Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine / April bis Juni 1892 [83]


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Table of contents :
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Heft 1 April
Statistische und taktische Betrachtungen über die drei grofsen
Die Benutzung der Eisenbahnen im Kriege 1877/78 Aus
Zur Taktik der Zukunft VII Schlufsbetrachtungen: Munitions-
Anweisungen zum Reitunterricht für die Kavallerie nach den Grund-
Einiges über Vereinfachung der Ausrüstung des Trainpferdes
Umschau in der Militär-Litteratur:
Heft 2
Warum sind die Fragen über Organisation, Ausbildung und Ver-
183
Die Marine - Etatsverhandlungen im Reichstage Von v Henk,
General Dragomirow über den Wert der blanken Waffen
XXI
III
Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher
Heft 3 Juni
Die englischen Kavallerie-Manöver von 1891
XXV
Die marokkanische Frage und ihre militär-politische Bedeutung
Die staatlichen Mafsnahmen zur Förderung der Landes-Pferdezucht
Eine Berichtigung zur akademischen Ausgabe der „Oeuvres de Fré-
Umschau auf militär-technischem Gebiet
359
Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher
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Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine / April bis Juni 1892 [83]

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Jahrbücher

für die

deutsche

Armee

und

Marine.

Verantwortlich geleitet

von

H. Schnackenburg Oberstlieutenant a. D.

Dreiundachtzigster

Band.

April bis Juni 1892.

BERLIN W.

Verlag von A. Bath. Mohren-Strasse 19. 1892.

Inhalts -Verzeichnis .

Seite

No. 247. Heft 1. April. I.

Der Einfall des österreichischen F. M. Lt. von Stentsch in Bayern und die Verhältnisse an der bayrisch-tirolischen Grenze vor demselben. 1740-1742. Beiträge zur Anfangsgeschichte des österreichischen Erbfolgekriegs. Von A. Schenk , k. Hauptmann im 12. b. Inf.-Regiment Prinz Arnulf

1

II.

Statistische und taktische Betrachtungen über die drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870. Von Kunz , Major a. D..

23

III.

Die Benutzung der Eisenbahnen im Kriege 1877/78. Aus dem Rumänischen des Major C. Harjeu ins Deutsche übertragen von Berghaus , Major a. D.. • Zur Taktik der Zukunft. VII. Schlufsbetrachtungen : MunitionsErsatz im Gefecht. Verluste. Eine Lücke im Exerzier-Reglement . Friedens-Übungen im Überschiefsen von Truppen . (Schlufs) Die moralischen Einflüsse des rauchschwachen Pulvers auf die Kämpfenden ; mit Erläuterungen aus dem Kriege 1870/71

79

Anweisungen zum Reitunterricht für die Kavallerie nach den Grundsätzen der Reitkunst

84

Einiges über Vereinfachung der Ausrüstung des Trainpferdes und des Trainsoldaten

94

IV.

V.

VI. VII. VIII.

65

Bemerkungen zu Delbrücks Schrift 男 Friedrich, Napoleon , Moltke. Ältere und neuere Strategie" . Von Max Jähns Umschau in der Militär-Litteratur: I. Ausländische Zeitschriften . II. Bücher III. Seewesen

102 111 127

IV. Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher Berichtigung . • Druckfehler-Berichtigung

130 133 133

86

IX.

45

98

No. 248. Heft 2. Mai. X.

Der Geist des Heeres und der Idealismus. Von Dr. Dangelmaier 135

XI.

Der Einfall des österreichischen F. M. Lt. von Stentsch in Bayern und die Verhältnisse an der bayrisch-tirolischen Grenze vor demselben. 1740-1742. Beiträge zur Anfangsgeschichte des österreichischen Erbfolgekriegs. Von A. Schenk , k. Hauptmann im 12. b. Inf.-Regiment Prinz Arnulf. (Schlufs)

P A C E (R

))

496283

158

Seite XII.

XIII. XIV.

XV. XVI. XVII.

Kriegs- und Friedensstärke des fridericianischen Heeres. E. Schnackenburg , Oberstlieutenant a. D. .

Von •

183

Warum sind die Fragen über Organisation, Ausbildung und Verwendung der Kavallerie nur in der Theorie gelöst ?

191

Ein Vorschlag zur Verwendung der für das gefechtsmäfsige Schiefsen der Infanterie bestimmten scharfen Patronen .

195

Die Rauchschwäche und der Festungskrieg

202

Unfälle englischer Schiffsgeschütze

211

Die Marine - Etatsverhandlungen im Reichstage. Vice-Admiral z. D..

Von v. Henk ,

214

General Dragomirow über den Wert der blanken Waffen

222

XIX . XX.

Die Neu-Organisation der bulgarischen Armee Kleine Mitteilungen

225

XXI.

Umschau I. II. III.

XVIII.

IV.

227

in der Militär-Litteratur : Ausländische Zeitschriften Bücher Seewesen •

229 237 250

Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher

253

No. 249. Heft 3. Juni. XXII. XXIII.

Die Kämpfe gegen die Juni- Revolution 1848 in Prag.

257

Die Benutzung der Eisenbahnen für taktische Zwecke. Eine kriegsgeschichtliche Eisenbahn- Studie. Von Joesten , Hauptmann d. L.

269

XXIV. XXV.

Die englischen Kavallerie-Manöver von 1891 . Militärische Briefe aus Italien .

277

XXVI.

Die marokkanische Frage und ihre militär-politische Bedeutung .

308

XXVII . Die staatlichen Mafsnahmen zur Förderung der Landes-Pferdezucht für die Zwecke der Armee .

318

Eine Berichtigung zur akademischen Ausgabe der „ Oeuvres de Frédéric le Grand" . Von E. Schnackenburg , Oberstlieutenant a. D. XXIX. Umschau auf militär-technischem Gebiet • XXX. Umschau in der Militär-Litteratur : I. Ausländische Zeitschriften • II. Bücher III. Seewesen .

292

XXVIII.

IV.

Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher

336 338

359 367 386 390

I. Der Einfall des österreichischen F. M. Lt.

von Stentsch in Bayern und die Verhältnisse

an

der

bayrisch- tirolischen demselben.

Grenze

vor

1740-1742 .

Beiträge zur Anfangsgeschichte des österreichischen Erbfolgekriegs Von

A. Schenk, k. Hauptmann im 12. b. Inf.-Regiment Prinz Arnulf,

I.

Vor dem Einfalle .

Politische Lage. Der Morgen des 20. Oktober 1740 gab, indem er das Ableben des deutschen Kaisers Karl VI. verkündete , das Zeichen zum Auflodern

eines

mächtigen Brandes.

Der Stoff

hierzu lag längst bereit. Für Österreich bedeutete Karls Hingang das Inkrafttreten der pragmatischen Sanktion , gemäss welcher nach habsburgischer Lesart Reichskrone zufielen .

der ältesten Kaisertochter Land und

Für Bayern aber war der ersehnte Zeitpunkt

gekommen, ältere, angeblich rechtmässige Ansprüche auf dieses und jenes Kronland, und

auf den Kaiserthron

geltend zu machen.

Gleichzeitig trat Friedrich II . mit Forderungen auf Schlesien heran , Spanien verlangte Gebiet in Italien und endlich wollte Frankreich die neue günstige Gelegenheit, den eigenen Glanz durch Fortarbeiten am Ruin Deutschlands zu erhöhen , nicht vorübergehen lassen.

Die

Ansprüche des bayrischen Kurfürsten Karl Albrecht unterstützen zu müssen, diente als Vorwand. Wohl bedurfte dieser, den Einflüsterungen

einer schlimmen

Umgebung leider Gehör schenkende Fürst fremder Hülfe, » denn niemals war die Finanzlage des Landes drückender, die Wehrkraft unzureichender gewesen ; niemals fehlte es in Bayern mehr an Geld, Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIII, 1. 1

Der Einfall des österreichischen F. M. Lt.

2

Truppen und ausgezeichneten Männern, als eben jetzt « *) . So legte sich Bayern wiederum die Fesseln seines grofsen Peinigers selbst an. Der dürftige Zustand von Heer und Festungen in Österreich , die wohlbekannte Ebbe in den dortigen Staatskassen, mehr noch Geschlecht und Alter seines nunmehrigen Regenten , der jugendlichen Maria Theresia liefsen einen schnellen und glänzenden Gewinn , eine rasche, vielleicht schmerzlose Auflösung des Kaiserstaates hoffen. Zuallererst hatte sich Österreich des preufsischen Ansturms zu erwehren, darum zog es seine seit dem letzten unseligen Türkenkriege an Zahl und innerem Gehalte ziemlich vernachläfsigten Regimenter, soweit überhaupt verfügbar, gegen den über Nacht in Schlesien eingefallenen Preufsenkönig zusammen . Hierdurch lagen die übrigen deutschen Kronlande Österreichs Wie für Böhmen und Oberösterreich , so offen und schutzlos da. entstand nun die Gefahr einer Invasion auch für Tirol , umsomehr als

es

zu jenen

Gebieten

Albrechts Programm stand.

gehörte, deren

Anektierung

auf Karl

In den Innsbrucker Regierungskreisen

sah man denn mit banger Sorge dem Kommenden entgegen .

Nicht

jeder feindliche Einbruch mochte so glücklich abgewiesen werden , wie der von 1703 ; dazu war die Stimmung im Lande selbst nicht die beste, noch mangelte das feste Zusammen- Gefüge Tirols mit den übrigen habsburgischen Landen **) .

An Truppen war Tirol, als in

der Wiener Hofburg ein todter Kaiser lag, völlig entblöfst ; so zählte es denn zu den ersten Mafsnahmen der österreichischen Minister-Konferenz , die tiroler Landmiliz unter die Waffen zu rufen und das Infanterie-Regiment Alt- Königsegg schleunigst aus Ungarn heranzuziehen ***).

Damit hatte man einstweilen zur Abwehr gegen Angriffe

aus Bayern genug gethan . Die Grenze beider Länder nahm damals am Lech bei Füssen ihren Anfang und lief, im grofsen Ganzen

in derselben Linie

wie

heute, bis zum Strubpasse, wo das Fürsterzbistum Salzburg begann ; nördlich der Scheide des Ober- und Unterinnthales, am Nordfufse des Wetterstein- und Karwendelgebirges lag das dem Fürstbischof von Freysing gehörige und darum neutrale Werdenfelser Land, zwischen Bayern nnd Tirol eingeschlossen . Befestigungen gegen Bayern. Zunächst galt es, die an der Nordmarkung stehenden Fortifikationen zu besetzen ; sie

waren naturgemäs an Pässen oder Thalausgängen

angelegt ,

nach

*) v. Hoffmann, das K. B. 4. Infanterie-Regiment, 1706-1806 . S. 211 . **) Egger, Geschichte von Tirol. *** ) Österr. Kriegsarchiv, Mitteilungen, 1885. I.

3

von Stentsch in Bayern und die Verhältnisse u. s. w.

Lage, Zweck und Umfang mehr oder weniger bedeutend , alle aber, mit Ausnahme Ehrenbergs, wo in letzterer Zeit einige Ausbesserungen geschehen waren * ), gründlich vernachlässigt . Wir finden an permanenten Werken :

1.

Sperrungen am Gachtpafs zur Deckung der

Strafse, welche vom Lechthal gegen den oberen Lauf der Iller durch das Thannheimerthal in fürstlich augsburgisches Gebiet führte. 2. >>Festung« Ehrenberg **) an der alten Heerstrasse, die vom oberen Innthal über den Fernpafs läuft und bei Füssen den Lech erreicht; sie bestand aus mehreren sich sekundierenden und nach . damaligen Begriffen bedeutenden Bergbefestigungen , denen kleinere Werke am Rofsschläg ( Lechschanze ) , an der Strafse Reutte Vils, und die Sternschanze am Kniepafs (rechtes Lechufer) nahe Pinswang vorlagen . 3. Die Schanze von Ehrwald , welche den bei Bieberwier von der Fernpafs- Linie abzweigenden und durch die Westhälfte des Werdenfelser Landes ins Bayrische führenden Strafsenarm deckte. 4. Die sehr beträchtlichen Fortifikationen von Luitasch und Scharnitz zur Festhaltung der belebten, aus dem Herzen des feindlichen Landes nach Mittenwald im Werdenfelsischen und von da ins Luitaschthal, bezw. über Seefeld ins Innthal führenden Strafsen . 5. Im Achenthale

scheint anfänglich nur ein Blockhaus ge-

standen zu sein ; die Sicherung gegen Kreuth und das Tegernseeer Gebiet erheischten aber andere Mittel und so wurde dort , wenn auch nicht das projektierte Fort, so doch eine 140 Klafter lange Feldbefestigung zwischen der Strafse und dem Dalmanbache errichtet . Sie bestand aus 4 unregelmässig geformten , 4′ breiten und 4

hohen ,

mit Erde und Gries angefüllten Brustwehren, von welchen die beiden. mittleren durch eine Reihe von

190 Pallisaden fast gänzlich zu-

sammenhingen ; die Entfernung der am linken Flügel gelegenen Brustwehr vom Dalmanbache betrug 60 Klafter ; jene am rechten Flügel war 47 Klafter von der Strafse entfernt. An dieser lag ein Blockhaus, vielleicht das alte, schon vorher gestandene. mittleren Brustwehren 24 Mann ***) .

befanden

6. Schlofs Rattenberg ,

Hinter den zwei

sich zwei Wachhütten, jede für

eine alte, für Verteidigungszwecke

*) Ladurner, Veste und Herrschaft Ernberg, Zeitschrift des Ferdinandeums zu Innsbruck 1870. **) Spiehler, das Lechthal, Zeitschrift des d . u. ö . Alpenvereins, Jahrgang 1883. S. 288. Anm . *** ) Statth.-Arch. Innsbr., Bruchstücke von Missionen . Die dortige Skizze, d. d. 21. Okt. 1741 , ist unterzeichnet : „ Aschpacher, Zoller in Aachen. " 1*

Der Einfall des österreichischen F. M. Lt.

2

Truppen und ausgezeichneten Männern , als eben jetzt < *) .

So legte

sich Bayern wiederum die Fesseln seines grofsen Peinigers selbst an. Der dürftige Zustand von Heer und Festungen in Österreich , die wohlbekannte Ebbe in den dortigen Staatskassen, mehr noch Geschlecht und Alter seines nunmehrigen Regenten , der jugendlichen Maria Theresia liefsen einen schnellen und glänzenden Gewinn, eine rasche, vielleicht schmerzlose Auflösung des Kaiserstaates hoffen . Zuallererst hatte sich Österreich des preufsischen Ansturms zu erwehren, darum zog es seine seit dem letzten unseligen Türkenkriege an Zahl und innerem Gehalte ziemlich vernachläfsigten Regimenter, soweit überhaupt verfügbar, gegen den über Nacht in Schlesien eingefallenen Preufsenkönig zusammen . Hierdurch lagen die übrigen deutschen Kronlande Österreichs offen und schutzlos da. Wie für Böhmen und Oberösterreich , so entstand nun die Gefahr einer Invasion auch für Tirol , umsomehr als es zu jenen Gebieten gehörte, deren Anektierung auf Karl Albrechts Programm stand. In den Innsbrucker Regierungskreisen sah man denn mit banger Sorge dem Kommenden entgegen . Nicht jeder feindliche Einbruch mochte so glücklich abgewiesen werden, wie der von 1703 ; dazu war die Stimmung im Lande selbst nicht die beste, noch mangelte das feste Zusammen- Gefüge Tirols mit den übrigen habsburgischen Landen **) .

An Truppen war Tirol, als in der Wiener Hofburg ein todter Kaiser lag, völlig entblöfst ; so zählte es denn zu den ersten Mafsnahmen der österreichischen Minister- Konferenz, die tiroler Landmiliz unter die Waffen zu rufen und das

Infanterie-Regiment Alt- Königsegg schleunigst aus Ungarn heranzuziehen ***).

Damit hatte man einstweilen zur Abwehr gegen Angriffe

aus Bayern genug gethan. Die Grenze beider Länder nahm damals am Lech bei Füssen ihren Anfang

und lief, im grofsen Ganzen in derselben Linie

wie

heute, bis zum Strubpasse, wo das Fürsterzbistum Salzburg begann ; nördlich der Scheide des Ober- und Unterinnthales,

am Nordfufse

des Wetterstein- und Karwendelgebirges lag das dem Fürstbischof von Freysing gehörige und darum neutrale Werdenfelser Land , zwischen Bayern and Tirol eingeschlossen. Befestigungen gegen Bayern . Zunächst galt es,

der Nordmarkung stehenden waren naturgemäs

die an

Fortifikationen zu besetzen ;

an Pässen oder Thalausgängen angelegt,

sie

nach

*) v. Hoffmann, das K. B. 4. Infanterie-Regiment, 1706-1806 . S. 211. **) Egger, Geschichte von Tirol. ***) Österr. Kriegsarchiv, Mitteilungen, 1885. I.

von Stentsch in Bayern und die Verhältnisse u. s. w.

3

Lage, Zweck und Umfang mehr oder weniger bedeutend , alle aber, mit Ausnahme Ehrenbergs, wo in letzterer Zeit einige Ausbesserungen geschehen waren * ) , gründlich vernachlässigt . Wir finden an permanenten Werken : 1. Sperrungen am Gachtpafs zur Deckung der Strafse, welche vom Lechthal gegen den oberen Lauf der Iller durch das Thannheimerthal in fürstlich augsburgisches Gebiet führte. 2. >> Festung

Ehrenberg **) an der alten Heerstrasse, die vom

oberen Innthal über den Fernpafs läuft und bei Füssen den Lech erreicht; sie bestand aus mehreren sich sekundierenden und nach damaligen Begriffen bedeutenden Bergbefestigungen , denen kleinere Werke am Rofsschläg ( Lechschanze ), an der Strafse Reutte Vils , und die Sternschanze am Kniepafs (rechtes Lechufer) nahe Pinswang vorlagen . 3. Die Schanze von Ehrwald , welche den bei Bieberwier von der Fernpafs-Linie abzweigenden und durch die Westhälfte des Werdenfelser Landes ins Bayrische führenden Strafsenarm deckte. 4. Die sehr beträchtlichen Fortifikationen von Luitasch und Scharnitz zur Festhaltung der belebten, aus dem Herzen des feindlichen Landes nach Mittenwald im Werdenfelsischen und von da ins Luitaschthal, bezw. über Seefeld ins Innthal führenden Strafsen . 5. Im Achenthale scheint anfänglich nur ein Blockhaus gestanden zu sein ; die Sicherung gegen Kreuth und das Tegernseeer Gebiet erheischten aber andere Mittel und so wurde dort , wenn auch nicht das projektierte Fort, so doch eine 140 Klafter lange Feldbefestigung zwischen der Strafse und dem Dalmanbache errichtet. bestand aus 4 unregelmässig geformten , 4' breiten und 4

Sie

hohen ,

mit Erde und Gries angefüllten Brustwehren , von welchen die beiden. mittleren durch

eine Reihe von

190 Pallisaden fast gänzlich zu-

sammenhingen ; die Entfernung der am linken Flügel gelegenen Brustwehr vom Dalmanbache betrug 60 Klafter ; jene am rechten Flügel war 47 Klafter von der Strafse entfernt.

An dieser lag ein Block-

haus, vielleicht das alte, schon vorher gestandene. mittleren Brustwehren 24 Mann ***).

Hinter den zwei

befanden sich zwei Wachhütten , jede für

6. Schlofs Rattenberg ,

eine alte,

für Verteidigungszwecke

*) Ladurner, Veste und Herrschaft Ernberg, Zeitschrift des Ferdinandeums zu Innsbruck 1870. **) Spiehler, das Lechthal, Zeitschrift des d. u . ö. Alpenvereins, Jahrgang 1883. S. 288. Anm. *** ) Statth.-Arch. Innsbr., Bruchstücke von Missionen. Die dortige Skizze, d. d. 21. Okt. 1741, ist unterzeichnet : „ Aschpacher, Zoller in Aachen. " 1*

Der Einfall des österreichischen F. M. Lt.

4

völlig ungeeignete, damals aber mit Besatzung versehene Burg *), der Einmündung des von Norden her ins Innthal führenden , heute noch wenig begangenen Brandenbergerthales gegenüber. 7. Kufstein ,

welches mit der Zellerburg und den

fikationen bei der Klause

am linken ,

Forti-

den Sperrbauten südlich

Windshausen am rechten Innufer die bedeutendste Festung Nordtirols bildete, beherrschte beide Uferstrafsen des Inns bei seinem Austritt aus österreichischem Gebiet. Jahrhunderte hindurch sahen diese Strafsen Kriegsvolk aller Art von der Donau nach der Adria ziehen,

hier hatte 1703

Max Emanuel

auf seinem kurzen Tiroler

Siegeszuge den ersten Feind niedergeworfen . 8. Verschiedene Thal- und Pafssperren waren jedenfalls bei Kössen angelegt ; dort vereinigen sich die von Traunstein über Staudach --- Marquardstein , Schleching bezw. Reitimwinkel , dann über Ruhpolding Förchensee nach Tirol führenden Hauptverkehrs-

wege . Sicher wissen wir nur einen » Posten « bei Wildbichel , ** ) (südlich Sacharang im Prienthale. ) 9. Ähnlich dem Gacht- Pafs gegen Westen , so deckte gegen Osten der befestigte Strub - Pafs , unmittelbar vor der salzburgischen Grenze und an der wichtigen Strafse gelegen,

welche die Haupt-

stadt von Tirol mit jener des Fürstbistums verband . Das Direktorium militare als oberste Kriegsbehörde in Tirol, an dessen Spitze F. M. Lt. Graf von Rost, *** ) , von September 1741 ab F. M. Lt. Freiherr von Stentsch stand, suchte zwar alsbald und thunlichst Besserung zu schaffen, indem zunächst der äusserst thätige Genie- Obristwachtmeister von Gumpp · nach allem die rechte Hand Innsbrucker Kriegsdirektors des einen Entwurf für Instandsetzung der Tiroler Grenzbefestigungen fertigte.

Darin

sind für

Kufstein 60,000 fl. , Scharnitz- Luitasch 16,000 fl. , Ehrenberg 25,000 A. , insgesamt für Nordtirol 120,500 fl . ausgeworfen . Neben anderem solten im Achenthale die Arbeiten am Wachthause vollendet und auf dem dahinter liegenden Berge ein Fort gebaut werden, ein ebensolches wird zum Schutze des Thales zwischen Walchsee und Kössen nötig erachtet. - In Wien aber, wo für dringendere Be-

* ) Schauplatz der Schlufsscene in Herrmann v. Schmids „ Kanzler von Tirol" . **) k. k. Statth.-Arch. Innsb. Bruchstücke von Missionen an die Hofkammer Kriegs- und Festungssachen. ***) k. k. Statth -Arch. Innsb. Brnchstücke von Missionen a. a. O. Johann Gaudenz Graf v. Rost, 1739 in den Grafenstand erhoben, 14. Jan. 1748 gestorb. zu Innsbruck (Thuma, Geschichte der Herrsch. Vollmaringen und Göttelfingen ; württ . Viertel-Jahreshefte 1890 , I. II. Heft.)

5

von Stentsch in Bayern und die Verhältnisse u . s. w.

schaffungen die Mittel fehlten, konnten nicht mehr als 34,000 fl. für Nordtirol genehmigt werden ; mit solch geringem Aversum war natürlich wenig auszurichten und so erscheint es denn erklärbar, dafs die Bauthätigkeit erst eine lebhaftere wurde, als die Kriegsfackel im Herbst 1741 wirklich entbrannte und der Feind im benachbarten Oberösterreich unaufhaltsam vordrang. Jetzt aber kam Leben in die moosbewachsenen Schartenmauern der Tiroler Werke . Kassenverwalter Mohr Kufstein :

berichtet

unterm 6. Oktober 1741 aus

Es arbeiten auf der Festung Kufstein 374,

am Zeller-

Berg 100 , auf der sogenannten Linie bei dem > Clainholz « 837 ( !! ) , am Pafs Klausen nächst Kufstein 48 , auf dem Posten Windshausen 119 Handwerksleute ; weitere 100 Mann sind auf dem Pafs Hörhag und >Kiechlstäg « in der Thiersee beschäftigt. Darüber, ob und wie diese Werke mit Geschütz armiert waren beziehungsweise wurden, fand sich wenig.

Teilweise sollen die in

der demolierten vorderösterreichischen Festung Freiburg entbehrlich gewordenen Geschütze, und zwar 19 Stück, nach Tirol verbracht worden sein.*) Zu Ehrenberg standen in Friedenszeiten 16 Kanonen. ** ) Nordtiroler Besatzung. Gleiches Mifsverhältnis von Bedarf und Vorhandenem , von Soll und Haben herrschte bei den lebenden Streitmitteln. Das Regiment Alt Königsegg, welches, wie wir wissen , alsbald nach Eintritt der politischen Friktionen aus Leopoldstadt und dem Trentschin nach Tirol beordert worden war, hatte noch im Oktober 1740 unter Obrist von Lannoy, zwei Bataillone, zwei GrenadierCompagnien stark ,

den Marsch

durch Steiermark nach Tirol

an-

getreten. ***) Der Stab, die Grenadier-Compagnien und ein Bataillon kamen nach Kufstein (mit Detachierung nach Rattenberg) zu liegen ; das zweite Bataillon , Obristlieutenant von Ujvary besetzte Scharnitz und Ehrenberg. Dem im November bis Kufstein nachrückenden dritten Bataillon machte das - mit Ausnahme der Grenadiere als Besatzung der Hauptstadt Innsbruck abrückende erste Bataillon Platz . Während man in den mafsgebenden Kreisen Wiens durch den Aufruf der Tiroler und Beigabe des Infanterie-Regiments genügend für

ein Land gesorgt

zu haben glaubte ,

das im Notfalle

nicht zum erstenmale zeigen konnte, was Volkskraft vermag, erachtet ein einheimisches Projekt zur Defension Nordtirols gegen Bayern

1827.

*) Schels, Geschichte des österr. Erbfolgekriegs, österr. Militär-Zeitschrift, 3. Bd.

**) Ladurner, Veste und Herrschaft Ernberg. ***) v. Neuwirth, Geschichte des K. und K. österr. Inf. -Regts. Nr. 54 und handschriftliche Regts .-Akten .

Der Einfall des österreichischen F. M. Lt.

6

zwei Linien-Infanterie- Regimenter à 2300 Mann, das Ober- und das Unter-Innthaler Militioten- Regiment zu je 3270 Mann, ferner die Scharfschützen beider Thäler in zwei Regimentern zu je zwei Schützenund fünfzehn Füsilierkompagnien , endlich 400 Husaren und 400 Dragoner, als dringend nötig. Für Kufstein z . B. sind sieben Linien-, zwei Grenadier-, und sieben Milizkompagnien,

unter letzteren zwei

zum Vorpostendienst bestimmte Schützenkompagnien , in Ansatz gebracht. *) So das Projekt. In Wirklichkeit begegnet uns neben dem durch Desertion und Krankheit geschwächten Regiment Königsegg nur ein Landbataillon zu ( wahrscheinlich) vier Compagnien , und zwar die Compagnieen : Schauenstein (Kufstein , Achenthal), Wolkenstein (Kufstein) , Joachim Tanaglia (Ehrenberg) ,

Bembo (Scharnitz-

Luitasch, Ehrenberg) . Die Mannschaften , kurzweg Bataillonisten genannt, liegen längst der ganzen Grenze von Gacht bis Strub in den Befestigungen , Ortschaften und Posten , mit Infanterie gemischt, getreu dem altbeliebten Kordonsystem, das auch jenseits der Tiroler Grenzpfähle gerade damals in vollster Blüte stand. Es kommandieren :

In Ehrenberg

Obrist

von Pach ,

in der

Scharnitz Obristlieutenant von Indermauer, zu Rattenberg Obristlieutenant Pancheri ( Bancheri ) , in Kufstein Obrist Baron von Hagenbach, zu Kitzbüchel Obrist wachtmeister von Wenser, am Paſs Strub Fähnrich Eschenbaumer.

Die

Dislokation

der innerhalb

des

Grenzgebietes öfters

wechselnden Truppen stöfst hie und da an kompetenter Stelle auf Bedenken. So erachtet Wenser am 20. April 1741 für nicht opportun , 50 Mann nach Paſs Strub zu entsenden , man solle sie nach Kössen verlegen ;

wegen Strub sei nichts zu besorgen,

wohl aber » gegen

Reitterwinkhl und Schmidtperg,

so nächst bei Kössen lieget « . **) Auch Verstärkungen anzuordnen , hält die Innsbruckner Hof-

kammer des öfteren für geboten, so schickt sie im Herbst 1741 200 aufzubietende Ausschüsser nach Ehrenberg und Scharnitz. Noch ahnt man in

der Hofburg

am Inn nichts von

dem unerwarteten

Umschlag, der in jenen Tagen wenige Meilen vor den Thoren Wiens zu Habsburgs Heil eingetreten : Karl Albrecht nimmt den Weg nach Böhmen . Jetzt schwindet für Tirol jede Gefahr einer bayrischen Invasion auf absehbare Zeiten ! -

Verhältnisse in Bayern . In Bayern war das erste Halbjahr mit schleppend betriebenen Rüstungen vergangen . Bei der

1741

Ferdinandeum zu Innsbruck , 1740-1796. I h.

Patente und Regierungs - Verordnungen ,

**) Statth.-Arch. Innsb. Bruchstücke von Missionen .

7

von Stentsch in Bayern und die Verhältnisse u . s. w.

geringen Friedensstärke an ausgebildeten Mannschaften und Pferden , bei mangelnder Fürsorge für Augmentationen, fehlenden Vorräten an Waffen, Munition , Bekleidung, Transport- und Verpflegsmitteln konnte bei

selbst mehr monatelanger Dauer des Mobilmachungs-

geschäftes der Anblick des in den Krieg ziehenden Heeres kein erfreulicher sein. *) Ordre de bataille. Jahres 1741 fallen die Hauptkorps ,

In den Übergang zur zweiten Hälfte des ersten Versammlungsbewegungen . Das

bei welchem sich später der Kurfürst befand,

for-

mierte sich unter Feldmarschall Graf Törring bei Schärding.

Zu-

sammengesetzt aus je drei Bataillonen des Leibregiments, dann Minucci , Holnstein und Morawitzky, sowie den Kürassierregimentern Raymond und Törring, dem Dragonerregiment Hohenzollern , jedes

zu

fünf

Eskadrons, und einer Eskadron Piosasque Dragonern , wozu noch ein Artillerie-Park trat,

wartete

es

das Herannahen der französischen

Auxiliar- Divisionen unter de Leuville ab.

Am 11. begann der Vor-

marsch gegen Linz. Ein zweites

Corps ,

( 2 Bataillone

Kurprinz ,

3 Bataillone

Clement, 5 Eskadrons Costa- Kürassiere ) deckte unter General der Infanterie Graf Minucci bei Amberg die Oberpfalz ; zu ihm stiefs de Gafsion mit 24 französischen Bataillonen . Endlich wurde General der Kavallerie

Graf Costa mit Übernahme der Führung eines bei

Rosenheim zu bildenden Süd corps betraut, welches unter strenger Wahrung der Defensive**) das südliche Bayern gegen Tirol decken sollte. Bevor wir diesem letzteren -- die beiden anderen Corps fallen bezüglich ihrer kriegerischen Thätigkeit so ziemlich ganz aufser den Bereich unserer Aufgabe näher treten, seien auch hier zunächst die Grenzverhältnisse gegen das südliche, nun feindliche , Nachbarland einer kurzen Umschau gewürdigt. Befestigungen gegen Tirol.

Befestigungen

wie Ehrenberg

und Kufstein besafs Bayern an seinen Südmarken nicht.

Man griff

eben auch hier zu Aushilfsmitteln durch Instandsetzung von Schlössern , Anlage von Verhauen, Pallisadierungen und Blockhäusern an mehr oder weniger frequenten Pässen und Thalsperren. Der kurfürstliche Hofbaumeister Johann Gunetsrainer erhält am 21. Juni ***) ein Patent *) Vergl. die Schilderung der bayrischen Armeezustände bei v. Deroy, Beiträge zur Geschichte des österr. Erfolgekrieges 1742, Manuskript 1880. **) v. Hoffmann . S. 219 . ***) k. Kriegsarchiv München, B. österr. Erbf. - Krieg 1741. Nach dem Titel zur Kostenberechnung für Befestigungsarbeiten bei Nufsdorf, erstellt vom Pfleggericht Rosenheim, datiert das diesbezügliche Dekret an Gunetsrainer erst vom 30. Sept. 1741. - Er ist der Erbauer des Damenstifts in München.

Der Einfall des österreichischen F. M. Lt.

8

zur Bereisung der tiroler Grenze ; er soll dort alles Nötige für Anlage von Befestigungen und Sperren anordnen, wobei ihm die Behörden thätig an die Hand gehen werden . Ebenso scheint der Ingenieur Ladislaus Riedl mit dem Geometer und Wasserbaumeister Franz Anton Paur *) verwendet gewesen zu sein, indes die Generale Graf Preysing und Schön nebst andern Offizieren vom militärischen Standpunkte prüfend und anweisend thätig waren . Schreiten wir, am Lech beginnend , der Landesgrenze entlang, so treffen wir schon am Ausgangspunkt unseres Weges die erste bedeutende Sperre : Füssen. angehörig,

Dafs

dieses Städtchen nebst Schlofs gar nicht landessondern fürstbischöflich augsburgisch war, erregte bay-

rischer Seits bezüglich der Besetzung wenig Skrupel . Der bei der Hauptarmee befindliche Feldmarschall GrafTörring empfiehlt **) unterm 11. Oktober damals spukte das Gespenst eines österreichischen Einfalls aus Tirol zum erstenmale, wenn auch noch ohne Grund dem Kanzler von Unertl, es sei der Augsburger Bischof » pro forma> Massen < nur immer die dem heutigen Feuer entsprechenden Formationen verstehen, also Schützensch wärme, mit dahinter folgenden Soutiens in Linie und den entsprechenden Formationen des zweiten und dritten Treffens, unter keinen Umständen Kolonnen . 5.

Zwischen

Lauvallier und

der

Goupillon- Mühle

Abends noch ein Rückschlag in der Gefechtslage ein.

trat

spät

Die hier gegen

die Höhen zwischen Bellecroix und Mey im Kampfe befindlichen Truppen hatten schwere Verluste erlitten, besonders an Offizieren. Als nun die Dunkelheit immer mehr hereinbrach, begann sich bei

Statistische und taktische Betrachtungen über die

40

den grofsenteils bereits führerlosen Massen der Selbsterhaltungstrieb in bedenklicher Weise bemerkbar zu machen .

