Im Reiche der Propheten: Ein Führer durch die Wüsten und Oasen der deutschen Wissenschaftsförderung [2 ed.]


221 73 12MB

German Pages [345] Year 2003

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Im Reiche der Propheten: Ein Führer durch die Wüsten und Oasen der deutschen Wissenschaftsförderung [2 ed.]

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Im Reiche der Propheten Ein Führer durch die Wüsten und Oasen der deutschen Wissenschaftsförderung

Von Siegfried Bär und Ralf Schreck mit Karikaturen von Henning Schulze und Stefan Knauss

Alte Straße l D-79249 Merzhousen Tel.: 0761 - 28 68 69 Fax:0761-35738 [email protected] www.loborjournol.de

Die Autoren: Siegfried Bär Rathausgasse20 79098 Freiburg Ralf Schreck Kirchstrasse4 97228 Rottendorf

2. Auflage 2003 @ lj-Verlag GbR,Freiburg Bestellungenunter: www.laborjoumal.de

DerVerlag und die Autoren haben sich in diesemBuch um vollständige und genaue Informationen bemüht. DennochübernehmenwederVerlag noch Autoren die Garantie oder die juristische Verantwortungoder irgendeine Haftung für die Nutzungdieser Informationen. Verlagund Autoren behalten sich alle Rechtevor, auch das der Übersetzungin fremde Sprachen.KeinTeil des Buchesdarf ohne ihre schriftliche Genehmigungfotokopiert oder in andererFormreproduziertwerden.Auch darf das Buch nicht in eine von MaschinenverwendbareFormübertragenoder übersetztwerden. Lektorat: Hubert Rehmund Kai-UweHerfort Umschlaggestaltung:Kai-UweHerfort Druckund Verarbeitung:OffsetdruckBernauer, Bötzingerstr.14, 79111 Freiburg

für Ludwig

Den größten Teil der Informationen, die dieses Buch füllen, verdanken wir den Sachbearbeitern der Förderorganisationen. Obwohl die meisten zumindest S.B.schon von früher her kannten, waren sie, mit wenigen Ausnahmen, nett und auskunftsfreudig. Allerdings ging es den Sachbearbeitern mehr darum, ihre Organisation in ein gutes Licht zu stellen, als den Antragstellern zu helfen, aus derselben Geld zu extrahieren. Das Wesentliche mußten wir ihnen daher oft aus den Nasen ziehen, was nicht einfach war, denn die hatten sie säuberlich geputzt. Aber das liegt in der Natur der Dinge und das nehmen wir ihnen nicht übel. Als besonders freundlich sind uns in Erinnerung die Damen und Herren des Boehringer Ingelheim Fonds und der Fritz Thyssen Stiftung und die Sachbearbeiter der DFG. Dort scheint ein frischer Wind zu wehen - wenn auch nicht in allen Ecken. Es ist jedenfalls ein angenehmer Unterschied festzustellen zu den Erfahrungen, die S.B. vor einigen Jahren machte, als er für die Laborjournal-Serie „Haste mal ne Mark" bei der DFG recherchierte. Erstaunlich, was so ein Präsidentenwechsel bewirkt. Verpflichtet fühlen wir uns den Stipendiaten, die uns über ihre Erfahrungen berichteten und den Informanten aus der Berufsgruppe der Ordinarien. Deren Auskünfte verschafften uns den tiefsten Einblick. Das ist den Ordinarien umso höher anzurechnen, als sie in S.B.s Veröffentlichungen oft schlecht wegkommen.

Siegfried Bär widmete sich lange Jahre, wenigstenskamen sie ihm lang vor, der VersorgungMittelbadens mit Wellpappe.Danachstudierte er Biochemieund Mathematik in Tübingen.Diesüberstanden,ging es an'sForschen:Am Max-Planck-Institut.fürNeurochemie in München, am ZMBH in Heidelberg,am CNRS in Nizza, am VA Medical Center in Seattle, an der ETH Zürich und an der UniversitätMainz. VierzehnJahre trieb er das und das Ergebniswar ein Doktortitel, ein ausgeglichenerKontostand (DM 0,00) und ein Sack voll Erfahrungen.Aus letzterem zehrt er seit einigen Jahren in Freiburgim Breisgau.

Ralf Schreckwuchs in Nordbadenauf und wagte zum Studium der Biologieden Sprung über die bayerischeLandesgrenzenach Würzburg.Zur Promotion wechselteer an das Genzentrum nach Martinsried.Nach einem kurzen Zwischenstoppin einerKlinischen Forschergruppegings in die große weite Forscherwelt,an das FredHutchinson Cancer ResearchCenter nach Seattle. Dort hätte er damals bereitsbeinahe SiegfriedBär getroffen,jedoch waren beide zu intensiv mit dem Forschenbefaßt als daß sich ihre Wege hätten kreuzen können. Es folgten eine sechsjährigeAssistentenzeit an einer Bayerischen Universität.Das Ergebniswar ein Doktortite~ ein ausgeglichenerKontostand und.....aber das kennen Sie ja bereitsvon meinem Mitautor.

1nhaltsverzeichnis Begründungen Das Buch Jeremia Sieben goldene Regeln Die Reform des Hochschuldienstrechts Das Buch De-eff-gee ....... ......................................... All-Gemeinheiten Eine kurze Geschichte.der DFG Antrag auf Sachbeihilfe Forschungstipendium Heisenbergantrag Emmy-Noether-Stipendium Leben und Karriere der Amalie Noether Sonderforschungsbereiche Schwerpunktprogramme Graduiertenkollegs Geschichte der Graduiertenkollegs

Das Buch Stiftungen .................................................. VW-Stiftung Geschichte der VW-Stiftung Humboldt-Stiftung Förderung der Deutsch-Israelischen Zusammenarbeit Deutsch- Israelische-Stiftung Minerva-Stiftung Boehringer-Ingelheim-Fonds Wilhelm-Sander-Stiftung Fritz-Thyssen-Stiftung Übersicht Begabtenförderung-Studienstiftung Konrad-Adenauer-Stiftung Heinrich-Höll-Stiftung Forschungsdozenturen des Stifterverbandes

1 2 9 11 ..... 21 22 23 37 47 53 59 68 72 81 85 96

100 101 111 116

124 126 133 137 143 149

157 159 163

166

Hermann und Lilly Schilling-Stiftung Hertie-Stiftung Steuern, Stifter, Stimmrechte Mildred-Scheel-Stiftung und Krebshilfe Schering-Forschungsgesellschaft und Schering-Stiftung Daimler-Benz-Stiftung

Das Buch Hiob.... ...................................................... Das Be-emm-be-eff EU-Geld I, Verbundprojekte EU-Geld II, Marie-Curie-Programm European Science Foundation

Das Buch EMBO... ................................................... EMBL-Doktorandenstipendium EMBO-Postdok-Stipendien EMBO Young-Investigator-Programm

Das Buch Sankt Jakob................................................ Der schweizerische Nationalfonds Österreichischer Fonds zur Förderung der Wissenschaften

Das Buch Allerlei......................................................... Fonds der chemischen Industrie Human Frontier Science Program DAAD-Stipendien Leopoldina Hausmittelehen

Ubersicht....... .........................................................

172 177 183 185 193 201

.204 205 218 228 236

... 240 241 246 252

258 259 268

273 274 283 292 297 302

... 310

Übersicht Stipendien Alle Fördermöglichkeiten

311

Stichwortverzeichnis...................................................

330

321

Begründungen

Es gibt heutzutage so viele Bücher, und die meisten braucht kein Mensch. Braucht jemand „Im Reiche der Propheten"? Es gab bereits Führer durch die deutsche Förderlandschaft, doch nur für Schüler oder Studenten und diese fanden darin wenig mehr als Listen von Adressen und Einreichterminen. Führer für Forscher gab es nicht. Mit Listen wollte sich Siegfried Bär aber nicht zufriedengeben. Seine Anleitungen gründen daher nicht nur auf den offiziellen Angaben der Sachbearbeiter, sondern auch auf eigenen Erfahrungen, denen von Bekannten, auf den Berichten anonymer Stipendiaten, Gutachter, Antragsteller, gelegentlich sogar auf dem Nähkästchen-Geflüster anonym bleiben wollender Sachbearbeiter. Sein Ehrgeiz war, in die Hintergründe des Förderwesens einzuweihen. Zugegeben: Der Anstoß zum „Im Reiche der Propheten" kam aus tieferen Schichten der Autorenseele. Laborjournalleser mögen sich noch an die Serie „Haste mal ne Mark" erinnern. Diese Artikelerfreuten sich eines erstaunlichen Zuspruchs,was bei Siegfried Bär den Gedanken angeregt hatte: ,,Mach ich'n Buch draus. Geringe Mühe, schnelle Mark!" Was die geringe Mühe betraf, hatte er sich gründlich getäuscht. Aber immer-

hin, das Buch verkaufte sich gut dafür, daß es im wesentlichen nur über www.laborjoumal.de zu erhalten war. Zur 2. Auflage meinte Siegfried Bär jedoch: ,,Allein mach ich das nicht mehr. Allein ertrag ich's nicht, diese Analyse der deutschen Bürokratenseele". Also machten wir uns auf die Suche nach einem Coautor. Wir suchten lange und was lange währt wird endlich gut: Wir fanden Ralf Schreck. Für uns ein Glück - und für ihn? Auch er mußte feststellen, daß die Darlegung des deutschen Förderwesens ein mühsames Geschäft ist; auch er war mehrmals nahe daran, den Bleistift abzugeben. Dafür wollten die beiden wenigstens ihren Spaß haben, und daher ist auch die 2. Auflage dieses Buches zwar wesentlich vollständiger aber nicht netter geworden. überhaupt: Warum soll ein Buch über das deutsche Förderwesen seinen Inhalt mit bierigem Ernst vortragen? Bei den meisten Förderern haben die Antragsteller wenig genug zu lachen. ;:,tvaswohl die Bibelsprüche sollen?", mag sich manch einer wundem. Nun: In der Bibel kommen viele Propheten vor und auf Propheten ruht, das legen die Autoren überzeugend dar, die Wissenschaftsförderung wie eine Henne auf faulen Eiern. Der Verlag

Das

BuchJeremia

Hier wird ein Gesamtbild der deutschen Forschungsförderung gepinselt und vor diesem Bilde gejammert und geklagt

... und predigte in der Wüste desjüdischen Landes (Matthäus 2.3). Es gibt gewaltige Unterschiede in der Höhe der Stipendien, ihrem Prestige, der Erfolgsquote und dem Arbeitsaufwand für den Antragsteller. Als Regel: Je höher das Prestige, desto niedriger die Erfolgsquote. Prestige und Stipendienhöhe dagegen laufen ungefähr parallel. Es gibt aber Ausnahmen: Stipendien mit hoher Erfolgsquote und hohem Prestige, so das Forschungsstipendium der DFG.

