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German Pages 185 Year 1996
MICHAEL KLOEPFER
"Innere Pressefreiheit" und Tendenzschutz im Lichte des Artikels 10 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
Schriften zum Europäischen Recht lIerausgegeben von
Siegfried Magiera und Detlef Merten Band 27
"Innere Pressefreiheit" und Tendenzschutz im Lichte des Artikels 10 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
Von Prof. Dr. Michael Kloepfer Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
K1oepfer, Michael:
"Innere Pressefreiheit" und Tendenzschutz im Lichte des Artikels 10 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten / von Michael Kloepfer. Berlin : Duncker und Humblot, 1996 (Schriften zum europäischen Recht; Bd. 27) ISBN 3-428-08792-5 NE:GT
Alle Rechte vorbehalten © 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0937-6305 ISBN 3-428-08792-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 i§l
Vorwort Europa kann ohne Europäische Grundrechte nicht gelingen. Das gilt gerade auch für eine Europäische Medienfreiheit, ohne die sich eine Europäische Öffentlichkeit nicht in gesicherter Form artikulieren kann. Mit Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention ist im Kern eine solche Europäische Medienfreiheit mit beachtlichen Schutzgehalten geschaffen worden. Anband der auf europäischer Ebene wiederaufgelebten Diskussion um die sog. "Innere Pressefreiheit" bzw. um die etwaige Beseitigbarkeit des sog. Tendenzschutzes geht die vorliegende Studie vor allem den unternehmensbezogenen Garantiegehalten und Auswirkungen der Europäischen Medienfreiheit nach. Aus deutscher Sicht ist dabei besonders interessant, ob Art. 10 EMRK einen etwa gleichwertigen Schutz wie Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gegenüber Herausforderungen der Medienfreiheit durch vorgegebene interne Strukturierungen von Medienunternehmen entfalten kann. Die Studie ist aus einem Gutachten hervorgegangen, das ich im November 1995 für die Stiftervereinigung der Presse e. V. erstattet habe. Meinem ehemaligen Trierer Mitarbeiter, Herrn Dirk Uwer, danke ich für seine vorzügliche Unterstützung bei der Erstellung dieser Studie. Berlin, im März 1996
Michael Kloepfer
Inhaltsverzeichnis I. Einleitung .......................................................................
13
1. Aufgabe .....................................................................
13
2. Problemstellung..............................................................
13
3. Wesentliche, für das Gutachten relevante Vorschriften........................
15
II. ,Jnnere Pressefreiheit" und Tendenzschutz im deutschen Verfassungsrecht .......
17
1. Einleitung....................................................................
17
2. Begriff der sogenannten ,Jnneren Pressefreiheit" .............................
18
3. Begriff und gesetzliche Verankerung des Tendenzschutzes ....................
19
4. ,Jnnere Pressefreiheit" als Beschränkung der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. I Satz 2GG ....................................................................
22
a) Strukturprinzipien und Tatbestand der grundgesetzlich garantierten Pressefreiheit .................................................................
22
aa) Einleitung ..........................................................
22
bb) Individuelles Abwehrrecht und institutionelle Gewährleistung . . . . . . .
23
cc) Zum sachlichen Schutzbereich der Pressefreiheit im Sinne wirtschaftlicher und publizistischer Entscheidungskompetenzen .........
26
(1) Einleitung......................................................
26
(2) Verfassungsrechtliche Verbürgung des wirtschaftlichen und publizistischen Wettbewerbs der Presseuntemehmen ..............
27
(3) "Öffentliche Aufgabe" der Presse ..............................
29
b) ,Jnnere Pressefreiheit" und Mitbestimmung als Beschränkung der Pressefreiheit ...................................................................
31
aa) Einleitung ..........................................................
31
bb) Zum persönlichen Schutzbereich der Pressefreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
cc) Unmittelbare Drittwirkung des Grundrechts: Pressefreiheit des Redakteurs gegen den Verleger? .......................................
33
dd) Schutz interpersonaler Beziehungen durch die Pressefreiheit ........
35
ee) Mittelbare Grundrechtsgeltung als Legitimation ,Jnnerer Pressefreiheit"? ...............................................................
37
8
Inhaltsverzeichnis ff) Demokratieprinzip als Legitimation ,,Innerer Pressefreiheit"?
38
gg) Sozialstaatsprinzip als Legitimation "Innerer Pressefreiheit"?
39
hh) Zwischenergebnis...................................................
39
c) Garantie eines Mindestmaßes an Unabhängigkeit im Binnenbereich von Presseunternehmen als Folge der institutionellen Gewährleistung der Pressefreiheit .................................................................
40
aa) Mindestanforderung: Gewissensschutz des Redakteurs..............
40
bb) Richtlinienkompetenz und Detailkompetenz: Keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit zur Differenzierung.......................
41
5. Verfassungsgarantie des Tendenzschutzes ....................................
42
a) Unmittelbare verfassungsrechtliche Gewährleistung des Tendenzschutzes im Sinne der §§ 118 BetrVG, 1 Abs. 4 MitBestG .........................
42
b) Zusammenfassung: "Innere Pressefreiheit" und Tendenzschutz im System der pressebezogenen Grundrechtsgewährleistung .........................
44
6. Tendenzen zur "Wiederbelebung" der "Inneren Pressefreiheit" in Deutschland auf Landesebene .............................................................
45
a) Gewährleistung der Pressefreiheit nach Art. 19 der Verfassung des Landes Brandenburg vom 20. August 1992 .......................................
45
b) Verhältnis von Verleger und Redaktion nach § 4 des Brandenburgischen Landespressegesetzes vom 13. Mai 1993 .................................
46
ill. ,,Innere Pressefreiheit" und Tendenzschutz in anderen Mitgliedstaaten des Europarates ..........................................................................
47
1. Österreich....................................................................
47
2. Schweiz .....................................................................
48
3. Italien....................................................... . ................
49
4. Spanien......................................................................
50
5. Resümee.....................................................................
50
IV. Neuere europäische Bestrebungen zur Etablierung der "Inneren Pressefreiheit" ..
52
1. "Innere Pressefreiheit", Tendenzschutz und Europäische Gemeinschaft.......
52
a) Entschließungen des Europäischen Parlaments zur Konzentration im Medienbereich vom 15.2.1990 und zur Medienkonzentration und Meinungsvielfalt vom 16.9.1992 ... ... . . .. . ... . . ... . . ... . .. . ... . .... . ... . .... ... . ..
52
b) Richtlinie 94/45/EG des Rates vom 22.9. 1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen ............................
56
Inhaltsverzeichnis
9
2. .Jnnere Pressefreiheit" und Europarat .. . ....... ..... .. . .. . .. .. .. ...... . . .. . ..
58
a) Historische Entwicklung ... .. .. . . . ....... .. ........ . ......... . ... .. .. . . . .
58
b) Resolution 1003 (1993) und die Empfehlung 1215 (1993) der Parlamentarischen Versammlung vom 1. Juli 1993 "on the ethics of journalism" .....
59
c) Erwiderung des Ministerrates vom 24.3.1994 auf die Empfehlung 1215 (1993) der Parlamentarischen Versammlung und die Deklaration von acht Prinzipien zu "Joumalistic Freedoms and Human Rights" .... . .... . . . . . . .
61
V. .Jnnere Pressefreiheit" und Art. 10 EMRK .............. ... ............. .... ....
66
1. EMRK als materielle Verfassung des Europarates und als Maßstab für seine Akte ... .. .. ...... ... ... .. ... . ... ... .. .. ....... . ..... .. . . ........ ... ..........
66
a) Einleitung.. ..... .......... ... ................ ... ........... . . .. ..........
66
b) Resolutionen und Empfehlungen des Europarates . ................ ... ....
68
c) Vorrang der EMRK? .... ...... ............. .... ..... . ..... ... .. . . .. ......
68
aa) Vorüberlegung..... ... .. .. .. .. .... . .. ..... .............. ..... .......
68
bb) Objektiver. dispositiver Charakter der EMRK .... . ...... . .... ... ....
71
cc) Ordre public und materielle Verfassung .. . ................ .. ........
73
d) Rang der EMRK im nationalen Recht ....... . .... .. ............... . . .. ...
75
2. EMRK als Maßstab für Akte von Organen der Europäischen Gemeinschaft . . .
79
a) Einleitung. .. ........ . ... ... . ... .......... .. ... . .. .... . . ..... .. .. .. .. . ....
79
b) Inhalt der EMRK als allgemeine Rechtsgrundsätze des Europäischen Gemeinschaftsrechts ............. .. ............. . ... . . . ............. . .......
81
c) EMRK im Vertrag über die Europäische Union. . .. . .. . ........ . .. . .. ... . .
83
d) Kollisionsfalle und Schutzäquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
84
e) Zwischenergebnis........................... .... ............ .. ...........
87
3. Sachlicher Schutzbereich des Art. 10 EMRK im Überblick: Pressefreiheit als Teil der Äußerungs- und Informationsfreiheit .. .. . . .. . . . . .. .. . . .. . . .. .. . . .. .. .
88
a) Einleitung . ........... .. .. ... .. .. ... . ... . .. .. . ... . . .... .. .. . . .. .. ... . . . . ..
88
b) Meinungsfreiheit und Äußerungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
89
c) Inhalt der Äußerungsfreiheit .. ............... .. .. . ........... . . .. .........
91
d) Informationsfreiheit und Informationsbeschaffungsfreiheit ..... .. . . ......
93
e) Pressefreiheit . ... . .. ... ........ . .. . ...... .. ..... . ........... ... ..........
96
4. Persönlicher Schutzbereich des Art. 10 EMRK im Überblick .. . . . ... . ... .... .
97
a) Träger des Menschenrechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97
b) Verpflichtete des Menschenrechts: "Drittwirkung" und institutionelle Garantie? ....... ... ......... . . ... ... . ........ . .. .. .. . ........... . ...........
99
aa) Einleitung . .. .. .... . .. . ..... . . . . ... .. .. .. .. . . .. . . . ......... .. .. . . .. .
99
bb) Praxis der Konventionsorgane ... . ..... .. .... .. .......... ... ........ 101
10
Inhaltsverzeichnis cc) Drittwirkung und Schutzpflichten ................................... 102 (1) Vorüberlegung ................................................. 102
(2) Allgemeine staatliche Schutzpflicht aus Art. 1 EMRK? . . . . . . . . . 103 (3) Schutzpflichten als Zurechnungsfrage .......................... 104 (4) Staatliche Schutzpflichten auf der Ebene der Europäischen Gemeinschaft? .................................................... 106 (5) Zwischenergebnis.............................................. 107 dd) Institutionalisierung der Pressefreiheit gemäß Art. 10 EMRK? ...... 108 5. Formelle und materielle Schranken des Art. 10 Abs. 2 EMRK ................
111
a) Grundsätzliches zur Schrankendogmatik .................................
111
b) Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen des Art. 10 Abs. 2 EMRK im Unterschied zum deutschen Recht: Geeignetheit und Angemessenheit sowie "margin of appreciation" als System differenzierter Schutzniveaus ... 115 aa) Einleitung .......................................................... 115 bb) Gesetzliche Eingriffsgrundlagen ............... . .................... 116 cc) Eingriffsziel ........................................................ 118 dd) Notwendigkeit des Eingriffs in einer demokratischen Gesellschaft .. : 119 (1) Dringendes soziales Bedürfnis .................................
119
(2) Zum Umfang der Verhältnismäßigkeitsprüfung ................. 121 (3) Zum Konzept der "margin of appreciation" ..................... 123 (4) Ausfüllung der "margin of appreciation" ....................... 126 (5) Zur Bedeutung der "margin of appreciation" für eigene Akte der Organe des Europarates und der Europäischen Gemeinschaft.......................................................... 130 6. Art. 10 EMRK als Maßstab für die "Innere Pressefreiheit" ................... 131 a) Persönlicher Schutzbereich: Art. 10 EMRK als Abwehrrecht des Verlegers...................................................................... 131 b) Sachlicher Schutzbereich: Schutz (auch) der Funktionsfähigkeit der publizistischen Einheit ........................................................ 132 c) Eingriff in die Pressefreiheit des Verlegers durch die Statuierung ,,Innerer Pressefreiheit" ........................................................... 133 aa) Einleitung, Kompetenzfragen ....................................... 133 bb) Eingriffe durch die Entschließungen des Europäischen Parlaments und die Richtlinie über Europäische Betriebsräte .................... 135 cc) Eingriffe durch die Akte des Europarates ............................ 137 d) Eingriffsrechtfertigung nach Art. 10 Abs.2 EMRK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 aa) Einleitung .......................................................... 138 bb) Katalog der Ziele ................................................... 138
Inhaltsverzeichnis
11
cc) Ordnungsvorbehalt ................................................. 139 (1) Allgemeiner Charakter des Schutzziels ......................... 139 (2) Fall Engel et al. ................................................ 140 (3) Schutz demokratischer Institutionen und Strukturen? ...........
140
(4) Fall Autronic ................................................... 142 (5) Zwischenergebnis........................................ . ..... 142 dd) Vorbehalt der Rechte anderer ....................................... 142 (1) Allgemeine Bedeutung dieses Zieles ........................... 142 (2) Ausschluß objektivierter Wertvorstellungen .................... 144 (3) Fall Groppera et al. ...... . .. . . .. . ... ... . .. . ... .... .. . .... ... .. .. 144 (4) Schutz des wirtschaftlichen und publizistischen Wettbewerbs? . 145 (5) Rechte der Redakteure als eingriffslegitimierende "Rechte an-
derer"? ......................................................... 147
ee) Zulässigkeit der "Inneren Pressefreiheit" in einer demokratischen Gesellschaft? ....................................................... 150 e) Resümee und Ausblick................................................... 153 aa) Resümee............................................................ 153 bb) Ausblick............................................................ 154 VI. Tendenzschutz und Art. 10 EMRK .............................................. 156 1. Eingriff in Art. 10 EMRK und Tendenzschutz ................................ 156
2. Art. 10 EMRK und Gewährleistung des Tendenzschutzes ..................... 157 VII. Diskrirninierungsverbot nach Art. 14 EMRK und Eigentumsgarantie des Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls .......................................................... 160 1. "Innere Pressefreiheit" und Diskrirninierungsverbot nach Art. 14 EMRK ..... 160
a) Allgemeiner Gehalt des Diskrirninierungsverbotes ........................ 160 b) Anwendung des Maßstabs auf die ,,Innere Pressefreiheit" ................. 162 2. ,,Innere Pressefreiheit" und menschenrechtliche Eigentumsgarantie nach Art. 1 ZP 1 ................................................................... 164 VIII. Zusammenfassung in Thesen .................................................... 167 Literaturverzeichnis ................................................................... 172
I. Einleitung 1. Aufgabe Die Stiftervereinigung der Presse e. V. hat mich um eine gutachtliche Stellungnahme zu der Frage gebeten, ob eine Einführung der sogenannten "Inneren Pressefreiheit" und eine etwaige Beseitigung des sogenannten Tendenzschutzes mit Artikel 10 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vereinbar wäre. Im einzelnen soll untersucht werden, inwieweit europäische Grundrechte - in sonderheit Art. 10 EMRK (vor dem Hintergrund der Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten) - folgenden Akten entgegenstehen: - den Resolutionen und Empfehlungen des Europäischen Parlaments, die in die Richtung der sogenannten "Inneren Pressefreiheit" zielen, - der EG-Richtlinie zur Etablierung "Europäischer Betriebsräte", in denen der Tendenzschutz für Presseuntemehmen als generelle grundrechtliche Konsequenz wie als mitgliedstaatliche "Gepflogenheit" möglicherweise nicht hinreichend beachtet wird, - den Empfehlungen der Parlamentarischen Versammlung und prinzipiellen Erwägungen des Ministerkomitees des Europarats, die teils ein Sonderarbeitsrecht für Redakteure intendieren, teils als Votum für die "Innere Pressefreiheit" interpretiert werden können.
