Integrierte Entwicklungsplanung: Eine Bestandsaufnahme [1 ed.] 9783428433513, 9783428033515


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Integrierte Entwicklungsplanung: Eine Bestandsaufnahme [1 ed.]
 9783428433513, 9783428033515

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Volkswirtschaftliche Schriften Heft 228

Integrierte Entwicklungsplanung Eine Bestandsaufnahme

Von

Hartwig de Haen, I. Evers, Oskar Gans und Wilhelm Henrichsmeyer

Duncker & Humblot · Berlin

H. DE HAEN, I , EVERS, 0 . GANS, W. HENRICHSMEYER

Integrierte

Entwicklungsplanung

Volkswirtschaftliche

Schriften

Herausgegeben von Dr. J. B r o e r m a n n , Berlin

Heft 228

Integrierte Entwicklungsplanung Eine

Bestandsaufnahme

Von H . de H a e n , I . Evers, O. Gans, W. Henrichsmeyer Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre und Agrarpolitik der Universität Bonn

D U N C K E R

&

H Ü M B L O T / B E R L I N

Alle Rechte vorbehalten © 1975 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1975 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH., Berlin 61 Printed in Germany I S B N 3 428 03351 5

Vorwort I n der vorliegenden Studie werden die wichtigsten Ergebnisse eines Forschungsauftrags des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit zusammengefaßt. I m Rahmen dieses Forschungsauftrags sollte eine Bestandsaufnahme und Beurteilung von umfassenderen Planungsmodellen vorgenommen werden. Grundlage der Untersuchungen war eine Reihe von größeren Planungsprojekten, die von verschiedenen Institutionen i n A n g r i f f genommen wurden. I m Verlaufe der Arbeiten erwies es sich als zweckmäßig, der Kennzeichnung und Prüfung der einzelnen Ansätze einen allgemeinen Teil voranzustellen, u m einen gemeinsamen methodischen Bezug zu haben. Hieraus sind die beiden Teile über die allgemeine Konzeption ¡und die methodische und systemtheoretische 'Einordnung entstanden. Die vorliegende Studie ist das Ergebnis eines eingehenden Meinungsaustausch mit Mitarbeitern der wichtigsten untersuchten Planungsprojekte und intensiver Diskussionen i m Kreise der Autorengruppe. Das gilt vor allem hinsichtlich der Kennzeichnung und Beurteilung der untersuchten Planungsprojekte sowie der daraus abgeleiteten Schlußfolgerungen und Empfehlungen. Die ersten beiden allgemeinen Abschnitte der Studie basieren i m wesentlichen auf Entwürfen von Herrn Dr. de Haen. Die Autoren danken den Mitarbeitern des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre und Agrarpolitik der Universität Bonn für ihre K r i t i k ¡und ihre Anregungen und insbesondere Frau M. Hachmeier für eine k r i t i sche Durchsicht des Manuskripts. Wilhelm

Henrichsmeyer

Gliederung

1. Einführung

9

Teil A Zur allgemeinen Konzeption und Beurteilung von Planungsansätzen 12 2. Zweck u n d I n h a l t der Planung

12

3. Planungskonzepte

14

4. Elemente einer rationalen Entwicklungsplanung

24

4.1 Zielanalyse u n d E r k l ä r u n g des Entwicklungsablaufes

26

4.2 Wirkungsanalyse entwicklungspolitischer Instrumente

30

4.3 Abgrenzung möglicher Entwicklungsabläufe

31

4.4 A u s w a h l eines bestgeeigneten Mitteleinsatzes

32

5. K r i t e r i e n f ü r die Beurteilung von Planungsansätzen

34

Teil B

Bestandsaufnahme von Planungsmodellen aus systemtheoretischer und methodischer Sicht 6. Systemtheoretische Einordnung

42 42

6.1 Systemanalytisches Grundschema

43

6.2 Analyse der Interdependenzen u n d A u f b a u umfassender Systeme

48

6.3 Der ökonomische Bereich u n d seine Beziehungen zu den übrigen Teilsystemen

50

6.4 Nicht-ökonomische Parameter u n d Variablen i m ökonomischen Modell

51

6.5 Aggregationsebenen innerhalb des Systems

55

7. Methodische Einordnung

56

7.1 Methoden zur statistischen Schätzung v o n Zusammenhängen . . .

56

7.2 Konsistenzmodelle

60

7.3 Mathematische Programmierung

62

7.4 Allgemeine Systemmodelle u n d Simulation

64

Gliederung

8

Teil C Kennzeichnung und Beurteilung umfassender Planungsansätze 8. Planungskonzepte verschiedener Institutionen

68 68

8.1 Makroökonomische Rahmenplanung

68

8.2 Das Konzept der Mehr-Stufen-Planung der Weltbank

74

8.3 Das Modell rekursiver Entscheidungssysteme des Social Systems Research Institute (SSRI) i n Madison

80

8.4 Systemanalytische Ansätze der Michigan State University (MSU)

85

8.5 Das PSWAD-Konzept der F A O

95

8.6 Das Konzept länderbezogener Entwicklungsplanung des Bundesministeriums f ü r wirtschaftliche Zusammenarbeit

98

9. Ausgewählte integrierte Planungsmodelle

106

9.1 B M Z - S i e r r a Leone-Studie

106

9.2 I B R D - M e x i k o - S t u d i e

121

9.3 MSU-Korea-Studie

141

TeilD Schlußfolgerungen und Empfehlungen 10. Prinzipielle Überlegungen zum Konzept integrierter planung

156 Entwicklungs-

156

10.1 Partielle versus integrierte Entwicklungsplanung

156

10.2 Baukastenprinzip des Modellaufbaus

158

11. Z u m A b l a u f integrierter Entwicklungsplanung

160

11.1 Allgemeine Problemanalyse u n d Projektfindung

160

11.2 Datengewinnung u n d Konsistenzanalyse

163

11.3 Flexible Modellentwicklung

165

Teil E Zusammenfassung Literaturverzeichnis

172 177

1. Einführung (1) Seit vor etwa 25 Jahren die politischen Entscheidungsträger i n den wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern vermehrt begannen, den Entwicklungsprozeß aktiv zu steuern und ihre Zielvorstellungen und Maßnahmen in expliziten Entwicklungsplänen zum Ausdruck zu bringen, haben sowohl die modelltheoretischen Untersuchungen als auch die empirischen Anwendungen von Entwicklungsplanimgskonzepten eine starke Verbreitung gefunden. Aus anfänglichen partiellen Fragestellungen und methodisch relativ einheitlichen und überschaubaren Planungsansätzen sind inzwischen eine Reihe von inhaltlich umfassenden und methodisch flexiblen integrierten Planungsvorhaben hervorgegangen. Dabei werden unter integrierten Planungsvorhaben solche Ansätze verstanden, die die Grenzen einzelner Disziplinen überschreiten und die Interdependenzen zwischen unterschiedlichen aggregativen, administrativen und räumlichen Teilebenen erfassen. Beispiele liefern etwa die i m Auftrage des Bundesmdnisteriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit durchgeführte Länderstudie über Sierra Leone (BMZ-Sierra Leone, 1971), das Mehrstufen-Programmierungsmodell der Weltbank für Mexiko (IBRD-Mexiko, 1971), die systemanalytischen Agrarsektormodelle eines Teams an der Michigan State University (MSU-Korea, 1972) und die „Country Studies" i m Rahmen der „Perspective Study of World Agricultural Development" (FAOPSWAD). Darüber hinaus wurden eine große Zahl der ökonometrischen Makromodeile zu umfassenderen Planungsansätzen erweitert bzw. zu Rahmenmodellen für Konsistenztests verschiedener Partialanalysen ausgebaut (z. B. Fletcher u. a., 1970). Eine Vielzahl von ähnlichen A n sätzen der verschiedenen Institutionen liegt vor. Inzwischen sind bei der Durchführung von Planungsprojekten dieser A r t so viele Erfahrungen gesammelt worden, daß es lohnend erscheint, sie i m Rahmen einer Bestandsaufnahme und kritischen Beurteilung einmal zusammenhängend vorzustellen. (2) I n der vorliegenden Studie w i r d der Stand der Bemühungen um integrierte Planungsansätze gekennzeichnet. »Es werden die wesentlichen Charakteristika verschiedener Planungsmodelle aufgezeigt und Kriterien für deren Klassifizierung und Beurteilung entwickelt. Die Erarbeitung neuer methodischer Konzepte steht zwar nicht i m Vordergrund, es w i r d jedoch versucht, Ansatzpunkte für weitergehende Untersuchungen zur Entwicklungsplanung aufzuzeigen.

10

1. Einführung

Die Studie wendet sich i n erster Linie an Planer und politische Entscheidungsträger, die m i t der Anwendung quantitativer Methoden i m Planungsprozeß befaßt sind. Daher t r i t t einerseits die Beschreibung von mathematischen Strukturen und statistischen Eigenschaften hinter k r i tischen Auswertungen der Modellannahmen und der Relevanz »für aktuelle Planungsprableme zurück. Andererseits sollen insbesondere solche Konzepte herausgestellt werden, die aus der Sicht der entwicklungspolitischen Praxis schon heute oder i n absehbarer Zukunft praktikabel erscheinen. (3) Die Studie gliedert sich i n vier Hauptabschnitte, i n denen die Gesamtproblematik nach unterschiedlichen Gesichtspunkten gegliedert und diskutiert wird. Der eilige oder m i t der Materie vertraute Leser mag direkt zu einzelnen Teilen übergehen u n d ist beim Verfolgen des Textes i m allgemeinen nicht an die Kenntnis der vorangegangenen Teile gebunden. Teil A enthält einige grundsätzliche Überlegungen zur Konzeption und Beurteilung von Planungsansätzen. Nach einer kurzen Diskussion über Zweck u n d Begriff der Planung (Abschnitt 2) folgt eine einführende Darstellung genereller Planungskonzepte (Abschnitt 3). I m folgenden Abschnitt 4 werden dann Elemente einer rationalen Entwicklungsplanung diskutiert und einzelne Schritte des Planungsprozesses von der anfänglichen Situationsanalyse bis zur Auswahl eines als optimal angesehenen Planes dargestellt. I m Abschnitt 5 folgt eine Zusammenstellung von Kriterien, die bei der Beurteilung von Planungsmodellen und Entwicklungsplänen von Nutzen sein können. Teil B beginnt m i t einer groben systemtheoretischen Einordnung der verschiedenen Disziplinen, die für bestimmte Planungsansätze relevant sein können (Abschnitt 6). Dabei w i r d versucht, ausgehend von einem multidisziplinären Interdependenzzusammenhang von der gesamtwirtschaftlichen bis hinunter zur projektbezogenen Ebene ein hierarchisches System wechselseitig voneinander abhängiger und sich gegenseitig ergänzender Planungsprobleme zu entwerfen. Hieran schließt sich i n Abschnitt 7 eine weitere Einordnung von Planungsmodellen nach methodischen Gesichtspunkten an. Dabei werden die wichtigsten Planungsverfahren kurz gekennzeichnet und der Bezug zu den i m T e i l C beschriebenen Modellen hergestellt. I m TeiLC werden einige größere realisierte Planungsprojekte i m einzelnen vorgestellt. (Zunächst erfolgt i m Abschnitt 8 eine kurze Bestandsaufnahme größerer Planungsprojekte, wie sie an den verschiedenen,

1. Einführung

11

mit Entwicklungspolitik und -planung 'befaßten Institutionen erarbeitet wurden. Aus den umfassenderen, mehrere Disziplinen und Aggregationsebenen integrierenden Planungsprojekten werden dann drei besonders i n teressant erscheinende Ansätze ausgewählt und i m folgenden Abschnitt 9 ausführlich dargestellt und beurteilt. Bei der Auswahl der Projekte wurde versucht, zum einen möglichst umfassende Studien vorzustellen und zum anderen die Vielfalt des methodischen Instrumentariums darzustellen. Teil D der Untersuchung enthält Schlußfolgerungen und Empfehlungen. Zunächst w i r d i m Abschnitt 10 eine knappe Zusammenfassung einiger prinzipieller Überlegungen zum Konzept integrierter Entwicklungsplanung gegeben. Der abschließende Abschnitt 11 enthält einen Vorschlag für ein flexibles Konzept der integrierten Entwicklungsplanung. I n groiben Umrissen w i r d ein Vorschlag f ü r den Ablauf von Planungsprozessen gemacht. Dieser Entwurf beinhaltet konzeptionelle Vorstellungen für künftige Planungsprojekte, die i n der empirischen A n wendung weiter zu überprüfen sein werden.