Teile aller 4 Regi-

menter Nr. 3. 43. 4. 44. (welche weder das Vorgehen

des rechten

Flügels gegen Mey, noch das erfolgreiche Heranschieben des linken Flügels des 1. Armee- Corps bis zum Nordrande der Pappelallee von Colombey mitgemacht hatten, weil sie in der Mitte der Gefechtsstellung des 1. Armee- Corps standen), glitten langsam und allmählich in das Thal von Lauvallier herab und begannen sich auf dem östlichen Abhange des Thaleinschnitts nach der Chaussee heranzuziehen . Der Anfang einer Panik war da. Indessen wurde die höhere Führung noch rechtzeitig auf die beginnende Panik aufmerksam. General von Bentheim hielt sich zu dieser Zeit bei den Batterien des linken Flügels 1. Armee- Corps an der Chaussee auf, er eilte den Weichenden entgegen und brachte sie

zum Stehen.

Die bunt durcheinander

gewürfelten Scharen wurden sodann in 2 gröfsere Massen geordnet ; General von Bentheim setzte sich persönlich mit gezogenem Degen an ihre Spitze, liefs alle Tambours schlagen, deren man habhaft werden konnte und führte die eben noch Mutlosen wieder an den Thalrand,

gegen den Feind

vor.

Da

es

inzwischen

fast völlig

dunkel geworden war , so kam es hier zu keinem weiteren, ernsten Kampfe mehr. Dieser

Vorfall lehrt,

Panik nicht sicher ist. Panik ein wenig

dafs

selbst

die beste

Armee vor einer

Wir wollen versuchen , den Ursachen dieser

nachzuforschen.

Es steht anscheinend fest, dafs

von Seiten der Division Aymard, welche bei Bellecroix focht, ein ernster Offensivstofs, der im Stande gewesen wäre , eine Panik hervorzurufen, nicht ausgeführt worden ist ; denn die 4 Batterien der 1 . Infanterie-Division behaupteten sich dauernd vorwärts von la Planchette, also in gröfster Nähe von der Stelle der Gefechtslinie, welche von der Panik betroffen wurde. Der einzig mögliche Anlaſs zu derselben kann also in einer Offensive von Teilen des 4. französischen Armee-Corps über Mey hinaus gesucht werden . D. L. liefert nun allerdings Teil II , Seite 545 , die in glühenden Farben gehaltene Schilderung eines grofsen französischen Bajonettangriffs. Er läfst an demselben Teil nehmen das französische Regiment Nr. 43 , das Bataillon III/73, die 2. Compagnie des 5. JägerBataillons ; diesen Truppen sollen andere Teile der Division Grenier sich angeschlossen haben , während die Division Cissey unterstützend mitwirkte. Nach D. L. richtete sich dieser Angriff gegen Nouilly, welches von den Franzosen angeblich erobert wurde. D. L. schreibt :

41

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870. >>Nos vaillants vantable

s'est fait.

soldats redoublent Le

d'efforts .

Un silence épou-

froissement des baïonnettes, le choc des

crosses qui enfoncent les casques des Prussiens avant de leur briser le crâne,

rendent un bruit sec , traversé par des cris de rage, par

des coups de fusil , par des imprécations . L'acier produit son effet. Cette masse d'Allemands est arrêtée dans son élan ; une trouée sanglante se fait

dans leurs rangs épars.

Leurs bataillons semblent

vaciller, mais nos soldats jouent de la baïonnette avec plus de fureur que jamais,

et enfin cette avalanche de casques à pointe, rebrous-

sant chemin, recule, et est rejetée au delà de ses positions dans le plus épouvantable désordre. Et le soleil couchant éclaire ce triomphe de la baïonnette, faisant jaillir de l'acier rouge de sang, des éclairs empourprés hohe Wagen

gewagt werden

Zur Taktik der Zukunft.

74

müssen , aber eben darum auch vorsichtiger. Der Mut und Impuls wird an Wert verlieren , so weit er nicht mit kühlem Verstande und richtigem Blick gepaart ist.

Die Kriegskunst als

Produkt von Wissen und Können und darauf gegründetem richtigen Urteil, wird weit emporragen über die Routine , die Strategie über die Taktik.

Grobe strategische Fehler wird auch

die beste und aufopferndste Taktik nicht mehr gut zu machen vermögen, eine überlegene Strategie wird weniger durch eine unebenbürtige Taktik leiden, wie das schon die Schlacht von Gravelotte bewies.

Der geistig und körperlich Tüchtigste wird

die wenigsten Verluste haben und wird siegen .

Das Alles

bildet ein zu weites und grofses Thema, um es hier anders,

als

flüchtig berühren zu können ; es strategisch, taktisch, ballistisch und psychologisch zu beweisen, mufs ich mir für eine besondere Arbeit aufheben. Eine

Lücke

im Exerzier - Reglement.

meine Betrachtungen

im Wesentlichen

Damit hätte

beendet ,

ich

wenn mir nicht

noch obläge, wenigstens den Nachweis zu führen , dafs die von mir befürworteten Formen für das Frontalgefecht reglementarischen Feststellung solchen auch bedürfen .

sowohl leicht

Lücke des Exerzier- Reglements , gestellte

daher so ausgebildet sein, Schützen Führung

verschiedener nicht

verloren

sondern nur die Ausfüllung einer welche darin besteht,

Anforderung : dafs

Züge

bei und

dafs die in

» Eine Compagnie muſs

einer Ineinanderschiebung der Gruppen

geht « bezüglich

die

Sicherheit

der

der Art ihrer Erfüllung

lediglich der Erfindungsgabe der Compagniechefs Da sind

einer

als einer

Es ist kein » Schematisieren des Angriffs < ,

welches hier befürwortet wird,

Punkt 91 Teil II

der Infanterie fähig sind,

überlassen

wird.

doch wohl grofse Verschiedenheiten denkbar und es ist

nicht gewährleistet, dafs Subalternoffiziere , Unteroffiziere und Leute in dieser Beziehung so gleichmässig ausgebildet werden, wie dies in einer grofsen Armee dringend fast den Eindruck,

als

ob

wünschenswert ist.

Ja ,

es macht

das Reglement hier die Lösung

einer

schwierigen Frage nur defshalb den Compagniechefs zugeschoben , weil seine Verfasser zur Zeit der Beratung über diese Lösung noch nicht schlüssig waren. Wenn nun z. B. meine Ausführungen auch nur zeigen sollten , wie einzelne Compagniechefs über die Lösung dieser Frage denken könnten,

so wird damit zuerst die Frage nahe gelegt,

ob man an

mafsgebender Stelle diese Lösung zweckmäfsig findet oder nicht . In letzterem Falle müsste sie doch verboten werden und, da das

Zur Taktik der Zukunft.

75

mit anderen Lösungen ebenso möglich wäre, so würde es mindestens auf die Notwendigkeit hinweisen, für zweckmäfsig erachtete Formen reglementarisch einzuführen . Ich

will

daher

hier

in

aller

Kürze

nur

tarischen Formen und Kommandos angeben, scheinen .

diese

welche

reglemen-

mir nötig er-

Um aus der Compagniekolonne in die zum Frontalangriff für zweckmässig erklärte Form aus 3 hintereinander befindlichen Schützenzügen überzugehen , Züge nacheinander der

Linie die

kann man nach dem Reglement die einzelnen ausschwärmen lassen .

einzelnen Züge

Ebenso

kann man aus

durch Schwärmenlassen

entwickeln

und dann hintereinander bewegen sowohl mit beliebigen Abständen , wie aufgeschlossen.

Um dies aber gleichzeitig

mit allen 3 Zügen ,

sowohl aus der Compagniekolonne, wie aus der Compagnielinie vorzunehmen, was der Schnelligkeit der Entwicklung halber zweckmäſsig sein kann , würde sich ein besonderes Kommando empfehlen , z. B.: Compagnie in Schützen form !, worauf, wenn die Truppe in Compagniekolonne war, alle 3 Züge zugleich auf der Grundlinie schwärmen (Punkt 124 des Reglements), während aus der Compagnielinie der 2. Zug, anschwärmt ,

der

wiederum um 1. Zug

16 Schritte geradeaus vorrückend ,

nach links ,

der

3. nach

rechts

aus-

schwärmend , sich mit je 8 Schritte Abstand dahinter setzen . Zweckmäfsig erscheint dann ferner, dafs in dieser Formation sich die Zugführer ungefähr vor der Mitte ihrer Züge , die Führer der Halbzüge auf deren rechten Flügeln

und je

ein Ersatzführer für

diese sich auf den linken Flügeln derselben befinden . Für die Halbzüge würde sich der Kürze und Betonung halber als Anrufs-Kommando die einfache Bezeichnung : 1. , 2. , 3. u . s. w. Halb !

empfehlen ,

für die 3 hintereinander befindlichen Halbzüge

(1., 3. , 5. der rechten Compagniehälfte 4. und 6. der linken Hälfte)

der Schützenform und 2..

beziehungsweise

1. und 2. Ploton !

Dieser dem schweizerischen Exerzier- Reglement entnommene Ausdruck ist zwar ebenso wenig deutsch, wie Bataillon , Compagnie u. s. w. fällt aber gut ins Ohr und giebt zu Verwechslungen keinen Anlaſs. Soll, wie es hinter jeder guten Deckung zweckmäfsig sein wird, die Compagnie sich in 2 Glieder zusammenschieben , so würde dies ein für allemal in der Weise geschehen , dafs der 3. Zug sich mit dem 1. , 3., 5. u . s. w. Mann in den 2. und mit dem 2. , 4. , 6. u . s. w. Mann in den 1. Zug

einschöbe, d. h. die Leute würden.

rottenweise sich von hinten auf den vordersten 2. und den dahinter

Zur Taktik der Zukunft.

76

befindlichen 1. Zug verteilen. stattfinden,

gerade so,

Das müfste

stets

ohne Kommando

wie diese Leute sich wieder zum 3. Zuge

zusammenzufügen hätten, wenn Zug- oder Halbzugweise zum sprungweisen Vorgehen übergegangen wird. Hier würde dem nach Teil I Punkt

27 zu gebenden Kommando:

Sprung !

Auf!

Marsch-

Marsch! Das betreffende Anrufskommando : 1. Halb ! oder 1. Zug! oder 1. Ploton ! vorauszugehen haben.

In der Regel würden Halb-

züge oder Plotons den Sprung ausführen, nicht Züge , da diese sowohl für die Kommandos , als die persönliche Einwirkung ihrer Führer in den hier gedachten Gefechtsphasen eine zu grofse Längenausdehnung besitzen. Dafs die definitive Bildung von nur 2 Zügen nicht früher zu geschehen hätte , als bis zu 1/3 der Gesamtstärke Verluste eingetreten, wurde schon früher erwähnt. Das wäre alles, was wir an reglementarischen Vorschlägen zu machen hätten, und man wird hoffentlich zugeben, dafs sie lediglich die jetzt den Compagniechefs zum Ausfüllen überlassene Lücke schliefsen würden und nichts enthalten, was nicht in wenigen Tagen einzuüben

wäre

oder

dem

Geiste

unseres

jetzigen

Reglements

widerspräche. Friedensübungen im Überschiefsen von eignen Truppen. Was im Kriege

angewendet werden soll,

werden d. h. cum grano salis.

mufs im Frieden

nicht scharf auf einander, sondern mit Platzpatronen. aber ohne Gefahr

geübt

Wir schiefsen ja auch bei den Manövern Können wir

mit solchen auf 100 m und weniger uns ins

Gesicht schiefsen, so ist es noch angänglicher, auf 100-200-300 m von hinten her über vordere Truppen hinwegzufeuern. folgende Vorteile haben :

Das würde

1. Die Offiziere an die Beurteilung solcher

Verhältnisse, welche dieses Überschiefsen gestatten

beziehungsweise

erfordern (S. V S. 183) , zu gewöhnen . Die höhern Vorgesetzten bezw. die Schiedsrichter hätten die betreffenden Verhältnisse stets einer genauen Prüfung zu unterziehen . Von allen Offizieren mufs gefordert werden , dafs sie die in Betracht kommenden Flugbahnordinaten der Geschosse annähernd im Kopfe haben und die einschlägigen Gelände- und Zielverhältnisse richtig beurteilen. 2. Es würde die Leute gewöhnen : a) von hinten überschossen

zu werden,

ohne an einen Feind im

Rücken zu decken, oder sich über die, später im wirklichen Gefecht über sie hinschwirrenden Kugeln zu beunruhigen. Eben weil ich aber weifs , dafs dieser Punkt grofse Bedenken wachrufen wird, möchte ich doch daran erinnern, daſs , wenn die Leute erst im Frieden an das Knallen hinter ihnen gewöhnt sind ,

Zur Taktik der Zukunft.

77

sie sich im Kriege um so leichter an die, über sie von hinten fortfliegenden Geschosse

gewöhnen werden ,

als sie merken ,

dafs diese

wacker mitwirken, ihnen die von vorne her auf sie gemünzten abzuhalten. Es sei gestattet, hier eine Anekdote, welche ich in meiner Knabenzeit von einem alten York'schen Jäger erzählen hörte, wiederzugeben, weil sie mir zu beweisen scheint,

welche Modifikation

moralischer Eindrücke möglich ist, und wie sehr Vertrauen zum Kameraden gegen solche stählt . Ob es bei Altenzaun oder wo sonst war, weifs ich nicht mehr, aber zwei der damals rottenweise zu einem Gefechtskörper

zusammengeschweifsten York'schen Jäger,

waren im Gefecht mit französischen Tirailleurs begriffen, auf etwa 100 Schritt an diese herangedrungen und beide hinter einem starken Baum postiert.

Schon beim Vordringen

ihnen gerade gegenüber

hinter

dorthin

hatten

sie einen

einem Baume postierten Franzosen

bemerkt, der mit tötlicher Sicherheit mit jedem Schufs einen ihrer Kameraden niedergestreckt. Derselbe lag völlig verdeckt im Anschlag, so dass nur sein Gewehrlauf am Baume zu sehen war. Nur, wenn er zielte, kurz vor dem Abdrücken, kam er mit der rechten Gesichtshälfte hinter dem Baume zum Vorschein.

Da sagte der 1. York'sche

Jäger zu seinem Rottenkameraden. »Du, gieb' Dich etwas blofs ! lafs Dich nach links mit der Schulter sehen « , dann zielt er und ich schiefs' ihn!> Der T . . . 1 auch « , sagte zunächst der Rottenmann , »thu Du's lieber selbst ! < sicher hättest, wahr,

wie ich ,

Du bist der

» Ja , wenn Du Deinen Schufs so

so that ichs' « ,

erwiderte

dieser .

>>Es ist

bessere Schütze « , sagte darauf der zweite,

paſs' aber gut auf! « und er wagte sich mit der Schulter drückte der

vor,

Franzose seine rechte Backe an's Gewehr,

>> so da

aber im

selben Augenblick, ehe er abzudrücken vermochte, stürzte er ,

durch

den Kopf getroffen, von der Kugel des 1. York'schen Jägers . Ich

meine,

wie

sich in

so

haarscharfen

und

gefährlichen

Momenten ein derartiges Vertrauen herstellen läfst, so sollte es auch wohl möglich sein, seinen Kameraden ein ähnliches einzuflöfsen, daſs ein Geschofs , welches 6,1 bis 7,3 m hoch (auf die Entfernung von 300-600 m der überschossenen Truppe von

der überschiefsenden

gegenüber einem 900 m entfernten Ziel) oder 5,4-10,2 m (auf die Entfernung von 200-600 m gegenüber einem 1000 m entfernten Ziel) über die Grundlinie

also je nach den Umständen höher,

eben so

hoch oder höchstens 1 bis 12 m niedriger ihnen über den Kopf gehen soll, nicht so ungeheuer ungeschickt oder mit so falschem Visier abgefeuert wird, dafs es eben so viel zu tief geht.

Jedenfalls

Zur Taktik der Zukunft.

78

wird, je gefährlicher das Feuer von vorne ist, um so dankbarer das Hilfsfeuer von hinten angenommen werden.

die überschiefsenden Truppen daran zu gewöhnen, die genau zu beobachten, um bei dem Auf- und Vorspringen sofort ihr Feuer einzustellen, sofern dies erforderlich oder b) Um

überschossene

rätlich erscheint, beziehungsweise wenigstens nicht über die gerade in der Bewegung befindliche Truppe hinwegzuschiefsen . Auſser diesen Übungen

mit Platzpatronen,

welche

bei jedem

Manöver, jeder Gefechtsübung im Gelände vorgenommen werden können, sind aber auch ergänzende Übungen mit scharfen Patronen bei

den jährlichen Gefechtsschiefsen im Gelände möglich ,

insofern

auf 200-300 m vor der schiefsenden Truppe verschiedene mit unseren Farben gezeichnete Figurenscheiben , knieend , liegend , stehend oder plötzlich aufspringend angebracht werden können,

welche,

um die ,

auf 400-500 u. s. w. m weiter entfernten oder sie entsprechend überhöhenden , den Feind markierenden, Scheiben zu beschiefsen , überschossen werden müssen .

Diese Übung, bei welcher kein Schufs

in den zu überschiefsenden Scheiben sitzen darf, würde eine Kontrolle für die Aufmerksamkeit und Feuerdisziplin der schiefsenden Truppe bilden, welche noch durch Variationen verschiedener Art leicht gesteigert werden könnte. Endlich scheint es mir noch nützlich, mehr Leute, als bisher an die feldmäfsigen Ziele zu kommandieren , wo sie, eingegraben, in voller Sicherheit sich an das Überschossenwerden von eigenen Geschossen gewöhnen können. Eine Übung im Nachtschiefsen ohne Anschlag, von der Hüfte aus auf Ziele, welche je nach der Dunkelheit auf 25-50-100 m vor der schiefsenden Truppe auftauchen , habe ich schon unter VI erwähnt, möchte aber hier an die Nützlichkeit von solchen schon um deswillen nochmals erinnern, weil immer neue Liebhaber von Nachtgefechten auftauchen , sogar solche, welche sich auf das Nachtgefecht von Laon 1814 (eigentlich ein Dämmerungsgefecht am Frühmorgen) berufen . Das erinnert mich lebhaft an die Stofstaktik, welche die Österreicher 1859 in Italien von den Franzosen erlernt haben wollten , und mit der sie 1866 uns mit samt unserem ZündWas aber den Franzosen , nadelgewehr zu schlagen gedachten . gegenüber dem langsam, wenn auch gut , schiefsenden österreichischen Gewehr

1859 gelungen

war ,

damit

scheiterten

die

Österreicher

gegenüber unserem fünfmal schneller feuernden Zündnadelgewehr in furchtbarster Weise. So möchte man auch den Berufer auf Laon an den Unterschied erinnern, welcher zwischen dem französischen

Die moralischen Einflüsse des rauchschwachen Pulvers u, s. w.

79

Kuhfufs von 1814 , der, wenn das Pulver auf der Pfanne nicht feucht geworden und der Feuerstein

einen

einmal losging, was mit Treffen

guten Funken

gab, vielleicht

noch keineswegs gleichbedeutend

war, von da aber dem » vernünftigen« Suwarow'schen Bajonett völlig gleich stand und zwischen einem Repetiergewehr moderner Art besteht,

welches

noch auf 25 m Entfernung ,

wenn wir auf deren

Zurücklegung auch nur 10 Sekunden rechnen wollen, 3-4 Schufs zu thun gestattet ! Die hier vorgeschlagene Übung würde jedenfalls Vertrauen in ein kaltblütiges Verteidigungsfeuer in einem

das

Nachtgefecht stark zu heben geeignet sein . Indem ich damit meine Betrachtungen » Zur Taktik der Zukunft Reit-

gebracht werden . D. h.:

Wenn auch augenblicklich es nicht angänglich erscheinen will, dafs von demjenigen, der im Stande ist eine Reit-Instruktion auf Grundlage der Gesetze der Reitkunst und Pferdewissenschaft zu schreiben und der somit diese Instruktion verkörpert, - auch zugleich Lehrer in seinem und der Instruktionsysteme erzogen werden können, die dann befähigt wären , dieses System weiter zu verbreiten , so dürfte doch noch so viel Verständnis für die Regeln der Reitkunst bei unserer Kavallerie zu finden sein , dafs diese Anweisungen zum Reitunterricht verstanden und derartig respektiert werden , dafs die

86

Anweisungen zum Reitunterricht für die Kavallerie

dazu Berufenen auch getreulich in ihrem Geiste und nach ihren Vorschriften werden unterrichten wollen. Bis dann , von unten herauf, also aus diesen Anweisungen heraus der erwünschte Lehrkörper sich entwickelt und einen obersten Leiter gefunden hat. Nur auf den Grundsätzen der Reitkunst sollte eine ReitInstruktion für die Kavallerie aufgebaut sein, weil die Kunst allein ein wissenschaftlich begründetes und praktisch erprobtes System uns darbietet, und, weil ein solches Werk, alles Persönlichen entkleidet, eine Kritik nicht zuläfst, die sich an Jeden heran wagt, der den Zeitgenossen

seine Anschauungen,

sein eigenes

Wissen

und

Können , als das einzig Mafsgebende bezeichnen und aufdringen möchte. Werden auch einem auf wissenschaftlichem Boden stehenden und deshalb neutralen Werke Mängel nachgewiesen und Wünsche entgegengestellt werden, so kann dies nur zur Förderung der Pferdewissenschaft führen , also auch : zum weiteren Ausbauen des Systems der Reitkunst ; während ein Reitbuch, das die Methode eines Einzelnen schildert, oder gar privaten Wünschen entgegen zu kommen sucht, immer nur zum Wettbewerbe um Anerkennung neuer Kunststücke herausfordert oder im letzteren Falle, in welchem die Wünsche verschiedener berücksichtigt werden , eine Vermischung von Meinungen und Methoden darbietet, die einander widersprechen und aufheben. Ist endlich einmal mit Hilfe einer systematisch entwickelten Reit-Instruktion das Verständnis für die eigentlichen Aufgaben der Reitkunst und ihrer Grundsätze in der Reiterwelt eingebürgert, und , hat sich auf ihrer Basis ein Lehrkörper aufgebaut, wie er vorhin als notwendig gedacht und geschildert wurde, dann wird sein oberster Leiter weil auch er jetzt eine kunstgerechte Ausbildung erlangt haben mufs und die Sache fachmännisch beurteilen kann - berufen , seine Änderungen an diesen Vorschriften vorzunehmen , die sich durch eine fortgeschrittenere Wissenschaft oder wenigstens doch bewährtere Praxis - nicht aber durch eine neue Mode oder einen neuen Sport --- begründen lassen . Die Reitkunst, als selbstständiges Fach, bedarf der Pflege durch Fachleute unter wenn sie der der Lehrkörper

oberster Leitung

eines Fachmannes ; auch dann,

Armee dienstbar gemacht wird.

Deshalb muss sich

oder das Armee- Bereiter- Corps gliedern , wie etwa

das Sanitäts-Corps, das Ingenieur- Corps , oder das Auditoriat.

Augen-

blicklich stehen einer solchen Organisation scheinbar unüberwindliche Hindernisse entgegen.

Aber mit Einführung der zweijährigen Dienst-

zeit mufs sie erfolgen . Die vielen Gründe, die dafür sprechen , sollen hier aber nicht aufgezählt werden.

nach den Grundsätzen der Reitkunst. Von

der Technik des Reitens.

87

Die Grundsätze der Reit-

kunst ermöglichen verschiedene Reitweisen , so dafs das Reiten nach . den im Laufe der Zeiten verschiedenartig sich gestaltenden Geschmacksrichtungen und Anforderungen ein verändertes Aussehen oder Äufseres erhält. Es unterscheidet sich demnach eine, gerade Mode gewordene Manier zu Reiten von der einer früheren Epoche oft so sehr, daſs man kaum noch etwas mit jener Verwandtes darin zu erblicken vermag.

Aber, die Erfahrung hat gelehrt, dafs für jede Art von Reiten die Befolgung der von der Reitkunst festgesetzten Regeln und Rücksichtnahmen die besten Erfolge sichert.

Aus diesem Grunde

ist es

die Reitkunst ihre

notwendig, dafs an

beständige Pflege findet. Reitschule,

einer Centralstelle Dazu

eignet sich entweder die Militär-

oder eine besonders zu begründende Reitakademie, von

welcher aus das Reiten der Truppen immer neu befruchtet werden mufs. Und , weil die Regeln der Reitkunst unabänderlich sind , deshalb ist es wünschenswert, dafs Persönlichkeiten , wie der Direktor und die talentiertesten Reitlehrer, diesem Institute so lange erhalten bleiben, als ihre Kräfte es gestatten , nicht aber, dafs die leitenden Persönlichkeiten häufig wechseln ;

aus dem Grunde :

»Um

einen

lebhaften Wechselverkehr zwischen der Truppe und der Reitschule zu erhalten, damit die Reitschule mit den Bedürfnissen der Kavallerie bekannt erhalten werde « .

Die Reitschule mufs allein dazu da

sein das Reiten zu lehren. Was dann die Truppe reiten will, oder eigentlich, was ihr die Mode der Zeit als allein wünschenswerte Leistung abverlangt,

werden denn auch die Reiter reiten können .

Mit anderen Worten :

Wenn die Reiter ihre Pferde handhaben ge-

lernt haben, dann werden sie mit ihnen reiten können , was im Bereich der

Möglichkeit liegt , und die oft wechselnden Erfordernisse

der Führung verlangen. Es handelt sich also beim Reitenlernen um die Technik des Reitens. Je mehr diese durch die Wissenschaft begründet ist, als um so wertvoller und verwendbarer wird sie sich dann erweisen. Die Gleichmässigkeit.

Deshalb wird denn die Gleichmäfsigkeit in der Reitweise einer auf solcher Basis erzogenen Reiterei hauptsächlich in ihrer Leistung beruhen ; nicht so sehr in der Über-

einstimmung gewisser Äufserlichkeiten, die gedanken- und talentlose Menschen erziehen, weil sie das Wesen der Sache nicht zu erkennen vermögen und deshalb sich genötigt sehen zu Förmlichkeiten und Kunststücken zu greifen, um sich und Andere über die Mängel ihrer Leistungen zu täuschen . Auch die im Sinne der Reitkunst erzogenen Reiter werden Äufserlichkeiten gemeinsam haben.

Aber diese werden

Anweisungen zum Reitunterricht für die Kavallerie

88

durch die Reitkunst begründet sein und dem Wesen der Sache entsprechen, so daſs zur Beurteilung dieser Reiter der reiterliche Grundsatz anzuwenden ist : >> Wie die Pferde gehen , so werden sie geritten « . die

Die Ziele dieser Anweisungen zum Reitunterricht sind : » Auf zweckmäfsigste und schnellste Art Offiziere wie Mannschaften

im Reiten so auszubilden , dafs sie zunächst ein gerittenes Pferd im Dienst zu reiten befähigt sind ; dann aber auch, mit solchen Mannschaften, die

sich zu dem Zwecke eignen, und womöglich sich zu

einer längeren Dienstzeit verpflichten, die Pferde für den Dienst in die Truppe zuzureiten « .

A.

Offiziers - Aspiranten .

Mit der Ausbildung der Offiziers - Aspiranten für ihren reiterlichen Beruf ist so früh als möglich zu beginnen.

Demnach

müssen sie schon in den obersten Klassen des Kadetten-Corps durch täglichen Reitunterricht so weit gefördert werden wie - vielleicht mit Ausnahme

des Springens

und der Carriere

der erste Teil

dieser Anweisungen , die Ausbildung der Mannschaften auf gerittenen Pferden, vorschreibt. Die für diesen Unterricht zu verwendenden Pferde müssen mit

besonderer

Sorgfalt ausgewählt werden, d. h .

gut zugeritten und ohne Untugenden sein , damit den jungen Leuten nicht durch ihre Kräfte übersteigende, Anforderungen und Anstrengungen, Lust und Liebe zur Sache benommen werden. Als Fähnriche

müssen

sie,

wie die Remontereiter in den Regimentern, auf

gerittenen Pferden die Lektionen reiten lernen , die für Ausarbeitung von Remonten vorgeschrieben sind , und , wenn es in der Kriegsschule nicht

möglich zu machen wäre, so doch im Regiment,

wenigstens

ein junges und ein altes Remontepferd reiten , damit sie, als, mit den notwendigsten

Kenntnissen in

ihrem Fache ausgerüstete

vor ihre Mannschaften treten können .

Offiziere

Es muss auf den Kriegs-

schulen die notwendige Zeit für täglichen ausgiebigen Reitunterricht frei gegeben

werden, so dafs , wenn sich die Zeit bei der jetzigen

Organisation dieser Schulen nicht erübrigen liefse, eine Trennung in kavalleristische und infanteristische Kriegsschulen sich empfehlen würde .

Es giebt keinen stichhaltigen Grund , der gegen eine solche Ein-

richtung anzuführen wäre. Auch der ist keiner, dafs durch das Reiten die Aufmerksamkeit von anderen Lehrgegenständen abgelenkt würde . Sobald der Reitunterricht täglich erteilt wird, verliert sich der Reiz der Neuheit und es wird vom Reiten nicht mehr gesprochen werden, als vom Turnen oder Fechten.

nach den Grundsätzen der Reitkunst.

89

Reitenkönnen ist des Kavalleristen eigenste Waffe. Deshalb mufs er das Reiten üben wann und wo sich die Gelegenheit dazu bietet,

der Offizier aber zumeist ; denn er soll ja auch darin

seinen Leuten mit gutem Beispiele vorangehen und sie draufsen, beim Exerzieren u . s. w. mit Rat und That unterstützen können . Das ist aber nur möglich, wenn er selbst hinreichende Praxis in diesem Zweige seines Wissens besitzt.

Aufser vielen anderen Gründen

für

die so frühzeitige Heranbildung des Offiziers zum Reiter, ist einer der wichtigsten der, dafs auf solche Weise das Interesse an einem geregelten Reiten bei Zeiten wachgerufen wird . Diese Auslassungen sind keine Abschweifungen vom eigentlichen Thema, sondern sie sollen zur Begründung dessen, was hier als zweckmälsig empfohlen wird, dienen. In derselben Weise sollen auch Vorschriften für den Reitunterricht begründet werden, damit sie nur mit triftigen Einwendungen bekämpft werden die nachfolgenden

könnten . Ein Auszug, der in knappster Form diese Vorschriften zusammenfasst, könnte dann als Leitfaden für den Unterricht den untergeordneteren Lehrkräften zum Gebrauch überwiesen werden . Daſs dem Offizier, trotz dieser Vorbildung auch noch die Möglichkeit gewährt werden mufs, sich noch weiter bei gediegenem Unterricht im Reiten zu bilden , ist selbstverständlich , und unbedingtes Erfordernis ; denn, wie der Infanterist sich im Gehen üben mufs, um damit etwas von Bedeutung leisten zu können, so mufs der Kavallerist sich im Reiten üben. Von speziell infanteristischen Dingen braucht er nicht mehr zu wissen und zu können , als der Infanterist vom Reiten . Was schliesslich die Pflege eines Reitsportes anbelangt , so ist

dazu zu bemerken, dafs Sport eine Krankheit der Zeit ist, die wohl auch einmal wieder ein Ende nehmen wird. Im besonderen der Reitsport hat dem Reiten

und der Pferdezucht sehr

bedeutende

Nachteile zugefügt, so dafs es dringend zu wünschen wäre : Er hätte sich nun bald überlebt. Giebt es doch einer Sache immer einen krampfhaften Anstrich , wenn die Lust zu ihr nur durch so stark wirkende Reizmittel erweckt und eine Zeit lang erhalten werden kann , wie sie beim Reitsport gebräuchlich sind. Ein frisches fröhliches Reiten , veredelt durch kunstgerechte Form und Leistung und ohne jeden Hintergedanken , allein um seiner selbst willen sollte geEtwa so, wie ein Musikfreund für sich allein , oder

pflegt werden. mit dem

einem Gleichgesinnten

zusammen, sich an's Klavier setzt und Genusse der Harmonie der Töne sich hingiebt, und an seiner

Fertigkeit dergleichen hervorbringen zu können sich erfreut, so sollte man sich zu Pferde setzen , um zu reiten . Ein solches Reiten mufs

90

Anweisungen zum Reitunterricht für die Kavallerie

man erwecken und fördern ; dem entspringen dann die wahren Reiterführer: Dem Reiten, das von Herzen kommt ! Das aber erzeugt nur die, von aller Pedanterie und Künstelei freie, Reitkunst.

B. I. Reitklasse. Das, was der Kavallerist, im gewöhnlichen Sinne, von der Reitkunst zu wissen nötig hat, ist nur ein sehr kleiner Bruchteil von dem , was er, ideal genommen , wissen müfste ; denn dies letztere umfafste die ganze Reitkunst. Für den gemeinen Mann ist es ausreichend, wenn er sein, ihm von besseren Reitern bereits genügend zugerittenes Pferd, einzeln und bei Exerzieren im Gliede, in den gewöhnlichen Campagne-Gängen auf geraden und gebogenen Linien sowie über mässige Hindernisse zu reiten , bezw. zu wenden und zu parieren, vermag . Je mehr er befähigt worden ist, sein Pferd beim Einzelreiten zu beherrschen, (durch Tempo- und Figuren-Reiten) um so leichter wird es ihm fallen , das Reiten im Gliede zu erlernen, da dieses ja doch eigentlich nur die aller einfachsten Touren für geselliges Zusammenreiten enthält . Am schwierigsten wird ihm das Beibehalten der Richtung fallen .

Aber auch das ist durch häufigere

Übungen im Temporeiten mit geschlossenem oder geöffnetem Gliede (Reiten mit Intervallen) in einem nicht zu langen Zeitraume zu erreichen. Mit der Geschicklichkeit, sein Pferd kurz zu wenden und zu parieren , erhält der Reiter auch die Befähigung sich seiner Waffen gegen den Feind zu bedienen. Zu diesen Leistungen sollten alle Mannschaften gebracht werden. Alle

diejenigen ,

die es

nicht weiter bringen , bilden , im Einschlufs

mit den Rekruten, die I. Reitklasse und deren Unterabteilungen . Der Unterricht für die I. Reitklasse umfafst die Anfangsgründe

des Reitens und sollte womöglich jeden Stufe besserer Naturreiter bringen .

einzelnen Mann auf die

Den Unterricht erteilen , unter Oberaufsicht eines älteren Offiziers, zum Lehren begabte Unteroffiziere .

C.

II. Reitklasse.

In die II. Reitklasse sind alle diejenigen Reiter aufzunehmen, die eine bessere Beanlagung zeigen. Aus ihnen sollen sich die Lehrer für die I. Reitklasse und die Remontereiter rekrutieren. Der Unterricht wird durch Offiziere, die eine fachgemäfse Ausbildung auf der dazu errichteten Reitakademie erhalten haben, zerfällt :

erteilt und

nach den Grundsätzen der Reitkunst,

91

1. In die Unterweisung im Reiten derjenigen Lektionen , die für Ausbildung der Remonten erforderlich und vorgeschrieben sind, auf älteren und speziell nachzuarbeitenden Pferden , 2. in Anweisungen zum Unterricht erteilen, und 3. in das Remontereiten selbst. D.