Zum Arbeitsaufwand Der Arbeitsaufwand - das Antragschreiben, Forschungsplan ersinnen, Referenzen beibringen - ist bei fast allen Förderern hoch. Bei einigen aber ist er höher als bei anderen. Löblich niedrig liegt er bei der Thyssen-Stiftung. Die MildredScheel-Stiftung dagegen verlangt sogar ein ausführliches Gesundheitszeugnis. Der Forscher ist aber nicht dazu da, Belege beizubringen und Formulare vollzuschreiben, sondern Ergebnisse zu erexperimentieren. Nun ist das einzige einigermaßen zuver2

lässige Kriterium für künftigen wissenschaftlichen Erfolg gehabter wissenschaftlicher Erfolg. Sieht man von Doktorandenstipendien ab, deren Bewerber in der Regel noch keine Leistung vorweisen können, müsste ein Antrag allein anhand der Paper des Antragstellers beurteilt werden. Doch traut sich kein Förderer, sein Geld danach zu vergeben. Manche scheinen sogar der Ansicht zu huldigen, man müsse sich das Geld durch Antragschreiben verdienen. Dies vielleicht, weil die Herren, die das Sagen haben, selber nur noch schreiben. Den Geschäftsstellen kommt diese Einstellung natürlich entgegen, haben sie so doch etwas vorzuweisen und abzuheften und eine echte Existenzberechtigung. Der Grund für diese Einheitlichkeit im Antragswesen liegt vermutlich in der Vorbildwirkung der DFG.Die oft wissenschaftsfremden Stifter ahmen in ihrer Unsicherheit die in offiziellen Würden prangende Institution nach.

Zur Gleichgültigkeit Die Gründlichkeit der Förderer bei der

Antragstellung sticht seltsam ab von ihrer Gleichgültigkeit,wenn es um die Unabhängigkeit der Geförderten geht. Ist das Stipendium einmal vergeben, kümmern sich nur wenige Förderer um ihre Klientel,am wenigsten kümmern sie sich um die Doktoranden und Postdoks. In der Regel stehen die allein gegen ihre Chefs. Niemand schützt sie davor, auf öden Themen verheizt zu werden. Niemand hilft ihnen, dem stillen aber mächtigen Drang der Professoren auf die letzte Stelle der Autorenliste einen Riegel vorzuschieben. Hier liegt aber der Schlüssel zum Ehrgeiz des Forschers: Im selbstständigen Publizieren, im „Ehre, wem Ehre gebührt". Nichts löscht Energie und Phantasie so vollständig wie das Abhängigsein, das Bitten müssen, die Frage „Warum soll ich den berühmt machen?". Liebe Förderer: Legt Euren Ehrgeiz doch nicht darein, bürokratische Nischen zu belegen! Versucht den Forscherehrgeiz zu packen, und zwar da, wo er am empfindlichsten ist: Bei der Ruhmsucht. Die Probleme der deutschen Forschung liegen nicht im Geld, sondern in der Vergabe desselben. Wir wollen nicht übertreiben. Nicht alle Förderer stehen dem Streben nach Selbständigkeit gleichgültig gegenüber. Das Human Frontier Science Program, die Fritz-Thyssen-Stiftung und selbst die gute Tante DFG haben sich inzwischen eines Besserenbesonnen. Dem Rest aber scheint das Problem gar nicht bewusst zu sein. Und falls doch, dann scheinen die Geschäftsstellen über der Bearbeitung der umfänglichen Anträge keine Zeit mehr zu haben, sich um ihre Stipendiaten zu kümmern. Vielleichtfürchten sie auch die mächtigen Ordinarien,

die bei ihnen in Vorstand und Beirat sitzen.

Zum Prophetenwesen Durchweg werden die Stipendien über Propheten vergeben, das heißt, Ihr Forschungsplan wird von einem oder mehreren Gutachtern mehr oder weniger aufmerksam studiert und diese urteilen dann, ob das Projekt ein gutes oder ein schlechtes sei, d.h. sie wahrsagen, ob Sie Erfolg oder Misserfolg haben werden. Neid und Nepotismus spielen bei der Entscheidung selten eine Rolle. Das steht zwar im Gegensatz zu der weitverbreiteten Meinung vor allem derjenigen, deren Anträge öfters abgelehnt wurden, dennoch entspricht das unserer Erfahrung und den Ergebnissen aller Untersuchungen, die sich mit Gutachterverhalten beschäftigt haben. Leider spielt aber auch die erbrachte Leistung, die Veröffentlichungen des Antragstellers, bei der Entscheidung der Gutachter nur am Rande mit. Untersuchungen, die sich mit der Beziehung zwischen vorheriger Leistung der Antragsteller und der Erfolgswahrscheinlichkeit von Anträgen befasst haben, zeigten, dass diese Beziehung eine schwache ist: BeiVerdoppelungder Leistung steigt die Erfolgswahrscheinlichkeit nur unwesentlich an. Mathematisch ausgedrückt: Trägt man die vorherige Leistung gegen die Erfolgswahrscheinlichkeit auf, läuft die Kurve fast parallel zur Leistungsachse. Das können Sie u.a. nachlesen in der klassischen Untersuchung von Cole S., Cole,J.R. und Simon, G.A.in Science 1981; 214, 881-886 und auch in Laborjournal6/97, S32. 3

Der größte bestimmende Faktor des Antragserfolgs ist der Zufall. Diese Zufallsabhängigkeit hat nichts mit einem bösen Willen der Gutachter zu tun. Die sind in den meisten Fällen (nicht in allen!) ehrlich um eine gerechte Beurteilung bemüht. Der Zufall schlängelt sich - wenigstens vermuten wir das - über den Forschungsplan ins Gutachterhirn. Die Gutachter orientieren sich an dem, worauf die Förderer den größten Wert legen. Das aber ist der Forschungsplan, also die Darlegung des Antragstellers, was er mit den Forschungsmitteln anzufangen gedenkt. Der Forschungsplan ist schon vom Volumen her ungleich aufwendiger als dasjenige Dokument, das über die Leistung des Antragstellers Auskunft gibt, die Publikationsliste. Zudem thront in jeder Gutachterseele ein Kontrolleur. Für den ist es ein Genuss, wenn der Antragsteller ihm bis ins Kleinlichste vorexerzieren muss, was er mit dem Geld anfangen will. Zum Planen neigt der Gutachter umso mehr, je länger er nur noch Schreibtischforscherist. So einer vergisst leicht die tägliche Erfahrung des Experimentators, dass es nur selten so läuft wie geplant. Der Gutachter konzentriert sich also auf den Forschungsplan. Die Publikationsliste ist langweilig und wird überflogen. Zudem müsste man, um die Liste einschätzen zu können, sich in die Bibliothek begeben und die aufgeführten Paper lesen, verstehen und sich darüber eine eigene Meinung bilden. Anscheinend ist das zuviel verlangt. Dass der Erfolg eines Antrags nicht von der Leistung abhängt, geben die Förderer indirekt zu. Warum sonst haben sie Altersbegrenzungen für ihre Stipen-

dien eingeführt? Nähme die Leistung im Alter ab (es sei fern von uns dies zu behaupten!) und ginge es nach Leistung, würden die Alten ja automatisch herausfallen. Eine Altersbegrenzung wäre unnötig. Nur der frühere Erfolg lässt einigermaßen sicher auf künftigen Erfolg hoffen. Nur die Publikationsliste ermöglicht eine Schätzung der wissenschaftlichen Möglichkeiten eines Antragsstellers. Gutachter dagegen, die Forschungspläne beurteilen, diese Gutachter raten und orakeln. Sie sind Propheten. Anträge und deren Begutachtung sind ein unsinniges Ritual. Man sollte nicht prüfen, was die Leute versprechen, sondern was sie geleistet haben. Allein, man tut es nicht. Deswegen reisen Sie mit Ihrem Antrag ins Reich der Propheten, in eine wüstenhafte Landschaft, in der man leicht ins Schwitzen gerät und wo sich nur wenige Oasen finden.

Von der Propheten Ewigkeit Wie alle Reiche der Geschichte, so wird auch das Reich der Propheten eines Tages untergehen. Noch drücken seine Wesire breit und mächtig ihre Hintern auf die Forschungslandschaft - allein es braucht nur eine Nadel und piieks! Es müsste sich nur ein Förderer dazu durchringen, die Sache anders anzupacken. Wie anders? So: Es wird kein Forschungsplan mehr eingereicht, sondern nur Publikationsliste, Lebenslauf, eine Liste der benötigten Mittel und eine Liste der bisher erhaltenen Mittel. Dieser „Antrag" wird dann allein danach beurteilt, ob der Antragsteller in seiner Leistung (z.B. der 5

letzten fünf Jahre) über dem Durchschnitt liegt. Die Leistung ergibt sich aus dem Verhältnis von Zahl und Qualität seiner Paper zu den dafür erhaltenen Fördermitteln (auch von anderen Institutionen). Das Problem ist, wie die Qualität der Paper messen? Die Qualität können Gutachter einschätzen und dabei aus dem Bauch heraus urteilen (das tun sie bei den bisherigen Anträgen auch, nur sind sie hier gezwungen, über gemachte Arbeiten den Bauch zu schwingen und nicht über geplante. Zudem fällt die Antragsschreiberei weg). Die Geschäftsstelle könnte aber auch auf Gutachter verzichten und die Noten benutzen, die die Referees der Journale den Papern des Antragsstellers gegeben haben. Oder sie könnte mit den Impaktfaktoren der Zeit6

schriften arbeiten. Nach zehn Jahren könnte man beurteilen, ob diese Art der Förderung bessere Ergebnisse gebracht hat als die herkömmliche. Wäre das nicht ein interessantes Experiment? Nicht dass wir behaupten wollten, Impaktfaktoren seien ein gutes Maß der Leistung, weit gefehlt, aber schlimmer als der Zufall sind sie auch nicht. Zudem bräuchten nicht Legionen von hochbezahlten Ordinarien ihre Zeit mit Antraglesen verschwenden. Zu wievielen Professorenjahren sich das bei uns aufsummiert, konnten wir nicht herausfinden, vermutlich ist es nicht bekannt. In England sollen 1989 die Research Councils 24477 Tage (115 Jahre) Gutachterzeit verschwendet haben (Boden Report). Solche Berechnungen machen natürlich

nur dann Sinn, wenn die Professoren tatsächlich in personam Anträge begutachten. Uns sind jedoch mehrere Häuptlinge bekannt, deren Gutachterei darin besteht, eingehende Anträge an Mitarbeiter zu verteilen. Die Sekretärinnen haben dann die undankbare Aufgabe, von den hausinternen Untergutachtern die ausstehende Gutachten einzusammeln. Dem fertigen Gutachten wird noch flugs die professorale Duftmarke durch ein persönlich gesetztes Komma aufgedrückt und ab damit ins FAX-Gerät.Es soll vorgekommen sein, dass der gleiche Antrag zweifach im Haus begutachtet wurde und zwei recht unterschiedliche Gutachten beim Förderer eingingen. Auch der Fall des Hochschulassistenten FMS ist uns zu Ohren gekommen, der keine DFG-Anträge begutachten wollte und sich bei der DFGbitterlich über seinen Häuptling beschwerte.

