Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine / April bis Juni 1879 [31]


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German Pages 360 Year 1879

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Table of contents :
Front Cover
Rückblick auf die Entwickelung des Französischen Heerwesens
Brandenburgische Schlachtfelder
Zwei Wintermonate im Schipkapass (Aus dem Kriegstagebuch
Die Geschützfrage in England
Die Ursachen und der Verlauf des Russisch-Türkischen Krieges
Die Lehre von der Truppenverwendung (Schluss)
Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division Von L Sander,
Die Russischen Cavallerie - Divisionen und die Armee-Operationen
Der Festungskrieg der Neuzeit
Stonewall Jackson's Virginienthal - Campagne Von J Scheibert,
Armstrong und Krupp
Umschau in der Militair-Literatur:
Verzeichniss der bedeutenderen Aufsätze aus anderen militairischen
Bearbeitet von mehreren Preuszischen Offizieren
Verzeichniss der bei der Redaction eingegangenen neu erschienenen
Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division Von L Sander,
Die Russischen Cavallerie-Divisionen und die Armee-Operationen im
· Der Festungskrieg der Neuzeit (Schluss)
Stonewall Jackson's Virginienthal - Campagne Von J Scheibert,
Das neue Finnische Wehrgesetz
Armstrong und Krupp (Schluss)
Verzeichniss der bedeutenderen Aufsätze aus anderen militairischen
Verzeichniss der bei der Redaction eingegangenen neu erschienenen
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Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine / April bis Juni 1879 [31]

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Jahrbücher

für die

Deutsche

Armee

und

Marine.

Verantwortlich redigirt

von

G.

von

MARÉES Major.

Einunddreiszigster Band. April bis Juni 1879.

BERLIN , 1879. F.

SCHNEIDER

&

(Goldschmidt & Wilhelmi. ) Unter den Linden No. 21.

Co.

Inhalts -Verzeichniss.

Seite I.

Militairische Jugenderziehung. Von B. Ernestus . Die Ursachen und der Verlauf des Russisch-Türkischen Krieges in Europa in den Jahren 1877-78 . Von Freiherrn von • Forstner, Hauptmann VIII. Aus auswärtigen militairischen Zeitschriften . IX. Verzeichniss der bedeutenderen Aufsätze aus anderen militairischen Zeitschriften ( 15. Februar bis 15. März) . X.

1 24 55

585

69

8888

Rückblick auf die Entwickelung des Französischen Heerwesens im • Jahre 1878 (Schluss) II. Brandenburgische Schlachtfelder. Von A. v. Crousaz , Major z . Dispos. (Schluss) . III. Die Lehre von der Truppenverwendung (Fortsetzung) IV. Zwei Wintermonate im Schipkapass . (Aus dem Kriegstagebuch des Kaiserlich Russischen Infanterie-Regiments Jenisseisk No. 94) V. Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division. Von L. Sander, Oberst a. D. VI. Die Geschützfrage in England VII. Umschau in der Militair-Literatur : Zur Taktik der „,Situation"

80 98

103 108

109 110 119

Verzeichniss der bei der Redaction eingegangenen neu erschienenen 124 Schriften u. s. w. ( 15. Februar bis 15. März) 123 XI. Die Lehre von der Truppenverwendung (Schluss) . XII. Die Pionier- Compagnie bei der Infanterie-Division . Von L. Sander, 138 Oberst a. D. (Fortsetzung) . XIII. Die Russischen Cavallerie - Divisionen und die Armee-Operationen im Balkanfeldzuge 1877-78 . Von Cardinal von Widdern, Hauptmann und Lehrer an der Kriegsschule in Metz. Besprochen von 158 Kähler. Oberstlieutenant und Regiments-Commandeur 184 XIV. Der Festungskrieg der Neuzeit XV. Stonewall Jackson's Virginienthal - Campagne. Von J. Scheibert, 203 Major z. D. 216 XVI. Armstrong und Krupp XVII. Umschau in der Militair-Literatur : Geschichte des 1. Thüringischen Infanterie - Regiments Nr. 72 in den Jahren 1860 bis 1878. Zusammengestellt von Fabricius, 224 Hauptmann u. s. w. Buschbeck-Helldorff's Feld-Taschenbuch für Offiziere aller Waffen der Deutschen Armee zum Kriegs- und Friedensgebrauch. 225 Bearbeitet von mehreren Preuszischen Offizieren AP C ) (RE 496231

Inhalts -Verzeichniss.

IV

Seite

XVIII. XIX. XX. XXI. XXII.

XXIII. · XXIV.

XXV. XXVI.

XXVII. XXVIII. XXIX.

Ueber die Heranbildung der Einjährig -Freiwilligen zu Reserveoffizieren. Von Fritz Hoenig, Hauptmann a. D. Zweijährig-Freiwillige. Von Hermann Rosenthal. Studie über Taktik der Feld-Artillerie. Von A. von Schell, Oberstlieutenant und Commandeur des 1. Westfälischen Feld-Artillerie-Regiments Nr. 7. . Verzeichniss der bedeutenderen Aufsätze aus anderen militairischen Zeitschriften ( 15. März bis 15. April) . Verzeichniss der bei der Redaction eingegangenen neu erschienenen Bücher u. s. w. ( 15. März bis 15. April) Ueber das Exerzieren mit Compagnie-Colonnen Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division. Von L. Sander, Oberst a. D. (Schluss) Die Russischen Cavallerie-Divisionen und die Armee- Operationen im Balkanfeldzuge 1877-78 . Von Cardinal von Widdern. Hauptmann und Lehrer an der Kriegsschule in Metz. Besprochen von Kähler, Oberstlieutenant und Regiments-Commandeur (Schluss) Der Festungskrieg der Neuzeit (Schluss) . Stonewall Jackson's Virginienthal - Campagne. Von J. Scheibert , Major z. D. Das neue Finnische Wehrgesetz . Das Märchen eines Angriffes Französischer Reiterei auf Niederländische Kriegsschiffe im Jahre 1795. Von F: W. de Bas, Hauptmann im Generalstab der Königlichen Niederländischen Armee Armstrong und Krupp (Schluss) Verzeichniss der bedeutenderen Aufsätze aus anderen militairischen Zeitschriften ( 15. April bis 15. Mai) Verzeichniss der bei der Redaction eingegangenen neu erschienenen Bücher u. s . w. ( 15. April bis 15. Mai) .

226 229

229

233 240 243 254

271 288

313 329

334 342

348 354

7

I.

Rückblick

auf

die

Entwickelung

des Franzö-

sischen Heerwesens im Jahre 1878. (Schluss.)

II.

Die auf Organisation und Ausbildung gerichtete Thätigkeit des Kriegsministers im Jahre 1878. General Borel, der in diesem Augenblicke bereits wieder zurück-

getretene Kriegsminister, war der 8. Chef, welchen die Centralstelle der Französischen Armee-Verwaltung seit dem 4. September 1870 an ihrer Spitze gesehen hat.

Seinem das Jahr 1878 ausfüllenden

Wirken sind die nachstehend aufgeführten organisatorischen Maszregeln zu danken . Ohne eine bestimmte politische Richtung zu haben, oder eine solche wenigstens öffentlich zu bekennen, hat General Borel nur das eine Ziel

die

begonnene Reorganisation der Armee zu vollenden,

mit Energie und Umsicht verfolgt.

Ein Rückblick auf die militairische

Vergangenheit des Generals, welcher eine glänzende Laufbahn hinter sich hat,

zeigt uns denselben während der Feldzüge in der Krim

und in Italien

als Adjutanten des Marschall Mac Mahon , im Jahre

1870 zuerst als Stabs-Chef der 1. Loire-Armee, dann 1871 in gleicher Function bei der unter Mac Mahon's Oberbefehl stehenden Armee von Versailles.

Nach dem Friedensschlusse von 1871 war General

Borel Divisions-Commandeur in Rheims, dann Chef des Generalstabes beim Kriegsminister du Barail und nach dessen Rücktritt Stabs -Chef beim Gouverneur von Paris, General Ladmirault . An die Spitze des Kriegsministeriums wurde er im November 1877 berufen. Seine Wirksamkeit in dieser letzteren wichtigen Stellung wird die nachfolgende Zusammenstellung zu zeigen bestrebt sein, welche die we1 Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI.

Rückblick auf die Entwickelung des

2

sentlichsten der im Jahre 1878 in Bezug auf Ergänzung und Verbesserung der Heeres-Organisation getroffenen Maszregeln zur Darstellung bringt.

Ausführungs - Bestimmungen zum Recrutirungs - Gesetz. Die Einstellungstermine für die 1. und 2. Hälfte des jährlichen Recruten-Contingents waren bisher von Rücksichten auf das Budget abhängig und daher auszerordentlich verschieden, ein Uebelstand, der sich sowohl für den Geschäftsgang der Recrutirungs -Bureaux , als besonders für den Dienstbetrieb der Truppen in hemmender Weise fühlbar machte .

General Borel sah sich daher veranlasst, durch ein

Decret vom 28. Juni 1878 Bestimmung zu treffen, dass in Zukunft die 1. Hälfte des Contingents

in der Zeit zwischen dem

1.

und

5. November, die zweite aber 8 Tage später als die erste zur Einstellung gelangen solle, um die Ausbildung beider Classen zu gleicher Zeit zu bewirken .

Die zweite Hälfte des Contingents mit nur sechs-

monatlicher Dienstzeit war bisher gewöhnlich im Juli jeden Jahres zur Einstellung gelangt. Eine vom Kriegsministerium herauszugebende Tabelle setzt die Stärke der innerhalb der Grenzen des CadresGesetzes vom 13. März 1875 für jeden Truppentheil zu bestimmenden Recrutenquote fest und bestimmt gleichzeitig genau den Termin der Einstellung.

Die Stärke der 1. Hälfte des Contingents ist fest-

stehend oder doch nur geringen Schwankungen unterworfen, während die Zahl der als zweite Hälfte zur Einstellung gelangenden Recruten sich nach der Anzahl der brauchbaren Militairpflichtigen dieser Kategorie richtet. Durch die vorerwähnte Festsetzung des Einstellungstermins

auf die

ersten Tage des Monats November wird die

thatsächlich bereits bestehende Verkürzung der Dienstzeit um 4 Monte - die Dienstzeit der bezüglichen Jahresclasse wird nämlich vom officiell gut geheiszen. vorangehenden 1. Juli ab berechnet Ferner regelt dasselbe Decret vom 28. Juni v. J. die wichtige Frage über die Zulässigkeit des Eintritts von Freiwilligen in Bezug auf Zeitpunkt und Wahl des Truppentheils . Da nämlich das Recrutirungsgesetz keinerlei bestimmte Termine für den freiwilligen Eintritt vorsah,

so entstand den Truppentheilen

durch die Ausbildung der zu jeder beliebigen Zeit sich zum Eintritt meldenden jungen Leute eine unverhältnissmäszige Belästigung . Besonders traf diese Belästigung die in groszen Städten garnisonirenden Regimenter,

welchen Freiwillige

die in schlechten Garnisonen so groszer Andrang

stattfand,

in Schaaren

zuströmten,

stehenden Regimenter,

während

zu denen kein

diese Unbequemlichkeit zwar nicht

Französischen Heerwesens im Jahre 1878.

3

empfanden, dafür aber auch des damit verbundenen Vortheils für die Ergänzung der Unteroffizier-Cadres gänzlich verlustig gingen .

Indem

nun das Decret vom 28. Juni die alljährliche Festsetzung eines Maximums von Freiwilligen durch das Kriegsministerium für jeden Truppentheil in Aussicht stellt, welches keinesfalls überschritten werden darf,

und zwei bestimmte Perioden festsetzt, innerhalb welcher die

Einstellung von Freiwilligen stattfinden darf, wird es beiden Rücksichten gleichmäszig gerecht. Somit ist von jetzt ab der freiwillige Eintritt nur in der Zeit vom 1. bis 31. März und vom 1. Oktober bis einschlieszlich 30. November gestattet.

Die erste dieser beiden Perioden fällt in die Zeit.

der allgemeinen Loosung, und gestattet dieser Umstand den zahlreichen jungen Leuten, die wegen ihrer im Herbst bevorstehenden Einstellung voraussichtlich sofort brodlos werden würden, den unverzüglichen Eintritt, während die zweite Periode mit dem allgemeinen Recruten-Einstellungstermin annähernd zusammenfällt, mithin die Ausbildung dieser Freiwilligen gestattet.

mit

der

eingestellten

Classe

zugleich

vorzunehmen

Für die Herbst-Eintritts-Periode der Freiwilligen ( 1. October bis 30. November) hat der Kriegsminister in Gemäszheit des oben erwähnten Decrets durch Rundschreiben vom 16. September v. J. das Maximum der einzustellenden Freiwilligen in folgender Weise festgesetzt *) : für jedes Infanterie-Regiment 20, für jedes Jäger-Bataillon 10, für die Zouaven-Regimenter je 40 , für Cürassiere und Dragoner 15 , für Chasseurs und Husaren, sowie für alle Artillerie-Regimenter 25 , für die Pontonnier-Regimenter je 10, menter 90, für jede Train-Escadron

·

für jedes der 4 Genie-RegiDie Artillerie-Arbeiter10.

Compagnien dürfen Freiwillige innerhalb ihrer Etatsgrenzen nach Bei den Bedarf einstellen , ebenso die Schreiber - Abtheilungen . Abtheilungen der „ commis et ouvriers d'administration ", deren jedes Corps eine besitzt, schwankt das erlaubte Maximum zwischen 3 und 13 , bei den Krankenträger-Sectionen zwischen 27 und 50. Vorstehende hier im Auszuge wiedergegebene Zahlen waren in Form einer Tabelle, in welcher jedes Regiment besonders aufgeführt , zusammengefasst .

Diese Tabellen gelangten in einer entsprechenden

Anzahl von Exemplaren zur Vertheilung an die Recrutirungs-Bureaux, so dass jeder sich meldende Freiwillige davon Kenntniss erhielt. Die Regimenter ihrerseits mussten, sobald die ihnen erlaubte Zahl von

einzustellenden Freiwilligen erreicht

war,

den Kriegsminister

*) Armée française v. 27. September 1878 . 1

Rückblick auf die Entwickelung des

4

telegraphisch hiervon in Kenntniss setzen, welcher dann die Löschung des betreffenden Regiments in der Tabelle sofort veranlasste. Jeder Freiwillige muss von seinem heimathlichen Bezirks -Commandeur den Erlaubnissschein zum freiwilligen Eintritt beibringen . Derselbe wird nur dann gewährt , wenn der betreffende Freiwillige sich zum Eintritt bei einem Truppentheil desjenigen SubdivisionsBezirks verpflichtet, in welchem sein gesetzmäsziges Domicil liegt. Den in Paris

garnisonirenden Truppen ist dagegen die Einstellung

junger Leute aus

den Departements

den in Lyon garnisonirenden

der Seine

diejenige

und

Seine-et- Oise ,

von Freiwilligen

aus

dem

Rhone-Departement direct untersagt . Abschaffung des 99 tiercement " bei der Infanterie. Eine ausschlieṣzlich die Infanterie betreffende Maszregel ist die Aufhebung des

tiercement,

welche nach

ertheilter Genehmigung des Decret vom Decret

Präsidenten der Republik durch kriegsministerielles 9. September 1878 angeordnet worden ist.

Der in der Französischen Armee bestehende Grundsatz ,

dass

die Führung der Depot- Compagnieen dem jüngsten Capitain zufalle , hatte von altersher einen Tausch der Hauptleute zwischen dem Depot und dem activen Theile der Regimenter zur Folge gehabt . Ebenso wurde ein Tauschen der Hauptleute innerhalb des activen Theils der Regimenter aus dem Grunde vorgenommen, um den ältesten Hauptleuten die Führung einer Division zu geben, d. h. zweier vereinigter Compagnien , eine

Formation

des alten Französischen Exerzir-Re-

glements, welche seit 1875 über Bord geworfen wurde. Diese Rücksichten mögen dem seit der Ordonnanz vom 16. März 1838 in der Französischen Armee bestehenden tiercement, d. h. einer alle 3 Jahre gelegentlich der „ inspections générales " stattfindenden Classificirung der Hauptleute bei der Infanterie zu Grunde gelegen haben. Die classificirten Hauptleute traten mit ihrer ganzen Compagnie, Offiziere und Unteroffiziere eingeschlossen, zum andern Bataillon über ; in dem Fall , dass ihnen eine Depot - Compagnie zufiel, nahmen sie nur die Cadres und die Burschen der Offiziere zum Depot mit hinüber.

Nachdem nun das Cadres-Gesetz vom März

1875 die Errichtung der 4. Bataillone in der Absicht hatte,

dass

dieses Bataillon als Besatzungs-Bataillon

angeordnet

dienen sollte ,

bestimmte dem entsprechend die Instruction vom 12. Juni 1875 über die Manöver der Infanterie, dass die Classificirung oder das tiercement für die Bataillons-Commandeure und die adjutants -mojors zur selben Zeit als für die Hauptleute stattfinden sollte. Die Ausführung des tiercement hatte meist einen Wechsel der Bataillons-Commandeure

Französischen Heerwesens im Jahre 1878.

5

und der Capitaines adjutants-majors in ihren Commando-Verhältnissen zur Folge, war also eine wesentliche Störung für den regelmäszigen Dienstbetrieb. Auf diese Weise entstand innerhalb des Französischen Infanterie-Regiments

ein systematischer Wechsel,

die Hauptleute

dessen Zweck für

seit Einführung des neuen Reglements, Divisions-Eintheilung verwarf, hinfällig wurde . Den Wechsel im Commando

welches die

der Depot- Compagnien herbeizu-

führen hielt man aber auch durch Einführung eines bestimmten Turnus

für möglich.

Endlich schien bei eintretender Vacanz in

Hauptmannsstellen weil dem

den

das tiercement schon um deswillen überflüssig,

Jüngst-Beförderten

naturgemäsz die

freigewordene Stelle

ohne Rücksicht auf das Bataillon, in welchem sie war, zufiel .

Eine

anderweitige Classificirung nach den Fähigkeiten des einzelnen Offiziers, oder den Bedürfnissen des Dienstes eintreten zu lassen, hielt man für bedenklich , weil man dadurch einem System der Bevorzugung und der Connectionen Thür und Thor geöffnet hätte. schloss

sich daher,

das

Man ent-

tiercement in der bisherigen Weise aufzu-

geben und durch Einführung eines bestimmten Turnus für die Ablösung der detachirten Bataillone zu ersetzen. Hiermit war der berechtigten

Forderung, dass der Regiments -Commandeur von Zeit zu

Zeit seine entfernten Bataillone und Compagnien heranziehen müsse , um sie unter Augen zu haben, Genüge geleistet. Den vorstehenden Rücksichten Rechnung tragend hebt das kriegsministerielle Decret vom 9. September 1878 bisherigen Weise

das tiercement in der

vollständig auf und trifft gleichzeitig für die ge-

sammte Armee gleichmäszige Bestimmungen über die Ablösung der detachirten Theile, indem es festsetzt : 1.

Einen Turnus, nach welchem die Bataillone successive nach Paris oder Lyon, in die Grenz-Festungen, die Depots etc. detachirt werden, mithin abwechselnd die Rolle des bisherigen 4.

2.

übernehmen sollen .

Besatzungs - Bataillone

Einen Turnus für die Ablösung der Depot-Compagnien hinsichtlich ihrer Cadres. ersten Punktes

In Betreff des sicht aus,

dass die

für den Feldkrieg

geht der Minister von der Andes Regiments gleichmäszig

vierten Bataillone

ausgebildet

sein müssten , da die sogenannten 4.

oder Besatzungs-Bataillone im Mobilmachungsfalle auch als FeldIn Betreff des zweiten Reserve-Truppen verwendet werden sollen. weist er speziell auf die Wichtigkeit der Depots hin, welche nicht wieder wie früher ein Zufluchtsort für die non - valeurs werden

Rückblick auf die Entwickelung des

6

dürften, sondern ihre Rollen, als Kern für Neuformationen zu dienen, im Auge zu behalten hätten . Die Ablösung der nach Paris und Lyon , nach den Festungen etc.

detachirten Wach-Bataillone soll

von jetzt ab alle zwei Jahre

stattfinden, mit Ausnahme der speziellen Fälle , für welche die jährliche Ablösung vorgesehen ist . Das betreffende detachirte Bataillon wird im Mobilmachungsfalle Besatzungs-Bataillon, (bataillon de forteresse) ohne Rücksicht auf seine Nummer im Regiment, die anderen 3 Bataillone bilden das active Regiment. Ebenso findet alle zwei Jahre eine Ablösung der zum Depot

detachirten,

von der portion principale getrennten Bataillone statt, dass das im Augenblick der Mobilmachung

mit der Bestimmung,

beim Depot befindliche Bataillon die Rolle des 4. Bataillons übernimmt. Ist das Depot mit dem 4. Bataillon des Regiments vereinigt, so wird für jedes Jahr ein Bataillon designirt, welches im Falle einer Mobilmachung die Rolle dieses 4. Bataillons übernimmt. In gleichen Zeitabschnitten werden die Cadres der Depot- Compagnien (Offiziere, Unteroffiziere , Corporale und Burschen) abgelöst, ohne Rücksicht darauf,

ob das Depot vom Haupttheil getrennt ist

oder nicht. Eine gleichzeitige Ablösung der beiden das Depot bildenden Compagnien ist jedoch nicht statthaft. Der Turnus des Commandos zum Depot-Bataillon ist derartig , dass im 1. Jahre die 1. Compagnie des 1. Bataillons , im 2. Jahre die 1. Compagnie des 2. Bataillons , im 3. die 1. des 3. Bataillons, im 4. die 1. des 4. Bataillons zur Ablösung herangezogen werden. Im fünften Jahre beginnt dann die zweite Compagnie des 1. Bataillons die Ablösung, im 9. Jahre die 3. , im 13. Jahre die 4. Compagnie u . s . w. Die Commandir-Rolle für die Detachirung der Bataillone und Compagnien

empfiehlt der Minister mit aller Sorgfalt zu führen. Gelegentlich der inspections générales findet eine besondere Con-

trole derselben statt.

Auszerdem wird das 1. Büreau des „ état major général" im Kriegsministerium, welches die Infanterie- Angelegenheiten bearbeitet, ein Tableau vorbereiten , um für jeden speziellen Fall die periodischen Truppenbewegungen zu regeln. Dieses Tableau geht,

bevor es in Kraft tritt, den commandirenden Generalen zur Begutachtung zu . Das vorstehende Decret ist von fast allen Seiten in der Armee mit Freuden begrüsst worden. Man hatte lange diese Neuerung verlangt und besonders hatte sich das Avenir militaire zu einem eifrigen Verfechter für die Unterdrückung des tiercement erhoben. Dessen ungeachtet findet dasselbe Blatt, nachdem es seinen Wunsch

Französischen Heerwesens im Jahre 1878.

7

erfüllt sieht, dass einzelne Persönlichkeiten im Augenblick hart davon betroffen werden, weil diese Neuerung unmittelbar vor den sich gewöhnlich nach alter Art im Herbst vollziehenden Truppen-Bewegungen eingetreten ist, welche nach seiner Ansicht auf Grund der früheren Bestimmungen hätten zur Durchführung gelangen müssen . Um allen Wünschen grossen

Garnisonen

gerecht zu werden , und den Vortheil der

Paris

und

Lyon ,

resp .

den

Nachtheil

des

Dienstes in den Grenz-Festungen gleichmäszig allen Regimentern der Infanterie zu Theil werden zu lassen, hätte freilich der Minister noch für die Regimenter einen besonderen Turnus einrichten müssen, nach welchem sie in gleicher Weise zu den oben erwähnten Commandos heranzuziehen gewesen wären . Das aber konnte wohl aus Kosten-Rücksichten , Truppentheile nach

welche

die

Heranziehung

der

entfernteren

resp .

in die Grenz-Festungen

verboten, nicht zur Ausführung kommen.

Somit verbleibt es hin-

sichtlich der

Paris und Lyon

Auswahl der Regimenter bei dem bisherigen Modus,

wonach beispielsweise

für Paris 24 Regimenter , meist das IX. , X.

XI . XII. Armee- Corps , für

Lyon

eine

ähnliche Anzahl Regimenter

der bei diesem Centrum zusammenstossenden Armee-Corps an der Besatzung concurriren , während die Besatzung der Grenz -Festungen durch detachirte Bataillone ebenfalls bestimmten Regimentern dauernd übertragen ist. Gang der Ausbildung bei der Infanterie. - Gelegentlich der Prüfung der dem Kriegsminister nach Beendigung der sogenannten „, revues trimestrielles " vorgelegten Rapporte hatte der Minister in dem Gange der Ausbildung bei den Infanterie-Truppentheilen erhebliche Verschiedenheiten

wahrgenommen und dies gab ihm Ver-

anlassung in einem Decret vom 31. October 1878 ein Programm für den Gang der Ausbildung der Infanterie in groszen Zügen herauszugeben , welches in Zukunft als Richtschnur dienen soll, sofern nicht unvorhergesehene Fälle ein Abweichen von derselben bedingen. Dies Programm

stellt für

die Recruten der 1. und 2. Hälfte

des Contingents

eine gleichmäszige Ausbildung als Grundsatz auf und verlangt , dass der Recrut der 2. Hälfte bei der Entlassung zur Reserve brauchbar für den Dienst im Felde sei . Da die Einstellung der beiden Classen des Contingents von jetzt ab fast gleichzeitig erfolgen wird, so bietet die gemeinsame Ausbildung keine Schwierigkeiten. Neben der Recruten-Ausbildung, zu welcher der Minister ein ausgewähltes

Lehrpersonal zu verwenden empfiehlt, wird die Ausbildung der Leute des zweiten Dienstjahres besonders gefördert ;

Rückblick auf die Entwickelung des

8 insofern jene

Leute nicht selbst bereits Chargen bekleiden und als

Lehrpersonal fungiren, sollen sie gleichzeitig Stützen für den äuszern und innern Dienst bei den Recruten sein . Nach vollendeter Ausbildung der Recruten, welche stets so zu fördern ist, dass dieselben im

Frühjahr

die weitere schaftlich.

in

einen

Feldzug einzutreten

Ausbildung von Recruten

Auf den vorstehenden

und

bereit

sind ,

erfolgt

alten Leuten gemein-

Grundsätzen beruht die

" année

d'in-

struction ", welche mit der Einstellung der Recruten Mitte November beginnt,

und mit Beendigung

bezw. bei denjenigen Corps, welche

nicht grosze Manöver haben mit Entlassung der Reserven , Ende September oder Anfang Oktober endigt . Der ministerielle Erlass theilt das Jahr in fünf Perioden . Die erste derselben umfasst die getrennte Einzel-Ausbildung der Recruten und alten Leute und währt vom Einstellungstermin ab bis Mitte Februar,

also

volle

3 Monate , ein Beweis, dass man es mit

der Ausbildung jetzt gründlicher zu nehmen gedenkt, als früher, die zweite Periode , „instruction de la section " genannt, umfasst 4 Wochen und dauert bis Mitte März ; die dritte und wohl die wichtigste, die Ausbildung der Compagnie, Mitte Juni.

drei volle Monate, von Mitte März bis

Die dieser letzteren folgende vierte Periode ist der Aus-

bildung des Bataillons gewidmet und dauert zwei Monate, bis Mitte August .

An sie schlieszt sich die fünfte und letzte Periode, die der Re-

servisten-Ausbildung resp. der groszen Herbstübungen, welche bis in die zweite Hälfte des Monat September hinein währt.

Der Zeitraum von

Beendigung der Herbstübungen bis zum Wiederbeginn des militairischen Jahres

soll eine Ruheperiode sein und zur Vorbereitung für

die Recruten-Ausbildung benutzt werden . Am Ende einer jeden Uebungs-Periode sollen Besichtigungen durch den Regiments-Commandeur oder den Oberst-Lieutenant des Regiments stattfinden, denen die Generale ebenfalls beizuwohnen haben. Ihr Urtheil über den Ausfall der Besichtigungen wird in den

rapports trimestrielles" niedergelegt, welche dem Kriegsminister

einzureichen sind. Die General-Inspectoren besichtigen die DetailAusbildung und die Gesammt-Ausbildung und insbesondere die Ausbildung der Truppen im Terrain und berichten ihrerseits am Ende des Jahres an den Minister. Die Reihenfolge in der Ausbildung während der fünf voraufgeführten Perioden ist nur in groszen Zügen vom Minister bestimmt und den einzelnen Befehlshabern

ein genügender Spielraum hin-

Französischen Heerwesens im Jahre 1878.

sichtlich der Anordnung

der Details

gende Ueberblick zeigen wird. Recruten. 1. Periode .

überlassen,

9

wie der nachfol-

a) Praktische

Ausbildung :

Den Gang derselben bestimmen die Compagnie-Chefs nach dem ReFür den Schieszglement vom 12. Juni 1875 (école du soldat) . dienst sind die vorbereitenden Uebungen und das Schieszen mit Die Turnübungen sind Platz-Patronen von Anbeginn zu fördern . nur soweit abzuhalten, als sie zur Herbeiführung der nöthigen Gelenkigkeit nöthig

erscheinen .

b) Theoretischer Unterricht :

Soweit es möglich, soll derselbe mit praktischen Uebungen verbunden, ein Ermüden des Soldaten durch langen Unterricht im Zimmer vermieden werden . Jede Instruction findet durch Offiziere oder wenigstens in Gegenwart derselben durch Unteroffiziere statt, und darf die einzelne Lection die Dauer von 3/4 Stunden nicht überschreiten . Besonderer Werth soll darauf gelegt werden, die moralischen Eigenschaften des Soldaten zu wecken und seine Gesinnung zu heben. ,,Man muss sich bemühen, sagt der ministerielle Erlass , durch alle Mittel die Achtung der Uniform, Liebe zur Fahne und zum Vaterlande einzuimpfen, seine Phantasie anzuregen indem man ihm die Heldenthaten vorhält, an denen Offiziere und Soldaten seines Regiments Antheil Beispiele

genommen haben,

von Tapferkeit,

indem man ihnen hervorragende und militairischer Selbstver-

Disciplin

leugnung vorhält. " Elèves caporaux . Diesen Namen führen besonders befähigte Recruten beider Contingente, welche Aussicht gewähren, brauchbare Unteroffiziere zu werden, und die im zweiten Monat von den übrigen gesondert werden sollen .

Diese erhalten be-

sonders tüchtige Instructoren und wird ihre theoretische Ausbildung Sie Im

bis zur Beendigung der 4. Periode fortgesetzt . Alte Leute . exerziren mindestens ein- bis zweimal wöchentlich im Detail.

Uebrigen sind durch Zusammenstellungen eine oder mehrere Compagnien zu formiren und gemäsz Titel 3 und 5 des Reglements vom (Feldienst der Compagnien . ) Im Schiesz12. Juni 1875 zu üben . dienst : Fortsetzung der Uebungen der 1. und 3. Classe, Nachhilfeschieszen und Schieszen unter erschwerenden Verhältnissen, nach anstrengenden Märschen, Arbeiten u . s. w. Uebungen

sind

auch die

vorbereitenden

Nach Beendigung dieser Uebungen

wieder

aufzu-

nehmen und wird die neue Schieszübung dann gleichzeitig mit jener Vom Januar ab finden Uebungsmärsche der Recruten begonnen . Die Ausbildung im Feldstatt , denen die Recruten beiwohnen . Pionirdienst

erfolgt nach den besonderen

Bestimmungen einer im

Frühjahr 1878 erlassenen Verfügung des Kriegsministers , wobei nur

Rückblick auf die Entwickelung des

10

solche Arbeiten auszuführen

sind, welche die Infanterie ohne Hilfe

technischer Truppen vornehmen kann . 2. Periode (für Recruten und alle Leute gemeinsam ) .

Capitel I.

der Compagnie- Schule und Ausbildung des Schwarms im Felddienst und im zerstreuten Gefecht. Angewandte Gymnastik . Schies zen : Beginn des Einzelschieszens . Uebungen im Distanceschätzen . Feldpionierdienst : Anfertigung von Schützenlöchern und Gräben, Einrichtung von Hecken, Zäunen u. s . w. zur Vertheidigung .

Märsche : Fortsetzung und Verlängerung derselbnn bei vermehrtem Gepäck. Das Ein- und Aussteigen bei Eisenbahn-Transporten wird ebenfalls

schon in dieser Periode geübt für den Fall einer im Frühjahr eintretenden Mobilmachung.

Sonst fallen dergleichen Uebungen in die

der Ausbildung des Bataillons folgende Periode . 3. Periode . Schule .

Uebungen des

Felddienstübungen

in

1. und 2. Theils der Compagnie-

den

Grenzen für

eine

Compagnie.

Sind die einzelnen Compagnien für diese Uebungen zu schwach , so ordnet der Bataillons-Commandeur Zusammenstellungen an und stellt bez . Aufgaben . Das Schieszen und die Uebungen im Distanceschätzen werden eifrig fortgesetzt, ebenso finden die Uebungsmärsche vermischt mit Felddienst-Aufgaben

allwöchentlich

statt.

Uebungen

und Aussteigen der Truppen auf Eisenbahnen 3. und 4. Periode ein- bis zweimal statt. 4. Periode .

Während dieser Periode ,

im

Ein-

finden während der

während welcher die

Felder meist schon abgeerndet sein werden, ist das Hauptgewicht auf die Ausbildung der Truppen im zerstreuten Gefecht und den Felddienst zu legen.

Soweit die 3. Periode hierzu nicht ausreichte, wird die

Compagnie - Schule fortgesetzt und zur Bataillons- Schule übergegangen . Hieran schlieszt sich die Ausbildung des Bataillons im Felddienst und Nachtübungen nach Ermessen der Commandeure . geringe

Effectivstärke derartige gröszere

Falls

Uebungen nicht

die

zulässt,

soll der Regiments -Commandeur mehrere Bataillone zu einem Kriegsbataillon vereinigen und für diesen Fall auch die Aufgaben stellen. Im

Schieszen :

Tirailleurfeuer.

Beendigung

des

Einzelschieszens,

Salven

Besondere Uebungen der 1. und 3. Classe.

und

Pionier-

Arbeiten : Einrichtung von Defensiv- Positionen im Terrain . Uebungen zu deren Vertheidung und Angriff.

Märsche : Falls ein Cantonniren

der Truppen ohne Kosten stattfinden kann , sollen in dieser Periode gröszere Uebungen von zweitägiger Dauer stattfinden und der Sicherheitsdienst geübt werden .

Falls dies nicht angängig, werden die Märsche

auf den ganzen Tag ausgedehnt und am folgenden Morgen von Neuem

Französischen Heerwesens im Jahre 1878.

begonnen .

Gefechts-Ideen

11

sind denselben stets unterzulegen,

auch

soll gelegentlich derselben eine Uebung im Abkochen stattfinden . 5. Periode . In diese Periode fällt die Einziehung der Reservisten bei denjenigen Corps, welche keine grosze Herbstübungen haben. Mit denselben wird die zweite Hälfte der Compagnie- Schule und die Bataillons-Schule durchgemacht, auch Felddienst in diesen Verbänden geübt. In gröszeren Garnisonen vereinigen sich die Bataillone zur école de brigade. - Auch finden Marschübungen und Uebungen des Ein- und Aussteigens bei Eisenbahnfahrten statt. Die Corps , welche Manöver haben, erhalten ihre besondere Instruction. Um die Zahl der „ non valeurs " bei der Infanterie zu beschränken,

weist der Minister besonders darauf hin, dass

Schneider, Schuhmacher, Gärtner, Schreiber die

die Musiker,

1. und 2. Dienst-

periode vollständig durchmachen und dann erst „ hors rang" gestellt werden.

Ihre Schieszübung haben solche Leute vollständig zu absol-

viren, zu den übrigen Dienstverrichtungen werden sie einmal wöchentlich herangezogen . Der Wachtdienst ist auf das geringste Masz zu beschränken. Die Recruten nehmen an demselben von der 3. Periode ab Theil. Schlieszlich empfiehlt der Minister den commandirenden Generalen die genaueste Ueberwachung der Ausführung dieser Bestimmungen und fordert sie auf, in ihren Berichten über den Zustand der Truppen etwa nöthig scheinende Modificationen zur Sprache zu bringen. In der vorstehenden Anleitung für den Dienstbetrieb bei der Infanterie verdient besonders hervorgehoben zu werden die Sorgfalt, welche man auf die Schiesz-Ausbildung und auf die Arbeiten im FeldPionier-Dienst verwandt wissen will. In ersterer Beziehung verdienen auch die in allen Theilen des Landes bestehenden Schieszvereine , welche durch Verabfolgung von Waffen, Munition und Geldmitteln für Preisschieszen durch die Regierung nach Möglichkeit unterstützt werden,

volle Beachtung.

Eine kriegsministerielle Verfügung vom

7. October 1878 gelegentlich der Einstellung der Classe 1877 , welche für die erste Hälfte am 8. , für die zweite am 16. November erfolgte, bestimmt u . A. auch, dass diejenigen Recruten, welche früher bereits Schieszprämien

erhielten , im Soldbuch

erhalten sollen .

Man bezweckt dadurch, die jungen Leute zu ermu-

einen bezüglichen Vermerk

thigen, sich schon vor der Einstellung Schieszfertigkeit anzueignen . Der Schieszdienst bei der Truppe selbst mag kaum so gründlich betrieben werden, als dies in der Deutschen Armee der Fall ist. Die für denselben erforderliche ruhige, systematische Ausbildung entspricht nicht der lebhaften Natur des Franzosen, in dessen Händen eine

Rückblick auf die Entwickelung des

12 vortreffliche

Präcisionswaffe

Schieszvereinswesen Schützen,

nicht

werden

aber

eine

gefährlich werden kann . vielleicht

Durch

das

einzelne hervorragend gute

gleichmäszige

Ausbildung der Massen

erzielt. Und grade hierin soll nach unserm Begriff die Schieszausbildung gipfeln . Die Ausbildung der Französischen Infanterie im Feld-Pionierdienst verleiht dieser Waffe einen Kraftzuwachs, mit dem wir auch in Zukunft zu rechnen haben werden. Ist doch die natürliche Geschicklichkeit des Franzosen in der Anlage von Feldbefestigungen,

seine Findigkeit und Schnelligkeit bei dieser Gelegenheit

allen Deutschen Offizieren aus dem letzten Feldzuge noch in frischer Erinnerung. Die Aufnahme des Borel'schen Programms für den Dienstbetrieb der Infanterie war fast in allen Theilen der Armee eine günstige. Der Spectateur militaire nennt dasselbe eine wohlwollende Art und Weise die Befehlshaber aller Grade aufzufordern, ihre Untergebenen die ihnen durch die Reglements gewährte Freiheit der Initiative ausüben zu lassen . Auch hierin würde ein wesentlicher Fortschritt zu erkennen sein , wenn die in Frankreich so sehr vorherrschende Einmischung der höheren Vorgesetzten in kleinliche Details damit wirklich aufgehoben würde . theil gezeigt.

Die Praxis hat bisher nur das Gegen-

Erleichterung des Infanterie - Gepäcks .

Auf die Be-

weglichkeit der Infanterie verspricht die im Sommer des Jahres 1878 eingetretene bedeutende Erleichterung des Gepäcks einen vortheilhaften Einfluss zu üben. *) Bisher war der Französische Infanterist, der bekanntlich durchschnittlich klein ist, in unverhältnissmäsziger Weise überlastet ; er trug bei completter Ausrüstung 33 Kilo 778 Gr . Durch die jetzige Verringerung des Gepäcks ist dies Gewicht auf 25 Kilo 713 Gr. herabgemindert, also immer noch eine recht erhebliche Last. ---- Diese Erleichterung ist durch folgende Masznahmen erzielt : 1. Die „ tente-abri " und die „ couverture de marche ", welche für die Feldzüge in Europa gänzlich in Fortfall gekommen sind, sollen auch in Friedenszeiten nicht mehr getragen werden. 2. Der

tragbare Verpflegungsvorrath

ist vermindert

worden .

Der Soldat hat von jetzt ab nur 2 Lebensmittel- Portionen und eine Conserven-Büchse zu 4 Portionen zu tragen. 3. Abschaffung des Feldkessels und der Kochschalen, sowie des

*) Armée française vom 4. August 1878 .

Französischen Heerwesens im Jahre 1878. Leinwand-Eimers .

13

Anstatt der ersteren ist eine neue Koch-

schüssel für je 2 Mann eingeführt. 4. Abschaffung der 2 Reserve-Patronbüchsen und der 2. Patrontasche. 5. Verminderung der Wäsche um 1 Unterhose, Abschaffung der weiszen Leinwand-Gamaschen und des Leinwandsackes . An Stelle dieser in Wegfall gekommenen Gegenstände werden abwechselnd von den Soldaten einer Corporalschaft getragen : 1 grosze Feldflasche, 3 Etuis für Gewehr-Reserve-Theile, 3 Taschen mit KleinMontirungsstücken , 1 Kaffeemühle, 2 Feld-Hackebeile, 2 Säcke zum Fourage- und Lebensmittel-Empfang, 3 Linnemann'sche Spaten . Reglements und Bewaffnung der Infanterie. Das Infanterie-Reglement vom 12. Juni 1875 hat im Laufe des verflossenenen Jahres durch ein Decret des Kriegsministers vom 20. April v. J. verschiedene geringfügige Aenderungen erfahren. Zum Theil sind es auch lediglich anderweitige Redactionen von solchen Stellen , durch deren verschiedenartige Auffassung Verschiedenheiten in der Ausbildung bei den einzelnen Truppentheilen zu Tage getreten waren . *) Die Bewaffnung der Französischen Infanterie anlangend, muss darauf aufmerksam gemacht werden ,

dass mehrfach sich Stimmen

gegen das erst seit 1874 in der Armee eingeführte (Gras-) Gewehr, Modell 1874 , erhoben haben. So eifert der Spectateur militaire in wohl sehr übertriebener Weise gegen dies Gewehr als „ eine Waffe, wie sie nicht schlechter gedacht werden könne. "

Es sei ein Bastard-

System ohne regelmäszigen sicheren Schuss mit einem stets versagenden Mechanismus und eine gegen alle Regeln der Ballistik verstoszende Construction . „ Die in der Armee aufgenommenen Protocolle, " so fährt er fort, " constatiren alle dies und die Zahl der verwundeten und getödteten Soldaten erreicht eine Höhe, welche geeignet ist,

den Truppen

alles Vertrauen

Gleichzeitig preist

der

Erfinder benannten

Systems

zu

diesem Gewehr zu rauben. "

Spectateur die Vorzüge Nouvelle ,

des

nach seinem

welches dem Französischen

Kriegsminister im Jahre 1873 , als die Einführung des Gras-Gewehrs geplant wurde, gleichzeitig angeboten, aber ohne genügenden Grund zurückgewiesen wurde . Inwieweit die Interessen des zurückgesetzten Erfinders bei dieser Schmähung des Gras-Gewehrs eine Rolle spielen, bleibt dahingestellt . Eine Verbesserung eine Erfindung

des

hat im Frühjahr 1878

Artillerie-Capitain Bouteloup

das Gewehr durch erfahren ,

welche

*) Avenir militaire vom 26. Mai 1878, Armée française vom 14. Juni 1878 .

Rückblick auf die Entwickelung des

14 verhindert,

dass

beim Reiszen der Patronen- Metallhülse

die

aus-

strömenden Pulvergase dem Schützen gefährlich werden . Errichtung von Festungs - Inspectionen. Von hoher Wichtigkeit für die Organisation des Landesvertheidigungssystems ist die durch Präsidial-Decret vom 5. Juni 1878 befohlene Errichtung von 13 Inspectionen für die Vertheidigung der Festungen. *) Bereits seit einigen Jahren hatte man die

sogen. „ états-majors des places

fortes " eingehen lassen , als eine kostspielige Sinecure (Decret vom 5. April 1872) .

Nach diesem neuen Decret wird das Französische

Gebiet in 13 Gruppen getheilt und an die Spitze einer jeden Gruppe ein Inspecteur mit dem Range eines Generals (ausnahmsweise eines Oberst) gestellt, der unter der Oberaufsicht des commandirenden Generals des betreffenden Territorial-Bezirks für die Vertheidigungsfähigkeit sämmtlicher zu seinem Bezirk gehöriger Festungen und Forts verantwortlich ist. Dieser Inspecteur hat seinen Sitz im Hauptorte der betreffenden Gruppe. Die Stäbe der Inspecteure sind noch nicht formirt. Ueber einzelne Befestigungen, welche in die GruppenEintheilung noch nicht

aufgenommen

Waffenplätze Paris und Lyon

sind,

-

z. B. die Haupt-

wird durch kriegsministerielle DeDie Eintheilung

crete besondere Bestimmungen getroffen werden. der Gruppen ist folgende :

1. Gruppe : Hauptort Dünkirchen, Festungen : Bergues , Gravelines, Saint-Omer, Calais, Aire . 2. Gruppe : Hauptort Lille, Festungen : Douai , Arras. 3. Gruppe :

Hauptort Valenciennes ,

le Quesnoy, Landrecies, Maubeuge. 4. Gruppe : Hauptort Mézières,

Plätze : Condé,

Bouchain

Plätze : Rocroy, Givet , Mont-

médy, Longwy . 5. Gruppe : Hauptort Verdun, Forts : Troyon , Ginicourt , Saint Mihiel. 6. Gruppe : Hauptort Toul, Forts : Lionville, Géronville, Frouard, Saint-Vincent. 7. Gruppe : Hauptort Epinal, Forts : Epinal und Haute- Moselle . 8. Gruppe : Hauptort Belfort, Forts : le ballon de Servance , Giromagny, Montbard, Montbéliard. 9. Gruppe : Hauptort Besançon, Fort Lomont, Plätze : Joux, le Rousses. 10. Gruppe : Hauptort Langres .

*) Armée française vom 30. Juni 1878.

Salins

Französischen Heerwesens im Jahre 1878.

15

11. Gruppe : Hauptort Grenoble, Plätze : Albertville , Chamousset, Forts : Barrault, Lesseillon. 12. Gruppe : Hauptort Briançon, Plätze : Embrun, Mont- dauphin , Forts : Queyras, Saint Vincent, Tournoux, Sisteron . 13. Gruppe : Hauptort Entrevaux, Colmars .

Nizza,

Plätze :

Villefranche,

Antibes,

In Algier hat im Sommer des Jahres 1878 eine anderweitige Classification der Befestigungen und Forts stattgefunden , nach welcher ein Theil der Forts eingegangen, andere neu projectirt sind . Auszerdem hat ein Decret des Marschall-Präsidenten vom 8. September v . J. nähere Ausführungsbestimmungen über die Verwaltungsverhältnisse und die Leitung bez . Beaufsichtigung der sogen . „ travaux mixtes " in der Grenzzone im Osten erlassen , und dadurch die Bestimmungen des an und für sich schon sehr weitgehenden RayonDer Umfang des Grenzgebiets ist gesetzes erheblich verschärft. durch 4 Karten näher bezeichnet.

Innerhalb desselben unterliegt die

aller mit militairischen Verhältnissen in irgend welcher Berührung stehenden Arbeiten der Aufsicht einer besonderen

Ausführung fast

Commission (Arbeiten

aller Arten

an Eisenbahnen

und

Straszen,

Gewässern , Canälen, Brücken von mehr als 6 m. Spannung, Häfen, Schleusen, Dämmen , das Abholzen von Staats- und Gemeinde- Forsten, die Bestimmung der Straszen in , der Verbindungsstraszen zwischen Festungen u. s . w.). Eintheilung des Französischen Gebiets in VeterinärBezirke . - In Ausführung des Cadresgesetzes vom 13. März 1875 , welches die Errichtung von 10 Oberrossarzt-Stellen in der Französischen Armee anordnet und in Verfolg eines früheren auf die Organisation des Veterinairdienstes bezüglichen Decrets vom 26. Dezember 1876 hat ferner General Borel unter dem 1. August 1878 die Eintheilung des Französischen Gebiets in 10 Veterinairbezirke angeordnet. Es verdient bei dieser Gelegenheit hervorgehoben zu werden , dass Frankreich der Ausbildung von Rossärzten grosze Sorgfalt zuwendet.

Es

bestehen

3

Veterinairschulen

in Alfort,

Lyon und

Toulouse, von denen die erste mit 30, die beiden letzteren mit je 15 Freistellen bedacht sind. Die neu errichteten Bezirke umfassen grösztentheils mehrere Armee-Corps . Die

einem

Bezirk

vorgesetzten

Ober-Rossärzte

(vétérinaires

principaux) üben die Controle über die Wahrnehmung ihres Dienstes innerhalb dieses Bezirks aus und nehmen auf Befehl des commandirenden Generals Reisen in dem Corps-Bezirk ihres Wohnsitzes vor. Auf Anordnung des Kriegsministers bereisen sie die übrigen Regionen

16

Rückblick auf die Entwickelung des

ihres Dienstbereichs , d . h . diejenigen , in welchen ihr Wohnsitz nicht liegt.

Die drei in Paris garnisonirenden Ober-Rossärzte sind gleich-

zeitig Mitglieder der Commission „ d'hygiène hippique. “ Definitive Constituirung der „ école supérieure de Durch Decret des Präsidenten der Republik vom guerre. "

15. Juni 1878 ist endlich auch eine école supérieure de guerre für Offiziere aller Waffen des Französischen Heeres ins Leben gerufen worden, oder vielmehr es haben die seit dem 18. Februar 1876 in Paris bestehenden 99 cours militaires spéciaux" den oben erwähnten Namen angenommen . In der Sache selbst ist keine Aenderung

eingetreten . Das Cadres-Gesetz vom 13. März 1875 stellte bereits die Errichtung einer solchen höheren, militairischen Fachschule in Aussicht und verwies auf das in Kürze zu erwartende Generalstabsgesetz . Da man indess die Ausbildung des Französischen Offizier-Corps für zu wichtig hielt, um sie bis zur Emanirung dieses Gesetzes , welches heute noch ein Wunsch ist, warten zu lassen , so gab unterm 18. Februar 1876 der Präsident der Republik auf Vorschlag des damaligen Kriegsministers

General Cissey

die

Genehmigung

sogen. „ cours militaires spéciaux " in Paris . von zweijähriger Dauer

zur Errichtung

Diese „ Cours " waren

und ging die bis dahin bestehende „ école

d'application d'état major " nach kurzer Zeit ein . Als dies Provisorium mit Ende des Jahres 1877 zwei Jahre bestand und eine erste Serie von Offizieren mit diesem Zeitpunkt den zweijährigen Cursus auf der Anstalt absolvirt hatte, traf ein besonderes Decret des Präsidenten der Republik vom 9. October 1877 über diese Offiziere und ihre fernere Zukunft besondere Bestimmung. Das

vorliegende Decret

des Marschall Mac Mahon beschränkt

sich also darauf, zu bestimmen , dass die bisherigen cours spéciaux den Unterricht der zu errichtenden Schule bilden sollen, sowie dass die im Jahre 1876 und 1877 zugelassenen Offiziere die ersten beiden Promotionen der Anstalt bilden sollen. Die Bedingungen für die Aufnahme-Prüfung regelt auch ferner alljährlich der Kriegsminister. Im Uebrigen beschäftigt sich das Decret lediglich mit den Etatverhältnissen der Anstalt und bestimmt, dass die bei derselben angestellten Offiziere

der Infanterie und Cavallerie

Truppe nicht in Anrechnung kommen,

auf den Etat ihrer

während bei den Offizieren

der Artillerie , des Genies, des General- Stabes und des VerwaltungsCorps diese Voraussetzung zutrifft.

Die durch Decret vom 19. Mai

1874 eingesetzte Commission "" pour étudier les bases d'organisation

Französischen Heerwesens im Jahre 1878.

17

d'une école militaire supérieure " soll jetzt den Namen „ conseil de perfectionnement " derselben Anstalt führen . Seit dem 1. Juni 1878 wurde General Castelneau vom Marschall Präsidenten als Inspecteur der Anstalt eingesetzt . selben fungirt auch jetzt noch General Lewal.

Als Director der-

Das Prüfungs-Programm für die zur Aufnahme pro 1879 concurrirenden Offiziere wurde Anfang Juni vom Kriegsminister bekannt gemacht . Weise ab.

Dasselbe weicht von dem des Vorjahres in keiner

Der nunmehr endgültig festgesetzte Etat der Anstalt ist folgender : A. Stab der Anstalt. 1 Divisions- oder Brigade-General als Director , 1 Oberst oder Oberst-Lieutenant des Generalstabes als 2. Commandant und StudienDirector, 1 Stabs-Offizier als Studien-Sub-Director. Offizier der Infanterie

oder Cavallerie ,

Ferner 1 Stabs-

2 Militair- Aerzte , 2 Ross-

Aerzte, 1 Administrations -Beamter. B.

Lehr- Personal.

14 Militair - Lehrer für die Cavallerie und Artillerie,

die

angewandte Taktik

der Infanterie,

Fortification, den Generalstabsdienst,

die Topographie und die Geographie, und zwar je ein höherer Offizier als 1. Lehrer, ein Stabs-Offizier oder Hauptmann als 2. Lehrer (adjoint). Für den Verwaltungsdienst 2 Unter-Intendanten ( 1 als Lehrer, 1 als Adjoint). Für den Reitunterricht 1 Stabs -Offizier und 4 Capitaines der Cavallerie . Für die „ conférences " d. h. Vorträge 4 höhere Generalstabs - Offiziere. Dies giebt im Ganzen einen Etat von 35 zumeist höheren Offizieren, welchen sich fessor für

7 Civil-Lehrer anschlieszen ,

Geschichte,

nämlich ein Pro-

Recht und National-Oekonomie und für die

Telegraphie und endlich 4 Lehrer der Deutschen Sprache. Bei dem Fehlen von Lehrstühlen für die sonstigen neueren Sprachen verdient die Errichtung von 4 Lehrstühlen für die Deutsche Sprache an der ersten militairischen Fachschule Frankreichs besondere Aufmerksamkeit.

Als ein Mangel der Anstalt erscheint das

Nichtvorhandensein genügender Lehrkräfte für die historischen Wissenschaften. Neu in den Lehrplan der Französischen Kriegs- Akademie aufgenommen sind die im Sommer 1878 zum ersten Male stattgehabten Belehrungs- bezw .

Uebungs - Reisen , welche desshalb hier eingesollen. Dieselben wurden unter Leitung

hende Erwähnung finden

der bezüglichen Lehrer ausgeführt und fungirten Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI.

die

Directoren 2

Rückblick auf die Entwickelung des

18

u. s . w. der besichtigten Etablissements, Werkstätten und dergl . als Instructoren und Führer. Das Ziel der ersten Reise waren die Artillerie-Schieszschulen im Polygon von Bourges,

Calais ,

Bourgoin,

Fontainebleau,

Pontarlier,

Castres ,

Orléans ,

Chalons

s./M. ,

Tarbes, in welchen Orten

die Offiziere den Schieszübungen der Artillerie-Regimenter beiwohnten . Ueber diese Reise hatte jeder Theilnehmer 5 Arbeiten zu fertigen :

a) Dieselben Berichte, welche die betreffenden Batterie-Chefs

und Observations -Offiziere

zu

machen hatten. — b) Einen Bericht

über die Arbeiten der Versuchs-Commission, welcher der betreffende Offizier zugetheilt war (Sprenggeschosse u. s . w.).

c) Ein Schiesz-

Journal, in welchem alle Feuer-Uebungen Aufnahme zu finden hatten, welche das betreffende Artillerie-Regiment in jener Zeit vornahm . d) Eine durch Croquis

erläuterte flüchtige Beschreibung der fortifi-

catorischen Anlagen, der permanenten, wie der provisorischen des besuchten Schieszfeldes . e) Einen Bericht nebst Croquis von jedem Auffahren hatten.

einer Batterie,

welchem

die Offiziere beigewohnt

Die zweite Reise fand zur Besichtigung der groszen Festungen und Waffenplätze des Ostens statt. Es wurden besucht : Verdun, St. Mihiel, Toul, Belfort, Langres , Dijon. Alle diese Reisen fanden unter Leitung der betreffenden „ colonels directeurs du génie " statt, die Detail- Studien wurden durch die Erklärungen der den Bau leitenden Genie- Offiziere erleichtert. Als Arbeit war jedem Offizier

das Studium

eines beliebigen Forts ge-

gehen.

Die dritte Reise bildeten welche im

die topographischen Aufnahmen,

Maszstabe 1/20,000 in der

Nähe von Sédan, Donchéry,

Laon, Mons-en-Laonnois, Urcel, Moret, Saint Mamès , Vernon Ecuelles stattfanden. Jeder Offizier hatte eine Platte von 2 Kilometer im Quadrat aufzunehmen. Generalstabsreisen

unter Leitung

von Obersten des

General-

Stabes und der Lehrer der Kriegs-Akademie bildeten die vierte Reise. Die Dauer dieser Reisen

betrug nur 8 Tage und fanden dieselben

in der Nähe der Hauptstadt statt.

Die Zöglinge waren in verschie-

dene Gruppen getheilt, deren jede eine besondere Reise-Route hatte , (z. B. Paris , Pontoise, Méru , Aumesnil, Gisors , Magny, Mantes , Poissy Paris) und so stark war, dass alle Commandostellen einer Division nebst allen Branchen durch die Theilnehmer besetzt werden konnten . Ein Dragoner- Detachement besorgte den Ordonnanz-Dienst. Alle Befehle etc. wurden im Terrain von den Offizieren gegeben und

Französischen Heerwesens im Jahre 1878.

19

gleich zu Papier gebracht.

Die Verwaltungs- Geschäfte dieser kleinen Colonne waren einem Unter-Intendanten übertragen. ― Fünfte Reise. Zu den Manövern wurden die Offiziere der „ école

supérieure " vertheilt auf das 1., 4. , 6. , 7. , 8. , 9. , 14. , 15. , 16. , 17. Armee-Corps , um zumeist Generalstabs-Functionen in höheren Stäben Einzelne wurden auch Truppentheilen zur Dienstzu versehen . leistung überwiesen .

Während

tägliches Marsch-Journal des

dieser Zeit hatte jeder Offizier ein

Truppentheils , welchem

er

attachirt

war, zu führen und die Gefechts-Berichte zu redigiren . Die sechste Reise bildeten verschiedene Ausflüge in die nächste Umgegend von Paris .

So z . B. in den Parc de Satory , um Spreng-

übungen mit Dynamit , Brückenbau-Uebungen, der Vertheidigung von Ferner Ausflüge in den Docks, Minenkrieg -Uebungen beizuwohnen . " quai de Billy " und schlieszlich in die nächste Umgegend von Paris, um Feld-Telegraphen-Linien auszuführen . Schlieszlich fanden alljährlich 2-3 praktische Uebungen der Taktik

aller Waffen in der

Nähe der Hauptstadt unter Leitung der Lehrer der Anstalt statt. Es heiszt, dass für die Zukunft auch eine Reise der „ école supérieure “ in das Lager von Chalons geplant sei . Offizieren

Gelegenheit

gegeben werde,

auch

Damit daselbst den wirklich

Commandos

auszuüben, will man Truppen aller Waffen dorthin schicken . Für diese Reisen sollen von jetzt ab im Ganzen drei SommerMonate bestimmt sein, und hat der Kriegsminister, um den theoretischen Unterricht nicht

abzukürzen,

bestimmt,

dass

die

für

das

Jahr 1879 einberufenen Offiziere bereits mit Anfang Dezember 1878 ihre Vorlesungen beginnen sollten . wohl nicht mit Unrecht

Auch diese Neuerung, welche

als eine Errungenschaft des Directors der

Anstalt, des thätigen und militairisch hoch gebildeten General Lewal, angesehen werden kann , ist als ein entschiedener Fortschritt in der Entwickelung der Französischen trachten. -

„ école supérieure " zu be-

Von sonstigen Erlassen des Kriegsministers bleiben noch zu erwähnen : 1. Das Decret vom 31. August 1878 ,, sur l'état des officiers

de réserve et de l'armée territoriale ", welches im Anschluss an § 45 und 58 des Cadres- Gesetzes vom 13. März 1875 den Uebertritt zur Reserve und Territorial-Armee und das Avancement in diesen Verhältnissen vorläufig regelt, bis die bezüglichen Gesetze über das Verhältniss der Offiziere (loi sur l'état des officiers) und das Avancement endgültig Bestimmung treffen werden. Da dieses Decret also nur eine 2*

Rückblick auf die Entwickelung des

20

provisorische Bedeutung bis zur Emanirung jener Gesetze hat, so wird von einer Wiedergabe Abstand genommen. Nebenbei sei nur erwähnt, dass ein Verbleiben der ReserveOffiziere im Reserve - Verhältniss zulässig ist , sofern der

2.

Uebertritt zur Territorial-Armee nicht gewünscht wird . Ein Decret von Anfang November v. J. , welches den Truppen gestattet, den Bedarf an frischem Fleisch freihänanzukaufen.

Seit dem Jahre 1872 fand

der

Ankauf im

Submissionswege durch die Intendantur statt, ein Verfahren, welches

zu vielfachen Klagen Anlass gab.

Man ist dess-

halb zu dem früheren Verfahren zurückgekehrt.

III. Herbst-Manöver.

Karte von Frankreich.

Dislocation der Armee.

Militair-Journalistik.

Armee-Budget.

An den groszen Herbstübungen der Französischen Armee haben seit dem Feldzuge

zum ersten Male wieder Deutsche Offiziere als

Zuschauer Theil genommen . Die meisten Corps hatten im Jahre 1878 grosze Uebungen , deren Dauer eine ministerielle Instruction auf 13 Tage einschlieszlich 2 Ruhetage, jedoch ohne Anrechnung der Märsche in den Concentrations-Rayon bemessen hatte . Die Zeiteintheilung, welche die gedachte Instruction festsetzte, war neu und der unsrigen ähnlich,

wie überhaupt manche Anordnungen den in der

Deutschen Armee üblichen Bestimmungen über die Ausbildung der Truppen im Felddienst vom 17. Juni 1870 entlehnt zu sein scheinen. Aus den Französischen dass

die

Herbstübungen

Berichten gewinnt man die Ueberzeugung, in

der Französischen Armee zwar immer

mehr an System und Form gewinnen , dass jedoch die Neigung der Französischen Militair-Befehlshaber sich in die Details der Truppenführung

zu mischen und darüber

die groszen Ziele, die ihnen ge-

steckt sind, auszer Augen zu lassen , noch immer fortbesteht. Der Französische General kann sich noch nicht dazu entschlieszen , seinem Untergebenen einen dessen Fähigkeiten entsprechenden Spielraum Die Leistungen der Französischen des Handelns zu gewähren. Infanterie werden

allseitig gerühmt.

Ihre

Marschleistungen,

ihre

Ruhe und Feuer-Disciplin sollen vortrefflich gewesen sein. Nicht in eben demselben Masze wird die Französische Cavallerie gelobt, weder hinsichtlich des Reitens und der Pferdepflege, noch ihrer taktischen Leistungen wegen . An der Artillerie tadelt man die geringe Beweglichkeit, tionswechsel vornehmen liesz.

welche

sie nur selten einen Posi-

Französischen Heerwesens im Jahre 1878. Ueber die Leistung

21

der Französischen Intendantur waren die

Urtheile nicht so allgemein ungünstig als in früheren Jahren .

Nur

ihr Todfeind das Avenir militaire tadelt die späte Ausgabe der Lebensmittel,

die

Art der Beförderung in die

Biwaks durch Mann-

schaften, und die falschen Directionen, welche man einzelnen Transporten gegeben hatte , hungerten,

während

Schlieszlich

erwies

in an

Folge der

sich die

deren die Truppen an einer Stelle verdarben .

anderen Lebensmittel

Lieferung des lebenden

Viehs

als

durchaus unpraktisch ; die Verausgabung verschimmelten Brodes, welches, von einer Seite zurückgewiesen, abgebürstet und gesonnt wieder zur Ausgabe gelangte, rief einen Sturm der Entrüstung hervor. Das

4. Armee- Corps

unter General Deligny hatte eine Art Parade-Manöver , das eigentlich mehr in concentrirten Kriegsmärschen bestand. Nur 2 Tage lang fand unter den Augen des Marschall Mac Mahon ein Gefecht der beiden Divisionen gegen einander statt , welchem später ein Fluss-Uebergang des ganzen Armee-Corps über die Seine folgte . Den Abschluss der Uebungen des 4. Armee- Corps bildete die berühmte Parade am 15. September 1878 auf dem Plateau von Vincennes , an welcher auch die 1. und 4. Cavallerie- Division und die gesammten Truppen des Gouvernement von Paris Theil nahmen. Eine stattliche Truppenmacht von 55 Bataillonen , 62 Schwadronen, 35 Batterien, mit im Ganzen 44,500 M. und 9000 Pf. Für die Weitschweifigkeit der Französischen Befehls - Ertheilung ist es charakteristisch, dass zu diesen Paraden eine Instruction erlassen wurde, welche etwa 26 Seiten im Druck dieser Zeitschrift einnehmen würde . bis

In derselben wird jedes Bataillon von seinem Cantonnement auf den Parade-Platz und wieder nach Haus geführt . Ueber

den Anzug erlassen .

wurden

darin

besonders umfangreiche

Bestimmungen

Auch eine Generalstabsreise fand unter der Leitung des Chefs des Generalstabes, General Miribel, im östlichen Frankreich (Arondissements Epinal, Mirecourt, Neuf Chateau) statt,

welche Langres zum

Ausgangspunkte hatte. An derselben nahmen 2 Generale, 28 StabsOffiziere mit 80 Ordonnanzen Theil. Die Wahl des Terrains bot Gelegenheit zu

einer genauen Besichtigung

der im letzten Jahre

erheblich vorgeschrittenen Befestigungen des Ostens, des Nordens weit voraus geeilt sind.

welche

denen

Die „ Carte de France " 1/100000 war Mitte August 1878 in 32 Blättern, welche das Departement der oberen Vienne und Lozère umfassen , im Stich fertig gestellt, während 33 fernere Blätter, die Departements

Rückblick auf die Entwickelung des

22

Aisne und die Vendée enthaltend, für den Stich vorbereitet waren . Das ganze Unternehmen soll in 4 Jahren beendet sein . Das officielle Dislocations-Tableau der Französischen Armee vom 1. October 1878 lässt erkennen,

dass bei 45 Infanterie-Regimentern

die angestrebte Vereinigung der „ portion principale " mit den Depots Die Cavallerie weist 12 Regimenter noch nicht " stattgefunden hat. auf, bei welchen dies ebenfalls noch nicht der Fall ist. hält man das

Prinzip des

Garnisonwechsels

Im Uebrigen

aufrecht und

strebt

gleichzeitig danach bei Fertigstellung der neuen Unterkunftsräume Ein detamöglichst viel Truppen in einer Garnison zu vereinigen. chirtes Bataillon ist in der Französischen Armee eine

seltene Er-

scheinung. Das Armee- Budget für 1879 , Volksvertretung genehmigt sehr treffend die Debatten

wurde ,

welches so dass

anstandslos von der

ein Französisches Journal

mit Jules Verne's Lustspiel ,, le tour du

monde en 80 jours " vergleicht, beläuft sich auf 549,156,152 Francs . Für

einzelne Posten

(Genie-,

Etablissements-,

Remontirungs-

und

Subventionsfonds) wurden im Ganzen fast 3 Millionen Francs mehr bewilligt,

als der Kriegsminister für diese Zwecke verlangt hatte. Auf der andern Seite wurden allerdings Streichungen , aber nur in sehr geringem Umfange, vorgenommen .

In dieser Summe figuriren

die Militairschulen mit 4,030,460 Francs , die Artillerie-Etablissements mit 151/2 Millionen , die Genie - Etablissements einschlieszlich der Pulver-Fabriken mit mehr als 17 Millionen Francs . Auf dem Gebiete der Militair-Journalistik ist 1878 das Erscheinen verzeichnen , welches

seit dem Januar

eines neuen Journals l'Armée française " zu von dem früheren Generalstabs Capitain

A. Wachter redigirt wird.

Dies Blatt nahm

einen

schnellen Auf-

schwung und ist als Organ der Armee von entschiedener Bedeutung. Dasselbe ist der erklärte Gegner des nach dem Feldzuge

von 1870

in's Leben getretenen und auch in Deutschland wohlbekannten „ Avenir militaire " , welches von ihm nicht unzutreffend als journal des mescontents bezeichnet wird. Von hoher Bedeutung ist es, dass das erwähnte Journal seit Mitte November v. Js . in den Besitz des Gambetta'schen Organs „ République française" überging. Letzteres er-

klärte in Folge dessen auch ganz öffentlich, dass die „ Armée française " fortan mit aller Energie die demokratischen Principien vertreten werde . Mit einem Worte also : Die Politik in der Armee ! Ferner hat die militairische Buchhandlung von Berger-Levrault im verflossenen Jahre eine den Loebell'schen „ Jahresberichten über Veränderungen und Fortschritte im Militairwesen " ähnliche Zusammen-

Französischen Heerwesens im Jahre 1878.

stellung, „ l'Année militaire" betitelt, herausgegeben .

23

Dies Buch er-

scheint als eine Art Fortsetzung der im Jahre 1875 von der Réunion des officiers herausgegebenen Schrift „les armées françaises et étrangères ", welche ihrerseits keine Fortsetzung Seitens der Réunion erlebt hat.

Die vorstehende Zusammenstellung lässt erkennen, dass die Thätigkeit des Französischen Kriegs-Ministeriums unter Leitung des Generals Borel eine in jeder Beziehung heilsame und vortheilhafte für die Armee gewesen, und dass der innere Ausbau der Heeres-Organisation im verflossenen Jahre eifrig gefördert worden ist . Der vor dem Präsidentschaftswechsel Anfang Januar

1879

erfolgte Rücktritt des Ge-

neral Borel , welcher den General Gresley an die Spitze des Kriegsministeriums berief,

wurde in der Armee allgemein bedauert .

Sein

persönliches Freundschafts-Verhältniss zum Marschall Mac Mahon war ein Grund mehr, den Rücktritt zu beschleunigen . Das Jahr 1878 ist also für die Armee kein verlorenes gewesen. In allen Theilen des Heeres hat sich reges Streben nach Vervollkommnung kundgegeben, welches sicherlich zu einem guten Ziele führen wird, wenn nicht die in den jüngsten Tagen proclamirte

99 véritable

république" den Geist der Parteien

der Armee tragen, machen wird.

auch

in die Reihen

und somit jeden positiven Fortschritt unmöglich

24

Brandenburgische Schlachtfelder.

II.

Brandenburgische Schlachtfelder .

Eine militair- historische Studie

von A. v. Crousaz, Major z. Dispos. III.

Im siebenjährigen Kriege. (Schluss.)

Der König erkannte sowohl Wedell's gung,

als

die Umstände ,

an denen er

heldenmüthige Anstren-

gescheitert war,

voll

an ;

das nahm aber dem Schlage, von welchem man durch diesen Misserfolg getroffen war, nichts von seiner schweren Bedeutung .

Diese

fehlgeschlagene Voraussetzung durchkreuzte den ganzen dieszjährigen Feldzugsplan ; es musste, da die herandringende Sturmfluth mit den regulären Mitteln nicht aufzuhalten war, Auszerordentliches geschehn und man brauchte dafür so schneller Entschlieszungen und besonderer Combinationen, wie sie in diesen Kriegen um Schlesien

der grosze

König schon oft und eigentlich stets erfolgreich improvisirt hatte. Frankfurt war in den Händen des Feindes, Russen und Oesterreicher gingen zusammen , und wenn solch' ein Pfahl im Fleische des Stammlandes steckte und sogar Berlin der gröszten Gefahr ausgesetzt war, so musste der König sogleich Selbst kommen und mit aller Streitkraft, die sich zusammenraffen liesz, schlag thun.

so wie im Vorjahre,

einen

Haupt-

Friedrich stand zur Zeit des Misserfolges von Kay noch in Seinem festen Lager von Schmottseifen * ) und dieser Posten war im Hinblicke auf das Oesterreichische Hauptheer so wichtig, dass er nicht versäumt werden durfte ; auch Fouqué, welcher bei Landshut stand, liesz sich dort nicht entbehren und eine beträchtliche Minderung der in Schlesien befindlichen Truppen schien überhaupt unthunlich, --- es musste in Betreff Brandenburgs durchaus anderer

*) Vergl. Band XXX. der Jahrbücher S. 268.

Brandenburgische Schlachtfelder. Rath geschafft werden.

Der König traf hierin wie

25 immer sogleich

das Richtige, indem er den Prinzen Heinrich nach Sagan berief und so, weil man in solcher Noth sich doch immer an einer Stelle entblöszen musste,

diejenige preisgab,

wo

nämlich das Reichsheer, zu bestehen war.

nur ein schwacher Feind, Prinz Heinrich traf am

30. Juli mit 16 Bataillonen und 25 Schwadronen in Sagan ein, und nachdem sich hier ein vom Prinzen von Württemberg geführtes Detachement Schlesischer Truppen, welches aus 6 Bataillonen und 15 Schwadronen bestand, mit dem ersteren Corps vereinigt hatte, stellte der König Selbst Sich an die Spitze dieser Heeresabtheilung von 22 Bataillonen 40 Schwadronen, ---- Prinz Heinrich aber ging nach Schmottseifen

und trat

bei

dem

dort verbliebenen

Schlesischen

Hauptheere in dieselbe Function ein, welche daselbst der König vorher eingenommen hatte.

Friedrich ging mit Seinem neugebildeten Truppencorps von Sagan zunächst am rechten Boberufer abwärts auf Naumburg, wandte Sich dann am 2. August der Lausitzer Neisze zu und erdie Nachhut Haddiks aus dem Wege gereichte, nachdem schoben war, schon am 3. Müllrose . Hier stiesz Wedell mit dem noch 19 000 Mann

starken Ueberreste seines Truppencorps zu ihm

und man rückte dann sogleich gegen Frankfurt und zwischen Wulkow und Bosen *) in eine Position , deren Princip, vermöge der dadurch bewirkten Sperrung der Strasze von Frankfurt nach Berlin , sehr augenfällig war. Hier zog auch der König den Generallieutenant. v. Fink, welcher nach dem Abzuge des Prinzen Heinrich aus Sachsen, bei Torgau geblieben war, dort aber mit seinen 10,000 Mann doch wenig nützen konnte , heran, und Friedrich's Streitmacht kam dadurch auf die Höhe von 63 Bataillonen , 106 Schwadronen und 230 Geschützen , womit eine Kopfzahl von etwa 48,000 Mann repräsentirt war. Man war beträchtlich stärker als vor Jahresfrist. da man gegen Zorndorf heranzog,

aber man hatte gleichem Verhältnisse stärkeren Feind zu bestehen ;

auch einen in im Uebrigen

zeigten die Bewandtnisse des Heranmarsches und der Vorkehrungen zur Beseitigung des Russischen Kolosses sehr viel Aehnlichkeit mit. den vorjährigen, deren Drama sich damals nur vierzehn Tage später und etwa 5 Meilen nördlicher abspielte . Weshalb Soltikow und Laudon so lange , bis ihnen die Strasze

*) Zwei Dörfer nordwestlich von Frankfurt, von denen letzteres 3/4 Meile von der Lebuser Vorstadt entfernt an der Strasze nach Berlin liegt und ersteres sich 1/2 M. gerade nördlich von Bosen befindet.

Brandenburgische Schlachtfelder.

26

nach Berlin gesperrt wurde ,

am

rechten

Oderufer verblieben, ist

durch Principien gar nicht, sondern nur durch Schwerfälligkeit oder Zwietracht erklärbar ; sie hätten, schon während Friedrich noch in Müllrose war, auf das linke Oderufer übergehen und die Strasze das würde unsere Sache mehr nach Berlin gewinnen können , beschädigt haben , als jede verlorene Schlacht .

So wie indessen die

Sache wirklich lag, musste der stets offensive Friedrich die stets defensiven Russen und Oesterreicher in ihrer Position aufsuchen, und hierzu brauchte Er wieder eines Ueberganges vom linken auf das rechte Oderufer. Für diesen Zweck wurde am 10. August Morgens die Avantgarde nach Reitwen*) entsandt, und nachdem hier unter ihrem Schutze die Oder überbrückt war, folgte das übrige Heer am Abende desselben Tages . Die Infanterie ging sofort über die verschiedenen Schiffbrücken ; die Reiterei passirte den Strom etwas südlicher mittelst einer bei dem Dorfe Oetscher befindlichen Furth . Der Generalmajorv. Wunsch blieb mit 3 Bataillonen und 5 Schwadronen in Lebus, **) um demnächst im geeigneten Momente Frankfurt zu nehmen ; der Generalmajor v. Flemming hatte mit 7 Bataillonen und 5 Schwadronen die Schiffbrücken und das hier abgelegte Gepäck sämmtlicher Combattanten zu decken ; es kamen

also bezüglich des in Aussicht ge-

nommenen Kampfes 10 Bataillone und 10 Schwadronen in Abgang, und der König marschirte so, nachdem die Oder passirt war , am 11. August mit nur 53 Bataillonen und 96 Schwadronen, also etwa 42,000 Mann, südlich auf Bischofsee. ***) Das in der Reserve befindliche

Fink'sche Corps

ward südwestlich

nach dem auf der Höhe

liegenden Trettin geschoben , und der König recognoscirte von hier aus den Gegner,

ohne Sich

doch über ihn genau

informiren

zu

können ; am 12. August Morgens 2 Uhr aber marschirte Er in zwei Colonnen links ab , passirte, nach Ueberschreitung des sogenannten Hünerflieszes ,

in weitem Bogen die Neuendorf'sche Haide und kam

nach neunstündigem Marsche

um

102 Uhr Morgens

mit sehr er-

müdeten Truppen in der Gegend der dem feindlichen linken Flügel Man hatte aus fehlender gegenüberliegenden Raschmühle an. Orientirung im Terrain

und über die Stellung

des Feindes grosze

Umwege gemacht, und das, was die Truppen hierdurch an Kraft ein*) 212 M. nördlich von Frankfurt am linken Oder-Ufer. **) 12 Meile nördlich von Frankfurt und wie dieses am linken Oderufer. ***) 114 M. südlich von Oetscher , von der Oder über 1 M. entfernt und hier am rechten Oderufer ziemlich in derselben geographischen Breite , wie Wulkow am linken.

27

Brandenburgische Schlachtfelder. büszten,

verminderte

natürlich

an diesem

Tage

ihre

Leistungen ;

wenn man das Terrain nicht kennt und mit übermüdeten Truppen in's Feuer geht, so wird, wenn nicht ganz besondere Umstände zu Hülfe kommen, stets eine Niederlage zu beklagen sein. Das Terrain von Kunersdorf stellt sich als eine kleine Gebirgsregion dar, wie sie eben im Flachlande

vorkommen kann ;

sie hat

keine geographische Bedeutung , aber als Kampfplatz ist sie schwierig genug, und dem Vertheidiger werden durch sie besondere Haltepunkte gegeben, dem Angreifer ebenso für die Umschau als für die Bewegung auszerordentliche Hindernisse in den Weg gelegt . Wenn man in einem solchen Terrain schon von Haus aus ermüdete Truppen hat, so fällt das hier noch viel schwerer in's Gewicht als anderwärts .

Der in Betracht kommende Abschnitt bildet das Mittel-

stück dieser durchweg am rechten Oderufer befindlichen Brandenburgischen Schlachtfelder des siebenjährigen Krieges und wird im weiteren Sinne von dem nördlichen Zorndorfer Abschnitte durch die Warthe und von dem südlichen Züllichauer durch die Pleiske getrennt ;

wenn man aber

des Kunersdorfer Kampfplatzes

nur

ansieht,

zwischen den Grenzlinien der Oder,

den so

unmittelbaren Rayon

möchte

dieser auf das

des Flüsschens Eilang * ) und

der Strasze von Göritz **) nach Drossen***) liegende Terrain zu beschränken sein.

Sieht man über das Terrain, auf welchem Friedrich

gegen Kunersdorf vormarschirte ,

hinweg und betrachtet nur das

alleinige Schlachtfeld, so wird dessen unmittelbarer Abschluss nach Norden durch das schon erwähnte Hünerfliesz gebildet, ein Rinnsal, welches von Ost nach West den Abfluss mehrerer Seen vermittelt und sich dann in den Brüchen am rechten Oderufer mit dem sogenannten Hauptgraben vereint . Das Hünerfliesz durchschneidet in der angegebenen Richtung

eine zum Sternberger

Plateau

gehörige

Terrasse , und da , wo es aus ihr hervorgeht, bilden deren westlichste Stufen einen ziemlich steil herabsinkenden Thalrand der Oder.

Dieser letztere

läuft nördlich des heraustretenden

Hüner-

flieszes ziemlich parallel mit dem dort über 1 Meile entfernten Strome , und wird zunächst durch die Sümpfe des sogenannten Kuh-Luches begrenzt ; südlich des Rinnsals zieht dieser hohe Thalrand zuerst etwa 3/4 Meilen

südwestwärts gegen Frankfurt, dann in

*) Flieszt von Ost nach West über Reppen und mündet südlich von Frankfurt und ganz nahe dan in die Oder. **) Kleine Stadt am rechten Oderufer 22 M. nördlich von Frankfurt. ***) 2 M. südöstlich von Görlitz und 314 M. nordöstlich von Frankfurt , mit dem Drossen durch eine Strasze verbunden ist.

Brandenburgische Schlachtfelder.

28

kürzerer Erstreckung wieder südwärts gegen die Frankfurt- Crossener Strasze hin . Zwischen dem Hünerfliesz und Frankfurt lehnt sich an ihn der grosze Elsenbruch, welchen, westwärts, nach der Frankfurter Damm- Vorstadt hin, ein weiterer Zusammenhang von Wiesen, Mooren und Büschen fortsetzt ; in das Bergland hinein aber schneiden, nach Innen laufend, mehrere tiefe und geräumige Abgründe , um ihn in verschiedene Abtheilungen zu zerlegen . Der nördlichste derselben, der sogenannte Beckergrund ,

läuft vom Hünerfliesz

süd-

wärts, und zwischen ihm und den Abhängen zur Niederung finden. sich bis gegen den von Nordwest nach Südost einschneidenden Kuhgrund hin die Mühlberge .

Verfolgt man

vom Kuhgrunde aus den

westwärts, so kommt man an den wieder ziemlich von Nord nach Süd einschneidenden Laudon - Grund, und Abhang

2000 Schritte

jenseits desselben finden sich in der theils der Damm-Vorstadt, theils dem sogenannten Pfarr- Winkel gegenüberliegenden Ecke des Plateaus, die Judenberge ,

unterhalb deren

Judenkirchhof und nordwestlich , Vorwerk liegt.

an der Südwestseite

in der Niederung ,

das

der

Rothe

Südlich der Judenberge gelangt man in den Frankfurter Forst ; in der Mitte des Kunersdorfer Plateau -Abschnittes aber befindet sich das Dorf Kunersdorf, welches südwärts durch einige kleine Seen begrenzt wird, und nordwärts bis zum diesseitigen Ausgange des Kuhgrundes reicht, während seinem Südende, nach den Judenbergen hin, der grosze Spitzberg und

an der

Seidlitz - Berg gegenüberliegt.

entgegengesetzten Seite

der

Das Dorf Kunersdorf empfängt mit-

telst des Kuhgrundes welcher sich bei

die Strasze von Frankfurt nach Drossen, von ihm die Strasze nach Reppen und Sternberg ab-

spaltet, und von diesem Spaltungspunkte betragen die Entfernungen : bis zum Frankfurter Judenkirchhofe 1/2 Meile, bis zum Austritt des Kuhgrundes in den Elsenbruch 1500 und bis zu dem Punkte, wo die Drossener Strasze das Hünerfliesz schneidet, 3000 Schritte. Das Hünerfliesz ist nur ein geringer Bach mit verschiedenen Ueberbrückungen , der jedoch an vielen Stellen und auch auszerhalb jener ersteren von jeder Waffengattung zu passiren war ; östlich des Beckergrundes lagen an ihm die Rasch-Mühle und Walkmühle und schon von ersterer ab hatte er einen steilen Südrand ; gegen seinen Austritt in den Elsenbruch aber bewegte er sich, tief eingefurcht, überhaupt zwischen steilen Rändern .

Nördlich des Hünerflieszes breitet

sich der Bischofssee, südlich in weiter Erstreckung die Neuendorfsche Haide aus, und durch diese beiden

sind die beim Vormarsche un-

seres Heeres gemachten Umwege, vermöge deren es ermüdet in die

29

Brandenburgische Schlachtfelder. Schlacht kam,

Zwischen der Neuendorfschen

verursacht worden .

Haide und dem Frankfurter Forst liegt nur eine Entfernung von etwa 2500 Schritten, und nördlich dieser Lichtung breitet sich bis zum Rande des Plateaus gegen die Niederung halbmondförmig und bei einer gröszten Länge von 7000 und einer gröszten Breite von 3500 Schritten, unser Schlachtfeld aus. Soltikow hatte anfänglich eine Stellung, welche ihre Front gegen Frankfurt wendete, eingenommen ; doch veränderte er dieselbe demnächst *) und stellte seinen rechten Flügel

auf die Judenberge , das

Centrum an den groszen Spitzberg und den linken Flügel, welcher sich an den Beckergrund lehnte , auf die Mühlberge , die Russische Front war sonach jetzt nach Südost gekehrt, und man schien den Preuszischen Angriff von Crossen her zu erwarten. Diese Stellung zeigte sich gut befestigt, denn nicht nur beide Flügel,

denen

schon das Terrain sichere Haltpunkte gab, waren verschanzt, sondern man hatte auch vor der ganzen Frontlinie, theils einzelne Redouten, theils linienweise Erdaufwürfe angelegt. Das Russische Heer, welches aus 48,000 Mann Infanterie und 10,000 Reitern nebst 300 Geschützen bestand, wurde, als es den Angriff erwartete, so aufgestellt, dass die Infanterie

zwei

geräumig von

einander

entfernte

Treffen

bildete, und diese an den Mühlbergen und Judenbergen durch Flanken verbunden waren. Das Ganze hatte sonach die Gestalt eines länglichen Vierecks ; vor beiden Flügel befanden sich Verhaue . ganze Russische Reiterei befand sich theils vor, theils Verschanzungen des rechten Flügels,

der Train stand

Die

hinter den in der Nie-

derung zwischen der Oder und dem Pfarrwinkel, und da Soltikow zwischen Frankfurt und dem Judenkirchhof zwei Schiffbrücken hatte schlagen lassen,

so konnten diese Fuhrwerke

mit ihren Vorräthen

in jedem Augenblicke auf das linke Oderufer geschafft werden . Oesterreichische Hülfscorps Laudon's, welches

Das

18 000 Mann zählte ,

stand als disponible Reserve in der Niederung beim Rothen Vorwerk, und dem Könige war,

bei Seiner Recognoscirung,

orientirten Förster gesagt worden,

von einem nicht

dass die Oesterreicher vermöge

der zwischenliegenden Brüche aus ihrer Stellung nicht zu derjenigen der Russen gelangen

könnten .

Dies bestätigte

denn die Russen hatten von ihrem

Lager aus

sich jedoch nicht, einen

sehr festen

Knüppeldamm nach der Oesterreichischen Position hin gebaut,

und

auf diesem konnte die sonst inpraktikable Niederung bis zum LaudonGrunde hin mit

allen Waffen passirt werden .

*) Nach Tempelhof's Angabe.

Die Nichtkenntniss

Brandenburgische Schlachtfelder.

30

dieses Umstandes zeigte sich nachher verhängnissvoll, und wenn der König demnächst mit 48,000 Mann 76,000 Feinde zu bestehen, gegen Stellungen, die durch Natur und Kunst befestigt waren, anzustürmen und gegen jene ausgeruheten,

Seine ermüdeten Truppen in's Feuer

zu führen hatte, so kennzeichnet das von Haus aus schon die Gründe, aus welchen hier auch Genie und Heldenmuth nicht konnten . Friedrich täuschte Sich indessen über

durchdringen

die Situation, und wenn

die Absicht, den Feind nicht blosz zu besiegen ,

sondern

zu ver-

nichten, Ihn ganz in Anspruch nahm , so ist über dem Feuereifer für ihre Verwirklichung

die

Möglichkeit irrthümlicher Voraussetzungen

gar nicht in Betracht gezogen

und

im Hinblick

auf ein ragendes

Ziel die Menge der zwischen hier und dort befindlichen Schwierigkeiten übersehen worden. Die von Friedrich gemachte Recognoscirung ergab sehr wenig und die Ihm zugekommenen Nachrichten täuschten Ihn belangreich .

Wenn es z. B.

Soltikow ein Rückzug

am 11. August verlautete ,

auf Reppen beabsichtigt sei,

so

zum Theil dass von hatte

dies

die üble Wirkung, den König, der eben jedes Ausweichen des Gegners vereiteln wollte, dazu zu bestimmen, dass Er am 12. so ungewöhnlich früh von Bischofssee aufbrach und einen so weiten Bogen nach der Reppener Strasze hin beschrieb, der dann allerdings durch Unkenntniss des Terrains noch vergröszert wurde . Als indessen der Feind in seiner Position blieb, zeigte es sich als unzweifelhaft, dass derselbe nur von Südost her, wo es sanftere Abdachungen des Terrains gab, anzugreifen sei ; — der Vernichtungsplan war aber durchaus nicht aufgegeben .

Der

auf den Mühlbergen befindliche linke

Flügel Soltikow's sollte forcirt, der Angriff dann auch auf das Centrum und den rechten Flügel ausgedehnt, und im Ganzen die jenseitige Linie , die würde über den hohen Rand und nach den Brüchen hin nicht ausweichen können , nach der Oder hin aufgerollt, die Stellung des Feindes über diesen Strom hin aber dann durch den Generalmajor v. Wunsch vereitelt worden .

Wenn dieses Programm zur Erfüllung

kam , dann allerdings erreichte man noch viel mehr als vorjährig bei Zorndorf; und es hätte erfüllt werden können, aber doch nur unter der Bedingung einer anderen als der wirklichen Einleitung zur Schlacht.

Wenn der König etwas früher, als geschehen , Bischofssee

erreicht und so für die Recognoscirung

mehr Spielraum behalten ,

wenn Er mit der Eigenen genügenden Orientirung über die irreleitenden Nachrichten hinwegzuschreiten vermocht und Seinen Heranmarsch zur Schlacht auf der kürzesten Linie bewerkstelligt hätte,

Brandenburgische Schlachtfelder.

31

dann würde Sein Genie und Seines Heeres Kraft gewiss das Russische Hauptheer von 1759 ausgestrichen haben . Noch eines wäre dazu wohl nöthig gewesen, nämlich dass man das Detachement des Generalmajors v. Wunsch etwas stärker gemacht und diesen mit der präcisesten Ordre versehen hätte , nicht nur überhaupt, sondern auch rechtzeitig seinen Handstreich auf Frankfurt auszuführen . In diesem Falle, und wenn sich Laudon von

der Schlacht fern halten liesz,

wäre dann das Oesterreichische Corps in seiner Grube beim Rothen Vorwerk eingesperrt und einem ähnlichen Schicksale, wie die Sachsen bei Pirna, preisgegeben worden . Als Friedrich am 12. August früh 1012 Uhr bei der Raschmühle eintraf, *) formirte Er Sich der Russischen Linie gegenüber sogleich in zwei Treffen, von denen das erstere 22 , das zweite nur 15 Bataillone enthielt ; auszerdem wurde die aus 8 Bataillonen bestehende Avantgarde vor den rechten Flügel gezogen, und auf dem Kleistberge, an der nach Kunersdorf laufenden Strasze und auf dem Seidlitzberge führte man drei grosze Batterien auf, von denen aber die letzte zu weit vom Feinde entfernt war. **) Die Cavallerie unter 65 Schwadronen auf dem linken mit sich Seidlitz befand Flügel und nahe an jenen südlich von Kunersdorf liegenden Seeen ; in dieser Schlachtordnung war aber das Fink'sche Corps nicht mit inbegriffen, und dieses war vielmehr, während der König Seinen Umweg machte, mit seinen 8 Bataillonen und 31 Schwadronen direkt gegen das Hünerfliesz vorgerückt, so dass es jetzt in der linken Flanke des Feindes stehend, etwa bei der Walkmühle mit dem Könige wieder in Verbindung kam . Zwischen 11 und 12 Uhr

eröffneten

die

Batterien

unseres

rechten Flügels, sowie diejenigen des Fink'schen Corps , die Schlacht ; die Kanonade hatte aber

erst eine halbe Stunde gedauert,

als der

König die Erstürmung der Mühlberge durch die Avantgarde befahl . Diese vollzog sich sehr schnell, präcise und heldenmüthig und da die übrige Infanterie unseres rechten Flügels

diesen Angriff soute-

nirte und auch diejenige Fink's, das Hünerfliesz überschreitend, mitwirkte, so wurde bis um 2 Uhr Nachmittags

die ganze

Localität

der Mühlberge von den Russen geräumt, und der linke Flügel derselben sah sich nach dem Kuhgrunde hingedrängt. Nach einem dreistündigen mörderischen Kampfe eroberten unsere Truppen

auch

*) Vergl. S. 26. **) Nach General v. Decker's Angabe über 1700 Schritte, nach Tempelhof noch viel weiter.

32

Brandenburgische Schlachtfelder.

diesen Grund und die jenseitige Höhe, und

die Preuszische Infan-

terie drängte nun den Feind nach dem Laudon-Grunde hin . *) Bis hierher verwirklichte sich das Programm Friedrich's trotz aller Schwierigkeiten in bewunderungswürdiger Weise ;

wenn man jetzt

statt der

übermüdeten noch kräftige Truppen gehabt, oder den Oesterreicher fern gehalten hätte, so würde die Abendsonne dieses Tages den Hätte man herrlichsten Siegeskranz Friedrich's beleuchtet haben . anderen Falles, so wie die Umstände wirklich lagen, sich mit diesem bisherigen Erfolge begnügt, und die Schlacht um 5 Uhr Nachmittags abgebrochen, so wäre durch einen zwar nur halben Sieg der Feind doch immerhin so erschüttert gewesen, dass er seinen Vormarsch gegen Berlin schwerlich fortgesetzt, und ihm für den weiteren Feldzug von 1759 überhaupt die Spitze und Schneide gefehlt hätte . Statt dessen überspannte man den Bogen, bis die Sehne riss ; man wollte zuviel haben und verlor darum Alles . Wenn der grosze König Sein auszerordentliches Genie und Seine etwas mehr Vorsicht und

nicht mindere Heldenkraft mit nur Selbstbeschränkung verbunden hätte, so

würde Er im ganzen siebenjährigen Kriege Hauptschlacht verloren haben. Der König ordnete ,

vielleicht

nicht

eine

ehe Er an den letzten Act dieser Tages-

arbeit ging , Seine durch den Kampf um den Kuhgrund sehr durcheinander gekommene Infanterie und stellte dem Fink'schen Corps wiederum voran ;

die Avantgarde

sammt

die übrige Infanterie folgte

nach, kam aber nachtheiliger Weise mit ihrem rechten Flügel bis in den Elsenbruch zu stehen ; man hatte durch allmäliche Linksschwenkung immer mehr die Front verändert, und bewegte rallel mit dem Plateau - Abhange

und über

sich jetzt pa-

denselben hinaus vom

Kuhgrunde gegen den Laudongrund . Die Truppen , mit denen dies geschah, waren durchweg schon 48 Stunden unter dem Gewehr und schon an diesem Tage 9 Stunden auf dem Marsche und 7 Stunden im Kampfe gewesen ; es war natürlich , dass sie jetzt erlahmten, und wäre wunderbar gewesen, wenn ihre Kräfte noch weiter gereicht hätten.

Ueberdies effectuirten unsere

rathenen Bataillone kaum irgend etwas ,

in den Elsengrund ge-

und während der auf den

Platz gekommene Laudon auf den Höhen an dem nach ihm benannten Grunde

eine

etablirt hatte ,

aus 50 schweren Geschützen

bestehende Batterie

konnten unsere Zwölfpfünder vermöge ihrer abgetrie-

benen Bespannung nicht mehr

auf geeignete Standpunkte

gebracht

*) Nach den Angaben von Canitz, Decker, Lossau u. A.; nach Oesterreichischer Angabe wurde der Kuhgrund nicht genommen.

Brandenburgische Schlachtfelder. werden ,

33

und unsere leichten Regiments - Kanonen ,

welche sich ver-

schossen hatten, blieben ganz müszig. Laudon's Artilleriefeuer, welerwidert werden konnte , wirkte überaus verheerend, unsere vorderste Infanterielinie war erschüttert und die ganze Vor-

ches so nicht

da befahl der König einen Vorbruch un-

wärtsbewegung stockte

serer mit dem linken Flügel, also noch etwa bei Kunersdorf befindlichen Cavallerie gegen den feindlichen rechten Flügel. Seydlitz, welcher bezüglich einer solchen Action die ganze Sachlage für zu ungünstig hielt, gehorchte nur ungern, und es liesz sich in der That leicht übersehen, dass gegen eine auf Berge und Schanzen gestützte und mit so reichlichem Geschütz ausgestattete Position auch mit der auszerordentlichsten Cavallerie nichts auszurichten sei . Unsere Reiterei wurde zunächst

durch die vor ihr liegenden Seen und Teiche

aufgehalten, dann wurde sie von dem hoch und verschanzt stehenden Feinde , ohne ihm beikommen zu können , mit Kartätschen überschüttet und war bereits irritirt , als die combinirte OesterreichischRussische Cavallerie unter Romanzow in der Ebene zwischen den Judenbergen und dem Frankfurter Forste in ihre linke Flanke brach . Seydlitz war schwer verwundet, seine Cavallerie geworfen ; neral - Lieutenant Prinz Friedrich Eugen von Württemberg ,

der Gewelcher

jetzt an ihre Spitze trat, konnte sie erst wieder hinter der Infanterie sammeln. Als dies geschehen, berief sie der König vom linken nach dem rechten Flügel , und der Prinz von Württemberg attakirte nun dort, wohin er sich hinter der Front unserer Infanterie begeben, mit der Fink'schen Reiterei vereinigt , neuerdings aber ebenso erfolglos .

Auch der Prinz von Württemberg wurde hier verwundet, ein

demnächst noch vom Generalmajor v. Puttkammer mit den Husaren unternommener Angriff, bei welchem dieser den Heldentod starb , scheiterte nicht minder. Unsere Reiterei effectuirte nichts mehr, und denjenigen, welcher ihr Haupt und Herz war ,

hatte das Verhängniss des Tages kampf-

unfähig gemacht ; die auf dem Plateau befindliche Infanterie zeigte sich , nachdem sie noch zwei Stunden das rasirende feindliche Geschützfeuer ausgehalten , ganz erschüttert und die Mitwirkung unserer Artillerie was sollte da noch werden ?

hatte

zum Theil aufgelöst ;

schon längst aufgehört

Der Kuhgrund wurde vom Russischen

rechten Flügel zurückerobert ; Friedrich setzte Sich der gröszten Gefahren aus und that sein Aeuszerstes , die Schlacht wieder herzustellen, aber das Verhängniss war in seine Fülle getreten, und welcher Sterbliche kann rollende Felsen noch aufhalten und ein athemloses zersprengtes Heer zum Siege zurückspornen ? Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI.

Unser Zurück3

34

Brandenburgische Schlachtfelder.

gehen ermuthigte und ermächtigte den Feind ; Laudon's im jenseitigen Heerlager überragender Geist begann zu dominiren , und er war es auch , welcher ,

den gegnerischen Sieg

Tage den letzten Hauptschlag that.

zu vollenden ,

an diesem

Dies geschah dadurch , dass er

mit 14 im Laudongrunde reservirt gehaltenen Schwadronen in die rechte Flanke unserer Infanterie drang und diese vollends zersprengte . Ein Versuch des Königs, Sich auf den Mühlbergen nochmals zu formiren, missglückte ; man musste auf Trettin und Bischofssee zurückgehen, und der Drang

am Hünerfliesze

wurde so grosz ,

dass der

König nahe daran war, gefangen zu werden und nur durch den Rittmeister v. Prittwitz mit 100 Zieten'schen Husaren herausgehauen und durch einen Hohlweg gerettet wurde . Die zerstreuten Preuszischen Truppen sammelten sich zwischen Trettin und Bischofssee, doch wurden am Abende des Schlachttages , nach des Königs

eigener Angabe ,

kaum 10,000 Mann zusammen-

gebracht . Man führte diesen Truppen - Ueberrest , der sich übrigens von Schritt zu Schritt durch Rückkehr von Versprengten vergröszerte , nach Oetscher zurück ,

und hier verbrachte

der König

die seinem

schlimmsten Kriegstage folgende Nacht in einer verödeten Bauernhütte ,

um dann am 13. August

auf das linke Oderufer zu gehen

und Sein Hauptquartier in Reitwen zu nehmen. Der König sagt über den Ausgang dieser Schlacht, die beiderseitigen Verluste und die der ersteren zunächst folgenden Bewandnisse in Seiner Geschichte des siebenjährigen Krieges *) : „ Die

Russen

gewannen

in

der

That

diese

Schlacht ,

allein sie verloren darin , nach eigenem Geständniss , 24,000 Mann. etc. --- Die Armee des Königs büszte an Todten , Verwundeten und Gefangenen 10,000 Mann ein. Herr v. Wunsch hatte sich Frankfurts bemächtigt , aber der unglückliche Ausgang der Schlacht nöthigte ihn , diese Stadt wieder zu verlassen , worauf er sich in Reitwen wieder an das Heer des Königs anschloss . - - Hätten die Russen ihren Sieg zu benutzen verstanden , so war es um die Preuszen geschehen ,

allein sie lieszen

dem Könige Zeit , sich von seiner Niederlage wieder zu erholen etc. " Der König war nur in den ersten Stunden nach diesem Verluste , wo sich dessen Tragweite noch gar nicht übersehen und berechnen

*) II. Theil cap. 10.

35

Brandenburgische Schlachtfelder. liesz , in Seiner Zuversicht

und Fassung erschüttert, aber Er kam

über diesen durch Abspannung und Krankheit bedingten Schwächezustand schnell hinweg ,

und wenn man sieht ,

dass dieser jetzt so

erschütterte Held, auch nach einer solchen Niederlage und vielleicht gerade durch sein Verhalten mit derselben, dem Gegner zu imponiren verstand , so muss das Wort des Dichters : Furchtbare überwindet " sachen so grosz war ,

„ Grosz ist , wer das

auf Ihn , der aus

angewendet werden ,

zehn

anderen Ur-

um auch nach dieser

Richtung hin Seine Grösze ins Licht zu stellen . Wenn der König Selbst diese Unthätigkeit Seiner Gegner, welche sie um die Früchte ihres Kunersdorfer Sieges brachte , zumeist der zwischen Soltikow und dem Oesterreichischen Feldherrn bestehenden Missgunst zuschrieb ,

so kann

andererseits

auch geglaubt werden,

dass dieser ungeheure Verlust, den sie vermöge eines Sieges erlitten, ihnen die Lust zu noch ferneren Siegen dieser Art nahm

und sie

von

Niederlagen das Aeuszerste befürchten liesz . Was Soltikow über diesen Punkt seiner Kaiserin schrieb , ist bekannt genug, und es schien

daraus hervorzugehen,

dass factisch

selbst jeder fernere

Sieg über Friedrich ihm nur als ein Schritt zum Abgrunde erschien . In dem Masze ,

als der Gegner Ihm

Spielraum liesz ,

erholte der

König Sich wieder, und wenige Tage nach der Kunersdorfer Schlacht stand er schon wieder mit 28,000 Mann im Felde . Berlin blieb in diesem Jahre unberührt, aber die Unfälle dieses Feldzuges

mehrten sich immer noch ,

4. September ,

denn Dresden

und am 21. November erlag Fink ,

capitulirte am

der nach Maxen

an der Elbe detachirt war, der Oesterreichischen Uebermacht.

Sol-

tikow hatte sich von Laudon getrennt und war von Glogau und dann von Breslau durch den König abgedrängt worden ; der Prinz Heinrich hatte sehr geschickt gegen das Oesterreichische Hauptheer und die Reichstruppen manövrirt , und von dem Herzoge Ferdinand von Braunschweig war mit der Hannoverschen Armee am 1. August ein glänzender Sieg über die Franzosen erfochten worden. Wenn Friedrich nicht an Heinrich und Ferdinand zwei so gewaltige Helfer, und vermöge der Zwietracht der Oesterreicher und Russen so viel Spielraum gehabt hätte , so würden ihn die Niederlagen von 1759, trotz Seiner Grösze, vielleicht doch überwältigt haben .

3*

Brandenburgische Schlachtfelder .

36

Grosz-Beeren und Dennewitz .

IV .

Nach dem Waffenstillstande von 1813 , während dessen die Verbündeten sowohl organisatorisch, als durch strategische Vorbereitungen ihr Aeuszerstes gethan, standen ihre Streitkräfte in drei Armeen getheilt und auf der ganzen Breite von der Ostseeküste bis nach Böhmen den Franzosen gegenüber.

Das

südliche

oder grosze

Heer

stand

zum Schutze Süddeutschlands in Böhmen und wurde, 230,000 Mann stark,

und sechs Oesterreichische und zwei Russische Heeresabthei-

lungen sowie das II. Preuszische (Kleist'sche) Corps einschlieszend , von dem Oesterreichischen Feldmarschall Fürsten Schwarzenberg befehligt.

Das

mittlere

Schlesien beschützen,

oder Schlesische Heer unter Blücher sollte

war 95,000 Mann

stark und enthielt das I.

(York'sche) Preuszische , sowie zwei Russische Armeecorps. Von dem zur Vertheidigung Norddeutschlands bestimmten Nordheere der Verbündeten, welches hier speciell zur Betrachtung kommt, wird besonders die Rede sein. Die Kräfte von Preuszen, Russland, Oesterreich und Schweden vereinigten

sich,

um den Gegner nach einem

festgestellten Kriegsplane zu überwältigen .

„ Alle Kräfte sollen sich

immer dahin wenden, wo des Feindes Hauptmacht ist ; die in den Flanken oder im Rücken des Feindes befindlichen Heere bewegen sich, nach seiner Operationslinie hin , stets auf den kürzesten Wegen ; die Aufstellungen der Heere sind so gewählt, dass sie, je nach Umständen, sich sowohl allseitig behaupten, als auch offensiv vorrücken , einzeln operiren und sich in ein den Feind einschlieszendes Ganze vereinigen können . " Das Nordheer der Verbündeten , welches, nach dem Trachenberger Vertrage *),

der Kronprinz von Schweden befehligte , be-

stand aus dem III . und IV. Preuszischen Armeecorps, den Russischen Corps der Generale Winzingerode , dem

auf

Woronzow und Walmoden ,

etwa 20,000 Mann berechneten

Contingente

und

Schwedens

unter dem General Grafen Stedingk. Das aus den verschiedensten Truppen zusammengesetzte Walmoden'sche Corps zählte 28,000 Mann and war an die die

Grenzen Mecklenburgs

anderen Abtheilungen des Nordheeres

gegen Davoust detachirt ; standen in

der Provinz

Brandenburg und repräsentirten eine Kopfzahl von 114,498 Combattanten, von denen auf die beiden Preuszischen Corps fast zwei Dritttheile kamen. Das Bülow'sche (III . ) Corps zählte 41,150 Mann in 42 Bataillonen, 49 Schwadronen und 12 Batterien , das Tauentzien-

*) Am 12. Juli 1813.

37

Brandenburgische Schlachtfelder.

sche (IV . ) Corps , 32,000 Mann in 46 Bataillonen , 35 Escadrons und 62 Batterien ; in diesen beiden beruhte aber nicht blos der Zahl , sondern auch dem Geiste und Wesen nach die Hauptkraft des Nordheeres,

und,

so wie der Gang der Ereignisse

nördlichen Region des

Kriegsschauplatzes

war, sind in dieser 1813 die groszen

von

Actionen nur von ihnen allein vollbracht worden . Wenn die ganze Streitmacht der Verbündeten sich in den angegebenen Heeren auf 467,498 Mann und mit verschiedenen Reserveabtheilungen noch höher belief,

so hatte Napoleon dem gegenüber

doch auch über fast 400,000 Streiter zu verfügen, bei denen aber auch der im äuszersten Norden befindliche Davoust und das bei Braunau am Inn stehende Bayerische Corps (Wrede) mit eingerechnet. war. In Schlesien standen 4 , in Sachsen und an der Böhmischen Grenze wieder 4 Französische Corps

und in das südliche Branden-

burg wurde für ganz besondere Zwecke eine dem Marschall Oudinot anvertraute grosze Heeresabtheilung detachirt. Man wollte in Schlesien und Sachsen concentrirt

sein

und die Elbe zur Operationsbasis , in

Dresden aber einen centralen Waffenplatz haben.

Von diesen Halt-

punkten aus sollten da und dorthin , wie es geeignet schien, mächtige Offensivstösze ausgetheilt und damit grosze Wirkungen erzielt werden ; je thätiger man war und je schneller man sich bewegte, desto eher glaubte man die gröszeren kräfte

des

Gegners

aber auch allzuweit ausgedehnten Streit-

dennoch bewältigen

zu können.

Das haupt-

sächlichste Augenmerk Napoleons richtete sich auf Berlin und jenes Truppencorps Oudinot's, welches so stark war, dass es in früherer Zeit für ein groszes Heer gegolten hätte, wurde deshalb bei Luckau versammelt und rückte

schon am 19. August in der Richtung auf

Baruth weiter vor. Es bestand aus drei Corps und dem Cavalleriecorps des Herzogs von Padua, und wenn es an sich 77,000 Mann zählte

und ihm noch Davoust die Hand reichen

Gérard von Magdeburg her secundiren

sollte ,

und

der General

so unterlag es nach

Französischer Meinung keinem Zweifel, dass es, über jeden ihm begegnenden Widerstand hinweg, sich Berlins bemächtigen und hiermit denjenigen Gegner Frankreichs, welcher von diesem am meisten gefürchtet und gehasst war,

aufs Haupt schlagen würde .

Wenn erst

Napoleon die Preuszische Hauptstadt in seinen Händen hielt, das Nordheer der Verbündeten bei Seite geschoben und die Verbindung Oudinot's mit Davoust hergestellt war,

dann konnte ihm auch die

Deblokirung der Oderfestungen nicht mehr schwer werden ;

er zog

in diesem Falle die in jenen befindlichen alten Truppen, um sie durch Conscribirte zu ersetzen, heraus, und mit diesem Zuwachse

Brandenburgische Schlachtfelder.

38

und den zwischenzeitig

eingetroffenen Nachschüben aus Frankreich

und Italien glaubte der neue Cäsar diesen ganzen Krieg schnell beendigen und dem gegen ihn bewaffneten Europa seine Friedensbedingungen dictiren zu können . Er würde sich damit eigentlich zum Herrn Europas gemacht, die Deutsche Nation unterdrückt und den Preuszischen haben ;

Staat als

solchen vielleicht ganz

das ganze Programm war

gemeint,

ausgestrichen

zu klug ausgedacht und zu übel

als dass es nicht in diesem Momente die gefährlichste Si-

tuation, welche sich nur irgend denken liesz , geschaffen hätte .

Für

Berlin lag ein überaus drohendes Verhängniss jetzt schon ganz nahe. Es war im siebenjährigen Kriege durch feindliche Streifcorps zweimal und dann 1806 von dem in seinem Zenith stehenden Napoleon heimgesucht worden und hatte in jedem dieser Zeitpunkte viel Herbes erfahren ; - jetzt aber, wo es die York'sche Convention von 1812 und den ganzen Preuszens jemals.

antifranzösischen Umschwung der äuszeren Politik

zu rächen galt,

hatte Berlin schlimmere Aussichten als

Der Französische Kaiser und sein Heer besaszen für unsere

Gerechtsame nicht das mindeste Verständniss ;

sie hatten überhaupt

nur selbstsüchtige Triebe, und man weisz es genau, dass ein frivoler 66 Sieger das ‫ وو‬vae victis noch schmerzlicher machen kann , als die Barbaren.

Was würde Berlin bis ins Mark und Blut hinein geduldet

haben, wenn es Oudinot, oder später Ney wirklich occupirt hätten ! Von Baruth aus setzte Oudinot seinen Vormarsch auf Berlin am 21. August in drei Colonnen so fort , dass seine östlichsten Abtheilungen schon

auf den Umkreis von Zossen und seine westlich-

sten auf Trebbin *) zielten ; schon an diesem Tage aber begegneten sie zwischen Nuthe und Notte **) zwei diese kleinen Flüsse und die Communication derselben überwachenden Preuszischen Brigaden . Diese ,

von den Generalmajors v. Thümen (4) und v . Borstell (5 ) ,

des Bülow'schen Corps, geführt, konnten und sollten wohl auch ihr Terrain gegen diesen übermächtigen Andrang nicht behaupten und so gewann die östlichste Französische Colonne am 21. das am Mellensee, nahe bei Zossen liegende Dorf Mellen, die mittelste nahm das 1 Meile

nordöstlich

von

Trebbin gelegene Nunsdorf,

und die

linke Flügelcolonne nöthigte durch Umgehung unsere in Trebbin be-

*) Trebbin liegt 4 M. nordwestlich, Zossen an 3 M. gerade nördlich von Baruth, ersteres an der Nuthe, letzteres an der Notte. Trebbin ist von dem etwas südöstlicheren Zossen etwa 212 M. entfernt. **) Die Nuthe geht in nordwestlicher Richtung zur Havel , die Notte nordöstlich zur Spree ; beide werden durch den sogenannten Neuen Graben mit einander verbunden.

39

Brandenburgische Schlachtfelder. findlichen Truppen zum Rückzug.

Am 22. August griffen zwei feind-

liche Divisionen den bei Wietstock befindlichen Uebergang über den Nuthe-Graben an und drangen auch hier, nachdem ihnen beträchtlicher Widerstand geleistet worden ,

endlich

durch ,

und

da nach

einigen kühnen aber doch nicht erfolgreichen Attaken , welche der Generalmajor von Oppen mit der Reserve-Cavallerie des Bülow'schen Corps ausführte , auch der Wilmersdorfer Berg und das Tyrower Defilee dem Feinde preisgegeben war, so concentrirte der Generalmajor v. Thümen demnächst seine ganze Infanterie bei Ludwigsfelde, und zog sich dann durch den zurück.

Genshagener

Wald auf

Grosz - Beeren

Das Dorf Grosz-Beeren liegt 2 Meilen südsüdwestlich von Berlin und 3/4 M. südsüdöstlich von Teltow, an der Hauptstrasze von Berlin nach Wittenberg und am rechten Ufer des eine Seitenader des NutheGrabens bildenden sumpfigen Lilo-Baches.

Jenseits dieses Rinnsales

liegt dem Dorfe Grosz-Beeren das kaum 800 Schritte entfernteKlein-Beeren nordöstlich gegenüber, und diese beiden Dörfer bilden das Centrum des für die Schlacht von Grosz-Beeren in Betracht kommenden Terrainabschnittes , welcher in weiterer Fassung ein nach Süden offenes längliches Viereck

bildet,

welches

zwischen

Trebbin und Zossen,

Spandau, Berlin und Köpenick von der Nuthe und Havel, Spree und Notte umrahmt wird. Dieses ganze Terrain ist mit Wäldern und Haiden, kleinen Seen und Wasseradern reichlich durchschnitten und wird von der Berlin- Wittenberger Strasze, welche als Mittellinie nordsüdlich hindurchläuft,

in zwei Hälften,

eine

westliche und östliche

getheilt ; beide sind unmittelbar südlich von Grosz-Beeren mit einer wohl 3/4 Meilen breiten Wald- und Bruchregion erfüllt, an deren südwestlichem Ende sich das Dorf Ahrensdorf wie an dem ostnordöstlichen

das

Dorf Blankenfelde

befindet.

Ahrensdorf liegt 5000

Schritte südwestlich und Blankenfelde 3500 Schritte südöstlich von Grosz-Beeren ;

2000 Schritte gerade

südlich von Blankenfelde

er-

reicht man das einerseits an den Rangsdorfer See und andererseits an den ziemlich ausgetrockneten Jähnsdorfer Bruch gelehnte Dorf Jähnsdorf. Ziemlich in der Mitte zwischen Grosz-Beeren und Blankenfelde, die durch einen Fahrweg mit einander verbunden sind, liegt das Dorf Diedersdorf ; westwärts des Mittelpunktes aber zeigt sich in ähnlichem Verhältnisse Neu-Beeren und dann, in geraumem Abstande,

und

als

westlichster

feldes das Dorf Gütergotz . *)

Eckpunkt des Nördlich

eigentlichen

Schlacht-

von Grosz- und Klein-Beeren

*) 4500 Schritte westlich von Grosz-Beeren.

40

Brandenburgische Schlachtfelder.

wo das Terrain keine

so

beträchtlichen

enthält, als an der Südseite ,

Haide- und Waldstrecken

ist das nordwestliche Ruhlsdorf*) und

das nordöstliche Mahlow bemerkenswerth, von welchem letzteren nach Klein-Beeren hin ein Zusammenhang kleiner Seen zieht. endlich von Grosz-Beeren aus der

Strasze

Wenn man

von Berlin gegen diese

Hauptstadt hin folgt , so findet sich etwa 2600 Schritt von ersterem ab links der Strasze das Dorf Heinersdorf, welches füglich als der Nordpunkt des von den Actionen dieser Schlacht wirklich berührten Terrains angesehen werden kann . Die zur Deckung Berlins bestimmte Nordarmee cantonirte, ihre Detachirungen abgerechnet,

vorerst in Berlin selbst und in dessen

nächstem Umkreise und in dieser Position suchte der Kronprinz von Schweden, der stets nur auf seine kürzeste Rückzugslinie nach der Meeresküste bedacht war,

sich, dem Erfordernisse eines offensiven

Vorgehens gegenüber, so lange als möglich zu conserviren .

Er that

dies auch noch, als Oudinot sich schon bei Luckau concentrirte und erst als der Französische Vormarsch auf Trebbin und Zossen schon begonnen hatte, gelang es den mit einer solchen Zurückhaltung ihres Oberfeldherrn

sehr unzufriedenen Preuszischen Generalen, eine den

Empfang des Gegners vorbereitende Operation zu erwirken. Das Nordheer der Verbündeten rückte hiernach so weit südwärts vor, bis es die Dörfer Grosz- und Klein-Beeren in weitem nördlichen Bogen umschlieszen konnte und in dieser Hauptposition kamen die Russischen Heeresabtheilungen auf den rechten Flügel nahe bei Gütergotz zu stehen ; demnächst folgte das bei Ruhlsdorf aufgestellte Schwedische Corps, und im Verhältnisse des linken Flügels befand sich vor Heinersdorf das Bülow'sche Corps, welches seine 3. Brigade rechts , seine 5. links und die 4. und 6. im Centrum hatte . Seine Artillerie stand hinter dem rechten Flügel, die Reserve-Cavallerie hinter Heinersdorf;

die

Avantgarde

unter

Major v. Sandrard besetzte

mit.

3 Bataillonen, 4 Schwadronen **) und 4 Geschützen das Dorf GroszBeeren.

Das Tauentzien'sche (4. ) Corps war bis Blankenfelde vor-

geschoben und konnte sonach in die Hauptstellung nicht eingerechnet werden ; seine Avantgarde

stand bei Jühnsdorf; die 5. Preuszische

Brigade war ursprünglich zur Vertheidigung der Uebergänge über die Notte in den zwischen dem Rangsdorfer See und Königs-Wusterhausen befindlichen Terrainabschnitt, so wie die 4. Brigade gegen den Nuthegraben

entwendet.

Nachdem nun am

*) Ueber 2000 Schritte von Grosz-Beeren entfernt.

**) Das Leibhusaren-Regiment.

22. diese Ueber-

41

Brandenburgische Schlachtfelder.

gänge unhaltbar geworden und die beiden detachirten Brigaden zurückgezogen waren, schien der Kronprinz von Schweden sich immer noch nicht

zu

schlieszen zu

einer südlich von Berlin zu liefernden Schlacht entwollen ;

die beiden Preuszischen Corpsführer aber

verlangten eine solche um so entschiedener , und General v. Bülow, welcher seine

4.

und 5. Brigade

wieder heranzog , gab sogar den

Entschluss kund, die Franzosen in jedem Falle und selbst gegen den Willen des Oberbefehlshabers bei ihrem Heraustreten aus der Wald- und Bruch-Region von Grosz-Beeren anzugreifen und auf ihre Deboucheen zurückzuwerfen . Hiernach traf er seine Maszregeln und stand also am 22. August bei Heinersdorf schon concentrirt und schlagfertig. Die Französische Streitmacht setzte inzwischen ihren Vormarsch weiter fort und das 4. Französische Corps (Bertrand) bewegte sich gegen Jühnsdorf, um sich auf diesem Punkte, der ihm von Tauentzien aus taktischen Rücksichten überlassen wurde, festzusetzen und von hier aus seine Offensive gegen Blankenfelde zu rüsten.

Diese ganze

Operation des Französischen rechten Flügels hatte eigentlich nur den Zweck, das Tauentzien'sche Corps zu engagiren und von jeder Theilnahme an der Haupthandlung fern

zu halten ;

das

letztere

aber

sollte im Centrum und unter Mitwirkung des linken Flügels vollbracht werden . In der Mitte sollte das 7. Französische Corps (Reynier) welches

aus der Division Durutte und zwei Sächsischen

Divisionen bestand,

über Grosz-Beeren und Heinersdorf direct auf

Berlin gehen, und auf dem linken Flügel war Oudinot's eigenes Corps nebst der Reiterei Arrighi's bestimmt, über Ahrensdorf hinaus die Grosz-Beeren'sche Waldhaide gange derselben

zu passiren und dann am Nordaus-

sich der Operation Reynier's

anzuschlieszen .

Die

Entfernungen dieser Colonnen von einander waren indessen bedeutend, an einer Communication dieser Marschlinien, in denen sie sich bewegten ,

fehlte

es grösztentheils, und die Waldungen von Grosz-

und Klein-Beeren zeigten sich so versumpft, dass sie auszerhalb der nach Norden

führenden Hauptwege kaum betreten werden konnten.

Das erschwerte Oudinot's Operationen allerdings ungemein ; doch unterschätzte er den Gegner und glaubte nicht, dass selbiger ihm offensiv entgegenkommen sondern erst hinter Grosz- und Klein-Beeren, wo die Schwierigkeit des Terrains überwunden und in der dortigen weiten Sandebene die Uebersicht und freie Bewegung gesichert sei, eine Schlacht annehmen werde . In der Nacht vom

22. zum 23. August befand sich das Ber-

trand'sche Corps bei Jühnsdorf, das Reynier'sche 3/4 Meilen südwest-

Brandenburgische Schlachtfelder.

42

licher bei Wietstock und diejenigen Oudinot's und Arrighi's wiederum 5% Meilen südwestlicher bei Thyrow ; am Vormittage des regnerischen 23. August strebten alle drei Colonnen auf ihren vorgezeichneten Linien weiter nordwärts . Das erste Engagement ergab sich an diesem

Tage der

Schlacht

von

Grosz-Beeren

bei

Blankenfelde .

