald für einen jeden die Nothwendigkeit der €inf*rinfung, wenn er den Grad M Wohlstandes sich erwerben will.

den

er für sein« Unabhängigkeit, seine An«

nehmitckkeie, seine

Achtbarkeit,

Klndrr für nöthig hält; ren, kann ihm,

«der dir Versorgung

seiner

und dies« Einschränkung auszufüh­

so lange sein jährliches Einkommen «»ver­

ringert bleibt, nicht schwer werden.

Nun aber «erden wir

späterhin danhun, baß «tnige auf Kapital gerichtete Steuern keine

Aufforderung

irgend

einer

Sparsamkeit «n sich enthalte«,

Art

zur

erforderlichen

und es ist offenbar, daß sie

insgesammt Einschränkungen dadurch doppelt schwierig wachen, daß

sie

da»

nicht allein auch

Einkommen in

Abnahme bringen,

von

dir gewöhnlich« Ausgabe der Familie,

die zum Ersah der Verringerung

derltche Summe auf die Weis»

de«

sondern

des Kapitals rrfor«

hergenommen «erden muß;

und daß sie

«ine «eit strengere Sparsamkeit für denjeni­

gen nothwendig machen,

der den, Wunsch hegt, dt« Kapi-

taislücke, die durch dir Steuer hervorgebracht worden war, wieder auszufüllen.

Steuern lassen sich in zwei groß« Klaffen «lotheilen: in die, welch« von Personen,

und dt«, «rlchb von Eigenthum

erhoben werden.

außer

Jedoch,

der Gesellschaft,

wenn

erfordert wird,

Arbeit,

in sehr rohe« Zuständen nicht Geld,

vom Staate

sind Steuern, «eich« di« Personen, ohn«

irgend «ine Rücksicht auf ihr Eigenthum, treffen, ganz unbekannt. eletchen

Daß der Reiche und

Beitrag entrichten sollten,

Menschenverstand, »nd es

sind

selbst

demnach

des

würd«

dem gemeinen

Achtlosesten,

anstößig seyn;

auch in den Steuern, dt« man hier

and da Leib- oder Kopfsteuern genannt hat, Unterscheidungen

beinahe

der Arme einen

gemacht worden,

fast ailgemeia

«ntweder nach

gewissen

Rangordnungen, von denen man annahot, daß sie mit dem Vermögen

in

irgend einer

Art von

Verhältniß standen.

12

2- D u ch.

oder «ach ungefähren und willkührllchen Schätzungen. Solch« Steuern, unter welchem Namen sie auch bekannt seyn mögen, ruhen nicht mehr auf Personen, sondern auf Eigenthum. Unter den Eigeuthumssteuern vermindern einige dir Genußmtttel dr6 ist, die Beitrüge der verschiedenen Klaffen der Bürger in das rich­ tige Verhältniß zu den Vortheilen zu sehen, welche fie ihrer Seit« durch den Staatsaufwand erzielen, so hat doch eine durch Scharffinn sich auszeichnende Sekte der Philosophen dieselbe, als mit den umfassendsten Ansichten der Politik und Gerechtigkeit übereinstimmend,

darzustellen versucht.

Sie

haben sogar die Behauptung aufgestellt, daß bei einem jeden System der Desteurung, es sei noch so sehr verwickelt, noch so sehr vervielfacht und verfeinert in seinen Drrzweiaungen, das Land doch immer der Stamm sei, aus dem der Grsammt-

ib

2. Buch.

x. Theil.

ertrag sich eigentlich ergebe; daß alle Versuche, Einkommen aus andern Zweigen des Erwerbflelßes. als dem Anbau deLandes zu ziehen, lediglich einen zuwachsenden Aufwand ver­ anlasse, der mtrsammt der ursprünglichen ©teuer, am Ende von den Eigenthümern au- den Zinsen ihrer Landbesitze bezahlt werden müsse. Zn der That scheint diese ©chlußfolge auf eine zu recht­ fertigende Weise au- den allgemeinen ©ätzen der Lehrer der Sraarshau-haltung-kunst abgezogen zu seyn, die bereit- oben erläutert worden sind. *) Wenn Ackerbau die einzi e pro­ duktive Verwendung von Kapital und Arbeit ist, wenn er allein einen Ueberschuß über dasjenige liefert, was, weil eS nothwendig in dem Akt der Produktion verzehrt wird, nicht ohne eine verhältnißmäßige Verminderung in dem Ertrage de- nächsten ZahreS anderweitig verwandt werden kann, so scheint daran- zu folgen, daß dieser Ueberschuß, oder reine Landertrag, da- einzige eigentliche Einkommen oder verwend­ bare Kapital ist, das sich in einem Lande finden läßt. Wenn Kaufleute oder Manufaklurtsten besteuert werden, sagen jene Lehrer der ©taarshaushalrungstunst, so wird ent­ weder da- Maaß des Gewinnes und des Arbeitslohn- stei­ gen, bis ein Zeder denselben Ertrag, wie zuvor, für die Verwendung seines Kapital- und seiner Arbeit wieder er­ reicht; oder eS kann, weil ein Theil des bisher für Handel und Manufakturen bestimmten Kapitals diesen Geschäften entzogen, und vom ©raat verbraucht wird, nur ein Gerin­ gere- de- jährlichen Erzeugnisse- im nächsten Zahr ausge­ führt, nur ein Geringeres der fremden Gegenstände deGenusse- eingeführt, und nur eln kleinerer Verrath verar­ beiteter Güter auf den Markt gebracht werden. Zudem auf die Weise derselbe, oder ein größerer Vorrath von Erzeug­ nissen de- Ackerbaue- zum Austausch gegen einen kleineren Verrath fremder Erzeugnisse, oder verarbeiteter Güter fottmit, so muß der vergleichung-weise Werth der erster» sinken, und ) 2. Buch. 4. Kapitel, z. Abschnitt.

2. jtiipitel.

i. 2i!>fd)ut:t.

27

die Steuer muß zuletzt in der Dercherniedrtgung des rohen Laizdrrtragr« bezahlt werden. Kein Theil dieser Werthrrnie« driqung kann auf den Pächter fallen, der, gleich dem Kauf­ mann oder Manufakturisten, seinen jährlichen Gewinn zu seinem Unterhalt nöthig har. Da« Ganz« muß demnach auf den Eigenthümer fallen, brr allein «inen Stamm besitzt, welcher, sich jährlich erzeugend, ohne nothwendig verbraucht zu werden, im strengen Sinn verwendbar ist, indem dessen Verbrauch für« Oeffentliche weder den Reichthum der Nation vermindert, noch die künftigen Kräfte der Nation lähmt. Nach diesem System ist die Wissenschaft der Beste«« rung außerordentlich einfach, indem sie lediglich darin brsteht, alle«, wa« für die öffentlich« Ausgabe erforderlich seyn mag, durch eine unmittelbare Schatzung auf den reinen Ertrag de« Lande« zu erheben. Eine solche Desteurung, hört man behaupten, würde einen großen Theil der von einem ver« wickelten Ftnanzsystem unzertrennlichen Beschwerden «rsparen, und die öffentlichen Lasten mit vollkommner Genauig» krit in da« richtige Verhältniß zu her bestimmt« Gattung de« Eigenthum« sehen, au« welcher, ungeachtet aller unse­ rer Kunstgriff«, da« gesammte öffentliche Einkommen zuletzt entnommen «erden muß. Die Gkundlehr« der Staat

da wer­

die wenn, gewissenhaft in Rücksicht

und ungeachtet aller zu ersinnenden

Vorkehrungen ist es zu befürchten, daß Arglist, vom Eigen­ nutz eingegeben, Kinrers

dte Aufmerksamkeit und

Sicht führen werden,

für sich hatten, als und Pflicht.

den Scharfblick

dte keine andere Empfehlung

allgemeines Gefühl für Gerechtigkeit

2.

Kapitel. 3. Abschnitt.