Und noch'n Vorschlag Da wir gerade beim Reformieren sind: Der stärkste Antrieb des Forschers ist die Anerkennung der Kollegen. Die größtmögliche Motivation wird also durch das Prinzip „Ehre wem Ehre gebührt" erreicht. Das gilt vor allem für jene, die an der Bench arbeiten, also für die eigentlichen Forscher. Nie hätten der Doktorand Crick und der Postdok Watson sich so ins Zeug gelegt, hätten sie nicht gewusst, die Ergebnisse kommen uns zugute und nicht dem Institutschef Lawrence Bragg! Auf ein Paper gehört nur, wer die Arbeit machte oder die entscheidende Idee lieferte. Die entscheidende Idee ist nicht: Thema geben, den Antrag schreiben oder den Stil des Pa-

pers verbessern. Und auch nicht alle entscheidenden Ideen zählen, liebe Sophisten. Die Idee, dem Forscher Laborraum und Geräte zur Verfügung zu stellen, ist zwar eine Idee und mag auch entscheidend gewesen sein, sie berechtigt nicht zu einem Platz auf der Autorenliste und schon gar nicht zu dem Platz des Seniorautors. Weniger klar ist, wie man die Professoren dazu bringen kann, die Unsitte der Seniorautorenschaften zu unterlassen. Von selber werden sie nicht auf die liebgewonnene Gewohnheit verzichten, die Paper ihrer Postdoks und Doktoranden zu verzieren. Und Apelle an's gute Herz - du lieber Himmel! Abhilfe würden Agenturen schaffen, die stichprobenartig die Korrektheit der Autorenlisten nachprüfen. Jeder größere Förderer müsste so eine Agentur einrichten und von seinen Antragstellern verlangen, Stichproben durchführen zu dürfen. Stellt sich heraus, dass sich einer nur von Amts wegen zum Autor aufschwang, wird er von der künftigen Antragstellung ausgeschlossen. Klingt gut nicht? So einfach aber, wie wir sie hier im Eifer hingeschrieben haben, ist die Sache nicht: Wie stellt man z.B. fest, dass einer nichts beigetragen hat? Durch Befragung der anderen Autoren?

7

Wer wird schon den Professor verpetzen, von dem er abhängig ist? Der triste Alltag

Vorläufig bleibt alles beim alten. Die Förderer verschwenden an die Wirksamkeit ihrer Förderung nicht viel mehr Gedankenarbeit als Tarzan für den Kauf von Schuhcreme. Stellen Sie sich also auf die real existierenden Verhältnisse ein. Wichtiger als Ihre Paper sind Klarheit und Lesbarkeit des Forschungsplans. Auch Ihr Alter und das Prestige Ihrer Chefs beeinflussen die gutachterliche Entscheidung. Da hilft nun nichts. Da müssen Sie

8

durch. Schreiben Sie. Schreiben Sie viel, schreiben Sie klar, schreiben Sie bescheiden. Denn es ist nicht gleichgültig, welches Stipendium Sie ergattern. Sein Prestige färbt auf Sie ab. Stipendium und Arbeitsgruppe entscheiden oft schon in der Doktorarbeit über Ihre Zukunft. Da heißt es Bescheid wissen. Bescheid gibt Ihnen dieses Buch - wenigstens hoffen wir das. Vielleicht tröstet es Sie, dass auch wir Anträge schrieben, dass auch wir uns ergingen im Erraten des zukünftigen Verbrauchs von Eppendorfcups und NaCl. Auch wir, die wir hier oft von Zivilcourage tönen, unterwarfen uns dem Zwang der Bürokratie und taten ihr Narrenwerk - allerdings nicht bis zur Emeritierung.

1. Benutzen Sie eine gewählte Sprache. Das zeigt, daß Sie aus gehobenen Schichten stammen. Auch lateinische Zitate oder ausgefallene Verben, z.B. aus Thomas Mann, beweisen gute Kinderstube. Schwollsprachausdrücke wie „innovativ", sollten sie bankrotten Biotech-Unternehmern, bedeutungsgeilen Bürokraten und anderen Wichtigtuern überlassen. 2. Schreiben Sie nicht ironisch oder flapsig. Leicht fühlt sich der Gutachter in seiner Würde verletzt oder kommt gar auf den Gedanken, Sie nähmen den Antrag nicht ernst. 3. Keine Bandwurmsätze. Bandwurmsätze mögen gebildet klingen, allein, sie lesen sich mühsam und verärgern den Gutachter. Zum Nachweis von Herkunft und Bildung genügt Regel 1. 4. Jeder Text gewinnt durch mehrmaliges Überarbeiten. Dazwischen sollten Sie allerdings Pausen einlegen, denn dauerndes Lesen des gleichen Textes führt zu Text-Blindheit: Sie übersehen sowohl Tippfehler als auch stilistische Schwächen. Es hilft, den Entwurf nach jedem Überarbeiten zwei Wochen lang nicht anzuschauen. 5. Erläutern Sie spezielle Fachausdrücke. 6. Lockern Sie das eintönige Passiv des Sollens gelegentlich durch Aktiv auf. Statt z.B. ,,eine Methode soll entwickelt werden, um ...": ,,Wirhalten es für zweckmäßig, eine Methode zu entwickeln, die ..." Auch kann es nicht schaden, Begeisterung für Ihre Forschung zu zeigen oder wenigstens zu heucheln. Allerdings: Übertreiben sollten Sie es nicht. 7. Schreiben Sie keine allzu originellen Ideen in den Antrag, denn erstens könnten sie geklaut werden - der Gutachter ist ja meistens auch Konkurrent - und zweitens lieben Gremien das Voraussagbare, betulich Vernünftige und Risikolose. Merke: im Papier gefräßig

In der Sprache käsig im Stile bräsig Im Inhalt mäßig

gescheit

gescheiter

gescheitert (akademisches Schicksal)

10

Die Reform des Hochschuld ienstrechts

Die Werbekünste des BMBF

Anfang Februar 2003 verkündete das BMBFin einer Pressemitteilung (17 /03 vom 6.2.2003): Großes Interesse an Juniorprofessuren - viele Nachwuchswissenschaftler aus dem Ausland gewonnen. In der Tat hatte das BMBFbis Ende 2002 die Einrichtung von 623 Juniorprofessuren gefördert. Knapp 60 Prozent dieser 623 Stellen waren zu diesem Zeitpunkt besetzt. Frau Bulmahn lobte das von ihr initiierte Programm in höchsten Tönen: ,,Mit den neu eingerichteten Juniorprofessoren konnten wir vor allem auch Frauen und Nachwuchswissenschaftler aus dem Ausland für deutsche Hochschulen gewinnen. Jede vierte Juniorprofessurenstelle wurde mit einer Wissenschaftlerin und rund jede siebte Stelle mit Bewerbern aus dem Ausland besetzt." Mal wieder eine typische Augenwischerei und Mogelpackung des BMBF! Es wird die schnelle Mittelvergabe als Erfolgsindikator genommen. Auf diese seltsame Praxis werden wir auch bei anderen Aktivitäten des BMBFstoßen, beispielsweise bei den Rahmenprogrammen. Bekanntlich indiziert schnelle Mittelvergabe aber nur, dass viele Leute

schnell offensichtlich viel Geld gebraucht haben. Zur gepriesenen Frauenquote genügt ein Blick in die Datenbank des Statistischen Bundesamts: der prozentuale Anteil der Juniorprofessorinnen liegt geringfügig unter aber keinesfalls über dem bundesweiten Frauenanteil von 26,3% unter den wissenschaftlichen und künstlerischen Assistenten auf Cl-Stellen im Jahr 2000. Zu den aus dem Ausland gewonnenen Nachwuchskräften konnte R.S. so schnell keine vergleichbaren statistischen Daten finden. Auch Herr Berning vom Bayerischen Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung konnte nicht weiterhelfen, da solche Zahlen nicht in repräsentativen Hochschulstatistiken auftauchen. Jedoch sind in den 15% Internationalität auch die Auslandsrückkehrer mit deutschem Pass enthalten. Ob dies ausreicht, um - wie Frau Bulmahn - zu behaupten: ,,Wir machen Ernst mit der Frauenförderung in der Wissenschaft und bringen die Internationalisierung unsererer Hochschulen voran", wagen wir zu bezweifeln. Aber unsere Leser interessieren sich sicher weniger für das Politik-Marketing 11

des BMBF als für die knallharten Fakten: Wie komme ich an das Geld des BMBFund was hat es mit der Juniorprofessur auf sich? Das mit dem BMBF Geld ist schnell erklärt. Das BMBFhat im Rahmen der Reform des Hochschuldienstrechts einen zukünftigen Bedarf von 6000 Juniorprofessuren ermittelt und fördert die ersten 3000 Juniorprofessuren in den nächsten Jahren mit ungefähr 180 Mio € aus UMTS-Geldern. Man nennt das Vorgriffförderung. Ein geschickter, wenn auch durchschaubarer Schachzug des BMBR Es will damit reformunwilligen Fakultäten, Hochschulen und Landesregierungen Beine machen. Vorgriffförderung heißt das deshalb, weil sich Hochschulen und Landesregierungen eigentlich bis Mai 2005 Zeit lassen könnten, um die 5. Novellierung des Hochschulrahmengesetzes (5. HRG) umzusetzen. Sie bekommen aber jetzt schon BMBF Geld, wenn sie die Reform zügig durchführen. Hierzu muss jede Hochschule zunächst nachweisen, dass sie mindestens 10 Stellen für Nachwuchswissenschaftler, Leiter von Nachwuchsgruppen oder zukünftige Juniorprofessuren quer durch alle Fachbereiche einrichten will. Teil des Antrags der Hochschule an das BMBFist ein Konzept zur Umsetzung der Juniorprofessur. Gleichzeitig verpflichten sich die Hochschulen, das Beschäftigungsverhältnis der Stelleninhaber in eine Juniorprofessur umzuwandeln, wenn die gesetzlichen und haushaltsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Die Auszahlung erfolgt im Einzelfall nach Berufung des Wissenschaftlers. Im ersten Förderprogramm aus dem Jahr 2001 mit Stellenbesetzungen bis Ende 2002 wurde ein Zuschuss von 76 12