Tauentzien stand zu beiden Seiten dieses Dorfes so aufgestellt, dass bei südwärts gekehrter Front sein rechter Flügel an den Diedersdorfer Elsbruch lehnte und der linke durch ein Fichtengehölz geschützt war . Den Windmühlberg westlich des Dorfes hatten 7 Bataillone und 12 Geschütze, hinter welchen sich 14 Schwadronen befanden, besetzt ; östlich des Dorfes standen im ersten Treffen 2 Bataillone und 2 Geschütze zweiten Treffen , hinter fanden ;

und 2 Bataillone und 4 Geschütze im welchen sich noch 3 Bataillone be-

vor dem südlichen

noch 2 Geschütze und

rechts

Eingange

des

Dorfes

endlich waren

davon 2 Bataillone nebst 4 Schwa-

dronen postirt , während die Tirailleurs des 5. Reserve- Regiments den in der Jühnsdorfer Haide befindlichen Wald besetzt hatten . Bertrand griff diese sonach nur aus 16 Bataillonen, 18 Schwadronen und 20 Geschützen bestehende Abtheilung von Jühnsdorf her in drei starken Infanteriecolonnen an und liesz auf einer holzfreien Anhöhe zwei starke Batterien errichten, von denen Tauentzien's linker Flügel beschossen wurde ; da aber die Preuszische Position so günstig war, die Handfeuerwaffen wegen des Regenwetters wenig effectuirten und die Truppen Tauentzien's *) alle Angriffe mit der gröszten Tapferkeit zurückwiesen , so musste Bertrand, trotz seiner Ueberlegenheit, doch wieder auf Jühnsdorf zurückgehen und setzte nur die Kanonade bis Nachmittags 2 Uhr fort, zu welcher Zeit dann auch sie , als sich von der Colonne stellt wurde .

des Centrums durchaus nichts vernehmen liesz , einge-

Das Reynier'sche Corps war, als sich ostwärts der erste Kanonendonner vernehmen liesz, von Wietstock aufgebrochen und ging an der Berliner Chaussee gegen Grosz -Beeren vor ; da es aber vermöge der Schwierigkeiten der weiten Sumpf- und Waldregion, welche passirt werden musste, nur langsam vorwärts kam, so konnte erst gegen 4 Uhr Nachmittags aus den Engwegen der Beerenschen Haide und des Diedersdorfer Elsbruches vor Grosz-Beeren debouchirt werden. Dies geschah indessen mit um so gröszerer Zuversicht, als sich der Französische General das Aufhören der Kanonade vor Blankenfelde

*) Meistens Landwehrtruppen.

Brandenburgische Schlachtfelder.

43

durch ein siegreiches Vordringen Bertrand's, der ihm sonach hier die Hand reichen würde, deutete .

Die Sächsische Division v. Sahr befand sich an der Spitze der jetzt beginnenden Operation ; das Dorf Grosz-Beeren wurde mit Infanterie angegriffen, und da es überdies durch das Feuer von zwei Sächsischen Batterien in Brand gerieth, so musste die hier postirt gewesene

Preuszische

Avantgarde* )

auf Heinersdorf zurückgehen . Nachdem so Grosz-Beeren gewonnen war, glaubte man auf Französischer Seite das für den Augenblick Nothwendige gethan zu haben

und begann zwischen Grosz-Beeren und dem Vorwerke Neu - Beeren ein Lager zu beziehen . Dies schien nach einem sehr anstrengenden Marsche und bei strömendem Regen durchaus geboten, und war mit den Urtheilen über die ganze Situation , welche sich Reynier bildete, in voller Uebereinstimmung. Die Colonnen vom rechten und linken Flügel mussten nach seiner Meinung in jedem Augenblick eintreffen ;

die Rückzugspolitik des Kronprinzen von Schweden war ihm gewiss nicht ganz fremd und er setzte wohl voraus, dass sich die Corpsführer des Nordheeres den Intentionen ihres Oberfeldherrn fügen müssten, oder im Gefühl ihrer Schwäche vielleicht sogar bereitwillig fügten, was blieb da noch bedenklich ?! „Der Feind will und kann die imposante Streitkraft, mit der man sich hier concentrirt, nicht angreifen, er wird nicht einmal diesen letzten Marsch bis Berlin aufhalten können und man vollbringt denselben viel besser mit ausgeruhten als mit ermüdeten Truppen etc. " Ehe diese Conclusion noch durch das Ausbleiben der anderen Colonne wankend gemacht werden konnte, wurde sie durch einen Angriff Bülow's völlig niedergeschmettert. Der Kronprinz von Schweden hatte, der Französischen Vorwärtsbewegung gegenüber, wirklich den Befehl ertheilt, dass sämmtliche Corps bis in die unmittelbare Nähe von Berlin zurückgehen sollten, aber Tauentzien genoss, Zwecke bestimmtes Corps

da

er ein gemischtes und für allgemeine

befehligte,**) immer eine gewisse Unab-

hängigkeit, und Bülow sicherte sich eine solche, da wo er es den höchsten Interessen des Vaterlandes schuldig zu sein glaubte , vermöge seines energischen Charakters.

Als die Franzosen Grosz- Beeren ge-

nommen hatten und sich ins Lager begaben, war die Gelegenheit einer

*) Vergl. S. 40. **) Es bildete mit 6 verschiedenen und an verschiedenen Stellen operirenden Abtheilungen eigentlich eine besondere kleine Armee, von welcher nur das ReserveCorps bei Berlin hier stand.

Brandenburgische Schlachtfelder .

44

Preuszischen Offensive zu günstig, als dass jener General sie nicht hätte benutzen und, jede andere Rücksicht überspringend, nach Umständen handeln sollen . Die damit collidirende Vorschrift des Oberbefehlshabers war unter ganz anderen und jetzt nicht mehr zutreffenden Voraussetzungen ertheilt, und Bülow stand hier überhaupt auf ganz anderen Bedingungen, als 1675 der Prinz von Homburg, welcher durch seinen Ungehorsam doch zum Siege geholfen, und 1759

der

General v. Wedell, der durch seinen präcisesten Gehorsam doch eine Niederlage herbeigeführt hatte . Als Reynier zu seinem gröszten Erstaunen das Bülow'sche Corps offensiv vorrücken sah , musste er sich in Schlachtordnung formiren. Er besetzte Grosz-Beeren zunächst nur mit einem Sächsischen Bataillon und stellte die Sächsische Division Sahr links dieses Dorfes, wo sie ihr sämmtliches Geschütz ins erste Treffen .

auf den Windmühlbergen vor sich hatte,

Hinter ihrem linken Flügel stand an dem von

Grosz- nach Neu-Beeren führenden Wege die Sächsische Reiterbrigade und weiter rückwärts befand sich links die Sächsische Division Lecocq und rechts die Französische Division Durutte im Verhältnisse des zweiten Treffens . Reynier verfügte hier nur über 29 Bataillone und 13 Eskadrons mit etwa 23,000 Mann ; wenn Oudinot und das Cavalleriecorps des Herzogs von Padua rechtzeitig zu ihm gestoszen wären, so würde er alsdann mit 59 Bataillonen , 124 Schwadronen, zusammen etwa 56,000 Mann dem Bülow'schen Corps,

welches nur

42 Bataillone, 49 Schwadronen, mit zusammen 41,000 Mann zählte , beträchtlich und zumal auch an Cavallerie überlegen gewesen sein ; da aber Oudinot fern blieb, so trat hier der entgegengesetzte Fall ein. Bülow liesz dem Kronprinzen von Schweden seine durch die Umstände veranlasste Offensivbewegung melden und setzte sich gegen die feindliche Position so in Marsch, dass westlich der Berliner Chaussee

zunächst

die

6. ,

weiterhin

die

3.

welche von zwei Cavallerie-Brigaden begleitet

Infanterie-Brigade , wurden und denen

dann als Reserve die von 3 Schwadronen Brandenburgischer Husaren begleitete

4.

Infanterie-Brigade folgte , die Hauptcolonne bildeten.

Oestlich der Chaussee und am linken Ufer des Lilobaches dirigirte sich auszerdem, von der Hauptmasse durch einen kleinen Zwischenraum getrennt, die 5. Infanterie -Brigade auf Klein-Beeren , welches sie unbesetzt fand, Flanke vor.

und stiesz

dann gegen

die

feindliche rechte

Mit der Hauptcolonne gingen 64 Geschütze, welche durch ihr auf 1800 bezw. 1200 Schritte eröffnetes Feuer den Angriff vorbereiteten und etwas später noch durch Zuziehung einer Schwedischen

45

Brandenburgische Schlachtfelder. Batterie verstärkt wurden ;

als in dieser Beziehung schon Genügen-

des geschehen und zumal die gegnerische Artillerie auf den Windmühlbergen fast zum Schweigen gebracht war, ging die Preuszische Infanterie zu einem allgemeinen Bajonnetangriff über, und hierin beruhte dasjenige Kampfmittel , in dem der Deutsche Krieger dem Französischen stets am meisten überlegen war ; die 4. und 6. Brigade stürmten gegen den rechten , und die 3. Brigade gegen den linken Flügel der Französischen Schlachtordnung an ; Grosz- Beeren , welches von Norden her durch ein Bataillon des Kolberg'schen Infanterie-Regiments genommen wurde , erhielt zwar Verstärkung, da aber dann in dieses Dorf auch von der Ostseite eingedrungen wurde, so fiel es in die Hände unserer Truppen zurück . Dieser Erfolg war hauptsächlich der 5. Preuszischen Infanterie-Brigade zuzuschreiben, welche südwestlich von Klein-Beeren aufmarschirt war und demnächst eine aus Grosz-Beeren

entgegenkommende Französische Ihre Artillerie beschoss demnächst GroszBeeren und dann gingen einige Pommersche Bataillone und SchwaColonne geworfen hatte.

dronen zum Sturmangriffe auf das Dorf über, wobei nach heftigem Kampfe der Vertheidiger ganz delcgirt und sogar ein Sächsisches Bataillon in den südlich angrenzenden Sumpf geworfen wurde . Auch der rechte Preuszische Flügel überwältigte

die

auf dem

Windmühlbergen postirte Sächsische Division Sahr trotz ihrer glänzenden Tapferkeit, und auch die im zweiten Treffen befindliche Division Lecocq,

welche

noch auf dem äuszersten linken Flügel der

Französischen Position über Neu-Beeren vorzudringen suchte, konnte nichts mehr effectuiren. Reynier konnte seine Stellung nicht mehr behaupten und trat mit seiner ganzen Linie den Rückzug an ; die Französische Division Durutte verlor vermöge des ihr ungewohnten Kolbenkampfes unserer ,

zumal der Pommerschen Infanterie *) ,

alle

Haltung und retirirte fast in Auflösung. Während des geschilderten Kampfes das Oudinot'sche Corps

bei Grosz-Beeren konnten

und das Cavallerie- Corps Arrighi's, welche

von Thyrow später aufgebrochen waren, als Reynier von Wietstock , und einen viel weiteren Weg zurückzulegen hatten, nur langsam vorrücken . Sie befanden sich, als der Kanonendonner von GroszBeeren vernommen wurde,

erst bei Ahrensdorf,

und wenn ihnen

hieraus hervorging , dass das Französische Centrum engagirt und bei seiner Isolirung vielleicht

in Bedrängniss war,

so lag es doch auf

*) Von dort her stammt die traditionelle Redensart: „ dat flutscht beter " , mit welcher die Pommerschen Infanteristen ihre Anwendung des Kolbens motivirten .

46

Brandenburgische Schlachtfelder.

der Hand, dass man in dieser Wald- und Sumpfregion, jetzt wo der Kampfplatz noch so fern lag und bei sinkendem Tage zur Aushülfe nicht mehr zurecht kommen würde, und der Marschall verzichtete Derselbe wurde indessen von auf den Versuch einer Intervention . den Generalen Fournier und Guilleminot, lungen

an der Spitze

welche mit ihren Abthei-

marschirten, auf eigene Verantwortung

ge-

Dieselben trennten sich von der Hauptcolonne , schlugen, ihren Marsch beschleunigend, den von Ahrensdorf nach Grosz-Beeren macht. *)

führenden Weg durch die Sümpfe der Grosz -Beerenschen Haide ein, und erschienen bei einbrechender Dunkelheit ganz unerwartet in Die Französische Bülow's rechter Flanke , unweit Neu- Beeren. Cavallerie marschirte dort sogleich auf, die Infanterie blieb im Schutze des Waldes reservirt. Auf diesen neuen Feind nun stürzte sich sogleich mit dem Leib- Husaren-Regimente

der Major v. Sandrart und

dem Westpreuszischen Ulanen-Regimente gefolgt in die rechte Flanke der feindlichen Cavallerie, die, den Gegner in der

drang von

Dunkelheit für viel stärker haltend, als er wirklich war, sich nach Ein Theil dieser feindlichen Reiterei zog kurzem Gefecht auflöste . sich hinter die im Walde befindliche Infanterie zurück , ein anderer wurde in der Ebene zwischen Neu-Beeren und Heinersdorf von den Westpreuszischen Ulanen niedergestochen oder gefangen. Die Französische Division Guilleminot ging demnächst, ohne in Action zu treten, in der Dunkelheit auf Ahrensdorf zurück ; die Truppen Reynier's waren in den vorhandenen Walddefileen schon verschwunden und wurden in diesem schwierigen Terrain

und mit

den von harter Arbeit ermüdeten Truppen , zumal da es inzwischen ganz Nacht geworden war, nicht verfolgt. Das Reynier'sche Corps erreichte Löwenbruch **) und ging dann auf Wietstock weiter zurück ; der Marschall Oudinot befahl den Rückzug seiner ganzen Armee, und diese gelangte dann mit dem Verdruss

über eine völlig miss-

glückte Expedition belastet über Jüterbogk nach Wittenberg . Der Kronprinz von Schweden befahl die Verfolgung des Gegners erst am 25. Juli und dieser konnte also auf seinem Rückzuge nicht mehr geschädigt werden.

Nur eine kleine Abtheilung des Bertrand'-

schen Corps wurde am 24. bei Jühnsdorf ereilt und gefangen. Der Verlust an Todten und Verwundeten, mit welchem

das

*) Die Infanterie-Division Guilleminot gehörte dem Oudinot'schen Corps und die Cavallerie -Division Fournier dem Cavallerie-Corps des Herzogs von Padua an. 3! M. gerade südlich von Grosz-Beeren, 1/2 M. westlich von Jühnsdorf und **) 3/4 1 M. südöstlich von Ahrensdorf.

Brandenburgische Schlachtfelder.

47

Bülow'sche Corps die Rettung Berlins erkaufte, wird auf 51 Offiziere und 1600 Mann

angegeben ; schon

derjenige

der Sachsen war viel

bedeutender, und derjenige der Französischen Division Durutte, welcher nicht ermittelt wurde , muss auszerordentlich gewesen sein ; auch sind von unseren Truppen erbeutet worden.

26 Geschütze

und viele Munitionswagen

Die Ursache unseres Sieges lag vorerst und zumeist in Bülow's kühnem Entschlusse und in der Heldenkraft und guten Führung seiner Truppen ; doch dürfen die äuszeren Umstände , welche uns zu Hülfe kamen ,

nicht unerwähnt bleiben .

numerischen Ueberlegenheit , Witterung.

Einmal diejenigen unserer

zweitens des Terrains und endlich der

Hätten die Französischen Colonnen sich nicht , so

es geschehen, von einander isolirt,

so bekam

wie

es Bülow mit einem

numerisch sehr überlegenen Gegner zu thun ;

wären diese Wälder

und Sümpfe südlich von Grosz-Beeren nicht gewesen, so hätte keine solche Trennung der Französischen Hauptcolonnen , kein so spätes Eintreffen vor Grosz-Beeren und keine Ermüdung der feindlichen Truppen stattgefunden ;

eine

günstige Witterung endlich würde der Preuszi-

schen Infanterie nicht so viel Gelegenheit gegeben haben, legene Deutsche Manneskraft mit der Kolbe Auch

die über-

so geltend zu machen .

die Unvorsichtigkeit der Französischen Führer und ihre aus

Uebermuth entsprungene Selbsttäuschung über den Gegner arbeiteten in unsere Hände ; - der Tag von Grosz -Beeren hatte nicht blos das

unsterbliche diesseitige Verdienst und die jenseitigen Verschul-

dungen, sondern auch sein Verhängniss .

Diesem erlagen die braven

Sächsischen Truppen, die an Deutscher Heldenkraft unseren Truppen sehr nahe kamen,

in einem solchen Zusammenhange

aber dennoch

erliegen mussten . Ihr eigentliches Missgeschick beruhte darin, dass das über sie schaltende Regime sie nicht an unsere Seite , sondern an diejenige hatte.

Es

des

wurde

Feindes Deutscher Glorie

bereits

erwähnt,

und Freiheit gestellt

dass Davoust von Hamburg und

Magdeburg aus das Attentat auf Berlin unterstützen diese Beiden kamen aber mit ihren diesfälligen Unternehmungen zu spät. Davoust war, als er den Misserfolg Oudinot's erfuhr, erst bis zur Steckenitz gelangt und ging nun wieder zurück ; Gérard von

sollten;

Gérard ging erst am 25. August auf Belzig vor, hatte aber, da das Nordheer der Verbündeten gegen Wittenberg avancirte, doch Aussicht, im Rücken desselben recht beschwerlich werden zu können. Dieser Gefahr

zu begegnen,

wurden

die Generalmajore v. Puttlitz

48

Brandenburgische Schlachtfelder.

und v. Hirschfeld mit den bei Havelberg und Magdeburg stationirt gewesenen Detachements des Tauentzien'schen Corps

gegen Gérard

abgesandt und diese trafen ihn in einer Stellung zwischen Hagelsberg *) und Lübnitz, drangen nach überraschendem Heranmarsche von Norden her in seine linke Flanke und vernichteten hier am 27. August die Division Gérard eigentlich vollständig . Der Kronprinz von Schweden blieb inzwischen bei seiner zögernden Kriegführung und Bülow konnte ihn

nach dem Erfolge

von

Grosz -Beeren nur mühsam zu einer den ersteren nur einigermaszen ausnützenden Vorwärtsbewegung bringen.

Diese fand überdies nur

langsam statt ; zu einem kräftigen Angriff auf Wittenberg entschloss er sich nicht und die weit ausgedehnte Stellung ,

welche vielmehr

nach seinen Anordnungen jenen damals Französischen Waffenplatz und Lagerungspunkt an der Elbe

umgab, konnte bei der weiten Ent-

fernung der verschiedenen Corps von einander an jedem beliebigen Punkte durchbrochen werden. War der Kronprinz von Schweden , seitdem

er in die Anwartschaft eines Thrones gelangt, des Krieg-

führens müde geworden, oder hatte sich in ihm ein Rest Französischer Sympathien conservirt ? Leitete ihn eine natürliche oder man wusste es nicht ; ― dass politisch begründete Aengstlichkeit ? aber in seiner Oberführung des Nordheeres ein Hemmniss beruhte , welches den Umständen

nach politisch nicht abzuthun,

aber mili-

tairisch so viel als immer möglich zu paralysiren war, zeigte sich deutlich genug . Ein Angriff Woronzow's auf Jüterbogk misslang am 28. August ; an demselben Tage bemächtigte sich aber der Generalmajor v. Wobeser **) der befestigten Stadt Luckau und nahm daselbst zwei feindliche Bataillone gefangen . Hirschfeld und Puttlitz hatten sich wieder gegen Magdeburg gewendet. Während sich dies Alles auf dem Nordschauplatze begab, hatte Napoleon bis zum 23. August das Schlesische Heer der Verbündeten mit groszer Uebermacht über Löwenberg und Goldberg zurückgedrängt ; - da aber zu dieser Zeit die Nachricht einging, dass das grosze Böhmische Heer im Vormarsch gegen Dresden begriffen sei, so brach Napoleon mit seiner Hauptmacht dorthin auf und liesz in Schlesien Diesen nur den Marschall Macdonald mit 80,000 Mann stehen . Blücher am 26. August an der Katzbach ; das Böhmische Heer aber war am 26. und 27. August vor Dresden nicht glücklich

schlug

*) 1/2 M. westlich von Belzig , 1/2 M. ostsüdöstlich von Görzke , 4 M. nordnordöstlich von Wittenberg und 5 M. gerade südlich von Brandenburg. **) Er befehligte das an der Oder befindliche Detachement des Tauentzienschen Corps.

Brandenburgische Schlachtfelder. und musste wieder zurückgehen.

49

Dabei gelang es indessen, den mit

30,000 Mann im Rücken des groszen Heeres

der Verbündeten ope-

rirenden Französischen General Vandamme zunächst am 29. August durch eine Russische Division Truppentheile

unter Mitwirkung Oesterreichischer

festzuhalten und dann

am 30.

August durch das

II. Preuszische Armeecorps (Kleist) völlig zu vernichten. So standen die Bewandnisse des Krieges,

als

sich ein neuer

Vorstosz gegen unser Nordheer, welcher seine gröszte Action herbeiführen und hiermit die Periode der Französischen Offensivthätigkeit von 1813 endigen sollte, zu vollziehen begann. Napoleon war von seinen Absichten auf Berlin durch den Miss-

erfolg Oudinot's noch nicht zurückgeschreckt worden ; er zürnte ihm nur und übertrug den Oberbefehl dieses detachirten Heeres , welches noch durch die Polnische Division Dombrowski verstärkt wurde, an den Marschall Ney.

Dieser erhielt die bestimmte Ordre,

neuerdings gegen Berlin vorzugehen und sich mit seiner Operation , für die ihm noch von Dresden über Hoyerswerda ein ferneres Corps zugeführt werden sollte, so einzurichten, dass er jene Hauptstadt Demnach setzte sich am 9. oder 10. September nehmen könne . Ney am 4. September von Wittenberg aus in Bewegung und traf zunächst auf das jetzt bei Zahna aufgestellte 4. Preuszische Armeecorps,

dessen Vortruppen er

der Absicht,

am 5. September zurückdrängte,

mit

demnächst die gegnerische Stellung bei Jüterbogk am

6. September in ihrer linken Flanke zu umgehen. Das nun in Betracht kommende Schlachtfeld von Jüterbogk und Dennewitz gehört demjenigen

Theile

der

südwestlichen Branden-

burgischen Ebene an, welcher zwischen der Nuthe und Plaue, Havel und Elbe eingegrenzt ist und ein von Brandenburg und Potsdam im Norden, bis nach Wittenberg im Süden lang gezogenes Parallelogram bildet.

Die

Stadt Jüterbogk liegt im südlicheren Theile

dieses

Raumes, an dem weiter nördlich zur Nuthe gehenden Rohrbache*) und ist von dem nordwestlichen Berlin über 8, von dem südwestlichen Wittenberg 41/2, von dem südlichen Seyda 2 und von dem südlichen Dahme 312 Meilen entfernt. Schlacht kommt

Für die Präliminarien dieser

auch das von Wittenberg und Seyda ab bis zur

Brandenburgischen Grenze gelegene Stück des jetzigen Regierungsbezirkes Merseburg,

für die Schlacht

selbst nur das südlich und

südwestlich der Stadt Jüterbogk zunächst und bis an die Sächsische Grenze vorliegende Terrain in Betrachtung und hier bildet der schon

*) Wird auch Agger- oder Au-Bach genannt. Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI.

4

Brandenburgische Schlachtfelder.

50

erwähnte Rohrbach einen markirten und für die Schlacht bedeutsamen Abschnitt.

Dieses Rinnsal hat seinen Ursprung in einer sumpfigen

Niederung bei Nieder- Görsdorf *) und flieszt zuerst südöstlich, dann aber über Dennewitz und Rohrbeck** ) östlich , um sich dann, Nordkrümmung

bildend,

nach Jüterbogk zu wenden .

Es

eine

hat in

seiner ganzen Lauflänge bis Jüterbogk sumpfige Ufer und bietet nur bei Dennewitz, wo die Straszen von Wittenberg und Seyda nach Jüterbogk zusammentreffen, bei Rohrbeck, wo die Strasze von Schweinitz *** nach Jüterbogk durchschneidet und endlich bei Jüterbogk selbst feste Uebergänge dar. Nördlich des Rohrbaches hebt sich das Terrain und bildet zumal über Nieder-Görsdorf hinaus,

also

westlich von

Jüterbogk markirte Anhöhen ; eine diese letzteren berührende Fahrstrasze aber führt westwärts zunächst nach dem Dorfe Kaltenborn und dann über die Sächsische Grenze hin nach Eckmannsdorf, von welchem man südwestlich nach dem auch mit Kaltenborn verbundenen Dorfe Kurz-Lipsdorf kommt. †)

Endlich würden

noch die

Dörfer

Wölmsdorf und Gölsdorf zu nennen sein, von denen letzteres an der Strasze von Wittenberg nach Dennewitz und 3000 Schritte südwestlich des letzteren, ersteres aber 3000 Schritte nördlicher und ziemlich in der Mitte zwischen Gölsdorf und Kaltenborn liegt. Das Tauentzien'sche Corps war von Zahna aus und über Möllnitz auf Jüterbogk zurückgegangen und lagerte sich dort auf dem südlich dieser Stadt befindlichen Windmühlberge ; Bülow aber ging, als Ney's offensives

Vorrücken von ihm erkannt wurde, aus seiner Position

bei Kroppstädt ++) auf Kurz - Lipsdorf und nahm dann eine Stellung vor Eckmannsdorf ein, um darin den Feind zu erwarten. Von hier aus sah er den Feind auf der groszen Landstrasze von Wittenberg gegen Dennewitz vorrücken und da er sich bei Eckmannsdorf, ohne von ihm bemerkt zu werden, in seiner linken Flanke befand, so machte sich das nunmehrige Programm für die Operation Bülow's ganz von selbst und es kam nur darauf an, im richtigen Moment loszubrechen .

*) 3/4 M. westsüdwestlich von Jüterbogk. **) Das Dorf Dennewitz 5/8 M. südwestlich von Jüterbogk , 1/4 M. südöstlich von Nieder-Görsdorf; das Dorf Rohrbeck 1/4 M. östlich von Dennewitz , 1/2 M. südwestlich von Jüterbogk. ***) Kleine Stadt im Regierungsbezirk Merseburg, 1 M. nördlich von Annaburg. †) Kaltenborn ist von Nieder-Görsdorf 3/8 M. , Eckmannsdorf von Kaltenborn 1/2 M. und von Jüterbogk 15/s M. und Kurz-Lipsdorf von Eckmannsdorf 1/2 M., von Kaltenborn 3/4 M. und von Jüterbogk 2 Meilen entfernt. ++) 38 M. nördlich von Zahna.

51

Brandenburgische Schlachtfelder. Der Marschall Ney bewerkstelligte

seinen Vormarsch gegen

Jüterbogk so, dass das Bertrand'sche (4. ) Corps sich gegen Dennewitz, das Reynier'sche (7.) etwas östlicher gegen Rohrbeck dirigirte und letzteres von dem seinen Weg über Oehna nehmenden Oudinotschen Corps ( 12. ) gefolgt war. Bertrand brach am 6. September schon früh 7 Uhr von Naundorf,

Reynier

eine Stunde später von

Zalmsdorf, *) Oudinot erst nach 10 Uhr von Seyda auf, und in diesem Verhältnisse hätte das 4. Französische Corps, bei welchem sich auch der Oberfeldherr befand, unter allen Umständen zuerst ins Gefecht kommen müssen .

Wäre dasselbe einer sorgfältigen Aufklärung des

Terrains beflissen gewesen , so würde es die seine linke Flanke bedrohende Position Bülow's entdeckt und sich nach dieser Richtung - aber die Französische Sorglosigkeit in solchen hin gesichert haben, Dingen, vielleicht sogar der Französische Uebermuth, verschuldete auch hier, wie an mancher anderen Stelle , eine Unkenntniss der GeBertrand überschritt den fahr, welche sich bitter rächen sollte . Rohrbach bei Dennewitz schon früh um 9 Uhr und begegnete jenseits dem ihm von Jüterbogk entgegenkommenden Tauentzien'schen Corps , welches sofort dje Offensive ergriff. Die beiden Gegner von Blankenfelde waren wieder an einander und wenn Tauentzien auch hier durch das Terrain begünstigt wurde, so reichte doch sein nur etwa 14,000 Mann starkes Corps nicht hin, um gegen den bedeutenden und zumal an Artillerie überlegenen Gegner die Offensive aufrecht zu halten und er ging also nach sehr heftigem Feuergefechte auf die Höhen nördlich von Dennewitz und in das Verhältniss der Defensive zurück . Aber für Bülow war inzwischen der Moment des Einschreitens gekommen und er rückte gegen 1 Uhr Mittags von Nieder-Görsdorf her gegen die Französische linke Flanke vor, indem er schon von dort aus seine Streitkräfte auf beide Ufer des Baches vertheilt und speciell die 4. Preuszische Brigade zur Unterstützung Tauentzien's auf die Nordseite entsandt hatte . Als dieser Succurs kam, benutzte Tauentzien diesen Moment zu einem Cavalleriechoc , der, wenn er mit einer groszen Reitercolonne hätte ausgeführt werden können , schon einen Theil der feindlichen Schlachtordnung vernichtet haben würde . Unsere Reiterei von 1813 attakirte eben so heldenmüthig , wie diejenige Friedrich's, aber man hatte in Betreff ihrer das Seydlitzsche Massirungsprincip verlassen und konnte schon deshalb mit der Reiterei keine Schlachten mehr gewinnen .

Die gegenwärtige Attake

*) Naundorf 1 M. östlich von Zahna, Zalmsdorf 5/8 M. südwestlich von Naundorf.

2 M. südöstlich davon und

4*

52

Brandenburgische Schlachtfelder.

führte der Major von Barnekow mit dem 3. Pommerschen LandwehrCavallerie -Regimente aus und zersprengte damit mehrere feindliche Bataillone *) ; etwas später warfen die Brandenburgischen Dragoner und zwei Kurmärkische Landwehr- Cavallerie -Regimenter ein ChasseurRegiment und durchbrachen das jenseitige erste Treffen, um den ersten Flügel der feindlichen zukehren.

Infanterie

um dann

wieder

zurück-

Auch ein Polnisches Ulanenregiment, welches vorgeschickt

wurde , erlag dieser Reiterei, und man kann es nicht genug bewundern , dass eine neugebildete und noch wenig geübte Reiterei solche Heldenthaten verrichten konnte. Diese Gefechtshandlungen vollzogen sich auf dem linken Ufer des Rohrbaches , und da auch hier unsere 4. Brigade **) sehr wirksam in die feindliche linke Flanke drang, neuen

Angriff nicht, sondern

so erwartete Bertrand

zog in der Richtung

einen

auf Rohrbeck

ab ; hier also beherrschte man schon in diesem Augenblicke das Schlachtfeld. Um so bedenklicher erschien aber zu dieser Zeit noch die Gefechtslage am Südufer des Baches.

Hier hatte vorerst unsere

6. Brigade ***) das zwischenzeitig aus dem Centrum herangezogene und übermächtig vordringende Reynier'sche Corps zu bestehen.

Zwar

kamen hier nur die beiden Sächsischen Divisionen in Thätigkeit, denn die Division Durutte war zur Unterstützung Bertrand's entsendet und durch Bülow's Truppen von Niedergörsdorf zurückgedrängt worden ; aber die Sachsen wogen im Kampfe recht schwer, und wenn sie durch ein früheres Eintreffen des Oudinot'schen Corps unterstützt worden wären, so hätte sich hier im Süden die Situation sehr leicht zu unserem Nachtheil gestalten können .

Am meisten

in dieser Region der Kampf auf das Dorf Gölsdorf.

steifte sich Die in der

Reserve der 6. gebliebene 3. Preuszische Brigade †) eroberte es , wurde durch die Sachsen von da vertrieben, um doch wieder zurückzukehren ; der blutigste und hartnäckigste Kampf, der leider zwischen Deutschen und Deutschen und her. Endlich

stattfand,

wogte

auf diesem Punkte hin

zwischen 3 und 4 Uhr Nachmittags erreichte Oudinot

das Schlachtfeld und schob sogleich die Division Guilleminot auf den linken Flügel der Sachsen, und so spät dies auch geschah, so verschlimmerte es doch unserere Gefechtslage ganz ungemein, ja Bülow's ganzer rechter Flügel kam dadurch in die Gefahr, von einer

*) **) ***) †)

Barnekow fiel bei dieser Gelegenheit. Generalmajor v. Thümen . Oberst von Krafft. Generalmajor Prinz Ludwig von Hessen-Homburg.

Brandenburgische Schlachtfelder. bedeutenden Uebermacht erdrückt zu werden. Momente traf unsere 5. Brigade * ) ,

welche

53 In diesem kritischen

durch den Kronprinzen

von Schweden bei Kroppstädt zurückbehalten, aber von Bülow nachbeordert worden war, in der Höhe von Gölsdorf ein und diese erstürmte jenen Punkt nochmals, um ihn doch wieder zu verlieren . Man hätte sich auch mit dieser Hülfe des zu groszen Andranges von jenseits noch kaum erwehrt, wenn nicht durch ein anderweitiges Motiv die Proportionen der Streitkräfte hier bei diesem Brennpunkte verändert worden wären. Da nämlich das Bertrand'sche Corps gegen Tauentzien

und

die

4. Preuszische Brigade zu viel Terrain verlor,

so wurde Oudinot jetzt nach dem Französischen rechten Flügel berufen,

um

gleichwohl dort,

wo nicht mehr zu helfen war,

den Rückzug Bertrand's mit verwickelt zu werden .

nur in

Jetzt waren die

Sachsen wieder auf sich selbst gestellt und verloren Gölsdorf endgültig an unsere 5. Brigade ; und da auch Bülow's Reserve- Cavallerie unter dem Generalmajor v. Oppen

vordrang,

und

einige Russische

Truppentheile sowie eine Schwedische Batterie, dem Kronprinzen von Schweden vorauseilend , unseren rechten Flügel verstärkten, so konnten die ermüdeten Sächsischen Divisionen nicht mehr Stand halten und wurden unaufhaltsam südostwärts Tapferkeit unserer Truppen

zurückgedrängt .

schädigte

Die

heroische

den Feind hierbei

an vielen

Stellen gewaltig ; bei Oehna ** ) stellten sich , zum Schutz ihres dort befindlichen Artillerieparkes und Fuhrwesens , die Sachsen nochmals ; aber die geworfene Französische Cavallerie stürzte hier in Verwirrung auf die Sächsischen Carrés, Drang und Wirrsal wurden ungeheuer und der Gegner musste danach seinen Rückzug in um so üblerem Zustande fortsetzen . Auf unseren linken Flügel hatte unterdessen , nachdem die Division Durutte von unserer 4. Brigade auf Dennewitz zurückgedrängt und dann, als auch dieses Dorf genommen worden, auf Rohrbeck zurückgegangen war,

das Tauentzien'sche Corps links

geschwenkt

und setzte demjenigen Bertrand's in solcher Weise zu , dass es allmälich in Unordnung gerieth. Die Französische Nachhut wurde aus Rohrbeck geworfen, welches in Flammen aufging ; der Rückzug des Feindes wurde immer eiliger und die Verfolgung konnte nur durch Cavallerie bewirkt werden . Bis Körbitz und Welsigkendorf*) folgten

*) Generalmajor v. Borstell. **) Oehna 3/5 M. gerade südlich von Rohrbeck und ungefähr eben so weit südöstlich von Gölsdorf. ***) Körbitz 3/4 M. südöstlich von Oehna, Welsigkendorf 1/4 M. nordöstlicher an der Hauptstrasze von Jüterbogk nach Dahme und Luckau.

54

Brandenburgische Schlachtfelder.

die Brandenburgischen Dragoner und Neumärkischen Landwehr-Ulanen, in dieser Höhe aber begegneten Französischen

rechten

und

sich schon die Rückzugslinien des

linken

Flügels

und die

Marschlinien

unserer ihnen folgenden Cavallerieabtheilungen . Der Kronprinz von Schweden hatte sein Schwedisches und das Russische Wintzingerode'sche Corps

am

Morgen des

6. September

nordwestlich von Kurz-Lipsdorf concentrirt, war dann nach Eckmannsdorf aufgebrochen und stellte sich erst gegen 5 Uhr Nachmittags bei Dalichow *) in Schlachtordnung ; es

brauchte seiner Mitwirkung

nicht mehr und sie wäre , wenn es ihrer gebraucht hätte , vermuthlich zu spät gekommen. Die Preuszischen

Corps

lagerten

in der Nacht vom 6. zum

7. September nur mit ihren Vortruppen bei Langenlipsdorf, mit dem Hauptcorps aber weiter rückwärts bei Oehna und Bochow **) ; die Schweden und Russen übernachteten in dem Terrain zwischen Dennewitz und Jüterbogk. Ney ging mit dem Bertrand'schen Corps, dem Bayerischen Contingent und einem Theile der Cavallerie auf Dahme zurück, und erreichte nachher, nachdem noch seine Nachhut durch das Wobeser'sche Detachement von der Oder geschädigt worden , nur auf Umwegen die Elbe.

Der Kaiser Napoleon hatte allerdings für die Ney'sche Armee

Hülfstruppen entsandt, welche ihr über Luckau zugehen sollten , die Bedrängnisse Macdonald's

durch das Schlesische Heer bewogen ihn

aber dann, diese Verstärkungen zunächst auf Bautzen zu dirigiren. Reynier und Oudinot trennten sich nach der Dennewitzer Schlacht von Ney und dirigirten

sich

auf der kürzesten Linie nach Torgau ,

welches schon am 7. September von ihnen erreicht wurde. Die Franzosen verloren an Todten und Verwundeten 6000 und an Gefangenen 14,000 Mann ; Munitionswagen, Sieger.

auszerdem

3 Fahnen und

fielen 80 Geschütze,

400

6000 Gewehre in die Hände der

Aber auch unsere Verluste waren nicht gering und können

bezüglich beider

in Action gewesenen Corps an Offizieren,

Unter-

offizieren und Gemeinen, Todten , Verwundeten und Gefangenen zusammen auf etwa 10,000 , also doch auf etwa 20 Procent der Combattanten angegeben werden . Die Schlacht von Dennewitz war, in der Zeit, wo die drei groszen Heere der Verbündeten noch einzeln operirten,

die gröszte und zu-

*) Dalichow ¹/2 M. südöstlich von Eckmannsdorf und 3/5 M. nordwestlich von Gölsdorf. **) Bochow 1 M. südlich von Jüterbogk, 6000 Schritte nordöstlich von Oehna.

Brandenburgische Schlachtfelder.

55

gleich letzte Action ihres Nordheeres, oder vielmehr der dem Nordheere zugetheilten Preuszischen Corps .

In ihr standen kaum 50,000 Sieger gegen 70,000 Besiegte, und man überwand in ihr Napoleon's gefeiertsten Feldherrn, den wohl von ihm und vielleicht auch von sich selbst für unüberwindlich gehaltenen Fürsten von der Moskwa. Wenn das Französische Calcul die Groszbeerener Niederlage Reynier's nur seiner Isolirung und zu geringen Truppenzahl , dem Regenwetter, der Ermüdung etc. , also überhaupt nur äuszeren Umständen zuschrieb, - so konnte doch in Bezug auf Dennewitz selbst im jenseitigen Heerlager

ein nur irgend

zweifelhaft finden,

dass hier nur das innere Kraftvermögen und die

objectiver Beurtheiler

es nicht

patriotische Begeisterung unserer Truppen einmal überhaupt und zweitens so gewaltig siegte, wie an dieser Stelle gesiegt worden ist . Solcher Erfolge rühmt sich nur eine gute Sache , solche Wunder kann nur der Geist eines starken Volkes vollbringen. Bülow hat bei Grosz-Beeren eigentlich Alles und bei Dennewitz, welches ihm seinen historischen Beinamen gab , doch das Meiste gethan ; gleichwohl möge in Betreff beider Actionen die Unentbehrlichkeit Tauentzien's und seiner Truppen nicht groszes Verdienst nicht unterschätzt werden .

verkannt und

ihr

Den Französischen Attentaten auf Berlin war jetzt die Spitze abgebrochen. Napoleon trat von Dennewitz ab in das Verhältniss der Defensive, und die Brandenburgische Erde ist seit dieser denkwürdigen Schlacht von feindlichen Gewalten nicht wieder berührt worden.

III .

Die Lehre von der Truppenverwendung. *) (Fortsetzung.) Kampf, Gefecht und Schlacht , und die letztere wieder in ihrer Doppelseitigkeit als taktischer und strategischer Act bilden die Gesammtthätigkeit des Schlagens, der kriegerischen Thätigkeit im eigentlichen Sinne. Abermals ist im Grunde für die Praxis

der Schlachtbegriff

*) Entnommen dem gleichnamigen Werke des Obersten v. Scherff. März-Heft, S. 325.)

(Vergl.

Die Lehre von der Truppenverwendung .

56

nicht von dem Gefechtseinander, zu trennen.

und Kampfbegriff, wie

diese nicht von

Die Schlacht tritt lediglich als Gefecht, wie dieses wieder als Kampf in die

concrete Erscheinung und jeder Gefechtssieg birgt

einen gewissen strategischen Erfolg in sich .

Die Strategie wieder

bedarf der taktischen Schlacht zu ihrer endgültigen Bethätigung und die Taktik obgleich im Mittelpunkte der kriegerischen Handlung stehend

vermag doch ohne strategische Mitwirkung

nicht

das höchste Resultat zu erreichen, das im Kriege verlangt wird. Strategie und Taktik können gegenseitige Mängel bis zu einem gewissen Grade verdecken , aber auch gegenseitig sich um deu höchsten Erfolg betrügen . In der Theorie

aber gilt

es doch

auch hier wieder nach

beiden Richtungen getrennte Geistes operationen vorzunehmen, wenngleich nur aus ihrer vereinten höchsten Wirksamkeit . diejenige

Kriegsthat

hervorzugehen

vermag ,

deren

Vernunft-

gesetze die Kriegslehre sucht, die Kriegskunst in ihrer Vollendung erfüllt ! Diese Kriegsthat gipfelt in der Thätigkeit des Schlagens, die Kriegshandlung aber bedarf zur Verknüpfung der Einzelacte dieser Hauptfunction untereinander noch der beiden Neben functionen des Marchirens

und Sicherns,

welche

gewissermaszen die Alles

vermittelnde Atmosphäre des Krieges bilden, Kriegsleben zu athmen vermag.

in welcher allein das

Beide gehören mit in die Gesammtlehre von der Truppenverwendung , welche ihrerseits aber in der Aufsuchung der Gesetze für das Functioniren einer Armee während eines Feldzuges abgeschlossen erscheint , wenngleich bekanntlich der historische Krieg zwischen zwei Staaten damit noch nicht beendet zu sein braucht. Jeder zweiten

sich

anschlieszende

zweite

Entscheidungsschlacht,

mit

Feldzug der

aber,

mit einer

Besitzergreifung

eines

zweiten Basisabschnittes (oder auch vielleicht mit der Rückeroberung des zuerst verlorenen) endend ,

spielt

sich genau nach denselben

Vernunftgesetzen ab, welche auch für den ersten Act maszgebend waren; stellt nur die Wiederholung desselben Verlaufes mit veränderten Decorationen dar ; ja selbst, nissen Parallelfeldzüge gleichzeitig

wo unter groszen Verhältneben

einander

kommen doch für die Verwendung der auf ihren schauplätzen auftretenden dieselben Grundsätze

selbstständigen

zur

Geltung,

herlaufen,

eigenen Kriegs-

Armeen

immer nur

beansprucht die

einheitliche

Die Lehre von der Truppenverwendung.

57

Centralleitung dieser Einzelfeldzüge zu einem gemeinsamen Endziele , nur ihre höchste Anwendung. Wie aber der historische Krieg

sich in einer Reihe ver-

schiedener und verschieden erfolgreicher Feldzüge abspielen kann, bis dass endlich der letzte und erfolgreichste

den ( politischen )

Friedensschluss erzwingt ; so wird auch jeder Einzelfeldzug sich meist aus einer Reihe von Gefechten zusammensetzen, bis endlich der höchste Erfolg der Schlacht den taktisch - strategisch siegreichen Abschluss bildet ; so wird endlich jedes Einzelgefecht eine Reihe von Kämpfen benöthigen, ehe der letztabschlieszende Localsieg auch den taktischen Sieg davon trägt. Jede dieser Einzelhandlungen aber durchläuft ihrerseits naturnothwendiger Weise

immer drei Stadien der Thätigkeit,

welche

sich als Anbahnung , Einleitung , Vorbereitung , ferner dann als eigentliche Durchführung und

endlich

als Vollendung

des Einzelactes im concreten Falle mehr oder weniger scharf unterscheiden lassen. In

der

kriegerischen

Gesammthandlung

Feldzuges

eines

treten im ersten und dritten Stadium die strategischen ,

in

dem zweiten die taktischen Erwägungen mehr in den Vordergrund , wenngleich beide Richtungen sich auf Schritt und Tritt militairischen Handelns in einer fast untrennbar zu nennenden Art und Weise durchdringen und durchdringen müssen . Darin liegt dann begründet,

dass

jeder Stelle

die

aber in letzter Instanz die Nothwendigkeit berufene Führerschaft

einer

Armee

an

ihrer Wirkungssphäre eines genügenden Grades von

Kenntniss und Verständniss für beide Richtungen bedarf, dass trotz verschiedener Abstufungen in der Anwendung dennoch ein auf der Höhe der zu machenden Anforderungen stehendes Offiziercorps einer Armee, soweit wie irgend angängig, im Besitze der ganzen Wissenschaft vom Kriege sein muss!

Die erste Anbahnung der kriegerischen Handlung eines Feldzuges erfolgt durch die Versammlung der Armee aus ihren Friedengarnisonen : durch ihren, für jede vernunftgesetzliche Verwendung durch den Feldherrn unerlässlichen, ersten strategischen Aufmarsch in der für ihre beabsichtigte Thätigkeit gebotenen strategischen Front d. h. in einer Richtungslinie , deren äuszerste Endpunkte Flügel sich abstract genommen rechts und links an ein für beide Parteien unzugängliches Terrain (neutrale Nach-

Die Lehre von der Truppenverwendung.

58

barstaaten, unüberschreitbare Hindernisse) anlehnen (in Ermangelung solcher Anlehnungen sich gleichsam zu einem geschlossenen Ringe zusammenfügen müssten), und in welcher aufgestellt die Armee ihren Rücken der eigenen Basis zugekehrt hat. Umgekehrt sagt man dann,

dass eine strategisch aufmarschirte

Armee auf dasjenige Landgebiet (und nur auf dieses) basirt sei, welches hinter ihr liegt ; und es folgt daraus, dass es im Allgemeinen beim Kriegsausbruche das

beiderseitige Bestreben

sein

wird,

die

eigene strategische Aufmarschlinie möglichst nahe an die eigene (politische) Landesgrenze vorzuschieben, um sich dadurch das nach Lage der Sache grösztmögliche Basisgebiet zu sichern. Da es

nun in den meisten Fällen nicht nur nicht möglich ,

sondern auch nach den Gesetzen der Schlachtenlehre sehr wenig zweckentsprechend sein würde, die gesammte kriegsverfügbare Streitkraft auf diese ganze strategische Front gleichmäszig zu vertheilen (Cordonsystem) , so gestaltet sich der erste strategische Aufmarsch gleichzeitig auch immer zu einer Massengliederung der Armee, vermöge deren sie nur an einem oder einigen wenigen Punkten der strategischen Front ganz oder in gröszeren oder kleineren Theilen versammelt (concentrirt, massirt) wird . Die Auswahl dieser Punkte (strategische Ortsbestimmung) wird in erster Instanz beeinflusst von den auf eigener Seite beabsichtigten und von feindlicher Seite erwarteten - auf dem Wechsel von Stillstand und Bewegung

(s.

oben) beruhenden

kriegerischen

Unternehmungen : den nach der concreten Kriegslage möglichen , eigenen und feindlichen, Operationen . Da diese Operationen, dem kriegerischen Endzwecke entsprechend , immer zur Schlacht führen müssen, in welcher es von schlechthin entscheidender Bedeutung ist,

eine Kraftüberlegenheit

entfalten zu

können (s . oben) , wird aber dann weiterhin das Bestreben, die eigene Kraft möglichst zusammenhalten , die feindliche möglichst trennen zu können, einen zweiten - man muss sagen : den Ausschlag gebenden ― Gesichtspunkt für die Stärke bemessung der an den

gewählten

Punkten

zu

versammelnden

Armeetheile

abgeben

(strategische Kraftbestimmung). Endlich bietet der Umstand,

dass Armeekörper von einer gewissen numerischen Stärke sich auf einem Flecke nur eine relativ

kurze Zeit hindurch ernähren ; von diesem Flecke mit anwachsender Grösze sich nur immer langsamer fortbewegen können ; sowie die Nothwendigkeit , dem gegnerischen strategischen Aufmarsche rechtzeitig mit dem eigenen entgegentreten zu müssen, einen

Die Lehre von der Truppenverwendung.

59

dritten Gesichtspunkt, unter welchem die Ueberlegungen , betreffend den eigenen Aufmarsch, anzustellen sind (strategische Zeitbestimmung) . Aus diesen Ueberlegungen (zu denen sich dann auch noch andere hier nicht zu berührende, politische gesellen werden) geht der Entschluss über den ersten strategischen Aufmarsch und die ihn anzuknüpfende weitere Anbahnung : der Kriegs- , Feldzugs- oder Operations - Plan , als Resultat einer Ausgleichsan

rechnung mit Bezug auf Ort , Zeit und Kraftvertheilung , hervor, der sonach zunächst nicht weiter als bis zu dem Momente der Durchführung der kriegerischen Handlung in der ( ersten) Entscheidungsschlacht reichen kann. Da alle Operationen , eigene und feindliche , wie das die Marschlehre nachzuweisen hat, mit ihren Bewegungen immer und hin

überall auf die vorhandenen Straszen angewiesen sind ; ferneraber eine strategische Front von einiger Ausdehnung im con-

creten Falle stets von einer ganzen Anzahl solcher Straszen durchschnitten werden wird, welche (zuweilen als Straszencomplexe) von je

einem eigenen zu je einem feindlichen Basispunkte hinüber und

herüber führen, so wird es sich in erster Instanz darum handeln , sich schlüssig zu machen, ob man diese Straszen alle , oder nur einige oder nur eine einzige davon,

für seine Operationen,

als

Operationslinien , benutzen will, sei es um in dieser Verfassung einzuin das feindliche Basisgebiet strategisch - offensiv dringen, sei es um solches Eindringen seitens des Feindens zunächst zu erwarten . Strategisch- defensiv

die

Dabei wird zu berücksichtigen sein , dass alle Operationslinien, man nicht selbst benutzt, und damit alle an den nichtbenutzten,

gelegenen Basispunkte vorläufig dem Feinde für seine Operationen und für seine Besitzergreifung , preisgegeben erscheinen . Da fernerhin alle Operationen in der Schlacht gipfeln ,

für

deren siegreiche Durchführung der höchstmögliche Krafteinsatz, Grundbedingung ist ; weiter aber wie das gleichfalls die Marschlehre nachweist Armeetheile, welche auf derselben Strasze bintereinander , ebenso wie solche, welche auf mehreren Straszen nebeneinander

sich

bewegen,

für

ihre

Concentration

zur

Schlacht: ihren für eine vernuftgesetzliche Verwendung abermals unerlässlichen taktischen Aufmarsch zur taktischen Front (s .

später), stets einer gewissen Zeit bedürfen , so wird in zweiter

Linie die Gewähr zu berücksichtigen sein, welche im concreten Falle

Die Lehre von der Truppenverwe

60

. ndung

dafür geboten erscheint, dass solcher taktischer Aufmarsch rechtzeitig vollzogen sein kann .

stets

Auf diese Zeitfrage wird einmal die absolute numerische Stärke der auf einer Strasze hintereinandergeordneten Armeetheile , und dann weiter für auf mehrere Straszen nebeneinander geordnete Armeekörper, das dieselben verbindende Querstraszennetz (Rochirlinien) von Einfluss sein,

vermöge

dessen

es rascher oder

langsamer angängig sein wird, die auf verschiedenen Operationslinien sich bewegenden Armeetheile zum einheitlichen taktischen Aufmarsche à cheval einer derselben , heranzuführen. Nun bedarf die Schlacht als taktischer Akt zu ihrer endabschlieszenden Entscheidung erfahrungsmäszig meist nur der Zeitdauer eines Tages , nur unter ausnahmsweise groszen Verhältnissen vielleicht, einiger weniger Tage , und alle nach Ablauf dieser relativ kurzen Zeitspanne auf dem Felde der Kraftabmessung eintreffenden Armeetheile können an solcher Entscheidung nachträglich, wie gleichfalls die Erfahrung lehrt, gewöhnlich nichts mehr ändern.

Das Schicksal dieses einen Feldzuges ist durch den Aus-

fall dieser einen Schlacht besiegelt, was übrig bleibt ist nur - ein neuer Feldzug ;

oder

jener taktische

Zusammenstosz

war eben

begrifflich noch keine ,, Schlacht " (s . oben)! Angesichts dieses Erfahrungssatzes wird man eine Armee, deren einzelne Truppenkörper aus ihrer operativen Neben- oder Hintereinanderordnung noch innerhalb jener Zeitgrenze (etwa eines Tages) sich zur gemeinsamen

Schlacht

zusammenschlieszen

können .

als

strategisch vereinigt bezeichnen, und nur da , wo diese Möglichkeit nicht vorliegt, von einer strategischen Trennung sprechen dürfen. Die Möglichkeit,

strategisch

vereinigt zu bleiben und

Nothwendigkeit, sich strategisch zu

die

trennen , hängt in erster Linie

von der Gestaltung des Kriegsschauplatzes ab, dessen Grund und Boden im

concreten

Falle

stets * )

durch

eine

gewisse

Anzahl

gröszerer Bewegungshindernisse nach verschiedenen Richtungen hin durchschnitten erscheint, welche die das Land durchziehenden Straszen zu einem strahlenförmigen Zusammenschlusse an sogenannten Defileepunkten zwingen, jenseits welcher sich

die

Wege erst wieder auseinander legen können .

*) Die gerade den charakteristischen Unterschied bildende Ausnahme im Seekriege soll , die Abnormitäten einer „Wüstencampagne" können hier ausser Betracht bleiben .

Die Lehre von der Truppenverwendung . Eine auf mehreren nahen Parallelstraszen sich bewegende

61 in

Bezug auf die Entfernung der Theile unter einander als strategisch Armee wird zur Ueberschreitung eines vereinigt zu betrachtende ― solchen Hindernisses , wenn dasselbe die Operationsrichtung durchihre einzelnen Abtheilungen hintereinander ordnen

schneidet ,

müssen und kann dadurch, mindestens bei gröszeren Verhältnissen trotz des thatsächlich bestehenden Zusammenhanges doch nicht mehr als

, strategisch vereint " ,

Tiefe

sondern muss ' als „ strategisch nach der

getrennt " angesehen werden .

Ebenso kann ein mit der Ope-

rationsrichtung parallellaufendes Hinderniss durch die Beschränoder den gänzlichen Mangel an Querverbindungen zwischen kung auf beiden Seiten desselben operirenden Armeetheilen, die zwei Gesammtarmee „ strategisch nach der Breite trennen " , trotzdem vielleicht die beiden Theile sich so nahe nebeneinander bewegen , dass andernfalls 99 strategisch vereinigt" erscheinen müssten. Man nennt die mit der eigenen strategischen Front gleichlaufenden , also die eigenen (Grund-) Operationslinien querdurchschneidensie

den , bei

Bewegungshindernisse : strategische Barrieren ; indess man dem umgekehrten Lagenverhältniss in Bezug auf strategische

Front und Operationslinien von strategischen Flankenan lehnungen spricht, weil ja solche rechts und links eines einzelnen Ar meetheiles (oder einer Armee) gelegenen Hindernisse bis zu einem gewissen Grade für denselben die Rolle übernehmen, welche die absolute Unüberschreitbarkeit des über die Grenzen des Gesammtskriegsschauplatzes hinaus, gelegenen Gebietes ( s . oben) für die

ideelle strategische Gesammtfront spielt.

Der Gesammtkriegsschauplatz zweier feindlichen Armeen wird durch solche Terraingestaltung in nebeneinander gelegene Nachbarkriegsschauplätze , und hintereinander gelegene Theilkriegsschauplätze zerlegt, auf welchen (eintretenden Falles ) je selbstständige Armeen, ihre selbstständigen Feldzüge durchzuführen haben, die auf den Nachbarkriegsschauplätzen gleichzeitig , auf den Theilkriegsschauplätzen aber nur nacheinander sich abspielen können. Für den Verlauf dieser Feldzüge wird es von wesentlichstem Einflusse sein, welche von beiden Parteien jeweilig die , an den, die Unterkriegsschauplätze abgrenzenden , Hindernissen gelegenen Defileepunkte beherrscht ; d . h . jene Hindernisse nach Belieben überschreiten , solche Ueberschreitung aber dem Gegner versperren kann. Diese Beherrschung

wird begünstigt durch die Befestigung

Die Lehre von der Truppenverwendung .

62

der vorhandenen Defileepunkte (Straszenknoten) und ihre ständige Besetzung durch Armeetheile, welche jedoch dadurch an den Ort gebunden , einer anderweiten Verwendung dauernd entzogen sind . Durch solche fortifikatorische Beherrschung, die ja naturgemäsz von Hause aus, sich nur auf die im eigenen Basisgebiete gelegenen Defileepunkte erstrecken könnte, würde nun allerdings die Gefahr einer strategischen Trennung, sowohl in der Breiten- als in der Tiefenrichtung wesentlich vermindert , vielleicht ganz wenn dieselbe absolut aufrecht erhalten beseitigt erscheinen werden könnte ! Das

ist nun aber

erfahrungsmäszig nicht der Fall

und

die ,

allerdings durch Festungswerke und Festungswaffe bedeutend gesteigerte Widerstandskraft einer Festungsbesatzung vermag nicht , sich auf die Dauer der Stoszkraft eines feindlichen Belagerungscorps überlegen zu erweisen ; bricht vielmehr nach einer gewissen Zeit unvermeidlicher Weise gegen dieselbe zusammen wenn es nicht der eigenen Armee (Feldarmee) gelingt, den Gegner in einer Schlacht zu schlagen und dadurch sein Belagerungscorps zum Rückzuge zu nöthigen : die belagerte oder mit Belagerung bedrohte Festung zu entsetzen. Wiederum also erscheinen , wie oben die an den von eigener Seite nicht benutzten Operationslinien gelegenen „Basispunkte“, so jetzt die an denselben gelegenen „ Defileepunkte " dem Feinde stets mehr oder weniger preisgegeben ; kann aber umgekehrt die Besitzergreifung von jenen Basispunkten ebenso, wie die von Defileepunkten seitens des Gegners, durch ihre "" Befestigung“ und „ Besatzung " mindestens einige Zeit hindurch verzögert werden. Die Wechselwirkung zwischen dem beiderseitigen Streben nach solcher Eroberung , sei es von Defileepunkten oder Sperrfestungen , sei es von Basispunkten oder Depotfestungen Anlagen, die ja wohl vielfach räumlich zusammenfallen werden und der beiderseitigen Tendenz ihrer Verhinderung ,

bildet

das, jede kriegerische Handlung durchdringende Wechselspiel zwischen dem sogenannten Feld- und Festungskriege , dessen endgültiger Abschluss aber, wie oben erörtert, nothwendiger Weise einzig und allein durch den Sieg in der Feldschlacht erreicht ist. Nennt man die gedachte oder wirklich vorhandene (Straszen-) Verbindung

zwischen allen denjenigen

gleichgültig

ob

sie befestigt

Defilee- und Basispunkten ,

sind oder nicht,

welche

auf etwa

gleiche Entfernung hinter der strategisch aufmarschirten Armee liegen :

die (erste)

Basislinie dieser Armee, so ergeben sich mit

Die Lehre von der Truppenverwendung.

63

Rücksicht auf die eben erwähnte Doppeltendenz beider Gegner, eine Anzahl möglicher Operationen und Gegenoperationen, deren Haupterscheinungsformen die Lehre mit bestimmten technischen Namen belegt hat. Gehen beide

Gegner auf derselben oder denselben Opera-

tionslinien gradaus

gegeneinander

vor ,

bezüglich

erwartet

der

eine

Theil à cheval einer oder mehrerer Linien, die auf derselben

oder

denselben

Straszen geführte

Offensive

des Gegners, so ge-

staltet sich die Begegnung Beider überall zu einer strategischen Parallelschlacht , weil beiderseits die durch den taktischen Aufmarsch hergestellte taktische Front ,

sich mit der eigenen stra-

tegischen Front deckt , beide auf beiden Seiten gleichlaufen . Geschieht es Straszen operirend,

dagegen, dass beide Theile auf verschiedenen an

einander

(oder der eine an dem anderen)

vor beigehen , so bedarf es von beiden Seiten, um zu dem für die Erreichung des Kriegszweckes ja als absolut nothwendig anerkannten Schlachtzusammenstosze zu kommen, einer taktischen Frontveränderung , nach deren

Ausführung die taktische und strategische

Front beider sich nicht mehr decken : die bewegliche taktische Front zu der für den concreten Kriegsfall ein für allemal feststehenden strategischen Front mehr

oder weniger gewinkelt er-

scheint, und der taktische Act sich , wie man dann sagt, strategisch zu einer Schlacht in schräger oder selbst verkehrter Front gestaltet. Da nun naturgesetzlich im

Falle

einer Niederlage in der

Schlacht der Rückzug der geschlagenen Armee sich zunächst immer in der dem siegreichen feindlichen Stosze entgegengesetzten Richtung vollziehen muss, Richtung,

wie

die

und ein seitliches Ausbiegen aus dieser

Marschlehre begründet , seine auszerordentlichen

Schwierigkeiten hat ; weiterhin aber aus ähnlichen Marschgründen nach errungenem Siege die Einheimsung seiner strategischen Früchte sehr viel leichter sich gestaltet , wenn der Feind durch den taktischen Erfolg von seiner Basis „ abgedrängt " ist , als wenn er auf seinem Rückzuge dorthin in derselben Richtung „ überholt "

so leuchtet ein, dass für die strategische mittelbare Vernichtungs- (Eroberungs- ) Tendenz die Parallelschlacht dem Sieger

werden muss ,

geringere strategische Erfolge einbringen , für den Besiegten aber auch geringere strategische Nachtheile involviren wird , als die Schlacht in schräger resp . verkehrter Front, welche ihrerseits dem Sieger das höchste Resultat , dem Besiegten die schlimmsten Folgen in Aussicht stellt.

Die Lehre von der Truppenverwendung .

64

Nun kennt die Kunst zunächst gewisse taktische Mittel, um durch die Form der Schlachtdurchführung trotz der strategischen Minderaussicht der Parallelschlacht, dieselbe dennoch so schlagen zu können,

dass

sie im Falle des

Sieges annähernd die Erfolge der

schrägen Schlacht einzubringeu vermag ; und umgekehrt, trotz der strategisch gröszeren Gefahr der schrägen Schlacht wiederum dieselbe so leiten zu können , dsss im Falle der Niederlage der gegnerische Vollerfolg einigermaszen abgeschwächt wird.

Es

sind

das

die oben erwähnten , später näher zu berührenden Wege : der Schlacht die Form eines Flügel- oder eines Treffengefechtes geben zu können. Ein bei Weitem einflussreicheres

strategisches Mittel aber

ist nach beiden Richtungen der verringerten Gefahr und des vergröszerten Erfolges hin durch das Vorhandensein einer Verbindungsüberlegenheit auf der einen Seite geboten, vermöge deren es ermöglicht werden kann, den Gegner zu einer Schlacht in schräger Front zu zwingen, die man doch selbst als Parallelschlacht zu schlagen vermag.

Wenn die Basislinie die der Gegenpartei

einer Armee wesentlich länger ist, als

oder gar

dieselbe im Bogen umklammert, so verbleibt der vor einer so günstig gestalteten Linie operirenden

Armee,

auch trotz einer etwa nothwendig gewordenen taktischen Frontveränderung zu oder in der Schlacht, doch immer die Möglichkeit gewahrt,

nach einer etwaigen Niederlage mehr oder weniger auf einen Theil ihrer Basis zurückzugehen , ist jedenfalls das seitliche Ausbiegen aus der ursprünglichen Rückzugsrichtung in

gradaus

dem Masze erleichtert, als es Dank der Länge der Basislinie spitzwinkliger erfolgen kann. Das heiszt ja aber gerade im Besitze der negativen Vorzüge der Parallelschlacht sein, welche unter diesen Verhältnissen erlauben, einen, wie man sagt, excentrischen Rückzug auszuführen oder, wie ein anderer Ausdruck für dieselbe Sache lautet : seine Operationslinie wechseln zu können . Abgesehen von solchem negativen Vorzuge verminderter Gefahr im Falle der Niederlage , bietet die Verbindungsüberlegenheit einer in ihrem Besitze befindlichen Armee nun aber weiterhin auch sehr wesentliche positive Vortheile Behufs Steigerung Falle des taktischen Sieges .

des Erfolges im

Operirt nämlich eine solche Armee von einem Flügel ihrer ,,überlegenen" Basislinie her, als vereinigtes Ganze gegen den Feind, so drängt der in dieser Richtung gewonnene Schlachtsieg den Gegner zunächst

von derjenigen Operationslinie ab, auf welcher er

Die Lehre von der Truppenverwendung.

65

sich im Momente des Zusammenstosses befunden hat, weil er, um den mehr oder weniger schräg von der Seite , im rechten Winkel oder gar von hinten her gegen seine strategische Front operirenden Gegner in der Schlacht bestehen zu können, ja seine taktische Front mehr

oder weniger

parallel dieser

Operationslinie,

statt quer über dieselbe fort. hat bilden müssen . In dieser taktischen Front hat er aber keinen eigenen Basispunkt mehr gradaus hinter sich und der siegreiche Gegner kann durch einfache Fortsetzung seiner Operation in derselben Richtung ihm nach und nach alle seine Verbindungen entreissen. Eine in diesem Sinne geplante Operation nennt man, wenn sie

in der

strategischen

Offensive zur Anwendung kommt : eine.

einfache strategische Umgehung ; strategischen Defensive kenstellung.

dienen

wenn sie den Zwecken der

soll : die Einnahme einer Flan-

Noch gröszere Vortheile aber

vermag

eine

Armee aus ihrer

Verbindungsüberlegenheit zu ziehen , wenn sie von beiden Flügeln , und auch aus der Mitte ihrer überlegenen Basislinie, concentrisch von mehreren Seiten her, gleichzeitig mit getrennten Armeetheilen gegen den Feind

operirt, und es ihr dabei gelingt (!) durch die siegreiche Vereiniguung dieser Theile auf dem taktischen Schlachtfelde selbst , dem Gegner seine Gesammtverbindungen alle zugleich zu entreiszen .

Man nennt eine sei es in strategisch - offensivem oder defensivem (dann aus

mehreren Flankenstellungen) strategische Umgehung .

geplante

Operation :

Den geringsten positiven Nutzen würde Verbindungsüberlegenheit ziehen, wenn

sie

als

befindliche

vereinigtes

Armee

eine aus

Ganze von

eine doppelte

im Besitze der dieser der

Sachlage

Mitte ihrer

Basislinie her gradaus gegen den Feind operiren wollte, für den sich unter diesen Verhältnissen der taktische Zusammenstosz ja auch nur zur strategischen Parallelschlacht gestalten würde, welche ihm mit Bezug auf Gefahr und Erfolg dieselben Chancen bieten, bezüglich überlassen, würde, wie der eigenen Armee . Dagegen erscheint nun aber diese Operationsform eines : stragischen Durchbruches , bezüglich der Einnahme einer Centralstellung die schlechthin gebotene Gegenform einer nicht im Besitze der Verbindungsüberlegenheit befindlichen Armee , gegen welche der Feind (defensiv

oder offensiv) doppelt strategisch

amgehend zu operiren beabsichtigt . Der vorher betonte gröszere Erfolg dieser letztgenannten Ope5 Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI.

Die Lehre von der Truppenverwendung .

66

ration ist unter der Voraussetzung etwa gleicher Kräfte auf beiden Seiten, an die Bedingung geknüpft , dass es wirklich gelingt, die ursprünglich strategisch - getrennten Armeetheile zur taktischen Schlacht zu vereinigen . Diese getrennten

Theile

müssen aber unter solcher Voraus-

setzung stets numerisch und damit taktisch schwächer als der von Hause aus vereinigte Gegner sein, und ein Zusammenstosz desselben mit einem oder dem anderen

vereinzelten

Theile der

doppelt

strategisch umgehenden Armee, involvirt für diese die höchste Gefahr einer taktischen Theilniederlage , welche dem siegreichen Gegenpart die Aussicht eröffnet, sich mit demselben Erfolge gegen den zweiten, dritten u. s. f. Bruchtheil wenden , und so nach und nach seinerseits den höchsten Erfolg erringen zu können . Diese Sachlage lässt es zunächst vom Standpunkte der Theorie aus nur da vernunftgesetzlich gerechtfertigt erscheinen, eine doppelt umgehende Operation in Scene zu setzen, wo der bezüglichen Armee auszer der Verbindungs- auch die absolute numerische Ueberlegenheit zur Seite steht, um ihre getrennten Theile jeden möglichst gleich stark mit dem vereinigten Gegner machen zu können ; lässt umgekehrt das Gesetz höchst möglichen Zusammenhalts seiner

Gesammtkraft für

denjenigen

doppelt wichtig

er-

scheinen, welcher schon numerisch und in seinen Verbindungen dem Gegenpart unterlegen ist. Gegen diese abstracten Lehrsätze machen sich die concreten Verhältnisse geltend, welche, wie oben erwähnt, unbekümmert um das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer numerischen oder Verbindungsüberlegenheit durch die Configuration des gegebenen Kriegsschauplatzes jede Partei zu nicht erwünschter Trennung zwingen ,

oder

ihr die

Ausnutzung ihrer numerischen

Stärke durch Trennung, die Contrebalancirung ihrer numerischen Schwäche durch Zusammenhalt verbieten können. Damit ist dann

aber auch für den Fall, beiderseits etwa

parallellaufender und gleichlanger Basislinien die gegensätzliche Erscheinungsform der Operation "" auf äuszeren Linien " gegenüber der „ auf der inneren Linie " ermöglicht und , ebensogut wie "9 Parallelan marsch " oder „ einfache strategische Umgehung " , oft wider besseres Wissen und Wollen erzwungen . Es wird eines dritten Faktors bedürfen, um in der verschlungenen Gegeneinanderwirkung vorhandener, aber nicht benutzbarer, nicht vorhandener aber zu schaffender Ueberlegenheit der Zahl und der Verbindungen , den Ausschlag zu geben.

Die Lehre von der Truppenverwendung. In jedem Einzelfalle

wird es

dabei

67

wieder darauf ankommen ,

ob es nach Lage der doch immer mehr oder weniger verschleierten Sache,

nützlicher oder leichter erscheint, das Streben sich

eine Ueberlegenheit niss

oder zuerst

zu schaffen : zuerst auf das Zahlenverhältauf das Verbindungsverhältniss zu richten ,

da ja bekanntlich nur durch die erlangte Ueberlegenheit in beiden Richtungen (taktischer Sieg und strategische Eroberung) Endresultat des Feldzuges erreicht ist .

das volle

Je nach diesem Entschlusse wird die Operation sich bestreben, durch Vorwegnahme feindlicher Basispunkte , welche durch die feindliche Armee nicht oder nur schwach gedeckt erscheinen (s. oben) sich für die nachfolgende Schlacht die Verbindungsüberlegenheit zu sichern ; oder aber sie wird unbekümmert um solche feindliche Versuche gegen eigene Basispunkte zunächst die Hauptkraft der feindlichen Armee zu treffen suchen, um durch ihre Besiegung in der Schlacht das numerische Uebergewicht sich zu schaffen , welches ihr den nachfolgenden strategischen Erfolg sicher stellt. Wer aber in diesem sich überbietenden Wechselcalcül über den Werth

des

erfassten

Objectes

sich getäuscht hat ,

der

ertet, statt des erwarteten Erfolges nur die Niederlage ! Jener oben erwähnte dritte Faktor nun, welcher in dieses kaleidoskopische Spiel unendlich wechselnder Strömungen schlieszlich Ausschlag gebend hineintritt : ist die Ueberlegenheit der Beweg ung. Die Bewegung Mechanismus formen: des

ist

es,

welche

überhaupt

der

in den scheinbar so einfachen

nur möglichen vier Grundoperations-

Parallelanmarsches,

der einfachen und der doppelten

strategischen Umgehung und

schlieszlich des strategischen Durchbruches jene unendliche Abwechselung bringt , welche die Lehre vom Kriege für ihre Kunst an das Genie zu appelliren zwingt. Mit dieser Bewegung und nur durch sie wird in die Kriegshandlung die so hoch einflussreiche Form der auch strategischen Demonstrative eingeführt, die wie die taktische auf der Möglichkeit einer Abstufung der Kampfthätigkeit, so ihrerseits auf der Möglichkeit

der

Abstufung der Gefechtsthätigkeit,

d.

h.

auf der

Möglichkeit und Fähigkeit fuszt, die Schlacht je nach strategischen Motiven suchen ,

erwarten oder ihr aus weichen , über die je-

weilig herrschende Absicht in dieser Beziehung den Gegner aber täuschen zu können . 5*

Die Lehre von der Truppenverwendung .

68

Für diesen letzteren Zweck tritt wiederum die fast absolute Nothwendigkeit einer Trennung , der absoluten

Forderung nach

möglichstem Zusammenhalt der eigenen Kräfte diametral entgegen, um schlieszlich doch in der, je nach dem Wechsel der concreten Sachlage zweckentsprechendsten Kraftvertheilung und Kraftbenutzung das höchste Problem der operativen Anbahnung gelöst zu sehen. Die Kunst der

anbahnenden Handlung aber gipfelt dann in mit welcher entweder diese eigene Trennung rascher wieder aufgehoben wird, als die beim Gegner vor-

der Geschicklichkeit,

gefundene, oder durch die eigene Operation hervorgerufene Theilung seiner Kräfte ; oder mit welcher in dieser Trennung stärkere. feindliche durch schwächere eigene Kräfte örtlich gebunden (in falscher Richtung fortgelockt, an falscher Stelle festgehalten) werden ; in der Geschicklichkeit fernerhin, mit welcher in der Wechselwirkung der auf die taktische Decisive gestützten strategischen Decisive

und der durch die taktische Demonstrative unterstützten strategischen Demonstrative jeweilig der taktische an den strategischen und dieser Faktor wieder an jenen angeknüpft wird ; in der Geschicklichkeit endlich, mit welcher es vermieden wird, sich in die entscheidende Durchführung der kriegerischen Handlung,

wie die Schlacht sie darstellt, fortreiszen zu lange die Siegesvorbedingungen fehlen ; mit welcher rasch und entschlossen zugefasst wird , überall und immer, wo sie sich bieten!

lassen,

so

Das Mittel aber, diese Geschicklichkeit zur Geltung bringen zu können, ist und bleibt die Bewegung , nur die Bewegung ; und so ist es denn auch klar, warum die Erfolge des „ Bewegungskrieges ", des Feldkrieges schlechthin maszgebend sind, für den Endabschluss des stabilen Festungskrieges ! Die

Lehre

aber vermag

operative Anbahnung zu bieten .

unter solchen

Umständen

für

auch

die

der kriegerischen Handlung nur sehr wenig

Gerade weil die Formen dieser Anbahnung so auszer-

ordentlich einfach sind,

und doch im Grunde überall und immer

nur „ Formen " den greifbaren Stoff einer Lehre zu bilden vermögen, ist und bleibt der „ strategischen Lehre " nur ein ausnehmend beschränktes Feld offen . In der

strategischen

Anbahnung,

so gut wie

später in

der

strategischen Vollendung, der kriegerischen Handlung kommt Alles auf die praktische Anwendung im Einzelfalle an, wie sie Initiative

des Feldherrn

entspringen

muss,

dessen

der

Urtheil

Zwei Wintermonate im Schipkapass.

69

und Wille sich fast nur an dem historischen Beispiele erheben kann . Vor seiner Persönlichkeit treten jene Formen vollständig zurück, ja und

schläge

trotz einiger allenfalls zu gebender theoretischer Rathkann man Warnungen sehr allgemeiner Natur

der Entschluss für die eine oder andere Operation einem gewissen Grade gleichgültig ist, weil ja zu meist bis unter gewissen Verhältnissen jede Form die andere aufhebt , und es deshalb weit weniger darauf ankommt, welche man gewählt hat, als darauf, dass und wie man die gewählte mit Consequenz sagen,

dass

durchführt. Die Remedur gegen strategische Fehler und Irrthümer kann immer noch durch die taktische Durchführung der Handlung geboten werden, die „ Alles wieder gut macht ; wo aber auch diese versagt - muss „Alles wieder von Vornen " angefangen werden ! Deshalb ist behauptet, dass diese Durchführung - die Schlacht den Kern- und Mittelpunkt des ganzen Getriebes bildet, von dem dann auch wohl am naturgemäszesten der Namen (Schlagen) für die Gesammtheit der Handlung entnommen wird. (Schluss folgt.)

IV .

Zwei Wintermonate im Schipkapass. (Aus dem Kriegstagebuch des Kaiserlich Russischen Infanterie - Regiments Jenisseisk Nr. 94.) Ein glücklicher Zufall gestattet es, dem Deutschen militairischen Publicum ein lebensvolles Bild der inneren Zustände eines an der Vertheidigung

des

Schipkapasses

Russischen Truppentheils

im

zu geben .

Feldzuge

1877

betheiligten

Es hat diese Schilderung um

so mehr Interesse, als sie auf einer actenmäszigen, ursprünglich nicht für eine Veröffentlichung bestimmten Darstellung fuszt und genaue Einblicke in das Wesen Russischer Befehlsführung, Verpflegung und Verwaltung thun lässt. Das

Regiment

Jenisseisk No. 94 gehörte

der

24. Infanterie-

division an, welche im St. Petersburger Militair- Bezirk garnisonirte . Es erhielt in seinen Friedensgarnisonen bei Narwa am 22. Juli 1877

Zwei Wintermonate im Schipkapass .

70

die

Mobilmachungsordre.

Regiments

bereits

24. Juli

Am

die

trafen

in Narwa ein, um hier die

Bataillone des

eigentliche Mobil-

machung, vor allem die Einstellung der Reserven zu beenden, die sechs Tage darauf begann und am 6. August vollzogen war. Am 8. August verliesz das Regiment Narwa, um nach neuntägiger Eisenbahnfahrt in Bender ausgeschifft zu werden . Diese Angaben geben viel dass ein Regiment,

welches

zu denken.

Berücksichtigt

man,

in dem nach allen Richtungen hin be--

vorzugten St. Petersburger Militairbezirk garnisonirt und lange nach Beginn der ersten Mobilmachung der Armee mobilisirt wird, mithin Monate lang Zeit zur Vorbereitung hatte, mehr als zwei Monate gebraucht, um auf den Kriegsschauplatz zu gelangen -- denn erst am 5. October traf dasselbe in Siemnitza ein

so

erklären

sich

manche Erscheinungen in der Russischen Kriegführung leichter. Am 7. October überschritt das Regiment die Donau ; weiteren Vormarsche

gegen Süden hatte

es

auf dem

am 9. die Ehre,

bei

Gornij Stjuden vom Kaiser, am 10. vom Obercommandirenden, dem Groszfürsten Nicolai, begrüszt zu werden . Der Erstere theilte den Leuten

mit, dass sie in den Verband des 8. Corps (Generallieute-

nant Radetzky) treten und die tapferen Vertheidiger des Schipkapasses ablösen sollten. Der Letztere rief in echt Russisch-patriarchalischer Weise

den Soldaten zu :

„ Seht gut um Euch,

arbeitet

tüchtig mit dem Bajonnet, zielt sicher und macht mir, Eurem Lehrer, Ehre ! " *) Am 16. October erreichte man Gabrowo und biwakirte bei dieser Stadt bis zum 20. General Radetzky machte dem Regiment bekannt, dass es bestimmt sei, auf dem Berge des St. Nicolaus die dort stehenden Bataillone der Regimenter Orlow und Brjänsk zu ersetzen.

Der Marsch

sollte bataillonsweise am 21. October dorthin

angetreten werden. Hatte das Tagebuch bisher nur über grundlose Wege oder ein demolirtes Dorf geklagt, ersten Vorbereitungen licher Bergeshöhe .

zu

so

treffen wir hier bei Gabrowo auf die

den Strapazen des Winters

auf unwirth-

Es wurden den Compagnien tuchene Fuszlappen ,

warme Fausthandschuhe und je 141 Halbpelze überwiesen. Auch die Offiziere hatten sich in den bulgarischen Städten mit Pelzsachen aller Art versehen .

Einige grobe Unregelmäszigkeiten

lieszen die

*) Der Groszfürst war bis zum Ausbruch des Krieges Obercommandirender des Gardecorps und der im St. Petersburger Militairbezirk garnisonirenden Truppen.

Zwei Wintermonate . im Schipkapass. oben genannten Maszregeln

71

für den Schutz der Leute gegen die

Unbilden der Witterung nicht zur vollen Ausführung kommen. Die Lieferanten, welche für alle auf den Positionen am Schipka verwendeten Truppen Pelze liefern tungen nicht nach .

sollten,

kamen ihren Verpflich-

Ein groszer Theil der Fuszbekleidung war zu

eng, um die gelieferten warmen Fuszlappen überhaupt zur Anwendung bringen zu können u. s. w. Grausam sollten sich in den nächsten Wochen diese Mängel rächen. Am 21. October rückte zunächst das 1. Bataillon *) nach dem St. Nicolaus ab. Unweit des Hauptquartiers des commandirenden Generals wurde abgekocht und um 4 Uhr Nachmittags der Marsch nach der Höhe angetreten . Neun Werst, also noch nicht 1/2 Meilen, waren bis dahin zurückzulegen und 11 , sage elf, Stunden gröszter Anstrengung sollten auf dieser kleinen Strecke zugebracht werden. Der Weg befand

sich in geradezu

war bedeckt mit fusztiefem

Schlamm ,

kläglichem Zustande. versperrt von

Er

Geschützen,

Militairfahrzeugen und Verpflegungswagen. Ein beständig stärker werdender Regen, welcher sich zuletzt in ein unangenehmes Schlackenwetter verwandelte, machte den Marsch noch schwieriger.

Viele Fahr-

zeuge mussten zudem von der Infanterie fortgeschafft werden. Um 3 Uhr Nachts erreichte das Bataillon in einer durch dichten Nebel vermehrten Finsterniss an gähnenden sucht hatte . Es

Abgründen

wurden

die

die Höhe

vorbei

des

Berges, nachdem

mit Laternen

Befestigungsanlagen

des

es

seinen Weg ge-

1. Abschnittes

der

Stellung auf dem St. Nicolaus *) besetzt und das bisher hier postirte

Das Regiment bestand aus 3 Bataillonen , jedes zu 5 Compagnien (Rotü), mit einer Gesammtstärke von 76 Offizieren, 276 Unteroffizieren, 70 Spielleuten, 2700 Combattanten, 5 Beamten, 154 Nichtcombattanten, 41 Wagen, 174 Pferden. **) Die ganze Stellung auf dem St. Nicolaus wurde in 3 Abschnitte eingetheilt. Der erste mit der Front gegen die Türkische sogenannte „ neunäugige “ Batterie, als linker Flügel der Stellung, und zwar westlich der Schlucht , welche diese vom Minsker Berge trennte, bis einschlieszlich der Batterie Nr. 2. Der zweite, als rechter Flügel, mit der Front gegen den Waldberg. Der dritte, in der Mitte zwischen beiden , mit der Front gegen Schipka und dem Fuchsberge (Cüssaja Gora) . Dieser Theil führte seiner Bodenbeschaffenheit wegen auch die Bezeichnung „ die Felsen “ . Jeder Abschnitt wurde von einem Bataillon besetzt, von welchem 4 Compagnien in den Logements vertheilt waren, während eine als Reserve diente. Die Reserve-Compagnie des 3. Abschnitts war im 2. untergebracht, da auf „ dem Felsen " kein Platz für eine gedeckte Unterbringung der Reserve vorhanden war. Auszerdem waren in dem 1. Abschnitt noch 2 Compagnien des 16. JägerBataillons und eine Compagnie der Besatzung des 2. Abschnitts untergebracht.

Zwei Wintermonate im Schipkapass.

72

2. Bataillon des Regiments Orlow abgelöst.

Dieses Bataillon verliesz

den unbehaglichen Aufenthalt so eilig, dass es den dort in nächtlicher Dunkelheit Ankommenden nicht einmal überlieferte, wo Wasser und Brennholz auf dem Berge zu finden war. So war man vorläufig

nicht im Stande,

Thee

zu kochen und

sich zu erwärmen .

Dazu kam, dass bei Tagesanbruch die Kälte bis auf 10 Grad stieg. Die beim Hinaufsteigen durchnässten Pelze der Leute

froren in der

eisigen Kälte und dem Schneesturm, welcher sogar 2 Infanteristen eines anderen Regiments vom Berge herabwehte, derart zusammen, dass die Leute sie nicht mehr anzuziehen vermochten und hierdurch theilweise

ohne schützende Kleidung waren .

Auch die an und für

sich wenig brauchbaren Stiefeln waren kaum mehr auf die Füsze zu bringen.

Der Regimentscommandeur,

welcher zugleich auf dem St.

Nicolaus

befehligte,

erbat daher höheren Orts die

Oberst Renwald,

Genehmigung, dass die anderen Bataillone des Regiments erst hinaufrücken dürften, wenn das Unwetter nachgelassen hätte . Diese Bataillone langten bezw. des 25. 3. Abschnitt.

auf dem

Zu den Unbilden

daher auch erst am Abend des 24. ,

Berge

an

und

besetzten

der Witterung kam die

den

andauernde

2.

und

Beun-

ruhigung durch das Gewehrfeuer aus den Türkischen Verschanzungen . Dasselbe bestrich die Russischen Stellungen fast von und wurde

allen Seiten

mit Wirkung vom Feinde bis auf 1600 Schritt geführt.

Dazu fehlte es auf Russischer Seite fast völlig an gedeckten Unterkunftsräumen. Wenn auch vom Regiment manches gebessert wurde, so blieben

die fortificatorischen Anlagen

doch mehr als mangelhaft

und auf dem Felsen war naturgemäsz jeder Versuch zur Verbesserung der Stellung vergeblich. Die Erkältungskrankheiten begannen bald grosze Lücken in die Compagnien zu reiszen . Am 26. October hatte das 1. Bataillon bereits 107 Kranke,

von

denen die meisten

an erfrorenen und ge-

Im 1. Abschnitt waren folgende Batterien errichtet : Nr. 1 mit 6 Geschützen, die Zwischenbatterie mit 2 Geschützen ; Nr. 2 mit 4 Geschützen und eine Mörserbatterie mit 2 Mörsern. Im 2. Abschnitt befanden sich Batterie Nr. 3, 4 Geschütze, und Nr. 4, 2 Geschütze. Die Türkischen Befestigungen lagen an einigen Stellen nur 500 Schritt entfernt , und es gehörte eine stete Gefechtsbereitschaft dazu , um sich gegen Ueberraschungen durch die Türken zu schützen . War es denselben doch in der Nacht zum 6. September geglückt , sich auf kurze Zeit in den Besitz des Logements des 3. Abschnitts zu setzen.

Zwei Wintermonate im Schipkapass . schwollenen Füszen und

an Ruhr litten .

73

Das Feuer

des Feindes

forderte im Gegensatze hierzu wenige Opfer. Ueber die Verpflegung finden sich im Kriegstagebuch einige sehr interessante Angaben : Da ein Abkochen in der Position nicht möglich war,

so wurde

auf einem in der Nähe eines Häuscheus am Wege von Gabrowo angelegten Kochplatz gekocht und dem Regiment das Essen Abends zwischen 10 und 11 Uhr in Kesseln auf Proviantwagen in die Laufgräben gebracht. Wenn das starke Glatteis den Verkehr mit Wagen unmöglich machte, dann wurde nur die Fleischportion und der Schnaps in dazu bestimmten groszen Packtaschen hinaufgebracht. Die Portion der auf Vorposten befindlichen Truppen bestand aus 1/2 bis 2 Pfund Fleisch , 12 Glas Branntwein, 1 Pfund Thee und 3 Pfund Zucker auf je 100 Mann für den Tag : weit es die Vorräthe gestatteten.

Zwieback,

so

Sehr empfindlich war der Mangel an Wasser und Brennholz ; das Erstere musste aus einer Quelle in der Nähe des Verbandplatzes , welche noch unter dem Feuer des Feindes lag, geholt werden. Das Brennholz konnte nur in den unweit der Stellung befindDiese Arbeit wurde lichen Waldschluchten geschlagen werden . dadurch sehr erschwert, dass das Gesträuch, welches an den zugänglichen Stellen wuchs , bereits von den ersten Vertheidigern des St. Nicolaus verbraucht war und nur noch alte Bäume an sehr dem Feinde

ausgesetzten Punkten vorhanden waren .

Man beschaffte zu

dieser Arbeit Bulgarische Aexte und Handsägen . Als am 27. October das Wetter milder wurde , belebte sich das Feuergefecht auf der ganzen Linie. wald

eröffneten die Batterien

Auf Befehl des Obersten Ren-

auf dem St. Nicolaus um 111/2 Uhr

Vormittags ihr Feuer. Nachdem dasselbe bis 21/2 Uhr Mittags geein.. Die Türkischen Batterien antworteten dauert, stellte man es ein mit starkem , gutgezieltem Feuer.

Dennoch war der Russische Ver-

lust ganz unbedeutend ; auf Türkischer Seite wurde der Commandeur der Artillerie, Lehmann Pascha , ein Preusse, getödtet. tober ist

Am 29. Oc-

im Tagebuch vermerkt, dass die Zahl der Kranken des

1. Bataillons den Compagnien nicht mehr genug Leute zu den Ablösungen im Wacht- und Arbeitsdienst lasse ; von der 4. Compagnie waren sogar nur noch 50 Leute dienstfähig . Das Regiment hatte 1074 Kranke, von

denen 425

auf das

1. Bataillon kamen.

Vom

22. bis 29. October waren vom Regiment allein 606 Mann erkrankt. Diese Verhältnisse veranlassten den Commandeur der 1. Brigade , den Generalmajor Kononowitsch, vom commandirenden General die

Zwei Wintermonate im Schipkapass.

74

Genehmigung zu erwirken, dass nicht ausschlieszlich ein und dasselbe Regiment die Stellung des St. Nicolaus besetzen sollte, sondern dieser Dienst zwischen den beiden Regimentern der Brigade zu wechseln habe . Das 1. Bataillon wurde in Folge dieses Antrages bereits am 29. October um 9 Uhr Abends vom 1. Bataillon des 93. Regiments abgelöst und rückte in ein Biwak beim Hauptquartier des commandirenden Generals, wo es mit dem Bau von Erdhütten beschäftigt wurde.

An Verwundeten hatte

es während

seines Aufenthalts auf

dem St. Nicolaus nur 13 Mann verloren.

ken.

Der 30. October brachte einen ernsteren Angriff der TürWir glauben das Bild desselben am lebendigsten zu geben ,

wenn wir das Kriegstagebuch in seinen wesentlichsten Zügen sprechen lassen : „ Der Tag war klar.

Nachdem das Infanteriefeuer bereits

seit

dem frühesten Morgen gedauert hatte, eröffnete der Feind um 9¹½ Uhr aus allen seinen Batterien das Feuer.

5-pudige Türkische Bomben und Granaten platzten auf allen Theilen unserer Stellung. Unsere Batterien erwiderten das Feuer. Das Bombardement nahm mit jeder Stunde an Heftigkeit zu , auch die Logements der Reserven wurden beschossen. Der ganze St. Nicolaus war buchstäblich von Bomben und Granaten überschüttet . Eine feindliche Bombe durchschlug die Blendung der Mörser-Batterie. Die Zwischenbatterie No. 3 wurde hart

mitgenommen

Artilleriefeuers

an

und 2 schwieg

Laffeten

demontirt.

das Feuer der Infanterie.

Nachmittags trat auch im ersteren eine Pause ein , blieben in Thätigkeit . Doch um 3/4 Uhr

nach

nur

des

Um 3 Uhr die Mörser

gab die Türkische Batterie Dewjatiglasaja

(die neunäugige) ein Signal, wurde.

Von Beginn

welches

von allen anderen wiederholt

Aus der feindlichen Mörserbatterie am kahlen Berge wurden

einander

die Bomben geworfen,

welche in der Luft platzten.

Sobald die letzte geplatzt war, gaben alle Türkischen Batterien Salven und gleichzeitig brachen mit betäubendem Allahgeschrei aus den Laufgräben Türkische Schützenschwärme gegen unsere Stellung vor , denen 6 starke, geschlossene Colonnen folgten. Die 3. Schützen-Compagnie, welche häufiger einzelne aus ihren Schützengräben emportauchende Türken niedergeschossen hatte, sah plötzlich nur 400 Schritt vor sich dichte Schützenlinien und geschlossene Colonnen erscheinen .

Sie liesz in Folge dessen den Feind nicht, wie

dies befohlen war, nahe heran, sondern eröffnete sogleich das Feuer. Ihrem Beispiele folgten die 9. , 10. , 11. , der 4. Zug der 5. Compagnie des 93. , die beiden Schützencompagnien und die andern Abtheilungen

Zwei Wintermonate im Schipkapass.

des 2. Bataillons des ab.

75

warteten hingegen das Herankommen des Fein-

Die in der Reserve des 3. Abschnitts befindliche 7. und 12. Compagnie waren inzwischen von ihren Führern aus eigener Initiative in die Schützengräben dieses Abschnitts vorgeführt, da aus dieser Richtung das Allahgeschrei und das Schützenfeuer des Feindes ertönten.

am lautesten

Diese Compagnien besetzten die neben der Batterie No. 3

und dem Emplacement der 11. Compagnie befindlichen Logements unter dem heftigsten Feuer des

Feindes .

Bei

dieser Gelegenheit

schlug eine Türkische Bombe in die 7. Compagnie, tödtete 3 Mann und betäubte den an Brust und Kopf contusionirten Commandeur der Compagnie, Stabscapitain Popow, ohne dass dieser jedoch die Truppe verlassen hätte. Durch das

siebenstündige Bombardement der Stellung am St.

Nicolaus glaubten die Türken mit Bestimmtheit die Vertheidiger desselben, wenn auch nicht vernichtet, so doch so erschüttert zu haben, dass sie ohne weitere Anstrengung die Stellung in ihren Besitz bekommen würden .

Aber das mörderische ,

vorzüglich

gezielte Feuer

der 3. Schützencompagnie und die Kartätschen der Batterien geboten ihnen einen Halt, nachdem sie kaum 100 Schritt über ihre Laufgräben hinaus gekommen waren . dass sie einsahen,

Ihr augenblicklicher Verlust war so grosz,

wie es ihnen unmöglich sein würde,

Fusz des St. Nicolaus zu kommen .

bis an den

Die geschlossenen Colonnen wie

die ihnen vorangebenden Schützenlinien machten Kehrt,

hoben ihre

Verwundeten auf und liefen in ihre Verschanzungen zurück. “ Das Russische Gewehrfeuer verstummte nach dem Rückzug der Türken ; nur die Artillerie setzte ihr Feuer bis 41/2 Uhr Nachmittags Der Haltung des Regiments zollt das Kriegstagebuch besondere Anerkennung. Eigenthümlich erscheint die folgende Motivirung der

fort.

vorzeitigen Eröffnung des Feuers : „ Die vorzeitige Eröffnung des Feuers auf den zum Angriffe vorgehenden Gegner rechtfertigt sich vollkommen durch die naturgemäsz grosse Erregung bei der ersten Begegnung mit einem attakirenden Gegner, durch das Vertrauen auf die Trefflichkeit der Waffe und der eigenen Schieszausbildung. " Die Verluste waren verhältnissmäszig unbedeutend . Die Besatzung des St. Nicolaus verlor im Ganzen nur 8 Todte, 62 Verwundete, von denen auf das Regiment 7 Todte und 42 Verwundete kamen . Am 31.

October rückte das 1. Bataillon von seinem bisherigen

Biwaksplatz nach dem Brjänsker Häuschen, bei dem es in Erdhütten ein äuszerst mangelhaftes Unterkommen fand, so dass die Leute sich kaum wärmen, geschweige denn gründlich trocknen konnten .

Zwei Wintermonate im Schipkapass .

76

Das 2. Bataillon wurde am Abend dieses

Tages,

das 3. am

8. November abgelöst und ebenfalls in den Erdhütten untergebracht. Erholung gab es aber in der Reservestellung nicht, denn das Regiment wurde

zum

Flechten

von

Schanzkörben,

zu

welchen

das

fast unzugänglichen Gebirgsschluchten geholt werden musste, und zu Arbeiten aller Art verwendet. Das 1. Bataillon war Material aus

durch seinen groszen Abgang an Kranken zudem bereits so schwach, dass seine 5 Compagnien nur noch bei allen Anordnungen für 21/2 zählten . Auch unter mangelhafter Verpflegung litt man , da es unmöglich war, alle Tage die Verpflegung von Gabrowo heranzuschaffen . Der Weg dorthin war so verdorben , dass sogar leicht beladene Packpferde, welche am Morgen Gabrowo verlieszen , kaum am Abend im Biwak des Regiments anlangten . völlig aufgehört.

Die Verbindung

zu Wagen hatte fast

Am 9. November, einem sehr nebligen Tage , rückte das 2. Bataillon unter dem Befehl des Capitains Lonikoff nach dem St. Nicolaus ab zur Ablösung des

1. Bataillons 93. Regiments.

Es war

ein sehr anstrengender Marsch und bei dem dichten Nebel der Weg kaum

zu

finden,

durch dessen

fusztiefen

Schlamm eine

grosze

Menge Verpflegungswagen sich durchzuarbeiten suchte . Plötzlich schallte vom St. Nicolaus her das Alarmsignal : „ Alle " und " Colonne formiren ". Gleichzeitig hörte man Gewehrsalven . Die Verpflegungswagen machten sofort Kehrt,

und musste sich das

Bataillon einzeln auf der verfahrenen Strasze durcharbeiten .

So ge-

langte es endlich in die Position und besetzte die Schützengräben des 1. Abschnitts, welche das abzulösende Bataillon 93. Regiments inne gehabt hatte . Verwundeten. *)

Auf dem Marsch in dieselbe hatte es nur einen

Das 1. und 3. Bataillon

waren auf die gehörten Signale und

des Feuergefecht hin ebenfalls nach 7 Uhr Abends alarmirt, bis zu

*) Hier wie an anderen Stellen ist die Russische Schilderung des wahrhaft furchtbaren feindlichen Feuers und auch das Selbstlob der Tapferkeit und soldatischen Leistung der Truppe nicht wiedergegeben. Es findet sich beides stereotyp in fast allen Russischen Berichten vor und tritt im Gegensatz zu dem Style der letzteren die grosze Einfachheit unserer Preussisch-Deutschen militairischen Darstellungsweise in ein glänzendes Licht , welche vielleicht eher eine tapfere Handlung als selbstverständlich ansieht und unbelobt lässt , als sich in unsoldatischem Selbstlob ergeht. Je mehr die guten Seiten des Russischen Soldaten auch im Auslande bekannt und anerkannt sind , um so weniger sollten Russische Autoren und officielle Berichte dieselben andauernd hervorheben. Zudem macht es keinen günstigen Eindruck, wenn von ,,furchtbarem" Feuer die Rede ist und die Verluste sich in MinimalZiffern halten.

Zwei Wintermonate im Schipkapass.

77

den Erdhütten des

Regiments Podolsk vorgerückt, und erst um 12 Uhr Nachts zum Brjänskischen Häuschen zurückgekehrt.

An diesem Tage waren auch für die 10 an der Zurückweisung des Türkischen Angriffs am 3. October betheiligten Compagnien je 3 Georgskreuze angekommen. Am 10. November begann man mit umfassenden Arbeiten zur Erweiterung und Verbesserung der Erdhütten .

Doch schei-

terten alle Versuche, die Lage der Truppen zu bessern an der Ungunst der Witterung, welche die Erddecke erweichte und die kaum gebauten Hütten wieder einstürzen liesz . Der Aufenthalt in den unheizbaren , mit keinen Thüren

ver-

sehenen, 1½ und nur selten 2 Arschinen hohen Räumen ( 1 Arschin Wenn = 2 Fusz 1011/12 Zoll rheinisch) war höchst unbehaglich. auch

in

einigen

Petschurken

( eine

waren, so war es doch nicht möglich , setzlich rauchten.

Art

Kamine )

angebracht

zu heizen , da jene zu ent-

Im Ganzen wurden dem Regiment 7 Erdhütten für die Offiziere, 196 für Unteroffiziere und Gemeine angewiesen. Von letzteren waren nur 2 für je 8 Mann ,

4 für je 6 Mann und die

für 4, 3 und 2 Mann eingerichtet. vorhanden ;

übrigen

Zwei Brunnen waren im Lager

das Wasser des einen hatte sich jedoch vom Schlamm

des ihn umgebenden rothen Lehmbodens roth gefärbt, das des anderen war zwar klar,

gab

aber nur

sah sich daher oft genöthigt, aus dem in fast holen. Alle

sehr geringe Quantitäten .

Man

Wasser mit dem Brennholz zugleich

unzugänglicher

Schlucht

fliessenden

diese Verhältnisse bewirkten es , dass

Bache

zu

das Regiment am

10. November nicht weniger als 979 Kranke hatte. Am 13. November rückte das 3. Bataillon wieder auf den St. Nicolaus und besetzte dort den 3. Abschnitt.

Vom 17. November ab wurde eine 4tägige Ablösung der Bataillone auf dem St. Nicolaus befohlen. Am 15. November

enthält das Tagebuch die für den Zustand

und die Pflege der Waffen bezeichnende Notiz, dass die Gewehre von Schnee völlig verstopft seien, der Verschlussmechanismus vereist sei, die Spiralfeder nicht mehr functionire.

Die stark eingefetteten

Verschlüsse bewegten sich nicht mehr, weil das Fett gefroren war. Man sah sich genöthigt, die Verschlüsse herauszunehmen und in der Tasche aufzubewahren. Am 14. November betrug die Krankenzahl des Regiments bereits 1 096. Man vermochte

es

nicht mehr , die Kranken aus der Position

Zwei Wintermonate im Schipkapass .

78

abzufahren , weil der Weg durch den fusztiefen Koth völlig zerstört war. Sie schleppten sich daher bis zum 2. Verbandplatz ; viele fielen auf dem Wege

vor Entkräftung nieder , viele starben unter-

wegs. Vom 2. Verbandplatz schaffte man die Kranken auf Lazarethkarren nach Gabrowo.

Das ungünstige Wetter dauerte fort.

Seit dem

21. October

hatten die Leute nicht einen Tag die Möglichkeit gehabt, sich gründlich zu trocknen und zu erwärmen . Ende November hatte das Regiment bereits 1200 Kranke.

Die

Erdhütten der Erholungs-Station waren jeden Morgen tief verschneit, so dass man Waffen und Mannschaften herausgraben musste. Die sehnsüchtig am 29. ein .

erwartete

Nachricht

vom Falle Plewna's traf

Der Zustand des Regiments war auch nachgerade ein derartiger geworden, dass der Regiments -Commandeur, welcher auf dem St. Nicolaus seit dem Eintreffen des Regiments im October dort commandirte, am 2. December dem Divisions- Commandeur meldete, dass Regiment nicht auf mindestens 10 Tage in bewohnbare

wenn das

Quartiere geführt würde,

es

seiner Auflösung

entgegenginge .

Die

Leute waren so erstarrt, dass sie sich nicht allein die Kopfbedeckungen abnehmen und die Hosen aufgurten konnten . Vom 7. bis 9 . Dezember erkrankten allein 328 Mann ; einer erfror im Gliede . Die Bataillone wurden nunmehr alle 48 Stunden abgelöst und am 19., an welchem das Regiment 1717 Kranke und 1084 in Reih' und Glied zählte,

bestimmt,

1 Offizier und einige Posten, bleiben sollte .

dass in den Schützengräben nur

je

alles andere in den Unterständen ver-

Der Schneefall war so stark, dass die Offiziere häufig

aus ihren Erdhütten ausgegraben werden mussten. Die Plänkeleien mit dem Feinde waren ohne jede Bedeutung gegen die Opfer, welche die eisige Kälte des fast unaufhörlich auf dem Gebirge herrschenden Schneesturms forderte . Mit welcher Freude

daher der Befehl begrüszt wurde, welcher

am 18. Dezember das Regiment aus seiner traurigen Lage befreite und es durch das Regiment Volhynien ablösen liesz, bedarf wohl keiner weiteren Erklärung. Das Regiment erhielt den Befehl , zunächst bei Gabrowo Quartiere zu beziehen . Einige Tage mehr auf dem Schipka -

und es hätte Niemand

mehr existirt, welcher diesem Befehl Folge leisten konnte . Die Gesammtstärke aller 15 Compagnien betrug nur gegen 800 Mann. Das 3. Bataillon, welches am meisten gelitten

hatte, verliesz den St. Nicolaus in folgender Stärke :

79

Zwei Wintermonate im Schipkapass . 9. Compagnie : 10. "" 11. ""

3 Unteroffiziere

8 Gemeine .

4

"

9

4

""

5

"

12.

5

29

11

"

5

"

11

3. Schützen-Compagnie :

"

Im Ganzen 65 Bajonnete. Am 22. marschirte gend von Dranowo ;

das Regiment von

es hatte

Grabowo in die Umge-

in ersterem Orte eine grosze Anzahl

seines zum Theil freilich durch die Folgen des Frostes kaum marschfähigen Reconvalescenten an sich gezogen, so dass es bei Dranowo in der Stärke

von 5 Stabsoffizieren, 35 Hauptleuten und Subaltern-

offizieren, 239 Unteroffizieren, 44 Hautboisten (letztere waren seiner Zeit mit dem Unterstab des Regiments in Grabowo zurückgeblieben) , 1153 Gemeine

und 104 Nichtcombattanten eintraf,

von denen frei-

lich 300 Mann noch sehr leidend waren . Ein

sprechendes

Bild von

währte auch die Bagage .

den

überstandenen

Strapazen ge-

Sie war in keiner Weise mehr geeignet,

dem Truppentheil bei weiteren Operationen zu folgen . Der Verlust an Pferden und die Entkräftung der noch vorhandenen war so grosz , dass die ganze Bagage - 8 Patronenwagen, 8 Proviantwagen, 2 Lazarethfahrzeuge und für je 2 Compagnien ein Verpflegungswagen nicht auf einmal marschiren konnte . Kaum vermochten 6,

zuweilen sogar kaum 8 Pferde

die Wagen fortzu-

schaffen, für welche sonst nur 3 Pferde bestimmt waren .

Die frohe Stimmung des Regiments welches seit langer Zeit wieder nach Russischer Weise mit vorgezogenen Sängern marschirte — wurde freilich durch den am 22. mitgetheilten Befehl beeinträchtigt, dass die 24. Infanterie- Division bestimmt sei , in den Verband des IV. Armee-Corps zu treten, welches gegen Schumla und Osman Bazar, nicht aber zu den Offensiv - Operationen südlich des Balkan verwendet werden sollte . Nachdem das Regiment noch am 23. bei Tirnowo durch Kreuzung mit der heranmarschirenden 30. Infanterie-Division viele Schwierigkeiten zu bestehen gehabt hatte, trat es an diesem Tage in den Verband des IV. Armee-Corps.

Hier schlieszt die uns vorliegende Mittheilung aus dem Kriegstagebuch, welche für die Beurtheilung der Verhältnisse der Russi-

80

Die Pionier- Compagnie bei der Infanterie-Division.

schen Armee in dieser hoch interessanten Periode des letztvergangenen Feldzuges reichen Stoff liefert und aus diesem Grunde der Veröffentlichung werth erschien.

von Z.

V.

Die Pionier

Compagnie bei

der Infanterie-

Division.

Gedanken über die Anordnungen zu ihrer Verwendung.

Von L. Sander, Oberst a. D.

Einleitung. Ein mobiles Armeecorps der Deutschen Armee soll an Pionier- . Truppen und Trains haben :

3 Feld-Pionier-Compagnien , 2 Divisions -Brückentrains, 1 Corps-Brückentrain .

Hiervon wird den beiden Infanterie-Divisionen des Corps je eine Pionier-Compagnie und ein Divisions-Brückentrain, und der einen Division noch eine Pionier-Compagnie ohne Brückentrain zugetheilt. Der Corps -Brückentrain wird dem Trainbataillon überwiesen . Durch diese Vertheilung der Pioniere und der Brückentrains steigert sich

die Operationsfähigkeit der Infanterie-Divisionen,

die

an fechtenden Truppen zunächst noch durch je ein Cavallerie- Regiment und eine Abtheilung Artillerie verstärkt werden, und es muss nun die Art und Weise

noch mehr ;

der Verwendung der Pioniere

auch um so gröszere Wichtigkeit erlangen . Der Umstand, darauf zu legen,

dass

man

angefangen hat,

immer mehr Werth

dass die Infanterie in Bezug auf den Pionier nach

Möglichkeit selbstständig gemacht werde und dieserhalb einzelne in das Pionierfach schlagende Arbeiten auszuführen im Stande sei, wird hoffentlich die von anderer Seite bemerkte Thatsache verschwinden lassen ,

dass „ man

überall und bei jeder Gelegenheit, in der Ruhe

und Bewegung, in und nach dem Gefecht, wo nur Spaten und Axt

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division .

81

Nutzen schaffen können ; sich bei den anderen Waffen der Ruf nach den Pionieren erhebt ; überall die Hülfe der Pionieroffiziere und ihrer und That vom commandirenden General bis zum Zugführer begehrt wird. " Es würde dadurch einer Zersplittering des Dienstes der Pioniere vorgebeugt werden, und die höheren Truppe in Rath

Commandirenden würden mehr Freiheit in gehöriger Ausnutzung derselben für die wichtigeren Fälle erlangen.

In welcher Weise diese Ausnutzung nun ins Werk zu setzen sei, das darzulegen wollen wir hiermit versuchen . Zu diesem Behufe erscheint es dienlich, I.

Die

im Felde

gewöhnlich

vorkommenden

Pionierarbeiten,

obwohl eine allgemeine Bekanntschaft mit denselben in der Armee vorausgesetzt werden darf, noch einmal kurz vorzuführen ; demnächst II. Dieselben unter den verschiedenen Lagen des Krieges, als : A. Operationen , B. Vorbereitung zum Kampf,

C. Kampf selbst, und D. Ruhe, dem vorliegenden Zwecke endlich

entsprechend durchzugehen,

und hieran

III. einige Schlussbetrachtungen über die Verwendung und Ausbildung der Pioniere anzuknüpfen . Eine weitere Veranschaulichung

der

über die

Erörterungen

Pionierarbeiten unter den verschiedenen Kriegslagen soll an den betreffenden Stellen durch Ausführung einiger von den zahlreichen Beispielen aus dem Deutsch-Französischen Kriege von 1870/71 bewirkt werden . Als mustergültig mögen dieselben nicht durchweg anzusehen sein, aber immerhin als sehr geeignet, die , wie zuvor erwähnt, beabsichtigte Veranschaulichung zu geben. I. Die im Felde gewöhnlich vorkommenden Pionier - Arbeiten. Bei Vorführung

dieser Arbeiten wird unser Augenmerk haupt-

sächlich darauf gerichtet sein, den Grad ihrer Ausführbarkeit im Allgemeinen zu bezeichnen . Im Uebrigen sei wiederum im Voraus bemerkt, denselben eigentlich keine giebt,

die

dass es unter

nicht auch von der Infanterie

unter Hinzuziehung der im Feld-Pionier-Dienst ausgebildeten Offiziere und Unteroffiziere ausgeführt nieren hinsichtlich

werden könnte,

der Schnelligkeit,

dass indess den Pio-

Sicherheit und Correctheit in

der Ausführung immer der Vorrang verbleiben wird. Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI.

6

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

82

a . Wegebau.

Die Neuanlage oder auch nur Ausbesserung von

Wegen, auf welchen ein Verkehr wie im Felde unter allen Witterungsverhältnissen möglich bleiben soll, ist sehr umständlich und langwierig .

Es sind dazu nöthig bezw. schon dienlich :

oder weniger gekleintem Zustande , Faschinen.

Diese Gegenstände

Kies,

Sand,

Steine in mehr

Strauch, Knüppel,

müssen also herangeschafft,

aber meist nicht ohne Weiteres

dürfen

auf der zum Wege ausersehenen

Bodenoberfläche ausgebreitet werden, sondern man muss letztere fast immer durch besondere Masznahmen erst vorbereiten . Sehr oft zwingen auch die Verhältnisse , von alledem Abstand zu nehmen und es kommt dann darauf an, auf der Bodenoberfläche solche Strecken auszusuchen und zu bezeichnen, die man ohne Weiteres, höchstens

unter Beseitigung

unzweifelhafter Hindernisse , als Wege

benutzen kann (Colonnenwege). Die

nothbehelfliche

Herstellung

Wegen unter Anwendung zuvor

von

vorhandenen

angegebener

Mittel

schlechten

erfordert

die

gröszte Umsicht und Sachkenntniss, wenn die Arbeit nicht vergeblich bleiben soll. Es scheint denn auch, dass nach alledem die selbstständige Ausführung eigentlicher Wegearbeiten den anderen zugemuthet werden soll. b. Brückenbau .

Truppen

weniger

Brücken werden im Felde entweder mit dem

Material der Brückentrains in

reglementarischer Weise,

oder

mit

anderweitig zusammengebrachtem Material nach Maszgabe der jedesmaligen Umstände gebaut. Im Ganzen heiszen sie Kriegsbrücken ; im letzteren Fall besonders Feldbrücken ; für den ersteren könnte man die Benennung Normalbrücken anwenden. Diese können nach fast ganz genauer Zeitangabe und im Allgemeinen schneller hergestellt werden , als Feldbrücken , zu solchen das

selbst wenn

benöthigte Material beschafft und auch zugerichtet

wäre. Zu beachten bleibt nur, dass die Fertigstellung einer Brücke allein noch nicht hinreicht, um den Uebergang beginnen zu lassen ; dass vielmehr auch für Herstellung mindestens eines dem beabsichtigten Zweck entsprechenden Zuganges auf jedem Ufer zu sorgen ist, was in manchen Fällen mehr Zeit in Anspruch nehmen kann , als der Brückenschlag selbst. Der ungünstigste Fall ist der, wenn vor Herstellung des Zugangs möglich ist .

auch der Brückenschlag

selbst nicht

Zuweilen wird man ferner von dem Material des Brückentrains gar nicht Gebrauch

machen können,

oder wenigstens nicht gern

wollen, wie bei Herstellung von Uebergängen über zerstörte Brücken,

83

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie- Division .

weil damit bunden ist.

ein Verderben des

ersteren

mehr oder weniger ver-

Endlich giebt es auch, von sonstigen,

allenfalls möglichen, un-

günstigen Verhältnissen abgesehen , einen Fall, wo weder Normalnoch Feldbrücken bestehen können, nämlich starker Eisgang auf Flüssen . Die Ausbildung der Infanterie weitgehende,

dass

sie

in den

Augenblicks genügen können, habens

durch

im Feldbrückenbau ist eine so

meisten Fällen dem Bedürfniss des

eine gänzliche Vereitelung ihres Vor-

die unvorhergesehene Nothwendigkeit eines Brücken-

schlags auch in Ermangelung von Pionieren treten wird. c. Vertheidigungseinrichtungen .

aber nur selten ein-

Die Benennung der Arten

von Vertheidigungseinrichtungen betreffend, so begreifen wir hier in Hinblick darauf, dass man von Alters her unter „ schanzen " vorzugsweise die Arbeit mit Spaten und Hacke verstanden hat, solche auf unbedecktem Gelände unter Schanzarbeiten, auf bedecktem, wie bei Ortschaften,

einzelnen Gebäuden , Wäldern u. dgl .

aber unter Orts-

einrichtungen. Von den Schanzarbeiten ferner unterscheiden wir noch : leichte, wie Schützengräben in den verschiedenen Abstufungen ihrer Stärke , Schützenlöcher und allerlei Hindernissmittel, mit Ausnahme von Pallisaden und Sturmpfählen ; demnächst aber : Schanzen mit Brustwehren so stark und so hoch, dahinter stehenden sichert sind .

Vertheidiger gegen directes

Die Anlage von Deckungen

dass die

Geschützfeuer ge-

für die Cavallerie (Geschütz- und

Protzendeckungen) bleiben hier unberührt, indem bei der Ausführung derselben Infanterie höchstens ausnahmsweise betheiligt ist. Ortseinrichtungen theilen wir in leichte und förmliche , je nach ihrer behelfsweisen kommenheit.

der

Ausführung

oder

Vollständigkeit

und

Voll-

Die betreffenden Instructionsbücher, von welchen namentlich Leitfaden für den Unterricht der Infanterie im Feld-Pionier-

dienst

und

Abschnitt

V.

vom

"" Handbuch

Pionierdienst " anzuführen sind , thun

dar,

für den allgemeinen

dass ein Tag hinreichen

müsse, um bei Verstärkung einer Stellung allen Anforderungen zu genügen, die an leichte Schanzarbeiten gestellt werden können . Dasselbe gilt auch von Ortseinrichtungen. Anders verhält es sich mit den können nur

unter den

Schanzen .

günstigsten Umständen,

Selbst Pioniere

also

wenn 6*

sie

in

84

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division .

gehöriger Anzahl vorhanden sind, bei gutem Boden , guter Jahreszeit und Witterung eine Schanze allenfalls in einem Tage fertig stellen ; Infanterie wird aber unter denselben Umständen immer mindestens das Doppelte an Zeit bedürfen . Die Ausbildung der Infanterie in der Feldbefestigung ist ebendass es meist nur noch einer weiteren

falls eine so weit gehende, Anleitung im

Groszen

bedarf,

vorausgesetzt,

dass

sie

mit

dem

benöthigten Schanz- und Werkzeug versehen sei. d. Zerstörungsarbeiten .

Unwillkürlich denkt man sich den

Zweck von Zerstörungsarbeiten entgegengesetzt den von Wege- und Brückenbauten, und so verhält es sich auch in der That mit jenen Arbeiten im Feldkriege ; denn sie sind zumeist auf Verderben und Unterbrechen von Telegraphen,

Ortsverbindungen ,

welche

dem

als

Wege ,

Eisenbahnen

und

Feinde

noch nützen können , gerichtet . Von geringerem Belange pflegen die Zerstörungen behufs Wiedereröffnung

der eigenen, vom Feinde gesperrten Wegeverbindungen oder zu sonstigen Zwecken zu sein. Die Ausführbarkeit von arbeiten gegenüber

erheblich

Zerstörungen ist zwar Herstellungsbegünstigt ;

zu

beachten bleibt aber

doch, dass die gründliche Zerstörung eines irgend widerstandsfähigen Gegenstandes , selbst wenn man sich im Besitz der gehörigen Mittel befindet, nicht das Werk von Minuten ist, dass vielmehr meist mehrere Stunden, ja zuweilen ganze Tage dazu erforderlich werden , und dass die Ausführung der diesfälligen Arbeiten eine besondere längere Ausbildung voraussetzt . Die Ausbildung der Infanterie (und nicht minder der Cavallerie) in diesem Zweige des Feld- Pionierdienstes erstreckt sich dann auch nur auf Unterbrechung und Zerstörung der Eisenbahnen bezw .

der

Telegraphenleitungen . e. Lagerbau.

Unter Lagern der Truppen im Felde

man gemeinhin den Ruheaufenthalt derselben im Freien . ihnen dabei an Einrichtungen nöthig oder dienlich ist, sich

selbst herstellen ; zunächst,

wie

es

versteht

Alles , was müssen

die Zeit erlaubt,

sie

worauf

dann Verbesserungen nach und nach eintreten können . Nur längerer Aufenthalt auf ein und derselben Stelle und besondere Umstände pflegen Arbeiten

zu

veranlassen ,

durch

welche

den Zwecken der Unterbringung der Truppen in vollkommener Weise genügt wird. Auch hierin geht die Ausbildung der Infanterie so weit,

dass

sie fast allen Ansprüchen der Lagerung im Felde selbstständig

zu

85

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

genügen im Stande ist und dass es derselben nur noch auf Erlangung des benöthigten Werkzeuges ankommen kann. f.

Dienst mit der Waffe.

Die Ausbildung der Pioniere mit

der Waffe ist eine solche, dass , lediglich die Möglichkeit betreffend, ihre Verwendung als Infanterie fast keiner Beschränkung unterliegt . g.

Verschiedene

Arbeiten .

Häufig

Erfahrung gelehrt hat, der Fall ein,

tritt

noch,

wie

die

Arbeiten ausführen zu müssen,

die unter keine der angeführten Arten gehören, aber eine technische Fertigkeit voraussetzen, wie sie unter den Truppen im Allgemeinen nur die Pioniere besitzen . Meist erfordern solche Arbeiten überdies ein Mehreres an Zeit, sowie besonderes Material und Werkzeug.

II. Die Verwendung der Pionier - Compagnie bei der InfanterieDivision in den besondern Fällen der Kriegslage. Geht aus dem bisher Angeführten hervor, dass Infanterie und Pioniere in ihren Leistungen sich zwar annährend zu ersetzen im Stande sind, letztern jedoch hinsichts der im Felde vorkommenden Arbeiten eine besondere Leistungsfähigkeit beiwohnt, so ist es natürlich, dass bei einer Infanterie-Division die Bestimmungen über die Verwendung der Pioniere der Divisions-Commandeur treffen und das dieserhalb Erforderliche auch seinen Platz in der dem GeneralstabsOffizier

der

Division

vorbehaltenen

Bearbeitung

der

eigentlichen

Operationen Platz finden muss, so dass also auch Thätigkeit und wiederum Ruhe der Pioniere hiernach im Ganzen gewissermaszen ihre Regelung finden. Hierin darf kein Anderer willkürlich eingreifen . Pionier-Compagnie

bei

der einem

Wenn aber die

besondern Theil der Infanterie-

Division, einer Brigade oder auch einem Regiment, gestellten Aufgabe in Thätigkeit treten soll , so muss sie dem Commandeur für den gegebenen Fall unterstellt werden, auf welchen dann die Sorge für sachgemäsze Ausnutzung der Pioniere übergeht . Es ist deshalb erforderlich, dass alle, welche in dem betreffenden Commando mitzuwirken haben, über die Leistungen der Pioniere mit den personellen und materiellen Mitteln, die sie an sich besitzen bezw. mit sich führen und unter Umständen sich noch verschaffen können, unterrichtet sind.

In einem solchen Falle

namentlich wird man aber gern einen

Theil jener Sorge auf den Führer der Pionier-Compagnie selbst übertragen. Für diesen wird es dann um so schwerwiegender , die Grenzen der Leistungsfähigkeit seiner Truppe genau zu kennen, weil ein Fehlschlag bei den Pionieren

selten durch anderweitige Erfolge

Die Pionier- Compagnie bei der Infanterie-Division.

86

gut gemacht werden kann, wie dies bei den übrigen Truppen untereinander öfter vorkommt. Es tritt ferner alsdann der Fall ein , wo auch dem Führer der Pionier-Compagnie in

ähnlicher Weise ,

wie es

für die

im Range

höher stehenden selbstständigen Führer bei der Division erforderlich erachtet wird, ausreichend über den vorliegenden Zweck unterrichtet. werden muss . Er muss es daher auch verstehen, aus seiner Unterrichtung über den allgemeinen Zweck Nutzen für das Ganze zu schaffen .

Um

entscheidende Dinge kann es sich in

dieser Beziehung

jedoch wohl nie handeln , denn es ist selbstverständlich ,

dass

für

solche in vollem Maasze die Einwirkung des Commandeurs des Ganzen stattgefunden habe . Die Mittheilung von Befehlen, über bestimmte,

aber mündlich

oder

schriftlich,

den Pionieren zugedachte Aufgaben muss zur rich-

tigen Zeit und in der nothwendigen Ausdehnung auch aus dem Grunde erfolgen , weil sonst häufig günstige Gelegenheiten zur Vorbereitung der betreffenden Aufträge ungenutzt vorüber gehen werden, welche später nur schwer oder gar nicht mehr eingebracht werden können . Noch glauben wir, nicht unterlassen zu dürfen, der Mittel, welchezur Vorbereitung der gehörigen Ausnutzung der Pioniere nicht minder, als zur Vorbereitung und Leitung der Operationen überhaupt dienen, wenigstens Erwähnung zu thun. Dies sind, für die Reihenfolge die Leichtigkeit der Anwendung zu Grunde gelegt, erstens gute . so viel als möglich current erhaltene Karten : demnächst folgen Erkundigungen , die um so früher anzustellen sind, je weniger auf die Karten mit Bezug auf den gerade vorliegenden Zweck vertraut werden kann ; endlich Recognoscirungen, welche, nach Umständen mehr oder weniger auf Karten gestützt, immer die sicherste Auskunft verschaffen. Ob bei Ausführung der Recognoscirungsaufträge von vorn herein ein Offizier der Pionier- Compagnie

zuzuziehen sei ,

dem Gegenstande ab, denn es soll ja

hängt sehr von

wenigstens ein Generalstabs-

Offizier jeden solchen Auftrag , welcher sich nicht gar zu sehr in technische Details verliert, ausreichend zu erfüllen im Stande sein . Erfreulich ist es auf der andern Seite ,

an sehr bedeutender Stelle

ausgesprochen zu finden : „ da man im Kriege, um in der Erreichung seiner Zwecke solle ,

sicher zu

sein ,

kein Hülfsmittel unbenutzt lassen

so wäre es thöricht, auf die Unterstützung von technisch be-

sonders vorgebildeten Offizieren zu verzichten, abgesehen davon, dass man letzteren selbst durch die Beanspruchung ihrer Theilnahme an

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

87

Recognoscirungen stets eine grosze Freude zu bereiten pflege " ,

wo-

von letzterer Passus doch wohl so zu verstehen ist, dass einem jeden für seine besonderen Zwecke stets am besten mit dem gedient sei , was er selbst gesehen, bezw. untersucht habe .