49

E< sinnt«, auf einen flüchtigen Blick, dm Anschein gewinnen, daß, was -ändercleu auf Pacht au-gethan beträfe, eine allgemeine Deyeichnung brr Pachtverträge eine leichte und genau» Art seyn werde, den Landein« mit Gewiß» heit ausjumitkeln. Ader wo Verhehlung an sich nicht schwer seyn könnte, würden noch manche Wege bald aufgefundm werden, um den.offenkundigen und beurkundeten kandzins herabzusehen. E< könnte von dem Pächter oder seinen Freun« den eine besondere Verschreibung zugestanden werden, lautend auf «in für eine Reihe von Jahren erstandenes Jahrgehakt; es könnte cm Vertrag eingegangen werden auf eine bestimmte Menqe Korn, da- jährlich für einen niedrigen Preis geliefert Wernen müßte; e- könnte rin Handgeld zu Anfang der Pach» hing bezahlt werden, ohne daß dessen in der Vereinbarung kr» wähnung geschähe; oder r- könnte eine terminwrise zahlbare Verschreibung aus Geld ausgestellt werden, das angeblich ange» liehen wardm wäre, um die Pachtung in Stand zu sehen. Wofern nicht Mittel einer wahrscheinlichen Entdeckung erson­ nen werden könnten, würde eS vergeblich seyn, strenge Stra» fen gegen diese und ähnliche Betrügereien anzudrohen. Doktor Smith war der Meinung, daß solche Mittel darin zu finden seien, daß mack dem Gut-Herrn oder dem Pächter, der hier­ von Anzeige machte, auf einen Theil der Geldbußen Anspruch gäbe. *) k« scheint jedoch nicht sehr wahrscheinlich, daß der Gut-Herr, zu dessen Gunsten der Betrug begangen wurde, durch Antheil an der Geldbuße brwoqm werden könnte, seine Ehre preis zu geben, und für beständig die Steuer auf feinem Grundstück zu vermehren. Eben so wenig ist «< wahrschein« lich, daß irgend eine Bestechung die Pächter verleiten könnte, fich zu dem erniedrigenden Amt von Angebem herabzulassen, flch di« Verachtung ihrer Nachbaren zuzuziehm, sich dm Be­ drückungen auszusetzen, womit ein Gutsherr sie immer quälen und bisweilen zu Grunde richten kann, und am Ende ihrer Pachtungen, diese aus einem Grunde einzubüßen, wodurch *) Natlonalrrichthum, 5. Tuch. a. Kap. a. Theil. i. Art. Hr. tfr

J Ii.

4

3. Buch.

50

i. Theil.

sie mit gleichet Wirksamkeit abgehalten werden würden, sich Irqend eine andere zu verschaffen.

Gelegentlich möchte wol

Aufwallung der Leidenschaft oder Bosheit der Rache Pächter antreiben, feinen Gutsherrn anzuklagen;

einen

aber die

Beispiele, obgleich vielleicht hinreichend ängstlichen Verdacht einzuflößen, und einen unredlichen Pächter in den Stand zu sehen,

sich

ungebührliche

Zuständntsse

zu

erzwingen,

würden doch viel zu selten seyn, um einem einträglichen Betrüge vorzubeugen. griffe

Die Redlichen,

und Ausflüchte verachteten,

welche alle Kunst­

würden folglich schwer

besteuert werden, während die Unredlichen frei ausgingen; und indem falsche Pachtverträge und falsche Einzeichnungen derselben mit Offenkundigkeit zwischen den Landbesitzern und ihren Pächtern veranstaltet würben, in dem ausdrücklichen Vorsatz, das StaatSetnkommen zu schmälern, würde die Sittlichkeit dieser Klaffen deS Volks schleunig verderbt werden. Die

Schwierigkeit der Schätzung des LandztnscS muß

immer noch größer werden, wenn die Eigenthümer selbst die Bebauer ihrer Ländereien sind. Sie durch Geschworne auS ihren Nachbaren zur Steuer ansehen zu lassen,

wie der

Doktor Smith vorschlägt, würde in hohem Grade eine Frei­ lassung von der Steuer seyn. schaft,

als

in

Sowol aus privater Freund­

der Erwartung ähnlicher Begünstigungen,

würden die Eigenthümer eines Distrikts, aus einer Art von stillschweigender

Ueberetnkunft,

unter dem Werth schätzen;

gegenseitig ihre Ländereien

und wo jegliche- Ding noth­

wendig ungewiß ist, wo mancherlei entgegengesetzte Ansich­ ten gehegt werden, und die genauen Umstände deS Falles nicht allgemein bekannt seyn können, da besteht keine wirk­ same Oberaufsicht von Seiten der öffentlichen Meinung über wtllkührltche Gewalt.

Zn einer kurzen Zeit würden g»wiß

geheime Verständnisse

dieser Art so gemein seyn,

daß

sie

wenig Aufmerksamkeit mehr erregten; und derjenige, welcher noch fortführe, mit Redlichkeit Schätzungen vorzunehmen, würde sich dem Vorwurf einer unfreundlichen Uebellaunigkeit aussetzen, während er in Wirklichkeit, mit den redlichsten

2.

Kapitel. 3. Abschnitt.

5i

Absichten, seinen Nachbaren Ungerechtigkeit erweisen würbe, dadurch daß er sie einer hthern Steuer unterwürfe, als di« übrigen Landbesitzer des Königreichs. Wollte man die Schätzung öffentlichen Beamte« anver­ trauen, so würde dieß noch ernsthaftere Uebel zur Folge haben. Da diese'Beamte »S in ihrer Gewalt hätten, ihren Freunden auf Kosten des Ganzen zu bienen, fo würden sie beständig mit einer jeden Waffe des Einflusses und brr De« stechung angegriffen «erden. Bet der Umgebung mit jeg« lieber Gattung der Versuchung ließe sich von wenigen erwar­ ten, daß sie ihre Redlichkeit behaupten würden; und theils wegen der Willkühr ihrer Aemter, theil» wegen de» Man­ gels an irgend jemand» unmittelbarem Interesse Parthei« lichkriten solcher Beamten aufzudecken, müßte sich eine jede Vorkehrung, die ersonnen würde, ihr Einverständntß mit den Landbesitzern zu verhindern, unwirksam bezeigen. Geschähe ihr« Ernennung durch die Wahldistrikte, so würden sie geneigt seyn, den Theil de» Lande» zu begünstigen, mit welchem sie in Verbindung ständen, so wie diejenigen Individuen, deren Stimmen sie ihr« Anstellungen verdankten; würden sie von der Krone ernannt, so würden sie «in paffende« Werkzeug werden zur Belohnung der Freunde, und zur Verschüchte­ rung der Widersacher einer bestechlichen Verwaltung. Selbst diejenigen Landbesitzer, die jede Art de» Betrüge» »erach­ teten, würden doch um den guten Willen der Steuerscher sich sorgfältig bewerben; und würden deren Feindschaft ver­ meiden durch Verbergung ihrer politsschen Ueberzeugung und Aufopferung ihrer Pflicht gegen das Oeffentliche; denn obgleich durch ein« Berufung auf» Geschworengertckt der äußersten Unterdrückung vielleicht widerstanden werden könnte, so ließe sich doch gegen Ungelegrnhrit und Bedrückung kein Schutz finden, bemäntelt, wir diese leicht seyn könnten, unier dem Anschein drS Eifer» für öffentlich«» WohlNach dem bereit» gesagten kann e< kaum unbemerkt geblieben seyn, daß diese Gattung der Lanbsteuer beträcht­ liche Kosten verursachen muß. Darauf zu sehen, baß alle

52

3. Buch,

i- Theil.

9>adit»ertrlge grhirig in die bssentiichen Verzeichnungen eingetraaen werden, ein wachsame» Auge auf da» Fortschrei­ ten eine- jeden Grundstück« zu haben, und von Zeit zn Zeit ein Grschworrngertcht zu versammeln, um über den Gelang einer jeden Derbefferung zu entscheiden, und wcit mehr noch die Werthschähung de» Zinse» solcher Ländereien, die von ihren Eigenthümern angebaut werden, muß eine große Zahl rinstchtrvoller und erfahrner Aussichtsmänner erfordern; während noch, diese Aufseher zu ihrer Pflicht anzuhalten, und grobe und handgreifliche Detrügrrrten zu verhindern, vollauf Beschäftigung für beinahe eben so viel achtbare Obrraufsehrr seyn würde. Damit die Steueran­ setzung gerecht seyn möge, mitten unter dem schleunigen Wechsel de» relativen Werth» der verschiedenen Grundstücke, müssen genaue Besichtigungen auf dir eine oder andere Weise häufig «lederhohlt werden, und die Kostbarkeit sol­ cher Besichtigungen wird diese Art der Erhebung de» Staat»« einkommen» der Wohlfeilheit ihrer Einsammlung berauben, welche sonst ihre hauptsächliche Empfehlung ist. Der Hauptrinwurf indessen gegen eine Landsteuer nach dem wirkliche» Landztn», liegt nächst ihrer Ungerechtigkeit, in ihrer Wirksamkeit, den Muth zu Verbesserung des Lande» zu benehmen. Der einzige Beweggrund, den ein Eigen­ thümer haben kann, Ländereien In einer Entfernung von seinem Hause zu verbrssern, ist die Erwartung, baß feine Auslage ihm schleunig in der Steigerung seine» Landzinsr» werde ersetzt werden. Wenn aber dieser Zuwachs de» Landzinse» einen Zuwach» der Steuer zur Folg» hat, so muß der Zeitpunkt der Wiedererlangung seiner Auslage, sammt dem erwarteten Gewinn, um drffrnwillrn er Mühe und Kosten übernahm, weiter hinauSgerückt werben. Wenn ein Land, eigenthümer durch Anlegung von too Pfund in feinem Grund­ stück seinen Landertrag um 15 Pfund de» Zähre» vermeh­ ren kann, so kommt er, außer dem Empfang der Zinsen seiner Au-lage, in den Besitz von 10 Pfund de» Zahre», wodurch nach den Berechnungen übcr zusammengesetzten Ziuü

