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German Pages 793 Year 1890
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M3
I.
über Englands
Betrachtungen
July - Dec Heerwesen. is 10
Die politische Bedeutung eines Staates , war zu abhängig von seiner Machtentwickelung ,
allen Zeiten
der Tüchtigkeit und
Stärke seiner Wehrkraft. Bis zum Ende des vorigen Jahr hunderts hat England in kontinentalen Kriegen seinen Verpflichtungen, Bundesgenossen gegenüber,
in der Hauptsache durch Zahlung von
Subsidien nachzukommen gewufst ,
obschon
es nicht versäumte ,
allzeit sein kleines , tüchtiges Heer für die gemeinsame Sache ein zusetzen. Es war die Subsidien - Zahlung als bundesgenössische Leistung mit dem Wesen der
Kabinetskriege des vorigen Jahr
hunderts durchaus in Einklang, zumal es den Kontinentalmächten , im Gegensatz zu dem meerbeherrschenden England , wohl am Gelde, nicht aber an dem nötigen Menschen-Material zum Kriegführen gebrach.
War doch selbst ein »Friedrich « nicht in der Lage , auf es verzichten zu können , wie * andererseits
englische Subsidien
deutsche Regimenter vielfach waren , welche Englands Schlachten schlugen. Die Zeiten haben sich geändert. Nicht von seinen finan ziellen Hülfsmitteln wird in Zukunft Englands Weltstellung ab hängen, sondern von dem Werte seiner Wehrkraft. Die Wehrkraft Streitkräften ,
des
modernen
Kulturstaates
beruht in
d . h. der Zahl der wehrhaften Männer ,
den
dann in
den bereiten Mitteln von Pferden, Waffen, Geschütz und Kriegs Material jeder Art, zu welchem in weiterem Sinne auch die Festungen und die Kriegsschiffe gerechnet werden müssen ; endlich in den Geld- und Arbeitskräften des Landes und der kriegerischen Erziehung der Bevölkerung . kräfte
und
Streitmittel ,
Kriegsmarine.
Die Verbindung Beider ,
bildet
Damit diese
das
Heer ,
der Streit
beziehungsweise
Elemente zur Wehrkraft
bedürfen sie aber der Organisation.
die
werden ,
Daraus folgt , dafs die Be
deutung der Wehrkraft nicht allein von der Stärke jener Elemente Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd, LXXVI , 1. 1
214
2
Betrachtungen über Englands Heerwesen.
abhängig ist, sondern ebensowohl von ihrem organisatorischen Werte. Dies
um so mehr , je rascher die Wehrkraft im Kriegsfall in
Thätigkeit zu treten hat. staatlichen
und
Bei dem heutigen Stand der kulturellen ,
militärischen
Entwicklung
Europas ist es nicht
zweifelhaft, dafs der Ausbruch eines Krieges meist ein plötzlicher , überraschender sein werde,
dafs ferner bei der jetzigen Spannung
aller Kräfte die Kriege zu rascher Entscheidung hindrängen .
Das
aber verlangt ebenso schleunigen Einsatz der gesamten Wehrkraft. Nur fertige Organisationen sind hierzu befähigt.
Was nicht im
Frieden vorbereitet ist, darauf kann für die Entscheidung nicht mit Sicherheit gerechnet werden .
Bei der gewaltigen Entwicklung der
Verkehrsmittel schützt vor dieser unerbittlichen Logik der be stehenden Verhältnisse keine noch so günstige geographische Lage, eine Thatsache , die man in weiten Kreisen Englands noch immer nicht in vollem Umfang anzuerkennen geneigt ist. Der Schwerpunkt der englischen Wehrkraft liegt bekanntlich in der Flotte und steht diese naturgemäfs bei jedem Engländer im Vordergrunde des Interesses. Bei Gelegenheit der grofsen Flottenschau im August vorigen Jahres gab die » Times > 13,860 743 >> 13,117 » Kavallerie, 39 Corps: Artillerie, 35 Brigaden (196 Batterien) : Genie, 8 Corps :
605 107
»
18,930
»
2,435
>>
19.535 »
2,542
4531 Offiz., 145,654 Mann, Summa 150,185 dazu 14,000 Pferde. Seit Cardwell's Reformen
sind die
Miliz-Infanterie- Bataillone
mit den in ihren Bezirken stehenden Regimentern der Linie in ge wisse Beziehung gebracht ; sie führen deren Uniform und Namen, auch die Bewaffnung und taktische Einteilung dieser Bataillone ist denen der Linie gleich. Die Miliz- Rekruten werden 56 Tage ausgebildet ;
in den dann
folgenden Jahren sollen sie alljährlich 27 Tage üben , in Summa also in 4 Jahren 164 Tage einschliesslich Sonn- und Feiertagen. Da aber z. B. 1886 nicht alle Bataillone Schiefsübungen abgehalten
12
Betrachtungen über Englands Heerwesen.
haben, so scheinen ausgenützt
zu
selbst diese kurzen Übungs - Zeiten nicht voll
werden .
Die Schiefsleistungen gelten als
minder
wertige. Die Art der Ausbildung stellt die Milizen unserer Ersatz Reserve etwa gleich. Von den Offizieren
gehören nur 2 bei jedem Bataillon zum
Zwar hat ein Teil der eigentlichen Miliz- Offiziere einige Zeit in der Linie, die Mehrzahl jedoch nur in der Miliz ge dient. Das Gleiche gilt von den Unteroffizieren . stehenden Heere.
Einen eigenartigen
Charakter hat die Miliz - Kavallerie
(die
Yeomanry) . Sie ergänzt sich aus Land- Pächtern und kleinen Grundbesitzern , die sich selbst beritten machen, und zerfällt in 39 Corps, von je 4 bis 11 troops (in Summa 241) . Die » yeomanry < übt jährlich 7 bis 8, hier und da
auch
Eine solide kavalleristische Ausbildung fehlt derselben.
14 Tage.
Eine leistungsfähige Kavallerie sind sie nicht. Ein grofser Teil der yeomanry ist überdies sehr mangelhaft beritten . Es
erübrigt die Frage ,
was
von der >> Miliz « im Kriegsfall
billiger Weise erwartet werden darf. Von der englischen Armee steht etwa die Hälfte ständig in den Kolonien, wo sie unentbehrlich ist ;
sie kommt für europäische
Verwickelungen folglich nicht in Betracht.
Für die Landes - Ver
teidigung sind nur die andere Hälfte (zur Zeit rund 110,000 Mann ), die Reserve und die auxiliary forces verfügbar .
Wenn man die in
der Heimat dislozierten Rekruten und vorübergehend Felddienst Untauglichen mit rund 32,000 Mann abrechnet, so verbleiben 78,000 Mann Linientruppen, zu denen 60,000 Mann der beiden Re serve - Klassen treten . Dies ergäbe für operative Zwecke etwa 138,000 Mann des stehenden Heeres . Von der Miliz treten etwas über 30,000 Mann, die sogenannte zur Feld- Armee, welche mit den obengedachten u. s . w. eine Ersatz-Armee von etwa 60,000 Mann 32,000 Rekruten nur noch etwa demnach Der Miliz verbleiben ergeben.
>>Miliz- Reserve « ,
selbstständige Truppenkörper bilden . Besatzungszwecken verwendet *) wer zu noch wohl Ein Teil wird den müssen, der Rest an schon bestehende Linienformationen ange
90,000 Mann .
schlossen.
Diese sollen
Denn diesen Sinn hat
wohl die Zuteilung im Frieden
von einem oder mehreren Miliz- Bataillonen an die Linien- Regimenter. Diese für Verwendung im Felde bestimmten Miliz - Bataillone haben an der Linien - Infanterie- Kavallerie und Feld - Artillerie allerdings einen gewissen Halt. Die Zahl der letzteren freilich - 60 Eska *) Für 8 Regimenter ist eine Verwendung in Gibraltar und Malta vorgesehen .
13
Betrachtungen über Englands Heerwesen. drons und
54 Feld - Batterien
mit 324 Geschützen
steht dann
kaum im richtigen Verhältnis zur Zahl der Infanterie, es kämen auf je 1000 Mann des letzteren nur etwa 80 Reiter und 2,16 Geschütze . Die yeomanry als selbstständige Kavallerie - Körper ins Feld zu schicken, kann nicht in der Absicht liegen . Die besserberittenen und tüchtigeren Elemente werden den Linien-Kavallerie- Regimentern einverleibt,
zur Verstärkung derselben bei
aber nicht wesentlich
tragen können. Das Mifsverhältnis an Feld- Artillerie lässt sich je doch nicht beseitigen. In neuerer Zeit verlauteten seltsame Nachrichten über die Ist Stärke der Milizen . Die » Army und Navy Gazette« behauptete, von den vorgeschriebenen 150,000 Mann seien nur 61,000 vorhanden, Transport- und Medizinalwesen, sowie Vorbereitungen für die Mobil machung fehlten gänzlich ; sie wirft der Regierung vor, dafs die selbe diese in der Armee bekannten Mängel leugne . In der That hat die alte Wehreinrichtung des Landes fortwährende Rückschritte wohl zu Gunsten gemacht; fast hat es den Anschein, als ob dieselbe der Volunteers - mehr und mehr dem Verfall entgegenginge. 2. Die Volunteers . für 1889-90 : 430 Pferde.
Sie zählen nach den »Army Estimates civil departement nebeneinander und fortlaufend « sich ergänzend kulti vieren. Wir werden sodann im Sommer nicht verderben , was wir im Winter erreicht
zu haben wähnten,
um im folgenden Winter
unter stets schwierigeren Verhältnissen die Arbeit wieder zu beginnen und mit 90 % die Grenze der Mittelmässigkeit nie zu überschreiten.
Die Ideale der Kavallerie.
122
Die geschlossene , geordnete , sichere Bewegung der Truppe in allen Gangarten, ist sodann die wesentlichste Grundlage aller Taktik der Kavallerie ;
sie beruht auf einem kavalleristischen Unterricht.
Je mehr die Truppe befähigt ist , in dieser Verfassung und unter allen Verhältnissen wie Gangarten dem Führer richtig zu folgen, je bestimmter werden wir uns dem Ideale mehr und mehr nähern. *) Nur dann , wenn diese Vorbereitung zu einer gröfseren Sicherheit geführt hat , ist es denkbar , dafs die Angriffe der Kavallerie ohne unnötigen Kräfteverbrauch überraschend , so sicher und geordnet vorbereitet sind , der letzte Stofs so kurz und energisch ausgeführt werde, dafs er wirklich niederwerfend sein mufs.
Schon hiermit
aber fällt die ganze Theorie der öfteren Übung dieses Stofses, sowie jene des Handgemenges , welche keineswegs unseren Idealen ent sprechen. Auf das Kommando Marsch ! Marsch! mufs die fest geschlossene und stets mehr wildes Ungestüm befallen ,
zusammenschliefsende Eskadron
ein
mit der festen Absicht jedes einzelnen
Reiters und dem physischen Zwange für die Pferde den Gegner niederzureiten ; das lässt sich vorbereiten , hie und da versuchen , aber nicht üben.
Wegen des Handgemenges haben wir aus den uns
überkommenen Instruktionen
und Dispositionen des
vorigen Jahr
hunderts stets herausgelesen , dafs es damals nicht gesucht wurde , wohl aber sofortiges Herstellen der Ordnung nach dem Chok Prinzip war ; wir freuen uns , dem erwähnten Aufsatze zu entnehmen , daſs wir uns auch darin nicht getäuscht haben , daſs ebenso die gegen teiligen Ansichten und Annahmen nur eine vollständig irrige Auf fassung der thatsächlichen Verhältnisse unseres Jahrhunderts
be
kunden, wie nicht minder ein vollständiges Verkennen des idealen Kavallerie -Angriffes. Wir haben bereits erwähnt , dafs heftige unruhige Galopp bewegung zu lockeren , atemlosen Attacken führt , dafs diese die Ursache der tollen Handgemenge sind , welchen
in der Regel
wieder das kopflose Verfolgen anklebt ; die hierauf gewöhnlich nicht zu vermeidenden Rückschläge sind es sodann , welche auf den voll ständig abgejagten Pferden zu vernichtenden Katastrophen führen , in Folge deren der Sieger faktisch zum Besiegten wird . Überall, wo
solche
auf Verkennen
kavalleristischer
Prinzipien
beruhende
Verhältnisse zu beobachten waren , ist es ganz natürlich , daſs man sich besinnt , wiederholt solche Siege zu erkämpfen , ist es nicht
*) Berücksichtigung der reglementären Bestimmungen in § 100 Ziffer 1 2. Absatz vorletzte Zeile und § 159 Ziffer 4.
Die Ideale der Kavallerie.
nur erklärlich ,
sondern ganz natürlich ,
123
dafs man von nutzlosen
Balgereien der Kavallerie spricht, die Bedeutung der Kavallerie überhaupt anzweifelt. Es bleibt sehr bedauerlich , dafs es nicht gelungen ist, derartige Vorurteile und irrige Grundsätze seiner Zeit zu besiegen ; war doch der Anfang hierzu bereits gemacht.
Es ist
jedoch immerhin begreiflich, dafs so gründlich in Fleisch und Blut übergegangene Irrtümer nicht in kurzer Zeit zu bewältigen waren , da überdies die Persönlichkeit und Stelle mangelte , um jene in Kritiken mehrfach angeregten Gedanken weiter zu führen . Bereits
erwähnt
wurde ,
dafs auch in Beziehung auf Ver
wendung und Führung der Kavallerie nur eine Zeit lang konsequente Fortschritte gemacht wurden , dafs wir in dieser Zeit. durch helle Sonnenblicke erwärmt , unsere Ideale zu erkennen ver mochten. Die Verwendung der Kavallerie mufs derselben vor Allem die Initiative wahren ; dies ist nur zu erreichen, wenn in der Hauptsache nur ganz allgemein gehaltene Direktiven stets und immer dem reglementären
Grundsatze entsprechen :
» Der
Führer der Ka
vallerie bedarf zur Lösung seiner Aufgabe voller Selbst ständigkeit.
Dafs es schwer ist , solchem wichtigen Grundsatze
volle Beachtung zu verschaffen , ist nach der Gepflogenheit langer Jahrzehnte begreiflich ; stätigung darüber.
beinahe jeder Manövertag
giebt neue Be
Vollen Nutzen werden wir aus der Kavallerie
erst dann ziehen , wenn auch dieser Grundsatz rückhaltlose Aner kennung gefunden hat , wenn Verlegenheitsattacken _ _ _ _ _ _ _ wie sie Canitz so treffend bezeichnet
vollständig verschwinden, wenn der
Unterschied im Aufklärungsdienste , welcher zwischen einem Regi mente der Avantgarde eines Armee - Corps und demjenigen einer Kavallerie-Division besteht, schon in der Art des Auftrages Berück sichtigung findet.
Die Führung der Kavallerie mufs sodann dafür
sorgen, dafs die günstigen Momente zu den Angriffen gewählt werden, sie mufs die Truppe so vorbereiten , dafs deren Erscheinen sich so fort zu überraschend schneller Annäherung in einer den Angriffs objekten entsprechenden Verfassung gestaltet. denkbar , wenn der räumige Galopp
Dies ist
nur
dann
mit gröfster Sicherheit und
Ruhe geritten wird , wenn die Übungen so geleitet würden , wie es der reglementäre Grundsatz ausspricht :
Die Übungen werden
um so mehr Nutzen bringen , je mehr die Unterführer ver anlasst werden , selbstständige Entschlüsse zu fassen « und den Umständen entsprechend zu handeln . Überall wo dieser Satz übersehen bleibt ,
wird die Form höher gestellt wie das Wesen,
Die Ideale der Kavallerie.
124
werden die Übungen Ähnlichkeit haben mit dem tagtäglichen Ab leiern des Reitschulprogrammes u . s. w. und der Besichtigungstürke gewinnt die verderbliche Herrschaft über unser ganzes Thun und unsere Ideale. Man hat der deutschen Reiterei
und ihrer Thätigkeit in den
letzten Kriegen , insbesondere
auch in anderen Armeen eine sorg
fältigste Beachtung geschenkt.
Zahlreiche Schlüsse, welche gezogen
wurden, sind nur zum Teile zutreffend. deutschen Kavallerie der Ruhm ,
In jedem Falle gebührt der
dafs sie begonnen hat , den Ring
zu zerreiſsen, welcher ihr die Ideale verbarg. Es dünkt uns ebenso , dafs
es
keineswegs
unsere Art ist in Selbsttäuschung und Selbst
überhebung uns Weihrauch zu streuen.
Gerade aus der Kavallerie
ertönten zu allen Zeiten und in steigender Progession jene Stimmen , welche ohne Ermüdung immer wieder auf die Ideale hinwiesen und deren Bedeutung für die Waffe zu beleuchten suchten.
Die genaue
Beachtung der Vergangenheit , das Erkennen aller bis zur Gegen wart haften gebliebenen Mängel und Fehler, der unentwegte Blick auf die Ideale , ―― das wissen wir ganz sicher und bestimmt , mufs und wird uns stetigen Fortschritt bringen. allerwärts
zu beobachtenden ,
wir sind natürlich
Wir freuen uns an dem
kavalleristischen Leben und Streben ,
stolz darauf, dafs die deutsche Kavallerie den
Impuls dazu gegeben, wir wollen aber gerade deshalb ohne Unter lafs bemüht bleiben , zu sorgen , dafs wir das Erreichte nicht über schätzen und dann ebenso bestimmt stehen bleiben. Wir sind endlich von dem Bewusstsein
ganz und vollständig durchdrungen,
dafs wir uns selbst helfen müssen , dafs die Gegenwart nicht vor übergehe , ohne das richtige Verständnis der Kavallerie in , wie aufser der Waffe stets
mehr zu wecken .
Das Studium der Waffe
und ihrer gesamten Thätigkeit, Erfahrungen und Beobachtungen in der Waffe selbst, wie bei den Übungen haben in gleich untrüglicher Weise jene Ideale vorgeführt , wie sie die Kavallerie Jahrhundert bereits erreicht hatte.
im vorigen
Vieles hat sich seit jener Zeit
geändert, nur die Ideale der Kavallerie sind dieselben geblieben und täuschen wir uns nicht : » mit diesen Idealen und ihrer thun lichst vollkommenen Verwirklichung
können
wir
allein
auf volle kavalleristische Erfolge zählen ; diese Ideale ge winnen heute eine anderen Zeit !
>die die
neuen Feuerwaffen, Ursache ;
Sind unsere Mauern unhaltbar ge worden gut, verdoppeln wir sie ; genügen unsere Gewölbe nicht mehr ――――― verstärken wir sie ; ist eine Erddecke von einem Meter zu schwach - häufen wir mehrere Meter auf; werden
Fenster und
Thüren unanwendbar vermauern wir sie ; hält Erde überhaupt nicht mehr - nehmen wir Cement, Beton, Granit , Panzerplatten< ――――― das ungefähr war der Gesamtinhalt der meisten Vorschläge, mit welcher die Befestigungskunst das Brisanzfeuer zu bekämpfen suchte und die Summen , welche dort und da zur Ausführung dieser Vorschläge verwendet wurden,
sind das beredteste Zeugnis dafür ,
wie wenig Einwendungen gegen ihre Forderung zur Geltung kommen konnten . Man darf sagen , dafs es der französische Major und Panzerkonstrukteur Mongin war, der diese Lehren über Festungs verstärkung dadurch am folgerichtigsten zusammenfasste ,
dafs er
vorschlug, die Forts gänzlich durch massive Betonblöcke von riesigen Ausmafsen zu ersetzen , aus welchen nur einige Panzerkuppeln hervor sehen und die lediglich durch Maschinisten verteidigt werden sollten, deren Existenz Heizer eines
sich
allein
mit derjenigen der Maschinisten und
Kriegsdampfers vergleichen liefse.
Vielleicht haben
gerade diese Vorschläge das Gute gehabt, doch auch andere Gedanken in Anregung und zum Ausdrucke zu bringen und hierfür giebt uns das Schriftchen des »Pionnier« ein desto erfreulicheres Zeugnis , als es nun (seit 1887) bereits in 2. Auflage vor uns liegt.
Würden
wir auch nicht in der Lage sein , die Vorschläge des »Pionnier« zur sofortigen Annahme wiederholen ,
daſs sie
empfehlen richtigen
zu können ,
so müssen wir doch
Anschauungen entspringen.
Sie
Die Forts und das Melinit.
203
wollen vor allem eine aktive , d. h. eine taktische Verteidigung durch Truppen ,
an die Stelle des rein passiven Widerstandes
cyclopischer Cementbauten und starker Panzerplatten setzen ; sie trennen hierbei die Infanterie von den Geschützstellungen « , fordern aber die ausgedehnteste Vorbereitung beider , um der Verteidigung zweckdienliche Ortswechsel , oder aber die umfassendste Macht entfaltung zu gestatten. Indem sie das Fort eigentlich aus einer grofsen Gruppe solcher Einzelstellungen zusammensetzen und für die Kehllinie jener eine Sehnenlänge von mindestens
1000 m in
Aussicht
zur Feuer
nehmen ,
zwingen sie das
Angriffsgeschütz
zersplitterung und behüten ihre Anordnungen vor der Gefahr — gleich den heutigen Forts ――― > Bombenfänge zu werden. Dabei ist auch der Gedanke ganz annehmbar , den der
Pionnier « bezüg
lich der ferneren Verwertung unsrer heutigen Werke äufsert. will dieselben zum
Er
passiven Kern « seiner Verteidigungsstellungen
machen, mit welchen er diesen Kern daher, im weiten Bogen um fassen möchte. Man wird einräumen müssen , dafs das alles > Ge danken sind, die diesen Namen in vollstem Maſse verdienen . Wenn wir - trotz dieser aufrichtigen Anerkennung - nicht auch ihrer Ausführung unsere vollste Zustimmung erteilen können , so be gründet sich dies dadurch , dafs der » Pionnier « nur teilweise mit der Wirkung brisanter Sprenggeschosse vertraut ist. Er kennt im wesentlichen blofs die Zerstörungskraft derselben gegen Werke ihre Leistungen gegen Annäherungshindernisse und ihre Ver wertung mit Zeitzündern ist ihm sichtlich - noch unbekannt. Von einem so klaren Denken , wie es der Verfasser des > Les forts et la mélinite
bekundet , lässt sich aber mit Zuversicht erwarten,
dafs es auch gegen
die
eben
berührten Brisanzwirkungen
noch
sachdienlichen Rat zu schaffen vermöge und wir können uns nicht verhehlen , dafs wir unsere Nachbarn im Westen zu solchem Rat geber beglückwünschen dürfen . Wenn wir diese Überzeugung aus sprechen, so lenken wir damit die Aufmerksamkeit unserer Leser wohl von selbst auf den » Pionnier« und die gesunden Gedanken , welche er in » Les forts et la mélinite« niedergelegt hat.
v. Sauer,
XI.
Die Bedeutung des Mannesmann'schen
Röhrenwalzverfahrens
für
die Kriegstechnik.
Wir haben es hier mit einer ganz eigenartigen Erfindung zu thun, welcher von den grofsen Autoritäten des technologischen und maschinellen Gebiets eine ganz hervorragende Bedeutung zu erkannt wird. Man behauptet in technischen Kreisen, dafs das Verfahren gegenüber den bisherigen Methoden, aus schmiedbarem Metall Röhren herzustellen, einen Fortschritt darstellt, der von den weittragendsten Folgen begleitet sein wird . Soweit bekannt, hat man bisher solche Röhren entweder der Art gebildet, dafs man Metallplatten zu Cylindern umbog und die Enden an einander schweifste, je nachdem auch nur vernietete, oder volle Cylinder einfach ausbohrte. Im ersten Falle fehlt unter allen Umständen die Sicherheit des Zusammen halts , welche auch Schweifsungen nicht bieten, im zweiten Falle tritt ein grofser Material- und Kraftaufwand ein ; es treten beim Ausbohren sehr häufig innere Fehler hervor, welche das Stück unbrauchbar machen oder was im Falle geforderter grofser Widerstandsfähigkeit noch schlimmer ist, man hat keine Garantie, dafs solche Stellen nicht dicht unter der Innenfläche liegen, also der Einfluss der Fehler erst beim Gebrauch hervortritt. Wo eine sehr grofse Widerstands fähigkeit gegen Seitendruck verlangt wird , wie namentlich bei den Röhren der Feuerwaffen, haben bei Verwendung von im Ganzen geschmiedeten und des Metalls keine
nachher ausgebohrten Blöcken die Fasern zweckmässige Lage. Sir Will. Armstrong
stellte deshalb die Röhre seines Geschützsystems
zuerst aus ver
schiedenen , in warmem Zustande über einander gestreiften Hohl cylindern her, von denen nur das innere oder Kernrohr bei dem die absolute Festigkeit hauptsächlich in Betracht kommt , in gewöhn licher Fasernlage hergerichtet war , die äufseren Cylinder , welche dem Seitendruck entgegenwirken , ihre Herstellung im Wege des Aufwickelns erfahren batten. Die dadurch erreichte spiralförmige Lage der Fasern im Ganzen war sehr rationell ,
doch war hier
wieder die Schweifsung nötig und so hat sich die Sache nicht bewährt, ebenso wenig bis jetzt die spätere Idee der Draht-Umwicklung von Longridge.
Jene spiralförmige Lage der Fasern
ergiebt sich
Die Bedeutung des Mannesmann'schen u . s. w. nun beim
Mannesmann'schen
Verfahren
von
selber ,
205 ohne
dafs
die Fasern bei der Umlagerung eine Trennung erfahren , sie be dürfen daher auch keines Mittels , um in Zusammenhang gebracht zu werden , wie es bei den Coil's von Armstrong durch Schweiſsen und Schmieden erfolgte. Der Hinweis auf das Armstrong'sche Verfahren lag um so näher,
als die Mannesmann'sche Röhre ihre
Entstehung auch dem Bestreben verdankt ,
eine verbesserte
der Herstellung eines Feuerrohrs zu finden.
Im Übrigen ist keine
Art
Beziehung beider Methoden vorhanden. Wir benutzten nur einen in militärischen Leserkreisen bekannten Hergang als Bild. Wie in Wirklichkeit der Aufbau der Stahlröhre zu hoher Vollkommenheit gebracht worden ist, bedarf hier keines weiteren Hinweises.
Der Vater der beiden Erfinder des jetzigen Verfahrens, aus vollen Blöcken Röhren auszuwalzen , Reinhard Mannesmann , Mit besitzer der berühmten Feilenfabrik A. Mannesmann in Remscheid und Begründer der deutschen Qualitäts-Feilen - Industrie , hatte den Versuch gemacht, aus hohlgegossenen Blöcken (jedenfalls in Gufsstahl) Röhren durch Walzen herzustellen, in der Absicht daraus Gewehr läufe zu gewinnen und so das übliche Verfahren der Erzeugung durch Ausbohren massiver Cylinder entbehrlich zu machen. Diese Bestrebungen gehen bis in die Zeit vor 30 Jahren zurück , blieben aber erfolglos. Die Aufgabe ging, als eine Art Familienerbstück auf die beiden Söhne Reinhard und Max Mannesmann über. Beim näheren Studium der Frage erkannten diese, dafs von massiven Blöcken ausgegangen werden müsse, wenn man Röhren von wirklich guter Qualität erhalten wolle, und dafs ein Verfahren erfunden werden müsse, diese Röhren in glühendem Zustande zu verarbeiten, um Schnellig keit der Produktion und Massenherstellung zu erreichen . Ausgehend von gewissen theoretischen Studien, welche die Erfinder als Stahlfabrikanten über die Molekular - Veränderungen in Stahl gemacht hatten , kon struierten sie die Walztheorie erst theoretisch vollkommen durch und stellten dann auf kleinen Versuchswalzwerken praktische Proben Seit Anfang 1885 ist das erste kleinere Walzwerk, seit 1888
an.
sind die ersten gröfseren Apparate im Betriebe. Zum fabrikmäſsigen Verfahren hatten die Erfinder aber erst noch einige mechanische Probleme zu lösen ,
die wir nur kurz erwähnen : eine Kuppelung
von durchaus gleichmässiger Übertragung,
die Konstruktion eines Schwungrads von besonders grofser Geschwindigkeit (bis 120 m in der Sekunde statt bisher höchstens 40 m), um bei den nötigen grofsen Kraftmengen des Walzprozesses die erforderlichen Quanti täten derselben aufspeichern zu können ,
sowie
endlich eine be
Die Bedeutung des Mannesmann'schen
206
sondere Konstruktion von Zahnrädern des
bisher allgemein
mit
Flächen -Auflage
üblichen Punktdrucks.
statt
Der Techniker wird
vollauf verstehen, wie hervorragend die Leistungen der Erfinder im Gebiete des Maschinenbaues sind, um derartige Aufgaben lösen zu können . Was nun das eigentliche Verfahren betrifft , so ist es nur mit Hülfe von Modellen möglich, von dem Hergang einen vollen Begriff zu geben.
Wir versuchen es, soweit es eben ohne solche geht.
Es
sei zunächst bemerkt, daſs wenn in gewöhnlicher Weise durch Zug von beiden Enden ein cylindrischer Stab zum Zerreifsen gebracht wird , an der Bruchstelle ein Zusammenziehen des Metalls der Trennung vorhergeht.
Das
Drehung die Molekule des
M.'sche Verfahren
sucht
Stabs zu verschieben ,
nun durch
es nimmt die
Torsionsfestigkeit desselben in Anspruch (in ähnlicher Weise ist die Verdrehung der Teilchen zu denken , als wenn man ein nasses Handtuch ausringt) unter gleichzeitigem Fortschreiten der Länge nach .
So findet gewissermassen auch ein Zerreifsen statt, aber ohne
wirkliche Trennung,
die Teilchen bleiben
in der neuen Lagerung
im Zusammenhalt, wohl aber findet jene Erscheinung des Zusammen ziehens statt ,
indefs in umgekehrtem Sinne ,
nach aufsen hin , daher der hohle Raum
nämlich von innen im Innern
der Lage der Teilchen veränderten Masse ist der springende Punkt in dem ganzen Hergang.
der in
entsteht.
Dies
Es werden nun
nach und nach die sämtlichen Teilchen des cylindrischen Stabs (oder Blocks) in die Lage spiralisch durch einander verfilzter Fasern gebracht.
Es wird also nicht blofs die Röhrengestalt gewonnen,
sondern die Lage der Fasern giebt der Röhre eine erheblich gröſsere Festigkeit als sie einer ausgebohrten Röhre beiwohnt ; die Trag fähigkeit, welche die Röhrengestalt an sich besitzt, wird hiermit bei dem
geringst denkbaren Eigengewicht erzielt ,
was
bei der Ver
wendung von aufserordentlichem Vorteil ist , wie wir später sehen werden. Das Verfahren schliefst nun auch eine Selbstkontrolle der Güte des Fabrikats in sich , denn bedeutendere Risse im Innern des Metalls treten in der äufseren oder inneren Fläche der Röhre her aus ,
während sie
beim ausgebohrten Rohre
unentdeckt
bleiben
können, kleinere Blasen u . s. w. werden in Folge der Verarbeitung des Metalles festgedrückt und unschädlich gemacht. Alles schlechte Material aber wird bei der Verarbeitung ausgeschieden . Es sei noch bemerkt , dafs nur zähe Metalle dem Verfahren unterworfen werden können ,
besonders handelt es sich um den Stahl.
Dieser
ist bei dem Verfahren rotglühend , Bronze, Messing, Kupfer brauchen
Röhrenwalzverfahrens für die Kriegstechnik.
207
Was nun den Apparat nur schwarzglühend gemacht zu werden. selbst betrifft, so besteht derselbe aus zwei konischen und wind schief zu einander gestellten Walzen , die sich in gleichem Sinne drehen ; dazwischen wird der Stab durchgeführt (beim gewöhnlichen Auswalzen dagegen drehen sich die beiden Walzen, die die Walzen Wo es sich um eine
strafse bilden, im entgegengesetzten Sinne).
sehr glatte Höhlung handelt , wird ein Dorn zu Hülfe genommen , über welchen die Röhre hinweggeht ; derselbe hat aber gar Nichts mit der Bildung der Höhlung zu thun .
Die Zähigkeit des Metalls
ist nach dem Verfahren in Folge der günstigen Lagerung der Fasern eine aufserordentlich grofse , man kann das Querprofil der Röhren beliebig ändern , z. B. aus der runden die vierkantige Gestalt her stellen, auch die seltsamsten Verbiegungen und Verschlingungen mit der Röhre vornehmen , ohne dafs die Haltbarkeit im mindesten. Dafs das Verfahren lediglich auf der äusseren Bearbeitung
litte . beruht ,
geht daraus hervor ,
dafs
man Röhren herstellen
kann,
welche vollständig geschlossen bleiben , sodaſs die Höhlung gar nicht zu Tage tritt. Nach
den
uns
gemachten Angaben
hat
man
bisher jedes
beliebige äufsere Mafs von 5 bis 400 mm herzustellen
vermocht,
kann auch bei gegebenem Auſsendurchmesser jeden beliebigen Innen durchmesser von Nadelknopfdicke bis zu 982 Prozent des äufseren Durchmessers darstellen. Man ist auf dem Wege Röhren mit Aufsendurchmessern bis zu 600 mm zu erzeugen und denkt noch bis 1200 mm zu kommen .
Was die Längen betrifft , so hatte man vor
Kurzem solche von 45 Fufs ( 13,72 m) erreicht, stellt aber neuestens bis 90 Fufs (27,43 m) lange Röhren her. Das älteste der in Betrieb befindlichen
M.'schen Werke ist
dasjenige zu Remscheid , woselbst die Erfindung gemacht und zuerst dem praktischen Betrieb übergeben wurde ; das Werk beschäftigt 400 Arbeiter.
Ein zweites Werk ist in Komotau (Böhmen),
zur
Zeit mit 1200 Arbeitern, deren Zahl später auf 3000 gesteigert werden soll. Ein drittes Werk von geringerem Umfange ist in Bous bei Saarlouis. Das gröfste der bisherigen Werke ist in England zu Landore in Wales, zur Zeit mit 1300 Arbeitern . Dasselbe soll später für 3000 Arbeiter erweitert werden.
Mit dem Röhrenwalz
werk ist hier ein grofses Stahlwerk verbunden, Teil desjenigen Stahls
für
die
das einen grofsen
übrigen Werke liefert, an
dessen
Gleichmässigkeit besondere Anforderungen gestellt werden . Es haben sich bereits eine grofse Zahl namhafter Ingenieure, Mitglieder
der
Eisenbahnverwaltungen,
der Militärbehörden ,
der
Die Bedeutung des Mannesmann'schen
208
Admiralitäten u. s. w., sowie Autoritäten der
technischen Wissen
schaften dahin ausgesprochen, dafs dem Verfahren eine grofse Bedeutung beizulegen ist, es würde zu weit führen, hier auf Einzel heiten sich einzulassen. Die Verwendung
der M.'schen Röhren liegt
zunächst
überall da nahe, wo es auf die Röhrengestalt, namentlich mit gleich zeitiger Widerstandsfähigkeit gegen inneren Druck ankommt, ferner wo es sich um die der Röhrenform eigene grofse Tragfähigkeit handelt . Weiterhin kann man den Röhren eine grofse Zukunft als Ersatz bisher massiv hergestellter Körper zuschreiben,
wobei
sowohl
verminderung als Material-Ersparnis eine Rolle spielen. zu
vermindernde
Gewicht
des
hohlen
und
dabei
Gewichts
Das beliebig geschlossenen
Körpers gestattet es die Röhren zu schwimmfähigen Körpern aus zugestalten und damit andere bisher übliche schwimmende Unter lagen zu ersetzen. Verfahrens
Das Metall vermag mit Ausnutzung des M.'schen
künftighin
an vielen Stellen das Holz zu ersetzen,
wo
ersteres bisher mit Rücksicht auf die äufsere Gestalt und geforderte Starrheit ausgeschlossen war. Selbstredend soll und kann diese Aufzählung keine abschliefsende sein . Die gänzliche Neuheit der Sache in anderen als spezifisch tech nischen Kreisen hat uns genötigt, lange Darlegung voranzuschicken,
dem
eigentlichen Thema diese
die dem Umfang
nach
unver
hältnismäfsig breit erscheinen mag, aber darum nicht unwillkommen sein kann. Auf dem Gebiete der Kriegstechnik dürfte nun das Nächstliegende die Verwertung der M.'schen Erfindung zur Her stellung von Feuerröhren sein . Zu Gewehrläufen , Laufmänteln und entsprechend gestalteten anderen Gewehrteilen sollen die M.'schen Röhren bereits Anwendung finden .
Gewisse Aussichten bieten sich
hinsichtlich der Geschützröhre, sei es als Massivrohr kleineren Kalibers, sei es als Mäntel oder als Rohrringe, vielleicht auch als Verschlufs körper, z. B. als Verschlufsschrauben . Es liegen nur die Anfänge der Fabrikation vor. Man wird sich fürs erste an die bisher üblichen Konstruktions -Verhältnisse anlehnen , es ist aber nicht ausgeschlossen , dafs mit der Zeit auf Grund der M.'schen Röhren gewisse Um gestaltungen , namentlich mit Anwendung schwächerer Dimen sionen kommen werden. Die Herstellung kleinkalibriger Gewehr läufe erscheint durch das M.'sche Verfahren in hohem Grade er leichtert, gradezu aber Bedürfnis zu werden , sobald , wie vor auszusehen , über kurz oder lang eine weitere Verringerung der Gewehrkaliber erfolgen sollte .
Zu Geschossen der Artillerie
ist das Fabrikat
und
gleichfalls
geeignet
wird
damit
vielleicht
Röhrenwalzverfahrens für die Kriegstechnik. bald
gänzlich
Gufseisen
dem
werden.
der
Lebensfaden
abgeschnitten
Spielraum ist auf dem Gebiet der Laffeten
weiter
Ein
209
und Fahrzeuge eröffnet. Röhrenförmige Deichseln , hohle Achsen Wir glauben aber, und Bremscylinder kommen bereits vor. dafs dies nur
die
Sollte nicht, ebenso
Anfänge sind.
wie im
Röhrenträger bereits
Winkeleisen dem M.'schen
Brückenbau das
Platz macht, das letztere auch im Aufbau des Laffetenkörpers be ziehungsweise des Gerüstes des Fahrzeuges Eingang gewinnen können ? Giebt es ein besseres Mittel, das ganz von Metall hergestellte Rad zur Einführung zu bringen, als grade durch jene Erfindung ? Sehr frühzeitig hat die M.'sche Röhre im Gebiet der Hand waffen Nutz -Anwendung gefunden .
Vor einiger Zeit der deutschen Reiterei die Stahlrohr - Lanze es mittels des M.'schen Röhrenwalzverfahrens die hohlen Schäfte, als die hohlen Spitzen der
wurde nämlich bei eingeführt, und ist gelungen , sowohl Lanze zu erzeugen.
Mit derselben Berechtigung können auch die Stangen der Wischer bei der Artillerie künftig aus Stahl hergestellt werden , ein vor Zeiten als unlösbar erfundenes Problem. Überall
wo in der
wendung kommen,
Artillerie-Technik
Maschinen
zur An
wird künftig die M.'sche Röhre ähnlich wie im
Maschinenbau überhaupt eine Rolle spielen . Ein besonders weites Feld wird die Erfindung unter den Vor richtungen der technischen Truppen finden. Das jetzige Pouton weicht vielleicht der schwimmenden Röhre , der Draht bei Kriegs Fernschreibern
und -Fernsprechern läfst sich nach dem M.'schen
Verfahren
aus
herstellen ,
wobei keine
Stahl
mit
Kupfer
kombiniert ,
Dehnung mehr
in
hobler Form
stattfindet ;
wo
Stangen
bei Leitungen gebraucht werden, benutzt man statt hölzerner solche aus Stahlrohr. Ganz besonderen Nutzen ziehen die Eisenbahn truppen aus der Erfindung ; hin allgemein statt der
wie man bei Überbrückungen künftig
bisherigen T Träger M.'sche Röhrenträger
verwenden wird, wobei ein viel geringeres Eigengewicht der Brücke entsteht,
daher die Spannungen
viel grösser
werden
dürfen und
dieser Vorzug sich dadurch noch potenziert, dafs die neuen Träger an sich viel tragfähiger sind , so wird den Eisenbahntruppen noch der besondere Vorteil erwachsen, dafs das leichtere Material viel transportfähiger ist.
Die M.'sche Schiene erhält ein viel rationelleres.
Profil, ist viel leichter und entbehrt der Weitläufigkeit der Laschen verbindung, indem die hohlen Schienen mit den Enden einfach in einander gesteckt werden.
Diese Vorteile werden den militärischen
210
Die Bedeutung des Mannesmann'schen u. s. w.
Eisenbahnbau in erhöhtem Mafse zu Gute kommen und dazu gesellt sich noch die Ausbeute für das rollende Material. Von aufserordentlichem Belang ist der Gewinn ,
welcher wie
der Marine überhaupt , so insbesondere der Kriegs - Marine durch die Ausnutzung der M.'schen Erfindung erwachsen wird. Beim Schiffsbau empfiehlt sich ebenso wie beim Brückenbau die Anwendung von M.'schen röhrenförmigen Trägern anstatt der bisherigen T Träger. Nach dem Verfahren hergestellte hohle Schiffsachsen bieten eine vollkommene Sicherheit gegen Bruch. Für die Herstellung der Schiffsmaschinen springen alle jene Vorteile ins Auge , welche dem Maschinenbau überhaupt zu gute kommen , insbesondere handelt es sich hier um
den Ersatz massiver Teile , wie z. B. der Kolben
stangen, durch solche von röhrenförmigem Querschnitt, wobei sowohl die Verringerung einer bisher nutzlos grofsen Last , als die be deutende Sicherheit der Hohlfabrikate Vorzüge bietet . Mit der Vergröfserung der Querdurchmesser, welche in Aussicht steht, würde sich auch die Herstellung
von Dampfkesselröhren
auf dem an
gegebenen Wege (statt der bisherigen vernieteten) empfehlen.
Die
englische Admiralität ist bereits auf dem Wege, einzelne Vorteile der Erfindung für dieses Land auszunutzen.
Das Vorstehende kann selbstredend nicht erschöpfend sein,
es
kann nur eine Perspektive eröffnen , eine wie umfassende Verwendung das M.'sche Röhren walzverfahren in der Kriegstechnik zu finden vermag. Was wir als den Erfindern vorschwebend andeuteten und weiter ausführten, hat aber in der Hauptsache noch die Schule der Praxis durchzumachen ,
welche
allein
für
den
Erfolg
mafsgebend
ist.
Immerhin verdient die Erfindung, die zudem eine rein deutsche ist, die allgemeine Aufmerksamkeit und speziell auch schon heute die Beachtung der militärischen Kreise, was uns zu vorstehender Dar ―――――――――- t. stellung veranlaſst hat.
XII.
Umschau in der
Militär- Litteratur.
I. Ausländische Zeitschriften . Streffleur's österreichische militärische Zeitschrift. (Mai) . Betrachtungen über Nachtmärsche und Nachtgefechte (Schlufs). - Aus dem Buche vom Offizier. Beiträge zur Analyse der Terrainformen. Organ der militär-wissenschaftlichen Vereine . 5. Heft: Die Manöver des 12. Corps am 9. 10. 11. und 12. September 1889 in dem Raume Über nächtliche Unternehmungen zwischen Mediasch und Hermannstadt. im Kriege. — Über das Richten nach Licht- und Feuer-Erscheinungen bei Nacht, und einige hierzu dienliche Vorrichtungen. Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und Genie - Wesens. 5. Heft: Russische Ansichten und Vorschläge in Bezug auf den gegen Das Artilleriewesen auf der Pariser wärtigen Stand der Fortifikation.
Weltausstellung vom Jahre 1889 . Die Reichswehr (österreich. ) . Nr. 128 : Die zweijährige Dienst zeit. Dieselbe wird unter den jetzigen Verhältnissen als ein Unding ( ! ) bezeichnet, die Forderung derselben sei ein politisches Schlagwort, das der Partei, der es gelänge, eine solche Forderung durchzusetzen , wohlfeile Popularität sichere. - Nr. 129, 130 u. 131 : Ein neues Schiefspulver. — Zur Einführung des rauchlosen Pulvers in Österreich - Ungarn. Nr . 132 u. 133 : Das Kriegsbudget. für 1891 : Im Ordinarium
Dasselbe beträgt nach dem Voranschlage 100,493,999 fl. , im Extra Ordinarium
14,450,439 f. , also 3,224,670 fl . mehr , als für das laufende Jahr.
Das
Erfordernis der Kriegsmarine beträgt 9,834,033 fl . im Ordinarium und 1,860,500 fl. im Extraordinarium ; 100,456 fl. mehr. Das charakteristische Merkmal des Kriegsbudgets , sagt. D. R. , liegt nicht so sehr in der steigenden Tendenz der Ziffern, als in dem Geiste der Kompromisse und dem stark hervortretenden Bestreben halber Mafsnahmen ( ! ) . Für die Einführung rauchlosen Pulvers wird ein Gesamt - Erfordernis von 11,4 Millionen gestellt, die Ausrüstung mit dem Mannlicher - Gewehr als abgeschlossen bezeichnet. Nr. 134 : Flickarbeit. Begründung des Ausspruches des Kriegsministers, dafs das vorliegende Heeres - Budget eine solche sei ; Erhöhung des Rekruten-Kontingentes wird befürwortet. Das Marine- Budget. Militär-Zeitung (österreich.). Nr. 37 : Folgen des Kriegslebens. Verfasser wendet sich gegen die Behauptung, dafs der nächste grofse
212
Umschau in der Militär-Litteratur.
Krieg die übelsten moralischen Folgen haben müsse und furchtbarer sein werde, als alle seine Vorgänger ; er verneint , dafs der Soldat im Kriege verwildern müsse , und widerlegt es durch Beispiele aus der Kriegs geschichte der Neuzeit. — Nr. 38 : Heeresdienst und Landsturmdienst. Das Über Panzer in der Landbefestigung . - Nr. 42: Nr. 41 : Okkupationsgebiet und die bosnisch - herzegovinischen Truppen . Im Jahre 1882 wurden die ersten 4 Compagnien dieser Truppen auf gestellt, welche die M. Z., in Ansehung des vorzüglichen Materiales, eine Mustertruppe nennt. Die gegenwärtige Stärke beträgt 8 Bataillone, zu je 4 Compagnien ; bis Ende 1891 soll dieselbe auf 10 Bataillone ge bracht werden ; 2 Bataillone werden an den diesjährigen Manövern „ im Reiche" Teil nehmen . Armeeblatt (österreich .) . Nr. 22 : F. Z. M. Freiherr v. Rodich †. Mit ihm hat die Armee einen ihrer verdientesten Veteranen verloren ; er starb im 78. Lebensjahre ; 1866 wurde er für sein tapferes Verhalten am 24. Juni an der Spitze des 5. Corps in Italien auf dem Schlachtfelde zum Feldmarschall-Lieutenant ernannt und ihm später der Theresien-Orden zu erkannt.. 1881 trat er in den Ruhestand. Nr. 23 : Über Meldungen im Sicherungsdienste. - Nr. 24 u . 25 : Ein Vorschlag für praktische Übungen der Sanitätstruppen zur Friedenszeit . Militärisch- politische Revue ,, Bellona". ( 1. Juni) : Nach der Triple ―― ―――― Allianz. Zweijährige Präsenz - Dienstpflicht. Die neue Organisation des französischen Generalstabes. — Die Militär - Institutionen Chinas. Das neue belgische Gewehr.
Journal des sciences militaires. (Mai). Taktik der Verpflegungen (Forts.). ―――― Die Kavallerie für den Krieg der Neuzeit. Der Feldzug von 1814 (Forts .) . - Der Massenkrieg (Forts.). -Dienst und Ausbildung im Heere (Forts.). Pajol (Forts.). Revue de Cavalerie . (Mai) . Bemerkungen über die Ausbildung der Kavallerie. Die deutsche Kavallerie (Forts.) . ――― Zur " Studie über die Kavallerie im modernen Kriege " . Diese in der „ Revue des deux mondes" erschienene Studie, als deren Verfasser General de Gallifet gilt, wird eingehend besprochen und folgende Neu-Organisation in Vor schlag gebracht : 14 Regimenter Kürassier-Lanciers, 34 Dragoner- Lanciers, 21 Chasseurs, 12 Husaren, Summa 81 Regimenter für den Dienst in Frankreich. (Aufserdem stehen bekanntlich in Algier und den Kolonien noch 10 Regimenter, 6 Chasseurs d'Afrique und 4 Spahis ! ) . Ein deutsches Kavallerie - Regiment während des Krieges 1870/71 (Forts. ) . Die Frühjahrs - Einstellungen bei der Kavallerie. Selbige werden als unzweckmäfsig bezeichnet, nur im Herbste dürfe ein freiwilliger Ein tritt stattfinden. ――――― Eine Rekognoszierung von Chasseurs d'Afrique in der Krimm. Revue du Génie militaire . (Januar Februar). Einfluss der neuen Waffen auf die Feldbefestigung. Die Ausbildung der Pioniere in
Umschau in der Militär-Litteratur.
213
Österreich. - Die selbstthätige Entzündung von Minen und Torpedos. Die Befestigung von Kopenhagen. Revue d'Artillerie. Juni : Praktische Studie über den indirekten Schufs im Kriege. Drouot (Forts.) . ― Studien über Irrtümer bei der Beobachtung. ――――― Bemerkungen über zwei neue Verfahren beim indirekten
Zielen für kriegsmäfsiges Schiefsen. Revue du cercle militaire . Nr. 21 u . 22 : Der russische Offizier im Heere und in der Gesellschaft (Forts . u . Schlufs) . Ein Jahr in Tunis (Forts.). - Brieftauben und Taubenschläge (Schlufs). - Das dänische Gewehr 1889. -- Der Laufmantel beim deutschen Gewehr. Hier wird, gestützt to auf einen Aufsatz des Professor Hebler in der Allg. Schweiz. M. Z. , die Behauptung aufgestellt, dafs den Vorteilen des Lauf mantels ebenso grofse Nachteile gegenüber ständen , welche selbst die Ge brauchsfähigkeit der Waffe in Frage stellen könnten ( ?? ) . Nr. 23: Die Arbeiten des geographischen Dienstes 1889. Dieser Aufsatz gewährt einen interessanten Überblick über die Leistungen auf dem kartographischen Gebiete , denen man hohe Anerkennung nicht ver sagen kann. __ Nr. 24 : Die maritime Verteidigung Englands und seiner Kolonien. -Ein Feld - Entfernungsmesser. Ein Jahr in Tunis (Schlufs). L'Avenir militaire. Nr. 1476 : Krieg und Marine. Kritik des Dekretes vom 13. Mai , welches alle Streitkräfte zu Wasser und zu Lande, welche zur Küstenverteidigung bestimmt sind, dem Befehl der maritimen Präfekten unterordnet. Rekrutierung der Armee 1890. An der Losung haben 295,707 junge Franzosen Teil genommen, 12,538 A. m . äufsert sich über das stete weniger , als im Vorjahre. Sinken der Zahl der Männer, welche alljährlich ihr 20. Lebensjahr er reichen, beunruhigt. Von jener Zahl waren 30,632 völlig unbrauchbar, dienstfähig 130,453 , für Friedenszeit befreit (art. 17 d . Rekrut. - Ges.) 44,403 ; bedingungsweise befreit (art. 20) 32,504 ; zu Hülfsdiensten A. m. klagt, dafs die geeignet 18,481 ; zurückgestellt 39,231 . physischen Eigenschaften des Kontingentes sehr viel zu wünschen übrig liefsen, dies beweise die sehr grofse Zahl der Zurückgestellten. Zum Dienste in der Land - Armee wurden eingestellt 140,141 , bei der Marine Infanterie und Artillerie 6040. Die Schulbildung betreffend gab es 9,82 % Analphabeten ; 9,28 % die nur lesen ; 21,96 % die lesen und schreiben konnten ; 60,75 % hatten eine bessere Elementar - Schulbildung. Trotz der den Unteroffizieren gewährten Vorteile belief sich die Zahl der Wiederanwerbungen nur auf 4118 gegen 4906 im Vorjahre ; dagegen be trug die Zahl der 3 jährigfreiwilligen 31,641 . Nr. 1482 : Vergessene Lehren des Jahres 1870. Abfällige Kritik der jetzigen Heeres Verfassung. Verf. sagt u. A.: "9 Was wird im Kriegsfalle geschaffen ? Man wird die Zahl haben, aber nichts als dies, nicht wirklich befehligte und in festen Rahmen gefügte Truppen , ungeheure Menschenmassen mit oberflächlicher Ausbildung, u. s. w. 15 Jahrbücher für die Deutsche Armee and Marine. Bd. LXXVI. , 2 .
214
Umschau in der Militär-Litteratur. La France militaire.
Nr. 1829 :
Die Pontonniere.
Bekanntlich
gehören die Pontonnier-Regimenter der französischen Armee zur Artillerie ; F. m. befürwortet lebhaft deren Zuteilung zum Genie-Corps. ――― Die neue strategische Bahnlinie Brienne- Sorcy ist nahezu vollendet ; eine andere, Bourges-Toul, wird demnächst in Angriff genommen. - Nr. 1830 : Das Marine- Budget. In dem der Budget-Kommission erstatteten Bericht wird betont, dafs Frankreich 299 Gefechts-Einheiten habe, Italien 215 , Deutschland 252, Österreich 89 , Russland 197 , England 402. Die Flotte der Triple-Allianz könne folglich 556 Einheiten stellen, denen Frankreich nur 299 entgegen zu stellen habe. Die Verwaltung der Marine- Etablissements wird einer sehr abfälligen Kritik unterworfen. Le Progrés militaire . Nr. 999 : Reorganisation der Territorial Armee . Artikel 47 und 55 des „Cadres-Gesetzes" vom 13. März 1875 sollen dahin geändert werden, dafs in Zukunft jede Regional-Subdivision ein Territorial-Infanterie-Regiment mit verschiedener Zahl von Bataillonen bildet, nebst einem Depot ; die Regimenter befehligen Oberstlieutenants der aktiven Armee. Im Kriegsfalle können diese Regimenter entweder als Besatzungstruppe , oder (in besondere Brigaden, Divisionen und Corps formiert), als Feldtruppe verwendet werden, auch im Anschlufs an die aktive Armee. Man hofft auf diese Weise die in erster Linie ver wendbaren Streitkräfte zu verdoppeln , indem die 15 jüngsten Jahrgänge der Territorial-Armee zu diesen Zwecken Verwendung finden . - ( Die ungeheure Tragweite dieser Mafsregel steht aufser Zweifel und sollte unsern Politikern in ihrem Widerstande gegen unaufschiebbare Reformen zu denken geben. Anm. d . Leit. ) - Nr. 1000 : Davout und Moltke ; Ein empörender Ausfall auf den Feldmarschall Graf Moltke bezüglich seiner Rede, betreffend die Militär- Vorlage. P. m. behauptet, Graf Moltke habe Davout beschuldigt, Hamburg bestohlen (!) zu haben , er habe somit eine schlechte Handlung begangen, das Andenken eines tapferen Soldaten be schmutzt (!! ) u . s. w. Schliefslich macht Verfasser den greisen Feld marschall dafür verantwortlich , wenn dermaleinst die französischen Schwadronen nur Ruinen in den Gefilden jenseits des Rheins zurück lassen sollten !! (Wir meinen , Baden und Rheinpfalz zumal, können bereits ein Lied vom Vandalismus züggelloser französischer Horden singen) . La Belgique militaire. Nr. 1000 : Die glatten belgischen Ge schütze. Mit solchen sind zum Teil noch die Forts von Antwerpen armiert. B. m. verlangt deren schleunigen Ersatz durch gezogene , Ant werpen hat etwa 40-50 verschiedene Geschützarten : „ ein wahres Altertums Museum. " Die Wiederherstellung der Ausrüstung unserer Festungen. ――――― Die Versuche mit neuen Lanzen von Bambusrohr haben gute Ergebnisse gehabt. Die Bambuslanze hat eine Länge von 2,85 m , ein Gewicht von 1,27 kg gegenüber den ebenfalls zum Versuch gestellten deutschen Stahllanzen , die 3,20 m lang und 1,932 kg schwer sind. Nr. 1001-3 : Allgemeine Wehrpflicht . -- Die Geschützfrage vor
Umschau in der Militär-Litteratur. der Kammer und dem Senat. der drei Waffen in Brüssel. ――
Studie über unsere Kavallerie .
215
Manöver
Allgemeine Schweizerische Militärzeitung. Nr. 21-24 : Bewegung in der französischen Armee. Interessante Studie über die Fortentwickelung der militärischen Macht Frankreichs, an der Hand des „Etat militaire de la France" , 1819 zum ersten Male erschienen, und des „Annuaire de l'armée française" von 1890. ―――― Übungskurse der Infanterie 1889. - Das Nach (Für rauchfreies brennen beim Schufs , seine Ursachen und Folgen. Pulver). Schweizerische Monatsschrift für Offiziere aller Waffen. (Mai . ) Der Feldzug Julius Cäsar gegen die Helvetier im Lichte der Kritik (Fortsetzung) . - Der Feldkrieg bei Nacht (Schlufs) . - Das Operative im Truppen zusammenzug von 1889 (II). Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie. (Mai.) Ergebnisse. Der jetzige Beschlag von Fahrversuchen mit 8,4 und 12 cm Munition . für unsere Armeepferde und weitere Vorschläge im Hufbeschlagwesen. Die schweizerische Kartographie an der Weltausstellung von Paris 1889 und ihre neuen Ziele. -――- Die heutige Gefechtslehre und Gefechtsausbildung nach den Anschauungen des deutschen Generalstabes. Revue militaire suisse . Nr. 6 : Der Dienst im Felde vom Standpunkte der „Ordres de bataille". --- Die Artillerie-Taktik in Beziehung zum klein kaliberigen Gewehr und rauchlosen Pulver. Schiefsplätze. Admiralty and Horse Guards Gazette . Nr. 296 : Bespannung der Militär - Fahrzeuge . Die fehlerhafte Konstruktion der Geschirre der Fahrzeuge, besonders aber der Geschütze wird nachgewiesen , werden Änderungen vorgeschlagen. Nr. 291 : Hunde zu militärischen Zwecken . Die Einführung von Hunden in der Armee, besonders zur Begleitung von Patrouillen bei Nacht, wird empfohlen. - Das Bombardement von Dover.
Schilderung des Verlaufs des von den vereinten Land- und See
kräften bei Dover, Ende Mai, stattgehabten Manövers. The Army and Navy Gazette. Nr. 1580 : Über Kavallerie.
Der
Oberst Grave schildert in einem Vortrage den ungenügenden Zustand der englischen Kavallerie. Die Schwadronsstärke von 106 Pferden müsse auf 150 erhöht werden , auch die Bewaffnung und Ausrüstung stände den Kavallerien der übrigen Europäischen Grofsmächte nach . — Nr . 1581 : Schiefsdienst in Indien . Die englischen Truppen wie die eingeborenen in Indien haben solche Fortschritte im Schiefsen gemacht, dafs sie in ihren Leistungen den in England stehenden Truppen gleichkommen. Miliz truppen für die Kolonien. Das Gesetz , das die Verwendung der Miliztruppen aufser Landes nicht gestattet, wird als veraltet bezeichnet . Es wird volle Gleichstellung der Miliz mit dem stehenden Heere verlangt. - Nr. 1582 : Vergleichsschiefsen zwischen französischen und deutschen Geschützen. Die chilenische Regierung hat in Baluco bei Santiago Vergleiche zwischen französischen und deutschen Geschützen ver schiedenster Kaliber stattfinden lassen. Nach dortigen Berichten sind die. 15*
216
Umschau in der Militär-Litteratur.
Krupp'schen schweren und die französischen Feldgeschütze als die besten erklärt. Das Krupp'sche 72 cm Schnellfeuergeschütz hat über das 8 cm Geschütz de Bange grofse Überlegenheit gezeigt, ersteres hat 582 Schufs in 65 Minuten, letzteres nur 105 in 160 Minuten abgegeben. Die Ein ――――――― führung Krupp'scher Geschütze wird empfohlen. Nr. 1583 : Die deutsche Kavallerie. Der Major Har Fox schildert in einem Vortrage den Dienst betrieb in der deutschen Kavallerie und die hervorragenden Leistungen derselben, gegen die die englische Kavallerie weit zurückstände. ――― -Nr. 1584: Über Festungsartillerie. Die Thätigkgeit der Festungsartillerie bei dem letzten Land- und See-Manöver bei Dover wird beschrieben .
Russisches Artillerie-Journal. April. Das neue Exerzier reglement der deutschen Feld - Artillerie wird in eingehendster Weise in Fort setzung der Kritik im Märzheft besprochen. Der 4. Teil desselben („ Gefecht “) findet sich, sogar unter Beibehaltung der Paragraphen , wörtlich wieder gegeben. ―― Die Redaktion begründet diese besondere Berücksichtigung durch folgendes charakteristische Urteil : „ Das neue Ex. R. für d. d. F.-A. hat an Klarheit und Kürze nicht seines Gleichen. Es erreicht das von uns der Besprechung vorangestellte ideale Ziel jedes Reglements. " Russisches Ingenieur- Journal. (April.) Die provisorischen Be Raaben. Verf. sucht eine Lücke in der russ. festigungen von v. Raaben. Mil.- Litt. auszufüllen , welche in den letzten 20 Jahren zahlreiche Artikel über die permanente und die Feld-Befestigung, aber fast nichts über diesen Gegenstand gebracht hat, trotz der Fortschritte der Belagerungs mittel. Im Laufe der eingehenden Untersuchung kommt Verfasser zum Schlufs , dafs durch die Aufgabe der Graben-Bestreichung und der bomben sicheren Blendungen in den Forts die periodische Befestigung der permanenten ähnlich geworden . Ihre Hauptstärke mufs heute in einer durchdachten Konzentrierung der Feuerwirkung , nicht in künstlichen Befestigungsmitteln gesucht werden . Beresowski's Raswiedtschik. Nr. 26 enthält mit einem Bild des Schrift stellers eine Übersicht über die vorzugsweise den Dienst der Kavallerie und die Taktik behandelnden Werke W. Suchomlinow's. - Beschreibung der telephonischen Verbindung auf den Vorposten , speziell des Apparates des Porutschik Ssokolski. Der russische Invalide 1890. Nr. 74-104 : Der reiche Inhalt dieser Nummern hat teilweise schon Erwähnung gefunden . Wir geben hier nur aus Nr. 96 und 97 kurz den Hauptinhalt , die Übungen der russischen Armee im kommenden Sommer betreffend wieder. Es finden in allen Militärbezirken des europäischen Russlands und in dem Turkestanischen, Omsker sowie dem transkaspischen Gebiet gröfsere Zusammenziehungen statt. Kleine Abweichungen in der Zeiteinteilung der Übungen in kleinen Verbänden derselben Waffen und in den Übungen mit gemischten Waffen sind in mehreren Bezirken angeordnet. So ist z. B. im Petersburger Militärbezirk die erstere Periode für die Infanterie auf 7 , im Moskauer und Warschauer auf 10-11 Wochen verkürzt, im ersteren in Folge des
Umschau in der Militär-Litteratur.
217
späteren Beginns der Sommer- Übungen, in den letzteren wegen des früheren Anfanges der Übungen mit gemischten Waffen. - Für die Artillerie wurde wegen der Verlängerung der Schiefsübungen bis auf die Dauer von 8 Wochen die erstere Periode um 2-6 Wochen in der Mehrzahl der Militärbezirke verkürzt. Bei der Kavallerie werden die Übungen innerhalb der Divisionen (spezialno-kawalleryskije osbory) um 2 Wochen in den Militärbezirken Moskau und Petersburg und um eine Woche in den Bezirken Kijew, Odessa und bei zwei Divisionen des Bezirks Wilna verkürzt, dagegen um 2 Wochen bei der Kaukasischen Kavallerie-Division verlängert. In einigen Bezirken werden auch Manöver mit Quartierwechsel entweder an Stelle der Lagerübungen oder neben denselben ausgeführt werden, Übungen, welche bis vor kurzem der russischen Armee fremd waren. Die bedeutendsten Übungen werden bei Krasnoe Sselo, Warschau, Tschujujew, sowie als Marschmanöver am rechten Ufer der Weichsel und des Bug und zwischen Bender und Odessa stattfinden . Im Allgemeinen werden die 17. Manöver überall am 1. September beendet sein. Rivista militare italiana. ( Mai ) : Der Einmarsch nach Frank reich 1814. Eine strategische Studie. Für die Defensive Napoleons wird das Zurücklassen schwacher Kräfte am Rhein zwischen Mainz und Coblenz , Sammlung aller übrigen Kräfte bei Dijon, die äufsere Flanke durch Bescançon und Belfort geschützt , empfohlen. Der Gegner soll dann bis zu den Ardennen- bezw. Argonnenpässen vorgelassen und wenn er nicht. auf Paris marschiert, defensiv erwartet, wenn er auf Paris vorgeht aber in der Flanke angefallen werden. Esercito italiano. Nr. 67 : Ein berufung von Leuten des Be urlaubtenstandes. Auf 28 Tage werden einbeordert alle Leute der I. Kategorie des Jahrganges 1864 einschliefslich der Offiziere di complemento, die zu diesem Jahrgang gehören und zwar zum gröfsten Teile zur Ver stärkung der Etats der an den grofsen Manövern teilnehmenden Truppen, so wie die Leute I. Kategorie des Jahrganges 1863 , die im vorigen Jahre nicht übten. - Nr. 70 : Diskussionen über die diesjährige Rekruten Aushebung. Der Kriegsminister lehnte ab, die in diesem Jahre aus Ersparnisrücksichten verlängerte Rekrutenvakanz dauernd einzuführen , ebenso die Herabsetzung der aktiven Dienstzeit auf 2 Jahre und behielt sich vor, bezüglich der Mobilmiliz einen Gesetzentwurf einzubringen, der ihren Umfang erweitert. Sein Vorschlag, den Jahrgang 1857 , der gesetzlich am 31. Dezember 1890 zum Landsturm übertreten sollte, noch ein Jahr der Mobilmiliz (Landwehr) zuzurechnen , wurde genehmigt. Der Bericht der Budgetkommission über das Budget pro 1990/91 schlug vor, dasselbe nach Vollzug der Abstriche ( 10,002,330 Lire ) in der Totalhöhe von 281,721,921 Lire zu genehmigen. Das Budget wird daher um 20,993,030 Lire niedriger sein, als das des laufenden Jahres. Die bilancierte Stärke des italienischen stehenden Heeres wird 1890/91 14,489 Offiziere, 3646 Beamte, 232,022 Mann, 50,604 Pferde, die organische dagegen 261,980 Mann, 52,570 Pferde aufweisen.
Umschau in der Militär-Litteratur.
218 L'Italia militare
e
marina.
Nr. 25 :
Die nächsten Sommer
übungen. Bemerkenswert ist der gröfsere Prozentsatz von Truppenteilen, die in diesem Jahre in Gebirgsgegenden üben. Nr. 29 : Die grofsen Manöver. Die I. Periode derselben , in welcher die Divisionen der beiden Corps gegeneinander operieren, die beiden Kavallerie- Divisionen Auf klärungsdienst im grofsen Style gegeneinander üben, dauert vom 17. - 23 . August, die II. Manöver der beiden Corps gegeneinander, vom 24. - 30. August, Gelände zwischen dem Mincio und dem Chiese . ――― Nr. 34: Das Kontingent für die Flotte wird in diesem Jahre 3500 Köpfe umfassen. Auf die 1000 Mann, die dem Marineminister und der nicht seemännischen Bevölkerung überwiesen werden sollten, hat derselbe aus Ersparnisgründen verzichtet. Revista scientifico- militar (Spanien) . leusen und der Maxim- Geschütze.
Nr. 11 : Die Mängel der Mitrail
Memorial de Ingenieros del Ejercito (Spanien). Nr . XI : Tragbare Rampen für den Bahntransport von Kavallerie und Artillerie. ―――― Die Verteidigung von Lissabon. Revista tecnica de Infanteria y Caballeria (Spanien) . Nr. 1 : Hand feuerwaffen. Revista dos sciencias militares (Portugal). Nr. 58 : Die Organisation der Ingenieurtruppen in den verschiedenen Staaten. Revista militar de Chile. Nr. 44 : Ein Geschütz mit 800 m Anfangs geschwindigkeit (System Camt , 10 cm). Krigsvetenskaps - Akademiens - Handlingar (Schweden) . 9. u . 10. Heft: Statistik über den Übertritt von Leuten der Stammmannschaft zur Indelta Armee von 1860-1888. Norsk. militaret. Tidsskrift ( Norwegen).
5. Heft :
Episoden aus dem
Kriege 1716 .
II. Bücher . Geschichte des rheinischen Ulanen - Regiments 1815-1890 . Auf Befehl des Regiments- Commandeurs zusammengestellt von Kusenberg , Sekondelieutenant im Regiment . Mit Bild nissen , Uniformbildern und Karten . Berlin 1890. E. S. Mittler & Sohn.
148 Seiten.
M. 4.
Das Regiment hat zweimal das Mifsgeschick ganz oder teilweise, einzubüfsen . Zum ersten Male Errichtung ; zum zweiten Male 1870, als dieselben Der durch Sicherheit gebracht werden sollten .
gehabt, seine Akten, 1815 , im Jahre seiner vor den Franzosen in die Verluste bedingte
Mangel an Quellen kommt schon in der äufseren Erscheinung des Buches, in seinem verhältnismäfsig geringen Umfange, zum Ausdruck und in dem Umstande , dafs demselben leider die zu einer Regimentsgeschichte ge hörigen Personalnachweise fehlen. Gerechtfertigt wird der letztere Ausfall
Umschau in der Militär-Litteratur.
219
dadurch nicht.
Denn Manches hätte sich auf anderem Wege herbei schaffen lassen , alles was seit Mitte Juli 1870 geschrieben ward ist vor handen und die Regiments-Bibliothek besitzt eine Zusammenstellung der kriegerischen Thätigkeit des Regiments „einen vollständigen Zu- und Abgangsnachweis und verschiedene Ehrentafeln " bis zum Jahre 1865 (S. 40). Trotzdem ist die Teilnahme des Regiments an der Bekämpfung des badischen Aufstandes im Jahre 1849 vollständig unberücksichtigt ge blieben.
Stände nicht auf Seite 33 , dafs das Regiment in dem kurzen
Feldzuge nur sehr wenig zur Thätigkeit gekommen sei, so würde der Leser gar nicht wissen, dafs es denselben mitgemacht hat. Dergleichen. Lücken sind umsomehr zu bedauern , als andere Zeiten und Verhältnisse sehr hübsch geschildert sind. Dahin rechnen wir die ganze Darstellung der Teilnahme am letzten deutsch-französischen Kriege . Hier ist es vor allem die denkwürdige Zeit, in welcher das Regiment vor und bei Beginn der Feindseligkeiten, zuerst ganz allein , dann verstärkt durch ein einziges Füsilier-Bataillon, die äufsersten Vorposten innehatte und von diesem ge fährdeten Platze aus noch kecke Unternehmungen in das feindliche Gebiet machte. Aber auch während des Winterfeldzuges im Norden Frankreichs, in einem schwierigen und anstrengenden Sicherungs- und Aufklärungs dienste und bei vielen dadurch herbeigeführten Zusammenstöfsen, bot sich mannigfache, gern und geschickt benutzte Gelegenheit zur Auszeichnung. Das Regiment stand damals im Verbande der 3. Kavallerie- Division . Hübsch und anschaulich ist ferner, auf Grund eines Tagebuches, die Zeit geschildert, in welcher während der Zugehörigkeit zu dem nach dem zweiten Pariser Frieden in Frankreich verbliebenen Besatzungsheere , die Stammtruppen teile allmählich zu einem Ganzen verschmolzen wurden. Es waren Hell wig'sche und Schill'sche Husaren und sächsische Prinz Clemens Ulanen , dem buntscheckigen Anblicke , welchem ihr Äufseres bot , entsprach die innere Beschaffenheit . Eins der Uniformbilder zeigt den Husaren Hellwigs im roten, weifsverschnürten Dolman englischen Ursprungs mit der Lanze in der Hand, den Schill'schen im dunkelblauen Pelz mit gelbem Besatz, den Ulanen in der Litewka , von der Czapka bis zum Stiefel hinunter hellblau . Auch von den Stammtruppen wäre erwünscht gewesen etwas mehr zu erfahren als im Buche steht. Von den Ulanen ist gar nichts gesagt, von den Schill'schen wenig mehr als dafs Oberstlieutenant v. Schill, ein Bruder des 1809 gefallenen Major v. Schill, sie geführt hatte. Hier über etwas zu bringen , war um so mehr angezeigt , als die Persönlich keiten der beiden Brüder schon mehrfach zu unliebsamen Verwechslungen Anlafs gegeben haben. Die Husaren des einen hatten mit denen des andern gar nichts gemein. Dafs Hellwig am 17. Mai 1813 mit 300 Mann , bei einem Verluste von 5 Toten und Vermifsten, sowie 20 leicht Ver wundeten, gegen mindestens 1000 feindliche Reiter gekämpft habe, welche 150 Tote und Verwundete , sowie einige Gefangene verloren , klingt trotz der Lanzen, mit welchen das erste Glied der Husaren bewaffnet war, un wahrscheinlich . Von der Teilnahme am Feldzuge des Jahres 1866 war
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Umschau in der Militär-Litteratur.
wenig zu sagen. Das Regiment hat denselben hauptsächlich als Zuschauer mitgemacht. Zuschauer" indessen in anderem Sinne , als beim Kriege gegen Dänemark, von welchem es heifst : „Im Jahre 1864 hatte das Regi ment die Rolle des unthätigen Zuschauers spielen müssen. " Denn damals standen die Ulanen an der Saar, 1866 waren sie in Böhmen an Ort und Stelle. Dafs das Erscheinen des kronprinzlichen Heeres am 3. Juli den Österreichern den Rückzug auf Josefstadt verlegt habe , ist wohl ein 14. Schreibfehler. Das Leben des Generallieutenant Heinrich Wilhelm v. Horn, E. S. von Wellmann , Premierlieutenant. Berlin 1890. Mittler & Sohn .
Preis 4,60 M.