Lehrer für die II. Reitklasse.

Die Lehrer für die

II. Reitklasse werden auf der für diesen

Zweck organisierten Militär- Reitakademie fachmännisch vorgebildet. Der Unterricht baut sich auf dem für die I. und II. Reitklasse vorgeschriebenen, naturgemäfs auf.

Gehen aus diesem Institute auch

nicht Meister direkt hervor (denn zur Meisterschaft bringt man es nicht in einer Lehrzeit von etwa 2 Jahren),

so soll doch in die

dasselbe Besuchenden der Grund dazu gelegt werden : durch einen gediegenen die Reitkunst und ihre Hilfs- und Nebenwissenschaften erschöpfenden Unterricht. An den Reitlehrer. 1. Oberster Grundsatz

nachstehend

entwickelten

Reitsystems

ist : den Begriff des Wortes Reiten , im Sinne der Reitkunst zu bethätigen : Demnach reitet man erst, wenn der Reiter durch einen sicheren Sitz mit dem Pferde so enge verbunden ist, dafs beide Körper gleichsam einen Körper bilden (als wenn beide zu einem Körper zusammengewachsen sind) und das Pferd sich durch Schenkelund Zügelhilfen unbedingt zu dem bewegen lässt, was der Reiter beabsichtigt. Demgemäfs ist von Seiten des Reitlehrers von Anbeginn des Unterrichts an darauf hinzuarbeiten, dafs dieses Resultat erreicht wird . 2. Die Reitklassen werden aus einer gewissen Anzahl von annähernd , auf gleicher Ausbildungsstufe stehenden Reitern zusammengesetzt, zu dem Zwecke, um im Reiten vervollkommnet 3. Aus diesem Grunde sind diejenigen , welchen eine zu werden . solche Reitabteilung zur weiteren Ausbildung übergeben wird , berufen , diese Reiter zu unterrichten, damit sie die für sie vorgeschriebenen Lektionen reiten lernen . Erst dann , wenn die Schüler ihr Pensum können, kann man es ihnen abfragen, d . h. ohne belehrendes DreinEs ist also das Unterreden, sie nach Kommando reiten lassen. richten vom Reiten lassen wohl getrennt zu halten. 4. Das Reiten in Abteilungen. In Rücksicht auf die Menge der alljährlich bei der Kavallerie eintretenden neuen Schüler ist es notwendig, sie in Abteilungen im Reiten zu unterrichten .

Es wird damit der Unter-

richt an mehrere zu gleicher Zeit erteilt und verlangt, daſs möglichst

Anweisungen zum Reitunterricht für die Kavallerie

92

gleichzeitig alle dieselbe Übung vornehmen , beginnen und durchführen. Bei dieser Unterrichts - Methode stellt sich als gröfster Nachteil heraus, dafs bei sehr grofsen Abteilungen , wie solche 14 und 15 Mann stark vorkommen, manche Fehler vom Lehrer übersehen werden ,

die gemacht werden , während

Es ist somit die Befürchtung nicht

er andere korrigiert .

unbegründet,

dafs bei

einem

Reitunterricht an mehrere zugleich üble Angewohnheiten sich einstellen, deren Beseitigung später grofse Schwierigkeiten verursachen können. Deshalb erscheint und ist auch unter Umständen der Unterricht an den Einzelnen dem an Abteilungen wertvollen vorzuziehen.

Wenn aber auch diese Methode den Einzelnen in ge-

wissen Lektionen schneller vorwärts bringt, so ist sie doch auch um so viel anstrengender für den Schüler und aus dem schon angeführten Grunde , aus Rücksicht auf die Menge der Schüler und bemessene Zahl von Lehrkräften , nicht durchführbar. dem

in Gemeinschaft

mit anderen ,

schlossenen Abteilungen reiten können. geübt werden .

Dar Kavallerist soll zu-

in mehr

oder weniger ge-

Deshalb mufs dieses Reiten .

Ausserdem ist aber auch das Reiten in Abteilungen ,

mit Distancen und Intervallen (beides

zugleich

oder abwechselnd)

das beste Mittel, das Tempo- und Richtung- Halten zu erlernen und unentbehrlich, um die Pferde an das Zusammengehen zu gewöhnen . Was demnach das Reiten in der Abteilung nach der einen Richtung etwa Nachteiliges und Erschwerendes mit sich bringt, hebt es auf der anderen Seite , durch die Förderung der Schüler ( gleich viel ob diese Reiter oder Pferde sind) , wieder hinlänglich auf. Im Allgemeinen sind auch die vorgeschriebenen Lektionen nicht so schwer, dafs sie nicht gleichzeitig eingeübt werden könnten . Vom Durcheinander reiten . Zum Selbstständigmachen der

Reiter wird häufig das Durcheinanderreiten empfohlen, wobei entweder die Reiter nach eigenem Belieben das Reiten, was ihnen in den Sinn kommt, oder höchstens der Reitlehrer eine Lektion kommandiert, den Schülern es überlassend, auf welcher Hand und in welcher Richtung sie sich fortbewegen wollen. Diese Manieren haben so viele Nachteile

an sich, dafs ein Unterrichten , aus dem

Alle Schüler Vorteil ziehen

sollen, unmöglich wird ; denn : Beim Reiten nach eigenem Ermessen reitet Jeder nur das, was ihm bequem ist, also das, was er und sein Pferd kann , was beiden leicht fällt. Beim Reiten

von avertierten Lektionen aber, auf selbst gewählten

Wegen, behindern die Reiter in dem kleinen Raume, den selbst die gröfste Reitbahn

bietet, einander so sehr, dafs sie weder Wege, noch Tempo, noch Lektionen reiten können, weil sie immer darauf

nach den Grundsätzen der Reitkunst. Bedacht nehmen müssen einander auszuweichen .

93 Wo dies aber nicht

geschieht, da reiten sie einander an , und verursachen damit nur noch grössere Störungen. Einzelunterricht. Der Unterricht an einen Einzelnen ist nur unter gewissen Voraussetzungen zulässig, von welchen hier zutreffend sind :

a) Der Fall,

in

welchem

der Schüler (Reiter oder

Pferd) so weit gegen die Anderen zurück ist, dafs es ihm unmöglich ist mit ihnen gleichen Schritt zu halten, und, b) wenn es sich um das Reiten von so schwierigen Lektionen handelt,

wie sie in

der

hohen Schule vorkommen, und die vollkommenste Leistung aus dem Anpassen an die Individualität des Pferdes erst möglich wird . Dieser Fall kommt aber beim Unterricht der I. und II . Reitklassen nicht vor. Bei der Truppe handelt es sich immer nur um die Erzielung einer guten Mittelmässigkeit, weil Jeder etwas von seiner Eigenart aufgeben mufs, um die Wirkungen der Gesamtheit nicht zu stören. Wer dies

dennoch,

aus

irgend

welchen nicht

zu

beseitigenden

Gründen , thut, ist für diese Allgemeinheit oder gemeinsame Thätigkeit unverwendbar. Auch die Einzelleistungen von Reitern

I. oder

II. Reitklasse

können immer nur auf einer mittleren Stufe sich bewegen , Reiter und Pferde richtig klassifiziert sind . — Vom unterrichts

Einzelnreiten . ist,

Wie

Reiter und Pferde

es die

wenn

eine Aufgabe des Reit-

dahin zu bringen , dafs mit Ge-

schicklichkeit und gutem Anstande in Abteilungen zusammen geritten werden kann, so ist es die andere, die Reiter

geschickt zu

machen, dafs sie ihre Pferde auch einzeln (allein) reiten können . Dieses wird beim Reitunterricht in der Bahn und auf kleineren Reitplätzen durch das Reiten von freien Linien , rechts und links um , und Figuren ,

vorbereitet.

Das

wirkliche Einzelnreiten kann

erst

im Freien auf weiten Plätzen geübt werden, wo schliefslich Pferde und Reiter einander aus den Augen verlieren. Mit diesem Momente hört aber der Reitunterricht auch auf und der Reiter ist auf seinen Verstand und die im Unterricht noch allein angewiesen .

erworbene Geschicklichkeit nur 67 .

VII.

Einiges

des

Das

über

Vereinfachung

Trainpferdes

und

des

der

Ausrüstung

Trainsoldaten .

Militär-Wochenblatt brachte im vorigen Jahrgange ver-

schiedene sehr beachtenswerte und hochkundige Aufsätze über Pferdezäumung in der Armee. Doch beziehen sich alle in denselben enthaltenen Ausführungen hauptsächlich auf die Zäumung der Reitpferde mit der Kandare . Die gleiche Zäumung hat bekanntlich die Artillerie für Reit-

und Zugpferde und für die Sattelpferde der vom Sattel gefahrenen Fahrzeuge. Unseres Erachtens wäre es zweckmässiger, die Zugpferde des Trains ohne Ausnahme auf Trense zu zäumen , denn dadurch würde erstens die Zugkraft der Pferde besser und vollkommener ausgenutzt und zweitens die Ausbildung des Fahrers des Trainsoldaten von sechsmonatlicher Dienstzeit wesentlich vereinfacht werden .

Dies wollen wir in den nachfolgenden Zeilen zu

begründen suchen. Vorweg bemerkt sei, dafs die Zäumung der Artillerie-Zugpferde für die Zugpferde des Trains nicht mafsgebend sein kann, in Folge der ganz verschiedenen Anforderungen und Verwendung. Die Bespannung der Artillerie ist so reichlich bemessen, dafs dieselbe das Geschütz nicht nur auf gebahnter Strafse im Schritt und Trabe fortbewegen, sondern dass sie mit demselben im wechselnden Gelände und in allen Gangarten sich fortbewegen und aufs genaueste evolutionieren und manöverieren kann. Für diese Zwecke ist die Kandare wohl unentbehrlich , auch ist ihr Gebrauch schon deshalb weniger hinderlich , weil die Fahrer vollständig ausgebildete Reiter von dreijähriger Dienstzeit und befähigt sind, ihre Pferde auf Kandare zu führen. Die Bespannung des Trains dagegen hat im Felde, abgesehen von derjenigen der Sanitätsdetachements, die Aufgabe, belastete Fahrzeuge möglichst auf gebahnten Strafsen im Schritt und gelegentlich im Trabe fortzubewegen, Pferde aber, welche schwer ziehen sollen, können sich nicht in der Versammlung und in dem Gleichgewicht

Einiges über Vereinfachung der Ausrüstung u. s . w.

bewegen,

welche

vom

man

Reitpferde

Artilleriezugpferde beansprucht.

95

und annähernd auch vom

Diese Versammlung aber und dies

Gleichgewicht sind notwendige Vorbedingungen für die Zäumung auf Kandare, soll letztere nicht, statt ihren Zweck, die bessere und leichtere Lenkung des Pferdes zu erfüllen , dem Pferde die Bewegung im Zuge erschweren, wenn nicht Widersetzlichkeit veranlassen . Um ein

belastetes

Fahrzeug

unmöglich

zu ziehen ,

machen und es zur

mufs das Pferd das

Körpergewicht vermehrt der Vorhand zuschieben , sich wie man sagt in den Sielen legen.

Es mufs also das künstliche Gleichgewicht des

Reitpferdes aufgeben und sich annähernd im natürlichen Gleichgewicht bewegen. Die hierfür nötige Zügelfreiheit mufs ihm der Reiter dadurch gewähren, dafs er die Zügel nachgiebt bis die Kandare nicht mehr ansteht, so dafs er das Sattelpferd ebenso wie das Handpferd nur auf Trense fährt. Man kann in dieser Beziehung alljährlich reiche Erfahrungen bei den Reserve-Übungs-Compagnien des Trains machen, deren Bespannung, gleich der ganzen Friedensbespannung des Trains, aus ausrangierten Kavallerie- und Artilleriepferden besteht. Diese Pferde sind von Jugend auf an die Zäumung auf Kandare und daran gewöhnt, sich nur im künstlichen Gleichgewicht zu bewegen . Dazu sind sie in Folge hohen Alters und nach beendeten Herbstübungen so lebensmüde, dafs sie sich aus Übermut sicherlich dem Einspannen nicht widersetzen würden .

Dennoch finden sich unter

ihnen, abgesehen von dieser oder jener kitzlichen Stute, die man dann besser als Reitpferd verwendet, hier und da einige Sattelpferde, die selbst bei unbelasteten Fahrzeugen nicht anziehen wollen. Diese Widersetzlichkeit aber hört fast immer auf sobald der Fahrer die Kandare aufser Wirksamkeit setzt und nur die Trense wirken läfst. Je weniger das Zugpferd durch das Mundstück belästigt wird, desto williger zieht es. Die gleiche Erfahrung macht man auch bei eingefahrenen Zugpferden auf Übungsmärschen in bergigem Gelände, in tiefen Wegen , kurz überall da, wo die Zugkraft vermehrt in Anspruch genommen wird.

Man darf eben Pferde, die ihre volle Kraft für den Zug her-

geben sollen, nicht zusammenstellen, wie das durch die Einwirkung der

Kandare

ungeschickte

unausbleiblich geschieht, sonst versagt das durch die Faust

des

Fahrers

gemifshandelte, durch den Sporn

ungeschickt getriebene Sattelpferd den Zug , mit ihm notwendig auch das Handpferd ; die Vorderpferde allein vermögen nicht das Fahrzeug zu ziehen ; zeuge,

dieses steht still und mit ihm alle nachfolgenden Fahr-

wenn das Unglück sich , wie das in der Regel geschieht, in •

96

Einiges über Vereinfachung der Ausrüstung

einem Hohlwege oder an einer ähnlichen kritischen Stelle des Weges ereignet . Man vergegenwärtige sich die Folgen einer solchen Stockung bei Nachtmärschen und im Felde ! Nun werden aber bei eintretender Mobilmachung die Augmentationspferden

Trainfahrzeuge

bespannt,

fast ausnahmslos mit

die wohl an

das Geschirr, nicht

aber an die Kandare gewöhnt sind : für diese kann mit Nutzen nur die

Trense als Zäumung verwendet werden .

Wie denn bei allen

Sachkundigen die Behauptung kaum auf erheblichen Widerspruch stofsen dürfte, dafs für alle mobilen Trainformationen , ausgenommen höchstens die Sanitätsdetachements, die Kandare für alle Zugpferde stets entbehrlich, in vielen Fällen aber schädlich sei. Wohl aber wird man auf den Einwurf gefafst sein müssen, dafs für den Friedensdienst die Kandare für die Sattelpferde unentbehrlich sei, und dürfte für diese Behauptung die Parade und das Fahrexerzieren angeführt werden. Für die Parade, also für das Auge, würde doch nur grössere Gleichmässigkeit erzielt werden, wenn nun das Sattelpferd ebenso wie das Handpferd auf Trense gezäumt würde ; und auch das Fahrexerzieren dürfte genau SO gut gehen wie jetzt. Man gewöhne

nur

zunächst

mit einer Hand

Fahrer

auf Trense ,

wie jeder Reitlehrer

weifs ,

und

was

der

weisen lässt sich die Richtigkeit

Pferde

keine

Remonten

an

die

Führung

Schwierigkeiten

bietet,

ausgebildet hat.

vorstehender Behauptung

Benicht

auf dem Papier. Es wird diese Frage vielmehr nur in der Praxis zu lösen sein . Dafs aber diese Lösung zu Gunsten unserer Behauptung

ausfallen mufs,

darüber

kann Niemand

in Zweifel sein ,

der gleich uns vielfach gesehen hat, wie in manchen Gegenden wir wollen namentlich Vorpommern und Mecklenburg anführen nicht nur die Arbeitsfuhren,

sondern

auch

vier Pferden vom Sattel gefahren wurden . heute noch als Regel ,

die Kutschwagen mit Ersteres geschieht dort

dagegen sieht man seltener Luxuswagen mit

Viererzügen bespannt und diese werden dann in der Regel vom Bock gelenkt. Fast ausnahmslos waren damals die Pferde auf Trense gezäumt.

Trotzdem hatte der Kutscher seine vier Pferde

völlig sicher in der Hand und in absolutem Gehorsam, zu

berücksichtigen

kräftiger und häufig zügeln

ist,

bleibt,

dafs

übermütiger Karossiers etwas

als ein Traingespann .

man ja auch für gewöhnlich nur,

wobei doch

ein Viererzug temperamentvoller, schwieriger zu

Von dem Trainfahrer verlangt dafs

er zweispännig

vom Sattel

fährt, so dafs er gelegentlich die rechte Hand bei der Lenkung Das vierspännige des Sattelpferdes mit zu Hilfe nehmen kann.

des Trainpferdes und des Trainsoldaten.

97

Fahren wird ihm allerdings - und zwar hauptsächlich in Folge der Zäumung des Sattelpferdes auf Kandare - sehr erschwert durch die Anzahl der Zügel, welche er zu führen hat : Kandaren und Trensenzügel, Handzügel und zwei Leinenzügel , also mindestens ein halbes Dutzend Zügel.

Der Kutscher

eines Viergespannes

dagegen hat nur

den

passend geschnallten Trensenzügel des Sattelpferdes und die beiden Zügel der Leine in der Hand : der Handzügel ist am Sattel so bedafs er leicht ansteht, sobald beide Stangenpferde gleichmäſsig im Zuge sind , und dafs er für die rechte Hand des Kutschers

festigt,

leicht erreichbar ist, gelegentliche Hilfen.

Erschwerend tritt für

den Trainfahrer ferner hinzu die Führung des Instruments » TrainWoher das Modell für diese Peitsche gegenannt . peitsche bekannt, auch dürfte es kaum von Interesse nicht uns nommen, ist sein, hiernach zu forschen.

Wir erinnern uns wohl, früher in den

Händen der Knechte auf dem Lande ähnliche Peitschen gesehen zu haben, nur waren diese ohne Ausnahme sehr viel brauchbarer. Wir wagen auch nicht zu entscheiden, ob der aus Weidenholz geflochtene Stock,

der bei längerer Aufbewahrung spröde wird und

bricht, oder angefeuchtet so biegsam und schmiegsam, dafs er dadurch unbrauchbar wird ob dieser Stock noch brauchbarer ist als die daran befestigte Schlinge, welche so leicht ist, dafs sie beim Schlagen treffen.

dem Führer Trifft

um die Ohren

fliegt,

statt die Pferde zu

sie aber bei günstigem Winde wirklich einmal das

beabsichtigte Pferd , so wird dieses höchstens die Empfindung haben , der Führer wehren .

habe

die

freundliche Absicht,

ihm

die

Fliegen

zu

Jeder Kutscher, ja jeder Knecht führt eine brauchbare Peitsche , denn er weifs sehr wohl, dafs er ohne solche nicht fahren kann . Der Trainfahrer wird auch nach Anleitung des Fahr- Reglements belehrt, dafs die Peitsche des Fahrers den Schenkel und Sporn des Reiters zu ersetzen hat.

Die Hilfen für die kurze Peitsche , welche

der Fahrer führt, wenn er vom Sattel mit zwei Pferden fährt, sind eingehend vorgeschrieben .

Eine eingehende Anleitung für den Ge-

brauch der Trainpeitsche ist uns nicht richtige und geschickte Handhabung

bekannt und doch ist eine

der Trainpeitsche natürlicher-

weise ungleich schwieriger als die Führung der kurzen Peitsche. Um nun wieder auf die Zäumung des Sattelpferdes zurückzukommen, so wäre noch gegen die Kandare anzuführen, dafs bei dem vierspännigen Fahren mit der Kreuzleine gar leicht ein Zügel der letzteren von dem entsprechenden Anzuge der Kandare erfasst und zwischen diesem und dem Pferdemaul eingeklemmt Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine, Bd, LXXXIII, 1.

wird, was den 7

98

Bemerkungen zu Delbrücks Schrift.

Gebrauch der Leine momentan behindert und belästigt .

das Sattelpferd arg

Ähnliches kann bei der Trense nicht vorkommen. Über-

haupt glauben wir nachgewiesen zu haben, daſs diese entschiedene Vorzüge für das Fahren bietet. Dafs aber nach Beseitigung der Kandare bei allen Zugpferden des Trains auch die Ausbildung des Trainsoldaten wesentlich vereinfacht und im Zusammenhange mit der vereinfachten Ausbildung auch die Ausrüstung des Mannes erheblich zweckmäfsiger gestellt werden könnte,

das auszuführen be-

halten wir einer späteren Betrachtung vor, in der wir auch auf die Folgen dieser Veränderungen für die Verwendbarkeit des 52. Trainsoldaten im Mobilmachungsfalle hinweisen werden.

"

VIII.

Bemerkungen zu Delbrücks Schrift

„ Friedrich, Napoleon, Moltke.

Ältere und neuere Strategie"

Von

Max Jähns.

Der in der Überschrift genannten gegen den Major von BernStreitschrift hat Hans Delbrück einen Excurs angehängt, mit dem er sich gegen einen von mir in der Allgemeinen Zeitung vom 23. Februar d . J. veröffentlichten Aufsatz wendet, der hardi gerichteten

< über den Wandel der strategischen Anschauungen Friedrichs des Grofsen handelt. Dort hatte ich nachzuweisen versucht, daſs, im Gegensatze zur Auffassung Delbrücks, der in den Thaten wie in den Aussprüchen des grofsen Königs während seines langen Lebens eine Art von »Schlangenlinie < sieht, welche der Doppelseitigkeit seiner Strategie entsprochen habe , Friedrich vielmehr in den Feldzügen seiner Jugendzeit von einer Auffassung der Kriegführung und der Strategie erfüllt gewesen sei, die in den Zielen , welche sie der ersteren steckte, in den Mitteln, welche sie für die andere bevorzugte, wesentlich abwich von den Auffassungen der meisten ihm in der zweiten Hälfte des 17. und der ersten des 18. Jahrhunderts vorangegangenen Feldherrn . Ich hatte ferner dargethan, daſs Friedrich , durch die Erfahrungen des zweiten schlesischen Krieges belehrt, von

Bemerkungen zu Delbrücks Schrift. seiner ursprünglichen Absicht ,

sich über

durch geniale Praxis hinwegzusetzen ,

99

die traditionellen Regeln

zurückgekommen

wäre und

erkannt hätte : das herrschende System sei kein Gewebe willkürlicher Satzungen, dessen man sich durch eigene Willkür entledigen könne, sondern es entspringe naturgemäfs aus dem Wesen des damaligen Heeresorganismus.

Endlich hatte ich nachgewiesen, dafs der grofse

König infolge jener Erkenntnis sich dem überlieferten Systeme wieder gefügt habe und zwar in dem Sinne des Goethe-Wortes >> In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister. schwächlich erscheinen lasse, » da er sein neues Prinzip wieder aufgab, ohne es überhaupt auf die ernsthafte Probe einer Schlacht gestellt zu haben.> Erst

als

er jugendlich stürmisch napoleonisch verfahren will -

denn das pafst nicht für die Zeit ; dann ebenso als er sich der Zeit fügt - denn das ist , methodisch '. « Hierin liegt eine vollständige Verschiebung meiner

Auffassung,

die vielmehr dahin

geht,

dafs

Friedrich sich zunächst von den Impulsen seiner grofsartigen , durchaus aggressiven Natur leiten und sogar zur Nichtachtung der durch das Wesen der damaligen Staats-

und Heereseinrichtungen gege-

benen, freilich peinlich beschränkenden Bedingungen verleiten lässt, ohne doch in diesem Widerspruche endgültig zu erliegen, weil sein klarer bon sens Herr wird über das angeborene Temperament, und dafs er ferner, nachdem er sich mit der traditionellen Strategie abgefunden hat, doch nicht klein wird wie die meisten seiner Vorgänger, sondern während des ganzen siebenjährigen Krieges grofs und erhaben bleibt, weil er in den überlieferten engen Formen sich mit

der Kühnheit des Genius

und mit dem unbeugsamen Willen

eines wahrhaft königlichen Charakters bewegt. Hiermit erkläre ich übrigens meinerseits diese Diskussion für abgeschlossen .

IX.

Umschau

I.

in

der Militär - Litteratur .

Ausländische Zeitschriften .

Streffleurs österreichische militärische Zeitschrift.

XXXIII . Jahrgang.

2. Heft ( Februar ) : Die einfache taktische Umgehung (Oberst Auspitz). Die Mittel und Wege des modernen Weltverkehrs (Hauptmann Jerzábek) Der russisch-türkische Krieg in Europa 1877/78 (Besprechung). -- Der Nord - Ostsee - Kanal und der Kanal Venedig - Spezzia. Letzterer wird als für die Marine Italiens von mindestens ebenso grofsem Werte bezeichnet, wie der Ostsee-Kanal für die des deutschen Reiches . Die Gesamtlänge desselben soll 264 km betragen , die Kosten sind auf 1300 Millionen Lire veranschlagt , das Sechsfache wie für den NordOstsee- Kanal . Woher kommt der Name „ Peterwardein " ? (A. Gjukić). -Vorschlag zu einem Tag-, Nacht- und Nebelsignalsystem für die Kriegsmarine. ----- Die Teilnahme des Titler Grenz-Tschaikisten- Bataillons am Kriege 1788-91 (A. Gjukić). Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens (Österreich). Nr. 1 : Die Befestigungen an der französisch-deutschen Grenze (Forts.). Die Photogrammetrie (Terrainaufnahme auf photographischem Wege) von M. Bock, k. und k. Hauptmann im Geniestabe. Armeeblatt (Österreich) . Nr. 5 : Die Bewaffnung der Infanterie und Reiterei (Schlufs ) . Nr. 6 : Über Soldatenmifshandlungen und über das Beschwerderecht. - Die neue Vorschrift für die Kriegsverpflegung. Die Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen im Kriege . Nr. 7: Das Heeresrecht und die Universitäten . - Der Sanitätsdienst. - Die kaiserliche Armee unter dem Prinzen Eugen ( ein heeresgeschichtlich sehr interessanter Aufsatz ). Nr. 8 : Unteroffiziers- Schulen. Militär-Zeitung (Österreich). Nr. 6 : Arbeitsprogramm pro 1893. Bezieht sich auf verschiedene organisatorische Wünsche : Erhöhung des Friedenspräsenzstandes der Compagnie auf 100 Köpfe, Neuaufstellung von 2 Kavallerie-Regimentern , Reorganisation der technischen Truppen , Errichtung stehender mobiler Belagerungstruppen u. s. w. - Militärdienst Ballon captif. und Religion . Nr. 7 : Russlands Wehrmacht. Nr. 8 : Neue Enthüllungen über Custozza. Die Reichswehr (Österreich). Nr. 296 : Zur Reorganisation der technischen Truppen bei uns und in Deutschland. Bezieht sich auf die Frobenius'sche Broschüre, welche bekanntlich die Einheitlichkeit Nr. 297 : Gewissensderselben als einen Übelstand bekämpft. zwang.

Behandelt die von der „ Neuen Freien Presse" in gehässigem

Umschau in der Militär-Litteratur.

103

Sinne besprochene Verfügung des Kriegsministers, derzufolge die Truppen allmonatlich einmal zum Kirchenbesuche zu führen sind. - Die Gehorsamspflicht und ihre Grenzen. - Nr. 298 : Doktoren - Strategie. Besprechung der Bernhardi'schen

Schrift in

zustimmendem

Sinne.

Nr. 299 :

Die

russische Gefechtslehre (Auszüge aus der im Eisenschmidt'schen Verlage erschienenen Schrift : „Die Gefechtsvorschriften der russischen Armee"). Nr. 301 : Militär- Strafgesetz- und Nr. 300 : Radetzky als Nationalheld. -Nr. 302 : Zur Neubewaffnung Die Hilfe im Kriege. Prozefsordnung. Die Hilfe im Kriege (Schluſs). -- Nr. 303 der türkischen Armee. Strategische Prinzipien-Reiterei auf dem Kriegsschauplatze 1866. - Das Nr. 304: Verneue italienische Avancements-Gesetz. - Flottenfragen . ein der russischen Gardeoffiziere. Journal des sciences militaires . ( Februar ) : Studien über die Die Gefechts-Taktik Alpen-Grenze (General Cosseron de Villenoisy). der Infanterie (Forts.). - Über die Rasanz der kleinkalibrigen Gewehre und ihre taktischen Folgen. (Man vergleiche hiermit den Aufsatz im Märzhefte der „ Jahrbücher" : „Der Einflufs des Geländes auf die Infanteriefeuerwirkung "). Der Feldzug 1813. Warum ist Napoleon bei Leipzig besiegt worden ? (Forts .). - Einige Bemerkungen über den Dienst der Artillerie im Felde (Forts. ) . Der Feldzug 1814 (Forts. ) : Die Kavallerie der Verbündeten während des Feldzuges 1814. - Über Märsche und Manöver im Gebirge. General Alexis Dubois (Forts.) . Erziehung des Soldaten. Revue de Cavalerie. ( Februar) : Bessières (General Thoumas) . Einige Betrachtungen über den Aufklärungsdienst. Berühmte Kavallerie- Gefechte (Forts.) : Der Krieg in Spanien (1809 bis 1812) . Das Überschreiten von Gewässern durch die Kavallerie. - Französische Kavallerie- Regiments- Geschichten (Forts.) : 22. u. 23. DragonerRegiment. Militärische Rennen vor 30 Jahren . Der 8 mm Revue d'artillerie . ( Februar ) : Österreich- Ungarn : Repetier-Karabiner. Modell 1890 (Schlufs). - Feld-Artillerie-Material ― System Canet, konstruiert für die brasilianische Regierung. Bemerkungen über das Feldgeschütz der Zukunft (Forts. ), von Kapitän Moch. Bedeutung des rauchlosen Pulvers für den Krieg (Schlufs ) ; übersetzt aus dem Russischen des General Baumgarten. Revue du cercle militaire . Nr. 6 : Ein verschanztes Lager in Sizilien ( Mit Karte). Militärgeographische Studie über das im Zentrum . der Insel bei Castrogiovanni geplante Lager. -- Nachrichten über die österreichisch-ungarische Armee:

Das Personal .

Nr. 7, 8 u. 9:

Anti-

septische Chirurgie bei den Heeren. 1. Teil, die Sanitäts- Anstalten der ersten Linie. - Nachrichten über die österreichisch-ungarische Armee (Forts.). Die Fuhrwerks- Kolonnen und das Überschreiten von Flüssen ; Modell eines durch Zeichnungen erläuterten Fahrzeuges genannt " voiturebac", welches zum Überschreiten von Flüssen nutzbar gemacht werden

104

Umschau in der Militär-Litteratur.

kann. Zur französisch-italienischen Grenzfrage. - Die Handhabung der Lanze in Deutschland. L'Avenir militaire. Nr. 1655 : Die Wiederbevölkerungs - Versicherungs - Gesellschaft (L'Assurance repopulatrice ) und die nationale Verteidigung. Bezieht sich auf eine Brochüre von C. Bey, welche die Bildung einer Gesellschaft vorschlägt, die Prämien auf eheliche Geburten zahlen solle. A. ist beunruhigt über die Abnahme der Geburtsziffern, da die Bevölkerung Frankreichs ( 1891 : 38,343,192) in den letzten 5 Jahren nur um 124,289 , im gleichen Zeitraume die Deutschlands um 3 , Englands um 2 , Russlands um 6 Millionen zugenommen habe. - Herbstmanöver..

Das 9. und 12. Corps werden Manöver gegeneinander in

Dauer von 20 Tagen abhalten , in der Stärke von je 3 Divisionen. Die 3. Divisionen werden aus je 4 regiments mixtes " gebildet werden ; die 3. und 4. Kavallerie-Division werden gemeinsam unter der Leitung des Generals Loizillon 12 Tage im Monat September manövrieren. Nr. 1656 : Die régiments mixtes " und die Manöver von 1892. Da diese Regimenter nur zu 14tägigen Übungen einberufen werden, von welcher Zeit mehrere Tage für Ein- und Auskleidung, Transport u. s. w. abgehen, so sei ihre Beteiligung an den Manövern als eine wahre „Verhöhnung “ zu bezeichnen. Nr. 1657 : Das Programm der grofsen Manöver. Nr. 1658 : Oberster Kriegsrat der Marine und der Land-Armee. Nr . 1659 : Durch Verfügung des Kriegsministers ist die zulässige Zahl der 3 jährig Freiwilligen abermals reduziert worden , nämlich auf 5 per Infanterie-, Artillerie- oder Genie- Regiment, 3 per JägerBataillon, während die Kavallerie überhaupt keine mehr enthält. Die Mafsregel ist einer Aufhebung des 3jährig-freiwilligen Eintrittes gleich zu achten. Nr. 1660 ; Die neue „ Division der Vogesen" wird am 1. April zusammentreten ; jede ihrer 2 Brigaden wird aus 1 Regional-InfanterieRegiment und 2 Jäger-Bataillonen bestehen. -Nr. 1662 : Die Reorganisation des englischen Kriegsministeriums . Le Progrès militaire . Nr. 1174 : Der Chef des Grofsen Generalstabes. Durch Dekret vom 21. Januar ist der Generalstab der Marine einer Reorganisation unterworfen worden , die dem Chef derselben weitgehende Befugnisse erteilt, welche sich nicht, wie diejenigen des Chefs des ,,Armee-Generalstabs" nur auf die Friedenszeit , sondern auch auf die Zeit des Krieges erstrecken , er ist folglich als „ Generalissimus " der maritimen Streitkräfte zu betrachten ; dies sei bei der Land-Armee unmöglich, denn der „ Armee-Generalstabs- Chef" sei lediglich Mitglied des „Obersten Kriegsrates" und als solcher dem Präsidenten desselben, dem Minister, und dem Vize- Präsidenten , dem Generalissimus , unterstellt. Es sei nötig, die Autorität des letzteren zu verstärken , weil es unlogisch, dafs der Mann , dem die Leitung der Operationen im Kriege zufalle , nicht einen überwiegenden Einfluss auf deren Vorbereitung im Frieden habe . Der Krieg in Chili und die kleinkalibrigen Gewehre. Die Über-

Umschau in der Militär-Litteratur.

105

legenheit des Mannlicher-Gewehrs wird hier konstatiert . Bildung einer neuen „ Artillerie- Schiefs- Gesellschaft " , bestehend aus Offizieren der Reserve und Territorial-Armee. - Nr. 1175 : Garnison - Wechsel , die in neuerer Zeit wieder häufiger, werden als schädlich für die Truppe bezeichnet. ― Nr. 1176 : Die Lanze und die deutsche Offensive.