3. Kapitel-

3. Abschnitt.

53

seine 100 Pfund in wenig mehr, als acht Zähren wieder eingebracht seyn werden, nach Ablauf welcher Zeit aller wettere Landertrag reiner Vortheil aus dem Unternehmen ist. Wenn aber in Folge dieses fortschreitenden Landztnses sein« Steuer um 3 Pfund de« Jahres erhöhet wird, so bleibt für ihn, außer den Zinsen, nur noch 7 Pfund ver­ mehrten Landertrages übrig, was ihm nickt früher als nach ii Zähren seine Auslage wieder «inbrtnge» wirdSollt« die erwartete Ausbeute weniger als 15 vom Hun> dert betragen, so wird dir Steuer, welche im Grunde eine Kürzung dessen ist, was nach Entrichtung der gewöhnlichen Zinsen von dem Vorschuß noch übrig bleibt, während sie dagegen nach dem gesammten neu hinzukommenden Land« ertrage angesetzt wird, als ein« noch stärker« Abmahnung von Verbesserung wirten. So würde, wenn eine Auslage von 100 Pfund einen vermehrte« Ertrag von g Pfund her« vorbringt, der Verbesserer des Landes, indem er jährlich 3 Pfund mehr als die Zinsen gewinnt, in 30 Zähren wieder zu seinem Gelde komme«; wenn aber 1 Pfund 12 Schilling oder 4 Schilling vom Pfund als ein« Steuer erhoben «er­ den, so bleibt nach Abzug der Zinsen nur noch 1 Pfund 8 Schilling übrig, «ornach das Kapital erst in 31 Zähren mit bor eingebracht seyn wird. Ein Landeigenthümer, der tu erforderlichen Fonds besitzt, mag wol Ankäufe von neuen Ländereien, -Häusern oder Staatsanleihen solchen Derdesse« rungen vorziehen, deren Gewinn so «eit ausgesetzt ist; und derjenige, welcher genöthigt ist das Geld zu leihen, wird geneigt seyn, sich ferner mtt einem sehr unvollkommnen System des Ackerbaus zu befassen, als daß er es vorzöge, sich in Schulden zu verwickeln, auf deren Wicderbezahlung er nur «ine sehr entfernte Aussicht hat. Derjenige Zweig der Verbesserung eines Landes, weicher durch Pächter ins Werk gesetzt wird, wird gleichfalls in gewissem Maaße durch eine Steuer auf den wirklichen Land« zins behindert. Von keinem Pächter läßt sich ohne Pach» «ung auf «inen beträchtlichen Zeitraum erwarten, daß er sich

3. Buch.

54

r. Theil.

auf irgend eine wichtige Verbesserung einlassen werde,

da

rS offenbar fein Interesse ist, fetri Syst.m der Bebauung, viel mehr der Erlangung

unmittelbaren Dvnh«

uner­

und alle», wa» dm Fortschritten de« Ackerbau«» ist,

verhindert folaltch

de« Volk«,

nicht allein, den Erwerb-

und hält dasselbe ab, sich auf einen Ge­

schäftszweig zu leqm, der «in«r Menge von Menschen Unter­ halt

und Beschäftigung gewähren sönnt«,

sondern beraubt

da« Vaterland auch d«»ientq«n Zinserträge», oder der Au« legenheiten verwickelt, seine Gesedäft-verhälrniffe ausgedehnt, oder sein» Kinder sehr jung, so muß dieß in beträchtlichem

3- Buch.

84

Krade der Fall seyn.

i. Theil.

Zu einer Zeit, wenn die

Familie

unvermeidlichen Verlusten und Ausgaben ausgesetzt ist, wenn die Lebensweise eingeschränkt,

und manchen Gewährungen

entsagt werden muß, scheint es

harr,

gefühllos

und unge­

recht, von Setten des Gemeinwesens das Unglück noch da­ durch zu häufen, daß man von dem verringerten Eigenthum, welches nachbleibt,

eine Steuer erhebt.

Demnach war in

Holland und bis ganz kürzlich in England, die Erbfolge der Descendenten von der Steuer ausgenommen,

und

in dem

lehtern Lande ist diese Abgabe auch jetzt noch beträchtlich ge­ ringer, als diejenige, welche von irgend einem andern Nach­ laß oder Dermächtnlß erhoben wird. Diese Härte ist bel der Erbfolge

in gerader Linie am

empfindlichsten; allein sie beschränkt sich nicht bloß auf diese. Unter Umständen kann eS der Fall seyn, baß jemand nicht allein seine Kinder, sondern auch seine Eltern durch feinen Fleiß unterhalten har.

Wegen der Kürzung seines Einkom­

mens, welche eine Folge seines Todes seyn muß, wird er eS nothwendig finden, seinen Eltern ein geringeres Einkommen zu vermachen, als er sich während seines Lebens ihnen zu gewähren im Stande sah.

Zn demselben

Augenblick, da

die Tröstungen ihres späten Alters schon nothwendige Kür­ zung erleiden müssen, schreitet das Gesetz herein, und nimmt einen Theil

dessen hinweg, wag übrig blieb.

Verwandte,

und bisweilen persönliche Freunde, finden die

Auch andere

Vermächtnisse, welche sie antreten, weit unter der jährlichen Gabe ihres Wohlthäters, und tonnen eö grade zu der Zeit, da sie durch seinen Tod verarmen, weniger ertragen, irgend einen Theil der letzten Segnung zu verlieren, welche er ihnen durch semen Willen hinterlassen hatte. ES giebt demnach, obgleich eine Steuer von dem Erblaß gewöhnlich

von dem Sreuerpsttchtigen mit Lcichtigkett ent­

richtet wird, dennoch Fälle, und zwar in häufiger Vorkom­ menheit,

in denen eine solche ganz besonders drückend ist;

eben so wenig scheint Irgend ein Umstand vorhanden zu seyn, aus den sich eine allgemeine Siegel gründen ließe, nach wel

4. Kapitel,

i. Abschnitt.

8j

*tr man diese Fälle von andern unterscheiden,

und sie von

der Steuer «»«nehmen könnte. Ungeachtet gilt »fall« die Schwierigkeit, Eigenthum

und

Handel begriffen ist, meinen seine« in

zur Schätzung zu bringen,

bet dem Tobe de« Besitzer« Leben« seyn

welchen

da« persönliche

insbesondere denjenigen Anthril,

diese

mag, so

geringer

der im im allge­

al« während

giebt «< doch besondere Fälle,

Schwierigkeiten vielmehr vergrößert seyn

«erden. Wenn «in Kaufmann abstirbt, und gewöhnlich

wett

mehr

so

ist sein Vermögen,

ai« sein eigene« Vermögen, in

Unternehmungen begriffen, deren Au«gang entfernt und un­ gewiß

seyn kann.

Ehe

der Ausfall

aller dieser Unterneh­

mungen ausgemacht, können seine Bücher nicht zum Schluff« gebracht,

noch

seine

Kapitalberrchnang

beendigt

werde«.

Während diese« Zeitraum« könnte e« leicht für seinen Erbm beeinträchtigend,

und würde e«

sicherlich für da« Gemein-

wesen nachthetiig seyn, da« Eigenthum müsst- und unfrucht­ bar zu

lassen.

Der Erb« muß

demnach

unmittelbar zum

Besitz zugelassen und ihm gestattet »erden, zu handeln, als ob

von

der Zelt de« Tode« seine« Vorgänger«

einzige Eigenthümer sei. htnstrhenden au«

seinen

an

er der

Er kann vielleicht einige der noch

Handelsunternehmungrn

durch

einen Vorschuß

eigenen Mitteln doppelt einttägltch machen;

er

kann andere derselben ändern, beschränken oder gänzlich aus­ geben; in

dem

Laufe einer sehr kurzen Zeit kann er durch

Thätigkeit und Klugheit den Reichthum,

den er angekrettn

har, um ein Große« vermehren, «der denselben durch Nach­ lässigkeit

und

Thorheit

um

ein Große« vermindern.

Wie

sollten wir nunmehr seine Angelegenheiten von denen seine« Vorgänger« sondern?

Wie sollten

wir

die Wirkungen sei­

ner Arbeit, seine« Scharfsinn« und seine« Kapital«,

oder

die seiner Nachlässigkeit und Untauglichkeit bet der Schlußberechnung schlag

de« steuerpsiichtige» Eigenthum« gehörig in An­

bringen?

Wenn

wir

dem

Erben erlauben,

diese

Schätzung zu machen und sich selbst zu besteuern, so öffnen

3. Buch.

86

r. Theil.

wir dem Betrüge und dem Meineid ein weites Thor; wenn wir unsere Zuflucht zu der strengen Prüfung nehmen, welche der stärkste Einwand gegen alle direkten Stenersthungen ist, so verursachen wir Verdrießlichkeiten und bisweilen Partheilichkeit und Bedrückung, ohne große Aussicht zur Wahrheit zu gelangen.