TeilA

Zur allgemeinen Konzeption und Beurteilung von Planungsansätzen 2. Zweck und Inhalt der Planung (4) Die ordnungs- und gesellschaftspolitische Diskussion über die Relevanz der Planung soll hier nicht weiter aufgenommen werden 1 . Vielmehr w i r d die Frage nach der Notwendigkeit einer koordinierten systemumfassenden Entwicklungsplanung generell bejaht. Probleme wie das der Nahrungsmittelversorgung, der Einkommensverteilung und der wachsenden Ansprüche an die Versorgung m i t privaten und öffentlichen Gütern i m allgemeinen drängen zu sehr und die verfügbaren Ressourcen sind zu knapp, als daß Entscheidungen ohne ein systematisches, d. h. den Gesamtzusammenhang aller Maßnahmen berücksichtigendes A b w ä gen zwischen den verschiedenen Handlungsalternativen getroffen werden könnten. Nichts anderes als eine solche informierende und analysierende, auf die Effizienz des Faktoreinsatzes abgestellte Vorbereitung, und nicht etwa Vorschriften über den Vollzug der Entscheidungen selbst, beinhaltet der PlanungsVorgang 2 . Planung als Entscheidungsvorbereitung k a n n folglich unabhängig vom politisch-gesellschaftlichen System gefordert werden 3 . Dies w i r d einmal von den Entwicklungs1 Planung wozu? Die A n t w o r t auf diese u. a. von Vente (1969) eingehend diskutierte Frage ist trotz der weiten Verbreitung, welche Entwicklungsplanung i n den verschiedenen Wirtschafts- u n d Gesellschaftssystemen bis heute gefunden hat, kontrovers. Z u m Beispiel wurden i n der Vergangenheit wiederholt ordoliberale Thesen gegen eine Entwicklungsplanung dahingehend geäußert, daß es lediglich darauf ankomme, eine marktwirtschaftliche Ordnung zu schaffen, i n der die Allokation von Ressourcen weitgehend ohne staatliche Eingriffe ermöglicht werde (vgl. z. B. Meyer, 1960 und Rhein, 1962). Dagegen fordern andere eine gezielte Planung und Lenkung gerade deswegen, w e i l die M a r k t - und Preismechanismen überall dort nicht funktionieren, w o ein großer Teil der Güter nicht über den M a r k t verteilt, sondern direkt i n Subsistenzwirtschaften hergestellt und verbraucht w i r d und w o es sich u m die Verteilung von öffentlichen Gütern handelt (vgl. Myrdal, 1963). 2 Vgl. dazu auch Vente (1969), insbesondere Abschnitt A, S. 15 - 66, u n d die dort angeführte Literatur. 8 Z u dieser von der ordnungspolitischen Diskussion abgehobenen Auffassung von den Aufgaben der Entwicklungsplanung gelangt auch Kade. Er sagt außerdem: „Es geht für die ökonomische Theorie der Entwicklungsländer heute nicht darum, bestimmte wirtschaftliche Ordnungstypen a p r i o r i zu konstruieren und zu rechtfertigen; die Entscheidungen über politische Struktur

2. Zweck und Inhalt der Planung

13

ländern i n dieser Weise gesehen, zum anderen läßt sich die Notwendigkeit der koordinierten Planung auch aus den Kosten-Nutzen-Überlegungen der Geberländer von Krediten und technischer Hilfe ableiten. (5) Mehr Beachtung als die ordnungspolitische Diskussion soll daher i m folgenden die Frage der Wahl geeigneter Planungsmethoden und des Beitrages der verschiedenen Disziplinen zur Lösung des Planungsproblems i n Entwicklungsländern finden. Selbst dort, wo Entwicklungsplanung ausdrücklich gefordert wird, finden einzelne Wissenschaftszweige und Methoden hinsichtlich ihrer Eignung zur Bewältigung der anstehenden Probleme teilweise heftige K r i t i k . I n bezug auf die Anwendung quantitativer wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Planungsmethoden, die bisher den weitaus überwiegenden T e i l der Planungsmodelle ausmachen, w i r d behauptet, sie seien nicht problemadäquat, w e i l sie i n der Regel monodisziplinär seien, während die Probleme der Entwicklungsländer multidisziplinär und somit n u r i n Zusammenarbeit vieler Disziplinen i n einem integrierten Planungsansatz zu lösen seien. Dieser an die Adresse der W i r t schaftswissenschaften gerichtete V o r w u r f ist i n der Tat ernst zu nehmen. Die Vielfalt der heute i n Entwicklungsländern zur Lösung anstehenden Probleme i m politischen, sozialen u n d ökonomischen Bereich verbietet es, sich ausschließlich auf solche Modelle zu beschränken, die rein ökonomische K r i t e r i e n anwenden und nach denen etwa derjenige Plan auszuwählen ist, der zu einer maximalen Entlohnung der vorhandenen Ressourcen führen würde. E i n sehr viel breiteres und flexibleres Planungskonzept ist vielmehr anzustreben. Ansätze i n dieser Richtung sind vorhanden. Die Sierra Leone-Studie des B M Z bietet ein gutes Beispiel f ü r eine derart umfassende interdisziplinäre Systemanalyse (BMZ-Sierra Leone, 1971). Es w i r d zu p r ü fen sein, inwieweit sich diese vorwiegend qualitative Untersuchung zu einer quantitativen Analyse ausbauen läßt. Prinzipiell ist das Instrumentarium der quantitativen Wirtschafts- und Sozialforschung heute flexibel genug, u m problemadäquate und geschlossene Analysen und Prognosen z u erstellen, die der Unterstützung des Planungsprozesses dienen. Der Einbeziehung nichtökonomischer Variablen steht i m P r i n zip nichts i m Wege, soweit nicht unlösbare Probleme der Quantifizierung und Bewertung auftauchen. Bei vielen Fragestellungen ist sie sogar Voraussetzung für die Erreichung eines hohen Erklärungs- und Aussagegehaltes der Modelle. Es w i r d Aufgabe der vorliegenden Studie sein, die Diskussion über die Relevanz und die Anwendbarkeit der verschiedenen Planungsanund sozialökonomische Zielkombination sind von der Wirtschaftstheorie nicht zu begründen" (Kade , 1968, S. 122).

14

Teil A: Konzeption und Beurteilung von Planungsansätzen

sätze weiterzuführen u n d Verbindungslinien zwischen qualitativer und quantitativer Systemanalyse aufzuzeigen. 1972).

56

Teil B: Bestandsaufnahme von Planungsmodellen

explizit einzubeziehenden Interdependenzen, wächst der Informationsbedarf und sinken Überschau- und Berechenbarkeit. Andererseits besteht bei zu geringer Komplexität die Gefahr der Außerachtlassung wichtiger technischer, organisatorischer und sozio-kultureller Wechselbeziehungen sowie der Inkonsistenz der einzelnen Ergebnisse. I n jedem F a l l entstehen erhebliche Koordinationsprobleme. Dabei scheint es nützlich, sich auch i n der Theorie die i n der politisch-administrativen Praxis gemachte Erfahrung zunutze zu machen, daß eine negative Koordination, bei der die Problemverarbeitung jeweils schwerpunktmäßig auf n u r ein Entscheidungsproblem ausgerichtet ist, wesentlich geringere Koordinations- und Informationskosten verursacht als eine positive Koordination, bei der alle wichtigen Fragen i n einem übergreifenden Prozeß der simultanen Problemverarbeitung zu lösen versucht werden (vgl. Scharpf, 1973, S. 85 ff.). A u f die Entwicklungsplanung angewandt bedeutet dies, daß trotz der Interdependenzen schon bei der Modellformulierung Schwerpunktbereiche, wie „Förderung von Bildung und Ausbildung", „Verbesserung des Gesundheitswesens", „Steigerung der Nahrungsmittelversorgung" u. a. m., festgelegt und die Zusammenhänge i m Hinblick auf n u r den jeweils ausgewählten Schwerpunktbereich erfaßt werden sollten.

7. Methodische Einordnung (60) Nachdem i m vorigen Abschnitt eine grobe Einordnung der verschiedenen Planungsbereiche nach ihrem interdisziplinären Zusammenhang vorgenommen wurde, soll jetzt zur Erleichterung des Verständnisses der nachfolgenden Diskussion einiger ausgewählter Ansätze eine kurze Kennzeichnung der wichtigsten Planungsmethoden u n d eine entsprechende Einordnung verschiedener realisierter Modelluntersuchungen durchgeführt werden. Diese Kennzeichnung w i r d sich erstrecken auf — Methoden zur statistischen Messung von Zusammenhängen, — Konsistenzmodelle, — Mathematische Programmierung, — Allgemeine Systemmodelle und Simulation. 7.1 Methoden zur statistischen Schätzung von Zusammenhängen (61) Voraussetzungen f ü r die Anwendung statistischer Schätz verfahren ist wie bei allen anderen methodischen Ansätzen eine möglichst detaillierte und abgesicherte Vorstellung über die A r t , d. h. die funktionalen Beziehungen zwischen den das System charakterisierenden Varia-

.

ethoische Einordnung

57

blen. Diese i n der Aufstellung der „strukturellen F o r m " 1 9 des jeweiligen Entwicklungsmodells resultierenden Vorstellungen sind das Ergebnis von Erfahrungen und Hypothesen der verschiedenen entwicklungsrelevanten Fachdisziplinen. I n allgemeiner Darstellung läßt sich die strukturelle Form als System von n Gleichungen schreiben, die die Abhängigkeit der n endogenen Variablen y (t) = {yi (t), y% (t), . . . , y n (t)} von m exogenen Variablen x* (t) = {x\ (t), x* 2 (t), ..., x* m (t)} für einen Zeitraum von r + 1 Perioden beschreiben: (7.1) fi [y (t), y(t — 1), . . . vlt-T y) 9x*lt),a*lt-l),

..., x* (t -

r x)]=o

i = 1, ..., n . Faßt man die verzögert endogenen, die verzögert exogenen und die exogenen Variablen zum Vektor der vorherbestimmten Variablen x (t) x = {y (t - 1), • • • > y * (t)> X*(t1), . . . , x* (t - r x)} zusammen, so läßt sich die strukturelle Form auch vereinfacht schreiben als (7.2)

1 i l y ( t ) , x m = 0;

i =

l,...,n.

I n dieser strengen Determiniertheit entspricht die strukturelle Form jedoch kaum der Realität, w e i l nicht alle tatsächlich vorhandenen Einflüsse i n das Modell aufgenommen werden können. Das statistische Modell zur Schätzung der Größe der die Variablen verbindenden Koeffizienten trägt dieser Tatsache bekanntlich durch die Einbeziehung zusätzlicher Stör- oder Zufalls variablen Ui Rechnung: (7.3)

f { [y (t), x (t)] = ut (t);

i = 1, ..., n .

Je nach der Kerndisziplin, i n der die Hypothesen des Modells erarbeitet werden, finden Schätzmodelle dieser allgemeinen Form i n der Soziometrie, der Psychometrie und der Ökonometrie Anwendung. Die Anwendungsbereiche reichen dabei von statischen (tx — ty — 0) zu dynamischen (x x oder x y > 1), von einfachen (n = 1) zu simultanen oder rekursiven (n > 1) und von monovariablen (m = 1) zu multiplen (m > 1) Regressionen. Es wäre ein hoffnungsloses Unterfangen zu versuchen, dieses Spekt r u m i n seiner gesamten Breite f ü r alle entwicklungsrelevanten Disziplinen und Anwendungsfälle zu beschreiben. Hier kann es lediglich darum gehen, einige umfassendere Ansätze zu beschreiben, die den Charakter von integrierten Modellen haben oder die wesentliche Elemente i® Hinsichtlich einer detaillierteren Beschreibung der statistischen bzw. ökonometrischen Methoden i p i allgemeinen u n d deren A n w e n d u n g i n der Entwicklungsplanung muß hier auf die einschlägige L i t e r a t u r verwiesen werden.

58

Teil B: Bestandsaufnahme von Planungsmodellen

solcher Entwicklungsmodelle beschreiben können. Dabei w i r d wegen der größeren Zahl der vorhandenen Beispiele auf ökonometrische Modelle zurückgegriffen. (62) Gewöhnlich werden die Modelle i n der linearen Form spezifiziert: (7.4)

By (t) + Cx (t) = u(t) .

Daraus läßt sich die reduzierte Form bilden: (7.5)

y (t) = - B - l Cx (t) + B - l u (t) ,

die schließlich als Schätz- oder Vorhersageform wie folgt geschrieben werden kann: (7.6)

y(t)=a£(t)

+ vü(t)

.

Gewöhnlich arbeitet man bei der Schätzung und bei der Vorhersage künftiger Entwicklungen m i t dieser reduzierten Form (7.5) bzw. (7.6), d. h. also m i t einem Gleichungssystem, das für jede endogene Variable eine Bestimmungsgleichung enthält, die auf der rechten Seite ausschließlich exogene und verzögerte Variablen enthält. Die Koeffizienten dieser Gleichungen lassen sich dann nicht mehr i n jedem Fall ökonomisch erklären 2 0 , sondern geben den Gesamteinfluß der Änderung einer vorherbestimmten Variablen auf die jeweils endogene Variable an („impact multipliers"). Hat man Schätzwerte für die Koeffizienten der reduzierten Form i n JC und Werte für die vorherbestimmten Variablen i n £ (t), die i n Planungsmodellen explizite Instrumentvariablen enthalten können, für eine bestimmte Periode t, so kann man eine Vorhersage für die endogenen Variablen treffen. Für alternative Werte der Instrumentvariablen und gegebenenfalls für kontrollierbare fixe Parameter können dann alternative Ziel-Mittel-Kombinationen zur Entscheidungsvorbereitung errechnet werden. (63) ökonometrische Modelle dieser A r t werden i n der Entwicklungsplanung vorwiegend verwandt, u m realisierbare Wachstumsraten von Produktion und Beschäftigung zu bestimmen. Sie orientieren sich häufig mehr an den Möglichkeiten der Angebots- als an denen der so F ü r strukturelle Modelle m i t Erklärungshypothesen aus anderen Disziplinen gelten diese Ausführungen entsprechend. Hinsichtlich der statistischen Schätzung der Zusammenhänge zwischen Variablen, die verschiedenen Disziplinen entstammen u n d wichtige Kernbereiche eines sozio-ökonomischen Systems kennzeichnen, sei i m übrigen auf die Faktorenanalyse hingewiesen, die besonders von Adelman u n d Morris (1967) i n diesem Zusammenhang v e r w a n d t wurde.