Abfällige Beur-

teilung der Ausrüstung mit der Lanze ; der deutsche Kavallerist trage jetzt ein wahres Arsenal von Waffen mit sich herum. -- Nr. 1177 : Die Truppen-Generalstäbe. - Die " Régiment mixtes" bei den Manövern. Nr. 1179 : Schnellfeuernde Artillerie. - Nr. 1180 : Französische Feldmörser. La France militaire. Nr. 2330 : Verteidigung der Küsten. Nimmt Bezug auf die Rede des Abgeordneten E. Lockroy ( 5. Dezbr. 1891 ) gelegentlich des Marine-Budgets, welche sich gegen das Ineinandergreifen der Land-Armee und Marine bei Verteidigung der Küsten wendet. Will die Nr. 2331 : Schützenkette und Unterstützungstrupps . ganze Compagnie in erster Linie entwickeln und hält Aussonderung von Unterstützungstrupps für unzulässig. Nr. 2336 : Die grofsen Manöver der Misch - Formationen. Weist nach, dafs durch deren Zusammenziehung bei einzelnen Armee- Corps grofse Zeitverluste entstehen, und spricht sich mehrfach gegen die getroffenen Anordnungen aus. - Nr. 2337 : Unsere künftigen Reiter - Generale . Die Reiterei bedarf am meisten der jugendlichen Führer ; zur Zeit sind Mafsregeln getroffen, welche eine Verjüngung der Waffe herbeiführen sollen, aber sie entsprechen doch nicht. dem Zweck. - Nr. 2339 : Das Studium der fremden Sprachen in unsern Militärschulen. " Unsere Nachbarn, unsere Feinde (!) sind uns dabei voraus. " — Nr. 2341 : Grenzbefestigung. Gegen die Vorschläge, die Sperrung der Grenze durch Befestigungen noch auszudehnen und dafür die Friedensstärke herabzusetzen. Nr. 2343 : Unsere Reiterei. Geht von den abfälligen Urteilen Reinachs aus und findet, dafs nur der Mangel guter Führer am Übel schuld ist. --- Der Compagnie-Wagen ; neu , 2 spännig, für Munition und Schanzzeug . -Nr. 2345: Doppelte Bewaffnung. Die Infanterie hat noch immer eine Anzahl Gewehre M/74 neben M/86 . Nr. 2352 : Herrschaft über das Mittelmeer. Handelt insbesondere vom italienischen Kriegshafen Taranto, welcher in gleiche Verfassung, wie La Spezzia, gesetzt werden solle. Das französische Biserta soll das Gegengewicht gegen Taranto bilden. - Nr. 2353 : Altersgrenzen . Wendet sich gegen eine italienische Behauptung, die französischen Niederlagen 1870 seien mit durch die scharfe Handhabung der Altersgrenzen veranlafst worden. Will im Gegenteil die Altersgrenzen noch herabsetzen. Nr. 2355 : Auf den Vogesen. Knüpft an die angeblich bevorstehende Verstärkung der deutschen Garnisonen im Elsafs, sowie an die Verlegung der 4 JägerBataillone in die Vogesen an. Man scheine deutscherseits sein Augenmerk auf Besitznahme der Gegend zwischen Meurthe und Mosel zu richten . Frankreich müsse durch ähnliche Mafsregeln entgegentreten, sonst könnten die deutschen Vortruppen zuerst in den Besitz des Kamms der Vogesen gelangen.

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La Belgique militaire. Nr. 1087 : Die Schnellfeuergeschütze. Der Erfinder des Nordenfelt- Geschützes, Fh. de Nordenfelt wendet sich hier in einem an die Leitung der B. m. gerichteten Schreiben gegen die in der Nummer vom 17. Januar enthaltenen Angriffe auf das erstere. Nr. 1088-1091 : Einheitlichkeit des Offizierersatzes und der Beförderung. Allgemeine Wehrpflicht. Militär- Velozipedie und Landstrafsen in

Belgien. Schweizerische Monatsschrift für Offiziere aller Waffen. 1892. Nr. 1 : Über Antisepsis in der Veterinär-Militärpraxis . - Die Feldmanöver des III., IV. und VIII. Dragoner-Regiments. - Ein offenes Wort an die schweizer Schützen von Major A. Steiger. (Betont, dafs nach Einführung des neuen Gewehrs eine andere, nicht ordonnanzmäſsige Waffe auf den Schiefsplätzen als nicht zulässig erklärt werden müsse. ) Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie. 1892. Nr. 1 : Die Kavallerie- Offizier- Patrouille als Hauptträger der strategischen Aufgabe der Kavallerie . Einzel- und Gesamtschiefsprüfungen mit dem Gewehr M/1888 in Deutschland. - Die aufeinander folgenden verschiedenen Organisationen der französischen Artillerie. Revue militaire suisse . ( Februar ) : Die Schweizer im französischen Dienste und die Memoiren Marbots (Forts.) . Beilage : Der Krieg in Spanien nach den Erinnerungen des Generals Jomini (Oberst Lecomte), 16. Bogen. Allgemeine schweizerische Militärzeitung. Nr. 6 : Die " Wahl eines eidgenössischen Generals " , welche bei Aufgebot mehrerer Divisionen der Bundesversammlung obliegt, wird für den Frieden aus politischen (!) Gründen bekämpft. Nr. 7 u. 8 : Die Herbstmanöver 1891. Glossen zum Exerzier-Reglement für die Infanterie. The Army and Navy Gazette. Nr. 1670 : Das indische KavallerieÜbungslager. Fortsetzung der Schilderung der grofsen KavallerieManöver gegen einen markierten Gegner, die im vorigen Jahre zum ersten Male in Indien stattgefunden. Nr. 1671 : Hufbeschlag auf kaltem Wege. Der grofse Verlust an Hufeisen bei den beiden letzten grofsen Kavallerie-Übungen lässt es notwendig erscheinen, dafs Vorbereitungen getroffen werden, um auch auf kaltem Wege die Pferde beschlagen zu können. Nr. 1672 : Die Ausbildung der britischen Offiziere. Der Major Hendersen hat ein Buch über angewandte Taktik und Ausbildung für den Krieg, nachgewiesen aus dem Verlaufe der Schlacht bei Spicheren, geschrieben. Er stellt die Erfolge der Deutschen als das Resultat der besseren Disziplin und Ausbildung hin, und zieht daraus Lehren für eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit der englischen Armee. Das militärische Ballon wesen. Ein Vortrag, in dem die allgemeinen Grundsätze für die Luftschiffahrt zu militärischen Zwecken erörtert werden . Das moderne Kriegswesen.

Nach kurzer historischer Einleitung wird

die Ausbildung und Kampfweise der Deutschen in den Kriegen von 1866 und 1870 als aufsergültig hingestellt. - Nr. 1673 : Das neue Kavallerie-

2

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Exerzier- Reglement. Das im vergangenen Jahre als ein vorläufiger Entwurf herausgegebene Exerzier-Reglement wird in Bezug auf die darin enthaltene Reitvorschrift kritisch besprochen. Das indische Übungslager für Kavallerie. Fortsetzung. Schilderung der Manöver. — Die Einnahme von Khartum. Die Veröffentlichungen des Berichterstatters Archibald Farbes , der den Fall Khartums als eine Folge der Unentschlossenheit Sir Garnet Wolseleys hinstellt, werden widerlegt, dagegen behauptet, dafs dem letzteren aus politischen Rücksichten nicht die nötige Freiheit gelassen wäre. - Organisation und Ausbildung. Der Kolonel A. G. Raper macht Vorschläge, wie die Stärken der Kadres erhöht und die Ausbildung gebessert werden kann. Die übergrofse Zahl der Kommandierten müsse verringert werden, und jedes in den Kolonien stehende Bataillon ein eigenes Depot erhalten, das für Ergänzung zu sorgen hat. The Journal of the Royal United Service Institution . (Januar) : Bemerkungen über Organisation und Ausbildung. Es werden verschiedene Vorschläge gemacht, um die Schlagfertigkeit der Armee zu erhöhen, verlängerte Dienstpflicht und Erweiterung der Reserven- und MilizVerhältnisse sind die wesentlichsten. Bei der Ausbildung wird die Notwendigkeit kriegsgemäfser Übungen und vermehrte theoretische Instruktion verlangt. -Auszug aus der Regiments geschichte des Ostpreufsischen Füsilier Regiments Nr. 33. Die Thätigkeit des Regiments während des Krieges 1870/71 ist nach der Regimentsgeschichte übersetzt, zwei Pläne sind beigefügt. - Auszug aus dem Brief des General Müffling kurz nach der Schlacht von Waterloo. Übersetzung aus dem deutschen Militär- Wochenblatt. Februar 1892. - Die Miranzai - Expedition 1891. Beschreibung des wenig bekannten kleinen Feldzuges der Engländer gegen einen Afghanischen Grenzstamm, mit Plänen und Zeichnungen. - Die Unternehmungen der Franzosen gegen Irland 1796-1798 . Die Russische Sprache und Litteratur. Ein in der militärischen Gesellschaft in London gehaltener Vortrag, durch den das Studium der Russischen Sprache in der Armee angeregt werden soll. Die Spanische Armee auf den Karolinen - Inseln. Eine geschichtliche Darstellung der Karolinen -Inseln von ihrer Entdeckung bis zur Jetztzeit , die Kämpfe mit den Eingeborenen sind dabei eingehend geschildert. Journal of the Royal United Service Institution of India . ( Januar ) : Kavallerie - Formationen. Eine taktische Studie. Granchefsky's Expedition 1889-90. Beschreibung der Reisen , die der Russische Offizier auf Veranlassung des Zaren in das bisher noch unbekannte Gebiet des Pamir unternommen . -- Die Handfeuerwaffen der Gegenwart. Eine vom Kriegsministerium herausgegebene tabellarische Zusammenstellung aller bei den gröfseren Armeen der ganzen Welt eingeführten Gewehre und Karabiner. Russischer Invalide. Nr. 5, 7, 10 : Übersicht über die Veränderungen auf dem Gebiete des Militär-Wesens in den westeuropäischen Armeen im Laufe des Jahres 1891. Nr . 7 : Militär- und Marine Etat. Nr. 11-14

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Übersicht über den zeitigen Stand der Bewaffnung in den westeuropäischen Armeen. -- Nr. 17, 16, 20 : Übersicht über die russische Nr. 18 : Verfügung über periodische Militär-Litteratur im Jahre 1891. mit Bajonett . " Dragoner-Gewehrs 3 Linien neuen eines Einführung Nr. 19 : Die Neu- Organisation der österreichischen Artillerie. - Nr. 28, 30, 31 : Artilleristische Zeitfragen . Verfasser bespricht an der Hand der einschlägigen ausländischen Litteratur, namentlich „Wille, Feldgeschütz der Zukunft," auch Dezemberheft der Jahrbücher , die schwebenden artille-Nr. 34 : Über Seitengänge bei der Kavallerie. Verristischen Fragen. fasser tritt für eine vermehrte Anwendung der Seitengänge und eine Wiedereinführung der Übung „ Schulter herein " ein. und 16 :

Wajennüj Ssbornik 1892. Nr. 1 : Schilderung der Operationen des West - Corps unter dem General - Adjutanten Gurko . 2. Teil. Der Dezember 1877. Es wird im wesentlichen der Übergang über den Balkan geschildert. Zunächst giebt Verf. eine Übersicht der Lage der beiderseitigen Streitkräfte nach dem Falle Plewna's im November 1877 und legt die gegenseitige Auffassung der Dinge klar, durch welche die Russen zur Ergreifung der Offensive auch in rauhester Jahreszeit über den Balkan , die Türken aber zu einer Verteidigung dieses für ihre Kräfte zu ausgedehnten Gebirges veranlafst wurden. Nach Schilderung der Versammlung der Truppen in der Umgegend von Orchanie und des Planes für den Übergang wird über die Ausführung desselben berichtet. Das moralische Element in den Händen Suworow's. Anknüpfend an einen im Waj. Ssb. 1888 Nr. 12 erschienen Artikel : „ Das moralische Element in den Händen eines erfahrenen Führers " und an den bekannten Ausspruch Napoleons, dafs im Kriege / des Erfolges dem moralischen Element zufällt, sucht Verf. die Einwirkung des grofsen russischen Generals auf seine Leute nach allen Richtungen hin einer Beurteilung zu unterziehen, um aus der Eigenart S. Schlüsse auf seine Erfolge zu ziehen . — Die Selbstständigkeit der Truppenführer im Kriege. Vermeiden des „ Abwartens der Befehle ;" Verfolgen grofser, allgemeiner Ziele. - Nr. 2 : Schilderung - Das moralische der Operationen des West - Corps u. s. w. (Forts.) Element u. s. w. (Forts. ) Die Fähigkeit Suworow's, eine Truppe zu begeistern und durch Einwirkung auf ihr Ehrgefühl deren Leistungen zu steigern, trat besonders im Feldzuge 1799 hervor. Verf. führt eine Reihe charakteristischer Reden, Befehle u. s. w. des russischen Nationalhelden an, die er wesentlich der Geschichte des Feldzuges von 1799 von Miljutin : „ Erzählungen eines alten Soldaten " entnimmt . Beresowskij's Raswiedtschik. Nr. 82 und 83 : Der Gebrauch jeder Waffe. - Erwiderung auf einen Artikel : „ Die Kavallerie und die Rennen. " Verfasser wendet sich gegen die Behauptung, daſs die Rennen in Zarskoje Sselo (früher in Peterhof) und die Hindernisrennen in der Michailowskischen Reitbahn ohne Nutzen für die Kavallerie seien . Er kommt zu dem Schlufs, dafs das Rennen der russischen Offiziere auf den Hyppodromen von Bedeutung für die Entwickelung der Kavallerie

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sei. -

Biographie nebst Bild des Generalfeldmarschalls Grafen Ssattykow. - Nr. 85 : Bild und Biographie des Generalmajors

und Chef des Stabes des I. A. - Corps , Tillo , nebst Übersicht seiner litterarischen Thätigkeit ; die Zahl der von ihm verfafsten geographischen Werke erweist die Bedeutung des Generals für die Geographie Russlands ; als Geodät steht er in Russland in erster Linie. Tillo bietet den interessanten Beweis, dafs die Fähigkeiten eines Gelehrten und eines Frontoffiziers sich sehr wohl in einer Person vereinigen lassen , ein fernerer Beweis, wie unhaltbar die vielfach vom Neide beeinflusste Anschauung ist, dafs „ Wissenschaftlichkeit" ein Vorwurf für den Offizier sei. Die Verwalter der Offizier - Speiseanstalten in Russland , Schilderung ihrer schwierigen Lage. Nr. 86 : 25 Jahre früher und heute. Antwort Ssuchotin's auf die erregten Angriffe Dragomiroff's in Sachen des Schiefsens vom Pferde." Russisches Ingenieur · Journal . (Januar): - Einige Worte über die Veränderungen auf dem Gebiete des Befestigungswesens. Verfasser

wendet sich im Wesentlichen gegen den beschleunigten Angriff des Generals von Sauer und kommt zu folgenden Schlüssen : 1. Dafs die Panik vor dem beschleunigten Angriff nicht begründet und ein Mifstrauen in die Widerstandskraft der Festungen ungerechtfertigt sei. 2. Dafs das jetzt bestehende Befestigungs - System das einzig rationelle, und ein allen strategischen und taktischen Anforderungen durchaus genügendes sei und im Grofsen und Ganzen keiner durchgreifender Änderungen bedürfe. 3. Dafs doch eine entsprechende Vorbereitung des Kampffeldes und einzelne Veränderungen in den Forts, wie sie durch die heutigen gewaltigen Hülfsmittel des Angriffs bedingt werden, unabwendbar, aber auch mit nicht allzu grofsen pekuniären Opfern durchführbar seien. - Die Waffen-Fabrik am Ish und deren hydraulisches System - Beschreibung der am genannten. Flusse, Nebenflufs der Kama, im Gouvernement Wjatka liegenden Fabrik. Russisches Artillerie-Journal. (Januar ) : - Die Ausbildung der Artillerie für das Gefecht. (Forts.) - Die Bedeutung und die Thätigkeit des heutigen Richt-Kanoniers . Erläuternde Beispiele zu den Schiefsregeln für die schwere, leichte und reitende Batterie. Rivista militare Italiana. (Januarheft ) : „ Die einzige Kategorie und das Volk in Waffen " (Forts. ), kommt zu dem Ergebnis, dafs das Portionssystem (ferma progressiva) , ohne Erhöhung des Budgets jährlich 64,000 Mann auf 32 , 18,000 auf 20 und 48,000 auf 8 Monate einzureihen erlaubte, die 2jährige Dienstzeit 15,000 auf 32, (für die Cadres) 85,000 auf 23 und 30,000 Mann auf 8 Monate, in beiden Fällen ein Kontingent von 130,000 Mann. - Einige Betrachtungen über die neue Technik der Waffen im Kampfe : Bespricht die modernen Repetiergewehre, Wurfgeschütze und Schnellfeuerkanonen . Bezüglich der Gewehre kommt der Aufsatz zu dem Schlusse, dafs das neue 6,5 mm italienische Gewehr ballistisch das leistungsfähigste sei .

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Esercito Italiano. Nr. 11 : Die Herbstübungen des italienischen Heeres werden von diesem Jahre ab eine totale Reform erfahren . Während bisher nur die Hälfte der Truppen jährlich Übungslager bezog und zu den grofsen Manövern nur Corps ad hoc zusammengestellt wurden, werden fortan sämtliche Truppen Detachementsübungen und Manöver bis zur Division gegen den markierten Feind aufwärts abhalten. Bezirksweise Komplettierung der Truppenteile und Wahl des Manövergeländes, nicht zu weit von den Garnisonen, werden durch Transportersparnisse im Verein mit Abkürzung der Übungszeit auf 10-12 Tage die Neuerung erlauben, die für die bezirksweise Ergänzung bei der Mobilmachung Bahn benachbarte Corps in bricht. Jährlich sollen 2 oder auch mehr ihrem territorialen Bestande, durch Reservisten ihres Bezirks komplettiert und mit ihren eigenen Stäben gegeneinander operieren, an den grofsen Manövern auch eine kriegsmäfsig formierte Division der Mobilmiliz teilnehmen, Formationen der Territorialmiliz den innern Dienst übernehmen. - Nr. 12: Der Budgetvoranschlag pro 1892/93 beziffert sich auf 242,440,764 Lire im Ordinarium, 4,450,000 Lire im Extraordinarium, total , nach Abzug der rein figurativen Ausgaben und der Giroteile, auf 240,632,440 Lire. Namentlich das Extraordinarium erscheint stark beschnitten. Nr. 14, 16, 17, 18, 19 u. 20 bringen die Verhandlungen über das am 14. Februar im Senate genehmigte neue Beförderungsgesetz, das den Ausgleich der Carrieren in den verschiedenen Waffen und die Festsetzung einer Altersgrenze zum Ziele hat, die es erlauben soll , zum Teil auch durch die Beförderung nach Wahl, jüngere, befähigte Elemente in die höheren Führerstellen zu bringen.

Rivista di artigleria e genio . ( Januar ) : Über die genaue Lösung des ballistischen Problems im Wege des quadratischen Widerstandes (Artillerie-Lieutenant Ferruccio Mola). - Bemerkung über die Aufstellung der Blitzableiter (Genie- Major Ingenieur F. Pescetto). Rivista cientifico- militar (Spanien). Nr. 2 : Militärischer Rückblick auf 1891. II. - Die Bewaffnung unseres Heeres, Modell 1878/89 . Nr. 3: Der französisch -preuſsische (?) Krieg vom Grafen v. Moltke. III. (Schluſs.) Der russische Feld-Mörser. Das Feuer und die Kavallerie (abenteuerlicher Vorschlag eines englischen Kapitäns, Karabinerfeuer mit der Attacke zu verbinden, der Karabiner soll zwischen den Vorderbeinen des Pferdes hängen und durch Elektrizität u. s. w . abgefeuert werden). Memorial de Ingenieros del Ejercito (Spanien). Nr. 1 : Die Ingenieurtruppen in den Festungen. Revista militar (Portugal). Nr. 1 : Portugiesische Feldzüge in Afrika.

Krigsvetenskaps- Akademiens Handlingar (Schweden). 1. Heft: Fragen der Ausrüstung der Infanterie. Norsk-Militaert- Tidsskrift (Norwegen). 1. Heft: Gedanken und Studien über die Änderungen des Exerzier-Reglements für die Infanterie.

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De Militaire Spectator (Holland). Nr. 2: Kriegsgeschichtliche Studie über die Verteidigung der bata vischen Republik 1799 . -Taktische Betrachtungen über das Exerzier - Reglement der niederländischen Infanterie.

II.

Bücher.

Gesammelte Schriften und Denkwürdigkeiten des Generalfeldmarschalls Grafen Helmuth von Moltke. Zweiter Band . Vermischte Schriften . Berlin 1892 . E. S. Mittler & Sohn. Preis 5 M. Original- Halblederband 6,60 M. Dieser Band enthält fünf Aufsätze geschichtlichen, militär-politischen und technischen Inhaltes, welche der heimgegangene grofse Feldherr in seinen jüngeren Jahren, teils als selbstständige Schriften, teils in hervorragenden Zeitschriften veröffentlicht hat. Dieselben dürfen, in ihrer geistvollen Auffassung wichtiger politischer Fragen, denen zum Teil noch aktuelle Bedeutung beiwohnt, auch jetzt noch auf volle Beachtung Anspruch erheben. Der erste Aufsatz : " Holland und Belgien in gegenseitiger Beziehung seit ihrer Trennung unter Philipp II. bis zu ihrer Wiedervereinigung unter Wilhelm I. " giebt in gedrängter Form und mit scharfem Urteil eine Geschichte der Niederlande bis zum Revolutionsjahre 1830, in dem sich bekanntlich die endgültige Trennung vollzog. Diese Schrift ist die erste, welche der Feldmarschall (damalige Sekonde - Lieutenant) unter seinem Namen erscheinen liefs (Berlin 1831. E. S. Mittler & Sohn). Wenn der Herr Herausgeber sie, gleich wie den zweiten Aufsatz, als eine Jugendarbeit des Verfassers bezeichnet, so thut dies ihrem Werte, namentlich als Beitrag zur geistigen Entwickelung Moltkes, gewifs nicht Abbruch, ebenso wenig wie man unter den Dramen Schillers seine „ Räuber" vermissen möchte und dürfte. Dafs die militärische Seite der hier kritisch dargestellten Ereignisse eine besonders lichtvolle Behandlung erfuhr, sei betont. - Der zweite Aufsatz : "7 Darstellung der inneren Verhältnisse und des gesellschaftlichen Zustandes in Polen " ist, wie der erste, durch die Zeitverhältnisse, den polnischen Aufstand des Jahres 1830 , veranlafst worden. Moltke will hier beweisen, dafs lediglich die kraftlose Regierung und die berüchtigte polnische Reichsverfassung den sich durch Jahrhunderte fortschleppenden sozialen Fäulnis- Prozefs und nachherigen Untergang des polnischen Nationalstaates gezeitigt haben. Ein mehrjähriger Aufenthalt als Topograph in der Provinz Posen und lang gepflegter freundschaftlicher Verkehr mit vornehmen polnischen Familien (über welchen M. in seinen ,,Briefen" an die Mutter und Brüder s. 4. Band der ,,Gesammelten Schriften" berichtet) setzten ihn in den Stand, seine Studien über das in Rede stehende Thema durch persönliche Wahrnehmungen zu ergänzen. ― Von gröfserer Bedeutung noch ist der dritte Aufsatz : „ Die westliche Grenzfrage ", erschienen 1841 im zweiten Hefte der ,, Deutschen Vierteljahrsschrift ". Den äufseren Anlafs des Erscheinens gab wiederum

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ein Tages-Ereignis, nämlich der im Jahre 1840 drohende Krieg mit Frankreich um die Rheingrenzen . Bekanntlich beanspruchten die Franzosen damals als Entschädigung für ihre diplomatische Niederlage in der orientalischen Frage nichts Geringeres als die Abtretung des linken Rheinufers. Moltke weist unserm begehrlichen westlichen Nachbarn an der Hand der Geschichte nach, dafs auch die damalige französische Rheingrenze eine unberechtigte sei. Er sagt u. a. (S. 226) : „,, Keinem Deutschen darf es verborgen oder gleichgültig bleiben, dafs, wenn Frankreich und Deutschland je miteinander abrechnen, alles Soll auf seiner, alles Haben auf unserer Seite steht. Nur wir haben von Frankreich zu fordern, was es uns widerrechtlich entrissen. Der Rhein ist, wie Arndt kurz und gut gesagt hat, Deutschlands Strom, nicht Deutschlands Grenze. Geht man vom historischen Recht aus , so ist alles, was Frankreich seit dem 13. Jahrhundert an seinen östlichen Grenzen gewonnen hat, ein Raub an Deutschland gewesen. . . . Wenn Frankreich selbst die Verträge (von 1814 und 1815 ) bricht und Krieg beginnt, so sollen wir uns in dem festen Entschlusse vereinigen, so Gott will und der gerechten Sache den Sieg verleiht, jene Verträge nie wieder zur Basis eines neuen Friedens zu machen, sondern das Schwert nicht eher in die Scheide zu stecken, bis uns unser ganzes Recht geworden , bis Frankreich seine ganze Schuld an uns bezahlt hat." Das sind prophetische Worte, und um so bedeutungsvoller, als es demjenigen, der sie geschrieben, ja beschieden war, ein Menschenalter später sich an ihrer Umwandlung in die That in so ruhmreicher Weise an erster Stelle zu beteiligen. -- Ebenfalls in der oben genannten Zeitschrift erschien im Jahre 1843 der vierte der hier mitgeteilten Aufsätze : "9 Welche Rücksichten kommen bei der Wahl der Richtung von Eisenbahnen in Betracht ? " Moltke hat zu einer Zeit, da das Eisenbahnwesen noch in den Kinderschuhen steckte, die Bedeutung desselben für den Staat , namentlich in volkswirtschaftlicher Beziehung, mit scharfem Blick erkannt. Überraschend ist seine hier zu Tage tretende Kenntnis der Technik desselben ; zum Schlufs weist er auch auf die militärischen Rücksichten beim Eisenbahnbau hin, ohne doch des Näheren auf dieselben einzugehen. Den Schlufs dieses Bandes bilden 5 kleinere, hier unter dem Titel ,, Zur orientalischen Frage " zusammengefafste Aufsätze : Deutschland und Palästina. Land und Volk der Kurden. ―― Militärpolitische Lage des osmanischen Reiches. Reschid, Izzet und die Pforte. - Die Donaumündung. Sie mögen als ein wertvoller Nachtrag zu des Verfassers berühmten ,, Briefen über Zustände und Begebenheiten in der Türkei“ bezeichnet werden und zeigen Moltke wohl als den genauesten Kenner und Beurteiler der orientalischen Frage. Die in diesem Bande vereinigten Aufsätze legen ein abermaliges Zeugnis ab -- wenn es dessen überhaupt bedürfte ! - von dem reichen Wissen und der hohen schriftstellerischen Begabung Moltkes als Historiker , als welcher er, auch ohne sein Feldherrntum, den klangvollsten Namen beigezählt werden müfste. 1.

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Cenni Biografici sub Principe Eugenio di Savoia. Compilati da C. Marselli. Edizione di 200 Copie numerate. Roma. Tipografia Italiana . 1891 . pag. 46. Auf Befehl Sr. Majestät des Königs von Italien wird die 1876 durch die militärgeschichtliche Abteilung des k. und k. österreichisch-ungarischen Kriegsarchivs, nach den Feld- Akten und anderen authentischen Quellen begonnene Herausgabe der " Feldzüge des Prinzen Eugen von Savoyen " , welche bis zum vorletzten ( 17.) Bande bereits gelangt ist , unter Leitung des Commandeurs der k. italienischen Kriegs-Akademie , Generallieutenant Carlo Corsi, in das Italienische übersetzt. Von den hierbei als Mitarbeitern Berufenen (colonnello a riposo cav. Pietro Valle und capitano cav. Carlo Marselli) hat der Letztgenannte, dessen wertvoller schriftstellerischer Thätigkeit in unseren Blättern schon einige Male rühmend gedacht werden konnte, dem Wunsche des Leiters des Esercito Italiano (Francesco de Luigi) entsprechend , eine gedrängte Darstellung der geschichtlichen Begebenheiten, an welchen Prinz Eugen von Savoyen Teil nahm, mit etwas ausführlicherer Erzählung jener Handlungen, in welchen die Figur des Prinzen besonders hervortritt, gefertigt. Diese wurde in den Nummern 116 bis 124 des Jahrganges 1891 der eben genannten Zeitschrift veröffentlicht und ist nun auch, als Separat-Abdruck, im vorliegenden Hefte erschienen. Wir können die, in jeder Hinsicht musterhaft verfafste Lebensbeschreibung eines der gröfsten Kriegshelden und Staatsmänner aller Zeiten der Kenntnisnahme aller Kameraden, welche der schönen italienischen Sprache sich befleifsigen, wärmstens empfehlen . Besondere Erwähnung aus dem Inhalte des schön ausgestatteten, mit einem wohlgelungnen Bildnisse des grofsen Feldherrn und einer Abbildung des demselben 1865 in Wien errichteten Denkmals versehenen Heftes dürfte noch Italiener durch Familie (Herzoge von verdienen, dafs Prinz Eugen Savoyen-Carignan , nun

Könige von Italien) ,

Deutscher durch Wahl,

Franzose durch Geburt , welcher sich, diesen Beziehungen Rechnung tragend, Eugenio von Savoy unterschrieb, an dem Treffen (Fazione) bei Petronell, welches seinem älteren Bruder, dem Ritter von Savoyen, das Leben kostete, nicht Teil nahm, sondern an jenem Tage 7. Juli 1683 noch in Paris war. Diese, mit dem Original-Werke über die Feldzüge des Prinzen in Widerspruch stehende Thatsache wurde vom Baron Carutti di Cantogno, Bibliothekar Sr. Majestät des Königs von Italien , im italie32 . nischen geschichtlichen Archiv nachgewiesen. Delbrück, Friedrich der Grofse und Clausewitz. Streiflichter auf die Lehren des Professor Dr. Delbrück über Strategie. Von Fr. v. Bernhardi , Major im grofsen Generalstabe. Paul Leist.

Berlin 1892.

Verlag von

Wer die friedericianische Litteratur der letzten 20 Jahre aufmerksam verfolgt hat, wird Kenntnis haben von der auf die Kriegführung Friedrichs des Grofsen bezüglichen litterarischen Fehde zwischen Professor Delbrück 8 Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIII., 1.