A. Operationen. Die Operationen können der Natur der Sache nach in der Regel zwar nicht als das Feld ununterbrochener und gewissermaaszen gehäufter Pionierthätigkeit angesehen werden ; dagegen fordern sie alle Um- und Voraussicht der leitenden Persönlichkeiten heraus , um die Pioniere auch stets

so zur Verwendung zu bringen, dass womöglich

keine solche Stockung eintrete , die nicht wieder ausgeglichen werden kann . Ein wichtiger Punkt ist in dieser Beziehung schon die Eintheilung der Pioniere .

Dem entsprechend findet man denn auch in des-

fälligen Lehren dieselbe jetzt so vorgesehen , dass die Pioniere möglichst zur Hand sind . Die Pionier-Compagnie der Division , oft auch der Divisions -Brückentrain , wird nämlich der Avantgarde überwiesen, und, wenn eine

auf zwei nahe

nebeneinander laufenden Wegen in

zwei Colonnen marschirende Division auch für jede derselben eine eigene Avantgarde bildet, auf diese vertheilt. Wenn ferner bei Fühlung mit dem Feinde ,

um die Marschtiefen der einzelnen Truppen-

verbände möglichst zu verringern, momentan alles ausgesondert werden soll, was für das Zusammentreffen mit dem Feinde nicht durchaus erforderlich ist ,

so sollen doch den Pionieren unmittelbar nicht

nur deren Compagniefahrzeuge (ausgenommen Pack- und Marketenderwagen) , sondern nach Umständen auch die Brückenfahrzeuge folgen. Die Marschordnung aber für die Avantgarde und sonstige Abtheilungen soll der betreffende Commandeur ordnen .

Die Eintheilung der

Pioniere bezw. des Brückentrains bei einer Division endlich, die als zweite Staffel marschirt , soll nach den jedesmaligen Verhältnissen geregelt werden, namentlich mit Rücksicht auf ein etwa in Aussicht stehendes Gefecht . Daneben muss von den Pionieren

zum öftern

eine höhere

als

die gewöhnliche Tagesmarschleistung gefordert werden . Begünstigt werden dieselben dabei durch den Umstand , in kleinerem Verbande marschiren zu können ; dann ist auch häufig Gelegenheit, die höhere Leistung des

einen durch die geringere

gleichen ; endlich aber muss man liegenden

Umstände

des andern Tages auszu-

nach Maaszgabe

der grade vor-

zu dem Auskunftsmittel greifen ,

die Pionier-

88

Die Pionier -Compagnie bei der Infanterie -Division .

Compagnie , oder wenigstens einen Theil derselben , Wagen zu befördern .

a.

Wegebau bei den Operationen.

Von entscheidendem

für die Anordnung der Operationen,

Einfluss

auf requirirten

namentlich derjenigen

in der Nähe des Feindes, ist das Wegenetz .

Seine Gunst oder Un-

gunst hängt von der Zahl und Brauchbarkeit der verfügbaren Wege ab. Bei der Zahl muss es während der Operationen in der Regel sein Bewenden behalten ; aber die Brauchbarkeit lässt nach Maszgabe der zu erübrigenden Zeit doch stets Nachhülfen zu, und wenn letztere auch nicht auf ausgedehnten Wegestrecken stattfinden können, so sind sie von nicht minderem Nutzen, wenn sie die allgemeine Benutzung eines Weges durch Verbesserung bzw. Wiederherstellung desselben an einer oder an mehreren Stellen eröffnen. Dazu also oder mit anderen Worten, die Pioniere

muss Zeit geschafft, Colonne müssen

zeitig als möglich von

so

einem

einer

solchen Fall be-

nachrichtigt und demnächst zur Abhülfe in Bewegung gesetzt werden . Die Grundlage

solcher Masznahmen bilden die Meldungen der

vordersten Cavallerie-Abtheilungen, welche täglich mit den Nachrichten über den Feind auch solche über die Brauchbarkeit der von ihnen passirten Wege machen sollen . Ihre Vervollständigung finden diese Meldungen durch Offizierpatrouillen der Divisions-Cavallerie , welche

neben Unterhaltung der Verbindung

mit den weiter vorge-

schobenen Cavalleriekörpern auch andere Dinge mentlich die Wege recognosciren sollen . Immer und

namentlich

in der

erforschen und na-

Vorwärtsbewegung mit naher

Fühlung am Feinde ist die vorherige Recognoscirung der einzuschlagenden Wege auf die zuvor angegebene Weise freilich nicht möglich ; alsdann können wenigstens bei den Landeseinwohnern eingezogene Erkundigungen erwünschte Auskunft verschaffen. Aus Karten aber lässt sich selbstredend kaum jemals ablesen, ob eine Voraussendung von Pionieren für Wegearbeiten, treten muss .

wie wir sie im Sinne haben,

ein-

Ein Anderes ist es noch mit den Colonnenwegen, d . h . solchen Wegen, deren Richtung

man in einer im Uebrigen als vom Feinde

frei zu betrachtenden Gegend beim Mangel brauchbarer Karten oder sonstiger zuverlässiger Angaben nicht kennt und die deshalb, meistens zum Zweck des Marsches mehrerer Colonnen gleichzeitig nach einem Ziel, aufgesucht werden müssen . Es soll dabei in erster Linie die Ausbeutung des Wegenetzes Geländes

stattfinden .

Die

selbst,

demnächst

ermittelten Wege,

aber des wegbaren

namentlich aber

auszerhalb des vorhandenen Wegenetzes fallenden,

die

sollen besonders

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division .

kenntlich gemacht werden .

89

Das Aufsuchen der Colonnenwege muss

geeignete berittene Offiziere jeder Colonnen geschehen , welche

durch

dieselben benutzen sollen, übrigens nach einem gemeinsamen , von der die Marsche anordnenden Commandobehörde aufgestellten Plan . Die Art und Ausführung des Bezeichnens der Colonnenwege richtet sich der dafür verfügbaren Zeit :

nach

nöthigenfalls erfolgt dasselbe mit.

von berittenen Mannschaften , welche jene Offiziere gleich mit ehmen.

Hülfe sich

Es ist sehr einladend zu den hier erwähnten Geschäften, namentlich zu dem Bezeichnen der Colonnenwege die Pionier-Compagnie der Division zu verwenden. Dies von vorneherein zu thun und so die Pioniere zu zersplittern, ist aber nicht rathsam ; vielmehr müssen dieselben für den Fall zusammen gehalten werden, dass es sich nothwendig

erweist, eine sonst günstige Strecke durch auszerordentliche,

an einzelnen Stellen vorzunehmende Arbeiten für den gerade vorliegenden Zweck auch wirklich benutzbar zu machen . Wo auf dergleichen gerechnet werden kann, der Pionier-Compagnie hinzuzuziehen .

das

da ist es geboten,

gleich beim Aufsuchen des

einen Offizier Colonnenweges

Beispiele. 1. Von der III. Armee hatte sich am 4. August 1. Armeecorps von Rohrbach durch den Bienwald auf Bien-

waldshütte zu dirigiren formiren, die über

und

hierbei seine besondere Avantgarde zu

die Lauter vordringen

und auf den jenseitigen

Höhen Vorposten aussetzen sollte. Die Truppen der Avantgarde waren der 21. Infanterie-Division entnommen, darunter ein Detachement

der zur letzteren gehörigen 1. Feld-Pionier-Compagnie mit vier Strecken Brückenmaterial (vom leichten Feldbrückentrain) . Die Avantgarde fand an dem genannten Tage früh die Brücken bei Bienwaldmühle und Bienwaldhütte nicht zerstört : gleichwohl wurden sofort wege

noch drei weitere Uebergänge hergestellt und auch Colonnenzu denselben abgesteckt.

2. Bei dem Vorrücken der III. Armee gegen die Saar erlitt am 8. August der rechte Flügel derselben Aufenthalt durch die vermöge ihrer Lage fast unangreifbare kleine Festung Bitsch, welche die dortigen Hauptstraszen sperrt . Die Beschieszung der Stadt durch eine Bayerische Batterie mit Brandgranaten erzielte keinen sichtbaren Erfolg, und es wurden nun die schlechten Seitenwege, auf welchen man die Festung umgehen musste, sogleich recognoscirt und so viel als möglich ausgebessert.

um

Die 12. Division ging alsdann in Verfolg ihres Zieles nördlich die Festung.

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

90

Das II. Bayerische Corps umging den Platz südlich auf Wegen , die durch

ein sehr

Ausführung der

schwieriges waldiges Berggelände führten .

dieserhalb

noch

erforderlichen Arbeiten in

Die einer

Gesammtlänge von ungefähr 14 Meilen erfolgte durch die 2. FeldGenie-Division

vom 8. bis 9. August

11 Uhr Vormittags so weit ,

dass das Corps den Vormarsch antreten konnte . 3. Auf dem Marsch der 22. Division von

Chateaudun

nach

Chartres erfuhr der Commandeur am 20. October durch Meldungen der Patrouillen, dass die Chaussee eine Meile südlich letzterer Stadt ungangbar gemacht sei .

Zum Zweck des von ihm beschlossenen ,

von Südosten auszuführenden, Angriffs schob er deshalb am 21. October in aller Frühe eine kleine Avantgarde nach Thivars vor, welche durch die ihr zugetheilte Abtheilung Pioniere die Chaussee wieder in brauchbaren Zustand setzen liesz . b. Brückenbau bei den Operationen. Die Marschlinien werden vielfach von Hindernissen durchschnitten bezw. von einander getrennt, welche Brücken erfordern . Linien , wo die Brücken, durch den Friedensverkehr bedingt, vorhanden sind , reichen aber oft nicht aus , und überdies findet man viele Brücken entweder vom Feinde zerstört oder überhaupt nicht ohne Weiteres gebrauchsfähig. Daraus geht hervor, dass man bei den Operationen sich häufig zu Brückenarbeiten genöthigt sehen muss . Hinsichtlich der Recognoscirungen ist man in diesem Falle auf die vorbereitende Mithülfe der vordersten Cavallerie-Abtheilungen in geringerem Maasze

angewiesen,

als bei den Wegen ; es

gewähren

vielmehr die Karten eine erhebliche Erleichterung, da man aus denselben meist

ersehen kann ,

wo

neue

Brücken geschlagen werden

müssen, oder möglicher Weise auf Herstellungsarbeiten zu rechnen ist. Die Pionier-Compagnie kann also schon hiernach mit Anweisung versehen ,

und so in den Stand gesetzt werden , die weiteren

Recognoscirungen selbst vorzunehmen .

Je früher dies geschieht , um

so mehr kürzt sich der durch den Brückenschlag und die damit verbundenen Nebenarbeiten veranlasste Aufenthalt ab. Führen Verzögerungen bei den Operationen immer allerlei Missstände mit sich, so wird es von der allergröszten Wichtigkeit, dieselben zu vermeiden, wenn man sich in der Nähe des Feindes befindet, sei es in der Vor- oder Rückwärtsbewegung . Sobald also bei beabsichtigtem Flussübergang in eigener Offensive auf Grund der bestehenden Kriegslage und der Gebäudeverhältnisse im Groszen schehen

soll,

die Strecke

muss die

festgestellt ist, auf welcher jener ge-

Pionier- Compagnie und das

Brückentrain

91

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

bezw . soviel deren bei dem Uebergang mit zu wirken haben, dorthin geleitet werden , und die Recognoscirung der Flussstrecke Behufs Auswahl der Brückenstelle unter Erwägung der einschlagenden taktischen und technischen Bedingungen nicht ohne Zuziehung eines Offiziers der Pioniere statt finden . Bei rückwärtiger Bewegung ist vorauszusetzen , dass, so lange es noch Zeit war, an für den Rückzug günstiger Stelle eine Brücke geschlagen sei . Dem gegenüber finden wir anderwärts darauf hingewiesen , dass sich im Feldzuge von 1870/71 die Pionier-Compagnien , sowie die leichten Feldbrückentrains bei einigen Armeecorps häufig nicht an den Têten der Avantgarden befunden haben, die Pontoncolonnen aber meistens an der Queue des Armeecorps, wodurch bei vielen Gelegenheiten Zeitverluste entstanden sind. Bei alledem hat Brückenschlag damals eine der hauptsächlichsten Pionierthätigkeiten dargestellt. Beispiele . vallerie-Division

1. Als die der III. Armee vorangeschickte 4. Caam 11. August an der Saar bei Dianne Capelle

ankam , war die dortige Brücke kurz zuvor gesprengt worden . Unter diesen Umständen wurde aus Sarreburg ein Pionier-Commando des XI. Armeecorps auf Wagen vorgeschickt, welches 200 Schritt südlich jener Stelle bis zum nächsten Vormittag eine Schiffbrücke herstellte . 2. Das V. Armeecorps schob am 16. August seine Avantgarden bis Richardmenil und Basse Flavigny an die Mosel vor. bei letzterem Ort Pionieren erforderte.

war ebenfalls

erst wieder gangbar gemacht werden, Mit

Hülfe

des

Die Brücke

gesprengt und musste von den

Brückentrains

was

27 Stunden

geschah die Herstellung

noch eines zweiten Ueberganges. 3. Die 6. Infanterie-Division hatte am 15. August behufs Uebergang über die Mosel bei Champay einen Brückenschlag vorzunehmen . Derselbe geschah mittelst des bei dem hohen Wasserstande ausreichte .

Man

gröszeren Theile

leichten Feldbrückentrains,

der aber

nur zur Herstellung einer Laufbrücke

sah sich dadurch veranlasst, der Artillerie , des Dragoner-Regiments

Nr. 2

dem

und sämmtlichen

Fahrzeugen die Richtung über Pont à Mousson zu geben, was diesen Theilen einen sehr beschwerlichen Marsch bereitete . 4. In den Waldungen, durch welche am 30. August die Anmarschlinien der Deutschen auf Beaumont führten, bot auszer den in Folge des

seit

einigen Tagen

anhaltenden Regenwetters

aufge-

weichten und tief ausgefahrenen Wegen der sumpfige Wammebach , welcher auf seinem oberen Laufe den Wald durchschneidet und nur auf einigen Brücken überschritten werden konnte,

ein ferneres Hin-

92

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

derniss.

Dieselben

mussten

Stand gesetzt werden, Aufenthalt veranlasst. 5.

Merkwürdig

zum Gebrauch

und wurde

ist

für Fuhrwerk erst in

auch hierdurch wieder mancher

der durch die Bayern bei Bazeilles ausge-

führte Brückenschlag besonders dadurch, dass er angesichts der bei Sedan versammelten Französischen Armee ausgeführt werden konnte, Nachdem es am ohne dass diese etwas dagegen unternahm . 31. August der

1. Bayerischen Feld-Genie -Division

gelungen war,

den Brückentrain durch die verfahrenen Straszen um 21/2 Uhr Nachmittags bis zur Maas zu bringen, wurden auf Anordnung des General von der Tann alsbald zwei Brücken geschlagen, jedoch zum Theil wieder abgebrochen, nachdem um 52 Uhr die Mittheilung eingegangen war, dass die Maas -Armee für diesen Tag ihre Bewegungen beendet habe . Am

1. September Morgens 3 Uhr wurde

auf Befehl des I. Bayeri-

schen Corps wieder zum Schluss der Brücken geschritten. erfolgte wo

bei der einen bereits nach zehn Minuten ;

Derselbe

bei der anderen

zum Theil unvorbereitetes Material eingebaut werden musste ,

erst gegen 6 Uhr. 6.

Als am 17. September die

der Südseite von Paris vorging, forderlich.

III. Armee

zur Einschlieszung

wurde Brückenschlag mehrfach er-

Unter anderen schlugen die Pioniere des V. Armeecorps,

während man in der rechten Flanke der 9. Division am Mont Mesly mit dem Feinde zusammenstiesz, eine Pontonbrücke bei Villeneuve St. Georges .

Zum Schutze dieser Arbeit war das 1. Bataillon des

Regiments Nr. 47

und eine Dragoner-Abtheilung

auf Kähnen über

die Seine gesetzt und, einige Franctireure vor sich her treibend, am linken Ufer in Stellung gegangen. 7. Als die der Armee-Abtheilung

des Groszherzogs von Meck-

lenburg zugetheilte 22. Infanterie-Division aus der Gegend zwischen Toury und Chartres nach Pionier-Compagnie über die

Eure .

letzterem Ort abrücken sollte,

dieser Division Dies

am 16. November

schlug die

eine Brücke

geschah unter Zuhülfenahme eines Brücken-

trains, welchen man schon seit längerer Zeit

improvisirt hatte ,

da

die Armee-Abtheilung einen normalen Brückentrain nicht besasz . 8. Als die II. Armee in der ersten Hälfte des Dezember von Orleans aus auf Blois operirte , waren vom Feinde auf dieser Strecke alle Loirebrücken

zerstört worden,

und es wurde

die Verbindung

der beiden Loire-Ufer von den Pionieren (Preuszischen und Hessischen beim IX . Armeecorps) zunächst nur durch Fähren bzw. Pontons vermittelt. schlag sehr.

Starker Eisgang und der Strom erschwerten den BrückenEs gelang jedoch der 2. Feld-Pionier-Compagnie des

Die Geschützfrage in England.

93

X. Armeecorps , die Brücke bei Beaugency, in welcher eine Oeffnung von 32 m Weite gesprengt war, Infanterie brauchbar

zu

am 10. und 11. Dezember für die

machen .

Man bediente

sich dabei requi-

rirter Schiffsgefäsze und stellte die Verbindung mit dem stehen gebliebenen hochgelegenen Strompfeiler mittelst Treppen her.

(Fortsetzung folgt.)

VI.

Die Geschützfrage in England . (Geschrieben den 15. März 1879.) Die mehrfach auch an dieser Stelle besprochene Geschützfrage in England ist am 27. Februar Gegenstand der Erörterungen im Englischen Unterhause gewesen. Major Nolan lenkte

die Aufmerksamkeit des Hauses

auf den 1

seltsamen Umstand, dass England neuerdings der einzigste Staat sei, welcher ausschlieszlich dem Vorderladungs-System anhänge, während die übrigen Staaten sich zum Hinterlader bekannt hätten .

Er legte

hierbei die Vortheile des Hinterladers gegenüber dem Vorderlader dar, die uns hinlänglich bekannt sind, und schloss seine Auseinandersetzungen mit dem Wunsche :

",,dass

der grosze Unterschied ,

(Englischen)

Geschütz

und

welcher

denjenigen

zwischen unserem der

auswärtigen

Mächte besteht, eine sorgfältige Prüfung erheische, und dass es unklug

sei ,

die Versuche

mit denjenigen Klassen der

Hinterlader ferner hinauszuschieben, welche jetzt die anderen Mächte besitzen . " Unterstützt wurde J. Hay.

diese Ansicht durch Sir G. Balfour und Sir

Der letztere führte im besonderen aus,

dass der heutige

Hinterlader gegen den früheren sehr vervollkommnet sei ; er sei einfach und biete den Vortheil eines längeren Geschützes mit stärkerer Ladung und gröszerer Treffsicherheit. Von Seiten der Behörde erwiderte Lord E. Cecil, dass die Regierung Ihrer Majestät zur Frage durchaus neutral stehe.

Sie habe

im Heere, wie in der Marine, das gegenwärtige Geschütz- System vorgefunden. Es sei eingeführt mit einem Kostenaufwand von vier bis sechs Millionen und das Geschütz wäre damals allgemein für so

94

Die Geschützfrage in England .

vortrefflich, wie nur eines in Europa, gehalten worden .

Er zweifle

nicht, dass ein besseres Geschütz hergestellt werden könne, indessen dieses bessere Geschütz scheine noch nicht vorhanden zu sein . Man habe die Frage 29 Hinterlader oder Vorderlader?" wohl in Erwägung gezogen, aber man habe noch keine Erfindung erkannt, welche dem Staate nutzbringend sein würde . sei keineswegs

Der Direktor der Artillerie u . s . w.

voreingenommen für Vorderlader

oder Hinterlader,

sondern nur bedacht, das bestmöglichste Geschütz fertigzustellen . Man dürfe in der Geschützfrage und bei etwaigen Aenderungen nicht voreilig

zu Werke

gehen,

müsse Alles reiflich überlegen und die

Ansichten der Militairs und der Seeleute in Erwägung ziehen .

Er

wolle nicht auf den Unglüksfall ' am Bord des Thunderer näher eingehen, da der Bericht hierüber noch nicht an das Haus gelangt sei . Man wisse

noch nicht,

machen werde .

welche Aenderungs -Vorschläge die Marine.

Möglich sei ja ,

Hinterlader empfehle.

dass

sie

für Thürme den

Jedenfalls werde man mit der Admirali-

tät vereint daran arbeiten , alle nur möglichen Vortheile zu erzielen u. s. w. u. s . w.

Auf die Schlussbemerkung hin, dass die Regierung gerne bereit sei, den Hinterlader einer eingehenden Prüfung zu unterziehen , um festzustellen, welches das beste Geschütz- System sei , zog Major Nolan seinen Antrag zurück, obgleich den sachlichen Ausführungen desselben nur allgemeine , nicht belegte Bemerkungen gegenüber gestellt worden waren. Dass

man übrigens in den maszgebenden Englischen Kreisen

die Ueberlegenheit des Hinterladers wohl anerkennt,

geht aus

der

diplomatischen Form der Antwort des Regierungs - Vertreters hervor. Sie

bezeichnet gewiszermaszen

die Einleitung

welchem es ja immer darauf ankommt, eigentliche Absicht zu verbergen.

des

Rückzugs ,

bei

durch Demonstrationen die

Als einen der Lage angepassten

Vorstosz darf man es denn auch wohl nur ansehen,

wenn Seitens

des Lords Cecil erwähnt wurde, in gewissen Kreisen lege man ohne Grund besonderes Gewicht auf das Krupp'sche Hinterladungs-System, es gebe andere Systeme, welche gleich gut, wenn nicht besser seien. Belegt hat der edle Lord diese Behauptung gleichfalls nicht ; es war eben der erwähnte nothwendige Offensivstosz im Arrieregarden-Gefecht mit dem Geschütz - System, welches mit kostspieligem Eigensinn Jahre lang durch das „nationale System " vergeblich bekämpft worden . Lord Cecil weist indessen als „ praktischer Engländer" die Erfolge der Deutschen Industrie nicht von der Hand, indem er hinzufügt, dass neuerdings zwei Englische Offiziere von Herrn Krupp eingeladen seien ,

95

Die Geschützfrage in England. um Versuchen beizuwohnen, und

möglicherweise bringe ihr Bericht

einige neue Erfindungen, welche werth seien , nachgeahmt zu werden ". Diese Erklärung lässt den richtigen Grundsatz durchblicken , dass die Regierung die Waffen der Kriegsmacht nicht eher öffentlich tadeln darf, als bis ein bestimmter Ersatz durch bessere feststeht . Andernfalls würde sie das Vertrauen und damit die moralische Kraft der Kriegsmacht empfindlich schwächen . Lord Cecil versagte es sich, auf den Bericht des UntersuchungsComités über die Ursachen des Unglücksfalles an Bord des Thunderer einzugehen.

Die von dem Comité

ermittelten Ursachen liegen in-

dessen in einer Mittheilung des „ Standard “ vom 3. d . M. vor, der wir Folgendes entnehmen : Der Bericht des vereinigten Comités, welches durch die Admiralität und das Kriegsministerium

eingesetzt

und aus dem Contre-

Admiral Luard (Vorsitzender) , Contre-Admiral Boys , Capitain Singer, Oberst Dumaresque, Major Owen, Capitain Barker und Herrn Bramwell gebildet wurde, um die Ursachen der Explosion an Bord des Thunderer am 2. Januar d. J. zu untersuchen, ist am 1. März abgeschlossen worden . Um den Leser in die Lage zu versetzen, dem Berichte leichter folgen zu können , giebt das Comité in der Einleitung zunächst eine allgemeine Beschreibung des Vorder-Thurmes , seiner Einrichtungen und seiner Geschütze . Hierauf folgt eine sorgfältige Prüfung der sechs Ursachen, muss, nämlich:

auf welche

der Unglücksfall zurückgeführt werden

1. dass das Geschütz an sich zu schwach war ; 2. dass dasselbe durch vorherige Verletzungen geschwächt und dadurch gefahrvoll geworden ; 3. dass das Geschoss sich im Geschütz geklemmt habe ; 4. dass das Zerspringen verursacht wurde durch einen Luftraum , welcher sich entweder zwischen der Kartusche und dem Boden der Geschützbohrung oder zwischen der Kartusche und dem Geschoss oder endlich an beiden Stellen befand : 5. dass das Geschütz ,

nachdem

es

mit einer

vollen Ladung

und einer leeren gewöhnlichen Granate geladen worden und in die horizontale Lage gebracht war,

in

die Ladestellung

zurückgebracht wurde, in der Absicht, die Ladung nochmals fest zu rammen, dass aber aus Versehen das Geschütz nochmals mit einer vollen Ladung und einer leeren gewöhnlichen Granate geladen wurde ; und

96

Die Geschützfrage in England. 6. dass das Geschütz auf die

electrische Zündung der Breit-

seite versagt habe und dieser Versager nicht bemerkt worden sei . Deshalb sei das Geschütz von neuem geladen worden, während die alte Ladung sich noch im Geschützrohr befand . dem

Hierdurch sei das Comité

Schluss gekommen ,

ment die Ursache schützes war.

des

dass

einstimmig zu

dieses letzte

Zerspringens

Mo-

des

Ge-

Das Comité kommt zu dieser Schlussfolgerung auf Grund von aufgefundenen Geschütz-Brocken und einer Geschoss-Warze , wie sie zu der Palliser Granate gehören, und im Hinblick auf den Rücklauf, dessen auszergewöhnliche Ausdehnung seine Erklärung nur

durch

die Verwendung einer gröszeren als die vorgeschriebene GebrauchsPulverladung finden kann. Das

Comité hat

so

groszes Gewicht

auf den Beweis

dieses

leblosen Zeugen gelegt, weil er nicht den Irrthümern mangelhafter Beobachtung unterworfen ist oder solchen Irrthümern, welche herbeigeführt werden durch einen Mangel an Gedächtniss oder durch den moralischen Eindruck,

welcher naturgemäsz

mit einem derartigen

Unglücksfalle verbunden sein muss. Mit Bezug auf den zweiten Punkt, welcher der Commission zur Berathung und

Berichterstattung überwiesen

ist,

Vorsichtsmaszregeln getroffen werden könnten, holung der Explosion

vorzubeugen ,

nämlich,

um

berichtet das

welche

einer WiederComité

u.

A.

Folgendes : Das

doppelte Laden des Geschützes,

beklagenswerthen Explosion

bildete ,

welches die Ursache der

scheint

mehr

oder weniger

direct die folgenden Umstände verschuldet zu haben :

1. das Versagen des Geschützes ; 2. das Zurücklaufen des Geschützes

durch die Wirkung

des

hydraulischen Apparats, welches irrthümlich für den gewöhnlichen Rücklauf gehalten wurde ; 3. die Unzulänglichkeit

einer deutlichen Anzeige

dienungs-Mannschaft über den Punkt,

an die Be-

bis zu welchem der

Wischer oder Kopf des hydraulischen Ramm-Apparats in die Seele eingedrungen war. In Betreff des Versagens des Geschützes

bei electrischer Zün-

dung sagt der Bericht weiter, dass Versager häufig vorkämen und man augenblicklich in Erwägung ziehe, wie diesem Uebelstande abzuhelfen sei . Aber den Versager selbst vorausgesetzt, so ist das Ver-

Die Geschützfrage in England . sehen doch kaum

erklärlich.

97

Innerhalb des Thurmes, führt der

Bericht aus, sei es dem commandirenden Offizier, wie der Mannschaft, gehüllt in Pulverdampf, nicht möglich, genau zu unterscheiden, ob beide Geschütze im Thurme wirklich gefeuert hätten, oder ches versagt habe.

Der Mann, welcher den Hebel des hydraulischen Ramm-Apparates bedient,

scheint diesen sofort, nachdem abgefeuert worden, in Be-

wegung zu setzen, um das Geschütz in die Lade-Position zu bringen. Beim Vorderlader ist es bekanntlich nothwendig, das Geschütz aus dem Feuerstande nach jedem Schusse „ einzuholen ", um zum Laden von vorne Raum zu gewinnen .

War nun der betreffende Mann noch

in Pulverdampf gehüllt und unfähig, zu erkennen, dass das Geschütz gar keinen Rücklauf in Folge des Abfeuerns gezeigt habe, also gar nicht abgefeuert war, --- und setzte der Mann, seiner Instruction entsprechend, durch den Hebel den hydraulischen Ramm-Apparat in Bewegung, so musste dieser Letztere das Geschütz „ einholen “ , und die Bedienungs -Mannschaft war nicht im Stande,

zu erkennen ,

ob

die rückwärtige Bewegung des Geschützes, wie gewöhnlich, durch den Rücklauf in Verbindung mit der Wirkung des Ramm-Apparates oder lediglich durch den Einfluss des Letzteren erfolgte .

Dieser war

nun so mangelhaft construirt, dass er keinerlei Marke hatte, welche der Bedienungs -Mannschaft anzeigte, ob der Wischer oder Kopf des Rammers bis zum Ende der Seelenbohrung eingedrungen oder auf eine im Rohr vorhandene Ladung gestoszen war. In Unkenntniss , dass das Rohr versagt hatte, lud man somit wohl von Neuem und hatte zwei Ladungen und zwei Granaten im Rohr! Die Schuld , dass der Versager nicht erkannt wurde, misst man ferner auch der mangelhaften Communication

zwischen dem Offizier

auf der Commandobrücke auszerhalb des Thurmes mit der Bedienung im Thurme zu, denn jener Offizier hätte dort erkennen müssen, dass nur ein Geschütz gefeuert hatte. Die Vorschläge des Comités laufen nun darauf hinaus, die Versager bei electrischer Zündung zu beseitigen, den Ramm-Apparat dahin zu verbessern, dass er beim Abfeuern des Geschützes feststeht und nur

durch regelrechten Rücklauf des Geschützes in Bewegung

gesetzt wird. Kommt also ein Versager vor, so tritt der Ramm- Apparat zum "" Einholen " des Geschützes nicht in Thätigkeit , dasselbe verbleibt vielmehr in der Feuerstellung und die Mannschaft erkennt den Versager.

Auszerdem will man eine

bessere Verbindung zwischen

dem Offizier auf der Commandobrücke und der Bedienung im Thurm herstellen vermittelst eines Sprachrohrs. 7 Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI.

Umschau in der Militair- Literatur.

98

Schlieszlich empfiehlt das Comité, man möge das andere Geschütz aus

dem Vorderthurm des Thunderer nach England bringen und

Gewaltproben mit demselben ausführen , dasselbe auch doppelt laden , so, wie die Annahme der Ursache des Zerspringens sei . Man werde aus diesen Versuchen die Güte des Geschützes an und für sich erkennen und den Beweis haben für die Richtigkeit der Annahme des Comités . Wir verbleiben bei unserer an dieser Stelle früher ausge-

sprochenen Ansicht, dass die ganze Angelegenheit ein wenig günstiges Licht auf die Güte des Vorderlade-Systems wirft. Alle die erwähnten Versehen wären beim Hinterlader unmöglich gewesen. Und wenn ein complicirter Ramm-Apparat zum Vorderlader nothwendig ist, wo bleiben dann die Vortheile des Systems , besondere Einfachheit auszeichnen soll ?

welches

Das

sich ja durch

stolze England wird

sich, wohl oder übel, bequemen müssen, endlich den Sieg der Deutschen Kanonen-Industrie über die eigene durch Annahme des HinterladungsSystems anzuerkennen .

VII.

Umschau in der Militair - Literatur .

Zur

Taktik

der ,,Situation". Erstes Heft .

Taktische

Betrachtungen

etc.

Sie haben Recht, verehrter Gönner, wenn Sie das vorliegende Buch als in mancher Beziehung höchst eigenartig und eigenthümlich bezeichnen. Es ist Ihnen aufgefallen,

dass der Verfasser sich nicht nennt ,

aber

doch auf dem Titel Werke aufführt, die unter seinem Namen erschienen sind. Sie wollen bei ,, Ihrer geringen Kenntniss der militair-literarischen Gebräuche“ von mir Zweck und Absicht eines solchen Verfahrens erklärt haben. Frage,

Ich muss Ihnen die Antwort schuldig bleiben.

Ihre

ob mich der Titel „ Taktik der Situation " nicht stutzig ge-

macht habe , kann ich allerdings nur bejahend beantworten, und auch darin stimme ich mit Ihnen überein, dass dieser Titel den Inhalt des Das Vorwort , Buches in ein mystisches Dunkel gehüllt lässt. meinen Sie, klärt auch noch nicht darüber auf, um was es sich handelt ;

es sei eine nicht ganz leicht verständliche philosophische Ab-

handlung über „ Allerlei “.

Dass Sätze, wie „ es scheint der Einfluss

ре

Umschau in der Militair-Literatur.

99

der ,, Situation " auf die Taktik bisher als ein zu wenig greifbarer, zu beweglicher und flüssiger erschienen zu sein “ oder „ Leben ist organische Bewegung und auch im militairischen Leben giebt es Im Kriege heisst ein Theil ""incommensurable " Bewegungen. Auffassung und Beurtheilung der dieses ,, Incommensurablen " : die Situation " , nicht recht klar ausgedrückt sind und nach Ihrer Ansicht dem gröszten Theil der Armee „ saure, unverdauliche Speise " bleiben, lasse ich als eine Behauptung gelten , deren Richtigkeit hier zu widerlegen ich nicht im Stande bin . Gehe ich nun an der Hand Ihrer anregenden Zeilen die einzelnen Capitel des Buches durch, so bleibe ich mit Ihnen bereits an den ersten Worten des ersten Capitels ,,Bedeutung und Macht der Situation " hängen . der Verfasser, kann

Situation ",

meint

man nicht durch das Deutsche Wort „ Lage "

,, Man versteht darunter heute die strategische zweier kriegführenden Theile in ihrem jedes-

erschöpfend übersetzen . und taktische Lage

maligen Verhältniss zu einander, also mit Rücksicht auf die Aufgabe, Stärkeverhältnisse und besondere Umstände jedes Theils, sowie mit Rücksicht auf das für beide Theile in Betracht kommende Terrain " lesen wir als Erklärung des Verfassers für das Wort „ Situation". Ein solcher Wortschwall macht Sie unmuthig . Ist das nicht Alles einfach und klar mit dem einen Worte „ Lage " wiedergegeben ?

Die

„ Situation “ einer Armee, eines Zuges, einer Patrouille ist eben nichts anderes, u. S. W.

als

die Lage einer Armee, eines Zuges, einer Patrouille Sehr gewundert habe ich mich darüber, dass Sie die

,, Situation ist also an jedem Tage wechselnde und flüssige ; Situation von irgend welcher Dauer würde eine

Worte des Verfassers unangefochten lieszen : das im Kriege eine

Rath- und Taktlosigkeit beider Theile voraussetzen ....“ Ich muss gestehen, bei diesen Worten habe ich vergeblich mir klar zu machen versucht, was sie heiszen sollen . Erst heiszt es, dass die Situation an jedem Tage wechselt und flüssig ist - dann wird eine Situation von irgend welcher Dauer als Folge von RathlosigIst denn die Situation eines Tages nicht eine keit hingestellt. würde Situation von irgend welcher Dauer? „ Eine Situation - voraussetzen": Bitte, erklären Sie mir, was heisst das?

„ Ueber

Taktik der Situation " zu schreiben, scheint daher etwas ganz Thörichtes, ja ein Widerspruch in sich 9, weitere Worte des Verfassers auf S. 1 seiner Schrift, die Sie hervorgehoben wissen wollen : es geschehe hiermit . Dass ich so gründlich auf die ersten Ihrer mir zugesendeten Bemerkungen eingegangen , hat, wie Sie gewiss schon empfunden haben , 7*

Umschau in der Militair-Literatur.

100 den Zweck, an den

ersten Zeilen des Buches dessen Eigenart zu

schildern ; ich glaube, die angeführten Beispiele genügen .

Da wir so-

mit nach dieser Richtung hin der Kritik genügt haben, können wir uns im Verlaufe unserer Besprechung kürzer fassen.

Ich habe daher

sicherlich Ihre Verzeihung, wenn ich aus der Menge Ihrer trefflichen Bemerkungen nur noch einzelne herausgreife ; hierbei werde ich mich . bemühen,

die grosze Schärfe ,

welche das Interesse zur Sache Ihrer

Feder gab, abzuschwächen ; Ihre Worte waren für mich und diese hier sind für die Oeffentlichkeit bestimmt! -- Ich unterschreibe ebensowenig wie Sie, was Verfasser S. 3 über die Französische Kriegsführung in der Krim und Italien und über Mac Mahon sagt und möchte auch mit Ihnen zweifeln,

ob es,

wie Verfasser meint,

„für

die Armee jedenfalls ein unabweisbares Bedürfniss zu sein scheint , für alle gleichförmigen Situationen gewisse Normen als Regeln festzustellen".

Da „ norma " zu Deutsch „ Regel " heiszt, so könnte man

den letzten Theil des Satzes dahin verdeutschen ,

dass man sagt :

"" gewisse Regeln als Regeln festzustellen " . „ Gleichförmige Situationen ?" Hat die Situation eine Form? Nun aber erst " gleiche Formen " ? Die Situation wechselt doch fortwährend. Schwerlich wird in ein und demselben Feldzuge dieselbe taktische Situation sich wiederholen , noch viel weniger wird dies aber der Fall sein im Hinblick auf einen früheren Krieg, der ja doch unter anderen Verhältnissen, wie der eine augenblickliche taktische Lage schaffende geführt wurde ! - Verfasser sagt dann auch gleich nach eben angeführtem Satze „ Meine Absicht ist indess, so

wenig als möglich zu verallgemeinern ".

Sein Werk,

eine Untersuchung über die „ Taktik der Situation ", Versuch

aufgenommen werden,

eine

ergänzende,

soll

als

ein

vernunftgemäsze

Begründung für das darzubieten, was in der Praxis des Krieges und des Friedens bei uns so vielfach ausgeübt und geübt worden ist und noch beständig geübt wird bei kleineren und gröszeren Uebungen im u. s . w . " Terrain, bei den Manövers Zur „ Logik “ der Situation heisst das 2. Capitel des Buches . Sie wünschen, mein Gönner, dass ich den Eingang des Capitel wörtlich wiedergebe .

Dieser heiszt : „ Wäre in der Situation keine Lo-

gik, d . h . kein folgerichtiger, innerer Zusammenhang von Ursachen und Wirkungen , man könnte auch von keinem inneren Gesetz derselben sprechen,

und Thorheit und Frevel wäre es ,

eine „ Beherr-

schung der Situation " anzustreben und nur denjenigen für höher begabt zu erklären, der zu dieser Beherrschung die Fähigkeiten besitzt . “ Sie meinen , spräche ,

es bedürfe dieser

Satz , der deutlich genug für sich

keiner Erläuterungen mehr :

man möge nur

darauf hin-

Umschau in der Militair-Literatur.

101

weisen, dass Logik die Wissenschaft von den Gesetzen des richtigen Denkens oder des Erkennens sei , und dass man dies an Stelle des Wortes „ Logik" in obigem Satze setzen solle, der unter anderm sagt : Wäre keine Logik in der Situation , so wäre es Thorheit und Frevel , nur denjenigen für höher begabt zu erklären ,

der zur Beherrschung

der Situation die Fähigkeiten besitzt ! Ich soll ferner den auf Seite 8 enthaltenen Satz hier mittheilen , in dem mit Bezug auf den Krieg von 1870 gesagt ist : „, siehe da , gleich bei den ersten Kämpfen misslang die rechtzeitige Vereinigung der Corps auf Französischer Seite - während Deutscherseits am 18. August die drei zeitweise getrennten Armeen, wieder unter einen Befehl vereinigt, die noch immer nicht concentrirte Französische Armee entscheidend schlagen konnten ! " nicht stets

War, so fragen hierbei Sie wie ich , unter einem Befehle vereinigt?

das Deutsche Heer

Hat die 3. Armee an

den Kämpfen des 18. August Theil genommen, konnte sie überhaupt daran Theil nehmen ? War von den Franzosen am 18. August nicht Alles concentrirt, was concentrirt sein sollte ?

An Begebenheiten

aus der Schlacht bei Spicheren sucht Verfasser alsdann darzuthun , dass bei den Franzosen die Offensive ohne Logik durchgeführt wurde, an dem Verhalten des I. Armeecorps bei Trautenau, dass ein Nichtbeachten der Logik der strategischen Situation

sowohl für die tak-

stiche als die strategische Situation ungünstig wirkt. In dem 3. Capitel, finden Sie in Uebereinstimmung mit mir, hat der Verfasser in verständlicher

Weise

den

Einfluss

klar gelegt ,

„den die strategische Situation durchgehends auf das taktische Verhalten

ausüben

soll . "

Benedek's Verhalten

1870 werden als Beispiele benutzt .

1866

und de Failly's

Die taktischen Betrachtungen,

welche Verfasser in den folgenden Capiteln nunmehr anstellen wird , sollen der Reihe nach an folgende strategische Situationen aus den letzten Kriegen anknüpfen : 1. Die strategische Situation der Kriegserklärung ;

2.

an der Grenze unmittelbar nach

die Situation bei Beginn der groszen Ope-

rationen ; 3. die Zeit kurz vor dem Zusammenstosz der Hauptkräfte ; 4. der entscheidende Zusammenstosz die Schlacht mit ihren strategischen Zielen ; 5. die strategische Situation nach der Schlacht . Endlich, so seufzen Sie erleichtert, kommt man nun doch mit dem 4. Capitel des Buches zu des Pudels Kern , zu etwas Fassbarem, für die Wirklichkeit Beachtenswerthem! Es handelt sich hier also zunächst um die Masznahmen an der Grenze,

unmittelbar nach der

Kriegserklärung. In längerer, durch Beispiele aus der Kriegsgeschichte unterstützter Auseinandersetzung, die Sie recht angesprochen hat und

Umschau in der Militair-Literatur.

102

im Allgemeinen auch Ihre Ansichten trifft, kommt Verfasser zu folgenden Ergebnissen : 1. Zur bloszen Beobachtung genügen an der Grenze schwache Detachements. 2. Wo dagegen auf die Sicherung und Festhaltung eines bestimmten Abschnitts zugleich Werth gelegt werden soll , müssen Feldwachen , Soutiens und Replis näher zusammengeschoben sein . . . . . 3. Wer wissen will, was der Feind für den Tag vor hat, der lasse seine Patrouillen den Aufbruch des Feindes erspähen ; wer im Voraus zu erkennen wünscht, ob für die Nacht eine feindliche Unternehmung denkbar ist, der suche festzustellen, wie weit am Abend die nächsten feindlichen Abtheilungen entfernt stehen. 4. Weit ausgreifende Offizier- und UnteroffizierPatrouillen sind nothwendig in den Abschnitten, wo man noch keine oder nur sehr geringe Fühlung mit dem Feinde gewonnen hat und die für die späteren Operationen eine gewisse Wichtigkeit haben. 5. Wer defensiv verfahren will , lege nicht zu viel Kräfte in die erste Linie , wenn diese nicht zugleich die Hauptstellung bilden soll . Wer eine Offensive im Sinne hat , mache umgekehrt seine vorderste Linie nicht zu schwach,

oder verstärke sie rechtzeitig, um nicht unnöthig aufgehalten und belästigt zu werden. 6. Aus der Beob-

achtung einer Verstärkung der vordersten Truppen und aus einer Vermehrung oder einem dreisteren Verhalten der Patrouillen, sowie aus einem Zusammenschieben der feindlichen Kräfte lässt sich in der Regel auf eine unmittelbar bevorstehende Offensive, eine Schwächung der vorderen schlieszen.

Truppen

auf

eine

Defensive

oder

einen

Rückzug

Absichtlich habe ich auch hier recht ausführlich, wie Sie sehen, die Ergebnisse der Betrachtungen des Verfassers klar gelegt, um diesen Theil des Buches ebenfalls hiermit deutlich zu kennzeichnen. Wir wollen

dafür über das nächste Capitel „ Taktische Masznahmen

bei Beginn der groszen Operationen ", worden ist, aber,

wie

welches

Sie richtig bemerken,

ein wenig lang ge-

doch viel Lehrreiches

enthält, kurz hinweg gehen : es kommt nicht zu so bestimmten Festsetzungen wie das vorige, giebt aber eine Menge praktischer Winke, die dem Front-Offizier sicherlich von Werth sein werden. Der günstige Eindruck, den das 4. und 5. Capitel des Buches auf Sie gemacht haben, ist leider nicht ohne Grund wieder etwas verwischt worden. Sie schreiben : ,, Vertieft in das Studium der Sache muss ich plötzlich damit aufhören, weil das Buch oder besser das Heft desselben mit dem 5. Capitel plötzlich abschlieszt ? Warum bringt man uns nicht das ganze Buch ? Ist das Manuscript nicht fertig, nun dann durfte auch der 1. Theil nicht veröffentlicht werden .

Umschau in der Militair-Literatur.

103

Ist aber das Manuscript fertig, warum bringt die Buchhandlung nicht das ganze Werk ?

Wird man bei

solchem Verfahren nicht

arg-

wöhnisch und nimmt Anstand, sich ein Buch anzuschaffen, von dem man nicht weisz ,

was es noch bringen wird ? Eifern Sie mit aller Kraft gegen solches Verfahren ! " Gerne, mein Verehrtester, aber Schlieszlich sei Ihre Mahnung das wird leider wenig nützen ! auch der Menge gegeben : „ Wenn Ihr Euch dazu entschlieszen könnt , das Stück eines , wie es scheint , ohne haltbare Gründe lieferungsweise erscheinenden Werkes zu kaufen, so leset in dem vorlie-

v. M.

genden nur die beiden ersten !"

Militairische Jugenderziehung.

Beitrag

zu den Erörterungen

über die Schulregulative von B. Ernestus . Als nach dem Deutsch - Französischen Kriege unser westlicher Nachbar in voller Erkenntniss der seinem Heerwesen anhaftenden Schäden mit aller Kraft daran ging, zu erhöhen ,

die Wehrfähigkeit des Landes

und nach dieser Richtung hin in kurzer Zeit Auszer-

ordentliches schuf, regten sich in unserem Vaterlande einzelne Stimmen , welche die Wehrkraft Deutschlands den veränderten Verhältnissen gegenüber nicht mehr für ausreichend erachteten, obwohl neue Gesetze dieselbe zeitgemäsz erweitert hatten .

Militairische Jugenderziehung

von den Spartanern einst mit wenig Glück angewendet Zaubermittel,

mit welchem Deutschland eine bei

hiesz das

weitem gröszere

Wehrfähigkeit erhalten sollte . Namentlich war es ein Dr. Walker, der in dieser Beziehung höchst komische Vorschläge zu Tage förderte, denen wir s. Z. in den Jahrbüchern schon entgegen getreten sind. In ganz vortrefflicher Weise fertigte Dr. Stürenburg dann den sonderbaren Schwärmer ab und legte klar, dass ein guter Staatsbürger auch ein

guter

Vaterlandsvertheidiger

sei ;

erzieht

man

also

tüchtige

Menschen, so erzieht man auch tüchtige Soldaten . Die vorliegende kleine Schrift, deren Verfasser vor einigen Jahren ein mit groszem Beifall aufgenommenes Buch über die Feldartillerie veröffentlichte , wird im Allgemeinen von

denselben Gedanken ge-

tragen, wie das oben erwähnte Werk des Dr. Stürenburg, doch geht ihr die Gründlichkeit und Tiefe desselben ab. Ernestus weist zunächst nach, dass es unmöglich ist, eine directe militairische Jugenderziehung durchzuführen ;

aber die

indirecte

militairische Jugend-

erziehung, meint er mit Recht, kann noch viel mehr leisten, als bisher geschehen ist. nicht bis in das

An der Hand

statistischer Tabellen ,

gegenwärtige Jahrzehnt hineinreichen,

die allerdings zeigt er,

welchem groszen Umfange Krankheiten bei der Armee

in

herrschen .

Umschau in der Militair -Literatur .

104

Er schreibt dies einer mangelhaften Erziehung des Körpers zu und will, wie dies ja auch von allen Seiten angestrebt wird, in den Volksschulen obligatorischen sachgemäszen Turnunterricht, auszerdem aber Unterricht über Gesundheitsregeln haben . ist Dr. Stürenburg,

ein Fachmann ,

Auf letzteren Gedanken

nicht gekommen und wird ihn ,

wenn ich seine Denkungsweise richtig beurtheile, niemals gutheiszen . Diesen Unterricht über Gesundheitsregeln müsste man den Eltern der betreffenden Kinder geben ,

die

doch allein das ganze Dasein

der

Letzteren regeln. Was nützen dem Kinde alle schönen Regeln, wenn es die Eltern aus Noth in feuchter Stube schlafen lassen, ihm schlechte unzureichende

Nahrung ,

ungenügende Kleidung u. s . w.

geben? Ein solcher Unterricht in den Volksschulen kann unmöglich von erheblichem Nutzen sein. Dass auch in geistiger Hinsicht für die Erziehung der Jugend noch viel zu thun übrig bleibt , legt Verfasser an Tabellen über Analphabeten klar. Er will daher die Erweckung selbstständigen Denkens bei dem Unterricht in den Volksschulen mehr beachtet sehen und hält es für ersprieszlich ,

dass für

die Erziehung von Disciplin und Pflichtgefühl neben dem geschichtlichen Unterricht als besonderer Gegenstand noch die Unterweisung in Gesetzesbestimmungen eingeführt werde.

Ich kann mich diesem

Vorschlage nicht anschlieszen, sondern glaube , dass ein guter Geschichtsunterricht auch die erforderlichen Mittheilungen über StaatsI' einrichtungen u . s. w. bringen wird. Ernestus kleine Schrift findet einen durchgearbeiteten Boden vor, auf dem auch sie neben Bedeutenderem zum Nutzen der guten Sache Früchte tragen möge !

Die Ursachen und der Verlauf des Russisch-Türkischen Krieges in Europa in den Jahren 1877/78 . Bis zum Abschlusse des Russisch-Türkischen Friedens im Jahre 1879 von Hauptmann Freiherrn v. Forstner. Zweite umgearbeite Auflage . Mit einer Uebersichtskarte und einem Plane von Plewna. Die erste Auflage dieses kleinen Büchleins erschien im März 1878 und durfte damals eine besondere Aufmerksamkeit beanspruchen . Heutigen Tages , wo ausführliche Werke sowohl , als auch z . B. in den verschiedenen Conversations - Lexikons zusammengedrängte Darstellungen vorliegen, das Interesse für die Sache selbst bei der groszen Menge überdies nachgelassen hat, ist dies Buch natürlich nicht mehr von der früheren Bedeutung .

Es ist vorzugsweise für Nicht-Militairs

geschrieben, um einen Ueberblick über den Verlauf des so wichtigen Krieges zu geben ,

wird aber gewiss auch von manchem Offizier zu

105

Aus auswärtigen militairischen Zeitschriften. gleichem Zwecke benutzt werden .

Wenngleich die vorliegende zweite

Auflage umgearbeitet ist, so hat sie doch noch die Haupteigenthümlichkeit der ersten an sich, dass sie ein vollständig abgerundetes Bild der Begebenheiten eigentlich nicht bringt, sondern die Ereignisse monatsweise aneinander reiht. Meiner Ansicht nach hätte die Darstellung sehr an Uebersichtlichkeit gewonnen, wenn z . B. der Krieg in die beiden Abschnitte gegliedert worden wäre :

Der Krieg bis

zum Falle von Plewna , der Krieg nach dem Falle von Plewna. Der erste Abschnitt würde sich dann theilen lassen in Donau-Uebergang und Vordringen bis an den Balkan, Begebenheiten vor Plewna , Begebenheiten im Schipka - Pass , Begebenheiten bei der Lom-Armee u. S. W. Die Ursachen des Krieges sind in dem Buche fast zu kurz , die Wirkungen verhältnissmäszig sehr eingehend behandelt. Beim Lesen der kleinen Schrift sind mir bei Worten wie : ,, Wir wollen jetzt dies oder jenes bringen "

oder „ Ehe wir dies dar-

stellen, soll noch dies und jenes nachgeholt werden " das Verslein des alten Claudius ein : Meister Arouet sagt : ich weine, und Shaksspeare weint! Recht beachtenswerth sind die an den bezüglichen Stellen eingefügten Urtheile über die Verhältnisse und einzelne Heerführer, ebenso auch bei den Angaben über die Russische Heeresorganisation, die Vergleiche mit der Deutschen. Nach des Verfassers Ansicht ist der Berliner Frieden nur ein Compromiss, der günstigsten Falls vorläufig für eine Reihe von Jahren die erwünschte Ruhe gegeben hat. -

VIII .

Aus auswärtigen militairischen Zeitschriften. * ) Die Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Ingenieurwesens bringen im 1. Hefte für 1879 einen Aufsatz : „ Zur Anwendung des Infanteriefe uers im Festungs - Kriege " .

Bei der

groszen Umwälzung, welche die Ausrüstung sämmlicher Europäischen Armeen in Bezug auf die Bewaffnung der Infanterie während der letzten 10 Jahre erfahren hat und bei den gewaltigen Fortschritten,

*) Unter diesem Titel wird die Redaction fortan vierteljährlich eine kurze Besprechung einzelner wichtiger Aufsätze aus auswärtigen militairischen Zeitschriften bringen .

Aus auswärtigen militairischen Zeitschriften .

106

die in Folge der neu eingeführten Handfeuer-Waffen in der Anwendung derselben als Präcisions-Waffe sowohl, als auch bei den Feuerarten auf weiten Entfernungen gemacht sind, ist es erklärlich, dass der Verwendung der neuen Gewehrmodelle im Festungs-Kriege bis jetzt im Ganzen nur wenig Aufmerksamkeit zugewandt wurde .

Wir

müssen es dem Verfasser genannten Artikels Dank wissen, dass er auch auf diesen Punkt die Aufmerksamkeit der militairischen Welt gerichtet hat und in dieser Hinsicht bemerkenswerthe Fingerzeige giebt. Schon die Belagerung Sebastopols zeigte, dass die Handfeuer- Waffen auch im Festungs-Kriege eine wesentliche Rolle spielen konnten . In neuerer Zeit ist es namentlich die Belagerung Straszburgs , die dieses von neuem bestätigt.

Die Statistik der Verluste beweist,

dass dort

auf Seite der Deutschen der Verlust an Todten und Verwundeten der Artillerie mit 15-20 pCt. , der Ingenieure mit 59 pCt., bei den Offizieren aller Waffen mit 50 pCt. auf Gewehrfeuer zurückzuführen ist.

Erwägt man hierbei,

dass

die Besatzung Straszburgs keines-

wegs aus Elite-Truppen bestand, dass ferner die Französische Infanterie damals in ihrer Schieszfertigkeit überhaupt nur Mittelmäsziges leistete, so verdiene diese Zahlen wohl der Beachtung. Auch die Vertheidigung Plevnas weisst einen bedeutenden Einfluss der Handfeuerwaffen auf die Vertheidigung des befestigten Platzes nach ; das mit enormer Munitions-Verschwendung auf weiten Entfernungen abgegebene Feuer der Vertheidiger fügte den Russen bedeutenden Schaden zu. So wesentliche Factoren wie bei allen Belagerungen der Neuzeit die Handfeuer-Waffen bei der Vertheidigung auch bildeten,

nirgends konnte von einer systematischen Verwendung des

Infanteriefeuers in Verbindung mit der Artillerie die Rede sein .

Um

dieses nun in wirklich nutzbringender Weise zu verwenden, muss es bereits im Frieden zum Gegenstand der Uebung gemacht werden. Der Verfasser verlangt daher die Erfüllung dreier Bedingungen : 1.

Genügende Ausbildung der Schützen im Schieszen und

Feuer - Disciplin.

2.

Systematische

Anordnung

des

in

der

Schieszens ,

rationelle Feuerleitung und hinreichende Uebung in der Herstellung der Schützendeckungen . 3. Ausreichende Munitions-Ausrüstung. Was den ersten Punkt anbelangt, so will der Verfasser schon bei Beginn einer Belagerung die für den Schützendienst bestimmten Mannschaften besonders ausgesucht haben und dieselben dann in speziellen Schützen-Abtheilungen unter eigens in diesem Dienstzweige ausgebildeten Offizieren vereinigt sehen .

Diese Offiziere müssten mit den

Vertheidigungs -Arbeiten der Ingenieure und der Artillerie insoweit vertraut sein, dass ein Ineinanderwirken der drei Waffen stattfinden

Aus auswärtigen militairischen Zeitschriften. kann .

Die nächste Feuerart

würde

107

das Massenfeuer

sein ;

dieses

müsste aus vorgeschobenen Schützengräben, die einen bequemen Anschlag gestatten, abgegeben werden, wobei der Verfasser solche für viergliedrigen Anschlag empfiehlt. dürfte beginnen, getroffen .

Der Bau dieser Schützengräben

sobald der Angreifer die Wahl der Angriffsfront

Dass die in dem dritten Punkte verlangte ausreichende MunitionsAusrüstung im Festungskriege auf keine Schwierigkeiten stoszen wird, kann man wohl als sicher annehmen . Kleine Magazine zur Aufnahme der Munition können in den Schützengräben mit Leichtigkeit

angelegt

werden.

Der Verfasser

empfiehlt

durchschnittlich

20 Patronen für Kopf und Tag zu rechnen , doch halten wir dieses für zu niedrig bemessen ; unter solchen Umständen, wo der Ersatz stets so leicht zu haben ist, kann der Verbrauch ein unbeschränkter sein. Das Massenfeuer auf weiten Entfernungen tritt hier gegenüber den

stets

Element .

wechselnden Zielen im Feldkriege in sein eigentliches Das Ziel ist ein festes, die Entfernung ist stets bekannt .

Wird nun Salve auf Salve gegen das Ziel geschleudert, so wird das Resultat bei dem unter diesen Verhältnissen so günstigen steilen Einfallswinkel des Geschosses gewiss ein glänzendes sein, vorausgesetzt, dass das Feuer richtig geleitet und die Gräben technisch richtig angelegt sind . Auch während der Nacht will der Verfasser das Feuer unterhalten wissen und verlangt zu diesem Zwecke die Einrichtung von Schieszgestellen , auf denen die Gewehre bei Tage eingerichtet und dann während der Nacht in unregelmäszigen Pausen salvenweise abgefeuert werden. Alle vom Verfasser angegebenen Gesichtspunkte verdienen volle Beachtung . Die Ausbildung des erforderlichen Personals dürfte bei uns , wenn man der Sache überhaupt näher zu treten beabsichtigen . sollte , keineswegs auf Schwierigkeiten stoszen .

Die Militair- Schiesz-

schule zu Spandau würde diesen Dienstzweig selbst leicht systematisch ordnen und lehren können . Gewiss würde dadurch ein neuer Fortschritt in der Anwendung unserer Waffe erreicht werden.

Das 1. Heft im Jahrgang 1879 des Organs der Militair-Wissenschaftlichen Vereine enthält unter Andern einen Aufsatz über : künstlichen Anwendung und Anwendungsformen des Lichtes im Felde . So grosze Fortschritte auch in der Verwendung des künstlichen. Lichtes im Festungskriege gemacht sind , so ist doch bis jetzt von einer solchen im Feldkriege nur selten die Rede gewesen . Der

108

Aus auswärtigen militairischen Zeitschriften.

grosze Nutzen,

den

ein zweckentsprechender Beleuchtungs -Apparat

unter Umständen gewähren kann, liegt

auf der Hand ;

man denke

nur an nächtliche Recognoscirungen, Beobachtung der Schuss- Objecte der Artillerie, nächtliche Brücken-, Straszen-, Schanzen-, EisenbahnBauten u. s. w. Wenn es auch wünschenswerth, möglichst jeden selbstständigen Truppentheil mit einem solchen Beleuchtungs -Apparat versehen zu wissen, so hat es doch seine groszen Schwierigkeiten , einen Apparat herzustellen, der allen Anforderungen entspricht, dabei jedoch die Bagage nicht vermehrt und in seiner Construction nicht zu empfindlich ist. Diejenigen Lichtquellen, die überhaupt hierbei zur Anwendung gelangen könnten, sind das electrische Licht, das Drumond'sche Kalklicht und

das Magnesiumlicht .

Ersteres ,

das

electrische Licht, hat bereits fast in allen Armeen seine Verwendung im Festungskriege gefunden, es ist die stärkste irdische Lichtquelle ( 3 des Sonnenlichtes), kann jedoch in Rücksicht auf den erforderlichen complicirten

Inductions-Apparat

für

Anwendung

im

Felde

nicht in Betracht gezogen werden . Das zweitstärkste Licht ist das Drumond'sche Kalklicht. Der Verfasser empfiehlt hierzu für jedes Regiment einen zweirädrigen sog . Lichtwagen mitzunehmen , auf dem sich der Gasometer, der etwa 5 cbm Gas in sich aufnehmen kann, befindet. Von diesem Gasometer wird das Gas durch Schläuche in sog. Gas-Tornister geleitet,

d. h. in einen tornisterartigen Behälter,

der von dem als Lichtträger bestimmten Unteroffizier getragen wird. Ein solcher Apparat würde eine etwa fünfstündige Beleuchtung ermöglichen. Abgesehen selbst von dem Nachtheile der durch ein Fuhrwerk vermehrten Bagage , dürfte dieser Apparat doch wohl in Rücksicht auf seine Construction und auf die stete Abhängigkeit von einem Fahrzeuge für den Feldkrieg nicht geeignet erscheinen .

Am

zweckmäszigsten würde die vom Verfasser schlieszlich vorgeschlagene Magnesium-Lampe sein.

Diese Lampe besteht aus einer einfachen

Spirituslampe, in deren Flamme der Magnesiumdraht durch ein Uhrwerk hineingeschoben wird. Die Helle eines sechsfachen Drahtes entspricht 444 Stearinkerzen und würde etwa 18 Mark in der Stunde kosten, während ein einfacher Draht 74 Stearinkerzen nur 3 Mark in der Stunde kosten würde . Gewiss eine Summe, die nicht in Betracht zu

ziehen ist.

Die Engländer

sollen diese Lampen im

Kriege gegen Abyssinien 1868 vielfach zur Anwendung gebracht haben. Wir zweifeln nicht, dass bei den gerade jetzt gemachten Fortschritten auf dem Gebiete der Beleuchtung mit electrischem Licht man an maszgebender Stelle den Gegenstand ins Auge fassen wird.

Aus auswärtigen militairischen Zeitschriften .

109

Der Spectateur Militaire eröffnet den Jahrgang 1879 mit einem Rückblick auf das verflossene Jahr , wobei er sich die Frage vorlegt , welche Fortschritte die Armee 1878 in ihrer Entwickelung und Thätigkeit gemacht hat. Von einem solchen besonders hervorragender Art kann am Ende des Jahres 1878 im Vergleich zu 1877 nicht die Rede sein ; es vollendet und befestigt sich stufenmäszig mehr und mehr die neue Organisation .

Einzelne Gesetze, allerdings

von untergeordneter Bedeutung, sind gegeben und in Kraft getreten. Zunächst das Gesetz über die Pensionirung der Offiziere und deren Familien , wodurch dieselben wesentlich besser gestellt sind , wenngleich die ursprüngliche Vorlage, den Pensionären das zuletzt bezogene Gehalt als Pension zu belassen , nicht zur Annahme gelangt ist. Auch das Gesetz vom 22. Juni über das Reengagement der Unteroffiziere hat eine wesentliche Verbesserung für diesen Stand in der Armee herbeigeführt . Die Reserven für die active Armee sind vermehrt, und nahmen zwei Classen derselben an den letztjährigen Herbstmanövern Theil . Die Territorial-Armee ist nunmehr aus ihrem Entwickelungs-Zustande herausgetreten.

Die Vorschriften für die theoretische und praktische

Ausbildung der activen Armee sind wesentlich erweitert und bringen wichtige und interessante Neuerungen .

Wir finden darunter die Vor-

schriften für die Generalstabs-Reisen, die Recognoscirungs - Uebungen der

Brigaden ,

und

die

Regiments - Uebungen in der

passagerer Befestigungen .

Anfertigung

Auszerdem ist viel geschehen, um die

Armee mit der Geographie und der militairischen Organisation anderer Länder bekannt zu machen. Von groszem Nutzen sind die Manöver gewesen , sie bilden den Prüfstein für die taktischen Formen und die Zweckmäszigkeit der sonstigen Dienst-Vorschriften .

Mit einem Wort,

das ganze Jahr 1878 ist ausgefüllt mit eifriger Thätigkeit und mit Fortschritten in der Selbsterkenntniss . Der Verfasser schlieszt den betreffenden Theil des Aufsatzes mit der Behauptung, dass die Armee schon jetzt dem Lande gegenüber, welches so bereitwillig grosze Opfer für dieselbe gebracht hat, sagen kann : „Wir haben gewissenhaft die Zeit und die Mittel, die Ihr uns bewilligt habt, ausgenutzt, um wieder die Stellung einzunehmen , die wir früher inne hatten.

Verfügt über uns, dass wir wieder den Rang erhalten , der uns unter den Europäischen Mächten zukommt ". Dass sich der Verfasser schlieszlich auch auf das Gebiet der Politik begiebt, kann bei den in Frankreich herrschenden Verhältnissen nicht Wunder nehmen ; wir müssen es uns versagen, auf diesen Theil des Aufsatzes näher einzugehen.

Aus auswärtigen militairischen Zeitschriften .

110

Das Journal des Sciences Militaires (Jan. 1879 ) schreibt :

Der

Bedarf der Französischen Armee an Pferden beträgt bei voller Kriegsstärke 210 700 , die sich in folgender Weise auf die verschiedenen Waffengattungen vertheilen : Auf die Infanterie kommen 10 000 , auf die Cavallerie 90 000, auf die Artillerie 50 000, die Ingenieure 900, den Train 45 300, auf die Gensdarmerie und die nicht regimentirten . Truppen 10 000 , auf Offiziere und Beamten 4 500. Hiervon sind im Frieden 113 000 vorhanden, so dass im Falle einer Mobilmachung 99 000 Pferde zu beschaffen sind , von denen jedoch , soweit es die Zugthiere betrifft, ein groszer Theil Maulthiere sein werden . Aus dem Februar-Hefte dieser Zeitschrift sei auf den Aufsatz : „ 99 Studie über die Anwendung der Cavallerie im Felde " aufmerksam gemacht. Die Militair-Literatur Frankreichs, die in den letzten Jahren einen so bedeutenden Aufschwung genommen hat, beschäftigt sich besonders mit dem Studium über die Verwendung der Cavallerie . Die Schriften neuerer Zeit es sei an die des Obersten Bonie und des Generalstabs-Hauptmanns Cherfils erinnert verdienen hohe Anerkennung . Aufsatz ,

Von hervorragender Art ist auch vorliegender

der es sich zur Aufgabe gestellt hat ,

die seit 1871 er-

schienenen officiellen Verordnungen und Instructionen in einer übersichtlichen Studie zusammenzustellen . An Letzteren sind in dem fraglichen Zeitraum erschienen : 1.

Das

Reglement

für die

Uebungen

der

Cavallerie

vom

17. Juli 1876. 2. Praktische Instruction für den Dienst der Cavallerie im Felde. vom 17. Februar 1875 . 3. Instruction 27. Juni 1876.

der Cavallerie

für

den Aufklärungsdienst

vom

4. Provisorische Instruction für den Marschdienst vom 1. Juli 1877. Im ersten Abschnitt behandelt die Studie die Thätigkeit der in der Front oder in den Flanken einer Armee operirenden Cavallerie , der im Allgemeinen hier ein Bereich von 40-50 km überwiesen wird .

Innerhalb dieser Sphäre bildet das Straszennetz das Haupt-

Operations-Terrain , ohne dabei jedoch das dazwischen liegende Terrain gänzlich unberücksichtigt zu lassen .

Demnächst folgen die Vorschriften

für die Beförderung der Meldungen und Nachrichten, und die Instructionen Waffen.

für

die

der

Cavallerie

beigegebenen

Unterstützungs-

Die reitende Artillerie soll sich stets an der Tête der Re-

serve-Brigade , niemals aber im eigentlichen Patrouillen - Terrain befinden ; Infanterie-Abtheilungen sind sehr wünschenswerth, dürfen aber

111

Aus auswärtigen militairischen Zeitschriften. die freie Bewegung Concentrirung

der

der Cavallerie eigenen

Armee

nicht

hindern .

soll jedes

Vor beendeter

Gefecht

vermieden

werden, erst nach Beendigung derselben ist es die Pflicht der Cavallerie, bis zu den Têten der feindlichen Infanterie vorzudringen . Es folgen nun die Grundzüge für den Dienst der bei den Armeecorps befindlichen Cavallerie , hierzu gehört der Vorpostendienst, der Sicherheitsdienst auf dem Marsche, sowie die Thätigkeit der Cavallerie bei der Einleitung des Gefechtes .

Auch den Vorschriften für die

Abfassung von Befehlen und Instructionen ist ein besonderes Capitel gewidmet. Der zweite Hauptabschnitt betrachtet die Thätigkeit der Cavallerie

während

des Gefechts , und zwar

zunächst das Gefecht der

Cavallerie gegen Cavallerie, und bespricht hierbei die verschiedenen taktischen Formen und Arten des Angriffs . Es folgt dann der Kampf gegen andere Waffengattungen. stattfinden :

Dieser darf nur in folgenden Fällen

1. Bei Beginn der Schlacht, um der Infanterie Zeit zur Entwickelung zu gewähren . 2. Für den Fall des Durchbruchs der eigenen Schlachtlinie. 3. Im Moment einer beim Feinde eintretenden Unordnung, oder zum Aufhalten der Verfolgung . Alle verschiedenen Kampfesarten werden einer eingehenden Betrachtung unterworfen, wobei auch dem Gefecht zu Fusz die nöthige Beachtung gezollt wird.

Der dritte und

letzte Abschnitt behandelt

die

Kampfesarten

anderer Europäischen Armeen , unter specieller Betrachtung der Deutschen , Italienischen und Russischen . Die taktischen Formen und Angriffsarten jeder einzelnen Waffengattung

werden

eingehend

besprochen. Im Schlussresumé wird nochmals

hervorgehoben ,

welche hohe

Anforderungen an einen Brigade- bezw. Divisions - Commandeur der Cavallerie zu stellen sind. Die Studie schlieszt mit den Worten des General Foy:

„ Wenn

Ihr nicht reitet wie

ein Centaur ,

wenn Ihr

nicht den Blick des Adlers , den Muth des Löwen , die Schnelligkeit des Blitzes besitzt - . dann fort mit Euch! Ihr seid nicht würdig, das Einhauen der Cavallerie zu befehlen ! " In der zweiten Januar-Nummer der Naval and Military Gazette finden wir Näheres über die Uebernahme eines neuen Torpedobootes Seitens der Englischen Admiralität, ging ,

nachdem

die

welche am 11. Januar vor sich

verschiedenartigsten Versuche und Probefahrten

112 in

Aus auswärtigen militairischen Zeitschriften. den vorhergehenden Tagen stattgefunden hatten .

Dasselbe

ist .

aus dem Etablissement eines Herrn Herreshof in Bristol, Nord-Amerika, hervorgegangen.

Die Amerikanische Flotte besitzt bereits meh-

rere dieser Boote , während dieses das erste für die Englische Marine erworbene ist.

Dasselbe besitzt Eigenschaften , die allen bisher con-

struirten Torpedobooten

fehlten ,

wesen um ein bedeutendes .

und vervollkommnet das Torpedo-

Diese Vervollkommnungen bestehen da-

rin, dass das Boot mit gleicher Geschwindigkeit vorwärts wie rückwärts fährt, es gehorcht dem Steuer auszerordentlich rasch, vorwärts wie rückwärts gehend, kann es auf dem Halbkreise , dessen Durchmesser nur das Dreifache der eigenen Länge beträgt, wenden , und bei voller Geschwindigkeit kann es auf etwa 20 m zum Halten gebracht werden.

Die Fahrgeschwindigkeit beträgt 14 Knoten

in einer Stunde.

Sobald das Feuer angemacht, kann das Boot nach fünf Minuten in Bewegung gesetzt werden, während die Boote anderer Constructionen hierzu ungefähr eine halbe Stunde gebrauchen .

Dass das Boot alle

diese Eigenschaften besitzt , ist durch die wiederholten eingehenden Versuche ,

die

in diesen Tagen auf der Themse

stattfanden ,

fest-

gestellt. Der Admiral Houston , sowie verschiedene Mitglieder der Admiralität und der Erfinder wohnten denselben bei . Für den ersten H Blick hat das Boot das Aussehen einer symetrischen Cigarre ,

das-

selbe ist oben zugedeckt , von grauer Farbe und hebt sich selbst in geringer Entfernung nur wenig vom Spiegel des Wassers

ab .

Die

Dimensionen des Bootes sind so gering,

dass man kaum vermuthen

sollte, dass dasselbe im Stande ist, das

stärkste Panzerschiff anzu-

greifen ; die Länge beträgt nur etwa 20 m , die Breite 212 m , Gesammtgewicht des 7-8 Tons nicht.

Bootes

überschreitet

mit

das

voller Ausrüstung

"

Gerade in dieser geringen Raumausdehnung liegt

der besondere Werth des Bootes als Offensivwaffe, da es, im Gegensatz zu den gröszeren Torpedobooten ,

an Bord

eines Kriegsschiffes

genommen werden kann, um von dort aus, bei günstiger Gelegenheit, sofort ins Wasser gelassen

zu

werden.

Der Kiel sowohl

Planken unter der Wasserlinie sind von massivem Stahl ,

wie

die

über der-

selben sind Letztere von Holz mit einer Stahlplatte bedeckt.

In dem

abgeschlossenen Maschinenraume wird die Luft durch ein künstliches Gebläse

eingeführt ,

das durch

eine

besondere Maschine

von 21/2

Pferdekraft getrieben wird, während die Bewegung des Bootes durch eine einfache Schraube stattfindet. Zum Schutz der Mannschaft und des Maschinenraums

sind besondere Stahlschutzplatten

Die bedeutende Geschwindigkeit des Bootes in Verbindung

mit groszer Sicherheit ,

2

angebracht.

in seinen Bewegungen

das unbemerkte Erscheinen,

M

Aus auswärtigen militairischen Zeitschriften.

die und

113

Geräuschlosigkeit , mit der dasselbe das Wasser durchschneidet, die Schwierigkeit, dasselbe seiner Gestalt und Farbe wegen aus

einiger Entfernung

zu erkennen ,

lassen dasselbe

als einen höchst

gefährlichen Gegner im Seekriege erscheinen. Dieselbe Zeitschrift theilt in der ersten Februar-Nummer einen Vortrag mit , welchen ein Hauptmann Templer in der Royal United Service Institution über die Verwendung von Luftballons zu militärischen Zwecken gehalten hat, und der auch in weiteren Kreisen Beachtung verdient. Der Genannte behauptete , dass alle bis jetzt Kriege stattgehabte Verwendungen der Luftballons , sei es zu im Recognoscirungszwecken oder zur Beförderung von Nachrichten aus eingeschlossenen Festungen u . s . w., bis jetzt nicht den an dieselben gestellten Erwartungen entsprochen haben. Dieses sei ausschlieszder mangelhaften Kenntniss der Sache zuzuschreiben . Schon im lich Frieden müsse eine besonders zu diesem Zwecke organisirte Abtheilung vorhanden sein, die einerseits mit dem Material genau vertraut und anderseits genau weisz , worauf es bei Recognoscirungen anist, kommt, die Signalgebung vom Ballon aus kennt u . s . w.; die Schwierigkeit, einen (freien) Ballon nach einer bestimmten Richtung hin zu sei nicht so grosz , die Erfahrung lehre , dass man bis zu einer Höhe von 5000 Fusz regelmäszig drei verschiedene Luftströmungen anträfe. Man müsse daher den Ballon in einer derselben.

lenken ,

welche der erwünschten Richtung entspricht,

treiben lassen .

Durch

Steigenlassen kleiner Ballons könne man diese Luftströmungen im Voraus kennen lernen . Der Redner behauptet , bei den verschiedeLuftreisen, die er unternommen, sei es ihm bis jetzt jedes Mal gelungen , eine bestimmte Richtung zu gewinnen . In Woolwich sind viele Versuche mit Ballons , mit Feld- Gaserzeugungs-Apparaten , so-

nen

mit Signalgebung von Ballons aus bei Tage und bei Nacht gedoch sind diese noch nicht zum Abschluss gelangt und entsich ziehen bis jetzt der Veröffentlichung.

wie

macht ,

Ueber die Verwendung der Russischen Artillerie während des letztbeendeten Krieges fällt ein Englischer Artillerie- Offizier in der Army and Navy Gazette (Januar 1879) in einem bei der Royal Artillery Institution in Woolwich eingereichten Essay eine scharfe Kritik, indem er ihr den Vorwurf macht, dass dieselbe keineswegs den an sie zu stellenden Anforderungen genügt habe . Der Feldzug 1870/71 habe den Beweis geliefert, dass die Artillerie durchaus nicht an Wichtigkeit verloren habe , und wenn im letzten Kriege dieselbe auf Seiten der Russen nicht das geleistet habe, was sie leisten konnte und musste, so habe dieses ausschlieszlich an falschen taktischen 8 Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u . Marine. Band XXXI.

Verzeichniss der bedeutenderen Aufsätze

114

Principien gelegen .

Bei genauerer Betrachtung der hervorragenderen

Schlachten zeigt sich,

dass die Russischen Artillerie - Führer nicht

verstanden haben, in Verbindung mit der Infanterie zu operiren .

Die

Lehren des Krieges von 1870/71 sind von ihnen gänzlich unberücksichtigt geblieben , obgleich diese klar zu Tage getreten sind und von der Deutschen Armee auch im Frieden nach festen Grundsätzen zum Gegenstand der Uebungen gemacht werden .

Diese Grundsätze

der Anwendung der Artillerie in der Offensive sind: 1.

Die Entwickelung einer starken Artilleriemacht im Gefecht,

so zeitig als irgend möglich. 2.

Das Infanterie - Gefecht nicht

allein vorzubereiten ,

sondern

auch den Angriff zu unterstützen . 3.

Keine Munitions-Vergeudung bei anhaltendem Feuer in langen

Artillerie-Linien, vielmehr müssen die Geschütze rasch auf dem entscheidenden Punkt concentrirt werden. Schlieszlich darf der Verlust eines Geschützes nicht dem einer Fahne gleich gestellt werden , das Geschütz kämpft bis zum letzten Augenblick , selbst auf die Gefahr des Verlustes hin. Eine Artillerie - Aufstellung , deren Flanken gesichert sind, braucht keinen Angriff von Infanterie zu fürchten. Alle diese Grundsätze sind aber Seitens der Russischen Befehlshaber nicht zur Geltung gebracht,

und der Krieg hat sein Ende erreicht ,

ehe

dieselben gelernt hatten, die Artillerie richtig und mit Erfolg zu verwerthen. Die gründliche Ausbildung der Artillerie nach obigen Grundsätzen, schon in Friedenszeiten, ist ein nothwendiges Erforderniss für ein erfolgreiches Auftreten derselben im Gefecht .

IX .

Verzeichniss

der

bedeutenderen

Aufsätze

aus

anderen militairischen Zeitschriften . (15. Februar bis 15. März.) Militair-Wochenblatt ( Nr. 15-19) : De l'offensive et de la défensive . Ansichten für die heutige Cavallerie und deren Dienstausbildung. Die neuesten Veränderungen im Kriegsministerium und in den höheren Commandostellen der Französischen Armee. Beiheft: Die Königlich Preuszische Landes-Aufnahme.

aus anderen militairischen Zeitschriften .

115

Neue Militairische Blätter (März - Heft) : Zur Neugestaltung unserer Militair- Strafgerichts -Ordnung. Was können wir aus den Kämpfen um Plewna für Schlüsse ziehen ?

Der Sandkasten.

Cavalleristische Betrachtungen, angeregt durch von Verdy's : „ Die Cavallerie-Division im Armee- Verbande . - Oesterreich-Ungarns MiChronologische Uebersicht der Begebenheiten an

litairstatistik.

der Donau und in der Europäischen Türkei während des Feldzuges 1877/78. Die Entwickelung der Formationen der Infanterie. Zum Kriege in Süd-Afrika . Mittheilungen aus dem Gebiete der Handfeuerwaffen. Allgemeine Militair- Zeitung ( Nr. 7-10) : Rückblicke auf den Loire-Feldzug von 1870. Der Lier'sche Säbel-Revolver. Das Römer-Castell Capersburg. sischen Armee .

Die Mundverpflegung in der Franzö-

Das Ende des Russisch - Türkischen Krieges .

Ueber die Reiterei zur Zeit des dreiszigjährigen Krieges .

Ein

Blick auf die Festung Swinemünde vom Leuchtthurm aus . Deutsche Heeres -Zeitung ( Nr . 15-21 ) : Einiges über TorpedoDie nationale Vertheidigungskraft in Holland und in boote. Belgien.

Was

nützen

Brückenköpfe ?

Generalfeldmarschall

Albrecht Graf von Roon +

Ueber Militairjournalistik und Kritik. Die Französische Armee im Jahre 1879. Die officielle Dar-

stellung der Occupation von Bosnien und der Herzegowina . wahl der Stellungen .

Sechzig militairische Dienstjahre.

AusDas

Springen der 38 Tonnen - Kanone an Bord des Englischen Thurmschiffes : 99 Der Thunderer". Militair-Zeitung für

die Reserve- und Landwehr-Offiziere

des

Deutschen Heeres ( Nr. 8-II ) : Construction und Ausrüstung der Deutschen Eisenbahnen in militairischer Hinsicht. Die dienstliche Stellung des Landwehr-Compagnie-Führers im Frieden . - Die Commune von Paris . Die Zulu-Armee. Die augenblickliche Vertheilung der Jahresclassen der activen Armee in Frankreich. Das Reserve - Offizier - Corps nach der neuesten Rang- und Quartier-Liste. An den Grenzen der Strategie und Taktik. Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie ( Heft XI . ) : Ueber einige Ergebnisse der neueren Tiefseeforschungen. Aus den Reiseberichten S. M. S. „ Ariadne ".

Aus den Reiseberichten S.

M. S. , Freya ". Oesterreichisch - Ungarische

Wehr - Zeitung „ Der Kamerad " Der (Nr. 15-22) : Das Repetirgewehr - System Kropatschek. Torpedokrieg und seine Zukunft. - Die Oesterreichische WaffenFabriks-Gesellschaft.

Eindrücke

und Wahrnehmungen während 8*

Verzeichniss der bedeutenderen Aufsätze

116

der Occupations - Campagne in Bosnien , vom Standpunkt des Troupiers. Leihkassen für Offiziere . Ueber provisorische PassWie stark waren die Insurgenten ? Die Befestigungen . Festungs-Artillerie .

Oesterreichische Militair - Zeitung ( Nr. 15-22) : Reorganisation der Kaukasischen Armee. Die Feuerpause . Die Occupationskosten.

Ueber die

erste

den Verwundeten geleistete Hülfe im

Kriege. Zur militairischen Erziehung des Volkes. TragthierEscadronen . Classification der verschiedenen Verschluss-Mechanismen der Hinterlad - Systeme . -- Die Befestigung der Wesermündung. Oesterreichisch- Ungarische Militair-Zeitung ,,Vedette" ( Nr. 15—21 ) : Die Unteroffizier-Frage in Italien . - Der Kaffernkrieg. - Der Procesz Suleiman Pascha's. ― Ueber die Offiziers- Gagen von 1869-1879 . Der Cavallerie-Dienst, wie er geübt werden soll. Die Taktik der Bosnischen Insurgenten . - Die Kaukasische Armee. Das Gefecht bei Isandula im Zulu-Lande. Ueber Schieszübungen mit Zimmergewehren . Der Veteran ( Nr. 10-13) : Ein Blick auf die Verhältnisse in Südafrika. — Ein Beitrag zur Revision der Wehrgesetze. Ueber Infanterie-Fuszbekleidung . -- Zur neuen Heeres-Organisation Frankreichs .

Gründung von Bibliotheken in Bosnien Herzegowina. _ Ueber Positions -Infanterie . Mittheilungen aus dem Gebiete des Seewesens

und

( Nr. 1 ) :

in

der

Nach-

träge zu den Chronometerstudien . - Die Steuerungsversuche der Gemse. Einige wichtige Grundsätze des Straszenrechts zur See. die gegenwärtige Marine.

Organisation und Verwaltung

Ueber

der Französischen

Journal des Sciences militaires (Februar- Heft) : StationnementsTaktik . - Studie über die Anwendung der Cavallerie im Felde . Militairische Studien. Die Armee in Frankreich von Karl VII . bis zur Revolution ( 1439-1789 ) . L'avenir militaire (Nr. 553-557) : Die Ernährung des Soldaten . Geschütz und Gewehr. Die Casernements-Reform . Der Bekleidungsfragen . Ein neuer Explosivstoff zum Gebirgskrieg . Gebrauch der Cavallerie . Die Französischen Fahnen . Revue d'Artillerie (Februar- Heft) : Historisches über die in Calais Ver-

gewonnenen Erfahrungen über die gezogenen Feldgeschütze. suche mit dem Armstrong - Geschütz . Laffettenrahmen . Explosion des Thunderer".

Telephon-Angeber.

Theorie der hydraulischen 38 Tons-Geschützes auf dem

117

aus anderen militairischen Zeitschriften.

Revue maritime et coloniale (Februar- Heft) : Bericht über den Differenzialrechner Valessie . - Von der Gironde nach La Plata . Notiz über die Organisation des Commissariat-Corps der Französischen Marine vom Anbeginn bis zum heutigen Tage . Notiz über die Canalisationsarbeiten im Französischen Cochinchina . nalen .

aus

Lorienter An-

Die Marine-Akademie von 1752-1765.

Russischer Invalide ( Nr. 25-44) : Militairische Nachrichten Oesterreich. Ueber die Straszenlocomotiven. Der Krieg in

Afghanistan . Wajenny Sbornik ( Februar- Heft) : Ueber die Thätigkeit der Cavallerie an der Donau 1877/78 . - Vergleich der reglementarischen Ueber Bestimmungen zum Einzelgefecht bei den fremden Armeen . Operationsdie und 's (Schipka n Suleiman-Pascha Operatione die pläne). Von

Erinnerungen eines Generalstabs -Offiziers aus dem Krieg

1877/78.

Russ. Artilleriejournal (Februar- Heft) : Die Anwendung des elecWas uns mangelt? - Zur trischen Lichts für kriegerische Zwecke . Zur Frage über das Schieszen Frage über die Distanzzünder. gegen erhöhte Ziele. Russ. Ingenieurjournal (Januar- Heft) : Die Thätigkeit des 3. FeldTagebuch eines Ingetelegraphenparks im Kriege 1877/78. nieur- Offiziers . L'Esercito ( Nr. 19-31) : Der Krimkrieg ( 1854/1855) . trachtungen über den Bericht in Betreff des Militair-Etats . -

Be-

Heergliederung und Avancement. -Die Dienste der Militair-Commissarien . Bezirksrecrutirung . Die Das Avancement im Generalstab .

Sardinische Expedition nach der Krim. Miliz .

Bildung der Bulgarischen

Rivista militare italiana (Januar- Heft) : Die groszen Manöver des Jahres 1878. —— Der Russische Krieg in Bulgarien und Rumelien 1877/1878 . ( Februar- Heft) : Die Gesundheitsstatistik der Armee . Die Gebirgs - Artillerie . Organische Studie über unsere Cavallerie. in

Technologischer Unterricht . Frankreich . Giornale di Artiglieria e

Die militair-geographischen Studien

genio (Januar - Heft) :

Ueber die Con-

struction der Laffetten von Georg Kaiser, Professor des höheren Artillerie-Cursus in Oesterreich . Ueber eine neue Methode zur Spannungsmessung bei der Artillerie . schieszen.

Studie über das Scheiben-

Die provisorische Laffette der 7 cm Gebirgs - Geschütze . (Februar- Heft) : Versuche in Stahl für Geschütze .

Verzeichniss der bedeutenderen Aufsätze etc.

118

Army and Navy Gazette ( Nr. 1004-1007) : Der Lay-Torpedo . Der Zulukrieg. Die Thunderer - Geschütze . Die Flotte des Schwarzen Meeres . -- Recrutirung im Jahre 1878. - Das Unglück in Isandula. Die Thunderer-Explosion . Die Französische Marine. Französische und Englische Torpedoboote. -- Der Afghang-Krieg . Das Armee-Disciplinar - Gesetz . Die Französische Armee . Naval and Military Gazette ( Nr. 2409-2411) : Die Italienische Militair-Ballons. Das Zululand und die Zulus. Marine. ― Freiwilligen-Organisation .

Der Zulukrieg.

Army and Navy Journal ( Nr.807-810) : Reorganisation der Armee. Die Torpedo-Station in Newport. Die neuen Armeegesetze . Englische

und Amerikanische Der Zulukrieg .

Congress . Budget.

Chirurgen.

Die Armee-Bill

Moderne Artillerie.

im

Das Armee-

Ueber Signale .

La Belgique militaire ( Nr. 420-423) : Die National- Vertheidigung . Vergleichende Studie über lufterwärmende Heerde Kaiser und Wieghorst . Ein Besuch der Kinderschule der Truppen in Alost.

Mobilgarde und

National-Vertheidigung.

Ueber

die

Mittel, die Trunkenheit in der Armee zu beseitigen. Allgemeine Schweizerische Militair- Zeitung ( Nr. 8-11) : Die fortschreitende Entwickelung der Europäischen Heere . Die Centralschule Nr. III vom Jahre 1878. Die Einführung des Infanteriefeuers auf grosze Distanz in unserer Armee .

Die Thätigkeit und

Verwendung der Cavallerie in den letzten und künftigen Kriegen . Militairischer Bericht aus dem Deutschen Reiche. Einige taktische Erfahrungen aus dem Russisch-Türkischen Kriege . Revue militaire suisse (No. 4 u. 5) : Die Versammlung der Truppen der II. Division und der V. Infanterie-Brigade zwischen Explosion Freiburg und Bern vom 15. bis 20. September 1878. Infanterieeines 38 Tons -Geschützes an Bord des ,, Thunderer". Die obligatorische Impfung in der Oesterreich-Ungarischieszen. schen Armee. De Militaire Spectator ( Nr. 3 ) : Die alten Soldaten und die Landesvertheidigung . Studien über die Kriegführung auf Niederländischem Boden. - Betrachtungen über Heeresverpflegung. Kongl .

Krigsvetenskaps Akademiens Handlingar och

Tidskrift

(Heft 1-3) : Ueber den Werth von wenig ausgebildeten und lose organisirten Massen im Kriege. Die Militairfrage in Finnland.

Der Kampf gegen Centurionen .

Ueber das Scheibenschieszen der 2a. Classe der „ Bevärings-Mannschaft " im Jahre 1877. ---- Ueber Cavallerie-Taktik.

Verzeichniss der bei der Redaction eingegangenen Schriften.

119

Revista militar ( Nr. 1-4) : Ueber Militairdienst . - Verschiedene Avancements -Systeme.

Die Kriegsartikel des Englischen Heeres .

Die groszen Preuszischen Manöver 1878. Philosophie des Krieges. - Die Portugiesischen Besitzungen in Afrika . UniformVeränderung der Portugiesischen Infanterie .

Der Zulu-Krieg.

Memorial de Ingenieros (Nr. 1-5) : Automatischer Translator für continuirliche Ströme. Thätigkeit der Oesterreichischen Inge― Krupp'sche nieur-Truppen während der Occupation Bosniens . Schieszversuche in Meppen im August bis Dezember 1878.

Der

Capitain Arstobal de Rojas, Spanischer Ingenieur-Offizier des XIV. Jahrhunderts . Oberst von Mariátegni über ein Manuscript des Commendador Scriba ,

ältestes

Spanisches Werk über Festungsbau

und Krieg aus dem XVI. Jahrhundert. — Photographische AufnahmeNeue Apparate des Französischen Genie-Obersten A. Mangin . Versuche mit electrischen Säulen.

2 Beihefte : Das Argentinische

Wassergebiet des Rio de la plata .

X.

Verzeichniss

der

bei der Redaction eingegan-

genen neu erschienenen Schriften. (15. Februar bis 15. März. ) Abel , Hauptmann à la suite des 1. Pomm. Feld- Artillerie- Regiments , Nr. 2 und Dilthey ,

Hauptmann à la suite der Armee : Mili-

tairischer Dienstunterricht für Einjährig - Freiwillige Reserve - Offiziere , Aspiranten und Offiziere des BeBerlin 1879. urlaubtenstandes der Feld - Artillerie . 80. E. S. Mittler u. Sohn . 451 S. 6 Mark. Bornmüller, Königl . Preusz . Lieutenant : Hülfsbuch zur Leitung und Ertheilung des Schwimm- Unterrichts für den Offizier und Unteroffizier. Berlin 1879. E. S. Mittler 80. 18 S. 0,50 Mark . u. Sohn. Denison, George, T. , Oberstlieutenant und Commandeur der Leibgarde des Generalgouverneurs

von Canada :

Geschichte der

Cavallerie seit den frühesten Zeiten mit Betrachtungen über ihre Zukunft.

Aus dem Englischen übertragen und mit Anmer-

Verzeichniss der bei der Redaction

120

kungen versehen von Brix , Oberstlieutenant im Königl. Preusz . Berlin 1879. - E. S. Mittler u . Sohn. Kriegsministerium. 80. Fabricius,

1010 S.

20 Mark.

Hauptmann im Hannov. Füsil. - Regiment Nr. 73 , com-

mandirt als Adjutant bei der 5. Division , vormals im 4. Thüring. Infant.- Regt.

Nr.

72 :

Geschichte des 4. Thüring. Infant-

Regiments Nr. 72 in den Jahren 1860 bis 1878. Mit 5 Karten in Steindruck. Berlin 1879. E. S. Mittler u. Sohn. 80.767 S. Forstner,

13 Mark .

Freiherr v.,

Hauptmann :

Die

Ursachen und

der

Verlauf des Russisch - Türkischen Krieges in Europa in den Jahren 1877/78 . Zweite umgeänderte Auflage . Mit einer Uebersichtskarte und einem Plane von Plewna. Berlin 1879. L. Schleiermacher. Grundsätze

80.

der Reitkunst.

73 S. Für den theoretischen

Unterricht

auf Cavallerieschulen dargestellt . Mit einer Tafel in Lichtdruck . Berlin 1879. E. S. Mittler u . Sohn . 89. 55 S. 1,20 Mark. Kluckhohn, A.: Blücher. ( Sammlung gemeinverständlicher, wissenschaftlicher Vorträge, herausgegeben von Rud . Virchow und Fr. v. Holtzendorff. ) Heft 313 und 314. Berlin 1879.- C. Habel. 80 . 72 S. Reden des Abgeordneten Grafen v. Moltke ( 1867-1878 ) . Berlin 1879. -E . S. Mittler u . Sohn . — 83 S. 89. 1,60 Mark. Rüstow, W. , Eidg. Oberst, Ehrenmitglied der K. Schwedischen Academie der Kriegswissenschaften : neunzehnten Jahrhunderts .

Die Ein

Feldherrnkunst des Handbuch zum Nach-

schlagen, zum Selbststudium und für den Unterricht an höheren Dritte, mit einer Schilderung des Amerikanischen

Militairschulen .

Bürgerkrieges vermehrte und bis zur Gegenwart fortgeführte Auflage . Elfte und zwölfte Lieferung (Schluss des Werkes ) . 238 S. Fr. Schulthess . -- 80. 1879. -

Zürich

Schweiger-Lerchenfeld, Amand , Freiherr v.: Bosnien , das Land und seine Bewohner. Geschichtlich, geographisch, ethnographisch, und social-politisch geschildert. Mit 9 Holzschnitt-Tafeln und einer Uebersichtskarte . Zweite vermehrte nnd verbesserte Auf80. lage . Wien 1879. L. C. Zamarski . 273 S. 4 Mark .

eingegangenen neu erschienenen Schriften. Taktik

zur

der

Situation.

Taktische

121 Betrachtungen

vom Verfasser von „ Aus dem Tagebuche eines Compagnie-Chefs " , „ Der Bataillons-Commandeur im Krieg und Frieden " , „ Neue Waffen neue Taktik und Ausbildung " , „ Zur Entwickelung der Taktik" hardt. Müller, H.,

u. A. m. 8º. - 60 S.

Erstes Heft.

Berlin

1879.

Fr. Luck-

Major und Commandeur des Fusz - Artillerie- Regiments

Nr. 15 : Die Entwickelung der Preuszischen Küstenund Schiffs - Artillerie von 1860-1878 . Auf Grund officiellen Materials dargestellt. 1879. Rob. Oppenheim.

Mit 6 Tafeln Zeichnungen . Berlin 8º. 346 S. 8 Mark.

Verantwortlich redigirt von Major v. Marées , Berlin , Bülow- Strasze 6 . Verlag von F. Schneider & Co. (Goldschmidt & Wilhelmi), Berlin, Unt. d. Linden 21 .

Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin W.

1

XI. Die Lehre von der Truppenverwendung. *) (Schluss.) Die Durchführung der kriegerischen Handlung eines Feldzuges gipfelt in dem taktischen Acte der Schlacht , für welchen also schlechthin die taktischen Grundsätze der Gefechts- und Kampflehre maszgebend sein müssen ; o . m. a. W. da die Schlacht als Einzelact an dieselben Gesetze,

wie das Gefecht,

gebunden erscheint, ist

sie, unter diesem Gesichtspunkte betrachtet, bezüglich eine Combination von Gefechten, nur das strategische Feldzugsziel steht,

einfach in

ein Gefecht ,

deren Hintergrunde

ohne dessen Erreichung

das Gefecht eben nicht eine Schlacht genannt werden kann (s . oben) . Jede Gefechtshandlung selbst bedarf nun aber ihrerseits, um in sich zum Abschlusse zu kommen, Stadien

der Einleitung,

gleichfalls wieder

Durchführung

und

Durchführung aber ist wieder einfach der Kampf, Combination von Kämpfen. Die Einleitung des Gefechtes hat

der drei

Ausnutzung ;

ihre

bezüglich eine

damit zu beginnen,

die

gegebene - - je nach den Anordnungen der strategischen Anbahnung für den Einzelfall eines Gefechtes beim Zusammenstosze mit dem Feinde zur Verfügung stehende Streitmacht , zunächst durch den taktischen Aufmarsch zur taktischen Front derart zu ordnen,

dass

Führung

der

vernunftgesetzlich

zu

fordernde

Einfluss

sich thatsächlich auf sie geltend machen kann .

allzuleicht wird erfahrungsmäszig dieses Grundgesetz nünftigen Gefechtsleitung

einer ver-

vergessen oder auszer Acht gelassen ,

gleich doch ohne seine Erfüllung,

das Gefecht nur

der Nur

einen,

ob-

nicht

*) Entnommen dem unter obigem Titel erschienenen Werke des Obersten von Scherff. Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI. 9

Die Lehre von der Truppenverwendung.

124

nach den eigenartigen Gesichtspunkten der Gefechtslehre (s . oben) geregelten „ Kampf" darstellt, der nur zufällig das höhere Resultat eines

Gefechtssieges und jedenfalls

nur

mit

höheren

Opfern ,

erringen kann . Die taktische Front aber nennt man diejenige Richtungslinie , in welcher aufmarschirt, die vorhandene Streitkraft ihr Gesicht dem

Feinde

zuwendet,

weil

sie

einzig und allein in

dieser

Richtung „ kampfthätig" wirken kann. Die Länge dieser Linie ist durch die numerische Stärke der verfügbaren Truppenmacht im Allgemeinen bedingt,

und darf den Kampfgesetzen entsprechend eine gewisse Ausdehnung nicht überschreiten. Die Kampfordnung (s. später) einer Truppe beeinflusst also räumlich den taktischen Aufmarsch ebenso, wie dieser sich zeitlich auf die Anordnungen der strategischen Anbahnung

fühlbar gemacht hat. Wenngleich gewissen, in der Kampflehre erörterten, Schwankungen unterworfen, fixirt diese Raumgrenze dennoch im Einzelfalle die Endpunkte -- Flügel - dieser taktischen Front ziemlich bestimmt, lässt aber dadurch die Flanken dieser Front dem feindlichen Einflusse zunächst preisgegeben , als die "" schwachen Seiten " derselben, erscheinen, weil ja die nach den Gesetzen des Kampfes stets in bedeutend gröszerer Breite , wie Tiefe aufmarschirende Truppe in dieser Richtung einer Kampfgegenwirkung zunächst nicht fähig ist. Was von den Flanken, gilt in ähnlichem Masze auch von dem Rücken dieser Front, wenngleich eine feindliche Einwirkung aus dieser Richtung her meist zu den Seltenheiten gehören und eintretenden Falles sogar gewöhnlich leichter, als eine solche gegen die Flanke contrebalancirt werden kann . Der Gefechtsleitung liegt es ob , mit diesem Faktor zu rechnen, wie es dem Feldherrn oblag, mit der unvermeidlichen Preisgabe von Basistheilen zu rechnen . Weiterhin widerstreben nun aber die Gesetze der Gefechtslehre (ähnlich, wie die der Schlachtenlehre für den strategischen, so jetzt) für den taktischen Aufmarsch einer gleichmäszigen Vertheilung der vorhandenen Gesammtkraft auf die ganze taktische Front ; verlangen (wie dort eine Massen-, so hier) eine Gruppengliederung , vermöge deren verschiedenen Bruchtheilen der Gesammtgefechtskraft verschiedene Aufgaben zugewiesen werden können.

stets

Da diese Aufgaben erfahrungsmäszig für jedes Gefecht sich mehr oder weniger gleich bleiben, so unterliegt die

gefechtsgerechte Gruppengliederung

einer Truppe weit weniger der



Die Lehre von der Truppenverwendung.

125

Veränderlichkeit , als die schlachtgerechte Massengliederung einer Armee, und zeigt zunächst die ständige Wiederkehr der drei überall und immer nothwendigen Gruppen von Gefechtsavantgarde , Gros und Reserve , deren Stärke bemessung (taktische Kraftbestimmung) aber allerdings für jeden Einzelfall besonders zu regeln ist. Die drei Aufgaben der drei Gruppen

ergeben

sich aus

den

drei Stadien, welche jedes Gefecht zu durchlaufen hat. Der Gefechts avantgarde fällt die Aufgabe zu, während der Einleitung , dem Reste der überhaupt verfügbaren Truppenmacht die Zeit zur Vollendung ihres Aufmarsches, der Gefechtsführung

die

Möglichkeit

zu

gleichzeitig aber auch schaffen ,

auf Grund

eigener Orientirung jene für stets nothwendig anerkannte Wahrscheinlichkeitsrechnung (s . oben) für den „ möglichen “ Gefechtssieg anzustellen ;

danach ihren Entschluss zur Annahme

oder jetzt noch angängigen Ablehnung der Gefechtsdurchführung so wie in Betreff der derselben zu gebenden Form (offensiv oder defensiv -offensiv)

fassen ;

entsprechende Disposition zu können.

endlich

der

diesen Entschluss durch die

untergebenen

Die Aufgabe der Gefechtsavantgarde ist

Truppe

mittheilen

darnach überall und

immer zunächst nur eine rein demonstrative , wohl ausnahmslos am vortheilhaftesten in der Form einer zeitweiligen Defensive durchzuführende ein Grundgesetz für ihr Verfahren, welches nur allzu oft im Drange der Kampflust vergessen wird ! Die

Aufgabe

des

Gros

ist

die

Gefechtsdurchführung ,

d. h. also der Kampf. Es wird sich zeigen, dass die gefechtsgerechte Anwendung des Kampfes unter Umständen wieder die Untergliederung des Gros in zwei Gruppen nothwendig und nützlich erscheinen lassen kann . Da der Kampf als gewaltsame Kraftabmessung erfahrungsmäszig stets ganz unberechenbaren Schwankungen ausgesetzt ist, es endlich die Aufgabe der Reserve , im Handlung,

lediglich

nach

bleibt

dritten Stadium der

den Intentionen

der

höchsten

Führung , in dieses Auf- und Abwogen, Auschlag gebend einzugreifen , oder aber den nach erlittener Localniederlage beschlossenen Rückzug , soweit angängig, deckend zu ermöglichen. Die Verschiedenheit der Aufgaben begründet schon an sich die relative Verschiedenheit der Kraft zu weisung an die drei Gruppen, von denen

offenbar das Gros

die höchsten Ansprüche in dieser

Richtung erhebt, welche sich über die Dotirung der Reserve zu der 9*

Die Lehre von der Truppenverwendung.

126

der Gefechtsavantgarde

immer mehr abschwächen dürfen ,

und

namentlich für die letztere die möglichst niedrige Bemessung nur empfehlenswerth erscheinen lassen. Es ist hervorgehoben, dass die Flanken der taktischen Front

ihre schwachen Seiten sind , d . h . dass eine feindliche Front, welche unter einem mehr oder weniger rechten Winkel auf eine aufmarschirte Truppe stöszt, unweigerlich eine Kraftüberlegenheit welche bei parallelem Zusammenstosze beider Front en sich nicht, oder jedenfalls minder auffallend , fühlbar gemacht haben würde.

besitzt,

Umgekehrt muss daher diejenige Truppe , welche aus solcher Richtung zu

vom

Gegner

angefasst wird,

um

eine

Gegenwirkung

ermöglichen ,

stellen, nehmen.

demselben stets eine parallele Front entgegend. h. nach dieser Seite hin eine Frontveränderung vor-

Diese Bewegung kann sich namentlich nach der Flanke eines aufmarschirten Truppenkörpers hin nur nach und nach vollziehen , und der im Zeitvorsprunge befindliche Gegner, kann denselben benutzen, um über die, wenn auch vielleicht nicht absolut wehrlose , so doch jedenfalls anfänglich nur in schmälerer Front auftretende, in der Flanke gefasste Truppe, einen Localsieg zu erringen, indem er gegen dieselbe gleich von Hause aus in breiterer , damit also kraftüberlegener Front zu wirken vermag. Der so über den nächstbetroffenen Bruchtheil des Feindes errungene Localsieg lässt geren Vorbedingungen

sich

dann weiterhin unter immer günsti-

gegen jeden nachfolgenden Theil

kann somit jedenfalls die Erringung wesentlich erleichtern . Die örtliche

Regelung des

Ortsbestimmung) wird Feinde in der Form

des

eigenen

fortsetzen,

endlichen Gefechtssieges

Aufmarsches

(taktische

darum mit Vorliebe dahin streben , dem eines Flankenangriffes entgegentreten

zu können, dessen eigenartiger Vorzug aber von dem Augenblicke an verloren ist, wo es dem Gegner gelungen ist, eine mit der eigenen gleichlange Front nach seiner seitherigen Flanke hin herzustellen . Nun kann aber nach den Gesetzen des Kampfes dieselbe Kraftüberlegenheit , welche beim Flankenangriff durch den Einsatz einer breiteren gegen eine

schmälere Front erzeugt wird,

auch dadurch

erlangt werden, dass bei beiderseits gleichlangen Fronten der eigene Aufmarsch durch Hintereinanderordnung von Truppenkörpern an Stelle jener räumlichen Breiten überlegenheit eine

Die Lehre von der Truppenverwendung.

127

Tiefenüberlegenheit über den Gegner aufweist, vermöge deren gleichfalls der Localsieg errungen zu werden vermag (s. später : Verlängerung und Verdichtung !) Wenn es aber dann weiterhin gelingen kann, mit einer solchen tiefenüberlegen geordneten Front auf ein gleichlanges, aber tiefenschwächeres Bruchstück der feindlichen zu stoszen , und dasselbe im Kampfe zu überwinden, ehe es dem überschieszenden Reste dieser feindlichen Front möglich werden kann, gegen die eigenen Flanken zu wirken, so ist offenbar durch solchen Theil angriff der Erringung des Gefechtssieges ebenso erfolgreich vorgearbeitet, als durch einen siegreichen Flankenangriff. Die örtliche Regelung des eines solchen Theilangriffes eines Flügelangriffes ,

kann

taktischen Aufmarsches im Sinne aber nun entweder zum Zwecke

oder aber zum Zwecke eines taktischen

Durchbruches erfolgen, wenn jenes Bruchstück mehr oder weniger in der Mitte der feindlichen Front gesucht wird. Wenn die Gefechtsleitung beabsichtigt nothwendige Kampfdurchführung

gegen

oder gezwungen ist, die

die ganze feindliche Front

Breiten entfaltung des Gros Aufmarsche eigenen dem Ende dem aufzunehmen und zu gleichzeitig ,

sonach in

gleich

langer

eine im groszen Ganzen überall gleichmäszige Tiefenordnung gegeben hat, so nennt man diese Form

der Gefechtsanlage

ein

Treffen gefecht , weil der endliche Sieg nur durch die Bethätigung einer Kraftüberlegenheit seitens der nach und nach aus der Tiefe einzusetzenden Bruchtheile der verfügbaren Streitkraft - ihrer Treffen (s. später) - errungen werden kann .

sei

Wenn aber die Gefechtsleitung beabsichtigt und in der Lage ist, es durch die Entfaltung einer Breitenüberlegenheit gegen die

Flanke des Gegners, sei es durch die Ausnutzung einer Tiefenüberlegenheit gegen ein begrenztes Stück der feindlichen Front den Gefechtssieg durch örtlich bruchstückweise zu erringende Localsiege zu erkämpfen , so nennt man solche Form der Gefechtsanlage : ein Flügelgefecht ;

sei es ,

dass

dasselbe

sich gegen den einen

oder anderen Flügel des Feindes gewendet , sei es , dass es durch den taktischen Durchbruch die feindlichen Flügel auseinandergerissen hat. Es leuchtet ein, dass die Combination eines Flankenangriffes mit dem Theilangriffe gegen einen feindlichen Flügel jedenfalls die vollendetste Gestaltung eines solchen Flügelgefechtes darstellen würde .

Die Lehre von der Truppenverwendung.

128

Nun ist aber gesagt ,

dass es sowohl beim Flanken-, wie beim

Theilangriffe wesentlich darauf ankomme ,

dass

dem Gegner

nicht

die Zeit gelassen werde , dort eine neue (vielleicht schlie szlich gleichlange oder gar breitenüberlegene) Front nach der angefassten Seite hin herzustellen , hier sich nicht gegen die eigene Flanke wenden zu können , bis der Localsieg errungen ist. Dieser nöthige Zeitgewinn wird wohl nur sehr ausnahmsweise ganz absolut gemacht werden können (Ueberfall),

vielmehr wird es fast immer darauf ankommen, um denselben zu ringen - gegen diejenigen Bruchstücke des Feindes, welche nach der eigenen Absicht zunächst nicht in den Kampf um den Localsieg verwickelt werden sollen, demonstrativ zu verfahren ( siehe oben) , um sie an solchem nachtheiligen Eingreifen in den Decisivact möglichst solange zu verhindern , bis wirklich der Localsieg über das so an-

gefasste Bruchstück davongetragen ist. Nennt man das zur decisiven Bekämpfung stück der feindlichen Front : das Kampfobject,

ausgewählte Bruchso kann man die

anderen zunächst nur demonstrativ festzuhaltenden Theile

der geg-

nerischen Gesammtmacht als Gefechts object bezeichnen, weil sich auf sie ganz besonders der „ Gefechtseindruck " (siehe oben) geltend 1 machen wird, machen soll, der durch die Erringung eines Localsieges über ein Bruchstück der gegnerischen Gesammtkraft , den zum Rückzuge dem Zugeständnisse des „ Gefechtssieges " -

Rest be-

wegen soll. Für das Flügelgefecht werden demnach Kampf- und Gefechtsobject stets

nebeneinander geordnet erscheinen ,

das Treffengefecht

nur hintereinander gesucht

indess

sie für

werden können,

und damit hier das Gefechtsobject einer demonstrativen Einwirkung entzogen ist !

Es liegt darin ein eigenartiger Vortheil des Treffen-

gefechtes vor dem Flügelgefechte, welchem später noch kritisch näher zu treten ist. Der örtlich getrennten Durchführung des Flügelgefechtes entspricht die Nothwendigkeit einer Zerlegung des einzusetzenden Gros in zwei Gruppen (siehe oben) von denen der einen die Decisiv-, der anderen die Demonstrativaufgabe zufallen muss. Je nachdem die Gefechtsführung beschlossen hat ,

den für die

Erlangung des Gefechtssieges ja bekanntlich absolut nothwendigen Kampf- Vollsieg (siehe oben), in

der reinen Offensiv- oder in

der defensiv - offensiven Form zu suchen, wird die demonstrative Seite der Thätigkeit, dort in der Gestalt der sich selbst beschränkenden Offensiv - Defensive , hier in der einer zeitweiligen rei-

129

Die Lehre von der Truppenverwendung.

nen Defensive auftreten müssen und man nennt danach die beiden nebeneinandergeordneten Gruppen bestimmten Gros ,

dort :

Decisiv-

eines

für

das Flügelgefecht

und Demonstrativflügel ,

hier : Defensiv- und Offensivflügel . Es leuchtet ein, dass um, bei numerisch gleicher oder gar absolut schwächerer Kraft, dem Feinde gegenüber dennoch dem jeweiligen Decisivflügel , die Möglichkeit zu schaffen , sei es aus der Tiefe , sei es nach der Breite,

kraftüberlegen

auftreten zu können , die

grösztmöglichste Sparsamkeit in der Dotirung des jeweiligen Demonstrativflügels obwalten muss . Um aber sich dadurch nicht der Gefahr auszusetzen, diesen relativ schwachen Bruchtheil seinerseits. einer Theilniederlage durch den Gegner preisgegeben zu sehen , werden beide Parteien genöthigt sein, besondere Hülfsmittel in Anspruch zu nehmen,

um

der feindlichen Gegenwirkung auch hier,

die nöthige Zeit hindurch, das Gleichgewicht halten zu können . Die Defensiv-Offensive findet diese Hülfe im Terrain (namentlich auch in der von demselben gebotenen

taktischen Flanken-

anlehnung ) , dessen Ausnutzung, als Hinderniss oder Deckung , namentlich, wenn es zu diesem Zwecke noch fortifikatorisch verändert wird, der Widerstandskraft ihres Defensivflügels , auch numerisch bedeutend

überlegenen

Kräften gegenüber ,

einen genügend

festen Halt zu geben verspricht, um es dem Offensivflügel zu ermöglichen ,

sich rechtzeitig gegen

die feindliche Flanke wenden zu

können ( siehe oben). Die reine Offensive ist in dieser Beziehung in hervorragenderem Masze an die Manövrirfähigkeit ihres Demonstrativflügels verwiesen, vermöge deren derselbe durch einen richtig bemessenen Wechsel zwischen Bewegung und Stillstand , den Feind lang genug zu täuschen, im Stande ist, um dem Decisivflügel Zeit zur Erringung des Localsieges im Theilangriffe zu schaffen . Beide Formen dieser Gefechtsdurchführung werden aber in letzter Instanz ebenso wie das Treffengefecht auf die Mitwirkung ihrer

Reserven verwiesen

sein ,

falls

eigener Seite geplante Durchführung

der

Gegner ,

durchschauend ,

die

auf

sie mit

dem geeigneten Gegenmittel zu durchkreuzen sucht und dadurch einen Rollenwechsel in den Aufgaben der beiderseitigen Flügel , und der beiderseits ursprünglich gewählten Formen (offensiv und defensiv-offensiv ; Flügel- und Treffengefecht) erzwingt. So ist denn schlieszlich aber auch in diesem Wechselspiele Alles wieder auf den entscheidenden Faktor der Bewegung zurückgeführt und damit die

zweck entsprechende Bestimmung ,

betreffend

Die Lehre von der Truppenverwendung .

130

den Zeitmoment der Durchführung

des Gefechts : die taktische

Zeitausnutzung im Gefechte, zum Ausschlag gebenden Hebel des Getriebes gemacht, um das „ gefechtsgerecht " zu erfüllen, was durch eine ,, schlachtgerechte " Kraftverschiebung

(strategische Kraftbestim-

mung siehe oben) glücklich angebahnt war. Die richtige Berechnung des Zeitmomentes

für

den Ein-

satz des Decisivkampfes ist es, von welchem im Gefechte weitaus am entschiedensten der Erfolg oder Misserfolg abhängt. Für den strategischen Erfolg der Schlacht ist es die Hauptsache, dass sie gewonnen wird und die Aussicht ist in erster Instanz bedingt

von

der richtigen Berechnung

der

einzusetzenden

Kraft; Ort und Zeit haben nur in soweit Bedeutung, als sie auf diese genügende Kraftconcentration sich minder in Betracht.

von Einfluss sind ; kommen an

des Gefechtes dagegen,

Für den taktischen Erfolg

als der

zur Verfügung gestellten Kraft , tritt die Frage , wann der Einsatz des Decisivkampfes zu geschehen hat, schlechthin in erste Linie.

Benutzung der

Auf diesen Umstand führt es sich zurück , warum trotz schein-1 bar so groszer Vorzüge, die defensiv-offensive Form in ihrer Doppelseitigkeit und Abhängigkeit vom Feinde

nach dieser

zeitlichen

Seite hin, für die Praxis stets ihre schweren Bedenken hat, die mit dem Anwachsen der einzusetzenden Kraft derart sich steigern , dass die Geschichte nur sehr wenige in dieser Form gewonnene Schlachten aufzuweisen hat.

Mit diesem Umstande hängt

es fernerhin zusammen, dass das

Flügelgefecht als die ,

schlechthin den höchsten Erfolg in Aussicht stellende , Form des Gefechtes angesehen werden muss, weil hier - und nur hier - der Einfluss der obersten Führung auf die Bestimmung dieses Zeitmomentes vollständig gewahrt ist , welche andernfalles der Truppeninitiative anheimfällt und weil diese Führung , welche darnach berechnen kannn , wann und wo etwa eine Entscheidung errungen sein kann , dadurch auch besser als im Treffengefechte , übersehen,

wann

in der Lage ist ,

Zeit und Ort zu

und wo ein etwaiger Misserfolg ihre Gegenwir-

kung in Anspruch nehmen wird. Durch diesen Umstand ist es endlich umgekehrt ermöglicht, dass das seine

Treffengefecht

feindlichen

Bestrebungen

gegenüber

ökonomisirende Verwendung der Zeit ,

durch

einem gegne-

rischerseits erlangten Vorsprunge in dieser Richtung immer noch wirksam entgegenzutreten

vermag ,

indem es , freilich auf Kosten

Die Lehre von der Truppenverwendung. des

selbst

zu

erringenden

Vollerfolges

131 den

mindestens

feindlichen Vollerfolg einigermaszen abzuschwächen vermag (siehe oben). Der Entschluss erster Instanz

zum

Gefechte erscheint nach alle dem in

an strategische

Ueberlegungen gebunden ,

da ja

nur aus ihnen sich der Gefechts zweck ergeben kann, dessen Fehlen die Handlung zu einem unnützen Batailliren gestalten würde , durch welches scheint ,

weil

das kriegerische Endziel kaum nähergerückt

er-

erfahrungsmäszig die rein physischen Verluste ( siehe

oben) im Kampfe sich sehr leicht gegenseitig ausgleichen . Immerhin wird aber doch auch schon allein die Gunst taktischer Verhältnisse den Eintritt in ein Gefecht oftmals gerechtfertigt erscheinen lassen können, da ja das siegreiche Gefecht bekanntlich immer noch mindestens einen gewissen strategischen Erfolg aufzuweisen hat. Die Abwägung dieser strategischen und taktischen Gründe für die Annahme eines Gefechtes führt im concreten Falle zu der Erscheinung von Theilgefechten ,

als Vorbereitungen zu dem end-

lichen Massengefecht der Schlacht ; müssen ,

dass

es

wird

aber betont werden

der Entschluss zum Eintritt in ein solches Theil-

gefecht nicht von allzu niedriger Führung ausgehen darf ,

wenn

Stelle in der Stufenfolge der

durch dergleichen

nicht höhere

schlachtgerechte - Zwecke compromittirt werden sollen. Mit dem einmal gefassten Entschlusse aber treten in Rücksicht auf die Wahl der Gefechtsform die taktischen Ueberlegungen dominirend in den Vordergrund vor die strategischen . Diese letzteren können noch mitwirken bei ob offensiv

oder

defensiv - offensive Form ,

der Entscheidung weil

diese Frage

noch ziemlich eng mit den strategischen Aufgaben verwachsen ist ; sie können sich weiterhin noch geltend machen,

um bei beschlos-

sener Flügelgefechtsform die Verlegung des Schwerpunktes der entscheidenden Action

auf den

strategischen Flügel

tischen Front (d . i . desjenigen Bruchtheiles durch dessen Ueberwindung tegisch vortheilhafteste fürworten.

der tak-

der feinlichen Front,

dem feindlichen Rückzuge die

Richtung gegeben

werden kann)

strazu

be-

Entscheidend aber sind in beiden Formfragen doch schlechthin immer nur die taktischen Ueberlegungen ,

die ihrerseits wieder

in erster Instanz durch das thatsächlich vorgefundene Terrain und durch die thatsächlich im Momente des Zusammenstoszes be-

132

Die Lehre von der Truppenverwendung.

stehende Kraftvertheilung auf eigener und soweit sie erkennbar war, auf feindlicher Seite, beeinflusst werden. Der Umstand

aber ,

dass

man

sich heutzutage ,

so

ziemlich

überall schlagen kann , giebt selbst mit Rücksicht auf das früher in diesen Dingen Ausschlag gebende Terrain, der obersten Gefechtsführung heutzutage eine Freiheit des Entschlusses , früher kaum

gekannt hat ; gestattet dem höchsten

wie man sie Führer im

Gefechte die volle Entfaltung intellectueller Mittel in einem Masze , welches je mehr und mehr seine Persönlichkeit zum Hauptträger der Handlung gemacht hat ; ihm - besonders , wenn er als Feldherr,

Takto- Stratege

auch die Pflicht auferlegt ,

in der Schlacht auftritt - aber

mit starker Hand und eisernem

Willen in dieses Getriebe einzugreifen , um es zum höheren und höchsten Ziele hinauszuführen ! Die Kunst bleibt auch hier Sache des Einzelindividuums , aber die Lehre vermag doch hier schon geltend zu machen, als auf dem Unterstützung viel erfolgreicher ihre wechselvolleren Felde strategischer Operationen. Zu der Lehre , die auf dem Gebiete der Schlacht nur auf das historische Beispiel (siehe Sache seines Talentes ;

oben) zurückgreifen konnte , gesellt sich hier in fördersamster Weise, noch auszer diesem Mittel, das andere der Uebung. Die Application und das Manöver gestatten hier eine Friedensvorarbeit für den Krieg, deren Einfluss ein durchgreifenderer sein kann, sein muss , als die auf jenem gröszeren Felde fast ausschlieszlich nur mögliche Kritik geschehener Operationen. Die beschränktere Handlung vollzieht sich hier schon nach bestimmteren ,

deshalb greifbareren Gesetzen ;

sie läszt schon klarer

den Erfolg oder Misserfolg von der Beachtung oder Vernachlässigung gewisser Regeln abhängig erscheinen ,

deren Kenntniss deshalb min-

destens einen Anhalt für das Handeln geben kann. Freilich

noch bleibt Spielraum

genug

zwischen Wissen und

Können , aber seine Ausfüllung ist doch wesentlich erleichtert, kein Werk mehr auszergewöhnlicher Geistesgaben , wie dort ; deshalb mindestens Kriegsmann ,

bis zu einem gewissen Grade erreichbar für jeden

dessen Willensenergie ihn auch die Friedensarbeit

des Studiums nicht scheuen lässt, und ihm im Ernstfalle den Muth der Verantwortung zu bethätigen gestattet !