.

ethoische Einordnung

59

Nachfrageentwicklung 21 .; Unter den ersten, einfach strukturierten Makromodellen sind etwa die Zwei- und Viersektoren-Modelle für Indien von Mahalanobis (1955) oder das Entwicklungsmodell für Israel von Chenery und Bruno (1962) zu finden. I n späteren Jahren wurden viele weitere Modelle »bei der Konzeption von Entwicklungsplänen zugrundegelegt, i n denen dann auch die Nacbfrageentwicklung und deren Bestimmungsgründe stärkere Beachtung fanden. Z u nennen ist etwa das Modell von Adelman u n d Kim (1969), das bei der Aufstellung des zweiten koreanischen Fünf jahresplanes „Rahmendaten" lief erte. Schließlich wurden von der United Nations Conference on Trade and Development (1968) für 16 Entwicklungsländer ökonometrische Modelle konstruiert 2 2 . Je nach der ökonomischen Fragestellung haben die Modelle eine besondere Struktur. Zum Beispiel enthält das Chenery-Bruno-Modell, das nicht nach Sektoren untergliedert ist, 7 technische und verhaltensbedingte Gleichungen (Produktionsfunktion, Arbeitsnachfragefunktion, Importnachfragefunktion, Ersatzbeschaffungsfunktion, Sparfunktion, Arbeitsangebotsfunktion und Exportfunktion) und 5 .Gleichgewichtsbedingungen (Sparen-Investieren, Zahlungsbilanz, Beschäftigung, Gesamtkapitalbildung und Bruttoinlandsprodukt). Das Interessante an diesem Modell ist der planerische Aspekt, der dadurch hineinkommt, daß bestimmte feste Zielwerte (Vollbeschäftigung und Staatsausgaben) vorgegeben, Bereiche für die Kapitalzufuhr, die Sparquote und die Arbeitsnachfrage angegeben und variable Ziele für das BIP, den Konsum und gegebenenfalls die Kapitalzufuhr eingesetzt werden können. I n der reduzierten Form entsteht ein Modell m i t vier frei variierbaren Instrumentvariablen, das für Projektionen dienen kann. (64) Abschließend sei noch auf das Datenproblem bei der Schätzung von ökonometrischen Entwicklungsplanungsmodellen eingegangen. Sehr häufig fehlt es für die geschlossene statistische Schätzung von ökonometrischen Modellen, wie z. B. dem Chenery-Bruno-Modell, i n Entwicklungsländern an dem erforderlichen Datenmaterial. Dies gilt besonders, wenn zusätzlich eine sektorale Untergliederung vorgenommen wird. Entgegen der theoretisch zu erhebenden Forderung, daß die Spezifizierung des Modells dem Schätzungsprozeß vorausgehen soll, muß man hier häufig zwischen den Problemen der Modellformulierung und 21 Dagegen ist i n kürzerfristigen Konjunkturmodellen, die mehr der A n a lyse fiskalpolitischer Maßnahmen dienen sollen, das Wachstum weitgehend v o n der Nachfrageseite bestimmt. Vgl. dazu etwa das M o d e l l v o n Thorbecke u n d Condos (1969), das z. B. gar keine Produktionsfunktion enthält. 22 Eine umfassende Auswertung ökonometrisch geschätzter Makromodelle f ü r Entwicklungsländer ist z.B. enthalten bei Condos (1970).

60

Teil B: Bestandsaufnahme von Planungsmodellen

der Datengewinnung wie i n einem Ping-Pong Spiel {Fox, Sengupta, Thorbecke, 1966, S. 391) h i n und her gehen. Wenn das -Modell nicht geschlossen ist, d. h. unter vollständiger Berücksichtigung der unterstellten Interdependenzen zwischen den Variablen geschätzt werden kann, weil Zeitreihen von Daten nicht vorliegen, so bieten sich drei alternative Hilfsverfahren zur Modellquantifizierung an: a) Man sucht nach Ländern m i t vergleichbaren Bedingungen, führt eine internationale Querschnittsanalyse durch? 3 und überträgt die Ergebnisse auf die jeweils zu quantifizierenden Parameter des Modells, b) Eine andere Möglichkeit besteht darin, einzelne Parameter ohne ein formales Schätzverfahren aufgrund von a priori-Kenntnissen einzelner Experten zu quantifizieren, c) Schließlich nennen Fox, Sengupta und Thorbecke (1966, S. 408) einen dritten, am wenigsten befriedigenden Weg, der darin besteht, das Modell den verfügbaren Daten anzupassen bis „the model fits the data". Insgesamt ergeben sich bei der statistischen Schätzung der Zusammenhänge zwischen den entwicklungsrelevanten Variablen um so mehr Datenprobleme, je stärker man das Modell zu disaggregieren, d. h. nach Sektoren und Regionen zu unterteilen versucht. Zugleich werden auch methodische Probleme komplizierter. I n der Regel empfiehlt sich eine blockrekursive Untergliederung des Gesamtmodells, i n der dann nur einzelne Komponenten m i t simultanen Schätzverfahren zu quantifizieren sind. 7.2 Konsistenzmodelle (65) 'Die m i t ökonometrischen Methoden geschätzten makroökonomischen Wachstumsmodelle müssen i n der Regel auch bei einer sektoralen Untergliederung darauf beschränkt bleiben, die gegenseitige Verträglichkeit gesamtwirtschaftlicher Kreislaufgrößen zu analysieren. Sie können allerdings den Konsistenzrahmen für diverse Teiluntersuchungen für einzelne Sektoren oder Regionen abstecken, wie es z. B. von Thorbecke wiederholt beschrieben und für Guatemala bei der Projektion landwirtschaftlicher Entwicklungsmöglichkeiten angewandt wurde (Fletcher u. a., 1970). Darüber hinaus spielen aber bei der Entwicklungsplanung Probleme der Faktorallokation und der Änderung von Produktionsstrukturen eine Rolle, die m i t fortschreitender Arbeitsteilung i n der Wirtschaft i n zunehmendem Maße eine Berücksichtigung der intersektoralen und interregionalen Austauschverflechtungen erfordern. I n diesem Zusammenhang findet die Input-Output-Analyse weite Anwendung. 23

Vgl. dazu z. B. die A r b e i t von Chenery

(1960).

.

ethoische Einordnung

61

Ziel der Verwendung der Input-Output-Analyse ist es, erstens ein konsistentes Informationssystem über Produktions- und Lieferstrukturen (Input-Output^Beziehungen) zu schaffen (statisches I-O-Modell), und zweitens durch den Vergleich mehrerer aufeinander folgender Tabellen und die Erklärung der Veränderungen die Voraussetzimg für Strukturprognosen (dynamisches I-O-Modell) und Optimierungsrechnungen zu schaffen. Bezeichnet man die Gesamtheit der Produktionsniveaus der einzelnen Sektoren (oder Regionen) mit y (y = { y\ , ..., y n})24 und die Nachfrage der einzelnen Endnachfragesektoren m i t x {x = { # i , xg, ..., x n}), so lassen sich die Lieferbeziehungen bekanntlich i n der folgenden Form des offenen statischen Leontief-Modells darstellen: y = Ay -f x

(7.7)

durch Auflösung nach y erhält man die Beziehung (7.8)

y = (I~

x = ( I - A ) - l (c + i + e - m) ,

i n der für eine gegebene Lieferstruktur A gezeigt wird, wie sich eine bestimmte Endnachfrage (Konsum c, Investition i, Exporte e, Importe m) auf die Produktionsmengen der einzelnen Sektoren auswirken. F ü r Fragen der Strukturprojektion w i r d dieses Modell dahingehend dynamisiert, daß unter Verwendung von „capital-output"-Relationen, die i n einer M a t r i x B zusammengefaßt werden, die Investitionen i als Kapazitätseffekt ausgedrückt werden: i = BAy

(7.9)

Das folgende dynamische Input-Output-Modell (7.10)

A y = B - i ( I - A) y - B-* (c + e -

m)

gibt dann an, um wieviel die Produktion i n den Sektoren bei gegebener Technologie voraussichtlich steigen wird, wenn für die laufende Periode das Produktionsniveau, der Konsum und der Außenbeitrag bekannt sind 2 5 . (66) A n dieser Stelle kann nicht auf die Vielzahl der Anwendungsbeispiele der Input-Output-Analyse für die ¡Entwicklungsplanung ein24 Die Nomenklatur weicht hier v o n der üblichen, i n der y die Endnachfrage u n d x die Produktion bezeichnet, ab, u m eine Übereinstimmung iin der Kennzeichnung von endogenen u n d exogenen Variablen i m vorigen Abschnitt zu gewährleisten. 25 Wegen einer detaillierten Übersicht über Methoden der I n p u t - O u t p u t Analyse u n d über Anwendungen i n der Entwicklungsplanung sei auf die L i t e r a t u r verwiesen, z. B. auf Chenery u n d Clark (1959) u n d auf Kap. 3.32

in von Urff

(1970).

62

Teil

: Bestandsaufnahme von Planungsmodellen

gegangen werden. Sie reichen von Varianten, i n denen der gesamte Endnachfragevektor für ein Zieljahr vorgegeben u n d die entsprechenden Produktionsstrukturen ermittelt werden über solche, i n denen die Produktionsniveaus und die Wachstumsraten der Produktion und der Investitionen gesucht werden bis zu solchen, i n denen der Konsum endogen bestimmt w i r d 2 6 . Hinsichtlich der Eignung der Input-Output-Analyse zur Verwendung i n integrierten, umfassenden Planungsmodellen ist hervorzuheben, daß die jeweils exogen vorgegebenen Variablen durchaus endogene Variablen anderer, z. B. ökonometrisch geschätzter Makromodelle sein können. Die Input-Output-Analyse selbst ist deterministisch, d. h. sie geht von sicheren Erwartungen aus. Darin ist gewiß eine große Schwäche zu sehen, was allerdings ebenso für eine (Reihe v o n anderen methodischen Ansätzen, vor allem die überwiegende Zahl der Optimierungsansätze gilt. Von den Optimierungsmodellen unterscheidet sich die Input-Output-Analyse dadurch, daß sie -bis auf einige z.B. von Charkravarty (1959, S. 93 ff.) beschriebene Varianten i n der Regel keine Wahlmöglichkeiten i n der Kombination der Produktionssektoren oder — bei endogener Bestimmung — der Struktur der Endnachfrage zuläßt. I n diesem Zusammenhang ist schließlich auch auf die Bedeutung einfacher Mengenbilanzen i m Rahmen einer Situationsanalyse und Informationsgewinnung hinzuweisen. Statt der sektoralen Produktionswerte werden dabei die reinen Mengen einzelner produzierter Waren oder verfügbarer Produktionsmittel i n den verschiedenen Verwendungszwecken verfolgt und systematisch aufgeführt. A u f diese Weise können wertvolle Hinweise für die Quantifizierung technischer Koeffizienten i n weiteren anschließenden Modellrechnungen gewonnen werden. Eine solche Mengenbilanzierung kann auch i m Rahmen geschlossener A k t i vitätsanalysemodelle durchgeführt werden. 7.3 Mathematische Programmierung (67) Steht bei der Input-Output-Analyse vor allem die Frage der Konsistenz der projizierten Größen i m Vordergrund der Untersuchung, so t r i t t bei der mathematischen Programmierung die Auswahl der verschiedenen Handlungsalternativen nach Maßgabe eines bestimmten Zielkriteriums als simultan zu lösendes Problem hinzu. Z. B. w i r d i n ökonomischen Modellen der linearen Optimierung, das an die Fragestellung der Input-Output-Analyse anknüpft, diejenige Kombination der Ausbringungsmengen der Wirtschaftssektoren gesucht, die unter 26

Vgl. v o r allem Chakravarty

(1959).