Das vorliegende Werk ist entstanden aus dem Bestreben, den Namen des Generals v. Horn, des heldenmütigen Gefährten des eisernen York auf dem Siegeszuge von der Düna bis zur Seine, in dem Regiment zu ver ewigen, welches durch die Gnade Kaiser Wilhelms II. seit dem 27. Januar 1889 den Namen v. Horn trägt. Ein altpreufsischer Soldaten-Charakter, wahrlich geeignet der heutigen Generation zum Vorbilde und zur Nach eiferung hingestellt zu werden, wird in vortrefflicher Weise vom Verf. geschildert. Kann es ein herrlicheres Zeugnis für einen Soldaten geben, als jene Worte York's (Seite 139 ) an Horn : "9 Vom Niemen bis zur Seine war ich fast täglich Zeuge Ihrer Kühnheit und Ihrer Thaten. Mit jetzt noch staunendem und dankbarem Herzen sehe ich zurück auf Ihren grofsen Willen und Ihre hohe Kraft bei Grofs-Goerschen, an der Katzbach, bei Wartenburg, beim blutigen Möckern, bei Laon; immer sehe ich den Mut beseelten und Mutbeseelenden Horn vorauf und den Sieg ihm folgen.... Der König erkannte Ihre Verdienste in Ihrer hohen Stellung, das Vater land zählt Sie unter die tapfersten, an nichts verzweifelnden Führer ; und wenn die Geschichte sich treu und wahr bleibt, so wird Ihr Andenken und Ihr Name dem Heere noch in spätester Zeit ein aufmunterndes Bei spiel sein ! " ― Wahrhaft prophetische Worte, welche mehr wie alles andere für die Bedeutung des Namens Horn sprechen. Wir sind gewifs, dafs das Buch alle Zeit im Regiment v. Horn und darüber hinaus eifrige Leser 17. finden wird. Das Offizier- Corps des Infanterie- Regiments v. Horn (3. Rhei nisches) Nr. 29. 1815-1890 . Gedenkblätter im Auftrage des Regiments zusammengestellt, von Wellmann , Premier lieutenant. Berlin 1890. E. S. Mittler & Sohn. Die vortreffliche, aus echt preufsischem Soldatenherzen kommende Vorrede des Regiments -Commandeurs zeichnet mit markigen Worten den Zweck des Werkes. Mit den Ranglisten der Jahre 1815-90, mit den kurzen Lebensläufen der Offiziere, welche seit der Stiftung des Regiments in dessen Reihen dienten , endlich mit der Ehrentafel der vor dem Feinde Gefallenen soll die Kunde jedes Einzelnen im Regimente, das doch nur
Umschau in der Militär-Litteratur.
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ein Spiegelbild seines Offfzier-Corps ist, in ersterem bewahrt werden. Möge dieser vortreffliche Gedanke im Heere vielfachen Widerhall finden und jedes Offizier- Corps sich eine solche Stammliste schaffen ! 17. Strategisch-taktische
Aufgaben
nebst
Lösungen ,
von
H.
v. Gizycki . Heft 4 und 5. 4. nach der Felddienst - Ordnung umgearbeitete und wesentlich vermehrte Auflage . Hannover 1890. Helwing'sche Buchhandlung . Wir begrüſsen mit ganz besonderer Freude die neue , allen An forderungen entsprechende, mit 3 Übersichtskarten und 6 Generalstabs karten versehene Auflage des 4. und 5. Heftes und verbinden hiermit den Wir Wunsch, dafs recht bald die Fortsetzungen erscheinen mögen. können dieselbe als wertvollen Berater bei Stellung von Aufgaben für 17. Manöver oder Kriegsspiel nur auf das Wärmste empfehlen .
Infanteristische Litteratur. 1. Handbuch für die Offiziere des Beurlaubtenstandes der Infanterie. Berlin 1890. E. S. Mittler & Sohn. Subskriptionspreis 5 Mk. Das seit längerer Zeit angekündigte und „ bezüglich seines ge sondert erschienenen I. Teiles und 8. Abschnittes des III. Teiles, bereits an dieser Stelle (s. Maiheft) besprochene Werk liegt nun vollendet vor. Dasselbe enthält in der That, wie die Verlagsbuchhandlung in ihrem Prospekte sagt, alles für den Dienst der genannten Offiziere Wissenswerte in übersichtlicher und handlicher Form. Der Inhalt zerfällt in 4 Teile, deren I. Die Einleitung , der II.: Der innere Dienst ; der III.: Der äufsere Dienst ; der IV: Mobilmachung betitelt ist. Der II. Teil behandelt in 4 Abschnitten die Kenntnis der allgemeinen Dienst verhältnisse , den inneren Dienst der Compagnie, Disziplin, Gerichtsdienst Ehrengerichte und Verwaltung. Der III. in 7 Abschnitten (5. - 11 . ) den Dienstunterricht, Turnen und Bajonettieren ; Exerzieren ; Waffen , Munition und Schiefsen ; Gefechtslehre ; Felddienst ; Garnisondienst. Die Bewältigung dieses umfangreichen Stoffes ist einer gröfseren Zahl von Offizieren ab schnittweise übertragen worden, die Gesamtbearbeitung übernahm Oberst lieutenant z. D. Transfeldt. Um das Werk für den Gebrauch handlicher zu gestalten, wurden sehr zweckmäfsig die einzelnen Abschnitte gesondert geheftet und das Ganze in starkem Leinwandband -Einbande vereinigt. Dafs der Bearbeitung die neuesten Dienstvorschriften zu Grunde gelegt wurden, ist selbstverständlich und stellen die einzelnen Abschnitte einen für den betreffenden Leserkreis genügenden Auszug aus denselben dar . Anders ist es zum Teil mit dem 9. Abschnitt : „ Gefechtslehre “ . Der selbe ist unter Anlehnung an das Exerzier- Reglement, eine selbstständige Arbeit, welche die Hand eines erfahrenen Taktikers verrät . Wir halten diesen Abschnitt für einen besonders gelungenen ; das Gleiche gilt für den 10. Abschnitt : „Felddienst" . Das Werk, welches einem wirklichen Be dürfnisse entspricht, wird sich zweifellos zahlreiche Freunde gewinnen und
Umschau in der Militär-Litteratur.
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dürfte selbst den jüngeren aktiven Offizieren eine willkommene Gabe sein. 2. Taschenbuch für den Schiefslehrer bei den Ziel übungen, im Entfernungsschätzen und in der Verwendung der Waffe. Von von Brunn, Major und Bataillons-Commandeur. Dritte auf Grund der Schiefsvorschrift und des Exerzier-Reglements von 1889 umgeänderte Auflage (Infanterie- Ausgabe).
Mit 10 Abbildungen im Text. Berlin 1890.
Verlag der Liebel'schen Buchhandlung. Preis : 1,20 Mk. Wir können bei der hervorragenden Wichtigkeit des Schiefsdienstes dieses Hülfsbuch, durch welche das Gold der dienstlichen Vorschrift gewissermaſsen in die kleine Münze für den täglichen Gebrauch umgesetzt wird , nur dringend empfehlen. In einem Anhange ist eine für den Korporalschafts - Führer bestimmte " Kontrole für Schiefsen, Zielen, Entfernungsschätzen" beigefügt. 3. Handtafel für den Schiefslehrer. Verlag der Liebel'schen Buchhandlung. Preis : 40 Pf. Diesdlbe enthält in Taschenformat auf steifem Papier graphische Darstellungen der verschiedenen Scheibenarten für das Schulschiefsen, sowie der Fehler beim Zielen und Abkommen, dann der Scheiben für das gefechtsmäfsige Einzelschiefsen (Bestrichene Räume, mittlere Flughöhen , Treffgenauigkeit, Haltezettel) ; endlich kurze Anweisung für das gefechtsmäfsige Abteilungsschiefsen : Visieranwendung, Haltevorschrift , Feuerwirkung , Feuerart , Kommando und Feuerdisziplin. 4. Anhalt für den Unterricht des Einjährig - Freiwilligen und der Reserve - Aspiranten der Infanterie. Bearbeitet von Binde wald , Premier - Lieutenant. Potsdam 1890. Verlag von Eduard Döring. Zweck und Eigenart dieses Büchleins erhellen aus dem Zusatz auf dem Titel : "Zum Gebrauch für den Offizier des Beurlaubtenstandes mit ein 4.
gehender Behandlung des 2. Teils, „ Gefecht " , des Exerzier-Reglements (Ab und aus der druck 1889) und Berücksichtigung des Gewehrs 88. , Vorrede, der zufolge die Arbeit ein Anhalt sein soll, einmal für den Lehrer für seine Vorbereitung zum Vortrag, ―――― sodann für den Schüler endlich Beiden zur Er für die Repetition und für das Selbststudium , sparung des zeitraubenden Diktierens bezw. Nachschreibens. Die Frage, ob das Bedürfnis nach einem anderen derartigen Leitfaden vorlag, mufs im Hinblick auf die vielfachen, zum Teil trefflichen Unterrichtsbücher ――― bejahet werden, dagegen gleicher Art und Absicht verneint werden , die Frage, ob der Neuling brauchbar und empfehlenswert sei. Besonders geglückt ist dem Verfasser die Zusammenstellung des ausgedehnten, aber wohl gesichteten Stoffes in klare, knappe Sätze, bei denen durch Wort fassung und Druck das Wichtigste hervortritt. Solche Lehrmittel veralten erfahrungsmäfsig schnell durch die Änderungen der Reglements und Vorschriften . Wir geben dem Verfasser für eine etwaige zweite Auflage einige Punkte zur Erwägung. Ist die Erklärung des „ kleinen Krieges" (§ 216 ) wohl erschöpfend bezw. ganz zutreffend? Und doch sind die Offiziere des Beurlaubtenstandes, wenn sie bei Landwehrtruppen stehen , recht veranlafst, sich in die Eigentümlichkeiten der Unternehmungen des
Umschau in der Militär-Litteratur.
kleinen Krieges hineinzufinden . . . Feldpionier - Vorschrift dings der
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Werden die Abmessungen der aller für die Infanterie" entnommenen
Schützengräben bezw. der Brustwehren hinreichen, auch gegen die Durch schlagskraft der Geschosse der Kleinkalibergewehre? Ein Hinweis auf die bezüglichen Angaben der neuen Schiefsvorschrift erscheint geboten, ebenso ein Vermerk beim Abschnitt „Verteidigungs - Einrichtungen " von Mauern, Zäunen, Hecken, Gebäuden, dafs der Wert derselben ganz erheblich ge sunken ist, insofern sie bei nicht bedeutender Stärke an sich keinen wirk samen Schutz gegen das feindliche Infanterie- geschweige denn Artillerie Feuer bieten. Man wird häufig besser thun , sich vorwärts- oder seitwärts dieser Gegenstände hinzulegen, als dieselben zur ――― oft trügerischen -34. Deckung zu verwerten. Neuheiten der französischen Militär- Litteratur. Folgende Werke aus dem Verlage von H. Charles-Lavauzelle , Paris und Limoges 1890, sind uns neuerdings zugegangen : 1. Instruction théorique du soldat ou théories dans les chambres par demandes et réponses, par G. Le Grand , capitaine adjudant-major au 71 eme régiment d'infanterie. 4e édition. Das Büchelchen ist für den theoretischen Unter richt des Infanteristen bestimmt und behandelt in Fragen und Antworten Alles, was demselben über inneren und äufseren Dienst in der Garnison und im Felde zu wissen not thut. 2. Conseils aux sous - officiers et caporaux par A. B. Faurie , capitaine au 66° d'infanterie . Eine kurz gefafste Instruktion für das Verhalten der Unteroffiziere als Vor gesetzte im Allgemeinen , bei Inspizierungen im Besonderen . _____ 3. In struction ministerielle du 25. octobre 1887 sur le Service Pré votal reiche merie, lichen
de la Gendarmerie aux Armées. 2e édition . Eine sehr umfang Instruktion über den Dienst und die Befugnisse der Feld- Gendar verbunden mit zahlreichen Schemas zur Anfertigung von dienst Meldungen und Rapporten. 4. Les remontes. Réponse à
Monsieur Casimir Périer. Preis 0,50 fr. Anknüpfend an die auch in den Jahrbüchern " erwähnte Thatsache, dafs ein französisches Kavallerie Regiment anstatt 677 nur 580 Mann beritten machen könne im Kriegs falle, da 86 junge, undressierte Pferde eigentlich nur auf dem Papier" vorhanden sind, wird von einem „ höheren Kavallerie- Offizier, " welcher die Frage nochmals eingehend beleuchtet , der Deputierte Casimir- Périer der Dankbarkeit der Kavallerie versichert , dafs er die Frage im Parlament angeregt habe. 5. Notes sur la Religion musulmane en Algérie. (Extrait de la Revue d'infanterie). Eine sehr interessante Monographie über den Islam , dessen Geschichte, Lehrsätze und Kultus. Die Broschüre verdient, da es sich in den Kreisen der Bekenner dieser Religion stark zu „regen" beginnt , und der Panislamismus an Ausdehnung zusehends ge winnt, Beachtung. Verfasser meint, alle Gläubigen würden den höheren Weisungen blind gehorchen, ""wie der Leichnam in den Händen des Totenwäschers .“ 4.
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Umschau in der Militär- Litteratur.
Wolfram-Geschosse. Von R. Wille, Oberst à la suite des Fufs Verlag von Artillerie - Regiments Encke. Berlin 1890. R. Eisenschmidt. Das Wolfram gehört zu den in gröfseren Leserkreisen wenig bekannten Metallen, seine Erze sind Begleiter der Zinnerze und verursachen beim Verhüllen der letzteren eine hochgradige Verschlackung des Zinns ; wegen dieser quasi „ Gefräfsigkeit " dem Zinn gegenüber sprach man von „ Wolf“ oder „ Wolfrig", woraus der wissenschaftliche Name Wolfram entstanden ist. Man hat bisher von Wolfram sehr wenig Gebrauch gemacht, man findet es hauptsächlich nur als Zusatz des Stahls im Wolframstahl und in feinen Salzen zur Herstellung der Wolframfarben verwendet. Eine Ausbeute im Groſsen konnte dadurch nicht hervorgerufen werden und da man zu solcher keinen Anlafs hatte, unterliefs man es, seinem Vorkommen ernstlich nachzuforschen, dies hat Anlafs zu der stehenden Kennzeichnung gegeben : ", Wolfram, sprödes , hartes, sehr dichtes Metall, von seltenem Vorkommen ". Damit wäre wohl noch auf lange Zeit das Schicksal des Wolfram besiegelt gewesen, hätte nicht der in der Armee wohlbekannte Gewehrballistiker und Gewehrtechniker Major a. D. Mieg *) schon vor einer Reihe von Jahren den Gedanken ins Auge gefafst, dieses Metall von so grofser Eigenschwere und Härte als Substanz für Gewehrgeschosse ins Auge zu fassen, wozu die damals in Diskussion stehende Verminderung des Gewehrkalibers besonders aufforderte. Die „Jahrbücher" haben zuerst unter den militärischen Zeitschriften auf Grund eigener Informationen der Mieg'schen Be strebungen, wenn auch nur kurz, Erwähnung gethan, vergl . darüber die militärtechnische Umschau im Septemberheft 1889 (Band 72, Heft 3) ; zwei politische Blätter, die Berliner „ Post " und die Münchener „Allgemeine Zeitung" , hatten darüber bereits Artikel gebracht, die letztere einen sehr eingehenden. In den Jahrbüchern wurde u. a. erwähnt, dafs noch Zweifel vorlägen, ob die Gewinnung des Wolfram in genügendem Umfange möglich sei, um eine Massen-Fabrikation von Gewehrgeschossen ins Leben zu rufen. Die Interessenten glauben indes heute, dafs diese Zweifel gehoben seien und berufen sich auf umfassende Nachforschungen. Späterhin hatte das Archiv für Art.- und Ingen . - Offiziere, im Okt.- Nov.-Heft 1889 ,
in
einem eingehenden Artikel die Frage der Wolfram- Geschosse für Gewehre einer lehrreichen Betrachtung unterworfen deren Endergebnis zwar kein völlig günstiges war, indes die ballistischen Vorteile , die nach Über windung einzelner, noch bestehender Hindernisse sich ergeben müssen, in vollem Mafse anerkannte und im Vergleich mit dem damals bestehenden besten Kleinkaliber - Gewehr , demjenigen Frankreichs , wissenschaftlich begründete. Heute liegt nun eine besondere Schrift über Wolfram - Geschosse vor, deren Titel unserer Besprechung vorangestellt ist. Dieselbe entstammt *) Verfasser der bekannten Schrift : 99 Die Verwendung des Inft.-Gew. M/71 “, Berlin 1877.
Umschau in der Militär-Litteratur.
225
der Feder eines höheren Offiziers, der auf dem Gebiete der Waffen Konstruktionen nicht blofs theoretische Studien für sich hat, sondern eine lange Reihe von Jahren in der militärischen Technik rein praktische Thätigkeit entwickelt hat und zwar in einflussreichen Stellungen, zuletzt als Direktor der Artillerie-Werkstatt Spandau. Die Schrift des Obersten Wille ist, wie nicht anders zu erwarten, von hohem wissenschaftlichen Wert ; sie hat das Programm insofern erweitert, als sie auch die Ver wendung des Wolfram zu Artillerie-Geschossen in den Kreis der Betrachtung gezogen hat. Man kann die Aussichten , welche sie der Entwicklung der Frage eröffnet , als vorherrschend günstige bezeichnen , ja sie entrollt ein Zukunftsbild der Gewehrkonstruktion , das die Verwendung des Wolfram -Metalls zu Gewehrgeschossen geradezu gebieterisch erheischen wird, wir meinen die weitere Verminderung der Gewehrkaliber unter 7,5 mm , was nach dem Vorgang von Jagdgewehren bis 6 mm schon praktisch durchführbar erscheint. Die Schrift des Obersten Wille zerfällt in 5 Abschnitte, davon be trachtet der erste als Einleitung das kleine Kaliber überhaupt , während der zweite dem Metall Wolfram in chemischer und mineralogischer Be ziehung gewidmet ist. Der dritte oder Hauptabschnitt handelt von den Wolfram-Geschossen für Handfeuerwaffen, woran sich ein kürzerer vierter Abschnitt : "7 Wolfram - Geschosse für Geschütze" schliefst. Der fünfte Abschnitt endlich behandelt Bedarf, Vorkommen und Preis des Wolfram. Sechs Anlagen ballistischen Inhalts bilden den Schlufs. Es würde uns zu weit führen, wollten wir auch auf die Begründung der ballistischen Vorzüge der Wolfram-Geschosse für Gewehre, die das Hauptthema bildet , hier näher eingehen. Wohl aber sei es uns vergönnt anzudeuten, wie sich Verfasser die Gewehre denkt . denn sie würden dingen, die aus
Rolle des Wolfram bei fernerer Kaliber- Verminderung der Hier scheinen ihm Hartblei- Geschosse ganz ausgeschlossen, bei einer entsprechenden Querschnittsbelastung Längen be ballistischen Gründen ausgeschlossen sind. Verfasser be
rechnet unter Zugrundelegung des 7,5 mm Wolfram - Geschosses der Konstruktion Mieg (beiläufig von 33 mm gleich 4,4 Kaliberlänge , 19,3 g Gewicht und 0,437 g Querschnittsbelastung auf den Quadratmillimeter, gegen 0,28 g Querschnittsbelastung des 8 mm Hartblei-Geschosses von 14 g und 0,30 g desjenigen von 15 g Gewicht) die Querschnittsbelastung beim 7 mm Wolfram-Geschoss auf 0,4077, bei 6 mm auf 0,3495 g. Um gleiche Querschnittsbelastungen zu erzielen, müssten die Hartblei- Geschosse jener Kaliber 46,2 bezw. 39,6 mm lang werden (entsprechend 6,6 Kaliber) , während die Wolfram- Geschosse 30,8 bezw. 26,4 Länge bedingen. Bei den errechneten Längen der Hartblei- Geschosse kleinsten Kalibers würde ein aufserordentlich steiler Drall mit allen seinen ballistischen Nachteilen in Kauf genommen werden müssen , abgesehen von den Schattenseiten, welche so grofse Längen für die Gestaltung der Patrone im Gefolge haben . Man ist hier also auf die Wolfram - Geschosse angewiesen . Nun könnte allerdings Jemand die Zulässigkeit weiterer Kaliber- Verminderung
226
Umschau in der Militär-Litteratur.
in Abrede stellen. Man hat ja die Unmöglichkeit des Ausbohrens und Ziehens solcher Läufe, wie der Reinigung in den Vordergrund gestellt. Erkennt eine in die Maschinen-Technik so tief eingeweihte Persönlichkeit wie Oberst Wille diese Einwürfe nicht an, so hat er sicherlich die Be rechtigung dazu . Hören wir endlich, was er im Schlufswort über die weiteren Fortschritte sagt : „ Die ferneren Fortschritte werden in erster Reihe durch die Verwendung erheblich dichterer Geschosse , also durch die Annahme des Wolfram- Geschosses ermöglicht werden . Die aus den obigen Darlegungen zu entnehmenden ballistischen Vorteile und Vor züge dieser Geschosse sind so grofs, dafs sie der mit ihnen ausgerüsteten Infanterie unter sonst gleichen Bedingungen unstreitig eine wesentliche Überlegenheit über einen Gegner verleihen werden, der noch die gewöhnlichen Hartblei-Mantelgeschosse führt. Zwar ruht der Sieg nicht in den Waffen, sondern in den Truppen ; nicht die gröfsere oder geringere technische Vollendung der toten Werkzeuge besiegelt die Entscheidung auf der Wahlstatt, sondern der Geist, der sittliche Wert und die Führung der Heere. Gute Waffen bilden jedoch immerhin ein sehr wirksames Hülfs mittel zum Siege und lassen den Sieger sein Ziel mit geringeren Opfern erreichen . Deshalb muss jeder Heeres-Organismus unablässig danach streben , die relativ besten Waffen zu besitzen .
Zu diesen aber wird
künftig ohne Zweifel ein Gewehr kleinsten Kalibers mit Wolfram Geschossen zählen. " Hinsichtlich der Wolfram-Geschosse für Geschütze erscheinen nach der Darlegung nur die Füllkugeln der Streugeschosse zunächst praktisch an wendbar zu sein. Die Heranziehung des Wolfram zum Aufbau des Geschofs körpers ist vor der Hand noch nicht ausführbar. Bei dem Massenbedarf würde hier auch die Frage des Vorkommens und des Preises in erhöhtem Mafse ins Gewicht fallen . Im letzten Abschnitt finden wir angegeben, dafs nach genügend sicheren Ermittelungen Wolframerze in solcher Menge gefordert werden können, dafs sie den errechneten Bedarf (erster Gesamtbedarf von 10,000 Tonnen, laufender Jahresbedarf 500 Tonnen Metall) mehr als ausreichend decken . Der wahrscheinliche Preis ist gleichfalls errechnet, doch fehlt der Vergleich mit dem der Hartblei-Geschosse. Im übrigen sagt Verfasser hierüber wie folgt : „ Die Preisfrage wird sich allem Anschein nach einer befriedigenden Lösung entgegenführen lassen . Wenn übrigens die ballistische Leistungsfähigkeit und das sonstige Verhalten der Wolfram-Geschosse bei einer gründlichen Prüfung im grofsen gleichfalls ihre entscheidende Über legenheit über die gegenwärtig gebräuchlichen Geschofs-Konstruktionen darthut, so würde diesen hohen Vorzügen gegenüber der Preis an sich nur wenig ins Gewicht fallen und schwerlich ein ernstes Hindernis für ihre Annahme bilden können. Von den eisernen Ladestöcken bis zu den Mehr ladern vermag ich mich keiner wesentlichen Verbesserung, keines wirk lichen Fortschritts in der Bewaffnung zu entsinnen, durch welchen die Ausrüstung der Truppe wohlfeiler geworden, oder der lediglich an dem
Umschau in der Militär-Litteratur.
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leidigen Kostenpunkt gescheitert wäre. " - Wenn unsere Besprechung bei dem Leser das Vertrauen erweckt hat, dafs Wolfram als Geschofsmaterial nicht ganz aussichtslos ist, so ist in diesem Falle unsere Aufgabe als Berichterstatter gelöst, die doch nur darin bestehen sollte, zum Einsehen und womöglich zum Studium der Wille'schen Schrift anzuregen, nicht durch weitgehende Mitteilung des Inhalts eine unmittelbare Kenntnisnahme derselben überflüssig erscheinen zu lassen. In diesem Sinne haben wir unsere Besprechung eingerichtet und hoffen, mit derselben der Sache 12 . förderlich gewesen zu sein. Ne quid nimis . Offener Brief an den Verfasser von >>Videant consules> Dennoch avancierten die englischen Truppen, fast ohne
einen Schufs zu thun , gemäfs den erhaltenen Befehlen, und als sie dicht bei den Werken angelangt waren , warfen sie sich gerade aus auf dieselben mit schallenden Rufen . Ich glaube nicht, dafs zu irgend einer Periode unserer militärischen Geschichte die Brittische Infanterie sich mehr als bei dieser
Die Schlacht von Tel-el- Kebir (am 13. September 1882).
243
Gelegenheit ausgezeichnet hat < - und an einer andern Stelle heifst es:
> Nach einer Probe von aufsergewöhnlicher Art sowohl im Marsch wie im Angriff kann ich nachdrücklich sagen , dass ich niemals unter meinen Befehlen bessere Infanterie- Bataillone zu haben wünsche, als die, welche ich stolz bin bei Tel -el- Kebir befehligt zu haben. Vorwärts ! Hoch, Jimmy !« *) sagte ich, oder ich mufs Dich mit dem Riemen bearbeiten ! « Er rührte sich nicht.
Da gab ich ihm
ein paar tüchtige Hiebe und diese
Züchtigung setzte ihn wirklich in Bewegung .
Er richtete sich auf
und schwankte ein paar Schritte vorwärts, dann stürzte er wieder zu Boden.
Doch eine erneute scharfe Anwendung des
Gewehr
riemens brachte ihn wieder auf die Beine, von Neuem ging er ein Stück vorwärts - bald jedoch wälzte er sich wieder auf der Erde. Jetzt liefs ich ihn liegen, und durch die sich in der Finsternis vor mir bewegenden Massen vorwärts tappend, suchte ich durch Rufen mein Regiment und meine Compagnie ausfindig zu
machen.
Als
ich so endlich meinen Sergeanten aufgefunden hatte, meldete ich Jimmy's Zustand.
» O, « meinte dieser, » lassen Sie ihn nur in Ruhe ;
wenn er die Biwakfeuer sieht, Frost und Hunger empfindet, so soll mich der Teufel holen , wenn er nicht bald wieder auf den Beinen ist.
Der Sergeant hatte Recht ; ich machte den Marsch mit meiner
Compagnie zu Ende mit , und als ich mich , in meine Decke gehüllt , mit meinem Kochgeschirr als Kopfkissen, eben zum Schlaf zurecht
*) Anmerk. d . Verf. „ Jimmy“ oder „ Tom Atkins“ ist eine in der britischen Armee übliche, scherzhafte Benennung des gemeinen Soldaten.
246
Die Schlacht von Tel-el-Kebir (am 13. September 1882).
legen wollte, stellte sich Jimmy bei mir ein und dankte mir dafür , dafs ich ihn so verdroschen hatte. Der erste Marsch war natürlich auch unser schlimmster.
Durch
die lange Unthätigkeit an Bord waren die Leute schlaff geworden , so dafs sie die Hitze und der Durst nur um so schrecklicher quälte . Noch jetzt stehen mir die Scenen von damals lebhaft vor Augen : wie die Leute, von der Sonnenglut niedergeworfen , auf der Stelle eingescharrt wurden , wo sie zu Boden stürzten ,
wie andere,
die
erschöpft umsanken , an den nahen Eisenbahndamm getragen wurden , um dort vielleicht das Glück zu haben , von einem vorüberfahrenden Zuge aufgenommen zu werden,
wie das jämmerliche Geschrei der
geprügelten Arrestanten die nächtliche Stille grell durchschnitt und wie sich ein wüstes Gedränge und allgemeines Suchen nach Wasser erhob, sobald das Signal » Halt « ertönte,
ein allgemeines Stürzen
nach dem faulen und stinkenden » Süfswasser-Kanal < , der seinen Namen so sehr mit Unrecht führte. Ich sehe die Gesichter über und über versenkt in das faulige Nafs, die Leute sich prügeln , um Raum zum Niederknieen zu gewinnen , sehe die Kochkessel eben so schnell wie sie gefüllt sind , weggerissen und geleert, bis sie endlich unter dem Schutz der Wachmannschaften auf die Kochplätze ge schafft werden können, damit hier Thee hergestellt werde, der mit etwas Schiffszwieback das Mannschaften bildete. in einer abscheulichen Morgen klar legte.
einzige Abendessen von
Offizieren und
Die ganze Nacht hindurch lagen wir dabei Atmosphäre,
deren
Ursache der
folgende
Der schreckliche Geruch kam gröfstenteils von
dem Kanal, der mit toten Körpern von Kamelen und Pferden und auch mit menschlichen Leichnamen angefüllt war . *) Dieses gräfs liche Wasser mufsten wir trinken. -- oder verdursten, ein drittes gab es nicht ; so füllte denn auch ich für den nächsten Tagesmarsch damit meine Wasserflasche, deren Inhalt unverändert ebenso seine schlammige Farbe wie seinen ekelhaften , schleimigen Geschmack be hielt. Was nicht der Kanal an verpestender Atmosphäre aus strömte, kam von den unbegrabenen Leichnamen der Pferde und Ägypter, welche rings um das Biwak lagen. Als die Armee bei Gasassin in Biwak lag, trafen am Morgen des 10. September Brigadebefehle ein, welche den an demselben Abend beginnenden Nachtmarsch auf Tel- el- Kebir einleiteten .
Eine
der darin enthaltenen Bestimmungen besagte, soweit ich mich noch
*) Die Agypter hatten übrigens geflissentlich das zum Trinken allein brauch bare Wasser dieses Kanals durch Hineinwerfen von Menschen- und Tierkadavern zum Gebrauch unmöglich zu machen gesucht.
Die Schlacht von Tel-el-Kebir (am 13. September 1882). entsinne, dafs eines Jeden Wasserflasche
247
mit Thee zu füllen sei,
damit wir uns, wie wir vermuteten , durch denselben besser wach halten könnten . Die am Nachmittag gegebenen Regimentsbefehle enthielten weitere Ausführungen der Brigadebefehle und verkündeten , dafs die Stellung von Tel-el- Kebir mit dem Bajonett genommen werden sollte ; keiner dürfte vorher laden und nicht ein Schufs ab gegeben werden, bis wir in den Verschanzungen selbst wären. Beim Vorlesen dieser Befehle riefen die Leute lebhaft Hurrah. Sie hatten das vollste Vertrauen
zu ihrem Oberst, der, obgleich
streng, ein gereifter, verständiger Mann war und den Krieg kannte, denn er war ein Veteran aus dem Krimfeldzuge und dem Aufstande in Indien ; den letzteren hatten auch die drei nächst älteren Offiziere mitgemacht .
Dreizehn Siege waren mit unseren Fahnen
verknüpft . Aber kaum ein Unteroffizier oder Gemeiner hatte jemals eine Schlacht kennen gelernt. Das Regiment stand um 5
Uhr des Nachmittags in Parade
aufstellung und nachdem das Kommando »Rührt euch
gegeben
war, setzten die Compagniechefs ihren Leuten auseinander, was sie zu thun hätten, um den Tag von Tel-el-Kebir zu einem Tag des Sieges zu machen. Unser Hauptmann war kein grofser Redner, aber er hatte eine gerade, männliche Art und Weise zu sprechen, die das Blut in Wallung brachte.
Soweit ich mich dessen noch
entsinnen kann, sprach er etwa folgendes :
» Leute, ihr werdet heute
Abend den Marsch antreten , um eine starke verschanzte Position, Tel-el-Kebir genannt, anzugreifen , welche mit 60 Geschützen besetzt ist, die unsere Anmarschlinie bestreichen . Auf dem Marsch dorthin darf vom Neun-Kanonen- Hügel an nicht geraucht werden , es muſs das tiefste Stillschweigen herrschen und ihr habt, falls nicht ein Gegenbefehl kommt, fest darauf loszumarschieren, ohne Rücksicht darauf,
ob auch Kugeln
euch einschlagen.
und Granaten
Befehl dazu gegeben wird, oder laden , Signals
wie ein Hagelwetter auf
Keiner darf das Bajonett aufpflanzen , bevor der
dazu verhallt ist.
bevor der letzte Ton des
Das Bajonett allein mufs
die
machen und kein Schufs darf vorher abgegeben werden,
Sache bis die
Laufgräben genommen sind . Ihr habt zu kämpfen , so lange noch einer von euch aufrecht steht . Gedenkt des Vaterlandes und des Regiments, dem ihr angehört und streitet jetzt, wie die alten Hoch länder stets gethan haben !< Während
wir die
4 Meilen *)
*) 1 engl. Meile = 1,6 km (rund).
nach dem genannten >> Neun
248
Die Schlacht von Tel-el-Kebir (am 13. September 1882).
Kanonen-Hügel « marschierten , gaben sich die Zeltkameraden Auf träge an ihre Angehörigen zu Hause für den Fall, dafs sie bleiben . sollten, denn wir wufsten Alle, dafs uns ein heifser Kampf bevor Mein Zeltkamerad war ein praktischer Bursche, dem Weich herzigkeit fremd war. >>Wenn ich abspaziere, « sagte er zu mir, stände.
>wirst Du zwei Stück Tabak in meiner Tasche finden, die kannst Du behalten . « Als wir bei tiefer Dunkelheit den » Neun -Kanonen Hügel>Holländischen Mut« nannten dies die Teatotaller **) des Regiments spöttisch,
doch
hatte keiner von uns irgend eine be
sondere Ermutigung zum Kampf nötig.
Der Rum stärkte uns recht
in der kalten Nachtluft, und als wir ihn heruntergegossen hatten ― denn er wurde sofort weggeputzt ___ legten sich die meisten von uns zum Schlafen nieder. Für viele von ihnen war es der letzte Schlaf hier auf Erden vor dem ewigen zum Jenseits. Unser Schlummer wurde einmal plötzlich durch Alarm unterbrochen , alles eilte schnell an die Gewehre, aber es war nur Sir Garnet und sein Stab, der umherritt, um zu sehen, ob Alles in Ordnung war ; dann legten wir uns wieder hin . Etwa um 12 Uhr Morgens traten wir wieder an . Das 79. Regiment wurde zum Richtungs-Regiment bestimmt und Lieu tenant Rawson von der Marine bekam den Auftrag, die Führung nach den Sternen zu übernehmen, denn wenn auch hin und wieder Wolken den Himmel bedeckten, so blieben doch der Nordstern und ein Teil des Kleinen Bärs sichtbar . Ich wurde mit einem anderen Unteroffizier
beauftragt,
an
dem Richtungsflügel
zu
marschieren
und wir blieben so beständig hinter unserem Führer, Lieutenant Rawson, der uns befahl die Helme abzunehmen und unsere Augen fest auf einen bestimmten Stern gerichtet zu halten flüsterndem Ton davon zu benachrichtigen, schwände.
Als dies
wenn
und ihn
in
derselbe ver
noch vor Ablauf einer Stunde geschah,
zeichnete uns Lieutenant Rawson andere zur Beobachtung .
be
Während
des Marsches herrschte die schärfste Disziplin ; völliges Stillschweigen wurde streng beobachtet.
Wenn nicht hin und wieder ein Pferd
gewichert und hier und dort ein anderes darauf geantwortet hätte,
*) Tot etwa gleich einer halben Pinte. **) So heifsen die Mitglieder der Mäfsigkeitsvereine, die jede Art geistigen Getränkes auf das strengste vermeiden.
Die Schlacht von Tel-el-Kebir (am 13. September 1882).
249
so hätte man keinen Ton vernehmen können, aufser dem langsamen Aufsetzen vieler Füsse auf den Sandboden , das dem Geflatter einer Schar Vögel vergleichbar klang.
Mit einem Mal brach ein Mann ,
auf den der genossene Rum seine Wirkung ausübte oder den das gespensterhafte Stillschweigen rings umher nervös gemacht hatte, in wildes Geschrei aus. Sir Garnet ritt sofort hinzu und befahl, den Thäter mit dem Bajonett niederzustofsen, aber der Regiments arzt legte sich in das Mittel und bat um die Erlaubnis ihn chloro formieren zu dürfen . Als dies genehmigt war, wurde der Mann in Bewegungslosigkeit versetzt ; dann liefs man ihn auf dem Sande
liegen. Nach einem
zweistündigen,
in
einem
wahren
Leichenschritt
zurückgelegten Marsch wurde ein Halt von 20 Minuten gemacht. Da die Befehle hierzu langsam von Compagnie zu Compagnie in leisem Tone weitergegeben wurden , erreichten sie die Seitenkolonnen der Brigade nicht, welche im Marsch blieben und , da sie die Fühlung nicht verloren, schliefslich so weit herum schwenkten , dass sie vor der Mitte der Marschlinie zusammenstiefsen , so
dafs die Brigade
thatsächlich einen grofsen Kreis bildete und es viel Mühe machte , in der pechschwarzen Finsternis endlich wieder die Linie herzu stellen. Dafs dies trotzdem innerhalb eines Zeitraums von 25 Mi nuten möglich war, gab einen schönen Beweis von der Disziplin , welche die Truppen beseelte. Um ungefähr 42 Uhr wurde der Vormarsch wieder aufgenommen. Die Langsamkeit des Tempos war sehr ermüdend und ich wäre sicherlich,
wie viele andere unserer
Leute selbst im Marsch eingeschlafen , wenn ich nicht ununterbrochen meine Aufmerksamkeit hätte auf die Sterne richten müssen ; Sir Alison,
unser Brigade- Commandeur,
welcher sich dicht bei Lieu
tenant Rawson aufhielt, fing, als die Nacht abnahm und noch immer nichts vom Feinde wahrzunehmen war, an zu fürchten, daſs irgend etwas nicht in Ordnung sei.
»Sind Sie auch sicher, Rawson, Seitengewehre aufpflanzen« gegeben und schnell ausgeführt worden war,
erklang es wie der Ton von gegen Glas prallenden Hagel
körnern,
wenn
die
Geschosse
gegen
die
Bajonette
anschlugen .
Einige, jedoch nicht viele Leute stürzten verwundet nieder. Die 79er hatten kaum 100 Yards mit » Gewehr über « zurück gelegt, als das Kommando »Fertig zum Sturm< gegeben wurde. Sofort flogen die Gewehre herunter, das Signal » Sturm « ertönte, und als der letzte Ton verklungen war, erhob sich ein allgemeines lautes Hurrahgeschrei ,
die
Sackpfeifer *)
stimmten den
Angriffs
marsch an, und mit unserm tapfern Oberst an der Spitze, der » Vorwärts, die Camerons ! « rief, stürmten die Glieder im Lauf schritt gegen
die
feindliche Stellung,
ununterbrochen fortgesetzt wurde.
wobei
das
Hurrahgeschrei
Einem von den Pfeifern wurde ,
als er eben zu spielen begann , sein Dudelsack von einer Kugel durchbohrt,
und schrecklich gellende Töne kamen aus dem ver
wundeten Instrument. »Bei Gott ! « rief sein Besitzer philosophisch aus, es ist verdammt viel besser, dafs die Kugel durch seinen. Bauch gegangen ist als durch meinen. Nicht Sofort sammelte sich Zurückgehen, Leute, vorwärts, vorwärts ! Zurück, Zurück ! > Glasgower Iren Weise möglich gewesen war, die Bestimmungen zu umgehen , welche Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXVI., 3. 18
252
Die Schlacht von Tel-el-Kebir (am 13. September 1882).
seit den Tagen des Feniertums in Kraft waren, um die Anwerbung politisch schlechter Elemente zu verhindern. Sie hatten sich bereits , als das Regiment vor Kafr Dower war, feige oder noch schlimmer gezeigt. Auf Veranlassung ihres Hauptmanns waren daher von den Unteroffizieren der Compagnie ein Sergeant und ein Korporal be stimmt worden, welche die Haltung dieser beiden Leute in der Schlacht beobachten sollten,
und denen die Anwendung geeigneter
Mittel, im Notfall selbst der Todesstrafe, anheimgestellt worden war. Als die verräterischen Hunde nun in den Ruf » Zurück « aus brachen, thaten die zu ihrer Beobachtung bestimmten Unteroffiziere sofort ihre Schuldigkeit. Ich sah wie Sergeant . . . . den einen von ihnen mit dem Bajonett niederstiefs und Korporal . . . . auf den anderen einen Schufs abgab ; auch dieser stürzte darauf wie der erste leblos nieder , aber ob dies die Folge von des Korporals Kugel oder von einem feindlichen Geschosse war, sagen.
vermag ich
nicht
zu
Das Regiment war übereinstimmend der Ansicht, dafs beide
den Tod reichlich verdient hatten und jeder ehrenhafte Soldat wird dem beistimmen. Jetzt war es heller Tag geworden, und man wurde nun gewahr, dafs bei dem Halbdunkel, dem Klettern in den Gräben und dem Handgemenge die Brigade durch einander gekommen war und das Kampfgewirr des Angriffes die Truppen aller 4 Regimenter mit einander vermischt hatte. Es wurde deshalb ein kurzer Halt gemacht, um die Ordnung wieder herzustellen, und nach dem dies. einigermalsen
und in Eile ausgeführt
war ,
stürmte die Brigade,
allen Widerstand vor sich niederwerfend , weiter gegen die Schleuse von Tel-el-Kebir vor. Unmittelbar vor dem letzten Halt erhielt ich einen zweiten Kolbenhieb , der meine Wasserflasche in Stücke zer schmetterte und mich selbst zu Boden warf; sogleich aber wurde ich wieder von meinem Zeltkameraden auf die Füſse gerissen , der sein mit den Worten : » Stahl für Leder ! Nimm das, Du . Bajonett in die Brust des Ägypters stiefs , der mich eben nieder Während das Regiment sich wieder rangierte, geworfen hatte. hatte es von einem Kreuzfeuer aus den beiden Gräben zu leiden, welche die Flanken der feindlichen Stellung bildeten. Um dieses zum Schweigen zu bringen , wurden Schützen nach links heraus genommen ,
welche den
Graben
schnell
vom
Feinde zu räumen
wufsten , und diesen durch einen Quergraben hindurch bis in die weiter links und rückwärts liegenden Gräben vertrieben. Die Abteilung , die links vorgegangen war, kam hierbei an ein Geschütz , dessen Kanoniere nicht von der Stelle wichen , sondern kämpfend bis zum
Die Schlacht von Tel-el- Kebir (am 13. September 1882).
letzten Mann ausharrten .
253
Sie wurden alle getötet , dann das Geschütz
genommen und alsbald gegen seine bisherigen Besitzer in Thätigkeit gebracht. Als das Regiment seinen Vormarsch weiter fortsetzte, wurde ich leider auf Befehl meines Feldwebels abkommandiert, um einen Gefangenen zu bewachen , einen sechs Fufs hohen Kerl von kohlschwarzer Farbe. Da er eigensinnig war und nicht von der Stelle wollte, so versuchte ich ihn etwas mit meinem Gewehrkolben aufzumuntern, aber dies fafste er falsch auf und ergriff die Flucht, der ich jedoch
durch eine Kugel Einhalt gebot.
darauf aufmachte ,
um meinem
Als ich mich
Regiment nachzufolgen ,
fand ich
mich plötzlich einem dicken ägyptischen Offizier gegenüber, der mir mit dem Revolver in der einen , dem Säbel in der andern Hand gegenübertrat .
Er feuerte und traf mich an der rechten Hand, aber
die Kugel glitt an dem Ring ab, den ich trug , und ich stürzte nun mit dem Bajonett auf ihn los .
Er parierte meinen ersten Stofs, da
machte ich eine Finte und als er mit seinem Säbel dagegen eine Parade ausführen wollte , hatte er keine Zeit mehr den Nachstofs aufzuhalten, mit dem ich das Bajonett in seinen Körper stiefs.
Ein
Rifs an einem blauen Petschaft, das aus seinem Waffenrock heraus hing ,
förderte eine silberne Uhr zu Tage ,
die ich noch heute als
Erinnerung an ihn besitze. Als ich den Kamm des Hügels erreicht hatte, welchen die Tel el-Kebir Schleuse beherrschte , lagen die vielen hundert Zelte des ägyptischen Lagers vor meinen Blicken ausgebreitet, und ich konnte beobachten,
wie der Feind durch den Kanal schwamm oder zu
tausenden einem gehetzten Wilde gleich quer durch die Wüste lief. Die zweite Brigade stürmte vorwärts , mit ihr im Galopp die schottische Artillerie - Abteilung . Als die Kanoniere der letztern unsere Hochländer-Brigade passierten , erhob sich ein lautes Jubel Sie machten Halt , protzten ab, geschrei »Schottland forever ! > Die Schlacht ist gewonnen , Leute ! fehlend < bezeichnet werden musste, ging vor sich.
Die Leute erzählten sich
gegenseitig ihre Abenteuer, berichteten , wie es ihnen gelungen war, glücklich Allem zu entkommen und hatten Zeit , ihre unteren Extremitäten, denen gar manches Stück Haut beim Stürzen in die Gräben und beim Herausklettern aus denselben , verloren gegangen war, einer genauen Prüfung zu unterziehen .
Das bemerkenswerteste
Glück hatte, wie ich mich entsinne, ein Feldwebel gehabt , der den Feind durch einen Krimstecher beobachtete , als ein Geschofs an kam , das ihm das Glas zersplitterte und dann sich senkend in seinen Mund hineinflog , so dafs er es,
mit dem
alleinigen Verlust von
einem Paar Zähne einfach ausspucken konnte. Einige von uns wurden nun dazu ausgewählt , das ägyptische Lager abzusuchen , um sich zu vergewissern , dafs sich kein Feind mehr darin versteckt hielt. Vor Arabis Zelt wurde eine Wache aufgestellt.
Letzteres hatte ich beim Vorgehen selbst passiert und
mir dabei ein Kotelett von dem Tisch darin angeeignet , ohne zu wissen, wem Zelt und Speisen gehörten . Dabei hatte ich das Glück zufällig auch auf einen kleinen Verschlag zu stofsen , der mit Melonen , Nüssen , Eau de Cologne - Flaschen , Blechbüchsen mit türkischem Tabak und Cigarretten -Dose angefüllt war. Ich füllte meine Wasserflasche mit Eau de Cologne , meinen Brotbeutel mit Cigaretten, und machte mich dann auf, eine Blechbüchse mit Tabak und eine Flasche Eau de Cologne in der Hand, meinen Hauptmann aufzusuchen. Da er in dem Zelt , in dem die Offiziere sich ver sammelt hatten, nicht zu finden war, so gab ich meine Eau de Cologne-Flasche
einem Major ,
einem Irländer,
der
den
ganzen
Die Schlacht von Tel- el-Kebir (am 13. September 1882).
255
Inhalt derselben mit einem Schluck in sich aufnahm und dann zum grofsen Vergnügen
der anderen Offiziere in die Worte
>Heiliger Jesus , was ist das für ein guter Stoff! « Augenblick traf ich
ausbrach :
In demselben
meinen Hauptmann , dem ich die Cigaretten
gab und ihm anzeigte, wo er Alles was er an Citronen, Tabak und Eau de Cologne gebrauchte, finden konnte ; er schenkte mir einen Sovereign
für
meine
Bemühung .
Freiwillige wurden
nun
auf
gerufen, um die Verwundeten aufzusuchen und ihnen beizustehen. Ich war mit dabei und brach wohl dazu ausgerüstet auf, die Pfeife im Munde , den Brotbeutel voll Cigaretten , und eine Wasserflasche voll Eau de Cologne und mit einem grofsen Vorrat von Wasser. Der Anblick des Schlachtfeldes , auf das man jetzt so kaltblütig nieder sah, war grauenvoll ; die Artillerie hatte schrecklich gewütet. Ich entsinne mich unter Anderm eines Haufens von 24 Körpern , von denen einige völlig in kleine Stücke zerrissen waren , andere kopflos , wieder andere einzelner Gliedmafsen beraubt. Einige der toten Ägypter brieten langsam , wie sie dalagen , da ihre Kleider Feuer Einer unserer Jäger, gefangen hatten und noch weiter brannten. der daher kam , zog seine Pfeife aus der Tasche und zündete sie an einem der Körper an , indem er, meinem Gefühl nach ziemlich roh, dabei bemerkte :
»Beim . . . .. ich hätte niemals gedacht, dafs
ich noch ' mal in meinem Leben einen toten Ägypter zum anstecken meiner Pfeife haben würde.
>Führte ich Sie nicht gut , Sir?« lauteten des Sterbenden
letzte, schwache Worte, pflichtgetreu bis in den Tod. Der erste Verwundete, dem ich Hilfleistung gewährte, war ein Ägypter , dessen Ächzen schrecklich war und den ich bei näherer Ich gofs Untersuchung schwer in dem Bauche verwundet fand .
256
Die Schlacht von Tel-el- Kebir (am 13. September 1882) .
ihm etwas Eau de Cologne in den Hals und verwandte mein eigenes Verbandzeug dazu , seine Wunde so zu verbinden , dafs die Fliegen nicht hinzukommen konnten. Dann zündete ich eine Cigarette an , steckte sie ihm in den Mund , legte mehrere andere neben ihn und gab ihm noch einen Schluck Wasser. Er küfste meine Hand und murmelte etwas von »Allah « . Ich war noch nicht weit von ihm weggegangen, als ich den Knall eines Gewehres ver nahm und eine Kugel an meinem Ohr vorbeipfiff; mich umblickend sah ich, dafs der Rauch des Schusses von dort kam, wo mein Ver wundeter lag , und bemerkte zugleich , Neuem auf mich zielte.
dafs der Kerl ruhig von
Bevor ich ihn erreichen konnte , hatte er
Zeit, noch einen Schufs abzufeuern , aber die Kugel verfehlte mich wieder, und nun trug ich kein Bedenken , seinem Dasein mit meinem Bajonett ein Ende zu bereiten, indem ich zu mir, als ich den Stahl zum letzten Mal aus seinem Leibe herauszog, sagte : »Das Spiel wirst Du
nicht noch einmal
versuchen ,
Du undankbares Vieh !
> Beim . . ·9 das ist Schuhwichse !< Und wahrhaftig, es war so ! Das Etikett, das ich als Suppe (Potage) entziffert hatte, hatte > Wichse« (Cirage) bedeutet ! Die Gesamtverluste der bei Tel-el-Kebir ins Gefecht gekommenen englischen Truppen beliefen sich auf 339 Mann, von denen 243 auf die Hochland-Brigade kamen , während sich der Rest von 96 auf die übrigen Truppenteile verteilte .
Das 79. war das erste, welches über
die äufsere Verteidigungslinie hinausdrang, da es die Seitengewehre während des Marsches aufgepflanzt hatte, wogegen die anderen Re gimenter der Brigade hierzu Halt machten ; Zeitgewinn nur wenige Sekunden.
freilich betrug dieser
Man kann nicht sagen, dafs die
Verteidiger von Tel-el- Kebir völlig überrumpelt worden seien , ob gleich sie zweifellos wenig Kenntnis davon hatten , dafs wir ihnen schon so nahe seien, als unser Anmarsch von ihnen entdeckt wurde. Sie ruhten in den Kampfstellungen und waren beim ersten Alarm auf ihren Posten. Wir hatten 300 Yards unter ihrem sehr heftigen
Nachrichten über die königlich italienische Armee u. s. w. Feuer zurückzulegen,
aber
9/10 ihrer Geschosse gingen zu
259 hoch
und waren auch wohl ziellos abgegeben worden , sonst hätten wir dabei sehr schwere Verluste erleiden müssen . < Wenngleich sich im Allgemeinen Widersprüche zwischen dieser Erzählung unseres Augenzeugen und der vorher nach dem Bericht des Oberkommandierenden, Generals Wolseley, gegebenen kurzen Dar stellung des Gefechtes kaum finden, so weichen doch die offiziellen Verlustziffern von denen, welche Sergeant Palmer giebt, etwas ab. General Wolseley beziffert nämlich die Gesamtverluste am 13. Sep tember auf:
9 Offiziere ,
48 Unteroffiziere und Mannschaften tot ;
27 Offiziere , 353 Unteroffiziere und Mannschaften verwundet ; 22 Mann vermifst - in Summa Verlust : 459 Offiziere und Mann schaften. Hiervon fallen alles in allem auf die Hochland-Brigade 223 Offiziere und Mannschaften.
le Juge , Hauptmann à la suite des Kadetten- Corps und Militärlehrer bei der Haupt-Kadetten -Anstalt.
XIV .
die
königlich
im
Nachrichten
über
italienische Armee und Marine,
ersten
Halbjahre
Wer rastet , der rostet , das gilt mehr
1890.
oder minder für
alle
Stände, aber für keinen , speziell in der Jetzzeit, mehr, als für den Wehrstand, nur wer vorwärts geht, kann den Anderen folgen ; ein Stehenbleiben in dieser rastlos drängenden Zeit giebt es nicht , >avanti , sempre avanti « , das ist deren Losung . Werfen wir einen kurzen Rückblick , auf alles das , was in der uns so nahe stehenden italienischen Armee in dem ersten Semester 1890 sich ereignet hat, die Neuerungen, Fortschritte, Versuche in den ersten 6 Monaten dieses Jahres .
Nachrichten über die königlich italienische Armee
260
Ein schwerer Schlag , doppelt hart, weil völlig unerwartet, traf das Haus Savoyen ,
die Armee und ganz Italien ,
Seiner Königlichen
Hoheit
mit dem Tode
des Herzogs Amadeo Ferdi
nando Maria von Aosta ; mit ihm schied einer der edelsten und liebenswertesten Prinzen , die je an eines Thrones Stufe gestanden , aus dem Leben ,
ein Edelmann in des Wortes
bester Bedeutung ;
ein schneidiger, tapferer Soldat, ein Vater aller Armen und Elenden, schlofs dieser echte Ritter ohne Furcht und Tadel am 18. Januar für immer die Augen.
Es würde weit
über
den Rahmen dieses
kurzen Berichtes hinausgehen , wollten wir hier eingehend das Leben und Wirken des Dahingeschiedenen schildern .
Es mögen hier nur
die letzten Worte des Verewigten erwähnt sein, die er seinem über alles geliebten Königlichen Bruder sagte : »Ich bin unendlich glücklich , Umberto , Dich
noch
einmal zu sehen und in Deinen
Armen sterben zu können, ich fürchte den Tod nicht, denn ich habe ihm oft in das Auge gesehen , aber es ist mir dennoch schwer zu scheiden , weil ich so gerne Dir , der Armee und dem Vaterlande noch gedient hätte und gezeigt hätte , wie unbeschreiblich ich Dich und diese beiden geliebt. < ――――――――― - Es bedarf keines Kommentares dieser edelen heldenhaften Worte, Denkmäler in Erz und Marmor werden für den Frühdahingeschiedenen errichtet werden , aber länger als diese werden die Worte des Königs Umberto , im Herzen jeden Italieners wiederklingen, mit denen er seinem Bruder, das schönste , unvergänglichste Denkmal setzte : » Ich habe meinen besten Freund, meinen treuesten Diener und meinen uneigennützigsten Ratgeber ― verloren ! Evviva Aosta la Veja (veja im piemontesischen Dialecte will sagen » la vecchia Italia« und »Lauria « , beide I. Klasse, ferner dem Schlachtschiffe II. Klasse » Piemonte « und Aviso » Colonna « , die II . Division unter Kommando Sr. Königlichen Hoheit des Herzogs von Genua bestehend aus dem Schlachtschiffe I. Klasse > Lepanto « , II. Klasse > Bausan < und Kreuzer > Montebello « , die III. Division aus den Schlacht schiffen I. Klasse » Dandolo « und » Duilio « und dem Kreuzer » Mon zambano , attachiert sind ferner 4 Torpedoavisos : »Aquila « , » Falco < , >> Nibbio « und » Avvoltojo « und 12 Torpedoboote Modell Schichau. Das Geschwader nahm erst Kreuzfahrten vor, dampfte nach Sicilien , später
nach
Sardinien ,
absolvierte
Schiefsübungen
bei der
Insel
Maddelena ; ein Teil ging ferner zur Begrüfsung des Präsidenten Carnot nach Toulon . Seetüchtigkeit
Die Torpedoboote sollten auf Maschinen und
eingehend
geprüft
worden ,
da
neuerdings
einige
Bedenken gegen den Typus Schichau aufgetreten zu sein scheinen . Im Juli finden grössere Flottenmanöver statt, über die Generalideen , Ausführung derselben u. s. w. wird im nächsten Bericht ausführ licheres
mitgeteilt werden. Bis jetzt ist seitens des Marine ministeriums befohlen worden die Einteilung des Manövergeschwaders
in 2 Divisionen, die eine die verteidigende Nationalflotte unter dem Kommando
Sr. Königlichen Hoheit des
stehend aus den Schiffen :
Herzogs
von Genua
be
» Lepanto « , » Piemonte « , » Dogali < , > Mon
zambano«< , >Montebello « , » Goito« und 8 Hochseetorpedobooten ,
die
275
und Marine, im ersten Halbjahre 1890.
andere die feindliche angreifende Flotte unter dem Kommando des Contre - Admiral Grafen Sambuy wird bestehen aus den Schiffen : >Dandolo , >> Duilio « , » Lauria« und ebenfalls 8 Hochseetorpedo booten. Die Übungen werden statthaben in den Gewässern des Golfes von Genua , von dem Kap Melle nordwestlich bis im Süden gegen das Kap Corso (die Nordspitze der Insel Corsica), die Insel Elba und
die
von Piombino.
vom
Festland
Toscanas
vorspringende
Halbinsel
Hauptsächlich soll geübt werden der Kundschafts
und Aufklärungsdienst, ferner sollen die Semaforien ihre Thätigkeit entfalten ; alle im ersten Seedepartement ( Spezzia) befindlichen Se maforien werden auf Kriegsfufs gesetzt. Die später folgenden Manöver sollen rein strategischer und nicht taktischer Natur sein. Die nationale Partei,
soll sich mehr auf die Defensive verlegen,
während hingegen der Feind unausgesetzt Angriffs- und Landungs versuche machen soll . Ein letzterer ist als gelungen zu betrachten, es dem Feinde
gelingt,
bis
Geschütze ungefährdet zu kommen.
unter das Feuer der Küsten Das Oberkommando übernimmt
der Viceadmiral Graf Lovera di Maria ,
er hifst seine Flagge auf
der Italia , auf der für einige Zeit auch Se. Majestät der König, der Kronprinz , der Marineminister , Viceadmiral Brin und Unter staatssekretär der Marine Morin sich einschiffen werden . Nach einer ausgezeichneten Rede » Gegenwart und Zukunft der italienischen Marine< , gehalten im Parlamente am 16. Juni 1890 vom oben ge nannten hochbegabten Unterstaatssekretär, wurde, da sie überzeugend und überwältigend auf die Volksvertreter wirkte, das ganze Marine budget 1890/91 in der Höhe von 121,465,218 Lire mit einem Abstriche von nur 100,000 Lire angenommen .
In unserem nächsten
Berichte werden wir noch näher auf die Kammerverhandlungen bei Gelegenheit des Heeres- und Marine- Budgets zurückkommen , jetzt verbietet es der Raum. Pallanza sul Lago Maggiore .
Italia.
Gingno 1890.
De. S.
für
XV.
Die
Befestigungen
Italiens .
Von Obermaier, Hauptmann.
(Schlufs.) II. In Mittel- ( südlich der ligurischen Apenninen ) und Unter -Italien. Pisa ,
am
rechten Arnoufer ,
8 k oberhalb dessen Mündung,
50,300 Einwohner, ist im Umkreis von ca. 10 k mit alten Ring mauern, Türmen und Gräben umgeben und hat eine Citadelle im Südwesten. 1. Lucca , V. Klasse, Prov.- Hauptstadt am linken Serchio- Ufer, 21,300 Einwohner,
hat eine breite Umwallung von 11 Bastionen
mit vielen Ravelins, die gut erhalten ist und neuestens auch ver stärkt werden soll. Pistoja , Provinz Florenz , am linken Ombroneufer (Nebenflufs des Arno) 13,000 Einwohner, Prato am linken Bisenzio- Ufer, 16 k nordwestlich Florenz, 16,000 Einwohner, Florenz ,
am
rechten
Ufer
des
nur
30-40 m breiten
Arno,
170,000 Einwohner, (östlich der Bahn das alte Kastell San Giovanni Battista, ein bastioniertes Fünfeck mit 250-400 m Frontlängen, im Süden der Stadt die alte Fortezza di Belvedere, 200 m lang , 100 m breit, im Osten und Westen mit je 2 Halbbastionen ) ; Siena , Prov. Hauptstadt, 40 k südlich Florenz, und 5 k nordwestlich der Bozzone Mündung (in die Arbia) mit der Citadelle Forte S. Barbara, einem bastionierten Rechteck von 240 und 300 m Seitenlänge , sind sämtlich mit alten
Ringmauern
(Florenz im Umfang von 12 k)
umgeben. 2. Grossetto , V. Klasse, Prov.- Hauptstadt, in der grofsen und fruchtbaren Ebene des Ombrone, nahe dessen rechtem Ufer, 15 k nordöstlich seiner Mündung, 3300 Einwohner, hat eine Umfassung von 6 Bastionen, von denen das nördliche die Fortezza ist. Der Platz ist unbedeutend. 3. Radicofani , IV . Klasse, auf einer steilabfallenden Kuppe, 32 k südwestlich des Trasimenischen Sees, ist eine alte Bergfeste , welche die Strafse Siena - Aquapendente- Viterbo - Rom mit einigen wichtigen Nebenstrafsen sperrt. nicht zur Ausführung.
Die projektierte Neubefestigung kam
Die Befestigungen Italiens.
277
Arezzo , Prov.-Hauptstadt, an dem 4 k unterhalb in den Kanal Chiana mündenden Flüfschen Castro , 39,000 Einwohner, Cortona , 21 k südöstlich Arezzo, auf einem steil abfallenden Bergausläufer am östlichen Rande des Chianathales, 5000 Einwohner, San Sepol cro , nahe dem linken Tiberufer , 3600 Einwohner, Citta di Castello , Provinz Perugio,
am linken Tiberufer, 6000 Einwohner, Perugia , Prov.-Hauptstadt, 3 k vom rechten Tiberufer entfernt, 400 m über dem Flufs, 16,700 Einwohner, Urbino , Provinz Pesaro, in dem waldigen Höhengebiet zwischen Metauro und Foglia, 5200 Einwohner, Macerata , Prov.- Hauptstadt, auf einem 300 m hohen Hügel zwischen den 7 k von einander entfernten Flüssen Potenza und Chienti, 20,000 Einwohner, Pansula , 7 k südöstlich vom letzteren auf der Höhe des
rechten
7k vom Meere,
Chienti-Ufers, Fermo , Provinz Ascoli Piceno, auf der Höhe zwischen den Flüssen Tenna und
Leta, 8000 Einwohner, sind sämtlich mit alten, zum Teil cyclopischen Mauern, Wällen und Bastionen umgeben , Citadelle versehen .
Bei Chiusi ,
einzelne auch mit einer
Provinz Siena,
auf einem Hügel südlich des von der Chiana gebildeten Sees von Chiusi, 4660 Ein
wohner, und bei Magione , 2 k östlich des Trasimenischen Sees war die Anlage von Strafsensperren, bei Perugia , umfangreichere Neubefestigung und bei Antro doco , 18 k östlich Rieti, an der Bahn nach Pescara ein Sperrfort projektiert, wurden jedoch nicht ausgeführt. 4. Civitella del Fronto , Provinz Teramo, in den Abruzzen auf steilem Felsen am rechten Ufer des Salinello, 7200 Einwohner, hat zwar nur eine alte Umfassung mit einer Citadelle, gilt aber noch als fester Platz. 5. Rom , I. Klasse, die Haupt- und Residenzstadt des König reichs, zu beiden Seiten des Tiber, 23 k von dessen Mündung, hat 300,000 Einwohner. Der Flufs durchzieht von Norden nach Süden die Stadt in 3 Windungen in einer Länge von 4½ k und scheidet die eigentliche Stadt vom Gebiete des Vatikans im Nordwesten und dem Stadtteil Trastevere im Westen und Südwesten .
Seine Breite
wechselt zwischen 52 und 103 m, seine Tiefe zwischen 5 und 13 m. Die alte Stadtumfassung , durch quadratische Türme und Bastione flankierte Mauern mit 12 Thoren und ohne Graben, umzieht in einem Umfang von ca. 23 k die bekannten 7 Hügel ; im Nordwesten ist dicht am rechten Flufsufer die alte Citadelle, die Engelsburg , ein bastioniertes Fünfeck mit
200 m langen Fronten .
Nordwestfront aus umschliefst die Umfassung grofsen und verschieden geformten Bastionen
Von ihrer
mit 9 verschieden den Mte. Vaticano,
278
Die Befestigungen Italiens.
zieht dann auf der Höhe des Mte. Gianiculo entlang mit 6 Bastionen ca. 1800 m südlich und wendet dann rechtwinklig mit 4 ungleichen Bastionen zu dem 900 m entfernten Flufs . 1100 m südlich zieht die Umfassung des linken Ufers von der Eisenbahnbrücke mit einigen Biegungen zuerst 2400 m weit in östlicher Richtung, biegt dann nach Norden und dann nach 700 m wieder 1600 m weit nach Nordosten, das Maranna-Thal entlang ; sodann wendet sie sich nord westlich nach dem 2000 m entfernten campo militare, umzieht diesen und wendet endlich in westlicher Richtung nach dem 2½ k ent fernten Flufs, den sie
800 m nördlich der
Engelsburg
erreicht.
Die Projekte für die Neubefestigung von Rom waren zahlreich und sehr verschiedenartig ; 1877 wurde die Neubefestigung endlich ver fügt und auch im selben Jahre noch mit dem Bau begonnen ; aber auch während der Ausführung traten noch vielfach Änderungen in Der 40 k messende Fortsgürtel dem angenommenen Plane ein. besteht aus 15 Werken ,
sämtlich an Punkten, wo die wichtigsten
Strafsen nach der Stadt, oder deren Kreuzungspunkte, unter Feuer genommen werden
können ,
und
wo
gleichzeitig Fronthindernisse
irgend welcher Art die Verteidigung begünstigen. a) Auf dem rechten Ufer (ca. 3 k von der Umfassung ent fernt) : 1. Fort Monte Mario ( 145 m , der höchste Punkt der Hügelkette des Janiculus) , östlich der via triumphalis, nahe nördlich der villa Mellini und 2½ k nördlich der porta angelica , 600 m vom Flufs entfernt, beherrscht das obere Tiberthal von den Wiesen der Farnesina bis zur Mündung des Anio und darüber hinaus, dann den östlich gegenüber liegenden Monte Parioli und die ponte Molle , über welche die via Cassia führt ; dasselbe ist mit 20 schweren Geschützen armiert.
Die ursprünglich beabsichtigte Befestigung des 2 k weiter
nördlich liegenden Monte Farnesina wurde nicht ausgeführt. 2. Fort Trionfale , 3½ k von der Mauer des Vatikans und 1800 m nordwestlich
Monte Mario,
bei dem Dorfe S. Onofrio, sperrt die ―――― via triumphalis, welche hier umgelegt wurde. 3. Fort casal Braschi ( 100 m) , 2½ k südöstlich vom vorigen, dicht an der strada de Pigneto Saccheti (oder del Pidochio) , welche die via triumphalis 1 k vorwärts der Kirche von Onofrio mit der via di Boccea, 3/4 k von der
porta Cavaleggieri entfernt,
verbindet, 4 k vor der Um
fassung, 2 k vor den Gärten des Vatikan, überhöht das Vorterrain um 25 m und soll den Raum zwischen den beiden Strafsen unter Feuer nehmen .
4. Fort Boccea (83 m) , auch val Canuta, 1,6 k
südlich vom vorigen, 2½ k vom ausspringenden Winkel der Gärten des Vatikan entfernt, links an der via Boccea, ist das kleinste der
Die Befestigungen Italiens. rechtsseitigen Werke,
279
aber durch seine Lage stark und beherrscht
die via Salura, sowie das westliche Vorterrain bis jenseits der fossa Galera um 10 m. 5. Fort Aurelia antica (76 m), 1600 m südlich vom vorigen, westlich der villa Pamfili, nahe der Abzweigung der strada Pisana, 3 k vor der porta S. Pancrazio , bestreicht die via Aurelia und das Vorterrain bis auf 6 k; es hat 15 Geschütze. 6. Etwas über 2 k südlich davon Fort Bravetta (50 m), nördlich der casetta Mattei (bei der villa Trojani oder Trevisani) am Abhang des Casaletto- Berges beherrscht sowohl das hohe, durchschnittene hügelige Plateau südwestlich der porta S. Pancrazio, als auch die Thäler der Bravetta und Magliana, die Ravins jenseits der letzteren und die strada Pisana. Das Fort hat über 20 Geschütze. - 7. Fort Portuense (60 m) , 3 k östlich vom vorigen, etwas über 3 k südlich der nahe der Tiber befindlichen porta Portese auf einer Kuppe in der Nähe der villa Grossi und der Abzweigung des Weges nach Imbracciata, beherrscht die strada Portuense und die untere Tiber ziemlich vollständig,
aufserdem das ganze mit Villen und Wein
gärten bedeckte Gelände vor dem Südende des Janiculus. Auf dem hart am Uferrande befindlichen Monte Truglio soll zur speziellen Bestreichung der Eisenbahn ein besonderes Werk gebaut werden . b) Auf dem linken Ufer (durchschnittlich 4-5 k weit vor geschoben) :
8. Fort Ostiense , 4 k südlich der porta Paolo, 2½ k
südöstlich vom vorigen, auf der Höhe vigna Venerati, zwischen via Ostiense und Laurentina ; 9. Fort Ardeatina (51 m) , 2½ k östlich vom letzteren, vor der porta S. Sebastiano, nördlich der tenuta di S. Alesio,
halbwegs zwischen der Abtei Quattro Fontane
und der
via Appia (westlich der chiesa dell' Annunciatello ) , soll sehr grofs und stark sein, doch soll es wegen des südwestlich dominierenden Monte Creta das Vorterrain gegen den Tiber hin nur unvollkommen beherrschen.
Ursprünglich war hier ein Fort 2 k weiter nördlich ,
südlich der Grotta perfetta ( 51 m) projektiert.
10. Fort Appia
antica (71 m) auf der tenuta Capo di Bove, 2 k östlich von Ar deatina, 1 k vorwärts des Grabmals der Cäcilia Metella ist eines der stärksten Werke mit in den Felsen
gesprengtem Graben und
beherrscht die Bahn nach Neapel, die strada Ardeatina und die alte und neue via Appia,
sowie die via Tusculana.
11. Fort Casilina
(52 m) 4 k nordöstlich vom vorigen , 4 k südöstlich der porta Maggiore, nahe der nach Frascati führenden via Tusculana, bei der tenuta di casetta degli Angeli, beherrscht die vorliegenden Straſsen und die Bahn ;
zur bessern Bestreichung der letzteren und der via
Tusculana soll an der Kreuzung der Beiden eine Zwischenbatterie
280
Die Befestigungen Italiens.
errichtet werden (Porta Furba) . ―
12. Fort Prenestina (47 m) ,
vorigen, an der gleichnamigen Strafse (nach von Marcellini und südwestlich der tenuta Nähe der in ) Palestrina di Quarticcioli ; 13. 21½ k nordwestlich davon Fort Tiburtina
3 k nördlich vom
(36 m) 500 m rechts der gleichnamigen Strafse (nach Tivoli),
auf
der tenuta di Grotta di Gregna, 4 k nordöstlich der porta S. Lorenzo. Es dient, wie das vorige, zur wirksamen Beherrschung des jen seitigen Ufers des Anio, sowie der Strafsen und Brücken über den selben .
Ursprünglich war hier ein Werk näher an der Stadt bei
Partonaccio projektiert.
14. Fort Pietra Lata (46 m),
ca. 2 k
nordwestlich vom vorigen, auf der gleichnamigen Kuppe am linken Ufer des alten Tiber (Teverone), 5 k vor der porta S. Lorenzo, soll die via Nomentana und Salaria beherrschen. 15. Fort Monte Antemne , (62 m), 4 k nordwestlich vom vorigen, gleichfalls auf dem linken Teverone-Ufer, links der via Salaria und 5 k nordöstlich Monte Mario, beherrscht das Tiberthal aufwärts bis zu den colli di Castel Giubileo , die Bahn nach Florenz , die via Salaria und Flaminia. Ursprünglich war statt der beiden letzten Forts ein Werk bei Ponte Namentano , am Monte Sacro , auf der Höhe des rechten Teve rone-Ufers projektiert gewesen. Es werden auch Forts von Albano und Frascati genannt, die wahrscheinlich unter den vorgenannten schon aufgeführt sind. Die Forts, im wesentlichen nach neupreussischem System er baut, haben einen mit Niederwall versehenen Hauptwall, bastionierten ergiebige Grabenverteidigung aus Kaponièren , zahlreiche
Kehlwall,
Hohl- und bombensichere Unterkunftsräume. Die Besatzung soll aus 1-2 Compagnien, zum Teil sogar aus 2 Bataillonen bestehen mit 12-24 schweren Kampfgeschützen ; die Kosten sollen durch schnittlich 1½ Millionen betragen . Alle Werke sind unter ein ander und mit der Stadt durch Strafsen und Telegraphen oder Telephon verbunden . Das Projekt, auf dem Monte verdo bei Campobasso (Prov. Hauptstadt, mitten in den Apenninen , 60 k nordöstlich Capua und 54 k nordwestlich Lucera, 14,000 Einwohner) ein Sperrfort zu bauen, wurde fallen gelassen . 6. Capua ,
II.
Klasse ,
Provinz
Caserta,
22 k nördlich von
Neapel, am linken Volturnoufer , von dem die Stadt auf 3 Seiten umflossen wird , 13,150 Einwohner, hat eine alte, aber gut erhaltene Umfassung,
eine Citadelle
im Westen
und
einen
Brückenkopf.
Neuerdings soll die Festung bedeutend verstärkt, insbesondere durch Anlage eines Fortsgürtels erweitert werden , um sowohl als Depot
281
Die Befestigungen Italiens. platz, wie als Stützpunkt für die Verteidigung
der Südprovinzen
auf der tyrrhenischen Seite der Apenninen mit Erfolg dienen zu können. ― Lucera, Provinz Focero, ca. 17 k nordwestlich Foggia, 13,000
Einwohner ,
sollte
zur
Unterstützung
der
Verteidigung
östlich der Apenninen befestigt werden ; doch wurde das Projekt wieder aufgegeben .