2. Problemstellung Die Diskussion um die sogenannte ,,Innere Pressefreiheit", die ausgangs der 60er und in den 70er Jahren in der Bundesrepublik Deutschland hohe Wellen geschlagen hat, ist aus deutscher Sicht zum einen durch die Verfassungs- und Gesetzgebung in Brandenburg, zum anderen und vor allem aber durch Empfehlungen der Parlamentarischen Versammlung und durch prinzipielle Erwägungen des Ministerkomitees des Europarats sowie durch Resolutionen und Empfehlungen des Europäischen Parlaments wiederbelebt worden. Die große - "schlechthin konstituierende"l - Bedeutung, die der Pressefreiheit sowohl für die freie Entfaltung des einzelnen als auch für eine demokratische 1
BVerfGE 10, 118 (121).
14
I. Einleitung
Staats- und Gesellschaftsordnung zukommt, und die Unverzichtbarkeit dieser Freiheit in einer rechtsstaatlichen Ordnung müssen auf allen rechtlichen Ebenen beachtet werden. Dabei kann die Verbürgung der Äußerungs- und Informationsfreiheit in internationalen Konventionen nach verbreiteter Ansicht freiheitsverstärkend wirken. Die Freiheitsgewährleistung auf verschiedenen normativen Fundamenten wirft jedoch Fragen auf, ob der auf einer Ebene gesicherte Garantiegehalt des Freiheitsrechts auch auf anderen Ebenen eingriffsfest ist. Während es für das bundesdeutsche Recht nach den einschlägigen Forschungsergebnissen, die sogleich zu referieren sind, als weitgehend gesicherte Erkenntnis gelten kann, daß der grundgesetzliche Schutz der Pressefreiheit einerseits Bestrebungen zur Statuierung "Innerer Pressefreiheit" grundsätzlich entgegensteht und andererseits den Tendenzschutz prinzipiell verfassungsrechtlich absichert, sind diese Fragen für die europäische Ebene bislang nicht hinreichend oder gar abschließend geklärt worden. Die Studie wird sich daher mit der Frage beschäftigen, ob die Garantie der Äußerungsund Informationsfreiheit nach Art. 10 EMRK, die (was auszuführen ist) die Pressefreiheit umfaßt, europapolitischen Vorstößen zur Fixierung "Innerer Pressefreiheit", zur Relativierung der privatwirtschaftlichen Struktur der Presse und einer möglichen Preisgabe des deutschen Tendenzschutzes wehren kann. Dabei ist von dem Befund auszugehen, daß zwar Art. 10 EMRK allgemein in der Literatur wie auch in der Rechtsprechung der Konventionsorgane durchaus Aufmerksamkeit gefunden hat, daß aber die Frage der Vereinbarkeit der "Inneren Pressefreiheit" mit Art. 10 EMRK bislang nur wenig behandelt wurde und bisher nicht eindeutig beantwortet ist, Äußerungen der Konventionsorgane zum Tendenzschutz fehlen - soweit ersichtlich - ganz. Dogmatisch unabdingbare Voraussetzung für die Prüfung der Vorschläge des Europarates und der Europäischen Union im Lichte des Art. 10 EMRK ist, daß die EMRK überhaupt als Prüfungsmaßstab herangezogen werden kann. Zu untersuchen ist daher, ob sich die EMRK, obschon "einfacher" völkerrechtlicher Vertrag, als materielle Verfassung des Europarates gegen das Sekundärrecht (bzw. entsprechender, allgemein politischer Äußerungen) des Europarates und in seinem Rahmen geschlossene völkerrechtliche Verträge durchsetzen kann (und muß). Darüber hinaus wird zu überprüfen sein, ob auch Akte von Organen der Europäischen Gemeinschaft 2 im Falle des Verstoßes gegen die EMRK unwirksam sind. Dabei ist auch auf Art. F Abs. 2 EUV einzugehen, wonach die Union die in der EMRK gewährleisteten Grundrechte unter Berücksichtigung der "gemeinsamen Verfassungs2 Im folgenden wird stets von der ,,Europäischen Gemeinschaft" gesprochen, nicht von der ,,Europäischen Union". Nur die Gemeinschaft ist rechtsfähig, nicht aber die Union; diese ist nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts "Bezeichnung für die gemeinsam handelnden Mitgliedstaaten" (BVerfGE 89, 155 (195)). Man kann die Union auch als ,,institutionalisierten Rahmen der Zusammenarbeit" bezeichnen (Ingolf Pemice, ZEuP 1995, 177 (179». Für die vorliegende Studie kommt es auf alle damit verbundenen Zweifelsfragen nicht an (vgl. insoweit Ingolf Pe mice, a.a.O.); alle bisherigen pressefreiheitsrelevanten Maßnahmen waren solche der Gemeinschaft, nicht der Union.
3. Wesentliche, für das Gutachten relevante Vorschriften
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überlieferungen der Mitgliedstaaten als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts" achtet. Die Studie wird sodann darlegen, ob und gegebenenfalls inwieweit sich die Garantie der Pressefreiheit nach Art. 10 EMRK von der Garantie der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG unterscheidet. Auf dieser Grundlage ist gutachtlich zu untersuchen, ob die auf der Ebene des Europarats und der Europäischen Union von einigen Organen geforderte Pluralismusförderung und Stärkung der Arbeitnehmerrechte im Medienbereich mit dem abschließenden Katalog der Ziele nach Art. 10 Abs. 2 EMRK in Einklang stehen müssen.
3. Wesentliche, für das Gutachten relevante Vorschriften Art. 10 EMRK lautet in den beiden in gleicher Weise authentischen 3 englischen und französischen Fassungen: (1) Everyone has the right to freedom of expression. This right shall inc\ude freedom to hold opinions and to receive and impart information and ideas without interference by public authority and regardless of frontiers. This artic1e shall not prevent States from requiring the licensing of broadcasting, television or cinema enterprises.
Toute personne a droit a la liberte d'expression. Ce droit comprend la liberte d'opinion et la liberte de recevoir ou de communiquer des informations ou des idees sans qu'il puisse y avoir ingerence d' autorites publiques et sans consideration de frontiere. Le present artic\e n'empeche pas les Etats de soumettre les entreprises de radiodiffusion, de dnema ou de television a un regime d' autorisations.
(2) The exercise of these freedoms, since it carries with it duties and responsibilities, may be subject to such formalities, conditions, restrictions or penalties as are prescribed by law and are necessary in a democratic society, in the interests of national security, territorial integrity or public safety, for the prevention of disorder or crime, for the protection of health or morals, for the protection of the reputation or rights of others, for preventing the disc10sure of information received in confidence, or for maintaining the authority and impartiality of the judiciary.
L' exerdse de ces libertes comportant des devoirs et des responsabilites peut etre soumis a certaines formalites, conditions, restrictions ou sanctions, prevues par la loi, qui constituent des mesures necessaires, dans une sodete democratique, a la securite nationale, a I'integrite territoriale ou a la silrete publique, a la defense de l' ordre et a la prevention du crime, a la protection de la sante ou de la morale, a la proteetion de la reputation ou des droits d' autrui, pour empecher la divulgation d'informations confidentielles ou pour garantir I'autorite et l' impartialite du pouvoir judiciaire.
3
Vgl. die Schlußformel der Konvention.
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I. Einleitung
Die im folgenden zugrunde gelegte amtliche deutsche Übersetzung 4 lautet: (I) Jeder hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein. Dieser Artikel schließt nicht aus, daß die Staaten Rundfunk-, Lichtspiel- oder Fernsehunternehmen einem Genehmigungsverfahren unterwerfen. (2) Da die Ausübung dieser Freiheiten Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, kann sie bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, wie sie vom Gesetz vorgeschrieben und in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten, unentbehrlich sind.
Die im Rahmen des vorliegenden Gutachtens ebenfalls anzusprechenden weiteren Vorschriften lauten in deutscher Übersetzung: Art. 14 EMRK. Der Genuß der in der vorliegenden Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten muß ohne Unterschied des Geschlechts, der Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, politischen oder sonstigen Anschauungen, nationaler oder sozialer Herkunft, Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, in der Geburt oder im sonstigen Status gewährleistet sein. 5 Art. 1 1. Zusatzprotokoll. Jede natürliche oder juristische Person hat ein Recht auf Achtung ihres Eigentums. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn, daß das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den durch Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen.
Die vorstehenden Bestimmungen beeinträchtigen jedoch in keiner Weise das Recht des Staates, diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums im Einklang mit dem Allgemeininteresse oder zur Sicherung der Zahlung der Steuern oder sonstigen Abgaben oder von Geldstrafen für erforderlich hält. 6
4 In der vorläufigen Arbeitsübersetzung des neuen Textes der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der mit Inkrafttreten des elften Protokolls gelten wird (dazu unten im Text), erstellt vorn Bundesministerium der Justiz, Bonn, abgedruckt in EuGRZ 1994, 339 ff., heißt es in Abs. I Satz 1 ,,Jedermann" statt ,,Jeder", im übrigen sind die Fassungen identisch. 5 In der neuen Übersetzung (siehe Fußn. 4) lautet die Vorschrift: "Der Genuß der in der vorliegenden Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten ist ohne Benachteiligung zu gewährleisten, die insbesondere in Geschlecht, in der Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, in den politischen oder sonstigen Anschauungen, in nationaler oder sozialer Herkunft, in der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, im Vermögen, in der Geburt oder im sonstigen Status begründet sind." 6 In der neuen Übersetzung (siehe Fußn. 4) heißt es im letzten Satz statt "Steuern oder sonstigen Abgaben" jetzt "Steuern, sonstiger Abgaben".
11. "Innere Pressefreiheit" und Tendenzschutz im deutschen Verfassungsrecht 1. Einleitung
Bereits im Jahre 1978 stand die medienrechtliche Diskussion in der Bundesrepublik Deutschland unter dem Schlagwort "Medienmarkt im Umbruch".! Schon damals schien die hergebrachte "publizistische Gewaltenteilung,,2 zwischen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und der privatrechtlich strukturierten und orientierten Presse vielen überholt, verband man doch mit der technologischen Entwicklung im Medienbereich zwangsläufig (d. h. technologisch und ökonomisch unabdingbar) die Vorstellung intensiver Konzentrationsprozesse. Als symptomatisch für den rechtswissenschaftlichen Zeitgeist mag Wolfgang Hoffmann-Riems Postulat aus dem Jahre 1979 gelten: 3 "Die anhaltende Pressekonzentration und die parallel verlaufende Monotonisierung der publizistischen Inhalte fordern den Gesetzgeber heraus. Er darf sich nicht damit begnügen, der Presse eine privatwirtschaftliehe Organisationsform bereitzustellen, ohne auch Folgeprobleme dieser Strukturentscheidung zu bearbeiten. Hier hat er in der Vergangenheit eindeutig versagt. So hat er die Ursachen oder auch nur die negativen Folgen der Pressekonzentrationen nicht zu beseitigen versucht. Auch hat er nicht für binnenorganisatorische Ausgestaltungen der Presse gesorgt, die dem am Demokratieprinzip orientierten Grundrecht der Pressefreiheit gemäß sind."
Die Forderung nach "Binnenpluralismus" im Pressewesen, nach redaktioneller Mitbestimmung und "Innerer Pressefreiheit" ging einher mit der Kritik an - ,,rechten" und ,,konservativen" - (vermeintlichen) Meinungsmonopolen und einer empirisch selten belegbaren4 inhaltsmindemden Konzentration im Pressewesen. Die hoI Peter Menke-Glückert, Medienmarkt im Umbruch. Die Forderung nach ,,Innerer Pressefreiheit" reicht freilich weit in die Zeit der Weimarer Republik zurück und lebt in der Bundesrepublik Deutschland entscheidend wieder um 1970 auf; s. Edgar Kuli, AfP 1995, 551 (552ff.). 2 Peter Menke-Glückert, Medienmarkt im Umbruch, S. 115. 3 Wolfgang Hoffmann-Riem, Innere Pressefreiheit als politische Aufgabe, S. 1. 4 Entgegen Friedrich Kühler; Gutachten D für den 49. Deutschen Juristentag, D 54 ff. Verwiesen sei hier beispielsweise auf die bei Winand Gellner; Massenmedien, in: Oscar W. Gabriel (Hrsg.), Die EG-Staaten im Vergleich, S. 283, abgedruckte Übersicht, wonach im Jahre 1989 in der Bundesrepublik Deutschland bei 24,2 Millionen Haushalten 375 Tageszeitungen gezählt wurden; in Großbritannien, dem "Ursprungsland" der großen Tageszeitungen (1785 erschien erstmals die London Times) erschienen bei 21,3 Millionen Haushalten (nur)
2 Kloepfer
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11. Deutsches Verfassungsrecht
hen Wellen der Gesellschaftskritik überschwemmten bisweilen auch die rechtswissenschaftliche Diskussion. Mitunter ging die ideologiebefrachtete Auseinandersetzung 5 in Bereiche über, die aus heutiger Sicht - nach rund einem Vierteljahrhundert - Züge des nahezu Bizarren aufweisen. So behauptete etwa Erich Küchenhoff im Jahre 1970, die Grundrechte seien Rechte sozialer Minderheiten und der politisch Schwächeren mit der Folge, daß derjenige, der ,,kraft seiner gesellschaftlichen Stellung schon Macht ausübt", in geringerem Maße als Grundrechtssubjekt angesehen werden könne. 6 "Großverleger" sollten demnach ihre "formale Pressefreiheits-Subjektivität" einbüßen, ein neues Grundrechtsverständnis müsse her: "Teilhabe-Grundrechts subjektivität muß je nach der sozialen Teilhabernacht rechtlich unterschiedlich stark sein."7 Wenn es auch der Rechtswissenschaft unterdessen (vorerst?) wieder gelungen ist, sich aus dem gefährlichen Strudel solcher Irrationalitäten freizuschwimmen, und die Thematik auf nationaler Ebene derzeit von geminderter Aktualität zu sein scheint, 8 so nötigt doch das oben skizzierte Wiederaufflammen der Diskussion um die ,Jnnere Pressefreiheit" im europäischen Kontext, die deutschen Verfassungsprobleme - wenn auch nicht in ihrer gesamten Komplexität - im folgenden nachzuzeichnen. Dies ist im übrigen auch unverzichtbar, weil sich die menschenrechtliche Zulässigkeit der Einführung ,Jnnerer Pressefreiheit" auf europäischer Ebene nicht ohne Blick auf die jeweiligen nationalen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen beurteilen läßt. Jedenfalls ist die Schilderung der deutschen Diskussion schon deshalb unverzichtbar, weil sie die erste große Auseinandersetzung um diese Problematik darstellt und als Kraftquelle für einschlägige Forderungen auf europäischer Ebene erkennbar nachwirkt.