700 € gezahlt, während die Zuschusshöhe im Förderprogramm 2002 mit Antragsfrist zum 31.10.2002 und Stellenbesetzungen bis Ende 2003 auf 60 000 € gekürzt wurde. Ob die Mittel in den nächsten Jahren sukzessive nach dem Motto „Werzuletzt kommt, den straft das Leben" gekürzt werden, ist uns nicht bekannt. Die Fördermittel sollen ausschließlich für die sachliche Erstausstattung eines (angehenden) Juniorprofessors verwendet werden. Hochschulenkönnen jedoch dem fachspezifischenAusstattungsbedarf Rechnung tragen. Das bedeutet, dass es möglich ist, einen Kulturwissenschaftler mit Bleistift,Bürostuhl und Billig-PCabzuspeisen, während ein Biomediziner eine solide Laborgrundausstattung im sechsstelligen Eurobereich erhält. Soviel Vernunft hätten wir vom BMBF gar nicht erwartet! Da die Umstellung auf den Juniorprofessor in jedem Fall kommt, kostenneutral durchgeführt werden soll und vom Bund keine weiteren Mittel zu erwarten sind, schrieben viele Hochschulen die ersten Juniorprofessuren bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes im Februar 2002 aus.

Die Juniorprofessur: Lust oder Last? Sie können sich also nicht um das Fördergeld des BMBF bewerben. Sie können sich nur auf eine Stelle bewerben, die als (zukünftige) Juniorprofessorenstelle vom BMBFgefördert wird. Die Stellen werden durch die Uni international ausgeschrieben oder sollten international ausgeschrieben werden. Eine Berufungskommission prüft die

Einstellungsvoraussetzungen, holt bei Bedarf externe Gutachten ein usw.. Bedenken Sie, dass Hochschulen über jahrzehntelange Erfahrungen in der Formulierung und Interpretation von Ausschreibungen und in der Besetzung von Berufungskommissionen verfügen und wundem Sie sich nicht, wenn am Ende wieder nur der lokale Favorit allen Anforderungen der Ausschreibung genügt. Nach Bundesrecht müssen Sie folgende Voraussetzungen für die Juniorprofessur mitbringen: ein abgeschlossenes Hochschulstudium (wer hat das nicht?), pädagogische Eignung (wie wird die wohl festgestellt?) eine qualitativ hochwertige Promotion (wird wohl auf ein magna cum hinauslaufen), die nicht länger als fünf Jahre - in der Medizin acht Jahre zurückliegen sollte, und schließlich zusätzliche wissenschaftliche Leistungen (Anzahl gemachter Kopien und ausgedruckter PDF-Dokumente nach Gewicht oder Stapelhöhe?). Aktuelle Ausschreibungen für angehende Juniorprofessoren und weitere Infos zum Förderprogramm finden sie im Netz auf den Seiten des BMBF(1). Die eindeutigen aber nicht näher spezifizierten Einstellungsvoraussetzungen für Juniorprofessoren aus dem HRGkennen Sie jetzt. Doch was sind die Rechte und Pflichten des Juniorprofessors? • Juniorprofessoren sind in ihren Tätigkeiten selbständig und weisungsunabhängig und somit eigenverantwortlich in Forschung und Lehre. • Juniorprofessoren haben ein Anrecht auf ein eigenes Budget und nach HRG Anspruch auf drittmittelfähige Grundausstattung zu Lasten der Hochschulen bzw. Länder.

• Juniorprofessoren sind zu eigenen Lehrveranstaltungen im Umfang von vier bis acht Semesterwochenstunden verpflichtet. • Juniorprofessoren sind unmittelbar am Fachbereich angesiedelt und gehören „korporationsrechtlich" zur Gruppe der Hochschullehrer. Dadurch sind sie an Lehre, Forschung, Wissenschaftsorganisation und akademischer Selbstverwaltung beteiligt. Im Frühjahr 2003 stellte Berlin als erstes und bisher einziges Bundesland Professoren und Juniorprofessoren in allen Belangen gleich. • Juniorprofessoren können als Beamte auf Zeit angestellt werden oder aber als Angestellte mit Befristung. Die Juniorprofessur läuft drei plus drei Jahre, also höchstens sechs Jahre. Im dritten Jahr wird zwischengeprüft durch hochschulinteme Begutachtung der Lehre und hochschulexteme Begutachtung der Forschung'. Fiel der Juniorprofessor durch, erhält er einen Auslauf- bzw. Übergangsvertrag für das vierte Jahr. Eine Verlängerung der Juniorprofessur über das sechste Jahr hinaus oder die Berufung auf eine andere Juniorprofessur sind nicht zulässig. • Hat der Juniorprofessur die Zwischenprüfung bestanden, kann er sich jederzeit auf Lebenszeit-Professuren bewerben. • Ist das sogenannte Mobilitätskriterium erfüllt, kann der Juniorprofessor auch auf seine eigene Hochschule berufen werden. Man nennt das Hausberufung. Das Mobilitätskriterium ist erfüllt durch einen einmaligen Hochschulwechsel oder durch eine mindestens zweijährige Tätigkeit außerhalb der berufenden Hochschule nach der Promotion. Ist das Mobilitätskriterium erfüllt, gilt das 13

Hausberufungsverbot nicht bei einer Berufung zum Juniorprofessor, nicht bei einem Übergang des Junior- zum Dauerprofessor, nicht bei einer Berufung von wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeitern und nicht bei einer Berufung von einer auf eine andere Professur. • Eine Hochschule kann bei der Berufung einer ihrer Juniorprofessoren auf eine (eigene) Dauer-Professur auf eine öffentliche Ausschreibung verzichten. In Anlehnung an die Terminologie angloamerikanischer Universitäten wird dieser Übergang „tenure track" genannt. Er entspricht der Berufung eines Assistant-Professors auf eine Associate-oder Full-Professur in Dauerstellung an derselben Universität. • Der Juniorprofessor hat das Recht, Promotionen zu betreuen. Dieses Recht konnte auch schon vor dem 5. HRG auf

Assistenten übertragen werden, dies geschah aber nur selten. Ob sich Doktoranden auf das „Abenteuer" Promotion beim Juniorprofessor einlassen, wird sich zeigen. Der „worst case" mit schlechter Ausstattung des Labors, ungenügender Finanzierung der laufenden Forschungsarbeiten, unzureichender Betreuung und einem ständig überforderten Chef im Dauerstress kann den Doktoranden auch in einer etablierten Arbeitsgruppe ereilen. Was aber geschieht mit den Doktoranden, die zum Beispielim dritten bzw. fünften Jahr des Juniorprofessors anfangen? Fällt der Juniorprofessor bei der Zwischenprüfung durch bzw. erlangt er nach sechs Jahren keine Lebenszeitprofessur, muss der Doktorand wohl oder übel Arbeitsplatz, Arbeitsgruppe und Promotionsthema wechseln. Dumm gelaufen!? • Besoldet wird der Juniorprofessors

Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter ... 14

altersunabhängig nach Wl: 3260 € brutto im 1. bis 3. Jahr bzw. 3526 € brutto im 4. bis 6. Jahr der Juniorprofessur. Ein monatlicher Sonderzuschlag von 10% oder 326 € wird bezahlt, wenn es aufgrund der Bewerbersituation erforderlich ist, für die Gewinnung eines qualifizierten Wissenschaftlersfinanzielle Anreize zu schaffen. Bewerben Sie sich also auf mehrere Stellen und machen Sie Ihre Zusage auch vom Zuschlag abhängig! Alsweiteres Zubrot erhalten Sie vermutlich noch ein paar€ für abgehaltene Prüfungen. • Keine Altersgrenze zum Einstieg in die Juniorprofessur, jedoch Fristenregelung für die Qualifikation. Wissenschaftliche und künstlerische Assistenten und Oberassistenten, sowie Oberingenieure und Hochschuldozenten fallen zukünftig weg.

Was kann er leisten? In der öffentlichen Diskussion um den Juniorprofessor ging es bisher meist um die Fragen: ,,Wasist, darf oder was muss ein Juniorprofessor?" Uns stellt sich die Frage: ,,Was kann ein Juniorprofessor leisten?" Folgendes Szenario dürfte nicht ganz selten auftreten: Nach erfolgreicher Doktorarbeit mit ein oder zwei guten Publikationen zieht es den Juniorprofessor in spe nach Amerika. Falls sein DFG-Antrag nicht bei den Gutachtern vergammelt wird der hoffnungsvolle Nachwuchsforscher früher oder später auch dort ankommen. In USA muss er sich einlesen und einarbeiten und dies dauert um so länger, je weiter er sich thematisch und methodisch vom Thema seiner Doktorarbeit entfernt hat. Setzt

er auf das richtige Pferd, so kann er hoffentlich bald neue Daten produzieren, denn nur damit hat er Chancen auf eine Juniorprofessur in Deutschland. Ohne Publikation wird es auch schwierig sein, bei der DFG oder einem anderen Förderer einen Antrag durchzubringen. Zum Daten produzieren muss er sich an die Laborbank stellen. Kann er das? Schon die Forschung des zweiten Jahres wird durch mehrere Heimflüge zwecks Bewerbungsgesprächen unterbrochen. Des weiteren muss der Anwärter Publikationen schreiben, und vor allem: ein oder zwei Forschungsanträge. Zudem muss er seine Rückkehr organisieren. Das bereitet zwar gut auf die vielfältigen Aufgaben eines Juniorprofessors vor, hält den Wissenschaftler aber schon zu Beginn vom Forschen ab. Warum haben die Erfinder des Juniorprofessors da nicht daran gedacht? Weil die BMBF-Bürokraten tief und fest daran glauben, dass man Ergebnisse erschreiben könne. Dieser Glaube wurzelt in ihrer Existenz. Von Experimenten wissen sie nichts, sie kennen keine Zentrifugen, sie haben noch nie eine PCR gemacht oder Protein bestimmt, sie schreiben nur, und aus dem Schreiben, das ist ihre tägliche Erfahrung, sprudeln die Ergebnisse, auf jeden Fall aber Gehalt und Pensionsanspruch. Für die Tatsache, dass für ein naturwissenschaftliches - also ein richtiges - Ergebnis, mit der Hand am Arm gearbeitet werden muss, dafür hat ein BMBFBürokrat kein Verständnis und kann es nicht haben. Schließlich kommt er nur mit solchen „Wissenschaftlern" zusammen, die ebenfalls nur schreiben und 15

Der Weg zum Professor nach 2009 Professor

... Q)

Junior-Prof.