Die Durchführung der Gefechtshandlung gipfelt, wie erwähnt, in dem Kampfe : ist Kampf !

on der Truppenverwendung .

Die Lehre

Der Kampf seinerseits

133

aber verlangt wieder die drei Stadien

der Vorbereitung, Durchführung und Vollendung und somit abermals

die

für

den vernunftgesetzlichen Einfluss

der

Anführung

nothwendige Weitergliederung der von der Gefechtsführung für die verschiedenen Kampfaufgaben ( siehe oben) zur Verfügung gestellten Truppenkraft (der Gruppen) : ihre Entwickelung nach Breite und Tiefe , welche hier als Treffengliederung auftritt. Der Kampf ist

der dem Kriege zu Grunde liegende Gewaltact

feindlicher Streiter gegen einander , der nur aus einem vorhandenen unter Umständen erst künstlich erzeugten , Feindschaftsgefühle entstehen kann , selbst ist.

welches

somit die Grundbedingung für den Krieg

Dieser Gewaltact wird verübt mit Hülfe der Waffen und neben der körperlichen Kraft der Einzelstreiter und ihrer persönlichen Beanlagung für die Anforderungen des Krieges werden also zunächst die gegebene Bewaffnung und das jeweilig vorgefundene Terrain (in

Berücksichtigung

die

einflussreichste

ihrer Trutz-

und

ihrer Schutzwirksamkeit)

Rolle in den Ueberlegungen der

Kampflehre

bilden, aus denen die zweckentsprechende Treffengliederung hervorgehen soll. Die höchstmögliche die nothwendige

Ausnutzung der eigenen

Waffe ,

Berücksichtigung der Wirksamkeit der

feindlichen Waffe sind die gegensätzlichen Factoren für die Regelung der Kampfordnung einer Truppe : für die Regelung der

ihre

Kampfart ,

örtlichen Neben- und Hintereinanderord-

nung ihrer einzelnen Unterabtheilungen, und für ihre Kampfweise : die Regelung ihrer Wirksamkeit zeitlich nacheinander. Aus ihrer Abwägung gegen einander geht die jezeitig zweckentsprechendste Kampfform der drei historischen Waffengattungen der Infanterie , Cavallerie und Artillerie hervor, die sich für alle drei wieder in eigentliche Kampfformen und Kampfbewegungsformen zerlegt, seit der Fernkampf mit der Feuerwaffe an die Stelle

des

alten Nur - Nahkampfes

mit der blan-

ken Waffe tretend , einen so dominirenden Einfluss auf die Kampfhandlung gewonnen hat . Das Zusammenwirken der drei Waffen in gegenseitiger Wechselwirkung ― nicht Vermischung - zur Erreichung des

einen gesteckten Zieles

bildet dann die

höchste

Aufgabe

dieser

Regelung. Wie

in den Wechselbeziehungen

Ort in der Schlacht

zwischen

Kraft ,

die Kraftbestimmung , im Gefechte

Zeit und die Zeit-

Die Lehre von der Truppenverwendung .

134

bestimmung , so tritt nunmehr im Kampfe der örtliche (räumliche) Factor der Formbestimmung in erste Linie, erweist sich erfahrungsmäszig als Ausschlag gebend für Erfolg oder Misserfolg. Wie aber dort die immer nothwendige Bewegung sich

als

Operiren oder Manövriren darstellte, so tritt sie hier als Evolutioniren und Executiren auf, den beiden Hauptrichtungen der Truppenausbildung

auf deren

oben),

(siehe

höchst möglicher

Steigerung in erster Linie die Wahrscheinlichkeit einer zu erlangenden Ueberlegenheit über den Feind beruht !

Die Entscheidung des Kampfes

ist nach Früherem errungen

durch die Vertreibung des Gegners von einem bestimmten Platze, sei es , dass er sich von Hause aus auf demselben behaupten wollte ( Offensivsieg) , sei es , dass er denselben zum Zwecke der Vertreibung der eigenen Partei

aus

ihrer

Stellung

vorher hätte

überschreiten müssen (Defensivsieg siehe oben). Die Veranlassung zu solcher Räumung ist der fluchterzeugende Zusammenbruch der Kampfkraft ( siehe oben) , welcher aber meist nur aus einer nach und nach bewirkten Erschütterung

dieser

Kraft durch directe Waffeneinwirkung erzwungen werden kann , welche also der Entscheidung vorangehen muss . Vollendet jedoch Kampf erst ,

ist ,

wie gleichfalls

früher

erwähnt ,

der

wenn durch die thatsächliche Besitzergreifung von

demjenigen Platze ,

von welchem der Gegner vertrieben worden ,

der siegreichen Partei gelungen ist ,

durch fortgesetzte Waffeneinwirkung (seine durch unmittelbare Waffenwirkung)

es

die Erschütterung des Gegners

zu

taktische Verfolgung

einer wirklichen Vernich-

tung zu steigern , in welcher nicht nur seine Stosz, sondern auch seine Widerstandskraft zertümmert erscheint ( siehe oben) . Erschütterung ,

Vertreibung ,

Besitzergreifung

ent-

sprechen also den drei Stadien jedes Kampfes : der Vorbereitung , Entscheidung (Durchführung) und Vollendung ; und diesen drei Aufgaben wieder entsprechend ,

muss sich auch die Treffengliede-

rung zunächst als eine ständige Dreigliederung der Truppe nach der Tiefe darstellen. Nun zeigt aber bekanntiich

nur der reine Offensivkamf

im

concreten Falle die Durchlaufung aller drei Stadien wirklich vollzogen ; der reine Defensivkampf begnügt sich schon mit der Erreichung des Zieles nur der zweiten Aufgabe, und der Demonstrativkampf,

der

nur um den Zeitgewinn ringt ,

Entscheidung vermeiden muss ,

wie

und deshalb gerade die

sie durch einen gewaltsamen

Wechsel im Ortsbezirke erzeugt wird, kommt gar nicht einmal über

Die Lehre von der Truppenverwendung.

135

das erste Stadium des Kampfes hinaus , soll es mindestens nicht, weil er sonst wider Willen zur Decisive geworden wäre. Der Demonstrativkampf ist darum im Grunde eigentlicher Kampf ;

auch gar kein

er entlehnt dem Gewaltacte nur die Form, um

gegensätzlich zum offensiven Vollkampfe und defensiven Halbkampfe lediglich als Scheinkampf nur in soweit zu „ kämpfen“ , als der Feind ihn dazu zwingt. Der beschränkteren Absicht gemäsz könnte sich deshalb füglich der Demonstrativkampf mit einem , der Defensivkampf mit zwei Treffen begnügen, würde nur der offensive Vollkampf die reine Dreitreffengliederung beanspruchen.

In der That ist das

denn auch in groszen Zügen der Fall ;

tritt im „ Gefechte" (s. oben) die mit der bezüglichen „ Kampfaufgabe" betraute „ Gruppe " mehr oder weniger ausgesprochen nur in dieser Weise auf; liegt ja doch der nöthige Schutz gegen eine durch die Verminderung der Treffen erzeugte Gefahr für den " Kampf" in dem „ gefechtsgerechten " besonders einer Reserve !

Vorhandensein

der

99 anderen

Gruppen ",

In der Frage nach der Treffengliederung liegt die andere nach der „ kampfgerechten Kraftvertheilung " aber inbegriffen . Sie wird im Einzelfalle für den Offensivkampf die typische Form der gleichen Dreitheilung der verfügbaren Kraft in ein erstes , zweites und drittes oder in Vor- , Haupt- und Ausnutzungs- (Verfügungs-) Treffen aufweisen. Sie wird für den Defensivkampf erstes und zweites Treffen bereits von Hause aus verschmolzen , Demonstrativkampfe die ganze verfügbare Linie entfaltet erscheinen lassen. In letzter Instanz heiszt das

endlich im

Gruppe nur in

einer

aber dann nichts anderes ,

als

dass in der Entwickelung der Truppe nach Breite und Tiefe die Kraft der Offensive wesentlich aus der Tiefe zur Geltung kommen muss ; indess die Kraft der Defensive schon mehr und die der Demonstrative grundsätzlich ganz in die Breite sich entfalten darf. Für die beiden Decisivformen, welche in dem Entscheidungsmomente aber offenbar auch des Einsatzes ihrer ganzen Kraft in erster Linie bedürfen können, wird es dann schlieszlich darauf ankommen, ob die zur sicheren Erreichung ihres Zieles vielleicht nothwendig werdende

endliche Verschmelzung ihrer (zwei und

drei) Treffen in nur eines ,

sich in der Form der Verdichtung

oder der Verlängerung ihrer Front (s. auch Gefecht) vollziehen

136

Die Lehre von der Truppenverwendung .

soll ,

muss ,

kann ;

eine Frage,

welche

Eigenart der Waffengattung abhängt, gabe lösen soll .

wesentlich auch

von

der

welche die betreffende Auf-

An diese Frage knüpft das weite Gebiet der Kampflehre an , um sie erst für die einzelnen Waffen, dann für ihre Wechselwirkung nach dem jeweiligen Stande der Dinge zu prüfen und zu entscheiden. Ihre Resultate hier nochmals zu resumiren, würde aber zu weit, fast zu einer wörtlichen Wiederholung führen . Da nun aber bekanntlich die feindliche Absicht ständig bestrebt ist, die eigene zu durchkreuzen, so wird im concreten Falle jene grundliegende Gliederung niemals in ihrer vollen Reinheit aufrecht erhalten bleiben können . Die demonstrative Tendenz kann durch die feindliche Gegenwirkung in eine

rein defensive

rein defensive bedarf,

hineingezwungen

erfahrungsmäszig eines Beisatzes

an Offensive

heraus,

sie

ohne

deren

werden :

die

auch um sich nur behaupten zu können ,

Ausnutzung

in

ihrer

aus reinen

sich

selbst

Passivität

allzu rasch unterliegen würde ; die reine Offensive aber wird deshalb mit dem Umstande rechnen müssen, in ihrer Tendenz durch solche

offensive

Gegenstösze

werden und deshalb dürfen .

ihrerseits

des defensiven Gegners gestört zu eines defensiven Beisatzes be-

So zeigt denn aber schlieszlich jede Treffengliederung in ihren Details eine reiche Fülle von Nüancen,

welche durch Zerlegung

der eigentlichen Treffen in Untertreffen und durch Einschiebung von Zwischen- und Unterstützungstreffen erzeugt,

der

* Intelligenz der beiderseitigen Anführung

ein weites Feld eröffnet,

auch in diesen formellen Dingen eine Ueberlegenheit des Urtheils und des Willens über den Gegner zur Geltung bringen zu können , welche sich namentlich in der Raschheit des Entschlusses zum etwa nothwendig gewordenen Formenwechsel documentiren wird . Diese Formen sind aber nun, nicht nur an sich erlernbar , sondern nur allein die Thatsache , dass sie erlernt, die Truppe und ihre Anführung an sie gewöhnt, in ihnen geübt und ausgebildet ist, lässt die lebendige Kriegskraft der Armee als kriegsoder felddienstfähig erscheinen. Die Lehre ist in dieser Beziehung zunächst einbeschlossen in dem Reglement. Kunst der Anwendung dieser Formen im Terrain verlangt von der Anführerschaft keineswegs auszergewöhnAber auch die

liche Begabungen, ja nicht einmal ein besonderes Talent ; gipfelt

Die Lehre von der Truppenverwendung.

vielmehr genial

137

lediglich in dem gesunden Menschenverstande,

sein

sollenden Velleitäten

unbeirrt,

aber

der von

freilich

auf

ein

durchgebildetes Urtheil über die jeweilige Zweckmäszigkeit der einen oder anderen Form für die gerade vorliegende (befohlene) Aufgabe, gestützt, das Richtige zu treffen weisz . Der Spielraum zwischen Wissen und Können , in der Schlacht noch so grosz , dass nur das Genie ihn überbrücken , im Gefecht noch so breit, dass nur das Talent ihn überspringen konnte, erscheint abermals wesentlich verkleinert, glatt überschreitbar für jeden Kriegsmann,

dessen Willensenergie

ihn da nicht im Stiche lässt,

wo es

hauptsächlich darauf ankommt, im Drange persönlicher Gefahr durch die Stärke des Wollens , das von Allen Gewusste und Gekonnte zum grundliegenden Endabschlusse des Vollsieges hinauszuführen.

An die Vollendung des Kampfes

durch Erringung

des Voll-

sieges und die damit ermöglichte Kampfverfolgung mittelst fortgesetzter Waffen einwirkung aller betheiligten und verfügbaren Treffen,

schlieszt

sich

im

natürlichen Fortgang

der Handlung die

Ausnutzung dieses Sieges behufs seiner Steigerung zum Gefechtssiege

durch

die

taktische

Gefechtsverfolgung

mittelst Vor-

wärtsbewegung auch der bis jetzt noch nicht in den Decisivkampf eingesetzt gewesenen Gruppen an. Je nach der Stärke des dem besiegten Gegner nach erlittener erster Localniederlage verbliebenen Restes an physischer und moralischer Kraft kann dieser Abschluss der Gefechtshandlung sich unter Umständen erst aus einer Reihe von Gefechtsmomenten ergeben, die durch weitere Localsiege (oder auch Rückschläge) bezeichnet werden, bis endlich der letztentscheidende das Resultat des Gefechtssieges einbringt. An die taktische Ausnutzung dieses Gefechtssieges knüpft sich dann aber endlich vielleicht abermals erst nach einer Reihe mehrtägiger Gefechtserfolge , deren letzter erst den Schlachtsieg eingebracht die strategischeVerfolgung an, um das errungene Resultat einer unmittelbaren Vernichtung der feindliche lebendigen Kraft durch

die

mittelbare Vernichtung ihrer Kriegsmittel :

die Eroberung ihrer Basis

definitiv zu vollenden und

zu be-

siegeln . Damit kehrt die Handlung vom taktischen Kampfsiege über den taktischen Gefechts- und Schlachtsieg fort, zurück zur strategischen

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie -Division .

138

Operation, um nach zweckentsprechend durchgeführtem Anschlusse des taktischen an den strategischen Factor der Anbahnung , diesen wieder ausnutzend an jenen anzuhängen und so beendend das volle Endziel des Feldzuges erreichen !

den Kreislauf siegreich zu

XII .

Die Pionier - Compagnie bei der InfanterieDivision.

Gedanken über die Anordnungen zu ihrer Verwendung. Von

L. Sander, Oberst a. D. (Fortsetzung.) c. Vertheidigungseinrichtungen bei den Operationen. Während Wege- und Brückenarbeiten den Operationen unmittelbar, so kommen Vertheidigungseinrichtungen Gute, indem sie dazu dienen, längere Abhaltung eines zu erhöhen. Ihre

denselben nur mittelbar zu

die Sicherheit der Operationen durch

an gefährlicher Stelle drohenden Feindes

Anwendung finden

Vertheidigungseinrichtungen bei Vor-

märschen meist in der Flanke ; bei rückwärtigen Bewegungen meist als brückenkopfartige Anlagen, welche von der Arrièregarde zu besetzen sind.

In der Regel sind es nur ganz leichte Schanzarbeiten

und Ortseinrichtungen, und es gelten für ihre Ausführung dieselben Grundsätze, wie

für solche in der Vorbereitung zum Kampf bzw.

im Kampfe selbst.

Beispiel.

Bei dem

nach Norden gegen

Rechtsabmarsch

die Armee

von Chalons

des Deutschen Heeres befand sich das XII.

Armeecorps seit dem 27. August rechts der Maas.

An diesem Tage

traf zunächst die Avantgarde des Corps Vertheidigungseinrichtungen bei Stenay ; am 28. August richtete sich darauf das Corps , einem Angriff auf die Maaslinie entgegensehend, ebendaselbst und bei Dun zur hartnäckigen Vertheidigung ein.

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

139

d . Zerstörungsarbeiten bei den Operationen. Bei den Operationen geschehen Zerstörungen fast ausschlieszlich zu dem Zweck, unsere eigenen vom Feinde gesperrten Verbindungen wieder zu eröffnen, oder die dem Feinde bei seinen Bewegungen gegen uns dienenden brechen. Im

Verbindungen für möglichst

lange Zeit zu unter-

laufen die Arbeiten meist auf ein Weg-

ersteren Falle

und sonstigen Hindernissen hinaus,

räumen von Barrikaden

womit

die Wege gesperrt sind, und es bedarf dazu der Heranziehung von Pionieren in der Regel nicht, vielmehr kann die Wegräumung von denjenigen Truppen bewirkt werden, welche zuerst darauf stoszen. Im anderen Falle kann, wenn es sich nur um leichte Zerstörungen die Arbeit ebenfalls von jedem Truppentheil ausgeführt Es gehört dahin auch die Zerstörung der Schienengeleise Dynamit mittelst .

handelt, werden.

Auf längere Zeit

lässt

sich eine Communication

fast nur an

solchen Stellen unterbrechen, wo sich eine Brücke oder ein Viaduct mit

groszen

Spannungen,

ein Tunnel,

eine

liegende, sehr steile und hohe Wand befindet.

unmittelbar

daneben

Solche Baulichkeiten

erfordern zu ihrer gründlichen Zerstörung Sprengungen oder sonstige gewaltsame Trennungen,

die

nur von Pionieren ausgeführt werden

können, aber, wie schon oben erwähnt, mit ihrer Vorbereitung meist mehrere Stunden, ja spruch nehmen.

zuweilen

die

Zeit von ganzen Tagen in An-

Will man hierüber ins Klare kommen, so müssen

dementsprechend rechtzeitig Ingenieur-Offiziere mit der Recognoscirung und Berichterstattung beauftragt werden . Ist dann über die Ausführung der Demolirung entschieden,

so

ist noch zu bestimmen, ob dieselbe alsbald nach Fertigstellung der Vorbereitungen erfolgen, oder ob damit bis zu einem gewissen Zeitpunkt gewartet werden soll. Wohl zu beachten bleibt aber, dass Angesichts des Feindes und während des Kampfes in unmittelbarer Nähe eines durch Sprengung zu zerstörenden Bauwerks der Erfolg, wie die Erfahrung lehrt, häufig der gehegten Absicht nicht entspricht, indem durch das Drängen des Feindes , geschehe es ernstlich oder nur zum Schein, eine vorzeitige Zündung und, sind die Vorbereitungen nicht vollständig voraus getroffen, eine ungenügende Vollendung des Zerstörungswerkes veranlasst wird. Die Zerstörung hölzerner Bauwerke geschieht auch nach andern Methoden, die sämmtlich fast nicht weniger Zeit erfordern, als Sprengungen, dabei aber einen guten Erfolg weniger sicher verbürgen. 10 Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI.

Da-

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie -Division .

140

hin gehört das Abbrennen,

welches namentlich eine leichtere Sache.

zu sein scheint, als es wirklich ist . Beispiele .

1. Bei dem Vormarsch der III. und der Maasarmee aufgebrochene Französische Armee hatte das

gegen die von Chalons

den rechten Flügel bildende XII. Armeecorps am 27. August der Disposition gemäsz die Maas bei Dun erreicht. Etwa eine halbe Meile weiter abwärts befand sich eine massive Brücke über diesen Fluss, deren Benutzung dem Feinde bei seinem zum Theil über Buzancy vermutheten Vorgehen in östlicher Richtung sehr gelegen sein musste.

Das XII. Corps liesz diese Brücke daher noch an demselben

Tage zerstören .

Es geschah mittelst 21/2 Ctr. Pulver , wodurch ein Bogen zum Einsturz gebracht wurde. In dem groszen Hauptquartier hatte man inzwischen erkannt, dass der Vormarsch des Feindes ins Stocken gekommen sei , und sollte nun demgemäsz das Deutsche Heer auf dem linken Maasufer gesammelt werden. Es wurden deshalb schon am folgenden Tage wieder Vorbereitungen zur Herstellung eines neuen Ueberganges neben der gesprengten Brücke getroffen und die Arbeiten nach den Anweisungen der Sächsischen Ingenieur-Offiziere von den Infanterie-Pionieren zur Ausführung gebracht. 2. Nach Angabe der Einwohner von Donchery am 31. August noch bis vor Kurzem leere Eisenbahnzüge nach Mézières abgegangen sein, um Truppen von dort heranzuholen . Die Eisenbahnbrücke östlich der erstgenannten Stadt wurde nun gegen

Morgens

Abend

sollten

von Truppentheilen

des

XI.

Armeeorps besetzt und

von

Pionieren zur Vertheidigung eingerichtet. Das General - Commando befahl indessen die gründliche Zerstörung derselben , und so wurde sie denn, bereits von den Franzosen zur Sprengung vorbereitet, unter Zuhülfenahme des mitgenommenen Pulvers von der 3. Feld -PionierCompagnie des Corps noch am späten Abend in sämmtlichen Bogen zertrümmert. 3. Die 22. Infanterie- nebst der 4. Cavallerie-Division , nach der Einnahme von Orleans durch General von der Tann zur Cernirungsarmee von Paris zurückberufen, hatte auf dem Marsch dahin, unter hartnäckigem Kampfe am 18. October Mittags bis 19. October Morgens die Stadt Chateaudun in ihre Gewalt gebracht. Darauf liesz sie die Eisenbahn daselbst gründlich zerstören, was von der 3. FeldPionier-Compagnie XI. Armee- Corps durch Sprengung eines 18 m weiten Viaductes mittelst drei Ctr. Pulver bewirkt wurde. Erst am 20. October setzte die Division ihren Marsch auf Chartres fort . 4.

Das III. Armeeorps hatte am

3.

December ,

dem

ersten

Tage der Schlacht bei Orleans, den dortigen Wald von Chilleurs aux

141

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division. Bois bis Boury

zu durchschreiten und fand in demselben vielfache ,

vom Feinde hergestellte Hindernisse vor. Vormarsch frei des Corps .

zu machen ,

erfolgte

Die Aufräumung, um den

durch

die Pionier - Compagnie

5. Von dem X. Armee - Corps war bei seinem weitern Vormarsch gegen Le Mans von St. Amand und Vendome aus dort ein starkes Detachement zurückgelassen worden, welches die rückwärtige Verbindung der Armee über Vendome gegen Süden decken sollte . Zu diesem Zweck erschien die nachhaltige Zerstörung der Eisenbahn Vendome-Tours geboten , und wurde eine solche nun am 10. und 11. Januar von der dem Detachement beigegebenen 3. Feld - PionierCompagnie durch Sprengung eines gröszern Wasserdurchlasses in der Nähe von Chateau Renault bewirkt. e. Lagerbau bei den Operationen. oben unter Aufzählung der im Felde Pionierarbeiten über Lagerbau gesagt ist ,

Schon

Diese Arbeiten bleiben

für

unter welchen

andere Truppen heranzuziehen

alsdann

was

geht hervor, dass Opera-

tionen nicht die Umstände hervorbringen werden , Pioniere zu Lagerarbeiten

aus dem ,

gewöhnlich vorkommenden

sind .

auf Herstellung von Kochlöchern,

Windschirmen , Latrinen beschränkt, welche jede Truppe selbst besorgt. In der That ist es uns auch nicht gelungen, einen Fall aufzufinden , wo zu dem in Rede stehenden Zweck Pioniere hätten eintreten müssen. Hinzuweisen bleibt aber noch, falls bivuakirt werden soll, das wichtige Geschäft des Aufsuchens dazu geeigneter Plätze . soll bei

den Divisionen

durch

den Generalstab

auf Es

derselben erledigt

werden, welchem nach Maszgabe der dazu übrigen Zeit die erforderliche Unterstützung hinzutritt. f. Dienst mit der Waffe bei den Operationen .

Obgleich

die Pioniere , wie schon erwähnt , mit der Waffe so vollständig ausdass sie als Infanterie verwendet werden können, so

gebildet sind, ist es

doch nicht rathsam ,

dieselben zu solchem Dienst bei jeder

Gelegenheit heranzuziehen , wo sie irgend bereit erscheinen, weil sie alsdann vorzeitig geschwächt werden, die Auswechselung einer PionierCompagnie aber nicht

stattfinden

kann ,

wie

etwa

diejenige

eines

Divisions-Cavallerie- Regiments . Zuweilen, namentlich bei schnellen Operationen, tritt überdies der Bedarf von Pionieren zu technischen Verrichtungen unvermuthet ein, und es entstehen dann leicht unangenehme Verzögerungen,

wenn

dieselben

erst aus anderem Dienst

herausgezogen werden müssen .

10*

142

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division. Die

Verwendung

dringendsten

Fällen

ergeben,

sie

wo

bei

der

Pioniere

als

vorzubehalten ,

als

ihren

technischen

Infanterie welche Arbeiten

ist sich eines

also

den

diejenigen Schutzes

bedürfen . Diesen sich selbst zu verschaffen, kann ihnen aufgegeben werden, wenn es die Verhältnisse zulassen. Dass Brückenwachen, denen die militair-polizeiliche Bewachung von Kriegsbrücken obliegt, nach dem Königlich Preuszischen PontonierReglement, wenn möglich, von der Infanterie gestellt werden sollen , hat seinen Grund in der sich meist ergebenden Knappheit von Pioniermannschaften beim Bau gröszerer Brücken . Beispiele . 1. Auf Befehl des mit der Avantgarde XI. Armeecorps am 31. August Nachmittags bei Donchery eintreffenden General- Lieutenants von Gersdorff wurde westlich dieses Ortes bei Auberge de Condé von der 1. Feld-Pionier-Compagnie eine Brücke geschlagen . Sie war um 3 Uhr vollendet. Zum Schutze des Baues waren Abtheilungen anderer Truppen auf das rechte Maas-Ufer übergegangen, welche feindliche Infanterie aus dem unweit der Brückenstelle belegenen Vrigne Meuse, sowie der Mühle Rigas vertrieben und diese OertlichGleichwohl musste sich die genannte Pionierkeiten besetzten . Compagnie beim Brückenbau gegen Angriffe versprengter Französischer Truppentheile noch selbst sichern. 2. Zu dem Belagerungscorps vor Mézières sollte die 1. FeldPionier-Compagnie IX. Armeecorps mit dem leichten Feldbrückentrain auf der Eisenbahn Soissons-Boulzicourt herangezogen werden. Bei ihrer Fahrt entgleiste am 26. October der Zug in Folge Aufreiszens der Schienen bei Launois und es erfolgte darauf ein Ueberfall durch gröszere Franctireur-Banden , welche aus gedeckten Aufstellungen ein heftiges Feuer eröffneten . Die Compagnie sammelte sich indessen sehr schnell und vertrieb die Franctireurs unter groszem Verlust der letzteren. Auszerdem fand die Compagnie in der Nähe des Kampfplatzes eine verlassene Proviant-Colonne vor und sicherte dieselbe durch einige ihrer Mannschaften. 3.

Während der Operationen der II . Armee gegen Orleans wurde

die 2. Feld-Pionier-Compagnie IX . Armeecorps auf Befehl des OberCommandos am 1. December mit einem Gefangenen-Transport nach Lagny geschickt und verblieb dort bis zum Waffenstillstande ! 4.

Als nach Wiedereinnahme von Orleans die Avantgarde des

III. Armeecorps am 8. December Morgens Gien besetzen konnte, war es dem Feinde zuvor gelungen, die dortige Loirebrücke zu sprengen . Die 2. Feld-Pionier-Compagnie, mit der Wiederherstellung beauftragt, begann hiermit

sofort unter fortwährender Belästigung durch den

Die Pionier- Compagnie bei der Infanterie-Division. Feind vom linken Ufer aus .

143

Die Vertreibung seiner Schützen und die

fernere Sicherung der Brückenarbeiten geschah nun durch auf Kähnen übergesetzte Infanteristen und Pioniere. g . Verschiedene Arbeiten bei den Operationen.

Auszer

den bisher besprochenen Pionierarbeiten lieszen sich wohl noch andere zum Zwecke der Durchführung der Operationen denken ; indessen

Zeit zur Ausführung. funden.

B.

doch selten und mangelt es meist an Beispiele haben wir hierfür nicht aufge-

dazu

bleibt die Gelegenheit ww

Vorbereitung zum Kampf.

Hierunter rechnen wir im Allgemeinen die Maasznahmen zwischen der Beendigung

der

Operationen und dem Beginn des

Kampfes,

namentlich diejenigen zur Sicherung von Stellungen im freien Felde und bei Cernirungen verschiedenen Maaszstabes . Solche Verhältnisse bieten naturgemäsz das hauptsächlichste Feld der Pionierthätigkeit, und die Erfahrung bestätigt dies hinlänglich. Es ist aber darauf hinzuweisen,

dass sich daneben die Selbst-

ständigkeit der Infanterie-Divisionen in der Verwendung ihrer PionierCompagnien zu vermindern ,

dagegen die Einwirkung der höheren

Ingenieur-Instanzen auf letztere zu wachsen pflegt; ein Umstand, der sich alsdann in ähnlicher Weise ja auch bei den übrigen Truppen bemerklich macht und darin seinen Grund hat, dass eben meist mehr Zeit dazu gegeben und Alles bei übrigens meist dichterer Zusammenziehung, als während der Operationen , mehr an eine bestimmte Stelle gebunden ist .

Wirklich nöthig ist eine gemeinsame technische Lei-

tung bei einem Brückenschlag

unter Verbindung mehrerer Trains,

bei ausgedehnten Verschanzungen ,

welche

auch

zwischen den Di-

visionsbereichen einer guten Uebereinstimmung bedürfen ; hauptsächlich aber bei Belagerungen. Bei letzteren werden die Divisionen die Verfügung über ihre Pionier-Compagnien sogar für längere Zeit ganz aufgeben müssen , wenn nicht für die Bildung eines besonderen. Körpers von Belagerungs-Pionieren gesorgt ist. Belagerungen und gewaltsame Unternehmungen auf feste Plätze ziehen wir jedoch hier nicht näher in Betracht. a. Wegebau bei der Vorbereitung zum Kampf. Ueberall, wo die zu der Vorbereitung zum Kampf nutzbare Zeit nur kurz ist, kann der Natur des Wegebaues nach auf diesfällige Ausführungen auch nicht in dem Maasze gerechnet werden , dass dadurch die Unwegsamkeit des zu durchschreitenden Geländes unbedingt zu be-

1. gleichen sei.

Man muss es daher namentlich in solchen Fällen ver-

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

144

meiden, Stellungen einzunehmen, wo die Verbindungen zwischen den Bivouaks

und

der

Gefechtslinie ,

sowie

zwischen

den

einzelnen

Bivouaksplätzen und nicht minder für einen etwaigen Rückzug durch unwegsames Gelände erschwert sind. Im Uebrigen ist das Verhalten wie bei den Operationen. Eine andere Praxis ergiebt sich, wenn man, wie bei Cernirungen, längere Zeit auf derselben Stelle bleibt . Alsdann stellt sich das Bedürfniss von Neuanlage ,

bezw. Besserung von Wegen nach und

nach fast immer heraus ; die Befriedigung desselben tritt aber weniger dringend auf, wenn auch nicht beliebig verschiebbar.

Vorbereitungen

und Ausführung können sich ferner mehr und mehr regelrecht gestalten unter Mitbetheiligung von anderen Truppen und nach Umständen sogar von Civilarbeitern. Beispiele. 1. Die vielfachen Wegearbeiten bei der Cernirung von Metz bestehen meist in Neuanlage und Ausbesserung von Colonnenwegen in gewöhnlicher Weise . genden Fällen zu erblicken.

Ein Mehreres ist nur in fol-

Die im Bau begriffene massive Chausseebrücke und Jouy aux Arches

wurde im Laufe des

zwischen

Ars

22. August für

alle

Truppen passirbar gemacht. In der Stellung von der Mosel bei Vaux bis zur Schlucht von Chatel wurden seit dem 11. September von der 2. und 3. FeldPionier - Compagnie IX. Armeecorps

die vorhandenen Colonnenwege

mehrfach mit Steinschüttungen versehen. 2. Bei den zahlreichen Cernirungen bezw. Belagerungen kleinerer Festungen finden wir überhaupt nur zwei Fälle auf: Der die beiden ,

hinter der Angriffsfront von Neu- Breisach be-

legenen, Ortschaften Künheim und Wiedensohlen verbindende kürzeste Weg, ein gewöhnlicher Feld- und Holzweg, war bei sehr starker Benutzung und schlechtem Wetter bald schlecht geworden und sollte durch eine (Festungs-) Pionier - Compagnie gebessert wurden .

Dies-

fällige Arbeiten wurden auch unter Benutzung von Strauch , was in unmittelbarer Nähe gehauen werden konnte, unternommen, wobei sich die Voraussicht, dass den gehegten Wünschen nicht sofort werde entsprochen werden können , vollkommen bewährte . Die auf dem rechten Maasufer bei Mézières ganz auszerhalb des Angriffsbereichs belegenen Dörfer Laurent und Aiglemont waren von der 3. Feld-Pionier- Compagnie I. Armeecorps im November zur Vertheidigung eingerichtet worden. Darauf wurde von derselben auch noch das Durchforsten eines diese Ortschaften verbindenden Waldweges begonnen .

145

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

3. Auch unter den Maasznahmen zur Sicherung gröszerer Städte , ganzer Landschaften und Linien finden wir nur zwei Beispiele. Mit Verbesserung der um die noch im feindlichen Besitz befindlichen Festung Toul herumführenden Etappenstrasze ging die dem Cernirungs - Detachement gegen Ende August zugetheilte Bayerische Etappen-Genie-Compagnie alsbald vor . Die Strasze war bei dem groszen Verkehr, der über dieselbe geleitet wurde, bei schlechtem Wetter nahezu unpassirbar . Es gelang jedoch der Compagnie mit Hülfe einer gröszeren Zahl requirirter Arbeiter und Fuhrwerke, dieselbe einigermaaszen benutzbar zu machen bezw. zu erhalten. Zur Sicherung von Rouen gegen Angriffe auf dem linken SeineUfer war seit dem 10. Januar die gegen die bisherige Stellung bei Essart weiter vorgeschobene, sich von Maison brulée über La Londe nach Le Pavillon erstreckende, fortificatorisch verstärkt worden. Zwischen ersteren beiden Punkten befand sich weit vor und rückwärts reichender Wald ,

und wurden nun behufs unmittelbarer Ver-

bindung derselben Colonnenwege durch letzteren hindurchgeführt. 4. auf,

Die Cernirung von Paris weist wieder zahlreiche Wegearbeiten

bestehend in Wiederherstellung

Straszen, Anlage von Colonnenwegen , spruchter vorhandener Wege . wähnen,

dass

der

vom

Feinde

zerstörten

Instandhaltung stark bean-

Als besondere Maaszregel ist zu er-

im December von einem Theil der 2. Feld- Pionier-

Compagnie IV. Armeecorps der Eisenbahndamm an der unteren Seine zwischen Sartrouville einer- und Maisons sur Seine andererseits für alle Waffen benutzbar gemacht wurde . b.

Brückenbau bei der Vorbereitung zum Kampf.

Wird

ein Gelände, in dessen dauernden Besitz man sich setzen, bezw . welches man dauernd behaupten will, durch Hindernisse, deren Ueberschreitung Brücken erfordert, in der Richtung gegen die angenommene Frontlinie oder damit ungefähr parallel laufend durchschnitten ,

so

müssen dergleichen in hinreichender Anzahl geschlagen werden . Diejenigen hiervon , welche erforderlich sind, um überhaupt in den betreffenden Raum zu gelangen, Operationen

hergestellt ;

werden

welche

bereits in der Periode der

dagegen

zur

leichteren

ferneren

Sicherung dienen sollen, kommen erst demnächst sobald als möglich zur Ausführung .

Die Brückenstellen sind alsdann aus den Karten

und auf Grund der bereits ausgeführten Recognoscirungen meist so bekannt,

dass letztere nur noch in technischer Beziehung zu ver-

vollständigen bleiben. Beispiele .

1. Bei der Cernirung von Metz sind nach einer von

uns angestellten Zählung seit dem 21. August über Mosel und Seille

146

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

noch neunzehn verschiedene Brücken geschlagen worden . Auszerdem wurde die versenkte Französische Fähre bei Hauconcourt wieder in Betrieb gesetzt und in der Stellung Malroy-Charly noch eine Anzahl von Uebergängen über die dortigen kleinen Wasserläufe hergestellt. 2. Ungerechnet die Cernirung und Belagerung von Straszburg haben bei den kleineren derartigen Unternehmungen im Ganzen über dreiszig Brückenschläge stattgefunden. 3.

Nach der Einnahme von Orleans beabsichtigte General von

der Tann das linke Loire-Ufer daselbst bei einem Angriff von Süden her nicht hartnäckig zu vertheidigen und ordnete den Bau von Laufbrücken an, welche ein Theil der Infanterie bei einem etwaigen Rückzuge benutzen sollte . Die Herstellung einer solchen erfolgte darauf gegen Ende October durch ein Detachement der 3. Feld-Genie-Compagnie im Verein mit Infanterie - Pionieren unterhalb der Stadt aus unvorbereitetem Material, sowie aus Schiffsgefäszen . 4.

Als sich die Hauptmacht der II . Armee in Folge der unter

dem 17. December von dem groszen Hauptquartier gegebenen Directiven bei Orleans zusammenzog, standen derselben drei feste Brücken bei Blois und Orleans zur Verfügung. Kriegsbrücken an anderen Punkten konnten wegen des starken Eisganges nicht stehen bleiben , jedoch wurde die Verbindung durch fliegende Brücken und Fähren aufrecht erhalten. 5. Die in der Nacht vom 9. zum 10. Januar erfolgte Capitulation von Peronne machte die Deutsche Armee zum Herrn der Bei gehöriger Verbindung konnte das Gros auf das linke Ufer zurückgenommen werden , während auf dem rechten Ufer für den nächsten Zweck, die Beobachtung des Feindes , leichte

ganzen Somme-Linie .

Avantgarden genügten.

Zu diesem Behufe wurden daher beiderseits

Peronne Uebergänge hergestellt, wo sich solche erforderlich zeigten . 6. Bei der Cernirung von Paris endlich stellt sich eine Anzahl von gegen vierzig Brückenschlägen heraus. Auszerdem ist daselbst noch die Herstellung von zwei Bahnen über die Seine durch künstliche Verstärkung der Eisdecke zu erwähnen. neuve konnte am 28. December von Fuhrwerk,

Diejenige bei Villebei

Juvisy jedoch

nur von Fuszgängern passirt werden. c.

Vertheidigungseinrichtungen bei der Vorbereitung

zum Kampf.

Es ist natürlich, dass die Vertheidigungseinrichtungen

bei der Vorbereitung zum Kampf da , wo man sich gewissermaaszen in ein Vertheidigungsverhältniss setzt, unter allen im Felde vorkommenden Arbeiten die Hauptrolle spielen.

147

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

Wenn dergleichen in einem bestimmten Falle zur Ausführung kommen sollen , so müssen zunächst von der betreffenden obersten Commandobehörde Directiven über die anzunehmende Gefechtsweise und daran anknüpfend über die zu treffenden VertheidigungseinrichHierauf begründet sich die weitere Ein-

tungen gegeben werden .

wirkung der folgenden Stellen und so wird endlich den die Ausführung leitenden Persönlichkeiten der nöthige Anhalt gegeben, um den Zug der Vertheidigungseinrichtungen festzulegen und die besonderen Bestimmungen zu ertheilen. Je nachdem zwischen der Ankunft in dem zu vertheidigenden

Gelände und dem

dort zu erwartenden Kampf Zeit gegeben ist, muss sich der Aufenthalt auf dem zuvor angedeuteten Instanzenwege abkürzen. Wir rechnen denselben, wie schon gesagt, von der obersten Stelle ab durch die übrigen Commandobehörden hindurch bis zur Division .

Wir finden ferner eine Dehnung des ganzen Geschäftes darin,

wenn die bei jenen befindlichen höheren Ingenieur-Offiziere zuvor mit Bearbeitung von Projecten und wohl gar mit Absteckung derselben im Gelände beauftragt werden . Weise manche Uebelstände

Wenn auch Aussicht ist, auf diese

zu vermeiden ,

ohne Zeitverlust durchgeführt werden .

so kann es doch kaum

Da man aber im Kriege nie

Zeit verlieren soll, so kann es nur wünschenswerth erscheinen, wenn das für knappe Zeiten gebotene Verfahren

stets

eintritt,

welches

darin besteht, dass den Divisionen aufgegeben wird, in den ihnen überwiesenen Abschnitten vom Gelände die erforderlichen Vertheidigungseinrichtungen auf Grund der gepflogenen höheren Erörterungen selbstständig zu treffen .

Auf welche Weise dabei ein gehöriger An-

schluss der Einrichtungen der einzelnen Divisionen

unter einander

zu erzielen sei, hängt von den Umständen ab ; die höheren IngenieurOffiziere werden dazu immer noch mitwirken können . Jede Division hat demnach in dem ihr überwiesenen Bezirk noch weitere Recognoscirungen vorzunehmen . sönlichkeit zuzuziehen ,

welche

Zu denselben ist die Per-

mit der Oberleitung der

allgemein

militairischen Maaszregeln bei der demnächstigen Ausführung der zu treffenden Vertheidigungseinrichtungen betraut werden soll ;

auszer-

dem mindestens ein Offizier der Pionier- Compagnie, um für die weitere Beschlussfassung über dieselben zur Hand zu sein. Auf Grund dessen ,

was bei

dieser

Recognoscirung

zur Entscheidung

kommt, erfolgt dann unter Oberleitung der zuvor gedachten Persönlichkeit die Festlegung des Zuges der Vertheidigungseinrichtungen, worauf den Truppen die einzelnen Vertheidigungspunkte unter der

Die Pionier- Compagnie bei der Infanterie-Division.

148

Angabe, wie weit sie dieselben zu verstärken und einzurichten haben, überwiesen werden . Wir heben nochmals hervor,

dass es nicht erforderlich ist ,

die

Pioniere an die einzelnen Truppentheile zur Unterweisung zu vertheilen,

da letztere in der Ausführung solcher Arbeiten des Feld-

Pionierdienstes , um welche es sich hier nur handeln kann, ausgebildet sind.

Selbstverständlich ist es,

gestellt werden dürfen,

dass den Truppen nicht Aufgaben

zu deren Bewältigung sich ihr Schanzzeug

nicht eignet, wobei noch zu beachten bleibt, dass sie nur das für die einfachsten und günstigsten Fälle ausreichende ,

nämlich die kleinen

Spaten und den gröszeren Theil der Beile tragbar mit ren ,

während sich die groszen Spaten ,

ihren Fahrzeugen befinden .

sich

füh-

die Hacken und Aexte auf

Ueber die Bereitstellung dieses Theiles

des Schanzzeuges ist daher jedesmal nach Lage der Umstände noch besonders Bestimmung zu treffen und hierbei zugleich die Bergung nach gemachtem Gebrauch zu berücksichtigen . Die Pionier- Compagnie der Division ist also in Anbetracht des zuvor Angeführten da zu verwenden , wendung

kommen ,

wo

solche Werkzeuge in An-

welche von der Infanterie

nicht , wohl aber von den Pionieren mit in das Feld geführt werden , als : Brechstangen, Hand- und gröszere Sägen, Vorschlagpfähle und Schlägel, Hammer u. s. w. Dies findet schon bei Anfertigung der zumeist gebräuchlichen Hindernissmittel, als Wolfsgruben, Verhaue, Verpfählungen, Drahthindernisse, statt. Insofern die Punkte, wo dergleichen in gröszerer Ausdehnung zur Anwendung kommen , in der Regel nicht besetzt und frontal vertheidigt werden, bleibt man bei Ueberweisung ihrer Verstärkung an die Pioniere zugleich in Uebereinstimmung mit dem Grundsatz , dass die Infanterie die ihr zur Vertheidigung

anvertrauten Punkte

selbst verstärken und einichten soll.

Derselbe

ist in der Regel auch dann noch aufrecht zu erhalten, wenn die diesfälligen Arbeiten eines Schutzes gegen feindliche Unter-

nehmungen bedürfen und muss dann eben ein Theil der Truppe sich an einer noch weiter vorgeschobenen Stellung befinden. Eine Vermischung der Infanterie und der Pioniere bei Arbeiten, zu deren Ausführung das Schanzzeug gen eignet ,

ist aber dann geboten ,

der Infanterie sich im Uebriwenn die Verhältnisse so sind,

dass sonst ein genügendes Resultat nicht zu erzielen wäre ; also bei unverhältnissmäszig groszer Ausdehnung der der Infanterie zur Einrichtung

zufallenden

schaffenheit.

Strecken,

Alsdann ist es

kurzer Zeit ,

ungünstiger Bodenbe-

wiederum besser,

wenn die Pioniere

nicht einzeln zur Hülfe und Unterweisung vertheilt werden, sondern

149

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division. in der

ganzen Compagnie

oder

zugweise

welche die meisten Schwierigkeiten bieten .

solche Stellen

besetzen ,

Soll dennoch eine Unter-

weisung der Infanterie Seitens der Pioniere stattfinden , so müssen dazu Offiziere und demnächst vielleicht auch Unteroffiziere verwandt werden, jedoch in möglichst eingeschränktem Masze ; denn gerade bei solchen Gegenständen, wie den hier in Rede stehenden , wo der einzelne Mann meist nicht gar lange auf ein und derselben Stelle arbeitet, kann auch bei den Pionieren die Einwirkung der Offiziere und Unteroffiziere nicht ohne Nachtheil entbehrt werden. Eine Vermischung der Infanterie und der Pioniere muss ferner bei dem Bau von eigentlichen Schanzen

stattfinden , weil die Infan-

terie darin zu wenig geübt ist und weil es ihr an dem erforderlichen Werkzeug fehlt, um ein solches Feldwerk so auszubauen, wie es der Geschosswirkung der Artillerie gegenüber unbedingt geboten ist. Die Infanterie wird hierbei im Ganzen und Groszen zu der Hauptmasse der Arbeit, der Erdarbeit, verwendet.

Die Pioniere treten wieder an

schwierigeren Punkten, womöglich in einzelnen kleinen Trupps , zu der Masse der Erdarbeiter , damit diese sehen, wie die Sache anzugreifen ist ;

auszerdem führen sie die besonderen Arbeiten aus, wo-

bei dann aber von Hülfsarbeitern übernehmen sind .

nach Erforderniss Transporte

zu

Endlich können auch förmliche Ortseinrichtungen nicht von Infanterie allein ausgeführt werden ;

es muss vielmehr ein Zutritt von

Pionieren in ähnlicher Weise , wie bei dem Schanzenbau, stattfinden . Der Fall , dass eine Arbeit, die auch von Infanterie ausgeführt werden könnte ,

trotzdem nur den Pionieren zufällt,

tritt dann ein,

wenn Infanterie zur Arbeit nicht bereit ist und jene der Hülfsarbeiter überdies nicht bedürfen . Beispiele : 1. Bei der Cernirung von Metz wurde die Arbeit an den zu diesem Zweck für erforderlich erachteten Vertheidigungseinrichtungen vom 21. August ab, wo die Truppen die ihnen angewiesene Stellungen bezogen hatten, fast ununterbrochen bis zum Schluss der Cernirung fortgesetzt. Das Generalstabswerk berichtet darüber im 9. Heft : „ Um die beabsichtigten Befestigungen in planmäszigen Zusammenhang zu bringen ,

hatte

der Prinz

bereits

am 19. August eine

Recognoscirung des ganzen Vorlandes von Metz angeordnet und auf Grund derselben einen allgemeinen Entwurf für die auszuführenden Arbeiten aufstellen lassen. Nach den hierbei hervorgehobenen Gesichtspunkten sollten insbesondere starke Schützengräben nebst Batterieständen und nur aus-

150

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

nahmsweise geschlossene Schanzen niedergelegt und gelichtet , theils

angelegt ,

die Waldungen theils

durch Verhaue abgeschlossen, die

Straszen durch Barrikaden gesperrt und die einzelnen Vertheidigungsabschnitte auf angemessene Weise mit

einander verbunden werden.

Die besonderen Anordnungen zur Ausführung der einzelnen Vertheidigungsvorrichtungen lagen in der Hand der höheren IngenieurOffiziere bei den Armeen . Generel Biehler übernahm auf dem rechten, Oberst Leuthaus auf dem linken Moselufer die Oberleitung dieser Arbeiten, bei welchen vorzugsweise die Pionier-Compagnien und nach Bedarf Hülfsmannschaften von der Infanterie , in einzelnen Fällen auch Civilarbeiter beschäftigt waren, während die Mannschaften der Artillerie nur zum Batteriebau verwendet wurden. " Nach dem Werk des Ingenieur-Hauptmanns Götze ferner sollen die allgemeinen Anordnungen für die Befestigung der verschiedenen Positionen stets durch den Corps- bezw. Divisions -Commandeur an Ort und Stelle nach vorheriger Recognoscirung und Zuziehung Generalstabes

des

und der betreffenden Ingenieur-Offiziere erfolgt sein,

und dann die Commandeure der Ingenieure und Pioniere des Armeecorps

die Leitung der Arbeiten für die ganze Position ,

bezw. die

Compagnie-Commandeure für die einzelnen Divisionsbezirke übernommen haben . 2. Die bei der Einschlieszung und Belagerung von Straszburg unternommenen Vertheidigungseinrichtungen

sind von einer verhält-

nissmäszig geringen Bedeutung, und wurde von der Fortsetzung überhaupt Abstand genommen,

sobald hinlängliche Verstärkungen

ein-

getroffen waren. 3. Bei den kleineren Cernirungen und Belagerungen spielen die getroffenen Vertheidigungseinrichtungen wieder eine gröszere Rolle, besonders , wie es scheint, vor Mézières , la Fère und Soissons . Ueberall sind sie aber fast ausschlieszlich von Pionieren ausgeführt worden. 4. Die II . Armee und die Armee- Abtheilung des Groszherzogs von Mecklenburg hatten bei ihren Operationen gegen Orleans, sowie auch später bei le Mans, öfter Veranlassung, für einige Zeit Vertheidigungsstellungen stärken.

zu beziehen

und

dieselben künstlich su ver-

So bei Beaune la Rolande vor und nach der Schlacht vom

28. November. vember von der

Der genannte Ort selbst wurde 1. Feld-Pionier-Compagnie

Verein mit der Infanterie förmlich eingerichtet. indess in Gemässheit eines

seit dem 24. No-

des X. Armeecorps im Die Pioniere blieben

angeordneten Cantonnementswechsels in

den folgenden Tagen nicht dabei und setzte daher die Infanterie die

Die Pionier- Compagnie bei der Infanterie-Division. Einrichtungsarbeiten nach den

erhaltenen

Anleitungen fort.

151 Die-

selben trugen dann in der Schlacht wesentlich zu der äuszerst hartnäckigen Vertheidigung des Ortes bei. 5. Während der am 5. December erfolgten Wiederbesetzung von Orleans wurden daselbst auf Anordnung des Obercommandos zuerst Bayerischerseits seit dem 13. December, und dann Preuszischerseits Die seit dem 25. December Befestigungsarbeiten vorgenommen. Art und Weise ihrer Entstehung und Ausführung grösztentheils unter dem Schutz der Armee trägt aber, dem dortigen Verhältniss entsprechend, einen Charakter, der sich für unsere Betrachtungen nicht eignet . Für die Bayerischen Befestigungen hatte nämlich die Niedersetzung einer besonderen Commission stattgefunden, und für die Preuszischen war vom Obercommando der II. Armee der Commandeur der Ingenieure und Pioniere derselben mit der Aufstellung eines Entwurfes beauftragt worden . Zur Leitung der Ausführung wurde Preuszischerseits auch ein besonderer Ingenieur-Offizier commandirt. 6. anderen

Nach

der Einnahme

von Rouen wurde der I. Armee unter

auch die Aufgabe gestellt,

diese wichtige Stadt besetzt zu

halten, und es entstand sonach die Frage, wie die Sicherung derselben durch Befestigung zu bewerkstelligen sei . Auf Grund der diesfalls vorgenommenen Recognoscirungen durch nieurstäbe

die höheren Inge-

und den Artilleriestab der I. Armee ergab sich als Re-

sultat der Entwurf einer Art von provisorischer Befestigung mittelst weit vorgeschobener Schanzen . in Anbetracht

Von der Ausführung wurde jedoch . der Erschwerung der Fertigstellung durch die un-

günstige Jahreszeit selbst

bei bedeutenden Arbeitskräften und nicht

minder der für die unmittelbare Vertheidigung ungünstigen Verhältnisse des Geländes Abstand genommen . Als indessen die Verhältnisse bei Rouen einen bedrohlicheren Charakter angenommen hatten und

namentlich auf dem linken Ufer der Seine in Folge der Ab-

sendung von sechs Bataillonen nach Amiens der Feind stark drängte, sah man sich veranlasst, auf der dort gebildeten Halbinsel eine Vertheidigungsstellung zu nehmen und dieselbe künstlich zu verstärken. Von der 2. Feld-Pionier-Compagnie des I. Armeecorps recognoscirt und ausgesucht, wurde dieselbe bei Essart, welcher Ort die Mitte bildete , in der Zeit vom 21. Dezember bis 3. Januar unter Leitung der genannten Compagnie durch Infanterie-Arbeiter eingerichtet. Nachdem ferner Anfangs Januar aus dieser Stellung ein glücklicher Vorstosz erfolgt war, wurde auf Grund der vom Divisionsstabe und Offizieren der Pionier-Compagnie am 8. und 9. Januar vorgenommenen Recognoscirung die um ungefähr 5000 m vorgeschobene Stellung bei

152

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

la Londe gewählt.

Die Einrichtung

erfolgte

die

durch

Pionier-

Compagnie unter Hülfsleistung der Infanterie bis zum 22. Januar. 7. Ueber die Somme waren vom VIII. Armeecorps eine Anzahl passend gelegener Uebergänge hergestellt worden , der Capitulation

von

um aus der seit

Peronne hinter diesem Fluss

eingenommene

Ruhestellung nach Umständen vorgehen zu können .

Zur Sicherung

derselben wurden brückenkopfartige Anlagen gemacht,

deren

Aus-

führung durch sämmtliche Pioniere des VIII. Armeecorps unter Leitung des Ingenieurstabes stattfand . 8. Vor Paris waren Deutscherseits am 19. September die Cernirungsstellungen eingenommen worden , und begannen am folgenden Tage der Anordnung der obersten Heeresleitung gemäsz alle in vorderer Linie verwendeten Heerestheile , den ihnen überwiesenen Einschlieszungsraum zu befestigen.

Fernerweit wurden Arbeiten zur

fortificatorischen Verstärkung noch bis in den Januar hinein betrieben . Die Anordnung derselben erfolgte fast ausschlieszlich durch IngenieurOffiziere .

Die Pioniere reichten nur zur Ausführung der schwierig-

sten Arbeiten

aus .

Zu Zeiten musste die Infanterie der Anleitung

und Hülfe der Pioniertruppen wesenheit von

solchen

entbehren und wurde

durch besondere Meldungen

dann die Abzur

schnellen

Förderung der Arbeiten für unbedingt erforderlich bezw . wünschenswerth erklärt. d. Zerstörungen bei der Vorbereitung zum Kampf. Während dieser Periode findet sich die mannigfaltigste Veranlassung, Zerstörungen vorzunehmen, nicht nur in dem unmittelbar eingenommenen Raum , Umgebung.

sondern bis an jede irgend erreichbare Grenze der In letzterem Falle, also , wenn zur Ausführung von

Zerstörungen besondere Entsendungen zu machen sich mit denselben

ebenso ,

sind, verhält es

wie bei den Operationen ,

nur dass die

ausführende Truppe , je nach der Grösze ihrer Aufgabe und ihrem Verhältniss zum Feind noch eines besonderen Schutzes bedarf, wogegen solcher bei den Operationen in der Regel

schon durch den

operirenden Heerestheil

Zerstörungen in

im Ganzen gegeben ist.

dem unmittelbar beherrschten Raum werden im Allgemeinen bedeutender ausfallen nach der Maszgabe , verwendet werden können. Beispiele. rungen,

zu

1. Bei

wie

darauf Zeit und Mittel

der Cernirung

deren Ausführung

von Metz haben die Zerstöman sich veranlasst sah, einen ver-

hältnissmäszigen Umfang wohl nicht gehabt. Auszerhalb haben dergleichen an Eisenbahnen mittelst wiederholter Entsendungen in der Richtung auf Thionville stattgefunden .

Von den Zerstörungsarbeiten

153

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

im eigentlichen Cernirungsraum bieten sich in folgenden zwei Fällen Besonderheiten dar :

In

der massiven Chausseebrücke

zwischen Ars und Jouy aux

Arches wurden vier vom Feinde angelegte Minen vorgefunden. erfolgte zuerst die Entladung,

Es

darauf aber auf Befehl des General-

commandos des VII. Armeecorps

am

fertige Herstellung. Das Schloss la Grange aux Bois

27. August wieder die zünderwies

sich als nicht haltbar

durch die Vorposten . Es wurde daher zum Verbrennen vorbereitet und der dort aufgestellten Feldwache eine Pionier-Feuerwache zum Anzünden beigegeben . Als es nun am 27. September bei einem gröszeren Ausfall wieder geräumt werden musste, wurde es durch die Pioniere in Brand gesteckt.

Auszerdem war daselbst auch eine

Sprengung vorbereitet worden . 2. Die der Belagerung vorausgegangene Cernirung von Straszburg und die kleineren dortigen Unternehmungen auf dem östlichen Kriegsschauplatz zusammengenommen weisen vielfache Zerstörungen auf, meist in Sprengung gemauerter wählen ein Beispiel von Straszburg :

Uebergänge

bestehend.

Wir

Als die Badische Feld -Division gegen diesen Platz in der zweiten Hälfte des August in Thätigkeit trat,

erhielt die Cavallerie-Brigade

derselben mit einer ihr zugetheilten Pionier-Abtheilung den Auftrag , durch weiter vorgehende Streiftrupps die Eisenbahn, sowie auch den sonstigen Verkehr im Süden derselben zu unterbrechen .

Zu diesem

Zweck schob sich die Cavallerie-Brigade, nachdem die Division ihre Aufstellung im Norden und Westen der Festung bis zum 11. August Abends genommen hatte, noch im Laufe der Nacht in den südlichen Abschnitt,

und die Pionier-Abtheilung

Abends die Eisenbahnbrücke

über

sprengte

etwa um 11 Uhr

den Andlaubach bei Fegersheim .

3. Die Zeit der Bekämpfung der im Süden von Paris auftretenden feindlichen Streitkräfte war reich an Zerstörungsarbeiten , woraus wir folgende hervorheben : Während der ersten Besetzung von Orleans durch die Bayern wurden unter anderen die Vorbereitungen zum Sprengen eines Bogens der

dortigen gewölbten Eisenbahnbrücke

bis

zur Anbringung der

Pulverladung getroffen und zwei Uebergänge über den Loiret zum Verbrennen fertig gemacht.

In der Nacht vor der Räumung von

Orleans kam letzteres auch zur Ausführung, Eisenbahnbrücke aber unterblieb. Aus den Cantonnements bei Blois

die Sprengung der

und Herbault,

welche dem

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

154

X. Armeecorps nach Vollbringung eines Unternehmens zur Einschüchterung von Tours angewiesen waren, liesz dasselbe verschiedene Eisenbahnen und Brücken zerstören . So am 26. Dezember durch die 3. Feld-Pionier-Compagnie die bei Ouzain (etwa zwei Meilen Die unterhalb von Blois ) über die Loire führende Drahtbrücke . Zerstörung erfolgte binnen vierzig Minuten mittelst Durchschneiden der Drahtseile.

Das Unternehmen wurde durch eine besondere Truppen-

abtheilung gedeckt. Beim Vormarsch der

II. Armee

nach Le Mans

waren unter

General v. Hartmann zur Sicherung gegen Süden an der Loire Kräfte zurückgelassen worden , bestehend aus der 1. Cavallerie-Division und der 38. Infanterie-Brigade , welcher die 3. Feld-PionierCompagnie des X. Armeecorps beigegeben war. Von dieser wurden nun mehrfach Zerstörungen von Eisenbahnbrücken bei Montlouis

ausgeführt.

So

über die Loire am 18. , am 27. und am 28. Januar.

Am ersten Tage gelang es mit dem vorhandenen Pulver nur,

einen

Brückenbogen für die Passage mit Fuhrwerk unbrauchbar zu machen ; am 27. Januar blieb die Wirkung wider Erwarten immer noch unvollständig ; am folgenden Tage jedoch wurde der Bogen selbst mit leichteren Vorkehrungen vollständig zerstört. 4.

Zu den Maszregeln zur Sicherung von Rouen vom linken

Ufer der Seine aus gehörte

auch die Zerstörung

dortiger Seine-

brücken ; so der Eisenbahn-Gitterbrücke bei Pont du Gravier, deren Pfeiler aus Granitquadern hergestellt und mit einem durch starke Ringe zusammengehaltenen Eisenmantel umgeben waren. Ein befriedigender Erfolg konnte hierbei in der Zeit vom 23. bis 31. Dezember erst bei dem zum siebenten Male wiederholten Zerstörungsversuch mittelst Sprengens

erreicht werden .

Die vorangegangenen

Sprengungen waren auf höheren Befehl erfolgt,

ehe

noch die der

Widerstandsfähigkeit des Bauwerks entsprechenden Vorbereitungen Zwei Versuche waren hatten zu Ende geführt werden können. mittelst Abbrechen bzw. Behandlung des Mauerwerks mit Feuer und Wasser gemacht worden. 5. Behufs besserer Sicherung der vom VIII . Armeecorps hinter der Somme seiner Zeit eingenommenen Ruhestellung waren alle zu einem gelegentlichen Wiedervorgehen über diesen Fluss nicht erforderlich erachteten Brücken durch die Pioniere dieses Corps worden.

zerstört

6. Die Cernirung von Paris ist von allen Abschnitten des Krieges an Zerstörungen bei weitem der reichste und zwar erfolgten diesel-

155

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division .

ben mit ganz vereinzelten Ausnahmen im eigentlichen Cernirungsraum . Gegenstand der Zerstörung waren hier nächst verschiedenartigen Uebergängen vorzugsweise auch Gebäude ; so die des Bahnhofs bei le Bourget,

um das Vorgelände frei zu legen,

und einer Oelfabrik

nördlich Choisy, weil dieselbe dem Feinde bei dem dahin gerichteten Angriff Deckung gewährt hatte.

In beiden Fällen erfolgte die Zer-

störung durch Sprengung mit Pulver ;

in letzterem zu zwei wieder-

holten Malen, nämlich am Abend des 30. November und, weil dabei trotz der Anwendung von 6 Ctr. Pulver in 7 Oefen der Erfolg nicht vollständig gewesen war, am 25. December mit 9 Ctr. Pulver. e. Lagerbau bei der Vorbereitung zum Kampf. Der Zustand der Vorbereitung zum Kampf, selbst wenn er geraume Zeit lässt auch nur unter besonderen Umständen zu auszer-

andauert ,

gewöhnlichen Arbeiten behufs besserer Unterkunft der Truppen schreiten. Man wird solche nämlich nur dann vorzunehmen haben, wenn passend gelegene , zur Belagerung geeignete Baulichkeiten nicht in hinreichender Zahl vorhanden sind, wie es in den Fällen vorkommt, wo die Truppen nicht füglich über eine gewisse Entfernung von ihrer Gefechtsstellung hinaus lagern dürfen. Als Plätzen ,

solche Fälle

ergeben sich nun wieder Cernirungen von

namentlich solchen, die mit sehr starken Besatzungen ver-

sehen sind .

Dort müssen zur Vermehrung

des Unterkunftsraumes

gewöhnlich nicht nur in den Cantonements für die ruhenden Truppen , sondern auch weiter vor für die gröszeren Soutiens Lagerbauten vorgenommen werden, ganz abgesehen von denen , welche sonst noch bei den Vorposten entstehen . Bei Auswahl der Lagerstellen sind dann

zuerst die

taktischen

Rücksichten zu wahren ; demnächst die der Gesundheit, und was dann für die technischen übrig bleibt ,

ist nach Möglichkeit auszubeuten .

Zu dem Ende müssen von den Vertretern der hiernach betheiligten Commandos und Branchen Recognoscirungen an Ort und Stelle , woDie Ausführung möglich gemeinschaftlich , vorgenommen werden. fällt vorzugsweise

den Pionieren

zu ,

wenn nicht etwa die Verwen-

dung von Civilarbeitern angängig ist. Beispiele . Wirklich vorgekommen ist die Ausführung auszergewöhnlicher Lagerarbeiten für Truppen , die sich im Zustande der Vorbereitung zum Kampfe befanden, so viel wir ersehen können, nur in folgenden vier Fällen : 1. Vor Metz wurde in der nordwestlichen Stellung schon Anfangs September der Bau von Baracken von Sächsischen Pionieren begon11 Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI.

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

156 nen.

Im Uebrigen kam es dazu nicht ,

obwohl von Seiten der In-

genieur-Offiziere der Vorschlag gemacht worden war, aus dem Inlande Material und Arbeiter heranzuziehen. Das Generalstabswerk berichtet über die dortigen Lagerverhältnisse : „ Da viele Ortschaften und Gehöfte

noch mit Verwundeten an-

gefüllt waren und daher zur Unterbringung der Truppen nur in beschränktem Masze benutzt werden konnten , so lagerten letztere grösztentheils im Freien. sische Zelte und

Manchen kamen hierbei erbeutete Franzö-

einige in den nächstliegenden Dörfern vorhandene

Brettervorräthe zu Statten ;

die Mehrzahl aber musste sich mit An-

fertigung von Hütten aus Stroh oder Laubwerk begnügen, von welchen die Letzteren gegen nächtliche Kälte nur wenig und gegen Regen gar keinen Schutz gewährten . " Ferner : „ Eine von Seiten des Obercommandos schon am 19. August bei der heimathlichen Behörde angeregte Uebersendung von Geräthen zur Herstellung künstlicher Brunnen auf den Hochflächen und die beabsichtigte Heranschaffung von Zelten aus der Heimath musste vorläufig unterbleiben, weil die Eisenbahnen noch vollauf für andere Zwecke in Anspruch genommen waren."66 2. Vor Neu-Breisach

wurde

um die vier Bataillone des West-

detachements in angemessener Entfernung von einander und von der Festung zu haben, eins in einem Barackenlager untergebracht. 3. Bei der Cernirung von Paris sind zahlreiche Barackenbauten ausgeführt worden ; jedoch nicht als Ruhequartiere, sondern, so viel wenigstens

zu

ersehen ,

nur für die Vorposten mit Einschluss der

Replis . Zum Theil waren dann die bezüglichen Unterkunftsräume auch zur Hälfte in den Boden versenkt und mit Erddecken versehen . 4. Auch bei der Belagerung von Belfort haben Barackenbauten an verschiedenen Stellen im Raume des förmlichen Angriffs und in der Cernirungslinie , jedoch auch nur zu Zwecken des Vorpostenund des Batteriedienstes, Anwendung gefunden.

f.

Dienst mit der Waffe bei der Vorbereitung

zum

Kampf.. Der Umstand, dass dieses Verhältniss , wie schon mehrfach hervorgehoben wurde, vorzugsweise Pionierarbeiten veranlasst, bringt es von selbst mit sich, die Verwendung der Pioniere zum Dienst mit der Waffe während desselben mehr als sonst auszer Betracht zu lassen.

Diese Rücksicht schiebt sich mehr und mehr in den Hinter-

grund, je nachdem sich die Pionierarbeiten ihrer Vollendung nähern , und es tritt dann gewissermaszen wieder das Operationsverhältniss ein.

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

Beispiel. züglich

157

Es liegt uns nur ein einziges Beispiel und zwar be-

einiger Preuszischer

Cernirung von Paris

vor.

Festungs- Pionier-Compagnien bei der Dort waren nämlich hauptsächlich zur

Sicherung des groszen Artillerieparks bis zum 20. November beiderseits der Chevrauserstrasze drei Schanzen erbaut worden , welche an Infanteriebesatzung zunächst vier Compagnien erhielten . Späterhin wurden aber Festungs-Pionier-Compagnien (wie es scheint auch vier) mit der Besatzung und Vertheidigung im Fall eines Angriffs beauftragt, insofern keine Infanterie zur Verfügung stehen sollte. Verschiedene Arbeiten bei der Vorbereitung

g.

zum

Kampf.

Zeit, Mittel und Gelegenheit fördern in dieser Periode mancherlei auszergewöhnliche Pionierarbeiten , welche von grösztem Nutzen sind. Ein besonderer Zweck ist auch hier jedesmal von oben herab kund zu geben ;

demnächst

aber haben die Pioniere zu

ergründen,

wie demselben mit den sich darbietenden Mitteln entsprochen werden könne . Beispiele.

pfern

1. Bei Rouen wurde

von dort vorgefundenen Dam-

in mehrfacher Art Gebrauch gemacht.

Unterhalb der Stadt

bedurfte man einer Verbindung zwischen beiden Seine-Ufern . Ein Brückenbau war aber mit den vorhandenen Brückentrains nicht ausführbar,

und es

wurde deshalb von der 1. Feld-Pionier-Compagnie

des 1. Armeecorps ein Dampfschiff-Traject eingerichtet, nachdem sie die vorangegangene Brückenrecognoscirung schon mit demselben Dampfer ausgeführt hatte.

Demnächst fand in der zweiten Hälfte

des December zum

gegen Unternehmungen feindlicher Ka-

Schutz

nonenboote gegen Rouen die Anlage einer Schiffssperre statt,

wobei

man sich zum Schleppen der Schiffe wieder zweier Dampfer bediente. Endlich wurde mit den letzteren ein Strombewachungsdienst eingerichtet ; alles durch die zuvorerwähnte Pionier-Compagnie. 2.

Die Cernirungen von Metz

und von Paris

sind besonders

reich an Beispielen . Die bekanntesten sind die zur Beobachtung des Feindes erbauten Observatorien ; demnächst die Vorrichtungen , um die

auf den betreffenden Flüssen herabkommenden Schwimmkörper

aufzufangen, sowohl kleinere,

welche zur Vermittelung von Benach-

richtigungen dienen sollten, als auch gröszere, welche die Zerstörung der diesseitigen Brücken bezweckten. 3. Die Wiederherstellung zerstörter Eisenbahnen ist zwar nicht Sache der Pioniere , jedoch können dieselben auch solchen Ansprüchen unter nicht zu schwierigen Umständen genügen . So geschah es im December durch ein Detachement der 1. Feld -Pionier-Compagnie des 11

158

Die Russischen Cavallerie-Divisionen und die Armee- Operationen

VIII . Armeecorps unter Heranziehung des Französischen Bahnpersonals auf der Bahn Rouen-Amiens und im Januar durch die 2. FeldPionier-Compagnie Sandelles .

des

III. Armeecorps

auf der Strecke Le Mans-

(Schluss folgt.)

XIII .

Die Russischen Cavallerie - Divisionen

und

die

Armee - Operationen im Balkanfeldzuge 1877-78 .

Nach den Veröffentlichungen aus dem Russischen Operationsakten bearbeitet von

Cardinal von Widdern, Hauptmann und Lehrer an der Kriegsschule in Metz.

Besprochen von Kähler , Oberstlieutenant und Regiments-Commandeur. Der Herr Verfasser vorbenannten Werkes

gehört

zu den Offi-

zieren, welche, obgleich nicht Cavalleristen von Beruf, dieser Waffe doch eine warme und eingehende Theilnahme entgegenbringen . Die Zahl dieser Herren ist nicht übermäszig grosz, um so dankbarer muss die Waffe ihnen sein,

wenn sie ihre wohlwollende Gesinnung

durch die That beweisen, wie dies hier geschehen . Herr Hauptmann Cardinal v. Widdern hat bereits wiederholt die Feder zur Hand genommen, um reiterliche Themata zu behandeln und jedesmal in sehr anziehender und lehrreicher Weise . In einer dieser Schriften : Verlag Gera. Strategische Cavallerie - Manöver 1877. von Reisewitz " ,

hatte

Russischen Cavallerie Es lag

er die groszen strategischen Manöver der

an der Weichsel im Herbst 1876 geschildert.

auf der Hand,

dass

er die Reiterei,

mit deren Friedens-

übungen er sich so eingehend beschäftigt hatte,

nun auch mit ganz

besonders reger Theilnahme begleitete, als sie ein halbes Jahr später Gelegenheit fand, vor dem Feinde zu beweisen, was sie — theilweise wenigstens

bei jenen Uebungen gelernt hatte .

Diesem Umstande

im Balkanfeldzuge 1877-78.

159

verdanken wir wohl vornehmlich das in Rede stehende Buch.

Das-

selbe ist in zwei Theile zerlegt, von denen der I. bis zum Falle von Plewna reicht,

der II. den Feldzug von

diesem entscheidenden Er-

eignisse bis zu seinem Schlusse darstellt. Dem I. Theile sind 3 Uebersichtskarten , dem II . 2 dergleichen Karten und 2 Skizzen beigegeben, welche , klar und charakteristisch gezeichnet , ein sehr dankenswerthes Hülfsmittel bieten, um den kriegerischen Ereignissen zu folgen, welche im Texte des Buches dargestellt werden . Man fordert von der Kritik, dass sie nicht nur anerkennt und Beifall spendet,

sondern

auch ihr Secirmesser

welche dem besprochenen Werke anhaften.

an die Mängel legt,

Ich möchte mich, gegen-

über dem, was hier gegeben worden, gerne jener leidigen Pflicht entziehen, an dem Wie die Schärfe meiner Urtheilskraft zu üben ; um mich aber nicht dem Vorwurfe der Voreingenommenheit oder Parteilichkeit

auszusetzen, möge hier auf einige der Mängel hinge-

wiesen werden, die ja auch dieses gedruckte Menschenwerk mit allen seinen Genossen jeglicher Art gemein hat. Einer der bedeutendsten dieser Mängel dürfte

sein ,

dass

die

Rechtschreibung der Ortsnamen im Buche und auf den beigegebenen Zahlreiche Karten mit wenig Ausnahmen eine verschiedene ist. Druckfehler, namentlich bezüglich der Zahlen und Daten , hätten bei sorgfältigerer Durchsicht wohl vermieden werden können . Der Herr Verfasser hat sicherlich sehr Recht, wenn er in der Vorrede zum I. Theile sagt: „Die Thätigkeit der Cavallerie im Dienste des Armeecommandos ist eng verknüpft mit den Heeresoperationen selbst , ein Verständniss für dieselbe daher ohne die Darstellung dieser Letzteren gar nicht zu gewinnen. "

Ich möchte aber trotzdem glauben,

dass

nach dieser Richtung hin und wieder hätte gekürzt werden können, ohne das Verständniss für den eigentlichen Gegenstand der Darstellung, die Unternehmungen der Russischen Reiterei, zu beeinträchtigen.

Dies dürfte namentlich für die Armee des Groszfürsten -Thron-

folgers Geltung haben, sowie für das Corps des Generals Zimmermann und dessen Marsch durch die Dobrudscha .

Einige Härten im Style

sind wohl die Folgen einer üblen Gewohnheit, von der wir Soldaten uns nur mit Mühe frei machen können , nämlich der, die participialen Satzbildungen , das Ineinanderschachteln unendlicher Satzreihen , welches unsere

geschäftliche

Schreibweise kennzeichnet,

auch auf

unsere schriftstellerischen Arbeiten zu übertragen. In wie weit die gegebenen Schilderungen

mit den Thatsachen im Einklange sind , dafür fehlt jeder Anhalt, da die Russische Heeresleitung noch keine eingehendere zusammenhängende Darstellung der

Die Russischen Cavallerie -Divisionen und die Armee -Operationen

160

kriegerischen Ereignisse veröffentlicht hat, noch weniger die Türkische, von welcher auf eine solche auch wohl kaum zu rechnen sein dürfte. Der Herr Verfasser hat, seinen Darstellungen

wie

aus

er in der Vorrede sagt,

den Stoff zu

den zahlreichen officiellen Berichten und

nicht officiellen Correspondenzen der Russischen militairischen und politischen Presse " geschöpft und zwar durch eigene Uebersetzung. Es dürften dies

bislang

die

besten Quellen

glauben, dass , abgesehen von Einzelheiten , Schönfärberei wie

sie

uns

sich

geltend

in klarer ,

macht ,

die

einfacher ,

sein und möchte ich bei denen eine gewisse

Dinge

alles

so

verlaufen

unnöthigen

sind,

Beiwerkes

barer Darstellung vor Augen geführt werden . Es ist eine sehr sachgemäsze Maszregel , welche die Lesbarkeit des Buches sentlich fördert,

dass

eine Menge von Einzelheiten, die

zum Ver-

ständniss der Ereignisse und ihrer Entwickelung unentbehrlich sind , aber doch die Einheitlichkeit der Schilderung stören würden, wenn sie in den Text aufgenommen wären, in Anmerkungen gegeben worden sind . Auch dass hier Angaben, die früher bereits gemacht sind,

wiederholt werden,

wenn sie zu dem Verlaufe der Ereignisse

erneut in Beziehung treten, er des so lästigen und hoben wird.

erleichtert es dem Leser sehr,

indem

stets Zeit kostenden Nachschlagens über-

An einzelne besonders

scharf hervortretende Handlungen

hat

der Herr Verfasser Betrachtungen geknüpft, mit denen man wohl im Groszen und Ganzen nur einverstanden sein kann . Ich werde im weiteren Verlaufe meiner Besprechung Gelegenheit finden, auf einige dieser Betrachtungen näher einzugehen. Die Anordnung des Stoffes,

der

sicherlich

nicht immer ganz

leicht zu sichten war, ist übersichtlich und schlieszt sich dem thatsächlichen Verlaufe

der Dinge

zeitmäszig

an,

soweit dies bei der

Darstellung von Ereignissen möglich ist , welche vielfach neben einander herlaufen. In

einem

einleitenden Abschnitte werden wir in kurzen Zügen

mit der Gliederung der Russischen Reiterei bekannt gemacht. selbe

Die-

ist durchweg in gröszere Verbände eingetheilt und zwar in

Divisionen von zwei Brigaden , jede zu zwei Regimentern , zwei reitenden Batterien . Eine Divisions -Reiterei, wie in den anderen groszen Europäischen Heeren ist nicht vorhanden , jene Reiter-Divisionen dauernd zugetheilt. welche wohl Menge

eine

nicht selbstständig,

dafür sind aber

sondern den Armeecorps

Sie kommen dadurch in

eine Zwitterstellung ,

der Hauptveranlassungen gewesen ist

von Unzuträglichkeiten,

die

sich

während

des

zu einer Feldzuges

161

im Balkanfeldzuge 1877-78. herausstellten,

namentlich aber

zu

einer Zersplitterung und Durch-

einanderwürfelung der ursprünglichen Verbände führte, welche vielfach hemmend auf die Leistungen der Waffe eingewirkt haben. Die

gröszeren Infanteriekörper bedurften der Reiterei

für ihre

besonderen Zwecke ; es war ihnen, wie gesagt, eine solche nicht von vornherein zugetheilt. Sachgemäsz befriedigten die commandirenden Generale dies Bedürfniss aus den ihrem Befehle unterstellten ReiterDivisionen, indem sie denselben, je nachdem, Brigaden, Regimenter, ja einzelne Schwadronen entnahmen . Gleichzeitig traten die groszen strategischen Forderungen an die Reiter-Divisionen heran. An und für sich schon für letztere Zwecke sehr schwach, waren sie durch die ihnen entnommenen Theile noch mehr geschwächt, zu der Lösung der ihnen aus jenen Forderungen erwachsenden Aufgaben unfähig, sie mussten wieder verstärkt werden ; dies führte zu jener oben bereits angedeuteten Aneinanderreihung und Durcheinandermischung von Brigaden, Regimentern, ja Schwadronen verschiedener Divisionen, zu

einem Labyrinth ,

für welches

Sorfalt und gutem Erfolge Ariadnefaden zu bieten . Es

hat

sich während

Neuem erwiesen,

der Herr Verfasser mit groszer

bemüht gewesen

des

in Rede

ist,

dem Leser den

stehenden Feldzuges

von

dass der Reiterei in dem groszen Heeresverbande

zwei gänzlich verschiedene Aufgaben zufallen.

Die eine, in engster

Verbindung mit der Infanterie, von beschränkterem Wirkungskreise , vielfach mit Aufgaben und Forderungen gepaart, welche aufreibend und auflösend auf den Bestand der Waffe wirken , ohne dafür durch Aussicht

auf glänzende Erfolge

schadlos zu halten ,

wichtig und nicht zu umgehen ; für Reiterei bestimmt,

deren Dienst

ich

trotzdem aber

ihre Lösung ist die Divisionsan einer anderen Stelle *) als

Heeresdienst bezeichnet habe, der nur Pflichten auferlegt, aber keine Rechte gewährt.

Die Lösung der anderen Aufgabe bietet der Reiterei

im Gegensatze hierzu das freieste und weiteste Feld der Thätigkeit mit glänzendsten Aussichten höchste Entwickelung

der

und

lohnendsten Erfolgen,

Selbstständigkeit,

sie fordert

starke, festgegliederte

Verbände . Dies sind die selbstständigen Reiter-Divisionen, welche sich ihrer hohen verantwortungsvollen Pflichten ebenso bewusst sein müssen , wie die Divisions- Reiterei bereit sein muss, die von ihr geforderte Entsagung mit voller Hingebung zu üben . Kann diese ihrer Aufgabe nur im

*) Die neueste Entwickelung auf dem Gebiete des Heeresdienstes der Reiterei. Separatabdruck aus dem XXXVIII. Bande der Preuszischen Jahrbücher. Berlin . G. Reimer.

Die Russischen Cavallerie-Divisionen und die Armee-Operationen

162

engsten Verbande mit den groszen Infanteriekörpern genügen, so bedürfen jene der gröszten Freiheit und Uegebundenheit . Sie gehören mit ihrer Thätigkeit ,

ihren Leistungen dem Heere als Ganzen an , ver-

mögen die ihnen zufallenden Aufgaben nur zu lösen , wenn sie nach jeder Richtung (Gliederung, Ausrüstung, Stärke) zu höchster Selbstständigkeit befähigt sind,

dürfen von keinem, auch noch so groszen

Einzelverbände (Armeecorps , Division) des Heeres nach irgend einer Richtung hin abhängig sein ,

müssen unmittelbar unter dem Befehle

des Oberbefehlshabers solcher Heeres -Abtheilungen stehen, denen eine selbstständige Feldzugsaufgabe zugefallen ist (Armeen, Armeeabtheilungen).

Diese beiden Thätigkeitsrichtungen der Reiterei lassen sich

nicht mit einander vermengen , sie müssen scharf auseinander gehalten werden. Dies muss von vorne herein bei der Aufstellung der Ordre de Bataille für

einen Feldzug ,

noch besser schon in der ur-

sprünglichen und dauernden Gliederung des Heeres, zum Ausdrucke gelangen. Die Eintheilung der Russischen Reiterei verstöszt gegen zwei der oben gekennzeichneten Hauptbedingungen für eine ersprieszliche Leistung der Waffe .

Die grundsätzliche Trennung in Divisions-Rei-

terei und Reiter-Divisionen fehlt gänzlich ; letztere sind nicht selbstständig und nicht

stark genug .

Entsendungen einzelner Theile , die

sich im Laufe der Unternehmungen nie gänzlich vermeiden lassen, schwächen sie derart ,

dass

sie weder den Anforderungen des Auf-

klärungs- und Sicherungsdienstes, noch weniger denen des Schlachtendienstes zu genügen vermögen . Was die Gliederung , im Einzelnen betrifft ,

so

Bewaffnung ,

Ausrüstung und Ausbildung

entsprechen dieselben bei der Russischen

Reiterei durchweg denen der übrigen Europäischen Heere und müssen, nach den Leistungen zu urtheilen, recht gut gewesen sein .

Der

Herr Verfasser spricht sich dahin aus , dass die Leistungen der Preuszischen bezw . Deutschen Reiterei im Kriege 1870/71 auszerordentlich anregend auf die Russische gewirkt und eine grosze Reihe von

durchgreifenden

organisatorischen ,

reglementarischen

Bewaff-

nungs-, Ausrüstungs- und Ausbildungs-Maszregeln hervorgerufen hätten. Ganz besonders groszer Werth

ist hiernach gelegt worden auf die

Ausbildung der Offiziere im Recognoscirungsdienste, die Schieszübungen der Mannschaften ,

das Gefecht zu Fusz und die

Dauerritte,

welche Letzteren auch nach der Mobilmachung 1876/77 in den Cantonnements vor Beginn des Krieges

anhaltend fortgesetzt wurden.

So trat die Russische Reiterei nach allen vorbereitet in die kriegerische Thätigkeit.

diesen Richtungen

wohl

im Balkanfeldzuge 1877–78 .

163

Sie war bei dem in erster Linie mobilisirten Heere von 8 Armeecorps durch die 8 entsprechenden Cavallerie-Divisionen, * ) auszerdem 10 einzelne Donische Kasacken-Regimenter, 8 Kosacken- und 2 Gebirgs- Batterien vertreten , zählte somit 210 Schwadronen bezw. Sotnien , 26 reitende 160 Geschütze . Von dieser

Batterien

oder

rund

29,500

Pferde **)

zunächst

Reitermasse kamen jedoch

und

nur 4 Divi-

sionen und die 10 Kasacken-Regimenter zur Verwendung Ihre erste Aufgabe war es , den Aufmarsch des Heeres nördlich der Donau zu verschleiern , die wichtige Eisenbahnbrücke bei Barboschi zwischen Galatz und Braila zu sichern . Ihr traten bei Lösung dieser Aufgabe

keinerlei Hemmnisse Seitens

verdienen ihre Marschleistungen Donau aufstellte ,

Feindes entgegen ,

des

und die Art ,

wie

dennoch

sie sich an der

bezw. hin und her zog , volle Anerkennung .

Am

24. April brach das Russische Heer aus seinen Cantonnements in Bessarabien auf, am Abende desselben Tages besetzte eine KasackenAbtheilung , nach einem Ritte von 80 km (11 Deutschen Meilen). die Brücke bei Barboschi ; bis zum 21. Mai hatte die gesammte Reiterei, bis auf die 9. Division , welche mit der Masse des Heeres folgte , die Donaulinie erreicht und bildete eine in sich bewegliche Beobachtungskette von Turnul, gegenüber Nikopol, bis gegen Braila hin . Die auf dem äuszersten rechten Flügel stehende 8. Reiter-Division hatte in den 28 Tagen 695 km (93 Meilen) ,

also

auf den Tag durch-

schnittlich 313 Meilen , hinterlegt , bei grundlosen Wegen in einem wenig angebauten Lande, in dem die Ortschaften dürftig, weit von einander und der Hauptstrasze entfernt, nur sehr mangelhafte Unterkunft boten , man sich vielfach, trotz des sehr ungünstigen Wetters, genöthigt sah, seine Zuflucht zum Bivouac zu nehmen, diesem schlimmsten Feinde der Reiterei. Schon auf diesem Vormarsche trennten sich die drei vorgeschobenen Reiter-Divisionen

naturgemäsz

von ihren Armeecorps.

Der

Herr Verfasser bemerkt hierzu sehr zutreffend, dass die Zusammengehörigkeit dieser beiden in ihren Aufgaben so gänzlich geschiedenen Heerestheile , niss , sondern erwies.

sich hier bereits als eine nicht auf das Kriegsbedürfauf das Friedensverhältniss

begründete Einrichtung

Ende Juni führten die beiden gelungenen Donauübergänge bei

*) Unter diesen befand sich eine combinirte Donische Kasacken-Division. **) Ohne die Trains und einschlieszlich der Bespannung und der Pferde für die Bedienungsmannschaften der Artillerie.

164

Die Russischen Cavallerie-Divisionen und die Armee-Operationen

Galatz und Sistowa auch die Russische Reiterei dem Feinde entgegen, der ihr trotz

seiner 20,000 Tscherkessen und 6-8000 regulären

Reiter nach dieser Richtung hin in keiner Weise

gewachsen

war.

Unser Buch schildert die Türkische Reiterei mit folgenden Worten : „ Die Türken verfügten nur über wenig reguläre Cavallerie .

An

Tüchtigkeit war gerade diese der Russischen sehr unterlegen , die Irregulären Tscherkessen und Baschibozuks zeigten sich den Russischen Reitern durchaus auch nicht ebenbürtig.

Unzuverlässig

und nicht disciplinirbar lieszen sie sich auf einen Kampf zu Pferde fast niemals ein, waren wenig brauchbar im Sicherheitsdienste und traten nur da dreist auf, gewehr war ihre Waffe ,

wo es etwas zu rauben gab .

Das Feuer-

das Pferd kaum mehr als Transportmittel .

Meistentheils mit vorzüglichen gezogenen Feuergewehren, zum Theil sogar mit Magazinsystem ausgerüstet, waren sie den Russen hierin durchschnittlich überlegen.

Das

offene

ehrliche Reitergefecht

mei-

dend, erwiesen sie sich nur Gefangenen und Wehrlosen gegenüber als furchtbar.

Was in dieser Lage in ihre Hände gelangte, verfiel der

grausamsten Verstümmelung." In der Dobrudscha übernahm die dort theils schwimmend übergegangene 1. Donische Kasacken-Division jeden Widerstand weichenden Feindes.

die Verfolgung

des ohne

Bei Sistowa dauerte es auf-

fallend lange, bis die Reiterei über den Strom befördert wurde . 27. Juni hatte der Uebergang begonnen ;

Am

erst am 30. ging die Rei-

terei einer gemischten leichten Heeresabtheilung unter General Skobelew II. über , ihr folgten bis zum 10. Juli die 19. und 9. ReiterDivision.

Die nach allen Richtungen aufklärenden Reiter-Abtheilun-

gen stieszen nirgends auf den Feind ,

um so

wichtiger

wurde

die

ihnen nunmehr zufallende Aufgabe. Doch man vertraute die Lösung derselben nicht der Reiterei allein an, sondern bildete ein Avantgardencorps aus allen Waffen in der Stärke von 102 Bataillonen 4312 Schwadronen bezw. Sotnien und 38 Geschützen und stellte dasselbe unter Befehl des Generallieutenant Gurko , Commandeurs der 2. GardeCavallerie-Division. Bereits bei dem ersten Vormarsche hatten sich, wie erwähnt , müssen ,

die Reiterdivisionen

welches ,

von

ihrem Armeecorps

wie nicht oft genug betont werden

trennen

kann ,

eine

durchaus naturgemäsze und darum unvermeidliche Folge der durchaus eigenartigen Aufgaben ist ,

welche

den gröszeren Reiterkörpern

im Laufe des Krieges zu allen Zeiten

zugefallen sind und auch in

allen Folgezeiten zufallen werden, je gröszer die Heere sind, um so mehr.. Bei der Bildung dieses Avantgardencorps tritt aber noch die höchst auffallende Erscheinung hinzu ,

dass keine der geschlossenen

165

im Balkanfeldzuge 1877–78.

Reiter-Divisionen in dasselbe aufgenommen wurde, sondern Regimenter zweier verschiedener Divisionen (der 8. und 9.) , zum Theil mit selbstständigen Kosacken-Regimentern , in ganz neue Brigadeverbände traten.

Unwillkürlich fragt man sich, wozu denn eine Friedensglie-

derung ,

wenn dieselbe in dem Augenblicke ,

Verwendung treten soll ,

wieder aufgelöst

wo sie in kriegerische

wird ?

Die Antwort auf

diese Frage dürfte einfach die sein : weil jene Friedensgliederung dem kriegerischen Zwecke nicht entspricht.

Die Reiterei des General Gurko bestand aus

2 Dragoner-Re-

gimentern, 1 Husaren-Regimente , 5 Kasacken- Regimentern, 1/2 combinirten Gardeescadron , 1 Sotnie Uralkasacken , 1 aus abcommandirten Kasacken erst ad hoc gebildeten Pionier-Abtheilung und gliederte sich in 4 Brigaden , getheilt wurde .

denen jeder eine reitende Batterie zu-

Wann das Corps von der Donau aufbrach ,

erfahren wir

nicht

genau, doch kann dies kaum vor den ersten Tagen des Juli geschehen sein, denn am 30. Juni überschritten erst die letzten demselben zugetheilten Abtheilungen den Strom.

Am 6. Juli sehen wir 3 Reiter-

Brigaden 50 km (7 Meilen) südlich der Donau an der Rusita stehen mit

einer Frontausdehnung

gade * ) ist in

von 35 km (42% Meilen) .

westlicher Richtung

Die 4. Bri-

auf Plewna entsendet ,

um

die

rechte Flanke aufzuklären und zu sichern, und trennt sich gänzlich von dem Corps , aus dessen Verbande sie dauernd ausscheidet.

Die

Reiterei derselben stellt somit von hier ab genau dieselbe Zusammensetzung dar , welche die Deutschen und Französischen ReiterDivisionen haben , 3 Brigaden, jede zu 2 Regimentern und je einer reitenden Batterie. Es ist nicht ohne Interesse, sich diese , sicherlich naturgemäszeste Gliederung hier so zu sagen von selber bilden zu sehen, und zwar im Gegensatze zu der ursprünglichen Organisation .

Aehnliches vollzog sich bei der Reiterei des conföderirten ame-

rikanischen Heeres von Virginia unter Stuart's Führung. **) Am 7. Juli nahm die Reiterei des Corps Tirnowa, am 8. wurde sie weiter gegen das Gebirge vorgeschoben, um die Uebergänge über dasselbe aufzuklären. Nach den Ergebnissen dieser Aufklärung wurde beschlossen , in der Richtung auf Hainkiöi das Gebirge zu überschreiten und in das Thal der Tundscha hernieder zu steigen.

*) Die Kaukasische Kasacken- Brigade. **) Zwei Jahre im Sattel und am Feinde von H. v. Borcke , Th . 1 S. 73. Berlin 1877. Bei E. S. Mittler u. Sohn.

Die Russischen Cavallerie-Divisionen und die Armee-Operationen

166

Am 12. Juli brach das Corps aus der Gegend von Tirnowa auf und stand, mit Ausnahme des 30. Kasacken-Regiments , welches zur Beobachtung des Schipkapasses nördlich des Gebirges verblieb, am 15. Abends bei Hainkiöi , welches eine kleine feindliche InfanterieAbtheilung nach kurzem Gefechte geräumt hatte. Die

reitende

voraufgezogen,

Pionier-Abtheilung

um

war dem Corps

zwei Tage

die Gebirgspfade möglichst gangbar zu machen ,

ihr folgte die Infanterie, der nur einige Sotnien Kasacken beigegeben waren, dieser die Masse der Reiterei . 1 Setzte der Feind auch dem eigentlichen Uebergange gar keine Hindernisse entgegen,

so bleibt

derselbe doch durch die Ueberwindung des steilen, zerklüfteten, 1200 m hohen, fast pfadlosen Gebirgskammes eine höchst anerkennenswerthe Leistung und liefert den Beweis , dass eine tüchtige, ihres Zweckes sich bewusste Reiterei auch die schwierigsten Bodengestaltungen nicht zu scheuen braucht. Man kann diesen ersten BalkanUebergang als eine Vorbereitung für die folgenden ansehen, die unter Gefechten und den ungünstigsten Witterungsverhältnissen bewerkstelligt werden mussten ; die Russische Reiterei lernte hierbei das Gebirge kennen,

im Marsche überwinden und scheute in der Folge

nicht davor zurück, in demselben auch zu fechten. Nachdem am 15. Juli Reiter- Abtheilungen in östlicher Richtung auf Twarditza, in südlicher Richtung auf Jeni Saghra vorgefühlt und an beiden Orten die Anwesenheit feindlicher Abtheilungen bestätigt hatten, brach das Corps am 16. in der Richtung auf Kasanlyk auf, um sich dieses wichtigen Straszenknotens

zu bemächtigen und sich

dem Schipkapasse zu nähern, dessen Oeffnung Hauptzweck des ganzen Unternehmens bildete . einer starken Abtheilung aller Waffen besetzt.

von Süden her den Hainkiöi blieb mit Bei Uflari stiesz man

auf den Feind, dessen anfänglich hartnäckiger Widerstand gebrochen wurde,

durch geschickt

masse nach ( 16

ausgeführte Umgehungen der ihrer Haupt-

Schwadronen)

selbstständig

Handelnden

von

reitender Artillerie unterstützten Reiterei . Eine lebhafte Verfolgung " warf den Gegner von der gebahnten Strasze in das Gebirge und öffnete jene für den weiteren Marsch nach Maglisch, Abend erreicht wurde.

welches am

Wir sehen hier die verhältnissmäszig geringe Truppen-Abtheilung, die rings vom Feinde umgeben ohne gesicherte Verbindung mit dem eigenen Heere ist, sich für die Nacht sichern, indem sie nach allen Richtungen, aus denen sie gefährdet werden konnte, je eine Schwadron vorschiebt, bis auf 5 Kilometer und mehr. Schon Friedrich d. Gr . empfahl dies seinen Generalen .

Heutzutage glaubt man sich vielfach

im Balkanfeldzuge 1877-78 .

167

noch immer nicht genügend gesichert, man hat.

namentlich bei Nacht, wenn eine dichte Reihe von Infanterieposten um sich gezogen Und doch ist dies ein Fehler und eine Täuschung. Ein Fehler, nicht

denn man ermüdet und ruinirt durch eine derartige Verwendung die Infanterie vor der Zeit, und was man hier vergeudet hat, muss man nachher auf dem Schlachtfelde entbehren . Eine Täuschung , denn eine stehende Vorpostenlinie, mag sie auch noch so dicht sein, sichert niemals absolut ; da sie an sich doch immer nur dünn sein kann , durchbricht sie der Feind , wenn er überlegen und überraschend gegen sie auftritt. Dies kann er an jeder beliebigen Stelle, wenn seine Annäherung nicht frühzeitig erkannt wird ; eine solche rechtzeitige Erkennung ist aber nur durch einen weit ausgreifenden Patrouillengang ausführbar, der wiederum, sei es bei Tag oder bei Nacht, lediglich durch die Reiterei ausführbar ist. Hätte General Gurko seine an sich verhältnissmäszig schwache Infanterie auch noch zum Sicherheitsdienste verwendet,

dann würde

er sicherlich nicht weit mit ihr gekommen sein, sie, einem thätigeren Gegner gegenüber, als die Türken waren, endlich haben müssen im Nur sorgfältigste Schonung derselben machte es 'Stiche lassen. möglich, dass sie nicht aus der beabsichtigten Stütze zu einem Hemmschuh für die Reiterei wurde. Die Infanterie ist und wird stets , so lange Kriege geführt wer den, die unbeschränkte Beherrscherin

des

Schlachtfeldes

bleiben ;

über dies hinaus werden ihre Leistungen bedingter, und einer guten Reiterei dürfte es nicht schwer werden, sie im Aufklärungs- und Sicherungsdienste binnen nicht zu langer Zeit todt zu machen. Freilich müsste dies eine gute Reiterei sein , d . h. eine solche, die gewöhnt ist, selbstständig zu handeln , sich dessen bewusst ist, welche Dienste sie den anderen Waffen zu leisten hat, dass sie aber diese Dienste nur zu leisten vermag, wenn sie dieselben ohne jene Waffen leistet, mit Ausnahme der reitenden Artillerie, die nicht entbehrt werden kann, denn sie soll denselben diese Dienste vornehmlich zu dem Zwecke leisten, dass sie ungestört, sei es der Ruhe pflegen, sei es marschiren können . In Zeiten des Friedens geht das Verständniss für die absolute Nothwendigkeit dieses Ungestörtseins stets sehr bald verloren, denn selbst sechs Tage des anstrengendsten Manövers geben nicht einen entfernten Begriff von dem Zustande, in den die beste Infanterie kommt, wenn sie dieselbe Zeit hindurch sich täglich mit dem Feinde ihm hat,

schlagen

oder doch

und selbst die Nächte keine Ruhe vor selber für ihre Sicherheit Sorge tragen muss . muss

Dies hat denn auch bald die Folge , dass man des eigentlichen Zweckes

Die Russischen Cavallerie-Divisionen und die Armee- Operationen

168

der Reiterei vergisst, sie nicht los lässt und dadurch unselbstständig macht, dass man ihr nicht gestattet, ständig zu handeln . Doch zurück zu General Gurko .

nicht von ihr fordert,

selbst-

Am 17. Juli wurde der Marsch

auf Kasanlyk fortgesetzt. Die gesammte Reiterei mit der reitenden Artillerie befand sich auf dem linken Flügel, um in dem offenen Flussthale der Tundscha vorzugehen und gegen Flanke und Rücken des Feindes zu wirken .

Sie war zu diesem Zwecke in drei gleich

starke Treffen gegliedert , das zweite links , also nach der äuszeren, nicht angelehnten Seite überflügelnd . Ihre Bewegung veranlasste den Feind, die bei Karganli genommene Zwischenstellung aufzugeben, sie nahm Kasanlyk, indem das dritte Treffen absasz und, unterstützt von dem Feuer der reitenden Batterie,

durch die Wein-

gärten zu Fusz gegen den Ort vorging , während die beiden anderen Treffen ihre Umgehungsbewegung fortsetzten, das erste von Südwesten her in die Stadt hinein ritt, welche der Gegner vor den abgesessenen Reitern räumte und ihnen 3 Geschütze überliesz, während das zweite Treffen vor

der Stadt als Reserve halten blieb .

Ob

diese Reiter

wohl denselben Erfolg gehabt haben würden, wenn sie auf die Colonnen der Infanterie vertheilt gewesen wären, welche in dem bergigen Gelände vorgingen, nach den Grundsätzen der Taktik gemischter Waffen,

wie man diese heutzutage

auch nach den Erfahrungen des

letzten Krieges noch so häufig interpretiren hört ? Nach einstündiger Ruhe ging es bald nach Mittag weiter, obgleich man seit 5 Uhr früh im Sattel sasz, denn es galt Kunde zu erhalten, wie es bei dem Schipkapasse aussähe . Um 3 Uhr Nachmittags war das gleichnamige Dorf besetzt,

gegen Abend kam auch die In-

fanterie von Kasanlyk heran, der Gegner zog sich in den Pass zurück, den eine

andere Abtheilung desselben gegen einen von Norden ge-

führten Angriff der Russen behauptet hatte . Gurko versuchte am 18. Juli den Pass zu nehmen, doch vergeblich. Er nahm eine Stellung bei Schipka und Kasanlyk, in der er die Mitwirkung von Norden her erwarten konnte, und sicherte sich durch einen weit ausgreifenden Patrouillengang mit einem Halbmesser von 38 Kilometer (5 Meilen), bis Kalofer, Eski Saghra und Hainkiöi. Am 19. Juli räumten die Türken den Pass, warten.

ohne

einen ferneren Angriff abzu-

General Gurko erhielt nun Befehl : „ in der Richtung auf Adrianopel

vorzustoszen,

die

beiden Eisenbahnlinien ,

welche

Tirnowa theilen und nach Jamboli bzw. Philippopel führen,

sich

bei

zu zer-

stören, den Aufstand in Süd-Bulgarien zu organisiren . " Das VIII . Corps

169

im Balkanfeldzuge 1877–78.

sollte den Schipkapass besetzen . Er ging am 20. Juli mit seiner ganzen Abtheilung nach Kasanlyk und schob am 22. ein DragonerRegiment, 1 Sotnie Kasacken und 2 Geschütze nach Eski Saghra vor. Erst am 23. beginnen die weiteren Unternehmungen . Diese Verzögerung wird in der Darstellung der Ereignisse mit der Nothwendigkeit

entschuldigt,

den Truppen

War dieselbe so nothwendig ?

einige

Ruhe

zu gewähren .

Nehmen wir an, dass die Abtheilung

am 5. Juli von ihrem Sammelpunkte südlich der Donau aufgebrochen war, so hatte sie am 20. Juli , also in 16 Tagen, 185 Kilometer (2425 Meilen) zurückgelegt, etwa 11½ Kilometer ( 1½ Meile) auf den Tag. Diese Leistung erscheint nicht übermäszig, auch wenn man den schwierigen Gebirgsübergang mit in Rechnung zieht, zu dem die Reiterei

drei Tage gebraucht hatte ( 13. bis 15. Juli) und der

auf der Karte gemessen

etwa 40 Kilometer (71/5 Meilen) beträgt,

sowie die weiter ausgreifenden Patrouillenritte. Gründe

nicht,

der

angeführte dürfte jedoch,

Man kennt andere

von nur

reiterlichem

Standpunkte aus beurtheilt, nicht stichhaltig sein. Zwei Reiter-Regimenter,

das

eine

mit zwei

Geschützen ,

das

andere mit einer ganzen reitenden Batterie, gehen am 23. Juli von Eski Saghra bzw. Kasanlyk gegen die Eisenbahnlinien vor. Die Zerstörung gelingt auf beiden Linien , bei der Jamboli-Linie trifft man auf den Feind, sammeln, werden.

erfährt,

auf der Trotzdem

dass

sich feindliche Truppen bei Tirnowa

Bahn von Adrianopel her andere herangeführt kehrt Alles am 24.

nach Kasanlyk

und Eski

Saghra zurück nach einem Ritt von 110 bzw. 150 Kilometer ( 14³ bzw. 20 Meilen) in 48 Stunden . Nicht ein Mann bleibt am Feinde ; derselbe kann, ohne weiter beobachtet zu werden, seine Bewegungen fortsetzen.

Eine Sotnie Kasacken,

welche Tags

darauf ( 25. )

von

Eski Saghra bis zur Maritza reitet, findet den Fluss bereits besetzt, feindliche Truppen- Abtheilungen 12 Kilometer nördlich über denselben hinaus bis Gidzal vorgegangen . Auch sie kehrt mit dieser Nachricht nach einem tüchtigen Ritte von 90 Kilometern ( 12 Meilen) zurück und lässt die Türken ruhig weiter treiben, was sie wollen . Eine

an demselben Tage bis Jeni Saghra

entsendete

Erkundungs-

Abtheilung findet hier ebenfalls stärkere feindliche Abtheilungen, auch sie

ist am Abend wieder in Eski Saghra.

Hierauf überlässt man

sich wieder zwei Tage hindurch völliger Ruhe und begnügt damit,

kleine Patrouillen

bis

sich

zu dem 15

Kilometer südlich Eski

Saghra flieszenden Siütli-Bache vorzusenden .

Erst auf die Nachricht,

welche flüchtende Bulgaren mitbringen,

dass

nördlich der Maritza

bedeutende Anhäufungen feindlicher Truppen stattfänden, werden am

170

Die Russischen Cavallerie-Divisionen und die Armee-Operationen

28. Juli wieder einige Husaren - Schwadronen in jene Gegenden entsendet.

Sie

treffen nirgends Feinde,

hören jedoch,

sehen aber

nicht selber , dass bei Karabunar , wohin die ersten mit der Zerstörung der Eisenbahn nach Jamboli beauftragten Abtheilungen gelangt waren,

einige Bataillone mit Artillerie ständen, immer doch eine Sache, die des näheren Nachsehens werth gewesen wäre . Viel-

leicht gelang

es

den gewandten,

braven Russischen Reitern ,

dort

einige Gefangene zu machen, von ihnen wären für die obere Heeresleitung nicht unwichtige Nachrichten zu erfahren gewesen. Unterdessen war dem General noch eine Verstärkung von 6 Bataillonen und 16 Geschützen zugewachsen, welche nach Hainkiöi vorgeschoben und ihm zur Verfügung gestellt waren. Er wusste durch das Obercommando,

dass er die sich sammelnde Heeres - Ab-

theilung Suleimans vor sich habe, wohin derselbe seine Bewegungen gerichtet , Näheres über seine Stärke u. s . w. hatte er nicht erfahren . Um dies zu erkunden, beschloss er angriffsweise vorzugehen und zwar von Jeni Saghra aus . Die Bewegungen hierfür begannen am 29. Juli von Eski Saghra, Jeni Saghra.

Doch als

Kasanlyk und Hainkiöi concentrisch auf am 30. zum Angriff auf Jeni Saghra

man

schritt, ‫وو‬klappte die Sache nicht, " wie der Herr Verfasser sehr richtig bemerkt, weil der General seine Colonnen nicht vereinigt hatte, bevor er sie zum Angriff führte.

Die von Eski Saghra heranmarschirende

Colonne traf gar nicht ein .

Erst spät am Nachmittage nahm man das nur leicht besetzte Jeni Saghra . Ein Theil der zu diesem An-

griff verwendeten Heeres-Abtheilung brach

darauf in der Richtung auf Eski Saghra auf, um der von dort erwarteten Colonne entgegen

zu gehen ; man hatte in jener Gegend starkes Feuern gehört. Bei Karabunar wurde in Erfahrung gebracht, dass eine feindliche Abtheilung die Russische Colonne auf Eski Saghra zurückgedrängt habe und ihr gefolgt sei. Der Feind stand mitten inne zwischen den Russischen Colonnen . Die Ursache dieses Misserfolges lag zum Theil, wie der Herr Verfasser ausführt, in den Dispositionen Gurko's, zum gröszeren Theile darin , dass er von der Eski Saghra-Colonne keine Meldung

erhalten hatte. Dieselbe hatte 15 Schwadronen bei sich, es hätte doch wohl einigen dieser Reiter, die nunmehr das Ge-

lände ,

in dem sie sich bewegten, ziemlich genau kennen mussten , der schlechten feindlichen Reiterei gegenüber, gelingen müssen, dem General die so wichtige Meldung zu bringen, dass man auf eine über-

legene feindliche Abtheilung gestoszen sei, zumal dies schon am 29. Juli geschehen war. Ich möchte die Haupt-Ursache auch für diesen Misserfolg jedoch darin suchen, dass die Russische Reiterei

im Balkanfeldzuge 1877-78 . sich nicht von dem Augenblicke

an,

Feindes

nach Jamboli und Philippopel er-

an den Eisenbahnlinien

wo

sie

171 die Anwesenheit des

kannte, an seine Fersen hing und nicht mehr von ihm liesz , jede seiner Bewegungen überwachend, ihren General von denselben stets in Kenntniss haltend. Dieser Luftstosz nach Jeni Saghra, der augenscheinlich auf gänzlich unrichtigen Annahmen bzw. Nachrichten begründet war, hätte nicht stattgefunden, der wichtige Knotenpunkt Eski Saghra wäre nicht verloren gegangen, was am 31. geschah, obgleich der Herzog von Leuchtenberg das Mögliche that, denselben zu vertheidigen,

während Gurko mit einer überlegenen feindlichen

Abtheilung schlieszlich siegreich bei Dzuranli focht .

In den Gefechten

selber benahm die Russische Reiterei sich sehr gut und wurde auch zweckmäszig verwendet.

Leuchtenberg war wesentlich auf sie ange-

wiesen, da er auszer ihr ( 15 Schwadronen mit 8 reitenden Geschützen ) nur

noch über

verfügte .

6 Bataillone

Trotzdem

der neugebildeten Bulgarischen Miliz

behauptete

er sich den 29. , 30. und 31. Juli

gegen überlegene feindliche Streitkräfte . reitende Artillerie, fechtes

Die Unterstützung durch

die wiederholte rechtzeitige Anwendung des Ge-

zu Fusz ermöglichte vornehmlich der Reiterei diesen ehren-

vollen Erfolg.

Zu

einer wirklich durchgeführten Attake scheint es

nicht gekommen zu sein, da die feindliche Reiterei nicht Stand hielt, die feindliche Infanterie das Gelände nicht verliesz, welches sie gegen die Angriffe der Reiterei deckte. „ Da ich von den Bewegungen der Armeen Suleiman's nichts wusste," sagt General Gurko in seinem Berichte über das Gefecht bei Dzuranli, um das dort gewählte Verfahren zu begründen. Weil er hiervon nichts wusste, bis Suleiman ihn durch das Erscheinen mit

seiner ganzen Armee

mitten unter den zum Angriffe auf Jeni

Saghra vormarschirenden Colonnen der Russen hierüber aufklärte, musste er nunmehr daran denken, sich vor weiteren ernsteren Misserfolgen zu sichern, indem er in das Tundscha-Thal zurückging ; dadurch aber verlor er gänzlich jeden Einblick in das , was südlich des kleinen Balkan geschah und Suleiman hatte noch mehr freie Hand als bisher,

alles Folgen des unrichtigen Benehmens der Russi-

schen Reiterei , als sie an der Maritza mit dem Feinde Fühlung gewonnen hatte. Nach dem Verluste von Eski Saghra sammelte Gurko seine Heeres -Abtheilung bei Dalboko und trat am 2. August den Rückzug nach Hainkiöi

an, die Bulgaren -Bataillone mit einem Dragoner-Re-

giment und einigen Kasacken gingen auf Schipka zurück.

Die Beob-

achtung des Feindes wurde nun durch Offizier-Patrouillen sorgfältiger 12 Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI.

172

Die Russischen Cavallerie-Divisionen und die Armee-Operationen

betrieben ,

auch

so namentlich

kamen

noch einige

hübsche Reitergefechte

die Wegnahme von Kasanlyk,

vor,

das mittlerweile von

Tscherkessen besetzt war, durch das 9. Dragoner- Regiment, bis am 6. August auf Befehl des Obercommandos der Rückzug über den Balkan angetreten wurde. Die Reiterei und reitende Artillerie trafen am 8. August in Tirnowa ein,

von

wo sie

in Erholungsquartiere

verlegt wurden. Die Unternehmung des General Gurko hat die Aufmerksamkeit der Reiteroffiziere,

welche sich für die Verwendung ihrer Waffe im

groszen Heeresverbande interessiren, in hohem Grade auf sich gelenkt, und wird dieselbe stets fesseln, weil in ihr die Eigenart einer solchen Es wäre Verwendungsweise mit besonderer Klarheit hervortritt. daher in Rücksicht auf diese Bedeutung, welche dem Zuge nicht abzusprechen ist, obgleich seine Erfolge im Groszen derselben nicht entsprechen,

ebenso erwünscht

als dankenswerth,

wenn recht bald

eine bis in die Einzelheiten der Beweggründe gehende offizielle Darstellung desselben an die Oeffentlichkeit gelangte. Den einzig thatsächlichen Erfolg dieser Unternehmung, der auch von nachhaltigem Einflusse

auf den weiteren Verlauf des Feldzuges

geblieben ist, möchte ich in der frühzeitigen Besetzung des Schipkapasses durch Russische Truppen suchen, welche ohne die Mitwirkung Gurko's wohl kaum erzielt worden wäre. Auch bezüglich der Ausführung lässt sich gegen diesen Theil des Zuges nichts einwenden, es wird stets das nächste Ziel in das Auge gefasst, klar und richtig disponirt, rasch und entschieden gehandelt , freilich gegenüber einem Gegner, der sich nach keiner Richtung hin gewachsen zeigt. Dass die Unternehmung in ihrem weiteren Verlaufe für Gang, welchen der Feldzug im Groszen nahm,

den

nicht die erwartete

Bedeutung gewann , dem Russischen Heere den Weg über den Balkan in das Thal der Maritza zu ebnen , fand zwar überwiegend in Verhältnissen seinen Grund, welche mit der Art ihrer Ausführung auszer Beziehung stehen,

was diese jedoch nicht von der Verantwortung

dafür zu entlasten vermag, mäszig geringe Ergebnisse

dass hier auch an sich so verhältnisserzielt worden sind .

Ich habe bereits

weiter oben angedeutet, worauf ich diesen Vorwurf gründen zu dürfen glaube . Es fehlte die dauernde Beobachtung des Feindes, nachdem man einmal mit demselben in Berührung getreten war. Es ist dies eine Erscheinung , der wir in der Kriegsgeschichte wiederholt begegnen, und zwar vornehmlich dort, wo es in den betreffenden Heeren aus dem einem oder anderen Grunde an einer sachgemäszen Vorbildung der Reiterei für ihren Heeresdienst

im

173

im Balkanfeldzuge 1877-78.

Groszen gefehlt hatte , welche wiederum nur da möglich ist, wo sie das richtige Widerlager in einer dauernden zweckentsprechenden Gliederung der Waffe im Groszen findet.

Friedrich der Grosze wäre beinahe selber ein Opfer der geringen Gewandheit und Zuverlässigkeit geworden, welche seine Reiterei im 1. Schlesischen Kriege entwickelte , sowohl im Aufklärungs- als im Schlachtendienste, *) obgleich sie an sich durchaus nicht so schlecht war , als der König sie später zu schildern liebte , wie ich an anderer Stelle nachzuweisen versucht habe. Aber es fehlte ihr jede Vorbereitung für den Heeresdienst im Groszen ; Friedrich gab ihr nach Gliederung und Ausbildung , was ihr hierin fehlte, und sie ward die erste Reiterei der Welt. Napoleon I. klagt im Feldzuge damals noch als General Bonaparte 1796 wiederholt über die geringe Brauchbarkeit

der Französischen Reiterei

im Aufklärungsdienste und schreibt es diesem Umstande vornehmlich zu, dass den Oesterreichern der Entsatz von Mantua glückte , und doch standen in ihren Reihen Offiziere , wie der General Stengel, von dem der nachmalige Kaiser selber schreibt : „Er war der vollendete VorpostenGeneral ! " Napoleon hat von da an seiner Reiterei die gröszte Sorgfalt zugewendet und sie trotz wenig günstiger Vorbedingungen auf eine Höhe der Leistung zu bringen gewusst ,

dass sie

selbst

sei-

nen Ansprüchen genügte . Und auch der Deutschen Reiterei

wollte

es im Anfange des

Feldzuges 1870/71 nicht gelingen sich in dem ihr ungewohnten selbstständigen Dienste vor den Armeen, in der von diesem nicht zu trennenden Gliederung in gröszere, selbstständige Körper zurechtzufinden, welche ihr ebenfalls neu war. Der Irrthum, in welchen man bezüglich des vermeintlichen Abmarsches des 2. Französischen Corps (Frossard) gerieth , und der zu den ernsten Schwankungen in der Schlacht bei Spicheren Veranlassung wurde , während die allgemeine Lage derart war, dass dem genannten Corps wohl hätte ein Schicksal bereitet werden können, wie einige Monate später der Armee Mac Mahons bei Sedan, wenn man jene Lage richtig und rechtzeitig erkannte ; ferner das Verlorengehen jeder Fühlung mit dem Feinde, sowohl nach dieser Schlacht , als wie nach der bei Wörth, sie sind wohl vornehmlich auf die oben berührten Verhältnisse zurückzuführen.

*) Gefecht bei Baumgarten, 27. Februar 1741 , Schlacht bei Mollwitz, 10. April 1741 , v . Orlich, Geschichte der Schlesischen Kriege. Berlin 1841 . **) Seydlitz in seiner Bedeutung für die Reiterei von damals und jetzt. lin 1874. 12 *

Ber-

174

Die Russischen Cavallerie- Divisionen und die Armee- Operationen

Und doch würde

man ungerecht gegen die Deutsche Reiterei handeln, wollte man ihr den Vorwurf machen, sie wäre nicht gründlich ausgebildet gewesen , freilich innerhalb der Grenzen, welche die gegebene Friedensgliederung und Friedensübung dieser Ausbildung zogen. Sie kannte nur den Dienst als Divisions-Cavallerie ; der Dienst der Cavallerie-Divisionen war ihr völlig fremd . Hier, bei der ersten Verwendung der Russischen Reiterei , südlich des Balkan, treten uns genau dieselben Erscheinungen entgegen . Diese Reiterei ist brav und kühn , sie scheut weder Anstrengungen noch Bodenschwierigkeiten, dafür liefert uns der erste Vormarsch bis Tirnowa, die Wegnahme dieses Ortes, der Uebergang über den Balkan hinreichende Beweise ;

sie

ist gründlich ausgebildet ,

weisz im

Gefechte ihre richtige Stelle auf dem Flügel der anderen Waffen zu finden, sich dort entsprechend zu Karganli und Kasanlyk ; ja

gliedern ,

das

zeigt sie

uns bei

sie besitzt sogar, was der Preuszischen

und Französischen Reiterei vor Friedrich und Napoleon, der Deutschen 1870/71 fehlte ,

eine bereits

im Frieden bestehende Gliederung in

gröszere selbstständige Verbände, und trotzdem diese nicht genügende Leistung auf dem Gebiete die nachmals so

der Aufklärung im Groszen , in welcher

ungerecht geschmähte Preussische Reiterei

in den

Tagen vor den Unglücksschlachten von Jena und Auerstädt so Vortreffliches leistete ,

weil in ihr bis kurz vor jener traurigen Kata-

strophe noch die Ueberlieferungen für ihren Heeresdienst im Groszen , aus den Zeiten des groszen Königs , durch eine entsprechende Gliederung im Groszen , sowie erhalten worden waren.

durch angemessene Uebungen lebendig

Auch an groszartigen Uebungen für

den strategischen Dienst

hatte es der Russischen Reiterei nicht gefehlt. des Jahres 1876

Die Septembertage

an der Weichsel hatten ihr Alles geboten ,

was

nach dieser Richtung in Friedenszeiten geboten werden kann . Aber jene Gliederung

im Groszen war nicht die zutreffende ;

diese Uebungen blieben für die kriegerische Vorbildung der Russischen Reiterei ohne durchgreifenden Erfolg, weil nur ein sehr geringer Theil derselben in ihnen zu lernen Gelegenheit hatte . Ich habe weiter oben bereits die erstere vorstehender Behauptungen zu begründen versucht, für letztere bedarf es hiezu wohl nur der Anführung , dass von den 19 Cavallerie-Divisionen des Russischen Heeres nur 41/2 an jenen Uebungen, von diesen nur eine , die 13. am Kriege Theil nahmen. Die groszen Verbände lösten

sich

welche die kriegerische Verwendung

bei der ersten Anforderung,

an sie stellte,

auf,

die Waffe

175

im Balkanfeldzuge 1877-78. hatte daher mit denselben Schwierigkeiten zu kämpfen, diese Verbände gar nicht vorhanden gewesen wären . fehlte die Technik ,

als

wenn

Ihren Führern

denen der groszen Heeresverbände fehlten die

richtigen Gesichtspunkte für ihre Verwendung. Man war bestrebt nachzuahmen, was man theoretisch der Kriegsgeschichte entnommen , ohne die organisatorischen und taktischen Vorbedingungen hiefür zu besitzen , welche nur eine richtige , dem kriegerischen Zwecke entsprechende Friedensgliederung und -Erziehung vom letzten Reiter bis hinauf zum Feldmarschall zu geben vermag , denn : „ nur was wir auf den Uebungsfeldern gelernt haben, thun wir auch vor dem Feinde ! " und : "" ohne richtige Gliederung auch keine richtige Uebung. "

Waren hier bei dem Zuge des General Gurko so zu sagen nur Versäumnisse, dabei keine nachhaltigeren Missgriffe, ja sogar einige Erfolge

zu

verzeichnen ,

so

sollte

auf einem anderen Theile

des

Kriegstheaters der unzweckmäszige Gebrauch der Reiterei die schwerwiegendsten Nachwirkungen haben , den ganzen Verlauf des Feldzuges in die bedenklichsten Schwankungen bringen. Die ersten Misserfolge bei Plewna mit ihren erschütternden Folgen lassen sich zurückführen auf eine unzureichende Aufklärung in der rechten Flanke des Russischen Heeres, d. h. eine falsche unzureichende Verwendung der Reiterei im Groszen . kan

sinkt dadurch

Kräften herab , machen sollte.

zu

Das ganze Unternehmen südlich des Baleiner beinahe

deren Ausfall

sich

zwecklosen Vergeudung von

auf das Empfindlichste

fühlbar

also der Stärke nach fast Während man 3112 Schwadronen 2 ganze Reiter-Divisionen zu diesem Zuge verwendete , blieb die ganze 105 km ( 14 Meilen) lange Linie von Nikopoli über Plewna und Lowatz bis Selwi der Beobachtung durch die 12 Sotnien der Kaukasischen Kasacken - Brigade Tutolmin überlassen. Der Herr Verfasser schreibt hierüber : „ diese (die Kaukasische Brigade), bald an das gegen Nikopoli operirende IX . Corps gebunden , hatte keine Directiven ,

weit über den Widfluss hinaus aufzuklären , und besasz auch neben den ihr anderweitig zufallenden Aufgaben nicht die Stärke , um sich weit vorzubewegen . " Also unzureichende Kräfte, Mangel an richtigen Directiven und dazu noch Fesselung an einen groszen Infanteriekörper, der für die

ihm zugetheilte Aufgabe nicht ausreichend mit Reiterei versehen war, eine Vereinigung alles dessen , was der Waffe die Lösung der ihr zufallenden Aufgaben vor den Fronten oder in den Flanken des Heeres unausführbar machen muss . Die Folge hiervon war , dass Osman Pascha sich unbemerkt der wichtigen Stellung von Plewna bemäch-

Die Russischen Cavallerie-Divisionen und die Armee-Operationen

176

tigen, dem ersten Versuche der Russen , ihm dieselbe wieder zu entreiszen, mit überlegenen Kräften entgegentreten konnte . Bei

dem zweiten Angriffe auf Plewna

am 30. Juli fehlte

es

wiederum an ausreichender Reiterei, doch gab hier General Skobelew II. ein schönes Beispiel davon , wie man selbst mit geringen Kräften Bedeutendes zu leisten vermag, wenn man die Beweglichkeit und Stoszkraft, welche in der Waffe ruhen, richtig weisz.

zu

verwenden

Mit den 12 Sotnien der Kaukasischen Kasacken-Brigade und

zwei reitenden Batterien gelang es ihm,

den linken Flügel des An-

griffes gegen Lowatz hin zu decken, in den Kampf um Plewna wiederholt erfolgreich einzugreifen. „Durch ihr dreistes, allerdings 300 Mann kostendes Auftreten und tapferes Ausharren hatte die Brigade einen nicht unwesentlichen Theil der feindlichen Macht auf sich gezogen , dadurch den Hauptkräften den Angriff erleichtert und dieselben vor einer Flankirung bewahrt ; " lesen wir in unserem Buche . Ich kann nur jedem Reiteroffiziere rathen, sich den Inhalt der wenigen Seiten, welche von den beregten Ereignissen

eine

vortrefflich

klare, dabei kurze Schilderung geben, recht gründlich nicht nur durchzulesen, sondern auch durchzudenken, er wird sich ihrer dereinst in ähnlich schwieriger Lage mit Dank erinnern . Man kann sich auf dergleichen nicht sorgfältig genug vorbereiten, denn es ist nun einmal das Schicksal unserer Waffe,

dass sie recht

oft in die Lage kommt, mit geringen Kräften und unter schwierigen Verhältnissen Bedeuteudes leisten zu sollen. Auch auf den rechten Flügel des Angriffes hat eine Reiter-Brigade mit 6 reitenden Geschützen gute Dienste geleistet, und scheint für das Gefecht zu Fusz eine Hauptrolle gespielt zu haben. Also wieder einmal nicht hineingemischt in die Infanterie und Artillerie,

sondern

auf den Flügeln der eigentlichen Kampflinie ,

wo ihr ein freies Feld der Bewegung gewährt war, hat die Reiterei den anderen Waffen vortrefflichste Dienste zu leisten, mit ihnen , nicht untermischt, aber gemeinsam den Sieg anzustreben vermocht , unterstützt

durch

reichliche

reitende Artillerie

dabei

( 18 Geschütze und

22 Schwadronen), die durchaus nicht hemmend wirkte, sondern einen sehr dankenswerthen Kräftezuwachs bot . Ob diese 18 Geschütze in der Linie der für den eigentlichen Angriff bestimmten Batterien wohl von wesentlich gröszerem Nutzen gewesen wären ? Mit dem allmäligen Einrücken der aus der Heimath herangezogenen Verstärkungen, der Rumänischen Truppen und der nach drei Wochen der Ruhe wieder verwendungsfähig gewordenen Regimenter,

177

im Balkanfeldzuge 1877-78 .

welche den Balkanritt mitgemacht hatten , verstärkte sich auch die Reiterei auf der Linie Nikopoli- Plewna- Selwi . hübsche Reiterunternehmung, Weise berichtet ,

Es gab hier manche

von denen unser Buch in anziehender

doch Bedeutendes wurde nicht geleistet und fehlte

vor Allem jener kühnere , weiter ausgreifende Versuch gegen die Verbindungen des Feindes, welche Art der Verwendung für die Reiterei hier so nahe lag. Unterdessen wurde um den Besitz des Schipkapasses mit Suleiman gerungen, wo die Reiterei zwar nicht mit der Waffe, aber doch durch ihre Pferde gute Dienste leisten konnte , für die

raschere Beförderung der

Infanterie hergab. sarengenerale

indem sie dieselben

zur Unterstützung herbeieilenden

Eine Verwendungsweise , von der auch die Hu-

Friedrich's des Groszen unter Umständen mit Erfolg

Gebrauch zu machen verstanden ,

auf ihren kühnen Zügen zur Auf-

rechterhaltung der Verbindung zwischen den theilen, in Rücken und Flanken des Feindes .

verschiedenen

Heer-

In der linken Flanke des Russischen Heeres, an der Linie des Lom

und bis Helena hin ,

scheint

die

für die Ausdehnung dieser

Linie ebenfalls zu schwach bemessene Reiterei, dieser ihrer Schwäche,

in Berücksichtigung

sachgemäsz verwendet worden

einen deckenden Schleier vor der Heeresabtheilung der ihr hierdurch gestellten Aufgabe

auch genügt

zu sein ,

um

zu ziehen und zu haben .