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und schriftstellernden Offizieren des Generalstabes, v. Taysen, v. d. Goltz , v. Malachowski u . A. - Dieser kriegswissenschaftlichen Kontroverse mufs insofern besondere Bedeutung beigemessen werden , als Delbrück an der Berliner Universität eine schon vielfach besprochene Lehrthätigkeit ausübt und naturgemäfs „Schule " für die von ihm entwickelten Theorien zu machen bestrebt sein wird. Seit längerer Zeit hat er, ohne selbst BerufsOffizier zu sein, Strategie und Taktik auf Grund der Clausewitz'schen Schriften zum besonderen Gegenstande seiner litterarischen Arbeiten und Vorträge gemacht und sich nachgerade in den vollkommensten Widerspruch zu den in den bezeichneten militärischen Kreisen herrschenden Ansichten gesetzt. Jetzt tritt nun, angeregt durch einen im Herbst 1889 in den von Delbrück geleiteten „ Preufsischen Jahrbüchern " erschienenen Aufsatz : Die Strategie des Perikles , erläutert durch die Strategie Friedrichs des Grofsen ", Major v. Bernhardi (Sohn des bekannten MilitärSchriftstellers und Verfassers von : „Friedrich der Grofse als Feldherr" ) gegen Delbrück in die Schranken . - Delbrück bemüht sich nämlich in seinen Schriften und Vorträgen den Nachweis zu liefern, daſs es neben der von ihm sogenannten „ ein poligen " , der „ NiederwerfungsStrategie " Napoleons und der Neuzeit, eine „ doppel polige " gäbe, die man auch „ Ermattungs - Strategie " nennen könne, und dieser habe sich sowohl Perikles wie Friedrich der Grofse mit Vorliebe bedient. Bernhardi geht diesen Delbrück'schen Theorien nun mit den schärfsten Waffen der Polemik zu Leibe und sucht das angeblich Irrtümliche derselben aus den Schriften des Königs selbst, besonders aus der in der neueren Zeit erschlossenen politischen und militärischen Korrespondenz Friedrichs des Grofsen zu beweisen . Als Handhabe benutzt er Delbrücks, in den verschiedensten Aufsätzen niedergelegte Auffassung über den ersten Teil des Feldzuges 1757 , den „Feldzug von Prag". - Delbrück vertritt die Ansicht, der Gedanke, die feindlichen Streitkräfte zu vernichten , sei beim Könige erst nach dem Siege von Prag entstanden, auch sei der mafsgebende Gedanke für den Feldzug nicht vom Könige, sondern von Winterfeldt ausgegangen. Bernhardi will nun auf Grund des Schriftwechsels Friedrichs mit Schwerin und Winterfeldt ( Pol. Corr. XIV) den Nachweis führen, dafs dem nicht so sei. - Die Wahrheit ist, dafs der König im Winter und Frühjahr 1757 einen sehr lebhaften Gedankenaustausch mit den genannten Generälen über den Feldzugsplan gehabt hat nnd ihnen gegenüber gewisse Bedenken äufsert, Bernhardi nennt sie Scheineinwände, die er widerlegt haben will ". Hier müssen wir Bernhardi auf die von ihm als besonders beweiskräftig herangezogene „ Politische Korrespondenz" verweisen ; dort (A. a. O. XIX . 416 , 417 , 442 ) nennt der König das Projekt des Einbruches in Böhmen anfänglich von fast unübersteiglichen Schwierigkeiten" und "impracticabel " ; erst am 3. April haben sich die Ansichten soweit geklärt, dafs er (A. a. O. 457 ) sich mit seinen Generälen „ nunmehr ganz und gar d'accord" erklären kann. Wir verstehen nicht, wie man dergleichen

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Scheineinwände nennen kann ; auch wird man nicht umhin können, vor Allem Winterfeldt das Verdienst beizumessen, dafs er zuerst den Gedanken des Einbruches in Böhmen gehabt und auch dem Könige gegenüber zur Geltung gebracht habe. - Bernhardis Angaben sind übrigens nicht immer einwandsfreie. So sagt er z. B. (S. 17) über die Möglichkeiten des vierten Projektes für den Feldzug, „nach dem 95,000 Mann über Teplitz und aus der Lausitz gegen brechen " u. s. w.; während doch der König an Schwerin (Pol. Corr. XIV 393) schreibt : "er werde mit einer

einen sollen Browne voram 20. März

Armee von 60-70,000 Mann in der Gegend von Teplitz eindringen und 15,000 Mann sollten in der Lausnitz bleiben “ . Nach der anderen Möglichkeit“ , sagt Bernhardi ferner, sollte die preufsische Armee in vier Gruppen in Böhmen einbrechen". Der König aber sagt (A. a. O. 394) : „ Das zweite Projekt ist, dafs 1. 40,000 Mann bei Dresden, 2. 20,000 bei Chemnitz, 3. 40,000 in der Lausnitz und 4 . 40,000 unter Kommando des Feldmarschalls v. Schwerin zu stehen kommen. - Beide letztere Corps müfsten zugleich in Böhmen einbrechen und ihren Marsch u. s. w.; das Corps hingegen, was bei Dresden steht , würde alsdann vorrücken und suchen, die Posten von Lobositz und Budin zu occupiren ; sollte indefs der Feldmarschall Browne stehen bleiben, so mufs das Corps bei Dresden gleichfalls stehen bleiben , bis von der Seite der Lausnitz und Schlesien die Operationes geschehen." Der König scheidet also das Dresdener Corps als eine Art von strategischer Reserve aus und will, diesem Projekte gemäfs , zunächst nicht in vier , sondern zwei Gruppen in Böhmen einbrechen . Der Raum gestattet es nicht, auf fernere Einzelheiten einzugehen. Bernhardi polemisiert in den letzten Kapiteln seiner Streitschrift sodann gegen Delbrücks Auffassung der friedericianischen Lehrschriften und Clausewitz's " Buch vom Kriege" ; er sagt befremdender Weise (S. 48 ), „ eine eingehendere wissenschaftliche Widerlegung der Delbrück'schen Schriften sei doch im Grunde überflüssig" . Wir meinen , dafs mit solchen abfälligen Redewendungen im Grunde nichts gesagt und nichts bewiesen wird. Freilich kann nicht verschwiegen werden, dafs Delbrück leider mit einer ähnlich gearteten Polemik den Anfang gemacht hat. Man lese in seinem Perikles-Aufsatze das Kapitel : „Eine methodologische Parodie". Hier versucht er es, Andersgläubige mit Sarkasmen jeglicher Art einfach lächerlich zu machen. Auch Bernhardi hat es an solchen bedauerlicher Weise nicht fehlen lassen, wie vor Allem die Fufsnote auf Seite 46 darthut. — Delbrücks so vielfach angefochtene „ Polaritäts-Theorie " angehend, müssen wir die Wahl dieses Schlagwortes für keine sehr glückliche halten, wie die vielfachen Mifsdeutungen, zu denen es den Anlaſs gegeben hat, beweisen, auch deckt sich, unseres Erachtens, das Wort nicht mit dem Begriffe, dem es Ausdruck geben soll. Polarität bedeutet doch in der Physik wie in der Philosophie das Vorhandensein eines absoluten Gegensatzes ; solchen aber vermögen wir zwischen Manöver und 8*

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Schlacht nicht zu erkennen. Beide sind Mittel der Kriegführung, die sich nicht abstofsen , sondern, nebeneinander herlaufend, einander ergänzen . - Rückhaltlos müssen wir ferner Bernhardi zustimmen, und auch Delbrück wird vielleicht nichts dagegen einzuwenden haben, wenn jener (S. 66) sagt : „Will man objektiv und historisch urteilen, so mufs man stets im Auge behalten, daſs vom Jahre 1745 an das ganze Thun des Königs beherrscht wird von dem einen Zweck, sich gegen eine erdrückende Überzahl von Gegnern zu behaupten, die, an den letzten Quellen ihrer Macht zu fassen und niederzuwerfen, ihm durch die Verhältnisse versagt war. Seine ganze Kriegführung war von nun an aufserdem bedingt durch die aufserordentliche Beschränktheit seiner Mittel, die ihm nirgends gestatteten, rücksichtslos mit Menschen und Material zu wirtschaften, wie es etwa Napoleon that , der es fertig brachte, die Kräfte von halb Europa durch die Art seiner Kriegführung zu erschöpfen. Dafs er trotzdem, ganz heraustretend aus dem Rahmen seiner Zeit , den Feldzug von Prag unternahm und denselbeu mit den Operationen von Rofsbach und Leuthen beendete, erhebt ihn schon an und für sich auf die höchste Stufe des Feldherrntums". Das sagt auch, mit wenig anderen Worten, schon NaSchliefslich sei noch bemerkt, poleon in seinen hinterlassenen Schriften ! dafs Bernhardi sehr zu Unrecht Delbrück zum Vorwurfe macht (S. 9) , er grundsätzlich den „Militärs" die Befähigung abgesprochen, in habe kriegsgeschichtlichen und kriegsphilosophischen Fragen die entscheidende Stimme zu führen, hierzu berechtigt sei nur der geschulte Historiker". Wir haben einen solchen ungeheuerlichen Ausspruch in Delbrücks Schriften nicht gefunden. Wie sollte er auch? Er gäbe ja damit seinen Gegnern das zerfleischende Messer der Kritik selbst in die Hand ! Wissenschaftliche Erörterung militärischer Fragen und sachliche Kritik derselben stehen denn doch Jedermann frei ; sie können weder von den „ Militärs ", noch den „Historikern von Beruf" in Erbpacht genommen werden ; die Wissenschaft ist nicht Monopol einer besonderen Kaste , sie ist frei und mufs es bleiben. Was man aber von Jedem, der sich mit solchen Dingen beschäftigt, verlangen mufs , das ist, meinen wir, gründliche geschichtliche und kriegswissenschaftliche Vorbildung ; wer derselben ermangelt, möge lieber die Finger davon lassen. 1. Friedrich, Napoleon, Moltke. Ältere und neuere Strategie. Im Anschluſs an die Bernhardi'sche Schrift : Delbrück, Friedrich der Groſse und Clausewitz. Von Hans Delbrück. Berlin 1892. Hermann Walthers Verlag.

Preis : 1,50 Mk.

Nachdem wir obige Bemerkungen zur Bernhardi'schen Broschüre niedergeschrieben hatten, empfingen wir die vorliegende Delbrück'sche Gegenschrift, die sich, in erfreulichem Gegensatz zu Bernhardis leidenschaftlich erregter Sprache, durch sehr mafsvolle und sachliche Haltung auszeichnet . Mit grofsem Geschick pariert Delbrück den gegen ihn ge-

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richteten Angriff, indem er die wichtigsten Stellen der Bernhardi'schen Schrift mit pikanten Glossen versieht. Da wir keinen Anlaſs haben, in diesem unerquicklichen Federkrieg entschieden Partei zu ergreifen , verzichten wir darauf, die Delbrück'schen Glossen unsererseits zu glossieren . Wer sich für die Sache interessiert, wird beide Schriften zur Hand nehmen müssen , um sich ein Urteil zu bilden . Audiatur et altera pars. Wir meinen, die Wahrheit sei , wie ja meistens der Fall , auf der Diagonale der widerstreitenden Ansichten zu suchen. - Nur in einem Punkte müssen wir Delbrück persönlich widersprechen, nämlich in Bezug auf Beurteilung des Eeldzuges 1778/79 . Mit Vorliebe wird dieser Feldzug, auch von anderer Seite, als ein Beweis hingestellt, dafs sich Friedrich am Ende seiner Laufbahn zur „Ermattungs-Theorie" als der richtigen thatsächlich bekannt habe. Delbrück sagt (S. 10) : ,, König Friedrich war im Jahre 1778 keineswegs altersschwach, sondern wufste sehr wohl, was er that und was er unterliefs." Den Nachsatz zugegeben, mufs dennoch gesagt werden, dafs der Friedrich des Jahres 1778 nicht mehr der des Jahres 1757 war. Er war nicht allein körperlich, sondern auch geistig gealtert ! Kein Geringerer als er selbst bezeugt dies. In einem Briefe an le Catt d. d. Silberberg, den 25. Februar 1779 (s. Oeuvres XXIV 26 ) sagt er u. A.: 99, Cette guerre et cette paix n'ont été que des misères (d. h. Jämmerlichkeiten) , l'ouvrage d'un vieillard épuisé sans force et sans vigueur. Je me suis dis souvent ces vers de Boileau : ,,Malheureux, laisse en paix ton cheval vieillissant," ,,De peur que tout à coup, essouflé, sans halaine," ,,Il ne laisse, en tombant, son maître sur l'arène." Diesem Selbstbekenntnis gegenüber wird man sagen können : ,, Das war nicht mehr der Friedrich des 7jährigen Krieges , dem es mit seinem oft genug wiederholten Worte ,, vaincre ou mouir" bitterer Ernst war. Ja, das ist wirkliche ,,Ermattungs-Strategie" gewesen, aber als Wertmesser der friedericianischen Kriegführung sollte man diesen Feldzug füglich aufser Betracht lassen . - Wir können es uns zum Schlufs nicht versagen , einen Ausspruch des wackeren Pönitz Der (Militärische Briefe eines Verstorbenen I. 9) hier wiederzugeben. geistvolle Kommentator der Clausewitz-Schriften legt hier dem Könige, den er redend einführt, folgende Selbstkritik in den Mund : ,, Meine Kriegführung war im Grunde sehr einfach, sie hatte nur die Sicherung Schlesiens und meiner Erbländer zum Zwecke. Dafs ich nicht warten durfte, bis alle meine Gegner sich gegen mich vereint haben würden, lag in dem Mifsverhältnis der Streitkräfte , die wir gegeneinander aufbieten konnten ; ich mufste also Einen nach dem Andern angreifen , schlagen, zurückwerfen. Das war mein Kriegssystem ; und meine viel gepriesene Weisheit bestand darin, dafs ich dabei weder über meine Kräfte ging , noch im Siegeslaufe die Grenzen überschritt , die ich mir selbst gesteckt hatte." - Das trifft wohl den Nagel auf den Kopf! - Wir meinen, es sei nunmehr an der Zeit , diesem

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leidigen

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Federkriege ,

von

dessen

Fortsetzung wir

uns

keine

derung der kriegsgeschichtlichen Forschung versprechen können, 1. Ende zu machen und das Kriegsbeil endgültig zu begraben.

Förein

Geschichte des Infanterie- Regiments von Wittich (3. Hessischen) Nr. 83. Im Auftrage des Regiments für den Gebrauch der Unteroffiziere und Mannschaften desselben bearbeitet durch Koenemann , Hauptmann und Compagniechef im Infanterie - Regiment von Wittich ( 3. Hessischen ) Nr. 83. Mit einem Bildnis. Berlin 1891. E. S. Mittler & Sohn. Preis : M. 1,25 . Die Geschichte der Dreiundachtziger beginnt mit einer Darstellung der Vergangenheit des vormaligen kurfürstlich Hessischen 3. InfanterieRegiments (Prinz Friedrich Wilhelm von Hessen) und der von 1652 bis 1867 bestanden habenden fürstlich waldeck'schen Truppen. Sie die Altvordern des Regiments bezeichnet, deren ruhmreiche zugleich die des letzteren sei . Der Leser wird daher annehmen, aus jenem hervorgegangen sei. Dem ist aber nicht so. Das

werden als Geschichte dafs dieses Infanterie-

Regiment von Wittich ist laut allerhöchster Kabinetsordre vom 27. September 1866 aus 12 Compagnien gebildet , welche zu diesem Zwecke von 4 posenschen, schlesischen und niederschlesischen Regimentern abgegeben wurden. Erst zwei Monate später wurden dem auf diese Weise gebildeten „ 83. Infanterie-Regimente " 81 Unteroffiziere und 367 Gemeine des inzwischen aufgelösten bisherigen 3. kurhessischen Infanterie- Regiments überwiesen und gleichmäfsig auf die drei Bataillone verteilt und nachdem das neue Regiment über Jahr und Tag bestanden hatte, am 28. Oktober 1867, wurden in das Füsilier-Bataillon 183 Angehörige des gleichzeitig zur Auflösung gelangenden Füsilier-Bataillons Waldeck, die Wehrpflichtigen und diejenigen Unteroffiziere u. s. w. welche den Übertritt wünschten und brauchbar waren , eingereiht. Daraufhin die Erinnerungen der aufgelösten Truppenteile sich aneignen zu wollen, ist als wenn der Sohn eine in zweiter Ehe verheirateten Mutter die Ahnen ihres ersten Gatten für sich in Anspruch nehmen wollte.

Abgesehen von diesem Einwand, haben

wir an der Arbeit wenig auszusetzen. Ihr Gegenstand war ein besonders Schwerlich hat ein Truppenteil so viel von den Kriegsdankbarer. schauplätzen der Jahre 1870 und 1871 gesehen und während derselben an so vielfachen Ereignissen teil genommen, wie die 22. Infanterie - Division, in deren Verbande die Dreiundachtziger fochten. Schon bei Weissenburg waren sie, wenn auch ohne zu kämpfen, zur Stelle ; was sie hier versäumen mufsten, holten sie bei Wörth und bei Sedan nach. Als sie darauf eine Zeitlang vor Paris gelegen hatten, riefen Wolken, welche im Süden aufstiegen, sie an die Loire. Damals hatte General von Wittich, dessen Namen das Regiment jetzt trägt, das Kommando der Division übernommen. Von nun an erwarb sie die Bezeichnung, unter welcher sie allgemein bekannt war, die Bezeichnung der „ Kilometer-Division. " An ungezählten Metersteinen vorüber ging es zunächst nach Orléans, dann über Châteaudun nach

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Chartres, von hier wurde ein Vorstofs gegen le Mans gemacht und über das Schlachtfeld von Loigny- Poupry nach Orléans zurückgekehrt. Es folgten die heifsen Tage von Cravant, eine kurze Weihnachtsruhe in der Gegend von Chartres, die Teilnahme an den Kämpfen um le Mans. Als hier die Hauptmasse des Heeres des Prinzen Friedrich Karl Halt machte , marschierte die Kilometer-Division in die Normandie und während des Waffenstillstandes , um in den Verband des XI . Armee-Corps zurückzutreten, nach Paris, nahm am Einzuge teil und verblieb bis zum Herbst in der Umgegend. Das alles ist hübsch erzählt und anschaulich beschrieben, daſs aber der Ton, welchen die Mannschaftsausgabe einer Regimentsgeschichte anschlagen soll , getroffen sei, möchten wir bezweifeln. Trotz der Schreibweise, welche den Verfasser als einen Mitkämpfer hinstellt, der seinen jungen Kameraden die Erlebnisse ihrer Vorgänger erzählt, ist die Darstellung nicht volkstümlich , für das Verständnis des gemeinen Mannes nicht ganz geeignet. Eine etwas weitere Ausführung wird eine vortreffliche Regimentsgeschichte, in des Wortes engerer Bedeutung , ergeben. Auch die Beigabe von zehn Offiziers-Ranglisten pafst nicht für eine Mannschaftsausgabe. - Dafs das Regiment am Nachmittage des 2. September von seinem Biwak bei Floing aus den Kaiser Napoleon gesehen habe, wie er nach Wilhelmshöhe gebracht sei, ist ein Irrtum, welchen der Verfasser gleich hinterher durch Wiedergabe eines von König Wilhelm geschriebenen Briefes selbst widerlegt. denn fast zur nämlichen Stunde schreibt der König : „ Seinen Aufenthaltsort werde ich bestimmen, nachdem ich ihn gesprochen . " --- Von der Armut der Gegend (S. 70) darf man zwischen Orléans und Chartres nicht reden . 14. Die mitteleuropäischen Kriege in den Jahren 1864, 1866 und 1870/71 . Nach den Werken des österreichischen und preufsischen Generalstabes bearbeitet von I. Scheibert , Major z. D. und M. von Reymond , früher Oberlieutenant im k. und k. Pionier-Corps und Hauptmann im eidg. Genralstabe. Mit 94 Karten und 17 Anlagen . 2 Bände. Preis geWien 1891 , C. Konegen. Berlin 1891 , Dr. W. Pauli. bunden: 14,40 M. Das vorliegende, über 1000 Druckseiten zählende Werk ist aus dem vor 2 Jahren erschienenen Buche, "" Die deutschen Kriege von 1864, 1866, 1870/71 in wohlfeiler Bearbeitung nach den Grofsen Generalstabswerken" gewisser Mafsen heraus gewachsen und nicht allein einer gründlichen Bearbeitung unterzogen, sondern auch in so bedeutender Weise vermehrt und verbessert worden, dafs man wohl sagen darf, es sei ein neues Werk geworden und biete einen für instruktive Zwecke nun vollkommen genügenden Auszug aus den Werken der beiderseitigen Generalstäbe. Der hobe Preis der letzteren ermöglicht ja leider nur sehr Wenigen deren Ankauf; das oft einzige, in der Bibliothek des Regiments vorhandene Exemplar ist zumeist vergriffen. So ist denn der jüngere Offizier oftmals völlig aufser Stande, sich über den Verlauf dieser kriegsgeschichtlich wichtigsten Kriege der Neuzeit Kenntnis zu verschaffen. Und doch ent-

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spricht dies einer zwingenden Notwendigkeit, da die abgekürzten Kurse der Kriegsschulen hierzu ganz und gar keine Gelegenheit bieten. Wir müssen es folglich den Herren Verfassern danken, dafs sie sich dieser mühevollen Arbeit unterzogen haben. Der I. Band von 1864 und 1866. (Mit 50 Karten und Beilagen) Reymond ; der II. den Krieg zwischen Frankreich den Jahren 1870/71 , bearbeitet von I. Scheibert.

behandelt die Kriege bearbeitet von M. v. und Deutschland in (Mit 44 Karten und

Plänen und 2 Anlagen). Eingehende Inhaltsverzeichnisse ermöglichen es, jede Episode dieser Kriege sofort aufzufinden . Für die Karten und Pläne sind besondere Verzeichnisse beigefügt. Die Darstellung ist eine sehr gefällige und übersichtliche ; wir meinen, dafs selbst die Besitzer der Grofsen Generalstabswerke sich zum Zwecke schneller Orientierung in diesem Werke Rats erholen können . Wenn die beigefügten Karten und Pläne vom streng kartographischen Standpunkte nicht über alles Lob erhaben sind, so möge man bedenken, dafs bei so niedrig gestellten Preisen Besseres wohl kaum geliefert werden konnte. Jedenfalls genügen die meisten derselben dem Bedürfnis des Lesers. Die unschönen Porträts der Heerführer in der Ausgabe von 1889 sind, zum Vorteil der vorliegenden, zweckmässiger Weise ausgeschieden worden. Wir empfehlen das Werk jedem militärisch Gebildeten, insonderheit aber unseren jüngeren , mit kriegsgeschichtlichen Studien beschäftigten Offizieren, sofern ihnen die Werke des Generalstabes 1. nicht zur Hand sein sollten, auf das Angelegentlichste. Kritische Beleuchtung der Schlulsmanöver des 2. und 8. Corps bei Waidhofen an der Thaya 1891. Wien 1891. Verlag der "9 Reichswehr. " Preis : 1 Mark. Verfolgt man nach dieser klaren, bündigen Darstellung den Verlauf der vorjährigen, grofsen Herbstmanöver unserer verbündeten Armee, SO gewinnt man ein recht befriedigendes Bild der Gesamtleistungen der letzteren , soweit sich eben im Frieden ein Urteil über militärische Leistungen gewinnen läfst.

Dieser Eindruck ist um so erfreulicher,

als

dieselbe Fachzeitschrift, aus welcher der vorliegende Sonder-Abdruck stammt, kürzlich erst die erheblichen organisatorischen und dgl. Mängel des österreich-ungarischen Heerwesens offen dargelegt hat. *) Den in der kleinen Schrift ausgesprochenen Kritiken kann man überall zustimmen ; sie sind sachlich gehalten- und führen zur Ergänzung auch die Urteile fremdländischer Berichterstatter an. Hervorgehoben wird die nicht hinweg zu schaffende Thatsache, dafs die Defensive neuerdings an taktischer Kraft gewonnen hat. Dann wird den Corps - Verbänden " die Daseinsberechtigung bestritten, und zwar ist des Eingehenden auseinandergesetzt, dafs der Corps -Verband im Gefechte von keinem Vorteil ist , dafs aber auch „taktisch-technische, administrative und finanzielle Gründe triftigster

*) Vgl. im Januarheft 92 der „ Jahrbücher" die Beschreibung der David'schen Schrift: 33 Ceterum censeo · .! " .

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Art gegen die Einteilung der Armeen in Corps sprechen. " Diese Darlegung ist lesens- und beachtenswert - und sie gipfelt in dem Schluſsabsatze der Schrift : ,, Der Versuch, die Corpseinteilung fortzulassen und Proben mit 5 Divisionen unter einheitlicher Leitung zu machen, wurden bei den Manövern bei Waidhofen an der Taya unternommen und fiel zur Zufriedenheit aus ( ! ) . Das 8. Corps nämlich bildete bei diesen Feldübungen eine kleine Armee : 4 Infanterie- und 1 Kavallerie - Truppen - Division." Die beigefügten Übersichts- und Terrain - Skizzen sind völlig ausreichend . 34. Ponts et viaducs mobilisables à éléments portatifs en acier pour chemins de fer et routes stratégiques, par R. Sleury , Lieutenant Colonel du génie. 1891. Vorliegendes Buch legt davon Zeugnis ab, wie unsere Nachbarn im Westen ernstlich bemüht sind, auch auf dem Gebiete des Kriegsbrückenbaues die durch den Krieg 1870/71 aufgedeckten Mängel ihrer militärischen Einrichtungen zu ergänzen und zu verbessern. Es ist umsomehr jedem unserer Ingenieur- Offiziere dringend zu raten, dieses Buch gründlich anzusehen, als wir dem Verfasser wohl Recht in seiner Behauptung geben müssen, dafs die deutsche Armee im Kriegsbrückenbau auch nichts Besseres geleistet habe , trotzdem die Amerikaner im Secessionskriege uns mit gutem Beispiel vorangingen. - Feste Brücken, und um diese handelt es sich hier, werden ja im Kriege überall da notwendig, wo solche zerstört oder in unzureichender Zahl oder Bauart für die Bedürfnisse der Armee vorgefunden werden, und wo das Material der Pontonkriegsbrücken nicht disponibel ist oder nicht genügt. Solche Fälle kommen in sehr grofser Zahl vor und bei dem Mangel jeden hierzu vorbereiteten und mitgeführten Materials ist der Ingenieur gezwungen, zu den langwierigen, oft schwierigen und trotz aller Mühe oft ungenügenden Konstruktionen aus sogenanntem unvorbereiteten Material zu greifen, welches bekanntlich fast niemals in wünschenswerter Masse und Beschaffenheit zur Verfügung steht . Sleury berechnet, dafs die Deutschen im letzten Feldzug zur Herstellung einer gewöhnlichen festen Brücke über einen grofsen Flufs pro 100 m Länge einen Zeitraum von 300 Stunden ( 12 Tage und Nächte) gebrauchten, und wenn auch seine mitgeteilten Beispiele nicht ganz einwandfrei sind, müssen wir doch zugestehen, dafs wir so wenig als die Franzosen daran gedacht hatten, man könne im Kriegsbrückenbau auch von anderen Dingen Gebrauch machen als von hölzernen Balken und Pfählen . Und nach dem Feldzug haben wir schleunigst in Gemeinschaft mit dem Eisenbahnbau auch den Eisenbahnbrückenbau der Eisenbahntruppe überwiesen und diese Truppe vom Ingenieur-Corps losgelöst ; die Eisenbahnbrücken sind dort in guter Hand. Aber der Pionier ?! wird der nun in Zukunft wieder Balken und Bretter zusammensuchen und nach wochenlanger Anstrengung eine Brücke hinstellen , welche das nächste Hochwasser oder Eisgang wegreifst, weil er zu kurze Spannungen machen und den Flufs durch Spickung

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mit Pfählen ungebührlich einengen mufste ? oder wird er nach dem Eisenbahner rufen , der Zeit und Material selbst braucht ? Bei der bestehenden Organisation unseres Ingenieur-Corps ist es ja erklärlich, dafs kein Offizier Zeit und Kraft mehr findet, um einer so schwierigen Frage, wie der Konstruktion leichter, transportabler, schnell zu erbauender fester Brücken sich zu widmen. Er hat in seinem unaufhörlichen Herüber und Hinüber von der Truppe zur Festung und zurück gerade genug zu thun, sich einzuarbeiten und den hohen Anforderungen seines Dienstes zu genügen und - dazu ist ja das Ingenieur-Komitee da ! Das hat auch eine grofse Arbeit geleistet, einen Anhang zum Pionierhandbuch über Brückenbau, aber aus Holz , also der alte Standpunkt : unvorbereitetes Material ! Nun wollen wir kurz sehen, was der Oberstlieutenant Sleury aus Stahl konstruiert und unsere Nachbarn beneiden. Der einfache Gedanke, welcher allen seinen Konstruktionen zu Grunde liegt , besteht darin, 2 Gitterträger aus Stützen, oberen und unteren Gurtungen und Streben mit Bolzenverbindung zusammenzusetzen und die Fahrbahn mit Querträgern auf die untere Gurtung aufzulegen. Die einzelnen Teile sind für alle Felder völlig gleich, so dafs eine beliebige Zahl derselben aneinander gereiht und hierdurch jede beliebige Brückenlänge erzielt werden kann. Am Ufer fertig zusammengesetzt, wird die Brücke auf Walzen vorgerollt ; das erstere kann also auch teilweise geschehen und immer hinten angesetzt werden . Für Eisenbahnbrücken sind die Konstruktionsteile selbstredend am stärksten und längsten, auch die Zahl Die Spannungen sind bis zu 60 m zu beträgt pro lf. m 1750 bis 2600 kg. 12 Stunden und für die bedeutende

der verschiedenen Teile am gröfsten. erreichen, das Gewicht der Brücke Der Bau erfordert für 6 bis 18 m Länge einer Spannung von 55 m 53 Stunden. Wichtiger für uns sind die Brücken für Strafsen und Wege, welche Sleury in 4 verschiedenen Formen herstellt : 1. schwere Kriegsbrücke für schwerste Belastung : 3,50 m freie Bahnbreite, Tragvermögen 1200 kg pro lf. m bei 21,60 m Spannung. Die Länge von 150 m wiegt 70,000 kg und erfordert 14 Eisenbahnwagen. Eine solche Brücke wurde 1889 über den Var in einer Länge von 370 m in 18 Spannungen erbaut und durch 240 Mann in 52 eff. Arbeitsstunden vollendet ; 13 Monate einem sehr beanspruchenden Verkehr übergeben, bewährte sie sich vollkommen. 2. leichte Feldbrücke für die Feld -Armee : 3,0 m freie Bahnbreite, Spannungen bis 30 m mit Tragfähigkeit für 40,000 kg schwere 6 spännige Wagen . Gewicht des Materials für 24 m lange Brücke : 9600 kg. Der lf. m. Brücke wiegt 230 kg., während derselbe für unsere Pontonbrücke inkl. Pontons ca. 240 kg wiegt . Bau einer Brücke von 24 m: 90 Minuten ; Transport auf 6 Fahrzeugen. Mit 2 Trains sind 54 m Brückenlänge zu erreichen . 3. Laufbrücke für Kavallerie : 2,0 m breit, Spannung von 26 m, wird auf 4 Fahrzeugen verladen, wiegt ca. 4500 kg, trägt 800 kg pro m und wird erbaut in 40 Minuten . 4. Brückensteg 1 m breit, wiegt pro m 67 kg und ist bis zu 40 m zu spannen . Soweit sich aus der Beschreibung und den Zeichnungen ersehen läfst, sind die Brücken

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Sleurys entschieden brauchbar ; natürlich werden die Pontonbrücken wohl zunächst neben denselben nicht in Fortfall kommen können, vielleicht liefse sich aber eine Konstruktion finden , welche Pontonunterstützung und Stahlbrücken zu kombinieren gestattete ; einheitliches Material ist doch immerhin wünschenswert. Vielleicht lässt sich ein deutscher Ingenieur anregen zu weiterem Ausbau des System Sleury ; ich möchte es uns 49. wünschen. Das Heeresstrafrecht von Dr. E. F. Weisl , Hof- und Gerichtsadvokat in Wien. - Allgemeiner Teil. - Wien, Verlag J. L. Pollak, 1892 . In dem vorliegenden Werke behandelt der Herr Verfasser in systematischer Weise die allgemeinen Lehren des Militär-Strafrechts der österreichisch-ungarischen Armee mit Berücksichtigung des Militär- Strafrechts anderer Armeen. Es giebt bekanntlich zwei Darstellungsweisen des Rechtsstoffes . Die eine Darstellungsweise ist die exegetische, welche in einem paraphrasierenden Fortschreiten von einem Paragraphen zum andern besteht. Die andere Darstellungsweise ist die historisch-philosophische, welche den gesamten Rechtsstoff zu einem System gestaltet. Die letztere Behandlungsweise ist die wissenschaftliche . Die Geschichte lehrt uns die Vergangenheit kennen, um die Forderungen der Gegenwart zu verstehen . In der Philosophie aber sind die Fundamente jeder Spezialwissenschaft gelegen. Es ist daher gewifs zu billigen, dafs der Herr Verfasser des vorliegenden Werkes sich für die systematische Darstellungsweise entschieden hat. Der 1. Abschnitt des Werkes („Der Staat und die Strafen") enthält eine philosophische Begründung des Militär- Strafrechts . Über denselben Gegenstand hat der Rezensent im Januar-Hefte dieser Zeitschrift einen Aufsatz veröffentlicht . Wir stimmen dem Herrn Verfasser des vorliegenden Werkes nicht bei, dafs das Militär-Recht kein Postulat der absoluten Gerechtigkeit, sondern nur ein höheren Staatszwecken Dienliches ist. Nach unserer Ansicht ist das Prinzip im allgemeinen und im Militär-Strafrecht dasselbe.

Der Grund

der Strafe ist immer die innere Gerechtigkeit, während der Zweck der Strafe die Aufrechtbaltung der staatlichen Rechtsordnung, beziehungsweise der Rechtsordnung im Heere ist. Die Militär-Delikte sind gegen das Heer, daher gegen den Staat selbst gerichtet . Ist es gerecht, dafs die gegen Einzelne begangenen Delikte gestraft werden, so entsprechen gewifs auch die Strafnormen gegen Delikte, die gegen das eigene Vaterland begangen werden, dem Prinzipe der Gerechtigkeit. Der 2. Abschnitt enthält eine Geschichte des Militär-Strafrechts von den Zeiten Roms bis zur Kodifikation der neuen Gesetze. Auch über diesen Gegenstand hat der Renzensent eine Abhandlung in dieser Zeitschrift (April-, Mai- und JuniHeft 1891 ) veröffentlicht, welche in dem in Rede stehenden Werke, welches auch seinerseits auf Quellenstudium beruht - berücksichtigt ist. Die übrigen Abschnitte handeln von der Unterscheidung der strafbaren Handlungen, dem Geltungsgebiete des Militär- Rechts in objektiver und

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subjektiver Beziehung, den Kriegs- und Friedensgesetzen, den Strafarten und den thatsächlichen Voraussetzungen der Strafbarkeit. Das Urteil über das in Rede stehende Werk kann nur ein günstiges sein. Der Herr Verfasser hat es verstanden, den umfangreichen Stoff geistig zu durchdringen, und in ein System zu gestalten . Die allgemeine strafrechtliche Litteratur ist entsprechend verwertet , die Schreibart ist eine klare und bündige. Das Werk verschafft dem Fachmann und dem Laien reichliche Belehrung. Der vorliegende 223 Seiten umfassende Band enthält allerdings nur den allgemeinen Teil, aber gerade dieser ist für das ganze Rechtssystem von entscheidender Bedeutung. Dem Werke ist ein rascher Fortgang zu wünschen, kann aber schon gegenwärtig allen, welche dem Militär- Recht D. ein Interesse entgegenbringen, empfohlen werden. Ernste Worte an die deutsche Jugend , von einem älteren Offizier. 1892. E. S. Mittler & Sohn. Preis 1 M.

Berlin

Das vorliegende Schriftchen erscheint uns als ein treffliches „ Vademecum “ für unsere männliche Jugend, zumal, sofern sich dieselbe dem Offizierstande zu widmen beabsichtigt. In eindringlicher, von Pedanterie und Frömmelei sich fern haltender Weise werden die wichtigsten ethischen Themata hier besprochen. Vaterland, Familie, Glaube, Nächstenliebe , der Lebensgenufs und seine Gefahren , Kameradschaft und Freundschaft, Spiel , Ehrenwort, Zweikampf u. v. A. zieht der Verfasser, welcher zunächst den eigenen Söhnen einen Berater mit auf dem Lebensweg geben wollte, vor sein Forum . Unsere dem Materialismus zuneigende Zeit hält ja leider von solchen Schriften nicht viel und gehet gern an denselben vorüber. Sehr zu Unrecht. Wir meinen , es könne unserer Jugend nicht schaden, wenn sie sich in Stunden der Einkehr dessen erinnern wollte, dafs ohne Begeisterung für die edelsten Empfindungen des Herzens, ohne Sinn für Religion, wahre Mannesehre, Freundschaft und Kameradschaft , ohne Verständnis für den wahren Lebensgenufs, der sich fern hält vom Gemeinen, wir uns die Wurzeln unserer Kraft selbst abgraben. In diesem Sinne empfehlen wir diese Schrift der Beachtung zahlreicher Leser. 2. Das deutsche Offiziertum und die Zeitströmungen, von General v. Schmidt. Berlin 1892. Liebel'sche Buchhandlung. Ein von edelstem, vornehmstem Geiste des deutschen Offiziers durchdrungenes kleines Werk liegt vor uns. Wir haben es nicht nur mit hohem Interesse gelesen, sondern es hat unser Herz auch für den in der Armee so wohlbekannten und hochgeachteten Verfasser gewonnen. Denn solch' Werk schreibt sich nicht nur mit der Feder, sondern es ist ein Teil des Menschen, dessen ganzes Denken und Wesen es wiedergiebt. - Verfasser knüpft an an die Allerhöchste Kabinetts-Ordre vom 2. Mai 1874 und an die denkwürdigen Worte des in Gott ruhenden Heldenkaisers : „ Der Offizierstand darf nie vergessen, dafs es nicht materielle Güter sind, die ihm die hochgeehrte Stellung im Staat und in der Gesellschaft erworben

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Es sollten diese Worte in der heutigen

Zeit mit goldenen Lettern an der Wand jedes Offizier- Kasinos prangen . Sie sollten jedem Offizier, welcher zur Leitung eines Offizier-Corps berufen ist, zur Richtschnur seiner Thätigkeit dienen . - Darum stimmen wir dem Herrn Verfasser ganz zu in der Wahl dieses seines Motto . -- Besonders empfehlen wir unsern jüngern Offizieren die Kapitel : Das Offiziertum und das Geld, die Offizierheiraten, der anständige Mensch " und das 17. Offiziertum. Die modernen Zeitströmungen. Papst Leo XIII . , Feldmarschall Graf Moltke und ihre Bekämpfung der Sozialdemokratie durch die Sicherung der Heimstätte. Dresden 1892 . Meinhold & Söhne. Preis 30 Pf. Die Verhandlung über den Entwurf eines Heimstättengesetzes im deutschen Reichstage hat dargethan , dafs seitens der meisten Parteien die Wichtigkeit der Heimstättenfrage erkannt ist und erscheint demnach das Zustandekommen des einer Kommission überwiesenen Gesetzes gesichert ; damit aber wird ein wesentlicher Schritt zur Lösung der sozialen Frage vorwärts gethan. Dafs in der Reichstagsverhandlung der Sprecher der sozialdemokratischen Partei den Entwurf lieber dem Papierkorbe überweisen möchte, anstatt einer Kommission " , charakterisiert am besten den Standpunkt jener Leute, deren Ziele durch zufriedene Menschen allerdings nicht gefördert werden . Der Herausgeber sagt in der Einleitung : „ Durch die Güte einiger Herren, welche der Heimstättensache näher getreten sind, sei er im Stande, neben Kundgebungen von welthistorischer Bedeutung der grofsen unsterblichen Männer Leo XIII. und Feldmarschall Moltke in der Heimstätten- und Grund- und Bodenfrage noch die anderer hervorragender Männer, wie Geheimer Justizrat Professor Dr. Gierke, Pastor v. Bodelschwingh, Wirklicher Geheime Rat v. Straufs und Torney, Reichstagsabgeordneter Gehlert, Landgerichtspräsidenten v. Kunowsky u . A. wiederzugeben. Auch die Äufserungen eines hervorragenden Juristen, des „ Pessimisten “, sind aufgenommen, jedoch gleichzeitig die wohlwollenden Urteile des Reichsanzeigers, sowie des Militärwochenblattes. Der deutsche Adel hat sich auf einem aufserordentlichen Adelstag einstimmig für die Heimstättensache im Sinne des Reichsheimstätten- Gesetzentwurfs erklärt. Auch ein Verein hat sich als Wehr um denselben gebildet .