Während auf der einen ^ette die Forderung

der Steuer eine so mächtige Verführung zum Betrüge darbietet, und

und auf der andern Sette Verhehlung so leicht ist,

sogar

entdeckter Betrug

zugeschrieben gen

werden kann,

den Beamten

einer unabsichtlichen Irrung

müssen alle solche Nachforschun­

mehr Geschenke,

als

dem Staate Ein­

künfte zu Wege bringen. Was Kaufleute

betrifft,

die in Handelsgenossenschaften

begriffen sind, so muß eine Lrblaßsteuer, wenn sie zu irgend einer Forschung in

den Angelegenheiten

des Gefammthan-

dels ermächtiget, die Umstände des Lebenden so gut als die des To ten offenbaren.

Obgleich

die Erben eines verstor­

benen HandeltheilhabcrS gewöhnlich schon hinlänglich geneigt sind, vor der Welt den Belauf ihrer Erbschaft und mithin den Stand deS GenosscnschafihandelS

verborgen zu

halten,

so wird doch die Darlegung der Bücher vor einen Fremden für so unleidlich geachtet,

daß wenig Vereinbarungen der

Art eingegangen werden, ohne eine ausdrückliche Bedingung, die darauf berechnet iss,

solche Untersuchungen zu verhüten.

Cmrm Hebungsbeamten solche Vorrechte

zu

ertheilen, die

gewöhnlich dem Erben einet verstorbenen Theilhabers ver­ weigert werden, würde nicht allein den Ueberlebenden noch unangenehmer fern, sondern würde mit noch größerer Wahr­ scheinlichkeit diejenigen Umstände, in Betreff der Beschaffen­ heit des Handels, der Art ihn zu leiten,

und der gewöhn­

lichen Vortheile desselben, kund werden lassen, bergung solche

am

allerwünschenöwerthesten

Nachforschung würde,

auS denselben

deren Ver­

möchte.

Eine

obgleich sie seltener vorkäme,

Gründen verwerflich

man zum Zweck

styn

seyn,

wie die, welche

einer allgemeinen Steucrsetzung vorzuneh­

men beabsichtigte; und da die in Folge der Untersuchung zu

4- Kapitel,

i. Abschnitt.

87

erhebende Summe wahrscheinlich größer seyn würde, so würde auch eine genauere Forschung erforderlich werden, um gegen Betrug zu verwahren. Es mag noch bemerkt werden, daß, wenn die Steuer beträchtlich wäre, manche Auswege erfunden werben würden, mittelst Ueöertragung während des Lebens gegen Empfang einer Verschreibung auf die Zinsen als ein Jahrgehalt, und mittelst mancherlei Formen der Verwaltungen, um das, waS wirklich ein Dermächtniß wäre, als Geschenk erscheinen zu lassen. Diese Umgehungen würden besonders leicht in Rücksicht auf persönliches Eigenthum seyn, und wenn zu ihnen allgemein Zuflucht genomlnen würde, so müßte die Erbschaftssteuer eine theilwetse und folglich eine drückende Last auf dem Lande werden. Der Haupteinwurf gegen solche Steuern ist jedoch, daß sie ganz und gar aufs Kapital fallen. Um den Beweis hier# von zu führen, so wollen wir die Steuer auf 6 vom Hun­ dert der Erbschaft annehmen es mag diese Descendenten oder entfernten Verwandten anwachsen. *) *) In Holland war, zur Zeit da Doktor Smith sein Werk bekannt machte, der Betrag der Steuer von der Erbschaft in der Seitenlinie abwechselnd fünf bis dreißig vom Hundert, indem Erbschaften in gerader Lime durchaus frei waren. (Narionalrerchtbum. 5. Buch. 2. Kapitel. 2. Theil. Anhang zum lfttn und 2ten Artikel.) In England besteht eine Steuer von den Derwaltungsbriefen, die bei Todesfällen ohne Testament erlassen werden, und von förmlichen Testamenten, welche Steuer nach einer tn der Parlamentsakte enthaltenen Tafel erhoben wird, und zu etwa ein tvin Hundert des Eigenthums gerechnet werden kann, ohne daß tn dem Guterverzeichniffe von dem Vermögen die Schulden des Verstorbenen abgerechnet werden. Es besteht auch eine Abgabe von Vermächtnissen und von Erbfolge m persönlichem Eigenthum, ttt sich im Fall der Abstammung in gerader Lime aus cm vom Hundert belauft, und dagegen 2*. bis 10 vom Hundert, nach dem tzrade der Blutsverwandtschaft zwischen dem Verstorbenen und lern Seiteuverwandten, dem das Dermächtniß oder die Erbschaft tufvtllt. Ais die Steuer auf Erbschaft m der Seitenlinie un Jahr 1796 zuerst m Verschlag gebracht wurde, hatte man die Absicht,

88

3- Buch.

i. Theil.

Wenn diese Summe von dem persönlichen Eigenthum entrichtet wirb, so erwirbt der Erbe oder Vermächtnißnehmer gerade um diese Summe weniger Vorgänger besessen worden ist;

da«, wa« von seinem

und da persönliche« Eigen»

thum, sei «< nun von dessen Eigenthümer, oder von andern, denen e« angeliehen ist, auf Ackerbau, Manufakturen oder Handel verwandt wirb,

so ist es gerade 6 vom Hundert

weniger, was aus die Weise verwandt werden kann, nach­ dem die Abgabe entrichtet worden ist.

Auf die Weise wer»

den 6 vom Hundert,

fruchtbare« Kapital

welche vorher

waren, nachdem sie auf die laufenden Ausgaben d,< Staat« verwandt worden sind, verbraucht, und hören auf vorhan­ den zu seyn, gerade so wie der Fall gewesen seyn würde, wenn sie einen Theil de« Aufwande« ihre« Eigenthümer« «»«gemacht hätten. E« ist eben so wahr, obgleich vielleicht weniger offenbar, daß «ine Verminderung de« im Umlauf befindlichen Kapital« dir unmittelbar« Folge einer Erbschaftssteuer von Ländereien seyn muß. Wo der Werth de« Lande« dem dretßtgiährtgen Ertrage gleich zu schätzen ist, da kommt eine Steuer von 6 vom Hundert de« Werth« ungefähr dem Landzin« von zwei und zwanzig Monaten gleich.

Könnten wir annehmen,

daß während diese« Zeitraum« der Erbe keine Veränderung in seiner frühern Lebensweise in Folge de« Zuwachse« zu seinem Vermögen träfe, so würde der Landzin« die Au«» gaben de« Staat« statt der de« Einzelnen versorgen, und da« Kapital de« Staat« würde unvermindert bleiben. Allein «ine solche DerfahrungSweis« würde man vergeben« erwarten. Don dem Augenblick,

da er den Besitz mitritt, wird der

Erb« sich ol« berechtigt ansehen,

nach seinem neuen, nicht

nach seinem alten Rang und Vermögen zu leben: und um bei sie sich auf jede Gattung de« Vermögen» erstrecken sollt; allein ein so kräftiger Widerstand erhob sich gegen diese Maaßregel von Seiten der Landinhaber, daß der Minister e« rathsam fand, die Abgabe auf persönlich«» Eigenthum zu beschränken, und da» Land Geoßbrilrannien» ist bi« jetzt »och ausgenommen.

4- Kapitel,

i. Abschnitt.

89

seine Schuld gegen den Staat abzutragen, wird er entwr» der eine Schuld gegen irgend jemand eingehen, Theil der Ländereien veräußern.

ober einen

Zu ,edem dieser Fälle müs»

sen Kapitalien, die früherhln so verwandt waren, sich mit Gewinn wiedererzeugten, von solchen

Verwendungen

oder als eine

Anleihe

abgezogen,

jemand

baß sie

mittel- oder unmittelbar und oft Kaufqeld

übertragen werden, dessen

Absicht ist, sie der Regierung zur Bezahlung der Steuer zu überliefern.

Dies« Kapitalien halten nicht weiter irgend

«ine Art des erzeugenden Erwrrbflriße- aufrecht, gehen zu dem Zahre-aufwand über,

sondern

und rin Theil dessen,,

was srüherhin umlaufende- Kapital war, ist folglich auf« gezehrt. Allein man könnte auf den Gedanken kommen, daß'die Steuer in

sich selbst ihr eigenes Hellmittel mit sich führt;

daß sie schon im Vorweg» eine strengere Sparsamkeit anem­ pfiehlt, um nicht allein «in solche- Vermögen anzuhäufen, al- >emand den Wunsch hegt, setnrn Freunden zu vermachen, sonbern auch noch ein Mehrere-,

um damit die Steuer

abzutragen; oder auch daß der Wunsch von Schuldenbeschwe« rung frei zu bleiben, ein Beweggrund zu einer vermehrten Sparsamkeit in dem jährlichen Aufwand« de- Erben werden möge.