Alternative

Alternative

.c.

CU

""')

wiss. Mitarbeiter max. 3+3 Jahre an Uni oder keine Verlängerung >< ForschungseinCU E richtung

Alternative

wiss. Tätigkeit in wiss. Tätigkeit in der Wirtschaft einem anderen gesellschaftliehen Bereich

CO

~!

1

l

... Q)

.c.

CU

""')

Postdok

CO

>< CU E




1

Promotion Studienabschluß (Diplom etc.)

für's Pipettieren ihre Leute haben. Der Anwärter auf eine Juniorprofessur hat aber keine Knechte! Er muss über längere Zeit fokussiert arbeiten, sonst kann er sich weder Ergebnisse noch Wissen und Verständnis erarbeiten. Der „Erfahrungsschatz" des Rückkehrers und das Ausmaß an eigenständig geleisteter wissenschaftlicher Vorarbeit werden zwangsläufig dürftig ausfallen. Ob dies ausreicht, um sich in der Forschung behaupten zu können? Science light!

Aber schauen wir weiter. Der Rückkehrer ist jetzt ein Juniorprofessor, bekommt einen leeren Kellerraum und - unter Umständen - das BMBF Geld. Damit richtet er sich sein eigenes Labor ein. Das dauert ein paar Wochen oder auch Monate. Da ihn vor Ort niemand kennt und ein leeres oder 16

spärlich eingerichtetes Labor nicht gerade Massen von Studenten anzieht, wird es vermutlich ein Jahr oder länger dauern bis eine funktionierende Kleingruppe aufgebaut ist. Die darf dann ein Jahr vor sich hinforschen. Dann wird bereits „evaluiert" und über die Zukunft des Juniorprofessors entschieden! Damit die „Evaluationen" nicht Massenentlassungen gleichkommen, werden die Fachbereiche der Hochschulen wohl die Anforderungen an den „durchschnittlichen" Juniorprofessor herunterschrauben müssen. Sie werden vielleicht einen Drittmittelantrag verlangen plus eine eingereichte oder sich im Druck befindende Publikation plus vier Semesterwochenstunden Lehre. Letztere darf vermutlich nicht durch Literatur- oder Forschungsseminare im Kreis der eigenen Mitarbeiter abgegolten werden.

Hat der Juniorprofessor die Begutachtung überstanden, fangen seine Probleme erst richtig an. Seine Forschung wird, bei Berufungen auf Lebenszeitprofessuren, mit der von Max-Planck-, EMBL- und VW-Nachwuchsgruppenleitern und Heisenberglern verglichen werden. Da kann der Juniorprofessor froh sein, dass, zumindest bisher, die Forschung nicht das allein ausschlaggebende Kriterium bei Berufungen war. Ob die Reformziele des BMBFdurch solche Juniorprofessoren erfüllt werden können? Von einer Stärkung der Leistungs- und Innovationsfähigkeit des deutschen Wissenschafts- und Forschungssystems und von der Wiederherstellung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Hochschul- und Forschungslandschaft war im BMBFKommentar zum 5. HRG die Rede! ...aber sie wurden zuschanden über ihrer Hoffnung und waren betrogen, als sie dahin kamen. Hiob 6,20 Wir zweifeln am Juniorprofessur, wir glauben, es wäre sinnvoller gewesen, den Juniorprofessor • fünf Jahre lang ohne Zwischenbegutachtung forschen zu lassen. • damit er forschen kann, sollte ihm der übliche Antragsmarathon erspart bleiben. Juniorprofessoren sollen nicht schreiben sondern experimentieren, denn Papierstapel sind keine Ergebnisse. Zudem werden viele Junioren anfangs alleine arbeiten müssen. Also: Extrem kurze Anträge. • Der Juniorprofessor sollte von Verwaltungsaufgaben befreit werden. Für seine Lehre reichen zwei Wochenstunden aus. • Nach fünf Jahren werden seine Ergeh-

nisse überprüft. Dabei werden die verbrauchten Mittel berücksichtigt. Drei JBC Paper mit 0,2 Mio € erwirtschaftet, zählen mehr als drei JBC Paper für die 0,5 Mio € verbraten wurden. Fällt der Juniorprofessor bei der Prüfung durch, läuft seine Anstellung nach einem Jahr aus.

Der Weg zum Hochschullehrer Wer Professor werden will, muss ab dem 1.1.2010 als Einstellungsvoraussetzung in der Regel die Promotion vorweisen und als Juniorprofessor zusätzliche wissenschaftliche Leistungen erbracht haben. Weitere Alternativen (siehe Graphik) sind zugelassen, jedoch wird im Gesetz nicht auf deren spezifische Anforderungen eingegangen. In den Erläuterungen des BMBF zum HRG steht: Die im Rahmen einer Habilitation erbrachten wissenschaftlichen Leistungen werden in Berufungsverfahren auch nach 2009 als solche gewürdigt werden. Jedoch wird die Habilitation ausdrücklich nicht als Qualifikationsalternative genannt. Somit ist die Habilitation als Prüfungsverfahren faktisch abgeschafft und gegenstandslos und die Berufung wird zum maßgeblichen Verfahren der Qualifikationsfeststellung eines Professors. Gottseidank! Einige Bundesländer, darunter Bayern, wenden sich gegen die Beseitigung der Habilitation und gegen das Monopol der Juniorprofessur. Sie haben gegen das 5. HRG Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht eingelegt. Dort soll die Übereinstimmung des 5. HRG mit dem Grundgesetz überprüft werden. Als Prozessbevollmächtigte 17

wurden die Juristen Otto Deppenheuer (Köln) und Josef Isensee (Bonn) bestimmt. Die Verfassungsrechtler sprechen von einer Verletzung des Prinzips der Gruppenhomogenität, vom Verstoß gegen den Grundsatz der Bestenauslese und von Eingriffen in das Autonomierecht der Hochschulen. Und es wäre doch gelacht, wenn es eine Sache gäbe, an der ein Jurist nichts auszusetzen hätte. Aber ersparen wir uns das. Die Juniorprofessur wird zukünftig die wichtigste Einstellungsvoraussetzung sein - mit oder ohne Alternative Habilitation. Wegen der noch ausstehenden Entscheidung zur Normenkontrollklage, der noch nicht vollständig durchgeführten Umsetzung des 5. HRG in Landesrecht und der Ablehnung der Juniorprofessuren in manchen Fachbereichen werden viele der Juniorprofessoren der ersten Stunde zusätzlich die Habilitation anstreben, um in der Übergangsphase und darüber hinaus konkurrenzfähig zu sein. Damit haben sie noch mehr Verwaltungskram und Schreibereien auf dem Hals und das ist auch gut so: Mangelnde Zivilcourage muss bestraft werden.

neuen Zeitvertragsrecht viele der 98 800 wissenschaftlichen und künstleri-

schen Mitarbeiter und der mehr als 11 000 wissenschaftlichen Hilfskräfte an

Hochschulen Deutschlands betroffen sind. Informationen zu den neuen Befristungsregeln finden Sie auf den Internetseiten des Juristen Ulrich Preiss (8), der maßgeblich an der Entstehung des 5. HRG beteiligt war. Auf den Seiten können Sie unter anderem auch den meistzitierten Artikel zum Zeitvertragsrecht Die Neuordnung der befristeten Arbeitsverhältnisse im Hochschulbereich runterladen (9). Auch das BMBF hat Informationen zum neuen Recht im Netz (10) oder beantwortet Ihre Fragen per Telefon-Hotline: 0800-262 3474/Mo-Fr: 8 bis 15 Uhr und per Email: [email protected]. Sich an die Personalabteilung Ihrer Hochschule zu wenden, können wir Ihnen nicht empfehlen. Es soll schon vorgekommen sein, dass ein und derselbe Fallje nach Personalbearbeiter mit entweder „Da kann ich leider nichts mehr für Sie tun" oder aber mit „Ich kann Sie mit befristeten Drittmittelanträgen anstellen, bis Sie 57 Jahre sind" beantwortet wurde.