Die Broschüre

ist geeignet, zur Klärung der wichtigen Frage wesentlich beizutragen. 4. Vorschläge und Gedanken zu einer Umschaffung der deutschen Armee, diesmal nicht von einem Oberst oder General a. D. , sondern von einem Füsilier a. D.

Prag 1892.

Fr. Ehrlichs Buchhandlung.

Der ungenannte Verfasser, mit seinen Umschaffungs - Vorschlägen von den Kriegsministern Preufsens, Bayerns und Sachsens abgewiesen , -fühlt sich zur Veröffentlichung seiner Gedanken „ durch Vaterlandsliebe und Pflichtgefühl " gedrungen. Wir wollen ihm, dem geborenen Meininger,

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Umschau in der Militär-Litteratur.

(der ein ausgeprägtes österreichisch-deutsch schreibt), diese Beweggründe nicht abstreiten, meinen aber, dafs er hätte streng -sachlich bleiben sollen. Der Satz im Schlufsworte : Auch fühlt der zurückgesetzte (!) Fusilier von einst, dafs er für Manches Vergeltung zu nehmen schuldig blieb ; er gedenkt sie sich zu holen, indem er sich an seine Landsleute im deutschen Reiche wendet und sie auffordert, mit ganzen Kräften mit ihm zu thun und nicht ihre Geschicke fraglos von oben sich bestimmen zu lassen, denn dieser die Herren sind nicht dazu alle fähig in ihren Ämtern" Satz ist seinem Inhalt nach doch sehr bedenklich ! Die persönlichen " Wahrnehmungen" des Verfassers während seiner Dienstzeit und des Krieges 1870/71 , behandelnd Strategie, Taktik, Verpflegung u. s. w. des deutschen Heeres laufen meist in dünkelhafte Verurteilung unserer Führer und Einrichtungen aus, verallgemeinern eigene Erfahrungen des Verfassers in unzutreffender, über das Ziel hinausschiefsender Weise, lassen die völlige Unzulänglichkeit des militärischen Urteils des „Füsiliers “ deutlich hervortreten und thun nichts zur Sache selbst. Beachtenswert, allerdings alles Bestehende beinahe umstürzend, ----- sind unter mehreren Gesichtspunkten des Füsiliers Vorschläge zu einer neuen, zweckmässigen und kriegsgemäfsen Bekleidung und Ausrüstung" : da ist Manches, was bereits versucht wird, und was als einführungswürdig anerkannt werden dürfte. Nicht minder originell sind Vorschläge und Urteile, die sich beziehen auf ,,die einfachste Kampfform der Infanterie", — „die Vereinfachung der Gewehrgriffe" , die ,,Auflassung überflüssiger Kommandos und Übungen“, ,,die Feldbefestigung" ,,,ein fahrbares Aussichtsgestell",,,der Telegraph", ,,das kriegsmäfsige Zweirad" (alle Jäger- und Schützen-Bataillone (8 Compagnien à 100 Fahrern stark) sollen damit ausgerüstet werden!), ,,eine Offizierswaffe", und „ Kürzung der Dienstzeit" - nämlich auf ein Jahr! Manches ist, wie gesagt, auch hier des Lesens wert, - Alles ist, keck und anregend hingestellt, - aber, trotzdem der Füsilier die bedeutendsten, von ihm mit Namen aufgeführten deutschen Militärschriftsteller der heutigen Zeit studiert hat, wie er sagt -: in summa ist sein militärischer Gesichtskreis doch wesentlich beengter, als er selbst dies für möglich halten wird ; wir verstehen es wohl, dafs die Kriegsministerien eine Prüfung der Schrift in ihrer jetzigen Verfassung abgelehnt haben. 34. Repetitorium der Taktik. Zum Gebrauche für Offiziere und Portepeefähnriche aller Waffen. Herausgegeben von v. Schultzendorff, Oberst z. D. II. Ausführung. 2. verbesserte und vermehrte Auflage. Berlin 1892. Verlag von R. Eisenschmidt. Preis 1,50 M. Wir haben schon bei Erscheinen der 1. Auflage dieses Handbuches uns über den praktischen Wert desselben geäufsert. Dafs es Anklang gefunden, erhellt aus der nun erforderlich gewordenen 2. Auflage, welcher im Interesse der Offiziere, welche sich zur Kriegsakademie vorbereiten, mehrere Notizen, betreffend Anleitung zur Befehlserteilung, hinzugefügt

Umschau in der Militär-Litteratur.

127

wurden, desgleichen wurde der Text durch kurz angedeutete kriegsgeschichtliche Beispiele vermehrt, und somit auf das Studium der Kriegsgeschichte, als der Hauptquelle alles militärischen Wissens, verwiesen. 4. Uniformenkunde. Lose Blätter zur Geschichte der Entwickelung der militärischen Tracht in Deutschland . Herausgegeben, gezeichnet und mit kurzem Texte versehen von Richard Knötel. Rathenow 1891 . M. Babenzien.

Band II. Heft 8-10.

Preis jeden Heftes 1,50 M.

Mit den vorliegenden Heften ist der II. Band dieses verdienstvollen Werkes zum Abschluſs gediehen. Heft 8 enthält : Bl. 36 : Kur- Sachsen. Inf.- Regt. du Caila 1730. Bl. 37 : Preuſsen . De le Noble'sches Freicorps 1757. Bl. 38 : Preufsen. Bosniaken-Corps 1786. Bl. 39 und 40 : FrankHeft 9 furt a. M. Fürstlich primatische Truppen 1807 und 1809. enthält : Bl. 41 : Württemberg. Reiterei 1759. Bl. 42 : Baden. HusarenOffizier 1812. Bl. 43 : Hessen-Darmstadt. Regiment Grofs- und Erbprinz 1809. Bl. 44 : Cleve-Berg. Lancier 1812. Bl. 45 : Preufsen . 1. und 2 . - Heft 10 enthält : Bl. 46 und 47 : Hanwestpreufs. Inf. - Regt. 1813. ― seaten Infanterie- , Artillerie- Reiterei 1814. Bl . 48 : Hessen- Darmstadt. Kreis-Regiment 1752. Bl. 50 : Preufsen.

Bl. 49 :

Sachsen.

5. Pionier -Abtlg. 1830.

Leib - Kürassier - Garde 1813 . Die Verlags -Buchhandlung

macht bekannt, dafs sie auch elegante Mappen zum Hineinlegen der Blätter herstellen lasse zum Preise von 3 Mark per Band und demnächst einen dritten Band herausgeben werde, der 2 Lieferungen mehr enthalten und auch aufserdeutsche Heere in den Bereich der Darstellung ziehen 4. wird. Die Hefte werden regelmässig monatlich erscheinen .

III.

Seewesen.

Marine Rundschau. Heft 2: Über Kasernenschiffe. (Admiralitätsrat Koch. ) Der Verfasser entwickelt die Vorteile und Nachteile der Unterbringung von Mannschaften, unter Hinweis auf die in der Kaiserlich deutschen Marine bei den ausrangierten Kriegsschiffen ,,Barbarossa" und „Gefion" gemachten Erfahrungen. Soviel dem Schreiber dieses bekannt ist liebt der Matrose die Unterbringung auf Kasernenschiffen, namentlich in unserm nordischen Klima, nicht, sondern zieht es vor in Kasernen am Lande untergebracht zu

werden.

Takelage von

Kriegsschiffs-

booten , unter Beifügung einer Anzahl Typen . Vorschläge zu ihrer Vereinfachung bezw. Verbesserung und Allgemeines über Kriegsschiffsboote. Vom Kapitänlieutenant der Seewehr Arenhold . Bericht des Kommandanten S. M. Kreuzer ,,Habicht", Korvetten - Kapitän v. Dresky über die Bestrafung der Abo-Leute und das Gefecht bei Miang, wo bekanntlich der Freiherr v. Gravenreuth seinen Tod fand. Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens.

Vol . XIX . Nr. XII. Über den Einfluss von Beschädigungen in der Wasserlinie auf die Stabilität

128

Umschau in der Militär-Litteratur.

eines Schiffes. Vortrag gehalten im United Service Institute in Annopolis, Nord-Amerika, von Charles Hemje. Interessante Abhandlung, deren Zweck es ist, die Gefahren, denen ein mit einem Panzerdeck versehenes Panzerschiff durch Beschädigungen in der Wasserlinie und dem daraus resultierenden Verluste an Stabilität ausgesetzt ist, durch Berechnung und graphische Darstellung zu veranschaulichen . Der Artikel wird Fachleuten auf das angelegentlichste empfohlen. Volum XX . Nr. I. Über die Entwickelung der Torpedofahrzeuge von Lieutenant Ridgely Hunt der Nordamerikanischen Marine, veröffentlicht in : The Years naval Progress 1891. Eine Aufzählung der in den verschiedenen Marinen erbauten Torpedofahrzeuge. Der Artikel schliefst mit der Bemerkung, dafs den betreffenden Fahrzeugen in Zukunft ein Platz von hervorragender Wichtigkeit entsprechend ihrer Entwickelung in Bezug auf Verwendbarkeit und Anzahl zu komme. (Qui vivra Von verra !). Über Schnellfeu erkanonen grofsen Kalibers. Friedrich Jedliezka , k. und k . Marine- Artillerie- Ingenieur. (Fortsetzung.) — Erprobung von Panzerplatten in England und Nordamerika . Nach den Versuchen in Annopolis (N. Amerika) schien es, als ob der Compoundpanzer eine derartige Niederlage erlitten hätte, so dafs dessen weitere Verwendung ausgeschlossen zu sein schien und der Nickelstahl oder der gehärtete Reinstahl ausschliesslich die Situation beherrschen würde. Den englischen Panzerplattenfabrikanten Brown & Comp. ist es jedoch durch die Erfindung des Kapitän Tresidder, der entsprechend die CompoundPlatten gehärtet werden, gelungen, die letzteren wieder zu Ehren zu bringen. Nr. 1666 : Angaben (doch wenig zuArmy and Navy Gazette. nisse der russischen Flotte. - Torpedobootsverlässig) über die Stärkeverhält

Taktik in Frankreich und England bezüglich des Angriffs und der VerNr. 1667 : The naval outlook. Admiral Sir teidigung von Häfen . Thomas Symonds spricht sich über das ungenügend ausgebildete Personal der englischen Flotte für den Fall eines Krieges aus und hebt hervor, dafs See-Offiziere und Geschütz-Commandeure nicht an einem Tage ausgebildet werden können . Auch die Schiffe werden teilweise vom Verfasser einer wenig günstigen Kritik unterzogen. -Nr. 1668 : Torpedo boats and Über dies Thema hat sich zwischen Mr. Yarrow und Liquid Fuel. einem Interviewer des Globe eine Polemik entsponnen, die in dem pro und contra der Behauptung gipfelt, dafs Torpedoboote im künftigen Seekriege hauptsächlich nur zur Küstenverteidigung Verwendung finden würden und England sich beeilen sollte, seine Torpedoboote so einzurichten, dafs sie mit Öl, Petroleum geheizt werden könnten. Der Artikel ist zu empfehlen. -Ein Torpedo- Transportschiff Namens " Foudre" ist für die französische Marine im Bau und zwar nach den Plänen des Mons. Duplau Lahitte . Es soll 1895 fertig sein ; die Länge desselben soll 370 Fufs, die Breite 51 Fufs in der Wasserlinie, mittlerer Tiefgang 20 Fufs, Deplacement 5970, Pferdekraft 11,400 indicierte Pferde betragen ; ferner ein gepanzertes Deck erhalten und mit acht 10 cm , vier 65 mm und

Umschau in der Militär-Litteratur.

129

vier 47 mm Schnellfeuer-Kanonen armiert werden. - Nr. 1670 : Ein TimesKorrespondent äufsert sich über die Leistungsfähigkeit der während der englischen Flottenmanöver pro 1890/91 verwendeten Torpedokreuzer und Torpedoboote I. Klasse sehr befriedigend und bemerkt dazu , daſs England pro 1895 einunddreifsig Torpedokreuzer mit 17 bis 18,5 Knoten, Italien zu der Zeit 22 mit 19-20 Knoten, Deutschland etwa acht mit 22-23 Knoten haben werde. Nr. 1671 bringt einen lesenswerten Artikel, betitelt : The Naval Reeve . Ferner die vom italienischen Marine-Minister pro 1892/93 beabsichtigten Schiffsbauten: 1 Panzerschiff erster Klasse und eine Anzahl Panzerschiffe zweiter und dritter Klasse u. s. w. Army and Navy- Journal . Vol . XXIX. Nr. 20. Durch die mit dem Howell-Torpedo in Nord-Amerika gemachten Erfahrungen hat das MarineDepartement eine Änderung des Torpedobootes Cushing beschlossen . Letzteres ist wieder in Dienst gestellt und 30 Howell-Torpedos sind bei der Hotschkifs-Compagnie in Bestellung gegeben worden. - Nr. 21 : 1892. Nach dem Journal des Debats soll man in Italien mit einem Schiffe älterer Konstruktion Heizversuche

mit Kohlen

und Petroleum

angestellt

haben, deren Resultat zu Gunsten des letzteren bezüglich der erzielten Schnelligkeit ausgefallen sein soll. Nr. 22: Der englische Kreuzer „Gleaner" soll mit forciertem Dampf, statt der kontraktmässigen 3500 indizierten Pferden, 3632 mit einer Geschwindigkeit von 20,1 Knoten erzielt haben. - Nr. 23 : Nach Auslassung der Londoner Times dauert die Fertigstellung des Baues eines Panzerschiffes nach dem Ablauf ebensolange wie die von der Legung der Kielplatten bis zum Stapellauf. Die Compound-Platten für das englische Panzerschiff „Royal Sovereign" sind von Charles Cammell in Cheffield nach Wilsons Patent geliefert, dessen Gewicht 2902 Tons beträgt, welche wiederum mit Bolzen von 124 Tons Gewicht befestigt werden. Das Panzerdeck von Stahl hat ein Gewicht von 4500 Tons. - Nr. 24 : Nach Mitteilungen aus England soll der zu Elswick Works (Sir William Armstrong) gehörige Dampfer ,, Drudge" mit dem Sims-Edison-Torpedo behufs weiteren Experimentierens mit letzterem nach Portsmouth gefahren sein. Journal of the United Service Institution . Volum. XXXVI : Nr. 167: Die von den Franzosen in den Jahren 1796-1798 unternommenen Expeditionen behufs Invasion Irrlands. Von Contre-Admiral P. H. Colomb. - Einige Notizen über die Erziehung des seemännischen Personals. ― Eine kurze Zusammenstellung der Rekrutierung, Dauer der Dienstzeit u . s . w. in der kaiserlich deutschen Marine. Verfafst von Hauptmann H. W. L. Holman der englischen Marine-Infanterie. Revue maritime et Coloniale . Vol . CXII . Nr. 364 : Die englischen FlottenManöver von 1891. Ein längerer Artikel behandelt die Dauerhaftigkeit der schweren englischen Schiffsgeschütze, worin ausgeführt wird, daſs nach theoretischer Berechnung die 110 Tons Kanonen kaum mehr als 85 Schufs mit voller Ladung aushalten dürften. Auf die weiteren Auseinandersetzungen hier einzugehen, mangelt es an Raum. - Nr. 365 : Die alten 9 Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIII., 1.

Umschau in der Militär-Litteratur.

130

Marine-Truppen 1622-1792 (Forts. ). Von M. Gabriel Costa, Redakteur im Marine-Ministerium. - Verwaltungs-Rat der Marine-Häfen . Von Mons. Laurier, Unter- Kommissar der Marine. Rivista Marittima. (Februar) : Der Seekrieg (Fortsetzung). Von A. Colombo, Linienschiffs-Lieutenant. - Die deutsche Handels- Marine (Forts.). Von Salvatori Raineri. - Die Marine-Architektur. Von Giuseppe Rota.

Marine- Ingenieur I. Klasse. ,,Die deutsche Flotte und der Reichstag . Ein Wort zu Gunsten der deutschen Wehrkraft zur See" von Kapitän z. S. a. D. Stenzel. Berlin 1892 . Zimmermanns Verlag. Unter diesem Titel ist eine Broschüre erschienen , die mit Wärme für die Bewilligung der durch den Marine-Etat für die Flotte beantragten Mittel eintritt. Im Besonderen wird mit Bezug auf den drohenden grofsen Krieg die Wichtigkeit der Verhinderung einer Blockade unserer Häfen und die Sicherung freier Zufuhr zur See hervorgehoben, die bei dem im Kriege sich enorm steigernden Bedarf an Lebensmitteln u. s. w. bei fast völlig gehemmter Produktion von grofser, vielleicht von entscheidender Bedeutung für den Ausgang sein wird. Auf eigene Füfse sollen wir uns stellen und der eigenen Kraft, der unserer Flotte, vertrauen ! Der Verfasser weist es zurück, dafs die Marine-Verwaltung eine Flotte ersten Ranges anstrebt, sondern nur eine solche, wie sie vom Jahre 1848 an durch alle Flottenpläne vorgeschlagen und prinzipiell gebilligt ist, und zwar unter Hinweis darauf, wie in Frankreich die Budget-Kommission und die Kammer für 1892 über die Anträge des Marine-Ministers hinaus die Indienststellungen um drei Panzerschiffs- Divisionen u. s. w. , das eingeschiffte Personal um 219 Offiziere und etwa 2000 Mann erhöht haben , wodurch die Kriegsbereitschaft fast der ganzen Flotte schon im Frieden hergestellt wird. Der Verfasser führt ferner an, dafs der militärische Wert der Flotte in Folge der Verwendung ungenügender Mittel auf ihre Erhaltung ein volles Jahrzehnt lang hinuntergegangen ist, bis sie auf den dritten Rang und darunter angekommen sei. Ferner wird der Vorschlag zur Errichtung eines Reichs-Schiffahrts-Amtes zur Förderung des Wasserverkehrs auf See, an der Küste und auf den Wasserstrafsen im Lande gemacht, auf das die Seewarte übertragen werden solle u. s. w. Die mit Sachkenntnis geschriebene Broschüre hat leider auf die Verhandlungen im Reichstage keinerlei Einfluss ausgeübt. Der Vorschlag zur Errichtung eines Reichs-Schiffahrts-Amtes wäre vielleicht besser unterblieben.

IV.

Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher.

1. Studien über den Krieg. Auf Grundlage des deutsch-französischen Krieges 1870/71 von J. v. Verdy du Vernois , General der Infanterie. Erster Teil : Ereignisse in den Grenzbezirken. (Vom 15. Juli bis

Umschau in der Militär- Litteratur.

131

2. August 1870. ) Zweites Heft (Fortsetzung). Mit einer Übersichtskarte und einem Plane in Steindruck. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn . Preis 3 M. 2. Beschreibung der Kriegsthaten des General- Feldmarschalls Ernst Albrecht v. Eberstein . Bearbeitet von L. F. Frh . v. Eberstein , kgl. preufs. Druck von Ingenieur-Hauptmann a. D. Zweite Ausgabe. Berlin 1892 . Gustav Schenk . 3. Pabst Leo XIII. , Feldmarschall Graf Moltke und ihre Bekämpfung der Sozialdemokratie durch die Sicherung der Heimstätte. Preis 30 Pf. Verlag von E. E. Meinhold & Söhne. Dresden 1892 . 4. Das Heeres-Strafrecht von Dr. E. F. Weisl , Hof- und GerichtsMit einer Vorrede von Martin Advokat in Wien. Allgemeiner Teil. Damianitsch, k. u . k. General -Auditor. Pollaks Buchhandlung.

Wien 1892.

Verlag von J. L.

5. Die vormals kurhessische Armee- Division im Sommer 1866.

Auf

Grund des vorhandenen aktenmäfsigen Materials, sowie der eigenen Erlebnisse dargestellt von Julius v. Schmidt , Generallieutenant z. D. Kassel 1892.

Verlag von M. Brunnemann .

6. Taktische Unterrichtsbriefe

zur

Vorbereitung für das

Kriegs-

akademie- Examen, taktische Übungsritte, Kriegsspiel und Manöver. Aufgaben im Rahmen des Detachements gestellt und erörtert von GriepenZweite vermehrte und erweiterte Auflage. kerl , Hauptmann u. s. w. einer Übersichtskarte. Berlin 1892. E. S. und Kartenbeilagen Mit vier Mittler & Sohn. Preis 9 M. 7. Uniformenkunde.

Lose Blätter zur Geschichte der Entwickelung

der militärischen Tracht. Herausgegeben , gezeichnet und mit kurzem Texte versehen von Richard Knötel. Band III. Heft 1 und 2. Rathenow Verlag von Max Babenzien. Preis à 1,50 M. 1892. 8. Individualismus und Schablone im deutschen Heere.

Kritische Be-

sprechung des Buches : "Rembrandt als Erzieher" in seinen Beziehungen zur Armee. Von einem alten Offizier. Berlin 1892. Fr. Luckhardt. Preis 1 M. 9. General v . Katzler. Eine Lebensbeschreibung von F. Bock v. Wülfingen , Sek.-Lieutenant. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn . Preis 2 M. 10. Taktische Darlegungen aus der Zeit von 1859 bis 1892, mit besonderer Beziehung auf die Infanterie. Von v. Boguslawski , Generallieutenant z. D. Zweite veränderte Auflage. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn. Preis 1 M. 11. Der Gendarmerie- Probist. Anleitung zum praktischen Dienstbetrieb und Vorbereitung zum Examen, durch Ausarbeitung der in demselben zu lösenden Aufgaben . Von Winkelmann , weiland Oberstlieutenant. Vierte, berichtigte Auflage. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn. Preis 1 M. 9*

Umschau in der Militär-Litteratur.

132

12. Der Feldmarschallsaal der Hauptkadettenanstalt zu Grofs-Lichterfelde. Eine Ruhmeshalle der deutschen Armee von v. Scharfenort , Hauptmann a. D.

Berlin 1892.

E. S. Mittler & Sohn.

Preis 60 Pf.

13. Deutscher Unterricht für Rekruten, die nur der polnischen Sprache mächtig sind. Sechste auf dienstliche Veranlassung neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Verfafst und herausgegeben von A. Klietsch , Lehrer der Gemeindeschule in Görlitz. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn . Preis 1 M. 14. Die Luftschiffahrt in den Militärstaaten Europas und ihre praktische Verwendung im Kriegsfalle. Von C. Stadelmann , K. S. Lieutenant. Mit 6 Abbildungen und 4 Skizzen . Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn. Preis 1,25 M. 15. System der Reiter - Ausbildung . Den Offizieren der deutschen Reiterei gewidmet von Paul Plinzner , Rittmeister u. s . w. Zweite durchgesehene Auflage.

Berlin 1892.

E. S. Mittler & Sohn.

Preis 2,20 M.

16. Neue Studien über die Schlacht bei Wörth, im Anschlufs an die letzten Veröffentlichungen über dieselbe. Von v. Boguslawski , Generallieutenant z. D. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn . Preis 1 M. 17. Militärischer Dienst- Unterricht für die Kavallerie des deutschen Reichsheeres.

Zunächst für Einjährig-Freiwillige, Offiziers-Aspiranten und

jüngere Offiziere des Beurlaubtenstandes, bearbeitet von B. Poten , k. preufs . Oberst a. D. Mit zahlreichen Abbildungen im Text. 6. auf Grund der neuesten Vorschriften bearbeitete Auflage. & Sohn. Preis 4 M.

Berlin 1892.

E. S. Mittler

18. Die Dienstpflichten des Infanterie- Unteroffiziers im inneren Dienst der Compagnie. Nach den neuesten Bestimmungen bearbeitet von Transfeldt , Oberstlieutenant z. D. 7. völlig umgearbeitete Auflage. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn. Preis 75 Pf. 19. Imperial Defence. By the right honourable Sir Charles Wenthworth Dilke and Spenser Wilkinson. London 1892. Macmilian and Co. 20. Réglage et Organisation du Tir des Batteries de Côte, par A. Rivals , capitaine d'artillerie. Paris Nancy 1892. Librairie militaire Berger- Levrault et Cie. Preis 5,76 frcs . 21. Manuel de l'Organisation de l'armée et du fonctionnement des services militaires à l'usage des etats-majors, chefs de corps et officiers de toutes armes, par C. Lassalle , archiviste de 1re classe. Paris - Nancy 1892.

Librairie militaire Berger-Levrault et Cie.

Preis 9,60 frcs.

22. Methode zur Zerstörung von Felsen in Flüssen mittelst aufgelegter Sprengladungen. Von Johann Sauer , k. u. k. Oberst der Geniewaffe. Wien 1892. Spielhagen & Mit 10 Text - Abbildungen und 3 Tafeln . Schurich,

Preis 4,80 M,

23. Strategisch-taktische Aufgaben nebst Lösungen. Von H. v. Gizycki. Heft 8 (Brigade-Manöver) . Mit einer Generalstabskarte. Hannover 1892. Helwing'sche Verlags-Buchhandlung. Preis 2 M.

X.

Der Geist des Heeres

und

der Idealismus.

Von Dr. Dangelmaier.

>Die Welt ist meine Vorstellung « . Dieser Satz , mit welchem der mürrische Frankfurter Weltweise sein Hauptwerk : » die Welt als Wille

und Vorstellung

beginnt ,

enthält eine unbestreitbare

Wahrheit, und ist der Grundsatz der neuen idealistischen Philosophie . Ein Objekt besteht nur in Bezug auf ein Subjekt. Die Welt ist für uns nicht das, was sie wirklich ist , sondern was sie uns zu sein scheint. Das Subjekt ist der Träger der Welt. Der Mensch trägt sein Glück und seinen Frieden in sich selbst , denn : „Der seeligste von allen Himmeln Das ist der Himmel in der Brust. " Auch die Kraft des Menschen ist dessen Geist. Geist hat der Mensch

die Herrschaft der Welt an

Durch den

sich gebracht

und sich die allgewaltigen Naturkräfte dienstbar gemacht. Was der Mensch sich in seinem Geiste beständig vornimmt, was er beständig will, das kann er.

Äufsere Begebenheiten machen auf die Menschen

nach ihrer verschiedenen Geistesrichtung und den Ideen , die sie beseelen, eine verschiedene Wirkung .

Selbst bei einzelnen Menschen

ist der Gang der Ideen nach Verschiedenheit des Lebensalters und der durch dasselbe bedingten Lebensauffassung

ein verschiedener.

Manche Idee, welche uns in der Jugend zu begeistern im Stande war, hat in unserem Alter nicht dieselbe Wirkung. Des Menschen Thun und Handeln Charakter ab.

hängt von seiner Geistesrichtung ,

von seinem

Wie mit einzelnen Individuen verhält es sich mit ganzen Ständen , ganzen Völkern

und Zeitaltern. Der Volksgeist kennzeichnet ein Volk, der Zeitgeist ein Zeitalter. Ideen sind oft allmächtig. Mit Recht wurden sie metaphysische Dichtungen genannt, stark genug, Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine, Bd. LXXXIII., 2. 10

Der Geist des Heeres und der Idealismus.

136

um Staaten zu begründen und wieder zu zerstören. Geist ist die Werkstätte der Weltgeschichte.

Der menschliche

Der Geist einer Gemeinschaft giebt derselben ihr eigenes Gepräge und ihre eigentümliche Form . So verhält es sich auch mit dem Heer.

Die allgemeine Wehrpflicht bringt es mit sich, dafs der

Volksgeist auf den Geist des Heeres, auf die Denkungsart der Angehörigen desselben von wesentlichem Einfluss ist. Wird doch das Heer kein

das Volk in Waffen < einfacher Begriff.

genannt.

Der Volksgeist

In jedem Staate,

die Staatsform

ist jedoch mag die

despotische, monarchische, republikanische, aristokratische oder demokratische sein, bilden sich durch das geistige und wirtschaftliche Leben verschiedene Gesellschaftsstände. Jeder Stand hat seine besonderen Aufgaben im Staate zu erfüllen, führt eine von den andern Ständen verschiedene Lebensweise, und hat seine besondern Interessen. Diese Umstände zusammen bewirken,

dafs jeder Stand eine

ihm

eigentümliche Denkungsweise , eine eigene Geistesrichtung hat. Das Heer hat ein individuelles Leben, und daher ist der Geist des Heeres mit dem Volksgeist nicht identisch.

Der Kern des Heeres

besteht aus Berufssoldaten , der Geist derselben teilt sich den übrigen Wehrmännern mit. Der Geist des Heeres ist der durch die militärische Erziehung ,

den militärischen Beruf und

die

Bestimmung des Heeres für den Krieg modifizierte Volksgeist ! Da das Heer das edle Werkzeug der » Erhaltung und des Ruhmes der Staaten , der Geist des Heeres aber für dasselbe von hoher Bedeutung ist, so ist die Beantwortung der Frage, in welchem Verhältnis der soldatische Geist zu den beiden Hauptsystemen des philosophischen Denkens , zum Idealismus und Materialismus steht, gewils von grofsem Interesse.

Wir sprechen hier nicht ausschliefslich

von der Philosophie als Wissenschaft, sondern vom philosophischen Denken überhaupt.

Die Wissenschaft

der Philosophie besteht nur

für wenige, jedem Menschen aber ist es eigen , über metaphysische Dinge, über sich selbst, seine Bestimmung, sein Verhältnis zur Gemeinschaft nachzudenken. Jeder Mensch hat seine eigene Philosophie, das Volk, welches keine philosophischen Schriften

liest, hat seine

Naturphilosophie. Bevor wir die Frage beantworten, welche Geistesrichtung den soldatischen Geist ausmacht, müssen wir uns klar machen, was man in der Philosophie und in

Bezug

auf die

Lebensauffassung des

und Materialismus ver-

Menschen überhaupt unter Idealismus steht . Philosophen, welche dem Materialismus huldigen, legen nur

Der Geist des Heeres und der Idealismus.

137

der Materie (dem Stoffe) eine wirkliche Existenz bei, und fassen auch das menschliche Denken nur als eine Funktion der Materie auf. Wie der Magen die Speisen aufnimmt und verdaut, so bilden sich auch die Gedanken im Kopfe durch äuſsere Einflüsse. Der Idealismus hingegen geht von dem Subjekte aus. Der menschliche Geist ist der Sitz der Ideen, welche die Urbilder der stets wechselnden und daher nicht bestehenden Dinge der Aufsenwelt sind .

Es giebt auch

uns angeborne Ideen. Der Geist gehört vermöge der ihm innewohnenden Freiheit einer übersinnlichen , intelligiblen Welt an . Die Ideen sind das allein Bestehende.

Beide Systeme

des philoso-

phischen Denkens haben seit den ältesten Zeiten bis auf unsere Tage ihre Vertreter gehabt. Die griechischen Atomistiker,

welche die Ewigkeit des Stoffes

predigten, waren strenge Materialisten .

Namentlich war Demokrit,

wegen seiner heiteren Lebensauffassung der »lachende Philosoph >Je mehr Güter, materielle und sogenannte ( ) geistige uns zur Verfügung stehen , desto glücklicher sind unsere Gesellschaftszustände « . Gott bewahre uns vor den von Herrn Dr. Wiede erträumten glücklichen Gesellschaftszuständen, aus welchen das Heer verbannt ist, und in welchen die Religionslosigkeit, weil sie den Menschen klar macht, dafs aufser dem Genufs materieller Güter kein anderes Glück besteht , zum Wohlergehen der Menschen beitragen soll . Dem praktischen Materialisten, welcher nur dem Egoismus huldigt, dessen Streben nur auf das Zusammenraffen irdischer Güter gerichtet ist,

wahre Lebensfreude , der geistige Genufs versagt. Auch auf ihn lassen sich die tief gedachten Verse Goethes (über den , der

ist die

durch metaphysische Spekulationen die grofsen Rätsel des Daseins ergründen will ), anwenden :

Der Geist des Heeres und der Idealismus .

139

„Ich sag' es Dir : ein Kerl, der spekuliert, Ist wie ein Tier auf dürrer Haide, Von einem bösen Geist im Kreis herumgeführt, Und rings umher liegt schöne grüne Weide. " Wie neben dem theoretischen der praktische Materialismus, so besteht neben dem theoretischen Idealismus der praktische Idealismus, welcher auf die Lebensauffassung, ohne Rücksicht auf ein philosophisches System gerichtet ist. Der Idealist sucht die Verwirklichung der Idee des irdischen Glückes, nach welchem alle Menschen streben , nicht im Güterleben , sondern im geistigen Leben. Der Idealist sieht der Mannigfaltigkeit und dem Wechsel der Erscheinungen die

in

wahren Prinzipien und strebt nach dem Ideal, welches der Inbegriff des Wahren , Schönen und Guten ist. Das dem Idealisten vorschwebende Glück ist ein Spiegelbild seiner eigenen bleibenden,

Seele.

ewig

Solange die Herrschaft des Ideals andauert, so lange haben und die Schmerzen , welche das Leben eines jeden

der Jammer

Menschen mit sich

bringt , keine

Wirkung.