E- steht zu fürchten, daß keine dieser beiden Erwar­

tungen durch die Erfahrung verbürgt wird. Die ursprünglichen Beweggründe der Wunsch späte-

Alter;

zur Sparsamkeit find

der Fürsorge grgen Unglück, da- Verlangen,

Krankheit und

in der Weit vorwärt- zu

kommen, und so eine Familie dergestalt zu erziehen und ein­ zurichten,

baß die Kmder in den Stand gesetzt werden,

wenigsten- denselben Rang

wie ihr Vater zu behqupten;

«der eine Leidenschaft für diejenige Auszeichnung, den Glanz und die Macht, welche den Reichthum begleiten. Durch lange Gewohnheit werden die Mittel nachher mit dem Zweck ver­ wechselt, bi- endlich derjenige, der in keiner Gefahr deMangels ist,

der keine Kinder hat, und der wenig beküm­

mert ist um die Ehrerbietung oder den Beifall der Menschen,

90

3. Buch.

i. Theil.

ohne irgend einen vernünftigen Endzweck ln seiner Anhäu­ fung fortschreitet, und ein niedriges und schmutziges Ver­ gnügen aus der Betrachtung seines Reichthums nimmt. Eine Steuer, welche nach dem Tode wirken soll, hat keine Wirksamkeit dahin,

Irgend einen

dieser Beweggründe zu

verstärken, außer dem Verlangen der Fürsorge für die Kmder.

Sie empfiehlt keine strengere

Schutzwehr gegen das Unglück,

Sparsamkeit

als eine

als ein Anspruch auf die

Ehrerbietung der Welt, oder als eine Erquickung für den unersättlichen Beiz.

Eö ist demnach bloß die Abgabe vom

Erblaß in gerader Linie,

welche die attermindeste Wirkung

auf Beförderung der Sparsamkeit haben kann,

und dieser

Zweig der Steuer, anstatt gemach und leicht in seiner Wirk­ samkeit zu seyn, ist vielleicht

der grausamste und bedrük-

kendste, der in den Steuergesehen Englands Eingang gefun­ den hat. Auf gleiche Weise muß alle Wirkung, welche eine Erblaß, steuer dahin äußern kann, dem Erben Sparsamkeit anzuem­ pfehlen, nur sehr theilweife seyn. 3n persönlichem Eigenthum liegt keine solche Wirksamkeit

irgend einer Art.

Jemand,

der sonst roo Pfund ererbt haben würde, erwirbt nur 94 Pfund; allein es findet sich in jenerSumme nichts was ihn bewegen könnte, soviel zu ersparen, als nothwendig ist um sie zu ergänzen. Er betrachtet sich um 94 Pfund reicher als zuvor, und ordnet seine zukünftigen

Entwürfe sowol seines Handels als fernes

Aufwandes in Gemäßheit dieses Zuwachses

Der Erbe eines

Grundstücks hat gleichfalls, wenn er so viel Land zum Kauf abgtebt, als womit er feine Steuer bezahlen kann, keinen neuen Beweggrund zur Sparsamkeit.

Anstatt ein Grund­

stück von 500 Pfund jährlichen Ertrages zu ererben,

sieht

eres an, als erlangte er den Besitz eines von470 Pfund jähr. lich, und er ordnet feine Ausgabe ohne irgend eine Rück­ sicht auf das Eigenthum seines Vorgängers an. Es ist demnach nur

der Erbe eines Grundstücks, der

den Betrag der Steuer geborgt hat, dem hierdurch irgend ctn neuer Beweggrund zu Sparsamkeit gewahrt wird. Allem

4- Kapitel,

r. Abschnitt.

91

die Lage, in meldte er verseht wird, macht diese Sparsamfett bemahe unausführbar. dieselben hatte;

Ländereien

Er tritt für jemand ein,

der

ohne diese Schuldenbeschwerung tnnc

und er betrachtet sich noch immer als den Eigenthü­

mer eines Grundstücks

von 500 Pfund jährlichen Einkom­

mens, und wird

von

auch

andern als solcher betrachtet;

obgleich fein eigentliches Einkommen aus dem Grunde, daß et yoo Pfund geborgt hat, um die Steuer der 6 vom Hun­ dert des Werths abzubezahlen, durch die auf die Anleihe zu zahlenden Zinsen auf 455 Pfund herabgesetzt ist. beträchtliche Selbstbeherrschung wird er

sich

Ohne

außer Stand

befinden, feine Ausgaben auf fein Einkommen zu beschrän­ ken ;

allein zu

erwarten, daß

unter solchen Umständen er

auch für die Abbezahlung der Schuld Sorge tragen sollte, wäre ganz umsonst.

Selbst mit dem Beistand eines zusam­

mengesetzten Zinses werben

5 Pfund des Jahres die Schuld­

beschwerung nicht in weniger als 12 Jahren beseitigen. ist sicherlich unmöglich,

LS

daß irgend jemand aus dem bloßen

Wunsche, das Grundstück ganz und unbeschwert zu behalten, sich für so viele Jahre auf vier Fünftheile seines vom Rufe genannten Einkommens beschränken sollte; und in den weni­ gen Fällen, wo dieses ausgeführt werden mag, ist es noch unwahrscheinlicher, sonst

in

daß

der Aussicht

die auf

jährliche ein

Anhäufung,

fortschreitendes

oder auf eine Versorgung für die Familie haben würde,

statt

gefunden

auch noch fortgeführt werden sollte.

in so weit alS die Sparsamkeit,

welche

Vermögen Allein

welche durch die Steuer

befördert wird, mit derjenigen zusammentrifft,

welche auS

andern Beweggründen herrührt, thut sie nichts zur Herstel­ lung des NationalreichthumS. Hiernach gewinnt eS also den Anschein,

daß eine Erb­

schaftssteuer in jedem Falle nicht von dem Aufwande, son­ dern von dem Kapital ausgezahlt wird; und daß dieselbe nur ln sehr wenigen Fällen irgend einen neuen Beweggrund zur Ausübung der Sparsamkeit ausstellt, durch welche für diese Verringerung des Kapitals Ersatz

gewährt werden könnte.

92

3. Buch.

l. Theil.

Sie gehört demnach zu berjmiqen Gattung der Steuern, welche ungleichmäßig auf die Einzelnen fallen, und welche, die Kraft erschöpfend, die Hülf-quellen des Staates auftrocknen.

Zweiter Abschnitt. Don direkten Derkaufsfteuern. Steuern von Verkäufen fallen nach der Beschaffenheit de< Eigenthums und auch nach der Art, auf welche sie erhoben werden, bisweilen auf den Verkäufer und bisweilen auf den Käufer. Im erstem Falle, da ste ohne Erhohlung an irgend einer andern Person bezahlt werden, sind sie direkte Steuern; in dem letztem Fall, wo sie allemal erseht werden, sobald der Gegenstand an den Verbraucher kommt, welcher der letzte Käufer ist, sind sie indirekte Steuern. Eine Auflage auf einen jeden Verkauf beweglichen Eigen­ thums gehört zu der letzten Klasse. Eine solche Auflage könnte nicht alle Verwendungen des Kapitals gleichmäßig trtffvn. Ste würde unbedeutend seyn bet einem Geschäfte, wo die Um­ sähe langsam find, und schwer bet einem solchen, wo wegen der Schnelligkeit der Umsähe eine Menge auf einander folgen­ der Verkäufe während des Jahrs getroffen werden. Jemand, der nach Ostindien oder Südamerika Handel treibt, mag wol Verkäufe auf den Belauf seines Kapitals nur einmal in zwei Jahren zu Stande bringen; ein Kleinhändler, der gegen baare Bezahlung verkauft, macht wol einen Umsah von Gü­ tern biS auf den Belauf seines Kapitals einmal im Monat; der Letztere würde folglich eine in Verhältniß zu seinem K'pitat und Gewinn vterundzwanzigmal schwerere Steuer bezahl len, als der Andere. Allein durch freie Mitbewerdung wer­ den alle HandelSvortheile, wenn man den damit verbundenen Gefahren, der Achtbarkeit und andern mit der Steuer außer Verbindung stehenden Umständen das ihrige einräumt, unge­ fähr einander gleich gebracht; und wenn durch Desteurung

4- Kapitel,

a. Ab schnitt.