C. Küstenbefestigungen. I. Westküste. 1. Ventimiglia (siehe Maurizio ,
Provinz Porto
Grenzbefestigungen). -- 2. Oneglia ,
an der Mündung des Imper,
8000 Ein
wohner, hat ein Fort (Küstenbatterie) zur Deckung des Hafens. 3. Vado , Fl. St. II. R. , 5 k südwestlich Savona. Nahe süd lich ist das Fort Lorenzo, 1½ k südöstlich, am Südufer des Hafens, das Fort S. Stefano. Der Platz wird nicht unbedeutend verstärkt ; neu errichtet ist bereits die Position Monte S. Elena, Batterien bei Madonne degli Angeli , auf Madonna del Monte und bei Capo di Vado. 4. Savona , 20,350 Einwohner, hat einen kleinen aber sichern Hafen, der durch ein auf einem Felsen
im Meer stehendes Fort
geschützt wird. Die Batterie S. Andrea bei Sestri Ponente, 11 k westlich Genua, 9500 Einwohner, wurde 1878 aufgelassen. 5. Genua , L. Klasse und Fl . St. I. R., Prov. -Hauptstadt, zwischen der Mündung des Polcevere
und Bisagno,
amphitheatralisch
bis
zu 190 m an
steigend, 180,000 Einwohner, ist der gröfste Hafen der ligurischen Küste und nach Marseille der bedeutendste am ganzen Mittelmeer. Die Bucht wird durch 2 mächtige Molen abgeschlossen. a) Die Hauptumfassung :
1. Die
eigentliche innere Stadt
ist von einer zum Teil schon durchbrochenen Mauer umgeben im Umfang von 12 k.
2. Eine
zweite ,
sturmfreie, äufsere
Enceinte
(Erdbrustwehr) zieht im Umkreis von 20 k über die umliegenden Höhen und um
die Vorstädte und
endigt im Norden
in einem
spitzen Winkel, dem Sporn (Sperone 489 m), 3½ k nördlich des Hafens . 3. Diese Enceinte schliefst an einige mächtige Bollwerke an: Fort Crocetta , 157 m im Nordwesten , Fort Begatto , 472 m zwischen
dem
vorigen
362 m, im Nordosten .
und
dem
Sporn
und
Fort
Castellaccio ,
Im letzten Dezennium wurden die nötigen
Verstärkungsarbeiten ausgeführt , insbesondere Concezione und am Fort Tenaglia.
am Bastion
della
282
Die Befestigungen Italiens.
b) Die Küsten befestigung : 1. Batterie S. Andrea , 3½ k westlich; 2. 3 Batterien in der Nähe des Leuchtturmes (neu) ; 3. je 2 Batterien auf dem molo vecchio und nuovo ; am Ende des letzteren eine neue Batterie ; 4. an der Ostküste des Hafen einganges die Batterien Janus , S. Giacomo , Stella ; 5. Mit dem Fort Streya trifft die Ostenceinte an die Küste ; 6. Fort S. Giu liano ,
1½ k östlich der Enceinte ;
7. eine neue Batterie auf der
spinata di S. Benigno ; 8. desgleichen auf spinata alla Cava. Die Batterie Teodoro wurde 1879 aufgelassen.
der
c) Die Landbefestigung soll zum Schutz gegen etwaige an Riviera versuchte Landungen besonders verstärkt werden .
1. Lünette Belvedere ,
128 m,
1 k westlich der Enceinte, südlich
Crocetta ; 2. Fort Puin , auf dem Sattel 509, 800 m nördlich des Sperone; 3. weitere 1600 m nördlich Fort Diamante auf dem Sattel 667 m , von welchem das Polcevere- und Bisagno-Thal aus gehen, 52 k nördlich der Küste; 4. Fort Quezzi , 2½ k südöstlich des Sperone, 281 m ; 5. Fort S. Tecla , 190 m, 2 k östlich der 6. Zwischen Tecla und
Enceinte;
Küste das
S. Martino ,
k östlich Quezzi ; 8. 1½ k
106 m ; 7. Fort Richelieu , 415 m, 2 nördlich davon Fort Ratti , 564 m ; der Höhe von S. Francesco.
Fort
die beiden letztgenannten auf
6. Auf der Südspitze der Halbinsel Portofino im Westen des Busens von Rapallo, 40 k südöstlich Genua, liegen auf ca. 100 m Höhe : Fort Castello , Oliveta und Castelletto. 7. Spezzia ,
I. Klasse und
Fl. St.
I. R.,
am Nordwestende
des tiefeingeschnittenen gleichnamigen Golfes, Provinz Genua, 10,650 Einwohner, ist Hauptkriegshafen und hat alle Marine-Etablissements. Der Golf,
einer der schönsten und gröfsten Naturhäfen ist 8 k
lang, 4 k breit und bis auf einen 200 m breiten Streifen am Nord ufer, selbst für die gröfsten Schiffe tief genug. Die westlich um schliefsende Halbinsel hat Höhen bis zu 640 m ; von ihr ist im Süden die Insel Palmaria durch den Hafen von Porto Venere ab getrennt,
noch weiter südlich liegt das Eiland Tino.
Der östlich
umschliefsende Landstrich fällt zum Golf steil, gegen das 3-5 k entfernte, zur Küste nahezu parallele Magrathal flach ab. Der Golf hat mehrere Seitenhäfen :
Porto Venere mit grofsem Marinespital,
della Castagna, delle Grazie, Seno di Panigaglia mit Munitions depots, sämtlich auf der West-, Porto de Lerici auf der Ostseite. Das Arsenal ist südwestlich von Spezzia bei San Vito, 5 k östlich bei S. Bartolomeo ist eine Werfte , bei Porto di Cadimare Kohlen depots und bei Fezzano Werfte und Reparatur-Werkstätten .
3 k
283
Die Befestigungen Italiens. südlich Spezzia liegt
quer über den
Golf der Wellenbrecher
(Diga) in der Linie S. Maria- S . Teresa . Er ist 2300 m lang ; die westliche Durchfahrt ist 350, die östliche 150 m breit. Spezzia hat keine Enceinte,
doch soll der Bau einer solchen beabsichtigt sein.
Die Seebefestigung dürfte in der Hauptsache vollendet sein ; an der Landbefestigung wird mit Eifer gearbeitet . a) Seebefestigung.
1. Auf der Westseite des
1. Auf der dominierenden
Kuppe der Insel Palmaria ,
Golfes : 160 m,
das gleichnamige Fort mit einem Reduit, dann eine Batterie mit Panzerturm. 2. 1400 m nordöstlich davon auf einer kleinen Insel nahe der Nordostspitze der Insel Palmaria Fort und Panzerbatterie Scuola. Das alte Kastell von Porte Venere wurde 1878 aufge lassen. 3. 800 m nördlich Scuola an der den Hafeneingang von Porto Venere nördlich
begrenzenden Halbinsel Punta del Salto die
2 Batterien Castagna alta e bassa (letztere gepanzert) . 4. 500 m nördlich davon auf der den Hafen von Castagna nördlich einschliefsen den Halbinsel Fort S. Maria , eine Panzerbatterie für 5 12½zöllige gufseiserne Kanonen. 5. Zwischen den beiden letztgenannten Werken eine Batterie für 3 40 cm Geschütze zur speziellen Bestreichung der Damm-Durchfahrt. 6. 500 m nordwestlich S. Maria eine Panzer batterie auf Punta di Varignano namigen Hafens . Pezzino
2
zur Beherrschung des gleich
7. 700 m nordwestlich davon auf der Landzunge
Batterien in
etagierter
zwischen dieser und Varignano
Lage zur Beherrschung des
liegenden seno delle Grazie.
Zur
Unterstützung der genannten Werke und zu ihrer Deckung von Palmaria her, sowie zur Bestreichung der offenen See (eine Landung ist hier wegen der steilen Westküste überhaupt nicht möglich) dienen: 8. Fort Muzzerone , 319 m, im Süden, und 9. Fort Castellana ,
498 m ,
nördlich
davon ,
westlich
des Hafens delle
Grazie, beide auf den gleichnamigen Höhen, 1800 m von der Golf küste entfernt. 10. Neuestens soll noch ein Fort auf dem Verugula Berge erbaut werden, das die Meeresfläche bei Sella di Campiglia bestreichen und so ein Bombardement der Arsenale von dieser Seite her verhindern soll. 2. Auf der Ostseite
des Golfes :
puzzini , nahe nordöstlich Spezzia ; Batterie
del Telegrafo .
11. Die
Batterien Ca
12. nordwestlich von dieser die
13. Die Batterien Bartolomeo alto e
basso , ca. 7 k südöstlich Spezzia , zur Verteidigung des durch den Wellenbrecher abgeschlossenen inneren Hafens im Vereine mit den beiden gegenüber liegenden Batterien Pezzino ; 14. 2 k südöstlich davon die Batterien S. Teresa alta e bassa , die eine, gepanzerte , Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXVI., 3. 20
284
Die Befestigungen Italiens.
an der Küste, die andere auf einem Hügel nahe dabei . schütze) die alte
Batterie Teresa
östlich davon auf punta della speziell zur Verteidigung
des
wurde aufgelassen.
Galera
südlich
die
(32 cm Ge 15. 600 m
Batterie Falconara ,
davon liegenden Busens von
Lerici gegen Landungsversuche ; 16. an der Mündung der Magra das alte Fortino S. Croce ; 17. ca. 1500 m südöstlich des Wellen brechers 2 grofse gepanzerte Seeforts mit 1000-1200 m Abstand unter sich und von Teresa (40 cm Krupp - Geschütze). - Zum Schutz gegen Landungsversuche, die besonders durch das Magrathal begünstigt werden können , liegen auf den zum Thal flach ab fallenden Höhen : 18. Fort Pugliola , 110 m, an der von der Magra nach Lerici führenden Straise, 1200 m nördlich dieses Ortes ; 19. 1200 m nördlich
davon Fort Monte Canorbino , 309 m,
einer Winkel- und Distanz-Wasserstation am Kehlglacis.
mit
20. 1200 m
westlich von diesem, zu seiner Unterstützung, sowie zur Bestreichung des Terrains gegen Arcola Fort Valdilocchi , 80 m ; 21. weitere 1500 m westlich, 800 m nördlich Bartolomeo, das dadurch auch im Rücken gedeckt werden soll, Fort Rufino , 160 m.
22. Eine Batterie
auf dem Monte Pianellino (?) ; hier könnte auch noch Sarzana in betracht kommen
(siehe Grenzbefestigungen) .
23. Auf der Höhe
Rochetta bei Sarzana wird seit 1884 ein starkes Fort gebaut, das mit 26 Geschützen und 4 Mörsern armiert werden soll. b) Landbefestigung : 1. Fort Paroli , 667 m, 4 k nord westlich Spezzia, zur Beherrschung des Überganges über den colle di Biassa.
2. 1100 m nordnordöstlich davon Fort Sommovigo ,
südlich der Strafse nach Genua ; diesem Fort Vissegi ,
3. 1100 m nordnordöstlich von
349 m nördlich der vorgenannten
Strafse ;
4. 2 k östlich von letzterem und 3 k nördlich Spezzia Fort Castel lazo , 220 m, das Werk soll mit 6 15 cm und 3 9 cm Geschützen armiert werden.
5. 800 m südöstlich davon Fort Sorbia.
Ferner
wurden im letzten Jahre fertig gestellt die Werke am Monte Bastia und Monte Bochetta der Landfront.
Die Armierung der sämtlichen
Werke soll im Ganzen aus 278 Geschützen bestehen,
wovon
146
gegen die See-, 94 gegen die Landseite und 38 gegen beide wirken sollen. 8. - 15. Es folgen nun längs der Küste die älteren Küsten forts : Cinquale 12 k südöstlich Carrara ; weitere 3 k südöstlich Marmi ; 7 k südöstlich davon Fortino de Ponente ; 3 k südöstlich davon bei Viareggio (nautische Schule, 9400 Einwohner) ; 3 k südlich davon Fortino di Levante; 3 k südlich von diesem Fortino di Migliarino (südwestlich vom lago di Massaciuccoli) ;
285
Die Befestigungen Italiens .
5 k nördlich der Arnomündung Fort del Gombo ; am linken Ufer der Arnomündung die Fortezza ; 6 k südlich davon Fortino di Mezza Piaggia . 16. Livorno , III . Klasse und Fl . St. III. R., Provinz .- Hauptstadt, an flacher Küste ,
85,600 Einwohner,
hat
einen wichtigen Hafen
von 600 m Länge, 400 m Breite und 12 m Tiefe mit einer Werfte, auf welcher auch Kriegsschiffe gebaut werden.
Er zerfällt in den
innern (porto vecchio) mit 2 Molen und äussern Hafen (porto nuovo) mit einem 500 m langen Molo. An den innern Hafen schliefst sich
im
Süden und Osten der innerste
mit
den Docks
(Darsena) an , dessen Ausgang durch die Fortezza vecchia gedeckt wird. Die Altstadt ist mit alten, wertlosen Mauern auf der Land seite umgeben ; im Nordosten ist die Citadelle, Fortezza nuova ; das Lazarett im Südwesten und südlich des Hafens ist durch ein grofses Hornwerk gedeckt ; 1 k südlich davon ist auf einer Landzunge das Fort dei Cavaleggeri.
Neuestens
sollen Neubefestigungen in der
Weise projektiert sein , dafs Livorno und Pisa (22 k nordöstlich) durch eine Reihe von Küstenbatterien in eine gewisse Verbindung gebracht und besonders die Höhen von Montenero und das Thal von Benedetta mit in den Befestigungskreis hereingezogen werden sollen. 17. -26. Die alten Küstenforts : westlich Antignano (5 k süd lich von Livorno) ; 28 k südöstlich davon Cecina an der Mündung des gleichnamigen Flusses ; Bibbona 8 k südöstlich vom letzteren ; weitere 7 k südlich Castagneto ; 9 k südlich davon S. Vincenzo , nahe südlich der Mündung des Aquaviva ; Piombino (Provinz Pisa , der Insel Elba auf 11 k gegenüber, mit alten Mauern umgeben ) mit einer Citadelle im Westen und der Fortezza auf einer Anhöhe im Osten ; 23 k südöstlich davon del Barbiere ;
700 m südwestlich
davon della Troja ; 5 k südöstlich davon delle Rocchette ; end lich Talamone , 13 k nördlich des Monte Argentaro. 27. Orbetello ,
V. Klasse , Provinz Grossetto ,
spitze einer schmalen ,
3 k langen Landzunge,
auf der West
inmitten des Sees
(Stagno) von Orbetello , mit dem Mte. Argentaro durch einen 1,5 k Damm mit 3 Brücken verbunden, hat eine einfache Umfassung mit einigen Aufsen werken
auf der Landseite
und soll die Ver
teidigung des Mte. Argentaro unterstützen . 28. Mte. Argentaro ,
Fl. St. III. R. ,
5000 Einwohner, vom
Festlande durch Landengen getrennt , 500 m hoch , 7 k breit , 11 k von Südosten nach Nordwesten lang , ist für die Verteidigung der Maremmen- Litorale von der gröfsten Wichtigkeit.
An der Ostseite 20*
286
Die Befestigungen Italiens .
liegt auf einer Landzunge der Ort Ercole mit Fort , Leuchturm und kleinem Hafen ; 1 k nordwestlich davon auf isoliertem , ziemlich steilen Hügel das grofse hornwerkartige Fort Mte. Philippo , und 1 k südwestlich das kleine Fort Stella. An der Nordküste ist der Ort Porto San Stefano mit dem Fortino 3 Natali 1 k östlich gegenüber, und der Küstenbatterie della Sanità , 600 m nordwest lich, zur Verteidigung des Hafens. Neuestens wurden nicht un bedeutende Verstärkungsarbeiten ausgeführt, mehrere neue Batterien (z. B. am Poggio Pozzarello bei Orbetello erbaut.
bei San Stefano) und ein neues Fort
29. Civita vecchia , III. Klasse, in öder, ungesunder Gegend, 56 k nordwestlich Rom , 10,200 Einwohner , ist Kriegshafen und Landseite bastioniert , umgeben mit einer Die Citadelle im Süden und einem achteckigen Turm im Norden. den Hafen einschliefsenden 2 Molen sind durch starke Türme ge
mit Mauern , auf der
deckt ; vor dem Hafen (Werfte, Arsenal, Magazine ) liegt eine kleine befestigte Insel. In neuerer Zeit wurden Verstärkungsarbeiten auf der Seeseite ausgeführt und bei dem im Nordosten befindlichen, durch die Franzosen
angelegten
verschanzten
Lager eine starke
Redute auf dem Mte. Capuzzini erbaut. 30. Castel Fusano (alt) , 7k östlich der Tibermündung 3 k östlich Ostia und 2 k vom Strande entfernt. 31. Gaëta , II . Klasse und Fl. St. II. R. , Provinz Caserta, am gleichnamigen 5 k breiten Golf , auf einem nach Süden in steilen , eine Landung nicht gestattenden Felsen abfallenden Vorgebirge, das mit dem Festlande durch einen schmalen niederen Isthmus , dessen gröfster Teil vom Mte. Orlando ( 166 m) eingenommen wird , zu sammenhängt, 18,400 Einwohner, war bis in die neueste Zeit eine der stärksten Festungen Europas.
a) Die Landfront :
Die an sich schon ziemlich unzugängliche,
550 m lange , gegen Westen gerichtete Land- oder Angriffsfront wird durch hohes Mauerwerk und mehrere Reihen über einander befindlicher ,
starker Werke gedeckt und durch offene und kase mattierte Batterien der vorspringenden Nebenfronten flankiert. Vom Fufs des Glacis dieser Werke erhebt sich der der Stadt gegenüber liegende Mte. della Tratina. Die Werke sind, von der Südwest spitze der Halbinsel ,
Transilvanio Malpasso , an folgende : 1. Die Batterien Malpasso und Transilvanio ; 2. die Redute und vorliegende Batterie della Trinità ; 3. die Batterien Malladrone und Denti di
Sega ; 4. die kasemattierte Batterie Piatta forma mit der vorliegenden Batterie cinque piani ; 5. Batterie Philippstadt ; 6. Kurtine S. Andrea ;
Die Befestigungen Italiens.
287
7. Batterie S. Giacomo, Fico, Conca ; 8. Bastion, Niederflanke und Retranchement Capeletti ;
9. Kurtine,
della ; 10. Niederwall S. Andrea ;
Kasematte und obere Cita
11. fronte
a scalone ;
12. vor
geschobene porta di Terra ; 13. neue Batterie porta di Terra ; 14. die bastionartige Contregarde Citadella ;
15. die neue Redute porta di
Terra. Hinter und über Philippstadt bis S. Giacomo liegen : 16. die ausgedehnte Batterie Regina ; 17. auf der Rolandshöhe die Batterie torre Orlando . b) Die Seefront :
Im Allgemeinen ist die Festung gegen den
Golf zu
durch einen einfachen , mit Mauer verkleideten , kase mattierten und mit Batterien versehenen Wall , dessen Fufs auf dem felsigen Ufer ruht, gedeckt. Im Einzelnen sind die Werke, an die Landfront anschliefsend , folgende :
1. die untere Citadella ;
2. die
sägeförmige Batterie S. Antonio ; 3. die bastionartige Batterie S. An tonio ; 4. die Kurtine Addolorato ; 5. die bastionartige Batterie Annunziata ; 6. die Batterie Riversa ; 7. hinter den beiden letzt genannten die Batterie Duca di Calabria ;
8. ferner die Batterien Spirito Santo , Favorita , Ferdinando , Gran Guardia , Poterna und
Vico an der den Hafen westlich begrenzenden Landspitze ; 9. Kurtine del Porto, als südliche Begrenzung des Hafens ; 10. Batterie S. Maria. an der den Hafen nordöstlich begrenzenden Landzunge ; daran reihen sich : 11. Batterie Guastaferi, und S. Montano an der Ostküste der Halbinsel ; 12. S. Domenico und S. Teresa an der Südostküste ; 13. Torrione francese südöstlich von Orlando ; 14. Trabacco süd westlich Orlando. Neuestens wurden verschiedene Verstärkungs arbeiten vorgenommen , auf der Punta Stendardo eine Batterie für 4 Stück 149 mm Geschütze in Verschwindungslafetten und bei den bestehenden Batterien von Monte Orlando (untere) und Monte Conca Distanzmesserstände erbaut, ferner letztere zwei Werke mit Signal Apparaten ausgerüstet. Bajä , Busens
Fl. St.
II . R.,
(Golf von Puzzoli) ,
an der
Westküste
des
20 k westlich Neapel ,
gleichnamigen hat
eine alte
Mauerumfassung ; das 1 k südöstlich liegende Kastell wurde 1887 aufgelassen. Die projektierte Umwandlung kam nicht zur Aus führung. Neapel ,
Fl. St. II. R.,
Provinz.- Hauptstadt ,
500,000 Ein
wohner, hat einen von 2 ca. 400 m langen Molen begrenzten , 10 m tiefen Kriegs- und einen Handelshafen . Citadelle S. Elmo im Westen (ein
Die 3 alten Kastelle :
in Felsen gehauenes
Die
Sechseck
von 200 m Länge und 140 m Breite auf dominierender Höhe) ; cast . Nuovo , am Nordwestufer des Kriegshafens und cast . d'Ovo auf einer
Die Befestigungen Italiens.
288
durch einen 200 m breiten Steindamm mit dem Festlande ver bundenen Insel, sind wertlos und nur als Kasernen etc. verwendet. Das Projekt von Neubefestigungen wurde fallen gelassen. 32. Castellamare , Fl . St. III. R. , am Südostgestade des Golfes von Neapel , 27,700 Einwohner , ist mit Mauern und 2 Kastellen befestigt , jedoch ohne
Bedeutung.
Der den Hafen begrenzende
Molo wird durch eine Batterie verteidigt.
Auch hier kam die pro
jektierte Umwandlung nicht zur Durchführung . 33. Auf der Südspitze der den Golf von Neapel südlich ein schliefsenden Halbinsel , Capri gegenüber , ist das alte Küstenfort punta di Campanella.
Am Golf von Santa Eufemia war die
Umwandlung der alten Befestigungen von Il Pizzo , Fl. St. III. R., Provinz Catanzaro ,
8200 Einwohner (ein festes Schlofs
und eine
1878 aufgelassene Batterie) , sowie die Anlage neuer Befestigungen bei Porto worden .
Santa Venere
projektiert ,
aber
nicht
ausgeführt
34. Am Eingang der Strafse von Messina sind die alten Forts Scilla und 3 k südwestlich davon Joachim. Die im Gebiet der Gemeinde Villa S. Giovanni, Messina gegenüber, liegenden Batterien Torre Cavallo , Alta Fiumara , und Puntadel Pezzo wurden 1887 aufgelassen. II. Inseln . 1. Capraja :
zur Provinz
Genua gehörig ,
30 k
östlich der
Nordspitze von Corsica, 37 k Umfang, ist nur von der Ostseite zu gänglich. Der Hafen des hier befindlichen gleichnamigen Ortes ist durch ein Fort gedeckt. 2. Elba (zur Provinz Livorno gehörig).
1. Porto Ferrajo
Fl. St. II. R., Hauptstadt der Insel, an der Nordküste
auf einer
Halbinsel, 5800 Einwohner, ist mit Mauern umgeben ; im Osten ist die Citadella Fort Stella ; 300 m südwestlich Fort S. Claudio ; 300 m, 600 beziehungsweise 2000 m gegen Westen vorgeschoben die Küsten 1883 wurde der Platz aufgelassen,
forts : S. Rocco , Ilario , Albaro. neuestens aber sollen werden .
die wichtigsten Batterien wieder hergestellt
2. Auf der schmalen Landzunge 5 k westlich Ferrajo ist nahe dem capo dell'Enfola ein altes Fort ; Nordwestspitze der Insel beim capo
desgleichen eines an der
S. Andrea zur Deckung des
dortigen Ankerplatzes. 3. Porto Longone Fl. St. II . R. , auf der Ostseite der Insel, 8 k südöstlich Ferrajo ; 4000 Einwohner ; auf schwer zugänglichen
289
Die Befestigungen Italiens.
Felsen liegt das starke Fort Longone, ein unregelmäfsiges bastioniertes Fünfeck ,
und auf einer schmalen
gegenüber das Fort Fasardo. wie Ferrajo
Die
1883 aufgelassen ,
Landzunge
1200 m südöstlich
Befestigungen wurden ähnlich
neuestens aber
wieder in
Stand
gesetzt ; die früheren Projekte der Umwandlung und von Neuanlagen wurden jedoch fallen gelassen . 4. An der Nordostspitze der Insel , 11 k nördlich Longone ist das Fort capo Castello und 2800 m südöstlich davon Fort Capo Pero.
Zwei neue Forts sollen gebaut werden und dürfte das eine
wohl auf dem die beiden nur 2,5 k entfernten (Luftlinie) Haupt rheden beherrschenden Monte Castello liegen ; auch soll schon die Anlage einer starken Batterie auf dem 4 k weiter westlich liegenden Monte Orello beabsichtigt gewesen sein. 3. Giglio , kleine Felseninsel, 14 k südwestlich Mte. Argentaro 2000 Einwohner , bat mehrere alte Wachttürme und ein Kastell, sämtlich bedeutungslos. 4. Ponza , Fl. St. II. R., die gröfste der pontinischen Inseln , 60 k südwestlich Gaëta mit dem Hauptorte gleichen Namens, 3150 Einwohner. Die alten Befestigungen wurden 1878 auf gelassen. 5. Ischia ,
nordwestlich am Eingang des Golfes von Neapel
hat auf der Ostseite, vor dem gleichnamigen Städtchen , auf 180 m hohen, durch einen schmalen Damm mit der Insel verbundenen Felsen ein altes Kastell . 6. Sardinien .
1. Cagliari ,
Hauptstadt ,
der Mündung der Mulargia ,
an der
Südküste
32,000 Einwohner ;
der am Hafen liegende Stadtteil la Marina ist mit Wällen umgeben ; im Osten ist ein Kastell ; der Hafen ist durch 2 alte Forts gedeckt. 2. 25 k südlich davon liegt ein altes Küstenfort bei Pala. Durch weg ältere , bedeutungslose und zum Teil schon aufgelassene Be festigungen sind : 3. Je ein Fort zu beiden Seiten der Durchfahrt bei der kleinen Insel S. Antioco im Norden des Golfes von Palmos ; 4. die kleine Festung Carloforte auf der Insel Pietro ; 5. die ehe malige Festung Bosa , 6700 Einwohner, an der Mündung des Terno , im Westen ; 6. 34 k nördlich davon Fort Alghero ; 7. im Norden. bei Sassari , 10 k castel Sardo.
von
der Küste auf einem
Felsvorsprung das
Von den Projekten der Neuanlage von Befestigungen am Golf von Aranci , der Erbauung eines verschanzten Lagers bei Ozieri , sowie der Befestigung des Maddalena -Archipels (in der Meerenge von S. Bonifacio) kommt nur das letztere
zur Ausführung.
Auf
Die Befestigungen Italiens.
290
der Insel Santa Maddalena
sollen bereits 4, auf Caprera 2 Forts
fertig sein ; weitere Batterien, Sperren, Marineetablissements u. s. w. sollen noch angelegt werden , wofür, wie oben erwähnt, dem Marine minister 13 Millionen zur Verfügung gestellt wurden .
Diese Gruppe
von Inseln besitzt sowohl als Station der eigenen Flotte, wie auch , in den Händen des Feindes, als Ausgangspunkt für Unternehmungen gegen die italienische Küste, die gröfste Wichtigkeit. 7. Sicilien .
1. Messina , II . Klasse und Fl . St. II. R. , Haupt
stadt der gleichnamigen Provinz, am Fufs des Peloritanischen Gebirges, an der Nordostspitze der Insel, 127,000 Einwohner, hat einen vor züglichen Hafen von 900 m Durchmesser und mit einer nur 350 m breiten Einfahrt. Die Befestigungen sind durchweg alt und zum Teil
schon verfallen ,
nämlich :
1. eine
alte Mauerumfassung ;
2. auf der Spitze der den Hafen im Südosten umschliefsenden Land zunge Braccio di San Ramiero das Fort Salvatore zur Beherrschung des Hafeneinganges ; 3. 700 m südöstlich davon das Werk Faro grande ; 4. 600 m südwestlich davon , über der ganzen Breite der vorgenannten Landzunge (300 m ) die Citadella , ein bastioniertes Fünfeck mit Ravelin im Nordosten , und einem andern Aufsenwerk im Süden ;
5. 500 m westlich des Südendes der Stadt Fort Gon
zaga; 6. 1 k nördlich davon :
Fort Castellacio ;
7. 5 k nördlich
Salvatore, an der Küste, das alte Fort Grotta ; 8. 3 k nordöstlich davon Fort Folly ; 9. weitere 2 k nordöstlich, Landspitze , gleichsfalls ein altes Küstenfort.
an der äussersten Neuestens werden
ziemlich bedeutende Neubefestigungen (unter anderem Panzertürme mit 40 cm
Kruppgeschützen)
angelegt
und
wird
die
aufserdem noch durch submarine Anlagen geschlossen . zur Sicherung
der Strafse von
folgende Arbeiten ausgeführt :
Messina
im
Meerenge Es wurden
abgelaufenen
Jahre
Beendigung der Küstenbatterie am
Monte Pietrazza samt Erbauung von Distanzmessern für dieselbe, der Batterien Matiniti inferiore und Poggio Pignatelli (Cala brien),
der Batterie Polveriera bei Messina ,
der Batterie Torre
Telegrafo (Calabrien) ; ferner Neubau einer Batterie für 24 cm Hau bitzen auf der Position Mangialupi bei Messina , und eben solcher auf der Höhe Cimitero bei Catona ( Calabrien ) . - Mit der Zeit soll Messina ein grofses verschanztes Lager werden, das als Central punkt für die auf der Insel befindlichen Truppen und als Brücken kopf gegen den Kontinent zu dienen hat. 2. Milazzo , Fl . St. III. R. , auf der gleichnamigen, 7 k langen, 1-2 k breiten Halbinsel, hat
30 k westlich Messina, 7750 Einwohner,
einen durch ein Kastell
und
einige
Batterien
verteidigten
291
Die Befestigungen Italiens .
Hafen, an dem noch weitere Befestigungsarbeiten ausgeführt werden sollen. 80 k südwestlich davon ist das alte Fort am Cap Orlando , nordwestlich Naso und weitere 80 k südwestlich Fort Tusa , nord westlich Mistretta ;
Termini ,
33 k,
südöstlich
Palermo,
26,000
Einwohner, hat nur Überreste alter Hafenbefestigungen. 3. Palermo , Provinz.-Hauptstadt, Bucht der Nordküste,
an einer weiten und tiefen
186,400 Einwohner,
hat einen durch einen
450 m langen Molo gebildeten , gegen Osten offenen Hafen .
1. Die
Stadt hat eine zum Teil durchbrochene Mauerumfassung von 8 k Umfang ; 2. der Hafen wird verteidigt durch die Citadelle , das cast. del Molo, ein Viereck mit 2 Bastionen, im Norden der Stadt ; 3. demselben gegenüber ist das Fort Galita und an der Südspitze des molo eine Batterie ; 4. südöstlich der Stadt liegt auf einem kleinen Vorsprung die Batterie Erasmo ; 5. aufserdem sind noch mehrere Batterien auf der Halbinsel und im Nordosten des Die Befestigungen Hafens vorhanden . (Batterie Castellamare . ) scheinen sämtlich aufgegeben zu sein ; werden jedenfalls nicht mehr unterhalten. Trapani , Provinz. -Hauptstadt, an der Westküste am Fufs des Monte Giuliano, baia Forte) ;
27,400 Einwohner (am Hafen das Kastell Colom
Marsala ,
etwas nördlich der Mündung
des gleich
namigen Flüfschens,
zunächst der Westspitze der Insel (cap Boëo), 17,700 Einwohner ; Mazarra , 18 k südöstlich vom vorigen, 11,800 Einwohner, haben sämtlich noch Überreste früherer Befestigungen . 4. Syracus , Fl. St. II. R., Provinz .- Hauptstadt, auf der durch einen Damm und Brücken
mit der Hauptinsel verbundenen Insel Ortygia, 18,100 Einwohner, hat jetzt nur mehr 4 k Umfang gegen 33 k des alten Syracus, eine 1878 aufgelassene Mauerumfassung mit Bastionen, Gräben und vielen Thoren, eine Citadelle und ein Kastell. Der Hafen wird durch einige Batterien geschützt . 5. Augusta , Fl. St. II . R. ,
22 k nördlich Syracus, auf einer
mit der Hauptinsel durch eine Brücke verbundenen Felseninsel, 9400 Einwohner, hat eine Citadelle , sowie die Hafenforts Garzia, Vittoria und Torre Avolos, welche sämtlich 1878 aufgelassen wurden. - Catania , Provinz.-Hauptstadt, 32 k nördlich vom vorigen, am Südostfufs des Ätna, 100,000 Einwohner , hat nur wenige Überreste der früheren Befestigung. 8. Pantalaria
nur 8-9
Meilen von
Afrika
Hauptort Oppidolo , 7000 Einwohner, ist befestigt.
entfernt ;
der
292
Die Befestigungen Italiens. III.
Ostküste.
Cotrone , Provinz Catanzaro (Kalabrien) an der Mündung des Esaro in den Busen von Tarent, 7700 Einwohner, hat eine alte - 1. Tarent , Fl. St. I. R. , Mauerumfassung und ein Kastell . Provinz.-Hauptstadt, auf einer Insel zwischen dem grofsen Golf und dem lagunenartig ins Land hineinreichenden mare piccolo, 22,850 Einwohner, ist mit dem Festlande durch eine Brücke und einen verbunden ; der zum Kriegshafen sehr geeignete Hafen wird durch die Vorgebirge San Vito und San Collichio gebildet, zwischen welchen, noch weiter im Meere aufsen die beiden alten Aquädukt
flachen, zur Sicherung des Aufsenhafens durch einen Damm mit einander verbundenen Inseln S. Pietro und S. Paolo liegen . Tarent hat eine alte Umfassung , ein Kastell und eine Citadelle. Neuestens sollen eine Sicherheitsumfassung an der Landseite (zur Sicherung des neu errichteten Seearsenals) und die zur Sicherung des Hafens nötigen Dämme, hergestellt werden und sind starke Batterien zum Schutze der Rhede im Süden der Stadt und auf den Inseln Pietro und Paolo gebaut worden. Otranto , am gleichnamigen Kap , an der Grenze zwischen dem jonischen und adriatischen Meer, 2100 Einwohner, hat auf dem Felsen über der Stadt ein altes Kastell. Brindisi , Fl. St. I. R. , Provinz Terra d'Otranto, 13,750 Einwohner, hat einen 8/2 m tiefen Hafen, den das auf der vorliegenden Insel S. Andrea liegende alte Kastell Forte a Mare schützen soll . Die alte Stadtumfassung ist geschleift.
Das Projekt einer
Pescara ,
Provinz Chieti,
2500 Einwohner,
Neubefestigung
wurde aufgegeben. rechten Ufer der Pescara-Mündung , hat noch Reste der früheren Mauerbefestigung. am
Bei Umana , Fl . St. III . R., 16 k südöstlich Ancona, war die Anlage eines neuen Küstenforts zur Deckung von Ancona gegen einen Angriff von der Landseite projektiert, wurde aber wieder aufgegeben. 2. Ancona , I. Klasse und Fl. St. II. R. , Provinz.-Hauptstadt, auf der Spitze einer nach Norden vorspringenden Halbinsel, in der Einsenkung
zwischen
den
steil
abfallenden
Vorgebirgen
Ciriaco (Capuzzini und Gardetto) und Monte Astagno,
Monte
32,450 Ein
wohner, hat einen Hafen von 890 m Länge und 780 m Breite, der in den letzten Dezennien bedeutende Verbesserungen und Neuanlagen erhielt. Die älteren Befestigungen wurden 1815 geschleift, aber wieder hergestellt. a) Die Umfassung
mit
den
Aufsen werken :
Die
später
Um
fassung zieht von dem im Norden steil zum Meere abfallenden Monte
293
Die Befestigungen Italiens.
Gardetto, einige Hundert Meter östlich, über die Lünette S. Stefano, 700 m südöstlich der Stadt,
zur Fortezza
und ist hier verbessert
und über die frühere Umfassung vorgeschoben, während sie von hier bis zur porta Pia noch aus der alten , schwachen , niederen , krene lierten Mauer besteht.
Die Werke innerhalb und vor der Umfassung sind : 1. Zur Bestreichung des Hafeneinganges : Die Lazarett Batterie im Süden ; Bastion S. Lucia und S. Agostino ; 3 Erd Batterien mit gemauerten Plattformen zunächst der porta Pia ; ein kasemattierter Turm am Hafendamm ; 2. gegen die offene See: Batterie de la lanterna im Nordwesten ; Fort Murano mit 2 Erdbatterien östlich und 3 Erdbatterien im Süden ; 3. gegen die Landseite :
Die Fortezza (Citadelle) auf der Höhe des Monte Astagno im Süden ; 300 m südöstlich von dieser und mit ihr durch eine bastionartig gebrochene Linie verbunden , ein Hornwerk ; 300 m nordöstlich von diesem und 500 m östlich der Citadelle die Lünette S. Stefano ; 700 m nördlich vor dieser die Bastion Monte Gardetto ; und nordwestlich von letzterer Bastion dei Capuzzini mit 2 anschliefsenden Erdbatterien im Südosten . Die Batterie
Dorica (?) inferiore wurde neuestens adaptiert und eine Batterie del Telegrafo neuerbaut. b) Die detachierten Werke sind :
1. Fort Scrima ,
1 k
südlich , nahe der Küste ; 2. Fort Posatore , 800 m südwestlich von diesem ;
3. Fort Montagnolo ,
etwas über 3 k südwestlich der
Citadelle; 4. Fort Monte Ago , 3 k südlich ; 5. Fort Monte Acuto , nahezu 5 k südöstlich ; am Fufs des Berges eine Strand batterie ; 6. Fort Altavilla (?) ; 7. Fort Monte Pelago , 2 k südöstlich der Stadt. In wie weit Neubefestigungen oder Umwandlungen ausge führt wurden, ist nicht bekannt. Pesaro ,
Provinz.-Hauptstadt,
am
rechten
Ufer
der Foglia
Mündung, 12,000 Einwohner, ist in Form eines Fünfeckes mit alten. Mauern umgeben und hat eine Citadelle im Osten . 3. Bei
Rimini ,
Provinz
Forli (am
rechten Marecchia-Ufer,
9750 Einwohner, mit Mauerumfassung und einer Citadelle) ist an der 1k entfernten Marecchia- Mündung eine Strandbatterie. 4. Ravenna , in den Niederungen zwischen Lamone und Ronco Montone, 7 k vom Meere entfernt , 11,900 Einwohner, hat eine ca. 4 k messende Mauerumfassung mit
einigen flankierenden Türmen ;
an dem 9 k nordöstlich
Hafen
liegenden
Porto Corsini,
Mündung des canale nuovo, ist eine Strandbatterie.
an der
294
Die Befestigungen Italiens.
5. Fortino di Primaro , am rechten Ufer der Mündung des gleichnamigen Poarmes, 14 k südöstlich Comacchio. 6. Comacchio , Provinz Ferrara, mitten in den valli di Comacchio (stehende Wasserbecken, durch Dämme von einander getrennt) 4 k vom offenen Meere entfernt, 8900 Einwohner, ist nur zu Wasser zugänglich, durch den canale Paletta , an dessen Mündung der durch eine Batterie verteidigte Hafen Magnavacca liegt. An einer Biegung des Kanals ist der grofse Turm Rossa ; die Stadt selbst ist umgeben und hat im Osten die Citadelle Fort S.
mit Mauern Agostino .
Po - Mündung :
An den Mündungen der wichtigsten Poarme
sind alte, 1878 aufgelassene, nach diesen Armen benannte Batterien : am linken Ufer des südlichsten Armes Fortino di Goro , 20 k nordöstlich Comacchio ;
3½ k
weiter
nördlich
Fortino
della
Gnocca ; 8k nordöstlich davon Batterie della Tolle (am mittleren Arm) , 4k nördlich davon Batterie Canarino ; 7 k nordwestlich davon , auf einer Insel des Hauptarmes,
Batterie della Maestra ;
8½ k
nordwestlich davon , am rechten Ufer des nördlichen Armes Batterie di Levante. 7. Cavanella
d'Adige ,
IV.
Klasse,
am linken
Etschufer,
7 k oberhalb der Mündung , zu beiden Seiten des nach dem 8 k nördlich liegenden Brondolo führenden canale di Valle ist einfacher Brückenkopf, zur Deckung der Kommunikationen und nach Brondolo.
längs der Etsch
8. Brondolo , IV . Klasse, an der Westküste der 1/2 k breiten, gleichnamigen, vor der Brentamündung liegenden Insel, 3½ k süd lich Chioggia, ist ein bastioniertes Viereck, von dem aus in östlicher Richtung bis zum Meere hin zur Absperrung der Insel gegen die Brentamündung eine Schanzenlinie hinzieht. Auf einer Insel 400 m östlich ist das kleine Fort S. Michele ; Düne eine Strandbatterie ;
2'2 k südöstlich auf einer
die alte Redute Lombardo
wurde
ein
geebnet. 9. Chioggia , IV. Klasse, auf der gleichnamigen Laguneninsel, westlich Brondolo und des litorale di Sotto Marina, 26 k südlich Venedig, 19,800 Einwohner, ist, wie Venedig, auf Pfählen
erbaut
und durch eine 430 m lange Brücke ( mit 43 Bogen) mit dem Fest lande verbunden . Der Hafen, der tiefste der Lagunen, wird im Süden durch Brondolo
gedeckt.
und 8 m tiefen Eingang,
Den eigentlichen ,
600 m breiten
1 k nördlich der Stadt, verteidigen :
1. Fort Caroman , an der Südspitze des 11 k langen , schmalen Litorale von Pelestrina, mit dem auf einer kleinen Insel 6 k nord
Die Befestigungen Italiens. westlich liegenden Bastione (Octogon) ;
295
2. südlich gegenüber Fort
S. Felice , mit der gleichnamigen Strandbatterie an der Nord spitze der Insel Brondolo ; 3. 1800 m südlich davon Batterie Sotto Marina ; 4. weitere 1800 m südlich Redute und Brückenkopf Madonna Marina am Westufer von Brondolo zur Deckung des Überganges über
den schmalen Lagunenarm nach dem südlichen
Teil der Insel Chioggia.
Was in neuerer Zeit hier und in Bron
dolo an Verbesserungen gearbeitet wurde, ist nicht bekannt. 10. Venedig , I. Klasse und Fl. St. I. R., in den Lagunen , mit dem 4 k entfernten Festlande durch eine kolossale Brücke ( 222 Bogen) verbunden, auf 3 gröfseren, 114 kleineren Inseln (147 Kanäle, ca. 400 Brücken und Stege) 133,000 Einwohner, hat die Form eines Dreieckes von 12 k Umfang. Im östlichen Teile der Stadt liegt das Arsenal, mit Schiffswerfte, Bassins, Magazinen u. s. w. , mit Mauern umgeben. Im Südosten wird die Lagune durch das 11 k lange litorale (Lido, Sandbank) von Malomorco, im Nordosten durch das 4 k lange von S. Erasmo vom offenen Meere getrennt. Der Kriegshafen ist für schwere Schiffe nicht tief genug. a) Seefront. (Hafeneinfahrten Porto Malamorco , 11 k süd lich, 4 m tief, Lido, 2 k östlich 21/2 m tief, Treporti 6 k nordöstlich.) 1. Fort S. Pietro mit der gleichnamigen Strandbatterie , süd lich der Einfahrt Malamorco, am Nordende des Litorale von Peles trina; 2. 1 k südlich davon Fort S. Pietro in Volta , ein reguläres Sechseck; 3. südlich Fort Alberoni
von diesem Fort S. Stefano ; 4. das grofse
mit der gleichnamigen Hafenbatterie
der Einfahrt Malamorco,
Pietro auf 1 k gegenüber (am
des Litorale von Malamorco) ; Strandbatterie S. Leonardo ;
5.
1400 m
nordöstlich
6. 4 k nordöstlich
nördlich Südende.
davon
die
davon Fort Ma
lamorco oder della Terre perse mit der gleichnamigen Strand batterie ; bianca ;
7.
1200 m
8. 900 m
nördlich davon
nördlich von
die
Strandbatterie
dieser Fort Quattro
9.2 k nordöstlich davon Batterie Sta. Elisabetha ;
casa
Fontane ;
10. die Ver
schanzung des grofsen, 1 k langen, 500 m breiten Fort S. Nicolò del Lido , am Nordende des Litorale ; 11. diesem auf 1300 m gegen über, 2½ k nordöstlich der Stadt, Fort Erasmo , am Südende des gleichnamigen Litorale ; 12. hinter den beiden letztgenannten Forts , quer über die
Hafeneinfahrt,
eine
1400 m lange verschanzte
Linie, die einige Inseln mit einander verbindet, mit dem Fort S. Andrea im Süden und einer Batterie im Norden ; 13. 600 m nördlich der letzteren , auf der Westspitze des Litorale Erasmo, deckt ein Brückenkopf den Übergang nach dem Lazaretto nuovo ;
296
Die Befestigungen Italiens.
14. 4 k nordöstlich des Fort Erasmo, am Nordende des Litorale ist eine Batterie und deckt im Vereine mit dem 1400 m südöstlich gegenüberliegenden 15. Fort Treporti die gleichnamige Hafen einfahrt, hinter welcher sich 16. die Reduten Crevan und Mazorbo befinden;
17. 12 k nordöstlich Treporti,
an der Mündung des Sile
(Porto di Piave vecchio) ist eine Schanze auf dem rechten Ufer und 1300 m nördlich von dieser die Batterie Cavallino auf dem linken Ufer.
An der Seefront wurden in neuester Zeit umfang
reiche Verstärkungsarbeiten ausgeführt,
und sind solche noch im
Gange. b) Lagunenwerke : 1. Batterie Buel del Lovo , 6½ k nörd lich der Stadt ; 2. Batterien Pieretto , S. Antonio , Penigo , S. Marco ;
3. Batterien Carbonara ,
1400 m von einander nordwestlich, liano ,
entfernt ;
Tessera , 3 k nördlich und
4. Batterie Campalto ,
1200 m
2 k südwestlich der vorgenannten ;
5. Fort S. Giu
nahe des Anfanges der Lagunenbrücke ;
6. Die Brücken
Batterie Piazzale ;
7. Fort S. Giorgio in Alga , 2 k südwestlich
der Stadt ; 8. 1800 m südlich davon Fort S. Angelo della pol vere ; 9. Redute Monte dell'Oro ; 10. Batterie di Podo , 3 k südlich Angelo ; 11. 1 k weiter südöstlich Batterie di Poveglia ; 12. 1400 m südlich davon Batterie Fisolo ; 13. 3300 m östlich der letzteren und 1400 m nordwestlich der Batterie Leonardo, bastione Campana ; 14. endlich die beiden 1600 m von einander entfernten Bastione (Octogone)
Alberoni
und Pietro ,
700 m westlich der
gleichnamigen Forts an der Seefront. Die sämtlichen Lagunen werke sind alt, auf kleinen Inseln und Untiefen, und scheint in neuester Zeit an denselben nichts geschehen zu sein . c) Landfront : 1. Fort Malghera (früher Haynau) , 6 k nord westlich der Stadt, 2 k südöstlich Mestre, in Sümpfen gelegen , zu beiden Seiten der Bahnlinie.
Es besteht aus dem Kernwerk (einem
ungleichseitigen bastionierten Viereck) und einem im Westen und Norden umschliefsenden Kronwerk, hat einen von mehreren Lünetten verteidigten gedeckten Weg und einen Wassergraben . 2. In neuester Zeit wurde in der Nähe von Mestre ein weiteres starkes Werk, Fort Brondolo ,
gebaut ;
3.
weiter
rückwärts,
am canale dell'
Osellino liegt ein kleines Fort (früher Manin) ; 4. diesseits, süd westlich des Bahndammes ein drittes älteres Fort (früher Rizzardi) ; 5. 600 m östlich das kleine Fort Campalto.
Über vorgenommene Verbesserungsarbeiten ist Näheres nicht bekannt. ―――― 11. - 14. Am
rechten Ufer der Piave-Mündung
ist die alte Redute Cortellazzo ;
Die Befestigungen Italiens.
297
an der Livenzamündung das Fort Margheritta , an der Tagliamento Mündung die Batterie porto di Tagliamento ; endlich an der Einfahrt in die Lagune östlich vom Tagliamento die Batterie Porto Lignano.
Litteratur. 1. Übersicht der Befestigungen in Frankreich , Italien u. s. w. von Blasek in den Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und Genie - Wesens, Jahrgang 1881 Seite 288 ff. Mit 2 Fortsetzungen : 1883 Seite 156 ; 1884 Seite 304; im bulletin de la réunion des officiers erschien eine Übersetzung dieses Aufsatzes, die auch als Separatabdruck ausgegeben wurde (examen du système de fortification dans les principales puissances de l'Europe, par Bornecque . Paris 1882). - 2. Venetien mit dem Festungsviereck , eine militär-geographische Skizze von Biffart. Darmstadt 1863. 3. Auszug des offiziellen Berichtes der k. italienischen Kommission für Landesverteidigung von Bingler. Mitteilungen über Gegenstände u. s. w. 1872. Heft I- III. 4. Die Befestigungsfrage Italiens von Bingler. Mitteilungen u . s. w. 1873. IX. und X. 5. Der gegenwärtige Stand der Befestigungsfrage in Italien von Bingler. Mit teilungen u. s. w. 1880. X. und XI . 6. Italiens westliche Verteidigungs front und heutiges Befestigungssystem. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine u. s. w. 1883. IX. und XII . 7. La défense des Alpes par l'Italie. Journal des sciences militaires. 1883. August. 8. Haymerle , österreich. Generalstabsoberst ; Italicae res. 1879. 9. Die Befestigungen. Roms und das darauf beruhende Verteidigungssystem . Allgemeine Militär - Zeitung . 1882. Nr. 83-86. 10. Über die Befestigung Roms : Vedette. 1880, Nr. 12 ; Militär -Wochenblatt. 1880. Nr. 74 (mit Skizze) ; Mit teilungen über Gegenstände etc. 1882. II. III.; Allgemeine Militär - Zeitung . 1883. Nr. 68 ; Archiv für Artillerie- und Ingenieur-Offiziere. 1883. III .; Italia militare. 1883. u. s. W., u. s. w. 11. Spezia und Tarent : Militär -Wochen blatt. 1883. Nr. 15.
XVI.
Die
Verwendung
Panzerschiffe
im Kampfe bis
und
deren
zur Gegenwart.
Unter den technischen Wissenschaften haben in verhältnismässig kurzer Zeit der Bau von Kriegsschiffen und die Artillerie den ge waltigsten Umschwung erfahren.
Beides sind Antagonisten
und
beide kämpfen seit alters her um den Sieg. Die Triremen der alten Griechen und Römer haben sich nach und nach in Monstre schiffe von 10 bis 14,000 Tonnen Deplacement, wie die englischen » Howe « , » Hood « ,
» Royal Sovereign « , u . s. w.,
die franzö
sischen » Admiral Duperré « , » Formidable « , » Hoche « u . s. w.; die italienischen » Dandolo « , » Italia « , » Lepanto « u . s. w. mit 4-500 mm Panzer ; die Ballisten und Katapulten in Armstrong ge zogene
100 Tons resp . Krupp's 35 bis 45 cm Geschütze u . a. m.
verwandelt, aber noch immer ist der Kampf nicht entschieden, ob wohl er in den letzten Decennien mit einer Energie, einem Scharf sinn und einer Ausdauer geführt wird , welche die höchste Be wunderung verdienen . Namentlich sind es wieder die alten Rivalen England und Frankreich , führen ,
welche diesen Kampf mit einer Kraft
die uns in Erstaunen
die andere,
setzen mufs.
Millionen über Millionen werden
Eine Erfindung jagt ohne Zögern
dahin
gegeben, diese Erfindungen zur praktischen Anwendung zu bringen, aber schon nach wenigen Monaten sind sie veraltet und neue Ent deckungen haben sie wertlos gemacht. Von einem Innehalten kann nicht die Rede sein ; die Weltverhältnisse gestatten auch in dieser Hinsicht keinen Stillstand, weil dies Rückschritt wäre. Für England steht alles auf dem Spiele , wenn es sich überflügeln läfst , seine Suprematie zur See und mit dieser sein Rang unter den Völkern, seine Macht und sein Wohlstand .
Ebenso unmöglich
ist
es aber
auch, dafs die übrigen europäischen Mächte bei diesem vorläufig nur kostspieligen , aber noch unblutigen Kampfe ruhige Zuschauer bleiben. Der Gedanke an ihre eigene Zukunft zwingt sie, sich thätig an der allgemeinen Bewegung zu beteiligen , wenn auch nicht in so hastig überstürzender Kraft. Durch ruhigeres Vorgehen geniefsen sie den grofsen Vorteil, aus den Fehlern ihrer Vorkämpfer Nutzen zu ziehen , Geld zu sparen . sie zu vermeiden und namentlich
Die Panzerschiffe und deren Verwendung im Kampfe u. s. w.
299
Die Erfindung der Panzerschiffe gehört bekanntlich Frankreich an, ebenso die der Bombenkanonen , welche zu den Panzerschiffen den Anstofs gegeben haben. Derselbe Oberst Paixhans, welcher die Bombenkanone konstruierte , legte seine Vorschläge zum Panzern von Schiffen dem Comité consultatif de la Marine und dem Institut de France vor. Die Idee wurde als unausführbar zurückgewiesen , weil kein Schiff das ungeheuere Gewicht eines Eisenpanzers zu Dieses Argument tragen vermöge , der es unverwundbar mache. war für die damalige Stufe des Schiffbaues vollständig richtig, und erst der neueren Zeit blieb es vorbehalten , das Problem zu lösen. Beim Ausbruch des russisch-türkischen Krieges 1854 sehen wir die Paixhans'sche Idee des Panzerns zuerst verwirklicht und drei französische schwimmende Batterien, deren jede 16 Stück 50pfündige Bombenkanonen und 300 Mann Besatzung führte, mit einer Maschine von
150 Pferdekräften
ausgerüstet
und
mit
312 zölligen
Platten
gepanzert war, bei der Einnahme von Kinburn ( 17. Oktober 1855) thätig. Der Ausgang des Kampfes vor Kinburn, welcher drei Stunden . dauerte und mit der Einnahme des Platzes endete , entschied auch die Frage des Panzerns von Fahrzeugen zu deren Gunsten .
Napo
leon III. zog aus den gemachten Erfahrungen Nutzen , und gab damit das Signal
zu einer vollständigen Revolution im Schiffbau
und in der ganzen Seekriegführung , nachdem zuvor die Frage gelöst war, die gepanzerten schwimmenden Batterien in Schiffe zu verwandeln, welche in Form und Manövrierfähigkeit mit den Modellen der besten Holzschiffe rivalisieren konnten, und sodann , ob der Eisen panzer, den solche Schiffe zu tragen im Stande waren, dem Feuer der schwersten gebräuchlichen
Marine- und Landgeschütze
unter
den für den Panzer ungünstigsten Umständen erfolgreichen Wider stand zu leisten vermöchte. So schritt man in Frankreich wie in England
zum Bau von
sogenannten Panzerfregatten mit 41/2 zölliger Beplattung , von denen beim Ausbruch des amerikanischen Krieges 1861 bereits mehrere fertig , andere noch in Bau waren . Obwohl ihre Wirk samkeit im Kampfe noch nicht erprobt war , Kinburn thätigen schwimmenden Batterien
so hatten die vor
doch zur Genüge dar
gethan, dafs eine vierzöllige Eisendecke die Bordwände gegen die damaligen stärksten Schiffsgeschütze -- 68pfündige Bombenkanonen bei den Engländern und 50pfündige gezogene bei den Franzosen fast vollständig sicherte .
Die Südstaaten suchten deshalb die neue
Erfindung sofort für sich zu verwerten und begannen , während der Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXVI., 3. 21
300
Die Panzerschiffe und deren Verwendung
Norden alle Hände voll zu thun hatte, um nur zuerst die Blockade zu vervollständigen , mit Panzerschiffes zu gehen.
aller Kraft an den Bau eines gröſseren Um Zeit zu gewinnen , wandelten sie
zunächst die ihnen in der Räumung von Norfolk in die Hände Merrimac « in in ein Panzerschiff um. gefallene Dampffregatte »>> Merrimac Durch Herausnehmen der Bemastung und Herunterschneiden Rumpfes bis auf wenige Fufs über der Wasserlinie , wurde
des das
Gewicht für eine vierzöllige Panzerung der noch übrig bleibenden Bordwände über Wasser und eines schrägen Daches gewonnen, welches das Schiff von oben schützte .
Die Bewaffnung bestand aus
acht glatten 9zölligen und zwei 7 /2zölligen gezogenen Geschützen , die auf dem Oberdeck aufgestellt waren und durch Pforten feuerten. Am 8. März 1862 eröffnete >> Merrimac « die Feindseligkeiten gegen das nordische Blockadegeschwader , welches in der Nähe des Forts Monroe vor
der Mündung des James-Flusses lag und zer
störte mehrere Holzfregatten desselben , welche ihm gegenüber fast wehrlos waren , durch Anrennen oder durch Granatfeuer. Als er jedoch am 9. März Morgens abermals auf Hampton Rhede er schien , um sein Zerstörungswerk vom Tage vorher
zu vollenden,
fand er dort noch einen andern wenn auch nur winzigen Gegner, den > Monitor « vor .
Derselbe, nach den Plänen des schwedischen
Ingenieurs Erichsohn gebaut , panzerten Plattform ,
war 172 Fufs lang ,
mit
einer ge
nur 2 Fufs über Wasser , und überragenden
Seiten , so dafs er fast völlig gegen einen Spornangriff gesichert war. Er führte einen Turm von 9 Fufs Höhe und etwa 20 Fufs Durchmesser mit 8zölligem Lamellenpanzer versehen ; derselbe war drehbar, so dafs er mit seinen 11zölligen Dalgreen -Geschützen den ganzen Horizont bestreichen konnte. Gegen 9 Uhr feuerte > Mer rimac Monitor> Merrimac< verschlugen nichts , da vom » Monitor« nur der Turm , das Steuer häuschen und der 4 Fufs hohe Schornstein aus dem Wasser ragten. Der Turm erwies
sich
als unverwundbar ;
das Entern mifslang
ebenfalls , da die mit Eisengitter geschlossenen Deckluken des >>Monitor< nicht forciert werden konnten und sämtliche Mannschaften sich im Turm resp. unter Deck aufhielten . das Feld ,
Merrimac«
Der Monitor behauptete
erhielt einen Schufs unterhalb der Wasser
im Kampfe bis zur Gegenwart.
301
Linie, was ihn nötigte , den Kampf aufzugeben und sich nach Nor folk zurückzuziehen. Der beendete Kampf, einer der merkwürdigsten und in seinen Folgen der wichtigste der neueren Zeit, hatte in nautisch-militärischer Beziehung zwei Thatsachen festgestellt, die Ohnmacht der bisherigen Holzschiffe gegen gepanzerte und die Überlegenheit des Monitor systems über das der Breitseitschiffe , und sie wurden der Ausgangspunkt für die vollständige Umgestaltung der Flotten sämt licher Seemächte . Wie Nordamerika bereits zweimal bestimmend in die allgemeinen Schiffahrtsverhältnisse eingegriffen hatte durch Anwendung des Dampfes auf die Schiffahrt und durch Einführung der Schraube , so geschah dies jetzt zum dritten Male mit Bezug auf die Kriegführung zur See , welche nach seinem Vorgange eine neue , von der früheren gänzlich abweichende wurde. Wir über gehen die übrigen während des Secessionskrieges gelieferten Gefechte gegen Landbatterien, der Rammversuche des >>Monitors < und verweisen auf die geschichtlichen Daten, sowie auf
u. s . w.
the life of
D. G. Farragut by his son< u. s. w. Jene Kämpfe in dem nordamerikanischen Secessionskriege be schränkten sich hauptsächlich auf eine verhältnismässige geringe Zahl kleinerer und teilweise unvollkommen gepanzerter Schiffe in engen , gefährlichen Fahrwassern und konnten deshalb den end gültigen Wert der Panzer für die eigentliche Seeschlacht auf offenem Meere
nicht feststellen .
Admiral Farragut's und Porter's Haupt
aufgabe war es , Flüsse und Häfen zu forcieren , während taktische Regeln und Bewegungen , wie sie in offener Seeschlacht zur Ent scheidung stets wesentlich beitragen werden, wenig in Frage kommen konnten. Die gröfseren Seemächte Europas, welche bereits eine bedeutende Zahl von seegehenden Panzerfregatten besafsen, waren deshalb auch nach Beendigung des Secessionskrieges immer noch im Zweifel über deren Wirksamkeit und ihr Vertrauen auf die
neuen Streitmittel
mehr oder minder theoretischer Natur , wenn sie dies
auch nicht
abhielt, sich im Bau derselben gegenseitig zu überbieten . Nament lich waren es England und Frankreich , die sich in Zahl und Stärke ihrer Eisenschiffe mit solcher Hast den Rang abzulaufen suchten , dafs es den Anschein gewann , als gedachten sie in nächster Zeit ihre Kräfte zur See zu messen . Doch war es anderen Staaten vor behalten , die grofsen Panzerschiffe in regelrechter Seeschlacht zu prüfen und damit der modernen Seekriegführung die Wege zu zeigen , auf denen sie zunächst fortzuschreiten habe , bis neue 21*
Die Panzerschiffe und deren Verwendung
302
Erfindungen des nie rastenden menschlichen Zerstörungsgeistes eine abermalige Änderung bedingen würden . Es war das aufstrebende Italien , welches dazu den Anlafs gab , als es versuchte , Österreich die Herrschaft der Adria zu entreiſsen . Bei Lissa trafen die ersten Panzerflotten der Gegner auf ein ander , wo
Italiens Übermacht und besser gebaute
und
armierte
Schiffe an dem Mute und der Energie des österreichischen Admirals Tegethoff scheitern sollten .
Lissa ist die gröfste der Inseln an der
dalmatinischen Küste von etwa 8 Seemeilen Länge und 5 Seemeilen Breite. Sie ist im allgemeinen steil und unzugänglich , hat jedoch verschiedene Einbuchtungen und drei Häfen St. Giorgio, Comisa und Manego, wo eine Truppenlandung ausführbar ist.
Am 16. Juli 1866
war der italienische Admiral Persano mit 11 Panzern , 5 Schrauben fregatten ,
3 Korvetten ,
4 Avisos ,
3
Kanonenbooten
und
etwa
4000 Mann Landungstruppen von Ancona in See gegangen, um die Insel Lissa zu nehmen . Seine Dispositionen waren, mit 3 Panzer schiffen und 1 Korvette die Befestigungen von Comisa anzugreifen Vier Schraubenfregatten und dort eine Landung vorzubereiten. sollten die
den
Hafen
von
Manego
verteidigende
Batterie
zum
Schweigen bringen und Landungstruppen ausschiffen , 8 Panzer schiffe unter Persano's Befehl die Befestigungen von St. Giorgio beschiefsen . Die Werke von St. Giorgio zählten 44 Geschütze darunter 18 gezogene und
6 Mörser.
Comisa wurde durch 8 ge
zogene Kanonen und 2 Mörser verteidigt , die 500 Fuſs über dem Meeresspiegel aufgestellt waren , und Manego durch eine ebenfalls hochgelegene Batterie von 4 glatten und 2 gezogenen Geschützen gedeckt. Die gegen St. Giorgio bestimmten 8 Panzerschiffe führten zu sammen 173 Geschütze, davon 144 gezogene (Armstrong) und unter ihnen zwei 300 Pfünder und sechs 150 Pfänder. Die gegen Comisa operierende Abteilung (Contre -Admiral Vacca) hatte
82 Geschütze,
davon 66 gezogene, und die 4 Fregatten, mit denen Vice -Admiral Albini Manego beschiefsen sollte , zählten 206 Geschütze , darunter 40 gezogene . Der an zwei Tagen, am 18. und 19. Juli, unternommene Angriff der italienischen Flotte auf Lissa wurde durch tapfere Gegenwehr der Österreicher mit ziemlichen Verlusten des Angreifers zurück gewiesen, und als Admiral Persano am 20. Juli Morgens bereits den Befehl zum erneuten Angriff gegeben und den Admiral Albini mit einer abermaligen Landung betraut hatte, dampfte der auf Vorposten befindliche Aviso » Esploratore < mit dem Signal heran :
» Feindliche
im Kampfe bis zur Gegenwart.
303
Schiffe in Sicht !< und liefs das Unternehmen scheitern.
Die Italiener
waren von den Anstrengungen der
beiden Tage
vorhergehenden
erschöpft , die Schiffe teils havariert , teils um die Insel zerstreut, die Holzfregatten und Kanonenboote mit der Ausschiffung von Truppen beschäftigt --- genug Ursache , um Admiral Persano in arge Verlegenheit zu setzen und die Chancen des Erfolges für den Gegner günstiger zu gestalten :
Admiral Persano blieb nicht lange
im Ungewissen darüber, daſs die herandampfenden feindlichen Schiffe das Geschwader » Tegethoffs « zum Entsatz von Lissa war. Er that daher alles, was er konnte, um sich dem Gegner entgegenzuwerfen , befahl Albini die Landung rückgängig und sich kampfbereit zu machen, liefs die beiden Panzer von Comisa heransignalisieren und sämtliche Panzerschiffe die Frontlinie nach Nordnordost bilden. Das war jedoch nicht etwa schon die Schlachtlinie, weil man damit dem entgegenkommenden Feinde die gröfste Stärke der Panzer, ihren Bug zeigte , ―― nein , diese wurde erst nachträglich formiert und zwar , indem sich die Schiffe wie in der Kiellinie der Segel flotten hinter einander rangierten und somit dem Gegner für den Dies war Spornstofs ihre schwächste Seite , die Flanke boten . wenigstens unter den obwaltenden Verhältnissen ein Fehler , der sich auf das Schwerste hätte rächen können und nur durch einen anderen Fehler der Österreicher aufgewogen wurde.
Einen weiteren
Mifsgriff aber machte Persano dadurch , dafs er plötzlich und ohne seinen Kapitänen davon Kenntnis zu geben, sein Flaggschiff wechselte und von dem Rè d'Italia auf das Turmschiff » Affondatore < überging.
Das österreichische Geschwader hatte am 19. Juli Mittags
die Rhede von Fasana verlassen und dampfte zum Entsatz von Lissa nach Südost. Am 20. Juli Morgens gegen 10 Uhr wurde dem Admiral Tegethoff die italienische Flotte in Sicht gemeldet , welche in zwei etwas verworrenen Gruppen rangiert erschien . 102 Uhr gab Admiral Tegethoff die
Signale :
Um
» Klar Schiff zum
Gefecht , Formation -Angriffs winkel in drei Divisionen , geschlossen bleiben ! Affondatore < (Flaggschiff des Admiral Persano) umzingelten und beschossen denselben . Der »Kaiser« beantwortete das Feuer mit konzentrierten Breitseiten ; allein vier Panzerschiffe gegen ein hölzernes Linienschiff waren zu viel für letzteres . wurde er kampfunfähig,
Zwar
verlor sein Bugspriet und Fockmast ; eine
150pfündige Granate, die in der Batterie krepierte, demontierte zwei Geschütze und tötete 22 Mann , doch gelang es der Umsicht seines Kapitäns ,
sich mit dem Schiffe aus dem Gefecht nach der
Richtung der Insel Lissa zurückzuziehen ohne vom Gegner daran
Die Panzerschiffe und deren Verwendung
306
verhindert zu werden .
Inzwischen tobte der Geschützkampf unab
lässig fort, Breitseite auf Breitseite erschütterte die Luft, die See war bedeckt vom Pulverdampf der 1182 Kanonen, die hier ihre ehernen Grüsse entsandten ; die Schiffe bewegten sich mit voller Maschinenkraft und wirbelten schwarze Rauchsäulen aus ihren Schornsteinen empor. Admiral Tegethoff, mit voller Dampfkraft umherjagend, durchforschte die Wahlstatt und suchte hier und dort einen Stofs anzubringen ; wo immer er eine graue Schiffsseite *) wahrnahm, warf er sich auf dieselbe, um sie anzurennen . - Doch konnte dies Durcheinanderfahren nicht lange dauern. Die italie nische Übermacht hätte doch endlich Herr der Situation werden müssen. Da trafen das österreichische Flaggschiff und das italie nische Panzerschiff Rè d'Italia auf einander. Der Kommandant des ersteren gewahrte den Gegner gerade vor
sich,
als
er von
4 Österreichern beschossen wurde und sein Heck soeben eine volle österreichische Breitseite zwar
zur Hülfe,
erhalten hatte.
erhielt jedoch
von
Der Palestro
zwei
Österreichern
eilte ihm heftiges
Feuer, das zwar seinen Panzer nicht durchbohrte, aber dennoch sein Schicksal besiegelte. Eine Granate drang durch das ungepanzerte Heck in die Offiziermesse und zündete. War der Steuerapparat des Rè d'Italia durch die soeben erhaltenen Geschosse havariert und seine Maschine beschädigt worden, wie die Italiener behaupten, so dafs das Schiff momentan nicht lenkbar war ? Oder hatte sein Kommandant, wie die Österreicher es darstellen ,
Angesichts
eines
zweiten Schiffes, das ihm den Weg nach vorne verlegte, nicht die Geistesgegenwart, dasselbe niederzurennen , oder aber mit Rücksicht auf die Gefahr, die ihm in der Flanke drohte, sein Schiff möglichst seitwärts zu drehen und so den Stofs abzuschwächen ? Gewifs ist, dafs der Rè d'Italia keinen dieser Auswege wählte, sondern stoppte und rückwärts ging ; gewifs ist es, dafs der Ferdinand Max keinen Augenblick säumte, seinen Sporn in die Backbordseite des Rè d'Italia zu bohren . Ein furchtbares Krachen erfolgte und der gewaltige Sporn von
137
Fufs ,
versetzte während
dem der
Rè d'Italia eine klaffende Bresche Angreifer
fast
unverletzt
blieb.
Wenige Minuten darauf versank jener stolze Panzer in die Tiefe. Die Waffenruhe nach dieser erschütternden Katastrophe war jedoch von nur kurzer Dauer und die Schlacht tobte fort, ärger als zuvor. Da kam auch der Brand auf dem Palestro zum vollen
Ausbruch und er verliefs das Melée mit einem NW . Kurse .
*) Die italienischen Schiffe waren aufsenbords grau gestrichen.
Um
im Kampfe bis zur Gegenwart.
307
22 Uhr sah man eine Rauchsäule aus dem brennenden Schiffe senkrecht in die Luft steigen ; eine halbe Minute später erfolgte ein furchtbarer Krach , das italienische Panzerschiff Palestro war ver schwunden. Damit war die Schlacht beendet. Die Österreicher dampften nach Lissa , die Italiener zogen sich nach Ancona zurück. Der Verlust an
Menschenleben
38 Tote und 176 Verwundete ; Ganzen 740 Mann
verloren
betrug auf österreichischer Seite während die italienische Flotte im
hatte ;
hiervon ertranken
etwa 400,
ferner kamen 230 bei der Explosion des Palestro um und 110 wurden sonst getötet oder verwundet. Aus der Schlacht von Lissa, der ersten und bis jetzt einzigen zwischen Panzerflotten, Schlüsse zu ziehen und taktische Regeln für die Zukunft ableiten zu wollen, wäre ein müfsiges Beginnen . Die Streitmittel haben sich in den letzten 24 Jahren in solcher Weise geändert, daſs jene Schlüsse und Regeln hinfällig wären .
Vergleicht
man die heutigen Kriegsschiffe mit denjenigen vor 30 Jahren, so ist man geneigt anzunehmen, dafs uns für den Gang eines See gefechtes noch keine feste Normen geboten sind ; aber so gut die Kriegswissenschaft zu Lande, trotz aller Änderungen in Waffen und Organisation, in der Erforschung vergangener, ja längst vergangener Zeiten, Lehren für die Gegenwart sucht und findet,
ebenso gut
müssen auch wir aus der schriftlichen Darstellung der Seeschlachten früherer Zeiten, finden können, fahren haben.
wie mangelhaft solche zuweilen auch ist, Regeln nach denen
wir im Falle eines Krieges zu ver
Ausserdem ist an Bord der Schiffe eine neue Waffe,
der Torpedo , eingeführt, dessen Wirkung im Ernstfalle erst ab gewartet werden mufs, kann. *)
ehe man neue taktische Regeln aufstellen
Über die Wegnahme des peruanischen Monitors >> Huascar < durch die beiden chilenischen Panzerschiffe » Almirante Cock rane
Blanco
Encalada «
(zwei
Schwesterschiffe)
am
8. Oktober 1879 entnehmen wir dem Engineering u . a. Blättern folgende Details. Als am Morgen, 8. Oktober, die chilenischen Schiffe den > Huascar « in südlicher Richtung zu Gesicht bekommen hatten, machten beide sofort Jagd auf denselben und versuchten , ihm seinen Kurs nach Norden zu verlegen . Bereits um 8 Uhr 40 Minuten Morgens war das schnellere Schiff » Almirante Cockrane Blanco sich nur langsam näherte. Der Kommandant des ersteren
*) Siehe auch : „Berühmte Seeleute" von R. Werner, Berlin 1882.