Ist das Ideal ver-

schwunden, dann bleibt nur Öde und Traurigkeit zurück *) . Der Idealismus führt zur Schwärmerei , wenn er ganz von den gegebenen Verhältnissen absieht, wenn sich der Geist ganz in das Gebiet des Übersinnlichen verliert, oder wenn eine Idee eine solche Macht auf den Geist ausübt, dafs er für andere Ideen ganz unempfänglich ist. Es giebt eine materielle Welt, der menschliche Körper selbst gehört derselben an. Der Körper verlangt Nahrung und Pflege. Um diese herbeizuschaffen bedarf der Mensch der materiellen Mittel. Das Siechtum des Körpers hat notwendiger Weise Körperliches Wohlbefinden den Verfall des Geistes zur Folge. wie andererseits geistiges Vergnügen einen wohlthätigen Einfluss auf die körperliche Maschine

fördert

ausübt. wort.

die Thätigkeit

des Geistes,

Mens sana in corpore sano lautet ein altes, wahres SprüchDie menschliche Vollkommenheit liegt in der gleichen Energie

der geistigen und körperlichen Kräfte . Der vernünftige Idealismus erkennt die Aufsenwelt und ihren mächtigen Einfluss auf das menschliche Leben an, schafft sich aber

aufser der materiellen Welt ein geistiges Leben, erfafst die dem Menschen angeborenen Ideen und ihre Macht, und idealisiert die Wirklichkeit . Im

Heerwesen finden wir eine harmonische Verbin-

dung des Idealismus und

des Materialismus.

*) v. Stein, System der Staatswissenschaften, 2. B. S. 93.

Purusa wird .

Der Geist des Heeres und der Idealismus.

140

mit Prakriti verbunden,

durch deren Trennung nach der indischen

Mythologie alles Übel entstand . Hieran hat Napoleon I. gedacht, als er schrieb : »Achilles war der Sohn einer Göttin und eines Sterblichen, also besteht auch die Kriegführung aus einem göttlichen und irdischen Teil< * ) .

Letzterem gehören die Kriegsmittel an.

Eine gute Bewaffnung ,

Verpflegung und die numerische Stärke sind Hauptbedingungen für einen glücklichen Erfolg im Kriege : Wir sehen daher, dafs alle Militär-Staaten Europas auf die Vermehrung ihrer Wehrkräfte und die Verbesserung der Kriegsmittel bedacht sind . Alle Erfindungen auf dem Gebiete der Naturwissenschaften werden für die Kriegführung verwertet und der Kriegswissenschaft dienstbar gemacht. Führt ein Staat ein verbessertes Gewehr oder neue Geschütze ein, so sehen wir, dafs die andern Staaten bald folgen, um nicht im Kriegsfalle durch die Kriegsmittel übertroffen zu werden. Mangel an Sorgfalt in Bezug auf die Vervollkommnung der Kriegsmittel wäre ein arger Fehler einer Militär-Verwaltung. Zur Herbeischaffung der Kriegsmittel gehört aber Geld , und daher ist für die Kriegführung Geld, Geld und wieder Geld nötig. Unter dem Donner der Kanonen

und unter dem Getöse und

Geklirr der Waffen sind es aber auch geistige Faktoren, welche mit entscheiden.

Nicht die Gewehre und Kanonen kämpfen, sondern die

Soldaten sind es,

welche mit den Kriegsmitteln streiten.

Wie der

Geist einer Vereinigung von Menschen überhaupt ihre wahre Form giebt, so macht der Geist das Heer zu dem , was es ist , zu einem selbstständigen , hochwichtigen Organ des Staates, dessen Bestimmung der Krieg ist. Der militärische Geist unterscheidet das Heer von jeder andern zu gemeinsamen Zwecken vereinten Vielheit von Menschen. Der gute Geist des Heeres ist einer

der mächtigsten Pfeiler, auf

welchem der Staat ruht. Je lebendiger ein guter Geist die Soldaten durchdringt, desto kräftiger ist das Heer. Grosse Feldherrn und Kriegstheoretiker stimmen darin überein, dafs der gute Geist des Heeres ein wichtiger Faktor für die Schlagfertigkeit und Brauchbarkeit desselben ist. Die griechischen Kriegsschriftsteller befassen sich viel mit der militärischen Ethik, die auf das Kriegswesen Bezug

habende

römische Litteratur legte grofses

Gewicht auf den guten Geist des Heeres. Breit getreten wurden die Lehren über die militärische Ethik in den weitschweifigen

*) Sentz, Zur Philosophie in den Militär-Wissenschaften S. 13 (Hermannstadt, 1886),

Der Geist des Heeres und der Idealismus. Werken der Byzantiner.

141

Im Mittelalter und selbst in der Neuzeit

bis zu Anfang unseres Jahrhunderts suchte man die Disciplin des Heeres nur durch strenge Strafen aufrecht zu erhalten, was auf die Zusammensetzung

der Heere

durch Werbung und den mittelalter-

lichen von Aberglauben und Terrorismus beherrschten Zeitgeist zurückzuführen ist.

Grofsen Denkern aber entging es nicht, dafs der

gute Geist des Heeres nicht aus Furcht vor Strafe, sondern aus dem Gehorsam des Herzens entspringt.

Machiavelli und Montecucolli er-

kennen in ihren Schriften den grofsen Einflufs des menschlichen Herzens (im psychischen Sinne) auf die Kriegführung an. Marschall Moritz

von Sachsen kommt in seiner berühmten

Schrift :

rêveries imdas Wichtigste

dafs drei Viertel im

Kriege Psychologie seien (Jähns , Geschichte der Kriegswissenschaften, II. , S. 1505). Im Menschen führt das Herz (das Gemüt, der Geist) das Kommando. Auf den Befehl des Geistes machen die Hände und die Füfse die Bewegungen.

Auf dem

Gehorsam

des Herzens

beruht die gute

Disziplin des Heeres , auf welche so grofses Gewicht gelegt wird. Der Geist des Heeres ist die Kraft desselben, er ist das Schaffende, das Belebende , das Bewegende. *) Wir sind weit davon entfernt, den Ausspruch des berühmten Naturforschers Moleschott : » Der Geist ist abhängig vom Körper, alle Kraft in uns ist an den Stoff gebunden, >Handle jederzeit nach Maximen, die fähig sind, allgemeine Gesetze zu werden > zur sublavierung dieses Landes (Innthal) die wohl Infanterie

als Kavallerie,

welche

einigen Truppen so-

die Gegend bei Innsbruck

schon erreicht über die Scharnitz nach Bayern immer rechter Hand gegen dem Gebürg « in die Gerichte Aibling und Rosenheim instradiert werden, jene aber, welche schon an Innsbruck vorbei bis in die Gegend von Rattenberg und Schwaz gerückt sind, durch's Achenthal » gleichfalls über Tegernsee « in obige Gerichte marschieren und zwar unter je einem Marschkommissär, der sich stets mit dem Ingenieur Major von Gumpp, zur Regulierung der Quartierleistungen mit dem Sitz in Rosenheim aufgestellt, zu verstehen hat. Darauf schreibt am 24. ein Hofkriegsratsmitglied an den General, es sei dem Militärdirektor zu Innsbruck überlassen worden , ob er »die noch à portée stehenden Trouppen « über Achenthal, oder den geraden Weg über Kufstein und Rosenheim marschieren lasse. Der Marschkommissär würde aber wohl Bedenken tragen, mit diesen Leuten, ohne andere regulierte Mannschaft den Ausfall über Achenthal vorzunehmen . Den Weg über Scharnitz und Tegernsee gegen Aibling zu nehmen , ist, wie man Stentsch wissen läfst, nicht ratsam , weil man nach Passieren des Defilees reichsstift - freisingisches Gebiet *** ) betreten

würde,

dessen Besitzherr

sich bis

dato

nicht

feindlich gezeigt habe. So blieb denn nur die alte Heerstrafse längs des Inns und auf ihr schieben sich in der letzten Februarwoche acht Kolonnen irregulären ungarischen Grenzvolks nach Bayern .

Ihre Bestimmung an

den Inn geschieht wohl zu doppelten Zwecken : sie sollen in Bayern Verwendung finden können

oder wenn nötig

Wasserstrafse,

Kriegsschauplätzen baldigst zur

an anderen

unter Benutzung der Stelle

Grafsinger, Geschichte der Pfarrei und des Marktes Aibling ; Obb.-Archiv. 17. Bd. Die dortige Jahreszahl 1741 ist sinngemäfs in 1742 umzuwandeln . **) s. Anlage II. ***) Die Grafschaft Werdenfels, welche auch während des ganzen Erbf. - Kriegs ziemlich verschont blieb (Prechtl, Chronik von Werdenfels).

von Stentsch in Bayern und die Verhältnisse u. s. w.

171

Letzteren Schlufs ziehen wir aus den an Stentsch ergangenen

sein. *)

Befehl , rach für Herbeischaffung von Schiffen zum Transport von 3000 Kroaten von Tirol nach Linz zu sorgen. Der General hält dies

bei herrschender grofser Kälte für schwierig ; seien 50 bis

Wasserstandes

welche erst

60 nötig ,

wegen niedern aus

dem Eise

gebracht werden müssen . Den Schlufs der nachrückenden Verstärkungen bildete Kavallerie , vermutlich 1 Regiment, wovon 2 Compagnien am 4. März von Kufstein nach Audorf rücken sollten, indefs 3 Compagnien mit dem Stab am nächsten Tage in Kufstein Quartier erhalten ; die Kavallerie ward ins Tegernseer Gericht gewiesen .

Endlich sei noch

des Regiments Walsegg gedacht, welches, spät eintreffend, in das Tiroler Gericht Kitzbüchel zu stehen kam. Einnahme von Reichenhall . Stentsch mit

Noch Mitte März befand sich

dem gröfsten Teile seines Corps in der allgemeinen

Front zwischen Inn und Traun , mehr und mehr das Schwergewicht nach seinem rechten Flügel legend .

Galt es doch, der Lösung seiner

Aufgabe den Schlufsstein zu setzen, Reichenhall , das längst Begehrte, für seine Herrin zu gewinnen. Unerklärlich erscheint, dafs der einsichtsvolle Khevenhüller anfangs nur an eine Zerstörung der alten, hocheinträglichen Saline Reichenhall, nicht an deren Nutzbarmachung für seine Landeskasse dachte, wie er sich in einem Bericht an seine Königin 28. Februar 1742

ausspricht : ». .... . .

Solchem nach hoffe auch diesen

Posto in kurzem zu bekommen und die integrale ruinirung zu werkrichten zu lassen, welches den Karlstadtern auftragen lasse, dan man sich auf sie zum besten wird ausreden können, dafs selbe un« • disciplinirte und ungezäumte rabiate Völker seynd. Dafs

Stentsch mit

energischem Vorgehen

gegen

Reichenhall

bis jetzt noch gezögert, lag teilweise in den höchst ungünstigen Witterungsverhältnissen des kalten und schneereichen Winters 1741/42,

mehr noch in der geschützten oro- und geographischen

Lage der Stadt.

Im Norden , Osten und Süden von dem neutralen

salzburger Gebiet eingeschlossen , blieb als einziger Zugangsweg aus Bayern d. i . von Traunstein, der, über Inzell, im Weifsbachthale durch ein 10 Kilometer langes

Gebirgsdefilee führende

Fahrweg .

Dieser war bayrischerseits am Scharmann Passe 2 Kilometer südlich Inzell beginnend und bis

zum Nagelbauer reichend,

durch starke

Befestigungen gesperrt und mit ständiger Besatzung - österreichische

vergl. Schels österr. Mil.-Zeitsch. 1827.

3. Bd. S. 295 f.

Der Einfall des österreichischen F. M. Lt.

172

Quellen geben, wohl zu hoch , ihre Stärke auf 600 Mann und 6 Geunter Hauptmann Proebstl versehen. schütze an Stentsch versuchte bald nach seinem Eintreffen in Traunstein . mit verschiedenen

Mitteln ,

den

Kommandanten

Brigadier von Merz , zur Übergabe zu verleiten.

von

Reichenhall

Nachdem mehr-

mals an Hauptmann Proebstl eine solche Aufforderung bezüglich des Scharmann Passes , allerdings fruchtlos , ergangen war , wurden solche an die Ämter der Stadt am 16. , an den Kommandanten am 21. Februar unter » allerdenklichen « Drohungen erlassen.

Merz ant-

wortete, er werde umsomehr den vorteilhaften Posten verteidigen , als ihm von hiesigen Bürgern und Bauern treuer Beistand versichert wurde. *)

Nach

tiroler Angaben habe der

österreichische General

am 19. Februar, also noch am Tage seiner Ankunft in Traunstein, durch eine Beamtendeputation dieser Stadt versucht , Merz zur Räumung des Platzes zu überreden, welches Ansinnen dieser mit der Erklärung abwies, er erwarte eine militärische Aufforderung. Nun folgten Waffenversuche, welche die Wegnahme des Passes nach im Auge hatten. Am 27. Februar unternahmen 900 **) anderen Mitteilungen 1200 ***) - Österreicher eine Umgehung über den Hohen Stauffen ; sie werden durch die auf Postierung stehenden Schützen abgewiesen. Ebenso mifslingt ein später unternommener zweiter Versuch, obgleich es dem Angreifer schon gelungen war, sich am Plattling festzusetzen ; Schützen , » Flintentrager

und Frei-

willige der Landmiliz hatten den Feind zurückgetrieben . Fernere Bemühungen , auf diesem Wege zum Ziele zu gelangen, versprachen kein besseres Resultat. So fafste man denn die Sache auf andere Weise an. Merz hörte durch einen vertrauten salzburgischen Kavalier, dafs Stentsch mit 5-6000 Mann durch das fürsterzbischöfliche Gebiet anzurücken die Absicht trage. Dem war auch so, und zwar gab Khevenhüller im Einverständnis mit Maria Theresia selbst den Befehl hierzu . Er schreibt †) an die Königin : nachdeme ich aber benachrichtiget worden, dafs wann man durch das Salzburgische passiret und auf ein bayer. posto nahmens St. Zeno zu kommet, so wäre die garnison völlig abgeschnitten,

*) Kriegs-Arch. München. a. a. O. 28. März.

Merz an den Kaiser, d. d. Reichenhall,

**) Kriegs-Arch. München. B. österr. Erbf.-Kr. 1742 III. Merz an d. Kaiser. 28. März. Er erbittet sich die allergnädigste resolution über verschiedenes in dieser Meldung Enthaltene auf dem Wege über Innsbruck und Salzburg !! ***) Obb.-Arch . 8. Bd . S. 237 ff. †) Kriegs-Arch. Wien. Feldakten (Bayern) 1742. Akt. 2. St. 22.

von Stentsch in Bayern und die Verhältnisse u. s. w.

173

derohalben habe ich an den General Stentsch sonder Anstand verordnet , Er solle sobald Zeit und wetter zulasset durch das Salzburgische, welches nicht 3 stund lang ist, bei nächtlicher weil nach gedachtem St. Zeno marschiren ; und im fall der Erzbischof wegen infringirter Neutralitaet sich bewegen und

ein geschrey machen solte,

so bin

ich auch schon mit der Antwort fertig und hab hiernach den Stentsch instruiret, man erweyse sich ja gegen ihn gefällig und hätte sein getraid von seinen in Bayern liegenden Hofmarchen auf das Allerwillfährigste abführen zu lassen verstattet, mithin wolle er durch diesen Vorgang nichts moviren sondern sich besänftigen lassen . . . « Reichenhall war mit Mauerbefestigung umschlossen , die Zugänge durch Thore nach damaliger Art gesperrt. Der Kommandant ,

Kämmerer und Brigadier, Johann Heinrich von Merz *) verfügte über eine aus 800-900 Landfähnlern , dazu mehreren hundert Jägern, Schützen und Bürgern zusammengewürfelte Besatzung, von welcher die ersteren als wenig verlässig bezeichnet werden ; sie seien nicht > sicher , um so weniger, als der versprochene Sukkurs ausbleibe. ** ) Dagegen scheinen von Disziplin,

die Jäger und » Flintentrager « wenn auch nicht

doch von gutem Geiste,

verglichen) beseelt gewesen zu sein .

(mit dem

der Landfähnler

Hoch anzuschlagen ist die Teil-

nahme der Bürger, welche , an ihrer Spitze der Stadtschreiber, ***) die Besatzung aus allen Kräften zum Widerstand aufmunterten . †) Aus der Kapitulationsverhandlung geht hervor, dafs eine Anzahl Offiziere (dabei die Hauptleute Keimb, Pisot de Brulet) und Unteroffiziere, dann des Artillerie- und Ingenieurwesens Kundige sich unter der Besatzung befanden. An Geschütz wurden später 4 metallene, 2 eiserne Stücke, verschiedene metallene und eiserne Doppelhaken vorgefunden , von welchen etliche am Scharmann gestanden haben können . Proviant fehlte beim Einrücken der Österreicher gänzlich ; Merz jedoch lobt die Willfährigkeit der angrenzenden Salzburger in Zufuhr von Getreide und Vieh. Zum tt) Empfang von Direktiven für die Wegnahme Reichen*) Geb. zu Zochenreuth i . d. Oberpfalz, trat 1695 in den Militärdienst, 1738 Oberst im Regt. Valaise, 1741 Brigadier, gest. 25. Feb. 1751 zu München, wo er am St. Petersfriedhof begraben wurde. Er führte 1717 beim Sturm auf den Baytina Berg in der Schlacht von Belgrad als Hptm. im Regt. Lerchenfeld seine Comp. mit Bravour (Kriegsarch. München bezw. v. Hoffmann , S. 115). **) Kriegs-Arch. München. B. österr. Erbf.-Krieg 1742. III . ***) Leider war der Name dieses Patrioten an Ort und Stelle nicht zu er-

kunden. †) Kriegs-Arch. Wien Feldakten 1742 (Bayern) Akt 3. St. ad 32. ††) Wir folgen nun hauptsächlich der Relation des F. M. Lts. Stentsch d. d.

Der Einfall des österreichischen F. M. Lt.

174 halls hatte hüllers

sich F. M. Lt. Stentsch

Hauptquartier nach

schon

am 5. März

Landshut begeben .

in Kheven-

Allda

wurde in

einer Konferenz am 8. über die Ordre de bataille der Truppen, wovon noch Teile im Anbermarsche durch Tirol begriffen waren, und deren Dislozierung längs des Inn beraten. Reichenhall bestimmte man : die

Petazzi'schen

Kroaten *)

Zum Angriff auf

1 Bataillon Jung Daun ( 600 Mann), (950 ) ,

Husaren

(200) ,

Trenk'sche

Panduren (200) und Artillerie . Nachdem Stentsch am 14. nach Traunstein zurückgekehrt war, erliefs er die Befehle für die Versammlungsmärsche der Angriffs-

truppen, letzteren noch aus Vorsicht ein Bataillon Altkönigsegg beifügend, da ihm die feindliche Besatzung auf 1200 Mann angegeben war. Noch wartet er die Ankunft des zum Kommandanten von Reichenhall bestimmten Obristlieutenants v. Litwitz, der am 25. eintrat, sowie die der Panduren 27. März anlangten . Am 28.

ab,

welche aus

Landshut

am

wird der Befehl für den Vormarsch ausgegeben und

Obrist Graf Petazzi mit den königlichen » requisitorialien

an den

Salzburger Hof entsendet. Der Vormarsch beginnt am 29. früh vor Tagesanbruch in 2 hintereinander sich bewegenden Kolonnen . 400 Kroaten waren nach Inzell zur Beobachtung, vielleicht auch behufs Demonstrationen, gegen den Scharmann-Pafs detachiert. Führer der I. Kolonne : Obristlieutenant v. Litwitz.

200 Pan-

duren (diese an der Spitze) , 100 Husaren, 1 Bataillon , 1 GrenadierCompagnie Altkönigsegg , 2 Feldstücke , Kroaten (Zahl ?). Diese Kolonne, bei der sich der Kommandierende befand ,

sollte im Eil-

marsche über Teisendorf nach St. Zeno vorrücken , **) damit der Feind keine Zeit bekomme, sich zu » recolligieren «. Der II . Kolonne unter Obristlieutenant v. Chevreul, bestehend aus dem Rest des Expeditions -Corps und der I. Kolonne mit ganz geringem Abstand folgend, war als Marschziel für diesen Tag Teisendorf zugewiesen , da die Artillerie ***)

unmöglich

an einem

Marschtage den Weg bis Reichenhall zurücklegen konnte.

Reichenhall, 4. April 1742. (Kriegs-Arch. Wien . Feldakten 1742 (Bayern) Akt 3 St. ad 32. *) Sie´lagen v. 9.- 17. März in Traunstein. (Wochenbl. u. amtl. Anzeiger f. d. Landg. T. 1856.) Vergl. auch Anl. II . **) Bei Kohlpichl betrat sie salzburgisches Gebiet und verliefs selbes bei Weissbach, 1,5 km südlich Staufeneck. ***) Sie wird als „schwere" bezeichnet.

T

von Stentsch in Bayern und die Verhältnisse u. s. w. Begleiten wir zunächst die I. Kolonne.

175

Der Marsch war weit ,

die Strafsen durch das Wetter in argem Zustande. In Teisendorf traf Stentsch den salzburgischen Hofkanzler mit einer Protestation des Erzbischofs ; der General erwiderte » bescheiden « , dieser kurze Marsch durch das salzburgische Gebiet bedeute keine neue Invasion in Bayern ; dies Land sei völlig der Königin schon unterworfen und jetzt handle es sich nur darum, diesen kleinen Winkel zu besetzen , um bei Beginn des diesjährigen Feldzuges keinen Gegner im Rücken zu haben . Beim

> Flufs

Hochwasser < (jedenfalls die

Saalach)

stiefs

die

Spitze auf feindliche Schützen , welche die teilweise abgebrochene Brücke besetzt hielten. Indes die Grenadier-Compagnie gegen diese vorging, setzten

die Husaren flufsabwärts

den Rückweg abzuschneiden .

über,

um dem Gegner

Dieser aber, von der Besatzung eines

unweit der Stadt Reichenhall auf einem Hügel errichteten Blockhauses durch Signalschüsse gewarnt, ergriff die Flucht, Schütze niedergehauen wurde.

wobei ein

Die Vorposten auf der Höhe steckten

das Blockhaus in Brand und zogen sich ebenfalls nach Reichenhall zurück.

Um 6 Uhr abends ,

nach dreizehnstündigem Marsche kam

die Kolonne bei St. Zeno an und marschierte auf. Sofort ging Obristwachtmeister Trenk ohne Befehl bis an die Stadtmauer vor und postierte seine Mannschaft in den Häusern , welche 30-40 Schritte davor lagen ; dabei verlor er 2 Panduren tot, 4 verwundet. Der Einbruch der Nacht machte die Verteilung Stadt schwierig,

der Truppen vor der

um so mehr als man Trenk keinem Echeque aus-

setzen wollte und auf eine etwaige Unterstützung desselben Bedacht nehmen musste. 9 Uhr nachts brach in den Fleischbänken »jenseits der Stadt nahe den Mauern « von den Panduren gelegtes Feuer aus, so stark, daſs man glaubte,

ganz Reichenhall brenne ;

glücklicher-

weise trieb der Wind die Flammen nicht gegen die Stadt . Am 30. März

bei Tagesanbruch fand die Ablösung der Pan-

duren durch die Grenadier-Compagnie statt ; Hauptmann Marschall erhielt dabei eine schwere Schufswunde am Knie , 1 Grenadier blieb. Ein Die Kroaten schlossen die Stadt auf allen Seiten ein . *) Husaren-Detachement

von 80 Pferden überschritt die Saalach und

suchte sich der Westseite Reichenhalls zu nähern, um so die Verbindung mit dem Scharmann- Passe abzuschneiden , was zu einem kleinen Rencontre mit bayrischen Schützen führte, deren mehrere niedergehauen wurden , 1 Husar war schwer verwundet.

*) Archiv des k. k. österr. Inf. - Regts. No. 54.

Der Einfall des österreichischen F. M. Lt.

176

So verging der Mittag mit leichtem Geplänkel . Nachmittags 4 Uhr traf die II . Kolonne, bei ihr die Artillerie, nahe St. Zeno ein und vollzog ihren Aufmarsch angesichts der Stadt. *)

Jetzt er-

schienen der fürstbischöflich salzburgische Obersthofmeister Freiherr v. Firmian und der Obersthofkanzler als Deputierte mit einem Schreiben ihres Regenten , um sich wegen der Kapitulation von Reichenhall ins Mittel zu legen. Was nun am meisten wirkte , die zweifelhafte Beschaffenheit

der Pandurenschrecken , die aufgefahrenen österreichischen Geschütze , oder das Zureden der neutralen Gesandtschaft,

der Besatzung,

ist fraglich ; die Stadt steckte nach einer Stunde die weifse Flagge aus, und es erschien , nachdem sicheres Geleit versprochen , ein bayrischer Hauptmann mit den Kapitulationspunkten . Stentsch äussert zwar in seinem Berichte, wegen der

langen Widerspänstigkeit

er habe anfänglich

die Übergabe nur auf Gnade

und Ungnade annehmen wollen , aber in Anbetracht der nur schwer von Brand und Plünderung

abzuhaltenden ,

erbitterten Panduren ,

sowie der >> starken interposition Sr. Erzbischöfl. Gnaden von Salzburg

habe

er die Kapitulation eingegangen . **)

um Mitternacht unterzeichnet. )

(Sie wurde noch

Auch sei ihm daran gelegen ge-

wesen, den Salzvorrat im Werte von 125,000 fl. für die Königin zu schützen. Der österreichische Kommandierende mag mit seiner Ansicht, Reichenhalls Besatzung sei

durch das Erscheinen seiner Truppen

überrascht worden, teilweise das Wahre treffen , immerhin war Merz gewarnt und erwartete vielleicht den Gegner erst später, hierauf läfst die unvollendete Brückenzerstörung schliefsen . Es habe sogar - erfährt Stentsch - am 29. in Reichenhall die Absicht geherrscht, einen Gegner

Generalausfall

zu

unternehmen

und

wäre

nicht - beim

eine >> suffirente« Artillerie vorhanden gewesen, so hätte

man sich jedenfalls rechtschaffen gewehrt. Doch als man Miene machte sich zu ergeben , liefen die Besatzungen der äufseren Wache mit ihren Waffen fort, darunter einige Bürger Reichenhalls, die aber unter Androhung der Güter - Konfiskation wieder zurückgerufen wurden . Die Beute bestand aus den schon früher geschilderten spärlichen Geschützen und etwa 100 Flinten mit wenig Munition. Stentsch stellte alsbald viele Pikets zum Schutze der Vorräte auf, und verbot das Rauben und Brennen

bei Leib- und Lebens-

*) Nach anderen hätte die Artillerie noch das Feuer eröffnet (Archiv öst. Inf.-Regts. 54). **) Anlage III.

177

von Stentsch in Bayern und die Verhältnisse u. s. w. straf« .

Am

31. März

vormittags

10 Uhr

besetzte das

Bataillon

Königsegg Thore und Stadt und gab Wachen an die Saline. Um sich baldigst der unbequemsten Bestandteile seines Corps zu entledigen ,

liefs

der

Feldmarschall - Lieutenant

am

1. April

die

200 Panduren durch 100 Husaren (! ) über den nun offenen Scharmann - Pafs nach Traunstein eskortieren. Es bedurfte dabe aller möglichen Vorsicht, um diese Horde von der Zerstörung der >Druckwerks- Röhren und anderer »Wassermaschinen « , wozu sie der Miſsmut über unbefriedigte Beutegier trieb, abzuhalten. *) Am gleichen Vormittag begab sich Stentsch in die eroberte Stadt. Trotz aller

Wachen

der regulären

Truppen

2 Uhr ausgebrochener neuer Brand , Holzstofses nahe der Stadtmauer

äscherte

der

ein

nachmittags

durch Entzündung

entstanden war,

eines

mehrere Häuser

ein; die Gefahr für die Stadt war um so gröfser, als die Kroaten -man erachtete sie wohl für besser, als ihre Genossen aus Slavonien eben einige weiter entfernte Häuser in Flammen gesteckt hatten . Nach nochmaliger Verstärkung des in der Stadt organisierten Wachdienstes schickte man am 2. April auch die Kroaten der Rest Husaren folgte. hall, welches

fort ,

denen

Auch das Bataillon Daun verliefs Reichen-

einige Tage Königsegg als Besatzung behielt ;

dann

übernahmen mehrere Compagnien regulierter Liccaner die Garnison . - Stentsch befand sich noch am 4. April in Reichenhall. Mit dem Fall der letzten Postierung « an Bayerns Südmark mögen auch unsere Aufzeichnungen schliefsen . Nur noch einen flüchtigen Blick auf die nachfolgenden Ereignisse, soweit sie für unsere Zwecke Interesse bieten !

Der

Stillstand

in

Khevenhüllers

Offensivbewegungen schlug

Anfangs April in eine strenge Defensive um, an welche sich später Rückzugsbewegungen reihten . Ein neues französisches Hilfs- Corps von beträchtlicher Stärke unter Harcourt näherte sich von Nordwesten her der Donau ; die vorderen Kolonnen erreichten am 10. April Regensburg.

Sehnsüchtig hatte Törring mit seinen wenigen und schwachen bayrischen Regimentern die herannahende Hilfe bei Dietfurt erwartet ; dorthin war er nach einem mifslungenen Offensivstofs auf Kehlheim zurückgegangen . Stentsch nach München .

Die Stärke des französischen Auxi-

liarheeres und die Anmarschrichtung desselben veranlafste Khevenhüller anfänglich,

sich an der Isar zu konzentrieren und Stentsch

mit seinen sämtlichen Truppen zur Verteidigung Münchens zu be-

*) Geschichte des k. u. k. Inf. -Regts. No. 54, ehemals Trenks Panduren-Corps,

Der Einfall des österrreichischen F. M. Lt.

178

ordern .

Ende

April aber mehr und mehr um seine Rückzugslinie

und wegen Passau besorgt, räumte er die Isarlinie und ging hinter die Vils ; das Hauptquartier befand sich am 23. April in Allersbach.*) Eine Woche später traf ihn plötzlich die Nachricht, Stentsch habe München ohne weiters geräumt.

Dieser, durch falsche Gerüchte,

welche den Feind über Mainburg vordringen, ja schon in Freising eintreffen lieſsen , irregeführt, kehrte in der Nacht vom 28. auf 29. April München den Rücken und zog sich nach Wasserburg. Mit dieser mifslichen Botschaft **) traf gleichzeitig eine Meldung Menzels, der noch in Landshut stand und gegen Freising rekognosziert hatte, ein, welche die Besorgnisse Stentsch's als völlig unbegründet Im Hauptquartier herrsche hierüber wohlbegründete Bestürzung und die Alteration Khevenhüllers war >umbso Empfindlicher, als hochdieselbe nit nur mehrere Mannschaft zum Succurs erkennen lieſs .

sondern auch einige artillerie zur Zuschickung resolviret ware « . . . ***) In Wien drang man auf strenge kriegsrechtliche Untersuchung, da Stentsch nur ermächtigt gewesen , Bayerns Hauptstadt vor feindlicher Übermacht und zwar gezwungen, zu räumen. Die Königin übertrug unterm 8. Mai dem Feldmarschall Khevenhüller die Einleitung der Untersuchung, doch beschränkt sich dieser darauf, Stentsch nach Tirol

zurückzuschicken ;

suchung gegen Vielmehr glaube

den

General

er,

mit

einer

könne

kriegsrechtlichen

Unter-

er sich unmöglich befassen.

dafs ein so alter Offizier wie Stentsch nicht

durch Zaghaftigkeit oder aus sonst strafwürdigen Motiven zu jenem Schritt verleitet worden sei. Derselbe habe eben die Lage der Dinge nicht richtig zu beurteilen vermocht und es erscheine dies als ein Unglück für ihn, durch welches er an und für sich schon genug gestraft

sei.

Hierzu

komme noch der allgemeine Tadel, welcher

einen Mann von Ehrgefühl ohnedies am härtesten treffe.

Aus diesen

Gründen und da sein Fehler wieder gut gemacht werden könne, möge man von einem strengen Verfahren gegen ihn absehen. †) Damit verschwindet Stentsch's Name vom Kriegstheater. Ein Schreiben des Innsbrucker directorium militare d. d. 28. Mai 1742, trägt wiederum seine Unterschrift. seinem

Kommando in

1745 erhält er Erlaubnis , nach

Siebenbürgen abzugehen, indes Obrist Graf

*) v. Hoffmann, S. 242. **) Arneth, Maria Theresias erste Regierungsjahre. ***) Statth. Arch. Innsb. Miss . a. d. Hofk. Schreiben des Stuckhauptm. Karl Joh. v. Reitermann. d. d. Schärding, 2. Mai 1742. †) Arneth, a. a. O. Khevenhüller an den Hofkriegsrat. 12. bezw. 20. Mai 1742.

von Stentsch in Bayern und die Verhältnisse u. 8. w.

179

definitiven Besetzung durch den General - Feldzeugmeister Freiherr von Damnitz versieht. -— Tiefen Paur seine

Gram im

bis

Stelle

zu

ihrer

war Georg v. Stentsch in die Tiroler Berge zu-

Herzen

rückgekehrt. Zeitgenossen und Nachwelt, vor allem seine Königin stimmten wohl Khevenhüllers edlem und eines grofsen Mannes würdigen Urteil über den

einstigen

tapfern

Festungs- Kommandanten

bei.

1756 zum Feldzeugmeister ernannt, senkten sich fünf Jahre später die Fahnen über seiner Bahre.

Schlufs. und

Am 6. Mai nimmt Bernklau das nur von Bürgern

Schützen

verteidigte München mit Gewalt. Im bayrischen Oberland aber regt sich ob der wachsenden Drangsale die alte Volkskraft und ihre Ausbrüche, wie nicht weniger die Gegenmals-

regeln des Feindes gemahnen im Kleinen an die Tage von AidenDer Kampfesstille des Sommers folgte ein für

bach und Sendling.

Bayern glückverheifsender Umschwung von geringer Dauer, und als der Schnee Freund und Feind in die Winterquartiere führte , da lag zwar kein Soldat der ungarischen Königin innerhalb der weifsblauen Grenzpfähle, dafür aber die noch schlimmern Gäste aus dem Lande des allerchristlichsten Königs. Armes Bayerland ! 1743!

Und so erwartetest du den Neujahrsmorgen

Anlage I. Auszug aus der Musterliste des churf. bayr. DragonerRegiments Graf Piosasque *) vom September 1741 . Stab. General Feldmarschall Karl Graf v. Piosas que abs. in Österreich ; Obrist Friedrich Adolph Baron de Meindres ; Obristlieutenant Johann Jakob Vinther v. Burkheim abs. in Österr.; Obristwachtmeister Kaspar Graf v. Livizzani ; Lieutenant und Regiments-Quartiermeister Joseph Mathias v. Seidethall ; Adjutant Johann Adam Pezen hamer. Regiments-Feldscheer Joseph Käppler. - 1 Regimentstambour, 1 Wagenmeister, 1 Profos cum suis. Compagnien: Leib , Obrist , Obristlieutenant , **) Obristwachtmeister, v. Aicher, v. La Rosée, Graf Piosasque, ***) Baron Meichsner, †) Baron Millau, Beer. Sollstärke jeder Compagnie : 1 Hauptmann , 1 Ober- oder Unter-Lieut., 1 Fähnrich, 1 Wachtmeister, 1 Fourier, 3 Korporale, 1 Feldscheer, 1 Tambour, 1 Sattler, 1 Schmid, 71 Gemeine, 80 Pferde. -- Gesamt-Effektivstärke : 24 Offiziere 654 Mann v. Wachtın, abw. *) Errichtet 1735 ; als Chevaulegers- Regiment vac. Bretzenheim dem Chev.Regt. Fugger einverleibt 1801. **) Hat nur 8 Mann, 9 Pferde beim Regimente, welche in Aichach verblieben. ***) Von ihr befinden sich 9 Mann 9 Pferde in Rain. †) Hat nur 8 Mann, 9 Pferde beim Regimente, welche in Dachau liegen.