7. Methodische Einordnung Einhaltung der Nebembedingung, daß den Ansprüchen an Zwischenprodukten auch entsprechende Lieferungen gegenüberstehen müssen und daß die Kapazitäten der Produktionsfaktoren zur Produktion ausreichen, das größte Sozialprodukt erwarten lassen. Eine Vielfalt von anderen Fragestellungen ist denkbar. Verglichen mit der starren Festlegung von Kapital- u n d Vorleistungsintensitäten i n der Input-Output-Analyse werden die Freiheitsgrade i n der Kombination der Produktionsfaktoren dadurch erreicht, daß die Beziehungen der intersektoralen Verflechtung und der Ansprüche an Produktionsfaktoren teilweise als Ungleichungen formuliert werden und daß alternative Produktionsprozesse formuliert werden. Dabei werden optimale Produktionsstrukturen endogen bestimmt. Anwendungsbeispiele sind vor allem i n mikroökonomisch basierten Sektoranalysen, i n Regional- und Projektplanungen zu finden. (67 a) Mathematisch beinhalten sie alle das Problem, daß ein Extremwert n (Maximum oder Minimum) einer (z. B. linearen) Zielfunktion 1 iV) gesucht w i r d : (7.11)

»=

%zjyj

unter den Nebenbedingungen (7.12) (7.13)

2 aij Vj 0 ;

i = 1, . . . , n , j = 1, . . . , m ,

wobei die an die Koeffizienten und die b* die Niveaus der physischen, institutionellen oder verhaltensbedingten Beschränkungsgleichungen darstellen. (68) Eines der frühesten Beispiele für gesamtwirtschaftliche Programmierungsmodelle gibt Sandee (1960). Spätere, teilweise sehr viel umfassendere Arbeiten sind Manne (1966), Chenery und Mac Ewan (1966), Bruno (1967) oder von Urff (1970). Viele dieser Modelle dienen der Suche nach einer optimalen Aufteilung der Ressourcen auf L a n d w i r t schaft und andere Sektoren, z. B. unter der Zielsetzung einer Maximierung des Außenbeitrages der Volkswirtschaft. I n jüngster Zeit wurden diese Modelle teilweise stark verfeinert, disaggregiert und um eine Reihe von mikroökonomischen Entscheidimgsstrukturen erweitert. Dies g i l t insbesondere für die zahlreichen Programmierungsmodelle des Agrarsektors, die entweder i n sich geschlossen oder i n größere gesamtwirtschaftliche und sektorale Modelle integriert sind. Zu nennen sind hier vor allem die Arbeiten von Duloy und

64

Teil B: Bestandsaufnahme von Planungsmodelen

Norton (1971), Vaurs, Condos und Goreux (1971) sowie IBRD-Mexiko (1971), (vgl. Abschnitte 8.2 und 9.2). Daneben wurden spezielle Techniken wie dynamische Programmierung oder die für Probleme der Investitionsplanung von größeren Projekteinheiten bedeutende gemischt-ganzzahlige Programmierung von verschiedenen Autoren angewandt (Manne [Hrsg.], 1967; Westphal, 1971). Schließlich liegen besonders für den Agrarsektor eine Reihe von Beispielen vor, i n denen rekursiv verkoppelte Programmierungsmodelle als Submodelle mehr oder weniger umfassender Systemmodelle formuliert sind. Solche Sequenzen von Optimierungsmodellen m i t internen und externen Rückkoppelungsmodellen, die als „Rekursive Entscheidungssysteme" (Day und Kennedy, 1970) bekannt wurden, entstanden nicht etwa aus dem Versuch heraus, optimale Ziel-Mittel-Kombinationen für den Wirtschaftspolitiker zu finden, sondern die tatsächliche Entwicklung von Produktionsstrukturen m i t einzelbetrieblichen Entscheidungs- und Verhaltenstheorien zu erklären. Anwendungen liegen vor für Indien {Singh, 1971, Mudahar, 1972), Brasilien (Ahn, 1972) und Korea (de Haen und Lee, 1972)27. (69) Während i n den rekursiven Entscheidungssystemen die einzelnen Programmierungs-Submodelle häufig einperiodisch sind, enthalten viele der gesamtwirtschaftlichen Makromodelle eine explizite Unterteilung des Planungszeitraumes i n einzelne Perioden (mehrperiodisch-simultane Modelle) u n d entsprechende intertemporale Transferaktivitäten. Beispiele sind etwa das Modell von Chenery und Mac Ewan (1966), von Urff (1970) oder IBRD-Mexiko (1971). Interessant erscheint i n diesem Zusammenhang besonders der über den ökonomischen Bereich hinausgehende mehrperiodische Programmierungsansatz von Adelman (1966) für eine Erziehungsplanung i n Argentinien. Das Modell erstreckt sich über 20 Jahre und führt zu einer simultanen Optimierung der Investitionen i n den Bereichen Erziehung und reale Kapitalbildung. Entscheidungskriterium ist i n beiden Fällen der Beitrag zum Sozialprodukt, der bei Erziehungsinvestitionen (Schulbauten, Erhöhung der Lehreranzahl usw.) durch die Kapazitätseffekte i n späteren, nach Befähigungsklassen gegliederten Arbeitskräftebestände und durch die entsprechende Mehrproduktion gemessen wird. 7.4 Allgemeine Systemmodelle und Simulation (70) Aus den bisherigen Ausführungen zum Problem der „modellhaften" und praktischen Planung des Entwicklungsprozesses dürfte klar geworden sein, daß die zugrundeliegende S t r u k t u r i n der Tat sehr 27

Eine ausführliche Darstellung erfolgt i n den Abschnitten 8.3 u n d 9.3.

7. Methodische Einordnung

65

komplex ist und daß sie i n der Regel auf einer Vielzahl von Einzeltheorien und Hypothesen aufbaut. Entsprechend fällt es häufig auch schwer, Modelle zu spezifizieren, die diese Zusammenhänge erklären und die empirisch überprüfbar sind. Es lag nahe, bei dem Versuch, eine disziplinübergreifende und systematische Methode einer rationalen Entwicklungsplanung zu finden, auch das Instrumentarium der Systemforschung heranzuziehen. Gerade sie befaßt sich m i t der Durchdringung von komplexen Systemen, deren interagierende Teile sowohl abstrakter als auch physischer Natur sein können 2 8 . Dabei stehen dynamische Verhaltenssysteme, die durch Rückkoppelungsvorgänge gekennzeichnet sind, i m Vordergrund. Es ist das Ziel der Systemforschung, Erkenntnisse über solche dynamischen Systeme zu gewinnen und nach generellen Prinzipien zu suchen, m i t denen die Struktur der Systeme sichtbar gemacht und erklärt werden kann und die darüber hinaus eine Gestaltung und Lenkung von Systemen vorbereiten helfen (vgl. auch Zahn, 1972). Die auf den allgemeinen Prinzipien der Systemtheorie und den Verhaltenshypothesen der jeweiligen sozialökonomischen Fachdisziplinen basierenden Gleichungssysteme werden als „Allgemeine Systemmodelle (< (General Systems Models) bezeichnet, w e i l sie an keinen von der Lösungsmethode abgeleiteten Strukturprinzipien (z. B. Linearität, Determiniertheit u. a.) und keinen von der Schätzmethode bestimmten A n forderungen an das Datenmaterial orientiert sind. Z u r Lösung der i n der Regel dynamischen Modelle, d. h. zur Berechnung von Zeitreihen der Zielvariablen, w i r d die Simulation als numerisches, iteratives Lösungsverfahren angewandt. Die flexible Definition der Allgemeinen Systemmodelle läßt eine f ü r jeden Anwendungsfall gültige und zugleich das Wesentliche aufzeigende mathematische Darstellung kaum zu. I n der Regel handelt es sich u m Systeme dynamisch verkoppelter Submodelle, die ihrerseits rekursive oder block-rekursive Systeme von Differenzengleichungen sind. Lassen sich einzelne Submodelle als Optimierungsprobleme formulieren, so liegt ein als „Rekursive Programmierung" bekannter Spezialfall vor, der den direkten Bezug zu den Optimierungsmodellen herstellt (de Haen und Lee, 1972). (71) Unter den verschiedenen Elementen und Eigenschaften systemtheoretischer Ansätze i n der Entwicklungsplanung sind drei besonders hervorzuheben:

28 Vgl. z. B. Boulding entwickelt v o n Forrester

5 Entwicklungsplanung

(1972). Das methodische Konzept w u r d e ursprünglich (1961).

66

Teil B: Bestandsaufnahme von Planungsmodellen

— Wichtigste Strukturelemente sind häufig die positiven bzw. negativen Rückkoppelungskreise (Regelkreise), m i t deren Hilfe selbstregulierende, von außen geregelte oder ungeregelte Wachstums- und Schrumpfungsprozesse dargestellt werden können. Sowohl bei Lernund Diffusionsprozessen als auch bei Fragen des Wachstums der Bevölkerung spielen Regelkreise eine Rolle. Aus der Interaktion mehrerer Regelkreise entstehenden Oszillationen, Wachstumsabschwächnngen usw. — Durch Simulation der Systementwicklung m i t alternativen Parameterkonfigurationen entsprechend vorgegebener Wahrscheinlichkeitsverteilungen können „Stichproben" der nur m i t einem gewissen Unsicherheitsgrad vorherzusagenden tatsächlichen (Entwicklung gewonnen werden (Monte-Carlo-Analyse). — Die zeitlichen Abstände zwischen Ursache und Wirkung 'bestimmter Erscheinungen i(z. B. zwischen dem Beginn einer Investitionsmaßnahme und dem Einsetzen der daraus resultierenden Produktion oder zwischen Beratung und deren Auswirkungen i n der Praxis) kann explizit i n Verzögerungsprozessen erfaßt werden. Dadurch kann eine weitgehend realistische Abbildung der Geschwindigkeit einzelner und aggregierter Entwicklungsprozesse erreicht werden. Die i n der Entwicklungsplanung angewandten Allgemeinen Systemmodelle zeichnen sich dadurch aus, daß generell auf eine Wohlfahrtsfunktion, m i t deren Hilfe eine für das gesamte System akzeptable Optimierung versucht werden könnte, verzichtet wird. I m Vordergrund steht das „Experimentieren" m i t einem Modell, dessen Struktur und dynamisches Verhalten dem untersuchten sozio-ökonomischen System möglichst weitgehend entspricht. Die Auswahl einer »besten Ziel-MittelKombination w i r d bewußt dem Politiker überlassen. (72) Anwendungsbeispiele finden sich i n fast allen entwicklungsrelevanten Disziplinen. So projizierte Carroll (1972) die Bevölkerungsentwicklung Koreas, unterschieden nach Geschlecht, Alter und sozialer Gruppe. Manetsch u. a. (1971) beschreiben ein Systemmodell, m i t dessen Hilfe die Anregung zu bestimmten Haltungen und Praktiken (z. B. Verwendung moderner Technologien) und die folgende Ausbreitung i n einer Bevölkerung simuliert werden kann. A u f gesamtwirtschaftlicher Ebene haben Holland und Gillespie (1963) als erste einen systemtheoretischen Ansatz für Simulationszwecke verwandt 2 9 . Das Modell für Indien hat 6 Sektoren, für welche i n den jeweiligen Simulationsrechnungen unterschiedliche zeitliche Entwick2 ® E i n sehr ähnliches Konzept haben Holland Entwicklungsplanung f ü r Venezuela erarbeitet.

u. a. (1966) auch bei einer

7. Methodische Einordnung

67

lungspfade definiert werden. Zielvariablen sind Preise, Löhne, Konsum und die verschiedenen Komponenten der Zahlungsbilanz, jeweils dargestellt i n der zeitlichen Entwicklung. Byerlee (1972) verwendet ein makroökonomisches Modell für Nigeria, u m die Auswirkungen landwirtschaftlicher Entwicklungspolitiken auf Wachstum, vor allem aber auf Beschäftigung und Einkommensverteilung i m Zeitablauf zu verfolgen. Das Modell ist integraler Bestandteil eines umfassenden Allgemeinen Systemmodells für die Landwirtschaft Nigerias, das an der Michigan State University entwickelt und i n erweiterter Form auch zur Planung der koreanischen Landwirtschaft verwandt wurde (vgl. A b schnitte 8.3 und 9.3). Noch i n der Bearbeitung befindet sich ein Modell von Herdt und Kellogg (1972), i n dem versucht wird, die Dynamik der Entwicklung einer einzelnen Region i n Indien (Punjaib), i n der ertragreiche Getreidesorten eine rasche Ausbreitung gefunden haben („Grüne Revolution"), i m einzelnen zu analysieren und zu projizieren. (73) E i n Grundprinzip der Allgemeinen Systemmodelle ist die Flexibilität Sie können generell Teilkomponenten der verschiedenen herkömmlichen Lösungsverfahren und Modelltypen, wie die mathematische Programmierung, ökonometrische Modelle oder Input-OutputTabellen, inkorporieren, ohne auf bestimmte Modellelemente festgelegt zu sein. Hervorzuheben ist, daß man bei flexiblem Vorgehen auch von verschiedenen Einzelmodellen dem Konzept der Allgemeinen Systemmodelle nahekommt. Das g i l t z.B. für ein Input-Output-Modell, das m i t Schätz- oder Vorhersagemodellen für einzelne Modellkomponenten verkoppelt wird, oder für die Verknüpfung von Optimierungsmodellen i n der Rekursiven Programmierung. Insgesamt ergibt sich eine relativ große Vielfalt von Ausgestaltungsmöglichkeiten, was auch durch die zunehmende Anwendung systemanalytischer Ansätze i n der Soziologie und Politologie deutlich w i r d (vgl. den Überblick bei Zahn, 1972). A u f die Probleme der Überprüfung der Realitätsnähe systemanalytischer Modelle, deren Parameter gewöhnlich nicht i n ihrer Gesamtheit statistisch geschätzt werden können, sei allerdings besonders hingewiesen.

Teil C

Kennzeichnung und Beurteilung umfassender Planungsansätze (74) I m Teil OB wurden spezielle Aspekte der zu besprechenden Planungsansätze hinsichtlich ihrer systemanalytischen und mathematischmethodischen Einordnung untersucht. I m folgenden soll nun der A u f bau dieser Ansätze gekennzeichnet und beurteilt werden. I n Abschnitt 8 w i r d zunächst versucht, einen Überblick über die Entwicklung dieser Konzepte i n verschiedenen Institutionen zu geben. »Dabei w i r d sich zeigen, daß die aufgeführten Institutionen von unterschiedlichen methodischen Ausgangspunkten ihre Planungsansätze i m Laufe der Zeit entwickelt haben. I n Abschnitt 9 werden ausgewählte Studien etwas näher beschrieben, die kennzeichnend für die Hauptlinien dieser E n t wicklung sind. Wegen der großen Bedeutung, die dem Agrarbereich i n den Entwicklungsländern zukommt, stellen die meisten Studien die Probleme der Agrarentwicklung i n den Vordergrund. Die angeführten Beispiele spiegeln diese Schwerpunktbildung wider.