Von

besonders erwähnungswerthen Unternehmungen derselben erfahren wir nichts. Der Herr Verfasser begründet sein Nichteingehen „ auf die jedenfalls

nicht auffallende Thätigkeit der Cavallerie ",

damit , dass

die Verhältnisse dort noch nicht ausreichend geklärt seien . Anfang September (7. - 11 . ) glaubte man Russischerseits sich genügend verstärkt zu haben, um einen erneuten Versuch gegen Plewna machen zu können. Der mittlerweile auf 88 Schwadronen bezw. Sotnien angewachsenen Reiterei wurde hierbei eine durchaus angemessene Aufgabe zugetheilt. General Laschkarew mit 34 Schwadronen bezw. 18 reitenden Geschützen ,

unter denen

Sotnien und

zum ersten Male

eine der

Reiter-Divisionen ( 9. ) geschlossen auftrat, sollte nördlich Plewna auf das westliche Ufer

des Wid gehen ,

Verstärkungen für den Gegner

abhalten, ihn, wenn er geschlagen zu entkommen suchte, empfangen und vernichten. Entsprechend war der Auftrag , welchen General Leontecw mit 32 Schwadronen bezw. Sotnien und 12 reitenden Geschützen erhielt.

Sein Ausgangspunkt lag südlich Plewna und hatte

er auszerdem für Sicherung der linken Flanke des Angriffes zu sorgen.

Durch den letzteren Theil seines Auftrages wurden nicht nur

178

Die Russischen Cavallerie-Divisionen und die Armee- Operationen

seine Truppen , sondern auch seine Aufmerksamkeit getheilt . Er kam daher auch nicht zum Handeln . Glaubte man zur Deckung des Sturmes nicht der gesammten Reiterei zu bedürfen, welche man unter dem Befehle des Generals vereinigt hatte, von ihr so viel abzweigen ,

dann hätte

man sollen

als man hierfür erforderlich hielt ,

den

Rest aber dem General zur freien Verfügung stellen , um hiermit in Gemeinschaft mit General Laschkarew zu handeln . Es widerspricht durchaus dem Wesen der Waffe , Theile derselben , welchen so verschiedene Aufträge zufallen ,

unter einen Oberbefehl zu stellen.

Wo soll der

Führer sich für seine Person aufhalten und durch seine Anwesenheit den Accent des Handelns hin verlegen ?

Dies ist eine Frage, die zu

Zweifeln Veranlassung giebt, und wo diese erst auftauchen, geschieht nie etwas . So auch hier.

General Laschkarew hat die ihm gestellte

Aufgabe wohl im Allgemeinen richtig aufgefasst und auch dementsprechend seine Truppen verwendet. Ob seine dauernde Beobachtungsphäre nach Süden und Westen nicht hätte werden können , will ich dahingestellt sein lassen .

weiter ausgedehnt Er hat den Ver-

such verschiedener, auch an Infanterie starker Türkischer Abtheilungen, von Plewna aus sich auf dem westlichen Ufer des Wid festzusetzen, mit Energie und Geschick verhindert ; zu einem Kreuzen der Klingen mit den feindlichen Reitern ist

es

dabei

nicht gekommen,

denn dieselben zeigten zu wenig Neigung zu derartig ernsteren Zusammenstöszen,

dagegen hat aber das Gefecht zu Fusz, auch gegen

die feindliche Infanterie , Dienste geleistet .

unterstützt durch die Artillerie ,

sehr gute

Zu dem glänzendsten Theile der dem General zugetheilten Rolle , der Verfolgung bezw. Vernichtung des fliehenden Feindes kam es nicht ,

denn

dieser floh nicht ,

vielmehr mussten die Russen ihren

Versuch nach schweren Verlusten aufgeben und in die beobachtende Stellung zurückgehen. General Laschkarew aber blieb mit seinen Reitern auf dem westlichen Ufer des Wid , bis er hier am 19. September durch ein combinirtes Cavalleriecorps unter Generallieutenant Krilow abgelöst wurde . Er ging mit seiner, der 9. Division nach Bogot, halbenwegs zwischen Plewna und Lowatz, um die Verbindung mit den an letzterem Orte stehenden Truppen zu erhalten , auch sollte er je nach Umständen gemeinsam mit General Krilow auf dem westlichen Ufer des Wid handeln.

Wiederum

zwei ganz

widersprechende Aufgaben.

Bogot

ist von der Strasze Plewna- Orhanie, der Hauptlinie für die Unternehmungen Krilow's, in Luftlinie 25 km (3½ Meilen) entfernt , dazwischen liegt der, nur an wenigen Stellen überschreitbare Widflusz .

im Balkanfeldznge 1877-78 .

179

Wie sollte sich unter solchen Umtänden wohl ein ersprieszliches Zusammenwirken gestalten? Es ist, wie ich weiter oben bereits andeutete , eine sehr vielfach in dr Kriegsführung erscheinende Art und Weise, der Reiterei nicht bestmmt begrenzte Aufträge zu ertheilen , für jeden dergleichen eine besondere Abtheilung zu bestimmen, sondern ihr alles das , was man geleistet zu sehen wünschte, im Allgemeinen zuzuweisen , ohne sich bestimmt klar darüber zu werden, welches

von

diesem das Wichtigere , inwieweit die Truppe nach dazu befähigt ist. Geschieht das Er-

Stärke und sonstiger Lage alsdann

wünschte

nicht ,

dann trifft harter Vorwurf die Waffe und

ihre Führer , von deren taktischem und strategischem Urtheil man meistentheils im Kriege mehr fordert , als man demselben in den Zeiten des Friedens zuzubilligen geneigt ist. Wäre der Feind z . B. in

dem vorliegenden

gebrochen ,

Falle zwischen Lowatz

und Plewna durch-

während General Laschkarew mit Krilow zusammen

wirkte , dann würde es sicherlich geheiszen haben : „ja , wie konnte er aber auch, sein Auftrag war doch, jene Verbindung zu erhalten ! " Oder eine Unternehmung Krilow's wäre gescheitert , weil ihm die erforderliche Unterstützung von Wid her fehlte , natürlich hätte Laschkarew allein die Schuld getroffen: ‫ وو‬war er doch angewiesen , mit Krilow zusammen zu wirken ! " Da soll dann der mit einem Male intelligente Reiterführer, mit des Gedankens Schnelligkeit handeln und seine Rosse möchten, wie auf den Schwingen des Pegasus, die Meilen unter ihren Hufen verschwinden machen. Erinnerte man sich solcher Augenblicke doch bisweilen in Zeiten des Friedens und gäbe in diesen den Reiterführern Gelegenheit, ihre Intelligenz, den Pferden ihre Muskeln und Sehnen zu üben , vielleicht liesze sich dann die Leistungsfähigkeit beider bis zu dem erwünschten Masze steigern . Das

Corps des General Krilow bestand aus 50 Schwadronen,

30 reitenden Geschützen , bunt zusammengewürfelt lichen kleineren Verbänden ,

aus

allen mög-

da ist eine Brigade der 4. Reiter- Divi-

sion aber zu drei Regimentern, die Kaukasische Kasacken- Brigade , mit der wir unter Skobelew's Führung bereits Bekanntschaft gemacht haben, eine Donische Kasacken-Brigade, je eine Rumänische Linienund Landwehr-Brigade. Man fragt sich immer wieder von Neuem , warum denn eine Friedens-Organisation , wenn man dieselbe vor dem Feinde gänzlich wieder auflöst ? Sollten drei in sich geschlossene Reiter-Divisionen , die etwa die gleiche Stärke vertreten hätten , nicht mehr Gewähr für sachgemäsze Leistung geboten haben ,

als

eine

so zusammengewürfelte

Die Russischen Cavallerie -Divisionen und die Armee -Operationen

180

Masse Reiter , kannten?

die

sich untereinander ,

General Krilow sollte

sowie

ihren

Führer nicht

auf dem westlichen Ufer des Wid den

Kreis der Einschlieszung Plewnas schlieszen , Zufuhren und Verstärkungen abhalten . Genaue Nachrichten über die auf der Strasze Plewna Orhanie stehenden feindlichen Streitkräfte , die von diesen etwa angelegten Verschanzungen einziehen und das Gelände zwischen Isker und Wid von den umherstreifenden Tscherkessen säubern .

Auf-

gaben, die mit den ihm zur Verfügung gestellten Streitkräften wohl zu lösen waren ,

denn diese Aufgaben ergänzten und bedingten sich

gegenseitig , sie lagen örtlich auf einem einheitlichen Gebiete, sachlich so recht eigentlich in dem Wesen der Waffe. Zwei Punkte waren es , welche bei Erfüllung dieser Aufgaben zunächst in den Vordergrund traten : frühzeitige und möglichst genaue Erkundung der Absichten des Gegners , der Streitkräfte , zu deren Durchführung besasz ;

Wahl

welche er

einer centralen Stellung

von

der aus , bezw. in der man seinen Unternehmungen mit bester Aussicht auf Erfolg entgegenzutreten vermochte .

Bezüglich des ersteren

Punktes waren es drei Richtungen, welche vornehmlich in das Auge gefasst werden mussten : der Widübergang westlich Plewna, der Uebergang über den Isker bei Mahala , Plewna-Orhanie

südlich Telis

die Defileen ,

durchzieht.

mussten Abtheilungen vorgeschoben waren ,

um

Bis

werden ,

dort eine dauernde Beobachtung

welche die Strasze zu diesen Punkten

welche

stark genug

ausführen zu können .

Als Centralstellung bot sich die Hochebene von Dolnij Dubniak dar, etwa 16 km (2 Meilen )

von Mahala und Telis ,

1 Meile) von der Widbrücke westlich Plewna.

9 km (etwas über

Je eine der Kasacken-

Brigade mit einer reitenden Batterie nach Telis und Mahala , eines der Regimenter von der 4. Division gegen die Widbrücke vorgeschoben, blieben drei geschlossene Brigaden, drei Batterien in der Centralstellung.

So war man in der Lage, rechtzeitig zu erfahren, wo der

Gegner vorging ,

hiernach die

dass man gegen seine Flanke

eigenen Dispositionen so zu treffen , zu

wirken vermochte ,

während

die

vor ihm weichende , m itihm in unmittelbarer Berührung verbleibende Abtheilung seine Aufmerksamkeit fesselte . Der Russische General verfuhr anders .

Er blieb mit der Masse

seiner Truppen bei Dolnij Dubniak „ in einer ausgesuchten Vertheidigungsstellung " stehen und begnügte sich damit, von Zeit zu Zeit Recognoscirungs-Abtheilungen vorzusenden.

Diese

stellten

am 20. September fest, dass feindliche Reiter bei Telis ständen.

Am

im Balkanfeldzuge 1877-78.

181

21. fand die gegen diesen Ort entsendete Kaukasische Brigade Feind mit allen Waffen dort in fester Stellung.

den

Am 22. meldeten die Vorposten, dass starke feindliche Abtheilungen von

Gornij Dubniak

gegen

die

Stellung des Corps

im Vorrücken

seien, gleichzeitig erhielt der General die Nachricht, dass Laschkarew über den Wid gegangen und in der Richtung auf Telis im Vorrücken sei .

Gornij Dubniak ist 9 km von Dolnij Dubniak entfernt, weiter

hatte die Erkundigungssphäre nicht mehr gereicht . Nun sollte man glauben , dass General Krilow versucht haben würde , durch kühne Vorwärtsbewegung mit Laschkarew in Verbindung zu kommen , gegen die Flanken des Gegners zu wirken , 68 Schwadronen mit 48 Geschützen können doch immerhin einer recht beträchtlichen feindlichen Heeresabtheilung ,

auch wenn sie nicht allein aus Reiterei , sondern

aus allen Waffen besteht, ernstliche Schwierigkeiten bereiten .

Gene-

ral Stuart verstand dies mit geringeren Mitteln ins Werk zu setzen . Doch der Russische General wählte die absolute Vertheidigung, liesz den Gegner ruhig herankommen, eine feste Stellung ihm gegenüber nehmen, räumte, als auch von Plewna her feindliche Infanterie vorging ,

seine Stellung ,

und ging auf die

Hochebene

von Trestnik,

12 km nordwestlich der Widbrücke bei Plewna, zurück .

Die West-

seite Plewnas, die Verbindung mit Orhanie und über den Isker lagen dem Feinde offen. Laschkarew's, wie es scheint sehr zweckmäsziger, Versuch zum ,, ohne Wirkung " "" Zusammenwirken " war

geblieben. Einige Tage darauf wurde das Corps noch weiter nördlich nach Brest vorgeschoben und machte , unter Zurücklassung zweier Brigaden , bei Netropol , nordwestlich Plewna , einen Recognoscirungsritt nach der an der Donau belegenen Festung Rahowa , dessen Ergebniss war , dass einige auf der Marschlinie und seitwärts derselben liegende Orte zeitweise von den sich dort umhertreibenden Tscherkessen geräumt wurden . nur

den Zweck gehabt ,

Gegend zu zeigen ,

wo

Dieser Zug, der nach des Generals Bericht „ dem Feinde das Cavalleriecorps in einer er keinenfalls geblaubt haben dürfte , auch

nur einen Russen anzutreffen, " hatte vier Tage in Anspruch genommen (25.-28 . September) , es wurden etwa 150 km ( 20 Meilen ), abgesehen von den Entsendungen, hinterlegt ; eine anerkennenswerthe Marschleistung. Doch während dieser Zeit verkehrte die Besatzung von Plewna ungestört mit den Gegenden und Orten, aus denen ihr Zufuhr und Verstärkung kamen . Auch der schöne Zug des Obersten Lewis of Manera ,

der

mit

einer gemischten Abtheilung von 8 Schwadronen, 4 Sotnien vier ver-

Die Russischen Cavallerie-Divisionen und die Armee-Operationen

182

schiedener Regimenter und 8 reitenden Geschützen , in den Tagen vom 30. September bis 6. October bis in die Gegend von Jamblonitza, 75 km südlich Plewna, vordrang, und sich dann sehr geschickt vor überlegenen nichts ändern .

feindlichen Abtheilungen Das Ergebniss

Richtung ein sehr günstiges ,

zurückzog ,

konnte hieran

desselben war jedoch nach anderer

denn

neben der Zerstörung einiger für

den Feind wichtigen Brücken und seiner Telegraphenleitung

war

durch denselben festgestellt, dass der Gegner an der groszen Strasze Plewna- Orhanie vier befestigte Stellungen hatte, auch hatten werthvolle Aufnahmen der Gegend stattfinden können. weis, was richtig verwendete, kühn dem Heere für werthvolle Dienste

Ein erneuter Be-

und geschickt geführte Reiter

zu leisten vermögen.

Was hätte

geleistet werden können, wenn von den 50 Schwadronen des Cavalleriecorps anstatt dieser 12 etwa 30 in dieser Weise verwendet worden wären, während 20 vor Plewna verblieben. Auch dieser Zug des Obersten Lewis, über den unser Buch einen sehr eingehenden Bericht bringt , Studium .

empfiehlt

sich

zu gründlichem

Man denke sich an Stelle dieses lose zusammengefügten Cavalleriecorps unter einheitlicher Führung zwei nach Art der Deutschen zusammengesetzte

Cavallerie - Divisionen ,

die

ungefähr die gleiche

Stärke (48 Schwadronen, 36 Geschütze „ in spe " ) darstellen würden , mit gleichen Directiven und dem Befehle , in Verbindung mit einander zu wirken , doch jene Division innerhalb dieses Rahmens selbstständig ;

ich glaube ,

sie hätten Ersprieszlicheres

Die eine westlich Plewna ,

die andere

zu

leisten vermocht.

in der Gegend von Cumako-

wice sich einnistend und von da aus gegen die Strasze Plewna— Orhanie streifend, über Mahala mit einander Verbindung haltend , es hätte den Türken viel Truppen gekostet, die Verbindung mit Plewna zu erhalten , mancher Transport wäre ihnen verloren gegangen , die Heeresleitung stets in Kenntniss von ihren Unternehmungen erhalten worden.

Hat der Gegner eine ähnlich brauchbare Reiterei, von der nicht die Rede war , dann erschwert dies die

hier so gut wie

Lösung einer derartigen Aufgabe wesentlich, um so mehr treten alsdann aber die Momente, welche der Russischen Reiterei hier fehlten , als Forderungen in den Vordergrund , feste eingewöhnte Gliederung, welche hinreichende Stärke mit höchster Beweglichkeit vereinigt, höchste Uebung in dem Dienste vor den Fronten des Heeres, welcher die ganze geistige und physische Kraft von Führern und Geführten in Anspruch nimmt. Die Betrachtungen ,

welche

der Herr Verfasser an diesen

so

183

im Balkanfeldzuge 1877–78 . überaus

lehrreichen Abschnitt in der Verwendung der Russischen

Reiterei während des Feldzuges nördlich des Balkan knüpft , kann Die Reiterei kann nur in jeder Weise zugestimmt werden. von dem Geiste höchster Initiative durchdrungen ist , der wiederum nur in kühnster Offensive zum thatsächetwas leisten ,

wenn sie

lichen Ausdrucke gelangen kann, ohne dabei je in Tollkühnheit auszuarten. Sehr richtig dürften die Folgerungen gegebenen Schilderungen

bezüglich der

sein ,

welche

er aus den

an sich defensiven Aufgabe

zieht, die der Reiterei, wie hier, bei der Einschlieszung ausgedehnter befestigter Plätze zufallen .

Er schreibt : „ Die absoluten Misserfolge

der Russischen Reiterei bei Plewna in der oben besprochenen Operationsperiode mahnen aber unseré Cavallerieführer wieder ,

die Lö-

sung der ihnen gestellten defensiven Aufgaben immer nur in der offensiven Ausführung in der Beweglichkeit und in einem steten, den Feind irreführenden Stellungswechsel zu suchen. " Auch der Hinweis auf das Gefecht zu Fusz als eine unerlässliche ,

die Selbstständigkeit der Reiterei bedingende, aber doch nur

im Nothfalle anzuwendende Ergänzung des Gefechtes im Sattel wird sich der vollsten Beistimmung in reiterlichen Kreisen zu erfreuen haben. Auf den Werth, welchen die Verbindung mit einer zahlreichen reitenden Artillerie für die

zu selbstständigen Unternehmungen be-

stimmten Reiterabtheilungen hat, wie unerläszlich diese Verbindung für sie ist, darauf hat der Herr Verfasser nicht besonders hingewiesen, und doch bieten die von ihm geschilderten Vorgänge gerade auch hierfür zahlreiche Beläge.

Die Artillerie allein giebt den leicht flüs-

sigen Reiterschaaren die Fähigkeit, zeitweise auch Stand zu halten, was sie nicht entbehren können , wenn sie richtig und gründlich sehen sollen ,

die reitende Artillerie ist es vornehmlich , die mit derselben

überraschenden

Schnelligkeit,

wie

die

Reiterei auftretend ,

in

die

Massen des Gegners Verwirrung und Unsicherheit trägt und dadurch jener die Bahnen zu ihren schönsten Erfolgen ebnet. wir die Russische Reiterei ohne

Nirgend sehen

ihre reitenden Geschütze auftreten,

auf den weitesten Märschen, bei den schwierigsten Gebirgsübergängen ist sie mit ihnen , nirgend eine Hemmniss , stets eine dankenswerthe Helferin, trägt sie nicht selten das wesentliche Verdienst an glänzenden Erfolgen. Freilich zeigt sich dies klarer auch erst in der zweiten Hälfte

des Feldzuges ,

nachdem die Reiterei durch

vieler Misserfolge gelernt hatte ,

ihre Aufgaben richtig

Genau die gleichen Bilder von dem Zusammenwirken

die Schule zu lösen.

dieser beiden

Der Festungskrieg der Neuzeit.

184

Waffen bieten die von mir bereits wiederholt angezogenen Züge des conföderirten Reiter-Generals Stuart, und auch die Deutsche Reiterei wird gerne und mit Dank eingestehen, welche werthvollen Dienste ihr die reitende Artillerie in dem letzten Feldzuge gegen Frankreich, sowohl auf dem Schlachtfelde , als im Aufklärungs- und Sicherungsdienste geleistet hat.

(Schluss folgt.)

XIV .

Der Festungskrieg der Neuzeit. Eine Studie. Wenn seit dem Ende des 17. Jahrhunderts,

nachdem Vauban

sein auf wissenschaftlicher Basis beruhendes System aufgestellt hatte, bis etwa zur Mitte dieses Jahrhunderts der Festungskrieg wesentliche Veränderungen nicht erfahren hat, so dürfte dies zum groszen Theil eben darin seinen Grund haben, dass diese ganze Zeit für die Kampfmittel , zu denen in gewissem Sinne hier auch die Festungen zu rechnen sind, nur geringfügige Umgestaltungen gekannt hat. Wohl aber mussten, unbeschadet der ferneren Gültigkeit der auf der richtigen Erkenntniss der Natur des Kampfes beruhenden Vauban'schen Principien, bedeutungsvolle Veränderungen eintreten , als innerhalb der letzten Decennien die schnellen Fortschritte der Industrie und Technik so wesentliche Vervollkommnungen in dem gesammten Waffenund Bauwesen hervorbrachten und sogar, wie in den Eisenbahnen, dem Telegraphen u. s . w. ganz neue Momente schufen,

und als

gleichzeitig die Entstehung der gegenwärtigen groszen Volksheere und die dadurch zu höherem Ausdruck gelangenden volkswirthschaftlichen Interessen der Kriegführung im Groszen und Ganzen damit der strategischen Bedeutung der Festungen Charakter verliehen.

einen

und anderen

Momente, beruhend in den Veränderungen der Kampfmittel. Es ist nicht die Einführung der gezogenen Geschütze und der Hinterladungs-Hand-Feuerwaffen

allein,

welche

den Beginn

dieser

neuen Epoche im Festungskriege hervorgerufen hat, eine gleiche Bedeutung wie diese mussten die Veränderungen gewinnen, welche in den Festungen selbst,

sowohl

für die formelle Einrichtung ihrer

185

Der Festungskrieg der Neuzeit.

Werke, wie für deren Zusammenstellung zu Plätzen eintraten ; umsomehr aber gewannen die Letzteren an Einfluss, als das Bestreben vorlag, den für den Angreifer in den besseren Waffen entstandenen Vortheil von Neuem auszugleichen.

Die Befestigungskunst und das

Waffenwesen stehen eben in beständigen wechselseitigen Beziehungen . Fortschritte in der einen bedingen Veränderungen in dem anderen . Konnte die Artillerie mit ihren glatten Kalibern den Vorzügen der Neupreuszischen Befestigung nicht ferner gewachsen sein Vorzügen,

wie

sie

sich in der durch die detachirten Forts erhaltenen

gröszeren Ausdehnung, der geradlinigen Führung der Haupt-Enceinte , der Lostrennung der Werke vor derselben in selbstständige Gruppen, der hierdurch erleichterten Ausnutzung

des Terrains ,

der

zweck-

mäszigeren Profilirung und der kräftigeren Geschützwirkung darthun, und war somit die Befestigungskunst der erste Anlass zu einer Verbesserung der Artillerie geworden , - so wurde andererseits in dem Auftreten der gezogenen Geschütze

ein gewichtiges Moment zu

neuen Vervollkommnungen innerhalb des Befestigungswesens gegeben. Die Aenderungen in beiden aber, in den Waffen und in den Festungen, mussten ihrerseits die wesentlichsten der den Festungskrieg ändernden Momente werden . I. Veränderungen im Waffenwesen. Es können, ohne auf die Ursachen der gröszeren Leistungsfähigkeit der gezogenen Geschütze einzugehen , hier nur die Wirkungen derselben, stungen selbst, in Betracht kommen.

die Lei-

Während der Wirkungsbereich der glatten Geschütze sich im Durchschnitt bis auf 3-4000 Schritt beschränkte ( 50pf. Haubitze 4300

Schritt,

25pf.

Bombenkanone mit

150 Elevation

allerdings

4800 Schritt und 50pf. Bombenkanone mit gleicher Elevation 5200 Schritt ) und zwar selbst für diese Entfernungen nur mit unzureichender Treffsicherheit , - so ist bei den gezogenen Geschützen die normale Schussweite , ohne - irgendwie gröszeren Zielen gegenüber -an Treffsicherheit wesentlich zu verlieren , für alle 3 Kaliber auf 5000 Schritt zu bemessen, während fernerhin die 15 cm-Kanone bei 6 Pfund Ladung und etwa 200 Elevation eine Steigerung derselben bis 7500 Schritt, die schwere 15 cm-Kanone in Zukunft eine solche bis

zu

würden

1 Meile zulässig machen. späterhin

Und noch gröszere Entfernungen

vielleicht zu

erreichen sein , falls die für Defensionszwecke in Aussicht genommenen 450- und 600pfündigen Kaliber eingeführt würden. Wenn nun die glatten Geschütze ein Enfiliren im Allgemeinen nur auf 2000 Schritt, ein Ricochetiren selbst nur auf 800 bis

186

Der Festungskrieg der Neuzeit.

höchstens

1200 Schritt gestatteten,

wenn die gezogenen Geschütze

dagegen die betreffenden Distancen bis auf 5000 bezw. 1600 Schritt erforderlichenfalls

(letztere

selbst bis 2500 Schritt)

ausdehnen,

so

ergeben sich noch günstigere Verhältnisse für den Demontirschuss, wo der bisherigen gröszten Entfernung von 600 Schritt gegenwärtig wenn auch der

eine solche von 1600 Schritt gegenübersteht, welche, bei den weiteren Entfernungen die Treffsicherheit Kaliber

einzelnen

eine

Scharten durchgängig noch

gegen 4 Fusz tiefe

verschiedene ist , 50 pCt.

Treffer gewährt.

Zwar

hat

gegen Scharten von 2 Fusz Tiefe, wie sie in Zukunft, mit Ausnahme der Flankenscharten, wohl nur noch angetroffen werden dürften, eine gleiche Trefferzahl sich allerdings nur auf 1000 Schritt und gleichfalls nur bei der 12cm-Kanone und der kurzen 15 cm-Kanone ergeben, während z. B. die gröszere Höhenstreuung der langen 15 cmKanone eines Zieles von 2,4 Fusz Tiefe bedürfen würde ; doch aber stellt sich immerhin noch z. B. auf : 1200 Schritt bei der 12 cm -Kanone

die Treffsicherheit auf 38 pCt. langen 15 cm-Kanone "" "" 33,6 ""

"" ,, und auf

1600 Schritt bei der 12cm-Kanone die

‫وو‬

"9

"

29 langen 15 cm-Kanone

» 22,6 pCt. "" ,, 21,3

,,

Resultate, die in Anbetracht der erhöhten Sprengwirkung der Langgranaten durchaus nur als günstig zu betrachten sind. Stets aber werden zu planmäszigem Demontiren auch bei den gezogenen Geschützen die näheren Entfernungen den Vorzug verdienen, um nicht, wie bei Straszburg z. B. mit mehreren Batterien, zu einem späteren Vorschieben derselben genöthigt zu werden . seits

Dem Vertheidiger seiner-

aber geben die gezogenen Geschütze eine fast absolute Treff-

sicherheit selbst gegen die Sappenkörbe des Angreifers, und wird er das Vorgehen des letzteren, indem er ihn zur Anwendung der Erdwalze bzw. der Mine zwingt , wesentlich zu verlangsamen im Stande sein .

Dahingegen ist die

die Wirkung der glatten Geschütze bei

kleineren Entfernungen um 25-50 pCt. , bei mittlerer sogar mit 50-100 pCt. übersteigende , auf dem geringeren Verlust an Endgeschwindigkeit bei mehr als doppeltem Geschossgewicht beruhende Durchschlagskraft der Langgranaten barkeit vieler älterer Festungen lange glatte

24-Pfünder

nur

wohl geeignet ,

in Frage zu stellen . bis

400

24-Pfünder und der glatte 12 -Pfünder

Schritt ,

der

die Nutz-

Während der kurze

glatte

sogar nur bis 300 Schritt

erfolgreich zu breschiren vermochten , können die gezogenen Ge--

Der Festungskrieg der Neuzeit.

187

schütze

auf jede überhaupt noch eine hinreichende Treffwahrschein-

lichkeit

gebende Entfernung

verwandt werden .

Genügende

Erfah-

rungen über die zum Demoliren mit gezogenen Geschützen anwendbaren Entfernungen liegen allerdings nicht vor, doch aber ist 1870/71 auf 2-3000

Schritt (allerdings

nicht zu Defensionszwecken ein-

gerichtetes ) Mauerwerk zerstört worden .

Was

dann ferner die

Frage nach dem Munitionsverbrauch betrifft , so steht dem ungemein groszen Quantum, welches z . B. die Engländer mit 600 24-pfündigen Schuss bei Sebastian brauchten , um auf 650 Schritt zwei Breschen von im Ganzen 170 Schritt herzustellen, und dann von 31,680 Schuss (aus 12-14-Pfündern und 14-18 -Pfündern) , welche bei Badajoz auf 800 Schritt zur Herstellung von 3 Breschen mit im Ganzen 140 Schritt Breite verfeuert

so steht dem entgegen ,

wurden,

thatsächlich bei Jülich eine 25 -füszige Mauer mit nur aus gezogenen 24 -Pfündern breschirt wurde .

Betrug

auf eine Breite von 45 Fusz erfolgreich

dabei

allerdings nur 133 Schritt ,

dass

294 Schuss

die Entfernung der Breschbatterie

so kommt eben, wie schon bemerkt,

so lange die Endgeschwindigkeit des Geschosses nicht zu klein wird - bei den gezogenen Geschützen wenig in Betracht.

die Entfernung

verhältnissmässig

Ferner aber wurde durch dieselben Versuche bewiesen,

dass

gegen mittelstarkes Mauerwerk schon die gezogene 9 cm-Kanone ausreicht, und dass von der 15 cm-Kanone selbst Mauern von 25 Fusz in Bresche su legen sind. Nur bei dem (directen) Breschiren mit schrägem HorizontalTreffwinkel stellt sich bei den gezogenen Geschützen ein ungünstigeres Verhältniss als bei den glatten Geschützen heraus ; hatten

die

Versuche bei Bapaume für die letzteren gegen günstiges Mauerwerk die Zulässigkeit von 30 Grad festgestellt, so verbieten die geringere Endgeschwindigkeit und die Form

der Langgranate,

mit den gezogenen Geschützen kleinere Winkel als zu nehmen .

wenn möglich von 45 Grad

Doch in ihrer Anwendbarkeit zum indirecten Schuss

haben

die gezogenen Geschütze die Aufgabe gelöst , welche der Artillerie zugefallen war , ohne dass die schweren Haubitzen und Bombenkanonen ihr hätten entsprechen können ,

wie dies die Versuche von

Woolwich ( 1824) bewiesen : 3,410 indirecte Schuss aus 68-pfündigen Karonaden und 8- und 10-zölligen Haubitzen hatte man daselbst gebraucht, um

auf 630 bezw.

500 Schritt eine gangbare Bresche

von nur 9 Schritt Breite herzustellen .

Ging dann aus den Versuchen

bei Coblenz ( 1856) die Möglichkeit des indirecten Breschirens mit 13 Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI.

Der Festungskrieg der Neuzeit.

188

7 Grad Einfallwinkel, und aus

denen bei

Schweidnitz ( 1857)

die

Anwendbarkeit von 71/2 und 11 Grad mit 40 bis 50 pCt. Treffern auf 600 Schritt (jedoch nur 16 bis 24 pCt. auf 900 Schritt) hervor, und zeigte sich bei Schweidnitz ferner zum

ersten Male die Ueber-

legenheit der gezogenen Geschütze an Trefffähigkeit und Durchschlagskraft, gaben dann die Versuche von Jülich ( 1860) für die gezogene

12cm-Kanone

auf 1200

Schritt bei

7 Grad

Einfallwinkel :

25 pCt. Treffer und die auf der Insel Aix einen gleichen Procentsatz : auf 9-1600 Schritt für die 12 cm-Kanone unter 12 Grad Fallwinkel, und für die 15 cm-Kanone selbst bei einem Einfallwinkel von 14 Grad,

so wurden gerade mit dem letzteren Geschütz später-

hin noch weit gröszere Resultate

angebahnt.

Allerdings

hatten für

dasselbe bei Silberberg ( 1869) 61/16 Grad Fallwinkel hingereicht, um auf 900 Schritt indirect zu breschiren, allein, gegenüber selbst dem gröszten Einfallwinkel der Granaten der

schweren

Haubitze

(bei Pfeilspitze

unten) von nur 31-34 Grad, beträgt der von der Granate der kurzen 15 cm-Kanone zu erreichende absolute Fallwinkel 37-40 Grad, und speciell für das indirecte Breschiren ist

es

mit

der kurzen 15 cm-

Kanone gelungen, bei 1,2 und 2,2 Pfund Ladung, unter einem Einfallwinkel von 15 Grad und mit einer Endgeschwindigkeit von 417 bis 550 Fusz noch auf 1200-2500 Schritt etwa 50 pCt. Treffer zu erhalten, während zu einem gleichen Procentsatz bei 0,9 bis 1,7 Pfund Ladung und bei den gleichen Entfernungen selbst ein Fallwinkel von 23 Grad zu erzielen ist , falls eine Endgeschwindigkeit von 338 bis 483 Fusz dem vorliegenden Zwecke genügt. Hält man diesen Angaben nun die 1870 vor Straszburg gewonnenen Erfahrungen gegenüber, wo mit der kurzen 15 cm-Kanone 1. in Lünette

53 bei

bekannten

Möglichkeit einer Beobachtung ,

Profilverhältnissen

und

der

auf 1050 Schritt bei einer

Endgeschwindigkeit von 545 Fusz mit 73/16 Grad Verticalund 50 Grad Horizontalwinkel durch 1000 Schuss eine 65 Fusz breite Bresche 2. in Bastion 11 , unter gleichfalls bekannter Profilirung und der Möglichkeit einer schätzungsweisen Correctur auf 1025 Schritt bei 680 Fusz Endgeschwindigkeit mit 41/2 Grad verticalem und 70-75 Grad horizontalem Einfallwinkel durch 600 Schuss eine 90 Fusz breite , beinahe gangbare Bresche - und 3. in Bastion 12, hier allerdings nur bei schwieriger Beobachtung, auf 950 Schritt bei 666 Fusz Endgeschwindigkeit mit 47/18 Grad Fallwinkel durch 400 Schuss eine - allerdings

189

Der Festungskrieg der Neuzeit. erst 40-50 Fusz breite, auch noch ungangbare Bresche hergestellt wurden. Missglückten dagegen die Versuche (Demolirens) in den Fällen ,

wo

des indirecten Breschirens

(gegen die

Unterwasserschleusen

No. 160 und 161 ) weder die Profilverhältnisse bekannt , noch eine Beobachtung möglich , so können wir als Gesammtresultat dieser Erfahrungen ziehen , dass , sobald die Profile des zu breschirenden Werkes bekannt sind, stets auch der indirecte Schuss wird zur Anwendung gelangen können, und dass, falls eine Beobachtung des Verfahrens (bezw. durch Luftballon) möglich , Mauerwerk überhaupt ebensowenig dem indirecten wie dem directen Schuss zu widerstehen vermag. Allerdings wird es von artilleristischer Seite noch nöthig werden, durch Feststellen des Minimums der erforderlichen lebendigen Kraft und der für die letztere zu stellenden Bedingungen (Fallwinkel, Kaliber, Ladung, Entfernung u. s . w.) die Grenzen der Anwendbarkeit des indirecten Schusses zu bestimmen ; möglich bleibt es somit, dass, bei geringerer Endgeschwindigkeit als das bisher angenommene Minimum von 450 Fusz , den könnte.

der Einfallwinkel

Kommt die höhere Durchschlagskraft

ein

noch steilerer wer-

der gezogenen Geschütze

gegen Mauerwerk wesentlich nur dem Angreifer zu statten , gegen Erdbrustwehren das Verhältniss

nahezu

so ist

ein umgekehrtes ;

denn beträgt schon in festgelagertem Mittelboden ( 1/2 Sand, 1/2 Lehm) die Eindringungstiefe der Granate der gezogenen 15 cm-Kanone

auf 1200 Schritt ""

800

"

der Granate der

gegenüber

glatten 15 cm-Kanone

8 Fusz 4 Zoll 10

‫وو‬

2

5 Fusz 10 Zoll

""

8 6 99 "" 8 6 "" ‫و‬ ‫و‬ "" "" ,, so muss allerdings auch der Vertheidiger stärkere Abmessungen für 99

400

100

""

12

99

13

seine Brustwehren nehmen ; andererseits aber ist die Eindringungstiefe in frisch geschüttetem Boden , wie er dem Angreifer ja nur zur Verfügung steht , noch um 1,9 mal gröszer , und wird dieser gegenwärtig für die Brustwehr seiner Batterien schon bei Mittelboden. einer Stärke von mindestens 22 Fusz bedürfen, während Lehm und Thon selbst eine solche von 30 Fusz bedingen. Ist es nun vermöge dieser gröszeren Eindringungstiefe erhöhten minenartigen Wirkung

der Langgranaten

und der

bei den mit der

kurzen 15 cm -Kanone angestellten Versuchen allerdings geglückt, auf 450 m eine 18 Fusz (an der Krone)

starke Lehm-Brustwehr durch 13 *

190

Der Festungskrieg der Neuzeit.

9 Treffer in einer Breite von 3,9 bezw. 3 m (äuszere bezw. innere Crete) und zwar in einer Tiefe von 1,05 bezw. 0,9 m zu durchbrechen, sowie ferner eine gleich starke Sandbrustwehr durch18 Treffer (davon 10 auf 904 m, 8 auf 450 m) in einer Breite von 3 bezw. 2,6 m und einer Tiefe von 1,2 bezw. 1 m zu öffnen, so zeigen dagegen doch die bei Paris und Straszburg gewonnenen Erfahrungen , dass bei abgelagertem Boden und normaler Stärke der Brustwehr ohne

die gröszte

15 cm-Kanone

ein

Munitions-Verschwendung auch mit der kurzen völliges

Abkämmen (das

übrigens

auch

schon

Vauban für unausführbar erklärt) bis unter das Niveau der Feuerlinie nicht zu erreichen ist. Selbst schwere Kaliber dürften dieser Aufgabe nicht gewachsen sein, da stets die Masse der aufgeworfenen Erde auf die Brustwehr

zurückfällt

und , je tiefer der Treffpunkt

gelegt werden muss und je lockerer der Boden bereits geworden ist, die Granate um so früher nach der Krone zu ansteigt.

Am ehesten

würde ein Abkämmen am Tage nach der Eröffnung einer Parallele gegen die frisch aufgeschütteten und an der Krone kaum erst mehr als 4 Fusz

starken Brustwehren

zu versuchen sein ,

um die rück-

wärtigen Communicationen freizulegen . Sandsack - Brustwehren aber sind , so werthvoll glatte Geschütze waren (Sebastopol ! )

sie gegen

und so vortheilhaft sie auch

heute noch ( 1870/71 ) zu Reparaturen, Blendagen u. s. w. zu verwenden sind, durch die gezogenen Geschütze vollständig zu zerstören ; 7 Treffer der 15 cm-Kanone kämmten bei den Versuchen vor Jülich eine Sandsackbrustwehr von 171/2 Fusz Länge und 8-10 Fusz unterer, 6-8 Fusz oberer Breite bei 4 Fusz Höhe bis auf 2 Fusz vollständig ab. Die gröszere Menge

der aus den Granaten und Shrapnels der

gezogenen Geschütze sich ergebenden Geschoss-Partikel (so giebt z. B. das Shrapnel der 15 cm-Kanone in Summa deren beinahe 500) , sowie die bei

stabilen Entfernungen vorhandene grosze Treffsicher-

heit speciell auch des Shrapnelschusses, mussten ihrerseits von um so gröszerer Bedeutung für den Festungskrieg werden ,

als

die bei

den gezogenen Geschützen zulässigen steilen Elevationen (bei der kurzen 15 cm-Kanone bis zu 30 Grad) schon auf die Entfernung von 2000-3300 Schritt die Möglichkeit geben, die lebenden Ziele stets die wichtigsten auch im Festungskriege -in ausgiebiger Weise hinter den Deckungen mit Geschossen zu überschütten .

Machen die

gezogenen Geschütze somit zahlreiche Traversirungen und Hohlbauten u. dergl . erforderlich, so ist allerdings, da sich der Angreifer solche erst schaffen muss , ein Vortheil für den Vertheidiger gegeben,

191

Der Festungskrieg der Neuzeit.

andererseits jedoch wird dem ersteren in seinen nächtlichen Arbeiten , Unbekanntheit der Entfernungen , das Shrapnelfeuer der

bei der

Festungen auch heute lich werden.

noch

nur verhältnissmäszig wenig gefähr-

Wenn nun ferner zwar, in Folge der den gezogenen Geschützen eigenen geringeren Kartätschwirkung, das glatte Geschütz zu Flankirungszwecken

auf nähere

Entfernungen Seitens

der Vertheidiger

hat beibehalten werden müssen, so dürfte derselben doch gerade zur Bestreichung einzelner Linien (Straszen, schmaleren Gräben u. dgl .) gegen den gewaltsamen Angriff, in der Mitrailleuse mit ihrer gröszeren bis auf 12-1300 m reichenden Treffsicherheit und bei der selbst gegen Sturmleitern u . s . w. genügenden , den Kartätschkugeln weit überlegenen Durchschlagskraft ihrer Geschosse eine wünschenswerthe Verstärkung gewonnen sein ,

ganz besonders aber,

wenn in

Zukunft es gelingen sollte , das Geschütz mit Munitions-Reservoirs zu versehen und ihm eine Seitenstreuung zu geben. Was nun schlieszlich das Wurffeuer anbetrifft , so ist, da vermöge des hohen Bogenschusses gewissermaszen

die gezogenen Ge-

schütze zugleich auch Wurfgeschütze sind, eben so sehr die Massenhaftigkeit als auch speciell die Geschosswirkung desselben gestiegen. Es haben die bisherigen glatten Bombardements-Geschütze, Bombenkanonen, Haubitzen und Mörser,

soweit sie in dem 7 pfündigen und

wohl auch in dem 25 pfündigen Mörser nicht besonderen Zwecken dienen, aus dem Material des Belagerers

ausscheiden können ,

und

auch in dem des Vertheidigers dürften sie nur noch bis zu erfolgter Durchführung schützen

einer hinreichenden Ausrüstung mit gezogenen Gezu finden sein. Die Construction gezogener Mörser ,

welche die Elevation und Fallkraft

des Mörsers mit der Präcision

und der Schussweite der gezogenen Geschütze verbinden,

ist ihrer-

seits ein neues Moment geworden, um die Bedeutung des Wurffeuers Zwar haben auch diese , so grosz ihre Wirkung zu erhöhen . gegen Erdziele ist, normal construirte Gewölbe bisher nicht zu durchschlagen vermocht, wohl aber werden sie den Vertheidiger befähigen, auch die ― in einer verdeckten Lage früher fast absolut sicheren Bombardementsbatterien zu fassen ; gegen provisorische Hohlbauten aber reicht ihre Wirkung mehr als aus . Etwa gleichzeitig mit der Einführung der gezogenen Geschütze und groszentheils durch diese bedingt, sind auch in dem Laffetenwesen Veränderungen bezw. Verbesserungen eingetreten .

Es

kam

gegenüber der Wirkung der gezogenen Geschütze mehr als je darauf an, die denselben gebotenen Ziele soweit als möglich zu verkleinern

Der Festungskrieg der Neuzeit.

192

und andererseits , den Brustwehrkörper selbst in möglichst intactem Zustande zu erhalten. Der Angreifer wie der Vertheidiger sahen sich auf den Gebrauch hoher Laffeten zum Feuer über Bank angewiesen ,

und wenn auch

das Einschneiden von Scharten nie ganz wird vermieden werden können, so darf doch die Tiefe

derselben (ausgenommen der Flanken-

scharten) principiell 2 Fusz nicht übersteigen. Nachdem auch vor Straszburg das Uebergewicht der hohen der niederen Laffetirung auf so

deutliche Weise

vor

bewiesen worden,

dürfte Preuszischerseits als zukünftiges normales Material die aptirte (Feld-) Wall- und Belagerungs-Laffete zu betrachten sein, welche bei 1,56 m Kniehöhe

ohne eine übermäszige Gefährdung der Bedienung

ein Feuer über Bank gestattet,

bezw.

bei

2 m hoher Brustwehr

nur 0,63 m tiefe Scharten erfordert, gegen entferntere Batterien sogar eine horizontale Schartensohle gestattet. Wie die gezogenen Geschütze, so musste seinen Einfluss auf die

Gestaltung des Festungskrieges auch das Auftreten der HinterAllein , da die erhöhte ladungs - Handfeuerwaffen ausüben . Wirkung derselben (Feuergeschwindigkeit, Schussweite , Treffsicherheit, Durchschlagskraft u . s . w.) sich mehr in dem Charakteristischen ihres Gebrauchs im Kampfe selbst wird geltend machen können, auf die Einrichtungen der Festungswerke hingegen selbst ein noch vollkommeneres Gewehr stets nur einen nebensächlichen Einfluss ausso glauben wir umsomehr

üben könnte,

einer Betrachtung jener

Vortheile uns enthalten zu dürfen , als dieselben eben wesentlich mehr das Gebiet des Feldkrieges berühren. Der Charakter des Festungskrieges ist der Hauptursache nach der eines Geschützkampfes ; die in den Handfeuerwaffen gelegenen Momente treten an Bedeutung weit hinter denen der Geschütze zurück. Begnügen wir uns zu erwähnen : 1. wie allerdings vor Einführung der Hinterlader der Unterschied zwischen Gewehr- und Kartätsch-Flankirung noch gröszer 2. wie gegenwärtig, nachdem die Grenze der wirkwar, als jetzt, ― samen Gewehrschussweite

wenigstens bei Tage um mehr als das

Doppelte herausgerückt ist, weit früher als bisher, eine planmäszige Verwendung der beiderseitigen Infanterie wird eintreten müssen und 3. wie da ,

wo es an genügenden Hangards oder sonstigen Unterfehlt, vielleicht mit Erfolg wird ein massenweises

standsräumen

Ueberschütten der Werke mit indirectem Infanteriefeuer zur Anwendung gelangen

können (wie es z. B. zeitweise gegen die Zelt-

und Hüttenlager der südlichen Fronten Straszburgs gerichtet wurde). Auch muss ferner noch die Wirkung der Zündnadel - Stand-

Der Festungskrieg der Neuzeit. Düchse hervorgehoben werden,

welche

193

selbst hinter der kleinsten

Deckung zu gebrauchen ist, und ganz abgesehen von ihrer noch auf 1600 Schritt gegen Scharten ausreichenden Treffsicherheit, eine so bedeutende Durchschlagskraft besitzt , dass ihre Geschosse 5/8zöllige schmiedeeiserne Schartenläden noch auf 1000 Schritt und dass sie sowohl den Wälzkorb , wie die Sandsackmaske auf dem Erdkeil der doppelten Sappe noch auf 150 Schritt zu durchschlagen im Stande sind. Sandsackscharten werden eine völlige Sicherheit gegen dieselben somit nicht gewähren, und wird die Zündnadel-Wallbüchse auch ihrerseits

den Angreifer häufig auf die Erdwalze verweisen .

Allerdings reicht gegen die Seitendeckung der Sappentêten auch ihre Wirkung nicht aus , dagegen aber gewährt gegen das Langblei des Zündnadelgewehrs schon der einfache (gefüllte) Sappenkorb hinreichenden Schutz. II. Veränderungen im Festungswesen . Diese gesammten, die bisherigen Ergebnisse weit hinter sich lassenden Fortschritte des Waffenwesens mussten, wie gesagt - wenngleich zwar auch der Vertheidiger an ihnen Theil nahm , - dennoch gewichtige Aenderungen in der Gestaltung der Festungen, des eigentlichen Kampfobjectes, ausüben, sowohl um gegen die durch den Angreifer nunmehr schneller herbeizuführende Entscheidung gerüstet, als auch um zur eigenen Ausnutzung der neuen Waffen behufs energischer Durchführung des Kampfes befähigt zu sein. Nachdem in Folge der allmäligen Vervollkommnung der Pulver-

geschütze ,

unter dem Vorgange

von Daniel Speckle und Rimpler, erst im 2. Vauban'schen

eine Deckung des Mauerwerks überhaupt

System erstrebt und dann durch Cormontaigne zur Anerkennung gebracht worden war, so musste, seit der Entwicklung des indirecten Brescheschusses, gegen die Sicht eine Deckung des gesammten Mauerwerks, und ferner gegen den, bei dem indirecten Schuss mit hinreichender Endgeschwindigkeit zu erzielenden steilsten Einfallwinkel eine Deckung mindestens des unteren Mauerdrittels erfolgen. War dieser gröszte Einfallwinkel nun ,

wie wir gesehen haben, für

die 25pfd . und 50pfd . Haubitze auf 11 Grad und für die gezogenen anfänglich auf 7 Grad, späterhin auf 14-15 Grad fest-

Geschütze

gestellt worden (wenn auch bei gröszeren Entfernungen und kleineren Zielen nur mit etwa 25 pCt. Treffern, während in der Regel erst 50 pCt. als ein normales Masz zu betrachten sind), so konnte es gelingen, bei Anwendung eines entsprechenden Profils, etwa mit Verringerung der Grabenbreite auf 48 Fusz und mit Versenken der Grabensohle auf 24-26 Fusz ein freistehendes Revetement gegen

194

Der Festungskrieg der Neuzeit .

7 Grad Vertical- und senkrechten Horizontal-Einfallwinkel in seiner ganzen Höhe zu decken. Blieb nun allerdings bei schrägwinkligem Breschiren (das weiteste der Versuche 30 Grad) und desgl . bei Annahme eines Verticalwinkels von 15 Grad ein Zerstören jener Mauer immerhin noch möglich, so war andererseits diese Bresche,

bei

einer Lage des tiefsten Treff-

punktes auf 12 bzw. 14 Fusz über der Grabensohle, kaum gangbar zu machen. Auch konnte ferner durch Fortfallen des gedeckten Weges (bei einfachem Rondengang) und durch eine Grabenweite von nur 3 Ruthen, wie beides bei Auszenwerken statthaft ist, die gesammte Höhe der Escarpenmauer gegen 10 Grad und bzw. durch eine Erhöhung der Glacis-Crête auf

10, selbst gegen 15 Grad gedeckt

und damit der Angreifer unter Umständen zum Ansetzen des Mineurs gezwungen werden .

Ein Wegfall auch noch des Rondenganges, wie

dies z. B. bei Fort Nr. 15

in Krakau geschehen,

und auch bei

unseren kleineren Forts der Regel nach stattfindet, erhöht zwar die Sicherheit gegen das Breschiren von Neuem, beeinträchtigt aber diejenige gegen den Ueberfall . Dahingegen war es vielfach nicht zu umgehen, alter breiter Gräben

(Vauban,

die Escarpen

Cormontaigne u . s . w. ) , deren Ver-

senken aus pecuniären bzw. aus Rücksichten auf den Grundwasserspiegel nicht

statthaft war,

durch vorgelegte Werke,

etwa in der

Weise der alten Faussebraie u . s . w., wenigstens an den wichtigsten Stellen dem indirecten Feuer zu entziehen ; auch war es geboten , die

Stauungsvorrichtungen

nasser

Gräben

durch Erdumwallungen

(bzw. unter Anwendung von Eisenbahnschienen ) zum mindesten an den der Escarpe anliegenden Theilen gegen dasselbe zu decken. Fast von noch gröszerer Wichtigkeit als die Erhaltung der unmittelbaren Sturmfreiheit der Wälle des Hindernisses werden,

musste

die

der Flankirung

zumal da nach Annahme des Polygonal-

Tracés trotz des günstigeren Horizontal-Défilements die Caponièren, sofern sie an dem rückwärtigen Ende der zu flankirenden Linien gelegen, dem indirecten Schuss in der Längenrichtung des Grabens, mithin unter um so flacherem Einfallwinkel, ausgesetzt waren . Einerseits mussten die - behufs concentrischer Wirkung in's Vorterrain, Verlängerung der Angriffsarbeiten u. s. w. - flach nach innen gebrochenen Polygonalfronten nunmehr nach aus zen gebrochen werden, ferner aber war,

nachdem der Werth der Wall- und bzw.

Kasemattenflankirung

illusorisch

geworden,

auf der

sowohl die Flankirung

der Haupt-Enceinte, wie desgleichen die jeder anderen Linie an das vordere Ende derselben bzw. vor den Saillant zu verlegen . Auch

195

Der Festungskrieg der Neuzeit.

mussten, während man sich bisher mit einem Versenken des Mauerwerks der Caponièren unter die Glacis - Crête hatte begnügen können , die Profilverhältnisse derselben nunmehr dahin geändert werden, dass durch ein Versenken des Cordons auf

2 auch die Erddecke (bzw.

bei ungünstigen Grundwasser-Verhältnissen unter Anwendung von nur 1 Etage) der Sicht zu entziehen war und somit dem indirecten Breschiren die Möglichkeit einer Berichtigung genommen wurde ; bzw. aber war diese Sicherheit in einem Ersatz des Mauergewölbes durch Eisenschienen (dann jedoch bei mindestens 3füsziger Erddecke ) und selbst durch gänzliches Fortlassung der Erde

was nie aber

bei inneren Werken (Reduit u . s. w.) möglich, zu gewinnen.

Dort

aber, wo es sich um die zeitmäszige Verstärkung alter Enceinten handelt, ohne dass aus ökonomischen Gründen die ganze Escarpe zu decken möglich,

werden neben jenen oben berührten,

wichtigsten

Stellen des Hauptwalles mindestens stets noch die Caponièren in jenem, gegen den indirecten Schuss deckenden normalen Profil hergestellt werden müssen ; Caponièren mit einseitiger Flankirung aber müssen

durch Parados gedeckt werden ;

auch dürfte bzw. die An-

wendung leichter, gepanzerter, gleichsam ambulanter Caponièren auf Rädern von Nutzen werden,

während bei nassen,

mithin breiten

Gräben, namentlich für solche Caponièren der Angriffsfronten, welche durchaus erhalten werden müssen,

ein Schutz in einer Construction

à la Haxo (Erdmerlons) möglichst in Verbindung mit Panzerschilden , sowie desgleichen selbst in einer Lage an der Contre- Escarpe (jedoch nur bei vorhandenen Contre-Minen) gesucht werden müsste.

Trotz

alledem aber ist speciell für die Flankirung der Grundsatz aufrecht zu erhalten, dass eine Sicherung gegen den indirecten Schuss stets der gegen den directen mittelst Panzerungen vorzuziehen bleibt. Der Leistungsfähigkeit der neuen Geschütze entsprechend , mussten die Einrichtungen zur Durchführung des umfangreicher werden.

Geschützkampfes

Während seit Vauban der Ansicht gehuldigt wurde , dass nach Anlage

der Ricochet-Batterien

der

Vertheidiger

seine

Geschütze

zurückziehen müsse , sehen wir als eine Folge der vermehrten activen Widerstandsfähigkeit der Festungen, der Grösze derselben und ihrer reichlichen Ausrüstung an gezogenen Geschützen, gegenwärtig seitens der Befestigungskunst den klaren Grundsätzen einer mit aller Energie zu führenden Vertheidigung Rechnung getragen.

Schon in den Ideen

Choumara's , um 1825 , über die Unabhängigkeit der Brustwehr von der durch die Lage der Flanke bedingten Richtung der Escarpe können wir die Anfänge dieses Strebens erblicken, welches dann für

Der Festungskrieg der Neuzeit.

196

das Polygonal-Tracé in einem entsprechenden Abstumpfen der Saillants sowie in dem Anhängen von Wallflanken (Fort Winiary, Befestigung von Minden u. s. w. ) und desgleichen in den Flanken der sogenannten „Cavaliere" zum Ausdruck gelangt ist. Nicht

schien man sich ferner mit dem einzigen Versuche be-

gnügen zu müssen , durch eine planmäszige Concentrirung des Feuers der schweren Caliber dem Angreifer die Ueberlegenheit im Geschützkampfe streitig zu machen ; schon in diesem ersten Abschnitt der Belagerung werden gegenwärtig die ambulanten leichten Geschütze Verwendung finden ; besonders aber fällt denselben , auch nachdem der Angreifer das Uebergewicht erhalten haben sollte, eine Hauptthätigkeit in dem überraschenden Auftreten aus wechselnden Stellungen gegen alle sich irgend darbietenden Ziele zu. Dazu jedoch bedarf die Enceinte der Einrichtungen , welche , wie in Antwerpen, durch die Breite der Wallstrasze (möglichst selbst durch Anlage von Pferdebahnen)

ein Manövriren mit bespannten Batterien auf dem

Walle gestatten,

und welche ,

auf Kniehöhe und mit

durch eine fortlaufende Geschützbank

entsprechend flach geböschtem Revers bzw.

zahlreichen Rampen, an jeder Stelle erlauben , die Geschütze in Position zu bringen . Noch in

anderer Beziehung

haben die

Profilverhältnisse

des

Walles Aenderungen erfahren, denn wenn auch das in seiner Biegsamkeit die Vortheile des Terrains am zweckmäszigsten ausnutzende Polygonal- Tracé,

vermöge

seiner bei

doppelseitiger Flankirung bis

auf 1200 Schritt auszudehnenden Frontlänge, eine starke Artillerieposition gewährt,

schon an sich selbst

so ist für diese letztere ,

um

in jeder Weise von den gezogenen Geschützen Vortheil zu ziehen , doch aber ein ihren Schussweiten gemäsz erhöhtes , möglichst eine Beherrschung auch des weiteren Vorterrains gestattendes Commandement

erforderlich

geworden

(normal bei

24 Fusz, in Antwerpen selbst + 10 m).

uns :

die

Feuerlinie

Gleichzeitig aber musste

ferner die Durchschlagskraft der gezogenen Geschütze eine gröszere Brustwehrstärke (bei uns 22 Fusz, in Frankreich 19-22 Fusz , in England 24 Fusz, in Oesterreich 24 Fusz, in Belgien 22-25 Fusz, in Russland 26-27 Fusz),

sowie gegen

die

gesteigerte Ricochet-

und Demontirwirkung eine durchgängige Traversirung des Wallganges bzw. eine vermehrte Anwendung von Bonnets und Parados nothwendig erscheinen lassen. Wenn bereits den glatten Geschützen gegenüber Mauerwerk auf die Dauer nicht widerstehen konnte, so sind dann die gezogenen Geschütze die Veranlassung geworden, eine gesteigerte Widerstands-

197

Der Festungskrieg der Neuzeit. fähigkeit desselben Muss

mittelst

nun gegenwärtig

einer Eisenpanzerung zu erstreben.

auf die

Anwendung ungepanzerter Rohr-

geschützstände zu directem Feuer in's Vorterrain allerdings grundsätzlich verzichtet werden, so sollten andererseits aber auch die seit mehr als 300 Jahren betreffs der Unhaltbarkeit von Mauerwerk gegenüber den beständigen Verbesserungen der Artillerie gemachten Erfahrungen auch vor einer Ueberschätzung des Werthes von Panzerungen warnen ; eine unbedingte Sicherheit gewähren dieselben. schon gegenwärtig keinesfalls ; stets wird die Trefffläche derselben auf das kleinste Masz zurückzuführen sein. Wie bei den Panzerschilden durch vorgelegte Erdschüttungen,

wird diesem Zweck bei

den gepanzerten Geschützständen und Drehkuppeln (letztere anfänglich nur auf Schiffen, dann , nach dem Vorgange von Antwerpen , auch in Festungen angewendet) durch die Construction derselben zu entsprechen sein. bei

Doch aber ragen z . B. die Preuszischen Drehkuppeln

einer Schartenöffnung von

5 Fusz

allerdings

über der Brustwehr hervor,

nur

15 Zoll

noch über

und so vortheilhaft ihre Lage

auf beherrschenden Punkten zu allseitigem ausgedehntem Schussfelde auch sein mag immerhin bleiben sie doch dem directen Schuss ausgesetzt. Sieht sich der Vertheidiger in der Verwendung seiner Geschütze auf directes Feuer in's Vorterrain beschränkt, so würden , falls er einen Ersatz durch indirectes Feuer aus Kasematten beabsichtigte, solche für Rohr geschütze nicht tief genug versenkt werden können , um

ihrerseits

dem

indirecten Schuss entzogen zu sein.

Bei kase-

mattirten Mörser batterien hingegen kann dies in vollem Masze erreicht werden. Schon etwa 1780 wurden durch den Schwedischen General Virgin derartige Vorschläge gemacht, gelangten durch Carnot alsdann zur Geltung und bei uns seit 1817 und seitens der Russen bereits bei Kertsch zur Anwendung ; gegenwärtig haben alsdann mögen sie

freistehend im Hofe,

unter dem Wall der detachirten

oder besser noch,

wie in Posen,

Bastion gelegen sein

gerade

jene Beschränkung des directen Feuers des Vertheidigers und besonders die Einführung der gezogenen Mörser dazu beitragen müssen , den Werth derselben ganz wesentlich zu steigern . Andererseits aber bedingt, trotz jener zahlreichen Traversen des Walles,

die gesteigerte Geschosswirkung der Angriffsbatterie

eine

Sicherung der gesammten, zu hartnäckiger Vertheidigung der Position erforderlichen Wallbesatzung an Infanterie, Geschützen und Artilleriebedienung .

So ist für die heutigen Festungen eine verhält-

nissmäszig gröszere Menge geschosssicherer Unterstandsräume (Hohl-

Der Festungskrieg der Neuzeit.

198 traversen u. s . w.

und Hangards

mit Abflachung des Revers

zu

schnellstem Aufgang) bzw. bombensicherer Verbrauchs-Pulvermagazine , Geschossräume, Geschossladestellen und Zünderreservoirs erforderlich geworden. bleiben ,

Gelegentlich der Hohltraversen darf hier nicht unerwähnt

wie

bisherigen ,

die

speciell eine

Eigenthümlichkeit

der

Preuszischen Befestigung (Spandau , Königsberg, Posen u . s. w.) bildenden Defensions-Hohltraversen mit Stirn- und Flankenscharten gegenwärtig im Allgemeinen nur noch

als todte,

wenn auch sehr

werthvolle Unterkunftsräume werden dienen können, sowohl da das Mauerwerk ihrer Capitalscharte sichtbar, als weil ihre hinteren Enden dem indirecten Schuss ausgesetzt sind. Nur nach erfolgter Panzerung der Stirnscharte,

wie

oder aber gleichsam in einer

in Antwerpen,

Art von Traditorenwirkung nach plötzlicher Demaskirung der Scharten würden sie auch heute noch zu defensorischen Zwecken zu verwenden sein. Der Werth einer activen Vertheidigung jedoch, wie er in vorstehenden Anordnungen sich ausspricht, wird seine volle Bedeutung erst dann erhalten können, wenn auch für eine offensive VerIn theidigung die erforderlichen Masznahmen getroffen sind. Straszburg wurde durch die bei unzweckmäsziger Anlage bald eingetretene Zerstörung der Verbindungslinien der Vertheidiger zeitweise selbst an der Besetzung einzelner Werke, fast gänzlich aber an einem thätigen Auftreten auszerhalb der Enceinte verhindert. ― Ueber die groszen Sorties, welche , eine entsprechende Terraingestaltung vorausgesetzt, die detachirten Forts in ihren Intervallen gewähren,

werden

wir weiter unten

zu sprechen haben ; für

eigentlichen Körper der Festung jedoch muss breiter Verbindungen betont werden,

welche

den

die Nothwendigkeit

längs der Umfassung,

desgleichen aber auch in radialer Richtung von den Sammelplätzen der Reserven, Kasernements u. s . w. an die Enceinte heranführend, eine schnelle Versammlung von Truppenmassen begünstigen, zur Verwendung auf dem Walle selbst, Vorbrechen nach auszerhalb . Grabenverbindungen

sei

Im Gegensatz aber zu den schmalen

der älteren Befestigungen werden

theidiger gegenwärtig

sei es

es zum überraschenden

breite Thorwege

dem

Ver-

und Grabenübergänge bzw.

zahlreiche, der feindlichen Geschosswirkung entzogene Brücken bzw. gegen ein etwaiges Wurffeuer geschosssicher eingedeckte Grabendurchgänge, sowie jenseits der Défiléen entsprechend gröszere mit breiten Sorties versehene Waffenplätze zur Verfügung stehen müssen . Derartige Einrichtungen werden auch ihrerseits dazu beitragen, dem Festungskriege den früheren man könnte fast sagen : regelmäszig

199

Der Festungskrieg der Neuzeit. langweiligen Charakter

zu

nehmen,

ihm

ein lebhafteres , zu stets

neuer Thätigkeit anspornendes Wesen zu geben. Für die Behauptung des Innern endlich gegen den in die Enceinte eingedrungenen Angreifer konnten nach Einführung der gezogenen Geschütze weder die früheren offenen Wallabschnitte (Coupuren ) und die hochliegenden freien Wallreduits (Cavaliere u . s . w. ) , noch aber auch die kasemattirten Reduits der späteren Befestigung genügen. Wurde der Tendenz einer zähen Vertheidigung schon in den detachirten Forts, wie desgleichen in den detachirten Bastionen und in der Vereinzelung graben-Caponière

der

gleichzeitig

innerhalb

als Reduit

der Enceinte

dienenden Haupt-

Rechnung

getragen ,

so

mussten speciell auch die Reduits, um zu eigener Thätigkeit unversehrt zu bleiben, der erhöhten Geschützwirkung, d. h. dem directen, wie dem indirecten Schuss gemäsz erbaut werden . Dem directen Schuss das Mauerwerk derselben zu entziehen, war schon bei dem Erscheinen der Bombenkanone und der schweren Haubitzen eine Nothwendigkeit geworden ;

unter Erhöhung des vorliegenden Walles hatte man mit 2 Etagen sich begnügen - und es hatte die speciell den Montalembert'schen Thürmen charakteristische Brüstungsmauer einer Erdbrustwehr weichen müssen ; glaubte man

der Plateforme

anfänglich alsdann, gegen den indirecten Schuss der gezogenen Geschütze nur die Erddecke einfach der Sicht entziehen zu müssen , so musste nach den Ergebnissen der Jülicher Versuche, ein planmäsziges machen,

als

indirectes Breschiren

des Reduits

um die Gefährdung der Wallbesatzung

splitter u. s . w .

und fehlgegangene

beseitigen, nunmehr

erforderlich

sowohl um

unmöglich durch

Demontirgeschosse u . dgl.

werden,

zu

Stein-

durch Beschränkung

zu des

Reduits auf nur 1 Etage das gesammte Mauerwerk bis zum Cordon oder doch,

um eine Beherrschung des Wallganges zu behalten , bis

zum Intrados des Gewölbes gegen 7 Grad Einfallwinkel zu decken . Wenn dann, nach Einführung der (gez . ) kleinen 15 cm-Kanone eine Deckung des tiefsten

Treffpunktes

das Reduit zu erstreben war verhältnissen ,

welche

gegen 15 Grad auch für

und thatsächlich allerdings in Profil-

eine Annäherung des Reduits auf 38 Schritt

an den Hauptwall zeigen,

erreicht wurde, so blieb andererseits der

Cordon doch stets nur gegen 9 Grad gedeckt. Eine völlige Sicherung des Mauerwerks wird man, im Hinblick auf eine fernere Entwickelung des indirecten Breschirens und auf die stets nur relative Sicherheit von Panzerungen nur in einem Profil zu erblicken vermögen, welches mittelst eines dem Reduit vorgelegten, entsprechend schmalen und tiefen Grabens das indirecte und das directe Breschiren

Der Festungskrieg der Neuzeit.

200

verbietet,

indem es den Angreifer zu nochmaligem förmlichen bzw.

unterirdischen Vorgehen im Innern aber wird dasselbe,

des Werkes nöthigt.

Zugleich

unter Verzichtleistung auf eine Wirkung

von

Kasematten geschützen gegen den Wall, jedoch unter Beibehaltung der Kasematten zu Wohnungszwecken bzw. als Hangards, mittelst eines vorgelegten Glacis eine Beseitigung des todten Winkels durch die Gewehrvertheidigung der Plateforme zu gestatten haben . Ganz wie oben können wir im Vergleich zu dem bedeutenden Einfluss ,

den auf die Gestaltung der Festungswerke die vermehrte

Artillerie- Wirkung ausgeübt hat, über den der HinterladungsGewehre nur wenig sagen , zumal da die , zu schneller und ausgiebiger Ausnutzung derselben ,

für

den Hauptwall und die Communi-

cationen bezw . erforderlichen Einrichtungen bereits bei den für eine offensive Vertheidigung im Allgemeinen zu

erfüllenden Bedingungen

haben Erwähnung finden müssen . Es bleibt an dieser Stelle nur noch hervorzuheben, wie die - bei gröszerer Schussweite erhöhte Treffsicherheit derselben eine durchgängige Anwendung eiserner Läden für die Geschützscharten auch der gegen indirecten Schuss gesicherten Caponièren der Angriffsfronten obligatorisch zu machen scheint und wie, den Jülicher Versuchen zufolge , da die Höhenabweichung ihrer Geschosse immerhin ein wenig gröszer ist, als deren Seitenstreuung, die horizontalen Gewehrscharten erfahren dürften .

eine vorzugsweise Anwendung

Ein nicht unbedeutender Vortheil für die Ver-

theidigung ist jedoch in der nunmehr angängigen Verlängerung nicht durch Geschütze zu vertheidigender Defenslinien (für das alte Zündnadelgewehr

bis

zu 360 Schritt bezw.

720 Schritt) zu finden ,

bei Mittelcaponièren

bis zu

wie desgleichen darin, dass eine demontirte

Geschütz - Flankirung in den heutigen Gewehren einen bei Weitem günstigeren Ersatz erhält, als dies bei den früheren Handfeuerwaffen der Fall war. Wenden wir uns zu den Modificationen , welche für die Combination der einzelnen Werke zu Festungen hervorgetreten sind .

Schon in

ersten Viertel

der Neupreuszischen Befestigung , mithin seit dem

dieses Jahrhunderts ,

war

der Grundsatz

einer vor-

herrschenden Anwendung des polygonalen Grundrisses zum Ausdruck gelangt. Wohl aber machten sich, als eine Folge der gezogenen Geschütze , in dem gegenseitigen Verhältniss von Forts und Stadt, und ferner für die Einrichtung der einzelnen Forts durchaus andere Grundsätze geltend .

Ging man ,

bei der Anlage

von Forts , in

Anbetracht der Kartätsch-Entfernung der Festungs-Geschütze und der Entfernung der 1. Parallele früher nicht gern über 800 Schritt bezw.

201

Der Festungskrieg der Neuzeit.

Sicherung der Stadt gegen ein Bombardement, nicht über 2500 Schritt von dem saillant des gedeckten Weges hinaus , so konnte bei der Demontir- und Shrapnelweite (und -Wirkung) der gezogenen Geschütze die geringste Entfernung der Forts , nicht Abweichungen

bedingten ,

bis

auf

sofern Terrain-Verhältnisse 1600 Schritt

selbst dann

erweitert werden, wenn die Absicht einer activen Unterstützung derselben durch die Geschütze

der Hauptenceinte vorlag ; zum Schutz

gegen eine Beschieszung dagegen wurden 5000 Schritt, und zu einer unbedingten Sicherheit bezw.

selbst eine Meile

erforderlich .

werpen, die neuen Forts von Straszburg und Metz u. s . w. ) aber

wie

die

(AntEbenso

näheren Entfernungen ein Eingreifen der Enceinte

in den Kampf der Forts gestatten, wird dann durch diesen letzteren auch jene in Mitleidenschaft gezogen werden , mithin in ihrem Charakter als 2. anzugreifender Abschnitt an Kraft verlieren ; andererseits aber wird, bei einer gröszeren als jene gröszere Entfernung, der Angreifer ,

nachdem er die Linie der detachirten Forts überwunden ,

eine erwünschte Ruhepause finden , falls nicht der Vertheidiger unter Benutzung der Lage aus Erdwerken u. s . w. sich eine zweite auszere Position geschaffen hat. In analoger Weise haben die gegenseitigen Intervallen Forts zunehmen können bezw. müssen,

der

um die durch die Ausdeh-

nung des Kreisbogens andernfalls benöthigte gröszere Zahl von Forts Es konnte das frühere zu einseitiger Bestreichung

zu vermeiden.

der Intervalle (von der Mitte aus ) gestattete gröszte Entfernung von 1600 Schritt , da für diesen Raum die gezogenen Geschütze eine doppelseitige Flankirung zulassen, zugleich selbst noch eine unterstützende Wirkung bis auf 1200 Schritt vor dem Saillant des Nebenforts ermöglichen gleichsam zu einem geringsten Masze der Intervalle Bei Verzichtleistung auf eine doppelseitige Bestreichung aber konnte, allerdings nur unter gleichzeitiger Erhöhung der Selbstwerden.

ständigkeit der Forts, eine fernere Vermehrung der Intervalle selbst bis zu 3000 Schritt zulässig werden ,

ohne dass nicht in einzelnen Fällen Ueberschreitungen auch dieser Grenze noch stattfinden dürften, z. B. da, wo dieselben durch die vorwiegenden Rücksichten auf das Terrain und die individuellen Verhältnisse der Festung geboten werden sollten . Der Charakter einer gröszeren Selbstständigkeit der detachirten Forts, welcher sich als eine Folge der gröszeren Entfernungen und Intervallen ergab, hatte sich ebenso sehr bezüglich der Grösze derselben als

der unbedingten Stärke

drücken müssen.

ihrer Widerstandsfähigkeit

aus-

Statt der bisherigen für 12 Geschütze und 1 Com-

Der Festungskrieg der Neuzeit.

202

pagnie, mit im Ganzen bis 24 Geschütze

300 Schritt Feuerlinie , bis höchstens 18 und 2 Compagnien -berechneten Abmessungen ,

mussten solche für 30-50 Geschütze und 2-4 Compagnien, mit im Ganzen 7-1300 Schritt Feuerlinie ohne Kehle , angenommen werden, ja in Antwerpen haben

specielle Verhältnisse

selbst

eine

der

Besatzung von 6 Compagnien und 136 Geschützen für jedes Fort (davon 100 gezogenen) entsprechende Grösze erforderlich gemacht. Die Grösze der neueren Forts legte es dem Vertheidiger nur um so näher, den Hauptgeschützkampf gerade in ihre Linien zu verlegen, ein Bestreben, in welchem er gewissermaszen durch die Vortheile noch bestärkt wurde, welche ihm die Grösze der Intervallen zu der den jedesmaligen Verhältnissen anzupassenden Anlage provisorischer und passagerer Werke zu gewähren schien . Natürlich mussten bei den Profilverhältnissen der detachirten Forts Hauptenceinte

dieselben Aenderungen eintreten ,

als nöthig

wie

sich herausgestellt hatten .

sie für die Betreffs des

Grundrisses jedoch ist zu bemerken, wie , in Folge der vermehrten Ricochetwirkung der gezogenen Geschütze, eben durch jenes Princip einer mehr frontalen Bekämpfung des Angreifers, auch die bisherige - mehr zu einer gegenseitigen Vertheidigung

der Forts

geeignete

Grundform der Lünetten im Allgemeinen der der Halbredouten Platz machen musste wie dagegen aber die zur Zeit der glatten Geschütze zu Frontalfeuer dienenden Hohltraversen Schultern , sofern sie nicht gepanzert sind , verloren haben ,

wie die des Hauptwalles .

der Saillants

ebenso

sehr

und

an Werth

Ferner aber war , da die

Schuss- und Treffweite der gezogenen Geschütze ein Zerstören crenelirter Kehlmauern aus frontaler Aufstellung über

die Facen hin-

weg bezw. aus seitlicher Position direct ermöglichen, für alle auszerhalb des Demontirschusses des Hauptwalles gelegenen Forts der Charakter ganz geschlossener Werke nothwendig geworden .

Hatte

zugleich auf eine Traditoren-Wirkung mit directem Schusse aus dem in der Kehle gelegenen Reduit allerdings verzichtet werden müssen , so blieb eine solche

zu Rückenfeuer gegen

die Angriffsarbeiten

von der Collateralfront her bei verdeckter innerer Lage des Reduits etwa durch ein entsprechendes Brechen

der Kehllinie

oder

wie

bei den neuen Forts von Straszburg mittelst eines in der Kehle befindlichen Panzerthurmes oder aber mit indirectem Schuss durch Versenken des über die Kehllinie vorspringenden Reduittheiles, wie desgleichen durch ein Zusammenfassen mit den Flankirungs-Caponièren des Kehlgrabens - auch gegenwärtig noch sehr wohl zu erreichen. Panzerstände und Drehkuppeln in den Saillants bezw. (wenn auch

Stonewall Jackson's Virginienthal-Campagne.

203

seltener) auf den Reduits die Stärke dieser letzteren selbst, -

zahl-

reiche geschosssichere Hangards , Munitions-Reservoirs, Küchen u. s. w., sowie die

entsprechende Ausrüstung der Forts

an

Munition und

Lebensmitteln für den Fall einer Isolirung - kennzeichnen den heutigen Grad der Selbstständigkeit der Forts .

(Schluss folgt.)

XV.

Stonewall Jackson's Virginienthal - Campagne, von

J. Scheibert, Major z. D. (Mit einer Planskizze.)

Eine der fesselndsten Perioden der neueren Kriegsgeschichte ist unbestreitbar der Feldzug Jackson's im Virginiathale 1862. Während manche Episode

der Kriegsgeschichte, sobald sie an das Licht gezogen und dadurch des Legendenhaften entkleidet wird, an Interesse und an 99 poetischer Anziehungskraft" , wie ich es nennen möchte , verliert , gewinnt dieser äuszerst geschickt geführte Feldzug des bekannten „ Rebellen " -Generals in gleichem Masze mit der Enthüllung der einzelnen Glieder des kunstvollen Gebäudes . Erst in neuerer Zeit ist es möglich geworden , einige bisher noch im Halbdunkel schwebende Abschnitte des Secessionskrieges aufzuklären, und zwar durch die Erschlieszung der Washingtoner Archive , die bis jetzt den Einblick in ihre bei der Capitulation erbeuteten Rapporte, Correspondenzen etc. der Südländischen Führer verwehrten. Dank der Entschlieszungen des Präsidenten Hayes sind dieselben jetzt der Einsicht geöffnet, und werden von den öffentlichen Blättern fleiszig benutzt.

Neben der Philadelphia Weekly Times lässt beson-

ders die Southern Historical Society sich die sorgfältige Herausgabe Desjenigen angelegen sein, was von hervorragender militairischer Bedeutung ist.

Das hochinteressante,

meisterhaft redigirte Organ

derselben, die Southern Historical Papers, veröffentlicht unter Anderem die bis jetzt unbekannt gewesenen Originalrapporte der Südländischen Generale, welche Schriftstücke sich durch eine in den Transatlantischen Berichten nicht hoch genug anzuschlagende Wahrheitsliebe aus14 Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI.

Stonewall Jackson's Virginienthal- Campagne.

204 zeichnen.

Unter Anderem enthält das Januarheft 1879 einen Vortrag,

den der Oberst Allan (ehemaliger Artillerieoffizier im Stabe Jackson's), fuszend auf die erschlossenen Documente und die eigenen Erlebnisse , bei dem diesjährigen Meeting der Nord-Virginia-Armee-Association *) gehalten hat, den ich für so fesselnd halte, dass ich es wage, mich hart an diesen Vortrag anlehnend,

unter Zuhülfenahme meiner Be-

kanntschaft mit den handelnden Personen und der genauen Kenntniss des Terrains, welches ich von Anfang bis zu Ende zweimal durchritten habe, den Cameraden ein detaillirteres Bild des Virginienthaldramas zu geben.

Jeden,

der

die Karte von Nordamerika

auch nur flüchtig be-

trachtet hat, wird es aufgefallen sein, dass die Aleghanies aus einer Anzahl ebenso

schmaler ,

gleichlaufender

Gebirgsketten bestehen ,

viel Parallelthäler erzeugen,

Nordosten hinziehen.

wird,

sich

so weit

welche

von Südwesten nach

Das Gesammtgebiet dieser Thäler,

äuszersten Ostkette, Blue Ridge, Aleghanies,

die

von der

bis zur North Mountainskette der

es den Staat Virginien durchzieht,

das

„ Virginienthal " genannt. Dieses , Thal " ist für den Virginier der Inbegriff alles Schönen ; es ist das fruchtbarste, einst in Reichthum strotzende Land des Staates. Hier haben sich die edelsten Familien niedergelassen. Das Land ist, wie ich aus eigener Anschauung hinzusetzen kann, mit selten schönen Frauen und kräftigen Männern gesegnet, von zahlreichen Kunststraszen durchzogen und von wasserreichen, mit hundertjährigen Laubbäumen begrenzten Flüssen durchströmt. Da die Landschaft auszerdem die lieblichste Schönheit entfaltet und unzählige warme Quellen den Menschen Gesundheit und Erquickung bieten , so ist es kein Wunder, dass das „Thal " für alle Umwohner ein geliebtes und vielbesuchtes Eldorado bildet.

Das Aleghanigebirge

selbst ist rauh und mit dichtem Urwalde

bestanden, doch die Blue Ridgekette, um die es sich in Folgendem hauptsächlich handelt, nicht so steil,

dass nicht einzelne geschickte

fast überall den Kamm überschreiten könnten. Nach meiner Schätzung erheben sie sich etwa Die Flüsse sind bei 500 m über die umliegenden Thalebenen.

Reiter,

selbst auf den Seitenpfaden,

trockener Witterung, zu durchführten,

besonders

also im Hochsommer, hier und da

in der Regenzeit aber wild daher schäumend und

selbst für einen gewiegten Pontonier in solchen Zeiten kaum über-

*) Deren Mitglieder zu sein H. v. Borcke und ich die Ehre haben.

Stonewall Jackson's Virginienthal-Campagne.

205

brückbar.

Der Shenandoah , den ich bei Front Royal (Hands-Fuhrt) und zwischen Millwood und Paris (Berrys Fuhrt) durchritt , war an diesen beiden Stellen etwa 150 m breit. Dieses Thal war auch

glücklich

über

die Heimath Jackson's und er deshalb

die Aufgabe ,

die ihm

zu Theil geworden war und

welcher er sich auch gewachsen fühlte, sein verehrtes und ihm nach allen Seiten hin wohlbekanntes Mutterland zu vertheidigen. Wegen seiner in der Schlacht bei Bull Run bewiesenen Umsicht und Tapferkeit hatte ihm nämlich der Präsident J. Davis im October 1861 den Schutz dieses wichtigen Districtes anvertraut.

Doch keines-

wegs theilten das Volk oder die Armee die Ansichten des Regierungshauptes ; Beide glaubten nicht viel von einem pedantischen, kränklichen Professor der Militairwissenschaften erwarten zu können, über den die Jugend schon ihre Witze gemacht und dadurch den Stab gebrochen hätte. So erregte denn sein erster Zug nach Romney, welches dem Kenner bereits das seltene militairische Genie des unternehmenden Führers

verrieth,

und Kriegsdilettanten, als in Europa.

deren

den Unwillen aller „ klugen “ Blätter es

drüben natürlich

noch mehr gab,

Dass Jackson es wagte, mit geringen Kräften auszer-

ordentliche abseitige Operationen zu machen, dass er sogar den eigenen Landeskindern die seltsame Zumuthung stellte , bei schlechtem Wetter und Regenschauern,

bei

nassen Straszen oder auf steilen Gebirgs-

pfaden Unternehmungen auszuführen, die offenbar mit der eigentlichen Aufgabe des Generals,

das

99 Thal zu vertheidigen ", gar nichts

zu

thun hatten, war Allen doch zu stark ; sie ahnten damals allerdings noch nicht, dass dieser Truppe, der später so berühmten StonewallBrigade , noch ganz andere Strapazen zugemuthet werden würden . Der Generalmajor Jackson betrat als Commandeur des Virginienthal-Districtes am 4. November 1861 die Stadt Winchester, von wo aus ergleich seinem einstigen Vorgänger Georg Washington, 1756 das Thal und dessen Zugänge beherrschen zu können glaubte. Seine directen Vorgänger hatten

Unglück in

diesen Landes-

gebieten gehabt ; der General Garnett war durch General Mc Clellan gezwungen worden, den nördlichen Theil des unionistisch gesinnten West-Virginiens

aufzugeben und dessen Nachfolgern ,

den Generalen

Floyd, Wyse und später R. E. Lee, war es trotz aller Anstrengungen nur gelungen,

das Vorrücken

der Nordländer

auf das nun einmal

erworbene Gebiet, welches übrigens nie wieder in die Hände der Conföderation zurückfallen sollte, aufzuhalten . Daher hatte der Feind, als Jackson das Commando übernahm, den ganzen Staat nördlich des groszen Kanawhaflusses

und

westlich

des Aleghani in Besitz 14 *

206 und

Stonewall Jackson's Virginienthal- Campagne . seine Fühler

gestreckt.

selbst in die Gebirgsregionen Virginiens hinein-

So hatte General Kelly sich der Stadt Romney, Sitz der

Gauschaft Hampshire, 8-9 (Deutsche) Meilen westlich von Winchester, bemächtigt und es mit 5000 Mann besetzt. Diese Bewegung brachte das fruchtbare Thal des South Branch des Potomac in die Hände der Unionisten .

Eine andere, viel kleinere Besatzung behauptete Bath,

Sitz der Gauschaft Morgan (8 Meilen nördlich Winchester) , während das ganze nördliche Ufer des Potomac im unbestrittenen Besitze der Nordländer sich befand. Die Baltimore-Ohiobahn war von Baltimore bis Harpers Ferry und von Hancock (am Potomac) nach Westen zu, ebenfalls von den Unionisten besetzt.

Der 9-10 Meilen lange Ab-

schnitt (Hancock-Harpers Ferry) ,

welcher

durch den Staat Virginien geht,

war

in

seiner ganzen Länge

zwar von den Conföderirten

vollständig zerstört worden, doch stand hierfür der Chesapeake-Ohiocanal von Cumberland Columbien)

(in

zur Verfügung .

Maryland) (Der

bis

nach

Canal läuft,

Georgetown

soweit

der

(in

ange-

heftete Plan ihn zeigt, genau parallel mit dem Potomac und ist deshalb nicht besonders eingezeichnet. ) Der von Jackson zur Wiedereroberung West-Virginiens gefasste Operationsplan ging darauf hinaus, die Strecke der Baltimore-Ohiobahn und die daneben laufende Strasze zu benutzen, um so vom nordöstlichen Ende " her in das vom Feinde besetzte Gebiet einzuAuf diese Weise umging er den linken Flügel der feindlichen Stellung und konnte den Gegner durch den Druck auf seine Rückzugslinie zwingen, entweder sich zurückzuziehen oder ihm ein

dringen.

ernstes Gefecht zu liefern, zu dem er selbst die Initiative in der Seine Vorgänger hatten zur Erringung desselben Hand behielt. Zweckes mehrmals vergeblich die Richtung von Staunton aus direct nach Westen eingeschlagen, wo sie in den leicht zu vertheidigenden Gebirgsketten,

auf schlechten Straszen vorgehend und in unfrucht-

barer Gegend jeden Unterhaltes beraubt, ebenso oft aufgehalten oder zurückgedrängt wurden. Jackson wählte daher den zwar weiteren , aber bequemeren Weg, der ihn auf bevölkerter Strasze sofort in den fruchtbaren District des Potomacthales führte und auf dem er mittelst der Eisenbahn seine Verpflegungs- und Munitionsbedürfnisse heranziehen konnte . Zur Ausführung dieses Planes erbat er sich seine alte Brigade, die bei Manassas stand, und alle die Truppen, welche längs des Aleghanigebirges zerstreut manövrirten. Dies würde ihm eine Armee von 15-16,000 Mann gegeben haben , eine Truppenzahl, die ihm zur Ausführung seines Unternehmens genügend grosz erschien .

Stonewall Jackson's Virginienthal- Campagne. Diese Wünsche wurden nur theilweise

erfüllt ;

207 seine eigene

Brigade wurde ihm zwar sofort zugetheilt, auch erhielt er im Laufe des December noch 3 Brigaden, von denen 2 unter Befehl des General Loring standen ; doch brachte Jackson seine Schaar, mit Einschluss von 3000 bereits früher im Thale gesammelten Milizen , nur auf 11,000 Mann ; da der gröszte Theil dieser Truppen erst um Weihnachten ankam,

so konnten

selbstverständlich im Jahre 1861

die

Bewegungen noch nicht beginnen . Auszer kleinen Unternehmungen, durch welche u . A. der Chesapeake-Ohiocanal unbenutzbar gemacht wurde , verwendete General Jackson die ihm rüstung,

aufgedrungene Musze zur Organisation

zur Uebung und Disciplinirung

der Milizen

und Aus-

und zur For-

mirung des ersten, so berühmt gewordenen Reiter-Regiments , welches Oberst Ashby commandirte.

Dieser hatte mit seinen kleinen zer-

streuten Abtheilungen schon hervorragende Dienste im Virginienthal geleistet. Jackson,

von dem richtigen Grundsatze ausgehend ,

dass man

seine Kräfte durch kühne Offensivbewegungen vervielfältigt, beschloss mit Beginn des Jahres 1862 , trotz der rauhen Witterung oder vielleicht auch gerade "" wegen " derselben den Angriff auf die vorgeschobenen Fühler des Feindes, den er mit seiner kleinen Macht natürlich nicht ohne Weiteres aus Westvirginien vertreiben konnte, zu unternehmen. Der Winter war ein milder gewesen, die Straszen in vortrefflichem Zustande (ein in Amerika sehr wichtiger Factor) und Alles dem Vorhaben günstig. Den Conföderirten gegenüber hatte General Banks , dirender des V. Corps ,

Comman-

von den ihm unterstellten 16,000 Mann der

McClellan'schen Armee *) den gröszten Theil in Frederik (in Maryland, nördlich des Potomac) in Winterquartieren vereinigt , während der Rest den Potomac von Harpers Ferry bis Williamsport bewachte. General Rosencrantz , welcher das Commando über das Departement ‫ وو‬Westvirginien " führte, hatte 22,000 Mann im Monat December an der Baltimore- und Ohiobahn versammelt ; derselbe machte hierüber folgende gerichtliche Aussage : „ Da der Zustand der Wege über die Aleghanies im Monat December, sowie der Mangel an Nahrungsmitteln und Futter mir die Sicherheit gab,

dass die Conföderirten

*) Sämmtliche Truppenstärken sind aus den Rapporten der Nordländer oder den Zeugenaussagen entnommen , welche die betreffenden Führer vor dem Comité abgeleistet haben , welches 1865 eingesetzt wurde, um die Führung des Krieges zu untersuchen.

Stonewall Jackson's Virginienthal-Campagne .

208

vor dem Frühjahre Nichts gegen uns unternehmen würden ,

so be-

schloss ich, unter dem Schutze der 5000 Mann Besatzung von Romney und auf die Zustimmung des General Mc Clellan hoffend, meine Truppen heimlich zu sammeln , mich plötzlich der Stadt Winchester zu bemächtigen

und aus

Von jener Stelle

aus

derselben eine feste Position zu machen.

konnte ich wirksamer

als

bisher den nord-

östlichen und mittleren Theil Westvirgiens decken, den linken Flügel der (strategischen) Stellung des Feindes bei Manassas bedrohen und ihn dadurch zwingen, seine deckende Stellung bedeutend zu verlängern und dadurch zu schwächen. " Man sieht, dass diese Pläne noch auf der veralteten Idee von strategischen Stellungen u. s . w. fuszten ; Jackson sollte bald deren. Unhaltbarkeit zeigen .

Am 1. Januar verliesz er Winchester an der

Spitze von 8-9000 Mann und marschirte nach Bath (dicht südlich des Potomac) .

Das schöne Wetter des vorigen Monats schlug gerade

mit dem Antritt der Expedition in das Gegentheil um ; ein fortwährender Sturm , mit Schnee, Regen und kalten Schauern untermischt, setzte während der drei nächsten Wochen die Ausdauer der jungen Truppen auf die härteste Probe und zwang schlieszlich sogar den Führer,

die weitere Verfolgung des Unternehmens

aufzugeben.

Anfangs marschirten die Leute trotz Schnee und Hagel munter vorwärts ;

Bath

fand man geräumt,

General Lander,

Nachfolger von

Rosencrantz , schickte dagegen Truppen, welche er von Bank's Corps entlehnt hatte, zur Sicherung des Potomac-Ueberganges nach Hancock. Jackson, um seine Feinde irre zu leiten, machte einige Demonstrationen gegen Hancock , zerstörte während dessen aber mit aller Energie

die

noch fahrbaren

Strecken der Baltimore-Ohiobahn und

wandte sich dann nach Süden gegen Romney, die Truppen Kelly's

von den aus

wodurch er zugleich

nordwestlicher Richtung

herbei

eilenden Hülfstruppen trennte. Eine von jener Stadt aus auf Winchester zu entsendete Abtheilung aber hatte zu dieser Zeit 5-600 Conföderirte ,

welche bei Hangig Rock,

einem bekannten Passe, die

Zugänge nach Winchester bewachten, überfallen und ihnen 2 Geschütze abgenommen.

General Kelly konnte

diesen Vortheil jedoch

nicht

ausnutzen, denn sobald er Kenntniss von Jackson's Anmarsch erhielt, vereinigte er schleunigst seine Truppen und verliesz am 10. Januar Romney, wo Jackson am 14. einrückte. Trotzdem die Straszen und das Wetter immer schlechter wurden, war Jackson nicht der Mann, sich hierdurch aufhalten zu lassen ; er wollte sich unter den günstigen obwaltenden Umständen noch Cumberlands

(am Potomac) be-

mächtigen, von wo aus er, im Rücken des Feindes dessen Bewegun-

Stonewall Jackson's Virginienthal - Campagne. gen noch mehr stören und unsicher

209 Allein die

machen konnte.

Armee war damals noch nicht in der Disciplin,

welche sie später

auszeichnete, und der Zauber des Namen „ Jackson " noch nicht der Alles überwindende Talisman der Virginienarmee. Murren und Unzufriedenheit in der Armee, genährt

durch die Presse,

welche die

Bewegungen Jackson's verspottete und die zweifelhafte Haltung der Regierung, die noch nicht ahnte, welch' groszen Feldherrn sie unter sich hatte, setzten sich vereint mit solcher Hartnäckigkeit Jackson's Plänen entgegen, dass er, wollend oder nicht, das Unternehmen aufgeben musste ; er liesz Loring mit 2 Brigaden in Romney, vertheilte die Cavallerie und die Milizen auf die verschiedenen Posten zur Bewachung des groszen Districts

und ging mit seiner alten Brigade

nach Winchester in die Winterquartiere zurück . das Volk Erfolge

und

die Regierung,

Alle waren nicht zufrieden mit dem

der Expedition ; der Erstere,

genug gekommen zu sein,

Jackson, die Armee,

weil

die Anderen,

er meinte , nicht

weit

weil sie glaubten, dass im

Verhältniss zu den aufgebrauchten Mitteln zu wenig erreicht worden sei .

Allein Jackson liesz sich durch Alles dies nicht niederschlagen ;

sein klarer Blick blieb auf die groszen Ziele gerichtet.

Als aller-

dings der Kriegsminister ihm , ohne ihn vorher zu fragen, den verhängnissvollen Befehl gab, Romney zu räumen , gehorchte Jackson zwar sofort der gegebenen Weisung, reichte aber an demselben Tage noch seinen Abschied ein,

denselben

mit

der Unmöglichkeit moti-

virend, erfolgreiche Resultate zu erreichen, wenn man sich von oben herab in die Details seiner Anordnungen hineinmenge . Entschuldigung

seitens der Regierung zog er,

Nach erfolgter

auf Bitten des Gou-

verneurs Letcher und des General I. E. Johnston sein Gesuch zurück, und ist es später nie wieder Jemand eingefallen , einem Jackson in seine Dispositionen hinein zu sprechen . Den Monat Februar über blieb der General in Winchester. der ihm

zugetheilt gewesene General Loring

Da

mit seinen Truppen

abcommandirt, auch reichlich Urlaub ertheilt wurde, um die Leute zu veranlassen, bei dem neu erlassenen Freiwilligen- Conscriptions -Gesetz sich freiwillig wieder einschreiben zu lassen, ment,

welches Jackson befehligte ,

so war das Detache-

ausgenommen Milizen,

auf etwa

4000 Mann zusammengeschrumpft. Dieser Monat war für die Unionsarmee ein glanzvoller gewesen.

Im Osten

war die Roanoke-Insel

(bei Cap Hatteras) im Westen das Fort Donelson und Nashville sowie Columbus (in Kentucky) in die Hände der Unionisten gefallen, durch welche Erfolge die zweifelhaft gesinnten mächtigen Staaten Tennessee

Stonewall Jackson's Virginienthal- Campagne.

210

und Kentucky in das Verpflegungsgebiet des Nordens hineingezogen worden waren . Durch diese Erfolge kühn

gemacht ,

wollte

die Regierung

zu

Washington nun auch auf dem hauptsächlichsten Kriegstheater, dem Virginischen, entscheidendes erzielen . Auf die dringenden VorstelMc Clellans hatte Lincoln sein Lieblingsproject, über Manassas auf der directen Linie nach Richmond vorzudringen, wider-

lungen

willig auf- und seine Zustimmung zu dessen Plan gegeben, die Armee bei der Festung Monroe landen und auf der Halbinsel zwischen dem James und Yorkflusse auf die Hauptstadt der Conföderation vordringen zu lassen.

(Derselbe Plan führte, nach den vielen vergeblichen Ver-

suchen direct von Norden aus auf Richmond vorzudringen, schlieszlich Grant zum endlichen Siege.) Lincoln , (natürlich nur

und dennoch den Krieg

der nie Soldat gewesen war, mit dem Verständnisse

selbstständig leiten wollte ,

nur unter der Bedingung gestattet , unterhalb Washington

zu

dieses Plans aber

dass 1 ) die Ufer des Potomac

von den Conföderirten nicht besetzt ,

2) die

wirksam beschützt und

wiederhergestellt und

Baltimore- Ohiobahn , 3) alle Zugänge würden.

eines Dilettanten) durchaus

hatte die Ausführung

seinem Regierungssitze

vollständig gesichert

Um einen Theil dieser Forderungen zu erfüllen, liesz Mc Clellan die Truppen Banks und Landers sofort vorwärtsrücken und die Ersteren sich des wichtigen Platzes Harpers Ferry am Potomac bemächtigen;

auf

der

anderen

Seite

machte

sich

McClellan

selbst daran , durch eine energische Massenbewegung die getrennten Stellungen der Conföderirten am unteren Potomac zu überrumpeln.

General Johnston ,

das Ziel der Bewegungen

erkennend,

zog seine Truppen jedoch rechtzeitig hinter den Rappahannock zurück, um Richmond erfolgreicher, sei es gegen Norden , sei es gegen Osten , decken zu können. concentrirt Flusse.

in

Am 11. März stand er bereits kampfbereit und

der

dominirenden

Position

hinter

dem genannten

Jackson war inzwischen ruhig zu Winchester geblieben , nur hielt er harte Fühlung

am Feinde und versuchte ,

ihm vom General Johnston folgendermaszen lautete :

so gut er konnte , die

gegebene Weisung zu

,,Da es augenscheinlich ist ,

dass

befolgen,

das Virginienthal

von

welche

einer

Armee angegriffen wird, welche zu zahlreich und stark ist, um von Jacksons Abtheilung aufgehalten werden zu können, so hat derselbe sich darauf zu beschränken, die eindringenden Feinde zu beschäftigen ,

Stonewall Jackson's Virginienthal-Campagne.

211

denselben aber fortwährend so dicht an der Klinge zu bleiben, dass von dort aus keine Truppen zu der Hauptarmee des Feindes abgegeben werden können ; vor Allem soll er es jedoch vermeiden , Niederlage auszusetzen.

sich einer

Zu dieser Zeit war die Stärke von Jackson's Truppencorps noch nicht ganz 4000 Mann ; (auszer den Trümmern der Miliztruppen , welche nicht mehr im Felddienste verwendet wurden) . Sie waren zusammengesetzt aus 5 Regimentern seiner alten, jetzt unter Garnett. stehenden Brigade, aus 3 Regimentern und 1 Bataillon unter Burks und

2 Regimenter unter Fulkerson .

Die Regimenter waren also

durchschnittlich noch nicht 400 Mann stark.

Ferner gehörte in ihre Zahl Ashbys Cavallerie-Regiment und 5 Batterien Artillerie . General Banks hatte unter sich : die Division Williams und

Shields (früher Lander ,

der gestorben war) ,

und 2 Brigaden unter

Sedgwick (letztere aber nur zur Deckung seines Ueberganges den Potomac) .

McClellan giebt

auf 23,339 Mann

an ,

über

die Stärke des Bank'schen Corps

einschlieszlich

3,652 Mann Cavallerie ,

aus-

genommen aber 2,100 Mann Eisenbahnwachen ; mit Sedgwick war dies Corps über 25,000 Mann stark. Jedenfalls war das Uebergewicht der Nordländer ein fast sechsfaches . Jackson sandte seine Vorräthe, seine Bagage und seine Kranken nach Süden und versuchte Winchester bis zum letzten Augenblicke zu halten. Banks besetzte Charlestown am 26. Februar , aber erst am 7. März kam er bis etwa eine Deutsche Meile nördlich von Winchester. Hier liesz Jackson seine Truppen in Schlachtordnung aufmarschiren, um das weitere Vorrücken der Unirten zu wehren, allein der Feind zog sich wieder zurück, ohne einen Angriff zu wagen.

Nächst

der unermüdlichen, schneidigen und umsichtigen Thätigkeit Ashbys , war es hauptsächlich die Kühnheit des gezeigten Entschlusses, welche Banks die Stärke seines Gegners überschätzen liesz und ihn abhielt, die Schaar über den Haufen zu werfen . Er zog es vor, sicher und ohne Etwas zu wagen, vorwärts zu kommen und bedrohte deshalb durch Bewegungen über den rechten Flügel Jacksons hinaus dessen Rückzugslinie und zwang ihn dadurch endlich, chester zu verlassen.

am 11. März, Win-

Noch bis zum Nachmittage dieses Tages hatte

Jackson immer noch gehofft , dass man ihn in der Front angreifen würde . Als er dann am Abend wegen eines nächtlichen Ueberfalles seinen ersten und letzten Kriegsrath abhielt ,

erfuhr er ,

dass durch

ein Missverständniss der Train und ein Theil seiner Truppen schon 11/2 Meilen weiter nach Süden gerückt war. Nun verliesz Jackson

Stonewall Jackson's Virginienthal-Campagne.

212

die Stadt und zog sich langsam ,

immer

am Feinde bleibend , nach

Woodstock und Mount Jackson , 10 Meilen südlich Winchester zurück. Die Division Shields folgte ihm bis Straszburg, welches am 17. März erreicht wurde . Dieser Rückzug Jackson's, so wie das fast ohne Kampf erfolgte Aufgeben des unteren Virginienthales befreite das Washingtoner Cabinet

von aller Besorgniss

um die

dortigen Verhältnisse und Me

Clellan beschloss nun auch die dritte und letzte Bedingung Lincoln's zu erfüllen ;

nämlich durch die Befestigung der Stellung Manassas

Junction und durch die Besetzung des Manassas-Passes , die sämmtlichen südlichen Zugänge zu der Hauptstadt vollständig zu sichern. Die Instruction an Banks lautete folgendermaszen : „Sir, Sie werden Ihr Corps in der Nachbarschaft von Manassas aufstellen, sich dort fest verschanzen und durch Cavallerie, Vorposten u. s. w. Ihre Stellung sichern . Ihre nächste Sorge

wird die Wiederherstellung der Eisenbahn

von Washington bis Manassas und demnächst bis Straszburg sein, um die Verbindungen mit dem Shenandoahthale wieder zu gewinnen. Sobald die Bahn durch den Manassas-Pass befahrbar ist, so befestigen Sie eine Stellung für

1 Brigade,

sagen

wir für 4 Regimenter,

und 2 Batterien, etwa an dem Punkte, wo die Bahn über den Shenandoahfluss führt. in der Nähe ,

Etwa 2 Regimenter Cavallerie lassen Sie

dort

um Winchester zu besetzen und das Terrain südlich

der Bahn und das Shenandoahthal hinauf abzupatrouilliren. Gröszere Posten legen Sie nach Warrenton und Warrenton-Junction und nach einem etwas weiter vorgeschobenen Punkte und Alexandriabahn. "

der Orange-

Diese Instruction ging, wie jeder Sachverständige zugeben wird, zu sehr ins Detail, und wurde deshalb, wie alle solche aus der Ferne gegebenen Detailvorschriften ,

verderblich.

Banks suchte getreulich

diese Instructionen auszuführen ; Shield's Division wurde von Straszburg zurückgezogen und William's Division begann am 20. März ihren Marsch nach Manassas.

Am Abend des 21. bereits meldete Ashby die Räumung Straszburgs . Jackson errieth, dass dies einen Abmarsch nach Washington hin bedeute und befahl deshalb sofortige Verfolgung mit allen Truppen.

Seine Armee erreichte, zum Theil nach Märschen von 5 Meilen, am Nachmittage des 22. Straszburg . Zu gleicher Zeit attaquirte der vorausgeeilte

Ashby

die

inzwischen

eingeholte

Arrieregarde von Shields dicht bei Winchester und campirte in der Nacht darauf bei Kernstown , 3/4 Meilen südlich der vorgenannten Stadt. General

Stonewall Jackson's Virginienthal- Campagne.

213

Shields , der in diesem Gefecht verwundet worden war , hatte nur einen kleinen Theil seiner Division entfaltet und dieses Factum, verbunden mit anderen Nachrichten, verleitete die conföderirten Führer dazu, die Stärke der Feinde zu unterschätzen, die aber trotz Abzuges der Division Williams noch immer 3 Brigaden betrug.

Diese falsche

Schätzung der feindlichen Truppenmacht, welche man für eine zubrachte Jackson zu dem (für das Ge-

rückgebliebene Brigade hielt ,

lingen des Ganzen allerdings glücklichen ) Entschlusse, mit Eilmärschen den Feind einzuholen, um ihn in ein Gefecht zu verwickeln. Schon in frühester Morgenstunde sandte er Ashby drei Compagnien Infanterie zur Unterstützung nach und eilte mit dem Rest so schnell wie möglich herbei, um sich den Feind nicht entschlüpfen zu lassen. Nach einem Marsche von 31/2 Meilen erreichte er Kernstown um 2 Uhr Nachmittags.

General Shields hatte beschlossen , dem Angriffe zu begegnen, indem er Kimballs Brigade, 4 Regimenter stark , und Daums Artillerie gegen Kernstown vorschickte . Sullivans Brigade von 4 Regimentern bildete das zweite Treffen und Tylers Brigade von 5 Regimentern die Reserve . Ashby hielt die Vorbewegung der Avantgarde des Feindes durch ein heftiges Tirailleurfeuer während ganzen Vormittags auf.

des

Obgleich die Unirten sich kampfbereit machten, glaubte man dort keineswegs an einen ernstlichen Angriff, da ihnen ja die Stärke der Abtheilung Jacksons nunmehr bekannt geworden war. Shields sagt in seinem Berichte ,

dass

der Offizier ,

welcher am Vormittage des

23. längs der Front der Linie recognoscirte, die bestimmte Meldung abgegeben habe , dass auszer Ashby's Truppe kein Feind in Sicht sei. Shields fährt fort : " Ich theilte diese Meldung sofort dem General Banks mit, der damals sich bei mir aufhielt, und wir kamen zu dem gemeinsamen Schlusse , dass Jackson es nicht wagen würde , sich Nachdem wir zu diesem soweit von seiner Basis zu entfernen . Schlusse gekommen waren, reiste General Banks nach Washington ab, wohin er dienstlich berufen war ; nur die Officiere seines Stabes, welche am Nachmittage nach Centreville wollten, blieben noch zurück. " Als Jackson Kernstown erreichte, waren seine Truppen schon sehr müde . Drei Viertel derselben hatten seit dem vorigen Morgen mehr als 9 Meilen marschirt. Er gab deshalb die ersten Anordnungen zum Bivouakiren ; doch besann er sich bald eines Anderen . In seinem er : „ Obgleich es sehr wünschenswerth war , den

Rapporte sagte

Feind durchaus zu verhindern,

das Thal zu verlassen , hielt ich es

zuerst dennoch für das Beste ,

mit dem Angriffe bis zum nächsten

Stonewall Jackson's Virginienthal - Campagne.

214

Morgen zu warten.

Da ich aber bald merkte ,

eine Stellung hatten ,

dass die Föderirten

von der aus sie uns sehen konnten ,

so hielt

ich es für sehr gefährlich, den Angriff aufzuschieben, da der Feind über Nacht noch Verstärkungen hätte herbeiziehen können. " Jackson , der keine Verstärkungen mehr zu erwarten hatte, führte deshalb seine kleine Schaar zum Angriffe vor. Sein Plan war, die Hügelkette zu gewinnen , Feinde lehnte ,

gegen die sich der rechte Flügel der

die Flanke desselben weg zu drücken und sich der

Stadt und Stellung Winchester im Rücken des Gegners zu bemächtigen.

Er gewann zwar die Spitze

des Hügels ,

im Stande , ihm dort Widerstand zu bieten ,

serve stehende Brigade und andere Truppen konnten, um wiederum Jackson's Flanke nunmehr der Angegriffene war.

aber Shields

war

bis Tyler's in der Reherbeigeholt werden zu gewinnen , der

Die Linie der Conföderirten bildete

einen rechten Winkel ; auf dem einen Schenkel der eigentlichen Front stand nur Artillerie, auf dem linken , nach dem Hügel vorgeschobenen Schenkel nur Infanterie ,

deren äuszerster Flügel ,

von Fulkerson's

Brigade gebildet, die Stellung trotz aller Angriffe siegreich behauptete.

Der Hauptstosz der Feinde

Centrum ,

concentrirte

sich aber auf das

d . h. gegen den Scheitelpunkt des Winkels , und

immer

dünner und schwächer wurden die Reihen, bis Garnett, welcher hier commandirte ,

glaubte , den Rückzug antreten zu müssen , nachdem

der Kampf drei Stunden lang auf das hartnäckigste fortgeführt worden war . Natürlich musste die Durchstoszung dieses gefährlichen Punktes der Schlachtlinie sich

den Verlust

ziehen und den linken Flügel in

Jedoch verloren die Conföderirten

des ganzen Gefechtes eine

nach

üble Position bringen.

nur 2 demontirte Geschütze

und

2-300 Gefangene. Jackson hatte

zu diesem Gefechte nur 2742 Mann Infanterie, General Shields

290 Mann Cavallerie und 18 Geschütze zur Stelle :

schätzt die Stärke seiner Truppen auf 7000 Mann . Der Verlust war auf beiden Seiten ziemlich derselbe, 700 auf Seiten der Conföderirten , 600 auf der des Gegners . Todtmüde und gänzlich niedergeschlagen war Jacksons

kleine

nach einem langen Marsche

Armee nach dem Kampfe , welchen sie gegen eine doppelte Uebermacht geschlagen hatte ; verzagt und kleinmüthig geworden von den unüberwindlichen Schwierigkeiten, welche sich vor ihnen aufzuthürmen schienen, gingen sie nur 112 Meilen zurück

und

sanken

erschöpft

zur Ruhe .

„ In den Zaunecken " ,

sagt

Allan , „ unter den Bäumen, rund um ihre Fahrzeuge herum, warfen sich die Leute hin , manche zu müde , auch nur zu essen , und

Stonewall Jackson's V rginienthal-Campagne.

215

vergaszen im tiefen Schlummer die Mühseligkeiten, Gefahren und das Unglück des Tages .

Auch Jackson sank erschöpft an einem Zaune

nieder und suchte Stärkung in dem Schlafe , den die Natur forderte. " Am nächsten Morgen erst ging er über den Cedar Creek und zog sich , langsam vor dem verfolgenden wieder nach Mount Jackson zurück.

Feinde

zurückweichend,

Der kühne Angriff Jacksons bei Kernstown hatte , an und für sich unglücklich verlaufen ,

wenn auch

einen bedeutenden Einfluss

auf die Stellung der im Thale sich bekämpfenden Kräfte ausgeübt. Die erste Wirkung desselben war die Rückberufung der Truppen, welche damals vom Thale nach Manassas marschirten . General

Shields sagt: „ Obgleich die Schlacht gewonnen war,

konnte

ich doch nicht

glauben, dass Jackson ein solch entschiedenes Gefecht führen würde , ohne Verstärkungen in der Nähe

zu haben ;

um daher gegen eine

solche wahrscheinliche Vergröszerung seines Widerstandes gesattelt zu sein,

brachte

ich

(während Jackson schlief) die ganze folgende

Nacht damit zu, alle Truppen zusammen zu bringen, welche in meinem Bereiche lagen . Zugleich entsandte ich einen expressen Boten nach William's Division , indem ich die Arrièrebrigade, welche etwa 5 Deutsche Meilen entfernt sein mochte ,

aufforderte, Tag und

Nacht zu marschiren, um mich am nächsten Morgen zu verstärken . Ich hob sämmtliche kleinere Posten in meinem Rücken auf und liesz sie in Eilmärschen herbeikommen , mir wären General Banks,

damit sie bei Tagesanbruch bei

der auf seinem Wege

nach Washington von

unserm Gefechte Kunde erhielt, blieb bei Harpers Ferry halten, und sandte

mit auszerordentlich

anerkennungswerther Promptheit

und

Weitsicht (?) mir sofort William's ganze Division zu Hülfe , so dass mein expresser Bote die Division bereits auf dem Marsche fand . Der General kam sogleich in nachdem

er mir einen

eigener Person

mit und übernahm ,

flüchtigen Besuch gemacht hatte,

Commando über die den Feind verfolgenden Truppen.

selbst das Diese Ver-

folgung wurde fortgesetzt, bis der Feind Woodstock erreichte. " So wurde McClellan's Plan ,

Bank's Corps

eine centrale feste

Stellung bei Centreville nehmen zu lassen , mit diesem kleinen Stosze vernichtet und jene über 20,000 Mann starke Macht wurde für nöthig erachtet, um Jackson's 3000 Mann und dessen vermeintliche , Verstärkungen

in Schach

zu

halten .

kleine Gefecht auch die Frage,

Ohne Zweifel entschied dieses

ob Blenker's Division

Mann , welche McClellan beanspruchte,

von 10,000

nicht besser in Westvirginien

216

Armstrong und Krupp.

zu verwerthen sei ; denn bald nach dieser Affaire sehen wir Blenker von Alexandria westwärts marschiren, um Fremont's Corps, der jetzt in Westvirginien commandirte, zu verstärken ; er hatte den Befehl erhalten, sich unterwegs bei Banks zu melden, um Letzterem in dem . Falle beistehen zu können,

dass

derselbe

allein mit Jackson nicht

fertig werden würde . Einige Tage später stieg die Angst der Regierung zu Washington bis zu dem Grade , dass auch Mc Dowell's auserlesenes Corps den Händen McClellans , der mit ihm vielleicht damals

die Halbinselcampagne zu einem guten Ende geführt hätte,

entzogen wurde . Ueber 70,000 Mann (denen auszer Jackson nicht viele Truppen gegenüber standen) hatte McClellan seinem Berichte gemäsz schon zurückgelassen, schwichtigen ;

um die Besorgnisse Lincoln's zu be-

allein dieser fühlte nach dem Treffen bei Kernstown

seine Lage als eine sehr unsichere und widerrief den schon gegebenen Befehl zur Einschiffung McDowell's . So war es Jackso mit 4000 Mann möglic geword , die ihm n h en gegebenen Instructionen , den Feind von Entsendungen nach dem öst-

lichen Kriegstheater abzuhalten , vollständig zu erfüllen . (Schluss folgt.)

XVI.

Armstrong und Krupp.

Unter Zugrundelegung der Broschüre : „ Artilleria Armstrong y Krupp. Estudio comparativo de los dos sistemas al alcance de todos, par Don L. A. Madrid 1878.“ Mehrfach ist in diesen Blättern bereits darauf hingewiesen worden, dass in neuerer Zeit die Geschützfrage wieder zum Gegenstand eifriger Erörterungen, besonders in England, geworden ist. In Folge dessen ging uns aus Madrid die oben bezeichnete, in der zweiten Hälfte vorigen Jahres daselbst erschienene Broschüre zu, welche beweist, dass auch dort ein heftiger Kampf in Betreff der Wahl eines Geschütz- Systems entbrannt ist, und welche sehr harte Urtheile über das Deutsche Artilleriematerial fällt.

In der Einleitung sagt der Verfasser, dass er sich an der Hand eines Aufsatzes

in der Times

vom

30. August 1678 die Aufgabe

217

Armstrong und Krupp.

gestellt habe, 1. die gewaltigen Fortschritte, welche in neuester Zeit in der Artillerietechnik gemacht würden , in Spanien zur allgemeinen Kenntniss

zu bringen ;

2. die Aufmerksamkeit des Spanischen Ar-

tilleriecorps und der Regierung auf das eingehende Studium dieser Fortschritte

zu lenken ,

damit Spanien in den Mitteln zur Landes-

vertheidigung nicht hinter anderen Staaten zurückbleibe . dann

Er fordert

sorgfältige Versuche der verschiedenen Geschützsysteme,

auf

Grund deren man sich für das eine oder andere entscheiden möge. Vorweg glaubt der Verfasser aber schon über den Deutschen Gussstahl- Hinterlader, welcher in der Spanischen Feld-Artillerie während des Carlistenkrieges eingeführt wurde, den Stab brechen zu müssen und sagt : 99 Was den Oesterreichisch-Preuszischen Krieg betrifft, so wurden die Siege

der Preuszen

zum Theil der Ueberlegenheit des

Zündnadelgewehrs über das alte Oesterreichische Gewehr zugeschrieben. Die Oesterreicher hatten wohl nicht an diese Ueberlegenheit vor dem Kriege geglaubt und auch die Kosten gescheut, welche die Einführung

eines

besseren Gewehres verursacht hätte,

die Reform in der Bewaffnung unterlieszen ; Irrthum

ein,

weshalb sie

später sahen sie ihren

nahmen die anerkannten Fortschritte an und mussten

sich nun doch zu jenen Ausgaben bequemen, welche sie hatten vermeiden wollen. Bei Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges war den Franzosen die Ueberlegenheit der Deutschen Artillerie über die Französische nicht unbekannt ; aber sei es aus Eitelkeit, Indolenz oder aus Scheu vor den groszen Ausgaben, welche die Einführung eines besseren Systems im Gefolge gehabt hätte, alten Geschützsystem, welches

sie

zogen in den Krieg mit dem

sie besaszen,

und

wir kennen die

Folgen, zu welchen diese und andere Unvorsichtigkeiten führten . Welches Lob

verdient dagegen die Vorsorge der Preuszen in

diesen beiden Fällen !