2. Begriff der sogenannten "Inneren Pressefreiheit"
Der Begriff der "Inneren Pressefreiheit" ist wenig trennscharf. Er urnfaßt zunächst Forderungen nach der Existenz von Redaktionsstatuten und nach der Ein100 Tageszeitungen. Frankreich hatte bei 23,7 Millionen Haushalten nur 88 Tageszeitungen, in Italien kamen auf 19,9 Millionen Haushalte 78 Tageszeitungen. 5 Ein bedauerliches Beispiel dafür bildet die Streitschrift von Udo Branahl. Pressefreiheit und redaktionelle Mitbestimmung (1979), die aus einer bei Wolfgang Hoffmann-Riem gefertigten Dissertation hervorgegangen ist und jeden verfassungsrechtlichen Deutungsversuch der Pressefreiheit in ein - wissenschaftlich unhaltbares - Schema "liberaler", ,,konservativer", "sozialstaatlicher" und ,,funktionalistischer" Doktrin zwängt. Instruktiv zur Geschichte der ,,Inneren Pressefreiheit", die zwischen den beiden Weltkriegen begann, Edgar Kuli, AfP 1995, 551 (552 ff.). 6 ZRP 1970,49; dabei beruft er sich auf eine - nirgends geleistete - "vertiefende Betrachtung des herkömmlichen Grundrechtsverständnisses". 7 Erich Küchenhoff, ZRP 1970,49 (50); ihm folgend Friedrich Stüber, Innere Pressefreiheit und Grundrechtsinterpretation, S. 115. 8 So auch die Einschätzung Christoph Degenharts, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. I und 2 GG, Rdnr. 387.
3. Begriff und gesetzliche Verankerung des Tendenzschutzes
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richtung von Redaktionsräten, die - insbesondere im Hinblick auf Statuteninhalte und Rätezuständigkeiten - verfassungsrechtliche Bedenken hervorrufen können. Auch die unter dem Schlagwort der "Inneren Pressefreiheit" geforderten Rechte zur Mitwirkung von Redakteuren durch Unterrichtungs- und Anhörungsrechte bei publizistischen und personellen Entscheidungen treffen auf verfassungsrechtlichen Zweifel. Als offenkundig verfassungswidrig erweisen sich echte Mitbestimmungsbefugnisse der Redakteure, insbes. Forderungen nach Weisungsfreiheit der Journalisten. Die Forderung nach Gewährleistung "Innerer Pressefreiheit" zielt letztlich auf die Sicherung pluralistischer Berichterstattung bzw. Meinungsbildung innerhalb eines einzelnen Presseorgans oder Presseunternehmens durch die - vornehmlich auf arbeitsrechtlichem Wege zu erreichende - Weisungsfreiheit der Redaktionen gegenüber dem Presseunternehmer. 9 Während auf einer individuellen Ebene der einzelne Redakteur gegen Leitungsentscheidungen des Verlegers, Herausgebers oder leitenden Redakteurs abgeschirmt werden soll, eröffnen die verschiedenen Modelle lO auf der kollektiven Ebene den Redakteuren eine arbeitsrechtliche (paritätische) Sondermitbestimmung, mit der ein Zurücktreten der verlegerischen Rechte korrespondiert. Daß dabei der Terminus "Innere Pressefreiheit" nur mit Vorsicht gebraucht werden sollte,11 ist offensichtlich, insinuiert er doch schon aufgrund seiner Semantik die Existenz eines Rechts, die gerade des Beweises bedürfte. Die im einzelnen früher vorgeschlagenen Modelle brauchen hier nicht näher vorgestellt und analysiert zu werden, es kann insoweit auf die Arbeiten von Peter Lerche l2 und Rupert Scholz 13 verwiesen werden.
3. Begriff und gesetzliche Verankerung des Tendenzschutzes
Die deutsche Rechtsordnung räumt im allgemeinen Arbeitnehmern betriebliche Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte ein, die jedoch für Unternehmen und Betriebe, die - sei es als kirchliche oder karitative, sei es als parteipolitische Organisationen oder als Presseverlage - geistig-ideelle Ziele verfolgen, eingeschränkt sind oder ganz entfallen. Dieser Ausschluß oder die Beschränkung arbeitnehmerischer Mitbestimmungsrechte in sogenannten Tendenzunternehmen und -betrieben 9 Rupert Scholz, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 39 f.; Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rdnr. 387. 10 Dazu Rupert Scholz, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 54 ff. 11 Vgl. Peter Lerche, Verfassungsrechtliche Aspekte der "inneren Pressefreiheit", S. 12; verschiedene Definitionsversuche bei Friedrich Stüber, Innere Pressefreiheit und Grundrechtsinterpretation, S. 4-6. 12 Verfassungsrechtliche Aspekte der "inneren Pressefreiheit". 13 Pressefreiheit und Arbeitsverfassung.
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II. Deutsches Verfassungsrecht
gehören in Deutschland zu den traditionellen Elementen der Mitbestimmungsgesetzgebung und werden seit langem unter dem Begriff des "Tendenzschutzes" zusammengefaßt. 14 Dieser Ausdruck hat sich inzwischen trotz seiner Mißverständlichkeit auch im juristischen Sprachgebrauch allseits durchgesetzt. Mißverständlich ist er insofern, als es für Presseorgane unerheblich ist, ob sie einer bestimmten politischen oder geistigen Strömung folgen oder streng auf Überparteilichkeit achten; auch im letzteren Fall genießen sie "Tendenzschutz".15 Schon § 67 des Betriebsrätegesetzes von 1920 16 und § 81 des Betriebsverfassungsgesetzes von 1952 17 sahen den Tendenzschutz vor. 18 Nunmehr lautet § 118 des Betriebsverfassungsgesetzes 19 in seinen für die Presse relevanten Teilen: § 118 Geltung für Tendenzbetriebe und Religionsgemeinschaften. (1) Auf Unternehmen und Betriebe, die unmittelbar und überwiegend
1. (... ) 2. Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung, auf die Artikel 5 Abs. I Satz 2 des Grundgesetzes Anwendung findet, dienen, finden die Vorschriften dieses Gesetzes keine Anwendung, soweit die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebs dem entgegensteht. Die §§ 106 bis 110 sind nicht, die §§ 111 bis 113 nur insoweit anzuwenden, als sie den Ausgleich oder die Milderung wirtschaftlicher Nachteile für die Arbeitnehmer infolge von Betriebsänderungen regeln. (2) ( ... )
Demnach entfällt das Mitwirkungsrecht des Betriebsrats bei personellen und sozialen Maßnahmen, soweit der Tendenzcharakter des Unternehmens oder Betriebs20 solcher Mitwirkung entgegensteht. 21 In wirtschaftlichen Angelegenheiten 14 Rupert Scholz, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 11; Dirk Michael Barton, AfP 1994,261 (262); Martin Forsthoff, in: Peter Schiwy I Walter J. Schütz (Hrsg.), Medienrecht, S. 413; Martin Bullinger, in: Josef Isensee I Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. 6, § 142, Rdnr. 23. 15 Vgl. Martin Forsthoff, in: Peter Schiwy I Walter J. Schütz (Hrsg.), Medienrecht, S. 414. Tendenzschutz genießen auch reine Buchverlage, vgl. BAG, BB 1976, 183; ausführlich RolfBirk, JZ 1973,753 (754f.). 16 Vom 4. 2. 1920 (RGBl. S. 147). 17 Vom 11. 10. 1952 (BGBl. I S. 681); dazu Dieter Merklinghaus, Das Grundrecht der Meinungsfreiheit und seine Bedeutung für das Arbeitsrecht, S. 99 ff. 18 Näher dazu Martin Forsthoff, in: Peter Schiwy I Walter J. Schütz (Hrsg.), Medienrecht, S. 414; Peter Hanau, Pressefreiheit und paritätische Mitbestimmung, S. 91 ff. 19 In der Fassung der Bekanntmachung vom 23. 12. 1988 (BGBl. 1989 I S. I, ber. S. 902), zuletzt geändert durch Art. 5 Zweites Gleichberechtigungsgesetz vom 24. 6. 1994 (BGBl. I S.1406). 20 Zum Begriff des "unmittelbaren und überwiegenden" Dienens Rolf Birk, JZ 1973,753 (755 f.). 21 Zur hier nicht zu erörternden Streitfrage der Mitwirkungsrechte des Betriebsrates bei personellen Angelegenheiten im Rahmen der ,.Eigenartsklausel" des § 118 BetrVG vgl. statt
3. Begriff und gesetzliche Verankerung des Tendenzschutzes
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vollzieht sich die Mitwirkung der Arbeitnehmer ganz überwiegend im Rahmen des Wirtschaftsausschusses. Die §§ 106-110 BetrVG, welche die Unterrichtungspflicht des Unternehmers in wirtschaftlichen Angelegenheiten betreffen, bestimmen, daß in Betrieben mit mehr als einhundert Beschäftigten ein Wirtschaftsausschuß zu bilden ist (§ 106 BetrVG), dessen Bestellung und Zusammensetzung (§ 107 BetrVG) sowie Pflichten (§§ 108-110 BetrVG) im einzelnen gesetzlich geregelt sind. Für Tendenzbetriebe, darunter Presseunternehmen, bestehen diese unternehmerischen Pflichten nach § 118 BetrVG nicht; die arbeitnehmerische Mitwirkung in wirtschaftlichen Angelegenheiten entfällt damit in Tendenzbetrieben weithin. Die §§ 111-113 BetrVG betreffen Unterrichtungspflichten des Unternehmers bei Betriebsänderungen; sie gelten nur eingeschränkt. Dem Betriebsrat verbleiben Rechte nur, soweit es um den Ausgleich oder die Milderung wirtschaftlicher Nachteile infolge von Betriebsänderungen geht. Ein Blick auf den - nicht abschließenden - Katalog der wirtschaftlichen Angelegenheiten, über die der Unternehmer den Wirtschaftsausschuß umfassend zu unterrichten hat (§ 106 Abs. 1,3 BetrVG), erhellt, warum der Gesetzgeber des Betriebsverfassungsgesetzes die Tendenzbetriebe von diesen Pflichten ausnehmen mußte: In einem Presseunternehmen sind im Grundsatz fast alle Investitions-, Organisations- und Produktionsentscheidungen (vgl. Nm. 3, 6, 9 des § 106 Abs. 3 BetrVG) mit publizistischen Erwägungen untrennbar verknüpft. Beispielsweise könnte in einem Presseunternehmen mit einem breiten Sortiment an Publikationen (möglicherweise mit unterschiedlicher politischer Ausrichtung) die Beratung über das Produktions- und Investitionsprogramm zur Frage führen, warum eine (gegebenenfalls gewerkschaftskritische) Publikation eingestellt wird, ein anderes (vielleicht wirtschaftlich ertragreicheres) Produkt indes weitergeführt wird. Eine solche unternehmerische Entscheidung wäre eindeutig tendenzbezogen, sie muß, wie noch näher darzulegen ist, wegen der Berührung mit der geistig-ideellen Zielsetzung des Unternehmers von diesem autonom getroffen werden können. Im allgemeinen berühren in Tendenzunternehmen die meisten unternehmerischen Entscheidungen zugleich die geistig-ideelle Zielsetzung. 22 In bezug auf die dem Betriebsrat verbleibenden Rechte aus den §§ 111113 BetrVG hat die Rechtsprechung zur Einstellung und Entlassung von Redakteuren nähere Kriterien entwickelt. Bei diesen Tendenzträgern entfällt das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 99 BetrVG; auch bestehen keine Beteiligungsrechte aus den §§ 100 und 101 BetrVG. Die Weiterbeschäftigungspflicht des § 102 Abs. 5 BetrVG entfällt ebenfalls. Mit der aus Tendenzschutzgründen gebotenen alleinigen Entscheidung des Arbeitgebers sind indes nur Mitbestimmungs-, nicht aber Anhörungsrechte des Betriebsrates unvereinbar, da eine bloße Anhörung nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts keine Einflußnahme des Betriebsrats auf aller Martin Löffler / Reinhart Ricker; Handbuch des Presserechts, S. 244 ff., Rdnm. 32 ff. m.w.N. zur "Tendenzträgertheorie", zu ,.Maßnahmetheorien" und der "Anhörungstheorie". 22 Martin Forsthoff, in: Peter Schiwy / Walter J. Schütz (Hrsg.), Medienrecht, S. 415.
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11. Deutsches Verfassungsrecht
Inhalt und Ausgestaltung der Presseerzeugnisse mit sich bringt. Dieser Grundsatz ist vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich als mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar angesehen worden. 23 Der Betriebsrat darf indes nur soziale Gesichtspunkte vorbringen, nicht aber zu den tendenzbezogenen Gründen einer Kündigung eines Tendenzträgers Stellung nehmen. 24 Somit bleibt die geistig-ideelle Zielsetzung des Unternehmens der Mitsprache der Arbeitnehmervertreter entzogen. 25 Ganz ausgeschlossen ist die Anwendung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehme?-6 durch seinen § 1 Abs. 4 Nr. 2 für Unternehmen, die unmittelbar und überwiegend Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung, auf die Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes anzuwenden ist, dienen.