8. Planungskonzepte verschiedener Institutionen 8.1 Makroökonomische Rahmenplanung (75) Von einer Vielzahl von Institutionen, vornehmlich auch von den Vereinten Nationen und der Weltbank, sind eine Reihe von makroökonomischen Planungsansätzen entwickelt und angewandt worden (vgl. den Überblicksartikel von Kade (1968)). Dabei handelt es sich i m wesentlichen u m Modelle vom Harrod-nDomar-Typ und u m Input-OutputModelle. Diese Modelle dienen der Vorausschätzung makroökonomischer Größen und i n disaggregierten Versionen auch zur Schätzung sektoraler Größen. Die Modelle bedienen sich vornehmlich der Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnimg und werden meist i m Rahmen der Erstellung von Mehrjahresplänen benutzt. Sie stellen zunächst Prognoseansätze dar, oftmals sollen sie aber zugleich Ansatzpunkte für w i r t schafts- und entwicklungspolitische Eingriffe zur Steuerung des E n t -

8. Planungskonzepte verschiedener Institutionen

69

Wicklungsprozesses aufzeigen. Dabei sind die Grenzen zwischen dem Projektions- und Programmcharakter der Modelle oftmals nicht klar getrennt (vgl. Knall, 1958, S. 286). (76) Einfache Modelle vom Harrod-Domar-Typ gehen von einer tautologischen Wachstumsformel aus, die die Beziehungen zwischen der Wachstumsrate des Sozialprodukts, dem Kapitalkoeffizienten und der Sparquote beschreibt. W i r d der Kapitalkoeffizient als technisch bestimmte Konstante aufgefaßt und das Sparverhalten als vom Investitionsverhalten unabhängig u n d auf Grund von Erfahrungen bekannt angesehen, so läßt sich das daraus resultierende Wachstum des Sozialprodukts bestimmen. Da die Annahme einer konstanten Sparquote und eines konstanten Kapitalkoeffizienten aber problematisch ist und das Modell eine Reihe weiterer einfachster Annahmen impliziert (vgl. Chakravarty, 1959, S. 39 f.; v. Urff, 1970, S. 89 ff.), sind Weiterentwicklungen des Modells erforderlich. So kann durch explizite Berücksichtigung der Außenhandelsbeziehungen das Modell erweitert werden und bei Vorgabe bestimmter Wachstumsziele zur approximativen Bestimmung des erforderlichen Sparvolumens bzw. des ausländischen Kapitals zur Realisierung des angestrebten Sozialproduktwachstums benutzt werden (vgl. Condos, 1970; Chenery und Strout, 1965; Bruton, 1969). Damit liefert das Modell Anhaltspunkte für die Vergabe von Kapitalhilfe durch Geberländer bzw. -Institutionen. Die Vorgabe bestimmter Wachstumsziele i m Modell setzt allerdings die Berücksichtigung der A k t i v i t ä t des Staates voraus, d. h. die Möglichkeit der Einführung von'Instrumentvariablen, u m insbesondere den Einfluß des Staates auf die Kapitalbildung und damit auf die Möglichkeiten der Planrealisierung abzuschätzen. Erweiterungen des einfachen Grundmodells i n diese Richtung und i n Richtung auf eine Disaggregation der Makrogrößen sind u. a. von Ichimura (1960), Tinbergen-Bos (1962) und Lewis (1966, S. 165 ff.) beschrieben worden. U m zu differenzierteren Aussagen zu kommen, schien vor allem eine Disaggregation des Produktions- und Endnachfragebereichs erforderlich. M i t Hilfe von Input-Output-Modellen lassen sich die Produktionsausdehnung i n den einzelnen Sektoren u n d die dadurch bedingten Arbeitskräfteerfordernisse sowie der notwendige Import von I n vestitionsgütern und Rohstoffen i n Abhängigkeit von der Endnachfrage bestimmen 80 . Die Endnachfrage, differenziert nach Sektoren und Komponenten, w i r d i n Abstimmung m i t der erwarteten bzw. geplanten so i m allgemeinen w i r d i n einem I n p u t - O u t p u t - M o d e l l die sektorale B r u t t o p r o d u k t i o n i n Abhängigkeit von der Endnachfrage gesehen. Sind dagegen die Produktionswerte, etwa als Zielwerte, vorgegeben, so läßt sich umgekehrt das erreichbare Niveau der Endnachfrage bestimmen.

70

Teil C: Kennzeichnung und Beurteilung umfassender Planungsansätze

Entwicklung der Globalgrößen ermittelt. So kann z. B. die Nachfrage privater Haushalte auf Grund der erwarteten Einkommenssteigerung entsprechend den sektoralen Einkommenselastizitäten geschätzt werden. Die sektorale Aufteilung der Investitionsgüternachfrage erfolgt i n A b stimmung m i t der geplanten globalen Investitionsquote. Die Berechnungen m i t dem Input-Output-Modell sichern vor allem die Konsistenz der güterwirtschaftlichen Seite der Volkswirtschaft, z. T. auch unter Berücksichtigung von Ressourcenverfügbarkeiten. Damit ist aber noch keine Abstimmung mit den die monetäre Seite betreffenden Größen gegeben. So können die Modellrechnungen etwa zeigen, daß die Importerfordernisse einen höheren Kapitalimport als ursprünglich vorgesehen implizieren und somit die Finanzierung des iSozialproduktwachstums erschweren bzw. begrenzen. Damit w i r d ein Abstimmungsund Revisionsprozeß zwischen den Global- und Sektoralgrößen erforderlich, bis eine vollständige Konsistenz der Projektions- bzw. Plangrößen erreicht wird. (77) Praktische Anwendung haben Modelle vom Harrod-iDomar-Typ und Input-Output-Modelle i n einer Vielzahl von Ländern erlangt. Besonders erwähnenswert erscheinen die Anwendungen i n Lateinamerika (vgl. Baiboa, 1963), i n Pakistan (Chenery und Mac Ewan, 1966; Tim, 1965; Kresge, o. J.) und Indien (Bhagwati und Chakravarty, 1969; Mahalanobis, 1953, 1955; Frisch, 1960; Manne und Rudra, 1965), die von einfachen Ansätzen bis zu stark disaggregierten Versionen reichen und z. T. die vielfältigen Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Modelle aufzeigen. I n diesem Zusammenhang ist vor allem auf die umfassende Darstellung durch v. Urff (1970) hinzuweisen. Ein weiterer Anwendungsbereich der Input-Output-Analyse bezieht sich auf die Analyse der Auswirkungen von Änderungen von Produktund Faktorpreisen sowie Steuersätzen auf das Kosten- und Preisgefüge einer Volkswirtschaft (vgl. etwa die Analyse kurzfristiger Auswirkungen von Wechselkursänderungen auf die Lebenshaltungskosten bei Evers, Sept. 1973). (78) Bei einer kritischen Beurteilung der verschiedenen Ansätze makroökonomischer Rahmenplanung ist zunächst positiv zu vermerken, daß die Analysen auf eine konsistente Betrachtung gesamtwirtschaftlicher und teilweise auch sektoraler Zusammenhänge abstellen. Der Entwicklungsprozeß w i r d dabei allerdings meist zu mechanisch und einseitig als Investitions- und damit als Finanzierungsproblem gesehen, das durch Kapitalimport und staatliche Einwirkung auf das Sparverhalten gelöst werden kann. Die Modelle enthalten darüber hinaus, zumindest i n ihren einfachen Versionen, kaum Instrumentvariablen, so daß sie nur indirekt eine Entscheidungshilfe für den Instrumenteinsatz

8. Planungskonzepte verschiedener Institutionen

71

bieten können. Grobe und problematische Annahmen, z.B. bezüglich des Kapitalkoeffizienten, liegen zudem den Modellen zugrunde und mindern ihre Aussagekraft. Dennoch bieten die erweiterten Modelle Ansatzpunkte für Verbesserungen. So können Input-Output-Modelle sinnvoll i n Programmierungsmodelle überführt oder i n systemanalytische Ansätze eingebettet werden (vgl. Abschnitt 8.3). (79) U m einen etwas plastischeren Eindruck von den Möglichkeiten volkswirtschaftlicher Rahmenplanung zu gewinnen, erscheint es angebracht, abschließend einmal exemplarisch eine Studie herauszugreifen und deren Ergebnisse vorzuführen. Als anschauliches Beispiel kann die Zambia-Studie von Seers (1969) gelten. Sie enthält u. a. eine vorausgeschätzte Input-Output-Matrix für das Jahr 1970 (s. Tabellen 8.1 und 8.2). Das Input-Output-Schema dient i m wesentlichen als Konsistenzrahmen, der dazu dient, die teilweise isolierten Einzelschätzungen i n ein konsistentes Bilanzierungsschema einzubetten und somit den Realitätsbezug der Gesamtprognose zu erhöhen. Gegenüber dem üblichen Aufbau einer Input-Output-Tabelle ist die M a t r i x von Seers erweitert. So ist vor allem die staatliche A k t i v i t ä t stärker differenziert; ferner w i r d das durch die Sozialstruktur bedingte unterschiedliche Konsumverhalten von Afrikanern und Nichtafrikanern berücksichtigt. Die Geld- u n d F i nanzierungsseite, wie der Staatshaushalt und die Verschuldung gegenüber dem Ausland, werden außerhalb der M a t r i x behandelt. Die Projektion der modifizierten Input-Output-Matrix für 1970 beruht i m wesentlichen auf der Annahme unveränderter staatlicher A k t i vität. Wie sich zeigt, würde dies entsprechend der Prognose zu einem erheblichen Defizit des Staatshaushalts und der Zahlungsbilanz führen. I n einer getrennten Rechnung werden für eine bestimmte Kombination und Dosierung wirtschaftspolitischer Maßnahmen (überwiegend Steuererhöhungen) die Auswirkungen auf die Reduktion der Defizite abgeschätzt (s. Tabelle 8.3). Insgesamt gesehen ist die Zambia-Studie ein einfaches Beispiel dafür, wie i n einem „datenarmen" Land ohne größeren methodischen Anspruch und ohne Einsatz eines Computers die Groblinien der makroökonomischen Entwicklung abgesteckt werden können. Ferner w i r d gezeigt, wie wirtschaftspolitischer Instrumenteinsatz einbezogen und dessen Auswirkungen quantifiziert werden können.

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8. Planungskonzepte verschiedener Institutionen 91

92

Teil C: Kennzeichnung und Beurteilung umfassender Planungsansätze

(99) Die Ergebnisse der iSimulationsläufe m i t dem Nigeriamodell stellen Projektionen 'bis zum Jahr 1995 dar. Dabei werden generell zwei Arten von „Politikexperimenten" durchgeführt, nämlich (1) Preis- und Exportsteuerpolitiken i m Rahmen der Marketing Boards und (2) Produktprogramme zur Modernisierung der Produktion einschließlich spezieller Maßnahmen (z. B. zur Bekämpfung der Tsetse-Fliege in den Viehgebieten des Nordens). I n den folgenden zwei Schaubildern werden für jeweils sechs Alternativen simulierte Ergebnisse gezeigt, und zum anderen die Auswirkungen auf die Kalorienversorgung pro Kopf der Bevölkerung (Schaubilder 8.7 und 8.8). (100) Abschließend einige grundsätzliche Bemerkungen zur Beurteilung der System- bzw. Simulationsansätze: — I m Vordergrund steht der Versuch, die tatsächliche Entwicklung des jeweils betrachteten Systems möglichst detailliert i n ihren zeitlichen Abläufen abzubilden. Dazu gehört auch eine genaue zeitliche Dosierung des Mitteleinsatzes (z. B. der Ausgaben zur Einführung produktionstechnischer Neuerungen, beschrieben in MSU-Nigeria, 1971, S. 55). — Obwohl das Konzept der Allgemeinen Systemodelle grundsätzlich flexibel (Baukastenprinzip) in der ¡Einbeziehung von verschiedenen Komponenten und Theorieelementen ist, w i r d i n vielen der bisher realisierten Ansätzen das ökonomische K a l k ü l relativ wenig einbezogen. Dafür nehmen einige durch sozialpsychologische Faktoren bestimmte Diffusions- und Lernprozesse einen breiteren Raum ein als i n den anderen Ansätzen. — Die i n den Modellen der Weltbank so stark hervorgehobene Bedeutung der internen Bewertungen von Faktoren und Produkten aus dem Interdependenzzusammenhang heraus traten i m MSU-Konzept zunächst sehr viel mehr i n den Hintergrund und werden erst neuerdings stärker beachtet. Interdependenzen werden zwar unter Berücksichtigung der zwischen den einzelnen Ereignissen abgelaufenen Zeit, nicht aber simultan erfaßt, obwohl das für die Vorwegnahme künftiger Gleichgewichtszustände bei Planungsüberlegungen von Bedeutung sein kann. — M i t der Nichtberücksichtigung simultaner Zusammenhänge w i r d eine gegenüber Programmierungsmodellen wesentlich erhöhte rechentechnische Effizienz ermöglicht. Vollkommen oder weitgehend rekursive Gleichungssysteme erfordern sehr viel weniger Speicherkapazität und kürzere Rechenzeiten als simultane Systeme. Dadurch werden Sensitivitätsanalysen und „Monte-Carlo"-Simulationen leich-

8. Planungskonzepte verschiedener institutioneii Schaubild 8.7. Total exports from Nigeria (agricultural and nonagricultural), 1970-95, under various policies.