Die Zwölfenderregel Die Fristen Der Juniorprofessor war nur ein Teilder Reform des Hochschuldienstrechtes. Zudem wurden die Befristungsregeln für alle wissenschaftlichen Mitarbeiter und Hilfskräfte geändert. Vieles wurde darüber geschrieben, vieles war Polemik, vieles falsch! Zu Massenentlassungen an deutschen Universitäten ist es nicht gekommen. Das wollen wir hier aber nicht nochmals breittreten! Tatsache ist, dass vom 18

Es gab bisher gegenüber dem Allgemeinen Arbeitsrecht und dem Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG, im Netz unter 11) zahlreiche Sonderregelungen für eine Befristung von Arbeitsverträgen der wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiter sowie der wissenschaftlichen Hilfskräfte. Die neuen Zeitvertragsregeln, die ab

dem 23.2.2002 gültig sind, erlauben eine Befristung von Arbeitsverträgen ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Nachwuchs- und Qualifikationsförderung. Die maximale Frist beträgt 12 Jahre (bei Medizinern 15 Jahre) und wird in zwei Abschnitte eingeteilt: Abschnitt I läuft maximal sechs Jahre nach erstem Abschluss bis zum Abschluss der Promotion und Abschnitt II maximal sechs Jahre (bzw. maximal neun Jahre bei Medizinern) nach Abschluss der Promotion. Werden die sechs Jahre vor der Promotion nicht ausgeschöpft, so verlängern sich die Zeiten in Abschnitt II entsprechend. Arbeitszeiten im Ausland werden nicht angerechnet. Auf Abschnitt I werden alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als 10 SWS angerechnet, aber auch Zeiten, in denen ohne Beschäftigung promoviert wurde. Beschäftigungszeiten als Studentische Hilfskräfte werden nicht berücksichtigt. Nach Beendung der Post-

dok-Phase ist ein unbefristetes Arbeitsverhältnis als wissenschaftlicher Mitarbeiter möglich (sofern Sie eine solche Stelle finden) oder aber ein befristetes Arbeitsverhältnis nach dem TzBfGmöglich. Über Beschäftigungsmöglichkeiten nach Ausschöpfen der Fristen des HRG informiert eine Übersicht des BMBF(im Netz unter 12). Das neue Zeitvertragsrecht lässt grundsätzlich die Möglichkeit, auch zukünftig wissenschaftliche Mitarbeiter über die 12 Jahresregel hinaus zu beschäftigen. Die Möglichkeiten einer Drittmittelkarriere durch Kettenverträge wurdenjedoch eingeschränkt. Sollte es sich in naher Zukunft herausstellen, dass die Juniorprofessoren die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen können, ist es denkbar, dass wissenschaftliche Mitarbeiter auf unbefristeten Stellen Teile der jetzigen Funktionen der Assistenten und Oberassistenten übernehmen.

1 www.bmbf.de/3992_ 4067.html 2 www.bmbf.de/pub/Bericht_.pdf 3 www.bmbf.de/presse01/Konzept.pdf 4 www.bmbf.de/pub/profbesreformg. pdf 5 www.bmbf.de/pub/5_hrg_aendg.pdf 6 www.bmbf.de/pub/hrg_20020815.pdf 7www.bmbf.de/pub/hrg_broschuere.pdf 8 www.uni-koeln.de/jur-fak/instsozr 9 www.uni-koeln.de/jur-fak/instsozr/aktuell/hrg/neuordnung_hrg.pdf 10 www.bmbf.de/3992_ 4068.html 11 bundesrecht.juris.de/bundesrecht/tzbfg/gesamt.pdf 12 www.bmbf.de/pub/020502 _handreichung_ endfassung_hrg.pdf 19

Zeittafel: Reform des Hochschuldienstrechts Juni 1999 Einrichtung der Expertenkommission .Reform des Hochschuldienstrechts" durch das BMBF. 10.4.2000 Expertenkommission empfiehlt grundlegende Änderungen des Qualifikationswegs zur Professur, sowie eine Neugestaltung der Besoldung von Hochschullehrern (2). 21.9.2000 Vorstellung des BMBF-/Regierungs-Konzepts .Hochschuldienstrecht für das 21. Jahrhundert" (3). 20.12.2001 Bundesrat und Bundestag verabschieden die 5. Novelle des Hochschulrahmengesetzes (Schwerpunkte: Einführung Juniorprofessur, zeitliche Befristung der wissenschaftlichen Qualifizierungsphase und Schaffung eines „Doktorandenstatus" im HAG) und das Professorenbesoldungsreformgesetz (Besoldungsordnung W für Wissenschaftler mit Mindestgehalt plus variabler Gehaltsbestandteile). 23.2.2002 ProfBesReformG (4) und 5. HAG treten in Kraft (5). April 2002 6. Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes wird vom Bundestag beschlossen (Schwerpunkte: Bachelor- und Mastergrade, Studiengebührenverbot, Verfasste Studierendenschaft und Übergangsregelungen zur Beschäftigung wissenschaftlicher Mitarbeiter nach Überschreiten der 12-Jahres-Befristungsdauer). Juni 2002 Bayern, Thüringen und Sachsen: Normenkontrollklage gegen das 5. HAG beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe 15.8.2002 6. Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes tritt in Kraft. Hier finden Sie das derzeit gültige HAG ohne (6) oder mit Erläuterungen (7). 31.12.2004 Anpassungsfrist für die Umsetzung besoldungsrechtlicher Regelungen in Landesrecht. 2.2.2005 Anpassungsfrist für die Umsetzung der 5. HAG-Novelle in Landesrecht. 1.1.2010 Regelerfordernis der Juniorprofessur als Einstellungsvoraussetzung für Professuren, Wegfall der Habilitation.

20

Das Buch Dee-Eff-Gee

21

Al 1-Gemeinheiten Das Geld der DFG, 1 207 Mio€ im Jahre 2001 bzw. 1 261 Mio€ im Jahre 2002, stammt zum allergrößten Teilvom Steuerzahler. Der gibt es ihr aber nicht selber. Das tun mit 737 Mio € der Bund bzw. mit 516 Mio€ die Länder. Private spendeten 0,8 Mio € und der Stifterverband der deutschen Wissenschaft 2,5 Mio €. Das ist seltsam wenig und der Grund dafür ist wahrscheinlich unser Stiftungs- und Steuerrecht. Die Verwaltungsausgaben lagen - so wie sie die DFG berechnet - mit 44,9 Mio€ bei 3,6% der Gesamtausgaben. Dies ist eine zweifelhafte Rechnung, denn sie lässt die Zeit (Zeit ist Geld) außer acht, die die Gutachter für die Anträge aufwenden müssen. Die DFG kann sich das leisten, weil sie die Gutachter nicht bezahlt. Die arbeiten angeblich ehrenamtlich. In Wirklichkeit tun sie das nicht, sondern gutachten in ihrer nach C3 oder C4 bezahlten Amtszeit. Es ist also der Steuerzahler, der die Gutachterei bezahlt und es wäre vernünftig diesen Aufwand zu den Verwaltungskosten zu schlagen. Das tut aber keiner. Die DFG nicht und auch kein anderer Förderer. Im Jahr 2002 wurden von der DFG in der Allgemeinen Forschungsförderung 14 891 Anträge mit einem beantragten Volumen von 1 844 Mio € bearbeitet. 55,7% oder 8 299 Anträge bzw. 41,0% der beantragten Summe oder 757 Mio € wurden erstmalig gefördert. Insgesamt wurden 936 Programme und 22 166 Einzelmaßnahmen unterstützt. 1 www.blk-bonn.de 22

Mitte 2002 empfahl die Bund-LänderKommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (1) die Mittel der DFG im Haushaltsjahr 2003 auf 1 262 Mio€ (davon: Bund 58% = 732 Mio€ und Länder 42% = rund 530 Mio €) zu erhöhen. Dies hätte einem Zuwachs von 3,5% gegenüber 2002 bedeutet. Ende 2002 kündigte die Bundesregierung jedoch unerwartet eine „Nullrunde" für 2003 an. Ihre Haushaltslage war kritisch und die der DFGwurde kritisch. Der DFG fehlten plötzlich knapp 43 Mio €. Dadurch sah DFG-Präsident Winnacker nicht nur die Entwicklung der Forschung in Deutschland sondern auch Beschäftigungsmöglichkeiten für bis zu 2000 Nachwuchswissenschaft/er gefährdet (Pressemitteilung der DFG 65/2002). Das Wehklagen hat genützt. Zu Beginn 2003 wurde von der Bund-Länder-Kommission nachgebessert: um 2,5%. Dies aber nur bei der DFG. Was fehlt ist eine mehrjährige Finanzplanung mit zugesicherten Fördergeldem - unabhängig von der Haushaltslage. Aber das schaffen auch andere Länder nicht. So wurde noch im Januar 2003 im US Senat über den Etat der National Science Foundation (NSF) im gleichen Jahr debattiert. Der angestrebte Zuwachs bei der NSF gegenüber dem Jahr 2002 ist 8,14% bzw. 408 Mio$ zusätzlich bei einem Gesamtetat von 5 040 Mio $ oder 4 626 Mio€.

Eine kurze Geschichte der DFG

Die Idee zum Vorläufer der DFG, der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft, und auch die Grundzüge ihrer Organisation stammen von Fritz Haber (Nobelpreis 1918). Sie kam ihm 1919 und gegründet wurde die Notgemeinschaft am 30.10.1920. Der Gründungsvorgang lief also schneller ab, als heutzutage manch ein Antrag durch die Gremien trottet. Die Notgemeinschaft war ein eingetragener Verein mit neun Mitgliedern: den fünf Akademien der Wissenschaften, dem Verband deutscher Hochschulen, der Kaiser Wilhelm Gesellschaft, dem deutschen Verband technisch-wissenschaftlicher Vereineund der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte. Die Silbe „Not"war berechtigt, denn der verlorene Krieg, die schwierige Lage der deutschen Wirtschaft und die anlaufende Inflation hatten die Forschungsetats gerupft. Haber hatte die Notgemeinschaft ursprünglich mit Spenden der Industrie finanzieren wollen. Das Spendenaufkommen war jedoch mager geblieben und zudem durch die Inflation vernichtet worden. Die Rettung kam vom Staat, er sprang mit Steuergeldern ein. Diese Mittel vergab die Notgemeinschaft, als erste Förderinstitution, nach „peer review". Wer Geld wollte, musste einen Antrag schreiben. Für jede Disziplin gab es einen Fachausschuss, insge-

samt 21 Ausschüsse. Ihre Mitglieder, angesehene Ordinarien, wurden anfangs von den wissenschaftlichen Akademien nominiert. Der zuständige Fachausschuss beurteilte den Antrag. Im Hauptausschuss fiel dann (theoretisch) die Entscheidung. Die Wahl des Forschungsthemas lag also beim Antragsteller, denn schon damals wusste man, dass sich gute Forschung nicht von oben herab planen lässt. Ab 1924 wurden Großprojekte in Angriff genommen wie die Meteor-Expedition oder die Rassenforschung. Das Geld für Letztere kam von der Rockefeller-Stiftung. ErsterPräsident der Notgemeinschaft wurde Friedrich Schmidt-Ott. Er hatte im Kaiserreich unter dem legendären Universitätsdiktator Friedrich Althoff gedient. Nach Althoffs Tod war SchmidtOtt zum preußischen Kultusminister aufgestiegen. Die Revolution 1918 aber hatte ihn arbeitslos gemacht. Schmidt-Ott kannte jeden und jeden, er saß wie eine Spinne im Beziehungsgeflecht der deutschen Wissenschaft. Mit Althoffs Methoden aber ohne Althoffs Genie errang Schmidt-Ott im Laufe der Zeit die Herrschaft über die Notgemeinschaft und entwickelte sich zu einem Diktator. Dies stieß sowohl bei Fritz Haber als auch beim sozialdemokratischen Innenminister Severing auf Widerstand. So schrieb Haber 1929 an 23