4. "Innere Pressefreiheit" als Beschränkung der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG a) Strukturprinzipien und Tatbestand der grundgesetzlieh garantierten Pressefreiheit
aa) Einleitung Das deutsche Grundrecht der Pressefreiheit steht in der Tradition der ,,klassischen" liberalen Freiheitsrechte, es verkörpert ein individuelles Freiheitsrecht im status negativus,27 also ein subjektives Recht des Grundrechtsträgers auf Abwehr staatlicher Eingriffe, hoheitlichen Zwangs und staatlicher Meinungsmanipulation. 28 Die "Staatsgerichtetheit" der Pressefreiheit ist unbestritten und steht im übri23 BVerfGE 52, 283 (299ff.); dazu auch Martin Forsthoff, in: Peter Schiwy / Walter J. Schütz (Hrsg.), Medienrecht, S. 415 f. Zur bedenklichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, das den Tendenzschutz ungeachtet der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts minimiert, Edgar Kuli, NJW 1982, 2227 f. 24 Gegen eine Pflicht zur Offenlegung tendenzbezogener Kündigungsgründe wegen der "Sachgesetzlichkeiten des Zusammenwirkens zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber" Bemd Rüthers, AfP 1980, 2 (4). 25 BVerfGE 52, 283 (301 f.). 26 Mitbestimmungsgesetz (MitbestG) vom 4. 5. 1976 (BGBI. I S. 1153), geändert durch Art. 5 Arbeitsgerichtsgesetz-Änderungsgesetz vom 26. 6. 1990 (BGBI. I S. 1206). Vgl. dazu BVerfGE 50, 290 und Edgar Kuli, Zur "öffentlichen Aufgabe" grundrechtsgeschützter Presse, in: FS Martin Löffler, S. 187 f. 27 Die Pressefreiheit ist nicht soziales Teilhaberecht (im status positivus) und ebensowenig demokratiestaatliches Aktivrecht (im status activus); vgl. statt vieler Rupert Scholz, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 221; Norbert Dittrich, Pressekonzentration und Grundgesetz, S. 28 f.; Roman Schnur, VVDStRL 22 (1965), 101 (110 f.) 28 Vgl. nur BVerfGE 66, 116 (133); 77, 346 (354); Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rdnr. 15; Rupert Schalz, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 81; ausführlich zur historischen Genese der Pressefreiheit und zur soziologischen
4. "Innere Pressefreiheit" als Beschränkung der Pressefreiheit
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gen außerhalb jeder interpretatorischen Disposition. 29 Mit dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG steht die Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in einem thematischen Zusammenhang der Freiheit des geistigen Ausdrucks und darüber hinaus in einem funktionalen Zusammenhang: Insbesondere die Presse ist eines der wesentlichen und - ungeachtet der sich stetig beschleunigenden Entwicklung neuer Kommunikationstechniken - vorrangigen Mittel zur Verbreitung von Meinungen. 3o Daß die Pressefreiheit trotz dieser engen Verknüpfung nicht bloß ein Unterfall der Meinungsäußerungsfreiheit ist,31 sondern einen eigenständigen Gewährleistungsgehalt hat, wird in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stets betont. 32 Das Gericht erkennt mit seiner Hervorhebung der ,,institutionelle(n) Sicherung der Presse als eines der Träger und Verbreiter der öffentlichen Meinung im Interesse einer freien Demokratie,,33 indes nicht schon vordergründig eine ausschließlich objektive, institutionalisierte Sicht des Grundrechts an, sondern umreißt damit zunächst nur den weiten Schutzbereich der Pressefreiheit, die über die im Schutzbereich der Meinungsäußerungsfreiheit bereits enthaltene Verbreitung von Meinungen und Tatsachen hinaus gerade die pressespezifischen Sachverhalte erfaßt. 34 bb) Individuelles Abwehrrecht und institutionelle Gewährleistung Wenn auch Ausgangspunkt für die Gewährleistung der Pressefreiheit der einzelne ist, so greift doch die Pressefreiheit über die individuelle Selbstverwirklichung hinaus. Ihre im gesellschaftlichen und politischen Prozeß konstitutive Bedeutung für die Bildung der öffentlichen Meinung und die Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte ist unbestritten;35 in welchem Umfang dieser überindividuelle und staatstheoretischen Stellung der Presse Ulrich Scheuner, VVDStRL 22 (1965), 1 ff.; vgl. noch Peter Gädeke, in: Peter Schiwy I Walter J. Schütz (Hrsg.), Medienrecht, S. 317. Abzulehnen ist die Auffassung von lngrid Groß, Die Institution Presse, die "unter Zuhilfenahme von Forschungsergebnissen des juristischen und außerjuristischen Bereichs" (S. 121) den Grundrechtscharakter der Pressefreiheit schlechthin negiert, weil ein Grundrecht nicht einen "heteronom determinierten Zustand" schützen könne. 29 Vgl. nur Rupert Scholz, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 81; aus der Rechtsprechung BVerfGE 20, 162 (175). 30 Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rdnr. 16. 31 Zur Funktionstypologie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ausführlich Hans D. Jarass, Die Freiheit der Massenmedien, S. 181 ff. 32 BVerfGE 10, 118 (121); st. Rspr.; ebenso Ulrich Scheuner, VVDStRL 22 (1965), 1 (65 m.w.N.); Rupert Scholz, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 81; Peter Gädeke, in: Peter Schiwy I Walter J. Schütz (Hrsg.), Medienrecht, S. 318; Andreas Pauli, Der Schutz von Presse und Rundfunk vor dem Zugriff staatlicher Verfolgungsorgane, S. 17; vgl. noch Martin Löffler / Reinhart Ricker, Handbuch des Presserechts, S. 38 f., Rdnrn. 7-9. 33 BVerfGE 10, 118 (121); 12,205 (260); 20,162 (176); 21, 271 (279); 36,193 (204); 50, 234 (240); 60, 234 (239 f.); 62, 230 (243); 77, 346 (354). 34 Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. I und 2 GG, Rdnr. 16 a.E.
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11. Deutsches Verfassungsrecht
Gehalt der Pressefreiheitsgewährleistung die Auslegung des Art. 5 Abs. I Satz 2 GG zu beeinflussen hat, ist hingegen seit langem umstritten, der Deutungsversuche sind Legion. Diesen umfassend nachzugehen, kann nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sein. 36 Im Ergebnis wird aber grundsätzlich der vom Bundesverfassungsgericht vertretenen Ansicht zu folgen sein, nach der die objektiv-institutionelle Seite der Pressefreiheit gleichrangig neben die subjektiv-individuelle Komponente tritt, ohne diese zu verdrängen?7 In der "Spiegel"-Entscheidung hat sich das Gericht grundlegend zu dieser Frage geäußert: ,,Das Grundgesetz gewährleistet in Art. 5 die Pressefreiheit. Wird damit zunächst - entsprechend der systematischen Stellung der Bestimmung und ihrem traditionellen Verständnis - ein subjektives Grundrecht für die im Pressewesen tätigen Personen und Unternehmen gewährt, das seinen Trägern Freiheit gegenüber staatlichem Zwang verbürgt und ihnen in gewissen Zusammenhängen eine bevorzugte Rechtsstellung sichert, so hat die Bestimmung zugleich auch eine objektiv- rechtliche Seite. Sie garantiert das Institut "Freie Presse". Der Staat ist - unabhängig von subjektiven Berechtigungen Einzelnerverpflichtet, in seiner Rechtsordnung überall, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, dem Postulat ihrer Freiheit Rechnung zu tragen. ,,38
Jeder Versuch, aus dieser und anderen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts eine ausschließlich oder doch zumindest primär objektiv-rechtliche Gewährleistung der Institution Presse herauszulesen,39 ist, wie Rupert Scholz überzeugend nachgewiesen hat,40 zum Scheitern verurteilt. Die inzwischen herrschende Meinung teilt vielmehr den vermittelnden Ansatz, der das Grundrecht der Pressefreiheit auch bei Berücksichtigung objektiv- rechtlicher Garantiegehalte (der Wertentscheidung des Verfassungsgebers zugunsten der freien Presse) nicht von seiner grundsätzlichen Staatsgerichtetheit loslöst. 41 Nur dies steht im übrigen in 35 Vgl. nur BVerfGE 10, 118 (121); 20, 162 (174); 50, 234 (240); GerlUlrd Leibholz / Hans-Justus Rinck / Dieter Hesselberger, GG- Rechtsprechungskommentar, Art. 5 Rdnr. 216. Zum Zusammenhang zwischen öffentlicher Meinung und Massenmedien ausführlich MiclUlel Kloepjer, in: losef Isensee I Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. 6, § 35, Rdnrn. 35 ff. 36 Ausführliche Nachweise dazu bei Rupert Scholz, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung; Peter Lerche, Verfassungsrechtliche Aspekte der "inneren Pressefreiheit". 37 Aus grundrechtsdogmatischer Sicht differenzierend EberlUlrd Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, S. 221 ff. 38 BVerfGE 20,162 (175); vgl. BVerfGE 25,236 (268); 52, 283 (296); 66, 116 (133); 77, 346 (354); 80, 124 (133). 39 So vor allem Dieter Stammler, Die Presse als soziale und verfassungsrechtliche Institution, passim. 40 Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 87 ff., passim. 41 Martin Bullinger, in: losef Isensee I Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. 6, § 142, Rdnrn. 10 ff.; Peter Lerche, Verfassungsrechtliche Aspekte der ,jnneren Pressefreiheit", S. 15 ff., 30ff., passim; Hans-Jürgen Papier, Der Staat 13 (1974), 399 (409 f.); Ulrich Scheuner, VVDStRL 22 (1965),1 (31 ff., 62ff.); Walter Schmitt Glaeser, AöR 97 (1972), 60 (81 ff., 97 f.); Rupert Scholz, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 89 ff., passim (weitere Nachweise S. 48 mit Fußn. 31); Christoph DegenlUlrt, AfP 1987,649 (650); Peter Hanau,
4. ,Jnnere Pressefreiheit" als Beschränkung der Pressefreiheit
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Einklang mit der allgemeinen grundrechtlichen Dogmatik des Bundesverfassungsgerichts, nach der die Funktion der Grundrechte als ("komplementärer,,42) objektiver Prinzipien in der prinzipiellen Verstärkung ihrer Geltungskraft besteht, jedoch ihre Wurzeln in der primären abwehrrechtlichen Bedeutung hat. Eine Ablösung der Grundrechte von ihrem abwehrrechtlichen Kern und ihre Verselbständigung zu einem Gefüge objektiver Normen, in der der ursprüngliche und bleibende Sinn der Grundrechte zurücktritt, ist unstatthaft. 43 Wenn also die - zusätzliche - objektivrechtlich-institutionelle Absicherung eines Freiheitsrechts zu einer drastischen Inhaltsbegrenzung des Grundrechts führte, wäre die Schwelle zum verfassungsrechtlich Unzulässigen überschritten. 44 Ganz ausgeschlossen ist es somit, das (die öffentliche Gewalt) bindende Pressefreiheitsrecht in eine objektiv-rechtliche Regelungsermächtigung des Gesetzgebers im Pressebereich umzuinterpretieren und auf diesem Wege die Pressefreiheit nurmehr nach Maßgabe des Gesetzes zuzugestehen. 45 Eine solche besondere Ausgestaltungskompetenz (wie sie das Bundesverfassungsgericht für das Rundfunkwesen annimmt46 ), die nur aufgrund einer betont einseitigen (unzulässigen) institutionellen Interpretation der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG begründbar wäre, existiert nicht. 47 Jede gesetzliche Regelung48 "Innerer Pressefreiheit" würde daher nicht als "Ausgestaltung", sondern als Beschränkung der Pressefreiheit wirPressefreiheit und paritätische Mitbestimmung, S. 13 f.; instruktiv Jürgen Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, S. 286 ff.; gegen jede institutionelle Ausdeutung Norbert Dittrich, Pressekonzentration und Grundgesetz, S. 35 ff.; kritisch auch Roman Schnur; VVDStRL 22 (1965), 101 (116 ff.). Unklar Rolf Groß, Presserecht, S. 55: "Überlagerung des Grundrechts durch die institutionelle Garantie". 42 Edgar Kull, Zur "öffentlichen Aufgabe" grundrechtsgeschützter Presse, in: FS Martin Löffler, S. 193. 43 So explizit BVerfGE 50, 290 (337); vgl. auch Edgar Kull, "Dienende Freiheit" - dienstbare Medien?, in: FS Peter Lerche, S. 669; zum systematischen Zusammenhang und zur dogmatischen Einordnung ausführlich Ernst-Wolfgang Böckenförde, Der Staat 29 (1990), I (17ff.); Udo Di Fabio, Risikoentscheidungen im Rechtsstaat, S. 36,44 ff.; vgl. noch (gegen Böckenförde und für eine "bereichsdogmatische", das heißt an der Auslegung der einzelnen Verfassungsnorm ansetzende und nicht abstrakt-generelle Lösung Bernd Jeand'Heur; JZ 1995, 161 (162ff.)); zusammenfassend für das Medienrecht Klaus Stern, DVBI. 1982, 1109 (1115 f.). Kritisch zur weiteren (teilweise gegenläufigen) Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Edgar Kull, a.a.O., S. 670. 44 Vgl. Hans-Jürgen Papier; Der Staat 18 (1979), 422 (432). 45 Hans-Jürgen Papier; Der Staat 18 (1979), 422 (433). 46 BVerfGE 12,205 (261 ff.); st. Rspr.; vgl. Gerhard Leibholz / Hans- Justus Rinck / Dieter Hesselberger; GG-Rechtsprechungskommentar, Art. 5 Rdnrn. 341 ff.; zusammenfassend zur Kritik Klaus Stern, DVBI. 1982, 1109 (1112 ff.). 47 Unrichtig deshalb Wolfgang Hoffmann-Riem, Innere Pressefreiheit als politische Aufgabe, S. 70 f., passim. 48 Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes würde aus Art. 75 Abs. 1 Nr. 2 GG folgen; vgl. dazu nur Friedrich Kübler; Gutachten D für den 49. Deutschen Juristentag, D 82 ff.; Peter Hanau, Pressefreiheit und paritätische Mitbestimmung, S. 84 ff.