93

diese« natürlich« Verhältniß gestört wird, so wirb da« Kapital von dem, «aS t» unvortheilhaften Verwendungen desselben geworden, zurückgewiesen «erden, bi« da« Urbergewicht der Nachfrage über den Dorrath den Gewinn in diesen Handels­ zweigen um so viel steigert, als derselbe durch die Wirkung der Steuer heruntergebracht war. Ein« solche Abgabe von Verkäufen gehört demnach zu der Klasse der indirekten Steuern, indem ihre endliche Zahlung nicht durch den Kaufmann gc« schleht, von dem ste erhoben wlrd, sondem durch seine Kun­ den, die dieser Güter bedürftig sin).*) Allein wenn die Auflage, anstatt sich auf jegliche Art wie Lebensbedürfnisse verkauft werden können, zu erstrecken, sich auf eine dieser Arten beschränkt, so verändert sie ihren Cha­ rakter und wird eine direkt« Steuer für dm Verkäufer. Da< Bedürfniß wird für den Käufer nicht schätzbarer, wenn er e< auf die «ine Art de< Kaufs, als wenn er «S auf di« andere Art erwirbt, und wird folglich keinen höheren Werth mit sich führen. Eben so wenig läßt sich sagm, daß «< für den Ver­ käufer «entger schätzbar sei; allein wenn dasselbe auf die beson­ dere Art, welche der Steuer unterworfen ist, geäußert wird, so muß der Verkäufer irgend «inm Dorthell anderer Art erwar­ ten» welcher für ihn dt« Entrichtung der Abgabe aufwirgt. Dieses Gegengewicht ist gewöhnlich di« größer« Schnelligkeit des Verkaufs. Die Abgabe von dem Verkauf der Güter mittelst öffent­ licher Versteigerung, welche ln England einen Schilling vom Pfund beträgt, ist von dieser Beschaffenheit. Dt« Güter sind für den Käufer in Rücksicht auf die Art, wie sie in seinen Besitz kommen, von keinem größer» Werth, allein der Käufer kann eS bisweilen bequem oder nothwendig fin­ den, sich der Steuer zu unterwerfen, um fttne Güter schleu­ nig gegen Geld ausgetauscht zu erhalten. Hierzu wird er sich entschließen, wenn er die Absicht hat, sich vom Geschäft *) Steuern von Verkäufen dieser Gattung werden späterhin in Betracht gezogen werden. 2. Theil. 3. Kapitel.

3- Buch.

94 zurück

zu

i. Theil.

ziehen, und zugleich wünscht, sich die Mühe und

Kosten eines allmältqen Verkaufs seiner Niederlage zu erspa­ ren.

Zn

diesem Falle empfängt er einen Ersatz für die

Steuer, und in so fern als die Handlung vollkommen in seiner Willkühr steht, scheint ihm in keiner Rücksicht eine große Härte aufgelegt zu seyn. Allein häufiger wird ein Verkauf mittelst öffentlicher Versteigerung einem Manufakcu, rtsteu oder Kaufmann durch ferne Nord aufgczwnngen.

Ge­

täuscht in der Erwartung von seinen Mitteln und in Gefahr von seinen Gläubig.rn bedrängt zu werden,

wird er genö«

thtat zu der schleunigsten Verkaufsart seine Zuflucht zu neh-

m

ii, wenn gleich diese in sich selbst unvorteilhaft und mit

einer Abgabe beschwert.

Eine Steuer,

die auf die Weise

dahin strebt, den Gefallenen zu unterdrück.n, und unver­ dientes Ungemach

vielleicht noch zu vermehrn, und wenn

sie von irgend beträchtlichem Belang ist, eine augenblickliche Verlegenheit zum Vorläufer des Untergangs zu machen, ist Im höchsten Grade unpolitisch und grausam. Eine Steuer vom Verkauf der Ländereien ist darin von einer Steuer vom Verkauf der Lebensbedürfnisse verschieden, daß, wie sie auch immer erhoben werden mag, sie allemal auf den Verkäufer fallen muß. Eine solche Steuer kann weder den LandzmS heben, noch das gewöhnliche Maaß deS Geldzinses herabsehen, noch irgend einen ttnte> schied in den Vorzügen bewirken, welche daS Land vor anderm Eigenthum besitzt.

Sie gewährt für einen Käufer kein Reizmittel, das

nicht schon unabhängig von der Steuer vorhanden wäre, und sie kann folglich den Preis nicht erhöhen.

Das Land wird

nur für eine bestimmte Summ. Geldes auszubringen seyn, und wenn ein Theil hiervon durch den Staat in Beschlag genommen wird, so muß um so viel weniger in die Tasche des Verkäufers kommen. Die Abgabe vom Verkauf der Län­ dereien wird in England durch einen Stempel von der Haupturkunde erhoben, welcher sich ungefähr auf drei Viertheile vom Hundert des Kaufgeldee beläuft; aber da noch eine fernere Steuer

von jeden iogo Worten,

die diese

4. Kapitel.

2. Abschnitt.

95

Urkunde enthält, statt findet, und noch andere Stempel von allen Neben urkunden, so läßt sie sich auf «tn oder vielleicht auf anderthalb

vom Hundert anschlagen.

Außerdem findet

noch eine fernere Abgabe von allen mittelst Versteigerung verkauften Ländereien statt. Häuser künnen tn dieser Rücksicht bisweilen ln di« Klaff« anderer Lebenobedürfntffe,

aber

Ländereien gebracht werden.

noch häufiger tu die der

Zn einem aedeihenden Land«

muß allemal ein« Nachfrage nach neuen Häusern statt finden, nicht allein um die verfallenden zu ersehen, sondern auch, um sowol die wachsende Zahl der vermögenderen Bürger unterzubringen, als zugleich den unteren Klaffen den behag» licheren Zustand zu gewähren, welcher dt« Folge des Natto» nalgedethen« ist.

Unter solchen Umständen

werden Häuser

zum Verkauf gebaut werden; und da der Gewinn de« Bau» untcruehnier-

sich nach dem gewöhnlichen Maaße im Lande

richten muß, so Muß eine >ede Steuer, dle auf die Ueber» tragung de« HauseS an den ersten Käufer gelegt wird, den Prel« erhöhen.

Wäre dieß nicht der Fall, so würde der

Bauunternehmer sein Kapital auf irgend eine andere Art verwenden, bi« die allgemein« Nachfrage nach Häusern ihn in den Stand

sehte,

einen zu seiner Gefahr und Auslage

in Verhältniß stehenden Gewinn aufzubringen.

E< ist jedoch

bloß dle Steuer von diesem ersten Verkauf, weiche von dem Käufer entrichtet werde»,

und dergestalt «inen

Häuserwrrthe« ausmachen wird.

Theil de«

Kein späterer Verkauf trifft

den Bauunternehmer, der al« einer, welcher da« LebrnSbe» dürfniß auf den Markt bringt, angesehen «erden mag, und eben so wenig kan» ein fernerweitiger Wechsel der Eigen» thümer den innern Werth de« Eigenthum« um irgend etwa« vermehren.

Der Preis der bereit«

erbauten Häuser muß

sich durchaus nach dem der im Da» begriff, u-n richten, und tn diesem

lehtern Preise kommt nur die Steuer der ersten

lleberiragung

in Betracht. *)

Die Abgaben

vom Häuser»

*) In Ländern, die sich im Zustande der Abnahme befinden, fjii» kein dergleichen Gewerbe de» Hänserbaur« bestehen. Hauser

3. Buch.

94

i. Theil.

verkauf sind in England die nämlichen mit denen vom Land, verkauf. 3« Holland »arm gleichfalls vor der Revolution die Steuern von der Übertragung dieser beiden Gattungen de« Eigenthums gleich, und beliefen sich auf drittehalb vom Hundert des Kaufgeldes, wl« auch lmmer der Verkauf zu Stande gebracht seyn mochte. Wenn man dir Folgen ln Betrachtung zieht, die wahr» schetnllch sich aus direkten Derkaufssteuern ergeben werden, so ist zuvörderst so viel klar, daß, wenn sie so schwer autfielen, daß ihre Umgehung zu einem Gegenstand« würde, «ine solche Umgehung kaum verhindert werden könnte.

Da

kein festbestimmter Werth von irgend einer Art drS Eigen­ thums besteht,

so könnte der in dem Kaufbrief, berichtete

PrriS von dem wirklich entrichteten sehr verschteden sey»; und wenn die beiden Parthetrn ihr eigenes Geheimniß zu bewahren wüßten, so könnte der Betrug, wenn man thn auch argwöhnen möchte, doch kaum Diese

Leichtigkeit

der Umgehung

je bewiesen werden.

kann wahrscheinlich

Wohlfeilheit der Hcbungsart überwiegen,

die

die doch der ein­

zige diesem Zweig der StaatSetnnahme innewohnend« Vor­ zug zu seyn scheint. ES ist ein wichtigerer Etnwurf gegen eine DerkaufSsteuer, daß, in so weit alS sie sich nicht auf den Verbraucher des Bedürfnisses übertragen läßt, sie eine direkte Last auf dem Kapital ist. Wenn der Kaufmann, der feine Güter licher Versteigerung verkauft, al< ihren Werth empfängt,

mittelst öffent­

fünf vom Hundert weniger so ist cS offenbar, daß er in

Folge der Steuer diese 5 vom Hundert ärmer wirb; daß werden alsdann ausgebessert, so lange sie sieben wollen, und wenn sie zu Dümmer» verfallen, so wird man sie unbewohnt gehen lassen. Unter solchen Umsiände» können die Mauser, gleich angebauten Ländereien so lange als keiner Verminderung mitttworfcn angesehen werden, als sie einen Zins irgend einer Art abwerfen und folglich kann ,hr Werth nicht durch eine Steuer auf den Verkauf verinehrt werden.