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Quelle:

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1

1975

1980

1985

MSU-Nigeria

(1971), S . 322.

I 1990

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94

Teil C: Kennzeichnung und Beurteilung umfassender Planungsansätzö Schaubild 8.8. Caloric consumption of food staples of the nonagricultural population in southern Nigeria, 1970-95, under various policies.

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. 1970 1 Quelle:

1985

1975

MSU-Nigeria

(1971), S .

32.

1990

1995

8. Panungskonzepte verschiedener Institutionen

05

ter durchführbar. Dieser Aspekt sollte allerdings nicht hoch bewertet werden (vgl. MSU-Nigeria, 1971, S. 24), w e i l Kosten-NutzenVergleiche unterschiedlicher Modelltypen wegen der Unterschiede i n Fragestellung und Aussagefähigkeit grundsätzlich problematisch sind. 8.5 Das PSWAD-Konzept der FAO (101) Anläßlich der FAO-Konferenz 1969 wurde beschlossen, die bis dahin i m Rahmen des „Indicative World Plan" (IWP) durchgeführten Studien durch ein neues erweitertes Konzept abzulösen, das bezeichnet w i r d m i t „Perspective Study of World Agricultural Development" (PSWAD). Während bei der Aufstellung des I W P vor allem der Gesichtspunkt der weltweiten Prognose der Produktion und Nachfrage von Agrarerzeugnissen m i t Hilfe recht einfacher Prognosetechniken i m Vordergrund stand, sollen i m Rahmen von PSWAD umfangreichere Länderstudien durchgeführt werden, die i n stärkerem Maße die intersektoralen Verflechtungen des Agrarsektors und die spezifischen strukturellen Bedingungen der landwirtschaftlichen Produktion berücksichtigen. Dabei w i r d von komplexeren Ansätzen ausgegangen, die neben der Prognose künftiger Entwicklungen auch Aussagen über die sektoralen und gesamtwirtschaftlichen Konsequenzen alternativer entwicklungspolitischer Strategien u n d Maßnahmen ermöglichen. Obwohl sich die Modellaussagen i m wesentlichen auf die ökonomische und hier insbesondere die agrarwirtschaftliche Entwicklung richten, haben diese Studien dennoch i n weiten Teilen einen interdisziplinären Charakter, weil Informationen aus vielen Disziplinen (insbesondere agrartechnischer, soziologischer und demographischer A r t ) i n die Modelle eingehen. Bislang liegen nach einigen methodischen Voruntersuchungen Studien der FAO für eine ganze Reihe von Ländern vor. Z u nennen sind v o r allem Studien für einige lateinamerikanische Länder (Kolumbien, Peru), die Sich an dem Konzept des gesamtwirtschaftlichen Konsistenzrahmens orientieren (vgl. dazu auch die Voruntersuchung für Guatemala: Fletcher u. a., 1970), und die methodisch wohl am weitesten ausgebaute Studie für Ägypten. I m folgenden sollen die Studien für Guatemala (Fletcher, u. a. 1970), für Kolumbien (FAO-PSWAD-CoZumbia, 1972) und für Ägypten (FAO-PSWAD-Epypt, 1973) etwas näher gekennzeichnet werden. (102) Die Guatemala-Studie geht von dem Konzept eines gesamtwirtschaftlichen Konsistenzrahmens aus, der von der Makroebene zur Sektor- und zur Projektebene fortgeschrieben wird. A u f der makroökonomischen Ebene wurde ein relativ einfaches Modell konstruiert, das der konsistenten Projektion der makroökonomischen Variablen dient. Die makroökonomischen Projektionen geben dann den Rahmen ab, i n den

Q6

Teil C: Kennzeichnung und Beurteilung umfassender PlanungsansätZö

sich die sektoralen Nachfrage- und Produktionsvorausschätzungen einfügen müssen. A u f den Agrarsektor bezogen bedeutet das etwa, daß die Nachfragevorausschätzungen für landwirtschaftliche 'Erzeugnisse m i t dem projizierten Wachstum des Sozialprodukts und der Bevölkerimg und daß die Produktionsvorausschätzungen m i t der Verfügbarkeit von Vorleistungen und Kapital vereinbar sein müssen. Für den Agrarsektor selbst wurde kein geschlossenes quantitatives Modell konstruiert, sondern die vorausgeschätzten sektoralen Variablen wurden nun ihrerseits als Rahmen aufgefaßt, innerhalb dessen versucht wurde, die Auswirkungen entwicklungspolitischer Maßnahmen und Programme auf Produktion, Beschäftigung, Einkommensverteilung und Zahlungsbilanz abzuschätzen. Es handelt sich also mehr u m einen pragmatischen, auf die Politik-Analyse bezogenen Ansatz, dessen wesentlichstes methodisches 'Element der geschlossene Konsistenzrahmen darstellt. (103) Die Kolumbien-Studie der FAO geht der Reiserzeugung (Reisanbaufläche ca. 70 °/o der landw. Nutzfläche)

wie oben; primitives Transportund Verkehrsleistungssystem

Unterversorgung des Marktes, geringer regionaler Ausgleich, niedriger Kommerzialisierungsgrad, sehr beschränkte marktpolitische Einflußmöglichkeit

2. Export und Import

Export- und Importverhältnis, Tendenz: Importe steigend, Exporte fallend; Exportanteil an Gesamterzeugung gering; Staatsmonopol

Staatsinteresse an Deviseneinnahmen, hohe Ertragsschwankungen, unkontrollierter innerafrikanischer „Freihandel"; Wachstum in anderen Sektoren

geringer Beitrag zur Beschaffung von Devisen für Investitionsgüterimporte

3. Eigene Vorleistungen (Rohstoffe)

Vorleistungsproduktion für einheimische Verarbeitung minimal (Reis, öl)

Vorherrschen der Subsistenzwirtschaf t mit eigener Be- und Verarbeitung

Ungünstige Bedingungen für den Ausbau des Verarbeitungssektors

4. Bezögene Vorleistungen

minimaler Verbrauch

geringe Nachfrage (Kaufkraft), geringe Bedürfnisse, geringes Einsatzvermögen

Ausweitung bedeutet proportionale Erhöhung der Importe; sinnvolle Verwendung setzt „know how" voraus

5. regionale Divisiflkakation

überwiegend naturbedingte Differenzierung

Vorherrschen der Selbstversorgerwirtschaft; naturbedingte Standortabgrenzung

regionale Differenzierung führt zu interregion. Ungleichgewichten; Spezialisierung fördert Kommerzialis.

Steuerleistungen sehr niedrig, Kapitalbildungsvermögen schwach

geringe Produktivität; hoher Eigenverbrauchsanteil; geringe Liquidität; Verpflichtungen gegenüber der Familie

begrenzte Möglichkeiten der Eigenfinanzierung

B. Finanzierungsbeitrag I. privater Sektor

Quelle: BMZ-Sierra Leone, 1971, Anhang.

9. Ausgewählte integrierte Planungsmodelle

115

Perspektiven bei unverändertem Fortbest. d. gegenw. Tendenzen

Ansatzpunkte und Maßnahmen

Ansatzpunkte und Maßnahmen

Bei Anwendung best. Maßnahmen zu beachtende Bez. u. Faktoren

Beurteilung der Erfolgschancen

Absinken des Selbstversorgungsgrades

Intensivierung, Steigerung und Diversifizierung der Produktion

Kultivierung der Flußmarschen; Intensivierung der ölpalmenkultur; Hebung der Rinderhaltung; Düngung, Mechanisierung, Kommerzialisierung

traditionelle Besitz- und Eigentumsrechte; soziale Bindungen, Produktionstechnik; Fachwissen

nicht besonders günstig, so lange Sozial- und Infrastruktur unverändert bleiben

Deckung der wachsenden Nachfrage durch I m porte

Erhöhung der Marktleistung durch Schaffung der dafür notwendigen Voraussetzungen

a) Ausbau des Straßen- und Verkehrsnetzes b) Ausbau des Genossenschaftswesens c) Abbau einseitiger Ververbrauchsorientierung am Reis zugunsten von Maniok

wie oben; Preisund Kreditpolitik des Landhandels

Verkehrsnetz sehr schwach, Mangel an geeignetem Personal für genossenschaftl. Aufbau; langfristig günstig bei entsprechenden Aufwendungen

wachsende I m portabhängigkeit

Planvolle Steigerung der Exporte; Importsubstitution bei Nahrungsmitteln

a) Förderung des Kakaoanbaus b) Förderung des Maniok-Exports c) Förderung des inl. Reisangebots

Innerafr. Grenzverkehr; Marktund Preispolitik d. staatl. Marktorg. u. d. gew. Handels; Bez. zw. Verzehrgewohnheiten u. Einkommen

günstig bei a) und b), da verhältnismäßig übersichtlich. Organisationsproblem; c) erfordert relativ hohe Meliorationsaufwendungen

sehr langsamer Aufbau eines Verarbeitungsgewerbes

Verbesserung der Versorgung des Inlandmarktes mit eigenen Verarbeitungserzeugnissen der Landwirtschaft

Förderung (Demonstration) von Verarbeitungsbetrieben

Produktionsstruktur, Wettbewerbslage, Absatzchancen

fast keine Erfahrungen

Schwerpunkt der Beschaffung weiterhin bei staatlichen Mechanisierungsprogr. u. ausl. Hilfe

Verbreitung der Verwendung von Vorleistungen und Senkung der Kosten für Beratung, Service; Finanzierungshilfen

Organisation von Betriebsmittelimporten; Aufbau von leistungsfähigen Service-Stationen; wie 3)

Fachkräftemangel, fachliches Können; finanzielle Ausstattung der Landwirte

günstig bei konsequenter Planung, Koordinierung und rationeller Verwendung

nur langsamer Fortschritt der Diversifizierung

Konzentration des Relsanbaus auf die feuchten Niederungen; der Baumkulturen auf die trockenen Plateaus

Verbesserung der Transportwege; Förderung der Spezialisierung in der Erzeugung

Boden-, Eigentums- und Besitzverhältnisse; Standortunterschiede; techn. Wissen, Absatzorganisationen

förderungswürdige Ansätze (Gemüsebau bei Kabala, Spezialbetriebe der Chinesen)

wachsende Kreditabhängigkeit von parasitärem Landhandel

rationelle Verwendung von Überschüssen

Ersatz des teuren Händlerkredits ; Genossenschaftskredit

geringe Krediterfahrung; fehlende Basis für Realkredit; hohes Risiko durch soziale Bindungen

Positive Ansätze im genossenschaftlichen Agrarkredit

*

116 Teil C: Kennzeichnung und Beurteilung umfassender Planungsansätze Noch Übersicht 9.2: Agrarsektor Agrarsektor

gegenwärtiger stand

Einflußfaktoren

Wichtigste entwicklungsrelevante Auswirkungen

Kapitalbildung über Abschöpfungen (SLPMB); indirekte Steuern

Geringe Marktund Exportproduktion; ungünstige Ausgangslage für Besteuerung

Hemmung der landwirtschaftl. Entwicklung durch Kapazitätsentzug; quantitativer Beitrag von geringer Bedeutung

C. Beitrag zur Lösung der Arbeitsmarktprobleme

77 °/o der Erwerbsbevölkerung in der Landwirtschaft; versteckte Arbeitslosigkeit (Unterbeschäftigung)

arbeitsintensive Erzeugung; Bindung der A K durch Familienordnung; geringe Bildungschancen auf dem Lande; wenig Alternativen zur Landarbeit

Bindung des A K Potentials bei niedriger Produktivität in der Landwirtschaft schränkt Wachstumsmöglichkeiten ein

D. Verteilungspolitischer Beitrag

Agrarbevölkerung benachteiligt

geringe Produktivität; Unterbeschäftigung

Agrarsektor hat keine Anziehungskraft für Kapital und Arbeitskräfte

E. Beitrag zur Entwicklung und zum Wachstum

schwach

a) Produktionsrestriktion b) Agrarpolitik

ungenügende Integration in die mod. Wirtschaft; Agrarverfassung behindert dynamische Entfaltung

F. Beitrag zu nationalpolitischen Zielen

unbefriedigender Beitrag zur Selbstversorgung und Devisengewinnung als Vorauss. außenwirtschaftl. erweiterten Spielraums

traditionelle Agrarverfassung und Wirtschaftsweise

Schwächung der nationalen Unabhängigkeit; Behinderung des sozialen Fortschritts

I I . öffentlicher Sektor

Quelle: BMZ-Sierra Leone, 1971, Anhang.