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11. Deutsches Verfassungsrecht
ken und wäre nur im Rahmen der "allgemeinen Gesetze" nach Art. 5 Abs. 2 GG zulässig. 49 Auch die Landespressegesetze beschränken die Pressefreiheit und "gestalten" sie nicht etwa "aus,,;50 sie stellen indes kein Sonderrecht gegen die Presse dar und sind regelmäßig als "allgemeine Gesetze" nach Art. 5 Abs. 2 GG zulässig. 51 Ob dies auch für § 4 des Brandenburgischen Landespressegesetzes52 gilt, erscheint zweifelhaft, bedarf hinsichtlich des Untersuchungsgegenstandes hier aber keiner Klärung. Gleiches gilt für den Problemkomplex der pressespezifischen Fusionskontrolle. 53 cc) Zum sachlichen Schutzbereich der Pressefreiheit im Sinne wirtschaftlicher und publizistischer Entscheidungskompetenzen (1) Einleitung Der Schutzbereich der Pressefreiheit umfaßt das Äußern und Verbreiten von Nachrichten und Meinungen durch die Presse und somit das einzelne Presseerzeugnis mit seinem gesamten Inhalt. Geschützt ist weiterhin die Pressefreiheit in allen Voraussetzungen für ihre Tätigkeit. 54 Schon daraus ergibt sich die Unzulässigkeit jeglicher Ausgrenzung rein wirtschaftlicher Aspekte des Pressewesens: Pressefreiheit ist - auf der Seite des Verlegers - publizistische und unternehmerische Freiheit. 55 Bedarf die inhaltliche Gewährleistung der Pressefreiheit hinsichtlich der Aspekte der journalistischen Arbeit und der Inforrnationsbeschaffung, des geschützten Inhalts des Presseerzeugnisses für den Untersuchungsgegenstand ebensowenig der Erörterung wie die Verbreitungs- und Vertriebs freiheit, 56 so ist 49 Herrnann von Mangoldt I Friedrich Klein / Christian Starck, GG- Kommentar, Bd. 1, Art. 5 Abs. 1, 2, Rdnr. 61; Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rdnr. 458; Werner Weber, Innere Pressefreiheit als Verfassungsproblem, S. 62.; vgl. bereits Ernst Forsthoff, Der Verfassungsschutz der Zeitungspresse, S. 22-27; anderer Ansicht (grundSätzlich Ausgestaltungskompetenz des Gesetzgebers) Hans D. Jarass / Bodo Pieroth, GG-Kommentar, Art. 5, Rdnr. 27. 50 Ebenso Jürgen Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, S. 145. 51 Einzelheiten bei Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rdnm. 461 ff.; anders noch Edgar Kull, AfP 1974, 634 (636). 52 Siehe unten sub 1I.6.b), S. 46. 53 Dazu ausführlich Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rdnm.379f. 54 Hans D. Jarass / Bodo Pieroth, GG-Kommentar, Art. 5, Rdnm. 22 f.; Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rdnr. 312. Zum ähnlich weiten Verständnis der Pressefreiheit in anderen Mitgliedstaaten Wassilios Skouris, in: ders. (Hrsg.), Advertising and Constitutional Rights in Europe, S. 17. 55 Vgl. statt aller Norbert Dittrich, Pressekonzentration und Grundgesetz, S. 54 f. 56 Instruktiv dazu Martin Bullinger, in: Josef Isensee I Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. 6, § 142, Rdnm. 15 ff.; Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rdnm. 313-359.
4. "Innere Pressefreiheit" als Beschränkung der Pressefreiheit
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im folgenden doch ein vertiefender Blick auf den unternehmerisch-wirtschaftlichen Teilbereich der Pressefreiheit erforderlich. (2) Verfassungsrechtliche Verbürgung des wirtschaftlichen und publizistischen Wettbewerbs der Presseunternehmen
Im Geltungsbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG arbeitet die Presse, wie das Bundesverfassungsgericht in der Spiegel-Entscheidung festgestellt hat, nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen und in privatrechtlichen Organisationsformen. 57 Presseunternehmen müssen sich frei im gesellschaftlichen Raum bilden können. Sie stehen untereinander in wirtschaftlichem und publizistischem Wettbewerb. 58 Die in dieser grundlegenden Entscheidung festgestellten Strukturprinzipien der privatwirtschaftlichen Presseordnung sind nach heute ganz herrschender Auffassung nicht als bloße Zustandsbeschreibung, sondern vielmehr im Sinne einer verfassungsrechtlichen Festlegung zu verstehen. Sie erstreckt sich auf folgende Elemente: Gründungsfreiheit und Privatautonomie, wirtschaftlich-wettbewerbliche Ordnung (das heißt die geistig-ideelle - publizistische - tritt neben die wirtschaftliche Konkurrenz), erwerbswirtschaftliche Orientierung (die mit dem Strukturelement des kommerziellen Wettbewerbs notwendig verbunden ist).59
Die Zuordnung dieser Strukturelemente zur verfassungsrechtlichen Pressefreiheitsgewährleistung läßt sich in der bundesverfassungsgerichtlichen Judikatur auch anhand der Entscheidung zum noch zu skizzierenden Tendenzschutz belegen, denn die Einbeziehung der verlegerischen Entscheidungsautonomie in den Schutzbe57
Aus politologischer Sicht verweist Winand Gellner, Massenmedien, in: Oscar
W. Gabriel (Hrsg.), Die EG-Staaten im Vergleich, S. 278, darauf, daß der "private Besitz von
Pressemedien ( ... ) die ausschließliche Regel in den europäischen Staaten" ist. 58 BVerfGE 20, 162 (175); vgl. Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rdnr. 360. 59 Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rdnr. 360; ders., AtP 1987, 649 (650f.); Rupert Schoh, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 45, 82ff., 167ff.; Peter Lerche, Verfassungsrechtliche Aspekte der "inneren Pressefreiheit", S. 32, 53 ff.; ders., Verfassungsrechtliche Fragen der Pressekonzentration, S. 45 f.; Wemer Weber, Innere Pressefreiheit als Verfassungsproblem, S. 63 f.; Ulrich Scheuner, in: ders., Staatstheorie und Staatsrecht: Gesammelte Schriften, S. 759 (765, passim); Hans-Jürgen Papier, Der Staat 18 (1979), 422 (429 ff.); bereits ders., Der Staat 13 (1974), 399 (411 ff.). Vgl. zur gegenteiligen Ansicht etwa Wolfgang Hoffmann-Riem, Innere Pressefreiheit als politische Aufgabe, S. 96; Dieter Stammler, Die Presse als soziale und verfassungsrechtliche Institution, S. 146, 362, passim; kritisch auch Friedrich Kübler, Gutachten D für den 49. Deutschen Juristentag, D 58 ff.; abwegig Udo Branahl, Pressefreiheit und redaktionelle Mitbestimmung, S. 34 (und passim), der die herrschende Deutung der Pressefreiheit als "im Sinne der Aufrechterhaltung und Absicherung einer kapitalistischen Gesellschaftsordnung" erfolglos zu verwerfen versucht.
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11. Deutsches Verfassungsrecht
reich der Pressefreiheit60 (unter ausdrücklicher Zurückdrängung der arbeitnehmerisehen Mitbestimmung) impliziert auch die verfassungsrechtliche Verbürgung der privatwirtschaftlichen Ordnung der Presse.61 Während der Tatsache, daß die Garantie der privatwirtschaftlichen Organisation des Pressewesens bereits historisch vorgegeben ist,62 keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen werden sollte,63 wirkt die oben angesprochene institutionelle Garantie als verstärkendes Argument für die Verfassungsgewährleistung der privatwirtschaftlichen Struktur der Presse. 64 Die vom Bundesverfassungsgericht zu Recht als verfassungsmäßig verbürgt angesehene ,,Freie Presse" bedeutet eine institutionelle Bestandsgarantie ebendieser freien Presse: Um ihrer wichtigen Funktion in einer freiheitlich-demokratischen Ordnung willen ist die freie Presse in ihrem Bestand geschützt. 65 Da aber diese Funktion notwendig die privatwirtschaftliehe Struktur des Pressewesens voraussetzt,66 weil nur diese die erforderliche Staats freiheit garantieren kann, muß die privatwirtschaftliehe Struktur selbst auch verfassungsrechtlich garantiert sein. 67 Über diese Staatsfreiheit hinaus folgt auch aus den positiven grundrechtlichen Funktionen der privatwirtschaftlichen Pressestruktur deren verfassungsrechtliche Unabdingbarkeit. Betrachtet man die freie Kommunikation als Grundlage freier Meinungsbildung, so ergibt sich, daß nur die in der Privatautonornie enthaltene Freiheit auch zur "Unausgewogenheit" und zur "Tendenz" geeignet ist, die Grundlage für die öffentliche Diskussion in kontroversen Angelegenheiten zu bilden. 68 Jedes proporzmäßige Beteiligungsmodell, das zur Neutralisierung der Tendenz eines Presseerzeugnisses geeignet ist, sähe sich diesem Einwand der potentiellen Zerstörung der Grundlagen freier öffentlicher Meinungsbildung ausgesetzt.
BVerfGE 52, 283 (296). Vgl. statt vieler Edgar Kull, "Dienende Freiheit" - dienstbare Medien?, in: FS Peter Lerche, S. 668; Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. I und 2 GG, Rdnr. 360; ders., AfP 1987,649 (651). 62 Dazu unter rechtstheoretischem Aspekt Hans D. Jarass, Die Freiheit der Massenmedien, S. 132 ff. 63 Entgegen Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rdnr. 361; wie hier Peter Hanau, Pressefreiheit und paritätische Mitbestimmung, S. 51. 64 Christoph Degenhart, AfP 1987,649 (650). 65 Christoph Degenhart, AfP 1987,649. 66 Vgl. Winand Gellner; Massenmedien, in: Oscar W. Gabriel (Hrsg.), Die EG-Staaten im Vergleich, S. 281. 67 Zutreffend Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rdnr.362. 68 Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rdnr. 363. 60 61
4. "Innere Pressefreiheit" als Beschränkung der Pressefreiheit
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(3) "Öffentliche Aufgabe" der Presse
Auch die oben beschriebene und anzuerkennende institutionelle Garantie der Presse darf im Ergebnis, soviel folgt aus dem Vorstehenden, nicht systemverändernd dazu genutzt werden, ein Pressemodell zu verwirklichen, das eine Bildung der öffentlichen Meinung fern der freien, privaten und privatwirtschaftlichen Presse vorsieht. 69 Gegen diese Garantie der Privatwirtschaftlichkeit streitet im übrigen auch nicht die - häufig indessen von ihren Gegnern70 instrumentalisierte - "öffentliche Aufgabe" der Presse. 71 Zwar sollte man dem Begriff der "öffentlichen Aufgabe" zunächst nicht mehr als eine soziologische Beobachtung der tatsächlich wahrgenommenen Öffentlichkeitsfunktion der Presse entnehmen,72 doch wird man die Augen nicht davor verschließen können, daß der Begriff ungeachtet aller in ihm angelegten Möglichkeiten zu Mißverständnissen73 Eingang in die juristische Terminologie gefunden hat; ein "Rechtsbegriff' mit normativem Gehalt wird er dadurch noch nicht. 74 So wird die "öffentliche Aufgabe" der Presse beispielsweise in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 der Brandenburgischen Landesverfassung angedeutet und in § 4 Abs. I Satz 1 des Brandenburgischen Landespressegesetzes explizit genannt. 75 69 Manin Bullinger, in: Josef Isensee I Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. 6, § 142, Rdnr. 66. 70 Vgl. exemplarisch Dieter Stammler, Die Presse als soziale und verfassungsrechtliche Institution, S. 212 ff.; zurückhaltender ders., AfP 1987,659 (660). 71 Zur rechtshistorischen und verfassungstheoretischen Entwicklung des Gedankens der "öffentlichen Aufgabe" der Presse Dieter Czajka, Pressefreiheit und "öffentliche Aufgabe" der Presse; zum grundrechtsdogmatischen Kontext Eberhard Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, S. 223 f. 72 In diesem Sinne vor allem Ulrich Scheuner, VVDStRL 22 (1965), 1 (74-76); Rupen Schalz, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 49 f., 85 f.; ders., Pressefreiheit und presserechtliche Selbstkontrolle, in: FS Theodor Maunz, S. 337; Herben Bethge, Zur Problematik von Grundrechtskollisionen, S. 167; dezidiert anderer Ansicht Friedrich Kübler, Massenkommunikation und Medienverfassung, in: FS Peter Lerche, S. 661. Winand Gellner, Massenmedien, in: Oscar W. Gabrie1 (Hrsg.), Die EG-Staaten im Vergleich, S. 281, spricht aus politologischer Sicht (anstelle der mißlungenen Begriffsbildung der "öffentlichen Aufgabe") von der "Aufgabe der Herstellung von Öffentlichkeit". Dieser Begriff beschreibt die Funktion der Presse besser und beugt Mißverständnissen vor. Vgl. noch Karl Daehring, in: ders. I Kay Hailbronner I Georg Ress I Hartmut Schiederrnair I Helmut Steinberger, Pressefreiheit und innere Struktur von Presseuntemehmen in westlichen Demokratien, S. 14: Die "öffentliche Aufgabe" ist keine ,,Aufgabe der Öffentlichkeit". 73 So auch Mathias Schmid, Die Pressefreiheit nach dem GG und das Verhältnis der an der Herstellung eines Presseerzeugnisses Beteiligten, S. 29; Wemer Weber, Innere Pressefreiheit als Verfassungsproblem, S. 62; vgl. auch Edgar Kull, Zur "öffentlichen Aufgabe" grundrechtsgeschützter Presse, in: FS Martin Löffler, S. 189 f.; Ulrich Scheuner, VVDStRL 22 (1965), 1 (75). 74 Entgegen Manin Löffler / Reinhan Ricker, Handbuch des Presserechts, S. 12, Rdnr. 3 (unter fälschlicher Bezugnahme auf Ulrich Scheuner, VVDStRL 22 (1965), 1 (164). 75 Ebenso beispielsweise in § 3 Landespressegesetz Baden- Württemberg, § 3 Landespressegesetz Niedersachsen, § 3 Landespressegesetz Nordrhein-Westfalen, § 3 Landespresse-
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II. Deutsches Verfassungsrecht
Muß eine öffentlich-rechtliche Aufgabe der Presse als mit dem Verbot einer "verstaatlichten" Presse unvereinbar von vornherein ausgeschlossen werden,76 so ergibt eine genauere Betrachtung der einschlägigen Judikatur, daß der Begriff der "öffentlichen Aufgabe" vorrangig zur Verstärkung subjektiver Grundrechtspositionen herangezogen wird. 77 Weitestgehende Einigkeit besteht darüber hinaus in der Literatur, daß aus einer wie immer gearteten "öffentlichen Aufgabe" jedenfalls keine selbständig erzwingbaren Rechtspflichten der Presse folgen und daß aus der Annahme einer solchen "öffentlichen Aufgabe" kein selbständiger Kompetenztitel für eine etwaige Umgestaltung der grundgesetzlich verbürgten privatwirtschaftlichen Struktur der Presse folgt. 78 Mit den Worten Edgar Kulis hat die Presse keine (von wem auch immer gestellte) "öffentliche Aufgabe" "zu erfüllen", sondern sie stellt sich ihre Aufgabe selbst; allein dadurch nimmt sie eine Funktion für die Öffentlichkeit wahr und erfüllt - allenfalls in diesem Sinne - eine "öffentliche Aufgabe".79 Konsequent lehnt das Bundesverfassungsgericht daher auch die Relativierung der privatwirtschaftlichen Entscheidungsautonomie der Presse unter dem Gesichtspunkt der "öffentlichen Aufgabe" ab. 8o Man kann den Begriff der "öffentlichen Aufgabe" daher richtigerweise nur als Beschreibung einer (Teit-) Funktion der Presse begreifen, ein grundrechtlicher Aussagegehalt kommt ihm nicht ZU. 81 Hieran ändert auch die Erwähnung der "öffentlichen Aufgabe" in den Landespressegesetzen nichts. Sollen diese Normen nicht dem Verdikt der Verfassungswidrigkeit ausgesetzt sein, sind sie verfassungskonform so auszulegen, daß sie lediglich die besondere Stellung der Presse und ihre Funktion im oben beschriebenen Sinne hervorheben; damit kommt ihnen aber allein ein deklaratorischer Aussagegehalt ZU. 82
gesetz Rheinland-Pfalz; ausführlicher dazu Manin Löffler / Reinhart Ricker, Handbuch des Presserechts, S. 13 ff., Rdnm. 4 ff. 76 BVerfGE 20, 162 (175); vgl. auch Rupert Scho/z. Pressefreiheit und presserechtliehe Selbstkontrolle, in: FS Theodor Maunz, S. 338; ausführlich Dieter Czajka, Pressefreiheit und "öffentliche Aufgabe" der Presse, S. 84 ff., 142 ff. 77 Vgl. BVerfGE 24, 278 (282 f.); 42, 143 (149); 66, 116 (139 ff.). 78 Wemer Weber, Innere Pressefreiheit als Verfassungsproblem, S. 65; Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rdnr. 442 m.w.N.; in diesem Sinne auch Edgar Kuli, Zur "öffentlichen Aufgabe" grundrechtsgeschützter Presse, in: FS Martin Löffler, S. 192; Peter Lerche, Verfassungsrechtliche Aspekte der "inneren Pressefreiheit", S.86. 79 Edgar Kuli, Zur "öffentlichen Aufgabe" grundrechtsgeschützter Presse, in: FS Martin Löffler, S. 191; ders., AfP 1995,551 (557); anderer Ansicht Friedrich Kübler, Massenkommunikation und Medienverfassung, in: FS Peter Lerche, S. 660 (Die Presse ,,ist zur Wahrnehmung ihrer ,öffentlichen Aufgabe' verpflichtet".); unrichtig auch Friedrich Stüber, Innere Pressefreiheit und Grundrechtsinterpretation, S. 76-86. 80 BVerfGE 20,162 (175). 81 Vgl. statt vieler Roman Schnur, VVDStRL 22 (1965), 101 (113 ff.); Edgar Kuli, Zur "öffentlichen Aufgabe" grundrechtsgeschützter Presse, in: FS Martin Löffler, S. 193; Rolf Groß, Presserecht, S. 54; Manfred Rehbinder, NJW 1963, 1387 (1389 m.w.N.) (,,rechtlich irrelevanter Begriff").