Sie scheuten nicht die gröszten Ausgaben ,

um das alte Material mit neuem, welches sie für besser hielten, zn vertauschen .

Wir dürfen diese

beiden Beispiele nicht

auszer Augen lassen,

denn in unserer heutigen Zeit der Agitation würde die Verantwortung Diejenigen schwer treffen, welche aus Sorglosigkeit und Blindheit das alte Material beibehielten, wiewohl die Verhältnisse so günstig liegen, um eine gute Wahl zu treffen. Indessen ist uns der Eifer und Patriotismus nicht unbekannt, welcher in unserem Artilleriecorps lebt, und wir dürfen annehmen, dass es von demselben Wunsche wie wir beseelt ist. Wir sehen mit vollem Vertrauen ihrem Verhalten

entgegen,

welches überein-

218

Armstrong und Krupp.

stimmen möge mit den erhabenen Eingebungen, von denen es oftmals Zeugniss abgelegt hat. Zufolge des

erwähnten Artikels in der Times geben wir Ver-

gleichstabellen zwischen dem Artilleriematerial Armstrong und Krupp, auf welche wir im Besonderen die Aufmerksamkeit unserer Leser lenken möchten. " Folgen wir der Einladung des Verfassers zu dem ersten Vergleichspunkte, dem Gewichte der Geschütze , so sagt er : „ Die Frage des Gewichtes des Artilleriematerials sei von gröszter Bedeutung für die groszen wie für die kleineren Kaliber,

und das-

jenige Geschütz werde das bessere sein, welches bei demselben Gewichte eine gröszere Leistung habe , oder welches dieselbe Leistung bei geringerem Gewichte ergebe. Auf Schiffen , in Küstenbatterien, Panzerthürmen müsse das Gewicht des Artilleriematerials sehr in Betracht gezogen werden, namentlich wenn es sich um die. colossalen Geschütze handele,

die heutzutage gebräuchlich seien.

Man könne

vielleicht die Geschützzahl vermehren, ohne eine gröszere Gesammtbelastung in der betreffenden Batterie herbeizuführen . von der Feld- und Gebirgsartillerie,

Dasselbe gelte

welche von Zugthieren oftmals

auf schlechten Wegen zu transportiren seien, und daher ein möglichst geringes Gewicht erheische. Die Beziehung, welche zwischen dem Gewicht eines Geschützes und der gesammten lebendigen Kraft bestehe , die es dem Geschoss ertheile,

werde durch „ Meter-Tonnen "

Maszstab ab für

ausgedrückt und gebe

die Leichtigkeit des Geschützes .

Vergleichspunkt, auf welchen Krupp Gewicht legt."

den

Es sei dies ein

mit vollem Rechte ein groszes

Hierauf stellt der Verfasser einige Vergleichszahlen gegenüber : „Das mittlere Gewicht des Geschützes,

welches

auf jede „ Meter-

Tonne" Kraft komme, betrage bei Armstrong 6,28, bei Krupp 8,24 kg ; das Mittel in Meter-Tonnen,

welche

100 kg Geschützgewicht ent-

spricht, stelle sich bei Armstrong auf 16,73 , bei Krupp nur auf 12,43 . “ Diese Vergleichszahlen gestellt sein.

dürften

etwas leichtsinnig

zusammen-

Liegt es doch klar auf der Hand , dass jede Geschützart

nur für sich verglichen werden kann. Die Wirkung eines Geschützes wird seit einer Reihe von Jahren durch die lebendige Kraft des Geschosses gemessen , weil diese abhängig ist von den einzelnen Elementen, welche die Wirkung zusammensetzen. Berechnet man die lebendige Kraft auf 1 kg des Rohrgewichts, so erhält man einen richtigen Maszstab für die Ausnutzung des Kanonen-Materials .

Armstrong und Krupp.

219

Insoweit hat also der Verfasser in seinen Ausführungen Recht . Er verschweigt indessen, dass gerade bei den Krupp'schen Geschützen dieses wechselseitige Verhältniss zwischen Anfangsgeschwindigkeit und Rohrgewicht in steigender Potenz bei Neuconstructionen berücksichtigt wurde. Bis zum Jahre 1870 war die lebendige Kraft der Geschosse bei sämmtlichen Geschützarten geringer,

meist

sogar sehr viel geringer

als 100 Kilogramm-Meter auf 1 Kilogramm Rohrgewicht.

Die ersten

Versuche, die lebendige Kraft der Geschosse zu erhöhen, waren von der Krupp'schen Fabrik

ausgeführt

und

zwar im Jahre 1868,

man sie auf 188 kg-m auf 1 kg Rohrgewicht brachte .

wo

(Versuchs-

geschütz 8 cm mit 280 kg Gewicht. ) Im August 1869 gelangte man zu einer lebendigen Kraft von 249 kg-m bei einem Rohrgewicht von 280 kg einer Granate von 4,2 kg und einer Anfangsgeschwindigkeit von 570 m auf die Secunde. Da es indessen für

ein Feldgeschütz

nicht genügt ,

dass das

Rohr allein allen Anforderungen entspricht, sondern auch die Laffete bei mäszigem Gewichte

eine

hinreichende Widerstandsfähigkeit und

Bequemlichkeit der Bedienung gewährt ,

wurde

die

lebendige Kraft

auf 1 kg Rohrgewicht für das Feldgeschütz auf 150 kg-m reducirt. Das 8 cm-Feldgeschütz , welches im Jahre 1871 von Krupp in Berlin präsentirt wurde,

ergab bei

einem Geschossgewicht von 526 m.

einem Rohrgewicht

von 4,470 kg

von 405 kg

und

eine Anfangsgeschwindigkeit

In gleicher Weise ist Krupp auch bei den groszen Calibern mit der Vergröszerung der Anfangsgeschwindigkeit zuerst vorgegangen. December 1869

wurde

ein 9zölliges Geschütz probirt ,

Im

mit einem

Rohrgewicht von 12,096 kg und einer Ladung prismatischen Pulvers von 28 kg, welche dem Geschoss von 124 kg eine Anfangsgeschwindigkeit von 466 m gab. Im December 1871 wurde bei einem 28 cmGeschütz für ein Geschoss von 239 kg eine Anfangsgeschwindigkeit von

491 m

erzielt.

Ein 9zölliges Geschütz

mit 12,285 kg Rohr-

gewicht, welches im Jahre 1871 versucht wurde, gab einem Geschoss von 138,3 kg eine Anfangsgeschwindigkeit von 463 m ,

was

einer

lebendigen Kraft 123 kg-m auf 1 kg Rohrgewicht entspricht. Die nachstehende Tabelle stellt Krupp'sche Geschütze Armstrongschen gegenüber, wobei nur Geschützarten gewählt sind, welche wirklich eingeführt, nicht lediglich zu Versuchen construirt wurden.

Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI.

15

Armstrong und Krupp.

220

RohrGeschützart.

Gewicht

AnfangsGeschossgeschwindigkeit Gewicht m

Lebendige Kraft des Ges chosses im Ganzen MeterTonnen

auf 1 kg Rohrgewicht kg-m

37,7 62,6

103

kg

kg

406

4,11 7,34

424

610

103

4,3

294

18,95

184 164

163

1. Feld- und GebirgsGeschütze . a. Armstrong. 9pfünd . Feldgeschütz 16pfünd. Feldgeschütz .

409

93

b. Krupp. 7,5 cm-Feldgeschütz 7,5 cm-Feldgeschütz .

300

4,3

473

49,1

8,7 cm-Feldgeschütz .

450

6,8

465

625

12,5

400

75,0 102,0

Zoll

7100

52,0

476

600

84,5

""

9100

81,3

431

771

85,0

9

""

12200

112,6

433

1078

88,5

10

""

18300

181,0

415

1590

87,0

121/2 ,,

38600

363,0

433

3469

90,0

10,7 cm-Feldgeschütz

167

2. Küsten- und SchiffsGeschütze . a. Armstrong.

7

8

17 21

b. Krupp. cm

,,

136

5600

60

500

765

(kurz)

10000

108

475

1242

124

2040

121

24

""

(lang)

16800

160

500

26

""

(kurz)

19000

205

475

2360

124

30,5 "2 35,5 ""

(lang)

38700

333

500

4240

110

52000

525

500

6691

129

Hiernach stellt sich das Krupp'sche Material um 76 bis 21 pCt. besser als das Armstrong'sche (Englische) . Auch bei den Neuconstructionen beider Systeme ist die Ueberlegenheit der Krupp'schen Hinterlader

zu erkennen ; ja das 7,6 cm-

Feldgeschütz von Armstrong ist nicht besser, als das gleiche Kruppsche Geschütz bisheriger Construction . dies beweisen.

Die folgende Tabelle

wird

221

Armstrong und Krupp .

Rohr-

Geschützart.

gewicht

AnfangsGeschossgeschwindigkeit Gewicht m

kg

kg

Lebendige Kraft des Geschosses im Ganzen MeterTonnen

auf 1 kg Rohrgewicht kg-m

1. Feld- und GebirgsGeschütze. a. Armstrong. 168,5 417

3.2

419

28.6

170

5,92

480

69,6

167

6,3 cm-Gebirgsgeschütz

105

3,2

380

23,6

225

7,5 cm-Feldgeschütz

415

500

76,5

184

9,6 cm-Feldgeschütz

625

6,0 12

440

118

189

3963

30,3

626

606

153

639

161

1734

149

6,3 cm-Gebirgsgeschütz

7,6 cm-Feldgeschütz

b. Krupp.

2. Küsten- und SchiffsGeschütze. a. Armstrong. 15 cm ( 6 Zoll) .

20 ""

(8 Zoll) .

37,2

580

11635

83,3

639

3960

31.3

651

676

171

51,0

508

672

170

135,5 160,5

624

2689

149,4

583

2780

154,4

b. Krupp . 15 cm .

24

,,

18000

Wir glauben durch diese Vergleichszahlen , tischen officiellen Berichten

entlehnt

sind ,

welche nur authen-

die Behauptungen

des

Spanischen Verfassers hinreichend entkräftet zu haben . Als zweiten Vergleichspunkt Geschützrohre hin und sagt :

stellt der Letztere die Länge der

„ In Betreff der Rohrlänge überträfen fast durchweg die Kruppschen Geschütze die Armstrong'schen ,

indessen sei dies keineswegs

ein Vorzug, denn es sei eine Folge des Verschluss- Systems , welches einen groszen Theil

der Rohrlänge und des Rohrgewichtes in An-

spruch nähme, so dass die gröszere Rohrlänge nicht die ballistischen Verhältnisse des Geschützes vortheilhaft beeinflusse.

Anders sei es 15*

Armstrong und Krupp.

222

mit der eigentlichen Seelenlänge des Geschützrohres, welche eine gröszere Bedeutung habe , als die gesammte Rohrlänge . In dieser Hinsicht habe Armstrong

vor Krupp grosze Vorzüge . Bekanntlich sei die Anfangsgeschwindigkeit eines Geschosses um so gröszer , je länger der Weg sei , welchen das Geschoss in der Seele des Rohres zurücklegt, so dass also die Pulvergase längere Zeit auf das Geschoss. einwirken können. Daher komme das Bestreben in der modernen Artillerie , eine möglichst grosze Länge der Seele zu erhalten, ohne das Gewicht des Rohres zu sehr zu erhöhen. Armstrong habe bei seinem 25,5 cm *) eine Seelenlänge, welche im Vergleich zu dem Krupp'schen Geschütz von 30,5 cm, das seinem Caliber entsprechend natürlich bedeutend wirksamer sein müsse , als jenes, nur eine um 255 mm geringere Seelenlänge . dessen den Vergleich ziehe

Wenn man in-

mit dem Krupp'schen 28 cm-Geschütze,

welches dem Caliber entsprechend , gleichfalls überlegen sein müsse, so ergebe 1,213 m.

sich für das Armstrong- Geschütz ein Vortheil von Sogar das Armstrong - Geschütz von 20 cm werde

vom Krupp'schen 28 cm- nur um 50 mm übertroffen , während es 16,034 kg mehr wiege . Der Armstrong'sche 15 cm habe 75 mm mehr Seelenlänge als das Krupp'sche Geschütz gleichen Calibers . Ebenso habe das

Krupp'sche Feldgeschütz

von 8,7 cm

187 mm geringere

Seelenlänge als das 7,5cm- von Armstrong und 70 mm weniger als dessen 7 cm-Geschütz , welches letztere das Krupp'sche von 7,5 cm noch um 13 cm übertreffe . " Soweit die Spanische Broschüre. Richtig ist,

dass die Pulverkraft bei

einer längeren Seele des

Rohres im Allgemeinen mehr ausgenutzt wird und das Geschoss dadurch eine gröszere

Anfangsgeschwindigkeit erhält.

die Länge des Geschützes auch ihre Grenzen , Unzuträglichkeiten im Gefolge hat. Deshalb muss die

Länge der

Seele

da

Indessen sie

hat

mancherlei

nach den jedesmaligen

Gesammt -Verhältnissen und auf Grund der theoretischen und praktischen Erfahrungen bestimmt werden. Bei Einführung der gezogenen Geschütze hielt man für die bereits vorhanden gewesenen Caliber die bisherigen Längen der Seele bei. Die groszen Caliber waren verhältnissmäszig kürzer als die

*) Dieses Armstrong'sche Rohr ist vorläufig nur Project. Anm. des Ref.

223

Armstrong und Krupp. kleineren Caliber.

So hatte z . B. das 9 zöllige Armstrong- Geschütz

nicht ganz 14 Caliber Seelenlänge. Die Gussstahl -Hinterlader erhielten im Jahre 1865

eine Länge

der Seele von beinahe 16 Caliber und bald darauf von 17 bis 17/2 Caliber.

Diese Länge , welche nach heutigen Anschauungen ein wenig

gering bemessen

erscheint ,

war zur damaligen Zeit vollkommen

gerechtfertigt, weil man bei den angewendeten schwachen Pulverladungen durch Verlängerung der Seele kaum einen Vortheil erzielt haben würde. Allein sobald Krupp anfing , die Pulverladung zu vergröszern,

machte

er auch die Seele der Geschütze länger, zunächst

19 , dann 22 und neuerdings 25 Caliber und mehr. Thatsächlich war die Seele der Krupp'schen Kanone stets länger als diejenige von Kanonen anderer Systeme . Die Engländer versuchten zuerst diesen Umstand als unvortheilhaft hinzustellen , weil sie dem Fortschritt nicht folgen

konnten.

Die längere Seele bot

nämlich Schwierigkeiten für das Vorderladungssystem dar.

Als aber

die mechanischen Ladeapparate erfunden waren , hielten sie es für angemessen , auch ihrerseits die Vortheile aus einer längeren Seele zu ziehen.

Die neuen Geschütze wurden

tend länger construirt als die alten. 38 Tonnen ( 12zöllig)

erhielt

dem

entsprechend bedeu-

Das erste Geschütz z . B. von

eine Länge

von 162 Calibern ; dem

80 Tonnen-Geschütz gab man 18 Caliber, dem für Italien construirten 100 Tonnen-Geschütz 211/2 Caliber Seelenlänge.

Man folgte also dem

Vorgange Krupp's . Was das zuletzt construirte 6 zöllige Armstrong-Geschütz ( 15 cm-)

anbetrifft, so zeigt dasselbe nur genau dieselbe, keine gröszere Seelenlänge

als

das

seit 1869 construirte Krupp'sche Geschütz (Seelenlänge 23 Caliber) . Das Rohrgewicht (ungefähr 4000 kg) ist ebenfalls beinahe dasselbe bei beiden Geschützen. Indessen hat Krupp bereits im Jahre 1875 ein 15 cm-Geschütz von 25,4 Caliber Seelenlänge construirt , welche Länge Armstrong erst jetzt bei gebracht hat.

seiner 20 cm- ( 8zölligen) Probekanone in Anwendung Armstrong

ist

also in

allmälig nachgefolgt. (Schluss folgt. )

dieser Richtung Krupp

nur

Umschau in der Militair -Literatur .

224

XVII .

Umschau in

der Militair - Literatur.

Geschichte des 1. Thüringischen Infanterie- Regiments Nr. 72 in den Jahren 1860 bis 1878.

Zusammengestellt von Fa-

bricius , Hauptmann u. s . w. Verfasser,

schon bekannt durch einige kleinere von ihm ver-

öffentlichte kriegsgeschichtliche Arbeiten , hat in der vorliegenden Regimentsgeschichte ein ebenso ausführliches, wie gewandt und klar geschriebenes Buch veröffentlicht. Das Regiment Nr. 72 gelangte 1866 nach Betheiligung an den Gefechten bei Liebenau und Podol am 3. Juli in der Schlacht bei Königgrätz zu besonders ruhmreicher Thätigkeit durch den Kampf im Hola- und Swiepwalde ; 1870 focht es zuerst, dem VIII. Armeecorps zugetheilt, in der Schlacht bei Mars-la-Tour auf dem äuszersten rechten Flügel unter ganz ungemein groszen Verlusten, wurde dann, nachdem es bis zum 10. September an der Einschlieszung von Metz betheiligt war, Besatzung von

Saarlouis verwendet ,

desselben alsdann Anfang October

von

einige Wochen als

wo der gröszere

Theil

zur Beobachtung von Thionville

vorging und vor dieser Festung bis zu deren Uebergabe blieb . Ende December wurden die Zweiundsiebenziger dem VII. Armeecorps überwiesen und nahmen im Verbande der Brigade Dannenberg an den Operationen der Manteuffel'schen Südarmee Theil,

wobei

sie ins-

besondere das Garibaldi'sche Truppencorps in Schach zu halten hatten und mit diesem am 6. Januar bei Champ d'Oiseau, am 8. bei Montbard in Berührung kamen . Mit einer Gründlichkeit und Sorgfalt , die ihres Gleichen sucht, hat Verfasser zunächst die einschlagenden Operationen und Kämpfe im Zusammenhange, dann die kriegerischen Leistungen jeder Abtheilung des Regiments besonders zur Darstellung gebracht. Er genügt nach dieser Richtung hin sicherlich den höchsten Anforderungen, welche an eine Regimentsgeschichte zu stellen sind .

Aber auch für die allgemeine

Geschichte jenes Krieges sind die Schilderungen des Verfassers eine zuverlässige Quelle, während in taktischer Beziehung einerseits die Darstellung der

Schlacht bei

Mars-la-Tour ,

andererseits

die

des

kleinen Krieges in der Cote d'Or geeignete Grundlagen für Studien

Umschau in der Militair-Literatur. bieten.

Das Das

225

vorliegende Werk verdient somit eine sehr vielseitige

Beachtung und gehört unter den Regimentsgeschichten unzweifelhaft zu denjenigen, welche als mustergültig zu bezeichnen sind.

Buschbeck-Helldorff's

Feld-Taschenbuch für

Offiziere

aller

Waffen der Deutschen Armee zum Kriegs- und Friedensgebrauch . Bearbeitet von mehreren Preuszischen Offizieren . Vierte

sorgfältig

revidirte

und

vervollständigte

Auflage.

1-5. Lieferung. Wenn ein Werk, wie das vorliegende, seit dem Jahre 1870 in drei neuen Auflagen erscheint, so ist hiermit schon das Urtheil über seine Brauchbarkeit gesprochen . Zwischen den bekannten Helldorff'schen Dienstvorschriften, deren Beschaffung ihres Umfanges und hohen Preises wegen sich auf Bibliotheken und Bureaus beschränken wird,

und dem vortrefflichen Firck'schen Taschenkalender ,

welcher

für den praktischen Dienst ein geschätztes Vademecum ist , hält das vorliegende Feld-Taschenbuch die Mitte und will "gewissermaszen eine Encyclopädie des militairischen Wissens, soweit es den Offizier im Dienste betrifft ", sein.

Und in der That, überblickt man das In-

haltsverzeichniss des Werkes und die einzelnen Abschnitte desselben, so

dürfte

in

der bezeichneten Richtung kaum ein Gegenstand zu

finden sein, der nicht

eine eingehende Beachtung gefunden hätte.

Selbst die Hauptformationen und Stärke

der auszerdeutschen Euro-

päischen Armeen, die werthvollsten Karten Europas, die Gesundheitspflege von Mensch und Pferd, mathematische , physikalische und geographische Notizen , Münzen , Maasze und Gewichte, die Rechtsverhältnisse der Militairpersonen in Ansehung der bürgerlichen Gerichtsbarkeit und

in Ansehung

der

staatsbürgerlichen Rechte und

Pflichten finden u. A. neben den allgemein bekannten Dienstzweigen Erwähnung . Dem Schreiber dieser Zeilen ist das schon so lange bestehende Werk mit den vorliegenden fünf Lieferungen zum ersten Male zu Gesicht gekommen und

er urtheilt hier lediglich unter Bezug auf

diese 5 Heftchen. Lieferung 1-4 (352 Seiten) derselben enthalten den Dienst in der Garnison, den inneren Dienst, Orden, Ehrenzeichen und Auszeichnungen, sowie zum Theil auch die Ausbildung zum Dienst, die 5. Lieferung (80 Seiten)

bringt Näheres

über die Handfeuerwaffen ;

sämmtliche Hefte machen einen recht günstigen Eindruck . Bei einer sehr groszen Reichhaltigkeit sind die Angaben kurz und klar unter Hinweis auf die bezüglichen Verordnungen

hingestellt ; bei den Hand-

Umschau in der Militair-Literatur.

226

feuerwaffen erhöhen acht sachgemäsze Zeichnungen das Verständniss des Textes . Der Druck, wenn auch klein und gedrängt, ist doch deutlich und allem Anscheine nach äuszerst correct, wenigstens erzielte

die Suche nach Druckfehlern das Ergebniss ,

dass keine ge-

funden wurden. Mit der gröszten Befriedigung haben wir daher die neuerschienenen Hefte aus der Hand gelegt und unsere Absicht, in einem

Exemplar

der früheren Auflage ein Urtheil über die Ab-

fassungsweise der anderen Capitel zu gewinnen , das Vorhandene bürgt bestens für das Uebrige.

aufgegeben ;

denn

Wem es nicht genügt, für den täglichen Gebrauch den „ Firck's " bei sich zu tragen , wer nicht in der Lage ist, auf dem Bureau die Helldorff'schen Dienstvorschriften zur Verfügung zu haben, dem wird das Feld-Taschenbuch ein ganz vortrefflicher Rathgeber sein, welcher die Antwort selbst in den verwickeltsten Fällen und auch in fernliegenden Dienstgegenständen gewiss nicht schuldig bleiben wird.

Es

sei schlieszlich noch hervorgehoben, dass eine Lieferung , 5—6 Druckbogen umfassend, nur 1 Mark kostet.

Ueber die Heranbildung der Einjährig-Freiwilligen zu Reserveoffizieren. Von Fritz Hoenig , Hauptmann a . D. Der seit Kurzem als Militairschriftsteller sehr thätige Verfasser wendet sich in der vorliegenden Broschüre welcher für

die

modernen Heere

einem Gegenstand

zu ,

von der gröszten Wichtigkeit ist

und seit einiger Zeit die Militairliteratur ganz besonders beschäftigt . Im groszen Ganzen gehören die in der Preuszischen Armee bestehenden Bestimmungen über die Einjährig-Freiwilligen einem Zeitabschnitt an,

in welcher die Durchschnittsbildung auf einer erheb-

lich niedrigeren Stufe stand als dies heutigen Tags der Fall ist und wo die Taktik im Wesentlichen noch mit geschlossenen Formationen rechnete . Die heutige Kampfweise verleiht dem jüngeren Offizier im Vergleiche zu jener Zeit einen bedeutend erhöhten Einfluss auf die Mannschaft während

des Gefechtes .

Dieser Einfluss

niger auf einer gröszeren militairischen Fachkenntniss

fuszt we-

als

auf der

geistigen Ueberlegenheit, welche der Gebildete der Menge gegenüber besitzt.

Ein höherer Grad

von Bildung ist das

um dem Berufsoffizier sowohl,

als

sicherste Mittel,

auch dem Reserve- oder Land-

wehroffizier die ihm gebührende dienstliche Stellung zu verschaffen . Aus diesem Grunde kann man dem Verfasser der vorliegenden Broschüre nur zustimmen, wenn er wünscht,

dass fortan die Berechti-

gung zum einjährigen Dienst erst nach Ablegung des Abiturienten-

Umschau in der Militair-Literatur. examens ertheilt wird .

Aber andererseits

227

ist hierbei zu bedenken,

dass man mit einer solchen Anordnung unbedingt genöthigt ist, mindestens gleiche Bedingungen an alle

auf Beförderung Eintretenden

zu stellen und den Lehrplan im Cadettencorps hiernach zu ändern . Ob dann jedoch der erforderliche Zuwachs an Offizieren des stehenden Heeres gesichert ist, bleibt eine reiflich zu erwägende Frage . Ob mit Einführung einer solchen Maszregel die Armee die für den Krieg erforderliche Anzahl von Reserve-Offizieren erhielt, wäre eine zweite Frage, bei deren Beantwortung nicht auszer Acht zu lassen ist, dass die alsdann vorhandenen Reserveoffiziere bei Weitem tüchtiger und besser am Platze sein würden , als dies früher der Fall war.

Ferner

will Verfasser, dass die Einjährigen 11/2 Jahr dienen, allerdings ein Widerspruch in Worten . Ich halte eine solche längere Dienstzeit nicht für erforderlich, erkenne es aber als sehr zweckdienlich an, wenn die Einjährigen , wie Verfasser, gestützt auf einen anderen vor Kurzem veröffentlichten Aufsatz , vorschlägt, am 1. Januar eintreten . Werden sie etwa 8 Monate in Reih und Glied ausgebildet und thuen dann, abgesehen von ihrer theoretischen Ausbildung , noch 4 Monate Unteroffizierdienste, so Grundlage

meine

ich,

wäre nicht nur eine genügende

für die Weiterbildung gelegt,

der betreffenden Vorgesetzten

möglich,

sondern auch ein Urtheil

ob der in Frage stehende

Freiwillige die Fähigkeiten besitzt, mit Erfolg zum Reserve-Offizier ausgebildet werden zu können.

Die Ausbildung der Reserve -Offizier-

Aspiranten krankt hauptsächlich daran , auf Weiterbeförderung

entlassenen

dass

jungen

die mit der Aussicht Leute

bei ihrer dem-

nächstigen Dienstleistung zu kurze Zeit und zu wenig scharf herangenommen werden,

um in den Pflichten

des Offiziers

werden, um die Befähigung zum Offizier zu zeigen.

erzogen zu

Suche man es

zu ermöglichen, dass der Betreffende eine dreimonatliche Dienstleistung durchmacht und dass die Linientruppentheile äuszerst strenge in den dienstlichen Anforderungen sind, aber zugleich auch scharf prüfen, ob gesellschaftliche Stellung, sittlicher Halt u. s . w. des Betreffenden ein tüchtiges Mitglied des Offiziercorps

erwarten lassen.

Der Linientruppentheil hat auf diese Weise Gelegenheit und Mittel genug , um Unwürdige, Ungeeignete dem Offizierstande fern zu halten ; die eigentliche Wahl der Betreffenden muss im Allgemein dem Landwehr-Offiziercorps bleiben .

Mit Zustimmung lese ich in der vor-

liegenden Broschüre die Vorschläge, welche darauf gerichtet sind, den Geist der Cameradschaft in den einzelnen Landwehr-Offiziercorps zu heben ; es können nicht Mittel genug geschafft werden, um dem Offizier des beurlaubten Standes es zu ermöglichen,

sich ohne Stö-

Umschau in der Militair-Literatur.

228

rung seines eigentlichen Berufes auch in militairischer Beziehung entsprechend weiter bilden zu können . Wie die vorstehenden Zeilen beweisen, hat die Abhandlung des Verfassers manche Gedanken bei mir wachgerufen , welche nicht vollständig mit den in der Broschüre entwickelten Ansichten genau übereinstimmen ; dieselbe will unter Anderem auch, dass schon während der activen Dienstzeit, und zwar in dem dritten Halbjahre, mit der Ausbildung zum Offizier begonnen werde , dass im Reserveverhältniss zahlreiche Uebungen von 6--8 Wochen und im Landwehrverhältniss von zwei zu zwei Jahren Uebungen von bei der Linie stattfinden.

gleicher Dauer

Die kleine Schrift ist jedenfalls sehr anregend geschrieben, und wenn auch an einzelnen Stellen im Interesse der Sache mit zu grellen Farben aufgetragen wird, so verdient im groszen Ganzen das Gesagte reifliche Erwägung und Beachtung.

Im Anfange

der Ab-

handlung sagt Verfasser, dass die allgemeine Wehrpflicht in Preuszen nach den Tagen des Unglücks von 1806 entstanden sei ; wir dürfen hier wohl daran erinnern, dass Friedrich Wilhelm II. die allgemeine Wehrpflicht bereits als eine Ehrenpflicht jedes Unterthans bezeichnet und jene zum Gesetz erhoben hatte.

Allerdings

erst die Zeit der

schweren Noth zwang dazu , das Gesetz auch mit voller Kraft in Wirksamkeit treten zu lassen. Die grosze Ueberlegenheit, welche das Preuszisch-Deutsche Heer bisher durch die allgemeine Wehrpflicht hatte, sagt Verfasser dann, fällt für die Zukunft fort - wir müssen also

neue Wege

sichern.

betreten ,

wodurch wir

uns

eine Ueberlegenheit

Da möchte ich dem Verfasser mit seinen eigenen S. 12

niedergelegten Worten antworten : „ Die Siege der letzten zehn Jahre hat ebensowenig der Schulmeister, wie der Reserveoffizier allein erfochten, sondern das in langer Friedenszeit durch ernste Arbeit herangebildete Volk,

geführt durch ein tüchtiges Offiziercorps ,

und weitsichtige Heeresleitung . " nicht auch in langer Friedenszeit

eine um-

So lange also ein anderes Volk zu dem herangezogen sein wird ,

was das Deutsche Volk längst ist, fest in Manneszucht und Pflichttreue, bleibt dem Deutschen Heere noch ein groszer Vorzug.

Auch

ein tüchtiges Offiziercorps entsteht nicht ohne Weiteres durch neue Einrichtungen und Gesetze, das kann nur allmälig bei allseitig gesundem Kerne geschaffen werden . — Haben wir in dieser Beziehung einen Vergleich zu scheuen ?

Die Augen auf und umgesehen , aber

keine ängstliche Schwarzseherei .

Umschau in der Militair-Literatur.

Zweijährig-Freiwillige.

Ein

Vorschlag

zur

229 Erleichterung der

Wehr- und Steuerpflicht das Volkes von Hermann Rosenthal. Möglichst weite Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht und möglichst geringe Ausgaben für das Heer - das sind die beiden Staatsgrundsätze

und schroffen Gegensätze,

welche schon sehr viel

Staub aufgewirbelt haben und noch sehr häufig Staub aufwirbeln werden . Ohne die Schlagfertigkeit der Armee zu gefährden , will der Verfasser über 30 Millionen Mark am Heeresbudget sparen, indem er nach Art des Einjährig-Freiwilligen-Instituts Zweijährig-Freiwillige einführt. --- Diese müssen ihre wissenschaftliche Befähigung - etwa nach erfolgreichem Besuch der Quarta der Gymnasien zu ertheilen darthun, und 180 Mark vor dem Eintritt einzahlen, wofür sie monatlich 2 Mark 50 Pfennig Löhnung erhalten , sich aber auszerdem selbst kleiden, beköstigen , unterbringen u . s . w. sollen . Zweijährig-Freiwilligen werden , richtig lassen wir hingestellt sein

so

Durch jeden

berechnet sich Verfasser - ob 770 Mark 10 Pfennig gespart ;

er glaubt 40,000 junge Leute, die dann gutes Material für Reserveund Landwehr - Unteroffiziere abgäben , würden sicherlich jährlich unter den vorgeschlagenen Bedingungen eintreten und dadurch dann die oben genannte Summe gespart werden Die Idee scheint recht praktisch zu sein und ist vielleicht, wenn auch nicht in dem Umfange und der Wirkung, wie Verfasser es sich denkt, durchführbar.

Jeden-

falls würde ihre Einführung das Gute im Gefolge haben, dass sich im Allgemeinen die Schulbildung bedeutend heben und bei Heer und Volk die Sittlichkeit und Disciplin vielleicht einen noch höheren Grad wie bisher einnehmen würde . Jedenfalls sind die Vorschläge werth, reiflich erwägt und geprüft zu werden .

Studie über Taktik der Feldartillerie von

A.

von

Schell ,

Oberstlieutenant und Commandeur des 1. Westfälischen Feldartillerie-Regiments Nr. 7 , III . Heft : die reitende Artillerie im Gefechte der Cavallerie - Division nebst Schlussbetrachtungen und Anhang. Der Krieg von 1870/71 der reitenden Artillerie

hat den Werth und

die

bei den Cavallerie-Divisionen

Bedeutung klar gelegt.

Unter besonderer Zugrundelegung dieser Erfahrungen beleuchtet Oberstlieutenant von Schell in dem 3. Hefte seiner Studien das Verhalten und die Verwendung Verbande .

der reitenden Artillerie im

erwähnten

Umschau in der Militair-Literatur.

230

Die Bedingungen, unter welchen die der Cavallerie-Division zugetheilte Artillerie zu kämpfen hat , zeigen soviel Verschiedenheiten gegen den sonstigen Gebrauch der Artillerie , über Artillerie -Taktik wendig erscheint. entwickelnde,

Bei

eine

besondere

dass bei jeder Studie

Behandlung

den Infanterie-Divisionen

derselben noth-

das

sich

allmälig

systematisch geführte Gefecht ; hier ein Kampf, des-

sen Entscheidung

sich nach Minuten

berechnet ,

sich ebenso schnell von der Wahlstätte entfernen , gerückt sind.

wo

die

wie

Massen

sie heran-

Die Einleitung des Heftes beschäftigt sich mit der Begründung der Organisations- und Formationsfragen.

Die Zutheilung von 3 rei-

tenden Batterien zu jeder Cavallerie-Division von 6 Regimentern mit je 3 Brigaden wird als die zweckmäszigste und richtigste bezeichnet , auf die Uebelstände des so geringen Friedensstandes der Batterie hierbei hingewiesen . Im Hinblick auf die hohen Anforderungen an die Leistungsfähigkeit in der Bewegung wünscht Verfasser wenigstens die Erhöhung der Friedenscadres von 4 auf 6 Geschütze .

Eine

Vereinigung der reitenden Artillerie in Regimenter, wie vielfach verlangt, wird aber im Interesse der artilleristischen Tüchtigkeit als nicht zweckdienlich erachtet, indem sonst das cavalleristische Element leicht überwuchern könne. Bei der Verwendung der reitenden Artillerie einer selbstständigen Cavallerie Division, welche der 1. Abschnitt behandelt, wird gefordert: Einfachheit in der taktischen Verwendung , schnelles

Einschieszen ,

hohe Schieszfertigkeit sind

die

Grundsätze, aus welchen allein eine recht erfolgreiche Thätigkeit der so schönen Waffe

ersprieszen kann und nach denen jeder, welcher

sie befehligt oder angehört, mit besten Kräften verfahren muss . Das Charakteristische ihrer Taktik kann nicht treffender und klarer als in obigen Worten zusammengefasst werden. Entgegen den Verhältnissen bei

einer Infanterie- Brigade , soll

beim Vormarsch während des Aufklärungsdienstes die AvantgardeBatterie an der Queue folgen,

um sie vor

etwaigen feindlichen

Ueberraschungen sicher zu stellen. Eröffnung des Feuers gleich auf 1500 m, Auffahren möglichst nahe der Strasze. Auch für das Gefecht , bei welchem

die ganze Artillerie unter

einem Befehle in Position geführt wird, sowie für den Rückzug legt der Verfasser

auf die

groszen Nachdruck,

stets

anzustrebende

frontale

da jedes Auffahren mehr

Entwickelung

seitwärts

gröszeren

Zeitaufwand beansprucht, die diesseitige auch dem feindlichen Flankenfeuer mehr aussetzt und ihre eigene Rückzugslinie gefährdet, welche

Umschau in der Militair-Literatur.

im ersteren Falle stets mehr gesichert bleibt.

231 Auch wir halten jene

Vortheile für so grosz, dass wir ebenfalls , wie Verfasser, eine Auffassung der betreffenden Stelle im Cavallerie-Reglement *) befürworten , wonach das erste Treffen der Cavallerie -Division so anzusetzen wäre , dass die Aufmarschlinie desselben beträchtlich seitwärts der geradeaus vorgeschobenen Artillerie zu liegen kommt. Für den Kampf selbst wird gleich von vornherein die wirksamste Stellung auf 1500 m genommen. Jeder Positionswechsel führt zu Zeitverlust ,

welcher dem schnell sich abspielenden Reiter-

kampfe zuwider ist.

Weiter abzubleiben würde die Wirkung beein-

trächtigen ,

ein näheres Herangehen die Artillerie gefährden .

rend desselben soll nur dann

aufgeprotzt werden ,

Wäh-

wenn gar keine

Aussicht mehr zum Eingreifen vorhanden ist. Bedenken dürfte

es

haben,

auch bei misslingender Attake die

Artillerie in ihrer Position ausharren zu lassen .

Es ist gewiss nicht

zu bestreiten, dass nach einem solchen ungünstigen Ausfall des die Verbände ganz und gar auflösenden Reiterkampfes die Artillerie auf sich allein angewiesen und die immer nur schwache ParticularBedeckung nicht im Stande ist, die Gefahr des Verlustes der Batterie abzuwenden. Die reitende Artillerie muss sich in diesem Falle dem nahenden Kampfgetümmel durch dort Halt machen,

wo

schleunigen Abzug

entziehen und

die Möglichkeit zuerst vorhanden,

die ge-

schlagene Cavallerie zu sammeln, also etwa 2000 m vom Attakenfelde. In dem II . Abschnitt des Heftes : „ Ueber die Obliegenheiten des Artilleriecommandeurs " wird die gröszere Selbstständigkeit der Commandeure der reitenden Artillerie besonders betont und auf das Bedürfniss einer einheitlichen taktischen Leitung hingewiesen . Die Vorzüge des in diesem Abschnitte vorgeschlagenen staffelförmigen Auffahrens der Batterien hintereinander sind doch anzuzweifeln . Dasselbe dürfte nur einer einseitigen Feuerrichtung gegen den Reiterkampf zu Gute kommen, diese Aufstellung dagegen für die entgegengesetzte nicht nur nicht vortheilhaft, sondern sogar von Nachtheil sein. Jedes Feuern nach jener Richtung wird im Wesentlichen und in den meisten Fällen dann nur von der auf dem äuszersten Flügel befindlichen Batterie abgegeben werden können, da die hinteren die vorstehenden sonst augenscheinlich gefährden .

*) Wenn die Artillerie ihre Aufstellung wenig vorwärts aber beträchtlich seitwärts der Aufmarschlinie des vordersten Treffens gewählt hat, so reicht ihre Feuerwirkung noch über jede Attackeweite.

Umschau in der Militair-Literatur.

232

Bei Flankenangriffen wird derselbe Uebelstand leicht eintreten ; dazu wird offenbar die einheitliche Feuerleitung durch den geringen Zusammenhang der Batterien unter sich erschwert. Als hauptsächliches Geschoss gegen Cavallerie wird die Granate empfohlen wegen ihrer gröszeren Einfachheit beim Gebrauche, gegen Artillerie das für das Gefecht gegen stehende Ziele höchst wirksame Shrapnel ; für

ein schnelles

Schieszen

möglichst Anwendung des

Kurbelverfahrens ; für die Beobachtung eine solche seitwärts . Die "" Schlussbetrachtungen " behandeln das Manövriren der Artillerie zum Gefecht und wird dabei das Zusammenhalten der Batterie und das gleichzeitige Einrücken in die Stellung als oberster Grundsatz vorangestellt .

Wie unter mannigfachen Verhältnissen die

Entwickelung aus dem Defilée erfolgt,

wird durch viele,

sehr lehr-

reiche Beispiele belegt, deren Studium für jeden Artillerieführer sicher ganz besonders fruchtbringend sein dürfte . Den Schluss des Heftes bildet bildung beim Schieszen .

eine Betrachtung über die Aus-

Die vorgeschlagene Benutzung eines Höhen-

zieles, um auch beim dichtesten Pulverdampf feuern zu können , wird sich in der Praxis kaum bewähren ; übrigens wird dieses Verfahren auch nur

als Nothbehelf bezeichnet.

Recht vieles Schieszen gegen

bewegliche Ziele , weil solche sich hauptsächlich der reitenden Artillerie bieten werden , soll zum Gegenstande möglichster Uebung auf den Schieszplätzen gemacht werden , und wird hierzu die Construction einer Walzenscheibe empfohlen , die recht praktisch erdacht ist und beim Gebrauch sich auch schon gut bewährt haben soll.

Diese kurzen Hinweise mögen genügen,

um den dargebotenen

reichen Inhalt des vorliegenden letzten Heftes der Schell'schen Studien anzudeuten, das sich ebenso wie die früheren durch klare Sprache und logischen Aufbau auszeichnet und sicherlich das regste Interesse bei allen Angehörigen der Waffe wachrufen wird .

Verzeichniss der bedeutenderen Aufsätze etc.

233

XVIII .

Verzeichniss

der

bedeutenderen

Aufsätze

aus

anderen militairischen Zeitschriften. (15. März bis 15. April . ) Militair-Wochenblatt (Nr. 20-30) :

Zum 150jährigen Bestehen

der militairischen Organisation des Königl . Preuszischen IngenieurEin Brief des Oberstlieutenant v. Vinke - Olbendorf. corps . Ueber Schieszwolle und Dynamit. Zur Jubelfeier der SchlossgardeUeber neuere Meteorologie . Compagnie. - Das K. K. Kriegsarchiv. Beiheft : Ueber das Infanteriegefecht. Neue Militairische Blätter (4. Heft) : Ueber Höhenmessung mit Aneroïd-Barometern und deren Verwendbarkeit bei militairischen Einfluss der Die horizontale Bergstrich-Manier. Aufnahmen. Aus und für Factoren Raum und Zeit auf die heutige Kriegführung . Muszestunden eines Frontoffiziers . -Der Russisch-Türkische Krieg. - Mittheilungen aus dem Gebiete der Handfeuerwaffen . Oesterreich- Ungarns Militairstatistik. Allgemeine Militair- Zeitung ( Nr. 11-14) : Der Reichs-MilitairUeber die Reiterei zur Zeit des dreiszigetat für 1879-1880. ― jährigen Krieges . Ein Blick auf die Festung Swinemünde vom Leuchtthurm aus . Das Kriegsgericht über Suleiman Pascha. Ein Streifzug in die alte Kriegsgeschichte Irlands . Deutsche Heeres - Zeitung ( Nr. 22-29) : Aus den Etats des Reichsheeres und der Marine für 1879/80. Die Französische Armee im Jahre 1879. Neue Heeres-Organisationen. Ein weiterer Beitrag zur Lösung der Frage über die Ausbildung der Einjährig-Freiwilligen. - Schieszversuche der Gussstahlfabrik Friedr. Krupp auf ihrem Schieszplatze bei Meppen aus einer 15 cm- Kanone mit 2,8 Kaliber langen Granaten und verschiedenen Pulversorten . Aphorismen über die Ausbildung unserer Infanterie zum Gefecht. Zur Englischen Geschützfrage. - Ueber das Satteln. Militair-Zeitung für Deutschen

die Reserve-

Heeres (Nr. 12-15) :

und Landwehr-Offiziere

des

Die Uebungen des Beurlaubten-

Verzeichniss der bedeutenderen Aufsätze

234

standes 1879/80. -- Ueber die hygienischen

Maszregeln zur Entwickelung des Körpers bei der Ausbildung des Recruten . -- Vom militairischen Geiste im Offiziercorps . Die Commune von Paris . -— Ueber die Ergänzung der Russischen Armee während der Kriegs-

jahre 1876-1878 .

Die Kriegsmacht des Deutschen Reiches . -

Die Zäumung des Pferdes . - Erinnerungsblätter aus dem Amerikanischen Secessionskriege . - Ueber die diesjähigen Uebungen des Beurlaubtenstandes in Frankreich . Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie ( Heft III .) : Aus Ueber einige Ergebnisse der neueren Tiefsee -Forschungen . Ueber die Beschaffenheit den Reiseberichten S. M. Kbt. "" Wolf". der Barre des Magdalenenstroms .

Der Archipel der Neu-Hebriden .

Ueber das Fortschreiten barometischer Depressionen Nordatlantischen Ocean.

auf dem

Streffleur's Oesterreichische militairische Zeitschrift ( März- und Aprilheft.): Ueber Etappeneinrichtungen. - Kleine Beiträge für die Ausbildung und das Dienstleben im Heere. - Der englisch-afghanische Krieg .

Das

Organ der Militair-wissenschaftlichen Vereine (XVIII . Bd . 2. Heft) : moderne Schieszwesen der Feldartillerie . — Das Sehen in

gröszerer Ferne mit Rücksicht auf die Ausbildung des militairischen Blickes . Ueber die Nothwendigkeit der Occupation von Bosnien und der Herzegowina, sowie der Besetzung des Sandzaks von Novibazar. ― Beitrag zur Verwendung der Streitkräfte. - Ein Beitrag zur Entwickelung der Frage über das Feuer der Infanterie im GeDie Staaten Europas. Die Wehrmacht Italiens . —

fechte.

Copirarten von Holzschnitten , Zeichnungen, Plänen und Karten . Oesterreichisch - Ungarische Wehr - Zeitung „ Der Kamerad“ (Nr. 23-30.) : Die Festungsartillerie . Der Heimmarsch der Italiens Ostgrenze . - Die ungarische Landwehr. Russen . Feuertaktik und Patronenverbrauch im russisch-türkischen Kriege . Kampfweise mit wilden Völkern . - Die Marschleistungen der leichten Batterie Nr. 11/XII. während der Expedition nach Visegrad. Einige Worte über Militairgärtnerei .

-

Oesterreichische Militair-Zeitung ( Nr. 23-28) : Die "9 Situation" im Kriege. - Remontendepots .

Die Reservisten Das Deutsche

Militairbudget pro 1879-1880. Oesterreichisch-Ungarische Militair-Zeitung ,,Vedette" ( Nr.22—30) : Militairische Jugenderziehung. Die militairischen Erfahrungen während der vorigjährigen Herbstmanöver in Preuszen . — Ueber die

aus anderen militairischen Zeitschriften . Schaffung eines

tüchtigen

Offiziercorps . --- Ueber die

235 Occupation

Bosniens und deren Folgen. Der Feldzug 1849 und die Schlacht bei Novara. Dienstreglement und der Geist in der Armee. Förster'sche Papierflaschen. Der Veteran (Nr. 14-16 ) : Schätzen und Messen von Distanzen . Landesvertheidigung. Ueber Ueber Positionsinfanterie . Backöfen für Armeezwecke. Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens (II . und III . Heft) : Professor Jenny's Festigkeitsversuche und die Ueber zerlegbare dabei verwendeten Maschinen und Apparate . Geschützrohre und deren Bedeutung im Belagerungs- und Gebirgskriege . - Ueber den Einfluss der Hitze auf Zündleitungen aus Guttaperchadraht. Versuche mit Brisanzmessern in Oesterreich . - Das indirecte Gewehrfeuer.

die

Mittheilungen aus dem Gebiete des Seewesens ( Nr. 11) : Ueber neueren Methoden der nautischen Astronomie. - Ueber die

gegenwärtige Organisation und Verwaltung der Französischen Marine . Die Principien der Ballistik . Neues System für die Anbringung der Positionslichter auf Schiffen . Le Spectateur militaire ( März- Heft) : Studie über die VerwalWilhelm III. tungsreorganisation . - Geschichte des Orientkrieges . Journal des

Sciences

militaires

(März- Heft) : Der

Krieg.

Die Unteroffiziere der Infanterie und der dreijährige active Militairdienst. Das Infanteriefeuer und sein Einfluss auf die Verwendung der Artillerie. Militairische, geographische, historische und politische Studie über Afghanistan. L'avenir militaire (Nr. 558-563) : Von der Aufhebung der Fusz-

jäger. ― Die Französische Gesellschaft zur Hülfeleistung für Vere Die sanitäre Reorganisation. wundet . Der Gebirgskrieg. -Der Dolman und der Säbel . Die Trennung beider Artillerien . — Vorschlag des Generals Campenon über den Generalstabsdienst . Die Stationnements-Taktik des General Die Recrutirungsreform . Lewal. Die Cartouchen. - Von dem Compagnie-Unterricht des Recruten. Die Ernährung des Soldaten. - Das Generalstabsproject des Generals Trochu. L'armée française ( Nr. 178-188) : Die Französische Armee im Jahre 1879. Von der Energie. ―― Die militairische Büreaucratie . - Die Einberufung der Territorial-Armee im Jahre 1879. Bericht über das Generalstabsgesetz . -- Die Französische Armee, beurtheilt von den Deutschen. ― Der Generalstabsdienst . - Das Kriegsbudget. 16 Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI.

Verzeichniss der bedeutenderen Aufsätze

236

Die Recrutirung

Das Berittensein der Infanterie-Hauptleute .

der Armee während

des Jahres 1878.

Reglement

über

die zur

Aufnahme in den Special-Militairschulen nothwendigen Prüfungen im Jahre 1879. -- Unsere militairische Lage. — Das Personal der --Die Oesterreichisch -Ungarischen Offiziere. Central-Administration . Bulletin de la Reunion des officiers ( Nr. 12-15 ) : Taktische Studie über den Feldzug von 1805. Afghanistan . Historisches über die Gensdarmerie. Die Befestigungen von Deligrad und die Rolle,

welche sie während des Türkisch-Serbischen Feldzuges von Geschichte der Belagerung von Straszburg 1876 gespielt haben. im Jahre 1870. - Der Panzer „Gruson " aus Gusseisen. Einige Blätter aus dem Tagebuche eines Offiziers der Mexicanischen Armee. Die verstärkte Cartouche des Werndl- Gewehres.

Mobilisation

der Russischen Armee vor und während des Krieges 1877/78 . Revue militaire de l'étranger ( Nr. 450) : Die Militair- Organisation des Groszherzogthums Finnland . - Der Ernährungsdienst in Der Kapkrieg . der Austro-Ungarischen Armee . -Cavalleriefragen im Hinblick auf die Armee. Revue d'Artillerie (März- Heft) : Historisches über die in Calais über gezogene Geschütze veranstalteten Studien. Ueber den Luftwiderstand . — Studien , welche in Norwegen und Schweden behufs Annahme eines neuen Gewehrs gemacht wurden. auf Parkwagen. Revue maritime

et coloniale ( März- Heft) :

Dynamittransport

Bericht

über

den

Dienst der inneren Polizei im Marine-Departement oder über die Marine-Justiz. ― Von der Gironde nach La Plata. - Die Hungersnoth in Britisch-Indien 1876/77 . C Bericht über die Orkane . Bericht über die Organisation des Commissariatcorps der Französischen Marine von Anfang an bis heute . - April-Heft : Ueber den Luftwiderstand . Oesterreichs Meeres .

Die Kreuzer und das Privateigenthum zur See. Marine-Etablissements .

Die Wogen des hohen

Die Central-Administration der Marine vor dem Jahre 1793.

Russischer Invalide ( Nr. 44-63) : Der Krieg in Afghanistan. Die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in Finnland . - Die kriegerische Ausbildung unserer Cavallerieoffiziere. Uebersicht über die im letzten Jahre vorgenommenen militairisch-geographischen Arbeiten. Russ. Artilleriejournal ( März-Heft) : Die Artillerie bei der Belagerung von Festungen. Die Einwirkung des Schusses auf die

aus anderen militairischen Zeitschriften . Laffette.

237

Die Anwendung der electrischen Beleuchtung für krie-

gerische Zwecke. - Aus dem Kriegstagebuch eines Artilleristen.

Morskoi Sbornik (März- Heft) :

Bestimmung der geographischen

Lage des Observatoriums zu Kronstadt.

Ueber das Springen des

38 Tonnengeschützes auf dem Thunderer. Russ. Ingenieur-Journal . *)

*) Ueber den jüngst verflossenen Russisch-Türkischen Krieg hat das IngenieurJournal eine Reihe interessanter Aufsätze gebracht , die für das Studium dieses Krieges besonders werthvoll und daher in nachstehendem Verzeichnisse zusammengestellt worden sind :

A. Ereignisse auf dem Europäischen Kriegsschauplatze. 1. von Schleier : Der Donau - Uebergang bei Simnitza in der Nacht vom 26. zum 27. Juni 1877. Mit Krokis (Jahrgang 1877 Nr. 9) . 2. Plewna , mit Plan der Umgegend von Plewna und 6 Zeichnungen von Befestigungsanlagen. (1878 Nr. 2.) 3. Die Einschlies zung der befestigten Stellung von Plewna und die Uebergabe der Türkischen Armee am 10. December 1877. (1878 Nr. 2. - Officieller Rapport des General von Totleben.) 4. Journal über die Thätigkeit des XIV. Armeecorps vom 26. Januar bis 5. Februar 1878. Mit Plan von Basardshik und dessen Befestigungen, sowie Zeichnung von Details einzelner Festungswerke. (1878 Nr. 7.) 5. D. K.: Tagebuch eines Ingenieurofficiers. Thätigkeit desselben an der Brücke über den Pruth bei Skuliani im April 1878. (1878 No. 7.) 6. Der unterirdische Angriff auf die Griwitza - Redoute bei Plewna. (1877 Nr. 12. Behandelt die Arbeiten der Rumänen.) 7. Reise - Beobachtungen eines Ingenieur-Offiziers auf dem Kriegsschauplatze der Europäischen Türkei . Mit 8 Zeichnungen. (1878 Nr. 8 und 9.) Verf. giebt Beschreibungen und Pläne von Adrianopel, Schipka, Plewna, Ruschtschuk und Schumla mit allen Befestigungen. B. Ereignisse auf dem Asiatischen Kriegsschauplatze . 8. A. M.: Bemerkungen über die Stellung von Deweboyun , genommen am 4. November 1877. Mit Krokis und 4 Zeichnungen. ( 1878 Nr. 3.) 9. Bericht über die Thätigkeit der Ingenieure im Orientkriege 1877 im Bereiche der Kaukasischen Armee. Mit 7 Zeichnungen. ( 1878 Nr. 10, 11 , 12. Beschreibt die Arbeiten vor Kars im Juni und October 1878 , den Bau der Brücken über den Arpafluss und die Einrichtung von Bäckereien zu Kutais.) 10. Sesemann (General) : Beschreibung der befestigten Stellung von Siwin , mit 2 Zeichnungen . ( 1878 Nr. 12. - Guter Plan der Stellung dabei.) 11. Die Schlacht bei Siwin am 25. Juni 1877. (1878 Nr. 12. ― Ergänzung zu dem Vorigen nach dem Rapport des General Heiman.) 16**

Verzeichniss der bedeutenderen Aufsätze

238

L'Esercito ( Nr. 32-45) : Das Kriegsbudget im Senat.

Nütz-

Einige Belichkeit und Nothwendigkeit der reitenden Artillerie. Das Avancetrachtungen über auswärtige Exercier-Reglements . ment im Generalstabscorps . - Die neue Gliederung der Artillerie. Cultiviren wir den moralischen Unterricht ? Rivista militare italiana ( März- Heft) :

Die Alpentruppen bei der

Landesvertheidigung Italiens . - Zwei Studien über die kürzere Dienstzeit. Einige Bemerkungen über Triangulirung und geodätische Linien. Giornale di Artiglieria e genio ( März - Heft) :

Ueber die beste

Casemattendeckung und ihre Verwendung in den Festungen . - Versuche mit Stahl für Geschütze .

Ueber die Berechnung der Schusstafeln .

Rivista marittima ( März- Heft) : Die Venezianische Flotte unter Giacomo Dolfin Anno 1365. - Die defensiven und strategischen Centren. Marine.

Geschichtliche (April- Heft) :

Mittheilungen

über

die

Savoyische

Italiens mercantile Marine im Jahre 1878 .

Taktische Fragen und Schiffsbaufragen . Army and Navy Gazette (Nr. 1000-1003) : Unsere NordwestAdmiralitäts-Reorganisation . Das Unglück bei Isandula. grenze . --Das Zukunftsgeschütz . Der Zulukrieg . — Das Cap-Commando . Unsere Colonial-Hülfsmittel. schütz .

Der Afghanenkrieg .

Das sechszöllige Krupp'sche GeDas Armee-Disciplingesetz .

neue Admiralitäts-Instruction. - Das Ereigniss sarenregiment . -

bei dem

Die 10. Hu-

Saturday-Review und Isandula .

Naval and Military Gazette (Nr. 2412-2416) : Die Explosion Der Krieg in Afan Bord des „ Thunderer “. - Der Zulukrieg . Die milighanistan. - Die militairischen Hülfsmittel Persiens. Die Zulukriegdebatte . - Die tairische Macht von Britisch-Indien . Die Colonial - Vertheidigung . --- Die Gesundheit der Armee. Das Budget. früheste Geschichte der Torpedos . Army and Navy Journal ( Nr. 811-814) : Schifffahrt in den chinesischen Gewässern . - Ventilation der Kriegsschiffe . -- Unterirdische Wärmegrade . -- Die Torpedos . The United Service *) (April- Heft) : Einige Worte in Betreff der Tiefsee -Sonderungen . Neue Construction von Geschützen . Arctische Aufklärung und die Nordwestpassage.

Waffen, um gegen

*) Eine neue seit Beginn d. J. in Philadelphia vierteljährlich erscheinende militairische Zeitschrift.

aus anderen militairischen Zeitschriften.

239

Der Zweck der Marine und die beste Me-

Indianer zu kämpfen .

thode, sie wirksam zu machen. - Militairische Gewehrpraxis in den Vereinigten Staaten. Die Miliz der Vereinigten Staaten. Marineinstitut der Vereinigten Staaten . -- Der Zulukrieg .

Das Der

Chinese in Amerika. La Belgique militaire ( Nr. 424-428 ) : Dienst, Monomanie eines geistvollen Mannes. Brüssel. Der militairische Geist.

Der obligatorische Neue Casernen in

Allgemeine Schweizerische Militair-Zeitung ( Nr. 12—15 ) : Ueber Schweizerische Landesbefestigung . Militairischer Bericht aus dem Deutschen Reiche . Revue militaire

suisse

( Nr. 6 u . 7) :

Die Versammlung der

Truppen der II. Division und der 5. Infanterie-Brigade zwischen Freiburg und Bern vom 15. bis 20. September 1878. www Infanterieschulen im Jahre 1879.

Infanterieschieszen .

Der Zulukrieg.

Zeitschrift für die Schweizerische Artillerie (Nr. 2 und 3) : Schieszversuche mit Mitrailleusen, System des k. k. österr. Obersten a. D. Oesterv. Albertini vom 27. Januar bis 1. März in Frauenfeld . reichische Artillerie.

De Militaire Spectator ( Nr. 4) : Ueber die gegossenen Panzerplatten von Grüson und deren Verwendung in den Niederlanden . ― Die ausgedienten Soldaten und die Landesvertheidigung . Militaers Tidsskrift (2. Heft) : Die Operationen der Isar-Armee Das Englische Heer im Hinblick auf ein mögliches Auf1866. ―― treten auszerhalb der Landesgrenze . Norsk Militaers Tidsskrift (41. Bd. 2. u . 3. Heft) : Militairischer Rückblick auf das Jahr 1878. ― Ein Kriegs -Sprenggelatin. Ein Urtheil über Geschützwirkung. Revista militar ( Nr. 5 u . 6) :

Der Russisch-Türkische Krieg. Ueber Recognoscirungen .

Die

Philosophie des Krieges . -Ueber Militairdienst.

Die neue Organisation des Französischen Generalstabes . Das Gestüt von Trakehnen . — Die Kriegsartikel des Englischen Heeres . - Eine Debatte über das Panzerschiff Vasco de Gama. Memorial de Ingenieros ( Nr. 6 u. 7) : Der Capitain Cristobal Die Applicade Rojas Militair- Ingenieur des 16. Jahrhunderts . Anwentionsschule für Artillerie und Genie in Fontainebleau. dung des electrischen Lichts im Kriege . -Beiheft : nische Wassergebiet des Rio de la plata .

Das Argenti-

Verzeichniss der bei der Redaction eingegangenen

240

XIX .

Verzeichniss

der

bei der Redaction eingegan-

genen neu erschienenen Bücher u.

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XX .

Ueber das Exerzieren mit Compagnie- Colonnen.

Wir treten in das Gefecht :

aus der Marschcolonne in Compagnie-Colonnen (nicht also bei der vordersten Abtheilung der Avantgarden) , oder

aus der Colonne nach der Mitte in Compagnie-Colonnen, und zwar unter Verhältnissen : 1. auszerhalb des feindlichen Feuerbereiches oder 2. bereits in der Sphäre desselben.

Im ersten Falle hat man völlig Zeit, eine oder zwei Compagnien vorzuschieben und die anderen etwas später so zurecht zu stellen, wie es für den speciellen Fall paszt ( 2. oder 1. Compagnie in die AvantEs bedarf also hierzu durchaus nicht eines langen Befehls ,

garde) .

welcher gleichzeitig die Bewegungen aller 4 Compagnien anordnet. Die Situation ist an und für sich eine sehr einfache. Im zweiten Falle wird eine Compagnie ganz oder theilweise sofort als Schützen in der betreffenden Richtung entgegengeworfen, die möglichst Terrain gewinnen muss.

Die übrigen Compagnien sind zunächst

aus dem dichten Haufen der Colonne des Bataillons auseinander zu ziehen,

damit

sie

in der Masse nicht ein günstiges Zielobject für

den Gegner bilden. Also etwa (wenn die 2. Compagnie schwärmt) : Auf die 3. Compagnie auf 50 Schritt Distance auseinandergezogen. Zeigt sich der Gegner aus verschiedenen Richtungen, so wird nach jeder derselben eine Compagnie entgegengeworfen. Aus diesen

aus 1. oder 2 .

hervorgegangenen Lagen ent-

wickeln sich die weiteren Bewegungen der nicht in erster Linie benun successive . findlichen Compagnien 17 Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI.

244

Ueber das Exerzieren mit Compagnie -Colonnen . Z. B.

Die 2. Compagnie ist vorne .

Hierauf wird die 3. Com-

pagnie zur Bildung einer Offensivflanke links verwendet. Etwas später die 1. Compagnie hinter den rechten Flügel echellonirt. Die 4. Compagnie bleibt in Reserve zurück. Compagnien von Hause aus als Reserve zurückzuschicken , muss man möglichst vermeiden ,

um

nicht für einige Abtheilungen

mit dem Commando „ Kehrt " anzufangen.

Nicht zu vermeiden ist

es allerdings , wenn man nicht schnell genug nach vorwärts Raum gewinnen kann und die als Reserve bestimmten Compagnien bereits in der Gefechtssphäre des Gegners wirksamen Feuer stehen müszten.

sonst zu lange in seinem

Die Entwickelung des Bataillons in seine Compagnie-Colonnen muss nach den verschiedensten Richtungen in vorstehendem Sinne erfolgen, also nach vorn , nach einer oder der anderen Flanke , nach halb rechts oder halb links , ja selbst im Kehrt (wobei, wenn die Zeit drängt, die Compagnien blos Kehrt machen und dann die bisherigen Queuezüge ausschwärmen).

Das gegenseitige Einverständniss zwischen Bataillons-Commandeur und den Compagnie-Chefs zeigt sich mehr noch in dem einheitlichen Zusammenwirken für den Gefechtszweck, als darin, dass nach einem längeren laut gegebenen Befehl, die verschiedenartigsten Tableaux angenommen werden, was vielfach in Spielerei ausartet. *)

Die Gefechtsausbildung wird aber ferner noch in's Auge fassen , ob das Bataillon isolirt in das Gefecht tritt, oder in Verbindung mit anderen Truppenkörpern ; im letzteren Falle zwischen solchen oder auf einem Flügel.

Auszerdem kommt es vornämlich auch noch darauf an, ob die erste Anlage des Gefechtes einen offensiven oder defensiven Charakter tragen soll.

Meist wird übersehen, dass das Reglement in den hierauf bezüglichen Stellen (S. 157) nur von der Entwickelung des Bataillons in Compagnie-Colonnen und deren Zusammenziehen spricht, nicht aber verlangt , dass ein bereits in Compagnie - Colonnen entwickeltes Bataillon auf Commando nach allen Windrichtungen hin plötzlich die verschiedenartigsten kaleidoscopischen Bilder aufführen soll.

Ueber das Exerzieren mit Compagnie- Colonnen.

245

Versuchen wir auf diesen Grundlagen zusammenzustellen , was auf dem Exerzierplatz zu beachten oder vorzugsweise zu üben ist. 1. Das Bataillon im gröszeren Truppenverbande : a) Durch das Vorhandensein anderer Truppen auf beiden Flügeln beschränkt. Die Breitenausdehnung wird in der Regel die eines deployirten Bataillons sein, wenigstens dieselbe nicht bedeutend überschreiten . Ein derartiges Verhältniss schlieszt in der Offensive eine starke Schützen- Entwickelung in sich ein. Man wird mithin meist gut thun, gleich Anfangs 2 Compagnien in das 1. Treffen zu nehmen und im allmäligen Vorgehen werden diese sich völlig in Schützen auflösen . *) In Wirklichkeit werden grosze Verluste

diese Anfangs dichte

Schützenlinie sehr bald beträchtlich lichten und den Raum bieten , eine dritte oder auch die vierte Compagnie allmälig in derselben aufzulösen. Auf dem Exerzirplatz kommt dies Verhältniss nicht zur Sprache, die Verluste lassen sich nicht markiren, das Reglement gestattet ein Eindoubliren nicht, auch können 12 ausgeschwärmte Züge nicht mit dem Raum ausreichen, den 8 geschlossene Züge einnehmen, und ein solcher steht hier nur zur Verfügung.

Es bleibt also nichts übrig, als sich damit zu begnügen , die zuerst ausgeschwärmten Compagnien allmälig so nahe an den Gegner heranzubringen , können .

dass sie zum Schützen - Anlauf übergehen

Die Soutien-Compagnie n so lange man noch vom Feinde weit können beim entfernt ist , im Halb-Bataillon zusammengehalten weiteren Vorschreiten des Angriffs auseinandergezogen werden und nehmen dann diejenigen Formationen an, welche man zur Abschwächung der Wirkung des feindlichen Feuers besitzt.

Gelingt der Angriff mit den entwickelten Schützen nicht oder kommt er zum Stehen,

so wird er mit den Colonnen- Schützen in

den Intervallen, weiter durchgeführt. *)

*) Das Reglement gestattet unserer Ansicht nach das völlige Auflösen dieser Compagnien §. 111 S. 158. giebt.

*) Dies ist wohl das einzige Mittel , welches uns das Reglement an die Hand In Wirklichkeit werden diese Soutien-Compagnien, wenn sie den Angriff 17 *

246

Ueber das Exerzieren mit Compagnie-Colonnen. Das Glücken eines solchen Angriffes , wie das Missglücken und

die dann nothwendig werdenden Maszregeln - Aufnahme , wenn noch Abtheilungen hierzu vorhanden sind -- sowie das Sammeln einzelner Trupps unter Deckung feuernder Schützen , bis man schlieszlich das Ganze wieder ordnungsmäszig in die Hand bekommt,

sind

dann

Gegenstand der Einübung.

Das hier dargelegte Verhältniss ist das Einfachste, welches wir haben,

sowohl in taktischer wie in formeller Beziehung,

bildet die Grundlage für jedes Offensivgefecht. lich nimmt jede Flankirung,

sobald der Gegner

aber es (Schliesz-

dieser etwas ent-

gegenstellt, für die flankirende Abtheilung denselben Charakter an.) Um so nothwendiger bleibt die gründliche Schulung der Bataillone im einfachen frontalen Vorgehen. Hierzu gehört aber vor Allem auch die Feuerleitung. Für diese empfiehlt es sich, die Ziele nicht der Phantasie der unteren Führer wie der Mannschaften zu überlassen , diese dürfte schwerlich dazu ausreichen - sondern diese Ziele laut anzusagen und zwar in welcher Gestalt und an welchen Punkten sie sich bieten . Die demnächst von den Hauptleuten oder Zugführern zu gebenden Commandos in Bezug auf Ziele, Visire, Beginn des Feuers und Patronenzahl sind Commandos wie alle anderen und müssen wie diese auf das Genaueste ausgeführt werden.

Die Visirstellung ist

von den Gruppen- und Zugführern unausgesetzt zu controliren .

Ebenso ist aber auch das Defensivgefecht eines zwischen anderen Truppentheilen kämpfenden Bataillons zum Gegenstand der Uebung zu machen. Die hierzu einzuübenden Formen sind ebenfalls einfach, gleichviel ,

ob man

das Gefecht auf der Ebene oder hinter Deckungen ,

wie Höhen, Waldsäume, Dorfgrenzen etc. einzige Unterschied dürfte sein,

etc.

im Auge hat.

Der

dass man auf ersterem Terrain die

Soutiens weiter zurück hält, als wie auf letzterem,

wo man sie so

nahe herannimmt, als die Deckungen es gestatten.

Auch in der Defensive,

zwischen anderen Truppentheilen ein-

aufnehmen, vielfach unter dem feindlichen Feuer zusammenbrechen, namentlich aber, wenn sie noch verhältnissmäszig grosze Strecken zu durchlaufen haben. Ein weiteres Vorgehen ihrerseits wird in sehr vielen Fällen nur dadurch zu ermöglichen sein, dass auch sie sich in Schützenschwärme auflösen.

Ueber das Exerzieren mit Compagnie-Colonnen.

247

geengt, empfiehlt es sich in der Regel, 2 Compagnien in die erste wie Linie zu disponiren, indess nur unter besonderen Umständen werden diese von Anfang an z. B. grosze Nähe des Feindes — völlig ausschwärmen .

Sonst thut man wohl besser daran,

sie zum

Theil noch zugweise geschlossen in der Hand zu behalten , namentlich

um das Feuer

auf gröszere Entfernungen,

wenn

sich Massen

zeigen sollten, leichter leiten zu können .

Sind die vordersten Compagnien völlig ausgeschwärmt, so ist es auch hier kaum möglich,

noch weitere Schützenschwärme in die

Linie zu bringen . Man wird mithin dem entscheidenden Stosze durch das Feuer der entwickelt herangeführten Soutien- Compagnien entgegentreten. Ein stosze ist

frontales Hervorbrechen niemals

leicht die Stellung

anzurathen .

aus

einer

Stellung

Beim Scheitern

selbst verloren .

Ueberdies

zum Gegen-

desselben geht zu erfolgt sowohl die

Abwehr eines Angriffes, sowie die erste Verfolgung eines abgewiesenen Gegners viel wirkungsvoller durch das Feuer als durch das Bajonnet. Dass schlieszlich die Ausbildung einer rationellen Feuerleitung und Disciplin in der Defensive ebenfalls hervorragend beansprucht werden muss , bedarf wohl nicht der Erwähnung.

b) Das Bataillon auf dem Flü gel einer gröszeren Truppenabtheilung. Festgestellt muss hierbei der Anschlusspunkt an die eigenen Truppen, sowie die Ausdehnung des Gegners werden . Ueber ersteren darf man nicht hinübergreifen,

letzterer giebt an, ob die Front des

Gegners die des Bataillons überragt, oder eine ungefähr gleiche Ausdehnung besitzt, oder ob sie von dem Bataillon überragt wird.

Dies

ergiebt die

mannigfachsten Combinationen .

Im Groszen

und Ganzen kann das gesammte Bataillon hierbei auf dem äuszeren Flügel zu umfassenden oder abwehrenden Bewegungen Verwendung finden , oder es behält nur einen Theil seiner Kräfte hierzu übrig, da es den anderen

in der Verlängerung

der Frontlinie der neben ihm

befindlichen Truppentheile gebraucht .

Jedenfalls sind die Reserven ganz oder zum Theil hinter dem

Ueber das Exerzieren mit Compagnie- Colonnen.

248

äuszeren, nicht angelehnten , Flügel zu halten, bezw. als Echellons und finden sie von dort aus Verwendung. Diese Verwendung kann sein : Weitere Ausdehnung der Linie und entsprechende Veränderung in der Aufstellung der noch verfügbaren Reserven. Einrücken zu Salven . Bilden von Offensivflanken

zur Umfassung des Gegners

beim

eigenen Vorgehen oder zur Flankirung seines Vorgehens. Diese Flanken müssen Rücksicht auf den Umstand nehmen, dass sie einen ihrer Flügel in der allgemeinen Richtung, in welcher der Gegner sich befindet, oder aus der er gekommen ist, vorstrecken, dass also etwas zur Sicherung dieses Flügels geschehen muss, sei es durch Zurückhalten eines Soutiens hinter demselben, sei es durch Vorschieben einer stärkeren Gefechtspatrouille, oder Einbiegen Flanke in der betreffenden Richtung.

einer kleineren

Dies jedoch, sowie alles Uebrige, worauf sonst noch zu achten, fällt mit den bezüglichen Punkten beim Auftreten eines isolirten Bataillons zusammen und findet sich in nachstehendem Abschnitt berührt.

2.

Das isolirte Bataillon in der Offensive und Defensive.

Der hauptsächlichste Unterschied zwischen dem Verfahren eines isolirten Bataillons

des

und dem

in Verbindung mit anderen Truppen-

sich in der gröszeren Bewegungsfreiheit ersteren und in der Rücksicht, welches dasselbe auf die Er-

theilen auftretenden

findet

übrigung von Reserven men muss .

oder

auf Deckung

seiner Flanken

neh-

Die gröszere Bewegungsfähigkeit wird dadurch bedingt, dass ein solches Bataillon nicht durch die Thätigkeit anderer Truppen beengt ist, aber sie wird in so weit beschränkt, als noch ein Zusammenwirken seiner einzelnen Abtheilungen im kräftigsten Feuerbereich stattfinden muss und die Richtung, in welcher man etwa den Rückzug anzutreten beabsichtigt, noch ausreichend durch Abtheilungen des Bataillons gedeckt wird. Letzteres kann sowohl durch die Masse der Fechtenden, als durch Reserven erreicht werden.

Das Erübrigen von Reserven wird für ein isolirtes Bataillon von allergröszter Wichtigkeit.

Mit den im heftigsten Gefecht befindlichen

Schützenschwärmen lassen sich im Allgemeinen auszer dem einfachen

249

Ueber das Exerzieren mit Compagnie- Colonnen. Vor- und Zurückgehen

andere Bewegungen nicht

mehr ausführen ;

dasselbe gilt von allen geschlossenen Soutiens , welche sich im wirksamen feindlichen Feuer befinden und keine ausreichenden Deckungen haben .

Daher lässt sich die Leitung eines Gefechts nur noch in so

weit ermöglichen ,

als

der Bataillonscommandeur über geschlossene

und weit zurückgehaltene Reserven verfügt .

Es wird die Gefechts-

kraft einer in erster Linie befindlichen Abtheilung so weit als möglich ausgenutzt werden, wenn nicht die ganze Gefechtslage die Verwendung weiterer Abtheilungen bedingt.

Die Sicherung der Flanken eines isolirten Bataillons bedarf besonderer Berücksichtigung . Jedenfalls thut man gut, sie durch Gefechtspatrouillen beobachten zu lassen und die Soutiens der Schützenlinie

für alle Fälle

mehr hinter den Flügeln derselben als hinter

ihrer Mitte bereit zu halten .

Tritt die Gefahr für einen der Flügel

oder für beide mehr hervor, so wird man weitere Abtheilungen der Reserve oder die gesammte Reserve dahinter echelloniren.

Man muss festhalten , dass Schützenlinien Schwenkungen, ganzes oder halbes Seitwärtsziehen nur in gröszerer Entfernung vom Feinde auszuführen vermögen und dass bei einem bereits lebhaft entbrannten Gefecht dies

nur von dem Theile der Schützenlinie

ausgeführt

werden kann, mit welchem diese den Gegner etwa überragt und der durch dessen Feuer nicht überschüttet wird.

Das Vorgehen des Angriffs erfolgt ähnlich wie dies unter 1a. besprochen ist. recht klar,

Ist man über die Ausdehnung des Gegners noch nicht

oder

ist der eigene Angriffsplan noch nicht gereift,

so

wird man das Gefecht nur mit einer Compagnie einleiten ; trifft man jedoch auf einen stark entwickelten Gegner,

oder ist man in der

Lage, von Anfang an eine Angriffsdisposition für sich zu entwerfen, so wird man auch frühzeitig bereits über zwei oder drei Compagnien disponiren.

Diese Disposition kann eine sehr verschiedene sein :

Einrücken in die erste Linie oder zum Salvenfeuer, Einleiten

einer Umfassung oder Sicherung gegen ein Umdurch Echelloniren hinter einen oder beide

fasstwerden Flügel,

zur Verlängerung derselben

Ueber das Exerzieren mit Compagnie-Colonnen.

250

sofortiges Eintreten der Umfassung durch Bildung einer oder zweier Offensivflanken oder sofortige Herstellung von Defensivflanken .

Alle die Abtheilungen, welche nicht in die Gefechtslinie rücken, oder nicht entsandt worden sind, bilden die Gefechtsreserve des Bataillonscommandeurs .

Sind mehrere Compagnien in

ordnet er ihre Formation an , ein kurzes Auseinanderziehen pagnie in Reserve ,

so

stehenden Compagnie ,

derselben ,

so

ob in Colonne oder in Linie, oder ob stattfinden soll. Ist nur eine Com-

wird ihr Chef, wie bei jeder anderen alleindie Formation wechseln , je nachdem er das

Feuer des Gegners annimmt.

Es kann daher sehr wohl hinter einem

Flügel sich eine Compagnie in der Colonne, hinter dem Centrum oder dem anderen Flügel eine solche in Linie befinden.

Vorgeholte Colonnen dürfen

nicht bis in die Höhe der bereits

feuernden Schützen gehen und dann erst ihre Schützen entwickeln, sondern sie müssen sich durch diese schon vorher decken.

Offensiv- und Defensivflanken müssen stets in einem möglichst stumpfen Winkel zu den schon angesetzt werden,

auch

ist

im Gefecht stehenden Abtheilungen

alsdann ein

gröszerer

Zwischenraum

zwischen beiden Abtheilungen zu lassen .

Es kann vorkommen ,

dass

der Gegner

gesetzten Umfassung sich durch Zurückgehen

unserer bereits anbis in eine ihm gün-

stigere Stellung zu entziehen sucht, desgleichen können wir dasselbe gegen seine Umfassung beabsichtigen, nachdem wir uns bereits durch eine Defensivflanke gedeckt hatten . Wir müssen es daher verstehen, unsere Linien mit formirten Offensiv- oder Defensivflanken vor resp . zurück zu bewegen .

Einfache Frontalangriffe haben fast gar keine Chancen ; namentlich muss man sich hüten , hier die Colonnen einzusetzen, bevor nicht der Feind bereits erschüttert ist. Desto mehr ist man auf die Combinirung des

frontalen

Angriffs mit Flankenangriffen

Eine Hauptschwierigkeit bei

angewiesen.

letzterem Verfahren ist : zu vermeiden ,

dass die in der Flanke vorgehenden Schützenschwärme sofort vor die in der Front anrückenden setzen.

sich nicht

Möglichst nahes Herangehen an den Feind, gröszerer Zwischenraum am Bruchpunkt

der gesammten Linie und stumpfes Ansetzen

Ueber das Exerzieren mit Compagnie- Colonnen. der Flanken werden am ersten der Fall ein,

dass

darüber fortführen.

251 Tritt dennoch

die Flankenabtheilungen zu weit vorkommen, so

muss der davon betroffene Theil

der Schützen in der Front halten,

und wenn der Stosz glückt, sofort gesammelt werden .

In der Defensive sind Offensivstösze in der Regel nur von den Flanken auszuführen .

Specielle

3. Specielle Gefechtslagen . Gefechtslagen werden Maszregeln

sich auf taktische Ansichten aufbauen.

erfordern ,

welche

In formeller Beziehung

wird man dabei mit den bisher angegebenen

auskommen . Für den ist hierzu nur noch Weniges nachzuholen , dessen Einübung empfohlen werden kann . Es ist dies : Exerzirplatz

a) die Combinirung der Offensive und Defensive, b) das Rückzugsgefecht und c) das Eingreifen der Cavallerie.

a) Die reine Offensive und Defensive bildet die Basis aller Gefechtsthätigkeit speciell für die gründliche Einübung der Truppe. Aber in Wirklichkeit erscheinen diese Kampfarten nicht immer in ihrer vollen Reinheit und consequenten Durchführung ; sie daher auch in ihrer Combinirung üben müssen .

man wird

Die Einübung umfasst dementsprechend : den Uebergang von der Offensive in die Defensive und umund zwar in der ganzen Gefechtslage oder auf gekehrt Theile des Gefechtsfeldes . Es kann hierbei nur auf den taktischen Gesichtspunkt verwiesen werden , dass man dem in der ganzen Lage momentan Gefechtszweck auch die meisten Kräfte zuwendet.

wichtigsten

b) Bei Rückzugsgefechten ist vor Allem festzuhalten ,

dass die

noch im Gefecht befindlichen Abtheilungen, wenn sie überhaupt erst zum Rückzuge gezwungen sind , meist in der Wahl desselben nicht mehr volle Freiheit haben ,

sondern dorthin abziehen, wohin sie der

Druck des Gegners weisst. Unter diesen Umständen ist Aufnahme der abziehenden durch neue Abtheilungen , ihr meln die Hauptsache .

etwaiges Degagiren und ihr schnelles Sam-

252

Ueber das Exerzieren mit Compagnie- Colonnen. Die Aufnahme

erfolgt am Geeignetsten seitwärts ;

die bezüg-

lichen Abtheilungen können sich in Schützen auflösen oder geschlossen Salven geben.

Müssen auch sie demnächst

sich die geschlossenen Abtheilungen jedenfalls decken.

zurück ,

so

haben

durch Schützen zu

Zum Degagiren können auch Offensivstösze geschlossener Abtheilungen erfolgen ; doch dürfen diese nur kurz sein . Das

schnelle Sammeln der verschiedensten Abtheilungen wird

namentlich bei solchen Gefechtsverhältnissen von höchster Wichtigkeit. Für die demnächst wieder geschlossenen Compagnien bleibt es Aufgabe, sich sofort der allgemeinen Bewegung anzupassen und zur Verfügung des Bataillonscommandeurs zu stellen. e) Cavallerie wird am besten

in der Formation

erwartet ,

in

welcher man sich gerade befindet. Niemals aber dürfen Knäuel oder Compagnie-Carrés da formirt werden , wo man zur Zeit noch im wirksamen feindlichen Feuer steht.

Andererseits haben die Soutiens,

wo es erforderlich wird, nach den Flanken einzuschwenken und weiter zurück befindliche Abtheilungen müssen auf irgend eine Weise die Flanken der bedrohten Schützenlinien zu sichern suchen .

Aus dem hier Entwickelten ergiebt sich,

dass für das Gefecht

der Compagnie-Colonne in formeller Beziehung Folgendes eingeübt werden muss :

Auflösen von Schützen bis zu ganzen Compagnien , Bewegen groszer Schützenschwärme, Verlängern ihrer Front durch neue Abtheilungen, Verschiedene Formationen der Soutiens und Reserven, Vorgehen der geschlossenen Abtheilungen die Schützenlinie,

zur Salve bis an

Offensives Auftreten von Soutiens (Reserven), um die Flanke von Schützenlinien herumgreifend , sei es mit neuen Schützenschwärmen , zur Salve oder zum Bajonnetangriff, Attake geschlossener Abtheilungen linie hindurch , Allmäliges

Vorgehen

von

durch

die

Schützenschwärmen

Schützen-

(successive

verstärkt) bis nahe an den Feind heran , Folgen der Soutiens (Reserven ) in tionen, Schützenanlauf,

verschiedenen

Forma-

Bildung von Offensiv- und Defensivflanken (sowie Bewegung mit solchen) ,

Ueber das Exerzieren mit Compagnie-Colonnen.

253

Gemeinschaftlicher Frontal- und Flankenangriff, Aufnahme zurückgehender Abtheilungen, Ihr Degagiren durch kurzen Offensivstosz , Zurückgehen abgewiesener oder geworfener Abtheilungen, Sammeln aufgelöster Abtheilungen , Verhalten gegen

Cavallerie (Schützen ,

Knäuel ,

deployirte

Abtheilungen, Compagnie-Carrés) . Sind die einzelnen Theile des Bataillons in diesen Punkten eingeübt, so ist nur noch nöthig , dass der Befehl des Bataillonscommandeurs in jedem einzelnen Falle der bezüglichen Compagnie klar anweist, wo sie hin soll und was sie zu thun hat. Im Sinne des Reglements liegt es durchaus nicht ,

auf dem

Exerzirplatze groszartige oder complicirte Gefechtsaufgaben stellen und zu lösen, sondern dasselbe fordert : die Geschicklichkeit in Ausführung Evolutionen,

der Formationen

zu

und

das gegenseitige Verständniss der neben- und hintereinander sich bewegenden Abtheilungen ,

Anspannung und straffe Exerzirdisciplin . Alle oben angeführten Formen sind dem Reglement entnommen. Sich ihrer am richtigen Platz zu bedienen, ist Sache des Bataillonscommandeurs . Zu

dem Reglement treten heutigen Tages aber noch die For-

derungen der Schieszinstruction , welche auf dem Exerzirplatz ebenso wie alles Andere mitzuüben sind. J. v. V.

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

254

XXI.

· Die Pionier

Compagnie bei der InfanterieDivision.

Gedanken über die Anordnungen zu ihrer Verwendung.

Von

L. Sander, Oberst a. D. (Schluss.)

Der Kampf.

C.

Es ist bereits hervorgehoben worden, dass die Pioniere bei den Operationen, wo sie sich in der Regel bei ihrer Division befinden, der von derselben zu stellenden Avantgarde überwiesen werden sollen. Ueber die Eintheilung bei bevorstehendem Kampfe lässt sich gleich Bestimmtes von vorneherein nicht sagen. Jedem Kampfe, Weise beginnt,

wenn

pflegt

er nicht gerade in sehr überraschender

indess

auch eine gewisse Vorbereitung des Gefechtsfeldes und seiner Umgebung , oder für besondere Unternehmungen vorauszugehen, um so mehr, wenn man sich im Vertheidigungsverhältniss

befindet.

Hierbei

erhalten dann die Pioniere eine

den Umständen entsprechende Verwendung .

Es ist aber immer zu erstreben, dass die vorbereitende Thätigkeit der Pioniere vor Beginn

des Kampfes ihr Ende erreicht, damit sie , je nach dem Gange des Kampfes, in ihrer Eigenart eingreifen können. In den Gefechtsdispositionen wird auch der Pioniere Erwähnung zu thun sein, indem sie entweder einer besonderen Colonne, sei dieselbe zum Angriff oder zur Vertheidigung bestimmt, zugetheilt, oder zur späteren Verfügung des Divisions-Commandeurs vorläufig zurückgehalten werden. a.

Wegebau während des

Kampfes .

Arbeiten aus dem

Gebiete des Wegebaues während des Kampfes lassen sich,

insofern

sie eben nicht noch zu den vorbereitenden gehören, von vorneherein kaum in Rechnung ziehen.

Fallen solche in das Rückzugsgelände ,

so können sie allerdings auch während des Kampfes unternommen

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division. werden.

255

Meistens wird es sich aber nur um die Recognoscirung des

vorhandenen Wegenetzes handeln.

Dieselbe soll

alsdann eine sehr

sorgfältige sein in der Art, dass man sich nicht mit peinlichen Einzelheiten abgiebt, sondern den Grad der Brauchbarkeit und Gangbarkeit für die verschiedenen Waffen genau ermittelt, namentlich für die Nacht, wo auch eine um so sicherere Bezeichnung erforderlich wird. Im Uebrigen gilt dasselbe, wie bei den Operationen. Im Angriffsgelände Wegebau-Arbeiten vorbereitend auszuführen , lässt sich zwar auch als nützlich denken , aber auf die Fortsetzung derselben während des Kampfes seine Rechnung zu gründen , geht nicht an. Beispiel .

Es kann nur das eine Beispiel aus der Schlacht von

Sedan angeführt werden .

In

Bazeilles ganz in Flammen .

dieser stand gegen Mittag das Dorf Bei der Unmöglichkeit,

das Feuer zu

bemeistern, liesz man dann durch Pioniere nordöstlich um den Ort herum einen Colonnenweg herstellen, welcher nun die Verbindung zwischen der Ost- und Westseite des Dorfes durch den Park von Monvillers vermittelte . b. Brückenbau während des Kampfes. Im wirksamen feindlichen Feuer halten wir einen regelmäszigen Brückenschlag mit dem Material des Brückentrains nicht für ansführbar und weisen daher Uebergänge über einen vom Feinde besetzten Fluss den Operationen zu, deren Aufgabe es ist, Stellen zu gewinnen, die in dieser Beziehung möglichst günstig, d. h. vom Feinde entweder nicht besetzt sind oder von können .

demselben leicht freigemacht und gehalten werden

Solche Ein Anderes ist es mit Brücken primitivster Art. können über Bäche und kleine Flüsse, dergleichen sich zuweilen vor Hauptstellungen hinziehen , sogar während des Kampfes , wenigstens in den kürzesten Kampfespausen, ausgeführt werden. Hat man dann eine angemessene Stellung in sicheren Besitz genommen, so wird es auch möglich, Uebergänge , die für alle Waffen auskömmlich sind, herzustellen.

Wo jene Stellen sein werden ,

spricht sich schon während

des Kampfes um dieselben aus , und müssen die Pioniere demgemäsz mit Anweisung versehen werden.

Die ersten Behelfsbrücken dagegen

bleiben meist Sache des Augenblicks und kommen am frühesten zu Stande, wenn sie von den Truppen ausgeführt werden. Beispiele.

1.

unmittelbar

am Kampfe

betheiligten

In Betreff der Front der Französischen Stellung

bei Wörth spricht sich das Generalstabswerk dahin aus , dass dieselbe von Fröschweiler bis zu der Höhe östlich Eberbach Deckung durch

256

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie- Division.

die Sauer hatte , deren Ueberschreitung auszer auf den Brücken sehr beschwerlich war ; auf der ganzen in Betracht kommenden Strecke aber sei der Lauf des Baches im Bereiche des wirksamen Gewehrfeuers der westlichen, durch die Franzosen besetzten Höhen .

In der

Beschreibung der Schlacht geschieht dann auch der Art und Weise Erwähnung, in welcher einzelne Truppentheile ihren Uebergang über den Sauerbach bewirkten :

Seite 231 (Eröffnung der Schlacht durch das V. Armeecorps). Der Angriff nahm im Einzelnen folgenden Verlauf: Das 2. Bataillon des Füsilier- Regiments

(Nr. 37)

Die 6. und 7. Compagnie

fand Wörth

überschritten die

nochmals

unbesetzt.

Sauer auf einem

an Stelle der zerstörten Brücke aus Brettern und Hopfenstangen schnell

hergestellten Uebergang.

Dieser wurde nach Eintreffen der 5. Com-

pagnie, welche in Reserve auf der Strasze gefolgt war, innerhalb einer halben Stunde auch für Reiter passirbar gemacht u. s. w. Die 10. und 11. Compagnie waren südlich von Wörth auf einer in Eile hergestellten Nothbrücke

über den Fluss und dann weiter

über die Hagenauer Chaussee hinweg

zum Angriff auf die Höhen

vorgegangen u. s . w. Seite 236 (Kämpfe der Avantgarde des XI. Armeecorps) .

Die

nach Spachbach vorgerückten sechs Compagnien des Regiments Nr. 87 überschritten dort die Sauer, theils sie durchwatend, theils auf schnell gefällten Baumstämmen hinüber kletternd . Seite 247 (Erstürmung des Höhenrandes zwischen Wörth und Fröschweiler durch das V. Armeecorps) . Das Vorgehen der 17. Brigade durch Wörth erlitt mehrfachen Aufenthalt. Die Brücken waren wiederholt schadhaft geworden u. s. w. Seite 251 (nach Erstürmung des Höhenrandes) .

Die Batterien

der 10. Division und die halbe Corpsartillerie überschritten die von der Pontonier-Compagnie wieder hergestellte Wörther Brücke . Seite 252. Die zweiten Bataillone der Regimenter Nr. 6 und 58 überschritten die Sauer südlich der Stadt auf einer Laufbrücke . Seite 274 (Eintreffen der Württemberger bei Elsasshausen ; nach 3 Uhr). Das 2. Bataillon 5. Regiments und die 6. Batterie überDie übrigen Bataillone schritten die Brücke bei der Bruchmühle. kletterten zwischen Gunstett und Spachbach in's Sauerthal hinab und benutzten die von den Preuszischen Pionieren hergestellten Uebergänge . Hierzu war denn auch ein leichter Feldbrückentrain in Verwendung gekommen,

und berichtet in dieser Beziehung das Werk des welches zur Schlacht bei Wörth bei-

Ingenieur-Hauptmanns Götze,

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division. läufig

noch

corps

im Ganzen zehn Uebergänge

257

die Notiz bringt, dass daselbst die Pioniere V. Armee-

hergestellt und diejenigen des XI . Armeecorps im Ganzen neun Brücken geschlagen haben das Folgende : der leichte Feldbrückentrain des V. Armeecorps war im Bivouac bei Preuschdorf zurückgelassen und traf erst am Abend auf dem Schlachtfeld ein. Der Brückentrain des XI . Armeecorps marschirte

hinter der Corpsartillerie

und konnte

daher

die 1. Feld-

Pionier-Compagnie dieses Corps erst gegen 1 Uhr Mittags drei Brücken herstellen, die etwa 1200 Schritt südöstlich von Gunstett lagen . Da die Situation sich inzwischen geändert hatte, so wurden dieselben später wieder abgebrochen und mit dem Material gegen Abend vier andere

Uebergänge

bei Spachbach hergestellt.

die Compagnie gegen 22 Uhr Nachmittags der Gunstetter Chausseebrücke .

Auszerdem

eine Brücke

schlug oberhalb

Seite 277 (Eingreifen des I. Bayerischen Corps) . Schon beim Hinabsteigen in das Sauerthal erhielten die vorderen Bataillone heftiges Feuer. Während man Bayerischer Seits dasselbe erwiderte, wurden Baumstämme gefällt, um auszer der vorhandenen Brücke bei der Mühle noch Stege über den Bach herzustellen. Seite 286 (Verfolgung nach der Schlacht) .

Die beiden vorderen

Bataillone der (5. Bayerischen ) Brigade hatten Aufenthalt bei Ueberschreiten des Schwarzbaches .

Anfangs einigen Das 1. Bataillon

6. Regiments ging auf abgehauenen Baumstämmen über etc. 2.

Als östliche Begrenzung des Aufstellungsraumes der Fran-

zosen bei Sedan diente der Abschnitt des Givonnebaches, von dessen westlichem Thalrande aus fast

überall

wenigstens das jenseitige Anmarschfeld

unter wirksames

Feuer

genommen

werden

konnte .

Dieser Bach gab dann während der Schlacht Veranlassung zur Ausführung von Ueberbrückungen Seitens der Deutschen . es sich darum handelte, erfolgenden Angriffsstösze

die

Zunächst, als

zwischen 9 und 10/2 Uhr Vormittags

der Franzosen gegen die Stellungen der

Bayern und Sachsen bei Bazeilles und Moncelle zu hemmen.

Hier-

bei überschritten nämlich fünf Compagnien des Regimentes Nr. 102 die Givonne nördlich der Mauer des Parks von Monvillers auf Stegen, welche

von

Bayerischen Soldaten hergestellt worden

waren.

Später ging die ganze 23. Division unter Benutzung einiger in Eile hergestellten Nothbrücken auf das westliche Givonne-Ufer über, um gegen 1 Uhr Nachmittag ihren Rechtsabmarsch aus der Gegend von Monvillers in der Richtung auf Illy anzutreten. 3.

Die durch die Kämpfe an der Hallue veranlassten Brücken-

bauten fanden unmittelbar theils vor, theils nach der Schlacht vom

Die Pionier- Compagnie bei der Infanterie-Division.

258

23. December statt ; indess wurden die diesfälligen, von Abtheilungen der 3. Feld-Pionier-Compagnie VIII. Armeecorps in der Nacht zum 24. December ausgeführten Arbeiten noch mehrfach durch feindliches Feuer gestört . c. Vertheidigungseinrichtungen während des Kampfes . Es kann sich ereignen,

dass Vertheidigungseinrichtungen,

die

man

im Zustande der Vorbereitung zum Kampfe begonnen und auszuführen beabsichtigt hat, noch nicht vollendet sind, wenn bereits der Kampf beginnt.

Alsdann hängt das Weitere davon ab, welche Rolle

den mit den Vertheidigungseinrichtungen beschäftigten Truppentheilen im Kampfe zugedacht ist.

Haben dieselben nicht sofort in den Kampf

einzugreifen, und sind auch nicht in nächster Bereitschaft zu halten , dann können die Arbeiten fortgesetzt werden, insofern es das feindliche Feuer zulässt.

Andernfalls sind die Truppen ihrer Bestimmung

für den Kampf zurückzugeben . Ist die Zeit der eigentlichen Vorbereitung verstrichen, so empfiehlt es sich meistens nicht, Truppen noch bestimmte Aufträge zur Ausführung von Vertheidigungseinrichtungen für einen bevorstehenden Kampf zu ertheilen, höchstens im Vertheidigungsverhältniss. Auch dann sollten aber von vornherein nur Pioniere hierzu verwendet und die übrigen Truppen lediglich für den Kampf in Bereitschaft gehalten werden. Vertheidigungseinrichtungen Umständen zu treffen,

dazu

im Verlaufe des Kampfes je nach

bietet sich aber in der Vertheidigung

und fast nicht minder beim Angriff oft genug Gelegenheit. jedoch zu

beachten,

dass

Es bleibt

alsdann auf eine weitere Zuführung von

Schanzzeug nicht gerechnet werden kann , und die Truppen auf das , was sie tragbar mit sich führen, beschränkt bleiben, höchstens mit Ausnahme der Pionier-Compagnie , welcher ihr Schanz- und Werkzeugwagen weiter folgen darf, als den übrigen Truppen selbst ihre Patronenwagen.

Die

Pioniere

müssen

daher bei

den Divisionen,

falls eine bestimmte dringendere Verwendung nicht vorliegt, vorsorglich so dirigirt werden, dass sie an den Stellen, wo das Anlegen von Vertheidigungseinrichtungen am wahrscheinlichsten ist, in möglichster Bereitschaft sind. Beispiele .

1.

In der Schlacht bei Wörth war die der 22. In-

fanterie-Division angehörige 3. Feld-Pionier-Compagnie XI. Armeecorps bei Abweisung des Angriffs der Französischen Cürassier- Brigade Michel bei Morsbronn das

erwähnte Corps

unmittelbar betheiligt gewesen.

Als darauf

seinen Vorstosz gegen den Niederwald unter-

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

259

nahm, stellte die Pionier-Compagnie für die 43. Infanterie- Brigade , welcher sie bisher gefolgt war, eine Aufnahmestellung her. 2. In der Schlacht von Gravelotte haben die Vertheidigungseinrichtungen auf Seite der Deutschen zwar keine Rolle gespielt ; doch kamen deren immerhin einige zur Ausführung. Während des bei Beginn der Schlacht von Theilen des IX . Armeecorps geführten Gefechtes

bei Chantrenne

erkannte man sehr bald

die Unausführbarkeit eines Angriffs auf la Folie und legte unter diesen Umständen um so gröszeren Nachdruck auf die Behauptung von Chantrenne .

Der Pachthof wurde daher zur Vertheidigung ein-

gerichtet und von einer Compagnie der dort im Gefecht befindlichen Truppen besetzt . Die um 2 Uhr Nachmittags noch vorhandenen Bataillone

der

18. Division standen, eine allgemeine Reserve für die gesammte Gefechtsfront des

IX . Armeecorps

bildend ,

bei Verneville

vereinigt.

Auszerdem war die 2. Feld-Pionier-Compagnie desselben damit beschäftigt, geeignete Baulichkeiten dieses Dorfes , besonders auch den Kirchhof, für alle Fälle in Vertheidigungszustand zu setzen. Als das VIII . Armeecorps gegen Ablauf der dritten Nachmittagsstunde

einen noch langsam vorschreitenden Kampf am

östlichen

Höhenrande des Mance-Thales führte, wurde auch das Dorf Gravelotte von

der 2. Feld-Pionier-Compagnie dieses Corps zur Vertheidigung

eingerichtet. In der vierten Nachmittagsstunde war diese Arbeit beendet und das Dorf angemessen besetzt. 3.

Während der Schlacht von Sedan wurden neben einigen von

der Dringlichkeit des Augenblicks veranlassten Vertheidigungseinrichtungen solche auch vorsorglich ausgeführt und zwar von dem II . Bayerischen Corps gelegentlich seiner Aufstellung gegen Sedan auf dem linken Ufer der Maas. Dort wurde das Dorf Vadelincourt mit dem 6. und 10. Jägerbataillon besetzt und sogleich zur Vertheidigung eingerichtet ; ferner wurden die hauptsächlichsten Zugänge von Sedan auf Frénois, insbesondere auch die Chausseestrecke zwischen diesem Ort und dem Bahnhofe verbarrikadirt. 4. Bei den Kämpfen im Süden von Paris , sowohl anfänglich zur Abwehr der Versuche einer Entsetzung, als schlieszlich zur Vernichtung der dort angesammelten Streitkräfte, hat nach Maszgabe des

veränderten gegenseitigen Truppenverhältnisses

die Ausführung

von Vertheidigungseinrichtungen mehrfach stattgefunden . Bei dem Vorgehen gegen Chateaudun am Nachmittag des 18. October

richtete

die der

22.

Infanteriedivision

zugetheilte

3. Feld-

Pionier-Compagnie XI . Armeecorps Maucon, und bei dem Sturme auf 18 Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI.

260

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

diese Stadt in der Nacht zum 19. October Häuser zur Vertheidigung ein.

Im

ersteren Falle war die Compagnie durch den Com-

mandeur des 32. Infanterie- Regiments beauftragt worden . Bei sämmtlichen Corps der II. Armee sowohl, als auch bei der Armee-Abtheilung des Groszherzogs von Mecklenburg schritt man in den Kämpfen vom

2. bis 4. December,

welche

mit der Einnahme

von Orleans endigten, zu Vertheidigungseinrichtungen in Ortschaften . Die Ausführung erfolgte durch die Pioniere. Nach der Wiederbesetzung

von Orléans veranlassten die Ope-

rationen auf Tours die durch die Armee- Abtheilung des Groszherzogs von Mecklenburg in der Zeit vom 7. bis 10. December geführten Kämpfe bei Beaugency.

Hierbei wurden die der 22. Infanterie-Divi-

sion überwiesenen zwei Pionier - Compagnien XI. Armeecorps mehrfach zur Ausführung von künstlichen Verstärkungen in den eroberten Stellungen verwendet, namentlich richtete die 1. Feld - Pionier - Compagnie

am 9. December das

vom Feinde heftig beschossene Dorf

Cravant zur Vertheidigung ein . Bei dem mit fast täglich wiederkehrenden Kämpfen verbundenen Vorgehen gegen Le Mans sind auch bei sämmtlichen Corps den bezüglichen Umständen

entsprechend Vertheidigungseinrichtungen

ge-

troffen worden ; so bei dem III. Armeecorps durch die 2. Feld-Pionier-Compagnie desselben zunächst am 6. Januar am Azay-Abschnitt, sodann am 11. und 12. Januar bei dem Dorfe Changé . 5. Von den im Norden von Paris

gelieferten Schlachten und

Gefechten mussten naturgemäsz diejenigen,

welche nicht mit einem

wirklichen Zurückwerfen des Feindes endigten , Vertheidigungsvorrichtungen hervorrufen. In der That wurden im unmittelbaren Anschluss an die Schlacht an der Hallue von der 2. und 3. Feld-Pionier-Compagnie VIII. Armeecorps mehrere Dörfer befestigt und in dem Gefecht von Bapaume selbst von der ersteren diese Stadt in Vertheidigungszustand gesetzt. d. Zerstörungen während des Kampfes . Solche werden fast ausschlieszlich zu dem Zweck unternommen, um sich gesperrte Verbindungen zu eröffnen , oder ganz neue auszerhalb der bestehenden Wege zu schaffen.

Zuweilen ist dies durch Artillerie zu erreichen ;

meist aber kann es nur durch unmittelbare Handanlegung einschlieszlich der Anwendung von Sprengmitteln bewirkt werden. In den leichteren Fällen, wo es sich nur um Entfernung gewöhnlicher hölzerner und ähnlicher Bewährungen handelt , reichen dazu die stets bereiten Hülfsmittel aller Truppen aus ; in schwierigeren aber, wo starke und wohlbefestigte Hölzer, Eisenverbindungen, Mauer-

261

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division. werk zu beseitigen sind, müssen Pioniere herangezogen werden .

Es

ist also ,

wo

ehe man in einen Kampf eintritt, wohl zu überlegen ,

dergleichen Fälle wahrscheinlich vorkommen werden , um jene mit Rücksicht hierauf einzutheilen. Ist es möglich, von den zu bewältigenden Gegenständen , sei es durch Ausfragung oder durch Recognoscirung, etwas voraus zu erfahren , so ist das niemals zu verabsäumen, denn auch für Pioniere ist es von gröszter Wichtigkeit, sich den Umständen gemäsz vorbereiten zu können, Unternehmungen auf Schanzwerke. Für das Vordringen in Ortschaften ,

namentlich bei den

besonders

im Innern von

Gebäuden , gilt das durch die früheren Erlebnisse in aufständischen Städten ausgebildete Verfahren, welches deshalb geübt werden muss . Beispiele .

1. Aus

der Schlacht von Sedan :

Bei dem Kampfe

um Bazeilles gelangte das 1. Bataillon des Bayerischen Leibregiments aus dem östlichen Theile des Dorfes in dem Park von Monvillers von Süden durch eine von den Pionieren gebrochene Maueröffnung. Bei dem Eingreifen der

Sachsen bei la Moncelle legte

das

3. Bataillon Regiments No. 107 die den Park von la Platinerie umfassenden Hecken nieder und besetzte den Westrand desselben . Behufs Vorgehens aus den in und bei Bazeilles bereits gewonnenen Stellungen zur völligen Einnahme des Ortes durchbrachen die im Park von Monvillers befindlichen Truppen mit Hülfe Faschinenmesser die Hecken auf der Westseite desselben .

ihrer

2. Das Vorgehen gegen Chateaudun und die Wegnahme dieser Stadt durch die 22. Infanterie - Division erforderte mehrfach die Beseitigung von Hindernissen , welche durch die an der Tête der Infanterie befindliche wirkt wurde.

3. Feld - Pionier - Compagnie

XI . Armeecorps

be-

3. Bei dem am 2. December durch die 17. Infanterie - Division ausgeführten Sturm

auf Loigny vor Orléans

Pionier-Compagnie IX . Armeecorps ,

war es die 1. Feld-

welche mittelst Durchbrechung

von Mauern im Dorfe Verbindungen herstellte . 4. In der Schlacht an der Hallue geschah bei dem Sturm der 29. Infanterie-Brigade auf das Dorf Querrieux durch eine Abtheilung der 2. Feld - Pionier - Compagnie VIII. Armeecorps von Barrikaden.

die Wegräumung

5. Besonders bemerkenswerth in vorliegender Beziehung ist die Wiedereinnahme 30. October. Angriffscolonne

von Le Bourget durch

Dort drangen bildenden

die

das

die 2. Garde - Division am

erste

Treffen

Grenadier - Bataillone

der mittleren

Regiments

Königin

Elisabeth über die Straszenbarrikade am Nordeingange und durch 18*

262

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

mehrere

von Pionieren der 2. Garde- Compagnie schnell gebrochene

Maueröffnungen ein.

Am längsten behauptete der Feind die nördlich

des Mollette-Baches an den dortigen Park anstoszenden Oertlichkeiten, namentlich ein ansehnliches Gehöft, bis endlich auch hier Grenadiere des zur linken Flügel- Colonne gehörenden Regiments Alexander unter hülfreicher Mitwirkung einer die Umfassungsmauern durchbrechenden Abtheilung Pioniere eindrang. e. Lagerbau während des Kampfes .

Lagerarbeiten können

in unmittelbarer Beziehung zum Kampf nicht in Rechnung kommen und sind auszer Betracht zu lassen . f. Dienst mit der Waffe selben Gründe ,

während des Kampfes.

Die-

welche oben gegen Heranziehung der Pioniere zum

Dienst mit der Waffe bei den Operationen angeführt wurden, gelten auch, und zwar in höherem Grade , für die Zeit des Kampfes . Sollte

den Pionieren einer Infanterie-Division auch nicht schon

vor Beginn des Kampfes ein bestimmtes Feld ihrer Thätigkeit bezeichnet sein, so müssen sie doch meist den Truppen ihrer Division an dem Punkte , Aussicht stellt,

welcher Pionierarbeiten so nahe

wie

sie werden sonach ohnehin verwickelt werden. Beispiele .

am wahrscheinlichsten in

etwa eine Specialreserve folgen , und oft genug unabsichtlich in den Kampf

In der Schlacht bei Wörth wurden Pioniere in

fol-

gender Weise an einer Stelle zu dem Kampfe herangezogen und an einer anderen darin verwickelt. Um den gegen Mittag gewonnenen oberen Rand der nach Wörth vorspringenden Weinberge gegen die unausgesetzten energischen Angriffe der Franzosen behaupten zu können , sah sich der commandirende General veranlasst ,

nun auch

östlichen Sauer-Ufer heranzuziehen . pagnie V. Armeecorps ,

seine letzten Reserven

vom

Auch die 1. Feld-Pionier- Com-

bei Instandsetzung der

Brücke von Wörth

beschäftigt, war in Folge einer Mittheilung der Gefechtslage auf den Weinbergen zur Unterstützung

der Infanterie dorthin vorgegangen

und hatte nur eine kleine Abtheilung an der Brücke gelassen.

Die 3. Feld-Pionier-Compagnie XI . Armeecorps war, der 22. Infanterie-Division folgend, bei Morsbronn

auch eingetroffen ,

als der

Angriff der Französischen Cürassier - Brigade Michel erfolgte . Sie stellte sich links von der Infanterie in einem breiten Haufen auf und empfing das 9. Cürassier-Regiment auf 300 Schritte mit einem wohlgezielten Feuer. Eine Ecke des Haufens stürzenden Cavallerie abgesprengt .

wurde

von der vorbei-

263

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

2. Bei Colombey-Nouilly geschah die Verwendung von Pionieren zum Kampf an zwei Stellen : Die dem

1.

Feld -Pionier-Compagnie I.

rechten Flügel ,

welchen

Armeecorps

war dabei auf

der Feind gegen Abend zu umfassen

suchte, dem 44. Regiment angeschlossen. Die

2.

und 3. Feld-Pionier-Compagnie

sich, unter dem einen vereinigt,

schon

ihrer Commandeure

bei Beginn des Gefechtes

Regiments Nr. 13 zur Verfügung gestellt. chette zur Unterstützung Gefechtslinie gezogen .

VII. Armeecorps hatte zu einem Halbbataillon dem Commandeur

des

Sie wurden bei La Plan-

der hartbedrängten Infanterie in die erste In der Nacht zum 15. August übernahmen

sie auf dem rechten Flügel des Corps den Sicherheitsdienst. 3. Das Vorgehen begleiteten neben

der 38. Infanterie -Brigade

bei Mars la Tour

dem rechten Flügel die 2. und 3. Feld-Pionier-

Compagnie X. Armeecorps, unter einem ihrer Commandeure ebenfalls ein Halbbataillon formirend . Sie erreichten die Nordwestecke der Tronviller Büsche, und sich dort festsetzend , suchten sie beim Zurückgehen der Brigade dem Vordringen der Franzosen durch ihr Flankenfeuer Einhalt zu thun. 4. Bei der gewaltsamen Unternehmung der 7. Infanterie- Division gegen die Festung Toul Compagnie

am

IV. Armeecorps

Grabenüberganges beauftragt ;

16. August war die 3. Feld-Pionierzunächst mit sie

wurde

dem

Recognosciren

aber bald genöthigt ,

des im

Anschluss an die mittlerweile herangerückte Infanterie das Feuergefecht gegen die Besatzung des Platzes aufzunehmen. Zu der Herstellung eines Grabenüberganges gelangte man nicht .

und Oeffnung eines Festungsthores

5. Beim Angriff auf das Eisenwerk Gresil in der Schlacht bei Beaumont durch Theile der 7. und 8. Infanterie-Division schwärmten auch zwei Züge der 1. Feld-Pionier-Compagnie IV . Armeecorps gegen dasselbe aus . 6. In der Schlacht bei Sedan wurden 2 Pionier-Compagnien des XI. Armeecorps in den Kampf und zwar gegen Cavallerie verwickelt : Dem Vorgehen des rechten Flügels der 43. Brigade gegen Cazal hatte sich auch die 2. Feld-Pionier- Compagnie angeschlossen und gerieth so in den Angriff der auf dem Höhenrücken südöstlich von Floing sich zur Unterstützung der bedrängten Infanterie opfermuthig in den Kampf stürzenden Französischen Cavallerie. Zwei Cürassier- Schwadronen

war es gelungen ,

Preuszische Infanterie ihren Weg nach Gaulier

sich durch die

zu bahnen und aus

dem Nordeingange dieses Dorfes überraschend vorzubrechen.

Da ver-

264

Die Pionier- Compagnie bei der Infanterie-Division .

einigte die in der Maas - Niederung aufgestellte 3. Feld-Pionier-Compagnie ihr Feuer mit den nächststehenden Infanterie- Abtheilungen gegen die Französischen Cürassiere . 7. Zum öftern ,

wenn auch in weniger hervorstechender Weise,

geschah die Verwendung von Pionieren als Infanterie

auch im Nor-

den von Frankreich bei der I. Armee, sowie bei der Armee-Abtheilung des Groszherzogs von Mecklenburg und bei der II. Armee in ihren Kämpfen

zur Deckung von Paris gegen Süden ,

bei letzteren

namentlich als Particular-Bedeckung für Artillerie und als Besatzung von Oertlichkeiten. g.

Verschiedene Arbeiten während des Kampfes .

Es

gilt hierüber dasselbe wie bei den Operationen ; gleicherweise liegen uns auch hier keine Beispiele aus der Wirklichkeit vor. Wir halten es Gefechtstage

aber für passend ,

hier

einer Infanterie-Division ,

das Beispiel von einem

worin sichtlich auch Grund-

sätze für die Verwendung der Pionier- Compagnie niedergelegt sind, aus den Studien über Truppenführung von dem Generalmajor J. v. Verdy du Vernois zu bringen .

Dort finden

zu Zerstörungen, Vertheidigungseinrichtungen , und verschiedenen Arbeiten bestimmt bezw.

wir die Pioniere

Dienst mit der Waffe nach Umständen ver-

wendet.

Der Verlauf ist etwa folgender : Das Gros der 2. Infanterie - Division bivouakirt am 26. Juni in

C und um Schönberg, dabei die Pionier- Compagnie der Division .

Noch

an demselben Tage geht der Befehl der Division für den Marsch am 27. Juni auf Trautenau unmittelbar auch an die Pionier- Compagnie ,

wonach dieselbe

garde zu treten hat.

(vorläufig ohne Brückentrain) zur Avant-

Sie trifft dementsprechend am 27. schon bald

nach 312 Uhr früh bei dem Gros der Avantgarde ein und wird durch den Commandeur der Letzteren , Generalmajor B. , der Vorhut zugetheilt.

Von dem gegen 6 Uhr erreichten Rendez-vous bei Parschnitz

aus wird die Pionier - Compagnie sodann durch Generalmajor B. zu dem Gros des Detachements auf der Höhe südlich dieses Ortes entsendet , mit welchem dasselbe bei dem weiteren Vormarsch des als-

a

dann vereinigten Armee-Corps dessen linke Flanke decken soll . Weite-

81 rer Anordnung des Divisions-Commandeurs gemäsz geht Generalmajor B. nun zunächst zum Angriff auf das Dorf Kriblitz vor. Die Pionier-Compagnie weist er an , dem Regiment No. 2 zu folgen, von welchem ein Bataillon den nördlichen Theil des Dorfes angreift, während zwei Bataillone als Reserve zur Disposition des Generals bleiben. In Thätigkeit treten die Pioniere hierbei nicht, werden aber von Generalmajor B. auf die Meldung ,

dass Trautenau vom Feinde

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division .

265

geräumt, die Brücken aber durch starke Barrikaden gesperrt wären, dorthin beordert, um die Uebergänge über die Aupa frei zu machen und die südlichen und westlichen Ausgänge der Stadt vorläufig im Verein mit der dort vorgegangenen Füsilier - Compagnie zu besetzen und abzusuchen.

Die Aufräumung der Verbarrikadirung der Brücke

ist indess bereits durch Cavallerie bewirkt , pagnie eintrifft.

bevor die Pionier-Com-

Inzwischen erhält die Division den Auftrag , unter Festhaltung der Chaussee von Trautenau über Hohenbruck nach Neu-Rognitz, den Feind in Front und rechter Flanke umfassend, anzugreifen und trifft demgemäsz ihre Maszregeln. Nachdem bereits zuvor Generalmajor B.

gelegentlich

eines Zusammentreffens

mit dem commandirenden

General unter andern die Absicht, die noch in Trautenau befindliche Pionier-Compagnie heranzuziehen ausgesprochen und die Erlaubniss dazu erhalten hat, übergiebt der Divisions-Commandeur etwa um 12 Uhr Mittags einer Ordonnanz für jene den schriftlichen Befehl, sobald sie dort nicht mehr erforderlich sei , nach Hohenbruck zu rücken ,

den Ort,

zustand zu

namentlich

an der Chaussee,

in Vertheidigungs-

setzen und die Besatzung daselbst zu verstärken .

Die

Pionier-Compagnie gelangt hiernach in Hohenbruck zur Thätigkeit ; ihre Arbeiten werden indess daselbst im weiteren Fortgange des Gefechtes überflüssig, und so sehen wir sie gegen 2 Uhr 45 Minuten auf dem Gefechtsfelde vor Neu-Rognitz eintreffen. Dort wird sie alsbald zur Unterstützung des Angriffs auf diesen Ort, in welchem die bereits eingedrungenen Abtheilungen gegen einen starken verbarrikadirten Abschnitt in der Verlängerung des von Sorge kommenden Weges kein Terrain mehr hatten gewinnen können, unter die Befehle des Obersten E. Regiments Nr. 2 gestellt. Bei dem nunmehr, bald nach 3 Uhr stattfindenden Angriff folgen die Pioniere zunächst den beiden Compagnien des ersten Treffens . Der Angriff glückt vollkommen. Die Pioniere räumen zum Theil noch unter dem feindlichen Feuer die Barrikade auf, zum Theil betheiligen sie sich an der Erstürmung der nächsten Gehöfte, von denen das bedeutendste sofort als Reduit in Vertheidigungszustand gesetzt und vorläufig von einem Zuge der Compagnie auch besetzt wird. Den eingedrungenen drei Infanterie - Compagnien und den Pionieren gelingt es , den Feind auch aus dem südlichsten Theile des Dorfes zu vertreiben ; ein weiteres Vordringen

über die Lisière hinaus verbietet aber das starke Trotz desselben suchen die Pioniere theils

feindliche Artilleriefeuer.

südlichen Theil der Dorf-Umfassung zur Vertheidigung einzurichten, theils bemühen sie sich , das Feuer, welches bereits mehrere

den

266

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

Gebäude ergriffen hat, zu löschen.

Generalmajor B. hat inzwischen

(kurz vor 4 Uhr) den Auftrag erhalten, sich in Neu-Rognitz festzusetzen und seine Brigade wieder zu formiren.

Demzufolge verbleibt

zunächst im Dorfe auszer vier Compagnien Regiments Nr. 2 auch die Pionier-Compagnie. Hiermit schlieszt

das Gefecht auf diesem Flügel der Division

und es werden die Anordnungen zum Aussetzen der Vorposten gegen den Feind, welcher von Neuem Stellung genommen hat, getroffen. Die Pioniere legen , während die übrigen Truppen bereits ihre Bivouaks bezogen haben, in Neu-Rognitz noch ein Paar Mauern der in Brand gerathenen Gehöfte , welche mit Einsturz drohen , nieder ; gen werden

sie

im Uebri-

durch Divisionsbefehl nebst einem Bataillon Regi-

ments Nr. 2 dazu bestimmt, Neu-Rognitz besetzt zu halten . D. Es

ist

Ruhe.

zu unterscheiden zwischen solcher Ruhe ,

welche den

Truppen nach andauernden groszen Anstrengungen unter Umständen auch in der Bewegung und sogar am Feinde geboten werden muss, damit sie nicht ruinirt werden,

und solcher, welche die Umstände

von selbst gewähren . wo gleichwohl alles das zur Ausführung zu

Im ersteren Falle ,

dessen Unterlassung Schaden bringen müsste , gilt in Bezug auf Pioniere und ihre Arbeiten im Allgemeinen dasselbe , wie bei den Operationen bezw. der Vorbereitung zum Kampfe . Es ist nur zu bedenken, dass bei den Pionieren noch ein Grund mehr, als bringen ist ,

bei den andern Truppen hinzutritt , zeitweilig Ruhe zu haben, nämlich wegen ihres Materials und Handwerkszeuges . Bei diesem kann ohne Ruhezeit das Reinigen, Schleifen, Schärfen, Befestigen, Ergänzen nicht in der erforderlichen Weise vorgenommen und selbst eine richtige Verladung nicht immer erhalten werden. Wenn Ruhe durch die Umstände gewährt ist, so pflegt dies auf längere Zeit zu geschehen . Während derselben hat sich natürlich jede Truppe sich darin

zunächst wieder in besten Stand zu setzen und dann erhalten, was eine angemessene Beschäftigung von

zu

selbst in sich schlieszt. weit das Material zu

Ist hierbei überall wohl zu erwägen, in wie

schonen

sei,

so gewinnt diese Erwägung bei

den Pionieren an Wichtigkeit, deren Trains zur Benutzung in den Cantonnements manchmal so sehr einladend sind . Ob letztere mit Rücksicht auf starke Abnutzung, die etwa schon stattgefunden hat, ohne Aussicht auf baldigen Ersatz eintreten dürfe, ist daher in allen

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division . nicht dringenden Fällen

267

von dem Gutachten des Commandeurs der

Pioniere bei den Armee-Corps abhängig zu machen.

III. Schlussbetrachtung über Verwendung und Ausbildung der Pioniere. Als Grundzüge für die Verwendung der Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division sind im Allgemeinen in dieser Studie die folgenden bezeichnet : „ Die Verwendung

soll zuvörderst

des Divisions -Commandeurs wurzeln, nungen dazu zu treffen hat.

in den An- und Absichten

welcher die nöthigen Anord-

Demnächst soll passende Vorsorge dafür aber auch der Führer der Pionier-Compagnie selbst treffen, welcher deshalb über die allgemeinen Zwecke der Thätigkeit der Division ausreichend unterrichtet werden muss . " Forschen wir nun nach, wie mit Rücksicht auf diese Grundzüge im Frieden vorgearbeitet werden müsse, damit daraus für den Ernstfall ein ersprieszliches Resultat hervorgehe, so kommen wir zu dem Schluss, dass bedürfen.

hauptsächlich die Pioniere selbst noch der Vorübung

Es hat nichts Schwieriges, dass sich die höheren Truppenbefehlshaber über die Leistungsfähigkeit der Pioniere im Felde aus Schrift und wirklicher Anschauung bei den Friedensübungen der Letzteren so unterrichten , dass sie die ihnen selbst zufallenden Anordnungen richtig treffen können .