Die Panzerschiffe und deren Verwendung
308 Schiffes
hatte
bei
seiner
überlegenen
Fahrgeschwindigkeit
dem
>>Huascar >Blanco> Huascar « entwischen zu lassen , indem er ,
in
der Absicht, den Gegner zu rammen, ihn verfehlte, beim Heck des selben vorüberschiefsend, beinahe vom »Almirante < gerammt worden wäre, wenn letzterer nicht durch eine geschickte Wendung den Stofs abgewendet hätte. Immerhin gewann » Huascar< wieder gröſseren Vorsprung und dauerte es eine Weile bis » Almirante« seine frühere Position wieder einnehmen konnte, um nun mit erneuter Kraft seine todbringenden Geschosse in das Innere des Gegners zu entsenden . Als schon
nach kurzer Zeit die Geschwindigkeit
des » Huascar
Blanco das Geschützfeuer auf ihn richtete, mufste sich > Huascar dann, nach kräftiger Gegenwehr, ergeben. Nach den obigen Darstellungen
lassen sich höchst lehrreiche
Schlüsse auf die im modernen Seekampfe anzuwendende Taktik ziehen. Zunächst hat der > Almirante Cockrane « seine kaum nennenswerten Verluste hauptsächlich der geschickten und wohl überlegten Führung seines Kapitäns zu danken , welcher das Schiff unausgesetzt in einer solchen Stellung dem Gegner gegenüber zu halten wusste, dafs sein kräftiges Bugfeuer voll zur Wirkung kam, während die Turmgeschütze des » Huascar « durch das eigene Heck maskiert wurden. - Es ist bekannt, dafs der »Huascar schneller lief, als der » Blanco Encalada « , denn, obwohl jener beim Insicht kommen südlicher als dieser stand , konnte er ihm doch mit nörd
309
im Kampfe bis zur Gegenwart.
lichem Kurse vorbeilaufen , und hatte ihn, als das Gefecht begann, Andererseits war der erheblich hinter sich zurückgelassen . > Almirante
dem »Huascar < an Geschwindigkeit überlegen, sonst
wäre dieser mit nördlichem Kurse entkommen , denn er befand sich bei Beginn des Gefechtes nördlich vom » Almirante « und seine Maschine blieb bis zuletzt intakt. -- Hier entsteht die Frage, wie es kam, daſs zwei Schwesterschiffe, wie die chilenischen , welche nach gleichen Plänen erbaut, mit gleichen Maschinen
ausgerüstet und
auf der Probefahrt gleiche Geschwindigkeiten hatten , doch am Tage des Gefechtes so erhebliche Differenzen in der Fahrgeschwindigkeit zeigten. Es müssen daher entweder die Maschinen des >> Blanco < nicht so in Ordnung gewesen sein , wie die des Schwesterschiffes, oder sein Boden war stärker bewachsen u. s. w. Es ist dies ein Wink für alle Marinen , dafs es mindestens ebenso wichtig ist, nach jeder Richtung hin für eine gute Erhaltung der Geschwindig keit der Schiffe Sorge zu tragen , als eine grofse Geschwindigkeit zu verlangen, wenn sie neu sind. Das Gefecht
selbst betreffend ,
so
handelte der Kommandant
des » Almirante Cockrane « durchaus richtig, wenn er hinter dem > Huascar aufdrehte. Dadurch kam er bei seiner gröfseren Ge schwindigkeit und besseren Drehfähigkeit in eine sehr vorteilhafte Stellung gegenüber dem feindlichen Fahrzeuge.
Er hielt sich vom
Beginn des Gefechtes an bis zum Eingreifen des » Blanco
unaus
gesetzt in einer solchen Position Backbordachterlich vom Gegner, dafs er sein kräftiges Bugfeuer voll zur Wirkung bringen konnte, während die Geschütze des » Huascar « maskiert waren. Er hing in dieser Position dem Feinde so zu sagen an den Fersen und liefs sich nicht abschütteln . Allerdings hätte das Turmschiff seine Heck verschanzung wegschiefsen müssen oder durch die dünnen Platten derselben durchfeuern können , doch scheint dies nicht geschehen zu sein und
wahrscheinlich ist
sein Feuer von Anfang an auf das
Geratewohl abgegeben worden. Die Position des » Almirante Cockrane « gab diesem Schiff auch die beste Gelegenheit, den Steuerapparat seines Gegners zu beschädigen,
und
es scheint,
ausgenutzt worden ist.
dafs diese Gelegenheit auch bestens
Auch ist es klar,
dafs es dem » Huascar > Huascar Almirante «
Es war aber noch zu
gefährden ,
ihn
aus seiner Position zu drängen und dabei dessen Feuer zu mas kieren ―――― von der Granate gar nicht zu reden , mit der er seinen Gefährten bei dieser Gelegenheit begrüfste. Dieser Treffer beruhte selbstverständlich auf einem unglücklichen
Zufall,
war aber nur
Pferdebeine und Hufbeschlag. eine Folge des
unüberlegten Manövers des
311 > Blanco « .
Hätte der
> Blanco > Cockrane « , was leicht hätte eintreten können, irgend wie ernstlich beschädigt, so wäre der » Huascar « aller Wahrschein lichkeit nach entkommen,
denn seine Maschine
war noch intakt.
So indessen liefs sich der Kapitän des » Almirante Cockrane« durch die Ungeschicklichkeit seines Kameraden nicht irre machen. Wir sehen vielmehr , dafs er sofort nach der Drehung seine alte Position Backbord achterlich vom » Huascar« wieder einzunehmen bestrebt war , was ihm auch vermöge seiner gröfseren Geschwindigkeit bald wieder gelang. Die überlebenden Offiziere des » Huascar« be absichtigten , das Schiff zu versenken ; bereits waren die Ventile. geöffnet , doch versagte bald darauf die Maschine , die chilenischen Offiziere nahmen das Schiff und zwangen die Maschinisten mit dem Revolver in der Hand, die Ventile wieder zu schliessen . v. H.
XVII.
Pferdebeine und
Hufbeschlag
bilden den Inhalt zweier Bücher, welche in der Armee vielen Nutzen, leider aber auch Schaden stiften können. Das erste Buch mit dem Titel :
Der Fufs des Pferdes in Rücksicht auf Bau , Ver
richtungen und Hufbeschlag von Leisering, Hartmann und Lungwitz, 7. Auflage, enthält 378 Seiten grofs 8 mit 249 Holz schnitten und kostet elegant gebunden 7 Mark (Dresden, Schoen feld'sche Buchhandlung) .
Es hat uns in Bezug auf den I. anatomisch
physiologischen Teil ganz deutlicher
Sprache
aufserordentlich befriedigt .
wird uns die
Anatomie
In
klarer,
und Physiologie des
Pferdefulses vorgetragen und durch vortreffliche Zeichnungen er läutert. Den Nutzen der da vorgetragenen Kenntnisse weifs der Verfasser , Geh. Medicinalrat Theodor
Leisering , jedem gebildeten
Pferdebesitzer vortrefflich klar zu machen. dafs
Er findet den Grund,
die Füſse des Pferdes so häufig Krankheiten unterworfen sind, «
nicht sowohl in der grofsen Inanspruchnahme dieser Organe bei den Verrichtungen des Pferdes, als vielmehr » ganz besonders darin ,
Pferdebeine und Hufbeschlag.
312
dafs sie die meisten Eingriffe von Menschenhand zu er tragen haben , Eingriffe , welche nur zu oft zu wahren Mifshandlungen
werden.
Viele
Fufs-
beziehungsweise
Hufkrankheiten können vermieden werden , wenn man den Pferdefufs nicht als eine leblose , tote Masse , sondern als ein lebendiges , zweckmäfsiges Organ betrachtet ,
das sich
unangemessene Eingriffe und naturwidrige Behandlung nicht ungestraft gefallen läfst. hammelbeinig «
zu sagen
» rückbiegig « .
örterten mechanischen Ausführung
Mit der dann er
des Hufbeschlages
können wir
uns ebenfalls - bis auf wenige Punkte einverstanden erklären. Nicht einverstanden sind wir z. B. mit der (S. 233) Empfehlung des Beschlagens
ohne Aufhalter.
Wenn
dies auch für den ge
wandten Beschlagschmied bequemer ist, so greift es doch den viel zu wenig festgestellten Fessel des . Pferdes an, da dieser in beiden Gelenken, dem Köthen- wie dem Kronengelenk bei jedem Schlage
auf die Nägel viel
Pferdebeine und Hufbsschlag.
315
zu sehr erschüttert wird,
als dafs dieses un
schädlich sein könnte.
Ich habe mir dieses Beschlagen ohne Auf
halter nur in der Not gefallen lassen, wenn nämlich ein Aufhalter nicht zur Hand war. Darum sollte es jeder Beschlagschmied auch können. Sonst aber halte man auf ein möglichst gutes Festlegen des Fessels durch Umfassen mit beiden Händen durch den Auf halter in der Weise, dafs namentlich das mit umfafste Kronen gelenk vor allen Dingen gegen jede Bewegung durch die Hammer schläge des Beschlagenden gesichert wird . Geschähe das bei allen Truppenteilen,
so würden auch dadurch der struppierten Fesseln
immer weniger werden .
Sodann geht uns der Verfasser bei Em
pfehlung der Stegeisen (S. 285) zu weit und bedenkt nicht, dafs sie die Elasticität des Hufes an der Tragefläche unbedingt vermindern , den Strahl zwar zum Stützen zwingen, ihn aber auch niemals zur völligen Entlastung gelangen lassen und seine natürliche Abnutzung verhindern. Darüber ausführlicher bei einer anderen Gelegenheit. Ebenso haben wir uns wiederholt gegen den Defays'schen Diletator ausgesprochen, wobei wir allerdings dessen Gebrauch bei Zwang hufen warmblütiger Reitschläge vorzugsweise im Auge gehabt haben . Wir erkennen an, dafs die Regeln , welche der Autor ( 301-304) für seine Anwendung des Diletators angiebt, sehr sorgsam und vor sichtig ausgewählt sind.
Nichts destoweniger geben wir dem Eisen
mit nach aufsen abgedachter Tragefläche
und dem Einsiedel'schen
Strebeeisen den Vorzug, weil hier nur der natürliche Auftritt des Pferdes und sein Gewicht in sehr milder, wenn auch unaufhörlich wiederholter Weise wirken ,
während in Folge der aktiven Gewalt
bei Anwendung des Diletators, bei noch so grofser Vorsicht, stets Verletzungen, Trennungen der Wand von der Lederhaut u. s. w. möglich bleiben.
Wir haben von dem Eisen mit nach aufsen ab
gedachter Tragefläche (S. Spohr's Bein- und Hufleiden 4. Aufl .) stets
vollen Erfolg gesehen.
Weshalb dies
S. 91
uns schon
seit 30 Jahren bekannte Eisen jetzt dem Franzosen de la Broue zugeschrieben wird, ist uns unerfindlich — oder sollte es dadurch an Wert gewinnen ?
Auch bezüglich der mechanischen Mittel, bei
Hornspalten die getrennten Wände einander zu nähern beziehungs weise zusammenzuhalten , wie eiserne Klammern , Niete , Schrauben mit Platten u. s. w. sind wir der Ansicht, dafs sie mehr schaden, als nützen , indem sie nicht nur grobe Verletzungen der Hufwände bedingen, sondern auch die Hufmechanik in einer Weise beschränken, welche der natürlichen Heilung der Hornspalte mehr entgegenwirkt, als sie befördert . Allenfalls kann der S. 321 in Fig . 217 abge Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine, Bd. LXXVI., 3. 22
Pferdebeine und Hufbeschlag .
316
bildete Hornspaltriemen versucht werden.
Wir haben aber niemals
einen dauernden Erfolg von dergleichen gesehen.
Der Autor selbst
erwähnt das Barfufsgehen als das sicherste Mittel zur gründlichen Heilung von Hornspalten .
Wo dies nicht möglich , bildet ein ein
seitig genageltes Stegeisen nebst künstlich eingeschnittener Hornkluft am
oberen Ende
5-8 mm
volle
des
Spaltes, sobald
Wand gebildet,
das
sich beste
von
der Krone her
Mittel
zur
Heilung
(S. Spohr's Bein- und Hufleiden S. 96-98 4. Aufl . ) . S. 288 bemerkt Verfasser sehr richtig , dafs die >> Defays'sche Hufmasse (Hufkitt) bei » loser Wand< keine Anwendung finden dürfe, weil sie nach ihrer Verhärtung als Keil wirke und die Wand noch mehr löse. Gleichwohl empfiehlt er selbst, die Ausfüllung mit Holztheer und S. 329 auch die Ausfüllung von Hornspalten mit >>im Holztheer
oder besser dicken Terpentin « getränktem Werg. nur bemerken, dafs nach unserer langjährigen
Wir wollen dazu
Erfahrung auch diese Wergbauschen, ebenso wie der blofse Holz theer, stets verhärten und als Keil wirken , welche die Trennung Noch wunderlicher ist das der Wände erhält und befördert. S. 328 empfohlene » Beraspeln ausgebogener Wände mit Rücksicht auf ihre ursprüngliche Richtung «
das ist eine Heilung à la Vogel
Straufs, d. h. dieses Raspeln verdeckt doch nur für das Auge die Ausbiegung der Wand. Oder sollte der Autor glauben, dafs die so geschwächte Wand sich nun auch innerlich der gerade kalfater ten Aufsenfläche gemäfs gerade stelle ? Wir trauen ihm etwas mehr Kenntnisse in der Mechanik zu, aber dieser Ratschlag ist so recht bezeichnend für gewisse Richtungen in der >>» Arzneikunde < , die können . >übertünchen « , was sie nicht » heilen wir nicht vergessen lobend hervorzuheben : die
Dagegen wollen Zubereitung der
Hufe zum Barfufsgehen S. 244 und die vortreffliche Beschreibung des Beschlags zur Vermeidung von Einhauen und Streichen (S. 267 bis 273). Viel tiefgreifender an Schädlichkeit, als die durch unsere obigen wenigen Ausstellungen an der mechanischen Ausführung des Huf beschlages gekennzeichneten, sind in unseren Augen die vom Ver fasser an vielen Stellen
angeratenen arzneilichen
Hülfen, von
denen wir nicht umhin können, unseren Lesern eine Auslese zum Nachdenken vorzusetzen.
S. 226 empfiehlt der Verfasser zur Be
förderung des Hufwachstums das Einreiben von Lorbeeröl und Kantharidentinktur in die Haarlederhaut der Krone und zwar thut er dies ganz allgemein, also auch bei gesunden Hufen. Wir haben die betreffenden Versuche und deren höchst zweifelhafte
Pferdebeine und Hufbeschlag.
317
Resultate in Bezug auf eine qualitative Vermehrung des Horn wachstums im Hufschmied *) seiner Zeit gelesen und anderweitig sehr abfällig besprochen . Damals aber handelte es sich nur um Behandlung von kranken Hufen . Jetzt wird uns eine reizende und krankmachende Einreibung schädlichster Art auch für gesunde Hufe empfohlen . Verschwendung Hufsalben
Also derselbe Autor, welcher gegen die schädliche von
4 Millionen Mark jährlich in gewöhnlichen
mit Recht eifert,
empfiehlt nun eine weit schädlichere
und teuerere Einreibung in die zunächst den Hornsaum ergänzende Krone ! Es ist freilich richtig, wo man in den lebenden Körper eines Tieres reizende Fremdstoffe
einreibt,
da wird
er zunächst
aufserlich umfangreicher, denn dorthin entsendet er Blut, um durch vermehrte Zufuhr desselben im Kapillargefäfssystem sich zu wehren gegen den schädlichen und zudringlichen Fremdstoff. Es schwillt daher die Lederhaut, es schwellen eventuell die Muskelpartien an. Das ist der erste Vorgang, der auch vielleicht zu krankhafter Neu bildung von Stoff führt. falls verschlechtert. Es thätigkeit,
Die Qualität desselben also wird jeden wird aber auch schliesslich die Nerven
welche allem Stoffwechsel vorsteht,
erfolgt der Rückschlag,
gelähmt und dann
es bilden sich entweder Verhärtungen , es
erfolgen, wenn der Organismus sich überhaupt der Fremdstoffe zu entledigen
im
Stande
ist,
Ausschläge,
Eiterungen u. s. w.
und
schliesslich schwillt das gereizte Organ entweder wieder ab, kehrt zur Norm zurück, oder es bleibt dauernd mehr oder weniger ver härtet, atrophisch , krank. Das tritt auch beim Hufhorn ein, es bildet sich lockeres, krankhaftes Horn, Ringelhuf u . s. w., wie wir dies in allen Fällen, wo längere Zeit solche reizende Salben ange wendet wurden,
festzustellen vermochten .
Wir haben hier in der
jener Eingriffe der Menschenhand vor uns , That einen welche nur zu oft zu wahren Mifshandlungen werden , « wie es im 1. Buche S. 9 von Leisering zu lesen steht.
Über
den S. 262
und 263
gerühmten Fettlappen bei der
Hufpflege sprachen wir schon oben.
Der Verfasser empfiehlt »nicht
ranziges Fett> der Lehrmeister im Huf beschlage
(156 Seiten) Preis geb. 2 Mark,
fällen .
Es enthält
in abgekürzter und noch populärerer Form im Wesentlichen alles das, was in dem zuerst
besprochenen
Buche ausführlicher und
wissenschaftlicher dargelegt und begründet ist.
Es besitzt dieselben
Umschau auf militär-technischem Gebiet.
320
Vorzüge und leidet an denselben Fehlern.
Letztere
dürften in
Durchschnittsbeschlagschmied be
diesem , hauptsächlich für den stimmten Buche noch verhängnisvollere Folgen haben , insofern sie jene Leute zu einem Verfahren anleiten , welches in ihren Händen
wohl mit doppeltem Recht als Kurpfuscherei bezeichnet werden Freilich mufs diese Art der Behandlung die betreffenden kann . Pferde stets schliefslich dem Rofsarzt zuführen ,
da die Schmiede
mit der Behandlung doch nicht zurechtkommen. Gewinnen würden diese beiden Bücher aufserordentlich , wenn sie der Verfasser von Allem, was an Arznei und Arzneiglauben erinnert, gründlich reinigen wollte. - hr.
April 1890.
XVIII.
Umschau auf militär-technischem
Gebiet.
Das Artillerie - Material der Republik Chile zeigt nach den > Jahresberichten über Veränderungen und Fortschritte im Militärwesen für 1889 « eine sehr bunte Zusammensetzung, welche noch zu steigern man auf bestem Wege war. Die Feldgeschütze sind bisher wie die Gebirgsgeschütze Krupp'scher Konstruktion ; als es sich kürzlich um eine Vermehrung des betreffenden Materials handelte, kam das System des frz. Obersten de Bange (technischen Direktors der Werke Cail in Paris) in Frage und sollten zwei kurze Zeit vorher ein getroffene Kanonen de Bange für Feld- und Gebirgs -Artillerie mit den bestehenden Krupp'schen Geschützen einem Vergleichsschiefsen unterworfen werden .
Dieses unterblieb ,
weil Krupp ,
dem bereits
die Lieferung von zehn schweren Geschützen von 28 und 30,5 cm Kaliber für die Verteidigung des Hafens von Valparaiso zugeteilt worden war, die Zusendung eines Feld- und eines Gebirgsgeschützes Nach dem Eintreffen neuerer Konstruktion in Aussicht stellte. interessante vergleichende Schiefs derselben haben sehr versuche zwischen den Geschützen von Krupp und de
Umschau auf militär-technischem Gebiet.
Bange stattgefunden , worüber wir nach dem
321
Diario oficial de la
república de Chile « vom 6. Mai d . J. einige kurze Angaben machen Nebenbei gesagt , hatte die chilenische Regierung zur werden. Armierung der im Bau befindlichen Kriegsschiffe das System Canet gewählt, eine Wahl, die gänzlich von der für die Küsten- Artillerie getroffenen abweicht, gleichwohl noch eine viel glücklichere ist, als es in obigem Falle die Wahl des Systems de Bange gewesen wäre. In den Artillerie- Beständen finden sich übrigens noch Geschütze von Armstrong , Vavasseur , White u. a., sowie Mitrailleusen ver schiedener Konstruktionen. Die zum Wettbewerb herangezogenen beiden Krupp'schen Geschütze waren eine Feld- und eine Gebirgskanone C/89, vom Kaliber 7,5 cm , sie sind für rauchloses Pulver und für Metallpatronen mit Einheitszündung konstruiert.
Die Feld
Kanone hat ein Rohr von 28 Kaliber Länge und 307 kg Gewicht, dasselbe hat Keilverschlufs , 28 Züge mit Progressiv- Drall , ist ohne Zündloch und hat Perkussions-Zündvorrichtung ; die Geschosse sind die Segmentgranate von 5,85 kg ( 128 Segmentstücke, 0,145 kg Spreng ladung) und das
gleich schwere Shrapnel ( 160 Kugeln, 0,10 kg
Sprengladung), die Geschützladung beträgt 0,39 kg.
Die Gebirgs
kanone hat ein Rohr von 13 Kaliber Länge und 103 kg Gewicht, sonstige Einrichtung wie oben ; sie hat ebenfalls die Segmentgranate, welche hier 4,3 kg wiegt (80 Segmentstücke , 0,105 kg Spreng ladung) und das gleich schwere Shrapnel
( 105 Kugeln ,
0,05 kg
Sprengladung), die Geschützladung beträgt 0,135 kg. Die Feld- und die Gebirgskanone von de Bange hatten die Konstruktion des in der französischen Feld- beziehungsweise Gebirgs - Artillerie
eingeführten Kalibers
von
80 mm
M/77, die
Geschosse waren Segmentgranaten (obus à balles) und Shrapnels (obus à mitraille) .
Die Verhältnisse sind die bekannten.
Die Versuche fanden am 1., 5. , 7. , 11. , 13. , 15. und 18. März d. J. statt. Die Krupp'schen Geschütze wurden durch Mannschaften des 2. Artillerie - Regiments , die Bange'schen durch chilenische Artillerie-Offiziere bedient, nur bei den ersteren war ein Vertreter der Firma zugegen. Der Schiefsplatz war der Thalkessel von Batuco, der auf 5000 m ein fast gänzlich ebenes Schufsfeld liefert, aber sonst mancherlei nachteilige Eigentümlichkeiten besitzt. Die Schiefsversuche hatten zunächst im Auge , die Präzision der ver schiedenen Geschütze zu ermitteln , und erstreckten sich erst im zweiten Teile auf die kriegsmäfsige Wirkung derselben , dem entsprechend waren die Ziele im ersten Falle Anschufsscheiben , im
Umschau auf militär-technischem Gebiet.
322
zweiten Kolonnenscheiben, die Entfernungen im ersten Falle 1000 m, im zweiten 1500 m und 4000 m. Die Kommission bestand aus 5 Mitgliedern unter Vorsitz eines Divisions - Generals. Nach dem Urteil der Mehrheit haben die Krupp'schen Kanonen eine gröfsere Solidität der Konstruktion und den Vorzug eines besseren Materials gezeigt. das
Krupp'sche
Feldgeschütz
nicht
die
Nach 99 Schufs ergab mindeste
Veränderung,
während die Mehrheit bei demjenigen von de Bange nach 84 Schufs die Fortsetzung des Schiefsens für gefahrvoll erklärte.
Die Vorzüge
des rauchlosen Pulvers, der Anwendung von Metallkartuschen , sowie des Wegfalls des Zündlochs bei den Krupp'schen Geschützen wurden in hohem Mafse anerkannt. Beim Präzisionsschiefsen wurde für das Feldgeschütz von Krupp ein Treffergebnis von 96 % , für das Gebirgsgeschütz von 80 %, für das Feldgeschütz von de Bange ein Treffergebnis von 76 % , für das Gebirgsgeschütz von 68 % ver rechnet. Die beim kriegsmässigen Schiefsen erzielten Resultate zeigt
beifolgende
Tabelle ,
aus
welcher
die
aufserordentliche
Überlegenheit der Krupp'schen Geschütze in der Geschofs wirkung ins Auge fällt.
An Sprengteilen trafen das Ziel : Entfernung Abgegebene m Schüsse. 1500 1500 1500 4000
20 Granaten 10 Shrapnels 20 Shrapnels 20Granaten
Bei der Feldkanone. Krupp.
de Bange.
1639 645 582
1447 97 105
Bei der Gebirgskanone. de Bange. Krupp. 357 --662
146 251 -
Die Munition von de Bange liefs viel zu wünschen übrig, indem mehr als 70 % der Shrapnels Rohrkrepierer waren, andrerseits wird die Überlegenheit der Krupp'schen Munition , die Präzision und Sicherheit seiner Zünder in hohem Maſse anerkannt. Die Kommission hebt die Vorteile hervor , welche die Reinerhaltung der Seele bei Anwendung des rauchlosen Pulvers im Gefolge habe. Die solide Laffetierung, die gröfsere Leichtigkeit der Bedienung, die geringere Zuglast beim Feldgeschütz sind ebenso viele Momente der unbe streitbaren Überlegenheit des im Wettbewerb gestandenen Krupp' schen Materials . Aus den voranstehenden Gründen empfahl die Mehrheit der Kommission die Annahme desselben aufs angelegent lichste und hob noch besonders hervor , dafs damit der Zusammen hang mit dem jetzigen Material , dessen ausgezeichnete Eigen
Umschau auf militär-technischem Gebiet.
323
schaften der letzte Krieg (mit Peru) vollauf erwiesen hätte, gewahrt werden würde. Diesem wohlbegründeten Urteil gegenüber ist das abgesonderte Gutachten der Minderheit von geringem Belang. Sie rät die Sache noch in der Schwebe zu belassen, umsomehr da für die neuen Schiffs Das neue bauten bereits das Artilleriesystem Canet gewählt sei. Pulver, wie die Metallkartusche,
so vorteilhaft die Verbesserungen
auch seien , erhielten den Staat in Abhängigkeit von der Krupp'schen Fabrik.
Es wäre eine Unbilligkeit gewesen,
das schon 13 Jahre
alte System Bange mit der Konstruktion Krupp's in Parallele zu setzen , die inzwischen vollzogene wichtige Fortschritte in sich ver körpere , hinsichtlich der Präzision will die Minderheit einer Über legenheit für das Bange'sche Material herausrechnen, die Niederlage des letzteren im
kriegsmässigen Schiefsen
aber
durch die mindere
Zahl der Segmentstücke beziehungsweise Füllkugeln bei den be Keines der beiden Systeme treffenden Geschossen beschönigen. habe eine Überlegenheit gezeigt , welche
zu einer sofortigen Ent
scheidung veranlassen könne, dagegen gebe es ein System, das vom kleinsten bis zum gröfsten Kaliber hinauf die grössten Vorzüge in sich schliefse und das sei das für die grofsen Schiffe bereits an genommene System Canet. ――――― Es erhellt somit genugsam , worauf das Gutachten der Minderheit hinausläuft, um so weniger ist das selbe im Stande ,
den entschiedenen Sieg des Krupp'schen
Materials irgendwie in Frage zu stellen ,
Man gewinnt den Ein
druck, als ob auch in diesem Falle de Bange und seine Anhänger, ähnlich wie 1884 in Belgrad, gehofft hätten, durch persönliche Ein wirkungen auch hier den Sieg davon zu tragen ,
denn bei einiger
Urteilsfähigkeit mufsten sich dieselben vorhersagen, daſs beim Vor wiegen sachlicher Gründe keine Aussicht auf Erfolg vorlag.
Das ohne
hin im Ansehen schon wesentlich geschwächte Material de Bange's hat auf dem Schiefsplatz von Batuco eine Niederlage erlitten , von der es sich wohl schwerlich erholen dürfte, denn es hat sich eben gezeigt, dafs man es auf dieser Seite nicht verstanden hat , mit der Zeit fort zuschreiten .
Angesichts der Anfechtungen, welchen das Krupp'sche
Material seit geraumer Zeit von belgischer Seite ausgesetzt ge wesen ist (vergl. die letzte Umschau), konnte der Sieg Krupp's in keinem gelegeneren Momente kommen . Unter dem Titel : » Ein neues Schiefspulver.
Zur
Ein
führung des rauchlosen Pulvers in Österreich- Ungarn . Reichswehr Revue d'artillerie Belgique militaire < finden sich Angaben über Vergleichsversuche zwischen dem Repetiergewehr und dem Gewehr der Bürgergarde System Comblain in Bezug auf Eindringungstiefen in verschiedenen Mitteln. Die Ladung des Repetiergewehrs wird zu 3 g rauchlosen Pulvers, das Gewicht seines Geschosses zu 14 g angegeben, letzteres, mit Nickelmantel und Weichbleikern , erlangt eine Geschwindigkeit von 620 m. Das Comblain-Gewehr hat 5 g Schwarzpulver als Ladung . entfernung war 50 m.
Das Geschofs
Die Schufs
des Repetiergewehrs
durch
schlug 30 bis 32 Bretter aus kanadischem Pappelholz von 3 cm Stärke, das Geschofs des Comblain-Gewehrs blieb im 8. Brett stecken.
Das erstere zeigte nicht die mindeste Veränderung durch
den Schufs.
Dasselbe durchschlug ferner ein Kesselblech von 10 mm
Stärke und hinterliefs eine runde Öffnung von 11 mm Durchmesser ; das Comblain-Geschofs durchschlug ein Kesselblech von 4 mm, die Öffnung hatte 20 mm Durchmesser.
In Erde
von fester Lagerung
verursachten die Geschosse des Repetiergewehrs Trichter von 20 cm Tiefe und 10 cm Durchmesser, sie selber waren auf 25 cm einge drungen, wurden vollständig zerstückelt, zerrissen vorgefunden .
Das Verhalten
Blei wie Mantel in Späne gegen Erde
ist also
sehr
ungünstig und steht in keine Übereinstimmung mit den Angaben , welche die deutsche Schiefsvorschrift über das Verhalten der Ge schosse des deutschen Gewehrs 88 in Erde macht. Nicht ausgeschlossen erscheint es,
dafs das Weichblei
des Kerns am ungünstigen Ver
halten des belgischen Geschosses
die Schuld trägt.
gaben des
die Geschofswirkung der neuen
Stabsarzt Bruns in
Auch die An
Kleinkaliber-Gewehre < lauten in Bezug auf das Verhalten der belgischen Geschosse gegen Erde ungünstig ; eine weitere Versuchsreihe bleibt abzuwarten .
Umschau auf militär-technischem Gebiet.
329
Die Nr. 993 der » Belgique militaire « bringt Angaben über ein Gewehr und eine Patrone des Lieutenant Marga , sowie über Ver suche mit solchen,
die
erstaunliche
Ergebnisse
geliefert
haben.
Es ist die Rede von Geschwindigkeiten bis zu 800 m und mehr. Das Geschofs soll die erheblich übertreffen .
Stahlmantelgeschosse in seinem Verhalten Schon vor Abschlufs der belgischen Gewehr
Versuche hatte von dem Margan- Gewehr verlautet,
indes erschien
dasselbe zu spät für den Wettbewerb. An einen Erfolg dürfte daher wohl zunächst nicht zu denken sein . Die >>Revue d'artillerie « beginnt im Juliheft eine Artikel-Reihe : >Les armes à répétition à l'étranger, welche zunächst die Ab änderungen des italienischen und des niederländischen Ordonnanz Gewehrs zum Mehrlader nach dem System Vitali behandelt . Bezug
auf den
niederländischen
Mehrlader
In
Beaumont - Vitali
sei zu Früherem ergänzend hinzugefügt, dafs der Lader 4 Patronen enthält, das
Gewehr
ohne Bajonett 4,52 kg
wiegt,
die Patrone,
welche ein Gewicht von 43 g besitzt, das Schwarzpulver beibehält. Die Anwendung flüssiger Kohlensäure als Treibmittels bei Handfeuerwaffen ist von einem französischen Techniker Paul Giffard zunächst bei Privatgewehren verwirklicht worden. Die Handelskammer von St. Etienne hat dem Erfinder einen Geld preis und eine goldene Medaille als Anerkennung zu Teil werden . lassen. Das französische Kriegs-Ministerium soll die Übertragung auf Kriegsfeuerwaffen ins Auge gefafst haben . In Brüssel hat ein Beauftragter des Erfinders mit einer dem Verfahren angepassten Chassepot-Büchse ein Schiefsen veranstaltet, dem auch der belgische Kriegsminister anwohnte, letzterer will nach der > Belgique militaire >Die russische Armee vor dem Feldzuge 1877-78 < unterzieht der als Militärschriftsteller bekannte russische General Major im Kriegsministerium A. Pusyrewski den Zustand der russischen Armee bei Ausbruch jenes Krieges einer eingehenden Besprechung.
Hat
auch
dasjenige ,
was
der
General
über
die
29
vor dem Feldzuge 1877-1878. Organisation , Bewaffnung , Ausrüstung ,
Bekleidung , Remontierung
u. s. w. sagt , jetzt nur noch für denjenigen Wert , Feldzug
1877-1878
studiert ,
so
dürfte
doch
der
welcher den Schlufs
der
Broschüre, welcher die taktische Vorbereitung der russischen Armee bespricht, von allgemeinem Interesse sein, da es die auch jetzt noch in der russischen Heeresleitung bestehenden Ansichten widerspiegelt. - Der General sagt hierüber:
>> Die
tiefwahren
Grundsätze
der
Gefechtsvorbereitung
der
Truppen ,
welche in unsere Armee durch ihren genialen Schöpfer eingepflanzt , und alsdann eigenartig , in nationalem Geiste , durch die grofsen Feldherrn der Kaiserin Katharina II. entwickelt worden waren , verschwanden fast spurlos, indem sie von den Urhebern dieser bemerkenswerten Epoche mit in das Grab genommen wurden . Mit den letzten Jahren des vorigen Jahrhunderts beginnt ein scharfer Wechsel in der Leitung der Gefechtsvorbereitung unserer Armee . Jagend nach ausländischen Mustern und unsere Ein richtungen oft unter dem Einflufs der Mode, des Zufalls verändernd , wurden wir auch in dem System der Gefechtsvorbereitung der Truppen von einer Seite auf die andere geworfen . Von den Zeiten Paul Petrowitschs an, macht sich eine strenge Reglementisierung in den Beschäftigungen der Truppen geltend, nur die grofsen Lager übungen gewinnen allmählich eine überwiegende Bedeutung . Bei diesen Lagerversammlungen werden , aufser Exerzierübungen , auch Manöver , gröfstenteils ohne Gegner , manchmal auch zwischen zwei Parteien ausgeführt. Sowohl in dieser Zeit, wie auch in den späteren Jahren treten bei allen Manövern , welche bereits nach vorher von den Stäben
aufgestellten Ideen ausgeführt werden , bedeutende Truppenmassen in erster Linie auf; aber zu gleicher Zeit verliert das Gelände seine Bedeutung ; zu den Übungen werden offene und ebene Stellen aufgesucht , die Evolutionen selbst verlieren aber das der Gefechtswirklichkeit sich nähernde Aussehen der Manöver und nehmen den Charakter von sogenannten Linienübungen an. Nach und nach werden die taktischen
Bedingungen durch die Die mit grofsen Truppenmassen ausge führten Manöver verlieren den Charakter von vorbereitenden Übungen strategischen verdrängt.
für die Truppen und niederen Führer , indem sie an Stelle dessen auch den höheren Chargen eine nur ungenügende Praxis bieten , sowohl nach dem Charakter dieser Übungen selbst , als auch in Folge der zu bestimmten Richtung derselben , nach jedes Mal vorher ausgearbeiteten Programmen . Das angeeignete System der taktischen Vorbereitung der Truppen fand seine für uns betrübende Würdigung
30
Die taktische Vorbereitung der russischen Armee
im Krimm- Kriege, und seit jener Zeit ging ein scharfer Umschwung in der Richtung und dem Gange dieser Sache vor sich, wobei einige Überlieferungen der berühmten Souworow'schen Epoche auferweckt und zum Teil in das Leben zurückgebracht wurden. Endlich fanden sich die von dem unsterblichen Feldherrn bezüglich der Bezeichnung der Truppen gegebenen Grundsätze wieder. Die Militär- Litteratur zeichnet sich seit dieser Zeit durch eine ungewöhnliche Belebung und schnelle Entwickelung aus. merkenswerten Ideen ,
welche in dieser Zeit
Die be bezüglich der Aus
bildung der Truppen entstanden , waren folgende : 1. im Frieden ist nur das zu lehren ,
was
im Kriege
ausgeführt werden muſs ;
2. es ist in solcher Aufeinanderfolge zu lehren, dafs aus dem Gange der Ausbildung selbst der Zweck eines jeden Zweiges derselben zu erlernen ist ; 3. es soll mehr durch Zeigen , als durch Erzählen ge lehrt werden. Was die Erziehung des Soldaten betrifft , so soll dieselbe die Entwickelung der Zuverlässigkeit , Energie , Findigkeit , Unerschrockenheit zum Ziel haben. Ist in der Armee die mora lische Spannkraft nach Möglichkeit entwickelt, so wird man auf die tollkühnsten Unternehmungen rechnen können . Man muss daran denken , dafs man die Waffe und mit ihr die Gefechtsformen ver ändern kann ,
dafs aber die Arme , welche die Waffe führen , das
Herz , welches diese Arme in Bewegung setzt , ewig ein und die selben bleiben . - Die Erziehung befindet sich in enger Abhängigkeit von der Ausbildung , denn die Art der Beschäftigungen be stimmt die Klarheit der Vorstellung. welche schädlichen Folgen die besondere
Hieraus ist ersichtlich, Hinneigung
für
irgend
einen bestimmten Zweig der Ausbildung , von denen ein jeder für sich allein den Anforderungen des Kampfes nicht entsprechen kann, haben muss . Was die Taktik im unmittelbaren Sinne des Wortes so ist zu bemerken ,
betrifft,
dafs die Eigenschaften der Truppe ein
ziemlich beständiger Faktor sind ; je gründlicher man sich mit diesem bekannt macht ,
um so besser ;
was
daher
die taktischen
Ratschläge betrifft, so muss man sie hören , beim Handeln jedoch muſs man nur auf das hören, was der eigene gesunde Verstand rät.
Es giebt
keinen trefflichen Rat , welcher
gewissen Umständen
in den
sich nicht unter
unverständigsten verwandelte ;
daher
mufs man sich vor Allem auf den eigenen Kopf verlassen , welchen in der Kriegführung , die keine
beständigen Regeln zuläfst ,
Buch zu ersetzen vermag ,
für jeden neuen Fall mufs man
denn
kein
selbst eine neue Regel , gleich am Platze , augenblicklich schaffen.
31
vor dem Feldzuge 1877-1878.
Alles in der Taktik Dargelegte hat, mit Ausnahme der Erforschung der Eigenschaften der Truppen, nicht so sehr zum Zweck, bestimmte Regeln für den Kampf zu lehren , als vielmehr zum Nachdenken über diesen Gegenstand anzuregen.
Im Allgemeinen war das neue
System der Ausbildung und Gefechtsvorbereitung zur Zeit des Ausbruchs des Krieges noch nicht vollständig in der ganzen Armee zur Geltung gelangt ; aber Einzelnes davon war doch bereits Gemein gut geworden.
Übrigens gab es einige Truppenteile ,
welche voll
kommen den neuen Anforderungen entsprechend vorbereitet waren Führen wir einige und sich im Gefecht vorzüglich bewährten . materielle
Daten
bezüglich
der
taktischen
Ausbildung
unserer
Truppen vor dem Feldzuge an. Infanterie. wurde in
Die Compagnie formierte sich zu 2 Gliedern und
2 Züge, ein jeder zu 2 Halbzügen
ihrerseits wurden in 2 Sektionen eingeteilt.
eingeteilt ; letztere
Die Compagnie formierte
sich in Linie, in Kolonne (Zug-, Halbzugs-, Sektions- Reihen) und im Carré. Zum Gefecht wurde von der Compagnie ein Halbzug in die Kette geschickt , der 300 Schritt dahinter auf.
übrige Teil stellte sich als Reserve Die Kette bestand aus Kettengliedern
(swenó) ,
Beim
zu je 4 Mann.
Angriff
machten
die
Schützen
Sprünge von 25-50 Schritt, von Deckung zu Deckung , und kamen auf diese Weise auf 50-100 Schritt an den Feind heran; alsdann wurde das Signal zur Attacke gegeben und auf 50 Schritt stürzte man sich unter Hurrahschreien mit dem Bajonett auf den Feind . Kam hierbei der geschlossene Teil , welcher sich auf das Signal >Attacke Linie der Bataillons- Kolonnen « , bei der Aufstellung eines Bataillons hinter dem anderen ―――――――――― die allgemeine Kolonne. Marsch ―――― Marsch in der Carriere auf den Feind. Bei der zer streuten Attacke löst sich von der Eskadron nur eine Halbeskadron auf, die andere folgt dahinter,
auf 150-200 Schritt geschlossen.
2 Eskadrons bildeten eine Division und 2 Divisionen ein Regiment. Die Kavallerie vermochte auch zu Fufs zu kämpfen. Unsere
Kavallerie,
namentlich
die Garde- Kavallerie,
geleitet
durch die energische Sorgfalt Seiner Hoheit des General- Inspekteurs der Kavallerie , lernte fleifsig.
Leider durchlebte diese Waffengattung
in der bezeichneten Zeit eine der traurigsten Phasen ihrer wickelung .
Ent
Die neueren Kriege, in welchen mit solcher einseitigen
Schärfe die ungeheuren Erfolge der Feuerwaffe hervortraten, ver wirrten vollkommen die Begriffe über die Verwendung der Kavallerie auf dem Schlachtfelde, und die scheinbar glänzenden strategischen Erfolge der deutschen Kavallerie (die fast gar keinen entsprechenden Gegner sich gegenüber hatte) in
der ersten Hälfte des Feldzuges
1870-71 legten der strategischen Thätigkeit der Kavallerie auf Kosten ihrer Gefechtsrolle auf dem Schlachtfelde, eine übertriebene Bedeutung bei.
In diese
unsere Kavallerie gedrängt,
Richtung wurde im Allgemeinen auch indem sie sich im Kreise der Front
und Aufklärungs-Übungen herumdrehte.
Auf diese Weise war der
Geist kühnen Wagens, welcher unter Anderem auch dadurch an erzogen wird, dafs man dem Gedächtnis einprägt, dafs die Kavallerie der gleichberechtigte Kamerad
der anderen Waffengattungen auf
dem Schlachtfelde ist , allmählich herabgedrückt worden . Die Fähig keit in Massen zu manövrieren und die Geschicklichkeit Evolutionen auszuführen, hatten in unserer Kavallerie gegen früher sogar einen Schritt rückwärts gemacht. Die während des Feldzuges bemerkte Geneigtheit unserer Kavallerie zum Absitzen wurde vor Allem durch den durchschnittenen und bergigen Charakter des bedingt,
Kriegstheaters
dann aber auch durch die Herrschaft der falschen Ideen
über die Thätigkeit der Kavallerie auf dem Schlachtfelde, wobei den stürmischen geschlossenen Attacken dieser Waffengattung nicht die gebührende Bedeutung beigelegt wurde.
Fügt man hinzu , dafs bei 3*
36
Die taktische Vorbereitung der russischen Armee
der Ausbildung unserer Kavallerie noch in weit geringerem Maſse als bei der Infanterie jene tiefwahre Methode zur Anwendung kam, nach welcher das Lehren einer jeden zusammengesetzten Handlung nur
durch Zergliederung
in ihre einzelnen Teile vor sich gehen
kann , so wird es verständlich , dafs unsere Kavallerie vor Eröffnung des
Feldzuges
eine taktische Vorbereitung besafs,
wie sie weder
ihrem vorzüglicheu Menschen- und Pferde-Material, nach dem Eifer, mit welchem sie lernte, indem sie sich von einem System auf das andere warf, noch der Energie und der der Bewunderung würdigen Hingabe entsprach, Der folgende
mit welcher diese Ausbildung geleitet wurde.
Feldzug
bewies
mit unwiderlegbarer
Klarheit ,
daſs
die Kavallerie nur dann ein guter Kundschafter sein kann, wenn ihrer Erziehung die Entwickelung der Entschlossenheit und der Er kenntnis ihrer Stärke auf dem Schlachtfelde zu Grunde gelegt wird ; als eine andere Hauptbedingung erscheint sprechender Führer. Artillerie.
Bei den Fufs-Batterien
aber die Auswahl ent bildeten zwei Geschütze
einen Zug, zwei Züge eine Division (Halbbatterie) .
Die reitende
Batterie, aus 6 Geschützen bestehend, teilte sich in 3 Züge. In Linie bestand zwischen den Geschützen ein Zwischenraum von 6-12-24 Schritt.
Das
Feuer wurde abgegeben :
geschützweise ,
zugweise, divisionsweise und von der ganzen Batterie. spannung unserer Artillerie war vorzüglich ;
Die Be
die Beweglichkeit der
Fufs -Artillerie war befriedigend, die der reitenden Artillerie liefs nichts zu wünschen übrig. Die Organisation der Artillerie bot in administrativer Beziehung taktischen
bedeutende Vorteile,
aber vom rein
Gesichtspunkte aus betrachtet hatte das Fehlen einer
Corps -Artillerie Nachteile, nicht nur was die Schwierigkeit der tak tischen Ausbildung betrifft,
sondern
bestehende System nicht genügend
vielmehr
deshalb,
weil das
günstige Bedingungen für die
Führer bot, sich in der Leitung gröfserer Massen von Artillerie und ihrer Verwendung im Gefecht zu üben . Was die betraf, so
speziell technische Ausbildung der Artillerie
wufste sie vorzüglich dasjenige,
was man sie gelehrt
hatte ; das letztere jedoch entsprach nicht immer den Anforderungen des Kampfes.
So war zum Beispiel das System des Einschiefsens
derartig unbefriedigend, dafs selbst bei Beendigung des Feldzuges unsere Artilleristen nicht selten über die Kunst der Türken im Einschiefsen in
Erstaunen
gerieten .
Bezüglich der Übungen
Gefechtsschiefsen sagt ein fremdländischer Offizier Folgendes : wissen sehr wohl,
im
> Wir
dafs im Lager von Krafsnoje Sseló jährlich ein
vor dem Feldzuge 1877-1878.
37
oder zwei Mal ein scharfes Schiefsen der dort versammelten Batte rien nach Scheiben , welche Truppen darstellen sollen, stattfindet. Aber dieses Alles besteht in nichts Anderem, als darin, daſs die in zwei Linien hintereinander aufgestellten Batterien,
eine nach der
andern vorgehen und eine gewisse Zahl von Schüssen auf bestimmte Scheiben abgeben.
Kann man dies kein Manöver nennen , so ver
dient es noch weniger die Bezeichnung eines Auf diesem Wege
können die
von der Verwendung
Gefechtsschiefsens.
älteren Offiziere kein Verständnis
der Artilleriemassen
im wirklichen Kampfe
erlangen. > Soldaten- König , und sein grofser Nachfolger, sind als die Vermittler zwischen der alten und neuen Entwicklungs Epoche der das Heerwesen tragenden Gedanken anzusehen. Sie schufen den » Rocher de bronze Im Lehren lernen wir « in ausgiebigster Weise zur Geltung. Zum Regulator aber all der feinen Grenzlinien, in deren Fest haltung sich das innere Leben eines Offizier-Corps zu bewegen hat, wird demselben der Takt. Er ist es, der nicht nur die von Lebensalter und Grad gegebenen natürlichen Unterschiede der Auf fassung in den rechten Einklang mit einander bringt ; er ist es auch, welcher die äufsern Formen des Verkehrs so zu regeln weifs, dafs, ohne dem Vorgesetzten oder auf der Stufenleiter höher gerückten auch nur ein Quentchen der ihnen darum gebührenden Anerkennung zu versagen, doch die Haltung des Kavaliers nicht blofs im Vor gesetzten, sondern auch im Untergebenen allzeit, im rechten Augen blick in rechter Weise hervortreten läſst. Mit der ritterlichen Auffassung der gegenseitigen Beziehungen der verschiedenen Offizier-Grade ist die strengste Aufrechterhaltung der Disziplin durchaus vereinbar. Ein günstiges Licht würde eben nicht auf das Offizier- Corps fallen, in dem die pflichtmässige Dienst Überwachung der untergebenen Stellen jemals unter der Courtoisie der Formen leiden könnte. In der That ist dies auch in unseren Offizier-Corps durch den dieselben beherrschenden Takt völlig aus Die Zeit, in der man diesen nur »um des Feldherrn
geschlossen.
Person > Augen auf« stellt, so ist es die unsrige. Kasernen stube, Schank- und Tanzlokale einerseits und »mutatis mutandis < die
eleganten Salons,
in denen unsere Offiziere mit der goldenen
Jugend unserer Grofs- und Weltstädte verkehren, Clubs und Theater, vornehmlich aber die Presse, vor deren Verwüstungen nur die nie ermüdende Warnung bewährter und wahrer Freunde den empfäng lichen Sinn der Unerfahrenen zu schützen vermag, sind mehr oder weniger Tempel in denen der Materialismus Hunderte von lebens frischen Jünglingen seinen verderblichen Zielen opfert. Gerade diesem Feinde der heutigen Gesellschaft, der früher,
oder später
alle Hebel in Bewegung setzen wird, um in die feste Burg des Heeres nicht nur streifzugweise einzudringen, vermag lediglich die Kameradschaft mit Aussicht auf dauernden Erfolg zu begegnen. Von ihr auch muſs man , wenn anders sie richtig gehandhabt wird, die wirksamste Abwehr staatsgefährlicher Strömungen erhoffen. Dafs die sozialistische Propaganda nicht davor zurückbebt, Seele
unserer jungen Soldaten
Gelegenheit bietet,
denselben
zu
vergiften ,
wo
die
nur irgend sich
zu nahen wird man um so weniger
leugnen mögen als dieselben ja nur allzuhäufig vom heimatlichen Heerde der Verführung den bestzubereiteten Boden mitbringen. Mifstrauische Überwachung und gewaltsame Unterdrückung allein würden hier wie überall nur Mifserfolge zu verzeichnen haben. Hier vermag nur die rechte, aus dem eigenen Verständnis für Soldatenpflicht und Bewusstsein herauswachsende Kameradschaft die vorbeugende Rolle zu spielen .
Je fester dieselbe namentlich auch das Unteroffizier-Corps umschliefst sich auch in ihm zum Ehr
verband ausgestaltet, je besser. in
Im Zusammenleben und Wirken
sich abgeschlossener Körperschaften wie
es im engeren Sinne
der einzelne Truppenteil, im weiteren Sinne die Armee in ihrer Gesamtheit sind, mufs, wenn anders sie ihren Aufgaben entsprechen sollen - der Wille und der Geschmack des Einzelnen sich den grofsen Gesichtspunkten , welche die Leistungsfähigkeit des Ganzen anstreben, unterordnen .
Die Homogenität, in der die Kameradschaft
unseres deutschen Offizier- Corps zum Ausdruck kommt, ragt vor den anderen Armeen wesentlich hervor. Wie verschieden die früheren Lebensbeziehungen der Träger der Offizier-Schärpe sein mögen, welche Unterschiede in Lebensansprüchen und Gewohnheiten sich an ihnen darstellen mögen - im rechten Augenblick wird doch jeder zeit das Band sichtbar,
welches
auch die auf den entferntesten
75
Gedanken über Kameradschaft.
Wegen neben einander Einherschreitenden umschlingt .
Wehe unserem
Offizier-Corps, dem Pfeiler unserer Armee und unseres Königtums, wenn es jemals dem Materialismus gelingen sollte,
die Einheit der
grofsen Gedanken und Ideale anzutasten , in welchen dasselbe lebt und wirkt. Der Materialismus ist der natürliche Zertrümmerer allen kor Indem er er den Begierden und Leiden porativen Bewusstseins. schaften des Menschen schmeichelt , seine Selbstsucht entfacht, ent rückt er ihn ganz von selbst dem für die Wohlfahrt der Gesell schaft unbedingt nothwendigen Dienst an der Gemeinschaft. Darum fort mit dem Luxus, der Üppigkeit, die dem reichen Kame raden den fern
hält ,
zuerlegen.
gleichartiger
Je
der genöthigt ist ,
sich Beschränkungen auf
Lebensgewohnheit
und
Art
eines
Offiziercorps sich gestaltet, je wirksamer wird sich ihm und seiner innern wie äussern Tüchtigkeit die Pflege der Kameradschaft er weisen. Wir wollen keine Einsiedler und keine Asketen aus unseren jungen
Offizieren
erziehen,
gönnen ihnen
vielmehr
der
Jugend frisches und frohes Aufschäumen und selbst ein Stückchen ungebändigter Lust , wenn anders sich dasselbe in den vom Standesbewusstsein gebotenen Grenzen bewegt. solcher aber möchten der sich
nur
allzu
Noch weniger als
wir der Verschiebung das Wort reden, in oft auch Offiziere
unter der durchsichtigen
Maske des Sport mit den Koryphäen der Börse auf Wegen be gegnen,
die so
oder so
zuführen und keinesfalls
geeignet
sind , ihren Untergang herbei
zur Förderung
und Tugenden zu dienen vermögen . Se. Majestät ,
unser jetzt regierender
rechter Erwägung
Kaiser und König,
in
der hier in Rede stehenden Verhältnisse ,
von seiner dienstlichen Stellung allerentschiedenste
soldatischer Einfachheit
Man erzählte seiner Zeit, dafs ge einst
aus solchen Verirrungen auf das
entgegen getreten sei.
Wir haben diese Kunde
damals mit gröfster Freude vernommen und werden jede Maſs regel, die dazu führen kann, das kameradschaftliche Leben zu vor nehmer Einfachheit zurückzuführen und damit unser Heer vor einem ihm sonst unzweifelhaft früher
oder später drohenden Kapua zu
bewahren , mit Jubel begrüfsen. Kein denkender Soldat,
und
darum kein Commandeur,
dem
nicht Haltung, Sitte und Brauch das Offizier - Corps als der Aus druck der Gesinnung eines solchen erschienen und welche dieselben nicht als einen Mafsstab für die kernhafte Tüchtigkeit und Zu verlässigkeit eines
solchen
betrachteten .
In
Not und Tod sollte.
Gedanken über Kameradschaft.
76
der Waffenbruder zum Waffenbruder stehen,
so verlangte es die
Ritterregel des Mittelalters. Die soziale Entwicklung von Jahr hunderten hat die Pflichten der Waffenbruderschaft mächtig er weitert und auf Gebiete ausgedehnt, die scheinbar nur noch in sehr losem Zusammenhang mit den ursprünglichen Bestimmungs- und Wirkungskreisen der Offiziere stehen. Und doch greifen gerade die hier berührten geistigen Ströme in einander ein und über , wie die Triebräder einer Maschine, und es ist nicht zu viel gesagt , wenn man behauptet, dafs nur der ein guter Offizier sei , der auch im engeren und weiteren Sinne ein guter Kamerad ist. Guter Kamerad aber ist ein Jeder, der unsers Kaisers und Königs Kriegsrock trägt, wenn er mit warmem Herzen, wo immer sich ihm die Gelegenheit bietet , eintritt für das geistige und leibliche Wohl seiner militärischen Nebenmenschen. Hier erziehend und warnend, vorbeugend und helfend , - dort anerkennend, gesunkenen Mut und Kräfte hebend, soll der Obere und Ältere eintreten für den Schwächeren und Jüngeren. Je freundschaftlicher die Form, in der geschieht und geschehen kann, je durchschlagender wird die Wirkung sein . Dem Durchschnittsmenschen schwebt das in seinem
das
Begriff sicherlich sehr dehnbare Wort freilich nur auf der Ober fläche der Wasser des militärischen Daseins . Rechten Wert hat die edle Kriegertugend aber erst dann, wenn sie das Denken und Fühlen der Berufsgenossen in der Weise erfafst, dafs in ihr das >>Einer für Alle, Alle für Einen zur Wahrheit wird. Je geneigter sich die Wirkungen des Zeitgeistes zeigen, den subjektiven, selbst Vortritt vor denen zu bahnen, aus
süchtigen Auffassungen den
deren Überlieferungen unsere schlichte Gröfse erwuchs, je ernster sollte sich die Heeresleitung bestrebt zeigen, in der Eindämmung der
materialistischen
Strömungen
die
ethisch - idealen
stützen, mit deren Zusammenbruch früher oder später ganze stolze Gebäude stürzen müsste .
Pfeiler
zu
auch das
Man täusche sich nicht. Es war hohe Zeit, dafs auch in unserer Offiziere Ansicht der Wert des Geldes und jedweder modernen Streberei, - die wahrlich mit edlem Ehrgeiz nichts zu thun hat, einmal wieder und zwar gründlich und in durchgreifender Art von oben her auf das rechte Mafs zurückgeführt
wurde.
Mit
der Durchbildung der militärischen Technik mufs die des Charakters Hand in Hand gehen. Das sollte dem jungen Truppen-Commandeur beim Antritt seiner Stellung auf das ernsteste betont werden . Die Repräsentation wird übertrieben, darüber
Die militärische Bedeutung Helgolands. herrscht
unter
den
weitsichtigeren
hältnisse
unseres Heeres
Kennern
nur eine Stimme.
77
der
inneren
Ver
Unter dem steten Be
mühen , der äufseren Schale Licht und Glanz zu verleihen, lenkt sich der Blick unwillkürlich von der Pflege der alten in Jahr Die Gefahr, hunderten bewährten Grundwahrheiten ab. Diese unter
dem
Erfolgs-
und
Subjektivitätsdienst
der
Zeit
dahin
schwinden zu sehen , wächst von Jahr zu Jahr. Der Egoismus hat ja gewils zu jeder Zeit unter den Menschenkindern seine Priester schaft gefunden.
Immerhin verhüllte er in der Vergangenheit mehr
oder weniger schamhaft das Haupt, das
er sich heute längst ge
wöhnt , hoch und stolz als das eines Tugendgottes zu tragen . Der Götzendienst des Vorteils, aller Orten bewusst und unbewusst ver kündet,
erbaut sich seine Tempel begreiflicherweise auch im Bann
unseres Heeres .
Er ist der geborene Feind des Autoritätsglaubens
und jeder wahren Menschenliebe, also auch der Kameradschaft. Möchte dies von der Heeresleitung mehr als bisher erwogen und jeder Art materialistischen Thuns und Treibens, in welch ver heifsender Gestalt immer es sich darstelle, der Lebensfaden unter bunden werden.
VI.
Die
militärische Bedeutung
Helgolands .
Von
v. H.
Mit der Besitznahme Helgolands am 9. resp . 10. August d. J. durch die Kaiserlich Deutsche Regierung ist das deutsch-englische Abkommen vom 1. Juli d. J. in dieser Richtung zur Thatsache ge worden. Die Reichsflagge weht bereits auf der kleinen vom deutschen Meer (englisch : german sea) umspülten Felseninsel und in allen deutschen Herzen erweckt dies Ereignis gewifs das Gefühl nationaler Befriedigung.
Die militärische Bedeutung Helgolands ,
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>>Bist du auch arm , bist du auch klein, Denk ich als gute Mutter dein, Bis ich dich sicher weifs da draus, Verlornes Kind , im Vaterhaus, Rot is de Kant, Witt is de Sand ―
Das ist das deutsche Helgoland . *) Als sich bei Veröffentlichung der deutsch-englischen Kolonial verhandlungen am 17. Juni d. J. durch den Reichsanzeiger ergab, dafs die Insel Helgoland von der deutschen Regierung gegen ganz bedeutende Gebietsabtretungen in Ostafrika und Überlassung des Protektorats über Sansibar an England eingetauscht sei , da gab sich nicht nur bei den Kolonialschwärmern, sondern auch bei einer grofsen Zahl anderer Patrioten eine herbe Enttäuschung kund, ja es wurden sogar Stimmen laut, welche die Überlassung Helgolands als ein Danaergeschenk ansahen. Heute aber feiert einmütigen Sinnes die deutsche Presse den Kaisertag ( 10. August) auf Helgoland und die Blätter aller Parteien verzichten auf die Geltendmachung abweichender Stimmungen . Der Erwerb dieses Eilandes bildet, wie die » Kreuzzeitung « sagt , - die sicht- und greifbare Errungen schaft, welche wir bei dem Abkommen mit England davongetragen haben. Den Wert , welchen man an höchster Stelle auf die Er werbung der Insel , völkerung legt ,
trotz seiner nur
2000 Seelen
kennzeichnet der Umstand ,
zählenden Be
dafs Se. Majestät der
Kaiser als einer der Ersten das nunmehr deutsch gewordene Felsen eiland besuchte. Ja, es ist ein denkwürdiger Tag, den die August sonne des Jahres 1890 über das wogenumrauschte Helgoland herauf führte, denkwürdig für die kleine, ihrem Volkstum wiedergegebene Insel , denkwürdig aber auch für das gesamte deutsche Vaterland. Ob die Helgoländer wünschten politisch zu Deutschland zu gehören ? ――――――― Sie fühlten sich unter den bestehenden Verhältnissen sehr glück lich. Des Pudels Kern ist natürlich die Furcht vor der allgemeinen Wehrpflicht , den Steuern u. s. w. Gewifs werden sie aber über kurz oder lang kernige Bürger des grofsen deutschen Vaterlandes ! In der politischen Tagespresse wird die Erwerbung Helgolands meist vom rein geschäftlichen Standpunkte betrachtet. Wer den kolonialen Bestrebungen sympathisch gegenübersteht, der ist mit dem Tauschhandel wegen der grofsen Opfer in Afrika nicht recht
*) Sagt Karl Tannen (geboren 1827 zu Leer in Ostfriesland ) am Schlufs seines Liedes 1867.
Die militärische Bedeutung Helgolands.
79
zufrieden, und wer ihnen feindlich gesinnt ist, der freut sich darüber , dafs die Mafsnahmen der Regierung deutlich zu beweisen scheinen . dafs man keineswegs gewillt sei, sich auf »afrikanische oder andere Abenteuer
einzulassen.
Ganz beiläufig kommt man eigentlich nur
auf den Gedanken, dafs doch noch andere Gründe für das Geschäft · ausschlaggebend gewesen sein könnten , so nahe dies eigentlich zu liegen scheint.
Militärischerseits wenigstens kann man den Gewinn
des rot-weifs -grünen Eilandes in der Nordsee oder vielmehr vor den Mündungen der deutschen Ströme ,
nur mit Freude begrüfsen .
Oder ist etwa, wie die » Militär- Zeitung « sagt, in Deutschland jede Erinnerung an die Ereignisse
zur See im Jahre
1870
erloschen,
dafs man so geringschätzig von
der militärischen Bedeutung
genannten Felseninsel spricht ?
Weifs denn Niemand mehr , daſs ,
der
nur auf sie gestützt, der Admiral Fourichon vom 5. August bis zum 13. September 1870 die deutsche Nordseeküste blockieren konnte ? Und ist es nicht allgemein bekannt, dafs eine Blockade das einzige Mittel ist, durch das man uns von der Seeseite her empfindlichen Schaden bereiten kann ? < Helgoland, in älterer Zeit : oder Fositasland « , heutigen Bewohnern
» Sachsen - Insel « ,
» Heiligeland » Halligland «
u.
s.
oder
w.,
»> Fosetes
wird
von
» Hall - Lunn « ,
den » det
Lunn (das Land) genannt. Es ragt 60 m aus dem Meere hervor, seine Bewohner sind Friesen , welche ihre eigene Sprache haben . Nach der im Jahre 1826 vom Freiherrn v. d. Decken heraus gegebenen Karte hat Helgoland in nordwestlicher und südöstlicher Richtung eine Länge von 6118 und in südwestlicher und nordöst licher Richtung eine Breite von 1900 preufsischen Fufs. Die ältesten Nachrichten über Helgoland will man mit manchen Angaben griechischer und römischer
Geschichtsschreiber in Ver
bindung bringen ; aber Sicheres wird darüber wohl niemals zu er mitteln sein . Die erste zweifellose Erwähnung Helgolands findet sich im Leben des heiligen Willibrod von Alkuin , neunte Jahrhundert geschrieben sein mag.
677 von dem heutigen Irland > Wilfrid « , bischof von York, > Wigbert «
das gegen das
Danach waren im Jahre der ehemalige Erz
und hernach » Willibrod Bredenberge «
1652 von einem Feuerbecken berichtet.
1673
81 auf dem
erbauten die Ham
burger , nach getroffener Übereinkunft mit dem Herzoge von Schleswig , Christian Albert , auf Helgoland einen Turm zu einer sogenannten Feuerbluse , welcher bis zur Elbblockade 1806 von den Hamburgern und von da bis auf die heutige Zeit in ver besserter Form von seinen bisherigen Besitzern erhalten worden ist. Helgoland selbst erhielt durch jene Blockade der Elbe eine
neue Bedeutung in der Weltgeschichte, indem England es in seinen beim Kieler Friedensschlusse rechtlich anerkannten Besitz nahm und während der Dauer der Elbsperre die Insel zum Stapelplatz der englischen , für das nördliche Deutschland , Holland und Däne mark bestimmten Kolonial- und Manufakturwaaren machte. Die geologischen Verhältnisse der Insel sind vielfach in irriger Weise aufgefafst worden , eines Teils durch die Sage von ihrer ein stigen Gröfse , anderen Teils durch Mifsverstehen der daselbst sich abspielenden Naturerscheinungen , wie das Herabstürzen von Fels stücken u . s . w . Der Helgoländer Felsen , welcher nach allen Seiten sich senkrecht aus dem Meere erhebt , gehört nach Wiebel *) den geschichteten Steinen und zwar der Triasgruppe an , welche ihren Namen daher erhalten hat, dafs sie von drei Formationen und zwar von unten nach oben : dem Buntsandstein , dem Muschelkalk und dem Keuper gebildet wird . Wiebel sagt (a. a. O. S. 87) : >Das Gestein des Felsens ist ein verhärteter Thon , wechselnd mit Bänken eines Sandsteins in regelmässiger Schichtung . Die unteren weit festeren Schichten dieses Gesteins gehören ohne jeden Zweifel dem Buntsandstein an . Die Insel Helgoland zerfällt in ein Ober land , ein Unterland und die Sandinsel (Düne). Das Oberland be steht aus dem senkrecht über dem Meer sich erhebenden Sand steinfels von braunroter Farbe, auf dessen Südende sich aufser einer Nebelsignalstation , der Kirche und dem gröfsten Teil der Wohn häuser , auch der stattliche Leuchtturm mit seinem 221 Fufs englisch über dem Meere liegenden Leuchtapparate befindet. Auf dem Unterlande ,
einem
flachen Vorlande ,
welches durch eine Treppe
mit dem eigentlichen Felsen in Verbindung steht , befindet sich an der S.O. Seite der Landungsplatz , eine Rettungsstation und ein Teil der Wohnhäuser. In östlicher Richtung von der Insel, durch einen 0,7 Seemeilen breiten Meeresarm davon getrennt, liegt die Sandinsel , eine kleine ,
*) Siehe Hallier S. 71. Jahrbücher für die Deutsche Armee and Marine. Bd. LXXVII , 1.
6
Die militärische Bedeutung Helgolands.
82
niedrige, auf Felsgrund ruhende Insel mit flach anlaufendem Von der Strande, auf welchem sich die Badeanstalt befindet. Felseninsel bis zur Sanddüne hinüber erstreckt sich eine 10-12 Fuls unter Niedrigwasser liegende Untiefe, durch welche zwei sogenannte » der Nord- und der Südhafen « , mit etwa
Häfen (Ankerplätze) ,
Ehemals hing die Düne mit
3-31, Faden Tiefe gebildet werden .
der Hauptinsel und mit der > Wittkläwer < oder Weifsklippe , einem hohen Kalk- oder Gypsfelsen im NW. der Sandinsel , zu sammen. Die Verbindung lehnte sich an die Ostseite des Unter landes und war noch 1714 so bedeutend, dafs die Dänen eine Batterie darauf errichteten und von dort das Land beschossen. Zwischen den Dünenhügeln war um 1615 noch Schafweide. *) Ge schützt wurde diese im übrigen aus Geestland bestehende Ver bindung durch jene oben erwähnte weiſse Klippe, die nach Pro fessor Hallier aus Kalk, nach Dr. Mayns sehr glaubwürdiger An sicht aber gröfstenteils aus Gyps bestand , und durch einen Geröll damm. In kurzsichtigem Eigennutz beuteten die Helgoländer aber jene Klippe als Gypsbruch aus, so dafs 1811 nur noch eine Klippe von geringer Gröfse übrig war. So ihres Schutzes beraubt, ver erwähnte Gerölldamm und die Sandbank dem
mochten der oben
Andrange der Meereswogen nicht mehr zu widerstehen : eine Sturm fluth am 31. Dezember 1720 rifs beides weg und 1811 verschwand jener letzte Rest der Weifsklippe in den Wellen. **) ―――― Die Insel Helgoland,
sowie
Klippenreihen
die
Sandinsel
und Untiefen
sind mit
umgeben ,
einer
welche
resp. sich
mehreren nach
allen
Von der Nordspitze dieser Inseln Richtungen hin erstrecken. dehnen sich dieselben etwa 3 Seemeilen weit in nordwestlicher Richtung ; die letzten Ausläufer derselben sind die Sollabrunnen Über den Wert der kleinen Insel für und Nathurabrunnen . Deutschland Denkschrift
äufsert
sich
die
vom
Reichsanzeiger veröffentlichte
bezüglich der Beweggründe zu dem deutsch - englischen
Seit Menschenaltern Abkommen vom 30. Juli d. J. folgendermassen : hatten Deutsche aller Stämme schmerzlich empfunden , dafs unmittelbar vor der Mündung der Elbe, der Weser und der Jade ein fremdes Reich Herr deutschen Landes war und dafs ein echt deutscher Stamm, von seinem Heimatlande losgerissen, handlung verkümmerte. gewesen, So steigerte
trotz humanster Be
War dieses Gefühl schon immer lebendig es sich seit der Wiedererrichtung des
Siehe Oetker, Helgoland S. 49 und 50. **) Siehe Hallier, S. 71 .
Die militärische Bedeutung Helgolands.
deutschen Reiches
zu
einer Empfindlichkeit,
83
deren öffentliche Er
örterung, weil sie schmerzlich berührte, ängstlich vermieden wurde . Die Akten des Auswärtigen Amtes geben Zeugnis von den zahl reichen Gesuchen und Vorschlägen, welche seit den siebziger Jahren über die Wiedererwerbung von
Helgoland gemacht
wurden ;
die
öffentliche Meinung bemächtigte sich von Zeit zu Zeit in Deutsch land und England der Frage nach der Abtretung der Insel an das Reich, und die letztere ist wiederholentlich Gegenstand ernster Er örterungen innerhalb der deutscheu Regierungskreise gewesen. gesehen aber von der Insel
Ab
diesem pretium affectionis bedeutet der Besitz
Helgoland für Deutschland
eine wesentliche Erhöhung
seiner Wehrkraft zum Schutze der Küsten und Flufsmündungen in der Nordsee. Es mag daran erinnert werden, wie im Jahre 1864 die Insel Helgoland den Operationen des österreichischen Admirals v. Tegethoff Schwierigkeiten bereitete.
Während des Krieges 1870
hat das neutrale Helgoland der französischen Flotte das Ausharren vor unserer Küste erheblich erleichtert. Die Insel hat durch das Leuchtfeuer und durch die Möglichkeit, sich unter ihrem Schutz der Einwirkung von Wind und Wetter so weit als dies
zu
einer Reihe
Flotte nicht entbehren
von Verrichtungen , kann,
entziehen zu können, deren eine
erforderlich ist ,
moderne
dem Feinde
eine wesentliche Stütze während der stürmischen Jahreszeit geboten. Deshalb erhoben sich schon während der Friedensverhandlungen im Jahre 1870 aus den betheiligten Kreisen Stimmen , welche auf die Wichtigkeit des Besitzes von Helgoland für Deutschland hin deuteten. So heifst es in einem Bericht des Vize - Admirals Jach mann vom 20. September 1870 : » In jedem Kriege bietet diese Insel , regeln ,
selbst bei
Beobachtung
der unumgänglichen
Neutralitäts
dem Feinde einen sichern Stützpunkt, während ,
Insel in unserm Besitz und gut befestigt
wäre,
wenn die
eine feindliche
Flotte sich schwerlich längere Zeit vor der Elbe und Weser halten könnte ; auch für Wilhelmshaven ist die Insel von grofser Wichtig keit, da jedes Schiff, das die Jade ein- und ausläuft, von dort ge sehen wird. < > Auch erhält der zur Zeit im Bau begriffene Nord -Ostsee -Kanal erst durch ein deutsches Helgoland seinen vollen Wert für den Kriegsfall. Entzieht sich die nähere Dar legung
solcher
militärischer Motive naturgemäss der
öffentlichen
Besprechung, so kann hier doch bemerkt werden , dafs schon , als Ende des Jahres 1883 die Wiederaufnahme der den Nord - Ostsee Kanal betreffenden
Vorarbeiten
Admiralität
wurde ,
betont
wie
begann,
Seitens der
wünschenswert
der
Kaiserlichen Besitz 6*
von
Die militärische Bedeutung Helgolands.
84 Helgoland u. s. w. Um
für
die
kriegerische
Ausnutzung
dieses
Kanals
seic
die Bedeutung für die Verteidigung, beziehungsweise Be
herrschung der deutschen Nordseeküste recht zu würdigen ,
mufs
man die Gestaltung derselben sich vergegenwärtigen . Bekanntlich unterscheidet sich dieselbe wesentlich von der Ostseeküste , indem sich an die
eingedeichten Marschen ein breiter Gürtel von Sand
und Schlammbänken legt, zur Zeit der Ebbe trocken, Fluth nur mit flachgehenden Fahrzeugen
zur Zeit der
zu befahren.
In einem
Abstande von einer deutschen Meile begrenzt von der Jade bis langgestreckter Inseln Reihe diese zur Emsmündung eine > Watten , zwischen welchen die Strömung der dort mündenden Wasserläufe in den vielfachsten Windungen einen Ausweg in die freie See sucht. Auch diese Wasserläufe verändern zeitweise ihre Richtung, denn das feste und flüssige Element kämpft hier noch mit einander um die Herrschaft und zieht die Menschen mit hinein in die Wechselfälle dieses gewaltigen Naturkampfes. Hieraus folgt, dafs die deutschen Nordseeküsten in dem Wattengürtel eine natür liche Schutzwehr besitzen , in welcher die Lücken genau bezeichnet sind, durch " welche ebensowohl feindliche Schiffe eindringen, wie die
eigenen auslaufen können .
Helgoland liegt nun in nördlicher
Richtung von diesem Wattengürtel und zwar : 15 Seemeilen *) vom Eider-Leuchtschiff, 18 ' , Seemeile vom äussersten Elbe- und 17 See meilen vom äufsersten Weser - Leuchtschiff, 20 Seemeilen von der äussersten Jade-Tonne und 60 Seemeilən vom Riff- Gatt des mittleren Ems - Fahrwassers
entfernt,
bildet somit nicht allein den Schlüssel
zu unseren beiden Hauptströmen und wichtigsten Seehandelstrafsen, Elbe und Weser, sondern gewissermaſsen den Brückenkopf für Jade resp. Eider,
mithin
für
unsere gesamte deutsche
Nordseeküste ,
sichert uns in mancher Beziehung die Herrschaft über deren Zu gänge und erleichtert die Vertheidigung unserer Nordseeküsten wie unseres deutschen Meeres, während es eine feindliche Blockade mindestens
bedeutend erschwert.
Die Erschwerung,
vielleicht Un
möglichmachung einer Blockade, nachdem Helgoland deutsch ge worden ist, findet darin ihre Begründung , dafs die dazu verwendeten Schiffe von Zeit zu Zeit ihren Kohlenbedarf ergänzen müssen, dazu aber eines möglichst gegen Seegang
geschützten Ankerplatzes be
dürfen . Einen solchen giebt es aber an den deutschen Nordsee küsten nur einen, der sich namentlich bei den vorherrschenden
*) Eine Seemeile = etwa 2 km.
Die militärische Bedeutung Helgolands .
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westlichen Winden und verhältnismäfsig gutem Wetter dazu eignet, und zwar östlich von der Düneninsel bei Helgoland.