9. Ausgewählte integrierte Planungsmodelle

117

Perspektiven bei unverändertem Fortbest. d. gegenw. Tendenzen

Ansatzpunkte und Maßnahmen

Ansatzpunkte und Maßnahmen

Bei Anwendung best. Maßnahmen zu beachtende Bez. u. Faktoren

Beurteilung der Erfolgschancen

Beitrag bleibt gering

Erhöhung der Staatseinnahmen über Ausdehnung der Marktproduktion bei gleichzeitiger Erhöhung der landwirtschaftlichen Einkommen

Ausweitung des Staatsmonopols auf dem Binnenmarkt f. Agrarprod.; Intensivierung der Erzeugung von Exportprodukten

Gezielte Investitionspolitik; Kreditberatung und -Überwachung; soziale Verpflichtungen; Einflüsse vom afrikan. „freien" Markt

gering

bei fortschreitender Lockerung sozialer Ordnungen Abwanderung; Überalterung der landwirtsch. Bevölkerung

Hebung von Produktivität und Attraktivität der landwirtsch. Arbeit; Lenkung der Abwanderung in sichere Arbeitsplätze

a) Kultivierung der Flußmarschen b) Aufbau von Verarbeitungsbetrieben c) Verbesserung der Besitzverhältn. des einzelnen Landwirts

Besitzansprüche aller Familienmitglieder; Kapitalmangel; Schulwesen

abhängig vom Agrarverfassungswandel und vom Umfang der Kapitalhilfe

Stagnation infolge Kapitalmangels; Arbeitskräfteüberbesatz; Abwanderung der aktiven Bevölkerung

Hebung des Einkommens in ländlichen Gebieten

Einsatz landwirtschaftl. Beratung und produktionssteigernden Betriebsmitteln + Anbaumethoden

Eigentums- und Sozialordnung; gesamtwirtschaftliches Wachstum; staatl. Budgetpol. (Umverteilung)

aufgrund günstiger natürlicher Produktionsbedingungen langfristig positiv

wachsender Abstand zwischen Landwirtschaft und übriger Wirtschaft

„Transformation" der Landwirtschaft; Einleitung eines langfristigen Modernisierungsprozesses

Ausbildung und Beratung; Agrarpolitik (Verfassungsreform)

Einfluß der traditionellen Führungsschicht

keine spektakulären Gesamterfolge; kurzfristig Einzelerfolge

innenpolitische Spannungen; Machtkämpfe zwischen Reformern und Konservativen

Auflösung der alten Machtpositionen als Voraussetzung zur Modernisierung der Agrarverfassung

Generalpacht des Staates; staatl. Kredite; Ablösung der Stammes-(Häuptlings-) rechte

Stammesbeziehungen; Entwicklung in den übrigen Sektoren; Leistungsvermögen der Landwirte

wegen innenpolitischer und wirtschaftlicher Instabilität gering

118 Teil C: Kennzeichnung und Beurteilung umfassender Planungsansätze (120) Die Übersichten spiegeln allerdings überwiegend noch eine partialanalytische Betrachtung wider. Ziel- und Sektorinterdependenzen werden zwar angedeutet, aber es fehlt eine Darstellung des Gesamtzusammenhangs. Diese Gesamtschau der Interdependenzen soll i n der F o r m von systemanalytischen Schaubildern ermöglicht werden. M i t ihrer H i l f e sollen die Wirkungsrichtungen v o n Impulsen Wirtschafts- bzw. entwicklungspolitischer A r t , unter Einbeziehung sekundärer u n d tertiärer Effekte aufgezeigt werden. Die Interdependenzen werden i n den Schaubildern nicht quantifiziert (vgl. Schaubild 9.1 u n d 9.2). Sie lassen sich vielmehr als Resultat der interdisziplinären A r b e i t n u r abwägen. F ü r jedes der Teilsysteme ist ein dreiteiliges Schaubild gezeichnet, bei dem das betrachtete System jeweils i n die M i t t e gestellt u n d i n sich untergliedert ist. Rechts und links davon sind die übrigen Teilsysteme dargestellt. V o n der l i n k e n Seite gehen die Wirkungen des Gesamtsystems auf den betrachteten Teilbereich aus, während die rechte Seite die Wirkungen v o m Teilsystem auf die übrigen Bereiche aufnimmt. L i n k s und rechts außen werden die wesentlichen Sekundäreffekte dargestellt. Die Gewichtung der Interdependenzen w i r d i n den Schaubildern durch unterschiedliche Strichstärken der Pfeile (stark, mittel, schwach) ausgedrückt.

(121) B e i einer kritischen Würdigung der Sierra Leone-Studie ist zunächst positiv zu vermerken, daß die Studie versucht, i n umfassender Weise die politische, ökonomische u n d sozial-kulturelle Situation Sierra Leones zu durchleuchten. Dabei w i r d das Biestreben betont, die wesentlichen Interdependenzen herauszufinden u n d Aussagen über deren Stärke zu machen. Es erweist sich als vorteilhaft, daß bei der A u s w a h l der Problembereiche u n d der Analyse der Interdependenzen keine Präjudizierung durch die Anforderungen spezieller mathematischer Methoden an das Datenmaterial u n d die A r t der Beziehungen erfolgen muß. Dies erlaubt zugleich ein sukzessives Vorgehen bei der Datenerhebung; auf der Basis des Expertenwissenis u n d des interdisziplinären Abwägungsprozesses können unzureichende Daten u n d Informationen teilweise kompensiert u n d relativiert werden. Dies f ü h r t zu einer tendenziellen Objektivierung, so daß die Erstellung eines vorläufigen Rasters der Interdependenzstruktur nicht an bestimmte Formen der Datenverfügbarkeit gebunden ist.

Schaubild 9.1: Politisch-ökonomisches

1 BEVÖLKERUNG

* 1

1 ZAHL

—'>

2 REG. VERTEILUNG URBANISIERUNG

2

Gesundheit

1 ZAHL

• 1 Institutionen r—— :

: f"~|

I 2 Para lment

3 QUALITATIVE ASPEKTE —• 1 Ausbildung



1 BEVÖLKEHÜNG

MACHTSTRUKTUR

~1

,

1971, Anhang) (Quelle: BMZ-Sierra Leone,

System

[-•-

[FlütelüT

'I

2

2 REG. VERTEILUNG URBANISIERUNG 3

J

f-'

Machtapparat

2

2 MAKROÖKONOM. ASPEKTE 1 SOZIALPRODUKT —

• 1 —

2

I SOZIALE BASIS

1 '

2 KONSUM, VERSORGUNG

1 L.

n

2

4 ARBEITSMARKTSITUATION 1

*

ethn. Zusammensetzung — _ t soziale Schichtung und Klassenbildung

'w ï

* 3

2

[_ / >

j

— --J

Bildungsstruktur

POLITIK

'

3

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:

Planungen u. Programme

Mit. Verhalten und Implementierung von

2

Input

3

Output

*

3



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AUSLANDSBEZIEHUNGEN

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2

Orientierung

"

'"Put Output

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3

außenwirtschaftl. Beziehungen

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AUSBILDUNGSWESEN Inst. Situation Input

-» 2 3

j

kulturelle und soziale Beziehungen .

FISKALISCHE SITUATION

— J

» 2

Ausgaben

Output

ALLG. DIENSTE 1

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3 0ut ut P • 10 GESUNDHEITSWESEN

Inst. Situation

Interdependenz:

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Output ~

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1

Inst. Situation

3

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2

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Entwurf u. Zeichnung: Miihltnberg. BreiltngroB. Thomien

|l 2

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Inst. Situation '"Put Output

"

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» 11 ALLG. DIENSTE

2

3

Input

J 1 -*_2_Jnput 3 Output

"



Output

» B VERKEHRSWESEN L

— Einnahmen

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Output

7 BANKEN 1 Inst. Situation

3

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h Inst. Situation » 2 Input

Inst. Situation

2 3 11

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Inst. Situation Input Output

• 6 HANDEL

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0ut ut "H 3 P 10 GESUNDHEITSWESEN

1

• 2

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'"Put Output

5 ENERGIE-U. WASSERVERSORG

^

VERKEHRSWESEN " 1 lnst Situation

1 2

2

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1 ""I

Output

1 Inst Situation 2 Input 3 Output • 3T1NDUSTRIE UND BAUWESEN 1 Inst. Situation

Zielen und Pruflrammen

'"st Situation Input

3 9

Ideologien

Inst. Situation Input Output

Input

BERGBAU

HANDEL

2

qualitativ •

1 LANDWIRTSCHAFT * 1 Inst Situation

««—

— • 2

3 Output —b===========L \ BANKEN 1 Inst Situation

8

quantitativ

3

5 ENERGIE-U. WASSERVERSORG.

M »2

1 2

* 2

-J_lnput 3 Output

6

2 KONSUM, VERSORGUNG 3 PRIV. KAPITALBILDUNG

'^-i

; 1 Inst. Situation • 2 Input 3 Output 3-1-4 INDUSTRIE UND BAUWESEN 1 Inst. Situation

* 2 3

— —

Input Output

BERGBAU

1

Verteilung

3 SEKTOREN

LANDWIRTSCHAFT 1 Inst. Situation 3

— -*\T

"1

Niveau u. Wachstum

4 ARBEITSMARKTSITUATION

3 SEKTOREN » 2

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quantitativ

2 qualitativ _J==============± 1

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1 SOZIALPRODUKT 2

n

\

3 PRIV. KAPITALBILDUNG

Gesundheit

2 MAKROÖKONOM. ASPEKTE

Niveau u. Wachstum Verteilung

QUALITATIVE ASPEKTE Ausbildung

1

Schaubild 9.2: Landwirtschaft

1 BEVÖLKERUNG

,

1 BEVÖLKERUNGSSTANO, ZAHL - 2

1 BEVÖLKERUNG

institutionelle Situation

| «1 1 Entscheidungsträgersituation

REG. VERTEILUNG

,

r

— — — — — — —

I 2 Organisation und Technik

ü ,

Niveau u. Entwicklung

" „

PRIV. KAPT I ALAUSSTATTUNG UND-BILDUNG

l_!

ARBEITSMARKTSITUATION

2



Programm u. Planung



j |

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° Utpüt

2 qualitativ

3 POLITIK [-^^

2

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2

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5 FISKALISCHE SITUATION

|

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J

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qualitativ

2 Ausgaben

— — — — — —

j|

3 SEKTOREN

|—

2 BERGBAU '

3 Output

|

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3

+

4

VERARBEITUNG, BAUWESEN

*j

j1

HANDEL

2 Input

Output '

Input

Einheimische Nahrungsmittel

|

2 Input

l3

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i

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Instit. Situation

|

1

1 Inst. Situation

2

Input

,,

I

[•

2 Input

3

Output

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j 2

BANKEN Input

3

Output

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J

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Output

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Output

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Output

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3 Output

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9-11 STAATL. DIENSTE 2



7 BANKEN

B VERKEHR 2

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1

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1

''

-i pr^mm u. Planung • —

3 Implementierungen AUSLANOSBEZIEHUNGEN

4

3+4 VERARBEITUNG, BAUWESEN

l3

- 1 MACHTSTRUKTUR

J |

|

.

BERGBAU

3

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P|,al9uter

I"

3 SEKTOREN

H

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i 5 Arbeitskräfte

Ausgaben

Input

3

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Einnahmen

2

4 ARBEITSMARKTSITUATION

4 POUTÖ -. KONOMS .YSTEM

j.

FISKALISCHE SITUATION

2

2 KONSUM UND VERSORGUNG

\

P '*'^ ökonomisch

'

S

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j '

01

2

l

^

I -^j

3 Implementierungen — AUSLANOSBEZE I HUNGEN



Z

1

MACHTSTRUKTUR

* 1

^

Ökologische Bedingungen

qualitativ

POLITIK

5

:

2 Verteilung

1 1

3

2

1 Niveau u. Entwicklung

3 PRIV. KAPT I ALAUSSTATTUNG UND-BILDUNG

[

quantitativ

1

1

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-II ^

— '

1 SOZIALPRODUKT

Innut

4 POUTÖ -. KONOMS .YSTEM

4



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"

2 MAKROÖKONOM. ASPEKTE

j j ^ Eigentums- und Bodenordnung [j —

3

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"

p--^

I |

2 KONSUM UND VERSORGUNG

• 2

Agrarverfassung

\ 1 Sozialordnung

:

1

3

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__ 2 Verteilung

4

3 QUALITATIVE ASPEKTE

[•

|H

SOZIALPRODUKT 1

r

j

2 MAKROÖKONOM. ASPEKTE 1

|

und ordnungspolitische Lage

QUALITATIVE ASPEKTE

1 BEVÖLKERUNGSSTANO, ZAHL _ 2 REG. VERTEILUNG

I

"i Interdependenz:

i

Quelle: BMZ-Sierra Leone, 1971, Anhang.