Es erscheint uns sogar in dieser Beziehung

von keiner Erheblichkeit zu sein, ob sich bei den Manövern, die doch hauptsächlich die Ausbildung der höheren Truppenführer zum Zweck haben, Pioniere befinden oder

nicht ; letztere könnten deshalb doch

in den Anordnungen erwähnt und als vorhanden angenommen oder sogar bezeichnet werden, wie ein Mehreres meist ja ohnehin nicht geschieht, wenn Pioniere dabei sind . Ebenso wenig ist die Betheiligung der Pioniere an den Truppenmanövern nothwendig zu ihrer technischen Ausbildung , und reichen dazu die Arbeiten auf den Uebungsplätzen und bei Uebungsmärschen , wenn diese nur passend geleitet werden, vollständig aus. Dagegen ist es von Wichtigkeit, dass so zu sagen die Gewohnheiten der Truppen und ihrer Führer, wenn sie zu gröszeren Massen zusammengezogen in Thätigkeit treten sollen, nach allen Richtungen auch den Pionieren geläufig werden , und zwar ebensowohl auf Reisemärschen , als bei der Vereinigung bezw. dem Aufmarsch zum Ge-

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division.

268

fecht und endlich im Gefecht selbst. Taktik gelehrt ; eben geübt

Dergleichen wird zwar in der

aber doch nur in der Theorie,

sein will.

Dazu kommt,

Folge stets wechselnder Einflüsse

deren Anwendung

dass in der Ausführung in

mancherlei

sich anders gestaltet

oder hinzutritt , worauf ein Jeder , um nicht in Verzug zu gerathen, durch Erfahrung vorbereitet sein muss. Betrachten wir den Hergang

der Dinge in

der Wirklichkeit.

Der Befehl für die Tagesaufgabe der Truppen wird an höchster Stelle ausgegeben und kommt in seiner Allgemeinheit auch an die Pioniere .

Von den Truppen wird

er

nun ihrer Eigenart und be-

sonderen Lage anpassend aufgefasst und danach Ziele zugestrebt.

Ist der Befehl

dem gesteckten

nun so weit ausgeführt,

Verhaltungsmaszregeln daraus unmittelbar ergeben ,

als sich

was geschieht

dann ; was wird auf eigene Hand unternommen ; wofür werden neue Befehle eingeholt ; wie weit geht man damit nach Oben ; welche Gelegenheit nach Ort, Zeit und Umständen wartet man ab, um schliezlich die Anfrage

anzubringen ?

Wie haben sich dann die Pioniere

zu verhalten, je nachdem ihre Aufgabe es mit sich bringt, vielleicht zwischen anderen Truppen in Thätigkeit zu treten, wie bei den Vertheidigungseinrichtungen ; oder weit vor den anderen Truppen Ausführungen zu treffen , wie bei Wegearbeiten , Brückenbauten und mancherlei Arten von Zerstörungen ? Ist die Pionier-Compagnie für den betreffenden Fall einem anderen Truppen-Commando

ihrer Division unterstellt,

so

hat sie

sich an

dieses zu halten ; ist sie aber selbstständig geblieben, so ist es besser, sie bewahrt diese Selbstständigkeit und geht nöthigenfalls bis an die Damit ist nun Veranlassung zu Verzögerungen Division zurück . gegeben, welche nachtheilig für das Ganze wirken können, die sich aber dadurch vermeiden lassen,

wenn Seitens

der Pioniere

in den

zulässigen Grenzen nach eigenem Ermessen gehandelt wird. Sie müssen also, um richtig eingreifen zu können , über den beabsichtigten Zweck zuvörderst ausreichend unterrichtet sein . Wenn dann der Commandeur der Pioniere die Gewohnheiten der anderen Truppen kennt und im Stande ist,

richtig zu beurtheilen,

was bei

denselben vorgeht, so gewährt ihm das eine Stütze , seine eigenen Entschlüsse daran anzulehnen . Es ist dann jedenfalls besser, dem zur Stelle befindlichen höheren Truppen-Commandeur mit Vorschlägen entgegen kommen

zu können,

die ihm genehm sind,

als ihn nach

seinen Absichten zu fragen und um Bezeichnung des dem entsprechenden Verhaltens der Pioniere zu bitten. Die Uebung ,

welche hierin bei den Friedensmanövern erlangt

269

Die Pionier- Compagnie bei der Infanterie-Division.

werden kann , ist jedenfalls von Nutzen . Die Pionier -Compagnie erhält den allgemeinen Befehl für die Tagesübung ; zur Ausgabe etwaiger mündlicher Erläuterungen gezogen ; dann

wird der Führer derselben zu-

folgt sie der Truppenabtheilung, bei welcher sie in

Thätigkeit treten soll.

Entweder kommt dann alles zur Ausführung,

wie es die getroffene Anordnung bis zu Ende der Uebung vorschreibt, oder es wird allseitig nach Maszgabe der Umstände in der oben angedeuteten Weise gehandelt .

In dieser Weise kann es zum Brücken-

schlag kommen, falls wenigstens Theile eines Brückentrains mitgeführt werden ; in manchen Gegenden auch zu leichten Schanzarbeiten mit und ohne Betheiligung der anderen Truppen . Für die Pioniere ist es , wie schon bemerkt, nicht von Belang, dass sie dann wirklich Arbeiten ausführen ; wichtiger ist es , dass sie es verstehen ,

zum Zweck

von Arbeiten

nur immer richtig und

rechtzeitig zur Stelle zu kommen , mögen sie dabei nach Maszgabe der Umstände auf Zeiten auch in das Gefecht verwickelt werden . Die Bekanntschaft der anderen Truppen mit den Pionieren und ihrer Thätigkeit auf dem Gefechtsfelde wird sich daneben vermehren und befestigen ,

was zum Nutzen

wünschen bleibt ;

und Frommen

der guten

denn es könnte dieselbe nur fördern ,

Sache

zu

wenn den

Pionieren bei Ausführung ihrer Aufgaben mit Schätzung verbundene Willfährigkeit Seitens der dem nun sein ,

anderen Truppen

wie ihm wolle ,

jedenfalls

zu Hülfe käme .

Möge

muss es zur Herstellung

eines solchen Verhaltens beitragen, wenn die anderen Truppen sehen , dass die Pioniere das etwas zu Gute thun.

doch auch können ,

worauf sie

selbst

sich

Wir haben also betont, dass behufs Uebung in alle dem, was der schlieszlichen Ausführung der technischen Arbeiten vorausgehen muss, und gelegentlich dieser selbst, an den Uebungen der anderen Truppen in der müsse.

angewandten Taktik

die „ Pioniertruppe “

betheiligt werden

Dass die ,, Ingenieur-Offiziere" behufs ihrer Ausbildung in taktischer Beziehung zu der Infanterie, ähnlich wie Offiziere der Infanterie zu den Pionier-Bataillonen, auf einige Wochen im Sommer commandirt werden ,

wie das auch schon vorgeschlagen ist ,

halten wir

nicht für nothwendig und auch nicht von verhältnissmäszigem Nutzen, weil sie damit zumeist wohl mehr in ein Detail eingeweiht würden, was ihnen für Lösung ihrer eigentlichen Aufgabe nicht sein könnte . Dagegen ist die Betheiligung Generalstabsreisen wohl geeignet,

förderlich

der Ingenieur-Offiziere an den dieselben für den taktischen Theil

270

Die Pionier-Compagnie bei der Infanterie-Division .

ihrer Aufgabe ist dabei

als Feld-Pioniere

mehr und mehr auszubilden .

das Gewicht nicht darauf zu legen,

Es

dass die Ingenieur-

Offiziere geübt werden , als Führer anderer Truppen aufzutreten, als vielmehr darauf, dass sie mit dem Wesen und dem ganzen Getriebe der Truppenleitung innerhalb einer Infanterie-Division bekannter werden ; denn ist es doch etwas ganz anderes, Truppen zu commandiren , als Truppen durch weitere oder engere Angabe des zu erreichenden Zweckes zu leiten .

Wie

dieses geschieht ,

wie und wann die dazu

dienenden Mittel in den verschiedenen Kreisen angewandt werden, das darf einem Ingenieur-Offizier nicht fremd sein, wenn er mit der Feld-Pioniertruppe unter Umständen selbstständig passend eingreifen soll. Diese Aufgabe tritt , wie schon erwähnt, dann an ihn heran, wenn die andern Truppen sich anschicken , selbstständig zu handeln ; dann muss er aus dem Verhalten derselben alsbald die richtigen Schlüsse für ihr Vorhaben ziehen und hiernach die von ihm selbst zu treffenden Maszregeln, sei es auf eigene Hand oder Wege der Vereinbarung, feststellen zu können. Die " Organisation "

des

Ingenieurcorps

auf dem

und der Pioniere

be-

treffend , so haben wir nicht die Absicht , hier näher darauf einzugehen, und sprechen uns nur dahin aus , dass nach unserer Ansicht auch in Zukunft genügt werden kann.

allen Ansprüchen des Felddienstes damit

Die Russischen Cavallerie- Divisionen und die Armee- Operationen etc.

271

XXII.

Die Russischen Cavallerie - Divisionen

und

die

Armee - Operationen im Balkanfeldzuge 1877-78.

Nach den Veröffentlichungen aus den Russischen Operationsakten bearbeitet von

Cardinal von Widdern, Hauptmann und Lehrer an der Kriegsschule in Metz. Besprochen von Kähler, Oberstlieutenant und Regiments-Commandeur. (Schluss.) Ein Wendepunkt in dem trat in dem Momente ein ,

Gebrauche

der Russischen

Reiterei

als General Gurko mit dem Oberbefehl

über die Garden auch den über die gesammte Reiterei westlich des Wid übernahm . bereits

Nunmehr ging es vorwärts ;

das Verhalten des Generals

die Initiative , welche

auf seinem Zuge

südlich des Balkan kennzeichnet, machte sich hier noch intensiver, man möchte sagen durchgebildeter, geltend . Es ist nicht nur Anfassen da, sondern dies Anfassen ruht auch auf einem scharf durchdachten überlegten Wollen .

Es weht Einen aus den Schilderungen der Octobertage an wie Erinnerungen an Seydlitz und Stuart, die, auch wenn

sie andere Truppen als die ihnen eigenthümliche Waffe zu führen hatten , ihren Unternehmungen mit diesen etwas von dem unwiderstehlichen , einer heranbrausenden Fluth vergleichbaren Wesen zu geben wussten,

das ihre Reiterzüge kennzeichnet . Erst persönlich heran an den Feind , selber gesehen so genau wie möglich, hiernach

kurz, klar und bestimmt disponirt, so dass Niemand im Zweifel sein kann über die ihm zufallende Rolle in dem blutigen Drama und dann her über den Feind, bis er daniederliegt oder die eigene Waffe bricht, welches letztere selten vorkommt, da sie in einer Meisterhand ruht,

von dieser geführt wird.

und Telis ,

So die Kämpfe bei Gorny Dubniak welche die Lebensader der Heeresabtheilung von Plewna

Die Russischen Cavallerie- Divisionen und die Armee- Operationen

272

endlich in die Hände der Russen brachten, den Kreis der Einschlieszung auch auf dem westlichen Ufer des Wid schlossen . Die Reiterei, verstärkt durch die Garde-Cavallerie-Division , welche abweichend von den übrigen Russischen Reiter-Divisionen mit Brigaden zu je 2 Regimentern

auftritt,

drei

wirkte selbstständig theils

in Abtheilungen von je 2 Brigaden auf den Flügeln der angreifenden Infanterie-Massen ,

denen bestimmte Abtheilungen Reiterei für

ihre

besonderen Bedürfnisse zugewiesen sind, theils weit ausholend gegen Flanke und Rücken des Gegners . Letztere Abtheilungen gewannen Fühlung mit der auf dem linken Flügel gegen Telis vorgehenden Garde-Cavallerie und so war der Ring um die feindliche Heeresabtheilung geschlossen . mit ein,

sowohl

Ueberall griff die Reiterei

thätig in den Kampf

unterstützend als entlastend .

An der letzten Ent-

scheidung konnte sie sich nicht betheiligen, da diese in den Türkischen Schanzen lag.

Nachdem am 29. October auch Telis gefallen

war, wurde zuerst die Garde-Cavallerie-Division , demnächst, als diese eine andere Bestimmung erhielt,

die Kaukasische Kasacken- Brigade

gegen Süden bis Petrewen vorgeschoben, um hier gegen Orhanie zu beobachten und zu decken . Es ist eine

kurze,

scharfe,

schöne Kriegsepisode ,

an

Schilderung man sich erfreut, aus der man lernen kann. Buch schildert sie klar und anziehend.

deren Unser

Aber nicht allein hier, wo der persönliche Einfluss des General Gurko augenscheinlich anregend wirkte, trat ein mehr offensives Verhalten der Russen hervor, gestützt zunächst auf eine zweckentsprechendere Verwendung der Reiterei , sondern auch auf anderen Theilen des Kriegsschauplatzes gelangte mit den allmälig anlangenden Verstärkungen die Ueberzeugung zur Geltung, dass man sich, selbst in der Defensive die Freiheit des Handelns, ein gewisses Bewegungsgebiet nur zu sichern vermag, wenn man rechtzeitig angriffsweise verfährt. So dehnte General Karzow, der mit einer Truppenabtheilung

den Abschnitt Lowatz - Selwi deckte , sein Beobachtungsgebiet

durch glückliche Angriffsstösze bis an den Fusz des Gebirgskammes bei Trojan und Tetewen aus, bei denen die Reiterei eine wesentliche Rolle spielte . Die Nothwendigkeit, sich den schwer errungenen Besitz der Stellungen an der Strasze Plewna - Orhanie

zu

sichern,

führte in

gleicher Weise zu weiteren Unternehmungen gegen die bei letzterem Orte bestehenden bez . sich verstärkenden feindlichen Streitkräfte ; um diese Unternehmungen zu decken , die Verbindung der hierzu verwendeten Heerestheile mit denen des Einschlieszungskreises zu

F

273

im Balkanfeldzuge 1877-78 . sichern,

den

erforderlichen Unterhalt,

mittel heranzuschaffen,

sowie namentlich Transport-

wurde es erforderlich, das Gelände westlich

des Isker, bis zu den Straszen hin, welche Sofia mit den Donaufestungen Rahowa, Lom Palanka und Widdin verbinden, scharf im Auge zu halten, die dort zahlreich umherschwärmenden Tscherkessenbanden zu vertreiben. Hier bot sich der Reiterei ein weites Feld ergiebigster Thätigkeit, welches von ihr nunmehr auch in sehr anerkennenswerther Weise ausgebeutet wurde . Die betreffenden Aufgaben fielen zunächst der Garde-CavallerieDivision zu, welche sich am 3. November bei Mahala vereinigte und von hier aus bis Rahowa und Wratza, sowie in die Gegend zwischen beiden Orten eine Reihe kühner und erfolgreicher Streifzüge ausführte .

Als General Gurko demnächst seine Bewegungen gegen die

befestigten Stellungen von Prawca, östlich Orhanie, begann, General Leonow, Commandeur seiner Regimenter

der genannten Division,

wurde

mit dreien

und 4 reitenden Geschützen

zur Deckung der

rechten Flanke , das Iskerthal aufwärts entsendet.

Von den drei an-

deren Regimentern der Division

stieszen zwei mit einer reitenden

Batterie zu General Gurko, das letzte Regiment vereinigte sich mit einer Brigade der 4. Cavallerie-Division , um die Deckung und Beobachtung gegen Rahowa hin zu übernehmen .

Der ursprüngliche Verband der Division wurde bei dieser Gelegenheit wieder gänzlich aufgelöst .

Die drei Regimenter Leonow's

waren allen drei Brigaden entnommen , die beiden zu Gurko stoszenden Regimenter gehörten ebenfalls verschiedenen Brigaden an. Man fragt sich unwillkürlich,

warum ?

Die Ereignisse,

sie schildert, geben keine Antwort hierauf.

wie unser Buch

Hielt man es für nöthig ,

dem General Leonow die beiden Dragoner-Regimenter der Division mitzugeben, was ja bei der Art der ihm gewordenen Aufgabe seine Berechtigung hatte, da diese Regimenter vornehmlich für das Fuszgefecht ausgebildet sind, so genügte es ja, eine der Brigaden aufzulösen , bei denen diese beiden Regimenter standen, die andern beiden jedoch geschlossen zu lassen, eine Leonow zu geben, die andere zu Gurko zu entsenden .

Es blieb dann noch das andere Regiment der

aufgelösten Brigade für die dritte Aufgabe . Auch die Nothwendigkeit für diese letztere Maszregel leuchtet nicht ein . Bei der Menge von Reiterei, welche man nunmehr auf dem westlichen Ufer des Wid zur Verfügung hatte, erscheint eine derartige Zerreiszung der GardeCavallerie durchaus nicht gerechtfertigt, andererseits hätte General Leonow dies vierte Regiment sehr wohl brauchen können . Wäre die ganze Division ihm belassen worden, so hätte er die Unterneh-

Die Russischen Cavallerie-Divisionen und die Armee-Operationen

274

mungen des General Gurko jedenfalls weit wirksamer unterstützen können, als ihm dies nunmehr möglich war. Es wäre interessant zu erfahren, welche Beweggründe die Russischen Heerführer zu dieser steten Trennung der ursprünglichen Verbände gerade bei der Reiterei veranlasst hat. General Leonow dehnte seinen Zug bis Wratza aus, nahm diesen wichtigen Knotenpunkt in Besitz und erbeutete dabei einen bedeutenden Wagenpark sowie eine Menge von Vorräthen. Dies Ergebniss war ein sehr günstiges. Der Herr Verfasser tadelt an der Ausführung die von vorne herein vorgenommene Theilung der Abtheilung in zwei Colonnen .

Ich glaube, dass er in dem

vorliegenden Falle zu diesem Tadel berechtigt war. Die Entfernung der beiden benutzten Straszen von einander, das zwischen ihnen belegene Gelände schloss, soweit dies aus der Karte beurtheilt werden . kann,

ein Zusammenwirken der beiden Colonnen für so lange aus,

bis sie das Ziel der Unternehmung erreichten . seinem Berichte selber:

Der General sagt in

„ Recognoscirungen und Aussagen der Lan-

desbewohner hätten ihm die Ueberzeugung gegeben,

dass Wratza

nur von Infanterie besetzt sei " ; weit ausgreifende Unternehmungen, die

seinen Marsch stören oder zu früh

entdecken konnten,

waren

daher kaum zu gewärtigen, letzteres war überdem um so eher möglich, je mehr Anmarschwege er wählte. Es bleibt stets einer der vornehmlichsten Grundsätze für die Ausführung kriegerischer Unternehmungen , die Theilung der Kräfte als ein unter Umständen nicht zu vermeidendes Uebel anzusehen, sie nur im Falle

dringender Nothwendigkeit

kleiner die betreffende Abtheilung, achtung

dieses

Hiergegen

Grundsatzes ,

eintreten

zu lassen.

Je

um so wichtiger ist die Beob-

desto

leichter

scheint aber gefehlt zu sein .

seine

Durchführung.

Im Uebrigen stellt

das

Unternehmen sich als ein hübscher Reiterzug dar, der, wie erwähnt, auch werthvolle Ergebnisse hatte, ein Beweisstück mehr dafür, dass richtig verwendete Reiterei in stärkeren Abtheilungen der Heeresführung sehr wichtige Dienste zu leisten vermag,

die keine

andere Truppe ihr leisten kann . Von Wratza aus wurden weitere Streifzüge gegen die von Sofia über Berkowatz nach der Donau führende Strasze , sowie gegen Orhanie ausgeführt.

Das Beobachtungsgebiet der Plewna einschlieszen-

den Russischen Heeres -Abtheilung wurde hierdurch bis auf eine Entfernung von 120 Kilometer ( 16 Meilen) nach Westen hin erweitert. Es sind dies Daten , die eingehendste Beachtung verdienen , um so mehr, als es sich hier nicht um Ritte auf gebahnten Straszen durch

275

im Balkanfeldzuge 1877-78 .

cultivirte und bewohnte Gegenden, sondern durch rauhes, unwirthbares und unwegsames Berggelände ,

an kurzen

rauhen Novembertagen

handelte, mit Nachtlagern unter freiem Himmel, oft ohne Feuer, um sich dem Gegner nicht zu verrathen , den man überraschen wollte. Wäre die ganze Garde-Cavallerie-Division bei Wratza gewesen, drei Brigaden anstatt dreier Regimenter, so hätte Berkowatz auf der Sofia-Strasze fast zwei Wochen früher besetzt werden können, während man sich nun an bloszen Erkundigungen genügen lassen musste ; die Demonstration gegen Orhanie am 22. November hätte mit zwölf Schwadronen 4 als Besatzung von Wratza zurückgelassen - ausgeführt werden können,

anstatt nur mit 6 ; es wäre statt des sehr

ehrenvollen , aber auch sehr verlustreichen und im Wesentlichen erfolglosen Gefechtes bei Lutikowo und Nowacin am 22. November, ein erfolgreiches Gefecht, eine durchgreifende Unterstützung des allgemeinen Angriffes

auf die Stellungen bei Prawca zu verzeichnen

gewesen. Es lässt sich ja sehr schwer darüber urtheilen, in wie weit eine Vertheilung der Reiterei, wie sie hier vorliegt, geboten war , da die an sich sehr reichhaltigen Schilderungen unseres Buches doch immer nur einzelne Thatsachen und nichts von den Beweggründen zu geben vermögen, welche das Handeln der verschiedenen Heerführer bestimmte .

So viel geht aber schon aus dem , was wir erfahren, zur

Genüge hervor , dass die vortrefflichsten Einzelleistungen nur ungenügende Ergebnisse liefern,

dass

man

die

selbstständigen Reiter-

Abtheilungen , welche vor die Heere hinaus geschoben werden ,

um

die Freiheit des Handelns , die eigene Initiative zu sichern, so stark machen muss , dass sie sich , haben sie einen festen Punkt gewonnen , von diesem immer weiter ausbreiten können, ohne dadurch an Denn in diesem Weitergreifen durch Gefechtskraft einzubüszen . zeitweise Absonderung einzelner Theile, um sich dann wieder in dem so gewonnenen Abschnitte Spiel von Neuem

nach

vorwärts

zu vereinigen und das

zu beginnen , liegt der gröszte Werth und die

Stärke einer derartigen Reiter -Verwendung, für welche Stuart's Züge, der Gebrauch der Waffe durch Napoleon I. in einigen seiner Feldzüge, namentlich dem von 1805 , durch Friedrich den Groszen in den letzten Jahren

des

spiele geben.

Mit kleinen Mitteln kann man nur Begrenztes er-

reichen, setzen.

siebenjährigen Krieges ,

um Groszes

zu gewinnen,

uns so groszartige Bei-

muss man auch Groszes daran

Es ist eine kleine Heldenthat , dies Gefecht von Lutikowo Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI.

19

Die Russischen Cavallerie-Divisionen und die Armee-Operationen

276

Nowachin.

Schade um die unnütz geopferten braven Reiter.

Der

Herr Verfasser hat sehr Recht, wenn er darüber schreibt : „ Im Uebrigen nöthigt uns das Verhalten der kleinen Schaar wie ihrer Führer unsere ganze cameradschaftliche Achtung ab ! " Man lese die Berichte der führenden Offiziere mit Aufmerksamkeit durch, sie enthalten in positiver und negativer Hinsicht viel des Lehrreichen . Schöne Reiterleistungen bieten ferner die Kämpfe um die Stellungen von Prawca und Etropol, die Verfolgung des Gegners in seine Stellungen auf dem Hochkamme des Gebirges , am Passe von Baba sie liefern den Beweis , dass auch das unwegsame Hochgebirge für eine gute leichte Reiterei keine unüberwindlichen HinderKonak ;

Es sind namentlich die hart gewöhnten Kasacken, die hier im rauhen schneebedeckten Gebirgslande sich ebenso findig und nisse bietet.

ausdauernd erweisen, als in ihrer heimathlichen Steppe . Schätzenswerthe Genossen, sehr unbequeme Gegner im Patrouillen- und Nachrichten-Dienste , nachahmenswerthe Vorbilder für die leichten Reiter aller Heere . Um dieselbe Zeit Ende November - waren auch Rahowa

und Lom Palanka von den Türken geräumt, durch Russisch-Rumänische Abtheilungen besetzt. Strasze von Sofia Stellung .

Die Rumänische Reiterei nahm auf der

Bei dem letzten Entscheidungskampfe um Plewna fiel der Reiterei keine Rolle zu. Während dieser Ereignisse auf dem westlichen Theile des Kriegsschauplatzes hatte die gegen Osten gewendete Abtheilung des Russischen Heeres verschiedene Versuche des Gegners zu angriffsweisem Vorgehen mehr oder minder erfolgreich abgewiesen, sich in dem ihr zur Bewachung

anvertrauten

ausgedehnten Gebiete behauptet.

Die

verhältnissmäszig schwache Reiterei trat nur in kleinen Abtheilungen auf, und scheint sie in dem Erkundigungsdienste Befriedigendes geleistet zu haben. Groszartigere Thaten sind ihrerseits nicht zu verzeichnen. Die Reiterei

des Generals Zimmermann , dem die Aufgabe zu-

gefallen war, unterdessen die Dobrudscha zu behaupten , Lösung ihm

bei deren

der Gegner keinerlei Schwierigkeiten bereitete ,

hatte

hier fast ausschlieszlich den Vorpostendienst zu versehen und weite Streifzüge in das vorliegende Gelände auszuführen , bei denen vielfach recht bedeutende Marschleistungen zu verzeichnen sind . Die vorkommenden Gefechte sind mit wenigen Ausnahmen ohne besoneres Interesse, da der Gegner zu untergeordnet war.

277

im Balkanfeldzuge 1877--78. Wiederholt lesen wir ,

dass trotz anstrengender Märsche Leute

und Pferde gar nicht gelitten hätten .

So waren am 16. und 17. Sep-

tember 2 Schwadronen des 7. Dragoner-Regiments 22 bezw. 27 Stunden nicht

aus

dem Sattel gekommen ,

dabei

(20 Meilen) marschirt ,, und trotzdem hatten oder zurückgebliebenen Pferde . "

etwa 150 Kilometer sie keine gedrückten

Das 7. Husaren- Regiment hatte 500 Kilometer ( 6623 Meilen) wir erfahren nicht, in wie viel Tagen ohne Ruhetag zurückgelegt ,

12 und langte

doch mit nur 5 kranken Pferden ,

die Züge

17 Rotten stark, an. “ In den Tagen vom 25. bis 28. September machten die 7. Dragoner, 7. Husaren, 18. Kasacken, 8 reitende Geschütze einen Marsch von 200 Kilometer (26/3 Meilen) und einige schärfere Gefechte , trotzdem brachten sie weder kranke Leute noch kranke Pferde zurück. " Wer aus Erfahrung weisz , welche Schwierigkeiten der Reiterei bei derartigen Leistungen die Rücken und Beine der Pferde bereiten , der wird leise Zweifel an der Authenticität dieser Berichte nicht ganz zu unterdrücken vermögen. In Betreff des Ueberganges

über den Balkan gewährt unser

Buch durch Mittheilung des gröszesten Theiles der Russischen Original-Dispositionen und Berichte , die Möglichkeit ,

sich

eine klare

Vorstellung von den bedeutenden Leistungen der Truppen , den ungewöhnlichen Schwierigkeiten und Anstrengungen zu machen , mit denen sie hierbei zu kämpfen hatten . Dieser Uebergang wird in der Kriegsgeschichte stets unter den hervorragendsten Leistungen einer gröszeren Heeresmasse seine Stelle finden , obgleich das ausschlieszlich vertheidigungsweise Verhalten der Türken wohl nicht wenig dazu beitrug , dass derselbe überhaupt durchgeführt werden konnte . Trotzdem kann dem Herrn Verfasser nur in vollstem Masze beigestimmt werden, gegenüber :

„ ein

wenn

er der Behauptung der Russischen Generale

solches Unternehmen wäre nur mit Russischen

Truppen auszuführen gewesen ; " die Ueberzeugung ausspricht : „ dass namentlich wenn es , wie das Russische , sich in

jedem Heere —

den Winter eingelebt hat könne . " Die Reiterei theilte

die gleiche Leistung zugetraut werden die Anstrengungen und Entbehrungen der

anderen Waffen, blieb in Ueberwindung der Schwierigkeiten, welche Witterungsverhältnisse und Bodengestaltung in so reichem Masze darboten, nach keiner Richtung hinter denselben zurück und leistete sehr Tüchtiges in Patrouillenritten , wie auch in einigen Gefechten , 19*

Die Russischen Cavallerie-Divisionen und die Armee-Operationen

278

die naturgemäsz

vornehmlich zu Fusz geführt wurden.

Ihre Ver-

wendung nach dem Uebergange, in den Gefechten bei Taschkösen und Schipka, von denen das letztere zur Gefangennahme der Türkischen Heeresabtheilung führte, welche den südlichen Theil des Passes bis dahin besetzt gehalten hatte, erscheint durchaus sachgemäsz : auf den Flügeln , gegen Flanke und Rücken des Gegners . Nicht gleich befriedigend sind ihre Leistungen hierbei . Die Russischen Berichte schieben dies , namentlich bei Taschkösen , auf die ungünstige Bodengestaltung . Ob sich hier aber nicht doch vielleicht die Ermüdung geltend zu machen begann, trotz der behaupteten geringen Einbuszen an kranken Mannschaften und Pferden ? Nach der Besetzung von Sofia und einer Linie wenige Meilen südlich des Balkan, erlahmte die Verfolgung auf mehrere Tage gänzlich .

Die vorhandene Reiterei hätte wohl dazu genügt,

mehr nach

dieser Richtung zu leisten, vorausgesetzt, dass sie überhaupt noch leistungsfähig war, was ich, wie gesagt , bezweifeln möchte . So anerkennenswerth die Verwendungsart der Reiterei , in den letzten Wochen vor der Entscheidung bei Plewna und dem darauf folgenden Balkan-Uebergange nach vielen Richtungen , die Leistungen der Waffe wohl nach jeder Richtung waren , scheint bei ersterer, soweit die vorliegenden Berichte ein Urtheil hierüber gestatten, doch eine zweckmäszige Ablösung der vorgeschobenen Abtheilungen nicht genügend in das Auge gefasst zu sein.

Ich möchte den Grund

auch hierfür zum groszen Theile in der Zersplitterung und Durcheinanderwürfelung der verschiedenen Abtheilungen suchen. Da waren keine höheren Waffen-Instanzen, welche Verständniss und Theilnahme für die Truppe hatten,

sondern nur fordernde Vorgesetzte,

die Er-

gebnisse haben wollten und mussten , sich wenig darum kümmerten, ob die Truppe dabei zu Grunde ging oder nicht ; es wurde eben genommen, was und wiviel gerade zur Hand war. Ich möchte ferner glauben, dass manche Unternehmungen mit geringeren Kräften hätten ausgeführt werden können , zu anderen von vorneherein stärkere Abtheilungen bestimmt werden mussten, um eine Ablösung möglich zu machen.

Das Verständniss für die richtige Oekonomie der Kräfte

scheint gefehlt zu haben , diese aber ist ebenso wichtig, wie die Kühnheit

und Rücksichtslosigkeit im

ebenso nothwendig ,

Gebrauche

dieser Kräfte,

sie ist

wie Schonung am unrichtigen Orte verwerflich.

Ein Feldzug ist lang, man braucht auch gegen den Schluss desselben noch Reiterei und zwar dann oft gerade am meisten ; verbraucht man ihre Kräfte jedoch zu früh und unnöthig, dann fehlen sie nachher. Eine derartige richtige Oekonomie der Kräfte, die ja nicht

279

im Balkanfeldzuge 1877-78 . ich betone das hier nochmals auf das Nachdrücklichste -

mit ängst-

licher Schonung verwechselt werden darf, ist aber wie alles Andere Sache der Uebung , sie erfordert ein sehr feines Verständniss für den Zustand und die hierauf wesentlich beruhende Leistungsfähigkeit der Waffe , eine sehr richtige Beurtheilung dafür, wie viel Kräfte für die verschiedenen Unternehmungen erforderlich sind , schiedenheit im Handeln,

wie im Verweigern.

ebenso viel Ent-

Vollkommen erlernt

wird sie immer erst vor dem Feinde werden können , Uebungen jedoch, wie die der Russischen Reiterei im September 1876 an der Weichsel und wie der Herr Verfasser sie im Anschlusse an die weiter oben erwähnte Beschreibung derselben in Vorschlag bringt, vermögen viel nach dieser Richtung vorzubereiten , Geld und Zeit, welche man auf sie verwendet, werden

sich

vor dem Feinde hundertfach bezahlt

machen durch geringeren Verbrauch und reicheren Gebrauch der Waffe.

in Folge dessen erfolg-

Die Russischen Truppen , auch die Reiterei bedurften der Ruhe so nöthig, dass man sie ihnen gewähren musste ; hierzu kam , dass der Nachschub

an

all

dem

unentbehrlichen Heergeräth durch das

unwegsame Gebirge eine beträchtliche Zeit in Anspruch nahm. Die Betrachtungen , welche der Herr Verfasser an den BalkanUebergang, sowohl im Hinblick auf den Angreifer als den Vertheidiger knüpft, gipfeln in der Folgerung, dass man eine derartige Gebirgssperre nur überschreiten kann, wenn man die erforderlichen Kräfte zur Verfügung hat, um sich nach Ueberwindung derselben sofort durch kräftige

Offensive

den

schaffen und zu sichern ; solche Gebirgssperre

erforderlichen dass

Raum

zur Entwickelung zu

die groszen Vortheile,

der Vertheidigung

darbietet ,

welche

eine

hinfällig werden,

wenn diese sich auf ein rein passives Verhalten beschränkt ; dass sie , selbst unter den hier obwaltenden ungünstigen Witterungsverhältnissen „ die Bewegungen der Reiterei , geschweige die der Infanterie , in Massen nicht ausschlieszt , die der Artillerie jedoch so beschränkt, dass die anderen Truppen auf ihre Mitwirkung beinahe verzichten müssen . " Am 12. Januar konnte Groszfürst Nicolaus sich nach Kasanlyk begeben und von hier aus die weiteren Unternehmungen seiner Heeresabtheilung in die Wege leiten ,

die auf einer Linie von 220 km

(29 Meilen) von Sofia bis Twarditza aufmarschirt stand, in Stärke von 12 Infanterie-Divisionen, 3 Schützen -Brigaden, 79 Schwadronen bzw. Sotnien .

An sie schloss sich links (östlich) , noch nördlich des

Balkan, die ebenfalls zur Verfügung stehende Abtheilung des Generals

Die Russischen Cavallerie-Divisionen und die Armee-Operationen

280

Dellingshausen zwischen Helena und Slatoritza , mit 23/4 InfanterieDivisionen, 18 Schwadronen bzw. Sotnien . Diese Heeresmasse wurde in 3 Colonnen in concentrischer Richtung auf Adrianopel in Marsch gesetzt, während Dellingshausen den Befehl erhielt, den Balkan ebenfalls zu überschreiten, die linke Flanke. zu decken und die Verbindung mit dem General Zimmermann anzustreben, der aus der Dobrudtscha gegen Süden vorgehen sollte .

Die

Heeresabtheilung des Groszfürsten-Thronfolgers setzte sich gleichzeitig aus ihren Stellungen am Lom gegen Osten in Bewegung. So sollten die Reste des Türkischen Heeres nach Osten und Süden auseinandergeworfen, womöglich vernichtet werden .

Von diesem war Suleimann ,

der bisher dem Groszfürsten -Thronfolger gegenüber gestanden hatte, mit bedeutenden Verstärkungen aus dem Festungsviereck nach Süden geeilt, um den Befehl auch über die noch bei Philippopel stehenden Truppentheile zu übernehmen, Adrianopel zu decken. Dem Vormarsche der Russischen Heersäulen voraus Reiterei. popel .

eilte

die

Der Feind wich ohne ernstlicheren Widerstand auf PhilipHier kam es vom 15. bis 17. Januar zu den letzten ernst-

licheren Gefechten des Feldzuges . Suleimann stellte sich noch ein Mal, um Zeit für die Zurückschaffung des Materials, der massenhaft fliehenden mohamedanischen Bevölkerung zu gewinnen.

Er hatte sich

auf den Höhen des südlichen Thalrandes der Maritza hielt den südlichen Theil der Stadt besetzt. Die Russische Reiterei gung des Feindes . die beweisen,

erwies

festgesetzt ,

sich sehr thätig in der Bestäti-

Es kamen mehrere hübsche Reiterstückchen vor,

dass sie zum Theile wenigstens die nothwendige Le-

bendigkeit wiedergewonnen hatte.

Hierzu gehört die Besetzung des

südlichen Theiles

durch 80 Garde-Dragoner unter

von Philippopel

dem Capitain Burago am Abende des 15. Januar. Tag über dem General Gurko

als Stabswache

Pferde dazu hergeben müssen , um Infanterie Eise gehende Maritza ihnen anheim ,

zu setzen .

Quartier zu nehmen .

Der Capitain

wählte

hatten den dabei ihre

über die mit leichtem

Am Abende

ihr Regiment aufzusuchen

Sie

gedient,

stellte

oder sich letzteres .

der General in

der Stadt

Er fand den

Ort geräumt, nahm nach leichtem Gefechte den südöstlich belegenen Bahnhof und zwei Geschütze auf einer in der Nähe belegenen Höhe . Suleiman hielt sich noch den 16. über, zog aber am 17. in die südlichen Gebirge ab. 18 Schwadronen, 6 reitende Geschütze unter General Skobelew I. sollten am 17. früh sich auf die von Philippopel über Chaskiöi nach Adrianopel führende Strasze setzen , die einzige , welche Suleiman in

281

im Balkanfeldzuge 1877-78.

dieser Richtung noch offen stand und auf der Geschütz befördert werden konnte . Der General führte diesen Befehl nicht aus . Warum ist unbekannt.

Die gesammte hier vereinigte Russische Reiterei

so viel ich zu berechnen vermochte, mindestens 59 Schwadronen bez. Sotnien blieb den ganzen 17. über hinter dem linken Flügel, der im Gefechte mit den schwachen Arrièregarden der Türken befindlichen Infanterie ruhig stehen .

Erst am 18. Vormittags

gelang es,

General Skobelew I. in Bewegung zu bringen , doch nach kaum zwei Meilen Marsch blieb er wieder halten, es bedurfte neuer Befehle, um ihn noch eine Meile weiter vorwärts zu bringen . traf das 30. Kasacken-Regiment bei Karadzalar

Erst am 19.

52 Geschütze ,

die

Suleiman dort am 18. unter schwacher Bedeckung hatte zurücklassen müssen. Auch hier war die Reiterei, mit Ausnahme zweier Garde-Brigaden, welche geschlossen blieben, in der verschiedenartigsten Weise zusammengefügt, unter stets wechselnden Befehl gestellt worden . Die hieraus unvermeidlich sich ergebenden Reibungen haben sicherlich nicht wenig dazu beigetragen , dass sie so verhältnissmäszig wenig leistete . Die anderen Colonnen der Heeres-Abtheilung, welche über Eski Saghra und Jamboli auf Adrianopel marschirten, fanden keinen Widerstand mehr. Am 22. Januar besetzte ihre verhältnissmäszig schwache Reiterei 20 Schwadronen bez. Sotnien auf 76 Ba― ― taillone Adrianopel. Sie war acht Tage hindurch auf das anstrengendste geritten. Der Bericht des Oberbefehlshabers rühmt ihnen nach, dass sie 99 weder Kranke noch Nachzügler gehabt, obgleich sie auf mit Schnee bedeckten Straszen bei einer mit Wind verbundenen Kälte von 10 Grad R. geritten wären. " Bei Adrianopel und Demotika sammelten sich allmälig in den ersten Tagen des Februar die Infanterie- Divisionen des Heeres , während ein Theil der Reiterei weiter streifte bis zu den Küsten des Aegäischen, Marmara- und Schwarzen Meeres .

Sie traf überall nur

noch auf Nachzügler und flüchtende Einwohner, mit denen es zu mehr oder minder ernsten kleinen Gefechten kam. Unter diesen Streifzügen verdient der des General Tscherewin mit der Kaukasischen Kasacken-Brigade durch das rauhe Despotogebirge die vollste Anerkennung ; desgleichen der Zug des General Strukow mit 3 Regimentern der

1. Cavallerie- Division bis

Tschorlu ,

60 Kilometer

(8 Meilen) westlich Constantinopel. Der General Zimmermann war unterdessen bis an die Eisenbahn Schumla- Warna vorgedrungen, auch hier hätte

die Reiterei mehr leisten können,

wenn sie rich-

282

Die Russischen Cavallerie-Divisionen und die Armee- Operationen

tiger verwendet worden wäre . Der rechte Flügel der Heeres-Abtheilung des Groszfürsten-Thronfolgers erreichte Eski-Dschuma westlich Schumla.

So fielen der Russischen Reiterei die letzten Scenen des groszen Kriegsdramas zu ; sie war die erste, welche die Küsten der südlichen Meere erreichte, vor den Thoren der feindlichen Hauptstadt erschien . Sie hat Tüchtiges in diesen Feldzügen geleistet und kann mit Stolz auf dieselben zurückschauen, obgleich nicht glücklich gegliedert, nicht immer richtig,

zuweilen

unverzeihlich

fehlerhaft verwendet,

nicht durchweg im Geiste der Initiative geführt, hat sie doch dem Heere vortreffliche Dienste erwiesen und, indem sie dies that, augenscheinlich selber gelernt. In hohem Masze

anerkennenswerth sind die Marschleistungen

der Russischen Reiterei,

bezüglich

der hinterlegten Entfer-

sowohl

nungen und der hierauf verwendeten Zeit,

als

auch der zu über-

windenden Bodenschwierigkeiten und sonstigen Hemmnisse, namentlich in Berücksichtigung dessen, dass sie fast durchweg , auch während der ungünstigsten Witterungsverhältnisse , bivuakiren musste , nur selten, zum Theil wohl während des ganzen Feldzuges , gar nicht unter Dach kam.

Es wäre von hohem Werthe, statistisch ge-

naue Angaben über den Gesundheitszustand der Pferde, die Verluste an denselben durch Strapazen , Satteldrücke , schlechtes Futter u. s. w. Unser Buch bringt hierüber gar nichts, im Gegentheil , zu erhalten. bei einigen besonders hervorragenden Leistungen die ausdrückliche Angabe der Russischen Berichte, dass dieselben keinerlei Einbuszen im Gefolge gehabt hätten . werden es uns

Deutschen

Die

Herren Waffengenossen im Osten

Reiter- Offizieren ,

die

den Krieg

auch

kennen gelernt haben , nicht übel deuten, wenn wir in die Genauigkeit dieser Angaben einige Zweifel setzen . Sie mögen Pferde-Abrichtung und Pflege besser verstehen wie wir,

aber auch selbst das an-

genommen, fordern derartige Leistungen unter den günstigsten Wegeund Witterungsverhältnissen stets Opfer an Leuten und Pferden , namentlich an letzteren, geschweige denn unter Verhältnissen, wie sie dort obwalteten. Die Reiterei des conföderirten Heeres von Virginia (Stuart)

musste

nach

dem Winterfeldzuge 1862/63 fast ganz neu

beritten gemacht werden, und diese Reiter ritten grösztentheils ihre eigenen Pferde, waren im Sattel grosz geworden, während man dem Russischen Reiter, mit Ausnahme des Kasacken, bisher eben keine grosze Anlage für die Waffe, namentlich des Pferdes unter dem Sattel zutraute . geworden, Dank

der groszen Sorgfalt,

bezüglich der Behandlung Dies ist sicherlich anders

welche man dort in letzter

im Balkanfeldzuge 1877-78 .

283

Zeit der Reiterei zugewendet hat, darum würden die Russischen Reiter-Offiziere ihrer Waffe einen viel gröszeren Dienst leisten, wenn sie offen ihre Einbuszen zugeständen, die Niemand ihrer mangelnden Ausbildung in die Schuhe schieben würde ,

während andernfalls be-

rechtigte Zweifel in die Zuverlässigkeit ihrer Angaben

nicht ohne

Berechtigung wären . In gleicher Weise ,

wie bezüglich der Märsche ,

verdienen alle

Anerkennung die Leistungen im kleineren Aufklärungs- und Sicherheitsdienste

durchweg,

in der Anwendung

desselben auf gröszere

Verhältnisse in dem späteren Zeit-Abschnitte des Feldzuges . Für die Darlegung ihrer Gefechtsfähigkeit haben sich der Russischen Reiterei wenig Gelegenheiten geboten, da ihr der ebenbürtige, standhaltende ,

selber angreifende Gegner fehlte,

doch zeigt es sich

bei einigen Anlässen, dass bei ihr richtige Grundsätze nach dieser Richtung maszgebend waren. Es sind mehrfach brave Einzel-Angriffe auf Infanterie gemacht, Geschütze genommen worden, zu einem regelrechten Reitergefechte in gröszerem Maszstabe ,

sei

es mit der

eigenen, sei es mit den anderen Waffen, scheint es nirgend gekommen zu sein.

Gelegenheit hierzu hätte sich wohl geboten .

Soweit.

die in unserem Buche wiedergegebenen Schilderungen gestatten , sich ein Urtheil hierüber zu bilden,

dürfte eine

zweckmäszige treffen-

weise Verwendung der vorhandenen Reitermassen, unter Anderem am 22. September westlich Plewna, am 16. bez. 17. Januar bei Philippopel nicht die Gliederung

ohne Erfolg

gewesen sein .

der Russischen Reiterei

Freilich begünstigte

eine derartige Verwendung

sehr wenig, ja musste in ihren Folgen geradezu hemmend auf dieselbe wirken, denn wenn irgendwo , so vor Allem für die Gefechtsverwendung im Groszen, ist eine durch Gewohnheit gefestigte, durch Uebung geregelte Gliederung nothwendig. als die erste Berührung selbe wirkte.

mit

Diese fehlte hier insofern,

dem Gegner schon auflösend auf die-

Ich glaube, die Russische Reiterei wird die Unzuläng-

lichkeit ihrer Gliederung schwer empfinden,

wenn sie in die Lage

kommen sollte, mit ebenbürtiger oder gar an Gefechtsgewandheit überlegener Reiterei in kriegerische Berührung zu treten, die ihr in gröszeren fest gegliederten Körpern gegenüber tritt. Die Preuszische Reiterei

hat

nach dieser Richtung im

Jahre 1806

den starken

Französischen Reiter-Divisionen gegenüber schmerzliche Erfahrungen machen

müssen,

die

ihr,

nach Napoleon's eigenem Urtheile ,

nach

allen anderen Richtungen hin durchaus nicht ebenbürtig waren . Einen

sehr ausgiebigen und

erfolgreichen

Gebrauch hat die

Russische Reiterei von dem Gefechte zu Fusz gemacht,

in dem sie

Die Russischen Cavallerie- Divisionen und die Armee- Operationen

284

augenscheinlich eine sehr wesentliche

vortreffliche Ausbildung und mit dieser eine

Bedingung ihrer Selbstständigkeit besitzt.

Dass

dasselbe so häufig zur Anwendung kam, lag in den eigenthümlichen Verhältnissen ; dass darunter ihre Lust und Fähigkeit gelitten hätte, in gegebenen Augenblicken auch zur blanken Waffe zu greifen, tritt nirgends hervor. Ein fernerer Vorzug,

dessen sie genoss , war, wie

ich schon

weiter oben andeutete , ihre reichliche Ausrüstung mit reitender Artillerie,

die

sich

sowohl als Waffe an sich,

wie als Genossin der

Reiterei , überall und unter allen Verhältnissen als eine kühne , vortrefflich ausgebildete, sich ihrer Aufgabe und Eigenart voll bewusste Waffe erwiesen hat. Von dieser Reiterei, der man wohl Tüchtigkeit, Tapferkeit und hohe Ausdauer ,

Pflichttreue und Unermüdlichkeit nicht absprechen

kann ,

sich gegen

befanden

27 Kasacken-Regimenter

Ende

des Feldzuges

33 Linien-

auf dem Kriegsschauplatze.

hatten ursprünglich im Divisionsverbande

gestanden .

und

50 derselben Von

diesen

12 Divisionen waren noch 2 geschlossen , alle übrigen ganz oder zum Theil aufgelöst ,

ihre Regimenter

theile vertheilt.

Wer erfahren

erwachsen ,

auf die

hat ,

verschiedensten Truppen-

welche Schwierigkeiten

daraus

wenn geschlossene Reiter - Divisionen von einem

gröszeren Heerestheile

zum anderen übertreten müssen,

der

der kann

sich eine Vorstellung davon machen, welche Reibungen aus dem hier angedeuteten Zustande entstanden sein müssen, wie die Truppe selber darunter gelitten hat .

Viele der Fälle, wo man sich staunend fragt,

warum leisteten denn diese Reitermassen hier so wenig , finden ihre Erklärung für den,

welcher Gelegenheit gehabt hat ,

Blicke in der-

gleichen Verhältnisse zu thun, sehr leicht in dem beregten Umstande : Keine Truppe leidet so durch innere Reibungen an ihrer Leistungsfähigkeit wie die Reiterei , keine bedarf so einer sichern sachverständigen Vorsorge ,

Leitung ,

Führung und Verwendung ,

sie

wird

leicht, wenn diese fehlen, aus der beweglichsten Truppe , die sie sein kann und sein soll, Last für die Heere.

zur schwerfälligsten, von einer Stütze zu einer

Ich sprach bereits im Anfange meiner Betrachtungen die Ansicht aus, dass jener zersetzende Einfluss, der sich sobald auf die Gliederung der Russischen Reiterei geltend machte, seinen Grund wesentlich darin gefunden haben dürfte, dass den groszen Infanteriekörpern die ihnen unentbehrliche Reiterei nicht von vornherein bestimmt zugewiesen war ,

die für selbstständiges Handeln bestimmten ReiterDivisionen den Armeecorps unterstellt waren. Man vergegenwärtige

285

im Balkanfeldzuge 1877-78.

sich einmal das Bild, wie es hätte sein können, und wende es auf den thatsächlichen Verlauf der Dinge an ,

und ich bin überzeugt , man

wird mir im Wesentlichen Recht geben. Auf dem

Kriegsschauplatze

befanden

sich 27 Infanterie-Divi-

sionen, von diesen standen 23 in Corpsverbänden zu je 2 Divisionen, bei dem Gardecorps zu 3 Divisionen, 4 waren selbstständig .

Wären

nun jedem der 11 Corps je 1 Kasacken-Regiment zugetheilt gewesen , was ausreichend erscheint, da diese Regimenter 6 Sotnien ( 800 Pferde) haben, desgleichen jeder der

selbstständigen Divisionen,

so ergiebt

dies 15 Kasacken-Regimenter, es blieben somit noch von den 27 auf dem Kriegsschauplatze anwesenden 12 übrig, diese mit den 33 LinienRegimentern

ergiebt

eine Masse von 45 Regimentern, diese in Di-

visionen zu 6 Regimentern eingetheilt, ergiebt 71/2 Divisionen . man sich nun die

Denkt

halbe Division dem Corps des General Zimmer-

mann zugetheilt , so hatte derselbe einschlieszlich seines Corps -Regimentes 4 Regimenter, wie es auch thatsächlich der Fall war und die dort vollkommen genügten , zwischen Donau und Balkan

dann blieben 7 Divisionen für

handelnden Heertheile ,

die

2 davon dem

Groszfürsten Thronfolger überwiesen, die dort im Vereine mit 2 bis 3 Kasacken-Regimentern der Corps eine Front von 75 km ( 10 Meilen) von Helena bis nördlich der Strasze Biela- Ruschtschuk zu beobachten gehabt

hätten,

blieben

5

für den Süden und Westen ,

also eine Linie von 230 km (302% Meilen) von Plewna über Lowatz und Trojan bis Gabrowa, an sie schlossen sich dann noch 4 Rumänische Regimenter ; in

zweiter Linie

hinter diesen 5 Divisionen

und 4 Regimentern 11 Kasacken und 4 Rumänische Regimenter bei den Infanteriecorps bezw. Divisionen. Dieses Bild ist freilich dem Zeitpunkte entnommen, in dem die bedeutenden Verstärkungen bereits eingerückt waren , die Zusammensetzung

der Heerestheile angewendet,

aber auch auf die

zuerst die

Donau überschritten, dürfte es sich günstiger gestalten als das thatsächliche .

Dies waren 6 Armeecorps, 6 Cavallerie- Divisionen , 13 Ka-

sacken-Regimenter, obige Vertheilung

also

zusammen

angewendet ,

37 Reiter-Regimenter.

Hierauf

ergiebt für jedes Armeecorps 1 Ka-

sacken-Regiment = 6 Regimenter, blieben 21 für die selbstständigen Divisionen , diese zu 6 Regimentern gegliedert giebt 31/2 Division. Von diesen die halbe Division dem für die Dobrudscha bestimmten XIV . Corps zugewiesen , bleiben 3 Divisionen für die Unternehmungen zwischen Donau und Balkan, eine nach Osten mit dem Groszfürsten Thronfolger an der Jantra , kanntlich nur mit

eine nach Süden mit Gurko,

6 Regimentern

den Balkan

überschritt

der beeine

Die Russischen Cavallerie-Divisionen und die Armee-Operationen

286

nach Westen gegen die Osma- und Widlinie , sacken-Regimenter der Infanteriecorps .

dahinter

noch 5 Ka-

Diese starken selbstständigen Reiter-Divisionen , welche in ihrer Stärke die Fähigkeit finden , eine bedeutende Frontlinie aufzuklären wir nehmen im Deutschen Heere bekanntlich ungefähr 45 km (6 Meilen) hierfür an

und doch noch eine Reserve zurückzuhalten,

dadurch die so nothwendige Tiefe

zu gewinnen,

um Flankirungen

vorzubeugen, mit richtigen Directiven versehen, durch Friedensübung bereits daran gewöhnt, bis an den Feind heranzugehen , und wenn er gefunden, nicht wieder von ihm loszulassen, hätten sicher der oberen Heeresleistung bessere Dienste geleistet,

als die wirr durcheinander

gewürfelten, bald hier- bald dorthin geworfenen, aus ihren Verbänden gelösten braven Russischen Reiter-Regimenter trotz aller Aufopferung in anstrengendem Dienste dies vermochten . Es gehört ein ordentliches Studium dazu,

wenn man die

ein-

zelnen Reiter-Regimenter, ja Schwadronen und Sotnien des Russischen Heeres durch den Feldzug hindurch verfolgen will , man muss Bleistift und Papier zur Hand nehmen ,

um den Faden nicht

zu ver-

lieren, und giebt die Sache doch bald auf, weil sie zu viel Zeit und Mühe kostet , im Vergleich zu dem Ergebnisse , der Lehren, die neinendes ist.

man hieraus ziehen könnte ,

Man wird entgegnen , jenes von mir Phantasiegebilde .

Zugegeben ,

nicht bestreiten können ,

welches

bezüglich

ein entschieden

entworfene Bild

dass dem so sei ,

so

ver-

sei ein

wird man mir

dass System und Methode darin ist,

und

dass es sich ohne jede Schwierigkeit den thatsächlichen Verhältnissen anpassen lässt.

System und Methode

aber

in

der Gliederung der

Heere, von ihren kleinsten bis zu ihren gröszesten Körpern in ihrer Ausbildung, ihrer Führung , ihrer Verwendung, sind die Grundbedingungen jeder gesunden Heeres-

und Kriegsführung .

Mit Geist an-

gewendet, haben sie Ergebnisse, wie die Kriege Alexander's , Caesar's, Friedrich's des Groszen, Napoleon's und Kaiser Wilhelm's I. sie uns zeigen ;

wo dieser nicht in so hohem Masze vorhanden ist ,

werden

sie immer noch zu tüchtigen Leistungen befähigen, wie bei den Unterführern jener Koryphäen ; wo sie aber fehlen ,

giebt es Niederlagen ,

und wenn wirklich Erfolge errungen werden , kosten diese unverhältnissmäszig viel Blut, Kräfte und Mittel. In der Russischen Reiterverwendung

aber

fehlten System

und

Methode anfänglich gänzlich, fanden sich allmälig, naturgemäsz aber, ohne durchgreifend werden zu können , da sie nicht anerzogen, sondern nur empirisch gewonnen waren ,

daher die im Verhältnisse zu

im Balkanfeldzuge 1877-78. den aufgewendeten

Kräften

-

287

Schwadronen

254

bezw.

Sotnien,

35,660 Pferde

und zudem an Leistungsfähigkeit und Zahl soweit geringeren Gegner 28,000 Pferde, darunter nur 8000 reguläre so geringen und doch so schwer errungenen Erfolge , daher die Ströme von Blut, welche die anderen Truppen vergieszen mussten. Hierin dürften die Hauptlehren zu suchen sein, welche der letzte Russisch-Türkische Krieg den Reitereien möchten sie Beachtung finden .

sämmtlicher Heere liefert ;

Die Aufgaben, welche der Reiterei ihrer Hauptmasse noch zufallen, sind zweierlei : auf den Schlachtfeldern, auf den Flügeln der groszen Heerkörper , fördernd, entlastend , den Sieg vervollständigend , die übelen Folgen einer Niederlage brechend ; vor den Fronten und in den Flanken der Heere, aufklärend und in der Aufklärung sichernd und verhüllend ; in dies Gebiet fallen auch die kühnen Unternehmungen in den Rücken des Gegners, jene Husarenzüge aus des groszen Königs Zeit, die berühmten Raid's eines Stuart. Die

unerlässliche Vorübung

gaben kann

für die Lösung

auf den Uebungsfeldern

der ersteren Auf-

der Reiter-Divisionen ,

zur Zeit , freilich auch nur in sehr dürftigem Masze, allenfalls gewonnen werden , wenn ein Vergleich hier

für die Lösung

wie sie

üblich sind,

der letzteren , die ich,

überhaupt zulässig ist,

für die wichtigeren

halten möchte, jedenfalls sind sie die häufigeren ,

genügt dies jedoch

durchaus nicht,

hierfür sind Uebungen

dringend geboten ,

wie die

Russische Reiterei sie im Jahre 1876 an der Weichsel , die Oesterreichische in demselben Jahre zwischen Wien und Nikolsburg ausgeführt hat. Ich schliesze mit dem Gedanken,

mit dem ich begonnen habe ,

die Reiterei ist dem Herrn Hauptmann Cardinal von Widdern für seine Arbeit zu groszem Danke verpflichtet. Mag dieselbe ihre Fehler haben, an einzelnen Stellen zu breit sein, an anderen für den Wunsch des Lesers zu wenig Einzelheiten bringen , so giebt sie doch unter allen Umständen ein klares Bild von der Reiterverwendung in einem der bedeutendsten neueren Kriege ,

wie

übersichtlich zusammengefasst leider

wir

von

sie in gleicher Weise

keinem

der anderen be-

stets in der Literatur dieses Krieges eine eigenartige und bevorzugte Stelle behaupten . Ich kann es, nicht als Sophalectüre, wohl aber als Gegenstand ernsten Studiums mit Zirkel sitzen .

Sein Buch wird

und Bleistift in der Hand,

den Cameraden

gelegentlichst empfehlen. Für den Reitersmann hat deutung.

Es

es

von

der Waffe nur an-

aber noch eine anderweite Be-

erweist mit unwiderlegbarer Bestimmtheit ,

dass die

288

Der Festungskrieg der Neuzeit.

Zeit seiner Waffe noch lange nicht vorüber ist, dass man im Gegentheil heute wie

zu allen Zeiten grosze Kriege

nicht

führen

kann

ohne Reiterei und zwar ohne eine zahlreiche und gute Reiterei . Eine gute Reiterei aber ist nach unseres groszen Königs Meinung - der sich eine solche gute Reiterei zu schaffen gewusst nur herzustellen durch

hatte , die beste, welche es je gegeben hat

richtige Gliederung dauernd in gröszeren Verbänden (Inspectionen), sorgfältige Erziehung im Einzelnen und zweckmäszige Vorbildung für ihre groszen Aufgaben.

"9 Cela est d'autant plus nécessaire,

que

si l'on veut que cette

machine joue ensemble , il faut que chaque ressort soit travaillé avec même soin. " Wer diesem Beispiele des

groszen Meisters

nicht

folgen

will,

wird mit Misserfolgen und viel Blut ein hartes Lehrgeld zahlen . Wenn du will't siegen ob im Streit Dann halt dein Waffen stets bereit.

XXIII.

Der Festungskrieg der Neuzeit. Eine Studie.

(Schluss.) Fernere, in den Fortschritten der Technik u. s. w. beruhende Momente. Ehe wir zu den Modificationen übergehen, welche in Folge der Veränderungen innerhalb der Kampfmittel - auch für die Grundsätze über die Verwendung derselben

haben

eintreten müssen,

scheint es geboten , noch einen Blick auf die auszerhalb des Waffenund Bauwesens in den Fortschritten der Technik beruhenden Momente zu werfen, welche ihrerseits ebenfalls einen durchaus nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Umgestaltung des Festungs-Krieges ausgeübt haben. In der Entwickelung der Eisenbahn - Technik wie des internationalen Eisenbahn-Netzes sehen wir einen der wichtigsten dieser Factoren. Beiden Theilen , dem Angreifer wie dem Vertheidiger , muss derselbe zu statten kommen.

Der Festungskrieg der Neuzeit.

289

Einerseits wird durch die rückwärtigen Eisenbahnen den Festungen des Proviants und der Munition (bez . aus groszen

die Beschaffung

Central-Plätzen des Landes), sowie das Heranziehen der Bedürfnisse aller Art und dergl. die Ergänzung der Besatzung sicher gestellt bezw. doch in hohem Grade erleichtert - wie uns für alle diese Verhältnisse Paris

das groszartigste Beispiel gegeben hat.

Dann

werden aber auch Bahnlinien innerhalb der Enceinte bezw. des durch die Forts begrenzten Rayons nicht nur die administrativen u. s . w. Verhältnisse begünstigen , sondern speciell einer offensiven und activen Vertheidigung immerhin eine nicht unwichtige Hülfe zu schneller Concentration von Truppenmassen bieten und bezw. selbst in PanzerLocomotiven und -Zügen ( Paris) die Vertheidigung zu unterstützen vermögen. Dem Angreifer dagegen können gegenwärtig allein die Bahnen die Möglichkeit geben, die zu einer Belagerung der heutigen groszen Plätze erforderlichen Massen an Material , Geschütz und Truppen in kürzester Zeit

heranzuführen ;

nur sie werden bei der Ausdehnung

der neueren Kriegstheater seine Verbindung mit der OperationsArmee wie mit dem eigenen Lande erhalten und den Nachschub aus dem letzteren garantiren können.

Mit Recht darf behauptet werden,

dass nur durch die Entwickelung des Eisenbahnwesens der Festungskrieg mit der Energie der Operationen und dem schnellen Verlauf und dass er, an Groszder heutigen Kriege hat Schritt halten artigkeit

dem Feldkriege gleichstehend , hat Dimensionen annehmen

können, wie solche sich in der gleichzeitigen Belagerung bezw. CerParis und Belfort nirung von Paris , Metz und Straszburg und noch verschiedener kleiner Plätze kennzeichnen . Als ein Glück jedoch ist es zu bezeichnen , dass die Entwickelung des Eisenbahnwesens von der des Telegraphenwesens begleitet war.

"" Ohne den Telegraphen hätten wir Paris nicht genommen " ist ein bekanntes Wort des Grafen Moltke . Nicht nur, dass , für Kriegszwecke

noch mehr als für den Friedens -Verkehr, erst der elektrische Telegraph die volle Ausnutzung der Eisenbahnen gestattet, - bei den Entfernungen, welche für die Belagerung bezw. Cernirung groszer Städte wie Paris , Metz , Antwerpen u. s . w. heutzutage zur Sprache kommen, sowie bei den gesammten, gegenwärtiwelche mehr als je das Einsetzen aller Kräfte

gen Verhältnissen ,

in einem gegebenen Momente erfordern, in diesem die Entscheidung sich gipfeln lassen, da könnten die Leistungen des alten optischen Telegraphen nicht mehr genügen.

Ebenso

aber wie für die Ope-

Der Festungskrieg der Neuzeit .

290

rationen der Feld -Armee und den Zusammenhang derselben mit dem Schlacht bei Montbéliard), Belfort Belagerungs -Corps (Paris fällt auch in dem Festungskriege selbst, -- hier in Verbindung mit den Errungenschaften der Optik ― dem Telegraphen eine grosze Rolle zu , indem er die räumlichen Entfernungen zwischen Observatorien, Commandobehörden und Truppen thatsächlich aufhebt. ders

wohl für

den Angreifer ,

Vertheidiger wird

seine Bedeutung

unterirdischen Kabeln

Beson-

doch in hohem Grade auch für den sich geltend machen :

in den

( solche in Flüssen sind weniger vor dem

Feinde geschützt) ist auch dem Vertheidiger die Möglichkeit gegeben, wenigstens in der ersten Zeit Lande zu unterhalten.

eine Verbindung

mit dem eigenen

Sicherer vielleicht noch in Rücksicht auf den Feind wird die Taubenpost functioniren ; ebenso wie diese aber hat in dem letzten Feldzuge der Luftballon eine gewisse Bedeutung erlangt und bei

fernerer Entwickelung

und

entsprechender Organisation dürfte

in demselben die Kriegführung ein neues wichtiges Moment erhalten , sobald

derselbe

auszer zu Personen und Correspondenz - Beför-

derung mit Vortheil auch für rein militairische Recognoscirungs-, Schuss- und Correcturzwecke sich verwenden liesze. Von gleicher Wichtigkeit kann, wenn die (Wetter-) Verhältnisse günstig, künftighin auch die Photogrammetrie werden, indem sie, wie die Straszburger Versuche beweisen ,

dem Angreifer wie

dem

Vertheidiger ein wesentliches Hülfsmittel zur Construction von Plänen u . s. w. an die Hand giebt.

Allerdings wäre zu wünschen, dass es

gelänge , die bisherige , zum Functioniren der Apparate als gröszte zulässige Entfernung von nur 1500 Schritt in einer der Sicherung derselben entsprechenden Weise auszudehnen. Endlich aber ist ,

als

zu den bisherigen Erleuchtungsmitteln,

Leuchtkugeln, Leuchtraketen,

Leuchtfackeln u. s. w. hinzugetreten,

nach des elektrischen Lichtes (Paris, Montmartre u. s . w.) und speciell für den Vertheidiger noch der Petroleumlampen , Beleuchtung der Escarpe und des Grabens ,

besonders

zur

gegen den

Ueberfall und den gewaltsamen Angriff, Erwähnung zu thun . Momente ,

beruhend in den Aenderungen der Grundsätze für die Ausrüstung der Festungen an Personal, Geschütz und Material.

Die gröszere Leistungsfähigkeit der neuen Waffen, ebenso wie der heutige Charakter der Festungen und der durch beides gestiegene Werth der letzteren für

die

allgemeine Kriegführung mussten nun

291

Der Festungskrieg der Neuzeit.

auch in den für die Dotirung der Plätze an Personal und Material geltenden Grundsätzen Aenderungen hervorrufen .

Je hart-

näckiger und je thätiger eine Vertheidigung geführt werden soll, desto gröszer muss neben einer genügenden Ausrüstung an todten Streitmitteln auch die Zahl und desto besser die Beschaffenheit der Besatzungstruppen sein ;

nicht mehr ist, wie früher anzunehmen

man sich für berechtigt hielt, zu der Vertheidigung einer Festung noch der schlechteste Soldat zu gebrauchen ; heute ist, wenigstens für die wichtigeren, eine entscheidende Rolle spielenden Plätze selbst der beste nur gerade noch gut genug ; und unsererseits kann es nur als ein erwünschter Fortschritt bezeichnet werden, wenn - nach dem Vorgange von 1870 zu urtheilen die Landwehren der Besatzung der dem Feinde zunächst gelegenen wichtigeren Festungen grundsätzlich durch einen festen Kern an Linientruppen inso weit ergänzt werden, als es ohne merkliche Schwächung der Feldarmee zulässig ist. Was die numerische Stärke der Besatzungen anbetrifft, so hat sich die in den Scharnhorst'schen Normen kaum erst angedeutete Erkenntniss nunmehr Bahn gebrochen, dass die Berechnung derselben für alle Waffen wesentlich nach den individuellen Verhältnissen des Platzes und zugleich unter Berücksichtigung der betreffenden allgeWerden somit die heutigen meinen Kriegslage zu geschehen hat. groszen Festungen schon betreffs der Totalsummen bei weitem stärkere Besatzungen erfordern , so hat das Verhältniss sich noch mehr für den Procentsatz an Special waffen gesteigert : schon die gezogenen Geschütze an sich selbst verlangen ein stärkeres Bedienungspersonal die grosze Zahl der gezogenen d. h. an gelernten Artilleristen , Geschütze aber ergiebt im Ganzen einen gegen früher unverhältnissmäszig groszen Bedarf (Antwerpen braucht z . B. im Ganzen etwa Die gröszere Selbstständigkeit der einzelnen Werke 15,000 Mann) . bezw. der Gruppen derselben sowie der allgemeine wissenschaftliche Aufschwung, den das gesammte Festungs- und Festungs-Kriegswesen bedingen ferner auch einen gröszeren Bedarf an ganz im Besonderen aber Ingenieur-Offizieren und Pioniertruppen

genommen haben,

an Mineuren. Sind ferner für die Armirung der Festungen die ebenerwähnten Scharnhorst's chen Normen, wenngleich sie bereits die Ausrüstung gegen den gewaltsamen und die gegen den förmlichen Angriff trennen , doch immer noch als summarische Forderungen zu bezeichnen , so hat eine gleiche individuelle Berücksichtigung wie bei dem Personal sich

auch

für die

Ausrüstung

an Geschütz

geltend gemacht. Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI.

und

Material

20

Der Festungskrieg der Neuzeit.

292

Allerdings werden für den Bedarf gegen den gewaltsamen Angriff und den Ueberfall wohl auch heute noch für alle Festungen , ohne Berücksichtigung ihrer strategischen Bedeutung, die gleichen Grundsätze aufzustellen sein, wohl aber ist für die Ausrüstung gegen den förmlichen Angriff zwischen den kleinen unbedeutenden , nur noch zu localen Zwecken dienenden Festungen, welchen gegenüber der Angreifer auf eine förmliche Belagerung heute kaum sich einlassen wird und zwischen den groszen, die Stützpunkte der gesammten Operationen bildenden Centralplätzen zu unterscheiden , deren Besitz auf die Entscheidung des ganzen Krieges von Einfluss sein kann (Paris , Metz , Belfort) . Genügt für die ersteren nur eine Armirung gegen den gewalt-

samen Angriff und ein gewisses Pauschquantum an gezogenen Geschützen, so haben für die Ausrüstung der groszen Festungen gegen den förmlichen Angriff in neuester Zeit die Verhältnisse eine ungeahnte Entwickelung genommen . Gegenüber beispielsweise dem nach 1841 in Frankreich commissarisch festgestellten Satze von höchstens 160-170 Geschützen bezw. (bei Festungen mit detachirten Forts ) von 250 Geschützen gelangten in Sebastopol bei einem Totalbestande von

1500 Geschützen

standen im Feuer,

7-800

zur Thätigkeit :

allein auf der Südfront :

in Paris

im Sector VI 130 Ge-

schütze , Sector VII 101 Geschütze, Sector VIII 75 Geschütze ; dazu die Geschütze der Forts : Issy nebst Collateral-Batterien 90 Geschütze, Vanvres 84 Geschütze, Montrouge 52 Geschütze, mithin im Ganzen 532 Geschütze ; und in Antwerpen endlich,

wo auf der,

den förm-

lichen Angriff allein gestattenden Süd- bezw. Südostfront je 3 Forts mit je 136 Geschützen nebst den entsprechenden Seiten der beiden Collateralforts in Betracht kommen, würden einschlieszlich der Intervallen-Batterien an 500 Geschütze gegen das Angriffsfeld wirken . Kann für grosze Plätze im Allgemeinen ein Bedarf von 1 Geschütz auf 18 Fusz Feuerlinie angenommen werden, was bei durchgängiger Traversirung des Walles eine Reserve von 50 pCt . ergeben würde ,

so wäre früher

z. B. für die alte Enceinte von Magdeburg

(1800 Schritt Feuerlinie bei 1200 Schritt Frontlänge und 5 Forts) der Gesammtbedarf auf 5-600 Geschütze zu berechnen sein, welche, mit Ausnahme der glatten Flankengeschütze und der glatten Mörser, nur aus gezogenen Geschützen zu bestehen hätten . Der Vermehrung der Geschützzahl entsprechend , mussten höhere Sätze auch für die Ausrüstung an Munition angenommen werden. Im Interesse scherseits

einer hartnäckigen Vertheidigung dürften die Preuszi-

1868

festgestellten Normen ,

welche

für jede gezogene

Der Festungskrieg der Neuzeit.

293

Kanone nur 700 Granat- und 50 Shrapnelschuss etc. auswerfen, in Zukunft etwa dahin zu ändern sein, dass in Festungen I. Ranges 1000 Granaten und 100 Shrapnels für jedes gezogene Geschütz zu berechnen wären, Verhältnisse, wie sie aus den Erfahrungen von Straszburg (hier allerdings Seitens des Angreifers ) hervorzugehen scheinen. Erwähnen wir dann schlieszlich noch, wie auch das Quantum an Sprengraketen und Leuchtfackeln u . s . w. , Infanterie -Munition ,

an

Bettungsmaterial,

an Wallbüchsen und

Fernrohren ,

Wallspiegel

u. s . w . in ähnlicher Weise hat zunehmen müssen, und wie speciell zu dem Material des Ingenieurdienstes

als neu,

auszer den electri-

schen Leitungs- und Beleuchtungsapparaten hauptsächlich noch die Land- bezw . Wasser-Torpedos und die Eisenbahnschienen hinzugetreten sind. Welche Schwierigkeiten der Vertheidigung schon allein in der das genüge ,

gesicherten Unterbringung solcher Massen erwachsen, hier nur anzudeuten .

Taktische Momente. Es bleiben nun noch diejenigen Momente zu beleuchten, welche, wir möchten sagen, in taktischer Beziehung,

d. h . für die Verwen-

dung der Kampfmittel sich ergeben haben.

Obne

ein endgültiges

Urtheil abgeben zu wollen, ob in jenen Verhältnissen der Angreifer oder der Vertheidiger an Kraft gewonnen,

so dürfte

es doch wohl

scheinen, als ob für den letzteren die Aussichten gestiegen seien , obwohl es

auch nach wie vor uneinnehmbare Festungen nicht

giebt, und wenn auch, bei sonstig rationellen Bedingungen, der Fall einer Festung auch heute stets nur eine Frage der Zeit sein wird . I.

Der Kampf mit den Mitteln der Feld - Armee bezw.

gegen dieselben.

Schon bei der Armirung gegen den Ueber-

fall und den gewaltsamen Angriff dürfte ein Vortheil des Vertheidigers insofern hervortreten, als die erhöhte Sturmfreiheit, welche die heutigen Profilverhältnisse den Werken mit trockenen Gräben gewähren, die Nothwendigkeit von Pallisadirungen u. s . w. erheblich beschränken wird, und als ferner, da das 2 Fusz breite Banket zu einer sicheren Handhabung der Hinterladungsgewehre ausreicht, ein Abstechen der inneren Brustwehrböschung auf halbe Anlage vor erfolgter Wahl der förmlichen Angriffsfront nur auf den, den Thoren zunächst gelegenen Strecken bezw. dort einzutreten haben wird, wo zur Herstellung von Bonnets u. dgl. ein Bedarf an Erde sich herausstellt . Wohl aber wird bei dem gewaltsamen Angriff die in den gezogenen Geschützen liegende gröszere Gefahr auch ein früh20 *

Der Festungskrieg der Neuzeit.

294

zeitigeres Einrichten der detachirten Forts zur Aufnahme ihrer Kriegsbesatzung, sowie eine baldige und hinlängliche Verproviantirung und Ausrüstung derselben erfordern , und wird die kriegsmäszige Unterbringung der Pulver-Vorräthe der Festung und die Einrichtung der Geschossräume und Verbrauchs- Pulvermagazine

(und in den,

förmlichen Angriff ausgesetzten Fronten auch

die der Zündungs-

dem

Reservoirs und der Geschossladestellen) schon in diesem ersten Stadium zu erfolgen haben. In der artilleristischen Armirung nun sehen wir die Grundsätze für die Aufstellung der Geschütze

dahin geändert,

dass zum

Unsichermachen gröszerer Terrainstrecken die 25 pfdge Haubitze durch die kurze 15 cm -Kanone ersetzt, und dass zur Beherrschung einzelner Defiléen u. s . w. statt der 25 pfdgen Bombenkanone die 9 cm-Kanone bezw. bei späterer Verwendung gegen den förmlichen Angriff die kurze 15 cm-Kanone zu verwenden sein wird. Haben nun zwar für das Verhalten beider Theile, bei dem wesentlich auf den Grundsätzen der Ueberraschung und Täuschung beruhenden Ueberfall , Aenderungen , neue Momente -- und von solchen allein beabsichtigen

wir in dem ferneren Verlaufe zu sprechen -

kaum eintreten können , so wird doch,

gerade wegen der erhöhten

Sturmfreiheit und der gröszeren , absoluten und relativen Stärke der Werke, und bei der durch die detachirten Forts erhaltenen gröszeren Sicherheit

wenn

Commandant und Besatzung nur irgend ihre

Schuldigkeit thun - ein Gelingen des Ueberfalls noch seltener als bisher zu erwarten sein,

um so weniger vielleicht,

als gegenwärtig

der, keine Entfernungen kennende Telegraph dem Vertheidiger gestattet, die Fäden seines Kundschafterwesens selbst bis in das Gebiet des feindlichen Landes auszudehnen . Nicht minder sind die Aussichten des Angreifers bei dem gewaltsamen Angriff geringere, oder doch wenigstens keine gröszeren geworden ; denn - dem von einem gewissen Zeitpunkt ab offenen Vorgehen desselben

und

Artilleriefeuer vermag

dem,

den

eigentlichen Stosz einleitenden

auch der Vertheidiger seinerseits die volle

Wirkung der gezogenen Geschütze entgegenzustellen, sobald er in der Armirung der Festung nicht geradezu vollständig überrascht worden und er ― in der Formation einer ambulanten Geschützreserve (gezogene 6 - Pfünder in mittleren Festungen deren etwa 12) eine etwaige Verstärkung der angegriffenen und der Collateralfronten frühzeitig ins Auge gefasst hat. Auch kommen,

sofern die Wachsamkeit des Vertheidigers an-

dauert, etwa die gleichen Verhältnisse, in einer Verbindung des ge-

Der Festungskrieg der Neuzeit. waltsamen Angriffs ,

295

mit einer Beschie szung oder Blokade zur

Sprache. Ganz Aehnliches gilt für diese letzteren beiden selbst. Zwar wird den älteren Befestigungen gegenüber die gröszere Wirkung auch der gezogenen Feldgeschütze gegen Stadttheile, Gebäude und Wallbesetzung u. s . w. sich geltend machen müssen ; dagegen aber gewähren die zahlreichen Hohlräume der heutigen Festungen einen ferner aber werden allein um so gröszeren materiellen Schutz, schon die gegenwärtigen Forts die Möglichkeit

gröszeren

Entfernungen der detachirten

einer Beschieszung

durch

die Artillerie der

Feld -Armee nur noch verhältnissmäszig selten eintreten lassen. Sollten thatsächlich aber Theile der Stadt eingeäschert werden, so wird auch heute noch stets nur ein schwacher Commandant durch das Drängen der Bürgerschaft sich zur Uebergabe veranlasst sehen . Und nun die Blockade : gleichviel ob durch dieselbe die Einnahme des Platzes beabsichtigt oder nur die Absicht verfolgt wird, die in demselben vorhandenen Streitmittel und Kräfte abzusondern , - immerhin wird bereits bei

kleineren Festungen

die vermehrte

Waffenwirkung des Vertheidigers den Cernirungsgürtel, gegen früher um ein Beträchtliches

erweitern ;

grosze Festungen aber können

unter Umständen ebensowohl

bei

rechterhaltung

der Cernirung

dem Angreifer selbst unüberwind-

der Herstellung als für die Auf-

liche Schwierigkeiten bieten .

Wenig kommt dabei in Betracht, ob

der letztere aus Mangel an Belagerungsmaterial und besonders an Belagerungstruppen (Metz, Paris , Belfort in der ersten Periode) zur Wahl der Blokade gezwungen wird, oder ob er zu derselben schreitet, etwa weil die individuellen Verhältnisse des Platzes, seine inneren Zustände u. s . w. den baldigen Fall desselben voraussichtlich machen .

Ferner

aber ist noch zu erwägen , wie gerade in solchen groszen Festungen der Vertheidigung eine nicht zu unterschätzende Unterstützung einerseits in den Vorräthen zufällt,

welche in den Etablissements des

Handels und der Industrie sich vorfinden,

sowie andererseits darin,

dass auch die gesammten Kräfte dieser letzteren, Menschen wie Fabriken u. s . w. , den militairischen Zwecken dienstbar gemacht werden können und endlich, dass gerade die Lage solcher Städte an den Knotenpunkten der Communicationen eine reichliche und rechtzeitige Verproviantirung

und Ausrüstung

derselben

ermöglicht

sie also in den Stand setzt, längere Zeit einer Cernirung zu widerstehen. Dahingegen aber wird der Angreifer , was seine eigene Sicherung anbetrifft, gerade um kürzere Einschlieszungslinien zu erhalten,

Der Festungskrieg der Neuzeit.

296

sich damit begnügen müssen,

nur die Gros seiner Truppen auszer-

halb der Schussweite

der Festung zu halten (auf 5-6000 Schritt

also) ;

auch die gezogenen Geschütze die Sicherung

denn so

sehr

der anderen Truppen verlangen, so wird er der Nothwendigkeit dennoch sich nicht entschlagen können, schon die Gros der Vorposten bis auf etwa 2500-3000 Schritt den Werken zu nähern , um von hier die Repli-Pikets auf 1800-2500 Schritt ,

die Feldwachen

auf

1200 Schritt und die Postenkette auf 8-900 Schritt an die Festung heranzuschieben.

Allerdings ist der effective Verlust an Todten und

Verwundeten in

den Ortschaften

äuszerst geringer ;

wie sehr

aber

dieser Truppen stets ja nur ein durch die beständige Aufregung

und den permamenten Allarmzustand eine Truppe aufgerieben wird, wie grosz ihre Einbusze an innerer Kraft ist, das kann nur von denen ermessen werden, die selbst in solchen Verhältnissen sich befunden haben. II . Aenderungen in Angriffs . Wenn nun von

dem Verfahren des förmlichen artilleristischer Seite theilweise noch

heute behauptet wird, es mache die Leistungsfähigkeit der gezogenen Geschütze es möglich, schon durch eine Beschieszung der Festung aus gröszerer Ferne den Widerstand derselben zu brechen und dass man mithin des

weitläufigen Verfahrens

griffs entbehren könne ,

eines

förmlichen An-

so beweisen uns dem gegenüber die der-

artigen Versuche gegen Straszburg und Belfort, dass wenigstens nicht immer das Schieszen allein dazu ausreichen wird. Entsprechend diesen

gröszeren

Leistungen der Geschütze werden in

Kurzem ja auch die Festungen andere geworden sein ; trotz alledem aber müsste, bis jene Batterien ihr Werk verrichtet hätten, die dieselben schützende Infanterie ihrerseits stets durch Erdwälle gedeckt werden . — Vauban's Angriffe hatten jenen unwiderstehlichen Erfolg nur, weil in ihnen von Hause

aus der Festung nahe auf den Leib

gerückt und mit aller Energie der eine Zweck verfolgt wurde, sich auf einem bestimmten Punkte einen Weg in die Festung zu bahnen, sich hier den Besitz derselben zu erkämpfen .

Besitzt nun aber der

Vertheidiger eine an Wirksamkeit der des Angreifers gleiche Waffe und

vermögen

seine

Geschütze

aus

ihrer gedeckten

Position

Schuss auf Schuss in die feindlichen Batterien zu setzen, so ist, bei dem unsicheren Erfolge des stets noch auszuführenden gewaltsamen Angriffs , nicht abzusehen,

wie ohne ein förmliches Verfahren und,

ohne durch eine richtige Batterie- und Sappirtaktik sich die Ueberlegenheit gesichert zu haben,

der Angreifer an die

gelegten Breschen gelangen wollte .

etwa wirklich

297

Der Festungskrieg der Neuzeit.

Stets waren die Operationen der Feld-Armee der beste Schutz einer Belagerung gegen Störungen von auszen, noch als

früher wird heute

mehr aber vielleicht

ein inniger Zusammenhang zwischen

beiden zu einer Nothwendigkeit . Die heutigen Belagerungen erfordern zu grosze Massen an Menschen, Material und Zeit, sie bilden ähnlich wie im 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts, nur in weit gröszerem Maszstabe - zu sehr einen wesentlichen Theil der Gesammt-Operationen ,

als dass ihre Deckung

nicht von der aller-

entschiedensten Bedeutung sein müsste. So waren 1870/71

nach der Capitulation von Metz die I. und

II. Armee gleichsam nichts Anderes als die Observations-Corps der Belagerung von Paris, die Südarmee zeitweise nichts als das der Belagerung von Belfort. Allerdings sind gegenwärtig, wie für die Ausrüstung der Festungen mit Geschützen und Personal, so auch umgekehrt für die Stärke der Belagerungs - Corps der Hauptsache nach nur die individuellen Verhältnisse des Platzes maszgebend ; Rücksichten auf die nähere oder entferntere Lage

desselben zum Kriegstheater ,

auf die Stim-

mung und das Verhalten der Bevölkerung u. s . w. können immer erst in zweiter Linie in Betracht kommen.

Trotz dieser eingehen-

deren Berücksichtigung der jedesmaligen localen Verhältnisse aber hat in den Normen für die Gesammtstärke des Belagerungs - Corps gegen früher eine Verminderung eintreten müssen ; die grosze Ausdehnung der jetzigen Festungen, welche auch die der Angriffs-Arbeiten bestimmt, und die Berücksichtigung der Masse der, bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der allseitigen Einschlieszung , zur Eröffnung des Angriffs nothwendigen Arbeiter- und Bedeckungstruppen ( erstere zu 3 maliger Ablösung in Stärke von 2/3 der ersten Schicht, letztere == 2/3 der muthmaszlichen Gesammtstärke der Besatzung) musste zu der Ueberzeugung führen , dass die bisherigen Vauban'schen Annahmen

einer 5-6 fachen Ueberlegenheit des Belagerers

über den

Vertheidiger gegenwärtig kaum noch zu erreichen sein würde und man in der Regel mit einer 3-4 fachen Ueberzahl sich werde begnügen müssen. Auch das Verhältniss

der einzelnen Waffen innerhalb des Belagerungs- Corps wurde wenn auch das zwischen Infanterie

und Cavallerie im Allgemeinen das gleiche blieb

so doch in den

Specialwaffen insofern geändert , als einerseits für die gegen die häufigeren und gröszeren Ausfälle erbauten zahlreicheren GeschützEmplacements

ein gröszerer Bedarf an

lichen Truppen -Verbandes

(Divisionen)

auszerhalb des eigentstehender

Feld- Artillerie

298

Der Festungskrieg der Neuzeit.

erforderlich wurde,

-

als ferner der stärkeren

Ausrüstung der

Festungen an Geschütz ein zahlreicherer Belagerungs - Train entsprechen musste ― und als für das Artillerie - Personal , wie dort so auch bei dem Belagerer durch die gezogenen Geschütze eine erhebliche Vermehrung (von 18 Mann Artillerie und Infanterie für jedes Geschütz , auf 24-30 Mann „ Artilleristen") nothwendig geworden war. Eine gleiche Steigerung des Bedarfs musste auch hier schlieszlich wiederum für die Ingenieure und Pioniere , speciell aber für die Mineure,

hervortreten ;

im Anschluss

an diese ist speciell

auch der gegenwärtig unentbehrlichen Eisenbahn- und TelegraphenAbtheilungen Erwähnung zu thun. Ueber die Zusammensetzung des Artillerie - BelagerungsTrains endlich können wir Positives vorläufig nicht geben , da wir bisher uns noch in der Durchführung einer Reorganisation befinden , die Erfahrungen des letzten Krieges auch auf diesem Ge-

welche

biete hervorgerufen

haben .

Doch

scheint

als

Resultat

derselben

schon jetzt, unter Ausschluss der glatten Rohrgeschütze ,

eine Ver-

mehrung der gezogenen Geschütze,

um mehr

als das Doppelte

(für jeden Train

von 200 auf etwa 430) angenommen werden zu können ; auch dürften die wesentlichsten Aenderungen der bisher gültigen Annahme, unserer Anschauung zufolge und nach maszgebenden Ansichten, darin bestehen, dass : die 9 cm .-Kanone zum Feuer gegen Ausfälle oder (aus Scharten) gegen Sandsackscharten u. dgl. bezw. mit Shrapnels gegen die WallLinien (wie bei Straszburg aus der 3. Parallele) in dem BelagerungsTrain selbst beibehalten werden wird, dass die 12 cm . -Kanone - obgleich auch fernerhin

noch in

Contrebatterien und Logements gegen die Reduits u. s. w . zu brauchen der Zahl nach hinter der kurzen 15 cm-Kanone zurücktreten (früher 100 60, heute vielleicht 60 : 180) dass die letztere alsdann ,

zugleich auch zum Theil die glatten

Wurfgeschütze ersetzend, etwa die Hälfte des gesammten BelagerungsTrains bilden, -

dass ferner etwa 40 schwere 15 cm-Kanonen und 40 gezogene 21 cm-Mörser - und an Reserve 25 pCt. allein für die ersteren wegen stärkeren Verbrauchs derselben durch grosze Ladungen, hohe Elevationen u . s . w. ) und liber hinzutreten , und dass

daneben

im Ganzen 20 pCt.

auch

für die anderen Ka-

die Zahl der Zündnadelstandbüchsen

auf etwa 100 vermehrt und die der zu massenhaften Wurffeuer auf nähere

Entfernungen

auch

heute

noch

unentbehrlichen

glatten

Der Festungskrieg der Neuzeit.

15 cm (7 pfdg. ) -Mörser werden müssen .

auf wenigstens 40-50

299 wird bemessen

Die Vermehrung des Ingenieur - Belagerungs - Trains in seinen einzelnen Elementen glauben wir , als zu weitführend , füglich übergehen zu können ; nur das scheint hier noch hervorzuheben zu sein, wie gerade in dem letzten Kriege die Nothwendigkeit einer organisatorisch geordneten Vorbereitung auch des Transport-Materials für Ingenieur

wie

für Artillerie - Belagerungs-Trains sich herausgestellt

hat, damit der Verlauf der Belagerung nicht im Rückstande zu dem reiszend schnellen Fortgange der Operationen bleibe . Wenden wir uns zu dem förmlichen Angriff selbst : Für die Berennung einer Festung konnten charakteristische Aenderungen ebensowenig eintreten , griff ,

d . h.

als für den Ueberfall und den gewaltsamen An-

natürlich

abgesehen von der Berücksichtigung ,

welche

der gröszeren Wirkung (vornehmlich Tragweite) der gezogenen Geschütze seitens der Dispositionen der Truppenführung zu Theil werden muss . Betreffs der demnächst erfolgenden planmäszigen Einschlie szung des Platzes können wir auf das weiter oben bei der Blokade Gesagte

verweisen.

Wohl aber

förmlichen Angriffs - Front neue vermerken.

sind für

die Wahl der

und gewichtige Momente

zu

So haben die gezogenen Geschütze der Rücksicht auf eine gedeckte Annäherung

an das Angriffsfeld eine erhöhte Bedeutung

gegeben, und es hat die Ausdehnung und die flachere Krümmung der heutigen polygonalen Fronten das Bestreben beeinflussen müssen, mit den Belagerungs-Arbeiten die Angriffsfront zu umfassen. Desgleichen müssen gegenwärtig in höherem Grade noch als früher die Sammelplätze des Belagerers (Depots u . s . w. ) unbedingt gegen jede Einsicht von der Festung und gegen das Feuer der Festung durch —

der Tragweite der gezogenen Geschütze entsprechende, bedeutend gröszere Entfernungen gesichert werden. - Von gleicher Wichtigkeit aber wird der Charakter des Vorterrains werden, denn gerade

ein freies Vorterrain gestattet dem Vertheidiger eine ver-

mehrte Ausbeute der gezogenen Geschütze ; diese früher wahrscheinlichsten Angriffsfronten sind gegenwärtig zu den unwahrscheinlicheren geworden. In einer beherrschenden Geschützaufstellung des Angreifers dagegen können diejenigen Vortheile ferner nicht mehr gefunden werbis zur den, welche man bei den glatten Geschützen , und dann auch bei den geEntwickelung des indirecten Breschirens zogenen Geschützen in einer solchen

zu sehen gewöhnt

war ;

denn

Der Festungskrieg der Neuzeit.

300

wenn eine Ueberhöhung des Zieles Behufs Beobachtung des indirecten Schusses auch wünschenswerth ist ,

so

ist man andererseits zu

dieser Beobachtung doch in keiner Weise an die Batterie gebunden.

Nur da, wo es sich um die Beschieszung der Stadt, die Beun-

ruhigung von Lagerräumen , Truppenbewegungen u. s. w. handelt, können wir einer beherrschenden Stellung eine gewisse Bedeutung beilegen ;

auch noch

vor Straszburg hat man,

wie es scheint, von

einer gewissen Ueberschätzung dieser Vortheile einer höher gelegenen Stellung, gegenüber den strategischen und sonstigen Rücksichten bei der Wahl der Angriffsfront nicht gänzlich sich enthalten können . Sehr viel mehr dürfte heutigen Tages

die Möglichkeit

einer

Flügelanlehnung auf die Wahl einwirken , denn wo die Terrainverhältnisse dieselbe nicht gewähren , was für beide Flanken nur verhältnissmäszig selten der Fall sein wird, Sicherheit

ist die

der Flügel nur durch die möglichst vollständige Beherr-

schung einer der heutigen Tragweite der Geschütze entsprechend gröszeren Terrainstrecke mittelst Sicht und Schuss, und zu diesem Zweck in der Anlage gröszerer und

geräumigerer Werke (Flügel-

redouten, Parallelenflanken u. s. w.) zu erreichen. In gleicher Weise hat die Rücksicht auf ein leichtes Approchiren , sofern die Beschaffenheit des Bodens und die Grundwasserdabei in Betracht kommen , an Bedeutung gewinnen ebensosehr, weil eine durch richtige Wahl des Bodens be-

verhältnisse müssen,

günstigte Oekonomie der Kräfte bei dem jetzigen groszen Aufwand an solchen um so mehr ins Gewicht fällt, - als weil, schon gegen die gröszere Wirkung der gezogenen Geschütze, ein Einschneiden 6 Fusz (früher allgemein 4 Fusz , selbst bis Sappen auf nur -3 Fusz , bei Straszburg bereits durchgängig -5 Fusz) noth-

der

wendig geworden ist und weil ,

wie

und selbst die Mine gegenwärtig kommen werden.

zu

schon

erwähnt ,

die Erdwalze

einer häufigeren Anwendung

Andererseits aber hat, gerade wegen der Leistungsfähigkeit der die Berücksichtigung der for-

gezogenen Geschütze des Angreifers ,

tificatorischen Verhältnisse der zu wählenden Front an Wichtigkeit verlieren müssen , wenn allerdings auch ein etwaiger Mangel an Hohlräumen , sowie die etwaige Anwendbarkeit des indirecten Schusses (auch gegen Batardeaux-Reduits u . s . w.) und mehr vielobleicht noch die Wahl zwischen trockenen und nassen Gräben wohl diese letzteren in der Regel das indirecte Breschiren erleichtern auch heute noch die Entschlieszungen des Angreifers nicht werden wenig werden beeinflussen können .

Der Festungskrieg der Neuzeit . Obigem entsprechend hat ferner auch die

301 Citadellenfront

ihre ehemalige Bedeutung nicht länger zu behaupten vermocht, wenigstens in allen den Fällen nicht, wo der Citadelle von Auszen beizukommen ist ( Straszburg).

Wohl aber werden die strategischen Verhältnisse , besonders also die Lage der anzugreifenden Front zu den rückwärtigen Verbindungslinien , sowohl in Anbetracht der mit der Groszartigkeit der heutigen Angriffe gestiegenen Schwierigkeiten derselben , als auch wegen der Massen des dabei zur Verwendung kommenden kostbaren Materials eine um so höhere Berücksichtigung verlangen müssen, als in der Regel zugleich die Möglichkeit einer vollen Ausnutzung der Eisenbahnen , zur möglichsten Vermeidung jedes Landtransportes, dabei zur Sprache kommen wird. Mehr aber noch als auf die Wahl der Angriffsfront musste sich der Einfluss der gezogenen Geschütze

auf die Aufstellung des An-

griffsentwurfes geltend machen. Waren bei der geringen Leistungsfähigkeit der glatten Geschütze bisher die Batterien

an

das Netz

der Parallelen gebunden und hatte man , da bei gleichzeitigem Bau von Batterien und Parallelen unter den verschiedenen ArbeiterColonnen auf dem verhältnissmäszig kleinen Raum die Ordnung nicht schien aufrecht erhalten werden zu können , bisher die Batterien fast stets erst nach der Eröffnung der Parallelen gebaut , und war bei dem Schutze, den die Brustwehr der • halb vollendeten Parallele gegen die geringe Wirkung des feindlichen Feuers gewährte , damals ein solches Verfahren ein unbedenkliches gewesen, so muss im Gegentheil heute , falls sonst der Vertheidiger Zeit erhielte, seine gezogenen Geschütze in Position zu bringen , ein nachträglicher Bau der Batterien in hohem Grade gefährdet , oft selbst unmöglich erscheinen. Da nun aber ,

würden die Batterien früher als die Parallelen

gebaut ,

dieselben unverhältnissmäszig weit zurückgelegt werden müssten, um nicht ohne den Schutz einer deckenden Infanterieposition, selbst einem wenig entschlossenen Vertheidiger preisgegeben zu sein,

da ferner der Angreifer alsdann ,

der heute fast zu einer

Nothwendigkeit gewordenem Vortheile einer Ueberraschung des Vertheidigers sich begeben , damit aber den Bau der Parallelen selbst in Frage stellen würde, position ,

und da auszerdem eine sorgfältige Disbei der Grösze des heutigen Angriffsfeldes, ein Durchein-

anderkommen der Arbeiterabtheilungen nicht mehr befürchten lässt, auch ein Mangel an Arbeitskräften, da zu dem Bau der Batterien nur Artilleristen verwendet werden, nicht gut eintreten kann ,

so

302

Der Festungskrieg der Neuzeit.

muss gegenwärtig grundsätzlich der gleichzeitige Bau wenigstens der 1. Parallele und so vieler Batterien stattfinden, als erforderlich sind, um, zusammen mit den auf der betreffenden Front schon vorher in Position gebrachten schweren und leichten BombardementsBatterien, am ersten Morgen eine numerische und möglichst auch qualitative Ueberlegenheit über die Geschützzahl zu erhalten . Die

alte Regel

aber ,

mit der 1. Parallele

des Vertheidigers

überraschend so

nahe an den Platz heranzugehen , als irgend möglich , hat an ihrer Gültigkeit Nichts verloren, - mehr wie früher würde ein jeder weitere Schritt mit Blut zu erkaufen sein ; die frühere (Kartätsch-) Entfernung von 800 Schritt ist auch heute noch als die regelrechte zu betrachten ; sie genügt, dem Vertheidiger das Geräusch der Arbeit zu verbergen ;

selbst für den Fall einer Entdeckung aber wird bei der

in der Dunkelheit stets nur ungenauen Schätzung der Entfernungen weder das Feuer der Hinterladungsgewehre, noch das Shrapnelfeuer der gezogenen Geschütze können ,

wie ehedem

dem Angreifer kaum gefährlicher werden

das Feuer der glatten Geschütze.

Und auch

die Gefahr einer Entdeckung scheint nicht sonderlich gestiegen zu sein ,

denn stets wohl wird es ,

auch trotz des electrischen Lichtes ,

dem Vertheidiger unmöglich bleiben, beständig die sämmtlichen, dem förmlichen Angriff ausgesetzten Fronten hinreichend zu erleuchten . Allerdings wird die grosze Ausdehnung der Arbeiten den meist 5 Forts sein , zu nehmen ,

die

die

es wer-

anzugreifen sind (davon mindestens 3 nur in niederzuhalten) ,

anderen mit Geschütz

seltenen Fällen gestatten ,

gleich in der ersten Nacht der Parallele

die volle frontale Entwickelung zu geben , dem Angriff gegen die detachirten Forts , rückwärtigen Verbindungen herzustellen sind.

in

am

wenigsten

aber bei

wo gleichzeitig ferner die

der entsprechenden Zahl und Länge

Zwingt somit schon der Mangel an Arbeitskräften den Angreifer, sich auf einzelne, gegen die Forts gerichteten Attaken mit je einer Verbindung (auf nicht angelehntem Flügel möglichst 2 ) zu beschränken , so wird auszerdem in vielen Fällen diese Trennung sogar bedingt, einerseits durch die Lage der Forts meist auf einzelnen gegen die Stadt verlaufenden Höhenrücken, und dann durch die Nothwendigkeit, den am Tage nach der Eröffnung der 1. Parallele zu erwartenden gröszeren Ausfällen - über die kaum bereits widerstandsmit stärkeren Massen offensiv entgegenfähige Parallele hinweg

Der Festungskrieg der Neuzeit. zutreten.

Erst in

der 2. oder einer der

303

folgenden Nächte werden

diese Lücken mittelst entsprechender Parallelenstrecken geschlossen , sowie die

rückwärtige Verlängerung und

die Neuanlage der noch

fehlenden Verbindungen in Angriff genommen werden können. Werden bei dem Vorgehen zur 2. Parallele gegen

eine

bastionirte Front auch heute noch die drei gegen die 3 Capitalen gerichteten Approchenzüge Vauban's genügen und desgleichen gegen eine neuere Enceinte 3-4 derselben der Durchschnitt sein, so sind doch andererseits

allein schon gegen jedes

der

detachirten Forts

deren 2-3 ,

im Ganzen allein gegen die 3 mittleren Forts mithin 6-9 erforderlich geworden. Umsomehr aber fällt diese Vermehrung ins Gewicht, als schon an sich selbst die Gestaltung der polygonalen Enceinte, sowie die gröszere Wirkung der gezogenen Geschütze und - von der 2. Parallele ab - auch die der Hinterladungsgewehre für die einzelnen Schläge spitzere Winkel verlangen oder bei dem Vorgehen gegen die Haupt-Enceinte schon von der 2. Parallele ab , auch ihrerdie Anwendung von Traversensappen erfordern und so seits die Arbeit vermehrend - das Vorgehen um ein Bedeutendes verlangsamen.

Je mehr aber heute ,

bei zweckmäsziger Anlage der Werke, Ausnutzung der Terrainvortheile und energischem Auftreten des Vertheidigers die Gefahr für die Têten der Approchen wächst, um so früher muss demzufolge die Anlage der 2. oder 3. Parallele. erfolgen.

Dürfte ferner die bisherige halbe Parallele nur noch gegen

alte Festungen oder gegen die Enceinte der neueren oder bei einer bereits gebrochenen Vertheidigung anzuwenden sein, so kann, bei dem Vorgehen gegen die Forts , selbst die Anlage einer 4. Parallele bezw. noch fernerer Zwischenpositionen nothwendig werden. Seinerseits musste auch der bauliche Charakter

der Pa-

rallelen und Approchen den jetzigen Verhältnissen und im Speciellen der jetzigen Waffenwirkung

Rechnung

tragen .

Wohl wird

nach wie vor für die 1. Parallele und die rückwärtigen Verbindungen die gemeine Sappe anzuwenden bleiben und ebenso für die Approche zur 2. Parallele und diese selbst auch heute noch die flüchtige Sappe zu wählen sein, da das Gewehrfeuer, wenn auch an sich auf diese Entfernung schon wirksam, doch in der Dunkelheit stets dann unschädlich bleiben wird , der ersten Stunde

wenn der Vertheidiger dasselbe nicht in

nach Anstellung der Arbeiter eröffnet,

die sich

immer aber noch durch Niederlegen hinreichend decken können.

Da-

hingegen aber ist, da die jetzigen Gewehre ein beständiges Schützengefecht schon von der 2. Parallele ab zulassen , für diese eine mög-

304

Der Festungskrieg der Neuzeit .

lichst durchgängige Garnirung mit Sandsackscharten als ein wesentlicher Bestandtheil zu betrachten. *) Wenn nun für das weitere Approchiren , schwache Vertheidigung nicht

auszer ,

wo eine

ferner vielleicht noch die flüchtige

Sappe gestattet, schon zu Zeiten der glatten Geschütze die völlige dabei im Allgemeinen aber die Korbsappe genügte , so wird der Angreifer heute , da der Wälzkorb gegen die Percussionskraft selbst der gezogenen 9 cm-Kanone und sogar gegen Sappe erforderlich war ,

die der Zündnadel-Standbüchse eine hinreichende Deckung nicht gewährt, stets dann auch die Erdwalze und das um das 8 fache langsamere Vorgehen mit derselben (auf dem Uebungsplatze doppelte Korbsappe in der Stunde 6 m , Erdwalze in der Stunde nur 2 bis 234 Fusz ) angewiesen sein, wenn der Vertheidiger noch gezogene Geschütze in Thätigkeit zu setzen im Stande ist. Umsomehr aber wird er jede Gelegenheit auszunutzen suchen , dieses langwierige Verfahren durch ein überraschendes Vorgehen zur halben Sappe abzukürzen . Gleich hinderlich werden diese (in der Regel wohl nur ambulanten) Geschütze dem Angreifer bei dem ferneren Vorgehen gegen das Glacis

und den gedeckten Weg werden ,

denn während

dasselbe bei etwaigem Mangel eines Contreminen-Systems, wenn auch unter Verzichtleistung auf ein gleichzeitiges indirectes Breschiren mit dem förmlichen Sappenangriff zu bewirken wäre , so wird schon durch das Erscheinen einer 12 cm-Kanone selbst die Erdwalze zum Stillstand gebracht und der Angreifer somit auch hier bereits zur unterirdischen Annäherung gezwungen .

Auch werden ferner die

gegenwärtig zahlreicheren kleinen Ausfälle gegen die Sappentêten in höherem Masze dem Schutz derselben durch angehängte Logements (T-Sappen) bedingen . Die gewaltsame Eroberung des gedeckten Weges aber unter gleichzeitiger Ausführung des Couronnements findet, auch wenn eine vorherige Zerstörung der Reduits des gedeckten Weges mittelst

des indirecten Schusses

möglich geworden

war, bei dem ganzen verlustreichen Charakter dieses Angriffs kaum mehr Aussichten als bisher. Dagegen also dürfte unter allen diesen Verhältnissen der Minenangriff, sowohl der förmliche wie auch der gewaltsame mit unverdämmten Schachtminen bezw. in Verbindung mit einer der anderen Arten

des Vorgehens , zu ungleich häufigerer

Anwendung gelangen müssen .

*) Die neuen Gewehrsysteme werden hierin vielleicht noch fernere Aenderungen erfordern.

305

Der Festungskrieg der Neuzeit.

Betreffs des inneren Ausbaues der Parallelen haben wir schlieszlich nur noch hinzuzufügen, einerseits, wie der offensive Charakter der heutigen Vertheidigung die Anlage zahlreicherer Ausfallstufen in denselben, und zwar für jede Compagnie der Laufgrabenbesatzung ja eine Strecke von 25-30 Schritt, nöthig erscheinen lässt

wie die gröszere

Feuerwirkung in erhöhtem Masze

die

Herstellung bombensicherer Räume (Verbandplätze u. s . w.) und — bezw. zugleich als Uebergänge dienender, bedeckter Unterstandsräume erfordert

und wie

endlich

eine

electrische Drahtleitung in den

Parallelen wesentlich dazu beitragen wird, Vertheidigers

rechtzeitig

Räumlichkeiten aber,

pariren

einen Offensivstosz des

zu können .

wie gleichfalls z . B.

Für jene bedeckten

für die bombensicheren

Stände der Minenlogements , wäre von den als ein neues Material oben erwähnten Eisenbahnschienen ein schätzenswerther Gebrauch zu machen . Wenn Vauban,

dessen Grundsätze

für

die Durchführung

des

förmlichen Angriffs im Wesentlichen ja für die gesammte Periode. der glatten Geschütze maszgebend geblieben waren, in seinem traité de l'attaque des places über das Feuer von Batterien rückwärts es wäre ein

„manoeuvre bruit . . . "

dans le fonds,

qui

der 1. Parallele sagt :

n'est bonne qu'à faire de

und wenn er ferner zu Gunsten der Batterien der 2. Parallele sich auslässt : ,,et on ne sera pas

obligé de le (le canon) changer de

place, tant que le siège durera, qui est un grand bien et 66 un ménage considérable . so war dies im Hinblick auf das Geschützmaterial seiner Zeit gewiss durchaus begründet ; gegenwärtig jedoch, mit den gezogenen Geschützen,

scheint

der Schwerpunkt des Geschützkampfes gerade

in die rückwärtigen Batterien und die der 1. Parallele verlegt werden zu müssen . So gestatten ihrerseits die gröszeren Schussweiten der gezogenen Geschütze dem Angreifer,

schon frühzeitig

schützfeuer zu beunruhigen ; bereits

die Festung durch Ge-

aus den Schanzen

der Cerni-

rungsstellung, trotz ihrer bis 3000 Schritt betragenden Entfernungen wird er das Feuer gegen dieselbe eröffnen können , und wird er desgleichen bestrebt

sein ,

möglichst auf allen Fronten

durch mobile

Feldgeschütze, bezw. auch 12cm-Kanonen, aus wechselnden Aufstellungen im Terrain oder aus ,

speciell für

diese gebauten Emplace-

Der Festungskrieg der Neuzeit.

306 ments

--

den leichten Bombardements - Batterien

und Werke mit Geschossen zu überschütten .

Stadt

Da für den Angreifer

jedoch die Nothwendigkeit vorliegt, am Tage nach der Eröffnung der 1. Parallele die Ueberlegenheit über die von dem Vertheidiger in Position zu bringende grosze Zahl von Geschützen zu erhalten, es ihm aber trotz der Vermehrung des Personals seiner BelagerungsArtillerie kaum gelingen könnte denselben, in einer Nacht auch nur eine gleich grosze Zahl entgegenzustellen , so wird er sich fernerhin noch gezwungen sehen , vor dem Beginn der eigentlichen AngriffsArbeiten unabhängig von dem Körper derselben und in gedeckter Lage ― soviel ( schwere Bombardements-) Batterien zu bauen, als eben das Verhältniss der feindlichen Geschütze zu der Leistungsfähigkeit

seiner eigenen

Artillerie - Compagnien

bedingt (in einer

Nacht auf je 4 Geschütze : 1 Compagnie zu 200 Mann) . Wünschenswerth zwar wäre es ,

auch diese Batterien rings um

die Festung zu vertheilen , wegen Mangels an Geschützen indessen werden dieselben in Wirklichkeit meist auf die eigentliche Angriffsfront beschränkt bleiben müssen ; umsomehr aber ist es erforderlich , dass ,

um die Wahl

zu verrathen ,

der letzteren dem Vertheidiger nicht vorzeitig

das Feuer aus

ihnen erst nach der Eröffnung des

förmlichen Angriffs und zugleich mit dem der in der Eröffnungsnacht erbauten Batterien beginnt. Reichte im Besonderen

zum Schutze

innerhalb des Parallelennetzes

der 1. Parallele von den

liegenden Batterien bisher eine ver-

hältnissmäszig geringe Zahl von Emplacements (jedes 2—4 Geschützen) aus ,

auch nur zu

so musste , den gröszeren Raumverhältnissen

eines heutigen Angriffs und der Nothwendigkeit entsprechend, das gesammte Angriffsfeld mit Kartätschen zu bestreichen, einerseits schon die Zahl der für die 1. Parallele benöthigten Emplacements erheblich wachsen ,

dann

aber wurde auch für die 2. Parallele die

Anlage von solchen wenigstens dann erforderlich ,

wenn,

wie fast

stets in dem Angriff gegen die detachirten Forts , die Schützen nicht im Stande sind, die Zwischenräume zwischen den einzelnen Attaken zu beherrschen. Haben nun zwar die durch die letzteren hindurch zu gewärtigenden stärkeren Ausfälle für die einzelnen Emplacements eine Vermehrung der Geschützzahl bis auf 6 als nothwendig erkennen lassen,

und dürfte

zur Sicherung nicht angelehnter Flanken die

Anlage von solchen in den Schlägen der rückwärtigen Verbindungen gleichsam

als

begleitender Posten der Flügelredouten

nicht nur

allein wünschenswerth, sondern unvermeidlich sein, so wird man für die Parallelen

selbst

in vielen Fällen

doch mit je 1 Emplacement

Der Festungskrieg der Neuzeit .

307

auf den Flügeln der einzelnen Angriffsfelder jedoch unter Anwendung eines geradlinigen , der Kreisform vorzuziehenden Grundrisses sich begnügen können, selbst wenn die Zwischenräume zwischen denselben alsdann bis zu 1600 Schritt sich erweitern sollten. aber wäre ,

indem in

ständen auf

diesen Emplacements

neben

Uebrigens

den Kartätsch-

0 noch solche auf -21/2 mit entsprechender Scharte

zum Kampf gegen die Wälle angelegt würden , das zahlreiche , in den Emplacements sonst nur die Möglichkeit eines Ausfalles abwartende Material und Personal auch den eigentlichen

Zwecken der

Belagerung dienstbar zu machen. Hinsichtlich der Enfilir- Batterien

nun haben die Verhält-

nisse sich wesentlich geändert ; allerdings wird man auch ferner noch bestrebt sein, jede der angegriffenen Fronten zu enfiliren, allein , so sehr auch alten Befestigungen gegenüber die Ueberlegenheit der gezogenen Geschütze sich wird beweisen können , so wird die flachere Krümmung der neueren Enceinten, bezw. die Ausdehnung des Gürtels der Forts der jetzigen groszen - selbst schon mittleren Festungen die Anlage von Enfilir-Batterien in den meisten Fällen zu einer Unmöglichkeit machen , wofern für dieselben nicht in dem Terrain selbst ein entsprechender Schutz gegen die Werke Collateralfront zu finden ist. hin nur die Zwischenräume diese nur in

oder Forts der

Zum mindesten aber würde, da immerder Forts

schräger Richtung der

zu

fassen wären, und auch

eigentliche Zweck des Enfi-

lirens mehr oder

minder zweifelhaft gemacht werden. Wo jedoch eine Enfilir-Batterie zur Anwendung kommt, (alsdann in der Regel mit 6 bis 10 kurzen 15 cm- Kanonen) dürfte selbst für die gezogenen Geschütze in

5000 Schritt

von dem fernsten Treffpunkt (für die

schwere 15 cm-Kanone mit 10-12 Pfund Ladung jedoch bis

zu

1 Meile) die gröszte Entfernung zu finden sein ; das Beispiel der Batterien Nr. 10-13 vor Straszburg , deren Geschütze bei übermäsziger Elevation und Ladung in kurzer Zeit unbrauchbar wurden, warnt vor unnöthig groszen Entfernungen , um nicht wie dort zu einem mühsamen und zeitraubenden Vorschieben der Batterien genöthigt zu sein. Bei der Anlage der Ricochett - Batterien dagegen ist für den Angreifer ein beträchtlicher Vortheil insofern entstanden, als die Lage derselben nicht ferner in dem Masze

an die Verlängerung der be-

treffenden Linien (Glacis- Crête und Revers des Wallganges) gebunden ist, wie ehemals bei dem mehr rollenden Ricochetschuss der glatten Geschütze ; da vielmehr bei den gezogenen Geschützen das Ricochetiren wesentlich nur darin besteht, mit einem gewissen Einfallwinkel Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI. 21

308

Der Festungskrieg der Neuzeit.

die Granate über die Crête des vorliegenden Walles hinweg in einen bestimmten Raum zu setzen, so konnte für das Placiren dieser Batterien eine Seitwärtsschiebung bezw. Strecke

derselben bis

zu der Diagonale der

des Wallganges (gedeckten Weges) bezw.

zu der Diagonale zwischen lässig werden.

selbst bis

den betreffenden beiden Traversen

zu-

Allerdings gestattet die nothwendige Beschränkung

der Angriffsarbeiten bei dem Vorgehen gegen die detachirten Forts meist nur ein Ricochetiren

der Linien

dieser letzteren und zwar

auch nur der ins Angriffsfeld schlagenden Linien ; gegen diese aber ist dann die Anlage von je einer Ricochet-Batterie (zu 4-6 Geschützen) eine Nothwendigkeit. Neben der kurzen 15 cm-Kanone wird in derselben die 12 cm-Kanone, und ausnahmsweise, gegen den gedeckten Weg ,

auch die 9 cm -Kanone Aufstellung

aber werden die Entfernungen 1600 bezw.

erhalten ;

wohl

als gröszte 2500 Schritt

nicht übersteigen dürfen . Bei dem Angriff der Haupt-Enceinte gestalten sich alsdann für das Ricochetiren die Verhältnisse etwa ähnlich wie für das

Enfiliren ;

die

flache Krümmung

derselben ,

in

Verbindung mit dem polygonalen Grundriss wird trotz jenes an sich erleichterten Ricochet- Verfahrens der gezogenen Geschütze selbst bei nur mittelgroszen Festungen ein Aufstellen von Ricochet-Batterien in der Regel nur gegen die besonders vorspringenden Linien , d . h. gegen die Facen und Flanken der detachirten Bastione gestatten . Dahingegen aber wird es dem Angreifer unerlässlich sein, was die Zwecke des Demontirens der Collateralfronten Batterien

anbetrifft ,

anzulegen ,

auch gegen die Linien sobald dieselben in das

Angriffsfeld zu wirken vermögen ; diese Demontir-Batterien werden etwa dieselbe Geschützzahl wie die Walllinien zu erhalten haben , so zwar,

dass das Gleichgewicht zur Festung schon durch sie

allein hergestellt wird ; die Ueberlegenheit des Angreifers wird eben durch das Hinzutreten der Ricochet- und Wurf-Batterien und der Bombardements -Batterien

herbeigeführt .

Ist für die Armirung

der Demontir-Batterien gegenwärtig die Norm noch die 12 cm-Kanone, und zwar in einer Zahl von 6-8 für jede Batterie, und kommt die kurze 15 cm-Kanone zum Demontiren vorläufig nur gelegentlich aus bereits zu anderen Zwecken armirten Batterien zur Anwendung , sind die

so

künftigen Demontirgeschütze doch gerade in dieser letz-

teren, wie ferner in der schweren 15 cm-Kanone (gegen Panzerungen u. s . w. ) zu erblicken.

Jedenfalls

aber dürfte

die Entfernung der

Demontir-Batterien nicht über 12-1600 Schritt (für die schwere 15 cm-Kanone angeblich

bis zu 3000 Schritt) bemessen werden ; wo

somit, wie bei ausgedehnten Befestigungen meistens , die Flanken der

Der Festungskrieg der Neuzeit.

309

Forts -- hinreichend nicht mehr zu fassen wären, werden dieselben , wie

früher die sämmtlichen Linien ,

erst aus

der 2. Parallele zu

demontiren sein.

Für die

Wurf- Batterien ist alsdann hervorzuheben ,

dass,

wenn auch nach Einführung der gezogenen Geschütze die Zahl der Mörser und demgemäsz die Zahl der eigentlichen Wurf-Batterien eine geringere geworden ist , das Wurffeuer trotzdem an Bedeutung hat gewinnen müssen, einerseits durch die gröszere Widerstandsfähigkeit der Werke gegen die Demontir- und Breschbatterien, andererseits aber , weil schon die gezogenen Geschütze und insbesondere die kurze 15 cm-Kanone in ihrem hohen Bogenschuss einen Theil jener Aufgaben werden übernehmen können . Beispielsweise aber können Wurf-Batterien an Stelle von Ricochet-Batterien gegen die Linien der Collateralfronten Verwendung

erhalten und es kann

der Angreifer nicht umhin , mindestens je 1 Batterie mit 4 Mörsern (gegen detachirte Forts selbst 2 Batterien) auf jedes der angegriffenen Werke zu berechnen. In der Regel wird , da die wenigen gezogenen Mörser schon in den ersten Bombardements-Batterien Aufstellung erhalten haben werden , Parallele

nur

noch

der

glatte

für die Wurf-Batterien der ersten 25 pfündige Mörser ,

seltener

der

50 pfündige ,

und nur auf 800 Schritt auch der 7 pfündige zu verwerthen sein ; zwar kann der 25 pfündige Mörser Verwendung auch noch aus der 2. Parallele erhalten, doch ist diese , und mehr noch die 3. Parallele , wie zu Vauban's Zeiten die eigentliche Position für die leichten Mörser-Batterien geblieben , um durch sie , indem sie dem Vertheidiger den Aufenthalt in

den Werken

unmöglich machen, in wirksamster Weise den endgültigen Sturm vorzubereiten . Sehen wir endlich , wie sich die Verwendung der gezogenen Geschütze behufs der Beseitigung der Sturmfreiheit gestaltet. So grosze Vortheile dem Angreifer der indirecte Schuss dabei gewähren wird,

und so richtig es ist, dass ein Mauerwerk, welches

mit einer Neigung von 10 Grad (der steilsten) vom Couronnement aus direct zu breschiren wäre , um so ungestörter mit einem gleichen Einfallwinkel auch indirect aus der Ferne sein würde ,

zu zerstören

so

sehr ferner durch das vertheidigungsfähige Revetement, die groszen kasemattirten Graben- Caponièren u. s. w. der Neupreuszischen Befestigung , die Anlage directer Batterien im Couso haben ronnement unzweifelhaft wird erschwert werden müssen , n t ire iff , schon oben gesehen , anbetr wir doch, was das indirecte Bresch ng des Couronnements sich wie für dieses gerade durch die Herstellu entsprechend ungünstigere Verhältnisse ergeben , als auch , wie über21 *

310

Der Festungskrieg der Neuzeit.

haupt nur bei der Möglichkeit einer gleichzeitigen Beobachtung wirkliche Erfolge durch dasselbe erzielt werden können .

Und stets

wird die Disposition für die Anlage der indirecten Batterien eine besondere Schwierigkeit im Zusammenhange derselben mit dem Fortgange der Belagerungsarbeiten nissen (stumpfe

finden.

Nur bei günstigen Verhält-

Saillants u. s . w.) wird es

der Feuerwirkung möglichst

unter Vereinigung

auf eine Stelle und nach rechnungs-

mäsziger Feststellung des durch die Fehlschüsse , Sprengstücke u. s . w. gefährdeten Raumes möglich werden , auch während des indirecten Breschirens die Arbeiten auf dem Glacis fortzusetzen ; andererseits diese letzteren bis nach erfolgter Herstellung der Bresche einzustellen , könnte höchstens nur bei

einer bereits gebrochenen

Vertheidigung zu versuchen sein , denn, ganz abgesehen davon, dass oft erst aus dem Couronnement eine Beobachtung für das Verfahren des Breschirens selbst zu gewinnen ist, so würde alsdann, wenn nicht unmittelbar nach dem letzten Schuss der Sturm auf die Bresche erfolgte, in den 4-8 Tagen , Ueberschreiten des

die

anderenfalls

der Angreifer zum

Glacis noch brauchen würde ,

der Vertheidiger

seinerseits hinreichend Zeit zur Wiederherstellung und Unterminirung der Bresche (Straszburg) erhalten. Wenn

1. also die Beobachtung des indirecten Breschirens erst

vom Couronnement aus einzutreten vermag, wenn 2. die Ausführung dieses letzteren nur im Schussbereich der indirecten Batterien möglich und wenn 3. einem thätigen Vertheidiger gegenüber ein Zurückziehen der Laufgraben-Besatzung während der Dauer des indirecten Breschirens nicht angänglich, so wird in allen diesen Fällen der Angreifer auf die Vortheile des indirecten Schusses verzichten und auch heute noch sich zu der Anlage directer Batterien im Couronnement verstehen müssen . Stets aber sind diese letzteren gegen gepanzerte Geschützstände erforderlich , denn, um diese zu zerstören , reicht die geringe Endgeschwindigkeit des indirecten Schusses nicht aus . Wird, wo es um derartige Ziele sich handelt, allerdings die schwere

15cm -Kanone zur Verwendung gelangen müssen ,

so ist

als das eigentliche gegenwärtige Breschirgeschütz die kurze 15 cmKanone zu bezeichnen. Es bleibt schlieszlich für noch darauf hinzudeuten, wie -

die Lage der Breschbatterien gegenüber der für die directen

Batterien im Couronnement genau vorgezeichneten und nur innerhalb der Grenzen der Anwendbarkeit des schrägen Schusses wechselnden Lage zu der zu breschirenden Stelle recten Batterien,

für die Anlage der indi-

was ihre Entfernung anbetrifft,

schon durch den

311

Der Festungskrieg der Neuzeit.