4 Kapitel.

2. Abschnitt.

97

er gerade so viel weniger Kapital hat, mit welchem er wie» derum Güter erstehen, oder Ländereien kaufen, oder ander, Kaufleuten Anleihen machen kann. Die dergestalt an seinem Kapital gekürzte Summe bildet kein Kapital für irgend »ine ander« Person, sondern geht, al» in den Schatz entrichtet, unmittelbar in Auöga-e über. Eben das findet beim Landverkauf statt. Das von dem Käufer entrichtete Geld, welches früherhin in trgend einer Gestaltung umlaufendes Kapital war, übersteigt um den Belauf der Steuer da-, «a«, von dem Verkäufer in Em­ pfang genommen, nachher fein umlaufendes Kapital werde» soll: dieses Mehrere geht ins Staat-einkommen über, und macht einen Theil dessen au-, waS während d«S Jahre« aufgewendet wird. Eine ähnlich« Kapltalvermlnderung findet statt bei jeg­ lichem Verkauf eines Haufe-, nachdem dieses au« den Hän­ den de« Bauunternehmers gegangen ist; und wenn es in Betracht gezogen wird, daß ein Hau« niemals au« dem Theil de« Vermögens angekauft wirb, da« für die jährlich« Ausgabe ausgesetzt ist, sondern au< demjenigen, wa« früher Kapital war» f» wird man einräumen müssen, daß, was Geld a«S der Tasche de« Käufer« nimmt, ohne ti in die des Verkäufer« zu bringen, allemal da« Kapital des Land,» ver­ mindern muß; und daß folglich sogar der erste Verkauf eine« Hause«, obgleich dtr Steuer dem Käufer zur Last fällt, keine Ausnahme von der allqemrtnen Regel macht. Rtcht« kann zu gleicher Zeit so sehr als eine DerkaufSstruer in geradem Widerspruch stehen mit dem großen Ziel eine« Finanzsystems, der Begründung eine« Steuermaaßes, da« in Verhältniß steht zu den Fähigkeiten der verschiedenen Bürger. Es sind gewöhnlich nicht die Reichen, sondern dtr Armen, die ihre Häuser und Ländereien verkaufen; und folglich sind re nicht die Reichen, sondern die Armen, die von der Steuer getroffen werden. So lange sich jemand sein Hau« oder sein Grundstück erhalten kann, bezahlt er der Regierung nicht«; aber in dem Augenblick, da Unglück der i'i-l. [II.



3. Buch.

98

i. Theil.

oder Unverstand Ihn zwingen sich ln eine schlechtere Behau­ sung zu begeben,

oder sich von Landbesthungen za trennen,

die vielleicht dusch eine lange Reibe von Vorfahren auf ihn herabqetommen

sind, in demselben Augenblick legt sich der

Staat m6 Mittel, nicht um sein Ungemach zu lindern, son­ dern um sein Elend

zu vermehren und sein Verderben zu

beschleunigen. Es sind nicht bloß die Prozente von dem Gelde, wcl» chce der Verkäufer wirtlich

in Empfang nimmt,

um deren

Bezahlung er zu einer solchen Zeit in Anspruch genommen wird; denn bevor er sich zu einem Verkauf entschließt, wird er wahrscheinlich Geld gegen Pfandstchcrheit geborgt haben, ln der eitelen Hoffnung,

eS mittelst der Vortheile aus beabsichtig­

ten Verbesserungen,

oder

mittelst

der erträumten Früchte

einer allemal zum Vorsah gehabten aber niemals zur fuhrung gebrachten Sparsamkeit, abzubezahlen.

Aus-

Zudem sein

freies Et»,kommen jedes Zahr vermindert wird, und dagegen feine Gewöhnungen, und die Furcht fein Ansehen im Lande zu verlieren,

ihn verleiten,

seine Einschränkungen zu ver­

schieben , so muß der böse Tag deS Verkaufs endlich eintre­ ten.

Die Steuer wird anstatt fünf vom Hundert des Prei­

ses, den er empfängt,

vielleicht io oder 15 vom Hnridert

der Summe betragen, welche nach Berichtigung seiner Pfand, schulden noch

übrig

bleibt; was für ihn bleibt,

wird also

wesentlich gekürzt seyn, und der Zeitpunkt seines Lebens, da er am wenigsten fähig ist, zu ertragen,

wird

irgend einen vermehrten Druck

gerade auSerwählt werden,

höchst bedrückenden Auflage zu unterwerfen;

ihn einer

während allen

feinen klüqern und glücklicheren Nachbaren vergönnt bleibt, ihre

Grundstücke unangetastet von der Hand des Gesetzes

inne zu haben. Dieser Kampf Grundstücks Eigenthümer, weder

um

ist an dessen

die Erhaltung

beS Besitzes

eines

sich selbst ein öffentliches Uebel.

Ein

Angelegenheiten verwickelt sind, kann

selbst Geld zu Derbesscrungen au-legen, noch

Pachtnberlassungen

zugestehen,

welche

andere

solche

aufmuntern

s. Kapitel,

i. Abschnitt.

99

können, sein« Ländereien antubauen. Sein erster Kegen« stand wirb immer unmittelbar,« Einkommen seyn; und ln der Heftigkeit seiner Bemühung um augenblickliche Hülfe, wird er oft den dauernden Vortheil seiner Familie aufopfern. Der schleckt,r, Zustand de« Ackerbaus Wird di, Gränzen seines Gutes bezeichnen, und indem der in seinem D-sitz befindlich« Antheil Landes einen unangemessenen Ertrag gewährt, wird da« Gekämmt,inkommen der Gesellschaft seiner Armuth wegen leiden müssen. Dergestalt zehrt die Steuer nicht bloß eine,» Theil des Kapital« auf jn dem Augenblick da sie erhoben wird, sondern sie hat auch dprch Verzögerung der Verkäufe ein« nachtheilige Wirksamkeit, die >ähriich« Erzeugung de« Reich» thums im Vorweg« für manche Jahre zu hemmen.

Fünftes Kapitel. Don Steuern auf Wohnhäuser.

Erster Abschnitt. Allgemein« Bemerkungen über Haussteuern. Wenn eine sehr schwer« Auflage plötzlich aus bewohnte Häufte gelegt werben sollte, so würd« ihre erst, Wirkung sich dahin äußern, das Maaß des Hauszinses zu vcrringcrn, und folglich die Eigenthümer ärmer zu machen. Indem jedermann seinen jährlichen Hauszins zu seiner gewöhnlichen Emnahme in Verhältniß bringt, so würd, eine solche Steuer gar Manche veranlassen, nach weniger eleganten und kostbaren Häusern, als di« früher bewohnten, umzuziehen. Es ist fteilich nicht in allen Fällen eine Folgerung, daß die als Folge einer Steuervermehrung eintretende Sparsamkeit sich unmittelbar in dem Gebrauch des besondern der Steuer witerzogenen Artikels äußern müsse. Die natürliche Folge

IOO

L. Buch.

i. The LI.

einer jeden neuen

Staatslast ist, die Leute auf die Betrach­

tung )u bringm, wie sie deren Belauf mittelst der am wenig­ sten empfindlichen Entbehrung ersparen können.

Auf eine

solche Veranlassung wird Verschiedenheit der Personen zu Derschiedenheit der Folgerungen führen; Gegenstand des Luxus, Andere

Einige werden diesen

einen andern fahren lassen,

und eine noch größere Anzahl wird sich in dem Verbrauch mehrerer Gegenstände beschränken.

Allein eine schwere Steuer

auf irgend einen Artikel der Ausgabe lenkt natürlich die Auf­ merksamkeit stärker auf diesen einen, als auf andere, und wo­ fern derselbe nicht von einer für den Lebencgenusi sehr wesent­ lichen Beschaffenheit ist, wird der erste Antrieb seyn, diesen besondern

Zweig der Ausgabe,

zogen worden ist,

welcher der Auflage unter­

zu beschränken.

Eine Steuer von vier

Schillingen in dem Pfunde deS HauSzznses plötzlich auferlegt, würde höchst wahrscheinlich manche Leute veranlassen, kleinern und wohlfetlern Häusern umzuziehen, nothwendige Einschränkung schleuniger und

nach

wodurch die

sicherer erreicht

werben würde, als durch eine Anzahl stufenwetser Ersparun­ gen, deren Gesammtheit am Ende des ZahreS dem vermehr­ ten Hauszins das Gleichgewicht halten möchte. Da, so

wie man von den höhern zu den niedern Rang­

ordnungen herabsteigt, eine jede nachfolgende Klaffe auS einer größer» Anzahl von Individuen Destehr, so würde die Nach­ frage nach einer jeden Gattung von Behausung, schlechteste ausgenommen,

die aller­

auf dte Weife vermindert,

folglich der Hauszins heruntergesetzt werden.

und

Wie auch immer

der Zustand des Landes beschaffen seyn möchte, so würde eine solche Steuer zuerst auf dte Eigenthümer fallen, welche dadurch einer theilweisen Last unterworfen seyn würden, von der ihre Mitbürger, obgleich eben so reich, ausgenommen wären; und bet einem sinkenden Zustande würde dieß sogar die fortwäh­ rende Wirkung der Steuer seyn.