Als
einen
solchen Ankerplatz für Kohlenergänzung der Schlachtschiffe u. s . w. verwendete die französische Flotte 1870 bekanntlich Helgoland. Unmittelbar an der deutschen Küste befanden sich ihre Kreuzer und Avisos, beauftragt , das Auslaufen beziehungsweise die Be wegungen des Gegners sofort zu signalisieren , worauf dann das Gros der Flotte von Helgeland immer noch zur Zeit herangekommen wäre.
Welcher
des Krieges
von den in der Jade- und Elbmündung während
1870 stationierten See - Offiziers
hat es daher nicht
schmerzlich empfunden, daſs, trotz einer streng und gerechten Neu tralität des damaligen Gouverneurs von Helgoland, die französische Flotte unter dem
Schutze der Insel ankern ,
ihre Kohlenvorräte
schonen,
beziehungsweise den Bedarf derselben ergänzen konnte, ohne dafs die die Jade- beziehungsweise Elbmündung schützenden
deutschen Schiffe ,
welche gegen eine Flotte von 10-12 schweren französischen Panzerschiffen in ihrer Zahl und Kriegsfähigkeit nur zu viel zu wünschen übrig liefsen , einen wagen konnten, ohne vernichtet zu werden .
Angriff resp. Überfall
Durch das deutsche Helgoland, das gehörig armiert, so dafs wir unter dem Schutze seiner mit submarinen Verteidigungsgürteln umgebenen Batterien beziehungsweise hinter Wellenbrechern, eine Abteilung gepanzerter, schwer armierter Fahrzeuge, so wie eine grofse Zahl schneller Torpedoboote dort stationieren können , ist einer gegen Deutschlands Nordseeküste operierenden feindlichen Flotte die wirksamste Stütze für maritime Operationen genommen . Schon allein das Auslöschen des Feuers auf Helgoland, sowie der sämtlichen übrigen Feuer in der sogenannten Hamburger Bucht erschwert dem Feinde das Navigieren daselbst .
Der deutsche Besitz
Helgolands nimmt seinen Schiffen den einzigen einigermassen ge sicherten Ankerplatz zur Kohlenergänzung u. s . w.; verbietet dem Feinde das Sammeln seiner Flotte, das Stationieren seiner Torpedo flottille, das Liegen seiner Transport- und anderen Schiffe und zwingt ihn, mit seinen sämtlichen Schiffen die offene See zu halten, stets unter Dampf zu bleiben , Kohlen zu verbrauchen und durch das Verschmutzen der Schiffskessel die Geschwindigkeit seiner Schlacht schiffe zu beeinträchtigen u. s. w. Wir möchten behaupten ,
dafs , sobald Helgoland entsprechend
befestigt ist und gesicherte Ankerplätze im Südhafen geschaffen sind, eine wirksame Blockade der deutschen Nordseeküsten und noch viel weniger die Ausführung einer feindlichen Landung kaum aus
Die militärische Bedeutung Helgolands.
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führbar sein wird .
Unsere Marine in ihrem jetzigen Umfange, aber
allerdings an Panzerstärke und Schnelligkeit ihrer Schlachtschiffe auf der Höhe der Zeit erhalten , reicht aus, solche Unternehmungen des Feindes wirksam zu verhindern , und wenn dieselbe auch nicht im Stande ist , beispielsweise der dreifach überlegenen französischen Flotte auf offener See die Stirn zu bieten, so wird der mit einer Blockade der deutschen und preufsischen Küsten , beziehungsweise einer Landung daselbst betraute Admiral , durch ihre Offensivstöfse der Gefahr partieller Niederlagen und Verluste an Schiffsmaterial ausgesetzt sein. Aber der Nichtbesitz von Helgoland erhielte in einem künftigen Kriege für uns noch einen besonders bitteren Beigeschmack dadurch, dafs er den militärischen Wert des im Bau befindlichen Nord Ostsee-Kanals mehr oder weniger in Frage stellte. Die Überführung der deutschen Flotte von Kiel nach Wilhelmshaven oder umgekehrt, angesichts einer bei Helgoland liegenden feindlichen Flotte, würde nicht ohne ein voraussichtlich unter taktisch ungünstigen Verhält nissen durchzumachendes Gefecht möglich und
daher eine solche
Operation dadurch mehr oder weniger ausgeschlossen sein .
Aller
dings wird fachmännischerseits hiergegen eingewendet, daſs, selbst wenn Helgoland mit den weittragendsten Geschützen armiert würde, eine feindliche Flotte noch immer aufserhalb des Geschützbereichs der helgoländer Batterien bis zu den die Elbe begrenzenden Watten elf Seemeilen ganz freies, sicheres Fahrwasser habe, da die äusserste Grenze der Watten noch 13 Seemeilen von den Geschützen Cux havens entfernt ist ; aber man darf hierbei nicht unberücksichtigt lassen, daſs, bei der Vervollkommnung der jetzigen submarinen Kriegswaffen, der Admiral einer feindlichen Flotte es sich wohl überlegen mufs, ob der Preis eines Unternehmens hoch genug ist, dafs er seine Schiffe in eine Mausefalle führt. Wenn man ferner vielleicht einwenden wollte, dafs Helgoland uns trotz seiner natürlichen Stärke im Laufe eines Krieges doch auch einmal genommen werden könnte und dafs es dann besser gewesen wäre, es hätte uns nie gehört, sondern wäre neutral ge blieben, so könnte man, wie es in der Denkschrift über die Beweg gründe zu dem deutsch-englischen Abkommen vom 30. Juli d. J. heifst,
» mit ähnlichem Grunde etwa befürworten ,
das neutrale Luxemburg abzutreten . «
Diedenhofen an
Aber selbst dann
ist eine
dort liegende Flotte stets den nächtlichen Unternehmungen unserer Schiffe, vor allen Dingen unserer Torpedoboote ausgesetzt, während unter jetzigen Verhältnissen die neutrale Zone durch die neutrale
Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen
87
Zone gedeckt ist. Auch für den Einwand, dafs Helgoland in ab sehbarer Zeit in sich selbst zerfallen werde, fehlt die thatsächliche Unterlage. Wir müssen vielmehr unseren geologischen Forschern soviel Vertrauen schenken, dafs wir den Bestand der Insel, welcher sich seit etwa 160 Jahren nicht wesentlich verkleinert hat, vorweg auf Jahrhunderte hindurch für gesichert halten müssen . Vom
militärischen Standpunkte also ist der Erwerb
Helgolands ein Gewinn.
Die Erfahrungen von 1870 sind wohl
geeignet, Zweifler über diesen Punkt zu belehren ; an ihrer Hand wird die
deutsche Regierung,
wie geringfügig auch nach Umfang
und Bevölkerung die Erwerbung sein mag, den Wert derselben bemessen haben , und wenn sie auch aus begreiflichen Gründen darüber zuerst geschwiegen hat,
so ist sie in der jüngst veröffent
lichten Denkschrift weniger zurückhaltend gewesen und hat dar gethan , daſs der Insel für die Verteidigung der deutschen Nordsee küste eine Bedeutung zukomme, die sich durch zweckentsprechende Anlagen
noch vermehren lassen
wohl aber
zur
Wehrung
werde.
des
Nicht zur Mehrung ,
Reiches
wird
der
Besitz
Helgolands dienen . Und wenn es unsere nationale Ehre heute verlangt, Helgoland entsprechend zu befestigen , so wird das deutsche Reich auch im Besitz der nötigen Mittel hierzu sein. Soviel Dienste uns Helgoland im Kriege leisten soll, soviel Aufwand darf es be anspruchen, aber auch nicht weniger.
Qui vivra verra !
VII .
Kleine
heeresgeschichtliche
Mitteilungen .
1. Die Anfänge des Kriegsspiels . Wenngleich die Anfänge des Kriegsspiels, in der Weise wie es jetzt als Bildungsmittel des Offiziers allgemein eingeführt ist, in der Zeit nach den Befreiungs kriegen zu suchen sind, so hat doch das vorige Jahrhundert bereits Spuren desselben aufzuweisen. Abgesehen von dem damals ziemlich weit verbreiteten » Kriegsschachspiel , finden wir , dafs schon zur
Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.
88
Zeit Friedrich des Grofsen die Prinzen des Königlichen Hauses sich bei ihren taktischen und strategischen Studien der Plan- Manöver bedienten.
Vom Prinzen Heinrich wissen wir , dafs er mit seinem
Bruder August Wilhelm, dem » Prinzen von Preufsen « , in der Zeit nach dem 2. schlesischen Kriege eine Art Krieg auf dem Papier, » guerre de plume « , wie sie ihn nannten , führte . Es wurde dabei ein Krieg zwischen Preufsen und seinen Nachbarn supponiert, wobei jeder von ihnen , auf Plänen und geographischen Karten , die Operationen der einen Partei leitete. Zu diesem Zwecke schrieben. sich die Königlichen Brüder wöchentlich zwei Briefe , in welchen Jeder dem Anderen von den Bewegungen Kenntnis gab, die er für zweckdienlich hielt. Diesen Briefen waren Marsch -Tableaus, Pläne der gewählten Läger , fingierten Belagerungen und sonstigen Ope rationen beigefügt. - Die Anregung zu diesem Federkrieg hat ver mutlich der Grofse König selbst gegeben ; entstand
doch in dieser
Zeit zwischen dem 2. schlesischen und dem siebenjährigen Kriege seine bedeutendste militärische Lehrschrift , die »General- Prinzipien vom
Kriege ,
deren
erste
französische
Ausgabe der
König nur
seinem ältesten Bruder mitteilte ; hier giebt er ihm die weise Lehre : >> la guerre nous soit une méditation , et la paix un exercice. Er innerungen aus dem Leben des Königlichen Preufsischen General Lieutenants Frh. v. Günther« erzählt, dieser ausgezeichnete General habe den jüngeren Offizieren seines Regiments selbst häufig Unter richt erteilt , besonders in der Topographie und im Felddienste. Ferner habe er mit ihnen auf Karten und Plänen mittelst kleiner Figuren eine Art von Kriegsspiel getrieben , zweifelsohne eingedenk des berühmten fridericianischen Wortes : » Qu'importe l'expérience, si elle n'est digerée par la réflexion. Schweinsfeder « ,
Jeder
mit rot und weifsen Puscheln ge
d . h . Pike mit hohl geschliffener
Klinge,
die zum Schutze gegen Kavallerie vor der Front schräg in die Erde gestofsen wurde ; hieraus entstanden, durch Verschränkung der Piken in einem starken Querbalken, die sogenannten » spanischen Reiter . Die dritte Gattung der Infanterie , die Pikeniere , etwa ein Drittel des Ganzen, führten Piken, die 15-16 Fufs lang waren , trugen einen Brustharnisch und längere Zeit auch noch Blechhauben . Neben dem Degen, welchen die gesamte Infanterie als Seitengewehr führte,
wurde der Mannschaft im Kriege hin und wieder ein Paar
Pistolen gegeben, die am Degengehenk getragen wurden. Die Offiziere führten in Reih und Glied ebenfalls eine kurze Pike, das Sponton, aufser dem Degen ;
es ist,
ebenso wie die Piken der Unteroffiziere
(das sogenannte » Kurzgewehr « ) erst nach 1806 abgeschafft worden. ― In seinen Feldzügen hatte Friedrich Wilhelm auch hin und wieder Scharfschützen , die mit gezogenen Büchsen bewaffnet und in kleinen Abteilungen den Compagnien beigegeben waren , meist Jäger und Forstbeamte, sie nicht.
doch
eine
stehende Truppe
waren
Jede Compagnie führte eine Fahne , deren Symbole verschiedener Art waren, bald ein Adler mit Kreuz und Schwert oder ein Kur szepter mit flammenden Blitzstrahlen ;
unter Friedrich I.
aber zu
meist weiſse Fahnen mit dem roten brandenburgischen Adler , während Friedrich Wilhelm I. 1713/14 durch besondere Festsetzungen jedem Regimente die Farbe des Fahnentuches , grün, weifs, gelb, blau oder rot kombiniert, eigens vorschrieb. Die Kopfstärke der Infanterie - Regimenter war Anfangs eine verschiedene ; sie zählten von 7 bis zu 12 Compagnien ; später wurde das Bataillon zur taktischen Einheit gemacht und in 4 (später 5) Compagnien geteilt ,
zu je 150 Mann .
Bei seinem Ab
136
Zur 250jährigen Gedenkfeier der Thronbesteigung
leben hinterliefs der Kurfürst seinem Nachfolger,
aufser 22 Com
pagnien Garde (einschliesslich 2 Compagnien 1687 aus französischen refugierten Offizieren gebildeten » Grands-mousquetaires < ) 15 Regi menter » zu Fufs « , im Ganzen 35 Bataillone ; aufserdem gab es noch 20 Garnison - Compagnien zur Besetzung der Festungen. Diese Regimenter, soweit noch vorhanden, führten in der Stamm liste von 1806 die Nummern 1-14. Die Katastrophe dieses Jahres haben aber nur überdauert : Friedrich III.
das jetzige Grenadier- Regiment König
( 1. Ostpreufsisches)
Trabantengarde
Georg
Wilhelms,
Nr. 1 , dann
errichtet das
1619 aus der
Grenadier-Regiment
Friedrich Wilhelm IV. ( 1. Pommersches) Nr. 2 , errichtet 1677 , das Grenadier-Regiment König Friedrich Wilhelm I. (2. Ostpreussisches) Nr. 3,
errichtet 1685 , und das Grenadier-Regiment König Frie drich II. (3. Ostpreussisches) Nr. 4, errichtet 1688 . Die gesamte Infanterie zählte auf dem Kriegsfufse etwa 24,000 Mann , doch war diese Zahl im Laufe
der
Regierung des Grofsen Kurfürsten
vielen Schwankungen unterworfen, in Folge der vielen Reduktionen und Abdankungen, welche zeitweise durch ökonomische Rücksichten Solche Reduktionsjahre und die politische Lage nötig wurden . sind besonders 1660, 1666 und 1679 ,
also nach dem Frieden von
Oliva, der Regelung der Cleve'schen Erbfolge und dem Frieden von St. Germain. Die Taktik der Infanterie wurde durch den Kurfürsten in namhafter Weise gefördert.
Noch waren die militärischen Autoritäten
des Jahrhunderts nicht darüber einig , ob für die Infanterie die Pike oder die Schufswaffe wichtiger wäre . Nannte doch Montecuculi die Pike die
Königinn der Waffen« ; der Versuch, die gesamte
Infanterie mit Feuergewehren zu bewaffnen, erschien den Anhängern des Althergebrachten als ein verbrecherischer Umsturzplan. Ein sichtsvollere Feldherren, unter ihnen Friedrich Wilhelm, vermehrten hingegen stetig die Zahl der Musketiere, welche im brandenburgischen Heere etwa 2/3 des Ganzen betrug. ―――― Die frühere zehngliederige Aufstellung verringerte schon Gustav Adolf, und die Infanterie des Grofsen Kurfürsten stand durchweg in 6 Gliedern, von denen, wenn sie zusammen blieben , die Musketiere die beiden vordersten , die Pikeniere die 4 hintersten Glieder bildeten .
Bei den Musketieren
standen die Glieder in der Regel mit 3 Schritt Abstand, Rotten geschlossen, bei
den Pikenieren Glieder
und
Rotten geschlossen.
Wenn beide Waffengattungen getrennt rangierten, so wurde die Compagnie in 3 Divisionen geteilt, von denen die des rechten und linken Flügels ( Musketiere) der Hauptmann, beziehungsweise Lien
Friedrich Wilhelms des „Grofsen Kurfürsten “ .
137
tenant befehligte, die mittlere Division (Pikeniere) der Fähnrich ; die Unteroffiziere schlossen hinter der Front. Bei drohendem Kavallerieangriff wurden die Pikeniere vorangestellt, bis die spätere Einführung der Bajonettfliute mit französischen Schlössern ( 1689) auch diese Vorsicht überflüssig machte ; aus letzterem Jahre datiert ebenfalls die Rangierung der Infanterie auf 4 Glieder, der Übergang zur Lineartaktik des vorigen Jahrhunderts . Die Bewegungen der Infanterie waren sehr einfach ; sie beschränken sich auf Öffnen und Schliefsen, Vor- und Hintereinandersetzen der Glieder, Abbrechen , Ein- und Abschwenken mit Pelotons ; dagegen waren die Handgriffe mit Pike und Muskete sehr mannigfaltig ;
es gab deren, nach dem
Reglement Kurfürst Friedrich III., für die Grenadiere 78 , Pikeniere 46, Musketiere 34 ; das Exerzieren mit den Schweinsfedern und Flinten -beim Kavallerieangriff wurde sogar in 90 Handgriffen geübt. Beim Feuern fielen alle vorderen Glieder nieder, bis auf das hinterste (6.) welches feuerte, sodann that dies das 5. , welches sich aufrichtete und so fort,
oder aber
es schofs zuerst das erste Glied , machte
rechts und links um, setzte sich hinter das letzte und ladete von Neuem,
dann schofs das zweite und so fort.
Schliefslich sei noch
erwähnt, dafs in der brandenburgischen Armee zuerst die papiernen Patronen angewendet wurden ; ihre Einführung datiert aus dem Jahre 1663. Die Kavallerie , entschieden die Lieblingswaffe des Kurfürsten , war schwieriger zu organisieren als die Infanterie, einmal weil Pferdezucht und Remontewesen noch ziemlich unentwickelt waren, dann aber, weil vermöge der Lehnspflicht Städte und Vasallen ver pflichtet waren, einen gewissen Teil der Reiterei auf eigene Kosten auszurüsten und ins Feld zu stellen. Hohe Verdienste um die Organisation der Kavallerie erwarb sich der 1653 in den branden ________ burgischen Dienst getretene General v. Derfflinger. Jeder Reiter mufste sich selbst mit Pferd, Kleidung und Aus rüstung versehen ;
an
Gleichförmigkeit des Anzuges
war folglich
garnicht zu denken, erst gegen Ende der Regierung des Kurfürsten wurde eine solche einigermafsen erzielt.
Die Kavallerie erhielt fast
durchweg blaue
Lederhosen , Blechhauben ,
Röcke,
hohe
Stiefeln ,
später breitkrämpige Hüte, in welche, zum Schutz gegen Hiebe , ein kreuzweises Eisenband eingelegt wurde . Jeder Reiter führte an breitem Bandelier eine Flinte und
einen gradklingigen Degen zu Hieb und Stich ,
ein Paar lange Reiterpistolen .
Die Kürassiere ,
damals vorzugsweise als Reiterei geltend und deshalb »Regimenter zu Pferd genannt, trugen einen Brustharnisch und bildeten die
138
Zur 250jährigen Gedenkfeier der Thronbesteigung
Hauptmasse der Kavallerie.
Ein Regiment zählte
3 Sch wadronen
zu 100-120 Pferden, eingeteilt in mehrere Compagnien ; die Garden, nämlich die Trabanten- Leibgarde, waren nur 2, die 1687 errichteten > Grenadiere zu Pferd« nur 1 Compagnie stark.
Friedrich Wilhelm
hinterliefs seinem Nachfolger insgesamt 52 Compagnien Kürassiere und 18 Compagnien Dragoner.
Letztere, ursprünglich eine pie
montesische Erfindung und ihren Namen einem in ihren Feldzeichen eingestickten
Drachenbilde
verdankend ,
kamen
besonders
durch
Gustav Adolf in Gebrauch als Doppelkämpfer, doch durften sie zum Dienste zu Fufs nur im Notfalle absitzen ,
so in der Schlacht bei
Warschau, wo sie in kleineren Trupps zwischen den Kürassieren des ersten Treffens verteilt wurden . Taktisch waren sie vornehmlich eine leichte Kavallerie, während sie hinsichtlich der Bekleidung, des inneren Dienstes, sowie der Bezeichnung der Offizier-Chargen sich mehr der Infanterie näherten. Ihre Besoldung war etwas geringer als diejenige der Kürassiere.
Bei Warschau befanden sich 20 Schwa
dronen Kürassiere und 10 Schwadronen Dragoner,
bei Fehrbellin
deren 32 , beziehungsweise 8 ; an der Spitze dieser Reiterei focht in beiden Schlachten der Kurfürst selbst. Im Verhältnis zur Infanterie war die Kavallerie sehr zahlreich,
im Kriege nie unter
14 , meist
die Hälfte des Heeres ; auch mufs bemerkt werden, dafs dieselbe bei ihren weiten und schnellen Märschen meist leichte Geschütze bei sich führte, wurden .
welche
mit
doppelter Bespannung
fortgeschafft
Die hohe Achtung, mit welcher besonders seit Fehrbellin
Europa auf das brandenburgische Heer blickte, sonders seiner trefflichen Kavallerie.
verdankte es be
Von den gegenwärtig noch bestehenden Regimentern kann nur das >Leib-Kürassier- Regiment Grofser Kurfürst ( Schlesisches ) Nr. 1 < seinen Ursprung aus dieser Zeit berleiten.
Es wurde 1674,
als
Leib-Dragoner- Regiment, aus den ehemals sogenannten >> Hofstabs oder Küchen-Dragonern « errichtet ;
1713 verlor es diesen Namen,
1718 wurde es in ein Kürassier-Regiment verwandelt. Die Artillerie , welche im 17. Jahrhundert noch immer etwas bürgerlich-handwerksmäfsiges an sich hatte, obschon sie nicht mehr, wie zu Beginn der Neuzeit,
eine Zunft bildete,
wurde vom Kur
fürsten in einer sehr bemerkenswerten Weise gefördert, namentlich im Sinne eines praktischeren Gebrauches im Feldkriege. Nach Beendigung des 30jährigen Krieges zog der Kurfürst aus Kaiser lichen in seine Dienste den Generalfeldzeugmeister Graf Sparr, dessen Thätigkeit die brandenburgische Artillerie ihren Aufschwung in erster Stelle zu verdanken hat. Die Zahl der Geschütze wurde er
Friedrich Wilhelms des
heblich vermehrt, das Kaliber
Grofsen Kurfürsten " .
erleichtert,
schaften ein militärischer Zuschnitt
den
gegeben.
139
Bedienungsmann
Als im Jahre 1655
der Krieg zwischen Schweden und Polen ausbrach , zählte das Heer schon 72 Feldgeschütze,
nämlich 3- , 6- , 8- , 12
und 24 pfündige
Regiments-Kanonen ; hei Fehrbellin kamen in Thätigkeit nur 13 Ge schütze , 9 drei- und 2 zwölfpfündige, nebst 2 Haubitzen.
Im Jahre
1688 hatte die Artillerie einen Etat von 17 Offizieren ( 2 Oberst lieutenants, 3 Oberhauptleute oder Majore, 6 Hauptleute, 6 Lieute nants) und 487 Mann , eingeteilt in 6 Compagnien ; schon im Jahre 1675 finden wir sie in einer amtlichen Ausfertigung als »Feld Bataillon der Artillerie « bezeichnet. Die Geschütze wurden ent weder von Lübeck und Danzig bezogen oder in Berlin im » Giefs hause
gegossen ;
vom Jahre 1680 ab geschah die Beschaffung der
Geschütze ausschliefslich durch die kurfürstliche Stückgiefserei . Auch in dieser Hinsicht machte sich folglich der Kurfürst völlig Dafs auch die Festungen gut mit unabhängig vom Auslande . Geschütz versehen waren , erhellt aus einem » Stücken- Rapport « der Festung Pillau vom 27. Februar 1688 , derselbe weist nach im Ganzen 59 Geschütze aller Kaliber, mit den seltsamsten Bezeichnungen, als » Bär Bärentatzen « , » Schlangen « , » Halbe Karthaunen « , » Eisen stücke und » Haubitzen « ; als »Artillerie- Bedienten « werden auf geführt in genanntem 24 Büchsenmeister.
Rapporte :
1
Zeugwärter,
1
Stückjunker,
Nicht unerwähnt darf bleiben, behufs Charakteristik der Für sorge des Kurfürsten
für diese jüngste der drei Waffen , daſs er
selbst ein tüchtiger Artillerist war ;
er verstand ,
wie uns über
liefert ist, eigenhändig ein Geschütz zu richten und führte auch gelegentlich Festungen. Dem
seine
Gemahlin in
Ingenieur-
und
die
Laufgräben
der
Befestigungswesen
belagerten
widmete der
Kurfürst, in Berücksichtigung der geographischen Zerrissenheit des brandenburgischen Staates,
eine gleich bleibende Sorgfalt ; in den
Niederlanden, wo er in der Begleitung des Prinzen von Oranien einen Teil seiner Jugend verlebt hatte,
lernte Friedrich Wilhelm
die Festungsbaukunst gründlich kennen ; kein Wunder also , dafs er die von den berühmten niederländischen Festungsbaumeistern ge gebenen Muster nicht nur begünstigte, sondern durch Heranziehung holländischer Ingenieure und Entsendung einheimischer zu weiterer Ausbildung nach Holland auch praktisch befolgte. Der Kurfürst war darauf bedacht, in allen Teilen seiner ausgedehnten Staaten feste Plätze anzulegen , deren bei seinem Tode 28 vorhanden waren ;
140
Zur 250jährigen Gedenkfeier der Thronbesteigung
sein gröfstes Werk war die 1658 begonnene neue Befestigung von Berlin nach den Plänen des Ingenieurs Memhardt, doch wurde der Bau erst im Jahre 1689 vollendet.
Vom Jahre 1666 ab soll Philipp
de Chieze den Berliner Festungsbau geleitet haben , Jahre 1670 als
er
wird
im
General- Quartiermeister und Chef der Ingenieure
bezeichnet, ihm folgte 1673 Blesendorf, der 1677 bei der Belagerung von Stettin fiel . Auch im Belagerungskriege sammelten die Brandenburger in dieser Zeit reiche Erfahrungen. Der Vauban'sche regelmässige Angriff war noch nicht bekannt, der Kurfürst auch kein Freund langwieriger Unternehmungen ;
gelangte man nicht durch
List in den Besitz des Platzes , so wurde zum gewaltsamen Angriff, oder zum Bombardement geschritten ;
auf letztere
Weise
nahm
Derfflinger 1678 Stralsund nach einem Bombardement aus 182 Ge schützen. Durch regelmässige Belagerung, welche Ingenieure leiteten, wurde Stettin genommen .
Das Belagerungs - Corps bestand
in letzterem Falle aus 25 brandenburgischen und 5 lüneburgischen Regimentern und hatte 286 Geschütze, für welche ein Vorrat von 150,000 Centnern
Pulver
und 200,000 Kanonenkugeln
Berliner Zeughause zu Schiff herangeschafft wurde. wähnt, dafs auch an der Belagerung
aus dem
Noch sei er
von Ofen ( 1786) branden
burgische Ingenieure ehrenvollen Teil genommen haben . Werfen wir noch einen Blick auf das Train- und Bagage Wesen , so finden wir, daſs, dem Brauche der Zeit entsprechend , Infanterie der Trofs des Heeres ein sehr bedeutender war. Regimenter hatten oft bis zu 224 Pferde bei sich, der Oberst für seine Person nicht
selten
16 ,
im selben Verhältnis die
übrigen
Eine nicht unwesentliche Rolle spielte hierbei der Brauch, demgemäss es jedem Offizier, Unteroffizier und Gemeinen damals völlig freigestellt war, sich zu verheiraten und im Felde »sein ehelich Offiziere.
Weib bei sich zu haben « ,
ein sonder Zweifel recht unbequemes,
aus der Zeit des 30jährigen Krieges übernommenes Anhängsel der Jede Compagnie hatte, aufser einem damaligen Kriegführung . 4spännigen Compagniewagen noch eine 2spännige Brodkarre, jedes Regiment eine grössere Zahl an Proviantwagen, über welche ein Proviant-Kommissarius die Aufsicht führte, ihm zugeteilt Stall meister, Futterschreiber und Wagenmeister.
Gestellung der Wagen
und Zugpferde fiel den Provinzen zur Last, durch welche marschiert oder in welchen gelagert wurde. Auf den Compagniewagen wurden auch die Zelte verpackt, deren jede Compagnie etwa 30 ( 1 für je 5 Mann) hatte. Dafs der Train als organisierte und disziplinierte
141
Friedrich Wilhelms des „ Grofsen Kurfürsten" .
bedarf wohl kaum der Er
Truppe damals noch nicht bestand, wähnung.
Dem Werke der Organisation des brandenburgischen Heeres würde der Schlufsstein gefehlt haben, wenn nicht auch die obere Heeresverwaltung eine durchgreifende Veränderung erfahren hätte. In der Residenz wurde eine militärische Central - Ver waltung eingesetzt,
an deren Spitze der Kurfürst selbst stand
und welche den Namen » Generalstab
annahm, zu welchem nach
damaligem Sprachgebrauch aufser der Generalität auch die hohen . Beamten gehörten.
Der Generalstab umfafste zunächst die Mitglieder
des seit 1627 bestehenden » Geheimen Kriegsrates < , dann alle Chargen der Stäbe im Allgemeinen,
nämlich
den Feldzeugmeister
(kommandierender General), den General - Kommissarius (General Lieutenant, welcher die Stellung eines Chef des Stabes und General Intendanten in seiner Person vereinigte), den General-Wachtmeister (General- Major, welcher als Gehülfe des General-Kommissarius die Leitung der Marschordnung,
Lagerung und Schlachtordnung
an
Schlachttagen besorgte) , 2 General - Adjutanten, 1 General -Auditeur, 1 General-Proviantmeister, 1 Stabs-Fourier, dann je 1 Feld- Kassierer, Prediger, Apotheker, Arzt, General-Wagenmeister, General-Gewaltiger (nebst Profofs und 2 Scharfrichtern),
aufserdem
11 Kanzlei- und
Hülfsbeamten. Die Thätigkeit des General - Kriegs - Kommissarius kann füglich mit der des heutigen Kriegs- Ministers verglichen werden , da sich sowohl die organisatorischen als ökonomischen Angelegen beiten in seiner Hand vereinigten. Er schlofs die Kapitulationen über Errichtung von Truppen mit den Obersten ab, verteilte die Anweisungen zur Verpflegung, korrespondierte mit den Statthaltern , Kammern und sonstigen Behörden, leitete die Märsche und Ein quartierungen u. s. w. Eine besondere Kanzlei stand zu seiner Verfügung , welche , wie er selbst , den Kurfürsten in das Feld be gleitete . Mit der Leitung der Operationen hatte er jedoch Nichts zu thun . Die
bisherige
unregelmässige
Verpflegung
der
Truppen
wurde im Jahre 1655 durch eine » Verpflegungs - Ordonnanz « geregelt, welche 1681 vervollständigt wurde ; es wurden die Soldsätze bei allen Waffen festgestellt , welche
sich übrigens nicht immer gleich .
blieben, sondern meistens im Frieden geringer waren als im Kriege. Das Gehalt eines Oberst bei den Feldtruppen betrug 100 (Infanterie) bis 150 Thaler ( Kavallerie) monatlich ,
das eines Hauptmanns oder
Rittmeisters 43 bis 64, Lieutenant 19 bis 31 Thaler ; der Gemeine
142
Zur 250jährigen Gedenkfeier der Thronbesteigung
bei der Infanterie erhielt 3, bei der Kavallerie 5, der Dragoner 4 Thaler. Dafür mussten letztere in der Bekleidung unterhalten. werden , erhielten aber nebenbei Servis in Natura, d. h . Holz, Salz, Licht, Feuer und Lagerstätte vom Quartiergeber. Die Offiziere erhielten den Servis in Gelde ausgezahlt.
Wenn die Löhnung nicht
bar gezahlt wurde, so erhielt der Mann per Tag 1½ Pfund Fleisch, 2 Pfund Brot, 2 Quart Bier ; der Reiter die Fourage für sein Pferd, dazu alle 10 Tage eine Löhnung von 1 Thaler, der Infanterist 10 Groschen . Besonders hoch waren die Gehälter der Generale auch in Friedenszeiten ; so erhielt, nach dem Etat des Generalstabes von 1670-73, General-Feldmarschall v. Sparr monatlich 800 , ein General der Infanterie 500 , Generallieutenant 400, Generalmajor 300 Thaler u. s. w. Noch mufs bemerkt werden, dafs
es in der Armee während
des Friedens keine gröfseren Abteilungen als die Regimenter gab, ein Brauch,
der sich ebenfalls bis zum Jahre 1806
Brigaden wurden
erst am Tage
der Schlacht
erhalten
gebildet .
hat.
Dadurch
war der Geschäftsgang im Frieden sehr einfach , da die Chefs der Regimenter direkt mit dem General-Kriegs -Kommissariat in ziehung traten .
Zur besseren Aufsicht
Be
über die Ordnung und Ergänzung der
Truppen bestanden die » Musterungen « ; über die Abhaltung der Sie er selben erliefs der Kurfürst 1681 eine » Musterordnung « . folgten im Frieden alle 2 Jahre, im Kriege aber zu Anfang
und
Ende eines jeden Feldzuges ;
der Kurfürst ernannte hierzu 2 oder 3 Kommissarien : 1 Generallieutenant oder Generalmajor als Vor sitzender, 1 Kriegs- Kommissar als Protokollführer und hierzu als Dritter ein Regierungs- oder Landrat, Kreishauptmann oder dergl. Drei Wochen vor dem festgesetzten Termine wurde das Regiment von demselben in Kenntnis gesetzt. Die Musterung fand auf freiem Felde oder unter einem Zelte statt ; sie begann mit dem Stabe.
Der
Oberst marschierte voran , zu Fufs mit geschulterter Pike ; ihm folgte der Oberstlieutenant, der Major und der Adjutant. Sobald deren Namen verlesen waren, standen die Kommissarien auf und die Stabs Offiziere stellten sich neben den ältesten Kommissarius. War der Stab durch das Zelt hindurch gegangen, so stellte er die Piken weg , sodann marschierten die Compagnien mit geschultertem Gewehr und klingendem Spiele vorbei, wobei die Fahnen und von den Offizieren die Piken gesenkt wurden ; dann wurde aufmarschiert und das Gewehr präsentiert . Der Kapitän überreichte die Musterrolle in dreifacher Ausfertigung ; sie wurde sodann
mit den
vorhandenen
Friedrich Wilhelms des „ Grofsen Kurfürsten ".
143
Mannschaften verglichen , Abweichungen , sowie Klagen einzelner Soldaten wurden notiert. Der erste Kommissarius liefs sodann die Leute einzeln vorbei marschieren und beobachtete jeden Einzelnen , ob er jung, stark und gesund aussehe, wobei der Fourier den Namen verlesen musste . Dann traten die Unteroffiziere vor und mussten schwören,
dafs
alle Vorbeigehenden
wirklich zur Compagnie ge
hörende , vereidigte Soldaten seien ; sie mufsten angeben, ob sie und die Gemeinen richtig alle 10 Tage ihren Sold und ihr Brot erhalten, ob etwa ein Soldat über Unregelmässigkeiten bei seiner Anwerbung zu klagen hatte , ob Invaliden vorhanden seien u . s. w. - Nun traten die Unteroffiziere wieder ein und der Kapitän wurde , wenn ihre Aussagen
befriedigend
ausgefallen
waren ,
öffentlich
belobt.
Wurde jedoch die Compagnie nicht komplett befunden oder wurden Unordnungen mit den Geldern entdeckt, so wurde der Kapitän ver haftet und so lange in Haft gehalten , bis vom Kurfürsten weitere Verfügung kam. Die Strafen für dergleichen Pflichtwidrigkeiten waren äusserst streng. Der Offizier, welcher bei angesetzter Muste rung unentschuldigt ausblieb, wurde als Meuterer bestraft ; wer Pferd, Rüstung und Waffen , oder aber Mannschaften zur Ergänzung seiner Musterrolle von anderen entlehnte , wurde vor ein Kriegs gericht gestellt ,
öffentlich zum Schelm gemacht und durch den
Steckenknecht zum Lager hinaus geführt ; der Soldat , der sich zur Musterung bei anderen Compagnien vermietete , wurde beim 1. und 2. Male mit Gassenlaufen, beim 3. Male mit Enthauptung bestraft. Mit ähnlicher Strenge wurden Unredlichkeiten geahndet, welche der Vorgesetzte zu Gunsten seines Geldbeutels verübt hatte. Dafs diese harten Mafsregeln notwendig waren , scheint nicht für das Ehr- und Pflichtgefühl des damaligen Offizier-Corps zu sprechen , allein man übersehe nicht, dafs der durch die Zügellosigkeiten und das Erpressungs System des 30jährigen Krieges erzeugte Geist der Roheit und Willkür noch nicht ganz geschwunden war zu einer Zeit , in der man auch Plündern und Beutemachen für gesetzlich und mit der Kriegesehre für verträglich hielt. - Wenn die Musterung beendet war , so erhielt der letzte Kommissarius ein Geschenk von 50-60 Thalern . ―――――――――― Über ein zu Felde marschierendes Corps wurde jedesmal Heerschau ge halten . Die Truppen wurden dazu in Linie aufgestellt, welcher der Kurfürst entlang ritt. Dann erfolgten einige Salven , worauf der Kurfürst die höheren Offiziere berief und an sie gnädige, ermutigende Worte richtete ; bewirtet.
auch wurden sie zur Tafel gezogen und prächtig
Zum Abschiede liefs der Kurfürst dann sämtliche Offiziere
zum Handkusse zu . Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXVII , 2.
10
144
Zur 250jährigen Gedenkfeier der Thronbesteigung Ein weiterer Beweis der weitgreifenden Fürsorge des Kurfürsten
für alle Teile des von ihm geschaffenen Heerwesens ist seine menschen freundliche, für damalige Zeiten ganz aufserordentliche Regelung des Invaliden- und Versorgungswesens . In den > Bestallungs Patenten « und »> Kapitulationen « wurde den Regiments-Chefs aus drücklich die Versorgung
ihrer Invaliden
zugesichert.
Die Ver
sorgung geschah durch Zahlung von »Gnadengehältern < , dem so genannten >> Gnadenthaler « , später durch Aufnahme in die von ihm gestifteten >>Blessierten- Compagnien « zu Spandau und Johannisburg. Auch erhielten Offiziere und Mannschaften , die vor dem Feinde invalide wurden , nicht unbedeutende Summen als Schmerzensgelder und lebenslängliche Pensionen .
Verdiente höhere Offiziere stattete
der Kurfürst mit den Einkünften von Amts-Hauptmannschaften und säkularisierten Kirchengütern aus. Ja selbst die Wittwen und Waisen seiner verdienten Offiziere
und Soldaten wurden ,
so weit
die bescheidenen Einkünfte des Kurstaates dies erlaubten , mit Unter stützungen bedacht.
Der Kurfürst wurde in seinen Bemühungen,
auch nach dieser Richtung seinen Regentenpflichten zu genügen , von seinen beiden Gemahlinnen auf das Wirksamste unterstützt. Beide pflegten ihn auf seinen militärischen Reisen zu begleiten. Von der ersten Gemahlin , der edlen Louise Henriette , wissen wir , dafs sie durch Wirtschaftlichkeit immer etwas zu ersparen suchte , um Witwen und Frauen unbemittelter Offiziere zu unterstützen und deren Kindern eine gute Erziehung zu verschaffen. ――― Das Invaliden und Versorgungswesen
des Grofsen Kurfürsten war
ein für jene
geldknappe Zeit sehr reichlich bemessenes und geordnetes ;
die von
mehreren Schriftstellern noch neuerdings geäufserte Ansicht , in den ersten
dafs
100 Jahren des Bestehens der preufsischen Armee
von einer Invalidisierung und Versorgung im Dienste unbrauchbar gewordener Soldaten keine Rede gewesen sei, der Berichtigung .
bedarf entschieden
Zum Schlusse müssen wir noch der geistigen Hebel dieses musterhaft geordneten Heerwesens gedenken .
Die Disziplin war
in den brandenburgischen Truppen während
der Regierung
des
Kurfürsten Georg Wilhelm sehr erschlafft, namentlich in Folge der unregelmässigen Besoldung. Wir wissen , welche Mittel Friedrich Wilhelm anwendete , um die Veranlassung zu Unzufriedenheit in Dafür aber verlangte diesem Punkte aus dem Wege zu räumen. er von seinen Truppen strengste Dienstordnung und Mannszucht. Zu diesem Zwecke erschien 1656 das » Kurfürstliche Branden burgische Kriegsrecht oder Artikuls - Brief « ,
ergänzt 1672 .
Friedrich Wilhelms des
Grofsen Kurfürsten".
145
Von den 91 Paragraphen desselben handeln die ersten , dem reli giösen Sinne des Kurfürsten entsprechend , ausschliefslich von der Ehrfurcht gegen Gott , Heilighaltung der Religionsübung , Strafen für Gotteslästerer, Teufelsbeschwörer , Zauberer u . dergl. (denn noch immer behauptete im 17. Jahrhundert der Aberglaube sein Recht) ; Gotteslästerer sollten » ohne alle Gnade am Leben gestrafet werden . Scharf waren auch die Strafen wegen verletzter Achtung und Ehrfurcht gegen den Landesherrn und Vorgesetzte , überhaupt Vergehen gegen die Mannszucht ; sie wurden mit Spiefsruten laufen, in schweren Fällen mit dem Tode bestraft. Ein besonderer Artikel gilt den Soldaten , welche beim Marsche hinter ohne Pafszettel
betroffen
wurden ;
Kolonne als Marodeur betraf,
wen
dem Heereszuge
man eine Meile
von der
der wurde mit dem Tode bestraft.
Diese Strafe würde ungewöhnlich hart erscheinen , wenn nicht die Erfahrungen des 30jährigen Krieges solche Strenge gegen die
zu
den gröbsten Ausschreitungen schreitenden Marodeure vollkommen gerechtfertigt hätten .
Der Fahnenflüchtige und feig aus dem Kampfe
fliehende sollte » unangeklaget totgeschlagen « werden , andere Artikel bedrohen mit harten Leibes- und Lebensstrafen das Meutern und Duellieren ,
Notzucht und
Betrug und Diebstahl.
Hurerei ,
Plünderung und Erpressung,
Die letzten Artikel enthalten die von Offi
zieren und Mannschaften zu schwörende
Eidesformel ,
sowie die
Bestimmung, dafs der Artikelsbrief alle 3 Monate »jedem Regimente zu Rofs und zu Fufs von Wort zu Wort fürgelesen werde, und sich also Niemand mit der Unwissenheit zu entschuldigen Ursach haben möge< . Dabei aber wurde der Soldat ausdrücklich gegen Mifs handlungen und Willkür der Offiziere in Schutz genommen , Friedrich Wilhelms duldete solche nicht.
Gefühl
für
Gesetzlichkeit
und
denn
Gerechtigkeit
Auf diese Weise erzog er in seinem Heere
einen auf die soldatischen Tugenden der Treue , der Tapferkeit und des Gehorsams gegründeten echt militärischen Geist. Das Heer wurde eine sichere Waffe in seiner Hand und die feste Stütze , auf welche er sich bei Durchführung seiner Pläne verlassen konnte. Aufopfernde Treue und Anhänglichkeit an die Person des Landes herrn ,
blinder Gehorsam , Ausdauer und Entsagung waren Eigen
schaften , welche den brandenburgischen Soldaten vor Allem aus zeichneten und das Erbteil der späteren Geschlechter gewor den sind. Die Gesamtstärke des Heeres , welches Friedrich Wilhelm seinem Nachfolger hinterliefs , betrug nach dem Verpflegungs-Etat für den Monat Juni 1688 :
1. 15 Regimenter oder 35 Bataillone 10*
Zur 250jährigen Gedenkfeier der Thronbesteigung
146
Infanterie (einschliesslich 6 der Garde und 1 Compagnie Kadetten) , ferner 26 Garnison -Compagnien *) und 1½ Blessierten -Compagnien, in Summa 175½ Compagnien ; 221 » Stabs- Personen « , 2969 » Prima Planen Die Geschofswirkung der neuen Kleinkaliber gewehre, Tübingen 1889 , Verlag der Laupp'schen Buchhandlung< zusammengestellt hat. Die fraglichen Versuche sind mit wissen schaftlicher Genauigkeit vorgenommen worden, daher durchaus zu verlässig und für die daran zu knüpfenden taktischen Folgerungen vollkommen beweiskräftig.
Nach diesen Versuchen steht fest, dafs
die Nickel- beziehungsweise Stahlmantelgeschosse,
mit welchen auf
den künftigen Schlachtfeldern gerechnet werden muſs , auf Abständen von 100 m 4-5 Glieder, von 400 m 3-4 Glieder, von 800-1200 m 2-3 Glieder hintereinander glatt durchschlagen , selbst dann , wenn zuerst die stärksten menschlichen Knochen getroffen werden. Gegen Pferde ist die Wirkung entsprechend . Aber noch mehr! Ein Geschofs, das auf näherem Abstand vermittelst Fleischschusses glatt durch einen Körper geht, also von seiner ursprünglichen Richtung nicht abgelenkt wird, zweiten
durchschlägt noch
1000 m dahinter
Mann und hat dieselbe Wirkung
noch mehrere
einen 100 m
hinter dem ersten Mann, welchem es einen starken Knochen durch schlug. In diesen wenigen Bruns'schen
Worten ,
Schiefsversuche
welche
enthalten ,
kurz liegt
das Ergebnis der eine
neue
Taktik
der neuen Kleinkalibergewehre auf die Taktik?
153
man bisher von den sogenannten Kartätsch geschossen erwartete, ―― die mehrfache Wirkung eines einzigen Schusses , - ist nunmehr durch die Kleinkalibergeschosse erreicht, Was
begründet.
und zwar ohne Beeinträchtigung der Schufsweite und der Treff sicherheit. Dadurch dafs ein Geschofs mehrere Gegner aufser Gefecht setzen kann, ist eine Steigerung in der Feuerwirkung herbeigeführt , welche etwa dem Unterschiede zwischen Hinterlader und Vorder lader oder zwischen Mehrlader und Einlader entspricht. in welchen
der Schlacht bei
Die Fälle,
weniger Minuten ganze Compagnien (z . B. in
binnen
Vionville - Mars la Tour am 16. August 1870)
zusammengeschossen wurden, werden künftig überall da die Regel bilden, wo geschlossene Abteilungen oder Kolonnen in feindliches Die Durchführung eines Infanterieangriffes in der
Feuer geraten.
heute üblichen Weise mit geschlossenen Unterstützungen , entwickelten zweigliederigen Linien oder mit Compagnie-Kolonnen hinter den Schützenlinien wäre der Durchschlagskraft der neuen Kleinkaliber Würde ein solcher Angriff geschosse gegenüber nicht möglich. gleichwohl versucht,
so könnte man die Vorgänge in den ersten
Schlachten des Feldzuges 1870/71 sich wiederholen sehen , wo die geschlossenen Truppenkörper im Chassepotfeuer mit Blitzesschnelle zu Schützenschwärmen auseinanderstieben und die durch die Not wendigkeit und den berechtigten Selbsterhaltungstrieb der Truppen - nicht der Einzelnen fechtsaufgaben wählten .
gebotenen Formen zur Lösung der Ge Auf den Schlachtfeldern wurde damals
eine neue Taktik improvisiert, mächtiger als
denn die Gefechts wirklichkeit war
der Buchstabe der Vorschrift, und der Drang der
Verhältnisse zerbrach die alten, nicht mehr sturm- und wetterfesten Formen.
Ein solches Verfahren , erst in zwölfter Stunde auf dem
Schlachtfeld selbst das Erforderliche einzurichten, würde aber nicht im Sinne des Exerzier - Reglements von 1888 liegen, sondern dem Anderer klaren Wortlaut desselben ( II Nr. 125) widersprechen . seits ist im Reglement das Aufgeben aller den Gefechtsverhältnissen nicht entsprechenden Formen angeordnet (II Nr. 4) ; Straffheit und Ordnung dürfen
aber dabei
nicht
verloren gehen .
In II Nr. 5
ist nur jene Übung als kriegsgemäfs bezeichnet , bei welcher Formen angewendet werden , wie sie im Ernstfalle zur Erzielung höchster eigener Waffenwirkung geboten und zur Verminderung der feind lichen gestattet
sind .
In letzterer Hinsicht
zweigliederige Linie näher ins Auge zu fassen .
wären Kolonne
und
Nach Nr . 156 und
157 der Schiefs vorschrift erleidet die Kolonne je nach der Gestalt des Geländes und der Entfernung infolge ihrer gröfseren Tiefe mehr
Welchen Einflufs hat die Einführung
154
Verluste als die Linie.
Während nämlich Geschosse, welche kurz
über die erste Staffel einer Compagnie-Kolonne hinweggehen, auf nahen Entfernungen die hinteren Staffeln nicht gefährden , tritt auf weiteren Entfernungen in Folge zunehmender Krümmung der Ge schofsbahn eine Gefährdung der hinteren Staffeln ein. Rein vom Standpunkte der Schiefslehre aus betrachtet, werden deshalb Kolonnen auf Entfernungen über 1000 m in bedeutend höherem Maſse ge fährdet sein, als gleich starke in Linie formierte Abteilungen .
Auf
Entfernungen diesseits 1000 m würden sonach unter der bisherigen Feuerwirkung Kolonne und Linie gleichermafsen anwendbar sein ; rein theoretisch und ohne Berücksichtigung der durch die Formation selbst gegebenen eigenen Feuerkraft wäre sogar der Kolonne der Vorzug vor der Linie einzuräumen . Zwar mag die Zahl der Treffer aus dem gegen eine Kolonne gerichteten Feuer der Treffermenge in einer ebenso starken Linie gleich kommen , aber die Zahl der Ge troffenen, sonach der wirkliche Verlust, wird in der Kolonne geringer sein als in der Linie,
weil die vordere Staffel und die Seiten, die
Geschosse auffangend , gewissermassen eine Schutzwehr für das Innere der Kolonne bilden. In kurzen Gefechtsaugenblicken , bei raschen und Nachtgefechten galt daher bisher die ihrer leichten Beherrschbarkeit und des wegen Kolonne namentlich in der dichten Masse ohnehin liegenden Impulses als vorteilhafte Formation. Stöfsen,
in
Wald-
Infolge der Durchschlagskraft der neuen Mantelgeschosse von kleinem Durchmesser werden sich diese Verhältnisse sämtlich ändern . Dadurch nämlich, dafs ein Geschofs auf mittleren und weiten Ent fernungen 2 bis 3 Mann ,
auf nahen Entfernungen 4 bis 5 Manu
hintereinander zu durchschlagen vermag, ist die Verwendbarkeit der Kolonne und der zweigliederigen Linie im Bereich des wirksamen Infanteriefeuers ausgeschlossen . Mit der Tiefe der beschossenen Abteilung wächst die Trefferzahl,
jedes weitere Glied nach rück
wärts bedeutet eine ebenso vielfache Vermehrung
der
feindlichen
Feuerwirkung, denn jeder weitere Treffer nach rückwärts stellt einen Getroffenen, einen wirklichen Verlust dar. ――――― Wie sollen wir nun dieser Geschofswirkung gegenüber künftig die Truppen formieren und zum Angriff vorbewegen?
Und was soll denn an die Stelle der
vom Gefechtsfeld verschwindenden geschlossenen Abteilungen treten? Es ist ja an und für sich leicht, einer Sache die Lebensfähigkeit abzusprechen , aber ebenso schwierig , einen brauchbaren Ersatz zu liefern . - Und weiter ! Wenn dieselben Geschosse , welche bereits in der Schützenlinie aufgeräumt haben, noch die Kraft und vermöge
155
der neuen Kleinkalibergewehre auf die Taktik ?
der gestreckten Flugbahn auch die Flughöhe besitzen , um die auf Hunderte von Metern nachrückenden Unterstützungen zu gefährden , wohin sollen wir letztere stellen, damit sie noch mit voller Gefechts kraft die vorderste Linie erreichen ? Es unterliegt keinem Zweifel , dafs der Abfassung des Exerzier- Reglements von 1888 die Leistungs fähigkeit des Infanteriegewehrs Modell 71/84 zu Grunde gelegen hat , welches Gewehr aber inzwischen bezüglich der Durchschlags kraft durch das Modell 88 und gleichwertige andere Gewehre weit überholt worden ist. Die im Abdruck von 1889 enthaltenen Ände rungen beziehen sich lediglich auf die veränderte Mehrladung und haben mehr formelle als allgemeine taktische Bedeutung. Hält man nun den vorstehenden Ausführungen folgende Stellen des Exerzier- Reglements gegenüber : I Nr. 90-96 , worin das Feuern des geschlossenen Zuges erläutert wird, I Nr. 189 und II Nr. 78 und 82, wo das Verhalten des Unterstützungstrupps
und der ge
schlossenen Abteilungen im feindlichen Feuer Erwähnung findet, II Nr. 92, 93, 94 und 97, worin durchweg die Zurückhaltung ge schlossener Abteilungen empfohlen und vor gänzlicher Auflösung aller Kräfte gewarnt ist, ―――――――― so kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, dafs die Durchschlagskraft der neuen Kleinkalibergewehre beziehungsweise
-Geschosse
schlossene Abteilung «
eine Verschiebung des Begriffes
herbeiführen
wird in dem Sinne,
dafs
»ge die
Geschlossenheit einer Abteilung im feindlichen Feuer lediglich im seitlichen Anschlufs der Leute an einander , ohne jegliche Tiefe in der Gruppierung stattfindet. Sollen aber Glieder bestehen bleiben , so dürfen sie nicht auf Vordermann , sondern nur auf die vorne gelassenen Lücken gestellt sein , damit ein Geschofs höchstens einen Erhöhte Bedeutung aber ge Mann aufser Gefecht setzen kann . winnen folgende Stellen des Reglements : II Nr. 13, 14, 20 und 49, worin die Anwendung geschlossener Abteilungen im bisherigen Sinne auf ein bescheidenes Mafs beschränkt ist. Schützenlinien und geschlossene Abteilungen
im feindlichen Feuer werden
sich aber
künftig nur dadurch von einander unterscheiden , dafs der seitliche Abstand von Maun zu Mann bei letzterm fehlt. Unterstützungs trupps , zweites und drittes Treffen , kurz alle in den Bereich des feindlichen Infanteriefeuers eingliederige lange ,
eintretenden Abteilungen
dichte Linien
bewegungsfähig zu machen , wird
auftreten .
werden
als
Diese leitungs- und
eine besondere ,
schwierige
aber
unumgängliche Aufgabe der Friedensschule sein ; denn was das Gefecht erheischt , mufs geleistet werden und zwar mit voller Sicherheit. Der Entwickelungsgang dieser Dinge wird sich wohl
Welchen Einflufs hat die Einführung
156
ähnlich gestalten, wie sich seit 1870/71 die neuere Taktik heraus gebildet hat : Lediglich die Befürchtung , die Herrschaft über die Leute in der zerstreuten Form zu verlieren, stand der sofortigen . allgemeinen
Anerkennung des
Schützensch warmes
als der
einzig
möglichen Form in der vordersten Gefechtslinie entgegen , obschon auf seiner Seite alle Vorteile ,
Erhöhung der
eigenen
minderung der feindlichen Feuerwirkung, lagen. steht das lebendige Bestreben aller Führer, die
zerstreuten
Schützen sich
durch
und Ver
Heute noch be
bei jeder Gelegenheit
Sammlung
und Zusammen
fügung in geschlossene Abteilungen wieder in die Hand zu arbeiten. Gleichwohl giebt man sich jetzt überall der Zuversicht hin , dafs die Schützenlinien auch im Ernstfall unter dem Einflusse der Führung handeln und den Gefechtsgedanken in der beabsichtigten Weise selbst dann verwirklichen werden , wenn der thatsächliche Einfluss der Führer
aufhören
sollte.
Man hofft,
solche Früchte
durch die unablässige , bis zu gewohnheitsmäfsiger Ausführung ge steigerte Friedens - Vorübung
zu
zeitigen .
Weshalb
soll aber
das
Mittel, welches die vorderste, in der Schmelzschichte des Gefechtes befindliche Linie leistungsfähig
erhalten
wird,
nicht an
weniger
heifsen Stellen ebenso , oder vielmehr in noch weit höherem Grade die Standfestigkeit der Truppe bewahren können ? → Bei der aufser ordentlichen Raschheit ,
mit welcher
das neue Kleinkalibergewehr
die Verluste erzeugt, erscheint es ferner geboten, aus den Sammel- , Marsch- und Manövrierformationen nach jeder beliebigen Seite hin mit Blitzesschnelle die eingliederige Linie herzustellen und hierin die Truppe möglichst gewandt zu machen. Viele kleine , neben einander vorgehende Kolonnen
erleichtern
Übergang in die volle Gefechtsform, gliederige Linie.
und
beschleunigen den
beziehungsweise in die ein
Das Ausdehnungsbestreben der Truppen nach der
Seite wird wachsen ,
auch
die Unterstützungen
werden
aus den
erwähnten Gründen noch mehr als bisher die Eindeckung auf die vordere Linie vermeiden und sich hinter den Flügeln staffeln . schliefst jedoch keineswegs
aus,
dafs
Linie auf Linie hintereinander herangeführt wird unter sichtigung der im Dadurch ,
dafs
Reglement
Dies
an die entscheidende Stelle
II Nr. 76
die einander folgenden
Berück
angegebenen Abstände.
Linien abwechslungsweise
liegen und sich bewegen , wird sich die Durchschlagswirkung der neuen Geschosse beschränken lassen. In der vordersten Gefechts stufe wird aber vor Allem jede Vertiefung der Schützenlinie zum Schützenschwarm zu vermeiden und nur die Verdichtung in den Entscheidungsaugenblicken auf's Höchste zu steigern sein.
Da das
der neuen Kleinkalibergewehre auf die Taktik ?
157
auf tiefe Ziele gerichtete Feuer vervielfachte Wirkung erhält, steigt der Wert des Flankenfeuers und der Flankierung. Umsichtig ins Werk gesetzte Überraschungen und Flankenangriffe können infolge dessen von aufserordentlicher Wirkung sein , selbst wenn sie mit untergeordneten Kräften ausgeführt werden. Gelingt es , einen Gegner unvermutet in der Flanke zu fassen und wenn auch nur auf Augenblicke zu beschiefsen , so wird dadurch unter Umständen. seine Vernichtung herbeigeführt . - Die Durchschlagskraft der Kleinkalibergeschosse wird auch die Kavallerie zum Verzicht auf die zweigliederige
Linie
beim Angriff nötigen , damit die ohnehin
furchtbare Feuerwirkung des Mehrladers
gegen diese Waffe nicht
noch mehr durch die Tiefe des Zieles sich
steigert.
Der Wegfall
des zweiten Gliedes gestattet breitere Angriffslinien , wodurch
das
feindliche Feuer mehr verteilt und die Umfassung erleichtert wird . Entstehende Lücken sind lediglich durch Zusammenschliefsen aus zugleichen. -Im Übrigen erfährt die Gefechtsthätigkeit der Ka vallerie , wie
durch jede Verbesserung der Schufswaffen ,
so auch
durch das neue verbesserte Gewehr abermalige Einschränkung und die Möglichkeit eines glücklichen und erfolgreichen Eingreifens dieser Waffe ins Gefecht, zumal gegen Infanterie, gehört noch mehr wie früher zu den Ausnahmen . Ob Artillerie im wirksamen Feuerbereich
des Kleinkaliber
gewehres noch auf- und abzufahren im Stande ist, mufs im Hinblick auf die infolge
der Durchschlagskraft aufserordentlich
vermehrte
Geschofswirkung gegen knäuelartige Ziele füglich bezweifelt werden . Im Waldgefecht und bei Nacht galten bisher , wie bereits angedeutet , Kolonnen und mehrgliederige Formationen als vorteil haft, weil in solchen Gefechtslagen weniger das Feuer als der Nah kampf die Entscheidung brachte. Die neue Handfeuerwaffe ändert auch diese Verhältnisse , da eine einzige , in solche dicht gedrängte Masse richtig einschlagende Salve die Vernichtung der Gefechtskraft der ganzen Kolonne herbeiführen
kann .
Auch im Walde und in
der Dunkelheit wird daher künftig die eingliederige Linie an Stelle der bisherigen geschlossenen Körper treten müssen und Aufgabe der Führung und der Friedensschule wird es sein , diese Linien auch für solche Gefechtslagen leitungs- und leistungsfähig zu machen . — Die Verteidigung allein bleibt von dem Umschwung , welchen das neue Kleinkalibergewehr hervorbringt , nahezu unberührt . nur für hinlänglich starke Deckungen gesorgt ,
Ist
so kann sie nach
wie vor sich der geschlossenen Abteilungen bedienen und alle Vorteile, welche im engen Zusammenhalten der Truppen liegen, ausnutzen .
158
Zur Frage der General-Kavallerie-Inspektion.
Auf die Schiefsausbildung der Mannschaften wird die Durchschlagskraft der neuen Kleinkalibergeschosse wie auf die Denn was der Gefechtsschule ebenfalls verändernd einwirken . Ernstfall in Aussicht stellt , ist in der Friedensvorschule der Wirk lichkeit möglichst entsprechend zu üben. Im gefechtsmässigen Einzeln- und Abteilungsschiefsen , auf den Schiefsplätzen und im Gelände, wird künftighin bei der Wahl der zu beschiefsenden Ziele die Stellung derselben zu einander mit Rücksicht auf die vermehrte Durchschlagskraft der Geschosse mafsgebend sein. vermöge
ihres
gegenseitigen
mehrte Treffwirkung bieten , nehmen. -
Ortsverhältnisses sind vor
Zielen , welche
Aussicht
anderen
auf ver
unter Feuer zu
Aus diesen Darlegungen geht hervor, dafs durch die Bewaffnung mit Kleinkalibergewehren der Wert der Ausbildung und der Er ziehung des einzelnen Mannes noch mehr steigen wird, als bisher. Die Anforderungen, welche im Gefecht an jeden Einzelnen gestellt werden müssen , wachsen infolge Einführung des neuen Gewehres, weil dieses Gewehr die Selbstständigkeit des Schützen erhöht. Noch mehr als es jetzt schon der Fall ist , werden sich die Führer auf ihre Leute und auf das , was dieselben von ihrer Friedensausbildung zum wirklichen Gefecht mitbringen, verlassen müssen. ――――――
XII.
der
Zur
Frage
General- Kavallerie- Inspektion. (Eine Erwiderung.)
Der Schlufs
eines Aufsatzes in Nr. 31 der
(Wien) bespricht die
General-Inspektion
Militär-Zeitung
>diese General-Inspektion der Kavallerie zu den jüngeren Schöpfungen der Heereseinrichtungen gehört und trotz ihres kurzen Bestehens schon mannigfache Wandlungen hat erfahren müssen « .
Zur Frage der General-Kavallerie-Inspektion.
159
Es klang sonderbar genug,
Verfasser dieses Aufsatzes sagt :
als bei Creirung der General -Kavallerie- Inspektion die Notwendigkeit begründet wurde ――――― zwar
dieser Mafsnahme mit der Motivierung nicht offiziell , aber in Fachkreisen
dafs unsere Kavallerie, die
zum gröfseren Teile aus sogenannten Reitervölkern sich erzeugt, nicht kriegsgemäfs ausgebildet sei, es fehle bei ihr an feldmässigen oder Campagne- Reitern , die Pferde seien nicht gängig und nicht ausdauernd genug u. s. w. < Hier
müssen
wir vor
Allem bemerken, dafs, trotz der Er
gänzung aus Reitervölkern, diese Bedenken wohl vollständig gerecht fertigt waren, weil eben die ganze Erziehung der Kavallerie über all eine unkavalleristische geworden war und überdies das kavalle ristische Reiten eine ganz eigenartige Richtung haben mufs. Verfasser sagt sodann : männern überlassen,
» Wir müssen es dem Urteile von Fach
die längst erledigte Frage, da wo sie heute
noch aufgeworfen wird , nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten, welchen Anteil an dieser herben Kritik damals die Reiterei und welchen Anteil das Pferdematerial hatte . nur die Thatsache zu konstatieren ,
dafs
Wir haben
das Schlagwort von der
unzureichenden, zu redressierenden » kriegsgemäfsen Ausbildung« zu manchen Irrtümern führte. Vor Allem zu dem, dafs dem ersten General-Kavallerie- Inspektor schrankenlose Vollmachten erteilt wur den, die einem unverantwortlichen Kommando der gesamten Kavallerie ziemlich nahe kamen ,
was insofern
mit einem Male aufgestellten,
seine Nachteile hatte , als die
vielfach auch übertriebenen Forde
rungen im Campagne- Reiten einen zu grofsen, daher zu kostspieligen Verbrauch an Pferdematerial zur Folge hatten , welche Methodik in ihrer extremen Praxis auf die Dauer nicht haltbar war. Man kam , wie so oft, auch in diesem Falle zur Erkenntnis, dafs die Wahrheit in der Mitte liege und die ausschliefsliche
Pflege des für
den Dienst im Felde gewifs aufserordentlich wichtigen Campagne Reitens nur auf Kosten des schulmäfsigen Reitens geschehen könne , welches trotz alledem heute noch so unentbehrlich sei , wie zu Zeiten des einst berühmten Militär- Central- Equitations- Institutes in Salzburg unter Vaynhausen und Pofselt. < Das Urteil der Fachmänner
über die längst
erledigte Frage
kann nur lauten, dafs das Pferdematerial einen keineswegs wesent lichen Anteil für die herbe Kritik der zu » redressierenden kriegs gemäfsen Ausbildung « der Kavallerie treffen kann, wohl aber unbe dingt und vor Allem galt diese herbe Kritik der ganzen Ausbildung und Thätigkeit der Kavallerie, welche ohne einheitliche Leitung Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine, Bd. LXXVII., 2. 11
160
Zur Frage der General-Kavallerie-Inspektion.
und Direktion « verloren hatte. *)
die kavalleristischen Ziele Diese Ziele können
eben einfach
natürlich nur nach und
nach wieder zum allgemeinen Verständnisse gelangen, wenn sie vor Augen geführt und konsequent angestrebt werden. Je zahlreicher nun die
Abteilungen sind,
werden soll, ständnisse
auf welche
dieser
Einfluss
ausgeübt
um so natürlicher ist es, dafs da oder dort Mifsver
entstehen können und müssen.
Ausgeschlossen
ist es
nach unserem Wissen, dafs die Mifsverständnisse wegen Bevorzugung der
Campagne-Reiterei
gegenüber
der
schulmässigen
Abrichtung
durch den betreffenden General-Kavallerie-Inspektor entstanden sind. Wohl aber ist es natürlich, dafs solche Mifsverständnisse nur mit der Zeit geregelt und vermieden werden können .
Eine Kavallerie,
welche lange Jahrzehnte im Schulreiten ihr Heil gesucht hat, wird mit ganz geringen Ausnahmen für ihre kriegsmässige Thätigkeit nicht vorbereitet sein , ja die letztere Richtung wird ――――――― wie die Erfahrung zur Genüge gezeigt hat
immer mehr verkürzt .
Es
ist eben für den praktischen Kavalleristen ein mächtiger Unterschied schon in dem Systeme der Schulung , Abrichtung
im Schulreiten Jahrbücher «< besprochen ; nachfolgend wird versucht, einige Folge rungen aus der Einführung rauch freien Pulvers für die Ausbildung
Garde-Corps zur Ermittelung der Entfernungen meist an die ihm wegen ihres stets raschen und zutreffenden Einschiefsens bekannte Batterie „ Leeger " . Milit. Briefe III über Artillerie S. 49.
Ausbildung der Feld - Artillerie
168
der Batterie, der allein, wie der im Abteilungsverband auftretenden, im Schiefsen gegen schwer sichtbare Ziele zu ziehen . a) Elementare Ausbildung.
Versteht man unter elemen
tarer Ausbildung in der Batterie diejenige
vor Zusammenstellung
der bespannten und unbespannten Geschütze in diese, also die Aus bildung am einzelnen Geschütze, so kann von einer Änderung der selben durch Einführung des rauchfreien Pulvers sprochen
werden.
Hervorzuheben ist jedoch,
wohl
nicht ge
dafs das
Exerzier
Reglement der Feld -Artillerie in seiner neuen Fassung die Mittel in die Hand giebt, bei der Ausbildung am einzelnen Geschütze die durch
Einführung des rauchfreien
Pulvers
wichtiger
gewordene
Verwertung des deckenden Geländes für uneingesehenes Beziehen der Feuerstellung vorzubereiten , ferner, dafs für diesen Fall dasselbe Reglement bei Verwendung der Geschütze im Batterie - Verband eine gröfsere Selbstständigkeit des Geschützführers voraussetzt als sie bis jetzt zugelassen wurde. Ziffer 287
des Exerzier-Reglements bestimmt,
dafs,
wo eine
sorgfältigere Auswahl der Plätze für die einzelnen Geschütze not wendig erscheint, die Geschützführer vorgenommen werden , dafs sie dann dieselben in der vom Batteriechef im Allgemeinen bezeichneten Stellung aussuchen und die Geschütze, welche auf sie einfahren, Ausdrücklich erwähnt Ziffer 288 , halten und abprotzen lassen. dafs Fälle vorkommen, in denen innerhalb der Batterie verschiedene Arten
des
Abprotzens angezeigt
sein
können .
Als Ziel für die
Einzelausbildung der Geschütze wäre daher nicht blos die gute, gründliche Erlernung der reglementären Funktionen bei der Bedienung sowie des richtigen und gewandten Fahrens zu bezeichnen, sondern auch das , dafs der Geschützführer Kanoniere und Fahrer seines Geschützes in unbedingte Gewalt seines Kommandos be kommt. ――― Die Kommandos des Geschützführers zur Leitung des einzelnen abgeprotzten Geschützes wurden wohl deshalb im neuen Reglement vermehrt (Ziffer 96) , während derselbe dadurch, dafs er durch seine Aufstellung beim Abprotzen und bei Frontveränderung den Platz bezeichnet (Ziffer 84 und 147) , sowie durch Bestimmung, wenn er nach dem Schusse das Geschütz nicht vorbringen lassen will (Ziffer 105 ) , Mittel genug
hat, sein
Geschütz
auch
dann zu
dirigieren, wenn Kommandos nicht angängig sind. Nachdem jetzt für die Ausbildung der Bedienungs kanoniere mehrere Jahre zur Verfügung stehen , ist um so mehr Wert darauf zu legen, dafs die Ausbildung am einzelnen bespannten und unbespannten Geschütze über die Rekruten - Ausbildung hinaus
für das Schiefsen gegen rauchfreie Feuerlinien.
169
mit Beiziehung der älteren Kanoniere sich fortsetzt, insbesondere unter schwierigen Verhältnissen ,
z. B.
wenn bei Ausnützung des
Geländes für Deckung das Auf- und Abprotzen im tiefen Ackerboden ausgeführt werden mufs. Es möchte bei solcher vermehrter Be tonung des Exerzierens am einzelnen Geschütze das Bedürfnis nach einem Ersatz für einen etwa fehlenden Geschützführer em pfunden werden.
Beim bespannten Geschütz in der Batterie muſs
bis jetzt ein solcher immer von Fall zu Fall vom Batterieführer beziehungsweise Zugführer *) bestimmt werden . Bis jetzt wurde der Fall wohl kaum in Betracht gezogen, daſs für den vorübergehend fehlenden Führer des bespannten Geschützes sich die Notwendigkeit einer anderen Stellvertretung als der durch Die vielfache einen schliefsenden Unteroffizier ergeben möchte. Verwendung von Unteroffizieren als Protzen- und Staffelführer, als Aufklärer und Meldereiter, für die eben nur sie und Trompeter in Aussicht genommen werden können , läfst aber den Batteriechef ohne Erhöhung des Standes an Berittenen nicht mehr über Schliefsende zum Ersatz von
Geschützführern
verfügen,
während er dagegen
häufig auf Verwendung von Geschützführern zu solchen Zwecken Auch die durch das rauchlose Pulver bedingte angewiesen ist. Aufklärungsthätigkeit, für welche Offiziere verwendet werden müssen , wird deren zeitweisen Ersatz durch Unteroffiziere eventuell Geschütz führer beanspruchen. Vielfach ist schon
von artilleristischen Vorgesetzten bei der
elementaren Ausbildung am Geschütz das Vor exerzieren des einzelnen Geschützes verlangt worden, um die Gründ lichkeit der Detail -Ausbildung der Bedienung zu prüfen. Möge Besichtigung der
man in der Weise jetzt auch aus dem Grund verfahren, um den Geschützführer auf Findigkeit und darauf zu prüfen, ob er sein Geschütz in der Hand hat. Dadurch, dafs ihm bestimmte Aufgaben gestellt werden , welche von ihm verlangen, dafs er sein Geschütz mit dem ihm zu Gebote stehenden Mittel zu dirigieren weifs , wird derselbe geweckt und energisch erhalten,
während
ihm bei dem
Disziplin vortäuschenden Klipp und Klapp eines Detail- Exerzierens in der zusammengestellten Batterie keine Gelegenheit zu selbst ständigem Handeln gegeben wird, das doch bei seiner Verwendung
*) Artillerie- Exerzier-Reglement Ziffer 312. Zu den erforderlichen Anord nungen für Nachführung eines momentan bewegungsunfähigen Geschützes gehört bei Ausfall des Geschützführers z. B. durch Verwundung die Bestimmung eines solchen und kann dies auch ein Fahrer oder Kanonier sein.
Ansbildung der Feld -Artillerie
170 kriegsmässigen
unter
Verhältnissen
von
verlangt
ihm
werden
mufs . *) Schon vor Schiefsübung und Manöver mufs der Geschützführer in dem Sinne erzogen werden, sonst wird er besonders bei letzterem, wo im wechselnden Gelände es sich fast täglich um gedecktes Auffahren handelt, durch seine Hilf- und Ratlosigkeit nur die Friktionen in der Batterie vermehren statt für sein Geschütz sie zu vermindern. b) Ausbildung der Truppe in gefechtsmässigem Auf treten. 1.
Ausbildung vor der Schiefsübung.
Der
elementaren
Ausbildung am einzelnen Geschütze folgt die Ausbildung im Geschütz - Exerzieren in der Batterie. Diese mufs sehr bald der gefechtsmässigen Verwendung der
Batterie
Rechnung tragen,
da sie bei der dafür gegebenen relativ kurzen Zeit alle möglichen Fälle,
unter denen
kommen kann,
das Schiefsen
einer Batterie
zur Darstellung zu bringen hat.
im
Kriege vor
Die Übungen im
Kasernenhof mit der unbespannten Batterie sind besonders wichtig, da hier der Batteriechef als Übungsleiter und Lehrer Gelegenheit hat, die Chargen und Bedienungskanoniere nach jedem durchgeführten Schiefsen zu
versammeln und durch , selbst dem noch ungeübten
Vorstellungsvermögen des jüngsten Zugangs angepasste, Erklärungen allen
einen Begriff von
dem
durch das
Exerzieren
dargestellten
Kampf und den dabei im Kriege an sie gestellten Anforderungen zu geben. Es ist hier um so mehr nötig , dafs nach einem sorg fältig aufgestellten Programm verfahren wird, weil die verhältnis mäſsig geringe Anzahl von Schüssen bei der Schiefsübung bei weitem nicht ausreicht, die Batterie mit allen für sie möglichen Kriegs lagen vertraut zu machen und beim Manöver nicht mehr die Zeit zu so eingehenden Besprechungen gegeben ist. Ein derartiges Verfahren wird ja auch früher schon dem em pfehlenswert erschienen sein, der bei der Ausbildung davon ausging, in dieselbe einen frischen Zug zu bringen, das Interesse selbst des Stumpfesten zu binden und dadurch mit dem Exerzieren die Er ziehung zum Soldaten im Auge zu haben .