4. ,,Innere Pressefreiheit" als Beschränkung der Pressefreiheit
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Nach alledem können aufgrund der "öffentlichen Aufgabe" die aus der privatwirtschaftlichen Struktur resultierenden und damit gleichermaßen verfassungskräftig verbürgten Direktionsbefugnisse des Presseunternehmers, die das notwendige Korrelat seines wirtschaftlichen Risikos sind,83 nicht substantiell beschränkt werden. Aus der Gewährleistung der privatwirtschaftlichen Ordnung der Presse folgt somit auch die Garantie der materiellen Privatautonomie in dem Sinne, daß die Inpflichtnahme der Presse unter dem Gesichtspunkt ihrer "öffentlichen Aufgabe" ausgeschlossen und daß sie statt dessen gegenüber jeder Fremdbestimmung zu schützen ist. 84 b) "Innere Pressefreiheit" und Mitbestimmung als Beschränkung der Pressefreiheit
aa) Einleitung Mit der - von der Verfassung grundsätzlich geforderten - privatwirtschaftlichen Struktur der Presse geht die Wahrung der materiellen Privatautonomie, der wirtschaftlichen und publizistischen Entscheidungsautonomie auch im Binnenbereich eines Presseunternehmens einher. 85 Diese verfassungsrechtlich garantierten Direktionsrechte des Presseunternehmers würden durch Ordnungsmodelle "Innerer Pressefreiheit" sowohl mehr individueller Nuancierung (durch die erwähnte "Abschirmung" des Redakteurs gegenüber Leitungsentscheidungen) als auch und vor allem kollektiver Natur (in Form einer Sonderrnitbestimmung für publizistische Arbeitnehmer) eingeschränkt. Die legislatorische Eimäumung autonomer Positionen im publizistischen Binnenbereich an (im Sinne der privatwirtschaftlichen Struktur der Presseunternehmen) "außenstehende" Arbeitnehmer durch eine solche qualifizierte Mitbestimmung schränkt als Öffnung für fremde Einflüsse86 stets die publizistischen und wirtschaftlichen Entscheidungsbefugnisse des Presseunternehmers und damit auch seine Pressefreiheit ein. 87 82 Andreas Pauli, Der Schutz von Presse und Rundfunk vor dem Zugriff staatlicher Verfolgungsorgane, S. 21. 83 Hermann von Mangoldt / Friedrich Klein / Christian Starck, GG- Kommentar, Bd. I, Art. 5 Abs. 1, 2, Rdnr. 59; Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. I und 2 GG, Rdnr. 387. 84 Rupert Scholz, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 91; Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. I und 2 GG, Rdnr. 364. 85 Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. I und 2 GG, Rdnr. 387. 86 BVerfGE 52, 283 (296), dazu noch unten sub n.5, S. 42 ff.. 8? Vgl. nur Peter Schwerdtner, JR 1972, 357 (358f.); Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rdnrn. 388 f. Die Bewertung der "inneren Pressefreiheit" als Grundrechtseingriff ist nicht - wie Kull, AfP 1970, S. 906 (913f.) dargelegt hatder "Herr-im-Haus-Standpunkt". Kuli weist zutreffend darauf hin, daß ein Verleger regelmäßig an einer freien Diskussion in einer Zeitung interessiert sei. Sein Vorschlag, ,,Fairness nicht kraft Statut" zu gewährleisten, führt freilich in Konflikten kaum weiter.
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11. Deutsches Verfassungsrecht
Ein solcher staatlicher Eingriff in die verlegerische Pressefreiheit bedürfte nur dann nicht einer verfassungsrechtlichen Legitimation, wenn die privatwirtschaftliche Struktur der Presse im Sinne einer einseitig institutionellen Deutung des Grundrechts zur freien gesetzgeberischen Disposition stünde. Eine solche freie "Ausgestaltungskompetenz" des Gesetzgebers wurde indes schon abgelehnt. Die grundrechts beschränkende Wirkung "Innerer Pressefreiheit" macht also die Suche nach verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsmöglichkeiten erforderlich. Als Legitimationsgründe kommen prima facie neben den Grundrechten der Redakteure und Journalisten das Demokratie- und das Sozialstaatsprinzip in Betracht. Ob Grundrechte anderer überhaupt zur Rechtfertigung von Eingriffen in die verlegerische Pressefreiheit geeignet sind, kann nur nach einem (notwendigerweise kurzen) Blick auf den persönlichen Schutzbereich beurteilt werden. Der zugleich aufgeworfenen Frage nach der (un- )mittelbaren Drittwirkung der Pressefreiheit kann im Rahmen dieser Untersuchung naturgemäß nicht vertiefend nachgegangen werden; es muß daher bei einigen Hinweisen bleiben. bb) Zum persönlichen Schutzbereich der Pressefreiheit Nicht anders als die allgemeine Freiheit der Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. I Satz 1 GG ist die Pressefreiheit ,jedermann" gewährleistet. 88 Grundrechtsausübende der Pressefreiheit sind insbesondere Verleger und Redakteure, die beide an der Pressefreiheit teilhaben, freilich z.T. typischerweise unterschiedliche Schutzgehalte "abrufen". Die Grundrechtsträgerschaft des Verlegers (und des Herausgebers) ist ganz unbestritten,89 Pressefreiheit ist auch und gerade Verlegerfreiheit. 90 Verleger ist nach herkömmlichem Verständnis diejenige Person, die die Vermittlung des Inhaltes eines Presseerzeugnisses an ein Publikum durch Planung, Organisation und Leitung des Pressebetriebes als wirtschaftlichen Unternehmens vorbereitet, sichert und durchführt;91 Herausgeber ist, wer die geistige Grundrichtung eines Presseerzeugnisses bestimmt. 92 88 Vgl. ausführlicher Martin Bullinger, in: Josef Isensee I Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. 6, § 142, Rdnr. 18. 89 Wenn man von solchen Stimmen absieht, die in wissenschaftlich fragwürdiger und verfassungsrechtlich jedenfalls unhaltbarer Weise versuchen, das Problem presseinterner Interessenkonflikte auf der Ebene der Grundrechtsträgerschaft durch die schlichte Negierung der Pressefreiheitsgarantie für Verleger zu lösen (vgl. insoweit nur Erich Küchenhoff, ZRP 1970, 49 (50); dagegen mit Recht Rupert Schoh, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 94); vgl. noch Ernst Forsthoff, Der Verfassungsschutz der Zeitungspresse, S. 33 f. 90 Vgl. BVerfGE 20, 162 (171); 21, 271 (277); 50, 234 (239); 52, 283 (296); Bernd Rüthers, AfP 1980, 2. 91 Vgl. Bernd Rebe, Die Träger der Pressefreiheit nach dem Grundgesetz, S. 68 m.w.N.; zum Begriff des Verlegers im Rahmen des § 118 I BetrVG Rolf Birk, JZ 1973, 753 (754 f.). 92 Bernd Rebe, Die Träger der Pressefreiheit nach dem Grundgesetz, S. 67.
4. "Innere Pressefreiheit" als Beschränkung der Pressefreiheit
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Da die Freiheit der Presse in allen Stadien der Produktion eines Presseerzeugnisses grundrechtlich geschützt ist, können überdies alle, die in diesen Prozeß einbezogen sind, sich gegenüber staatlichen Eingriffen hierauf berufen.93 Mit anderen Worten: Jeder im Pressewesen produktiv Tätige kann das Grundrecht der Pressefreiheit gegen staatliche Eingriffe geltend machen. 94 Unbestritten ist daher, daß die Garantie der Pressefreiheit, soweit ihre Funktion als Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe herangezogen wird, gleichermaßen für Verleger und Herausgeber einer Zeitung wie für deren Redakteure und sonstige Journalisten gilt; insoweit läßt sich von einer grundrechtlichen Parallelität sprechen. 95 Damit ist jedoch noch keine Aussage darüber getroffen, ob die Pressefreiheit auch unternehmensinterne Wirkung entfaltet. 96
cc) Unmittelbare Drittwirkung des Grundrechts: Pressefreiheit des Redakteurs gegen den Verleger? Ob die Pressefreiheit ungeachtet der Tatsache, daß sie grundsätzlich ein staatsgerichtetes Abwehr-Grundrecht ist, Drittwirkung in dem Sinne entfaltet, daß sie im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Pressewesen wirkt oder zwischen leitenden und untergebenen Angestellten eines Presseunternehmens, ist zwar seit langem umstritten und wurde häufig genug in der ,.heißen Phase" der Diskussion um die "Innere Pressefreiheit" ausgangs der sechziger und in den siebziger Jahren postuliert. Ohne daß hier die allgemeine Problematik der Drittwirkung der Grundrechte aufgerollt werden könnte, ist hier festzuhalten, daß eine unmittelbare Drittwirkung der grundgesetzlich verbürgten Pressefreiheit nicht in Betracht kommt. 97 Wollte man tatsächlich die zuvörderst arbeitsrechtliche Relation Verleger-Redakteur maßgeblich verfassungsrechtlich verorten und die Pressefreiheit des Redakteurs als gleichermaßen "verlegergerichtet" begreifen, implizierte dies, "den Verleger als staatsgleiche, grundrechtsgefährdende Sozialmacht zu denunzieren.,,98 93 Rolf Groß, Presserecht, S. 49; Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rdnr. 454. 94 Roman Herzog, in: Maunz / Dürig, Kommentar zum GG, Art. 5 Abs. I, 11, Rdnr. 161. 95 Herbert Bethge, Zur Problematik von Grundrechtskollisionen, S. 141 ff.; ders., AfP 1980, 13 (15). 96 Vgl. statt vieler Norbert Dittrich, Pressekonzentration und Grundgesetz, S. 133 m.w.N.; Hans-Jürgen Papier; Der Staat 13 (1974), 399 (408). 97 Treffend Hennann von Mangoldt I Friedrich Klein / Christian Starck, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 5 Abs. 1,2, Rdnr. 59: "ein verfassungsrechtliches Unding"; vgl. auch Roman Herzog, in: Maunz I Dürig, Kommentar zum GG, Art. 5 Abs. I, 11, Rdnr. 168; Ulrich Scheuner; VVDStRL 22 (1965), I (58 f., 73 f.); Gerhard Leibholz / Hans-Justus Rinck / Dieter Hesselberger; GG- Rechtsprechungskommentar, Art. 5 Rdnr. 187; Rupert Scholz, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 123, passim; anderer Ansicht Martin Löffler / Reinhart Ricker; Handbuch des Presserechts, S. 55, Rdnr. 29. (Die Verweisung auf die "von der geschichtlich überholten Frontstellung Staat I Presse beeinflußte herrschende Lehre" ersetzt allerdings die fehlende Begründung für diese gegenteilige Auffassung nicht.)
3 Kloepfer
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11. Deutsches Verfassungsrecht
Die Ablehnung einer unmittelbaren Drittwirkung in Arbeitsverhältnissen in Presseunternehmen hat nichts mit sozialem Ungleichgewicht zu tun. So zweifelhaft es ist, daß der Journalist sich gegenüber dem Verleger auf die Pressefreiheit berufen kann, so problematisch wäre es, wenn der Verleger sich gegenüber dem Journalisten auf die Pressefreiheit berufen könnte. Insoweit zeigt sich, daß die Drittwirkung der Pressefreiheit keineswegs einseitig den Journalisten zugute kommen müßte. Aus dem Verleger und dem Journalisten als Grundrechtsberechtigte würden jedenfalls beidseitig Grundrechtsverpflichtete. Ein ,,Mehr" an Freiheit folgt hieraus nicht. Ob man, was oben nur angedeutet werden konnte, die Pressefreiheit ausschließlich in klassischer Weise als abwehrgerichtet versteht99 oder eine gemäßigt institutionelle Grundrechtssicht befürwortet, wie sie Peter Lerche 100 in dogmatisch fundierter Weise begründet hat, kann dann letztlich offenbleiben, wenn man sich auf Lerches Warnung besinnt, der gegenüber der Behauptung, die Pressefreiheit des Redakteurs kollidiere mit der des Verlegers und beide Positionen drängten .zum partizipatorischen Ausgleich, ausgeführt hat: 101 "Daher ist es erst recht unzulässig, Rechte, die zunächst überhaupt nicht vorhanden waren und die auch nicht durch ein Verfassungsgebot erzwungen werden, durch den einfachen Gesetzgeber erst zu schaffen, hernach die so hausgemachten Rechtspositionen mit der Pressefreiheit kollidieren zu lassen, um endlich die angebliche Konsequenz einer entsprechenden ,Kompromißlösung' als notwendigen Ausgleich zu ziehen. Mit Hilfe eines derartigen Kunstgriffs könnte man beliebig das gesamte, wohlabgestufte und sinnvoller Interpretation durchaus zugängliche Gebäude grundrechtlicher Schranken unterlaufen". Eine unmittelbare Wirkung der Pressefreiheit des Redakteurs gegenüber seinem Verleger (oder seinen Vorgesetzten) läßt sich im übrigen auch nicht unter Hinweis auf die ,,Funktionen- und Arbeitsteilung" von Verleger und Redaktion und mit der Behauptung begründen, "daß die Grundrechtsnormen prinzipiell einen weiten Gestaltungsrahmen bilden", innerhalb dessen das "Konfliktpotential im Verhältnis der funktionen- und arbeitsteilig zusammenwirkenden Grundrechtsträger" geregelt werden könne. 102 Ist schon der Ansatzpunkt dieser These Wolfgang Hoffmann-Riems - eine überaus weite Ausgestaltungskompetenz des Gesetzgebers im Pressebereich - problematisch, so verdunkelt die Konzeption der "arbeitsteiligen" Grundrechtsausübung im Endeffekt mehr als sie zu klären vermag. 103 Warum 98 Treffend Herbert Bethge, AfP 1980, l3 (15); ähnlich bereits ders., Zur Problematik von Grundrechtskollisionen, S. 142. 99 So Werner Weber, Innere Pressefreiheit als Verfassungsproblem, S. 62, passim. 100 Verfassungsrechtliche Aspekte der ,,inneren Pressefreiheit", S. 31 ff., 35 ff. 101 Verfassungsrechtliche Aspekte der ,,inneren Pressefreiheit", S. 104; zustimmend Herbert Bethge, AfP 1980, l3 (15); vgl. ferner Peter Lerche, Verfassungsrechtliche Fragen zur Pressekonzentration, S. 24 f., 27 f., 30 ff., 114 sowie Ernst Forsthoff, Der Verfassungsschutz der Zeitungspresse, S. 27 ff. 102 So aber Wolfgang Hoffmann-Riem, Innere Pressefreiheit als politische Aufgabe, S. 71 f. 103 Näher dazu Rupert Schatz, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 103.