Schmidt-Ott: Die derzeitigen Hauptausschusssitzungen stellen Aussprachen dar, die der Präsident durch eine vorsichtig gefasste und im Hauptpunkt, nämlich der Disposition über Gelder,völlig zurückhaltende Thronrede einleitet. Die Anwesenden geben ihre oft recht divergierenden Meinungen in ähnlicher Weise kund wie die Professoren, die der Kultusminister zu einer Aussprache informatorischer Natur einladet. Die Sitzung endet ohne Abstimmung und für die Hauptausschussmitglieder ohne Klärung. (. ..) Jedenfalls ist in meinen Augen ein Selbstverwaltungskörper dadurch von einer wohlmeinenden Autokratie unterschieden, dass solche Ziffern von der maßgebenden Körperschaft auf Grund einer Vorlagediskutiert und beschlossen und nicht vom Vorsitzenden bestimmt werden. Auch der damalige Kultusminister Becker betrachtete Schmidt-Orts Treiben mit Missfallen. Es bestehe keine Selbstverwaltung, schrieb er, sondern eine Autokratie von Exzellenz Schmidt-Ott, der ( ... ) es verstanden habe, alles so aufzuziehen, dass niemand einen Einblick habe und dass eine Clique von alten Herren, die ein Durchschnittsalter von 68,5 Jahren hätten, ihn umgebe und eifersüchtig darüber wache, dass keine jüngeren Kräfte aufkommen könnten. Der Hauptausschuss sei mit alten Bonzen besetzt, vor denen sich, weil sie die Hand am Geldbeutel hätten, alles beugen müsse. Endlich kam es auch zu Angriffen von Reichstagsabgeordneten auf SchmidtOtt. Allein, dieser saß alles aus. Allerdings musste er ab 1929 dulden, dass sich eine Zeitlang, bis 1932, fünf vom Innenminister ernannte Herren im Hauptausschuss tummelten und die Sit24

zungen nicht mehr vom Präsidenten, sondern von einem gewählten Vorsitzenden geleitet wurden. Schmidt-Ott blieb Präsident der Notgemeinschaft bis Mitte 1934. Daneben hatte er noch Aufsichtsratpöstchen bei Bayer und I.G. Farben inne. Der 1934 ernannte nationalsozialistische Reichserziehungsminister Bernhard Rust entließ Schmidt-Ort. Dies nicht weil dessen politische Ansichten nicht ins 3. Reich gepasst hätten. Schmidt-Ott hatte z.B. dem Nationalsozialisten und Rektor der Universität Greifswald Theodor Vahlen ein Stipendium gewährt als dieser 1927wegen einer antirepublikanischen Demonstration entlassen worden war. Auch hatte es keinen Widerstand Schmidt-Orts gegen die NS-Politik gegeben. Er hatte sich noch 1933 der NSDAPangedient, indem er vorschlug, einen Forschungsrat mit Hitler als Vorsitzendem zu bilden. Schmidt-Ort hatte nicht in Rusts personaltaktische Überlegungen gepasst. Schmidt-Orts Nachfolger wurde der Nobelpreisträger für Physik, Johannes Stark. Der Hitler-Anhänger zeichnete sich durch sein Eintreten für die „deutsche Physik" und einen prächtigen Schnurrbart aus. Politiker war er nicht. So lehnte sich Stark an Rosenberg, den schwächsten NS-Prominenten, an und attackierte Rust als der den Quantenphysiker Heisenberg zu verteidigen schien. Das Ergebnis: 1936 musste Stark das Präsidentenamt an Rudolf Mentzel abgeben. Mentzel hatte in Göttingen Chemie studiert und bei AdolfWindaus promoviert. Schon als Göttinger NS-Kreisleiterhatte Mentzel dem Gauleiter Rust unterstanden, und als der Reichserziehungs-

minister geworden war, hatte er seinen alten Kampfgenossen an die Hochschulabteilung seines Ministeriums geholt. Dort war Mentzel Referent für Naturwissenschaften geworden. Trotz der Förderung durch Rust galt Mentzel als Mann des Reichsführers SS, Heinrich Himmler. Als solcher war Mentzel Mitglied der SS und brachte es zum SS-Obersturmführer. Mentzels politische Verbindungen verschafften ihm auch einen Lehrstuhl an der TU Berlin. Wissenschaftlich dagegen hatte er nicht viel vorzuweisen. Mentzel taufte die Notgemeinschaft 1937 in „Deutsche Forschungsgemeinschaft" um; für Not sei im 3. Reich kein Platz mehr. Das zunehmende Budget gab ihm recht. Unter Mentzel stiegen die Reichszuschüsse der DFG von zwei Mio RM (1 RM ca 5 €) auf neun Mio RM im Jahre 1939. Anfang 1937 richtete Minister Rust im Rahmen des Göringschen Vierjahresplans den Reichsforschungsrat ein, der eng an die DFG angeschlossen wurde. Das Antragswesen der DFG in der Weimarer Republik und den Friedensjahren des 3. Reiches unterschied sich qualitativ kaum von dem heutigen. Allerdings waren die Anträge bei weitem nicht so umfangreich und die Entscheidungen fielen wesentlich schneller (in vier Wochen bis drei Monaten, Beispiel siehe Kasten). Die Ablehnungsrate war anscheinend auch geringer und lag bei den Biologen bei 8%. Falls es Sie interessiert, inwieweit sich DFG-lnteme und Antragsteller mit brauner Soße bekleckert haben, empfehlen wir Ihnen das Buch von Ute Deichmann ,,Biologen unter Hitler". Nach dem Zusammenbruch des 3. Rei-

ches wurde die DFG am 11.1.49 in Bonn neu gegründet. Auch diesmal wieder in Form eines Vereines. Etwa gleichzeitig war von Werner Heisenberg eine Konkurrenzorganisation, der Deutsche Forschungsrat, ins Leben gerufen worden. Der aber stieß bei Universitäten und Ländern auf Ablehnung und ging 1951 in der DFG auf. Nach der braunen Periode kam nun die graue: Vier Jahrzehnte mit gelegentlichen bürokratischen Formalneuerungen, wie 1967 die Sonderforschungsbereiche und 1990 die Graduiertenkollegs. Es war dies eine Zeit mit immer dickeren Anträgen, immer längeren Wartezeiten, immer höheren Ablehnungsraten, immer präsidialeren Präsidenten: Raiser, Hess, Speer, Maier-Leibniz, Seibold, Markl, Frühwald, um sie in einem Zug herunterzurattern, denn zu merken braucht man sich diese Namen nicht. Der Niedergang der deutschen Forschung, der schon unter Schmid-Ott begonnen hatte, vollendete sich unter ihren Ägiden. Erst seit dem 1.1.1998 grünen die Aktenberge wieder. Seit diesem Tag leitet Ernst-Ludwig Winnacker die Geschicke der DFG.Er erkannte die Schwachstellen der deutschen Wissenschaft, die Habilitation und die Bevormundung des Nachwuchses, und bemühte sich um Abhilfe. So führte er 1999 das Emmy Noether Programm ein. Weitere Programme folgten, die allerdings nicht alle die ungeheuchelte Begeisterung der Autoren dieses Buches finden.

Forschungszentren sollen gemäß DFG wissenschaftliche Kompetenz auf besonders innovativen For25

Antrag des Ludwig Schemann an die Notgemeinschaft Gestellt am 21.4.1926, Gutachten am 21.5.1926, genehmigt am 10.6.1926. Gutachter war Eugen Fischer ein persönlicher Bekannter Schemanns. Schemann erhielt von der Notgemeinschaft ein Forschungsstipendium von 3x200 Mark und auf Verlängerungsanträge hin noch einmal 3x200 Mark bzw. 6x200 Mark (1 Mark ca 5 €). Die Förderung Schemanns wurde dann auf Proteste von Reichstagsabgeordneten hin eingestellt. Schemann war ein bekannter Antisemit. An die Notgemeinschaft der Deutschen Wis-

und Festigung der Anschauungen beffragen

senschaft erlaube ich mir die ergebene Bitte

könne. So beabsichtige ich denn in drei Teilen

zu richten, mir zur Förderung der Ausarbei-

oder Bänden zu bringen

tung meines letzten größeren Werkes .Die

1.Al/gemeines über die Rasse und ihre Bedeu-

Rasse in den Geisteswissenschaften, Studi-

tung für die verschiedenen Wissenschaften

en zur Geschichte des Rassengedankens", für

2. Die Hauptepochen und-völker der Geschich-

welches ich zehn Jahre lang reiches Material

te in ihrer Stellung zur Rasse

gesammelt habe, und mit welchem ich meine

3. Einzeldenker neuerer Zeit zu den Rassen-

wissenschaftliche Laufbahn zu beschließen

fragen

gedenke, eine Beihilfe gewähren zu wollen.