Nach den Anforderungen,
die infolge des rauchlosen Pulvers an die Artillerie bezüglich des Aufklärungs- und Meldedienstes gestellt werden , möchten aber die *) Damit der Geschützführer selbst im schweren Ackerboden sich trotz seiner Belastung mit Richtbogen, Zündertasche und Revolver zur Auswahl der Geschütz stellung rasch bewegen kann, erscheint, wie bei den Reitkanonieren der reitenden Artillerie, die Anbringung des Säbels am Sattel wünschenswert.
171
für das Schiefsen gegen rauchfreie Feuerlinien .
Batterien ein besonderes Interesse daran haben , sich möglichst viel Organe
dafür auszubilden
Exerzieren
und zu diesem Zwecke das Geschütz
in der Weise zu betreiben,
Bedienung der Geschütze bei
dafs neben der gewandten
möglichst vielen
ihrer Angehörigen
auch das Verständnis für den Artilleriekampf erreicht wird. Der Ausbildung
der Richtkanoniere
wurde in der deutschen
Artillerie von jeher ein besonderes Gewicht beigelegt und bestehen für dieselben gediegene Vorschriften, die für das Erlernen der Auf fassung nur kurz erscheinender Rauchziele Vorzügliches geleistet haben. Dadurch, dafs auf solche nicht mehr zu rechnen ist, wird gerade dieser Zweig der Ausbildung , wenigstens für den Kampf von Artillerie gegen Artillerie, auf eine andere Grundlage gestellt.
In
den selteneren Fällen des Schiefsens gegen freistehende gut sicht bare Artillerie
wird die
bisherige
Zielbezeichnung
der Batterie und des Geschützes angängig sein .
nach
Nummer
Meistens wird es
sich jetzt für die Richtkanoniere darum handeln , über Aufsatz und Korn nach einem oft schwer sichtbaren Geländegegenstand zu richten, in dessen Nähe der Batterieführer die feindliche Geschütz Aufstellung weifs
oder vermutet.
Daher ist jetzt von einer gut
ausgebildeten Batterie vor allem zu verlangen , daſs es dem Batterie führer möglich ist, das Feuer seiner 6 Geschütze auf jeden beliebigen Punkt im Gelände,
den er im Auge hat,
zu konzentrieren ,
sollte
sich derselbe auch so wenig von seiner Umgebung abheben ,
daſs
eine Bezeichnung in Kommandoform unmöglich ist. Es ist dies ja nichts neues, und war es ja auch in den Schiefs regeln in ihrer früheren Fassung vorgesehen, dafs der Batterieführer in diesem Ausnahmsfall einen Avancierten oder Richtkanonier zum Nachsehen
beziehungsweise
Anweisen
der
Richtung
durch
die
Batterie schickte. *) Es möchte nur hervorgehoben werden , daſs diese Ausnahme für den Einleitungskampf der Artillerie gegen Artillerie die Regel sein wird .
Ist auf diesem etwas umständlichen
Weg die erste Richtung auf das vom Batterieführer gewollte Ziel einmal
erreicht,
zuhalten .
so hat ja die Artillerie jetzt die Mittel sie fest
Die Schwierigkeit in
pfohlenen Verfahrens liegt vom Batterieführer über
der Durchführung des hier
aber bekanntlich
das Ziel orientierten
darin ,
daſs
Kanonier
em
für den dasselbe,
*) Wählt der Batterieführer seinen Standort für die Dauer des Einschiefsens in der Mitte der Batterie, so kann er bei Feuer vom rechten Flügel den rechten Flügelzug ausfallen lassen . Zugführer und Richtkanonier des für den ersten Schufs an die Reihe kommenden Geschützes stehen dann neben ihm und können hier von ihm über das Ziel orientiert werden .
Ausbildung der Feld -Artillerie
172
sowie er sich von dem Standpunkt entfernt, an dem er die Unter weisung
erhalten
und ihm bei loren geht.
hat,
sich
ungenügender
gegen
den
Übung
Hintergrund
und
verschiebt ver
Aufmerksamkeit
In manchen Fällen wird der Batterieführer, wenn sich der Punkt, auf den er das Feuer vereinigen will, in der Nähe eines vorhan denen, sich gut abhebenden und daher im Kommando leicht zu bezeichnenden Zielpunktes
Geländegegenstandes
befindet,
von ihm den Richtkanonieren
diese hinreichend geübt sein ,
die
Entfernung
des
angeben , und müssen
seitliche Entfernungen zu schätzen.
Auch die Feuerverteilung wird in den Fällen , in denen dem Gegner Gelegenheit zu gedecktem Auffahren gegeben ist, nach Wegfall der Raucherscheinung eine andere werden, und die bisherige sich auf den Entscheidungskampf beschränken , wenn er von den beider seitigen Artillerien im offenen Gelände ausgefochten wird . An die Stelle des bis jetzt normalen , oft schematisch aufgefalsten Verteilens durch die Zugführer » 1. Zug 1. Geschütz auf feindliches 6. , 2. Ge schütz auf feindliches 5. « wird Überweisen von Geländestrecken treten müssen, die nach der Breite unter Feuer zu halten sind. Die Batterie mufs daher geübt sein, ihr Feuer, von dem anfänglich für das Einschiefsen bestimmten Punkt ausgehend, auf eine angegebene Geländestrecke zu verteilen . Wird kein bestimmtes Mafs für die selbe angegeben,
so
wird die Gröfse der eigenen Front als Aus
dehnung der feindlichen angenommen.
Es wäre den Richtkanonieren
also, wie oben schon gesagt, das Augenmals für seitliche Aus dehnung und zwar hauptsächlich für den Einheitsmafsstab von der Gröfse des für uns normalen Geschütz-Zwischenraumes anzuerziehen.*) Besitzen sie dieses Augenmals, so genügt die Angabe eines die Mitte oder den Flügel des Ziels bezeichnenden oder sonst in Beziehung zum Ziel stehenden Punktes , um durch paralleles Richten mittelst entsprechend aus einander liegender Hilfszielpunkte das Feuer annähernd so zu verteilen, als wenn die feindlichen Geschützstellungen sich durch die Rauch-Erscheinungen markieren würden . Beim Schiefsen gegen gedeckte oder schwer erkennbare Ziele wird nach dem ersten Einschiefsen auf Grund der Meldungen oft Anlafs gegeben sein,
das
bereits verteilte Feuer um
Mafs nach der Seite zu verlegen.
ein
gewisses
Die Erfahrung wird ergeben, mit
welchen Dimensionen der seitlichen Abweichung man bei den beim
*) Wenn angängig Verteilung des Feuers mittelst der Seitenverschiebung .
173
für das Schiefsen gegen rauchfreie Feuerlinien.
Schiefsen gegen verdeckte beziehungsweise schwer erkennbare Ziele vorkommenden Täuschungen zu rechnen hat . Sollten dieselben auch ziemlich grofs werden, so möchte doch die Batteriebreite ein hier verwendbarer Mafsstab sein, der den Richtkanonieren bald geläufig sein kann.
Bezüglich des
bespannten Exerzierens in
und Abteilung ist nur zu erwähnen ,
der Batterie
dafs die bei den Übungen
des einzelnen bespannten Geschützes zur Zeit der Detail- Ausbildung erreichte Gewandtheit der Geschützführer und der Bedienung nur dann beim Exerzieren im gröfseren Verband erhalten bleibt , wenn bei aller Sorge für Aufrechterhaltung der Strammheit und Ordnung innerhalb
der
Batterie
Richtung und Deckung
nicht
unkriegsgemässe
hindernd
Rücksichten
entgegentreten.
Das
auf
Exerzier
Reglement enthält keine Bestimmung für Richtung in der abge protzten Batterie, während es das Wegschicken der Protzen und die Entnahme der Munition aus den Munitionswagen als die Regel bezeichnet (Ziffer 291.) Damit kommt auch die in früherer Zeit beim bespannten Geschütz- Exerzieren stark betonte Protzenrichtung und Deckung in Wegfall und wird durch die Kontrolle auf um sichtige Auswahl der Stellung des einzelnen Geschützes ersetzt. Für die Ausbildung der Batterie ist aber noch dem Umstand Rechnung zu tragen ,
dafs die häufige Verwendung von Offizieren
zum Aufklärungsdienste die zeitweise Übernahme der Zugführung durch Unteroffiziere bedingt . Jede Batterie mufs sich eine gröfsere Anzahl dafür vorbilden , als es bei den bisherigen , für die Aus bildung geltenden Rücksichten üblich war. Nach Beginn des bespannten Geschütz- Exerzierens fanden bis her Schiefsen mit Manöverkartuschen statt. Hauptsächlich sollten dadurch die bei entstehender Rauchmaske für die Auffassung des Ziels bei direkter Richtmethode sich ergebenden Schwierigkeiten und die Notwendigkeit, die so erhaltene Richtung durch Benutzung anderer Richtmittel zu fixieren, gezeigt werden . Dieser Anlaſs zu solchen Übungen käme jetzt für rauchfreies Pulvers in Wegfall. Die anderen durch das Schiefsen mit Manöverkartuschen erreich baren Ausbildungszwecke , wie der , den jungen Kanonieren die Feuerscheu zu benehmen und sie mit der praktischen Ausführung der Vorschrift für Behandlung
der Geschütze während und nach dem Schiefsen vertraut zu machen, können noch mit dem älteren Pulver erfüllt werden. Für die Ausbildung in dem Ansetzen von Batterien gegen feindliche , in verdeckter Stellung mit rauch freiem Pulver
Ausbildung der Feld -Artillerie
174
feuernde Batterien
möchte schon in dieser Ausbildungsperiode
das gegenseitige Beschiefsen zweier Batterien mit aus neuem Pulver Die eigentliche gefertigten Manöverkartuschen zu empfehlen sein . Verwertung des Schiefsens mit solchen Kartuschen findet aber erst später im Manöver und bei Übungen
aufserhalb des meist ebenen
Exerzierplatzes im Gelände mit Rücksicht auf die Felderbebauung in einer späteren Jahreszeit statt. 2. Ausbildung während der Schiefsübung. Wohl vor bereitet durch das Geschütz-Exerzieren in der vorhergegangenen Ausbildungsperiode sehen die Batterien der Schiefsübung entgegen. Gleichwohl müssen die ersten Schiefsen vom Batteriechef so ein gerichtet werden,
dafs
er die Kontrolle der Detail -Ausbildung am
Geschütz , wenn auch letztere der Zeit nach schon weit zurückliegt, ausüben und vervollkommnend eingreifen kann . Hat aber nach einem Paar Schiefsen die junge Bedienung sich mit den ihnen noch ganz neuen Erscheinungen beim Scharfschiefsen vertraut gemacht, so müssen die folgenden, nach Art der kriegsmässigen betrieben , für diese vorbereiten . Bei letzteren , ob sie den Namen Prüfungs Schiefsen tragen oder nicht , stellt sich die Batterie ihren Vor gesetzten vor und zeigt , was sie kann. Das Erlernen mufs also vorhergegangen sein. Der Nahkampf gegen Artillerie, das Beschiefsen sich bewegender Ziele, der Übergang mit Zielwechsel auf überraschend nah auf tretende Infanterie, verlangen eine für die Eigentümlichkeiten dieses Kampfes gut gedrillte Batterie, die auch bei Führerwechsel ohne Stockung funktioniert. Das Feuer mufs ein rasches sein wegen der Gefechtssituation und kann es sein , weil bei den nicht bedeutenden Entfernungen die Flugzeit des Geschosses, also der Zeitaufwand für die Beobachtung des Batterieführers, ein geringer ist.
Die Offiziere
sind als Zugführer in der kämpfenden Geschützlinie
wegen des
moralischen Haltes, entsprechend der intensiveren Gefahr des Gefechts moments, und für die Eventualität einer notwendig werdenden Über nahme der Führung verwendet. -- Diese Durchführung des Ent scheidungskampfes bleibt für die Artillerie die Hauptsache und dies soll auch für den jüngsten Kanonier fafsbar bei der Schiefsübung dadurch zum Ausdruck kommen , dafs die bei weitem gröfste Zahl der Schiefsen denselben darstellt. Die Übung in der Ausnutzung des Geländes für führung des
mehr
hinhaltenden
Fernkampfes
im
die Durch
Moment
der
Gefechts-Einleitung bleibt späterer Zeit vorbehalten, in der eben Übungen im wechselnden Gelände stattfinden können .
Immerhin
175
für das Schiefsen gegen rauchfreie Feuerlinien. müssen beim
Scharfschiefsen Erfahrungen für diesen
keineswegs
unwichtigen Kampf gemacht werden , der ungewandt betrieben der gegnerischen Artillerie gegenüber den Zweck verfehlt, sie zu binden, oder gar zu einer ungewollten und ungünstigen Entscheidung führt. Wenn ein Schiefsen einer einzelnen Batterie in der Abteilung für die Belehrung der Offiziere derselben diesem Zweck gewidmet wird, es doch auch nötig sein , ein kriegsmässiges Schiefsen
so möchte
für jede Batterie und eines für jede Abteilung darauf zu verwenden. Nutzbar werden dieselben aber nur dann gemacht, wenn das kriegs mässige
Schiefsen
einer
für
Batterie
Offiziere
die
der
anderen
Batterien derselben Abteilung und das kriegsmäfsige Schiefsen einer Abteilung für die Offiziere der andern Abteilung des Regiments als Beobachtungsübung behandelt werden . Hier ist nicht die Beobachtung von Schufs zu Schufs gemeint, sondern die eines Schiefsens bis zu dem Moment , in dem die schiefsende Batterie oder Abteilung annehmen kann , eingeschossen zu sein.
Die Beobachtung des einzelnen Schusses ist natürlich die.
Grundlage hierfür und mufs nach wie vor Gegenstand sorgfältiger Übung sein. Die Beurteilung
des Schiefsens
einer Batterie oder Abteilung
vom seitlichen Standpunkt geschieht freiwillige Kritik des
sehr häufig aber mehr
einfachen Zuschauers, während
um die Abfassung einer Meldung
als
es sich hier
unter dem Gefühle der Verant
wortlichkeit handelt , die derjenigen eines Beobachters zu entsprechen hat, der sich bewufst ist,
dafs von dem Zutreffen seiner Meldung
das Gelingen des ganzen Schiefsens abhängt. Die Anlage der Schiefsübungen hätte der so wichtigen Aus bildung der Offiziere im Aufklärungs- und Beobachtungsdienst beim Schiefsen in ausgedehntem Mafse Rechnung zu tragen .
Hierher
gehört , dafs den als Lehrer mit dieser Ausbildung betrauten Offi zieren ein möglichst grofser Spielraum in der Wahl der den ein zelnen Beobachtern je nach der für sie angenommenen Gefechtslage zuzuweisenden
Aufstellungsorte
gewährt
werde ,
schränkten Schiefsplätzen für solche Übungen
daher
bei
be
das Vermeiden des
gleichzeitigen Schiefsens von Batterien oder Abteilungen auf neben einander liegenden Schufslinien . Damit die schiefsende Abteilung für gegen verdeckte Ziele gezwungen ist ,
die Übung im Schiefsen
kriegsmässig
zu verfahren,
dürfen ihr nur die Anhaltspunkte für Beurteilung der gegnerischen Stellung gegeben werden , die im Kriege zur Verfügung stehen. Diese können ihr natürlich nicht vorenthalten werden . Es ist dies Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine Bd. LXXVII , 2. 12
176
Ausbildung der Feld -Artillerie
in erster Linie der Schall der feindlichen Schüsse .
Um denselben
herbeizuführen , ist die Anwendung von Zielgeschützen mit Manöver Kartuschen aus rauchfreiem Pulver nötig , die Schallwirkung der selben müfste allerdings derjenigen des scharfen Schusses möglichst ähnlich gemacht sein .
Auch Geschofsaufschläge sind in der Nähe
der eigenen Stellung oder von supponierten Nebentruppen möglichst den wirklichen nachzubilden , wenn auch dadurch die lästigen Ein ebnungsarbeiten vermehrt werden sollten . *)
Will angenommen werden, dafs die gegnerische Artillerie ohne noch zu feuern in Stellung steht und beschossen werden soll , so mufs der mit dem Schiefsen beauftragten Abteilung ein Anhalt für den Ort der gedeckten Aufstellung des Gegners durch markierte Punkte geboten werden. Die Schiefsplätze sind in der Regel Wenn eine natürliche Bedeckung durch An unnatürlich kahl. pflanzungen nicht herzustellen ist, so mufs dafür gesorgt werden, dafs für den jeweiligen Zweck sich Bäume , Gesträuche u . s . w. in der Nähe des Zieles befinden , damit dessen Lage von den Auf klärern in ihrer Meldung zu ihnen in Beziehung gebracht werden kann . Nötig ist ferner die Fürsorge für die Beschaffung ein wurfsfreier Beobachtungen am Ziel , nicht blofs für das Batterie sondern ebenso gut für das Abteilungs- Schiefsen.
Die Beobachtung
für letzteres war schon bei dem bisherigen Pulver schwierig, möchte aber bei dem jetzigen besonderes Arrangement der für dieselbe zu treffenden Vorkehrungen nötig machen. Um die Schüsse der Batterien im Abteilungs- Schiefsen auseinander zu halten , war man bisher darauf angewiesen , vom Ziel aus die Reihenfolge der Schüsse in den Batterien wie den Beginn der einzelnen Batterien und Lagen festzustellen , was die Erkennbarkeit des einzelnen Schusses durch den Rauch
voraussetzte.
Es
war auf diese Weise möglich
auf
Grund der Aufschreibungen in der Batterie, zusammengehalten mit der Beobachtung der Schüsse am Ziel, eine Schiefsliste aufzustellen , in der im Allgemeinen die Schüsse in zutreffender Weise auf die Batterien verteilt waren . Wurden einzelne Schüsse am Ziel über sehen, so war es eben auf Grund des Vergleichs der Aufschreibungen nach der Wahrscheinlichkeit recht gut möglich, den Zusammenhang zwischen den Schufsbeobachtungen herzustellen .
*) Geschofsaufschläge bieten allerdings einen Anhalt von zweifelhaftem Wert. Nur zusammengehalten mit der durch Aufklärung bekannt gewordenen Anmarsch richtung des Gegners können sie zur Orientierung dienen.
177
für das Schiefsen gegen rauchfreie Feuerlinien.
Bei den im Schiefsen gegen verdeckte Ziele bei gegnerischerseits verwendetem rauchfreiem Pulver zu erwartenden Seitenabweichungen wird die
Beobachtung am Ziel ,
da
sie
sich
auf Längen
nur
abweichungen erstrecken kann, für die Kontrolle der Meldungen der Beobachter durch Beobachtung der seitlichen Abweichungen zu ergänzen sein.
Für die Beurteilung der Seitenabweichungen ist der
Standpunkt des Beobachters in der Schufslinie nötig.
Da ein solcher,
wenn auch granatsicher eingedeckt, nicht gut vor der schiefsenden Abteilung angebracht sein kann, so kommen erhöhte Aufstellungen hinter den Batterien in Betracht. Bei den meist ebenen Schiefs plätzen möchte man mit nicht besonders hohen transportablen Be obachtungsgestellen , die vielleicht zum Zerlegen eingerichtet werden können, auskommen. *)
Hinter jeder Batterie wäre
ein solches zu
placieren und hätte je ein Offizier mit derselben Sorgfalt , wie sie für die
Beobachtung am Ziel verlangt
wird ,
die seitlichen Ab
weichungen der einzelnen Schüsse beziehungsweise Lagen oder Salven der Batterien zu schätzen und notieren . Die Zusammen stellung aller am Ziel und hinter den Batterien erzielten Beobachtungs resultate muſs in eine kundige Hand gelegt sein , die über alle zur Beobachtungskontrolle verwendeten Organe verfügt . fältige Ausbildung der letzteren mufs gesorgt werden.
Für die sorg Es darf kein
Offizier mit einer solchen Aufgabe betraut werden , ohne dafs er vorher durch einen in derselben routinierten älteren Offizier die nötige Unterweisung erhalten hätte. In der Vervollkommnung des Abteilungs- Schiefsens wäre durch die Verbesserung der Schufsbeobachtung am Ziel noch
ein Fort
schritt zu erreichen, der jetzt um so mehr angestrebt werden kann , als der die Ausnützung der Trefffähigkeit der Geschütze wie der guten Richtausbildung unserer Kanoniere früher behindernde Rauch in Wegfall gekommen ist. Dem Urteil der Vorgesetzten bei Besprechungen der Abteilungs Schiefsen an der Hand einer einwurfsfreien Schiefsliste käme eine überzeugende Beweiskraft zu , die zur Erweiterung der Erfahrungen in dem für den Krieg so wichtigen Feuer der Artilleriemasse bei tragen würde. Das Schiefsen gegen verdeckte beziehungsweise schwer erkennbare mit rauchfreiem Pulver schiefsende Artillerie möchte bei der Schiefsübung instruktiv in der Weise durchführbar
*) Unter Umständen genügt für mehrere Schufslinien ein einziger höherer permanenter Beobachtungsstand , der , um die Batterien in ihren Manövrier bewegungen nicht zu beschränken, mehr auf die Seite gerückt sein kann. 12*
Ausbildung der Feld -Artillerie
178
sein , dafs zuerst das Einschiefsen gegen die vermutete Stellung , in der Regel auf einen in der Meldung des Aufklärers zu derselben in Beziehung gebrachten Geländegegenstand, stattfindet. Telephonisch werden die Beobachtungen am Ziel einverlangt und mit der seit lichen Beobachtung hinter der Batterie verglichen.
Das sich
er
gebende Beobachtungsresultat dient dann zur Kontrolle der Meldungen der von der schiefsenden Abteilung aufgestellten Beobachter, sowie der Leistungen Offiziere.
aller sonst noch mit der Beobachtung
betrauten
Das Feuer wird als bald wieder aufgenommen und trifft
der Feuerleitende für Regulierung des Schiefsens die nötigen Maſs nahmen auf Grund der Meldungen , und zwar der wirklichen
oder
nach der Beobachtungskontrolle rektifizierten. Dieses Verfahren würde auch dem Ernstfall entsprechen, indem bei, infolge der Entfernung, Witterung oder erschwertem Einschiefsen des Gegners verdeckter Stellung bei rauchfreiem Pulver kein Grund vorhanden ist , dafs die Artillerie sich davon abhalten liefse, das Feuer bis zum Eintreffen der für die Herbeiführung der Wirkung nötigen Meldungen zu unterbrechen .
Von den jeweiligen Umständen
wird es abhängen , ob die Beobachter mit der feuernden Abteilung durch Signale verkehren können und dadurch der durch Mitteilung der Meldungen bedingte Zeitaufwand gegenüber der Übermittelung durch Berittene verringert werden kann .
! c) Manöver .
Es darf wohl angenommen werden, dafs
zur
Sammlung von Erfahrungen für Truppenführung im Kampf wie im Gefecht bei den künftigen Manövern , soweit die Vorräte an neuem Pulver den Kriegsbedarf überschreiten , dieses von Infanterie und Artillerie verwendet wird .
Für die Artillerie ergiebt sich bei den
Truppenübungen im Manöver selten Gelegenheit zur Kampfthätigkeit auf grösserer Entfernung aus verdeckter Stellung. Nur an einigen Tagen wird hier das Gefecht gröfserer Truppenverbände dargestellt, der gröfste Teil der für die Truppenübungen angesetzten Zeit ist dem Detachements- also kleinen Krieg gewidmet. Bei den kleineren Verhältnissen desselben ist das Gefecht räumlich und zeitlich be schränkt,
es fehlen daher
für die Einleitung
des Gefechts
durch
artilleristischen Fernkampf die Motive, welche im Gefechte gröfserer Verbände gegeben sind , nämlich daſs während der zur Entwickelung der Infanterie aus der Kolonne nötigen langen Zeit das Feuer der gegnerischen Artillerie von dieser abzulenken ist , ferner dafs das der feindlichen Aufstellung näher liegende Gelände erst von der Infanterie in Besitz genommen sein mufs, ehe die Artillerie für den Entscheidungskampf dort auffahren kann .
Immerhin wird es auch
179
für das Schiefsen gegen rauchfreie Feuerlinien.
bei den Übungen von Detachement gegen Detachement bei den häufigen Begegnungsgefechten vorkommen, dafs auch für die Durch führung
des
Gelände
beiden Artillerien
artilleristischen
entscheidenden
Gelegenheit zu
Nahkampfes
das
verdeckter Aufstellung
giebt. Lange Zeit hindurch enthielt sich die Artillerie absichtlich im Manöver der Benutzung des Geländes zur Deckung,
weil in dem
Mafs, als ihr Schiefsen und ihre Aufstellung den anderen Waffen weniger sichtbar war, ihr Feuer weniger von denselben respektiert wurde. Die Artillerie gewöhnte so im Manöver den Zuschauer daran, die Höhenkämme weithin sichtbar mit Geschützen gekrönt zu sehen . Dieses Verfahren war teilweise auch durch die früher noch mangelhaften Richtmittel bedingt. Seitdem dieselben wesent lich vervollkommnet sind, ist die Artillerie bemüht die Stellungen hinter dem Höhenkamme unbemerkt zu beziehen . Durch den Rauch wird dann die Stellung vom Beginne des Feuers doch ge nügend deutlich sichtbar . Um das eigene Feuer aber noch mehr zur Geltung zu bringen, stellt man die Manöverrahmen recht markiert auf, so dafs die beschossenen Waffen sich darüber selbst Aufschlufs geben können,
dafs und von wie viel Batterien sie aufs Korn ge
nommen sind.
Dieses Verfahren , wenn es auch den Vorteil bietet,
auf einfache Weise zur Benachrichtigung der beschossenen Waffen und der Schiedsrichter beizutragen,
ist vom Standpunkt der Aus
bildung der Feld - Artillerie verwerflich. Gelegenheit geboten
werden soll,
für
Wenn letzteren beim Manöver ihre eigene Thätigkeit Er
fahrungen zu sammeln und zu lernen , so mufs sich dasselbe so kriegsmässig abspielen , dafs sie auch bei rauchlosem Pulver und verdeckter Stellung
zu
kriegsmässigen Mitteln für die Aufklärung
über den Gegner zu greifen gezwungen ist. Wenn auch die bisher üblichen Manöverrahmen zulässig sind, so darf doch die gegnerische Artilleriestellung , wenn sie das Feuer gegen Infanterie richtet, nicht durch Abstecken der Geschützfront mittelst solchen Rahmen der Artillerie sichtbar gemacht werden . Dieselben müſsten aber vielleicht an andrer Stelle , als die Artillerie wirklich steht, plaziert werden . Hat die Artillerie dann genügend Zeit gehabt, über die Stellung des Gegners sich Aufklärung zu verschaffen und dementsprechend ihr Feuer zu verteilen, so möchte es angezeigt sein, dafs auf Veranlassung der Schiedsrichter auf beiden Seiten die wirklichen Stellungen auch beim Schiefsen gegen Artillerie durch Rahmen markiert würden. Im Ernstfall wird der Fortgang des Gefechtes, insbesondere die Durchführung des Angriffs ja wesentlich
Ausbildung der Feld -Artillerie
180
davon beeinflusst sein,
ob es einer der beiden Artillerien gelungen
ist , die andere niederzukämpfen oder nicht, dafs es wohl angezeigt wäre
auch
im
Manöver
die
Weiter-Entwicklung
des
Gefechts
von dem Ausfall des Artilleriekampfes abhängig zu machen. Für die Entscheidung der Schiedsrichter wäre besonders maſs gebend, ob die beiden Artillerien für Aufklärung Sorge getragen haben, ob den damit betrauten Offizieren durch Gelände und Ge fechtslage die Wahl Einsicht gewährender Aufstellungsorte möglich war und schliefslich,
ob sie Meldungen lieferten, auf Grund deren
es der Truppe thatsächlich ermöglicht wurde, die gegnerische Auf stellung als Ziel richtig zu fassen .
Eine derartige Verwendung der
Schiedsrichter würde Veranlassung geben, die Zahl der ihnen zu gewiesenen Organe zu vermehren und von diesen, da sie sich in den Stellungen der Batterien und auf dem Standpunkte der Auf klärer Einsicht
in
die Kampfverhältnisse
giebiges Reiten verlangen. aber
kein
vergeblicher,
verschaffen müssen ,
Dieser Aufwand von Thätigkeit da
er
nicht
blofs die
er wäre
Ausbildung
der
Artillerie ermöglicht, sondern auch der Gefechtsführung den wesent lichsten Anhalt geben würde, um die Übung zu einer kriegsmässigen zu gestalten. d) Übungen im Gelände.
In
den vorhergegangenen
Be
sprechungen wurde auf die Ziele hingewiesen , welche bei der Aus bildung bis einschliesslich Manöver von der Artillerie anzustreben sind, damit sie den für die Einleitung der Gefechte nötigen , aber nach der durch Einführung rauch freien Pulvers erhöhten Ausnütz barkeit des Geländes für Deckung, sehr schwierigen Fernkampf mit Aus
Erfolg durchzuführen im Stande ist . wird hervorgegangen sein, diesen
Ausbildungsperioden
diesen Ausführungen
wie unvollkommen erreichen
lassen.
diese Ziele sich in Dem schon häufig
gemachten Vorschlag , die Schiefsübungen, statt auf lichen
Schiefsplätzen, im wechselnden,
ebenen
staat
Privateigentum bildenden,
Gelände durchzuführen , möchte aus nahe liegenden Gründen kaum jemals Folge gegeben werden. Die Schiefsplätze, so wie sie zur Verfügung stehen, sind der Breite nach zu beschränkt und im Allgemeinen zu übersichtlich, um für
die Zielaufstellung
Spielraum zu geben.
zu
dieser Art
von Schiefsen den nötigen
Die kriegsmässige Lösung der
durch
das
Feuer gegen verdeckte Stellungen für die Artillerie erwachsenden Aufgaben kann hier nur angedeutet
werden .
Die Schiefsübungen
auf den Schiefsplätzen können daher nur für die elementare Aus bildung der Offiziere in solchen Aufgaben dienen,
die ihnen beim
181
für das Schiefsen gegen rauchfreie Feuerlinien.
Schiefsen gegen verdeckte Ziele zufallen, während es der Artillerie Schiefsschule mit ihren
mustermäfsigen
Schiefsplatz- Einrichtungen
zukommt, wenigstens einzelnen Offizieren Gelegenheit zur Erwerbung besonderer Routine auf diesem Gebiete zu geben. Dafs die Artillerie vom Manöver die Förderung der Ausbildung der Offiziere in der Gefechts -Aufklärung nur in beschränktem Maſse erwarten kann, begründet sich hauptsächlich darauf, dafs dasselbe mehr vom Ge sichtspunkt der Erlernung der Führung der Truppen im Gefecht als der Führung im Kampf angelegt sein mufs.
Eine Ergänzung
und Erweiterung der Ausbildung der Artillerie in dieser Richtung ist also auch noch nach Schiefsübung und Manöver nötig. Die Feld -Artillerie mufs hierzu die Jahreszeiten, welche ihr erlauben , aufserhalb des Exerzierplatzes zu üben, fleifsig benützen, soweit sich dies mit dem Betrieb der wieder beginnenden Elementar - Ausbildung verträgt. Über die Ausführung der Übungen im Gelände selbst ist wenig zu sagen.
Der aus der zu Grunde gelegten Kampfeslage sich er
gebende Zweck der Aufgabe der Gefechts -Aufklärung möchte je nach der Iudividualität des als Lehrer fungierenden Vorgesetzten und den lokalen Verhältnissen der betreffenden Garnison auf ver schiedenem Wege zu erreichen sein . aus neuem Pulver
Stehen Manöver-Kartuschen
zur Verfügung, so können Batterien bei ihren
Marschübungen , die sie zur Erhaltung ihrer Kriegsbrauchbarkeit zu jeder Jahreszeit machen müssen, dazu benützt werden, um für diese Übungen der Offiziere die Stellung der gegnerischen Artillerie durch ihre Geschütze zu markieren. Sonst findet die Ausbildung Offiziere nach Art der Übungsritte statt.
der
Geschickte Benutzung der Karte, Findigkeit im Gelände werden hier den Offizier auf Punkte führen, die ihm nach der angenommenen Gefechtslage zugänglich sind und von denen aus er Einsicht in die nach dem Schall ihrer ungefähren Lage nach bestimmte, gegnerische Stellung hat.
Ist es möglich, die feindliche Geschütz -Aufstellung
wirklich darzustellen , so wird dies für die mit Erkundung derselben betrauten Offiziere sehr lehrreich sein , wenn es ihnen dadurch er möglicht wäre, im Gelände markierte Punkte ausfindig zu machen , die von der Stellung der schiefsend gedachten Abteilung aus gut sicht bar sind und mit dem Ziel in Beziehung gebracht werden können . Vom Standpunkt des Aufklärers
wäre
dann
zur
Kontrolle
der
Meldung desselben in die Linie der feindlichen Geschütz - Aufstellung und von da in die angenommene eigene zu reiten . Statt sie durch Geschütze zu bezeichnen , kann die feindliche Geschütz - Aufstellung
182
Ausbildung der Feld -Artillerie u. s. w.
vielleicht supponiert und durch eine andere Linie, die sich vielleicht Diese zufällig im Gelände findet, z. B. Hecke, ersetzt werden. Übungen lassen sich durch die Anwendung von Kanonenschlägen zur Darstellung der Geschofs -Explosionen des eigenen Schiefsens noch erweitern . Wie in vorstehender Besprechung nachzuweisen versucht wurde, ergiebt sich aus der Einführung rauchlosen Pulvers für die Feld Artillerie kein Anlaſs Ausbildung.
zur Aufstellung
neuer Grundsätze
für
die
Für manche hier geltend gemachte Auffassung des in
Deutschland in
Kraft
stehenden
Exerzier- Reglements
der
Feld
Artillerie möchte auch ohne die Einführung der technischen Neuerung plaidiert werden,
so für Betonung der Einzel -Ausbildung am Ge
schütz mit Einschlufs
der Erziehung des Geschützführers zur Ini
tiative innerhalb seiner Wirkungssphäre
unter
Annahme kriegs
mäfsiger Situationen , ferner für eingehende Ausbildung der Richt kanoniere zum Verteilen des Feuers auf Geländestrecken . Schon bisher konnte man sich in jedem Ausbildungsjahre davon über zeugen, dafs die ausschliefsliche Bezeichnung der feindlichen Ge schütze und Batterien nach der Nummer eine Illusion war, die sich zwar auf dem ebenen Schiefsplatz erhalten konnte, aber beim Manöver im wechselnden Gelände gründlich zerstört wurde.
Hervorgehoben
zu werden verdient aber der hohe Wert unseres Exerzier- Reglements, indem es sowohl in den Abschnitten , welche sich mit den Details der Ausbildung befassen
als in demjenigen,
welcher die für die
Ausbildung mafsgebenden Grundsätze der kriegsgemäſsen Verwendung giebt, sich für die durch die Einführung eines neuen rauch schwachen Triebmittels geschaffenen Verhältnisse so ganz passend erweist.
XIV.
Die Anwendung
in
der
der Feldbefestigung
Gegenwart. *)
Von W. Medicus , Hauptmann und Compagniechef im K. B. 1. Pionier-Bataillon.
>> Spaten und Hacke sind heute sehr zu Ansehen gekommen . Diese Werkzeuge des Krieges führen ein wandelbares Dasein . In früheren Jahrhunderten von den stolzesten Kriegern emsig gehand habt , seit Bonapartes
rastlosen Bewegungskriegen in grofse Mifs
achtung geraten, sollen sie jetzt nicht nur wiederhergestellt, sondern sogar zu einer Rolle im Feldkrieg berufen werden , wie sie noch nie dagewesen . ➖➖➖➖➖➖➖➖ Nordamerika und Plewna haben diese Frucht gezeitigt.
Wenn man erst damit fertig ist,
den Wert, den
die
Feldbefestigung bei heutiger Bewaffnung für den Verteidiger haben kann, in seiner ganzen Gröfse hinzustellen , so ist es natürlich , dafs man für den Angriff erschrickt.
Es ist dann nur noch ein Schritt
bis zu der Ansicht , dafs auch der Angreifer Hacke und Spaten in die Hand
nehmen
gleichen.
Damit ist das äufserste Mafs in dieser Sache erreicht. Verschanzungen < geleistet wurde, hatte einen andern Zweck und lässt sich in seiner eigentlichen Bedeutung am besten durch den Begriff erklären , den unser Sprachgebrauch mit dem Ausdrucke » sich hinter etwas ver schanzen Demon strativeläfst er die vorher flüssige Defensive gewissermalsen
erstarren « .
Ferner müssen wir uns daran erinnern, dafs das einzige Mittel das ihn umgarnende Netz zu zerreifsen, im Vorstofs des Verteidigers besteht. Derselbe wurde in der Mehrzahl der Fälle deshalb unter lassen, weil der Verteidiger ganz im Festhalten seiner Stellung be fangen, sich völlig an dieselbe band.
Wenn nun scbon die mangel
haften Verstärkungen der betrachteten Schlachtfelder den Verteidiger in diesem Grad an sich fesselten , so wird dies um so mehr der Fall sein, je besser sie sind.
In vielen Fällen scheiterte der Vorstofs an
dem nunmehr von der Taktik verworfenen Fronthindernis.
(Beispiele :
*) Scheibert, „ Die Befestigungskunst und die Lehre vom Kampfe" . Berlin 1880.
190
Die Anwendung der Feldbefestigung in der Gegenwart.
Königsgrätz , Wörth .) Die Verstärkungsanlagen aber sind gewisser maſsen ein moralisches Fronthindernis, denn sie nützen nur dem, der in ihnen bleibt.
Das sorg
Hier gilt der Spruch Scheibert's :
fältige Abwägen zwischen den Vorteilen
und
Gefahren der
Be
festigungen und zwar dem Vorteil der erhöhten Feuerwirkung und der Gefahr der verminderten Stofswirkung, ist eine Gedanken jedesmal
arbeit, welche werden mufs. > Schanzen > Die Geschichte des Geistes ist seine That >Das Recht wächst mit dem Volke, bildet sich aus mit diesem, und stirbt endlich ab, sowie das Volk seine Eigentümlichkeit verliert « . **) Den Gegenstand unserer Besprechung bildet die Einwirkung des Zeitgeistes auf die Gestaltung des Militär - Strafrechts. -Wie auf dem Rechtsgebiete überhaupt, so hat der Zeitgeist auch auf dem Gebiete des Militärrechts wichtige Veränderungen herbei geführt und strebt das Militärrecht in seiner Fortentwicklung dahin, ein Teil des Rechtsorganismus eines Rechtsstaates zu werden, welcher
die Förderung der Humanität und Kultur zu seiner Auf
gabe hat. Ein Teil des Militärrechts ist allerdings von jeher, so weit unsere rechtshistorischen Kenntnisse zurückreichen , bis auf die heutige Zeit unverändert geblieben , Militär- Delikte.
nämlich das System der
Schlagen wir das corpus juris Kaiser Justinianus,
in welchem die Fragmente der römischen Juristen über das Militär Strafrecht der Römer enthalten sind, die Kriegsartikel und Reuter Bestallungen der deutschen Kaiser und Fürsten , oder des Schwedenkönigs Gustav Adolf , oder ein modernes Militär
*) Scherr, Geschichte der deutschen Litteratur. S. 209. (Leipzig 1854. ) **) Savigny, Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissen schaft. S. 11.
201
Der Zeitgeist und das Militär-Strafrecht . Strafgesetzbuch auf,
so finden wir eine überraschende Überein
stimmung in Bezug auf die Gattung der Militär-Delikte , eine Über einstimmung, welche beweist, dafs die militärischen Pflichten zu allen Zeiten und bei allen Nationen dieselben sind , und die Be strafung der Übertretung derselben durch das Wesen des Heeres, dasselbe mag was immer für eine Gestalt haben , immer und überall geboten ist. Der Zeitgeist hat hingegen umgestaltend auf das Militärrecht eingewirkt, indem er dasselbe seines stän digen Charakters entkleidete. Der Zeitgeist ist es ferner, wel cher das barbarisch harte Strafsystem der Militär - Strafgesetze früherer
Jahrhunderte in ein milderes , der heutigen Rechts ―――― anschauung entsprechenderes Strafsystem umänderte und ander seits neue Strafnormen zum Schutze der durch das Völkerrecht Die an anerkannten rechten Weise der Kriegführung schuf.
gedeuteten Umgestaltungen des Militärrechts werden wir im Fol genden näher besprechen . A. Das Recht des Mittelalters hatte bekanntlich einen ständigen Bauern ,
Charakter. der
Jeder
Geistlichen)
Stand
hatte
(der Stand
sein
eigenes
der
Ritter,
Rechtsleben .
der Der
Grundsatz, dafs jeder nur von seinen Standesgenossen in Civil- und Strafsachen verurteilt werden solle, war tief in das Rechtsbewufst sein eingewurzelt. Das Heeresrecht behielt diesen ständigen Cha rakter seit der Bildung stehender Heere bis zur Einführung der allgemeinen Wehrpflicht bei .
Der Eintritt in das Heer schlofs die
Geltung jedes andern Rechtes , als des Rechtes des Heeres, und die Einmischung jeder andern Obrigkeit, als der militärischen aus. Für den Soldaten galt nur das Recht, welches ihm durch den Befehl der Militär- Obrigkeit zu beobachten vorgeschrieben wurde. - Der Soldat unterstand in jeder Beziehung den militärischen Vorgesetzten und den militärischen Gesetzen . Es bestand nach allen Richtungen hin eine Sonderung
zwischen Civil und Militär nach dem Grund
satze: >>Es giebt nur zwei Dinge überhaupt, hört und nicht.
Leute,
und sothanem Wesen
und Fürnehmen umgeht, und auf geschehene Warnung und Unter richt davon nicht abgeht, nach göttlichem und unserem Recht < verfahren werden soll. Nach göttlichem und unserem (d . h. welt lichem) Rechte unterschied man : a) ob der Beschuldigte mit dem Teufel ein Bündnis geschlossen oder sich ihm eigen verschrieben habe, b) wenn dies nicht der Fall war, ob der Beschuldigte die Zauberkunst vom Teufel selbst oder einem andern Zauberer gelernt habe oder mit dem Teufel Gespräche führe und ihn um Rat frage, oder c) ob er nur durch abergläubische Mittel Kranke zu heilen oder verlorne Dinge wieder zu finden trachtete. Im 1. Falle traf den für schuldig Befundenen
der Feuertod ,
im 2. Falle der Tod
durch Enthauptung , während derselbe im 3. Falle mit Stauppen schlägen bestraft wurde. Die Folter als
ein Zwangsmittel,
um einen
einer Übelthat
Beschuldigten in Ermangelung eines vollen Beweises zum Geständnis zu bringen , bestand im Civil- und Militär- Strafverfahren.
Als bei
den Kriegsgerichten die Folterungsgrade (Daumstock , Binden und Schnüren, Aufspannen des Körpers auf einer Leiter) aus der Übung kamen, wurde der Läugnende durch Stockstreiche zum Geständnis gezwungen . Das grausame Strafsystem früherer Jahrhunderte , welches wir
hier in allgemeinen Umrissen schilderten , widerstrebt unseren sittlich rechtlichen Anschauungen, allein es entsprach ganz dem Geiste der damaligen Zeit .
Es herrschte im Mittelalter Aberglaube, Terrorismus
und der despotische Geist des rezipierten römisch - byzantinischen Strafrechts , welchem der Gedanke innewohnte , Nachdenken über Wenn religiöse Dinge mit Feuer und Schwert zu unterdrücken. auch
die
früheren
Jahrhunderte
einzelne
bedeutende Errungen
schaften aufweisen, so waltete doch bis zur 2. Hälfte des 18. Jahr hunderts der mittelalterliche Geist vor,
denn der Zeitgeist macht
keine Sprünge, sondern schreitet allmählich fort. Um ein humaneres Strafsystem zu schaffen , bedurfte es eines ganz geänderten Zeitgeistes, und dieser trat in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts auf, welches man mit Recht das philosophische nennen kaun.
Der Geist
der Aufklärung verscheuchte den finstern Aberglauben des Mittel alters und mit diesem auch den Teufel aus den Strafgesetzen und sprach sein vernichten des Urteil über alle Hexenprozesse .
Zuerst
waren es allerdings die französischen Encyklopädisten , welche Auf klärung predigten.
Einen mächtigen und nachhaltigen Umschwung
Der Zeitgeist und das Militär- Strafrecht.
in der Geisteswelt brachte aber die deutsche
205
Philosophie hervor,
und wirkte namentlich dadurch umgestaltend auf das Strafrecht, dafs sie Strafrechts - Theorien über das Prinzip und den Zweck des Strafrechts aufstellte. Auch der Italiener Beccaria, dessen treffliche Werke, namentlich das Werk: » dei delitti e delle pene« , eine weite Verbreitung fanden , lehrte mit meisterhafter Beredsamkeit Mensch lichkeit in der Strafrechtspflege und wies die Unverhältnismässigkeit der Strafen zu den Verbrechen nach. Der Geist der Aufklärung
und Humanität,
unterstützt
und
genährt durch hochherzige Monarchen (namentlich den edlen Kaiser Joseph II . ) gestaltete das Strafsystem immer mehr zu einem mildern und humanen um!
Die Todesstrafe wird gegenwärtig nur auf die
schwersten Verbrechen angedroht, die Verschärfungen der Todes strafe und die Leibesstrafen sind gänzlich abgeschafft. Die gewöhn lichsten Strafen der heutigen Strafgesetze sind Freiheits- und Geld strafen .
Bei der
erfolgten
Umgestaltung
des allgemeinen Straf
rechtes im Geiste der Humanität und Aufklärung konnte sich das barbarische
Strafsystem der Militär- Gesetze früherer Zeiten nicht
lange halten. Mit Einführung der allgemeinen Wehrpflicht brach sich die Erkenntnis bahn, dafs das Heer ein Teil des Volkes ist , und dafs das allgemeine Strafgesetz die Grundlage des Militär Strafgesetzes zu sein hat . ― Die heutigen Militär- Strafgesetze kennen keine qualifizierten Todesstrafen und keine Leibesstrafen, und auch der Teufel und die Teufels -Verbündeten sind aus den Militär- Strafgesetzen verschwunden . Vergleicht man die heutzutage bestehenden Militär- Strafgesetze mit jenen aus
früherer Zeit,
gebung (wenn auch die
so ist der Fortschritt der Gesetz
Litteratur den
Gegenstand
vernach
lässigt hat) auf dem Gebiete des materiellen Strafrechts ein un Immerhin bestehen in den Militär - Strafgesetzen , bestreitbarer. namentlich in jenen aus älterer Zeit, noch manche harte Be stimmungen, und erscheinen dieselben daher teilweise reform bedürftig . Wahrhaftig humane Bestrebungen, welche eine gesunde, durch führbare Reform anstreben, verdienen gewifs Beifall. Andererseits aber mufs man sich hüten , Weichlichkeit zu geraten .
in das Fahrwasser übel verstandener
Es macht sich in der Litteratur immer
mehr eine Strömung geltend,
welche
das Wesen
des Heeres und
die Bedeutung des Militär-Rechts gänzlich verkennt.
Es ist z . B.
gewifs nicht zu billigen , wenn die Behauptung aufgestellt wird , dafs das Militär- Recht mit der Disziplin nichts zu thun hat, und dafs
206
Der Zeitgeist und das Militär-Strafrecht.
alle militärischen Vergehen nur der disziplinären Ahndung überlassen werden sollen . Es zeigt von einem Verkennen der militärischen Verhältnisse, wenn gegen die strenge Bestrafung der Vergehen gegen die militärische Unterordnung geeifert wird . Vaterlandsliebe und Achtung vor dem Vorgesetzten sind allerdings wichtige Dinge, allein das Strafrecht kann zur Erhaltung der Disziplin nicht ent behrt werden. Auf den hier berührten Gegenstand wollen wir nicht
näher
eingehen, und uns nur mit der Bemerkung begnügen, dafs wahre Humanität und Aufklärung sich ebenso von barbarischer Strenge als von einer teilnehmenden Empfindelei aus affektierter Humanität unterscheiden, durch welche das Wohl des Staates Schaden leiden . könnte. Der Zeitgeist ist eine grofse Macht, der nichts zu widerstehen vermag, allein häufig werden auch die Wünsche Einzelner als der Zeitgeist ausgegeben, und dann gilt das treffliche Wort Goethes : >> Denn was die Herrn den Geist
der Zeiten nennen ,
das ist der
Herren eigner Geist de jure belli et pacis « Völkerrechts schuf.
das erste
wissenschaftliche
System
eines
Nach Hugo Grotius können insbesonders Pufen
dorf, Leibniz , Bynkershoek, Barbeyrac, Vattel, und in unserem Jahrhundert Heffter, der Deutsch -Amerikaner Lieber und Bluntschli
*) Encyclopaedie der Rechtswissenschaft von Holtzendorff, S. 752. Jahrbücher für die Deutsche Armee and Marine. Bd. LXXVII., 2. 14
208
Der Zeitgeist und das Militär- Strafrecht.
als die wissenschaftlichen werden .
Koryphäen des Völkerrechts bezeichnet
Wenn wir auch noch weit von der Verwirklichung der Idee eines ewigen Friedens entfernt sind, so hat sich doch zum Segen der Menschheit die Kriegführung in der Neuzeit im Geiste der Humanität entwickelt . Während im Altertum und Mittelalter der Krieg gegen alle Unterthanen des feindlichen Staates geführt wurde, und meist mit der Vernichtung einer Nation endete, so gilt heute im Völker Verkehr der Grundsatz, dafs die Nationen im Frieden sich möglichst viel Gutes, im Kriege möglichst wenig Übles zufügen sollen . Der durch ihre legitimen Streiter
Krieg wird nur unter den Staaten
werden auch die irregulären Truppen ange sehen , wenn dieselben militärisch organisiert und mit solchen Ab zeichen versehen sind, welche sie auf Flintenschufs -Weite als Gegen Personen des feindlichen Soldaten erkenntlich machen .
geführt .
Als solche
Wehrstandes kann im Kampfe Gewalt, sogar bis zur Tötung, ange wendet werden, jedoch darf auch gegen sie nicht barbarisch ver fahren werden ,
weshalb z. B. der Gebrauch
explosiver Geschosse
aus Handfeuerwaffen vom Standpunkt der Humanität mifs billigt Das wird (Petersburger Konvention vom 11. Dezember 1868 ). Elend der verwundeten Krieger wurde durch die Genfer- Konvention vom 22. August 1864 gemildert . *) Gegen die friedlichen Einwohner des Feindeslandes dürfen keine Feindseligkeiten ausgeübt werden , da gegen sie kein Krieg geführt wird. Das Eigentum derselben kann zwar, soweit es die militärische Notwendigkeit erfordert, durch operative Vorgänge in Mitleidenschaft gezogen, und auch zur Verpflegung der Armee verwendet werden, jedoch gegen gewinnsüchtige Eingriffe Einzelner ist dasselbe ge schützt . **) Die
heutigen
Militär - Strafgesetze
enthalten
nämlich
Straf
bestimmungen gegen unerlaubtes Beutemachen , Plünderungen, rechts widrige Verheerungen und Verwüstungen und Beraubung Gefallener , Verwundeter und Gefangener.
Das Beuterecht ist das Recht
des
Soldaten, bewegliche Sachen
des Gegners hinwegzunehmen. Dem Beuterecht unterliegen nur Sachen des Staates und Privater, welche zur Kriegführung bestimmt sind.
Diese dem Feinde abgenommenen Sachen werden Eigentum des Staates, nicht der einzelnen Soldaten.
*) Über die Brüsseler Deklaration vom Jahre 1874 vergleiche : Lentner, „ Das Recht im Kriege " (1880). **) Streffleur's, österreichische militärische Zeitschrift, Jahrgang 1882, 1. Bd. S. 139 und 3. Bd . S. 70.
Der Zeitgeist und das Militär-Strafrecht. Berechtigt zum
Beutemachen sind nur
Personen
209 des streitbaren
Standes, und nur während des Kampfes oder wenn sie vom Befehls haber die Erlaubnis erhalten haben. Wer unerlaubt auf Beute aus Militär-Strafgesetz mit Freiheitsstrafe - Der Plünderung macht sich bis zu 3 Jahren bestraft (§ 128) . schuldig, wer im Felde unter Benutzung des Kriegsschreckens oder
geht wird nach deutschem
Überlegenheit rechtswidrig Sachen der Landes bewohner hinwegnimmt , oder unbefugt Kriegsschatzungen oder Zwangslieferungen erhebt, oder das Mafs der von ihm vorzunehmenden Requisitionen überschreitet. - Die Plünderung wird mit Gefängnis der militärischen
bis zu 5 Jahren,
bei verübten Gewaltthätigkeiten
mit Zuchthaus
bis zu 15 Jahren , und, wenn ein Mensch ums Leben gekommen ist, mit lebenslangem Zuchthaus oder mit dem Tode bestraft (§ 129 und folgende) . -- Die Beraubung Gefallener , Verwundeter oder Gefangener
wird
mit
Zuchthaus
bis
zu
10 Jahren ,
in
minder
schweren Fällen mit Gefängnis bis zu 5 Jahren bestraft (§ 134) . - Das Marodieren , worunter man die Bedrückung der Landes bewohner durch Nachzügler versteht , wird mit Gefängnis von 6 Monaten bis zu 5 Jahren , in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren bestraft (§ 135). Die Militär- Strafgesetze anderer Staaten enthalten den hier an geführten Bestimmungen des deutschen Militär- Strafgesetzes analoge Normen. Andererseits verfallen aber auch Einwohner des Feindes landes , welche unbefangen einherziehende Soldaten überfallen , sie verwunden oder töten oder sonst strafbare Handlungen gegen die Kriegsmacht unternehmen , der Behandlung nach dem Strafgesetze und zwar auch des eigenen Staates. ――――― Alle diese Strafnormen sind ein Produkt des Zeitgeistes ,
welcher eine unter den Staaten be
stehende Rechtsorduung und allgemeine Menschenrechte anerkennt, und den Krieg nur als einen Kampf unter den Staaten ansieht. D.
Auch gegenwärtig stehen wir vor einer wichtigen Umge
staltung des Militär- Strafrechts durch den Zeitgeist , nämlich der Reform des Militär - Strafprozesses . Der germanische Straf Prozefs
war ursprünglich
ein
öffentlicher Anklageprozefs.
Durch
den im Mittelalter mächtigen Einflufs des kanonischen Rechts bildete sich der allgemeine Strafprozefs allmählich zu einem geheimen schriftlichen Inquisitionsprozefs um. Dieser Entwicklung folgte auch der Militär - Strafprozefs.
In
diesem Jahrhundert
sind im
allgemeinen (Civil-) Strafprozefs durchgreifende Reformen eingetreten. Die Prinzipien, auf welchen der moderne Strafprozefs beruht, sind : Die Mündlichkeit , die Anklage, die Öffentlichkeit und die Zulassung 14*
Der Zeitgeist und das Militär- Strafrecht.
210
der materiellen Verteidigung im weitesten Umfang.
Die Reform
Bestrebungen auf dem Gebiete des Militär-Strafprozesses sind dahin gerichtet, diese Prinzipien auch im Militär- Strafverfahren zur Geltung zu bringen. Diesen
in
der
bestrebungen kann gesprochen werden .
gegenwärtigen
Zeit
bestehenden
Reform
im allgemeinen die Berechtigung nicht ab Wie die Wissenschaft des Militär- Strafrechts
in jeder Beziehung an die Wissenschaft des allgemeinen Strafrechts anzuknüpfen hat , so soll auch die Gesetzgebung des Militär Strafrechts (des materiellen und formellen ) die Gesetzgebung des allgemeinen Strafrechts zur Grundlage haben. Die modernen Prozeſs -Prinzipien erscheinen dem Rechtsbewusst sein, welches der heutige Zeitgeist der Gegenwart erzeugt hat,
die
richtigen zu sein. Das mündliche (unmittelbare) Verfahren hat nach unserer heutigen Auffassung vor der Schriftlichkeit den Vor zug, dafs die Richter selbst die Angeklagten , die Zeugen, die Sach verständigen sehen und hören , Individualität
der Personen ,
und ihnen so die Würdigung der
auf Grund deren Aussagen
sie ihr
Urteil abgeben sollen , ermöglicht wird, während die Schriftlichkeit des Verfahrens die Richter auf die Information des Untersuchungs richters
beschränkt .
Das Anklageprinzip ist dem Untersuchungs
Prinzip vorzuziehen ,
weil bei jenem der Angeklagte jedenfalls vor
der Hauptverhandlung erfährt,
welche Handlung ihm zur Last ge
legt wird , gegen welche Beschuldigungen er seine Verteidigung ein zurichten
hat ,
ferner,
Richters geteilt sind , parteiische wird . Die
weil
die
Rollen
des
Anklägers
und
wodurch die Stellung des Richters eine un
Schwierigkeiten ,
welche
bei
gemäſsen Militär - Strafprozefsordnung
der Abfassung
einer
zeit
zu bewältigen sind, bestehen
bekanntlich darin , die modernen Prozefsprinzipien mit den Heeres Einrichtungen in Einklang zu bringen. ―――― Wie für die Gesetz gebung überhaupt teils Rücksichten des Rechts, teils aber auch der Politik mafsgebend sind, indem jedes Gesetz zwar den gebieterischen Forderungen der Gerechtigkeit entsprechen mufs , der Gesetzgeber aber auch zu prüfen hat, ob eine sonst gute Einrichtung den Ver hältnissen seines Landes angemessen ist, so verhält es sich auch mit der Gesetzgebung auf dem
Gebiete
des Militärrechts.
Ein
richtungen, welche an dem Grund- Prinzip des Heeres, der strengen militärischen Disziplin , rütteln oder derselben schädlich sind , müssen vermieden werden. Andererseits aber sollen auch im
Der Zeitgeist und das Militär- Strafrecht.
211
Militär- Strafverfahren jene Grundsätze zur Anwendung kommen, welche von der Gerechtigkeit unbedingt gefordert werden . Die Schaffung einer den Anforderungen des heutigen Zeitgeistes entsprechenden
einheitlichen Militär - Strafprozefsordnung ist ge
wifs
wichtigsten
eine der
Militär- Verwaltung,
Aufgaben
der
deutschen
Justiz-
da bekanntlich noch drei Militär - Strafprozeſs
ordnungen (die württembergische vom Jahre 1818 ,
die preufsische
vom Jahre 1845 und die bayrische vom Jahre 1869) bestehen. heit
nach allen
und
Richtungen
hat
das
Losungswort
einer
Ein jeden
Militär - Verwaltung zu sein, da das Heer als die Quintessenz der Kraft des Staates nur einen Körper vorstellen soll. Zu einer ein heitlichen Armee - Organisation
gehört aber nicht nur Einheit in
allen strategischen und taktischen Verhältnissen, sondern auch Ein heit der Disziplin und Strafrechtspflege. Wenn
wir das hier
über die Umgestaltung des Militärrechts
durch den Zeitgeist Gesagte überblicken , so kommen wir zu der erfreulichen Überzeugung, dafs auch das Militärrecht sich im Geiste der Humanität und Gerechtigkeit fortentwickelt.
Die Menschheit
strebt in der Staats- und Gesellschaftsordnung immer mehr und mehr, nach allen Richtungen hin das Menschheits-Ideal zu verwirklichen . Es wäre allerdings vermessen, zu entscheiden, ob dieses Ziel jemals ganz erreicht werden wird, allein die Weltgeschichte lehrt uns, daís die Menschheit in zivilisatorischer Hinsicht immer Fortschritte macht. Byron hat zwar die Weltgeschichte mit der Flut und Ebbe des Meeres verglichen.
Zutreffender
erscheint uns aber der
von Scherr in seiner Geschichte der deutschen Litteratur (S. 210) gemachte Vergleich der Weltgeschichte (und wir fügen hinzu , auch des Zeitgeistes) mit einem Strom, welcher langsam und in vielen Krümmungen , dennoch aber immer vorwärts rollt.
Welche Wendung der Strom des Zeitgeistes aber auch gegen nehmen mag, so können wir der Zukunft doch mit Be
wärtig
ruhigung entgegensehen, da es eine allgemeine und fest begründete dafs das Heer Schild und Schwert nach aufsen
Überzeugung ist,
und die sicherste Stütze der gesellschaftlichen Ordnung im Innern ist, und dafs das Heer ausschliesslich dem obersten Kriegsherrn zur unwandelbaren Treue und zum Gehorsam verpflichtet ist, und gleich 45.
diesem allen politischen Parteien fern stehen soll .
XVI.
Unsere
Flottenmanöver.
Von
V. H.
Es mag in Manchem von denen, welche am 2. September dieses Jahres in Kiel Se. Majestät den Kaiser Wilhelm II. Hohenzollern steigen
sahen,
an Bord der
um unter dem Jubel der Menge eine
Parade über 40 stattliche Kriegsschiffe abzunehmen , die Erinnerung an das Jahr 1848 aufgetaucht sein. Denn der Gedanke zur Schaffung einer deutschen Kriegsmarine stammt aus jenem Jahre. Es gab kein geeintes Deutschland, sondern nur ein deutsches Par lament; durch freiwillige Sammlungen schuf man die ersten Keime der
deutschen Kriegsmarine ;
nicht in der Lage,
die
Frankfurter
Reichsbehörde war
ein Marine - Budget aufzustellen ,
auf die Einzelstaaten
zu repartieren .
und dasselbe
Aber welcher glühende En
thusiasmus , welche himmelstürmenden Hoffnungen knüpften sich an jene als
ersten Keime, und wie traurig gingen dieselben zu Grunde, die nationale Bewegung zu Gunsten Schleswig - Holsteins von
den Einzelregierungen
schmählich im Stich gelassen
wurde !
heutige glücklichere Generation kann es kaum nachempfinden ,
Die mit
welchem Ingrimme damals die Seele der deutschen Patrioten erfüllt war , der Flug der nationalen Begeisterung erlahmte , als zum Schlusse die deutsche Flotte unter den Hammer kam und es stille wurde an den deutschen Küsten, zur Schadenfreude des Auslandes. Heute herrscht frisches, selbstbewusstes Leben in der Kieler- Förde , wie
am Jadebusen, ja auf Helgoland
Jahres
das Reichsbanner,
weht seit 9. August dieses
deutsche Panzerschiffe schwimmen
ma
jestätisch durch alle Meere und dem Gängelbande der Armee ent wachsen , mit Seeoffizieren an der Spitze, sucht unsere Flotte, unter den Augen des Herrschers, dessen Zufriedenheit zu verdienen . Es ist merkwürdig, wie die Überlieferung in dem Hohenzollernhause sich durch Jahrhunderte fortgepflanzt, und wie sie immer wieder längst fallen gelassene Fäden aufnimmt . Kaiser Wilhelm II. knüpft an die Idee seines Ahns, des grofsen Kurfürsten Friedrich Wilhelm , an. War der grofse Kurfürst nicht stark und mächtig
Unsere Flottenmanöver.
213
genug, um seine weitreichenden Pläne, welche bis zu einer Koloni sation in West-Afrika sich verstiegen ,
zu verwirklichen, so durch furcht sein Nachkomme, in dem Gefühl weltbeherrschender Macht , nicht allein Nord- und Ostsee, sondern läfst seine Standarte, um
geben von einer stattlichen Zahl Panzerschiffen , am goldenen Horn von türkischen Geschützsalven begrüssen . Nicht allein unweit Grofs -Friedrichsburg an der Westküste Afrikas hat die deutsche. Regierung festen Fufs gefafst, sondern das Abkommen mit Eng land vom 1. Juli dieses Jahres sichert derselben bedeutende Länder strecken an der Ostküste des schwarzen Weltteils, bis zu den Seen gebieten im Innern derselben reichend . Nicht zu den ersten Flotten gehört die deutsche, aber sie überragt bei weitem jene Flotten , welche zur Zeit des Grofsen Kurfürsten die Nord- und Ostsee be herrschten ; und ihrem Berufe, die Küsten Deutschlands zu decken, ist sie vollauf gewachsen . entfernt
Sie kann sich auch an Bedeutung nicht mit der gewaltigen Land - Armee Deutschlands messen, sie
hat auf den wenigen Blättern ihrer jungen Geschichte noch keine belangreichen Waffenthaten zu verzeichnen, aber sie ist stark durch die nationale Sympathie, welcher sie sich erfreut, und durch den stillen Ernst, mit dem sie sich auf die Zeit künftiger Bewährung vorbereitet. Die glorreichen Überlieferungen der Land-Armee ver knüpfen sich unlösbsr mit den Namen Wilhelm I. und Friedrich III .; der junge Kaiser erfüllt auch die Wünsche der jungen Kriegs marine, die, wie er selbst, einer späteren Generation angehört. Unsere Marine zählt zur Zeit 78 Schiffe und Fahrzeuge mit zusammen 533 Geschützen , 189,814 Tonnen Deplacement und 188,330 Pferde kräften . Hierunter sind 12 Panzerschiffe mit 145 Geschützen , 85,054 Tonnen
Deplacement,
69,400 Pferdekräften ;
15 Panzer
fahrzeuge mit 20 Geschützen , 16,700 Pferdekräften ,
19,128 Tonnen Deplacement und 8 Kreuzerfregatten mit 116 Geschützen,
26,058 Tonnen Deplacement und 32,900 Pferdekräften , 4 Kreuzer mit 26 Geschützen , 3936 Tonnen Deplacement und 4200 Pferde kräften , 3 Kanonenboote mit 12 Geschützen , 1467 Tonnen De placement und 1020 Pferdekräften ;
7 Avisos mit 18 Geschützen,
8569 Tonnen Deplacement und 21,850 Pferdekräften und 19 Schul und andere Schiffe und Fahrzeuge mit 80 Geschützen , 20,112 Tonnen Deplacement und 17,160 Pferdekräften . 116 Torpedoboote verschiedener Gröfse.
Auſserdem
Von den 78 Schiffen befinden sich zur Zeit in aufserheimischen Gewässern 18 Schiffe mit zusammen 151 Geschützen, 51,797 Tonnen Deplacement ,
57,240
Pferdekräften
und
circa
4900
Mann
Be
Unsere Flottenmanöver.
214 satzung ; in den
einheimischen
schützen, 21,608 Tonnen
Gewässern
Deplacement,
9 Schiffe mit 49 Ge
17,700 Pferdekräften und
circa 2000 Mann Besatzung im Dienste. Was das Schiffsmaterial anbetrifft, so ist bekannt, dafs zu unseren Panzerschiffen drei ältere Schiffe aus der zweiten Periode des Panzerschiffbaues zählen, d. h. solche mit einem Gürtelpanzer auf ganzer Länge und kasemattiertem Mittelschiff mit gröfserer Geschützzahl, welchen die
genügende
sogenannte Batterieschiffe,
Widerstandsfähigkeit
abgeht
und
deren
grosse Geschützzahl nicht die genügende Wirkung des einzelnen Geschützes zuläfst. Doch wird durch die Fertigstellung der vom Reichstage 10,000
bereits
Tons
genehmigten
Deplacement
und
4
Ersatz - Panzerschiffe
der
10
hochmodernen
mit
je
Panzer
fahrzeuge der » Siegfriedklasse < die in den letzten Jahren un zweifelhaft vorhandene Schwäche unserer Hochsee - Panzerschiffe an nähernd etwa wiederum ausgeglichen werden . Das Geschützsystem der deutschen Marine,
soweit es auf
Schiffen Anwendung findet, umfafst 11 Kaliber von Kanonen : 30,5 ; 26 ; 24 bis 8 cm . Von den meisten Kalibern giebt es verschiedene Sorten, die sich durch Rohrlänge beziehungsweise Rohrkonstruktion unterscheiden . Die neuesten Schiffsgeschütze gehören den ver längerten Kanonen an , deren Rohre 30 beziehungsweise 35 Kaliber lang
sind
haben
und
erhöhte
zu
welchen verlängerte
Ladungen,
erzielen
Geschosse
ungeachtet
der
gehören .
Sie
vergrösserten
Geschofsgewichte erhöhte Geschwindigkeiten und ergeben eine wesentliche Zunahme des Durchschlagsvermögens. Derartige Ge schütze können mit jedem anderen Geschützsystem zum mindesten konkurrieren , wofern sie nicht eine erhebliche Üeberlegenheit resp. eine erhöhte Sicherheit, anderen Geschützsystemen gegenüber, beim Gebrauch besitzen . Als Hilfsarmierung dienen die 3,7 cm Revolver kanonen und die Krupp'schen Schnellfeuerkanonen . Wir haben ein geschultes und kräftiges Seeoffizier- Corps ; die höchsten Offiziere sind noch jung an Jahren. Beispielsweise dient der kommandierende Admiral erst seit Ende Oktober 1853. Den noch steht das deutsche
Seeoffizier-Corps
im In-
und Auslande
sowohl bezüglich seines Corpsgeistes wie seiner militärischen und wissenschaftlichen Leistungen in hohem Ansehen . Der Bericht erstatter, den die Times zu den kombinierten Land- und Seeübungen in
diesem
Seeoffizier,
Jahre nach Schleswig spricht
entsendet hatte,
ein englischer
sich folgendermafsen über die Leistungen der
deutschen Marine aus:
»Die Schnelligkeit, mit welcher die Schiffe
des Geschwaders den Signalen des Kaisers gehorchten , die bewunderns
Unsere Flottenmanöver.
215
würdige Art, in welcher sie Abstand hielten, erregte das Erstaunen aller ausländischen Marinekritiker. Über die Vortrefflichkeit der deutschen Torpedoboote, über den Nerv, die Urteilskraft und die Ausbildung der jungen Lieutenants , welche diese Boote befehligten , herrschte unter diesen Kritikern nur eine Stimme . Die Boote sind besser als die englischen und die Offiziere haben wenige ihres Gleichen , aber keine besseren in der ganzen Welt !« Dagegen waren über die sogenannten Normalformationen die Ansichten ge teilt. Der Berichterstatter meint, die Schiedsrichter hätten die Mitwirkung der Flotte nicht genug in ihren Entscheidungen berück sichtigt.
Das
Schiefsen
mit den grofsen Geschützen
seiner Meinung nicht so befriedigend .
war
nach
Das Schlufsurteil des eng
lischen Sachverständigen ist : > Im Ganzen hat die junge deutsche Marine schon einen hohen Grad der Vollendung erreicht. Die Leute sind vielleicht nicht so gewandt wie unsere und auch nicht so gute Seeleute. Soldaten ansehen.
Man kann sie vielleicht eher als seefahrende Die Offiziere aber verdienen das allerhöchste
Lob, und obgleich ich im täglichen Verkehr mit allen auswärtigen Kritikern gestanden habe, so habe ich auch nicht ein einziges un günstiges Wort gehört über die Art, wie die deutschen Seeoffiziere sich ihrer Aufgabe entledigt haben . « Soweit die Times. Schon seit mehr als 20 Jahren sind von den Übungs - Geschwadern der grofsen Seemächte jährliche Manöver ausgeführt worden , aber sie beschränkten sich fast ausschliefslich auf taktische Evolutionen ; man übte theoretisch ermittelte Formationen auf freiem Meere , ohne den Feind zu markieren. Freilich haben die Kriegsmarinen in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts eine Entwickelung ge nommen, der es schwer war, zu folgen, da es an wirklichen Kriegs erfahrungen mangelte. Das ganze Wesen der Flotten wurde voll ständig umgewandelt und man kann wohl sagen , es blieb von den Schiffen Nelson's wenig mehr als die Tradition übrig . Dazu gesellte sich noch ein anderer Umstand . Seit den napoleonischen Kriegen legte man, mit Ausnahme Englands, keine grofse Bedeutung auf das Seekriegswesen und erhielt die Kriegsflotten mehr dem Her kommen gemäfs als aus innerer Überzeugung von ihrer Wichtigkeit. Erst seit
einigen Jahren
hat
man in Frankreich ,
England .
Italien und Russland angefangen , mit gröfseren Geschwadern , d . h. mit Schiffen von verschiedener Gefechtsstärke nicht blofs taktische, sondern weitergehende, in das strategische Gebiet fallende Aufgaben zu lösen.
Unsere Flottenmanöver.
216
Auch die deutsche Marine ist dem Beispiele der anderen See mächte gefolgt und hat eine Anzahl Schiffe
zu Manöverzwecken
resp. zur Ausbildung von Offizieren und Mannschaften jährlich auf einige Monate vereinigt. In diesem Jahre dagegen hat, wie wir am Eingange hervorhoben, Se. Majestät der Kaiser eine Flotten Revue über 40 Kriegsschiffe im Hafen von Kiel abgehalten , welche zum grössten Teil später an der schleswigschen Ostküste mit der Armee gemeinsam operierte. Hieraus folgt , dafs auch Seitens der deutschen Marinebehörden ein besonderes Gewicht auf die Vor bereitung zum Kriege gelegt wird, und dafs man auch bei derselben zu der Überzeugung gekommen ist, sichtiger diese
Vorbereitung
dafs je gründlicher und um
getroffen
wird,
desto günstiger die
Chancen stehen, welche man sich für den Erfolg zurecht zu legen vermag. Ist doch heute in allen Land - Armeen das Bestreben darauf gerichtet, schon während des Friedens sich für
den Kriegsfall in
Bereitschaft zu setzen, und zwar nicht blofs durch die entsprechende Organisation der Streitkräfte, der verschiedenen Kriegslagen Operationspläne .
sondern
auch durch
die Erwägung
und der darnach sich
ergebenden
Man hat heute die Überzeugung, dafs derjenige,
welcher geistig wie materiell besser vorbereitet ist, Stärke auf den günstigen Erfolg rechnen kann.
bei gleicher
Was aber für den Landkrieg gilt, das hat nicht minder Be deutung für den Krieg zur See.
Freilich mangelt dem Seekriege
heute noch jene breite theoretische Grundlage, über welche man am Lande verfügt, und nicht minder die reiche Erfahrung der Land heere.