m

s,ark

^

mittel

schwach

Entwurf u. Zeichnung: LTpiniky. BreitengroQ. Thomsen

^ ^



3 Output

9-11 STAATL. DIENSTE

FT-,—I 2 Input 3 Output

—1

9. Ausgewählte integrierte Planungsmodelle

121

Z u den systemanalytischen Schaubildern ist zu bemerken, daß die dort aufgezeigte Interdependenzstruktur sicherlich für eine Vielzahl von Ländern gilt, so daß aus ihr kaum Charakteristika der sierraleonischen Lage zu ersehen sind. Als allgemeines Raster zu erwartender oder möglicher Wirkungsrichtungen v o n entwicklungspolitischen Maßnahmen sind die iSchaubilder aber als informativ anzusehen. Die Sierra Leone-Studie stellt einen guten Weg zu einer möglichst objektiven Beschreibung aller entwicklungsrelevanten Fakten und Beziehungen dar. Der systematische Ansatz manifestiert sich i m brainstorming-Prozeß der Gutachter. Er bleibt notwendigerweise aber noch subjektiv-wertend und somit qualitativ, wobei stets eine gewisse Gefahr besteht, daß Interdependenzen i n ihrem Gewicht falsch abgeschätzt werden. Z u den entwicklungspolitischen Vorschlägen des Teams ist zu sagen, daß die Prämissen, die den aus der gemeinsamen Diskussion abgeleiteten Beurteilungen („Modellaussagen") zugrunde lagen, nicht klar erkennbar sein können. Für einen Dritten sind daher die Modellaussagen kaum nachvollziehbar und überprüfbar. Damit ist keineswegs gesagt, daß die so gewonnenen Beurteilungen der Prioritäten entwicklungspolitischer Maßnahmen nicht zutreffend sind. U m zu einer weitergehenden Konkretisierung und Objektivierung zu gelangen und u m die Aussagen der Wirkungsanalyse weiter abzusichern, ist daher eine quantitative Systemanalyse anzustreben. Dabei bietet sich eine Kombination zwischen qualitativer und quantitativer Systemanalyse an, wie i n Abschnitt 10 noch weiter zu erläutern sein wird. 9.2 IBRD-Mexiko-Studie (122) Die Grundzüge des Konzepts der Mehr-Stufen-Planung der Weltbank wurden bereits i n Abschnitt 8.2 beschrieben. Dabei wurde insbesondere abgestellt auf die A r t der Verknüpfung zwischen den Modellen der verschiedenen Aggregationsstufen. I n diesem Abschnitt soll ausführlicher auf die inhaltliche Ausgestaltung und die Aussagemöglichkeiten der Modelle auf den einzelnen Ebenen eingegangen werden. Das soll anhand des Mexiko-Modells (IBRD-Mexiko, 1971) geschehen, das von den bislang vorliegenden Weltbankstudien methodisch wohl am weitesten ausgebaut ist. Das Mexiko-Modell ist i n den letzten Jahren i n enger Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern des Development Research Center der Weltbank und den mexikanischen Regierungsstellen erarbeitet worden. (123) I n dem Mexiko-Modell werden drei Aggregationsebenen unterschieden (Schaubild 9.3): Die makroökonomischen Zusammenhänge wer-

122 Teil C: Kennzeichnung und Beurteilung umfassender Planungsansätze den durch ein dynamisches MehrnSektoren^Modell beschrieben. A u f einer mittleren Ebene werden zwei sektorale Teilmodelle für den landwirtschaftlichen iSektor und den iEnergiesektor erstellt. A u f der untersten Aggregationsebene schließen sich zwei ausgewählte Teilmodelle für ein kleineres landwirtschaftliches Erzeugungsgebiet und für Elektrizitätswerke und elektrische Leitungssysteme an, die an die Projektebene heranreichen. Schaubild 9.3

Die Modelle der drei Ebenen hängen i n der bereits i n Abschnitt 8.2 beschriebenen Weise zusammen: das zentrale Modell D I N A M I C O beschreibt den makroökonomischen Rahmen für die Sektoren-Modelle Energiewirtschaft u n d Agrarwirtschaft; diese bilden wiederum den Rahmen für die Beurteilung der beiden speziell interessierenden Projekte. Darüber hinaus werden die Modelle aber auch für die Analyse einer ganzen Reihe von Fragestellungen, die die jeweilige Untersuchungsebene betreffen, verwendet. I m folgenden sollen vor allem die Aussagemöglichkeiten der Modelle zur Analyse dieser Fragestellungen gekennzeichnet und beurteilt werden. (124) Das makroökonomische Modell DINAMICO ist ein dynamisches Mehr-Sektoren-Modell, das 15 Produiktionssektoren u n d 6 Zeitperioden von jeweils 3 Jahren umfaßt (also insgesamt 18 Jahre). M i t Hilfe dieses Modells werden vor allem die folgenden Fragestellungen untersucht:

9. Ausgewählte integrierte Planungsmodelle

123

— die Beziehungen zwischen heimischer Ersparnis und wirtschaftlichem Wachstum, — die Beziehungen zwischen kurzfristigem Konsumverzicht und langfristiger Konsummöglichkeit, — die Auswirkungen unterschiedlicher Strategien hinsichtlich des Kapitalimports, — die Beziehungen zwischen forciertem wirtschaftlichem Wachstum und Abbau der Unterbeschäftigung, — die Auswirkungen alternativer Wachstumsstrategien auf die Einkommensverteilung. (125) Der mathematischen Struktur nach handelt es sich u m ein lineares Programmierungsmodell m i t den folgenden Elementen: — einem Satz von wirtschaftlichen Aktivitäten, die beschreiben: die Input-Output-Beziehungen der 15 unterschiedenen Produktionssektoren, die Möglichkeiten für eine Substitution von Arbeit durch Kapital, die verschiedenen Formen der Kapitalbildung und Investition, die Ausbildung von verschiedenen Arbeitsqualitäten und den internationalen Güteraustausch und Kapitaltransfer; — einer Reihe von Kapazitätsbeschränkungen, die sich i m wesentlichen beziehen: auf die Vorleistungsbilanzen, auf die Bestände an Anlagekapital, auf die verfügbaren Arbeitskräfte i n den verschiedenen Qualitätskategorien, auf die Verfügbarkeit von heimischem Kapital und von Fremdkapital, auf die heimische Nachfrage nach den verschiedenen Konsumgütern und auf die Exportmöglichkeiten; — einer Zielfunktion, die eine Zeitpräferenzfunktion i n bezug auf den Konsum umfaßt, die maximiert werden soll. (126) Es würde hier zu weit führen, die gesamte Modellstruktur i m einzelnen formal darzustellen (vgl. dazu IBRD-Mexiko, 1971, Teil II. 3). U m die inhaltliche Aussagemöglichkeit des Modells beurteilen zu können, soll jedoch auf einige wichtige Modellelemente etwas näher eingegangen werden. Relativ großes Gewicht w i r d der Formulierung des Bereichs Beschäftigung und Ausbildung beigemessen. Kennzeichnend f ü r die mexikanischen Arbeitsbedingungen ist ein gleichzeitiges Nebeneinander eines Überschusses an unausgebildeten Arbeitskräften u n d einer Knappheit für bestimmte Kategorien ausgebildeter Arbeitskräfte. Es werden daher fünf unterschiedliche A r beitsqualitäten unterschieden, die jeweils i n unterschiedlichem Maße knapp sein können u n d die entsprechend unterschiedliche Löhne erzielen können. Die verschiedenen Produktionsaktivitäten haben j e nach den produktionstechnischen Gegebenheiten bestimmte Arbeitsansprüche an die verschiedenen Arbeitskräftekategorien. Durch verschiedene Ausbildungsaktivitäten, die ihrerseits Ressourcen beanspruchen, w i r d ein Transfer v o n einer Qualitäts-

124

T e i l C: Kennzeichnung u n d Beurteilung umfassender Planungsansätze

gruppe i n eine andere entsprechend der jeweiligen Bedarfsentwicklung ermöglicht, wobei je nach der Ausbildungslänge bestimmte Zeitverzögerungen zu berücksichtigen sind. Investitionen i m Ausbildungsbereich (human capital) konkurrieren somit i m Modell m i t der Erweiterung des Kapitalstocks (physical capital) u n d werden i m Hinblick auf die Entwicklungsziele simultan abgewogen. Die Produktionsaktivitäten des Modells werden i n der üblichen Weise durch Matrizen v o n Input-Output-Koeffizienten u n d Kapitalkoeffizienten beschrieben, die sich i m Zeitablauf unter dem Einfluß des technischen Fortschritts verändern. H i n z u kommen A k t i v i t ä t e n , die eine Substitution v o n arbeitsintensiven durch kapitalintensive Verfahren ermöglichen. Innerhalb bestimmter Grenzen w i r d somit die Kapitalintensität endogen innerhalb des Modells bestimmt. Einen etwas größeren R a u m n i m m t der K o m p l e x Zahlungsbilanz, Kapitalbildung u n d Kapitaltransfer ein. Neben den A k t i v i t ä t e n f ü r traditionelle Exportgüter u n d f ü r den Tourismus sind auch E x p o r t a k t i v i t ä t e n f ü r höherwertige Investitionsgüter vorgesehen. Es läßt sich dann die Frage zweckmäßiger Strategien der Exportförderung i n den verschiedenen Bereichen untersuchen. A l s politisch begründete Nebenbedingung w i r d gefordert, daß eine bestimmte Höchstgrenze i m Verhältnis v o n Fremdkapitalimporten u n d heimischer K a p i t a l b i l d u n g nicht überschritten werden soll. Die A r t der Formulierung der Zielfunktion läuft darauf hinaus, daß altern a t i v bestimmte Bewertungen der Relation zwischen einer Konsumeinheit i m Jahr t u n d i n den Jahren t + 1 bis t + n vorgegeben werden u n d die so gebildete Konsumpräferenzfunktion über die Zeit unter Einhaltung bestimmter Nebenbedingungen hinsichtlich des am Ende der Planungsperiode angestrebten Kapitalstocks m a x i m i e r t w i r d . Die weiteren Modellelemente sind i n der traditionellen Weise formuliert. Es ist noch darauf hinzuweisen, daß eine Reihe von weiteren Nebenbedingungen die Realisierung bestimmter entwicklungspolitischer Ziele sicherstellen soll. (127) E n t s p r e c h e n d d e r L P - F o r m u l i e r u n g des M o d e l l a n s a t z e s ergeben sich z w e i G r u p p e n v o n Ergebniswerten: Primale u n d duale Lösungswerte. D i e primale Lösung g i b t d i e i m R a h m e n d e r M o d e l l a n n a h m e n o p t i m a l e n U m f ä n g e der M o d e l l a k t i v i t ä t e n f ü r d i e v e r s c h i e d e n e n Z e i t p e r i o d e n an: d e r s e k t o r a l e n P r o d u k t i o n , des s e k t o r a l e n A r b e i t s e i n s a t z e s u n d d e r A r b e i t s m o b i l i t ä t , der A u s b i l d u n g , d e r E x p o r t e , der K a p i t a l b i l d u n g u n d des K a p i t a l t r a n s f e r s , der K a p i t a l i m p o r t e , d e r K o n s u m n i v e a u s u . d g l . I n der dualen Lösung ergeben sich die i n t e r n e n B e w e r t u n g e n (Schattenpreise) f ü r die eingesetzten P r o d u k t i o n s f a k t o r e n u n d f ü r die e r s t e l l ten Güter. Sie sind als auf die Z i e l f u n k t i o n bezogene Bewertungen zu verstehen, genauer: der Schattenpreis eines Faktors gibt an, u m w i e v i e l Einheiten sich der Zielfunktionswert ändert, w e n n der Einsatz des Faktors u m eine Einheit verändert w i r d . Der Schattenpreis f ü r die Güter entspricht den Grenzkosten

9. Ausgewählte integrierte Planungsmodelle

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ihrer Erzeugung, w e n n die eingesetzten Produktionsfaktoren m i t ihren Schattenpreisen bewertet werden.

Die wichtigsten iSchattenpreise des Modells betreffen die Verzinsung des heimischen Kapitals und des Fremdkapitals, die Lohnsätze für die verschiedenen Arbeitskräftekategorien, die sektoralen Güterpreise, die Wettbewenbskraft der verschiedenen Exportaktivitäten u.dgl. I n dem hier gegebenen Rahmen ist es nicht möglich, die Ergebnisse geschlossen darzustellen. Vielmehr soll nur die A r t der zu erwartenden Ergebnisse solcher Modellrechnungen an einigen Beispielen erläutert werden. ¡(128) Als Beispiel für Ergebnisse der primalen Lösung des Modells DINAMICO seien die Arbeitskräfteprojektionen für die verschiedenen Qualitätskategorien und Sektoren angeführt. (Schaubild 9.4 u n d Tabelle 9.1). Die Entwicklung des Arbeitseinsatzes w i r d bestimmt durch die wechselseitigen Beziehungen zwischen Bevölkerungswachstum, gesamtwirtschaftlichem Wachstum und sektoralem Strukturwandel, Ausmaß und A r t des technischen Fortschritts sowie die Höhe der Investitionen i m Ausbildungsbereich. Die Ergebnisse zeigen einen kräftigen Anstieg der Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften, während die Zahl der unausgebildeten landwirtschaftlichen Arbeitskräfte i n dieser Phase i n etwa konstant bleibt. Insgesamt kommen die Autoren zu dem Schluß, daß i n Mexiko i m Verlaufe dieser Dekade die durch einen Überschuß an Arbeitskräften gekennzeichnete Entwicklungsphase zu Ende geht und in den meisten Sektoren Probleme der Substitution von Arbeit durch Kapital i n den Vordergrund rücken. (129) Anhand der Modellrechnungen zum Zahlungsbilanzproblem läßt sich recht gut zeigen, i n welcher Weise sich die Konsequenzen alternativer Politik-Strategien untersuchen lassen. Für den Zeitraum 1968 bis 1980 ist bei bestimmten Modellannahmen m i t einem jährlichen Wachstum der Importe von 5,8 °/o zu rechnen. U m den Devisenbedarf für diese Importe sowie die Zins- und Tilgungszahlungen an das Ausland zu decken, wäre eine jährliche Wachstumsrate der Exporte i n Höhe von 8,8