4. "Innere Pressefreiheit" als Beschränkung der Pressefreiheit
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das zunächst rein arbeitsrechtliche Dienstvertragsverhältnis eines Redakteurs zu seinem Verleger irgendeine über die Staatsgerichtetheit des Abwehrrechts hinausgehende grundrechtliche (Binnen-) Relevanz haben und insbesondere eine grundrechtliche Gegenposition des Redakteurs zum Verleger begründen soll, entzieht sich einer tragfähigen Begründung. l04 Ein quasiparitätisches Grundrecht der Pressefreiheit qua "arbeitsteiliger Grundrechtsausübung" zu behaupten, genügt keinesfalls,I05 denn aus der - aus soziologischer Sicht zutreffenden - pressefreiheitlichen Ausübungsgemeinschaft von Verleger und Redakteur lO6 kann eben nicht auf die auch normative Drittwirkung der Pressefreiheit geschlossen werden (ohne dem ,,klassischen Fehlschluß im ,Umschlagen' von Faktizität in Normativität,,107 zu erliegen). Auf die untragbaren Konsequenzen der Behauptung unmittelbarer Drittwirkung der Pressefreiheit hat schließlich etwa Roman Herzog l08 hingewiesen. Sein Einwand, die Anerkennung der unmittelbaren Drittwirkung der Pressefreiheit, die zwangsläufig die uneingeschränkte Weisungsfreiheit des einzelnen Journalisten zur Folge habe, führe zur vollständigen Depossedierung des Verlegers und seiner leitenden Angestellten, verdient Zustimmung. Das Grundrecht der Pressefreiheit des Verlegers und der leitenden Angestellten liefe aufgrund der Kräfteverschiebung im Innenbereich des Presseunternehmens leer. 109 dd) Schutz interpersonaler Beziehungen durch die Pressefreiheit Wird die ,,innere Pressefreiheit" als verfassungsrechtlich verbürgte Freiheit des Redakteurs gegenüber Weisungen des Verlegers verstanden, dann wird die Pressefreiheit als Abwehrrecht gegen einen Privaten genutzt, d. h. es wird ihr eine unmittelbare Drittwirkung zugestanden. Dadurch werden im Ergebnis die Verlegerbefugnisse eingeschränkt, vorausgesetzt freilich, man billigte der Pressefreiheit des Verlegers seinerseits Drittwirkung gegenüber den Journalisten zu. Es käme letztlich also - wie erwähnt - bei wechselseitiger Drittwirkung zu einer Kollision (angeblich) verfassungsabgeleiteter Ansprüche, die nach staatlicher, vor allem gesetzlicher Kollisionslösung rufen würde. Pressefreiheit kontra Pressefreiheit schwächt diese und stärkt den Staat. Die vordergründige, scheinbare Freiheitsausweitung durch die Zuerkennung von grundrechtlicher Drittwirkung gegenüber Privaten Ausführlicher Rupert Schalz. Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 99 ff., passim. Dagegen mit Recht Herberl Bethge. AfP 1980, 13 (15). 106 Instruktiv zur Unterscheidung von "tatsächlicher Drittrichtung" und "normativer Drittwirkung" Ruperl Schalz. Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 103. 107 Rupert Schalz. Pressefreiheit und Arbeitsverfassung. S. 104. 108 In: Maunz I Dürig, Kommentar zum GG, Art. 5 Abs. I, 11, Rdnr. 171. 109 Zu den praktischen Problemen einer verlegergerichteten Pressefreiheit des Redakteurs überzeugend Peter Lerche. Verfassungsrechtliche Aspekte der "inneren Pressefreiheit", S. 23 ff. 104 105
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führt im Ergebnis zu Freiheitseinschränkungen - zunächst bei den entsprechenden privaten Grundrechtsverpflichteten und sodann und vor allem durch den kollisionsstörenden Staat, dem eine große Dispositionsbefugnis über Grundrechte durch abwägende Grundrechtszuteilung zuwächst. Damit werden wesentliche Gründe für die Ablehnung einer grundrechtlichen Drittwirkung erkennbar. Freilich wäre es nun ein fundamentaler Irrtum, wollte man das Verhältnis von Privaten untereinander (hier z. B. Verleger - Redakteure) von vornherein für grundrechtsirrelevant halten. Viele Grundrechte, insbesondere die Assoziationsund Kommunikationsgrundrechte, schützen interpersonale Beziehungen (z. B. Vereinigungsfreiheit, Koalitionsfreiheit, aber auch etwa die Meinungsäußerungsfreiheit bezüglich der Kommunikationsbeziehungen zwischen Informierern und Informierten). Zwar werden diese interpersonalen Beziehungen nur gegenüber dem Staat geschützt, aber dies bedeutet gerade nicht, daß der Staat sich aller Einwirkungen auf diese Beziehungen enthalten müßte. Insbesondere bei Gestaltung privatrechtlicher Ordnungsrahmen trifft den Staat eine Pflicht zum grundrechtsgerechten privatrechtlichen Organisieren. Er darf insbesondere keine solchen Regelungen erlassen, welche den Grundrechtsgebrauch unzumutbar erschweren oder gar verhindern würden. Dabei ist weniger an staatliche Zulassungs- und Genehmigungsregelungen für Privatrechtsgeschäfte gedacht (die in der traditionell vertikalen grundrechtlichen Konstruktion - StaatlBürger - verbleiben), sondern an solche Regelungen zwischen Privaten, die effektive Grundrechtswahrnehmungen verhindern würden. Auf den Pressebereich verlagert, bedeutet dies: Die Pressefreiheit schützt gerade auch die interpersonalen Beziehungen zwischen Verlegern und Redakteuren grundsätzlich vor staatlichem Eingriff. Die näheren Rechtsbeziehungen können dabei in der Regel dem Arbeitsrecht überlassen bleiben, wenn dort durch gerechte und insbesondere waffengleiche Verfahren ein angemessener Interessenausgleich gewährleistet ist. Der Arbeitgeber hat aus prinzipieller Grundrechtsverantwortung die Möglichkeit zu effektiver Grundrechtswahrnehmung zu sichern, jedenfalls aber zu achten. Dazu gehören auch die mitbestimmungseinschränkenden Regelungen des sogenannten Tendenzschutzes. Vor allem hat dies Folgen für die sogenannte "Innere Pressefreiheit". Eine effektive Wahrnehmung der Pressefreiheit durch den Verleger ist bei einer gesetzlich vorgegebenen "Inneren Pressefreiheit" nicht mehr möglich, vor allem weil der Verleger praktisch nicht mehr (oder nur noch in sehr behinderter Form) auf etwaige Konsumentenwünsche hinsichtlich der Produktgestaltung reagieren könnte und so etwa einem wirtschaftlichen Niedergang seiner Produkte nicht gegenzusteuern in der Lage wäre. Hingegen hindert der - noch zu erörternde - Schutz der journalistischen Gewissensfreiheit (Verbot der verlegerischen Anweisung an Journalisten, gegen die eigene Überzeugung zu schreiben) diese verlegerische Einwirkungsmöglichkeit nicht prinzipiell.
4. ,Jnnere Pressefreiheit" als Beschränkung der Pressefreiheit
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ee) Mittelbare Grundrechtsgeltung als Legitimation "Innerer Pressefreiheit"? Ist eine unmittelbare Drittwirkung demnach von vornherein abzulehnen und scheidet damit eine Rechtfertigung des durch die Statuierung "Innere Pressefreiheit" verursachten Grundrechtseingriffs aus, so bleibt zu prüfen, ob sich etwas anderes unter dem Gesichtspunkt (nur) mittelbarer Drittwirkung ergibt. Die (herrschende) Lehre von der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte stützt sich auf die Erkenntnis, daß die Grundrechte eine Wertordnung von allgemeinem Rang konstituieren und ihnen deshalb bei der Auslegung und Anwendung von unterverfassungsrechtlichen Normen Bedeutung zukommt. lID Sie verdient im Grundsatz Zustimmung, für die Frage "Innerer Pressefreiheit" kann sie jedoch kaum fruchtbar gemacht werden. Die mittelbare Drittwirkung beabsichtigt gerade keine schematische Übertragung der staatsgerichteten grundrechtlichen Abwehransprüche auf das Verhältnis zwischen Privaten. Die Einführung redaktioneller Mitbestimmung läßt sich aber nichflfu Wege der Auslegung begründen. Es bedürfte jedenfalls eines normativen Anknüpfungspunktes (in Form eines Gesetzgebungsaktes oder aber eines - für allgemeinverbindlich erklärten - Tarifvertrages lll) für eine solche Auslegung, der aber nirgends ersichtlich ist. 1!2 Die praktisch erforderliche unternehmensinterne Abstimmung in publizistischen Fragen (sowohl im Verhältnis des Verlegers zu den Redakteuren als auch im Verhältnis der Redakteure untereinander) darf jedoch nicht mit dem Ausgleich kollidierender Grundrechtspositionen verwechselt werden, sondern ist auf einer Unterverfassungsebene zu leisten.
Grundlegend BVerfGE 7, 198 (204 ff.); st. Rspr. Anzumerken ist, daß nach richtiger Ansicht die publizistische Unabhängigkeit des Redakteurs dem Verleger nicht durch Verbandstarifvertrag, sondern überhaupt nur durch Firmentarifvertrag abverlangt werden kann. Der normative, das heißt für die beteiligten Organisationen verbindliche, Verbandstarifvertrag als kollektives Ordnungsmittel nimmt nicht notwendigerweise auf die materielle Privatautonomie des (einzelnen) Verlegers Rücksicht und ist daher geeignet, die individualgrundrechtliehe Position des Verlegers unzulässigerweise zu begrenzen. Der Verleger selbst ist jedoch nicht gehindert, autonom über seine Tendenzbestimmungs- und Direktionsrechte zu disponieren, denn er kann sich selbst verpflichten, "von seiner Freiheit keinen Gebrauch zu machen, ohne sich des Schutzbereichs insgesamt zu entäußern" (Peter Schwerdtner, JR 1972, 357 (360». Die Möglichkeit des Verlegers, durch einzelvertragliche Abrede (auch über Redaktionsstatute) den Redakteuren weitreichende publizistische Mitbestimmungsrechte einzuräumen, bleibt von alledem selbstverständlich unbeeinflußt. Zum Ganzen Peter Schwerdtner, a.a.O., 360 f.; Martin Löffler / Reinhart Ricker, Handbuch des Presserechts, S. 252-255, Rdnrn. 3-10 (gegen jede tarifvertragliehe Regelung publizistischer Kompetenzen); ähnlich Rüdiger Niemann, in: Peter Schiwy I Walter J. Schütz (Hrsg.), Medienrecht, S. 272 f.; wie hier Rupert Scholz. Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 191 f.; Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rdnrn. 395 f.; Hermann von Mangoldt I Friedrich Klein / Christian Starck, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 5 Abs. 1, 2, Rdnr. 60 a.E. 112 Rupert Scholz, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 104. 110
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II. Deutsches Verfassungsrecht
ff) Demokratieprinzip als Legitimation "Innerer Pressefreiheit"?