180

Der Einfall des österreichischen F. M. Lt.

Anlage II. Marschrouten (Auszüge) der als Verstärkung des Stentsch'schen Corps nach Bayern bestimmten irregulären ungarischen Truppen. 1742 . 1. Kolonne. ( 1. Warasdiner-) etwa 1000 Mann. 22. Febr. Hall (passierte , am selben Tage Innsbruck) ; 26. Ebbs und Erl., 27. Rosenheim. 2. Kolonne. (2. Warasdiner-) etwa 1000 Mann. Kommandant Obristlieut. v. Moltenberg *) Anton Ludwig (Rudolph ?), 24. Febr. Hall, 28. Audorf, Flintsbach, Fischbach, dann Aibling oder Rosenheim. **) 3. Kolonne (1. Karlstätter- ) Stärke ungenannt. Kommandant :? Obristlieut. Frhr. v. Gablkhoven ; sie traf am 21. Februar in Kufstein und am ( ?) 8. März in Rosenheim ein . ***) 4. Kolonne. (?) 5. Kolonne. 476 Mann. 6. Kolonne , 614 Mann. Sie soll schon am 24. Februar in Nufsdorf und „Beyrn“ (Neubeuern), am 25. um Voggareuth †) eintreffen und ist in das Gericht Kling bestimmt. 7. Kolonne (Karlstätter) 414 Mann. 22. Februar Schwaz, 24., Audorf und Rev., 25., Rosenheim und Aibling, soll in das Wasserburger Gericht kommen, verspätet sich. 8. Kolonne (Karlstätter) 365 Mann. 24. Februar Schwaz, 28., vielleicht Beyern, certuis Rosenheim", ist in das Gericht Kling bestimmt. Ferner teilt Egger an Gumpp am 5. März mit , dafs Obrist Petazzi ††) „ morgen als Montag per Nufsdorf et Peyrn ", am 6. März nach Marquardstein (!), am 7. März nach Traunstein marschieren werde. ttt)

Anlage III. Kapitulation der Stadt Reichenhall (30. März 1742) . Capitulations - puncta. 1mo. Die allhiesige Statt an Sr Concediret. Eczellenz H. Feldmarschall-Lieutenant Freyh. von Stentsch wierdet übergeben. 2do. Bittet mann mit diser ybergaab Werden Morgen um 7 Uhr frühe indessen die Thore besetzet werden, und nur in solang zurückzuhalten, bif die *) Hiervon sollen 500 Mann nach Holzkirchen rücken . Doch zeigt der dortige Bürgermeister Salva Guardia Briefe von Khevenhüller und Stentsch vor, auch findet die Abteilung nicht Platz. Moltenberg frägt bei Gumpp in Rosenheim an, ob sie nicht nach Tann, Sufferlohe, Grofs- und Klein-Harpenning, Buch und Babenberg gelegt werden dürfen ; d . d . Valley 5. März 1742. **) Landr. Egger in Kufstein berichtet an Gumpp d . d . 22. Febr., er habe für diese Kolonne Quartier in Kiefersfelden, Ober- und Nieder-Audorf, Fischbach, Flintsbach und Degerndorf vorbereitet. ***) Vergl. v. Hefner. S. 257. †) Zwischen Rosenheim und Wasserburg. ††) Kommandiert Kroaten und befindet sich vom 7. ab in Traunstein. †††) Wir bringen diese ebenso unklare als unwahrscheinliche Mitteilung lediglich wegen der Person des Kommandanten, der bei der Wegnahme Reichenhalls auftritt,

von Stentsch in Bayern und die Verhältnisse u. s. w.

man wird alfsdann die Zeitt gestatten, alle Posten zu retirieren, Jedoch dafs Artellerie , gewöhr und Mondur von denen Landtfahndlern auf jeden Pofto abgelegt und eine kleine Wacht indessen dabey gelassen werde. Ist völlig abgeschlagen, und wird der H. Brigadier zwar auf Parolla nebst denen übrigen offizieren von der regulierten Miliz, von welcher die Specification eingegeben werden wird hingehen, wo sie es begehren werden, Jedoch sollen sie sich auf anverlangen des Commandirenden H. General- Feld- Marchal Excell : jederzeit zu stellen gehalten seyn, welches Jch eben von denen Ingenieur und artigleristen verstehe. Können die Krancke bifs zu Ihrer genefsung auf ihre aigene Vnkosten zuruckgelassen werden.

Verstehet sich von selbsten , weil man denen Landtfahnleren gestattet, dafs sie nach abgelegten gewöhr und Mondur nach haufse gehen därffen, dafs man sie diefsfahls nichts werde entgelten lassen. wird dermahlen nicht mehr als ein reguliertes Bataillon eingelegt werden, wafs aber hernach von des Command : H. G: F. Marchall Excell : anbefohlen werden därffte, hierüber stehet es zu erwarthen, und wafs das Blinderen anbelangt, hat man sich schon ehedeme expliciert, daſs, wan die vorgeschriebene Contribution richtig erlegt werden wird, sie mit Brandt und Blinderung zu verschonen. Wird versprochen , dafs man dermahlen nichts ruinieren, wird sich aber in übrigen vor das Konfftige allerhöchsten Ohrts zu insinuiren seyn, man ver-

181

au

denen Poftierungen ausgesetzte Mannschaft sambt der bey sich habendten Artillerie hiehero gebracht, und deren Abzug genohmen, welches aber ehender nicht, als bis Morgen Abendts gegen 7 Uhr geschehen kann. 3tio. Verhofft der Kays. Cammer und Brigadier H. v. Merz mit dessen Vnterhabendten Offizieren - Artillerie- und Mannschaft sambt Ober- und Unter-gewöhr mit der Volligen Equipage den reyen Abzug und genugsambe Escorde oder Versicherung nacher Ingolstatt zuerlangen und zu dem ende die benöthigte Vorspann von Ohrt zu Ohrt verschaffen zu lassen. 4to. möchte auch auf wehrendtem Marche das betrifftige Brodt den Offizieren und Mannschaft nebst Dach und fach Verreicht werden, nicht weniger die Zuruggelassene Kranke, so in 10 Mann bestehen. , bif zu deren Genefsung zuruckzulassen , folglich bif besagten Ingolstatt nachgeschickhet werden. 5to. mächte weder die hiesige Burgerschaft , Innwohner , Ärtzt - Volckh und Pauern, auch andere welche Sr. Kay: May : dero Allergnädigsten Special Anbefehlung gemäfs allhier und ybrige Poftierungen gedienet, und gebrauchen lassen müessen, diffahls nichts zu entgelten haben. 6to. mächte alles Blindern und all

angedrohetes Ohnheyel in eine Vergessenheit khomen, und gänzlichen Vermyden bleiben, auch die allhiesige Burgerschaft wegen der grofsen Armuth und Vorhinig getragenen Kays. Villfältigen Durch-Marchen mit einer Evidentlichen Quartier und Regulierten Mannschaft belegt und mit denen Bandouren, Houſsarn und Croaten verschonet werden. 7mo. Mächten die Salz-genadenWerckher *) und Pfannhaufs auch das Zohl- und Pau-Ambt- was davon Dependiret, in deren alten Stand gelassen und

Salz-genaden Verckher = Sudwerk, (Gnade Gottes.)

182

Der Einfall des österreichischen F. M. Lt. v. Stentsch u. s. w.

muthet ansonsten dafs das Salz geföl de facto werde gleichwie zu Traunstein dem Königl. aerario einfliefsen .

wird der in Reichenhall angestellte Commendant, wan die Ursachen hierzue vorhanden, auch die natürl : Diſcretion üeben, wafs aber das Pfleg schlofs anbetrifft, fahls darinnen Soldaten Quartier Vorhanden wird solches auch nach erfordernufs mit einer discreten Besatzung belegt werden.

Ist sich Allerhöchsten ohrts diefsfahls zu melden.

Abgeschlagen, und wird indessen alles in statu quo gelassen werden.

Ist nach der erfordernus und nothdurfft accordieret.

Wird der H. Prigadier alzeit in der Freyheit seyn zu berichten oder selbst zu rapportieren was Ihme belieben wird . NB. Es versteht sich, dafs der scharmann und all übrige Posten nach besezten Thoren, wann sie oben gemelter massen, gewöhr, artillerie und Mondur zuruckgelassen, Können zuruck gezochen werden, WO man sodan die Kleine Wachten, so sie alldort verlassen, nachdeme sie auch all dieses abgeleget,

*) In Fässern und offen. **) Gröfsere Masse Brennholz.

nichtes ruinieret werden , sonderbahr aber aller Salz Vorrath in Beschlagenund ohnbeschlagenen Guett *), sambt der konfftigen Salz-erziglung vor Sr. Kay: May: refervieret bleiben. 8vo. mächten die Kay. Beambten häuser in Specie dafs Prem- und Salzmayer Haufs, wie auch dafs Pfleg- Schlofs mit Belegung der Quartier befreyet verbleiben und Niemand nichts von dem seinigen Umb so weniger ruinieret und abgenomben werden als sich die Samentlichen Beambte bereits untern 12 Feb. ersthin jederzeit Submittieret haben, welches mann hoffentl : in gnadige Confideration ziehen wirdet. 9no. mächte die allhiesige Statt bey ihren alten Freyheiten, Privilegien, Concefsionen und habschaft ohnverruckter gelassen und hieran nicht im mindesten turbieret werden. 10mo. gnädig zuverwilligen, wann die Postierungs gegendt solten aufgehebt und abgebrochen, dafs das Holtzwerkh sambt denen Palifaten zu Pfannhaus

Prennwith **) gleich zu Traunstein geschehen, derfte verhackhet werden. 11mo. mächte die zuefuehr in hiesige Statt und sonderbahr des getraydts in hiesige Statt ohnverspehrter verbleiben, ausser dessen miesste mann vor Hunger die gresste Noth ausstehen, worunter auch die ybrige Victualien zuverstehen wären. 12mo. mächte endtl : einige Pafsport ertheillet werden umb das Vergangene an seine Stehlen berichten zu khönnen. Aufs diesem allen werden Sr. Excell. gnädig ersehen das Von Unfs Unterschriebenen kein ohnbilliches erbetten worden ; also mann der gehorsamben Hoffnung lebet Euer Excell : werden überdises all solicitiertes umb so billicher dero hochgnädige accords ratification zuertheillen geruehen, in deren anhoff

Kriegs- und Friedensstärke des fridericianischen Heeres. gleichfahls abgehen lassen wird , oder fahls man gesinnet wäre, die am scharmann poftierde leuthe gleich von dort aufs hinaufs zu schicken, wird man ein Detachement dahin commandieren, welche vorheer all ob angemercktes von Ihnen in Empfang nehmen werden. Datum Reichenhall den 30. Marty 1742. (L. S.) Gl. von Stentsch General Feld M : Lieut.

XII.

Kriegs-

und

183

Uns zu genaden gehorsambl. empfehlen. actu Reichenhall den 30. Merzen anno 1742. (L. S.) J. von Merz Camerer und Brigadier (L. S. ) Joseph Keimb Haubtm. (L. S.) Pisot de Brulet Haubtm .

Friedensstärke

fridericianischen

des

Heeres .*)

Von E. Schnackenburg, Oberstlieutenant a. D.

Mehrseitig ist die Frage aufgeworfen worden : Wieviel Prozent der Bevölkerung betrug das stehende Heer Friedrich des Grofsen , wenn man bei der Berechnung nicht die Kopfzahl der zu den Revuen versammelten , sondern die Zahl der aus Staatsmitteln das ganze Jahr über besoldeten Mannschaften zu Grunde legt. Nachstehend ist nun der Versuch gemacht worden , diese Frage auf Grund des bis jetzt zugänglichen statistischen Materials zu beantworten, und zwar einerseits für die Stärke des Heeres , welches Friedrich im Jahre 1740 von seinem Vater übernahm , andererseits desjenigen , welches er bei seinem Tode im Jahre 1786 hinterliefs.**) *) Vortrag, gehalten im „ Verein für die Geschichte der Mark Brandenburg" im Januar 1892. **) An Flächeninhalt der zehnte, der Bevölkerungszahl nach der dreizehnte oder vierzehnte unter den Staaten Europas, stand Preufsen im Jahre 1740 bezüglich seiner Heeresstärke auf der vierten oder dritten Stelle ; nur die französische, die man auf 150,000, die russische, die man auf 130,000 Mann rechnete, waren ihr voraus, die österreichische in Folge der Türkenkriege nicht mehr, wenigstens für den Augenblick, Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIII., 2. 13

184

Kriegs- und Friedensstärke des fridericianischen Heeres. Das Heer,

welches Friedrich

1740

vorfand , zählte an Feld-

truppen : 66 Bataillone Infanterie , 60 Eskadrons » zu Pferde < (Kürassiere) , 45 Eskadrons Dragoner, 9 Eskadrons Husaren und 6 Compagnien Feld - Artillerie ;

an Garnisontruppen : 4 Bataillone und 10

einzelne Compagnien Garnison - Infanterie,

4 Compagnien Garnison-

Artillerie und 4 sogenannte » Land-Regimenter < .

Die Gesamtstärke

dieser Truppen wird auf 83,468 Mann berechnet. Letztgenannte

Zahl

stimmt auffälliger Weise

mit den vom

Könige in seinen hinterlassenen Werken gemachten Angaben nicht genau überein . Er veranschlagt die Heerstärke in den >> Oeuvres < (I. S.

175) auf nur 66,000, an anderer Stelle

auf 72,000 , Mann .

endlich in der »Histoire de

Wahrscheinlich

hat der König

(a. a . O. S. 190)

mon temps « auf 76,000

bei Angabe dieser runden

Zahlen nur die Feldtruppen , über die er zum 1. Schlesischen Kriege verfügen konnte, im Auge gehabt, die Garnison -Truppen aber aufser Betracht gelassen.

Die oben genannte Zahl von 83,468 Mann be-

zieht sich aber auf den offiziellen Rapport , welchen der mit den Geschäften des General-Kriegskommissariats beauftragte General von Massow dem Könige auf Befehl am 10. Januar 1748 eingereicht hat. *)

In dieser Zahl sind

einbegriffen

die Personen des Unter-

stabes - Regiments - Feldscheere, Feldprediger, Auditeure , RegimentsQuartiermeister, Hoboisten , Pfeifer, Büchsenmacher und Profos in Summa 1116 Personen. obige Zahl bezieht,

Der Massow'sche Rapport, auf den sich

wurde aber eingereicht,

nachdem die erste

Ausgabe der >> Mémoires de Brandebourg« schon im Drucke erschienen war ; letzteres geschah 1746 in der » Histoire de l'Académie royale des sciences et belles lettres < ; auch die » Histoire de mon temps Freiwächter , deren Zahl Boyen (a. a. O.) wohl etwas willkürlich auf 45,000 veranschlagt. Der preufsische Staat zählte 1786 ohne die Militär- Bevölkerung etwa 5

Millionen Einwohner,

mit derselben,

zu

dem besoldeten Stamm nicht allein die Beurlaubten,

welcher aufser sondern auch

die nach Hunderttausenden zählenden Weiber und Kinder gehörten (die Berliner Garnison allein zählte mit Einschlufs der Beurlaubten im Jahre 1776 :

107 Frauen und 194 Kinder der Offiziere , ferner

Kriegs- und Friedensstärke des fridericianischen Heeres.

190

10,880 Frauen und 13,590 Kinder der Unteroffiziere und Gemeinen)*) nicht ganz 6 Millionen Einwohner. **) Folglich ergiebt sich eine Kriegsstärke des Heeres , im Verhältnis der Gesamtbevölkerung , ganz 2 1740.

von 3

Prozent ,

und eine Friedensstärke

also nur ein Geringes

von

nicht

weniger, als im Jahre

Zur Unterhaltung dieses Heeres wurden (nach verschiedener

Angabe) 11-13 Millionen Thaler, 2/3 etwa des damals etwa 18 bis 20 Millionen betragenden Staatseinkommens verwendet. Um einen Vergleich zu gewinnen mit anderen Zeiten , sei noch erwähnt,

dafs im April 1814 Preufsen 315,835 Mann unter den

Waffen hatte, ***)

also bei 5½ Millionen Einwohner der damaligen

Bevölkerung, 6 Prozent der Bevölkerung, gegenüber etwa 5 Prozent zur Zeit der gröfsten Heeresstärke während des 7jährigen Krieges. Immerhin mufs die Friedensstärke des fridericianischen Heeres im Vergleich zur Gegenwart eine sehr bedeutende genannt werden , denn die Gesamt - Etatsstärke des deutschen Heeres für das Etatsjahr 1892/93

beträgt (einschliesslich

20,524

Offiziere)

507,507 Köpfe, d . h. 1 Prozent der etwa 50 Millionen zählenden Bevölkerung des deutschen Reiches. Die mehrfach gestellte Frage ,

ob überhaupt die gewaltige fri-

dericianische Kriegsmacht

zur Erhaltung

notwendig gewesen sei ,

darf man wohl

des

preussischen

Staates

dahin beantworten,

dafs

Friedrich mit geringeren Kräften seine Siege nicht erkämpft, Preuſsen nicht zur Grofsmacht erhoben hätte. Friedrichs des Grofsen starkem und geübtem Heere verdankt Preufsen und das Haus Hohenzollern seine Gröfse ,

dann

in weiterer Folge

Deutschland seine nationale Wiedergeburt und Weltmachtstellung.

*) Büsching, a. a. O. IV. 421 . **) Preufs, Friedr. d. Gr. IV. 290. ***) Boyen, Erinnerungen II. 178.

XIII.

Warum

Organisation ,

sind

die Fragen

Ausbildung

und

über

Verwendung

der Kavallerie nur in der Theorie gelöst?

Diese Frage kann nur damit beantwortet werden :

weil die

fortlaufende Anregung fehlt, um die als richtig erkannten Theorien in die Praxis überzuführen « . Vor Allem dürfte hier zu bemerken sein, Wer soll und kann sich mit diesem wichtigen Thema befassen? Wir glauben, dafs es unbedingt nötig ist, diesen Fragen eine unausgesetzte Aufmerksamkeit zuzuwenden, wenn an deren glückliche Lösung gedacht werden kann , dafs diese fortlaufende Aufmerksamkeit und

Anregung nur durch eine Generalinspektion

der Waffe mit entsprechendem Nutzen wird ins Lebens treten können . Ebenso wie ein Kavallerie- Führer bei den hohen Kommandostellen für die Verwendung der Kavallerie im Kriege von gröfstem Vorteile sein mufs , ebenso vorteilhaft unentbehrlich erscheint uns die Generalinspektion der Waffe im Frieden, um die gleichen, richtigen Gedanken und Prinzipien über Verwendung und Führung, die zweckmässige Ausbildung gelangen zu lassen.

wie für

der Kavallerie nie in Vergessenheit

Im Allgemeinen steht es ja fest, dafs auch die sachgemäſsesten Instruktionen

wie

Reglements diesen leitenden Einflufs keineswegs

entbehrlich machen ; für die Kavallerie aber nimmt die Bedeutung eines solchen Einflusses ganz wesentlich zu. Es ist nicht denkbar, dafs

bei 45

Brigade- Commandeuren,

welche

unter

20

komman-

dierenden Generalen und 42 Divisions-Commandeuren die Ausbildung der Kavallerie zu leiten haben , in der Art dieser Ausbildung nicht ganz

wesentliche Verschiedenheiten bestehen und ebenso wenig er-

scheint es denkbar, dafs sich über Führung und Verwendung der Kavallerie unter diesen Verhältnissen jene gleichen Prinzipien verbreiten können, welche allein in dieser Hinsicht eine Garantie bieten können .

Überdies

sind

die

Kavallerie- Divisionen

die

einzigen

gröfseren Truppenverbände, welche erst im Felde organisiert und zusammengestellt werden, bei welchen der Führer weder seinen Stab noch seine unterstellten Truppen und Commandeure kennt.

Dies

192

Warum sind die Fragen über Organisation, Ausbildung

Alles aber scheint uns um so beachtenswerter, je notwendiger für die grofsen Kavallerieverbände eine unbedingte Klarheit und Sicherheit bei den Unterführern wie der Truppe über

die Anschauungen

der Führung erscheint. Es ist sodann wohl nicht zu läugnen , daſs selbst bei der Formation von Kavallerie-Divisionen im Frieden diese Gleichheit der Anschauungen im Großsen kaum rasche und wesentliche Fortschritte machen kann. versicht

zu

Dagegen steht dies wohl mit Zu-

erwarten bei Kreirung einer General - Inspektion

und mehrerer

Inspektionen.

Wir finden in diesem Vorgehen die

einzige Möglichkeit, der Kavallerie in etwas rascherem Tempo aufzuhelfen ; allerdings aber müfste die ganze Ausbildung und Verwendung der Kavallerie durch diese Inspekteure überwacht und unter die Oberleitung des General - Inspekteurs gestellt werden .

Hat dieser absolut notwendige Einfluſs in langen

Jahrzehnten beinahe vollständig gefehlt, so ist es nicht zu verwundern, wenn sich nach und nach sehr verschiedene Ansichten und Grundsätze in der Waffe und über die Waffe verbreitet haben ; gerade wieder aus diesem Grunde ist der Einflufs der kavalleristischen Oberleitung , insbesondere auch deutung für die Kavallerie.

heute noch von der höchsten Be-

Wollen wir Kavalleristen offenes Bekenntnis ablegen, so dürften verschiedene Systeme und Schwankungen in derAusbildung, verschiedene Anschauungen in Beziehung auf Führung und Verwendung leicht zu konstatieren sein. Diese Verschiedenheiten sind ebenso zu bemerken bei der Ausbildung des Reiters wie der Truppe, auf der Reitschule, auf den Übungsplätzen, wie bei den Manövern. Gerade diese Verschiedenheiten sind es aber, welche einem gedeihlichen Fortschritte entgegenstehen . Giebt nicht die

Geschichte der

Kavallerie auch hierüber die

sichersten und bestimmtesten Anhaltspunkte ? unsere tüchtigsten

Zu allen Zeiten haben

Offiziere in diesen Richtungen an der Vervoll-

kommnung der Waffe in der Praxis und mit der Feder gearbeitet. In einzelnen Fällen ist es denselben auch gelungen einen vorübergehenden Aufschwung herbeizuführen . Leider aber waren die Institutionen nicht gegeben, um solchen Aufschwung stets praktisch zu verwerten.

Es liegt in den nicht zu leugnenden Schwierigkeiten

der Ausbildung,

dafs

sich Manche mehr oder weniger ablehnend

verhalten haben, gegenüber neuen Gesichtspunkten für die Ausbildung und oft bemüht blieben, die eingelebten Methoden zu bewahren. Umfangreiche Instruktionen und Reglements geben die erwünschte

und Verwendung der Kavallerie nur in der Theorie gelöst ?

193

Gelegenheit, sich hinter einen oder den andern Paragraphen zu verschanzen. Wesentliche Unterstützung

fanden diese Elemente durch un-

günstige Resultate, welche so mancher Eifrige, insbesondere in Beziehung auf das Material und dessen Abnutzung herbeiführte. Angriffe mehrten geklärt,

die

sich,

Fehler

Die

und es gab Niemanden, der die Ansichten

gerügt ,

das

Ziel im Auge behalten, und die

Gesamtheit auf den richtigen Weg gebracht hätte, welcher in kurzer Zeit an dieses Ziel hätte führen müssen . So kamen die mehrfach wechselnden

fetten und magern Jahre der Kavallerie ; den ganzen

Winter womöglich nicht an die Luft, auf der Reitbahn biegen und brechen, im Frühjahre verkürzte Gangarten. Dann im Wechsel kavalleristische Anforderungen, räumige Gangarten mit energischen Bewegungen; selten

ohne

die nötige Grundlage wurden die Pferde nicht

nicht blofs mager sondern auch auf den Beinen geschädigt.

Die Reaktion begann insbesondere in der Waffe selbst und ganz allmählig kam

wieder der alte Trödel, der unbrauchbare Drill

mit seinen Scheinerfolgen .

» Es fehlte die leitende Hand, welche

die Fehler und Irrtümer verbessert, das Ziel unbeirrt im Auge behaltend die Gesamtheit an dieses Ziel hätte führen können . Wir müssen stets und immer wieder im Interesse der Sache darauf hinweisen,

dafs ohne einen solchen Einfluss ein wirklicher und an-

dauernder Fortschritt unmöglich ist « . Der leitende

Einfluss für die Kavallerie ermangelte aufserdem

in eben dem gleichen Maſse für die Ausbildung , Führung und Verwendung der Kavallerie in gröfseren Massen. Dieser leitende Einfluss

aber

ist um so notwendiger, je weniger diese gröfseren

Verbände schon im Frieden bestehen , je öfter die Führung derselben und die Zuteilung der Truppen wechselt, je seltener dieselben bei den gröfseren Truppenübungen zugezogen werden . verhältnis

der

Waffengattungen ,

organisation überhaupt ,

die

wie

Schon das Zahlen-

nicht minder

Friedensübungen

die Friedens-

insbesondere, bergen

die Gefahr in sich, dafs die Anschauungen über Verwendung der Kavallerie, mehr wie es nützlich sein kann , dieser die Rolle einer Hülfswaffe zumessen . Gerade die Erfahrungen aus der neuesten Zeit weisen ganz untrüglich darauf hin.

Mit einem Überhandnehmen

dieser Anschauungen aber tritt ganz folgerichtig die Thatsache ein , dafs die Kavallerie in der Regel nicht in jenen Momenten zum Eingreifen gelangt, welche günstige Verhältnisse für ihre Angriffe bieten,

sondern

weit

häufiger in der Zeit kritischer Gefechtslagen

194

Warum sind die Fragen über Organisation, Ausbildung u. s. w.

überhaupt , werden . Nach

in

welchen recht

oft die günstigen Momente

allen Erfahrungen aber

können solche Gepflogenheiten

der Waffe durchaus nicht förderlich sein ; den Wert und

die

sie werden im Gegenteil

Bedeutung der Kavallerie als Waffe der Ent-

scheidung stets mehr und mehr alterieren . sind es auch,

fehlen

Gerade die Verhältnisse

welche die Fragen nicht zur Ruhe kommen lassen ,

ob es in der Gegenwart und Zukunft noch möglich sein wird , die Kavallerie in Massen zu verwenden , ob es nicht vorzuziehen wäre die Kavallerie zu reduzieren und sie nur zum Sicherheitsdienste zu auf jene

verwenden ?

Will man die Kavallerie nicht

Art organisieren und gebrauchen, welche dem Geiste und

dem Wesen der Waffe vollständig entspricht, dann könnte es allerdings entschieden vorteilhafter erscheinen, die Waffe auf 1/3 ihres Standes zu zustellen .

reduzieren

und

dafür

einige

Armee- Corps mehr auf-

Der Aufklärungsdienst überhaupt, wie insbesondere dieser Dienst im Beginne eines Feldzuges aber wird schon allein die vorhandene Kavallerie im höchsten Grade in Anspruch nehmen ; an eine Reduktion wird schon aus dem Grunde nicht zu denken sein, weil die Heere der anderen Staaten ihre Kavallerie stets vermehren. Die Heeres- Organisationen gestatten zudem eine sehr intensive Vermehrung der Formationen , in sofern dieselben die andern Waffen betreffen . Wir sehen sohin,

dafs die Spitze der Frage lediglich in der

sachgemässen Organisation , Verwendung und Führung der Kavallerie liegt, und dafs nur unter dieser Voraussetzung voller Nutzen aus dieser Waffe wird gezogen werden können , ebenso im Sicherheitsdienste wie in den Tagen der grofsen Entscheidungsschlachten.

8.

XIV.

Ein

für

Vorschlag

das

zur

Verwendung

gefechtsmäfsige

der

Schiefsen

der Infanterie bestimmten scharfen Patronen.

Motto : Schulschiefsen Gefechtsschiefsen

Ziffer 83 der Schiefsvorschrift sagt :

Feinschiefsen . Grobschiefsen.

»So wichtig das Schul-

schiefsen an und für sich bleibt, ist es dennoch nicht als Endzweck , sondern lediglich als Vorschule für das gefechtsmässige Schiefsen zu betrachten .

Ziffer 115, Absatz 3

ebendaselbst :

»In

der Haupt-

übung wird das während der Vorübung Erlernte hauptsächlich auf gefechtsmässige Ziele in verschiedenen Anschlagsarten , sowie grössere Entfernungen angewendet und vervollkommnet Be-

willigen Sie die Mittel zum Ausbau unserer Flotte, damit, wenn der Sturm einmal losbricht, wir Herrn der Ostsee sind und die Nordsee beherrschen können . > Russischen Invaliden «

durch viele Nummern

Diese in dem

hindurch

geführte

Polemik ist wohl der Anlafs gewesen , dafs sich die Redaktion

des

Journals Raswjedtschik an den als Militär-Schriftsteller bekannten General Dragomirow,

welcher noch vor kurzer Zeit seine Stimme

gegen die Einführung eines Mehrladers für die russische Armee erhoben hatte, mit der Bitte wandte, seine Ansicht über den Wert der blanken Waffen zu äussern . General Dragomirow ist dieser Bitte nachgekommen und finden wir seine Ansichten in Form eines Briefes an die Redaktion des genannten Journals veröffentlicht. »Sowohl bei den blanken Waffen als bei den Schufswaffen lassen sich zweierlei Arten

von Wirkung

unterscheiden :

direkte (Hiebwaffen) und die direkte (Stichwaffen) < ,

so

Die

beginnt

General Dragomirow seine Ausführungen und fährt dann fort : Drittes giebt es nicht, und das aus dem sehr

in-

>> Ein

einfachen Grunde,

weil der Mensch, was er auch schafft und bildet, Alles nach seinem eignen Vorbilde formt.

Seine ihm eigentümliche, angeborene Waffe

General Dragomirow über den Wert der blanken Waffen .

223

ist die Faust, der er sich entweder von oben nach unten schlagend (indirekt) oder gradezu stofsend (direkt) bedient ; alle Formen der blanken Waffen schliefsen sich eng an diese doppelte Art der Anwendung der menschlichen Faust an, nur dafs bei ihnen eine erheblich höhere Wirksamkeit erzielt wird. Doch wir müssen es uns versagen, dem General in allen seinen eigenartigen Ausführungen zu folgen und beschränken uns

darauf, die Endergebnisse seiner

Schilderungen und Schlufsfolgerungen wiederzugeben . Die Frage, ob die Stich waffen oder die Hiebwaffen vorzuziehen seien, wird dahin beantwortet, dafs dies in erster Linie von den nationalen Gewohnheiten abhängig sei. Die nationalen Gewohnheiten des russischen Kavalleristen (abgesehen von den kaukasischen Kasaken) kennzeichnet Dragomirow in Folgendem : » Die Anhänger der Stichwaffen weisen auf Napoleon hin: »Pointez, pointez, ne sabrez point La lance c'est la reine des armes. Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und Genie -Wesens < Oktober 1891 waren bis dahin nur Ordonnanz- Gewehre fremder Staaten, u. a. von Deutschland , Österreich -Ungarn , England , Belgien geprüft worden . Das Kriegsministerium will ein Kaliber von 0,3 Zoll 7,62 mm, Kupfermantelgeschofs mit Hartbleikern von 14,9 g, 2,33 g rauchlosen Pulvers der belgischen Fabrik zu Wetteren , das Vorbild des heimischen Neupulvers , wobei sich rund 610 m Geschwindigkeit ergaben . Nach direkten Mitteilungen hat das Mauser-Gewehr am meisten befriedigt .

Es

ist höheren Orts be-

stimmt worden , dafs die Versuche mit Ende Juni d. J. ihren Abschlufs zu erreichen haben. In der Litteratur hat zuerst General Richard Wille in seiner Sommer 1890 erschienenen Schrift : » Wolfram - Geschosse < (Berlin bei R. Eisenschmidt) die Herabsetzung des Gewehrkalibers bis auf 6 mm vertreten , allerdings hat ihm der Erfolg hinsichtlich der Unzulässigkeit der Hartblei- Mantelgeschosse

und der Notwendigkeit

von Wolfram -Metall für solche Kaliberstufen bis jetzt nicht Recht gegeben. Vor Wille hatte die von Professor Friedr. Wilh. Hebler in Zürich in seinem Werke : » Das kleinste Kaliber oder das zukünftige Infanterie - Gewehr « (Zürich 1886) aufgestellte Behauptung einer bestimmten unteren Kaliber- Grenze, die er mit Rücksicht auf Herstellung und Reinigung der Lauf bohrung mit 7,5 mm normierte, allgemeine Anerkennung genossen. Professor Hebler trägt nun in der » Schweizer Zeitschrift für Artillerie und Genie < , 1892 , Nr. 3, ( März ) in dem Aufsatz : » Soll man mit dem Kaliber der Gewehre bei 7,5 mm stehen bleiben oder noch weiter heruntergehen und wie weit« , (zuerst veröffentlicht in der österreichischen » Schützenzeitung ) dem Vorgang Italiens Rechnung und nimmt an , technischen Schwierigkeiten

nicht mehr

dafs die

vor der Einführung des

noch verkleinerten Kalibers zurückschrecken , er untersucht nunmehr

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

355

die beste untere Grenze und rät, auf das Kaliber von 5 mm herabzugehen.

Die

für die beste

5 mm Patrone hält er auf Grund eigner Versuche und geeignetste zur Einführung, » weil die jetzigen

technischen Hülfsmittel es gestatten, Läufe von 5 mm Kaliber noch ohne allzugrofse Schwierigkeiten herzustellen « und » weil je kleiner das Kaliber ist, um so günstigere Ergebnisse in Flachheit der Flugbahn, Durchschlagskraft, Rückstofs , Humanität der Verwundungen u. s. w. erreicht werden , und zugleich die Patronenzahl , welche der Mann mit sich führen kann , gröfser wird . < Als einzig berechtigter Einwand gegen das 5 mm Kaliber erkennt Hebler an : »Der maximale Gasdruck werde zu hoch, so hoch , dafs die StützDen Gasdruck beim 5 mm flächen des Verschlusses sich stauchen.