Charakter ihres Schusses ein bedeutend gröszerer Spielraum gegeben wird.

Kennzeichnend aber ist, wie zu Gunsten einer gröszeren End-

geschwindigkeit

(bei fast gleicher Genauigkeit) häufig selbst eine weitere Entfernung wird genommen werden dürfen , und wie in vielen, vielleicht in den meisten Fällen, der Angreifer den Bau besonderer

indirecter Breschbatterien wird vermeiden können,

indem er, bei

entsprechender Lage , Ricochet- Batterien oder Demontir-Batterien, ་ welche ihren Zweck erreicht haben, zum Breschiren verwendet. Welche Stellen aber zu breschiren, das wird sich, unter Beachtung der desfallsigen allgemeinen , groszentheils durch das betreffende Tracé bedingten Grundsätze, nach den jedesmaligen vorliegenden Verhältnissen zu richten haben. Im Anschluss an die indirecten Breschbatterien wären ferner hier die

Demolitions - Batterien

Mauern,

(gegen

schwächere ,

freistehende

mangelhaft gedeckte Kasernen u. s . w. ) zu erwähnen ; da

aber, was Kaliber und Entfernung anbetrifft, dabei etwa die gleichen Verhältnisse wie bei den Demontirbatterien in Betracht kommen, so glauben wir, in allen diesen Beziehungen einfach nur auf das über diese letzteren Gesagte verweisen zu dürfen.

Ueber das Verhalten des Vertheidigers gegen den förmlichen Angriff. Haben wir in Vorstehendem versucht, die

Aenderungen her-

vorzuheben, welche seit der Einführung der gezogenen Geschütze für das Verfahren des Angreifers eingetreten sind und wie sie durch den Charakter des heutigen Festungskrieges bedingt werden, so möge uns gestattet sein, das, was wir an den betreffenden Stellen gleichzeitig über das Verhalten des Vertheidigers haben sagen müssen, hier noch dahin kurz zusammen zu fassen, wie für ihn noch weit mehr als für den Angreifer ein energischer Wille und ein frischer Muth die besten Waffen sind ― bessere als die gezogenen Geschütze und die schnellfeuernden Hinterlader ; seine Sache wird es sein, in zähestem Kampfe, in hartnäckigstem Widerstande die auch ihm in den neuen Verhältnissen gebotenen Vortheile zu seiner Ueberlegenheit auszubeuten . Nicht aber lasse er sich, auf seine gezogenen Geschütze und die Stärke seiner Werke bauend,

an

einer Abwehr des feindlichen An-

griffs genügen ; in einer activen und so lange als möglich offensiven Vertheidigung suche er seine Aufgabe ; er selbst dictire. wo irgend er es kann dem Angreifer das Gesetz ; statt an die Möglichkeit einer Capitulation - denke er an die Nothwendigkeit eines ruhmvollen Ausharrens ;

statt in dem Vordringen

des Angreifers

eine

312

Der Festungskrieg der Neuzeit.

Gefahr zu erblicken,

sehe er ihn nur um so mehr in den Bereich

seiner eigenen Macht gezogen und suche sich ihm um desto furchtbarer zu machen ;

die Behauptung der Festung sei ihm der Zweck,

dem Alles zu dienen hat. Die Mittel, nach solchen Grundsätzen zu handeln, hat in jenen Momenten allen - gerade die neuere Zeit dem Vertheidiger an die Hand gegeben. Ist aber die letzte Patrone verschossen und die letzte Portion verzehrt, so bleibt der Versuch, sich durchzuschlagen , als das äuszerste verzweifelte Mittel, die Reste der Besatzung dem Staate zu erhalten . Ueber die gegenwärtige strategische Bedeutung der Festungen. Schlieszlich scheint es noch nöthig , die heutige

allgemeine

der Festungen zu berühren . In wenig Worten möge dies geschehen, indem wir einfach nur auf die Verhältnisse des

Bedeutung

letzten Krieges hinweisen : zwei grosze Waffenplätze und eine Festung I. Ranges fesseln die feindlichen Armeen, indem sie ihren Operationen ein Ziel setzen ; zahlreiche kleinere erschweren ihren Vormarsch und unterbrechen ihre Verbindungen ; jene

drei geben Frankreich die

Zeit, neue Armeen zu schaffen, um den Kampf wieder aufzunehmen, diese,

bis

sie genommen,

werden

zu ebenso viel Stützpunkten

eines von der Staatsgewalt in's Leben gerufenen Volkskrieges ; eine Gruppe endlich von Festungen (im Norden) bietet einer wiederholt geschlagenen Armee stets von Neuem eine gesicherte Zuflucht . doch konnten Ansichten laut werden ,

welche ,

Und

in einseitiger Auf-

fassung Alles nur von der Feld-Armee erwartend, den Werth der Festungen bestreiten wollen ?! Setzen diese Alles auf eine Karte , so mögen sie sich hüten, mit ihr nicht auch Alles zu verlieren ! Der mit Vorliebe heute

behandelten Frage ,

Metz und ohne Paris

nicht

ob Frankreich

ohne

einen günstigeren Frieden erhalten

hätte , möchten wir die andere entgegenstellen, ob es mit Metz und mit Paris und mit einer der Preuszischen gleichen und von langer Hand vorbereiteten Organisation - mit einem regelrecht entwickelten System seiner Landesvertheidigung

nicht Vieles (vielleicht Alles)

hätte

Würden,

wieder gut machen können ?

falls wir in einem

künftigen Kriege mit Frankreich in die Defensive gewiesen wären, die groszen Plätze unserer Westgrenze und die der Rheinlinie uns nicht die gröszten Vortheile gewähren ? Sicherlich ist ja die Vertheidigung jener drei Französischen Plätze schon durch sich selbst gerichtet, allein,

wenngleich

sie weit mehr hätten leisten können ,

als sie geleistet haben, in ihrem Charakter als Festungen dürften sie ihrem Zwecke wenigstens nicht fern geblieben sein .

Stonewall Jackson's Virginienthal -Campagne.

313

sind nicht allein der heutigen Kriegführung die Festungen

Es

ebenso unentbehrlich, als sie es früher waren und stets sein werden die kleinen als Sperrpunkte wichtiger Defiléen (Eisenbahnen u. s . w. ) , die groszen als Stützpunkte der Operationen, als Magazin-, Fabrikund Depotplätze u. dgl.; — wir unsererseits glauben, dass gerade bei der heutigen schnellen Kriegführung die Festungen, vornehmlich aber die groszen Waffenplätze , an Werth unendlich gewonnen haben und vielleicht noch ferner gewinnen werden . Um sich von den groszen Schlägen zu erholen, welche missglückte Operationen heute bereiten und wir können auch in dieser Beziehung nur dem Grundsatze einer zähesten Vertheidigung huldigen, können nicht nach dem ersten groszen Misserfolg

unsere Sache verloren geben ,

diese aber ist nur durch den Schutz eines ,

dazu gehört Zeit ;

den Anforderungen der

Jetztzeit entsprechenden Festungssystems zu erhalten.

XXIV.

Stonewall Jackson's Virginienthal - Campagne, von J. Scheibert, Major z. D. Die musste

nächste einerseits

Zeit brachte

verhältnissmäszige

seine Truppen,

Ruhe .

Jackson

welche durch das Conscriptions-

gesetz nunmehr bis auf 6000 Mann gebracht wurden, neu organisiren, mit Offizieren versehen und ausbilden ; andererseits waren die Wege fast grundlos geworden, und ein schauderhaftes Wetter machte Heeresbewegungen

beschwerlich.

die Corps neu Die

Auch

auf Seiten der Unirten

Generäle Fremont in West - Virginien ,

Mc Dowell

waren

organisirt und u. A. Folgendes angeordnet worden : Banks im

Thale und

in dem Districte zwischen Aleghani und dem

Meere

waren alle drei ganz unabhängig (auch von McClellan) gemacht worden und durften auf ihre eigene Verantwortung hin thun, was sie wollten.

Da natürlich keiner von ihnen gerne eine Niederlage

zu erleben, sondern womöglich auf Unkosten des Andern sich Ansehen zu verschaffen wünschte,

so war es keinem der drei Führer rechter

Ernst, zuerst mit Jackson anzubinden, und hieraus erklärt sich wohl ein groszer Theil der später folgenden eigenthümlichen Verhältnisse.

Stonewall Jackson's Virginienthal-Campagne.

314

McClellan hatte inzwischen ,

trotz der Hindernisse, die Lincoln

ihm in den Weg legte, den Vormarsch auf der Halbinsel begonnen, General

J. E. Johnston, sein Gegner,

dementsprechend die Masse

seiner Armee nach Richmond geführt und dort in Person das Commando übernommen ; nur Ewell's Division blieb am Rappahannok zurück , um die Bewegungen des Feindes zu überwachen und im Falle der Noth Jackson beizuspringen . Letzterer , wohl wissend , dass

er mit kaum 6000 Mann im

offenem Felde Banks Vormarsch nicht aufhalten könne , hatte sich vor der gesammelten Macht des Letzteren am 17. April von Woodstock bis Harrisonburg zurückgezogen, dort sich plötzlich nach Osten wendend,

den Shenandoah überschritten und an den Westabhängen

des Gebirges,

im Swift Run Passe , am 20. eine feste Position bezogen, die ihn zum Herrn des Passes und der einzigen Brücke über den Strom machte. So , vor sich den im Monat April stets reiszend dahin schäumenden Shenandoah, in einer von Natur auszerordentlich festen, fast unangreifbaren Flankenstellung stehend, konnte er besser als im offenen Thale jeden Weitermarsch von Banks nach Süden um so leichter verhindern , als dieser, bereits etwa 25 Deutsche Meilen von seiner Basis entfernt, gezwungen war, seine Hülfsmittel mittelst Achse kommen zu lassen.

auf so grosze Entfernungen hin nach-

Dicht hinter Jackson

stand

überdies General

Ewell mit 6000 Mann bei Gordonsville bereit, ihm jeden Augenblick beizuspringen. Banks, inmitten einer durchaus feindselig gestimmten Bevölkerung, glaubte nach der damals ängstlichen Rücksicht auf die Verpflegungslinien nicht wagen zu dürfen , seine rückwärtige Basis aufzugeben oder gar mit Jacksons drohender Stellung in der Flanke seine Verbindungslinien noch zu verlängern ; so blieb er denn vorläufig bei Harrisonburg stehen und suchte wenigstens das erworbene Gebiet zu sichern . Die in Frage kommenden Truppen waren nunmehr für die nächste Zeit folgendermaszen vertheilt (s. Skizze im Mai-Heft) : Conföderirte.

General Jackson stand am Swift Run Passe mit

6,000 Mann,

General Ewell 8 Deutsche Meilen

östlich

davon

mit •

6,000

"

General E. Johnson 2 Mei-

len westlich Staunton mit

3,500 "" Summa 15,500 Mann.

315

Stonewall Jackson's Virginienthal- Campagne. Unionisten.

General Banks bei Harri-

20,000 Mann , sonburg mit . General Fremont etwa 5 Meilen nördlich Franklin mit

15,000

‫وو‬

6,000

‫وو‬

davon die Avantgarde desselben, Milroy - Schenk , östlich der Great North

Berge . General Mc Dowell

bei

99 Frederiksburg mit etwa 30,000 Summa 65,000 Mann . Ein Blick auf die Karte

zeigt ,

dass bei einigem guten Willen

Fremont und Banks sich vereinigen, über E. Johnson herfallen und Staunton ,

den wichtigsten Eisenbahn-Knotenpunkt der

erobern konnten .

Eine

Südlichen,

Unterbrechung der Verbindungen

des

Ge-

nerals Banks mit Harpers Ferry, seiner vermeintlichen Basis ,

war

um so gleichgültiger, als Banks

das

fruchtbare West -Virginien

im

Rücken hatte, wenn er je das Shenandoah-Thal hätte aufgeben müssen. Auch Mc Dowell machte den groszen Fehler ,

seine Kräfte zu

Frederiksburg zu concentriren , statt mit den verfügbaren Truppen zu handeln , indem er entweder Richmond bedrohte oder direct gegen Ewell vormarschirte. All diese Fehler nutzte Jackson mit voller Energie

aus.

Er

bat unterm 28. April den General Lee um eine Verstärkung

von

5000 Mann ,

Die

mit denen er glaube Banks angreifen zu können .

Antwort war, dass man keine Truppen verfügbar hätte , dass er aber über die Detachements Ewell und Johnson bestimmen könne . Jackson fasste nun den Entschluss , die durch die langsame Concentrirung Mc Dowells bei Frederiksburg erzeugte Unthätigkeit, welche Ewell für einige Zeit unthätig machte, auszunutzen, und Letzteren statt seiner am Swift Run Passe aufzustellen . Jackson selbst wollte in Verbindung mit E. Johnson über Milroy-Schenk herfallen, um diese von der Verbindung mit Banks abzuhalten, dann in seine alte Stellung zurückkehren ,

sich mit Ewell vereinen

Dem Plan folgte

und Banks angreifen .

die Ausführung auf dem Fusze.

Schon am

30. April konnte Jackson, von Ewell abgelöst, die 10 Tage lang innegehabte Position verlassen , und wandte sich ,

entlang dem Ostufer

des Scenandoah , nach Fort Republih . Ein fürchterliches Unwetter machte den Marsch auf der schlechten Strasze nicht nur sehr be-

Stonewall Jackson's Virginienthal- Campagne.

316 schwerlich ,

sondern

verzögerte ihn so ,

dass

man in 2 Tagen nur

312 Meilen vorwärts kam. Der unermüdlichen Thätigkeit Ashbys, der mit seiner Reiterei einen Schleier um die Bewegung zog, gelang es unter

groszen Anstrengungen ,

Expedition zu

verheimlichen.

dem Feinde

die unternommene

Um jenen Marsch

aber

noch

mehr

zu verbergen, überstieg Jackson bei Browns Pass die Blue-Ridgekette nach Osten und ging hinab zur Mechums River Station . aus die Eisenbahn und die vorzügliche Strasze warf er so schnell wie wo er am 5. Mai

möglich

bereits

mit

Von hier

zugleich benutzend,

seine kleine Schaar nach Staunton , all seinen Truppen

anlangte .

Hier

machte er einen Ruhetag, den er benutzte , um sich mit E. Johnson zu vereinigen.

Am nächsten Tage erst fiel er nun aber mit solcher

Kraft auf die vorgeschobenen Truppen des Fremont'schen Corps , dass er am 7. Abends schon 8 Deutsche Meilen westlich Staunton stand. Am 8. früh ging er gegen die Stadt McDowell los , welche Milroy Jackson bemächtigte sich und Schenk vereint besetzt hielten . dabei eines

die Gegend beherrschenden

Hügels (Sitlington's Hill)

und drohte in der Nacht die Straszen, welche die Feinde mit ihren Gros verbanden ,

in Besitz

drohende Lage erkennend,

zu nehmen.

Die beiden Gegner,

machten jetzt alle Anstrengungen,

jenes Hügels zu bemächtigen ,

um

die sich

dessen Besitz sich nun ein drei-

stündiger blutiger Kampf entspann. Doch überall zurückgetrieben , verlieszen die Unionisten, nachdem sie zur Täuschung die Lagerfeuer angezündet hatten, in der Nacht heimlich die Stadt und marschirten so schnell

sie

ihre Beine tragen konnten,

nach Franklin

ihnen Fremont mit der Hauptmacht bereits entgegenkam .

zu ,

wo

Jackson ,

vergeblich versuchend, sie einzuholen, folgte ihnen bis zu ihrer Vereinigung mit dem Gros. Dann liesz er Ashby mit einem Theile seiner geschickt geleiteten Cavallerie, beschäftigen musste ,

der den Feind so lange wie möglich

im Westen,

und kehrte selbst am 13. Mai in

Eilmärschen bis zu einem Punkte, 4 Meilen westlich Staunton, zurück und marschirte dann direct auf Harrisonburg

zu ,

Ewell Nachricht

sendend, dass er im Begriffe sei , Banks anzugreifen. In diesen Tagen waren Veränderungen in der Dislocation der feindlichen Streitkräfte eingetreten , welche von groszer Wichtigkeit für die Ereignisse waren .

Mc Clellan hatte sich nämlich in Washington

bitter beklagt, dass Mc Dowells schönes Corps nur eines Gespenstes wegen seinem Commando entzogen wurde . dessen die Erlaubniss bekommen , Mc Clellan abzugeben ;

Letzterer hatte in Folge

eine Division

seines Corps

an

zum Ersatz derselben hatte er sich aus ver-

streuten Truppen eine neue Division gebildet und wartete voll Un-

Stonewall Jackson's Virginienthal-Campagne. geduld auf den Befehl,

317

selbst auch an dem entscheidenden Kampfe

um Richmond theilnehmen zu dürfen .

Um hierzu möglichst

schnell

verfügbar sein zu können , hatte er die erwähnte Stellung bei Fredericksburg bezogen, wo er allerdings auch zugleich Washington deckte . Banks, als er die Ankunft Ewells am Swift Run-Pass erfuhr , hatte sich mit seiner Hauptmacht von Harrisonburg, überfallen werden können,

nach New Market

wo

er leicht hätte

zurückgezogen und

meldete, während Jackson gegen Fremont vorrückte, nach Washington, dass

die Gefahr im Virginienthal

wurde

Shields Division,

d . h.

vorüber

sei.

In

Folge dessen

der gröszere Theil des Banks'schen

Corps, nach Osten beordert, um McDowells Corps auf die Stärke von 40,000 Mann zu bringen ; im Thale blieben somit nur 7-8000 Mann Unionstruppen stehen . ging Banks am

Um gegen alle Fälle gesichert zu sein,

12. Mai nach Straszburg zurück,

wo er sich stark

befestigte, theils um die Baltimore-Ohio-Bahn, theils das Virginienthal zu decken.

Als Jackson daher bei Harrisonburg

eintraf, hielt er

die Verhältnisse zu seinem Nachtheile verändert, die sich aber dadurch misslich gestalteten ,

nur

dass Ewell vom Obercommando den

Befehl bekommen hatte , alsbald nach Richmond abzurücken . Allein nach einer Conferenz mit Ewell nahm Jackson, unter gleichzeitiger Benachrichtigung des Obercommandos,

die Verantwortung auf sich ,

unter den zur Entscheidung drängenden Umständen im Thale, Ewell noch auf,

einige Tage um Banks

dort zurückzuhalten .

zu folgen.

Ashby,

Beide machten sich sofort

der mit einem Theile seiner

Reiter letzteren fortwährend umschwärmt und

in Athem gehalten

hatte, deckte die Bewegungen Jackson's so geschickt, dass die Unionisten fortwährend im Dunkel über deren Richtung schwebten . Jackson, der mit vielem Geräusch bis New Market marschirt war,

als

wenn es in seiner Absicht läge , Straszburg von Südwesten aus anzugreifen, schritt plötzlich ganz heimlich über das Massanutten- Gebirge, vereinte sich mit Ewell und rückte nun schleunigst und vom Feinde unbemerkt die

enge Strasze

zwischen dem Shenandoah und dem

Gebirge hinab nach Front Royal, wo die vereinte Masse am 23. Mai anlangte, nachdem sie in 10 Tagen über 30 Deutsche Meilen zurückgelegt hatte.

Dieser kleine Platz wurde vom Oberst Kenly mit 1000

Mann vom 1. Maryland-Regiment gehalten die wichtige Shenandoah - Eisenbahnbrücke , Straszburg,

sondern

und

sicherte nicht nur

sowie die Stellung

enthielt auch grosze Vorräthe .

vollständig überrascht,

und,

bei

Kenly wurde

obgleich er einen heftigen Widerstand

leistete, über den Haufen geworfen, noch ehe es ihm gelungen war, die grosze Brücke zu zerstören ; in wilder Flucht eilt sein Regiment

Stonewall Jackson's Virginienthal - Campagne.

318 nach Winchester

zurück.

Jackson , der auf den

mit der Infanterie nicht so schnell folgen konnte,

schmalen Straszen setzte sich selbst

an die Spitze einiger Cavallerieschwadronen und jagte den Feinden nach , die er einholte, angriff und fast gänzlich vernichtete. Als General Banks diese ihn auf's Aeuszerste erschreckende Nachricht erhielt, brach er noch in derselben Nacht auf und suchte nun in gröszter Eile Winchester zu erreichen . Jackson , der dies vorausgesehen hatte , trachtete nun auch seinerseits danach, mit seinen

allerdings

Middletown,

durch

die

vielen

Märsche ermatteten

Truppen

einen Punkt zwischen Straszburg und Winchester,

schnell wie möglich zu erreichen .

Allein ,

so

wenn auch eine Menge

Nachzügler ihm in die Hände fielen und die mit Gepäck und Waffen dicht besäte Landstrasze Zeugniss von der Flucht und der Entmuthigung der Feinde ablegte, so war doch die Hauptmasse der Truppen ihm schon entschlüpft. Jackson gab trotzdem sein Spiel nicht auf, setzte vielmehr den Feinden mit dem letzten Athem der Mannschaften und Pferde

nach, jagte

mit nur einer Stunde Ruhe

die ganze

Nacht hinter der Arrièregarde des Gegners her und holte sie endlich am 25. Morgens bei Winchester ein. Mit anerkennungswerther Schnelligkeit besetzte Banks eine Stellung, die sich mit dem rechten Flügel

an dieselbe Hügelkette lehnte ,

welche auch in der Schlacht

bei Kernstown besetzt war ; der linke Flügel von Straszburg und Front Royal, ebenfalls

deckte

die Straszen

auf welcher letzteren Ewell,

mit Aufbietung aller Kräfte

vorgerückt war,

der

herbeieilte.

Sofort wurde die Stellung angegriffen und nach einem heftigen Widerstande, der nach der entmuthigenden Flucht alles Lob verdiente, die Linien durchbrochen und der Feind in wildester Flucht dem Potomac zugejagt. voller Auflösung Dank

Jackson blieb ihm auf den Fersen, sich

durch

der völligen Ermüdung

den

durchfuhrtbaren

bis er in

Fluss

rettete.

der Infanterie und dem schmählichen

Benehmen der sonst so ritterlichen Reiterei, welche durch Plündern des Lagers sich aufgehalten und durch Trunk kampfunfähig gemacht hatte, entkam ein Theil der feindlichen Division auf das nördliche Ufer, während dieselbe sonst wohl gänzlich aufgerieben sein würde. 3050 Mann wurden trotzdem noch zu Gefangenen gemacht. Diese Siege Jackson's ,

deren Resultate

in noch vergröszertem

Lichte sich über Nordamerika verbreiteten, waren wie dazu geschaffen, um die Angst des Cabinets zu Washington wieder in neue heftige Dort war man nämlich so weit beruhigt Wallungen zu bringen. gewesen, dass man den Wünschen McClellans zum Theil schon nachgekommen war:

Shields' Division,

welche am 17. Mai vom Thale

319

Stonewall Jackson's Virginienthal-Campagne.

abmarschirte, war sogar bereits am 23. bei Frederiksburg angelangt, gerade als Lincoln mit seinem Kriegsminister die dortigen Truppen inspicirte und mit McDowell feststellte , dass dessen Bewegung nach Südosten, um Mc Clellan die Hand zu reichen, nun endlich und definitiv am 26. Mai begonnen werden könne.

Diese Bewegung verstärkte

nicht nur den Letzteren um 40-50 pCt. , sondern brachte auch alle nördlichen , nach Richmond führenden Straszen in die Hände der Nordländer, so dass , wie gesagt, schon damals die Möglichkeit nicht ausgeschlossen war, durch diesen vereinten Angriff der Unionisten Richmond zu Fall zu bringen. Allein

kaum

war der Präsident am Abend des 23. zu Hause

eingetroffen, als er die telegraphische Nachricht von dem Ueberfall von Front Royal erfuhr ; da man die bittere Pille aber mit dem beschönigenden Ausdruck

„ ein

erfolgreicher raid " überzuckert hatte,

so telegraphirte Lincoln an Mc Dowell am 23., dass er die "" kleinste seiner Brigaden " noch zurückhalten möge . Da die Nachrichten von Banks aber nun bald bestimmter lauteten, so erhielt McDowall die folgende Depesche am 24 .: „ General Fremont hatte den Befehl erhalten , von Franklin nach Harrisonburg zu marschiren, um Banks zu befreien und Jackson's und Ewell's Truppen Sie erhalten den Befehl, den zu vernichten (!) .

zu fangen oder

Marsch gegen Richmond aufzugeben und sofort 20,000 Mann nach dem Shenandoahthal zu entsenden, welche der Manassas Pass -Bahn zu folgen haben. Ihr Ziel muss sein, Jackson's und Ewell's Truppen gefangen zu nehmen, entweder unter Cooperation mit General Fremont, oder im Falle Mangel an Fourage oder Munition letzterem dies nicht möglich macht, sind · • “

auch allein,

da Sie hierzu stark genug

An Me Clellan wurde am selben Tage telegraphirt :

„ In Folge

der kritischen Lage von Banks bin ich genöthigt, die befohlene BeDer Feind macht wegung McDowells wieder zurückzunehmen. einen verzweifelten Stosz auf Harpers Ferry und wir versuchen Fremont's und einen Theil von Mc Dowells' Corps Ihnen in den Rücken zu senden . " Am

nächsten Tage

wurden die Meldungen vom Corps Banks

noch beunruhigender, so dass der Präsident sich veranlasst sah, folgende Depesche an McClellan abzusenden : „ Der Feind bewegt sich nach Norden, in hinreichender Stärke, treiben ;

um Banks vor sich her zu

in welcher Stärke , können wir nicht sagen .

Auch bedroht

er Leesburg (? ! ) und (General) Geary ( ? ! ) an der Manassas Pass-

Stonewall Jackson's Virginienthal-Campagne .

320

Bahn von Nord und Süd.

Ich vermuthe,

dies

ist eine combinirte,

vorher bedachte gröszere Bewegung, welche der Feind nimmermehr ausführen könnte, wenn seine Absicht wäre, Richmond bis auf den letzten Mann zu vertheidigen .

Ich denke, der Zeitpunkt möchte nun

wohl gekommen sein, entweder Richmond endlich anzugreifen oder den ganzen Scherz (job) aufzugeben und zurückzukommen , um

Washington

zu

vertheidigen .

Geben

Sie

umgehend

Antwort. " Am selben Tage telegraphirt Lincoln an McClellan : „ Ihre Antwort erhalten. Banks war bei Straszburg etwa nur mit 6000 Mann zurückgeblieben, Shields war nämlich von ihm genommen worden, um McDowells Colonne zu verstärken, welche Ihrem Angriff auf Richmond zugetheilt werden sollte, und den Rest seiner Leute hatte er hier und da detachirt.

Am

23.

fiel ein Rebellencorps von 7-10,000 Mann

auf eines seiner Regimenter, welches

mit noch 2 Compagnien die

Brücke bei Front Royal bewachte , vernichtete dasselbe vollständig, ging über den Shenandoah und bestrebte sich am 24. (gestern) , seinen Rückweg nach Winchester abzuschneiden.

Banks machte einen

Wettlauf mit dem Feinde und schlug ihn , um eine Nasenlänge eher Winchester erreichend. Eine Schlacht entspann sich daselbst, in welcher Banks völlig geschlagen wurde, nach Martinsburg zurückwich und jetzt wahrsheinlich schon in vollster Flucht sich befindet. Geary, welcher am Manassas Pass den Befehl führt , meldet, dass Jackson jetzt (? ) mit 10,000 Mann dicht bei Front Royal steht ; so viel ich verstehe, will er die Banks verfolgende Truppe stärken und unterstützen . Ein anderes Corps , ebenfalls 10,000 Mann stark ( ) ist bei Orleans und folgt in derselben Richtung. Da wir hier von allen Truppen entblöszt sind, so wollen wir Alles thun, was wir können, um den Feind am Potomac festzuhalten. Wir haben etwa 20,000 Mann von McDowell's Corps nach Front Royal zu geschickt und ebenso Fremont nach Harrisonburg. Beide Bewegungen sollen dem Feind in den Rücken kommen . Eine von McDowell's Brigaden marschirt über Washington nach Harpers Ferry ; der Rest seiner Truppen bleibt vorläufig bei Frederiksburg . Von hier und Baltimore aus senden wir, was wir entbehren können, nach Harpers Ferry und ersetzen

es

durch aufgebotene Miliz .

Auch haben wir

18 Geschütze nach demselben Ort dirigirt, wo bis jetzt nichts dergleichen ist. Das ist jetzt unsere Lage. Wenn Mc Dowell nicht noch hier gewesen wäre , hätten wir hülflos dagestanden .

Befürchtungen gleich diesen und nicht übler Wille , Ihnen zu helfen, haben mich also bis dahin abgehalten, Ihnen Mc Dowell's Truppen nicht zu

Stonewall Jackson's Virginienthal-Campagne. schicken.

321

Bitte, verstehen Sie dies recht, und behelfen Sie sich , so

gut Sie können , mit der Ihnen unterstellten Truppenzahl. " Diese Depesche zeigt mehr wie alle Beschreibungen die fast lächerliche Panik, welche an der Spitze der Nordischen Regierung herrschte ,

die

nach

allen

was überhaupt zu thun war.

Seiten

hin

das

Verkehrteste

that,

Entweder musste man mit Mc Dowell's

Corps McClellan's Angriff verstärken, oder wenn man erst klares Terrain im Norden von Richmond haben wollte, die Corps Fremont, Banks und Dowell vereinigen, um Jackson sowie seine beiden Hülfscorps zu vernichten. Allein die Fehler der Cabinetsstrategie sollten sich noch steigern , wie die folgenden Ereignisse zeigen werden. Jackson machte seiner frommen Gewohnheit gemäsz den Tag nach den erfochtenen Siegen zu einem Dank- und Bettage und gab 27. zur Erholung von den

den Truppen ausnahmsweise noch den fast übermäszigen Strapazen . tomac ,

Dann erst machte er, da er den Ponicht überschreiten

mit zwei feindlichen Corps hinter sich,

wollte, wenigstens einige Demonstrationen gegen Harpers Ferry um den Feind irre zu führen, und kehrte dann am 28. und 29. in Eilmärschen nach Süden zurück, wo,

wie er erfahren, Fremont

und McDowell sich bestrebten, bei Straszburg ihre Vereinigung zu bewirken. Als Jackson am Abend des 30. Mai Winchester erreichte, war die Stellung der verschiedenen Streitkräfte folgende (s . Plan) : Fremont, etwa 14-15,000 Mann stark, war, nachdem er bemerkt hatte , dass Jackson ihn nur erschreckt habe und dann unter seinen Augen entschlüpft war, nach dem Thale zu aufgebrochen und bei Wardensville,

etwa 4

Meilen von

Straszburg entfernt,

angekommen ;

Mc Dowell mit den erwähnten 20,000 Mann war über den Manassas Pass hinweggegangen, hatte sich des Ortes und der Brücke bei Front Royal bemächtigt und stand 41/2 Meilen von Straszburg entfernt, dem

Präsidenten telegraphirend,

dass er um

5 Uhr Abends

am

nächsten Tage daselbst eintreffen würde . Das Gros Jackson's , welches bereits 8 Meilen marschirt war, um Winchester zu erreichen, befand sich noch über 5 Meilen von Straszburg , während seine Arrièregarde,

unter dem

Commando Winder's,

bei Halltown

9 Meilen von dieser Stadt entfernt, gelagert hatte.

fast

Nördlich standen

auszerdem bei Harpers Ferry noch General Saxton, mit welchen Winder bis zum letzten Momente scharmützelt hatte, mit 7000 Mann und Banks, der über 3-4000 Mann zusammengebracht, südlich des Potomac. Der nächste Tag,

der 31. Mai,

war wieder Zeuge eines Wett-

Stonewall Jackson's Virginienthal- Campagne.

322

laufes, es handelte sich darum, Straszburg zu erreichen ; besonders war für Jackson die rechtzeitige Erreichung dieses Zieles eine Lebensfrage, weil eine Verbindung McDowell's mit Fremont ihn von allen seinen Verbindungen trennte, und auch mit seiner vollständigen Vernichtung endigen konnte, da er dann von drei Seiten abgeschnitten und von 40,000 Mann umzingelt wurde. Schon in der Nacht bereitete er Alles vor, um am nächsten Tage in aller Frühe aufzubrechen ; die 2300 transportablen Verwundeten wurden, bewacht vom 21. Virginienregiment,

zuerst abgeschickt ; dann die langen, zum groszen Theil eroberten Trains , denen , mit Ausnahme von Winder's Nachhut, die ganze Armee folgte. Am Nachmittage erreichte Jackson wirklich als Erster und

unbelästigt das wichtige Straszburg und bezog, somit beide feindlichen Armeen trennend, dort ein Lager, welches er so lange besetzt hielt, bis seine Trains nach Süden befördert und Winder eingetroffen war. Shields und Mc Dowell verloren ihre Zeit damit, von Front Royal aus nach Winchester hin und auf anderen Straszen Vorstösze zu rechten Entschlusse. Entschlusse .

thun und kamen zu keinem

Fremont war

am Sonnabend Abend, dem 31. , zwar dicht vor Straszburg angekommen, hatte dann aber einen unmotivirten Halt gemacht und war am Sonntag früh von Ashby ,

sowie den vordersten Truppen Ewells , in

Schach gehalten worden . So hatte Jackson

den Feind im Norden

durch

einen kurzen

Stosz zum Stehen gebracht Winchester ,

denn Banks war nur schüchtern bis und sich Saxton gar nur einen Tagemarsch gefolgt -

trotz der schlechtesten Aussichten zwischen die beiden, die Vereinigung erstrebenden Hauptcorps , Mc Dowell und Fremont , geworfen, obgleich er mit Gefangenen und Beute beladen war. Da Jackson die beiden, ihm ja einzeln schon überlegenen Gegner nicht gleichzeitig abschütteln konnte ,

so

durfte

er sich in dieser gefährlichen Stel-

lung nicht lange aufhalten und Süden ,

durch

seinen

entwich demgemäsz plötzlich nach

heimlichen und

schleunigen Abmarsch einen

Vorsprung von fast einem Tagemarsche gewinnend . Als Mc Dowell sah, dass Jackson ihm wiederum entschlüpft war, vereinigte er seine Cavallerie mit derjenigen von Fremont und sandte die Division Shields im östlichen Thale

des Shenandoah hinauf,

hoffend ,

Jackson auf

dieser Nebenstrasze überholen zu können, während Fremont ihm auf der Hauptstrasze, westlich des Flusses, folgen musste. blieb mit dem Reste des Corps bei Straszburg sendung

Shield's ,

entlang

dem rechten

Ufer

zurück. des

Banks selbst Diese AbShenandoah,

war eine unglückselige Idee ; nicht nur war hier die Strasze so eng,

Stonewall Jackson's Virginienthal-Campagne.

323

dass man sich neben derselben nicht bewegen konnte, sondern auch in einer schrecklichen Verfassung, so dass die Truppen Mühe hatten, nur in der Nähe Jackson's zu bleiben ; überdies war der genannte Fluss in dieser Jahreszeit so angeschwollen und reiszend, dass er nur auf den vorhandenen Brücken zu überschreiten war, von denen

2

etwa bei New Market und die 3.

(bei

Conrads Store)

gegenüber Harrisonburg sich befanden . Die beiden ersten brannte Jackson ab und schuf durch dieses einfache Manöver zwischen sich und der Luraystrasze

ein so

absolutes

Hinderniss , dass

er über

die Bewegungen des jenseits des Gewässers wandelnden Shields sich nicht weiter zu beunruhigen brauchte.

Er konnte so dem ihm weit

überlegenen Fremont beruhigt entgegegentreten , den er von Zeit zu Zeit auf seine in der oft schmalen Thalenge wohl gewählten Stellungen auflaufen liesz , und erreichte auf diese Weise , rechts sich sichernd, rückwärts manövrirend,

am 5. Harrisonburg.

Nachdem er hier den

3. und letzten Uebergang, der seinen Gegner vom andern Ufer herüberführen konnte ,

den bei Conrads Store, gründlich zerstört hatte,

zog er sich unbehelligt bis Port Republic zurück ,

wo er wiederum

Gelegenheit fand, sich zwischen beide Gegner zu legen. es hohe Zeit geworden,

Hierzu war

denn von hier ab aufwärts wurde der She-

nandoah fuhrtbar ; auszerdem hatte er seinen östlichen Begleiter hier noch auf engster Strasze vor sich,

der allmälig

von seinem Haupt-

corps so weit abgezogen worden war , dass an eine Unterstützung von dort aus nicht mehr zu denken war. Jackson konnte daher keinen günstigeren Zeitpunkt

wählen ,

um

sich der beiden Gegner,

welche bei dem langen Rückzuge der Conföderirten immer siegesbewusster wurden und demgemäsz ein Siegesbulletin nach dem andern zurücktelegraphirten, gänzlich zu entledigen. Am 6. Juni bezog die etwas

ermattete Infanterie Jacksons auf

der Strasze Cross Keys -Port Republic ein Lager ; an demselben Tage fiel bei einem heftigen Gefechte zwischen der Reiterei Fremonts und der die Nachhut deckenden conföderirten Cavallerie der Commandeur der letzeren, der edle , ritterliche Oberst Turner Ashby, das Muster eines

wahren

Ausbrüche

Reiterführers ,

dessen

Name

bis

heute

nie

ohne

des Bedauerns und der Bewunderung über die Lippen

seiner Landsleute geht,

und dessen fast unglaubliche Leistungen so

wesentlich zu den auszerordentlichen Erfolgen Jackson's beigetragen . hatten.

Der folgende Tag wurde

als Ruhetag

dem Andenken

dem Begräbnisse des allbeweinten Cameraden gewidmet ;

und

doch nicht

in sentimentaler Rührung allein, sondern auch in den rastlosen Vorbereitungen zu dem Begegnen der feindlichen Angriffe hierbei des 22 Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI.

Stonewall Jackson's Virginienthal- Campagne.

324 Todten gedacht.

Fremont nämlich , kühn gemacht durch das fort-

währende Ausweichen Jackson's , hegte nur die eine Furcht, dass der lang ersehnte Sieg über den schlauen Gegner ihm entschlüpfen könnte , und beschloss deshalb, denselben am 8. Juni anzugreifen.

Dies war

es aber, was Jackson gerade wünschte, denn ihm musste jetzt natürlich Alles daran liegen , mit einem Gegner wenigstens sobald als möglich fertig zu werden. Merkwürdigerweise aber wurde die Schlacht durch Theile von Shields Truppen eröffnet.

Dieser hatte nämlich , weil er selbst viel

zu weit entfernt war , um an diesem Tage am Kampfe Theil nehmen zu können , seine Cavallerie einen Tagemarsch weit vorangeschickt, um Fühlung mit Jackson zu bekommen, und so hatte die Reiterei, unter Oberst Carrol's Befehl , unvermuthet die kleine Besatzung von Port Republic überfallen, war über den Shenandoah-Arm geritten und hatte sich plötzlich der Brücke selbst bemächtigt . zufällig war Jackson gerade in der Nähe ,

Doch

sammelte schleunigst ein

Regiment , richtete ein Geschütz auf die Brücke und verjagte die kühnen Reiter mit einem Verluste von 2 ihrer Geschütze . Diese ritten bis zu ihrer Infanterievorhut zurück und eine von Jackson auf dem hohen linken Ufer des Flusses aufgestellte Batterie, welche die ganze enge Strasze bestrich, hielt vorläufig jedes weitere Vorrücken der Shields'schen Colonne auf. Letzterer sandte etwa um diese Zeit an Fremont folgende De-

pesche : 8. Juni 91/2 früh. „ Ich schreibe Ihnen durch Ihren Scout. Ich denke , um diese Zeit werden etwa 12 Geschütze Jackson's Train gegenüberstehen, wenn er den Weg über Port Republic nimmt. Etwas Cavallerie und Artillerie gingen nach Waynesboró vor ,

um die Brücke zu verbren-

nen . Ich hoffe, heute 2 Brigaden nach Port Republic hinein zu werfen. Mit 2 anderen Brigaden folge ich . Sollte der Feind seine Rückzugslinie ändern, bitte ich um Nachricht. Wenn er versuchen sollte ,

sich durchzuschlagen ,

bitte ich,

noch nicht beträchtliche sind , (thunder) .

da meine Streitkräfte dort

von hinten auf ihn loszudonnern

Bitte , senden Sie mir von Zeit zu Zeit Nachricht.

Ich

denke , diesmal haben wir Jackson gefangen .

Ihr ergebenster James Fremont hatte inzwischen aufgestellt und marschirte

Shields. "

seine Brigaden in Schlachtordnung

nunmehr

vorwärts ,

um

auf Jackson's

Stonewall Jackson's Virginienthal-Campagne.

General Ewell hatte den Auftrag erhalten,

loszudonnern" .

Rücken

325

während Jackson sich näher an Port Re-

den Ansturm abzuweisen ,

public hielt, einerseits , um etwaige Bewegungen von Shields zu begegnen , andererseits , um rechtzeitig Ewell beispringen zu können , der einen Waldrand besetzt und vor seiner Front eine freie Wiese mit einem Bächlein hatte . Fremont hatte sich einer kleinen Höhe jenseits er liesz seinen linken Flügel ,

des Bächleins bemächtigt ;

Blenker's

Deutsche Truppen , welche übrigens leider eines üblen Rufes genossen , zuerst vorgehen. Ihnen gegenüber stand General Trimble mit 3 Regimentern. Ohne einen Schuss zu thun, erwarteten sie den Gegner, dann aber gaben sie einige schnelle wohlgezielte Salven auf die dicht herangekommenen Colonnen und

warfen so fast ohne eigene Verluste

den feindlichen Flügel blutig und entschieden zurück . Nachdem Ewell den alten Trimble noch verstärkt hatte, ergriff Letzterer die Offensive, drängte den Fliehenden

nach ,

vertreib die ihm gegenüberstehenden

Batterien und drohte den ganzen linken Flügel Fremont's über den Haufen zu werfen . Da Blenker nicht mehr seinen Stand zu vertheidigen wagte , Artilleriegefecht

so zog Fremont Nachmittags nach einem kurzen ganze Armee nach einem Verluste von

seine

650 Mann zurück . Die Conföderirten hatten zwar nur 287 Mann eingebüszt und waren noch ziemlich frisch , folgen,

allein sie konnten den Sieg nicht ver-

da Shields drohte, ihnen den Browns Pass zu verlegen ; sie

mussten deshalb ,

trotz der glücklichen Affaire sich eiligst zurück-

ziehen und nur Trimble blieb mit seiner Brigade zurück, um Fremont im Schach zu halten ,

während Taliaferros Brigade die Batte-

rien, welche die Luraystrasze beschossen, bewachte und zugleich bereit war, Trimble im Falle der Noth beizuspringen . Während des Kampfes

mit Fremont's

Truppen hatte Tyler's

Brigade (von Shields Division) den Ort erreicht, wo die jenseit des Shenandoah stehenden Batterien das weitere Vorgehen auf der engen Strasze verboten und so verhinderten, dass die 3000 Unionisten einen wirksamen Antheil an der Schlacht nehmen konnten. Jackson, dem jede Minute kostbar war und der sich gerne sofort wieder auf Fremont werfen wollte , ehe derselbe sich von seinem

ersten

durch

Unthätigkeit

die

schnellen

Schrecken der

erholt hatte, Shields'schen

Erfolg über Fremont ,

den fast

fasste ,

kühn gemacht und den

Division ,

tollkühnen Entschluss

am nächsten, d. h. an ein und demselben Tage , beide Gegner, einen nach dem andern zu zermalmen . Zu diesem Zwecke ordnete er zur Nacht den Bau eines Laufsteges an ,

welcher aus lose über 22 *

Stonewall Jackson's Virginienthal- Campagne.

326

eine Reihe Leiterwagen gelegten Brettern bestand. Winder wurde in der Morgendämmerung über beide Flussarme geschickt , um Tyler auf der engen Strasze entgegenzutreten ; Ewell, welcher Trimble mit anderthalb Brigaden Fremont gegenüber liesz , sollte Winder folgen, während Taliaferro gewissermaszen für beide Gefechtsfelder zur So hoffte Jackson, im Falle der Sieg über Shields Division ein leichter würde , noch an demselben Nachmittage wieder über Verfügung stand .

den Fluss gehen und Fremont mit seiner ganzen Macht noch einmal anfallen zu können . Sollte aber der Kampf mit Tyler oder Shields sich in die Länge ziehen, und Fremont heftig vorwärts drängen, so sollte Trimble,

der seine Truppen zur Täuschung des Geg-

ners in möglichster Breite entfalten musste ,

über die Port Republic

Brücke zurückgehen und dieselbe zerstören. Jackson, voller Ungeduld, drängte auf die Vollendung der Brücke und betrieb selbst den Uebergang, der bei der höchst unvollkommenen Construction nur langsam vor sich gehen konnte .

Als Winder's

und Taylor's Brigaden endlich hinüber waren , konnte er im heftigen Eifer den Uebergang des Restes nicht mehr abwarten und marschirte sofort gegen den Feind , den

er auch unverzüglich angreifen liesz ,

sobald man seine Stellung erreicht hatte .

Winder stürmte mit seiner

gewöhnlichen Bravour vor ; jedoch waren seine 1200 Mann nicht hinreichend, um die feindliche starke Position mit Gewalt zu nehmen. Taylor kam ihm zwar zu Hülfe, allein auch er stiesz auf so heftigen Widerstand,

dass

er nicht vorwärts kam.

Erst weitere ,

allmälig

eintreffende Truppen befähigten Winder, etwas Terrain zu gewinnen. Sobald Jackson sah, dass sein erster Angriff fehlgeschlagen und der Widerstand stärker sei,

als er vermuthet hatte,

er also nicht mehr

daran denken konnte, an demselben Tage noch Fremont über den Haufen zu werfen, befahl er den Generalen Trimble und Taliaferro, sich sofort über die Brücke zurückzuziehen und solche zu verbrennen ; weil er nun mit seiner ganzen Macht über Shields herzufallen beabsichtigte. Ehe dies jedoch ausgeführt war, hatte bereits ein erneuerter Angriff der Conföderirten Taylor's Brigade aus der Stellung getrieben, ihre

Batterien genommen und

sie

in Unordnung

zurückgeworfen .

Zwei Meilen weit wurde sie verfolgt, 625 Gefangene (einschl . Verwundete) und 6 Geschütze blieben in den Händen des Siegers . General Fremont war zwar Trimble gefolgt, konnte aber nicht über den Fluss hinüber, da die Brücke rechtzeitig zerstört war ; er blieb deshalb nur unthätiger Zuschauer der Niederlage seines Collegen . Er beschreibt die Scene, welche er vor sich abspielen sah, folgendermaszen :

1

327

Stonewall Jackson's Virginienthal-Campagne.

„Die Schlacht, welche auf dem anderen Ufer stattgefunden hatte , war eben zu Ende.

Eine einzelne Brigade

(es waren deren zwei),

welche General Shields vorgeschickt hatte, war einfach in Stücke gehauen (cut to pieces) worden. Oberst Carroll . . . hatte . unterlassen, die Brücke zu verbrennen. Jackson , über dieselbe eilend , hatte die Minderzahl überfallen und das Resultat haben wir gesehen . Von der Brücke waren nur noch rauchende Trümmer vorhanden. Neben derselben, in der Waldecke, stand ein feindlicher Trupp, und ein Bagagetrain verschwand soeben im Gebirgspasse. Abtheilungen, welche die Todten und Verwundeten auflasen, zusammen mit einer Linie Gefangener, welche die Bewegungen der Rebellen neben ihnen betrachteten, war Alles, was wir von Truppen sehen konnten. “ Wenn auch durch die Heftigkeit Jackson's , welcher zu viel auf einmal erreichen wollte, der Sieg über Tyler blutiger geworden war, als es geschehen wäre, wenn er sofort mit hinreichender Stärke sich auf denselben geworfen hätte, so war der Erfolg doch ein vollkommener und mit gerechtem Stolze konnte die kleine Schaar Jackson's auf die Resultate zurückblicken, welche sie im Laufe dreier Monate erreicht hatte, als sie um Mitternacht des blutigen Tages, seit langer Zeit zum ersten Male legen durfte .

ohne

" Feinde ringsum " ,

sich

zur Ruhe

Gerade vor 3 Monaten war Jackson mit seinen 4000 Mann vor Banks ' 25,000 Mann starkem Corps von Winchester zurückgewichen ; als aber Letzterer einen „ überflüssigen " Theil seiner Truppen nach . Washington schickt,

um McClellan's groszes Unternehmen

zu ver-

stärken, rückt Jackson mit 3000 Mann dem übrig gebliebenen Corps auf den Leib und liefert die blutige

unentschiedene Schlacht bei

Kernstown, wodurch er sich wieder das ganze Corps Banks auf den Hals zieht. Um seinen Verfolgern zu entgehen, deren weiteres Vordringen im Thale zu verhindern und sich den Detachements E. Johnson und Ewell zu nähern,

nimmt Jackson die Stellung im Swift Run - Passe,

umgeht von da aus, Ewell die Vertheidigung des Passes übertragend , den vor ihm stehenden Banks , schlägt in dessen Rücken die von Fremont vorgeschickte Avantgarde Milroy-Schenk, und verfolgt sie bis Franklin, kehrt zu seinem Passe zurück, überfällt mit Ewell vereinigt den

sich in den Befestigungen Straszburgs sicher fühlenden

Banks auf dem empfindlichen Punkte bei Front Royal, wirft sich auf die

Rückzugslinie des in Eile nach Norden

kommt zwar zu spät, den ihm bei Winchester

fliehenden

Feindes,

holt aber dennoch in glänzender Verfolgung endlich

sich stellenden Feind ein, schlägt

Stonewall Jackson's Virginienthal- Campagne.

328

ihn und treibt seine Trümmer über den Potomac. Norden zieht seine Milizen

ein ,

um Washington

Der bestürzte

zu

vertheidigen ,

Mc Dowell wird gegen ihn entsendet, Fremont von Westen her gegen ihn gehetzt und im Norden von Saxton und Banks eingekeilt, hat man ihn endlich zwischen drei Feuern . Doch wie mit Adlersschwingen wirft er sich zwischen die beiden, südlich die Vereinigung erstrebenden, stärksten Gegner, hält dieselbe zwei Tage lang in Schach, um seine Truppen zu sammeln und seine reiche Beute zu sichern, und geht dann, von beiden überstarken Corps verfolgt, langsam nach Süden ; durch den Abbruch der Brücken über den Shenandoah stellt er diesen reiszenden Fluss als Barrière zwischen sich und seinen einen Verfolger,

während er dem Vormarsche

des anderen so viel

Abbruch als möglich thut.

Als diese Barrière zu Ende und er den

Browns-Pass

welcher ihn mit seiner Haupt-Armee in

erreicht hat,

direkte Verbindung setzt, macht er Halt,

ergreift das Schwert und

fällt einen Tag nach dem andern mit solcher Heftigkeit über seine Gegner her, fangen :

dass beiden die Lust verging,

den Helden Jackson zu

Denn Fremont trat an dem Tage nach der geschilderten

Schlacht sofort den Rückzug an, der erst bei Straszburg endete ; auch Shields zog es vor, mit den Trümmern seiner Division nach Front Royal zurückzuweichen, von wo aus er zu weiteren Heldenthaten nach Mannassas geschickt wurde. Die Krone aber setzte Jackson seiner wohl über alles Lob erhabenen Leistung sich

wieder

Feinde

fast

dadurch

aufmachte , ohne

auf, die

dass

17. Juni

Rast aber

und

in Eilmärschen

Ruhe

erschreckten

Gegner im Thale stehen liesz und Bahn

Straszen abwechselnd benutzend , mond flog,

er ohne

übermächtigen

und

nach Rich-

wo er zu rechter Zeit ankam, um in der bereits am

stattfindenden

Schlacht bei

Cool Harbour

(östlich

Rich--

mond) auf dem linken Flügel des General R. E. Lee gegen McClellan kämpfend, die Waage des Sieges auf Seite der Conföderirten zu bringen. So zog er durch seine Schläge im Thale nicht nur gegen 80,000 Mann vom Angriffe auf Richmond ab, sondern kam auch selbst noch rechtzeitig

zur Hülfe,

um die Mc Clellan gebliebenen

Truppen ruhmreich aus dem Felde zu schlagen.

Das neue Finnische Wehrgesetz .

329

XXV.

Das neue Finnische Wehrgesetz.

Nach langen Verhandlungen mit dem Finnischen Reichstage ist Ende vorigen Jahres endlich ein neues Wehrgesetz für Finnland zu Stande gekommen und mit dem Datum vom 28. December 1878 publicirt worden .

In Kraft tritt dasselbe am 1. Januar 1881 .

Das Gesetz beseitigt das

bisher gültige Werbesystem und

nimmt die allgemeine Wehrpflicht als Grundlage des Heerwesens an. Nur für den nördlichsten Theil des Landes, die Lappmarken , mit ihrer nomadisirenden Bevölkerung ist vorläufig noch die Befreiung vom Kriegsdienst vorbehalten, jedoch lediglich für die eingeborene Bevölkerung. Neben den Vorschriften über die Wehrpflicht über die Organisation

der Finnischen Truppen

in seinen 19 Abschnitten und

sowie theilweise

enthält das Gesetz

124 Paragraphen auch ziemlich ein-

gehende Bestimmungen über die Handhabung des Ersatzgeschäfts . Die staatsrechtliche Stellung Finnlands zum Russischen Reiche findet ihren schärfsten Ausdruck in den Schlussbestimmungen des Gesetzes, welche unter anderm besagen (§ 120) , dass sämmtliche Mannschaften, Offiziere und Beamten des Heeres Finnische LanNur führt der Generalgouverneur von deskinder sein müssen. Finnland in Vertretung des Kaisers gleichzeitig den Oberbefehl über die Finnischen wie über die Russischen Truppen in seinem Militairbezirk, und der Russische Kriegsminister versieht die gleiche Function auch für das Contingent von Finnland .

Ausdrücklich ist ferner bei

den meisten Anordnungen der Kaiser an die vorherige Zustimmung des Finnischen Senates gebunden. Die Friedensstärke der Finnischen Truppen ist (§ 121 ) auf 5000 Mann, Waffen ist

ohne Offiziere ,

festgesetzt.

Die

Eintheilung

in

Ebenso bleibt die späterer Bestimmung vorbehalten. zu regeln, die aber in Finnland selbst er-

Dislocation noch folgen muss.

Im Kriegsfalle dürfen die stehenden Truppen ,

sowie die aus

}

Das neue Finnische Wehrgesetz.

330

disponiblen Mannschaften der jüngeren Jahrgänge gebildeten Reservetruppen zur Vertheidigung des Reiches auch auszerhalb der Grenzen Finnlands verwendet werden. Die Wehrpflicht dauert vom vollendeten einundzwanzigsten bis zum vollendeten vierzigsten Lebensjahre . Die Dienstpflicht ( 9) ist auf 3 Jahre für das stehende Heer und auf 2 Jahre in der Reserve festgesetzt. (In Russland dauert bekanntlich die active Dienstzeit 6 Jahre, die Reservezeit 9 Jahre. )

Diejenigen Mannschaften , welche nicht durch die Loosung zum activen Dienste ausgehoben werden, gehören 5 Jahre der Reserve an und müssen während der ersten 3 Jahre zu drei Uebungen von insgesammt 90tägiger Dauer herangezogen werden . Auch die Vertheilung dieser Uebungzeit auf die 3 Jahre wird vom Generalgouverneur „ in Uebereinstimmung mit dem Finnischen Senat" geregelt. Nach beendeter Reservezeit treten sämmtliche Mannschaften zur Reichswehr über. Für die Exercitien ist, wie im übrigen Russland, die Vereinigung sowohl als der Reservisten in Sommerlagern in Aussicht genommen, die in Finnland selbst liegen müssen . Nur für das schon bestehende Leib - Garde Finnische Schützender Truppen

Bataillon gelten Armee.

die Bestimmungen wie für die übrige Russische

Die zum Dienst

ausgehobenen Mannschaften sollen auszerhalb

der Lagerzeit jedes Jahr 3 Monate beurlaubt werden (§ 11 ) . Im dritten Dienstjahre ist auch längere Beurlaubung zulässig . Die Höhe des jährlich einzustellenden Recruten- Contingents (§ 5) bestimmt in Uebereinstimmung mit dem Senat der Kaiser. Die Dienstzeit rechnet für die bei der gewöhnlichen Aushebung Eingestellten vom

1. November des Aushebungsjahres an ;

bei Leuten, die auszer dieser Zeit eingestellt werden (wie z . B. Freiwillige), vom 1. des auf die Einstellung folgenden Monats ab ; bei Leuten aber, die sich zur Aushebung nicht rechtzeitig gestellt haben , von demjenigen 1. Mai oder 1. November ab, welcher der wirklichen Einstellung folgt. Mannschaften,

welche länger als 3 Jahre activ dienen ,

bleiben

so viel kürzere Zeit in der Reserve ; Freiwillige, die vor dem 21. Lebensjahre eintreten, scheiden so viel früher aus dem activen Dienst und dem Reserveverhältniss . Freiwilliger Eintritt ist vom vollendeten 17. und bis zum 30. , in Kriegszeiten bis zum 40. Lebensjahre gestattet.

Freiwillige,

die noch im dienstpflichtigen Alter eintreten, stehen nach ihren Verpflichtungen den Ausgehobenen gleich, gehörten sie schon der Reserve

Das neue Finnische Wehrgesetz.

331

oder der Reichswehr an , so wird die Dauer der Dienstverpflichtung die sie übernehmen, vertragsmäszig festgestellt. Die Bestimmungen über Vorbildung und Verpflichtungen derjenigen jungen Leute,

welche

als Einjährig - Freiwillige (Ab-

schnitt XIV.) eintreten , entsprechen den gleichartigen Bestimmungen für die Russische Armee . Sie müssen 1 Jahr dienen, treten dann , ob befördert oder nicht, auf 2 Jahre zur Reserve und demnächst zur Reichswehr über.

Der Eintritt kann das ganze Jahr hindurch statt-

finden , die Dienstzeit rechnet vom 1. des folgenden Monats ab ; nach 3 Monaten kann die Beförderung zum Unteroffizier, nach 6monatlicher Dienstzeit und Theilnahme an einer Lagerübung die Ernennung zum Offizier

erfolgen .

Die Einjährigen können auch bis zu 4 Mo-

naten beurlaubt werden, doch wird die Dienstzeit angerechnet .

der Urlaub

natürlich nicht auf

Die Einberufung der Reserven (§ 13) beim Uebergang auf Kriegsfusz erfolgt in der Art, dass zuerst der vierte Jahrgang einberufen wird, dann der fünfte , reichen beide nicht aus, so wird auf die nicht gedienten Leute zurückgegriffen ; dritte Jahrgang an die Reihe, und dieser überhaupt nur,

hier kommt zuerst der

dann der zweite,

zuletzt der jüngste

wenn die Leute desselben bereits eine

Uebung (vgl. oben) mitgemacht haben. Der letzte Theil der Streitkräfte, die Reichswehr (Abschn. IV. §. 19-21 ) wird nur bei Einbruch des Feindes in Finnland zur Vertheidigung des eigenen Gebietes aufgeboten und zwar durch Kaiserliches Manifest. Die Heranziehung zum Dienst erfolgt jahrgangsweise , die jüngsten zuerst. Verwendet wird die Reichswehr in besonderen Truppentheilen , für welche die Cadres (§ . 123 ) auch vom stehenden Heere und der Reserve gebildet werden . Truppentheile werden lassen oder früher, aufhört. Die

Die Reichswehr-

sofort nach dem Friedensschluss wieder entwenn

bürgerliche

das Bedürfniss nach ihrer Verwendung

Stellung

der Wehrpflichtigen

(Ab-

schnitt III . § . 15—18) aller Kategorien ist ähnlich wie in Deutschland geordnet. Sie stehen unter dem Militairgesetz und unter den Militairgerichten , so lange sie zum stehenden Heere gehören , bezw . als Reservisten oder „ Ratniki " der Reichswehr zum Dienst einberufen sind,

in letzteren

beiden Fällen

auch für Nichtbefolgung der Ein-

sind sie in ihrer Thätigkeit und auch in ihrer freien Bewegung im bürgerlichen Leben möglichst wenig berufungsordre ,

im Uebrigen

gebunden. Die Bestimmungen über Zurück stellungen oder Befreiun-

Das neue Finnische Wehrgesetz.

332

gen vom Dienst (Abschn. IV . § . 22-36) behandeln in einer, den Deutschen Vorschriften ziemlich ähnlichen Weise die körperliche Untauglichkeit , Englisch

das Mindermasz

1,55 m werden

nur

(Leute unter 5 Fusz 1 Zoll

der Reserve

überwiesen) ,

Fami-

lienverhältnisse (von 2 Brüdern , die gleichzeitig zur Aushebung kommen, tritt der ,

welcher die höchste Nummer zog, stets zur Re-

serve und bleibt im Kriegsfalle dienstfrei ,

mit ihren Loosnummern

können die Brüder tauschen) und die wirthschaftliche Lage (aus diesem Grunde ist nur Zurückstellung auf zwei Jahre zulässig) .

Die

wissenschaftliche Ausbildung begründet besondere Ansprüche. Wer aus diesem Grunde

eine Berücksichtigung erwartet, muss dies

bis zum 15. Januar des Aushebungsjahres anmelden und hat dann , je

nach dem Grade der

erlangten

Schulbildung Anspruch

auf Ab-

kürzung der activen Dienstzeit unter entsprechender Verlängerung der Reservezeit . So dienen Studenten und ihnen gleichstehende , wenn sie durch die Loosung zur Einstellung gelangen, nur 1 Jahr activ und 4 Jahre in der Reserve, und 7 classigen

Lyceen ,

Abiturienten von Normal-, Real-

Gymnasien ,

technischen

oder 4 classigen

Realschulen, Schullehrer- Seminarien, dem Commerz- Institute u. s . w. oder solche, die durch eine Prüfung die gleiche Bildung nachweisen , ferner, wer die Befähigung zum Schiffsführer und Steuermann erworben hat , Schüler,

1/2 Jahre activ und 31/2 Jahre

in der Reserve , endlich

die den Cursus in höheren Volksschulen, 2 classigen Real-

schulen, 4 classigen Lyceen, in Handels- oder Landwirthschaftsschulen durchgemacht haben , welche

Pharmaceuten ,

die entsprechende Bildung

Untersteuerleute

durch

und

solche,

eine Prüfung nachweisen,

2 Jahre activ und 3 Jahre in der Reserve.

Ferner begründet auch

der Beruf und die Art der Beschäftigung

Befreiungen

vom

Dienst oder Erleichterungen in Ableistung der Dienstpflicht. So sind ganz frei vom Dienst die Geistlichen aller christlichen Bekenntnisse und die

Psalmenleser der

Frieden dienstfrei

Griechisch -Russischen Kirche.

Im

und nur 5 Jahre reservepflichtig sind Aerzte im

Staats- und Gemeindedienst und die Verwalter von Apotheken, ferner mit einigen Beschränkungen die Leiter von öffentlichen Unterrichtsanstalten oder von solchen, die vom Staate unterstützt werden, bezw. deren Programm staatlich genehmigt ist.

Im Frieden dienst-

frei und auch von Reserveübungen frei, wenn sie bis zum 27. Jahre alljährlich die Beschäftigung in

ihrem Berufe nachweisen,

sind die

Capitaine, Führer oder Steuerleute von Handelsschiffen, Maschinisten auf Dampfschiffen, Lootsen und Lootsenlehrlinge, ja auch die Matrosen der Handelsflotte.

Das neue Finnische Wehrgesetz.

333

Von den im Abschnitt VI.-XI. enthaltenen Vorschriften für das Ersatzgeschäft ist

zunächst hervorzuheben die Abgrenzung

der Aushebungsbezirke auf nicht unter 15,000 50,000 Bewohner. Die

Ersatzbehörden bilden

2

Instanzen .

und

nicht über

Die

eigentliche

Ersatzcommission besteht aus einem vom Senat ernannten Vorsitzenden,

einem

Offizier

und einem

Civilbeamten

als ständigen

Mit-

gliedern und drei Gemeinde-Eingesessenen , die nur für ihre betreffende Gemeinde

eintreten ;

die Behörde

zweiter Instanz bildet der

Gouverneur mit einem Landessecretair und

einem Stabsoffizier

des

nächsten Finnischen Truppentheils als ständigen und 2 vom Gouverneur berufenen Gemeindevorständen als wechselnden Mitgliedern. Dieser Oberbehörde

liegt nur die Ueberwachung des

ganzen Ersatz-

geschäfts, die Vertheilung der Recruten auf die einzelnen Loosungsbezirke, die Prüfung und Entscheidung von Beschwerden und Reclamationen, die Prüfung der Berichte der einzelnen Commissionen und die Zusammenstellung eines Generalberichtes ob.

Das Aushebungs-

geschäft selbst liegt ganz in den Händen der erstgenannten Commission . Die Aushebung erfolgt in der Zeit und 24. Juni (§ . 60), gestellt ,

nachdem

auch Tag und Ort ,

zwei aufeinanderfolgenden

zwischen dem 15. April

vorher die Aushebungslisten fertig

wo die Commission zusammentritt, an

Sonntagen ,

2 Wochen vor

dem

Aushebungstage in den Kirchen bekannt gemacht worden sind .

zuletzt

Die

einzelnen Loosungsbezirke sollen nicht unter 2000 Einwohner haben und bestehen

danach aus je

einer oder aus

mehreren zu diesem

Zwecke zusammengelegten Gemeinden . Auf Grund der vorgelegten Listen und Berichte wird dann die Vertheilung der einzustellenden Recruten vom und dem Senate festgesetzt und bis bekannt gemacht . Die Leute werden,

General-Gouverneur

zum 15. September

öffentlich

ausgenommen die Recruten für das Garde-

Bataillon, stets in die Truppentheile eingestellt , die ihrem Wohnsitze zunächst in Garnison stehen . Schlieszlich haben auch die Vorschriften beim Eintritt der Dienstuntauglichkeit ,

über das Verfahren

über die

den Leuten nach

Ableistung der Dienstpflicht auszustellenden Bescheinigungen , über die Einreichung von Beschwerden in 1 Aushebungs-Angelegenheiten und über die Strafen für Zuwiderhandeln gegen die Aushebungsvorschriften in dem Gesetz eine Stelle gefunden , Bestreben zeigt ,

welches sichtlich das

den Anordnungen und dem freien Ermessen der

Verwaltungsbehörden möglichst wenig Spielraum zu lassen .

Das Märchen eines Angriffes Französischer Reiterei

334

XXVI .

Das Märchen eines Angriffes Französischer Reiterei

auf Niederländische Kriegsschiffe

im

Jahre 1795 , geschildert in dem Werke des Oberstlieutenant G. T. Denison, der Cavallerie u . s . w. “

Geschichte

Von

F. W. de Bas, Hauptmann im Generalstab der Königlichen Niederländischen Armee.

In der Niederländischen Zeitschrift : Serie IV. , Theil 4 lieferten sandte,

im Januar 1879

wir

eine im

zum Abdruck

„ De Militaire Spectator" September 1878

gelangte

einge-

Besprechung

von " Denison's Werk : A History of Cavalry from the earliest Times , with lessons for the future. " Mit groszer Spannung sahen wir der Deutschen Bearbeitung desselben Werkes , die damals schon im Werden, entgegen , und früher , als zu erwarten war , erschien diese Bearbeitung .

Sie übertraf unsere Erwartungen , denn sie lässt besonders vom didaktischen Gesichtspunkte aus , das Orginal weit hinter sich. Der Name des Oberstlieutenants Brix als Schriftsteller über Cavallerie-Angelegenheiten ist durch dieses Werk fest begründet. Ohne den Faden des Originalwerkes zu unterbrechen, hat der Uebersetzer durch eine reiche Menge von Bemerkungen und Zusätzen Denison's Werk verbessert oder ergänzt. Der Umfang dieser Anmerkungen und Ergänzungen ist wenigstens ebenso grosz , wie das Originalwerk. Die erste Abtheilung,

bei der Oberstlieutenant Brix

geschichte der Cavallerie

eine erhöhte

der Organisations-

Aufmerksamkeit zuwendet,

ist eine sehr nothwendige und vortreffliche Ergänzung des von Denison behandelten historischen Theiles. Mit dem höchsten Alterthum beginnt diese Ergänzung und schlieszt mit der Abhandlung über den Russisch-Türkischen Krieg von 1877/78 , also mit dem Vertrag von San Stefano .

335

auf Niederländische Kriegsschiffe im Jahre 1795.

Hoch zu rühmen ist besonders der didaktische Werth der zweiten Abtheilung „ Gedanken über die Organisation, Bewaffnung und Verwendung der Cavallerie bei der modernen Kriegführung. " setzers Hand analysirt dabei so nichts zu wünschen übrig bleibt. in Bezug auf die Punkte,

Des Ueber-

richtig und vollständig , dass fast In vielen Hinsichten hat er damit

welche die Ausrüstung,

die Uebung und

Abrichtung von Mann und Pferd, die Stärke und Zusammensetzung der kleineren und gröszeren taktischen Einheiten betreffen, ein Vade mecum geliefert, besonders belangreich und lehrreich für die Mächte, welche bei den letzten Kriegen Zuschauer blieben. Alle diejenigen, welche die Cavallerie als ihre Waffe lieben und nach deren Veredelung

streben,

sind Herrn Oberstlieutenant Brix

sehr zu Dank verpflichtet, Schreiber dieser

Zeilen,

als

wenigstens

dem Verfasser des

Hauptmann

ebenso

Originalwerkes .

im Generalstab,

vordem Ca-

vallerie-Offizier, glaubt im Namen aller seiner Cameraden zu handeln, wenn er Herrn Oberstlieutenant Brix für das Gebotene seinen wärmsten Dank ausspricht . Leider war die Freude

bei

dem

Durchlesen

Werkes aber doch keine ganz ungetrübte .

des Deutschen

In Denison's Werk näm-

lich hatte sich eine geschichtliche Unrichtigkeit eingeschlichen, für die Niederländische Marine kränkend und beleidigend war.

die

Wir hatten nicht versäumt, unter Angabe der Quellen und Beweisstücke in der Holländischen Zeitschrift auf diesen Irrthum mit Nachdruck hinzuweisen und beabsichtigten, dasselbe in einer Deutschen Zeitschrift zu thun. Ehe dies jedoch zur Ausführung gebracht war, erschien unerwartet schnell die Deutsche Bearbeitung des Werkes, die jenen Fehler gleichfalls enthält. Der Hauptzweck der folgenden Zeilen ist es , nunmehr auch der Deutschen Armee gegenüber den Sachverhalt in der fraglichen Angelegenheit klar zu legen. Sei es hierzu erlaubt, im Wesentlichen auf das zurückzugreifen, was unsererseits in der Eingangs dieser Zeilen erwähnten Niederländischen Zeitschrift über das Denison'sche Werk gesagt worden ist. Während

die Cavallerie bisher manchen heftigen Anfall von

Seiten derer auszuhalten hatte, welche ihren Nutzen lediglich aus finanziellen Gründen in Zweifel zogen, leiteten aus den anfangs unbedeutenden Leistungen der

Cavallerie

im Jahre

1866

auf dem

Kriegsschauplatz in Böhmen andere das Recht ab, ihre absprechende Kritik mit doppeltem Eifer gegen die Waffe selber zu wenden . Gleichwohl sprachen schon während dieses Krieges die Schlachtfelder von Custozza und Königgrätz, besonders die strategischen Ope-

336

Das Märchen eines Angriffes Französischer Reiterei

rationen der Cavallerie des Verfolgers nach letzterer Schlacht deutlich genug, um

den unparteiischen Zuschauer

darauf hinzuweisen,

dass die verhältnissmäszig geringen Erfolge der Cavallerie in Böhmen einer ungenügenden Verwendung dieser Waffe zugeschrieben werden mussten. Schwedens König, Karl XV. , die Generale Trochu und d'Azemar in Frankreich traten öffentlich einer Verminderung der Cavallerie in ihrem Vaterland

entgegen .

Boguslawski

dagegen blieb in

seiner

Entwickelung der Taktik " dabei, dass die Rolle der Cavallerie ausgespielt sei . Noch viele Jahre wurde der Kampf weitergeführt. In Oesterreich und Preuszen stritten aber v. Waldstätten, Rheinländer und v. Besser, hier zu Lande der zu früh verstorbene Major de Fremery, im ersten Gliede derjenigen, welche die Waffe kennen, lieben , besonders aber zu gebrauchen wissen. Die

Gefangennahme

Napoleons

III.

und

der

Untergang

des

zweiten Französischen Kaiserreichs , in vieler Hinsicht die Folge der ausgezeichneten Verwendung der Deutschen Cavallerie im Jahre 1870, lieferten schwer wiegende Gründe für eine unverminderte Beibehaltung der Cavallerie. Mit den strategischen Resultaten des Deutsch-Französischen Krieges und dem Erfolg auf taktischem Gebiet bei Mars -la-Tour erschien die Cavallerie in einem ganz neuen Licht. Seitdem

kann

leute weisen,

die Waffe die,

ragenden Schriften

auf eine lange Reihe

nachdem sie die

gelehrter Kriegs-

das Schwert abgelegt,

in hervor-

uralte Bedeutung der Cavallerie ,

besonders auszerhalb des Schlachtfeldes , dargethan haben . So in Belgien Formanoir und Fischer, in Russland Seddeler, in Oesterreich der bereits genannte v. Waldstätten und Walter, in Frankreich Bonie, in Deutschland u . A. von

Schmidt,

Kähler,

von

Colomb, sowie

auch

der

auf geistigem Gebiete unermüdlich thätige General v. Verdy. Die Anschauungen der Genannten, betreffend die Zusammenstellung der Cavalleriemassen , die Ausrüstung der Reiterei, die geringere oder gröszere Ausbreitung des Defensiv-Vermögens dieser Waffe , mögen zuweilen weit auseinander laufen ; dagegen stimmen sie vollkommen überein in den Fragen über den Werth der Cavallerie für jedes Heer und über die Rolle, welche ihr in zukünftigen Kriegen vorbehalten ist. Bei den groszen Militairmächten haben diese Anschauungen bereits ihren Ausdruck in neuen Dienstvorschriften gefunden . Unter diesen steht an erster Stelle das neue Preuszische Cavallerie-Reglement, durch welches sich ein deutlich zu erkennender Faden hindurchzieht.

Zugleich bildet dasselbe das schönste Denkmal für den

vor Kurzem

verstorbenen

General v. Schmidt ,

dem die

Deutsche

337

auf Niederländische Kriegsschiffe im Jahre 1795.

Cavallerie beseelt.

so

viel verdankt und dessen Geist das ganze Reglement

Wiewohl nun noch wichtige Fragen bezüglich dieser Waffe

ihrer Lösung harren ,

so kann die jüngste Cavallerie-Literatur doch auf eine Reihe didaktischer Werke hinweisen, in denen viel von dem, was früher gewünscht wurde , schon erfüllt ist. Doch blieb noch immer eine bedeutende Lücke bemerkbar : der

Mangel einer vollständigen Geschichte der Reiterwaffe von ihrem ersten Werden ab bis zu unserer Zeit. Auch diesem Bedürfniss ist jetzt durch Denison's Werk groszentheils abgeholfen . Ohne Zweifel hat der Russische Groszfürst

durch das Aus-

schreiben der Preisfrage sich um die militairwissenschaftliche Literatur im Allgemeinen und die Cavallerie-Literatur im Besonderen ein groszes Verdienst erworben, denn Denison's Werk verdankt dieser Preisfrage seine Entstehung.

Eine ähnliche Arbeit, aber in kleinerem

Umfang, unternahm 1853 mit Erfolg der bekannte Englische Capitain Nolan,

eine

Arbeit,

Sprachen übersetzt ist.

die

seitdem in die

meisten

modernen

Nolan's Werk scheint auch dem Comman-

danten der Leibwache des Gouverneurs von Canada schon lange vor dem

denkwürdigen Cavalleriejahr

Schrift " Modern Cavalry"

1870

gegeben

zu

die

Anregung

haben,

zu

seiner

in welcher er seine

Gedanken über die Bedürfnisse dieser Waffengattung in der Gegenwart dargelegt hat. Mehr noch als Denison's Original ist wohl Xylander's Deutsche Uebersetzung derselben bekannt ,

die im

Jahre

1870 unter dem

Titel : „ Die Cavallerie nach dem Geiste der jetzigen Kriegführung “ erschien. Alle diese Waffe berührenden Punkte sind damals von Denison ausführlich behandelt und Thatsachen näher erläutert.

durch zahlreiche geschichtliche

Der Autor stellt darin besonders einen Vergleich zwischen der Cavallerie der alten und der der neuen Welt an, welcher keineswegs zu Ungunsten der

westlichen Halbkugel ausfällt.

Sucht man nach

den Ursachen dieses Ergebnisses , so zeigt sich freilich bald , dass Denison mehr berittene Infanterie als Cavallerie im Auge gehabt zu haben scheint und

dass das,

was

er Cavallerie nennt,

eigentlich

Jäger zu Pferd genannt werden müsste . Das Urtheil über den Werth des jetzt vorliegenden Buches als Ganzes lautet unsererseits dahin, dass ihm eine erste Stelle unter Der erste, histoden militairwissenschaftlichen Schriften gebührt. rische Theil hat unseren fast ungetheilten Beifall . zweiten, den didaktischen ,

betrifft, welcher

Was aber den

die aus der Geschichte

gezogenen Lehren und Schlussfolgerungen enthält,

so

findet er bei

338

Das Märchen eines Angriffes Französischer Reiterei

aller Vortrefflichkeit

einzelner Gedanken doch als Ganzes nicht un-

seren unbedingten Beifall. Die Schlussfolgerungen für den zukünftigen Wirkungskreis der Cavallerie sind vielfach unvollständig, zuweilen nicht zutreffend und oft sogar dem Geiste der Waffe widersprechend .

Dass Denison mit

diesem zweiten Theil nicht eben glücklich gewesen ist, beruht nach unserer Ansicht auf zwei Ursachen. Zunächst hat ihm auch in diesem Buch und zwar in noch höherem Grade wie früher bei seinen Betrachtungen mehr die berittene Infanterie als die eigentliche Cavallerie vorgeschwebt . Die zweite Ursache liegt in dem zu einseitig nationalen Standpunkt des Verfassers.

Hier galt es, die Zukunft der Cavallerie mit

dem Lichte aufzuhellen, aller Völker bot.

welches

die Geschichte

aller Zeiten und

Denison betrachtet die Cavallerie aber allzusehr

vom Standpunkt der Amerikanischen Bürgerkriege und so mussten seine Schlussfolgerungen,

wie richtig sie auch für Amerika sein mögen,

bei den ganz anders gestalteten Verhältnissen Europas zum groszen Theil nothwendig am Ziele vorbeischieszen . Wenn ferner,

wie Oberstlieutenant Brix in der Vorrede seiner

Deutschen Bearbeitung sagt, Denison's Werk „ vorwiegend auf Quellen der Englischen und Französischen Literatur beruht, und er somit den reichen Schatz nutzen konnte ,

der so

anderen Sprachen nur mag

darin

eine

zum geringen Theil be-

dritte Quelle

seiner vielfach

irrigen Auffassungen gefunden werden . Gehen wir bei Betrachtung des ersten Theiles auf die einzelnen Theile näher ein, so lässt die Gleichmäszigkeit der Behandlung wohl Manches

zu wünschen übrig.

Der gewaltige Reichthum des Stoffes

gestattete keine unbedingte Vollständigkeit, Auswahl einen festen Gesichtspunkt.

verlangte aber für die

Es galt aus dem Ganzen das

hervorzuheben, was für die zu gewinnenden Lehren von allgemeinster Bedeutung war. Das Masz der Ausführlichkeit in der Behandlung jedes

einzelnen

Theiles

bestimmte

sich nach dem

Masze seiner

Fruchtbarkeit an neuen Lehren und Gesichtspunkten . Diesen allein richtigen Maszstab hat Denison nicht immer vor Augen gehabt. Am Auffallendsten zeigt sich das

um Anderes zu übergehen

bei der Berarbeitung der IV. und V. Periode . Im 28. Capitel sind dem Amerikanischen Secessionskriege fünfzig Seiten gewidmet, während die Thaten vierzig Seiten füllen.

der Cavallerie von Napoleon I. bis heute nur Die Darstellung der Feldzüge in der Krim,

Italien und Dänemark, wie auch die der Kriege von 1866 , 1870 und 71 ist durchaus

ungenügend .

Nirgends hat Denison

den Unterschied ,

auf Niederländische Kriegsschiffe im Jahre 1795. betreffend

die

Zusammenstellung und Verwendung der

339 Cavallerie

während dieser Kriege, scharf gezeichnet. Das monumentale Werk des Preuszischen Generalstabs über den Deutsch-Französischen Krieg ist von ihm gar nicht zu Rathe gezogen. Unsererseits wäre gewünscht worden , die Niederländische Kriegsgeschichte

etwas mehr berücksichtigt zu sehen. In den Noten zu einer, von dem Schreiber dieser Zeilen 1863 herausgegebenen Ueber-

setzung von Nolan's Werk : „ History and Tactics of Cavalry " stehen die Thaten vermeldet, deren sich auch die Niederländische Cavallerie auf dem von Denison und Brix behandelten internationalen Gebiete bescheiden rühmen darf. Die unverhältnissmäszig breite Behandlung der Amerikanischen Geschichte stört nicht allein die Symmetrie des Ganzen, sie hat ― wie wir schon vorhin bemerkten - die weit schlimmere Folge, dass auf der so gewonnenen Grundlage

ein Gebäude

von Folgerungen

aufgerichtet ist, wie es für unsere Europäischen Verhältnisse schlechterdings nicht passt.

Ueber den Grad von Glaubwürdigkeit, der dem Historiker Denison zuzuerkennen ist, wollen wir nicht entscheiden , um so weniger, als wir im Begriffe sind, zum Schluss den für uns Niederländer wichtigsten Punkt, nämlich die Berichtigung des bereits oben angedeuteten groben Irrthums , betreffend die Niederländische Geschichte, herbeizuführen . Unter diesen Verhältnissen könnten wir uns leicht zu einer ungerechten Beurtheilung des Historikers verleiten lassen. Treten wir nun dieser geschichtlichen Unrichtigkeit näher, heiszt

es in der Brix'schen Uebersetzung auf S. 319 :

so

„Einer der

auszerordentlichsten und merkwürdigsten Vorfälle in der Geschichte der Reiterei und ihres Dienstes ereignete sich während des Feldzuges in Holland im Monat Januar 1795. Die Wasserläufe und Canäle , welche dieses Land nach allen Richtungen durchschneiden , machen dasselbe im Sommer für cavalleristische Operationen beinahe unzugänglich ; in dem Winter des genannten Jahres hatte jedoch ein strenger anhaltender Frost alle Gräben und Wasserlinien mit Eis bedeckt und somit der Cavallerie und reitenden Artillerie eine ungehinderte Passage über dieselben gebahnt. Auf diese Weise war auch das Arsenal von Dortrecht genommen worden, indem die Truppen zum Zwecke des Angriffs See (?) passirt hatten. General in Erfahrung ,

auf dasselbe den gefrorenen Biesbosch-

Zu der gleichen Zeit brachte der Französische dass ein Theil der Holländischen Flotte in

der Nähe des Texels ( !!) im Eise festgefroren läge und schickte in der Besorgniss, dass sie sich flott machen und nach England ab23 Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXI,

340

Das Märchen eines Angriffes Französischer Reiterei

segeln möchte ,

sofort eine starke Abtheilung Cavallerie gegen sie

ab. Dieselbe passirte in Eilmärschen durch das nördliche Holland, überschritt die gefrorene Zuider Zee und bot der Welt das seltene Schauspiel dar von Reiterei und leichter Artillerie, schiffe einschlieszen und zur Uebergabe auffordern. der Vorstellung eines Angriffs auf die

sie

sich nie

durch Cavallerie,

welche KriegsUeberrascht von

eine Möglichkeit,

zuvor gefasst gemacht hatten,

willigten die

Commandeure dieser Schiffe ohne Widerstand ein, die Flaggen zu streichen und verschafften somit den Französischen Soldaten den Ruhm , die einzige Cavallerie zu sein , welche jemals eine Flotte von Kriegsschiffen in See eroberte. " *) Diese Angaben und Alisons .

stützen

sich auf die Autorität Rocquancourts

Es besteht keine Veranlassung, bei dem Amerikanischen

Autor den Karthagischen Geist der Abgunst und vorauszusetzen , verleitete,

der

Englische

des Volksneides

Schriftsteller und Redner zuweilen

die Ehre anderer Völker, ja selbst der Bundesgenossen,

aufzuopfern zur Vermehrung von Englands Ruhm. **)

Hier handelt es

sich wohl nur um eine ungeschickt zurechtgestutzte Darstellung unbedeutender Umstände ; eine Darstellung,

zurückzuführen auf Spott-

bilder, die mit Französischer Oberflächlichkeit früherer Zeit zu Kupferstichen und Gemälden umgeschaffen wurden und die nun im Schlosse von Versailles zur Schau gestellt sind, mit der Ueberschrift : Prise de la marine Hollandaise par la cavalerie Française sur mer le 13 Janvier 1795.

Das lächerliche Märchen hat Denison anderen, ja, was zu seiner Entschuldigung

dienen mag, berühmten Autoren nachgeschrieben . Zuerst ist es von dem berühmten Jomini aufgestellt und auf dessen Autorität hin von Thiers, Lacretelle , Ambert, Rocquancourt, Alison und Anderen wiederholt worden . Schon 16 Jahre vor dem Erscheinen von Denison's Werk hat aber Mr. J. C. de

Jonge in seinem

Buche :

„ Het Nederlandsche Zee-

wesen (Thl. V. S. 179-190) auf geographische Gründe hin und sich stützend auf damals noch lebende Zeugen , sowie auf ein gerade durch seine

inneren Widersprüche beweisendes Document, das Un-

haltbare jener Fabel in schlagender Weise nachgewiesen. De Jonge erzählt :

„ Am 22. oder 23. Januar 1795

begab sich

der vormalige Lieutenant zur See bei der Admiralität von Amster*) Auch in H. v. Treitschke's Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert hat dies „ Märchen" Aufnahme gefunden. Die Red. **) Wir verweisen in dieser Hinsicht auf das von Gen. Knoop beurtheilte und verurtheilte Werk Syborne's Geschichte des Jahres 1815 .

341

auf Niederländische Kriegsschiffe im Jahre 1795.

dam , de Winter, der 1787 nach Frankreich ausgewichen und daselbst zum Brigadegeneral befördert war, mit einem Regiment Französischer Husaren (meistens Bataver, alias Holländer, ohne ein Stück Artillerie) aus Haarlem nach dem Helder, um diesen wichtigen Punkt und damit auch die im Nieuwe Diep an der Nordspitze von Nordholland (nicht zu verwechseln mit der Insel Texel) vor Anker liegenden und festgefrorenen Niederländischen Kriegsschiffe in Besitz

zu nehmen.

De Winter kam in der Nacht des 23. auf dem gewöhnlichen Landwege dahin. Nieuwe fläche,

Am folgenden Tage ritten einzelne Husaren über das

Diep ,

eine höchstens

100 m mit

Eis bedeckte Wasser-

bis unter die Geschützpforten des Linienschiffes „ Admiraal

Piet Heyn ".

Auf höheren Befehl blieben die Geschützpforten ge-

schlossen und es erfolgte die Uebergabe ohne jeden Widerstand , sonst wäre es ein Leichtes gewesen , die kecken Husaren mit einem einzigen Schuss zum Abzug zu nöthigen. " Das sind also jene über unabsehbare Eisflächen dahinsausenden, flottenerobernden Schwadronen und Batterien, deren That durch Schriftsteller

von Bedeutung

hochgepriesen und jetzt

wieder von

Denison's Hand an dem Haupteingange der für die Reiterwaffe errichteten Ehrenpforte prangt.

Das

bei Joachim Ambert in seinen

sind jene Husaren ,

von denen

„ Esquisses historiques de l'armée

française " Bd. II . S. 92 gesagt wird : „ Dire les services de cette cavalerie légère (houzards français) , serait chose impossible.

Depuis Louis XIV jusqu'à nos jours , bataille .

on

Sous la République ,

les vit toujours sur nos champs de qui guerroyait houzardement, ils chargèrent des vaisseaux emprisonnés par la glace ; plus tard volant sur les pas des Lasalle ils balayèrent devant eux les régiments ennemis, ils s'emparèrent au galop des places fortes , ils chargèrent à fond et des Murat,

des cuirassiers ; enfin ils francisèrent leur nom, et laissèrent loin derrière eux les terribles houzards de Frédéric . “ Diese Angelegenheit ruft übrigens die Erinnerung an zwei Thatsachen wach, wo allerdings Fahrzeuge durch Cavallerie genommen wurden. In dem einen Falle handelt es sich um das Erobern eines bewaffneten Torfschiffes woraus

im in

Jahre 1672 der

(s. Sypenstein

Bordes II.

S. 153) ,

allerdings

la prise d'une frégatte " gemacht wird.

und de

„ Campagne de la Hollande " Eine

andere ,

ähnliche Fregatte lag am 16. September 1787 zwischen Vreeswyk und Vianen auf dem Leck am Grunde . Das Schiff wurde nach einem

Gefecht mit der Preuszischen Infanterie

von General v. Eben mit einigen Offizieren

am

17. September

durch eine Reitertruppe 23 *

342

Armstrong und Krupp.

zur Uebergabe aufgefordert , die dann auch erfolgte . (S. v. Pfau 1787 und v. Troschke S. 50-57 .) In beiden Fällen fand wenigstens eine Vertheidigung statt ; daDer Prinz gegen konnte 1795 im Helder hiervon keine Rede sein. war am 19. Januar nach England abgereist und damit die UmDie Flotte erhielt daher den Befehl,

wälzung Thatsache geworden . keinen Widerstand zu leisten .

Es ist in der That zu bedauern, dass der gelehrte Herr de Jonge seine erschöpfenden Beweise nicht direct und in ihrem Wortlaute Jomini , Thiers und den Englischen Schriftstellern unter die Augen gebracht hat, da diese gewiss keinen Anstand genommen haben würden, solche lächerlichen Unrichtigkeiten in einer folgenden Auflage ihrer Werke zu beseitigen. Dass Herr Oberstlieutenant Brix dies in einer hoffentlich bald folgenden zweiten Auflage seines Buches thun wird, unterliegt für uns gleichfalls nicht dem geringsten Zweifel . Haag, den 1. April 1879 .

XXVII .

Armstrong und Krupp.

Unter Zugrundelegung der Broschüre : „ Artilleria Armstrong y Krupp Estudio comparativo de los dos sistemas al alcance de todos, par Don L. A. Madrid 1878.“

II. Wir kommen zum dritten Vergleichspunkte zwischen den Armstrong'schen Laffeten.

und

Krupp'schen

Geschützen ,

dem

Gewicht

der

„Das Gewicht der Laffeten, " sagt die Spanische Broschüre, ,,habe Bedeutung für die Feld- Artillerie, reitende Artillerie, auch für die

Gebirgs-Artillerie und in geringerem Masze

Belagerungs-Artillerie ; denn da die Belagerungs-Trains durch Zugthiere fortbewegt werden müssen , sei es um so besser, wenn sie möglichst leicht sind. Die Laffette des 15 cm-Armstrong sei leichter als die Laf-

343

Armstrong und Krupp .

feten der beiden Geschütze von Krupp desselben Calibers. Die Laffete des 7,5 cm-Armstrong sei weniger schwerwiegend als diejenige des Krupp'schen 8,7 cm ,

und die Laffete des

7 cm-Armstrong sei nur um 8 kg schwerer als diejenige des 7,5 cm -Krupp ,

was

im Hinblick auf die gröszere Wirkung

jenes Geschützes sehr gering sei. " Nach unserem Dafürhalten

kann ein Vergleich des Gewichtes

der Laffeten nur dann aufgestellt werden , wenn die zu vergleichenden Geschütze in System und Construction vollständig gleich sind ; liegt es doch klar auf der Hand, dass die Laffete für dasselbe Rohr sehr verschieden sein kann, je nach der Bestimmung des Geschützes für die Feld-, Belagerungs-, Festungs-, Schiffs- oder Küsten -Artillerie. Auszerdem können bei jeder dieser Geschützarten besondere Verhältnisse das Gewicht der Laffeten beeinflussen. So ist z. B. die Höhenlage der Seelenachse bei

ein und

derselben Geschütz -Construction

in den verschiedenen Artillerien verschieden, ebenso wie bei den verschiedenen Schiffsarten. Daher

scheint uns

ein Vergleich des Gewichtes

der Laffeten

ohne Angabe der Laffetenart, wie ihn der Verfasser der Spanischen Broschüre aufgestellt hat, ohne jeden reellen Werth zu sein. Da die Art der Laffete des Armstrong'schen 15 cm-Geschützes nicht angegeben ist, so ist ein Vergleich mit den Krupp'schen Laffeten nicht durchführbar. Folgen wir indessen dem Vergleiche in Betreff der Feldgeschütze . Verfasser scheint seine Broschüre doch nur für Laienkreise bestimmt zu haben.

Kein Artillerist wird Vergleichszahlen verschiedener Ge-

schütze nebeneinander stellen ,

ohne immer wieder ihre Wirkung in

Betracht zu ziehen, also die Anfangsgeschwindigkeit. Dies unterlässt jedoch der Verfasser ohne weitere Begründung seines Verfahrens . Das Gewicht der Laffete des 7,6 cm-Armstrong ist 465 kg, das des 8,7 cm-Krupp wiegt 495 kg ; die lebendige Kraft des ersteren beträgt 69,6 m, die des letzteren 75 m, so dass auf ein kg Laffetengewicht 149,5 kg-m bei Armstrong und 151,5 kg-m bei Krupp kommen. Die Laffete des Krupp'schen 7,5 cm-Feldgeschützes ist im Verhältniss zu derjenigen

des 8,7 cm ein wenig schwerer, da man der

7,5 cm-Laffete die Räder der 8,7 cm-Laffete gegeben hat. hiermit dem in

fast

Man trug

allen Armeen befolgten Grundsatze Rechnung

für die gesammte Feldartillerie ein und dasselbe Rad zu haben . Ein wesentlicher Unterschied zwischen den Laffeten Armstrong und Krupp besteht auch in dem System der Bremsvorrichtung. Während die

erstere nur

einen primitiven Hemmschuh besitzt,

welcher

Armstrong und Krupp.

344

in gebirgigem Terrain sehr

schwierig

zu handhaben

ist ,

hat die

Krupp'sche Laffete eine Frictionsbremse von sehr bequemer Handhabung.

Diese

Bremse ist 25 kg

Hemmschuh mit Kette .

schwerer als der gewöhnliche

Dieser Unterschied hätte bei einem Vergleich

der Laffeten doch wohl berücksichtigt werden müssen. Auch der verschiedenen Höhenlage Laffeten

ist keinerlei

8,7 cm-Feldgeschütz

Rechnung

der Seelenachse bei beiden getragen. Bei . dem Krupp'schen

beträgt dieselbe

1110 mm ,

bei

dem

7,5 cm

1092 mm , während dieses Masz bei dem 7,6 cm von Armstrong nur 1050 mm ist.

Jede Verminderung

der Höhenlage

der Seelenachse

ermäszigt aber die Anstrengung der Laffete und gestattet deshalb, die Laffete leichter zu machen. Andererseits ist indessen die Verminderung der Höhenlage der Seelenachse nicht vortheilhaft für die Fahrbarkeit des Geschützes

in durchschnittenem

Terrain .

Es ist

dieser Gesichtspunkt für das Armstrong'sche Geschütz um so schwerwiegender ,

als das Rohr weiter über die Räder hinausragt, als die

Krupp'schen 590 mm.

Kanonen ,

nämlich

760 mm ,

gegenüber

620

bezw.

Diese Ausführungen dürften hinreichend beweisen, dass die Behauptungen des Spanischen Verfassers keineswegs begründet sind. Wichtiger aber als der Vergleich des Gewichtes der Laffeten dürfte aber der über die Pulverladung sein . Mit Bezug hierauf heisst es in jener Broschüre : „ Die Frage des Pulvers sei zweifellos die wichtigste , da von der Wahl desselben sehr wesentliche Entscheidungen abhängen. Das Pulver sei der Hauptfactor der Kraft des Geschosses , gleichzeitig aber übe es auch die stärkste zerstörende Kraft dem Geschütze gegenüber aus. Daher werde dasjenige Pulver welches

stets das beste sein, dem

Geschoss

die

gröszte

unter denselben Bedingungen Anfangsgeschwindigkeit gebe,

bei geringster Spannung der Gase innerhalb der Seele des Rohres.

Die Menge

chung des Betracht.

gleichen

des erforderlichen Pulvers Resultates

Bei den ersten Versuchen, Geschütz (Armstrong )

zu

komme

dabei

zur Erreiwenig in

welche mit dem 100 Tonnen-

Spezzia gemacht wurden ,

habe

man

folgendes Resultat erhalten : Geschossgewicht 906 kg, Pulverladung 169,875 kg , Anfangsgeschwindigkeit 470 m, Durchschlagskraft 10,219 m-Tonnen, höchste Gasspannung im Rohr 3,360 kg auf den Quadrat-Centimeter. Hierauf sei der innere Durchmesser des Ladungsraumes vergröszert worden,

Armstrong und Krupp.

345

wodurch man folgendes Resultat erreicht habe :

Geschoss-

gewicht 906 kg, Pulverladung 209,739 kg, Anfangsgeschwindigkeit

495,74 kg ,

Durchschlagskraft

höchste Gasspannung

im Rohr 3,197 kg

Centimeter ; demnach

habe

die

11,368 m -Tonnen, auf den Quadrat-

gröszere Pulverladung eine

gröszere Anfangsgeschwindigkeit und Durchschlagskraft, aber eine verminderte höchste Gasspannung ergeben . Bei dem hierauf angestellten Versuche mit dem Italieninischen Pulver von Fosano habe das Geschoss (906 kg) bei einer Pulverladung von 223 kg eine Anfangsgeschwindigkeit von 506 m und eine Durchschlagskraft von 11,864 m-Tonnen erhalten ;

Gasspannung

2,740 kg .

Dies beweise von

neuem das gesuchte Resultat : Je gröszer die Pulverladung, desto gröszer die Anfangsgeschwindigkeit und Durchschlagskraft, um so geringer aber die Gasspannung. Die

Frage der Pulverladung bestehe

Ladungsraum

im Stande

sich aufzunehmen ,

sei ,

darin ,

dass

der

das nothwendige Pulver in

und dass dasselbe

dort unter günstigen

Bedingungen verbrenne, was von seiner Beschaffenheit (gute Fabrication, Dichtigkeit, Form und Grösze der Pulverkörner) abhänge. Krupp rechne es sich augenblicklich als Verdienst an, die Pulverladungen bei seinen Geschützen zu vermindern . Dieselben seien allerdings im Vergleich Armstrong'schen Geschütze man bei näherer Prüfung

zu den Ladungen der

sehr gering . dieser Frage ,

Indessen erkenne dass

die Vermin-

derung der Pulverladung ebenso wohl ihren Grund habe

in

der fehlerhaften Geschütz- Construction , als auch in der Beschaffenheit des von ihm angewendeten Pulvers . Zunächst sei es zweifelhaft , ob Krupp im Stande sein werde , wie er es in seinen Veröffentlichungen in Aussicht stelle, - eine gröszere Pulverladung in den Ladungsraum einzubringen und dort zu verbrennen , um mit seinen Geschützen die erstrebte Anfangsgeschwindigkeit von 600 m und mehr zu erlangen ; es handele sich hierbei nicht um das Pulver , welches

Krupp augenblicklich anwende und ebenso

dem Englischen Pulver unterlegen sei , wie dieses dem Itasondern es sei die Rede von demjenigen Pulver, lienischen, welches

Krupp

unter

Verwerthung

der

Fortschritte

der

Pulverfabrication für das oben erwähnte von ihm erstrebte Ziel in Aussicht nehme.

Die Form des Ladungsraumes der

346

Armstrong und Krupp. Krupp'schen Geschütze, welche nicht im Einklang stehe mit den neuen Ansichten der Wissenschaft ,

müsse gleichfalls

eine Vermehrung der Pulverladung unmöglich machen. Allein, selbst wenn er versuchen würde ,

eine

solche Reform vor-

zunehmen, so könne er dies nur ausführen bei gleichzeitiger Erhöhung des Rohrgewichtes . Ferner aber würden ihm wegen der hohen Gasspannung bei seinen Geschützen die gröszten Schwierigkeiten in Betreff eines sicheren Verschlusses entstehen. Denn bei seinen augenblicklich so verminderten Pulverladungen betrage die höchste Gasspannung im 28 cm-Rohr 3,011 kg, im 15 cm-Rohr 2,390 kg, während das Armstrong'sche 100 Tonnengeschütz, welches bedeutend wirksamer und widerstandsfähiger ist, mit Englischem Pulver 3,197 kg, mit Italienischem nur 2,740 kg Gasspannung auf den Quadrat-Centimeter auszuhalten habe ; beim Armstrong'schen 20 cm betrage die Gasspannung aber nur 2,425 kg und beim 15 cm nur 2,204 kg mit weit gröszeren Pulverladungen. Endlich seien die von Krupp zum Theil durch Reduction der Pulverladung verminderten Anfangsdurchweg geringer als diejenigen von Armstrong und dadurch auch die lebendige Kraft der Geschosse. In seinen Veröffentlichungen tröste sich Krupp

geschwindigkeiten

damit, dass es keinen groszen Vortheil biete , die Anfangsgeschwindigkeit über 500 m zu erheben ; im Gegensatz hierzu gäben indessen alle Männer, welche jemals die Fortschritte der Artillerie studirten, ihm hierin Unrecht. Denn alle Anstrengungen wären stets darauf gerichtet gewesen, mit gröszerer Entschiedenheit als jemals, die Anfangsgeschwindigkeit bis auf's Höchste zu steigern, um mehr lebendige Kraft mit möglichst geringer Gasspan-

und neuerdings

nung

zu erzielen.

Indessen erstrebe Krupp eine Anfangs-

geschwindigkeit von 600 m und mehr, wiewohl er behaupte, Armstrong erreiche jene mit 500 m zufrieden zu sein . gröszere Anfangsgeschwindigkeit mit gröszeren Pulverladungen , aber mit geringerer Gasspannung bei den schweren Calibern. Dasselbe Resultat bestehe bei den leichten Calibern, ohne dass ein genauer Vergleich in Betreff der Gasspannung gegeben würde ." Zur Klarstellung des wahren Sachverhaltes sei zunächst bemerkt, dass Don L. A. den seit Jahren angefertigten Krupp'schen Geschützen Armstrong'sche Probekanonen gegenüberstellt. Ferner

347

Armstrong und Krupp.

übersieht er, dass die letzteren der Hauptsache nach aus Schmiedeeisen gefertigt sind, während die ersteren aus Gussstahl bestehen , welcher widerstandsfähiger ist, aushalten kann .

also auch eine höhere Gasspannung

Auch den Resultaten, welche aus den Versuchen hergeleitet sind, trägt Verfasser keinerlei Rechnung. Dieser Irrthum wird um so klarer hervortreten, wenn man die Entwickelung der Kanonen-Construction in der fraglichen Richtung verfolgt. Bei den Englischen Vorderladern hat man überhaupt erst in den letzten Jahren der Grösze des Verbrennungsraumes Beachtung zugewendet,

während bei der Construction von Hinterladern man

sich über diese Grösze von vornherein Rechenschaft ablegen musste . Bei letzteren ist der Verbrennungsraum von der Ladung unabhängig, stets ein und derselbe, so lange das Geschoss unverändert bleibt. Die ersten gezogenen Hinterladungskanonen

hatten sehr grosze

relative Verbrennungsräume, hauptsächlich deshalb, um den Gasdruck bei Anwendung der damaligen schnell verbrennenden Pulversorten zu ermäszigen. es möglich,

Mit der Anwendung des prismatischen Pulvers wurde

ohne Vergröszerung des Verbrennungsraumes und ohne

Erhöhung des Gasdruckes stärkere Ladungen anzuwenden . Die ferneren Fortschritte in der Pulverfabrication lieszen es vortheilhaft erscheinen,

auf diesem Wege weiter zu gehen und die Ladungen

der Krupp'schen Kanonen auf ihre jetzige Grösze zu bringen , ohne dass der Gasdruck die zulässige Grenze überschritt. Man ging dabei von folgender Erwägung aus. Angenommen, man habe mit schnell verbrennendem Pulver bei groszem Verbrennungsraum für ein gegebenes Geschoss

eine gewisse Geschwindigkeit erreicht,

man letztere erhöhen ,

so

kann

wenn man in einem kleineren Verbrennungs-

raum die gleiche Menge

eines langsam verbrennenden Pulvers mit

folgenden Eigenschaften verwendet : Der Maximaldruck, den dasselbe erzeugt, darf nicht höher sein, als im ersten Fall ; die Verbrennung soll beendet sein, wenn der Raum hinter dem Geschoss so grosz ist, wie im anderen Fall. Dass dies möglich ist, können.

wird nicht in Abrede gestellt werden

Es ist diese Möglichkeit aber auch bereits durch die Ver-

suche der Krupp'schen Fabrik bewiesen worden . Die letztere hat z. B. bei einer 30,5 cm-Kanone 500 m Anfangsgeschwindigkeit für ein

333 kg

schweres Geschoss bei nur 2750 Atmosphären Druck

trotz kleinen Verbrennungsraums erhalten. haben 78 kg Ladung

einem Geschoss von

Bei einer 24 cm -Kanone 160,5 kg Gewicht eine

Verzeichniss der bedeutenderen Aufsätze

348

Anfangsgeschwindigkeit von 583 m ertheilt, ohne dass der Gasdruck

1 2800 Atmosphären überstieg . Im Allgemeinen darf man nicht sagen,

es sei der kleine oder

grosze Verbrennungsraum besser ; sondern man muss in jedem einzelnen Fall entscheiden, was zur Erreichung einer bestimmten Wirkung vortheilhafter ist, ein langsam verbrennendes Pulver und kleiner Verbrennungsraum oder ein schneller verbrennendes Pulver und groszer Verbrennungsraum . Auszerdem nöthigen Rücksichten auf die Einfachheit des Materials , für verschiedene Kaliber eine und dieselbe Pulversorte zu benutzen . Da nun aber dieselbe Pulversorte in verschiedenen Kalibern nicht gleich verbrennt, so folgt schon hieraus als nothwendig oder zweckmäszig, durch entsprechende Anordnung der Grösze des Verbrennungsraums die Verbrennung zu regeln .

XXVIII .

Verzeichniss

der

bedeutenderen

Aufsätze

aus

anderen militairischen Zeitschriften. (15. April bis 15. Mai.)

Militair - Wochenblatt (Nr. 31-40 ) : Die Bayerischen Jägerbataillone. Ueber die Entwickelung der Russischen Streitkräfte während des letzten Russisch-Türkischen Krieges 1876-1878.Die Ergebnisse des Processes Suleiman Pascha. - Eine neue Französische Kritik des Deutschen Generalstabswerks über den Krieg 1870/71 . Ueber Militair-Badeanstalten . Cavallerie im Felddienst.

Ueber Ausbildung der

Neue Militairische Blätter (5. Heft) : Die Cavallerie-Patrouille .

-

Ueber häufiger vorkommende Simulationen beim Militair. - Die

Occupation von Bosnien und der Herzegowina durch OesterreichUngarn. - Metz-Plewna . Die Soldaten von Szegedin. Allgemeine Militair-Zeitung ( Nr. 15—18) : Das Kriegsgericht über Suleiman Pascha. - Ueber die Fortschritte im Bewaffnungswesen in der Schweiz.

Ein Streifzug in die alte Kriegsgeschichte Irlands.

Der Abrüstungsantrag

des

Reichstags -Abgeordneten von Bühler.

Aphorismen über die Offensive der Infanterie. - Rückblicke auf

aus anderen militairischen Zeitschriften.

den Loirefeldzug . -

349

Ueber die Vermehrung der Feldartillerie.

Das Prytaneum zu La Flèche .

Deutsche Heeres-Zeitung (Nr. 30-39) : Die Wehrkräfte Frankreichs im Jahre 1885. ―― Ein Besuch in der Kaserne der Grenadiere und Jäger im Haag. Das Eissprengen durch Militair- Commandos . - Die Streitmittel von Chile, Bolivia und Peru. - Der Schutz vor Revolver Torpedo-Angriffen . Die Lage Englands in Südafrika. Zur Beurtheilung des Deutschen und Englischen ,,Warnant". Geschützsystems. Ueber die Heranbildung der Einjährig -Freiwilligen zu Reserve-Offizieren . Die erste Russische CavallerieDivision im Januar und Februar 1878. -

Die Ausbildung der Feld-

artillerie im Schieszen und die Berliner Schieszschule . Militair-Zeitung für die Reserve- und Landwehr-Offiziere des Deutschen Heeres ( Nr. 16-19) : Die Kriegsmacht des Deutschen Erinnerungsblätter aus Reiches . Die Zäumung des Pferdes . dem Amerikanischen Secessionskriege . Geist und Ausbildung im Französischen Heere . -

Ein Kasak über die Kasaken. -

Seeminen

und Torpedos .

Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie ( Heft IV.) : Zur Theorie der Meeresströmungen . Aus den Reiseberichten S. M. S . ,,Prinz Adalbert". Aus den Reiseberichten S. M. S. „ Hansa “ . Beiträge zur Kenntniss der Witterungsbeschaffenheit an den Küsten von Acheen. Streffleur's Oesterreichische militairische Zeitschrift (Mai-Heft) : Begründung der bestehenden wichtigeren Heereseinrichtungen und über die anzustrebenden nächsten Ziele. - Drei Tage Aufklärungsdienst, durchgeführt von einer auf der Operationslinie Chalons-Metz Das GeCavallerie-Attaken . vorrückenden Cavallerie-Division. fecht der Russischen Infanterie im Feldzuge 1877/78 im Vergleiche Die Kämpfe um Plewna. mit unseren taktischen Vorschriften. Separat - Beilage : Die Occupation Bosniens und der Herzegowina durch K. K. Truppen im Jahre 1878 . Organ der Militair-wissenschaftlichen Vereine (XVIII . Bd . 3. Heft) : Zur Beleuchtung der Beitrag zur Verwendung der Streitkräfte . Occupation Bosniens und der Herzegowina . - Ueber Desinfectionsmittel. ― Die Rivalität Englands und Russlands in Central- Asien . Zum Ueberfall bei Ravnice und Zeguli-Karaula . - Die Landmacht Russlands . -

Rückblick auf die Operationen

Bosniens und der Herzegowina im Jahre 1878. -

zur Besetzung Englands Krieg

gegen die Zulukaffern . - Ueber Whitehead-Torpedo und die gebräuchlichen Torpedo-Lancir- Apparate .

Verzeichniss der bedeutenderen Aufsätze

350

Oesterreichisch

Ungarische

(Nr. 31-37) : Militairtaxe.

Wehr - Zeitung

- Die Occupation

,, Der

Kamerad "

Bosniens und der

Herzegowina. Oesterreichische Militair-Zeitung ( Nr. 29-33) : Zur Reform unserer Cavallerie . - Bosnische Bahnen. - Die Occupation Bosniens und der Herzegowina . -- Zur Revision des Wehrgesetzes . Oesterreichisch- Ungarische Militair-Zeitung ,,Vedette" (Nr.31—39) : Reorganisation des Französischen Generalstabes. - Dienst-Reglement und der Geist in der Armee. - Der Process Suleiman Paschas . Der Verfall Englands und das Wachsthum Russlands. - Ueber die Schlacht bei Preuszisch-Eylau am 8. Februar 1807. - Die militairische Lage in Macedonien und der Werth der Linien SalonichiMitrowitza. Der Veteran (Nr. 17-20) : Der Landsturm. Ueber Backöfen für Armeezwecke. Ansichten über die Bildung des Landsturms. Die Agitation gegen das Wehrgesetz . Mittheilungen aus dem Gebiete des Seewesens ( Nr. III) :

Phy-

sikalische Untersuchungen in der Adria, dargestellt in vier Berichten Ueber das an die Königliche Ungarische Seebehörde zu Fiume. unterseische Fahrzeug Ivan Alexandrowsky's und über die nothwendigen Eigenschaften unterseeischer Fahrzeuge überhaupt. - Ueber die gegenwärtige Organisation und Verwaltung der Französischen Marine. - Beschieszbarkeit hoch gelegener Küstenpunkte durch Schiffsgeschütze . Le Spectateur militaire (April- Heft) : Die Königliche Armee im Jahre 1789. Geschichte des Orientkrieges . Studie über die -Abbildungen Telemeter Die Operationen der Ostarmee. (mit ).

Journal des Sciences militaires (April- Heft) : StationnementsTaktik. - Der Krieg. - Ueber den indirecten Schuss . ―― Militairische, geographische, historische und politische Studie über Afghanistan. Die Armee in Frankreich seit Carl VII. bis zur Revolution ( 1439-1789 ) . L'avenir militaire (Nr. 564-569) : Noch einmal die Ernährung des Soldaten. - Betrachtungen über die Manöver der reitenden Artillerie.

Die Bewaffnung der Ambulancen. Die Ernährung im Felde. Das Bettzeug des Soldaten . - Die vierte Armee. Unser Feldmaterial. Der Anzug im Felde . — Ein neuer Gesetzesvorschlag über den Generalstabsdienst. Ueber Schieszprämien. Die Marine-Artillerie. - Die Depots Die Verluste des Krieges . der Infanterie - Regimenter. Die Capitains und das Batterie-Commando.

aus anderen militairischen Zeitschriften.

351

L'armée française ( Nr. 189–202 ) : Die Recrutirung der Armee während des Jahres 1878. ― Das neue Reglement für den Felddienst. -- Die detachirten Bataillone. Die Loosziehung . Das Avancement der Unteroffiziere. - Gesetzesvorschlag des Kriegsministers über das Avancement in der Armee. Bulletin de la Reunion des officiers (Nr. 16-18) : Afghanistan. -Die Geschichte der Gensdarmerie . - Die Befestigungen von Deligrad und die Rolle , welche sie während des Serbisch-Türkischen Krieges von 1876 gespielt haben. - Betrachtungen über den dreiDas topographische Bureau in Preuszen . jährigen Dienst . — Durchstich des Isthmus von Amerika. - Die Dänische Flotte. — Die Torpedos im Russisch-Türkischen Kriege. Revue militaire de l'étranger ( Nr. 451–454) : Die MilitairReorganisation in Spanien. Die Russische Armee im Felde. Die Organisation der Territorialmacht und die Vermehrung der mobilen Reserve in Russland . Die Rolle der Festungen , nach einer Studie zweier Preuszischer Generalstabs-Offiziere. -- Der Subsistenzdienst in der Oesterreichisch-Ungarischen Armee. - Das Griechische Gesetz vom 27. November 1878 über die Recrutirung . - Der KapDie Exkrieg. - Die neue Organisation der Alpen-Compagnien. pedition von Sofia im groszen Russischen Hauptquartier.

Die Ru-

mänische Armee seit 1876. Die taktischen Vorgänge beim Orientkriege. - Die militairische Organisation des Groszherzogthums Finnland. Revue d'Artillerie (April - Heft) : Geschichtliches über Calais mit gezogenen Feldgeschützen gemachten Versuche .

die in Ein-

wirkung des Rostes auf den Mechanismus des Gewehres Modell 1874. Luftwiderstand. - Ueber eine neue Explosions-Substanz im Kriege.

Revue maritime et coloniale (April- Heft) : Die Torpedos bei den Vereinigten Staaten. --- Historische Skizze über die Strategie und die Taktik der modernen Flotten. w Versuche mit dem Revolvergeschütz Hotchkiss in Holland. - Das sechszöllige ArmstrongGeschütz und die Stahl- sowie Hartguss-Geschosse . Wajenny Sbornik ( Mai -Heft) : Marquis Paulucci in Transkaukasien. Einige Worte über den Einfluss des Schieszens auf die Form der Kampfordnung .

Die Pferdeausrüstung unserer Cavallerie

und der Transport der Offiziersbagage . Krieges .)

Theorie und Praxis .

wesens . )

Bemerkungen

eines

(Aus den Erfahrungen des

(Auf Veranlassung des SappeurMilitair-Arztes .

(Aus den Erfah-

Verzeichniss der bedeutenderen Aufsätze

352

rungen des Krieges . )

-

Erinnerungen eines Generalstabs-Offiziers

aus dem Kriege von 1877-78. Russischer Invalide ( Nr. 63-87) : Ueber den Krieg in AfghaUeber die neuen Schiesznistan. Das Gebiet von Kaldscha. übungen der Russischen Armee. Russ. Artilleriejournal (April-Heft) : Erinnerungen an die Vertheidigung des Schipkapasses . Ueber das Prämienschieszen der Feld-Artillerie.

Die Organisation und Oekonomie der Artillerie-

Truppentheile . Russ. Ingenieur-Journal ( März- Heft) : Ueber die Baracken des Fürsten Barjatinski in Kotroscheni bei Bukarest. - Die Thätigkeit -des 3. Telegraphenparks im Kriege 1877-78 . Die projectirte Veränderung bei unseren Pontonparks. Morskoi Sbornik (April- Heft) : Ueber das Project, den Dampf in den Schiffsmaschinen durch kohlensaures Gas zu ersetzen . Ueber den kalten Strom in der Strasze von Laperouse. L'Esercito (Nr. 46-58) : Einige Bemerkungen über die Reglements der auswärtigen Armeen. - Betrachtungen über die Anwendung der Strafen . - Die organischen Grundpfeiler unseres Heeres . Die neue Artillerie -Organisation . - Unser Infanterie-Schieszunterricht. Die Unterbringung der Truppen. Rivista militare italiana (April-Heft) : Zwei Studien über das Die Trainiren der Pferde . - Das Gefecht der Cavallerie zu Fusz . alpinen Truppen bei der Landesvertheidigung Italiens . Die Lateinische Armada in den Punischen Kriegen . Giornale di Artiglieria e genio (April - Heft) : Versuche mit Stahl für Geschütze . Ueber die Berechnung der Schusstafeln . Ueber die Theorie des Widerstandes der Metalltuben .

--Rivista marittima ( Mai - Heft) : Die Küstenvertheidigung. Ein Urtheil über unsere Linienschiffe . Zeittafeln und Sturmwarner. Army and Navy Gazette (Nr. 1004-1007) : Das Massacre in Chayenne . Der Zulukrieg. Der Krieg in Afghanistan . Operationen am Cap. - Zwieback als Pferdefutter. -- Das ArmeeDisciplin-Gesetz. Militairische Reform in Frankreich. - Die Armee

des Balkan. -

Die Marine im Zulukriege.

Naval and Military Gazette ( Nr. 2417-2420) : Marinegeschütze. Die Russische Der Zulukrieg. Der Krieg in Afghanistan. Ein Marine-Kriegsspiel . Armee. Army and

Navy Journal

(Nr.

815-817) :

Die

Bewaffnung

aus anderen militairischen Zeitschriften.

unserer Küstenforts .

-

Die Englische Armee.

353 Der Angriff der

Indianer. La Belgique militaire ( Nr. 429-432) : Die improvisirte Miliz und die irregulären Truppen. Die Französische Armee im Jahre 1879.

Dringende Nothwendigkeit der Armee-Organisation. - Die

militairische Erziehung , betrachtet vom Gesichtspunkte richts der Geschichte und der Mathematik.

des Unter-

Allgemeine Schweizerische Militair-Zeitung ( Nr. 16—19 ) : Militairischer Bericht über die fortschreitende Entwickelung zösischen Armee. - Unsere Infanteriepioniere .

der Fran-

Revue militaire suisse ( Nr. 8) : Die Versammlung der Truppen der II. Division und der fünften Infanteriebrigade zwischen Freiburg Mission des Oberst Ott nach dem Schauplatz des und Bern. Russisch-Türkischen Krieges . De Militaire Spectator (Nr. 5) : Die Zuidersee-Linie . Infanterie-Compagnie.

Die

Das Verhältniss der reitenden Artillerie zu

den anderen Waffen. Norsk Militaers Tidsskrift (42. Bd . 4. Heft) : Militairische Uebersicht des Jahres 1878. Die Offizier-Ausrüstung im Felde. ― Das Rumänische Sanitätscorps . Kongl. Krigsvetenskaps-Akademiens (5. -7. Heft) : Jahresbericht über die Vorträge über Kriegskunst. - Das Treffen bei Kolding und ― Eistrup im April 1848. Das Gymnastik-Reglement der Flotte . Zusammenstellung der Verordnungen für die Armee im Jahre 1878 . Jahresbericht über die Vorträge in der Artillerie-Wissenschaft. Ueber Feldschieszübungen . Zusammenstellung der beim Prüfungsschieszen 1878 erreichten Resultate.

Revista militar (Nr. 7 u. 8) :

Ueber Recognoscirungen .

Die

Neuorganisation des Französischen Generalstabes . ― Ueber Militairdienst. Aus dem Zulukrige. ― Der Krieg zwischen Chile , Peru und Bolivia. für Cavallerie.

Betrachtung über die Auswahl des Gefechtsterrains

Memorial de Ingenieros (Nr. 8 u. 9) :

Der Capitain Cristobal

de Rojas, Militairschriftsteller (Fortification) des 16. Jahrhunderts . Die Feld-Eisenbahn-Arbeiter in Frankreich. Benutzung der Sonnenwärme für Zwecke der Industrie. Notizen und Erfahrungen über gepanzerte Batterien und Thürme.

- Französisches

Militair-

Budget für 1879. - Beiheft : Das Argentinische Wassergebiet des Rio de la plata . - Die verschiedenen Systeme von Militairhospitalen.

Verzeichniss der bei der Redaction eingegangenen

354

XXIX .

Verzeichniss

der

bei

der Redaction eingegan-

genen neu erschienenen Bücher u. s. w.

(15. April bis 15. Mai .) C.

des

Deutschen

Reichheeres u. s . w. nebst einem Anhange ,

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L. W.

Schnackenburg, Hauptmann und Compagniechef im 1. Hanseatischen Infanterie-Regiment Nr. 75 , früher Militairlehrer bei dem Cadettenhause zu Berlin, und Bartels, Hauptmann à la suite des Cadettencorps und Militairlehrer an der Haupt- Cadettenanstalt : Leitfaden für den Unterricht in der Dienstkenntniss auf den Königlichen Kriegsschulen.

Auf Befehl der General-Inspection des MilitairZweite umErziehungs- und Bildungswesens ausgearbeitet. gearbeitete Auflage . Berlin 1879. A. Bath. 109 S. 40.

Berichtigungen.

Im Mai-Heft hat es zu heiszen : Seite "9 "9 " " " "9 སྙ " "

161 Zeile 9 v. u.: „ Herrendienst" statt „Heeresdienst“. 165 "" 3 v. u.: „ desselben " statt „ derselben ". 176 " 14 v. u.: „hier“ statt „ für“. 177 5 v. o.: „jeder" statt „jener“. 177 " 4 v. u.: Leonteew" statt Leontewc ". 179 " 6 v. o.: " wünscht statt wünschte ". 179 19 v. o.: „vom " statt „von ". 181 "9 8 v. o.: „Erkundungssphäre " statt Erkundigungssphäre ". 182 " 18 v. u.: „jede “ statt „jene “. 182 "9 1 v. u.: „ den " statt „ die ".

Verantwortlich redigirt von Major v. Marées, Berlin, Bülow-Strasze 6. Verlag von F. Schneider & Co. (Goldschmidt & Wilhelmi), Berlin, Unt. d. Linden 21. Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin W.