Jeder Versuch, aus dem Demokratieprinzip ein Rechtfertigungselement für einen Grundrechtseingriff zu extrahieren, sieht sich schon auf den ersten Blick einem prinzipiellen Einwand ausgesetzt. Speziell garantierte Grundrechtsgehalte (wie die materielle Privatautonomie des Presseverlegers) durch die Berufung auf das durch seine "schillernde Gestalt und Vagheit,,1l3 charakterisierte Demokratieprinzip gleichsam zu unterlaufen, verbietet die juristische Hermeneutik. 114 Die Durchsetzung bestimmter Strukturvorgaben für das Pressewesen schlicht als Postulate der Demokratie auszugeben, ist daher ebenso ausgeschlossen, wie das unbelegbare Argument zurückzuweisen ist, Demokratie verlange die Förderung der Mitbestimmung auch außerhalb des politischen Bereichs (und sei es auf Kosten eines Freiheitsrechts). Peter Lerche hat mit überzeugender Argumentation nachgewiesen, daß auf diesem Wege das grundsätzliche Bild der Verfassung völlig verformt werden könnte. 115 Das richtige Verständnis des Verhältnisses von Pressefreiheit und Demokratieprinzip liegt einem zu den genannten Versuchen diametralen Ansatz zugrunde: Das demokratische Prinzip des Grundgesetzes verlangt eine freie und funktionsfahige, grundrechtlich abgesicherte Presse, deren rechtliche Ordnung aus der spezielleren Gewährleistung des Art. 5 GG folgt. Wenn also, wie dargelegt, Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG die privatwirtschaftliche Struktur der Presse (speziell) verbürgt, so ist damit auch (allgemein) dem Demokratiegebot Genüge getan. Die speziellere Gewährleistung aus Art. 5 GG kann danach nicht ohne logische Friktionen durch die Berufung auf das demokratische Prinzip aufgeweicht werden. Darüber hinaus sähe sich jeder gegenteilige Versuch auch der Pflicht ausgesetzt, zu erklären, mit welcher verfassungsrechtlichen Berechtigung das Demokratiegebot als Ordnungsprinzip für den staatlichen Bereich auf das (nicht nur aufgrund verfassungsrechtlichen Gebotes, sondern auch nach dem vorgefundenen empirischen Befund) staatsfreie Pressewesen übertragen werden kann. 116 Im Ergebnis vermag auch das Demokratieprinzip die "Innere Pressefreiheit" verfassungsrechtlich nicht zu legitimieren. Peter Lerche, Verfassungsrechtliche Aspekte der "inneren Pressefreiheit", S. 86. Gegen deren Gebote vor allem verstoßen wird, wenn man das Demokratieprinzip mit beliebigen, sachfremden Inhalten anreichert und sodann als Legitimationsgrundlage für einen Grundrechtseingriff einsetzt. Solche Ansätze prägten die Diskussion um die ,Jnnere Pressefreiheit" in den sechziger und siebziger Jahren in bisweilen bedauerlichem Umfang, vgl. exemplarisch Hansvolker Ziegler, DÖV 1971,654 (659): ,,Die elitäre Auffassung der Demokratie, deren wesentliches Merkmal darin besteht, daß eine selbsternannte Elite die politische Apathie der Massen zur Bedingung der Demokratie stilisiert, bietet keine Chance zu innerer Pressefreiheit. " 115 Verfassungsrechtliche Aspekte der "inneren Pressefreiheit", S. 87 ff.; zum gleichen Ergebnis kommt - mit gleichfalls luzider Begründung - Herbert Bethge, Zur Problematik von Grundrechtskollisionen, S. 168 ff. 116 Ablehnend insoweit auch Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rdnr. 390; tendenziell anders Roman Herzog, in: Maunz I Dürig, Kommentar zum 113
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4. ,Jnnere Pressefreiheit" als Beschränkung der Pressefreiheit
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gg) Sozialstaatsprinzip als Legitimation "Innerer Pressefreiheit"? Schließlich bleibt noch zu erwägen, ob sich die freiheitsbeschränkenden Wirkungen "Innerer Pressefreiheit" aus dem Sozialstaatsprinzip rechtfertigen ließen, wobei die vorgeschlagenen Ableitungen häufig Argumentationen erkennen lassen, bei denen demokratische und sozialstaatliche Argumente unmerklich miteinander verfließen. Grundsätzlich ist auch gegen eine sozialstaatliche Ableitung der "Inneren Pressefreiheit" der zur oberflächlichen Instrumentalisierung des Demokratieprinzips soeben erhobene Einwand angebracht. Auch hier ist deshalb äußerste interpretatorische Vorsicht angezeigt. Man kann, wie Roman Herzog,1I7 mit durchaus guten Gründen schon grundsätzlich bezweifeln, ob das Sozialstaatsprinzip über den Bereich des Wirtschaftslebens hinaus auch auf den Bereich der Bildung der öffentlichen Meinung erstreckt werden kann. Keinesfalls jedoch folgt aus dem seinerseits konkretisierungsbedürftigen Verfassungsauftrag des Sozialstaatsprinzips unmittelbar ein gesetzgeberischer Gestaltungsauftrag zur Etablierung der "Inneren Pressefreiheit". 118 Letztlich entscheidend ist aber, daß die grundgesetzliche Pressefreiheitsverbürgung einen Freiheits- und Autonomievorbehalt enthält, der dem Gesetzgeber keinen Raum für einen sozialstaatlich motivierten grundsätzlichen Grundrechtsumbau beläßt. Anders als im Bereich der Wirtschaftsverfassung ist die umfassende verlegerische Direktionsbefugnis damit gegenüber "demokratisierenden" sozialstaatlichen Bestrebungen zugriffsfest. Erst auf einer letzten Stufe, im Falle aktueller existentiell gefährdeter Freiheitsentfaltung (des einzelnen Journalisten), der wirklichen Existenzbedrohung freiheitlicher Meinungsbildung, könnte das Sozialstaatsprinzip zur Sicherung der Freiheit existenzsichernde Maßnahmen fordernY9 Nur dies hat auch das Bundesverfassungsgericht gemeint, als es im Spiegel-Urteil eine staatliche Pflicht erwog, Gefahren abzuwehren, die einem freien Pressewesen aus der Bildung von Meinungsmonopolen erwachsen könnten. 120
hh) Zwischenergebnis Im Ergebnis läßt sich also das Modell der "Inneren Pressefreiheit" als Grundrechtskonstruktion vor dem Grundgesetz nicht rechtfertigen, es greift ohne hinreichende verfassungsrechtliche Rechtfertigung in die verlegerische Pressefreiheit ein. Damit wird freilich die Pressefreiheit nicht als exklusive Verlegerfreiheit interGG, Art. 5 Abs. I, II, Rdnr. 185; Jürgen Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, S. 256 f.; vgl. noch Hans-Jürgen Papier; Der Staat 13 (1974), 399 (405). 117 In: Maunz / Dürig, Kommentar zum GG, Art. 5 Abs. I, II, Rdnr. 184. 118 Rupert Scholz, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 105. 119 Rupert Scholz, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 105, 146 ff.; Peter Lerche, Verfassungsrechtliche Aspekte der "inneren Pressefreiheit", S. 33, 84 ff. 120 BVerfGE 20,162 (176).
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11. Deutsches Verfassungsrecht
pretiert und der Redakteur auch nicht von Verfassungs wegen im Verhältnis zum Verleger ,,rechtlos" gestellt, wie im folgenden darzustellen sein wird.
c) Garantie eines Mindestmaßes an Unabhängigkeit
im Binnenbereich von Presseunternehmen als Folge der institutionellen Gewährleistung der Pressefreiheit aa) Mindestanforderung: Gewissensschutz des Redakteurs Die verfassungsverbürgten Direktionsbefugnisse des Verlegers können im Einzelfall Einschränkungen erfahren. Wenn oben die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte als Legitimationsbasis für Modelle "Innerer Pressefreiheit" abgelehnt wurde, so bedeutet dies nicht, daß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG überhaupt nicht als binnenstrukturelle Direktive in Betracht käme. Nur so weitreichende Beschränkungen der verlegerischen Pressefreiheit wie sie dem Konzept der "Inneren Pressefreiheit" zugrundeliegen, können aus den genannten Gründen unter dem Aspekt der institutionellen Grundrechtsgewährleistung nicht gerechtfertigt werden. Erforderlich ist hier eine differenzierte Sicht: In beschränktem Umfang ist eine binnenrechtliche Wirkung der Freiheitsgarantien nicht ausgeschlossen. 121 Das Grundrecht der Pressefreiheit prägt die arbeitsrechtliche Stellung des Redakteurs und stattet diesen mit dem notwendigen Minimum an kommunikativer Freiheit auch im Binnenbereich aus. Der publizistische Mitarbeiter verfügt deshalb (von Verfassung wegen) über ein Mindestmaß an publizistischer Freiheit und über einen höchstpersönlichen Gewissensschutz (kein Zwang des Journalisten, seinem Gewissen oder auch nur seiner Überzeugung Widersprechendes zu schreiben und zu veröffentlichen I22 ).123 Darüber hinaus ist es auch denkbar, daß die Gewissensfreiheit in Einzelfällen auch bei vorbereitenden Hilfstätigkeiten im Redaktionsbetrieb gewisse Abwehrfunktionen erfüllen kann (z. B. beim Recherchieren für Beiträge oder bei deren Schlußredaktion), wenn der Beitrag (voraussichtlich) mit der Gewissensentscheidung des in Anspruch genommenen Redakteurs schlechterdings unvereinbar wäre. Ohne ein Mindestmaß an Unabhängigkeit und individueller Entfaltung auch im Binnenbereich wäre jedenfalls die freie geistige Auseinandersetzung als objektivrechtliches Postulat der Pressefreiheit nicht zu verwirklichen; beide Aspekte sind daher wegen der institutionellen Gewährleistung der Funktionsbedingungen für Ebenso Hans-Jürgen Papier, Der Staat 18 (1979), 422 (436). Dieses Erfordernis ist in § 4 Abs. 2 Satz 1 des Brandenburgischen Landespressegesetzes (unten sub 1I.6.b), S. 46) einfachgesetzlich normiert worden. 123 Allgemeine Ansicht, vgl. nur Hermann von Mangoldt / Friedrich Klein / Christian Starck, GG-Kommentar, Bd. I, Art. 5 Abs. 1,2, Rdnr. 60; Hans D. Jarass / Bodo Pieroth, GG- Kommentar, Art. 5, Rdnr. 59; Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rdnr. 393; Rupert Scholz, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, S. 193, passim; Peter Lerche, Verfassungsrechtliche Aspekte der ,,inneren Pressefreiheit", S. 105 f. m.w.N.; Friedrich Kühler, Gutachten D für den 49. Deutschen Juristentag, D 98 f. 121
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4. "Innere Pressefreiheit" als Beschränkung der Pressefreiheit
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eine freie Presse geboten. Es bedarf indes besonderer Betonung, daß der Gewissensschutzvorbehalt und das darüber hinausgehende Mindestmaß an freier publizistischer Entfaltung als individuelle Rechte innerhalb der privatrechtlichen arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen Verleger und Redakteur Geltung erlangen. 124 Damit werden die Individualgrundrechte nicht überspielt, insbesondere das verlegerische Tendenzbestimmungsrecht bleibt davon unberührt. Überzeugungsschutz und Mindestmaß publizistischer Individualentfaltung als Ausflüsse der institutionellen Komponente der Pressefreiheitsgewährleistung können so nicht zu Kollisionen mit den verfassungsgeschützten Verlegerrechten führen, weil sie den verfassungsverbürgten Typ der Pressestruktur (mit)charakterisieren. 125 bb) Richtlinienkompetenz und Detailkompetenz: Keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit zur Differenzierung Ob dem Redakteur unterhalb der Ebene der Tendenzbestimmungsfreiheit des Verlegers über die soeben geschilderten Mindestanforderungen hinausgehende verfassungs verbürgte Rechte zustehen, ist umstritten. Dabei wird häufig zwischen Richtlinienkompetenz und Detailkompetenz unterschieden. Hiernach soll die Richtlinienkompetenz die Entscheidung neu auftretender Fragen mit Bedeutung über die Tagesaktualität hinaus betreffen, die Detailkompetenz dagegen die Entscheidung tagesaktueller publizistischer Fragen l26 ; dabei sei die Richtlinienkompetenz Sache des Verlegers, die Detailkompetenz Sache des zuständigen Redaktionsmitglieds. Fraglich ist freilich, ob diese Aufteilung die Wirklichkeit der Pressearbeit trifft. Auch die Verlegerintervention im Einzelfall kann Grundsatzcharakter oder die Funktion "authentischer" Grundsatzinterpretation haben. Die Diskussion über die Abgrenzung von Detail- und Grundsatzkompetenz verliert sich häufig genug in Einzelheiten, ohne zwischen dem verfassungsrechtlich Gebotenen und dem arbeitsorganisatorisch (und bisweilen auch arbeitsrechtlich) Erforderlichen oder gar nur Sinnvollen zu differenzieren. Ein vernünftiger Verleger wird vernünftigerweise viele Entscheidungen auf eine Redaktion delegieren. Die Verfassung verlangt aber in jedem Falle die Letztentscheidungskompetenz des Verlegers, sei es, daß die Entscheidungen Details betreffen, sei es, daß die Weisung Grundsätzliches anbelangt. 127 Wie immer die unternehmensinternen Entscheidungsprozesse im einzelnen strukturiert sein mögen, dem Verleger steht insoweit jedenfalls eine weite 124 Vgl. Roman Herzog, in: Maunz / Dürig, Kommentar zum GG, Art. 5 Abs. I, 11, Rdnr.173. 125 Instruktiv dazu Peter Lerche, Verlassungsrechtliche Aspekte der "inneren Pressefreiheit", S. 105 ff. 126 Vgl. statt vieler Martin Löffler / Reinhart Ricker, Handbuch des Presserechts, S. 258 f., Rdnrn.20f. 127 So auch Rupert Schatz, Pressefreiheit und Arbeitsverlassung, S. 125; Christoph Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rdnr. 394; die verlassungsrechtliche Dimension verkennt Friedrich Kühler, Gutachten D für den 49. Deutschen Juristentag, D 88 ff.
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11. Deutsches Verfassungsrecht
organisatorische Kompetenz-Kompetenz zu. Auf verfassungsrechtlicher Ebene besteht daher kein Zwang zur Differenzierung zwischen Richtlinien- und Detailkompetenz; die gegenteilige Auffassung 128 muß sich dem Vorwurf stellen, (angebliche) tatsächliche Verhältnisse - mit den daraus zwangsläufig resultierenden Vagheitenzu verfassungsrechtlichen Postulaten aufzuwerten, ohne daß sich dies der Verfassungsnonn wirklich entnehmen ließe.
5. Verfassungsgarantie des Tendenzschutzes
a) Unmittelbare veifassungsrechtliche Gewährleistung des Tendenzschutzes im Sinne der §§ 118 BetrVG, 1 Abs. 4 MitBestG Das Grundrecht der Pressefreiheit umfaßt - als Grundbedingung der freien Presse, wie sie durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistet wird - die Freiheit, die Tendenz eines Presseerzeugnisses festzulegen, beizubehalten, zu ändern und die festgelegte Tendenz zu verwirklichen. 129 Die Tendenzbestimmungsfreiheit ist dabei untrennbar mit der verfassungsrechtlich verbürgten Gründungsfreiheit für Presseunternehmen verknüpft. 130 Damit die Presse ihrer Aufgabe, umfassende Information zu ennöglichen, die Vielfalt der bestehenden Meinungen wiederzugeben und selbst Meinungen zu bilden und zu vertreten, gerecht werden kann, bedarf es nach der - unbestrittenen und unbestreitbaren - Überzeugung des Bundesverfassungsgerichts der Existenz einer relativ großen Zahl selbständiger, vom Staat unabhängiger und nach ihrer Tendenz, politischen Couleur oder weltanschaulichen Grundhaltung miteinander konkurrierender Presseerzeugnisse. 131 Dafür ist wiederum eine wesentliche Voraussetzung, daß die Grundrichtung eines Presseproduktes unbeeinflußt bestimmt und verwirklicht werden kann. Deshalb sind dem Staat nicht nur unmittelbare Eingriffe (durch die eigene Einflußnahme auf die Tendenz eines Presseerzeugnisses) verwehrt, ebenso wenig darf er durch rechtliche Regelungen die Presse fremden, nichtstaatlichen Einflüssen unterwerfen oder öffnen, die mit dem Gebot der Freiheit der Presse unvereinbar wären. 132 Daß sich die Richtung der Pressefreiheit prinzipiell gegen den Staat richtet, 128 Roman Herzog, in: Maunz I Dürig, Kommentar zum GG, Art. 5 Abs. I, II, Rdnr. 174; Martin Löjj1er / Reinhart Ricker; Handbuch des Presserechts, S. 259, Rdnr. 21; Hermann von Mangoldt I Friedrich Klein / Christian Stare!