Zwar leiden alle Manöver unter dem Übelstande, dafs gerade
die entscheidendsten Faktoren im Gefecht, die Wirkung der Waffen und die wichtigsten Imponderabilien, der Mut und der Schrecken , gar nicht, andere,
wie
Geistesgegenwart,
Ausdauer,
nur
in be
schränktem Mafse zur Geltung kommen, dafs sie eben nicht den wirklichen Krieg darstellen . Wenn dies schon den Wert der Manöver eines Heeres beeinträchtigt,
die auf Grund vieljähriger,
reicher Erfahrungen mit gröfster Umsicht und Sachkenntnis ange ordnet werden , so mufs es in viel höherem Mafse für die Übungen einer Flotte gelten , für die solche Erfahrungen fast
ganz fehlen,
wo die in Frage kommenden Verhältnisse nicht in gleichem Um fange bekannt sind , und auf welche Wind und Wetter , sowie der Zufall überhaupt ,
einen weit gröfseren Einfluss ausüben.
Es läfst
sich jedoch nicht leugnen , dafs man sich in jüngster Zeit viel ein gehender
mit den Fragen
Seekriegskunst beziehen ,
beschäftigt hat ,
welche
sich auf die
und dafs das Streben vorliegt ,
auch für
Unsere Flottenmanöver.
217
den Seekrieg eine brauchbare Theorie zu finden . vor nicht langer Zeit weniger gepflegt ,
Letztere war bis
und in der Praxis zeigte
sich mehr die Einwirkung zufälliger Momente, als die Beobachtung fester ,
wissenschaftlich begründeter Grundsätze und leitender Ge
danken . Man hat sich zur See überhaupt vorwiegend mit taktischen Dingen beschäftigt , und das Schwergewicht fast ganz auf die so genannte Seemannschaft gelegt. Die Ausbildung und Erziehung war eine rein maritime , und es ist nicht zu leugnen , dafs sie in dieser Richtung auch treffliche Resultate lieferte ;
aber das mili
tärische, d. h . die ununterbrochene Thätigkeit und Aufmerksamkeit auf die Heranbildung zur Lösung der kriegerischen Aufgaben , im Zusammenhange mit klarem Verständnisse der Ziele und der wirklichen Kriegführung wurde vernachlässigt .
Formen
Es ist richtig ,
dafs der Seedienst an sich Charaktereigenschaften entwickelt , welche von höchstem Werte für den Krieg sind, und dafs ein tüchtiger Seemann durch seinen Beruf schon militärische Tugenden erlangt, welche dem Landsoldaten erst anerzogen werden müssen , und für deren Vorhandensein bei ihm man doch keine Gewähr besitzt , weil derselbe kaum je sich ergiebt.
erprobt werden könne , ehe der Ernstfall selbst
Aber diese Tugenden genügen wohl für das Unter
personal, die Führer der verschiedenen Abstufungen bedürfen noch ein Mehr , um aus tüchtigen Seeleuten auch ebenso tüchtige und denkende Flottenbefehlshaber zu werden. Unter den
Mitteln
geschichte obenan .
Es
hierzu
steht das
fragt sich nun :
Studium
»ob
es
der
Kriegs
eine Seekriegs
geschichte in wissenschaftlichem Sinne giebt ? Politischen Korrespondenz « )
noch
Friedrich der Grofse « , müssen.
über 1.
im
Erscheinen
> König
Werk
begriffenes
Bd . 1. (Stuttgart 1890) ,
zur Hand nehmen
An die >> Politische Vorgeschichte « schliefst sich die » Übersicht die Beschaffenheit der kriegführenden Heere « , und zwar:
» Das Preufsische Heer « .
lungenen,
in
manchen
Bei dieser,
Einzelheiten
jedoch
im Ganzen nicht
wohl ge
einwandfreien
heeresgeschichtlichen Studie müssen wir etwas verweilen.
Seite 20
wird Friedrich's Ernennung zum
Oberstlieutenant vom
14. Mai
1728
Geheimen
datiert ;
laut
Angabe
der
Kriegskanzlei
(vergl.
Koser, Friedrich der Grofse als Kronprinz, S. 22) ist es der 14. März 1728. - Vom Bayard - Orden wird gesagt (S. 21 ), Friedrich sei demselben » beigetreten « ; wir meinen , er habe ihn ge stiftet. - Seite 22 wird gesagt , der 1676 geborene Fürst Leopold von Dessau sei schon im 18
Lebensjahre in die Dienste des ver
wandten Brandenburgischen Kurhauses getreten ;
» seine Mutter
war die Schwester der regierenden Kurfürstin « ! Hierza ist zu bemerken , dafs Louise Henriette, die erste Gemahlin des Grofsen Kurfürsten und Schwester der Mutter Leopolds, schon im Jahre 1667 ( ! ) verstorben ist . - In Schwerin's biographischer Skizze (S. 27) ist auffällig die Angabe, er habe »im März 1736 den Schwarzen Adlerorden
erhalten ;
nach
der amtlichen
Liste der
Ritter dieses Ordens (Berlin 1871. S. 10) datiert Schwerin's Orden vom » 10. Mai 1731 « ; es wäre folglich wissenswert,
welche Akten
obige abweichende Angabe veranlafst haben . Feldmarschall wurde Schwerin am 30. Juni , in den Grafenstand erhoben am 31. Juli 1740, also nicht gleichzeitig. -- Wenn Seite 31 gesagt wird : >>Ein rascheres Vorwärtskommen durch Stellenhandel und Stellen tausch gehörte in der Preufsischen Armee zu den Ausnahmen , so gestehen wir, niemals gehört
von einem solchen in der altpreufsischen Armee
zu haben .
Bei Erwähnung des Invalidenwesens,
Die Kriege Friedrichs des Grofsen. das mit einigen Zeilen abgethan ist,
223
wäre gewifs der Erwähnung
würdig, dafs selbiges durch die 1705 gestiftete » General- Invaliden kasse bereits auf sichere Grundlage gestellt wurde ; Friedrich Wil helm I. war als Kronprinz selbst Direktor dieser Kasse ; später , als er König mit den
wurde, Markgraf Albrecht von Brandenburg ; auch der, Garnisontruppen zum Teil verschmolzenen Invaliden
Compagnien, sowie des 1730 gestifteten Corps der
Ausrangierten < ,
d. h. Garde - Invaliden , hätte gedacht werden können.
Die (S. 45)
erwähnten 10 Garnison - Compagnien, (richtiger, nach amtlicher Be zeichnung, Invaliden- und Garnison- Frei-Compagnien « ), deren Zahl noch um 2 vermehrt und welche 1742 als » Neues Garnison Regiment truppe.
formiert wurden , waren thatsächlich eine Invaliden Dies bezeugt der König selbst, als im Jahre 1757 eine
mit der Festung Regenstein in Feindes Hand XV. 383) ; sie werden vom Könige Correspondence fiel (Politische >als garnicht zur Armee gehörige Invaliden « bezeichnet und sind des dieser Compagnien
halb mit den übrigen Garnisontruppen nicht auf eine Stufe zu Die (S. 47) gewählte Bezeichnung » Preufsisches Husaren stellen. Corps
ist
wohl
nicht
Dieses
eine amtliche.
6 Schwadronen
starke Regiment hiefs seit 1732 » Prinz Eugenius Husaren - Corps < , Bronikowsky - Husaren « (vgl. Lippe, Husaren dann seit 1740 buch 87 ff.).
Auf Seite 55 finden wir eine, Zweck
völlig
kriegsgeschichtlichen der Bekleidung des preufsischen Heeres ;
für den vorliegenden
ausreichende
Schilderung
wir meinen jedoch,
daſs
die in Anlage Nr. 1 ( S. 1 * bis 37* ) gemachten spezielleren Angaben über die Uniformierung jedes einzelnen Regiments (Farbe der Aufschläge, Rabatten, Westen, Hosen, Knöpfe) hier entbehrlich wären ;
wir
können uns nicht
entsinnen ,
dergleichen in irgend
einem kriegsgeschichtlichen Werke gefunden zu haben. Dahingegen unter Rubrik » Bewaffnung « (S. 58) vielleicht von Wesen
wäre
heit, neben den Daten über Länge des Gewehrlaufes, Kaliber, Ge wicht der Ladung, auch das Gewicht der Waffe als solche zu erfahren ; sie wog 11 Pfund 23 Loth, war also erheblich schwerer, als die jetzigen Handfeuerwaffen ; ferner hatten die Garnison Regimenter nur das Bajonett als blanke Waffe, keinen Säbel. Gelegentlich der Verpflegung ( S. 62 ff. ) finden wir die Angabe : >> wöchentlich sollte der Mann dreimal je 1, Pfund Fleisch er halten ; Summa also ein und ein halb Pfund . Dies stimmt nicht überein
mit dem » Reglement,
beobachtet werden
soll « ,
vom
was bei dem Kampieren der Armee 99) ; 9. Mai 1742) (Oeuvres XXX
» Das Pfund Fleisch, so Seine Königliche hier befiehlt der König : Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine, Bd . LXXVII , 2 . 15
Die Kriege Friedrichs des Grofsen.
224
Majestät allergnädigst
per Mann
sunde als Kranke geben ,
wöchentlich , sowohl für Ge
dafür müssen die Commandeurs der Re
gimenter repondieren, dafs solches die Leute richtig empfangen und zwar in zwei unterschiedlichen Tagen, nämlich jeden Tag ein halbes Später, nach dem zweiten schlesischen Kriege wurde die Pfund. wöchentliche Fleischportion auf zwei Pfund erhöht (vergl. » Prin cipes généraux de la guerre« . Oeuvres XXVIII . art. IV), welche, wie das Brot, unentgeltlich geliefert wurden . hielten
kein Fleisch
Nur die Husaren er
(vergl. Politische Correspondence XIV. 391 :
>comme l'on ne fournit pas la viande aux régiments de hussards, ni ici ni en Prusse « ) .
Die unentgeltliche Lieferung bestätigt auch
Archenholz in seinem » Gemälde der preufsischen Armee vor und in Unter den Leibesstrafen dem 7 jährigen Kriege« , Seite 45. sei noch das Rädern , dann das Aufhängen der Deserteurs genannt ; auch die Bestrafung ganzer Regimenter durch Ehrenstrafen verdient Erwähnung ; das Regiment »Grenadiere zu Pferde« , welches sich 1741 bei Baumgarten , dann bei Molwitz schlecht benommen hatte, verlor die Grenadiermützen und damit die auszeichnende Sonder stellung als Grenadier- Regiment, Regiment Anhalt 1760 die Seiten Hüten . Auch wurden Regimentern, gewehre und Borten an den Hüten. die sich schlecht gehalten hatten, die Invaliden- Wohlthaten ent zogen. Gegen Offiziere waren Geldstrafen , zum Teil recht hobe, zulässig , z. B. bei Reisen ohne Urlaub, Zuspätkommen bei Alarm und Feuerlärm , Einreichung unrichtiger Rapporte u. s. w. Ganze wurden im Avancement zurückgesetzt,
Offizier - Corps
z . B. wenn
die Desertion im Regimente überhand nahm. — Zu dem zahllosen Trofs des Heeres gehörten übrigens auch eine Anzahl von Soldaten weibern, 6 , 8, und mehr per Compagnie ; es war dies noch ein Überbleibsel der Kriegführung des 17. Jahrhunderts . Bemerkens wert ist auch, dafs die Husaren keine Zelte hatten, vermutlich, weil sie stets hart am Feinde waren ; sie bauten sich Strohhütten oder lagen im Freien , hatten aber Mäntel, welche bekanntlich die Seite 73-74 wird gesagt: » Als nun Infanterie nicht hatte. Mitte Dezember 1740 der Krieg ausbrach, war die Stärke des Die 14 Husaren - Eskadrons waren Heeres folgende : » . im
Ganzen 57
Offiziere ,
1802
Unteroffiziere
20 Nichtstreitbare stark« ; dagegen Seite 70 : bei Ausbruch
des ersten
bildung begriffen.
schlesischen Krieges
und
Husaren
und
»Die Husaren waren noch in der
Um
Als diese gegen Ende des Jabres 1741 beendet
war, wurde auch die Kriegsstärke festgesetzt « ; und Seite 46 , wo vom neu errichteten Regiment von Bandemer (durch welches die
522
Die Kriege Friedrichs des Grofsen.
Zahl der Eskadrons von 9 auf 14 stieg) die Rede ist : » Das Regi ment sollte am 1. Dezember fertig sein, doch verging noch der Winter, ehe dies erreicht war« u . s . w. Man wird diese einander zum Teil wiedersprechenden Angaben kaum in Einklang bringen -Ferner besagen die alten Stammlisten , dafs Oberst
können.
v. Natzmer ein » Korps Hulaners < von 5 nicht 6 Eskadrous 1741 bilden sollte . Unter den biographischen Skizzen der österreichischen Heer führer vermissen wir diejenige des tapferen Reitergenerals Römer, der bei Mollwitz fiel.
Über die Bekleidung der österreichischen
Husaren lesen wir ( S. 94) :
» Die Husaren erschienen in ihrer kleid
samen ungarischen Nationaltracht, dem reichverschnürten , pelz gefütterten Dollmann und einem Attila von roter u . s. w. Grundfarbe . Wir bemerken : Dollmann nannte man die kurze , verschnürte, doch nicht pelzgefütterte als Leibbekleidung dienende. Jacke, zu der dann eine längere pelzgefütterte Umhängejacke, der Pelz . kam . Der »Attila ist das erst vor etwa 40 Jahren an die Stelle des Dollmann getretene Leibbekleidungsstück mit Schöfsen . Im III. Kapitel des ersten Abschnittes finden wir eine treff vielleicht etwas breit veranlagte Schilderung der » Kriegs
liche,
und Fechtweise bei Beginn des ersten schlesischen Krieges « . wird gesagt :
Seite 129
» Für die Kenntnis der um 1740 herrschenden strate
gischen und taktischen Anschauungen und Gewohnheiten sind .. auch die Ereignisse des spanischen Erbfolgekrieges mafsgebend ; < wir meinen, dafs
ebenfalls der
gleichzeitige
nordische
Krieg
und die Persönlichkeit Karls XII . eine Erwähnung verdient hätte, zumal die preufsischen Truppen auch gegen diesen gefochten haben . - Sehr wichtig ist für die Beurteilung der Operationen und Marsch leistungen der
Hinweis
(S. 173 )
auf die
überaus
mangelhaften
Verkehrswege , die sich in einem Zustande befanden , von dem man sich heutiger Zeit schwer eine Vorstellung macht« . Dieselben . waren übrigens jährigen
Kriege ;
in
derselben Verfassung auch noch im sieben
wenn
(S. 174) gesagt wird :
» Die Anlage von
Chausseen fällt erst in die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts, wurde dann aber rasch und in grofsem Umfange in Angriff ge nommen, so darf man wohl hinzufügen, dafs dies eigentlich nur auf Frankreich und einen Teil Süddeutschlands zutreffend ist ; Friedrich hat zwar für Verbesserung und Vermehrung der Wasser strafsen viel gethan, aber, aus eigenartigen Gründen, keine Meile. Kunststrafse gebaut.
Der Chausseebau beginnt in Preufsen erst
1787 und dann sehr langsam.
Den Schlufs des ersten Abschnittes 15*
Die Kriege Friedrichs des Grofsen.
226
bildet eine besonders gelungene militär-geographische Studie : Schauplatz des ersten und zweiten schlesischen Krieges « . interessant,
an
der
Hand dieser
Studie
zu
verfolgen ,
» Der Es ist
wie das
militär- geographische Element in die Strategie und Taktik hineingreift und beide teilweis beeinflusst.
Wir können uns nicht
erinnern, Besseres auf diesem Gebiet in neuerer Zeit gelesen zu haben; es sei noch bemerkt, dafs auch Friedrich auf die Be deutung desselben in seinen Schriften fort und fort hinweiset , und sich u. A. (Oeuvres XXX 295) dahin äufserst : »Dafs die Kenntnis der Lage der Länder und deren Beschaffenheit das vornehmste ist, was ein Offizier und General wissen mufs und aufserdem keiner ein rechter General werden kann . Heldengeschichte « I , 671 ) ; der Zulauf war so stark,
dafs
binnen 14 Tagen
mehr als 600 Mann
angeworben wurden (vergl. auch Steinberger's, jetzt im Besitz der >>Vaterländischen Gesellschaft « zu Breslau befindliches Tagebuch). --Gelegentlich des » Überfalles von Baumgarten « wird man einen Hin weis auf die aktenmässige Darstellung desselben in den ´des k. u . k. Kriegs - Archives « (Neue Folge.
Mitteilungen
IV. Bd . ) vermissen .
Dort
wird unwiderleglich nachgewiesen , daſs die Behauptung der Berliner Presse, der österreichische Hof habe Meuchelmörder gedungen ge habt, um den König zu ermorden , der Begründung entbehrt (vergl. auch Koser, I. 971). In äusserst lichtvoller Weise ist die Einnahme von Glogau geschildert.
Hier möchten wir nur bemerken, dafs aufser den vier
dort genannten Offizieren
noch
v. Zeuner vom
Markgraf Karl ,
Regiment
die Hauptleute v. Billerbeck und dann Oberstlieutenant
v. d. Goltz vom Dragoner-Regiment v. Möllendorf den Orden pour le mérite erhielten (vergl. 5. Beiheft zum Militär-Wochenblatt 1872). Die
bald nach
der
Thronbesteigung
vollzogene
Stiftung
dieses
Ordens ist seltsamer Weise überhaupt nicht erwähnt. In den folgenden Kapiteln erregt das Interesse besonders der Schriftwechsel Friedrichs und Schwerin's ; derselbe wirft auf das
Verhältnis Beider ein eigenartiges Licht und läfst, wie hier geurteilt wird, die » schulmeisterliche « Art des um 28 Jahre älteren Mar schalls, dem jungen Königlichen Feldherrn gegenüber , erkennen . Be züglich der, dem Parallelmarsch der preufsischen und öster reichischen Armee vom 6. bis 9. April, voraufgehenden Operationen sei eine Berichtigung gestattet, welche auf die Versammlung der preufsischen Truppen vom 2. bis zum 5. April Bezug hat . Wir lesen (S. 370): »Von den in und bei Ratibor stehenden Abteilungen sollte General la Motte mit seinem Regiment und einer Eskadron preufsischer Husaren längs der Oder auf Oppeln ( !) marschieren
228
Die Kriege Friedrichs des Grofsen.
und so das Zurückschaffen der noch in Oberschlesien befindlichen Vorräte decken . >dafs dieser mit durchaus richtigem Blick die Lage erfafste, als er sich entschlofs, seine Regimenter dem preufsischen rechten Flügel entgegenzuwerfen, um diesen aufzuhalten und so dem übrigen Teil der österreichischen Armee die nötige Zeit zum Aufmarsch zu ver schaffen. - Die Mollwitzer Schlacht bleibt auch für die Taktik der Gegenwart immer noch eine reiche Quelle der Belehrung ! Die vom Könige verliehenen Auszeichnungen und Gnadenbeweise für diese seine erste siegreiche Schlacht sind leider nicht aufge führt, so fehlen die Namen der mit dem >> Orden « Dekorierten ; nicht erwähnt wurde ferner die Mollwitzer Medaille, Belohnung der Mannschaften hier
mit
endlich die
des 1. Bataillons Leibgarde,
höchster Auszeichnung focht.
welches
Seite 418 wird der in
der »Histoire de mon temps « enthaltene Schlachtbericht des Königs zum Teil wiedergegeben . Der König erwähnt hier unter Anderm das rühmliche Verhalten des bei Mollwitz gefallenen » Oberst Lieutenant
Fitzgerald vom 1. Bataillon Garde. Dazu bemerkt eine
Fufsnote (S. 419) : » Übrigens war er nur Kapitän , wie auch einige Handschriften des Königlichen Berichtes angeben . « Der hier vor liegende anscheinende Widerspruch löst sich aber, wenn man weils, dafs jeder Offizier des 1. Bataillons Garde einen um zwei Grade
Die Kriege Friedrichs des Grofsen.
229
höheren Rang hatte, als die übrigen Offiziere des Heeres , der Kapitän also den des Oberstlientenants ; - selbst die Feldwebel hatten den Rang von Premierlieutenants . man statt Oeuvres II. 98 richtiger 58.
In Anhang Nr. 2 lese Die Schreibweise mehrerer
Eigennamen ist ungenau ; Cogniazzo schrieb sich Cogniazo ; in der Verlustliste (S. 131 * ff. ) lese man Diericke, nicht Düricke, Lenge feld statt Lingenfeld, Koschembahr statt Koschebar, Rohr statt Rohe, Rahden statt Rhaden, Greifen helm statt Gripenghelm . Nicht können wir von diesem verdienstvollen Werke scheiden, ohne dessen eingehendes Studium allen Offizieren auf das An gelegentlichste zu empfehlen , denn der Frieden soll für den Kriegs mann, wie der König zum Schlusse seiner »Réflexions sur les projets de campagne sagt, » eine Zeit des Nachdenkens sein und der Krieg der Zeitpunkt,
wo er seine Studien in Anwendung bringt. < Schbg.
XVIII.
Umschau
I.
in
der
Militär- Litteratur.
Ausländische Zeitschriften.
Streffleur's österreichische militärische Zeitschrift. (August). Die neue Schiefsinstruktion im Vergleich zur alten . (Schlufs .) ――― - Das Mili tärstrafrecht. Von Dr. E. F. Weisl. Verf. meint, 39 es sei hoch an der Zeit, die wackeren Heere Deutschlands und Österreich-Ungarns mit einem Militärstrafgesetz zu bedenken, das ihrer Pflichttreue und Intelligenz ent spricht." (Man vergleiche mit diesem Aufsatze den der vorliegenden Nummer der „Jahrbücher“ : „ Der Zeitgeist und das Militär-Strafrecht " .) ――― Der Kampf um die Adria im Jahre 1866, von Oberlieutenant H. Zikan. Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und Genie - Wesens ( Österreich.). 8. u. 9. Heft : Russische Ansichten und Vorschläge in Bezug auf den gegenwärtigen Stand der Fortification (J. Bussjäger) . Doppel zünder -Versuche in Österreich-Ungarn (J. Sturm). --- Beiträge zur Ge schichte der optischen Telegraphie. (A. Grünzweig v. Eichensieg). Die Reichswehr (österreich .) . Nr. 151 : Eine unzuverlässige Armee. Behandelt die bekannten Meutereien englischer Truppen. D. R. sagt : „ Darum erfüllt es uns mit Sorge, wenn von einem Beitritt Englands zur Tripel-Allianz die Rede ist " ! Nr. 152 : Die Bekämpfung von Mili tär - Luftschiffen. Die Beschiefsung der Ballons wird ein nur zu ge ringem Teile gelöstes Problem genannt, den Fessel- Ballons werde im Zu kunftskriege ein weites Feld der Thätigkeit sich eröffnen. Nr. 156 : Es war an der Zeit. D. R. giebt ihrer aufrichtigen Befriedigung Aus druck über das Einschreiten der italienischen Regierung gegen die Ver eine der „ Italia irredenta ". - Nr. 157 : Nach zwanzig Jahren. Verf. dieses warm empfundenen Aufsatzes, anläfslich des Sedantages, meint : „dafs Manches anders und nicht Alles besser geworden sei seit den Tagen, da es wie Sturmgebraus und Wogenprall durch die deutschen Gaue hallte und sich die Geister und Schwerter einten zur sieghaften That !" Nr. 158 : Die russischen Mannöver in Wolhynien. - Die Mannesmann' schen Röhren. Bezieht sich auch auf den bezüglichen Aufsatz im August heft der „ Jahrbücher", aus der Feder unseres Mitarbeiters , des Herrn Major Schott. ―― Nr. 159 : Dragomirow's Gefechtsschule. Nr. 162: Festeste Waffenbrüderschaft :
Die Kaiserbegegnung zu Rohnstock
hat ein helles Licht auf die Art und Weise geworfen, in welcher der
Umschau in der Militär-Litteratur.
231
jugendliche, deutsche Kaiser und sein neuer Reichskanzler das Bündnis mit Österreich auffassen ; mit Beruhigung und Vertrauen mag man fortan auf dieses Bündnis sehen , dessen Inbegriff die festeste Waffenbrüder schaft ist und bleibt ! " ―― Nr. 164 : Die Eisenbahnlücke Banjaluka Mitrovitza. Nur mit Schliefsung derselben könne eine von dem unzu verlässigen Serbien unabhängige Verbindung der Monarchie mit Salonicki , dem zukunftsreichsten Hafen im Mittelmeere , erreicht werden. Armeeblatt (österreich .) . Nr. 35 : Der Infanterie-Massenangriff. (Forts.) - Nr. 37 : Betrachtungen über die Fortschritte auf dem Gebiete der Nr . 38 : Die Wirkung von Gewehr- Geschossen Feld-Artillerie. (Forts.) auf den menschlichen Körper. (Mit Benutzung der Werke von Beck, Bruns und Habart). - Bei den Corps- Manövern nächst Grosswardein haben alle Truppen, auch die Honved's, an 2 Tagen mit rauchlosem Pulver geschossen. -Nr. 39 : Das hundertjährige Regiments -Jubiläum des k. u. k . Uhlanen Regiments F. M. Ph. C. Fürst zu Schwarzenberg Nr. 2. Militär - Zeitung (österreich.) . Nr. 60 : Verlegung bosnisch - herze govinischer Truppen nach Österreich. Dieselbe wird als ein Beitrag zur Erfüllung der stolzesten Aufgabe Österreich-Ungarns bezeichnet : Die Kultur nach Osten zu tragen. -- Nr. 63 : Die grofsen Schlufsmanöver bei Debreczin vom 12. bis 16. September 1890. - Nr. 65 : Die Wirkungen der Eisenbahn - Verstaatlichung. Letztere wird, anläfslich der zahl reichen Eisenbahn - Unfälle im Monat August, sehr abfällig beurteilt, namentlich in Bezug auf Gefährdung des Mobilmachungs-Proze. ses. --Nr. 66 : Die Regulierung des Eisernen Thores. Die Beseitigung der bekannten Hindernisse im Flufsbett der Donau wird die Bedeutung der letzteren als Verkehrstrafse bedeutend steigern ; eine Befürchtung, dafs feindliche Kriegsschiffe in Zukunft sich dieselbe zu Nutze machen würden, könne (wegen deren Tiefganges) nicht aufkommen . Nr. 67: Politische und militärische Manöver in Russland .
Die Manöver
bei Rowno werden als eine „ Generalprobe“ bezeichnet, um das Funktio nieren des neuen Apparates bei grofsen Heereskörpern zu prüfen . -Nr. 69/70 : Die Herbst-Manöver des 7. Armee-Corps. Journal des sciences militaires. (August). Taktik der Verpfle gungen (Fortsetzung). Über die Stellung des Offiziers in der laufenden Praxis des militärischen und sozialen Lebens ; Verf. sucht nachzuweisen, dafs dem Offizier bei seiner dienstlichen Thätigkeit nicht Zeit genug bliebe zu intellektueller Ausbildung. --- Bemerkungen über die Reorganisation der Armee. Der Massenkrieg. (Fortsetzung). Der Feldzug von 1814. (Fortsetzung). Französische und fremde Remon Taktik der Verpflegung. tierung. (Fortsetzung. ) ――――― (September). (Fortsetzung.) Taktik der drei Waffen , von Oberstlieutenant Hardy de Périni, nach den am 1. Januar 1890 in Gültigkeit gewesenen Regle ments. Das vorliegende 1. Buch behandelt die Taktik einer aus allen 3 Waffen bestehenden Division , und zwar nach einer Einleitung, die Organisation
derselben,
dann die Operationen zweier gegen einander
232
Umschau in der Militär-Litteratur.
- Die Verteidigungs-Kommission von 1818, von General Cosseron de Villenoisy. -- Der Feldzug von 1814. (Fort setzung .) -- Rauchloses Pulver und Schiefsinstruktion . - Geschichtliche Notizen über den Grofsen Generalstab. (Fortsetzung .) Die französische kämpfenden Infanterie-Divisionen.
Armee von 1690. Übungen und (15. u . 16. September). Le Spectateur militaire. Manöver der Infanterie. Bespricht die durch Einführung des Repe tiergewehrs und rauchschwachen Pulvers erforderlich gewordenen Änderungen der taktischen und reglementarischen Vorschriften. ――― Bericht über das Budget von 1891. Die Effektivstärke wird sich im Jahresdurchschnitt auf 510,940 Mann beziffern . 4 Armee-Corps, anstatt 2 , werden 1891 Corps Manöver ( 20 Tage) haben , 15 Divisions-Manöver ( 15 Tage). - Über einige Kapitulationen in freiem Felde. ―――― Jahrbücher der französischen Armee ( 1819-90) . ( Fortsetzung .) - Auf Seite 463 finden wir folgende interessante Nachweisung über die Zahl der Offiziere prinzlicher und adliger Geburt in der Generalität in den Jahren 1789 und 1889. Es gab in diesen Jahren 29 , bezw. 2 Prinzen ; 52 bezw. 2 Herzöge ; 238 bezw. 3 Mar quis ; 289 bezw. 11 Grafen ; 50 bezw. 1 Vizegrafen ; 75 bezw. 11 Barone ; 106 bezw. keinen Chevaliers ; 247 bezw. 157 mit dem Adelsprädikate (Noms avec particule) ; 66 bezw. 482 ohne Adelsprädikat. Revue de Cavalerie. (August. ) Das Manuskript der Cara biniers. Dieses in der Bibliothek von Luneville gefundene Manuskript behandelt die Geschichte des Carabinier-Corps von 1693 bis 1814, Verfasser ist ein ehemaliger Kapitän des 1. Carabinier- Regiments. Hier werden Auszüge aus der Zeit der napoleonischen Kriege gegeben, beginnend mit ――― Die dem Feldzuge 1800 . -- Die deutsche Kavallerie. (Fortsetzung .) Kavallerie auf dem Marsche ; behandelt den eigentlichen Marschdienst. Die Kavallerie während der Manöver 1879. Revue d'artillerie . ( September) . Studie über die physischen Eigenschaften des Stahls bei sehr niedriger Temperatur. Unter dem Einflufs des Frostes verändert sich der Molekular- Zustand und dieses Metall erleidet zeitweise Veränderungen, die seine Widerstandsfähigkeit beeinträchtigen. Die Repetier-Gewehre des Auslandes. (Fortsetzung. ) - Das rauchlose Pulver im Festungskriege (Übersetzung des Wiebe'schen Werkes : „Das rauchschwache Pulver und seine Bedeutung für den Festungs krieg"). Revue du service de l'Intendance militaire . (Juli - August. ) Die Er Der Kaffee im französischen zeugung von Brodfrüchten in Frankreich. Über den Einfluss der Schwefelsäure auf das Mehl. Handel. Revue du cercle militaire . Nr. 35 : Die jüngsten Fortschritte der europäischen Marine. - Die russischen Manöver bei Narva. ――――――― Ein neuer Typus von Offizier- Revolver. - Nr. 36 : Ein merkwürdiges Verfahren der Erzeugung metallischer Röhren. Dieser Aufsatz behandelt das Mannesmann'sche Verfahren und giebt den in den „ Jahrbüchern“ (August Heft) erschienenen Aufsatz in wörtlicher Übersetzung wieder. - Der Lauf
Umschau in der Militär-Litteratur.
233
der zukünftigen transsibirischen Eisenbahn . - Nr. 37, 38, 39 : Die Be festigungen des St. Gotthard. - Die neuesten Fortschritte der europäischen Marinen. -- Gefechtsschiefsen der Infanterie. Die annamitische Sprache Die russischen und der französische Einflufs im chinesischen Indien. Eisenbahn-Truppen bei den Manövern in Wolhynien. - Die Verwundbar keit der Luftschiffe. L'Avenir militaire.
Nr. 1506 : Der Munitions - Ersatz im Gefecht.
Kritik der Instruktion vom 25. Juni d. J. A. rechnet heraus, dafs dem französischen Soldaten vor Beginn des Gefechts 141 Patronen zur Verfügung stehen, dem deutschen 195. Die Instruktion biete nicht Neues, als die Verteilung der Munition des Bataillons -Patronenwagens vor dem Gefecht und die Regelung der Ergänzung der Munition in der vorderen Gefechts linie. -Nr. 1508 : Gewaltmarsch. 37 Soldaten vom 116. Infanterie Regiment haben, unter Führung von 3 Offizieren , eine Strecke von 20 km von Vannes bis Aurdy, in 1 Stunde 50 Minuten (also den km in 5½ Minute?) zurückgelegt, ohne Gepäck, nur mit Gewehr und Seitengewehr. - Nr. 1510: Die Kolonial - Armee. Die Bildung eines besonderen , von der Marine unabhängigen Kolonial-Armee-Korps wird befürwortet. - Nr. 1511 : Die Aufgaben der Marine bei Verteidigung von Paris. Es wird die Herstellung schwimmender Batterien für die Seine befürwortet. ―― Nr. 1513: Die Ergebnisse der Grofsen Manöver. „ Die Repräsentation “, sagt A. habe mit einem Theater-Koup ( ! ) geendigt ; der Präsident der Republik und der Kriegsminister hätten, anstatt sich damit zu begnügen, der Groſsen Parade "" beizuwohnen " , dieselbe in einem von Artillerie- Pferden gezogenen Wagen sitzend, abgenommen ! Le Progrés militaire . Nr. 1024 : Der Feldmarschmäfsige Anzug. Pr. bespricht in abfälliger Weise die kürzlich erschienenen Vorschriften ; so gehen z. B. die Infanterie- Offiziere in's Feld in blauer Bluse und schwarzen Mantel, während deren Mannschaft schwarze Aermelweste und blauen Mantel trägt ; der Offizier sei folglich sehr deutlich erkennbar ; das Gegenteil solle der Fall sein. Das Regiment der „Tirallieurs Sénégalais" wird künftig 3 statt 2 Bataillone stark sein ( 12 statt 10 Kompagnien). Nr. 1025 : Einteilung des Jahres - Kontingents . Dasselbe zählt in Summa 184,922, von denen 50,866 ein Jahr, 134,056 drei Jahre dienen ; von der Gesamtzahl entfallen auf die Kolonial-Armee (Marine-Infanterie und Artillerie) 11,400 . Die Friedensstärke berechnet sich demnach wie folgt : 50,866 Einjährige, 3 Jahrgänge (je 134,056) Dreijährige = 402,168 ; Summa 453,034 ; dazu ferner :
5,491
auf ein Jahr, 10,630 auf zwei
Jahr Zurückgestellte ; Summa 479,155 ; nach Abzug von Ausfällen (3 % ) : 464,781 ; dazu Gendarmerie 25,795 ; Total 490,516 . Die im Budget vor gesehene Effektivstücke macht aber namhaft 26,934 Köpfe des permamenten Dienststandes (Effektiv) und 520,548 Mann . Der Überschufs von 56,916 Köpfen entfällt auf die Kadres, die Fremden- Regimenter und tirailleurs algériens. ――― Nr. 1031 : P. m . feiert in einem Rückblick auf die Manöver besonders
den bescheidenen Troupier", von dem man Alles erlangen könne,
234 wenn wolle -Nr. dieses
Umschau in der Militär-Litteratur.
sein guter Wille nicht ungeschickter Weise paralysiert würde ; er geführt, befehligt sein, daran habe es im letzten Kriege gefehlt! 1033 : Tod des General Douay. Die Legende von der Ermordung Generals bei Weifsenburg durch einen Turko wird hier durch einen
an die Witwe des Generals gerichteten Brief des letzten Adjutanten, Capitain du Closel, der gleichzeitig mit General Douay durch einen Granatsplitter schwer verwundet wurde, als Erfindung gekennzeichnet. La France militaire. Nr. 1908 : Das 29. Dragoner-Regiment wird am 1. Oktober in Alençon formiert, die Eskadrons in Stärke von 90 Reitern, 80 Pferden. - Nr. 1910 : Bei den Manövern des 16. Corps sind interessante Versuche angestellt worden mit Beförderung des Gepäcks auf Fahrzeugen, davon jede Kompagnie 2 sogenannte Fourgons erhielt ; auf dem einen wurde der entbehrliche, auf dem anderen der unentbehrliche Teil des Gepäcks untergebracht , einschliefslich der Lebensmittel ; letzterer sollte der Truppe stets unmittelbar folgen ; die Mannschaft trug das Lagergerät und mit Hülfe einer dritten Patrontasche alle Patronen. - Nr. 1911 : Für die Entvölkerung Frankreichs, welche seit dem Anfang des Jahrhunderts datiere, macht F. m. die Kriegführung Napoleons I. verantwortlich ; dieselbe habe von 1799 bis 1812 3 Millionen kräftige Männer gekostet, welche gröfsten Teils auf dem Schlachtfelde oder in den Lazaretten zu Grunde gegangen seien. Nr. 1922 : Zu viel Fahrzeuge ! Nämlich im Generalstabe, sagt Verf. der Korpskommandeur dürfe sich nicht im Wagen seinen Truppen zeigen, sondern an der Spitze derselben zu Pferde. - Nr. 1927 : Das augen fällige Bündnis, (nämlich zwischen Russland und Frankreich ) wird in enthusiastischer Weise gepriesen : „Russen und Franzosen, reichen wir uns bei hellem Tageslicht die Hand ; nach Narwa : ein Pultawa, nach Unruhe und (Die über die Mafsen gepriesenen grofsen Mifserfolg der Triumph"! Herbst-Manöver scheinen dem Verf. dieses Aufsatzes zu Kopfe gestiegen 1928 : Die französischen Streitkräfte. Dieselben werden, zu sein ! ) . nach Abzug ziemlich hoch gegriffener Prozente, auf 3,771,098 Mann be rechnet (aktive Armee, Reserve und Territorial-Armee), dazu Offiziere und Gendarmerie : 52,729 Köpfe ; Summa 3,823,827 ; also, hinzugerechnet die Kriegs- Freiwilligen und die fällige auszuhebende Jahresklasse, 4 Millionen wohl bewaffnete, organisierte Streiter, mit denen Frankreich der Zukunft ruhig entgegensehen könne. Revue de l'Armee belge. ( 1. Band) : Unter diesem veränderten Titel wird die seit 1876 bestehende „Revue militaire belge" in Zukunft erscheinen. Als Leiter zeichnet Oberstlieutenant E. Daubresse. 1. Geschichte der Belagerung von Ostende, 1601-1604 (Forts.) von General Henrard. — 2 . Feldmäfsiges Schiefsen gegen verdeckte Ziele. - 3. Konstruktions- Grund sätze der Handfeuerwaffe und seiner Munition (Artillerie- Hauptmann Qui raux) 4. Die Geschützfrage in Belgien 5. Die Aufgabe der Kavallerie auf dem Schlachtfelde, von L. de W. La Belgique militaire . Nr. 1013-16 : Unsere Manöver in wech selndem Gelände. Dieselben verdienen dieses Jahr besonderes Jnteresse,
Umschau in der Militär-Litteratur.
235
da eine ganze Kavallerie -Division dabei zur Thätigkeit kommt, ferner wegen der Anwendung rauchlosen Pulvers , dann der vollkommnen Aktions freiheit der kämpfenden Gegner, endlich der ersten Anwendung der neuen Felddienstordnung. Die Manöver finden in Flandern statt. -- Panzer laffeten ohne Rücklauf. Besprechung der neuesten Versuche des Gruson werkes ; General Wauters ist als warmer Verteidiger der neuen Kriegs maschinen heimgekehrt. Rauchloses Geschützpulver. Das selbe ist ein verbessertes Nobel-Pulver M/1889, und wurde bei Schiefs übungen mit dem gezogenen Feldgeschütz (Kaliber 8,7 c) probiert ; das neue Treibmittel soll, wenn es sich bewährt, in Belgien selbst hergestellt werden. Schweizerische Monatschrift für Offiziere aller Waffen. Nr. 7/8 : Zwei Briefe über Taktik.
Verf. ist der Ansicht, dafs allgemein in taktischen
Dingen zuviel auf Überlieferung und Dogmatik, zu wenig auf eigene Logik gebaut werde. - Die freiwillige Hülfe" und der Landsturm. Über die Disziplin (Schluſs ). - Kriegswesen Caesars von Dr. F. Fröhlich. — Kontrol stärke unseres Heeres am 1. Januar 1890 : Im Auszug 126,444 M.; in der Landwehr 80,796 M.; im bewaffneten Landsturm 82,129 M. Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie . Nr. 7/8 . Ergebnisse von Versuchen über die Verwendbarkeit des Bremssystems Lemoine. Ergebnisse von Schiefsversuchen mit 8,4 cm Shrapnels, Zündern mit langsam brennenden Satzringen, Schufsladung von 1400 g, sowie mit Wurfladungen von 700, 467 und 350 gr. Ergebnisse eines Versuches mit dem 12 cm Mörser der Positions- Artillerie (Modell 1884), zur Bestimmung der Ab gangsfehler bei verschiedenen Ladungen und Elevationen. Taktische Ergebnisse des Schiefskursus für Feld- Artillerie 1890. ――――― Die schweizerische Kartographie an der Welt-Ausstellung von Paris 1889 und ihre neuen Ziele von Ingenieur F. Becker, Major im Generalstab (Forts. ). Bericht des Militärdepartements über seine Geschäftsführung im Jahr 1889 (Schlufs). - Das Pulver. Allgemeine Schweizerische Militärzeitung . Nr. 36 : Die Neuerungen im Heere Österreich- Ungarns. - Nr. 38 : Die eidgenössische Intervention im Kanton Tessin. ― Die Hälfte des Bedarfs an neuen Gewehren sollte im Laufe dieses Jahres gedeckt werden ; dies ist durch Nichterhalt der in England bestellten Maschinen unmöglich geworden , so dafs nur der kleinste Teil der für 1890 in Aussicht genommenen Gewehre geliefert werden kann. Nr. 39 : Über die Durchschlagskraft der Geschosse und Erklärung der dabei beobachteten Erscheinungen (Prof. Hebler). Die Feldmanöver bei Rothkreuz . Admiralty and Horse Guards Gazette.
Nr. 300 : Der Gesundheits
zustand des englischen Soldaten . Eine Betrachtung über die erst jetzt vom Kriegsministerium veröffentlichte Zusammenstellung der Krank heits- und Todesfälle des englischen Heeres im Jahre 1888. Trotz der Verbesserung des Gesundheitszustandes im Allgemeinen hat sich die Zahl der Todesfälle vermehrt. In den Städten kommen weniger Krankheiten,
236
Umschau in der Militär-Litteratur.
aber mehr Todesfälle wie in den Lagern vor ; der ungünstigste Gesundheits - Nr. 301 : Oberbefehl und zustand war bei den Garde-Fufstruppen. Generalstab in Frankreich. Mitteilung und kritische Betrachtung der durch das Gesetz vom 6. Mai neugeordneten Kommando - Verhältnisse im französischen Kriegsministerium. - 302 : Physische Eigenschaften der Offiziere. Es wird beklagt, daſs bei den erhöhten Anforderungen an die Leistungen der Offizier-Aspiranten, deren Körperentwicklung zurückgeht und dafs bei der Aufnahme in den Militärschulen junge Leute zugelassen werden, deren Körperbeschaffenheit sie nicht zum Offizierdienst geeignet ――― erscheinen läfst. 305 : Die Belgischen Manöver. Anknüpfend an den Beginn der Manöver in Belgien wird behauptet, dafs dieses eine weit gröfsere Truppenmacht halte, als die Gröfse des Landes, die Einnahmen und der reine Verteidigungszweck es erforderte . - Signale für mili tärische Zwecke. Eine neue Art von Racketen ohne Stock und Gestell von leichtem Gewicht und geringer Gröfse, die ohne Vorbereitung abge feuert und in einer Höhe von ca. 600 m. ein farbiges Licht verbreiten , sind im Lager von Aldershot eingehenden Prüfungen unterzogen. Die damit abgegebenen Signale waren bis auf 9 Kilometer deutlich zu erkennen. In Indien sind sie schon seit längerer Zeit auf Entfernungen bis zu 18 Kilo meter im Gebrauch. Army and Navy Gazette. Nr. 1592 : Anstellung ausgedienter Soldaten. Die geringe Sorge, welche die Regierung auf die Anstellung ausgedienter Soldaten verwendet, wird als Hauptgrund für die jährlich abnehmende Zahl von Rekruten hingestellt. - Die französischen Ma növer. Die für die Manöver aufgestellten Gefechts-Grundsätze des General Ferron werden besprochen. Erwähnt sind das Aufhören des Aufklärungs dienstes der Kavallerie im Bereich des Gewehrfeuers und Beginn desselben von diesem Zeitpunkte an durch einzelne Kompagnien, Eröffnung des Artillerie-Kampfes auf 2500-2000 m, sorgfältige Auswahl der Batterie Stellungen, Eröffnung des Infanterie -Feuers auf 800-600 m. Die Feuer Entscheidung mufs zwischen 700-400 m. herbeigeführt werden, zu welchem Zwecke die Tiefengliederung verringert und die erste Feuerlinie verstärkt werden soll. Reichliche Munitions-Ausrüstung und gründliche Ausnutzung des Geländes sind unbedingt erforderlich. -- Nr. 1593 : Moderne Infan terie - Taktik. Eine Zusammenstellung der Grundsätze für das Infanterie Gefecht , wie sie in zwei vor Kurzem gehaltenen Vorträgen des Kommandeurs der Schiefsschule zu Hythe und des ersten Instruktors für Entfernungs schätzen in Aldershot festgesetzt sind . Beide erklären, das jetzige Exerzier Reglement sei veraltet, frühere Entwicklung von Schützenlinien , besondere Ausbildung im Beschiefsen feindlicher Artillerie, Errichtung einer Schule Die reitende für den Betrieb des Entfernungsschätzens werden verlangt . Artillerie. Eine kurze Entwicklungsgeschichte der reitenden Artillerie Englands vom Jahre 1793 an bis zur Jetztzeit. -- Nr. 1596 : Die Auf gabe der Kavallerie im Kriege. Oberst Lousdale Hale weist die Schwierigkeit nach, die sich der kriegsgemäfsen Ausbildung der Kavallerie
Umschau in der Militär-Litteratur.
237
im Frieden entgegenstellt. Die bei Eröffnung des Krieges 1870 auf beiden Nr. 1598 : Seiten begangenen Fehler der Kavallerie werden erörtert. Die Kavallerie - Manöver. Die in diesem Jahre unter Leitung des Gene rals Sir Evelyn Wood stattfindenden Kavallerie-Übungen von 2 vereinigten Brigaden, der reitenden Artillerie und der den Regimentern zugeteilten Schnellfeuer-Geschützen werden kritisch besprochen. Den Schwimmübungen ist besonderer Wert beigelegt. The illustrated naval and military Magazine (September). Die neuen Veränderungen in der deutschen Armee. Eine kurze durch weg richtige Schilderung des gegenwärtigen Heerwesens Deutschlands mit. ――― Charakteristik der einzelnen Waffengattungen. Unsere Beurteilung in Deutschland . Die im Juli Heft der „Jahrbücher“ für die deutsche Armee und Marine und in der „ Internationalen Revue über die gesamten Armeen und Flotten " erschienenen Aufsätze über die englischen Wehrver hältnisse sind teilweise übersetzt und werden anerkennend besprochen . Wajennüj Ssbornik. VIII . u . IX . Heft. Die Fortsetzung des Aufsatzes : „ Das Eriwan - Detachement 1877/78 " von Koljubanin bringt die Schil derung des Gefechtes bei Dajar zwischen Mukthar- Pascha und dem General Tergukassoff. Die Truppenführung im Gefecht in welcher Abhandlung eine Reihe von trefflichen Fingerzeigen für die Bedingungen einer sachgemässen Kommandoführung gegeben werden . Auch auf das deutsche Exerzier-Reglement wird hingewiesen. - Die Pferdezucht und die Transport mittel des europäischen Russlands auf Grund des Ergebnisses der Zählung von 1888. Die Hülfsquellen der Gouverne ments des sogenannten Moskauer Fabrik-Rayons an Pferden stehen manchen andern Teilen nach .
Es kommen auf die Quadratwerst an Pferden im
Gouv. Moskau 10, Smolensk 9,6 , Twer 6,9, Nishny Nowgorod 6,4, Jaros lav 5,9 , Wladimir 5,3 Pferde. Das deutsche Militär - Gesetz vom 15. Juli 1890 wird einer eingehenden Betrachtung unterzogen und die Bedeutung der Organisation der Reserven erörtert, wobei die Wichtigkeit der Stellung der Landwehr- Bezirkskommandeure hervorgehoben wird. Russisches Marine -Journal Nr. 7 u. 8. Die russische Flotte im schwarzen Meere. (Fortsetzung. ) Bericht über die Pariser Ausstellung im Jahre 1889, von Lieutenant Bostrem. - Karte der russischen Ostsee mit den Linien gleicher magnetischer Abweichung. Auf Grund der neuesten Beobachtungen russischer Marine-Offiziere in den Jahren 1875-89, zusammengestellt vom Lieutenant Schdanko. Russisches Ingenieur-Journal Nr. 6.
Beschreibung des zum Transport
von Sprengstoffen vorgeschlagenen neuen Sappeur-Tragsattels (A. Ban kowsky). Russisches Artillerie- Journal . Nr. 7 u . 8 : v. d. Launitz knüpft an die Übersetzung eines deutschen Vortrages über den abgekürzten An griff auf Festungen einige Bemerkungen über die Eroberung von Kars, in denen er auf die sich gegenüberstehenden Anschauungen von Sauer
238
Umschau in der Militär-Litteratur.
und Brialmont sich stützt . - E. N. Koboseff macht Vorschläge für eine „ graphische Methode " des Artillerie - Kriegsspiels " . Beresowski's Raswiedtschik. Nr. 28-30 : Bringen u. a. das Bild und die Biographie des Kriegsministers Peter Ssemenowitsch Wan nowskij bei Gelegenheit des 50 jährigen Dienstjubiläums desselben. Gleich zeitig wird neben einem Überblick über die Vorgänger des Generals ein solcher über seine Leistungen während seiner neunjährigen Thätigkeit als Kriegsminister gegeben. General Wannowskij ist im Gegensatze zu der Mehrzahl seiner westeuropäischen Amtsgenossen Truppenoffizier par excel lence, der erst im letzten türkischen Kriege eine höhere Stellung im Gene ralstabe einnahm. ―――― Nr. 29 enthält ein Bild und eine Übersicht über die russischen Militärschriftstellers , Kaulbars , der bekanntlich Baron Generalmajors im Generalstabe 17. auch ein vortreffliches Werk über die deutsche Armee verfaſste.
litterarische
Thätigkeit
des
bekannten
Rivista militare italiana . ( September - Heft ) : Nachrichten über die Militärschule in Modena und Casala . (Fortsetzung. ) Studien über Belagerungskrieg. Behandelt zunächst die Belagerungsparks in den verschiedenen Grofsmachtstaaten . Hat das rauchlose Pulver Einfluss auf die Verwendung der Kavallerie ? Verneint diese Frage. Esercito italiano. Nr. 111 : Vom 1. November finden unter Leitung der Generalstabsoffiziere ca. 2 Monat dauernde Kurse im Eisenbahnstations dienst für den Fall der Mobilmachung statt, zu dem Offiziere der Infan terie, Kavallerie und des Genies des aktiven Heeres sowohl wie des Be urlaubtenstandes herangezogen werden. Die Teilnehmer sind in 7 Gruppen, Nr. 113: entsprechend ebenso vielen Teilen des Bahnnetzes eingeteilt. Nach Auflösung von Stab und 2 Bataillonen des afrikanischen Jäger- Re giments, 1 Compagnie Bersaglieri, einer Kanonier -Compagnie besteht am 1. Oktober das italienische Spezialcorps in Afrika aus : 2 Bataillonen Jäger, 1 Bataillon Bersaglieri zu 3 Compagnien , 1 Batterie zu 6 Geschützen, je einer Compagnie Arbeiter, Spezialisten (Eisenbahn- und Telegraphen truppen), Sappeurs, Sanitäts-, Verpflegungs- und Traintruppen mit zu sammen 109 Offizieren, 371 Unteroffizieren, 3096 Mann . - Die einge borenen Truppen umfassen dagegen nach ihrer gleichzeitigen Vermehrung : 6 Bataillone Infanterie mit90 italienischen Offizieren , 48 eingeborenen Offizieren, 42 italienischen Unteroffizieren , 4886 eingeborenen Leuten, 372 Pferden und Maultieren . 2 Eskadrons mit 10 italienischen Offizieren, 50 italienischen Unteroffizieren , 256 Eingeborenen, 304 Reit- und Zug tieren. 1 Gebirgsbataillon mit 4 Offizieren , 16 Unteroffizieren (alle Italiener), 165 Eingeborenen , 125 Reit- und Zugtieren. ――――― Nr. 114: Die Neubearbei tung der (von 1888 stammenden) Schiefsvorschrift für die Infanterie des italienischen Heeres ist so gut wie fertig . Memorial de Ingenieros del Ejercito (Spanien) . Nr. XVII . u . XVIII : Tragbare Rampen für das Ein- und Ausschiffen von Kavallerie und Artillerie auf Eisenbahnen.
Umschau in der Militär- Litteratur.
Revista cientifico- militar (Spanien) .
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Nr. 18 : Praktische Ideen über
die Verteidigung Spaniens (Schlufs ). Beachtenswert dabei Vorschläge zur Reform des spanischen Heerwesens. Revista technica de infanteria y caballeria (Spanien) . Nr. VI : Die Verwendung der Photographie für Kriegszwecke. Revista das Sciencias militares (Portugal). (Juli) : Die Militär diktatur : Giebt Aufschlufs über die Umstände unter denen die Dekrete vom 10. Februar 1890 über Heeres- und Flottenreserve sowie Landesver teidigung erlassen wurden. Revista militar Argentina. Nr. 73 : Die Schlacht von Tuyuti (24. Mai 1866). Norsk militaert Tidsskrift (Norwegen). (8. Heft.) Das dänische 8 mm Repetiergewehr M/ 1889 . De Militaire Gide (Holland) .
( 5. Lieferung.)
Die Wirkung des Ge
schützfeuers gegen Feldziele. II. Bücher . Geschichte der Kriegswissenschaften vornehmlich in Deutsch land. XVII . und Von Max Jähns. Zweite Abteilung . XVIII. Jahrhundert bis zum Auftreten Friedrichs des Grofsen 1740.
München und Leipzig .
Druck und Verlag von R.
Oldenburg 1890. Die „Jahrbücher" hatten schon im April d . J. Gelegenheit, die Auf merksamkeit ihrer Leser auf die Erste Abteilung dieses gediegenen Sammelwerkes zu lenken. In rascher Folge ist der Ersten nun die Zweite Abteilung gefolgt, abermals ein stattlicher Band von etwa 900 Druck seiten. Man mufs den in demselben bethätigten bienenartigen Fleifs des Herrn Verfassers geradezu bewundern, nicht minder aber die Geschick lichkeit, mit der derselbe es verstanden hat, das überwältigend grofse Material zu sichten und zu gefälliger Darstellung zu bringen. Dieser Band eröffnet, wie der vorige, mit einer eingehenden, etwa 33 Seiten füllenden Inhalts-Übersicht, durch welche der Leser mit dem verarbeiteten Stoffe in nuce bekannt wird ; dieselbe ist für die Benutzung des Werkes von grofsem Werte. ― Der hier behandelte Stoff umfafst 3 "" Bücher" , von denen das Fünfte „des siebzehnten Jahrhunderts erste Hälfte", das Sechste „des siebzehnten Jahrhunderts zweite Hälfte" , endlich das Sie bente „ das achtzehnte Jahrhundert vor Friedrich dem Grofsen " behandelt. Das 5. und 6. Buch ist in je 4 Kapitel gegliedert -- Allgemeine kriegs wissenschaftliche Werke, Truppenkunde, Waffenlehre und die Wissenschaft von Befestigung und Belagerung - das 7. hat ein Kapitel mehr , da es Truppenkunde und Heereskunde gesondert betrachtet. Jedes Kapitel zer fällt in 2-5 Gruppen ", die in zahlreiche, mit der Jahreszahl versehene Unterabteilungen und Paragraphen geschieden sind . Es wird dem Leser auf diese Weise ungemein leicht gemacht, die über ein beliebiges Thema 16 Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXVII., 2.
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gewünschte Auskunft zu erhalten. Greifen wir z . B. die 3. Gruppe des II. Kapitels im 7. Buch heraus, „Das Heerwesen Deutschlands ", so finden wir folgende Abschnitte : Die Reichskriegsverfassung betreffende Schriften, Reichsgesetzliche Bestimmungen, Die Kreiskontingente, Preufsisches Heer wesen, Österreichisches Heerwesen, Heerwesen der geistlichen Kurfürsten, Bayerisches, pfälzisches und pfalzbayerisches, kursächsisches, kurbraun schweigisches, reichsfürstliches und reichsstädtisches Heerwesen, welche Ab schnitte dann wiederum in einzelne Themata , so Heeresaufbringung , Rechts und Dienstvorschriften, Verpflegungswesen, Sanitätswesen u. s. w. nach Bedarf geschichtet sind. Dem preufsischen Heerwesen ist im 7. Buche die eingehendste Behandlung zu Teil geworden, was wohl in dem hier zur Verfügung gewesenen, besonders reichen archivalischen Material und der sehr umfangreichen einschlägigen Litteratur begründet ist . Wir finden z. B. in den § 30-36 eine vollständige aktenmäfsige, kurz gefafste Dar stellung der Entwicklung der preufsischen Heeresaufbringung und des Dienstbetriebes bis zum Tode Friedrich Wilhelms I. Nur ein auch hierher gehöriges Thema vermissen wir, das doch auch zur Heereskunde ge hörige Invaliden- und Versorgungswesen ! ― Wir sind aufser Stande, von der Überfülle des verarbeiteten Stoffes hier einen vollkommenen Begriff zu geben, und begnügen uns damit, anzudeuten , was dem Leser geboten wird. Ein geistvoller Vortrag, verbunden mit glänzender Darstellung und durchsetzt mit scharfsinnigen kritischen Anmerkungen glauben wir als besondere Vorzüge des Jähns'schen Buches besonders hervor heben zu sollen. Wir meinen, dasselbe wolle nicht sowohl gelesen , als studiert sein ; vor Allem ebnet es die Wege zu einem gründlichen Studium der Geschichte der Kunst und Wissenschaft des Krieges . Wer immer ein solches zu seiner Aufgabe macht, der wird in Zukunft zunächst zu Jähns' „Geschichte der Kriegswissenschaften " greifen müssen ; dieselbe gehört zu den verhältnismäfsig seltenen Büchern, denen ein bleibender Wert ge 1. sichert ist. Jahresberichte über
die Veränderungen und Fortschritte
im Militärwesen. XVI . Jahrgang. 1889. II. Teil : Berichte über die einzelnen Zweige der Kriegswissenschaften . Mitwirkung mehrerer Löbell , Oberst z. D.
Unter
Offiziere , herausgegeben von H. v. Berlin, E. S. Mittler & Sohn.
Der II. Teil (vergl. Besprechung des I. Teils in Band 76, S. 343 ) ist dem I. nach einem Vierteljahr gefolgt, rascher als man erwartet hatte. Dem Umfang nach ist der II. Teil erheblich geringer als der I. (330 Seiten gegen 652), der Bedeutung nach giebt er dem I. nichts nach. Die einzelnen Berichte beziehen sich auf die Taktik der Infanterie, der Kavallerie, der Feld-Artillerie, des Festungskrieges, die Handfeuerwaffen, das Material der Artillerie, das Befestigungswesen, das Militär-Brieftaubenwesen, die Militär Telegraphie, die kriegs- und heeresgeschichtliche Litteratur des Berichts Jahres. Der Bericht über das Material der Artillerie umfafst die Jahre
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1888 und 89 , über Befestigungswesen 1887-89 , über Brieftaubenwesen 1881-89 . Hinsichtlich des Umfangs der Berichte ist nicht durchweg das sachgemäfse Verhältnis innegehalten, so ist der Bericht über die Taktik der Kavallerie länger als diejenigen der Infanterie und Feld-Artillerie zu sammengenommen, ohne dafs die letzteren beiden Lücken zeigten ; der Um fang des Berichts über Handfeuerwaffen übertrifft denjenigen über das Material der Artillerie um etwa 1 , während der letztere 2 Berichtsjahre umfafst und an Vollständigkeit nichts zu wünscheu läfst. Indessen kommen keine so auffallenden Mifsverhältnisse vor, als im I. Theil und verdanken wir dies, wie wir bei einer anderen Gelegenheit ersehen haben, der Ein wirkung des Herausgebers. Dem Werte nach ist es zwar schwer, die einzelnen Berichte in ein Verhältnis zu setzen . Am hervorragendsten erscheinen uns doch wohl diejenigen über Taktik der Infanterie, Hand feuerwaffen, Material der Artillerie und über Befestigungswesen ; dem letzten möchten wir sogar den ersten Preis zuerkennen, gebührte dieser nicht dem Herausgeber, zugleich dem Schöpfer des Unternehmens, in dem der Gedanke nicht nur einstens zur Reife gelangte, der es auch verstanden hat, durch bald zwei Jahrzehnte das Werk auf seinem hohen Standpunkt 12. zu erhalten.
Regiments- Geschichten . 1. Geschichte des 5. Infanterie - Regiments , Prinz Friedrich August Nr. 104. 1867-1889 . Auf Befehl des Regimentes bearbeitet von Delling , Hauptmann und Compagnie-Chef im Regimente. Chemnitz. Verlag der Focke'schen Buchhandlung (L. Hapke) 1890. Gr. 8. 104 Seiten . Beim Erblicken des Titels fällt auf, dafs die Geschichte eines Regi mentes , welchem seine Nummer einen Platz unter den älteren Regi mentern der königlich Sächsischen Infanterie anweist, seine Geschichte nicht weiter zurückführt als bis zum Jahre 1867 , während bei den meisten Arbeiten dieser Art die Verfasser sich bemühen, den Stammbaum ihres Truppenteiles so weit hinauf als irgend möglich zu verfolgen und letzterem die erreichbar längste Ahnenreihe zu verschaffen, mag auch der Faden, welcher die Gegenwart mit der Vergangenheit verknüpft, noch so schad haft sein. Das abweichende Verfahren des Hauptmann Delling beruht • darauf, dafs das Regiment Nr. 104 bis zum Jahre 1867 eins war mit dem Regimente Nr. 105 , und dafs das letztere im Jahre 1887 durch einen früheren Kommandeur, den damaligen Oberst Larrafs , eine eingehende Dar stellung seiner Schicksale erhalten hat. Die mit derselben verbundene Vorgeschichte reicht bis zum Jahre 1701. das Schwesterregiment.
Das Buch gilt mithin auch für
Sein Vorhandensein liefs den Verfasser der vor
liegenden Regimentsgeschichte von einem jeden Zurückgreifen auf die Zeit vor 1867 absehen , gab aber Veranlassung, die Geschichte des Regiments Nr. 104 so auszustatten, dafs den Besitzern des erstgenannten Werkes Gelegenheit geboten ist, die Vorgeschichte und die Geschichte der 5. In fanterie -Brigade Nr. 47 , wie sie sich von 1701 bis 1871 darstellt, in einem 16*
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Bande zu vereinigen . Da die Wege der beiden Regimenter, wenn die selben auch in einer Brigade vereint blieben, im Jahre 1867 sich schieden, so würde die Arbeit des Hauptmann Delling jedenfalls schon von diesem Zeitpunkte an von der des Oberst Larrafs zu trennen sein. Gewichtiger ist das Bedenken gegen die Verweisung auf das letztere Werk gegenüber der dem Verfasser der erstgenannten Schrift gestellten Aufgabe eine Geschichte zu schreiben, welche mit dem Zwecke eines Lehr- und Lese buches für die Mannschaften zugleich auch für weitere Kreise den einer authentischen Darstellung alles dessen verbinde, was das Regiment seit seinem Bestehen im Rahmen des grofsen Ganzen miterlebt und geleistet habe. " Eine Mannschaftsgeschichte ist aber weder das eine Buch noch das andere. In der Arbeit des Hauptmann Delling nimmt naturgemäfs die Schilderung der Thätigkeit und der Erlebnisse des Regiments im Kriege 1870/71 den Hauptplatz und den verhältnismäſsig gröfsten Teil des Raumes ein. Dieselbe ist eingehend und sachgemäfs geschrieben ; sie läfst auf dem Hintergrunde der in richtigem Umfange berücksichtigten allgemeinen Ver hältnisse den Gegenstand ihrer Sonderaufgaben gebührend und angemessen hervortreten. Was in den übrigen Jahren geschah ist in Gestalt einer Chronik mitgeteilt. Beigegebene Pläne helfen zum Verständnisse der Er eignisse des Feldzuges, an denen das Regiment fechtend beteiligt war. Saint-Privat, Sedan und die Schlachtfelder des 30. November und 1. Dezem ber vor Paris waren die Schauplätze seiner hauptsächlichsten Thätigkeit. Zahlreiche Anlagen geben Auskunft über persönliche Verhältnisse, nament lich aus der Kriegszeit . Wünschenswert wäre eine Stammliste der Offi ziere gewesen ; sie bietet gröfseres Interesse als die „ Placierungslisten“. welche sich aufserhalb des Textes und in demselben finden . Wenn in den Verlustlisten bei einzelnen Compagnien steht
"7 Fehlt", so fragt man
„warum ? " ; durch Nachschlagen erfährt man, dafs die Compagnie keine 14. Verluste erlitten hat, weil sie abkommandiert war. 2. Geschichte des 2. thüringischen Infanterie - Regiments Nr. 32 von seiner Gründung an. Von E. Freiherr v. Türcke , Sekonde Mit Ab Lieutenant im 2. thüringischen Infanterie - Regiment Nr. 32. E. S. Mittler & Sohn. Berlin 1890. . bildungen , Karten und Plänen. 8,50 M. Mit der Bearbeitung des vorliegenden Werkes , welches dem Durchlauchtigsten Chef, Seiner Hoheit dem Herzog Georg II. von Sachsen Meiningen-Hildburghausen gewidmet ist, war Seitens des Regiments Ver fasser betraut worden. Es leistet einem lange von jetzigen und früheren Angehörigen des Regiments gefühlten Bedürfnis Genüge, und zwar um so mehr, als die Geschichte des Tochter-Regiments, des 4. thüringischen, schon Auf die in dem Vorwort angegebenen vor elf Jahren erschienen ist. Vorarbeiten weiterbauend, hat Verfasser mit Geschick sich seiner Aufgabe unterzogen. Mit der Geschichte der Gründung des Regiments im Jahre 1815 , welche eigentlich erst im Jahre 1818 als vollständig abgeschlossen zu betrachten ist, beginnend, bespricht Verfasser in kürzerer Darlegung,
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jedoch hinreichend erschöpfend die langen Jahre des Friedens von 1819 bis 1865 , um sich dann den ruhmreichen Kriegsthaten des Regiments, die der Feldzug 1866 eröffnet, zuzuwenden . Während des letztern war das selbe der Main -Armee und zwar der Division Beyer zugeteilt ; die Thätig keit des Regiments sollte jedoch diesmal eine beschränkte sein, indem es nur Gelegenheit fand, sich an zwei Gefechten, dem von Hammelburg und von Helmstadt, zu beteiligen. Desto umfangreicher war seine Wirksam keit im Feldzuge 1870/71 . Denn als Bestandteil der Division Wittich war es ihm vergönnt , alle Schlachten und Gefechte derselben von Wörth Welche umfassenden Leistungen dem bis Beaugency mitzukämpfen. Regiment aber auch im Marschieren zufallen sollten, zeigt die dem Werke beigefügte Marschkarte. Es erwarb sich denn auch vielfache Lorbeeren , und zahlreiche Auszeichnungen, auch Seitens seines hohen Chefs, wurden ihm zuteil , jedoch auch schmerzliche Verluste an Offizieren und Mann schaften sollte es erleiden. Alle diese kriegerischen Ereignisse sind von dem Verfasser in schlichter, jedoch frischer und lebendiger Darstellungs weise geschildert ; jede zu weit führende politische oder strategische Ab schweifung ist vermieden worden , um den Einzelthaten des Regiments. einen desto gröfsern Raum zu gönnen. Die beigefügten Abbildungen der beiden Regimentschefs , früherer und jetziger Uniformierungen , sowie Karten und Pläne sind in ansprechender und würdiger Weise ausgeführt. Das Werk, welches nach allen Seiten hin, als ein wohlgelungenes be zeichnet werden kann , wird dazu beitragen , die Bande der Zusammen gehörigkeit der Regimentsgenossen enger zu knüpfen und zu erhalten , wenn auch die Lebenswege der Einzelnen im Laufe der Jahre auseinander führen, und es wird dazu dienen, die Überlieferungen, auf die das Regi ment mit Stolz blicken kann, jüngeren Geschlechtern zu erhalten, und in 28. ihnen das Streben wachzurufen, Gleiches zu vollbringen. Infanteristische Litteratur. Folgende Neuheiten derselben sind uns zugegangen : 1. Handbuch für die Offiziere des Beulaubtenstandes der Infanterie . X. Ab schnitt. Felddienst. Berlin 1890. E. S. Mittler & S. Preis 80 Pf. Die Jahrbücher" hatten bereits mehrfachen Anlafs, sich mit diesem trefflichen , einem zeitgemäfsen Bedürfnisse entsprechenden Handbuche zu beschäftigen. Heute nun giebt ihnen das Erscheinen des abschliefsenden X. Abschnitts über „Felddienst " hierzu nochmals erwünschte Gelegenheit. Letzterer be zieht sich auf die neue Felddienstordnung , dann die Vorschriften über den Feldpionierdienst . Zahlreiche Figuren erläutern den Text. Die knappe, übersichtliche Anordnung desselben ist besonders hervorzuheben . Dem Offizier des Beurlaubtenstandes ist somit ein Dienstbehelf geboten, welcher bislang fehlte. Der Preis des ganzen Werkes beträgt 6 Mk., ist somit in Anbetracht dessen, was geboten wird, ein sehr mäfsiger. 2. Dienst unterricht für die zur Übung eingezogenen Ersatz - Reservisten, Reservisten und Landwehrleute der Infanterie . Auszug aus
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v. Dossow's Dienst- Unterricht. Bearbeitet von Paul von Schmidt, Oberst u. s. w. 11. Ausgabe. (25. Druckauflage). Mit 40 Abbildungen im Texte. Preis : 25 Pf. Berlin 1890. Verlag der Liebel'schen Buchhandlung. -Diese Neu-Ausgabe des bekannten „ kleinnen Dossow" enthält die durch das Gewehr 88 , die Schiefsvorschrift 1889 , sowie den Neuabdruck des Exerzier-Reglements von 1889 notwendigen Abänderungen, desgleichen sind die Vorschriften über das Ausheben von Schützengräben der Feldpionier Vorschrift für die Infanterie von 1890 entsprechend geändert worden. Einer ferneren Empfehlung bedarf dieses gut eingeführte und bewährte Werkchen nicht . Es wird dem vorgesehenen Leserkreis eine willkommene Gabe sein. - 3. Skizzen für den Dienstunterricht der Infanterie. Als Anhalt für Offiziere und ältere Unteroffiziere bearbeitet von Krafft, Premier-Lieutenant . Berlin 1890. Verlag der Liebel'schen Buchhandlung. Preis geh. 1,20 M. Nicht ein Lern-, sondern ein Lehr - Behelf wollen diese Skizzen sein, welche namentlich bezwecken , bei der Vorbereitung für den Unterricht , in möglichst kurzer Zeit den Inhalt irgend eines Ab schnittes sich nochmals zu vergegenwärtigen, also dem Gedächtnis des Vortragenden zu Hülfe zu kommen. Diesem Zwecke scheinen mir diese Skizzen in der That zu entsprechen und können wir sie deshalb mit Fug und Recht empfehlen. 4. Das gefechtsmäfsige Einzelschiefsen mit dem Gewehr 88. Anhaltspunkte für Lehrer und Schüler bei Ver wendung des Gewehrs. Bearbeitet nach der Schiefs -Vorschrift 1889 , von B. Berlin 1890. Verlag der Liebel'schen Buchhandlung, Preis 60 Pf. Diese kleine Schrift will zunächst dem Lehrer ein Hilfsmittel sein, bei der ge fechtsmäfsigen Ausbildung des Mannes, diesem Zwecke wird sie sicherlich genügen. Ob selbige aber, wie wir in der Einleitung lesen, dem Manne selbst als Lehrbuch zu dienen im Stande, bleibe dahin gestellt. Sie ist für diesen Zweck zu umfangreich, auch ist kaum zu erwarten, daſs sich die Mannschaft zu ihrem Leitfaden im Dienstunterricht noch diese nur einem Dienstzweige dienstbaren „ Anhaltspunkte" kaufen werde. 5. Die Ausbildung des einzelnen Mannes mit dem Gewehr 88. Nach dem Exerzier-Reglement für die Infanterie Abdruck von 1889 durch 53 Abbildungen erläutert von H. v. M. Berlin 1890. Verlag der Liebel'schen Buchhandlung. Preis 60 Pf. Da unser Reglement keine Figuren enthält, so werden diese durchaus genau und gut gezeichneten Abbildungen dem Lehrpersonal vielleicht sehr willkommen sein . Sie seien hiermit zum Zwecke der Einzel-Ausbildung empfohlen. 6. Frei- , Gewehr- und Anschlag Übungen in sechs Gruppen mit Unterabteilungen zusammengestellt nach den neuen Vorschriften über das Turnen der Infanterie von G. Mantel, Hauptmann und Komp. -Chef. 3. Auflage. Augsburg 1890. Math. Rieger'sche Buchhandlung. Ein für den Betrieb der genannten Übungen recht brauchbarer Lehrbehelf, welcher besonders Rekruten-Offizieren sich als nützlich erweisen dürfte. Das Werkchen liegt in 3. Auflage vor, hat sich demnach bereits bewährt . Das handliche Format erlaubt, dasselbe leicht mit sich zu führen. 4.
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7. Das Infanterie - Gefecht. A. die Kompagnie. Reglementarisch taktische Studie von Möller, Hauptmann und Komp. -Chef im K. S. Inf. Reg. Nr. 105. Hannover 1890. Helwing'sche Verlags- Buchhandlung. Preis 1.20 Mk. Der Herr Verfasser hat es in anerkennenswerter Weise ver standen, alle auf das Gefecht bezüglichen Vorschriften des Neuabdrucks des Exerzier-Reglements von 1889 , der Schiefsvorschrift 1889 und der Felddienst-Ordnung für die Ausbildung der Kompagnie in logischer Weise zusammenzustellen. Er hat es vermieden, eigene Ansichten oder will kürliche Grundsätze aufzustellen, und begnügt sich damit, folgerichtige Schlüsse aus den verschiedenen Dienst-Vorschriften zu ziehen, und diese, unter stetem Hinweis auf den Wortlaut jener in einer für den jüngeren Offizier und den angehenden Compagnie- Chef aufserordentlich übersichtlichen Weise klar zu legen . Auch die Einflüsse der kleinkalibrigen Gewehre und des rauchschwachen Pulvers haben dabei Berücksichtigung gefunden. Wir wünschen dem Buche recht weite Verbreitung und sehen dem in Aussicht gestellten Erscheinen der Gefechts-Grundsätze für die gröfseren taktischen D. Verbände mit Spannung entgegen.