Große Schwierigkeiten stehen mir bei der Ab-

Um meinen besonderen Beruf für diese Auf-

fassung dieses Werkes entgegen. Mein Alter,

gabe darzutun, darf ich wohl daran erinnern,

das mancherlei körperliche Leiden mit sich

daß ich das Werk des Grafen Gobineau (Es-

bringt, der Druck der Zeitverhältnisse, der star-

sai sur l:inegalite des races humaines) durch

ke Rückgang meiner Einkünfte, der nament-

meine in vier Auflagen erschienen Verdeut-

lich seit dem fast völligen Stacken des Absat-

schung in unserem Vaterlande eingeführt, und

zes meiner Bücher erfolgt ist - das alles engt

daß ich durch mein diesem gewidmetes Quel-

meine Arbeitsfähigkeit ein, die zweifellos sehr

lenwerk: Gobineaus Rassenwerk. Aktenstücke

gewinnen würde, wenn mir für einen dringend

und Betrachtungen zur Geschichte und Kritik

gebotenen Erholungs- bzw. Kuraufenthalt, für

des .Essai sur inegalite des races humaines"

die Beschaffung einiger für die Ausarbeitung

gewissermaßen einen Vorläufer zu dem jetzt

noch nötiger Werke, sowie für die Heranzie-

geplanten geliefert habe. Vonder warmen Auf-

hung von Hilfskräften bei den mehr mechani-

nahme, welches dieses Buch in allen Lagern,

schen Arbeiten (Register, Abschriften etc.) Mit-

bis in die Reihen der wissenschaftlichen Geg-

tel gewährt würden. Deren etwaige Höhe zu

ner hinein, gefunden hat, gibt die Anlage Zeugnis. Auch durch eine Anzahl kleinerer Arbeiten

bestimmen überlasse ich natürlich völlig der Leitung der Notgemeinschaft, glaube aber

in verschiedenen Zeitschriften denke ich die

meiner Überzeugung Ausdruck geben zu dür-

Rassenkunde gefördert zu haben.

fen, daß, wenn mir mein in diesem Falle be-

Bei diesem neuen Plane leitete mich vor allem

sonders schwerer Weg durch Bewilligung ei-

der Gedanke, daß auf dem Gebiet der Rassen-

ner Zuschußsumme geebnet würde, damit der

forschung, wo noch so vielfach Unsicherheit,

Wissenschaft ein wahrer Dienst geleistet wäre.

Streit der Meinungen herrscht, eine quellen-

Mit größer Hochachtung habe ich die Ehre zu

mäßige Beleuchtung der Entwicklung des Ras-

zeichnen

sengedankens mehr als andere zur Klärung

Professor Dr. Ludwig Schemann

26

schungsgebieten bündeln und in den Hochschulen zeitlich befristete Forschungsschwerpunkte mit internationaler Sichtbarkeit bilden. Schon das Wörtchen „innovativ" und die schmalzpolierte Bürokratensprache machen uns diesen Text und damit auch die Einrichtung verdächtig. Eine gute Sache wirkt auch, wenn man sie in schlichte Worte kleidet. Aber sei's drum: 2001 wurden die ersten DFG-Forschungszentren in Bremen (,,Ozeanränder"), Karlsruhe (,,Funktionelle Nanostrukturen") und Würzburg (,,Experimentelle Biomedizin") eingerichtet. 2002 folgten Bonn (,,Mathematik für Schlüsseltechnologien") und Göttingen (,,Molekularphysiologiedes Gehirns"). Künftig soll jedes Jahr ein weiteres Zentrum eröffnet werden. Das Finanzvolumen eines Forschungszentrums beträgt zur Zeit 5,1 Mio € pro Jahr, die maximale Förderung 12 Jahre. Wir sind gespannt, ob sich die Einrichtung bewähren wird, d.h. wir wären gespannt, wüssten wir nicht, dass nie untersucht werden wird, wie sich Forschungszentren auf die wissenschaftliche Produktivität auswirken. Zum einen weil es Arbeit macht, zum anderen weil die Ergebnisse missfallen könnten. Es hat ja auch noch niemand von einem Nachweis der Effizienzvon SFBsgehört. Falls doch, soll er sich bitteschön bei uns melden.

Internationale Zusammenarbeit Um die Kooperation zwischen Wissenschaftlern verschiedener Nationen zu fördern und die Zusammenarbeitzwischen nationalen Förderern zu verbessern, werden nach dem Chinesisch-

Deutschen Zentrum zur Wissenschaftsförderung in BeijingVerbindungsbürosin Washington, D.C., (2002) und Moskau (geplant für 2003) eingerichtet. Da knapp 60% aller deutschen Postdoks, die DFG-Stipendien erhielten, in USA forschen, hofft die DFG die Rückkehrquote der Stipendiaten durch Kontaktpflege und Informationen vor Ort zu erhöhen. Auch die zeitliche Einschränkung der Auslandsförderung auf zwei Jahre soll in diese Richtung wirken. Neu ist die Netzseite für DFG-Stipendiaten im Ausland (1). Dort werden Brotschneidemaschinen, Autos und Wohnungen angeboten, über die DFG-Politik philosophiert, sich auf ein Bierchen in Boston verabredet (,,DFGgoes to the BAR"), U937 Zellen ausgetauscht und vieles mehr - aber lesen Sie selbst!

Selbstdarstellung Ende 2002 wurden die Internet-Seiten der DFGüberarbeitet. In der Pressemitteilung der DFG (Nr. 54/2002) wird dies als Relaunch des Internetauftritts der DFG gefeiert. Die DFG begrüßt uns nun mit einer zielgruppenspezifischen Struktur und einem fortentwickelten Design. Im weiteren liest man: Das Ziel des runderneuerten Internetauftritts ist, übersichtlich gegliederte, klar strukturierte und präzise Informationen zu geben. Nutzerorientiert sind daher die Informations- und Serviceangebote der Website wesentlich ausgebaut und die Orientierung durch eine neue Navigation vereinfacht worden. Auf etwa 6000 Onlineseiten, weiterhin unter www.dfg.de abrufbar, bietet die DFGals die zentrale Selbstverwaltungsorganisation der deutschen 27

Wissenschaft ihr World Wide Web-Portal... das Design der Seiten greift die Corporate Design-Vorgaben der DFG in Farbgebung, Typographie und Seiten- ''Anmutung" auf In diesem Rahmen sind die Seiten absichtsvoll einfach und schnörkellos gehalten, häufig unter Verzicht auf Bilder oder Animationen, um plattformübergreifend schnelle Übertragungs- und Ladezeiten, auch mit Blick auf die Erfordernisse ausländischer Internetnutzer; zu ermöglichen.

Die schnellen Übertragungs- und Ladezeiten konnten wir beim Recherchieren für die 2. Auflage leider nicht immer nachvollziehen. Zudem sind jetzt die neuen Internet-Adressen der Formulare und Merkblätter zum Teil über eine Zeile lang. Wir haben sie dennoch angegeben. Schneller alsAbtippen ist es wahrscheinlich, im Netz unter (2) zu starten und sich dann durchzuklicken. Neu auf den Internet-Seiten der DFGist die Rubrik „Wissenschaftliche Karriere". Unter dieser Seite (3) bietet Ihnen die DFG jetzt die Möglichkeit, Ihre wissenschaftliche Laufbahn vom Studium bis zum Nachwuchsgruppenleiter zu planen.

Wissenschaftliche Preise auf jeder Karrierestufe beschleunigen die Aufnahme in den Professoren-Status oder können den Abstieg in die Arbeitslosigkeit verlängern.

Nachwuchsförderung oder Jugendwahn? Unter der Rubrik „Nachwuchsförderung" ist zu lesen: Kreative und intelligente Köpfe sind die wichtigste Voraussetzung dafür; dass Wissenschaft und Forschung florieren. Flexible Individualförderung und maßgeschneiderte Exzellenzprogramme 28

eröffnen jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Chance, ihre wissenschaftliche Karrierezu entwickeln und Forschungsvorhaben in allen Bereichen der Wissenschaft durchzuführen. Für derart

auf Hochglanz poliertes Blabla scheint die DFG neuerdings professionelle Texter aus der Werbebranche anzustellen. Das Dumme ist: Man merkt es. (Exzellenzprogramme! Du lieber Himmel!) Eswürde eindringlicher wirken, wenn die DFG nicht nur schnörkellose Netzseiten sondern auch eine schnörkellose Sprache verwenden würde. So hat man immer das Gefühl, sie versucht einen Hamburger als Filetsteak zu verkaufen. Die Realität des Antragstellens steht immer noch und ausschließlich in diesem Buche.

Forschungsskandale gab es in Deutschland lange Zeit nicht. Und wenn doch, dann tat jeder - auch die DFG - als ob es sie nicht gäbe. Das brauchte zwar -wenn ein berühmter Ordinarius darin verwickelt war - geleg,entlich die Raffinesse Orwellschen Zwiedenkens, funktionierte jedoch hervorragend, z.B. im Fall „Emil und die Enzyme" (Emil Abderhalden in Nature 393, 109 - 111 (1998)). Wir wissen nicht, was die DFGbewog, plötzlich von diesem bewährten Verfahren abzuweichen, aber sie tat es oder gibt zumindest vor, es tun zu wollen. Anlass waren die Fälschungsskandale um Brach, Herrmann und Mertelsmann. Bis Juli 2002 mussten Hochschulen und ForschungseinrichtungenGrundsätze guter wissenschaftlicher Praxis beschließen und Verfahren zum Umgang mit wissenschaftlichemFehlverhalten entwi-

ekeln. Seit 2002 verpflichten sich Stipendiaten und Sachbeihilfeempfänger mit der Annahme von DFG-Mitteln, die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis einzuhalten. Falls sie es nicht tun und die DFG davon erfährt, kann sie ein Verfahreneröffnen. Bis dies zu einem Resultat kommt, dauert es ein halbes vielleicht auch ein ganzes Jahr. Warum das solange dauert, konnte oder wollte uns niemand erklären. Wir haben aber nicht den Eindruck, dass eine direkte Beziehung besteht zwischen der Länge eines Verfahrens und dem Wahrheitsgehalt seines Ergebnisses. Erkannte und überführte Übeltäter werden schriftlich gerügt, für mehrere Jahre von der Antragsberechtigung ausgeschlossen oder/und zur öffentlichen Berichtigung falscher Daten verpflichtet. Ferner drohen der Ausschluss aus DFGGremien, die Aberkennung des Wahlrechts bei DFG und DFG-Anträge dür-

fen diese Leute ebenfalls nicht mehr begutachten. Letzteres mögen manche als Belohnung empfinden. Zudem: Wenn es hart auf hart kommt, entpuppt sich die DFG-Strafverfolgung oft als zahnloser Tiger. Herr Mertelsmann z.B. sitzt immer noch in seiner Klinik. Es ist wahr: Die DFG ist ein Verein ohne Hoheitsrechte und keine Strafverfolgungsbehörde. Dennoch, sie könnte sich mannhafter gebärden. Nach dem Eindruck von S.B.braucht ein in Fälschungsverdacht geratener Forscher nur mit Bestimmtheit und einem gutem Anwalt aufzutreten und die Funktionäre der DFGkuschen, fallen ihrer eigenen Kommission in den Rücken und überlassen Streitigkeiten lieber einer gewissen kleinen Zeitschrift. Der Mut von Beamten sprießt nur auf dem Boden der Macht - und die DFG hat keine.

Alter Bearbeitungsgang im Normalverfahren Geschäftsstelle Sondergutachter

Hauptausschuß'-+---