Allein in einem gedeihenden

Lande, wo jährlich neue Häuser erforderlich sind, um sowol der zunehmenden Nachfrage der sich zum Wohlstand Erheben­ den Genüge zu leisten,

als auch um den langsamen,

aber

5. Kapitel,

i. Abschnitt.

ici

regelmäßigen Wirkungen bei stufenweise» Verfalls zu begeg­ nen, würbe bl cf« Wirksamkeit einer Hausabgabe schleunig auf­ hören , die Hauszinse würden sich von ihrer zeitweise» Herab­ setzung erholen, und die Abgabe würde, wie sie auch immer er­ hoben werden möchte, alsdann dteZnnhaber der Häuser treffen. Sogar würde anfangs das, was Doktor Smith bet den Häusern Grundzins genannt hat, zum Unterschied vom GebäudeztnS, *) nur wenig heruntergesetzt werden. Der Grundzins ist der Preis irgend eines beziehungsweise» Vor­ zugs in der Lage. Alles, «aS für Bquqrund über den gewöhnlichen Preis de« Landes in der Gegend bezahlt wird, »st eine Ausgleichung für irgend etwa« Wirkliche« oder Ein­ gebildetes de« Anstandes, der Schönheit, Gesundheit »der Bequemlichkeit. Die Wirkung einer hohen Steuer vom Hauszins könnte sich darin äußern, daß sie einig« Einwoh­ ner veranlaßte nach Behausungen umzuziehen, di« aus Rück­ sichten de« Anstande« oder der Bequemlichkeit schlechter bele­ gen wären; allein da di« Anzahl der Häuser von solchen Lagen beschränkt ist, so würde dt« Folge seyn, daß Grund­ zinse bet Häusern in einerlei Stadt oder StadtSbeztrk mehr einander gleich, nicht daß sie im Ganzen sehr herunter gebracht werden würden. Line solch« Ausgleichung würde jedoch sehr vorübergehend seyn. E»n Mann von Anstand würde nicht lang» seinen Wohnsitz in einem von Leuten niederen Ranges bewohnten Stadtquartter fortsetzen, so «enig als ein Kaufmann in einer großen Entfernung von der Börse • viel weniger noch würde irgend rin« Steuer denjenigen, der an «ine lustige Lag« seines Hause« gewöhnt wäre, vermö­ gen, sich auf eine enge und schmutzige Gaffe zu beschrän­ ken; oder »inen Manufakturtsten, sich au« Werkstätten weg« zubegeben, die eine gut« Lage für sein Geschäft hätten. Dieser sogenannte Grundzins wird, weil man ihn für Vor­ züge, welche ausdauernd sind, entrichtet, gar wenig unter dein Einfluffe irgend einer Steuer, oder auch nur irgend ) Nationalreichlhum. 5. Buch. 2. Kap. r. Theil. 1. Art.

3* Buch.

102

i. Theil.

eines Wechsels deS sonstigen Hauszinses stehen. in

Ek wird

einiger Maaße freilich steigen oder fallen, gleich andern

Gegenständen

des Luxus mit der allgemeinen Anhäufung

oder Verminderung des Reichthum-; lichen Abwechselungen

allein seine hauptsäch­

müssen Umständen von gänzlich ver­

schiedener Beschaffenheit, dem gedeihenden oder abnehmenden Zustande eines besondern Bezirk-, der Errichtung einer Manu­ faktur in einer besondern Straße, der Annäherung ober Entfer­ nung einer Beschwerlichkeit, der Laune der Mode, der Auffüh­ rung öffentlicher Gebäude, oder vielleicht der Eröffnung einiger glänzender Laden zugeschrieben werden.

Da die aus solchen Um­

ständen entspringenden Vortheile nicht durch die Steuer verrin­ gert werden, so w»rd der Grundzins, welcher die Ausgleichung für tuest Vortheile ist, eine sehr vorübergehende Einschrän­ kung erleiden.

Wäre es anders, so würde eine Hausauflage

ln so weit ungerecht seyn, denn sie würde nur durch eine Klasse von Bürgern bezahlt werden, während andere Klassen von gleichem oder höherem Reichthum ausgenommen wären. Gründe,

welche vom Doktor Smith

Die

am oben angeführten

Orte zur Empfehlung von Steuern dargelegt worden, welche den Eigner des Grundzinses ausschließlich treffen, sind sehr unbefriedigend.

Diese Gründe bestehen darin, daß er seinen

Relchlhum ohne irgend eine Sorgfalt ober Aufmerksamkeit von seiner Sette genießt; daß ihm keine Mittel zu Gebote stehen, die Last mittelst Erhöhung des Preises irgend eines Lebensbedürfnisses ans andere zu wälzen; und daß fein Grund­ zins gänzlich der guten Regierung des Staates zu verdanken ist.

Der

gestimmte Landzins und aller Geldzins sind auf

gleiche Weise wie Grundzinse von Häusern Einkünfte, durch­ aus unabhängig von der Anstrengung der Eigenthümer: baß die Steuer gänzlich auf eine Gattung von Leuten fallen muß, ist ein Beweis nicht für ihre Vortreffitchkett, sondern für ihre Ungerechtigkeit:

und vielleicht hätte sich keine Gattung de-

Eigenthums auffinden lassen, die ihren Werth so wenig den Bemühungen der Regierung verdankt.

Tyrannei muß aller­

dings den Werth eines jeden, allein nicht insbesondere den

5. Kapitel,

i. Abschnitt.

ioj

dieses DrffhthumS verringern; denn Grundzinse rühren weni­ ger her au« der Dortrefflichkeit der Regierung oder der all­ gemeinen

Wohlfahrt,

örtlicher Nachfrage,

al< deren

au«

örtlichem

Beschaffenheit

Gedeihen

und

so

mir

wenig

dem allgemeinen Gedeihen de« Staate« in Verbindung steht, daß sie bisweilen auf eine einzelne Stadt, oder sogar auf eine einzelne Straße eingeschränkt bleibt-

Grade au«

dein Grunde, daß die Vorzüge der örtlichen Lage gar wenig von dem allgemeinen Reichthum de« Lande« abhängig sind, rührt e« her, daß eine HauSauflage nur in einem sehr geringen Grade den Grundzin«, der für diese örtlichen Vor­ züge bezahlt wird, heruntersehen kann. Wenn demnach ausgemacht ist, daß eine Steuer auf Wohnhäuser die Eigenthümer treffen müsse, ohne den Grund­ zins In irgend einem hohen Grade herunterzusehen, so muß sie hauptsächlich auf den andern Theil de« Zinses falle», welcher, weil er die Zinsen und den Gewinn von dem aus den Bau verwandten Gelde ausmacht, sehr eigentlich der DauzinS ge­ nannt werden Ist. Eine Verminderung dies« Theile« de« Zinse« würde e« offenbar verhindern, daß irgend mehr Kapi­ tal auf «ine Verwendung überginge, die zur Zeit unvortheil» haft wäre.

Wenig

neue Häuser würden erbaut werden,

während die alten von Zahr zu Zahr unbewohnbar, oder wenigsten« für dieselbe Klaffe des Volks untauglich wer­ den müßten; und indem die Nachfrage nach Maaßgad« de« Wohlstandes de« Landes zunähme, würden die Hau-zins« gar schleunig fortschreiten, bi« da« Gewerbe, Häuser zu er­ bauen und zu vcrmicthen, eben so Vortheilhaft würde, al« ander« Verwendungen de- KapltalS. Würde man dir Steuer i-ach und nach auferlegen, statt ganz auf einmal, so ließe sie sich zuleht zu. einer bedeutenden Schwere bringen, ohne selbst auch nur eine zeitweise Herab­ setzung der HauSzinse zu veriusachen.

Sich nach einem

kleinern, den Forderungen der Bequemlichkeit oder de» An­ stande« weniger genügendem Hause zu begeben, ist den mei­ sten Leuten so unangenehm, und erschein» manchen so herab-

104

5. Buch. i. Theil.

würdigend, daß eine nur Irgend gemäßigte Steuer auf tau­ send andern Legen eher als auf diesem erspart werden würde. Eine wiederholte kleine Vermehrung der Steuer, würbe, nachdem die jährliche AuSaabe wieder zu dem jähr­ lichen Einkommen in Verhältniß gebracht worden wäre, auf gleiche Weife eine neuvermehne Strenge der Sparsamkeit, oder die Versagung irgend eines am leichtesten zu entbeh­ renden Gegenstandes des Luxus viel eher verursachen, als einen @ct>rm, wodurch die Nothwendigkeit der Sparsamkeit der Weit eingestanden wird. Auf diese Weise könnte die Abgabe nach un