La Poudre sans Fumée et ses consequences tactiques , par le colonel B. Paris 1890. Librairie Jouvet & Cie. Zwar macht der Oberst B. die freundliche Bemerkung : „ Die Deutschen sind Leute ohne Erfindungs-Kraft und -Gabe, aber sehr geschickt im Durchforschen und Vervollkommnen der Erfindungen Anderer ; " trotzdem stützt er seine Arbeit,,,da in Frankreich die dornige Frage bisher nur nach kleinen Gesichtspunkten behandelt worden ist," in der Haupt sache auf Darlegungen deutscher Militärschriftsteller, insbesondere auf die Schrift : Das rauchfreie Pulver" und auf den in den „ Jahrbüchern " (Juni 1889) erschienenen Aufsatz : „Andres Pulver, andre Taktik. " Immer hin mufs anerkannt werden, dafs Oberst B. den Gegenstand reiflich durchdacht, mancherlei treffende eigene Ansichten entwickelt und eine in ihrer Anordnung und Durchführung ansprechende, klare Darstellung ge liefert hat, - deren Kenntnisnahme seitens der deutschen Offiziere sich wohl empfiehlt. „Rauchfreies Pulver und kein Ende, " stöhnte neulich ein alter Troupier ; ja , allerdings ist ein Ende in der Untersuchung, Klärung dieser hochwichtigen Frage nicht abzusehen ; sie wird im Frieden nicht mehr von der Tagesordnung verschwinden, sie wird Prüfung und Läuterung im nächsten Kriege finden, um danach abermals erst recht wieder behandelt zu werden. Oberst B. schickt kurze Bemerkungen vor aus über die Bewaffnung der europäischen Infanterien im Frühling 1890, geht zur Erfindung des rauchlosen Pulvers in den einzelnen Staaten über, bespricht dessen Vor- und Nachteile, wobei eine längere Bemerkung aus Prinz Hohenlohes Briefen angeführt wird und kommt zu dem Er gebnis, dafs die Vorteile bedeutend überwiegen. Es kann ausnahmsweise von grofsem Nutzen sein , wenn durch besondere Stoffe stellenweise der Kämpfende künstlichen Rauch erzielt, um seine Stellung oder Bewe
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gungen zu verschleiern :
Oberst B. empfiehlt die Annahme dieses Mittels
in der französischen Armee für Augenblicke der Schwäche in der Ver teidigung. ―――― Der zweite Teil der Schrift behandelt die „ taktischen 66 Folgen des neuen Pulvers, in den Vorbereitungen zum Gefecht , Aufklärung, Sicherung, Vorposten ; - in der Schlacht ; schliefslich : „ Die Führung der Heere auf dem Schlachtfelde “ . - Die Ar tillerie soll ihre Stellung behalten, nicht die stürmende Infanterie begleiten, nach Oberst B. - Für die Infanterie : Schützen und Re serven : eingliedrige Formation ; Geländebenutzung ; Feuer schon auf weite Entfernung . - Gröfste Selbstständigkeit und Thatkraft bei den 34. Führern aller Grade : . . Einverstanden !
Le guet-apens de Bac-Lé par le capitaine Lecomte , d'Etat-major.
breveté
Berger-Levrault & Cie, Editeurs Paris- Nancy.
Verfasser schildert eine auf dem Kriegsschauplatz in Tonkin statt gehabte und als Augenzeuge miterlebte Begebenheit. Durch den Vertrag von Tien-Tsin waren die Chinesen von den Franzosen verpflichtet worden, ganz Tonkin zu räumen . Französische Kolonnen wurden nach den ton kinesischen Grenzorten entsandt , um dieselben zu besetzen. Eine dieser Kolonnen, deren Endziel Lang- Son , vermochte jedoch nicht, ihre Aufgabe zu lösen . Auf dem Hinmarsche nach genanntem Ort , fiel sie , nach Vollendung von kaum ein Drittel des ganzen Marsches , in einen von den Chinesen gestellten Hinterhalt. Gleichsam wie in einer Falle von allen Seiten umstellt , gelang es ihr nur unter Aufbietung aller Kräfte und mit grofsen Verlusten zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Dafs die Franzosen in eine solche für sie bedauernswerte Lage kommen konnten, haben sie allein ihrer Vertrauensseligkeit zuzuschreiben Sie mussten wissen, dafs bei aufsereuropäischen Völkern, auch wenn sie, wie hier China, zu den Kulturvölkern zählen , nicht der gleiche Mafsstab wie bei den Völkern des Abendlandes angelegt werden darf, dafs äufserste Vorsicht im Verkehr mit den Völkern des Ostens für den Europäer geradezu ein Gebot ist. Es werden die Ereignisse in Tagebuchform erzählt, ohne irgend welche Betrachtungen, seien sie militärischer oder anderer Art , daran zu knüpfen . Und doch wäre hierzu vielfach Gelegenheit gewesen , so z. B. die Anwendung des optischen Telegraphen , die Ausrüstung der Kolonne, Einrichtung und Dienstbetrieb auf den Stationen. Der Telegraph funk tionierte sehr gut.
(Unserem Reichskommissar in Ost -Afrika waren Brief
tauben mitgegeben worden, um event. den fehlenden Telegraphen zu ersetzen) . Interessant ist es zu lesen , was der Verfasser über das Ver halten der Chinesen im Gefecht erwähnt. Die Chinesen waren mit den besten Hinterladern ausgerüstet, verstanden sie sehr gut zu benutzen und wufsten das Terrain mit Vorteil auszunutzen . Dem Nahkampf wichen sie aus , vor dem einzelnen Europäer gingen sie zurück , auch wenn sie sich in der Mehrzahl befanden. Das Buch ist mit Bildern ausgestattet,
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hergestellt nach Photographien. Der gröfste Teil derselben hätte sehr gut fehlen können, da sie ganz unbedeutende Begebenheiten darstellen. Gr. v. Pf. L'artillerie à l'exposition de 1889 par P. Veyrines capitaine Paris 1890. Avec 30 planches hors texte. d'artillerie. Berger-Levrault & Cie. libraires- éditeurs . Der Verfasser giebt gleich zu Anfang eine Übersicht über die Gruppen und Klassen der Ausstellung und hebt die Klassen, welche Gegenstände von militärischem Interesse enthalten, durch den Druck hervor. Von den 9 Gruppen haben die I., III., VII., VIII. und IX. keine Gegenstände der Art aufzuweisen. Wir finden sie in den Gruppen II. Erziehung und Unter richt, freie Künste, IV. Bekleidung, V. Rohprodukte und Halbfabrikate, VI. Mechanische Industrie und Elektrizität. Nur eine einzige Klasse hat eine ausschliefslich militärische Bedeutung, d . i. die Klasse 66 in Gruppe VI, betitelt : „ Matériel et procédés de l'art militaire" , was sich allenfalls mit Material und ausübende Thätigkeit des Kriegswesens" übersetzen läfst . Hierher gehören die Ausstellungen, welche die verschiedenen Abteilungen des französischen Kriegsministerium veranstaltet haben, hier sind auch die grofsen Fabriken aufgeführt , welche Kriegs-Material und insbesondere Artillerie-Material herstellen, während das letztere zum Teil auch in der Klasse 41 , „ metallurgische Produkte " , vorkommt. Mit den Ausstellern dieser beiden Klassen beschäftigt sich Verfasser ausschliefslich und zwar lediglich mit den der Privat-Industrie Frankreichs angehörigen oder in Frankreich domizilierten Firmen . Wir führen sie der Reihe nach auf : 1. Gesellschaft der Werke Cail, 2. desgl. der Werke Hotchkiss et Cie , 3. Mittelmeer-Gesellschaft - Artillerie- System Canet, 4. Eisen- und Stahl werk in St. Chamond , 5. Eisenwerke in Chatillon und Commentry, 6. Gesellschaft Maxim-Nordenfelt, 7. Eisenwerk der Loire und des Südens in Rive-de- Gier, 8. Giefsereien , Eisen- und Stahlwerke von St. Etienne, 9. Stahlwerk von Firminy, 10. Eisenwerk von Couzon , 11. B. Brunon in Rive-de-Gier , 12. Gesellschaft für Fabrikation von Artillerie-Munition , 13. Zusammenlegbares Boot Tellier. Einzelne dieser Firmen sind sehr bekannt, so Gesellschaft Cail, in deren Diensten Oberst de Bange steht, St. Chamond durch seine Panzertürme, Maxim -Nordenfelt durch Mi trailleusen und Schnellfeuergeschütze, die Mittelmeer-Gesellschaft mit ihrem Artillerie-Konstrukteur Canet, dessen Verherrlichung sich verschiedene Werke haben angelegen sein lassen. Von Bange-Geschützen hatte Cail folgende Arten ausgestellt : gewöhnliches, leichtes und Bergkanone von 30 mm , 120 mm Kanone , 155 mm Haubitze, 320 mm Kanone , 155 mm Kanone L/35 , 270 mm Mörser ; die Ausstellung Cail enthielt 2 Schnell feuerkanonen (57 mm) vom System des Kapitän z. S. Engström der schwedischen Marine. Von Hotchkiss finden wir 4 Kaliber Revolver kanonen (37 , 40, 47 und 53 mm), 3 leichte Schnellfeuerkanonen (37 , 47 , 57 mm) , 5 schwere Schnellfeuerkanonen (47 , 57 , 65 , 75 und 100 mm , in
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Konstruktion sollen noch 120 und 150 mm sein) . Sehr reichhaltig ist die Ausstellung des Artilleriesystems Canet der Mittelmeer- Gesellschaft, wir finden zunächst Berg- und Feld- Artillerie in 3 Geschützen, welche im Kaliber (7,5 mm) und Geschofsgewicht (5,2 kg) übereinstimmen, die Längen be tragen der Reihe nach 16 , 24, 32 Kaliber, die Rohrgewichte 100 , 263, 359 kg, die Geschofs- Geschwindigkeiten 305, 430, 550 m. Von der Be lagerungs-Artillerie finden wir die 12 und die 15 cm Kanon, die letztere in Verschwindlaffete. Am reichhaltigsten ist Küsten- und Marine - Artillerie vertreten, es kommen vor : 15 cm aller 3 Geschützarten , 10 cm Deck geschütz, 14 cm Kanone L/35 , 27 cm Haubitze, 27 cm Kanone L/30 , 32 cm Kanone L/40 , 10, 12 und 15 cm. Schnellfeuerkanon . Die Gesellschaft von St. Chamond hatte eine reiche Ausstellung von Geschützen und Panzertürmen , wir nennen unter ersteren die zerlegbare Bergkanone von 80 mm , einen leichten Mörser von 155 mm , eine 155 mm Kanone L/36 in Marine-Laffete , eine leichte Küstenkanone von 200 mm in Verschwindlaffete , eine leichte Küstenkanone von 275 mm in Central pivot-Laffete, eine 47 mm Schnellfeuerkanone System Daudeteau-Darmancier. Die Panzertürme waren in 5 Modellen verkleinerten Mafsstabes vertreten, sie stellten in fast vollständiger Weise die Studien des Major Mougin über die Anwendung der Panzerung auf die Befestigungskunst dar. Wir finden die Verbesserungen des Turmes von Bukarest, durch Annahme der Kalottengestalt in Stelle des Cylinders, ferner der Turm ohne Pivot, bei welchem die Bewegung ohne Benutzung einer hydraulischen Vorrichtung geschieht, sodann den kippenden Verschwindeturm für zwei 150 mm Ka nonen , endlich den versenkbaren Turm für zwei 47 mm Schnellfeuer kanonen . Von der Gesellschaft der Werke von Chatillon und Commentry waren die verschiedenen Mittel der Schiffspanzerung, als Schmiedeeisen, Compound, Stahl , sodann ein Panzerturm für zwei 150 mm Kanonen im Modell ausgestellt . Die Gesellschaft Maxim - Nordenfelt ist an zwei Stellen vertreten gewesen , einmal als englische Firma den Sektion der Maschinenhalle, dann als Klasse 66 des Hauses Bariquaud et fils, welches einen Teil der reich erworben hat. Wir finden Mitrailleusen und
in der entsprechen in der Ausstellung Patente für Frank Schnellfeuerkanonen
von Nordenfelt, selbstthätige Mitrailleusen Maxim , selbstthätige und halb selbstthätige Maximkanonen und die Schnellfeuerkanone mit Schrauben verschlufs . Aufser dem Gewehrkaliber begegnen wir den Kalibern von 25 , 37 , 42, 47 und 57 mm . Die von den übrigen Mechanismen ganz ab weichende Schnellfeuerkanone mit Schraubenverschlufs hat das Kaliber von 61 mm, ruht in Feldlaffete und verfeuert ein Geschofs von 3,6 kg. Von der Gesellschaft der Werke der Loire und des Südens erwähnen wir die Panzer-Granaten aus Chromstahl von 14 bis 42 cm Kaliber, sowie der Panzerplatten verschiedenen Materials. Unter Übergehung der übrigen Aussteller erwähnen wir zum Schlusse noch die Ausstellung der Gesell schaft für Fabrikation von Artillerie - Munition , welche sich aus schliefslich mit Herstellung von Patronenhülsen für Revolverkanonen und
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Schnellfeuerkanonen beschäftigt. Die Werkstätten (in Bas- Meudon) liefern Hülsen bis zum 170 mm Kaliber und erreichen eine jährliche Fabrikation von 300 000 Hülsen mittleren Kalibers. Das Werk von Veyrines, welches bereits in einer Artikelreihe der Revue d'artillerie in die Öffentlichkeit gelangt war, ist ein vortreffliches Hülfsmittel, um den gegenwärtigen Standpunkt der artilleristischen Privat Industrie in Frankreich aufs eingehendste zu studieren. Eine höchst wertvolle Beigabe bilden die dreifsig sauber ausgeführten Tafeln mit einer grofsen Menge der anschaulichsten Abbildungen des artilleristischen 12. Materials.
Die Brieftaube und die Art ihrer Verwendung zum Nach richtendienst. Zusammengestellt für die Wifsmann- Expe dition nach Deutsch - Ostafrika durch Dr. W. Roeder , früherem Präsidenten und jetzt Ehrenpräsidenten des Strafsburger Brieftauben - Vereins » Columbia « . Mit 11 Abbildungen. Heidel berg.
Carl Winter's Universitätsbuchhandlung.
1890.
Vorliegende Schrift ist, wie schon der Titel andeutet, zunächst für die Wifsmann-Expedition geschrieben, deren Leiter, Major Wifsmann, sie -vom Verfasser gewidmet ist, sie kann aber überhaupt Allen , welche sich für Brieftauben interessieren, empfohlen werden . Offenbar aus der Feder eines wirklichen Praktikers und Fachmannes stammend, enthält sie beherzigenswerte Erfahrungssätze und Winke, die das Werkchen nicht blofs zu seinem eigentlichen Zwecke, sondern auch für weitere Kreise von Brief taubenliebhabern sehr geeignet erscheinen lassen . Verf. beschäftigt sich gerecht fertigter Weise nicht mit langen Abhandlungen über das Historische des Brieftaubenwesens und über die Brieftaubenzucht, sondern er geht einfach von der Voraussetzung aus, dafs der Leser Brieftauben besitzt und bespricht lediglich, wie man nun diese Tauben abrichtet, welches die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit sind, ferner die Art und Weise der Depeschenvermittlung mit genauen Einzelheiten über praktische Anbringung der Depeschen an den Tauben, weiter die Organisation des Nachrichtendienstes, endlich durch zahlreiche Abbildungen unterstützt, die Einrichtung eines Brieftaubenhauses, der Nistkästen und des Ausflugs mit Fangkasten. Der Nachrichtendienst soll nach Art der Relaislinien in der Weise eingerichtet werden, daſs die einzelnen Stationen ca. 50 km von einander entfernt liegen und von jeder der beiden Seitenstationen ungefähr 10 Tauben vorrätig haben. Der Herr Verfasser erwähnt übrigens auf Seite 27 der Malagoli'schen Versuche über Hin- und Rückflug der Militärbrieftauben, die vor Kurzem in deutscher Übersetzung erschienen und seinerseits auch anerkannt werden, verwirft sie aber für die Zwecke der Wifsmann- Expedition. Offengestanden ver mögen wir den Grund nicht einzusehen ; unseres Erachtens eignet sich für solche geringe Entfernung der Stationen die Malagoli'sche Dressurmethode , die sich einwandfrei bis auf 65 km völlig bewährte, gerade vorzüglich.
Umschau in der Militär-Litteratur.
250
Sie erspart das leidige Hin- und Herschaffen der Tauben, das in Feindes land unter Umständen mit Lebensgefahr verknüpft ist und giebt durch Rückkunft der Taube mit Antwort die Gewähr, dafs die abgesandte De pesche den Bestimmungsort wirklich erreichte. Diese Gewähr kann man bei der einseitigen Dressurmethode nur dadurch erlangen, daſs man von der Empfangsstation eine zweite Taube nach der Abgangsstation mit der Empfangsbestätigung schickt, ein Verfahren, welches der Herr Verfasser für wichtige Depeschen vorschlägt, das aber dann einen verdoppelten Tauben Transport herbeiführt, während die Malagoli'sche Methode den Tauben Transport eben überhaupt überflüssig macht, da die Tauben von selbst zum Ausgangsort zurückfliegen ! Allen denen , welche sich Tauben stationen einrichten wollen, erbietet sich der Verfasser übrigens in grofser Liebenswürdigkeit zu näherer Aufschlufserteilung über beste Bezugsquellen Alles Erforderlichen beziehentlich sogar Besorgung desselben . J. F. Kriegserlebnisse eines Kaiser Alexander-Garde- Grenadiers im
Feld
und im Lazarett 1870/71 .
Zur zwanzigsten
Wiederkehr der Schlachttage von Gravelotte und Sedan , herausgegeben von Hugo Dinckelberg . München . C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung .
1890.
Unter den im Beck'schen Verlag erschienenen Erinnerungen und Erlebnissen von Feldzugsteilnehmern aus den Jahren 1870/71 nimmt die vorliegende Schrift einen beachtenswerten Platz ein. In lebendiger , von warmem patriotischen Geiste durchhauchter und von treuer Hingebung für seinen Truppenteil erfüllter Schilderung erzählt Verfasser seine Erleb nisse im Kriege vom Ausmarsch bis zu seiner Verwundung. Wir be gleiten ihn in Gedanken von Berlin nach dem Rhein , durchziehen mit ihm die fröhliche Pfalz , marschieren mit ihm nach Frankreich hinein und sehen ihn im heifsen Kampfe bei Gravelotte , wo er sich das eiserne Kreuz erwirbt. Dann folgen wir ihm von Sedan nach Paris , wo eine schwere Verwundung bei Le Bourget seinem Kriegsleben ein Ziel setzt. Hiermit schliefst die erste Abteilung. Die zweite führt uns des Verfassers Erleb nisse als Verwundeter im Feldlazarett, im Sanitätszuge, im Baracken Lazarett und endlich im Augusta-Hospital vor. Aus diesem letzteren geheilt , wenn auch als Invalide entlassen wird ihm nach einigen Jahren durch die Gnade Seiner Majestät noch der Offizier- Charakter zu teil , der ihm durch seine Verwundung und das dadurch veranlafste Scheiden vom Kriegsschauplatze entgangen war. In warmen Worten voll Begeisterung für Kaiser und Reich und voll treuer Anhänglichkeit an sein altes Regi ment klingt die kleine Schrift aus, die wir wegen ihrer lebensvollen Dar stellungsweise und ihres selbst im Leiden sich nicht verleugnenden humor vollen Tones Alt und Jung als gute Volksschrift nur empfehlen können . 28.
Umschau in der Militär-Litteratur. Die russische Armee in Krieg und Frieden .
251
Mit einer Über
sichtskarte der Standorte, mit Uniform -Abbildungen und Skizzen der wichtigsten Gefechtsformationen. Berlin 1890. E. S. Mittler & Sohn, Vorliegendes Werkchen ist ein durch Nachträge und Anlagen ver vollständigter Sonder - Abdruck des Berichtes über das Heerwesen Russlands in den Löbell'schen Jahresberichten für 1889. Es gewährt dem Offizier, welcher die immerhin kostspieligen Jahresberichte nicht besitzt , einen vor trefflichen Überblick über die augenblicklichen Verhältnisse des Heeres unseres östlichen Nachbars. 17. Der Fourieroffizier. Anleitung für die quartiermachenden Offi Zweite, nach den ziere bei Märschen und Transporten. neuesten Gesetzen und Vorschriften bearbeitete Auflage. Berlin 1890. E. S. Mittler & Sohn . Preis 1,40 M. Diese schon in zweiter Auflage vorliegende, sehr zweckdienliche und auf praktischen Erfahrungen fufsende Schrift können wir allen quartier machenden Offizieren nur auf das Beste empfehlen . Sie enthält Alles , was denselben bei Ausübung des Fourier-Geschäftes zu wissen not thut, im Frieden und im Kriege. Von Wesenheit sind auch die eingefügten Formulare für Quartier-Bescheinigungen und Quittungen. Das Schriftchen 2. ist . ein unentbehrliches Vademekum für den Fourier-Offizier. Die Wehrpflicht im Deutschen Reich, systematisch bearbeitet , erläutert und herausgegeben von Fr. Bott , Justizrat und Divisionsauditeur. 1. Band : Gesetze und Verordnungen über Kassel . Verlag von die Wehrpflicht. Lieferung 1. und 2. Kassel. M. Brunnemann .
1890 .
Das auf 2 Bände berechnete Werk, dessen 1. und 2. Lieferung vor liegt, beabsichtigt , die auf die Wehrpflicht und die einzelnen Klassen der Wehrpflichtigen bezüglichen Bestimmungen im I. Bande zu behandeln und den Text durch zahlreiche Anmerkungen zu erläutern ; an denselben schliefsen sich Muster und Anlagen der Wehr-, Heer- und Marine Ordnung , sowie ein ausführliches Sachregister. Der II. Band soll eine Zusammenstellung und eingehende Erläuterung der Strafbestimmungen für Verstöfse gegen die Wehrpflicht enthalten . Der I. Band wird in Jahres frist in 8-9 Lieferungen à 1 Mk. , der II. zu Anfang nächsten Jahres fertig gestellt werden. Wir glauben , soweit die vorliegenden Lieferungen eine Beurteilung zulassen, daſs das Unternehmen für alle Bureaus, nament lich aber Landwehr- Bezirks- Kommandos von Wert sein dürfte und wollen aus diesem Grunde die Aufmerksamkeit auf dasselbe hiermit gelenkt haben. 4.
Umschau in der Militär-Litteratur.
252 1. Kettler's
Handkarte
1 : 300,000.
von Deutsch- Ostafrika.
2. verb. Auflage.
Preis 1 M.
2.
Mafsstab Berlin
Vergleichskarte Helgoland . Vergleichskarte von Berlin und Helgoland , bearbeitet von F. Hornbogen. Preis 20 Pf. Verlag des geographischen Instituts zu Weimar. Die ad 1 genannte Karte ist die erste vollständige und eingehende Gesamt-Darstellung unseres , durch das deutsch-englische Abkommen ab Bei dem weit gehenden gegrenzten kolonialen Besitzes in Ost -Afrika. Interesse für den letzteren und seine Zukunft wird diese billige , trefflich ausgeführte Karte Vielen willkommen sein. - Die „ Berlin -Helgoland" ge nannte Vergleichskarte soll einen Begriff geben von der Gröfse , richtiger Kleinheit dieses neuerworbenen Eilandes. Zu diesem Zwecke wurde ein Kärtchen von Helgoland auf einen Teil des Stadtplanes von Berlin gleichen . Mafsstabes aufgedruckt. Die Längsachse der Insel liegt hier auf der Strecke Victoria- Strafse und Lehrter Güterbahnhof, ist also etwa 1700 m lang. Da die Insel jetzt recht viel von sich reden macht, möge das 4. eigenartige Kärtchen der Beachtung empfohlen werden.
III. Seewesen . Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie. Heft XIII : Neue Methode der Prüfung von Sturmwarnungen und Ergebnisse dersel ben an den deutschen Küsten im Jahre 1889 (Dr. W. J. van Bebber). Karte der Eisberge bei Neufundland vom 1. Juni bis Ende Juli 1890 . Heft IX : Sturm vom 25. -26. April 1890 von Professor Dr. W. J. van Bebber nebst Tafel. - Karte des Treibeises bei Neufundland vom 1. Juli bis Ende August 1890.
Gebrauch von Öl auf See zur Beruhigung der
Wellen. Die Niveauverhältnisse der Europa umgrenzenden Meere. Bemerkungen über den Wellenbrecher zu Colombo. Insel Ceylon. Journal of the Royal United Service Institution . Nr. 153 : Kurz gefafste Seekriegsgeschichte von 1860-1889 einige aus derselben zu ziehende Schlüsse (W. Loird Clowes). Illustrated Naval and Military Magazine . Nr. 21 u. 22 : Fortsetzung der Geschichte grofser Feldherrn der Neuzeit . Napoleon I. und Wellington. Fortsetzung der Seekriegsgeschichte von Contre-Admiral P. H. Colomb. ――― Die amerikanische Seekriegsgeschichte von 1812 bis 1815, Roosevelt vice James (H. Y. Powell). ――― Summarische Äufserungen über die dies ―――――― jährigen englischen Flottenmanöver. Abhandlung von Harry William, General- Inspekteur des Maschinen-Departements über gewöhnlichen und forzierten Zug der Schiffsmaschinen -Kessel . Schilderungen von günstigen und ungünstigen Angriffen von Schiffen gegen Landbefestigungen und deren Ursachen. Äufserungen über die diesjährigen englischen Flottenmanöver. Revue maritime et coloniale. Nr . 105 : Budget der deutschen Marine pro 1890/91 .
Geschichte der Kriegsmarine des Altertums und Mittel
Umschau in der Militär-Litteratur.
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alters.
Schiffbautechnische Studie (M. P. Serre). Historische Studie ---über die französische Kriegsmarine. (Forts. ) Der Seekrieg unter Pontchar train dem Minister Ludwig XIV. (M. Chabaud-Arnault). Die deutschen Hülfskreuzer, zwei vom Vulkan in Stettin für die Hamburger Trans atlantische-Gesellschaft gebaute Passagierschiffe, sollen im Falle eines Krieges in der deutschen Marine Verwendung finden , in 48 Stunden ausgerüstet und mit acht 15 cm, vier 12 cm von Krupp, 4 Mitrailleusen , 6 Revolverkanonen sowie 2 Torpedos armiert sein. — Vermehrung der Nordamerikanischen Kriegsmarine. Die Monitors und die Diskussion über deren Wert. Be merkungen des Army und Navy Journal über den Monitor Miantonomoh. - Nr. 106 : Geschichte der Kriegsmarinen des Altertums und des Mittelalters. (Forts.) - Schiffbautechnische Studie zusammengestellt von M. P. Serre. Eine Methode zur sofortigen Regulierung des Steuerkompasses mit und ohne Unterbrechung des Schiffskurses von M. E. Fournier, dazu ein Commentar von M. Jaffré, Professor der Hydrographie. Historische Studie fiber die französische Kriegsmarine. (Forts. ) - Die letzten Opera tionen und der Ruin der Flotte Ludwig XIV von M. Chabaud-Arnault. Bemerkungen über die englischen Flottenmanöver . - Nr. 107. Budget der italienischen Marine 1890/91 . ---- Studien der Marinen des Altertums und des Mittelalters sowie der französischen Marine unter Ludwig XIV. (Forts.) Schlufsversuch des spanischen submarinen Bootes Péral. Ein Versuch mit dem Torpedo Brennam. The Army and Navy Gazette. Nr. 1591 : Die Mobilisation der englischen Flotte zu Manöverzwecken wird in einem längeren Artikel behandelt und manche Fehlgriffe werden hervorgehoben. Auch die fran zösischen Flottenmanöver unter Admiral Duperre werden der Besprechung unterzogen. Die Flotte bestand aus dem Mittelmeer-Geschwader und den Panzerschiffen des Kanalgeschwader, 36 Segel. Während der ersten Zeit der Geschwaderübungen herrschte stürmisches Wetter und Nebel, so dafs die Torpedoboote Schutz suchen mufsten. Mit den Panzerschiffen dagegen manövrierte und exerzierte der Admiral nach allen Richtungen, und prüfte sowohl die Seefähigkeit und Kriegstüchtigkeit der Schiffe, wie den Schneid und die Tüchtigkeit der Kommandanten , Offiziere und Mannschaften unter schwierigen Verhältnissen, navigierte sogar während heftigen Seeganges durch enge Passagen und suchte unter höchst ungünstigen Witterungs verhältnissen schwer zu erreichende Ankerplätze auf. Schiffe und Maschinen sollen sich selbst bei schlechtem Wetter gut bewährt haben und selbst unter schwierigen Verhältnissen kein Unfall vorgekommen sein. Beim Ankern der Flotte hatte sich bei dichtem Nebel ein Torpedoboot bis auf wenige Schritte an das Panzerschiff Formidable unbemerkt herangeschlichen und brachte ihm einen blinden Schufs bei. Die Panzerschiffe waren mit Bullivan-Netzen versehen, aber nicht mit Balken umgeben . ―― Nr. 1592 : Namen und Verteilung der zu den diesjährigen englischen Flottenmenövern herangezogenen Schiffe : 17 Panzerschiffe , 25 Kreuzer und Kanonenboote, 23 Torpedoboote und eine Reserve - Flotte von 6 Panzerschiffen und
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Umschau in der Militär-Litteratur.
4 Kreuzer und Kanonenbooten, sowie das Programm der Operationen. Nach den in dieser Nummer enthaltenen Berichten über die franzö sischen Flottenmannöver , soll es bei denselben doch nicht ohne Un fälle hergegangen sein ; so lief ein Kreuzer auf Klippen ; auch sind bei einigen Panzerschiffen Beschädigungen an der Maschine vorgekommen . -Nr. 1593 : The Victorian Torpedo - Thrower , das erste für die australische Regierung bestellte pneumatische Dynamitgeschütz, welches bei der pneumatic-dynamit- Geschütz -Gesellschaft in New-York bestellt war, wurde am 8. Juli einer Prüfung unterworfen, welche einen günstigen Ver lauf nahm . Das eiserne Geschütz von 50 F. Länge ist aus Schmiedeeisen und wiegt 75 000 Pfund . Dasselbe weicht etwas von der sogenannten zwischen Boden und Mündung mit Zalinski-Kanone ab, indem es auf Schildzapfen versehen ist. Vier Granaten , im Gewicht von 500 bis 530 Pfd. wurden gefeuert, die bei einer Elevation von 4 Grad auf 2 % englische Meilen einschlugen. Die Abnahme-Kommission war durch die erzielten Resultate zufriedengestellt. ―――― Nr. 1594: Die Operationen der grofsen In Russland be Manöver-Flotten werden besprochen und kritisiert. ― stehen vier Torpedo -Compagnien für die Ostsee und zwar in Kronstadt, Sweaborg, Viborg und Dünamünde, und im schwarzen Meer in Otchakoff, Sebastopol, Kertsch und Batum. Sie sind den General-Inspecteuren der Ingenieure unterstellt und haben im Frieden eine Stärke von je 6 Offi 11 Offizieren und zieren und 174 Mann und im Kriege von je ――― Nr. 1595 : Panzer , Maschine und Kanone ist der Titel 179 Mann. eines von einem Herrn M. Weyl in Frankreich herausgegebenen Buches, welches hier eine günstige Beurteilung findet, obgleich es scheint, als wenn Verfasser besonders den Stahlplatten des Herrn Schneider aus den Creuzot werken den gröfsten Verdienst zollt und denselben das Wort redet. Nr. 1596 : Haverien bei Schiffsmaschinen auf Kriegsschiffen während der englischen und französischen Flottenmanöver. (M. Weyl). Es werden die einzelnen Fälle auf den Schiffen besprochen. Der Artikel kommt zu dem Schlufs, dafs bei Aufstellung der Zeichnungen für die Schiffsmaschinen die tüchtigsten , erfahrungsgewandten Maschinen bau-Ingenieure hinzugezogen werden müssen . Und wenn, heifst es am Schluf , das Parlament hierzu die Mittel verweigert, mufs demselben ge Nr. 1597: "7 Welche sagt werden : „ kein Geld , keine Marine" . Lehren haben wir aus den Flottenmanövern zu ziehen ?" Es sind in diesem Aufsatz manche Übelstände aufgedeckt, manche Angriffe gegen diesen und jenen enthalten ; wir empfehlen den Fachleuten das Über die Uniformfrage der Seeoffiziere scheint man Lesen desselben. noch immer nicht zur Ruhe kommen zu können . Es findet sich hier Nr. 1600 : 99 Signalmen's ein bezügliches Schreiben. grievance " ; Klage über die während der Flottenmanöver zu Tage ge tretenen Schwierigkeiten beim Signalisieren, namentlich während der Nacht und wird nicht allein auf bessere Ausbildung resp. Besoldung dieser Kate gorie von Leuten hingewiesen, sondern auch darauf aufmerksam gemacht,
wiederum
Umschau in der Militär-Litteratur.
255
dafs die Wachoffiziere eine genauere Kenntnis besonders des Nachtsignal systems sich anzueignen hätten. --- Die 97 Marine française" hat sich über die diesjährigen englischen Flottenmanöver und deren Führer in einer ge hässigen Form geäufsert. Die A. und N. G. sagt, die Franzosen möchten doch auch andere Urteile hierüber lesen und führt die Äufserung des Kapitän zur See a. D. Stenzel über die Actionen der Torpedo- Flottille im Militär-Wochenblatt an. Nr. 1601 : Der Ort für die Marine-Ausstellung im Jahre 1891 ist nun bestimmt, es wird Chelsea genannt ; dieselbe wird im Mai eröffnet werden . Admiral Dowell wird als Vorsitzender, Admiral Stewart als stellvertretender Vorsitzender genannt. Die Ausstellung ver spricht höchst lehrreich zu werden und wird u. A. Erinnerungen aus der frühesten Zeit der englischen Marine entfalten. Admiralty and Horse Guards Gazette. Nr. 298 : Lord Hamilton, der erste Lord der Admiralität, hat die Erklärung abgegeben, dafs nach Vollendung der durch die 99 Naval defence Acte" bewilligten Neubauten im Jahre 1894 , die englische Marine der kombinierten französisch -russischen gewachsen sein wird. Es scheint hiernach, dafs Frankreich statt eines Panzerschiffes 4 Küstenverteidigungsschiffe , Russland 2 Panzerschiffe seit dem Erlafs der Naval Defence Acte auf Stapel gelegt haben . - Nr. 299 : Der Ad miral der englischen Flotte Sir Thomas Symonds hat sich brieflich an den Premierminister gewandt und demselben auseinander zu setzen versucht , dafs die englische Flotte zur Zeit weniger fähig sei, den Schutz des Landes, des Handels u. s. w. zu übernehmen als während der Jahre 1793 bis 1815. Nr. 300 : Lord Brassey's Marine Jahrbuch pro 1890 enthält wertvolle Tabellen der britischen und fremden Kriegsschiffe nebst Armirung und befähigt selbst den Nichtfachmann, sich ein Bild von der wirklichen Stärke der einzelnen Marinen zu entwerfen. Jedoch wird hier bedauert, dafs darin keine näheren Angaben über die russischen Kreuzer Rurik und Admiral Korniloff, welche ihrer grofsen Gefechtsstärke, Ge schwindigkeit und Mitführung eines so bedeutenden Kohlenquantums in Marinekreisen so grofses Aufsehen erregt haben, enthalten sind. Nr. 301 : Beschreibung des sogenannten „ Viktoria Torpedos ", (Erfindung eines Herrn Murphy von Melbourne), dessen äufsere Form dem Whitehead resp . Schwarzkopff ähnlich sein und eine Länge von 24 Fufs englisch haben soll. ―― Nr. 302 : Admiral Tryon , welcher bei den letztjährigen Flotten manövern so erfolgreich einen Gegner Baird bekämpfte, soll in diesem Jahre in Plymouth und von einer Anzahl feindlicher Torpedoboote, welche von Alderney hinüberkamen , überrumpelt worden sein, welche der Meinung waren, dafs sie drei seiner gröfsten Schiffe kampfunfähig gemacht haben würden. Eine gleiche Attake ist von den Booten auf die Schiffe des Com modore Powlett auf die Rhede von Portland gemacht worden. Nr. 303: Die in der letzten Nummer angedeuteten Torpedo - Attaken werden. einer Besprechung unterworfen und der Schneid der Angreifer rühmend hervorgehoben. In der Admiralität ist ein Büreau für das Nachrichten 17 Jahrbücher für die Deutsche Armee nnd Marine. Bd. LXXVII . 2.
256
Umschau in der Militär-Litteratur.
wesen eingerichtet. - Die Andromache, einer der schnellen Kreuzer wurde auf der Werft von Chatham vom Stapel gelassen. Ihre Länge beträgt 300 F., Breite 43 F. , Tiefgang 15 , F. resp. 17 , F. Mit 9000 indi zierten Pferdekräften hofft man eine Geschwindigkeit von 20 Knoten zu erzielen, die Armierung wird aus 6zölligen Hinterladern auf der Back und dem Heck bestehn, während die übrigen Breitseitgeschütze sind. Ausserdem wird sie mit sechs 4,7 zölligen, acht Sechspfündern Schnellfeuerkanonen und zwölf 14zölligen Torpedos armiert. - Nr. 304 : Die französiche Marine macht grofse Fortschritte mit ihren Luftballons ; besonders soll man in Toulon mit der Förderung des Ballonwesens beschäftigt sein. Aus einer Höhe von 1200 Fufs sollen die Aeronauten im Stande sein 40 Seemeilen zu übersehen . — Das Submarine Boot, worauf die Spanier seiner Zeit so stolz waren, scheint in offiziellen Kreisen wenig günstig beurteilt worden zu sein. Es scheint, als seien die letzten Versuche in Cadix Bay mit dem El Piral nicht glücklich verlaufen zu sein , denn trotz der schmeichelhaften Anerkennung dem Lieutenant Peral gegenüber, scheint das Komite der spanischen Admiralität der Behörde gegenüber die Ansicht ausgesprochen zu haben, kein submarines Boot nach diesem Modell beizulassen , da das selbe als seeunfähig zu bezeichnen sei. Army and Navy Journal. Nr. 50 sagt, entgegengesetzt einer Mitteilung der Army and Navy Gazette, dafs die spanische Regierung beabsichtige, nach dem Muster des von Peral konstruirten submarinen Bootes eine An zahl grofser Boote, welche 20 bis 50 Mann beherbergen können, zu bauen. Das Boot soll bessere Resultate erzielt haben als die französischen Goubet und Gymnote . - Das italienische Panzerschiff Andrea Doria 328 Fuls lang 65 ,2 F. breit, mit 11,000 Tons Deplazement, und 10,000 indizierten Pferde kräften, soll bei der Probefahrt eine Geschwindigkeit von 16,1 Knoten erreicht haben. Die Armierung des Schiffes besteht aus vier 110 Tons Elswick-Geschützen in zwei Borbett- Thori, zwei 6 zöllige Schnellfeuer- und zwölf Revolverkanonen . — Nr. 51 veröffentlicht eine vom nordamerikanischen Marine-Departement erlassene Schiefs - Insruktion für schwere Geschütze, Bootkanonen, Gewehre und Pistolen. -- Am 18. September hat in Anna polis ein Vergleichschiefsen gegen eine Compound-Platte von Camwell & Comp. , eine Stahlplatte und eine vernickelte Stahlplatte von Schneider & Comp. in Creuzot stattgefunden. Nach einem Briefe J. Ericsson's soll nicht General Paixhans, sondern der amerikanische Oberst Bomford der Erfinder der sogenannten Bombenkanonen gewesen sein. - Die Leiche des in Amerika verstorbenen Capt. John Ericsson ist durch das amerikanische Kriegsschiff Baltimore nach dessen Heimatland "9 Schweden " überführt, und derselben bei der Abfahrt von New -York alle militairische Ehrenbezeu gung erwiesen worden . ―――――――― Nach einer Äufserung im englischen Parla
ment soll die englische Regierung dem Erfinder des Brennan - Torpedo 110,000 Pfd . Sterling für das Patent bezahlt haben. --- Vol. XXVIII Nr. 2: Die französische Zeitschrift „ Le Yacht" kündigt eine neue Art von Tor
Umschau in der Militär-Litteratur.
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pedonetzen, die von einem französischen Ingenieur M. Solmaie erfunden. sind, an. Dieselben sollen in 20 Sekunden mittels komprimierter Luft um das Schiff ausgebreitet sein und soll dasselbe auch noch mit diesen dasselbe umgebenden Netzen etwa 10 Knoten vorwärts dampfen können . Der ganze Apparat für ein grofses Panzerschiff soll nur 40 Tons wiegen. - Nr. 4 : Bringt die Resultate der Schiefsversuche am 18. September in Annapolis gegen die englischen und französischen Panzerplatten, von denen letztere den Sieg davon getragen haben. Es wurde zu den Versuchen das 6 zöllige Marinegeschütz verwandt mit 44 , Pfund Pulverladung (ame rikanisches braunes Cacao Pulver) und einem Stahlgeschofs von 17 Zoll Länge. Die Schneiderplatten waren 10½ Zoll, die Camwel Compound v. H. Platten 10,6 Zoll dick.
IV.
Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher.
1. Cours de Sténographie par A.-H. Heym , militaire. Paris - Limoges. H. Charles-Lavauzelle.
professeur au cerle
2. Tactique et Chiens de Guerre par L. Jupin , lieutenant. Nancy 1890. Berger-Levrault et Cie. Preis M. 3,56.
Paris
3. Campagne de Prusse (1806), d'après les archives de la guerre par P. Foucart . Prenzlow - Lubeck. Paris. Librairie militaire Berger Levrault. 1890. 4. Im Felde. Erfahrungen und Bilder aus dem täglichen Leben im Kriege. Von einem aktiven älteren Offizier. Berlin 1890. Verlag von R. Eisenschmidt . Preis M. 7,50. 5. Die Provinz Posen als Schauplatz des siebenjährigen Krieges. Von Dr. Franz Schwartz , Assistent am Königl. Staats -Archiv zu Posen . (Sonder-Abdruck aus der „ Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Eigentum der Gesellschaft. Posen. Provinz Posen" , Band V. Heft 3) . Vertrieb durch Joseph Jolowicz.
1890.
6. Taschenkalender für das Heer, mit Genehmigung des Königlichen Kriegsministeriums herausgegeben von W. Freiherr v. Firks , Oberst u. s. w. 14. Jahrgang 1891.
Berlin.
Verlag von A. Bath.
Preis M. 4.
7. Taschenbuch für Führer und Mitglieder der freiwilligen Sanitäts Kolonnen. Von Heinrich Mappes. Mit 7 Abbildungen. 3. vermehrte Auflage. Frankfurt a . M. Carl Jügel's Verlag 1890. Preis 60 Pf. 8. Hennigs von Treffenfeld. Vaterländisches Schauspiel in drei Auf zügen von Gustav Amelang. Dresden und Leipzig. E. Pierson's Ver lag.
1890. 9. Militärische Briefe .
II. Über Infanterie.
Von Kraft Prinz zu
Hohenlohe - Ingelfingen , General der Artillerie u . s. w. Dritte Auflage. Berlin 1890. E. S. Mittler & Sohn. Preis M. 3 , —. 17*
Umschau in der Militär- Litteratur.
258
10. Militär-statistisches Jahrbuch für das Jahr 1889.
Über Anord
nung des k. k. Reichs-Kriegsministeriums bearbeitet und herausgegeben von der III. Sektion des technischen und administrativen Militär-Comité. Wien. Druck der k. k. Hof- und Staats-Druckerei. 1890. 11. Das Militär- Strafrecht. (Formeller Teil. ) Von Dr. E. F. Weisl. Separat -Abdruck aus Streffleur's österreich. militär. Zeitschrift. Wien. Verlag der Redaktion der Streffleur's österreich. militär. Zeitschrift. 1890 . 12. Allgemeines über das Militär-Strafrecht. Von Dr. E. F. Weisl. Separat -Abdruck aus dem „Gerichtssaal" XLIII. Band. Stuttgart. Verlag von F. Enke. 1890. 13. Fürst Bismarck. Sein Leben und Wirken von Hermann Jahnke. 7. bis 11. Lieferung. Berlin W. Verlag von Paul Kittel. ständig in 14 Lieferungen à 50 Pf.
1890.
Voll
14. Kettler's Handkarte von Deutsch- Ostafrika. Mafsstab 1 : 3,000,000. Verlag des geographischen Instituts zu Weimar. M. 1 .
2. verb. Auflage.
Preis
15. Berlin -Helgoland . Vergleichskarte von Berlin und Helgoland, bearbeitet von P. Hornbogen. Verlag des geographischen Instituts zu Weimar. Preis 20 Pf. 16. Petite Bibliothèque de l'Armée française. Notice sur l'Armée Espagnole. Paris- Limoges. H. Charles- Lavauzelle . 1890. 17. Köhler's Leitfaden für den Dienstunterricht des Infanteristen. Nach den neuesten Vorschriften umgearbeitet. Mit einem Abdrucke des Fahnen eides, der Kriegsartikel für das Heer und einer Übersicht der vater ländischen Geschichte. 43. Auflage. Strafsburg i. E. Strafsburger Druckerei und Verlags -Anstalt, vorm. R. Schultz & Co. 1891. Preis cart. 50 Pf. 18. Kleiner Gefechts- Katechismus für den Infanteristen
und Jäger.
Zur Selbstbelehrung. Zweite verbesserte Auflage. Darmstadt und Leipzig. Verlag von Ed. Zernin. 1890. Preis 35 Pf. Studie von 19. Das kleine Kaliber und das weittragende Gewehr. Nic. Wolozkoi , Kaiserl. Russ. Oberstlt. Autorisierte deutsche Über setzung. Sonder -Abdruck aus der „ Allgemeinen Militär-Zeitung" . stadt und Leipzig. Ed. Zernin . 1889. Preis M. 1,50 .
Darm
20. Die Schlagfertigkeit und die Offiziers-Standesverhältnisse der k. u. k. österreichischen Artillerie. Ein offenes Mahnwort von einem Freunde der Waffe.
Darmstadt und Leipzig.
Ed. Zernin .
1890.
Preis M. 1 .
21. Abrils der grolsherzoglich hessischen Kriegs- und Truppen- Geschichte. 1567-1888 . Preis M. 1 .
2. Auflage.
Darmstadt und Leipzig.
22. Die Rückladungs- Gewehre.
Ed. Zernin.
1889.
Fragmente ihrer Entstehungs- und
Entwickelungs-Geschichte in 111 lithographierten und kolorierten Blättern. Beitrag zur Handfeuerwaffenlehre. Neue Folge (Blatt 103-111 ) . Nach den Original -Waffen, Photographien und Original-Zeichnungen bearbeitet
Umschau in der Militär-Litteratur.
259
Darmstadt und Leipzig. von A. Mattenheimer , Hauptmann a. D. Ed . Zernin. Preis M. 2,80 . 23. Loi du 15 Juillet 1889 sur le Recrutement de l'Armée. Tome V. Paris-Limoges.
H. Charles-Lavauzelle 1890.
24. Leitfaden für den Unterricht in der russischen Sprache an den Königlichen Kriegsschulen . Auf Veranlassung der Königlichen General Inspektion des Militär- Erziehungs- und Bildungs-Wesens verfafst. Zweite, neu durchgearbeitete und vermehrte Ausgabe. Berlin 1890. E. S. Mitt ler & Sohn.
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Handbuch
für
den Generalstabs-Offizier
im
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
346
enthält die ersten authentischen Angaben über die Felde ballistischen Verhältnisse des französischen Infanterie - Gewehrs M/86. Danach beträgt das Gewicht des Geschosses 15 g, der Ladung Die Querschnitts 2,80 g Pulver BF (rauchloses Gewehr - Pulver) . belastung des Geschosses ist 0,298 g auf den qu. mm, die Anfangs geschwindigkeit 632 m. Die entsprechenden Werte beim M/74 sind : Gewicht des Geschosses 25, der Ladung 5,25 Gewehr-Pulver, Quer schnittsbelastung 0,263 g, Anfangsgeschwindigkeit 450 m. Die bei folgenden Tabellen ergeben den Vergleich einiger ballistischen Daten bei beiden Modellen .
M/86
Bestrichener Raum gegen Infanterie (1,60 m Höhe)
M/74
Ent fernung tosiu m
—
11
-
23/2 372 531/2
—
113/4 261/2 45
1 1 2 2 3
71/2 34/2 6 423/4 25
4 5 6 7 8 9 11 12 14 15
121/2 61/2 6 12 2414 421/2 7 364 11/2 50/2
1 1 1 2 2 2 2 3 3 4 4 5 5
31/2 8 14 22 31 41 53 6 21 36 14 13 34 57 21 46 15 46 16 43
— — — — 1 1 2 2 3 4 4 5 6 7 8 9 10 11
4 11 20
49 7 28 52 19 45 23 41 27 15 10 4 9 9 20
—1
1 1 2 2 3 3 4 4 5 6 7 8 8 -
111/2 311/2 531/2 18 45 14/2 461/2 211/2 591/2 40/2 24/2 112 2 56 -
Entfernung m
-
100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200 1300 1400 1500 1600 1700 1800 1900 2000
M/86 m
M/74
100
100
101010101010 300 400 131 71 500 54d 104 39 73 54 28 43 23 35 18,5 29 15,5 24 13 11 20 18 9,4 15 8,2 13 7 12 6,3 10 5,5 9 8 11
600 700 800 900 1000 1100 1200 750 1300 1400 1500 1600 1700 1800 1900 2000
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Die Angaben über Durchschlagskraft der Geschosse lauten wie folgt. Das Geschofs M/86 durchschlägt auf 100 m abge lagerte Erde in der Stärke bis 60 cm, auf 500 m bis 52 , auf 1000 m bis 37, auf 2000 m bis 16 cm, unbeschlagenes Tannen holz auf 100 m in der Stärke bis 65 cm , auf 500 m bis 26 cm, auf 1000 m bis 13 cm, auf 2000 m bis 5 cm ,
Eichenholz auf 100 m bis 60 cm, auf 500 m bis 27 cm, auf 1000 m bis 16 cm , auf
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
347
2000 m bis 8 cm (die Zahlen sind von 500 m ab gröfser als bei Tannenholz , was abnorm erscheint) , 6 mm, auf 500 m bis 3 mm.
Stahlblech auf 100 m bis
Bis 3000 m soll ein Mann noch aufser
Gefecht gesetzt werden . Die Türkei ,
welche bisher Magazin - Gewehre vom Kaliber
9 mm in der Gewehr-Fabrik
von
W. Mauser
zu Oberndorf i/W.
hatte fertigen lassen, geht jetzt zum Kaliber 7,65 mm über . Von 9 mm Gewehren sind im Gauzen 200,000 Stück zur Anfertigung gelangt. Das in England zur Annahme gelangte Repetier - Gewehr (vgl. Band 74 , S. 375 u . s . w.) zeigt nach verschiedenen in die Presse gelangten Mitteilungen bedeutende Mängel. Es heifst, die weitere An fertigung der Gewehre sei eingestellt worden, man behauptet sogar, die bereits an die Truppen ausgegebenen Gewehre sollten wieder zurück gezogen werden. Das ursprüngliche Modell scheint an sich nicht schlecht gewesen sein , die verschiedenen Mitglieder des Versuchs Ausschusses sollen aber allzusehr ihre eigenen Gedanken daran an gebracht haben ;
dadurch sei es eine
»Sammlung
von
Stecken
pferden geworden (vgl . Köln . Zeit . Nr. 308 , 6. Nov. 1890 etc.) . Im September-Heft setzt die Revue d'artillerie die Artikel Reihe Les armes à répétition à l'étranger« fort und zwar mit den neuen Gewehren von der Schweiz und Dänemark.
78.
Die Gufsstahl - Fabrik Friedr. Krupp in Essen hat in dem und 79. Schiefsbericht Schiefsversuche aus schweren
Haubitzen
gegen
Stahlbleche
für
Schiffsdecks
beziehungsweise
gegen Panzerdeckziele zum Gegenstand gewählt. In dem ersteren der beiden handelt es sich um die 28 cm Haubitze , mit welcher die bereits
im
Bericht
11
vom August
1879 ,
Bericht 59
vom
Dezember 1885 und Bericht 68 vom Oktober 1887 wiedergegebenen Die 28 cm Haubitze hat eine ge Versuche fortgesetzt wurden. samte Rohrlänge von 3.44 m ( ca. 12,3 Kaliber), eine Seelenlänge von 10 Kalibern, Rohrgewicht (mit Verschlufs ) 10,990 kg. Das Rohr lag in einer Rahmenlaffete mit Federlager von 1,73 m Feuer höhe (gröfste Elevation 60 °, schossen
wurden
verwendet :
gestattete Inklination 5º). gufseiserne
An
Zündergranaten
Ge
L/2,8
(216 kg) , L/4 (345 kg) , Stahl- Minen-Granaten L/2,8 (209,3 kg) , L/4,5 (339 kg) .
An Pulversorten kamen zur Verwendung : Prismatisches
C/68 in Ladungen von 9 bis 18 kg, braunes prismatisches C/82 für 15 bis 21 cm in Ladungen von 26 und 28 kg, grobkörniges Geschütz pulver von 6 bis 10 mm Körnergröfse in Ladungen von 4 bis 8 kg. Es wurden drei
verschieden starke
Stahlplatten
beschossen :
eine
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
348
75 mm starke mit Seitenlängen von 4,3 beziehungsweise 1,6 m, eine 100 mm starke mit
Seitenlängen von 3,5 beziehungsweise 1,6 m,
eine 120 mm starke mit Seitenlängen von 3 beziehungsweise 1,6 m. Die Versuche ( 1888 ) bezweckten die Ermittelung der Schufsweiten bei verschiedenen Ladungen und Erhöhungen , die Ermittelung der Treffähigkeit und die Beschiefsung von Stahlblechen für Schiffsdecks . Die gröfste Schufsweite bei 45 ° Elevation und
28 kg P. P. C/82
war 9855 m für die Granate L/2,8 von 216,5 kg Gewicht.
Unter
gleichen Verhältnissen war 1887 die gröfste Schufsweite von 9864 m ermittelt worden. Die Treffähigkeit war in Übereinstimmung mit früheren Ergebnissen
eine recht gute.
Auf 9855 m (s. oben) er
forderten 50 % Treffer eine Ziellänge von 21,5 m, eine Zielbreite von 10,1 m. Unter 60 ° Elevation bei einer Schufsweite von 4054 m mit 16 kg Ladung
drang die geladene Stahl - Minen- Granate L/4,5
von 339 kg Gewicht
3,5 m tief in Erde
Trichter hatte 4 m Durchmesser.
ein,
der ausgeworfene
Die Stahlplatten wurden in einer
Entfernung von 50 m von der Mündung , unter 60° zum Horizont (von Geschütz abgeneigt) aufgestellt, beschossen.
Das 75 mm starke
Stahlblech wurde mit 10 kg Ladung und der
Stahlpanzergranate
von 345 kg (Anfangsgeschwindigkeit 168 m), das 100 m starke mit 14,75 kg Ladung und derselben
Granate (Anfangsgeschwindigkeit
214,2 m) , das 120 mm starke mit 16,5 kg und derselben Granate (Anfangsgeschwindigkeit 229,8 m) durchschlagen. Die Geschosse blieben unversehrt , im zweiten Falle drang das Geschofs noch 2,5 m , im dritten 2 m tief in Erde ein . Konnte das bisherige nur als Vorversuch gelten, so haben im Herbst 1889 wirklich entscheidende Versuche gegen
ein Panzer
deckziel stattgefunden , deren Ergebnisse für die künftige Wert schätzung von gepanzerten Schiffen und Panzerdeck schiffen von hoher Bedeutung sein werden. Es handelte sich um eine Haubitze von 28,55 cm Kaliber (schlechtweg 29 cm Haubitze genannt).
Die Länge des
Rohrs
ist 3,31 m ( 11,6 Kaliber),
die
Seelenlänge 10 Kaliber, Rohrgewicht (mit Verschlufs) 10,998 kg. Das Rohr lag in einer Haubitz - Rahmen - Laffete von ähnlicher Konstruktion wie oben , dieselbe wiegt 45,000 kg, die Feuerhöhe ist 1,945 m .
14,000 kg, die Bettung Vier verschiedene Arten
von Geschossen kamen zur Anwendung : Panzergranaten L /2,2 von 232,5 kg, desgl. L/3,7 von 300 kg, desgl. L/4,5 von 425 kg , Stahl Panzer-Granaten L/3,7 von 300 kg Gewicht.
Für Ladungen bis
18,5 kg wurde Würfelpulver, von da an aufwärts bis zur grössten Ladung von 26 kg prismatisches Pulver C/82 benutzt,
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
349
Das horizontale Panzerdeckziel war 16 m lang, 4 m breit, aus 4 über einandergelegten und untereinander vernieteten Stahl platten zusammengesetzt , die 3 oberen im Ganzen in einer Stärke von 76 mm , die unteren in
einer solchen von 13 mm, also ins
gesamt 89 mm stark (3½" engl. ). Die Platten waren auf 7 Längs Eisen vernietet und auf einem Holzunterbau mit Laschen und Winkeln befestigt . Das Deck stand 1,6 m vom Boden ab. Zur Feststellung der erforderlichen Durchschlagskraft wurden aufserdem 2 Stahlplatten , die eine von 114 mm Stärke , 2,5 m Breite , 2,1 m Höhe , die andere von 89 mm Stärke , 2 m Breite und Höhe mit Die Tannenholzhinterlage hinter der ganzen Fläche beschossen. Stärke der vorkommenden Panzerdecke ist meist 76 mm, bei neueren Konstruktionen in Frankreich 90, selten 100 mm, in England nur bei 2 neuen Typen beträchtlich höher ( 127 mm Centaur und 152 mm Blake) , oft ist die Stärke auch geringer als 76 mm. Die Ausdehnung der Panzerdecke in Länge und Breite ist aber beträchtlich gröfser als bei dem Schiefsversuch . Über den Schiefsversuch giebt der 79. Schiefs bericht Auskunft . Es handelte sich darum, Material zu einer Schufs tafel zu sammeln ,
die Treffähigkeit zu
ermitteln und endlich die
Die gröfste Ladung Wirkung gegen das Panzerdeck festzustellen. 300 kg schweren dem verlieh C/82 Pulvers prismatischen kg von 26 Geschofs eine Geschwindigkeit von 311,4 m mit
einem Gasdruck
von 2160 Atmosphären. Nach den Vorversuchen, welche wir über gehen, fand die Beschiefsung der beiden Stahlplatten statt, welche unter 45 ° zum Horizont (vom Geschütz abgeneigt) auf 50 m vom Geschütz aufgestellt waren . Gegen jede der beiden Platten wurden 2 Schufs mit 300 kg schweren Stahl-Panzer- Granaten unter An wendung verschiedener Ladungen abgegeben. Die stärkere Platte wurde mit Geschwindigkeiten von 222 und 208 m , die schwächere mit solchen von 189 und 177 m durchschlagen, wobei die Geschosse unversehrt blieben . Aus diesem Ergebnis wurden die Verhältnisse beim weiteren Schiefsen abgeleitet. Gegen das Panzerdeckziel ergaben sich beim Hauptversuch 2 Schufs- Serien, von denen jede einen Treffer erzielte und damit ein Bild der Wirkung im Ziele erzeugte.
Die erste Serie von 10 Schufs
erfolgte unter 45° mit der Stahl- Panzer- Granate L/3,7 von 300 kg und der Ladung von 11,3 bis 11,4 kg Würfel-Pulver auf 3540 m. Die gröfste Längen - Abweichung betrug 29 m, Abweichung 8,3 m.
die
gröfste Seiten
Die zweite Serie von 16 Schufs mit demselben
Geschofs erfolgte unter 65 ° mit der Ladung von 15,3 bis 15,4 kg Würfelpulver ,
Entfernung
3540 m ,
gröfste
Längen - Abweichung
Umschau auf militärtechnischem Gebiet. 32 m, gröfste Seiten - Abweichung 27 m.
350
Der erzielte Treffer der
ersten Serie hatte 2 m Längen-, 0,6 m Seiten - Abweichung, derjenige der zweiten Serie 1,6 m Längen-, 0,7 m Seiten - Abweichung .
Bei
10 Schüssen der zweiten Serie überstieg die Seiten -Abweichung nicht 5 m. Eine dritte Serie von 20 Schufs unter den gleichen Verhältnissen , wie
die zweite abgegeben ,
erzielte keinen Treffer ,
gröfste Längen - Abweichung 48 m, gröfste Seiten -Abweichung 24 m. Was die Wirkung der beiden Treffer im Ziel angeht , so war der erste mit einer Endgeschwindigkeit von 186 m unter 46'2" Auf treffwinkel , der andere mit 229 m beziehungsweise unter 66 ° erfolgt, lebendige Kraft pro qu. cm Querschnitt 0,83 beziehungsweise 1,25 mt. In beiden Fällen wurde das Ziel durchschlagen, im ersten Fall war der ganze Bau in der Mitte um 40 mm durchgebogen, das Geschofs 1,50 m tief in die Erde eingedrungen und unversehrt ; im zweiten Fall war die Durchbiegung auf 90 mm gestiegen , das Geschofs fand sich unversehrt 5 m hinter dem Schufsloch 1,10 m tief in der Erde. Es ist ohne Zweifel ,
dafs kein Panzerdeck , welches von
einem Schiffe getragen werden kann , der Wirkung eines derartigen treffenden Geschosses zu widerstehen vermag. Wie würde
sich
der
Erfolg erst gestalten ,
wenn
dasselbe mit
brisantem Sprengstoff geladen wäre ? Ein entscheidendes Moment bildet jetzt noch die Treffwahrscheinlichkeit. Wenn man be denkt, dafs das bei dem Versuch dargestellte Ziel nur den sechsten Teil der Länge und den fünften der Breite gegenüber den wirk lichen Abmessungen
besafs ,
wie sie
die
Panzerdecke
der Schiffe
haben, so können die Ergebnisse als glänzend betrachtet werden , insoweit man davon abstrahiert, dafs das Ziel in Ruhe war. Bei allen 3 Serien lag die Längenstreuung in den Abmessungen , wie sie den Zielen in Wirklichkeit eigen sind, die Breitenstreuung ging nur wenig über das Mafs hinaus.
Es bleibt nun die Frage, inwieweit
der Mörser dem in Bewegung befindlichen Ziele mit der Bahn des Geschosses zu folgen vermag ,
und vor Allem
wie
es
sich mit
Wirkung und Treffwahrscheinlichkeit auf den näheren Entfernungen gestalten wird, wo die Abnahme schwindigkeit sich geltend macht.
der Ladung und Geschofsge Erst damit , also nach Er
schiefsen einer vollständigen Schufstafel ,
würde
sich ein
volles Bild des Einflusses ergeben , den die Fortbildung des Wurf feuers auf die Bedeutung der Marine auszuüben hat . Der Bericht Nr. 8 über Schiefs - Versuche des Grusonwerk behandelt die Versuche
betreffend einen Panzerturm
mit walz
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
351
eiserner Kuppel für zwei 15 cm Kanonen L/25 in Laffeten ohne Rücklauf. Die Vorversuche fanden am 24. und 26. Juni , am 19. Juli und 15. August , die Hauptversuche am 19. bis 22. August 1890 statt.
Der Panzerturm bildet einen neuen Typus und weicht
in seiner Konstruktion insofern vom gewöhnlichen System Gruson ab, als das Gewicht des Panzers und des drehbaren Unterbaues zur Aufhebung des Rücklaufes der Kanonen ausgenutzt wird. Die Konstruktion hält also die Mitte zwischen den Gruson- Schumann'schen Panzerlaffeten und den Gruson'schen Panzertürmen ,
ist
aber den
letzteren zuzurechnen , weil die Drehung nicht auf einem Pivot zapfen , sondern auf einem Rollenkranz erfolgt. Durch letzteren wird die Basis der Konstruktion vergröfsert, was notwendig erschien , weil der Turm zur Deckung von 2 parallel angeordneten Kanonen bestimmt ist, wofür sich die Panzerlaffete auf Mittelpivot , wie die Schiefsversuche in Bukarest ergaben, nicht eignet.
Der Panzer
turm besteht aus einer walzeisernen Kuppel , welche auf einem aus Eisenblechen und T Trägern zusammengenieteten Unterbau montiert ist. drehbar
und
Letzterer ist auf einem losen Rollenkranz ohne Pivot wird
durch
einen Hartgufs - Vorpanzer
Wirkung der feindlichen Geschosse geschützt .
gegen die
Die Kuppel besteht
aus 3 Walzeisenplatten von 20 cm Dicke , der Vorpanzer aus 9 Hartgufsplatten . Der innere Turmraum ist von der äufseren Ringgallerie durch einen an den Unterbau angenieteten 2 cm starken Blechmantel getrennt , um das Eindringen von Pulvergasen und Sprengstücken auftreffender Geschosse in den inneren Turmraum zu verhüten .
Die Turmdrehung erfolgt durch Handbetrieb mit
Hülfe einer für 6 Mann eingerichteten Kurbelwelle .
Willkürliche
Drehungen werden durch am Unterbau angebrachte Bremsen ver hindert. Jede der beiden Laffeten besteht aus 2 Wänden und sind erstere von einander unabhängig.
Das Rohr liegt in einen Rohr
träger , welcher mit seitlichen Ansätzen in den kreisbogenförmigen Ausschnitten der Laffetenwände gleitet . Die Mittelpunkte dieser Ausschnitte befinden sich in den Scharten des Turms. Der Rück stofs pflanzt sich durch die Rohrträger auf die Laffetenwände fort und verteilt sich von dort auf die ganze Masse des Unterbaues und der Kuppel .
Wie die Schiefsversuche bewiesen haben, macht die Kuppel
trotz der gänzlichen Aufhebung des Rücklaufes der Kanonen beim Schiefsen nur ganz geringfügige Bewegungen , da der elastische Unterbau die Stöfse aufnimmt. Die beiden Geschützröhre drehen sich beim Nehmen der Höhenrichtung um ihre in den Scharten befindlichen
Mündungen ;
die
Spielräume
zwischen
Rohren
und
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
352
Scharten sind durch elastische Ringe abgedichtet.
Die Mündungen
der Rohre liegen so tief in den Scharten , dafs sie gegen seitliche Die einmal gegebene Richtung Treffer vollständig gesichert sind . läfst sich bei fortgesetztem Schiefsen durch eine besondere Vor Das Nehmen der Höhenrichtung geschieht richtung festhalten . durch Handräder , jedes Rohr ist durch ein Gegengewicht aus Die Seitenrichtung wird durch Drehung der ganzen balanziert. Kuppel mittelst einer Kurbelwelle im unteren Turmraum genommen kann die feinere Einstellung mittelst eines Handrads im
und
Geschützraum erfolgen . Kuppel
Zum direkten Richten dient eine auf der
angebrachte Visiereinrichtung.
einer
Der Turm ist mit
Einrichtung zum elektrischen Abfeuern der Geschütze versehen , das Abfeuern kann selbstthätig erfolgen, sobald die Geschütze in die Schufsrichtung gelangt sind , welche für beide Geschütze eine ver schiedene sein kann . Ein Geschofsaufzug fördert die Munition aus dem untersten Stockwerk in den Geschützraum .
Ventilation und
Beleuchtungs -Vorrichtung ist vorhanden . Die Bedienung
des Turms erfordert
im Ganzen
19 Mann ,
darunter 1 Kommandant, für jedes Rohr 1 Unteroffizier, 4 Mann, zur Bedienung des Geschofsaufzugs 2 Mann, für die Turmdrehung und den Ventilator 6 Mann . Die Röhre können bis + 25 ° erhöht, bis - 2 ° gesenkt werden. Der Panzerturm
wiegt mit
Vorpanzer 254 t, die
Rohre,
15 cm Kanonen L/25 (Krupp) , zusammen 3065 kg . sind gewöhnliche Granaten von 31,5 kg von 39 kg, Shrapnels von 39 kg . matisches Pulver C/82 .
Die
Gewicht,
leichte
Die Geschosse Stahlgranaten
Die Ladung beträgt 9 kg pris
Anfangsgeschwindigkeit
ist
480
be
ziehungsweise 520 m. Der Turm ist der von der belgischen Regierung für die Maas forts bestellte Versuchsturm . Die Versuche sollten Auskunft über das Verhalten der Laffete und der Turmkonstruktion während des Feuerns geben, es sollte ermittelt werden , ob die Konstruktion sich bei anhaltendem Schiefsen kriegsbrauchbar erweise. Aufser der Prüfung im Einzelnen sollte beobachtet werden, inwieweit der Rauch belästigend im Innern des Turmes wirkt. Seitens des Grusonwerks fanden zunächst Vorversuche unter Abgabe von 60 Schufs statt. Die Hauptversuche wurden seitens einer Kommission von belgischen Offizieren angestellt ; es Die Untersuchung wurden 200 Schufs in 12 Serien abgegeben. erstreckte sich auf:
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
353
a) Bucken des Turms, b) horizontale Bewegung des Turms, c) Turmdrehung, d) Höhenrichtung der Kanonen, e) Wirkung des Rauches im Turm - Inuern , f) Auswechselung der Kanonen und einiges Andere. Das Gewicht des Turms nimmt nach den Ergebnissen der Prüfung den gröfsten Teil der Rückstöfse der Kanonen auf, welche sich hauptsächlich in Schwingungen des
elastischen Unter
baus äussern . Ein eigentliches Bucken des Turmes wurde nicht Eine Veränderung festgestellt, jedenfalls ist es ohne Betracht. der Seitenrichtung durch den Schufs unterblieb, sobald die Brem sen angezogen waren. Auf den Drehmechanismus blieb das Schiefsen
gänzlich
vorrichtungen
bei
ohne
Einflufs ,
angezogenen
ebenso
Bremsen .
auf die Höhen - Richt Die
vollständige Um
drehung des Turms erfolgte in 40 bis 50 Sekunden ; an dem Drehmechanismus arbeiteten 6 Mann, welche sich imstande er wiesen, die Arbeit während längerer Zeit zu verrichten.
2 Mann
hoben die Kanonen bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 1º pro Sekunde . Die Wirkung des Rauches im Turm- Innern wurde erst lästig, als die Schartendichtungen anfingen, defekt zu werden. Ein
widerstandsfähigeres
Material
für
Die Auswechselung der Kanonen nahm
diese
erscheint Bedürfnis.
25 Minuten in Anspruch,
um eine Kanone aus dem Lager zu entfernen, dieselbe wieder in die Scharte zu bringen.
35 Minuten, am
Die Gesamt - Anordnung des Turm-Innern erwies sich im Laufe der Versuche als sehr glücklich gewählt. Die Feuer geschwindigkeit
war
eine
normale ;
die
Intervalle
zwischen je
2 Salven betrug beim Schnellfeuer mit Granaten 1½ Minute.
Nach
Beendigung der Versuche erklärte der Vorsitzende der belgischen Kommission, Generalmajor Wauters , Oberbefehlshaber der Artillerie zu Antwerpen, die Streitfrage, ob es ohne Nachteil möglich sei, in einem
Panzerturm den
aufzuheben ,
sei
Rücklauf der Kanonen
gänzlich
durch diese Versuche entschieden und zwar zu
Gunsten des neuen Systems , dessen hohe praktische Vorzüge vor den Panzertürmen mit Rücklauf- Laffeten die Versuche deutlich hätten erkennen lassen . Die Werke von St. Chamond hatten die ihnen in Auftrag gegebenen entsprechenden Panzertürme zur Armierung der Maasforts
Umschau auf militärtechnischem Gebiet. für Rücklauf-Laffeten konstruiert. das
354
Der französischen Industrie hatte
Problem der Aufhebung des
Rücklaufs
unlösbar erschienen.
Die Prüfung der Türme von St. Chamond hatte in der Zeit vom 4. bis 9. August
durch die
belgische
Kommission
stattgefunden.
Die Salve von 2 Schufs hatte gleichfalls 1½ Minute in Anspruch genommen, die volle Drehung des Turmes erforderte aber 2 Minuten (statt 40-50 Sekunden bei dem Grusonturm). Der Rücklauf betrug 25 cm. In der Woche vom 20. - 25. Oktober hat die Prüfung der entsprechenden
Panzertürme
der Werke
des Creusot ,
gleichfalls Rücklauf-Laffeten haben, stattgefunden. nicht verlautet.
welche
Näheres hat noch
Die französische Presse bemüht sich aber bereits,
die Niederlage, welche die französische Industrie , Angesichts der die deutsche Konstruktion als die vorzüglichste hervor hebenden Urteile der belgischen Kommission erlitten hatte, abzuschwächen , indem sie die deutsche Konstruktion als diffiziler , schwerer und
kostspieliger
erklärt,
selbst in der Aufhebung des
Rücklaufs eher einen Nachteil als einen Vorzug erblicken will. Der in Frankreich durch die Laffetenbremsen verlangsamte Rückstofs werde in Deutschland durch einen nach Millionen mkg zählenden Chok ersetzt, der unvermittelt auf den Gesamt-Mechanismus wirke und letzteren andauernd schädige. Nicht das Unvermögen, Panzer türme ohne Rücklauf zu konstruieren, habe die französische Technik zu ihrem Vorgehen veranlasst, sondern die Einsicht, dafs die Ver besserung der Turm - Konstruktion gar nicht in jener Frage, sondern in dem Streben zu suchen sei , die Geschützmündungen sofort nach dem Schusse nach abwärts
zu versenken,
dafs sie der Sicht des
Feindes und dessen Feuer entzogen würden .
Dafs die versenkbare
Panzerkuppel ein in Deutschland längst gelöstes Problem ist, wird mit vielem Anderen in jenen Urteilen übersehen. Der Sieg der deutschen Industrie war auch in diesem Falle wieder ein entschiedener. Ein Vergleichs - Versuch zwischen Geschützen der bel gischen Artillerie und solchen des Etablissement Krupp , wie er dem belgischen Senate in der Sitzung vom 21. Mai d. J. vom Kriegs-Minister Pontus mitgeteilt worden ist, wurde von der » Belgique militaire
in ihrer Nr. 1001 wiedergegeben. Die » Revue d'artillerie >Belgique militaire « gebracht, von dieser haben Militär-Zeitungen in Deutschland und Österreich- Ungarn
( » Allgemeine Militär - Zeitung